JAHRBÜCHER für wissenschaftliche Botanik Begründet von Professor Dr. N. Pringsheim herausgegeben W. Pfeffer md E. Strasburger Professor an der Universität Leipzig Professor an der Universität Bonn • aL Achtundvierzigster Band Mit 11 Tafeln und 88 Textfiguren. . .h .. T.Tr r. ^^^ICATA DE LA BIBLIOTHÄQUB . ' . '"' ' , ■ -- ©Ü COJSSERVATOIRE BOTAinQüE DE GENBVB, C ^^ -^ ' ^^^'^ VBNDü EN 1922 V oO'' ., •' Leipzig Verlag von Gebrüder Borntraeger 1910 Druck von E. Buchbinder, Neuruppin. Inhalt. Heft 1; ausgegeben im Juli 1910. Seite Hans Kniep. Über den Einfluß der Schwerkraft auf die Bewegungen der Laub- blätter und die Frage der Epinastie. Mit 6 Textfiguren 1 I. Einleitung. Historisches 1 IL Versuchsobjekte und Methodik 18 III. Terminologisches 28 IV. Wachstum der Blattstiele und Krümniungsiiiechanik 31 V. Die Bewegungen der Blätter nach Einstellung in verschiedene Keizlagen 43 VI. Die Keaktion der Blätter am gleichmäßig rotierenden Klinostaten . . 46 VII. Der Ausschluß geotropischer Krümraungen und der Nachweis der Epinastie 52 VIII. Die Natur der dorsalkonvexen Krümmung 57 IX. Schlußbemerkungen 67 X. Zusammenfassung der wichtigsten Ergebnisse 70 Zitierte Literatur 71 J. M. Janse. über Organveränderung bei Cmderpa proUfera. Mit Taf. I u. II 73 A. Regeneration 74 a) Ehizoide 74 b) Rhizome 74 c) Blätter 75 Resultate 77 B. Organveränderung 79 Erster Fall. Der Blattanfang stellt sein Wachstum gänzlich ein . . 83 Zweiter Fall. Der Blattanfang wächst als Blatt weiter 86 Dritter Fall. Der Blattanfang bildet Rhizoide 88 Vierter Fall. Der Blattanfang bildet Rhizome 91 Resultate 97 Figuren • Erklärung 109 Heft 2; ausgegeben im September 1910. Broaislaw Niklewski. Über die Wasserstoffoxydation durch Mikroorganismen. Mit Tafel III 113 I. Literaturübersicht 113 II. Die Reinzucht der Wasserstoff oxydierenden Organismen 120 IV Inhalt. Seite III. Der Eiufluß der Sauerstofftension auf die Wasserstoff oxydierenden Organismen 126 IV. Die heterotrophe Ernährung der Wasserstoff oxydierenden Mikroorganismen 1 32 V. Der Einfluß organischer Verbindungen auf die Oxydation des Wasserstoffs 135 VI. Der Mechanismus der Wasserstoff Oxydation 139 VII. Zusammenfassung 141 Erklärung der Tafel-Figuren 142 Menko Flaut. Über die Veränderungen im anatomischen Bau der Wurzel während des Winters. Mit Tafel IV u. V 143 I. Über die Metacutisierung der Taa^ws -Wurzelspitze 146 A. Biologisches 146 B. Untersuchungsmethode 147 C. Entwicklungsgeschichte der Metacutisierung 148 II. Über die Metacutisierung der Dicotylen -Wurzelspitze 152 III. Allgemeine Folgerungen 153 Figuren-Erklärung 154 Peter Georgevitch. Aposporie und Apogamie bei Tiichomanes Kaulfussii Hk. et Grew. Mit 30 Textfiguren .155 Apospores Prothallium 156 Gemmae 159 Sexualorgane 162 Apogamie 167 A. Tröndle. Der Einfluß des Lichtes auf die Permeabilität der Plasmahaut. Mit 4 Textfiguren 171 Einleitung 171 A. Physiologischer Teil 175 I. Methode zur Bestimmung der Permeabilität der Plasmahaut . . . 175 II. Abhängigkeit der Permeabilität vom Licht 185 III. Theoretisches 218 B. Biologischer Teil 235 Zusammenfassung der Resultate 279 Literatur -Verzeichnis 280 Heft 3; ausgegeben im Oktober 1910. Henrik Lnndegärd. Ein Beitrag zur Kritik zweier Vererbungshypothesen. Über Proloplasmastrukturen in den Wurzelmeristemzellen von Vicia Faba. Mit Tafel VI— VIII und 5 Textfiguren 285 Einleitung 285 Erster Teil. Zur Kritik zweier Vererbungshypothesen 287 Zweiter Teil. Protoplasmastrukturen in den Wurzelmeristemzellen von Vicia Faba 329 Zitierte Literatur 369 Erklärung der Tafel - Figuren 375 Inlialt. V Seitu Bnd. Schätze. Über das geotroiiische Verhalten des Hypokotyls und des Koty- ledons. Mit 43 Textfiguren 379 Einleitung 379 Versuchsmethodik 380 Spezieller Teil 384 Positiv geotropische Reaktionen .... 384 Versuche am Klinostaten 402 Traumatropische Versuche 403 Negativ geotropische Reaktionen 410 ■Wachstumsmessungen 415 Zusammenfassung der Resultate 422 Literatur -Verzeichnis 422 Heft 4; ausgegeben im November 1910. Eduard Strasburger. Über geschlechtbestimmende Ursachen. Mit Tafel IX und X 427 Inhaltsübersicht 507 Figuren - Erklärung 519 W. Wächter. Über die Koremien des PenicilUum glaucum 521 1. Die Bedingungen der Koremienbildung 523 2. Ist die Fähigkeit, Koremien zu bilden, bestimmten Arten oder Formen vorbehalten? 536 Schlußbemerkungen 547 Heft 5; ausgegeben im Dezember 1910. Jos. Heinr. Schweidler. über traumatogene Zellsaft- und Kernübertritte bei Moricandia arvensis DC. Mit Tafel XI 551 I. Die Eiweißzellen in den Laubblättern von Moricandia arvensis DC. und ihre Beziehungen zur Epidermis 551 II. Die traumatogenen Eiweiß- und Kernübertritte 557 III. Über das Wesen und die Mechanik der traumatogenen Kern- und Zell- saftübertritte 565 IV. Physiologisches 584 Zusammenfassung 587 Literatur -Verzeichnis 589 Figuren -Erklärung 590 Marc Modisch. Beiträge zur Physiologie der Hypocrea 7-ufa (Pers.) .... 591 Kapitel 1. Die Farbstoffbildung in den Nährlösungen 592 Kapitel 2. Die Wirkung der N- Verbindungen auf die Farbstoffbildung . . 598 VI Inhalt. Seite Kapitel 3. Die Abhängigkeit der Farbstoffbildung von Sauerstoff .... 604 Kapitel 4. Das Verhalten mit Ammonsalzen, Nitraten und Nitriten als N- Quelle 611 a) Andere Nitrate 623 b) Zwei N-. Quellen in der Nährlösung 624 Kapitel 5. Das Verhalten in N- freien resp. N- armen Nährlösungen . . . 625 Zusammenfassung der Hauptresultate 629 Verzeichnis der Tafeln. Tafel I u. II. Über Organveränderung bei Caulerpa prolifera. J. M. Janse. Tafel III. Über die Wasserstoffoxydation durch Mikroorganismen. Bronislaw Niklewski. Tafel IV u. V. Über die Veränderungen im anatomischen Bau der Wurzel während des Winters. Menko Plaut. Tafel VI— VIII. Ein Beitrag zur Kritik zweier Vererbungshypothesen. Über Proto- plasmastrukturen in den Wurzelmeristemzellen von Vida Faba. Henrik Lundegärd. Tafel IX u. X. Über geschlechtbestimmende Ursachen. Eduard Strasburger. Tafel XL Über traumatogene Zellsaft- und Kernübertritte bei Moncandia arvensis DC. Jos. Heinr. Schweidler. Alphabetisch nach den Namen der Verfasser geordnetes Inhaltsverzeichnis. Seite Peter Georg'evitch. Aposporie und Apogamie bei Trichomanes Kaulfussü Hk. et Grew. Mit 30 Textfiguren 155 J. M. Janse. Über Organveränderung bei Caulerpa prolifera. Mit Tafel I u. II 73 Hans Kniep. Über den Einfluß der Schwerkraft auf die Bewegungen der Laub- blätter und die Frage der Epinastie. Mit 6 Textfiguren 1 Henrik Lundegärd. Ein Beitrag zur Kritik zweier Vererbungshypothesen. Über Protoplasmastrukturen in den Wurzelmeristemzellen von Vicia Faba. Mit Tafel VI— VIII und 5 Textfiguen 285 Marc Modisch. Beiträge zur Physiologie der Hypocrea rufa (Pers.) .... 591 Bronisiaw Niklewski. über die Wasserstoffoxydation durch Mikroorganismen, Mit Tafel III 113 Menko Plant. Über die Veränderungen im anatomischen Bau der Wurzel während des Winters. Mit Tafel IV u. V 143 Rnd. Schütze. Über das geotropische Verhalten des Hypokotyls und des Koty- ledons. Mit 43 Textfiguren 379 Jos. Heinr. Schweidler. Über traumatogene Zellsaft- und Kernübertritte bei Moricandia arvensis DC. Mit Tafel XI 551 Ednard Strashurg'er. Über geschlechtbestimmende Ursachen. Mit Tafel IX und X 427 A. Tröndle. Der Einfluß des Lichtes auf die Permeabilität der Plasmahaut. Mit 4 Textfiguren 171 W. Wächter. Über die Koremien von Penidllium glaucum 521 VURU Über den Einfluß der Schwerkraft auf die Bewegungen der Laubblätter und die Frage der Epinastie. Von Hans Kniep. Mit 6 Textfiguren. I. Einleitung. Historisches. Unsere Kenntnisse von den geotropischen Reizvorgängen haben in den letzten Jahren wichtige Fortschritte aufzuweisen. Nicht nur über den äußeren Verlauf der durch die Schwerkraft ausgelösten Krümmungsbewegungen sind wir jetzt genauer unterrichtet; wir beginnen auch, wenngleich langsam, einen Einblick in die äußerst verwickelten Vorgänge, welche der sichtbaren Reaktion vorausgehen, zu gewinnen. Fast durchgehends hat man radiäre Organe zur Untersuchung gewählt, begreiflicherweise deshalb, weil sie die relativ einfachsten Verhältnisse zeigen. Über das Verhalten der dorsiventralen Organe der Schwerkraft gegenüber, vor allem der Laubblätter, liegen recht weoige eingehendere Untersuchungen vor. Vielleicht mag der Grund dafür zum Teil in der hohen Kompliziertheit der sich hier dar- bietenden Erscheinungen liegen. Andererseits läßt die Analyse ge- rade bei den Laubblättern viele interessante Ergebnisse erwarten, welche den Versuch, die zahlreichen Fragen, die sich dem Be- obachter aufdrängen, der Lösung näher zu bringen, auch vom all- gemein physiologischen Standpunkte aus als gerechtfertigt er- scheinen lassen. In mehr als einer Beziehung weichen die dorsiventralen Organe von den radiären in ihrer Beeinflussung durch die Schwerkraft ab. Das zeigt schon die oberflächliche Beobachtung. Dieser Umstand ^ schheßt zugleich die Warnung in sich, bei der Beurteilung der <£ Jahrb. f. wiss. Botanik. XLVIII. 1 2 Hans Kniep, Schwerkraftwirkung auf Laubblätter von Analogieschlüssen aus- zugehen auf Grund der Erfahrungen, die bei der Untersuchung radiärer Organ.e gewonnen worden sind. Wie verkehrt das wäre, das wird sich beispielsweise zeigen, wenn wir später das Verhalten der Laubblätter an der gleichmäßig rotierenden Achse des Klino- staten zu behandeln haben werden. Erst nach Klarstellung der besonderen Verhältnisse wird also daran gedacht werden können, festzustellen, was das Gemeinsame in den physiologischen Eigen- schaften der radiären und dorsiventralen Organe ist. Die ersten ausgedehnteren Versuche über Blattbewegungen, die durch äußere Einflüsse veranlaßt sind, hat m. W. Bonnet (1758) {»"gestellt. Seine Abhandlung enthält verschiedene Angaben, die für eine Abhängigkeit der Blattbewegungen von der Schwer- kraft sprechen. Wenn ihm selbst diese Deutung nicht nahe lag, so ist dies nicht zu verwundern angesichts der Tatsache, daß seine Schrift fast 50 Jahre vor den grundlegenden Untersuchungen Knights (1806) erschienen ist. Knight scheint zu seinen Ver- suchen nur radiäre Organe verwendet zu haben, wenigstens finden sich in seiner Arbeit keine Angaben über die Richtungsbewegungen von Blättern oder anderen dorsiventralen Organen. Der erste, der das geotropische Verhalten der Blätter studiert hat, ist Dutrochet (1837). Er stellte fest, daß man hier ebenso wie bei parallelo- tropen Organen die Schwerkraft durch die Zentrifugalkraft ersetzen kann, und fand, daß Blätter, auf einer schnell rotierenden Scheibe angebracht, sich senkrecht zur Kraftrichtung, die Oberseite dem Rotationszentrum zugekehrt, einstellen. Die Grundlage unserer gegenwärtigen Kenntnisse über die Richtungsursachen* plagiotroper Organe bilden ohne Zweifel die Untersuchungen von A. B. Frank (1870). Uns interessieren hier in erster Linie die Beobachtungen, die er an Blättern gemacht hat. Wie Frank gezeigt hat, können sich Laubblätter, ähnlich wie wir das von kriechenden Stengeln wissen, der Schwerkraft gegenüber verschieden verhalten. Viele sog. Erdblätter z. B., die eine aus- geprägte transversalheliotropische Reaktion zeigen, richten sich bei Verdunkelung senkrecht auf, sind also negativ geotropisch. Das wurde u. a. festgestellt für die Erdblätter von Rumex conglomera- tus, Capsella Bursa pastoris, Plantago media und lanceolata, Pri- mula elatior. Etwas abweichend verhalten sich die Erdblätter von AUium ursinum, die im Dunkeln zwar das Bestreben zeigen, in die normale Horizontallage einzurücken (morphologische Unterseite über den Einfluß der Schwerkraft auf die Bewegungen der Laubblätter usw. 3 zenithwärts gewandt), doch gelingt ihnen das meistens nur mangel- haft, da die Bewegungen im allgemeinen viel weniger ausgiebig sind als unter gleichsinniger Mitwirkung des Lichts. Andere Blätter, so diejenigen vieler Laub- und Nadelbäume, stellen sich im Dunkeln horizontal, sind also nach der von Frank geschaffenen Bezeichnung transversalheliotropisch. Bei künstlicher Entfernung aus ihrer normalen Lage können sie diese sowohl durch Krümmungen, als auch — wo Konvex- oder Konkavkrümmung allein nicht zum Ziele führt — durch Torsionen wiedergewinnen. Besonders gut ließ sich der Transversalgeotropismus der Blätter an verdunkelten Zweigen von Tilia grandiflora nachweisen. Die Blätter anderer Laubhölzer, z. B. von Acer ohtusatum und Spiraea ^^yporicifoUa zeigen im Dunkeln nur unvollständige Reaktion, die sich auch nur auf die jüngeren Blätter erstreckt, während im Licht aucli noch ältere der Bewegung fähig sind. Als allgemeines Ergebnis seiner Untersuchungen stellt Frank den Satz auf, daß die beschriebenen Orientierungsbewegungen das Vorhandensein von Wachstumsfiihig- keit zur Voraussetzung haben; da sich seine Studien nicht auf die mit Gelenken versehenen Blätter beziehen, so ist diese Folgerung auch ganz gerechtfertigt. Eine andere Frage ist die, ob die geo- tropischen Reaktionen vieler Objekte im Dunkeln infolge einer Störung des Wachstums so unvollkommen sind, oder ob diese Pflanzen an sich eine schwache geotropische Empfindlichkeit be- sitzen. Hierüber geben uns die Befunde Franks ebensowenig Aufschluß wie über die Frage, inwieweit beide Erscheinungen — Wachstum der Blätter bezw. Blattstiele und geotropische Reiz- barkeit — durch das Licht beeinflußt werden; ob vielleicht bei Belichtung unter Ausschluß heliotropischer Krümmungen') die geo- tropischen Effekte andere sind als im Dunkeln. Das transversal- heliotropische Verhalten von Blättern, die im Dunkeln sich als negativ geotropisch erweisen, faßt allerdings Frank so auf, daß das Licht die Schwerkraftwirkung überwindet. Wenn auch diese Annahme für Frank bei vorurteilsloser Betrachtung der vorhegen- den Tatsachen vielleicht die nächstliegende war, so ist sie doch 1) "Welche Versuchsanordnung nötig ist, um dorsi ventrale Organe zu beleuchten, ohne daß heliotropische Krümmungen auftreten, kann hier noch nicht erörtert werden. Bemerkt sei nur, daß dies durch allseitige, diffuse Beleuchtung natürlich nicht erreichbar ist. Ob es überhaupt möglich ist, geotropische oder andere Reaktionen bei Beleuchtung und Ausschluß des Heliotropismus rein zum Ausdruck zu bringen, wird außerdem davon abhängen, ob das betr Organ photonastisch reagiert oder nicht. 1* 4 Hans Eniep, nicht die einzig mögliche. Seitdem wir durch Stahl (1884) wissen, daß bei gewissen Rhizomen die geotropische Stimmung durch Licht verändert werden kann, ist auch diese Möglichkeit in Betracht zu ziehen. Für Blätter liegen hierüber bislang keine entscheidenden Untersuchungen vor. Wie bekannt, glaubte de Vries (1872) für die Richtung von Blättern und nicht vertikalen Sprossen in dem Zusammenwirken verschiedener Ursachen (negativer Geotropismus, Heliotropismus, Epinastie bezw. Hyponastie, Belastung) eine aus- reichende Erklärung gefunden und die Interpretation, die Frank seinen Versuchen gegeben hatte, als hinfällig erwiesen zu haben. Die weitere Entwicklung der Wissenschaft hat Frank gegenüber de Vries im wesentlichen recht gegeben. Es kann daher hier auf eine Einzelbesprechung der de Vries sehen Ergebnisse verzichtet werden. Schon die Argumente, die Frank in seiner zweiten, die Sache betreffenden Pubhkation (1873) geltend gemacht hat zur Frage über den Transversalgeotropismus und -Heliotropismus, sind so überzeugend, daß an der Irrigkeit der Grundanschauung von de Vries, namentlich was die Bedeutung der Belastung betrifft, kaum gezweifelt werden kann^). Auch die Entgegnung von de Vries (1872) hat daran nichts ändern können. Nichtsdesto- weniger möchte ich die Arbeit von de Vries (1872) nicht über- gehen, ohne auf einige darin angegebene Versuche hingewiesen zu haben, die für die hier zu behandelnden Fragen von Wichtigkeit sind. Sie stehen in Zusammenhang mit der Erscheinung der Epi- nastie, einem Begriff, den de Vries von Schimper (1854) über- nommen hat, aber in einem anderen Sinne als dieser gebraucht. De Vries versteht darunter die sich bei bilateral -symmetrischen Organen (z. B. Blattstielen und Blattrippen) findende Erscheinung, die darin besteht, daß die morphologische Oberseite eine stärkere Wachstumsteadenz besitzt als die Unterseite und somit Konvex- krümmung die Folge ist. Wie aus verschiedenen Stellen seiner Arbeit hervorgeht, betrachtet de Vries diese Epinastie (ebenso die Hyponastie, welche sich bei anderen Pflanzen findet) offenbar als autogene Eigenschaft der betreffenden Organe. Wenn er uns hierfür, wie wir später sehen werden, den exakten Beweis auch schuldig geblieben ist, so ist es doch sein Verdienst, auf die Be- 1) tJ'brigens hat bereits Bonnet (1758, Deutsche Übers. 1803, S. 61) Versuche mit untergetauchten Blättern gemacht und berichtet, daß sich dieselben ebenso wie in der Luft verhalten. über den Einfluß der Schwerkraft auf die Bewegungen der Laubblätter usw. 5 deutung der Tatsache selbst hingewiesen zu haben. Von Interesse ist ein Versuch, in dem diese Epinastie besonders deutlich zum Ausdruck kommt. De Vries legte Blattstiele und -Rippen hori- zontal auf die Seite, so, daß die Medianebene des Blattes horizon- tal liegt. Es tritt dann Aufwärtskrümmung auf, die aber nicht in vertikaler, sondern in einer mehr oder weniger zur Vertikalen ge- neigten Ebene erfolgt. In dieser Neigung spricht sich die Wirkung der Epinastie aus, welche, wenn sie rein zum Ausdruck käme, eine Krümmung in der Horizontalebene hervorbringen würde, in dem Versuche sich aber mit der das Organ aufrichtenden Wirkung der Schwerkraft kombiniert. In dem Kapitel, welches vom Ausschluß der einseitigen Schwerkraftwirkung bei dorsiventralen Organen handelt, wird sich Gelegenheit bieten, auf diesen Versuch zurück- zukommen. Im Anschluß an Czapek (1895, S. 1236) wollen wir ihn den de Vriesschen Flankenstellungsversuch nennen. Ganz ähnliche Versuche teilt auch Sachs in seiner wichtigen Abhandlung über orthotrope und plagiotrope Pflanzenteile (1879) mit. Zwar beschäftigt sich diese Abhandlung nicht mit den Re- aktionen der Laubblätter, doch ist sie für uns darum nicht weniger von Bedeutung, denn sie bringt, wenn wir von Franks Beobach- tungen (1870) absehen, die ersten eingehenden Untersuchungen über die Orientierung der ilfarc/iari^m- Sprosse, die sich in vieler Beziehung ähnlich wie die Blätter höherer Pflanzen verhalten. Auch die Beobachtungen am Epheu und an Tropaeolum ergaben vieles, was für die allgemeine Reizphysiologie der plagiotropen Organe von größtem Interesse ist. Was den oben erwähnten Epi- nastieversuch anlangt, so zeigte Sachs, daß die Oberseite plagio- troper Epheusprosse, die im Dunkeln in Flankenstellung gebracht werden, sich konvex krümmt. Besonders deutlich ließ sich der Versuch mit horizontal wachsenden Sprossen von Atropa Belladonna ausführen. Es handelt sich beim Epheu um eine durch das Licht induzierte, labile Dorsiventralität. Insofern ist die epinastische Krümmung, wie Sachs (1879, S. 264, Anm. 1) mit Recht bemerkt, eine Nachwirkung des Lichtes. Sehr wahrscheinlich, wenngleich nicht streng bewiesen ist es, daß Photonastie vorliegt (vgl. auch Czapek (1898, S. 259). Bei Seitenzweigen, auf welche das Licht einen derartigen Ein- fluß nicht oder nicht in dem Maße hat, und wo möghcheiweise irgendwelche von der Achse höherer Ordnung ausgehende Wir- kungen die Reizstimmung der Oberseite beeinflussen, konnte be- g Hans Kniep, kanntlich Baranetzky (1901) zeigen, daß sie sich ebenfalls im Dunkeln, bei Rotation um die horizontale Achse des Klinostaten epinastisch krümmen. Wenn man diesen Versuch meist so ge- deutet hat, daß hier Autotropismus vorliege, so möchte ich schon hier darauf hinweisen, daß uns die vorliegenden Tatsachen dazu nicht zwingen. Es könnte sich auch um Geotropismus (der infolge einer eventuell vorhandenen Dorsiventralität am Klinostaten zum Ausdruck kommen könnte) oder um Geonastie handeln '). Eine nähere Begründung hierfür wird erst später (Abschnitt VII) gegeben werden können. Der Plagiotropismus des Marchantia -ThsAlus ist bekanntlich nach Sachs als die Resultierende dreier Faktoren aufzufassen: des negativen Geotropismus (der im Dunkeln die Senkrechtstellung der Thalluslappen bewirkt), des positiven Heliotropismus und der (Photo-) Epinastie. Den Frankschen Begriff des Transversalhelio- tropismus verwirft Sachs. Zu einer exakten Begründung seiner Auffassung reichen indessen, wie Sachs übrigens selbst andeutet, die von ihm angestellten Versuche nicht aus. Er hebt mit Recht hervor, daß hierzu genaue Kenntnis der Erregungsgrößen der ein- zelnen, zusammenwirkenden Reizvorgänge Voraussetzung wäre. Diese hängen nun von der Intensität des Reizes, der Reizlage und der jeweiligen Reizstimmung des betr. Organs in bestimmter Weise ab. Da Sachs mit dem in seiner Intensität sehr schwankenden TagesUcht arbeitete, so ließ sich für die Größe der Lichtwirkung natürlich kein näherer Anhaltspunkt gewinnen. Für den negativen Geotropismus vermutet Sachs, daß die Erregung ihr Maximum bei der Horizontallage des Organs erreicht und mit dem Sinus des Ablenkungswinkels von dieser optimalen Reizlage abnimmt. Wir wissen jetzt durch Fittings Untersuchungen (1905), daß dies für radiäre, parallelotrope Organe zutrifft. Ob es indessen auch all- gemein für Marehantia gilt, mit anderen Worten, ob sich Mar- chantia unter allen Umständen der Schwerkraft gegenüber wie ein radiäres parallelotropes Organ verhält, muß dahingestellt bleiben. Würden wir nun die Reizwirkung der Einzelfaktoren genau kennen, so wäre weiter zu untersuchen, wie sich die Pflanze bei bestimmter Kombination derselben verhält. Voraussagen läßt sich das aus dem einfachen Grunde nicht, weil wir nicht wissen können, 1) Vgl. dazu auch Fitting (1905, S. 223). über den Einfluß der Schwerkraft auf die Bewegungen der Laubblätter usw. 7 inwieweit und wo sich die verschiedenen Reizketten gegenseitig beeinflussen. Es muß ja keineswegs eine Summationswirkung in dem Sinne resultieren, daß die sich aus dem Zusammenwirken mehrerer Reize ergebende Bewegungsgröße die Summe bezw. Diffe- renz der Einzelreaktionen ist, welche durch je eine Kraft bei Aus- schluß der tropistischen bezw. nastischen Wirkungen anderer unter sonst gleichen Außenbedingungen hervorgerufen werden. Seitdem wir wissen, daß das Licht unter Umständen die geotropische Stimmung von Pflanzen organen beeinflussen kann wäre es zunächst erforderlich, festzustellen, wie sich die einseitige Schwerkraftwirkung auf Marchantia-S]iYOsse bei Licht unter Ausschluß heliotropischer Effekte geltend macht und inwieweit da etwa photonastische Re- aktionen mitspielen. Ferner müßte entschieden werden, wie sich die Thallome bei Licht verhalten, wenn die einseitige Schwerkraft- wirkung ehminiert ist. Wenn Czapek (1898, S. 261) sich zu der Annahme berechtigt glaubt, daß der Plagiotropismus sich durch Zusammenwirken von Transversalheliotropismus, Photoepinastie und mit der Beleuchtung veränderlichem Geotropismus erkläre, so hat er hierfür entscheidende Gründe nicht beizubringen vermocht. Speziell die Behauptung Czapeks, daß im Lichte der Marchantia- Thallus transversalgeotropisch sei, kann durch den Versuch, den er mitteilt (1898, S. 263), nicht als bewiesen angesehen werden. Daraufhat auch Pfeffer (1904, S. 680) schon aufmerksam gemacht. Es wird sich diese Frage erst entscheiden lassen, wenn es gelungen ist, den Thallus unter Ausschluß jeglicher tropistischer Lichtwirkung zu beleuchten, und wenn das Ausmaß einer eventuell vorhandenen photonastischen Reaktion genau bekannt ist. Diese Vorbedingungen sind aber in keinem der bisher angestellten Versuche erfüllt. Auch aus den Angaben von Dachnowski (1907), der Marchantien im Dunkeln und bei Licht zentrifugiert hat (Rotationsachse hori- zontal), lassen sich in dieser Beziehung keine sicheren Schlüsse ziehen. Zwar scheint bei stärkerer Zentrifugalwirkung sich in der Tat Diageotropismus geltend zu machen, der durch allseitige Be- leuchtung nicht merkbar beeinflußt wird; ob derselbe aber auch bei normaler Schwerkraftwirkung am Lichte, wenn auch in erheblich schwächerem Maße vorhanden ist, oder ob die die negativ-geotro- pische Reaktion bedingende Stimmung durch Licht überhaupt nicht verändert wird, das ist nicht sichergestellt. Wir wissen nur, daß bei einer gewissen Beleuchtungsintensität der Transversalphoto- tropismus andere Reaktionsvorgänge nicht zum Ausdruck kommen Q Hans Kuiep, läßt. Es zeigen sich hier also im großen und ganzen dieselben Verhältnisse, wie sie uns auch bei diaheliotropischen Laubblättern begegnen. In der zitierten Abhandlung (1898) vertritt Czapek den Standpunkt, daß bei gleichmäßiger Rotation um die horizontale Achse des Klinostaten die einseitige Schwerkraftwirkung bei Mar- chantia und überhaupt bei physiologisch dorsiventralen Organen aufgehoben sei und folglich keine geotropische Reaktion auftreten könne. Das ist eine Ansicht, die früher fast allgemein und auch heute noch in sehr vielen Arbeiten mehr oder weniger bestimmt ausgesprochen oder vorausgesetzt ist. Ich erinnere daran, daß beispielsweise Vöchting sich in seinen bekannten Untersuchungen über den Phototropismus der Laubblätter (1888) die Frage vorlegt, ob die hehotropischen Bewegungen durch die Schwerkraft beeinflußt werden und aus dem Ergebnis, daß sie sich am Klinostaten trans- versalheliotropisch einstellen, folgert, daß sie unabhängig von der Schwerkraftwirkung erfolgen können. Auch Krabbe (1889) und Vines (1889) stehen durchaus auf diesem Standpunkt, ebenso A. Fischer in seiner interessanten Abhandlung über den Einfluß der Schwerkraft auf die nyctinastischen Bewegungen von Gelenk- blättern (1890). In neuerer Zeit finden wir dieselbe Anschauung z. B. in der vor kurzem erschienenen Arbeit von Bässler (1909) über die Aufrichtung der Blätter nach Dekapitation des Trag- sprosses durchgeführt. War diese Ansicht früher, als man sich über die Wirkung der gleichmäßigen Rotation auf die Pflanzen noch keine sicher be- gründete Vorstellung machen konnte, begreiflich, so dürfte es heute nicht mehr als gerechtfertigt erscheinen, sie als selbstverständHche Voraussetzung zu behandeln, nachdem Fitting (1905) für radiäre Organe einwandfrei entschieden hat, daß am Klinostaten eine Geo- perzeption erfolgt und Krümmungen nur dann unterbleiben, wenn die Reizlagen so kombiniert werden, daß die induzierten Reaktionen sich gegenseitig aufheben. Es war mit der Konstatierung dieser Tatsache von neuem das Interesse gelenkt auf Betrachtungen und Versuche, die schon früher von Sachs und vor allem von Noll angestellt worden waren. Sachs hat sich bekanntlich in verschiedenen seiner Arbeiten darüber ausgesprochen, wie sich das Verhalten der Pflanzen bei gleich- mäßiger, langsamer Rotation um eine horizontale Achse erklären läßt, besonders ist der Abhandlung über Ausschließung der geo- über den Eiufluß der Schwerkraft auf die Bewegungen der Laubblätter usw. 9 tropischen und heliotropiscben Krümmungen während des Wachsens (1879, S. 209), wo er die Ansicht äußert, daß Krümmungen nur dann ausbleiben werden, wenn der am Klinostaten rotierende Pflanzenteil allseitig gleiche Reaktionsfähigkeit besitzt*). Versuche, die die Frage entscheiden können, hat Sachs nicht angestellt. Erst Noll, der sich von allen Forschern wohl am eingehendsten dem Studium der dorsiventralen Organe gewidmet hat, hat das Problem klar herausgearbeitet und experimentell zu lösen versucht. Er geht davon aus, daß am Klinostaten Geoperzeption stattfinden müsse. Auf diese Hypothese — denn als solche mußte sie damals gelten, da die Versuche von Dutrochet (1837, S. 53), welche, wie Fitting (1905, S. 289) neuerdings hervorhob, die Annahme tatsächlich beweisen, kaum beachtet worden waren — gründen sich die weiteren Erörterungen und Versuche NoUs. Da sie für das folgende von Bedeutung sind, seien sie hier etwas ausführlicher besprochen. In seinen älteren Arbeiten (1885 und 1887) ist Noll, wie aus verschiedenen Stellen derselben deutlich hervorgeht, zu der er- wähnten Erkenntnis noch nicht vorgedrungen. Erst in seiner „he- terogenen Induktion" (1892) finden wir eine klare Behandlung der Frage. Die allbekannte Erscheinung, daß dorsiventrale Organe am KHnostaten bei gleichmäßiger Rotation um die hori- zontale Achse unter Ausschluß des Lichts dorsalkonvexe Krüm- mungen ausführen — welche nach Ansicht vieler Forscher auto- nomer Natur sind — kann nach Noll verschiedene Ursachen haben. Sie können erstens tatsächlich autonom sein; dann ist zu erwarten, daß das Organ sich der Schwerkraft gegenüber auf Unter- und Oberseite gleich verhält und parallelogeotropisch-) ist. Drücken 1) Es wirkt jedoch befremdend, wenn wir in der gleichen Arbeit einige Seiten später (S. 215), die Sätze lesen (die aus einer älteren Publikation von Sachs [1872] zitiert sind): „Ist nun ein Organ allseitig gleichwachsend, wie die Hauptwurzel und der Hauptstengel, so muß es in jeder Eichtung geradeaus fortwachsen, die es zufällig oder absichtlich bei der Befestigung der Keimpflanze im Rezipienten einnahm .... Aber auch bilaterale Organe, wie die Nebenwurzeln, Blätter, können bei langsamer Rotation um die horizontale Achse keine von der Schwerkraft (oder dem Licht) bewirkte Krümmung erfahren ; zeigen sie dennoch bestimmte Richtungsverhältnisse zu anderen Teilen oder gar Krümmungen, so müssen diese durch innere Ursachen des Wachstums (unabhängig von Schwerkraft und Licht) bewirkt sein". Hier liegt ein offenbarer Widerspruch zu der oben wiedergegebenen Anschauung vor. 2) Ein radiäres, klinotropisches Organ wird, an der rotierenden Horizonfalachse des Klinostaten angebracht, nur bei bestimmter Orientierung an der Achse nicht geotropisch reagieren können. Vgl. hierüber auch Czapek (1895, S. 1244) und diese Arbeit S. 16. 10 Hans Kniep, wir das durch das N oll sehe Reizfelderschema aus, so wäre in diesem Falle zu fordern, daß das Reizfeld für die geotropische Krümmung der Oberseite ebenso groß wie das der Unterseite ist. Die zweite Möglichkeit wäre die, daß das Zurückschlagen am Klinostaten rein geotropischer Natur ist. Drittens wäre zu er- wägen, ob eine Kombination von Epinastie und geotropischer Wir- kung besteht. Um nun zwischen diesen drei Möglichkeiten eine Entscheidung zu treffen, ist es, wie Noll richtig hervorhebt, nötig, die Epinastie irgendwie zum Ausdruck zu bringen, also eine Yersuchsanordnung zu treffen, die uns darüber unterrichtet, ob Epinastie vorhanden ist und, wenn das der Fall, wie groß sie ist. Um über ersteres ins klare zu kommen, hat Noll drei Wege angegeben. Über die beiden ersten berichtet er in seiner „heterogenen Induktion" (1892 S. 36 u. 39). Die eine dieser Methoden beruht auf der Verwendung des Zentrifugalapparats, auf dem die zu untersuchen- den Objekte einer im Vergleich zur Schwerkraft verstärkten Massen- beschleunigung ausgesetzt waren. Orientiert man die Pflanze so, daß „die Hauptachse radial in der Trommel des Zentrifugalapparates mit der Spitze gegen dessen horizontale Achse gerichtet ist, dann muß der Winkel zwischen Hauptachse und dorsi ventraler Achse derselbe bleiben", sofern keine autonome Epinastie bei dem Zu- standekommen der normalen Gleichgewichtslage des dorsiventralen Organs im Spiele ist. „Ist die natürUche Ruhelage jedoch eine Gleichgewichtslage zwischen dem eine Hebung des Organs an- strebenden Geotropismus und einer auf Senkung desselben abzielen- den autonomen Epinastie, dann müßte sich unter dem Einfluß der verstärkten Beschleunigung der akroskope Winkel, den das dorsi- ventrale Organ mit seiner Tragachse bildet, verkleinern" (a. a. O. 39). Hieraus geht zunächst hervor, daß es mit Hilfe dieser Ver- suchsanordnung nicht möglich ist, eine eventuell vorhandene Epi- nastie rein zum Ausdruck zu bringen. Wie steht es nun mit der anderen Frage: werden wir aus dem Ausbleiben einer Reaktion bei der zentrifugierten Pflanze unbedingt auf das Nichtvorhanden- sein von Autoepinastie schließen können? Ich glaube nicht. Setzen wir einmal den Fall, das dorsiventrale Organ stelle sich unter nor- malen Bedingungen, also bei einfacher Schwerewirkung (unter Aus- schluß von Lichteinflüssen), horizontal. Es sei ihm, so wollen wir ferner annehmen, ein autoepinastisches Krüramungsbestreben eigen. Daraus wäre meines Erachtens noch durchaus nicht zu folgern, daß über den Einfluß der Schwerkraft auf die Bewegungen der Laubblätter usw. 1 1 die gedachte geotropisclie Gleichgewichtslage von der Horizontalen nach oben abweichen müßte. Es könnte ja der Effekt der Schwer- kraft die Epinastie derart überwiegen, daß sie in der resultierenden Lage nicht merkbar zum Ausdruck käme, ganz ähnlich wie das Licht innerhalb weiter Intensitätsgrenzen bei vielen Pflanzen eine vollständige oder nahezu vollständige Einstellung in die phototro- pische Gleichgewichtslage herbeiführt, auch wenn sie dabei eine Lage einnehmen müssen, die der optimalen geotropischen Reizlage entspricht. Wir wissen ja durch Guttenbergs Untersuchungen (1907), daß bei vielen Objekten offenbar schon eine recht schwache Beleuchtung genügt, um die Schwerewirkung zu überwinden und eine parallelotrope Reaktion gegen das Licht hervorzurufen. Es handelt sich hier, soweit sich nach dem vorliegenden Material be- urteilen läßt, nicht etwa um Umstimmung des Geotropismus durch Licht, die der in den bekannten St ah Ischen Versuchen (1884) festgestellten ähnlich wäre. Somit wäre es sehr wohl möglich, daß in unserem Falle die einfache Wirkung der Gravitation schon so groß ist, daß die Epinastie bei der resultierenden Bewegung gar nicht als erkennbare Komponente mitwirkt, woraus folgen würde, daß bei Steigerung der Massenbeschleunigung auf der Zentrifuge das Organ keine Lageveränderung erleidet. Allerdings ist hier vorausgesetzt, daß die geotropisclie Stimmung des Organs sich bei stärkerer Reizung nicht ändert, eine Annahme, die zweifellos auch Noll stillschweigend macht. Ob das nun zutrifft oder ob etwa bei stärkerer Reizung eine andere Gleichgewichtslage angestrebt wird oder andere, kompliziertere Verhältnisse mitspielen, das ist eine Frage, über die wir bei dorsiventralen Organen gar nichts wissen. Durch die Untersuchungen von Fröschel (1907. 1909), Blaauw (1909) und Pringsheim (1908. 1909) für den Phototropismus, von Pekelharing (1909) für den Geotropismus radiärer, parallelotroper Organe sind neuerdings Tatsachen bekannt geworden, die auf viele Erscheinungen ein ganz neues Licht geworfen haben und noch manche interessante Ergebnisse erwarten lassen. Wir haben jedoch zunächst keine Veranlassung, diese Resultate hier näher zu berück- sichtigen, da es sich unserer Beurteilung gänzlich entzieht, inwie- weit sie auf dorsiventrale Organe übertragbar sind. Was nun den zweiten, von Noll gesetzten Fall betrifft, daß nämlich bei verstärkter Reizung der akroskope Winkel, den das Organ mit seiner Mutterachse bildet, sich verkleinert — woraus nach Noll auf das Vorhandensein von Autoepinastie zu schließen 12 Hans Kniep, wäre — 80 ist hier gleichfalls an die eben berührte Stimmungs- frage zu denken. Würde die Stimmung, soweit sie die Gleich- gewichtslage bedingt, unter den veränderten Versuchsbedingungen die gleiche bleiben und vielleicht nur eine quantitative Steigerung der Erregung stattfinden, so könnte man allerdings annehmen, daß Epinastie vorhanden ist. Um das aber zu entscheiden, müßte erst einmal die epinastische und geotropische Krümmung getrennt untersucht werden, und wenn das geschehen ist, dann ist auch die Frage entschieden, die Noll durch seine Versuchsanordnung klar- stellen wollte. Die zweite Methode Nolls, das Vorhandensein von Auto- epinastie nachzuweisen, geht von der sog- labilen Ruhelage aus. Das Kriterium dieser labilen Ruhelage ist das, daß das Organ bei geringster Ablenkung aus derselben sich von ihr weg bewegt, nach der stabilen Ruhelage zu, in der die Krümmung dann (eventuell nach einigen Oszillationen) stehen bleibt (vgl. Noll 1892 S. 22). Die Argumentation von Noll ist nun folgende: Wenn das dorsiven- trale Organ in die labile Ruhelage gebracht wird oder besser eine Spur darüber hinaus, so, daß die Ventralseite schwach von der Schwere affiziert wird, dann muß eine eventuell vorhandene Auto- epinastie zur Geltung kommen. „In diesem Falle müßte die auto- nome, ständig wirkende Epinastie das Organ bereits ventralwärts bewegt haben, bevor der in dieser Lage sehr schwach wirkende Geotropismus noch die Zuwachsbewegung in der Ventralseite in- duziert hätte" (S. 36). Die Versuche mit Aconitum-'BWxien , die Noll angestellt hat, ergaben, daß in der angegebenen Weise ein- gestellte Blüten durch Verlängerung der Ventralseite des Stiels in die stabile Gleichgewichtslage einrückten. In einem Falle gelang es, eine Blüte fünf Tage lang in der labilen Ruhelage zu halten. Hieraus schließt Noll auf das Nichtvorhandensein von Autoepi- nastie. Wir wollen nun auch hier einmal den Fall setzen, das dorsiventrale Organ zeige ein autoepinastisches Krümmungsbestreben, und weiter annehmen, es werde von der stabilen Ruhelage, die es bei normaler, senkrechter Richtung der Mutterachse einnimmt'), plötzlich in die Lage senkrecht nach unten gebracht. Man fragt sich nun unwillkürlich: woher weiß denn Noll, daß diese letztere 1) Dieser Punkt ist, was hier nebenbei bemerkt sei, nicht unwesentlich, denn es ist zu vermuten, daß der Ausfall der Versuche nicht derselbe sein wird, wenn der Stiel des Blattes oder der dorsiventralen Blüte, welche auf Autoepinastie geprüft werden soll, von vornherein gerade oder z. B. stark konvex gekrümmt ist. über den Einfluß der Schwerkraft auf die Bewegungen der Laubblätter usw. 13 Stellung bei dorsiventralen Organen die labile Rubelage für den Geotropismus ist? Als Kriterium für diese Lage gibt er kein anderes an als das oben genannte; sie ist nur durch die Richtung der Reaktionen definiert, die bei geringer Ablenkung eintreten. Unter der Voraussetzung, daß der Geotropismus rein zum Aus- druck kommt, wird sich eine derartige Ruhelage auch als geotro- pische zu erkennen geben. Wenn wir aber mit dem Vorhandensein anderer Krümmungstendenzen wie z. B. autoepinastischer rechnen müssen — und diese Frage will Noll ja entscheiden — , dann liegen die Dinge nicht so einfach. Wie wir nun sahen, liegt der NoU- schen Beweisführung folgende Voraussetzung zugrunde: wird ein autoepinastisches dorsiventrales Organ in eine Reizlage gebracht, in welcher die Schwerkraft gerade eine Verlängerung der Ventral- seite induziert, so muß es sich trotzdem dorsalkonvex krümmen, weil die Epinastie eine ständig wirkende ist, also schon induziert sein muß, während die spezifische Schwerewirkung erst in dem Momente induziert wird, in dem das Organ in die betreffende Reiz- lage eingestellt wird; je geringer die Schwerewirkung ist, um so deutlicher wird die Epinastie erscheinen müssen. Aus dieseru Grunde legt wohl Noll Wert darauf, daß die Ablenkung aus der „labilen geotropischen Ruhelage" keine zu große ist. Nehmen wir nun also an, der Versuch Nolls wäre in dem andern, von Noll für möglich gehaltenen Sinn ausgefallen, die Stiele hätten sich also nach der geringen Ablenkung aus der senk- rechten Lage nicht hypo-, sondern epinastisch gekrümmt. Dann dürfte gewiß die Frage berechtigt erscheinen : ist es bewiesen, daß die Lage senkrecht nach unten die labile geotropische Ruhelage ist? Vorläufig müssen wir das verneinen. Man könnte vielleicht daran denken, das dadurch zu entscheiden, daß man das Organ zur Verhinderung der epinastischen Krümmung längere Zeit in der schwach abgelenkten Lage fixiert, bis eine etwaige geotropische Reaktion induziert sein muß, und dann die Richtung der Krüm- mung beobachtet. Da jedoch derartige Versuche nicht vorliegen, ist es unnötig, sie zu diskutieren. Wichtiger erscheint es mir, dar- auf hinzuweisen, daß auch der tatsächliche Ausfall der Nollschen Versuche keineswegs zwingend zu dem Schlüsse führt, es sei keine Autoepinastie vorhanden. Ich möchte jedoch, ehe ich dies be- gründe, zunächst den oben dargelegten Gedankengang Nolls noch etwas weiter verfolgen. Wenn die Schwerkraft das dorsiventrale Organ so beeinflußt, daß es sich aus gewissen Reizlagen dorsal- 2^ Hans Kniep, konvex, aus anderen ventralkonvex nach der Gleichgewichtslage zu krümmt, so muß irgendwo eine labile Ruhelage für den Geotro- pismus vorhanden sein. Obwohl, wie bemerkt, die Lage senk- recht nach unten als solche nicht erwiesen ist, wollen wir der Einfachheit halber voraussetzen, sie sei es in der Tat. Wird jetzt das Organ (dem Autoepinastie zukommen soll) aus dieser Stellung in dem von NoU angegebenen Sinne weiter abgelenkt, so wird die erregende Wirkung der Schwerkraft, welche Verlängerung der Ven- tralseite anstrebt, jedenfalls an Stärke zunehmen, wahrscheinlich bis zu einem gewissen Grenzwinkel (optimale Reizlage), von da ab wird bei weiterer Ablenkung in der gleichen Richtung wieder Ab- nahme der Erregungsgröße erfolgen. Wir können uns nun vor- stellen, daß nach Einstellung in eine gewisse Reizlage zuerst eine schwache epinastische Krümmung eintritt, alsbald aber, infolge der überwiegenden Schwerewirkung, das Organ kurze Zeit stillsteht und sich dann in entgegengesetzter Richtung krümmt. In diesem Falle dürfte die epinastische Krümmung noch nicht die labile Ruhe- lage überschritten haben. Gehen wir noch weiter, so könnte es eine Reizlage geben, in welcher die > '1 11 "• 11 ^,«o /2,23\ Relative Wachstumsbeschleunigung ITTö) ^ 1,50. Versuch 4. Zwischeu 1. und 2. Ablesung normale Horizontallage. Nach der 2. Ablesung in die obere Vertikallage gebracht. Bis zur 3. Ablesung ist eine Konvexkrümmung bis zur Stellung -[-30^ eingetreten. Temperatur schwankte zwischen 17,2° und 18,0", erreichte nur einmal vorübergehend 18,5°. Oberseite Unterseite 1. Ablesung 2. Ablesung 3. Ablesung 1. Ablesung 2. Ablesung 3. Ablesung 11. 9. 4*''Nra. 12. 9. 3" Nrn. 13.9. 4*« Nrn. 11. 9. 4"Nm. 12.9. 3"° Nrn. 13.9. 5''°Nm. Entfernung der Tuschemarken Zuwachs Zuwachs Entfernung der Tuschemarken Zuwachs Zuwachs 61,5 1,3 3,0 53,8 0,0 — 0,5 50,2 0,8 3,2 61,0 0,0 — 0,8 65,8 0,0 4,0 64,2 0,3 — 0,6 47,9 0,1 2,3 60,3 0,4 — 0,3 61,4 0,0 4,3 45,8 0,5 -0,4 45,8 — 0,1 2,6 44,8 0,0 -0,7 48,5 0,1 2,5 55,8 0,4 0,4 381,1 2,2 21,9 385,7 1,6 -2,9 Absoluter Zuwachs der Mittellinie nach der 2. Ablesung: 1,9 V nnn nn^. „ 9,5 Zuwachs der Mittellinie in 7o ^^^ Stiellänge „ „ 2. „ 0,45 0/ Q «> AO n 11 n n 10 n ii n n "• n »j,i*d (^2,42 Relative Wachstumsbeschleunigung l-^^l = 5,38. ^ ^ '0,45/ Versuch 5. Vor der 1. Messung in die normale Horizontallage eingestellt. Zwischen 1. und 2. Messung schwache Senkung. Nach der 2. Ab- lesung in die obere Vertikallage eingestellt. Bis zur 3. Ablesung ist die Konvexkrümmung bis zur Stellung -|- 10° vorgeschritten. Temperatur schwankte zwischen 16,8° und 18,0°. 42 Hans Kiiiep, Oberseite Unterseite 1. Ablesung 2. Ablesung 3. Ablesung 1. Ablesung 2. Ablesung 3. Ablesung 12.9. 42s Nm. 13.9. 6"Nm. 14.9. 4«" Nrn. 12.9. 4"Vm. 13.9. 6''°Nm. 14.9. 4"'Nm. Entfernung der Tuschemarken Zuwachs Zuwachs Entfernung der Tuschemarken Zuwachs Zuwachs 57,0 2,2 5,1 57,8 1,7 1,6 55,4 2,6 6,3 61,1 2,9 — 0,5 56,6 3,6 4,0 54,9 2,7 0,2 51,0 2,0 3,4 58,8 2,5 — 0,3 58,9 3,1 3,0 58,7 1,5 0,6 58,8 2,4 0,8 53,2 0,4 0,6 337,7 15,9 22,6 344,5 11,7 2,2 Absoluter Zuwachs der Mittellinie Zuwachs der Mittellinie in "/o '^^"^ Stiellänge 3. 0/ o Relative Wachstumsbeschleunigung l^^^^^^l := 0,865. nach der 2. Ablesung: 13,8 12,4 4,05 3,51 .3,51^ Versuch 6. Vor der 1. Messung in der normalen Horizontallage. Nach der 2. Messung Blatt in die Lage -\- 135 "^ gebracht. Bis zur 3. Messung ist die normale Horizontallage wieder erreicht. Temperatur: 15,0 '^ — 17,0", am 16. 11. Nm. etwa eine Stunde lang auf 13,0 ^ gesunken. Oberseite Unterseile 1. Ablesung 2. Ablesung 3. Ablesung 1. Ablesung 2. Ablesung 3. Ablesung 15. 11.5"Nm. 16.11. 6"Nm. 17.11. 5«"'Nm. 15. 11.5'" Nm. Entfernung der Tuschemarken 16.11.6»0Nm. 17.11. 5"Nm. Entfernung der Tuscheniarken Zuwachs Zuwachs Zuwachs Zuwachs 58,0 0,9 7,3 41,0 1,1 1,3 34,0 0,2 3,3 53,4 0,3 0,5 71,8 0,3 3,0 52,8 0,6 0,0 58,0 1,0 3,2 55,7 0,2 — 0,5 54,2 1,3 4,0 55.0 — 0,5 1,1 55,8 0,3 3,5 55,6 -0,4 0,9 331,8 4,0 24,3 313,5 1,1 3,3 Absoluter Zuwachs der Mittellinie nach der 2. Ablesung: 2,55 n nnn r: v "' n J.i»,c7 Zuwachs der Mittellinie in °/q der Stiellänge „ ,<• 2. „ 0,77 q ±94. » « 1, nnn n nn"*n ^i"^ /4,24^ Relative Wachstumsbeschleunigung 0,77 5,51. über den Einfluß der Schwerkraft auf die Bewegungen der Laubblätter usw. 43 Versuch 7. Vor der 1. Messung in der normalen Horizontallage. Zwischen 1. und 2. Messung hat sich das Blatt ein wenig gehohen. Nach der 2. Messung wird es in die Lage — 80 " eingestellt. Nach einigen Stunden hat die Konkavkrüramung eingesetzt. Das Blatt wird darauf wieder um ca. 30 " gesenkt. Bis zur 3. Ablesung hat es sich um 90 " gehoben. Temperatur: 15,2 °— 17,0 ^ Oberseite Unterseite 1. Ablesung 2. Ablesung 3. Ablesung 1. Ablesung 2. Ablesung 3. Ablesung 20. 11. T^^Nra. 21.11. e^^Nm. 22.11. 5^''Nm. 20. 11. 7<"'Nm. Entfernung der Tuschemarken 21.11. 5*°Nni. 22.11. 6*"Nni. Entfernung der Tuschemarken Zuwachs Zuwachs Zuwachs Zuwachs 77,0 0,0 i,i 87,0 0,9 1,9 76,8 0,2 1,9 70,0 0,8 2,0 70,0 0,5 0,5 72,1 1,0 2,3 78,7 0,8 -0,1 67,8 1,0 1,4 67,0 — 1,0 0,3 72,5 1,8 1,7 76,0 0,0 0,1 76,5 2,0 2,5 445,5 0,5 4,1 445,9 7,5 11,8 Absoluter Zuwachs der Mittellinie nach der 2. Ablesung: 4,0 „ ,, ,, ,, ,, ,, "• 1, 7,95 Zuwachs der Mittellinie in % der Stiellänge ,, „ 2. ,, 0,90 ,1 ,, ,, ,, ,, ,, ,, ,, ,, "• „ Z,^ö 12 23^ Relative Wachstumsbeschleunigung i— — 2,48. V. Die Bewegungen der Blätter nach Einstellung in verschiedene Reizlagen. Ehe näher auf die Klinostatenversuche und den Ausschluß der Epinastie eingegangen werden kann, muß kurz mitgeteilt werden, in welcher Weise Blätter, die von der normalen Horizontallage ab- gelenkt werden, in die Ruhelage zurückgelangen. Da ich mir, wie oben schon bemerkt wurde, die Untersuchung der Torsionen zu- nächst nicht zur Aufgabe gemacht hatte, sollen hier nur solche einfache Krümmungsbewegungen, die durch Wachstumsverlängeruug der Dorsal- oder Ventralseite des Blattstiels zustande kommen, beschrieben werden. Die Versuche beziehen sich auch hier fast ausschheßlich auf Lophospernium scandens. Die Blattstiele dieser 44 Hans Kniep, Pflanze krümmen sich konvex, wenn der Mittelnerv der Spreite mit der Horizontalen einen Winkel mit positivem Vorzeichen bildet (über die Bezeichnungen vergl. Abschnitt III). Auch aus der in- versen Horizontallage bewegt sich die Spreite durch Konvex- krümmung des Stiels in die normale. Voraussetzung dabei ist, daß bei der Einstellung in die Reizlage darauf geachtet wird, daß die Querachse der Spreite genau horizontal steht, da sonst sehr leicht Torsionen eintreten. In denjenigen Neigungslagen, die mit negativem Vorzeichen versehen sind, kann je nach der Größe des Ablenkungswinkels konkave oder konvexe Krümmung eintreten. Erstere beobachtet man stets nach Einstellung des Blattes in die Lage —30^, — 45° oder —90". In letzterem Falle erfolgt sie meist etwas später und schreitet ziemlich langsam vor, so daß das Blatt sehr häufig infolge eintretender Dunkelstarre nicht bis zur normalen Horizontallage gelangt. Ahnlich liegen die Verhältnisse, wenn man den Winkel noch mehr vergrößert und das Blatt in — 100, —110, und — 112" einstellt. Wenn das Material ent- sprechend vorbehandelt ist, die Blätter also bei Verdunkelung in der normalen Horizontallage bleiben und sich nicht senken, so er- folgt auch aus der Stellung — 112" immer Konkavkrümmung. Da- gegen trat in meinen Versuchen nach Einstellung in — 120", — 135" usw. stets Konvexkrümmung auf. Es muß also zwischen —112" und — 120" eine Lage geben, in welcher das Blatt verharrt (labile Ruhelage). Daß es aus verschiedenen Gründen nicht leicht ist, diese Stellung genau festzustellen, das wissen wir von anderen geotropischen Versuchen her. Eine invers gestellte Wurzel wird in den allerseltensten Fällen in der Inversstellung bleiben, denn die geringste Nutation bringt sie in eine Lage, in welcher eine von der labilen Ruhelage wegstrebende Krümmung induziert wird. Nun haben die Lophospermutn-'BVsitteT allerdings vor den meisten parallelotropen Organen den großen Vorzug, daß ihre Neigung zu autonomen Nutationen, wenn überhaupt vorhanden, dann meist äußerst gering ist. Demgegenüber bringt aber der Umstand, daß der Mittelnerv des Blattes in den seltensten Fällen ganz gerade ist, die Schwierigkeit mit sich, daß eine genaue Einstellung des Blattes in einen bestimmten Winkel nicht immer möglich ist. Nach meinen Versuchen dürfte die Lage — 115" der labilen Ruhe- lage entsprechen. Aus dieser Lage treten teils konvexe, teils konkave Krümmungen auf. In einem Falle blieb das Blatt in der Lage — 115". Um zu beweisen, daß hier nicht Dunkelstarre oder über den Einfluß der Schwerkraft auf die Bewegungen der Laubblätter usw. 45 eine durch irgendwelche anderen Mittel hervorgerufene Reaktions- unfähigkeit vorlag, brachte ich das Blatt, nachdem es 24 Stunden in der labilen Gleichgewichtslage verweilt hatte, in die Stellung — 45 *' und beobachtete nach kurzer Zeit eine deutliche konkave Krümmung. Wir ersehen aus diesen Versuchen, daß der Wiukelbereich, aus welchem Konvexkrümmungen erfolgen, viel größer ist als der, aus dem Konkavkrümmungen eintreten. Das Verhältnis ist 245:115. Daraus läßt sich indessen aus begreiflichen Gründen auf die Größe von geotropischen Erregungen und Reaktionen, die sich in Kon- kav- und Konvexkrümmungen äußern könnten, nichts schließen, denn es ist ja die Existenz von beiden noch nicht einmal erwiesen, Sicher ist bis jetzt nur, daß bei einer von beiden Krümmungen Geotropismus beteiligt sein muß. Selbst wenn wir aber das Vor- handensein beider voraussetzen, wäre es voreilig weitere Schlüsse zu ziehen, da wir noch nicht wissen, welche anderen Faktoren bei der Krümmung mitwirken. Es leuchtet ferner ein, daß es dann ebenso unberechtigt wäre, etwa anzunehmen, die Reizvorgänge, die die Konkavkrümmung einleiten, würden ausschließlich in den Neigungslagen 0 bezw. — 1 ^ bis — 115", die der Konvexkrümmung vorausgehenden nur in 0° bezw. -\-l^ bis ±180" und — 116" bis ±180" induziert. Um diese Fragen wirklich zu entscheiden, werden erst ausgedehnte Untersuchungen nötig sein. Im Hinblick auf die in der Einleitung diskutierten Versuche Nolls sei hier eines noch kurz hervorgehoben, obwohl ich am Schlüsse der Arbeit darauf nochmals zurckkommen muß. Es zeigte sich in meinen Versuchen niemals, weder in der labilen Ruhelage noch dann, wenn die Blattstellung ein wenig davon abwich, daß das Blatt zuerst eine schwache Konvexkrümmung ausführte, die dann in eine entgegengesetzte umschlug. NoU würde hieraus auf das Nichtvorhandensein von Epinastie geschlossen haben, mit welchem Rechte, das werden wir unten sehen. Schließlich muß ich noch erwähnen, daß der Winkel, den der Blattstiel mit der Lamina bildet, bei den verschiedenen Blättern durchaus nicht immer gleich groß ist. Trotzdem stellen sie sich in die normale Horizontallage ein, ein Beweis dafür, daß diese Orientierung durch die Lamina bestimmt wird, welche den Stiel dirigiert, und daß etwa vorhandener Geotropismus des Stiels (der sich nach Abtrennung der Lamina zeigen könnte) bei der Ein- stellung in die Gleichgewichtslage belanglos ist. 46 Hans Kniep, VI. Die Reaktion der Blätter am gleichmäßig rotierenden Klinostaten. Es ist seit längerer Zeit bekannt, daß viele Blätter sich am Klinostaten „zurückschlagen", d. h. stark konvex krümmen. AV^ir können diese Erscheinung leicht beobachten, wenn wir eine Coleus- Pflanze in den Topthalter des Klinostaten so einspannen, daß die Sproßachse die Verlängerung der gleichmäßig rotierenden horizon- talen Klinostatenachse ist^). Eine nähere Analyse dieses Phäno- mens ist bisher nicht gegeben worden. Man hat es vielfach so gedeutet, daß nach Ausschluß des einseitigen Schwerkraftreizes die autogene Epinastie zum Ausdruck komme, und die Blätter ihre „Eigenrichtung" einnehmen. Auf diesem Standpunkt steht z. B. in seinen älteren Arbeiten Czapek, auch Pfeffers Bemerkungen (1904 S. 688) lassen auf diese Deutung schließen, wenngleich dieser an einer anderen Stelle seines Handbuchs (S. 568) klar ausspricht, daß bei diffus gereizten dorsiventralen Organen das Ausbleiben tropistischer Krümmungen nicht zu erwarten ist. Wir wollen in diesem und den folgenden Kapiteln untersuchen, um was für Vorgänge es sich bei dem „Zurückschlagen" der Blätter handelt. Hier soll zuerst der Nachweis geführt werden, daß Blätter am Klinostaten tatsächlich geotropisch reagieren können. Die Lophospermum-'BXÄiiQY zeigen, wie ich mich durch zahl- reiche Versuche überzeugte, am Klinostaten die Konvexkrümmung sehr gut. Natürlich wurden diese Versuche alle, um photische Reaktionen auszuschalten, im Dunkeln angestellt. Ich habe zu- nächst geprüft, ob die Krümmung bei Rotation des Blattes um die horizontale Achse stets eintritt, gleichgültig, welchen Winkel das Blatt anfänglich mit der Klinostatenachse bildet. Dies glaube ich auf Grund der mir vorliegenden Versuche entschieden bejahen zu können, obwohl aus begreiflichen Grründen nicht sämtliche Winkelstellungen untersucht werden konnten. Orientiert man die Pflanze so, daß der Mittelnerv der Klino- statenachse parallel gerichtet ist, so werden bei der Drehung außer den beiden Flankenstellungen die normale und inverse Horizontal- lage durchlaufen. Die Krümmung, die auftritt, ist sehr stark; in einem Falle überschritten die Blätter sogar die Parallelstellung mit dem Muttersproß um mehr als 4.5", hatten sich also um mehr als 135" gekrümrat. Das war allerdings ein Ausnahmefall, bei dem ') Vgl. die Abbildung des Versuches bei Pfeffer (1904, S. 688). über den Einfluß der Schwerkraft auf die Bewegungen der Laubblätter usw. 47 es sich um junge, ganz besonders reaktionsfähige Blätter handelte. Altere Blätter erreichen meist die Parallelstellung nicht, eine deut- liche Konvexkrümmung ist jedoch immer nachweisbar, sofern das Blatt noch wachstumsfähig ist. Im wesentlichen derselbe Erfolg tritt ein, wenn die Blätter einen Winkel von 45 "^ mit der horizon- / b / o / / Fig. 4. Blatt a durchläuft die Lagen 4-45" und — 135°, Blatt h —4.'-»" und + 135°. Der Pfeil deutet auf das Uhrwerk des Klino.staten. talen Achse bilden. Je nachdem hier die Blattspitze oder die Basis dem Klinostaten zugekehrt ist, (bei abgewandter Sproßspitze) werden die Winkel 4-45 0 ^^^ -135" oder —45" und +136" miteinander kombiniert. Die Skizze Fig. 4 veranschaulicht dies. Beide Blätter reagieren hier wie aus beliebigen anderen Anfangs- 48 Hans Kniep, Stellungen durch Konvexkrümmungen. Natürlich sind die Krüm- .mungen nicht immer quantitativ gleich. Die individuellen Schwan- kungen können auch dann ziemlich groß sein, wenn man von möglichst gleichem Material ausgeht, z. B. zu einem "Versuch zwei Blätter desselben Wirteis verwendet. Jedenfalls gestatteten diese Verschiedenheiten nicht, irgendwelche Rückschlüsse auf die Kompo- nenten, die bei der Krümmung beteiligt sein könnten, zu ziehen. Aus diesem Grunde kann ich wohl darauf verzichten, meine Ver- suchsprotokolle im einzelnen wiederzugeben. Wir sehen somit, daß die Versuche mit der horizontalen Klinostatenachse uns noch keinen Anhaltspunkt darüber ergeben, ob bei der Konvexkrümmung Geotropismus oder Epinastie oder beides im Spiele ist. Die Vorbedingungen dafür, daß geotropische Reaktionen auftreten können, sind dann gegeben, wenn Reizlagen durchlaufen werden, wenn in diesen Perzeption des Schwerereizes stattfindet und wenn sich die einzelnen Reizungen summieren, d. h. nicht zu schnell abklingen. Nehmen wir einmal an, die Konvexkrümmung der Blätter sei eine geotropische Reaktion, so können wir für gewisse Kombinationen an der horizontalen Klinostatenachse nach dem, was wir im vorigen Kapitel über die Bewegung der Blätter nach Einstellung in ver- schiedene Neigungslagen kennen gelernt haben, den Erfolg mit größter Wahrscheinlichkeit voraussagen. So, wenn wie im obigen Beispiel die Lagen -1-45'' und — 135" miteinander kombiniert werden, denn aus beiden Stellungen reagieren ja die Blätter mit konvexen Krümmungen, folglich muß auch die Resultierende eine Konvexkrümmung sein. Von den beiden Flankenstellungen, die bei der Rotation durchlaufen werden, sehe ich hier ab. Etwaige in der Medianebene des Blattes verlaufende Krümmungen, die hier auftreten, können nicht geotropischer Natur sein. Ich komme auf diesen Punkt unten zurück (Abschnitt VII). Zu dem gleichen Ergebnis führt uns die Beurteilung des Ver- suchs, bei welchem der Mittelnerv der Blätter parallel zur hori- zontalen Klinostatenachse orientiert ist. Hier wird die stabile Ruhe- lage mit der Lage +180 kombiniert; aus letzterer erfolgt eine starke konvexe Krümmung. Etwas anders liegen die Verhältnisse, wenn eine Neigungslage, aus welcher die Blätter durch Konkav -Krümmung in die Gleich- gewichtslage gelangen, mit einer solchen kombiniert wird, aus der über den Einfluß der Schwerkraft auf die Bewegungen der Laubblätter usw. 49 Konvexkrümmung erfolgt. Das ist z. B. bei der oben erwähnten Stellung der Fall, wo das Blatt die Lagen + 135" und — 45" durchläuft. Wenn auch hier als resultierende Bewegung Konvex- krümmung auftritt, so führt das zu dem Schluß, daß im Blatte die zur Konvexkrümmung führenden Tendenzen die entgegengesetzten überwiegen. Wie läßt sich nun zeigen, daß tatsächlich eine Summation geotropischer Impulse und geotropische Reaktion am Klinostaten stattfinden kann? Die Lösung dieser Aufgabe hängt mit der Be- antwortung der Frage zusammen: ist es möglich, an der gleich- mäßig rotierenden Klinostatenachse ein Blatt so anzubringen, daß es durch Konkavkrümraung reagiert? Das ist nun in der Tat möglich. Wir können es z. B. erreichen, wenn wir das Blatt an der um 45° aufgerichteten Achse so orientieren, daß der Mittel- nerv der Achse parallel läuft und die Blattspitze schräg nach unten, also zum Uhrwerk gekehrt ist. Alsdann beobachten wir nach einiger Zeit der Rotation eine schwache Konkavkrümmung, während das korrespondierende, im gleichenKnoten entspringende Blatt, welclies zwar auch der Achse parallel gerichtet ist, seine Spitze aber schräg nach oben wendet, sich sehr stark konvex krümmt. Die Skizze Fig. 5 veranschau- licht den Ausfall eines solchen Versuchs. Natürlich wurde derselbe oft wiederholt. Vergegenwärtigen wir uns die Neigungslagen, die hier kombiniert werden: bei dem sich konkav krümmenden Blatt (ä) sind es die Winkel — 46" und — 135", bei dem anderen (b) -|-45" und -|-135". Daß h sich konvex krümmt, ist nicht wunderbar, gibt uns aber auch keine Anhaltspunkte dafür, ob die Reaktion tropistisch oder nastisch ist. Die Konkavkrümmung von a beweist jedoch, daß es am Khnostaten eine Kombination von Reizlagen gibt, bei der keine Epinastie zum Ausdruck kommt. Falls das Blatt an sich also die Fähigkeit hat, sich epinastisch zu krümmen, so ist diese Krümmung in dem Falle überwunden worden. Das kann nun nur daher rühren, daß eine Konkavkrüramung induziert wird, welche die in — 135" induzierte Konvexkrümmung und eine eventuell vorhandene epinastische Tendenz überwiegt. Die in der Stellung — 45" perzipierten Reize summieren sich also. Sie rühren von der Schwerkraft her und sind tropistischer Natur. Damit ist also gezeigt, daß die Drehung am Klinostaten die Reiz- summation nicht ausschließt und somit geotropische Reak- tion möglich ist. Jahrb. f. wiss. Botanik. XLVIII. 4 50 Hans Kniep, An einen Einwand könnte man vielleicht hier denken. Steht es denn absolut fest, daß die Konkavkrümmung eine tropistische ist, könnte es nicht Hyponastie sein? In der Tat werden wir sehen, daß das nicht der Fall ist. Wäre dem auch so, dann würde doch an der Richtigkeit des obigen Satzes nichts geändert. Dann müßten eben die Konvexkrümmungen tropistisch sein, denn das Einrücken der Blätter in die normale Horizontallage aus den verschiedensten b / a / Fig. 5. a und 6 bezeichnet die Stellung der Blätter vor Beginn des Versuchs, a durchläuft die Lagen —45° und —135°, b -[-45'' und -)-135°. a und h' bezeichnet die Stellungen, die die Blätter nach eingetretener Krüninning einnehmen. Stellungen kann nur dadurch zustande kommen, daß sich entweder mit einer nastischen Bewegung mindestens eine tropistische Komponente kombiniert oder daß ausschließlich tropistische Krümmungen vorliegen. Insofern kann allerdings der obige Satz noch nicht verallge- meinert werden, als wir nicht wissen, ob am Klinostaten die Mög- lichkeit des Eintritts einer jeden tropistischen Reaktion gegeben ist. Die Konvexkrümmung der an der horizontalen Achse ange- über den Einfluß der Schwerkraft auf die Bewegungen der Laubblätter usw. 51 brachten Blätter könnte ja (wenigstens in den Fällen, wo bei der Drehung keine zwischen O'' und — 115" gelegene Neigungslage durchlaufen wird) trotzdem rein epinastischer Natur sein. Es wäre nämlich möglich, daß die Reize, die zu konvexen tropistischen Krüm- mungen führen, sich in ganz anderer Weise summieren als die, welche Konkavkrümmungen bedingen, und somit könnten die kon- vexen tropistischen Krümmungen am Klinostaten tatsächlich aus- geschlossen sein. Diese Frage ist experimentell lösbar, doch stehen uns nach den bisher gewonnenen Erfahrungen die Mittel dazu noch nicht zur Verfügung. Ich werde darauf am Ende dieser Abhand- lung zurückkommen, wenn ich gezeigt haben weide, wie es möglich ist, die Epinastie rein zum Ausdruck zu bringen und nachzuweisen, daß bei den Blattbewegungen außer der epinastischen noch eine tropistische Konvexkrümmung anzunehmen ist (s. Abschn. VIII). Ich habe noch eine große Reihe anderer Klinostatenversuche angestellt; auf einige davon kann ich erst später eingehen, auf die Besprechung der anderen verzichte ich, da sie nur eine Bestäti- gung der vorgetragenen Anschauung, nichts Neues lieferten. Man kann natürlich das Auftreten von Konkavkrümmuiigen noch auf verschiedene andere Weise als oben angegeben erreichen. Auch muß es eine (oder mehrere) Kombinationen geben, bei der über- haupt keine Krümmung eintritt. Hierüber gestatten die mir vor- liegenden Versuche kein abschließendes Urteil. Sehr schwach, und zwar konkav war die Krümmung bei Blättern, welche so ange- bracht waren, daß sie bei der Drehung die Winkel -\- 30" und — 30" passierten (Mittelnerv senkrecht zu der um 60" aufgerich- teten Achse). Es dürfte also die Krümmung ausbleiben bei Kom- bination von — 30" mit einem Winkel, der etwas größer als -f- 30" ist, oder bei -[" 30" mit einem solchen, der etwas kleiner als — 30" ist. In diesem Falle wäre demnach die geotropische Reaktion aus- geschlossen. Nichts wäre jedoch verkehrter, als daraus den Schluß zu ziehen, daß dann gleichstarke tropistische Krümmungsteiideiizen in Ober- und Unterseite des Blattstiels vorhanden sind, die sich aufheben. Selbstverständlich muß hierbe-i die Epinastie als Kom- ponente berücksichtigt werden. — Übrigens ist die praktiscjie Bedeutung dieses Ergebnisses sehr gering, denn es ermöglicht nicht, die Wirkung anderer Reize auf die Blattbewegungen unbehelligt durch geotropische Erscheinungen zu studieren, da letztere ja so- fort auftreten werden, sobald sich der Winkel, den das Blatt mit der Achse des Klinostaten bildet, verändert. 4* 52 Hans Kniep, Vtl. Der Ausschluß geotropischer Krümmungen und der Nachweis der Epinastie. Es fragt sich nun, wie es möglich ist, den Geotropismus so auszuschließen, daß trotzdem Krümmungen der Blätter möglich sind, und die Epinastie rein zum Ausdruck zu bringen. Die im vorigen Kapitel mitgeteilten und eine große Reihe anderer Klino- statenversuche haben mich überzeugt, daß das mit Hilfe des gleich- mäßig rotierenden Klinostaten nicht erreicht werden kann. Wir müssen zur intermittierenden Reizung unsere Zuflucht nehmen. Ich erwähnte schon oben, daß etwaige Konvex- oder Konkavkrüm- mungen, die in den Flankenstellungen auftreten, nicht geotro- pischer Natur sein können, denn jede geotropische Bewegung n)uß darin bestehen, daß das Organ seine Richtung zum Erdradius irgendwie verändert. In diesem Falle würde ja aber die Bewegung in der Horizontalebene erfolgen. Bringt man nun ein Blatt in die Flankenstellung, so tritt Konvexkrümmung, außerdem aber Torsion ein, welche dazu führt, daß die Oberfläche wieder dem Zenith zugewandt wird. Diese Torsion, die unter dem Emfluß der Schwerkraft steht (Geostrophismus), gilt es auszuschalten. Das ist auf folgende Weise leicht erreichbar: man bringt das Blatt kurze Zeit in eine Flankenstellung und dreht es dann schnell um 180° so, daß jetzt diejenige Blatthälfte, die vorher nach unten gerichtet war, nach oben gerichtet ist. Die Drehung muß also in vertikaler Ebene erfolgen und es ist dabei gleichgültig, ob das Blatt um den Mittelnerven als Achse gedreht wird oder ob dieser selbst einen halben Kreisbogen beschreibt. In der zweiten Flankenstellung bleibt dann das Blatt ebensolange wie in der ersten, darauf wird es wieder in diese zurückgebracht und so fort. In beideji Flanken- stellungen ^) wird die Schwerkraft natürlich bestrebt sein, Torsionen zu induzieren. Es ist aber leicht einzusehen, daß diese Torsionen sich entgegenwirken, denn das Blatt wird sich in der einen Flanken- stellung gerade in der entgegengesetzten Richtung zu drehen streben als in der anderen. Damit nun Torsionen ausbleiben, ist natürhch darauf zu achten, daß die Blätter in den Flankenstellungen nicht 1) Es ist namentlich bei langgestielten Blättern mit großer Lamina meist nötig, den Stiel in den Flankenlagen etvras zu stützen, damit er sich infolge der Belastung nicht krümmt. Man kann das leicht durch zwei parallel verlaufende Drahtschienen er- reichen, die den Seiten leicht anliegen und die Krümmungsbewegung in keiner Weise hindern. über den Einfluß der Schwerkraft auf die Bewegungen der Laubblätter usw. 53 ZU lange Zeit verbleiben. Es könnte sonst in einer Flankenlage die Torsion so weit induziert werden, daß sie in der zweiten trotz der entgegenwirkenden Induktion als Nachwirkung auftritt. Die Expositionszeiten in den Flankenlagen müssen also jedenfalls wesent- lich geringer sein als die Reaktionszeit für den Geostrophismus. Wie groß die Präsentationszeit für letzteren ist, habe ich nicht be- stimmt, da für mich die quantitative Untersuchung der verschie- denen sich hier anschließenden Fragen erst in zweiter Linie in Betracht kam. Damit der Versuch wirklich eindeutig ist, muß noch ein zweiter Punkt berücksichtigt werden. Es ist klar, daß das Verhältnis zwischen Expositionszeit in der Flankenstellung und der Zeit, während der sich das Blatt von einer Flankenlage in die andere bewegt, nicht unter einen gewissen Minimalwert sinken darf, wenn die Epinastie rei n zum Ausdruck kommen soll. Nehmen wir an, das Blatt passiere die obere Vertikallage, so könnte eine hier ein- tretende geotropische Erregung Konvexkrümmungen induzieren und wir wüßten dann nicht, ob die im Versuch auftretende Konvex- krümmung vielleicht nur in dieser geotropischen Erregung ihren Grund hat oder epinastischer Natur ist. Mit meinem im Abschnitt II beschriebenen intermittierenden Klinostaten ließ sich der Versuch leicht in den verschiedensten Varianten ausführen '). Die Pflanzen waren natürlich ebenso wie die zu den Klinostatenversuchen (Abschnitt VI) verwendeten sorg- fältigst vorbereitet, und es wurden nur solche Blätter gewählt, die sich im Dunkeln nicht aus der Horizontallage bewegt hatten. Über- einstimmend ergab sich in allen Versuchen starke Konvex- krümmung. Meistens ist die Reaktion, wenn die Temperatur des Versuchsraumes sich um 20 *' hält, schon nach 1 — 2 Stunden sichtbar und schreitet dann langsam fort, bis sie nach etwa einem Tage, oft auch erst nach etwas längerer Zeit ihr Maximum eri-eicht. Die Arbeitsachse des Klinostaten legte die halbe Umdrehung in \A, Mi- nute zurück. In den Flankenstellungen hielten sich die Blätter in den einzelnen Versuchen 5, 10, 12 oder 20 Minuten auf; der Er- folg war stets starke Krümmung ohne Torsion und es war dabei gleichgültig, welche Lage das Blatt beim Übergehen von einer in die andere Flankenstellung passierte. Als Durchgangslagen wählte ich die normale Horizontalstellung, die obere Vertikallage, meistens *) Nachdem ich bereits eine Reihe derartiger Versuche angestellt hatte, erfuhr ich von Prof. Fitting, daß er schon früher in prinzipiell der gleichen "Weise mit doi'si- ventralen Organen experimentiert hatte. 54 Hans Kniep, " die Lage - 45 ". Wäre in der letzteren eine starke Scbwerkraft- wiikimg aufgetreten , so hätte sich dieser Effekt in einer Ver- minderung der Konvexkrümmung bemerkbar machen müssen. Da- von war aber im Vergleich zu den Versuchen, bei welchen andere Durchgangslagen durchlaufen werden, nie etwas zu merken. Natür- lich traten auch bei diesen Versuchen individuelle Schwankungen auf; jüngere, stärker wachsende Blätter krümmen sich meist weiter, iiberschreiten oft die Parallelstellung mit dem Stengel, während ältere dieselbe vielfach nicht erreichen. Die Schwankungen waren aber nicht so, daß sich eine durchschnittliche Tendenz zu schwä- cherer Krümmung bei den Blättern gezeigt hätte, die die Durch- gangsstellung — 45 " passierten. Wir können also wohl annehmen, daß die Versuchsanordnung geotropische Krümmungen ausschloß. Damit wäre demnach der Nachweis geliefert, daß den Blättern Epinastie zukommt und daß sich diese rein, ungestört durch tropistische Krümmungen zum Ausdruck bringen läßt. Eine größere Reihe von Versuchen wurde auch bei Tageslicht gemacht. Hier mußte die Anordnung natürlich so getroffen werden, daß pliototropische Krümmungen ausgeschlossen waren. Es wurden die Pflanzen deshalb diffus von oben beleuchtet, so daß der tor- dierende Einfluß des Lichts mit dem der Schwerkraft gleichsinnig wirkte. Die LophosjJennum-Blätter reagierten sehr stark epinastisch, im allgemeinen etwas stärker als in Dunkelheit. Worauf das be- ruht vermag ich zurzeit noch nicht anzugeben. Man könnte einerseits daran denken, daß der schwächere Erfolg im Dunkeln auf geminderte Bewegungsfähigkeit zurückzuführen ist '), oder daß im Licht starke photoepinastische Reize auftreten, deren Wirkung natürlich bei Ausschluß des Phototropismus besonders deutlich zum Vorschein kommen kann. Ich werde die Erscheinung der Photo- epinastie später an anderer Stelle behandeln und bei dieser Ge- legenheit auf obige Versuche zurückkommen. Außer mit Lopho- s2)er}}mm-'B\Rtiern habe ich diese Lichtversuche noch mit Blättern von Circaea luteiiana angestellt, die die Erscheinung sehr aus- geprägt zeigten. Die Blätter krümmten sich, bis sie an die Sproß- achse anschlugen und dadurch an weiterer Bewegung gehindert wurden. Dunkelversuche wurden mit diesem Objekt wegen dessen großer Empfindlichkeit gegen Verdunkelung und der starken Schlaf- ^) Nach längerem Verweilen im Dunkeln tritt Dunkelstarre ein. über den Einfluß der Schwerkraft auf die Bewegungen der Laubblätter usw. 55 bewegungen nicht ausgeführt. Auch Plectranthus fruticosus zeigt die Epinastie sehr gut. Ehe ich zur Diskussion der hier mitgeteilten Tatsachen über- gehe, möge eins kurz berührt werden. In jedem Versuch pas- sierten die Blätter beim Übergang von einer in die andere Flanken- stellung die gleichen Durchgangslagen; es war also durch ent- sprechendes Anbringen der Kontaktklemmen am großen Rad der Arbeitsachse dafür gesorgt, daß das Blatt eine Flankenstellung immer in der entgegengesetzten Richtung verließ, in der es ange- kommen war. Wenn es nun auch für Versuche mit so großen Zeit- intervallen, wie ich sie angestellt habe, jedenfalls nicht von Bedeu- tung ist, ob die Bewegungsrichtung dieselbe bleibt oder immer urn- gekehrt wird, so kann das doch unter Umständen sehr wichtig werden. Dann nämlich, wenn es sich darum handelt festzustellen, bei welcher Zeitkombination die in den Durchgangslagen perzipier- ten Schwerkraftreize sich gerade so summieren, sodaß eine geo- tropische Reaktion (welche dann voraussichtlich in der resultierenden Krümmung zum Ausdruck kommt) erfolgt. Die Relaxationszeiten (vergl. Fitting 1905 S. 334) der Reizung in verschiedenen Neigungs- lagen brauchen selbstverständlich nicht gleich groß zu sein, sind es sogar mit aller Wahrscheinlichkeit nicht. So kann es bei gleich- sinniger Drehung aus einer Flankenlage in die andere z. B. vor- kommen, daß sich geotropische Reize, die die Konvexkrümmung induzieren, summieren, während für die Reizung, die die Konkav- krümmung einleitet'), die Relaxationszeit noch lange nicht erreicht ist. Um bei sonst gleichen Zeitintervallen die geotropische Reak- tion auszuschalten, wird es in diesem Falle somit nötig sein, das Blatt auf dem Hin- und Rückweg durch die Neigungslage — 45 " laufen zu lassen. Viel schwieriger, als der Nachweis der Epinastie ist die Lösung der Frage, welcher Natur diese Epinastie ist. Sie schlechthin als Autoepinastie zu bezeichnen geht nicht an, weil der Beweis fehlt, daß jeder aitiogeno Ursprung ausgeschlossen ist. Dieser könnte nämlich von zweieilei Art sein; es könnte Geoepinastie oder Photoepinastie vorliegen. Letztere würde im Dunkeln als Nachwirkung auftreten oder als direkte oder indirekte Folge des Lichtentzuges eintreten können, die sich nur oder jedenfalls viel stärker nach Ausschluß geotropischer Krümmungen geltend macht, andernfalls vom Geotropismus ganz ^) Wenn z. B. die Neigungslage — 45 ** durchlaufen wird. 56 Hans Kniep, oder großenteils überwunden werden könnte. Auf die Erscheinung der Photoepinastie bei Blättern hat Detmer (1882) hingewiesen. Er fand, daß sich die Keimblätter von Cucurhita-}S.eim\mgen und die Primärblätter junger Phaseolus-FÜSinzen nicht ausbreiten , wenn die Pflanzen im Dunkeln gehalten werden ; drei- bis fünfstündige Beleuchtung im diffusen Licht genügt jedoch, um Epinastie zu in- duzieren, die nach erneuter Verdunkelung eintritt. Die Angaben Detmers sind, was Cucurbita anlangt, von Vines (1889/90) in- sofern modifiziert worden, als dieser eine schwache Ausbreitung der Keimblätter schon im Dunkeln stattfinden sah, während das Licht dieselbe nur begünstigt und beschleunigt. Der Schluß, den Vines aus diesen und anderen Tatsachen zieht, daß die Epinastie der Blätter autogen sei, ist jedoch durchaus nicht gerechtfertigt. Auch seine übrigen Deutungen der verschiedenen Blattbewegungen können heute der Kritik nicht mehr standhalten, da sie von der falschen Voraussetzung ausgehen, am Klinostaten müsse bei dorsi- ventralen Organen der Geotropismus ausgeschlossen sein. Die Frage der Photoepinastie kann also nach den bisherigen For- schungen noch nicht als erledigt angesehen werden. Es gibt nun Mittel und Wege, durch das Experiment exakt zu ent- scheiden, ob Blätter überhaupt photonastisch reagieren und ob der- artige Reaktionen als Nachwirkungen auftreten können. Da ich jedoch, wie oben bereits bemerkt', noch nicht über eine größere Zahl von Versuchen, die dies klarstellen könnten, verfüge, will ich die weitere Diskussion der Angelegenheit auf eine spätere Abhand- lung verschieben. Es bleibt nun noch zu erörtern, ob es Gründe gibt, die für Geoepinastie oder Autoepinastie sprechen. Letztere könnte wieder- um von zweierlei Art sein. Es wäre möglich, daß irgendwelche Einflüsse von der Mutterachse, an der das Blatt sitzt, ausgehen und dahin wirken , daß die Oberseite des Blattstiels stärker wächst und dieser sich folglich bei Ausschluß tropistischer Reize krümmt, bis das Blatt in eine bestimmte Neigungslage (Eigenrichtung) ein- gerückt ist. Anderseits könnte dieses Krümmungsbestreben aber auch im Blatt selbst liegen. Ich sehe zurzeit kein Mittel, wie man entscheiden könnte, ob Geo- oder Autoepinastie vorliegt. Die Schwerkraft läßt sich eben nicht wegschaffen, und es fiagt sich nur, ob man vielleicht durch Intensitätsänderung des Gravitationsreizes mit Hilfe der Zentrifuge zu gewissen Anhaltspunkten kommen kann, ob Geoepinastie vor- über den Einfluß der Schwerkraft auf die Bewegungen der Laubblätter usw. 57 banden ist, denn es ist anzunehmen, daß die Größe einer geoepi- nastischen Krümmung zur Größe des wirksamen Reizes in irgend- welcher Abhängigkeitsbeziehung steht. Sollte sich das tatsächlich herausstellen, so würde damit natürlich nicht erwiesen sein, ob außerdem noch Autoepinastie existiert oder nicht. Überhaupt dürfte es kaum möglich sein, eine wirkliche Trennung beider herbei- zuführen. Ich habe noch eine große Heihe von Versuchen mit isolierten Lophospernium-^Vättern (dieselben lassen sich im isolierten Zustand, in Wasser getaucht, sehr lange frisch erhalten) gemacht, die es mir wahrscheinlich erscheinen lassen, daß etwaige vom Stengel ausgehende Einflüsse keine große Rolle spielen. Die isolierten Blätter krümmen sich an der intermittierend bewegten Klinostatenachse (bei der oben beschriebenen Kombination der beiden Flankenstellungen) sehr stark. Die Verwundung hat auf die Reaktion so gut wie keinen Einfluß. Ein Blatt ließ sich z. B. 8 Tage lang im isolierten Zusand voll- kommen frisch erhalten und reagierte dann noch am intermittieren- den Klinostaten stark epinastisch. Wenn also ein Einfluß vom Stengel ausgeht, so muß dieser mindestens sehr nachhaltig sein. Nachgewiesen ist natürlich seine Nichtexistenz damit nicht. VIII. Die Natur der dorsalkonvexen Krümmung. Nachdem wir im vorigen Kapitel gesehen haben, daß die Blätter nastische Konvexkrümmungen zeigen, und da wir bereits von früher her (Abschn. V) wissen, daß bei Einstellung in be- stimmte Neigungslagen Konkavkrümmungen induziert werden, müssen wir annehmen, daß diese letzteren tropistischer Natur sind und die Epinastie überwinden können. Es ist nun sehr wahrschein- lich, daß die Größe der Erregung, die die tropistischen Konkav- krümmungen bedingt, nicht in allen Reizlagen gleichgroß ist, und wir können uns vorstellen, daß es Reizlagen gibt, in welchen zwar tropistische Erregungsvorgänge und vielleicht auch weitere Glieder der Reizkette auftreten, die Reaktion jedoch nicht zur Geltung kommt, weil sie durch die Epinastie überwunden wird. Auf Grund dieser Vorstellung ist ein Grenzfall denkbar, in welchem gar keine Reaktion auftritt, und dieser Grenzfall könnte verwirklicht sein, wenn das Blatt die normale Horizontallage einnimmt. Somit ließe sich also die Einstellung in die Gleichgewichtslage aus dem Zusammenwirken zweier Faktoren, einer Nastie und eines Tropis- mus, erklären, und es fragt sich: ist das in der Tat so, oder wirkt 58 Hans Kuiep, bei der Bewegung aus einer mit positivem Vorzeichen versehenen Neigungslage in die stabile Ruhelage außer der nastischen noch eine tropistische Komponente mit? Um diese Frage zu entscheiden, bedarf es einer Vorunter- suchung. Wir wollen zuerst versuchen , ein Urteil über das Zu- sammenwirken von Konkavkrümmung und Epinastie zu gewinnen. Ich habe zu diesem Zweck eine große Reihe von Klinostatenver- suchen mit intermittierender Reizung angestellt, und zwar nach folgendem Prinzip: es werden drei Reizlagen miteinander kombiniert, nämlich die beiden Flankenstellungen mit einer Neigungslage, in der Konkavkrüramung induziert wird, meistens die Stellung — 45°. In allen drei Lagen hielt sich die Pflanze gleiche Zeit lang auf. Die Bewegung erfolgte so, daß das Blatt von der einen Flanken- stellung in die Lage — 45", von da in die zweite Flankenstellung einrückte, dann wieder zurück in die Lage — 45" und in die erste Flankenstellung usf. Der Lage —45° mußte also eine Kontakt- klemme vom Typus e" (vgl. Abschn. II) entsprechen, da ja von hier die Bewegung immer im Sinne der Ankunftsrichtung weitergehen mußte. Die geotropische Reizlage ist demnach in diesem Versuch mit Stellungen kombiniert, in welchen ausschließlich Epinastie stattfinden kann; Geotorsionen treten nicht auf. Die Zeitsumme, während deren der tropistische Reiz einwirkt, ist ebensogroß wie die, während deren das Blatt sich in den Flankenlagen befindet. Die Zeit, während deren der nastische Reiz wirksam ist, ist aber doppelt so groß, denn es ist anzunehmen, daß dieser auch in der tropistischen Reizlage wirkt und daß hier wenigstens einige Glieder der ihm entsprechenden Reizkette in Aktion treten. Ich will zunächst eine Reihe derartiger Versuche mitteilen. Versuch 17. August 1909. Pflanze seit 16. VIII. im dunklen Versuchsraum. Blatt bei Beginn des Versuchs genau horizontal, keine Schlafbewegung. Temp. 23,0—23,5°. Kombination der Flankenstellungen mit der Lage — 45 °. Beginn der intermittierenden Reizung 17. VIII., 4'° Nrn. Expositions- zeit je 5 Min. 17. VIII., e^"" deutliche Konkavkrümmung. 10^° Konkavkrümmung weiter fortgeschritten, Blatt der normalen Horizontallage um 25° näher gerückt. über den Einfluß der Schwerkraft auf die Bewegungen der Laubblätter usw. 59 Versuch 22. August 1909. Pflanze seit 21. VIII., 11'' Vm. im dunklen Versuchsraum. Bis zu Beginn des Versuchs hat sich das Blatt eine Spur gesenkt. Temp. 18,0—19,8". Kombination der Flankenstellungen mit der Lage — 45". Be- ginn der intermittierenden Reizung 22. VIII., 10-^" Vm. Expositions- zeit je 5 Min. 22. VIII., 3^^ Blatt eine Spur konkav gekrümmt. 10'^ Konkavkrümmung fortgeschritten, Blatt der normalen Horizontallage um 5" genähert. 23. VIII., 9^" Vm. Blattstellung noch ebenso. Versuch 23. August 1909. Pflanze seit 22. VIII., 8''* Vm. im dunklen Versuchsraum. Bis zum Beginn des Versuchs hat sich das Blatt eine Spur ge- senkt. Temp. 17,8 — 18,5". Kombination der Flankenstellungen mit der Lage — 60". Be- ginn der intermittierenden Reizung 2'3. VIII., 10'-^ Vm. Expositions- zeit je 5 Min. 23. VIII., 3^'' deutliche Konkavkrümmung. 24. VIII., 12-" Vm. dieselbe etwas weiter fortgeschritten. 10"" Vm. Blattstellung noch dieselbe; Blatt der normalen Horizontallage um 5" genähert. Versuch 27. August 1909. Pflanze seit 27. VIII., 12*" Vm. im dunklen Versuchsraum. Bis zum Beginn des Versuchs hat das Blatt seine horizontale Lage genau eingehalten. Temp. 18,5 - 19,5". Kombination der Flankenstellungen mit der Lage — 45". Be- ginn der intermittierenden Reizung 27. VIII.. 4^" Nrn. Expositions- zeit 5 Min. 27. VIII., 7"" die Konkavkrümmung hat begonnen. 11^" die Konkavkrümmung wesentlich fortge- schritten (um 12"). 28. VIII., 11"" Vm. Das Blatt hat gegenüber der An- fangslage seine Richtung um 14" verändert. 330 ;^jj^ Krümmung nicht weiter fortgeschriten. Es wird nunmehr durch Abnehmen der Kontaktklemme e" die Lage — 45" ausgeschaltet, so daß das Blatt sich nur noch in den beiden Flankenstellungen immer je 5 Minuten aufhält. 60 Hans Kniep, 28. VIII., 53° Nrn. Die Blattstellung bat sich noch nicht geändert. 10*^ Die Konkavkrümmung ist etwas zurück- gegangen. 29. VIII., 10^^ Vm. Die Krümmung ist im epinastischen Sinne um 8^ vorgerückt. Versuch 2. September 1909. Pflanze seit 1. IX., 11'^ Nm. im dunklen Versuchsraum. Bis zum Beginn des Versuchs hat das Blatt seine horizontale Lage genau eingehalten. Temp. 15,2 — 16,3". Kombination der Flankenstellungen mit der Lage —45". Be- ginn der intermittierenden Reizung 2. IX., 10*^ Vm. Expositions- zeit je 5 Min. 2. IX., 5*^" Nm. schwache Konkavkrümmung, die- selbe schreitet langsam foit bis 3. IX., lO^*' Vm. wo sie einen Winkel von 17° er- reicht hat. Versuch 8. September 1909. Pflanze seit 7. IX., lO** Nm. im dunklen Versuchsraum. Bis zum Beginn des Versuchs Stellung des Blattes unverändert. Temp. 16,9 — 17,0°. Kombination der Flankenstellungen mit der Lage — 45 °. Be- ginn der intermittierenden Reizung S. IX., 10^° Vm. Expositions- zeit je 10 Min. 8. IX., 3*'^ eben merkliche Konkavkrümmung. 10'° dieselbe ist bis 17° vorgeschritten. Versuch 12. September 1909. Pflanze 11. IX., 12^ nachts in den dunklen Versuchsraum ge- bracht. Bis zum Beginn des Versuchs Blattstellung unverändert. Temp. 17,2 — 18,0°. Kombination der Flankenstellungen mit der Lage — 46°. Be- ginn der intermittierenden Reizung 12. IX., 10°° Vm. Expositions- zeit je 10 Min. 12. IX., 3°° eben deutliche Konkavkrümmung. 5°° dieselbe bis 8° vorgeschritten. 12. IX., 12*° Vm. Krümmung bis 16° vorgerückt. über den Einfluß der Schwerkraft auf die Bewegungen der Laubblätter usw. 61 Diese Versuche dürften genügen, um darzutun, daß unter den gegebenen Bedingungen Konkavkrümmungen auftreten. Zwar sind sie oft nur recht schwach, doch immer deutlich nachweisbar, und damit ist der Beweis gehefert, daß die Epinastie durch den die Konkavkrümmung hervorrufenden Schwerkraftreiz auch dann noch überwunden wird, wenn sich die Blätter gleich lange Zeit in der geotropischen Reizlage — 4f>^ (oder — 60°, vgl. Versuch vom 23. VIII.) und in Flankenstellung aufhalten. Es wird Aufgabe weiterer Untersuchungen, die ich vorhabe, sein, dieses Zusammen- wirken von Konkavkrümmung und epinastischen Vorgängen ge- nauer quantitativ zu studieren und u. a. auch festzustellen, bei welcher Neigungslage bezw. Zeitkombination der Grenzfall erreicht ist, wo weder konkave noch konvexe Krümmung erfolgt. Wie ich oben schon sagte, lag mir zunächst hieran weniger; die mitgeteilten Versuche sollten vielmehr lediglich der Beantwortung der Frage dienen, ob die konvexe Krümmung, die aus mit positivem Vorzeichen versehenen Neigungslagen eintritt, rein epinastischer Natur ist, oder ob sich der epinastischen noch eine tropistische Komponente zu- gesellt. Wie diese Versuche anzustellen sind, dürfte nunmehr leicht einzusehen sein. Wir haben einfach nichts weiter zu tun, als mit der Lage — 45^ jetzt nicht, wie in den vorigen Versuchen, je eine Flankenstellung, sondern eine Neigungslage, die mit positivem Vor- zeichen versehen ist, zu kombinieren. Reizen wir z. B. das Blatt intermittierend in der Lage 45° und (immer gleiche Zeit lang) in der Stellung +45" oder -[-90° oder +135" und finden, daß genau ebenso wie in den oben mitgeteilten Versuchen schwache Konkavkrümmungen resultieren, so können wir mit großer Wahr- scheinlichkeit annehmen, daß es tropistische Konvexkrümmungen nicht gibt, oder daß sie zum mindesten sehr schwach sind. Treten dagegen unter den beschriebenen Versuchsbedingungen Konvex- krümmungen auf, so ist der Beweis geliefert, daß beim Einrücken des Blattes in die normale Horizontalstellung aus einer positiven Neigungslage außer dem nastischeu ein tropistischer Effekt sich geltend macht. Die Versuche, die ich in dieser Richtung an- gestellt habe, führten alle zu dem gleichen Ergebnis. Es seien einige mitgeteilt. Versuch 80. August 1909. Mit dem Blatte, das zu diesem Versuche diente, war vorher bereits ein Versuch nach Art der oben beschriebenen (Kombination beider Horizontallagen mit der Stellung — 45"; Reizdauer je 62 Hans Kniep, 5 Min.) angestellt worden. Es hatte sich schwach konkav ge- krümmt. Am 30. VIII., 11^" Vm. wird der Versuch so fortgeführt, daß das Blatt intermittierend in den Lagen -\- 135" und — 45" gereizt wird. Die Bewegung von einer Lage in die andere erfolgt über die normale Horizontallage. Expositionszeit je 5 Min. Temp, 18,7 — 19,5". 30. VIII., 3'"^ Nin. die Konkavwirkung ist noch um eine Spur fortgeschritten (Nachwirkung). 6^" desgl., etwa 2". 9^" es hat eine deutliche Konvexkrümmung eingesetzt (6"), die fortschreitet, bis sie 31. VIIL, U^o Vm. 9 0 330 12" erreicht. Versuch 3. September 1909. In gleicher Weise ist auch der oben mitgeteilte Versuch vom 2. IX. fortgesetzt worden. Temp. 15,2 — 16,0". Beginn 3. IX., 10^" Vm. Expositionszeit je 5 Min. 3. IX., 3^" Nm. deutliche Konvexkrümmung. 5"° fortgeschritten bis 14" 9'" „ „ 26" 4. IX., 10'^ Vm. „ „ 40". Versuch 1. September 1909. Pflanze 31. VIIL, 10^" Nm. in den dunklen Versuchsraum ge- bracht. Stellung des Blattes bis zum Beginn des Versuchs un- verändert. Temp. 17,5". Kombination von + 135" und — 45". Beginn der inter- mittierenden Reizung 1. IX., 10^^ Vm. Expositionszeit je 5 Min. Bereits 4"" Nm. hat das Blatt eine Konvexkrümmung von 70" zurückgelegt. Der Versuch wird jetzt abgebrochen und das Blatt in die Neigungslage — 45" eingestellt. 10*-^ Nm. hat es sich um 22" konkav gekrümmt. Versuch 1. September 1909. Pflanze ebenso vorbehandelt wie die des vorigen Versuchs, ßlattstellung bis zum Beginn des Versuchs unverändert. Temp. 16,2—17,6". über den Einfluß der Schwerkraft auf die Bewegungen der Laubblätter usw. 63 Kombination vun -j- 135*^ und — 45''. Beginn der inter- mittierenden Reizung 4^^ Nm. Expositionszeit je 5 Min. 1. IX., 6=^" Nm. Konvexkriimmung 13^^ 10*^ „ 23" 2. IX., 10"« Vm. „ 25". Der Versuch wird jetzt abgebrochen und das Blatt in die Lage — 45" eingestellt. 3'^" Nm. hat es sich um 10" konkav ge- krümmt. Versuch 8. September 1909. Fortsetzung des S. 60 angegebenen Versuchs gleichen Datums. Nachdem die Konkavkrümmung von 17" eingetreten war, wird das Blatt intermittierend je 10 Min. in den Lagen -|-45" und — 45" gereizt. Beginn 8. IX., 11 2" Nm. Temp. 16,9 — 17,0". 9. IX., 9^" Vm. Das Blatt hat eine Konvexkrüm- mung von 17" ausgeführt. Mit der Kombination -[-90" und — 45" habe ich keine Ver- suche ausgeführt, doch unterliegt es keinem Zweifel, in welchem Sinne sie ausgefallen wären. Als Resultat ergibt sich somit, daß bei Konvexkrümmungen der Blätter aus Neigungslagen mit positivem Vorzeichen') eine geotropische Komponente beteiligt ist. Natürlich wird die Größe derselben nicht konstant sein. Wir werden erwarten können, daß die Erregung von der Neigungslage abhängt. Obwohl mir hierüber einige Versuche vorliegen, sehe ich davon ab, sie mitzuteilen, weil sie noch zu wenig zahlreich sind, um die verschiedenen Fragen, die der Beantwortung harren, zu lösen, und weil ich ferner in dieser Arbeit nur die qualitativen Verhältnisse zu behandeln beabsichtige. Bevor ich zu einigen kurzen, sich hieran anschließenden Be- sprechungen übergehe, möchte ich nicht versäumen, auf einen Punkt nochmals hinzuweisen, den ich schon mehrfach berührt habe. Es ist bei all diesen Versuchen großes Gewicht darauf zu legen, daß die Blätter bei Verdunkelung die normale Horizontallage möglichst einhalten und sich nicht etwa stark abwärts krümmen. Derartige Krümmungen treten immer auf, wenn die Blätter starker Beleuch- tung ausgesetzt waren. Wird die Pflanze von oben sehr stark be- leuchtet, so kann man schon im Lichte beobachten, daß die Blätter 1) Wenigstens soweit die Winkel -\- ib** bis -\- ISb" in Frage kommen. 64 Hans Kniep, aus der Horizontale herausrücken und eine mein* oder weniger ge- neigte Stellung einnehmen. Diese Senkung wird durch Verdunkelung noch wesentlich vergrößert. Arbeitet man mit solchen Blättern, so ist es meist überhaupt nicht möglich, im Dunkeln geotropische Konkavkrüramungen zu erzielen. Dieselben werden eben von der direkt oder indirekt durch das Licht hervorgerufenen Konvex- krümraung unterdrückt. Ob wir es hier nun mit Photonastie oder mit einer durch die starke Beleuchtung hervorgerufenen Um- stimmung des Geotropismus zu tun haben, entzieht sich zurzeit der Beurteilung. Ich habe schon früher hervorgehoben, daß ich deshalb hier nicht näher auf diese Frage eingehen kann. — Wenn die Pflanzen dagegen bei schwachem Oberlicht erzogen werden, so stellen sicli die Blätter sehr schön in die optimale Lichtlage, die in diesem Falle die Horizontale ist, ein, und sie ändern diese Stellung im allgemeinen auch nicht, wenn sie verdunkelt werden. Ganz schwache Senkungen können auch da ab und zu vorkommen, doch sind diese meist so gering, daß sie das Versuchsergebuis nicht stören. Um dies zu zeigen, habe ich absichtlich oben (S. 59) zwei Versuche mitgeteilt, welche angesetzt wurden, nachdem die Blätter eine ganz schwache Senkbewegung ausgeführt hatten. Wir sehen, daß trotzdem die konkaven Krümmungen eintraten. Ob nun die im Dunkeln am intermittierenden Klinostaten bei Kom- bination beider Flankenstellungon nachweisbare Epinastie ihrem Wesen nach identisch ist mit den Konvexkrümmungen, die bei uns nach starker Beleuchtung erfolgen, bleibt natürlich noch zu ent- scheiden. Mir kam es nur darauf an zu zeigen, daß bei be- stimmter Vorbehandlung die Horizontalstellung die normale Lage der Blätter im Dunkeln ist und daß beim Einrücken der Blätter in diese Lage, was durch Konkav- oder Konvexkrümmung erfolgen kann, der Geotropismus beteiligt ist. Daß dieser Geotropismus zum Teil durch gewisse äußere Einflüsse überwunden und dadurch der Beobachtung entzogen werden kann, ist eine Frage, die ge- sonderte Behandlung verlangt und die ich niiher untersuchen werde. Da die in dieser Arbeit in Betracht kommenden Versuche alle mit gleichem Ausgangsmaterial angestellt wurden, sind sie auch alle direkt miteinander vergleichbar. Die in diesem und im vorigen Kapitel mitgeteilten Tatsachen werfen auch auf die Klinostatenversuche, von denen wir im Abschnitt VI sprachen, in gewisser Beziehung neues Licht. Ich habe damals die beiden Flankenstellungen, die bei der gleich- über den Einfluß der Schwerkraft auf die Bewegungen der Laubblätter usw. 65 mäßigen Rotation durchlaufen werden, nicht berücksichtigt, weil noch das Material zu ihrer Beurteilung fehlte. Es gilt jetzt, auf Grund der gewonnenen Erfahrungen darauf kurz zurückzukommen. "Welcher Natur die starken Konvexkrümmungen sind, die bei gleich- mäßiger Rotation der Blätter an der horizontalen Achse des Klino- staten auftreten, das können wir jetzt vermuten. Sie sind offenbar als resultierende Effekte von G-eotropismus und Epinastie anzusehen. Der geotropische Reiz induziert Konvex- und Konkavkrümmungen, die sich natürlich, wenn entsprechende Reizlagen (z. B. -j- 90" und — 90"; 4" 135'^ und — 4.5" usw.) durchlaufen werden, entgegen- arbeiten. Die Kombination der Reizlagen an der horizontalen Achse ist immer so, daß durch das Zusammenwirken beider eine Konvexkrümmung resultiert. Das folgt aus den Versuchen, die in diesem Kapitel mitgeteilt sind. Die Konvexkrümmung würde also auch dann erfolgen, wenn wir die Flankenstellungen gänzlich aus- schalten würden. Dadurch, daß diese am Klinostaten auch passiert werden, wird der Anteil, den die Epinastie am Endresultat hat, noch größer, und wir können verstehen, daß so starke Konvex- krümmungen zustande kommen. Wenn die Achse des Klinostaten geneigt ist, z. B. um 45" aufwärts, so liegen die Dinge etwas anders. Wir wollen zuerst von dem Fall ausgehen, in welchem die Blätter senkrecht zu der um 45" nach oben geneigten Klinostatenachse stehen, so, daß die Blattoberseite schräg zenitwärts liegt. Fig. 6 veranschaulicht diese Versuchsanordnung. In den vier Quadranten, die das Blatt bei der Drehung passiert, sind die Mittelstellungen die folgenden: im oberen -|- 45", im unteren — 45", in den beiden seitlichen ist der Mittelnerv horizontal gerichtet, die Querachse bildet aber einen Winkel von 45" mit der Horizontalen; in der einen Seitenlage ist dadurch die eine, in der anderen die andere Längshälfte des Blattes schräg nach oben gekehrt. Torsionen treten nicht auf. Die Wirkung der Epinastie ist in diesen Seitenlagen jedenfalls eine sehr geringe. Bringt man das Blatt in eine solche Stellung, so tritt nach einiger Zeit Torsion der Querachse ein, bis diese in die Horizontallage ein- gerückt ist; Epinastie zeigt sich, wenn überhaupt, nur sehr schwach. — Ich habe diesen Klinostatenversuch siebenmal wiederholt; von einer Ausnahme abgesehen, bei der ganz schwache Konkavkrümmung zu beobachten war, traten in allen Fällen deutliche Konvexkrümmungen auf. Diese können nicht allein von Reizen herrühren, die in den Seitenlagen auf die Blätter wirken. Es müssen daher die in der Jahrb. f. wiBs. Botanik. XLVIII. 5 66 Hans Kniep, Lage -|- 45° induzierten Vorgänge mitwirken, um die in — 45*^ induzierte Konkavkrümmung zu überwinden. Damit gewinnt die Annahme sehr an Wahrscheinlichkeit, daß am gleichmäßig rotieren- den Klinostaten auch die die Konvexkrümraung einleitenden geo- tropistischen Gravitationswirkungen sich summieren. a / ö / Fig. 6. Beide Blätter durchlanfen die Lagen — 45" und -[-45' Eine andere Anordnung der Blätter an der um 45 '^ geneigten Klinostatenachse hatten wir bereits früher besprochen: die Parallel- stellung des Blattes mit der Achse, uns interessierte besonders der Fall, bei dem das Blatt die Winkel — 45«^ und — 135 f* durch- läuft, weil da nach einiger Zeit der Drehung schwache Konkav - krümmungen auftieten. Davon, daß das Blatt die Stellung — 135^ durchläuft, können sie nicht herrühren, denn wir wissen aus Ab- schnitt V, daß einige Zeit nach Einstellung des Blattes in diese über den Einfluß der Suhwerkraft auf die Bewegungen der Laubblätter uhw. 67 Lage Konvexkrüramung eintritt. Ich möchte hier beiUlufig bemerken, daß wir über die Natur dieser Konvexkrümraung noch nichts Sicheres aussagen können. Es könnte hier ebenso wie bei den aus anderen Reizlagen erfolgenden, von denen oben gesprochen wurde, Zusammenwirken von Geotropismus und Epinastie vorliegen. Es wäre aber auch möglich, daß in der Lage — 135'' eine die Konvexkrümmung induzierende geotropische Reizung gar nicht stattfindet, sondern daß wir es mit Epinastie zu tun haben, welche die geotropische Konkavkrüramung überwindet. Letztere wäre dann in dieser Lage sehr schwach, bedeutend schwächer als in den Stellungen — 45 '^ und — 90*^. Es muß späteren Untersuchungen vorbehalten bleiben, diese nicht uninteressante Frage zu entscheiden. Wir kehren jetzt zu unserer obigen Betrachtung zurück. Zweifel- los wird die Konkavkrümmung in der Lage — 45'' und den benach- barten Winkelstellungen induziert. In den Flankenstellungen, die in diesem Versuche um 45" nach unten geneigt sind, herrscht die Tendenz zu epinastischer Krümmung vor. Bringt man ein Blatt in diese Lage (Blattfläche senkrecht, Mittelnerv 45" nach unten geneigt), so beobachtet man starke epinastische Krümmung, zugleich Torsion der Fläche bis zur Horizontalstellung der Querachse. Die Konkavkrümmung, die das Blatt schließlich unter Mitwirkung der Torsion in die normale Horizontallage bringt, setzt meistens erst ziemlich spät ein. Wir dürfen also wohl annehmen, daß für das Eintreten der schwachen Konkavkrümmung am Klinoslaten haupt- sächlich die Reizungen in dem Quadranten, welcher die Lage — 45" zum Mittelpunkt hat, verantwortlich zu machen sind. Eine vollständige Analyse aller Klinostatenversuche wird sich erst geben lassen, wenn wir über die Erregungsgröße der geotro- pischen Reizung und die Zeit des Abklingens sowie über das Zu- sammenwirken von tropistischen und nastischen Vorgängen genauer unterrichtet sind. IX. Schlußbemerkungen. Die in dieser Arbeit mitgeteilten Untersuchungen haben er- geben, daß bei den (unter Lichtabschluß erfolgenden) Bewegungen der Blätter nach Einstellung in verschiedene Neigungslagen drei Faktoren beteiligt sein können: geotropische Konvexkrümmung, geotropische Konkavkrümmung und Epinastie. Konkavkrümmung tritt ein, wenn die Blätter die Stellungen — 1" bis — 114" ein- nehmen, Konvexkrümmung aus den übrigen Neigungslagen. Schon 5* 68 Hans Kniep, im Abschnitt V wurde darauf hingewiesen, daß daraus niclit etwa geschlossen werden darf, allein in diesen Lagen würden die ent- sprechenden geotropischen Reizvorgänge eingeleitet Es könnte ja sein, daß, um mit Noll zu reden, die der Konkav- und der Kon- vexkrümmung zukommenden Reizfelder sich teilweise decken und somit die Reaktion in gewissen Lagen als die Resultante zweier antagonistisch wirkender, ungleich starker Kräfte aufzufassen wäre. Wir haben bisher keinen sicheren Anhaltspunkt, die Frage in diesem oder jenem Sinne zu entscheiden. Jedenfalls werden wir annehmen müssen, daß die erregende Wirkung der Schwerkraft in verschiedenen Neigungslagen eine un- gleiche ist, ähnhch wie das für radiäre, parallelotrope Organe er- wiesen ist. Sie nimmt höchstwahrscheinlich mit der Ablenkung aus der normalen Horizontallage zunächst bis zu einem Maximum zu, von da an wieder ab. Wo dieses liegt und wo die Minima zu suchen sind, das zu entscheiden muß weiteren Untersuchungen vor- behalten bleiben. Diese werden auch klarzustellen haben, ob der konvexen und konkaven geotropischen Krümmung quahtativ gleiche oder wesensverschiedene Reizvorgänge zugrunde liegen. Es fragt sich jetzt, wie wir uns das Zusammenwirken von Geo- tropismus und Epinastie vorstellen können. Ist die Epinastie ein Faktor, der unter allen Umständen die Ruhelage, welche das dor- siventrale Organ einnimmt, als nachweisbare Komponente mitbe- stimmt? Wir wollen zunächst einmal diejenige Orientierung der Pflanze ins Auge fassen, von der wir bei fast allen Versuchen aus- gegangen sind: Hauptsproß senkrecht, Blattspreite horizontal, Blatt- stiel gerade oder sehr schwach gekrümrat, schräg gerichtet. Wie kommt hier die normale Gleichgewichtslage zustande? Man könnte daran denken, daß der Epinastie von dem entgegenwirkenden Geo- tropismus gerade das Gleichgewicht gehalten wird. Dann wäre vorauszusetzen, daß die geotropische Reaktion in den Lagen — 1 ^ bis — 114'' stärker ist als in 0'^, da sie dort die Epinastie über- windet, in 0" aber gerade den Wert erreicht, der nötig ist, der Epinastie das Gleichgewicht zu halten. Ob diese Voraussetzung nun zutrifft oder nicht, jedenfalls scheint mir gegen die obige Deu- tung besonders ein Moment zu sprechen : die Blätter nehmen ja auch dann als stabile Ruhelage die Horizontale ein, wenn sie sich im Zustande starker konvexer Krümmung befinden. Auch dann also, wenn sich die epinastische Krümmung geltend gemacht hat. ändert sich die Gleichgewichtslage nicht, und das spricht meines über den Einfluß der Schwerkraft auf die Bewegungen der Laubblätter usw. 69 Erachtens dafür, daß diese Gleichgewichtslage ganz vorwiegend durch den Geotropismus bestimmt wird. Denn sonst wäre zu er- warten, daß stark konvex gekrümmte Blätter eine etwas nach oben abweichende Lage als Ruhelage einnähmen'). Es liegt hier also offenbar etwas ähnliches vor wie bei dem Zusammenwirken von Heliotropismus und Geotropismus bei verschiedenen Pflanzen, z. B. Phycomyces, dessen Sporangienträger trotz entgegenwirkendem Geo- tropismus sich genau in die Lichtrichtung einstellen. Möglicherweise könnten sich auch beide Reizketten gegenseitig beeinflussen. Wir hätten damit das Recht, von Transversalgeotropismus der Blätter zu sprechen. Ob die Einstellung in die Horizontale sich aus dem Antagonismus von geotropischer Konvex- und Konkavkrümmung erklärt, möge zunächst dahingestellt bleiben. Wie steht es nun mit der labilen Gleichgewichtslage? In den im Abschnitt V mitgeteilten Versuchen zeigte sich, daß eine Umkehrung der Krümmungsrichtung nach Einstellung in Winkel, die nahe der labilen Ruhelage liegen, nicht eintritt. Da das Vorhan- densein von Epinastie erwiesen ist, so ist damit gezeigt, daß die Vor- aussetzung, von der NoU bei seinen Epinastieversuchen (vergl. Ab- schnitt I S. 10 ff.) ausging, nicht gerechtfertigt ist. Die Dinge können also nicht so liegen, daß die „ständig wirkende" Epinastie bereits zur Konvexkrümmung geführt haben muß, noch ehe eine entgegen- gesetzt gerichtete geotropische Wirkung sich geltend machen kann. Wenn wir annehmen, daß ein epinastischer Erregungszustand in dem Organ dauernd vorhanden ist ^ was allerdings erst exakt zu be- weisen wäre — dann würde sich als Konsequenz hieraus ergeben, daß die der geotropischen Reaktion, welche der Epinastie entgegen- wirkt, vorausgehenden Glieder der Reizkette sehr schnell verlaufen und die Vorgänge, die direkt die epinastische Krümmung bedingen, überholen. Es könnte auch sein, daß sie direkt in diese eingreifen; dann würden wir es mit einer ähnlichen Erscheinung zu tun haben, wie Fitting (1903) sie für Ranken nachgewiesen hat, bei denen durch Berührung der Gegenseite die Krümmung auch dann ver- hindert wird, wenn die ersten Glieder der zur Krümmung führenden Reizkette bereits abgelaufen sind. Es darf natürlich auch die Ausgangslage nicht außer acht ge- lassen werden, von der Noll bei seinen Versuchen und ich bei 1) Es kann allerdings vorkommen, daß nach sehr starken Konvexkrümmungen die Horizontale nicht erreicht wird. Andrerseits kann man auch öfter beobachten, daß sie überschritten wird. Ich möchte daher obiges nicht mit voller Bestimmtheit sagen. Ver- mutlich liegen die Dinge viel komplizierter als es zunächst den Anschein hat. 70 Hans Kniep, den meinigeD ausging. Sie war in beiden Fällen die normale Rich- tung des dorsiventralen Organs an der aufrecht stehenden Pflanze. Schon in dieser Lage könnte ein Zustand induziert sein, der die Epinastie aufhebt bezw. ausschaltet und sich in der labilen Ruhe- lage erhält. Leider verfüge ich nicht über Versuche, welche darüber Rechenschaft geben, ob die labile Ruhelage unabhängig vom Krüm- raungszustand des Blattes ist. Notwendig ist das natürlich nicht; es wäre nicht ausgeschlossen, daß sie z. B. bei stark konvex ge- krümmten Blättern nicht bei — 115" liegt. Die Entscheidung dieser Frage könnte uns vielleicht einige Hinweise darauf geben, welcher Art das Znsammenwirken von Geotropismus und Epinastie ist. X. Zusammenfassung der wichtigsten Ergebnisse. Die Einstellung der Lophospermutn-^läiiter in die normale hori- zontale Ruhelage nach Ablenkung aus derselben erfolgt durch Wachs- tumskrümmung des Blattstiels. Während der Wachstumskrümmung ist das Wachstum der Mittelhnie beschleunigt. Aus den Neigungslagen — 1" bis —114° erfolgt Konkav- krümmung (beschleunigtes Wachstum der Stielunterseite), aus den Lagen -|- 1" bis + 180" und — 116" bis + 180" Konvexkrümmung (beschleunigtes Wachstum der Stiel Oberseite). Die labile Ruhelage liegt also etwa bei — 115". An der horizontalen Achse des Klinostaten treten unter allen Umständen Konvexkrümmungen auf, gleichgültig, wie das rotierende Blatt zur Achse orientiert ist. Geoperzeption und Summation geo- tropischer Reize ist am Klinostaten möglich. Die Blätter zeigen Epinastie und diese läßt sich rein, unge- stört durch den Geotropismus zum Ausdruck bringen. Außer der epinastischen gibt es eine geotropische Konvex- krümmung, ferner geotropische Konkavkrümmung. Somit können bei dem im Dunkeln erfolgenden Einrücken der Blätter in die Gleichgewichtslage drei Faktoren beteiligt sein. Zu den vorliegenden Untersuchungen haben mir die Königlich preußische Akademie der Wissenschaften und das Großherzoglich badische Ministerium der Justiz, des Kultus und Unterrichts nam- hafte Subventionen gewährt. Ich möchte nicht verfehlen, auch an dieser Stelle dafür meinen verbindlichsten Dank zu sagen. Freiburg i. B. Botanisches Institut, März 1910. über den Einfluß der Schwerkraft auf die Bewegungen der Laubblätter usw. 71 Zitierte Literatur. Blaauw, 1909. Die Perzeption des Liclits. Diss. Utrecht. Baranetzky, 1901. Über die Ursaehen, welche die Richtung der Äste der Baum- und Straucharten bedingen. Flora Bd. 89, S. 138 ff. Bässler, 1909. Über den Einfluß des Dekapitierens auf die Richtung der Blätter an orthotropen Sprossen. Bot. Ztg. Bd. 67, S. 67 ff. Bonnet, 1758. Recherches sur l'usage des feuilles dans les plantes. Deutsch von Boeckh und Gatterer 2. Aufl. Ulm 1803. Böse, 1906. Plant response as a means of physiological investigation. London. Czapek, 1895. 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Als ich vergangenen Sommer (1909) wieder an der Zoolo- gischen Station zu Neapel verweilte, habe ich meine früheren Ver- suche, welche auf die Organbildung bei Caiderpa und die dabei ins Spiel tretenden inneren und äußeren Einflüsse Beziehung hatten '), wieder aufgenommen und verfolgt, und es sind die dabei erzielten Resultate, welche ich hier besprechen möchte. Zum besseren Verständnis jener Versuche und des Zwecks, welchen ich zu erreichen suchte, erinnere ich daran, daß die Er- gebnisse meiner früheren Versuche mich zu der Auffassung führten : daß in der Ccnderpa-ZeWe eine basipetale Impulsion wirksam ist, welche als Energiequelle aufgefaßt werden muß und deren Wirkung an Translokation von Protoplasma gebunden ist; daß diese Impulsion die Richtung der mächtigeren Protoplasma- ströme im „Blatte" bestimmt; daß sie, nach eingetretener erheblicher Verwundung des „Blattes", den Ort des Entstehens von „Rhizomen" und „Rhizoiden" bestimmt; und daß eine so kräftige Wirkung von ihr ausgeht, daß sie die Ausbildung energischer Protoplasmaströme, falls deren Richtung nicht mit der von ihr vorgeschriebenen zusammen fällt, verhindert. 1) Vergl. meine beiden Abhandlungen in dieser Zeitschrift : I. Die Bewegungen des Protoplasmas von Caulerpa prulifcra, 1889, Bd. XXT, S. 163. II. Polarität und Organbildung bei Caulerpa pyoUfera, 190G, Bd. XLII, S. 394. Sie werden hier mit T und TI angedeutet werden. 5** 74 J- M. Janse, Die Caulerpa-ZeWe solle somit nur einen aktiven Pol auf- weisen, welcher stets basalwärts sich äußere. Im Anschluß an diese Ergebnisse untersuchte ich diesmal näher, und nach anderer Richtung hin, den Einfluß, welchen die basipetale Impulsion auszuüben imstande ist. Vorher beschäftigte ich mich jedoch mit der Rogener ati 012, d. h. mit der Fähigkeit der Organe, Neubildungen gleicher Art zu bilden. A. Regeneration. Die erhaltenen Resultate der Regenerationsversuche können kurz in folgender Weise zusammengefaßt werden: a) Rhizoide (vergl. Fig. 1, 2, Taf. I). Wenn man Rhizoide abschneidet, so daß nur der Stumpf übrig bleibt, oder wenn Rhizoid-Aste verwundet werden, so treten sehr bald nachher, öfters schon innerhalb 24 Stunden, neue Aste hervor, welche alle der Verwundungsstelle möglichst nahe stehen. Es zeigt solches z. B. Fig. 1, Taf. I, welches ein Rhizoid darstellt 2ü Stunden nach der Verstümmelung; die Aste waren dann schon 1—1 V2 mm lang. Fig. 2, Taf. I, welche die Regeneration eines Rhizoid -Astes, gleichfalls 20 Stunden nach dessen Verwundung, darstellt, beweist, daß dieser sich in ähnlicher Weise verhielt. Es sind jedoch nur die jüngeren Rhizoide, die sich regenerieren: schon bald nach ihrer völligen Ausbildung hört dieses Vermögen auf; in einem Falle z. ß. trat Regeneration bei Rhizoiden, welche etwa 14 mm hinter der wachsenden Rhizomspitze standen, nicht mehr ein. b) Rhizome (vergl. Fig. 3, 4, 5, Taf. I). Wenn man von einem kräftigen Rhizome die Spitze von einer Länge von etwa 2 cm abschneidet, so brechen schon sehr bald nachher, und zwar meistens dicht hinter dem gelben Pfropfen, welcher den vorläufigen Wundverschluß bildet, ein oder mehrere Rhizoide hervor. Schon nach 1 bis 2 Tagen kann man solche finden. Etwas später, in verschiedenen Versuchen von 2 bis 5 Tagen nach der Verwundung, wird eine neue Rhizomspitze sichtbar, welche zuerst die Form eines kurzen Kegels hat. Bei normaler Orientierung des Rhizoms entstehen die Rhizoide an der unteren Seite, während die Rhizomspitze seitlich zum Vorschein tiitt (Fig. 3, Taf. I). Ein über Orgaiiveräiiilennig bei (laulcrjia pmlifcrn. 75 einziges Mal sah ich zwei neue Rhizomspitzen sich ausbilden, und zwar die eine an der linken, die zweite an der rechten Flanke (Fig. 4a und h, Taf. I; h sechs Tage nach a). Einmal trat der Anfang des Rhizoms so nahe beim neugebildeten Rhizoide auf, daß beim Weiterwachsen beide Anfänge verschmolzen, so daß es nachher den Anschein hatte, als wäre das Rhizom aus der Basis des Rhizoides hervorgegangen (Fig. 5, Taf. I); allerdings war hier die Rhizomspitze etwas mehr nach der unteren Seite des Rhizomes hin verschoben als es sonst gewöhnlich der Fall ist. c) Blätter. Die Versuche über Regeneration von Blättern lieferten folgende Resultate : Eine kräftige Pflanze, mit einem Rhizom von 150 mm Länge, trug 6 Blätter, welche so stark proliferiert hatten, daß sie zu- sammen 32 End-Prolifikationen trugen. Von diesen 32 wurden von 14 die Spitzen über 10 bis 15 mm abgeschnitten, während die übrigen unverwundet blieben. Alle Blätter waren ausgewachsen (was durch den grünen Randsaum an der Spitze angezeigt wird), doch keins trug auch nur den geringsten Anfang einer neuen Proli- fikation. Auch nach 16 Tagen waren solche nicht aufgetreten; das Rhizom war inzwischen 70 mm länger geworden, was beweist, daß die Pflanze ganz normal war. Dieser Versuch wurde dann wiederholt, doch wurden jetzt nur wachsende Blätter, also solche, welche mit einer weißen Spitze versehen waren, dazu gebraucht: 17 kräftige Pflanzen wurden aus- gesucht, welche an ihren zahlreichen Blättern 23 junge, noch wachsende Prolifikatiouen trugen (sie hatten eine Länge, welche zwischen 4 und 19 mm wechselte, und nur eine war 45 mm lang); von allen diesen 23 Blättern wurden die Spitzen abgeschnitten über eine Länge von nur 1 mm. Nach 5 Tagen waren an 10 der jungen Blätter Anfänge von Prohtikationen aufgetreten, welche jedoch nie dicht an der Wunde, sondern stets in einiger Entfernung davon standen; die 13 übrigen jungen Blätter zeigten keine Veränderung. Obwohl nun die Verletzung der Spitzen nur bei 10 von den 23 Blättern zu ihrer Prolifikation, und somit zu eigentlicher Regeneration der verletzten „Blattspieiten", führte, war doch bei den 13 übrigen Blättern die Verstümmelung nicht ohne jeden Erfolg geblieben, denn, wenn auch die verletzten Blätter selber nicht zur Prolifikation ge- bracht wurden, so war es doch auffallend, daß verschiedene der 76 J- M. Jause, niedriger stehenden, nicht verletzten. Spreiten jetzt ganz junge Blatt- anfänge aufwiesen. Dieser Versuch würde somit zeigen, daß die Verletzung vieler jungen Blattspreiten einer Pflanze zwar zur Prolifikation (hier gleich Regeneration) führt, daß die neuen Organe dabei jedoch nie an der Wunde selbst, in der kleineren Hälfte der Fälle etwas weiter nach unten, aber noch auf den verletzten Blättern selber auftreten, doch daß in den meisten Fällen der Ort ihres Auftretens noch weiter nach unten, auf den älteren Blättern (d. h. auf jenen, welche die verletzten Prolifikationen trugen), verschoben wird. In diesem Verband möchte ich hier erwähnen, daß die soeben genannte Pflanze (S. 75), welche nach Verletzung der Spitzen von 14 ihrer Blätter keine Prolifikationen trieb, auch nicht nach 16 Tagen, ein Benehmen zeigte, welches ich in keinem anderen Falle be- obachtete: das Rhizom, das, wie gesagt, an der unverletzten Spitze sich in der Zeit um 70 mm verlängerte und daran 4 neue Blätter bildete, trieb außerdem an dem entgegengestellten, abgestutzten Ende eine neue Rhizomspitze, welche am 16. Tage nach dem Anfange des Versuchs schon 40 mm lang war und 2 neue Blätter aufwies. In den 16 Tagen war das, zuerst 150 mm lange, 6 Blätter tragende Rhizom, im ganzen also um 110 mm länger, und um 6 Blätter reicher geworden. Es hatte somit den Anschein, als wenn die Verletzung der zahlreichen Blattspitzen nicht der Prolifikation, sondern dem Wachstum der Rhizome und der Blattbildung an diesen zugute gekommen war. Ob diese Folgerung richtig ist, habe ich noch durch einzelne weitere Experimente klar zu legen versucht. Wie bekannt, vermehrt Caiderpa sich nur in vegetativer Weise, indem losgerissene Blattstücke durch Rhizombildung zur Entstehung einer vollständigen Pflanze Veranlassung geben; wenn Rhizombildung nicht eintritt, so können zwar Rhizoide und neue Prolifikationen hervorsprossen, doch ein kräftiges Individuum entsteht dabei nicht. Meine Versuche wurden angestellt mit dergleichen einzelnen Blättern, welche aus dem Meere heraufgebracht wurden, als sie schon mehrere neue Blattspreiten, doch noch kein Rhizom gebildet hatten. Sieben Blätter dienten zum ersten Versuch; sie waren meistens kräftig, 20 — 155 mm lang, und trugen je 2 bis 11 neue Blattspreiten. All die letzteren wurden nun durch eine Quetschung in die Quere in erheblichem Maße verletzt und dann in dem Bassin weiter kultiviert. Nach 7 Tagen zeigten 2 der Blätter ein kräftiges Rhizom, je mit 1 Blatt und vielen Rhizoiden; über Organ Veränderung hei Caulcrpa prolifern. 77 3 hatten Rhizome (4 — 11 mm lang), welche jedoch noch keine Nebenorgane gebildet, die beiden letzten zeigten auch jetzt noch keine Rhizome, doch waren einzelne neue Spreiten auf dem Blatte entstanden. Die Verletzung mehrerer Blätter hatte somit in 5 von den 7 Fällen zur Bildung eines Rhizomes Veranlassung gegeben. Zum zweiten Versuch wurden 32 ähnUche, doch schwächere Blätter benutzt (weil starke Exemplare mir nicht zu Gebote standen), nachdem sie schon während 28 Tagen im Bassin kultiviert und noch immer keine Rhizome gebildet hatten; die Blattspreiten trugen je 2 bis 15 junge, vielfach schmale Blättchen, welche dann wieder alle in obiger Weise durch Quetschung verletzt wurden. Nach 6 Tagen war an 10 Blättern je ein Rhizora aufgetreten, und zwar bei 9 am basalen Teile des Tragblattes, bei 1 gerade oberhalb der Wunde; 22 Exemplare zeigten zwar kein Rhizoni, doch bei 16 waren deutliche weiße Protoplasmaströme vorhanden, welche somit wahrscheinlich nachher die Bildung eines Rhizoms würden veranlaßt haben; von den 6 letzten, an denen somit keine Folgen der Verletzung erkannt wurden, waren 4 sehr schwach. Es scheinen somit auch diese beiden Versuche zu zeigen, daß eine Verletzung der Blattspreiten zwar bisweilen (zumal bei jungen Blättern) Proliferierung hervorruft, doch daß sie auch zu Neubildung von Rhizomen führen kann, durch Vermittelung des Meristemplasmas, welches, von der Entmischung als Folge der Verletzung hervor- gerufen, durch die basipetale Impulsion den basalen Teilen der ganzen Pflanze zuströmt. Resultate. Regeneration, womit hier speziell gemeint ist die AViederaus- bildung eines gleichnamigen Organes nach Verletzung, findet bei Rhizoiden statt, indem sehr bald innerhalb 24 Stunden, ganz nahe an der Wunde mehrere neue Rhizoidäste hervorsprossen. Eine neue Rhizomspitze, bisweilen zwei, entsteht ebenfalls dicht an der Wunde und wächst dann normaler Weise weiter. Bei beiden findet somit vollständige Regeneration der verloren gegangenen Spitzen statt. Es sind jedoch nur die jungen Rhizoide und die jungen Rhi- zome, welche sich in jener Weise erhalten; Verletzung von älteren Rhizoiden oder Rhizomteilen führt keine Regeneration herbei. Schneidet man die Spitzen jüngerer noch wachsender Blätter ab, so bildet solches eine Veranlassung zur Prolifikation, wie über- 78 J- M. Jarse, liaupt jede Hemmung des Blattwachstums dazu zu führen sclieint'). Die neuen Spreiten entstehen jedoch nie dicht bei der apikalen Wunde, wie es bei einfacher Regenerierung der Fall sein würde, sondern treten immer in einiger, bisweilen ansehnlicher Entfernung davon auf; war das verletzte Blatt eine Prolifikation, so kann der Entstehungsort der neuen Spreiten selbst auf das Tragblatt ver- legt weiden. Ausgewachsene Blätter regenerieren sich nicht, doch scheint die Verletzung mehrerer solcher Blätter derselben Pflanze auf die ßhizombildung einen günstigen Einfluß auszuüben. Wenn man diese Resultate betrachtet bezugnehmend auf das, was in meiner vorigen Arbeit (II) über die basipetale Impulsion und über ihren Einfluß auf die Organbildung gesagt wurde, so scheinen sie damit in vollem Einklang zu stehen. Da die Bildung neuer Rhizome und Rhizoide durch das Auf- treten von Meristemplasnia hervorgerufen wird, und dieses in hohem Maße dem Einfluß der basipetalen Impulsion unterliegt, so ist es sehr erklärbar, daß bei Regeneration dieser Organe die neuen Spitzen hart an der Wunde, also am basalsten Abschnitte, entstehen. Was die Bildung neuer Blätter betrifft, so scheint die Sache weniger einfach zu sein. Wie schon aus meiner zitierten Arbeit hervorgeht, konnte das Verhalten des Blattmeristemplasmas, der basipetalen Impulsion gegenüber und in Verbindung mit der Stelle, wo sich die neue Blattspreite bildet, nicht festgestellt werden. Letztere entsteht am abgeschnittenen Blatte nicht an der basalen Wunde, so daß ein Einfluß der basipetalen Impulsion auf dieses Meristemplasma nicht zu konstatieren ist, entweder weil dieser Einfluß ohne Wirkung auf es bleibt, oder weil beim Blatt- Meristemplasma neben der basipetalen Impulsion noch ein zweites Agens wirksam ist, unter dessen Einfluß eine Verschiebung dieses Plasmas in apikaler Richtung stattfindet, ohne daß dieses jedoch die organische Spitze erreicht. Es wird neuen Versuchen vorbehalten sein, hierüber zu entscheiden. Der Einfluß des Abschneidens der Spitzen ausgewachsener Blätter ließe vermuten, daß diese Verletzung auch in der basalen Partie der Pflanze eine Abtrennung von Meristemplasraa veranlasse; früher wurde immer nur der apikale Teil betrachtet. Es fehlte mir an Zeit solches näher zu untersuchen, und doch wäre es für die 1) Vergl. meine Arbeit II, S. 422, 425. über Organveränderung bei Catilerpa prolifera. 79 Kenntnis der näheren Ursache der Entmischung im Plasma von Wichtigkeit, darüber belehrt zu sein, um so mehr als man meinen könnte, daß, wenn ein Unterschied bestände zwischen Blatt-Meri- stemplasma einerseits und Rhizom- und Rhizoidplasma ander- seits, in der basalen Partie der Pflanze sich Blatt-Meristemplasma abtrennen würde, während der Versuch zeigt, daß das dort abge- trennte Plasma an erster Stelle zur Ausbildung neuer Rhizomspitzen dient. Daraus ließe sich dann schließen, daß der Unterschied zwischen den beiden Meristenplasma doch nicht so groß sein könne. B. Organveränderung. Die in der zweiten meiner oben zitierten Abhandlungen (1906) beschriebenen Beobachtungen führten zur Aufstellung von Regeln über die Art des Auftretens der neuen „Organe" an der unverletzten sowie auch an der verwundeten Caulcrpa-PAsmze. Es zeigte sich nämlich in Beziehung zur un verwundeten Pflanze: daß Rhizoide nur an den sich neu bildenden Rhizomteilen zum Vorschein kommen ; daß neue Rhizomspitzen sich nur bilden bei der, relativ wenig häufigen, Verästelung des alten Rhizomes; daß Blätter entstehen : entweder au den jüngeren Rhizomteilen (normale Blattbildung) oder auf ausgewachsenen Blättern (normale Prolifikation). Diese Regeln gestatten schon aus dem Ort des Auftretens von jedem Organanfang, sei dieser auch noch so klein, zu erkennen, ob er bestimmt ist, ein Rhizoid, ein Rhizom oder ein Blatt zu werden. Alle meine weiteren Versuche im vergangenen Sommer haben mich wieder von der Richtigkeit der ermittelten Regeln überzeugt. Auf dieser Möglichkeit der Vorausbestimmung der Natur eines noch nicht differenzierten Organanfanges beruhten meine weiteren Versuche. Ich hatte mir nämlich die Frage: ob es möglich sei, die Natur eines Organanfangs durch das Insspielbringen anderer Kräfte zu verändern, zur experimentellen Beantwortung vorgelegt. Zuerst habe ich es mit der Einwirkung äußerer Einflüsse ver- sucht, obwohl meine Erwartungen über ihr Gelingen nur sehr ge- ring waren: Da der Ort des Entstehens eines Blattes nahe an der Rhi- zomspitze u. a. von der Schwerkraft induziert wird, lag es nahe zuerst zu untersuchen, wie ein Blattanfang sich verhalten würde. 80 J- M. Janse, wenn man die Pflanze in umgekehrter Stellung (Blätter nach unten, Rhizoide nach oben) im Wasser schweben läßt, sobald ein ganz junger Anfang, nur etwa V4 mm hoch, sichtbar geworden ist. Es konnten dabei dreierlei Möglichkeiten auftreten : erstens konnte der Blattanfang ungestört weiter wachsen, zweitens konnte der Anfang zu wachsen aufhören (wobei dann eventuell ein neuer Blattanfang auf der jetzigen Rhizomoberseite entstehen könnte), drittens konnte der Blattanfang zu einem Rhizoide auswachsen, welches doch, zumal im Dunkeln, immer auf der Rhizomunterseite zum Vorschein kommt. Die Versuche zeigten, daß der Blattanfang, trotz veränderter Einwirkung der Schwerkraft, sich weiter entwickelte, wobei er sich scharf dem bei diesen Versuchen hauptsächlich von der Seite ein- tretenden Lichte zu bog. Die Versuchspflanzen wuchsen ganz schnell: das Rhizom der ersten Pflanze nahm in 10 Tagen um 75 mm an Länge zu, während der ganz winzige Blattanfang sich in der Zeit zu einem 30 mm langen 14 mm breiten, verkehrt-herz- förmigen Blätteben ausgebildet hatte. Bei der zweiten Pflanze war der Blattanfang von etwa Vi mm in noch nicht völlig 2 Tagen zu einem Blatte von 10 X 47^ mm ausgewachsen; den nächsten Tag war es sogar schon 19 mm lang und 8V2 mm breit und auch sehr stark nach dem seitlichen Lichte zu gebogen. Die relative Richtungsveränderung der Schwerkraft hatte somit keinen Einfluß auf die Natur des angelegten Organes ausgeübt. Eine neue Blattanlage hatte sich auf dem neuen Rhizomteile nicht gebildet. Da die beiden beschriebenen Versuche somit kein Resultat lieferten und ähnliche, bei welchen nur äußere Einflüsse ins Spiel gerufen werden würden , mir ebenso wenig Erfolg zu versprechen schienen, versuchte ich es mit inneren Kräften, und wie wir sehen werden, mit besserem Resultat. Das Experiment beruhte auf folgenden Erwägungen: in der zweiten meiner genannten Abhandlungen (1906) wurde beschrieben, daß an abgeschnittenen Blättern neue Rhizoide, Rhizome und Blätter gebildet werden, und daß die beiden ersten immer ganz nahe an der Wunde auftreten, während der Ort des Entstehens der Blätter stets höher, nach der Spitze hin, verschoben liegt. Es konnte dabei zugleich gezeigt werden, daß solches Verhalten von dem sehr überwiegenden Einfluß, welchen die basipetale Impulsion über Organveiänderung bei öaulevpa prolifera. 81 auf die Translokation des Meristemplasmas, welches die Bildung von Rhizoiden und Ehizomen einleitet, herrührt. Wenn somit ein Blatt abgeschnitten wird, induziert die basi- petale Impulsion an irgend einer, in nächster Nähe der (basalen) Wunde gelegenen, Stelle die Bildung von Rhizoiden und einem oder mehreren Rhizomen. Wenn anderseits auf dem Blatte einer unverletzten Pflanze ein Organanfang sich gebildet hat, so hat dieser die Tendenz, zu einem Blatte auszuwachsen (denn, wie gesagt, Organe anderer Art entstehen unter diesen Umständen nie auf einem Blatte). Schneidet man ein solches Blatt ganz nahe unter einem Blattanfang ab, so wird der organbildende Einfluß der basipetalen Impulsion sich somit auch auf den Blattanfang erstrecken können, so daß dieser in diesem Falle der Wirkung zweier entgegengesetzter Kräfte ausgesetzt sein würde. Was wird dann daraus erfolgen? Wird der Blattanfang sich dennoch als Blatt weiter bilden, während daneben RhizoVde und Rhizome entstehen? oder wird die Natur des Blattanfangs sich verändern, so daß schließlich etwas anderes entsteht, als zuvor ge- plant war? Selbstverständlich können nur Versuche auf diese Fragen Ant- wort geben, und solche habe ich unternommen, weil, wenn sich in jener Weise die Natur eines Blattanfangs umändern ließe, daraus auf einen großen Einfluß der basipetalen Impulsion auch auf dem schon angelegten Blattanfange zu schließen wäre. Die Versuchsanstellung war möglichst einfach: die Kulturen, welche ich von Caulerpa in verschiedenen Bassins, unter ver- schiedenen Beleuchtungsverhältnissen in den Räumen der Zoolo- gischen Station angestellt hatte, wurden täglich nachgesehen; wenn irgend ein Blatt dieser, meistens kräftig wachsenden. Pflanzen einen kleineren oder größeren Blattanfang zeigte (und diese Anfänge .waren sogar schon als solche zu erkennen, als sie nur ganz winzige Auswüchse bildeten von nur etwa V4 mm Größe), so wurde es, etwa Vä bis 2 mm unter diesem Auswüchse mit der Schere durch- schnitten '), das ganze Blatt in natürlicher Größe genau gezeichnet, 1) Es wurde wiederholt beschrieben, z. B. auch in meinen beiden zitierten Ab- handlungen, daß eine Wunde bei Caulerpa alsbald vorläufig geschlossen wird durch Koagu- lierung des austretenden Plasmas. Ich habe mich diesmal überzeugen können, daß dieser Verschluß sofort ein sehr vollkommener ist. Denn, als ich Blätter mit der Schere unter Meereswasser abschnitt, und sie eine Minute später in süßes Wasser übertrug, Jahrb. f. wiss. Botanik. XLVUI. 6 82 J- M. Janse, und öfters außerdem der junge Blattanfang bei etwa 4-raaliger Ver- größerung, beide mit Hilfe eines Zeichenprimas; dann wurde es in Cuvetten gebracht, durch welche, in üblicher Weise, ein schwacher Strom Meereswasser geführt wurde. Die Versuchsblätter wurden dann fast jeden Tag aufs neue beobachtet, beschrieben und gemessen und, wenn deutliche Ver- änderungen sich vorfanden, wieder gezeichnet, bis ein charakte- ristischer Erfolg erzielt war. Die meisten Blätter wurden dann in Alkohol aufgehoben, um eventuelle Nachuntersuchung zu ermög- lichen. Es konnten in der Weise 4.5 Versuche angestellt werden. Obwohl mir nicht immer sehr starke Pflanzen zu Gebote standen'), wuchsen die Versuchsobjekte doch sehr befriedigend, und öfters selbst ganz rasch und kräftig, wie u. a. aus einzelnen der unten angegebenen Zahlen zu ersehen sein wird. Die kontrastierenden Tendenzen, welche in den Versuchen auf den jungen Blattanfang wirkten, könnten, theoretisch betrachtet, verschiedene Effekte erzielen: Der Blattanfang könnte nämlich: 1. sein Wachstum gänzlich einstellen, 2. als Blatt weiterwachsen, 3. B,hizoide bilden, 4. Bhizome entstehen lassen. Im dritten und vierten Falle könnte außerdem der Blattanfang weiter auswachsen, während im vierten Falle neben dem ßhizom auch Bhizoide auftreten könnten. blieb der Verscbluß fast immer ein Yollkommner, d. h. es trat kein Plasma aufs neue heraus; meistens bildete sich bald nachher auf dem Blatte plötzlich eine etwa kugelige Blase, wie ich solche in meiner ersten Abhandlung (S. 272) beschrieb. Da eine solche Blase, wie dort gezeigt wurde, durcli lokale Zerreißung einer Anzahl der Zellulosebalken entsteht, beweisen diese Beobachtungen, daß die durch das Hineinbringen in Süßwasser ge- steigerte Turgorkraft kräftig genug war, um die Balken stellenweise zum Zerreißen zu bringen (was unter normalen Verhältnissen nie stattfindet), doch daß er den selbst in einer Minute gebildeten vorläufigen Verschluß nicht zerbrechen konnte. 1) Auch dieses Mal habe ich mich überzeugen können, daß Caulerpa in der Um- gebung von Neapel ihr erneutes, kräftiges Wachstum erst Mitte August wieder auf- nimmt; selbst waren, wohl wegen der starken Bewegung des Meereswassers im Frühjahr 1909, die Pflanzen jetzt im Vergleich zu denen, mit welchen ich 1904 experimentierte, zurück. Für die in diesen beiden Jahren ausgeführten Versuche sind kräftige Pflanzen un- bedingt notwendig; eine Wiederholung jener Versuche in anderen Monaten als August, September und vielleicht Oktober würde daher wahrscheinlich nicht zu ähnlichen Eesiil- taten führen. Hierbei ist auch zu vergleichen, was ich in meiner zweiten Arbeit (S. 428; über die Neubildung von RhizoYden angeführt habe. über Organveränderiing bei Cauterj^xt 2)roUfera. 83 Schließlich könnten die abgeschnittenen Blätter in allen diesen Fällen am Wundrande, also unabhängig vom Blattanfange, Rhizoide und Rhizome, und auf der Blattspreite neue Prolifikationen bilden, wie solches bei kräftigen abgelösten Spreiten üblich, und u. a. von mir in meiner zweiten Arbeit eingehend beschrieben worden ist. Fast alle hier als möglich in Aussicht gestellten Fälle kamen bei meinen Versuchen vor, obwohl bei weitem nicht alle gleich häufig; daher werde ich bei deren Beschreibung die oben ange- deutete Einteilung folgen, und außerdem bei den ersten drei Fällen noch unterscheiden, ob die Blätter, abgesehen von den sonstigen Veränderungen des Blattanfanges, noch Blätter oder Rhizome bildeten oder nicht. Wir wollen die Versuchsergebnisse jetzt einer zusammenfassen- den Beschreibung unterwerfen: Erster Fall. Der Blattanfang stellt sein Wachstum gänzlich ein. a) Ehizome oder Blätter werden nicht gebildet. Ein Blättchen von etwa 30 mm Länge (Versuchsnumraer 39) und ein eine Prolifikation tragendes, Blättchen von einer Gesamt- länge von etwa 50 mm (Nr. 38) waren abgeschnitten, beide etwa 1 mm unter einem Blattanfange von Vj mm Länge; es waren so- mit ganz niedrige Kegelchen. Beim weiteren Kultivieren zeigten die Blätter gar keine Ver- änderung, selbst nicht nach 16, resp. 20 Tagen. Da abgeschnittene 6Vw/e;prt-Blätter in dieser Jahreszeit sich nur sehr selten in der Weise betragen, wie es mir aus zahlreichen früheren Versuchen, auch mit solchen kleinen Blättern, bekannt ist, und wie wir auch unten zu bemerken Gelegenheit haben werden, so müssen hier spezielle ungünstige Umstände mitgewirkt haben, so daß diese beiden Versuchsblätter kaum als solche mitzuzählen sind. Es soll jedoch hervorgehoben werden, daß beide Blätter Rhi- zoide bildeten, obwohl verhältnismäßig spät, und zw. erst nach 10, resp. 13 Tagen, während sie sonst sehr oft schon nach 24 Stunden sichtbar sind. Diese Rhizoide haben hier, sowie in allen weiteren Versuchen, nur eine nebensächliche Bedeutung, so daß sie nicht besondere Erwähnung finden werden. Dennoch möchte ich als Be- sonderheit hervorheben, daß sie hier, und auch in manchen anderen der unten zu beschreibender Blattei', in ziemlich großer Entfernung von der AVunde vorkamen, so daß somit ihre Ausatzstelle bisweilen 6* 84 J- M- Jause, weit nach der Blattspitze hin verschoben war, und einige Male die Spitze seihst fast erreichte. Auch dieses meine ich als eine unwesentliche Nebenerscheinung betrachten zu dürfen, und zwar aus folgendem Grunde: Die abgeschnittenen Blätter wurden zur weiteren Kultur in größeren oder kleineren Cuvetten, durch welche ein konstanter, ziemlich schwacher Strom Meereswasser ging, übergebracht. Die Cuvetten standen ganz nahe vor einem West-Fenster, so daß die Pflanzen von etwa ein Uhr nachmittags an von der Sonne be- strahlt wurden. Die Blätter befanden sich dabei ganz wohl, doch noch viel besser wuchsen einige Diatomeen- und Ectocarpus- Arten, welche sich so stark vermehrten, daß fast jeden zweiten Tag die Versuchsblätter unter Wasser abgepinselt werden mußten , damit sie durch die sie bedeckende Schicht nicht Schaden erlitten. Zu- mal an den Rhizoiden entwickelten sie sich sehr kräftig, und hüllten alle die Zweige ein. Wenn nun bei der kräftigen Beleuchtung auch diese Diatomeen usw. assimilierten, sammelte sich der frei- werdende Sauerstoti" in großen Blasen, zumal zwischen den Rhizoiden an , die Versuchsblätter stiegen demzufolge im Wasser empor und schwebten dort in verschiedener Stellung, öfters mit den Blatt- spitzen nach unten, anstatt in normaler Stellung auf dem Boden des Gefäßes zu verweilen. Durch diesen Umstand befanden sich diese Blätter somit in denselben Verhältnissen wie die bei den Versuchen, welche in meiner zweiten Abhandlung (1906) auf S. 407 fi". be- schrieben wurden. Es kann daher kein Wunder nehmen, daß auch jetzt ein ähnliches Resultat sich zeigte: d. h. daß die Rhizoide nicht, oder nicht ausschließlich, dicht an der Wunde auftraten, sondern auch weiter, bisweilen auch viel weiter nach der Spitze hin sich vorfanden. Ich habe diese Abweichung hier beschrieben, da sie sich bei verschiedenen Versuchsblättern zeigte, doch auch diese ist, eljen- sowenig wie die Bildung von Rhizoiden an der Wunde selber, von keiner Bedeutung für unsere weiteren Versuche. Wenn man somit von jenen Rhizoiden absieht, zeigten die heiden erwähnten Versuchsblätter auch nach vielen Tagen keine Veränderung, und, wie gesagt, werden hier wohl besondere un- günstige Umstände daran Schuld gewesen sein. b) (Vergl. Fig. 6, Taf. I.) Bei vier anderen Blättern blieb zwar auch jede Weiterentwicklung der Blattanfänge aus, doch zeigte über Organyeränderung bei Caulcrpa prollfcra. 85 die Organbildung an oder bei der basalen Wunde, daß abnormale Nahrungsverhältnisse hier nicht vorlagen. Drei jener Blätter waren nicht ganz kräftig; sie hatten Blatt- anfänge von nur Vi bis V:; mm. Zwei dieser bildeten nur eine kleine Prolifikation , welche über dem Blattanfang inseriert war (Nr. 36, 37), das dritte verhielt sich mehr dem allgemeinen Typus entsprechend und ließ außerhalb solcher Prolifikation noch ein kurzes Rhizom an der Blattwunde entsprießen (Nr. 21). Von irgend- welchem direkten Einfluß des ursprünglichen Blattanfangs war nichts zu spüren; höchstens könnte man diesen in dem Umstand, daß die Prolifikation bei dem einen (Nr. 37) ganz nahe über diesem Anfang entstanden war und sie dadurch auch der basalen Wunde viel näher trat als sonst üblich ist, suchen. Beim vierten der erwähnten Blätter (Nr. 44), entstanden Rhi- zoide und Rhizome; es ist in Fig. 6, Taf. I, abgebildet, nach 13- tägiger Kultur. Letztere bildeten sich zwar in einiger Entfernung von der Wunde, doch weil dieses Blatt am Stiele abgeschnitten werden mußte (weil sich auch dort der Blattanfang vorfand), entstanden auch die Rhizome etwas weiter hinauf, in dem dreieckigen unteren Teil des Blattes, wie es unter solchen Umständen üblich ist (vergl. meine Abhandlung II, S. 421). Nur einzelne, und zwar die schwächeren Rhizoide bildeten sich an der Wunde, die stärksten dagegen entsprangen alle aus einer demzufolge etwas erhabenen Stelle, welche unmittelbar unter dem Blattanfange gelegen war. Dieses Verhalten, welches wir auch später öfters antreffen werden, muß unbedingt als die Folge eines von jenem Anfange ausgehen- den Einflusses betraclitet werden. Schon sofort nach dem Abschneiden des Blattes zeigte es sich, daß die äußerste Spitze des Blattanfanges gelb, und somit abge- storben war, wie es die Schraffierung in Figur 6 zeigt. Solches trat, trotz vorsichtiger Behandlung, verschiedene Male bei meinen Versuchen ein. Es scheint aber, daß dieses auf das weitere Schicksal des Blattanfanges keinen Einfluß ausübt. Zugleich mit dem hier besproclienen Blatte Nr. 44 wurden auch die fast gleichen Blätter Nr. 42 und 43 abgeschnitten, und bei allen drei war dann die Spitze des Blattanfanges abgestorben. Es entwickelten sich diese Anfänge in verschiedener Weise weiter: Nr. 43 ist in Fig. 13, Taf. I abgebildet beim Anfang des Versuchs und nach 4-tägiger Kultur, Nr. 42 verhielt sich, bis auf die erwähnte abgestorbene Spitze, fast identisch mit Nr. 46, dessen Schicksal durch Fig. 20 a— d (Taf. II) 86 •^- M. Janse, angegeben wird. Zwischen Nr. 43 und 4-4 (Fig. 13 und 6) besteht auch eigentlich nur der eine Unterschied, daß das starke Rhizo'id- bündel, welches sich bei Nr. 44 unter dem Blattanfang entwickelte, bei Nr. 43 auf der Unterseite des Blattanfangcs auftrat, und zwar wohl nur weil unter diesem Anfange kein Platz dazu mehr übrig blieb. Zweiter Fall. Der Blattanfang wächst als Blatt weiter. a) (Vgl. Fig. 7,. Tat". I). Das einzige Blatt (Xr. 45), welches unter diesen Fall zu bringen ist, und bei welchem keine Organneu- bildung (ausgenommen wieder Rhizoide) auftrat, war nur klein; es bestand aus dem oberen Teil eines verkehrt-herzförmigen Blätt- chens, nur 10 mm lang, welches eine Prolitikation von 22 mm Länge tnig. Es zeigte beim Abschneiden einen ganz weißen, fast zylindrischen Anfang, 2^-2 mm lang und etwa Vs mm breit, welcher durch die. zwar schwache, Abplattung bei der Spitze sich schon als junges Blättchen kennzeichnete. Dieses und die Pro- litikation waren zu verschiedenen Seiten der Mittellinie eingepflanzt (Fig. 7, Taf. I). Die einzige Veränderung, welche der Blattanfang während 17-tägiger Kultur erfuhr, war sein Wachstum auf 4' ^ X 2 mm. Diese geringe Vergrößerung, sowie der Umstand, daß alle ßhizoide unter der Anheftungsstelle der Prolitikation auftraten, wird, in An- knüpfung an meine früheren Versuche (vgl. Abh. II, S. 416—419), durch den Verlauf der Protoplasmaströme, welche in dieser Figur in der üblichen Weise beigezeichnet wurden, erklärt: sie zeigen, daß die basipetale Impulsion, von der Prolitikation ausgehend, ihren Einfluß zwar auf die gerade unter ihr gelegene Stelle aus- übt, und dadurch die Lokalisation der Rhizoide bedingt, doch sich nicht so weit seitlich ausdehnt, daß auch das kleine Blättchen ihre Einwirkung empfinden könne. h) (Vgl. Fig. 8, Taf. I). Ein Auswachsen des jungen Blätt- chens und das nebenbei Entstehen neuer Organe am abgeschnit- teneu Blatte, zeigte sich bei sechs der Versuchspflauzen. Bei einer derselben (Nr. 23) wuchs der zyhndrische, 3' ^ mm lange Blattanfang, seitlich zu einem Blättchen, bis zu einer Größe von 13X4 mm, aus. weil seine äußerste Spitze beim Anfang des Versuchs lädiert worden war; gleich unter der Ansatzstelle dieses Blattanfanges, am Wundrande, bildete sich das kräftigste Rhizoid. Ein zweites Blättchen (schließUch 16 x 4^ - mm groß) wuchs t'ber Orgaiiveräiiileruiifr J'ci ('imlrriia proUfcm. 87 nachher aus dem Versuchsblatte selber heraus; es stand etwa gleich hoch wie der ursprüngliche Blattanfang. In den 26 Tagen, welche der Versuch dauerte, trat Rhizorabildung nicht ein. Die übrigen fünf Blätter (Nr. 17, 26, 27, 30, 33) dieser Ab- teilung zeigten unter sich prinzipiell vollkommene Übereinstimmung: das ursprünglich kleine Blättchen wuchs etwas weiter, blieb jedoch immer verhältnismäßig klein, während hart am Wundrande ein B,hi- zom entstand, welches dann, wie gewöhnlich, Blätter und Rhizoide trieb; Fig. 8a, b, gibt ein Beispiel jener Veränderungen (Versuchs- blatt Nr. 27); zwischen Fig. a und b liegt eine Frist von 21 Tagen. An einem der Blätter (Nr. 33) bildeten sich selbst drei kräftige Rhizome aus; jenes war aber sehr kräftig und trug zwei große Prolifikationen. Daß gerade unter der Anheftung der unteren dieser beiden die drei Rhizome entsprossen waren, wird wohl kein Zufall sein, doch wird es durch die Richtung der basipetalen Impulsion, soweit sie von jener Prolifikation veranlaßt wurde, zu erklären sein (vergl. auch oben S. 86). Bei Nr. 17 zeigte sich auf dem Blattstiele des kleinen Blatt- anfanges nach drei Tagen ein winziger weißer Fleck, als wollte sich dort ein Rhizom bilden; später verschwand der Fleck wieder, ob- wohl nur ganz allmählich. Abgeschnittene Blätter, welche keinen Blattanfang aufweisen, bilden fast ohne Ausnahme ein oder mehrere Rhizome und Pro- lifikationen, wie es in meiner vorigen Arbeit (II) näher beschrieben wurde. Der Unterschied zwischen solchen und dem oben er- wähnten Versuchsblatte Nr. 23 besteht somit darin, daß an letzterem das neue (zweite) Blättchen ganz nahe am "Wundrande entstand, während sonst die Prolifikationen einer viel mehr nach der Spitze hin gelegenen Stelle entspringen. Was die Art der Organbildung betrifit, so reiht auch das Blatt Nr. 23 sich dem gewöhnlichen Typus an, doch nicht was die Stelle der Blattbildung angeht; es hatte hier somit eine Verschiebung der Ursprungsstelle dieser Prolifikation nach unten hin stattgefun- den. Als Ursache dieser Verschiebung darf das Vorhandensein und das Wachstum des Blattanfanges nahe an der Wunde ange- sehen werden, ein Einfluß, welchen wir auch weiter unten noch mehrmals zu erkennen Gelegenheit haben werden. Bei den übrigen fünf Blättern kam dieser Einfluß nicht zum Ausdruck, weil sie Rhizome bildeten und diese, hier wie sonst, dicht bei der basalen Wunde auftraten. 88 <^- ^- Janse, Dritter Fall. Der Blattanfang bildet Rhizoide. Obwohl das Betragen aller hierher gehörigen Versuchsblätter darin übereinstimmte, daß der Blattanfang Rhizoide bildete, so mag es bei der Beschreibung praktisch sein, hier zwei Fälle zu unterscheiden (obwohl diese vielleicht nur graduell verschieden sind), und zwar je nachdem das Blättchen Rhizoide als Neben- organe bildet, oder ob der ganze Blattanfang zu Rhizoiden oder zu einem Rhizoidbündel auswächst. A) Das Blättchen läßt Rhizoide entstehen. Auch hier wollen wir wieder einen Unterschied machen zwischen den Versuchsblättern, welche außerhalb der Veränderungen am Blatt- anfange noch Organe am Wundrande bilden, und denen, wo solche Organbildung ausblieb. a) (Vgl. Fig. 9, 10, Taf. I). Bei drei der Versuchsblätter ge- schah letzteres (Nr. 1, 8, 29); an den beiden erstgenannten (welche wenig stark waren) war der Blattanfang ganz klein, iVi resp. Vi mm, und es zeigte sich, daß nach 14 Tagen aus den Anfängen, welche nicht weiter gewachsen waren, einzelne Rhizoide hervorge- sproßt waren; Fig. 9 gibt als Beispiel solches für Versuchsblatt Nr. 1, an. Das dritte Blatt jedoch, viel größer als die beiden ersten, trug einen Anfang von 12 mm Länge, welcher, durch die Ver- breiterung und Abplattung an der oberen Hälfte, einen ausge- sprochenen Blatt-Charakter zeigte. Neun Tage später war es 23 X 7 mm groß, trug eine junge Prolifikation (welche später weiter wuchs und dann nochmals proliferierte), ließ außerdem vier kräftige Rhizoide entstehen, welche etwa aus der Mitte der Blatt- fläche hervortraten, um wieder vier Tage später nochmals zehn andere Rhizoide, nahe am Blattrande und an der Spitze, zu bilden; Fig. 10 a und 5 zeigen den unteren Teil des Versuchsblattes (welches im ganzen etwa 110 mm lang war) beim Anfang des Versuchs und 17 Tage später. Gerade unter der Anheftungsstelle des ursprünglichen jungen Blattes waren zwei kräftige Rhizoidbündel angewachsen, Jümlich somit wie in unserer Fig. 6 (vgl. S. 85); ein drittes schwächeres stand an der gegenüberliegenden Seite, doch an der Wunde selbst kamen Rhizoide nicht vor. Der Blattanfang hatte somit auch hier seinen Einfluß auf den Ort der vorwiegenden Rhizoi'dbildung aus- geübt. über Orgaiiveräuderung bei Caalrrpa prollfera. 89 1j) (Vgl. Fig. 11, 12, 13, Taf. I). Der junge BlattaiifVing bildete bei vier der Versuchsblätter Rhizoide, während das ihn tragende Blatt Organe, hier stets Rhizome, hervorsprießen ließ. Jene Blätter hatten die Versuchsnummern 2, 12, 24, 43. Nur eins der Blattanfänge wuchs zuerst zu einem Blättchen aus (Nr. 24), bildete dann zwei Bhizoide, um nachher zu proliferieren, während zu gleicher Zeit in der Nähe ein Rhizom mit Rhizoi'den auswuchs (vgl. Fig. 11«, 5, c); der Blattanfang war schon ziemlich groß (7x2 mm), als das Blatt abgeschnitten wurde, und damit hing es wohl zusammen, daß es seine Blattnatur auch nach dem Abschneiden vollständig behielt, so daß es schließlich 20 X 8 mm groß war, und dann zu proliferieren anfing. Die Bildung von Rhizoiden an nicht üblicher Stelle wird aber wohl auf die "Wirkung von durch das Abschneiden hervorgerufenen inneren Kräften zurück- zuführen sein. Bei den drei übrigen Versuchen war der Blattanfang klein (IV3 mm, Nr. 43) oder ganz klein (V4 mm, Nr. 2, 12). Bei diesen beiden letzteren entsprangen* dem kleinen Kegelchen zwei Rhizoide, beide neben dem Gipfel inseriert, obwohl dieser unversehrt war; es war somit deutlich, daß der Blattanfang nicht einfach als Rhizoid weiterwuchs (vgl. Fig. 12«, Tafel I), wie solches der Fall war bei den unten (unter III B b) zu erwähnenden Blättern ; Fig. 12 5 zeigt den unteren Teil desselben Blattes von der Fläche gesehen, beide 12 Tage nach dem Abschneiden des Blattes. Beim Versuchsblatt Nr. 43 stand der Blattanfang gerade an der Wunde; die Spitze war abgestorben, und so kamen die Rhizoide seitlich zum Vorschein, wie es Fig. l'5b, Taf. I, 4 Tage nach An- fang des Versuchs gezeichnet, zeigt. Beim Abschließen des Ver- suchs, nach 10 Tagen, hatten sich zwei kräftige Rhizome (6 und 19 mm lang) in der Nähe des Blattanfanges gebildet, an den Stellen in Fig. 13 a mit Ri und R^ angedeutet. B) Der Blattanfang wächst zu Rhizoiden aus. Bei allen den hierhergehörigen fünf Versuchsblättern fand Organbildung nahe an der Wunde statt, so daß hier nur der Fall b zu erwähnen ist (vgl. Fig. 14, 15, Taf. I). Bei vier der fünf Blätter (Nr. 11, 48, .50, 51) waren die Resultate fast ganz identisch; sie werden durch die Fig. 14 a, b und c illustriert. Der Blattanfang war bei diesen stets klein, von V4 bis 1 mm, und dieser wuchs sehr bald nach dem Abtrennen des Blattes von der Pflanze in Rhizoide aus; Fig. 14 5 zeigt, wie 90 J- M. Janse, bei Nr. 11, 2 Tage schon nach dem Abschneiden, an dem ver- größerten Kegelchen vier kleine Rhizoide entstanden waren, von welchen drei ganz nahe an der Spitze saßen; 16 Tage später hatte sich aus dem Blattanfang ein sehr kräftiges Rhizoidbündel ent- wickelt, wie " es Fig. 14 c zeigt. Viele andere Rhizoide waren außerdem dicht am Wundrande zum Vorschein gekommen, während weiter hinauf zwei kurze Rhizome (welche nicht gezeichnet sind), jedes mit einem jungen Blättchen, sich entwickelt hatten. Von den drei übrigen Versuchsblättern zeigte nur eines (Nr. .5 1 ) spärliche Rhizoide am Wundrande, während solche bei den beiden übrigen (Nr. 48, 50) gänzlich fehlten. Außerdem hatte jedes dieser Blätter ein oder zwei kurze Rhizome gebildet. Beim fünften der hierher gehörigen Blätter, Nr. 47 (vgl. Fig. 15 a, h, c, Taf. I), war auch aus dem winzigen Blattanfangc schon nach drei Tagen ein ganz kräftiges Rhizoidbündel entstanden (Fig. 15?>) und bildete sich nachher außerdem ein Rliizom aus, Avelches genau hinter dem Bündel stand (Fig. 15 c), ein Verhalten, welches übrigens mehrmals vorkommt, und auch schon in meiner vorigen Abhandlung (II) besprochen wurde. Bei den fünf Blättern kam somit die Blattnatur des winzigen Organanfanges gar nicht zum Vorschein, weil dieser sich gänzlich in Rhizoide auflöste. Vierter Fall. Der Blattanfang bildet Rhizome. Ein verschiedenes Verhalten des Blattanfanges trat auch hier beim Weiterwachsen auf, je nachdem der Anfang seitlich ein Rhizom entsprießen ließ, oder die Blattspitze selber als Rhizom- spitze weiterwuchs. Zwecks einer besseren Übersicht werden auch hier diese Fälle gesondert besprochen werden. Bei den vorher erwähnten Blättern, welche zu den drei ersten Fällen gerechnet wurden, ist außerdem ein Unterschied ge- macht worden, je nachdem die Versuchsblätter am Wnndrande noch andere Organe bildeten (außer denen, welche dem Blatt- anfange entsproßten) oder nicht. Es handelte sich dabei, wie wir sahen, speziell um die Rhizome, weil nur diese die Ausbildung eines vollständigen Individuums einleiten. Da nun in diesem vierten Falle der Blattanfang selber schon ein Rhizom bildet, ist es weiter von untergeordneter Bedeutung, ob nebenbei das Versuchsblatt auch an anderer Stelle noch ein Rhizom bildet. In den vorhergehenden Fällen wurde auf dieses über Organ veräiideruiig bei Caulerpa prolifera. 91 verschiedene Verhalten eine Einteilung der Versuchsblätter Lasiert, welche hier somit unterbleiben kann. A. Am Blattanfange entsteht das Rhizom seitlich (vgl. Fig. 16, 17, 18, Taf. I; Fig. 19, 20, 21, Taf. II). Bei den 17 hierher zu zählenden Blättern handelt es sich um die Versuchsnummern: 3, 4, 9, 10, 18, 20, 22, 31, 42, 46, 53, 54, 55; 19, 25, 28 und 32 (nur bei letzteren vier bildete auch noch ein Rhizom oder eine Prolifikation sich an oder bei der basalen Wunde aus). Der Blattanfang war in diesen Fällen beim Abschneiden des ihn tragenden Blattes, oft schon nicht mehr ganz klein, so daß er durch seine Form mehr oder weniger deutlich seine Blatt- natur kund gab. Die Länge der Blattanfänge wechselte zwischen 2 und 8 mm. Wahrscheinlich dementsprechend zeigte der Blatt- aiifang auch noch bei verschiedenen Blättern ein deutliches Wachs- tum: nur sechs behielten dieselbe Größe, acht wurden 1 — 2 Vi mal größer, und drei wuchsen noch mehr aus, bis zum 3 — 5 fachen der ursprünglichen Länge. Das größte Blättchen erreichte schließlich jedoch nur eine Länge von 29 mm, was allerdings sehr gering ist im Vergleich zu den normalen Blättern und Prolifikationen, welche vielfach über 100 mm lang werden. Obwohl das Abschneiden des Blattes die Entwicklung des jungen Blattanfanges somit nicht stets verhinderte, so wurde sein Wachstum dadurch doch sehr beeinträchtigt. Eine Beziehung zwischen dem Wachstum des Blattanfanges und der Ausbildung anderer Organe aus diesem ließ sich nicht feststellen. Was das Schicksal des Blattanfanges betrifft, so ist es nicht leicht, wegen der sehr großen Formenverschiedenheiten welche sich bei seiner Weiterentwicklung zeigten, eine zusammenfassende Be- schreibung von allen hierher gehörenden Fällen zu geben. Dennoch mußte ich mich dazu entschließen, weil eine Beschreibung jedes einzelnen Falles ohne zahlreiche Abbildungen kaum ein klares Bild verschaffen würde, und außerdem viele Einzelheiten enthalten müßte, welche doch für die allgemeinen Schlußfolgerungen ohne Be- deutung wären. Die Versuchsblätter zeigten vorerst einen Unterschied, je nach- dem der Blattanfang nur ein Rhizom, oder außerdem noch Rhizo'ide bildete. Ersteres kam bei 6, letzteres bei 11 Blättern vor. 92 J- M. Janse, Wir wollen zuerst die eitifachereu Fälle besprechen, iu welchen nur ein Rhizom aus dem Blattanfange hervortrat (Nr. 4, 18, 19, 32, 54, 55). Bei den Versuchen Nr. 4 und 32 entwickelte sich das neu- gebildete Rhizom nur sehr spärlich: es kam nicht weiter als zur Anlage eines kleinen Hügelchens von noch nicht einmal 1 mm Höhe. Mangelhafte Ernährung des Blattanfanges war daran Schuld: bei Nr. 4 war das Versuchsblatt überhaupt klein, nur etwa 30 mm lang und außerdem starb ein bei der Spitze gelegenes Stück davon während des Versuches ab. Bei Nr. 32 fand etwa dasselbe statt wie bei dem früher auf S. 86 beschriebenen und in Fig. 7, Taf. I abgebildeten Versuchsblatt Nr. 45, weil die Blattform sowie die Stellung des Blattanfanges dem bei letzteren ähnlich waren, nur waren bei Nr. 32 die Prohfikationen viel größer und kräftiger. Auch hier gingen daher die aus dem Prolifikationsstiel heraustretenden Protoplasmaströme gerade hinunter, bis sie auf die Wunde stießen, wo sie eine üppige Entwicklung von Rhizoiden hervorriefen, doch traten sie kaum in Verbindung mit dem Blattanfange, welcher daher nur sehr dürftig versorgt wurde. Daß das Versuchsblatt kräftig genug war, läßt sich schließen aus der Entwickelung zweier kräftiger Rhizome auf der Prolifikation, von denen einer ganz unten, nahe am Stiele, der zweite etwas höher hinauf inseriert war. Daß jene Hügelchen, trotz des Mangels an deutlichen morpho- logischen Charakteren, in beiden Fällen als junge Rhizome zu be- trachten sind, leite ich aus dem Umstände ab, daß sie viel zu breit waren, um Rhizoide sein zu können, und daß in anderen Versuchen an Blattanfängen in ganz ähnlicher Weise stets Rhizome und nie Blätter entstanden. In Versuch Nr. 19 (Fig. 18, Taf I) wuchs der anfangs 6 mm lange und fast zylindrische Blattanfang in 7 Tagen zu einem Blatte von 29 mm lang und 7 mm breit aus und fing dann an, am Stiele desselben ein Rhizom zu bilden, welches nur etwa 10 mm lang wurde und ein einzelnes Rhizoid bildete. Ein zweites, ebenfalls nicht sehr kräftiges Rhizom entstand auf dem Tragblatte, dicht über der Verwundung. Bei Nr. 54 wurde der Blattanfang schließHch nur 6V2 mm groß und bildete zwei kurze, ziemlich dicke Rhizome, welche keine Nebenorgane bildeten. Der Fall von Blatt Nr. 55 zeigte insoweit eine Komplikation, als die ursprüngliche Spitze des Auswuchses abgestorben war und über Organveränderung bei Catderpa proUfern. 93 sich, anstatt dieses, zwei neue gebildet hatten, bevor das Versuchs- blatt abgeschnitten wurde. Beide Spitzen wuchsen zu Blättchen aus, die schließlich 6X2 mm, resp. 26 X 9 mm groß waren; das kleinere trieb jedoch dann ein kurzes, mit einem Rhizoide versehenes Rhizom nahe der Spitze. Während es in diesen fünf Fällen somit nicht zur Bildung eines kräftigen Rhizomes kam, so war solches sehr entschieden der Fall beim letzten Blatte, Nr. 18. Der Blattanfang war zuerst nur 2 mm lang und zylindrisch; er veränderte nachher weder Form noch Dimension; doch schon nach 3 Tagen war an seiner Basis der Anfang eines Rhizomes sichtbar, welches dann in 13 Tagen zu einem kräftigen Organe auswuchs, mit verschiedenen starken Rhizoiden und außerdem einem jungen Blättchen. Wenn man von Details in der Form zumal des Blattanfanges absieht, so kann Fig. 21 e, Taf. II, sehr wohl auch diesen Fall illustrieren (nur mit Ausnahme natürlich jener Rhizoide, (>, welche dort am Blattanfange a vor- kommen und hier, wie anfangs gesagt, fehlen). Der prinzipielle Unterschied zwischen den 11 Versuchsblättern, welche jetzt beschrieben werden sollen, und den 6 soeben erwähnten besteht, v/ie oben hervorgehoben, somit darin, daß erstere nicht nur ein Rhizom, sondern auch Rhizoide bildeten. Es soll jedoch beachtet werden, daß mit diesen Rhizoiden nur jene gemeint sind, welche am Blattanfange sich bilden, und zwar von diesen nur jene, welche entweder gleich hoch, oder höher als das Rhizom inseriert sind. Stehen sie dagegen an der Basis des Blattanfanges, so können sie außer Betracht bleiben, da man dann höchstwahrscheinlich mit Rhizoiden zu tun hat, welche sich am Wundrande gebildet haben würden, jedoch, aus dazukommenden Ursachen, etwas verschoben sind. Später (S. 105) wird noch auf diesen Vorgang zurückgekommen werden. Bei 3 jener 11 Versuchsblätter (Nr. 9, 20 «i ^), 22) trat das Rhizom in gleicher Höhe auf wie die Rhizoide, und dann stets den letzteren gegenüber; Nr. 9 ist abgebildet in Fig. 17, Taf. I, Nr. 20 (Ci in Fig. 19 & — d, Taf. II. Es erinnert solches Verhalten nicht nur an den in Fig. 15, Taf. I, abgebildeten Fall, in welchem ein Rhizom sich hinter dem zum Rhizoidbündel ausgewachsenen Blatt- anfange ausbildete, sondern auch an einige ähnliche in meiner 1) Versuchsblatt. Nr. 20 trug beim Abschneiden zwei Blattanfänge, welche hier als Nr. 20 a^ und Nr. 20oijj unterschieden werden. 94 J- M- Janse, zweiten Arbeit erwähnte (a. a. 0.. S. 429, 431, 439) und abgebildete (a.a.O., Taf.IX, Fig.4&, 7&; Taf. XI, Fig. 25 «) Erscheinungen, so daß es sich hier um ein neues Beispiel eines bekannten Vorganges handelt. Bei Nr. 22 bUeben die neugebildeten Organe nur ziemlich klein, bei Nr. 20 «i waren Rhizom und Rhizoide kräftiger, bei Nr. 9 bildete sich jedoch ein ganz kräftiges Rhizom aus, welches nach- her ein Blatt hervorgehen ließ, welches schließlich (3 Tage nach dem in Fig. 17 c abgebildeten Stadium) 29 mm lang und 12 mm breit war. Bei der Mehrzahl der hierher zu rechnenden Blätter trat das Rhizom jedoch unter den Rhizoiden auf, welche letztere an oder nahe der Spitze des Blattanfanges sich gebildet hatten. Meistens entstanden die Rhizoide auch früher als das Rhizom, wie solches z. B. aus der Vergleichung der Fig. 19/" und ^, Taf. II, hervorgeht. Morphologisch zeigen die hierher gehörigen neun Blätter (Nr. 3, 10, 20ao, 25, 28, 31, 42, 46, 53) viele Verschiedenheiten, welche jedoch alle in den Hauptzügen durch die Figuren 16, 19 e — g, 20 u. 21 vergegenwärtigt werden, obwohl diese gerade die Fälle wiedergeben, in welchen sich die kräftigsten Rhizorae ausbildeten. Bei Nr. 10 (Fig. 16, Taf. I) war der Blattanfang beim Ab- schneiden des ihn tragenden Blattes etwa 3 mm lang, zylindrisch; nach 2 Tagen hatte er die doppelte Länge erreicht und verriet dadurch, daß er an der äußersten Spitze etwas abgeflacht war, seine Blattnatur (vergl. Fig. 16 a). Nachher entwickelte er sich jedoch nicht weiter, ließ statt dessen zuerst unter der winzigen Blattscheibe ein Rhizoid q entstehen, während nachher weiter unten ein kräftiges Rhizom sich ausbildete; Fig. 16 /j wurde 4 Tage nach 16 a gezeichnet. Noch zwei Tage später, während jenes Rhizom weiterwuchs, entstand oben (Fig. 16 c) ganz nahe beim Rhizoid, eine zweite Rhizomspitze, welche dann zugleich mit dem ersteren ganz kräftig sich entwickelte, wie es aus Fig. 16c?, 3 Tage nach 15c gezeichnet, zu ersehen ist. In den beiden zuletzt genannten Figuren 16 c und d sieht man noch deutlich die nicht weiter ausgewachsene, ganz zur Seite ge- drängte Blattscheibe des sich anfangs normal entwickelnden Blatt- anfanges. Zwei kräftige Rhizoidbündel hatten sich außerdem ausgebildet: eins unter dem Blattanfang und eins dahinter (vergl. Fig. 16 t/). über Organ Veränderung bei Caulerpa prolifera. 95 Obwohl in allem schwächer entwickelt, so verhielt sich Ver- suchsblatt Nr. 3 dem soeben beschriebenen prinzipiell ähnlich. Un- mittelbar unter dem kurzen (2 mm) zylindrischen Blattanfang ent- standen zuerst drei Rhizoide; nachher sproßte ein Rhizom etwa aus der Mitte des Blattanfanges hervor, während etwas nachher über dem Rhizom ein Rhizoid hervorsproßte. Das Rhizom wuchs bald kräftig aus und bildete ein Blatt nebst Rhizoiden. Auch hier wurde die noch immer lebende Spitze des Blattanfanges zur Seite ge- schoben, so daß sie schließlich nur ein Auswuchs des Rhizoids oder Rhizoms zu sein schien. Der Form nach abweichend, doch prinzipiell der Nr. 3 voll- kommen ähnlich zeigte sich Nr. 28 (vergl. Fig. 21 a — d, Tafel II), obwohl sich hier kein zweites Rhizom ausbildete. Von einiger theoretischen Wichtigkeit ist der Umstand, daß die äußerste Spitze des jungen Blättchens hier gleich beim Anfang abgestorben war; wahrscheinlich wurde es beim Abschneiden des Tragblattes zufälliger- weise verletzt. Daß hier dennoch die Weiterentwicklung des Blatt- anfanges in vollkommen ähnlicher Weise wie z. B. in Fig. 16 und wie auch in anderen hier nicht näher beschriebenen oder abgebil- dete Fällen stattfand, beweist wieder, daß eine Verletzung der Spitze ohne Einfluß auf das Schicksal des Blattanfanges ist. In Fig. 21 d, welche den unteren Teil des Blattes am Ende des Versuches in natürlicher Größe zeigt, sieht man außerdem, daß es neben dem Rhizome , welches auf dem Blattanfange ent- stand, noch ein kräftiges, aber etwas kleineres Rhizom daneben, doch in etwa gleicher Entfernung vom Wundrande, gebildet hat. Bei Nr. 31 blieb die Spitze des Blattanfanges unversehrt und vergrößerte sich in den ersten Tagen nach dem Abschneiden des Blattes von 3X1 mm auf 10 X 4 mm; dann bildete sich ein Rhizoid auf diesem Blättchen, und kurz nachher entstand die Spitze eines Rhizomes an der Stelle, wo der Blattstiel in die Fläche über- ging, während schließlich eine Anzahl ganz in der Nähe der Spitze aus dem Blättchen hervorgingen. Nr. 25 verhielt sich dem vorigen sehr ähnlich; bei beiden blieb das Rhizom verhältnismäßig schwach. Die Verhältnisse, welche Nr. 20 «2 zeigte, waren wiedeium wenig verschieden; sie werden genügend von den Figuren l'-Ja, e — g erläutert. Schon vor dem Abschneiden des Blattes war die Spitze jenes Blattanfanges abgestorben und hatte sich ein neuer Blattanfang e gebildet; nach dem Abschneiden starb jedoch auch 96 J. M. Janse, diese Spitze ab, und später bildeten sich unter ihr zwei Rhizoide aus, /", unter welchen dann ein neues Rhizora hervorsproß, /"und g. Die drei letzten hierher gehörigen Blätter Nr. 42, 46 und 53 zeigten ein so ähnliches Verhalten, daß sie vollständig von den aui Nr. 46 sich beziehenden Figuien 20 a—d verdeutlicht werden. Der einzige Unterschied ist, daß bei Nr. 42 nnd 53 die äußerste Spitze des Blättchens abgestorben war; daß das Rhizom bei Nr. 53 etwas kürzer blieb als bei 42 und 46, ist von ganz untergeordneter Bedeutung. B. Die Spitze des Blattanfanges wächst als Rhizom weiter. Bei drei Blättern gin^; die Spitze des Blattanfanges unver- mittelt in eine Rhizomspitze über u. zw. bei Nr. 35, 49 und 52. Die beiden ersteren werden von den Figuren 22 und 23 Taf. II er- läutert. Bei Nr. 35 war der Blattanfang beim Beginn des Versuchs ganz klein, nur etwa V4 mm (Fig. 22a) groß; 5 Tage später hatten sich kräftige Rhizoide an der basalen Blattwunde gebildet, doch erst nachher fing auch der Blattanfang zu wachsen an. 11 Tage nach dem Beginn hatte sich ein zylindrisches Organ, ein Rhizom, ausgebildet, welches dann 4 mm lang war (Fig. 226); bald nachher hörte aber das Längenwachstum auf, doch bildete sich seitlich ein verkehrt herzförmiges Blättchen aus, welches 16 Tage nach dem Beginn 12 mm lang und 6 mm breit war (Fig. 22 c). Es wuchs noch weiter, denn 4 Tage später maß es schon 18x5 mm und zeigte dann die Anfänge von Prolifikationen, welche nachher zu Blättchen wurden. Rhizoide waren damals am Rhizom nicht gebildet; der Versuch mußte wegen der Abreise unterbrochen werden. Auch bei Versuchsblatt Nr. 49 war der Blattanfang ganz klein, V4 mm (Fig. 23«); 4 Tage nachher war er jedoch zu einem zy- lindrischen Organ von 4V.. mm Länge ausgewachsen, an dessen Basis sich ein Rhizoid befand (Fig. 23 h). Rhizome und Rhizoide entwickelten sich weiter; ersteres war o Tage später schon etwa 15 mm lang und trug dann außerdem in kurzer Entfernung von der Spitze ein kleines Rhizoid. Dieses Rhizom brachte es nicht zur Blattbildung, doch auch dieser Versuch mußte wegen der be- vorstehenden Abreise unterbrochen werden. Beim dritten und letzten Versuchsblatte war der Blattanfang schon beim Beginne etwas größer u. zw. VI-> mm. Schon 2 Tage über Organveräiulenuig bei Caidei'pa prolifrra. 97 später war er 2 Vi mm lang und wieder 2 Tage später hatten sicli drei kleine Rhizoide aus seiner Basis entwickelt, in ähnlicher Weise wie es Fig. 23 h zeigt, während auch nahe der Spitze sich ein kleiner Aus- wuchs gebildet hatte, wahrscheinlich ein junges Blättchen. Dieses nahm nachher jedoch kaum mehr an Ijänge zu, ebensowenig wie das Rhizom; die Ursache davon war, daß in kurzer Entfernung der basa- len Wunde ein größerer Abschnitt des Blattes durch unbekannte Veranlassung abstarb, so daß die Ernährung der jungen Organe mangelhaft wurde. Resultate. Die Versuche über Organveränderung hatten den Zweck zu unter- suchen, wie kräftig die Natur eines schon angelegten Organcs äußeren und inneren Einiiüssen gegenüber ist. Die Organisation und Eigenschaften der benutzten Pflanze bedingten, daß in dieser Hinsicht nur junge Blätter untersucht werden konnten. Einige wenige Versuche, in welchen die Pflanze in verkehrter Stellung weiter kultiviert wurde, wodurch der auf dem Rhizonie schon vorhandene Blattanfang in anderer Richtung von den für den Ort ihres Auftretens maßgebenden Einflüssen (Licht und Schwer- kraft) getroffen wurde, wurden angestellt. Das Ergebnis, daß demungeachtet der Blattanfang sich als Blatt weiterentwickelte, würde beweisen daß die Natur des jungen Blattes stärker wirkt als die genannten äußeren Einflüsse, obwohl letztere, wenn sie in jener Weise von dem ersten Anfang der Blatt- anlage zu wirken angefangen hätten, ungefähr an derselben Stelle die Bildung eines Rhizoides würden hervorgerufen haben. Die Natur des einmal angelegten Organes (in casu Blattes) wäre somit stärker als die äußeren Reize, welche ihn mit hervor- rufen. Es waren diese Versuche jedoch nur sehr wenig zahlreich und so ist dieser Schluß weder feststehend noch erschöpfend. Alle anderen (45) Versuche bezogen sich auf Blätter, auf denen sich Blattanfänge oder junge Blättchen entwickelt hatten, und welche dann dicht unter diesen abgeschnitten wurden. Das allgemeine Ergebnis war zuerst, daß sich der Blattanfnng nicht normal weiter entwickelte. Daß er nicht sofort und unge- stört weiterwuchs, läßt sich selbstverständlich aus veränderten Nahrungsbedingungen herleiten, obwohl das nachträgliche Wachs- tum, in einer oder anderer Form, beweist, daß Nahrungsmangel auf Jahrb. f. wiss. Botanik. XLVIII. 7 98 .T. M. Janse, die Dauer nicht eintrat. Bei den meisten Versuchs blättern (etwa 70 Vo) erfuhr die ursprüngliche Veranlagung durch das Abschneiden eine Veränderung, weil der Blattanfang zum Rhizoid oder zum Rhizom wurde. Die vier Fälle, welche beobachtet wurden, waren in folgender Weise numerisch verteilt: Anzahl Versuche Prozent- satz I. Der Blattanfang bleibt gänzlich unverändert^) .... II. Der Blattanfang wird zu einem Blatte III. Der Blattanfang wird zum Rbizoid IV. Der Anfang geht in ein Rhizom über 6 7 12 20 13 2) 16 27 44 45 100 Es läßt sich jetzt fragen: 1. Wie kommt es, daß der Blattanfang in so viehm Fällen seine natürliche Anlage wechselt? und 2. wie kommt es, daß nicht alle Versuchsblätter sich unter- einander ähnlich verhalten? Fangen wir mit der Besprechung letzterer Frage an, so wäre es möglich, daß z. B. das Butwickelungsstadium, in welchem die ganze Pflanze sich vor dem Anfang des Versuches befand, maß- gebend wäre, weil die Versuche alle vorgenommen wurden in den Monaten, wo die Caulerpa ihre Periode kräftigen Wachstums wieder aufnimmt und die Versuchspflanzen daher sich nicht alle in demselben Stadium befanden. Es könnte auch sein, daß die Größe dos Blatt- anfanges beim Beginn des Versuches von Einfluß gewesen wäre, oder daß die Entfernung zwischen der Stelle des Abschneidens und der Anheftungsstelle des Blattanfanges ein wichtiges Moment bildete, letzteres zumal, weil bekannt ist, daß an einem abgeschnittenen Blatte die Rhizoide ganz nahe an der Wunde, die Rhizome da- gegen etwas höher hinauf zum Vorschein kommen. In dieser Hinsicht ließ sich jedoch aus meinen Versuchen kein Schluß ziehen. Was den ersten Punkt betrifft, so ergab sich, daß die Fälle, in welchen Blätter, Rhizoide oder Rhizome aus dem Blattanfange hervorgingen, sich ohne Regel über die ganze Versuchs- ^) ZvA'ei dieser Blätter waren sehr schwach. ^) Es ist wohl selbstverständlich, daß dieser Prozentsatz nur der besseren Übersicht wegen angegeben ist und somit keine weitere Bedeutung hat. tiber Organ Veränderung bei Caitlerpa prolifera. 99 zeit verteilten. Entweder befanden sich die Pflanzen somit alle in gleichem Entwicklungsznstandc, oder, wenn solches nicht der Fall war, so hatte dieses keinen wahrnehmbaren Einfluß auf die Art der Organbildung. Ob die Länge des Blattanfanges beim Beginn des Versuchs, oder seine Entfernung zur Wunde einen Einfluß ausübten auf seine nachherige Ausbildung, läßt sich aus folgenden Zahlen ableiten: Gruppe: I^) II III IV Anzalil Versuche: 6 7 12 20 Länge des Blattanfanges beim ( Grenzen^; V*— Vs 1V2 — 8="; V4-12*) V*— 9 Beginne, in mm l Mittel Vs ^V-i ^Vs ^V« Distanz vom Blattanfange bis ( Grenzen 2) 74" 1% •^— ^Vs '^— ^ 0-8 •') zur Wunde in mm \ Mittel 1V4 1% iVs 1V2 Der geringe Unterschied, welcher zwischen den Zahlen bei den verschiedenen Gruppen besteht, zeigt, daß auch die beiden .zu- letzt genannten Umstände keinen Anhalt lieferten zur Entscheidung der Frage, warum die Blattanfänge sich untereinander abweichend verhielten. Vielleicht würden ähnliche, aber ausgedehntere Unter- suchungen, in verschiedenen Jahreszeiten angestellt, darüber dennoch Auskunft verschaffen können. Wir wollen jetzt die oben (S. 98) zuerst erörterte Frage: wie kommt es, daß in so vielen Fällen der Blattanfang seine natür- liche Anlage aufgibt, wenn das Blatt abgeschnitten wird, ein- gehender besprechen. Um sich eine Vorstellung zu machen von dem, was bei obiger Organveränderung vor sich geht, wollen wir zuerst betrachten, Avie überhaupt ein Blatt angelegt wird, dann untersuchen, was vor sich gellt, nachdem ein Blatt abgeschnitten wurde, und schließlich, wie man sich die Veränderung eines Blattanfanges in Rhizoid oder Rhizom denken könnte. Der allererste Anfang eines neuen Blättchens auf Blatt oder Rhizom erkennt man an dem Auftreten eines niedrigen weißen Fleckchens, welches sich von dem dunkeln Grün der Umgebung 1) Die Bedeutung dieser Zahlen ist dieselbe wie auf S. 98. 2) Minimaler und maximaler "Wert hei den zu dieser Gruppe gehörenden Ver- suchsblättern. 3) Nur 1 von 8 mm, alle übrigen von IV2 — 4V2 ™"i- 4) Nur 1 von 12 mm, 1 von 7 mm, die übrigen Y* ^i^ ^ mm. 5) Nur 1 von 8 mm, alle übrigen 4 und weniger. 7* 100 'TM. .Tanse, scharf abbebt. Dieser Flecken wird hervorgerufen durch die An- sammlung einer ganz geringen Menge von Blattmeristemplasma, welches eine weißliche Farbe hat. Eine Erhebung fehlt dann nocb, doch diese stellt sich bald nachher ein. Die Erhebung kommt durch eine Ausbuchtung der Wand zu- stande, und nur die Turgorkraft kann die Veranlassung dazu sein. Daß jedoch gerade an jener Stelle, und gerade in dem Moment, eine Auftreibung der Wand stattfindet, muß sicherlich einer Ver- änderung der mechanischen Eigenschaften der Wand an jener sehr beschränkten Stelle zugeschrieben werden. Wenn man hierbei in Betracht zieht daß NolF) durch seine interessanten Versuche, mittels Einlagerung von Berliner Blau in die Wände wachsender Organe, bewiesen hat, daß bei verschiedenen Siphoneen die neuen Organe angelegt werden, indem die äußeren Wandscbichten durch die sich ausdehnenden inneren gesprengt werden, gelangt man zu der- Vorstellung, daß die geringe Menge von Blattmeristemplasma auf die inneren Wandschichten einwirkt (chemisch, durch Enzym- wirkung?) und zwar so, daß diese dehnbarer werden. An dieser weniger resistent gewordenen Stelle, und nur au dieser, wird dann die Turgorkraft eine winzige Aufblähung verursachen, bei der die innere Wandschicht gedehnt, die äußere (ältere) gesprengt wird. Nicht nur das Entstehen eines Blattes geht in dieser Weise vor sich, sondern auch das Wachstum spielt sich ähnlich ab, und daher hat NoU (a. a. 0., S. 122) es mit dem Namen „Eruptionswachstum" zu charakterisieren versucht, wobei immer wieder neue Membran- schichten auf der Innenseite der älteren aufgelagert werden -). Und, da auch Rhizoide und Rhizome in vollkommen derselben Weise (doch an anderen Stellen) angelegt werden und auch alle diese an der Spitze wachsen, d. h. in der Gegend, wo sich das betr. Meristemplasma befindet, kann man schließen, daß bei Caulerpa Wachstum und Organbildung durch eine lokale Lockerung der inneren AVandschichten, welche ohne Zweifel durch Einwirkung von dem gerade dort anliegenden Meristemplasma stattfindet, eingeleitet werden. Das Meristemplasma von Blatt, Rhizom und Rhizoid ruft so- mit in unter sich ähnlicher Weise die lokale Lockerung bei der 1) Experimentelle Untersucliungen über das Wachstum der Zellmembran; Ab- bandl. der Senckenb'. Naturf. GeselLsch., 1887, Bd. XV. S. 101. 2) Dieses Wachstum, nur durch Dehnung, erklärt wohl auch die oft erstaunliche Waclistumsgeschwindigkeit, welche Canlcrpa zeigen kann. über Organveränderung bei Caidcrpa 2>rol!fera. IQl Anlage der betreffenden Organe hervor; ob schließlich das eine oder das andere Organ entsteht, muß damit zusammenhängen, wie sich nachher die Lockerung lokalisiert: bei der Bildung eines Rhi- zoTds würde sie nur einen kleinen Teil der Wand in Anspruch zu nehmen brauchen, bei Rhizom- und Blattbildung würde, der größeren Dicke entsprechend, eine etwas größere Stelle der Wand beim An- fang gelockert werden müssen ; bei allen bliebe die Lockerung auch späterhin auf die Spitze lokalisiert. Bei Rhizoid und Rhizom würde die Lockerung bleibend ringsherum an der Spitze in gleichem Maße stattfinden, denn nur so könnte man die zylindrische Form mechanisch erklären, und das Gleiche wäre beim Blatte der Fall, solange der Blattstiel, der zuerst entsteht, sich bildet. Die nach- her auftretende Abflachung an der Stielspitze müßte man sich dann durch eine Umlagerung des Meristemplasmas entstehen denken, indem dieses sich auf eine schmale, über die Spitze hinweglaufende Linie zusammenzieht, so daß nunmehr eine Ausbreitung des Organes nur in der Richtung dieser Linie zustande kommt ^). Da Wachstum oder Organbildung nicht aufzutreten scheint, ohne vorherige Ansammlung von Meristemplasraa an der betreffen- den Stelle, scheint die lockernde Wirkung (Enzymwirkung?) nur diesem Plasma zuzukommen. Es entsteht somit ein neues Organ, wenn eine gewisse Menge von Meristemplasma an einem kleinen Fleck zusammengeströmt ist, welcher genügt, um eine Lockerung der inneren Wandschicht zu veranlassen. Ob ein junges Organ zu Blatt, Rhizom oder Rhizoid werden wird, hängt jedoch, wie man annehmen muß, mit Unter- schieden im Meristemplasma zusammen, welche uns noch nicht be- kannt sind. Dennoch läßt sich die Natur eines jungen Organs an äußeren Merkmalen durchgehends erkennen. Die Bildung eines neuen Blättchens findet in der schon früher (II, S. 431) folgendermaßen beschriebenen Weise statt: „Wenn auf dem Blatte einer unverwundeten Pflanze oder auf einem Rhi- zome ein neues Blättchen sich in normaler Weise zu bilden anfängt, so zeigt sich der Anfang als ein winziges Fleckchen, welches sich durch eine weiße Farbe von dem dunkelgrünen Untergrund sehr deutlich abhebt. Auf dem Blatte, wo jene Veränderungen am 1) Nimmt diese Linie, von oben gesehen, die Form eines Y an, so entstehen Blätter mit drei Blattflächen, wie ich solche einige Male gefunden und auch abgebildet habe; vergl. meine Abhandlung II, Taf. XI, Fig. 38. 102 J- M. Jause, besten zu verfolgen sind, sieht man um das Pünktchen herum einen kleinen, etwas dunkleren, grünen Fleck, zu welchem anfangs keine, bald nachher einige, meistens zwei oder drei sehr feine Ströme hingehen. Das Pünktchen wächst zunächst zu einem zylin- drischen Organe heran, welches den Blattstiel bildet; je größer das junge Blatt wird, um so schärfer und zahlreicher treten die Streifen hervor, welche sich auch nach unten hin immer weiter ausbilden und sich dann den schon vorhandenen Strömen anschließen. „In der ersten Zeit ist der ganze zylindrische Fortsatz weiß; beim Weiterwachsen verbreitert er sich an der Spitze und nimmt so die Blattform an; solange das Wachstum dauert, behält die Spitze die blasse Farbe, w-ährend das Blatt von unten herauf die definitive dunkelgrüne Farbe annimmt." Bei der Pioliferierung setzt sich somit zuerst eine ganz geringe Menge Meristemplasma an irgend einer Stelle, welche vorher nicht zu bestimmen ist, fest; sehr bald darauf erhebt sich ein winziger Auswuchs über die Blattoberfläche und indem das Blättchen weiter- wächst, strömt eine zuerst stets wachsende Menge Meristemplasma an der Stelle zusammen (von allen Seiten, oder nur von oben her?). Auch bei der normalen Blattbildung auf dem Rhizome be- obachtet man ähnliches, weil das jüngste Blatt immer ziemlich weit hinter der Rhizomspitze entsteht^), also an einer Stelle, wo die weiße Farbe schon einer dunkelgrünen Platz gemacht hat. Auch dort geht somit dem Anwachsen eine Neuansammlung von Blattmeristeraplasma unmittelbar voran, welches Plasma dann wieder allmählich zunimmt und die Spitze des wachsenden Blattes aus- füllen bleibt. Die Anlage von Rhizoiden und Rhizomen findet dagegen in ganz anderer Weise statt: Die wachsende Rhizomspitze ist, wie schon ihre weiße Farbe ausweist, über einzelne Millimeter mit Meristemplasnia ausgekleidet. Daß hier auch die normale Ver- zweigung des Rhizomes stattfindet, kann ich nicht behaupten, weil ich solches nie beobachtete, doch ebensowenig sah ich je eine junge Rhizomspitze sich an den älteren Teilen eines unversehrten Rhizomes ausbilden. 1) Vergl. meine Arbeit II, S. 421 sowie verschiedene der Figuren daselbst. In den beiden oben (S. 80) besprochenen Versuchen betrug die Entfernung zwischen dem ganz kleinen Blattanfang (etwa Vi mm hoch) und der Rhizomspitze 13 resp. 25 mm. Diese junge Blättchen wuchsen so schnell, daß das erste nach zwei Tagen 10 X 4,5 mm groß war, während das zweite am nächsten Tag schon 4x2 mm maß. über Organveränderung bei Cmderpa prolifcra. 103 Das Fehlen jeder derartigen Beobachtung \vh*d genügend er- klärt durch die große Seltenheit des Auftretens von Rhizomzweigen an einer unbeschädigten Pflanze. Auch mit Rücksicht auf das auch unten noch zu besprechende Verhalten des Meiistemplasmas zum Rhizom scheint mir am wahrscheinlichsten, daß es sich heraus- stellen wird, (laß die Verzweigung nahe bei der Spitze vor sich gehe. Das jüngste Rhizoid wird fast ohne Ausnahme ganz dicht hinter der Rhizomspitze angelegt, so dicht daß es, auch weil das Rhizoid anfangs schneller wächst als das Rhizom, den Anschein haben könnte, als hätte letzteres sich dichotom geteilt, wie es z. B. auf Fig. 26, Tat. XI meiner früheren Arbeit (II) zu sehen ist. Während somit junge Blätter schon einen Auswuchs bilden, wenn nur sehr wenig Meristemplasma beisammen ist, treten Rhi- zoide (und neue Rhizomspitzen?) auf an Stellen, wo sich solches Plasma stark angehäuft hat. Dasselbe gilt nun auch für die adventiven Rhizonie und Rhizoide, wie es aus meinen früher publizieiten Beobachtungen (II) hervor- geht: es treten jene nämlich an abgeschnittenen Blättern erst auf, nachdem sich eine bedeutende Menge durch Entmischung freige- wordenen Meristemplasmas an der basalen Wunde angesammelt hat, wobei, wie beschrieben, die Rhizoide hart an der Wunde zum Vor- schein kommen, die Rhizome dagegen ein wenig höher hinauf ihren Ursprung nehmen. Nachdem wir uns über dasjenige orientiert haben, was man, in Beziehung auf die vor sich gehenden Veränderungen bei der Anlage eines Blattes sowie von Rhizoid und Rhizom weiß oder als wahrscheinlich annehmen darf, fragt es sich jetzt, wie man sich die Vorgänge, welche sich nach dem Abschneiden eines einen Blattanfang tragenden Blattes abspielen, vorzustellen hätte. Daß das Inwirkungsetzen der basipetalen Impulsion hierbei von Einfluß ist, kann kaum bezweifelt werden, doch eben so sicher ist es, daß diese nicht als solche direkt, sondern nur indirekt, ver- mittels des von ihr bei der Wunde zusammengetriebenen Meristem- plasmas, dabei beteiligt ist. Ist dieses der Fall, so muß man sich somit fragen, welchen Einfluß üben die beiden Meristemplasmata, d. h. also das Blattmeristemplasma im Blattanfang und das an der Basis nachträglich angesammelte Meristemplasma, welches gewölin- licherweise für Rhizome und Rhizoide bestimmt ist, aufeinander aus? Diese Frage läßt sich in zwei andere zerlegen: wie wirkt das erst- genannte Plasma auf das zweite, und wie das zweite auf das erste? 104 J- M. Janse, Fangen wir mit der Besprechung letzterer an, und fragen wir somit zuerst, welche Wirkung vom Blatt-Meristemplasma ausgeht, so verschaffen verschiedene der erwähnten Versuche darüber einiges Licht; die Einzelheiten, auf die es hier ankommt, wurden oben, bei der Besprechung jener Versuche, absichtlich nicht erwähnt. Wenn Blätter, welche keinen Blattanfang tragen, abgeschnitten werden, so bilden sie Rhizoide und ein oder einzelne E,hizome, und zwar nahe der basalen Wunde, obwohl an Stellen, welche im übrigen nicht vorher zu bestimmen sind; nur kann man sagen, daß sie nahe am Blattrande kaum auftreten. Tragen die Blätter jedoch einen Blattanfang, der, wie in unseren Versuchen stets, dicht über der Wunde stand, so bemerkt man sehr oft, daß der Ort der später auftretenden Neubildungen nach der Richtung dieses Blatt- anfanges hin verschoben ist. Es hat dadurch den Anschein, als wenn das Blatt-Meristemplasma eine Anziehung ausübe auf das bei der Wunde zusammengeströmte Meristemplasma. Diese Verschiebung zeigte sicli erstens bei den Rhizoiden, welche so häufig, fast immer, an der Wunde sich ausbilden, doch außerdem auch an Rhizomen und Blättern, falls diese angelegt wurden. Bei vier der Versuche wurden weder adventive Rhizoide, noch Rhizome gebildet, und bei drei wurde das Blatt abgeschnitten an der Basis eines ziemlich langen Blattsieles, wo somit die Wunde so schmal war, daß für eine Verschiebung der Anlagen nach der einen oder anderen Richtung hin der Raum fehlte. Wenn man diese Fälle ausnimmt, so ergab sich folgendes: Die Lage des Blattanfanges übt keinen Einfluß Anzaiii Anzahl auf den Ort des Entstehens der, oder der Mehrzahl ^""*^ ^^^^^ der Rhizoide, oder auf den des Rhizomes, aus . . 10 10 Die meisten Rhizoide entstehen unter oder hinter dem Blattanfang 20 Das Rhizora entsteht unter oder hinter dem Blattanfang 6 28 Es entsteht ein neues Blatt neben (etwas über) dem Blattanfang 2 Rhizoide bilden sich hauptsächlich unter einem adventiven Rhizome aus 5 5 43 ^) 43 l) Diese Zahl stimmt uiclit mit der Zahl der oben beschriebenen Vei'suche (45), erstens weil 7 Versuche ausfielen und zweitens weil an einigen Versuchsblättern sich zwei der hier gezählten Fälle beobachten ließen. über Orgauveräntlerung bei Gaulcrpa prolifcra. 105 Es zeigen diese Zahlen somit, daß in 28 von 38 Fällen der Blattanfang eine deutliche Verschiebung der Anlagestellen der ad- ventiven Bildungen veranlaßte, und außerdem, daß in fünf Fällen auch die adventiven Rhizome einen solchen Einfluß ausübten. Da- bei ist noch hervorzuheben, daß Rhizoide und Rhizome stets unter, die neuen Blätter hingegen stets in sehr geringer Entfernung über dem Blattanfang hervorsproßten. Dieser Unterschied deutet wieder- um auf ein verschiedenes Verhalten des Blatt -Meristemplasmas gegenüber dem der Rhizoide und Rhizome; auf das Bestehen einer solchen Differenz wurde schon vielfach hingewiesen. Daß eine gegenseitige Anziehung zwischen dem wachsenden Organ und dem Meristemplasma des Organes, welches sich eben zur Ausbildung anschickt, zur Äußerung kommt, ist somit kaum zu be- zweifeln. Ob nun diese „Anziehung", die, wie es oben vorgestellt wurde, von dem Blatt-Meristemplasma auf das von Rhizom oder Rhi- zoid ausgeübt wird, wirklich auf einer direkten Anziehung beruht, oder vielmehr darauf, daß der Stoffverbrauch der wachsenden Blatt- anlage die kräftigen Nahrungs-(Protoplasma-)ströme zu sich hinzieht, und diese, da sie doch auch bei der Anlage neuer Organe eine so große Rolle spielen, den Ort der Anlage der späteren Neubildun- gen mit bedingen, muß dahingestellt bleiben, weil mir die Daten zur Entscheidung fehlen, obwohl ich glaube, daß die Sache sich doch nicht in so einfacher Weise erklären ließe. Bemerkenswert ist in dieser Hinsicht außerdem, daß in so vielen Fällen, in welchen der Blattanfang ein Rhizom und Rhizoide bildet, wie z. B. in den Figuren 16, 17, 19, 20, 21, die letzteren sehr oft nahe an der Blattspitze vorkommen und das Rhizom niedriger, oder seltener gleich hoch, zum Vorschein kommt ^). Dieses beweist um so mehr, daß nicht nur Nahrungsströme Ort und Art der Neu- bildungen bedingen, und daß andere nicht näher bekannte Faktoren mitwirken. Die zweite und wichtigste Frage welche angeregt wurde, war, welchen Einfluß das Meristemplasma von Rhizom und Rhizoid auf das des gerade angelegten Blattanfanges ausübte. Wenn man die als Beispiele einer gegenseitigen Anziehung angeführten oben besprochenen Erscheinungen beiseite läßt, ist 1) Die Rhizoide pj, welche z. B. in den Fig. 20 c und d an der basalen Htälfte des Blattanfanges a sich befinden, hätten wahrscheinlich auf dem sie tragenden Blatte an der Wunde auftreten sollen, doch sind sie hinaufverschoben worden, wohl weil es zwischen Blattanfang und Wunde an Eauni mangelte. 106 J- M. Janse, der Haupteinfluß der, daß das durch das Abschneiden der, einen Blattanfang traj?enden, Versuchsblätter verursachte Ansanimehi von Rhizom und Rhizoidplasma in vielen Fällen die Blattnatur des Blattanfanges unterdrückte, und das junge Organ zur Rhizoid- und Rhizombildung brachte oder selbst in einzelnen Fällen direkt in Rhizom oder Rhizoi'de umwandelte. Dieses zeigt, daU das später hinzugetieteno Meristemplasma die Überhand gewann über dasjenige, welches die Natur des Blattanfanges bedingte, welch letzteres so- mit verdrückt oder verdrängt wurde. Daß solches jedoch nicht ohne Streit stattfand, beweist der verschiedene Erfolg, welchen die Versuche ergaben, sowie auch die Fälle, in welchen das junge Blättchen anfangs normal weiterwuchs, erst später damit aufhörte und dann erst Rhizoide und Rhizom an nicht üblichen Stellen hervorgehen ließ. Näheres über diesen Streit läßt sich jetzt nicht angeben; daß die speziellen Eigenschaften des Meristemplasma der verschiedeneu Organe dabei maßgebend sind, kann jedoch nicht bezweifelt werden. Äußerlich sind Differenzen selbstverständlich nicht wahrzu- nehmen; ob sich bei genauer mikroskopischer Untersuchung an fixiertem Material irgend welche Verschiedenheit wird nachweisen lassen, ist zwar fraglich, aber doch bis zu einem gewissen Grade möglich, obwohl die Unterschiede, wenn sie angetroffen werden, nie zur Erklärung ihres verschiedenen Verhaltens führen könnten. Nur die Eigebnisse physiologischer Versuche können uns hier somit eine Einsicht verschaffen, bis zu welchem Grade eine Ähn- lichkeit oder eine Differenz zwischen Blatt-, Rhizom- und Rhizoid- Meristemplasma besteht, und so wollen wir diese Arbeit mit einer auf solchen physiologischen Resultaten beruhenden Vergleichung schließen. I. Vergleichung zwischen Meristemplasma von Rhizom und Rhizoid'). 1. Übereinstimmung. a) Das junge Rhizoid entsteht am Rhizom ganz nahe bei der Spitze. b) An abgeschnittenen ]51ättern entstehen die (adventiven -)) Rhizome und Rhizoide aus Meristemplasma, welches durch Ent- 1) Vergleiche liierzu auch meine vorhergehende Arbeit 11, S. 439. 2) Hiermit werden die Organe gemeint, welche an einem abgeschnittenen Blatte entstehen. über Organveränderung bei Canlerpa prolifera. 107 niischung aus dem Plasma des ganzen Blattes frei wird und durch die basipetale Impulsion nach der basalen Wunde befördert wird. c) Ein adventives Rhizo'id entsteht nicht selten hinter einem adventiven Rhizom und umgekehrt. d) Bei der Entstehung von Rhizoiden und Rhizomen tritt die Erhebung erst hervor, nachdem sich schon viel Meristemplasma an der betreffenden Stelle angesammelt hat. 2. Unterschied: a) Licht und Geotropie bewirken das Auftreten des jungen Rhizoids an der Unterse'ite der Rhizomspitze; das Rliizoid wächst dann vertikal nach unten, das Rhizom dagegen, mit etwas gehobener Spitze, horizontal weiter. Es bestehen somit Differenzen in der Reizbarkeit zwischen beiden. b) Das Rhizoid- Meristemplasma gehorcht noch etwas mehr der basipetalen Impulsion, wie das des Rhizomes, weil jene am abgeschnittenen Blatte ganz nahe an der basalen Wunde, diese stets etwas höher hinauf, dicht bei der Grenze des grünen Plasmas, zum Vorschein kommen. II. Vergleichung zwischen Blatt-Meristemplasma einerseits und Rhizom- und Rhizoid-Meristemplasma anderseits. 1. Übereinstimmung: a) Wenn man die Spitzen mehrerer Blätter entfernt, so kann das sich nachher abtrennende Meristemplasma neue Blattspreiten (Prolifikationen) ausbilden (meistens in ziemlich großer Entfernung unter den apikalen Wunden) oder auch Neubildung von Rhizom- spitzen an dem basalen Teil der Pflanze hervorrufen'). b) Wenn ein wachsendes Blatt, mit weißUcher Spitze also, abgeschnitten wird, so sammelt sich viel Meristemplasma an der basalen Wunde an, während es an der Spitze verschwindet, da diese grün wird. An der Wunde entstehen dann Rhizoide und Rhizome. Strömt nun das Blatt-Meristemplasma selbst der Wunde zu, oder vermischt es sich mit dem übrigen Plasma, aus welchem sich dann bald nachher Rhizom- und Rhizoid-Meristemplasma abtrennt? 2. Unterschied: a) Wenn ein Blatt einer unverletzten Pflanze zu wachsen auf- hört, so erscheinen oft neue Blätter (Prolifikationen), welche meistens l) Diese Erscheinungen bedürfen jedoch einer ausführlichen Nachprüfung. 108 J- M. Janse, in geringer Entfernung unter der Blattspitze entstehen'); Rliizome oder Rhizoide werden dann nie gebildet, und das Blatt - Meristeni- plasma wäre somit autonom. b) Die erste Erhebung, welche zur Bildung eines neuen Blattes führt, tritt bereits auf, wenn sich nur eine ganz geringe Menge Meristemplasmas angesammelt hat. c) Das Blatt -Meristemplasma scheint den Einfluß der basi- petalen Impulsion nicht zu empfinden. d) In den oben beschriebenen Versuchen bildete sich hinter dem Blattanfang einige Mal ein Rhizom oder ein Rhizoid aus, doch nur wenn der Blattanfaug Rhizome und Rhizoide bildete; wuchs dagegen der Anfang unverändert, als Blatt, weiter, so ent- stand hinter ihm nie ein anderes Organ. Auch dieses würde auf eine Differenz weisen, doch ist hier, der geringen Zahl der beobach- teten Fälle wegen, Nachuntersuchung erwünscht. — Wie man sieht, ist es kaum möglich, die Frage nach Ähnlich- keit oder Unterschied zwischen den verschiedenen Meristemplasmata jetzt in anderer Weise zu beantworten, als mit dem Ausspruch, erstens, daß sie zwar in einigen Eigenschaften übereinstimmmen, sich jedoch schon vor der Anlage des betreffenden Organes ver- schieden verhalten, und zweitens, daß Rhizom- und Rhizoid -Me- ristemplasma miteinander näher als mit dem Blatt-Meristemplasma verwandt sind. Leiden, März 1910. Figuren -Erklärung. Alle Figuren beziehen sich auf Cmdajja prolifera. B: Blatt dem Rliizome eingepflanzt, i?i, B^ usw.: aufeinanderfolgende Prolifi kationen auf einem Blatte, R : Rhizom aus B oder R, r: Rhizoid aus B oder R, a : Blattanfang, ß, , ßo usw. : aufeinander folgende I'roli- fikationen von r/., P: Rhizom aus ot, p : Rhizoid aus a. Die schraffierten Teile sind abgestorben. Die Zahlen zwischen Klammern geben die Tage an seit dem Anfang des Versuches. Tafel I. Fig. 1. Rhizoid 20 Stunden, nachdem es verletzt wurde, so daß nur ein Stumpf übrig blieb; 6 Zweige haben sich nachdem neu gebildet; 24 mal vergrößert (S. 74). 1) Vgl. meine frühere Arbeit, II, S. 425. über Organveränderung bei üaulerpa prolifera. 109 Fig. 2. Zweig eines verletzten Rhizouls, mit drei neu gebildeten Seitenzweigen gleich unter dem abgestorbenen Teile, nach 20 Stunden; 24 mal vergrößert (S. 74). Fig. 3. Teil eines Rhizomes, mit dem unteren Teil eines Blattes und eines Rliizoi'des, 5 Tage nach der Verletzung; eine neue Rhizomspitze hatte sich gebildet; etwa 4 mal vergrößert (S. 74). Fig. 4 a. Stück eines Rhizomes, mit einem kleinen Blättchen, sofort nachdem die Spitze entfernt war; 1 mal vergrößert (S. 7. 5). h dasselbe 6 Tage später; 1 mal vergrößert (S. 75). Fig. 5. Regeneration der Rhizomspitze, wie in. Fig. 4, wobei die neue Spitze jedoch aus der Basis des Rhizoids entspringt, 20 Tage nach der Verletzung; 4 mal ver- größert (S. 75). Fig. 6. Unterer Teil des Vei'suchsblattes Nr. 44 ; der kleine Blattanfang (a, an der Spitze abgestorben) war in 1.3 Tagen nicht weiter entwickelt. Es hatte sich jedoch ein kräftiges Rhizoi'dbündel unter « gebildet, sowie zwei Rhizome, von welchen nur die Ansatzstellen (K und i?j) angegeben sind; 3Y2 ™*1 vergrößert (S. 85). Fig. 7«, h. Versuchsblatt Nr. 45 beim Anfang und nach 17tägiger Kultur. Im unteren Blättchen sind die stärksten der Protoplasmaströme gezeichnet, welche zum Wuiid- rande gehen (gerade dorthin, wo die Rhizoide sich gebildet haben), jedoch nicht oder kaum in Verbindung treten mit dem Blattanfang a; 1 mal vergrößert (S. 86 u. 92). Fig. 8«. Versuchsblatt Nr. 27 beim Anfang, nat. Gr.; b dasselbe, 21 Tage später, nat. Gr. (S. 86). Fig. 9. Blattanfang auf dem Versuchsblatte Nr. 1, 14 Tage nach dem Abschneiden, 4 mal vergrößert. Der Blattanfang war nicht gewachsen, hatte jedocli 4 Rhizoide gebildet (S. 88). Fig 10 ffl, h. Unterer Teil des Versuchsblattes Nr. 29 beim Anfang des Versuchs und 17 Tage später; nat. Gr. (S. 88). Fig. llrt, /*, c. Versuchsblatt Nr. 24 beim Anfang, sowie 5 und 21 Tage später; nat. Gr. (S. 89). Fig. 12. Unterer Teil des Versuchsblattes Nr. 2, 12 Tage nach dem Abschneiden, a von der Seite gesehen ; 6 mal vergrößert ; h dasselbe von der Fläche gesehen (das Rhizom mit regenerierter Spitze); nat. Gr. (S. 89). Fig. 13. Unterer Teil vom Versuchsblatte Nr. 43 (S. 86 u. 89). a beim Beginn des Versuchs; die äußerste Spitze des Blatanfanges ist ab- gestorben; nat. Gr. (die beiden Kreise S.^ tmd i?., geben die Stellen an, an welchen, 10 Tage später, zwei kräftige Rhizome sich gebildet hatten), h Blattanfang von der Seite gesehen, 4 Tage später; etwa 4 mal vergrößert. Fig. 14«. Unterer Teil des Versuchsblattes Nr. 11 beim Anfang; nat. Gr., h, c dasselbe von der Seite gesehen; 2, resp. 18 Tage nach dem Abschneiden; beide etwa 4 mal vergrößert (S. 89). Fig. 15. Unterer Teil des Versuchsblattes Nr. 47, von der Seite gesehen, etwa 37o mal vergrößert (S. 89 u. 93). a Blattanfang, 2 Tage nach dem Abschneiden des Blattes, h derselbe, 5 Tage nach dem Abschneiden, zu einem Rhizoidbündel ausge- wachsen, unter welchem, aus dem Blatte heraus, ein anderes RhizoVd austritt, c derselbe, 9 Tage nach dem Anfang; hinter dem Rhizoidbündel hat sich ein Rhizom ausgebildet. 110 J. M. Janse, Über Organveränderung bei Caulerpa prolifera. Fig. 16. Unterer Teil von Versuchsblalt Nr. 10, 4— 5 mal vergrößert (S. 94 u. 105). a Blatt von der Fläche gesehen, mit dem Blattanfang, 2 Tage nach dem Ab- schneiden des Versuchsblattes. Der zuerst zylindrische Blattanfang, etwa 3 mm lang, war dann etwa 6 mm und hatte sich an der Spitze etwas abgeflacht, h dasselbe, von der Seite gesehen, 6 Tage nach dem Anfang des Versuchs, c dasselbe, 8 Tage nach dem Anfang, d dasselbe, 1 1 Tage nach dem Anfang. Fig. 17 a. Versuchsblatt Nr. 9, beim Anfang, nat. Gr. (S. 93 u. 105). b Blattanfang allein, 4 Tage später, etwa 4 mal vergrößert, c Vei'suchsblatt, von der Seite, mit dem ausgewachsenen Blattanfange (auch dieser ein wenig von der Seite gesehen), 9 Tage nach dem Anfang; etwa 4 mal vergrößert. Fig. 18fl, fc, c. Versuchsblatt Nr. 19, natürliche Größe, beim Anfang, sowie 7 und 19 Tage später (S. 92). Tafel II. Fig. 19 fl. Unterer Teil des Versuchsblattes Nr. 20, auf welchem zwei Blattanfänge Wj und Cg vorhanden waren ; h — d Entwicklung von «j, resp. 5, 10 und l.'i Tagen nach dein Abschneiden; von der Seite gesehen ; etwa 4 mal vergrößert, e—fj Entwicklung von a,; c beim Anfang des Versuchs, /' und // nacli 13 und resp. 19 Tagen; g von der Seite gesehen; alle Figuren etwa 4 mal vergrößert (S. 93 und 105;. Fig. 20. Unterer Teil des Versuclisblattes Nr. 46, etwa 4 mal vergrößert (S. 95 n. 105). a beim Anfang des Versuchs, &, c, d 3, resp. 5 und 8 Tage nachdem. Fig. 21«. Unterer Teil vom Versuchsblatte Nr. 28 am Anfang des Versuchs; d dasselbe 15 Tage später am Ende. Beide nat. Gr.; h und c der Blattanfang von der Seite gesehen mit dem Rliizom und den Rhizoiden, 9 und 15 Tage nach dem Anfang; beide etwa 4 mal vergrößert (S. 95 u. 105). Fig. 22a. Unterer Teil von Versuch.sblatt Nr. 35, nat. Gr.; h dasselbe 1 1 Tage später: der Blattanfang wuchs zu einem Rhizome aus; c dasselbe 16 Tage nach dem Anfang; das Rhizom hatte ein Blatt gebildet; // und f etwa 4 mal vergrößert (S. 96). Fig. 2.'{rt. Unterer Teil von Versuchsblatt Nr. 49, in natürliclier Größe, a.m Anfang; h dasselbe 4 Tage später, etwa 4 mal vergrößert; 5 Tage nachher war das Rliizom noch etwa 4 mal größer geworden und halte einzelne RhizoVde gebildet (S. 96). Jalvh. fjaBotwWc, Bä.XLWIl. J.M.Janse del. T(ir. I. Z-JihAastjrEÄFunkeX'^i^'Zur. JuhiiWro.Botanüc.Bd.XLrm 19. Taf.lL JM Jause del ZiüiJtT^t ~EAFv7ikt,Le. \pz über die Wasserstoffoxydation durch Mikroorganismen, Von Bronislaw Niklewski. Mit Tafel III. I. Literaturubersicht. Die Oxydation des Wasserstoffs durch verwesende Körper ist zuerst von Saussure ^) beobachtet und beschrieben worden. Während das Volumen reiner Wasserstoffatmosphäre bei Anwesen- heit fermentativer Körper sich nicht änderte, trat eine erhebliche Gasverminderung ein, wenn Erbsen in Wasser bei Anwesenheit eines Gemisches von Wasserstoff und Sauerstoff faulten. Die Ab- nahme beider Gase wurde gasanalytisch festgestellt. Dasselbe Resultat wurde bei Anwendung von Heideerde, Seide, Baumwolle u. a. m. erzielt. Über die Natur des Prozesses ergaben verschiedene Zusätze Aufschluß. Eine Beimischung von Seesalz zu gut wirkender Erde (1:4) hob die Kondensation der Gase auf, ebenso wirkte freie Schwefelsäure (1 : 100). Der Glührückstand der Erde rief erst nach 2—3 Monaten eine namhafte Kondensation hervor. Dagegen übte ein Zusatz von „Olefin" (1 : 4) auf den Gang des Prozesses keinen Einfluß aus, wogegen durch Faraday festgestellt wurde, daß dieser Körper auch in viel geringerer Konzentration (1 : 48) die Platinkatalyse aufhob. Dagegen verhinderte die Kohlensäure in einer Konzentration (1 : 4) die Oxydation des Wasserstoffes, während sie die Platinkatalyse nicht beeinflußte. Auch Kohlen- oxyd hob die Wasserstoffoxydation in Saussures Versuchen auf. Auch Liebig ^) erwähnt, daß verwesende Körper in einem ge- 1) Theodore de Saussure. Action de la fermentation sur le melange des gaz oxygene et hydrogene. Memoires de la societe de physique et d'histoire naturelle de Geneve. Tome huitifeme, 1839, p. 163. 2) Chemische Briefe, 4. Aufl., 19. Bd., S. 296; doch ist daraus nicht zu ent- nehmen, ob das eigene Versuche sind oder zitierte Versuche Saussures. Jahib. f. wiss. Botanik. XLVIII. 8 114 Bronislaw Niklewski, schlosseneu Gefäße den dargebotenen "Wasserstoff und Sauerstoff zum Verschwinden bringen und Wasser bilden. In neuerer Zeit wurde ein Verschwinden der Knallgasatmosphäre unter Einwirkung der Erde gelegentlich von Versuchen über Denitrifikation von Immendorf^) beobachtet. Es bedurfte aber mehrerer Wochen, um den Prozeß in Gang zu setzen, dann aber verschwand das Knall- gas in einigen Tagen zum größten Teil. Gasanalytisch konnte ein Verschwinden des Wasserstoffs und Sauerstoffs und das Auftreten von Kohlensäure festgestellt werden. Dagegen rief die mit Chloro- form versetzte Erde keine Wirkung auf die Knallgasatmosphäre hervor. Die Frage wurde aber von diesem Autor nicht weiter verfolgt. Im Herbst 1904 habe ich im botanischen Institut der Univer- sität Leipzig auf Veranlassung des Herrn Geheimrat Professor Dr. W. Pfeffer Versuche über Wasserstoffoxydation angestellt, die ich dann in Dublany, im botanischen Institut, später im landwirt- schaftlich-chemischen und jetzt im Institut für Pflanzenbau fortsetze. Die in der Zeit bis Ende 1906 gemachten Beobachtungen, welche einen bloß orientierenden Charakter hatten, habe ich bereits publiziert^). Inzwischen sind aber auch von anderer Seite Untersuchungen über denselben Gegenstand angestellt worden. Hermann Kaserer'O stellt fest, daß die Aktivierung des Wasserstoffes sich unter Einwirkung bestimmter Bakterien vollzieht. Er sucht die Organismen zu isolieren, sowie den physiologischen Charakter des Prozesses zu bestimmen. Zwei Organismen Bac. pantotrophus und oligocarbophilus werden als Urheber der Wasser- stoffoxydation angesehen. Der erste entwickelt sich als diffuse Trübung ohne Hautbildung, falls eine kohlensäurereiche Atmosphäre dargeboten wird. Dieser Organismus vermag also allein prototroph zu leben, Wasserstoff in Gegenwart von Sauerstoff und viel Kohlen- säure zu Wasser zu oxydieren. Doch ist er auch zu heterotrophor Lebensweise befähigt. Wird dagegen zur Anlegung von Rohkulturen Knallgas verwandt, dann bildet sich auf mineralischer Nährlösung eine üppige Haut, welche kräftig Wasserstoff oxydiert. Jedoch gelang es dem Autor nicht, aus den Bakterienhäuten der Knallgas 1) Beiträge zur Lösung der Stickstofffrage. • Laudwirtsch. Jahrb., Bd. 21, 1892. 2) Extr. du Bull, de l'acad. des sc. de Cracovie, 1906, p. 911. 3) Zeitschr. f. laudwirtsch. Versuchswesen in Österreich, Bd. VIII, 1905, S. 789, Centralbl. f. Bakt., II. Abt., Bd. XVI, S. 681, 1906. über die Wasserstoffoxydation durch Mikroorganismen. 115 aktivierenden Rohkulturen die an dem Prozesse beteiligten Orga- nismen rein zu züchten. Der Autor glaubt aber feststellen zu können, daß die Häute fast ausschließlich aus Bac. oligocarbophilus zusammengesetzt sind. Die bakteriologische Zusammensetzung jener Häute scheint also durchaus nicht genügend aufgeklärt zu sein. Die Aktivierung des Wasserstoffes denkt sich der Autor in verschiedener Weise bei beiden Organismen vollzogen; es wird aber in beiden Fällen nicht eine unmittelbare Verknüpfung von Wasser- stoff und Sauerstoff angenommen, sondern die Bildung von Kohlen- stoffmaterial aus Kohlensäure und Wasserstoff und darauf folgende Oxydation der gebildeten Stoffe. Der Autor glaubt annehmen zu dürfen, daß bei Bac, pantotrophus dieser Stoff Formaldehyd sei, bei B. oligocarbophilus Kohlenoxyd. Als wesentliches Argument dafür, daß gerade diese Stoffe als Zwischenprodukte aufzufassen sind, wird der Umstand angesehen, daß die Stoffe den betreffenden Organismen als Nahrungsquellen dienen können; doch erscheint besonders die Ernährung des Bac. oligocarbophilus mit Kohlenoxyd fraglich. Diesen Organismus stellt der Autor in die Reihe der obligat proto- trophen Organismen, welche durch organische Substanzen geschädigt werden, während Bac. pantotrophus als Vertreter „der Kohlen- hydratwelt" angesehen wird, die zu heterotropher Lebensweise ver- anlagt ist, ebenso wie auch die grüne Pflanze der Kohlenhydratwelt zugezählt wird. Eine Unterscheidung der beiden Wasserstoff oxydierenden Organismen in diesem Sinne erscheint mir deshalb unzutreffend, weil der eine der beiden Organismen, Bac. oligocarbophilus auf sein Verhalten gegenüber organischen Stoffen hin nicht näher studiert wurde, ebenso wie sein Verhalten der Wasserstoffoxydation gegenüber nicht hinreichend aufgeklärt ist. Die Kohlensäure- assimilationshypothese des Autors scheint mir hinreichender Be- gründung zu entbehren. Gegenstand meiner Ende 1906 publizierten Versuche war be- sonders die in der Knallgasatmosphäre auf mineralischer Nährlösung sich bildende Kahmhaut, deren Organismen ich jedoch nicht rein zu züchten vermochte. Schon aus diesem Grunde war eine tiefere Einsicht in die Physiologie des Prozesses unmöglich. Ich habe nur in allgemeinen Umrissen den Charakter des Prozesses be- schrieben, zugleich aber auf die Schwierigkeiten der Isolierung der Organismen hingewiesen, um damit spekulativen Deduktionen aus den wenigen Tatsachen Einhalt zu tun. Die angestellten Versuche WQ Bronislaw Niklewski, beschrieb icli mit folgender Einschränkung: „Alle ])hysiologischen Beobachtungen gelten also für einen in seinen Teilen leider nicht näher erforschten Komplex von Organismen der Kahmhaut" '). Folgende Resultate konnten als einwandfrei betrachtet werden. 1. Die Erde vermag ein Gemisch von Wasserstoff und Sauer- stoff zu kondensieren (bei ca. 33° C. ist dieser Prozeß gewöhnlich in wenigen Tagen sichtbar); diese Fähigkeit ist sehr verbreitet, da in den untersuchten Erdproben keine gefunden wurde, welcher diese Eigenschaft nicht zukäme. 2. Eine mineralische Nährlösung, mit Erde beimpft, bedeckt sich in einer Knallgasatmosphäre mit einer üj)pigen Kahmhaut; nach mehrmaligem Umimpfen erhält man eine gereinigte Kahmhaut, welche aus kleinen Stäbchen besteht. Diese Kahmhaut vermag intensiv Wasserstoff zu oxydieren. 3. Die Bildung der Kahmhaut auf mineralischer Nährlösung steht mit der Wasserstoffoxydation in kausalem Zusammenhang; denn unter sonst gleichen Bedingungen entwickelt sich die Kahm- haut an der Luft nicht. Der Wasserstoff liefert also der Kahmhaut die notwendige Betriebsenergie. 4. Die Kahmhaut besteht aus Kohlenstoffverbindungen, welche durch Reduktion freier Kohlensäure gebildet werden. Freie Kohlen- säure kann durch das Carbonat nicht ersetzt werden. 5. Auf Kohlenstoffverbindungen (Acetat) gedeiht der die Kahnihaut bildende Organismus (oder Organismen) auch ohne Ireien Wasserstoff. Bei Darbietung von Acetat und Knallgas wird der Wasserstoff auch ohne besonders zugesetzte freie Kohlensäure verarbeitet. 6. Wiewohl die Kahmhaut morphologisch als ein aus kleinen Stäbchenbakterien einheitlich zusammengesetztes Ganze erscheint, konnten doch die daran beteiligten Organismen nicht durch Platten- gießen isoliert werden. Auf anderem Wege sucht Lebedeff den physiologischen Charakter der Wasserstoffoxydation aufzuklären-). Er berichtet, daß die Kondensation des Knallgases durch ein monotrichales be- 1) A. a. 0., S. 923. 2) A. J. Nabokich und k. F. Lebedeff, Centralbl. f. Bakt., Bd. XVII, S. 350, 1906; F. A, Lebedeff, Biocbeni. Zeitschr., Bd. VH, S. 1, 1907; A. J. Lebedeff, Ber. d. Deutsch. Bot. Ges., 1910, Bd. XXVII, S. 598 (darin auch das Eef. einer Publi- kation in den Verhdlgn. des Mendeiejeff-Kongresses 1908). ■Orber die Wasserstoffoxydation durch Mikroorganismen. 117 wegliches Stäbchen in reiner Kultur vollzogen wird, welches an der Oberfläche der Nährlösung ein starkes Häutchen bildet. Als Stick- stoffquelle wurden Nitrate (0,2 Vo KNOa) benutzt. Doch fehlen leider bis jezt nähere Angaben darüber, wie die Reinzucht des Organismus gelang, auch wird kein Bild und keine nähere Be- schreibung der Reinkultur geliefert. Aus der letzten Publikation erfahren wir, daß der Organismus auch heterotroph zu leben vermag. Es ist mir also unmöglich, den Organismus, mit welchem Lebedeff experimentierte, mit den von mir kultivierten Organismen der Kahmhaut zu identifizieren. Trotz der vielfachen morpholo- gischen und physiologischen Ähnlichkeiten, die zweifelsohne zwischen beiden Kulturen bestehen, liegt doch ein wesentlicher Unterschied darin, daß Lebedeff anscheinend einen Organismus ohne Schwierigkeiten in der Kahmhaut findet, während ich in der Kahm- haut eine komplizierte symbiotische Wechselwirkung mindestens zweier bereits reingezüchteten Organismen annehmen muß. Ohne auf die morphologischen und sonstigen physiologischen Eigenschaften näher einzugehen, sucht der Autor mit Hilfe von Gasanalysen die im Studium der Organismen zweifelsohne interes- santeste Frage des Verbrauches der drei Gase: Kohlensäure, Wasserstoff, Sauerstoff in ihrem Verhältnis zueinander aufzuklären. Der Autor kommt zu dem Schluß, daß der energetische Pro- zeß genau durch die Gleichung 2 H2 -j- O2 = 2 H2O ausgedrückt wird. Jedoch wird bei der Assimilation des Kohlenstoffes aus der Kohlensäure Sauerstoff ausgeschieden und dieser zur Oxydation des Wasserstoffs ebenso wie der anfangs zugesetzte Sauerstoff ver- wandt, so daß das Verhältnis der verbrauchten Wasserstoffmenge zu dem verbrauchten ursprünglich zugesetzten freien Sauerstoff bei gleichzeitiger Kohlensäurereduktion 2,0 übertrifft, zwischen 2,0 und 3,0 schwankt. Korrigiert man also die Resultate auf den in der Kohlensäure enthaltenen Assimilationssauerstoff hin, so erhält TT man ein Verhältnis y^, welches sich 2,0 nähert. Jedoch auch O2 dieses Verhältnis unterliegt gewissen Schwankungen. Nur in alten Kulturen ist es fast gleich 2,0; je jünger die Kultur ist, desto kleiner wird dieses Verhältnis; in ganz jungen Kulturen fällt es sogar bis auf 1,5. Der Autor schheßt daraus, daß bei dem Wachs- tum der Mikroben auch eine Assimilation des Sauerstoffs vor sich geht. Der Schluß dieser Beobachtungen, glaube ich, könnte auch so formuliert werden, daß ältere Kulturen ein Material bilden, in 118 Bronislaw Niklewski, TT welchem der gebundene j=r- = 2 ist. Jüngere Kulturen bilden ein sauerstoffreicheres Material (vielleicht findet hier ein Synthes orga- nischer Säuren statt; es wäre interessant, festzustellen, ob durch Änderung der Nährlösung, etwa der Alkalität, das Verhältnis der verbrauchten Grase nicht verschoben wird). Merkwürdigerweise wird bei Besprechung des Sauerstoffver- brauches auf die Nitrate zu wenig Rücksicht genommen, und doch scheint diese Sauerstoffquelle in Betracht zu kommen, da in ge- wissen Fällen erhebliche Mengen Stickstoff entbunden werden. Es müßte also besonders festgestellt werden, inwieweit dieser Sauerstoff mit in Rechnung zu ziehen ist. TT Die Änderung des Verhältnisses ~ mit dem Alter der Kultur vj 2 zeigt also, daß eine schematische Formel für die Assimilation der Gase nicht aufzustellen ist, daß eine Zerlegung der Kohlensäure mit gleichzeitiger Ausscheidung eines gleichen Volumens Sauerstoff nur unter bestimmten Bedingungen vor sich geht, also anders wie bei der photosynthetischen Zersetzung der Kohlensäure, wo als erstes Material in der Tat nur Stoffe gefunden werden, in denen TT der p:r- = 2 ist. Der Schluß des Autors, der Chemismus der U2 Photosynthese und der Chemosynthese sei ein und derselbe, scheint mir daher nicht recht zutreffend zu sein; übrigens dürfte mit diesem Vergleiche wenig gewonnen werden, da wir doch den Chemismus der Photosynthese recht dürftig kennen. Jedenfalls ist dank den Analysen Lebedeffs ein wesentlicher Einblick in den biologischen Prozeß der Wasserstoffoxydation ge- wonnen. Ferner wendet sich der Autor zur Entscheidung der für die Physiologie des Prozesses fundamentalen Frage: „Vollzieht sich die Aktivierung des Wasserstoffes in enger Abhängigkeit von der Kohlensäureassimilation?" Während Kaserer schon bei seiner ersten Publikation es gleichsam als selbstverständlich ansieht, daß der Wasserstoff zunächst mit der Kohlensäure in Reaktion tritt und das gebildete Material dann erst der Oxydation anheimfällt, und diesen Gedanken in seinen Konsequenzen weiter verfolgt, kommt Lebedeff zu dem entgegengesetzten Schluß. Auf Grund seiner gasanalytischen Be- obachtungen hebt er hervor, daß das Verhältnis der verbrauchten über die Wasserstoffoxydation durch Mikroorganismen. 119 Kohlensäure zu dem oxydierten Wasserstoff innerhalb weiter Grenzen schwankt. Das Resultat von 50 Versuchen ergab, daß auf 100 ccm Kohlensäure 550 — 1500 ccm Wasserstoff oxydiert werden können. Zu anscheinend definitiver Entscheidung der Frage wird folgender Versuch herangezogen. Eine normale 15-tägige Kultur, welche 36,04 ccm CO2, 205,25 ccm H, 78,40 0 verbraucht und 34,04 ccm N entwickelt hat, wird nach dem Entfernen der Gase mittels einer Pumpe nur mit Wasserstoff und Sauerstoff ohne eine Spur von Kohlensäure gespeist. Trotz des Fehlens der Kohlensäure hatte sich nach 34 Tagen der Atmosphärendruck in der Kultur auf 419,3 mm verringert. Die Analyse ergab einen Verbrauch von 429,24 ccm H, 211,32 ccm 0, eine Produktion von 4,30 ccm N. Wenn wir annehmen, daß mittels der Pumpe in der Tat alle Kohlensäure entfernt wurde, was auszuführen keineswegs leicht sein dürfte, so ist doch vor allem der Einwand zu erheben, daß das in der Kultur angesammelte Kohlenstoffmaterial verarbeitet und im Verein mit der daraus gebildeten Kohlensäure Wasserstoff aktiviert werden könnte. Der Organismus ist ja auch nach der Beobachtung Lebedeffs zu heterotropher Lebensweise veranlagt, als solcher wird er wohl in erster Linie befähigt sein, das selbst gebildete Material zu verarbeiten. Wäre es also nicht denkbar, daß die Bakterien in ausgewachsenen Kulturen auch ohne Kohlensäure- zusatz Wasserstoff aktivieren, indem das alte Bau- oder Reserve- material wenigstens teilweise zerstört werde und die jungen Zellen sich die entstehende Kohlensäure nutzbar machen, so daß das einmal festgelegte Kohlenstoffmaterial zur Aktivierung einer ver- hältnismäßig großen Wasserstoffmenge dienen könnte? In solchen Massenkulturen wäre zwar kein näheres Abhängigkeitsverhältnis zwischen verbrauchtem Wasserstoff und reduzierter Kohlensäure wahrzunehmen, in Wirklichkeit aber wäre die Oxydation des Wasserstoffs aufs engste mit der Kohlensäurereduktion verkettet. Lebedeffs Versuche sind also durchaus ungeeignet, die Frage der Abhängigkeit der Kohlensäurezersetzung und Wasserstoff- oxydation zu lösen. Die Beobachtung Lebedeffs, daß die Assimilation des Kohlen- stoffes aus der Kohlensäure bei dem untersuchten Organismus stets mit einer Ausscheidung freien Stickstoffes verbunden ist (die mine- ralische Nährlösung enthielt 0,2 7o KNO3), während ohne Zusatz von Kohlensäure in ausgewachsenen Kulturen die Oxydation des Wasserstoffes ohne Ausscheidung freien Stickstoffes vor sich geht. 120 Bronislaw Niklewsti, scheint mir darauf zu weisen, daß bei einer stärkeren Anhäufung organischer Substanzen infolge der Anwesenheit reichlicher Mengen Kohlensäure eine lebhafte Oxydation dieser Stoffe stattfindet, so daß dabei die Nitrate mit in diesen Oxydationsprozeß gerissen und gespalten werden, während bei Kohlensäuremangel die Prozesse retardiert und auch die Nitrate durch den freien Sauerstoff ge- schützt werden. Aus ähnlichem Grunde scheint es mir auch sehr fraglich zu sein, ob die Oxydation des "Wasserstoffs bei vollständiger Abwesenheit freien Sauerstoffes lediglich auf Kosten des Sauer- stoffes der Kohlensäure erfolgt, wie es der Autor erklärt, zumal dabei erhebliche Mengen freien Stickstoffes gebildet werden. Es wäre ja in der Tat interessant, zu erfahren, ob die Reduktion von Kohlensäure durch Wasserstoff ein für den Organismus Energie liefernder Prozeß sein kann. Thermische Berechnungen allein können ja bekannthch eine solche Frage nicht lösen. (Für biologische Fragen bedarf es immer noch der experimentellen Prüfung.) Wenn ich es mir erlaubt habe, schon jetzt die vorläufige Mit- teilung Lebedeffs einer gewissen Kritik zu unterziehen, so geschah es besonders in der Hoffnung, daß der Autor in der versprochenen ausführlichen Arbeit auf die berührten Fragen näher eingehen wird, was der Sache nur förderlich werden kann. II. Die Reinzucht der Wasserstoff oxydierenden Organismen. Die Wasserstoff oxydierenden Organismen scheinen also in letzter Zeit lebhaftes Interesse zu erwecken, wohl mit Rücksicht auf die Bedeutung, welche sie für das Studium der Atmungsvor- gänge haben können. Bevor wir jedoch an die Bearbeitung dieser Fragen herantreten können, muß vor allem die Frage der Reinzucht erledigt und die wichtigsten Eigenschaften der an der Wasserstoff- oxydation beteiligten Organismen bestimmt werden. Käser er hat zwar einen Wasserstoff oxydierenden Organismus reingezüchtet, doch bezüglich der Kahmhaut, die sich in der Knall- gasatmosphäre bildet, hat er keine Klarheit geschaffen. Gerade diese Kahmhaut interessierte mich, da sie den Gegenstand meiner Untersuchungen bildete. Ich wollte von dem einmal eingeschlagenen Wege nicht abweichen, ohne wenigstens den Grund der Schwierig- keiten erkannt zu haben; übrigens ließen gerade die Schwierig- keiten bei der Isolierung interessante Verhältnisse vermuten. über die "Wasserstoff Oxydation durch Mikroorganismen. 121 Einen wesentlichen Fortschritt in dem Studium der Wasser- stoff oxydierenden Organismen betrachtete ich in der Reinzucht zweier Organismen, welche ich schließlich aus der Kahmhaut isolierte. Einen kurzen Bericht darüber lieferte ich Ende 1907^). Seit der Zeit habe ich die meiner Meinung nach wesentlichsten Eigenschaften beider Organismen kennen gelernt (wenigstens so weit, als es sich um die Reinzucht für weitere Studien handelt). Wenn aber dennoch trotz der langen seitdem verflossenen Zeit die Unter- suchungen in den Einzelheiten sehr lückenhaft erscheinen, so daß z. B. gewisse Versuche mit dem einen Organismus angestellt wurden, für den anderen aber fehlen, so liegt es nicht zum mindesten daran, daß ich die Versuche nur hin und wieder anstellte, wenn ich von Berufspflichten einigermaßen frei war und nicht durch eine andere mehr landwirtschaftliche Arbeit (Nitrifikation im Stallmist) in An- spruch genommen war. Als ich schließlich nach Abschluß der- selben mich systematisch der Bearbeitung des vorliegenden Themas, das mich sehr interessieite, widmen wollte, da legten sich die Ver- hältnisse so, daß ich das Laboratorium der landwirtschaftlich che- mischen Versuchsstation Dublany verlassen mußte und die dort von mir zu dieser Arbeit getroffenen Einrichtungen nicht mehr benutzen konnte. Damit erklärt sich die recht unvollkommene Ausarbeitung des Themas. Die in letzter Zeit gemachten morphologischen Stu- dien, Färbungen und mikrophotographischen Aufnahmen, habe ich in dem hiesigen botanischen Institut ausgeführt. Dem Leiter des Instituts, Herrn Prof. Dr. S. Krzemieniewski, der mir die dazu notwendigen Mittel des Instituts bereitwilligst zur Verfügung stellte, spreche ich an dieser Stelle den gebührenden Dank aus. Die weitere Aufnahme der Untersuchungen kann aber nicht sobald er- folgen, da in dem Institut für Pflanzenbau, in welchem ich jetzt arbeite, es bis dahin an den für eine bakteriologische Arbeit not- wendigen Apparaten gefehlt hat. Der Leiter des Instituts, Herr Prof. Dr. K. Miczynski hat sich aber bereit erklärt, mir die zur Arbeit notwendigen Mittel zu verschaffen. Ich bin gern bereit, jedem, der die Wasserstoff oxydierenden Organismen näher studieren will, die beiden reinen Kulturen zu geben. Als Ausgangs material für die vorliegenden Untersuchungen diente mir ein in Wasserstoff- Sauerstoff- Kohlensäure -Atmosphäre 1) Centralbl. f. Bakt., Bd. XX, S. 469. 122 Bronislaw Niklewski, auf mineralischer Nährlösung gewachsenes Häutchen, welches durch Impfung einer Gewächshauserde hervorgerufen war. Die Ursache der Schwierigkeiten, die mir bei der Isolierung begegneten, beruhte darin, daß die beiden reingezüchteten Orga- nismen allein auf mineralischer Nährlösung nicht in der Knallgas- atmosphäre zu wachsen vermögen, wohl aber in Gemeinschaft mit- einander. Besonders gut entwickelt sich jeder der beiden Organismen auf folgender Nährlösung, die, abgesehen vom Agarzusatz, nicht wesentlich von der von H. Käser er empfohlenen Nährlösung abweicht: Prozent Agar-agar 1,5 NaHCOs 0,1 NH4CI 0,1 KHoPOi 0,05 MgS04 0,02 NaCl ...... 0,02 Fe Gl:, 0,00001 Mit dieser Nährlösung werden die Reagensgläser gefüllt, auf der schräg erstarrten Oberfläche wird die Impfung vorgenommen. Die Kulturen werden unter eine Glocke in eine Schale mit Wasser gestellt. Durch ein Zu- und Ableitungsrohr wird durch die Glocke ca. 1 — 3 Stunden lang arsenfreier durch Silbernitrat, Permanganat, konz. Schwefelsäure gewaschener Wasserstoff geleitet. Schließlich werden unter die Glocke noch einige Blasen Kohlensäure hinein- geleitet. Nach dem Entfernen der beiden Röhren wird die so mit Wasser gegen die Außenluft abgeschlossene Glocke in einen Ther- mostat bei 30 — 35° C. gestellt. In 3 — 4 Tagen entwickeln sich üppig die für das bloße Auge recht charakteristischen Kulturen der beiden Organismen. Viel länger die Röhrchen unter der Glocke zu halten, ist nicht ratsam, weil sich auf der feuchten Watte ver- schiedene Pilze entwickeln, welche in das Röhrchen hineinwachsen. Daher ist auch die verhältnismäßig hohe Temperatur zu benutzen, welche den Bakterien eine schnelle Entwicklung ermöglicht. Wenn die Pilze allzu lästig waren, dann bedeckte ich die Wattestopfen mit Sublimatpapier. Ebenso können unter einer solchen Glocke Kulturen in Petrischalen geführt werden. Es ist unnötig, unter die Glocke besonders Sauerstoff zu leiten, da er in hinreichender Menge, aus der nicht verdrängten Luft stammend, vorhanden ist. über die "Wasserstoffoxydation durch Mikroorganismen. 123 Die beiden Organismen haben in diesen Agarkulturen ein recht charakteristisches Aussehen. Beide Organismen will ich nach Jensen Hydrogenomonas nennen. Das makroskopische und mikroskopische Aussehen der Agar- kulturen ist folgendes: 1. Hydrogenomo?ms viirea bildet ganz an der Oberfläche zarte zusammenhängende Häutchen, die sich von der Agaroberfläclie selbst durch einen schwachen Wasserstrom herunterwaschen lassen. In Petrischalen ist der Agarnährboden vollständig mit diesen Ko- lonien bedeckt. Auf flüssigem Nährboden ziehen sich die zarten Häutchen an den Glaswänden empor. Unter der Oberfläche ent- wickeln sich die Kolonien auf Agar schlecht, erst wenn sie auf die Oberfläche gelangen, breiten sie sich aus. So kommt es, daß in Agarplatten, in welche das Impfmaterial vor dem Gießen gemischt war, die Kolonien mehr oder weniger im Zentrum gelb gekörnt sind. War der Keim der Kolonie ursprünghch au der Oberfläche, dann findet man kein besonders sichtbares Zentrum in der Kolonie. Daneben sind auch kleine gelbe Kolonien zu finden, die noch nicht an die Oberfläche gedrungen sind. An den Oberflächenkolonien sind charakteristisch die Falten in der Kolonie, die auf dem photo- graphischen Bilde deutlich sind. Das ganze Aussehen der Kolonie ist ein durchscheinendes (daher der Name). Mikroskopisch sind die Zellenstäbchen bis zu 2 |(* lang, von einer Gestalt, wie es die mikro- photographische Aufnahme zeigt. Charakteristisch sind die Schleim- häute, die die Lagerung der Zellen auf dem Gläschen bedingen. Trotz guter Reinigung der Gläschen und Durchziehen durch die Flamme ist es schwer, die einzelnen Zellen durch Reiben mit der Platinöse auseinander zu reißen. Es bildet sich ein netzförmiges Maschenwerk, dessen Fäden aus eng aneinander liegenden Zellen bestehen. Das Bild zeigt noch ein wenig diese Lagerung, obwohl das schon die am äußersten Rande gelegenen, also gelockerte Fäden sind. Übrigens sind auch Schleimhäute mikroskopisch sichtbar. Damit erklärt sich auch, daß der Organismus wenn auch zarte, doch zusammenhängende Häutchen bildet, und es scheint, daß die Rohkulturen die Konsistenz der Kahmhaut vor allem diesem Orga- nismus verdanken. 2. Hydrogenomonas flava bildet auf Agar an der Oberfläche gelbe glänzende Kolonien, die besser am Nährboden haften und sich nicht so schnell ausbreiten wie der vorige Organismus. Auch unter der Oberfläche auf Agarplatten entwickeln sich die Kolonien 124 Bronislaw Niklewski, gut, jedoch sind sie dann mehr matt. Der Kolonierand ist scharf, die Kolonie glatt, d. h. ohne Falten, unter schwacher Vergrößerung erscheint sie etwas gekörnt. Mikroskopisch sind die einzelnen Zellen an Gestalt den vorigen ähnlich, doch etwas kleiner, bis zu 1,5 fi lang. Charakteristisch ist ihre Lagerung beim Ausbreiten auf dem Gläschen mit der Platinöse; sie lassen sich viel leichter voneinander trennen, als die Zellen des vorigen Organismus, wie dies auch aus der mikroskopischen Aufnahme ersichtlich ist. Damit stimmt auch die Tatsache überein, daß H. fiava auf flüssigen Nährböden keine zusammenhängende Häutchen bildet, sondern nur dicke käseartige Fladen. Die rohe Kahmhaut verdankt diesem Organismus ihre Dicke. Öfters beobachtet man sowohl bei H. vitrea wie ^flava bis- weilen körnige Gebilde an beiden Enden der Zelle. Es scheinen das plasmatische Ansammlungen vor dem Teilungsstadium zu sein, da mir die körnigen Gebilde verschieden groß erschienen, so daß in verschiedenen Zellen zwei zusammenhängende Zellen deutlich wahrnehmbar waren. Gefärbt sind beide mikroskopischen Präparate mit Gentiana- violett-Anilin, denn merkwürdigerweise konnte ich jetzt die Präparate mit Karbolfuchsin nicht färben, während ich früher die rohe Kahm- haut mit diesem Farbstoff gefärbt habe. Sonst scheinen aber mikro- skopisch die beiden Organismen von den Zellen der Kahmhaut nicht wesentlich abzuweichen. Ich hatte damals die Länge der Zellen der Rohkulturen auf 1,.5 ^a angegeben. Wenn ich jetzt für H. vitrea die Länge auf 2,0 fji setze, so sind das Abweichungen, welche leicht zu übersehen sind. Bewegungen konnte ich an beiden Organismen der Agarkulturen nicht beobachten, doch will ich nicht behaupten, daß die Orga- nismen nicht beweglich sind. Ich habe die Frage nicht weiter verfolgt. Doch auch in den Rohkulturen habe ich früher keine beweglichen Zellen beobachtet. Die makrophotographischen Aufnahmen der beiden Kulturen hat Herr Prof. Dr. K. Miczynski ausgeführt, wofür ich den ge- bührenden Dank ausspreche. Besonders erwähnenswert ist der Umstand, daß das photographische Bild das makroskopische Aus- sehen der beiden Kulturen nicht ganz naturgetreu wiedergibt. H. vitrea ist nämlich viel zarter, durchscheinender, weniger augenfällig als die gelb glänzende H. fiava. Jedoch sendet H. vitrea in größerer Menge chemisch wirksame Strahlen aus, zeigt auch eine deutliche Fluoreszenz. So kommt es, daß bei gleicher Expositions- über die "Wasserstoff Oxydation durch Mikroorganismen. 125 zeit, Liclitintensität, Plattenwirksamkeit H. vitrea wirksamer auf dem photograpbischen Bilde erscheint als ßava. Um also H. jiava einigermaßen deutlich sichtbar zu machen, wurde sie bedeutend länger exponiert als H. vitrea. Die beiden Organismen sind also morphologisch gut charakte- risiert. Sie sind auf gegossenen Agarplatten, welche mit einer einigermaßen durch ümimpfen gereinigten Kahmhaut beimpft worden sind, leicht, am besten mit bloßem Auge aufzufinden. Da natürlich zur Abimpfung nicht gerade dicht besäte Platten zu wählen sind, so kann es leicht vorkommen, daß auf der Platte sich nur der eine der beiden Organismen findet. Es sind daher mehrere Platten zu gießen; möglich ist es aber, daß man durch Impfstriche noch eher zum Ziele kommt, ich habe es nicht erprobt. Natürlich müssen die Platten einige Tage in einer Wasserstoff enthaltenden Atmo- sphäre bei einer Temperatur zwischen 30 — 34" C. gehalten werden. Versuche mit Impfung der beiden Organismen auf mineralische Nährlösung ergaben folgendes Resultat. Wurde jeder der beiden Organismen allein in das übliche Reagensröhrchen auf mineralische Nährlösung geimpft und wurden diese Kulturen unter eine mit Wasserstoff und wenig Luft und etwas Kohlensäure gefüllte Glocke gebracht, so wie dies oben beschrieben ist, so entwickelten sich die Organismen, allerdings nicht in gleicher Weise, mehr oder minder gut. Falls aber die Impfung auf eine Nährlösung in einem Kolben vorgenommen wurde und dieser Kolben ausgepumpt und mit Knall- gas und etwas Kohlensäure gefüllt wurde, dann blieb die Entwick- lung ;ius, wenn die Organismen allein geimpft wurden. Wurden aber die beiden Organismen zusammen geimpft und derartigen Versuchsbedingungen ausgesetzt, dann fand eine üppige Entwicklung auf dieser mineralischen Nährlösung statt unter Kondensation des Gasgemisches. Diese Beobachtungen bildeten den Ausgangspunkt für weitere Untersuchungen. Die Kulturbedingungen in den Röhrchen unter der Glocke und in den Kolben unterschieden sich vor allem wesentUch in der Zusammensetzung der auf die Organismen wirkenden Gasgemische. In den Röhrchen entwickelten sich die Organismen in einer ver- hältnismäßig wasserstoffreichen Atmosphäre, welche ein wenig Sauerstoff, bedeutend mehr Stickstoff neben etwas Kohlensäure enthielt. In den Kolben dagegen betrug die Sauerstofftension ca. Vs des Atmosphärendruckes neben viel Wasserstoff und wenig 1^26 Bronislaw Niklewski, Kollleusäure uud Stickstoff. Meiue nächste Vermutung bezog sich auf den verschiedeneu Sauerstoffgehalt, dem hier ein wesentlicher Einfluß auf die Organismen zukommen könnte. Ich suchte daher zunächst diese Frage aufzuklären. III. Der Einfluß der Sauerstofftension auf die Wasserstoff oxydierenden Organismen. Der Einfluß des Sauerstofi'druckes auf die beiden rein ge- züchteten Organismen wurde in Kölbchen studiert, deren Form ich in der ersten Publikation beschrieben habe. Durch den in der Kolbenverengung ruhenden Wattebausch unter dem Gummistopfen wird Fremdinfektion vermieden. Der mit Quecksilber oder mit Glyzerin übergossene Gummistopfen leistet Gewähr für dichten Verschluß ebenso wie der am Zuleitungsrohr angebrachte Hahn mit Quecksilberverschluß. Das zweite zweimal rechtwinklig gebogene Rohr von Barometerlänge taucht in Quecksilber. Im Kolben endigen beide Röhren unmittelbar unter dem Gummistopfen. Das 600 ccm fassende Kölbchen wurde mit 200 ccm Nähr- lösung gefüllt, sterilisiert, beimpft und dann mit dem entsprechenden Gasgemisch in der Weise gefüllt, daß zuerst durch den einen Arm eines i- förmigen Teilungsrohres die Luft aus dem Apparat heraus- gepumpt und, wenn das Quecksilber in der anderen Verschlußröhre sich fast bis zur Barometerhöhe erhoben hatte, die Verbindung mit der Pumpe verschlossen und allmählich das Gas durch den anderen Arm in den Apparat hineingeleitet wurde. Dies wurde 3 — .5 -mal wiederholt. Die Mischung der Gase wurde in einem gewöhnlichen Gasometer aus Blech hergestellt und das Gas bei der Füllung langsam durch Silbernitrat, Kaliumpermanganat in Bimsstein, konz. Schwefelsäure hindurchgeleitet. Nach der Füllung wurde das Kölbchen mit dem im Gummistopfen befindlichen Zu- leitungsrohr, welches durch den Hahn verschlossen ist, sowie mit dem zweiten Rohr von Barometerlänge, welches in Quecksilber taucht, in den Thermostat, welcher ständig auf 33 '^ C. eingestellt war, gestellt. So konnte die Entwicklung der Organismen nicht nur an der Trübung bezw. Hautbildung beobachtet werden, sondern es konnte direkt an dem Steigen der Quecksilbersäule das Ver- schwinden der Gase abgelesen werden. Bei dieser Versuchsanordnung sind aber bedeutende Fehler- quellen nicht zu übersehen. Die Zusammensetzung des Gas- über die Wasserstoff Oxydation durch Mikroorganismen. 127 gemisches, welches im Gasometer hergestellt wird, ändert sich im Laufe des Füllens der Kölbchen in dem Maße, als das Gasometer mit Wasser gefüllt wird. Für genaue Versuche hätte also aus jedem Kölbchen eine Gasprobe entnommen werden müssen; da mir aber eine entsprechende Quecksilberpumpe fehlte und ich nur schwer zu handhabende mit Quecksilber gefüllte Niveauflaschen hatte, so habe ich die Probeentnahme unterlassen. Es wurde also für eine Versuchsreihe höchstens eine Analyse ausgeführt, bisweilen wurde auch dies unterlassen; ich begnügte mich beim Füllen der einzelnen Gase, die einströmende Menge an dem am Gasometer angebrachten kommunizierenden Glasrohr abzulesen. Ein noch schwerer wiegender Fehler, auf den ich allerdings ziemlich spät aufmerksam wurde, besteht darin, daß die organischen Substanzen (Watte, Gummi) Sauerstoff verbrauchen und Kohlensäure produzieren, eine Fehlerquelle, auf die schon Godlewski hingewiesen hat und die Veranlassung zur Konstruktion eines nur aus Glas bestehenden Apparates gab. In einem Falle habe ich die Beobachtung gemacht, daß in einem solchen oben beschriebenen Kölbchen binnen zwei Monaten aller Sauerstofif, der ursprünglich 10 ^U des Gasgemisches ausmachte, verschwunden und dafür Kohlensäure produziert war, wobei sich die Quecksilbersäule nur unerheblich, um 4 cm, gehoben hatte, wohl infolge der größeren Löslichkeit der Kohlensäure. Die vorgelegte Frage müßte also einwandsfrei mit viel prä- ziseren Apparaten ausgeführt werden als diejenigen, welche mir zur Verfügung standen (etwa in Kölbchen nach Godlewski, mit einer guten Luftpumpe, besseren Mischgefäßen für Gas usw.). Gleich- wohl habe ich durch diese mit starken Fehlern behaftete Ver- suchsmethodik die Frage des verschiedenen Verhaltens der Orga- nismen unter den verschiedenen Kulturl^edingungen im wesentlichen gelöst, wenn auch die Ziffern bei geeigneterer Versuchsmethodik gewissen Verschiebungen unterliegen dürften. Das Resultat der angestellten Versuche war folgendes. Zunächst wurde das vorhin erwähnte Ergebnis festgestellt. Die beiden reingezüchteten Organismen, zusammen geimpft auf eine anorganische Nährlösung von obiger Zusammensetzung (natürlich unter Weglassen des Agar-Agar), vermögen sich in einer Knallgas- atmosphäre, welche also zu ca. Vs aus Sauerstoff und zu ca. % aus Wasserstoff neben 1 — 20% CO2 besteht, sehr gut zu ent- wickeln. Es wird dabei eine starke Trübung, zugleich aber auch eine üppige Kahmhaut beobachtet. Allerdings ist es mir schwer, X28 Bronislaw Niklewski, ZU entsclieiden, ob diese Kahmhaut von derselben Beschaffenheit ist wie in der Rohkultur; möglich ist es, daß bei dieser Kalim- haut eine stärkere Trübung auftritt als bei der Kahmhautbildung der Rohkultur. Es scheinen mir aber nicht in der Kahmhaut der Rohkultur andere Organismen als die beiden isolierten eine wesent- liche Rolle zu spielen. Das Auftreten der Trübung unter der Kahmhaut wird wohl wesentlich durch die Schnelligkeit der Kahm- hautbildung, welche durch das Zusammenwirken beider Organismen zustande kommt, bedingt, indem durch die Haut der Gaszutritt zu den tieferen Schichten abgeschnitten wird. Bei Impfung der fertigen Haut kann es vielleicht schneller zur Hautbildung kommen, als wenn beide Organismen aus gesonderten Kulturen geimpft werden und erst miteinander gewissermaßen verwachsen müssen, um die Haut zu bilden, doch habe ich nach dieser Richtung hin keine Versuche angestellt. Im übrigen findet aber ebenso wie in der Rohkultur auch bei dieser Kahmhautbildung der beiden reingezüch- teten Organismen ein energischer Verbrauch der Knallgasatmosphäre statt; in wenigen Tagen beobachtete ich eine Hebung der Queck- silbersäule bis zu 62 cm Höhe. Dagegen vermochte sich in der- selben Atmosphäre und derselben Nährlösung jeder der beiden Organismen, allein geimpft, nicht zu entwickeln. Die Flüssigkeit blieb ganz klar und die Quecksilbersäule hob sich auch nach Wochen nicht über 3 cm. An diesem Resultate änderte nichts, wenn der Sauerstoffgehalt der Atmosphäre noch weiter herabgedrückt wurde, auf 20, 15,2 Vo, wie dies aus Tabelle I (S. 130/31)') er- sichtlich ist. Erst bei weiterer Depression des Sauerstoffgehaltes entwickeln sich die Organismen, jedoch mit großer Unregelmäßig- keit. H. vitrea entwickelte sich in einem Falle bei 13,4% Sauer- stoff, in zwei Fällen nichj, auch nicht bei 10 und 8 7ü. Doch bei 8,6 % war in allen drei Fällen eine deutliche Entwicklung wahrnehmbar, bei 7,1 Vo wiederum entwickelte sich dieser Organis- mus in zwei Fällen nicht, wohl aber in einem Falle. Ahnhch ent- wickelte sich H. flava bei einem Sauerstoffgehalt über 10 % nicht, erst zwischen 7— 8"'o findet Wachstum statt, doch dort überall regelmäßig. Stets war ein Parallelismus zwischen der eintretenden 1) Sofern in der Kolumne der Zusammensetzung des Gasgemisches runde Zahlen angegeben sind, insbesondere unter Vernachlässigung der Stickstoff angäbe , da ist der Gehalt nur ungefähr nach der Ablesung im Gasometer beim Füllen der Gase angegeben. Sonst sind die Angaben nach ein oder zwei mit den Hempelschen Pipetten ausgeführten Analysen gemacht. über die Wasserstoffoxydation durch Mikroorganismen. 129 Trübung und dem beginnenden Steigen der Quecksilbersäule zu beobachten, ein Beweis dafür, daß die Entwicklung der Organismen in der Tat auf Kosten der Wasserstoffoxydation verläuft. Das Wachstum der beiden gesondert wachsenden Bakterien machte sich weniger durch Hautbildung als vielmehr durch starke Trübung der klaren Flüssigkeit bemerkbar. Doch auch in diesen flüssigen Nährböden waren die beiden Organismen gut voneinander zu unter- scheiden. Die durch H. vitrea getrübte Flüssigkeit war mit einem zarten Häutchen bedeckt, welches sich an den Glaswänden mehrere Zentimeter hoch emporzog, während in der mit H. flava beimpften Nährlösung starke, käseartige gelbliche Fladen schwammen. Ob die bei H. vitrea beobachteten Unregelmäßigkeiten in der Beein- flussung des Organismus durch die Sauerstofftension auf die bei den Versuchen angewandten Apparate, insbesondere auf die Oxy- dation organischer Substanzen, Watte und Gummi, zurückzuführen ist, wodurch die Sauerstofftension unter die Grenze der schädlichen Wirkung herabgedrückt sein könnte, erscheint insofern fraglich, als bei der entsprechenden Kohlensäurebildung die Quecksilbersäule nicht so hoch steigen dürfte, als es tatsächlich z. B. bei einem Gehalt von 13,4 7o Sauerstoff der Fall ist, die Säule ist bis auf 31,2 cm gestiegen, übrigens finden wir bei H. flava ein regel- mäßigeres Verhalten. Nicht unwahrscheinlich scheint mir daher die Erklärungsweise, daß erst nach längerer Zeit nur einige Zellen von II. vitrea den hohen Sauerstoffgehalt überwinden, und erst unter deren Schutze findet weiteres Wachstum statt; der Prozeß, einmal in Gang gebracht, geht schnell vonstatten, nicht mehr sichtbar durch den Sauerstoffgehalt behindert. Bei einem Gehalt von 2,7 7ü Sauerstoff entwickeln sich beide Organismen schnell; eine nachteilige Wirkung ist nicht mehr zu beobachten. Bei einem minimalen Gehalt von 0,1 °/o Sauerstoff war keine Entwicklung wahrnehmbar. Wir haben darin einen deutlichen Beweis dafür, daß die Akti- vierung des Wasserstoffes unter den obwaltenden Verhältnissen nur in Gegenwart von freiem Sauerstoff möglich war. Wie übrigens aus dem verschiedenen Stande der Quecksilbersäule zu entnehmen ist, findet nur soweit eine Kondensation der Gase statt, als es der Sauerstoffgehalt erlaubt. Wie ich mich in mehreren Fällen nach Beendigung des Versuches durch Gasanalysen überzeugte, war aller Sauerstoff verschwunden, während Kohlensäure in erheblichen Mengen vorhanden war. Es wäre besonders mit Rücksicht auf die Beobachtungen Lebedeffs zu untersuchen, ob der freie Sauerstoff Jahrb. f. wiss. Botanik. XLVni. 9 130 Bronislaw Niklewski, Tabelle Der Einfluß der Sauerstoffspannung auf die "Wasserstoff Hydrogenomonas vitrea Nr. Zusammensetzung der Atmosphäre in Prozent Versuchs- dauer in Tagen Beobachtungen der Entwicklung H 0 CO2 N Nährlösung Stand der Hg-säule in cm 1 60 30 10 30 klar 0 2 75 20 5 — 30 v 0 3 68,7 12,3 10,1 8,9 30 Trübg. kaum sichtb. (?) 3,2 4a 56,1 15,2 26,3 2,4 30 — — b 56,1 15,2 26,3 2,4 30 klar 0 c 56,1 15,2 26,3 2,4 30 — — 5a 62,5 13,4 20,9 3,2 30 klar 0 b 62,5 13,4 20,9 3,2 30 n 0 c 62,5 13,4 20,9 3,2 17 Starke Trübung 31,2 6 80 10 10 — 30 klar 0 7a 90 8 2 — 30 klar 0 b 90 8 2 — 30 i> 0 8a 84,0 7,1 2,7 6,2 30 klar 0 b 84,0 7,1 2,7 6,2 30 Trübung kaum sichtb. — c 84,0 7,1 2,7 6,2 29 Beginn einer starken Trübung 16 9a _ 8,6 2,1 _ 43 ^ Starke Trübung i tritt am 34. Tage J ein (Steigen beginnt am 34. Tage) 21,0 b — 8,6 2,1 — 43 21,0 c — 8,6 2,1 — 43 21,0 10 84,5 2,7 10,3 2,5 7 Starke Trübung 8,7 11 91,4 1,0 4,6 3 — Schwache Trübung 3,0 12 89,9 0,4 6,8 2,9 — klar 0 13 86,9 0,1 9,6 34 — » 0 durch Nitrate ersetzt werden kann. In einigen Fällen habe ich dem Gasgemische eine größere Menge Kohlensäure zugefügt in der Vermutung, daß vielleicht nicht allein die Sauerstoffspannung an und für sich auf den Organismus von Einfluß ist, sondern das Ver- hältnis von Kohlensäure zu Sauerstoff eine wesentliche Rolle spielen könnte, indem nämlich dadurch vielleicht das Verhältnis von Auf- bau und Abbau beeinflußt werden könnte; allein diese Vermutung scheint sich nicht bestätigt zu haben, worauf die Versuche 6 und 19 hinweisen, und doch hat ein Gehalt von 10°/o COä nicht schädlich über die Wasserstoffoxydation durch Mikroorganismen. 131 I. oxydierenden Organismen in einer Minerallösung. Hydrog enomonas flava Nr. Zusammensetzung der Atmosphäre in Prozent Versuchs- dauer in Tagen Beobachtungen der Entwicklung H 0 COj N Nährlösung Stand der Hg-säule in cm 14 60 30 10 — 30 klar 0 15 75 20 5 — 30 „ 0 16 68,7 12,3 10,1 8,9 30 Trübung kaum sichtb. 6,3 17a 56,1 15,2 26,3 2,4 30 — — b 56,1 15,2 26,3 2,4 30 klar 0 c 56,1 15,2 26,3 2,4 30 — — 18a 62,5 13,4 20,9 3,2 30 — — b 62,5 13,4 20,9 3,2 30 klar 0 c 62,5 13,4 20,9 3,2 30 — — 19 80 10 10 - - klar 0 20 90 8 2 - 6 Starke Trübung 15,5') 21 a b c 84,0 84,0 84,0 7,1 7,1 7,1 2,7 2,7 2,7 6,2 6,2 6,2 9 0 9 1 Starke Trübung 1 tritt am 3. Tage ein 16,0 16,0 16,0 22 84,5 2,7 10,3 2,5 7 Starke Trübung 7,4 23 86,9 0,1 9,6 3,4 30 klar 0 gewirkt, wie die Versuche 10 und 22 zeigen. "Wenn in der Tat bei 6^/0 eine günstige Wirkung der Kohlensäure sich geltend zu machen scheint, so ist dies vielleicht auf ein Phänomen physikalischer Natur zurückzuführen, indem bei diesem Kohlensäuregehalt der Sauerstoff sich in der Nährflüssigkeit weniger löst. Die beiden Wasserstoff oxydierenden Organismen sind also auf eine bedeutend niedrigere Sauerstofftension gestimmt, als sie 1) Am Ende des Versuches bestand der Eest des Gases aus: 6,77o CO2, 0,07o 0| 87,1 7oH, Eest N. 9* 132 Bronislaw Niklewski, in dem Knallgasgemiscli geboten wird. Es wird also damit ver- ständlich, daß sich einzeln jeder Organismus in dieser Atmosphäre nicht entwickeln kann. Die Grenze der schädlichen Wirkung dürfte ungefähr 7 — 8 7o Sauerstoff bei Atmosphärendruck liegen. Worin die Ursache dieser Erscheinung zu suchen ist, ist schwer zu erraten ; doch ist wohl besonders hervorzuheben, daß z. B, H. vitrea in manchen Fällen sich auch bei etwas höherem Sauerstoffgehalt, doch nach längerer Zeit, entwickeln konnte. Wenn aber beide Orga- nismen in Gemeinschaft miteinander auch in der Knallgasatmosphäre gute Entwicklungsbedingungen finden, so kann dies offenbar nur auf eine besondere symbiotische Wechselwirkung zurückzuführen sein. Die nähere Kenntnis dieser Symbiose dürfte auch zur Auf- klärung der schädlichen Wirkung höherer Sauerstofftension auf die beiden Organismen beitragen. Vor allem dürfte vielleicht das Ver- halten der Organismen organischen Stoffen gegenüber geeignet sein, der Aufklärung jener Erscheinungen näher zu kommen. IV. Die heterotrophe Ernährung der Wasserstoff oxydierenden Mikroorganismen. Das Studium des Verhaltens Wasserstoff oxydierender Mikro- organismen gegenüber organischen Stoffen ist auch besonders des- halb von Bedeutung, weil es in erster Linie zur Aufklärung der Mechanik dieser Wasserstoffoxydation führen kann. Als Quelle des für die biologische Wasserstoffoxydation notwendigen Kohlenstoff- materials dient die Kohlensäure, wie es schon von mir nachgewiesen worden ist^). Zunächst wird es also von Interesse sein, zu er- fahren, ob die gebildeten Stoffe wieder von den Organismen zerstört werden können, ob ferner überhaupt organisches Material von ihnen verarbeitet werden kann. "Ferner war es wichtig, festzustellen, ob die Gegenwart freien Wasserstoffes für diese Organismen eine not- wendige Lebensbedingung ist. Die zur Erledigung dieser beiden letzten Fragen dienenden Versuche wurden in der Weise ausgeführt, daß der üblichen mine- ralischen Nährlösung (ohne Agar-Agar) verschiedene organische Substanzen meist in einer Konzentration 0,1 oder 1,0 Vo zugesetzt wurden. Die Nährlösungen, in gewöhnUchen Reagensgläsern steri- lisiert, wurden mit den Reinkulturen in einem mit Wasserdarapf 1) A. a. 0., S. 925. über die Wasserstoff Oxydation durch Mikroorganismen. 133 vorher gereinigten Raum beimpft. Die Kulturen wurden dann in gewöhnlicher Atmosphäre in einem Thermostat bei 33" C. gelassen. Das Ergebnis der mit verschiedenen organischen Substanzen angestellten Versuche ist in Tabelle II wiedergegeben. Diese Ver- suche sind während der zwei Jahre zu verschiedenen Zeiten aus- geführt worden. Manche Stoffe, deren Nährwert zweifelhaft erschien, wurden bis 5 mal wiederholt, stets mit 3 — 5 Röhrchen, so daß also Irrtümer bei diesen Versuchen wohl ausgeschlossen sind. Tabelle IL Heterotrophe Ernährung der Wasserstoff oxydierenden Organismen. Organische Ver- Kon- zentration in 7o Hydrogenomonas vitrca Hydrogenomonas flava bindung Beobachtungen der Entwicklung Beobacht. der Entwicklung Glukose 0,1—5,0 sehr starke Trübung sehr starke Trübung Rohrzucker 1,0 sehr starke Trübung sehr starke Trübung Rohrzucker -|- Pepton R, = 3 P. = 1 sehr starke Trübung sehr starke Trübung, doch schwächer als in den zwei ersten Fällen Maltose 1 sehr starke Trübung sehr starke Trübung Mannit 1 sehr starke Trübung sehr starke Trübung Asparagin 0,1 sehr schwache Trübung deutliche Trübung Asparaginsäure 0,1 schwache Trübung deutliche Trübung Na-acetat 0,1 1,0 1 in einigen Kulturen ist keine > Entwicklung bemerkbar, in J anderen eine schwache gute Entwicklung Calacticum 1,0 Lösung bleibt klar starke Trübung K-butyrat 0,1 — gute Entwicklung 1,0 schwache Entwicklung sichtbar Lösung bleibt klar K - tartrat 0,1; 1,0 Lösung bleibt klar starke Trübung K-succinat 1 in einigen Kulturen ist keine Entwicklung bemerkbar, in anderen eine schwache schwache Trübung Na-formiat 0,1 Lösung bleibt klar sehr schwache Trübung 1,0 Lösung bleibt klar Lösung bleibt klar K - malat 0,1 Lösung bleibt klar sehr schwache Trübung Apfelsaures K 0,1 Lösung bleibt klar gute Entwicklung 1,0 Lösung bleibt klar Lösung bleibt klar K - citrat 1,0 Lösung bleibt klar Lösung bleibt klar Traubensäure 1,0 Lösung bleibt klar Lösung bleibt klar Laevulinsäure 1,0 Lösung bleibt klar Lösung bleibt klar Carbamid 1,0 Lösung bleibt klar Lösung bleibt klar K-hnmat 0,03; 0,1 Lösung bleibt klar Lösung bleibt klar Agar-agar 1,5 sehr schwache Entwicklung sehr schwache Entwicklung ][34 Bronislaw Niklewski, Zunächst ist es bemerkenswert, daß Stoffe, welche im all- gemeinen für heterotrophe Mikroorganismen eine gute Nährquelle bilden, auch die beiden Wasserstofi oxydierenden Organismen vor- züglich zu erüähren vermögen, so: Rohrzucker, Glukose, Maltose, Mannit. Hinsichtlich der übrigen untersuchten Verbindungen ist zunächst ein verschiedenes Verhalten der beiden Organismen auf- fallend. H. vitrea ist wählerischer als flava. Eine ganze Anzahl von Stoffen (Tartrat, Laktat, Formiat, Malat, äpfelsaures Salz) gewähren dem H. flava z. T. recht gute Ernährungsbedingungen, während sich H. vitrea auf ihnen nicht zu entwickeln vermag. H. flava scheint aber besonders empfindlich zu sein gegen die Kon- zentration der Nährstoffe, von denen manche in 1-proz. Lösung schon schädlich wirkten, dagegen in 0,1 7o die Entwicklung er- möglichten. Merkwürdigerweise waren zahlreiche Stoffe, welche sonst als gute Nährquellen gelten, vollständig ungeeignet den einen oder den anderen Organismus zu ernähren, besonders ist hier Carbamid, Citrat, äpfelsaures Salz, Laktat zu erwähnen, während das Asparagin, asparaginsaures Salz, Acetat H. vitrea schlecht er- nährten. Acetat und Succinat erscheinen für H. vitrea als zweifel- hafte Nährquelle; trotz zahlreicher Wiederholungen mit reinen Kulturen war das Resultat bald positiv, bald negativ. Morphologisch machte sich auch auf diesen organischen Nähr- böden der Unterschied in dem Wachstum beider Organismen in derselben Weise bemerkbar, wie ich es bereits bei den Versuchen mit anorganischem Nährboden beschrieben habe. Vor allem fehlen also für das Studium der heterotrophen Er- nährungsweise Untersuchungen darüber, in wieweit die Organismen das selbst hergestellte organische Material verarbeiten können und welcher Art die gebildeten Stoffe sind. Ferner war es in mancher Hinsicht interessant zu wissen, ob die beiden Organismen sich mit den organischen Stoffen auch anaerob behelfen können. Ich habe nur eine 1 - proz. Glukose- lösung unter Zusatz der üblichen anorganischen Nährsalze zu diesen Versuchen verwandt. Trotz großer Sorgfalt sind die Resultate nicht gerade befriedigend. Zunächst überzeugte ich mich, daß bei Anwendung von Glukose sehr geringe Sauerstoffmengen genügen, um eine starke Trübung hervorzurufen. Ich verwandte daher zu den Versuchen Buchnersche Kölbchen, welche zu V4 mit alkahscher Pyrogallollösung gefüllt waren. Die reichlich beimpften Kultur- röhrchen wurden in die Kölbchen hineingestellt. Die gut ver- über die Wasserstoffoxydation durch Mikroorganismen. 135 schlossenen Kölbchen wurden dann einen Tag bei Zimmertemperatur belassen, dann erst einer Temperatur von 33° C. ausgesetzt. Trotz mehrfacher Wiederholung dieser Versuche war das Resultat niemals eindeutig. Sowohl bei dem einen wie dem anderen Organismus entwickelte sich ein Teil der Kulturen, ein anderer Teil aber nicht; und doch halte ich Fehler bei der Impfung, insbesondere Fremd- infektion für ausgeschlossen. Wenn aber Wachstum beobachtet wurde, so war die Trübung nur an der Oberfläche wahrzunehmen, in den unteren Schichten war die Flüssigkeit ganz klar. Ich glaube also aus den Versuchen doch den Schluß ziehen zu dürfen, daß beide Organismen obligate Aeroben sind, denen auf der Glukoselösung eine äußerst geringe Menge Sauerstoff zur Ent- wicklung genügt. Dieses Resultat scheint mir nicht nur mit Rücksicht auf die Physiologie der Organismen, sondern auch für die von 0. Jensen^) berührten Fragen der Phylogenese der Mikroorganismen von Be- deutung. Wiewohl die Hypothese Jensens einer fundamentalen Aus- einandersetzung darüber bedarf, ob die verschiedenen an Bakterien beobachteten Erscheinungen wirklich auf entwicklungsgeschichtliche Basis zurückzuführen sind, so scheint es in der Tat bemerkenswert zu sein, daß auch die Wasserstoff oxydierenden Mikroorganismen wie bis jetzt alle prototrophe Bakterien Aerobionten sind. Aus den Ernährungsversuchen mit organischen Stoffen ersehen wir, daß die beiden Wasserstoff oxydierenden Organismen sich auch ohne freien Wasserstoff heterotroph zu ernähren vermögen; sie sind anscheinend zu so fundamental verschiedener Ernährungsweise be- fähigt, wie es sonst bei keiner Gruppe von Organismen bis jetzt beobachtet worden ist. Aus dem Verhalten verschiedenen orga- nischen Stoffen gegenüber zeigt sich, daß die beiden untersuchten Organismen auch physiologisch recht bemerkenswerte Unterschiede zeigen. V. Der Einfluß organischer Verbindungen auf die Oxydation des Wasserstoffs. Der Einfluß organischer Verbindungen auf die Wasserstoff- oxydation könnte sich in verschiedener Weise äußern. Von guten Nährstoffen wäre es zu erwarten, daß sie auf den Wasserstoff schützend wirken. Ferner wäre es von Interesse, zu erfahren, ob 1) Centralbl. f. Bakt., Bd. 22, S. 305. 136 Bronislaw Niklewski, die zur Wasserstoffoxydation notwendige Kohlensäure ersetzt werden könnte. Schließlich wäre noch der Einfluß organischer Verbindungen auf die Schädlichkeit höherer Sauerstofftension zu erforschen. Allerdings sind diese Fragen von mir nicht eingehend be- handelt worden, sondern ich habe nur einige orientierende Versuche angestellt. Die schützende Wirkung guter Nährstoffe habe ich leider nur an dem einen Organismus, H. vitrea, studiert. Es wurden mit der Reinkultur drei Nährlösungen beimpft, 0,5 7o Glukose, Mannit, Acetat unter Zusatz der üblichen anorganischen Nährsalze. Die Kölbchen wurden mit einem Gasgemisch ungefähr folgender Zu- sammensetzung gefüllt: 75 Teile Wasserstoff, 15 Teile Sauerstoff, 10 Teile Kohlensäure. In allen drei Kölbchen machte sich schon am dritten Tage eine starke Trübung bemerkbar. Doch hob sich die Quecksilbersäule in der auf Glukose gewachsenen Kultur gar nicht, in der Mannitkultur stieg sie bis 11,5 cm, in der Acetatkultur bis auf 18,5 cm. Bei Gegenwart eines so wertvollen Nährstoffes, wie es die Glukose ist, wird der Wasserstoff durch die Glukose geschützt. Aller disponible Sauerstoff wird zunächst für die Glukose- oxydation verbraucht. Da Mannit schon anscheinend ein Nährstoff geringeren Wertes ist, so wurde in dieser Kultur ein Teil des Wasserstoffes verbraucht, worauf das Steigen der Quecksilbersäule hinweist. In noch höherem Grade gilt dies vom Acetat, das für H. vitrea eine sehr schlechte Nährstoffquelle bildet. Zugleich mit diesen drei Kölbchen wurden drei ähnliche Kölbchen mit demselben Organismus beimpft, nur mit einem anderen Gasgemisch gefüllt, welches ungefähr aus 85 Teilen Wasserstoff und 15 Teilen Sauerstoff bestand. Die Atmosphäre war vöUig frei von Kohlensäure, da in die Kölbchen je ein Röhrchen mit konz. Kalilauge eingehängt wurde. Die mit Zucker gefüllte Nährlösung trübte sich stark und die Quecksilbersäule hob sich auf 21 cm. Dagegen fand in der Mannit- und Acetatlösung keine Entwicklung statt. Die Lösungen blieben ganz rein, die Quecksilbersäule hob sich nicht. Das Resultat ist äußerst merkwürdig. Es scheint daraus hervorzugehen, daß die zur Wasserstoffoxydation notwendige Kohlensäure weder durch Mannit noch durch Acetat ersetzt werden kann. Es bliebe aber aufzuklären, ■warum in einer derartigen Atmosphäre Mannit nicht als Nahrung dienen kann. Vielleicht ist auch zur Verarbeitung organischen Materials Kohlensäure notwendig (?). Dieser Versuch bedarf also über die "Wasserstoff Oxydation durch Mikroorganismen. 137 der Nachprüfung. Wenn auch trotz der Gegenwart des Röhrchens mit Kalilauge auf Glukose gute Entwicklung des H. vitrea und eine Oxydation von Wasserstoff stattgefunden hat (denn der hohe Stand der Quecksilbersäule ist nicht durch bloße Kohlensäure- absorption erklärbar), so ist vielleicht diese Erscheinung so zu er- klären, daß die aus der Glukose gebildete Kohlensäure nicht schnell genug entfernt, sondern zur Wasserstoflfoxydation verwandt wurde. Nicht ohne Einfluß scheinen aber auch die organischen Stoffe zu sein, welche keinen Nährwert für die beiden Organismen haben. Gleich am Anfang der Versuche mit Reinkulturen überzeugte ich mich, daß auf einem Agarnährboden mit den üblichen Mineralsalzen, auf welchem an der Luft die Organismen sich sehr kümmerlich entwickeln, jeder allein gut in einer Knallgasatmosphäre gedeiht; die hohe Sauerstofftension war also hier ganz unschädlich. So hat denn H. flava in einer solchen Kultur in wenigen Tagen die Queck- silbersäule auf 47,5 cm, H. vitrea auf 40,2 cm gehoben. Wie die Schädlichkeit höherer Sauerstofiftension durch die Gegenwart verschiedener organischen Verbindungen, welche zum Teil gar keinen, zum Teil nur einen äußerst notdürftigen Nährwert für die betreffenden Organismen darstellen, beeinflußt wird, zeigt Tabelle III (S. 138/39). Die Versuche sind alle unter Benutzung einer Knallgasatmo- sphäre ausgeführt worden. Es zeigte sich also, daß Stoffe, welche in gewöhnlicher Atmosphäre die sonst zu heterotropher Lebens- weise veranlagten Organismen nicht oder nur sehr schlecht zu ernähren vermögen, die schädliche Wirkung höherer Sauerstoff- spannung aufheben können. Es wird eine so vollständige Konden- sation des Gasgemisches erzielt, wie ich es sonst besser mit dem Gemisch beider Organismen nicht beobachtet habe. Allerdings auffälhg erscheint der stark verzögerte Beginn der Entwickelung und der Kondensation der Gase, zudem bei großer Unregelmäßig- keit der Parallelkulturen, ohne daß eine äußere Ursache dafür verantwortlich zu machen wäre. Wenn aber einmal der Prozeß begonnen hat, dann geht die Entwickelung der Organismen ebenso wie die Kondensation der Gase schnell vor sich, ähnlich wie wir es schon bei der Wirkung der an die schädliche Grenze reichenden Sauerstoffmengen beobachtet haben. Bei Anwendung von Malat und Formiat vergingen bisweilen zwei Wochen, ohne daß irgend eine Entwickelung sichtbar gewesen wäre; dann trübte sich plötzlich die Flüssigkeit, und meistens war in 2 — 4 Tagen alles disponible 138 Bronislaw Niklewski, Tabelle Der Einfluß einiger organischen Verbindungen auf die Wasserstoff- Hydrogenomonas vitrea K-tartrat = 0,l"/o K-malat = 0,l7o Na -formiat = 0,1 7o Versuchs- Stand der Versuchs- Stand der Versuchs- | Stand der dauer Hg -Säule in cm dauer Hg-säule in cm dauer Hg-säule in cm Nr.l Nr. 2 Nr. 3 Nr. 1 Nr. 2 Nr. 1 Nr. 2 Nr. 3 In 11 Tagen 56,3 18. XII. 31. XII. geimpft Beginn der Ent- 7. I 12. I geimpft 8 In wicklung 13. I 24,5 9 Tagen 45,0 1. I. 17 21 14.1 51,5 23. V. geimpft 2. I. 2G 28 15. I 51,5 8,0 27. V. 6,1 3. I. 31 38 16. I 17,5 7,0 28. V. 14,0 4. I. 41 50 17. I 32,5 17,0 29. V. 17,5 5. I. 49,5 54 18. I 39,5 43,0 30. V. 29,0 6. 1. 53,5 53,5 19. I 39,5 44,0 2. VI. 33,0 7. I. 54,0 53,5 Gas verschwunden. Dagegen wirkte die in einem Falle verwandte Humatlösung ganz anders, schon am vierten Tage fand deutliche Entwickelung und eine erhebliche Kondensation der Gase statt. Diese Erscheinungen scheinen dafür zu sprechen, daß die geimpften Zellen bei Verwendung von Formiat, Malat während der langen Zeit vor der Entwickelung gewisse Umwandlungen des organischen Materials vollführen , die ihnen das Wachstum er- möglichen, Umwandlungen, welche in Humatlösungen anscheinend leichter stattfinden, wenn wir annehmen, daß alle drei Stoffe in gleicher Weise wirken. Vielleicht liegt die Ursache der günstigen Wirkung der untersuchten Stoffe in der Kohlensäureabspaltung, durch welche die Zellen in eine sauerstoffärmere Atmosphäre ver- setzt werden als die ursprünglich gebotene. Durch organische Verbindungen, welche für die Organismen einen Nährwert haben, wird der fieie Wasserstoff mehr oder weniger geschützt. Doch auch organische Verbindungen, welche nicht als Nährquelle dienen können, sind nicht ohne Einfluß auf die Wasser- stoffoxydation, indem nämlich die für die Organismen schädliche Wirkung höherer Sauerstoffspannung aufgehoben wird. Dieser Tat- sache dürfte eine wesentliche Rolle für das weitere Studium dieser Organismen zukommen, indem sie vielleicht zur Aufklärung der symbiotischen Wechselwirkung beider Organismen führen wird. über die Wasserstoffoxydation durch Mikroorganismen. 139 III. Oxydation in einer mit Kohlensäure versetzten Knallgasatmosphäre. Hydrogenomonas flava K-malat^O,!"/« Na-formiat = 0,l7„ K-humat = 0,03 7o Versuchs- Stand der Versuchs- Stand der Versuchs- Stand der dauer Hg- Säule in cm dauer Hg- Säule in cm dauer Hg-säule in cm Nr. 1 Nr. 2 Nr. 1 Nr. 2 18. XII. geimpft 7. I. geimpft 23. V. geimpft 4. I. 8,5 4,0 15. I. 10,5 27. V. 20,4 5. I. 35,5 8,0 IC. I. 38,0 28. V. 31,7 6. I. 59,6 14,0 17. I. 42,5 29. V. 41,2 7. I. 42,5 22. I. 11,0 30. V. 67,0 8. I. 42,5 23. I. 42,5 VI. Der Mechanismus der Wasserstoffoxydation. Mit der Kenntnis der beiden beschriebenen Organismen haben wir einen neuen Beweis dafür, daß anorganische Stofife als Quelle von Betriebsenergie für Organismen dienen können. Das Studium dieser neuen Organismen dürfte aber deshalb unser besonderes Interesse erwecken, weil es uns aus methodischen Rücksichten Aussichten bietet, die Mechanik des Atmungsprozesses und viel- leicht auch die Nutzbarmachung der daraus gewonnenen Betriebs- energie kennen zu lernen. Wenn seit mehreren Jahren zahlreiche Untersuchungen vor- liegen, welche gewisse Teilprozesse der Atmungsvorgänge klargelegt haben, indem besonders Betriebsenergie liefernde Prozesse bei Mikroorganismen auf Enzymwirkung zurückgeführt worden sind, und in letzter Zeit das Studium dieser Fragen auch auf höhere Pflanzen erweitert worden ist, so scheint doch die wichtigste Frage, wie die bei jenen Prozessen frei werdende Energie vom Organismus aus- genutzt wird, fast vollständig außerhalb des Bereiches der Diskus- sion zu liegen. Seitdem Pfeffer') die Grundlagen für eine Ener- getik der Pflanze geschaffen hat, sind die Studien besonders in experimenteller Richtung wenig gefördert worden. 1) W. Pfeffer, Studien zur Energetik der Pflanze. Leipzig 1892. 140 Bronislaw Niklewski, Insbesondere fehlt mit Rücksicht auf die Kenntnis der At- mungsvorgänge jeglicher Aufschluß darüber, ob die chemische Energie in eine andere Energieform transformiert wird und erst so für die verschiedenen Zwecke des Organismus (mechanische Lei- stungen, Synthesen usw.) nutzbar gemacht wird, oder ob sie als solche vom Organismus ausgenutzt wird und erst nach den mate- riellen Umwandlungen gleichsam der Überschuß an Energie als Wärme oder in anderer Form nach außen entweicht. Die zweite Möglichkeit, daß also Atmungsvorgänge mit den übrigen Lebens- funktionen durch chemische Reaktion verkettet sind, wäre wohl am ehesten einer experimentellen Prüfung zugänglich, eine Annahme, welche der Pflügerschen Atmungshypothese zugrunde liegt. Be- sonders geeignet wären für das Studium dieser Fragen die proto- trophen Organismen, welche anorganische Körper als Betriebs- material benutzen und damit organische Körper aufbauen; und in dieser Gruppe scheinen Wasserstoff oxydierende Organismen aus methodischen Gründen besondere Vorteile zu bieten. Diese Studien sind an der Hand prototropher Organismen besonders auch deshalb aufzunehmen, weil ihre Existenz gegen die Pflüg er sehe Hypothese zu sprechen schien. Wie erwähnt, ist die in die Sphäre dieser Probleme fallende Frage, ob bei Wasserstoff oxydierenden Organismen der Wasser- stoff unmittelbar mit dem Sauerstoff in Verbindung gesetzt wird, sowohl von Käser er wie Lebedeff in den Vordergrund ihrer Untersuchungen geschoben worden, wie mir scheint, zum Schaden ihrer Arbeit; denn aus Mangel an Kenntnis zwar allgemein weniger wichtiger, doch für die Physiologie der Organismen wesenthcher Eigenschaften ist es schwer, die Identität der von ihnen unter- suchten Organismen festzustellen. Und gerade in dem wichtigsten Punkte stehen sich die beiden Autoren diametral gegenüber. Lebedeffs Argument ist, worauf ich schon hingewiesen habe, nicht stichhaltig. Besonders mit Rücksicht auf die Möglichkeit der heterotrophen Ernährung neige ich zu der Ansicht, daß die Kohlensäure durch den Wasserstoff reduziert und erst das gebildete Produkt oxydiert wird, wobei aber nicht die Bildung einer bestimmten Art von Produkten, etwa Kohlenoxyd oder Formaldehyd, gefordert zu werden braucht, umso weniger als diese besonders charakteristisch sein müssen für besondere Gruppen von Organismen, wie es Kaserer annimmt. Ohne einen derartigen Schematismus anzunehmen, glaube ich, daß vom Plasma verschiedene über die Waaserstoff Oxydation durch Miliroorganisnien. 141 organische Stoffe aus Kohlensäure und Wasserstoff gebildet und in verschiedener Weise verbraucht werden, nach Maßgabe der je- weiUgen Konstellationen in den Plasmateilchen. Vielleicht finden die Oxydationsprozesse der übrigen proto- trophen Organismen in ähnlicher Weise statt. Es wäre z. B. von Interesse, Versuche darüber anzustellen, ob z. B. die Schwefel- bakterien den Schwefelwasserstoff in eine organische Schwefel- verbindung überführen und diese unter Schwefel- bezw. Schwefel- säureabspaltung oxydieren, ob jener Schwefelwasserstoff durch irgend eine organische Schwefelverbindung ersetzt werden kann, anderseits ob normalerweise die Schwefelbakterien neben den Oxydations- produkten des Schwefelwasserstoffes auch Kohlensäure bilden, die allerdings nur intermediär auftreten könnte, um sofort wieder ver- arbeitet zu werden. Derartige Fragen, weiter verfolgt, könnten uns wesentliche Beiträge zur Kenntnis der Atmungsvorgänge liefern. VII. Zusammenfassung. Die Wasserstoff oxydierenden Bakterien habe ich bis jetzt unter Feststellung folgender Ergebnisse untersucht: 1. In der Knallgasatmosphäre bei Gegenwart von Kohlensäure entwickelt sich nach Impfung mit Erde auf mineralischer Nährlösung eine Kahmhaut, welche Wasserstoff unter Kohlensäurereduktion oxy- diert; diese Kahmhaut besteht aus zwei morphologisch wie physio- logisch verschiedenen StäbchenbakteVien : Hijdrogenomonas vitrea und flava. 2. Jeder dieser Organismen vermag sich allein in der Knall- gasatmosphäre nicht zu entwickeln, wohl aber beide zusammen unter Kondensation der Gase. 3. Die Ursache der Entwickelungshemmung jedes der beiden Organismen in der Knallgasatmosphäre beruht in der hohen Sauer- stoffspannung. Die Grenze der schädlichen Wirkung liegt ungefähr bei 53 mm Druck. 4. Die beiden Organismen sind auch zu heterotropher Lebens- weise befähigt. Jedoch liegen zwischen beiden Organismen deutliche Unterschiede in den Ernährungsansprüchen. Hydrogenomonas vitrea vermag sich auf einer Reihe von Sioffen nicht zu entwickeln, die für H. flava genügende Ernährungsbedingungen bieten. 142 B. Niklewski, Über die Wasserstoffoxydation bei Mikroorganismen. 5. Durch organische Verbindungen, welche für die Organismen einen Nährwert haben, wird der freie Wasserstoff mehr oder weni- ger geschützt. Organische Verbindungen, welche nicht als Nähr- quelle dienen können, können dennoch die für die Organismen schädliche Wirkung höherer Sauerstoffspannung beseitigen. Eine Entwicklung ist in Anwesenheit dieser Stoffe selbst in der Knall- gasatmosphäre möglich. 6. Der Mechanismus der Wasserstoffoxydation scheint mir in der Weise zu erfolgen, daß aus Wasserstoff und Kohlensäure organische Substanz gebildet wird, die der Oxydation anheimfällt. Jedoch bedarf diese Annahme einer experimentellen Bestätigung. Dublany, den 8. Mai 1910. Erklärung der Tafel -Figuren. Fig. 1. Rand der Kahnihaut einer Rohkultur, im Jahre 1906 photographiert und im Bull, de l'acad. des Sc. de Cracovie publiziert, ötägige Kultur. Das mit Karbol- fuchsin stark gefärbte Präparat wurde mit Hilfe der Zeiß'schen Ülimmersion '/12 photo- graphiert. Länge der einzelnen Individuen auf 1,5 fJ. geschätzt. Fig. 2. Hydroyenomonas vitrea. Reinkultur auf Agar-Agar. 4 tägiges Präparat, mit Anilin-Gentianaviolett gefärbt, mit Zeiß'schem Apochromat photographiert. Länge der Individuen auf 2 ja geschätzt. Fig. 3. Sydrogenqmonas flava. Reinkultur auf Agar-agar, 4 tägig. Das Präpa- rat in gleicher Weise gefärbt und mit demselben Apparat aufgenommen wie Fig. 2. Länge der Individuen auf 1,5 |x geschätzt. Fig. 4. Hydrogenomonas vitrea. Makroskopisches Bild der Reinkultur auf Agar in einer Petrischale. 4 tägig. Fig. 5. Hydrogenomonas flava. Kultur in gleichen Bedingungen gewachsen wie die Kultur der Fig. 4, doch bei der photographischen Aufnahme länger exponiert als Fig. 4. Jahrb. f. tviss. Botanik, Bd. XLVIII. Taf. III. ■r \ \. <• ^ > 'lib \ '''v <* Fig. 2. Fig. 3. Fig. 1. Fig. 4. Fig. 5. über die Veränderungen im anatomischen Bau der Wurzel während des Winters. Aus der Abteilung für Pflanzenkrankheiten des Kaiser -Wilhelms -Instituts für Landwirtschaft in Bromberg. Von Menko Plaut. Mit Tafel IV u. V. Paul Siedler*) gibt an, daß zwar die subepidermalen Schichten einiger Wurzeln der Koniferen oft eine erhebliche Resistenz gegen konzentrierte Schwefelsäure zeigen, „doch komme den Zellen des Rindengewebes eine bestimmte Differenzierung hinsichtlich der An- ordnung und des Inhaltes nicht zu". Ich habe vor kurzem gezeigt'''), daß jene äußeren Partien der Wurzelrinde eine wichtige histologische Eigenschaft besitzen, die dadurch besonders interessant erscheint, daß sie einige Familien stets aufweisen, während sie bei anderen fehlt. Legen wir die mit Eau de Javelle vorbehandelten Quer- schnitte verschiedener Gymnospermenwurzeln in Sudanglyzerin, so finden wir, daß die Wurzeln der Cycadeen, der meisten Taxaceen, der Cupressineen und Taxodieen in der äußeren Rinde ein oder mehrere Schichten besitzen, deren Zellmembranen sich mit dem Reagens rot färbende Suberinlamellen erkennen lassen. Wir nennen diese Schichten Intercutis (s. Krömer S. 32^). Im Gegensatz zu den oben erwähnten Familien fehlt sie in der Regel den Abietineen und Gnetaceen. Während echte Intercutisbildung den Pteridophyten vollkommen abgeht — sie kommt nur Selaginellaceen zu , die auch eine besondere Stellung durch die zuweilen vorkommende Tertiär- endodermis einnehmen (vergl. Mager, S. 26ff.) — findet sie sich 1) Paul Siedler, Über den radialen Saftstrom in den Wurzeln. Cohns Beitr. zur Biologie der Pflanzen, V. Bd., 1892, S. 421. 2) M. Plaut, Untersuchungen über die physiologischen Scheiden der Gymno- spermen, Equisetaceen und Bryophyten. Jahrb. f. wiss. Bot., Bd. XLVII, Heft 2. 3) K. Krömer, Wurzelhaut, Hypodermis und Endodermis der Angiospermen- wurzel, Stuttgart 1903, Bibl. bot. Bd. 59. 144 Menko Tlaut. also recht verbreitet unter den höher als diese entwickelten Gymno- spermen. Die Art ihres Vorkommens spricht dafür, daß nicht sowohl die Lebensweise der Gewächse, als wie die Phylogeiiie ihr Auftreten beeinflußt, ebenso wie das Vorkommen von Primär-, Sekundär- und Tertiärendodermis phylogenetisch bedingt zu sein scheint. Die Eusporangiaten, die Marattiaceen und Ophioglossaceen weisen nach den Untersuchungen von Rumpfund Baesecke ebenso wie die ältesten Leptosporangiaten, z. B. Osmunda, Toclea und Trichomcmes Primärendodermis auf. Die Auflagerung der Suberin- lamelle auf die Primärmembran der Endodermis ist für sämtliche Gymnospermen charakteristisch, sie gleichen in dieser Beziehung den jüngeren Farnen der leptosporangiaten Reihe. Die von Rumpf (S. 29) z. B. bei Struthiopteris germanica, Alsophila austraUs und Onoclea sensihilis beobachtete halbseitige Auflagerung der Suberin- lamellen kommt ihnen nicht mehr zu. Wie sich weiter heraus- gestellt hat, kann die Abnahme der Breite des Casparyschen Streifens nicht als phylogenetisches Merkmal augesehen werden, wie das Rumpf noch annahm. Es hat sich nun gezeigt, daß Zellen mit Korklamellen auch bei einer großen Reihe von Formen im Winter in der Wurzel- haube angetroffen werden. Nachdem H. Müller^) im Marburger Institut die Erscheinungen der Metacutisierung der Wurzelspitze bei einer Anzahl ausdauernder Monokotyledonen gefunden hatte, sie aber bei einjährigen Pflanzen nicht nachweisen konnte, fand ich-) diese Verhältnisse , viel schöner und mannigfaltiger in den Typen, bei den Gymnospermen ausgeprägt. Ich muß bezüglich der Einzel- heiten auf die Arbeit selbst verweisen. Die Entwicklungsgeschichte und Einzelheiten für eine bestimmte Pflanze habe ich in derselben kaum erörtert. Deshalb habe ich in diesem Winter meine Unter- suchungen an Taxus baecata fortgesetzt. Bei der Wurzelspitze der Eibe habe ich den Typus III festgestellt: Eine Intercutis ist vorhanden, es wird eine Verbindung durch metacutisierte Zellen mit der Sekun- därendodermis hergestellt, außerdem setzen sich die metacutisierten 1) Hch. Müller, Über die Metacutisierung der Wurzelspitze und über die ver- korkten Scheiden in den Achsen der Monocotyledonen. Bot. Zeit. 1906. 2) Leider sind in meiner erwähnten Arbeit einige sinnstörende Druckfehler. Ich bitte zur Besprechung der Gymnospermen die Figuren - Erklärung auf S. 184, nicht die Texthinweise heranzuziehen. S. 156 muß es statt Pinus Pinsapo Abies Pinsapo heißen, auf S. 184 ist zu berichtigen, daß die Suberinlamelle bei Fig. 12, nicht bei Fig. 13 zu sehen ist. Auf S. 149 muß bei II. Podocarpus gestrichen werden. S. 185 Z. 3 lies mehrschichtiges. über die Veränderungen im anatom. Bau usw. 145 Wurzelhaubenzellen an die Intercutis an. Dieser Fall ist der kom- plizierteste. Zunächst noch einige Bemerkungen über den Bau einer älteren Taxus-V/ urzel. Wir haben hier ein einschichtiges, distinktes Primitiv- epiblem (s. Plaut S. 132, 146) mit verholzten äußeren Tangential- und Radialwänden; dasselbe wird oft abgestoßen; darunter befindet sich eine ein- bis zweischichtige Intercutis, deren Zellen eine ver- holzte Primärmembran und eine aufgelagerte Suberinlamelle zeigen. Läßt man Wurzelquerschnitte von Taxus 12 Stunden in Eau de Javelle, so heben sich die Suberinlamellen faltig von der Primär- membran ab. Dann folgt meist eine Reihe von Zellschichten mit endotropher Mycorrhiza (s. von Tubeuf), p. 43). Die Intercutis- zellen sind stets frei vom Pilz. Leider konnte ich bei Burgeff^) keine genauen Angaben finden, wie sich die von ihm untersuchte Mycorrhiza der Orchideen zur Intercutis verhält. K. Skibata^) schreibt: „Einige der äußersten Zellschichten der Knöllchen von Podocarpus chinensis und P. Nageia beherbergen meist keine oder nur spärliche, derbe Pilzfäden, die eine ungemein dicke Wand be- sitzen." Podocarpus chinensis besitzt keine Intercutis, wir können also anscheinend nicht ohne weiteres schließen, daß es die Intercutis ist, welche die Pilzbildung in den äußeren Schichten verhindert. H. V. Alten*) bemerkt, daß verkorkte Lamellen den Pilzhyphen unüberwindbare Schranken zu sein scheinen, während verholzte Membranen von ihnen durchbohrt werden. Mit welchem Stoff die Verdickungen der ^-Zellen, die außer- halb der Endodermis liegen, imprägniert sind, ist zweifelhaft, da zwar die von Reinke beschriebene Veränderung mit Äther ein- tritt, dagegen die Harzreaktionen fehlschlagen. Mit Phlorugluciu- salzsäure werden dieselben intensiv rot, mit Anilinsulfat gelb, mit salzsaurem Dimethylamidoazobenzol (s. p. 150) rot, mit Sudanglyzerin, Indophenol und Gelbglyzerin tritt keine Färbung ein. Mit den er- wähnten Holzreagentien, insbesondere mit dem ersten und dritten, habe ich beobachtet, daß die Verdickungen sich nach voraus- 1) von Tubeuf, Die Haarbildungen der Coniferen. Forstl. naturwissenschaftl. Zeitschrift, 1896. 2) Burgeff, Die Wurzelpilze der Orchideen. Jena 1909. 3) K. Shibata, Cytologische Studien über die endotrophen Mycorrhizen. Pr. 1902, Bd. 37, S. 645. 4) H. V. Alten, Beiträge zur vergleichenden Anatomie der Wurzeln nebst Be- merkungen über Wurzelthyllen, Heterorhizie und Lentizellen, 1908, S. 97. Jahrb. f. wies. Botanik. XLVIU. 10 146 Menko Plaut, gegangener kurzer Eau de Javelle -Behandlung nicht gleichmäßig tingieren. Man sieht die Mittellamelle intensiv kirschrot gefärbt, dann eine Partie, die sich etwas schwächer färbt, und schließlich ganz außen zwei Schalen, die farblos bleiben (s. Tafel IV, Fig. 4). Die Primärmembran ist 0,3 fi dick, der sich färbende Teil 4,7 ^, der farblose (eine Schalenhälfte) 3,9 /t. Manchmal kann in die unverholzte Partie eine oder mehrere verholzte Lamellen ein- gelagert sein. Es fiel mir bei Sudanpräparaten auf, daß ab und zu eine Meta- cutisierung auch in den ^-Zellen eintreten kann (übrigens können auch einzelne metacutisierte Zellen in der übrigen Rinde sich finden. Auf einem Querschnitt einer Taxus -Wurzel fand ich 56 metacutisierte Rindenzellen, abgesehen von der Intercutis). Dann sieht man eine feine Suberinlamelle über die Verdickungen hinweglaufen. Die eben erwähnte Tatsache ist keineswegs leicht zur Beobachtung zu bringen, aber bei Anwendung von Immersion kann man sich schon davon überzeugen. Auf einem Querschnitt durch einen etwas älteren Teil der Wurzel habe ich höchstens 1 — 2 solcher metacutisierter - Zellen mit angrenzender Sekundärendodermis, Eau de Javelle, Sudan- glyzerin, Anilinsulfat, a Mittellamelle, b verholzter, c unverholzter Teil. Fig. 5. Membran einer metacutisierten Wurzelhaubenzelle, Primärmembran und Suberinlamelle, Behandlung wie das Präparat von Fig. 4. Tafel V. Fig. 6. Seitenpartie, zur Demonstration der Überschiebung und des einschichtigen distinkten Primitivepiblems; die Pfeilspitzen stellen die Richtung der Wurzel dar. Fig. 7. Partie einer metacutisierten Wurzelspitze, die metacutisierte Schicht vier- schichtig, Anlage des Zwischenstückes; in der Mitte ist die Metacutisierung noch nicht eingetreten. Fig. 8. Dasselbe wie in Fig. 7, nur ist das Verbindungsstück vollendet. > liihih.l.'in.nolaniJc. Bd. XL \W. Taf.V. M.Phnitgp/.. liTn.Atist i^EA TunJce, Lei^.-rij. Jahrb. rmButwiik. BdXUW. Taf.W. M.PIaiUgez. liTh.AtLSt vFA Tmite, Leipzig. Aposporie und Apogamie bei Trichomanes Kauifussii Hk. et Grew'). Von Peter Georgevitch. Mit 30 Textfiguren. Seit Bower") ist es uns bekannt, daß Trichomanes Kauifussii seine Prothallien apospor bildet, die auch Gemmen erzeugen. So hat Bo wer beobachtet, daß diese Pflanze nur Faden-, aber keine Flächenprothallien bildet, und daß die ersteren von einer Rand- oder Oberflächenzelle des Blattes ihren Ursprung nehmen. Diese Prothallien tragen seitwärts an ihren Zellen Rhizoiden, die eine braune Farbe aufweisen. An ihren Enden tragen solche Pro- thallien eine oder mehrere kurze Sterigmen, und auf diesen balanciert je eine spindelförmige Gemma. Bower hat die Keimung der Gemmen wohl beobachtet, und zwar eine laterale, sowie eine von den Enden der Spindel. Es ist aber beachtenswert, daß Bower keine Sexualorgaue an diesen fadenförmigen Auswüchsen der Gemmen finden konnte. Außerdem betonte Bower, daß er keine scharfe Grenze zwischen beiden Generationen (Sporophyt und Gametophyt) ziehen konnte, glaubte aber, daß dies nur durch eine exakte cytologische Untersuchung möglich wäre. Die angeführten Resultate Bowers können wir nur bestätigen und insoweit ergänzen, als wir die Entwicklung der Gemmen viel weiter verfolgen, und sogar die Bildung der Antheridien an deren Auswüchsen beobachten konnten. Zu diesem Zwecke haben wir fast ausschließlich das frische Material zur Untersuchung gebraucht, und nur ein Teil davon 1) Auszug aus einer Mitteilung der Serbischen Akademie der "WissenBchaften. 2) On Apospory and produetion of Gemmae in Trichomanes Kauifussii. Annais of Botany III, 11* 156 Peter Georgevitch, wurde zum Zwecke einer cytologischen Untersuchung in Flem- mingscher Flüssigkeit oder in Alkoholsublimat fixiert. Das Material stammt aus der reichen Kollektion des botani- schen Gartens in Kew, wo es mir in freundlicher Weise von der Direktion des Gartens zur Verfügung gestellt wurde. Ich ergreife daher diese Gelegenheit, der löbl. Direktion des botanischen Gartens, sowie dem Herrn L. A. Boodle, Keeper of Jodrell Laboratory, meinen herzlichsten Dank auszusprechen für die Erlaubnis, das Material sammeln und in Jodrell Laboratory bearbeiten zu können. Apospores I*t*oth(fUiurn, Es ist eine bekannte Tatsache, daß die FarnprothalHen nor- malerweise aus den keimenden Sporen gebildet werden. Wir kennen aber auch solche Fälle, in denen die Prothallien auch ohne Mitwirkung der Spore gebildet werden. Ein solcher Fall liegt uns vor für Trichomanes Kaulfussii. Es ist für diese Pflanze bemerkenswert, daß keine Sporen an ihren Wedeln gebildet Fig. 1. Die Bildung eines Fadenprothalliums aus einer Randzelle des Blättchens. Oc. III, Obj. II L. werden; dementsprechend könnten auch keine Prothallien gebildet werden. Trotzdem finden wir eine Fülle von Prothallien, welche gewöhnlich aus einer Rand- oder Oberflächenzelle der Wedel erzeugt werden. Ein solches Prothallium ist also apospor gebildet, wes- halb wir es ein apospores Prothallium nennen wollen. Eine solche, das Prothallium liefernde Zelle wächst zu einem längeren Faden aus, welcher transversal geteilt wird, und sich ver- zweigt. Eine zum Prothallium bestimmte Randzelle (Fig. 1) wächst aus dem Niveau des Blattes aus, und krümmt sich nach der Blatt- spitze zu. Dabei wird auch der Zellkern in demselben Sinne, wie die Zelle selbst, gekrümmt. Einzelne oder alle Zellen eines Faden- prothalliums können verschiedene Auswüchse tragen. Einige der- selben verkümmern, färben sich braun und werden zu Rhizoiden. Andere Auswüchse dagegen können weiter zu Fäden aus- wachsen und sekundäre Prothallien bilden. EndHch kann aus einer Aposporie und Apogamie bei Trichomanes Kaidfussii Hk. et Grew. 157 Terminalzelle eines Fadenprothalliums ein Flächenprotliallium ge- bildet werden. Solches Prothallium wächst an seinem Vegetations- punkte weiter und vergrößert seine Fläche (Fig. 2). Fig 2. Die Bildung eines Flächenprothalliums aus der Zelle eines Fadenprothalliums, Oc. III, Obj. IIL. In diesem Bilde sehen wir noch eine andere Vermehrungsart der Fadenprothalhen aus den Zellen der Flächenprothallien dar- gestellt. Auf der rechten Seite des Flächenprothalliums ist ein Faden- prothallium gebildet und stellt einiger- maßen die Verlängerung des ursprüng- lichen Fadenprothalliums dar. An der linken Seite des Flächenprothalliums ist eine Verzweigung nur angedeutet, ihre weitere Entwicklung ist aber durch die Bildung eines Rhizoids verhindert. Ein Prothallium kann außerdem in der Weise entstehen, daß eine Apical- zelle des Wedels zu einer Papille auswächst, welche durch zwei schiefe Zellwände von den übrigen Zellen ab- getrennt ist (Fig. 3). Nachdem diese Papille in die Länge gewachsen war, wird sie durch eine horizontale Zell- wand in zwei Zellen geteilt. Die eine dieser Zellen (distale) hat die Form einer Papille bei- behalten, die andere (proximale) ist aber fünfeckig geworden (Fig. 4). Flg. 3. Die Bildung eines Prothalliums aus einer Papille des Blattes, welche durch zwei schiefe Wände von den übrigen Zellen getrennt ist. Oc. III, Obj. IV L. 158 Peter Georgevitch, Durch weitere Teilung dieser beiden Zellen, oder vielleicht nur jener proximalen, wird eine ganze Reihe von viereckigen Zellen gebildet, unter welchen auch jetzt deutlich eine distale Papille, und eine proximale fünfeckige Zelle wahrzunehmen sind (Fig. 5). Die Zellen dieser Reihe teilen sich auch weiter in derselben Richtung und so wird ein Prothallium gebildet, welches eine Mittelstellung zwischen dem Faden- und dem Flächenprothallium einnimmt. Das Flächenprothallium kann auch direkt an dem Farnwedel und ohne Vermittlung eines Fadenprothalliums gebildet werden. Fig. 4. Die Papille ist durch eine quere Wand in eine distale Papille und eine proximale fünfeckige Zelle geteilt. Oc. III, Obj. IV L. Fig. 5. Durch fortgesetzte Teilung dieser Zellen ist ein Pro- ^^S- 6- thallium gebildet, welches eine Die Bildung der Sterigmen Mittelstellung zwischen dem aus einer Terminalzelle des Faden- und Flächenprothallium Prothalliuras. einnimmt. Oc. III, Obj. IV L. Oc. III, Obj. IV L. Eine Zellengruppe an der Spitze eines älteren Blättchens teilt sich rasch in einer Richtung, und die Blattspitze selbst wächst zu einem mehrere Zellen breiten und nur eine Zelle dicken Bande aus. Es ist sehr schwer, eine genaue Grenze zwischen dem Sporo- phyten und dem Gametophyten zu ziehen, und nur durch äußere Merkmale können wir dieselben unterscheiden. So ist der Sporo- phyt durch das Vorhandensein von dreiteiligen Borsten und Fibro- vasalsträngen charakterisiert, während der Gametophyt durch die Bildung der Rhizoiden und Sexualorgane gekennzeichnet ist. Aposporie und Apogamie bei Tnchomanes Kaulfussii Hk. et Grew. 1 59 Fig. 7. Die Bildung der Sterig- men aus zwei Terminal- zellen eines Prothalliums. Oc. III, Obj. IV L. Gemmae, An den Enden der Prothallien werden mehrere Gemmen ge- bildet, und zwar sowohl an der bandförmig ausgezogenen Blattspitze, als auch an den Spitzen der Fadenprothallien. Diese werden aber gewöhnlich durch Zellenteilung zuerst flächenhaft ausgebreitet, und solche Pro- thallien bilden einen Übergang zum Fläch en- prothallium (Fig. 8). Außerdem können Gemmen auch an den Verzweigungen der Fadenprothallien entstehen, und zwar entweder terminal, oder auch lateral an den Zellen (Fig. 18). Endlich können Gemmen auch an solchen Prothallien entstehen, welche einen Übergang von den Faden- zu Flächen- prothallien bilden. Eine Terminalzelle wird zuerst in zwei oder mehrere Tochterzellen geteilt, und eine jede dieser Zellen trägt dann je eine Gemma (Fig. 6 bis 7). Inzwischen sind alle Gemmen verschiedenen Ursprungs ganz gleichförmig und dienen der vegetativen Ver- mehrung ihrer Prothallien. Eine Gemma entsteht in der Weise, daß eine Terminalzelle eines Prothalliums papillenförmig in die Länge wächst (Fig. 8, 1-II). Wenn eine solche Zelle die nötige Länge erreicht hat, so wird sie an ihrem Ende kugelförmig erweitert (Fig. 8 III). Diese terminale Erweiterung wird bald durch eine Querwand von der übrigen Zelle getrennt und stellt die einfachste Form einer einzelligen Gemma dar. Der übrige Teil der Zelle wird aber zu einem flaschenförmigen Sterigma, oder, wie Gramer^) es nennt, zu einer Konidie. Dabei kommt es sehr oft vor, daß aus einer und derselben Zelle eine neue Gemma gebildet wird, bevor die zuerst angelegte Gemma sich vollständig entwickelte (Fig. 8, 7, II). Die geschilderten Verhältnisse sehen wir auch in Fig. 6 — 7 bei stärkerer 1) Denkschrift, Schweiz. Nat. Ges., 1888. Fig. 8. Die Bildung der Sterigmen und der Gemmen aus den Endzellen eines am Ende verbreiterten Fadenpro- thalliums. Oc. IV, Obj. II. 160 Peter Georgevitch, (t) Fig. 9. Eine zweizeilige Gemma mit ihrer Narbe. Oc.IV.Obj.IVL. Vergrößerung dargestellt. Hier ist besonders die Fig. 7 beachtens- wert, da die Terminalzelle in zwei Tochterzellen schon geteilt ist, welche wiederum zwei verlängerte Zellen geliefert haben. Die terminale Verdickung einer verlängerten Zelle wächst in transversaler Richtung und bekommt eine mehr oder weniger ovale Form. Dieses in transversaler Richtung (zum Sterigma) verlängerte Gebilde wird durch eine vertikale Scheidewand in zwei gleiche Segmente geteilt (Fig. 9). Durch wiederholte Teilung einer Hälfte in derselben Richtung entsteht eine dreizellige Gemma (Fig. 10), welche durch weitere Teilungen in derselben Richtung eine spindel- förmige Gestalt annimmt, und aus 5 — 6 tonnenförmigen Zellen bestehen kann. Während dieser Umwandlung der Gemma ist auch ihr Sterigma insoweit in Mitleidenschaft gezogen worden, daß ihre Substanz jetzt in die Zellen der Gemma transportiert, ihr oberes Ende braun gefärbt und brüchig geworden ist. Dadurch Fig. lü. Eine dreizellige Gemma. Oc.IV,Obj.IVL. Fig. 11. Die mittlere Zelle einer drei- zelligen Gemma ist papillen- förmig ausgewachsen und durch eine horizontale Querwand in zwei Zellen geteilt. Oc. IV, Obj. IV L. Fig. 12. Eine gebogene Gemma aus sieben Zellen. Oc. IV, Obj. II L. Fig. 13. Die Terminalzelle einer vierzelligen Gemma hat sich zweimal in verschiedener Richtung geteilt und zwei neue Zellen (au. fe) gebildet, welche die Verzweigung der Gemma darstellen. Oc. IV, Obj. II L. wird eine Gemma sehr leicht von ihrem Sterigma abgetrennt, wobei der obere, braune Sterigmenteil an der Gemma selbst als eine Narbe kleben bleibt. Nach dem dreizelligen Stadium der Gemma wird die Richtung der Zellteilung insoweit verändert, als die mittlere Zelle papillen- förmig auswächst, und durch eine horizontale Querwand in zwei Zellen geteilt wird (Fig. 11). Nach diesem Stadium setzt die weitere Zellteilung wieder durch vertikale Querwände ein, wodurch eine spindelförmige, aber etwas Aposporie und Apogamie bei Trkhomanes Kaulfussii Hk. et Grew. 161 gebogene Gemma entsteht, welche aus sieben Zellen besteht (Fig. 12). Sehr oft verzweigt sich eine Gemma in der Weise, daß eine Terminalzelle zweimal in verschiedener Richtung geteilt wird (Fig. 13). Durch weitere Teilung der Zelle a und h in der angedeu- teten Richtung entstehen mehrzellige, fadenförmige Auswüchse, welche auch von der anderen Terminalzelle ebenfalls entstehen können Fig. 14. Die Verzweigung einer Gemma an ihren beiden Enden. Oc. III, Obj. 11 L. (Fig. 14). Die Zellen dieser fadenförmigen Verzweigungen tragen sowohl an ihren Enden als auch lateral braune Rhizoiden, wodurch nur ihre gametophyte Natur gekennzeichnet wird. Dieser Prozeß der Gemmenverzweigung stellt unzweifelhaft ihre Keimung dar; diese muß aber nicht immer mit der Verzweigung Fig. 15. Das Auskeimen einer Gemma nur an einem Ende. Oc. IV, Obj. II L. der Gemmen in verschiedener Richtung verbunden sein, sondern nur die Verlängerung der Gemmen selbst an einem oder beiden Enden vermitteln (Fig. 16 — 16). Sehr oft erzeugt eine Terminalzelle der Gemma nach zwei- maliger Teilung ein Fadenprothallium von über 30 Zellen, sowie eine verkümmerte Zelle, die zum Rhizoid bestimmt ist (Fig. 14 u. 17). 162 Peter Georgevitch, Sexualorgane. Von den Sexualorganen konnten wir bei Trichomanes Kauf- fussii nur Antheridien beobachten, die aber keine vollständige Entwicklung durch- machen und des- halb der Befruchtung nicht dienen können. Die Antheridien wer- den an den Zellen der Fadenprothallien gebildet, und zwar sowohl an den pri- Fig. 16, Das Auskeimen einer ßemnia an ihren beiden Enden. Oc. IV, Obj. II L. Fig. 17. Eine vierzellige Getnma hat an ihrem linken Ende eine An- theridie, an ihrem rechten Ende dagegen ein mehrzelliges Prothallium mit Rhizoiden und Antheridien gebildet. Oc. I, Obj. II L. den sekundären Ver- mären, als auch an zweigungen (Fig. 18). Außerdem konnten wir feststellen, daß Antheridien auch an den Zellen der Gemmen gebildet werden. Die Bildung der Antheridien konnten wir in den relativ sehr jungen Stadien der Gemmen beobachten. So sehen wir in der Fig. 19 eine vier- zellige Gemma dargestellt, deren zweite Zelle (von rechts) eine Antheridie schon gebildet hat. Das ist übrigens das jüngste Stadium einer Gemma, welche eine Antheridie gebildet hatte. In diesem Falle hat aber die Gemma ihre Keimung nicht vollendet, sondern sie kann sich an ihren Enden weiter teilen und Padenprothalhen bilden. Einen analogen Fall sehen wir auch in der Fig. 20 darge- stellt, wo eine sechszellige Gemma auch eine Antheridie gebildet hat. Flg. 18. Eine Antheridie ist an dem sekundären Fadenprothalli- um gebildet; die Sterigmen sind terminal oder lateral an seinen Zellen gebildet. Oc. III Obj. II L. Aposporie und Apogamie bei Trichomanes Kmdfussü Hk. et örew. 163 Außerdem können Antheridien auch an einem oder an beiden Enden einer Gemma entstehen, wodurch solche Gemma ihre Fähig- keit, weiter zu keimen, einbüßt. Einen solchen Fall sehen wir in der Fig. 21 dargestellt. Diese Gemma ist in fünf Zellen geteilt, und die linke Terminalzelle hat schon eine Antheridie gebildet. Fig. 19. Die Bildung einer Anthe- ridie aus der zweiten Zelle (von rechts) einer vier- zelligen Gemma. Oc. IV, Obj. II L. Fig. 20. Wie in der Fig. 19; die Gemma besteht aber aus sechs Zellen. Oc. IV, Obj. II L. Fig. 21. Die linke Terminalzelle einer vierzelligen Gemma hat eine Antheridie gebildet, die rechte Terminalzelle hat sich dagegen zweimal geteilt. Oc. IV, Obj. n L. Die Bildung der Antheridien an beiden Enden einer Gemma ist in der Fig. 22 dargestellt. Auch diese Gemma ist in fünf Zellen geteilt, und ihre beiden Terminalzellen haben je eine Antheridie gebildet. Sehr oft kann eine und dieselbe Gemma Fadenprothallien bilden, obgleich sie an ihren beiden Enden Antheridien schon gebildet hat. So sehen wir in der B^ig. 23 eine vierzellige Gemma dargestellt, und an ihren beiden Enden je eine Antheridie, und zwar die linke in der Verlängerung, die rechte aber in der Richtung der Ver- Fig. 22. Fig. 23. Eine fünfzellige Gemma hat je eine Die beiden Terminalzellen einer vierzelligen Antheridie an ihren beiden Enden Gemma haben je eine Antheridie und eine gebildet. Oc. IV, Obj. II L. Zelle als Verzweigung der Gemma gebildet. Oc. IV, Obj. II L. zweigung der Gemma. Außerdem haben beide Terminal zellen dieser Gemma noch je eine andere Zelle gebildet, welche die Entstehung der Fadenprothallien vermitteln sollen. Wir haben auch Fälle beobachtet, wo eine Gemma zuerst gekeimt und Fadenprothallien gebildet hat, und erst die Zellen solches Prothalliums eine oder mehrere Antheridien tragen. So sehen wir in der Fig. 24 eine aus 164 Peter Georgevitch, vier Zellen bestehende Gemma dargestellt, welche an beiden Enden gekeimt hat. Die linke Terminalzelle ist zweimal nacheinander in ver- schiedener Richtung geteilt und hat zwei fadenförmige Auswüchse gebildet. Die rechte Terminalzelle hat sich nur in einer Richtung geteilt und ein aus drei Zellen bestehendes Fadenprothallium gebildet. Die letzte Zelle dieses Prothalliums hat eine Antheridie gebildet, und somit hat das Prothallium sein Wachstum beendet. Endlich sind wir auch solchen Fällen begegnet, in denen eine Gemma an einem Ende unmittelbar eine Antheridie gebildet hat und am anderen Ende zu einem langen Fadenprothallium aus- gekeimt ist. Ein solches Stadium sehen wir in der Fig. 17 dar- gestellt. Die Gemma ist in vier Zellen geteilt; die Unke Terminal- zelle trägt eine Antheridie, die rechte aber ist zweimal geteilt und hat ein Fadenprothallium sowie ein Rhizoid gebildet. Dieses Fig. 24. Eine vierzellige Gemma hat an ihrem linken Ende zwei Fadenprothallien gebildet, an ihrem rechten Ende nur ein Fadenprothallium, dessen Endzelle eine Antheridie trägt. Oc. IV, Obj. II L. Prothallium besteht aus 23 Zellen (in der Fig. 17 sind nur 7 Zellen dargestellt); einige dieser Zellen tragen einfache oder verzweigte Rhizoiden, die anderen aber Antheridien. Diese Eigenschaft des fadenförmigen Auswuchses ist wohl der beste Beweis für seine Gametophyten-Natur , da nur ein Prothalhum Antheridien und Rhizoiden tragen kann. Diese Tatsache ist wichtig für Trichomanes Kaulfussii, da bis jetzt angenommen wurde, daß dessen Gemmen keine Sexual- organe bilden. Für Trichomanes Kaulfussii Hk. et Grew. hat Bower diese Vermutung ausdrücklich betont, dennoch betrachtete er die Gem- menauswüchse als Prothallien, und meinte, sie seien denjenigen von Trichomanes alatum ähnlich. Darüber sagt Bower folgendes: „The filaments show characters similar to those of Trichomanes alatum, Aposporie und Apogamie bei Trichoniancs Kaulfussii Hk. et Grew. 165 and though no sexual organs have been found lipon tliem in Trichomanes Kaulfussii . . ." (p. 467). Ebensowenig konnte Bower an den Gemmen von Trichomanes alatiim Antheridien entdecken, welche er nur an den Prothallien beobachtet hatte. In neuerer Zeit sind aber Antheridien sowohl an den Brutknospen als auch an den Prothallien bei Trichomanes Kraussii von H. Woronin') beschrieben worden. In allen beschriebenen Fällen werden Antheridien folgendermaßen gebildet. Eine Terniinalzelle, oder seltener auch eine andere Zelle einer Gemma, oder eines Eadenprothalliums bildet einen kürzeren oder längeren Auswuchs in der Verlängerung der Gemma selbst, oder unter einem schiefen bis rechten Winkel mit der Zelle. Dieser Auswuchs stellt das Sterigma dar, welches eine Antheridie trägt. Durch eine Querwand wird der obere, kugelförmige Teil des Sterigma abge- trennt, aus welchem durch weitere Zell- teilungen eine Antheridie gebildet wird. Es ist augenfällig, daß ein Sterigma sehr ge- krümmt sein kann, fast unter einem rech- ten Winkel, wie das in der Fig. 17 dar- gestellt ist. Die Antheridie selbst besteht aus einer Schicht von peripheren Zellen, welche eine zentrale Masse umgrenzt, die bei einer normalen Entwicklung der An- theridien zur Bildung der Spermatozoiden bestimmt wäre. Wir haben aber in keinem einzigen Falle beobachten können, daß aus dieser zentralen Masse Spermatozoiden gebildet wurden, weshalb wir annehmen müssen, daß sie dem Zerfall unterliegen muß. Die periphere Zellschicht einer Antheridie wird aus ihrem erweiterten Teil gebildet, aus welchem die einzelnen Zellen durch konkave Scheidewände abgetrennt werden. Es ist sehr schwer, die Reihenfolge genau festzustellen, nach welcher die Zellen der peripheren Schicht gebildet werden. Es ist aber sehr wahrschein- lich, daß zuerst durch eine Querwand eine niedere Basalzelle in der Verlängerung der Sterigma abgetrennt wird (in der Fig. 25 und 27 a mit a bezeichnet). Bei weiterer Teilung einer Antheridie 1)- Apogamie und Aposporie bei einigen Farnen. Flora, Bd. 98. Fig. 25. Die Bildung einer Antlieridie aus der Terminalzelle einer Gemma. Durch vier konkave und eine gerade Wand sind fünf Zellen der peripheren Schicht abgetrennt. Oc. IV, Obj. IV L. 166 Peter Georgevitch, sehen wir ausschließlich konkave Zellscheidewände auftreten. In der Fig. 26 a, dem Bilde einer Antheridie bei hoher Einstellung, sind zwei äquatoriale und eine kürzere, vertikale Zellscheidewand dargestellt, durch welche diese Antheridie in vier Zellen geteilt wurde. Bei niederer Einstellung sieht man nur eine horizontale und jene kürzere, vertikale Zellwand (Fig. 26b). Von der Seite betrachtet, zeigt eine Antheridie in diesem Stadium vier konkave und eine horizontale Zellwand, welche die ganze Antheridie in fünf Zellen der peripheren Schicht geteilt haben (Fig. 25). In diesem Stadium sehen wir weiter, daß sich die Ter- minalzelle der Gemma zur Bildung eines Fadenprothalliums an- Fig. 26. Eine Antheridie von der Seite betrachtet, und zwar a bei hoher, b bei niederer Einstellung. Oc. IV, Obj. IV L. schickt, daß aber diese Verzweigung noch nicht durch eine Querwand von der Mutterzelle abgesondert ist. Ein weiteres Stadium in der Entwicklung einer Antheridie sehen wir in der Fig. 27 a bis 27 & dargestellt. In diesem Stadium ist die Antheridie in sechs Zellen der peripheren Schicht geteilt, welche eine zentrale Masse umgrenzen (Fig. 27 a). Von oben betrachtet erscheint diese Antheridie mittels vier äquatorialer Zellwände geteilt, durch welche außer anderen Zellen auch eine kleine, bikonvexe Zelle, die in der Fig. 27 b mit x bezeichnet ist, abgetrennt wurde. Es scheint, daß diese Zelle jene apikale Deckzelle darstellt, von welcher auch die anderen Segmente der Antheridie entstanden sind. Wir konnten aber weder das Auswachsen dieser Deckzelle in ein Rhizoid, noch die Entwicklung des Prothalliums aus einer Wandzelle des An- theridiums an unserem Material beobachten, wie das für Tr. Kraussn Fig. 27. a: Wie in der Fig. 25; die peri- phere Zellschicht besteht aber aus sechs Zellen. Oc. IV, Obj. II L. h : Wie in a, aber von oben be- trachtet. Oc. IV, Obj. II L. Aposporie und Apogamie bei Triciiomanes Kaulfussii Hk. et Grew. 167 von H. W 0 r 0 n i n und für Tr. rigidum von G o e b e 1 fest- gestellt wurde. Apogamie. Wir haben schon erwähnt , daß an den Prothallien von Tri- chomanes Kaulfussii überhaupt keine Archegonien gebildet werden, und daß die Antheridien niemals ihre Reife erreichen. Die natür- liche Folge dieser Tatsache ist es wohl, daß diese Pflanze sich noch lediglich vegetativ durch die Bildung von Sporophytenknospen vermehren kann. Wir hatten nicht genügend geeignetes Material zum eingehenden Studium dieser Verhältnisse, dennoch konnten wir in einigen Fällen konstatieren, daß an den Flächenprothallien eine Knospe gebildet wurde, deren Zellen die für den Sporophyten charakteristischen Stacheln trugen. In einem Falle konnten wir eine solche Sporophytenknospe beobachten, welche genau derjenigen Knospe entsprach, die Bower für Trichomanes alatum beschrieben und in seiner Fig. 52 abgebildet hat. Wir stellen also hier nur die Tatsache fest, daß in der Entwicklung von Trichomanes Kaul- fussii ein typischer Fall der Apogamie uns vorliegt, d, h. die apo- miktische Entstehung eines Sporophyten aus den vegetativen Zellen eines Gametophyten. Wir haben außerdem schon gesehen, daß der Gametophyt dieser Pflanze nicht, wie gewöhnlich, aus der Spore entsteht, sondern unmittelbar aus einer oder mehreren Zellen des Sporo- phyten, welche Erscheinung als Aposporie uns bekannt ist. In dem Entwicklungszyklus von Trichomanes Kaulfussii sehen wir also die beiden Erscheinungen, die Aposporie und die Apo- gamie gleichzeitig vertreten. Aus dieser Tatsache ist zu folgern, daß zwischen beiden Erscheinungen ein sehr enger Zusammenhang bestehen muß, da z. B. die Apogamie nicht einmal ohne Aposporie denkbar wäre. Es ist weiter eine bekannte Tatsache, daß während der Sporogenese die Chromosomenzahl der Spore auf die Hälfte reduziert wird, und daß die Zellen des Gametophyten, welche aus der keimenden Spore entstehen, ebenfalls die reduzierte Chromo- somenzahl führen müssen. Bei der apogamen Entstehung eines Sporophyten aus den vegetativen Zellen des Gametophyten müßten demnach auch die Zellen des Sporophyten die reduzierte Chromo- somenzahl führen. Um dies aber zu verhüten, tritt die Aposporie in den Entwicklungszyklus ein, und ermöglicht, daß die Zellen des Gametophyten die volle Chromosoraenzahl bekommen, d. h. die 168 Peter Georgevitch, Reduktionsteilung wird ausgeschaltet. Die Aufgabe unserer weiteren Forschung wird somit sein: die Feststellung der Chromosomenzahl sowohl in den Zellen des Sporophyten als auch in den Zellen des Gametophyten. Die Ergebnisse dieser Forschung werden uns er- möglichen, die genaue Grenze zwischen dem Sporophyten und dem Gametophyten zu ziehen. Diese Grenze muß folglich in denjenigen Zellen des Sporophyten liegen, in welchen eben ihre Chromosomen- zahl reduziert wurde. Sollten wir aber keine Reduktion der Chro- mosomenzahl feststellen, so wird auch diese cytologische Methode uns im Stiche lassen, und die Feststellung einer scharfen Grenze zwischen dem Sporophyten und dem Gametophyten wäre demnach un- möglich. Ebensowenig ist es möglich, auch äußerlich eine scharfe Grenze zwischen dem Sporophyten und dem Gametophyten zu ziehen. So ist der Sporophyt durch das Vorhandensein seiner dreieckigen Stacheln gekennzeichnet, welche auf der ganzen Oberfläche, und beson- ders an den Blatträndern vorhanden sind. Die Entstehung dieser Sta- cheln ist in der Fig. 27 veran- schaulicht. Eine Randzelle des Blättchens bildet einen Auswuchs, welcher noch gebogen sein kann. An der Spitze dieses Stieles sitzt eine dreiteilige Borste, die Einfügungs- weise der einzelnen Arme ist aus der Figur ersichtlich. Der Gametophyt ist dagegen durch das Vorhandensein der Rhizoiden und der Sexualorgane charakterisiert. Die Rhizoiden stellen konische oder verzweigte Auswüchse einer Zelle dar, und ihre Spitzen werden braun gefärbt. Die Lage der Rhizoiden kann an den Zellen eine terminale oder auch eine laterale sein (Fig. 14). Um die Zahl der Chromosomen in den Zellen des Sporophyten festzustellen, haben wir die jüngeren Blättchen dieser Pflanze ge- wählt, dieselben nach der Schnittmethode behandelt und die Schnitte nach Heidenhain mit Hämatoxylin gefärbt. Wir haben die Chromosomenzählungen in vielen Zellen vor- genommen, deren Kern sich in verschiedenen Phasen der Mitose Fig. 28. Die Bildung einer dreiärmigen Borste. Oc. III, Obj. II L. Aposporie und Apogamie bei Trichomanes Kaidfussii Hk. et Grew. 169 befand. In allen diesen Fällen konnten wir die Zahl der Chromo- somen annähernd auf achtzig feststellen. Diese Zahl stellt wohl nur eine annähernde, aber sehr wahrscheinliche Zahl dar. So haben wir in der Fig. 29 eine Zelle des Sporophyten dargestellt, in welcher die Zellspindel noch nicht gebildet wurde, und die Chromosomen zerstreut in der Kernhöhle liegen. Diese Lagerung der Chromosomen erleichtert einigermaßen die Zählung der Chromo- somen, von denen einige noch in Paaren, andere aber erst in der Längsteilung zu sehen sind. Li der Fig. 30 ist das Bild eines schiefen Schnittes durch ein Fadenprothallium dargestellt. Der Kern dieser Zelle befindet sich im Stadium der Kernplatte. Bei der Zählung der Chromosomen in dieser Zelle konnten wir ebenfalls dieselbe Anzahl, annähernd achtzig, feststellen. Wir haben auch weitere Zählungen vorgenom- men, und zwar in den Zellen, deren Kerne in Meta- und Fig. 29. Anaphase sich befanden, und Eine Zelle aus der Blattoberfläche. Der Kern TT 11/^1 befindet sich in der Prophase. immer wurde dieselbe Chromo- Oc. VIII, Obj. Apochr. Immersion 2 m/m Zeiß. somenzahl ermittelt. Aus den mitgeteilten Resultaten bei den Chromosomenzählungen in den Zellen des Sporophyten und des Gametophyten geht wohl deutlich hervor, daß die Chromosomenzahl in den Zellen des Sporophyten beim Übergang zum Gametophyten nicht reduziert wird. Somit können wir die Angaben bestätigen, welche Farmer und Digby') für Athijrium Felix - foeyniyia var. clarissima Jones gemacht haben, und zwar „that the transition from the Sporophyte to the Gametophyte in this Fern is attended by no reduction or alternation in the number of the chromo- somes ..." (p. 164). 1) Stud. in Apospory and Apogamy in Ferns. LXXXII, 1UÜ7. Ann. of Bot., Vol. XXI, no. 11=* ] 70 ^- öeorgevitch, Aposporie u. Apogamie b. TricUomaneg Kcmlfussii Hk. et Grew. Auf Grund dieser Feststellung ist es wohl nicht möglich, eine scharfe Grenze zwischen dem Sporopbyten und dem Gametophyten auch cytologisch festzustellen. Es wäre wohl denkbar, daß man die Form der Chromosomen, sowie die Anzahl der Nukleolen zur Unterscheidung des Sporo- phyten und des Gametophyten verwerten könnte. Deshalb haben wir unsere Aufmerksamkeit auch auf diese Zellbestandteile ge- richtet, konnten aber dabei keine Unterschiede feststellen. Die Form und die Größe der Chromosomen und der Nukleolen in den Zellen des Sporophyten sowie des Gametophyten sind vöUig gleich. Auf Grund dieser Feststellung können wir uns wohl der Meinung Farmer-Digbys anschließen und annehmen, daß die Aposporie Fig. 30. Schiefer Schnitt einer Prothalliumzelle. Die Chromosomen befinden sich im Stadium der Kernplatte. Oc. VI, Obj. Apochr. Immersion 2 m/m Zeiß. immer die Reduktion der Chromosomen aus dem Entwicklungszyklus der geschilderten Pflanzen ausschließt. Die Resultate, welche wir beim Studium von Trichomanes Kaulfussii gewonnen haben, können somit die obige Theorie Farmer-Digbys nicht nur bestätigen, sondern ihre Gültigkeit noch für eine neue Pflanze erweitern. Zum Schluß können wir noch erwähnen, daß wir in den Zellen des Gametophyten von Trichomanes Kaulfussii keine Verschmelzung ihrer Kerne beobachten konnten, welche Erscheinung Farmer- Digby für Lastrea pseudomas var. polydadyla Wills festgestellt hatten. Diesen Unterschied kann man wohl aus den mitgeteilten Resultaten verstehen, da die Zellen des Gametophyten in Tricho- manes Kaulfussii durch Aposporie die volle, unreduzierte Zahl der Chromosomen bekommen und deshalb keine Vervollständigung der- selben nötig haben. Der Einfluß des Lichtes auf die Permeabilität der Plasmahaut. Von A. Tröndle. Mit 4 Textfiguren. Einleitung. Wolil allgemein sind die Pflanzenphysiologen der Ansicht, daß die Plasmahaut, als Organ, das über den diosmotischen Ein- und Ausgang der gelösten Stoffe entscheidet, befähigt ist, ihre Durch- lässigkeit regulativ zu ändern, so daß zu gewissen Zeiten ein be- stimmter Körper leichter, zu andern schwerer oder auch gar nicht permeiert. Hinweise auf die Notwendigkeit solcher Regulationen der Permeabilität finden sich an manchen Stellen in der Literatur verstreut. So schreibt z. B. Pfeffer (V, 1. Bd., S. 86/87): „Es ist wohl zu beachten, daß die Plasraahaut ein lebendiges und vom Organismus abhängiges Organ ist, dessen sich der Protoplast zur Regelung des Verkehrs mit der Außenwelt bedient. Im Zusammen- hang mit dieser Aufgabe besitzen die Plasmahäute verschiedener Pflanzen gewisse Unterschiede und voraussichtlich werden transi- torische oder bleibende Variationen der Plasmahaut häufig dazu, benutzt, um die Aufnahme (oder Ausgabe) eines bestimmten Körpers zeitweilig einzuleiten oder zu unterdrücken. Ohne Frage ist die lebendige Grenzschicht des Protoplasten in weit höherem Maße zur Veränderung der Eigenschaften befähigt, als die Zellhaut, und das umsomehr, als die aufbauenden Teile leicht verschoben und in das Innere des Protoplasmas zurückgeführt werden können. Mannig- fache Erfahrungen sprechen in der Tat dafür, daß in der Pflanze vielfach mit Modifikation der diosmotischen Qualität operiert wird, doch lassen sich freilich ganz einwandfreie Beweise zurzeit nicht beibringen." 172 A. Tröndle, Und ferner (IV, S. 282): „So dürfte z. B. die Plasmahaut, resp. der ganze Protoplast, abgesehen von spezifischen Eigenschaften, mit zeitlicher Entwicklung oder mit der jeweiligen Tätigkeit in seinen Eigenschaften sich ändern und in dieser Hinsicht kann natür- lich ein von dem Außenmedium ausgehender Reiz unter Umständen mitspielen." Seitdem sind mehrere Arbeiten erschienen, die das Studium der Regulation der Permeabilität zum Gegenstand haben. Nathansohn (I, II, III) und nach ihm Meurer versuchten nachzuweisen, daß permeierende Salze aus der Außenlösung nicht bis zum Konzentrationsgleichgewicht aufgenommen würden, sondern nur bis ein bestimmtes Verhältnis der Konzentration in der Zelle zur Außenkonzentration hergestellt wäre. Wurden nachher die Objekte in verdünntere Lösungen übertragen, so sollte das betreffende Salz so lange exosmieren, bis wieder das gleiche Verhältnis der Innen- zur Außenkonzentration hergestellt wäre. Das alles wäre natürlich nur verständlich gewesen, wenn das Plasma selbst regulativ durch Änderung der Permeabilität in den Vorgang der Endo- und der Exosmose eingegriffen hätte. Nun hat aber Ruhland durch sehr sorgfältige Untersuchungen überzeugend nachgewiesen, daß diese Resultate ledigHch die Folge der gewählten Versuchsanordnung sind, und daß bei geeigneter Versuchsanstellung das Salz bis annähernd zum Konzentrationsgleichgewicht eindringt. Es ist deshalb bis jetzt nicht erwiesen, ob eine Regulation der Permeabilität im Nathan- sohn sehen Sinne wirklich vorkommt. Eine Änderung (Erhöhung) der PermeabiHtät unter dem Ein- fluß bestimmter Salze konnte Fluri nachweisen. Die Plasmahaut der Spirogyren erwies sich nach dreitägigem Aufenthalt in 0,01 Vo Aluminiumsulfat bei nachheriger Plasmolyse völlig permeabel für Kaliumnitrat, Glyzerin, Rohrzucker, Traubenzucker, Natriumsulfat, Ammoniumchlorid, Ammoniumsulfat, Kaliumacetat, Kaliumtartrat. Wurden die Spirogyren aus dem Aluminium sulfat wieder in Leitungs- oder Regenwasser zurückgebracht, so trat in den genannten Stoffen wieder normale Plasmolyse ein. Gleich wie Aluminiumsulfat wirkten einige andere Aluminiumsalze und ebenso salpetersaures Yttrium und Lantan. Ob nun allerdings diese Permeabilitätsänderung eine Reaktion des Protoplasmas ist, oder ob sie bloß chemisch -physi- kalisch, durch vorübergehende Bindung des Aluminiums in der Plasraahaut zustande kommt, ist vorläufig noch unentschieden. Der Einfluß des Lichtes auf die Perineabilität der Plasmahaut. 173 Mit dem Einfluß der Temperatur auf die Permeabilität befaßten sich Krabbe und Rysselberghe. Der erstere legte entsprechende Hälften jugendlicher Markgewebezylinder von Helianthus annuus in plasmolysierende Zuckerlösungen, deren Temperatur einerseits 0 bis 1 " 0, anderseits 20 " C betrug, und wobei die Kontraktionsgrößen der Markstücke sich verhielten wie 1 : 3 — 5. Die endlich erreichte Kontraktionsgröße war in beiden Temperaturen annähernd die gleiche, wurde aber bei 20 ° viel schneller erreicht als bei 0 ". Bei Versuchen in reinem Wasser von 0 " und von 20 " verhielten sich die Verlängerungen der entsprechenden Hälften im Mittel wie 1 : 4,22 (nach den ersten 10 — 30 Min.) Krabbe berechnet nun auf Grund der Pf eff ersehen Ver- suche, daß die Geschwindigkeit der Wasserbewegung durch eine Ferrocyankupfermembran bei einer Steigerung der Temperatur von 0 — 20 " von 1 auf 1,68 bis 1,88 steigt. Er macht ferner darauf aufmerksam, daß die Geschwindigkeit der Bewegung des Wassers in Kapillaren bei 20 ^ etwa doppelt so groß ist wie bei 0 ^ und daß W. Schmidt für die Wasserbewegung durch tierische Häute ein ähnliches Resultat erhalten hat. Daraus schließt Krabbe (S. 482): „Es ist nun nicht an- zunehmen, daß die Temperatur auf die wasserdurchtränkte Plasma- haut eine ganz andere physikalische Wirkung ausübt, als auf irgend welche andere Membranen, z. B. Ferrocyankupfermembran. Die Qualitätsänderungen des Plasmaschlauches infolge Temperatur- schwankungen sind daher nicht rein physikalischer Natur, sondern sie resultieren zum Teil aus Vorgängen, die von der Lebenstätigkeit des Plasmas abhängen." Dieser Schluß ist, wie leicht einzusehen, nicht zwingend, denn es ist absolut nicht bewiesen, daß für die Plasmähaut der gleiche Temperaturkoeffizient gelten muß wie für eine Ferrocyankupfermembran. Die ausgedehnteren Untersuchungen Rysselberghes ergaben, daß die Permeabilität für Wasser, Kaliumnitrat, Glyzerin und Harnstoff bei 0 0 6° 12« 16*^ 20" 25 » und 30 '^ sich verhält wie 1 2 4,5 t; 7 7,5 8. Es nimmt also die Permeabilität von 0 — 6° langsam, von 6 bis gegen 20" rascher und über 20 ° wieder langsamer zu. Als Versuchsobjekte dienten Tradescantia discolor und Spirogyra. Die Methode war zum Teil die von Krabbe angewandte, zum Teil wurde aber auch die Zeit bestimmt, die nötig war, bis Plasmolyse eintrat oder die umgekehrt verstrich, bis plasmolysierte Zellen, nachdem sie in 174 A. Tröndle, Wasser übergeführt waren, wieder deplasmolysiert waren. Ryssel- berghe neigt der Ansicht zu, daß seine Versuchsresultate sich rein physikalisch erklären lassen; er fügt aber bei (S. 235): „Cependant, meme apres tout cela, on serait mal venu ä vouloir nier toute action vitale du protoplasme dans le but de faciliter ou d'entraver partiellem ent, suivant la temperature le passage de l'eau". Darin wird man Rysselberghe ohne weiteres beistimmen, aber man wird auch mit ihm einig gehen, wenn er sagt, daß aus seinen Versuchen, ebensowenig wie aus denen Krabbes, ein vitales Eingreifen sich nicht mit Notwendigkeit ableiten läßt. Ob die Temperatur bei der Permeabilitätsänderung als Reiz oder bloß rein physikalisch wirkt, ist somit noch unentschieden. Lepeschkin (II, III, IV) untersuchte hauptsächlich die Per- meabilität der Zellen in den Gelenkpolstern von Phaseolus und Mimosa. Es fand im Lichte die Permeabilität in der oberen Ge- lenkhälfte etwas höher als in der unteren. Nach Verdunkelung trat eine Permeabilitätsabnahme ein, und zwar oben stärker als unten. Allgemein war die Permeabilität im Hellen 1,2 — 1,5 mal so groß als im Dunkeln. Die Untersuchung geschah mit Hilfe dreier verschiedener Methoden. Nach der einen, der sogenannten chemischen Methode, wurden die aus den abgeschnittenen Gelenken ins umgebende Wasser exosmierten Stoffmengen abgewogen und aus einer Ver- mehrung der exosmierten Menge auf eine Erhöhung der Perme- abilität geschlossen. Die Methode der Konzentrationsverminderung besteht darin, daß die Turgorabnahme bestimmt wird, wenn die Gelenkschnitte einige Zeit in Wassej- gelegen haben. Am einwand- freiesten und am anwendungsfähigsten ist aber die Methode der isotonischen Koeffizienten, wobei Lepeschkin so vorging, daß er die plasmolytischen Grenzkonzentrationen eines permeierenden Stoffes (Salpeter) und eines nicht permeierenden (Rohrzucker) bestimmte und daraus den isotonischen Koeffizienten des permeierenden Körpers berechnete. Der so gefundene Koeffizient ist natürlich kleiner als der theoretisch zu fordernde und Lepeschkin hat eine besondere Formel abgeleitet (I), womit man aus dem ge- fundenen und dem theoretischen Koeffizienten die Permeabilität berechnen kann. Diese Methode habe ich in den folgenden Untersuchungen auch benutzt. Wie ein Vergleich mit Lepeschkin (I) lehrt, habe ich aber die Formel in einfacherer Weise abgeleitet, wobei ich nicht Der Einfluß des Lichtes auf die Permeabilität der Plasmahaut. 175 von den isotonischen Koeffizienten, sondern von den Dissoziations- faktoren ausgehe. Im übrigen ist das Resultat das gleiche, ob man mit Lepesclikins oder mit meiner Formel rechnet. Auch bei Tradescantia diseolor und Spirogyra konnte Le- peschkin (IV^) Abnahme der Permeabilität nach Verdunkelung feststellen. Aus der Lepeschkinschen Untersuchung geht mit Sicherheit hervor, daß er Permeabilitätsänderungen feststellte und daß das Licht dabei von Einfluß ist. Als die Lepeschkinsche vorläufige Mitteilung (III) erschien, hatte ich bereits am Linden- und Buxbaumblatt eine größere Reihe Permeabilitätsbestimmungen gemacht, aus denen hervorging, daß hier das Licht ebenfalls von Einfluß ist, worüber ich in einer vor- läufigen Mitteilung berichtet habe. Im Interesse der Sache schien es mir geboten, meine Unter- suchungen weiterzuführen und den Einfluß des Lichtes auf die Änderung der Permeabilität genauer zu analysieren. Die Unter- suchungen, die ich zu dem Zwecke anstellte, lege ich nun hier vor. In einem ersten, größeren Teil sollen die experimentellen Untersuchungen vorgeführt werden, während der zweite kleinere Teil die im Freien unter den natürlichen Vegetationsbedingungen gemachten Beobachtungen enthält. A. Physiologischer Teil. I. Methode zur Bestimmung der Permeabilität der Plasmahaut. Im Sommer 1908 üiachte ich die überraschende Beobachtung, daß Pahsaden- und Schwammparenchymzellen in den Schnitten eines Lindenblattes, die am Abend des .3. August in Kochsalz- lösungen von 0,2, 0,4, 0,6, 0,8, 1, 2, 3, 4 und 5 Mol gelegt wurden, am nächsten Morgen nicht plasmolysiert waren. Daß der Grund dieses Verhaltens in einem besonders hohen osmotischen Drucke zu suchen sei, war von vornherein wenig wahr- scheinlich, denn der Druck der Zellen hätte in dem Falle den Druck einer 5-moligen Kochsalzlösung übersteigen, also größer als 150 at sein müssen. Eher schien es möglich, daß die betreffenden Zellen für NaCl in hohem Grade permeabel waren, trotzdem nach der herrschenden Auffassung Salze nur in ganz geringem Maße in 176 A. Tröndle, die Zelle einzudriDgen vermögen. Um die Frage zu entscheiden, stellte ich die folgenden Versuche an mit Blättern von Tilia cor- data Mill. Versuch 1 {Tilia cor data). S.August. 8"* vorm. (sonniges Wetter): Blatt abgeschnitten. 9"" vorm.: Ein Schnitt wurde auf den Objektträger in 1 Mol NaCl gelegt. Es trat zum Teil gleich Plasmolyse ein, im Palisaden- wie im Schwammparencbym. Viele Pali- saden- und Schwammparenchymzellen ließen aber keine Abhebung erkennen. Eine Stelle mit deutlich plasmolysierten Zellen wurde im Mikroskop eingestellt und weiter beobachtet. 10^" vorm.: In einer Schwammparenchymzelle ist die Plasmolyse ganz, in einer anderen fast ganz zurückgegangen. 12^' nachm. : Die Plasmolyse ist in den beobachteten Zellen fast völlig zurückgegangen. 2°° nachm.: Die Zellen sind völlig deplasmolysiert. Versuch 2 (Tilia cor data). 5. August. Gleiches Blatt wie in Versuch 1. 4"° nachm.: Ein Schnitt kam in 1 Mol Na Gl auf den Objektträger. 4^" nachm.: In fast allen Zellen des Schnittes ist schwache Plasmolyse eingetreten. Eine Stelle mit plasmolysierten Zellen wurde weiter beobachtet. 4^° nachm.: In zwei Parenchymzellen Plasmolyse völlig zurück. .5^° nachm.: Eine stärker plasmolysierte Zelle ist deplasmolysiert. 5^" nachm. : In zwei weiteren Parenchymzellen Plasmolyse ganz zurück. 5** nachm.: In einer Pai'enchymzelle Plasmolyse zurück G*"^ nachm.: An der beobachteten Stelle sind alle Zellen mit Ausnahme von zweien völlig deplasmolysiert. 6^" nachm. : Auch in den zwei stärker plasmolysierten Palisadenzellen ist die Plas- molyse völlig verschwunden. Im ganzen Schnitt, der nun durchgemustert wurde, waren keine plasmolysierten Zellen mehr. "Während der ganzen Dauer der Beobachtung wurde mit Fließpapier immer wieder Na Gl 1 Mol durchgesaugt, um eine Erhöhung der Kon- zentration durch Verdunsten des Wassers zu verhindern. Aus diesen beiden, miteinander übereinstimmenden Versuchen ist zu schließen, daß Palisaden- und Schwammparenchymzellen des Lindenblattes in beträchtlichem Maße für Na Gl permeabel sind. Es interessierte mich nun auch, das Verhalten eines Nichtelektro- lyten zu prüfen, und ich wählte dazu Rohrzucker. Versuch 3 (Tilia cor data). 6. August 8*° vorm. (Eegen): Blatt abgeschnitten.' Ein Schnitt wurde direkt in 1 Mol NaGl gelegt. Nach 1 — 2 Min. waren alle Zellen schwach plasmolysiert. Ein neuer Schnitt kam in Rohrzucker 0,3 Mol., 9°" vorm. Während der bis 9^° dauernden direkten mikroskopischen Beobachtung ist keine Plasmolyse eingetreten. Ein Schnitt in Saccharose 0,6 Mol. 9*° vorm.: Bis 10^° keine Plasmolyse. Rohr- zucker 0,9 Mol verhielt sich gleich. Ein Schnitt in 1,2 Mol 11°° vorm. 11^^ vorm.: In manchen Zellen eben wahrnelimbare Plasmolyse. 11-^ vorm.: In allen Zellen schwache Plasmolyse. Der Einfluß des Lichtes auf die Permeabilität der Plasmahaut. 177 11" vorm.: Die Plasmolyse ist stärker geworden (besonders an den Palisadenenden deutlich), stärker als in Na Ol 1 Mol. 6"° nachm. : Die Plasmolyse ist noch gleich, nicht zurückgegangen. Die zwei beobachteten Schnitte wurden nun in eine Schale mit Saccharose 1,2 Mol gelegt und über Nacht darin gelassen. 7. August 8^° vorm. : Die Plasmolyse ist unverändert, nicht zurückgegangen. Versuch 4 (Tüia cordata). 6. August 7°° nachm.: Vier Querschnitte aus dem gleichen Blatt wie in Versuch 3 wurden in Saccharose 1,2 Mol gelegt. Nach etwa 30 Min., als überall Plasmolyse ein- getreten war, übertrug ich die Schnitte vom Objektträger in eine Schale mit 1,2 Mol Rohrzucker und ließ sie über Nacht darin. 7. August 8** vorm. : Die Plasmolyse ist unverändert, die Schnitte wurden wieder in die Lösung zurückgebracht. 2*^ nachm.: Plasmolyse noch gleich, Schnitte wieder in die Schale. 6^° nachm.: Plasmolyse immer noch vorhanden. 8. Aug. 8^" vorm.: Die Zellen sind an manchen Stellen ganz, an anderen fast ganz deplasmolysiert. Versuch 3 und 4 ließen also erkennen, daß Rohrzucker zwar auch eindringt, aber nur äußerst langsam, denn während die Plas- molyse in NaCl in 2V2 — 5 Stunden völlig zurückgegangen war, dauerte der gleiche Vorgang bei einer annähernd gleich starken Plasmolyse in Saccharose mehr als IV2 Tage. Um noch sicherere Vergleichswerte zu bekommen, stellte ich einige Parallelversuche an, wobei in einem Mikroskop die Plasmo- lyse in Na Gl und in einem zweiten Mikroskop die Plasmolyse in Rohrzucker bei gleicher Vergrößerung beobachtet wurde. Die Kon- zentrationen der beiden Lösungen wurden so gewählt, daß anfänglich darin annähernd gleich starke Plasmolyse eintrat und während der Versuchsdauer wurde immer wieder frische Lösung durchgesaugt, damit die Konzentration die gleiche blieb. Versuch 5 (Tilia cordata). 7. August 9"" vorm. (etwas Sonne, gestern trübe): Blatt abgeschnitten. Die Schnitte kamen in: NaCl 1 Mol: 9*^vorm. Saccharose 1,2 Mol: Protoplasten deutlich von d. Wand 9^° „ Protoplasten eben sichtbar von abgehoben. der "Wand abgehoben. Plasmolyse sehr deutlich. Pali- 10"° „ Plasmolyse schwächer als in NaCl, saden um schätzungsweise '/e besonders in den Palisaden, wo verkürzt. der Protoplast an den Enden nur wenig abgehoben ist. Jahrb. f. wiss. Botanik. XLVHI. 12 178 A. Trondle, An der beobachteten Stelle ist eine Parenchymzelle gänzlich deplasmolysiert. In einer Parenchymzelle Plasmo- lyse zurück. In zwei Parenchymzellen Plasmo- lyse zurück. 10^° vorm. 10* 11- 11-^ Die Plasmolyse hat ein wenig zu- genommen. Die Plasmolyse ist allmählich etwas stärker geworden. In den Palisaden ist der Protoplast an den Enden deutlich abgehob. Die Plasmolyse hat zugenommen und sieht nun etwa so aus wie in NaCl um lO"". Plasmolyse unverändert In vier Parenchymzellen Plasmo- lyse völlig zurück. Die Plasmolyse ist in den meisten 12^" nachm. der beobachteten Zellen ganz, in den anderen fast ganz zurück. In keiner Zelle des Schnittes ist 2*"' „ mehr Plasmolyse sichtbar. Um sicher zu sein, daß der Rückgang der Plasmolyse in NaCl nicht etwa durch das allmähliche Absterben der Protoplasten verursacht wurde, saugte ich jetzt eine 2-molige NaCl-Lösung durch. Nat^h etwa 30 Min. waren an der beobacliteten Stelle alle Zellen, in denen die Plasmolyse in NaCl 1 Mol vorher völlig zurückgegangen war, mit Ausnahme von einer, wieder plasniolysiert. Die Plasmolyse im Rohrzucker wurde allein weiter beobachtet. 2^" nachm.: Plasmolyse unverändert. Schnitte in eine geschlossene Schale mit 1,2-moliger Saccharoselösung gelegt. 1°" nachm.: Plasmolyse noch vorhanden, S.August 8^° vorm.: Plasmolyse merklich zurückgegangen. Versuch 6 (Tilia cordata). 7. August 3"" nachm. (bewölkt): Blatt abgeschnitten. Die Schnitte kamen in 3^^ nachm. Saccharose 1,2 Mol: 3»« „ NaCl 1 Mol: Deutliche, schwache Plasmolyse. Die meisten Zellen fast völlig de- plasmolysiert. Eben sichtbares Abheben der Proto- plasten. In den meisten Zellen keine Plas- molyse, in den anderen leichte Abhebung. Plasmolyse gleich geblieben. Von vereinzelten Ausnahmen ab- 4^° „ gesehen ist die Plasmolyse im ganzen Schnitt wieder völlig ver- schwunden. Die Plasmolyse im Rohrzucker wurde weiter beobachtet. 5"" nachm. : Keine Änderung. In einem zweiten Schnitte sind viele nichtplasmo- lysierte Zellen, die anderen aber sind stärker plasniolysiert als im ersten Schnitt. Die beiden Schnitte wurden in eine Schale mit. Saccharose 1,2 Mol gelegt. 7°" nachm.: Keine auffallende Veränderung. 8. August 8*^ vorm.: Im einen Schnitt ist nur vereinzelt Plasmolyse sichtbar, im anderen sind die meisten Zellen leicht plasmolysiert. Der Einfluß des Lichtes auf die Permeabilität der Plasmahaut. 179 Versuch 7 (Tilia cor data). 8. August 9°* vorm, (trübe): Blatt abgeschnitten. Die Schnitte kamen in NaCl 1 Mol: Plasmolyse deutlich sichtbar. Plasmolyse stärker. Palisaden um schätzungsweise '/; — 7g verkürzt. In einer der beobachteten Paren- chynizellen ist die Plasmolyse völlig zurück. In einer Parenchymzelle Plasmolyse zurück. Eine Palisaden- und eine Parenchym- zelle deplasmolysiert. Die meisten der beobachteten Zellen sind ganz, die übrigen fast ganz deplasmolysiert. Die Plasmolyse ist, von vereinzelten Ausnahmen abgesehen, im ganzen Schnitt völlig zurück. 10" 10^ 10» lO'' 10* 11' 11" Saccharose 1,2 Mol: Eben sichtbares Abheben der Proto- plasten. Die Plasmolyse hat etwas zuge- nommen, ist aber immer noch schwach. Plasmolyse stärker. Die Plasmolyse hat zugenommen. Die Plasmolyse ist etwa so stark wie in Na Ol 1 Mol um 9*". Unverändert. Unverändert. 12-^" nachm. Unverändert. Die Versuche 5, 6 und 7 ergaben übereinstimmend, daß zu der Zeit, wo die Plasmolyse in Kochsalz wieder voll- ständig zurückgegangen ist, eine anfänglich annähernd gleich starke Plasmolyse in Rohrzucker immer noch un- verändert ist. Dieser Satz gilt aber nicht nur für das Palisaden- und Schwammparenchym des Lindenblattes, denn ich fand ihn auch bestätigt für die entsprechenden Gewebe beim Blatt von Buxus sempervirens ^ so daß wir es vermutlich nicht mit einer bloß ver- einzelten Erscheinung zu tun haben. Die Versuchsanordnung bei Buxus war die gleiche wie bei Tilia, bloß wurden die Versuche mit NaCl und mit Rohrzucker nicht parallel, sondern nacheinander angestellt. Die Konzentrationen der beiden Lösungen wurden wieder so gewählt, daß darin an- fänglich annähernd gleich starke Plasmolyse eintrat, deren weiterer Verlauf ebenfalls direkt im Mikroskop beobachtet wurde. Die er- haltenen Resultate sind in der folgenden Tabelle summarisch zu- sammengestellt. 180 -*■• Tröndle, Versuch 8 (Buxus sempervirens rotundif.). a) Verhalten gegen Na Gl: Datum plasmolysiert mit Plasmolyse deplasmolysiert nach wieder plas- molysiert mit Plasmolyse 27. Oktober 0,794 Mol schwach 2 Std. 15 Min. 29. „ 0,617 „ n 50 „ NaCl 0,838 Mol schwach 29. „ 0,C61 „ n 25 „ . 1,014 „ n 30. „ 0,661 „ r 1 Std. 35 „ „ 0,882 „ n 30. „ 0,061 „ 11 1 n „ 0,926 „ n 30. „ 0,705 „ n 1 ,, 25 „ . 1,237 „ stark b) Verhalten gegen Saccharose Datum plasmolysiert mit Plasmolyse Plasmolyse noch unveränd. nach Bemerkungen 31. Oktober 2. November 3. 0,975 Mol 0,975 „ 0,975 „ schwach n 3 Std. 45 Min. 5 „ 30 „ 3 „ (Versuch hierauf abgebroch.) ^ n n n / hierauf ausgewaschen mit Leitungswasser, Plasmolyse nach 3 Min. zurück. Neu plasmolys. mit Saccharose 0,975 Mol =nach 10 Min. schwache Plasmolyse. Die Tabelle zeigt, daß schwache Plasmolyse in Kochsalz im Mittel nach 1 Std. 15 Min. völlig zurückgegangen war, während eine gleich starke Plasmolyse in Rohrzucker im Mittel auch nach 4 Std. 5 Min. noch unverändert war. Wurden die Schnitte, deren NaCl-Plasmolyse völlig zurückgegangen war, in eine höhere Koch- salzkonzentration übertragen, so trat wieder Plasmolyse ein, ein Zeichen dafür, daß das Eindringen des NaCl nicht durch das Ab- sterben des Protoplasten verursacht wurde. Im Rohrzucker trat nach Auswaschen mit Wasser, wobei die Plasmolyse in 3 Min. zu- rück war, aufs neue schwache Plasmolyse ein in derselben Saccharose- konzentration wie zu Anfang. Wir dürfen daraus entnehmen, daß die Menge Rohrzucker, die während der Zeit von 3 Std. in die Zellen eindrang, praktisch gleich Null zu setzen ist. Der Rückgang der Plasmolyse wurde ferner noch beobachtet bei Heclera helix. Der Einfluß des Lichtes auf die Permeabilität der Plasmahaut. 181 Versuch 9 (Hedra helix). • 2. November. Ein Schnitt kam in NaCl 0,617 Mol 3°^ nachm.: Sofort leichte Plasmolyse, 3*' „ : Plasmolyse in zwei Zellen zurück, 3*° „ : Plasmolyse in einer Zelle zurück, AP° „ : Plasmolyse an der beobachteten Stelle in allen Zallen zurück. Aus den Versuchen 1 — 9 läßt sich, wohl ziemlich allgemein, schließen: Palisaden- und Schwammparenchymzellen des Laub- blattes sind für Kochsalz relativ stark permeabel, für Rohrzucker nur in ganz geringem Maße. Wenn die Plas- molyse in NaCl schon völlig zurückgegangen ist, so ist eine gleichstarke Plasmolyse in Rohrzucker immer noch unverändert. Die während dieser Zeit eindringende Menge Rohrzucker ist praktisch gleich Null. Daß der Rohrzucker nicht eindringt, ist unabhängig von der Beleuchtung, unter der das Blatt vor dem Versuche gestanden hatte, denn die Rohrzuckerversuche sind an Tagen mit verschiedener Witterung, am gleichen Tage zu verschiedener Zeit, also bei ver- schiedenen Lichtintensitäten ausgeführt und das Resultat war doch das gleiche. Die beiden Stoffe Rohrzucker und Kochsalz können uns des- halb dazu dienen, eine allfällige Veränderung der Permeabilität für NaCl unter dem Einfluß der Belichtung festzustellen. Wir gehen dabei von folgenden Überlegungen aus^). Legen wir einen Schnitt, in dessen Zellen der osmotische Druck P herrscht, in eine Kochsalzlösung, deren osmotischer Druck ebenfalls P"^) ist, so tritt keine Plasmolyse ein, denn während der Versuchszeit dringt eine gewisse Menge NaCl in die Zellen ein, wodurch ein Teil des Außendruckes annulliert wird. Durch Ausprobieren finden wir eine osmotisch höherwertige NaCl-Lösung, in der eben Plasmolyse ein- tritt. Ihr Druck sei P'. Diese Lösung hält, da sie eben Plas- molyse bewirkt, dem Zelldruck P das Gleichgewicht, sie übt also nur den Druck P aus, trotzdem sie theoretisch den höheren Druck P' erzeugen müßte. Sie hat gewissermaßen einen Druckverlust P' — P erlitten. 1) Man vergleiche hierzu die theoretischen Ausführungen bei Lepeschkin (I). 2) In Wirklichkeit würde man natürlich, Impermeabilität der Plasniahaut für NaCl vorausgesetzt, Plasmolyse nur erhalten, wenn der Außendruck etwas größer wäre als P. Der Einfachheit halber sei er hier gleich P gesetzt. 182 A. Tröndle, Dieser Druckverlust, den die permeierende Lösung erleidet, erlaubt uns die Permeabilität zu messen , ein doppelt so hober Druckverlust bedeutet eine doppelt so bohe Permeabilität. Zu Vergleicbszwecken können wir diesen, wenn man so will, ab- soluten Druckverlust nicht brauchen, denn der Druck P der Zellen ist ja nicht konstant, sondern wir müssen an dessen Stelle den relativen Druckverlust verwenden, den wir dadurch ausdrücken, daß wir angeben, den wievielten Teil ihres theoretischen Druckes die NaCl-Lösung verloren hat, also P' — P = |it P', worin P' der theoretische Druck der NaCl-Lösung, P' — P ihr Druckverlust und jti der Druckverlustkoeffizient, oder, da wir die Permeabilität nach dem Druckverlust bemessen, der Permeabilitätskoeffizient ist. Für P die Berechnung von ju ergibt sich somit: jt* = 1 ^7 . . . . (l) Um jU. experimentell zu bestimmen, müssen wir also kennen den theoretischen Druck P' der eben plasmolysierenden NaCl- Lösung und den osmotischen Druck P der Zellen, der gleich ist dem Druck der eben plasmolysierenden, nicht eindringenden Rohr- zuckerlösung. Es ist also nötig, parallel mit NaCl und mit Saccha- rose zu plasmolysieren und aus diesem Grunde empfiehlt es sich, den Permeabilitätskoeffizienten }i auf andere Art zu berechnen. Wir ermitteln dazu die plasmolytischen Grenzkonzentrationen des Rohrzuckers und des Kochsal/es. Da die beiden Konzen- trationen isotonisch sind, so ist, wenn Kochsalz nicht permeiert, das Verhältnis der Konzentration des Rohrzuckers zur Konzen- tration des Kochsalzes gleich dem Dissoziationsfaktor des Koch- salzes, also: C- Rohrzucker . , . O-NaCl ^ ' ^ ^' worin i der Dissoziationsfaktor des NaCl ist. Wenn nun das Plasma für NaCl permeabel ist, so erhalten wir mit der Konzentration C-NaCl keine Plasmolyse, sondern erst mit der höheren Konzentration C-NaCl, d. h. die Konzen- tration C'-NaCl übt nicht ihren wirklichen Druck P', sondern nur den Druck P aus. Die Lösung von der Konzentration C- NaCl hat also einen Druckverlust fx P', oder was auf dasselbe hinauskommt, einen Konzentrationsverlust |uC"- NaCl erlitten, da der Druck der Konzentration proportional geht. Also: C'-NaCl — (7-NaCl = ^i C'-NaCl Daraus: C-NaCl = C'-NaCl (1 — /x) Der Einfluß des Lichtes auf die rermeabilität der Plasmahaut. 183 Setzen wir diesen Wert in (2), so erhalten wir 0- Rohrzucker C"-NaCl(l -/.) ^ ^ Daraus C- Rohrzucker • , x ., — ^.^jj^gj- = e (1 - „) = *' (3) d. h. : ist die Plasmahaut für NaCl permeabel, so ist der aus den plasmolytischen Grrenzkonzentrationeu von Rohrzucker und Kochsalz für das letztere ermittelte Dissoziationsfaktor i' gleich dem theo- retischen Dissoziationsfaktor mal l — ju. Aus (3) ergibt sich für den Permeabilitätskoeffizienten der Wert: ^* = l-7 (4)^) Diese Ableitung gilt streng genommen nur, wenn wir den Dissoziationsfaktor als konstant annehmen, also mit den isotoni- schen Koeffizienten rechnen, oder wenn die Schwankungen in der Konzentration des Kochsalzes sich nur innerhalb solcher Grenzen bewegen, daß dadurch der Wert für i nicht wesentlich geändert wird. Sämtliche im folgenden angegebenen Werte für /t sind nach der Formel (4) berechnet, wobei [i =■ 1,70 gesetzt wurde ^). Die experimentelle Bestimmung von /i geschah folgendermaßen. Frisch hergestellte Schnitte von derselben Stelle des gleichen Blattes wurden in kleine Näpfe gebracht, die einerseits Kochsalz- anderseits Rohrzuckerlösungen enthielten, und 25 Min. lang darin gelassen. Hierauf übertrug ich die Schnitte auf Objektträger in die gleichen Lösungen und kontrollierte die Plasmolyse mit dem Mikroskop, immer in derselben Reihenfolge, indem ich erst die Kochsalz- präparate von der schwächsten bis zur stärksten angewendeten Konzentration durchmusterte und alsdann in gleicher Reihenfolge die Zuckerpräparate. Für jede Messung wurden die Näpfe aus den Stammflaschen frisch gefüllt, nachdem sie vorher mit Wasser aus- gewaschen waren. Es gelangten gewöhnlich fünf verschiedene auf- einanderfolgende Kochsalzkonzentrationen zur Verwendung und 1) Man vergleiche Lepeschkin (I). Die dort abgeleitete Formel [Jg ^ 1 —^ ", ^ ist natürlich mit der obigen identisch, da die isotonischen Koeffizienten (K.^ u. k^ den Lissoziationsfaktoren proportional gehen. 2) Die Konzentrationen des NaCl schwankten in meinen Versuchen innerhalb 0,6 — 1,1 Mol. Nach der Formel von Arrhenius i= 1 -{- (fc — l)a berechnet sich i für 0,5 Mol NaCl zu 1,742, für 1 Mol zu 1,681. Wenn wir statt dessen einen mittleren Wert von 1,70 nehmen, so ist das für physiologische Zwecke durchaus genügend. 184 -A- Tröndle, ebensoviele Zuckerkonzentrationen. Der Konzentrationsunterscliied zwischen den einzelnen Lösungen betrug beim Rohrzucker 0,075 Mol = 2,565 7o und 0,044 Mol beim Kochsalz = 0,257 Vo- Diese beiden Unterschiede sind isotonisch, weil i gleich 1,7 genommen wurde. Sie wurden gewählt, weil die Plasmolyse, die bei einer dieser Konzentrationen eintrat, in der nächstunteren deutlich schwächer, in der nächsthöheren deutlich stärker war. Die Lösungen wurden von Zeit zu Zeit immer wieder frisch hergestellt, die Zucker- lösungen alle 4 — 5 Tage, die NaCl- Lösungen in größeren Zeit- abschnitten. Als plasmolytische Grenzkonzentration wurde die genommen, bei der in den meisten Zellen eben leichte Plasmolyse eintrat und wobei in der nächstunteren Konzentration die Zellen nicht, in der nächsthöheren aber deutlich stärker plasmolysiert waren. In jeder Konzentration wurden immer mehrere Schnitte durchgesehen. Die Zellen der verwendeten Objekte reagierten bei dem angewandten Konzentrationsunterschied der plasmolysierenden Lösungen sehr gleichmäßig und ließen schon die geringste Abhebung des Proto- plasten deutlich erkennen, so daß sich die Grenzkonzentrationen sehr deutlich feststellen ließen. Trat in einer Konzentration bloß vereinzelt, nur etwa in dem Fünftel der Zellen eben leichte Plasmolyse ein, während in der folgenden alle Zellen leicht plasmolysiert waren, so wurde als Grenz- konzentration das Mittel dieser beiden Konzentrationen genommen. Die angewendeten plasmolysierenden Lösungen gestatteten also eine Bestimmung der Grenzkonzentrationen mit einer Genauigkeit von 0,037 Mol Saccharose = 1,282 Vo und von 0,022 Mol NaCl = 0,128 o/o (= 0,22 % Salpeter). Da sämtliche plasmolytischen Messungen immer in genau gleicher Weise vorgenommen wurden, so möge hier als Beispiel nur eine einzige vollständig angeführt werden: Buxus sempervirens : 5. Dez. 08. Blatt abgeschnitten 11 ,50 vormitt. Trübe, 1,5'^ C. Temperatur der verwendeten Lösungen: 17,5 " C. NaCl Saccharose Mol 0,75 keine Plasmolyse Mol 1,05 keine Plasmolyse „ 0,794 „ „ „ 1,125 „ „ 0,838 schwache „ „ 1,2 schwache „ „ 0,882 etwas stärkere Plasm. „ 1,275 etwas stärkere Plasm. Der Einfluß des Lichtes auf die Permeabilität der Plasmahaut. 185 Plasmolyt. Grenzkonzentrationen: NaCl 0,838 Mol. Sacch. 1,125 „ i' = 1,125 : 0,838 = 1,43 1 4S ^=1-^=0,159 = 0,160 Es dürfte vielleicht für die Erleichterung des Verständnisses von Vorteil sein, wenn wir nun noch versuchen, uns den Perme- abilitätskoeffizienten jtt in Salpeterwerten vorzustellen, was ja aller- dings nicht völlig korrekt ist. Wir bestimmen zu dem Zwecke, was für eine Änderung von ^i* eingetreten ist, wenn während des Versuches nur die plasmolytische Grenzkonzentration des NaCl um einen bestimmten Betrag sich änderte, die des Rohrzuckers hingegen gleich blieb. Wir finden so z. B., daß einer Änderung von 0,022 Mol NaCl eine mittlere Änderung von fi = 0,0236 ent- spricht (die Angaben für diese Berechnung sind entnommen: Ver- such 24e, 7. Febr; 24/, 15. Dez. und 16. Dez.; 29c, 21. Dez.; 30 &, 18. Jan.). Da wir 0,022 Mol NaCl isotonisch setzen dürfen mit 0,022 Mol Salpeter (= 0,22 %), so entspricht einem Wert von fji =z 0,0236 ein Salpeterwert von 0,22 %. Daraus berechnet sich für ja = 0,010 ein Salpeterwert von 0,093 7o == ca. Vio Vo« Das heißt also, wenn sich bei gleich bleibendem osmotischem Druck der Permeabilitätskoeffizient für NaCl im Laufe des Versuches um den Wert 0,01 erhöht hat, so muß ich, um mit NaCl Plasmolyse zu bekommen, eine Konzentration nehmen, deren osmotischer Wert den der anfänglichen Grenzkonzentration des NaCl um Vio % Sal- peter übersteigt. n. Abhängigkeit der Permeabilität vom Licht. Die Permeabilitätsbestimmungen, die ich im Sept. 08 an den Blättern von Tilia cordata, und im Nov. — Dez. 08 von Buxus sempervirens, die beide unter den natürlichen Vegetationsbedingungen standen, vornahm, ergaben übereinstimmend, daß die Permeabilität sich nach den Beleuchtungsverhältnissen änderte. Bei Sonnen- schein war sie größer als bei trübem Wetter. Um einen genaueren Einblick in diese Verhältnisse zu be- kommen, war es nötig, die Beziehungen zwischen Permeabilitäts- änderung und Licht experimentell zu studieren, wobei die Licht- stärke, die Belichtungsdauer und die Stimmung der Zellen zu berücksichtigen waren. Ich versuchte also die folgenden Fragen zu beantworten: 186 A. Tröndle, 1. Wie ändert sich die Permeabilität in verschiedenen Inten- sitäten bei gleich langer Belichtungszeit? 2. Was für Permeabilitätsänderungen treten ein in ein und derselben Intensität bei verschieden langer Belichtung? 3. Besteht eine direkte Beziehung zwischen der zugeführten Lichtmenge und der G-röße der Permeabilitätsänderung, so daß einer bestimmten Lichtmenge immer eine bestimmte Permeabilitäts- änderung entspricht? 4. Ist die Permeabihtätsänderung, die in bestimmter Intensität bei bestimmter Belichtungsdauer eintritt, immer gleich, oder ändert sie sich nach dem inneren Zustand, der Stimmung der Zellen? Als Versuchsobjekt dienten vorzüglich abgeschnittene Zweige von Buxus sempervirens rotundif., die sich zu solchen Versuchen ganz gut eignen, da die Blätter meistens in annähernd der gleichen Ebene ausgebreitet sind, so daß sie bequem senkrecht zur Licht- richtung orientiert werden können. Einige Versuche wurden direkt am Strauche ausgeführt und in einigen anderen verwendete ich Blätter der Linde {Tilia cordata). Sämtliche Versuche mit abgeschnittenen Zweigen, die mit Watte auf mittelgroßen Erlenmayerkolben befestigt waren, führte ich im Dunkelzimmer des Institutes aus, die plasmolytischen Mes- sungen an meinem gewöhnlichen Arbeitsplatz im diffusen Tageslicht. Als Lichtquelle benutzte ich eine elektrische Lampe von 32 Kerzen, mit mattgeschliffener Birne, die so aufgestellt wurde, daß ibre Längsachse in die Horizontalebene fiel. Die montierten Zweige wurden immer so orientiert, daß die zur Untersuchung kommenden Blätter unmittelbar in der Nähe der verlängerten Birnenachse möglichst senkrecht zur Lichtrichtung standen. Bei der Bestimmung der Permeabilitätsänderung benutzte ich die Blatthälftenmethode. Der montierte Zweig wurde in der ge- wünschten Entfernung von der Lichtquelle aufgestellt, sofort eine Hälfte eines Blattes abgeschnitten und deren Permeabilität be- stimmt. Nach Ablauf der zu studierenden Belichtungszeit wurde die zweite Hälfte in gleicher Weise geprüft. Um die individuellen Verschiedenheiten einigermaßen zu kompensieren, war es natürlich nötig, immer mehrere Blätter unter den gleichen Versuchsbedin- gungen zu untersuchen, und als für den betreffenden Versuch gültigen ßeaktionswert das Mittel der Einzelreaktionen zu nehmen, eine Methode, die ja in der Physiologie nicht zu umgehen ist. Der Einfluß des Lichtes auf die Permeabilität der Plasmahaut. 187 Da, wie in der Literaturüb ersieht erwähnt, die Temperatur ebenfalls von Einfluß auf die Permeabilität ist, so bestrebte ich mich, die einzelnen Versuche in möglichst gleicher Temperatur durch- zuführen und die in verschiedener Entfernung von der Lampe ver- schieden hohe Temperatur mit Hilfe der Heizung möglichst gleich- mäßig zu machen. Absolut gelang das zwar nicht, doch praktisch 80, daß meine Versuche kaum gestört wurden. In den mitgeteilten Versuchsprotokollen ist immer die während des Versuches herr- schende Temperatur angegeben. Gemessen wurde sie durch ein neben dem Zweig frei aufgehängtes Thermometer. 1. Abhängigkeit der Permeabilität von der Licht- intensität. In diesen Versuchen wurde bei wechselnder Intensität die Beleuchtungsdauer konstant gehalten. Sie betrug immer annähernd 24 Std. Im einzelnen ist zu der Versuchsanordnung noch folgen- des zu bemerken. Nach Aufstellung des Zweiges in der gewollten Entfernung von der Lampe wurde sogleich in der abgeschnittenen Hälfte eines 1. Blattes und hierauf in der eines 2. und eines 3. die Permeabilität bestimmt. Den Zweig ließ ich in der betreffenden Lichtintensität stehen und untersuchte am folgenden Tage die drei stehen gelassenen Blatthälften zur gleichen Zeit wie die drei ent- sprechenden Hälften am vorigen Tag. Aus den drei Messungen des ersten und den dreien des zweiten Tages wurde der Mittelwert der Anfangs- und der Endpermeabilität und daraus der Größe der eingetretenen Reaktion bestimmt. Da die Anfangspermeabilität in den einzelnen Versuchen verschieden groß war, so war es nötig, die Permeabilitätsänderuug auf eine bestimmte Anfangspermeabilität zu reduzieren, und ich rechnete sie deshalb in Prozente der An- fangspermeabilität um. Die vier ersten Versuche wurden insofern etwas anders an- gestellt, als dabei an jedem Tage je vier Permeabilitätsbestim- muugen gemacht wurden, wobei ich aber die Blatthälftenmethode nicht so genau anwandte. Es sollen nun nach diesen Vorbemerkungen die einzelnen Ver- suche mitgeteilt werden. 188 A. Tröndle, Versuch 10. Ohne Licht, völlig verdunkelt. — Zweig abgeschnitt. 6. Jan. 09 8" vorm., sonnig, — G'C. Beginn der Verdunkelung 9°° vorm. Temperatur ') Nr. des Blattes Plasm. Grenzkonz. i' [J- Tagesmittel Dunkel- ranm der Lösung Mol NaCl Mol Sacchar. von (J. 6. Jan. 8" vm. 1 0,926 1,2 1,28 0,247 11°° „ 20 19 1 0,882 1,2 1,36 0,200 0,219 — 1200 19 18 2 0,860 1,.125 1,30 0,236 100 6'" nm. 19 18,25 2 0,816 1,125 1,37 0,194 7. Jan. 9*^ vm. 20 16 3 0,750 1,05 1,40 0,177 2"" nm. 20 17 3 0,750 1,05 1,40 0,177 0,176 = 4*» „ 20 17 4 0,794 1,087 1,37 0,194 80,36 6"' „ 20 17,75 5 0,705 1,012 1,43 0,159 Versuch 11. Entfern, von der Lampe 50 cm. — Zweig abgeschn. 18. Jan. 09 9'* vorm., Sonne, O" C. Beginn der Beleuchtung 10°° vorm. Temperatur Nr. des Blattes Plasm. Grenzkonz. i H- Tagesmittel Dunkel- raum der Lösung Mol NaCl Mol Sacchar von fJL 18. Jan. 9"* vm. 1 0,816 1,162 1,42 0,165 1" nm. 20,5 18 1 0,816 1,087 1,33 0,218 0,191 = 4« „ 20,5 18 2 0,816 1,125 1,37 0,194 100 5- „ 20,25 18 3 0,838 1,162 1,38 0,189 19. Jan. 9'° vra. 20 17,5 2 0,838 1,125 1,34 0,212 10»^ „ 21 18 3 0,860 1,162 1,35 0,206 0,240 = 5°° nm. 21 18 4 0,860 1,050 1,22 0,283 125,65 6" „ 21 19 5 0,860 1,087 1,26 0,259 Versuch 12. Entfern, von der Lampe 35 cm. — Zweig abgeschn. 8. Febr. 09, 8" vorm., hell, — 4°C. Beginn der Beleuchtung 9°" vorm. Datum Temperatur Nr. des Blattes Plasm. Grenzkonz. i' |J- Tagesmittel Dunkel- raum der Lösung Mol KaCl Mol Sacchar. von fx 8. Febr. 8" vm. 1 0,926 1,237 1,23 0,218 1»° nm. 19,5 19 1 0,904 1,162 1,28 0,247 0,219 = 19,75 19 2 0,860 1,162 1 35 0,206 100 rOO •^ n 19,75 18,3 3 0,860 1,162 1,35 0,206 9. Febr. 8*° vm. 19 17 2 0,860 1,125 1,30 0,236 10- „ 19 17 3 0,816 1,125 1,37 0,194 0,201 = 1»' nm. 20,5 17 4 0,838 1,125 1,34 0,212 91,78 9 so 19,5 17,6 5 0,816 1,162 1,42 0,165 1) Die Temperaturen verstehen sich in allen Versuchen in C°. Der Einfluß des Lichtes auf die Permeabilität der Plasmahaut. 189 Versuch 13. Entfernung von der Lampe 10 cm. — Zweig abgeschnitten 1. Febr. 09, 2"' nachm., es schneit, trübe, -f-l''C. — Beginn der Beleuchtung 2^' nachm. Temperatur Nr. des Blattes Plasm. Grenzkonz. % V- Tagesmittel Dunkel- raum der Lösung Mol NaCl Mol Sacchar. von fj. 1. Febr. 3" nm. 4»» „ 22,3 22 16,5 17 1 2 0,992 1,058 1,237 1,350 1,24 1,27 0,271 0,253 0,261 = 100 5- „ 22,75 17,25 3 1,036 1,312 1,26 0,259 2. Febr. 8'' vm. 22 17 1 1,036 1,312 1,26 0,259 9- „ 22 17 2 0,948 1,275 1,34 0,212 0,219 = 11" « 22 17 4 0,948 1,237 1,30 0,234 83,90 2'" nm. 22 17 5 0,904 1,275 1,41 0,171 Die Abhängigkeit der Permeabilität von der Lichtstärke ist in ihren Grundzügen durch die vorliegenden vier Versuche bereits bestimmt. Sie gaben ein Resultat, das mich überraschte: Bei Abwesenheit von Licht nahm die Permeabilität ab, in einer gewissen Lichtintensität zu, in einer stärkeren In- tensität wieder ab und in noch stärkerer Intensität noch stärker ab. Damit dieses Resultat noch besser gestützt und weiter aus- gebaut würde, waren neue Versuche nötig. Dabei war zu berück- sichtigen, daß die bisherigen Versuche zeitlich nacheinander durch- geführt wurden und es schien mir deshalb notwendig, Versuche bei verschiedener Intensität gleichzeitig vorzunehmen. Da die Messungen viel Zeit in Anspruch nehmen, war mir nur möglich, je zwei Ver- suche gleichzeitig auszuführen, doch genügte das völlig, wie aus dem folgenden hervorgeht. Der leichteren Übersicht wegen mögen die Resultate der Versuche 10 — 17 in einer besonderen Tabelle zusammengestellt werden. Die Protokolle der Versuche 14 — 17 finden sich im Anhang. Abhängigkeit der Reaktion von der Lichtstärke. Versuchsobjekt: Buxus scmpervirens rotundif., abgeschn. Zweige. Versuchsort : Dunkelzininier. Lichtquelle: Elektrische Lampe von 32 Kerzen. Temperatur (während der Versuche): 19 — 22" C. Nr. des Vers. Datum Temperatur im Dunkelzimmer 1 2 Größe u. Richtung der Reaktion = Änderg. von fj. Entfern. von der Licht- quelle 13 14a 1./2. Febr. 25./26. „ 22 — 22,75, meist 22 21,75 — 22 „ 22 0,26 0,29 0,22 0,24 -137o/~''''^" 10 cm 190 A. Tröndle, Fortsetzung der Tabelle. Nr. des Vers. Datum Temperatur im Dunkelzimmer li , IS w S Ol Größe u. Richtung der Reaktion = Änderg. von fi Entfern. von der Licht- quelle 12 8./9. Febr. 19 — 20,5 meist 19,5 0,22 0,20 -8 Vo] 15a 16./17. „ 20,5 — 21,25 „ 21 0,20 0,19 - 5,57„ - 6 "/„ 35 cm 141) 25./26. „ 18,75 — 19 „ 19 0,30 0,28 -5 Vj 11 18./19. Jan. 20 — 21 meist 21 0,19 0,24 + 26»/„| 15b lG./l7.Febr. 20,25 — 21 0,22 0.25 + 14»/o[ + 22''/o 50 cm 16a 18./19. „ 20 — 20,5 „ 20 0,20 0,26 + 26"/oJ 16b 17a 18. /19. Febr. 22./23. „ 20 — 20,5 meist 20,5 19 — 20 „ 20 0,22 0,23 0,26 0,26 60 cm 17b 2 2. /2 3. Febr. 19 — 20 0,23 0,23 o7o 90 cm 10 6./7. Jan. 19 — 20 meist 20 0,22 0,18 - 20 7o CO Stellen wir dieses Resultat graphisch dar, indem wir die Ent- fernungen von der Lichtquelle als Abszissen, die zugehörigen x^^nde- rungen des Permeabilitätskoeffizienten /i als Ordinaten auftragen, so erhalten wir eine Kurve, deren Ähnlichkeit mit der Kurve sofort auffällt, die beim Hehotropismus den Zusammenhang zwischen Lichtstärke und Stärke der Krümmung ausdrückt, also Fig. 1. Kurve der Reaktion bei 24-stiindiger Belichtung. Die Änderungen des Permeabilitätskoeffizienten fi (in "/„) sind als Ordinaten aufgetragen, während auf der Abszisse die Lichtintensitäten verzeichnet sind, wobei 1 = ca. 3000 Meter- Kerzen ist. Die Kurve ist konstruiert nach den Angaben der obigen Tabelle. in der Nähe der Lichtquelle Abnahme der Permeabilität, weiter weg geringere Abnahme, Indifferenz, immer stärker werdende Zu- nahme, bis ein Optimum erreicht ist, Schwächerwerden der Zu- nahme, Indifferenz und immer stärker werdende Abnahme. Der Einfluß des Lichtes auf die Permeabilität der Plasmahaut. 191 Während in der Tabelle der Zusammenhang zwischen Licht- intensität und Größe der Permeabilitätsänderung klar hervortritt, ist ein gesetzmäßiger Zusammenhang zwischen dieser und der An- fangspermeabilität nicht zu erkennen. Bei gleicher Anfangsperme- abilität kann die Permeabilitätsänderung, je nach der Lichtintensität ganz verschieden sein (man vergleiche in der Tabelle die Versuche 12, 15&, 16b und 10; 15« und 16a; 17a und Hb) und umgekehrt kann bei gleicher oder fast gleicher Permeabilitätsänderung die Anfangspermeabilität verschieden sein (man vergleiche in der Tabelle I5a und 146, 11 und 16a). Ebensowenig läßt sich eine bestimmte Gesetzmäßigkeit erkennen zwischen der erreichten Endpermeabilität und der Lichtintensität. Es darf deshalb wohl geschlossen werden, daß es sich bei der Permeabilitätsänderung nicht darum handelt, daß die Permeabilität sich in einer bestimmten Lichtintensität auf eine bestimmte Höhe einstellt, sondern in einer bestimmten Licht- intensität erfolgt eine bestimmte Änderung der Anfangspermeabilität unabhängig von deren Höhe. Da zwischen der Temperatur im Freien, unter der die Ver- suchszweige gestanden hatten, und der Temperatur im Dunkel- zimmer eine beträchtliche, in den einzelnen Versuchen verschieden starke Differenz war, so ist nun noch zu untersuchen, ob diese Differenz auf die Permeabilitätsänderung einen Einfluß hatte. Dies scheint nicht der Fall gewesen zu sein, denn aus der folgenden Tabelle geht hervor, daß bei gleicher Differenz zwischen Außen- und Innentemperatur die Permeabilitätsänderung 'ganz verschieden ausfiel, je nach der Intensität des Lichtes, und daß gleich starke Permeabilitätsänderung in derselben Lichtstärke eintrat, auch wenn die Temperaturdifferenz verschieden war. Nr. des Temperatur Temperatur Temperatur- Änderung Entfernung Versuchs im Freien i. Dunkelzim. differenz der Permeabilität von der Lampe 13 + 1 22 21 -16 7o 10 cm 15a 0 21 21 — 5,5% 35 „ 11 0 21 21 + 26 7n 50 „ ICb - 1 20,5 21,5 + 18 7o 60 „ 17h — 2 19,5 21,5 o»,« 90 „ 11 0 21 21 + 26 \ 50 cm IC — 5 20 25 + 2C»/o 50 „ 15a 0 21 21 - 5,5 7o 35 „ 14b — 9,5 19 28,5 - 5% 35 „ 192 A. Tröndle, Die bisher mitgeteilten Versuche waren alle in der relativ hohen Temperatur 19 — 20° C ausgeführt werden. Aber auch in tieferer Temperatur macht sich die Wirkung des Lichtes geltend, wie aus dem folgenden Versuch hervorgeht. Versuch 18. 19. Dez. 08, 8" vorm., trübe, 5° C. Zweig abgeschnitten, eine Blatthälfte sofort untersucht. Der Zweig wurde auf einem Erlenmayer montiert und vor dem Fenster auf- gestellt, während auf der inneren Seite des Fensters, im Zimmer eine Auerlampe auf- gestellt wurde, so daß die Blätter hell beleuchtet waren. Die Temperatur, neben den Blättern gemessen, betrug 9" C. Datum Temp. i. Freien Temp. d. Lösung Blatt- hälfte Plasmolyt. Grenzkonz. i fJ- Mol NaCl Mol Sacch. 19. Dez. 8" vm. 11~ . 5 9 18 18 1 2 0,794 0,838 1,200 1,200 1,51 1,43 0,112 0,159 = 100 = 141 Von Interesse ist es ferner noch, zu sehen, daß die Wirkung des Lichtes nicht nur in Blättern abgeschnittener Zweige zutage tritt, sondern auch in solchen, die am Strauch belassen wurden. Die betreffenden Versuche wurden folgendermaßen angestellt: 1. Die Permeabilität wurde bestimmt vor Erscheinen der Sonne und zum zweiten Mal nachdem die Blätter eine Zeitlang von der Sonne beschienen waren. Die Permeabilität nahm zu. 2. Die Blätter befanden sich während einer gewissen Zeit in trübem Tageslicht. Die Permeabilität nahm in dieser Zeit ab. 3. Die Blätter wurden während einer gewissen Zeit am Strauch mit Stanniol verdunkelt. Die Permeabilität nahm während dieser Zeit ab, unabhängig ob währenddem trübes Tageslicht, teilweise Sonnenschein, oder fortwährend Sonnenschein herrschte. Die Einzelheiten der Resultate dieser drei Versuche sind im folgenden zusammengestellt. Es wurde immer die Blatthälften- methode angewendet, so daß also nur Hälften des gleichen Blattes miteinander verglichen sind. Versuch 19. 30. Nov. 08, 8=^ vm. Hell , noch keine hierauf Sonne. Sonne, -1° fi 0,159 = 100 11"" . Sonne. 0» 0,212 = 133 2Std. 5 Min. 1 + 33-0 1. Dez. 08, 8^ vm. Hell, noch keine hierauf Sonne. Sonne, -3» fi 0,130= 100 11°« „ Sonne. 0" 0,189 = 145 2St.d. 30Min. 3 + 45 7o Der Einfluß des Lichtes auf die Permeabilität der Plasmahaut. 193 3. Dez. 08, 9" vm. Leicht bewölkt, hierauf 3,5" fi 0,159 = 100 teilweise Sonnenschein. l»'nm. 5,5» 0,189 = 119 3Std. 4 5 Min. Versuch 20. 2" + 19 "/o 2. Dez. 08, 8" vm. 11'» „ 2Sld. 55 Min. 1 Leicht bewölkt. — 0,5" 2 " fi 0,200 = 100 0,171= 85 2,5" - 15 7« 4. Dez. 08, 8'^ vm. 11- „ 3Std. 30Min. ) Nebel, trübe. 1° 2" fj. 0,200 = 100 0,183 = 91 1 » - 9°/„ 15. Dez. 08, 8" vm. 11" , 3 Std. l i Trübe, schwacher Eegen. 5" 5" fi 0,165= 100 0,159= 96 0 - 4"/„ Versuch 21. 14. Dez. 08, 9"' vm. Hell, Sonne. 9"^— 11": Verdunkelung mit Stanniol, während 5" }i 0,194 = 100 11" ^ 2 Std. 50 Min, dieser Zeit Sonnenschein. 8" 0,147 = 70 3" - 24 "/o 18. Dez. 08, 8" vm. Ziemlich bewölkt. 2" ji. 0,106 = 100 8"— 5"° nni. : Verdunkelg. mit Stanniol, während- dem teils Sonnenschein, 5=° nm. teils bewölkt. 5 " 0,059 = 55 8 Std. 35 Min. 3" — 45 "/„ 19. Dez. 08, 8^° vm. Trübe, regnerisch. 4,5" jjl 0,089 = 100 8-'"— 5^nm.: Verdunkelg. mit Stanniol, während- .5" nm. dem trübe und Regen. 7 " 0,030 = 34 9 Std. 2,5 " — 60 7, Vergleichen wir in Versuch 19 die zwei ersten Permeabilitäts- änderungen mit dem in der Tabelle S. 190 für die optimale Licht- intensität gefundenen Werte (50 cm Entfernung), so fällt auf, daß im ersten Fall die Änderung der Permeabilität größer war, trotz- dem sie sich auf eine kürzere Zeit bezieht. Ebenso sind die in Versuch 21 mitgeteilten Perraeabilitätsänderungen in zwei Fällen ziemlich größer als der in der Tabelle S. 190 für den Verdunkelungs- versuch angegebene Wert, trotzdem auch hier die Versuchszeit im letzten Fall größer war als im ersten. Man wird geneigt sein, Jahib. f. wies. Botanik. XLVIII. 13 194 A. Tröndle, daraus zu schließen, daß die Reaktionsfähigkeit in den abgeschnit- tenen Zweigen vermindert war. Dieser Schluß ist aber nicht ohne weiteres zwingend, denn wir dürfen Mittelwerte nur mit Mittelwerten, nicht mit Einzelwerten, und auch nicht Einzelwerto unter sich ver- gleichen, da ziemlich starke individuelle Verschiedenheiten vor- kommen können. So waren z. B. in Versuch 16 a die Permeabili- tätsänderungen: 1. Blatt 4-50%, 2. Blatt +12%, 3. Blatt -f 22 Vo- Immerhin aber soll nicht behauptet werden, daß durch das Abschneiden nicht eine Verminderung der Reaktionsfähigkeit möglich ist. Da wir aber auch keinen Grund haben anzunehmen, daß diese Verminderung in den einzelnen Versuchen sehr verschieden stark ausfiel, so würden die erhaltenen Werte, auf unverminderte Reak- tionsfähigkeit korrigiert, nur relativ geändert werden müssen. Es sollen nun noch einige Verdunkelungsversuche mit Tilia cordata mitgeteilt werden, die das gleiche Resultat hatten, wie die Verdunkelung bei Buxus. Versuch 22. 30. Sept. 08, S»»!!!!!. Sonne, 24" C. fi 0,31. Der Zweig mit der stehengelassenen Blatthälfte wurde im Dunkelzimmer ohne Beleuchtung aufgestellt von 3"— ö'^nm. Tenip. 18 — 19°C. 5'^ nm. fi 0,22. Versuch 23^). 21. Juli 09, 4"»nm. Sonne, 26» C. }i 0,17. Die stehengelassene Blatthälfte wurde mit Stanniol ver- dunkelt von 4 — 6 Uhr. 6~ nm. 23" C. fi. 0,07. 22. Juli 09, 4"" nm. Sonne, 27' C. fx 0,125. Die am Baum stehengelassene Blatthälfte mit Stanniol verdunkelt von 4 — G Uhr. 6«" nm. 24" C. H- 0,091. Auf Grund der Versuche, die in diesem Abschnitte mitgeteilt sind, können wir zusammenfassend die Beziehungen zwischen Perme- abilitätsänderung und Lichtstärke so ausdrücken: Werden Blätter während einer bestimmten Zeit verschiedenen Lichtintensitäten ausgesetzt, so sind nach Ablauf dieser Zeit in den einzelnen Intensitäten für diese charakteristische, nach Größe und Richtung bestimmte Permeabilitätsänderungen eingetreten. 1) Die Permeahilitätsbestimmungen in Versuch 23 wurden mit Glukose und Saccha- rose ausgeführt. Sie sind im 2. Teil ausführlich mitgeteilt. Der Einfluß des Lichtes auf die Permeabilität der Plasmahaut. 195 2. Abhängigkeit der Permeabilität von der Belichtungsdauer. Nach dem Ergebnis des vorigen Abschnittes, daß in höheren Intensitäten negative Reaktion (Permeabilitätsabnahme) eintritt, lag es nahe, zu untersuchen, ob das bei Beleuchtungszeiten, die kleiner sind als 24 Std. auch noch der Fall ist, oder ob nicht etwa bei kurzer Belichtung erst positive Reaktion eintritt und erst später negative. Zur Entscheidung dieser Frage mußten die Versuche in einer Lichtintensität durchgeführt werden, in der bei 24 -stündiger Be- lichtung starke negative Reaktion eintritt. Dazu war geeignet die relative Intensität 1, in 10 cm Entfernung von meiner Lampe. Da ich, schon bevor ich diese Versuche anstellte, die im 4. Abschnitt mitgeteilte Stimmungsänderung studiert hatte, so suchte ich mein Material möglichst gleichmäßig und tief zu stimmen, indem ich die abgeschnittenen Zweige vor Versuchsbeginn jeweilen ungefähr 24 Std. unter einem schwarzen Zylinder verdunkelte. Im folgenden sei die ausgeführte Versuchsreihe vollständig mitgeteilt. Versuch 24. Entfernung von der Lampe: 10 cm. a) Belichtungsdauer 7,5 Min. Datum Temp. i. Dunkelz. Temp. d. Lösung Plasmolyt. Grenzkonz. ■ 1 i P- Mol NaCl Mol Sacch. Anfang] Ende 26. Nov. 1025 vm. 22,5 18,5 0,772 1,050 1,360 0,200 1032.5 „ 18,5 0,772 1,050 1,360 0,200 2 6. Nov. 11^5 vm. 0,750 1,050 1,400 0,177 1132.5 ^ 0,750 1,050 1,400 0,177 27. Nov. 925 vm. 18,5 0,683 1,050 1,537 0,096 932,5 18,5 0,683 1,050 1,537 0,096 7. Dez. 850 ym_ 19 0,727 1,050 1,444 0,151 857.5 ^ 0,727 1,050 1,444 0,151 7. Dez. 11 55 vm. 19 0,705 1,050 1,489 0,124 1202.5nm. 21,5 0,705 1,050 1,489 0,124 7. Dez. 410 nm. 19 0,727 1,050 1,444 0,151 417,5 22 0,727 1,050 1,444 0,151 Mittelwert der Permeabilität (fi). Änderung der Permeabilität 0 7o Reaktion der einzelnen Blätter alle 6 0. Anfang : Ende: 13* 0,149 0,149 196 A. Tröndle, b) Belichtungs dauer 11 Min. Datum Temp. im Temp. der Plasmolyt. Grenzkonz. i f^ zimmer Lösung Mol NaCl Mol Sacch. Anfang Ende 15. Jan. 9"* vm. 0,772 1,050 1,360 0,200 21,5 18 0,772 1,050 1,360 0,200 15. Jan. 9" vm. 23 18 0,772 1,050 1,360 0,200 10"* „ 0,772 1,050 1,360 0,200 1 S.Jan. lO^-^vm. 23 18 0,750 1,050 1,400 0,177 1052.5 ^ 0,750 1,050 1,400 0,177 1 S.Jan. 1124.5 vm. 23,5 18 0,772 1,050 1,360 0,200 1 1 35,5 0,772 1,050 1,300 0,200 IS. Jan. 1" nm. 0,772 1,050 1,360 0,200 1* 23 18,5 0,750 1,012 1,349 0,207 IS. Jan. 2"* nm. 23,5 18,5 0,750 1,050 1,400 0,177 2» „ 0,750 1,050 1,400 0,177 Mittlere Permeabilität (fi) Anfang: 0,192 = 100 Ende: Änderung der Permeabilität Reaktion der einzelnen Blätter + 0,5 "/o 5 0, 1 +. 0,193 = 100,52 c) Belichtungsdauer 13 Min. Datum Temp. im Dunkel- zimmer Temp. der Lösung Plasmolyt. Grenzkonz. i f^ Mol NaCl Mol Saceh. Anfang Ende 8.Feb. lO^«'^ vm. 18,5 0,727 1,012 1,392 0,182 1 107,5 ^ 0,727 1,012 1,392 0,182 8. Feb. 2'* um. 23 19 0,772 1,087 1,408 0,172 2" „ 0,772 1,050 1,360 0,200 8. Feb. 3" nm. 23 19 0,772 1,050 1,360 0,200 o27 ^ n 0,772 1,050 1,360 0,200 9. Feb. 10*' vm. 0,727 1,012 1,392 0,182 10" „ 22 18 0,750 1,012 1,349 0,207 10. Feb. 9^* vm. 0,705 0,937 1,329 0,219 9'" „ 23 18 0,705 0,937 1,329 0,219 10. Feb. 10'" „ 0,772 1,050 1,360 0,200 10" „ 23 18 0,772 1,050 1,360 0,200 Mittlere Permeabilität (|j.) Änderung der Permeabilität Beaktion der einzelnen Blätter Anfang: 0,192 = 100 Ende: 0,201 + 4,5 7o = 104,68 2 +, 4 0. Der Einfluß des Lichtes auf die Permeabilität der Plasmahaut. 197 d) Bei euchtung sdauer 15 Min. Datum Temp. im Dunkel- zimmer Temp. der Lösung Plasmolyt. Grenzkonz. i fA Mol NaCl Mol Sacch. Anfang Ende 24. Nov. 9'° vm. 18 0,683 1,050 1,537 0,096 ^ n 0,661 1,012 1,531 0,100 24. Nov. 10*" vm. 22 0,683 1,012 1,481 0,129 10»^ „ 0,683 1,012 1,481 0,129 26. Nov. 9" vm. 18 0,772 1,087 1,408 0,172 q80 •^ n 22,5 0,750 1,050 1,400 0,177 I.Dez. 9" vm. 0,705 1,012 1,435 0,156 10°" „ 22 19 0,750 1,012 1,349 0,207 1. Dez. 11" vm. 0,750 1,050 1,400 0,177 11- „ 22,5 19,5 0,750 1,050 1,400 0,177 I.Dez. 1*° nm. 0,750 1,012 1,349 0,207 1« „ 22 19 0,727 0,975 1,341 0,212 Mittlere Permeabilität (fx) Anfang: 0,156 = 100 Ende: Änderung der Permeabilität -{~ T "lo Keaktion der einzelnen Blätter .... 3 -j-, 3 0. 0,167 = 107,05 e) Be euchtung sdauer 20 Min. Datum Temp. im Dunkel- zimmer Temp. der Lösung Plasmolyt. Grenzkonz. t IJ- Mol NaCl Mol Sacch. Anfang Ende- 5. Feb. 2™ nm. 23,5 18,5 0,772 1,050 1,360 0,200 2- „ 0,7 72 1,050 1,360 0,200 5. Feb. 3" „ 24 18,5 0,772 1,087 1,408 0,172 3" „ 0,772 1,012 1,310 0,230 7. Feb. 11°' vm. 0,750 1,012 1,349 0,207 11- „ 22,5 18 0,772 1,012 1,310 0,230 7. Feb. 3'* nm. 22,5 18,5 0,772 1,050 1,360 0,200 3" „ 0,750 0,975 1,300 0,236 7. Feb. 357.5 nn, 22,5 18,5 0,750 1,050 1,400 0,177 4.7,5 ^^ 0,727 1,012 1,392 0,182 8. Feb. 9" vm. 22 18,2 0,772 1,089 1,408 0,172 n49 22 18,2 0,750 1,012 1,349 0,207 Mittlere Permeabilität ((i) Änderung der Permeabilität -f- 14 % Reaktion der einzelnen Blätter .... 5 -|-, 1 0. Anfang : 0,188 = 100 Ende: 0,214 = 113,82 198 A. Tröndle, f) Be leuchtung sdauer 22 Min. Da tum Temp. im Dunkel- zimmer Temp. der Lösung Plasmolyt. Grenzkonz. i' 1^ Mol NaCl Mol Sacch. Anfang Ende 4. Dez. 9« vra. 0,727 1,012 1,392 0,182 10-" n 22,5 20 0,727 0,975 1,342 0,211 4. Dez. 11°« vm. 0,705 1,012 1,435 0,156 11" t) 0,683 0,975 1,427 0,161 11. Dez. 11" vm. 0,727 1,012 1,392 0,182 11" I) 22 0,727 0,937 1,288 0,243 U.Dez. 2'" nm. 0,750 1,050 1,400 0,177 282 n 21 19 0,750 1,012 1,349 0,207 15. Dez. 10°= vm. 20,5 19. 0,727 1,012 1,392 0,182 10" n 0,750 1,012 1,349 0,207 16. Dez. 10°' vm. 23 20 0,727 1,050 1,444 0,151 1026 n 0,750 1,050 1,400 0,177 Mittlere Permeabilität (p) Änderung der Permeabilität . Beaktiou der einzelnen Blätter Anfang: 0,171 = 100 Ende: 0,201 + 17,5% =117,54 alle 6 -f. g) Beleuchtungsdauer 30 Min. Datum Temp. im Dunkel-. zimmer Temp. der Lösung Plasmolyt. Grenzkonz. i' f^ Mol NaCl Mol Sacch. Anfang Ende 23. Nov. 8« vm. 9- „ 23. Nov. 10*' vm. 10^' „ 23. Nov. 11»* vm. 12°' nm. 8. Dez. 8" vm. 9" „ S.Dez. 11°' vm. 11- „ 9. Dez. 8*° vm. qlO ^ n 22 23 22,5 23 23 21,5 18 18 18,5 18,5 18,5 19 18 18,5 19 19 0,705 0,705 0,705 0,705 0,705 0,705 0,727 0,727 0,705 0,705 0,772 0,772 1,050 1,050 1,050 1,050 1,050 1,050 1,012 1,012 1,012 0,975 1,125 1,125 1,489 1,489 1,489 1,489 1,489 1,489 1,392 1,392 1,435 1,382 1,457 1,457 0,124 0,124 0,124 0,182 0,156 0,143 0,124 0,124 0,124 0,182 0,187 1,143 Mittlere Permeabilität (pi) Änderung der Permeabilität Reaktion der einzelnen Blätter Anfang : 0,142 = 100 Ende: 0,147 + 3,5 7o = 103,52 1 +, 5 0. Der Einfluß des Lichtes auf die Permeabilität der Plasmahaut. 199 h) B 3leuchtun jsdauer 1 Std. Datum Temp. im Duukel- zimmer Temp. der Lösung Plasmolyt. Grenzkonz. i' H- Mol NaCl Mol Sacch. Anfang Ende 16. Nov. 4" vm. 21,3 19 0,727 1,050 1,444 0,151 f:05 3 )) 21,3 19,5 0,727 1,050 1,444 0,151 16. Nov. 2*" nm. 21,3 19 0,683 0,937 1,372 0,193 s»» „ 21,3 19 0,683 0,937 1,372 0,193 18. Nov. 2=«nm. 0,727 1,125 1,547 0,090 21,3 18,5 0,727 1,125 1,547 0,090 9. Dez. 10'" vm. 18,5 0,727 0,975 1,341 0,212 11»» „ 22 18,5 0,727 0,975 1,341 0,212 9. Dez. 1»" nm. 18,5 0,727 0,975 1,341 0,212 980 23 18,5 0,727 0,975 1,341 0,212 11. Dez. 9"" vm. 18,5 0,750 1,050 1,400 0,177 10°» „ 22 18,5 0,750 1,050 1,400 0,177 Mittlere Permeabilität (fj.) Anfang: 0,172 Ende: 100 Änderung der Permeabilität Reaktion der einzelnen Blätter o7o alle 6 0. 0,172 — 100 i) Be euchtung sdauer 1'/- Std. Datum Temp. im Dunkel- zimmer Temp. der Lösung Plasmolyt. Grenzkonz. i' f* Mol NaCl Mol Sacch. Anfang Ende . 4. Feb. 10^' vm. 19,5 0,750 1,050 1,400 0,177 24 0,750 1,050 1,400 0,177 4. Feb. 1'' nm. 23 19 0,727 1,012 1,392 0,182 3" „ 24 19 0,750 1,050 1,400 0,177 4. Feb. 2" nm. 23 19 0,750 1,050 1,400 0,177 3" „ 24 19,5 0,772 1,087 1,408 0,172 5. Feb. 9°° vm. 23 18 0,794 1,087 1,369 0,195 10«° „ 24 18 0,794 1,087 1,369 0,195 5. Feb. 9'° vm. 23 18 0,772 1,050 1,360 0,200 ir „ 24 18 0,794 1,087 1,369 0,195 5. Feb. lO"" vm. 23 18 0,750 1,050 1,400 0,177 11'« „ 24 18 0,772 1,087 1,408 0,172 Mittlere Permeabilität (fx) Anfang: 0,184 = 100 Ende: Änderung der Permeabilität Reaktion der einzelnen Blätter -1,57« 4 — , 2 0. 0,181 = 98,36 200 A. Tröndle, k) Be leuchtung sdauer 2 Std. Datum Temp. im Dunkel- zimmer Temp. der Lösung Plasmolyt. Grenzkonz. i' l>- Mol NaCl Mol Sacch. Anfang Ende 16. Nov. 11*" vm. 21,5 0,683 0,937 1,372 0,193 l" nm. 21,3 19 0,683 0,975 1,427 0,161 18. Nov. 8" vm. 18 0,683 1,012 1,481 0,129 10« „ 21,3 18,5 0,683 1,012 1,481 0,129 18. Nov. 11« vm. 18,3 0,683 1,012 1,481 0,129 l«nm. 21,3 18,3 0,661 0,975 1,475 0,133 14. Dez. 8« vm. 18,5 0,750 1,087 1,449 0,148 10« „ 21,5 19 0,727 1,050 1,444 0,151 14. Dez. 11~ vm. 19 0,750 1,012 1,349 0,207 1»» nm. 21,5 19 0,750 1,050 1,400 0,177 15. Dez. 9« vm. 19 0,705 1,050 1,489 0,124 11« „ 21 19 0,705 1,050 1,489 0,124 Mittlere Permeabilität (fi) Anfang: 0,155 = 100 Ende: Änderung der Permeabilität Beaktiou der einzelnen Blätter - 6,5 7o -, 4 0. 0,145 = 93,54 1) Beleuchtungsdauer 3 Std. Da um Temp. im Dunkel- zimmer Temp. der Lösung Plasmolyt. Grenzkonz. t' \^ Mol NaCl Mol Sacch. Anfang Ende 5. Feh. l^nm. 24 18 0,727 1,012 1,392 0,182 4" „ 24 19 0,750 1,050 1,400 0,177 5. Feh. 2"^nm. 24 18,5 0,750 1,012 1,349 0,207 500 24 18,8 0,750 1,050 1,400 0,177 8. Feb. 8-*^ vm. 0,772 1,087 1,408 0,172 11» „ 22 19 0,772 1,087 1,408 0,172 8. Feb. l'"nm. 23 0,794 1,012 1,274 0,251 i" « 23 19 0,750 1,012 1,349 0,207 8. Feb. 2~nm. 19 0,750 1,050 1,400 0,177 23 19 0,727 1,050 1,444 0,151 10. Feb. 8" vm. 17,5 0,727 1,050 1,444 0,151 11" „ 23 18 0,727 1,050 1,444 0,151 Mittlere Permeabilität ([>.) Änderung der Permeabilität Reaktion der einzelnen Blätter Anfang: 0,190 = 100 Ende: 0,172 - 9,5 7o = 90,52 4 — , 2 0. Der Einfluß des Lichtes auf die Permeabilität der Plasmahaut. 201 m) Beleuchtungsdauer 4 Std. Datum Tenip. im Temp. der Plasmolyt. Grenzkonz. i' fi z immer Lösung Mol NaCl Mol Sacch. Anfang Ende 19. Nov. 9*" vm. 18,5 0,683 0,975 1,427 0,161 l*»nm. 21 18,3 0,705 1,012 1,435 0,156 19. Nov. 10"" vm. 21,5 18 0,683 0,975 1,427 0,161 2«" nm. 21 18,5 0,683 1,050 1,537 0,096 20. Nov. 9* vm. 18,5 0,683 1,012 1,481 0,129 l^nra. 20 19 0,683 1,050 1,537 0,096 16. Dez. 9* vm. 19 0,727 1,012 1,392 0,182 1* nm. 23 19 0,683 0,975 1,427 0,161 17. Dez. 10*" vm. 19,5 0,727 1,012 1,392 0,182 2" nm. 24,5 20 0,727 1,012 1,392 0,182 18. Dez. 9"" vm. 23 19,5 0,794 1,050 1,322 0,223 l^nm. 23 19 0,750 1,012 1,349 0,207 Mittlere Permeabilität (|x) Änderung der Permeabilität . Reaktion der einzelnen Blätter Anfang: 0,173 = 100 Ende: 0,149 — 14% =86,12 5 — , 1 0. n) Beleuchtungsdauer 24 Std. Datum Temp. im Temp. der Plasmolyt. Grenzkonz. i' JA zimmer Lösung Mol NaCl Mol Sacch. Anfang Ende. 16. Nov. 8" vm. 18,5 0,727 1,050 1,440 0,153 17. Nov. 8" , 21 19 0,727 1,050 1,440 0,153 16. Nov. 9» „ 21 19 0,683 0,975 1,420 0,165 17. Nov. 9« „ 21 19 0,661 1,012 1,530 0,100 16. Nov. 10" „ 21 19 0,683 0,975 1,420 0,165 17. Nov. 10- „ 21 19 0,705 1,087 1,510 0,112 17. Dez. 11" „ 24,5 20 0,705 0,975 1,382 0,187 18. Dez. 8« „ 23 19,5 0,727 1,012 1,392 0,182 17. Dez. 11" n 25 19,5 0,750 1,050 1,400 0,177 18. Dez. lO-o „ 23 19 0,772 1,125 1,457 0,143 17. Dez. 12"' „ 25 20 0,750 1,012 1,349 0,207 18. Dez. 11" r, 23 19 0,727 1,050 1,444 0,151 Mittelwerte der Permeabilität (fi) Anfang: 0,175 = 100 Ende: 0,140 80 Änderung der Permeabilität — 20 7o Reaktion der einzelnen Blätter . . , . , 5 — ,10, 202 A. Tröndle, Stellen wir nun die Resultate dieses Versuches noch in einer besonderen Tabelle zusammen, um die Übersicht zu erleichtern, so finden wir: Abhängigkeit der Reaktion von der Beleuchtungszeit. Objekt: Buxus semp. rotund. Lichtquelle: Elektr. Lampe 32 Kerzen. Entfernung v. d. Lampe: 10 cm. Versuchsort: Dunkelzimmer. Temperatur (während d. Versuch.): 21 — 24" C. Beleueh- tungs- dauer Minuten Stunden 7,5 11 13 15 20 22 30 1 IV3 2 3 4 24 Eeaktion in7o 0 + 0,5 + 4,5 + 7 + 14 + 17,5 + 3,5 0 -1,5 — 6,5 — 9,5 — 14 — 20 Damit ist die eingangs dieses Abschnittes ausgesprochene Ver- mutung bestätigt. Belichten wir mit einer hohen Intensität, die bei längerer Einwirkung negative Reaktion auslöst, nur kurze Zeit, so. erhalten wir positive Reaktion. Das gilt nicht nur für die eine, hier geprüfte Intensität, sondern auch in 20 und 30 cm von der Lampe verhalten sich die Blätter gleich, und ich bin überzeugt, daß auch in noch höheren Intensitäten, als ich sie prüfen konnte, sofern sie überhaupt nur ertragen werden, zuerst positive und erst nachher negative Reaktion eintritt. Ich halte mit für berechtigt, verallgemeinernd zu sagen: In allen Intensitäten, die Reaktion auslösen, tritt zuerst positive Reaktion ein, die in den höheren Intensitäten später einer negativen Platz macht. Damit wissen wir nun aber nicht, ob auch in den schwächeren Intensitäten, die bei 24-stündiger Belichtung positiv reagieren, später auch noch negative Reaktion auftritt, oder ob die positive, immer mehr und mehr anwachsend, bestehen bleibt. Es wird deshalb von Interesse sein, hier einen Versuch anzuführen, in dem die Be- lichtungszeit auf eine ganze Anzahl Tage ausgedehnt wurde. In diesem Versuche wurden die Zweige vorher nicht verdunkelt, und jeden Tag 3 — 4 Messungen gemacht und daraus die Tagesmittel bestimmt. Das Ergebnis ist in der folgenden Tabelle zusammengestellt, das Protokoll befindet sich im Anhang (Versuch 25): Der Einfluß des Lichtes auf die Permeabilität der Plasmahaut. 203 Änderung der Permeabilität in Licht mittlerer Intensität bei längerer als 24stündiger Beleuchtung. Objekt: Buxus se^np. rot. Entfernung v. d. Lampe: 50 cm. Dauer der Beleuchtung 1. Tag 2. Tag 3. Tag 4. Tag 5. Tag 6. Tag Tagesmittel von fx 0,191 = 100 0,240 = 125,5 0,242 = 126,5 0,209 = 109,5 0,198 = 103,5 0,185 = 97 Aus diesem Versuch geht klar hervor, daß auch in schwächeren Lichtintensitäten auf die anfängliche Permeabilitätszunahme später eine Abnahme folgt, mit dem Unterschied, daß der Wechsel in den geringeren Intensitäten viel später eintritt als in den höheren. Es interessierte mich nun auch, das Schicksal der negativen Reaktion, die in hohen Intensitäten, schon vor 24 Stunden Belichtung be- ginnt, weiter zu verfolgen, denn man hat sich zu fragen, ob diese negative Reaktion bei längerer als 24 stündiger Belichtung einen Stillstand erreicht, oder ob sie eventuell nochmals umwendet. Wie aus der folgenden Zusammenstellung ersichtlich ist, ist das letztere der Fall. In einem Versuch nahm die Permeabilität vom 1. — 3. Tage ab, von da bis zum 6. Tage wieder zu, ohne die frühere Höhe zu erreichen, und sank hierauf nochmals. Der andere Versuch zeigt das gleiche, auch hier bis zum 3. Tage Sinken und von da an wieder Ansteigen. Änderung der Permeabilität in Licht höherer Intensität bei längerer als 24 stündiger Belichtung. Objekt: Buocus semp. rotund. a)') Entfernung v. d. Lampe: 10 cm. Dauer der Beleuchtung 1. Tag 2. Tag 3. Tag 4. Tag 5. Tag 6. Tag Tagesmittel von [). 0,261 = 100 0,219 ^ 83,9 0,179 = 68,5 0,238 = 91 0,249 = 95,5 0,198 = 76 b)') Entfernung von der Lampe: 35 cm Dauer der Beleuchtung 1. Tag 2. Tag 3. Tag 4. Tag 5. Tag Tagesmittel von }x 0,219 = 100 0,201 = 92 0,187 = 85,5 0,198 = 90,5 0,202 = 92 Ein Versuch, in dem die Verdunkelung auf mehr als 24 Std. ausgedehnt wurde, verhielt sich im Prinzip gleich, die negative Re- 1) Protokoll im Anhang, Versuch 26. 2) Protokoll im Anhang, Versuch 27. 204 A. Tröndle, aktion, die dabei eintritt, wendet nämlich um und zwar auch zwei- mal wie im ersten der obigen Versuche. Der erste Wendepunkt liegt am 4., der zweite am 8. Verdunkelungstage. Änderung der Permeabilität bei längerer als 24 stündiger Verdunkelung. Objekt: Bu.rus semp. rotund.^) Dauer der Beleuchtung I.Tag 2. Tag 3. Tag 4. Tag 5. Tag 6. Tag 7. Tag S.Tag 9. Tag 10. Tag Tagesmittel von |JL 0,219 = 100 0,176 = 80 0,125 = 57 0,143 = 65 0,150 = 68,5 0,159 = 72,5 0,175 = 80 0,163 = 74,5 0,152 = 69,5 Die Untersuchungen dieses Abschnittes haben ergeben: 1. In allen reizenden Intensitäten tritt erst positive Reaktion ein, die erst später, in den höheren Intensitäten nach kürzerer, in den geringeren nach längerer Einwirkung, einer negativen Reaktion Platz macht. 2. Ein Reiz löst nicht bloß eine Schwingung aus (Zunahme und -wieder Abnahme der Permeabilität), sondern es treten jeweilen mehrere Schwingungen auf. Eine Klärung der Beziehungen zwischen positiver und negativer Reaktion und des Auftretens mehrerer Schwingungen soll erst im theoretischen Abschnitt versucht werden. Hier sei bloß das tat- sächlich im Experiment gefundene konstatiert. 3. Abhängigkeit der Permeabilität von der Lichtmenge. Es handelt sich hier im wesentlichen um die Frage, ob das photochemische Grundgesetz, wonach gleichen Produkten aus Be- lichtungszeit X Lichtstärke gleiche photochemische Reaktion ent- spricht, für die Permeabilitätsänderung ebenfalls gültig ist. Die Entscheidung dieser Frage erscheint wichtig, nicht nur im Hin- blick auf die Untersuchungen Frosch eis und Blaauws, die die Gültigkeit dieses Gesetzes für den Heliotropismus nachwiesen, sondern sie ist auch mit von wesentlicher Bedeutung für unsere Auffassung der Permeabilitätsänderung. Das Licht könnte einmal direkt in der Plasmahaut als solches wirken, so daß durch photo- chemische Änderungen der Plasmahaut oder mindestens eines in ihr vorhandenen photochemischen Systems die Permeabilität ent- sprechend geändert würde und in dem Fall müßte das Gesetz 1) Protokoll im Anhang, Versuch 28. Der Einfluß des Lichtes auf die Permeabilität der Plasniahaut. 205 gültig sein. Oder aber das Licht wirkt als Reiz und die lebendige Plasmahaut reagiert darauf mit Änderung der Permeabilität, womit natürlich die Gültigkeit des Gesetzes nicht ausgeschlossen ist. Gilt es aber nicht, so trifft die erste Möglichkeit sicher nicht zu. Für die experimentelle Prüfung ergibt sich eine gewisse Schwierigkeit. Fröschel und Blaauw haben in ihren heliotro- pischen Untersuchungen den Pflanzen die bestimmte Lichtmenge zugeführt, hierauf verdunkelt und die Reaktion als Nachwirkung beobachtet. Bei unserem Objekt ist diese Methode nicht anwendbar, da Dunkelheit als solche ebenfalls und zwar negative Reaktion auslöst. Wir können deshalb nur so vorgehen, daß wir erst die Anfangspermeabilität bestimmen, hierauf eine bestimmte Lichtmenge zuführen und dann sofort die Endpermeabilität feststellen, gerade wie wir den Grad der Schwärzung, die nach Zufuhr einer bestimmten Lichtmenge auf dem Chlorsilberpapier entsteht, unmittelbar, nach- dem die Zufuhr aufgehört hat, feststellen. Ich mache deshalb noch besonders darauf aufmerksam, daß die im folgenden bestimmten Zeitrainima, während denen die Blätter den betreffenden Intensitäten ausgesetzt werden mußten, um eben Reaktion zu bekommen, im physiologischen Sinne nicht Präsen- tations- sondern Reaktionszeiten vorstellen. Für die photo- chemische Deutung der Permeabilitätsänderung fällt das nicht ins Gewicht, denn wenn die Permeabilitätsänderung ein rein photo- chemischer Prozeß ist, so müßte die Lichtwirkung sofort nach dem Beleuchtungsbeginn anfangen und nach beendeter Zufuhr der Licht- menge gerade die dieser entsprechende Permeabilitätsänderung bewirkt haben. Die Resultate dieser Versuche sind in der umstehenden Tabelle zusammengefaßt (Protokolle im Anhang, Versuche 29 — 33, sowie Versuch 24 im vorigen Abschnitt S. 195 ff.). Wenden wir uns nun zur Besprechung des Resultates. Die Reaktionszeiten wurden für sechs verschiedene Intensitäten bestimmt, von denen die schwächste 100 mal kleiner war als die stärkste und annähernd 30 — 32 Meterkerzen betrug. Daß nicht mehr Reaktions- zeiten bestimmt wurden, hat seinen Grund darin, daß diese Be- stimmungen sehr viel Zeit beanspruchen. Allein schon für die in der Tabelle enthaltenen Bestimmungen mußten 744 plasmolytische Grenzkonzentrationen ermittelt werden. 206 A. Tröndle, Bestimmung der Reaktionszeit. Objekt: Buxiis scinp. rotimd. Vorbehandlung: ca. 24 Std. verdunkelt. Versuchsort: Dunkelzimmer. Temperatur: 20 — 23" C. Lichtquelle: Elektr. Lampe 32 Kerzen. Inten- sität, re- lativ Belichtungsdauer : Ent- fern. V. d. Lampe Minuten Stunden Re- akti- 7,5 10 11 12 13 15 20 22 30 50 1 l'/a 2 3 37, 4 24 ons- in cm Reaktion in Prozent: 10 1 0 0,5 4,5 7 14 17,5 3,5 p — 1,5 -6,5 — 9,5 — 14 — 20 11 Min. 20 0,25 0,5 4 10 0 10 Min. 30 0,11 1 4 -1,5 -1,5 12 Min. 50 0,04 0 0 3 4 10 21 Min. 70 0,02 0 1 8 30 Min. 100 0,01 0,5 4 50 Min. Wie ersichtlich, nimmt die Reaktionszeit mit neigender Licht- intensität ab und zwar in immer schwächerem Maße, so daß die Abnahme in den schwächeren Intensitäten viel rascher erfolgt als in den stärkeren. Wenn wir nun die Lichtmengen bestimmen, die in den verschiedenen Entfernungen von der Lampe zugeführt wurden, bis eben Reaktion eintrat, so zeigt sich, daß sie unter- einander nicht gleich sind, wie au8 der folgenden Tabelle zu ent- nehmen ist. Entfernung von der Lampe Relative Intensität Reaktions- zeit Lichtmenge (= R.zeit X Intensität 10 cm 1 11 Min. 11,00 20 cm 0,25 10 Min. 2,50 30 cm 0,11 12 Min. 1,32 50 cm 0,04 21 Min. 0,84 70 cm 0,02 30 Min. 0,60 100 cm 0,01 50 Min. 0,50 Damit ist zugleich ausgedrückt, daß das Licht nicht einzig und allein durch eine photochemische Änderung in der Plasmahaut eine Änderung der Permeabilität bewirkt, sondern es müssen noch andere Faktoren eingreifen und es ist unsere Aufgabe, diese Faktoren zu bestimmen. Dies kann geschehen, wenn es uns gelingt, einen gesetzmäßigen Zusammenhang zwischen Intensität, Reaktionszeit und Lichtmenge aufzufinden. Und das ist in der Tat möglich. Der Einfluß des Lichtes auf die Permeabilität der Plasmahaut. 207 Den Schlüssel zur Lösung gibt uns die in der obigen Tabelle enthaltene Tatsache, daß die Lichtmenge mit steigender Intensität auch steigt, aber ohne daß sie einander parallel gingen. Eine ein- fache Beziehung besteht hier also nicht, wohl aber gibt sich eine solche zu erkennen, wenn wir die Differenzen der Intensitäten mit den entsprechenden Differenzen der Lichtmengen vergleichen: sie sind einander proportional, so daß das Verhältnis Differenz der Lichtmengen : Differenz der Intensitäten eine konstante Größe ist. In der folgenden Tabelle ist die Berechnung ausgeführt. Differenz der Differenz der dm Intensität Lichtmenge Intensität Lichtmengen = di = dm 1 11,00 0,75 8,50 11,33 0,25 2,50 0,14 1,18 8,43 0,11 1,32 0,07 0,48 6,85 0,04 0,84 0,02 0,24 12,00 0,02 0,60 0,01 0,10 10,00 0,01 0,50 Daß die Werte der letzten Kolumne zum Teil ziemlich dif- ferieren, ist natürlich, doch ist die Schwankung ganz ohne Gesetz. dm Aus der Formel -^ = ä; können wir das Gewünschte ent- di nehmen. Schreiben wir sie in anderer Form, so erhalten wir: i't' — it h V — % worin i' und i zwei Intensitäten, t' und t die dazugehörigen Reak- tionszeiten sind. Wir schreiben die Formel anders und finden: i't' — it = i'h — ih, woraus sich ergibt: i'{t' ^Jc) = i(t —Je) (1) d. h. das Produkt aus Intensität mal Reaktionszeit minus einer Konstanten k ist eine konstante Größe, oder anders ausgedrückt: die Lichtwirkung ist proportional der Intensität und proportional der Reaktionszeit minus l~. Die Reaktionszeit verhält sich also so, wie wenn sie aus zwei Teilen bestehen würde, einem unwirksamen Je, und einem wirksamen t — Je, dem die Lichtwirkung proportional ginge. Wir haben nun die Richtigkeit unserer Formel zu prüfen, in- dem wir mit ihrer Hilfe die Reaktionszeiten berechnen und zusehen, 208 A. Tröndle, ob sie mit den wirklich gefundenen übereinstimmen. Zu dem Zwecke stellen wir die Formel nochmals um, so daß wir erhalten: r = ^l±M,^ ^^^ worin f die gesuchte Reaktionszeit ist, it eine zugeführte Licht- menge und i' die zu f gehörige Intensität. Die Werte für k, i und it entnehmen wir aus der vorhergehenden Tabelle, k berechnet sich dort im Mittel zu 9,722. Wir runden auf und setzen k = 10. Für i können wir natürlich jede beliebige Intensität nehmen, für die wir die zugehörige Reaktionszeit t bestimmt haben. Wir wählen die kleinste geprüfte Intensität und setzen i == 0,01 und «7 = 0,5. Setzen wir diese Werte in die Formel (2), so erhalten wir: ,, _0,5 + (i--0,01)10 ^ ~ i^ In der folgenden Tabelle sind die nach dieser Formel be- rechneten Reaktionszeiten angeführt und zum Vergleich die wirklich gefundenen daneben gesetzt. Reaktionszeit berechnet gefunden 1 10,4 Min. 11 Min. — 0,6 Min. 0,25 11,G Min. 10 Min. + 1,6 Min. 0,11 13,63 Min. 12 Min. -f 1,63 Min. 0,04 21,2.5 Min. 21 Min. + 0,25 Min. 0,02 30,00 Min. 30 Min. 0 0,01 .50,00 Min. 50 Min. 0 Man wird nicht verkennen können, daß die Übereinstimmung zwischen den wirkHch gefundenen und den theoretischen Reaktions- zeiten ganz gut ist, womit bewiesen ist, daß die Formel i{t — k) = i'{t' — k) die tatsächlichen Verhältnisse richtig wiedergibt. Konstruieren wir die Kurven der Reaktionszeiten (Fig. 2), so sind daraus die Beziehungen zwischen Reaktionszeit und Intensität so leicht ersichtlich, daß wir auf jede weitere Beschreibung ver- zichten können. Wenden wir uns nun zur Größe k. Sie ist als Konstante unabhängig von der Intensität und von der Belichtungszeit, die beide variabel sind. Sie muß deshalb durch das Objekt selbst be- dingt sein, ihre Ursache ist im lebenden Protoplasma zu suchen. Aus dem Mitgeteilten schließen wir: die Permeabilitätsänderung ist nicht ein rein photochemischer Prozeß, sondern das lebendige Plasma greift dabei ebenfalls ein. Der Einfluß des Lichtes auf die Permeabilität der Plasmaliaut. 209 Die Richtigkeit dieses Schlusses läßt sich auch noch auf andere Weise prüfen, nämlich mit Hilfe der Narkose. Kommt das lebende Protoplasma mit in Frage, so darf in der Narkose keine oder bloß beschränkte Reaktion eintreten, und es müssen die Blätter, nach- dem sie sich erholt haben, wieder normal reagieren. Wie aus den folgenden Versuchen hervorgeht, trifft das zu. In diesen Versuchen wurden die Zweige in einer großen Cuvette mit Blechdeckel so aufgestellt, daß sie in 10 cm von der Lampe standen. In die Cuvette stellte ich neben den Zweig zu ]5eginn des Versuches einen Napf mit dem Narkotikum, den ich am Ende des Versuches wieder herausnahm. Die erste Hälfte des Blattes wurde zu Beginn, die zweite am Schluß des Versuches auf ihre Permeabilität untersucht. Vor dem Versuch waren die Zweige 24 Std. verdunkelt. Behchtet wurde 22 Min. lang, da nicht narkotisierte Blätter unter diesen Bedingungen optimal positiv reagieren. D,Cl^ 0,11 o,lf B.SO Fig. 2. Kurve der Reaktionszeiten, konstruiert nach den Angaben der Tabelle S. 208. Die Eeaktionsseiten sind als Ordinaten aufgetragen. Auf der Abszisse sind die Licht- , it -\- (i — i)k Intensitäten verzeichnet. Die Kurve entspriclit der Formel t = —, , worin if = 0,5, i = 0,01 und k = 10 gesetzt sind (vgl. S. 208). X = experimentell bestimmte Kurvenpunkte. Die Kurve zeigt, daß in den schwächeren Lichtintensitäten eine geringe Erhöhung der Intensität eine starke Verminderung der Reaktionszeit zur Folge hat, während in den höheren Intensitäten einer eben so großen Intensitätszunahme eine nur schwache Verkürzung der Reaktionszeit entspricht. Stellen wir das Resultat dieser Versuche zusammen, so ergibt sich: Reaktion narkotisierter und nicht narkotisierter Blätter'): Entfernung von der Lampe: 10 cm. Objekt: Buxus. Belichtungs- und Narkotisierungsdauer: 22 Min. Permeabil.-Ander. narkotisiert mit Chloroform 0 "/o narkotisiert mit Äther 0 „ nach 24-stündiger Erholung von der Äthernarkose . . -|- 17 „ normale Zweige, die nicht narkotisiert waren ...-[" ^'^i^ n narkotisiert mit Amylalkohol -|-9„ 1) Protokolle siehe im Anhang, Versuche 34 a u. b, 35 u. 36. Jahrb. f. wiss. Botanik. XLVHI. 14 210 A. Tröndle, In diesem Abschnitt hat sich, wenn wir kurz zusammenfassen, als wichtigstes Ergebnis herausgestellt, daß eine Änderung der Permeabilität unter dem Einfluß des Lichtes nur möglich ist, wenn das lebende Protoplasma eingreift. Die Lichtpermeabilitäts- änderung ist nicht ein einfacher photochemischer Prozeß, sondern viel komplizierter. Sie ist ein Reizprozeß. 4. Änderung der Stimmung. Als ich weitere Versuche vornahm, um die Abhängigkeit der Permeabilitätsänderung von der Lichtintensität zu prüfen, machte ich die Beobachtung, daß die Reaktion, die bei einer bestimmten Intensität eintritt, nicht immer gleich, sondern je nach der Jahres- zeit verschieden ausfällt. Es stellte sich bald heraus, daß diese Buxus seiiijjervirens rotundifoUa. Änderung der Reaktion bei gleicher Lichtstärke. Entfernung von der Lichtquelle 10 20 30 35 40 50 60 90 00 6./7. Januar 09 -207„ 18./19. „ 09 + 2G 1./2. Februar 09 — 16 8./9. „ 09 — 8 16./17. „ 09 - 5,5 + 14 18./19. „ 09 + 2C + 18 22./23. „ 09 + 16 0 25./26. „ 09 — 13 — 5 1.5./16. März 09 — 12,. 5 — 7 17./18. „ 09 + 4,5 19./20. „ 09 — 21 23./24. „ 09 — 8 25./26. „ 09 + 7 ~ 1 0 30./31. „ 09 + 24 + 10 1./2. April 09 — 28,5 — 36 26./27. „ 09 + 11 28./29. „ 09 — 10 — 20 30./1. „ 09 — 4 3./4. Mai 09 — 48 5./6. „ 09 — 15 lO./ll. „ 09 — 30 12./13. „ 09 — 17 18./19. „ 09 — 30 6./7. Juli 09 — 48 22./23. „ 09 Än( — 8 lerung d er Perm — 21 eabilität in X Der Einfluß des Lichtes auf die Permeabilität der Plasmahaut. 211 Änderungen der Reaktion nicht willkürlich, sondern gesetzmäßig erfolgen, so daß die Kardinalpunkte der im zweiten Abschnitt ermittelten Kurve allmählich in höhere Lichtintensitäten verlegt wurden, wodurch sich die ganze Kurve immer mehr gegen die Lichtquelle hin verschob. Die Versuchsanordnung war die gleiche wie im ersten Abschnitt und als Versuchsobjekt wurden ebenfalls abgeschnittene Zweige von Buxus sempervirens rotundif. verwendet. Bevor ich in eine weitere Diskussion des Resultates eintrete, soll erst (S. 210 unten) eine Fig. 3. Änderung der Stimmung vom Winter gegen den Sommer hin. Die Änderungen des Permeabilitätskoeffizienten sind als Ordinaten aufgezeichnet. Auf der Abszisse sind die Lichtintensitäten verzeichnet (1 = ca. 3000 Meterkerzen). Die Angaben für die Konstruktion der Kurven sind der Tabelle S. 210 entnommen. I. Kurve der Permeabilität im Februar, II. „ „ „ Ende März — Anfang April, III. n n n Ende April, IV. „ „ „ Anfang Mai. Aus der Konstruktion ist ersichtlich, wie die Kardinalpunkte vom Winter gegen den Sommer zu in immer höhere Lichtintensitäten verschoben werden. Übersicht der einzelnen Versuche mitgeteilt werden. Die Einzel- heiten der Versuche sind im Anhang mitgeteilt (siehe diesen. Ver- such 37 — 43). In der Tabelle sind zusammengefaßt die Versuche 10—17 und 37—43. Es geht daraus hervor, daß bei gleich langer Wirkungsdauer ein und derselben Lichtintensität die Reaktion sowohl positiv wie negativ ausfallen kann und zwar so, daß im Laufe der Vegetations- 14* 212 A. Tröndle, periode z. B. in 50 cm Entfernung vom Licht die anfängliche positive Reaktion in die negative überging, und in 10 cm Entfernung die anfänghche negative Reaktion einer positiven und diese später wieder einer negativen Platz machte. Ein Blatt reagiert bei 24- stündiger Behchtung auf eine bestimmte Lichtstärke nicht regellos, beliebig positiv oder negativ, sondern es besteht zwischen positiv und negativ Reagieren ein bestimmter Zusammenhang. Um diese Gesetzmäßigkeit noch besser hervortreten zu lassen, als in der Tabelle, habe ich nach deren Angaben einige Kurven konstruiert (Fig. 3, S. 211). 1. Kurve der Permeabilität im Februar, 2. „ „ „ Ende März — Anfang April, 8. „ „ „ Ende April, 4. „ „ „ Anfang Mai. Aus dieser Konstruktion ist ohne weiteres ersichtlich, daß die Kardinalpunkte, z. B. die Intensitätsschwelle oder das Optimum der positiven Reaktion (beide bezogen auf 24 -stündige Belichtung) vom Winter gegen den Sommer hin in immer höhere Lichtintensitäten verlegt werden, was wir auch so ausdrücken können, daß wir sagen, die Blattzellen werden gegen Licht weniger empfindlich, ihre Licht- empfindlichkeit stumpft sich ab. Das Wesentliche dieser Erscheinung liegt darin, daß die Zellen auf die gleichen äußeren Bedingungen im Frühling anders reagieren als im Sommer. Daraus läßt sich schließen, daß in den Zellen selbst irgend etwas verändert worden ist, das zur Folge hat, daß die Reaktion auf dieselben Reizbedingungen anders ausfällt. Ände- rungen solcher Art pflegt man in der Physiologie als Stimmungs- änderungen zu bezeichnen. Die Lichtempfindlichkeit der Zellen nimmt gegen den Sommer hin ab, weil die Stimmung anders, höher geworden ist. Warum aber ändert sich die Stimmung? Das könnte aus zwei Gründen geschehen. Einmal ließe sich an eine gewisse innere Periodizität denken, anderseits aber ist nach dem, was wir über Stimmungsänderungen bei photischen Reizprozessen bis jetzt wissen (Oltmanns III, Pringsheim) von vornherein wahrscheinlich, daß das Licht selbst als stiramungsändernder Faktor in Frage kommt. Diese Annahme hat sich denn auch bestätigt, wie aus den folgenden Versuchen hervorgeht. Der Einfluß des Lichtes auf die Permeabilität der Plasmahaut. 213 Versuch 44. Buxus scmpcrvirens rotundifolia. 8. Nov. 09 11"° vm. : a) Zweig in 50 cm von der Lampe, b) Zweig in 70 cm von der Lampe. 9. Nov. 09 9^° vm.: Beide Zweige in 35 cm von der Lampe. a) Datum Temp. im Dunkel- zimmer Temp. der Lösung Plasmolyt. Grenzkonz. i' f^ Mol NaCl Mol Sacch. Anfang Ende 9. Nov. 8*" vm. 10. „ 8*^ „ 9.N0V. 10*^ vm. 10. „ 10"° „ g.Nov.U^^ vm. 10. „ ll^s „ 19 19 20 19,5 20 20 19 18 19 19 18,5 0,705 0,705 0,705 0,727 0,705 0,727 0,975 0,937 0,975 0,975 0,937 0,975 1,38 1,32 1,38 1 34 1,32 1,34 0,189 0,189 0,224 0,224 0,212 0,212 Mittelwerte der Permeabilität (a) Änderung der Permeabilität -j- 8 °/o Reaktion der einzelnen Blätter .... 2 -{-, 1 Anfang: 0,200=^100 Ende: 0,216 = 108 b) Datum Temp. im Dunkel- zimmer Temp. der Lösung Plasmolyt. Grenzkonz. i l^ Mol NaCl Mol Sacch. Anfang Ende 9. Nov. 9^" vm. 19 0,727 1,012 1,39 0,183 10. „ 9-« „ 19,5 18 0,683 0,975 1,42 0,165 9. Nov. 10^° vm. 20 19 0,705 0,975 1,38 0,189 10. „ 10*" „ 19,5 18,5 0,705 1,012 1,43 0,159 9. Nov. 12"" vm. 20 19 0,750 1,050 1,40 0,177 10. „ 12"" „ 20 18,5 0,750 0,9 75 1,30 0,236 Mittelwert der Permeabilität (|Ji) Anfang: 0,183 Ende: 100 Änderung der Permeabilität -|- 2 % Reaktion der einzelnen Blätter . . . . 2 — , 1 -)-. 0,186 ^ 101,63 In diesem Versuch reagierte der höher gestimmte Zweig a auf eine relativ starke Intensität stärker positiv, als der tiefer gestimmte Zweig b, für den die zur Reizung verwendete Intensität schon zu hoch ist. Wäre h noch tiefer gestimmt gewesen, so würde negative 214 A. Tröndle, Reaktion eingetreten sein. Wie der folgende Versuch beweist, gelang es bei geeigneter Kombination der Intensitäten beim höher gestimmten Zweig a positive, beim tiefer gestimmten h aber negative Reaktion zu erzielen. Versuch 45. Buxus scmpcrvircns rotundifoüa. 11. Nov. 09 9^^ vm.: a) Zweig in 50 cm von der Lampe. b) Zweig in 90 cm von der Lampe. 12. Nov. 09 9^" vm.: Beide Zweige in 40 cm von der Lampe. a) Datum Temp. im Dunkel- zimmer Temp. der Lösung Plasmolyt. Grenzkonz. i V- MolNaCl MolSacch. Anfang Ende 12. Nov. 8^* vm. 13. „ 8»^ „ 12. Nov. 10'° vm. 13. „ 10«« „ 12. Nov. 11-'^ vm. 13. „ 11^« „ 21 19,5 21 19,5 20,5 19,5 19 18,5 19 18,5 18,5 19 0,705 0,750 0,750 0,772 0,727 0,727 1,012 1,012 1,012 1,050 1,012 0,975 1,43 1,34 1,34 1,36 1,39 1,34 0,159 0,212 0,183 0,212 0,200 0,212 Mittelwerte der Permeabilität (fi) Änderung der Permeabilität -|- 13 7o Reaktion der einzelnen Blätter .... 2 -j-, 1 Anfang: 0,184 = 100 Ende: 0,208 ^ 113,04 b) Datum Temp. im Dunkel- zimmer Temp. der Lösung Plasmolyt. Grenzkonz. i' f^ Mol NaCl Mol Saech. Anfang Ende 12. Nov. 9^« vm. 13. , 9" „ 12. Nov. 10"« vm. 13. „ 10" „ 12. Nov. 12«« vm. 11" „ 21 19,5 20,5 19,5 20 19,5 19 18,5 19 19 18,5 19 0,727 0,683 0,683 0,683 0,727 0,750 1,012 1,012 0,937 1,012 0,975 1,050 1,39 1,48 1,37 1,48 1,34 1,40 0,183 0,194 0,212 0,130 0,130 0,177 Mittelwerte der Permeabilität (fx) Änderung der Permeabilität . Eeaktion der einzelnen Blätter Anfang: 0,196=100 Ende: 0,145 — 26 7o =73,98 alle 3 — . Der Einfluß des Lichtes auf die Permeabilität der Plasniahaut. 215 Beide Versuche führten übereinstimmend zu dem Ergebnis, daß die Reaktion, die in einer bestimmten Intensität bei 24 stündiger Reizung eintritt, abhängt von der vorgängigen BeHchtung. Im besonderen läßt sich aus unseren Versuchen noch entnehmen, daß, wenn ein Zweig a, der in einer bestimmten Lichtintensität vor- belichtet war, in einer höheren Intensität J positiv reagiert, ein in niedrigerer Intensität vorbelichteter Zweig h schwächer positiv oder negativ reagiert, weil bei seiner niedrigeren Stimmung, also größeren Lichtempfindlichkeit, die zur Reizung verwendete Intensität J höher ist als die optimal positive Reaktion auslösende Intensität. Oder anders ausgedrückt: niedrig gestimmte Zellen reagieren bei gleicher Belichtungszeit in höheren Intensitäten schwächer positiv als höher gestimmte, oder sogar negativ. Ein analoges Resultat bekam Frings heim (I), für den Heliotropismus. Niedrig gestimmte Keimlinge reagierten in hohen Intensitäten langsamer als hoch- gestimnite. Die in der Tabelle S. 210 angeführten Stimmungsänderungen lassen sich alle damit begreifen, daß es auch hier das Licht war, das die Stimmung änderte, denn je nach der Intensität der Be- leuchtung unter der die Zweige im Freien standen, war ja ihre Stimmung anders. So reagierten z. B. die aus niedrigen Intensi- täten im Februar geholten Blätter, die also niedrig gestimmt waren, in der hohen Intensität (10 cm von der Lampe) negativ, Ende März, wo sie aus höheren Intensitäten kamen, also höher gestimmt waren, positiv, und im Mai, bei noch höherer Stimmung wieder negativ, denn in dem Fall war die Lichtintensität, womit gereizt wurde, zu gering, um nach der gegebenen Belichtungszeit noch positive Reaktion auszulösen. Ich erinnere an den ersten Abschnitt, worin gezeigt wurde, daß sowohl zu hohe wie zu geringe Intensität negative Reaktion auslösen. In einer geringeren Intensität, 50 cm von der Lampe, wo anfänglich optimale positive Reaktion auftrat, muß später bei höherer Stimmung schwächere positive und noch später negative Reaktion eintreten. In gleicher Weise sind die übrigen Angaben der Tabelle zu erklären. Der Einfluß der Vorbelichtung geht auch hervor aus zwei Ver- suchen, die mit Lindenblättern im September 08 angestellt wurden. 216 A. Tröndle, Versuch 46. (Tilia cordata.) Datum Witterung Experim. Behandlung l"- Plasm. Grenzkonz. Mol NaCl MolSacch. 28. Sept. 9^0 vm. trübe, 15° 1. Blatthälfte: direkt un- tersucht 0,12=100 0,625 0,937 2. Blatthälte: 2 Std. im 0,27 = 224 0,750 0,937 Dunkelz. in 30 cm v. Auerlampe. 19 — 20° 28. Sept. 2"" nm. bewölkt, 20" 1. Blatthälfte: direkt un- tersucht 0,21 = 100 0,750 1,012 2. Blatthälfte: 2 Std. im 0,26 = 124 0,800 1,012 Dunkelz. in 30 cm v. Auerlampe. 20° Zunahme der Permeabilität (30 cm v. d. Auerlampe, 2 Std.): 9'" vorm.. + 124 % 2°" nachm.: + 24% Versuch 47. (Tilia cordata.) Datum Witterung Experim. Behandlung H- Plasm. Grenzkonz. Mol NaCl MolSacch. 29. Sept. 8»° vm. Sonne, vorh. Nebel, 13° 1. Blatthälfte: direkt un- tersucht 0,12 = 100 0,600 0,900 2. Blatthälfte: 2 Std. im 0,22 = 183 0,675 0,900 Dunkelz. in 30 cm v. Auerlampe. 19 — 21° 29. Sept. S*"* nm. Sonne, 24» 1. Blatthälfte: direkt un- tersucht 0,25=100 0,875 1,125 2. Blatthälffe: 2 Std. im 0,26 = 104 0,950 1,200 Dunkelz. in 30 cm v. Auerlampe. 20 — 21° Zunahme der Permeabilität (30 cm v. d. Auerlampe, 2 Std.): 8»" vorm. : -f- 83 »/„ 300 nachm.: + 4 °;o. Beide Versuche stimmen überein. Am Morgen, wo die Licht- intensität im Freien und damit die Stimmung geringer ist, ist die Änderung der Permeabilität viel größer, als nachmittags, wo die Stimmung viel höher ist, weil die Lichtintensität im Freien viel höher ist als morgens. Aber auch die Größe der Reaktion die bei Verdunkelung (= Lichtintensität 0) eintritt, ist abhängig von der Stimmung. Sehen wir nämlich in der Tabelle S. 210 die Reaktionen durch, die Der Einfluß des Lichtes auf die Pei-meabilität der Plasmahaut. 217 auf Verdunkelung erfolgen, so zeigt sich, daß sie im Mai und Juli über doppelt so groß waren, als im Januar oder März, also bei niedriger Stimmung geringere, bei höherer größere Permeabilitäts- abnahme, Das gleiche geht aus dem folgenden Versuch hervoi-, in dem zwei gleichzeitig abgeschnittene, gegenständige Zweige, auf Erlenmeyer montiert, 24 Std. am Fenster standen, der eine mit Seidenpapier umhüllt, der andere frei. Die beiden Zweige wurden hierauf verdunkelt und die Permeabilitätsabnahme war im ersten Fall, also bei dem niedriger gestimmten geringer als beim zweiten, höher gestimmten. Versuch 48. (Buxus.) Zwei gegenständige Zweige abgeschnitten 12. Juli 09 vorm., auf Erlenmeyer montiert, am Fenster im Zimmer nebeneinander aufgestellt. a) frei, b) mit Seidenpapier umhüllt. 13. Juli: die zwei Zweige wurden unter den gleichen schwarzen Zylinder gestellt. a) Beginn der Verdunkelung 13. Juli, 8^" vorm : Datum Temp. im Zimmer Temp. der Lösung Nr. des Blattes Plasm. Grenzkonz. i 1^ Tagesmittel von p. MolNaCl Mol Sacch. 13. Juli S^** vm. 15,5 16,3 1 0,794 0,975 1,22 0,283 0,286 = 100 9^^ „ 2«« nm. 15 17 16,3 17 2 3 0,750 0,727 0,937 0,862 1,24 1,18 0,271 0,306 14. Juli 8" vm. lO"» „ 2«o nm. 14 15,3 18 16,6 17 17,5 1 2 3 0,727 0,705 0,639 1,012 0,937 0,862 1,39 1,31 1,34 0,183 0,230 0,212 0,208 = 72,72 b) Beginn der Verdunkelung 13. Juli 9° " vorm. Datum Temp. im Zimmer Temp. der Lösung Nr. des Blattes Plasm. Grenzkonz. i' \^ Tagesmittel von fx Mol NaCl Mol Sacch. 13. Juli 9°" vm. 10^0 „ 2" nm. 14. Juli 9"^ vm. 10^^ „ 2" nm. 15 15,6 16,5 15 16 17,6 16,3 16,5 17 17 17,3 18 1 2 3 1 2 3 0,794 0,727 0,727 0,705 0,661 0,661 1,012 0,937 0,937 0,975 0,862 0,900 1,27 1,28 1,28 1,38 1,32 1,36 0,253 0,247 0,247 0,189 0,224 0,200 0,249 = 100 0,204 == 81,92 Permeabilitätsänderung nach Verdunkelung : a) normaler Zweig — 27% b) vorher mit Seidenpapier umhüllter Zweig — 18°/o 218 A. Tröndle, "Wie schon gesagt, sind die beobachteten Stimmungsänderungen erklärhch, auch wenn bloß das Licht stimmungsändernder Faktor ist. Es ist aber nicht ausgeschlossen, daß daneben noch eine periodische Stimmungsänderung aus inneren Gründen mit im Spiel sein könnte. Nähere Untersuchungen hierüber habe ich nicht an- gestellt, denn es kam mir hier bloß darauf an, daß das Licht bei der Permeabilitätsänderung gleich wie bei einem anderen Lichtreiz- prozeß, dem Heliotropismus, in doppelter Weise wirksam ist, reizend und stimmungsändernd. Fassen wir die Untersuchungen dieses Abschnittes zusammen, so ergibt sich: 1. Die Reaktion, die in einer bestimmten Intensität eintritt, hängt ab von der Stärke der vorgängigen Belichtung. 2. Ist die vorgängige Lichtintensität geringer, so ist die Stim- mung tiefer, die Lichterapfindlichkeit damit höher und die Dunkel- empfindUchkeit geringer. 3. Ist hingegen die vorgängige Lichtintensität höher, so ist die Stimmung höher, die Lichtempfindlichkeit damit geringer und die Dunkelempfindlichkeit höher. 4. Licht- und Dunkelempfindlichkeit verhalten sich also bei Änderung der Stimmung gerade entgegengesetzt: Lichtempfindlichkeit Dunkelempfindlichkeit Stimmung erniedrigt . . erhöht herabgesetzt Stimmung erhöht . . . herabgesetzt erhöht III. Theoretisches. Während ich bis jetzt nur das tatsächlich Beobachtete und die Schlüsse, die sich unmittelbar daraus ziehen lassen, vorgeführt habe, soll nun hier versucht werden, auf theoretischem Wege etwas tiefer in das Wesen der Permeabilitätsänderung einzudringen, wobei besonders auch andere Reizprozesse zum Vergleich heranzuziehen sind. 1. Das Reaktionszeitgesetz. Als Ausdruck der Beziehungen zwischen Lichtintensität und Reaktionszeit haben wir die Formel gefunden (S. 207): i (t — ]c) = i' (f — Je), worin i und «' zwei Intensitäten, t und t' die dazu gehörigen Reaktionszeiten sind, während Je eine Konstante vorstellt. Der Einfluß des Lichtes auf die Permeabilität der Plasmahaut. 219 Wir haben nun den Yersuch zu machen, diese Formel phy- siologisch zu begreifen. Wie schon erwähnt, können wir uns vorstellen, daß die Reaktionszeit t aus zwei Teilen zusammengesetzt ist, einem wirksamen t — Je und einem unwirksamen h. Die Folge davon wäre, daß wir nach der Zeit t ebenfalls gerade den Eintritt der Reaktion beobachten würden, auch wenn wir nicht während der ganzen Zeit t, sondern bloß während der Zeit t — h belichtet hätten. Da die Zeit t — Tc der Intensität i umgekehrt proportional, das Produkt i {t — li) eine konstante Größe ist, so würde sich weiter ergeben, daß wir, um eben Reaktion zu bekommen, eine bestimmte Lichtmenge zuführen müßten und weiterhin, daß nach beendeter Zufuhr dieser Lichtmenge die Reaktion nicht sofort, sondern erst nach der Zeit Tc eintreten würde. Damit wäre auch erklärt, daß die Zeit Tc konstant sein muß, da es ja bei der Reizung nicht auf die Intensität, sondern allein auf die Zufuhr einer be- stimmten Energiemenge ankäme. Nach dieser Auffassung wäre das Reaktionszeitgesetz nur eine erweiterte Form des Präsentationszeitgesetzes it = i't' , dessen Gültigkeit für Geo- und Heliotropismus erwiesen ist. Der direkte Weg, die Richtigkeit unserer Anschauung zu prüfen, wäre natürlich der, daß wir ein Blatt während der Zeit i — Ic belichteten und hierauf ins Dunkle stellten. Dann müßte nach der Zeit t, vom Beginn der Reizung an gerechnet, eben Reaktion eingetreten sein. Prak- tisch läßt sich das nicht ausführen, denn wie wir gesehen haben (S. 190, 210) ist die Dunkelheit nicht indifferent, sondern verursacht eine Herabsetzung der Permeabilität. Man könnte nun einwenden, daß es sich bei den erwähnten Versuchen um 24 -stündige Ver- dunkelung handelte, und daß vielleicht kürzere Verdunkelung noch keine Wirkung ausübte. Um diesen Einwand zu prüfen, habe ich einen besonderen Versuch angestellt, aus dem hervorgeht, daß auch kurze Verdunkelung die Permeabilität herabsetzt. Ich ging dabei folgendermaßen vor: Die Konstante h beträgt nach unserer Ab- leitung ungefähr 10 Min. (S. 208). Bei einer Belichtungszeit von 22 Min. hatte ich in 10 cm von der Lampe optimale positive Reaktion erhalten (+ 17,5 %, S. 202). Ich belichtete deshalb die Zweige, die vorher 24 Stunden verdunkelt waren, in 10 cm von der Lampe während 12 Min. und setzte sie hierauf 10 Min. ins Dunkle. Zu Beginn und zu Ende des Versuches wurde in den entsprechen- den Blatthälften die Permeabilität bestimmt. 220 A. Tröndle, Versuc h 49. Plasmolyt. Grenzkonz. i' fA Mol NaCl Mol Sacch. Anfang Ende 9. März l'^ vni. 0,794 1,012 1,274 0,251 15B „ 0,727 0,937 1,288 0,243 9. März 228-^ nm. 0,727 0,937 1,288 0,243 250,5 0,727 1,012 1,392 0,182 9. März 324.5 nm. 0,772 1,012 1,310 0,230 346,5 ^ 0,727 1,012 1,392 0,182 Mittel^rte der Permeabilität (|x) Änderung der Permeabilität . Keaktion der einzelnen Blätter Anfang: 0,241 = 100 Ende: -16% alle 3 — . 0,202 = 83,81 Der Versuch ergibt mit aller Deutlichkeit, daß auch schon eine Verdunkelung während 10 Min. (== l) nicht indifferent ist, sondern die Permeabilität beträchtlich herabsetzt. Auf diese Weise kommen wir nicht zum Ziel, und wir müssen deshalb versuchen, den indirekten "Weg zu gehen auf Grund fol- gender Überlegung. Beim Helio- und Geotropismus gilt das Präsentationszeit- gesetz. Beim Geotropismus ist femer bekannt (Bach), daß die Reaktionszeit gleich groß ist, ob die Zentrifugalkraft nur während der Dauer der Präsentationszeit oder während der ganzen Dauer der Reaktionszeit einwirkt, was darauf schließen läßt, daß beim Geotropismus sich die Reaktionszeit aus einem wirksamen Teil, Präsentationszeit {t — A), und einem unwirksamen {k) zusammensetzt. Zur Gewißheit wird das, wenn wir hier die Gültigkeit des Reaktions- zeitgesetzes ebenfalls nachweisen können. Dann aber ist es sicher, daß das Reaktionszeitgesetz wirkUch nur der erweiterte Ausdruck des Präsentationszeitgesetzes ist, und es muß in den Fällen, wo wir nur das Reaktionszeitgesetz konstatieren können, wie bei der Perme- abilitätsänderung, das Präsentationszeitgesetz ebenfalls gültig sein_ Es ist also nun unsere Aufgabe, zu suchen, ob sich aus den in der Literatur vorhandenen Angaben die Richtigkeit des Re- aktionszeitgesetzes für Helio- und Geotropismus ableiten läßt. Wenden wir uns zuerst zum Heliotropismus. Hier ist bekannt, daß die Reaktionszeit abnimmt mit zunehmender Intensität, aber nur bis zu einer bestimmten optimalen Intensität. Wird diese überschritten, so nimmt die Reaktionszeit wieder zu. Damit läßt Der Einfluß des Lichtes auf die Permeabilität der Plasmahaut. 221 sich also nichts anfangen, denn bei der Permeabilitätsänderung nimmt die Reaktionszeit gegen die höheren Intensitäten zu immer mehr und mehr ab, erst schneller, dann immer langsamer, um schließlich annähernd konstant zu werden. Es hat nun Pringsheim (I) eine zweite heliotropische Re- aktionszeit festgestellt für die am Orte auf dem Klinostaten vor- belichteten Objekte. Durch die Vorbelichtung schaltete er die störende Stimmungsänderung aus, die eintritt, wenn die Objekte einfach aus dem Dunkeln in die betreffenden Intensitäten gestellt werden, in denen sie zur Bestimmung der Reaktionszeit längere Zeit verweilen müssen. Ein BHck auf die Pringsheimsche Tabelle (I, S. 282) lehrt, daß sich die Reaktionszeit der so adaptierten Pflanzen ähnlich ver- hält, wie die Reaktionszeit für die Permeabilitätsänderung: von den niederen gegen die hohen Intensitäten Abnahme, erst schneller und dann immer langsamer. Wie die im folgenden mitgeteilte genauere Berechnung zeigt, geht die Übereinstimmung so weit, daß unser Reaktionszeitgesetz auch für die heliotropische Reaktionszeit der am Orte vorbelichteten Keimlinge gilt. Als Basis der Berechnung dienten die Pringsheimschen Messungen, die in seiner Tabelle (I, S. 282) zusammengestellt sind. Ich setzte dabei die Intensität in 100 cm von der Lampe = 1, woraus sich die Intensitäten in den übrigen Entfernungen be- rechneten. Am Orte vorbelichtete Keimlinge. Arena. Reaktionszeit bestimmt durch Pringsheim. Lichtquelle: Nernstlanipe, 30 Kerzen. Vorbehandlung: Keiml. aus d. Dunkeln, 2 Std. in der betreff. Intensität rotiert. Entfern. Relat. Reaktions- Licht- Differenz der Diff. d. In- dm , di v.d. Lampe Intensität zeit menge Mengen =^ dm tensitäten = di 30 cm 11,08 28 Min. 310,24 227,74 8,33 27.33 60 „ 2,75 30 „ 82,50 77 " n 43,14 1,52 28,37 90 „ 1,23 32 „ 39,36 ^ M 17,28 0,54 32,00 120 „ 0,09 32 „ 22,08 8,00 0,25 32,00 150 „ 0,44 32 „ 14,68 5,08 0,19 26,73 200 „ 0,25 36 „ 9,00 5,04 0,14 36,00 300 „ 0,11 36 „ 3,96 1,50 0,05 30,00 400 „ 0,06 41 „ 2,46 1 " n 0,66 0,02 33,00 500 „ 0,04 45 „ 1,80 )7 0,45 0,013 34,61 600 „ 0,027 50 „ 1,35 V « ^^ 0,15 0,007 21,42 700 _ 0,020 60 „ 1,20 71 0,15 0,005 30,00 800 „ 0,015 70 „ 1,05 222 A. Tröndle, Es gehen also auch hier die Differenzen der Lichtmengen, die zugeführt wurden bis eben Reaktion eintrat, proportional den Dif- ferenzen der entsprechenden Intensitäten (vergl. S. 207). Die Konstante Ä: berechnet sich aus der Tabelle im Mittel zu 30,13, abgerundet = 30. Es ist also klar, daß hier auch unsere Reaktionszeitformel i{t — Je) = i' (t' — Je) gilt, und es stimmen, wie aus der folgenden Zusammenstellung ersichtlich ist, die mit der Formel berechneten Reaktionszeiten sehr gut mit den experimentell festgestellten. Um die Berechnung auszuführen bringen wir die Formel wieder in die Form: t' = '^ +(^'^— ^) ^^^j^ S. 208) und setzen i = 0,015 (die niedrigste verwendete Intensität), «7=1,05 und ä; = 30. Reaktionszeit: Berechnet nach der Formel ,, 1,05 + 0"'- * - i' -0,015)30 Gefanden 30,1 Min. 28 Min. 30,2 „ 30 n 30,4 „ 32 T) 30,8 n 32 T) 31,3 V 32 Tl 32,4 n 30 n 35,4 n 3G 11 40,0 n 41 T) 45,0 1 45 n 52,2 n 50 11 60,0 n CO n 70,0 „ 70 n Damit ist der exakte Beweis geleistet, daß unser Reaktionszeit- gesetz für den Heliotropismus ebenfalls gültig ist, allerdings nur dann, wenn während der Belichtungszeit keine Stimmungsänderung mehr eintreten kann. Für den Geotropismus liegen vor die Reaktionszeitbestimmungen von Bach, die gesondert in mehreren Tabellen zusammengestellt sind. Zum Zwecke der Berechnung habe ich diese Tabellen nicht in eine zusammengezogen, da sie verschiedenen Versuchs- reihen angehören, die wohl mit verschiedenwertigem Material aus- geführt wurden (Vicia Fabci). Aus der folgenden Zusammenstellung sind die nötigen Berechnungen ersichtlich. Der Einfluß des Lichtes auf die Permeabilität der Plasmahaut. 223 Tabelle 33 Bachs. Reaktionszeit Energiemenge Differenz d. Diff. d. In- d m , di " ' g Min. gMin. Mengen = (Zm tensitäten = di 0,014 277 3,87 7,66 0,042 182,3 0,056 206 11,53 6,29 0,043 146,2 0,099 180 17,82 7,18 0,101 71,0 0,20 125 25,00 10,65 0,110 96,8 0,31 115 35,G5 54,75 0,490 111,7 0,80 113 90,40 Der Mittelwert der Konstanten /*; ist 121,6, abgerundet 120. Berechnen wir die Reaktionszeiten wieder nach der Formel und setzen i = 0,014 g «f = 3,87 gsec h — 120. Reaktionszeit; Berechnet nach der Formel ,, 3,87 + (»' —0,014)120 Gefunden ^ i' 277 Min. 277 159 1) 206 142 n 180 130 n 125 127 n 115 122 n 113 Daß die Werte nicht besser übereinstimmen, erklärt sich aus der nicht großen Zahl der Versuchspflanzeu. Bach selbst äußert sich über diesen Punkt (S. 84): „. . . so ist zunächst zu bemerken, daß es hier viel schwerer hält, die Reaktionszeiten für die einzelnen kleinen Zentrifugalkräfte sicher zu bestimmen. Denn der Ein- wirkung so kleiner Kräfte gegenüber kommen die individuellen Verschiedenheiten und alle möglichen anderen störenden Faktoren auch schon wegen der viel längeren Dauer der Versuche viel mehr zur Geltung, als bei größeren Zentrifugalkräften." Man wird also erwarten dürfen, daß die Übereinstimmung zwischen gefundenen und berechneten Reaktionszeiten besser ist, wenn die Zahl der Versuchspflanzen höher ist. Das ist nun der Fall, wie die Tabelle 34 Bachs beweist, wo die Zahl der Pflanzen wesentlich höher war als in der Tabelle 33. 224 A. Tröndle, Tabelle 34 Bachs. Reaktionszeit Energiemenge Differenz d. Diff. d. In- dm , di g Min. gMin. Mengen = dm tensitäten = dj 0,13—0,15 = 0,14 128 17,92 22,08 0,26 84,9 0,4 100 40,00 170,00 0,20 85,0 0,6 95 57,00 6,70 0,10 67,0 0,7 91 63,70 23,30 0,30 77,7 1 87 87,00 k im Mittel = 78,6, abgerundet := 80. Für die Berechnung der Reaktionszeiten setzen wir: ^ = 0,14 it = 17,92 k = 80. Reaktionszeit : Berechnet nach der Formel ,, 17,92 +(i'- 0,14) 80 Gefunden ^ i' 128 Min. 128 96,8 „ 100 91,2 „ 95 89,6 „ 91 86,7 „ 87 Die Übereinstimmung zwischen Theorie iintl Experiment ist hier so gut, daß man wohl nicht mehr verlangen kann. Ebenso verhält es sich mit der Tabelle 32 Bachs, in der die Wirkungen der Zentrifugalkräfte über 1 g zusammengestellt sind. Tabelle 32 Bachs. Reaktions- Energiemenge Differenz d. Diff. d. In- dm zeit i. Min. gsec. Mengen = dm tensitäten = di di * 72,5 598,12 373,88 6,75 57,2 64,8 972.00 565,50 10,00 56,5 61,5 1537,50 849,50 10,00 84,9 68,2 2387,00 781,00 10,00 78,1 70,4 3168,00 297,00 10,00 29,7 63,0 3465,00 1735,00 10,00 173,5 80,0 5200,00 62,5 (4687,50) 1260.00 20,00 63,0 76,0 6460,00 753,00 20,00 37,6 68,7 7213,50 6.5—10 = 8,25 10—20= 15 20—30= 25 30—40 = 35 40 — 50 = 45 50—60 = 55 60—70 = 65 70—80 = 75 80—90 = 85 100 — 110= 105 Mittelwert für k = 72,5, abgerundet ^= 70, Der Einfluß des Lichtes auf die Permeabilität der Plasmahaut. 225 Für die Berechnung der Reaktionszeiten setzen wir: i — 8,25 it= 598,12 k = 70,00 und erhalten: Reaktionszeit: Berechnet nach der Formel Berechnet nach der Formel , _ 598,12 -f-(i' — 8,25) 70 Gefunden 598,12 + (i'— 8,25) 70 Gefunden i' ^ i' 72,5 72,5 70,3 63 71,3 64,8 70,3 80 70,8 64,5 70,2 62,5 70,6 68,2 70,2 76 70,4 70,4 70,1 68,7 Die theoretischen Reaktionszeiten nehmen gegen die höheren Intensitäten zu in so geringem Grade ab, daß diese Differenzen im Experiment nicht herauskommen können. Praktisch mußte die Reaktionszeit hier, wie es der Fall ist, in allen Intensitäten an- nähernd gleich groß gefunden werden. In jüngster Zeit hat auch Pekelharing (S. 55) eine An- zahl geotropischer Reaktionszeiten in verschiedenen Zentrifugalkraft- intensitäten bestimmt und dabei Bachs Angaben bestätigt. Ich habe diese neuen Messungen ^) ebenfalls der Berechnung unterzogen und dabei das folgende gefunden: Avena saüva. Tabelle XVII Pe kelharings • mg Reaktionszeit Min. Energiemenge mg Min. Differenz d. Mengen dm Differenz d. Intensität di dm . 7 di 0,03 + 150 4,5 1,50 0,01 (150) 0,04 + 150 6,0 0,90 0,02 45 0,06 + 115 6,9 1 0,08 + 70 (5,6) [ 0,10 0,04 (25) 0,10 + 70 7,0 0,28 + 50 14,0 7,00 0,18 38,8 6,25 0,17 36,7 0,45 + 45 20,25 5,85 0,13 45 0,58 + 45 26,10 15,75 0,35 45 0,93 + 45 41,85 219,15 4,87 45 5,80 + 45 261,00 144,00 3,20 45 9,00 + 45 405,00 90,00 2,00 45 11,00 + 45 495,00 171,00 3,80 45 14,80 + 45 666,00 990,00 22,00 45 36,80 ± 45 1656,00 891,00 19,80 45 56,60 + 45 2547,00 1) Pekelharing, S. 55, Tabelle XXVII. Jahrb. f. wiss. Botanik. XLVHI. 15 226 A, Tröndle, Mittelwert für k (unter Weglassung der eingeklammerten, aus dem Rahmen der übrigen völlig herausfallenden Werte) = 43,6, abgerundet = 45. Für die Berechnung der Reaktionszeiten setzen wir : i = 0,03 it = 4,5 k = 45 und erhalten Reaktionszeit : Berechnet nach der Formel Berechnet nach der Formel ^, 4,5 + (i'— 0,03) 45 t TT Gefunden ^, 4,5 + (J' — 0,03) 45 * i' Gefunden 150 Min. 150 48,4 Min. 45 123,7 „ 150 46,9 „ 45 97,5 „ 115 45,3 „ 45 84,3 „ 70 45,2 „ 45 76,3 „ 70 45,2 „ 45 56,2 „ 50 45,0 „ 45 52,0 „ 45 45,0 „ 45 50,4 „ 45 Im großen und ganzen herrscht auch hier Übereinstimmung zwischen dem Verlauf der theoretischen und der empirischen Kurve. Wesentliche Abweichungen finden sich nur bei den Zentrifugal- kräften 0,04 — 0,08 mg. Darauf dürfen wir aber keinen Wert legen, denn die Eeaktionszeit wurde in 0,04 mg gleich hoch gefunden wie in 0,03 und in 0,08 wie in 0,10, was nach dem Verhalten der übrigen Zahlen nicKt richtig sein kann. Es ist auch zu bemerken, daß Pekelharing wohl nicht die Absicht hatte, die Reaktions- zeiten sehr genau zu bestimmen, worauf das Zeichen +, das sie ihren Zahlen voraussetzt, hinzudeuten scheint. Vielleicht war auch die Zahl der Versuchspfianzen zu klein. Angaben darüber finden sich nicht. Doch kann das alles die wirkhch vorhandene Über- einstimmung nicht verwischen. Auf Grund unserer Ableitungen müssen wir schHeßen, daß das Reaktionszeitgesetz nicht nur beim Heho- sondern auch beim Geo- tropismus gültig ist. So ist denn unsere Auffassung bestätigt, daß das Reaktions- zeitgesetz weiter nichts ist als eine erweiterte Form des Präsen- tationszeitgesetzes und wir dürfen daraus schHeßen, daß auch bei der Permeabilitätsänderung das Präsentationszeitgesetz gültig ist, daß also auch hier, um eben Reaktion zu bekommen, eine be- stimmte Lichtmenge zugeführt werden muß. Der Einfluß des Lichtes auf die Permeabilität der Plasniahant. 227 Permeabilitätsänderimg durch das Licht, Helio- und Geotropis- mus verhalten sich also im Prinzip gleich. In allen drei Fällen muß eine bestimmte Energiemenge zugeführt werden, damit eben Reaktion eintritt und in allen drei Fällen setzt die Reaktion nicht sofort nach Zufuhr dieser Energiemenge ein, sondern erst nach einer bestimmten konstanten Zeit. Diese Zeit, die vergeht, bis, ganz allgemein ausgedrückt, die Induktion zur Reaktion geworden ist, können wir als Überführungs- oder Transmissionszeit bezeichnen. Es setzt sich demgemäß die Reaktionszeit zusammen aus dem für die Induktion wirksamen Teil, der Präsenta,tionszeit, die der In- tensität umgekehrt proportional geht und dem für die Induktion unwirksamen Teil, der Transmissionszeit, die konstant ist. Das prinzipiell gleiche Verhalten der drei Reizprozesse läßt uns natürlich die Frage nach der Ursache dieser Übereinstimmung stellen. Verschiedene Möglichkeiten ließen sich denken, doch ist es müßig, sich in Spekulationen zu verlieren, und ich will deshalb nur auf einen Punkt aufmerksam machen. Es könnte nämlich sein, daß bei den geo- und heliotropischen Krümmungen eine Permeabilitätsänderung im Spiele wäre, die eine Turgoränderung verursachte, denn einerseits hat de Vries (II) gezeigt, daß schwache Krümmungen in plasmolysierenden Lösungen wieder zurückgehen und anderseits konnte Lepeschkin (IV) bei den photonastischen Bewegungen der Gelenke nachweisen, daß bei der Turgoränderung Permeabilitätsänderungen ursächlich mit in Frage kommen, und bei der Umkehrung von P/mseo^its- Pflanzen fand er in der morphologisch oberen, nun unteren Seite des Ge- lenkes Permeabilitätsab- und Turgorzunahme, in der morphologisch unteren, nun oberen Seite aber Zunahme der Permeabilität und damit Turgorabnahme (Lepeschkin, IV). Zum Schluß noch eine Bemerkung. Fröschel bezeichnet das Präsentationszeitgesetz als Hyperbelgesetz. Demgegenüber möchte ich darauf hinweisen, daß der geometrische Ausdruck des Re- aktionszeitgesetzes ebenfalls eine Hyperbel ist, allerdings eine solche, deren ic-Achse auf der |/- Achse um die Strecke — h nach x' ver- schoben ist. Es wird also besser sein, den Ausdruck Hyperbel- gesetz im Fröscheischen Sinne fallen zu lassen und dafür Prä- sentationszeitgesetz zu setzen. Und nun noch ein Wort über die Formel der Reaktionszeit. Maillefer (S. 290 ff.) hat sich bestrebt, eine mathematische Beziehung zwischen Reaktionszeit und Intensität der reizenden Kraft zu finden 15* 228 ^- Tröndle, und teilt als angenähertes Gesetz mit, daß das Produkt aus Reaktions- zeit mal 5, Wurzel aus der Zentrifugalkraft eine konstante Größe ist, daß also die Reaktionszeit umgekehrt proportional ist der 5. Wurzel aus der Zentrifugalkraft. Daß durch diese Formel unsere physio- logische Einsicht in den Reizprozeß vertieft wird, glaube ich nicht. Für meine, oben abgeleitete Formel gilt dieser Vorwurf kaum, denn da es bei der Reizung auf die Zufuhr einer bestimmten Energiemenge ankommt, so ist es nur ein logisches Postulat, daß die Zeit, die nach Zufuhr dieser Energiemenge, also nach Auslösung des Erregungsminimums, bis zum Reaktionseintritt vergeht, von der Intensität unabhängig, konstant sein muß. Gerade das aber wird durch meine Formel zum Ausdruck gebracht, durch die von Mail- ief er hingegen nicht. 2. Reaktion und Gegenreaktion. Unsere Versuche ergaben, daß in allen Intensitäten zuerst positive und später negative Reaktion eintrat. Zur Erklärung dieser Erscheinung können wir annehmen, daß zwei Erregungen vorhanden sind, eine positive und eine negative, wobei die negative die positive schließlich ganz überwindet. Das Vorhandensein dieser Erregungen können wir nicht direkt nachweisen, sondern nur indirekt erschließen, aus der Art der ein- getretenen Reaktion. Ein Blick auf die Tabelle S. 202 lehrt nun aber, daß die positive Reaktion bis zu einem Optimum ansteigt, hierauf fällt und schließhch negativ wird. Es muß also die nega- tive Erregung schon wirksam sein, bevor negative Reaktion eintritt und zwar mindestens vom positiven Optimum weg. Wir dürfen deshalb aus dem Verlauf des negativen Teiles der Reaktionskurve nicht direkt auf den Verlauf der negativen Erregung zurückschließen, denn dieser Teil, ebenso wie der absteigende Ast des positiven Kurventeils, ist nicht ein einheitliches Kurvenstück, sondern eine Resultante, die verursacht wird durch das Zusammenwirken positiver und negativer Erregung. Einen Schluß auf den Gang der Erregungen könnten wir nur ziehen, wenn wir entweder nur positive oder nur negative Reaktion bekämen und wir müssen deshalb versuchen, die Kurven der beiden Reaktionen, jede für sich zu rekonstruieren. Wenden wir uns zuerst zur positiven Reaktion. Wir fassen das Kurvenstück vom Reaktionsbeginn bis zum positiven Optimum auf als nur durch positive Erregung verursacht. Mit Hilfe dieses Der Einfluß des Lichtes auf die Permeabilität der Plasmahaut. 229 Kurvenstückes versuchen wir die positive Reaktion zu rekonstruieren, die in den supraoptimalen Belichtungszeiten auftreten würde, wenn keine negative Erregung entgegenarbeitete. Wir suchen deshalb nach einem gesetzmäßigen Zusammenhang zwischen Reaktionsgröße und Dauer der Belichtung und finden ihn darin, daß zwar nicht die Reaktion der Belichtungszeit proportional ist, daß aber Pro- portionalität besteht zwischen den Differenzen der Reaktionen und den Differenzen der entsprechenden Belichtungszeiten, wie aus der folgenden Berechnung ersichtlich ist. Anstieg der positiven Reaktion (IC cm V. d. Lampe), vgl. S. 202. Belichtungs- Reaktion Differenzen Diff . d. Reakt. Diff. d. Bel.zeit = f zeit d. Belicht. zeit d. Reaktion 7,5 Min. 11 „ 13 „ 15 20 „ 22 „ 0 7o 0,5 „ 4,5 „ 7 „ 14 „ 17,5 „ 2 2 5 2 4 2,5 7 3,5 2 1,25 1,40 1,75 f berechnet sich im Mittel zu 1,60. Setzen wir für die Reaktion = r, für die Belichtungszeit = t, für die Differenzen der Reaktionen also t' ~r und für die Differenzen der Belichtungszeiten V — t^ so erhalten wir nach dem obigen: r'-r=.{t'-i)f, und daraus r' = r -|- {t' — t) f. Damit haben wir eine Formel gefunden, mit deren Hilfe wir die positive Reaktion für jede Belichtungszeit berechnen können. Prüfen wir nun noch die Übereinstimmung der wirklich gefundeneu und der mit der Formel berechneten Reaktionen. Wir setzen dabei r = 0,5 t= 11 und finden: ^ . . Positive Reaktion: Berechnet nach der Formel r' = 0,5 + (i'— 11)1,6 Gefunden 0,5 % 0,5 7o 3,7 „ 4,5 „ 6,9 „ 7,0 „ 14,9 „ 14,0 „ 18,1 „ 17,5 „ 230 A. Tröndle, Die empirischen und theoretischen Werte stimmen gut überein, so daß wir annehmen müssen, äaQ die Formel den Sachverhalt richtig wiedergibt. Nun gehen wir weiter und suchen die negative Reaktion zu bestimmen, die eintreten würde, wenn die negative Erregung allein vorhanden wäre. Wir nehmen dabei an, daß die wirklich be- obachtete Reaktion die Resultante ist aus der positiven Reaktion, die bei alleinigem Vorhandensein der positiven Erregung, und der negativen, die bei alleinigem Vorkommen der negativen Erregung in der betreffenden Belichtungszeit eintreten würde. Das Verhältnis zwischen theoretischer positiver, theoretischer negativer und wirklich eingetretener Reaktion ist als das folgende: Positive theoret. Reaktion -\- negative theoret. Reakt. = wirklich eingetretene Reaktion. In dieser Gleichung kennen wir zwei Größen, die positive theoretische Reaktion, die wir mit unserer oben abgeleiteten Formel berechnen können, und die wirklich eingetretene Reaktion. Daraus ist die negative theoretische Reaktion zu berechnen, wie es in der folgenden Zusammenstellung geschehen ist. Die Belichtungszeiten, die niedriger sind als die das Optimum auslösende Zeit, sind nicht berücksichtigt, da nach unserer oben gemachten Annahme hier noch keine Wirkung der negativen Erregung eintritt. Theoretisch negative Eeaktion (in 10 cm v. d. Lampe). Belichtungs- Theoret. posit. Eeaktion Empirisch gefund. Reakt. Theoretische negat. Reaktion zeit in Min. berechn. nacli der Formel r' =- 0,5 +(i'— 11)1,6^) ^ gefund. Reaktion — posit. theoret. Reaktion 30 30,9 7o 3,5 7o 3,5— 30,9 = — 27,4 60 78,9 „ 0 „ 0 — 78,9 = — 78,9 90 126,9 „ -1,5 r, — 1,5 — 126,9 = — 128,4 120 174,9 „ -6,5 „ — 6,5 — 174,9 = — 181,4 180 270,9 „ — 9,5 ,, — 9,5—270,9 = — 280,4 240 366,9 „ - 14.0 „ — 14,0 — 366,9 = —380,9 Da wir nun die negative theoretische Reaktion für eine Anzahl Belichtungszeiten konstruiert haben, so wollen wir untersuchen, welche Beziehung hier besteht zwischen Dauer der Belichtung und Größe der Reaktion. Die folgende Tabelle zeigt, daß hier, wie bei 1) Vgl. S. 229. Der Einfluß des Lichtes auf die Permeabilität der Plasmahaut. 231 der positiven Reaktion, die Differenzen der Reaktionen proportional gehen den Differenzen der Belichtungszeiten. Theor( .tische negat ive Reaktion: Belichtungs- zeit in Min. Negat. theor. Reaktion Diff. d. Belicht.zeiten Differenz d. Reaktionen Diff. d. Reakt. Diff. d. Zeit 30 60 90 120 180 240 — 27,4 — 78,9 — 128,4 — 181,4 — 280,4 — 380,9 30 30 30 60 60 — 51,5 — 49,5 — 53,0 — 99,0 — 100,5 — 1,71 — 1,65 — 1,76 — 1,65 — 1,67 Mittelwert für — f = — 1,68. Für die theoretische negative Reaktion bekommen wir also: y ' _1_ f V —t und daraus ~r' = -r-{t'-t)f. Wenn wir nun die Resultanten der theoretischen positiven und der entsprechenden theoretischen negativen Reaktionen bestimmen, so müssen die auf diese Weise erhaltenen Reaktionswerte mit den experimentell gefundenen übereinstimmen. In der folgenden Tabelle ist diese Berechnung ausgeführt, wobei für die negative Reaktion gesetzt wurde: — r — ~ 380,9 /'=1,68. Die Werte für die positive Reaktion sind der Tabelle S. 230 ent- nommen. Berechnung der eingetretenen Reaktion als Resultante der theoret. positiven und der theoret. negativen Reaktion. Belichtungs- zeit in Min. -\- Reaktion, bei-, n. d. Formel r'=0,5 + (i' — 11)1,60 — Reaktion, ber. n. d. Formel — r'= —380,9 — (i' — 240) 1,68 Resultante: pos. Reakt. -|- neg. Reakt. Gefundene Reaktion 30 30,9 7o - 28,1% + 2,8 7o + 3,5% 60 78,9 „ - 78,5 „ + 0,4 „ 0 90 126,9 „ -128,9 „ - 2,0 „ - 1,5 „ 120 174,9 „ - 179,3 „ -M „ - 6,5 „ 180 270,9 „ — 280,1 „ -9,2 „ -9,5 „ 240 366,9 „ -380,9 „ - 14,0 „ - 14,0 „ 232 A. Tröndle, JOd- -flö- Fig. 4. Verhältnis der positiven und negativen Reaktion in 10 cm v. d. Lampe (ca. 3000 Meterkerzen), -f- = positive theoretische Reaktion, — = negative theoretische Reaktion, B = resultierende Reaktion, :^ wirklich eingetretene Reaktion. Auf der Ahszisse sind die Belichtungszeiten ver- zeichnet. Die Ordinaten stellen die Permeabilitätsände- rung vor. Für die nähere Erläuterung muß auf den Text (S. 232—233) verwiesen werden. Die Übereinstim- mung zwischen berech- neten und gefundenen B-eaktionswerten ist recht gut, so daß unsere Konstrulftion also mit den Tatsachen im Ein- klang ist. Um die Übersicht zu erleichtern ist in der Fig. 4 das Ergebnis unserer bisherigen Aus- einandersetzungen gra- phisch dargestellt. Dar- aus ist ersichtlich, daß sowohl positive wie ne- gative theoretische Re- aktion geradlinig, also mit konstanter Ge- schwindigkeit verlau- fen. Der Winkel, den die positive Gerade mit der Abszisse bildet, ist etwas kleiner, als der entsprechende Winkel der negativen Geraden. Die Tangenten dieser beiden Winkel (= den Faktoren f und — f in unseren Tabellen) be- tragen 1,60 bezw. 1,68. Die Geschwindigkeit der negativen theoreti- schen Reaktion ist also etwas größer als die der positiven. Weiter sehen wir, daß die Resultante der theoretischen entgegen- gesetzten Reaktionen Der Einfluß des Lichtes auf die Permeabilität der Plasmahaut. 233 in der Zeit von 30 — 240 Min. mit der experimentell bestimmten Kurve völlig zusammenfällt, daß das aber für die Belichtungszeit 10 (Reaktionsbeginn) — 30 Min. nicht mehr zutrifft. Das hierher gehörige Kurvenstück setzt sich aus zwei Teilen zusammen, dem positiven Anstieg und dem größeren Teil des positiven Abstieges. Während des Anstieges fällt die gefundene Kurve zusammen mit der theoretischen positiven Kurve, und wir können deshalb die Ab- weichung so erklären, daß die theoretische negative Reaktion erst beim positiven Optimum beginnt (22 Min.), erst schneller, dann langsamer verläuft und schon bei 30 Min. konstante Geschwindig- keit erreicht. Wenn wir nun auf unsere Hauptfrage nach dem Verlauf und der gegenseitigen Beeinflussung der positiven und negativen Erregung zurückkommen, so können wir uns vorstellen, daß die Rekonstruktion der Reaktionen, wie wir sie in Fig. 4 dargestellt haben, nichts anderes ist als ein Bild der im Plasma sich abspielenden Erregungs- vorgänge. Dabei ist, als einfachste Beziehung, vorausgesetzt, daß zwischen Reaktion und Erregung Proportionalität besteht, so daß also einer doppelt so hohen positiven oder negativen Erregung eine doppelt so hohe positive oder negative Reaktion entsprechen würde. Wir können uns das Zustandekommen von positiver und nega- tiver Reaktion also folgendermaßen vorstellen. Durch die Reizung entsteht eine positive Erregung, die mit konstanter Geschwindigkeit zunimmt. Dadurch wird, ganz allgemein ausgedrückt, das vitale Gleichgewicht der Zelle gestört, und wenn die positive Erregung eine bestimmte Höhe erreicht hat, so verursacht sie die Entstehung einer entgegengesetzt gerichteten, negativen Erregung, die erst schneller, dann langsamer, sehr bald gleichmäßig zunimmt, aber auch dann immer noch schneller verläuft, als die positive Erregung. Die beiden nebeneinander herlaufenden Erregungen können die ihnen entsprechenden Reaktionen nicht auslösen, da sie sich gegen- seitig addieren, so daß die wirklich eintretende Reaktion bedingt ist durch die Resultante der beiden Erregungen. Auf diese Weise muß zuerst positive Reaktion eintreten, die bis zu einem Optimum zunimmt, dann muß sie abnehmen bis 0, worauf dann die negative Reaktion einsetzt. Die Erklärung des Umschlagens von positiver in negative Reaktion ist auch von Blaauw (S. 81 ff.) versucht worden durch die Annahme einer positiven und einer negativen Erregung und er hat nachgewiesen, daß der Eintritt der negativen Reaktion 234 A. Tröndle, ebenso von der Zufuhr einer bestimmten Lichtmenge abhängt, wie der der positiven. Ich sehe deshalb auch die Bedeutung meiner obigen theoretischen Ausführungen nicht darin, aufs neue auf das Vorhandensein Zweier entgegengesetzter ungleich schnell verlaufender Erregungen hingewiesen zu haben, sondern ich wollte hauptsächlich zeigen, wie man sich in einem speziellen Fall die Wirkung der beiden Erregungen im einzelnen vorstellen kann. Nach meiner Auffassung würde durch das Licht nur die posi- tive Erregung induziert, die negative aber wäre wieder eine direkte Folge der positiven und würde ausgelöst, sobald die positive Er- regung eine bestimmte Höhe erreicht hat. Auf diese Ansicht führen mich die Verdunkelungsversuche, in denen immer, auch bei nur 10 Min. langem Lichtentzug, nur negative Reaktion eintritt. Die betreffenden Blätter hatten im Licht gestanden, es mußte also in ihnen positive und negative Erregung vorhanden sein. Werden sie nun verdunkelt, so hört damit der Reizanlaß für die positive Erregung auf, die deshalb nicht weiter zunehmen wird. Der Reiz- anlaß für die negative Erregung bleibt aber in der vorhandenen positiven Erregung bestehen. Die negative Erregung wird also weiter zunehmen, aber sie kann sich nicht mehr mit der positiven kombinieren, da diese ja nicht weiter zunimmt. Die Folge davon ist, daß rein negative Reaktion eintritt, die Permeabilität also abnimmt. Der Sinn der negativen Erregung liegt darin, daß durch sie das gestörte vitale Gleichgewicht wieder zurückreguliert wird. Wenn die negative Erregung gleich schnell verliefe wie die positive, so würde ihre Resultante der Abszisse parallel verlaufen, womit ein neuer Gleichgewichtszustand erreicht wäre. Da nun aber die negative Erregung schneller wächst als die positive, so schneidet die Resultante die Abszisse, womit das ursprüngliche Gleichgewicht nach der entgegengesetzten Richtung wie anfänglich überschritten wird. Dadurch muß von neuem das Bestreben zur Rückregulierung erweckt werden, wobei die Gleichgewichtslage eventuell von neuem überschritten wird. Diesen Prozeß der Überschreitung und Regu- lierung kann man sich so lange fortgesetzt denken, bis keine Über- schreitung mehr eintritt. Die Reaktionskurve, die wir in dem Fall bekommen, muß eine pendelartige Bewegung aufweisen. Das ist in der Tat der Fall, wie aus den Versuchen S. 203 u. 204 ersichtUch ist. Die Pendelbewegungen werden hier immer geringer und es ist anzunehmen, daß sie bei genügend langer Belichtung oder Ver- dunkelung schließlich ganz aufhören würden. Der Eiiifluß des Lichtes auf die Permeabilität der Plasmahaut. 235 Einen • ähnlichen pendelartigen Verlauf der Reaktionskurve kennt man auch bei photonastischen Bewegungen (Pfeffer, II). Diese Ähnlichkeit ist nicht zufällig, da bei den photonastischen Yariationsbewegungen nach Lepeschkins Untersuchungen die Turgoränderung durch eine Änderung der Permeabilität verursacht wird, so daß also die eintretenden Bewegungen nichts anderes als sichtbar gewordene Permeabilitätsänderungen sind. B. Biologischer Teil. Es sollen in diesem Teil die Beobachtungen mitgeteilt werden über die Änderung der Permeabilität unter den natürlichen Vege- tationsbedingungen und daran anschließend soll versucht werden, diese Änderungen mit Hilfe der im vorigen Teil gewonnenen phy- siologischen Tatsachen zu erklären und ihre Bedeutung für das Leben der Pflanze festzustellen. 1. Der tägliche Verlauf der Permeabilität unter den natürlichen Vegetationsbedingungen. Einiges hierhergehörige ist bereits in der vorläufigen Mitteilung (S. 75 und 76) enthalten, doch sollen hier nun die betreffenden Beobachtungen vollständig mitgeteilt werden. Die Untersuchungen wurden ausgeführt an Tüia cordata im September und anfangs Oktober 1908 und an Buxiis sempervirens rotundifolia im No- vember und Dezember 1908. Die Bestimmung der Permeabilität geschah nach der im phy- siologischen Teil mitgeteilten Methode. Bei den Messungen an Tilia betrug der Konzentrationsunterschied zweier aufeinander- folgender Kochsalzlösungen nicht 0,044 Mol wie gewöhnlich sondern 0,050 Mol. In der Tabelle sind die Werte für den Permeabilitäts- koeffizienten ß auf zwei Stellen ab- resp. aufgerundet, denn da wir hier nur einzelne Blätter miteinander vergleichen können, darf auf kleine Unterschiede wegen der individuellen Abweichungen kein "Wert gelegt werden. 236 A. Tröndle, Tilia cordata. (September 1908.) Plasmolyt. Grenzkonz. Permeabil.- Koeffizient Witterung Mol NaCl Mol Sivcch. = Osm. Dr. d. ZeUen Datum 1,000 1,125 0,34 Sonne 5** nm. 8. Sept. 0,850 0,900 0,38 Sonne bewölkt 8^5 vm. 9. Sept. nachmitt. 0,875 0,975 0,35 ■n 53° nm. 0,800 0,900 0,34 Regen S^ä vm. 10. Sept. 0,800 0,900 0,34 11 530 nm. 0,700 0,825 0,31 trübe 83» vm. 11. Sept. 0,750 0,900 0,29 11 Sonne kommt 1*^ nm. «45 0,750 0,937 0,27 n n qOO 0,700 0,862 0,28 etwas Sonne 82° vm. 12. Sept. 0,750 0,900 0,29 wenig Sonne, teilw. bewölkt Sonne 100» ^ nachm. 13. Sept. 0,775 0,937 0,29 Sonne 8*» vm. 14. Sept. 0,775 0,900 0,32 11 10^5 „ 0,925 1,012 0,36 11 5«» nm. 0,825 0,937 0,34 Sonne 820 vm. 15. Sept. 0,800 0,900 0,34 11 103» „ 0,950 1,050 0,35 n 2°» nm. 1,025 1,125 0,36 n 430 ^ 0,900 0,975 0,36 n 530 ^^ 0,725 0,900 0,27 Gewitterregen, trübe 8^0 vm. 16. Sept. 0,750 0,937 0,27 etwas aufgehellt Sonne 1030 ^^ 1230 ^ 0,875 1,012 0,32 n 20» nm. 0,900 1,050 0,32 11 Sonne 5^0 „ 17. Sept. 1,000 1,125 0,34 Sonne „ geht weg 430 nm. 18. Sept 500 0 11 0,875 1,050 0,29 11 weg 3 11 0,800 0,975 0,29 Sonne 830 ^jjj i9_ gept 0,800 1,012 0,26 11 lioo „ 0,900 1,050 0,32 11 l30 nm. . 0,950 1,050 0,35 n qOO '' n 1,025 . 1,200 0,32 n bewölkt Sonne 430 vorm. 20. Sept nachm. Der Einfluß des Lichtes auf die Permeabilität der Plasmaliaut. 237 Plasmolyt. Grenzkonz. Permeabil.- Koeffizient "Witterung Dat Mol NaCl Mol Saoch. = Osm. Dr. d. Zellen um teils Sonne, teils bewölkt vorm. 21. Sept. 0,875 1,050 0,29 11 11 n 11 4«» um. 0,900 1,125 0,26 bewölkt k30 3 1) 0,800 0,975 0,28 bewölkt, trübe 825 ^jjj 22. Sept. 0,750 0,975 0,24 n n 1100 ^ 0,850 1,050 0,28 n 11 135 nm. 0,850 1,050 0,28 11 T) 3«o „ 0,800 1,050 0,23 11 n 5^0 „ 0,700 0,937 0,22 bewölkt 8^5 ym. 23. Sept. 0,750 1,012 0,21 11 1,00 0,825 1,087 0,23 „ l3ä nm. 0,825 1,087 0,23 .1 0,725 0,975 0,21 bewölkt 8^0 vm. 24. Sept. 0,825 1,087 0,23 „ 1 55 0,825 1,087 0,23 11 c05 'J 11 0,675 0,900 0,22 bewölkt 880 yjy_ 25. Sept. Sonne 9—12 vm. etwas Sonne, etwas bewölkt 12— 2 nm. 0,800 1,012 0,26 11 11 n 11 200 jjjj,_ 0,775 1,087 0,18 bewölkt 5 00 0 11 0,650 0,937 0,15 Regen 8^0 vm. 26. Sept. 0,700 1,050 0,12 bewölkt, trübe lioo „ 0,775 1,087 0,18 weniger bewölkt bewölkt 1^0 nm. 27. Sept. 0,625 0,937 0,12 Piegen 15° 9-0 vm. 28. Sept. 0,750 1,012 0,21 etwas aufgehellt 20" 200 ^jjj_ 0,600 0,900 0,12 Nebel Sonne 13° 20,5° 830 yj^_ 1^0 um. 29. Sept. 0,875 1,125 0,25 11 21,5° 3 00 „ 0,700 0,937 0,22 Sonne 15° 8^0 vm. 30. Sept. 0,950 1,125 0,31 11 23° 300 nm. 0,675 0,937 0,19 Sonne 12° 8*5 vm. 1. Okt. 0,875 1,162 0,23 n 21° 300 nm. 0,700 0,900 0,25 Sonne 14» 85« vm. 2. Okt. 0,775 1,012 0,24 11 21° 300 vm. 238 A. Tröndle, Vergleichen wir in der Tabelle die beiden Kolonnen Perme- abilitätskoeffizient und Witterung miteinander, so ist klar ersichtlich, daß sich die Permeabilität nach der Beleuchtung richtet und zwar läßt sich dieser Zusammenhang folgendermaßen ausdrücken: Folgt auf Sonnenschein trübes Wetter, so wird die Perme- abilität geringer, vergleiche in der Tabelle 9. — 11. Sept., 15./16. Sept., 19.— 22. Sept. Folgt auf trübes Wetter Sonnenschein, so nimmt die Perme- abilität zu, siehe in der Tabelle 16. Sept. vormitt. und nachmitt., 2.5. Sept., 26.— 30. Sept. Bei länger andauerndem trübem Wetter nimmt die Perme- abilität immer mehr und mehr ab, vergleiche in der Tabelle 22. bis 26. Sept. Allgemein ist die Permeabilität an sonnigen Tagen höher als an trüben. Im Mittel war die Permeabilität in der Zeit vom 8.— 30. Sept. 08: Bei Sonnenschein: f.i = 0,32 1) = 133 (22 Messung.) Bei trübem Wetter: f.i = 0,24-) = 100 (28 „ Mit Hilfe des im physiologischen Teile festgestellten wollen wir nun versuchen, das beschriebene Verhalten zu erklären. Wir haben dort gesehen, daß die Permeabilität immer größer wird, je mehr Licht wir zuführen, vorausgesetzt natürlich, daß die zugeführte Lichtmenge nicht so groß ist, daß negative Reaktion eintritt, was aber eventuell durch Änderung der Stimmung verhindert werden kann. Im Laufe eines schönen Tages, bei starker Lichtzufuhr wird deshalb die Permeabilität stärker zunehmen als während eines trüben Tages, wo die Zunahme nur schwach oder sogar unmerklich ist (man vergleiche hierzu in der Tabelle die sonnigen Tage 14.. 15., 19. und 30. September und die trüben Tage 22., 23. und 24. September). Daraus erklärt es sich, daß wir die mittlere Tagespermeabilität an schönen Tagen höher gefunden haben, als an trüben und ebenso erklärt sich damit das Sinken der Permeabilitäts- kurve, wenn auf Sonnenschein trübes Wetter folgt und das An- steigen, wenn das umgekehrte der Fall ist. Weiter haben wir nun noch zu erklären, warum die mittlere Tagespermeabilität bei anhaltend trübem Wetter immer mehr und mehr abnimmt. Das Zustandekommen dieser Erscheinung können wir uns folgendermaßen vorstellen. 1) Maximum 0,38, Minimum 0,25. 2) Maximum 0,35, Minimum 0,12. Der Einfluß des Lichtes auf die Permeabilität der Plasmahaut. 239 An einem Morgen sei die Permeabilität =rjp. Im Laufe des Tages nimmt sie zu, so daß die mittlere Tagespermeabilität größer ist als jp, nämlich = pK Im Laufe der Nacht nimmt die Perme- abihtät wieder ab. Wenn nun die mittlere tägliche Zunahme gleich ist der mittleren täglichen Abnahme, so kommen wir am nächsten Morgen wieder auf die Ausgangspermeabilität p zurück. Übertrifft hingegen die nächtliche Abnahme die tägliche Zunahme, so wird am nächsten Morgen ein tieferer Stand erreicht als am vorher- gehenden. Nimmt jetzt auch im Laufe des Tages die Permeabilität in gleichem Maße zu wie am vorhergehenden Tag, so muß die mittlere Tagespermeabilität doch geringer sein als gestern, denn das Ansteigen erfolgte von einem tieferen Anfangspunkte aus. Es muß somit die mittlere tägliche Permeabilität immer kleiner werden, wenn die mittlere tägliche Zunahme kleiner ist als die mittlere tägliche Abnahme. Im September, wo die Nächte schon wieder länger sind, kann das bei anhaltend trüböm Wetter wohl eintreffen, und es ist deshalb gut verständlich, daß die mittlere Tagesperme- abilität vom 22. —26. September, bei anhaltend trübem Wetter immer mehr gesunken ist. Eine Anzahl mehr vereinzelter Messungen, die im Juli 09 am gleichen Objekt ausgeführt wurden, bestätigten das Resultat, daß die Permeabilität bei Sonnenschein im allgemeinen größer ist als bei Bewölkung. Tilia cordata, Juli 09. Plasmolyt. GrenzkoDz. Permeahilitätskoeffizient fj. Mol NaCl Mol Sacch. hei Sonnenschein hei trübem "Wetter Datum 0,772 0,862 0,35 10^5 vm. 2. Juli 0,727 0,862 0,31 10°" vm. 3. „ 0,882 0,900 0,40 11°^ vm. 5. „ 0,772 0,862 0,35 3^°nm. 6. „ 0,750 0,900 0,29 32«nm. 8. „ 0,816 0,975 0,30 2" um. 15. „ 0,750 0,825 0,35 9°°vm. 16. „ 0,838 0,862 0,40 12"° vm. 16. „ 0,816 0,862 0,38 S^Onm. 16. „ 0,816" 0,862 0,38 6°°nm. 16. „ 0,639 0,787 0,28 10°°vm. 17. „ 0,750 0,825 0,35 2^5 nm. 19. „ 0,772 0,862 0,35 0,36 im M [ittel 0,31 2^^ nm. 23. „ 240 A. Tröudle, Um zu sehen, ob die Resultate, die ich im Sept. 08 bei der Linde erhalten hatte, auch für andere Objekte Gültigkeit hätten, untersuchte ich im November und Dezember 08 die Blätter eines großen Strauches von Buxus sem])ervirens roiundifolia. Das Er- gebnis dieser Untersuchung ist in der folgenden Tabelle zu- sammengestellt. Buxus sempervirens rotundifolia. Temp. der Plasmolyt. Grenzkonz. |J- Temp. im Freien Datum Witterung Tagesmittel Lösung Mol ■Mol Temp. »C. NaCl Sacch. «C. V- im Freien 17,75 0,860 1,087 0,259 8,5 1^^ nm. 19. Nov. trübe 0,25 7,25 18,50 0,816 1,050 0,247 6 •5 n Nacht 18 0,794 1,050 0,218 4,5 8^" vm. 20. Nov. trübe 18,5 0,772 1,050 0,200 6 10« „ 11 0,20 5,75 18,5 0,794 1,050 0,218 6,5 2" nm. etwas Sonne 18,5 0,750 1,050 0,177 6 435 bewölkt 18 0,794 1,087 0,194 2,5 8^^ vm. 21. Nov. es schneit 18,5 0,816 1,087 0,218 3,5 11-« „ Schnee u. Eegen 0,20 3,66 18,75 0,794 1,087 0,194 5 1^5 „ni. 22. Nov. trübe Regen 18 0,772 1,087 0,177 7 8'° vm. 23. Nov. Eegen 18 0,838 1,125 0,212 7,5 11«^ „ regnerisch 0,18 7,50 18,25 0,772 1,087 0,177 8 420 nm. " 18,25 0,772 1,087 0,1^7 7,5 r35 Nacht 17,5 0,772 1,125 0,147 5 8^5 vm. 24. Nov. etwas bewölkt 17,5 17,75 0,727 0,794 1,050 1,125 0,153 0,171 5 7 lO''« „ 13° nm. 1) I! etwas Sonne 0,15 5,40 18 0,772 1,125 0,147 4,5 4. 55 * )1 71 11 17,75 0,794 1,162 0,142 0 8" vm. 25. Nov. hell 17,5 17,75 0,882 0,860 1,200 1,162 0,200 0,200 1,5 2 10"" „ 11°' „ Sonne 1) 0,18 2,10 17,75 0,794 1,125 0,171 5 5"^ nm. Dämmerung 18,25 18,5 0,882 0,772 1,200 1,125 0,200 0,147 7 8 1^» nm. 26. Nov. 4*^ „ trübe etw. aufgehellt 0,17 7,50 18,5 18 0,816 0,794 1,087 1,162 0,218 0,141 6 5 1^^ nm. 27. Nov. 5^' . Sonne Dämmerung 0,18 5,50 18 0,838 1,200 0,159 1 830 ^j^_ 28. Nov. hell 18,25 0,838 1,087 0,241 3,5 10^0 „ Sonne 0,20 3,00 18,5 0,838 1,125 0,212 4,5 1^5 nm. 29. Nov. 1 Sonne Der Einfluß des Lichtes auf die Permeabilität der Plasmahaut. 241 Temp. der Plasmolyt. Grenzkonz. f^ Temp. im Freien Datum "Witterung Tagesmittel Lösung Mol. Mol Temp. "C NaCl Sacch. "C P- im Freien 17,25 0,838 1,200 0,159 — 1 8" vm. 30. Nov. hell 17,25 17,25 0,838 0,860 1,125 1,200 0,212 0,183 0 2 11«° „ 1*« nm. Sonne n 0,18 0,25 18 0,838 1,200 0,159 0 525 Dämmerung 16,25 0,816 1.200 0,130 — 3 88» vm. 1. Dez. hell 16,5 17,25 0,838 0,882 1,162 1,200 0,189 0,200 0 1,5 11"» „ 1^0 nm. Sonne 0,17 — 0,12 17,75 0,860 1,237 0,159 1 3 11 Sonne weg 17,5 0,882 1,200 0,200 — 0,5 8^^ vm. 2. Dez. leicht bewölkt 17,5 18,25 0,816 0,794 1,162 1,125 0,165 0,171 0 2 lO^o „ 111« ^ 11 n n n 0,17 1,00 18,25 0,838 1,200 0,159 2,5 5" nm. Dämmerung 18 0,860 1,200 0,183 2 8^5 vm. 3. Dez. hell 18 0,838 1,200 0,159 3,5 o40 leicht bewölkt 0,18 4,00 18 0,838 1,162 0,189 5,5 1^5 nm. etwas Sonne vy^ j. «_- ■'J" " 18 0,882 1,200 0,200 5 525 Nacht 17,75 0,882 1,200 0,200 1 8^^ vm. 4. Dez. Nebel 18 0,860 1,200 0,188 2 11" „ trübe 0,19 1,87 18,5 0,860 1,200 0,183 2,5 1^5 nm. n \y ^ j. V ■^1^ " 18,75 0,860 1,200 0,183 2 510 Dämmerung 17 0,838 1,162 0,189 0 8-« vm. 5. Dez. trübe 17,5 0,838 1,200 0,159 1,5 11^« „ n 0,18 1,36 17,75 0,882 1,237 0,177 2 1" nm. 6. Dez. 1) bewölkt 18 0,838 1,200 0,159 5 8^* vm. 7. Dez. bewölkt 18 0,838 1,200 0,159 8 13° nm. )i 0,17 7,00 18,5 0,860 1,200 0,183 8 k30 ^ 11 Nacht 18 0,838 1,200 0,159 5 82« vm. 8. Dez. bewölkt 18 0,838 1,200 0,159 8 1^8 nm. trübe 0,17 6,60 18,75 0,860 1,200 0,183 7 k25 3 1) Nacht 18 0,838 1,200 0,159 3,5 8 2« vm. 9. Dez. hell 18 0,838 1,125 0,212 6,5 lli«m. Sonne 18 0,816 1,125 0,194 7,5 11« „ )) 0,19 6,10 18 0,838 1,162 0,189 7 5" nm. Dämmerung Jahrb. f. wiss. Botanik. XLVIII. 16 242 A. Tröndle, Sehen wir jetzt diese Angaben genauer durch, so ergibt sich, daß in der ersten Hälfte der Tabelle, bis zum 29. November der Einfluß der Beleuchtung auf die mittlere Tagespermeabilität deut- lich ersichtlich ist. Bei anhaltend trübem Wetter nahm die Perme- abilität, wie bei der Linde im September (vergl. S. 237) immer mehr und mehr ab. Die Erklärung dieser Erscheinung ist auch hier die gleiche, der mittlere tägliche Zuwachs ist geringer als die mittlere nächtliche Abnahme (vergl. in der Tabelle S. 240, 19. bis 24. Nov.). Folgt auf trübes Wetter wieder Sonnenschein, so steigt die mittlere Tagespermeabihtät (siehe in der Tabelle 24. — 28. Nov.). Buxus verhielt sich also bis gegen Ende November im Freien wie die Linde, von hier weg aber war ein deutlicher Einfluß der Beleuchtung auf die mittlere Tagespermeabilität nicht mehr zu erkennen (siehe in der Tabelle 30. Nov. bis 9. Dez.). In dieser Periode war die mittlere Tagespermeabilität an sonnigen wie an trüben Tagen annähernd gleich. Diese Erscheinung wird ver- ständlich, wenn man bedenkt, daß die Lichtintensität und damit die Lichtzufuhr an sonnigen Tagen vom November gegen den Dezember hin immer geringer wird, so daß damit das tägliche An- steigen der Permeabilität immer schwächer wird, womit sich die mittleren Tagespermeabilitäten der sonnigen und trüben Tage ein- ander immer mehr nähern. Eine Verschiedenheit würde aber wahrscheinlich doch noch zum Ausdruck kommen, wenn die ein- zelnen Blätter keine individuellen Verschiedenheiten aufwiesen. So aber verdecken diese die geringen Unterschiede zwischen sonnigen und trüben Tagen, so daß das Tagesmittel in allen Fällen an- nähernd gleich wird. Damit ist zugleich ausgedrückt, daß dieses Gleichwerden der Tagesmittel in der finstersten Periode des Jahres eine notwendige Folge des Einflusses der Beleuchtung auf die PermeabiHtätsänderung ist. Bei der Linde haben wir gefunden, daß bei Sonnenschein die Permeabilität höher ist als wenn die Sonne nicht scheint. Das gleiche finden wir auch hier, wenn wir aus den entsprechenden Werten in der Tabelle die Mittel berechnen, wie dies in der folgenden Zusammenstellung geschehen ist. Mittelwerte für fi, Nov. — Dez. 08. Sonne ß = 0,205 1 i, • o i, • m 1 C1 , •, 1 ..„ . ^ ,r.o 0,200: bei Sonnenschem Teils Sonne, teils bewölkt 0,193 J ' Der Einfluß des Lichtes auf die Permeabilität der Plasmaliaut. 243 Trübe, Regen 0,192 ] Bewölkt 0,168 Dämmerung (abends) 0,168 Hell (am Morgen bevor die Sonne erscheint) 0,155 0,170: bei fehlender Sonne Aus der folgenden Tabelle , die Messungen zwischen dem 23. April und 7. Mai enthält, geht hervor, daß sich Buxus in anderen Jahreszeiten ebenso verhält. Buxus sempervirens rotund. 23. April — 7. Mai 09. Plasmolyt. Greuzkonz. Permeabilitätskoeffizient jx Datum Mol NaCl Mol Sacch. bei Sonnenschein bei trübem "Wetter 0,794 0,975 0,28 230 ujjj 23. April 0,794 1,012 0,25 4*« „ 23. „ 0,816 0,975 0,30 935 vni. 24. „ 0,727 0,937 0,25 8*5 26 0,G83 0,862 0,26 8^5 „ 28. „ 0,661 0,862 0,24 9'" „ 28. „ 0,727 0,937 0,25 8" „ 30. „ 0,860 1,012 0,31 9^5 ,^ 3. Mai 0,772 1,012 0,23 83^ „ 5. „ 0,750 0,975 0,24 0,28 : im i littel : 0,25 8'^ „ 7._ „ Bei Tilia wie bei Buxus ist die Permeabilität bei Sonnen- schein immer größer als bei trübem Wetter, das ist das Haupt- ergebnis der bisherigen Messungen im Freien. Alle diese Messungen beziehen sich aber nur auf den Tag und es war deshalb notwendig, den Verlauf der Permeabilität auch während eines Tages und einer Nacht genau zu verfolgen. Das Ergebnis dieser Untersuchung war zwar nach dem bisherigen vorauszusehen, die Permeabilität mußte, da sie von der Beleuchtung abhängt, nachts tiefer sein als am Tage. Als Versuchsobjekt wurde die Linde gewählt und zur Messung, die alle 3 Std. erfolgte, nur Blätter genommen, die an der gleichen Seite des Baumes in möglichst gleicher Lichtexposition sich befanden. Das Ergebnis der Untersuchung ist in der folgenden Tabelle zu- sammengestellt. 16* 244 A. Tröndle, Tilia cordata. 16.— 17. Juli 09. stärkeprobe, an den Schnitten f^ Datum Temp. im Freien Temp. der Lösg. Plasni. Grenzkonz. mit Jod ausgeführt Mol NaCl Mol Sacch. 16. Juli 0,35 Sonne 9"° vm. 18 17,5 0,750 0,825 Zellen des Palisaden- und 0,40 12"" 22 18 0,838 0,862 Schwammparenchynis meist 0,38 3°° nm. 25 18,5 0,816 0,862 ganz schwarz 0,38 foo 21 20 0,816 0,862 0,35 noch Tag 9°" nm. 17. Juli 18 19 0,772 0,862 Nur in vereinzelten Komplexen 0,31 Nachts 12°° 18 19 0,705 0,825 die Zellen ganz schwarz, meist z. T. schwarz, oft wie grob punktiert, in verein- zelten Komplexen gelb Nicht wesentlich anders 0,28 qOO 1) *5 18 19 0,639 0,787 Die Zellen meist gelb od. braun, 0,31 Trübe 6°" vm. 14 19 0,639 0,750 vereinzelt z. T. schwarz 0,28 IqOO n •'■'^11 15 17,5 0,639 0,787 Die Tabelle läßt erkennen, daß die Permeabilität von Morgen bis Mittag stieg, hierauf langsam abnahm, abends 9 Uhr wieder so hoch stand wie morgens 9 Uhr und dann weiter in der Nacht noch mehr abnahm. Bestimmen wir den Mittelwert der bei Sonnen- schein und der nachts ausgeführten Messungen, so finden wir: bei Sonnenschein 0,38 = 134,5 nachts .... 0,29 = 100 Wie im Experiment nach Verdunkelung, so tritt auch im Freien nachts eine Abnahme der Permeabilität ein. Wir sehen somit, daß die im Freien unter den natürhchen Vegetationsbedingungen vorkommenden Permeabilitätsänderungen vöihg durch die Änderung der Beleuchtung erklärt werden können. Auch wenn im Freien keine andere Ursache wirksam ist, so muß die Permeabilität sich so ändern, wie es festgestellt wurde, weil sie abhängig ist von der Belichtung, die ja im physiologischen Ex- perimente der einzige Faktor war, den wir änderten. Im Freien aber ändert sich mit der Lichtintensität gewöhnlich auch die Tem- peratur und zwar gleichsinnig, nimmt das Licht zu, so tut die Temperatur dasselbe. Es ist also immer noch die Möglichkeit vorhanden, daß im Freien auch die Temperatur an der Perme- Der Einfluß des Lichtes auf die Permeabilität der Plasmahaut. 245 abilitätsänderimg beteiligt ist. Die Frage ließe sich entscheiden, wenn es gelänge, Fälle aufzufinden, in denen Temperatur und Be- leuchtung sich ungleichsinnig änderten. Einige Angaben dieser Art finden sich wirklich in der Tabelle S. 240 und mögen hier zu- sammengestellt sein: Die Tagesmittel des Permeabilitätskoeffizienten und der Tem- peratur waren: 21. Nov. trübe. Regen ;i« = 0,20, Temp. 3,66^ C 23. ?? 55 55 lA = 0,18, 55 7,50*^ C 24. 5) bewölkt, teilw. etw. Sonne, fjL = 0,15, 55 5,40« C 25. » Sonne fi = 0,18, 55 2,10" C 26. 55 trübe, dann etwas heller fi = o,n, 55 7,50« C 27. 55 Sonne ß = 0,18, 55 5,50" C 28. 55 55 fx = 0,20, 55 3,00" C Hier hat überall, wo die Permeabilität entsprechend der Be- leuchtung größer wurde, die Temperatur abgenommen und wo mit der Beleuchtung die Permeabilität abnahm, ist die Temperatur gestiegen. Diesen Angaben ist noch ein Hinweis auf die Tabelle S. 244 beizufügen, wo die Permeabilität bei einer im Freien herr- schenden gleichbleibenden Temperatur von 18" C von abends 9 Uhr weg in die Nacht hinein abnahm, entsprechend der Verdunkelung. Ich halte deshalb dafür, daß bei der Permeabilitätsänderung im Freien die Temperatur nicht oder doch nur in geringem Maße als Reizursache in Frage kommt, und daß damit auch im Freien die Permeabilität der Hauptsache nach nur von der Lichtzufuhr abhängt. 2. Der Verlauf der Permeabilität während der ganzen Vegetationsperiode. Nehmen wir an, wir hätten während des ganzen Jahres immer gleichmäßig schönes Wetter, und fragen wir uns, wie in dem Fall die mittlere Tagespermeabilität ausfallen müßte, bleibt sie konstant oder ändert sie sich und wie? Zur Beantwortung dieser Frage möge das folgende dienen. Es sei an einem Morgen die Permeabilität = pi. Im Laufe des Tages nimmt sie zu und während der darauffolgenden Nacht wieder ab, so daß sie am folgenden Morgen den Wert p-2 erreicht hat. Die Permeabilität p-i ist gleich pi, wenn die in der 24- Stundenperiode eingetretene Zunahme gleich der Abnahme ist. 246 A. Tröndle, Ist aber die Zunahme größer als die Abnahme, so wird ])i)pi und in dem Fall ist die Permeabilität zu jeder Stunde des zweiten Tages höher als an den entsprechenden Stunden des ersten Tages, somit das Mittel des zweiten Tages höher als das des ersten. Wenn hingegen die Zunahme hinter der Abnahme zurückbleibt, so tritt das entgegengesetzte ein, das Mittel des zweiten Tages wird kleiner als das des ersten. Die Zunahme der 24 -Stundenperiode wird um so größer, je länger die Lichtzufuhr dauert, und die Abnahme um so geringer, je kürzer die Verdunkelung ist. Beides zugleich tritt ein, wenn die Tage länger und die Nächte kürzer werden. Im umgekehrten Fall ist das Ergebnis umgekehrt. Bei ideal schönem Wetter während des ganzen Jahres müßten also die Tagesmittel der Permeabilität vom Dezember bis gegen Ende Juni zunehmen und von da weg bis wieder zum Dezember immer kleiner und kleiner werden. Man wird nun nicht erwarten dürfen , daß dieses theoretisch abgeleitete Verhalten unter den wirklichen Verhältnissen so klar zum Ausdruck kommt, wie zu fordern wäre, denn ein ganzes Jahr lang schönes Wetter gibt es ja leider nicht. Es kann ganz gut vorkommen, daß bei schlechtem Wetter in der aufsteigenden Periode statt eines weiteren Ansteigens ein Sinken der Permeabilität eintritt, wenn nämlich die tägliche Zunahme infolge der herabgesetzten Lichtstärke kleiner wird als die Abnahme. Umgekehrt ist in der absteigenden Periode ein Ansteigen statt weiteren Sinkens möglich, wenn auf eine Zeit schlechten Wetters, wo die Abnahme schneller vor sich ging, als theoretisch zu fordern wäre, wieder gutes Wetter eintritt. Um die Richtigkeit dieser Auseinandersetzungen zu prüfen, habe ich im Laufe des Jahres immer wieder Messungen vor- genommen und zwar an Buxus sempervirens rotundifoUa. In der Tabelle auf S. 247 sind die Ergebnisse sämtlicher Messungen zu- sammengestellt, die natürlich sowohl an sonnigen wie an trüben Tagen angestellt wurden. Die Einzelwerte, die zur Aufstellung der Mittelwerte dienten, sind im Anhang S. 277/278 enthalten. Zu der Tabelle ist nur wenig zu bemerken. Die Permeabilität war am tiefsten im Dezember, am höchsten im Juli. Vom Dezem- ber ab nahm sie nach beiden Seiten zu. Vom Dezember bis März ist die Zunahme deutlich, im April aber ist das Monatsmittel um etwas weniges kleiner als im März, im Mai gleich wie im März, und erst im Juli wieder deutlich höher. Als Gresamteindruck aber Der Einfluß des Liclites auf die Permeabilität der Plasmahaut. 247 ergibt sich, daß die mittlere Permeabilität von Dezember bis gegen Juli zu- und von da ab wieder abnahm. Die wirklichen Verhält- nisse stimmen also innerhalb der zu erwartenden Fehlergrenzen mit den theoretisch zu fordernden überein und damit tritt aufs neue der enge Zusammenhang zwischen Licht und Permeabilitätsänderung klar zutage. Buxus sempervirens rotundifolia. Monatsmittel der Permeabilität. Nov. 08 — Oktob. 09. Monat !^ Maximum Minimum Mittel November 08 Dezember 08 Januar 09 Februar 09 März 09 April 09 Mai 09 Juli 09 Oktober 09 0,34 0,21 0,25 0,2 7 0,34 0,30 0,32 0,33 0,20 0,14 0,09 0,16 0,16 0,22 0,22 0,21 0,18 0,13 0,21 0,17 (0,20) 0,23 0,26 0,25 0,26 0,28 0,22 Messungen an Tilia führten zum gleichen Ergebnis, wie aus der folgenden Zusammenstellung der Mittelwerte für drei ver- schiedene Perioden des Jahres hervorgeht. Die Berechnung dieser Werte erfolgte mit Hilfe der Tabellen S. 239 und S. 236—237. Tilia cordata. Mittelwerte der Permeabilität in verschiedenen Jahreszeiten. 2. — 17. Juli 09: Messungen an 6 Sonnen- und 6 trüben Tagen . . . . ji. 0,34, 8. — 18. September 09: Messungen an 4,5 Sonnen- und 3 trüben Tagen . . . |j. 0,32 24. September— 2. Oktober 09: Messungen an 4,5 Sonnen- und 3 trüben Tagen . . . fx 0,21. Auch für Tilia ist somit festgestellt, daß sie sich in der ab- steigenden Periode des Jahres so verhält, wie es theoretisch zu fordern ist, d. h. die mittlere Permeabilität nimmt vom Juli gegen den Oktober hin immer mehr und mehr ab. Für die aufsteigende Periode stehen mir keine Messungen zur Verfügung. Da sich aber die Linde in allen Versuchen immer gleich verhielt wie Buxus, so dürfen wir annehmen, daß sie sich auch in der aufsteigenden Periode des Jahres gleich verhält wie Buxus, daß also auch bei 248 A. Tröndle, ihr in dieser Zeit (Mai -Juli) die mittlere Permeabilität immer größer wird. Fassen wir das bis jetzt in diesem Abschnitt Mitgeteilte kurz zusammen, so ergibt sich: 1. Auf Grund der experimentell festgestellten Abhängigkeit der Permeabilität von der Belichtung ist theoretisch zu fordern, daß die Permeabilität von Dezember bis gegen Juli zu- und von hier an wieder abnimmt. Der höchste Stand muß Ende Juni, der tiefste im Dezember erreicht sein. 2. Die Bestimmung der Mittelwerte in verschiedenen Zeiten des Jahres ergab: bei Buxus: die Permeabilität nimmt vom Dezember bis zum Juli zu, von da an wieder ab. Der höchste Stand ist im Juli, der tiefste im Dezember erreicht. bei Tilia: vom Juli bis zum Oktober nimmt die Permeabilität ab. 3. Die wirklich vorkommenden Verhältnisse stimmen somit mit dem theoretisch zu fordernden überein und ich sehe darin einen neuen Beweis dafür, daß im Freien unter den natürhchen Yege- tationsbedingungen in erster Linie das Licht als permeabilitäts- ändernder Reiz in Frage kommt. Aus der Tabelle S. 247 sind noch einige Angaben zu entnehmen, die vielleicht nicht ohne Interesse sind. Das Jahresmittel der Permeabilität berechnet sich für Buxus auf fx = 0,23. Es sind also die Monate Oktober, November, Dezember, Januar unter dem Mittel geblieben, Februar erreichte das Mittel und März, April, Mai, Juli standen über dem Mittel. In Prozenten ausgedrückt ergeben sich für die einzelnen Monatsmittel folgende Abweichungen vom Jahresmittel: Dezember: — 26 7o Mai: +13% Januar: — 13 „ Juli: +22 „ Februar: 0 „ Oktober: — 4 „ März: + 13 „ November: — 9 „ April: +9 „ Die größte Abweichung vom Jahresmittel nach der einen RichtuDg im Dezember, war von der größten Abweichung nach der anderen Richtung im Juli nicht viel verschieden, es liegt das Jahresmittel annähernd in der Mitte zwischen dem Maximum und Minimum der Monatsmittel. Es ließen sich vielleicht ganz inter- essante Schlüsse ziehen, wenn man Monats- und Jahresmittel bei Der Einfluß des Lichtes auf die Permeabilität der Plasmahaut. 24& verschiedenen immergrünen Gewächsen bestimmte, oder doch bei einjährigen oder laubwerfenden Pflanzen die Monatsmittel feststellte, so daß man verschiedenartige Pflanzen in dieser Hinsicht mit- einander vergleichen könnte. Es mögen nun ferner auch die größten und kleinsten be- obachteten Einzelwerte zusammengestellt sein. Buxus : 18. Dez. 08 ;ii 0,09 = 100 Monatsmittel (Dezember) ft 0,17 = 100 15. JuH 09 ß 0,33 = 366 „ (Juli) /* 0,28 — 165 Die Schwankung zwischen dem höchsten und dem niedrigsten Einzelwert ist mehr als doppelt so groß als zwischen maximalem und minimalem Monatsmittel, was auf Rechnung individueller Ver- schiedenheiten zu setzen ist. Tilia : 26. Sept. 08. }i 0,12 = 100 Mittel (24. Sept. bis 2. Okt.) }.i 0,21 — 100 5. Juli 09. f.1 0,40 = 333 Mittel (2. bis 17. Juli) fi 0,34 — 162 Auffallend ist, daß die Schwankung zwischen größtem und kleinstem Einzelwert und zwischen größtem und kleinstem Mittelwert an- nähernd die gleiche ist bei der Linde wie bei Buxus. Die gleiche Schwankung der Einzelwerte kann Zufall sein, während die gleiche Schwankung der Mittelwerte, wo der Zufall doch mehr oder weniger eliminiert ist, eine bestimmte Ursache haben haben muß. Aus den obigen Angaben ist zu ersehen, daß während die Linde eine be- stimmte Permeabilitätsschwankung in etwa drei Monaten zurücklegt, Buxus dazu etwa sechs Monate nötig hat. Das könnte vielleicht daher kommen, daß die Linde an und für sich leichter oder schneller reagiert als Buxus. Ob damit aber ein Unterschied zwischen sommer- und immergrünen Gewächsen besteht, ist auf Grund der vorliegenden Angaben natürlich nicht zu entscheiden. 3. Biologische Bedeutung der Permeabilitätsänderung. Zum Schlüsse erhebt sich die Frage, ob die Permeabilitäts- änderung in den assimilierenden Zellen des Laubblattes für das Leben der Pflanzen irgend welche Bedeutung besitzt. Es wird dabei unwillkürlich der Gedanke an Beziehungen zur Ableitung der Assimilate auftauchen. Die Pflanze assimiliert innerhalb gewisser Grenzen um so stärker, je größer die Lichtstärke ist. Je energischer aber die Assimilation vor sich geht, desto mehr Assimilate müssen abgeleitet 250 A. Tröndle, werden, und einer der Faktoren, die dabei in Betracht kommen, ist die Durchlässigkeit der Plasmahaut. Je größer sie ist, d. h. je geringer der Widerstand ist, den sie dem Durchtritt gelöster Stoße entgegensetzt, um so schneller kann die Ableitung vor sich gehen. Es ist deshalb für die Pflanze von Vorteil, wpnn die Permeabilität in den assimilierenden Zellen in höherer Lichtintensität größer ist als in schwächerer. Es wird dadurch bei lebhafter Assimilation eine zu starke Ansammlung der Assimilate im Palisaden- und Schwammparenchym verhindert, wodurch die assimilatorische Tätig- keit gehemmt würde, so daß die Pflanze die für die Assimilation günstige hohe Lichtintensität nur ungenügend ausnutzen könnte. Die Erhöhung der Permeabilität in höheren Lichtintensitäten ist für die Pflanze von großem Vorteil, weil dadurch erst eine ökonomischere Ausnutzung des starken Lichtes für die Assimilation möglich ist. Gegen diese Auffassung ließe sich einwenden, daß die Perme- abilitätsänderung für NaCl festgestellt wurde, während das ab- zuleitende Assimilationsprodukt Glukose ist, von der wir ja noch gar nicht wissen, ob sie auch permeiert. Aus diesem Grunde stellte ich einige Versuche an, deren Ergebnis war, daß Palisaden- und Schwammparenchymzellen für Glukose ebenfalls permeabel sind, und daß diese Permeabilität ebenfalls wie die des NaCl sich nach der Lichtintensität richtet. Versuch 50 {Tilia cor data). •Temp. im Freien Temp. der Lösung Plasmolyt. Grenzkonz. i IJ- Mol Glukose Mol Sacch. 19. Juli 5^' nm. Sonne 20. „ 5"" „ 25,5 22 20,75 20 1,087 1,087 0,937 0,825 0,862 0,758 0,138 0,242 Glukose permeiert also auch, allerdings langsamer als Kochsalz. Eine Bestimmung der Permeabilität für NaCl am 19. Juli, 2,35 Min. ergab ß r= 0,35, was gegenüber dem am gleichen Tage für Glukose erhaltenen Wert ^ = 0,14 so stark abweicht, daß dafür kaum bloß individuelle Verschiedenheiten der beiden Blätter verantwortlich gemacht werden können. Aus Versuch 51 geht hervor, daß nach Verdunkelung die Permeabilität abnimmt, nicht nur für NaCl sondern auch für Glukose. Wir dürfen deshalb annehmen, daß, wenn die Permeabihtät für NaCl erhöht wird, sie damit auch für Glukose höher geworden ist, und daß bei Herabsetzung der Permeabilität für NaCl auch die Permeabilität für Glukose geringer geworden ist. Der Einfluß des Lichtes auf die Permeabilität der Plasmabaut. 251 Versuch 51 {Tilia cordata). Experimentelle Bebandlung Datum Temperatur Plasmolyt. Grenzkonz. i im Freien der Lösung Mol. Glukose Mol. Sacchar. • fJ- 20. Juli 1. Blattbälfte: 4°" nm. Sonne 26 20 1,125 0,937 0,832 0,186 2. Blatthälfte, = 100 mit Stanniol um-\vickelt, nn- tersucht: ßOO 22. Juli 23 21 1,050 0,975 0,928 0,072 = 43 1. Blattbälfte: 4'° nm. Sonne 27 20,5 1,200 1,050 0,875 0,125 2. Blatthälfte, = 100 mit Stanniol umwickelt, un- tersucht: " 1) T) 24 21 1,237 1,125 0,909 0,091 = 73 Es sind deshalb die obenstehend gemachten Annahmen über die Bedeutung der Permeabilitätsänderung für die Assimilation, die auf Grund der Veränderung der Permeabilität gegen NaCl ge- wonnen wurden, völlig berechtigt. Im Sommer ist die Assimilation im allgemeinen größer als im Frühling oder Herbst, oder bei immergrünen Gewächsen im Winter. Für die Pflanze kann es deshalb nur vorteilhaft sein, wenn die Permeabilität im Sommer an und für sich höher ist als im Früh- ling, Herbst oder Winter, wie wir das für Buxus und Tilia fest- gestellt haben. Ebenso ist die Stimmungsänderiing von großer Bedeutung für den ungestörten Gang der Assimilation. Wäre die Stimmung nicht veränderlich, so würde die Zelle in der maximalen Lichtintensität der Sommertage, wo die Assimilation am stärksten ist und deshalb an die Ableitung die größten Anforderungen gestellt werden, mit immer geringerer Erhöhung und schließlich sogar mit Abnahme der Permeabilität reagieren. Dadurch würde die Ableitung und der ungestörte Fortgang der Assimilation gehemmt, so daß die Pflanze die Lichtintensität gar nicht voll ausnutzen könnte. In der Nacht, wo der in der Zelle deponierte Überschuß ab- geleitet wird, sinkt die Permeabilität. Man könnte denken, daß das für die Pflanze ein Nachteil wäre. Dem ist aber nicht so, denn während der Nacht werden an das Ableitungsvermögen ge- ringere Anforderungen gestellt als am Tage, da ja nur die Stärke, der Überschuß der Tagesassimilation, fortzuschaffen ist. Ein Blick 252 A. Tröndle, auf die Tabelle S. 244 zeigt, daß trotz Abnahme der Permeabilität die Stärke morgens um 3 Uhr schon zum großen Teil und morgens 6 Uhr ganz abgeleitet war. Da also die Stärkeableitung trotz der nächtlichen Permeabilitätsabnahme ungehindert vor sich gehen kann und bis zum Morgen beendet ist, so wäre es für die Pflanze völlig unnötig, wenn sie die Permeabilität nachts auf der gleichen Höhe erhielte wie am Tage. Stellen wir uns vor, daß die Pflanze um so mehr Energie ausgeben muß, auf je größerer Höhe sie die Perme- abilität erhalten muß, so stellt die nächtlich« Abnahme der Perme- abilität für die Pflanze eine Energieersparnis dar. Allgemein läßt sich die Bedeutung der Permeabilitätsänderung für die Pflanze dahin beurteilen, daß sie, wie die Stärkebildung, ein rasches Entfernen der löslichen Assimilate bewirkt und dadurch den ungestörten Fortgang der Assimilation, also eine möglichst ökonomische Ausnützung des Lichtes gestattet. Wir können sagen, daß die Änderung der Permeabilität in den assimilierenden Zellen des Laubblattes, in ihrer Abhängigkeit von der Lichtintensität und der Stimmung, eine Einrichtung darstellt, die für die Pflanze von großem Nutzen ist. Aber auch zu anderen in der Pflanze sich abspielenden Pro- zessen könnte die Permeabilitätsänderung in Beziehung stehen. Es ist ja bekannt, daß die Transpiration im Lichte größer ist als im Dunkeln (vergl. Pfeffer V, Bd. I und Burgerstein). Die Ur- sachen dieser Erscheinung dürften sein: Umsetzung von Licht in Wärme, Änderung der Weite der Spaltöffnungen usw. Mit in Frage kommen könnte aber auch die im Lichte höhere Perme- abilität der Plasmahaut. Das Protoplasma bietet ja dem Durch- tritt des Wassers einen gewissen Filtrationswiderstand. Je geringer dieser Widerstand ist, desto leichter kann der Zelle Wasser ent- zogen werden und es müßte deshalb im Lichte die Transpiration größer sein, weil die Permeabiltät des Plasmas größer ist. Das setzt natürlich voraus, daß die Permeabilitätserhöhung im Licht, die wir für NaCl feststellten, auch für Wasser als solches gilt. Besondere Versuche hierüber habe ich nicht angestellt, doch möchte ich darauf aufmerksam machen, daß van Rysselberghe in seinen Untersuchungen über die Abhängigkeit der Permeabilität von der Temperatur feststellte, daß bei zunehmender Temperatur eine gleiche Permeabilitätserhöhung eintrat für in Wasser gelöste Stofi'e wie für Wasser allein. Ferner möchte ich noch auf die Untersuchungen von Bonnier und Mangin hinweisen, die bei Pilzen [Polyjoorus Der Einfluß des Lichtes auf die Permeabilität der Plasmahaut. 253 versicolor, Ägaricus campestris, Trametes suaveolens) die Tran- spiration im Lichte höher fanden als im Dunkeln, aber nur wenn sie lebend waren. Tote Pilze hatten im Licht wie im Dunkeln, bei sonst gleichen äußeren Bedingungen, gleiche Transpiration. Für diesen Unterschied kann man wohl kaum etwas anderes verant- wortlich machen als das Protoplasma und darf wohl schließen, daß seine Permeabilität für H2O im Lichte größer war, als im Dunkeln. Anhang. Versuchsprotokolle. Versuche 14 — 17 und 25 — 43. Die übrigen Versuche im Text. Versuch 14. a) Entfernung von der Lampe: 10 cm. Zweig abgeschn. 25. Febr. 09, 9^° vm. Etwas Sonne — 8,5 " C. Beginn d. Beleucht. 9^^ vm. Temperatur Nr. des Blattes Plasm. Greuzkonz. i' H- Tagesmittel Diinkel- raum der Lösung Mol KaCl Mol Sacchar. von (X 25. Febr. 9^°vm. 2-"'nm. 2 6. Febr. g^^vm. 11" „ 2*"nm. 22 22 22 21,75 17 17,3 17,75 17 17 17,5 1 2 3 1 2 3 1,080 0,992 0,948 0,948 0,948 0,904 1,312 1,200 1,162 1,200 1,237 1,200 1,21 1,21 1,22 1,26 1,30 1,32 0,289 0,289 0,283 0,259 0,236 0,224 0,287 = 100 0,239 = 86,75 (Die 3 Blätter standen am Zweig nebeneinander.) — Eeaktion der einzeln. Blätter: Alle 3 — . b) Entfernung von der Lampe: 35 cm. Zweig abgeschn. 25. Febr. 09, 9^° vm. Etwas trübe — 9,5" C. Beginn d. Beleucht. 9^'' vm. Temperatur Nr. des Blattes Plasm. Grenzkonz. i' M- Tagesmittel Dunkel- raum der Lösung Mol NaCl Mol Sacchar. von \). 25. Febr. g^^vm. lO^o „ l"nm. 26. Febr. 820vm. 11^^ „ lO^nm. 19 18,75 18,75 19 19 16,5 17 17,5 17 17,25 17,25 1 2 3 1 2 3 1,080 1,036 0,992 0,948 0,904 0,882 1,275 1,200 1,237 1,162 1,050 1,125 1,18 1,16 1,24 1,22 1,16 1,27 0,306 0,318 0,271 0,283 0,318 0,253 0,298 = 100 0,284 = 95,30 (Die 3 Blätter standen am Zweig nebeneinander.) — Reaktion der einzeln. Blätter : 2 — , 1 0. (Die 2 Zweige in a. und b. wurden der gleichen Seite des Strauches entnommen.) 254 A. Tröndle, Versuch 15. a) Entfernung von der Lampe: 35 cm. Zweig abgeschn. 16. Febr. 09, 9*° vm. Schnee, trübe, 0°C. Beginn der Beleucht. 9^^ vm. Temperatur Nr. des Blattes Plasm. Grenzkonz. i' |J- Tagesmittel Dunkel- raum der Lösung Mol NaCl Mol Sacchar. von fj. 16. Febr. g^^ym. 2*0nm, 17. Febr. 9"vm. 11^0 ^ 6"5nm. 21,25 21 21 21 20,5 17,3 17,75 18,5 17,25 18 19,5 1 2 1 2 .3 0,904 0,904 0,904 0,904 0,882 0,816 1,237 1,237 1,237 1,200 1,200 1,200 1,36 1,36 1,36 1,31 1,36 1,47 0,200 0,200 0,200 0,230 0,200 0,136 0,200 = 100 0,189 = 94,5 (Die 3 Blätter standen am Zweig nebeneinander.) — Eeaktion der einzeln. Blätter : 1 — , 1 0, 1-j-. b) Entfernung von der Lampe: 50 cm. Zweig abgeschn. 16. Febr. 09, 8^" vm. Schnee, trübe, 0° C. Beginn der Beleucht. 8^^ vm. Temperatur Nr. Plasm. Grenzkonz. F- Tagesmittel Dunkel- raum der Lösung Blattes Mol NaCl Mol Sacchar. von |JL le.Febr. 8^°vm. 10- „ l*^nm. 21 20,3 17,3 17,5 18,5 1 2 3 0,904 0,904 0,948 1,237 1,200 1,237 1,36 1,32 1,30 0,200 0,224 0,236 0,220 = 100 17. Febr. S^^vm. 10" „ 21 20,5 17 •18 1 2 0,992 0,948 1,237 1,237 1,24 1,30 0,271 0,236 0,250 = 113,63 5"nm. 20,25 3 0,926 1,200 1,29 0,242 (Die 3 Blätter standen am Zweig nebeneinander.) — Reaktion der einzeln. Blätter: alle 3 -{-. (Die Zweige in a) und b) wurden der gleichen Seite des Strauches entnommen.) Versuch 16. a) Entfernung von der Lampe: .50 cm. Zweig abgeschn. 18. Febr. 09, 9^° vm., hell, Sonne, — 5°C. Beginn der Beleucht. 9^" vm. Temperatur Nr. des Blattes Plasm. Grenzkonz. i' V- Tagesmittel Dunkel- raum der Lösung Mol NaCl Mol Sacchar. von fx 18. Febr. 9^°vm. 11" „ 235nm. 19. Febr. 82°vm. 10" „ l^^nm. 20 20,5 20 20,5 20,5 17 17,5 18,5 18,25 18,25 19 1 2 3 1 2 3 0,948 0,948 0,948 0,904 0,926 0,860 1,350 1,237 1,275 1,162 1,162 1,087 1,42 1,30 1,34 1,28 1,25 1,26 0,165 0,236 0,212 0,247 0,265 0,259 0,204 = 100 0,257 = 125,98 (Die 3 Blätter standen am Zweig nebeneinander.) — Reaktion der einzeln. Blätter : alle 3 -|— Der Einfluß des LicMes auf die Permeabilität der Plasmahaut. 255 b) Entfernung von der Lampe: 60 cni. Zweig abgeschn. 18. Febr. 09, 10"" vm., hell, Sonne, — 1 ° C. Beginn der Beleucht. 10^^ vm. Temperatur Nr. des Blattes Plasm. Grenzkonz. / IX Tagesmittel Dunkel- raum der Lösung Mol NaCl Mol Sacchar. von [JL 18.Febr.l02''vm. 12°° „ S^Onm. 19. Febr. Q^^vm. 2^^nm. 20 20,5 20,5 20,5 20,5 17 17,75 18,5 18,25 18,5 19 1 2 3 1 2 3 0,948 0,992 0,904 0,904 0,904 0,860 1,312 1,237 1,237 1,162 1,125 1,087 1,38 1,24 1,36 1,28 1,24 1,26 0,189 0,271 0,200 0,247 0,271 0,259 0,220 = 100 0,259 = 117,72 (Die 3 Blätter standen am Zweig nebeneinander.) — Reaktion der einzeln. Blätter: 2-|-, 1 0. (Die Zweige in a) u. b; stammten von der gleich. Seite des Strauches wie die in Versuch 15 a) u. b).) Versuch 17. a) Entfernung von der Lampe: 60 cm. Zweig abgeschn. 22. Febr. 09, 9°° vm., Nebel — 3*'C. Beginn der Beleucht. 9' Temperatur Nr. des Blattes Plasm. Grenzkonz. i f^ Tagesmittel Dunkel- raum der Lösung Mol NaCl Mol Sacchar. von fJi 22. Febr. 9'"'vm. 11«^ . l^^nm. 23. Febr. 83" vm. 10^« „ l*^nm. 20 20 19 19 19,5 16 17 18 17,5 18 18 1 2 3 1 2 3 1,014 1,036 0,992 1,036 0,948 0,860 1,350 1,350 1,312 1,275 1,200 1,125 1,33 1,30 1,32 1,23 1,26 1,30 0,218 0,236 0,224 0,277 0,259 0,236 0,226 = 100 0,257.= 113,71 (Die 3 Blätter standen am Zweig nebeneinander.) — Reaktion der einzeln. Blätter: alle 3 -(-. b) Entfernung von der Lampe: 90 Cm. Zweig abgeschn. 22. Febr. 9, 10°° vm., Nebel — 2 ° C. Beginn der Beleucht 10^^ vm. Temperatur Nr. ■ des Blattes Plasm. Grenzkonz. ■ / |J- Tagesmittel Dunkel- raum der Lösung Mol NaCI Mol Sacchar. von i*. 22.Febr. lO^ä^m. 11^° „ 2»°nm. 23. Febr. 9^'^Ym. 11^° . 233nm. 19,5 20 19 19,25 19,3 17 17,5 18 17,5 18 18 1 2 3 1 2 3 1,036 1,036 0,948 0,904 0,860 0,904 ■ 1,350 1,350 1,275 1,200 1,162 1,162 1,30 1,30 1,34 1,32 1,35 1,28 0,236 0,236 0,212 0,224 0,206 0,247 0,226 = 100 0,226 = 100 (Die 3 Blätter standen am Zweig nebeneinander.) — Reaktion der einzeln. Blätter: 2 -j-, 1 — . (Die 2 Zweige in a) u.b) stammten von dergleich. Seite des Strauches wie die in Versuch 15 u. 16.) 256 A. Tröndle, Versuch 25. Entfernung von der Lampe: 50 cm. Zweig abgeschn. 18. Jan. 09, 9^^ vm., hell, Sonne, O^C. Beginn der Beleucht. 10°" vm. Temp. im Dnnkel- zimmer Temp. der Lösung Nr. des Blattes Plasm. Grenzkonz. i' F- Tagesmittel Mol NaCl Mol Sacch. von fi. 18. Jan. 9" vm. 16 1 0,816 1,162 1,42 0,165 145 nm. 20,5 18 1 0,816 1,087 1,33 0,218 0,191 = 4« )) 20,5 18 2 0,816 1,125 1,37 0,194 100 553 n ' 20,25 18 3 0,838 1,162 1,38 0,189 19. Jan. 91° vm. 20 17,5 2 0,838 1,125 1,34 0,212 1035 „ 21 18 3 0,8G0 1,102 1,35 0,206 0,240 = 500 nm. 21 18 4 0,800 1,050 1,22 0,283 125,65 6" n 21 19 5 0,860 1,087 1,26 0,259 20. Jan. 935 vm. 20,5 18 4 0,860 1,050 1,22 0,283 1105 )i 20,5 18 5 0,794 1,012 1,27 0,251 0,242 = 525 nm. 21,5 18 6 0,816 1,087 1,33 0,218 126,70 625 n 21 18,5 7 0,81G 1,087 1,33 0,218 21. Jan. 8^5 vm. 20,5 17,5 6 0,794 1,087 1,37 0,194 1030 n 21 17,75 7 0,794 1,050 1,32 0,224 0,209 = 230 nm. 21 18 8 0,772 1,050 1,30 0,200 109,42 5-^ n 19,5 19 9 0,816 1,087 1,33 0,218 22. Jan. 10°^ llio 6 10 vm. nm. 22 21,6 22 18 18 19,5 8 9 10 0,772 0,816 0,772 1,087 1,087 1,050 1,40 1,33 1,36 0,177 0,218 0,200 0,198 = 103,66 23. Jan. 8^^ vm. 22 18 10 0,794 1,125 1,41 0,171 0,185 = 10*0 V 22 17,75 11 0,772 1,050 1,36 0,200 96,85 Versuch 26. Entfernung von der Lampe: 10 cm. Zweig abgeschn. 1. Febr. 09, 2^° nm., trübe, 1 " C. Beginn der Beleucht. 2-^ nm. Temp. im Dunkel- zimraer Temp. der Lösung Nr. des Blattes Plasm. Grenzkonz. i' H- Tagesmittel Mol NaCl Mol Sacch. von [J. 1. Febr. 3=" nm. 4 50 k50 ^ 11 2. Febr. 8^^ vm. 9^^ „ 11«^ „ 2»" nm. 22,3 22 22,75 22 22 22 22 10,5 17 17,25 17 17 17 17 1 2 3 1 2 4 5 0,992 1,058 1,036 1,036 0,948 0,948 0,904 1,237 1,350 1,312 1,312 1,275 1,237 1,275 1,24 1,27 1,26 1,20 1,34 1,30 1,41 0,271 0,253 0,259 0,259 0,212 0,234 0,171 0,261 = 100 0,219=- 83,9 Der Einfluß des Lichtes auf die Permeabilität der Plasmahaut. 257 Temp. im Dunkel- ziramer Temp. der Lösung Nr. des Blattes Plasm. G renzkonz. i' P- Tagesmittel Mol NaCl Mol Sacch. von ij. 3. Febr. 8^^ 10^» vm. 1) 22 22,25 16,5 16,5 4 5 0,948 0,970 1,350 1,350 1,42 1,39 0,165 0,183 0,179 = 68 58 11" n 22,25 16,75 6 0,948 1,312 1,38 0,189 4. Febr. 8^° vm. 22 17 6 0,970 1,312 1,35 0,206 JQ55 11 22 17,25 7 0,948 1,162 1,22 0,283 0,238 = 205 nm. 22,5 18 8 0,926 1,237 1,33 0,218 91,18 320 n 22,5 18 9 0,904 1,162 1,28 0,247 5. Febr. G^» vm. 21,75 18,25 7 0,948 1,125 1,18 0,306 11^« )) 22 18 8 0,992 1,312 1,32 0,224 0,249 == j45 nm. 22 18 9 0,970 1,275 1,31 0,230 95,46 430 )) 22,25 18,25 10 0,948 1,237 1,30 0,236 6. Febr. 8*° lO^» vm. n 22,25 22,5 18 18,3 10 11 0,948 0,970 1,275 1,350 1,34 1,39 0,212 0,183 0,198 = 75f86 1103 11 22,5 18,5 12 0,992 1,350 1,36 0,200 Zweig abgeschn. 8. Febr. Versuch 27. Entfernung von der Lampe: 09, 8" vm., hell, 4"C. 35 cm. Beginn der Beleuchtung 9"" vm. Da tum Temp. im Dunkel- zinimer Temp. der Lösung Nr. des Blattes Plasm. Grenzkonz. i' I^- Tagesmittel Mol. . NaCl Mol Sacch. von fi. 8. Febr. 8" vm. 17 1 0,926 1,237 1,33 0,218 130 nm. 19,5 19 1 0,904 1,162 1,28 0,247 0,219 = 920 19,75 19 2 0,860 1,162 1,35 0,206 100 500 3 n 19,5 18,3 3 0,860 1,162 1,35 0,206 9. Febr. 8^0 vm. 19 17 2 0,860 1,125 1,30 0,236 10*« „ 19 17 3 0,816 1,125 1,37 0,194 0,201 = 135 nm. 20,5 17 4 0,838 1,125 1,34 0,212 91,78 930 19,5 17,6 5 0,816 1,162 1,42 0,165 10. Febr. 8-0 vm. 21,5 18 4 0,816 1,125 1,37 0,194 lioo „ 20,3 18 5 0,772 1,087 1,40 0,177 0,187 = 11^0 „ 20 18 6 0,772 1,087 1,40 0,177 85,39 5-0 nm. 20,3 18 7 0,772 1,050 1,36 0,200 11. Febr. 8-^ vm. 20 18 6 0,772 1,050 1,36 0,200 9- „ 19,75 18 7 0,816 1,087 1,33 0,218 0,198 = lioo 20 18 8 0,750 1,050 1,40 0,177 90,41 5*0 nm. 20,5 18,5 9 0,772 1,050 1,36 0,200 12. Febr 830 vm. 10°^ „ 19,25 19 17,35 18 8 9 0,794 0,772 1,050 1,050 1,32 1,36 0,224 0,200 0,202 = 92,23 1105 „ 19,25 17,5 10 0,727 1,012 1,39 0,183 Jahrb. f. wiss. Botanik. XLVIII. 17 258 A. Tröndle, Versuch 28. Völlige Verdunkelung. Beginn 6. Jan. 09, 9°" vorm. Zweig abgeschnitten 6. Jan. 09, 8*^ vorm. Sonnig, - G^C. Temp. im Temp. Nr. Plasm. Grenzkonz. Tagesmittel D ituni Dunkel- zimmer der Lösung des Blattes i' M- Mol NaCl Mol Sacchar. von fj. 6. Jan. 8*^ vm. 17 1 0,926 1,200 1,28 0,247 110° ^^ 20 19 1 0,882 1,200 1,36 0,200 0,219 = 1200 19 18 2 0,860 1,125 1,30 0,236 100 650 nm. 19 18,25 2 0,816 1,125 1,37 0,194 7. Jan. 9-5 vm. 20 16 3 0,750 1,050 1,40 0,177 2«o nm. 20 17 3 0,750 1,050 1,40 0,177 0,176 = 4« „ 20 17 4 0,794 1,087 1,37 0,194 80,36 6°^ „ 20 17,75 5 0,705 1,012 1,43 0,159 8. Jan. 8=^^ vm. 20,5 17,5 4 0,705 1,050 1,49 0,124 11«^ „ 21 17,75 5 0,705 1,050 1,49 0,124 0,125 = 1*0 nm. 21 17,75 6 0,727 1,087 1,49 0,124 57,07 rOö »» 11 20,5 18,5 7 0,683 1,012 1,48 0,130 9. Jan. 8^0 vm. 20 17,5 6 0,705 1,050 1,49 0,124 9'" „ 19 17,5 7 0,683 1,012 1,48 0,130 0,143 = 11" ^^ 11 20 18 8 0,705 1,012 1,43 0,159 65,29 200 nm. 20 17,5 9 0,705 1,012 1,43 0,159 10. Jan. 11. Jan. 10" vm. 19 16,5 8 0,727 1,050 1,44 0,153 11^0 „ 19 16,5 9 0,705 1,012 1,43 0,159 0,150 = 3O0 nm. 18,5 17 10 0,705 1,050 1,49 0,124 68,49 450 ^ 18,25 17,25 11 0,683 0,975 1,42 0,165 12. Jan. 8*0 vm. 19,5 18,3 10 0,727 1,050 1,44 0,153 10 5" „ 19 18 11 0,705 0,975 1,38 0,200 0,159 = 1^0 nm. 20 18 12 0,705 1,050 1,40 0,124 72,60 42» „ 20 18 13 0,705 1,012 1,43 0,159 13. Jan. 9 05 vm. 20 18 12 0,727 1,050 1,44 0,153 10*0 „ 19,5 18 13 0,727 1,012 1,39 0,183 0,175 = 5" nm. 19 18 14 0,727 1,012 1,39 0,183 79,90 620 " 11 19 18,5 15 0,727 1,012 1,39 0,183 14. Jan. 8 5"' vm. 19 18 14 0,750 1,050 1,40 0,177 11'' 1, 19,5 18 15 0,727 1,050 1,44 0,153 0,163 = 1^0 nm. 19,5 18 16 0,683 0,975 1,42 0,165 74,42 B'' „ 19 18 17 0,705 1,012 1,43 0,159 15. Jan. 835 ^,„ 20,5 18,5 16 0,683 1,012 1,48 0,130 10" „ 20 18 17 0,705 1,012 1,43 0,159 0,152 = 1^0 nm. 19,75 18 18 0,705 0,975 1,38 0,189 69,40 505 „ 19 17,5 19 0,683 1,012 1,48 0,130 16. Jan IQOo vm. 19 18 20 0,705 1,050 1,49 0,124 Der Zweig wurde nun in 50 cm Entfernung von der elektrischen Lampe von 32 Kerzen aufgestellt 3 Std. lang: I 20,5 I 18 I 20 I 0,705 j 0,975 | 1,38 | 0,189 | Zunahme: 0,065 = 54 7o- Die Blattzellen ließen am Schlüsse des Versuches keine Schädigung erkennen, auch äußerlich sahen die Blätter noch gleich aus wie anfangs. Der Einfluß des Lichtes auf die Permeabilität der Plasmahaut. 259 Versuch 29. Entfernung v. d. Lampe: 20 cm. Relative Intensität: a) Belichtungsdauer 10 Min. Datum Temp. im Temp. der Plasmolyt. Grenzkonz. i' H- zimmer Lösung Mol NaCl Mol Sacch. Anfang Ende 3. Feb. 9"* vm. 22,5 20 0,727 1,050 1,444 0,151 9^* „ 0,727 1,050 1,444 0,151 3. Feb. 9 5° vm. 0,750 1,050 1,400 0,177 10"» „ 23 20 0,750 1,050 1,400 0,177 3, Feb. 10^« vm. 0,772 1,087 1,408 0,172 10^« „ 23 20 0,750 1,050 1,400 0,177 3. Feb. 11"^ vm. 20 0,772 1,087 1,408 0,172 11" „ 0,772 1,087 1,408 0,172 3. Feb. 133 jjjji. 23 20,5 0,772 1,087 1,408 0,172 143 0,772 1,087 1,408 0,172 3. Feb. 2"'-5 nm. 0,772 1,087 1,408 0,172 921,5 23 20,5 0,772 1,087 1,408 0,172 Mittlere Permeabilität (|x) Änderung der Permeabilität Reaktion der einzelnen BLätter + 0,5 "/, 5 0, 1 +. Anfang: 0,169 = 100 Ende: 0,170 = 100,59 b) Belichtungsdauer 12 Min. Datum Temp. im Dunkel- Temp. der Plasmolyt. Grenzkonz. i F- zimmer Lösung Mol NaCi Mol Sacch. Anfang Ende 1. Feb. 2*0 nm. 22 18 0,727 1,012 1,392 0,182 252 „ 0,727 1,012 1,392 0,182 l.Feb. 3-^ nm. 0,727 1,012 1,392 0,182 336 n 22 18 0,727 1,012 1,392 0,182 l.Feb. 409 nm. 18,5 0,727 1,012 1,392 0,182 421 „ 18,5 0,727 1,012 1,392 0,182 2. Feb. 9 09 vm. 23 19,5 0,750 1,050 1,400 0,177 921 n 0,750 1,050 1,400 0,177 2. Feb. IQi^ vm. 0,750 1,012 1,341 0,207 102' )) 22,5 18 0,727 0,975 1,341 0,212 2. Feb. 1056 vm. 22,5 19,5 0,772 1,087 1,408 0,]72 IIO8 n 0,750 1,012 1,349 0,207 Mittelwerte der Permeabilität (|i.) Änderung der Permeabilität -[" ^ 7o Reaktion der einzelnen Blätter .... 4 0, 2 -\-. Anfang : 0,183 = = 100 Ende: 0,190 = 103,82 17* 260 A. Tröndle, c) Be lichtungs dauer 30 Min. Datum Temp. im Dunkel- zimmer Temp. der Lösung Plasmolyt. Grenzkonz. i f^ Mol NaCl Mol Sacch. Anfang Ende 21. Dez. 11^* vm. 21,5 0,750 0,975 1,300 0,236 1154 11 21,5 0,772 0,975 1,262 0,258 23. Dez. 9*° vm. 20 0,750 1,050 1,400 0,177 10»" n 22,25 20,5 0,727 0,975 1,341 0,212 23. Dez. 10^° vm. 22,5 20 0,816 1,087 1,332 0,217 1^05 n ■ 22,5 20 0,794 1,050 1,319 0,224 23. Dez. 11^3 vm. 23 20 0,750 1,050 1,400 0,177 1203 n 23 20 0,794 1,050 1,319 0,224 4. Jan. 8" vm. 19,5 0,705 0,937 1,329 0,219 9 14 n 19 19 0,683 0,900 .1,317 0,226 4. Jan. 9" vm. 20 19 0,683 0,975 1,427 0,161 10" n 20 19 0,683 0,975 1,427 0,161 Mittelwerte der Permeabilität (fx) Anfang: 0,197 Ende: 100 Änderung der Permeabilität Reaktion der einzelnen Blätter + 10% 5 +, 10. 0,217 110 d) Belichtungsdauer 1 Std. 28 Min. Datum Temp. im Dunkel- zimmer Temp. der Lösung Plasmolyt. Grenzkonz. Mol NaCl Mol Sacch. Anfang Ende 21. Dez. 8*° 1008 21. Dez. 9" 10*3 21. Dez. 12°° 1-« 21. Dez. 2"" 3^8 22. Dez. 9°" 10-8 22. Dez. 9=*" 1058 vm. n 20,5 vm. 19,5 n 20,5 m. 21 nm. 21,5 nm. 21,3 11 21 vm. 20 „ 21,5 vm. 21,5 71 21,5 18 18,5 18,5 19 19 19 19 19,5 19,5 19,5 19,5 0,772 0,772 0,750 0,750 0,727 0,727 0,750 0,750 0,727 0,727 0,750 0,750 1,012 1,012 1,012 1,012 1,012 1,012 1,050 1,050 0,975 0,975 0,975 0,975 Mittelwerte der Permeabilität (}jl) 1,310 1,310 1,349 1,349 1,392 1,392 1,400 1,400 1,341 1,341 1,300 1,300 0,230 0,207 0,182 0,177 0,212 0,236 Anfang: 0,207 Ende: 0,230 0,207 0,182 0,177 0,212 0,236 0,207 Änderung der Permeabilität Eeaktion der einzelnen Blättter o7„ alle 6 0. Der Einfluß des Lichtes auf die Permeabilität der Plasmaliaut. 261 Versuch 30. Entfernung v. d. Lampe: 30 cm. Relative Intensität: a) Belichtungsdauer 12 Min. Datum Temp. im Dunkel- zimmer Temp. der Lösung Plasmolyt. Grenzkonz. i' fA Mol NaCl Mol Sacch. Anfang Ende 18. Jan. 4*^ nm. 19. Jan. 9^' vm. 19. Jan. 10^- vm. IQä* „ 19. Jan. 11°° vm. 20. Jan. 10°* vm. 10'« „ 20. Jan. 10** vm. 10^8 „ 23 21 22 22 22 22 19 19 18 18,5 18,5 18,3 18,5 18,5 0,750 0,727 0,727 0,727 0,750 0,727 0,727 0,727 0,683 0,683 0,683 0,683 1,012 0,975 '1,012 1,012 1,050 1,012 1,012 1,012 0,937 0,937 0,937 0,937 1,349 1,341 1,392 1,392 1,400 1,392 1,392 1,392 1,371 1,371 1,371 1,371 0,207 0,182 0,177 0,182 0,194 0,194 0,212 0,182 0,182 0,182 0,194 0,194 Mittlere Permeabilität (fx) Änderung der Permeabilität . Eeaktion der einzelnen Blätter + i7o 24-, 4 0. Anfang: 0,189 = 100 Ende: 0,191 = 101,05 b) Be liehtungs dauer 15 Min. Dj itum Temp. im Dunkel- zimraer Temp. der Lösung Plasmolyt. Grenzkonz. ^' F- Mol NaCl Mol Sacch. Anfang Ende 15. Jan. 3 15 nm. 0,772 1,012 1,310 0,230 330 )) 21 19 0,772 1,012 1,310 0,230 18. Jan. 10°« vm. 0,705 1,012 1,435 0,156 102* n 22 18,5 0,727 1,012 1,392 0,182 18. Jan. 1053 vm. 22,5 18,5 0,727 1,050 1,444 0,151 llio )) 19 0,727 1,050 1,444 0,151 18. Jan. 11" vm. 22,5 19 0,727 1,012 1,392 0,182 11^2 1) 19 0,727 1,012 1,392 0,182 18. Jan. 2 35 nm. 23 19 0,727 0,937 1,288 0,243 ISO „ 19 0,727 0,937 1,288 0,243 18. Jan. 221 nm. 23 19 0,705 0,937 1,329 0,219 236 11 19 0,750 0,975 1,300 0,236 Mittlere Permeabilität (fx) Änderung der Permeabilität Reaktion der einzelnen Blätter + 47o 4 0, 2+. Anfang: 0,196 Ende: 100 0,204 = 104,08 262 A. Tröndle, c) Belichtungsdauer 1 Std. 7V2 Min. Datum Temp. im Temp. der Plasmolyt. Grenzkonz. i' f^ zimmer Lösung Mol NaCl Mol Sacch. Anfang Ende 4. Jan. 1113 ^jjj_ 19,5 0,727 0,975 1,341 0,212 1 220.5 nm. 20 20 0,683 0,937 1,371 0,194 4. Jan. 1^" nm. 21 20 0,727 0,975 1,341 0,212 244,5 ^ 21 20 0,727 0,975 1,341 0,212 4. Jan. 206 um 21 20 0,750 1,050 1,400 0,177 ol3 21 20,5 0,750 0,975 1,300 0,236 4. Jan. 3" nm. 21 20,5 0,750 1,012 1,349 0,207 448,5 ^ 21 20,5 0,705 0,975 1,382 0,187 4. Jan. 405 nm. 21 20,75 0,772 1,012 1,310 0,230 512 3 n 21,5 20,5 0,794 1,087 1,369 0,195 4. Jan. 8*4 nm. 18 0,794 1,050 1,322 0,223 952 „ 21 18 0,794 1,050 1,322 0,223 Mittelwerte der Permeabilität (fi) Änderung der Permeabilität .... — 1,5 ".'0 Eeaktion der einzelnen Blätter ... 3 — , 1 -|~i Anfang: 0,210=100 Ende: 2 0. 0,207 — 98,57 d) Belic dtungsdauer 3 Std. 18 Min. Datum Temp. im Temp. der Plasmolyt. Grenzkonz. i' P- zimmer Lösung Mol NaCl Mol Sacch. Anfang Ende 5. Jan. 11" vm. 21,75 19 0,772 1,050 1,360 0,200 235 nm. 21,30 18,5 0,772 1,050 1,360 0,200 5. Jan. 11*' vm. 22 19 0,772 1,012 1,310 0,230 305 nm. 21,5 18,75 0,750 1,050 1,400 0,177 5. Jan. 1204 vm. 21,5 19 0,772 1,012 1,310 0,230 332 nm. 21,5 19 0,727 1,012 1,392 0,182 5. Jan. j30 nm. •21 18,5 0,772 1,050 1,360 0,200 448 )i 21,5 19 0,772 1,050 1,360 0,200 5. Jan. jö6 nm. 21 18,3 0,727 1,050 1,444 0,151 5" 11 21,5 18,5 0,750 1,050 1,400 0,177 6. Jan. 1080 vm. 18 0,727 1,050 1,444 0,151 148 nm. 18,5 0,750 1,012 1,349 0,207 Mittelwerte der Permeabilität (fi) Änderung der Permeabilität . . Reaktion der einzelnen Blätter . ität (fj.) Anfang: 0,193 = 100 Ende: 0,190 -1,5% = 98,44 2 — , 2 -f, 2 0. Der Einfluß des Lichtes auf die Permeabilität der Plasmahaut. 263 Versuch 31. Entfernung von der Lampe: 50 cm. Eelative Intensität a) Beleuchtungsdauer 15 Min. 25 D itum Temp. im Dunkel- ziramer Temp. der Lösung Plasmolyt. Grenzkonz. i' f^ Mol NaCl Mol Sacch. Anfang Ende 12. Jan. 9*^ vm. 18 0,705 0,975 1,382 0,187 10«° „ 21 18 0,705 0,975 1,382 0,187 12. Jan. 10^° vm. 21 18 0,727 1,012 1,392 0,182 10*^ „ 0,727 1,012 1,392 0,182 12. Jan. 11'^ vm. 21 18 0,727 1,012 1,392 0,182 11^» „ 18 0,727 1,012 1,392 0,182 13. Jan. 10^=^ vm. 18,5 0,727 1,050 1,444 0,151 10«o „ 21,3 19 0,727 1,050 1,444 0,151 13. Jan. 11°» vm. 21,75 19 0,727 1,012 1,392 0,182 11>^ „ 19 0,727 1,012 1,392 0,182 13. Jan. ll-*^ vm. 21,5 18,5 ■ 0,727 1,050 1,444 0,151 12°« „ 0,727 1,050 1,444 0,151 Mittelwert der Permeabilität (p.) Änderung der Permeabilität Eeaktion der einzelnen Blätter o7o alle G 0. b) Beleuchtungsdauer 20 Min. Datum Temp. im Temp. der Plasmolyt. Grenzkonz. i' M- zimmer Lösung Mol NaCl Mol Sacch. Anfang Ende 13. Jan. 230 jjjjj_ 21,75 18,5 0,750 1,050 1,400 0,177 2^° , 0,750 1,050 1,400 0,177 13. Jan. 3^0 nm. 18,5 0,750 1,012 1,349 0,207 3^« „ 21,75 18,5 0,750 1,012 1,349 0,207 14. Jan. 900 vm. 0,727 1,012 1,392 0,182 92° „ 21 18 0,727 1,012 1,392 0,182 14. Jan. 1^^ nm. 21,5 0,727 1,012 1,392 0,182 1 55 ^ 11 21 18,75 0,727 1,012 1,392 0,182 14. Jan. 2" nm. 21,5 18,3 0,727 1,012 1,392 0,182 937 0,727 1,012 1,392 0,182 14. Jan. 3** nm. 21,5 19 0,750 1,012 1,349 0,207 40^ „ 18,5 0,750 1,012 1,349 0,207 Mittlere Permeabilität (^i) Änderung der Permeabilität Reaktion der einzelnen Blätter o7o alle 6 0. Anfang : Ende: 0,li 0,189 264 A. Tröndle, c) Beleuchtungsdauer 22 Min. Datum Temp. im Temp. der Plasmolyt. Grenzkonz. i' M- 'zimmer Lösung Mol NaCl Mol Sacch. Anfang Ende 11. Jan. 9°° vm. 18 0,750 1,050 1,400 0,177 9" „ 20,5 18,3 0,750 1,050 1,400 0,177 11. Jan. 9^» vm. 20,5 18 0,772 1,050 1,360 0,200 102» ^ 20,5 18 0,750 1,012 1,349 0,207 11. Jan. 10*8 ^jjj 21 18 0,705 0,975 1,382 0,187 11»" „ 21 18 0,705 0,975 1,382 0,187 11. Jan. 11*0 ^^j_ 21 18 0,727 1,012 1,392 0,182 10 02 21 0,750 1,012 1,349 0,207 11. Jan. l3* nm. 21 18,5 0,750 1,012 1,349 0,207 1 58 21 18,5 0,750 1,012 1,349 0,207 11. Jan. 2"* nm. 21 18 0,727 1,050 1,444 0,151 946 ^ n 21 18 0,727 1,050 1,444 0,151 Mittelwerte der Permeabilität (fi) Anfang: 0,183 Ende: 100 Änderung der Permeabilität Keaktion der einzelnen Blätter + 3 7o 2 +, 4 0. 0,189 = 103,22 d) Beleuchtungsdauer 30 Min. D itum Temp. im Dunkel- zimmer Temp. der Lösung Plasmolyt. Grenzkonz. i' U. Mol NaCl Mol Sacch. Anfang Ende 8. Jan. 8^0 vm. 19 0,772 1,050 1,360 0,200 q20 21 19 0,772 1,050 1,360 0,200 8. Jan 9^- vm. 21 19 0,727 1,012 1,392 0,182 10^-' „ 21 19 0,750 1,012 1,349 0,207 8. Jan. 10^2 yiii_ 21 19 0,750 0,975 1,300 0,306 11^2 „ 21 19 0,750 0,975 1,300 0,306 8. Jan. 11^° vm. 21 19 0,772 1,050 1,360 0,200 1220 nm. 21 19 0,772 1,050 1,360 0,200 8. Jan. 1-8 nm. 21,5 19 0,727 1,012 1,392 0,182 1^« „ 21 19 0,727 0,975 1,341 0,212 8. Jan. 22' nm. 21 19 0,727 0,975 1,341 0,212 2" „ 20 20 0,727 0,975 1,341 0,212 Mittlere Permeabilität (fx) Änderung der Permeabilität Reaktion der einzelnen Blätter Anfang: 0,213 = 100 Ende: 0,222 + 4% =104,22 2+, 4 0. Der Einfluß des Lichtes auf die Permeabilität der Plasmahaut. 265 e) B e 1 e u c h t u n g s d a u e r 3 S t d. 7 ^/g Min. D itum Temp. im Dunkel- zimmer Temp. der Lösung Plasmolyt. Grenzkonz. i' f^ Mol NaCl Mol Sacch. Anfang Ende 6. Jan. 11" vm. 18 0,727 0,937 1,288 0,243 2is nm. 20,5 18,3 0,727 0,937 1,288 0,243 6. Jan. 11*" vm. 20,5 18,5 0,750 1,050 1,400 0,177 a^'-änm. 20,5 18,5 0,750 1,012 1,349 0,207 7. Jan. 85" vm. 19 0,772 1,050 1,360 0,200 11^-5 „ 21 0,816 1,087 1,332 0,217 7. Jan. 10-53 ym_ 21,5 19 0,772 1,050 1,360 0,200 200 um. 21 19 0,794 1,012 1,270 0,253 7. Jan. 112' yjjj 21 19 0,750 1,012 1,349 0,207 228 ß„j_ 21 19 0,750 0,975 1,300 0,236 7. Jan. 1-5 nm. 21,3 19 0,750 0,937 1,249 0,266 432 ^ 20 0,750 0,937 1,249 0,266 Mittelwerte der Permeabilität ((a) Änderung der Permeabilität Eeaktion der einzelnen Blätter + io7o 4+, 2 0. Anfang: 0,215 = 100 Ende: 0,237 = 110,25 Versuch 32. Entfernung von der Lampe: 70 cm. a) Belichtungszeit 22 Min. Eelative Intensität — . 49 Da tum Temp. im Dunkel- zimmer Temp. der Lösung Plasmolyt. Grenzkonz. i' l>- Mol NaCl Mol Sacch. Anfang Ende 22. Jan. 135 nm. 21,5 18 0,750 1,012 1,349 0,207 1" « 0,750 1,012 1,349 0,207 22. Jan. 2^1 nm. 21,2 18 0,683 0,937 1,371 0,194 2^3 „ 21,5 0,683 0,937 1,371 0,194 22. Jan. 3'"' nm. 21 18 0,683 0,937 1,371 0,194 q29 0,683 0,937 1,371 0,194 2 2., Tan. 35- nm. 20,5 18 0,705 0,975 1,382 0,187 Ali 0,705 0,975 1,382 0,187 24. Jan. 1032 yjß 20 18 0,727 0,937 1,288 0,243 10« „ 20 0,727 0,937 1,288 0,243 24. Jan. ii"'S 20 17,75 0,727 1,012 1,392 0,182 1139,5 ^^ 20 0,727 1,012 1,392 0,182 Mittlere Permeabilität (ja) Änderung der Permeabilität . . . . 0 "/(, Reaktion der einzelnen Blätter .... alle 6 0. Anfang: 0,201 Ende: 0,201 266 A. Tröndle, b) Belichtungszeit 30 Min. Datum Temp. im IJunkel- zimmer Temp. der Lösung Plasmolyt. Grenzkonz. i f^ Mol NaCl Mol Sacch. Anfang Ende 20. Jan. 11-^ vm. 1,56 ^^ )) 20. Jan. 1-^ „ 21. Jan. 1" m 9 10 21. Jan. 9°' vm. q39 21. Jan. 10°^ „ 10«^ „ 21.Jan. Il03 „ 1133 21,5 21,5 19 20,5 20,5 20,5 20,5 20,5 19 19 19 18 18 18 18 18 18 0,727 0,683 0,683 0,683 0,683 0,683 0,727 0,727 0,750 0,750 0,727 0,727 1,012 0,937 0,937 0,937 0,937 0,937 1,012 1,012 1,012 1,012 1,012 1,012 1,392 1,371 1,371 1,371 1,371 1,371 1,392 1,392 1,349 1,349 1,392 1,392 0,182 0,194 0,194 0,182 0,207 0,182 0,194 0,194 0,194 0,182 0,207 0,182 Mittlere Permeabilität (fj.) Anfang: 0,190 Ende: 100 Änderung der Permeabilität Keaktion der einzelnen Blätter + i7o 5 0, 1 +. 0,192 = 101,08 c) Belichtungsdauer 1 Std. Datum Temp. im Dunkel- zimmer Temp. der Plasmolyt. Grenzkonz. i V- Lösung Mol NaCl Mol Sacch. Anfang Ende 24. Jan. 1*=^ nm. 20,5 18 0,683 0,937 1,371 0,194 21 18 0,727 0,975 1,341 0,212 25. Jan. 9"» vm. 21,5 18 0,727 1,012 1,392 0,182 10°« „ 21,5 18,3 0,727 1,012 1,392 0,182 25. Jan. 9^' . 21 18 0,727 1,012 1,392 0,182 10^' „ 21 18 0,705 0,937 1,329 0,219 25. Jan. 10^* „ 21 18,5 0,727 1,012 1,392 0,182 11'" « 21,3 18,75 0,705 0,975 1,382 0,187 25. Jan. 11" ^'^ 11 21,5 18,5 0,727 1,012 1,392 0,182 12^^ nm. 21,5 18,75 0,727 0,975 1,341 0,212 25. Jan. ,45 ^ VI 21,5 19 0,727 1,012 1,392 0,182 «45 '' 11 21,5 19 0,727 1,012 1,392 0,182 Mittlere Permeabilität (|i-) Änderung der Permeabilität: . . . . -[- 8 % Eeaktion der einzelnen Blätter .... 4 -|-i 2 0, Anfang: 0,184 = 100 Ende: 0,199 = 108,15 Der Einfluß des Lichtes auf die Permeabilität der Plasniahaut. 267 Versuch 33. Entfernung v. d. Lampe: 100 cm. Eelative Litensität: 100 a) Belichtungszeit 50 Min. Datum Temp. im Dunkel- zimmer Terap. der Lösung Plasmolyt. Grenzkonz. i' f^ Mol NaCl Mol Sacch. Anfang Ende 28. Jan. 10** vm. 21 19 0,727 1,012 1,392 0,182 11°* 11 21,5 19,5 0,727 1,012 1,392 0,182 28. Jan. lO^^ „ 21,5 19,5 0,727 1,012 1,392 0,182 1125 „ 21,5 19,5 0,727 1,012 1,392 0,182 28. .Tan. l^» nm. 21,5 19,5 0,727 1,012 1,392 0,182 229 „ 21,5 20 0,705 0,975 1,382 0,187 28. Jan. 2^* 11 21,5 20 0,727 0,937 1,288 0,243 3" „ 21,5 20 0,727 0,937 1,288 0,243 29. Jan. 9°* vm. 18 0,772 1,087 1,408 0,172 9 51 11 21,5 18 0,772 1,087 1,408 0,172 29. Jan. 9"* 11 21,5 18 0,794 1,125 1,416 0,168 1018 11 21,5 18,5 0,794 1,125 1,416 0,168 Mittlere Permeabilität (a) Änderung der Permeabilität Reaktion der einzelnen Blätter + 0,5 «o 1 +, 5 0. Anfang: 0,188 = 100 Ende: 0,189 =^ 100,53 b) Belichtungsdauer CO Min. Da itum Temp. im Dunkel- zimmer Temp. der Lösung Plasmolyt. Grenzkonz. i' P- Mol NaCl Mol Sacch. Anfang Ende 25. Jan. 2"nm. 0,727 1,050 1,444 0,151 qll "* 11 21,5 19 0,727 1,050 1,444 0,151 25. Jan. •* 11 21,5 19 0,750 1,050 1,400 0,177 4.36 * 11 21,5 19 0,727 1,012 1,392 0,182 26. Jan. lO"" vm. 21,5 18,5 0,705 0,975 1,382 0,187 11«» „ 21,5 18,5 0,705 0,975 1,382 0,187 26. Jan. lo--^« „ 21,5 18,5 0,705 0,975 1,382 0,187 11^« „ 20 18 0,705 0,937 1,329 0,219 27. Jan. 10°' , 21 19 0,727 1,012 1,392 0,182 11" 1, 21 19 0,727 1,012 1,392 0,182 27. Jan. 10^2 „ 21 19 0,727 1,012 1,392 0,182 11^2 „ 21 19 0,727 1,012 1,392 0,182 Mittlere Permeabilität (fi) Änderung der Permeabilität Reaktion der einzelnen Blätter 2+, 4 0. Anfang: 0,1 Ende : 77 = 100 0,184 = 103,95 268 A. Tröndle, Versuch 34. Objekt: Buxus. Entfernung v. d. Lampe: 10 cm. a) Narkose mit Äther. Plasmolyt. Grenzkonz. i [>■ Mol NaCl Mol Sacch. Anfang Ende 22. Feb. 1037 ^^^ 0,772 1,050 1,360 0,200 1059 ^ 0,772 1,050 1.360 0,200 22. Feb. l3"-5nm. 0,772 1,087 1,408 0,172 1 59.5 -*■ 11 0,772 1,087 1,408 0,172 22. Feb. 2-5 nm. 0,772 1,050 1,360 0,200 ^" 11 0,772 1,050 1,360 0,200 24. Feb. 900-5 vm. 0,772 1,012 1,310 0,230 9---' „ 0,772 1,012 1,310 0,230 24. Feb. 95ß vm. 0,772 1,012 1,310 0,230 10^8 „ 0,772 1,012 1,310 0,230 24. Feb. 10*2 y^ 0,727 1,012 1,392 0,182 110« ^ 0,727 1,012 1,392 0,182 Mittelwerte der Permeabilität ([x) Änderung der Permeabilität 0 % Reaktion der einzelnen Blätter .... alle 6 0. Anfang: 0,202 Ende: 0,202 b) Nach Erholung von der Äthernarkose. Die in a verwendeten Zweige wurden über Nacht in Luft (verdunkelt) stehen gelassen nnd am folgenden Tag zur Untersuchung verwendet. Versuchsanordnung wie in a. Plasmolyt. Grenzkonz. i' M- Mol NaCl Mol Sacch. Anfang Ende 23. Feb. 102* ^^ 0,683 1,012 1,481 0,129 10« „ 0,683 0,975 1,427 0,161 23. Feb. llio vm. 0,772 1,050 1,360 0,200 1132 ^ 0,727 0,937 1,288 0,243 23. Feb. 1158 Ym. 0,750 1,050 1,400 0,177 12=0 nm 0,705 0,937 1,329 0,219 25. Feb. 856 ^jjj_ 0,727 1,012 1,392 0,182 9IS „ 0,727 1,012 1,392 0,182 25. Feb. 9*2.5 vm. 0,683 1,012 1,482 0,129 100^-5 „ 0,727 1,050 1,444 0,151 25. Feb. 10^0.5 vm. 0,727 1,012 1,392 0,182 1052-5 „ 0,750 1,012 1,349 0,207 Mittelwerte der Per meabilität (jj.) Anfang 0,166 =100 Änderung der Permeabilität (jj.) . . . 177o Ende: 0 ,194 = 116,86 Reaktion der einzelnen Blätter . . 5- f, 1 0. Der Einfluß des Lichtes auf die Permeabilität der Plasmahaut. 269 Objekt: Buxus. Versuch 35. Entfernung v. d. Lampe: 10 cm. Narkose mit Chloroform. Mittelwerte der Permeabilität (|i.) Anfang: 0,183 Ende: Änderung der Permeabilität Reaktion der einzelnen Blätter 0 7o alle 6 0. Tia tum Plasmolyt. Grenzkonz. i' l>- Mol NaCl Mol Sacch. Anfang Ende 21. Feb. 1130 yj^_ 0,727 1,012 1,392 0,182 1152 ^^ 0,727 1,012 1,392 0,182 21. Feb. 1*^ nm. 0,727 1,012 1,392 0,182 9 06 ^ 11 0,727 1,012 1,392 0,182 21. Feb. 2"'5nm. 0,750 1,012 1,349 0,207 953,5 ^ 11 0,750 1,012 1,349 0,207 21. Feb. 3I8 um. 0,727 1,012 1,392 0,182 3« „ 0,727 1,012 1,392 0,182 22. Feb. 8^^ vm. 0,750 1,050 1,400 0,177 910 „ 0,750 1,050 1,400 0,177 22. Feb. 938 vm. 0,794 1,125 1,416 0,168 IQOo „ 0,794 1,125 1,416 0,168 0,183 Objekt: Buxus. Versuch 36. Entfernung v. d. Lampe: 10 cm. Narkose mit Amylalkohol. Datum Plasmolyt. Grenzkonz. i' 1^ Mol NaCl Mol Sacch. Anfang Ende 24. Feb. 1 129.5 vm. 0,727 1,012 1,392 0,182 1151.5 „ 0,683 0,937 1,372 0,193 24. Feb. l5i nm. 0,705 0,975 1,382 0,187 2^3 „ 0,683 0,937 1,372 0,193 24. Feb. 236.5 nm. 0,705 0,975 1,382 0,187 258,5 ,, 0,727 0,975 1,341 0,212 24. Feb. 3*'''5nm. 0,772 1,012 1,310 0,230 408,5 ^ 0,772 0,975 1,262 0,258 Mittelwerte der Permeabilität (p.) Anfang: 0,196 Ende: Änderung der Permeabilität . . . . -f~ ^ "/o Reaktion der einzelnen Blätter . . . alle 4 -{-. 100 0,214 = 109,18 270 A. Tröndle, Versuch 37. Entfernung von der Lampe : 10 cm. a) 15. März 09. Zweig abgeschnitten 9°° vorm. Trübe, Schnee, Beginn der Belichtung 9°^ vorm. 1" C. Datum Temp. im Dunkel- zimmer Temp. der Lösung Nr. des Blattes Plasm. Grenzkonz. i' ?■ Tages mittel Mol NaCl Mol Saoch. von }x 15. März 9^^ vm. 12°" 23° lim. 16. März 8*5 vm. 10^5 ^ 1" um. 22,5 23,5 22,6 22,5 23 17 18 18,5 17,5 18 18 1 2 3 1 2 3 0,970 0,948 0,904 0,904 0,860 0,772 1,125 1,125 1,050 1,087 1,012 1,012 1,15 1,18 1,16 1,20 1,18 1,31 0,323 0,306 0,318 0,294 0,306 0,230 0,315 = 100 0,276 = 87,61 Eeaktion der einzelnen Blätter 2 — , 1 0. b) 30. März 09. Zweig abgeschnitten 9^" vorm. Trübe, 10° C. Beginn der Beleuchtung 9^= vorm. Datum 30. März 9^5 y„j_ 11'° 23° nm. 31. März 93° vm. ll^o „ 2^0 nm. Temp. im Dunkel- zimmer Temp. der Lösung 25 25,5 25 26 26,5 18,25 18,25 18 17,5 18 19 Nr. des Blattes Plasm. Grenzkonz. Mol NaCl 0,772 0,816 0,772 0,816 0,816 0,750 Mol Sacch. 1,012 1,087 1,012 0,975 1,050 0,900 i V- ■ 1,31 0,230 1,33 0,218 1,31 0,230 1,19 0,300 1,28 0,247 1,20 0,294 Tages mittel von fi. 0,226 100 0,280 = 123,89 Eeaktion der einzelnen Blätter: alle 3 -|-. c) 26. April 09. Zweig abgeschnitten 26. April, 8*° vorm. Regen, 12° C. Beginn der Beleuchtung 8^* vorm. Datum Temp. im Dunkel- zimmer Temp. der Lösung Nr. des Blattes Plasm. Grenzkonz. i' H- Tages mittel Mol NaCl Mol Sacch. von [x 26. April 8*5 vm. 9*5 „ 10"» „ 21 21,75 18 18 18 1 2 3 0,727 0,772 0,816 0,937 1,012 1,012 1,28 1,31 1,24 0,247 0,230 0,271 0,249 = 100 27. April 8^5 vm. q30 10*° „ 22,5 22,5 17,5 18 18 1 2 3 0,727 0,705 0,727 0,862 0,862 0,937 1,18 1,22 1,28 0,306 0,283 0,247 0,278 = 111,64 Eeakti 3n der e inzelnen Blätter 2+, 1 — . Der Einfluß des Lichtes auf die Permeabilität der Plasmahaut. 271 d) 5. Mai 09. Zweig abgeschnitten 8^° vorm. Trübe, 9 " C. Beginn der Beleuchtung 8^^ vorm. Temp. im Dunkel- zimmer Temp. der Lösung Nr. des Blattes Plasm. Grenzkonz. i l>- Tagesmittel Mol NaCl Mol Sacch. von fj. 5. Mai 8^^ vm. q50 ■' 11 17 17 1 2 0,772 0,816 1,012 1,087 1,31 1,33 0,230 0,218 0,208 = 100 10" „ 21 17 3 0,772 1,087 1,40 0,177 6. Mai 8^^ vm. 10«" „ 21,5 21 17,5 18 1 2 0,683 0,727 1,012 0,937 1,49 1,28 0,124 0,247 0,178 = 85,57 11°° ,1 18 3 0,683 0,975 1,42 0,165 Eeaktic m der e inzelnen Blätter 2—, 1 +• Versuch 38. Entfernung von der Lampe: 20 cm. a) 30. April 09. Zweig abgeschnitten 8*° vorm., trübe, regnerisch, 9 ° C. Beginn der Beleuchtung 8*^ vorm. Temp. im Dunkel- zimmer Temp. der Lösung Nr. des Blattes Plasm. Grenzkonz. i H- Tagesmittel Mol NaCl Mol Sacch. von |J. 30. April 8*^vm. 935 „ 18,75 16 15,5 1 2 0,727 0,772 0,937 1,050 1,28 1,36 0,247 0,200 0,208 = 100 10^° „ 18,75 15,75 3 0,772 1,087 1,40 0,177 3 I.April 9^^vm. 10*° „ 18,75 18,75 15 15 1 2 0,772 0,727 0,937 1,012 1,21 1,39 0,289 0,183 0,200 — 96,14 10-^ „ 18,75 15 3 0,683 1,012 1,48 0,130 Eeaktion der einzelnen Blätter 2 !+• b) 10. Mai 09. Zweig abgeschnitten 9«" vorm., Sonne, 13" C. Beginn der Beleuchtung 9«^ vorm. Temp. im Dunkel- zimmer Temp. Nr. Plasm. Grenzkonz. Tages mittel der Lösung des Blattes ■i IJ- Mol NaCl Mol Sacch. von i>. 10. Mai 90=^ vm. 10°^ 11 18,5 15,5 15,5 1 2 0,727 0,794 0,975 1,012 1,34 1,27 0,212 0,253 0,227 = 100 10^^ „ 18,5 16 3 0,816 1,087 1,33 0,218 11. Mai 8*° vm. 10°^ „ 10^5 „ 19,5 19 16 16,5 1 2 3 0,639 0,683 0,683 0,937 0,975 1,012 1,46 1,42 1,48 0,142 0,165 0,130 0,145 = 63,87 Eeakti Dn der € inzelnen Blätter : alle 3 -. 272 A. Tröndle, Versuch 89. Entfernung von der Lampe: 35 cm. a) 15. März 09. Zweig abgeschnitten 10°" vorm., Sclinee, trübe, 3°C. Beginn der Beleuchtung 10°° vorm. Temp. im Dunkel- zimmer Temp. der Lösung Nr. des Blattes Plasm. Grenzkonz. i' P- Tagesmittel Mol NaCl Mol Sacch. von fi. 15. März 10°» vm. l^Onm. q20 le.MärzlO^^vm. 11^» „ 2*"nm. 20 20 20 20 20 17,3 18 18,5 18 18 18 1 2 3 1 2 3 0,948 0,904 0,904 0,904 0,838 0,794 1,162 1,162 1,087 1,162 1,050 1,012 1,22 1,28 1,20 1,28 1,25 1,27 0,283 0,247 0,294 0,247 0,265 0,253 0,274 = 100 0,255 = 93,06 Eeaktion der einzelnen Blätter 2 — , 1 -|-. b) 25. 3Iärz 09. Zweig abgeschnitten 9*° vorm. Trübe, Regen, 8° C. Beginn der Beleuchtung 9*" vorm. Temp. im Dunkel- zimmer Temp. der Lösung Nr. des Blattes Plasm. Grenzkonz. i' 1^ Tagesmittel Mol NaCl Mol Sacch. von |J. 25. März 9*° vm. 11^° „ 2='o nm. 20,5 21 17,75 18 18 1 2 ;i 0,772 0,727 0,683 1,012 0,937 0,937 1,31 1,28 1,37 0,230 0,247 0,194 0,223 = 100 26. März 9** vm. 10«° „ 20,75 20,75 17 17 1 2 0,083 0,683 0,900 0,862 1,31 1,26 0,230 0,259 0,239 = 107,17 2«* nm. 20,75 17 3 0,683 0,900 1,31 0,230 Eeaktion der einzelnen Blätter 2 -[-, 1 0. c. 30. März 09. Zweig abgeschnitten 8*° vm. Trübe, 9,5° C. Beginn der Beleuchtung 8** vorm. Temp. Temp. Nr. Plasm. Grenzkonz. Tagesmittel Dunkel- zimmer der Lösung des Blattes i fJ- Mol NaCl Mol Sacch. von fi 30. März 8" vm. 1*° nm. 21 21 18,25 18,25 18 1 2 3 0,772 0,772 0,750 1,012 1,012 1,012 1,31 1,31 1,34 0,230 0,230 0,212 0,224 = 100 3 I.März 8«° vm. 10^^ „ 1*0 nm. 20,75 21 21,5 17 18 19 1 2 3 0,727 0,727 0,727 0,937 0,937 0,937 1,28 1,28 1,28 0,247 0,247 0,247 0,247 = 110,26 Eeakti on der e nnzelnen Blattei : alle 3 - -. Der Einfluß des Lichtes auf die Permeabilität der Plasmahaut. 273 d) 28. April 09. Zweig abgeschnitten 8'° vorm. Eegen, 9° C. Beginn der Beleuchtung 8'' vorm. Temp. im Dunkel- zimmer Temp. der Lösung Nr. des Blattes Plasm. Grenzkonz. i' V- Tagesmittel Mol NaCl Mol Sacch. von |x 28. April S^^vm. 10«° „ 17,5 Ifi IG, 75 1 2 0,683 0,G83 0,862 0,862 1,26 1,26 0,259 0,259 0,243 = 100 l^^nm. 19 18,25 3 0,639 0,862 1,34 0,212 29. April 8^°vm. 10-' „ 17,5 17,5 IG 17 1 2 0,639 0,683 0,862 0,975 1,34 1,42 0,212 0,1G5 0,218 = 89,70 2-"nm. 18 18,25 3 0,639 0,787 1,23 0,277 Eeaktion der einzelnen Blätter 2 — , 1 -)-. e) 22. Juli 09. Zweig abgeschnitten 8'° vorm. Sonne, 20° C. Beginn der Beleuchtung 8^^ vm. Datum Temp. im Dunkel- zimmer Temp. der Lösung Nr. des Blattes Plasm. Grenzkonz. i P- Tagesmittel Mol NaCl Mol Saocli. von fj. 22. Juli 8^' vm. 10^'« „ 21 19 19 1 2 0,705 0,727 0,900 1,012 1,27 1,39 0,253 0,183 0,231 = 100 2°" nm. 22,25 20 3 0,862 0,862 1,26 0,259 23. Juli 8^^ vm. 11«' „ 22 22,5 20 20 20 1 2 3 0,705 0,683 0,705 1,050 0,937 0,825 1,48 1,37 1,17 0,130 0,194 0,312 0,212 = 91,77 Eeaktion der einzelnen Blätter 1 2-i-. Versuch 40. Entfernung von der Lampe: 40 cm. Zweig abgeschnitten 25. März, 8" vorm., trübe, 7° C. Beginn der Beleuchtung 8'*° vorm. Temp. im Dunkel- zimmer Temp. der Lösung Nr. des Blattes Plasm. Grenzkonz. i' P- Tagesmittel Mol NaCl Mol Sacch. von fx 25. März 8*" vm. 10'" „ 20 17,5 18 1 2 0,794 0,727 1,050 0,937 1,32 1,28 0,224 0,247 0,218 = 100 l-'Onm. 20,5 18 3 0,727 1,012 1,39 0,183 2G.März 8^^ vm. 10°' „ l*%m. 20,5 20,5 17,5 17 17 1 2 3 0,683 0,683 0,661 0,937 0,937 0,900 1,37 1,37 1,36 0,194 0,194 0,200 0,196 = 89,90 Eeaktion der einzelnen Blätter 2 — . 1 -|-. Jahrb. t. wiss. Botanik. XLVIII. 18 274 A. Tröndle, Versuch 41. Entfernung von der Lampe: 50 cm. a) 17. März 09. Zweig abgeschnitten 8*° vm., trübe, 0 " C. Beginn der Beleuchtung 8*^ vm. Temp. im Dunkel- zimmer Temp. der Lösung Nr. des Blattes Plasm. Grenzkonz. i' IJ- Tagesmittel Mol NaCl Mol Saceh. von fJL 17. März 8*5 vm. 10" .„ 1*^ nm. 18. März 8-^ vm. 10'' „ l^^nm. 19 19,5 19,5 19, G 20 17,5 18 18 17,6 17,5 18,3 1 2 3 1 2 3 0,992 1,014 0,948 0,948 0,904 0,904 I,'l25 1,200 1,162 1,087 1,050 1,050 1,13 1,18 1,22 1,14 1,16 1,16 0,336 0,306 0,283 0,330 0,318 0,318 0,308 = 100 0,322 = 104,53 Reaktion der einzelnen Blätter: 2 -|-, 1 — . b) 23. März 09. Zweig abgeschnitten 8^° vm., trübe, 5,5 " C. Beginn der Beleuchtung 8^^ Temp. im Dunkel zimmer Temp. der Lösung Nr. des Blattes Plasm. Grenzkonz. i' P- Tagesmittel Mol NaCl Mol Sacch. von fA 23. März 9^^ vm. 1^"' nm. o25 ^ n 24. März 9^^ vm. 11"° „ 2^" nm. 21 21 21,25 21,25 21,25 17,5 18 18 17,5 17,5 18 1 2 3 1 2 3 0,860 0,860 0,816 0,727 0,727 0,727 1,087 1,125 1,012 1,012 0,937 0,975 1,26 1,32 1,24 1,39 1,28 1,34 0,259 0,224 0,271 0,183 0,247 0,212 0,251 = 100 0,214 = 85,25 Reaktion der einzelnen Blätter: 2 — , 1 -]-. c) 1. April 09. Zweig abgeschnitten 8*° vm., Regen, 10 ° C. Beginn der Beleuchtung 8*^ Temp. im Dunkel- Zimmer Temp. der Lösung Nr. des Blattes Plasm. G renzkonz. i' M- Tagesmittel Mol NaCl Mol Sacch. von }x I.April 8*° vm. 10^5 „ 20,5 18 18,5 1 2 0,794 0,838 1,050 1,200 1,32 1,43 0,224 0,159 0,186 = 100 2"=^ nm. 20,75 18,5 3 0,772 1,087 1,40 0,177 2. April 8-" vm. «55 •' n 1^0 nm. 20 20 20 16 18,25 1 2 3 0,727 0,727 0,727 1,050 1,087 1,087 1,44 1,49 1,49 0,153 0,124 0,124 0,133 = 71,50 Reakti Dn der e inzelnen Blätter : alle 3 - -. Der Einfluß des Lichtes auf die Permeabilität der Plasuiahaut. 275 d) 28. April 09. Zweig abgeschnitten 9^" vni., regnerisch, trübe, 10 ° C. Beginn der Beleuchtung 9'" vm. Temp. im Dunkel- zimmer Temp. der Lösung Nr. des Blattes Plasm. Grenzkonz. i P- Tagesmittel Mol NaCl Mol Sacch. von p. 28. April 9^" vm. 16,5 1 0,661 0,862 1,30 0,236 0,235 — 10" „ 17 17 2 0,683 0,802 1,20 0,259 100 2^^ nm. 18,25 3 0,639 0,802 1,34 0,212 29. April 9^^ vm. 11«^ „ 17 17,5 16,5 17,5 1 2 0,617 0,573 0,802 0,825 1,39 1,43 (»,183 0,159 0,188 = 80 0 3*° nm. 17,5 18,20 3 0,595 0,787 1,32 0,224 Reaktion der einzelnen Blätter: alle 3 e) 12. Mai 09. Zweig abgeschnitten 8*° vm., Sonne, 12 " C. Beginn der Beleuchtung 8'*'' vm. Datum Temp. im Dunkel- zimmer Temp. der Lösung Nr. des Blattes Plasm. Grenzkonz. i' P- Tagesmittel Mol NaCl Mol Sacch. von [Jt. 12. Mai 8*^ vm. 9^^ „ 18 16 1 2 0,794 0,772 1,050 1,012 1,32 1,31 0,224 0,230 0,202 = 100 11" „ 18 17 3 0,750 1,087 1,44 (1,153 13. Mai 8-° vm. 9 2» „ 18,5 18,5 17,5 17 1 2 0,727 0,083 1,050 0,937 1,44 1,37 0,153 0,194 0,168 = 83;10 10" „ 18,5 17 3 0,705 1,012 1,43 0,159 Reaktion der einzelnen Blätter: 2 — , 1 -|-. f) 22. Juli 09. Zweig abgeschnitten 9*** vm , Sonne, 23 " C. Beginn der Beleuchtung 9*" vm. Temp. im Dunkel zimmer Temp. der Lösung Nr. des Blattes Plasm. Grenzkonz. i' P- Tagesmittel Mol NaCl Mol Sacch. von }i 22. Juli 9*° vm. 11»« „ 940 " n 23. Juli 9°° vm. 10-^ „ 11" „ 21 21 21,5 21,5 19,25 19,5 20 20 20 20 1 2 3 1 2 3 0,661 0,727 0,639 0,661 0,639 0,639 0,802 0,975 0,802 0,975 0,900 0,862 1,30 1,34 1,34 1,47 1,40 1,34 0,236 0,212 0,212 0,136 0,177 0,212 0,220 = 100 0,175 = 78,78 Reaktion der einzelnen Blätter: 2 — , 10. 18* 276 A. Tröndle, Versuch 42. Entfernung von der Lampe: 90 cm. Zweig abgeschnitten 1. April, 9^° vorm. Eegen, 9,5° C. Beginn der Beleuchtung 9'° vorm. Datum Temp. im Dunkel- zimmer Temp. der Lösung Nr. des Blattes Plasm. Grenzkonz. i' (J- Tagesmittel Mol NaCl Mol Sacch. von [J. I.April 9*° vm. 11^5 „ 2=5 nm. 2. April 9°^ vm. 10« „ 2*^ nm. 20 20,5 19 19,5 19 18,25 18 18,25 16,75 17 18,25 1 2 3 1 2 3 0,772 0,772 0,772 0,683 0,727 0,683 1,012 1,125 1,087 1,012 1,125 1,012 1,31 1,45 1,40 1,48 1,54 1,48 0,230 0,147 0,177 0,130 0,094 0,130 0,184 = 100 0,118 = 64,13 Reaktion der einzelnen Blätter: alle 3 — . Versuch 43. Entfernung von der Lampe: 00 = völlige Verdunkelung. a) 19. März 09. Zweig abgeschnitten 8^° vorm. Trübe, 5° C. Beginn der Beleuchtung 8^° vorm. Datum Temp. im Dunkel- zimmer Temp. der Lösung Nr. des Blattes Plasm. Grenzkonz. i' H- Tagesmittel Mol NaCl Mol Sficch. von }A 19. März 10°^ vm. 11°° „ 1*0 nm. 20. März 85"vm. 10^° „ 2°^nm. 18,5 18,5 18,25 18,5 18,5 17 . 17,5 17,3 18 19 1 2 3 1 2 3 0,948 0,992 0,948 0,816 0,816 0,838 1,162 1,162 1,200 1,087 1,050 1,125 1,22 1,17 1,26 1,33 1,28 1,34 0,283 0,312 0,259 0,218 0,247 0,212 0,284 = 100 0,225 = 79,22 Reaktion der einzelnen Blätter: alle 3 — . b) 8. Mai 09. Zweig abgeschnitten 9'° vorm. Sonne, 7^0. Beginn der Verdunkelung 9" vorm. Datum Temp. im Dunkel- zimmer Temp. der Lösung Nr. des Blattes Plasm. Grenzkonz. i' P- Tagesmittel Mol NaCl Mol Sacch. von |J. 8. Mai 9 '5 vm. 10'° „ 11°° „ 4, Mai 8-° vm. 9'5 „ 10«^ „ 16 16 16 16 16 14 14 15 16 16,5 16,5 1 2 3 1 2 3 0,860 0,860 0,838 0,705 0,639 0,595 1,012 1,012 1,012 0,975 0,900 0,900 1,17 1,17 1,20 1,38 1,40 1,51 0,312 0,312 0,294 0,189 0,17 7 0,112 0,306 = 100 0,159 = 51,96 Reaktion der einzelnen Blätter: alle 3 Der Einfluß des Lichtes auf die Permeabilität der Plasmahaut. 277 c) 18. Mai 09. Zweig abgeschnitten 8*° vorm., etwas Sonne, 14" C. Beginn der Verdunkelung 8" vorm. Datum Temp. im Temp. ,1 Pi- Nr. des Blattes Plasm. Grenzkonz. i' •M- Tagesmittel Dunkel- zimmer Lösung Mol NaCl Mol Sacch. von fx 18. Mai 8*5 vm. 9" „ 10^° „ 19. Mai S^" vm. 9^° „ lO^« „ 16,5 16 15 15 15 lo 16 16 16 16 16 1 2 3 1 2 3 0,727 0,772 0,772 0,661 0,661 0,683 0,937 1,050 1,012 0,937 0,937 1,012 1,28 1,30 1,31 1,41 1,41 1,48 0,247 0,200 0,230 0,171 0,171 0,130 0,225 = 100 0,157 = 69,77 Reaktion der einzelnen Blätter: alle 3 — . d) 6. Juli 09. Zweig abgeschnitten 8'" vorm., trübe, 17° C. Beginn der Verdunkelung 8'^ vorm. Temp. im Dunkel- zimmer Temp. der Lösung Nr. des Blattes Plasm. Grenzkonz. i F' Tagesmittel Mol NaCl Mol Sacch. von fx 6. Juli 8^* vm. oSO ^ 1) 17 18 18 1 2 0,926 0,904 1,125 1,162 1,17 1,28 0,312 0,247 0,284 = 100 10^5 „ 17,75 18,25 3 0,838 1,012 1,20 0,294 7. Juli 8^5 Yjj3_ 9-^5 „ 10^^ „ 16,5 16,75 16,75 17,5 17,5 17,75 1 2 3 0,816 0,750 0,683 1,162 1,050 1,050 1,42 1,40 1,53 0,165 0,177 0,100 0,147 = 51,76 Eeaktion der einzelnen Blätter: alle 3 — . Monatsmittel der Permeabilität. Buxus sempervirens rotundifoUa. Datum f^ Datum !^ Datum \^ Mittel 3. November 0,24 20. November 0,22 25. November 0,20 4- 0,24 0,18 0,20 5. 0,21 0,21 21. 0,19 0,22 26. 0,17 0,20 10. 0,17 0,19 0,15 11. 0,30 23. 0,18 27. 0,22 16. 0,32 0,34) 0,21 0,18 28. o,u 0,16 Mittel; |x 0,21 18. „ 0,30 0,29 24. „ 0,18 0,15 0,24 0,21 19. 0,26 0,25 0,15 0,17 30. 0,16 0,21 20. 0,22 0,20 25. 0,15 0,14 0,18 0,16 1) Maximum und Minimum fett. 278 A. Tröndle, Datum M- Datum IJ- Datum M- Mittel 1. Dezember 0,13 4. Dezember 0,20 8. Dezember 0,18 0,19 0,18 9. 0,16 0,20 0,18 0,21 0,16 0,18 U,19 2. 0,20 5. 0,19 0,19 0,16 0,17 0,16 0,18 14. 15. 0,19 0,16 ■ Mittel: fi 0,17 0,16 7- 0,16 18. 0,11 3. 0,18 0,16 0,09 0,16 0,18 19. 0,11 0,19 8. 0,16 0,20 0,10 6. Januar 0,25 18. Januar 0,10 26. Januar 0,20 Mittel: p. 0,20 1. Februar 0,27 18. Februar 0,16 25. Februar 0,31 8. „ 16. „ 0,22 0,20 0,20 22. „ 0,19 0,22 0,24 0,29 Mittel: }i 0,23 15. März 0,32 19. März 0,28 25. März 0,22 17. „ 0,28 0,34 0,29 23. „ 0,22 0,28 0,26 30. „ 0,23 0,23 0,23 Mittel: fi 0,26 1. April 0,22 23. April 0,25 28. April 0,26 \ Mittel: fi 0,25 0,23 26. „ 0,30 0,24 23. „ 0,28 0,25 30. „ 0,25 3. Mai 0,31 12. Mai 0,22 18. Mai 0,25 5. „ 7. „ 0,23 0,24 14. „ 0,32 0,24 21. „ "2 0,32 0,26 Mittel: fx 0,26 10. „ 0,21 15. „ 0,25 0,25 1. Juli 0,33 8. Juli 0,28 20. Juli 0,18 2. „ 0,31 10. „ 0,29 0,19 3. , 5. „ 0,31 0,29 15. „ 0,33 0,33 21. „ 0,25 0,24 Mittel: fi 0,28 6. „ 0,31 16. „ 0,30 0,31 8. „ 0,21 19. „ 0,27 > 20. Oktober 0,22 23. Oktober 0,27 27. Oktober 0,26 0,25 25. „ 0,25 28. „ 0,18 22. „ 0,18 0,23 0,25 Mittel: jji 0,22 0,23 26. „ 0,21 29. „ 0,13 0,25 27. „ 0,26 0,21 Der Einfluß des Lichtes auf die Permeabilität der Plasniahaut. 279 Zusammenfassung der Resultate. 1. Die AnderuDg der Permeabilität unter dem Einfluß des Lichtes ist eine typische Reizreaktion. Im narkotisierten Zustand tritt keine Permeabilitätsänderung ein. 2. Nach längerer (24 -stündiger) Belichtung ist in den hohen Intensitäten Permeabilitätsabnahme, in den mittleren Zunahme und in den tieferen wieder Abnahme eingetreten. Nach Verdunkelung nimmt die Permeabilität ebenfalls ab. 3*. Auch in den hohen Intensitäten erhält man Permeabilitäts- zunahme, wenn man die Belichtungszeit entsprechend kurz wählt. 4. Auf jede Reaktion erfolgt eine Gegenreaktion. Bei dauern- der Belichtung resp. Verdunkelung tritt aber nicht bloß eine Schwingung (Reaktion -|- Gegenreaktion) auf, sondern mehrere schwächer werdende Schwingungen. 5. Die Beziehungen zwischen Lichtintensität und Reaktionszeit werden durch die Formel i (t — k) =^ i' (t' — Je) zum Ausdruck gebracht, d. h. die Induktion ist proportional der Intensität und der Reaktionszeit minus der konstanten k. Die gleiche Formel gilt für die geotropische Reaktion und für die heliotropische Reaktion der am Orte vorbelichteten Keimlinge. Sie läßt sich theoretisch auffassen als die erweiterte Form des geo- und helio- tropischen Präsentationszeitgesetzes it = i't'. 6. Das Licht wirkt bei der Permeabilitätsänderung in doppelter Art, reizend und stimmungsändernd. Je höher die Lichtstimmung, desto geringer ist die Licht- und desto höher die Dunkelempfindlichkeit. Bei tiefer Lichtstimmung liegen die Verhältnisse gerade umgekehrt. 7. Unter den natürlichen Vegetationsbedingungen folgt die Permeabilität den Beleuchtungsverhältnissen. An sonnigen Tagen ist sie höher als an trüben, am Tage höher als nachts. 8. Die Monatsmittel der Permeabilität {Buxus) nehmen vom Dezember bis zum Juli zu und von da an wieder ab. 9. Die biologische Bedeutung der Permeabilitätsänderung ist darin zu sehen, daß dadurch die Ableitung der Assimilate er- leichtert wird. Basel, Botanisches Institut, April 1910. 280 A. Tröndle, Literatur -Verzeichnis. Bach, H., Über die Abhängigkeit der geotropischen Präsentations- und Reaktionszeit von verschiedenen Außenbedingungen. Jahrb. f. wiss. Bot., Bd. XLIV, 1907, S. 57. Blaauw, A. H., Die Perzeption des Lichtes. Recueil des travaux botaniques neerlandais, Vol. 5, 1909, S. 209. Bonnier u. Mangin, Recherches sur la respiration et la transpiration des Champignons. Ann. d. sc. natur., 6 ser., Vol. 17. Brand, F., Über das osmotische Verhalten der Cyanophyceenzelle. Ber. d. Deutsch. Bot. 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Gleichzeitig mit der fleißigen Arbeit an der Entschleierung der Geheimnisse in der morphologischen Struktur des Zellkerns, mit allen ihren Zahleneigentümlichkeiten, hat sich das Interesse der Zyto- logen mehrfach auch dem anscheinend einfacheren, strukturarmen Protoplasma zugewendet. Wie jedermann weiß, hat man sich jedoch in der beschreiben- den Zellkernlehre nicht einfach mit dem Aufzählen und Zeichnen von Tatsachen begnügt. Es sind vielmehr auf dem Boden des wirklich Beobachteten häufig kühne Gebäude theoretischer An- nahmen und Anschauungen aufgebaut worden, die meistens auf sehr kleiner reeller Basis ruhen. Dies kann nun einmal auf der dem Menschen innewohnenden Neigung zum Phantasieren beruhen, zweitens auf der Schwierigkeit eines wissenschafthchen Beobachtens in der Zytologie und drittens auf einer fehlerhaften Würdigung der Tatsachen. Die Schwierigkeiten des Beobachtens liegen zum großen Teil darin, daß wir die Zellstrukturen selten lebend wahrnehmen können. Wir sind in den allermeisten Fällen gezwungen, uns mit totem und gefärbtem Material und der dadurch bedingten Unsicherheit in der einzelnen Beobachtung zu begnügen. Was aber betont werden muß, und dies taten die älteren Zytologen viel nachdrück- licher als die heutigen, ist, daß eine einzelstehende Beobachtung recht wenig bedeutet, besonders wenn sie nicht an lebendem Jahrb. f. wiss. Botanik. XLVUI. 19 286 Henrik Lundegärd, Material gemacM ist. Um ein wissenschaftlich verwertbares Beob- achtungsmaterial zu bekommen, muß vergleichend verfahren werden, d. h. die „Fixierungsbilder" der verschiedensten Konservierungs- mittel müssen miteinander und mit dem wenigen, was im Leben zu entdecken ist, verglichen werden. Dies ist gar keine leichte Sache, wie jedermann weiß, der sich eingehender mit Zellstrukturen beschäftigt hat; und daher auch die zahlreichen unwichtigen und unsicheren Angaben in der Literatur. Etwas was schon bei dem richtigen Beobachten und noch mehr bei der Verwertung der Ergebnisse eine sehr wichtige Rolle spielt, ist die rechte Würdigung der Tatsachen. Ich will in einigen Worten darzulegen versuchen, was ich damit meine. Eine einfache Überlegung lehrt uns schon, daß am Organismus die Teile dem Ganzen nicht ähneln. Die Zeit ist lange dahin, in welcher man glaubte, die Zelle (Embryonalzelle) sei ein Miniatur- bild des ausgebildeten Organismus. Ebensowenig Recht hat man, anzunehmen, daß die einzelne Zelle aus gleichwertigen, zellen- ähnlichen „Einheiten" aufgebaut ist. Physiologische und chemische Befunde sprechen für die Annahme, daß die morphologisch dif- ferenten Teile der Zelle auch chemisch verschieden sind. Es ist hier nicht der Ort, auf eine Kritik der vielen, mehr oder weniger morphologisch ausgedachten „Vererbungstheorien" einzugehen, die annehmen, daß die Zelle aus morphologisch charakterisierten, aber unsichtbaren, teiluiigsfähigen Einheiten aufgebaut ist (vergl. unten, S. 327). Ich will in diesem Zusammenhang nur ein paar Zeilen von Brücke (1861, S. 387) zitieren: „Wir erwarten natürlich nicht, daß sich (in der Struktur des Protoplasmas) die Organe und Systeme wiederholen werden ; wir wissen, daß dies selbst bei den niederen Tieren nicht der Fall ist, wir wissen, daß mit der Ab- nahme der Dimensionen sich die Natur die Mittel ändert, durch welche die Kräfte der anorganischen Welt den Organismen dienst- bar gemacht werden." Die Untersuchungen vieler hervorragender Forscher, vor allem Berthold, Roux, J. Loeb u. a. haben gezeigt, daß viele Phänomene, die für die lebenden Wesen allein charakteristisch zu sein scheinen, aus den Gesetzen der anorganischen Natur verstanden werden können, daß die Elemente des Zellinhalts diesen Gesetzen ihre Entstehung und ihre Formveränderungen zu verdanken haben. Dieses zusammen mit Resultaten der neueren chemischen und phy- sikalischen Forschung zeigt, daß die während der Ontogenese Ein Beitrag zur Kritik zweier Vererbungshypothesen. 287 der Zelle beobachteten Strukturumwandlungen und Zahlenverhält- njsse vielleicht nicht an und für sich so merkwürdig und einzig- dastehend sind, wie sie eine einseitig biologisch -morphologische Betrachtungsweise aufzufassen geneigt ist, zeigt, daß der Weg zu dem Ziel der biologischen Forschung, dem exakt naturwissenschaft- lichen Verständnis der Lebenserscheinungen, ein breiter ist, ein Weg, welcher durch jede Gegend der Naturwissenschaft führen soll. Besonders in der Zytologie, in die doch schließlich alle Pro- bleme der Biologie auslaufen werden^), wird man eine rechte Würdigung der Tatsachen fordern. Wie wenig in Wirklichkeit häufig eine solche Forderung erfüllt ist, davon zeugen unter anderem die in diesem Aufsatz zu beleuchtenden Hypothesen. Erster Teil. Zur Kritik zweier Vererbungshypothesen. I. Wir wissen nicht viel über die Funktionen der morphologischen Teile der Zelle. Unter den Hypothesen über die Funktion des Kerns ist es eine, die zum größten Teil an rein morphologische Daten anknüpft, die allgemeineren Inhalts ist und daher in den Vordergrund tritt, die aber auch heute nebst derjenigen von der „Individualität der Chromosomen" recht viel umstritten ist. Ich meine die Hypo- these von dem Kern als Träger der erblichen Anlagen der Zelle (des Individuums). Diese Hypothese hat recht alte Ahnen. Es kann nicht meine Absicht sein, diese im Detail zu verfolgen; ich erinnere nur daran, daß die genannte Auffassung etwa gleichzeitig von 0. Hertwig (1884/1885) und E. Strasburger (1884) ausgesprochen wurde, nachdem der Boden durch Untersuchungen von Born (1884), van Beneden (1883), Pflüger (1883), Roux (1884), Nußbaum (1884) u. a. und ihnen selbst vorbereitet worden war^). Seitdem hat sich die Hypothese auf vielen Seiten einer allgemeinen An- erkennung erfreuen können, und in der letzten Zeit sind es vor allem 0. Hertwig und E, Strasburger, also die Begründer, die sie noch eifrig verteidigen. 1) Sofern man nicht unter Zellenlehre nur feinere Anatomie versteht, wie es einer der jüngeren amerikanischen Zellforscher tut! 2) Die ältere diesbezügliche Literatur ist in den zitierten Arbeiten 0. Hertwigs und E. Strasburgers sowie bei Weismann (1885) zu finden. 19* 288 Henrik Lundegärd, Eine Hypothese wie diese von dem Kern (oder wie man auch sagt: von den Chromosomen) als alleinigem Träger der erblichen Anlagen muß natürlich, wenn sie aufrechterhalten werden soll, sehr überzeugend begründet sein. Man hat die Hypothese als eine „Arbeitshypothese" bezeichnet. Von den möglichen Hypothesen, die eine Gruppe von Tatsachen beleben, nimmt man immer die wahrscheinlichste, d. h. diejenige, die am befriedigendsten die doppelte Forderung erfüllt, die einzelnen Tatsachen miteinander zu verbinden und zugleich mit unserer übrigen Erfahrung im Einklang zu stehen. Mit einer Arbeitshypothese meint man wohl im allgemeinen eine Hypothese, die nur die erste Forderung erfüllt. In der Tat ist die Kernvererbungshypothese nur eine solche halbe Hypothese, denn sie steht nicht mit unserer übrigen biologischen Erfahrung im Einklang, sie kann wohl eine beschränkte Anzahl von Erscheinungen „erklären", bleibt aber für andere Tatsachen die Antwort schuldig. Ist doch das Vererbungs- problem das alles umfassende Problem der Biologie! — Die Zelle ist ein Gemisch chemischer Körper, die miteinander reagieren, und deren Reaktionen so verkettet sind, daß die wunder- volle Regulierbarkeit und das wundervolle Entwicklungsvermögen resultiert, die wir an dem Leben des Elementar- und Gesamt- organismus erkennen. Die physikalische Organisation der Zelle spielt dabei eine große Rolle für den Charakter des chemischen Betriebs, indem das örtliche Trennen von Gruppen chemischer Körper voneinander die Gliederung des Stoffwechsels in verschiedenen „Reaktionsketten" bedingt, m= a. W. die Komplikation der Zell- erscheinungen außerordentlich erhöht. An den Stoffwechselketten sind alle Teile (Stoffe) der Zelle beteihgt (gewisse Körper wie Zellulose, Albuminoide, Pektine scheinen aus dem Stoffwechsel ausgeschaltet zu sein, sind aber in Massen wegen ihrer geringen Löslichkeit entstanden und können bei auf Verletzungen usw. folgenden Umkehrungen wieder auf- gelöst werden). Die morphologischen Strukturen sind durch Ka- pillarkräfte abgegrenzte Anhäufungen von chemischem Material, die durch chemische oder physikalisch- chemische Relationen oder Über- einstimmungen entstanden sind. Die gröberen dieser morphologisch charakterisierbaren Anhäufungen, wie Kern, Chromosomen, Pla- stiden'), können als „Teilmaschinen" bezeichnet werden, die ein- ander und das Protoplasma komplettieren. 1) Ich fasse mit Pfeffer (1897) unter diesem Namen Chromatophoren „und andere nachweisbare distinkte Organe im Zytoplasma" zusammen. — Außerdem gibt es Ein Beitrag zur Kritiii zweier Vererbiingshypothesen. 289 Das chemische Material der Zelle zeigt eine stufenweise Kom- plizierung, d. h., es finden sich alle chemischen Zwischenstufen und Zwischenreaktionen zwischen den einfachsten Körpern, die primären Assimilationsprodukte, und den am meisten komplizierten, die Nukleoproteide. Die letztgenannten befinden sich bekanntlich im Zellkern. Wir besitzen keine Anhaltspunkte für die Annahme, daß sie auch im Plasma lokalisiert wären (vergl. z. B. Zacharias 1909). Durch die Arbeit der Physiologen wissen wir, daß die Teil- organe des Protoplasten eine gewisse Selbständigkeit besitzen und zugleich individuaHsiert sind. Wir wissen, daß die Chlorophyll- körper bis zu einem gewissen Grade unabhängig von dem Proto- plasma und dem Kern leben und funktionieren können^); daß ein Stück Protoplasma ohne Kern nicht sofort stirbt, sondern seine bisherige Funktion noch einige Zeit ausübt (z. B. bei Infusorien, siehe Verworn 1897). Man hat auch isoherte Kerne beobachtet, kann aber nicht erforschen, ob sie auch weiter noch funktionieren, einfach deshalb, weil man keine ihrer Funktionen kennt"). Soviel weiß man jedoch, wie bekannt, daß, wo nur ein Kern oder gar ein Bruchteil eines Kerns (bei Infusorien) und eine gewisse Menge Protoplasma (inklusive eventuelle Piastiden) sich befinden, dort auch alles für das betreffende Individuum charakteristische chemische Material (d. h. jede Qualität der Zelle) vorhanden ist. Die Einzelorgane, Teilmaschinen, des Elementarorganismus sind, wie schon gesagt, individualisiert, d. h. sie können nur aus ihres- gleichen entstehen. Das ist für Kern und Piastiden (Chroma- tophoren) erwiesen. Was das Protoplasma anbetrifft, so weiß man nicht mit Sicherheit, ob es nur durch Protoplasma (bezw. natürlich „Kleinstnikturen", z. B. das, was mit „Zytoplasmastruktur, Kernstruktur" gemeint wird. Diese verdanken ihre Entstehung denselben Gesetzen, sind aber nicht morphologisch individualisiert. 1) Nach Engelmann (1881) und Haberlandt (1887) (s. auch Pfeffer 1896) können isolierte Chloroplasten noch Sauerstoff ausscheiden, d.h. Kohlensäure zersetzen. Kny (1897) konnte aber diese Angaben nicht bestätigen, er fand jedoch, daß die Chro- matophoren im allgemeinen länger erhalten bleiben als die übrigen Bestandteile der Zelle, wenn diese in irgendwelcher Weise beschädigt wird. 2) Nach Aqua (1891) und Verworn (1892) können vom Protoplasma ganz isolierte Kerne (generative Pollenkerne und Kerne verschiedener Meeresprotisten) mehrere Tage am Leben bleiben. In keinem Falle waren aber irgendwelche Eegenerations- erscheinungen an den isolierten Kernen zu beobachten. 290 Henrik Lundegard, Plasma -\- Kern) dargestellt werden kann, oder ob es von dem Kern allein produziert wird. Wenn z. B. gefunden wird, daß ein Kern, von dem Plasma freigemacht, zugrunde geht, braucht dies nicht unbedingt zu bedeuten, daß der Kern Protoplasma nicht produzieren könne, sondern es kann von anderen unvermeidlichen Ursachen abhängen, die mit dem Herausreißen einer Teilmaschine aus ihrem natürlichen Milieu verknüpft sind, also herabgesetzter Assimilationstätigkeit, beschleunigter Autolyse u. a. m., das hier nicht genauer präzisiert werden kann. Solange es aber nicht festgestellt oder wenigstens wahrscheinlich gemacht worden ist, daß der Kern dort Protoplasma produzieren kann, wo kein Protoplasma ist, muß die Individualität des Protoplasmas angenommen werden. Im Anschluß hieran sei erwähnt, daß nach van Wisselingh (1909) sich das Plasma in kernlosen Zellen von Spirogyra vermehren kann. Auch chemische Erwägungen sprechen für die Individualität des Protoplasmas. Für den Stoffwechsel der Zelle scheint nämlich die Regel zu gelten, daß entsprechende synthetische und spaltende Prozesse nicht ein- fach verschiedene Richtungen derselben Reaktion oder Reaktions- kette repräsentieren, sondern auf verschiedenen Wegen verlaufen (vergl. z. B. die Zusammenstellung bei Euler 1908). Also wenn der Kern die höchsten Synthesenprodukte enthält, ist es nicht sehr wahrscheinlich, daß durch die Autolyse usw. derselben die niederen Synthesenprodukte des Plasmas entstehen würden. Dies nur im Vorübergehen; eine eingehende kritische Besprechung der chemischen Organisation der Zelle soll an anderer Stelle geschehen. Wo aber nur eine kleine Menge Plasma neben dem Kern vorhanden ist, sind auch mit größter Wahrscheinhchkeit alle dem Plasma eigenen chemischen Körper anwesend^), und die Sache gestaltet sich dann ganz anders. Es handelt sich dann nicht um Produzieren von Protoplasma mit allen seinen Tausenden chemi- scher Stoffe, von den Kohlehydraten bis zu den Polypeptiden und Eiweißkörpern, sondern um Regenerieren, d. h. quantitative Mehrproduktion bei Anwesenheit aller Zellorgane, was offenbar etwas ganz anderes ist und während des normalen Lebens der Zelle in jedem Augenblick geschieht. 1) N.b. wenn das Plasma wohlgemischt ist. Sonst kann es wegen der ungleichen Verteilung eintreffen, daß in einer kleinen Portion einzelne Verbindungen mangeln; man denke an das Seeigelei (Boveri 1901; vgl. Loeb 1906, S. 31). Ein Beitrag zur Kritilj zweier Vererbungshypothesen. 291 Die Eigentüailichkeiten des Individuums, die von Eigentüm- lichkeiten der einzelnen Zellen herrühren, sind, wenn sie in der Ontogenese zur Entfaltung gekommen sind, immer an das Proto- plasma oder dessen unmittelbare Wirksamkeit gebunden. Versuche mit Infusorien lehrten, daß dabei die Anwesenheit des Kerns not- wendig ist (Nußbaum 1884, 1886, Gruber 1885, 1886 u.a.)'). Worin die allgemeine Einwirkung des Kerns auf die Umsetzungen in dem Plasma besteht, weiß man nicht. J. Loeb (1899, 1906) will in dem Kern z. B. das Hauptoxydationsorgan der Zelle sehen, andere sprechen nur allgemein von stofflichen (enzymatischen, Driesch 1894) oder gar dynamischen Einwirkungen (Strasburger 1884, Nägeli 1884, Weismann 1885, Haberlandt 1887, de Vries 1889, Pfeffer 1897, Roux 1905 u. a.). Die Verschiedenheiten der Meristemzellen zweier Organismen müssen in Verschiedenheiten des chemischen Materials liegen, und zwar wohl in den allermeisten Fällen in qualitativen Ver- schiedenheiten. Wegen der engen Verkettung aller chemischen Umsetzungen in der Zelle ist es sehr wahrscheinlich, daß die Differenzen mehrere Stufen der Stoffwechselkette berühren, also sowohl Kern wie Proto- plasma (die Piastiden können, wenn auch nicht sehr wahrscheinlich, in beiden Fällen identisch sein), dies umso mehr, als die Eigen- schaften bei ihrem Hervortreten meistens an das Protoplasma, mit Notwendigkeit die Kernanwesenheit, gebunden sind. Wir wollen uns zwei nicht derselben Linie zugehörende Ge- schlechtszellen denken, die vereinigt werden und eine entwicklungs- fähige Zygote bilden. Alle chemischen Qualitäten des männlichen Individuums werden hierbei erfahrungsgemäß in die Eizelle über- führt 2). Die Verteidiger der Hypothese von dem Kern als alleinigem Träger der erblichen Anlagen der Zelle meinen nun: Die Ge- schlechtszellkerne enthalten alle Qualitäten, die die beiden Indi- 1) Klebs (1887) und Haberlandt (1887) u. a. berichten über die Notwendig- lieit des Kerns für einzelne Zellfunktionen; so auch Townsend (1897), vgl. aber auch die Arbeiten von Aqua und Palla. 2) Geht ein Reduktionsteilungsvorgang der Geschlechtszellenbildung voran, so werden wohl nicht alle vier Gonen gleich. Die Erfahrungen bei Kreuzungen sprechen bekanntlich für die Annahme, daß bei der Gouenbildung eine Aufteilung des protoplastischen Materials in zwei numerisch gleiche, aber essentiell verschiedene Gruppen stattfindet. In solchem Falle muß es also heißen, daß alle chemischen Eigentümlichkeiten der männlichen Geschlechtszelle in die Eizelle eingeführt werden. 292 Henrik Liindegärd, viduen, bezw. Geschlechtszellen, voneinander unterscheiden; nur der männliche Kern gelangt in die Eizelle bei der Befruchtung. Oder, wenn es unabweisbar ist, daß, wie bei den Farnen und Moosen, das 'Spermatozoon eine ganze Zelle ausmacht, so sagen sie: Das Plasma spielt bei der Befruchtung keine Rolle als Ver- erbungsträger, es ist für die Vererbung überflüssig oder minder wichtig. Die Argumente, die für die Hypothese angeführt werden, sind teils physiologisch-experimenteller Art, teils aus rein morphologischen Tatsachen hergeleitet. Die Versuche von Nußbaum (1884, 1886), Gruber (1885, 1886), Klebs (1887), Hofer (1889), Balbiani (1888), Verworn (1889, 1897), Townsend (1897), Gerassimoff (1892, 1899, 1901, 1904), van Wisselingh (1909) u. a. zeigen nur, daß der Kern eine wichtige Rolle im Mechanismus des Zelllebens spielt, und daß Plasma meistens nur bei der Anwesenheit des Kerns regeneriert und produziert wird (vergl. auch van Wisselingh 1909), was nichts Stützendes für die Hypothese in sich birgt. Auf die speziell für diese ausgeführten Experimente kommen wir weiter unten zurück. Rein morphologische Tatsachen, wie z. B. die von Stras- burger (1884, zuletzt 1909) vorgeführten, d. h. zytologische Bilder des Befruchtungsmomentes, können nichts entscheiden, da man doch auf diesen nicht sehen kann, ob ein kleines Quantum Protoplasma aus dem Pollenschlauch in die Eizelle hineingelangt. Jedenfalls ist es unrichtig, zu glauben, wie es Strasburger zu tun scheint (1909, S. 114), daß ein Protoplasma besonders physikalisch struk- turiert sein müsse, um in Vererbungshinsicht wirksam zu sein. Dieses dürfte aus den in diesem Aufsatz angestellten Erwägungen klar hervorgehen. Ich erinnere an dieser Stelle daran , daß der Kern der Farn- spermatozoen nach Zacharias von einer vollständigen protoplas- matischen Hülle umgeben wird (Zacharias 1887, 1901). Daraus kann man auch entnehmen, daß es sehr gefährlich ist, in Vererbungs- fragen zu generalisieren. — Interessant sind die Beobachtungen Flemmings (1882, S. 98) u. a., wonach es Leukoplasten gibt, die mit so wenig Zellsubstanz ausgerüstet sind, daß man fast von „freien Kernen" reden kann. — Man räsonniert häufig folgendermaßen: Die Teilung des Zell- kerns geschieht mit sehr komplizierten Manipulationen, die eine minutiöse Zweiteilung des färbbaren Kernmaterials zuwege bringen. Em Beitrag zur Kritik zweier Vererbungshypothesen. 293 Die Zweiteilung des Plasmakörpers ist nur ein grober Vorgang, bei dem es auf genaue Halbierung nicbt ankommen kann. Also muß der Kern allein die erblichen Anlagen tragen. Ein solches Räsonnement ist teleologisch, ihm kann nur in Verbindung mit wirklichen Beweisen Wert beigelegt werden^). Dasselbe gilt für ähnliche Folgerungen aus Kernteilungs- verhältnissen bei Characeen (Strasburger 1908a) und anderen Pflanzen. In den Internodialzellen der Characeen teilen sich die Kerne amitotisch, in den Knotenzellen mitotisch. Diese letzteren können Geschlechtszellen hervorbringen, erstere nicht. Ahnliche Verhältnisse finden wir bei höheren Pflanzen. Alte, degenerierende Zellen oder solche, die eine temporäre Funktion haben, wie Inter- nodialzellen von Tradescantia, Zellen des Endosperms und der Tapetenschicht, können Amitosen aufweisen, während Mitosen in den Meristemen Regel ist. Nun, das sind Zusammentreffen, die nur, wenn man die Erscheinungen äußerlich und teleologisch be- trachtet, als Argumente für die Kernvererbungstheorie betrachtet werden können. Die enge Verkettung aller Umsetzungen in der Zelle hat zur Folge, daß diejenigen Bedingungen in dem Kern und dem Protoplasma, die für das Durchmachen einer voll- ständigen Karyokinese nötig sind, wie z. B. richtige Relation zwischen Chromatinmenge und Grenzflächenspannung (Kern — Plasma), ganz besondere Zustände und Intensitäten der Nahrungs- zufuhr, Assimilationstätigkeit, Permeabilität usw. fordern. Glaubt man denn, daß wir die biologischen Vorgänge so beherrschen, daß wir das Wichtige von dem Unwichtigen und Nebensächlichen bei diesen komplizierten Prozessen unterscheiden können! Wie leicht könnte es nicht eintreffen, daß die uns so sonderbar er- scheinenden Strukturen nur ganz nebensächliche Folgeerscheinungen anderer wichtigerer, stofflicher und energetischer Prozesse wären, mit anderen Worten, daß in der Karyokinese nicht das ausgeführt wird, das ausgeführt zu werden scheint^). Künstlich lassen sich bekanntlich Amitosen in jeder Meristem- zelle durch Anästhetica, Kälte usw. hervorbringen. Übrigens ist es eine alte Streitfrage gewesen, ob nicht Mitosen und Amitosen 1) Es ist daher unnötig, auf die übrigens sehr unwahrscheinliche Möglichkeit hin- zuweisen, daß auch der Teilungsvorgang des Plasmas ebenso kompliziert sein könne, wenngleich wir ihn nicht beobachten können (Fick 1906). Vgl. übrigens den zweiten Teil an verschiedenen Stellen. 2) Man vergleiche die Ausführungen des zweiten Teiles dieser Arbeit, 294 Henrik Lundegärd, aufeinander folgen könnten (die Angaben von Nathansolin 1900, 1904, Pfeffer 1899, Massart 1898, Buscalioni 1898, Shibata 1902, Wasielewski 1903, 1904 scheinen jedocli durch die Arbeiten von Gerassimoff 1892, Hacker 1900, Nemec 1899, 1904, Miehe 1901, van Wisselingh 1903, 1909, Strasburger 1907, 1908 widerlegt zu sein; ebenso sind die Angaben C. M. Childs 1907, welcher glaubt, daß Amitose ein Faktor im normalen und regulativen Wachstum der Tiere sei, durch Boveri 1907, S. 234 ff. als unwahrscheinlich erwiesen worden). 0. Hertwig, der der eifrigste Vorkämpfer der Kernvererbungs- theorie ist, hat neuerdings (1906) seine Argumente in vier Punkten zusammengefaßt. Für die Hypothese sprechen nach ihm: 1. Die Äquivalenz der männlichen und weiblichen Erbmasse; 2. Die gleich- wertige Verteilung der sich vermehrenden Erbmasse auf die aus dem befruchteten Ei hervorgehenden Zellen; 3. Die Verhütung der Summierung der Erbmassen ; 4. Die Isotropie des Eies. In letzter Zeit hat derselbe Autor eine Schrift veröffentlicht, die fast aus- schließlich dem genannten Problem gewidmet ist, und in der er einige gegen die Hypothese erhobene Einwände zu widerlegen versucht. Die Argumente sind in dieser Arbeit in sieben Punkte zu- sammengefaßt (a. a. 0. 1909, S. 28ff.), von welchen jedoch 0. Hert- wig selbst die drei letzten (S. 36 ff.) für weniger wichtig hält. Ich will im folgenden nicht alle diese sieben Punkte besprechen, es scheint mir nach dem schon oben Gesagten ziemlich überflüssig. Die langen Ausführungen O. Hertwigs (1909) enthalten außerdem Stellungnahmen zu verschiedenen anderen allgemeinen biologischen Fragen, Sachen, die uns hier nicht beschäftigen können. Betrachtet man die Argumente näher, so wird man finden, daß sie aus einseitigen Betrachtungen hervorgegangen sind oder in teleologischer "Weise auf ähnliche Zusammentreffen wie die oben geschilderten bauen. Außerdem sind sie derart mit apriorischen Annahmen (z. B. der Bioblastenhypothese a. a. 0. 1909, S. 14) und unklaren Ausführungen (unklar scheinen mir die Meditationen zur zweiten Gruppe der Einwände [S. 55 — 81], und eine große In- konsequenz ist es, wenn Hertwig einerseits die Auffassung der Morphologie und Physiologie der Lebewesen als selbständiger, der Physik und Chemie koordinierter Grundwissenschaften verteidigt, anderseits in keiner Richtung Vitalist heißen will), vermengt, daß es schwer ist, die Sache nur von einer Seite her anzugreifen. Ich will mich aber im folgenden kurz fassen. Ein Beitrag zur Kritik zweier Vererbungshypothesen. 295 Dieselbe Frage, die in dem ersten Satz 0. Hertwigs liegt, siiricht Boveri (1907, S. 246) in folgenden Worten aus: „Wie ist es zu erklären, daß trotz des ungeheuren Übergewichtes, welches das Ei im protoplasmatischen Anteil der Vererbungsfaktoren besitzt, das neue Individuum doch dem Vater ganz ebenso ähnlich sein kann wie der Mutter?" Boveri beantwortet, wie 0. Hertwig, die Frage zugunsten der Kern- (Chromosomen-) Vererbungstheorie. Hierzu sei in Kürze bemerkt: Boveri (1892, 1907), Driesch (1898), Godlewski (1906) und Peter (1906) haben gefunden, daß die erste Entwicklungsperiode gewisser tierischer Eier nur durch den Zustand (die „Konstitution") des Eiplasmas bestimmt wird. Erst wenn die Embryonen etwa das Blastulastadium oder Gastru- lastadium vor der Skelettbildung erreicht haben, pflegen die väter- lichen Eigenschaften zur Geltung zu kommen. In Zusammenhang hiermit seien die Versuche C. Herbsts (1906, 1907) erwähnt, in denen eine Kombination künstlicher und normaler Befruchtung mütterliche Larven gab. Es scheint sich also um reine Massenwirkungen zu handeln, wenn Anlagen entfaltet werden. Abgesehen davon, daß in vielen Fällen die Massen der beiden Geschlechtszellkerne nicht gleich sind, und daß der Samenkern im Eiplasma vor der Amphimixis eine Volum- zunahme erfährt^), sprechen schon die oben zitierten experimentellen Angaben gegen die O. Hertwigsche Argumentation. Von unserem Standpunkt aus ergibt es sich ungesucht, daß dieses späte Hervor- treten der männlichen Anlagen mit der anfangs geringen Menge männlichen Plasmas zusammenhängt. Dieses vermehrt sich nach und nach (Kernplasmarelation), so daß schließlich die von dem väterlichen Individuum, resp. der väterlichen Sexualzelle, ererbten Eigentümlichkeiten während ihrer Auslösung in der Ontogenese in genügender Stärke (Masse) stattfinden können, um mit den mütter- lichen Anlagen zu konkurrieren oder zusammenzuwirken. Dabei braucht nicht angenommen zu werden, daß eine bestimmte Substanz des Spermatozoons sich in gleicher Menge wie in der Eizelle vor- fände. Wir wissen, daß die männliche Befruchtungszelle alle für das Beibehalten des Zellcharakters notwendige Stoffe der Mutter- zelle, aus der sie gebildet wurde, enthalten muß. Wenn diese Stoffe in dem Spermatozoon zudem die gehörige physikalische Ver- 1) Vgl. Fick (1906), S. 21. 296 Henrik Lundegärd, teilung zeigen^), kann es nicht verwundern, daß sie nach der Be- fruchtung dieselben Massenverhältnisse zueinander und zu der Masse der weiblichen Erbsubstanz, wie sie in dem eben verlassenen Indi- viduum zeigten, wieder allmählich annehmen. Die zuerst von Nägeli (1884) aufgestellte und dann von anderen Autoren, z. B. 0. Hertwig, aufgenommene Ableitung, daß wegen der gleichen Vererbungskraft der beiden Eltern, bei der ungeheuren Verschiedenheit ihres materiellen Anteiles am Aufbau des Kindes, die Anlagesubstanz nur in sehr kleiner Menge, gleich viel in der Samen- wie in der Eizelle, vorhanden sein müsse, ist folglich wenig begründet und stimmt nicht mit den Tatsachen überein. — Es kommt bei der Vererbung vornehmlich auf Quali- täten an und sicherlich ist das volle Erbe eines Kindes gesichert, wenn es nur alle chemischen Qualitäten seiner Eltern empfangen hat. Wobei allerdings vorausgesetzt wird, daß diese Stoffqualitäten die vererbte und notwendige physikalische Verteilung haben. Der zweite Satz O. Hertwigs, der die Boverische Regel vom proportionalen Kernwachstum enthält, hat denselben Sinn wie das zuvor (S. 292) erwähnte teleologische Räsonnement. Der rechte Wert solcher aus morphologischen Tatsachen hergeleiteten Zweck- mäßigkeitsannahmen erhellt am besten daraus, daß andere Forscher auf demselben Grunde entgegengesetzte Anschauungen haben auf- bauen können. Weismann nimmt ja an, daß bei der Karyokinese eine qualitative Abspaltung der Chromosomensubstanz stattfindet, so daß die Kerne der Tochterzellen verschiedenwertig werden^). Zu dem dritten Satz O. Hertwigs kann bemerkt werden, daß Chmielewsky (zit. bei Tröndle 1907) und Tröndle (1907) ge- funden haben, daß bei Spirogijra nach der Kopulation die Chro- matophoren der männlichen Zelle alsbald degenerieren und ver- schwinden, während diejenigen der weiblichen Zelle grün bleiben und bei der Keimung der Zygote zur Entstehung der Chlorophyll- 1) D. h. in Kern und Plasma (-f- eventuelle Piastiden). Die Zelle besitzt ja eine vererbte physikalische Organisation. Eben daher ist Pfeffer im Rechte, wenn er sagt (1897, S. 3): „Wie eine Uhr mit dem Einstampfen aufhört, eine TJhr zu sein, obgleich Qualität und Quantität des Metalls unverändert bleibt, so ist auch mit dem Zerreiben eines Schleimpilzes, eines jeden Protoplasten das Leben und alles damit Verkettete un- wiederbringlich vernichtet, obgleich in diesem Gemische nach Qualität und Quantität dieselben Stoffe vereinigt sind, wie zuvor". 2) Vgl. auch C. Eabl, zitiert bei Fick (1906, S. 21). Ein Beitrag zur Kritik zweier Vererbungshypotheseu. 297 bänder führen. Also eine wahrhafte zahlenmäßige Reduktion; die vegetativen Zellen oder Geschlechtszellen enthalten je gleichviele Chloroplasten. Auch die Pyrenoide sollen in derselben Weise reduziert werden. Laut der 0. Hertwigschen Ausführungen und der teleologischen Beweisführung im allgemeinen könnte man also sagen, daß der erwähnte Befund dafür spricht, daß die Chromato- phoren bei Spirogyra Träger der erblichen Anlagen dieser Pflanze seien, zumal eine Reduktionsteilung des Kerns bei derselben um- stritten ist (vgl. auch die Diskussion bei Tröndle 1907)! Man vergleiche die Einleitung! Als viertes Argument führt 0. Hertwig (1909, S. 34 ff.) die sonderbare Übereinstimmung zwischen den zytologischen Befunden bei der Geschlechtszellenbildung höherer Pflanzen und Tiere und den Resultaten der experimentellen Erblichkeitslehre an, die unter dem Namen der „Mendelschen Regel" allbekannt sind. Dieses Argument scheint mir beachtenswert zu sein. Denn selten zeigte sich eine so gute Übereinstimmung zwischen einer Hypothese, einem morphologischen Befund und einer experimentell ermittelten Regel. Leider ist dieser, der beste Beweis 0. Hert- wigs, jedoch zu schwach, um die Schwere der Einwände zu tragen, wie wir sehen werden. Daß die Chromosomen individuell sind, ist niemals bindend bewiesen worden, es hat jedoch die Wahrscheinlichkeit für sich, daß sie es sind. Auf eine Besprechung der vielen Wahrscheinlich- keitsbeweise für die Individualitätshypothese hier einzugehen, ist nicht der Ort. Um uns selber nicht auf Kosten unserer Gegner zu begünstigen, können wir an dieser Stelle einfach annehmen, daß sie wahr ist. Daß eine Zahlenreduktion bei den Gonotokontenteilungen durchgeführt wird, ist erwiesen. Daß bei der Reduktionsbildung die Gonomeren wieder getrennt werden, ist dagegen nicht bindend bewiesen, aber durch zytologische Untersuchungen von Bastarden (siehe z. B. Rosenberg 1909) wahrscheinlich gemacht. Wir können wiederum vorläufig annehmen, daß die Elternchromosomen nach verschiedenen Seiten gehen. Vergleichen wir nun diese zyto- logischen Ergebnisse mit den experimentellen Resultaten, so ergibt sich, wie so vielfach hervorgehoben worden ist, eine sehr schöne Übereinstimmung zwischen dem Verhalten der Chromosomen und dem Verhalten der sichtbaren erblichen Eigenschaften. Es liegt daher in der Tat sehr nahe, den Schluß zu ziehen, daß die Chromosomen eine Substanz enthalten, die für die volle 298 Henrik Lundegärd, Entfaltung der Anlagen nötig ist. Ich bemerke aber, daß ein solcher Schluß induktiv ist, und außerdem nur unter Vor- aussetzung der Richtigkeit der zwei obigen Annahmen gezogen werden kann. Vergleichen wir nun unseren Schluß mit demjenigen 0. Hertwigs! 0. Hertwig und viele andere nehmen an, daß die erwähnten Tatsachen und Prämissen dafür sprechen, daß die Chro- mosomen die erblichen Anlagen ganz und gar enthalten. Daß dieser Schluß unberechtigt ist, mit anderen Worten, daß man zu viel aus dem Gegebenen schließt, dürfte aus folgendem hervor- gehen. Was wir eine Anlage und eine Eigenschaft nennen, können wir uns nur, wenn wir uns auf eine breite naturwissenschaftliche Basis stellen wollen, unter dem Bilde einer chemischen (chemisch- physikalischen) Ursachskette vorstellen. Der Unterschied zwischen Anlage und entfalteter Eigenschaft dürfte darin be- stehen, daß in dem Anlagezustand die Reaktionen (die elementaren Glieder der Kausalkette) still stehen oder sehr langsam verlaufen, in dem Entfaltungszustand dagegen eine gewisse, nicht zu kleine Geschwindigkeit haben. Die Kausalkette, die wir Anlage und Eigenschaft nennen, dürfte aus recht vielen Gliedern, chemischen Stoffen und Reaktionen bestehen, welche Glieder aber so verkettet sind, daß, wenn eines von ihnen fehlen würde, die ganze Reaktions- kette unterbrochen wäre, was in einer Erlöschung oder Nicht- erscheinung der Anlage bezw. Eigenschaft resultieren würde. Kom- binieren wir nun diese Auseinandersetzungen mit unserem soeben gezogenen Schluß, so ist es klar, daß unsere Folgerungen und die erwähnten Tatsachen zu der Annahme führen, daß die Chromo- somen ein oder einige Glieder jeder der Ursachsketten, die Anlagen oder Eigenschaften darstellen, enthalten oder „tragen". Die übrigen Glieder der Anlage -Eigenschaft- Kette können sich im Plasma befinden, ja, einige müssen sich dort befinden, da ja die entfaltete Eigenschaft zumeist im Plasma sitzt. Diese letzteren Glieder sind aber zur Entwicklung der vollen Eigenschaft ebenso notwendig wie die in den Chromosomen verborgenen. Wie man sieht, läßt das dritte 0. Hertwigsche Argument eine nähere Präzisierung unserer eigenen Anschauungen zu, aber keineswegs berechtigt es zu einem solchen Schluß, wie ihn 0. Hertwig selber und viele andere gezogen haben. Als letztes Argument führt 0. Hertwig verschiedene Tat- sachen zusammen, die unter der Benennung „Isotropie des Eies" Ein Beitrag zur Kritik zweier Vererbungshypothesen. 299 zusammengefaßt zu werden pflegen (vgl. Pflüger 1883, Born 1884, Roux 1895). Darunter versteht er die Erscheinung, daß „im Dotter des Eies keine organbildenden Keimbezirke vorhanden sind, sondern daß ein bestimmtes Stück Dottersubstanz je nach den Bedingungen in verschiedener Weise für den Aufbau des Embryos verwandt werden kann« (1909, S. 115, 1884/1885, S. 306). Ich kann nicht verstehen, wie etwas Ahnliches, auch wenn es wirklich stichhaltig wäre (vgl. unten), für die Kernvererbungstheorie sprechen sollte. Oder ist denn der Zellkern so beschaffen, daß aus be- stimmten Bezirken desselben bestimmte Organe hervorgehen? Alle Differenzierungen in der einzelnen Zelle, worauf außer auf Zellenwachstum letztlich die Organdifferenzierung und Organbildung beruht, beginnen als chemische Reaktionen; erst die Produkte dieser erscheinen wegen ihrer physikalischen Eigentümlichkeiten als Organdifferenzierungen. Daß aber zur Durchführung des Ent- faltungsprozesses aller Anlagen, oder zur Konstituierung der voll- ständigen Anlagen (vgl. oben S. 298) auch die Gegenwart aller Stoffqualitäten des Plasmas notwendig sind, dieses zeigen die An- schnittversuche an ungefurchten Eiern, die von Driesch und Morgan (1896), Crampton (1898), Fischel (1903), Wilson (1904) gemacht worden sind. Nun ist es aber so, daß schon der Begriff „Isotropie des Protoplasmas" bedeutende Einschränkungen durch die Unter- suchungen der neuesten Zeit erfahren muß. 0. Hertwig gibt auch dies selber zu und erklärt sich „gern bereit, den Ausdruck Iso- tropie des Protoplasmas in Zukunft ganz fallen zu lassen", um jede irrtümliche Auffassung zu vermeiden (a. a. 0. 1909, S. 120). Be- kanntlich besitzen viele Eier polare Differenzierung. Eine wirkliche Isotropie scheint nur für eine beschränkte Anzahl bekannter Fälle anzunehmen zu sein, und auch dann ist wohl der Begriff etwas willkürlich (s. Korscheit u. Heider, Lehrb. d. vgl. Entw. Gesch. d. wirbellosen Tiere I, S. 86). Direkt gegen die 0. Hertwigsche Formulierung sprechen die oben erwähnten Anschnittversuche. Daß man „vom Protoplasma sehr vieler Eier . . . vor der Befruchtung sehr große Mengen an dieser oder jener Stelle ab- trennen kann, ohne daß der Rest, wenn er befruchtet wird, die Fähigkeit verHert, einen ganzen vollständigen Organismus zu bilden," kann nicht verwundern. Es kommt ja bei Vererbung in erster Linie auf Qualitäten an, und im Eiplasma befinden sich bekannthch beträchtliche Mengen der meisten Stoffe. Wenn das Plasma dazu 300 Henrik Lundegärd, ziemlich wohl gemischt ist, kann wohl Verkleinerung der absoluten Menge nur insofern schädlich werden, als ein Mißverhältnis in dem quantitativen Verlauf der Umsetzungen eintritt, etwa wie es bei partiellem Ernährungsmangel der Fall werden kann. Übrigens sei bemerkt, daß man bei Infusorien recht große Mengen der Kern- substanz abtrennen kann, ohne daß die totale Regenerationsfähig- keit irgendwelche Einschränkungen erleidet. — Mehrere Forscher haben ganz richtig hervorgehoben, daß ein Problem wie dieses, betreffs der Funktion des Kerns in dem speziellen Zellbetrieb, also eine physiologische Frage, nur auf ex- perimentellem Wege gelöst werden kann. Es sind auch Experi- mente in dieser Richtung vorgenommen worden. Schon längst hatten Boveri (1889, 1895), dann Belage (1899), Boveri und McFarland (1896), H. E. Ziegler u. a. Bastardlarven aus kern- losen Eifragmenten darstellen können. Sie fanden, daß diese nur väterliche Merkmale zur Schau trugen. Dies besagt, daß das Protoplasma ohne Kern keine speziellen Fähigkeiten des un- beschädigten Eies, von dem es stammte, entwickeln kann oder enthält. Es besagt aber nicht, daß „der Kern allein die Spezies- merkmale des Pluteus bestimme" (Boveri 1907, S. 247, vgl. aber auch Derselbe 1904, S. 105). Solche Experimente zeigen nur und können nur zeigen, daß der Kern ein unerläßliches Glied in dem Zellbetrieb ist. Wenn man aber Kerne lebend, isolieren und mit ihnen entsprechend experi- mentieren könnte, würde man wahrscheinlich finden, daß das Protoplasma ebenso unerläßlich für das Stattfinden aller speziellen Reaktionen ist (vgl. Verworn 1892, 1897, Boveri 1904 u. 1907, S. 246). Nach den Versuchen Godlewskis (1906) zu urteilen, scheint die isolierte Eiprotoplasmamasse nach der Befruchtung nicht zugrunde zu gehen, wie Verworn glaubt, sondern vielmehr über die männliche Protoplasmamenge zu dominieren. Ein Beweis dafür, daß gewisse allgemeine Beziehungen zwischen Kern und Plasma auch im fremden Plasma aufrechterhalten werden können. Nun sind allerdings alle solchen Bastardierungsexperimente etwas unsicher, weil normale Bastarde häufig goneoklin sein können, oder einfach befruchtete Eier bisweilen Mosaikbildungen zeigen (Boveri 1907). Neuerdings hat botanischerseits C. Correns den Versuch ge- macht, die Frage nach der Rolle von Kern und Plasma bei der Vererbung auf experimentellem Wege zu beantworten. Ein Beitrag zur Kritik zweier Vererbnngshypothesen. 301 C. Correns (1909a und b) hat in zwei interessanten Mit- teilungen über die Resultate von Bastardierungen und die Ver- erbungsgesetze innerhalb einer von ihm aufgefundenen weißbunten (albomaculata-) Sippe von Mirahüis Jalapa berichtet, und ist durch seine Ergebnisse zu dem indirekten Schluß geführt worden, daß das Pollenzellplasma ohne wesentlichen Einfluß bei der Befruchtung ist. Die experimentellen Tatsachen sind kurz folgende (s. Correns 1909b, S. 332 u. 333). Die Vererbungsgesetze lassen sich dahin zusammenfassen, „daß bei Selbstbestäubung in derselben Blüte 1. grüne Aste (und Blüten) eine grüne Nachkommenschaft geben, die fernerhin nur grüne Pflanzen erzeugt, 2. rein weiße Aste (und Blüten) eine, rein weiße, nicht lebensfähige Nachkommenschaft hervorbringen, 3. weißbunte Aste (und Blüten) aber eine Nachkommen- schaft, die aus dreierlei Pflanzen besteht: aus grünen, die ferner- hin konstant sind (= 1), weißen, die als Keimlinge absterben (= 2), und weißbunten, von denen wenigstens ein Teil (die nicht zu stark bunten) am Leben bleibt und die Sippe erhält {^= 3)." Einige Bastardierungsversuche ergaben nun das Resultat, daß kastrierte Blüten einer konstanten, bleich grünen (chlorina-) Sippe, mit dem Pollen „weißer" ') Blüten der buntblättrigen Sippe bestäubt, Bastarde lieferten, die sich ausnahmslos so verhielten, als ob die bleichgrüne Sippe mit dem Pollen einer gewöhnlichen grünen Sippe bestäubt worden wäre. Andere, reziproke Bastardierungen, d. h. wo die (einzige) Samenlage einer „weißen" Blüte der weißbunten Sippe durch den Schlauch eines Pollenkorns von einer typisch grünen Pflanze be- fruchtet wurde, fielen anders aus, indem die meisten Pflanzen so chlorophyllarm waren, daß sie über die Entfaltung der Kotyledonen nicht hinauskamen. Nur drei Exemplare, alle jedoch stark weiß- bunt, blieben am Leben (vgl. die Tabellen bei Correns). Diese Ergebnisse deuten unzweifelhaft darauf hin, daß die beiden Geschlechtszellen in irgend einer "Weise verschieden sind. Correns kann für die erwähnten eigentümlichen Vererbungs- verhältnisse nur folgende Erklärung geben: „Alle Keimzellen einer weißbunten Pflanze enthalten Kerne, die völlig normal sind und 1) D. h. clilorophyllfr(üe, aber „sonst normale Blüten, deren Perigon beliebig gt färbt sein kann". Jahrb. f. wiss. Botanik. XLVm. 20 302 Henrik Lundegärd, deshalb die gewöhnliche grüne Blattfarbe übertragen. Das Plasma der Keimzellen aber ist, entsprechend dem weißbunten Mosaik, das sich über die ganze Pflanze ausdehnt, entweder gesund oder chloro tisch -krank, „weißkrank", und läßt dementsprechend ent- weder die Ausbildung normaler Chlorophyllkörper zu oder hemmt sie" (a. a. 0. 1909b, S. 332, auch 1909a, S. 322). Die gegebene Erklärung Correns scheint, äußerlich gesehen, recht gut den experimentellen Tatsachen zu entsprechen. Ist sie aber bei genauer Betrachtung an und für sich annehmbar, d. h. konsequent? Sind die Prämissen wahrscheinlich und mit unseren sonstigen Kenntnissen vereinbar? Gibt es vielleicht eine bessere Erklärung der beobachteten Verhältnisse? Wir wollen dies im fol- genden untersuchen. Correns gibt an, daß Grün über "Weißbunt dominiert (a. a. O. 1909 a, S. 319, 1909b, S. 334). Dieses gilt aber nur für die Kom- bination 9 typica und cf alhomaculata , variegata oder chlorina. Bei der umgekehrten Kombination, also 9 weiße Blüten der Sippe -j- cf typica, dominiert Weiß. Meines Wissens sind in der exakten Erblichkeitslehre keine Fälle bekannt, wo reziproke Kreuzungen verschieden ausfallen (aus- genommen beim Endosperm). Man kann nur von wirklichen Eigen- schaftspaaren sprechen, wenn die Anlagen sowohl in der Samen- wie in der Eizelle derselben Pflanze gleichzeitig vorhanden sind. In den Correnschen Pflanzen hegt nun die Sache etwas anders. Betrachtet man die Vererbungsversuche, so wird man finden, daß immer der Zustand der Eizelle dominiert, ausgenommen bei der Kombination chlorina 9 -f- weiß cT, wo ja die Abkömm- linge grün werden und bei Spaltung drei reingrüne auf ein bleich- grünes Exemplar hervorbringen. Zur Erklärung dieses Verhältnisses zieht nun Correns seine erwähnte Hypothese heran. Der Kern der männlichen Zelle trägt die Eigenschaft Reingriin, und bei der Befruchtung gelangt nur der Kern in die Eizelle. Es ist aber nicht zu verstehen, warum eben in diesem Falle {chlorina 9 + weiß cf ) die Eigenschaft des männlichen Kerns domi- nieren soll, während sie in allen anderen Fällen rezessiv wird. Ja, Correns hat keine F2-Generationen seiner übrigen Bastardierungen ausgeführt oder wenigstens mitgeteilt, um diesen eigentümlichen Widerspruch zu mildern. Die Correnssche Annahme ist also an sich inkonsequent. Dunkel scheint mir die Annahme von Eigenschaftspaaren Grün —Weiß Ein Beitrag zur Kritik zweier Vererbungshypothesen. 303 USW. Noch dunkler wird der Erklärungsversuch Co rrens, wenn er die Weißkrankheit des Eiplasmas nur als „einen unzweifelhaft krank- haften Zustand der Chromatophoren" betrachtet, und sie mit der „Nachwirkung guter Ernährung der Elternpflanze auf den Wuchs der Nachkommenschaft" vergleicht. Im einen Falle also eine echte, konstante Eigenschaft, in dem anderen ein Etwas, das nach einigen Generationen erlischt und nichts mit Qualitäten zu tun hat! Die Erklärung Co rrens' ist also an und für sich kaum an- nehmbar, ist sie denn mit unseren sonstigen Erfahrungen vereinbar? Wie oben gezeigt worden ist, finden sich keine anderen Belege für eine solche Annahme wie diejenige Correns' betreffs des Kerns, des Plasmas und der Befruchtung. Die Merkmale, mit denen Correns arbeitet, nehmen aber eine solche Sonderstellung ein, daß es nützlich sein kann, die speziellen Prämissen desselben Verfassers etwas zu ventilieren. Die Chromatophoren sind, wie im Vorhergehenden erwähnt, als Teilmaschinen anzusehen, die demgemäß eine gewisse Selb- ständigkeit in dem Zelleben besitzen (siehe S. 288). Die Kohlensäure zersetzenden und Kohlehydrate aufbauenden Eigenschaften der Chlorophyllkörper sind an die Anwesenheit der gelben und grünen Farbstoffe (Carotin, Xanthophyll und Chloro- phyll) gebunden. Die Ausbildung des Chlorophylls hängt be- kanntlich von gewissen allgemeinen Bedingungen ab, wie Anwesen- heit gewisser Metallsalzionen, Licht (es finden sich jedoch Angaben über Chlorophyllbildung im Dunkel bei Kryptogamen). Es ist anzunehmen, daß die Fähigkeit zu Chlorophyllbildung usw. immer vorhanden ist (in den Chromatophoren nämlich), daß aber diejenigen Umsetzungen, die zur Farbstoff bildung führen, an sich so langsam verlaufen, daß sie katalysiert werden müssen, um zu einem sichtbaren Resultat führen zu können. Die erwähnten Bedingungen würden so die Katalysatoren darstellen. Weil die Chromatophoren individualisiert sind, ist es sehr wahrscheinlich, daß die Farbstoffe an Ort und Stelle entstehen, also nicht in dem Plasma oder in dem Kern. Dagegen kann nicht geleugnet werden, daß wegen der Verkettung aller Zellreaktionen sowohl Plasma als Kern für den normalen und ausreichenden Ver- lauf der Farbstoff bildung nötig sein können^). Nach van Wisse- 1) Daher kann man auch von plasmatischen, exoplastiden Bedingungen für die Chlorophyllbildung sprechen. 20* 304 Henrik Lundegärd, lingh (1909) können jedoch „kleine Stückchen der Chromatophoren in kernlosen Zellen sehr lange wachsen, ihre Farbe ungeschwächt beibehalten und Pyrenoide bilden". FreiHch darf man nicht diese an Spirogyra ' gemachten Beobachtungen generalisieren (vgl. die Resultate G. Klebs' 1887). Was nun die uns interessierende Frage nach dem Bleichbleiben oder der Nichtergrünung der Chromatophoren betrifft, so kann dieses seine Ursache in einer Veränderung in den äußeren, exoplastiden, Bedingungen für die Farbstoffbildung oder in dem inneren Stoff- wechsel der Chromatophoren haben. Die Chlorose oder Weißkrankheit, um die es sich in den Correns sehen Versuchen handelt, ist nicht infektiöser, samen- beständiger Natur (vgl. Correns 1909a S. 318). Über die infektiöse Chlorose (Panachüre) ist recht viel nach- gedacht und untersucht worden. Ich erinnere an die Arbeiten von Baur, Molisch, Sorauer, Pantanelli u. a. (siehe Th. Löhr 1910). Alles, was man von dieser Krankheit weiß, scheint darauf hinzudeuten, daß es sich um eine Stoffwechselkrankheit handelt. Es sei an dieser Stelle an die vielen Stoffwechselkrankheiten des tierischen Organismus erinnert, an die Diabetes -Krankheit, die Hämophilie usw. Die Physiologen neigen dazu, die Ursache dieser krankhaften Zustände in dem Fehlen zuckerspaltender, bezw. koagulierender Enzyme zu suchen (siehe Abderhalden, Physich Chemie 1906). Die erbliche nicht infektiöse Chlorose ist wohl auch eine Stoff- wechselkrankheit, die sich in einer Schwäche der chlorophyll- bildenden, bezw. katalytischen Funktionen äußert^). Man kann sich den Zustand etwa so vorstellen, daß die chlorophyllbildenden Funktionen nur unter gewissen Bedingungen, die bei gewisser Lage der Zellen in dem Individuum realisiert werden können, geschwächt oder vernichtet werden, daß also eine gewisse Labilität betreffs dieser Fähigkeiten herrscht. In dieser Weise können die alho- maculata- und frtn>(/rt^a-Merkmale entstanden sein. Das chlorina- Merknial setzt eine stetige Erniedrigung der chlorophyllbildenden Funktionen voraus. Wenn man nur flüchtig die Versuchsergebnisse Correns' durchsieht, könnte man zu dem Glauben kommen, daß es nur die 1) Nach Correns (1909a S. 315) fehlt in den Llassen Chlorophyllkörpern vor- nehmlich der grüne Farbstoff. Die weißen Zellen entbehren nicht etwa der Piastiden, diese sind nur blaß. Vgl. auch Baur (1909). Ein Beitrag zur Kritik zweier Vererbungshypothesen. 305 Beschaffenheit der in der Zygote (oder Eizelle, wenn nun keine neuen Chromatophoren bei der Befruchtung eingeführt werden) be- findlichen Chromatophoren ist, die das Verhalten der chlorophyll- führenden Teile des erwachsenden Organismus bestimmt. Also, daß die „Krankheit" nur in dem Stroma der Chromatophoren ihren Sitz hätte. Die Chromatophoren vermehren sich mit dem Plasma und werden bei der Karyokinese und der Zellteilung nach Zufall auf die beiden entstehenden Tochterzellen verteilt. In denjenigen Fällen, wo die Chromatophoren des Bastards sich ebenso verhalten wie diejenigen der mütterlichen Zelle, also in den allermeisten Fällen (vgl. oben), läßt sich nichts über den eigentlichen Sitz der Krank- heit aussagen. Das oben erwähnte Experiment (Kombination 9 chlorina -|- cT weiß) zeigt aber, daß wenigstens in diesem Falle auch die übrigen Zellbestandteile (Kern und Plasma) einen bestimmenden Einfluß auf das Verhalten der Chromatophoren zu haben scheinen, und Correns ist daher im Rechte, wenn er den Sitz der Weißkrank- heit nicht einfach in das Stroma der Chromatophoren verlegt. Das Phänomen der Panachüre ist in dem Mischprodukt zweier Zellen, der Geschlechtszellen, verborgen. Wenn die beiden Ge- schlechtszellen von demselben Individuum stammen, ist es sehr wahrscheinlich, daß sie ein identisches Plasma und identische Kerne haben. In der Zygote können dann wohl keine anderen exoplastiden Bedingungen für die Chlorophyllbilduug als die in der einen Ge- schlechtszelle schon vorhandenen entstehen. Es wäre daher inter- essant, zu sehen, wie sich Kreuzungsprodukte zwischen weißen und grünen Blüten desselben Individuums verhalten würden. Wenn aber der Pollen einer Pflanze auf den Griffel einer anderen übergeführt wird, ist es klar, daß, besonders wenn die Individuen verschiedenen Linien angehören, neue intrazelluläre, exoplastide Bedingungen für die Chlorophyllbildung geschaffen werden können. Man kennt ja z. B. Merkmale, die nur in einem hetero- zygotischen Individuum bestehen können^). Es kann daher sehr wohl eintreffen, daß die eigentümlichen Resultate bei der Kombi- nation chlorina 9 -|- weiß cT, und 9 weiß -j- cT grün (Correns 1) Miß Saunders (s. Johannsen, 1909, S. 392) hat gefunden, daß Filzhaarig- keit drei zusammentreffende selbständige Paktoren fordert; zwei sind zudem für Saft- färbung nötig. 306 Henrik Lundegärd, 1909) ihren Grund in ähnlichem Zusammentreffen und neugeschaffe- nen plasmatischen Bedingungen haben. Man wird hieraus auch entnehmen können, daß die Versuche Correns' allzu spärlich sind, um theoretischen Spekulationen als Unterlage zu dienen. Wie vieldeutige und mannigfaltige Resultate Versuche mit die erbliche Chlorose zeigenden Sippen aufweisen können, geht aus den fast gleichzeitig mit der ersten Mitteilung Correns' publizierten Untersuchungen E. Baurs hervor. Baur hat "in seiner interessanten Arbeit (1909) gezeigt, daß die von ihm studierten „Varietates albom argin atae hört." von Pelargonium zonale Periklinalchimären sind, und er hat, um ihre eigentümlichen Vererbungsverhältnisse zu verstehen, die Hypothese aufgestellt, daß „die befruchtete Eizelle, die entstanden ist durch Vereinigung einer „grünen" mit einer „weißen" Sexualzelle, zweier- lei Chromatophoren enthält, grüne und weiße. Bei den Zell- teilungen der zum Embryo auswachsenden Eizelle verteilen sich die Chromatophoren ganz nach Zufallsgesetzen auf die Tochterzellen". In dieser Weise will er die Mosaik der Blätter erklären. Es kann bemerkt werden, daß, nachdem Lidforss (1909) ergrünende Pollen- schläuche entdeckte, die Baur sehe Hypothese an Wahrscheinlich- keit gewonnen hat. Jedoch kann ich nicht glauben, daß sie auf die Correns- schen Versuchsergebnisse paßt. Es ist sehr wohl möglich, was Correns (a. a. O. 1909b, S. 340) entgegenzuhalten ist, daß zwei Objekte sich in diesem Punkt verschieden verhalten können, darauf deuten die Versuchsergebnisse hin. Umso mehr sind von künftigen Untersuchungen wichtige Entdeckungen zu erwarten. Baur nimmt an, daß der einzige erkennbare Unterschied zwischen den weißen Zellen und den grünen Zellen wohl auf der Farbe der Chromatophoren beruht. Correns äußert sich entschiedener und stellt „einfach den Kern dem übrigen ZelUnhalt gegenüber" (a. a. 0. 1909 b, S. 333, Anmerkung). Wir haben oben die unzureichende Begründung der Correns- schen Prämissen und Folgerungen nachgewiesen. Wenn man unsere übrigen physiologischen Kenntnisse mit in Betracht zieht, wird es völlig unverständlich, warum die Chlorophyllbildung begünstigenden Eigenschaften von zwei Kernen (denn auch der Eizellkern soll „gesund" sein) nur in einem Falle über die chlorophyllzerstörenden Eigenschaften des Plasmas einer Zelle (der Eizelle) dominieren sollte. Ein Beitrag zur Kritik zweier Vererbungshypothesen. 307 Jede Analogie fehlt für die Annahme eines solchen Anta- gonismus zwischen Kern und Plasma, wie Correns ihn annimmt. Warum wird in der Tat nicht jede chlorophyllbildende Fähigkeit in der unbefruchteten Eizelle völlig vernichtet, wenn nur ein ge- sunder Kern dort ist? Es wäre wenig angezeigt, an Stelle der Corrensschen Auf- fassung eine andere Hypothese zu setzen. Allgemein physiologisch gesehen scheint es aber viel natürlicher zu sein, wie oben die Chlorose als einen Zustand, der nur bei konstanter Qualität der Zelle konstant ist, anzusehen. Durch Kreuzung können neue intra- zelluläre Bedingungen für die Chlorophyllbildung hergestellt werden, oder sie können auch natürlich dieselben bleiben (s. oben). Verschiedene Punkte in den Mitteilungen Correns' verlangen auch Aufklärung. So, ob „weiße" Blüten wirklich chlorophyllfreie Samenanlagen und Eizellen enthalten (vgl. Versuch B. 1909 b). Des- gleichen, ob keine Piastiden in dem Pollenschlauch vorkommen und bei der Befruchtung in die Eizelle gelangen, u. a. m. Die Ver- mutung, daß das Plasma "der Pollenkörner in weißen Blüten „weiß- krank" ist (1909 b, S. 337, Anm.), scheint ziemlich unzureichend begründet zu sein. Wir müssen also schließen, daß die Folgerung Correns', daß (bei der Vererbung) „bei Mirabüis Jalapa albomaeulata der Kern der männlichen Keimzelle allein und nicht auch ihr Plasma wirksam ist", unbewiesen ist. Zugleich muß man sich entschieden gegen die allgemeine For- mulierung der Schlußfolgerung Correns' reservieren. Die Aus- führungen Correns' bezogen sich auf eine einzige „Eigenschaft"! Die Bemerkung Correns', daß der Kern „eine andere Eigen- schaft überträgt, als sein Plasma besitzt" (bei Mirabüis Jalapa o.lbom.), ist dunkel, denn daß der Kern mit dem Plasma identisch wäre, behauptet wohl niemand. Dagegen ist es selbstverständlich, daß dem Kern die Fähigkeit, Chlorophyll direkt zu produzieren, abgeht. Im Zusammenhang hiermit sei bemerkt, daß, wie schon oben angedeutet, die Piastiden eine Sonderstellung in dem Zellenbetrieb einnehmen, und daß daher die Eigenschaften, die an dieselben ge- bunden sind, nicht auf dieselbe Linie mit denjenigen Fähigkeiten der Zelle, die wir gewöhnt sind, „Merkmale" zu nennen, m. a. W. den mendelnden Eigenschaften, zu stellen sind. Die Piastiden teilen sich unabhängig von dem Kern und werden bei der Zellteilung 308 Henrik Lundegärd, nach Zufall den beiden Tocliterz eilen beigegeben. Ferner vermißt man sie in gewissen Zellen, und jedenfalls ist es zweifelhaft, ob sie immer in dem Pollenschlauch vorkommen, und in keinem Falle nachgewiesen, ob Leukoplasten bei der Befruchtung in die Eizelle übergeführt werden. Deshalb verhalten sich Eigenschaften, die an Piastiden gebunden sind, nicht wie gewöhnliche Merkmalspaare bei Bastardierung und Spaltung der Bastarde. Daß aber in einigen Fällen ein typisches Mendeln stattfindet, zeigt, daß die Farbe der Chromatophoren wenigstens in diesen Fällen auch von dem Zustand des Plasmas und des Kerns abhängt^). Sicherlich sind der Zu- kunft noch manche interessanten und wichtigen Ergebnisse auf diesem fast unbearbeiteten Boden vorbehalten. Wir sehen also, daß kein einziger Beweis für die Annahme existiert, daß der Zellkern allein, ohne ihm zugehöriges Plasma, alle Qualitäten einer Zelle (eines Organismus) bei der Fortpflanzung tragen und überführen kann. Dagegen sprechen sowohl Tatsachen wie allgemeine physiologische Erwägungen für die Auffassung, daß Kern und Plasma für die Vererbung gleich wichtig sind, daß die Kausalketten der Anlagen-Eigenschaften sich sowohl über Kern wie Plasma erstrecken, daß eine Anlage gar kein morphologischer Körper zu sein braucht, sondern höchst wahrscheinlich nur ein Gemisch von Stoffen ist, die gesetzlich miteinander verkettet sind, und daß Gruppen von diesen auch sichtbare physikalische Strukturen bilden. Damit ist nichts über die Möglichkeit ausgesagt, daß nicht die Vorgänge, die zur Entfaltung einer Anlage direkt führen, zuerst im Kern ausgelöst werden können, daß nicht im Kern Körper vor- handen seien, die in chemischer Weise gleichsam dirigierend oder richtend auf gewisse plasmatische Umsetzungen der Zelle wirkten. In der Tat spricht vieles für die Wahrscheinlichkeit einer solchen Möglichkeit. Wegen unserer mangelhaften Kenntnisse, die bisweilen nur ein intuitives Beurteilen erlauben, auch weil es über den Rahmen dieses Aufsatzes hinaus gehen würde, muß eine nähere Erörterung hier ausbleiben. Es wäre aber weniger angezeigt, nach den in diesem Aufsatz schon entwickelten Anschauungen diese in dem Kern eventuell existierenden chemischen Körper eben wegen solcher Eigenschaften Träger von „Anlagen" oder „Eigenschaften" zu nennen. 1) Man vergl. Herzu das oben (S. 297 f.) über den vierten Argument 0. Hertwigs Bemerkte. Ein Beitrag zur Kritik zweier Vererbungshypothesen. 309 Denn wenn gewisse Kernstoffe gewisse Umsetzungen im Plasma dirigieren, so bedeutet das, daß sie etwa bei ihrer Spaltung Produkte liefern, die in das Plasma hinaustreten und hier entweder schon vor- handene Vorgänge (enzymatisch) beschleunigen oder als wirkliche, ergänzende Glieder in Stoffwechselketten eintreten. Ohne Plasma können natürlich diese eventuellen Körper nichts zuwegebriugen, denn an sich selber stellen der Kern und die in ihm stattfindenden Umsetzungen nur einen Teil der ganzen Wirkungskette Anlage- Eigenschaft dar, die ihre andere Hälfte in dem Plasma hat und hier in der fertigen, entfalteten Eigenschaft endet. Man erinnere sich auch, daß wir, wie oben gezeigt, nichts anderes wissen, als daß das Plasma individuell ist (S. 290). In einer chemischen "Wirkungskette sind aber alle Glieder gleich wichtig und unentbehr- hch. Wenn wir noch tiefer gehen wollten, würden wir auch in der Tat finden, daß die (hypothetischen) Vorgänge im Kern, die zur Bildung dirigierender Stoffe führen, ihrerseits durch Vorgänge im Plasma ausgelöst worden sind, die ihrerseits wieder durch extra- zellulare Vorgänge, Bedingungen hervorgerufen worden sind. Wenn wir aber gern den Kernstoffen und speziell den Nukleo- proteiden eine Sonderstellung einräumen, so geschieht dies deshalb, weil sie die chemisch kompliziertesten Körper der Zelle sind, Körper, die das Resultat vieler Reaktionen und zusammengesetzter chemi- scher Gleichgewichte sind, und die deshalb, allgemein organisch betrachtet, eine gewisse höhere Wertigkeit besitzen. Mit dem Ge- sagten will ich mich hier begnügen. Wir wiederholen also, was wir bereits im Anfang gesagt haben, daß ein isolierter Kern (wenn ein solcher nun erhältlich wäre), in ein fremdes Plasma gebracht, nicht viel ausrichten kann, wenigstens nicht in spezieller Hinsicht. Denn die vollständige Entfaltung der Anlagen fordert dieselben Reaktionsketten, dasselbe Milieu wie in der alten Zelle, von der er isoliert wurde. Aber wenn nur eine kleine Menge Pollenzellprotoplasma oder Spermatozytenplasma (was wohl in Wirklichkeit immer geschieht) mit dem Kern in die Eizelle übertritt, kann es sich hier fort und fort vermehren und so in nötiger Menge die der Zelle innewohnenden speziellen Fähigkeiten zur Entfaltung bringen. Der Kern ist also nicht einziger Träger der erblichen Anlagen. Kern und Protoplasma zusammen (plus Piastiden) sind die stofflichen Grundlagen der Vererbung. — 310 Henrik Lundegärd, Wir haben uns in unseren bisherigen Ausführungen streng an die eine Sache gehalten, die Hypothese von dem Kern als alleini- gem Träger der erblichen Anlagen zu widerlegen. Wenn man aber die Arbeiten der Verteidiger dieser Auffassung liest, findet man verschiedene Unklarheiten und Abirrungen, die den Kern der Sache häufig trüben. Diese Unklarheiten hängen meistens damit zusammen und beruhen darauf, daß die Grundbegriffe Anlage und Eigenschaft keine genaue Präzisierung erhalten haben. 0. Hertwig sagt in seiner letzten Schrift (1909, S. 15): „Ge- nau genommen bezeichnet man mit dem Wort Anlage in der Ver- erbungslehre doch nicht mehr als die unbekannte, in der Beschaffen- heit der Erbmasse gelegene Ursache oder den unbekannten Grund für eine Erscheinung, welche im Verlauf des Entwicklungsprozesses in einer bestimmten Organisation des Entwicklungsproduktes mit Gesetzmäßigkeit zutage tritt." Gegen eine solche allgemeine Definition kann auch nichts eingewendet werden. 0. Hertwig hält aber nicht lange an seiner Definition fest, nach und nach folgen Einschränkungen, die wegen ihrer unsicheren Begründung und hypothetischen Natur den Anlagebegriff verdunkeln. Die erste fehlerhafte Einschränkung des Begriffs macht 0. Hertwig, indem er ihn mit der Bioblastenhypothese kombiniert. Diese Kombination ist ein Ausschlag des so natürlichen Triebes, jedes Merkmal „mit einem bestimmten materiellen Substrat in Ver- bindung zu setzen". Die meisten Vererbungstheoretiker sind aber diesem Triebe zum Opfer gefallen. Falsch ist es, das Vererbungsproblem, wie Fick (1906) und nach ihm 0. Hertwig (1909) es tun, nur für ein „Lokalisations- problem" zu halten und ich kann 0. Hertwig keineswegs bei- stimmen, wenn er von Vererbung als einer besonderen Funktion der Zelle redet und nach dem Organ dieser Funktion sucht (S. 47). In Zusammenhang hiermit steht die Behauptung 0. Hertwigs, daß „eine ganze Reihe von Zellbestandteilen nicht Träger vererb- barer Anlagen sein können" (S. 48). Diese Auffassung beruht wohl unter anderem auf der scharfen Sonderung zwischen den Be- griffen Anlage und Eigenschaft, die man macht, einem Verfahren, zu dem kein Anlaß vorliegt, und auf eine Vermischung der Begriffe Qualität und Quantität der Zellbestandteile. Hier sind auch zu nennen die Fehlschlüsse, die man gemacht hat, indem man die erstgenannte Begriffssonderung als Basis für verschiedene De- duktionen gebraucht hat (siehe z. B. Boveri 1904 und 1907). Wir Ein Beitrag zur Kritik zweier Vererbungshypothesen. 311 wollen alles dies nicht näher besprechen, unsere obige Beurteilung ist aber die Konsequenz der in diesem Aufsatz kurz entwickelten Anschauungen. Es scheint mir an dieser Stelle geboten, darauf hinzuweisen, daß in der Tat die Auffassung, die in den Schriften 0. Hertwigs, Boveris u. a. verteidigt wird, häufig von den hier entwickelten Ge- dankengängen nicht so sehr zu differieren scheint, wie man geneigt wäre zu glauben. Der leichteren Bewältigung des Stoffes halber habe ich den Hauptsatz der erwähnten Forscher herausgegriffen und gezeigt, daß er unhaltbar ist und in scharfem Gegensatz zu einer allgemeinen, physiologischen Auffassung steht. Nun spricht 0. Hertwig in seiner letzten Arbeit von dem Kern als dem „hauptsächlichen Träger der vererbbaren Anlagen", ja er ist auch willens, „neben der Vererbung durch den Kern auch noch von einer Vererbung durch das Protoplasma" zu sprechen. Ebenso sagt Th. Boveri (1907): „Wenn unter der Vererbungsfrage die Frage verstanden wird, welche im Ei gegebenen Faktoren zusammen- wirken müssen, damit ein neues Individuum von gleicher Art ent- steht wie das elterliche, so ist es selbstverständlich, daß diese Fak- toren jedenfalls zum einen Teil im Protoplasma liegen." Jedoch zeigen die Ausführungen beider Autoren, daß das Grundthema noch dasselbe ist, das wir angegriffen haben, oder sie arbeiten mit un- zureichend begründeten Grundbegriffen. — In den Betrachtungen, die 0. Hertwig im Anschluß an das obige Zitat anstellt, schließt er sich den Ansichten de Vries' (1889) an und glaubt dadurch „den scharfen Gegensatz, der anscheinend durch die Idioplasma- theorie zwischen Kernsubstanz und Protoplasma geschaffen worden ist", ausgeglichen zu haben. Auf die Hypothese de Vries' ist hier nicht der Ort einzugehen, es sei aber bemerkt, daß seine Annahme, daß „Überlieferung eines Charakters und seine Entwicklung ver- schiedene Vermögen sind", daß „die Überlieferung die Funktion des Kerns, die Entwicklung die Aufgabe des Protoplasmas ist", nicht haltbar ist (man vgl. das oben S. 298 Gesagte) ^). 1) Einem aufmerksamen Leser wird es nicht entgehen, daß dieser Punkt, oder all- gemein die Auffassung, daß die Anlage sich im Kern befände, die Eigenschaft sich im Plasma entwickele, Berührungspunkte mit der oben (S. 308) angedeuteten Möglichkeit hat. Denn die „fertige Eigenschaft" befindet sicli meistens im Plasma (S. 290, 298) und es ist, wie zuvor angedeutet wurde, nicht unwahrscheinlich, daß der Kern Stoffe enthält, die als Anfangsglieder der Kausalkette Anlage -Eigenschaft (vgl. S. 298, 308) anzusehen sind. Es ist aber, wie zuvor gesagt, unzulässig, die etwaigen Anfangsglieder „Vererbungsträger" zu nennen. Man vergleiche besonders die Angaben auf S. 297 f. u. 308 f. 312 Henrik Lundegärd, II. Wie schon in der Einleitung bemerkt wurde, haben mehrere Forscher letzterer Zeit ihre Aufmerksamkeit gewissen geformten Bildungen in dem Protoplasma zugewendet. Besonders dank den Untersuchungen an tierischen Objekten hat sich allmählich eine beträchtliche Menge Angaben über solche Strukturen angesammelt, und man hat sie natürlich auch in theoretischer Hinsicht zu ver- werten versucht. Morphologisch betrachtet zeigen sich Plasmastrukturen bei Tieren in mannigfaltigen Gestalten, die jedoch, wie es scheint, häufig recht konstant sind. Es kann natürlich nicht in Frage kommen, auf die reiche Literatur im einzelnen einzugehen ^). Es leuchtet ein, daß diese Strukturen von Morphologen nach ihrem Aussehen, ihrem Habitus benannt und klassifiziert worden sind, während die Physiologen sofort an ihre etwaige Funktion gedacht haben. In erster Linie sind also zu nennen: Mitochondrien, Chon- driokonten (diese beiden von Meves (1908) unter der Benennung Chondriosomen zusammengefaßt), Pseudochromosomen, Zentral- kapseln (siehe Heidenhain 1900), Trophospongien (Holmgren 1901, 1907), apparato reticolare (Golgi 1898). Andererseits hat R. Goldschmidt alle diese Dinge unter einen einheitlichen . physiologischen Gesichtspunkt zu bringen ge- sucht. Desgleichen Popoff und Arnold. Physiologischerseits sind ähnliche Strukturen und Bildungen von R. Hertwig (1902, wo seine früheren Untersuchungen erwähnt) bei Protozoen beobachtet und von ihm im Hinblick auf ihre hypothetische Herkunft mit dem Namen Chromidium (Chromidialsubstanz, Chromi- dialapparat) belegt worden. Seitdem sind Chromidien u. a. von Gold- schmidt (1904, 1909) bei Metazoen, Popoff (1907, 1908), Moroff (1909), Dobell (1909) beschrieben worden. R. Hertwig, Gold- schmidt, Popoff u. a. nehmen bekanntlich an, daß der Chromidial- apparat (dem sie die Mitrochondrien usw. gleichstellen; vgl. oben) nuklearen Ursprungs ist, daß Beziehungen zwischen der Kernplasma- relation und Chromidialmenge bestehen (s. R. Hertwig 1907, 1908, Pop off 1908), oder daß die Menge der Chromidialsubstanz mit 1) Literaturangaben findet man bei Benda (1902), Goldschmidt (1904/1905, 1909), Meves (1908). Ein Beitrag zur Kritik zweier Vererbungshypothesen. 313 der Intensität der Zelltätigkeit zunimmt (Goldschmidt 1904/1905), daß „die Bildung von Chromidien eine Eigentümlichkeit aller stark funktionierenden Zellen sei" (R. Hertwig 1907, S. 23). Ich kann hier nicht auf eine Besprechung der zwei letzteren Anschauungen eingehen. Es scheint mir auch, daß alles, sowohl Tatsachen wie Begriffe, so im Fluß sind, daß es schwer ist, die einzelnen Gesichts- punkte zu rechtfertigen. Ebenso wenig kann hier auf die Annahme vegetativer und generativer Chromidien (Schaudinn, Goldschmidt a. a. 0.) eingegangen werden, da heute noch das experimentelle Material sehr spärlich^) ist (siehe R. Hertwig 1907). Was die Annahme eines nuklearen Ursprungs der Chromidien der Metazoen betrifft, so werden wir nachher Gelegenheit haben, auf sie zurückzukommen. Es leuchtet von vornherein ein, daß man beim Anblick dieser sonderbaren, wechselnden Bildungen gefragt hat: welche Funktion in dem Zelleben üben sie aus? Das Experiment, das das einzige ist, was hierüber hat entscheiden können, ist jedoch nur spärlich benutzt worden, um diese Frage zu beantworten. Nur die Unter- suchungen R. Hertwigs und Goldschmidts bilden einen Anfang auf dem rechten Wege. Natürlich ist es aber außerordentlich schwierig, diese Strukturen direkt experimentell anzugreifen. Goldschmidt hat gefunden, daß der Gehalt an Chromidium mit der Funktionsintensität der Zelle bei Ascaris zunimmt. Hier- gegen kann nichts eingewendet werden. Dagegen müssen Ver- allgemeinerungen dieses Ergebnisses sehr vorsichtig aufgenommen werden (siehe unten S. 324). Nebst R. Hertwig nimmt nun Goldschraidt auch an, daß das Chromidium von dem Chromatin des Zellkerns stammt und von da aus regeneriert wird, und er homologisiert den Chromidial- apparat mit dem Makronukleus der Infusorien (siehe auch Hertwig 1907). Dabei stützt er sich ausschließUch auf morphologische Be- funde, die allerdings eine solche Annahme zu stützen scheinen, aber eigenthch nichts Entscheidendes bringen oder gar bringen können. Daß die Chromidien vorzugsweise um den Kern herum ge- lagert sind und sich sogar der Kernmembran anschmiegen, wie einige der Goldschmidtschen Figuren zeigen (a. a. 0. 1904, siehe auch 1909, S. 109), braucht nicht notwendigerweise zu bedeuten, daß „es sich um Chromatinpartikel handelt, die aus dem Kern aus- 1) In einer demnächst erscheinenden Arbeit über die Morphologie und Mechanik der Kern- und Zellteilung werde ich näher auf die erwähnten Anschauungen eingehen. 314 Henrik Lundegärd, treten und für die Bildung der Chromidien wesentlich sind", wie Goldschmidt (1904) sagt. Die Zellenphysiologie bringt uns viele Beispiele einer Anziehung verschiedenwertiger, geformter Zellenbestandteile, ohne daß es sich um solch eine enge Kausalität handelt. So haben u. a. Korscheit (1887, 1889) und Haberlandt (1887) gefunden, daß der Kern vorzugsweise an dem Ort stärkster Umsetzung innerhalb der Zelle ge- lagert ist. Berthold (1886) erwähnt viele Beispiele ähnhcher sym- metrischer Plazierung der Chloroplasten, und daß die Leukoplasten häufig um den Kern gelagert sind oder so durch die Einwirkung des Fixierungsmittels plaziert werden, werden wir unten sehen. Auch kennen wir Fälle von Anziehungen zwischen Kernen oder ganzen Zellen. Solches beruht auf Chemotaxis; zwei Körper ziehen sich chemotaktisch an, wenn sie irgendwelche stoffliche Beziehungen zueinander haben, wenn der eine Körper z. B. einen Stoff ab- sondert, der von dem andern absorbiert und verarbeitet wird. Die eigentümliche Plazierung der Chromidien kann also auch so gedeutet werden, daß sie Körper sind, die in Stoffaustausch mit dem Kern stehen. Worin diese Beziehungen bestehen, kann natür- lich nur experimentell ermittelt werden. In seinem letzten Aufsatze (1909) glaubt Goldschmidt einige einwandsfreie Beweise für den nuklearen Ursprung der Chromidien zusammengebracht zu haben. Er erwähnt so Angaben und Ab- bildungen in den Arbeiten von R. Hertwig (1908), Popoff (1906), Goldschmidt und Popoff (1907), Wassilieff (1907), Buchner (1909) und Moroff (1909). Nun, alle diese neueren Befunde und auch die meisten älteren Angaben über Chromatinaustritt beziehen sich auf topographische Verhältnisse in fixierten Präparaten. Zunächst sei hervorgehoben, daß man sich nur sehr vorsichtig über die Naturtreue der Strukturbilder in fixierten Präparaten äußern darf. Unsere eigenen im zweiten Teil dieser Arbeit ange- führten Untersuchungen beweisen dies auf eklatanteste Weise '). 1) Duesberg (1910, S. 651, Anm. 1) bemerkt auch, daß unter den Präparationen Popoffs, „seules celles qui ont ete traitees par le liquide de Petrunkewitsch, fixa- teur que raon experience personnelle nie porte ä considerer conime tres niedioere et donö d'un pouvoir rectractant considerable, montrent des fapports intimes entre les ,cbromidies' et le contenue du noyau", während „ses figures 109 k 113 et 114 ä 116 qui reproduisent des preparations ä la methode de Sjövall et ä la m^tbode de Knopsch (1902), me- thodes que je ne connais pas personnellement, mais qui paraissent couvenir pour la mise eu evidence des Clements mitochondriaux, ne montrent rien de semblable". Ein Beitrag zur Kritik zweier Vererbungshypotheseu. 315 Außerdem sei bemerkt, daß Albrecht (1902) kurz mitgeteilt hat, daß experimentell hervorgerufene „chemische Artefakte", systema- tisch verwendet, manche Erscheinungen in fixierten Objekten er- klären können. So nennt er „flaschenförmige Ausziehung des Nukleolus und Einfließen seiner Substanz in die Kernoberfläche", „reichliche Erzeugung von Kernsprossungen", „Bildung oberfläch- licher Chromatinausfällungen" usw. Hieran sei gelegentlich solcher Bilder wie der z. B. von Goldschmidt (1909) in seiner Text- figur C reproduzierten erinnert. Aber auch gesetzt den Fall, daß diese örtlichen Verhältnisse (z. B. in den Figuren Goldschmidts 1904, Jörgensens 1910) auch im Leben vorkommen, so können sie doch nicht das be- weisen, was Goldschmidt u. a. wollen. Schon oben haben wir eine viel natürlichere Erklärung ähnlicher Lagebeziehungen ange- deutet. Im folgenden werden wir die Unvereinbarkeit der Chro- midiumbildungshypothese mit physiologischen Tatsachen nachweisen. Von chemischen und physikalischen Gesichtspunkten aus muß es als an und für sich recht unwahrscheinlich bezeichnet werden, daß echtes Chromatin (also Nukleoproteide usw.) aus dem von einer Membran umgebenen Kern heraustreten und selbständige Körper im Plasma bilden könnte. Besonders gilt dies für trophisch funktionierende Zellen. In Muskelzellen, wie bei Ascaris in Tetanus (Goldschmidt 1904), ließe es sich vielleicht denken, daß Chro- matinpartikel rein mechanisch herausgeschleudert werden könnten. Andernfalls kann ein Heraustreten von Chrom atintröpfchen nur eintreffen, wenn eine Repulsion zwischen Partikel und Kern (durch chemische Veränderungen hervorgerufen), oder eine An- ziehung zwischen Chromatin und Plasma herrscht ^), die die mecha- nischen und kapillarenWid erstände bei der Membran überwinden kann. Wir wissen aus Erfahrungen bei abnormer Kernteilung, daß ins Plasma isolierte Chromosomen oder Kernfragmente Kleinkerne bilden, d. h. teilweise aufgelöst (vakuolisiert) werden und sich mit einer Membran umgeben ^). Sind die Zwergkerne hinreichend klein, so degenerieren sie allmählich. In der normalen Anaphase bei gewissen Tieren bilden die Chromosomen Teilkerne, die nachher verschmelzen (Karyomeren). 1) Beide Vorgänge wohl praktisch gleichzeitig. 2) Aus der Literatur greife ich heraus: Juel (1897), Hacker (1900), N6mec (1904), Strashurger (1907), Schiller (1908), Rosenherg (1909). 316 Henrik Lundegärd, Solche Zwergkerne entstehen nur, wenn die alte Kernmembran aufgelöst ist, und das Phänomen beruht auf mangelnder Anziehung zwischen den isolierten Kernteilen. Das Charakteristische für das morphologische Verhalten dieser Bildungen ist, daß sie immer rund sind und eine vakuolige, kernähnliche Struktur haben (siehe z. B. unsere Taf. VII, Fig. 17). Außerdem können Kleinkerne durch Fragmentierung ruhender Kerne entstehen, aber nur pathologisch. Sie erhalten auch dann die ebenerwähnte Struktur (vgl. unsere Taf. VI, Fig. 2, 5). Das Phänomen beruht wohl in diesen Fällen auf plötzlicher Änderung der Grenzflächenspannung zwischen Kern und Protoplasma (vgl. zweiten Teil). Was nun das Aussehen der Chromidien betrifft, so gleichen sie nicht den Klein- oder Zwergkernen. Sie sind meistens körn- chen-, Stäbchen- oder wurstartig. Eine Chromatinmasse, die in das Protoplasma kommt, wird hydrolysiert, chemisch aufgelöst. Eben daher wird sie zu einem Zwergkern, ehe sie verschwindet, ebenso wie der normale Kern durch Vakuolisierung der zusammengehäuften Tochterchromosomen entsteht. Jede Protoplasmapartikel und jede Kernpartikel ist einer allmählichen Spaltung (Hydrolyse, Autolyse) unterworfen, die nur durch stetige Regeneration kompensiert oder überkompensiert werden kann. Die Regeneration oder Synthese von chromatischer Substanz (Nukleoproteiden usw.) kann erfahrungsgemäß nur im Kern geschehen. Daß Zwergkerne im allgemeinen dem Untergang geweiht sind, beruht wohl darauf, daß der Quotient Oberfläche zu Volumen eine zu große Zahl ist. Auch die Chromidien zeigen Auflösungserscheinungen, jedoch kann eine solche Übereinstimmung nicht viel bedeuten (vgl. S. 323). Wenn normalenfalls aus ruhenden (membranumgebenen) Ker- nen Chromatintröpfchen von innen nach außen in das Protoplasma auswanderten, müßte erstens die Membran (wenn nun eine solche existiert, was wohl meistens wahrscheinlich ist) lokal aufgelöst oder zerrissen werden, zweitens die Grenzflächenspannung ebenfalls lokal erniedrigt werden. Was eine lokale Auflösung oder Zerreißung der Membran angeht, so ist etwas Ahnliches meines Wissens nie an runden, ruhenden Kernen beobachtet worden. Korscheit gibt jedoch an (1887, 1889), daß an den pseudopodienähnlichen Fort- sätzen gewisser tierischer Sekretzellen die scharfe Begrenzung, die der Kern sonst zeigt, mehr oder weniger vollständig fehlen soll. Ein Beitrag zur Kritik zweier Vererbungshypothesen. 3 1 7 Dieser Punkt ist jedoch weniger wiclitig, da wohl eine Freimachung von Chroraatinteilen sich am wahrscheinUchsten wie ein Ab- schnürungsvorgang von Pseudopodien denken ließe. Eine lokale Erniedrigung der Oberflächenspannung des Kerns würde unfehlbar in der Entstehung eines Pseudopodiums resultieren. In diesem Falle würde ein solcher Vorgang unterstützt werden durch die chemotaktische Anziehung zwischen Plasma und Chro- matin. die wohl besteht, der vorzugsweisen Lagerung der Pro- chromosomen, Spiremschlingen usw. an der Kernoberfläche nach zu urteilen. Damit die solcherweise in den Ausbuchtungen der Kern- peripherie liegenden Kernteile frei würden, wäre es notwendig, daß die physikalische Konsistenz der Pseudopodien so verändert würde, daß die Plüssigkeitssäule des Pseudopodiums in labiles Gleich- gewicht geriete, um dann in Tröpfchen zu zerfallen. Dieser letztere Vorgang braucht nur als Fortsetzung der pseudopodienbildenden Prozesse gedacht werden. Ist nun ein solcher Freimachungsvorgang von kleinen Teilen einer tropfenähnlichen, lebenden Masse in der Natur beobachtet worden? Ja, bei Rhizopoden hat man einen ähnlichen Zerfall von Pseudopodien gesehen, aber nur unter anormalen Bedingungen, wie bei Erschütterung, Sauerstoffmangel, elektrischer Reizung. Bei Kernen ist aber etwas Ahnliches meines Wissens niemals be- obachtet worden, sowohl unter normalen wie abnormen Bedingungen. Pseudopodienbildungen von der Kernoberfläche aus hat man recht häufig gesehen. Meistens sind sie nur breit und stumpf, so daß der ganze Kern ein gelapptes Aussehen annimmt, bisweilen sind sie aber zart und dünn und setzen sich nur mit kleiner Basis an der Oberfläche an. Ich verweise auf die Abbildungen van Bambekes (1897) und Korscheits (1887, 1889 [auch Korscheit und Heider, Lehrb. d. vgl. Entwicklgs.- Gesch., I, S. 361, Fig. 218]). In solchen Fällen glaubt man auch während der Entwicklung des Eies verschiedener Insekten und Amphibien nachgewiesen zu haben, wie knospenartige kleine Teile vom Keimbläschen sich loslösen und im Ooplasma verteilen sollen '). Diese losgelösten Teile sollen dann zum Aufbau des Dotters usw. dienen. 1) Literaturangaben findet man bei Korscheit und Heider, (a. a. 0., S. 258, 268). Es scheint aber nach diesen Verfassern, als ob diese Angaben zum Teil recht zweifelhaft wären. Jahrb. f. wiss. Botanik. XL VIII. 21 318 Henrik Lundegärd, Der von uns geschilderte Vorgang wäre nun der einzig denk- bare Verlauf, wenn es sich um Hinübertreten von Chromatintröpf- chen in das Protoplasma handelte (sofern sie nicht mechanisch herausgeschleudert werden, vgl. S. 315). Gegen die soeben er- wähnten Angaben über nach Pseudopodienbildung folgende knospen- artige Abtrennung größerer oder kleinerer Bruchstücke des Keim- bläschens des unreifen Eies kann daher vom allgemeinen physiologi- schen Gesichtspunkt aus nichts eingewendet werden. Die freige- machten Kernteile (Chromatinkörner usw.) sollen nach den Autoren in Zusammenhang mit dem Anwachsen des Dotters verschwinden, was mit unseren obigen Auseinandersetzungen in Einklang steht. Diese Angaben können daher nicht für die Chromidienlehre in Be- tracht kommen. Wie verhält es sich nun aber in den von Goldschmidt und anderen Verfassern herangezogenen Fällen? Die Abbildungen der Verfasser geben keine Anhaltspunkte für die Annahme eines nuklearen Ursprungs der Chromidien. Man kann in den Figuren keine Spur von Pseudopodienbildung entdecken. Der Kern ist rund, und die Kernmembran besitzt keine Ausbuchtungen, die auf ein Auswärtsstreben der Chromatinteile deuten könnten. Ein Aus- treten von Chromatin wäre unter den in den Figuren gegebenen Bedingungen völlig unverständlich. Die natürliche Erklärung der erwähnten Lagerungsverhältnisse der Chromidien würde nach dem oben mitgeteilten die sein, daß diese durch irgendwelche Absonderungs- oder Umsetzungsprodukte in stoffhcher Beziehung zu dem Kern stehen; daß sie also chemo- taktisch an den Kern gezogen werden. Daneben kann, wie oben ebenfalls erwähnt, die Fixierung an vielen dieser Umlagerungen Schuld sein. Sehr interessante und instruktive Beispiele an ähnlichen Ver- lagerungen, Lagebeziehungen und Deformationen im Leben anders gestalteter Körper werden wir in dem zweiten Teil dieser Arbeit in den Wurzelmeristemzellen bei Vic/a faha finden. — Popoff (1908, S. 364f.) denkt sich die Freimachung von chromatischer Substanz (in der Synapsis) folgendermaßen. Der Kern kommt durch die starke Flüssigkeitsaufnahme in diesem Stadium „allmählich in einen prallgefüllten Zustand. Die Kernmembran wird dadurch außerordentlich stark gedehnt." „Die stark gedehnte Kernmembran wird nicht mehr dem inneren Druck Widerstand Ein Beitrag zur Kritik zweier Vererbungshypothesen. 319 leisten können. An den nachgiebigsten Stellen werden sich kleine Risse bilden, durch welche die unter hohem Druck stehende Kern- fliissigkeit nach außen entweichen wird" usw. Demgegenüber laßt sich folgendes einwenden. Die Kernmembran ist höchst wahr- scheinlich eine sog. Niederschlagsmembran oder eine Grenzfiächen- haut; wenn also etwaige Risse entstehen würden, würde sofort neue Membran gebildet werden (etwa wie bei der Regeneration der Plasmahaut) ^). Denn in der Syna^isis haben nicht die membran- auflösenden Tendenzen, die die Metaphase einleiten, die Oberhand gewonnen. Also können keine „Risse" entstehen (man vgl. die Dehnbarkeit der Haut bei Pseudopodienbildung und Fragmentation). Ferner hat die Kernflüssigkeit Oberflächenspannung, was ein diffuses Herausströmen unmöglich macht. Alle Erfahrung spricht gegen die Annahme einer stark „gespann- ten" Kernhaut. Mit einer solchen Annahme als Ausgangspunkt würden Goldschmidt und seine Anhänger, Popoff, Tischler, Derschau (siehe unten) die Chromatinaustritthypothese verteidigen können. Denn wenn man annimmt, daß die Kernmembran gleich einer elastischen Haut so stark gespannt wäre, daß ihr Druck auf die Kernflüssigkeit die Oberflächenspannung lokal überwinden könnte, m. a. W., wenn sich der Kern wie ein gespannter, mit Flüssigkeit gefüllter Gummiball verhielte, so ist es selbstverständlich, daß bei kleinen „Rissen" oder „Löchern" in der Membran die Kernflüssig- keit in kleinen Tröpfchen nach außen entweichen würde, sodaß also solche Bilder entständen, wie man sie bei den zitierten Autoren findet. Nun ist es aber unrichtig, den Kern mit einem Gummiball zu vergleichen, die Kernmembran als sehr gespannt und elastisch an- zunehmen. Jedenfalls können meines "Wissens keine positiven Be- weise für eine solche Auffassung vorgeführt werden, Abgesehen davon, daß einige Forscher keine Kernmembran annehmen, wie Pfitzner (1881), Retzius (1881), Metzner (1894), Albrecht (1903), spricht im Gegenteil alles dafür, daß in den Fällen, wo eine solche wirklich existiert, diese als eine weiche, nachgiebige, halbflüssige Schicht aufgefaßt werden muß"). Ich erinnere nochmals an die mancherlei Gestaltsveränderungen des Kerns, die bei der 1) Unter gewissen Umständen ist jedoch ein Platzen der Kernnienibran und Aus- treten des Kerninhalts observiert worden (unter Einwirkung von Reagentien und auch bisweilen normal, wie z. B. im tierischen Ei). 2) Ausgenommen in einigen speziellen Fällen, vgl. Anm. 1. 21* 320 Henrik Lundegärd, Annahme einer gespannten Haut unverständlich sind. Aller Wahr- scheinlichkeit nach kann mau die Kernmembran auf dieselbe Stufe mit den Niederschlagsmembranen Traubes oder den Peptonhäuten Metcalfs stellen. In seiner letzten Arbeit (1909) teilt Goldschmidt ein paar Figuren nach Jörgensen mit, die er als „wohl das glänzendste Beispiel, das mir bisher zu Gesicht gekommen ist" bezeichnet (a. a. 0. 1909, Textfig. B). Ahnliche Bilder, wie diese Jörgensens, habe ich in den Zellen der Wurzelspitze von AUlum cepa gesehen. Sie sind in Textfig. 1 wiedergegeben. Solche Kerne, wie diejenigen in Textfigur 1 a, sieht man relativ häufig in den Präparaten. Die Ausstülpung kann durch die Fixierung hervorgerufen sein. Ahn- Ti'xtfig. 1 a 11. b. Zwei Zellen aus der "Wurzelspitze von Allium Cepa. Flemniings Fixierung. Safranin-Gentian violett, '/ic I-eitz. liehe Fälle seitlicher Deformationen des Kerns haben verschiedene Forscher beschrieben, und man hat sie zu den Fixierungsartefakten gezählt. Daß der Nukleolus in der Ausstülpung liegt, ist Zufall. In diesem Falle ist es aber auch möglich, daß der herausgeworfene Teil durch das Messer beim Schnitt mitgerissen wurde, weil er in einer der Schnittebenen lag. Man bekommt ja nicht selten Bilder mit durch den Messerschnitt deplazierten Chromosomen usw. Ich habe, weil alle reellen Anknüpfungspunkte fehlten, niemals die Auf- Ein Beitrag zur Kritik zweier Tererbungshypothesen. 321 fassung gehegt, daß es sich hier um einen normalen Chromatin- austritt handelte. Etwas merkwürdiger ist jedoch die in Texttig. 1 b gezeichnete Zelle. Man vergleiche sie mit der nach Jörgensen reproduzierten, Goldschmidt 1909 Textfig. Bb! Wir sehen in Textfig. Ib einen Kern in ziemlich frühem Spiremstadium. Links scheint die Mem- bran an einer Stelle aufgelöst zu sein, jedenfalls ist sie nicht deutlich wahrnehmbar. Dieser Stelle gegenüber liegt im Proto- plasma ein kleiner, spiremartiger Knäuel, an dem jedoch keine deutliche Membran zu unterscheiden ist. Alles macht also den Eindruck, als ob ein Teil der Spiremfäden im großen Kern in das Plasma hinübergetreten ist. Ich kann hinzufügen, daß es sich hier mit Sicherheit nicht um eine mechanische Herausreißung beim Schneiden handelt, denn der beobachtete kleine Knäuel lag etwa in der Medianebene des Schnittes. Wie diese merkwürdige Er- scheinung entstanden ist, kann ich nicht sagen. Wichtig ist aber, daß ich unter zahlreichen normalen Präparaten, unter tausenden von Zellen, nur einen einzigen solchen Fall gesehen habe ^). Nach den Angaben Goldschmidts scheint es, als wenn auch Jörgen- sen in seiner Praktik nur einem einzigen solchen Fall begegnet ist (a. a. 0. 1909, S. 110). Ist nun gerade ein Ausnahmefall geeignet, das Zustandekommen einer als normal bezeichneten Zellerscheinung zu beleuchten, wenn man weiß, daß die Natur in großem Maßstabe operiert, und sich nicht viel um Mißglücktes bekümmert? Ganz neulich ist eine Arbeit von Jörgensen erschienen, in der er unter einer großen Menge schöner Abbildungen einige Figuren hat, die einen Chromatinaustritt ganz besonders gut illu- strieren sollen. Man wird seine Aufmerksamkeit den Figg. 47 bis 50 der erwähnten Arbeit zuwenden (a. a. 0. 1910, Taf. XII). Von den Figuren 48—50 gilt dasselbe wie für die früher von anderen Autoren veröffentlichten. Sie können aus den oben angeführten Gründen nichts beweisen. Um die schlechte Beweiskraft solcher „Anlagerungsbilder" noch einmal zu zeigen, brauche ich nur auf meine eigenen Zeichnungen (Taf. VI — VIII) hinzuweisen. Sehen wir nicht in ihnen besonders 1) Die Präparate sind nämlich zwecks einer eingehenden Untersuchung über Kern- teilung, die demnächst publiziert werden soll, angefertigt und folglich sehr genau gemustert worden. Ich habe dabei stets eigentümlich aussehende Zellen im Gedächtnis behalten. Die Jörgen senschen Figuren riefen in mir unwillkürlich die Erinnerung an eben die erwähnten Fälle wach. 21** 322 Henrik Lundegärd, scliöne Fälle von Anlagerung chromatisch erscheinender Körper an die Kernmembran, und doch werden wir in dem zweiten Teil dieser Arbeit finden, daß es sich hier um durch verschiedene Mittel de- formierte und deplazierte Leukoplasten handelt! Wir finden auch hier „an der Außenseite der Kernmembran, ihr dicht angelagert, lange wurstförmige, intensiv mit Safranin, Boraxkarmin und Eisen- hämatoxylin sich färbende Gebilde" (Jörgensen 1910, S. 179); man vergleiche im besonderen Textfig, 2 (S. 330) u. 3 (S. 334). In seiner Fig. 47, Taf. XII ist es Jörgensen gelungen, „eine Art Fortsetzung des außerhalb des Kerns liegenden Chromidialstranges in das Innere des Kerns festzustellen". Es muß bemerkt werden, daß, wenn diese Angabe stichhaltig ist, Jörgensen etwas sehr Merkwürdiges entdeckt hat. Jedoch, wie weit kommt man mit einem Falle, wenn man nur fixiertes und gefärbtes Material benutzt. Nach unseren obigen Aus- einandersetzungen muß es aber als sehr unwahrscheinlich betrachtet werden, daß ein wirklicher Chromatinaustritt unter in dieser Figur angegebenen Verhältnissen geschehen würde. Es ist vielleicht nicht ganz überflüssig, zu bemerken, daß es in der Tat sehr schwierig ist, zu konstatieren, ob eine der Kernmembran anliegende, gefärbte Schlinge wirklich nur anliegend ist, oder ob sie z. T. innerhalb des Kerns liegt. Ich habe dies wiederholt bei meinen Präparaten erfahren. Jedoch ist es mir gelungen, nachzuweisen, daß die Schlingen z. B. in den Textfig. 2 (S. 330) und 3 (S. 334) vollständig anliegen (in den Figuren sind mehrere Gesichtsfelder eingetragen, man lasse sich dadurch nicht verwirren! Daher sind neben den erwähn- ten Figuren schematisierte optische Querschnittbilder gezeichnet). Auch von morphologischer Seite hat man sich gegen die An- gaben über Chromatinaustritt unter den erwähnten Verhältnissen gewandt. Ich begnüge mich hier damit, auf die Arbeiten von Sjövall (1906), Veidovsky (1907), Meves (1908), Duesberg (1910), Dingler (1910) zu verweisen. Nach alledem müssen wir also sagen, daß die Hertwig-Gold- schmidtsche Chromatinaustrittshypothese keine reellen Stützen hat'). 1) Ich habe hier namentlich die Angaben über Metazoen im Auge. R,. Hertwig und viele andere haben vornehmlich mit Protozoen gearbeitet. Die Verhältnisse sind hier viel komplizierter und es scheint sich häufig um ganz spezielle Erscheinungen zu handeln. So erinnere ich daran, daß nicht selten eine multiple Kernteilung in der Weise statt- findet, daß die alte Kernbegrenzung verschwindet, wobei das Chromatin in das Plasma zerstreut wird, um sich dann in vielen Anhäufungen wieder zu sammeln, welche Anlaß zu neuen Kernen geben. Es ist daher unzulässig, an Protozoen gewonnene Erfahrungen ohne weiteres auf die Metazoen zu übertragen. Ein Beitrag zur Kritik zweier Vererbungshypothesen. 323 Es existieren keine aufrecht zu erhaltenden Beweise für den nu- klearen Ursprung der Chromidien der Metazoen. Die morpholo- gischen Befunde haben wir besprochen, andere, chemische Belege für die Übereinstimmung der Chromidialsubstanz mit dem Chromatin des Zellkerns werden nicht angeführt (färberische Verhältnisse können nichts beweisen, vgl. Teil II). Keineswegs will ich aber verschweigen, daß es, wie schon oben angedeutet, einen Punkt in -dem Verhalten der Chromidien gibt, worin sie mit isolierten Chromatinmassen übereinstimmen. Gold- schmidt (1904) sowie Goldschmidt und Popoff (1907) geben an, daß die Chromidien Auflösungserscheinungen zeigen. Sie de- generieren zuweilen, vakuolisieren sich und werden aufgelöst (Gold- schmidt 1904, S. 55). Dasselbe tun, wie oben gesagt, isolierte Chromosomen und kleine Kernfragmente. Dennoch zeigen de- generierende Chromidien ganz andere Strukturverhältnisse wie auto- lysierte Chromatinhäufchen. Auch sind zahlreiche andere Fälle bekannt, in denen allerlei Zellstrukturen degenerieren, z. B. Chro- matophoren (Tröndle 1907), wenn ihre Funktionen geschwächt werden, oder ein Mißverhältnis zwischen ihnen und dem Ernährungs- leben der Zelle eintritt (man vergleiche die Auflösung der Stärke z. B.), davon berichtet häufig die allgemeine Physiologie. Daß nicht viel auf solche Analogien gebaut werden kann, geht schon aus den eigenen Untersuchungen Goldschmidts und Pop off s hervor. Diese sprechen nämlich (a. a. 0. 1907) von „Identität des spongiösen Centrosoms von Actinosphaerium mit den Chromidien bei Paludina und Helix^^ und führen hierfür u. a. den Beleg an, daß „beide sich nachträglich in Plasma auflösen". — Wenn wir oben darauf hingewiesen haben, daß der nukleare Ursprung der Chromidien in den erwähnten Fällen unbewiesen ist, so wollen wir doch keineswegs leugnen, daß für einige Fälle, wie für das wachsende Ei (vgl. S. 317)'), Angaben existieren, die auf reelle Knospungserscheinungen, bei denen kleine Stücke des Kerns abgetrennt werden, hindeuten^). Vielleicht wird es gelingen, Pseudo- podienbildungen usw. in anderen Fällen nachzuweisen, es scheint aber weniger wahrscheinlich. Eine neue Schwierigkeit würde sich 1) In der neuen Arbeit Schaxels (1910) finde ich keine einwandfreien Beweise, keine Angaben über Pseudopodienbildung usw. 2) Einwandsfrei sind aber auch nicht viele dieser Angaben, und in keinem Falle ist nachgewiesen, daß die isolierten Kernteile „Chromidien" bildeten. 324 ' Henrik Lundegärd, dann noch dadurch eröffnen, daß die Identität der Kernknospen mit den isoherten „Chromidien" schwer zu beweisen wäre. Allem Anschein nach sind die unter dem Namen „Chromidium" be- schriebenen Plasmaeinschlüsse außerordentlich mannigfaltige Dinge (vgl. unten S. 361). In den wenigen Fällen, wo Avirkliche Abgabe von Kernsubstanz an das Plasma stattfindet, scheinen die frei- gemachten Teile zu verschwinden (zum Aufbau des Dotters zu dienen, wie die meisten Autoren annehmen). Zu der von Goldschmidt entwickelten Lehre von den Chromidien muß im Hinblick auf die letzte Arbeit dieser Forscher folgendes bemerkt werden. Mit Verallgemeinerungen ist immer, und nicht zum mindesten in der Biologie, sehr vorsichtig zu operieren. Goldschmidt sucht schon 1904 und noch entschiedener jetzt (1909) seine Befunde an Äscaris^) (s. oben) so zu generalisieren, daß sie für die ganze Organismenw^elt gelten sollen. Er sagt so (a. a. O. 1909, S. 106): „Die Lehre vom Chromidialapparat lebhaft funktionierender Ge- webszellen besagt ganz allgemein, daß alle lebhaften Stoffwechsel- vorgänge sowohl wie formativen Fähigkeiten der Zelle eingeleitet werden durch Austreten von Kernchromatin ins Plasma, wo dann das Chromatin entweder direkt durch chemische Umwandlung oder indirekt durch Lieferung der bei seinem Zerfall freiwerdenden Energie den betreffenden Stoffwechsel- oder formativen Vorgang ermöglicht". Gegen das, was Goldschmidt wirklich gefunden hat, daß gewisse Plasmabestandteile bei Ascaris bei erhöhter Tätigkeit der Zellen vermehrt werden, soll nichts eingewendet werden. Alles übrige in dem zitierten Ausspruch ist unrichtig oder unbewiesen. Unbewiesen ist die Annahme von Chromatin austritt, unrichtig ist die Verallgemeinerung des Ascrtr/s- Befundes. Man muß mit aller Schärfe gegen eine solche Lehrenfabrikation opponieren, und zwar umso mehr, als es immer kritiklose Menschen gibt, die den rechten Wert solcher mit entschiedener Sprache hingestellten Thesen nicht aufzudecken vermögen. Ich deutete schon vorher in diesem Aufsatze an, daß die er- wähnten Protoplasmastrukturen von morphologischer Seite Gegen- stand theoretischer Spekulationen gewesen sind, von ganz derselben Art wie die widerlegte Hypothese von dem Kern als Vererbungs- 1) E. Reicbenow (1908) hat ähnliche Beobachtungen an dem Anurendarni gemacht. Ein Beitrag zur Kritik zweier Vererbungshypothesen. 325 träger. Es sind Ben da, Meves und Duesberg, vornehmlicli Meves, die in mehreren Arbeiten die Auffassung verteidigt haben, daß die Chondriosonaen (Mitochondrien, Chondriokonten) „Träger von erbUchen Eigenschaften" neben dem Kern seien. Oben haben wir an einigen Stellen eine allgemeine physio- logische Betrachtungsweise über die Zelle benutzt, um uns eine sichere Basis bei unseren Ausführungen zu schaffen. Wir gingen also davon aus, daß Anlage und Eigenschaft keine scharf ge- sonderten Begriffe sind, sondern daß die Eigenschaft sich nur quantitativ von der Anlage unterscheidet, m. a. W., daß die Anlage eine chemisch -physikalische Wirkungskette ist, dessen Reaktionen praktisch stillstehen, daß die Entfaltung dieser Anlage durch eine Beschleunigung des Stoffumsatzes in derselben Wirkungskette be- wirkt wird, und daß die „Eigenschaft" eben durch das quantitative Auftreten von gewissen Produkten dieser Wirkungskette zustande kommt. Wir erwähnten auch an einer Stelle, daß der Kern möglicher- weise oder sogar wahrscheinlich Körper enthält, die wegen ihrer hohen Komplizierung bei Spaltung viele Produkte liefern, welche (in enzymatischer Weise oder durch gewöhnliche Umsetzungen) auf gewisse Reaktionen im Plasma wirken, m. a. W., daß die Entfaltung der Eigenschaft vielleicht zuerst im Kern beginnt. Wir bemerkten aber zugleich, daß nichts uns berechtigt, diese eventuell vorhandenen Körper (die wohl mit den Nukleoproteiden identisch wären) „Ver- erbungsträger" zu nennen. Wenn wir also den Titel „Vererbungsträger" den Kernstoffen (dem Chromatin) versagen, versteht es sich von selbst, daß wir ihn auch nicht den Mevesschen Strukturen verleihen können. Meves bemerkt in seiner letzten Arbeit (a. a. 0. 1908): „In- dem ich den Chondriosomen eine wichtige Rolle bei der Über- tragung erblicher Eigenschaften zuschreibe, denke ich nicht daran, ihnen die vererbende Kraft allein zu vindizieren und sie dem Kern abzusprechen. Meine Meinung geht vielmehr dahin, daß die Ver- erbung durch Protoplasma und Kern zusammen bewirkt wird. Die Qualitäten des Kerns werden durch die Chromosomen übertragen, diejenigen des Plasmas durch die Chondriosomen." Unzweifelhaft ist Meves im vollen Rechte, wenn er nicht, wie die Verteidiger des „Vererbungsmonopols des Kerns", dem Zyto- plasma allen Anteil an der» Vererbung abspricht, aber in seinem Eifer, die genannte Auffassung zu bekämpfen, schlägt er in das 326 Henrik Lundegärd, entgegengesetzte Extrem hinüber und begeht dabei denselben Fehler wie seine Gegner. Die Verteidiger der Hypothese von dem Kern als Vererbungs- träger hatten jedoch verschiedene Gründe für ihre Auffassung, Gründe, die, wenn sie nun auch nicht haltbar waren, doch sinn- reich an Zusammentreffen gewisser Umstände anknüpften. Meves dagegen hat für seine Hypothese keine anderen Belege als das bloße Vorkommen von besonders geformten Strukturen in dem Protoplasma. In derselben Weise könnte man behaupten, daß die Piastiden der Pflanzenzelle „Vererbungsträger" des Protoplasmas wären. Meves' Hypothese fußt auf denselben unrichtigen und ein- seitigen Vorstellungen von der Konstitution der Zelle, die wir oben angegriffen haben. Mit Vererbung meinen wir ja im allgemeinen das Verhältnis, daß die Abkömmlinge eines Individuums diesem in jeder Quali- tät ähneln^). Unter Fortpflanzung, welcher Begriff ja mit dem der Vererbung eng verknüpft ist, verstehen wir den Akt, durch welchen alle chemischen Eigentümlichkeiten einer Zelle, eines Indi- viduums auf die Nachkommen der Zelle, des Individuums über- tragen werden^). "Wie steht es nun mit dem Wort „Vererbungsträger"? Nach unseren eigenen Auseinandersetzungen muß dieses Wort als wenig geeignet betrachtet werden, denn es paßt schlecht zu den Begriffen, die wir von den „stofflichen Grundlagen der Vererbung" haben. Ich stimme Johann sen (1909) bei, daß es besser ist, dieses Wort zu vermeiden, zudem es ziemlich überflüssig erscheint. Denn bei dem jetzigen Stand der Biologie können wir unsere Vorstellungen von dem, was die sichtbaren Eigenschaften im Inneren der Zelle bedingt, nicht näher präzisieren, als daß die „Eigenschaft" das Resultat der Wirksamkeit einer chemisch-physikalischen Wirkungs- kette ist. Diejenigen, die ohne Berücksichtigung der allgemeinen Physiologie es versucht haben, dieses Etwas, das den Grund der Eigenschaft in sich trägt, näher zu bestimmen, sind in das tote 1) Daß Individuum und Vaterindividuum nicht kongruent oder nicht vergrößerte oder verkleinerte Kopien voneinander sind, beruht auf dem, was wir „fluktuierende Va- riabilität" nennen, m. a. W. auf quantitativen Verschiedenheiten. 2) Man vgl. hierzu das auf S. 296 Gesagte. Es ist vielleicht nicht überflüssig, zu bemerken, daß ich unter Chemie die Lehre von den qualitativen, unter Physik die Lehre von den quantitativen elementaren Erscheinungen meine, nicht etwa nur das, was wir eben heute von diesen Erscheinungen wissen. Ein Beitrag zur Kritik zweier Vererbungshypothesen. 327 Wasser des dahinbrausenden Stromes unserer Wissenschaft ge- kommen. Also können wir die an das Wort Vererbungsträger an- knüpfenden Begriffe Physiologische Einheiten, Gemmulae, Pangene, Piasomen, Iden, Bioblasten usw. entbehren, weil sie hypothetisch abgefaßt sind^). Es versteht sich von selbst, daß alle Spekulationen, die die Vererbungstheoretiker in der neuesten Zeit an der Hand der Ergebnisse der vergleichenden, beschreibenden Zytologie vor- genommen haben, nur mit größter Reserve aufgenommen werden können. Wir kennen in der Tat keine Eigenschaften der Organismen, die an ein begrenztes, isoliertes Substrat gebunden sind. Oben haben wir ja gesehen, daß sogar die Farbe der Chroniatophoren in gewissen Fällen von dem Kern und dem Plasma abhängt. Die morphologischen Differenzierungen, wie die Chromosomen z. B., bezeichnen nur, wie vorher gesagt, Anhäufungen von chemi- schen Körpern, die in einer Weise „verwandt" sind (es ist wohl nicht wahrscheinlich, daß die Chromosomen nur aus einem einzigen chemischen Körper bestehen). Sie machen „Sammelglieder" in den Anlage -Eigenschaft -Ketten aus. Die Strukturen des Kerns inter- essieren uns besonders, weil sie Körper enthalten, die außer- ordentlich kompliziert sind, und die daher in dem Zentrum des Stoffwechsels stehen, weil es erwiesen ist, daß der Kern ein sehr wichtiger Teilkörper der Zelle ist. Man kann sich daher nicht 1) Johannsen (a. a. 0., 1909, S. 124), dessen Ausführungen über dieses Thema ich völlig beistimme, benutzt die Bezeichnung Gen für das jede Eigenschaft intrazellulär Bedingende, ohne jedoch irgendwelche hypothetischen Vorstellungen an den Namen an- zuknüpfen. Der Begriff „Vererbungsträger" ist ursprünglich an der Hand gewisser Er- scheinungen bei der Vermehrung der Organismen geschaffen worden. Er ist, allgemein gesprochen, ein aus den sichtbaren Charakterzügen, Eigenschaften, des Individuums durch Abstraktion gewonnener Rückschluß auf das dieselben „Bedingende'' im Protoplasten. Die Auffassung von selbständigen, voneinander unabhängigen „Vererbungsträgern" hat jedoch ihre scharfe Ausbildung zuerst nach den schönen Entdeckungen in der exakten Erblichkeitslehre bekommen. Hat doch diese gezeigt, wie die Eigenschaften bei Kreuzung unabhängig voneinander sind! Daraus hat man, ganz erklärlich, den Schluß gezogen, daß die „Beschaffenheiten" in dem Plasma, die die Eigenschaften bedingen, auch in demselben Grad selbständig sind. Ein Fehler ist es aber, zu glauben, daß eine solche Unabhängig- keit zwischen „Teilen" eines Substrates nur bei physikalischer Individualität dieser „Teile" realisiert werden kann. Eine chemische Wirkungskette ist auch individualisiert, und wie wir auf S. 298 gezeigt haben, braucht man nur anzunehmen, daß bestimmte Glieder jeder Anlage -Eigenschaft- Kette an die konstanten physikalischen Strukturen des Zellkerns ge- bunden sind, um die sonderbare Übereinstimmung zwischen den Spaltungserscheinungeu der Bastarde und den zytologischen Ergebnissen zu verstehen. 328 Henrik Lundegärd, darüber verwundern, daß diesem eine exzeptionelle Rolle bei der Vererbung zugeschrieben wurde, daß man behauptet hat, daß „der Kern das Vererbungsorgan katexochen" sei. Dagegen ist es sehr verwunderlich, wenn behauptet wird, daß auch die Chondriosomen „Vererbungsträger" sind. Denn in keiner Weise ist es nachgewiesen, daß die Chondriosomen kompliziertere chemische Körper als das übrige Plasma enthalten, daß sie Plasma zu produzieren oder zu regenerieren vermögen. Auch wenn Meves (1908), wie Prenant (im Gegensatz zu Benda a. a. 0. 1903, S. 748) behauptet, daß die Chondriosomen mit den Fila Flemmings identisch sind, d. h. daß sie als Gerüst- werk die ganze Zelle durchziehen, kann nicht gefolgert werden, daß sie die „Qualitäten des Plasmas" repräsentieren. Denn das, was in der lebenden Zelle als Fäden oder Körnchen hervortritt, ist nur ein Teil des ganzen chemischen Inhalts des Protoplasmas, und niemand hat wohl das Experiment gemacht, die Gerüstteile von den übrigen Bestandteilen (Enchylema) des Plasmas zu trennen, um zu zeigen, daß sie das Plasma wiederbilden können. Das Be- streben Meves', alle Protoplasmastruktur des Ruhezustandes durch Chondriosomen repräsentieren zu lassen, fußt übrigens auf sehr schwachen Argumenten (a. a. 0. 1908, S. 844) und muß, wie alle solche morphologischen Generalisierungen, gänzlich unfruchtbar bleiben. Wollte man sich ein Urteil über die Natur der unter den Namen Mitochondrien, Chondriomiten , Chondriokonten usw. be- schriebenen Dinge ^) erlauben, so würde es wohl dahin lauten, daß diese einander morphologisch und physikalisch häufig ähnelnden Bildungen physiologisch außerordentlich verschiedenartig sind. Unter ihnen dürfte es sowohl morphologisch und physiologisch individuali- sierte Körper (den Piastiden der Pflanzen entsprechend) wie nur physiologisch individuelle Substanzanhäufungen und auch solche ohne irgend welche Individualität, also ganz zufällige Körper fester oder flüssiger Konsistenz, geben (vgl. zweiten Teil, S. 361). 1) Vgl. Benda, Die Mitochondria (1903). Diese scheinen auch im Leben vor- zukommen, nach einigen Angaben in der Literatur zu urteilen. Meves hat färbbare, distinkte Fäden und Körner nicht nur wie viele andere in den Stadien der Geschlechts- zellenbildung gefunden, sondern auch Chondriosomen in den Zellen des Hühnerembryos (Mfves 1907, 1908, s. auch Duesberg 1910), sowie als erster ähnlich aussehende Bildungen in gewissen pflanzlichen Zellen (Tapetenzellen, Meves 1904; nachgewiesen. Vgl. den zweiten Teil dieses Aufsatzes. Ein Beitrag zur Kritik zweier Vererbungshypotheseii. 329 Die äußere Form eines Körpers beruht auf physikalischen Ver- hältnissen. Daher kommt es, daß chemisch verschiedene Dinge dennoch ähnlich aussehen können. Im Zusammenhang mit dem Gesagten sei bemerkt, daß die Mitochondrien verwandter Tiere häufig sehr verschieden sein können (Ben da 1903). Meves hat sich in seiner mehrfach zitierten Abhandlung über die Zytologie des Hühnerembryos über die hypothetische „Mole- kularstruktur" der Chondriosomen ausgelassen und ist zu der Auf- fassung gelangt, daß sie mit der des Idioplasmas Nägelis identisch ist. Die tatsächlichen Belege für seine Auffassung sind jedoch sehr dürftig und auf S. 852 der genannten Abhandlung nachzulesen. Theoretische Spekulationen über unsichtbare „Molekularstruktur" sind immer unsicher und relativ wertlos gewesen. Es ist ein sehr unglückhcher Griff seitens Meves', wenn er die Auseinander- setzungen Nägelis auf physiologisch völlig unbekannte Plasma- strukturen in tierischen Zellen anwendet. Denn die Voraussetzungen, von denen dieser namhafte Botaniker bei seinen Ableitungen aus- ging, waren unzureichend und außerdem im Grunde vielfach un- richtig. Es sei hier nur daran erinnert, daß Nägeli die chemische Organisation der Zelle fast unberücksichtigt gelassen hat, was wohl aus dem damaligen Stande der chemischen Physiologie zu erklären ist. Zweiter Teil. Protoplasmastrukturen in den Wurzelmeristemzellen von Vicia faba. I. Während einer eingehenden Untersuchung der Kern- und Zell- teilung bei u. a. Vicia faha, mit der ich seit beinahe zwei Jahren beschäftigt bin, habe ich häufig, mehr beiläufig, beobachtet, daß geformte Bildungen in dem Protoplasma der Meristemzellen dieser Pflanze eine fast konstante Erscheinung sind. Es finden sich hier Körnchen, Stränge und Bläschen in allerlei Gestalten, die jedoch recht konstant sind und sich deutlich von der Grundmasse des Plasmas abheben. In Wurzelspitzen, die in gewöhnlicher Weise fixiert wurden, und zwar habe ich dabei die verschiedensten Flüssigkeiten ver- wendet, zeigten sich meistens Bläschen und Körnchen, die ersteren meistens schwach, die letzteren sehr stark gefärbt. In Fig. 27 330 Henrik Lundegärd, (Taf. VIII) sind einige solche Bläschen zu sehen, in Fig. 2 (Taf. VI) erblickt man die schwarzen Körnchen. In einem Präparat, das von einer in starkem Flemming fixierten Wurzel hergestellt und mit Hämatox^^lin gefärbt wurde, sah ich zu meiner Verwunderung Textfig. 2 a u. b. Eine Epidermiszelle in der Vermehrungs- zone, einem CrOj- Präparat entnommen. Kernumlagerung und scheinbare Längsspal- tung der bandartig deformierten Leuko- plasten. Man beachte, daß die Zeichnung Höhe und Tiefe an- gibt, daß alle Plasma- schlingen außer- h a Ib des gleichförmig gekörnelten, im Ori- ginal dunkel gefärb- ten Kerns liegen. Hämatoxylin. Ver- größerung etwa 4000. a. Optischer Quer- schnitt durch dieselbe Zelle, schematisiert. massenhaft schwarze, glatte „Schläuche" und Bläschen. In der Fig. 11 (Taf. VI), Textfig. 3 (S. 334) und 4 (S. 336) habe ich einige Zellen aus diesem Präparat abgezeichnet (die Wurzelspitze wurde quer geschnitten). Ein Beitrag zur Kritik zweier Vererbungshypothesen. 331 Um die beim Abschneiden der Wurzelspitze eventuell ein- tretenden, abnormen Verlagerungen in dem Zellinhalt zu vermeiden, und um eine momentane Einwirkung des Fixierungsmittels auf die Schnittfläche zu bewirken, verfuhr ich folgendermaßen : Die Wurzeln wurden unversehrt mit ihren Spitzen in eine 1 7o-ige Chromsäure- Lösung getaucht, dann nach 10 — 30 Sekunden abgeschnitten (1 — 2 mm von dem Scheitel) und in die schwächere Flemmingsche Lösung (Bonner Rezept) gebracht. Die von den so behandelten Wurzeln hergestellten Präparate wurden mit Eisenhämatoxylin oder in Safranin- Gentianaviolett- (Orange) gefärbt. In dem Protoplasma aller Zellen des Meristems erblickte ich zu meiner Überraschung reichlich eigentümlich aussehende Struk- turen. Es waren teils band-, wurm-, wurst-, bläschen- oder faden- artige Körper, vorzugsweise um den Kern gelagert (Fig. 1 — 9 [Taf. VI], Textfig. 2—5), teils kernähnliche kleine Gebilde (Fig. 2, 3, 5, Taf. VI). Die Grundmasse des Protoplasmas wird im allgemeinen als fädig-körniges Gerinnsel gefällt. Als nicht besonders hervortretende Bestandteile des Plasmas zeigen sich folglich auch Fäden, die sich jedoch nur schwach färben (vgl. z. B. Fig. 7). Wir werden später hierauf zurückkommen. Die soeben genannten Bildungen, mit denen wir uns jetzt be- schäftigen wollen, heben sich deutlich von der Grundmasse ab und färben sich viel tiefer und distinkter als die Fäden dieser. In den zuletzt beschriebenen Präparaten, die wir kurz CrO^- Präparate nennen wollen, haben die Plasmastrukturen nicht das- selbe Aussehen wie in normalen (d. h. in gewöhnlicher Weise fixierten) Präparaten. In den letzteren sind die Strukturen, wie gesagt, im allgemeinen rundlich, bläschengleich, weniger in die Augen fallend, außer in dem zuvor erwähnten starken Flemming- Präparat, wo sie sehr an die der CrOts- Präparate erinnern. Nur sind sie dort homogener und gleichförmiger als hier (man vgl. Text- fig. 3, 4 mit 2). Wollte man sich über die Natur dieser Plasmabildungen etwas näher unterrichten, so stößt man auf ein ziemlich kompliziertes Problem. Es war außerdem von vornherein nicht ausgeschlossen, daß nicht alle observierten Bildungen gleichwertig seien. Daß sie nicht Füllungsprodukte im Sinne A.Fischers (1899) sein können, zeigte sich alsbald. 332 Henrik Lundegärd, Durch vergleichende Untersuchungen gelang es mir nun aber, diesen anfangs rätselhaften Bildungen etwas Objektives zu ent- nehmen. — An dünnen Längsschnitten durch lebende i^a&rt -Wurzelenden (zwischen Daumen und Zeigefinger ausgeführt), wo eine oder ein paar Zellschichten nicht angeschnitten sind, kann man in fast jeder Zelle selbständige rundliche Körper in dem Plasma entdecken. Das Aussehen und die Zahl dieser Inhaltskörper sind jedoch verschieden, der Lage der Zelle im Gewebeverband entsprechend. In allen Zellen des Dermatogens und der äußersten Periblem- schichten, die Scheitelregion ausgenommen, sieht man mehrere runde Körper, die mit kurzen, schwach lichtbrechenden Stäbchen in zitternder Molekularbewegung ausgefüllt sind (Fig. 22,23, Taf. VIII). Setzt man Jodjodkalium hinzu, so werden die Inhaltskörner blau. Sie bestehen also aus Stärke, und die beobachteten Körper sind Leukoplasten. Je näher die Zellen dem Scheitelpunkt liegen, um so weniger zahlreich, kleinerer und stärkeärmerer werden die Leukoplasten. In den Zellen des Kalyptrogens und dassselbe umgebenden Zellen haben daher die Plasmakörper ein anderes Aussehen. Eine lebende Zelle aus dem Kalyptrogen oder der unterliegen- den Schicht ist in Fig. 24 auf Taf. VIII abgebildet. Fig. 25 zeigt eine Zelle nahe der Spitze in Jodjodkalium. Nur das durch Jod Blaugefärbte ist gezeichnet. Auch in den Kalyptrogenzellen kann man bei genauer Durch- musterung einzelne sehr kleine, blaue Stärkekörner entdecken, nicht mehr als etwa ein Körnchen in jeder Zelle. Der Stärkenachweis ist aber in diesen Zellen immer unsicher. Man kann daher nicht sagen, ob alle die rundlichen Körper in Fig. 24 Piastiden sind. Sicher ist, daß einige oder einer es ist. Man vergleiche hierzu die übrigen Angaben über das Vorkommen von Chromatophoren (siehe unten S. 365 ff.). Die Leukoplasten zeigen meistens eine relativ zerstreute An- ordnung in dem Protoplasma (Fig. 22 — 24). Man kann jedoch beobachten, daß sie in die Nachbarschaft des Kerns gezogen sind; bisweilen sind sie um den Kern gelagert. Solche Lagebeziehungen sind offenbar ein Ausdruck von Chemotaxis zwischen Kern und Leukoplasten. Die Stärkebildung scheint jedoch im allgemeinen von der Gegenwart des Kerns unabhängig zu sein (wenigstens bei niederen Pflanzen, vgl. Klebs 1887, Gerassimoff 1904, van Ein Beitrag zur Kritik zweier Vererbuiigshypothesen. 333 Wisselingli 1909; man vergleiche jedoch das Verhalten von F'unaria, Klebs 1887, welches zeigt, daß man solche Angaben nicht verallgemeinern darf). Nach van Wisselingh (1909) übt dagegen der Kern Einfluß auf die Stärkedissimilation aus. Werden lebende Längsschnitte durch die "Wurzel auf den Objektträger in einen Tropfen einer Fixierungsflüssigkeit (Jodjod- kalium, 1 7o CrO;{, Flemmings Gemisch) gebracht, so gehen eigen- tümliche Umlagerungen in dem Plasma momentan vor sich. Erstens ist die Verlagerung der Leukoplasten um den Kern weit häufiger als im Leben zu beobachten, besonders in den Der- matogenzellen, die stärkereiche Piastiden besitzen. Ahnhche Bilder von Kernumlagerung erhält man, was leicht verständlich ist, in auf gewöhnliche Weise fixierten, dann mittels Mikrotom geschnittenen und entsprechend gefärbten Wurzeln (siehe z. B. Fig. 16, Taf. VII). Noch bemerkenswerter sind aber diejenigen Verlagerungen der Leukoplasten, die in der Bildung zerstreuter Aggregate oder rosen- kranzähnlicher Reihen resultieren. Man vergleiche die Fig. 26 (Taf. VIII), die eine auf dem Objektträger in Flemming fixierte Epidermiszelle wiedergibt. Im Leben war diese Zelle wie die in Fig. 22 reproduzierte beschaffen. Ich bin der Ansicht, daß es sich hier um eine Erscheinung handelt, die A. F. W. Schimper (1886) als Systrophe bezeichnet hat. Unter dieser Benennung versteht er die von ihm bei ver- schiedenen Pflanzen beobachtete, bei sehr starken Reizen eintretende Anhäufung der Chromatophoren zu Klumpen (a. a. 0., 1885, S. 22 1). Schimper hat Systrophe nach Erschütterung, Verdunkelung, inten- siver Beleuchtung oder anderen Veränderungen, jedocli nicht che- mischen, in den äußeren Bedingungen beobachtet. Seitdem sind ähnliche Ballungserscheinungen von mehreren Autoren beschrieben worden'). Ganz neuerdings hat E. Küster (1906, 1910) Systrophe von Leukoplasten und Chloroplasten durch Einwirkung wasserentziehender Mittel auf die Zellen hervorgerufen und viele hierhergehörige Fälle beschrieben. Die Verlagerungen der Leukoplasten geschehen in unserem Falle fast momentan, denn die Fixierungsflüssigkeiten wirken sehr schnell, besonders wenn sie auf dünne Schnitte oder Epidermis- zellen einwirken. Es dürfte sich also hier nicht um osmotische Erscheinungen handeln, sondern unsere Versuche können als Bei- 1) Literatur bei Senn (1908), Küster (1910). Jahrb. f. wiss. Botanik. XLVIII. 22 334 Henrik Lundegärd, spiel einer durch chemische Reize (Giftwirkungen) hervorgerufenen Systrophe gelten, Schimper verteidigt in seiner ausgezeichneten Arbeit wiederholt den Satz, daß die Chromatophoren auf die ver- schiedensten Reizursachen durch dieselben Verlagerungserscheinungen antworten. Die von anderen Autoren beobachteten Ballungs- erscheinungen haben in einer Vereinigung der Chromatophoren zu einem oder einigen Klumpen, meistens in einer Aggregation um den Zellkern bestanden. Meines Wissens sind aber keine Fälle von Aneinanderreihung mehrerer Chromatophoren, wie in Fig. 26, vor- Textfig. 3 a u. b. Aus demselben Präparat wie Fig. 11, Taf. VI und Textfig. 4. Alle Leukoplasten, die schön ausgezogen und ganz glatt sind, liegen außerhalb der Membran. Man beachte die Körnelung der Grundmasse und die auffallende Ähnlichkeit dieser Zelle mit den zoo- logischen Abbildungen von Chroinidien und Mitochondrien. b. Optischer Querschnitt durch dieselbe Zelle, schematisiert. her beschrieben. Neben diesen Verlagerungen habe ich aber auch sehr häufig Kernumlagerungen gesehen (vgl. z. B. Fig. 20, Textfig. 2, 3). Wie die als Systrophe bezeichneten Verlagerungen der Chro- matophoren Zustandekommen, weiß man nicht, und es würde zu weit führen, das Phänomen hier näher zu erörtern^). E. Küster 1) Ich kann nicht Küster beistimmen, wenn er den Begriff Systrophe dahin er- weitern will, daß er auch die gleichzeitig mit den Verlagerungen der Chromatophoren Ein Beitrag zur Kritik zweier Vererbungshypothesen. 335 (1910) hat neulich die Frage etwas ventiliert, es scheint mir jedoch, daß er (und Rhumbler, zit. bei Küster 1910) ein fast ausschheß- liches Gewicht auf physikalische Verhältnisse (Oberflächenspannung usw.) legt, unter Vernachlässigung der chemischen Organisation der Zelle (von der man freilich nicht viel weiß). Denn sicherlich gehen keine Verlagerungen in der Zelle vor sich, ohne chemische Umwandlungen zu verursachen, oder umgekehrt durch chemische Umwandlungen bedingt zu sein. — Es liegt nun nahe, die in den zytologischen, speziell den mit 1-proz. Chromsäurelösung behandelten Präparaten sichtbaren Fäden, Bläschen usw. mit den „systrophierten" Leukoplasten zu identi- fizieren. In der Tat hat es sich, wie unten gezeigt werden wird, mit wünschenswertester Deuthchkeit gezeigt, daß diese Vermutung rich- tig ist, d. h., daß die in den zytologischen Präparaten sichtbaren Plasmastrukturen aus modifizierten Leukoplasten bestehen, — Ehe ich noch Versuche mit lebendem, bezw. auf dem Objekt- träger fixiertem Material angestellt hatte, hatte für mich durch ver- gleichende Untersuchungen von Mikrotompräparaten diese Vermutung einen hohen Grad von Wahrscheinlichkeit erhalten. In Heidenhains Eisenhäihatoxylin färben sich alle Strukturen blauschwarz wie das Chromatin. In Safranin- Gentianaviolett wird bei guter Behandlung das Chromatin rot und die Grundmasse des Protoplasmas rötlich gefärbt, die Bläschen und Fäden im Plasma hingegen himmelblau (siehe die Figuren auf Taf. VII). Bei Vergleich mit den Zellen der Wurzelhaube zeigte es sich, daß die stärkegefüllten Leukoplasten in diesen Zellen sich ganz ebenso (himmelblau) färbten (Fig. 15, Taf. VII). In Präparaten aus Wurzeln, die während 24 Stunden in 1 ^/o Pepton gezüchtet wurden, bekommt man Bilder wie die Figuren 12, 13, 14 und 16 (Taf. VII). Wenn man die Fig. 16, die eine Epidermiszelle vorstellt, mit Fig. 15, die nach einer Haubenzelle einer mit 1-proz. Chromsäure behandelten Wurzel gezeichnet wurde, vergleicht, bemerkt man so- gleich eine vollständige Übereinstimmung in dem Aussehen der blauen Körper im Protoplasma. stattfindenden Umlagerungen im Protoplasma umfaßt. Denn man weiß ja nicht, ob diese beiden Erscheinungen immer oder auch nur jemals koordiniert sind. 336 Henrik Lundegärd, In Fig. 12 (Taf. VII) sehen wir eine Zelle aus dem Kalyp- trogen'), Fig. 13 und 14 geben zwei Zellen des äußeren Periblems in einiger Entfernung von dem Scheitelpunkt wieder (alle drei Zellen aus einem Pepton-Präparat, Flemming-Fixierung). Die blauen Körper der Periblemzellen (Fig. 13, 14), die halb- durchsichtig und bläschengleich erscheinen, sehen freilich nicht ganz so aus, was ihre Struktur betrifft, wie die Leukoplasten in Fig. 15. Sie färben sich aber gleich diesen, und, was wichtig ist, bei Be- handlung ungefärbter Mikrotomschnitte mit Jodjodkalium werden sie häufig schwach blau-violett gefärbt. Die blauen Körper in Fig. 13, 14 sind also Stärkebildner. Dieses stimmt aufs beste mit dem an lebendem Material Gefundenen überein. Die Figuren 16 (Taf. VII) und 22 (Taf. VIII) stammen von ganz gleichwertigen Zellen. In Fig. 16 sind aber die im Leben (Fig. 22) zerstreuten Leuko- plasten durch die Giftwirkung des Fixierungsmittels in Sy Strophe geraten (vgl. oben). Die Figuren 13 und 14 sind Pendants zu Fig. 25, hier findet man aber keine Systrophe. In Fig. 13, 14 sind die Leukoplasten jedoch zahlreicher (vgl. auch die lebende Periblemzelle Fig. 23, Taf. VIII), was darauf beruht, daß sie von einem Peptonpräparat stammten. In Pepton vermehren sich nämlich die Leukoplasten. Figg. 12 u. 24 sind ebenfalls Pendants. Sie stellen zwei Scheitelpunktzellen dar. Wie wir an Fig. 24 erörterten, kann man nicht behaupten, daß alle blauen Körper in Fig. 12 Piastiden darstellen, einige sind es sicher. Auch hier finden wir keine Systrophe. Daß die Plasmakörper auf dem fixierten Präparat in Fig. 12 zahlreicher erscheinen als im Leben (Fig. 24), kann auch mit der Peptonzüchtung zusammenhängen. Die Identität der Leuko- plasten ist in allen beschriebenen Fällen leicht zu erkennen. Textfig. 4. Zelle aus demselben Wurzelquer- schnitt wie Fig. 11 (Taf. VI). Sehr schöne, ausgezogene Leukoplasten, die in radiärer Strahlung die in Metaphase befindlichen Chromosomen umgeben. Vergr. 3500. Hä- matoxylin. 1) Die Einschlüsse des Plasmas sind in der Zeichnung etwas zu grob ausgefallen. Ein Beitrag zur Kritik zweier Vererbungshypothesen. 337 Wie steht es nun mit den in den CrO;(-Präparaten aufgefundenen Bildungen? Sind sie auch Leukoplasten, oder können sie aus solchen hergeleitet werden? Oben haben wir dies als wahrscheinlich hingestellt, jetzt wollen wir die Frage endgültig beantworten. Zunächst sei bemerkt, daß die fädigen Bildungen in Eisen- hämatoxylin und in Safranin -Gentianaviolett sehr verschieden er- scheinen. Man braucht nur die Figuren 1 — 10 (Taf. VI), Text- fig. 2, die sämtlich nach Hämatoxylinpräparaten gezeichnet sind, mit den Figuren 17, 18, 19, 20 auf Taf. VII, die von mit Safranin- Gentianaviolett gefärbten Präparaten stammen, zu vergleichen, um sich davon zu überzeugen. Es ist ja eine allbekannte Sache, daß das Heidenhainsche Färbungsverfahren mehr detaillierte und feiner differenzierte Präparate als andere Färbungsmethoden ergibt. Wir haben also hier ein weiteres Beispiel hierfür. Die Strukturbildungen werden in Hämatoxylin nicht nur feiner differenziert in ihrem inneren Aussehen, sondern erscheinen auch viel zarter und dünner als in Gentianaviolett. Als ich die CrO.t -Präparate zuerst erhalten hatte, und die sonderbaren Faden- und Kettenbildungen in dem Protoplasma er- blickte, dachte ich, daß die Wurzeln pathologisch oder die Struk- turen Artefakte wären. In den „normalen" Präparaten konnte ich nämlich anfangs keine entsprechend geformten Bildungen heraus- finden. Daß die Wurzeln jedoch vor dem Versuch frisch gewesen waren, davon konnte ich mich bald überzeugen. Artefakte in ge- wöhnlichem Sinne konnten sie auch nicht sein, obgleich es ein- leuchtete, daß der Zellinhalt durch die genannte Behandlung (S. 331) in irgend einer Weise alteriert worden war. Eine nähere Durchmusterung der Präparate ergab als Resultat, daß auch die Kerne verändert waren. Es zeigten sich nämlich in den Zellen nicht selten Doppelkernigkeit, Zwergkerne u. dgl. mehr, was an Vergiftungserscheinungen, denen analog, die Wasielewsky, Nemec, Strasburger u. a. nach Einwirkung verschiedener Anäs- thetica beobachteten, denken ließ. Sogleich sei jedoch bemerkt, daß man auch, wenn auch sehr selten, in normal fixierten Präpa- raten unter einem großen Material Zwergkernen usw. begegnen kann. Obwohl es denkbar wäre, daß zuweilen solche Abnormitäten auch im Leben vorkommen, spricht jedoch alles dafür, daß die Fixierungsmittel, ehe sie töten, gewaltige Umwälzungen in der 338 Henrik Lundegärd, Organisation der Zelle verursachen, und daß eine „gute" Fixierung schneller tötet und weniger „vergiftend" wirkt als eine „schlechte". Daß die erwähnte Behandlung der intakten Wurzeln mit CrOs einer Giftwirkung, die nicht sofort tötet, gleichzusetzen ist, davon habe ich mich durch Vergleich mit Präparaten von Wurzeln, die während 3 — 19 Stunden in 0,75 -proz. Chloralhydrat belassen wurden, sowie durch die unten mitzuteilenden Versuche mit verdünnter Fixierungsflüssigkeit über- zeugen können. Bilder, die als Kernfragmentierungen aufgefaßt werden müssen, sieht man in Zellen mit ruhenden Kernen, vorzugs- weise in der Epidermis und im äußeren Periblem, vgl. Fig. 2 (Taf. VI) '). Gifte, Anästhetica und andere Ein- griffe (vgl. A. Oes 1908, 1910) hemmen im allgemeinen die aufbauenden che- mischen Prozesse (siehe z. B. H. Euler 1908), beschleunigen also indirekt oder scheinbar die abbauenden, autolytischen. Dieses äußert sich hier (in den CrOs- Pi'äparaten) in einer Aushöhlung der Chromosomen und Sinremfäden (Text- figur 5), so daß die normalen Sjialten er- weitert erscheinen. Auch die Chroma- tinklümpchen der ruhenden Kerne er- scheinen bisweilen ausgehöhlt. — Eine morphologische Betrachtung der Plasmastrukturen oder -Einschlüsse gibt ein sehr buntes Resultat. Jetzt können eigentümliche Doppelbildungen zu ^j^. jedoch die Kleinkeme eliminieren. sehen, die wohl aus Leukoplasten „ ... , . , , .. ..„. entstanden sind. Es läßt sich ireilich nicht mit volüger Gewißheit sagen, daß alle solche Zwerg- kerne durch Fragmentierung des Kerns entstanden sind. Besonders gilt dies für solche kleinen kernähnlichen Gebilde wie diejenigen in Textfig. 5. Zelle aus einem Cr 0., - Präparat. Kern in Metapliase. Ungewöhn- lich stark hervortretende Längs- spaltung oder Aushöhlung der Chromosomen. Bei den Polen sind 1) Im Hinblick auf die Frage, ob ähnliche Bildungen als Fragmentierungen oder zurückgehende Mitosen und Verschmelzungen aufgefaßt werden sollen (vgl. u. a. Nemec 1904, Strasburger 1907), will ich nur erwähnen, daß die reine Giftwirkung nur sehr kurz dauern kann, und daß die Mitosen normal aussehen. Ein Beitrag zur Kritik zweier Vererbungshypothesen. 339 Fig. 3. Ich kann aber hinzufügen, daß solche Bildungen bisweilen auch in normalen Präparaten aus Wurzeln nicht nur von Vicia Fäba, sondern auch von All'mni Cepa vorkommen. Ich kann mich über deren wahre Natur nicht näher aussprechen, jedenfalls stehen sie mit den übrigen Plasmastrukturen in keinem genetischen Zu- sammenhange ; wir können sie daher ruhig beiseite lassen. Es fragt sich nun: sind alle übrigen Strukturen derselben Art? Ich habe niemals Pseudopodienbildungen des Kerns beobachtet, die auf einen Austritt von Chromatin aus den ruhenden Kernen deuten könnten. Anlagerung an den Kern, die man häufig sieht (Fig. 5, Taf. VI, Textfig. 2, 3), kann nicht, wie wir im ersten Teil dieser Arbeit dargelegt haben, für einen nuklearen Ursprung zeugen. Oben ist ja außerdem gezeigt, daß Kernumlagerung die häufigste Erscheinung bei Systrophe ist. In Safranin- Gentianaviolett- Präpa- raten sehen die entsprechenden Stadien wie Fig. 17, 18 aus. Die Plasmastrukturen sind blau, die Kernstrukturen rot; schon dies spricht also gegen einen nuklearen Ursprung der blauen Strukturen. In fraglicher Hinsicht schwieriger zu deuten sind solche Fälle, wie Fig. 4, 6, 9 (Taf. VI), Textfig. 4, 5. Es ließe sich ja denken, daß einige der Protoplasmaschlingen oder -Bläschen in diesen Figuren ausgezogene, vakuolisierte Enden nach Auflösung der Membran frei im Plasma steckender Spiremfäden (Fig. 4, 6) wären, oder daß die Plasmabildungen aus herausgeschleuderten und veränderten Metaphasen- und Telophasen- Chromosomen (Fig. 8, 9, Taf. VI, Textfig. 4, 5) hervorgegangen wären. Auf solche Gedanken könnte man in der Tat leicht kommen, wenn man nur Hämatoxylin- Präparate studierte. In ihnen werden nämlich die Plasmastrukturen fast ganz wie das Chromatin ') gefärbt. Meistens sind sie wohl eine Nuance heller, bisweilen färben sie sich aber viel tiefer als die Chromosomen. Dies ist z. B. der Fall in dem Präparat, dem die Fig. 11 (Taf. VI), Textfig. 3, 4 entnommen sind. In Textfig. 4 sieht man also inmitten der Zelle zwei Chromosomen in der Meta- phase; die Zelle ist quergeschnitten, man sieht also die Teilungs- figur in ihrer Längsrichtung. In dem Präparat waren die Chromo- somen völlig entfärbt und blaß und bildeten also einen scharfen 1) Ich verwende in diesem Aufsatz das Wort Chromatin in der gewöhnlichen Meinung, um diejenige Substanz zu bezeichnen, die in morphologischer Weise die Chromo- somen aufbaut. In einer vorläufigen Mitteilung „Über Kernteilung in den Wurzelspitzen von Allium Cepa und Vicia Faba''\ Svensk Botanisk Tidskrift, Bd. 4, H. 3, S. 174, habe ich die Benennung Gerüstsubstanz oder Karyotin empfohlen. 340 Henrik Lundegärd, Gegensatz gegen die schwarzen, radiär gestreckten Plasmastrukturen. Eine Juxtaposition von Spiremschlingen und Plasmaschlingen kann auch eintreffen, wenn die Kernmembran noch intakt ist (s. Fig. 5, Taf. VI). Eine solche transversale -Juxtaposition hat natürlich nichts mit einer wirklichen Vereinigung oder einem genetischen Zusammenhang zu tun. Dies gilt auch, wenn die Membran auf- gelöst ist und eine unmittelbare Verbindung zwischen einer Spirem- schlinge und einer Plasmaschlinge vorhanden zu sein scheint (wie in Fig. 4 u. 6, Taf. VI). In Safranin -Gentianaviolett- Präparaten habe ich in solchen Fällen einige Male observiert, daß der inner- halb des Bezirks des Kerns gelegene Teil des Fadens rot gefärbt, der im Plasma belegene blau gefärbt war. Immerhin ist es häufig recht schwierig, den Verlauf der zarten und häufig blassen Schlingen zu verfolgen, um zu konstatieren, ob ein wirklicher Zusammen- hang zwischen den beiden Teilen besteht. Bisweilen sind eine Spiremschlinge und ein Plasmaeinschlußkörper durch einen recht feinen Faden verbunden (Fig. 4, Taf. VI). Wie solche Verbin- dungen zustande kommen, werden wir nachher sehen. Über die übrigen Fälle von Verbindung einer Schlinge im Plasma mit einem Spiremfadeu läßt sich folgendes sagen. Es ist chemisch denkbar, daß Enden der Spiremschlingen oder ganze solche in der kurzen Zeit vor der Abtötung vakuolig haben aufgetrieben werden können. In Fig. 4 (Taf. VI) scheint es so, als ob eine in dem geöffneten Kern belegene Schlinge vakuolig aufgeschwollen wäre. Dagegen ist es nicht sehr wahrscheinlich, daß die langen Fortsätze in Fig. 4 und 6 in dieser Weise entstanden sind. Über die Meta- und Anaphasen (Textfig. 5 und Fig. 9, Taf. VI) kann ich mitteilen, daß die Plasmastrukturen, die hier mit Hämatoxylin gefärbt und daher kernstrukturähnlich sind, in Safranin- Gentianaviolett blau gefärbt werden und daher sehr leicht von den Chromosomen zu unterscheiden sind. Wir sehen dies in den Figuren 17, 18, 19 (Taf. VII). An S.-G.-Präparaten macht man auch die interessante Entdeckung, daß die Plasmagebilde sich auch zwischen die Chromosomen einmengen (vgl. Fig. 18, 19), was man bei einiger Übung auch an den Hämatoxylinpräparaten bestätigen kann (Fig. 9 und Textfig. 4). Diese zweifelhaften Fälle können aber nichts entscheiden ü])er die Frage der Natur der sonderbaren Plasmastrukturen in den CrO>!- Präparaten. Erstens sind sie spärlich, und zweitens muß die Zeit ihrer Entstehung kurz gewesen sein. In den Safranin- Gentiäna- Ein Beitrag zur Kritik zweier Vererbungshypothesen. 341 violett-Präparaten erblickt man alle Übergänge zwischen den lang- gestreckten Bildungen (Fig. 18 u. 19, Taf. VII) und den runden Körpern (Fig. 17, 18, 20), und diese wiederum erinnern sehr an die Leukoplasten der Wurzelhaube (Fig. 15) und an die Leuko- plasten in den Peptonpräparaten (Fig. 12 — 14, 16). Wir sind also auf dem Wege der morphologischen Vergleichung dazu gelangt, daß es sehr wahrscheinlich ist, daß die sonderbaren Plasmastrukturen in den CrOs -Präparaten von Leukoplasten her- stammen. Daß es nicht leicht gelingt, solche Übergangsformen zwischen runden Leukoplasten und den ausgezogenen band-, ketten- oder wurstartigen Plasmastrukturen in Häinatoxylinpräparaten aufzufinden, beruht wahrscheinlich darauf, daß, wie schon oben gesagt, das Eisenhämatoxylin zierlicher und zarter färbt, und daß alles in der gleichen Farbe gefärbt wird. Man läßt sich dabei nämlich allzusehr verleiten, nur auf die innere Struktur acht zu geben, und vernach- lässigt so die Umrisse der Körper und die groben Züge des mikro- skopischen Bildes. Außerdem will man nur allzuleicht glauben, daß alles, was sich gleich färbt, auch zusammengehört, was natür- lich falsch ist. Wenn man aber die wahre Natur der erwähnten Strukturen kennt, gelingt es auch hier, Übergänge zwischen den allerdings nur schlecht das Hämatoxylin annehmenden Piastiden und den kettenartigen Bildungen im Plasma zu entdecken. Nachdem es sich also als wahrscheinlich herausgestellt hatte, daß die uns beschäftigenden Protoplasmastrukturen von Leuko- plasten herrührten, so galt es, die Art der Umwandlung klarzustellen und die Wahrscheinlichkeit zur Gewißheit zu erheben. Ich stellte aus diesem Grunde die schon oben erwähnten Fixierungen auf dem Objektträger mit dünnen lebenden Längsschnitten an und konnte, wie erwähnt, konstatieren, daß die Leukoplasten dabei in Systrophe übergingen, so daß mehrere Ketten aus endweise verklebten, wohl auch deformierten und etwas verlängerten Leukoplasten entstanden (Fig. 26, Taf. VIII). Wie man durch Vergleich dieser Figur mit denen auf Taf. VI und VII sieht, konnte ich es als sehr wahr- scheinlich hinstellen, daß die erwähnten Strukturen eben auf die- selbe Weise entstanden waren, d. h. daß sie systrophierte Leuko- plasten waren. Die meisten von ihnen waren ja kettengleich (Fig. 1 , 4, 5, 8). Daß auch einzelne rundUche Bildungen zwischen diesen Ketten und spiremartige Fälle vorkamen, und daß man Übergänge zwischen Leukoplasten und Fadenketten in demselben Präparat finden konnte, 22** 342 Henrik Lundegärd, sprach eher für als gegen eine solche Entstehungsweise. Auch die häufige Kernumlagerung der Strukturen sprach für eine Systrophe. Um aber den Kreis der Untersuchungen vollständig zu schließen, versuchte ich durch Verwendung derselben Methode, die die Struk- turen zuerst hervorgerufen hatte (S. 331), dieselben aus den intakten Piastiden allmählich entstehen zu lassen. Bei normaler Flemming- fixierung werden die Leukoplasten im allgemeinen recht wenig modifiziert und systrophiert (nur in einem Präparat, das mit starkem Flemming- Gemisch fixiert war, habe ich ähnliche Strukturen wie in den CrOs -Präparaten beobachtet, Fig. 11, Taf. VI, Textfig. 3, 4). In Fig. 27 ist eine Periblemzelle mit intakten Leukoplasten aus einem in schwachem Flemming fixierten Präparat wiedergegeben. Ich vermutete also, daß die Leukoplastenmodifizierung durch ein zu langsames Abtöten, also durch schlechte Fixierung hervorgerufen wurde. Daher verfuhr ich folgendermaßen. Die intakten Wurzeln wurden verschieden lange Zeit (30 Sek. bis 15 Min.) in sehr verdünnter Flemmingscher Lösung (10 — 100 mal Wasser auf einen Teil schwacher Flemmingscher Lösung, Bonner Rezept) versetzt, dann abgeschnitten und in unverdünnte Fixierungs- flüssigkeit geworfen. In den Figuren 28 — 31 (Taf. VIII) sind einige Zellen aus so behandelten Wurzeln abgebildet. In Fig. 27 sehen wir, wie vorher erwähnt, eine Zelle aus einem „normalen" Flemming -fixierten Präparat. Die dunklen Körper haben wir zuvor als Leukoplasten identifiziert. Keine Systrophe. Fig. 28 ist einer Wurzel entnommen, die während 30 Sek. in unverdünnten Flemming versetzt, dann abgeschnitten wurde. Man sieht eine recht deutliche Systrophe. Die meisten Leukoplasten sind an den Kern verlagert, auch sind mehrere zu zweien verklebt. Wenn die Wurzeln vor dem Abschneiden und der Überführung in die unverdünnte Flüssigkeit 10 Min. in 10 mal verdünnter Chrom- osmiumessigsäure belassen wurden, sehen die meisten Periblemzellen wie Fig. 29 aus. Also Verklebungen, wohl auch Verlagerungen und dazu, was besonders interessant ist, die Leukoplasten sind häufig an einzelnen Stellen fädig ausgezogen. In Fig. 30, die nach einer Wurzel abgebildet ist, die ebenfalls 10 Min. lang in 10 mal verdünnter Fixierungsflüssigkeit vor dem Abschneiden verweilt hatte, sehen wir eine noch ausgesprochenere Systrophe und auch fädige Ausziehung. Man vgl. Fig. 26! In Fig. 31 endlich ist eine Zelle abgebildet aus einer Wurzel, die in 100 mal verdünnte Fixierungsflüssigkeit während 5 Min. Ein Beitrag zur Kritik zweier Yererbungshypothesen. 343 getaucht worden war. Die Systrophe und fädige Ausziehung der Leukoplasten ist hier so weit gegangen, daß diese in lange chromo- somengleiche, tief gefärbte Schlingen verwandelt sind, in denen man eine schwache Längslichtung erblickt. Man kann jedoch noch die Grenzen zwischen den einzelnen Gliedern erkennen. Mit dieser Figur vergleiche man die Abbildungen auf Taf. VI, Textfig. 2 — 5. Mit dieser Versuchsserie ist also zur Genüge gezeigt, daß die eigentümlichen fädigen, spiremartigen oder ketten ähnlichen Bildungen, die uns zuerst in den mit 1 Vo CrOs behandelten Wurzeln auffielen, durch Ausziehung, Verklebung und Verlagerung der kugeligen Körper, die man regelmäßig in den normal fixierten Präparaten erblickt, entstanden sind. Und durch andere Versuche ist ebenso unwiderleglich gezeigt, daß diese Körper Leukoplasten sind. — Die fädigen Ausziehungen und Verklebungen, von denen die Abbildungen auf Taf. VI viele Beispiele geben, und von denen wir oben sprachen, treten jetzt unserem Verständnis näher. Sie sind Ausdrücke der allgemeinen Tendenz der Leukoplasten, sich bei ab- normen Bedingungen zusammenzukleben. Es kann aber auch wohl eintreffen, daß Fädchen durch Ausfällung im Sinne A. Fischers entstehen. Die Tendenz zur Ausziehung unter anormalen Bedingungen („Vergiftung") scheint die hauptsächliche Erscheinung bei der hier beschriebenen Systrophe zu sein, sie verbindet sich aber meistens mit einem Verklebungsbestreben (Agglutination), das ja aus der- selben Grundursache, dem Annäherungsbestreben der Leukoplasten aneinander und an den Kern, hergeleitet werden kann. Sonderbar müssen uns immer die Gestalten, die die aus- gezogenen und verklebten Leukoplasten annehmen, erscheinen. Sie erinnern ja häufig auffallend an Chromosomen oder Spiremschlingen. Eigentümlich ist die (scheinbare) Längsspaltung vieler Fäden, die dem Leser sicher nicht entgangen ist (siehe Fig. 5, 8, 11, Taf. VI, Textfig. 2, 3, 4, Fig. 18, 19, Taf. VII, 31, Taf. VIII). Wirklich ist diese Längsspaltung wohl nimmer. Sie beruht wohl meistens darauf, daß die Leukoplasten ausgehöhlt werden oder halbdurchsichtig sind. Die Spalte ist durch Verlängerung der helleren Zentralpartie der runden Leukoplasten entstanden (s. bes. Fig. 11, Textfig. 3, 4, Fig. 27). Die langen Doppelfäden stammen auch aus Leukoplastenketten. Man sieht alle Übergänge zwischen Ketten und Doppelfäden (Fig. 4, 5, 6). Es wäre auch denkbar, daß die Längspaltung die physikalisch notwendige Folge des Ausziehens zu 344 Henrik Lundegird, einem Faden sei. Einzelne, nur wenig ausgezogene Piastiden werden meistens wie Fig. 21b (Taf. VII). Diesen Typus findet man überall wieder (Fig. 7, 28—30, Taf. VIII). Die innere Struktur der modifizierten Leukoplasten ist sehr wechselnd. Normal sind sie fast homogen, wenn sie nicht Stärke enthalten (Fig. 22—24, Taf. VIII, lebend; Fig. 14—16, Taf. VII, 27, Taf. VIII). "Wenn sie systrophiert sind, werden sie aber häufig in verschiedener Weise im Inneren strukturiert, was natürlich mit der starken Deformierung und der chemischen Alterierung zu- sammenhängt. Nur in einem Falle habe ich ganz homogene schlauch- artige Bildungen unter den deformierten Leukoplasten angetroffen. Das war in dem vorher erwähnten starken Flemming -Präparat (Fig. 11, Taf. VI, Textfig. 3, 4). Die Leukoplastenstromata scheinen hier ganz einfach ausgezogen worden zu sein, ohne irgend- welche andere Alterierung erlitten zu haben. Vielleicht hängt dieses mit der „guten" Fixierung zusammen. Die verschiedenartige innere Strukturierung, die sonst (in CrO^-Präparaten) Regel ist, beruht wohl darauf, daß bei der Fixierung des wasserreichen Stromas dieses eine Fällungsstruktur annimmt, die dadurch zustande kommt, daß die Koagulierung eine Entwässerung mit sich bringt. Fig. 28 ist in dieser Hinsicht recht instruktiv (vgl. auch Fig. 6 und alle übrigen Figuren). Bisweilen werden die Leukoplasten in den CrOs -Prä- paraten bandartig (Textfig. 2). In diesem Falle wird die dualis- tische Anhäufung des Stromas besonders deutlich. Einige noch zu erwähnende Alterationsprodukte der Leukoplasten sind diejenigen, die täuschend an „Doppelgamosomen" ^) erinnern (Fig. 7, Taf. VI, Textfig. B). Sie durften einen Spezialfall der erwähnten scheinbar längsgespalteten Fäden ausmachen (vgl. Fig. 31). In Safranin - Gentianaviolett sieht man, wie schon vorher be- merkt, nicht viel von den erwähnten inneren Strukturen. — Außer den jetzt absolvierten StiTikturen oder besser Inhalts- körpern des Protoplasmas finden sich andere, mehr akzidenteller Natur, wie kleine, in Hämatoxylin schwarze, in Safranin- Gentiana- violett grünlichschwarz gefärbte Körnchen oder Bläschen, die viel- leicht Gerbstoff enthalten (Fig. 2, Taf. VI). Außerdem sieht man in jedem Präparat runde, blasse Körper (Fig. 27, Taf. VIII, 21a, Taf. VII), die sich wie die Grundmasse des Protoplasmas färben, deren Natur mir aber unbekannt ist. Jedenfalls haben diese letzt- erwähnten Gebilde nichts mit den Leukoplasten zu tun. — 1) Vgl. Lundegärd (1908), Fig. 1 — 3, 15, 17, 27 — 31, Taf. IL Ein Beitrag zur Kritik zweier Vererbungshypothesen. 345 Es bleibt noch übrig, etwas auf das färberische Verhalten der Leukoplasten einzugehen. Zunächst sei bemerkt, daß die Leukoplasten, die im Leben normalerweise, außer in dem Urmeristem, wenigstens etwas Stärke enthalten ^), in fixiertem und mikrotomgeschnittenem Material recht stärkearm erscheinen, dem Verhalten gegen Jodjodkalium nach zu urteilen. Wie oben erwähnt, erhält man an Mikrotomschnitten meistens nur eine schwache Violettfärbung in den Leukoplasten und dieses sogar an Peptonpräparaten, während frische Schnitte in demselben Reagens fast undurchsichtig durch die besonders in den äußersten Zellschichten angehäuften Stärkemengen werden. Dies kann darauf beruhen, daß die Stärke durch die Mani- pulationen bei der Fixierung, Einbettung usw. in einer Weise modi- fiziert wird, daß sie ihr Färbungsvermögen durch Jod verliert. Ich glaube aber, daß die Stärke in der Tat verschwunden ist, daß sie durch die Einwirkung der Fixierungsflüssigkeit aufgelöst wird"). Es ist in der Biochemie eine allbekannte Sache, daß Hydro- lyse durch verdünnte Säuren beschleunigt wird. Und Flemmiugs Lösung enthält ja Essigsäure, Osmiumsäure und Chromsäure. In diesem Gemisch verweilen die Objekte mindestens 48 Stunden. In Zusammenhang hiermit kann ich erwähnen, daß die Nukleolen, die während der Metaphase in dem Plasma zerstreut werden, d. h. die extranukleären Nukleolen, nur in Präparaten vorhanden sind, die aus Merkel -fixierten Objekten dargestellt sind. Die Merkel- sche Fixierungsflüssigkeit enthält bekanntlich keine Essigsäure.' — Es ist auch wohl denkbar, daß die oxydierend wirkende Chromsäure die Stärke zersetzen kann. — Was das Fixieren der Leukoplasten angeht, so zeigen ja unsere obigen Auseinandersetzungen und Versuche aufs deuthchste, daß es außerordentlich schwierig ist, eine gute Fixierung zu er- zielen. Sogar in unserem besten Kern- und Plasmafixativ , der schwächeren Flemmingschen Lösung, gelingt es nicht immer, die Leukoplasten undefonniert und unverklebt zu erhalten^). Jedoch 1) Die Stärkemenge wächst mit der Größe der Leukoplasten. Nur die Epidermis und die äußerste Periblemschicht enthalten größere Stärkemengen, vgl. unten. 2) Völlig aufgelöst wird die Stärke jedenfalls nicht. Bei Färbung mit Gentiana- violett und Hämatoxylin erblickt man jedoch eine Art Aushöhlung in den Leukoplasten (Stärkekörnern), vgl. Taf. VII, VIII. 3) In der stärkeren Flemmingschen Lösung tritt eine beträchtliche Deformierung ein (Fig. 11, Taf. VI, Textfig. S" und 4). 346 Henrik Lundegärd, kann man sagen, daß diejenigen Fixierungsmittel, die den übrigen Zellinhalt gut konservieren, auch die Leukoplasten gut wiedergeben. Schon Schimper (1885) hat Beobachtungen über die Emp- findlichkeit und leichte Vergänglichkeit der Leukoplasten gemacht. So sagt er (1885, S. 62/63): „In der großen Mehrzahl der Fälle sind die Leukoplasten äußerst zart und vergänglich und nur in ganz unversehrten Zellen, da auch nicht immer, erkennbar; in schwierigen Fällen kann man mit Härtungs- und Tinktionsmitteln sich helfen, obgleich dieselben bei weitem nicht so gute Dienste leisten wie etwa bei der Untersuchung des Zellkerns; stets werden durch die Härtung mehr oder weniger tiefgreifende Veränderungen hervor- gerufen und dieselbe ist daher nur zur Lösung der Frage, ob Leukoplasten vorhanden sind oder nicht, anwendbar, übrigens auch durchaus nicht in allen Fällen." Zum Härten empfiehlt Schimper Jodwasser; lebende Schnitte, die ich mit Jodjod- kalium behandelt habe, zeigen auch geringe Systrophe (vgl. Fig. 25, Taf. VIII) oder Deformierung der Leukoplasten, geringere als bei analoger Anwendung Flemmingscher Lösung oder 1-proz. Chromsäure. Zum Färben der gehärteten Leukoplasten empfiehlt Schimper namentlich Gentianaviolett bei guter Differenzierung, so daß das Plasma nicht auch gefärbt wird (man vergleiche meine Tafel VII). Von den sonstigen spärlichen Angaben in der Literatur über die Fixierungs- und Färbungsverhältnisse der Leukoplasten (nebst Stärkekörnern) seien erwähnt Salter (1898) und Provazek (1900), welche in Flemmingscher Lösung und 1-proz. Chromsäure gute Fixative gefunden haben; die Färbung soll nach Salter gut mit Eisenhämatoxylin oder Gentianaviolett gelingen (s. auch Kraemer 1902). Auf gewöhnliche zytologische Färbungen darf man nicht viel in analytischer Hinsicht bauen. Wir wissen seit Gierke und Fischer und chemischerseits durch Freundlich (1909), daß die Färbung, um die es sich hier handelt, letzthin auf Adsorption beruht, und bei Adsorption spielt die Natur des Adsorbens eine untergeordnete Rolle gegenüber der Natur der adsorbierten Stoffe (s. Freundlich 1909). In Verbindung mit anderen Momenten kann immerhin das färberische Verhalten nicht ganz ohne Be- deutung sein. Ich erinnere an meine obigen Angaben (S. 336). Es kommt bisweilen vor, daß die Leukoplasten in Pepton- präparaten, die häufig von Stärke vollgepfropft sind oder es im Ein Beitrag zur Kritik zweier Vererbungshypothesen. 347 Leben waren, sich in Safranin- Gentianaviolett rot färben, und in den CrOs -Präparaten sieht man nicht selten, daß in derselben Zelle einige Leukoplasten rot, die anderen blau gefärbt sind. Ein solches Verhalten darf nun keineswegs so gedeutet werden , daß die ver- schieden gefärbten, aber ähnlich geformten Strukturen verschiedener Natur seien 1) (vgl. Fig. 13 und 19, Taf. VII). Man findet in den Präparaten bisweilen neben den deformierten Leukoplasten auch andere unregelmäßige Massen, die sowohl von Leukoplasten stam- men, als auch andere Degenerationsprodukte sein können. In Eisenhämatoxylin färben sich alle Leukoplasten gleich in- tensiv und etwa wie das Chromatin (vgl. Taf. VI, Textfig. 2 — 5). Dieses Färbungsverfahren zeichnet sich, wie vorher gesagt, durch die feinen Abstufungen der Färbungsintensität, die es dem Präparat gibt, aus, was zur Folge hat, daß die stärkefreien Leukoplasten, die in Safranin -Gentianaviolett ziemlich homogen erscheinen, in jener Farbe fein strukturiert werden. Eine häufig zu beobachtende Struktur der durch Verklebung der Leukoplasten entstandenen Schlingen, die hefeartige, ist bei verschiedenen Färbungen leicht wiederzuerkennen, seltener erblickt man in Safranin- Gentianaviolett die im Hämatoxylinpräparat recht häufigen Doppelfäden. An dieser Stelle sei nochmals hervorgehoben, daß die Safranin- Gentianaviolett-Präparate besonders geeignet sind, die zahlreichen Übergangsformen zwischen intakten und kettenweise verklebten Leukoplasten hervortreten zu lassen. Diese Übergangsformen zeugen für die große Empfindlichkeit derselben , denn wahrschein- lich sind die Unterschiede oder Variationen im Fixierungsvermögen nicht groß. Man kann jedoch beobachten, daß die Alterierungen am größten in gewissen Regionen der Wurzelspitze sind. In den stärkeenthaltenden Zellen der Epidermis und des Peri- blems färben sich, wenn noch etwas Stärke unaufgelöst ist, bei geeigneter Entfärbung die Stärkekörner dunkler als das Stroma (Fig. 10, Taf. VI, 15, 16, Taf. VII). Dabei ist der Kern der Körner dunkler als die äußeren Schichten gefärbt^), was auf 1) Die meisten im ersten Teil dieser Arbeit angegriffenen Zoozytologen, die einen nuklearen Ursprung der Chroniidieu usw. verfechten oder leugnen, stützen sich unter anderem auch auf ähnliche Färbungsverhältnisse. Wie wenig Farbenunterschiede und -Übereinstimmungen in einem Präparat mit wirklichen (stofflichen) Unterschieden oder Übereinstimmungen zu tun haben, geht aus dem hier Gesagten hervor. Man vergleiche A. Fischer, Fixierung, Färbung und Bau. des Protoplasma. Jena 1899. 2) Dieselbe Beobachtung hat Kraemer gemacht (a. a. 0., 1902). 348 Henrik Lundegärd, größere Porosität deutet. An dieser Stelle sei bemerkt, daß die charakteristisclien Formen der deformierten und systrophierten Leukoplasten auch von eventuell enthaltener Stärke beeinflußt werden können. Die Stärke ist nämlicli in der Spitze der Wurzel überall sehr fein verteilt (auch Haberlandt 1908 weist hierauf hin), d. h. feinkörnig. Wenn nun ein Leukoplast, wie es in den Epidermis- (und Periblem-) Zellen der Fall ist (Fig. 16, Taf. VII, 22, 23, Taf. VIII), mehrere kleine Körner in seinem Stroma leicht beweglich enthält, und das Stroma, durch die Reagenzien deformiert, ausgezogen wird, wird es leicht eintreffen, daß die Körner in der Längsachse des entstandenen Schlauches aufgereiht werden. Nach etwaiger Auflösung der Körner würden in dieser Weise ketten- oder hefeartige Fäden entstehen. Dies sei nur in Verbindung mit dem oben Gesagten bemerkt, um zu zeigen, wie mannigfaltige Formen durch Deformation nur zweier Typen von Leukoplasten (der stärkeermangelnden und der stärkeenthaltenden) entstehen können, und daß es nicht an natürlichen Erklärungen dieser Sonder- barkeiten fehlt. An frisch in Jodjodkalium eingelegten Schnitten kann man allerlei Formen von Stärkebildungen sehen (vgl. Fig. 25). Die bisweilen zu beobachtenden U- förmigen Bildungen kann man viel- leicht mit entsprechenden Bildungen in den mikrotomgeschnittenen Präparaten identifizieren. Im Leben ist nichts von diesen U-Formen zu sehen. Sie sind wohl durch die Alteration des Stromas ent- standen. Ehe wir zu einer kritischen Verwertung unserer Ergebnisse bei Vicia Fdba in Anknüpfung an den ersten Teil dieses Aufsatzes übergehen, will ich zuerst einige Literaturangaben erwähnen, die vielleicht in Zusammenhang mit unseren eigenen Befunden stehen. In der botanischen Literatur finden sich nämlich zerstreute An- gaben über geformte Plasmaeinschlüsse, deren Verhalten häufig eine gewisse Ähnlichkeit mit dem der i^a&«- Leukoplasten zeigt. So sind zunächst die „Nematoblasten" Zimmermanns (1893) zu erwähnen, die als schwach lichtbrechende, häufig wellig gebogene Stäbchen in Haarzellen von Momordica daterum und Wurzel- meristemzellen von Vicia Fciba sowbhl an lebendem wie fixiertem Material zu sehen sind. Ich vermute, daß die „Nematoblasten" in den Zellen von Vicia Fdba mit meinen Leukoplasten identisch sind. Diese erfahren ja leicht Systrophe. Übrigens sind oben alle ge- Ein Beitrag zur Kritik zweier Vererbungshypothesen. 349 formten Bildungen in dem Protoplasma von Vicia erwähnt, so daß die Zimmermann sehen Nematoblasten sich unter ihnen befinden müssen, sofern sie nicht ganz und gar Artefakte oder pathologische Produkte sind. Dagegen kann ich keine Anknüpfungsprodukte an die „Phy- soden" Cratos (1892) finden; sie sollen ja bläschenartige Gebilde sein, „welche sich in den Protoplasmafäden befinden, wodurch die letzteren mehr oder weniger aufgetrieben werden". Vielleicht stellen sie einfach Vakuolen dar, die den Leukoplasten analog deformiert sind (vgl. S. 352). Später haben Swingle (1898) und Lagerheim (1899) „ba- zillenähnhche", vom Protoplasma scharf abgegrenzte Körper in gewissen Pilzzellen gesehen. Swingle nennt sie Vibrioiden, und nach Lagerheim sollen sie am besten in älteren, fettfreien Zellen sichtbar sein. Sie haben Bewegungsvermögen. Über die Funktion dieser Bildungen weiß man nichts. Vielleicht sind sie individualisierte, plastidenartige Gebilde; jedenfalls hat man keinen Anlaß, sie mit Chromidien usw. zu vergleichen, wie es Tischler (1906) tut. — M. und B. Bonin (1898, Bibliogr. anat.) haben eigentümliche Plasma- strukturen in Embryosackmutterzellen beobachtet (vgl. auch Stras- burger 1900, S. 142). Schniewind-Thies (1892) und neuerdings Tischler (1906) haben Befunde mitgeteilt, die äußerlich an die Angaben Gold- schmidts über Chromidien erinnern. Schniewind-Thies hat in lebhaft sezernierenden Zellen von Lüium, Narcissus und Diervillea Fadengebilde im Protoplasma gesehen, und desgleichen Tischler in den Tapetenzellen von Bihes- Arten. Nach dem letzteren sind es „kleinere oder größere, mit Hämatoxylin sich dunkelschwarz färbende, perlschnurförmige, gerade oder gewundene Stäbchen oder Fäden" (a. a. 0., S. 568). Auch in den ßiesenzellen von Äe^ero^em- Gallen hat der genannte Forscher ähnUche Bildungen gesehen (mit Safr.-Gent. rot gefärbt). EigentümUche Strukturen in dem Protoplasma der Tapeten- zellen hat auch Meves (1904) bei Nymphaea nachgewiesen (a. a. 0. Taf. XVI), und R. Beer (1905) in einigen Onagrazeen. A. E. Smirnow (1906) hat in embryonalen Zellen von Hyacinthus -Wurzeln und Erbsenkeimlingen „den G olgischen Bil- dungen analoge Strukturen" observiert. Über deren Aussehen bemerkt er: „Einige, namentlich die weniger gefärbten Fäden, er- Jahib. f. wiss. Botanik. XLVin. 23 350 Henrik Lundegärd, scheinen aus Körnchen zusammengesetzt, die nicht selten ketten- förmig aneinander gereiht sind"^) (a. a. 0. 1906, S. 148). Zu den Angaben und Abbildungen Tischlers und Meves' vergleiche man meine Figuren (bes. Fig. 11, Textfig. 3, 4). Mit den Smirnowschen Abbildungen vergleiche man besonders Fig. 5, Taf. VI, Textfig. 2, 5 2). Natürlich behaupte ich nicht, daß alle diese in dem Plasma verschiedener Pflanzen wahrgenommenen Strukturen auch Leuko- plasten oder gar Piastiden sind. Smirnöw und Meves wollen sie auch im Leben gesehen haben. Sie können ebensowohl va- kuolenartigen Bildungen vorstellen. Dem sei nun, wie ihm wolle, jedenfalls haben die genannten Forscher keine experimentellen oder vergleichenden Untersuchungen angestellt, um in diese Frage Licht zu bringen. Umso verwerflicher ist es, daß einige Forscher sich dessenungeachtet sehr entschieden über die physiologische Funktion und die Natur dieser Bildungen aussprechen. Wir erhalten gleich nachher Gelegenheit, auf diese Hypothesen zurückzukommen. Was ich aber eben jetzt hervorheben will, ist, daß _ die im vorhergehenden ausführlich beschriebenen Deformationen und Lage- veränderungen der Leukoplasten bei Vicia Faba nicht etwa als Ausnahmefälle zu betrachten sind, sondern daß sie eine Folge der ganz allgemeinen nachteiligen Wiikung der Fixierungsmittel auf die physikalische Struktur des Protoplasmas sind. Es ist daher, wenn man die allgemeine Tragweite der Ergebnisse prüfen will, weniger darauf Gewicht zu legen, daß die beschriebenen Defor- mationen aus Leukoplasten stammen, als daß sie, ganz allgemein gesprochen, aus besonders abgegrenzten, flüssigen Inhalts- körpern des Protoplasmas hervorgegangen sind. Meine Er- gebnisse deuten daraufhin, daß die gebräuchlichen Fixierungsmittel, ehe sie töten, gewaltsame Veränderungen in dem Gleichgewichts- zustand der physikalischen Struktur der Zelle hervorrufen. So wird wegen der nicht momentanen Verbreitung des sehr verdünnten Fixierungsmittels ^) in der ganzen Zelle die Grenzflächenspannung 1) Ich kann bemerken, daß ich in Wurzeln von AUium, die ich zwecks meiner Kernteilungsarheit untersucht habe, keine mit den eben beschriebenen vergleichbare Bil- dungen gesehen habe. 2) Zusatz bei der Korrektur. Duesberg und Hoven, Anat. Anz., Bd. 3G, 1910, Nr. 2/4 teilen neue Befunde von „Mitochondrien" in Pflanzenzellen mit (in Blättern von Tradescantia, Keimlingen von Pisum sativum, Phaseolus vulgaris, AUium porrum). 3) Die Gewebe sind ja wasserhaltig. Je nach dem Eindringen der Fixierungs- flüssigkeit wird daher diese mehr und mehr verdünnt. Ein Beitrag zur Kritik zweier Vererbnngsliypothesen. 351 zwischen jedem Inhaltskörper und dem umgebenden Protoplasma an verschiedenen Punkten der Oberfläche des flüssigen Körpers verschieden stark beeinflußt und verändert. Eine solche ungleich- mäßige Veränderung der Oberflächenspannung eines Flüssigkeits- tropfens resultiert unfehlbar in einer Deformation, d. h. an den Punkten, die eine erniedrigte Oberflächenspannung bekommen haben, tritt eine Ausbuchtung hervor, eine erhöhte Oberflächenspannung erzeugt eine Einsenkung an der betreffenden Stelle. Ein zähflüssiger Tropfen deformiert sich natürlich langsamer als ein leichtflüssiger. Daher beobachten wir nicht so starke Deformationen nach der Fixie- rung bei dem Zellkern wie bei den leichtflüssigeren Piastiden und dem noch leichtflüssigeren Protoplasma. Daß aber der Zellkern bisweilen sehr stark deformiert werden kann, auch in gut fixierten Präparaten, das weiß jeder Zytologe^); kleine Deformationen, Buckel usw., kommen fast bei jedem fixierten Kern vor. Die Deformationen der wenig widerstandsfähigen Leukoplasten werden natürlich viel auffallender, aber auch regelmäßiger in aller ihrer Mannigfaltigkeit. Daß alle diese Deformationen hier in so kurzer Zeit vor sich gehen, kann nicht verwundern, wenn man weiß, daß der Zellinhalt, speziell der Kern, zu sehr schnellen Ortsbewegungen bei Ver- letzungen usw. befähigt ist. Und diese kurze Zeit macht auch, daß die Veränderungen uns überhaupt sichtbar werden. Denn kaum sind die durch die schwache Anfangskonzentration des eindringenden Fixiermittels hervorgerufenen Gestaltsveränderungen im Gange oder beendigt, so wirkt die steigende Konzentration momentan tötend, und der ganze Zellinhalt erstarrt, in dem Todesaugenblick uns also nicht den natürlichen Zustand des Protoplasten zeigend, sondern einen abnormen, einen heftigen Vergiftungszustand. Warum die guten Fixierungsmittel mehr naturgetreue „Fixie- rungsbilder" liefern, verstehen wir jetzt. Sie dringen erstens gleich- mäßiger in das Gewiebe ein, und zweitens töten sie schon bei sehr geringer Konzentration, d. h. die Zeit zwischen anfangender Gift- wirkung und momentan tötender Giftwirkung wird sehr kurz. Wir haben Beispiele von durch die gewöhnlichen Fixierungs- mittel hervorgerufenen Deformierungen des Kerns und der Leuko- plasten geliefert, wie verhält sich nun das übrige Protoplasma hierbei? 1) über Veränderungen im Kerninneren vgl. Lundegärd, Über Kernteilung in den Wurzelspitzen von Allium cepa und Vicla Fuha. Svensk. bot. Tidskr., Bd. 4, H. 3. 23* 352 Henrik Lundegärd, Die Deformationen beruhen, wie erwähnt, auf einer ungleich- mäßigen Veränderung der Oberflächenspannung. Das lebende Protoplasma enthält aber zahlreiche Vakuolen verschiedener Natur und häufig sehr kleine Vakuolen. Es ist klar, daß sich diese Vakuolen, mit Flüssigkeit gefüllte Hohlräume oder AVaben, wie man sie nun nennen will, bei Giftwirkungen ähnlich verhalten werden wie die individualisierten Bestandteile des Protoplasten. Denn die "Wände dieser Vakuolen oder Waben verhalten sich gegen das umgebende übrige Plasma ganz ebenso wie diejenigen der Pla- stiden und des Kerns. Daher erleiden auch die Vakuolen bei der Fixierung ähnliche Deformierungen wie die Leukoplasten. Sie werden ausgezogen. Und in dieser Weise möchte ich die häufigen Faden- bildungen im Protoplasma in meinen Präparaten (besonders in den CrOs - Präparaten , vgl. Fig. 7 und 19) erklären. Denn im Leben sind ähnhche Fadenbildungen selten zu sehen. Das Protoplasma bei Vicia Fdba ist im Leben emulsionsartig oder wabig (vgl. Fig. 22 bis 24, Taf. VIII). In den fixierten Präparaten ist es fädig- gerinn selig. Kehren wir nun zu den oben zitierten Literaturangaben zurück, so können wir also sagen, daß, wenn sie fixiertes Material betreffen, außerordentlich wenig dafür bürgt, daß nicht ähnliche Deformie- rungen vorliegen wie diejenigen, die wir beschrieben haben. Dabei liegt es weniger daran, ob die Körper Leukoplasten, andere Pla- stiden oder nur Eiweißvakuolen sind. Auch solche Lageverände- rungen wie diejenigen, die in der Systrophe der Chromatophoren vor sich gehen, dürften ebenso anderen geformten Plasmaeinschlüssen zukommen. Nach alledem dürfte es klar sein, daß noch weitere, eingehende Untersuchungen über die Natur der von Tischler, Smirnow und Meves beschriebenen eigentümlichen Inhaltskörper angestellt werden müssen, ehe man sich über deren wahre Natur zu äußern wagen kann; daß sie aber, ihrem Aussehen und der Behandlung der Objekte nach zu urteilen, mit den von mir beschriebenen De- formationen und Verlagerungsprodukten von Leukoplasten bei Vicia Fdba in vielen Punkten übereinstimmen oder Ähnlichkeiten zeigen. II. Nun haben aber diese in Tapetenzellen oder anderorts auf- gefundenen Bildungen (vgl, die oben zitierten Arbeiten Zimmer- manns, Swingles, Lagerheims, Schniewind -Thies', Tisch- Ein Beitrag zur Kritik zweier Vererbungshypothesen. 353 lers, Meves', Smirnows) u. a. hypothetische Auslegungen erfahren und zwar durch Tischler (1906) und Meves (1904, 1908). Diese Forscher wollen nämlich glaublich machen, daß die erwähnten Bildungen den tierischen „Chromidien" oder „Chondriosomen" homo- log sind. Tischler behauptet so, daß diese Strukturen von dem Chromatin des Kerns abstammen, und Meves behauptet, daß die selben Strukturen keineswegs nuklearen Ursprungs, sondern daß sie „Vererbungsträger" sind und die „Qualitäten des Protoplasmas" tragen. Tischler, welcher sich den Gedankengängen Goldschmidts anschließt, beweist, daß die Stäbchen oder Fäden in den Tapeten- zellen von Bihes von dem Kern herrühren, in folgender Weise. Zu einem gewissen Zeitpunkt zeigen die ruhenden Kerne der Tapetenzellen Chromatinansammlungen , „die an Chromosome er- innern". In Analogie mit den Befunden Rosenbergs (1899) zieht er daraus den Schluß, daß sie stark funktionieren. Dann soll eine Periode eintreten, in der die Plasmastrukturen stark vermehrt werden, während die Chromatinmenge abnimmt. Tischler folgert hieraus, daß das Chromatin in das Protoplasma hinübergewandert und zu „Chromidien" geworden ist^). Außer den ganz allgemeinen Einwänden gegen eine solche Auffassung, welche wir vorher er- hoben, sei an dieser Stelle folgendes bemerkt. Wenn Tischler glaubt, daß eine gleichzeitige Zunahme der Protoplasmabildungen und Abnahme des Chromatins einen geneti- schen Zusammenhang zwischen beiden- beweist, kann ich ihm ent- gegenhalten, daß in den Vicia i^a&a- Wurzeln eine gleichzeitige Zu- nahme der Zahl und Masse der Leukoplasten und Abnahme des Chromatins stattfinden kann. Wenn eine Zelle altert, ist es eine häufig gemachte Beobachtung, daß die Menge des Chromatins ver- mindert wird. Wenn die Zellen in der Wurzelspitze altern, d. h. wenn sie außerhalb der Vermehrungszone in die Streckungszone kommen, zeigt sich in ihnen eine erhebliche Vermehrung der Leuko- plasten und zugleich eine Zunahme an Stärkemenge, was in einer Volumvergrößerung der letzteren resultiert. In meinen mit defor- mierten und systrophierten Leukoplasten ausgestatteten Präparaten kann ich ganz ähnliche Beobachtungen wie Tischler und Jörgensen machen. Die ruhenden, chromatinarmen Zellen der Epidermis 1) Jörgensen (1910) hat in seiner soeben erschienenen Abhandlung eine analoge Beobachtung bei der Eibildung der Schwämme gemacht und daraus denselben Schluß wie Tischler gezogen. 354 Henrik Lundegärd, besitzen massenhaft Plasmastrukturen, während die in reger Ver- mehrung begriffenen, chromatinreichen Zellen des Urmeristems nur spärlich mit Plasmastrukturen ausgerüstet sind. — Tischlers An- nahme ist also unbewiesen. — Für seine Annahme, daß die pflanzlichen Strukturen in Ta- petenzellen usw. mit den Chondriosomen identisch sind, hat Meves (1904, 1908) keine anderen Beweise als das ähnliche Aussehen der Bildungen. Ebenso ist es mit Duesberg und Hoven (1910). Das in diesem Aufsatz Angeführte dürfte mit überzeugender Schärfe gezeigt haben, wie außerordenthch unsicher alle Homo- logisierungen sind, die sich nur auf eine äußerliche Form stützen (wenn es sich um Plasmastrukturen handelt). Die von mir aufgefundenen Bildungen bei Vicia ähneln fast überraschend den sog. Chondriosomen, und doch kann es wohl niemand einfallen, sie mit ihnen jetzt zu homologisieren. — Gleichen doch die T'icift-Strukturen auch häufig Spiremfäden (Fig. 5, Taf. VI, Textfig. 2, S. 330), läugsgespalteten Chromosomen (Fig. 5, 31 usw.), Doppelgamosomen (Fig. 8, Taf. VI, Textfig. 5, S. 338)! — Smirnow (1906) äußert sich vorsichtig über die etwaige Natur seiner Strukturen, die jedoch den Mitochondrien ebenso sehr oder gar mehr ähneln, als den Tapetenzellstrukturen. Er kann sie nicht mit den „Mitochondrien und Golgischen Strukturen" iden- tifizieren. Neuerdings hat M. von Derschau an der Hand von ihm aufgefundener Plasmabildungen in Frifillaria, Lilium, Osmunda und Vicia sehr eigentümliche Ansichten über die „pflanzlichen Mi- tosen, Centren, Blepharoplasten" mitgeteilt (Derschau 1908). Die übrigens recht unklaren Ausführungen des Verf.s „verfolgten vor allem den Zweck, zu zeigen, daß in den Pollen-Sporenmutterzellen resp. Gewebezellen höherer Pflanzen die Spindelbildung stets auf der Grundlage chromidialer, dem Kern entstammender Substanzen basiert, daß ferner letztere ein Wachstum im Cytoplasma erfahren und zu den „Sphären" sich entwickeln". Es kann nicht meine Absicht sein, auf eine Besprechung solcher Hypothesen einzugehen, deren zugrunde liegendes Tatsachen- material, den Abbildungen des Verfassers nach zu urteilen, recht mangelhaft ist. Was die wenigen und undeutlichen Figuren von Wurzelmeristemzellen bei Vicia Faha betrifft, so ist es möglich, daß die kugeligen Gebilde, die zu „Sphären" erhoben werden, die Leukoplasten vorstellen. Ich will bemerken, daß ich das Fixierungs- Ein Beitrag zur Kritik zweier Vererhungshypothesen. 355 mittel des Verf.s nicht aus eigener Erfahrung kenne ^), ich habe aber in meinen Präparaten niemals eine solche Anordnung der Leukoplasten wie in den Figuren Der seh aus gesehen.' In einer soeben erschienenen Arbeit berichtet Ch. J. Cham- berlain (1909) über eigentümliche Plasmaeinschlüsse, die ihm beim Studium der Spermatogenese in Dioon edule aufgefallen sind. Chamberlain hat in den frühen Stadien der Spermatogenese in dem Plasma der Mutterzelle der Spermatozoen „black granules" und „gray bodies" beobachtet. Die schwarzen Körner sollen nach Chamberlain ausgewanderte Chromatinkörner sein. Die grauen Körper sollen aus diesen durch Flüssigkeitsaufnahme entstehen. Gegen die Annahme Chamberlains, daß die kleinen schwarzen Körner in dem Protoplasma nuklearen Ursprungs seien, spricht nun das, was wir in dem ersten Teil bei Besprechung der Chromidium- hypothese anführten. In den Figuren Chamberlains erblickt man keine Pseudopodien, die sehr kleinen Körner liegen einfach der glatten Kernmembran an (a.a.O. 1909, Fig. 11— 14, Taf. XV). Die Vermutung Chamberlains, daß die „black granules" Chro- matintröpfchen sind, die die in der frühen Prophase etwas auf- gelockerten, aber „still recognizable" Membran durchbrochen haben, oder „that the granules could pass by osmosis through a membrane with such a structure as a physiologist might imagine the nuclear membrane to have", muß also noch als unbewiesen betrachtet werden^). Soeben erschien eine Abhandlung von Farmer und Digby über die Cytologie einiger hybrider Farne. Die Verfasser glauben gefunden zu haben, daß Chrom atintröpfchen während der früheren Stadien der heterotypischen Mitose in das Protoplasma heraus- ■ geworfen werden. Ebenso soll ein Chromatinaustritt während der Telophase und auch in gewöhnlichen Mitosen stattfinden. — Es sei an dieser Stelle hervorgehoben, daß schlechte Fixierung häufig ein Ausschleudern von Kernteilchen verursacht, was bei ausschließlicher Verwendung von getötetem Material wohl zu bemerken ist. Da- durch können auch Pseudopodien vorgetäuscht werden. 1) In einer Arbeit 1907 erwähnt v. Derschau, daß Iridiumchlorid zur Fixierung Verwendung gefunden hat. 2) Auch bei Dioon scheint nach Chamberlain das Auftreten der Plasmabil- dungen zu einer Zeit einzutreffen, wo „the nucleus no longer stains sharply, the reti- culum appearing very faiut, and even the uucleolus and larger chromatingranules taking scarcely any stain". Vgl. das oben über die Angaben Tischlers und Jörgensens Gesagte. 356 Henrik Lundegärd, Aucli bei niederen Pilzen hat man bisweilen in fixierten und gefärbten Präparaten Bilder gesehen, die als Auswanderung von „Karyosomen" oder „Chromatinkörnern" gedeutet werden. So nenne ich die Arbeiten von S. Ikeno (1903) und Griggs (1909). Die Kernverhältnisse scheinen hier bedeutend von denjenigen bei höheren Organismen abzuweichen, jedoch bedürfen diese Angaben nach dem oben Gesagten einer nochmaligen Prüfung. Nachdem wir uns also etwas mit denjenigen Angaben der botanischen Literatur beschäftigt haben, die in irgend einer Weise unser Thema berühren, scheint es mir geboten, einige Parallelen zwischen meinen experimentellen Ergebnissen und den uns vorher bekannten Angaben über Protoplasmastrukturen in zoologischen Objekten zu ziehen. Dabei kann es sich natürlich nur um Ana- logien handeln, es scheint mir aber, daß solche Vergleiche in kritischer Hinsicht nicht zu unterschätzen sind, da doch die tierische Zelle und die pflanzliche Zelle nach demselben Plan aufgebaut sind und in groben Zügen übereinstimmende chemische wie auch physikalische Organisation haben. Zunächst bemerken wir, daß die mannigfaltigen, unter dem Namen Chromidien, Chondriosomen usw. beschriebenen Strukturen physiologisch recht unbekannt sind. Nur die Untersuchungen Goldschmidts und Reichenows ergeben als Resultat, daß die Chromidien sich bei erhöhter Zelltätigkeit vermehren. Außerdem scheinen zahlreiche vergleichend anatomische Untersuchungen auf mannigfaltige Differenzierungsprodukte von Chromidien und Chon- driosomen zu deuten. Solche Befunde geben aber keinen Aufschluß über die physiologische Natur, sie sprechen außerdem eher gegen als für die Annahme, daß die Strukturen, als morphologische Indi- viduen betrachtet, dauernde Bestandteile des Plasmas sind. Betrachten wir also die vorzugsweise Plazierung der Chromidien in der Nähe des Kerns. Diese Plazierung kann, wie schon oben (s. erster Teil) angedeutet, sehr ungezwungen aus einer stoffaus- tauschlichen Beziehung zwischen Kern und Chromidien verstanden werden. Wir haben aber im vorhergehenden noch andere Faktoren kennen gelernt, die die Ursache einer solchen Lagebeziehung in fixierten Präparaten sein können. Es sind die durch die Fixierungs- flüssigkeit hervorgerufenen und dann fixierten Vergiftungserschei- nungen. Ein Teil von diesen könnte unter die Schimp ersehe Benennung Systrophe einbezogen werden. Ein Beitrag zur Kritik zweier Vererbungshypothesen. 357 Nach den Angaben Meves' (1908) sollen die Chondriosomen in somatischen Zellen, in fixiertem Material, bisweilen eine An- ordnung um den Kern haben (vgl. seine Figuren 1908), und seit langem ist bekannt, daß die Chondriosomen bei den Spermatocyten- teilungen die Spindel mantelförmig umgeben. Dabei müssen die engen Raumverhältnisse mit in Betracht gezogen werden. In den Zellen des Hühnerembryos dagegen scheint nach Meves (a. a. O. 1908, S. 840) „der Ablauf einer Mitose auf das Verhalten und die Lagerung der Mitochondrien und Chondriokonten gänzlich ohne Einfluß zu sein. Die Mitochondrien erhalten sich während der Teilung als solche und nehmen keine besondere Anordnung an; ebenso bleiben auch die Chondriokonten unregelmäßig durch den Zelleib verteilt." Die unten noch zu erwähnenden Angaben über „Chondrio- dierese" und die eigentümlichen Lageänderungen der Chondrio- konten bei den Sperniatozytenteilungen, die an „Sondermitosen" (Ben da 1902, S. 748, Meves) erinnern können, beruhen wohl auf passiven Gestaltsänderungen, durch Adhäsionsverhältnisse und die Symmetrieänderungen verursacht, und finden Gegenstücke in den Teilungserscheinungen der Chlorophyllkörper niederer Pflanzen (Diatomeen, grüner Algen). Auch verweise ich auf die Angaben unten über die Lage der Ficia- Leukoplasten während der Mitose. Nach den Angaben Bendas scheinen die Mitochondrien, die ja auch im Leben sichtbar sind, keine bevorzugte Stellung im Zell- leib einzunehmen. Die Chromidien dagegen sollen nach zahlreichen Angaben häufig an dem Kern gelagert sein, und ich habe schon oben meine Abbildungen mit denen der Chromidialforscher verglichen. Es ist, wie mir scheint, nach alledem die Möglichkeit nicht auszuschließen (die Chromidien der Metazoen sind meines Wissens nicht im Leben gesehen worden), daß diese Lagebeziehungen we- nigstens zum Teil auf der Fixierung beruhen, und dabei spielt es keine besondere Rolle, welche physiologische Natur die betrefii"enden Gebilde haben. Noch allgemeiner scheinen, meinen Versuchen nach zu urteilen, die Gestaltsveränderungen etwaiger geformter Bildungen in dem Protoplasma bei der Fixierung zu sein. Die 7icia- Leukoplasten, die im Leben meistens rund sind, werden durch die Fixierung fädig ausgezogen, oder sie kleben sich aneinander und formieren lange Ketten (was vielleicht zu der Systrophe gehört). Da nun die An- 358 Henrik Lundegärd, gaben über lebende Chromidien, Cliondriokonten usw. sehr spärlich sind, und da außerdem meine deformierten Leukoplasten häufig täuschend an die zoologischen Strukturen erinnern, so kann man nicht umhin, die Vermutung auszusprechen, daß viele dieser Struk- turen Artefakte sind, in dem Sinne nämlich, daß sie Deformierungs- produkte im Leben anders (und einfacher?) geformter Bildungen darstellen. Jedenfalls muß man fürderhin solche morphologischen Untersuchungen viel vorsichtiger und sorgfältiger treiben, um sicher zu sein, daß die in fixierten Präparaten sichtbaren Bildungen wirklich naturgetreu sind. Die Mitochondrien sollen, wie schon der Name sagt, zumeist aus Körnern aufgebaut sein. Daß man solche Angaben jetzt sehr vorsichtig aufnehmen muß, leuchtet ein. Denn Fadenketten können ja auch artifiziell erzeugt werden. Meves (1902) hat bläschenartige Mitochondrien beschrieben, die aus einer mit Eisenhämatoxyliu schwarz färbbaren Schale und einem helleren Inhalt bestehen sollen; Goldschmidt (1904) gibt auch ähnliche Schilderungen seiner Chromidien (vgl. auch Meves 1908, S. 834). Auch die Chondriokonten in den Spermatocyten der Honigbiene sind nicht solid, sondern „stellen Röhren dar, deren Wandung intensiver färbbar ist". Ich verweise zum Vergleich auf meine Abbildungen (Fig. 11, Taf. VI; Textfig. 3, 4; Fig. 13, 14, 17, 18, Taf. VII). Die neueren Angaben über eine „Doppelfadenbildung" (Ben da glaubt nicht daran, a. a. 0., 1902, S. 771) in den Spermatocyten erinnern lebhaft an das Verhalten der jPa&a- Leukoplasten (vgl. auch Smirnow 1906). — Wie zuvor erwähnt, vermehren sich die Leukoplasten in den Wurzelzellen von Vicia Faba ganz erheblich bei erhöhter Nahrungs- zufuhr, z. B. in peptonisierten Wurzeln. Nach Goldschmidt und Reichenow sollen die Chromidien bei erhöhtem Stofi'umsatz an Zahl und Masse bedeutend zunehmen. — In den Pepton- Präparaten sind die kleinen Leukoplasten so zahlreich, daß die Bilder häufig lebhaft an zoologische Mitochondrienabbildungen erinnern. — Solche Übereinstimmungen, wie die hier aufgezählten, zwischen Bildungen, die sicher physiologisch sehr verschieden sind, mahnen zur Vorsicht bei physiologischer Verwertung morphologischer Befunde und Homologisierungen. Sie lehren uns, was wir zuvor her- vorhoben, daß die äußere Form eines Körpers in dem Plasma keine nähere Beziehung zu seiner Zusammensetzung hat, daß man außer- Ein Beitrag zur Kritik zweier Vererbungshypothesen. 359 ordentlich vorsichtig sein muß, wenn man in unserem Gebiet, wo wir fast nur mit fixiertem Material operieren, Folgerungen aus der Gestalt oder den Lageverhältnissen der Teile des Protoplasten auf ihre Funktion machen will. Wenn man das Problem der Protoplasmastrukturen unter einen allgemeinen physiologischen Gesichtspunkt zu bringen versucht, so findet man, daß mehrfach geformte Bildungen in dem Protoplasma vorhanden sein können, ohne daß sie stetige, individuelle Inhalts- bestandteile, wie die Piastiden, sind. Ich brauche nur an die ein- fachsten aller solcher zufälligen Bildungen, die Tröpfchen von Fett, Ol, Harz, Gerbstoff usw. zu erinnern. In dem Protoplasma, das aus so außerordentlich vielen chemischen Körpern gemischt ist, die die Lösungsverhältnisse so kompliziert machen, wo in dem Betrieb Körper ausgefällt und aufgelöst werden unter stetigem Wechsel des Ortes, können die physikalischen Kräfte wegen der Kleinheit des Raumes und der freien Substanzmengen zu mannigfaltigen Massenaggrega- tionen führen, die nur unter denaugenblicklich herrschenden inneren und äußeren Bedingungen konstant sind^). Daß im lebenden Protoplasma Fäden entstehen und wieder verschwinden können, ist seit langem bekannt. Im Protoplasma befinden sich suspendiert zahlreiche Bläschen, Tröpfchen, von flüssiger Konsistenz, die wohl chemisch sehr verschiedenartig sein können. Sie neigen häufig dazu, sich in Ketten anzuordnen, wie Nägeli, Flemming, Schleicher u. a. angegeben haben. N. Gaidukow (1906) hat neuerdings gefunden, daß die „Proto- plasma-Ultramikronen", wie er mit dem Ultramikroskop nachweis- bare kleine, nicht gelöste Teilkörper des Protoplasten nennt, in dem äußeren Protoplasma, Hyaloplasma, ein Netzwerk bilden. 1) Daneben müssen die Betreiber der zytologischen Technik immer vor Augen haben, daß homogene Eiweißlösungen bei Gerinnung strukturierte Fällungsbilder geben (vgl. A. Fischer 1899). So kann es z. B. eintreffen, daß die vorher beschriebenen langen Fäden in der Grundmasse des Plasmas Fällungsprodukte sind, und wenigstens z. T. dürften sie es wohl sein. Die Schwierigkeit, zu entscheiden, was präformiert ist und was Fällungsprodukt, ist manchmal recht groß, weil gewisse Strukturierungen sowohl im Leben als durch Ausfällung entstehen können. Ich erinnere an die Waben- und Netzstrukturen im Kern und Protoplasma. Auf die weitläufige Literatur kann nicht eingegangen werden ; man vgl. vor allem die Arbeiten Fischers, Bütschlis, Tellyesnizckys und Bergs, auch die früheren Arbeiten Flemmings. InViciaFaba entstehen Fäden noch in einer anderen AVeise, nämlich durch Ausziehung der Leukoplasten. Man vgl. die Abbildungen und das auf S. 352 f. Gesagte. 360 Henrik Lundegärd, Häufig hat man die Veränderlichkeit solcher Strukturen im Leben gesehen (vgl. z. B. Flemming 1882), oder gar eine schnelle Bewegung der einzelnen Fäden observiert (siehe Schleicher 1879, Flemming u. a.). Bei pflanzlichen Objekten sind ähnliche Beob- achtungen bisweilen gemacht worden. So finde ich bei Berthold (1886) eine Angabe über „glän- zende, homogene Fädchen von verschiedener Länge und mit toru- lösen Auftreibungen versehen", die massenhaft im plasmatischen Wandbelag von Bryoj)sis vorkommen sollen. „Sie wechseln lang- sam ihre Läge, zerfallen gelegentlich und verschmelzen auch wohl miteinander" (a. a. 0., S. 60). Ähnliche Beobachtungen hat der- selbe Forscher bei Saprolegnia, Vaucheria, CaUithamnion und Ce- rmnium- Arten gemacht. Lauterborn schreibt 1893, daß das Plasma bei Pinnularia, Surirella und anderen Diatomeen außerhalb der Chromatophoren und bei Surirella auch zwischen ihnen „in ein unregelmäßiges Geflecht feiner Fäden differenziert war" (a. a. 0., S. 183). „Diese Fäden besitzen die Fähigkeit, langsam schlängelnde oder pendelnde Be- wegungen auszuführen, sowie auch teilweise ihre gegenseitige Lage zu verändern, indem z. B. an irgend einer Stelle eine Anastomose eingezogen oder an einer anderen eine solche neu gebildet wird". Außerdem sei an die eigentümlichen Strahlungen, die in tieri- schen Eiern und den Sporenmutterzellen von Isoetes (Fitting 1900) beobachtet worden sind, erinnert. Mit diesen wenigen Beispielen ist natürHch die Mannigfaltigkeit der inkonstanten Protoplasma- strukturen keineswegs erschöpft. Diese Strukturen unterscheiden sich jedoch von den Piastiden dadurch, daß sie nicht morphologisch individuell sind. Das heißt, sie entstehen und verschwinden, und jedesmal sind es neue Substanzteile, die sich an ihrer Bildung beteiligen. Die Piastiden dagegen haben eine selbständige Assimilationstätigkeit ^) und können nie spontan entstehen. Jene Bildungen besitzen demnach nur eine untergeordnete morphologische Bedeutung (sofern sie nicht physiologisch indi- viduell sind), physiologisch können sie dagegen sehr interessant 1) Dies ist nun a priori nicht für die eben erwähnten Strukturen ausgeschlossen, wenn auch weniger wahrscheinlich. Dagegen kann es sehr wohl eintreffen, daß gewisse unter ihnen physiologiscli individuell sind, in den Fällen, wo sie nur aus gewissen bestimmten chemischen Verbindungen entstehen können, Ein Beitrag zur Kritik zweier Vererbungshypothesen. 361 sein, da sie das Spiel der herrschenden physikalischen Kräfte ab- spiegeln. — Früher wollte man aber annehmen, daß die Grundmasse des Protoplasmas ein festes Skelett besäße, m. a. W., daß das Gerüst- werk des Plasmas morphologisch individuell und also den Piastiden vergleichbar wäre. In dieser Weise entstanden die vielen Hypo- thesen über die Protoplasmastruktur, auf deren Ausarbeitung häufig viel Scharfsinn verwendet worden ist. Oben sind wir zu der Auffassung gekommen, daß die Begriffe Chromidium, Chondriosomen in ihrer jetzigen Fassung« unhalt- bar sind, d. h. es existieren keine Beweise dafür, daß die Chroraidien aus dem Kern herauswandern, oder daß die Chondriosomen eine gemeinsame Funktion haben, bezw. „Vererbungsträger" sind. Dafür, daß, wie wir schon vorher äußerten, diese Begriffe phy- siologisch sehr verschiedenartige Dinge auf eine Linie stellen, sprechen außerdem die Angaben über „Differenzierungsprodukte" (Meves 1908 u. a.) der Mitochondrien usw. oder über Umwandlung von Chromidien in Chondriosomen (Goldschmidt 1909). Um einen Vergleich zu ziehen: Die Mitochondrienlehre erinnert lebhaft an die Operationen, die mit dem alten H an st ein sehen Begriff „Mikrosomen" ausgeführt worden sind. Wie viele Angaben über Zellhautbildung u. a. m. beziehen sich nicht auf diesen Ter- minus! Ich kann Berthold beistimmen, wenn er sagt: „Es dürfte aber doch vielleicht besser sein, dieses zusammenfassende Fremd- wort zu vermeiden. Es ist nicht daran zu zweifeln, daß sie je nach den Einzelfällen von sehr verschiedener Natur und Zusammen- setzung sind, wenn darüber auch nichts Sicheres bekannt ist und wenig Aussicht vorliegt, daß wir sobald etwas Sicheres erfahren werden" (1886, S. 61). Wenn wir unsere obigen Ausführungen auf die Lehre von den Chromidien und Mitochondrien usw. übertragen, so bemerken wir sogleich, daß man überhaupt nicht weiß, ob die genannten Strukturen irgend eine Individualität haben. Es kann eintreffen, daß man unter ihnen morphologisch individuelle Bildungen, den pflanzlichen Piastiden vergleichbar, findet, Bildungen also, die eine ganz be- stimmte Stoffwechselfunktion haben und unerläßHche Gheder in dem Leben der Zelle darstellen, es kann eintreffen, daß viele der Strukturen nur physiologisch individuell sind, d. h., daß sie etwa wie Stärke, Fettarten, Harz usw. Ablagerungen sind, die wegen 362 Henrik Lundegärd, ihrer immer gleichen chemischen Zusammensetzung konstante physi- kalische Gestalten annehmen, und es kann endlich eintreffen, daß die Chromidien und Mitochondrien z. T. aller Individualität mangeln, daß sie z. T. ganz zufällige Tröpfchen und Fäden von inkonstanter Zusammensetzung sind. Wie kann man unter solchen Umständen eine Chromidienlehre und eine Mitochondrienlehre aufbauen? Das einzige, was das zer- streute Material unter einem einheitlichen Gesichtspunkt zusammen- hielt, hat sich als unbewiesen oder nicht stichhaltig herausgestellt. Es ist unbewiesen, daß die Chromidien aus dem Kern austreten und es "ist nicht stichhaltig, daß analoge Färbung auf analoger chemischer Zusammensetzung beruht, oder daß identische Formen identischen oder analogen Inhalt bedeuten. Nicht ohne Interesse ist das Verhalten der Leukoplasten während der Karyokinese. In ruhenden Zellen nehmen sie im Leben, wie oben erwähnt, eine zerstreute Anordnung an, jedoch mit einer gewissen Vorliebe für die Nachbarschaft des Kerns. Teilungszustände des Kerns können im Leben nicht unterschieden werden, daher muß die Plazierung der Piastiden während der Kary- okinese an konserviertem Material studiert werden. Da es sich jedoch hier nur um grobe Züge handeln kann, kommen die durch die Fixierung verursachten Verlagerungen weniger in Betracht. Während der Prophase nehmen die Piastiden meistens eine zerstreute Anordnung in dem Plasmaleib an, in der Metaphase sind sie schon deutlich bipolar lokalisiert. Sie sammeln sich häufig in zwei Gruppen an den künftigen Spindelpolen (Fig. 7, 8, Taf. VI), bleiben dort während der Ana- phase, um in der Telophase wieder eine zerstreute Anordnung um die beiden Tochterkerne einzunehmen (Fig. 9, Taf. VI). Diese er- halten also von der Mutterzelle je eine Portion Leukoplasten. Auf Querschnitten durch Wurzelspitzen sieht man bisweilen, daß die deformierten, ausgezogenen Leukoplasten von der Membran gegen die Zellmitte, die von der Spindelfigur eingenommen wird, strahlen. Besonders deutlich habe ich dieses auf dem schon er- wähnten Querschnitt durch eine in starkem Flemmingschem Gemisch fixierte Wurzel beobachtet. In Textfig. 4 (S. 336) ist ein besonders schöner Fall wiedergegeben. Nur ein paar Chromosomen befanden sich in dem Schnitt, und sie waren entfärbt, während die aus- gezogenen Leukoplasten die Farbe energisch zurückgehalten hatten. Ein Beitrag zur Kritik zweier Vererbungshypothesen. 363 Daß die radiäre Anordnung im Leben vorkommt, ist wohl nicht anzunehmen, denn die Form der Leukoplasten ist ja eine anormale. Man kann diese Anordnung auf die gleiche Linie mit der Systrophe (Kernumlagerung) in ruhenden Zellen stellen (Textfig. 3 [S. 334] die aus demselben Präparat entnommen ist, vgl. auch Text- fig. 2 [S. 330). Die regelmäßige, radiäre Anordnung deutet auf ein Eindringen des Fixierungsmittels gleich schnell von allen Seiten der Zelle her. Nun ist es freilich nicht ausgeschlossen, daß eine schwache radiäre Tendenz sich in dem Leben schon bemerkbar macht. In der Metaphase finden ja häufig Strömungen in dem Protoplasma statt, die eine radiäre Anordnung hervorrufen können. (Man vergleiche die während der Karyokinese bei Tieren und Pflanzen beobachteten Strahlungen.) Leider kann man dies nicht an lebendem Material entscheiden. Die Stärkebildner selbst vermehren sich durch Teilung. An fixiertem Material ist es selbstverständlich wegen der häufigen Ver- klebungen und Aneinanderlagerungen derselben schwer zu ent- scheiden, ob eine wirkliche Fragmentierung vorliegt oder nicht. Die Frage ist jedoch von untergeordneter Bedeutung, denn die Vermehrung der Piastiden geschieht jedenfalls unabhängig von der Karyokinese. Die scheinbare Längsspaltung der verklebten Leuko- plasten darf nur nicht mit einer wirklichen Zweiteilung verwechselt werden! Ofi'enbar sind die erwähnten Lageveränderungen der Piastiden nur passiv, durch die Umgestaltungen im Protoplasma bedingt. Li der Prophase zeigt das Plasma eine mehr oder weniger deutliche polare Anordnung, eine Anhäufung an den Stellen, wo in der Metaphase die Pole der Kernspindel plaziert werden^). Es liegt nichts Überraschendes darin, daß die Leukoplasten der Strö- mung des Protoplasmas gehorchen (man kann z. B. die Ausführungen Bertholds 1886, Kap. 4 vergleichen). Daß sie nur passiv mitgerissen werden, sieht man noch klarer daraus, daß häufig keine polare Anhäufung zu sehen ist. Die Leukoplasten können eine Mantelschicht um die karyokinetische Figur bilden (Fig. 14, Taf. VIII) und werden dann in zwei Haufen nur durch die Scheidewand gesondert. Besonders schöne Präpa- rate, die diese Vorgänge auf das deutlichste hervortreten lassen, 1) Anderorts soll dieser Vorgang näher geschildert werden. Vgl. Lundegärd, a. a. 0., 1910. 364 Henrik Lundegärd, habe ich aus den in Pepton kultivierten Wurzeln erhalten. Mit Safranin- Gentianaviolett färben sich alle Zellstrukturen leuchtend rot, die Leukoplasten bilden zahlreiche, ziemlich kleine Bläschen von himmelblauer Farbe. "Wenn man ein Präparat aus einer mit CrOs behandelten Wurzel flüchtig betrachtet, könnte man leicht von dem Gedanken ergriffen werden, daß die langen Schläuche oder Ketten in dem Protoplasma einen selbständigen, mit der Kernteilung gleichzeitigen Teilungsprozeß durchmachten. Man denke an die polare Anordnung (Fig. 7, 8, Taf. VI) und die scheinbare Längsspaltung (Fig. 5, 8, Taf. VI, Textfig. 2, 5)! Vielleicht ist ein solches Schicksal den Herren E. Giglio-Tos und L. Granata (1908) begegnet, als sie eine „Chondriodierese", d. h. eine Art Mitose für die Chondrio- somen, konstruierten. Die Leukoplasten folgen wohl bei ihren Lokalisationsänderungen denselben Gesetzen wie die Pigmentkörner und andere kleine Inhaltskörper tierischer Zellen (wohl auch die Fadenkörner, Benda, 1902, S. 765). Flemming schreibt in seinem Zellenbuche: „Wo Körner in der Zellsubstanz vorhanden sind, werden diese (in der Prophase) zu zwei Gruppen zusammengeschoben, die ungefähr zu den Polen zen- triert sind". Gleichzeitig bemerkt er, daß diese Anordnung nur deutlich in schwach pigmentierten Zellen zu sehen ist, „weil an sehr stark pigmentierten Epithelien .... Farbstoff körner so dicht durch die ganze Zelle verteilt bleiben, daß Polaranordnungen nicht zu erkennen sind" (a. a. 0., 1882, S. 199). In den Wurzelzellen von Vicia Fabci zeigt sich auch polare Anordnung deutlicher in plastidenarmen Zellen, also in denjenigen der Verraehrungszone. In der Streckungszone, in der Epidermis und im Periblem in gewöhnlichen Präparaten und auch in Pepton- Präparaten sind die Leukoplasten erheblich zahlreicher, und die polare Anordnung ist dort auch schwerer zu erkennen. Ahnliche Lokalisationsverhältnisse wie die von Flemming be- schriebenen, beobachtete Fitting bei Stärkekörnern (-|- Leuko- plasten?) in den Makrosporenmutterzellen und bei den Tetraden- teilungen von Isoetes (Fitting 1900). Hierher gehören wohl auch die von H. Fisch el in Echinodermeneiern observierten Körnchen- wanderungen (Fischel 1899). Auf die von Rhumbler (1900) erfundene Erklärung dieser Wanderungen, der ich nicht beitreten kann, soll hier nicht eingegangen werden. — Ein Beitrag zur Kritik zweier Vererbungshypothesen. 365 In Zusammenhang mit diesen Lokalisationsverhältnissen der Leukoplasten während der Karyokinese kann hervorgehoben werden, daß unsere Ergebnisse an Vicia Fäba auch ein Argument gegen die teleologischen Argumente, die die Verteidiger der Theorie von dem Kern als Vererbungsträger aufgestellt haben, ausmachen. Häufig hat man nämlich darauf das Gewicht gelegt, daß das Proto- plasma einfach gebaut oder strukturarm ist, während der Kern eine komplizierte Struktur besitzt, die auf eine hohe Organisation zu deuten scheint, eine Organisation, die durch die sinnreichen Um- wandlungen während der Karyokinese sich vortrefflich zu einer mi- nutiösen Zweiteilung zu eignen scheint (Roux 1883). Besonders hat man die „Umformung der Kernsubstanz (besonders des Chroma- tins) in einen außerordentlich langen, allerfeinsten Faden und die Längsspaltung desselben" *) betont. Diese morphologischen Tat- sachen hat man dann für die Kernvererbungshypothese verwertet (vergleiche Teil I). Was lehrt uns nun Vicia Faba? Daß wir in den Präparaten^) Plasmastrukturen erblicken, die ebenso kompliziert gestaltet sind wie diejenigen des Kerns. Wir sehen hier Spiremen, Chromosomen und Doppelgamosomen ähnelnde Bildungen in brüderlicher Gemeinschaft! Also ist es klar, daß ein Argument, der sich nur auf die Gegenwart solcher Strukturen stützt, ziemlich schwach ist. Aber Vicia Fdba, die gemeine Buffbohne, hat auch etwas gegen die Mevessche Auffassung zu sagen. Sie lehrt, daß Struk- turen überhaupt in zytologischen Präparaten kein Zeugnis für ein Vererbungssubstrat sind. Denn man wird wohl nun die Leuko- plasten nicht als Vererbungsträger des Plasmas ansehen wollen? Zuletzt sei es mir gestattet, mit einigen Worten die physio- logische Seite meiner Befunde zu streifen. Leukoplasten sind Stärkebildner, die unter gewissen Bedin- gungen in Chloro- oder Chromoplasten übergehen können^). Über 1) Zitiert nach 0. Hertwig 1909, S. 30. In Parenthese sei erwähnt, daß nicht alle Spireme lang und fein sind. In Vicia Faha habe ich sowohl lange als kurze und dicke Spireme in demselben Stadium gesehen. Außerdem geschieht die Zweiteilung nicht im Spiremstadium, sondern meistens schon in dem der Prophase, Ruhestadium oder gar schon früher, wie ich in meiner demnächst erscheinenden Kernteilungsarbeit zeigen werde. Siehe Lundegärd 1910. 2) Zu bemerken ist, daß die Angaben über den Kernteilungsmechanismus, bezw. über die Längsspaltung, nur an der Hand zytologischer Präparate gemacht sind! 3) Die gegenteiligen Angaben von Beizung, Eberdt und Königsberger be- ruhen nach Zimmermann (1894, S. 92) „zum großen Teil auf sehr unzureichenden Jahrb. f. wiss. Botanik. XLVIII. 24 366 Henrik Lundegärd, die Einzelheiten dieser Metamorphosen sind wir jedoch, soweit ich die Literatur kenne, recht spärlich unterrichtet. Durch die Unter- suchungen von Schimper (1883) und Schmitz (1883, 1884) wissen wir, daß die Piastiden höchst wahrscheinlich nur aus ihresgleichen entstehen können, m. a. W., daß sie (morphologisch und physiolo- gisch) individuelle Bildungen sind. Meine Befunde stimmen auch damit gut überein. Es wäre schwer zu verstehen, wie die Wurzelhaube Leukoplasten enthalten könnte, wenn solche nicht in den Meristemzellen vorhanden wären, da ja die Haubenzellen aus dem Kalyptrogen entstehen^). Nun enthalten alle Urmeristemzellen der Wurzel von Vicia Faba Leuko- plasten, wenn sie auch gewöhnlich sehr spärlich, vielleicht nur in Einzahl vorhanden sind. Auch sind sie dort sehr klein, was offen- bar mit ihrer Stärkearmut zusammenhängt. In den Meristemzellen kann es zu keiner merkbaren Stärkebildung kommen, weil alle zu- geführte Nahrung zur Vermehrung des ganzen Zellinhalts der sich schnell teilenden Zellen Verwendung findet. Erst in den ruhenden oder sich langsam teilenden Zellen der Wurzelhaube, der Epider- mis und des Periblems sowie der Streckungszone, wo die höhere Synthesenwirksamkeit langsam verläuft, kann es zur Auflagerung niederer Aufbauprodukte, wie der Stärke, kommen. Je stärker die Stärkebildung ist, um so zahlreicher und mächtiger werden die Leukoplasten. In den in Pepton gezüchteten Wurzeln ist die An- zahl der Leukoplasten aus obigen Gründen überall größer. Man könnte vielleicht sagen, obwohl es nicht viel mehr als eine Um- schreibung ist, daß Überschuß an organischer Nahrung in den Zellen wie ein Reiz auf das Wachstum und die Vermehrung der Leuko- plasten wirkt, bis zu einer gewissen Grenze, wo dieselben eine ge- wisse durch die Bedingungen gegebene maximale Anzahl erreicht haben. Eine vermehrte Nahrungszufuhr bewirkt dann nur beschleu- nigte Stärkeablagerung. Was die Verbreitung der Leukoplasten in dem Pflanzenreich anbetrifft, so kommen sie bekanntlich bei allen höheren Pflanzen außer gewissen Schmarotzern vor. Was ihre Verbreitung in dem Untersuchungen". Literatur über Piastiden bei Zimmermann, a. a. 0., und Strasburger 1906, S. 94 ff. 1) Auch sei an die Angaben erinnert, die das Entstehen grüner Sprosse aus den Wurzeln von Neottia nidus avis (s. Pfeffer, Pflanzenphys., 2. Aufl., II, S. 166) und anderen Pflanzen betreffen (Beispiele auch bei Th. Waage, Über baubenlose Wurzeln der Hippocastanaceen und Sapindaceen, Ber. d. Deutsch. Bot. Ges., 1891, Bd. 9, S. 132). Ein Beitrag zur Kritik zweier Vererbiingshypothesen. 367 einzelnen Individuum angeht, so haben Schimper (1885) und Binz (1892) Leukoplasten in allen Vegetationskegeln nachgewiesen (vgl. auch Haberlandt 1888). Auch in den albicaten Teilen panachier- ter Blätter hat Zimmermann (1894, S. 94) Chromatophoren ent- deckt (vgl. auch Baur 1909 und Correns 1909), außerdem kommen sie in gelben Samen (Bredow), Eizellen (Schimper, Schmitz) und Pollenkörnern (Strasburger 1884, S. 54, Schimper, Lidforss 1909, Tischler 1910) vor. Ob ihnen auch eine allgemeine Verbreitung in dem Vegetations- kegel der Wurzel zukommt, weiß ich nicht. Ich halte es jedoch für sehr wahrscheinlich. In dem Periblem der Wurzeln ist Stärke häufig nachgewiesen worden. Über die stärkebildende Wirksamkeit der i^a&a-Leuko- plasten kann bemerkt werden, daß die Stärke in ihnen meistens an verschiedenen Punkten abgelagert wird (siehe Fig. 10, Taf. VI; Fig. 15, 16, Taf. VII; Fig. 22, 23, Taf. VIII). Binz (1892) erwähnt, daß die zusammengesetzten Stärkekörner in der Weise entstehen, daß in ein und demselben Chromatophor mehrere Stärkekörner auf- treten, oder auch so, daß nachträglich mehrere Chromatophoren zu Gruppen zusammentreten. Vielleicht sprechen für das letztere Verhalten bei Vicia Faba solche Figuren wie 10 (Taf. VI) und 13, 14, 20 (Taf. VII). Schließlich sei mitgeteilt, daß die Zellen der Vegetationskegel der Wurzel keine durch die Schwerkraft erzeugten merkbaren Verlagerungen ihrer Leukoplasten oder Kerne aufweisen, auch wenn jene Stärke enthalten. Erst in einer Entfernung von mehreren Millimetern hinter der Spitze beobachtet mau in sämtlichen Regionen eine Neigung zu unregelmäßiger Lagerung des Inhalts, indem sowohl der Kern wie die relativ großen Stärkekörner (-|- Piastiden) der unteren Wand zustreben. Die Verlagerung ist jedoch keineswegs so deutlich wie in der Kolumella der Haube. Haberlandt (1908) hat neuerdings angegeben, daß die Stärkekörner in 1 — 2 cm langen Wurzeln häufig umlagerungsfähig sind. Fibrilläre Strukturen in dem Protoplasma, die Nemec und Haberlandt in den Wurzelmeristemzellen von Vicia Faba be- obachtet haben, habe ich nur in wenigen Fällen gesehen. In lebendem Material habe ich nach ihnen nicht besonders gesucht. In meinen Präparaten habe ich aber nur sehr selten „Plasma- fibrillen" gesehen, so daß ich mich nicht über sie aussprechen will. Haberlandts (1901) Vermutung, daß diese Fibrillen durch 24* 36Ö Henrik Lundegard, eine Strömung in dem Protoplasma hervorgerufen werden, ruft mir eine Angabe von Chamberlain (1909) ins Gedächtnis. Beim Abschneiden des oberen Teils des weiblichen Gametophyten von Dioon edule konnte Chamberlain durch sanfte Pressung ein wenig Protoplasma der Eier durch die Archegonhälse herausquetschen. Es zeigte sich da, daß in diesem Plasma während des Heraus- strömens sehr zahlreiche fibrilläre Strukturen entstanden. Die Be- obachtungen über Fibrillen in überlebenden Schnitten von Wurzeln sind daher nicht unanfechtbar. In fixierten Präparaten können solche auch artifiziell entstehen. Neuerdings hat B. Lidforss (1908) über „kinoplasmatische Verbindungsfäden zwischen Zellkern und Chromatophoren" berichtet. Die Lidforssschen Angaben beziehen sich auf Zellen von Blättern oder Zwiebeln verschiedener Pflanzen. In den Wurzeln von Vicia Faba habe ich mit meinen Untersuchungsmethoden keine solche Verbindungsfäden gesehen, weder in dem Urmeristem noch in den Zellen der Streckungszone. Lidforss ist auch zu dem Ergebnis gekommen, daß die ge- bräuchlichen Fixierungsmittel „im großen und ganzen nicht besonders gute Resultate liefern, wenn es sich um die Konservierung von Plasmastrukturen in ausgewachsenen vegetativen Zellen mit dünnem Plasmaschlauch und großer Vakuole handelt", ein Resultat, das im Hinblick auf unsere allgemeinen Schlußfolgerungen über die Ein- wirkung der Fixierungsmittel auf embryonale Zellen zu be- achten ist. Im Hinblick auf die von uns argumentierte Verbreitung der Verlagerungen im Zelleib, von denen die Systrophe unsere Auf- merksamkeit besonders gefesselt hat, sind die Ergebnisse Beers (1909) von Interesse. Dieser hat nämlich nachgewiesen, daß die Elaioplasten der Monokotyledonen durch eine als Degenerations- phänomen zu deutende Aggregation von Leukoplasten entstehen. Botanisches Institut der Universität Stockholm. Ein Beitrag zur Kritik zweier Vererbungshypothesen. 369 Zitierte Literatur. Aequa, C, 1891, Contribuzione alla conoscenza della celiula vegetale. Malpighia, Bd. 5, S. 3. Albrecht, 1902, Artefacte zur Cytologie. Verh. d. anat. Gesellsch. 1902. — 1903, Experimentelle Untersuchungen über die Kernmembran. Beitr. z. path. Anat., Festschr. f. Bollinger. Arnold, J., 1907, Plasmosomen, Granula, Mitochondrien, Chondriomiten und Netzfiguren. Anat. Anz., Bd. 31. Balbiani, 1888, Eecherches experimentelles sur la m^sotomie des Infusoirs cilies. Rec. zool. Suisse, T. 5. Bambeke, Ch. van, 1897, Eecherches sur l'oocyte de Pholcus phalangioides. Arch. de BioL, Bd. 15. Baur, E., 1909, Das Wesen und die Erblichkeitsverhältnisse der „Varietates albomar- ginatae Hort." von Pelargoniufn zonale. 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Im Protoplasma schwarze Körner, die vielleicht Gerbstoff- bläschen sind. Aus demselben Präparat wie Fig. 1. Fig. 3. Ruhende Zelle im TJrmeristem. Unten neben einigen deformierten Leuko- plasten ein Zwergkern. Ausgehöhlte Karyosomen (Prochromosomen). Dasselbe Präparat. Fig. 4. Zelle in der Vermehrungszone. Kern im Spiremstadium, mit sich auf- lösender Membran. Einige vakuolisierte Spiremschlingen und fädige Verbindungen zwischen den Leukoplasten und denselben. Fig. 5. Ähnliche Zelle. Zahlreiche deformierte Leukoplasten. Unten ein Zwerg- kern von Leukoplasten umgeben. Dasselbe Präparat wie 1 — 3. Fig. 6. Zelle in der Vermehrungszone. Spirem. Aufgelöste Membran, aber noch eine Begrenzung des Kernbezirks vorhanden. Eigentümliche innere Struktur der de- formierten Leukoplasten. Fädige Ausziehung, Fadenverbindungen und vakuolige Auf- treibung. Vergrößerung etwa 3500. Fig. 7. Vermehrungszone. Frühe Metaphase. Andeutung einer polaren An- ordnung der Leukoplasten. Fäden in der Grundmasse des Protoplasmas. Dasselbe Prä- parat wie 4. Fig. 8. Vermehrungszone. Kern in Metaphase. Deutlich polare Anordnung der Leukoplasten. Dasselbe Präparat wie 5. Fig. 9. Telophase mit längsgespaltenen Chromosomen und scheinbar längsgespaltenen Leukoplastenbildungen. Dasselbe Präparat wie 6. Fig. 10. Zwei (nicht deformierte) Leukoplasten, in Safranin -Gentianaviolett ge- färbt. Man sieht die Zentren für die Stärkebildung, und daß die Stärkekörner aus mehreren kleineren solchen zusammengesetzt sein können. Fig. 11. Zelle aus einem Querschnitt durch eine in starkem Flemming fixierte Wurzel. Die gezeichnete Zelle war näher an der Peripherie des Querschnittes *) als an der Zellenmitte belegen. Das Präparat war ziemlich stark differenziert. Keine Kern- substanz ist sichtbar, nur Leukoplasten sowie Fäden und Körner (Körnerreihen, „Faden- ketten") in der Grundmasse des Protoplasmas. Man beachte besonders diese Analogien in dem Verhalten der Leukoplasten und der Bläschen der Grundmasse, was in dieser Figur und in den Textfiguren 3 und 4 vor Augen tritt. Vergr. etwa 3500. Tafel VIL Sämtliche Abbildungen auf dieser Tafel rühren von Safranin-Gentianaviolettpräparaten her. Die Leukoplasten sind blau gefärbt, ausgenommen Fig. 17 und 19, wo einige auch rot sind. Die Kernsubstanz ist überall rot. Die Grundmasse des Protoplasmas rötlich gefärbt oder bisweilen farblos (Fig. 17). Fig. 12. Ruhende Zelle im Urmeristem. Nach einem Peptonpräparat. Nicht alle blauen Körper, die übrigens in der Abbildung etwas gröber ausgefallen sind als es natürlich ist, dürften Leukoplasten sein. Man vergleiche Fig. 24, Taf. VIII! 1) Auf dem Wurzelquerschnitt sieht man deutlich, daß die Zahl und Länge der Leukoplastenbildun^en von der Peripherie bis zum Zentrum der Wurzel abnehmen. Ein Beitrag zur Kritik zweier Verertungshypothesen. 377 Fig. 13. Eine Zelle in der äußersten Periblemschicht, in einiger Entfernung von der Spitze. Zusammengesetzte Stärkekörner. Peptonpräparat (dasselbe wie 12). Fig. 14. Äußerste Periblemschicht zwischen Vermehruiigs- und Streckungszone. Chromosomen in der Metaphase. Zahlreiche Leukoplasten -|- Stärkekörner, die die Kern- figur mantelförmig umgeben. Dasselbe Präparat wie 13. Fig. 15. Zelle in der Kolumella der "Wurzelhaube. Leukoplasten, Stärkekörner, durch die Schwerkraft an die untere "Wand gelagert. Geringe Protoplasmamenge. CrOg- Präparat. Fig. 16. Ruhende Epidermiszelle. Peptonpräparat. Schöne Systrophe. Man ver- gleiche Fig. 22, Taf. VIII! Fig. 17. Zelle in dem jungen Periblem. In der Mitte ein Zwergkern. "Verklebte und freie Leukoplasten. CrOg-Präparat (dasselbe wie 15). Fig. 18. Periblemzelle. Stück eines Kerns in Telophase. Runde und deformierte Leukoplasten. CrOg-Präparat. Fig. 19. Zelle in der Vermehrungszone. In der Mitte ein Tangentialstück von einem Kern in Telophase. Blau oder rot gefärbte, stark deformierte Leukoplasten. Fadenstruktur des Protoplasmas. CrOj-Präparat. Man vgl. Tafel VI. Fig. 20. Periblemzelle, ziemlich weit von der Spitze. Normal aussehende Leuko- plasten -(- Stärkeinhalt. Schwache Systrophe (Kernanlagerung). Cr03- Präparat! Das- selbe wie 15, 17, 18, 19! Fig. 21. a vgl. im Text; b ein Leukoplast aus einem CrOg-Präparat. Vgl. Fig. 7, Tafel VI, 30, Tafel VIII. Tafel Vm. Fig. 22. Lebende Epidermiszelle. Aus einem Freihandschnitt, in Wasser. Ruhender Kern, dessen Inhalt einen gleichmäßig wabigen Eindruck macht. Runde Leukoplasten mit zahlreichen, langgestreckten Stärkekörnchen, die schwach lichtbrechend erscheinen und sich in zitternder Molekularbewegung befinden. Letzteres zeugt für die Leichtflüssigkeit des Leukoplastenstroraas , was für die Beurteilung der Deformation wichtig ist. Die Einschlüsse des Kerns zeigen niemals Molekularbewegung, sie sind vielleicht aber immer flüssig. Das Protoplasma scheint in dieser Zelle wabig zu sein. Man vergleiche die fixierte und gefärbte Epidermigzelle in Fig. 16, Taf. VII sowie die folgende Fig. 26. Fig. 23. Lebende Urmeristemzelle , mit hellem Kern (in Prophase?) und Leuko- plasten, die etwas kleiner sind als in Fig. 22. Das Protoplasma ist hier emulsionsartig. Fig. 24. Kalyptrogenzelle. Von den kleinen Körpern im Protoplasma dürften einige Leukoplasten sein. Sie zeigen Molekularbewegung. Einige Fadenbildungen sind in dem gleichmäßig tropfigen Protoplasma zu sehen. Man vergleiche die fixierte, gleich- wertige Zelle in Fig. 12, Taf. VII. Fig. 25. Urmeristemzelle, lebend in Jodjodkalium gelegt. Nur das durch Jod blau gefärbte ist in die Figur eingetragen. Vgl. Fig. 23, 24. Fig. 26. Epidermiszelle in der Vermehrungszone, nahe der Spitze. Der frische Schnitt wurde auf dem Objektträger in Flemmingsche Lösung gebracht. Aneinander- reihung der Leukoplasten. Man vergleiche mit dieser Figur die Figuren 22, Taf. VIII, 16, Taf. VII sowie die Abbildungen auf Taf. VI und "VII, welche spiremartige Plasma- strukturen aufweisen. Fig. 27. Eine Zelle von einem „normalen" Flemming-fixierten Präparat. Hämatoxy- linfärbung (wie in den folgenden Figuren). Die dunklen Körper sind Leukoplasten. Keine Systrophe oder Deformierung derselben. 378 Henrik Lundegard, Ein Beitrag zur Kritik zweier Vererbungsliypotheseli. Fig. 28. Aus einer "Wurzel, die während 30 Sek. in unverdünnten Flemming getaucht, dann abgeschnitten wurde. Schwache Systrophe und Yerklebung der Leukoplasten. Fig. 29. Aus einer "Wurzel, die während 10 Min. vor dem Abschneiden in 10- nial verdünntem Fiemming verweilt hatte. Systrophe. Fädige Ausziehung der Leukoplasten. Fig. 30. Aus derselben Wurzel. Die Verlagerung der Leukoplasten ist weiter vorgeschritten. Fädige Ausziehung und starke Yerklebung. Fig. 31. Aus einer Wurzel, die während 5 Min. in 100-mal verdünntem Flem- ming verweilte. Bedeutende Deformierungen, "Verlagerungen und Aneinanderreihen der Leukoplasten. Scheinbare Längsspaltung der so entstandenen Fadenbildungen. Man vergleiche Fig. 26 sowie die Abbildungen auf Taf. VI und VII, welche ähnlich defor- mierte Leukoplasten aufweisen. Jahrb. f:m Botanik, Bd. JLna. H.Lur.decjärd de!. Taf.VL lith.Anst vEA Tmike^ Iei_pzig. Jahrb. F.n: nolaiük. Bd. XITTTT. 76'. H.Lundegärd del. Taf. VIT. liTn.Atist. vEAFunlr, leipzij. JaJirb. f.w. Botanik, Bd. ILVET. 22. 23. H.Luridegäi^d del. Taf.Vm. 26. ItthJMs!. V. EA Ivvkr- i.aiix^a. / über das geotropische Verhalten des Hypokotyls und des Kotyledons. Von Rud. Schütze. Mit 43 Textfiguren. Einleitung. Bekanutlich machen sich die Pflanzen die Reizwirkung der Schwerkraft bei der Orientierung ihrer Organe in besonderem Maße zunutze. Unter ihrem Einfluß suchen sie ihre Organe so- gleich bei der Keimung in die ihnen zukommende Gleichgewichts- lage zu bringen. So wird vor allen Dingen die Wurzel senkrecht in den Boden eingeführt. In dieser positiv geotropischen Krüm- mung wächst sie gerade weiter, sofern sie nicht durch andere Faktoren daran gehindert wird. Im allgemeinen dürfte wohl die Wurzel die geotropische Gleichgewichtslage durch ihre eigene Krümmung erreichen. In dieser Orientierungsbewegung wird sie jedoch in vielen Fällen, so wenn sie sich infolge geringen Wachs- tums nur in geringem Maße zu krümmen vermag, unterstützt durch die gleichgerichteten Krümmungen anderer Organe^), in denen zu diesem Zwecke entweder dauernd oder auch nur vorübergehend eine positiv geotropische Reaktionsfähigkeit ausgebildet ist. In dieser Weise funktioniert bei jugendlichen Keimpflanzen von Yucca, Allium und Phoenix'^) der Kotyledon, indem er die Wurzel und auch die Sproßachse senkrecht in den Boden einführt. 1) Pfeffer, Pflanzenphysiologie II, 1904, S. 565. 2) Sachs, Die Keimungsgeschichte der Dattel. Bot. Zeitg. 1862, S. 241 — 249. — Gatin, La germination du Dattier. Annales des Sciences Nat. 1906, IX, Ser. 3, p. 244 u. 219 ff. — Sachs; Über die Keimung von Allium Cepa. Botan. Zeitg. 1863, S. 57 — 65. — Neubert, Die Nutationskrümmungen des Keimblattes bei Allium. Jahrb. f. w. Botanik 1902, Bd. 38, S. 119. 380 iiid. Schütze, Bei jugendlichen Keimpflanzen mancher Dikotylen übernimmt das hypokotyle Grlied die gleiche Aufgabe. Der in ihm zu diesem Zweck ausgebildete positive Geotropismus wird aber im Laufe des Entwicklungsganges vom negativen Geotropismus bald abgelöst. Über diese Verhältnisse wurden eingehendere Untersuchungen bisher nur von Copeland^) angestellt. Nach seiner Ansicht er- folgt wohl im Hypokotyl und Kotyledon die positiv geotropische Reaktion, nicht aber die Perzeption des maßgebenden Reizes. Diese findet nach ihm allein im Vegetationspunkte der Wurzel statt, so daß in den betreffenden Organen eine positiv geotropische Krümmung nur in Abhängigkeit von der Wurzelspitze eintreten könnte. Damit fordert Copeland das Bestehen einer Reiztrans- mission von der Wurzelspitze zur Reaktionszone des Hypokotyls oder des Kotyledons-). Seine Versuche jedoch erscheinen nicht zureichend, um eine solche Annahme sicher zu beweisen. Es soll daher im folgenden diese Frage einer eingehenden Untersuchung unterworfen werden. Für die anzustellenden Versuche ergeben sich die folgenden Gesichtspunkte. Es ist festzustellen, ob die positiv geotropische Krümmung des Hypokotyls oder Kotyledons von der Existenz der Wurzelspitze abhängig ist, oder ob diese Organe sich auch selb- ständig positiv geotropisch zu krümmen vermögen. Dann ist zu untersuchen, ob überhaupt von der Wurzelspitze zum Hypokotyl oder Kotyledon eine Reiztransmission besteht. Ferner ist zu be- obachten, in welchem Stadium der Übergang vom positiven zum negativen Geotropismus im Hypokotyl stattfindet. Schließlich ist der Verlauf des Wachstums bei Hypokotyl und Kotyledon zu ver- folgen, beim Hypokotyl besonders mit Rücksicht auf die ^eiz- umstimmung. Dabei ist immer zu beobachten, welcher Zusammen- hang besteht zwischen dem Ort der Krümmung und der Verteilung der Wachstumstätigkeit. Versuchsmethodik. Ein beliebtes Objekt für physiologische Versuche bilden die Keimlinge von Lupinus albus, da sie sich durch große Gleich- mäßigkeit in bezug auf Größe und Wachstum auszeichnen. Es 1) Copeland, Positive Geotropism in the hypocotyl or cotyledon. Botanical Ga- zette 1901, Bd. 31, 410 ff. 2) Pfeffer, Physiologie II, S. 607. über das geotropische Verhalten des Hypokotyls und des Kotyledons. 381 wurde daher das geotropische Verhalten des hypokotylen Gliedes in erster Linie an Keimlingen von Lupinus albus untersucht, außerdem aber auch an Keimlingen folgender Pflanzen: Phaseolus multiflorus, Phaseolus vulgaris, Helianthus annuus, Cucurbita Pepo, Ricinus communis, Vicia Faba, Convolvulus tricolor, Impatiens Balsamine, Raphanus safivus, Linuni usitatissimum, und Plnus Pinea. Versuche über das geotropische Verhalten des Kotyledons stellte ich mit Keimlingen von Phoenix dactylifera und Yucca angustifolia an. Brauchbare Keimlinge verschaffte ich mir, indem ich möglichst gleichgroße Samen der betreffenden Pflanzen in Wasser einen oder mehrere Tage anquellen ließ, je nachdem die Keimung früher oder später erfolgte. Zum Teil gelangten die Keimlinge auf sehr frühem Stadium zur Untersuchung. Dann schälte ich bei den angequollenen Samen die Keimlinge aus der Schale heraus, noch ehe die Schale von der Wurzel durchbrochen worden war. Bei den großen Samen von Lupinus albus, Phaseolus muUißorus hat dann das Hypokotyl bereits eine Länge von etwa 5 mm. Wenn die Keimlinge erst auf einem älteren Stadium unter- sucht werden sollten, so steckte ich von der Schale befreite Keim- linge mit der Wurzel genau senkrecht in lockere Sägespäne und ließ sie da bis zur gewünschten Größe heranwachsen. Die kleinen Samen von Convolvulus tricolor, Raphanus sa- tivus und Impatiens Balsamine ließ ich auf feuchtem Fließpapier anquellen, bis die Samenschale gesprengt wurde und das Würzel- chen erschien. Dann wurden diese Samen ebenfalls mit der Wurzel genau senkrecht in lockere Sägespäne gesteckt. In den Sägespänen wuchsen die Keimlinge meist ohne Krümmung weiter. Zur Unter- suchung gelangten natürlich nur Objekte, bei denen das Hypokotyl vollständig gerade war. Samen von Phoenix dactylifera brauchen geraume Zeit zum Keimen. Die Kerne wurden von dem Fruchtfleische gesäubert und dann durch mehrfaches Waschen gereinigt. Im Wasser ließ ich sie mehrere Tage liegen, ehe ich sie in Sägespäne steckte. Dabei wurde darauf geachtet, daß der Embryo, der sich auf der der Furche entgegengesetzten Seite befindet, nach unten zu liegen kam. Im Wärmezimmer, bei 23 ^ C erfolgte die Keimung meist schon nach 14 Tagen und zwar mit großer Regelmäßigkeit. Die Keimung unterbheb nur in einem Falle. Es ergab sich, daß in Jahrb. f. wiss. Botanik. XL VIII. 25 382 Ru<3- Schütze, dem betreffenden Samen ein Embryo überhaupt nicht ausgebildet war. Es wurde versucht, die Keimung zu beschleunigen, indem durch Anschneiden des harten Endosperms die Wasseraufnahme begünstigt wurde. Teilweise wurde sogar das Endosperm zu beiden Seiten des Embryos abgeschnitten, so daß nur eine schmale Mittel- zone übrig blieb , die den Embryo umfaßte. Es hatte dies aber keinen merklichen Erfolg, da sich das Endosperm offenbar nur langsam und zwar hauptsächlich in unmittelbarer Nähe des Saug- organes erweicht. Der Ort, wo der Embryo liegt, ist durch eine Narbe gekennzeichnet, die von einem runden Deckelchen gebildet wird. Dieses schützt den Embryo vor Verletzungen und wird bei der Keimung abgestoßen. Der Keimling erscheint dann als kleines weißes Knöpfchen, an dem die Wurzel als eine flache Kalotte von gelblicher Farbe zu erkennen ist'). Bei Samen von Yucca angusüfolia wirkte es auf die Keimung sehr günstig, wenn man die Samen einige Sekunden in heißem Wasser abbrühte. Trotzdem aber erfolgte die Keimung ziemlich unregelmäßig und zwar erst nach etwa drei Wochen. Man muß daher immer eine große Anzahl von Samen stecken, um eine ge- nügende Zahl von Keimlingen zur Verfügung zu haben. Bei Samen von Pinus Pinea wurde die harte Samenschale angefeilt, damit das Wasser leichter eindringen konnte. Die Samen wurden in Töpfe mit Sägespänen gesteckt und bei 23" C im Wärme- zimmer aufgestellt. Die Keimung erfolgte nach etwa drei Wochen. Um das geotropische Verhalten des Hypokotyls und des Ko- tyledon zu untersuchen, wurde den Keimlingen eine horizontale Lage gegeben. Dabei war darauf zu achten, daß immer eine andere Flanke nach unten sah, damit nicht etwa eine bestimmte Flankenstellung bevorzugt würde. Außerdem war Rücksicht zu nehmen auf die sogenannte Sachs sehe Krümmung^). Diese wird verursacht durch die Entfaltung des Epikotyles und des Sprosses. Sie kommt also nur in Betracht bei Keimlingen, die ein Epikotyl ausbilden. Eine Beeinflussung der geotropischen Krümmung durch die Sachs sehe Krümmung läßt sich leicht vermeiden, indem man die Keimlinge so orientiert, daß die Kotyledonen mit ihrer Fläche horizontal zu liegen kommen. 1) Sachs, Zur Keiraungsgeschichte der Dattel. Botan. Zeitg. 1862, S. 241 ff. — Gatin, La germination du Dattier. Annales des Sciences Naturelles 1906, IX, Ser. 3, S. 309 ff. 2) Sachs, Über das Wachstam der Haupt- und Nebenwurzeln. Arbeiten des bot. Instituts in Würzburg 1874. S. 790 ff. über (las geotropische Verhalten des Hypokotyls und des Kotyledons. 383 Bei Dekapitationsversuchen, die Aufschluß darüber geben, ob die positiv geotropische Krümmung nur in Anwesenheit der Wurzel- spitze erfolgt, wurde entweder nur diese oder die ganze Wurzel durch einen scharfen Schnitt mit dem Rasiermesser, genau senk- recht zur Achse, entfernt. Ob die Krümmung des Hypokotyls und des Kotyledons wirk- lich einer Reizwirkung der Schwerkraft zuzuschreiben ist oder ob sie autonomer Natur ist, ließ sich entscheiden, indem man die Keimlinge der langsamen Drehung an der horizontalen Achse des Klinostaten^) aussetzte; dabei wurden die Keimlinge so befestigt, daß das Hypokotyl und der Kotyledon parallel zur Achse des Klinostaten gerichtet waren. In gleicher Weise wurde untersucht, ob durch die Dekapitation etwa eine traumatische Reaktion aus- gelöst wird. Eine solche wurde anderseits hervorgerufen, um zu untersuchen, ob und wie weit sie von der Wurzel auf das Hypokotyl oder den Kotyledon übergreift. Der Erfolg wird über die Frage entscheiden, ob die Annahme einer Reiztransmission von der Wurzel her be- rechtigt ist. Traumatropische Versuche sind in diesem Falle des- wegen sehr vorteilhaft, weil es hierbei möglich ist, den die Reak-- tion auslösenden Reiz an einer ganz bestimmten eugbegrenzten Stelle wirken zu lassen und außerdem, weil sie nur geringe technische Schwierigkeiten bieten. Der Verlauf des Wachstums von Hypokotyl und Kotyledon wurde verfolgt, indem diese Organe in der bekannten Weise durch Tuschemarken in gleichgroße Zonen eingeteilt wurden. In gewissen Zeiträumen wurde dann mit Hilfe eines Zirkels der Zuwachs der einzelnen Zonen gemessen. Während der Versuche befanden sich die Keimlinge meist im dampfgesättigten Raum. Man stellt ihn am einfachsten her, indem man eine Glasglocke mit Fließpapier auslegt und sie über einen Teller mit Wasser stürzt, nachdem man das Fließpapier gut an- gefeuchtet hat. Die Versuchsobjekte wurden mit Stecknadeln in der gewünschten Lage auf einer paraffinierten Korkplatte fest- gesteckt, die auf eihem Pulvergläschen festgemacht war. Auf diese Weise konnten unter einer Glasglocke bequem 10 bis 20 Keimlinge untergebracht werden. Keimlinge von Phoenix dadylifera ließen sich auf die angegebene Art nicht befestigen. 1) Pfeffer, Pflanzenphysiologie. II, S. 566 (569 Beschreibung des Klinostaten). 25* 384 Kud. Schütze, In diesem Falle verfuhr ich so, daß ich in die Korkplatte Löcher bohrte, in die die Dattelkerne hineinpaßten. Um die Versuchs- objekte möglichst gleichmäßig feucht zu halten, wurden sie mit feuchtem Fließpapier umwickelt, das öfter naß gemacht wurde. In solcher Weise behandelt, reagierten die Keimlinge vollständig nor- mal; sie führten sehr schöne Reaktionen aus und zeigten während der Versuchsdauer von meist 24 Stunden ein lebhaftes Wachstum. Manche Keimpflanzen führten in der feuchten Kammer nur mäßige Krümmungen aus. In lockeren Sägespänen jedoch reagierten sie in durchaus normaler Weise, weshalb bei Versuchen mit solchen Keimlingen die bekannten Blechkästen mit schiefen Glaswänden verwendet wuiden. Da bei den Versuchen der Einfluß des Lichtes vermieden werden sollte, wurden über die Glasglocken und Blechkästen die gebräuchlichen Dunkelzylinder aus schwarzer Pappe gestülpt. Eben- so wurde der Rezipient des Klinostaten mit schwarzem Papier verdunkelt. Spezieller Teil. Positiv geotropische Reaktionen. Zunächst handelte es sich darum, die Befunde Copelands nachzuprüfen, um auf solche Weise zugleich einen genauen Einblick in den Verlauf der positiv geotropischen Reaktion bei normalen Keimlingen zu gewinnen. Die ersten Versuche wurden mit Lupinus albus gemacht. Es wurde eine Anzahl von Lupinus -Sa.men in Wasser gelegt und nachdem sie 24 Stunden gequollen waren, wurden aus 10 Samen von gleicher Größe die Keimlinge heraus- geschält. Die Wurzel hatte bei diesen Keimlingen die Samen- schale noch nicht durchbrochen und war ebenso wie das Hypokotyl noch vollständig gerade. Die Keimlinge wurden, nachdem die Kotyledonen mit feuchtem Fließpapier umwickelt waren, in der an- gegebenen Weise horizontal befestigt. Die Wurzel hebt sich an dem Keimling durch ihre gelbliche Farbe vom Hypokotyl ab. Die Grenze zwischen beiden wurde jedoch zur besseren Sichtbarkeit durch einen Tuschestrich markiert. Zu Beginn des Versuches wurden Wurzel und Hypokotyl in Millimetern gemessen. Nach 24 Stunden wurde wieder die Größe von Wurzel und Hypokotyl ge- messen. Vor allen Dingen wurde aber beobachtet, wo sich die Krümmung mit dem kleinsten Krümmungsradius befand. Dem- über das geotropische Verhalten des Hypokotyls und des Kotyledons. 385 gemäß ist in der letzten Reihe der folgenden Tabelle angegeben, wie groß der Abstand dieses Punktes in Millimetern von der Grenze von Wurzel und Hypokotyl ist. In der ersten Reibe ist die Num- mer des Versuchsobjektes angegeben. Tabelle I. Liqji nus albus Zu Beginn des Vei'suches Nach 24 Stunden Nr. Länge des Länge der Länge des Länge der Ort der stärksten Hypokotyls Wurzel Hypokotyls Wurzel Krümmung, oberlialb der Wurzelgrenze mm mm mm mm mm 1 5 2,5 8,5 4,5 4,5 2 5 2,5 9,5 4,8 6,0 3 5 2,5 8,5 5,0 5,0 Krümmung 4 5 2,5 8,0 5,0 5,5 befand sich 5 6 2,5 10,0 4,5 5,5 bei sämtlich. 6 5 2,5 8,0 4,8 5,0 Keimlingen 7 5 2,5 10,0 4,5 G,0 im Hypokotyl 8 5 2,5 8,5 5,0 5,0 9 5 2,5 9,5 5,0 5,0 10 5 2,5 7,5 3,5 3,8 j Mittel : 5 2,5 8,9 4,G 5,2 i Aus diesem Versuche "geht also hervor, daß, wie auch Cope- land fand, eine positiv geotropische Krümmung im Hypokotyl, und zwar über der Mitte, erfolgt ist. Diese Tatsache hebt Copeland besonders hervor. Wenn dieser Versuch auch nur wenig lehrt, so stimmt doch das Resultat mit dem Copelands überein, das heißt, das Hypokotyl vermag sich positiv geotropisch zu krümmen. Die Keimlinge, die Copeland in seinem Versuche verwandte, waren im Durchschnitt etwas größer. Der folgende Versuch ist insofern lehrreicher, als dabei nicht beobachtet wurde, wieviel Millimeter über der Wurzelgrenze sich der Ort der stärksten Krümmung am Schluß des Versuches be- findet, sondern in welcher Zone. Zu diesem Zwecke wurde das Hypokotyl zu Beginn des Versuches durch Tuschemarken in Milli- meterzonen eingeteilt. In der folgenden Tabelle sind einmal die Größenverhältnisse vor und nach dem Versuche angegeben, ferner ist mitgeteilt, in welcher der ursprünglichen Millimeterzonen sich der Ort der stärksten Krümmung am Schluß des Versuches befand, und wieviel MilHmeter der Abstand dieser Zone von der Grenze von Wurzel und Hypokotyl betrug. 386 Kud. Schütze, Tabelle II. Lupinus albus. Zu Beginn des Versuches Nach 24 Stunden Nr. Länge des Hypokotyls Länge der Wurzel Länge des Hypokotyls Länge der "Wurzel Ort der stärksten Krüm- Krümmung über der Grenze von mungszone 1 Wurzel u.Hypok. mm mm mm mm 1 mm 1 5,5 2,5 11,7 6,2 3 7,0 2 5,0 2,0 11,4 5,5 2 — 3 6,0 3 5,0 2,5 11,1 5,5 2 — 3 5,5 4 5,0 2,5 13,4 6,0 3 7,5 5 4,3 2,2 8,9 4,3 2 4,5 6 5,0 2,0 9,4 4,6 2 — 3 5,0 7 4,5 2,0 10,2 3,5 3 5,5 8 5,0 2,5 10,5 5,0 3 6,5 9 4,0 1,8 7,4 3,2 2 — 3 ' 4,8 10 5,0 2,0 0,2 3,2 2 — 3 4,5 Mittel : 4,8 2,2 10,3 4,3 2,3 5,7 Der Versuch lehrt Folgendes. Die positiv geotropische Krüm- mung befindet sich nach 24 Stunden meist unterhalb oder in der ursprünglichen Mittelzone. Absolut gerechnet, fällt der Ort der stärksten Krümmung in die Mitte des Hypokotyls, wie auch schon aus dem vorigen Versuch hervorging. Dies ist nur so zu erklären, daß die basalen Zonen in stärkerem Maße wachsen als die apikalen. Dies bestätigt auch Tabelle III. Sie gibt die Größen der Milli- meterzonen zu den Hypokotylen des obigen Versuches nach 24 Stunden an. Man erkennt daraus ganz deutlich, daß in den ba- salen Zonen der Zuwachs größer ist. Die einzelnen Zonen sind mit römischen Ziffern bezeichnet und zwar in der E-eihenfolge von der Basis zur Spitze des Hypokotyls. Tabelle III. Lupinus albus. Nr. Zone I II III IV V VI 1 3,0 2,6 2,0 2,2 2,2 0,9 2 3,1 2,8 2,2 1,8 1,6 — 3 3,0 2,1 2,1 2,1 1,8 — 4 4,1 3,0 2,5 2,0 1,8 — 5 2,5 2,0 2,0 1,8 0,6 — 6 2,5 2,2 1,6 1,6 1,4 — 7 2,8 2,5 2,1 1,7 1,1 — 8 2,8 2,4 2,2 1,6 1,5 — 9 2,0 2,0 1,8 1,8 — 10 2,1 2,2 1,8 2,0 1,0 — Mittel: 2,7 2,4 2,0 1,8 1,5 — über das geotropische Verhalten des Hypokotyls und des Kotyledons. 387 Es ist hiernach verständhch, daß die positiv geotropische Krümmung zunächst in den basalen Zonen erfolgt, wie Copeland bereits erwähnt. Denn bekannthch erfolgen Reizkriimmungen haupt- sächlich in den Zonen stärksten Wachstums. Im folgenden Versuche wurde der Verlauf der positiv geo- tropischen Krümmung im Hypokotyl verfolgt. Es sind daher in -der Tabelle IV nicht nur die Beobachtungsresultate am Schlüsse des Versuches angegeben, sondern auch die nach 7 und 10 Stunden gemachten Beobachtungen. Tabelle IV. Lupinus albus. Zu Beginn des Nach Nach Nach Versuches 7 Stunden 10 Stunden 24 Stunde n Nr. Länge Länge Kriini- Krüm- Länge Länge Krümm. - des der Ort der mungszone mungs- des der Zone Hypokot. Wurzel Krümmung im Hypo- winkel Hypokot. Wurzel im Hypo- mm mm kotyl Grad mm mm kotyl 1 5 2,5 — 1 — 2 50 8.5 4,5 3 2 5 2,5 Wurzelspitze 1—2 60 9,5 4,8 2 — 3 3 5 2,5 n 2 70 8,5 5,0 2 — 3 4 5 2,5 1) 2 80 8,0 5,0 2-3 5 C 2,5 — 1 40 10,0 4,5 2 — 3 6 5 2,0 — 1 10 8,0 4,8 2 7 5 2,0 Wurzelspitze 2 60 10,0 4,5 2 — 3 8 5 2,0 „ 2 50 8,5 5,0 2 — 3 9 5 2,0 1) 1 50 9,5 5,0 2 — 3 10 4 2,0 - — — 7,5 3,5 2—3 Das Hypokotyl wurde auch bei diesem Versuche in Millimeter- zonen eingeteilt. Der Versuch lehrt, daß die positiv geotropische Reaktion in der Wurzelspitze ein- setzt und von da aus allmählich auf das Hypokotyl übergreift. Un- gefähr nach sieben Stunden macht sich in der Wurzelspitze die geo- tropische Reaktion bemerkbar. Es kommt jedoch wegen der relativen Kleinheit der Wurzelspitze nicht zu einer wirklichen Krümmung. Der geotropische Reiz bewirkt vielmehr eine Gestaltsänderung durch Verlängerung der Ober- Fig. 1. Junger Keiml. von Lupinns albus mit beginn, positiv geo- tropisch. Kr um mg. Fig. 2. Derselbe Keimling später; Krümmung im Hypokotyl. 388 ^ud- Schütze, Seite der Wurzelspitze^). Im Laufe der nächsten drei Stunden geht die Reaktion auch auf die basalen Zonen des Hypokotyls über und führt zu einer Krümmung des Hypokotyls. Dadurch wird die Wurzel aus der Horizontalen um 50 — 60 ° abgelenkt. Diese Krümmung verstärkt sich im Laufe der nächsten Stunden, bis schließlich die Wurzel die Vertikallage erreicht. Grleichzeitig wird in der Wurzel die anfängliche Gestaltsäuderung durch einseitiges Wachstum wieder ausgeglichen, so daß gegen Ende des Versuches die Wurzel vollständig gerade ist. Der Ort der stärksten Krüm- mung befindet sich am Schluß des Versuches ungefähr in der Mitte des Hypokotyls. Copeland stellte auch Versuche mit älteren Keimlingen an. Das Hypokotyl hatte bei ihnen zu Beginn des Versuches eine Länge von 10 mm, die Wurzel war nur ca. 2 mm lang. — Es muß hier bemerkt werden, daß bei den von mir verwendeten Keimlingen die Wurzeln länger als 2 mm waren, wenn das Hypokotyl die Länge von 10 mm erreicht hatte. — Mit solchen Keimlingen erzielte Copeland nur wenig übereinstimmende Resultate: die Krümmung erfolgte teils in der Wurzel, teils im Hypokotyl, teils an der Grenze beider. Aus diesem Grunde hat er Keimlinge in diesem Stadium nicht weiter untersucht. Er stellte nunmehr Dekapitationsversuche an. Sie hatten jedoch ein negatives Resultat, das heißt, die de- kapitierten Keimlinge führten bei Horizontallage innerhalb 24 Stunden keine positiv geotropische Krümmung aus. Die Hypokotyls wuchsen in horizontaler Lage gerade weiter. Erst nach 48 Stunden schien eine schwache Krümmung einzutreten. Copeland gibt bei diesem Versuche nicht an, in welchem Stadium sich die ver- wendeten Keimlinge befanden. Man weiß daher nicht, ob sich diese Angaben auf ganz junge Keimlinge oder ältere bezieht. Meinerseits wurden nun ebenfalls Dekapitationsversuche an- gestellt. Dabei wurde der Schnitt genau senkrecht zur Achse geführt. Es wurden zunächst Keimlinge untersucht, deren Hypo- kotyle ca. 5 — 6 mm lang waren. Es zeigte sich, daß bei Horizontal- lage nach 24 Stunden noch keine positiv geotropische Krümmung eingetreten war. Die Hypokotyle waren gerade weiter gewachsen. Es ist dabei aber zu beachten, daß durch die Dekapitation, die in diesem Falle die ganze Wurzel betraf, ein Wundschock hervor- 1) Czapek, Über den Nachweis der geotropischen Sensibilität der Wurzelspitze. Jahrb. f. w. Bot. Bd. 35, 1900, S. 361 ff. über das geotropische Yerhalten des Hypokotyls und des Kotyledons. 389 gerufen wird. Durch ihn wird die Perzeptionsfähigkeit, ebenso die Reaktionsfähigkeit des verletzten Organes auf bestimmte Zeit ge- hemmt'). Wenn auch bei unserem Versuche durch die Abtrennung der Wurzel das Hypokotyl nicht selbst verletzt wurde, so erscheint es doch nicht ausgeschlossen, daß durch den Wundschock auch sein Reaktionsvermögen beeinflußt wird, da die Abtrennung direkt an der Grenze von Wurzel und Hypokotyl erfolgte und nach Townsend") der Wundreiz auf mehrere Millimeter geleitet wird. Das Ausbleiben einer geotropischen Reaktion innerhalb 24 Stunden ist daher kein untrüglicher Beweis dafür, daß die Perzeption des für die positiv geotropisehe Reaktion des Hypokotyls maßgebenden Reizes allein in der Wurzelspitze erfolgt. Es wurde bereits erwähnt, daß bei den Versuchen Copelands ältere Keimlinge von lAipinus albus insofern ein verschiedenes Verhalten zeigten, als die positiv geoti-opische Krümmung nicht immer an der gleichen Stelle erfolgte. Möglicherweise zeigten solche Keimlinge auch ein abweichendes Verhalten bei Abtrennung der Wurzel oder Wurzelspitze. Es wurden Keimlinge horizontal befestigt, deren Hypokotyle etwas länger als 10 mm waren. Die Wurzel war ca. 10 mm lang. Es wurde die Wurzel entweder nur zur Hälfte oder ganz entfernt. Nach 24 Stunden war fast durchweg eine positive geotropisehe Krümmung des Hypokotyls eingetreten. Sie blieb allerdings hinter der zurück, wie sie nicht dekapitierte Keim- pig. 3. - linge ausführen , bei denen der Grad der Krüm- Älterer dekapitiert. ... 1 , • 1 1 1 T TT- •• 1 Keimling von Lu- mung verstärkt wird durch die Krümmung der pi„us albus nütvo- Wurzel. Immerhin geht aus diesem Versuche, der sitiv geotropischer verschiedentlich wiederholt wurde, hervor, daß ^'"'"pokotyi™ ^ auch das Hypokotyl befähigt ist, in gewissem Grade selbständig eine positiv geotropisehe Krümmung auszuführen. 1) Pfeffer, Pflanzenpliysiologie II, S. 604 u. 606. — Kaiser, Vergleichende Untersuchungen über den Einfluß von Abtrennungen und Verwundungen auf die geo- tropisehe Reaktion von Pflanzen. Vgl. auch Fitting, Ergebnisse der Physiologie 4, 1905, S. 729 u. 732 ff. — Nemec, Über die Wahrnehmung des Schwerkraftreizes bei Pflanzen. Jahrb. f. w. Bot. 1901, Bd. 36, S. 97. — Czapek, Weitere Beiträge zur Kenntnis der geotropischen Eeizbewegungen. Jahrb. f. w. Bot. 1898, Bd. 32, S. 202. — Czapek, Über den Vorgang in der Reizperzeption in der Wurzelspitze. Berichte der Bot. Gesellschaft 1901, Bd. 19, S. 118. 2) The Correlation of growtli under the influenze of injuries. Townsend, An- nais of Botaiiy 11, 1897, S. 509 ff. — Fitting a. a. 0., S. 732 ff. 390 Rud. Schütze, Im Anschluß hieran wurde das geotropische Verhalten des Hypokotyls auch bei anderen dikotylen Keimpflanzen untersucht. Bei Heliantims annuus, ebenso wie bei Keimlingen anderer Pflanzen führt das Hypokotyl unter normalen Verhältnissen bekanntlich eine starke Nutation aus. Für unsere Versuche ist es wichtig zu wissen, ob die Krümmung autonomer oder aitionomer Natur ist. Nach Pfeffer^) führt das hypokotyle Glied von Heliantims eine Nutation auch am Klinostaten aus. Danach würde die Krümmung also als autonome anzusehen sein. Nach anderen Angaben jedoch ist auf diese Krümmung die Schwerkraft nicht ohne Einfluß. So gibt Vöchting-) an. daß der Grad der Krümmung unter normalen Verhältnissen bedingt wird, erstens durch eine innere Ursache, zweitens durch die Schwerkraft, welche in gleichem Sinne mit jener wirkt und daher die stärkere Krümmung verursacht. Dieser An- schauung schließt sich auch Neubert ^) an. Durch einige weitere Versuche soll nun zunächst untersucht werden, ob die Schwerkraft die Nutationskrümmung von Hellanthus wirklich zu beeinflussen vermag. Zu diesem Zwecke wurden aus Samen von Heliantims anmius, die 48 Stunden im Wasser gelegen hatten, die Keimlinge heraus- geschält. Davon wurden je acht mit der Wurzel genau senkrecht nach unten in zwei Töpfe mit feingesiebter Gartenerde gepflanzt, und zwar so, daß sich die Kotyledonen noch über der Erde be- fanden, damit sich das Hypokotyl ungehindert krümmen konnte. Der eine Topf (I) wurde in gewöhnlicher Weise aufgestellt, der andere (II) so, daß sich die Keimlinge in horizontaler Lage be- fanden. Hierbei wurde darauf geachtet, daß bei einem Teil der Keimlinge die Fläche der Kotyledonen horizontal, bei einem an- deren Teile vertikal gerichtet war. Um Komplikationen durch den Einfluß des Lichtes zu vermeiden, wurden die Töpfe unter einen Dunkelzylinder gestellt. Die Länge des Hypokotyls und der Wurzel betrug zusammen ungefähr 2 — 3 mm. Nach Verlauf von 24 Stunden wurde zum ersten Male kontroUiert. Da zeigte sich denn, daß bei Topf I (vertikal) die Keimlinge noch gerade waren. Bei Topf II (horizontal) hatten die Hypokotyle eine schwache Krümmung nach 1) Pfeffer, Pflanzenphysiologie II, S. 391. 2) Vöchting, Bewegung der Blüten und Früchte, 1882, S. 188, daselbst auch ältere Literatur S. 186. 3) Neubert, Nutationskrümmung bei Allium. Jahrb. f. wiss. Bot, Bd. XXXVIII, 1902, S. 143. über das geotropische Verhalten des Hypokotyls und des Kotyledons. 391 unten ausgeführt, offenbar unter dem Einfluß der Schwerkraft. Nach weiteren 24 Stunden hatte sich die Krümmung bei II ver- stärkt, während l^ei I die Keimlinge immer noch gerade waren. Nach insgesamt 72 Stunden hatte die Krümmung bei II — im positiv geotropischen Sinne — einen rechten Winkel erreicht, während bei I nur eine schwache seitliche Krümmung eingetreten war. Das Hypokotyl hatte inzwischen eine Länge von etwa 6 bis 7 mm erreicht. Am 4. Tage endlich begannen sich bei II die Hypokotyle an der Basis aufzukrümmen, wobei die Kotyledonen ihre Krümmung nach unten beibehielten. Die Keimlinge von Topf I hatten die begonnene Seitwärtskrümmung nur wenig verstärkt. Aus dem Versuche geht also hervor, daß Keimlinge von Helianthus in horizontaler Lage eine viel stärkere Krümmung aus- führen als in Vertikallage. Diese Erscheinung findet ihre einfache Erklärung in der Annahme Vöchtings, daß die einseitige Wirkung der Schwerkraft für den Grad der Krümmung bestimmend sei. Damit nehmen wir aber an, daß das Hypokotyl positiv geotropisch ist. Dann muß es sich aber im vorliegenden Falle, wo die Keim- linge in normaler Lage an der Wurzel fixiert waren, in inverser Stellung befinden. In solcher Stellung erhält sich aber ein Organ nicht. Eine geringe Abweichung von der Vertikalen, die unter normalen Verhältnissen stets durch die autonomen Bewegungen herbeigeführt wird, genügt, um eine positiv geotropische Reizung und damit die Rückführung in die stabile Ruhelage zu veranlassen ^). Es muß also schließlich eine Nutation erfolgen, so wie man sie an normal wachsenden Keimlingen beobachtet. Daß das Hypokotyl von Heliantlms tatsächlich positiv geo- tropisch ist, lehrt der folgende Versuch. Es wurden Keimlinge, deren Hypokotyle etwa 5 — 6 mm lang waren, an den Kotyledonen fixiert, und zwar in geuau vertikaler Stellung mit der Wurzel nach unten. Die Keimlinge befanden sich in der feuchten Kammer. Wenn nun die Schwerkraft auf die Nutation des Hypokotyls von Helianthus keinen Einfluß hätte, das Hypokotyl also ageotropisch wäre, müßte die Krümmung so, wie sie am Klinostaten eintritt, auch in dieser Stellung ungehindert ausgeführt werden. Tatsächlich waren aber die Keimlinge nach 48 Stunden noch vollständig ge- rade^). Dies erklärt sich offenbar so, daß jede geringe Abweichung 1) Pfeffer, Physiologie 11, S. 633. — Noll, Heterogene Induktion, S. 22. 2) Im Einklang damit stehen die folgenden Angaben: Kimm er fand bei Helian- thus, daß Samenkeimlinge aus Samen, die so in den Boden gesteckt worden waren, daß 392 Ri'd. Schütze, von der Vertikalen, die durch autonome Krümmung verursacht würde, sofort wieder ausgeghchen wird durch eine entsprechende positiv geotropische Krümmung^). In Wirklichkeit läßt also der positive Geotropismus im vorliegenden Falle eine autonome Krüm- mung überhaupt nicht zustande kommen. Durch Versuche am KHnostaten wurde konstatiert, daß bei der Nutationskrümmung von Helianfhus auch eine innere Ursache im Spiele ist. Keimlinge von Helianthus, die an horizontaler Achse gedreht wurden, führten eine Krümmung aus. Sie erreichte aller- dings nicht den gleichen Grad, wie bei normal wachsenden Keim- lingen, sondern blieb meist hinter einem rechten Winkel zurück. Der Rezipient des KHnostaten wurde bei dem Versuche verdunkelt. Bei den am KHnostaten gedrehten Keimlingen erfolgte die Krümmung nie in einer bestimmten Richtung, etwa so, daß die Kotyledonen dem Stengel mit ihrer Breitseite genähert wurden. Ganz entsprechend erfolgte bei horizontal gelegten Keimlingen die Krümmung stets in gleichem Maße, ob man nun die Kotyledonen mit ihrer Breitseite vertikal oder horizontal orientierte. Es wird also bei der Nutation des Hypokotyls von Helianthus anmius keine bestimmte Richtung bevorzugt. Die hier besprochenen Versuche von Helianthus annuiis führen zu folgendem Ergebnis: Die Nutationskrümmung von Helianthus aimiius ist eine kombinierte Erscheinung. Sie wird eingeleitet durch eine rein autonome Krümmung. Diese wird dann durch die Einwirkung des positiven Geotropismus verstärkt. Der positive Geotropismus ist also für die Nutationskrümmung von Helianthus annuus von besonderer Wichtigkeit, indem er ihre Richtung und ihren Grad bestimmt. Es wurden nun Versuche darüber angestellt, ob das Hypokotyl von Helianthus annuus auch ohne Anwesenheit der Wurzelspitze sich positiv geotropisch zu krümmen vermag. Keimlinge von Heli- anthus annuus, deren Hypokotyle eine Länge von ca. 1,5 — 2,5 mm das Ende, aus welchem die "Wurzel austritt, abwärts gerichtet ist, nicht so stark ge- krümmte Keimlinge lieferten, also solche, welche horizontal gelegt wurden. Er fand auch einzelne Keimlinge, welche bei dieser Stellung überhaupt nicht gekrümmt waren. Eim- mer, tJber die Nutation und Wachstumsrichtungen der Keimpflanzen. Sitzungsberichte der Wiener Akademie der Wissenschaften, I. Abt., Bd. LXXXIX, 1884, S. 400. — Die gleiche Beobachtung machte Wiesner bei Keimlingen von Livwm. Wiesner, Die undulierende Nutation, S. 40. 1) Noll, Über Geotropismus. Jahrb. f. wiss Bot. 1900, Bd. XXXIV, S. 490. über das geotropische Verhalten des Hypokotyls und des Kotyledons. 393 und in deren Wurzeln eine Länge von 0,7 — 1,5 mm besaßen, wurden in der angegebenen Weise in der feuchten Kammer hori- zontal befestigt. Die wie immer mehrfach wiederholten Yersuche stimmten in ihren Resultaten gut überein. In der folgenden Tabelle V sind die nach 12 und 24 Stunden gemachten Beobach- tungen eines Versuches verzeichnet. In der letzten Rubrik ist angegeben, wieviel Millimeter über der Grenze von Wurzel und Hypokotyl, das heißt in diesem Falle über der Schnittfläche, sich der Ort der stärksten Krümmung befindet. Tabelle V. Helianthus annuus. Zu Beginn des Versuches Nach 12 Stunden Nach 24 Stunden Nr. Länge des Hypokotyls Länge der Wurzel Grad der Krümmung Länge des Hypokotyls Grad der Krümmung Ort d. stärksten Krümmung über der Basis mm mm mm mm 1 4,5 3,0 — 6,0 20» 4,0 2 4,0 2,5 — 6,0 30° 4,0 3 3,5 2,5 45» 6,5 80° 3,5 4 5,0 4,0 30° 7,5 60° 4,5 5 3,0 2,5 — 6,0 30° 3,5 6 3,5 1,0 20" 8,0 80° 4,5 7 2,5 1,5 30" 6,5 90° 3,5 8 3,0 1,5 — 5,5 70° 3,0 9 3,0 2,0 10 " 6,5 70° 3,5 Es ergibt sich, daß das Hypokotyl nach Abtrennung der Wurzel bei Horizontallage ebenfalls eine Krümmung ausführt. Die Krümmung macht sich schon nach 12 Stunden bemerkbar, wie man sieht. Die Krümmung hat zwar nicht bei allen Objekten den gleichen Grad erreicht. Jedoch erfolgte sie analog wie bei nicht dekapitierten Keimlingen, wenn auch, offenbar infolge des erlittenen Wundschockes, eine Verzögerung eintrat. Infolgedessen betrug bei den dekapitierten Keimlingen nach 24 Stunden die Krümmung nicht ganz 90 ^. Dieser Winkel wird von nicht dekapitierten Keim- lingen innerhalb 24 Stunden stets erreicht. Ein etwas besseres Resultat lieferten etwas ältere Keimlinge, deren Hypokotyl eine Länge von ca. 6 — 9 mm und deren Wurzel eine Länge von ca. 10 — 20 mm besaßen. Auch hier wurde die ganze Wurzel abgeschnitten und schon nach 17 Stunden hatten einige Keimlinge eine positiv geotropische Krümmung von 90 " ausgeführt. 394 Rud. Schütze, Eines der Objekte begann sich an der Basis bereits negativ geo- tropisch zu krümmen. Es sei hier noch über einige Versuche mit anderen dikotylen Keimpflanzen berichtet. Keimlinge von Impatiens Balsamine ähneln in ihrem Verhalten sehr denen /<^^^^^^ . ff "^~~~^^^^ 'von Helianthus. Auch bei ihnen führt das Hypokotyl unter nor- malen Verhältnissen eine ähn- liche Nutation wie das von He- lianthus aus. Sie unterblieb je- doch bei einem großen Teil der Keimlinge, wenn sie genau senk- recht in die Sägespäne gesteckt worden waren. Die Krümmung ist auch hier in gewissem Grade von der Schwerkraft abhängig. Die bei dem der Tabelle VI zu- grunde liegenden Versuche verwendeten Keimlinge waren noch alle sehr jung. Die Hypokotyle waren zu Beginn des Versuches sämt- lich vollständig gerade, so daß die Krümmung, die bei Horizontal- lage eintrat, wohl der einseitigen Wirkung der Schwerkraft zu- geschrieben werden darf. In der Tabelle VI sind die Größen- verhältnisse zu Beginn des Versuches angegeben, außerdem wie viel dekapitiert wurde und schließlich der Grad der erreichten Krümmung. Fig. 4. . Dekapit. Keiml. v. Helianthus annuKS nach 16 u. 24 Std. Krümm, im Hypok. Fig. 5. Unverletzt. Keiml. Y.neJianth. annuus mit positiver geo- tropisch. Krümmg. Tabe 11 e VI. Impatiens Balsamine. Zu Beginn der Versuches Nach 18 Stunden Xr. Länge Länge Größe des de- des Hypokotyls der Wurzel kapit. Stückes Krümmungsgrad mm mm mm 1 1 3,0 2,0 2,0 90° 2 3,0 2,0 2,5 80» 3 2,5 1,5 2,0 keine Krümmung 4 3,0 2,5 3,0 90" 5 2,0 2,0 2,0 50» 6 2,0 1,0 1,0 sehr schwache Krümmung 7 2,5 2,0 2,0 90° 8 2,0 1,0 1,0 sehr schwache Krümmung 9 3,0 1,5 1,5 80» 10 3,5 2,0 2,0 90» über das geotropische Verhalten des Hypokotyls und des Kotyledons. 395 Man sieht, daß alle Keimlinge, mit einer Ausnahme, eine positiv geotropische Krümmung ausgeführt haben. Die Krümmung befand sich am Schluß des Versuches ungefähr in der Mitte des Hypokotyls. Die Krümmung erfolgte nicht bei allen Objekten in gleichem Maße. Einzelne erreichten denselben Krümmungswinkel wie nicht dekapitierte Keimlinge. Keimpflanzen von Phaseolus vulgaris und Phaseolus multiflorus unterscheiden sich insofern voneinander, als bei Phaseolus multi- florus die Kotyledonen in der Erde stecken beiben, während sie bei Phaseolus vulgaris durch das Hypokotyl über die Erde empor- gehoben werden. Das Steckenbleiben der Kotyledonen bei Pha- seolus multiflorus hat seinen Grund zum Teil darin, daß das Hypokotyl nur ein beschränktes Wachstum besitzt. Es erreicht eine Länge von ca. 20 mm, außerdem bleibt es positiv geotropisch. Es wird sich also auch aus diesem Grunde nicht über den Boden erheben, ähnlich wie der Kotyledon von Phönix dactijlifera. Das Hypokotyl von Phaseolus vulgaris wächst längere Zeit weiter und wird im Laufe der Entwicklung negativ geotropisch. Beide Faktoren bewirken offenbar das Emporkommen des Hypokotyls über dem Boden. In der Jugend führt also auch das Hypokotyl von Pha- seolus eine positiv geotropische Krümmung aus. Wenn man Samen von Phaseolus multiflorus oder Phaseolus vulgaris in der üblichen Weise mit der Mikropyle nach unten in den Boden steckt, so befinden sich Hypokotyl und Kotyledon in horizontaler Lage. Bei der Keimung beobachtet man, daß das Hypokotyl durch positiv geotropische Krümmung die Wurzel senk- recht in den Boden führt. Eine solche Krümmung kann man naturgemäß vermeiden, wenn man die Samen so steckt, daß sich die Mikropyle nicht unten, sondern auf der Seite befindet und zwar oberhalb des Hilums. Dann befinden sich Wurzel und Hypo- kotyl in normaler senkrechter Lage, müssen also ohne Krümmung senkrecht in den Boden wachsen. Dies tritt in der Tat ein. Das Hypokotyl vermag sich auch nach Dekapitation der Wurzel- spitze positiv geotropisch zu krümmen, wie die folgenden Versuche lehren. Keimhnge von Phaseolus multiflorus wurden, nachdem die Wurzel abgeschnitten war, in Sägespänen horizontal gelegt. Die Länge von Hypokotyl und Wurzel betrug 8—10, bezüglich 3—4 mm (Fig. 6, 7, 8, 9). Nach 24 Stunden hatten sämtliche Keimlinge 396 Eud. Schütze, eine positiv geotropische Krümmung ausgeführt und zwar in gleichem Maße, wie nicht dekapitierte Keimlinge. Auch Keimlinge von Pliaseolus vulgaris wurden in Sägespäne horizontal gelegt und nicht in der feuchten Kammer, weil sie da Fig. 6. Unverletzter Keimling von Phaseolus midti- fiorus mit positiv geo- tropischer Krümmung im Hypokotyl. Fig. 7 — 9. Dekapitierte Keimlinge von Phaseolus muUiflorus mit positiv geotropischer Krümmung im Hypokotyl. weniger gut reagierten (Fig. 10, 11, 12, 13). Dekapitierte Keim- linge von Phaseolus vulgaris erreichten in Sägespänen eine positive geotropische Krümmung von meist 90 ". Die beobachteten Keim- linge besaßen ein Hypokotyl von ca. 4 — 6 mm Länge und eine Wurzel von ca. 2 mm Länge. Die gleichen Versuche wurden angestellt mit Keimlingen von Vicia Faha, die ebenso wie Keimlinge von Phaseolus muUiflorus Fig. 10. Normaler Keimling von Phaseolus vul- garis. Fig. 11 — 13. Dekapitierte Keimlinge von Phaseolus vulgaris; Positiv geotropische Krümmung im Hypokotyl. ein nur kurzes Hypokotyl besitzen, außerdem mit Keimlingen von Cucurbita Pepo, Convolvulus Tricolor, RapJianus sativus, Linum tisitatissiniim , Acer Pseudoplatanus , Rici7ius communis. Soweit ich konstatieren konnte, erfolgte auch bei Keimlingen der eben- über das geotropische Verhalten des Hypokotyls und des Kotyledons. 397 genannten Pflanzen eine positiv geotropische Reaktion im Hypokotyl, trotzdem die Wurzel abgeschnitten wurde (Fig. 14 u. 15). Dies Verhalten scheint demnach den dikotylen Keimpflanzen gemeinsam zu sein. Es läßt sich hier- nach die Behauptung Cope- lands, daß die positiv geo- tropische Krümmung des Hy- pokotyls nur in Abhängigkeit vom Vegetationspunkte der Wurzel erfolgen könne, nicht aufrecht erhalten. Pinus Pinea schließt sich in bezug auf das geotropische Verhalten seines Hypokotyls eng an die Dikotylen an. Auch bei Pinus Pinea wird bei horizontal liegenden Keimlingen die Wurzel durch eine Abwärtskrümmung des Hypokotyls in den Boden geführt. Ebenso zeigen oft ältere Keimhnge, wenn sie über den Boden emporkommen, eine seitliche Krümmung. Die Abwärtskrümmung des Hypokotyls bei Horizontallage (Fig. 1.5) tritt auch dann ein, wenn man die Wurzel teilweise oder ganz abtrennt. Zum Vergleich sei die folgende Tabelle angeführt. Fig. 14 u. 15. Dekapitierter und nicht dekapitierter Keimling von Cucurbita mit positiv geotrop. Krümmung im Hypokotyl. Tabelle VlI. Pinus Pinea. Temp. 23". Zu Beginn des Versuches Nach 18 Stunden Nr. Länge des Hypokotyls Länge der Wurzel Länge des abgeschn. Stückes Krümmungswinkel mm mm mm Grad 1 9 13 5 60 2 9 7 5 80 3 11 12 6 50 4 15 16 10 60 5 12 15 10 40 6 11 13 6 10 7 11 8 5 30 8 10 15 6 keine Krümmung Copeland gibt an, daß bei monokotylen Keimpflanzen, spe- ziell bei denen von Phoenix und Yucca ebenfalls der Vegetations- punkt der Wurzel das maßgebende Organ für die Krümmungs- bewegung des Kotyledons sei. Phoenix und Yucca unterscheiden Jahrb. f. wiss. Botanik. XLVIII. 26 398 Rud. Schütze, Fig. 16. Keimling von Yucca angustifolict ■ Wurzel entfernt. sich insofern voneinander, als bei Yucca der Kotyledon zunächst positiv geotropisch ist und nach einer gewissen Entvi^icklung negativ geotropisch wird, während der Kotyledon von Plioenix bis zum Ende seines Wachstums positiv geotropisch bleibt und daher nie über die Erde emporkommt. Der Kotyledon von Yucca bildet in ähnlicher Weise wie bei Ällium^) ein scharfes Knie mit einer Protuberanz. Es kommt offenbar zustande, indem der ba- sale Teil des Kotyledons negativ geotropisch wird, w^ährend der api- kale, übrigens noch wachsende Teil, positiv geotropisch gekrümmt bleibt. Da diese Erscheinung be- reits auf einem ziemlich frühen Entwicklungsstadium eintritt,' so wurden bei unseren Versuchen nur ganz junge Keim- linge verwendet, um Komplikationen, die aus dem gleichzeitigen Eintreten dieser Kniebildung sich er- geben würden, zu vermeiden. Keimlinge von Yucca angustifolia wurden, nachdem die Wurzel teilweise oder ganz dekapitiert war, in der feuchten Kammer horizontal befestigt (Fig. 16 u. 17). Auch hier wurde dafür gesorgt, daß immer eine andere Flanke nach unten zu liegen kam. Wie aus der folgenden Tabelle VIII hervorgeht, war nach 24 Stunden fast in allen Fällen eine positiv geotropische Krümmung des Kotyledons erfolgt, wenn sie auch nicht überall den gleichen Krümmungsw^inkel erreicht hatte. Jedoch erfolgte sie in gleicher Weise wie bei nicht dekapitierten Kontrollexemplaren. Fig. Älterer 17. Keimling V. Yucca angusti- folia mit ausgebil- detem Knie. Tabelle VIII. Yucca angustifolia. Zu Beginn des Versuches Nach 24 Stunden Nr. Länge des Kotyledons mm Länge der Wurzel mm Länge des de- kapit. Stückes mm Krümmung 1 2 3 7 5 2 35 22 7 20 5 3 negative Krümmung in der Basis positive Krümm, in der Mitte des Kotyledon sehr schwache pos. Krümm, im Kotyledon 1) Neubert, Untersuchungen über die Krümmungen des Keimblattes \)e,\ Allium. Jahrb. f. wiss. Bot., 1902, Bd. XXXVIII, S. 123 — 130. über das geotropische Verhalten des Hypokotyls und des Kotyledons. 399 Fortsetzung der Tabelle VIII. Zu I ieginn des Versuches Nach 24 Stunden Nr. Länge des Länge der Länge des de- Kotyledons "Wurzel kapit. Stückes Krümmung mm mm mm 4 2 5 2 5 5 23 10 positiv im Kotyledon, 80 " 6 2 5 2 « „ „ 20° 7 2,5 10 5 7K 0 8 1,5 5 2 — 9 1,5 5 2 positiv im Kotyledon, 30 " 10 2 15 5 ^0 " n 11 1) '^^ 11 3 20 5 « . „ 90» 12 2 7 3 ,, . „ 70° Ehe Versuche mit Phoenix dactylifera angestellt wurden, wurde untersucht, ob die äußerlich wahrnehmbare Grenze von Wurzel und Kotyledon auch der wirklichen Grenze entspricht. An Längs- schnitten konstatierte ich, daß dies tatsächlich der Fall ist ^) (Fig. 18). Macht man einen Querschnitt an dieser Stelle, so trennt man dadurch nur die Wurzel ab, während der Sproß, der sich in den Kotyledon vorwölbt, mit ihm in Zusammenhang bleibt. Führt man den Schnitt etwas höher, so wird auch der Sproß abgetrennt, und man kann ihn aus der Höhlung des Kotyledons herausheben. Der Verlauf der positiv geotropischen Krüm- mung im Kotyledon von Phoenix dactylifera wurde Fig- 18. zunächst an nicht dekapitierten Keimlingen be- Längsschnitt durch ^ ^ Wurzel u. älteren Teil obachtet. Bei dem Versuche, der der folgenden des Kotyledons von Tabelle IX zugrunde liegt, war die Wurzel nur Phoenix ämtyiifera. ^ . /-. Punkt. Linie trennt sehr kurz. Es ist daher die Gesamtlänge von Wurzel u. Kotyledon. Wurzel und Kotyledon angegeben. Bei dem Versuche wurde der Kotyledon, von der Basis an gerechnet, in Millimeterzonen eingeteilt. Es ist weiter angegeben, die Zone des stärksten Zuwachses nach 24 Stunden, ferner der Grad der Krüm- mung und die betreffende Millimeterzone, in der sich am Schluß des Versuchs die stärkste Krümmung befand. 1) Abbildungen bei Sachs, Bot. Zeitg. 1862. 26* 400 Eud. Schütze, Tabelle IX. Phoenix dactylif&t'a. Zu Beginn des .Versuches Nach 24 Stunden Nr. Länge von Wurzel und Kotyl. mm Zone des stärksten Zuwachses Krümmungs- zone Grad der Krümmung 1 2 3 4 5 6 13 7 7 8 8 7 5 3 2 — 3 2—3 3—4 3—4 5 3—4 2—3 2 — 3 3—4 3—4 90" 80° 80° 90° 70° 80° Es ist also durchweg eine Krümmung im Kotyledon erfolgt. Die Krümmungszone fällt mit der Zone des stärksten Wachstums zusammen. Die Krüm- mung scheint sofort in der betreffenden Zone einzutreten (Fig. 19). Nun wurden Keimlinge horizontal gelegt, bei denen die Wurzel an der Grenze abge- schnitten worden war. Sie krümmten sich eben- so positiv geotropisch, als wenn die Wurzel noch vorhanden wäre. Der Sproß blieb bei diesem Versuche erhalten. Auch hier war der Kotjledon in Milli- meterzonen eingeteilt. Tabelle X. Phoenix dactylifera. Fig. 19. Normaler Keimling von Phoenix dactilifera mit positiv geotropischer Krümm, im Kotyledon. Zu Beginn des Versuches Nach 24 Stunden Nr. Länge des Kotyledon mm Länge der ab- geschnitt. Wurzel mm Zone des stärksten Zu- wachses Krümmungs- zone Krümmungs- winkel 1 30 1 6 6 90° 2 19 1,5 3 3 — 4 80° 3 27 1,5 4—5 4 — 5 80° 4 20 1,5 4 4 70° 5 35 2,0 6 6 70° 6 40 1,5 6 — 7 6 80° Ebenso führte der Kotyledon eine positiv geotropische Krüm- mung aus, wenn nicht nur die Wurzel, sondern auch der Sproß durch den Schnitt entfernt worden war. Allerdings erfolgte die über dss geotropische Verhalten des Hypokotyls und des Kotyledons. 401 Krümmung nicht in dem gleichen Maße. Das hat seinen Grund wohl darin, daß der Schnitt näher der Reaktionszone erfolgte. Der Wundschock vermochte dadurch stärker auf sie zu wirken. Doch bestätigt auch dieser Versuch, daß sich der Kotyledon von Phoenix dactylifera ohne Anwesenheit der Wurzel in durchaus gesetzmäßiger Weise positiv geotropisch zu krümmen vermag. Es hat sich bei unseren Versuchen zeigen lassen, daß sowohl das Hypokotyl als auch der Kotyledon nicht in dem Maße von der Wurzelspitze abhängig sind, wie es Copeland wahrscheinlich zu machen suchte. Wie kommt es aber, daß Copeland zu solcher Ansicht gelangte? Vielleicht bietet eine Erklärung hierfür das abweichende Verhalten von Lupinus albus. Er hatte konstatiert, daß bei jungen Lupmus-K.eim\ingen nach Abtrennung der Wurzel- spitze eine Reaktion unterblieb. Da er aber mit älteren Keim- lingen übereinstimmende Resultate nicht erzielte, unterließ er es, Fig. 20 u. 21. Fig. 22 u. 23. Keimlinge von Phoenix. Po- Keimlinge von Phoenix, ebenfalls mit sitiv geotropische Krümmung geotropiseher Krümmung. Nicht nur im Kotyledon trotz Dekapi- die Wurzel, sondern auch der Sproß tation der Wurzel. wurde entfernt. mit ihnen Dekapitationsversuche anzustellen. Er beschränkte sich vielmehr darauf, den Verlauf des Wachstums und der Krümmung im Hypokotyl zu verfolgen. Aus der Tatsache, daß das Wachs- tum in der ersten Zeit hauptsächlich in der Basis erfolgt, schloß er, in Verbindung mit seinen Dekapitationsversuchen bei Lupinus albus, daß sich das Hypokotyl anfangs wie eine Wurzel verhalte, also eine positiv geotropische Reaktion nur in Abhängigkeit von der sensiblen Wurzelspitze ausführen könne. Nach meinen Ex- perimenten ist dies nicht der Fall. Es ist aber auch wenig wahr- scheinlich, daß. von der Wurzelspitze über derartig große Ent- fernungen, wie sie durch den Zuwachs geschaifen werden, ein Reiz geleitet wird. Höchstens könnte man für die jüngsten Stadien 402 I^u<^- Schütze, annehmen, daß ein in der Wurzelspitze perzipierter Reiz auf die Reaktionszone des Hypokotyls oder des Kotyledons ausstrahlt und auf ihre positiv geotropische Krümmung beschleunigend einwirkt. Eine solche Annahme wird durch die hier mitgeteilten Versuche nicht unmöglich gemacht und wir werden sehen, daß der trauma- tische Reiz in der Tat von der Wurzelspitze bis zum Hypokotyl und Kotyledon fortgeleitet wird. Die Perzeption des geotropischen Reizes muß bei den de- kapitierten Keimlingen in dem reagierenden Organe selbst erfolgen, wenn man nicht annehmen will, daß der Reizanstoß vom Vege- tationspunkte des Sprosses ausgeht. Einer, solchen Annahme wider- sprechen schon die bei Phoenix dactylifera gemachten Beobach- tungen, wo eine Krümmung auch nach Verlust des Sprosses erfolgte. Dennoch wurden einige Versuche mit dikotylen Keim- pflanzen gemacht. Bei Keimlingen von Phaseolus multiflorus wurde das eine Keimblatt und die Plumula entfernt. Nachdem noch die "Wurzel abgeschnitten worden war, wurden die Keimlinge in feuchten Sägespänen horizontal gelegt, wo sie eine positiv geotropische Krümmung ausführten. Infolge des doppelten Wundschockes fiel die Krümmung nicht sehr stark aus. Bei jungen Keimlingen von Heliaiiilius wurden beide Keim- blätter mit der eingeschlossenen Plumula weggeschnitten. Nachdem auch die Wurzelspitze dekapitiert worden war, wurden die Keim- linge au der Wurzel horizontal fixiert. Auch hier erfolgte eine positiv geotropische Krümmung im Hypokotyl. Sonach kommen wir zu dem Ergebnis, daß das Hypokotyl und der Kotyledon nicht nur positiv geotropisch reaktionsfähig sind, sondern auch den maßgebenden Reiz selbst perzipieren. Bei diesen Organen fällt offenbar Perzeption und Aktion zusammen. Es be- deutet dies keine außergewöhnliche Annahme, da ja das Zusammen- fallen von Perzeption und Reaktion der gewöhnliche Fall ist^). Der jeweilige Ort der stärksten Krümmung fällt in die Zonen des stärksten Wachstums. Versuche am Klinostaten.- Wenngleich es kaum zweifelhaft ist, daß die im vorhergehenden Abschnitt untersuchte Krümmung eine Folge der einseitig wirken- den Schwerkraft ist, wurden dennoch entsprechende Versuche am 1) Pfeffer, Pflanzenphysiologie II, S. 602. Ober das geotropische Verhalten des Hypokotyls und des Kotyledons. 403 Klinostaten gemacht. Die Methode der langsamen Drehung am Klinostaten ist in unserem Falle wohl anwendbar, weil ja Hypo- kotyl und Kotyledon , wie sich bei unseren Versuchen ergab, all- seitig reizbar sind. Nur bei solchen Organen wird an der hori- zontalen Achse des Klinostaten die einseitige Reizung durch die Schwerkraft in eine allseitige verAvandelt und so das Eintreten einer geotropischen Krümmung unmöglich gemacht^). Es wurden von allen untersuchten Pflanzen Keimlinge an der horizontalen Achse des Klinostaten gedreht, wobei das Hypokotyl oder der Kotyledon der Klinostatenachse parallel gerichtet war. Wie bei den früheren Versuchen wurde die Wurzel ganz oder teil- weise abgeschnitten. Eine merkliche Krümmung trat im allgemeinen nicht auf. Das Hypokotyl und der Kotyledon wuchsen gerade weiter. Bei Helianthus trat natürlich die bereits erwähnte auto- nome Krümmung ein , jedoch bei dekapitierten Keimlingen in schwächerem Maße. Aus dem Verhalten der Keimlinge am Klino- staten ergibt sich, daß die positiv geotropische Krümmung des Hypokotyls und des Kotyledons wirklich unter dem Einfluß der einseitig wirkenden Schwerkraft erfolgt. Gleichzeitig beweist das Geradebleiben der Keimlinge am Khnostaten, daß bei der De- kapitation eine traumatische Reizung nicht stattgefunden hat. Wäre dies der Fall gewesen, so müßte die entsprechende Reaktion am Klinostaten um so stärker hervortreten. Nach dem Drehen am Klinostaten wurden verschiedentlich Keimlinge in horizontaler Lage im dampfgesättigten Räume befestigt, nachdem nochmals ein ca. 1 mm langes Stück abgeschnitten worden war. Die Keimlinge führten in normaler Weise eine positiv geotropische Krümmung aus. Das Unterbleiben einer Krümmung am Klinostaten beruhte also nicht etwa auf einem Verluste der Reaktionsfähigkeit. Traum atropische Versuche. Bekanntlich ruft eine einseitige Verletzung der Wurzelspitze eine traumatische Krümmung der Wurzel^) hervor. Zum ersten Male wurde die Erscheinung von Darwin^) beobachtet und be- 1) Pfeffer, Pflanzenphysiologie II, S. 567. — Sachs, Arbeiten des bot. In- stituts zu Würzburg, Bd. II, S. 210 u. 216. — Noll, Heterogene Induktion, S. 12. 2) Pfeffer, Pflanzenphysiologie II, S. 590 ff. 3) Darwin, Bewegungsvermögen der Pflanzen. Deutsch von Carus. Stuttgart 1881, S. 127 ff. 404 Eu'l- Schütze, schrieben. Als er den Vegetationspunkt der Wurzel einseitig ver- letzte, erfolgte in der Streckimgszone der Wurzel eine von der Wundstelle weggewendete Krümmung. Nach Darwin ist der traumatropische Reizvorgang noch oft untersucht worden^). Be- sonders eingehende Versuche wurden von S pal ding angestellt. Er fand, daß eine von der Wunde weggewendete Krümmung nur eintrat, wenn er die Spitze innerhalb einer Zone von 1,2 mm ver- letzte''^). In jedem anderen Falle erfolgte eine mechanische Biegung. Diese wird verursacht durch Wacbstumshemniungen des verletzten Gewebes. Die Wunde kommt hierbei auf die konkave Seite der gekrümmten Wurzel zu liegen. Alle die bisher mitgeteilten Untersuchungen wurden an älteren Wurzeln gemacht, die sich sehr energisch krümmen, da bei ihnen eine wohlausgebildete Streckungszone vorhanden ist. Es ist nun die Frage, ob bei Keimlingen mit noch sehr kurzer und daher nur wenig krümmungsfähiger Wurzel durch eine einseitige Verletzung der Wurzelspitze etwa das Hypokotyl oder der Kotyledon zu einer traumatropischen Krümmung veranlaßt wird. Bei den folgenden Versuchen wurden die Keimlinge nach ein- seitiger Verletzung der Wurzelspitze in vertikaler Lage in der feuchten Kammer befestigt oder in lockere Sägespäne gesteckt. Die Verwundung geschah durch Verbrennen mit einem heißen Glasstab, anfangs auch durch Atzen mit Höllenstein. Auf beide Arten wurden gleich gute Krümmungen erzielt. Jedoch wurde später hauptsächlich die Glasstabmethode angewendet, da sich dabei die Stärke der Verwundung besser regulieren läßt. Bei dem Atzen mit Höllenstein fällt nämlich die Wunde leicht etwas un- regelmäßig aus, da oft auch das nicht unmittelbar berührte Gewebe zerstört wird. Ein dünner Glasstab wurde zu einer Spitze aus- gezogen und dann abgeschmolzen, so daß eine kleine Kugel ent- 1) "Wiesner, Das Bewegungsvermögen der Pflanzen. Wien 1881, S. 141. — Detlefsen, Über die von Darwin behauptete Gehirnfunktion der Wurzelspitzen. Ar- beiten des bot. Instituts Würzburg, 1882, II, S. 642. — Spalding, The traumatropic curvature of roots. Annais of Botany 8, 1894, p. 423 ff. — Burns, Regeneration and its relation to traumatropism. Beihefte zum bot. Zentralbl. 1904, Bd. XVIII, S. 159 bis 164. — Nemec, Studien über Regeneration. Berlin 1905, S. 350 — 355. — Nord- hausen, tJber Richtung und Wachstum der Seitenwurzeln unter dem Einfluß äußerer und innerer Faktoren. Jahrb. f. wiss. Bot., Bd. 44, 1907, S. 594 ff. u. 607 ff. — Fitting, Die Leitung tropistiseher Reize in parallelolropen Pflanzenteilen. Jahrb. f. wiss. Bot., Bd. XLIV, 1907, S. 231—234 u. 251. 2) Spalding, a. a. 0. S. 424. über das geotropische Verhalten des Hypokotyls und des Kotyledons. 405 stand. Diese wurde jedesmal vor dem Berühren in der Flamme des Sparbrenners bis zur Rotglut erhitzt. An der Berührungsstelle entstand ein kleiner brauner Fleck, an dessen Ausdehnung man ungefähr ersehen konnte, ob die "Wunde kräftig genug war. Wur- zeln älterer Keimlinge, auf solche Weise verletzt, führen, wie auch Spaldings Versuche zeigen, eine sehr schöne traumatropische Krümmung aus. Vor allem ist hervorzuheben, daß die Krümmung immer sehr gleichmäßig erfolgte. Infolgedessen kam es höchst selten vor, daß bei einem Keimling eine traumatropische Krümmung unterblieb. Zunächst wurden Versuche mit Lupinus albus gemacht. Nach- dem die jungen Keimlinge an der Wurzelspitze seitlich mit dem heißen Glasstab berührt worden waren, wurden sie in der feuchten Kammer vertikal befestigt. Die Kotyledonen waren mit feuchtem FUeßpapier umwickelt. In der folgenden Tabelle XI sind neben den Maßen zu Beginn des Versuches die Beobachtungen nach 19 Stunden angegeben. Tabelle XI. Lupinus albus. Zu Beginn des Versuches Nach 19 Stunden Nr. Länge Länge des Hypokotyls der Wurzel Krümmung mm mm 1 4,9 2,0 schwach 2 4,0 2,0 90° Mitte Hypokotyl 3 4,8 1,8 00 " 4 4,0 1,8 70 ° „ 5 4,0 1,8 80» „ 6 4,0 1,8 70" unter der Mitte 7 4,5 2,3 80" 8 4,0 2,0 70" Mitte Hpyokotyl 9 4,5 1,8 90 " 10 4,8 2,0 40 " unter der Mitte Die Tabelle zeigt, daß bei allen Keimlingen eine Reaktion im gleichen Sinne eingetreten ist. Sie besteht in einer Ablenkung aus der Vertikalen. Bemerkenswert ist dabei, daß die Krümmung im Hypokotyl erfolgt ist, während die nur sehr kurze Wurzel voll- ständig gerade blieb. Die traumatropische Krümmung machte sich im Hypokotyl schon nach 6 — 7 Stunden bemerkbar (Fig. 24). Am zweiten Tage hatten die Hypokotyle ihre Krümmung soweit ver- 406 Rud. Schütze, stärkt, daß eine doppelte Schleife zustande gekommen war. Die Wurzel selbst war auch jetzt noch gerade. Auch schien ihr Wachstum unter dem Einfluß der Verwundung eine Verzögerung zu erleiden. Etwas ältere Keimlinge, bei denen die Wurzel bereits lebhaft zu wachsen begann, führten weniger regelmäßige Krümmungen aus. Es erfolgte zwar auch hier eine Krümmung im Hypokotyl, jedoch Fig. 24. Keimling von Lupimis albus mit traumatropischer Krümm, im Hypokotyl nach 8 u. 24 Std. Fig. 25 u. 26. Altere Keimlinge von Lupinus mit traumatropischer Krümm. im Hypokotyl. hauptsächlich im unteren Teile. Zur Bildung einer Schleife kam es nicht. Meist wurde die Wurzel nur durch eine Krümmung des Hypokotyls aus ihrer normalen Lage abgelenkt, im Höchstfalle so weit, daß sie nach oben sah. Tabelle XII. Lupinus albus. Zu Beginn des Versuches Nach 24 Stunden Nr. Länge Länge des Hypokotyls der Wurzel mm mm Krümmung 1 2 3 4 5 6 8 8 8 8 7,5 7,5 4,5 3 4 4 3,5 4,3 hakenförmig an der Grenze Wurzel gerade, Hypokotyl gekrümmt 11 )i 11 n an der Grenze Krümmung an der Basis des Hypokot., 00" Wurzel gerade, Basis des Hypokotyls gekr. Bemerkenswert ist hierbei, daß die Wurzel, obwohl sie lebhaft wuchs, dennoch gerade geblieben war (Fig. 2.5 u. 26). Bei noch älteren Keimlingen, deren Wurzeln eine Länge von 10 mm hatten, erfolgte eine Krümmung nur in der Wurzel. Die Wurzel bildete nach 24 Stunden eine Schleife, die sich nach weiteren 24 Stunden verdoppelte. Das Hypokotyl dagegen blieb während dieser Zeit vollständig gerade. über das geotropische Verhalten des Hypokotyls und des Kotyledons. 407 Wir sehen also, daß bis zu einem gewissen Altersstadium dasHypo- kotyl von TAtpinus albus durch eine einseitige Verletzung der Wurzel- spitze zu einer traumatropischen Krümmung veranlaßt wird. In dem einen Falle (Tab. XI) betrug der ursprüngliche Abstand der Wunde von der Reaktionszone 2, im anderen Falle (Tab. XII) mindestens 4 mm. Weitere Versuche wurden angestellt mit Keimlingen von Phaseolus multiflonis, Phaseolus vulgaris, Helianthus annuus, Ricinus communis, Pinus Pinea und Phoenix dactylifera. Was zunächst die Versuche mit Phaseolus multiflorus an- betrifft, so ist zu konstatieren, daß die Keimlinge in sehr schöner Weise eine traumatropische Krümmung ausführten. Das Hypokotyl krümmte sich unter dem Einfluß des von der Wurzelspitze aus- gehenden Reizes in gleicher Weise wie das Hypokotyl von Lupinus albus (Fig. 27). Zu den Versuchen wurden junge Keimlinge benutzt, deren Wurzeln ca. 2 mm lang waren. Schon 15 Stunden, nachdem die Wurzelspitze einseitig ver- wundet worden war, hatte das anfangs vertikal orientierte Hypokotyl sich um einen rechten Winkel aus dieser Lage wegge- Fig. 27. Junger Keimling von Pliane- olus miilfiflorns mit traunia- tropischer Krümmung im Hypokotyl nach 10 u. 24 Std. krümmt. Nach insgesamt 24 Stunden hatte die Krümmung im Hypokotyl soweit zu- genommen, daß die Wurzel, die vollständig gerade blieb , senkrecht nach oben zeigte. Die Reaktion erfolgte ungefähr in der Mitte des Hypokotyls, so daß in diesem Falle die anfängliche Entfernung von Wunde und Reaktionszone ca. 4 mm betrug. Bei Keimlingen von Phaseolus vulgaris ist man zunächst zweifelhaft, ob man die eintretende Krümmung wirklich als trau- matropische Krümmung aufzufassen hat. — Es wurden auch hier nur ganz junge Keimlinge verwendet, deren Hypokotyl ca. 5 — 6 mm und deren Wurzeln ca. 2 mm lang waren. — Trotzdem erfolgte die Reaktion nicht in gleicher Weise wie bei Lupinus albus oder Phaseolus multiflorus. Die Krümmung hatte viel Ähnlichkeit mit einer Wachstumsnutation, wie sie ja bei Keimlingen oft auftreten. Die Wurzel, die ebenso wie das Hypokotyl ziemlich lebhaft ge- wachsen war, war vollständig gerade geblieben (Fig. 28, 29, 30). Nur das Hypokotyl hatte sich in seinem basalen Teile gekrümmt und dadurch die Wurzel um ca. 90 " aus der Vertikalen abgelenkt. Daß aber tatsächlich eine traumatropische Krümmung vorlag, geht 408 Eud. Schütze, Fig. 28 — 30. Keimlinge von PhaseolMS lulyaris mit traumatro- pischer Krümmung im Hypokotyl. daraus hervor, daß sich die "Wurzel stets von der Wunde weg- zuwenden versucht hatte. Demgemäß lag die "Wunde stets auf der Konvexseite. Die Wunde war im Anfang von der späteren Reaktionszone ca. 4 mm entfernt. Die Keim- linge von Phaseolus vul- garis befanden sich bei dem "Versuche in feuchten lockeren Sägespänen, da sie, wie bereits erwähnt, hier besser reagierten, als in der feuchten Kammer. Bei Keimlingen von Pinus, Ricinus und Helianthus gelang es mir nicht, einwandfreie traumatropische Krümmungen im Hypokotyl hervorzurufen. Bei Keimlingen von Phoenix dadylifera verfärbt sich die "Wurzel nach Berührung mit dem heißen Glasstabe in ihrer ganzen Ausdehnung, so daß es den Anschein hat, als ob die ganze Wurzel abgestorben wäre. Es erfolgte aber stets eine traumatropische Krümmung im Kotyledon derart, daß die Wurzelspitze aus ihrer vertikalen Lage nach der von der Wunde abgekehrten Seite ab- gelenkt wurde. Es ist also das Schwarzwerden der Wurzel nicht von Bedeutung für den gesetzmäßigen "Verlauf der Reaktion. In dem der Tabelle XIII zugrunde liegenden Versuche wurde der Kotyledon in Millimeterzonen eingeteilt. In der Tabelle sind angegeben die Maße zu Beginn des "Versuches, der Grad der Krümmung und die betrefiende Zone, wo sich der Ort der stärk- sten Krümmung am Schluß des "Versuches befand. Tabelle XIII. Phoenix dadylifera. Temp. 23 ". Zu Beginn des Versuches Nach 19 Stunden Nr. Länge des Kotyledons mm Länge der Wurzel mm Grad Krümmungszone der Krümmung 1 2 3 4 5 42 45 55 50 43 2 1,8 2,5 3 2,5 schwach j unbestimmt 30° 3 79° 3 80° 3—4 über das geotropische Verhalten des Hypokotyls und des Kotyledons. 409 Die Krümmung bei Keimlingen von Phoenix dactylifera hat einen etwas anderen Cliarakter als bei Keimlingen von Lupinus albus und Phaseolus muUifiorus. Denn während bei diesen das Hypokotyl nach einseitiger Verletzung der Wurzelspitze sich meist in seiner ganzen Ausdehnung an der Krümmung beteiligt, wird bei Phoenix dactylifera die Krümmung nur von einer sehr kurzen Zone ausgeführt (Fig. 30 und 31). Es sieht aus, als ob der Kotyledon an einer Stelle scharf umgebogen worden wäre. Die Ursache liegt darin, daß die wachsende Zone beim Kotyledon von Phoenix dac- tylifera nur sehr kurz ist. Bei Phoenix dactylifera ist die Wunde von der Reaktionszone getrennt durch eine Zone, die überhaupt nicht reaktionsfähig ist. Die betreffende Zone des Kotyledons nämlich, die den Sproß umschließt, besitzt ein so geringes Wachstum, daß sie sich an einer Krümmung aktiv nicht beteiligen kann. Haben die Keimlinge von Phoenix dactylifera ein ge- wisses Altersstadium erreicht, so beginnt die Wurzel kräftiger zu wachsen. Dann wird die traumatropische Krümmung nicht mehr vom Kotyledon, sondern allein von der Wurzel ausgeführt. Nach 24 Stunden bildeten in diesem Falle Wurzel und Kotyledon einen rechten Winkel. Die Wurzel war in ihrem oberen Teile scharf umgebogen. Der Koty- ledon blieb während dieser Zeit und auch im Verlauf weiterer 24 Stunden völlig gerade, obgleich er, wie das Auseinanden'ücken der Tuschemarken erkennen ließ, noch immer wuchs. Nach diesen Versuchen wird in der Tat durch eine einseitige Verletzung der Wurzelspitze das Hypokotyl oder der Kotyledon zu einer entsprechenden traumatropischen Krümmung veranlaßt. Dar- aus ergibt sich aber ohne weiteres das Bestehen einer ßeiztrans- mission zwischen Wurzelspitze und Reaktionszone des betreffenden Organes. Besonders deutlich geht dies aus den Versuchen mit Phoenix dactylifera hervor, wo die Zone, der der traumatische Reiz induziert wird, von der Reaktionszone durch eine Zone getrennt ist, die wegen ihres geringen Wachstums zu einer Reaktion nicht befähigt ist. Fig. 31a u. b. Keimling von Phoenix dacty- lifera mit traumatropischer Krümmung im Kotyledon. 410 ^"d. Schütze, Daß von der Wurzelspitze her bis in das Hypokotyl oder den Kotyledon ein Reizimpuls geleitet wird, gilt zunächst nur für den traumatischen . Reiz. Anderseits ist es, wie schon mitgeteilt, nicht unmöglich, daß von der Wurzelspitze her eine gewisse Reizleitung auch für positiv geotropische Reize besteht, besonders da die Wurzelspitze in er- höhtem Maße geotropisch sensibel ist. Nur ist der etwa zugeleitete Reizimpuls für die positiv geotropische Krümmung des Hypokotyls oder des Kotyledons nicht von solcher Bedeutung, wie Copeland annahm; denn nach unseren Versuchen vermögen sich Hypokotyl und Kotyledon sehr wohl selbständig zu krümmen. Die Wurzelspitze ist aber insofern maßgebend für die positiv geotropische Krümmung des Hypokotyls oder des Kotyledons, als sie durch zugeleitete Reiz- impulse diese Krümmung zu beschleunigen vermag. Negativ geotropische Reaktion. Der Übergang vom positiven zum negativen Geotropismus im Hypokotyl und Kotyledon bietet eines der vielen Beispiele dafür dar, daß sich bei gewissen pflanzlichen Organen im Laufe der Ent- wicklung geotropische Eigenschaften ändern^). Dieser Wechsel vollzieht sich unter völhger Konstanz der Außenbedingungen und dient dazu, die betreffenden Organe in eine andere Gleichgewichts- lage zu bringen. Da aber diese Stimmungsänderung nicht durch äußere Faktoren bedingt wird und allein eine Folge der fortschreitenden Entwicklung ist, so ist nicht anzunehmen, daß sie zu irgend welchem behebigen Zeitpunkte eintritt. Vielmehr werden nach Erreichung eines ge- wissen i\.ltersstadiums, das wegen der individuellen Verschieden- heiten der einzelnen KeimHnge etwas schwankt, die betreffenden KeimUnge alle in gleicher Weise negativ geotropisch reagieren. Es ist aber klar, eben weil dieser Stimmungswechsel nicht durch eine Modifikation der Außenbedingungen hervorgerufen wird, daß er sich auch nicht momentan im ganzen Organ vollzieht. Es wird vielmehr so sein, daß an einer bestimmten Stelle der Übergang vom positiven zum negativen Geotropismus beginnt und von da aus allmählich fortschreitend auf die anderen Teile des Organes über- 1) Pfeffer, Reizbarkeit, der Pflanzen, 1893, S. 22. — Pfeffer, Physiologie II, S. 609 u. 610. über das geotropische Verhalten des Hypokotyls und des Kotyledons. 411 greift, bis schließlich das Organ in seiner ganzen Ausdehnung negativ geotropisch geworden ist*). In den folgenden Versuchen wurde beobachtet, von welcher Größe ab das Hypokotyl und das Kotyledon negativ geotropisch reagiert und in welchen Zonen die Änderung des Geotropismus zuerst erfolgt. Die Keimlinge wurden wie bei den positiv geo- tropischen Versuchen zum größten Teil in der feuchten Kammer horizontal befestigt. Es blieb sich dabei gleich, ob die Wurzel entfernt wurde oder nicht. Bei Keimlingen von Lupinus albus ergab sich, daß immer dann eine negativ geotropische Reaktion erfolgte, wenn die Hypo- kotyle etwas länger als 15 mm waren. Die stärkste Krümmung befand sich nach 24 Stunden ungefähr 5 — 6 mm über der Basis des Hypokotyls, also im unteren Drittel. In der folgenden Zeit griff dann die Krümmung allmählich auf die oberen Zonen über. Es scheint die Reizumstimmung in den basalen Zonen zu beginnen^ da hier zuerst eine Reaktion eintritt. Außerdem war zu bemerken, daß das Hypokotyl von der Basis her in dem selben Maße, wie die Krümmung fortschritt, etwas dicker wurde. Ferner nahm zu gleicher Zeit das Längenwachstum in den einzelnen Zonen zu, wie später erörtert werden soll. Eine S-förmige Krümmung kam bei Keimlingen von Lupinus albus selten zustande oder doch nur in ganz geringem Maße. Es war dann das Hypokotyl an der Ansatz- stelle der Kotjdedonen schwach nach unten gekrümmt. Für Keimlinge von Helianilius annuus wurde konstatiert, daß eine Aufkrümmung eintrat, wenn die Hyjjokotyle eine Länge von ca. 6 mm besaßen. Es wurde dabei in folgender Weise verfahren. Keimlinge, deren Hypokotyle ungefähr die angegebene Länge be- saßen, wurden bis an die Grenze von Wurzel und Hypokotyl in Töpfe mit feingesiebter Erde gepflanzt. Dann wurden die Töpfe so gestellt, daß die Hypokotyle horizontal lagen. Am nächsten Tage hatten sich sämtliche Keimlinge an der Basis des Hypokotyls aufgerichtet. In seinem oberen Teile hatte das Hypokotyl eine positiv geotropische Krümmung ausgeführt, so daß die Kotyledonen nach unten sahen. Die Hypokotyle waren also S-förmig gekrümmt. 1) In ähnlicher Weise erfolgt nach Eitter bei Pflanzen vom Mohn die Aus- bildung des negativen Geotropismus von der Basis zur Spitze. Eitter, Sur la flexion et le redressement de la pedoncule du pavot. Die Arbeit lag mir nur vor im Eeferat des Bot. Centralbl., Bd. 108, 1908, II, S. 603. 412 RiKi- Schütze, Wenn man Keimlinge an den Kotyledonen fixierte, so erfolgte ebenfalls eine S-förmige Krümmung, da sich das Hypokotyl an der Spitze positiv geotropisch krümmte und an seiner Basis aufzurichten versuchte. Im Laufe der Zeit führte das Hypokotyl auch in seinen oberen Zonen eine negativ geotropische Krümmung aus. Es wird also der positive Geotropismus in den einzelnen Teilen des Hypo- kotyls allmählich durch den negativen Geotropismus ersetzt, so daß schließlich auch die positiv geotropische Krümmung unterhalb der Kotyledonen ausgegUchen wird und das Hypokotyl vollständig nega- tiv geotropisch ist (Fig. 32 — 36). 34 Fig. 32 — 36. Keimlinge von HeJianfliiis annnua mit S-förmiger Krümmung im Hypokotyl. Bei den Keimlingen von Helianthus annuiis kann man sehr schön sehen, wie der "Wechsel des Geotropismus in der Basis des Hypokotyls beginnt und allmählich sich auch in den höher ge- legenen Zonen vollzieht. Zur selben Zeit, wo die Basis bereits negativ geotropisch reagiert, ist die Spitze des Hypokotyls noch positiv geotropisch. Aus diesem Gegensatz resultiert die erwähnte S-förmige Krümmung. Er ist aber auch die Ursache für eine Krümmung, die im folgenden kurz beschrieben werden soll. Es wurden Keimlinge von Helianthus annuus, deren Hypo- kotyl eine Länge von ca. 4 — 5 mm und deren Wurzeln ca. 3 bis 5 mm lang waren, in der feuchten Kammer horizontal befestigt. Am nächsten Tage zeigten die Keimlinge in der Mitte des Hypo- kotyls eine positiv geotropische Krümmung. Am folgenden Tage war eine Überkrümmung eingetreten und zwar derart, daß die Wurzel und der übrige Teil des Hypokotyls horizontal zu liegen kamen. — Die Wurzel war im unteren Teil nach unten gekrümmt. — Das Hypokotyl hatte also eine U-förmige Krümmung ausgeführt, dessen beide Schenkel horizontal lagen. Das Zustandekommen dieser eigenartigen Krümmung ist offenbar so zu erklären. Das über das geotropische Verhalten des Hypokotyls und des Kotyledons. 413 Hypokotyl war zu Beginn des Versuches ungefähr 4 — 5 mm lang, hatte also noch nicht das Stadium erreicht, in dem es negativ geo- tropisch reagiert. Bei Horizontallage tritt nun eine positiv geo- tropische Krümmung ein, die sich nach 24 Stunden ungefähr in der Mitte des Hypokotyls befindet. Da aber der obere Teil des Hypokotyls ebenfalls positiv geotropisch ist und sich nun seinerseits krümmt, so kommt es zu einer Überkrümmung. Eine solche wird normalerweise durch eine entsprechende Rückkrümmung im unteren Teile des Hypokotyls ausgeglichen. In diesem Falle jedoch war das Hypokotyl inzwischen in das Stadium gekommen, wo es in seinem unteren Teile negativ geotropisch wird. Es wird also durch die Schwerkraft nicht mehr eine positiv geotropische Krümmung, also auch keine Rückkrümmung hervorgerufen. Die Folge davon ist, daß sich das Hypokotyl im selben Sinne weiterkrümmt. Gleichzeitig beginnt das Hypokotyl sich in seinem unteren Teile aufzukrümmen , um in seine normale vertikale Lage zu ge- langen. Dadurch muß die Krümmung noch mehr verstärkt werden. Es wird also zu einer Schleifenbildung kommen müssen, was in der Tat eintritt. Das Hypokotyl wird erst dann aufhören, sich zu krümmen, wenn die Basis sich in inverser vertikaler Stellung be- findet, was in unserem Falle am dritten Tage erreicht war. Es wurde noch für verschiedene andere dikotyle Keimpflanzen das Stadium bestimmt, in dem die Stimraungsänderung eintritt. In der Tabelle XIV ist angegeben, welche Größe das Hypokotyl er- reicht haben muß, ehe es zu einer negativ geotropischen Krümmung befähigt ist. Tabelle XIV. Name der Keimpflanze Impatiens Balsamine Cucurbita Pepo Convolvulus tncolor . Pinus Pinea Länge des Hypokotyls 6 mm 7 « 9 « 20 „ Es ist dabei zu bemerken, daß die Keimlinge bei normaler Temperatur im Dunkeln gezogen wurden. Wenn man Keimlinge von solchen Pflanzen horizontal befestigt, wobei das Hypokotyl so groß oder etwas größer, wie angegeben ist, so erfolgte stets eine S-förmige Krümmung in gleicher "Weise wie bei Keimlingen von Helianthus annuus, indem sich das Hypokotyl an der Spitze positiv geotropisch krümmte und in der Basis in negativ geotropischem Sinne. Jahrb. f. wiss. Botanik. XL VIII. 27 414 Kud. Schütze, Es wurde auch untersucht, ob bei Keimlingen von Tucca angustifolia und Phoenix dactylifera im Kotyledon eine Änderung des Geotropismus eintritt. Der Kotyledon bei Keimlingen von Yucca angustifolia wird sehr früh negativ geotropisch; denn schon, wenn er eine Länge von 4 — 5 mm erreicht hat, beginnt er sich aufzukrümmen und zwar in seinem basalen Teile, der zugleich sehr lebhaft zu wachsen be- ginnt. Der obere Teil des Kotyledons bleibt positiv geotropisch 0=::^ 38 ^_^^^ Fig. 38—40. - . —^..yy ^.^ 39 Keimlinge von Impa- "•^-J»^ tiens mit beginnender ^^S- 37. negativ geotropischer Keimling von Cucurbita Pepo /y~\l\ Krümmung. mit S - förmiger Krümmung im , £x^ *4/ ^*^ Hypokotyl. '^ und wächst in geringerem Maße. Es kommt dadurch zur Aus- bildung eines Knies in ähnlicher Weise, wie es Neubert^) für Keimlinge von Allium beschreibt. Es läßt sich bei Keimlingen von Yucca angustifolia ebenfalls konstatieren, daß zunächst die untersten Zonen des Kotyledons negativ geotropisch werden. Im selben Maße wie die Stimmungsänderung von der Basis nach der Spitze zu verläuft, beginnen die einzelnen Zonen lebhafter zu wachsen und dicker zu werden. Bei Keimlingen von Phoenix dactylifera ließ sich die Aus- bildung einer negativ geotropisohen Reaktionsfähigkeit nicht nach- weisen. Es wurde konstatiert, daß der Kotyledon positiv geotro- pisch reagierte, so lange er überhaupt wachstumsfähig war. Wenn er eine Länge von ungefähr 70 mm erreicht hatte, stellte er sein Wachstum ein. Eine Reaktion führte er dann überhaupt nicht mehr aus. Daß der Kotyledon von Phoenix dactylifera nicht negativ geotropisch wird, ist sehr wohl verständlich. Seine Auf- gabe besteht ja darin, den Sproß und die Wurzel möghchst tief im Boden zu verankern. Im Einklang damit steht auch die Tat- sache, daß die Wurzel erst dann lebhaft zu wachsen beginnt, wenn der Kotyledon seinerseits zu wachsen aufhört. Der Sproß vermag sich aus eigener Kraft in seine normale Lage zu bringen, da er selbst negativ geotropisch ist. Bei horizontal gelegten Phoenix- 1) Neubert, Die Nutationskrümmung bei Alliim.. Jahrb. f. Wissenschaft. Bot., Bd. XXXVm, S. 123— 130. über das geotropische Verhalten des Hypokotyls und des Kotyledons. 415 Keimlingen bricht er stets auf der Oberseite durch die Wand des hohl gewordenen Kotyledons hindurch. Wir sahen, daß die Änderung des Geotropismus im Hypokotyl der Dikotylen und dem Kotyledon der Monokotylen unter völlig gleichbleibenden äußeren Bedingungen sich vollzieht. Es ist also der Stimmungswechsel eine autonome Erscheinung. Offenbar ist er eine Folge der fortschreitenden Entwicklung. Sein Zustande- kommen beruht aber nicht etwa darauf, daß sich das anfänglich positiv geotropische Hypokotyl im Laufe der Entwicklung dem dominierenden Einflüsse der Wurzelspitze entzogen hätte. Denn es konnte nachgewiesen werden, daß die positiv geotropischen Re- aktionen des Hypokotyls gar nicht in dem Maße von der Wurzel- spitze dirigiert werden. Überdies müßte dann ein Wechsel des Geotropismus viel früher erfolgen, weil ja sehr bald durch die sich zwischen Wurzelspitze und Hypokotyl einschiebenden Zuwachs- elemente eine zwischen beiden bestehende Reiztransmission unter- brochen werden dürfte. Auch müßten in solchem Falle die apikalen Zonen, weil entfernter von der Wurzelspitze, früher negativ geo- tropisch reagieren als die basalen Zonen. In Wirklichkeit ist es aber gerade umgekehrt. Anderseits kommt auch die Änderung im geotropischen. Ver- halten des Hypokotyls nicht dadurch zustande, daß das Hypokotyl neuerdings in Abhängigkeit zu einem anderen Organ, etwa der Plumula getreten wäre. Denn wir sahen ja, daß bei Versuchen mit Keimlingen von Helianthus annuus sich das Hypokotyl negativ krümmte, auch wenn beide Kotyledonen mit der eingeschlossenen Plumula durch einen Schnitt abgetrennt worden waren. Der Wechsel des Geotropismus wird wohl bedingt durch innere Umgestaltungen, die im Laufe der Entwicklung Platz greifen ^). Dafür spricht einmal die allmähliche Verdrängung des positiven Geotropismus durch den negativen von den basalen Zonen zu den apikalen und vor allen Dingen die Tatsache, daß, zeitlich damit zusammenfallend, in den betreffenden Zonen eine Wachstums- beschleunigung einsetzt. Wachstumsmessungen. Der Umstand, daß bei Lupinus albus beobachtet wurde, wie das Hypokotyl dann etwas schneller wuchs, wenn es negativ geo- 1) Pfeffer, Physiologie 11, S. 617. 27= 416 Rud. Schütze, Tabelle Lupinus 9. XII. 10. XII. 11. XII. 11. XII. 12. XII. Nr. 7 Uhr abds. 1 Uhr nachm. 10 Uhr vorm. 7 Uhr ahds. 12 Uhr mitt. o W "3 M o Ä tu Zone o Zone o Zone o Zone I II III I II III I II III I II III 1 6 2,2 11,5 5 4 2,5 13,3J5,5 4,8]3 14 5,5 5 3,5 14,5 5,5 5 4 2 5 2,5 7,3 3 2,5 1,8 10,5 5 3 2,2 11,2 5,5 3,5 2,2 13,7 6 4,2 3,5 3 4,5 2 7,2 3 2 2,2 11 6 2,5 2,5 11,6 6 3 2,6 13,5 6 4 3,5 4 5,5 2 8,3 3 3 2,3 9,2 3,5 3,2 2,5 11,7 3,5 4,2 4 12,2 3,5 4,5 4,2 5 6 2,3 8,5 3,5 2,5 2,5 9,5 4 3 2,5 10,8 4,5 3,2 3,1 13 4,5 4,5 4 6 6 2,5 7,4 3 2,8 2,6 9 4 2,5 2,5 10 4 3 3 11,3 4,1 3,6 3,6 7 6 2 8,8 3,6 3,2 2 10,5 4,5 3,5 2,5 10,9 4,5 3,8 2,6 12 4,6 4,4 3 8 5 2,3 7,8 2,8 2,5 2,5 10 4,5 3 2,5 11,4 4 3,3 3,2 12,5 4 4 4,5 9 6 2,2 8,5 4 2,5 2 10 4,5 2,5 2 10,5 5 3 2,5 12,7 5 4,2 3,5 10 4,6 2,6 9,4 4,3 2,7 2.4 12,5 6 3,5 3 13,6 6 4 3,6 14,7 6,2 4,3 4,2 11 6,5 2,7 9,2 3,3 2,6 3,3 10 3,5 3 3,5 11 3,5 3,5 4 12,6 3,6 4 5 12 4,5 2 4,9 2,5 1,7 1,7 9 4,5 2,5 2 10,2 5 3 2,2 11,5 5,2 4 2,3 13 6 2 8,4 3,7 2,7 2 10,5 5 3 2,5 10,5 5 3 2,3 13,3 5,5 3,5 4,3 14 5,5 2,5 7,8 2,8 2,5 1,8 10 4,5 3 2,5 11,3 4,8 3,6 2,9 12,8 4,8 4,2 3,8 15 6 2,4 8,0 3 2,8 2,2 10 4 3,5 2,5 10,6!4 3,6 3 11,8 4,5 3,8 3,5 Dchschn. 5,5 2,3 8,2 3,4 2,6 2,2 10,4 4,6 3,1 2,6 11,3 4,7 3,6 3 12,8 4,9 4,2 3,7 tropisch wurde, ließ es angebracht erscheinen, das Wachstum im Hypokotyl etwas genauer zu verfolgen und zu sehen, ob sich nicht etwa irgendwelche Beziehungen ergäben zwischen dem Wachstums- verlauf und der jeweiligen Reaktionsfähigkeit. Untersuchungen über das Längenwachstum des Hypokotyls speziell von Lupinus liegen bereits vor in der Arbeit von StrehP). Er fand, was ein Versuch bestätigte, daß der Verlauf des Gesamtzuwachses nicht gleichmäßig erfolgt, sondern in einem gewissen Rhythmus ^). 1) Strehl, Untersuchungen über das Längenwachstum der Wurzel und des hypo- kotylen Gliedes. 1874. 2) Es scheint also das hypokotyle Glied in den ersten Tagen des Keimens eine besondere Wachstumsperiode zu haben, es entwickelt sich anfangs verhältnismäßig schnell, läßt dann im Wachstum nach, um, wie die späteren Messungen des hypokotylen Gliedes zeigen, nach längerer Zeit wiederum stärker zu wachsen und dabei gleichfalls eine große Periode zu zeigen. Zugleich bestätigt sich die bereits oben angeführte von Sachs ge- fundene Tatsache, daß jede Querzone eines Internodiums ihre Periode besitzt und daß sich aus den Perioden aller Querzonen die Periode des ganzen Internodiums zusammen- setzt. — Strehl, Untersuchungen über das Längenwachstum der Wurzel und des hypo- kotylen Gliedes. 1874, p. 7. über das geotropische Verhalten des Hjpokotyls und des Kotyledons. 417 XV. albus. 13. XII. 14. XII. 15. XII. 16. XII. 17. XII. Nr. 12 Uhr mitt. 3 Uhr nachm. 4 Uhr nachm. 5 Uhr nachm. 6 Uhr abds. o Zone o Zone o Zone o w Zone Hypokotyl I II III I II III I II III I II III 1 16 5,5 6 4,5 18 5,5 7 5,5 19,5 6,5 7 6 22,5 8,5 7,5 6,5 23 2 14 6 5 3 16,1 6,5 6 3,6 19 8 7 4 23 12 7 4 26 3 15 6,5 4,5 4 17,5 7 5,5 5 21 9 7 5 24 11 7 6 27 4 14,5 4 5,5 5 17,7 5,5 6,5 5,7 20 7,5 7 5,5 23 9,5 7 6,5 27 5 14,5 4,5 5 5 — — — — — — — — — — — — — 6 12,9 4,1 4,5 4,3 14,2 4,5 4,7 5 16,5 5,5 5 6 21,2 9 5,7 6,5 26 7 12,9 4,8 4,8 3,5 13,8 4,5 5,3 4 15 5 5,5 4,5 15,7 5,3 5,6 4,8 17 8 13,9 4,3 4:2 5,4 16,7 6 4,8 5,6 22 9 6 7 28 14 7 7 35 9 14,5 5,2 5,1 4,2 17,9 7 5,5 5,4 22,4 10 6,4 6 27,4 14 7,4 6 32 10 16,5 6,2 5 5,3 19,5 8 5,5 6 23 12 6 7 28,8 15 6,5 7,3 32 11 14,8 3,6 4,7 6 16 4 5 7 18,5 5 5.5 8 21 7 5,5 8,5 29 12 11,7 5,2 4,2 2,3 11,9 4,6 4,8 2,5 12,8 5 5 2,8 15,2 7,2 5,2 2,8 17 13 14,5 6 4 4,5 18,5 8,5 4.5 5,5 24,5 13 5 6,5 29,7 18 5,5 6,2 32 14 13,8 5 5 3,8 16 6,5 5 4,5 19,5 8,5 5,5 5,5 24,5 11,5 7 6 , 30 15 13 4,5 4,5 4 14,7 5 5 4.7 17 6 5,5 5,5 21.5 10,5 5,5'5,5 22 14,1 5 4,8 4,4 16,3 6,4 5,4 5,1 19,3 7,8 5,9 5,6 23,2 10,9 6,4 6 26,6 Dies soll etwas genauer untersucht werden, wobei besonders auf den Zuwachs der einzelnen Querzonen Rücksicht zu nehmen ist. Aus gequollenen möglichst gleich großen Samen von Lupinus albus wurden die Keimlinge herausgeschält und die Hypokotyle durch Tuschemarken in je drei gleich große Zonen eingeteilt. Während der Versuchsdauer befanden sich die Keimlinge in feuchten Sägespänen. Jedesmal nach dem Messen wurden die Keimlinge wieder in die lockeren Sägespäne gesteckt, die durch mäßiges Begießen an die Keimlinge angeschwemmt wurden, so daß sie gleichmäßig feucht gehalten wurden. Da die Tuschemarken durch das Wachstum sich allmählich verwischten, wurde jedesmal in ihrer Mitte ein neuer Tuschestrich angebracht. In der Ta- belle XV sind die einzelnen Zonen mit I, II, III bezeichnet. Als Zone I wird die basale Zone gerechnet. In der Tabelle ist nicht der Zuwachs, sondern die absolute Länge der einzelnen Zonen angegeben. Der Zuwachs ergibt sich aus der Differenz zweier aufeinander folgenden zugehörigen Messungen. 418 Rud. Schütze, Wenn auch die Beobachtungen nicht in gleichen Zeitabständen gemacht wurden, so läßt sich doch unschwer erkennen, daß der Zuwachs nicht immer den gleichen Wert hat. Es wird sich aber empfehlen, die einzelnen Werte in ein Koordinatensystem ein- zutragen. Der Verlauf der dadurch erhaltenen Kurve gibt ein deutliches Bild vom Verlauf des Wachstums. Die folgende Kurve Fig. 41 veranschaulicht den Verlauf des Gesamtzuwachses des Hypokotyls. Es wurden die Beobachtungszeiten als Abszissen, die Beobachtungswerte als Ordinaten eingetragen. Es entsprechen je zwei Stunden einem Millimeter. Um etwas größere Unterschiede zu bekommen, wurde die Kurve etwas überhöht, indem je zwei JU ^ 25 - / ^ ■ir ^^ ^^ ^.r--'^ 10- ^ ^ 6 - 20 40 60 80 100 120 Fig. 41. 40 160 180 200 Stunden Millimeter des Maßstabes gleich einem Milhmeter des Zuwachses gesetzt wurden. Auf diese Weise erhält man die obige Kurve, der die Durchschnittswerte zugrunde liegen. An dem Verlauf der Kurve erkennt man ganz deutlich, daß das Wachstum zunächst ziemlich kräftig ist, dann nachläßt, um wieder lebhafter zu werden. Deutlicher wird dies noch, wenn man, wie es hier geschehen ist, den Zuwachs von je 20 Stunden abträgt, wodurch man eine Treppenkurve erhält. In der Kurve, der die Durchschnittswerte zugrunde liegen, kommt das Fallen und Steigen nicht so rein zum Ausdruck, weil ja bei den einzelnen Keimlingen die Änderung in der Wachstums- über das geotropisclie Verhalten des Hypokotyls und des Kotyledons. 419 Schnelligkeit zeitlich nicht genau zusammenfällt. Es werden sich daher die Übergänge etwas verwischen. Deutlicher wird in der folgenden Kurve das Zunehmen und Abnehmen des Gesamtzuwachses im Hypokotyl. Dieser Kurve liegen Einzelbeobachtungen aus einer anderen Versuchsreihe zugrunde. Es seien zunächst die Werte angegeben: Zeit: Gesamtlänge des Hypokotyls: 9. XII. 1 Uhr 5 mm 10. XII. 12 n 9 „ 11. XII. 10 n 10,5 „ 11. XII. 7 jj 11 « 12. XII. 10 » 12 „ 13. XII. 12 « 13 „ 14. XII. 3 H 14,5 „ 15. XII. 2 n 17,5 „ 16. XII. 5 n 24 „ 760 180 Stunden Fig. 42. Aus dem Verlauf der beiden Kurven erkennt man, daß an zwei bestimmten Punkten sich die Wachstumsschnelligkeit ändert. Der Zuwachs ist nur gering zwischen den Punkten mit den Abszissen 60 und 120. Ihnen entsprechen die Ordinaten 12,5 (Fig. 41) bezw. 11,5 (Fig. 42) und 16,5 (Fig. 41) bezw. 14,5 (Fig. 42). Das heißt, wenn das Hypokotyl eine Größe von un- gefähr 11 mm erreicht hat, beginnt das Wachstum sich zu ver- langsamen, um von einer Größe von etwa 15 mm ab wieder leb- hafter zu werden. 420 ^^^- Schütze, Die "Wachstumsbesclileunigung, die sich bei den Hypokotylen von etwa 15 mm Größe bemerkbar macht, ist besonders bemerkens- wert. Im vorigen Abschnitt hatten wir nämlich gefunden, daß die Hypokotyle von Lupinus albus von einer Größe von etwa 15 mm ab negativ geotropisch reagieren. Es fällt also die Reizumstimmung mit der Wiederaufnahme des Wachstums zusammen. Daraus er- gibt sich zwar noch nicht mit voller Sicherheit, daß beide Er- scheinungen in irgend welchem kausalen Verhältnisse stehen. Die beiden Prozesse könnten sehr wohl unabhängig voneinander sich abspielen. Es erscheint mir aber nicht ausgeschlossen, daß zwischen der Wiederaufnahme des Wachstums und der Umstimmung der Reizbarkeit im Hypokotyl eine Wechselbeziehung besteht und zwar sprechen dafür folgende Gründe. Bereits StrehP) hatte kon- statiert, daß sich das Wachstum in basifugaler Richtung vollzieht, daß also ein Wachstumsmaximum sich fortbewegt von der Basis des Hypokotyls zu den Kotyledonen. Dies bestätigen auch meine Beobachtungen. Es geht aus ihnen aber ferner hervor, daß in der basalen Zone das Wachstumsmaximum gerade dann auftritt, wenn sich der negative Geotropismus bemerkbar macht. Man sieht in der fol- genden Figur, daß die Wachstumskurve dieser Zone ungefähr zum selben Zeitpunkt wie die Kurve des Gesamtzuwachses, also in der Nähe der Abszisse 120 sehr stark aufzusteigen beginnt. In der Fig. 43 sind die Wachstumskurven der einzelnen Zonen dargestellt. Die zugrunde liegenden Zahlenwerte sind die der Tabelle XV entnommenen Durchschnittswerte. Der Verlauf der Wachstumskurven von Zone II und III ist ein ziemlich gestreckter. Das rührt daher, daß das Wachstums- maximum erst später zu ihnen gelangt. Der Verlauf der Kurve I dagegen gleicht durchaus in ihrem Verlaufe der des Gesamtzuwachses. In ihr kommt das Steigen, Fallen und abermalige Steigen sogar noch deutlicher zum Ausdruck. Es scheint wohl kaum zweifelhaft, daß zwischen der Wiederaufnahme des Wachstums im Hypokotyl und der Änderung des Geotropismus ein enger Zusammenhang besteht. Denn beide Prozesse beginnen zu gleicher Zeit in der gleichen Zone und schreiten von da aus in gleichem Sinne fort. Weniger ausführliche Wachstumsmessungen wurden mit Keim- lingen von Helianthus annuus und Imjjatiens Balsamine gemacht. 1) Strehl, S. 7. über das geotropische Vethalten des Hypokotyls und des Kotyledons. 421. Jedoch geht aus den Beobachtungen hervor, daß auch hier zur gleichen Zeit, wo die Reizumstimraungsänderung erfolgte, eine Be- schleunigung des Wachstums eintritt; sie bestätigen also die bei Keimlingen von Lvpinus albus gemachten Beobachtungen. Zum Schluß sei noch kurz über den Verlauf des Wachstums beim Kotyledon von Phoenix dactylifera berichtet. Der Kotyledon stellt sein Wachstum überhaupt ein, wenn er eine Länge von etwa 70 mm erreicht hat. Sein Wachstum erfolgt in gleicher Weise wie bei Wurzeln, das heißt dicht an der Basis. Da er bis zum Schluß positiv geotropisch bleibt, so ist das sehr vorteilhaft, weil durch die 160 160 Stunden Fig. 43. wachsende Zone immer nur die kurze Wurzel und der unterste Teil des Kotyledons vorwärts zu bewegen ist, die Reibung im Erd- boden also dadurch herabgesetzt wird. Die wachsende Zone ist ziemlich kurz. Am stärksten wächst eine Zone, die sich 3 — 4 mm über der Basis befindet. Zum Vergleich seien die folgenden Werte angeführt, die ein Bild von der Wachstumsverteilung eines 10 mm langen Keimlings nach 20 Stunden geben. Der Kotyledon war durch Tuschemarken in Zonen von je 1 mm Abstand geteilt worden. Zone: 12 3 4 5 6 Länge nach 20 Stunden: 1 1,3 1,5 2,5 1,9 1,4 mm, 422 I^"*^- Schütze, Zusammenfassung der Resultate. Aus den mitgeteilten Versuchen ergeben sich die folgenden Tatsachen 1. Das Hypokotyl und der Kotyledon der untersuchten Pflanzen sind auch nach der Dekapitation der Wurzelspitze imstande, eine positiv geotropische Reaktion auszuführen. 2. Durch einseitige Verletzung der Wurzelspitze wird bei sehr jugendlichen Keimlingen das Hypokotyl oder der Kotyle- don zu einer entsprechenden traumatropischen Krümmung veranlaßt. 3. Der Übergang vom positiven zum negativen Geotropismus beginnt in den basalen Zonen des Hypokotyls und schreitet allmählich von da aus nach der Spitze zu fort. 4. Das Wachstum des Hypokotyls erfährt zur selben Zeit, wo der negative Geotropismus einsetzt, eine Beschleunigung und zwar bewegt sich das Wachstumsmaximum ebenso von der Basis zur Spitze des Hypokotyls wie die Ausbildung des negativen Geotropismus. Der Verlauf des Wachstums bei dem Kotyledon von Phoenix dactylifera gleicht dem einer Wurzel. Die Versuche zu dieser Arbeit wurden im botanischen Institut der Universität Leipzig ausgeführt. Ich möchte nicht verfehlen, Herrn Geheimrat Prof. Dr. Pfeffer an dieser Stelle meinen herz- lichsten Dank auszusprechen für die wohlwollende Unterstützung, die er mir hat zuteil werden lassen. Ebenso fühle ich mich zu Danke verpflichtet Herrn Prof. Dr. Miehe, Herrn Dr. Gieß 1er und Herrn Swart. Literatur- Verzeichnis. Bums, Eegeneration and its relation to traumatropism. Beihefte z, botan. Centralbl., 1904, Bd. XYIII, S. 159 — 164. Copeland, Positive geotropism in the hypocotyl or cotyledon. Botanical Gazette, 1901, Bd. 31, S. 410—421. Czapek, tJber den Nachweis der geotropischen Sensibilität der "Wurzelspitze. Jahrb. f. wiss. Bot., 1900, Bd. XXXV, S. 313 ff. — Weitere Beiträge zur Kenntnis der geotropischen Reizbewegung. Jahrb. f. wiss. Bot,, Bd. XXXII, S. 175 ff. über das geotropische Verhalten des Hypokotyls und des Kotyledons. 423 Czapek, Über den Vorgang in der Eeizperzeption in der Wurzelspitze. Ber. d. deutsch. botan. öesellsch., 1901, Bd. 19, S. 116 ff. Darwin, Bewegungsvermögen der Pflanzen. Deutsch von Carus, Stuttgart 1881. Detlefsen, Über die von Darwin behauptete Gehirnfunktion der Wurzelspitze. Arb. d. bot. Instit. zu Würzburg, 1882, II, S. 627 ff. 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Wien 1881. über geschlechtbestimmende Ursachen. Von Eduard Strasburger. Mit Tafel IX und X. In einem Aufsatz, den ich im verflossenen Jahre in der Zeit- schrift für Botanik veröffentlicht hatte ^), konnte ich darüber be- richten, daß mir weibhche Stöcke von Mercurialis annua, die mit dem eigenen, in vereinzelten männlichen Blüten an ihnen erzeugten Pollen bestäubt worden waren, ausschließlich weibliche Nachkommen lieferten^). Ich hatte 907 Samen von so bestäubten, isolierten weiblichen Stöcken geerntet. Aus diesen Samen erwuchsen mir 148 Pflanzen, sämtlich weiblichen Geschlechts. Der Ausfall des Versuchs war von überraschender Reinheit, und in gutem Einklang mit den Vorstellungen, die ich mir über die Ursachen der Ver- teilung des Geschlechtes im Pflanzenreich gebildet hatte ^)., Sehr wichtig war es nun anderseits zu prüfen, wie sich etwaige Nach- kommen aus vereinzelt an männlichen Stöcken von Mercurialis annua erzeugten weiblichen Blüten im Hinblick auf ihr Geschlecht verhalten würden. Über das gelegentliche Vorkommen solcher Blüten an männlichen Stöcken von Mercurialis annua ist wieder- holt berichtet worden. Es galt nun nach ihnen zu suchen, womit im Spätsommer des vorigen Jahres begonnen wurde. Solche männlich -weiblichen Pflanzen erwiesen sich in der Umgegend von Bonn als höchst selten. Allmählich brachte aber doch der Tech- niker an unserem Institut, Hubert Sieben, eine genügende Zahl 1) Das weitere Schicksal meiner isolierten weiblichen Mercurialis annwa-Pflanzen. Der genannten Zeitschrift I. Jahrgang, 1909, S. 507. 2) A. a. 0., S. 515. 3) Die über das Geschlecht entscheidenden Vorgänge. Sphaerncarpus. In: Zeit- punkt der Bestimmung des Geschlechts, Apogamie, Parthenogenesis und Reduktionsteilung. Histol. Beitr., Heft VII, 1909, S. 1. Jahrb. f. wiss. Botanik. XLVIII. 28 428 Eduard Strasburger, von ihnen heim. Diese Pflanzen, mit großen Erdballen im Freien ausgehoben, wurden, in Töpfe gesetzt, isoliert weiter gezogen. Zur Bestäubung der weiblichen Blüten diente der Pollen der eigenen Pflanze. Außerdem blieb eine Anzahl solcher Pflanzen an ihrem Ursprungsort im Freien stehen und erfolgte dort die Ernte ihrer reifen Früchte, Tatsächlich war es ja in diesem Falle gleich, ob der Pollen von derselben oder von einer fremden männlichen Pflanze komme. Nur durften ihn nicht vereinzelte männliche Blüten einer weiblichen Pflanze geliefert haben. Mit einer solchen Gefahr brauchte man aber, bei der großen Seltenheit derartiger Vorkommnisse, nicht zu rechnen. Das Resultat der Aussaaten sei gleich vorweggenommen: Aus den vereinzelten weiblichen Blüten männhcher Stöcke gingen nur männliche Pflanzen hervor. Doch bevor ich auf die Schilderung der einzelnen Pflanzen, die zu meinen Versuchen dienten und ihrer Nachkommen eingehe, muß ich hier die Ergebnisse vorausschicken, zu denen C. Correns bei seinen Experimenten über „die Vererbung der Geschlechts- formen bei den gynodiöcischen Pflanzen" gelangte. Zudem werde ich an die theoretischen Gesichtspunkte zu erinnern haben, die mich beim Niederschreiben meines Aufsatzes über die das Ge- schlecht bestimmenden Ursachen im VII. Heft meiner histologi- schen Beiträge leiteten, und die seitdem die Fragestellung bei meinen eigenen Versuchen bestimmten. Von C. Correns' grundlegenden Arbeiten auf dem hier in Betracht kommenden Gebiete halte ich mich vorerst an den Auf- satz: Die Rolle der männlichen Keimzellen bei der Geschlechts- bestimmung der gynodiöcischen Pflanzen ^). Dieser Aufsatz be- rücksichtigt die Ergebnisse aller der diesbezüglichen Untersuchungen, die sein Verfasser in den vorausgegangenen Jahren angestellt und in den Berichten der deutschen botanischen Gesellschaft aus den Jahren 1904, 1905 und 1906, sowie in den Bänden XLIV und XLV der Jahrbücher für wissenschaftliche Botanik aus den Jahren 1907 und 1908, veröfi'entlicht hatte. C. Correns faßte diese Ergebnisse dahin zusammen: „daß sich bei den gynodiöcischen Pflanzen die verschiedenen Geschlechtsformen aus ihren Samen, vorwiegend bis ausschließhch, wieder selbst hervorbringen, so daß also die Nachkommenschaft der zwittrigen Pflanzen wieder vor- 1) Berichte der Deutsch. Bot. Gesellsch., 1908, S. 686. über geschlechtbestimmende Ursachen. 429 wiegend aus Zwittern, die der weiblichen voi-wiegend aus Weibchen besteht" ^). Besonders scharf konnte er das für Satureia hor- tensis nachweisen, die nur in zwei Formen, einer rein weiblichen und einer gynomonöcischen bei den Versuchen zur Verwendung kam. Weniger eindeutig fielen die Versuche mit solchen Pflanzen wie Silene inflata aus, wo die Entwicklung von der Zwitterform aus nicht nur die weibliche, sondern auch die männliche Richtung eingeschlagen hat. Weibliche Stöcke von Silene inflata, die fast nur weibliche Nachkommen geben, brachten in zwei Fällen nach der Bestäubung mit dem Pollen andromonöcischer, aber noch lange nicht rein männlicher Pflanzen, viel mehr + zwittrige und viel weniger weibliche Nachkommen hervor. Bei Plantago lanceolata, die sehr zahlreiche erbliche Bindeglieder zwischen der rein zwitt- rigen und der rein weiblichen Form aufweist, machte sich ein geschlechtbestimmender Einfluß des Pollens deutlich geltend und zwar um so stärker, je weniger die Pflanze, welche die Eier lieferte, ausgesprochenen Charakter hatte. Die Zusammensetzung der Nach- kommenschaft zeigte sich sowohl von der die Eier, als auch von der den Pollen liefernden Pflanze abhängig. Je ausgesprochener eine Pflanze Keimzellen mit der weiblichen Tendenz bildete, um so geringer war der Einfluß der Herkunft des Pollens. Der Einfluß des Pollens machte sich nicht nur bei den zwei extremen Ge- schlechtsformen, sondern auch bei den Zwischenstufen geltend. Bei Satureia hortensis, wo der Pollen gar keinen Einfluß auf das Ge- schlecht der Nachkommen der Weibchen ausübt, die alle weiblich werden, könne das nach C. Correns nur daran liegen, daß die weibliche Tendenz der Eier dieser Weibchen so stark ist, daß sie über die gynomonöcische Tendenz der Pollenkörner dominiert. Wor- auf der Einfluß des Pollens beruht, das wollte C. Correns in dem hier besprochenen Aufsatz noch nicht entscheiden. Zwei An- nahmen schienen ihm aber besonders nahe zu liegen. „Es könnten einmal alle Keimzellen einer Geschlechtsform die gleiche Tendenz besitzen, aber in verschiedener Stärke." Es ließe sich aber auch annehmen, „es lägen ganz bestimmte Stärkeverhältnisse zwischen den verschiedenen Tendenzen vor, es dominiere z. B. die weibliche Tendenz stets über die zwittrige, es bilde aber nicht jede Form ausschließlich Keimzellen mit der ihr eigenen Tendenz, sondern auch solche mit fremder Tendenz", so im konkreten Falle „neben 1) A. a. 0., S. 686. 28* 430 Eduard Strasburger, überwiegend solchen mit + zwittriger, auch welche mit weiblicher Tendenz", oder „neben fast lauter solchen mit weiblicher Tendenz, einzelne mit + zwittriger". Das was wir von der Geschlechts- bestimmung völHg getrenntgeschlechtlicher Pflanzen wissen, spräche, meint C. Correns, gegen die erste Alternative. C Correns stützt sich für vöUig getrenntgeschlechtliche Pflanzen hierbei auf die Ergebnisse, die er in seiner Arbeit „Die Bestimmung und Ver- erbung des Geschlechts" zur Veröffentlichung brachte, wonach die Eier der Weibchen solcher Pflanzen sämtlich die weibliche Tendenz besitzen, der Pollen der Männchen zur Hälfte männlich, zur Hälfte weibHch gestimmt ist, wobei die männliche Tendenz der einen Hälfte dieser Pollenkörner über die weibliche Tendenz der Eier dominiert'). In meinem theoretischen Aufsatz über das Geschlecht, im VII. Heft der histologischen Beiträge, suchte ich zu begründen, daß eine richtige Würdigung des Geschlechtsproblems, nur auf phylogenetischer Grundlage sich gewinnen lasse. Es gelte vor allem, sich darüber klar zu werden, wie die Merkmale zustande kamen, die zur Bezeichnung der beiden Geschlechter bei Meta- phyten und Metazoen dienen. Ein auffallender Parallelismus liege in der geschlechthchen Entwicklung der beiden organischen Reiche vor, der daher auch zu Vergleichen in dieser Richtung von jeher angeregt habe. In beiden Reichen folgte auf die ursprüngliche ge- schlechtliche Differenzierung, die sich an der nocii allein bestehenden haploiden Generation vollzog, die Ausbildung der diploiden Gene- ration aus dem Befruchtungsprodukt. In beiden Reichen gelangte diese diploide Generation weiterhin zur Herrschaft. Sie ist es, deren geschlechtliche Eigenschaften die Merkmale des Geschlechts bei Metaphyten und Metazoen abgeben. Vergegenwärtigen wir uns zunächst die geschlechtlichen Ver- hältnisse bei Organismen, die als selbständige Bionten nur durch die haploide Generation vertreten sind. Die Beispiele entlehne ich dem Pflanzenreiche. Angenommen wir haben es mit einer Chlorophycee zu tun, die an ihrem Thallus Antheridien und Oogonien bildet. Das befruchtete Ei liefert die Zygote, deren Kern bei der Keimung eine Reduktionsteilung ausführt, welche die durch die Befruchtung verdoppelte Zahl der Chromosomen wieder auf die einfache Zahl zurückführt. Mit dieser Reduktionsteilung ist noch keine Ge- 1) A. a. 0., 1908, S. 41. über geschlechtbestimmende Ursachen. 431 schlechtstrennung verbunden. Vielmehr sind die Teilungsprodukte der Zygote übereinstimmend hermaphrodit. In den haploiden In- dividuen, die aus ihnen hervorgehen und die A. F. Blakeslee^) als homothallisch bezeichnen würde, vollziehen sich erst die Geschlechts- sonderungen, denen die männlichen Antheridien und die weiblichen Oogonien ihre Entstehung verdanken. Ist aber eine gegebene Chlorophycee getrenntgeschlechtlich oder heterothallisch , d. h. produziert sie nur Antheridien oder nur Oogonien an einem ge- gebenen Individuum, so vollzieht sich, wie sich bestimmt jetzt an- nehmen läßt, die Geschlechtstrennung bei der Reduktionsteilung, in der keimenden Zygote, die zur Hälfte männliche, zur Hälfte weib- liche Nachkommen liefert. Mit voller Sicherheit hat sich diese Trennung der Geschlechter im Anschluß an die Reduktionsteilung bei den diöcischen Moosen nachweisen lassen. Bei den Moosen geht bekanntlich aus dem befruchteten Ei nicht gleich wieder die haploide, ursprüngliche Generation hervor, sondern das diploide Sporogon, welches als besonderes Gebilde sich ausgestaltet hat, und das diploide Glied in dem Generationswechsel dieser Pflanzen repräsentiert. Die Reduk- tionsteilung stellt den Schlußakt in der Entwicklung der diploiden Generation dar. Sie vollzieht sich in besonderen hierfür angelegten Gouotokonten, den Sporenmutterzellen, die vier haploide Sporen liefern. Die Vierzahl der Teilungsprodukte ist mit dem Vorgang der Reduktionsteilung ursächlich verknüpft und kehrt in den Go- notokonten des Pflanzen- und Tierreichs stets wieder. Die von dem diploiden Sporogon der Moose erzeugten haploiden Sporen, geben der haploiden Generation der Moose, den eigentlichen Moos- pflänzchen wieder den Ursprung und so wechseln die haploiden Gametophyte und diploiden Sporophyte dauernd im Generations- wechsel jedes Individuums ab. Ist die betreffende Spezies mon- öcisch, also hermaphrodit, so ist die Reduktionsteilung nicht mit einer Trennung der Geschlechter in den Sporen verbunden, letztere vollzieht sich erst innerhalb des Moospflänzchens bei Bildung der Geschlechtsorgane. Handelt es sich hingegen um eine diöcische, also getrenntgeschlechtliche Moosart, so wird die Geschleclits- trennung bei der Reduktionsteilung vollführt. Daß dem so ist, 1) Differentiation of sex in Thallus, Gametophyte und Sporophyte, Bot. Gazette, Vol. XLII, 1906, p. 161 und The biological significance and control of sex, Science N. S., Vol. XXV, 1007, p. 366. 432 Eduard Strasburger, dafür hat sich bei dem Lebermoos Sphaerocarpus der direkte Be- weis erbringen lassen^). Die vier Sporen, die aus jeder Sporen- mutterzelle hervorgehen, keimen nämlich bei diesem Lebermoos ohne sich zu trennen, zwei männlichen und zwei weiblichen Pflänz- chen den Ursprung gebend^). Auch bei den diöcischen Moosen ist das Sporogon hermaphrodit, da sich zu seiner Bildung Sperma- kern und Eikern im Ei vereinigten. Daher die Moospflänzchen, die man durch Sprossung aus den Sporogonen künstlich hervor- zulocken vermag, unter allen Umständen monöcisch sind, mag es sich um eine monöcische oder diöcische Spezies handeln. Diese eigenartigen Moospflänzchen sind diploid, ungeachtet sie der ha- ploiden Generation gleichen. Daß sie, aus den Sporogonen diöci- scher Arten erzogen, monöcisch werden, haben Elie und Emile MarchaT^) in sinnreich durchgeführten Versuchen erwiesen. Sie erzielten auf solchem Wege monöcische Individuen von Arten, die in der Natur nur im diöcischen Zustand bekannt sind. Um ihre Geschlechtsprodukte zu bilden, schritten diese monöcischen Indi- viduen im Innern ihres Körpers zu sexuellen Scheidungen, welche die betreffende Spezies sonst in ihren Gonotokonten ausführt. Ob nun solche Scheidungen im Soma bei Anlage der Geschlechtspro- dukte, ob sie in den Gonotokonten sich vollziehen, es handelt sich augenscheinlich um dieselben Vorgänge, die als solche somit nicht wie Mendelsche Spaltungen von Merkmalpaaren, an Reduktions- teilungen in den Gonotokonten geknüpft zu sein brauchen. Phylogenetisch waren die Geschlechtssonderungen im Soma überhaupt die ursprünglichen. Ihre Verknüpfung mit der ßeduk- tionsteilung ist ein sekundärer Vorgang. Er stellte sich als ein- fachstes Mittel ein für Diöcie. Mit Beachtung dieser Gesichtspunkte, wollen wir den Weg verfolgen, den die sexuellen Differenzierungen innerhalb jener Ent- wicklungsreihe einschlugen, die von den homosporen Farnen, 1) Vgl. meine Arbeit: Zeitpunkt der Bestimmung des Geschlechts usw., S. 4. 2) Die Kulturen, welche W. D. Hoyt bei der diöcischen Didi/ota dichotoma aus Tetrasporen erzielte, die einem Individuum entstammten, lassen es ihm wahrscheinlich er- scheinen, daß die eine Hälfte dieser Tetrasporen männlich, die andere weiblich war, daß somit an die Reduktionsteilung die bei Dictyota dichotoma zur Bildung der Tetrasporen führt, die Geschlechtssonderung geknüpft ist. Alternation of generation and sexualit)- in Dictyota dichotoma, Bot. Gazette, Vol. 49, 1910, p. 56. 3) Aposporie et sexualite chez les Mousses. Bull. d. l'Acad. roy. de Belgique, Classe des Sciences, No. 7, 1907, p. 765. über geschlechtbestiramende Ursachen. 433 durch die heterosporen Filicoiden, zu den Phanerogamen führte. Zur richtigen Würdigung des ganzen Entwicklungsganges ist es erforderlich, daß wir die sexuellen Verhältnisse beider im Gene- rationswechsel dieser Gewächse vertretenen Generationen gleich- mäßig beachten. Die Reduktionsteilung, die zur Sporenbildung bei den homo- sporen Farnen führt, ist mit keiner Geschlechtssonderung verbunden. Die Sporen sind hermaphrodit veranlagt und die beiden in ihnen vertretenen sexuellen Tendenzen werden nacheinander in der Onto- genie des haploiden Gametophyts aktiviert. In der Zygote kommen sie wieder zur Vereinigung, um in dem kormophyten Sporophyt, der somit hermaphrodit ist, verbunden zu bleiben, und auch nicht, wie eben schon hervorgehoben wurde, in den Gonotokonten dieses Sporophyts eine Trennung zu erfahren. Ein solcher Farn verhält sich wie ein monöcisches Moos. Daß aber bei den Moosen in dem Sporophyt beide Geschlechtstendenzen tatsächlich latent ver- treten sind, das läßt sich, wie wir gesehen haben, aus den diploiden Gametophyten nachweisen, wenn man zu deren Bildung den Sporo- phyt künstlich anregt. Die Diöcie, zu der bei manchen homosporen Fihcoiden der Gametophyt mehr oder weniger neigt, wird nur durch äußere Einflüsse veranlaßt. Seiner Anlage nach ist dieser Gametophyt monöcisch und die sich in der Phylogenie der Filicoiden weiterhin vollziehenden Geschlechtssonderungen gehen nicht von ihm aus, sondern von dem diploiden Sporophyt. Sie stellen sich an letzterem nicht erst während der Reduktionsteilung der Gonotokonten, wie bei den diöcischen Moosen ein, sondern schon bei den Entwick- lungsvorgängen, die zur Bildung der Gonotokonten führen, so daß diese bereits männlich oder weiblich sind. Sämtliche aus den in den Mikrosporangien erzeugten Gonotokonten durch Reduktions- teilung hervorgegangenen Mikrosporen geben nur männlichen Ga- metophyten den Ursprung, während die Reduktionsteilung der Gonotokonten der Makro-(Mega-)Sporangien entstammenden Makro- (Mega-)Sporen nur weibliche Gametophyten produzieren. Der Befruchtungsvorgang liefert naturgemäß wieder Sporophyte, die die Fähigkeit, beide Geschlechter zu erzeugen, in sich vereinigen und sie weiterhin bei der Anlage von Mikro- und Makrosporangien auch betätigen. Daß diese Betätigung sich durch besondere Gestaltungs- vorgänge am Sporophyt kenntlich macht, ist eine neue Errungen- schaft in dieser phylogenetischen Entwicklungsreihe, durch welche 434 Eduard Strasburger, die homo Sporen Filicoiden zu heterosporen werden. Diesen Schritt haben die verschiedenen Familien der Filicoiden unabhängig von- einander vollzogen, als wenn er im weiteren Fortschritt ihrer Ent- wicklung ihnen durch ihre zuvor erworbenen Eigenschaften auf- gedrungen wäre. Die so gewonnene Heterosporie wird innerhalb der Bahn, die zu den Phanerogamen aufwärts führt, weiterhin fest- gehalten. Für die dort übliche Geschlechtsbezeichnung ist diese Heterosporie allein maßgebend. Das Geschlecht der haploiden Generation kommt hierfür nicht mehr in Betracht, wie denn diese haploide Generation immer vollständiger in den Körper der di- ploiden aufgenommen wird und ihre Selbständigkeit einbüßt. Männ- liches und weibliches Geschlecht bei den Phanerogamen werden fortan nur noch nach jenen äußerlich auffälligen „Geschlechts- organen" unterschieden, die aus dem diploiden Sporophyt hervor- traten und einerseits die Mikrosporen oder Pollenkörner, anderseits die Makrosporen oder Embryosäcke erzeugen. Eine andere sexuelle Sonderung als die, welche zur Bildung der Mikro- und Makrosporen führt, gibt es im Generationswechsel der heterosporen Metaphyten nicht. Aus der Teilung der Mikrosporenmutterzellen gehen Sporen hervor, die nur männliche Geschlechtsprodukte, aus der Teilung der Makrosporenmutterzellen nur solche, die weibliche Geschlechts- produkte erzeugen. Würde der aus der Vereinigung der Geschlechtsprodukte her- vorgegangene Sporophyt in allen Fällen hermaphrodite Tendenzen äußern und Mikro- und Makrosporen ausbilden, so läge ein weiteres sexuelles Problem, als das bisher entwickelte, für das Pflanzenreich nicht vor. Doch gibt es auch Phanerogamen, die an ihrem Sporo- phyt entweder nur Mikrosporen, oder nur Makrosporen erzeugen, demgemäß männlich oder weiblich sind, und aus dieser Diöcie erwachsen uns neue sexuelle Probleme. Ja, solche diöcische Pha- nerogamen, so gering auch ihre Zahl gegenüber den hermaphroditen ist, hat man vornehmlich zum Studium sexueller Fragen im Pflanzen- reich herausgezogen, wegen der Analogie, die sie in ihrer Ge- schlechtsverteilung mit den Tieren darbieten und weil man hoffte, daß von ihnen aus einiges Licht auch über die Ursachen der Ge- schlechtsverteilung bei den Tieren sich ausbreiten könnte. Nach Anknüpfungspunkten für die Geschlechtsverschiedenheit der diploiden Generation bei Phanerogamen wie bei Metazoen, mußte man in den Geschlechtsprodukten der haploiden Generation suchen. Daß Spermatozoen, bezw. Spermakerne, männliche, Eier über geschlechtbestimmende Ursachen. 435 weibliche Geschlechtsprodukte sind, daran war nichts zu ändern, doch schien damit nicht ausgeschlossen, daß sie Tnäger von Eigen- schaften seien, die über ein von dem eigenen unabhängiges Ge- schlecht in der diploiden Generation, die aus ihrer Vereinigung hervorgehen soll, entscheiden. Parthenogenetische Vorgänge im Tierreich lehrten ja, daß es Fälle gibt, wo aus unbefruchteten Eiern Männchen hervorgehen können, also die weibliche Natur des Eies als Geschlechtsprodukt kein Hindernis für es bildet, daß es eine männliche Entwicklungsrichtung einschlage. Ich habe es versucht, für die Ursachen, welche über das Ge- schlecht im Pflanzenreich entscheiden, eine phylogenetische Grund- lage zu gewinnen, und das scheint mir der Weg zu sein, auf dem auch in den verschiedenen Abteilungen des Tierreiches dieser Auf- gabe näher zu treten wäre. Die Phylogenie der Sexualität, wie sie für die Phanerogameu aus dem Verfolg der Entwicklungsreihe, die in ihnen gipfelt, sich ergibt, scheint mir zu verlangen, daß man auch für Diöcie, wo sie bei ihnen sich einstellt, an jener Geschlechtssonderung festhalte, die sich im Sporophyt bei Anlage der Mikro- und Makrosporen- mutterzellen vollzogen hat. Ich möchte mich daher so lange, als sicher gestellte Tatsachen es nicht anders verlangen, auf den Stand- punkt stellen, daß die Pollenkörner diöcischer Phauerogamen alle männhch, die Eier alle weiblich sind, nicht aber daß ein Teil der Pollenkörner oder Eier mit der Tendenz zum einen, ein Teil mit der Tendenz zu dem anderen Geschlecht ausgestattet sein könne. Halte ich aber an der männlichen Tendenz aller Pollenkörncr, an der weiblichen aller Eier fest, so verfüge ich nur über Verschieden- heiten in der Stärke dieser Tendenz, um mir die Ursachen der phanerogameu Diöcie verständhch zu machen. Sowohl C. Correns wie Fr. Noll waren, und zwar unabhängig voneinander, zu dem experimentellen Ergebnis gelangt, daß für die Diöcie bei Phauero- gamen der Pollen verantwortlich zu machen sei. Ihre Versuche mit diöcischen Angiospermen führten sie zu dem Schlüsse, daß die Tendenz der Eier eine übereinstimmend weibliche sei. Doch stattete C. Correns') die Pollenkörner mit sexuell gegensätzlichen Tendenzen aus, dabei annehmend, daß von den vier Körnern, die jede Mutterzelle erzeugt, zwei männlich und zwei weiblich veranlagt 1) Die Bestimmung und Vererbung des Geschlechts, 1907. 436 Eduard Strasburger. seien. Das war Fr. Nolls^) Aüsicht nicht, der es vielmehr für wahrscheinhch erklärte, daß alle Pollenkörner männlich gestimmt seien, doch so, daß von den vier Teilungsprodukten jeder Pollen- mutterzelle zwei diese Stimmung in höherem, zwei in geringerem Maße besäßen. C. Correns schöpfte die Beweise für seine Schluß- folgerungen aus seinen Kreuzungsversuchen zwischen der diöcischen Bryonia dioica und der monöcischen Bryonia alba. Die Weibchen der diöcischen B. dioica mit Pollen der B. alba bestäubt, ergaben als Nachkommen nur, bezw. so gut wie nur Weibchen. Die Diöcie der B. dioica dominierte über die Monöcie der B. alba. Daß aber zugleich nur Weibchen entstanden, ließ folgern, daß alle Eier der Bryonia dioica weiblich disponiert sein mußten. Wurden weibliche Blüten der monöcischen B. alba mit Pollen der diöcischen B. dioica befruchtet, so bestand die Nachkommenschaft annähernd zur Hälfte aus Männchen und Weibchen. W. Bateson^), der die C. Correns- schen Versuche mit den beiden Bryonien wiederholte und dieselben Ergebnisse wie er gewann, glaubt diese jedoch umdeuten zu müssen. Die sexuell gegensätzlichen Tendenzen sollen bei Bryonia dioica den Eiern, bei B. alba den Pollenkörnern zuzusprechen sein, eine solche Verschiedenheit zwischen zwei nahe verwandten Spezies so- mit möglich sein. Bei W. Bateson wird diese Vorstellung durch den Wunsch erweckt, die bei diöcischen Angiospermen gewonnenen Ergebnisse über Vererbung des Geschlechts mit dem Ausfall be- stimmter tierischer Versuche in Einklang zu bringen und auch die sexuellen Sonderungen den Mendelsschen Regeln unterzuordnen, worauf ich später zurückkomme. G-eorge Harrison Shull^), der auch auf dem letzteren Standpunkt steht, sucht seinerseits die Berechtigung der von C. Correns aus seinen jBr?/onm -Versuchen gezogenen Schlüsse dadurch abzuschwächen, daß er darauf hinweist, daß es sich hierbei um Kreuzungen zwischen zwei verschiedenen Arten handelt, wobei unter Umständen bestimmte Merkmaltren- nungen unterbleiben. Fr. NolP) stützte seine Ansicht vornehmlich auf Bestäubungsversuche mit Hanf, Cannabis sativa. Von einzelnen Weibchen, deren sämtliche Blüten mit gemischtem Pollen, der von 1) Vorläufiger Abschluß der Versuche über die Bestimmung des Geschlechts bei diöcischen Pflanzen. Sitzungsber. d. Niederrh. Ges. in Bonn, Naturwiss. Abt., 1907, S. 68. 2) Die Bestimmung und Vererbung des Geschlechtes, 1907, S. 21 ff. 3) Mendels Principles of Heredity, 1909, p. 166 ff. 4) Inheritance of Sex in Lychnis. Bot. Gazette, Bd. 49, 1910, p. 111. 5) A. a. 0., S. 77 ff. über geschlechtbestimmende Ursachen. 437 verschiedenen Männchen stammte, bestäubt wurden, erntete er Nach- kommen, deren Geschlecht wechselnde Zahlenverhältnisse aufwies, die keinerlei Gesetzmäßigkeit verrieten. Er schloß daraus, daß die Eier nicht verantwortlich für die Einhaltung bestimmter Zahlen- verhältnisse unter den Geschlechtern seien. Hingegen stellte sich das zu erwartende Zahlenverhältnis ein, wenn die sämtlichen Pollen- körner eines Männchens zur Bestäubung beliebig vieler Weibchen verwendet und die Nachkommen auf ihr Geschlecht geprüft wurden. Wie schon erwähnt, kam Fr. Noll zu dem Ergebnis, daß die Eier der von ihm geprüften Diöcisten übereinstimmend weiblich veranlagt waren, die Pollenkörner verschieden stark männ- lich. Das ist die Auffassung, die ich mir aus phylogenetischen Gründen auch bilden mußte, und die sich demgemäß mit der Fr. Noll sehen deckt. Wie weit Fr. Noll berechtigt war, aus seineu Versuchen den von ihm gezogenen Schluß wirklich zu ziehen, ist eine andere Frage. Seine Kulturen hätten sehr wohl auch einen anderen Ausfall haben können, als den, der sich ein- stellte. Eine männliche Hanfpflanze produziert etwa 12500000 Pollenköruer ^). Da Fr. Noll ein kleines Exemplar wählte, so mag es die Hälfte gewesen sein. Der mit dünnem Marderpinsel den Narben aufgetragene Pollen mußte nach Hunderten zählen. Je ein Pollenkorn konnte aber für die einzige Samenanlage der Blüte jedesmal zur Verwendung kommen. Welchem Korn das gelang, war Sache des Zufalls, ein Zufall, der somit auch das Gesamtergebnis der Ernte bestimmen mußte, soweit diese nicht etwa aus nach sehr vielen Tausenden zählenden Individuen bestand. Das war aber in den genannten Versuchen nicht der Fall. Von den phylogenetischen Gesichtspunkten aus, die mich bei Beurteilung der sexuellen Verhältnisse des Pflanzenreiches leiteten, konnte ich nur mit einer solchen Vorstellung wie die, welche Fr. Noll glaubte aus seinen Versuchen ableiten zu müssen, rechnen, also mit der Annahme, daß die Eier mit gleich stark weiblicher, die Pollenkörner mit verschieden starker männlicher Tendenz aus- gestattet seien. Dabei konnte aber weiter erwogen werden, ob der an die Reduktionsteilung der Pollenmutterzellen allem Anschein nach geknüpfte Sonderungsvorgang zwei Pollenkörner mit stärkerer, zwei mit schwächerer männlicher Tendenz ausstatte, oder ob er die männliche Potenz zwei Pollenkörnern ganz zuteile, die beiden 1) Vgl. meine Angabe in Zeitpunkt der Bestimmung des Geschlechts usw., S. 34, 438 Eduard Strasburger, anderen aber in dieser Beziehung leer ausgehen lasse, somit neutral mache. Die erste der beiden Annahmen erscheint mir allein zu- lässig, einmal vom phylogenetischen Standpunkt aus, zweitens weil sie mir leichter das Auftreten männlicher Blüten an weiblichen Stöcken, etwa jenen einer Mercurialis annua, erklärt. Würden nämlich zur Erzeugung der Mercurialis-Weihchen Pollenkörner mit weiblicher Tendenz mit Eiern ebensolcher Tendenz zusammenwirken, woher sollte sich dann jenes Quantum an männlicher Tendenz in dem Weibchen ableiten, das zur Aktivierung der Anlagen für die männlichen Blüten nötig ist? Daß die sexuelle Tendenz der Ge- schlechtsprodukte, welche die haploide Generation erzeugt und die über das Geschlecht der diploiden Generation entscheiden, aber tatsächlich einer Abstufung fähig ist, werden wir noch weiter zu begründen suchen. Den Eiern diöcischer Angiospermen scheint in Wirklichkeit eine sexuell gleichartige Tendenz zuzukommen. Daß das Verhalten der Eier in dieser Beziehung ein anderes als das der Pollenkörner sein könne, ist unschwer zu begreifen, berücksichtigt man die Ver- schiedenheiten, die auch im übrigen die Entwicklung aufweist, die mit der Bildung der einen und der anderen Geschlechtsprodukte endet. Schon die Wege, die zur Bildung der Pollen- und Embryo- sackmutterzellen führen, divergieren; noch weit mehr aber die Vor- gänge, die sich hierauf in diesen Mutterzellen abspielen. Weiter wäre zu berücksichtigen, daß lange, bevor Diöcie bei einzelnen Angiospermen den Hermaphroditismus ablöste, jene Reduktion der Anlagen in den Embryosackmutterzellen sich vollzogen hatt^, durch welche die Zahl der Eier auf ein einziges Ei beschränkt wurde. Eine Verteilung ungleich starker weiblicher Tendenzen auf die Eier konnte, bei dann erst sich einstellender Diöcie, kaum noch mit irgend einem Nutzeffekt folgen. Die in einer Mutterzelle ent- stehenden vier Pollenkörner pflegen aber sämtlich die funktions- fähige Ausbildung zu erlangen und können in Wirkung treten. Von diesem sonst allgemein gültigen Verhalten bieten nur die diöcischen Cyperaceen eine eigentümliche Ausnahme. Bei den Cyperaceen kommt von den vier Anlagen einer Pollenrautterzelle nur eine einzige zur Reife; die anderen drei werden frühzeitig verdrängt'). 1) Vgl. hierzu N. Wille in Christiania Vidensk. Selsk. Forhandl. 1882, Nr. 16 und ausführlich 1886, Nr. 5, S. 41; meinen Aufsatz: Neue Untersuchungen über den Be- fruchtungsvorgang bei den Phanerogamen usw., 1884, S. 11; H. 0. Juel in den Jahrb. f. wiss. Bot., Bd. XXXV, 1900, S. 649; meinen Aufsatz in den Ber. d. Deutsch. Bot. Ges., 1901, S. 451. über geschleehtbestinimende Uvsacheu. 439 Da sich die monöcisclien Cyperaceen schon so verhalten , dürfte ihren wenigen diöcischen Arten die Einrichtung fertig übermittelt worden sein. Wir müssen nun wohl annehmen, daß bei diesen Diöcisten sich auch eine Scheidung in der Stärke der männlichen Tendenz innerhalb der Pollenmutterzellen im Anschluß an die Re- duktionsteilung vollzieht. Ob nun aus den vier zunächst vor- handenen Anlagen in jedem Einzelfall ein stärker oder schwächer disponiertes Pollenkorn funktionsfähig hervorgeht, mag vom Zufall abhängen. Es dürfte unter diesen Umständen nicht ohne Interesse sein, an Orten, wo viel Individuen von Carex dioica oder C. Da- valUana wachsen, festzustellen, wie sich die Verhältniszahl dei- Ge- schlechter bei diesen Pflanzen darstellt. Im Anschluß an das Verhalten der Pollenkörner bei den Cyperaceen wäre darauf hinzuweisen, daß neuerdings auch im Tier- reich bei viviparen Aphiden Fälle bekannt wurden, wo ein Teil der aus einer Spermatogonie erzeugten Samenzellen degeneriert. Das schildert W. B. von Baehr^) für Aphis saliceü und N. M. Stevens'"^) auch noch für andere Blattläuse. Aus den Spermato- gonien gehen je zwei Tochterzellen hervor, von denen die eine aber kleiner ist und degeneriert, während die andere, größere, sich teilt, um zwei Samenzellen zu liefern. Bei der Biene, der Hornisse und den Ameisen wird nach Friedrich Meves und Jules Duesberg^) die erste Kernteilung in der Spermatogenese zwar eingeleitet aber nicht durchgeführt und nur eine kleine kernlose Cytoplasmaknospe von dem Körper der Spermatogonie abgeschnürt. Der zweite Teilungsschritt beruht bei der Hornisse und den Ameisen auf Kernteilung und Bildung von zwei gleich großen kernhaltigen Zellen, bei der Biene von einer kernhaltigen Knospe, die der Schwester- zelle bedeutend an Größe nachsteht und schließlich abstirbt, so daß bei der Hornisse und den Ameisen zwei Samenzellen, bei der Biene sogar nur eine Samenzelle aus der Spermatogonie hervorgehen. Das sind also Fälle, wo auch im Tierreich nicht wie sonst die vier 1) Die Oogenese bei einigen viviparen Aphiden und die Spermatogenese von Aphis saliceti. Arch. f. Zellforsch., Bd. III, 1909, S. 294. 2) Anmerkung auf S. 5 des Sonderabzugs aus dem Sitzungsber. d. physik.-nied. Gesellsch. in Würzburg, 17. Dez. 1908 mit Th. Boveris Vortrag über Beziehung des Cbromatins zur Geschlechtsbestimmung. 3) Die Spermatocytenteihingen bei der Honigbiene. Arch. f. niikr. Anat. u. Ent- wicklungsgesch., Bd. 70, 1907, S. 422 ff. und die Spermatocytenteilungen bei der Hornisse. Ebenda Bd. 71, 1908, S. 571. 440 Eduard Strasburger, Teilungsprodukte des männlichen Gonolokonten in Funktion treten. Sie scheinen es auch in anderen Fällen nicht zu tun, wo über Di- morphismus von Spermatozoon berichtet wird, worauf ich noch später zurückkomme. Einem Einwand, der gegen die Annahme erhoben werden kann, daß den Eiern der Angiospermen übereinstimmend weibliche Ten- denz zukommt, sei hier gleich begegnet. Wenn aus den Eiern einer hermaphroditen Angiosperme, etwa einer Eualchimüla, sich apogam eine neue Pflanze entwickelt, so ist sie nicht weiblich, sondern hermaphrodit. Das beweist aber sicherlich nicht, daß auch normale Eier hermaphrodit sind, vielmehr nur den bei solchen apogamen Pflanzen, bei welchen die Entwicklungsvorgänge in den Samenanlagen in die vegetative Sphäre zurückschlagen, damit auch die sexuelle Sonderung wieder rückgängig gemacht wird. Das apogame mit der diploiden Chromosomenzahl ausgestattete Ei unter- scheidet sich eben auch darin von einem normalen Ei, daß es nicht weiblich disponiert ist, sondern die hermaphroditen Tendenzen des Sporophyts, der es erzeugte, in sich vereinigt. Aus den Eiern einer diöcischen, angiospermen, apogamen Pflanze, etwa der Urti- cacee Elatostema sessile, gehen demgemäß, dem weiblichen Ge- schlecht des Individuums entsprechend, das sie trägt, nur Weib- chen hervor'). So auch pflanzt sich die diöcische apogame Anten- naria cdpina^) auf gleichem Wege aus ihren diploiden Eiern nur weiblich [fort. Und im Anschluß daran sei daran erinnert, daß nicht minder aus den haploiden Eiern der Chara crinita, also durch typische Parthogenese^), in welcher die Eier rein ihre sexuelle Tendenz off'enbaren müssen, nur weibliche Nachkommen hervorgehen. Die Versuche über Geschlechtsvererbung bei diöcischen Angio- spermen, ganz besonders die, welche wir C. Correns verdanken, legen es nahe, den Pollenkörnern dieser Pflanzen den bestimmenden Einfluß auf das Geschlecht der Nachkommen zuzuschreiben. Weiter wird man geneigt sein, die Sonderungen, welche über die sexuelle 1) Jakob Modilewsky, Zur Saraenbildung einiger Urticifloren, Flora, Bd. 98, 1908, S. 439; vgl. auch E. Strasburg er, Sexuelle und apogame Fortpflanzung bei Urticaceen, Jahrb. f. wiss. Bot., Bd. XLVII, 1910, S. 266 ff. 2) H. 0. Jiiel, Vergl. Unters, über typische und parthenogenetische Fortpflanzung bei der Gattung Äntennaria. Kongl. Svenska Vetenskaps-Akademiens Handlingar, Bd. 33, Nr. 5, 1900, S. 19, 35. 3) E. Strasburger, Einiges über Characeen und Amitose. Wiesner - Festschrift, 1908, S. 39. über geschlechtbestimmende Ursachen. 441 Stimmung der Pollenkörner entscheiden, in Verbindung zu bringen mit dem Vorgang, der die Spaltung der Merkmalpaare in den Pollenmutterzellen vollzieht, d, h. mit der Reduktionsteilung. Für diese letztere Annahme sind jetzt direkte Anknüpfungspunkte ge- wonnen, in dem direkten Nachweis, daß bei diöcischen Moosen tatsächlich die sexuelle Sonderung mit der Reduktionsteilung ver- knüpft ist'). Daß Ähnliches aber auch für diöcische Angiospermen gelte, dafür scheinen solche Fälle zu sprechen, in welchen eine gegebene Art in annähernd gleich viel männlichen und weiblichen Individuen auftritt. Aus solchen Halbierungen, wie sie die Re- duktionsteilung mit sich bringt, müßten sich ja derartige Verhältnisse ergeben. Der direkte Nachweis, daß dem wirklich so sei, ist aber noch zu erbringen. Der nämliche Gedanke nun, der mich vor drei Jahren ver- anlaßte, nach einem diöcischen Moos zu suchen, dessen Sporen, ihrem Ursprung gemäß, in Tetraden verbunden bleiben und so keimen, bei welchem man daher direkt das Geschlecht der Nach- kommen einer Tetrade feststellen kann, ließ mich auch Umschau nach einer diöcischen Angiosperme halten, die zu einem ähnHchen Versuch geeignet wäre. Nur eine einzige Pflanze schien mir Aus- sicht auf Erfolg zu bieten, nämlich Helodea^) canadensis. Nicht nur ist sie streng diöcisch, und nur an ganz bestimmten Standorten Nordamerikas zwittrig, sondern es kommt ihren Pollentetraden eine verhältnismäßig so bedeutende Größe zu, daß die Hoffnung be- rechtigt schien, man würde sie einzeln für die Bestäubung verwenden können. Die Trennung der Männchen von den Weibchen konnte bei einer Wasserpflanze zudem keine Schwierigkeit bereiten und damit hier zugleich erreicht werden, daß jede Gefahr einer zu- fälligen Bestäubung ausgeschlossen sei^). Da kam es denn aber darauf an, in den Besitz lebender männhcher Individuen von Helodea canadensis zu gelangen, wo 1) E. strasburger, Zeitpunkt der Bestimmung des Geschlechts usw. Histol. Beitr., Heft VII, 1909, S. 6. 2) Fast immer unrichtiger Weise Elodea geschrieben. Vgl. Paul Ascherson und Paul Graebner, Synopsis der mitteleuropäischen Flora, Bd. I, 1896 — 98, S. 400. 3) Andere Arten der Gattung Helodea könnten wohl auch in Betracht kommen, aber noch schwieriger zu beschaffen sein. Vielleicht wäre auch die Gattung Halophila geeignet. Diöcische Cyperaceen sind nicht zu brauchen, da nur ein Pollenkorn der Tetrade zur Ausbildung gelangt. Die Juncaceen hätten die gewünschten vier zur Tetrade verbundenen Pollenkörner aufzuweisen, doch müßte man nach den diöcischen Gattungen in den Anden suchen. 442 Eduard Strasburger, doch die Pflanze nur in weiblichen Exemplaren in Europa vertreten ist. Denn es existiert über männliche Pflanzen in Europa nur eine Angabe von D. Douglas aus dem Jahre 1880, der solche in Schottland gefunden haben will'). Von den weiblichen Pflanzen heißt es-), daß sie zuerst 1836 in einem Teiche zu Warringstown in Irland beobachtet worden seien. Sicher ist, daß sie 1842 sich bereits in Schottland befanden. Ihre Einwanderung auf den euro- päischen Kontinent begannen sie über Belgien und Holland im Jahre 1860. Sie vermehrten sich in Europa bisher, sofern man von jeuer Angabe über männliche Pflanzen in Schottland absehen will, nur auf vegetativem Wege. Ich wandte mich nach Chicago an Charles Joseph Cham- berlain mit der Bitte um Zusendung männhcher JT^Oi^ea-Pflanzen. Ich wiederholte weiterhin diese Bitte an Robert B. Wylie in Jova City, der sich eingehend mit Helodea canadensis beschäftigt hatte und seine Untersuchungen über diese Pflanze in der Botanical Gazette von 1904 veröffentlichte^). Charles Joseph Chamber- lain beauftragte auch seinen Schüler Jacob Schramm, mir die in Betracht kommenden Pflanzen zu schicken. Die Sendungen be- gannen im Sommer 1907 und wurden fortgesetzt, doch ohne das gewünschte Ergebnis. Trotz verschiedenartigster Verpackung kamen die Pflanzen stets tot in Bonn an. Ich richtete nun an Charles Joseph Chamberlaiu die Bitte, mich mit reifen Samen der Pflanze zu versorgen. Diese wurden von ihm in Wolf Lake, 14 km von Chicago in den ersten Septembertagen 1909 gesammelt und legten den Weg nach Bonn zwischen Sproßstücken frei, auch innerhalb der Früchte, in einem mit Wasser zum Teil angefüllten Glas, außerdem zwischen feuchten Sägespänen zurück. Charles Joseph Chamberlain schrieb gleichzeitig, es sei nicht leicht gewesen, die Samen aufzufinden und zu sammeln. Ob Helodea die Hoffnungen, die ich auf sie setzte, erfüllen würde, fügte er hinzu, sei nicht sicher, da meist nur ein oder zwei Samen in einer Frucht vorhanden seien, selten vier. — Der Zufall fügte es, daß gleich- zeitig mit dem Samen, auch eine Sendung männlicher Pflanzen in 1) Science Gossip, Vol. XVI, p. 227; vgl. F. E. Weiß in Menioirs and Procee- dings of the Manchester Literary and Philosophical Society, Vol. 53, Part. II, 1909, No. 11, p. 6. 2) R. Caspary, Die Hydrillen, Jahrb. f. wiss. Bot., Bd. 1, 1858, S. 436 ff. und P. Ascherson und P. Graebner, a. a. 0., S. 402. 3) The Morphology of Elodca canadensis, Vol. XXXVII, p. 1. über geschlechtbestimniende Ursachen. 443 Bonn anlangte, an denen einige Gipfeltriebe nicht ganz tot zu sein schienen. Diese wurden in ein Aquarium gesetzt, zugleich die Aussaat der Samen vorgenommen. Zu meiner Freude wuchsen die Gipfeltriebe weiter; von etwa 30 Samen keimten sechs. Beide Kulturen überstanden den Winter, entwickelten sich überaus kräftig im Laufe dieses Frühjahrs, verzweigten sich sehr stark, und lieferten Anfang Juni die ersten Blüten. Die Kultur aus den gesteckten Gipfelsprossen ergab, wie zu erwarten stand, rein männliche Pflanzen. Aus den Samen gingen sowohl männliche wie weibliche Individuen auf. So war denn nach fast dreijährigen Bemühungen dieser erste Erfolg erreicht. Meinen amerikanischen Kollegen, vor allem Charles Joseph Chambe riain, bin ich für ihre Hilfe zu aufrichtigem Danke verpflichtet. Die Kulturen setzte ich in Aquarien, die in einem Glashaus aufgestellt waren, und in gemauerten Behältern im Freien fort. Ein solcher Behälter im Freien enthielt auch die weibliche Helodea canadensis in Exemplaren, die von jenen Einwanderern abstammten, die vor 70 Jahren nach Europa gelangten, und seitdem ungeschlecht- lich sich fortgepflanzt haben. Die weiblichen Blüten, besonders an den seit altersher hier existierenden Exemplaren, ließen zunächst etwas auf sich warten, dann stellten sie sich aber massenhaft ein. Mitte Juni waren die Versuche im vollen Gang, im Freien wie in den Aquarien. Viele Hunderte von Blüten wurden bestäubt von mir und von dem Tech- niker am botanischen Institut, Hubert Sieben. Die Bestäubung wurde ganz ausnahmslos mit nur einer Tetrade ausgeführt, eine Operation, die sich als durchaus nicht schwierig herausstellte. Die Tetraden werden von vier Pollenkörnern gebildet, die im Durch- schnitt 0,14 mm lang und 0,1 mm breit sind. Die vier Körner sind in der Tetrade aufrecht stehend zu denken. Die ganze Te- trade mißt übers Kreuz etwa 0,2 mm, in der Diagonale etwa 0,227 mm. Man sieht also die Tetraden ganz gut mit dem bloßen Auge und es gelingt leicht, sie mit Hilfe eines Roßhaars, das in einem Nadelhalter befestigt ist, von der "Wasseroberfläche, auf der sie schwimmen, abzufischen, und auf die Narben einer weiblichen Blüte zu übertragen. Gelegentlich habe ich auch die Spitze einer feinen Pinzette zu dieser Manipulation benutzt. Da Robert B. Wylie ^) angibt, daß meist nur ein Pollenkorn der Tetrade keime, 1) A. a. 0., S. 14. Jahrb. f. wiss. Botanik. XLVUI. 29 444 Eduard Strasburger, wohl auch zwei Pollenkörner Schläuche treiben, niemals aber alle vier, so bemühten wir uns, die Tetrade so auf der weiblichen Blüte anzubringen, daß die Keimung aller vier Pollenkörner durch ihre Lage begünstigt werde. Wir setzten sie genau in die Mitte zwischen die drei Narben ein, aufrecht, damit alle vier Körner mit den Narben- papillen in Berührung kommen. Jede Blüte wurde mehrmals mit der Lupe kontrolliert, um ganz auszuschließen, daß sie etwa durch irgend ein Versehen mehr als ein Pollenkoru erhalten habe. Daß die Blüten bei solcher Bestäubung ansetzen können, ließ sich alsbald feststellen. Die Anschwellung der Fruchtknoten war schon nach 14 Tagen deutlich zu erkennen. An sonnigen Tagen pflegten die meisten männlichen Blüten zwischen 9 und 10 Uhr morgens an die Oberfläche des Wassers zu gelangen. Robert B. Wylie hat den Vorgang eingehend ge- schildert'). In der reifen Blütenknospe sammelt sich Gas an und drängt die Kelchblätter auseinander. Dann öffnen sich auch schon die Antheren. Durch die Gasblase wird die Blütenknospe spe- zifisch leichter als das Wasser und reißt schließlich von ihrer An- satzstelle ab. Die Knospe steigt dann rasch zur Wasseroberfläche empor und öffnet sich explosionsartig, sobald sie diese erreicht. Die Kelchblätter klappen nach abwärts um und auf ihnen schwimmt nun die aufwärts stehende Blüte. Die Tetraden werden beim Öffnen der Blüte in ihrem Umkreis verstreut. Als kleine weiße Körnchen umgeben sie die Blüte. Zwischen den Stacheln der Exine haftet Luft und verhindert die Benetzung der Tetrade. Durch den geringsten Luftzug wird die Blüte in Bewegung gesetzt, sie segelt in der Windrichtung fort, und ihr folgt die Schar ihrer Tetraden. Die langgestielte weibliche Blüte taucht aus dem Wasser hervor; die abwärts gekrümmten Narben breiten sich über dem Wasserspiegel aus. Unter normalen Verhältnissen kommen die schwimmenden Tetraden unschwer mit den Narbenpapillen in Berührung. Um die Frage, die ich mir stellte, zu beantworten, müßte mir eine größere Zahl von Früchten je vier Samen Hefern. Es gälte weiter aus solchen Samen vier Keimpflanzen zu erziehen und sie zum Blühen zu bringen. Früchte mit drei Samen hätten auch noch Wert, da sie der theoretischen Voraussetzung nach zwei Pflanzen des einen und eine Pflanze des anderen Geschlechts zu liefern hätten, nie aber drei Pflanzen desselben Geschlechts. Ich 1) A. a. 0., S. 11 ff. über geschlechtbestimmende Ursachen. 445 habe festgestellt, daß die amerikanischen Weibchen bis sechs Samen- anlagen in den Fruchtknoten ihrer Blüten bergen, sie könnten somit die verlangten vier Samen, nach Befruchtung durch alle vier Pollen- körner einer Tetrade liefern. Ihrem Aussehen nach unterscheiden sich die vier Pollenkörner einer Tetrade nicht voneinander und auch das mikroskopische Bild ihrer Querschnitte läßt sie als gleich- wertig erscheinen. Also könnten sie wohl alle vier in Tätigkeit treten. Ist es doch Ch. Naudin ^) seinerzeit gelungen, bei Mira- hilis Jalapa und longifolia, Befruchtung mit drei und zwei Pollen- körnern, ja selbst mit einem Pollenkorn zu bewirken. Er wählte stets, wie er angibt, die schönsten Pollenkörner für die Versuche aus. Da die genannten MirahiUs- Arten durch die Größe ihrer Pollenkörner ausgezeichnet sind, so ließen sich diese Versuche mit ihnen unschwer ausführen. Allein trotz Auswahl bester Körner war es doch nur der geringste Teil der bestäubten Fruchtknoten, welcher ansetzte und keimfähige Samen lieferte. Lag das daran, daß die Pollenkörner, ungeachtet ihres so guten Aussehens, nicht übereinstimmend zu funktionieren vermochten, oder waren andere Hindernisse im Spiel? C. Correns ^) kam bei der Wiederholung der Ch. Naudinschen Versuche an denselben MirabiUs- Arten zu dem Ergebnis, daß nur ein Teil ihrer Pollenkörner brauchbar sei. Bei MirahiUs Jalapa kommen, nach C. Correns, auf ein taug- liches Pollenkorn vier, bei M. longifolia etwa drei untaugliche Pollenkörner. Ich will hoffen, daß dem bei Helodea canadensis anders sei. Für die alten europäischen Weibchen der Helodea canadensis, die bei uns in Kultur stehen, liegen leider die Zahlenverhältnisse für die Samenanlagen weniger günstig, denn ich fand ihrer meist nur zwei bis drei in dem Fruchtknoten vor. Ihre Funktionsfähig- keit hatten diese Blüten nicht eingebüßt, ungeachtet den sie tra- genden Pflanzen die Befruchtung seit 70 Jahren vorenthalten worden war, doch zeigte sich diese Fähigkeit wesentlich geschwächt. Über den Ausfall meiner Versuche hoffe ich übers Jahr be- richten zu können. Werden sie überhaupt ein entscheidendes Er- gebnis liefern, und wenn solches der Fall, dieses eine Bestätigung 1) Fecondation par un et deux grains de Pollen. Nouvelles recherches sur l'Hy- bridite dans les vegetaux. Nouvelles archives du Museum d'histoire naturelle, Paris, Bd. I, 1865, p. 35. 2) Über den Einfluß, welchen die Zahl der zur Bestäubung verwendeten Pollen- körner auf die Nachkommenschaft hat. Ber. d. Deutsch. Bot. Ges., 1900, S. 422. 29* 446 Eduard Strasburger, meiner theoretischen Voraussetzungen, oder werden sie eine Über- raschung bringen? Bemerkt sei im voraus, daß, selbst wenn der Ausfall ein solcher sein sollte, daß man aus ihm auf zwei männ- liche und zwei weibliche Samen in einer durch Einwirkung der vollen Tetrade erzeugten Frucht zu schließen hätte, damit nicht ausgemacht sein würde, ob die Pollenkörner der Tetrade sich nur in der Stärke der männlichen Tendenz unterschieden, oder ob je zwei von ihnen männlich, je zwei weiblich gestimmt waren. Ich müßte, auf Grund meiner Ansichten und Erfahrungen, dann für die erste Alternative eintreten. Unter allen Umständen hätten wir aber aus dem Nachweis von zwei männlichen und zwei weiblichen Samen in jeder Frucht zu schließen, daß es tatsächlich die Pollen- körner allein waren, die über das Geschlecht bestimmten. Die Zahl der Früchte, die wir ernten werden, dürfte gegen die Zahl der vorgenommenen Bestäubungen sehr bedeutend zurück- stehen, bei der großen Zahl vorgenommener Bestäubungen immer- hin ansehnlich sein. Einige noch unreife Früchte, die ich opferte, um die Zahl der Samen zu zählen, die sie enthielten, haben mich nicht besonders erfreut, da keine von ihnen mehr als zwei Samen enthielt. Die größten Fruchtanlagen mußte ich natürlich schonen. Immerhin darf ich meine Hoffnung auf den Ausfall dieses Versuchs nicht zu hoch stimmen. Das bestimmt mich auch, jetzt schon über ihn zu berichten. Vielleicht rege ich damit zu ähnlichen Versuchen bei anderen Pflanzen an und gelingt es schließlich doch, die Schwierigkeiten, die einem Erfolg hier entgegenwirken, zu über- winden. Einiges Interesse dürfte bereits an sich schon die Tatsache bieten, daß nunmehr auch männliche Pflanzen von Helodea cana- densis sich in einem botanischen Garten Europas in Kultur be- finden und daß die alten weiblichen Pflanzen, die seit 70 Jahren in Europa weilen, trotz so lange fortgesetzter Fortpflanzung auf aus- schließlich vegetativem Wege, ihre Fähigkeit, befruchtet zu werden, nicht ganz eingebüßt haben. Während ich mich um männliche Pflanzen von Helodea be- mühte, nahm ich 1909 auch meine alten Bestäubungsversuche mit Melajidryum wieder auf. Ich schränkte mich diesmal auf Melandrywm ruhruDi ein und befolgte bei den Versuchen ein besonderes Ver- fahren. Von dem Gesichtspunkte ausgehend, daß in einem noch ungeöffneten Antherenfache die Pollenkörner sich in derjenigen über geschlechtbestimmende Ursachen. 447 Lage befinden, die ihnen durch ihren Ursprung gegeben wurde, beschloß ich nämlich, die Bestäubung mit Querschnitten aus solchen noch geschlossenen Fächern auszuführen. Ich konnte dann an- nehmen, daß auf die Narbe fast genau ebensoviel Pollenkörner der einen wie der anderen Stimmungsart gelangen müßten, falls in jeder Pollenmutterzelle eine Halbierung der sexuellen Tendenz vorgenommen wird. Noch geschlossene, doch völlig reife Antheren aus im Offnen begriffenen Blütenknospen, wurden unter dem Simplex mit einem scharfen Skalpell in ihre beiden Hälften gesondert. Dasselbe Skalpell diente hierauf dazu, um die Antherenhälften in dünne Querscheiben zu zerlegen. Jede Querscheibe gelangte gleich nach ihrer Her- stellung auf eine Blütennarbe. Vor Ausführung eines neuen Schnittes wurde das Skalpell sorgfältig gereinigt. Die zum Ver- suche benutzten weiblichen Pflanzen befanden sich in Töpfen. Zu ihrer Isolierung diente ein geschlossenes Gewächshaus. Die einzelnen Antherenscheiben setzte ich zwischen die Nar- ben einer frisch geöffneten weiblichen Blüte ein. Hierauf streifte ich, zwischen Daumen und Zeigefinger die Blumenröhre fassend, die Petala in die Höhe, so daß die Narben gegeneinander gedrängt wurden und eng den Antherenquerschnitt umschlossen. Dann führte ich eine drehende Bewegung der Blumenblätter und damit auch der Narben aus, um die Pollenkörner gleichmäßig über die Narbenflächen zu verteilen. Jede der bestäubten Blüten erhielt eine entsprechende Bezeichnung. Diese Blüten setzten ausnahmslos an. Hingegen nicht eine einzige der unbestäubt gebliebenen. In letzteren schwoll hin und wieder wohl der Fruchtknoten etwas an, doch nur parthenokarpisch, um weiterhin abzufallen. Jede Frucht wurde isoliert geerntet, ihre Samen gezählt und in einer mit besonderer Nummer versehenen Kapsel aufbewahrt. Mitte Juli er- folgte die Aussaat der Samen in getrennten Schalen. Die Keim- pflänzchen wurden hierauf in Kästen pikiert, wo sie Rosetten bil- deten und in solchem Zustand überwinterten. Im Frühjahr 1910 erfolgte die Versetzung ins Freiland, und von Ende Mai bis Anfang Juli die Zählung der Individuen, entsprechend ihrem Geschlecht. Wiederholt vorgenommene Bestimmungen hatten mich gelehrt, daß die Zahl der Pollenkörner in einer Antherenhälfte von Melan- dryum rubrum zwischen 1200 und 1400 schwankt, und daß in den Querschnitten, mit denen ich die Bestäubung vornahm, 150 bis 200 Pollenkörner sich befanden. Die Fruchtknoten führen gegen 300 Samenanlagen, so daß jedes der den Narben aufgetragenen Pollen- 448 Eduard Strasburger, körner bei Annahme denkbar günstigster Umstände, seine Punktion erfüllen konnte. Die Zahl der geernteten Früchte war zu groß, als daß sie alle Verwendung hätten finden können. Die besonders schwach ent- wickelten, zu wenig oder teilweise verschrumpften Samen führenden, wurden ausgeschaltet. Die Samen von 24 Fruchten gelangten zur Aussaat. Wir beseitigten dann noch 9 Nummern, die im Ver- hältnis zu der Zahl der Samen die wenigsten Keimpflanzen geliefert hatten. Es verblieben schließlich 15 Nummern, an welchen die Geschlechtsbestimmung vorgenommen wurde. Den Bericht über diese 15 Nummern stattet die anschließende Tabelle ab. Laufende Nummer Zahl der ausgesäeten Samen Zahl der Keim- pflanzen Zahl der geernteten Pflanzen Männlich "Weiblich XIII 140 106 97 49 48 XV 112 94 91 22 69 XXVIII 85 68 60 13 47 XLII 98 76 63 24 39 XLV 56 56 55 18 37 XLIX 78 61 58 20 38 LV 109 88 84 29 55 LXV 129 87 73 33 40 LXX 87 64 64 28 36 LXXV 89- 55 53 13 40 LXXXV 71 54 49 19 30 XCVII 61 59 55 21 34 c 109 74 67 26 41 CII 133 101 91 38 53 CXXI 118 81 75 23 52 1475 1124 1035 376 659 Eine besonders stattliche Frucht, die zum Vergleich dem Frei- land entnommen wurde und spontaner Bestäubung entstammte, lieferte aus ihren 241 ^), dem Anschein nach übereinstimmend gut entwickelten Samen, 184 Pflanzen, davon 77 männlich und 107 weiblich. Das Ergebnis dieser Versuchsreihe, von der theoretisch eben- soviel Männchen als Weibchen erwartet wurden, ist also 100 Männchen 1) Diese Zahl kann als verhältnismäßig hoch gelten. Der Inhalt von 6 anderen kräftigen Früchten, der zum Vergleich gewählt wurde, betrug 218, 224, 169, 141, 245 und 193 Samen. über geschlechtbestimmende Ursachen. 449 auf 175 Weibchen. Wie mau sich nun auch die Verluste an Polleu, der seine Funktion annähernd nur zur Hälfte erfüllte, an un- gekeimten Samen, an zugrunde gegangenen KeimHngen, zurecht- legen mag, es bleibt die Tatsache bestehen, daß der Ausschlag so gut wie immer zugunsten des weiblichen Geschlechts erfolgte. Wenn die Aussichten ursprünghch gleich gewesen wären, so hätte bei der sorgsamen Art, wie wir den Versuch durchführten, der Ausfall zwischen den beiden Geschlechtern, einmal zum Vorteile des einen, dann wieder des anderen, schwanken müssen. Daß die Bevorzugung des weiblichen Geschlechts stets nur durch Zufälle bewirkt worden wäre, könnte man doch nur mit Widerstreben annehmen, da sich dieselbe Erscheinung zu oft und zu übereinstimmend in den Versuchen wiederholte. Zudem hatte mir^) schon vor 10 Jahren die Zählung von 10662 spontanen Individuen von Melandryum album in der Bonner Umgegend auf 100 Männchen 128,16 Weibchen, also ebenfalls einen wesentlichen Überschuß an Weibchen ergeben, wenn auch nicht so bedeutend, wie in dem jetzigen Versuch. Einen, dem der Bonner Gegend annähernd entsprechenden Überschuß an Weibchen konnte auch George Harrison Shull in seinen Kulturen von ,,Lychnis dioica" auf der „Station for experimental evolution" in Gold Spring Harbor, Long Island feststellen: 4831 Männchen zu 6366 Weibchen, d. h. auf 100 Männchen 124 Weibchen. Also dürfte es eine vom Zufall unabhängige Ursache sehi, welche diesen stets wiederkehrenden Über- schuß an Weibchen bei den beiden diöcischen Melandrien (Lych- nis dioica) veranlaßt. Zu erinnern wäre daran, daß seinerzeit von Fr. Heyer^) im großen Maßstab ausgeführte Zählungen auch für den Hanf ein merkliches Vorherrschen der Weibchen über die Männchen erwiesen hatten. Mehr denn 40000 Hanfpflanzen wurden auf ihr Geschlecht geprüft und das ergab 100 Männchen zu 114,93 Weibchen. Fr. Haberlandt^) waren in Österreich beim Hanf auf 100 Männchen 120,4 Weibchen begegnet und C. Fisch ^) stellte 1) Versuche mit diöcischen Pflanzen mit Rücksicht auf Geschlechtsverteilung. Biol. Centralbl., Bd. XX, 1900, S. 728. 2) Inheritance of Sex in Lychnis. Bot. Gazette, Vol. 49, 1910, p. 122. 3) Untersuchungen über das Verhältnis des Geschlechts bei einhäusigen und zwei- häusigen Pflanzen usw. Ber. aus dem physiol. Labor, und der Versuchsanst. d. landw. Inst, der Univ. Halle, herausgeg. von .Julius Kühn, Bd. I, 1884, Heft V, S. 141. 4) Wiener landwirt. Ztg., 1869, Nr. 3 und Fühlings landwirt. Ztg., 1877, S. 881. 5) Über die Zahlenverhältnisse der Geschlechter beim Hanf. Ber. d. Deutsch. Bot. Ges., 1887, S. 136. 450 Eduard Strasburger, sogar für eine Thüringer Hanfsorte bei einer Zählung von 66 000 Exemplaren auf 100 Männchen 154,24 Weibchen fest. Um mir diesen letzten extremen Überschuß an Weibchen erklären zu können, erörterte ich bei einer früheren Veranlassung^) die Mög- lichkeit, daß er durch Auftreten männlicher bezw. hermaphroditer Blüten an einzelnen Weibchen bedingt worden sei. Der Pollen solcher Blüten hätte, zur Wirkung gelangend, ähnlich wie dies bei Mercurialis annua der Fall ist, nur lauter Weibchen den Ursprung gegeben und so deren Zahl ungebührlich vermehren können. Für Melandryimi rubrum kann die Mitwirkung an Weibchen erzeugter männlicher oder hermaphroditer Blüten als Steigerungsmittel der Weibchenzahl, wie wir weiter sehen werden, nicht in Betracht kommen. Ist aber bei Melandryum mhrum ein so starker Aus- schlag nach der weiblichen Richtung, wie der von uns festgestellte, ohne Mitwirkung von an Weibchen erzeugten Pollen möglich, so fragt es sich, ob man diese Hilfe zur Erklärung des Verhaltens der Thüringer Hanfsorte heranzuziehen braucht, ob es sich nicht vielmehr auch bei letzterer um eine festgelegte, mit ihrer Diöcie irgendwie zusammenhängende Einrichtung handelt. Was speziell noch meine diöcischen Melandrien anbetrifft, die mir früher auf 100 Männchen 128 Weibchen, diesmal aber auf ebensoviel Männchen 175 Weibchen ergaben, so wäre zu betonen, daß es sich bei meinen früheren Zählungen um Melandryum album, diesmal um Mdandryum rubrum'^) handelte. Für den Begriff „Lychnis dioica", mit dem andere experimentierten, kommen beide Arten in Betracht. Daß bei sonstigen diöcischen Angiospermen, auch andern Hanf- sorten als den schon angeführten, das Geschlecht in noch anderem Zahlenverhältnis vererbt wird, steht bereits fest. Aus Fr. Beyers^) Zählungen bei Mercurialis annua, die sich über 21000 Individuen erstreckten, folgt sogar, daß es angiosperme Diöcisten gibt, die mehr Männchen als Weibchen erzeugen, so die genannte Mercurialis 106 Männchen auf 100 Weibchen'*). Fast könnte man denken, daß es sich bei den mir vorliegenden Melandrien der Bonner Gegend, die einen bedeutenden Überschuß von Weibchen ergaben, und so 1) Zeitpunkt der Bestimmung des Geschlechts usw., S. 40. 2) Melandryum nt&;-Mm Gareke = M. silvestre Eoehling. 3) Untersuchungen über das Verhalten des Geschlechts bei einhäusigen und zwei- häusigen Pflanzen usw., a. a. 0., S. 18. 19. 4) Die Zählung bezog sich genau auf 21000 Exemplare und lieferte 10 799 Männchen und 10 201 Weibchen, somit 105,86 Männchen auf 100 Weibchen. über geschlechtbestimmende Ursachen. 451 auch bei jenen, die G. H. Sliull in Gold Spring Harbor, Long Island zählte, um an Weibchen besonders reiche Rassen handelte, und das umsomehr, als zwei alte Mitteilungen von Ch. Giron de Buza- reingues, in den Annales des Sciences naturelles, aus den Jahren 1831 und 1833^) existieren, in welchen er das eine Mal über eine höhere Zahl von Männchen, das andere Mal über annähernd gleiche Zahlen von Männchen und Weibchen bei „Lychnis dioiccv' be- richtet"^). Ch. Giron de Buzareingues glaubte gefundeu zu haben, daß die Weibchen diöcischer Angiospermen aus den an ihrem Gipfel, ja, auch aus den im oberen Teile ihrer Früchte erzeugten Samen, mehr Weibchen als Männchen produzieren. Ebenso sollten die Nachkommen kräftigerer Stöcke von Lychnis dioica Weibchen in größerer Zahl aufweisen"). Die Beobachtungszahlen, mit denen Ch. Giron de Buzareingues rechnete, waren nicht hoch genug, um derartige Schlüsse zu rechtfertigen. Wie bedeutend solche Zahlen sein müssen, damit alles Zufällige aus dem Ergebnis, das sich auf sie stützt, beseitigt sei, haben Fr. Heyers^) Erfahrungen dann sattsam gelehrt. Das, was uns interessieren dürfte, ist aber, daß Ch. Giron de Buzareingues aus seinen Aussaaten das eine Mal 255 Männchen auf 257 Weibchen, das andre Mal 374 Männchen auf 265 Weibchen^), ein drittes Mal 1072 Männchen auf 1088 Weibchen erntete^). So günstige Verhältnisse für Weibchen lagen weder in meinen und G. Shulls im großen ausgeführten Zählungen vor, noch in den Kulturen, die ich aus den Samen von Einzel- früchten in diesem Jahr erzielte. Fr. Hey er'') hatte übrigens auch bei Halle aus seiner ersten Aussaat von „Lychnis dioica" 304 Männchen und 326 Weibchen erhalten, also die beiden Geschlechter in einem Verhältnis, das jenem, über welches Ch. Giron de Buza- reingues berichtet^), ziemlich nahe kommt; doch eine zweite Aussaat 1) Experiences sur la generation des plantes. Annales des sciences naturelles, t. XXIV, 1831, p. (138) und t. XXX, 1833, p. (398). 2) 1831, p (145), 1833, p. (409). 3) In denselben Arbeiten (1831, p. [142]; 1833, p. [406] u, [408]) wird auch für den Hanf und Lychnis dioica Parthenogenesis behauptet, für den Hanf außerdem in einem anderen Aufsatz aus dem Jahr 1831, Memoire sur le rapport des Sexes dans le regne vegetal. Ann. des sc. nat., t. XXIV, 1831, p. (172). 4) A. a. 0., S. 17. 5) Angaben aus dem Jahre 1831. 6) Angabe aus dem Jahre 1833. 7) A. a. 0., S. 142. 8) Besonders der ersten seiner Angaben aus dem Jahre 1831. 452 Eduard Strasburger, lieferte Fr. Heyer 757 Männchen und 1020 Weibchen, also 100 Männchen zu 134,7 Weibchen, entsprechend meinen Zählungen an Melandryum album aus den Jahren 1880 bis 1900, und den Fest- stellungen an „Lychnis dioica'- von G. H. Shull. Das Ergebnis der ersten Fr. Hey er sehen Zählung hatte augenscheinlich der Zufall beeinflußt 1). Eine Tatsache ergibt sich mit voller Sicherheit aus meinem Versuch, nämlich die, daß in allen Höhen eines Antberenfaches von Melandryum rubrum Pollenkörner vertreten sind, die nach ihrer Vereinigung mit den Eiern sowohl männliche als auch weibliche Nachkommen liefern können. Jeder der für die Bestäubung be- nutzten Antherenquerschnitte umschloß Pollenkörner in einer ihrem Ursprung entsprechenden Lage, trotzdem wurden männliche und weibliche Nachkommen nicht in gleicher Zahl erzeugt, die Weibchen herrschten bedeutend vor. Das weiß ich mir nicht anders zu erklären, als indem ich an- nehme, daß bei der in Betracht kommenden Spezies, beziehungs- weise ihrer für meine Versuche benutzten Rasse, die männlichen Tendenz der Pollenkörner, als Ganzes genommen, eine Schwächung erfahren hat. Die männliche Potenz der Pollenkörner unterliegt der weiblichen Potenz der Eier in mehr als der Hälfte aller Fälle. Man müßte sich etwa vorstellen, daß es Pollenmutterzellen gibt, deren sämtlichen vier Pollenkörner, bei Ausübung ihrer Funktion, gegen die weibliche Potenz der Eier nicht aufzukommen vermögen. Für die tatsächliche Möglichkeit von Abstufung in der Stärke der sexuellen Potenzen werde ich aber weiterhin Belege zu bringen suchen. Die solcherweise für das Zahlenverhältnis der Geschlechter bei Melandryum rubrum gewonnenen Ergebnisse veranlaßten mich zur Wiederaufnahme der Beobachtungen, die dahin zielten, nach mikroskopisch wahrnehmbaren Ursachen für die Geschlechtstrennung bei Diöcisten zu suchen. In meiner Arbeit über den Zeitpunkt der 1) Angaben über Geschlechtszahlen im Tierreich aus letzter Zeit findet man bei M.Nußbaum: Zur Feststellung der Geschlechtszahlen bei den Eachenbremsen, Niederrh. Ges., Naturw. Abt., 1909, II. Hälfte, A., S. 29. Hingewiesen sei besonders auch auf die Veröffentlichungen von Walter Haepe in den Proceedings of the Cambridge Philosophi- cal Society, Vol. XIV, t. II, 1907, p. 121 u. 201; den Philos. Transactions of the Eoy. Sog., 8er. B, Vol. 200, p. 271 und den Proceedings of the Roy. Soc, Ser. B, Vol. 81, 1909, p. 32. über geschlechtbestinimende Ursachen. 453 Bestimmung des Geschlechts ') deutete ich an, daß meine Be- mühungen, solche Anknüpfungspunkte ausfindig zu machen, bis dahin erfolglos geblieben waren. Leider hat sich diese Lage auch bei der weiteren Untersuchung nicht geändert. Über die Faktoren, die das Geschlecht bestimmen, weiß ich somit auch in diesem Augenblick nichts Positives, sich aus der unmittelbaren Wahr- nehmung direkt Ergebendes anzuführen. Andererseits hegt mir aber doch eine Summe von Beobachtungen vor, die zum mindesten das, was während der sexuellen Sonderungen in pflanzlichen Gono- tokonten nicht stattfindet, beleuchten, und denen daher eine be- stimmte Bedeutung bei Beurteilung des ganzen Problems zukommt. In meiner zuvor zitierten Arbeit gab ich an, daß mir weder die Sporenmutterzellen von Sphaerocarpus und Marchantia, noch die Pollenmutterzellen von Melandryum rubrum^ Bryonia dioica, Canndbis sativa, Mercurialis annua, Spinacia oleracea, einer Dios- corea-Art und Ginkgo biloba Erscheinungen während ihrer Teilung dargeboten hätten, an die ich eine Geschlechtssonderung, beziehungs- weise die Sonderung verschieden starker sexueller Tendenzen, hätte anknüpfen können. Im Aprilheft der Annais of Botany von 1909 folgte bald darauf eine kurze Notiz von M. G. Sykes^), die bei Hydrocharis morsus ranae, Bryonia dioica, Lychnis dioica, Mer- curialis perennis, Sagittaria montevidensis und Cuciirbita Pepo die Kerne der männlichen und der weiblichen Pflanzen dem Anschein nach übereinstimmend fand, sowohl in Hinblick auf die Zahl als auch den Charakter ihrer Chromosomen. Ich berichte hier zunächst über Melandryum rubrum, und knüpfe mit anderen diöcischen Pflanzen weiter an. Die Fixierung für diese Untersuchungen wurde so sorgfältig wie nur möglich vorgenommen und die verschiedensten Färbungsarten durchprobiert, um etwaigen Sonderungen auch auf solchem Wege auf die Spur zu kommen. Die Figuren 1 bis 5 (Taf. IX) führen die Reduktionsteilung in der Pollenmutterzelle vor. Sowohl in der Seilenansicht, wie in der Pol- ansicht der Kernplatte fällt eine Erscheinung auf, die Jene, denen die von den Insekten her bekannten Bilder vorschweben, auf den Gedanken bringen könnten, sie hätten das längst gesuchte ge- schlechtsbestimmende ,,Heterochromosom" auch bei einer diöcischen Pflanze gefunden. Tatsächlich führt die Reduktionskernplatte von 1) Histol. Beitr., Heft VII, 1900, S. 20. 2) Note on the Nuclei of sonie uiiisexual Plauts, a. a. 0., Vol. XXIII, p. 341. 454 Eduard Strasburger, Melandyrum rubrum (Fig. 1, 2) einen Geminus, der sich durch fast doppelte Größe vor den 11 anderen Gemini ^) auszeichnet. Allen Reagentien gegenüber verhält sich dieser eine größere Geminus genau so wie die 11 anderen kleineren Gemini. Es ist nicht zu bezweifeln, daß er von einem Chromosomenpaar wie die anderen Gemini, nur von einem längeren, gebildet wird. Das lehren auch die Prophasen der E-eduktiousteilung, die nichts von einer sonstigen Verschiedenheit bei ihm verraten. Auch findet die Trennung der beiden Chromosomen, die den größeren Geminus bilden, mit be- ginnender Anaphase, genau so statt wie das Auseinanderweichen der kleineren (Fig. 3, 4). In einem Worte, wir haben dasselbe Bild vor Augen, wie bei anderen Pflanzen, deren Reduktionskernplatte von ungleich großen Gemini gebildet wird, so daß als Besonderheit für Melandryum rubrum nur verbleibt, daß es ein Geminus ist, der in seiner Größe von den anderen abweicht. Man findet je ein größeres Chromosom in späteren Anaphasen, auch in der Nähe der Spindelpole wieder, sowohl in der Seitenansicht (Fig. 5) als auch in der Polansicht (Fig. 6) der Anlagen. Die Erscheinung kehrt wieder in den homöotypischen Kernplatten des zweiten Teihings- schrittes (Fig. 7). Vergeblich mühte ich mich ab, zu finden, ob bei den eben geschilderten Teilungsvorgängen in den Pollenmutterzellen von Me- landryum rubrum sich etwas vollziehe, woraus man auf eine ungleiche Verteilung irgend welcher sichtbar zu machenden Substanzen, auf die Teilungsprodukte schließen könnte. Dieser Nachweis gelang mir nicht. Weder in dem Stadium Fig. 8 (Taf. IX), das die vier Enkelkerne — von denen drei sichtbar sind — tetraedrisch angeordnet in der Pollenmutterzelle, kurz vor Anlage der trennenden Scheide- wände zeigt, noch in der jungen Tetrade (Fig. 9). Ich habe eine überaus große Zahl derartiger oben erzeugter Tetraden darauf durch- mustert, ob sie konstante Verschiedenheiten in ihrer Färbung durch die Reagentien, der Menge ihres Cytoplasma, ihrer Kerngröße, oder der Größe ihrer Nukleolen zeigen, fand aber nichts dergleichen. Ein wahrnehmbarer Unterschied in dem Verhalten der Teilungs- produkte trat mir erst nach vollzogener Teilung des Pollenkorns in die generative und die vegetative Zelle entgegen (Fig. 10). Der Kern der vegetativen Zelle ist stets umfangreicher und mit einem 1) Durch ein bedauerliches Versehen steht statt 12 die Zahl 8 in meiner früheren Mitteilung a. a. 0., S. 34. Bei M. G. Sykes, a. a. 0., S. 341 ist bie Zahl 12 richtig angegeben. über geschlechtbestimmeDde Ursachen. 455 weit größeren Kernkörperchen versehen. Veranlaßt ist diese Ver- schiedenheit nicht durch den Teiluugsvorgang des primären Pollen- kerns, der in durchaus typischer Weise erfolgt und völHg gleiche Produkte liefert, sondern durch das Reifen der beiden Tochterkerne unter verschiedenen Bedingungen. Das geht aus meinen kürzlich wieder von jener Pollenteilung gegebenen Schilderungen hervor'). Der primäre Kern rückt in peripherische Lage im Pollenkorn, um sich zu teilen, und seinem generativen Tochterkern wird als Cyto- plasma im wesentlichen nur die Hälfte des Phragmoplasten zugeteilt. Dadurch erfährt das Vachstum dieses Kerns und die Größe seines Kernkörpercheus eine entsprechende Einschränkung. Das gene- rative Kernkörperchen anders als das vegetative zu färben gelang trotzdem nicht. Da die Größe des generativen Kernkörpercheus einige Schwankungen zeigte, so habe ich auf dieses Verhalten mein Augenmerk gerichtet und zahlreiche Bilder davon aufgenommen. Zwei extreme Fälle mögen hier in den Fig. 11 und 12 vorgeführt werden. Ich konnte mich fragen, ob die sexuelle Tendenz der dem generativen Kern entstammenden beiden Spermakerne nicht in Be- ziehung stehe zu der Menge der ihnen zugeteilten Nukleolarsubstanz. Das läßt sich aber nicht annehmen, da der Vergleich alsbald lehrte, daß ähnliche Schwankungen der Nukleolargröße auch den gene- rativen Kernen hermaphroditer Angiospermen zukommt. Die ge- ringere Größe des Nukleolus im generativen Kerne des Pollenkorns ist, wie gleich hinzugefügt sei, eine allgemeine Erscheinung bei Angiospermen, über die, neben anderen Beobachtungen, zwei Ar- beiten aus hiesigem Institut demnächst berichten werden. Um über den Inhalt fertiger, zum Aufspringen bereiter Antheren, ebensolcher wie sie in Querschnitten zu den Bestäubungsversuchen gedient hatten, mich zu orientieren, untersuchte ich sie im fixierten Zustande an tingierten Mikrotomschnitten. Es galt mir festzustellen, ob die ausgereiften Pollenkörner von Melandryum rubrum einander völlig gleichen, oder ob sie erkennbare Unterschiede zeigen. Die ur- sprüngliche Anordnung der Pollenkörner, wie sie aus ihrer Ent- stehung sich ergibt, mußte in den Mikrotomschnitten unverändert vorliegen. Vielfach konnte aus den Gruppierungen der Körner sogar der Schluß ihrer gemeinsamen Entstehung aus einer Mutter- zelle gezogen werden. In jeder Antherenhälfte war ein schwankender Prozentsatz geschrumpfter, sicher unbrauchbarer Pollenkörner ver- Ij Chromosomenzahlen usw. Jahrb. f. wiss. Bot., Bd. XLV, 1908, S. 523 ff. 456 Eduard Strasburger, treten. Doch auch die normalen Pollenkörner zeigten gewisse Unterschiede in ihrer Größe. Im allgemeinen stimmten die vier zusammengehörigen Pollenkörner in dieser Beziehung überein (Fig. 13, Taf. IX); es konnten aber auch zwei von ihnen etwas größer, zwei etwas kleiner sein (Fig. 14, 15). Seltener kam es vor, daß nur ein Korn der Tetrade in seinem Volumen von den anderen abwich, oder wo die Größenunterschiede für alle vier Körner auffielen. Das Üherwiegen der Gesamtzahl größerer Körner war oft ein solches, daß es sehr wohl mit der Vorherrschaft der Weibchen bei dieser Spezies sich in Verbindung hätte bringen lassen. Daß größere Pollenkörner im Vorteil gegen kleinere sein könnten, war denkbar. Ihr Schlauch mochte kräftiger wachsen und rascher die Eier er- reichen. Die mit schwächerer männlicher Tendenz ausgestatteten Pollenkörner wären danach unter den größeren zu suchen. Das anzunehmen erschien sehr verlockend; hätte sich doch damit endlich ein greifbares Moment für die vorausgesetzte sexuelle Verschieden- wertigkeit der Pollenkörner ergeben. Leider wurde meine Hoffnung auf diesen Erfolg bald abgeschwächt. Es geschah das, als ich die hermaphrodite Lijchnis flos jovis zum Vergleich heranzog und nun feststellen mußte, daß auch sie ähnliche Größenschwankungen ihrer Pollenkörner wie Melandrymn rubrum aufweist. Ahnliches zeigte mir auch die hermaphrodite Silene fimhriata. Die Pollenkörner von Melandnjiim rubrum lassen zudem, wenn man von ihren ge- ringen Größendifferenzen absieht, nichts in ihrem Inhalt erkennen, woraus man auf dessen Verschiedenheit schließen könnte. Man erblickt dort stets denselben, als unregelmäßig konturiertes Gebilde sich kennzeichnenden vegetativen Kern, dieselben zwei kleinen, aus der Teilung der generativen Zelle hervorgegangenen Spermazellen (Fig. 16, Taf. IX). Das Endergebnis aller meiner Bemühungen, bei der Pollenbildung von Melandryum rubrum sichtbare Anknüpfungs- punkte für Sondervorgänge zu gewinnen, an welche sexuelle Ver- schiedenheiten sich würden anknüpfen lassen, fielen somit negativ aus. Daß der Vorgang sich ohne weiteres aus der Trennung der vom Vater und von der Mutter stammenden Chromosomen bei der Reduktionsteilung ableiten lassen sollte, ist ausgeschlossen, da entsprechende sexuelle Scheidungen sich auch bei somatischen Teilungen, die auf Längsspaltung aller Chromosomen beruhen, voll- ziehen, und das auch in haploiden Generationen, wo die Chromo- somen nur in einfacher Zahl zur Verfügung stehen. Ob irgend ein Stoff ungleich auf die Teilungsprodukte, ob diese nun aus einer Re- über geschlechtbestimmende Ursachen. 457 duktionsteilung oder einer somatischen Teilung hervorgehen, bei solchen sexuellen Scheidungen repartiert wird, könnte nur ganz theoretisch erwogen werden. Unbestreitbare Tatsache ist hingegen, daß bei einem so scharf sexuell gesonderten Diöcisten wie Me- landryum rubrum, kein solches von anderen Chromosomen in seinem Verhalten abweichendes „Heterochromosom" im Spiele ist, wie man es bei Arthropoden gefunden, und in Beziehung zu den sexuellen Scheidungen gebracht hat. Heterochromosomen sind mir auch bei anderen diöcischen Pflanzen nicht begegnet, im Pflanzen- reich überhaupt nicht bekannt. Die besonders von Zoologen zitierte Angabe für Salomonia biflora, einer Polygalee, bei der Ira D. Cardiff) ein pflanzliches Heterochromosom beobachtet zu haben meinte, sollte man nicht weiter anführen, da es sich sicherlich in diesem Falle um eine andere Erscheinung, zudem bei einer hermaphroditen Pflanze, handelte. Ira D. Cardiff hat es übrigens selber nicht versucht, das Gebilde, das sie als unpaares ungeteiltes Chromosom nach dem einen Pol der Reduktionsspindel wandern ließ, in Beziehung zu der Geschlechtsbestimmung zu bringen'-). Den negativen Befunden bei Pflanzen gegenüber behalten die bei Arthropoden sichergestellten Tatsachen bei alledem eine große Bedeutung. Es wird Aufgabe der Zukunft sein, diese einander scheinbar widersprechenden Beobachtungen unter höheren einheit- lichen Gesichtspunkten zu vereinigen. Th. Boveri^) versucht das anzuregen, indem er von der Annahme ausgeht, daß es der „Chro- matinbestand" ist, der über das Geschlecht der nächsten Generation entscheidet. Ein Mehr von Chromatin soll die Entstehung von Weibchen veranlassen. Th. Boveri knüpft an die C. Correns- schen Bryonia-Y ersuche an und meint, daß die gemachte Annahme auch dort gelten könnte, und daß die beiderlei Pollenkörner, die über das männliche bezw. weibliche Geschlecht der Nachkom-men entscheiden sollen, sich in ihrem Chromatinbestand unterscheiden. Meine Untersuchungen haben für eine solche Verschiedenheit im Chromatingehalt der Pollenkörner diöcischer Angiospermen keinerlei Anknüpfungspunkte zu beschaffen vermocht. 1) A Study of Synapsis and Keduction. Contributions from the Dept. of Bot. of Columbia Univ., No. 228. Bull, of the Torrey Bot. Club, Vol. XXXIII, 1906, p. 288. 2) Vgl. auch meine frühere Bemerkung zu dieser Angabe in Zeitpunkt der Be- stimmung des Geschlechts usw., 1909, S. 23. 3) Über Beziehungen des Chromatins zur Geschlechts -Bestimmung. Sitzungsber. der Physik.-med. Gesellsch. zu Würzburg, .Jahrg. 1908/09, Dez. 1908, Sonderabz. S. 4, 9. 458 Eduard Strasburger, Die an den Pollenmutterzellen von Melandryum ruhruon ge- wonnenen Ergebnisse mußten naturgemäß in den Embryosackmutter- zellen kontrolliert werden. Die unsichere Orientierung der Samen- anlagen innerhalb der Fruchtknotenhöhle bringt es mit sich, daß eine unverhältnismäßig große Zahl solcher Samenanlagen durch- mustert werden muß, um die begehrten Entwicklungszustände zu liefern. Andererseits ist die große Zahl der Samenanlagen, die jeder Querschnitt durch den Fruchtknoten vereinigt, ein Gewinn. Die Fig. 21, Taf. IX führt uns die Reduktionsspindel in einer Embryosackmutterzelle von Melandryum rubrum in so glücklicher Lage vor, daß das Bild direkt mit jenen der Fig. 1 u. 3, Taf. IX identifiziert werden kann. In fortgeschrittener Anaphase dieses Teilungsschrittes finden wir je eines der größeren Chromosomen in den Tochterkern anlagen wieder (Fig. 22). So auch in den beiden bereits abgegrenzten jungen Tochterkernen (Fig. 23). Von den beiden aus der Teilung der Embryosackmutterzelle hervorgegangenen Tochterzellen teilt sich nur die untere. Der Kern der oberen Zelle bringt es nur bis zur Diakinese (Fig. 24), dann beginnt seine und seiner Zelle Desorganisation. In der unteren Zelle wird hingegen die homöotypische Kernteilung ausgeführt (Fig. 24) und ihr folgt die Zellteilung. Das längsgespaltene größere Chromosom ist in der Fig. 24 zu sehen. Es liegt an der rechten Seite der Spindel. Die unterste der drei Zellen, die aus der Embryosackmutter- zelle hervorgehen, wird zur Embryosackanlage. Die beiden anderen sterben ab, werden verdrängt und resorbiert (Fig. 2.5 a). Ein paar Mal begegnete es mir, zwei Embryosackanlagen nebeneinander in demselben Nucellus zu sehen. Über ihnen befanden sich die ver- drängten Schwesterzellen, so daß sie augenscheinlich ihren Ursprung zwei Embryosackmutterzellen verdankten. Wenn die Pollenent- wicklung und nicht die Embryosackentwicklung uns vorläge, so würde als nächster Teilungsschritt jetzt jener folgen, der die gene- rative von der vegetativen Zelle im jungen Pollenkorn scheidet und die Verschiedenheit der Größe der Nukleolen in dem generativen und dem vegetativen Kern einleitet. Es fragte sich nun, ob eine ähnliche Differenz sich zwischen den beiden Kernen einstellt, die aus dem ersten Teilungsschritt des Kerns der Embryosackanlage hervorgehen und in deren beiden Enden, freilich ohne durch eine Scheidewand getrennt zu werden, Stellung nehmen. Das ist nun nicht der Fall, wie unsere Fig. 26, Taf. IX lehrt. Die beiden Tochterkerne der Embryosackanlage verhalten sich nicht nur bei ■ober geschlechtbestimmende Ursachen. 409 ihrer Entstehung, sondern auch weiterhin, völlig gleich, und führen auch gleich große Kernkörperchen. Diese sind wesentlich größer als der Nukleolus des generativen Kerns (Fig. 11 Taf. IX) im jungen Pollenkorn. Zu bemerken ist, daß die Größe der Nukleolen in der Embryosackanlage zugenommen hat, entsprechend ihrer be- vorzugten Ernährung. Das zeigt der Vergleich der Nukleolen in den beiden Kernen der Fig. 26 (Taf. IX) mit dem Nukleolus in dem Kern der Fig. 25b. Von dem zweikernigen Stadium an, hält sich die Größe der Nukleolen annähernd auf gleicher Höhe bis zur Ab- grenzung des Eiapparats (Fig. 27, Taf. IX). Während des Reifens des Eiapparats nimmt der Nukleolus des Eikerns, wie dieser selbst, etwas an Größe zu, während die Nukleolen und Kerne der beiden Synergiden etwas kleiner werden (Fig. 28 a und b, Taf. X). Am Scheitel der Synergiden differenzieren sich gleichzeitig die „Faden- apparate" (Fig. 28 a). Der sekundäre Embryosackkern wie sein Nukleolus zeichnen sich, entsprechend ihrem Ursprung aus zwei ver- schmolzenen Polkernen, durch besonderen Umfang aus. Es war nicht meine Absicht, ungeachtet der zahlreichen Pro- phasen, die mir in den Reduktionskernen der Pollen- und Em- bryosackmutterzellen hier wieder entgegentraten, Untersuchungen über Reduktionsteilung von neuem aufzunehmen. Nur soviel möchte ich bemerken, daß die Bilder, die ich zu sehen bekam, keine Ver- anlassung zur Modifizierung meiner Deutung des Vorgangs abgaben. Ein Stadium aus der Prophase im Reduktionskern der Embryosack- mutterzelle, habe ich in Fig. 17, Taf. IX abgebildet, weil es die doppelte Zusammensetzung der Schlingen, während ihrer auf die Synapsis folgenden Streckung, an vielen Stellen deutlich zeigte. Dann führe ich in Fig. 18 einen Zustand vor, der die Doppel- chromosomen gesondert zeigt und der sehr an eine Figur gleichen Stadiums erinnert, die K. Miyake für Oaltonia dargestellt hat'). Endlich in der Fig. 19, eine noch spätere Phase, die ebenfalls sich wie Oaltonia verhält, und die getrennten Chromosomen zum Teil in gewundenen Schnüren auf einander folgend, zum Teil einander frei gegenübergestellt, zeigt. Diese völlige Befreiung der Chromo- somen aus dem paarigen Verbände, in welchem sie dicht aneinander- gefügt die jüngeren Stadien der Prophasen durchmachten, eine Erscheinung, die uns zunächst bei den Monokotylen Tradescantia 1) Die Eeduktionsteilung in den Pollenmutterzellen einiger Monokotylen. Jahrb. f. wiss. Bot., Bd. XLII, 1906, Taf. III, Fig. 18. Jahrb. f. wiss. Botanik. XLVIH. 30 460 Eduard Strasburger, und Oaltonia entgegengetreten war, dürfte sich als weit verbreitet unter den Dikotylen erweisen. Ich selbst konnte sie bereits bei einer ganzen Anzahl dieser Pflanzen wahrnehmen. Theo J. Stomps^) konstatierte sie neuerdings bei Spinacia oleracea und schilderte sie dort eingehend. Das Wesen dieser Erscheinung liegt somit darin, daß die homologen Chromosonen des Heduktionskerns, nachdem sie miteinander gepaart, die Stadien der Streckung durchgemacht haben, sich bei ihrer nunmehr folgenden Verkürzung ganz voneinander trennen und nur noch durch Lininfäden an den Enden verbunden bleiben, sich vielfach zu längeren Schnüren aneinander reihend. Um als Paare in die Reduktionsspiudel einzutreten, legen sich die homologen Chromosomen dann wieder mehr oder weniger voll- kommen aneinander. Da das diesem Vorgang vorausgehende Stadium die Chromosomen aufeinander folgend, ja bei manchen Objekten eine unter Umständen einzige Schnur bildend zeigt, in der man die diploide Zahl der Chromosomen abzählen kann, hier- auf sich diese Chromosomen zu den Gemini der Reduktionsplatte zusammenlegen, so wird man wohl noch oft den Schwerpunkt des Reduktions Vorgangs in diese Erscheinung verlegen. Ich selbst habe auf dem schwierigen Wege, der in mühevollen Schritten bei der Erforschung der Reduktionsteilung zurückgelegt werden mußte, die Zeiten einer solchen Deutung durchgemacht^), diese Deutung dann aber aufgegeben, als ich vollständigeren Einblick in die dieser Er- scheinung vorausgehenden Stadien gewann^). Bei der Teilung des Kerns des jungen Pollenkorns von Melan- dryum rubrum in den generativen und den vegetativen Tochterkern, ist ebensowenig von einer Verschiedenheit der beiden Anlagen zu bemerken, wie bei der Teilung des Kerns der Embryosackanlage, wenn dieser in die beiden Tochterkerne zerlegt wird, von denen der obere den generativen Eiapparat, der untere die vegetativen Antipoden liefern. In den Pollenkörnem macht sich ein Unter- schied zwischen dem generativen und vegetativen Kern erst nach ihrem Einschluß in ihre beiden Zellkörper geltend und ist auf die Verschiedenheit der Bedingungen zurückzuführen, die in diesen Zell- körpern herrschen. Ein solcher Unterschied fällt für die beiden 1) Kerndeeling en Synapsis bij Spinacia oleracea. Acad. Proefschr., Amsterdam 1910. 2) Über Reduktionsteilung. Sitzungsber. d. Akad. d. Wiss. zu Berlin, Phy.sik.- mathem. Klasse, Bd. XVIII, 1904, S. 587. 3) Typische und allotypiscbe Kernteilung. Jabrb. f. wiss. Bot., Bd. XLII, 1905, S. 35. Vgl. auch die zuvor zitierte Arbeit von Theo J. .Stomps. über geschlechtbestimmende Ursachen. 461 Tochterkerne weg, die aus dem ersten Teilungsschritt in der Em- bryosackanlage hervorgehen, entsprechend dem Umstand, daß sie in einem gemeinsamen Zellleib bleiben. Der kleine Nukleolus der dem generativen Kern, in der entsprechend kleinen generativen Zelle des Pollenkorns zufällt, verharrt auch weiter in seinen be- scheidenen Dimensionen. Da dieses Verhalten allgemein für An- giospermen gilt, so erklärt sich hieraus, daß die Nukleolen, welche die Spermakerne an den Keimkern und den Endospermkern liefern, so bedeutend an Größe dem Nukleolus des Eikerns und des sekun- dären Embryosackkerns nachstehen. Diese Erscheinung war mir schon bei meinen ersten Beobachtungen des Befruchtungsvorgangs bei den Angiospermen aufgefallen, sie findet hiermit ihre ursäch- liche Aufklärung. Da ich auch im Ei, während der Befruchtung, nachprüfen wollte, ob nicht etwa die Größenverhältnisse der von den Spermakernen stammenden Nukleolen konstante Unterschiede zeigen, die man in Verbindung mit der Geschlechtsbestimmung bringen könnte, führte ich eine sehr große Zahl von Zeichnungen aus, die sich auf diesen Zustand beziehen. Einige von ihnen wähle ich zur Veröffentlichung aus (Fig. 29—33, Taf. X). Sie zeigen alle Stadien der Verschmelzung von Spermakern und Eikern, zugleich daß, ebenso wie im generativen Kern des Pollenkorns, die Größe der Nukleolen des Spermakerns schwankend ist, doch die Extreme durch Übergänge verbunden sind. In dem Keimkern Fig. 32, der in die Prophasen der Teilung bereits eingetreten war, sind die beiden Nukleolen in Verschmelzung begriffen. Einen auch bei andern Angiospermen schon beobachteten Fall, führt die zweizeilige Keim- anlage Fig. 33 vor, in welcher die beiden Kerne je zwei Nukleolen verschiedener Größe zeigen. Es liegt nahe anzunehmen, daß es die Nukleolen väterlichen und mütterlichen Ursprungs sind, die es nicht zur Verschmelzung im Keimkern brachten, oder deren Sub- stanz in den Tochterkernen wieder eine Trennung erfuhr. Möghcher- weise ist in solchen Fällen auch die gegenseitige Einordnung der vom Vater und von der Mutter stammenden Chromosomen zu homologen Paaren in dem Verschmelzungsprodukt noch unvollkommen. Ich kann mir vorstellen, daß unter solchen Umständen die Anziehung, welche die homologen Chromosomen aufeinander ausüben, nicht ganz gesättigt ist, und daß dieser Umstand in gewissen Ausnahme- fällen dahin führen könnte, daß in den beiden Tochterkernen, die aus der Teilung des Keimkernes hervorgingen, sich die Neigung geltend macht, miteinander zu verschmelzen. Das wäre ein Weg, 30* 462 Eduard Strasbiirger, auf dem eine unvermittelte Verdoppelung des Chromosomensatzes einer Pflanze sich begreiflich machen ließe, eine solche Leistung wie sie Oenothera gigas so schön in den Hugo de Vri es sehen Kulturen ausgeführt hat. Verschiedene Gründe sprachen bereits dafür, daß man diese Chromosomenverdopplung in das befruchtete Ei verlege'). Es ließe sich aber auch weiter denken, daß, wenn erst eine erste Verdoppelung der ursprünglichen Chromosomenzahl bei einer Pflanze erfolgt ist, die rasche Einordnung der Chromo- somen in den Keimkern, entsprechend ihren Affinitäten, noch er- schwert wird und damit Aussichten für neue Verdoppelungen des Chromosomensatzes schafi"t. Bei Wiederholung solcher Vorgänge dürfte aber wohl in den meisten Fällen die Grenze bald erreicht worden sein, bis zu der die Kerne eine Vermehrung ihrer Chromo- somen noch vertragen. Ein Nachdruck wäre endlich darauf zu legen, daß es, den hier vertretenen Anschauungen nach, die Be- fruchtung ist, welche die Bedingungen für solche Verdoppelungen des Chromosomensatzes schafft, und daß somit sich begreifen läßt, daß solche Verdoppelungen sich bei Oenothera gigas und sicherlich in vielen anderen Fällen einstellen konnten^), während der Kern eines unbefruchteten, auf Befruchtung eingerichteten Eies es nicht fertig bringt, seine Chromosomenzahl zu verdoppeln, um sich die vom Keime verlangte diploide Chromosomenzahl zu beschaff"en. Es war weder bei den Teilungsvorgängen in den Pollenmutter- zellen, noch den Embryosackmutterzellen von Melandryum rubrum etwas von einer Verschiedenheit der Teilungsprodukte zu erkennen, immerhin galt es dieses Ergebnis auch in den somatischen Kernen männlicher und weiblicher Pflanzen zu kontrollieren. Die Erfahrung lehrte mich, daß man zur schnellsten und klarsten Erkenntnis solcher Verhältnisse an Wurzelquerschnitten gelangt. Diese galt es also zu untersuchen. Das sonst von uns beliebte Verfahren, den Keim- pflanzen solches üntersuchungsmaterial zu entnehmen, konnte hier keine Anwendung finden. Die Wurzeln mußten von älteren Pflanzen abstammen, die ihr Geschlecht durch entsprechende Blütenbildung anzeigten. Um viel Kernteilungen zu erlangen, setzten wir Steck- linge aus kräftigen Blattrosetten beider Geschlechter in Blumen- töpfe ein und ließen sie sich bewurzeln. War das geschehen, so 1) R. R. Gates, The Stature and Chromosomes of Oenothera gigas. Archiv für Zellforsch., Bd. III, 1909, S. 544 und Ed. Strasburger, Chromosomenzahl, Flora, Bd. 100, 1910, S. 410. 2) Vgl. meinen Aufsatz: Chromosomenzahl, an verschiedenen Stellen. über gesclilechtbestimmende Ursachen. 463 führten wir die Pflanzen in ein Gewächshaus ein, und heizten es bis auf etwa 25" C. Anderthalb Stunden später fixierten wir die Wurzelspitzen. Die Querschnitte durch diese Wurzeln führten zahlreiche Kern- platten in Polansicht vor, es fehlte zudem nicht ganz an Seiten- ansichten der Teilungsbilder. Eine größere Anzahl von Schnitten mußte aber stets wieder durchmustert werden, wenn es galt, die Polansicht einer Kernplatte zu finden, die eine glatte Zählung der Chromosomen zuließ. Bei gedrängterer Lage der Chromosomen in kleineren Zellen zeigte sich stets eine Anzahl von ihnen mit den Enden verbunden und es ließ sich nicht immer entscheiden, wie viel Chromosomen in einem solchen Komplex vertreten seien. Nur in größeren Zellen waren die Chromosomen frei, zudem annähernd horizontal ausgebreitet und damit ihre Anordnung und Länge klar. Wo sie sich, wie zumal in kleineren Zellen, nach den Polen ge- richtet zeigten, erschwerte das den Einblick. Als Ergebnis der Untersuchung stand alsbald fest, daß die Wurzeln der Männchen (Fig. 37, 39, Taf. X) und Weibchen (Fig. 35, 36) übereinstimmend 24 Chromosomen in 12 Paaren führen. In den Wurzeln der Männchen wie der Weibchen zeichnet sich ein Chromosomenpaar, dasselbe, das uns als Geminus in den Keduktionsteilungen ent- gegentrat, durch bedeutendere Länge aus (Fig. 37, 38, 35, 36). Ein Unterschied ist zwischen Männchen und Weibchen auch in dieser Beziehung nicht vorhanden. Auch ist weiter festzustellen, daß die beiden Chromosomen, welche das größere Paar bilden, einander gleichen (Fig. 37 u. 35). Es ist klar, daß, wenn alle Chromosomen nach den Polen zu emporgerichtet sind, die Sicherheit darüber, welches Paar das größere sei, schwindet. In der Kernplatte Fig. 39 schien sich beim Wechseln der Einstellung diese Größen- differenz für das Paar zu ergeben, das links oben im Bilde liegt. Merkwürdigerweise ließ eine stark zusammengedrängte Kernplatte (Fig. 36) mit polwärts gerichteten Chromosomen, die einer kleinen Zelle angehörte, nicht nur einen glatten Einblick in Zahl und An- ordnung der Chromosomen zu, sondern sie zeigte auch die beiden größeren Chromosomen flach ausgebreitet. In Fig. 37 liegt das größere Chromosomenpaar rechts inmitten des Randes, in Fig. 35 unten. In den Seitenansichten der Kernspindeln ist das größere Chromosomenpaar oft auch herauszufinden, so in Fig. 38. Selbst- verständlich werden in der Polansicht die beiden längeren Chromo- somen um so kürzer erscheinen, je schräger sie liegen. Auch wird 464 Eduard Stras'burger, es vorkommen, daß mau das eine Chromosom des Paares als flaches, das andere als gerades Stäbchen erblickt, wenn letzteres die haken- förmige Umkrümmung dem Beobachter zu- oder von ihm abwendet. Bei Anblick solcher Paare könnte man unter Umständen an einen Unterschied in der Gestalt der beiden längeren Chromosomen denken und darauf sexuelle Gegensätze zwischen ihnen aufbauen. Bei Häufung der Beobachtungen, wie sie eben an solchen Wurzel- querschnitten möglich ist, gelangt man aber zu dem völlig sicheren Ergebnis, daß beide längeren Chromosomen übereinstimmend haken- förmig gekrümmt sind, welche Erscheinung wohl zu ihrer größeren Länge in Beziehung steht. Die übrigen Chromosomen pflegen, wenn überhaupt, nur bogenförmige Biegung zu zeigen. Ob sie völlig einander gleichen oder auch unter ihnen konstante, wenn auch unbedeutende Größenunterschiede bestehen, will ich dahin- gestellt lassen. Eine Entscheidung in diesem Punkte ist schwierig, weil, wie Fig. 34 zeigt, die Kerne der ungleich großen Zellen der Wurzel nicht unbedeutende Größenunterschiede zeigen, die sich dann auch in bestimmtem Maße an den Chromosomen in den Teilungsstadien äußern. Der Chromatinreichtum ungleich großer Kerne ist augenscheinlich nicht völlig gleich, wenn es auch das Volumen der Kernvakuole ist, welches die Größendifferenz vor- wiegend bedingt. Das Kerngerüst ist im fixierten Zustande ganz an die Kernwandung gezogen und das Kernkörperchen scheint in- mitten der Kernvakuole zu schweben. Seine nicht unbedeutende Größe richtet sich nach dem Kernvolumen. Die gesonderten Chromosomen erscheinen innerhalb bestimmter Grenzen dicker oder dünner, je nachdem sie aus einem größeren oder kleineren Kern hervorgingen. Sie nehmen dementsprechend mehr oder weniger tingierbare Substanz in sich auf, die im wesentlichen aber nur ihre Dicke beeinflußt. Ihre gegenseitigen Längenverhältnisse bleiben dabei bestehen. Da jeder Kern einer solchen Wurzelspitze dieselbe Zahl diploider Erbeinheiten enthalten muß, so ist es nicht die je nach der Kerngröße wechselnde Menge der sich tingierenden Sub- stanzen, welche diese Erbeinheiten repräsentieren kann. Zu gleicher Meinungsäußerung regte mich vor kurzem der Anblick der ver- schiedenen Menge färbbarer Substanz an, welche der Befruchtungs- vorgang im Ei einer Urtica dioica zusammenführt^). Wie mich an 1) Sexuelle und apogame Fortpflanzung bei ürticaceen. Jahrb. f. wiss. Botan. Bd. XL VII, 1910, S. 259. über geschlechtbestimmende Ursachen. 465 zahlreichen, mit Hilfe des Zeichenprisma ausgeführten Skizzen, die ich von "Wurzelspitzen des Mclandryiim ruhrum entwarf, ausgeführte Messungen lehrten, sind Größenunterschiede von Kernen und Kern- körperchen in diesen Wurzeln, je nachdem sie von Männchen oder Weibchen herrühren, nicht vorhanden. Gleich kräftige Wurzeln, beiden Geschlechtern entnommen, verhalten sich völlig überein- stimmend in dieser Richtung. Würde das eine Paar größerer Chromosomen, welche Melan- dryum ruhrum aufweist, irgend welche Beziehungen zur Sexualität besitzen, so müßte ähnliches auch bei anderen angiospermenDiöcisten wiederkehren. Das ist aber durchaus nicht der Fall. Hingegen können uns auch bei ihnen mehr oder weniger wahrnehmbare Unter- schiede in den Chromosengrößen entgegentreten. Bei der von Theo J. Stomps untersuchten Spinacia oleracea sind von den sechs Chromosomenpaaren, welche die diploiden Kerne einer Wurzel führen, drei Paare länger und drei kürzer. Auch in den Kernplatten der Reduktionsspindeln der Pollenmutterzellen, sind Größenunterschiede der Gemini zu erkennen ^). Weder bei der Reduktionsteilung, noch bei dem homöotypischen Teilungsschritt in den Pollenmutterzellen von Spinacia oleracea, läßt sich aber, wie ich auch aus eigener Anschauung hinzufügen kann, etwas von einer ungleichen Verteilung der Chromosomensubstanz, oder irgend eines anderen Stoffes, auf die Teilungsprodukte erkennen. Aus dem eingehenden Studium der Pollenmutterzellen von Cannabis sativa ergab sich, daß auch ihre 10 Gemini völlig über- einstimmende Trennungen vollziehen, um die Tochterkerne mit je 10 Chromosomen zu versehen (Fig. 40 bis 46, Taf. X). Merkliche Unterschiede in ihrer Gestalt wiesen die 10 Gemini nicht auf, ge- ringe Massenunterschiede mögen aber vorhanden sein, welche aber nicht bestimmt kontrollierbar sind. Daß jeder Geminus mit zwei völlig übereinstimmenden Chromosomen die beiden Tochterkerne versorgt, ist den Figuren 41, 43, 44 und 45 leicht abzusehen. Die Fig. 46 stellt zwei Ansichten einer Pollenmutterzelle in vorgerückter Anaphase dar. Die Achse der Teilungsfigur stand annähernd senkrecht. In a ist die obere Tochterkernanlage in Polansicht, in b die untere Tochterkernanlage von ihrer Innenseite aus zu sehen, die letztere in etwas schräger Lage. Für einen Unterschied zwischen 1) A. a. 0., S. 74. 2) A. a. 0., Tafel III. 466 Eduard Strasburger, diesen beiden Anlagen fehlten Anknüpfungspunkte. Ebensowenig ließ sich von einer ungleichen Verteilung sonstiger Substanzen auf die beiden Hälften der Pollenmutterzelle etwas erkennen. Solches gelang mir auch nicht in dem Stadium der Fig. 47, welche die Kerne nach dem zweiten Teilungsschritt in dem noch einzelligen Cyto- plasma tetraedrisch angeordnet zeigt. Wurzelspitzen männlicher und weiblicher Individuen von Canndbis sativa wurden jungen Topf- pflanzen entnommen, nachdem sie im Viktoriahaus unseres Gartens etwa zwei Stunden verweilt hatten. Die Fig. 48 ist dem Wurzel- querschnitt einer männlichen Pflanze, die Fig. 49 dem einer weib- lichen Pflanze entnommen. In beiden Fällen zeigt die Kernplatte 10 Paare Chromosomen. Gewisse Größenunterschiede der Paare fallen auf, doch habe ich sie nicht weiter auf ihre Konstanz studiert. Daß in irgend einem der Paare die beiden Chromosomen hätten verschieden sein sollen, müßte ich in Abrede stellen, ebenso daß etwa das eine Geschlecht ein Chromosom führt, das dem an- deren fehlt. Das erste der neuen Präparate von Pollenmutterzellen der Mercurialis annua, das ich studierte, brachte mir eine Überraschung. Dieses Präparat führte nämlich außer anderen Teilungsstadien auch den in Fig. 52, Taf. X dargestellten Zustand, der die vorgerückteren Anaphasen der Reduktionsteilung darbot. Die Fixierung war beson- ders schön ohne alle Schrumpfung gelungen und die Lage des Bildes so günstig, daß schon der erste Blick lehrte, daß die reduzierte Zahl der Chromosomen von Mercurialis dioica 8 beträgt und nicht 7, wie ich das zuvor angegeben habe ^). Demgemäß ist auch die diploide Zahl zu korrigieren, die nicht 14, sondern 16 ausmacht. So klein auch die Gemini der Pollenmutterzellen der Mercurialis annua sind (Fig. 50 bis 52) so läßt sich doch sicher erkennen, daß ihnen kon- stante Größenunterschiede zukommen. Das fällt schon in Seiten- ansichten der Reduktionsspindeln auf (Fig. 50), besonders aber deuthch zeigte dies die schon zuvor zitierte Anaphase der Fig. 52. Ich will mich auf die Angabe beschränken, daß vier Gemini, und dem entsprechend dann auch vier Chromosomen, größer und vier kleiner sind. Eine sehr eingehende, speziell auf diesen Punkt ge- richtete Untersuchung würde jedenfalls lehren, daß hier noch weiter- gehende konstante Größenunterschiede wiederkehren. Die Teilungs- 1) Das -weitere Schicksal meiner isolierten, weiblichen Mercurialis awnwa-Pflanzen. Zeitschi-, f. Bot., I. Jahrg., 1909, S. 518. über geschlechtbestimmende Ursachen. -i&T Produkte der Pollenmutterzellen gleichen auch hier einander, d. h. sie gleichen einander so weit, als die direkte Wahrnehmung guter, verschieden gefärbter Präparate Unterscheidungen zuläßt. — Ent- sprechend behandelte Wurzelspitzen von Männchen und Weibchen zeigen in Querschnitten, die richtig orientierte Kernplatten enthalten, 8 Chromosomenpaare. Man muß freilich nach solchen Kernplatten, die alle Chromosomen getrennt zeigen und diese Feststellung ge- statten, meist längere Zeit suchen. Im Verhältnis zu den Chromo- somen der Pollenmutterzellen sind jene der Wurzelspitzen gestreckter. Ihre Größenunterschiede fallen auf, werden aber zum Teil verwischt, durch ihre verschiedene Orientierung. Alle jene Chromosomen, die nicht ganz horizontal, d. h. in der optischen Ebene liegen, sieht man ja in der Verkürzung. Immerhin führt die Betrachtung der Schnitte bald zum sicheren Ziel. Die Fig. 54 und 55, Taf. X geben die Polansichten zweier Kernplatten aus einer weiblichen, die Fig. 56 einer Kernplatte aus einer männlichen Wurzel wieder. Die von den homologen Chromosomen gebildeten Paare treten meist deutlich hervor, doch können auch Verschiebungen vorkommen, nicht selten auch zwei zusammengehörende Chromosomen aufeinander folgen. Die ganz bestimmte Frage, mit der ich diesem früher schon von mir untersuchten Objekt diesmal gegenüberstand, bewirkte auch die Beachtung von Einzelheiten, über die ich zuvor hinwegsah. Die Wichtigkeit solcher Einzelheiten tritt mit der Tiefe des Ein- blicks, den wir in dieses Gebiet der Forschung gewinnen, immer schärfer hervor. Der Augenblick wird jedenfalls bald kommen, wo auch jene, welche auf experimentellem Wege den Gesetzen der Erblichkeit nachforschen, sie werden beachten müssen. Die ver- schiedene, erblich festgehaltene Größe der Chromosomen, die uns an immer zahlreicheren Objekten des Pflanzenreichs entgegentritt, wird in Bastarden einmal noch wertvolle Anknüpfungspunkte für die Beurteilung der Funktionen der einzelnen Chromosomen ab- geben. Wir bewahren im hiesigen Institut besonders instruktive Prä- parate auf, die sich hier jeder ansehen kann. An vielen von ihnen kann man sich nicht nur von einer Anordnung der Chromosomen diploider Kerne in Paaren, sondern auch davon, daß, wo ungleich große Chromosomen vorliegen, die Paare von gleich großen gebildet werden, auf den ersten Blick überzeugen. Ich will Mercurialis annua nicht verlassen, ohne auf das Bild hinzuweisen, welches ich von einem ihrer jungen Pollenkörner ent- 468 Eduard Strasburger, worfen habe, das seine Trennung in die generative und die vege- tative Zelle vor kurzem vollzogen hatte (Fig. 53, Taf, X). Der bedeutende Größenunterschied, welchen die Nukleolen des gene- rativen und des vegetativen Kerns zeigen, fällt hier, entsprechend dem, was ich bei Melandryum rubrum darüber mitgeteilt habe, wieder sehr in die Augen. Ich untersuchte auch weiter noch Bnjonia dioica. Ob die 10 Gemini in den Reduktionskernplatten ihrer Pollenmutterzellen gleich groß sind, will ich nicht entscheiden. Größenunterschiede, falls vorhanden, sind jedenfalls nicht auffällig. Die Teilungsprodukte gleichen einander morphologisch. Die Fig. 57 (Taf. X) führt eine Tetrade von Bnjonia dioica gleich nach ihrer Bildung vor. Ich suchte sie nach Möglichkeit genau im Bilde wiederzugeben. Der Vollständigkeit wegen berichte ich hier im Anschluß an diese meine Angaben über eine Untersuchung von Chester Arthur Darling'), die sich ebenfalls die Aufgabe stellte, nach etwaigen Verschiedenheiten der Teilungsprodukte von Pollenrautterzellen di- öcischer Pflanzen zu suchen. Gewählt wurde hierfür der diöcische Ahorn, Acer Negundo. Der Verfasser gibt an, daß in den Pollen- mutterzellen dieser Ahornart ein schwaches Liningerüst vorhanden sei, in welches Substanz einwandert, die in Gestalt von Knospen aus dem Nukleolus hervorsproßt. Das Kerngerüst nimmt an Tinktionsfähigkeit zu und gibt acht Chromosomen den Ursprung. Anderseits beginnen, vom Synapsisstadium an, dicke kurze Körper nacheinander aus dem Nukleolus zu treten und fügen fünf bivalente Chromosomen den acht anderen hinzu. Alle die 13 Chromosomen werden zu gleichen Hälften auf die Tochterkerne verteilt. Ist die Wandung um diese Tochterkerne gebildet, so sieht man in ihnen „eine große Chromatinmasse und mehrere kleinere von etwas wech- selndem Umfang. Viele Beobachtungen scheinen anzuzeigen, daß die kleineren Chromatinmassen in eine größere Chromatinmasse übergehen, in einem der Tochterkerne, während sie in dem anderen Tochterkern sich zu zwei Chromatinmassen von ungleichem Umfang vereinigen". „Das scheint ein sehr allgemeines Phänomen zu sein." „In sehr wenigen Fällen jedoch waren zwei Körper in jedem Tochterkern zu sehen." Als allgemeine Regel stellt sich weiterhin 1) Sex in dioecious Plante. Contributions from the Department of Botany of Co- lumbia üniversity, No. 239. Bull, of the Torrey Botanical Club, Vol. 3G, 1909, p. 177. über geschlechtbestimmende Ursachen. 469 eine Verschmelzung der beiden Körper auch in dem anderen Tochterkern ein, so daß beide Kerne alsdann einander gleichen. Auch bei dem zweiten Teilungsschritt fallen jedem der vier Enkel- kerne 13 Chromosomen zu. Nachdem diese Kerne eine Wandung erhalten haben, weisen sie mehrere Chromatinmassen in ihrem Innern auf, „und während die Verschmelzung dieser Massen fort- dauert, zeigt es sich, daß zwei Kerne, die von einem der Tochter- kerne entstammen, je eine Chromatinmasse mehr enthalten als die beiden anderen". Schließlich gewinnen aber auch die Chromatin- massen der vier Enkelkerne ein übereinstimmendes Aussehen. — Der vom Verfasser geschilderte nukleolare Ursprung von fünf Chro- mosomen in den Pcljenmutterzellen von Äccr Negundo soll der Entstehung von Idiochromosomen bei Insekten entsprechen. „So- weit als die Beobachtungen reichen", heißt es in dem Aufsatz, „scheint dieser Fall von Acer Negundo im allgemeinen jenen In- sekten zu entsprechen, die Wilson in seiner Klasse I vereinigt, wo die beiden Sorten von Spermatozoon, Idiochromosomen in der- selben Größe enthalten". Aus der Veröffentlichung von Chester Arthur Darling ist zu schließen, daß die Pollenmutterzellen von Acer Negundo 13 Ge- mini in ihrer Reduktionskernplatte führen und daß ihre Teilungs- produkte gleichmäßig den beiden Tochterkernen zufallen. Letzteres findet auch bei der homöotypischen Teilung statt, so daß die Enkel- kerne übereinstimmend mit je 13 Chromosomen ausgestattet werden. Also auch Acer Negundo verhält sich ebenso wie die andern von mir untersuchten diözischen Angiospermen. Daß von den 13 Ge- mini der Pollenmutterzellen des Acer Negundo, 5 dem Nukleolus entstammen sollten, widerspricht zu sehr allen sonstigen Erfahrungen an verwandten Pflanzen, um zulässig zu erscheinen. Damit würden aber auch die Anknüpfungspunkte wegfallen, die Ch. A. Darling in einem solchen Ursprung für die Heterochromosom-Natur von 5 Gemini zu finden meint. Beweise dafür, daß diese 5 Gemini sich in ihrem Verhalten von den 8 andern Gemini irgendwie unterscheiden sollten, fehlen bei Ch. A. Darling. Es bleibt die Angabe, daß die Tochter- kerne und Enkelkerne in den Pollenmutterzellen von Acer Negundo sich eine Zeitlang in der Zahl der „Chromatinkörper" unterscheiden sollen, die sie in den Telophasen aufweisen. Doch heißt es weiter, daß diese „Chromatinkörper" in allen Kernen schließlich zu je einem einzigen „Chromatinkörper" und zwar, wie aus der Schilderung und den Abbildungen von Ch. A. Darling sich ergibt, einem Körper 470 Eduard Strasburger, von übereinstimmender Grröße verschmelzen. Die Unterschiede die sich so vorübergehend geltend machen, und die bei Ch. A. Dar- ling den Gedanken anregten, „daß es nicht unmöglich sei, daß zwei Serien von Chromosomen vorliegen, die anhaltend verschiedenen Charakter besitzen, und daher verschieden gehandhabt bei der Rekonstruktion der Kerne werden", beruhen in Wirklichkeit nur darauf, daß die Nukleolarsubstanz sich in diesen wie in andern Kernen, entweder sofort zu einem einzigen Nukleolus zu sammeln vermag, oder daß sie dies zunächst an mehreren Stellen tut, um sich weiterhin erst in einem Nukleolus zu vereinigen. Das sind Unterschiede von ganz sekundärer Bedeutung, die man ebensogut in Pollenmutterzellen diöcischer als auch hermaphroditer Angio- spermen beobachten kann. Unter den Lythreen, die Johanna Maas im hiesigen Institut zurzeit untersucht, zeigen beispielsweise Cuphea procmnhcns und Lythntm salicaria, beide hermaphrodit, oft ganz ähnliche Unterschiede in der Zahl der in den Tochter- und Enkelkernen der Pollenmutterzellen auftretenden Nukleoli, wie sie Ch. A. Darling bei Acer Negundo zu sehen bekam. In den Pollenmutterzellen des diöcischen Melandryum rubrum und mehr noch der Bryonia dioica. kommen ähnliche Erscheinungen auch zur Beobachtung; während die ebenfalls diöcischen Spinacia oleracea. Cannahis sativa und Mercurialis annua fast durchweg an der Bil- dung von nur einem Nukleolus in Tochter- und Enkelkernen von Anfang an festhalten. Dasselbe ist der Fall bei Xajas major, die Clemens Müller zurzeit hier untersucht, und die nach Mono- kotylen-Art ihre Pollenkörner durch sukzedane Zweiteilung erzeugt. In allen Fällen, auch dem Fall, über den Ch. A. Darling be- richtet, sind es im übrigen übereinstimmende Mengen von Nukleolar- substanz, die den vier Teilungsprodukten der Pollenmutterzellen zu- fallen. Qualitative Unterschiede vermochte ich in diesen gleich großen Nukleolen auch nicht festzustellen. Daher es an Anknüpfungs- punkten dafür, daß es ihre Substanz sein könne, die in Beziehung zu der Sonderung der geschlechtlichen Tendenzen stehe, zunächst fehlt. Ich kehre nunmehr zu meinen männlichen Stöcken von Mer- curialis annua, die vereinzelte weibliche Blüten erzeugt hatten, zurück. Bevor ich sie schildere, schicke ich einige Angaben über die äußere Gliederung normaler männlicher Stöcke dieser Art voraus. Sie bilden in den Achseln ihre rgegenständigen Blätter gestreckte Scheinähren, die in den Achseln unscheinbarer Hochblätter Blütenknäuel tragen. über gescTilechtbestimmende TJrsachen. 471 Am Grunde jedes Blütenstandes entspringen hierauf schraubelartig verkettete Laubzweige, deren Zahl und Stärke sich nach der Kräftig- keit des Individuums richtet. Bei schwächeren Individuen tritt nur ein solcher Laubzweig auf, oder es fehlt auch dieser. Die Laub- zweige können rechts oder links von der Infloreszenz stehen. Meist wird an der Hauptachse die Seite, an der das geschieht, gleich- sinnig eingehalten. Bei kräftigen Individuen kommt noch ein schwacher Laubsproß, aus einer serialen Beiknospe in der Achsel zwischen dem Laubzweig und der Tragachse hinzu. Ich lasse nun die Beschreibung meiner männlichen Pflanzen folgen, an denen die weiblichen Blüten aufgefunden wurden. Jedem Individuum ist eine Nummer vorgesetzt und dieselbe Nummer er- hielt die Kultur, die es lieferte. Die Keihenfolge bestimmte der Zufall des Auffindens. I, ein ziemlich kräftiges Männchen, legte als seriale Beiknospe über dem untersten Laubzweige eine zweiblütige, weibliche Inflo- reszenz an, die zwei Früchte lieferte. II war ein verhältnismäßig kleines Männchen. Es trug in den Achseln des untersten Blattpaars je zwei männliche Scheinähren und über diesen als serialen Beispross je eine langgestielte weib- liche Blüte. Diese beiden Blüten wurden mit dem Pollen der Nachbarinfloreszenzen bestäubt und zeitigten Früchte. III, kräftiges Männchen, heferte an der einen Seite des zweit- untersten Blattpaars, als serialen Beisproß, einen männlichen Blüten- stand der mit einer terminalen weiblichen Blüte abschloß. Diese Blüte war mit einem Fruchtknoten versehen, der nicht zwei sondern drei Fächer führte und zur Frucht dann reifte. IV verhielt sich wie III, nur daß die weibliche Blüte dem drittuntersten Blattpaar angehörte und ihr Fruchtknoten zwei- fächerig war. V ebenso, der Fruchtknoten aber, wie in III, dreifächerig. Zur Zeit der Beobachtung das eine Fach dieses Fruchtknotens an- geschwollen, zwei Fächer geschrumpft. Diesem Beisproß gegen- über, auf der anderen Seite der Hauptachse ein Beisproß gleicher Stärke, doch männlich. VI zeigte, unter entsprechenden Verhältnissen, einen männ- lichen Beisproß in der Achsel eines Blattes des untersten Blatt- paares mit terminaler dreifächeriger Frucht. VII hatte ungewohnten Habitus. Ein Laubzweig aus der einen Achsel des untersten Blattpaares, dicht über dem Boden, war 472 Eduard Strasburger, schmächtig bis zu 50 cm Höhe emporgewachsen. In halber Höhe trug er an einem Beisproß von iibhcher Lage eine Frucht mit nur einem fertilen Fache. An seinen Gipfeln schloß der ganze Zweig mit einer endständigen zweifächerigen Frucht ab. VIII, kräftige, normal aussehende männliche Pflanze mit zwei- fächeriger Fruchtanlage an dem einen Beisproß des viertuntersten Blattpaares. Diese Fruchtanlage war mit mehreren männlichen Blüten zu einem Knäuel vereint. IX, sehr kräftige männliche Pflanze mit je einer weiblichen Blüte in drei verschiedenen Höhen an den gewohnten Beisprossen. Allen drei Blüten schienen dreifächerige Fruchtknoten zuzukommen, die aber in zwei Fällen nur je zwei Fruchtfächer, im dritten Falle nur ein Fruchtfach weiter gefördert hatten. X war abgemäht worden. Aus der Achsel seines zweiten Blattpaares, des obersten, das stehen blieb, entwickelte es kräftige Laubzweige. Dem schloß sich auf der einen Seite wieder ein Bei- sproß an, mit terminaler Frucht, die ein fertiles Fach lieferte. Zwischen diesem Beisproß und dem vor ihm stehenden Laubzweig trat dann noch ein Beisproß, als männliche Scheinähre, hervor. XI hatte, nachdem es ebenfalls abgemäht worden war, ähnlich wie X ausgetrieben. In den oberen Teilen der Pflanze fanden sich an den Beisprossen von zwei Ästen je zwei hermaphrodite Blüten in annähernd endständiger Lage vor. Die Zahl der Staubblätter stand in diesen Blüten gegen rein männliche stark nach, dessen- ungeachtet glichen diese Blüten darin den rein männlichen, daß sie alsbald abgestoßen wurden, ohne Frucht anzusetzen. XII war eine männliche Pflanze von abnormem Aussehen. Ihrem kahlen Stengel entsprangen erst in 45 cm Höhe Aste, welche die Hauptachse zur Seite drängten. Alle Aste waren reichlich verzweigt, die Blätter an ihnen auffällig klein. Die Hauptachse endete in zwei dreifächerigen Fruchtanlagen, die aber abgestoßen wurden. In ähnlicher "Weise schlössen auch fünf Seitenzweige mit weiblichen Blüten ab, denen übereinstimmend dreifächerige Frucht- knoten zukamen. An einem dieser Zweige stieg die Zahl der mit Fruchtknoten ausgestatteten Blüten bis auf 4, an einem anderen sogar bis auf 5. Ein Teil der letztgenannten Blüten hatte auch einige Staubgefäße entwickelt, wo dann ihre Fruchtknoten sich mangelhaft ausgebildet zeigten. XIII war die einzige der von mir beobachteten Pflanzen, die an ihren männlichen Scheinähren außer männlichen auch weibliche über geschlechtbestimmende TJrsaehen. 473 Blüten trug. Auch dieser Stock war über dem zweiten Knoten der Hauptachse abgemäht worden, worauf reiche Astbildung aus den zurückgebliebenen Knoten folgte. Unter diesen Asten trug ein Ast in einer Blattaclisel seines drittuntersten Blattpaars, an der ihr normaler Weise zukommenden Stelle, eine männliche Scheinähre, die mit einem Knäuel männhcher Blüten begonnen hatte, und weiter hinauf zwei aus männlichen und weiblichen Blüten gemischte Knäuel trug. In der Achsel des gegenüberliegenden Blattes war eine ähn- liche männliche Scheinähre zu sehen, die mit einem Knäuel, der nur aus weiblichen Blüten bestand, abschloß. Ein kräftiger Laub- zweig derselben Pflanze endete mit einer, einen zweifächerigen Fruchtknoten führenden weiblichen Blüte. Zudem hatte diese Pflanze weibliche Blüten an solchen Beisprossen aufzuweisen, wie wir sie schon mehrfach schilderten. Ich zählte 25 weibliche Blüten an diesem Stock, schätzte die Zahl seiner männlichen Blüten auf etwa 1000. XIV, ein nur mittelgroßes, doch kräftiges Männchen, entwickelte eine weibliche Blüte in der Achsel des einen der beiden Blätter des drittuntersten Blattpaars. Die Blüte nahm für sich allein jene Stelle zwischen Laubzweig und Hauptachse ein, an der sich der Beisproß entwickelt. Sie war fast sitzend, mit einem dreifächerigen Fruchtknoten ausgestattet, dessen drittes Fach aber zurückblieb. XV, kräftige männliche Pflanze, wurde absichtlich am 10. Ok- tober stark zurückgeschnitten. An einem der Laubzweige, die hierauf den Blattachseln entsprangen, bildete sich eine männliche Scheinähre, die an ihrem oberen Ende zwei weibliche Blüten mit dreifächerigen Fruchtknoten trug. Ein anderer Laubzweig erzeugte an einer stark verkürzten Scheinähre einen Knäuel männlicher Blüten, zwischen denen sich eine weibliche Blüte mit dreifächerigem Fruchtknoten befand. < XVI muß als die merkwürdigste unter den abweichenden Mercurialis awwwa-Pflanzen gelten, die mir begegnet sind. Es war aber in diesem Fall nicht ein Männchen um das es sich handelte, sondern ein Weibchen. Ihr auflfällig dicker holziger Stengel ver- zweigte sich erst in 22 cm Höhe. "Weiter hinauf zeigte er reiche Astbildung, wobei seine verhältnismäßig langen Aste sich im Bogen abwärts neigten, um sich an ihren Enden wieder emporzurichten. So erinnerte der Habitus dieses Pflänzchens an die Trauerform mancher unserer Bäume. Es hatte seine Entwicklung mit rein weiblichen Blüten begonnen. Nachdem es aber ein bestimmtes 474 Eduard Strasburger, Alter erreichte, begannen einzelne seiner Blüten, dann immer zahl- reicher werdende unter ihnen, männlich zu durchwachsen. Das Mittelsäulchen ihres Fruchtknotens setzte sich in eine dünne Achse fort, der eine größere Anzahl von Staubblättern entsprangen. Die Antheren dieser Staubblätter enthielten wohlausgebildeten Pollen. Mit dem Altern der Pflanze trat das männliche Geschlecht an ihr immer reichlicher vor. Zwar hörte sie nicht ganz auf, rein weib- liche Blüten zu erzeugen, doch immer häufiger wurden jene, deren Fruchtknoten ein Büschel von Staubblättern krönte. Zudem stellten sich eigenartige Mischungen zwischen den beiden Geschlechtern ein, welche nur mikroskopisch aufzuklären waren. Sie bestanden darin, daß in den Fruchtknotenfächern und zwar in beiden von ihnen, oder in nur einem Fach, statt einer einzigen Samenanlage, zwei oder mehrere Anlagen der Placenta entsproßten. Sie mochten noch alle als Samenanlagen ausgebildet sein, wenn auch nur un- vollkommen, oder Mittelbildungen zwischen Samenanlagen und An- theren darstellen und schließlich es im letzteren Falle bis zur Pollen- bildung in ihrem Innern bringen. An der alternden Pflanze traten immer zahlreicher werdende Fruchtknoten, nur noch mit Antheren an Stelle von Samenanlagen in ihrem Innern auf. Die Fruchtblätter schlössen dann nur noch unvollkommen am Scheitel zusammen, fuhren aber fort, dort Narbenpapillen zu erzeugen. Es kamen auch Fruchtknotenfächer zur Beobachtung, wo über einer Samenanlage, ein Placentarauswuchs sich stark verzweigt hatte und seine kurzen hin und her gekrümmten Zweige in Antheren abschloß, die zum Teil aus der oberen Öffnung der klaffenden Fruchtblätter hinaus- ragten. In solchen Fruchtknoten, deren Mittelsäulchen sich gestreckt hatten, um frei außerhalb der Fruchtfächer Staubblätter anzulegen, waren die Samenanlagen häufig ganz verbildet. Während die Pflanze im Laufe des Winters, wo sie in einem Kalthaus stand, und im nächsten Frühjahr langsam zurückging, prägten sich ihre männlichen Neigungen immer mehr aus, zudem stellten sich Vergrünungs- erscheinungen in den durchwachsenden Blüten ein. Die Antheren nahmen die Gestalt kleiner pfeilförmiger Blättchen an, auf denen die Staubfächer saßen. Oder die eine Hälfte der Antheren bildete einen Blattabschnitt, die andere allein war fertil. Die weibliche Blüte konnte sich auch ganz in ihre Blattgebilde auflösen. Auf ihre drei Perigonblätter folgten dann, in Zwei- oder Dreizahl, die Fruchtblätter, völHg getrennt, wenn in Dreizahl mit den Perigon- blättern alternierend, mehr oder weniger gewölbt, wenn mit den über gesctlechtbestimmende TTrsaclien. 475 Rändern nah zusammenschließend, ausnahmsweise aus einem Rande noch eine Samenanlage in die innere Höhlung entsendend. Über diesen Fruchtblättern trug das gestreckte freie Mittelsäulchen die Staubblätter, die unter Umständen schon in kürzer oder länger gestielte pfeilförmige Blättchen ganz verwandelt sein konnten. Diese Staubblätter alternierten mehr oder weniger vollkommen mit den Fruchtblättern. Die fertilen Staubblätter der weiblich-männlichen Blüten breiteten denselben honigartigen Duft aus, wie er für die männlichen Mereurialis anw^a-Pflanzen charakteristisch ist. Also auch dieses sekundäre männliche Geschlechtsmerkmal kam dem veränderten Weibchen zu. Es gelang ihm auch die Ausbildung männlicher Blüten, aus denen die Fruchtblätter ganz beseitigt waren, Blüten, die entweder ganz fertile oder mehr oder weniger vergrünte Staubblätter besaßen. An der jüngeren Pflanze bekam ich einige Male zwei einander aufsitzende Fruchtknoten zu sehen. An den alternden Pflanzen wuchs gelegentlich an einem in seiner Größe zurückgebliebenen, am Scheitel schlecht verschlossenen Fruchtknoten eine Samenanlage nackend zwischen den Narben hervor. — Ich beschränke mich hier auf diese kurze Schilderung des eigenartigen Pflänzchens, von dem ich Alkoholmaterial für eine etwaige spätere, von Abbildung begleitete Beschreibung aufbewahre. — Bemerkt sei noch, daß ich an der alternden Pflanze gelegentlich einige Milben sah, keine Anhaltspunkte aber dafür gewinnen konnte, daß das merkwürdige Verhalten dieser Pflanze irgendwie unter dem Einfluß von Parasiten stehe. Das waren die Pflanzen, die es uns zusammenzubringen gelang und die ich hier geschildert habe, um ihr geschlechtliches Verhalten in Hinblick auf ihre Nachkommenschaft festzuhalten. Etwaige sonstige Angaben aus der Literatur über sexuelle Abweichungen bei Mereurialis annua hier zusammenzustellen, hätte keinen Zweck ^). Nur möchte ich auf ein Bild in dem II. Bande der Mutations- theorie hinweisen, durch welches Hugo de Vries den Zweig einer männlichen Pflanze von Mereurialis annua veranschaulicht, die an ihren Scheinähren vereinzelte Früchte trägt ^). Uns ist ein solches Verhalten nur einmal ^), bei der mit XIII bezeichneten Pflanze, 1) Hierfür kann ich auf 0. Penzigs Pflanzen- Teratologie hinweisen, Bd. II, S. 286, und etwa noch auf H. Hoffmanns Aufsatz „Zur Geschlechtsbestimmung" in der Bot. Ztg. Ton 1871, S. 100. 2) S. 638, Fig. 144. 3) Nur einmal spontan, ein zweites Mal an der künstlich zurückgeschnittenen Pflanze Nr. XV. Jahrb. f. wiss. Botanik. XLVIII. 31 476 Eduard Strasburger, begegnet, es ist somit unter den Mercurialis anwwa- Rassen der Bonner Gegend rar. Hingegen mußte es auffallen, daß es beson- ders die Beisprosse unserer männlichen Pflanzen sind, an denen es dem weiblichen Geschlecht gelingt, sich zu manifestieren. Da solche Sprosse erst nachträglich den anderen hinzugefügt werden, so sind es bei uns ältere männliche Pflanzen, an denen man mehr Aussicht hat, Blüten des entgegengesetzten Geschlechts anzutreffen. Insofern war es ein unseren Zwecken dienstlicher Zufall, der es fügte, daß wir erst am Ende des Sommers nach solchen Pflanzen suchten. Unter den männlichen Individuen von Wlercurialis annua, an welchen wir weibliche Blüten antrafen, befanden sich zwei, Nr. X und XI, die neue Triebe erzeugt hatten, nachdem sie zuvor abgemäht worden waren. Die unter XV angeführte Pflanze entwickelte einige weib- liche Blüten, nachdem wir sie absichtlich stark zurückgeschnitten hatten. In diesen Fällen könnte die Auslösung des entgegengesetzten Geschlechtes in Beziehung zu diesen Eingriffen gebracht werden, doch ist nicht bewiesen, daß sie nicht auch von selbst erfolgt wäre. Denn unter etwa 200 männlichen Pflanzen, die wir absichtlich zurückschnitten, bildete nur eine die geschilderten weiblichen Blüten aus. Zahlreiche männliche wie auch weibliche Exemplare der Mer- curialis anmia, die Heyer') zurückschnitt, behielten rein ihr Geschlecht bei, und so war es auch bei den Versuchen, die seiner- zeit Autenrieth^) mit Mercurialis anstellte. Hingegen wollen Autenrieth und Mauz^) durch Zurückschneiden der Zweige, be- ziehungsweise Entfernen der Blüten männlicher Hanfpflanzen, an diesen mehr oder weniger hermaphrodite Blüten erzielt haben. Ich selbst*) wiederholte die Versuche vor Jahren beim Hanf mit durch- aus negativem Resultate, so daß nicht ausgeschlossen erscheint, daß Autenrieth und Mauz mit einer an sich schon zur Monöcie neigenden Hanfrasse operierten. Durch dauerndes Entfernen der Blütenknospen männlicher und weiblicher Stöcke von Melandryum al- hum vermochte ich damals auch nicht das Geschlecht zu beeinflussen^). 1) Untersuchungen über das Verhalten des Geschlechtes bei einhäusigen und zwei- häusigen Pflanzen usw. Bericht usw. des landw. Instit. der Univ. Halle, herausg. von Julius Kühn, Bd. I, 1884, Heft V, S. 42. 2) De discrimine sexuali jam in seminibus plantarum dioicaruni apparente. Tübingen, Diss. 1821. 3) Ygl. Flora 1822, Bd. II, vierte Beilage, S. 51. 4) Versuche mit diöcischen Pflanzen in Rücksicht auf Geschlechtsverteilung. Biol. Centralbl., Bd. XX, 1900, S. 773. 5) A. a. 0. über geschlechtbestimmende Ursachen. 477 Die Zahl der Samen, die ich von jenen raännlichefi Pflanzen, die mit I bis XV bezeichnet waren, erntete, konnte natürlich nicht bedeutend sein. So kamen denn Mitte März dieses Jahres in Töpfen zur Aussaat, von I: 3 Samen, von II: 3, von III: 5, von IV: 3, von VI: 7, von VII: 3, von VIII: 4, von IX: 2, von X: 6, von XII: 5, von XIII: 5, von XIV: 2, von XV: 3. Zudem hatte der Instituts-Techniker Hubert Sieben noch 20 Samen von ver- schiedenen männlichen Stöcken geerntet, die an ihrem Standort belassen worden waren. In V erwies sich das eine angeschwollene Fruchtfach der einzigen weiblichen Blüte als taub. In der Schil- derung von XI wurde schon erwähnt, daß es die wenigen Blüten, die hermaphrodit an ihm waren, abstieß. Nur ein Teil der geernteten Samen erwies sich als gut aus- gebildet, und keimte. Am 30. April verfügten wir über 36Pflänzchen und zwar von I über 2, von II über 2, von III über 3, von IV über 0, von VI über 4, von VII über 4, von VIII über 0, von IX über 0, von X über 4, von XII über 3, von XIII über 2, von XIV über 2, von XV über 0. Von den am ursprünglichen Standort gesammelten Samen gingen 13 auf. Aus 74 Samen hatten wir immerhin 36 Pflanzen, also fast genau die Hälfte erzogen, ein Ergebnis, das unter den angegebenen Um- ständen als recht günstig bezeichnet werden konnte. Da sämtliche Pflänzchen männlich waren, so mußte der Erfolg des Versuches als völlig eindeutig und überraschend positiv gelten, er bestätigte in vollem Maße die Erwartungen, die an ihn geknüpft waren. Die männlichen Pflänzchen von Mercurialis annua begannen, wie auch sonst, mit der Blütenbildung bereits auf den jüngsten Ent- wicklungsstadien, so daß ihr Geschlecht sechs Wochen nach der Aussaat schon überall festzustellen war. Um diese Zeit trugen sie ausschließlich rein männliche Blütenstände. Sie sollten aber in die MögHchkeit versetzt werden, eventuell nachträglich noch weibliche bezw. herniaphrodite Blüten zu bilden. Da nun die Auslösung des entgegengesetzten Geschlechts an männlichen Individuen dieser Pflanzenart, bezw. der uns hier vorliegenden Rasse, wenn überhaupt, sich erst spät, an kräftigen Stöcken, solchen, die zur Bildung von Beisprossen schreiten, einzustellen pflegt, so wurden die betrefi'enden Stöcke, zur Förderung ihrer Entwicklung, in gute Gartenerde frei verpflanzt. Sie gediehen dort gut, doch nicht so üppig, wie ich es gewünscht hätte. Unkräuter wollen eben nicht gepflegt werden. 31* 478 Eduard Strasburgef, Die Bildung von Beisprossen blieb ziemlich eingeschränkt. Es gelang nicht, bis in den Herbst hinein, weibliche Blüten an diesen männlichen Pflanzen zu beobachten. Das mit XVI bezeichnete weibliche Individuum, an welchem mit dem Alter sich männliche Tendenzen immer stärker geltend machten, hatte, auf den eigenen Pollen angewiesen, ziemlich viel Früchte angesetzt, in diesen aber nur wenig keimfähige Samen aus- gebildet. Denn von 55 Samen gingen nur 5 auf. Der Habitus der jungen Pflänzchen wich von dem der übrigen Keimlinge unserer Aussaat ab. Sie waren kräftiger und großblättriger. Nachdem sie etwa 8 cm Höhe erreicht hatten, begannen sie zu blühen. Ich er- wartete ihrem Habitus nach, daß sie Weibchen liefern würden. In Wirklichkeit erwiesen sich aber nur drei Individuen als weiblich, zwei waren männlich. Das änderte sich auch weiter nicht, nachdem die jungen Pflanzen ins Freiland gelangten, und dort alterten. Die Männchen blieben rein männlich und an den Weibchen stellten sich keine männlichen Durchwachsungen der weiblichen Blüten ein. Wäre 68 uns gelungen, eine größere Anzahl Nachkommen von dieser Pflanze zu erlangen, so hätten sich auch wohl Hermaphroditen von so eigner Zusammensetzung, wie es die Mutter war, unter ihnen eingefunden. Man konnte sie von Samen aus jener Zeit erwarten, wo in der Mutter die beiden Geschlechter sich das Gleichgewicht hielten. Die wenigen Samen, welche keimten, mögen aber, soweit sie Weibchen lieferten, der ersten Entwicklungszeit der Mutter, soweit sie Männchen erzeugten, einem der letzten Abschnitte ihres Lebens entstammen. Ebenso wie wir im vorigen Jahre gefunden hatten, daß der Pollen von vereinzelt an weiblichen Mercurialis annwa-Pflanzen er- zeugten männlichen Blüten in seiner männlichen Potenz geschwächt ist, zeigte sich dies im laufenden Jahr für die weibliche Potenz der Eier, die in vereinzelten weiblichen Blüten an männlichen Pflanzen entstanden waren. Zieht man aber aus diesen Versuchen den, wie mir scheint, berechtigten Schluß, daß die Potenz des durch die männlichen und die weibHchen Geschlechtsprodukte verkörperten Geschlechtes einer Abstufung fähig ist, so wird man auch weniger Bedenken haben, eine solche Abstufung als eine Einrichtung anzusehen, die sich bei den diöcischen Phanerogamen stabilisierte und auf der ihre Diöcie nunmehr beruht. Daß jene geschlechtliche Machtscheidung bei den phanerogamen Diöcisten auf das männliche Geschlecht be- über geschlechtbestimmende Ursachen. 479 schränkt blieb, hat seine guten, schon früher erörterten Gründe. Sie ist, wie jene sexuelle Scheidung, die wir in den Sporenmutter- zellen der diöcischen Moose feststellen konnten, an die Reduktions- teilung gebunden, phylogenetisch aber von jenem Vorgang bei den Moosen abweichend. Denn der geschlechtlichen Scheidung in den Sporenmutterzellen der diöcischen Moose geht keine geschlecht- liche Sonderung im Sporophyt voraus, die Sporenmutterzellen sind dementsprechend hermaphrodit und in ihnen vollzieht sich erst die Trennung von männlich und weibhch; bei den Phanerogamen bildete aber den Ausgangspunkt für die Diöcie eine zuvor schon vollzogene Trennung von männlich und weiblich im Sporophyt, so daß inner- halb der in ihrem Geschlecht bereits bestimmten Sporenmutterzellen weitere Trennungen sexueller Art, sich nur noch innerhalb desselben Geschlechts abspielen und nur seine Potenz betreffen konnten. Indem wir die bei den diöcischen Phanerogamen bei der Reduktionsteilung sich vollziehende Sonderung der männlichen Potenzen nach ihrem Verhältnis zu der weiblichen Potenz der Eier abschätzen, können wir von oprimierenden und oprimierten, also unterdrückenden und unterdrückten Pollenkörnern diöcischer Phanerogamen sprechen. Eigentlich müßten hier überall nicht die Pollenkörner, sondern die Spermakerne den Eiern gegenübergestellt werden, es somit opri- mierende und oprimierte Spermakerne heißen, doch füge ich mich, indem ich die Bezeichnung „Pollen" für diesen Begriff anwende, dem annähernd allgemein üblichen Brauch. Daß ich andererseits oprimierend und oprimiert und nicht dominierend und dominiert als Ausdruck für die relative Stärke der männlichen Potenz der Pollen- körner brauchte, geschah, um eine Verwechslung mit Mendel sehen Begriffen auszuschließen. Sind auch, wie die bisherigen Versuche mit diöcischen An- giospermen lehren oder es doch sehr wahrscheinlich machen, die Eier mit gleich starker weiblicher Potenz ausgestattet, so zwar, daß diese weibliche Potenz der männlichen Potenz oprimierender Pollen- körner unterliegt, die der oprimierten beherrscht, so hat uns anderer- seits das Verhalten der weiblichen Blüten an männlichen Mercurialis awnwa-Pflanzen wieder gelehrt, daß auch die weibliche Kraft der Eier einer Gradation fähig ist. Denn während diese Kraft an Weibchen stärker als die Kraft der einen Hälfte des an Männchen produzierten Pollens ist, unterliegt sie der männUchen Kraft sämt- licher Pollenkörner in Eiern, die an einem männlichen Stock erzeugt wurden. Umgekehrt sehen wir die Weiblichkeit der Eier die 480 Eduard Strasburger, Männlichkeit des gesamten Pollens unterdinicken, wenn dieser in vereinzelten männlichen Blüten an weiblichen Stöcken entstanden war; alle Nachkommen zeigten in unseren Versuchen sich dann weiblich. Die Tatsache, daß aus den Eiern eines Mercurialis annua- Weibchens, das mit eignem Pollen befruchtet wurde, nur Weibchen hervorgehen, kann man versucht sein, aus dem Ursprung der Weibchen diöcischer Angiospermen unmittelbar abzuleiten. Ist nämlich das Weibchen solcher Pflanzen das Ergebnis der Vereini- gung eines mit weiblicher Tendenz ausgestatteten Eies mit einem Pollenkern, dem die schwächere männliche Tendenz zukommt, so ist eben die männliche Potenz nur in ihrer geschwächten Äußerung im Körper des Weibchens vertreten. Sie ist geschwächt auch in den männlichen Blüten, zu deren Bildung sie immerhin ausreichte. Alle Pollenkörner solcher Blüten unterliegen daher der weiblichen Potenz der Eier. Diesem Gedanken gab ich früher schon Aus- druck ^). Er reicht aber tatsächlich nicht aus, um in solcher Fassung auch das Verhalten der an männlichen Stöcken von Mercurialis annua erzeugten weiblichen Blüten zu erklären. Denn wir nahmen an, daß alle Eier der angiospermen Diöcisten gleich starke weibliche Tendenz besitzen, und daß männliche Nachkommen das Produkt aus solchen Eiern und aus Pollenkörnern mit unterdrückender männlicher Potenz sind. Somit müßte aber im Körper des Männ- chens die weibliche Tendenz ebenso stark wie im Weibchen sein, wenn auch durch die stärkere den Pollenkörnern entstammende männ- liche Potenz an ihrer Äußerung gehindert. GeUngt es aber der weiblichen Potenz sich am Männchen in der Bildung weiblicher Blüten zu äußern, so wäre von deren Eiern, bei solchem Gedanken- gang, eine gleich starke Potenz wie an Weibchen zu erwarten. Dann dürfte aber nicht die Gesamtheit dieser Eier dem männlichen Einfluß des Pollens unterliegen, so wie wir tatsächlich es fanden, sondern nur die Hälfte. Ich will das mit Hilfe einer willkürlich gewählten Zahl deut- lich machen, welche die Höhe der geschlechtlichen Potenzen, die hier in Betracht kommen, zum Ausdruck bringen soll. Ich nehme eine Zahl wie 6, die sich dazu eignet. Wir hätten bei angiospermen Hermaphroditen nach vollzogener Reduktionsteilung für Eier und Pollenkörner somit die Potenz 6. 1) Zeitschrift für Botanik, I. Jahrg. 1909, S. 518. über geschlechtbestimmende Ursachen. 481 Eier Pollenkörner 6 6 6 6 6 6 6 6 Für drei von den Eiern habe ich die 6 kleiner genommen, um anzudeuten, daß ein Ei nur aus der Reduktionstetrade hervor- geht. Für angiosperme Diöcisten ließe sich das Verhältnis so vor- führen : Eier Pollenkörner 6 6 9 9 6 6 3 3 Die Befruchtung bei hermaphroditen Angiospermen würde stets 6 -[- 6 ergeben. Die Befruchtung bei diöcischen Angiospermen 6-|-9=:M. und 6-|-3=W. Im Männchen müßte die männliche Potenz bei Anlage der männlichen Geschlechtsprodukte schlechter- dings wieder auf „ „ zurückgehen, da es ja sonst eine dauernde Stei- gerung der männlichen Potenz in den Nachkommen gäbe, durch welche die Existenz von Weibchen ausgeschlossen wäre. Daher in einem Männchen, das vereinzelte weibliche Blüten mit Eiern produzierte, letzteren auch nur Pollen mit „ o Potenzen gegenüberstände, so daß bei der Potenz 6 der Eier, die Hälfte der Nachkommen aus ihnen, auch unter diesen Umständen, weiblich sein müßte. Wir können hier somit nicht ohne die Vorstellung auskommen, daß die weibhche Potenz der Eier bis unter 3 gesunken sei. Man könnte denken, daß die Eier auf dem ungünstigen Boden des männ- lichen Substrats an weiblicher Potenz einbüßen, wie etwa Bakterien an Virulenz auf ungeeignetem Nährboden. Auf dem weiblichen Diöcisten verlören die Pollenkörner dementsprechend an männlicher Potenz. Mit einer erblich fixierten Schwächung der männlichen Potenz glaubten wir zuvor bei der ganzen Rasse von Melandryum rubrum rechnen zu müssen, um uns den dauernden Ausfall von Männchen gegenüber den Weibchen in unseren Kulturen zu erklären. Für diesen Gedanken bringen uns die bei Mcrcurialis annua geschilderten Vorkommnisse tatsächliche Stützen. Wie wir es den selbst gewonnenen Ergebnissen schon voraus- geschickt hatten, sah sich C. Correns durch seine Versuche mit gynodiöcischen Pflanzen bereits veranlaßt, es als wahrscheinlich hinzustellen, daß ganz bestimmte Verhältnisse der Stärke zwischen 482 Eduard Strasburger, den im Wettbewerb stehenden geschlechtlichen Tendenzen be- stehen könnten. Doch sind es nicht die nämlichen Gesichtspunkte wie die hier, vertretenen, welche C. Correns in seinen Schluß- folgerungen bestimmten; denn er fährt weiter^), so wie ich schon einmal zitiert habe, fort: „man könnte annehmen, es dominiere z.B. die weibliche Tendenz stets über die zwittrige, es bilde aber nicht jede Geschlechtsform ausschließlich Keimzellen mit der eigenen Tendenz, sondern auch solche mit fremder Tendenz, z. B. neben überwiegend solchen mit + zwittriger auch solche mit weiblicher Tendenz, oder neben fast lauter solchen mit weiblicher Tendenz einzelne mit + zwittriger. Solche Formen entsprächen dann den „ever sporting varieties" de Vries. Dann würde sich der Einfluß des Pollens auch erklären"-). Ich möchte es nun meinerseits versuchen, die Geschlechtsver- erbung bei gynomonöcischen Angiospermen in Beziehung zu meinen an Mercurialis cmnua gesammelten Erfahrungen und zu den Schlüssen, die ich an sie knüpfte, zu bringen. Ich kann, auf die geschwächte männliche Potenz des an weiblichen Mercurialis annwa-Stöcken er- zeugten Pollens mich stützend, annehmen, daß auch der Pollen der an einem gynomonöcischen Stock von Satureia hortcnsis entsteht, männlich geschwächt ist. Denn jener gynomonöcische Satureia- Stock zeigt dadurch, daß er außer hermaphroditen auch weibliche Blüten produziert, an, daß die Weiblichkeit in ihm vorherrscht. Werden daher die Blüten der rein weiblichen SatureiaStöcke mit ihm bestäubt, so unterliegt er ihrer weiblichen Potenz. Es reicht hingegen seine männliche Potenz noch aus, um sich neben der weib- lichen der an dem gynomonöcischen Stock erzeugten Eier Geltung zu verschaffen, so daß aus der Befruchtung dieser Eier durch ihn gynomonöcische Individuen hervorgehen. Nur zum Teil soll es hingegen dem Pollen gynomonöcischer Stöcke von Thymus vulgaris gelingen, seine Männlichkeit gegenüber der Weiblichkeit der Eier derselben Stöcke, die ihn erzeugten, zu behaupten, denn diese lieferten mit ihm befruchtet, in den Versuchen von C. Raunkjaer^), nur 35 Vo Gynomonöcisten, hingegen 65 7o Weibchen. Bei der von C. Correns untersuchten Silene inßata 1) A. a. 0., Ber. d. Deutsch. Bot. Ges., 1908, S. 699. 2) Ich habe diese Stelle zwischen Gänsefüßchen zitiert, da ich sie dem Sinn nach genau wiedergebe, doch ließ ich einige "Worte aus ihr fort. 3) Sur la transmission par herediti dans les especes heteromorphes. Bull. d. l'Acad Koy. des sc. et des lettres de Danemark, 1906, Nr. 1, S. 36. über geschlecMbeßtimmende Ursachen. 483 hat die Entwicklung von der Zwitterform aus zwei Richtungen ein- geschlagen, den (Weg), der zur männlichen und den, der zur weib- lichen Pflanze führt ^). An den andromonöcischen Individuen dieser Species, die außer liermaphroditen männliche Blüten erzeugen, ist der Pollen auf einer seiner männlichen Potenz günstigen Unterlage erwachsen. So kommt es, daß ein Weibchen dieser Süene „mit dem Pollen zweier andromonöcischer Pflanzen bestäubt, eine Nach- kommenschaft" erzeugen konnte, „wie sie sich selbst überlassene, oder mit dem Pollen zwitteriger, oder gynomonöcischer Pflanzen bestäubte Weibchen nie geben", nämlich viel mehr + zwitterige und viel weniger weibliche Nachkommen (nur 35%)^). Bei Plan- tago lanceolata, die sehr zahlreiche erbliche Bindeglieder zwischen der rein zwitterigen und der rein weiblichen Form aufweist, kam C. Correns zu dem Ergebnis, daß der Einfluß des Pollens um so stärker auf das Geschlecht der Nachkommen ist, „je weniger die Pflanze einen ausgesprochenen Charakter hat, die die Eizellen liefert" ^). Das läßt sich von unserem Standpunkt aus auch wohl begreifen. Ob an zwitterigen Pflanzen, die den Weg zur Diöcie eingeschlagen haben, an rein männlich gewordenen Blüten andromo- nöcischer Individuen, bereits bei der Teilung der Pollenmutterzellen Scheidungen in der männlichen Potenz sich vollziehen, wäre eine offene Frage. In G. H. Shulls Melandryum -Kulturen — er nennt seine Pflanze Lychnis dioica L. — traten einige hermaphrodite Individuen auf*). G. H. Shull meinte nun die Frage der Geschlechtsvererbung fördern zu können, indem er die hermaphroditen Individuen unter- einander und auch mit einem normalen Männchen kreuzte. Er glaubte darin im Vorteil gegen C. Correns zu sein, der seine Schlüsse auf Kreuzungen zwischen zwei verschiedenen Species stützte. Die vier hermaphroditen Versuchspflanzen, über welche G. H. Shull verfügte, konnten alle als Männchen gelten, an welchen der Frucht- knoten in verschiedenem Grade der Vollkommenheit ausgebildet worden war. Das Individuum, welches G. H. Shull mit A be- zeichnete, ergab, mit eigenem Pollen bestäubt, eine Nachkommen- schaft von 33 Weibchen und 25 Hermaphroditen. Vier mit dem 1) Die Vererbung der Geschlechtsformen bei den gynodiöcischen Pflanzen. Ber. d. Deutsch. Bot, Ges., 1906, S. 473. 2) Ebenda, S. 473 und a. a. 0., Ber. d. Deutsch. Bot. Ges., 1908, S. 690. 3) In dem Aufsatz von 1908, S. 693. 4) Inheritance of Sex in Lychnis. Bot. Gazette, Vol. 49, 1910, S. 112. 484 Eduard Strasburger, Pollen von A bestäubte normale Weibchen lieferten 236 Weibchen, 161 Hermaphroditen und 2 Männchen. Mit dem Pollen eines nor- malen Männchens bestäubt, produzierte A 21 Weibchen, 2 Herma- phroditen und 11 Männchen. Von einer dem A entsprechenden Pflanze B, die mit dem eigenen Pollen bestäubt wurde, erntete G. H. Shull 110 Weibchen und 95 Hermaphroditen. Aus drei normalen Weibchen, die den Pollen von B erhielten, gingen 162 Weibchen und 144 Hermaphroditen hervor. Die zwei anderen Versuchspflanzen C und D ließen sich nicht befruchten. Aus der Bestäubung normaler Weibchen mit den Pollen von C wurden 39 Weibchen und 55 Männchen, von D 26 Weibchen und 18 Männchen erzielt. G. H. Shull schließt aus diesem Ergebnis seiner Ver- suche, daß die Männchen der Diöcisten heterozygotisch seien. Das zeige eben auch Lychnis dioica an, deren Männchen, wenn sie hermaphrodit werden, diese ihre Heterozygotie deutlich verraten. Die Weibchen hingegen müßten als homozygotisch gelten. Die Annahme: Männchen heterozygotisch, Weibchen homozygotisch, be- herrscht jetzt allgemein die Vorstellung Jener, welche die Erklärung der Vererbung des Geschlechts durch Mendelsche Regeln anstreben. Mit letzteren sucht dann G. H. Shull weiter die bei seinen her- maphroditen iy?/c/m25- Pflanzen gewonnenen Ergebnisse in Einklang zu bringen, worin ich ihm nicht folge, da durch seine Beweis- führung mein Standpunkt in dieser Frage nicht beeinflußt wird. Das Auffällige in den G. H. Shullschen Ergebnissen, das einer be- sonderen Erklärung bedarf, ist nur, daß der Pollen der beiden Hermaphroditen A und B, wenn er zur Bestäubung normaler Weibchen benutzt wurde, in demselben Verhältnis hermaphrodite Nachkommen produzierte, als sonst Männchen erzeugt worden wären. Indem ich auf meinem, wie ich denke wohlbegründeten, Standpunkt verharre, nehme ich an, daß die Schwächung der Männlichkeit in den beiden Hermaphroditen A und B Ursache der Erscheinung war. Diese Schwächung der Männlichkeit zeigte sich an beiden genannten Pflanzen ja dadurch an, daß sie zur Bildung fertiler Fruchtknoten schreiten konnten. Auch die stärker männlich disponierte Hälfte ihres Pollens vermochte daher nicht in den Nach- kommen die Weiblichkeit der Eier zu unterdrücken. Sie hielt ihr nur das Gleichgewicht, kam neben ihr zur Geltung und zeugte so Hermaphroditen. Die schwächer männliche Hälfte des Pollens mußte naturgemäß der Weiblichkeit der Eier unterliegen, was zur Ausbildung von Weibchen führte. In den Pseudohermaphroditen über geschlechtbestimmende Ursachen. 485 C und D, die es nur bis zur Anlage steriler Fruchtknoten brachten, war die Schwächung der Männlichkeit zu gering, um sich in dem Geschlecht der Nachkommen kundzugeben. Ihr Pollen verhielt sich so, wie der normaler Männchen. Seine sämtlichen liermaphroditen 3Ielandryu')n-lndividuen leitet G. H. Shull von Männchen ab. Es seien Männchen, die ein Gynäceum anlegten und dadurch hermaphrodit wurden. Gegen diese Ableitung ist nichts einzuwenden. Mir selbst ist neuerdings eine männliche Pflanze von Melandrijum ruhrum begegnet, deren Blüten zum Teil Fruchtknoten enthielten. Diese Fruchtknoten waren schlank, sie schlössen keine Samenanlagen ein, hingegen endeten sie in wohl ausgebildeten Narben, die zur Blütenröhre hinausragten. Hermaphrodite Blüten sind bei den beiden Melandryum -Arien eine sehr große Seltenheit^). Ich begegnete ihnen bisher nicht, un- geachtet dessen, daß mir so viele Tausende dieser Pflanzen durch die Hände gingen. Ich-) möchte also zunächst bei meiner An- nahme bleiben, daß es sich bei Angaben über Hermaphroditismus bei Melandrien hauptsächlich um weibliche Stöcke handelte, die von Ustüago violacca befallen waren. G. H. Shull möchte das nicht gelten lassen^), er vertritt überhaupt die Ansicht, daß auch die infizierten 3felandri/um-'P^Sinzen, die mir vorlagen und die in ihren Blüten zwischen den mit Pilzsporen erfüllten Staubblättern einen etwas zurückgebliebenen Fruchtknoten zeigten, Männchen ge- wesen wären, bei welchen die Infektion die Bildung eines unvoll- kommenen Fruchtknotens ausgelöst hätte ^). Es ist in der Tat G. H. Shull viel leichter, sich die Anlage eines Fruchtknotens zwischen den Staubblättern an einem „heterozygotischen" Männchen zurechtzulegen, als von Staubblättern bei einem „homozygotischen" Weibchen. Mit Ustüago violacea infizierte Pflanzen hat G. H. Shull nicht gesehen, es sind somit nur theoretische Gründe, die ihn ver- anlassen, es auszusprechen, daß ich einen Beobachtungsfehler be- gangen hätte. Diese Behauptung nimmt G. H. Shull sogar in die Zusammenstellung der Ergebnisse seiner Untersuchung auf''). 1) Die älteste Angabe über „androgyne" Individuen von „Ltjchnis dioica" , doch ohne jede anderweitige Schilderung, finde ich bei Ch. Giron de Buzareingues, Suite des Experiences sur la generation des plantes. Ann. des sc. nat., t. XXV, 1831, p. (145). 2) Versuche mit diöcischen Pflanzen usw. Biol. Centralbl., 1900, S. 692. 3) A. a. 0., S. 112, 119, 124. 4) Eine ähnliche Vorstellung kommt bereits zur Geltung in der referierenden An- gabe in 0. Penzigs Pflanaen-Teratologie, Bd. I, 1890, S. 300. 5) A. a. 0., S. 124. 486 Eduard Strasburger, Und doch wäre ich auch in diesem Augenblicke in der Lage, jeden, der es wünscht, davon zu überzeugen, daß Weibchen, die bei uns mit Ustilago violacea angesteckt sind, Staubblätter in einer den männlichen Blüten entsprechenden Zahl und von einem durchaus normalen Bau ausbilden, nur daß eben dann die Brandsporen die Stelle der Pollenkörner einnehmen. Der Fruchtknoten so infizierter Blüten bleibt aber in seiner Entwicklung zurück, entsprechend den Bildern, die ich seinerzeit entworfen habe ^). In dem System unseres botanischen Gartens bilden Melandryum alhum und M. rubrum alljährlich mit dem Pilz angesteckte Sprosse. An den männlichen Stöcken sind die Staubblätter befallen, eine Fruchtknotenanlage in den Blüten aber nicht vorhanden. An den weiblichen Stöcken liegen die Verhältnisse so vor, wie ich sie zuvor geschildert habe. Sollte aber jemand Zweifel darüber hegen, ob die erwähnten Stöcke wirklich von verschiedenem Geschlecht sind, und ob es sich nicht etwa nur um Männchen mit durch den Pilz angeregter oder nicht angeregter Fruchtknotenbildung handelt, so würden diese Stöcke selbst dafür sorgen, ihn über ihr Geschlecht aufzuklären, indem ge- legentlich der eine oder andere ihrer Zweige sich der Infektion durch den Pilz entzieht und dann normale Blüten trägt. Es liegen augenblicklich zwei Weibchen hier zur Beobachtung vor, die sich so verhalten; beides Weibchen von Melandryum alhum. Das eine Weibchen steht im Gewächshaus in einem Topf, sein unterster Zweig ist gesund geblieben. Einer der untersten Zweige einer Pflanze im System hat sich auch gegen die Ansteckung zu wehren gewußt oder vermochte vielleicht den Pilz weiterhin zu überwinden. Die Blüten dieser nicht befallenen Zweige sind typisch weiblich, der befallenen mit den infizierten Staubblättern und einem in seiner Entwickelung zurückgebliebenen Fruchtknoten versehen. Also steht es fest, daß der Pilz an einer weiblichen Melandiyiitn-FÜSinze die Bildung normal gebauter männUcher Geschlechtsorgane auszulösen vermag, somit des männlichen Geschlechts, das demgemäß mit seinen gesamten Merkmalen in den weiblichen Individuen vertreten ist und nur durch dessen weibliche Tendenz an seiner Äußerung verhindert wird. Der Fall von Melandryum bleibt also in seiner ganzen theoretischen Tragweite fortbestehen. Da andererseits auch in einer männlichen Melandryum 'FÜSLUze alle Merkmale der weiblichen vertreten sein müssen, so wäre es an sich nicht ausgeschlossen, daß ein bestimmter Reiz sie anregen könnte, sich in Entwickelungsvorgängen zu äußern. 1) A. a. 0., S. 658. über gescblechtbestimmende TJrsachen. 487 Es wäre sogar nicht olme Analogie, sofern wir das Tierreich mit in Vergleich ziehen, daß die Zerstörung der männlichen Geschlechts- produkte, wie sie der Pilz bei den Melandrien vollführt, die Bildung der weiblichen Geschlechtsorgane anregte. Tatsächlich ist das aber bei den infizierten männlichen Melandrien nicht der Fall. Die Pflanzen neigen überhaupt nicht, wie das auch die zuvor besprochenen Versuche mit dem Zurückschneiden diöcischer Pflanzen zeigten, zu einer solchen Kompensation. Wenn Ustilago violacea die Bildung von Staubblättern in den weiblichen Melandryum-'Blüten auslöst, so steht ihr Auftreten auch nicht in Korrelation zu dem hierauf erst folgenden Zurückbleiben der Fruchknotenausbildung, sondern zu einer spezifischen Wirkung der Parasiten, die dahin führt, daß die Antheren erzeugt werden, die er zu seiner Ernährung und zur Er- zeugung seiner Brandsporen braucht. Die Entziehung der Nahrung dürfte es vor allem sein, die dem Fruchtknoten der Blüte dann nicht mehr gestattet völlig auszureifen. Auffallend ist die Parallele, die in der Phylogenie der Sexu- alität zwischen Tieren und Pflanzen besteht. Nur hat sich Diöcie, im Gegensatz zu den Pflanzen, fast allgemein bei den Tieren ein- gestellt, was bei der freien Beweglichkeit der Tiere, die sich gegen- seitig aufsuchen können, ohne weiteres begreiflich ist. Lehrreich erscheint es mir in dieser Richtung, daß Ordnungen von Tieren, welche die freie Ortsbewegung aufgegeben haben, zum Hermaphro- ditismus zurückkehren. So sind die festgewachsenen Cirripedien oder Rankenfüßler unter den Crustaceen mit wenigen Ausnahmen hermaphrodit und zeichnen sich dadurch vor den meisten Crustaceen und auch den meisten übrigen Arthropoden aus. — Bei den Meta- zoen wie bei den Metaphyten ist es die diploide Generation, nach deren sexuellen Merkmalen die Geschlechter bezeichnet werden. Bei den Metazoen, wie bei den Metaphyten hat die haploide Gene- ration Aufnahme in die diploide gefunden, und der Sonderung der pflanzlichen Gonotokonten in Mikro- und Makrosporenmutterzellen, entspricht die Sonderung der tierischen Gonotokonten in Sperma und Eier erzeugende. Bei den Metaphyten wie bei den Metazoen reifen, wenn man von bestimmten, besonders bei Pflanzen seltenen Ausnahmen absieht, die sämtlichen Teilungsprodukte der männlichen Gonotokonten, während die weiblichen im allgemeinen nur ein einzi- ges Ei liefern. Das verlockt, die Vergleiche noch weiter auszudehnen und Übereinstimmungen auch in den TJrsachen, die geschlechts- 488 Eduard Strasburger, bestimmend wirken, zu erwarten. Da beginnen aber die Schwierig- keiten. Im Pflanzenreich konnten wir, ohne auf besondere Bedenken zu stoßen, eine glatte Scheidung der sexuellen Tendenzen bei Bildung gegensätzlicher Geschlechtsprodukte annehmen. Die Vor- stellung, daß die Stärke dieser Tendenzen in beiden Geschlechtern, vornehmlich aber im männlichen Geschlecht, abgestuft sein könne, genügte im wesentlichen, um den sexuellen Ausfall zu ermöglichen, wie er bei der Vereinigung bestimmter Geschlechtsprodukte sich einstellt. Im Tierreich gibt es hingegen Fälle, und zwar sind es gerade diejenigen, welche in letzter Zeit in Hinblick auf Geschlechts- bestimmung besonders studiert wurden, die zu anderen Schluß- folgerungen zu drängen scheinen. Denn es steht für verschiedene Arthropoden, bei welchen „Parthenogenese" in den Entwicklungskreis eingreift, fest, daß aus den unbefruchteten Eiern sich nicht nur Weibchen, sondern zu bestimmten Zeiten auch Männchen entwickeln. Also muß das Ei, das als Geschlechtsprodukt seinen weiblichen Charakter zur Schau trägt, und ihn auch zunächst in der Bildung von Weibchen auf dem genannten Wege offenbart, eine sexuelle Umstimmung erfahren können, die es alsdann, ebenfalls ohne Zutun der Befruchtung, zur Erzeugung von Männchen befähigt. Freilich handelt es sich dabei, in den Fällen, die am besten bekannt sind, so bei dem durch N. M. Stevens'), W. B. von Baehr^) stu- dierten Blattläusen (Aphiden), um Eier, die ohne Reduktionsteilung erzeugt wurden^), somit die diploide Chromosomenzahl führen*), 1) Study of tlie germ cells of Aphis rosae and Aphis oenotherae. Joum. exper. Zool., Vol. II, 1905. 2) Die Oogenese bei einigen viviparen Aphiden und die Spermatogenese von Aphis saliceti. Archiv f. Zellforsch., Bd. III, 1909, S. 269. 3) W. B. von Baehr, a. a. 0., S. 279. 4) Das ist auch der Fall hei der neuerdings von Wilhelm Fries studierten parthenogenetischen Generation der Artemia salina, die in den somatischen Zellen wie im reifen Ei 84 Chromosomen führt (Die Entwicklung der Chromosomen im Ei von Bran- chipus Grub, und der parthenogenetischen Generationen von Artemia salina, Archiv für Zellforsch., Bd. IV, 1910, S. 63) und auch bei der von Leonard Doncaster unter- suchten Gallwespe, Neuroterus lenticularis. Aus ihren befruchteten Sameneiern gehen im Frühjahr nur Weibchen hervor, von denen ein Teil nur männlich, ein Teil nur weiblich disponierte Eier produciert. Diese Eier, die je 20 Chromosomen, die diploide Zahl, führen, entwickeln sich ohne Befruchtung. Die befruchtungsbedürftigen Eier, welche hierauf von den erzeugten Weibchen, die Spermatozoen, welche von den erzeugten Männchen geliefert werden, enthalten nur die haploide Zahl von 10 Chromosomen. Gametogenesis of the Gall-FIy, Neuroterus lenticularis (Spathegaster baccarum). (Proceedings of the Roy. Soc, Ser. B, Vol. 82, Biologioal Sciences, 1910, p. 88). über geschlechtbestimmende Ursachen. 489 um das, was ich Ooapogamie nenne. Wenn ein solches diploides Ei ein Männchen statt eines Weibchens bildet, so handelt es sich somit um etwas Ähnliches wie bei der Hervorbringung männlicher Blüten an einem pflanzlichen Diöcisten, etwa an einer Mercurialis. Bei letzterer gehngt es nicht cytologische Änderungen in den Kernen der Weibchen nachzuweisen, an welche sich der Umschlag der sexuellen Tendenz anknüpfen ließe; anders bei den Blattläusen, welche, ähnlich den Insekten, sich in Männchen und Weibchen durch den Bau ihrer Kerne unterscheiden. Dieser Unterschied wird bedingt durch das Verhalten jener chromosomenähnlichen Ge- bilde, die als Heterochromosomen meist bezeichnet werden. Ihre Deutung ist verschieden; daß die diploiden Kerne des weiblichen Soma aber ein Paar Heterochromosomen führen, während die des männlichen Soma nur ein Heterochromosom besitzen, oder den Weibchen zwei gleich große, den Männchen zwei ungleich große Heterochromosomen zukommen, steht für eine ganze Anzahl be- stimmter Arten fest. Bei den Blattläusen muß somit das diploide Ei, welches ein Männchen produziert, bezw. das aus diesem Ei hervor- gehende Männchen, in irgend welcher, bis jetzt noch nicht auf- geklärter Weise, jene Änderung betreffs eines Heterochromosomen erfahren, die das männliche Geschlecht kennzeichnet. Die „partheno- genetisch" erzeugten geschlechtlichen Weibchen und Männchen bilden haploide Eier und Spermatozoen auf dem Wege der Re- duktionsteilung. Aus den befruchteten Eiern gehen nur Weibchen hervor, wobei sich die Beziehung der Heterochromosomen zur Ge- schlechtsbestimmung lehrreich offenbart ^). Denn bei der Reduktions- teilung geht in der Spermatogenese das nur in Einzahl vorhandene Heterochromosom der Männchen ungeteilt auf die eine Tochter- zelle über; diese übermittelt es zu gleichen Teilen den beiden Sperma- tozoen, die aus ihr hervorgehen. Die von Anfang an kleinere Schwesterzelle ohne Heterochromosom geht zugrunde. Die sämt- lichen Spermatozoen der in Betracht kommenden Blattlaus (Aphis saliceti) sind somit von einer Art, mit einem Heterochromosom versehen. Alle Eier führen übereinstimmend ein Heterochromo- som, da ja zwei solche Heterochromosomen den diploiden Kernen der Weibchen zustanden und daher jede der beiden Schwester- zellen in der Oogenese mit einem Heterochromosom ausgestattet werden konnte. Durch die Vereinigung eines heterochromosom- 1) Vgl. W. B. von Baehr, a. a, 0., S. 294. 490 Eduard Strasburger, haltigen Spermatozoons mit einem heterochromosomhaltigen Ei ent- steht aber ein mit zwei Heterochromosomen versehener Keimkern, wie ihn ein Weibchen verlangt. Würde die Spermatogenese bei dieser Blattlaus zwei Spermatozoen mit, zwei ohne Heterochromo- som liefern, so müßte die Vereinigung der heterochromosomfreien Spermatozoen mit den Eiern einheterochromosomhaltige Keimkerne ergeben, wie sie dem männlichen Geschlecht zukommen. Dieser Schluß erscheint geboten, nach den Ergebnissen, zu denen ent- sprechende Untersuchungen der Insekten, im besonderen die Arbeiten von Edmund B. Wilson^) führten. Die Übereinstimmung der geschlechtsbestimmenden Momente bei Arthropoden und den höheren Gewächsen liegt darin, daß den Spermakernen die Entscheidung zufällt; der Unterschied in dem Eingreifen bestimmt dififerenzierter Elemente der Kerne in den Vorgang. Doch ist dieser Unterschied vielleicht nicht prinzipieller Natur und die Stoffe, die sich zu ge- sonderten Heterochromosomen bei den Arthropoden sammeln, in den Chromosomen der Metaphyten selbst, in nicht direkt nachweis- barer Weise, verteilt. Treten una^doch auch bestimmte Elemente des Cytoplasma als geformte Wirkungszentren in den Zellen der Metazoen entgegen, die bei den Metaphyten im Cytoplasma verteilt bleiben. Schwierigkeiten bereitet der Vergleich pflanzlicher Befunde mit den Angaben, die für Bienen, Hornissen, Ameisen vorliegen, die jedoch, wie auch W. B. von Baehr") in seinem schon zitierten Aufsatz bemerkt, noch zu widerspruchsvoll sind, als daß sie ver- wertet werden könnten. Nach Friedrich Meves^) gehen die Männchen dieser Tiere aus unbefruchteten Eiern hervor, und zwar Eiern, die einer Reduktionsteilung ihrer Entstehung ver- danken, so daß sie nur über die haploide Chromosomenzahl ver- fügen. Es würde sich also um echte Parthenogenesis bei der Er- zeugung von Männchen handeln und damit auch bei Bienen, Hor- nissen, Ameisen der merkwürdige Fall vorliegen, daß die Kerne 1) Vgl. dazu besonders die Arbeiten, die E. B. Wilson unter dem Titel Studies on Chromosomes in den Bänden I bis IV des Journal of experimental Zoology, 1905 bis 1909 veröffentlicht hat, doch auch die Aufsätze in „Science", Vol. XXV, 1907, p. 191 und Vol. XXIX, 1909, p. 53, sowie im Biological Bulletin, Vol. XII, 1907, p. 303. 2) A. a. 0., S. 318. 3) Die Spermatocytenteilungen bei der Honigbiene, Archiv f. mikr. Anat. und Entwicklungsgesch., Bd. 70, 1907, S. 414 und Fr. Meves und Jules Duesberg, Die Spermatocytenteilungen bei der Hornisse, ebenda, Bd. 71, 1908, S. 571. über geschlechtbestimmende Ursaclien. 491 der Männchen mit der halben Chromosoraenzahl der Weibchen aus- kommen. Das kann selbstverständlich nur ein abgeleiteter Fall sein, da die Männchen dieser Tiere ihre Herkunft ebensogut einer diploiden Generation verdanken müssen, wie die Weibchen. So dürfte auch in der sexuellen Umstimmung eines Teils der Eier, die dann ohne Befruchtung die männliche Entwicklungsrichtung ein- schlagen, eine abgeleitete Erscheinung vorliegen. Wie unter den diploiden Eiern der Blattläuse, mag auch unter den haploiden der Bienen, Hornissen, Ameisen, eine Sonderung sich vollziehen, die zur Bildung der befruchtungsfähigen Eier, aus denen Weibchen hervorgehen, und der befruchtungsunfähigen, die Männchen liefern, führt. Schließlich kann es auch nur eine sekundäre Einrichtung sein, die es bedingt, daß, wie Fr. Meves und J. Duesberg zeigten, der erste Teilungsschritt in den Spermatogonien der Bienen, Hor- nissen, Ameisen, der eine Reduktionsteilung sein müßte, zwar ein- geleitet, aber auf Grund des Umstandes, daß nur die haploide Chromosomenzahl zur Verfügung steht, nicht durchgeführt wird, worauf der zweite Teilungsschritt als eine Aquationsteilung sich vollzieht und zwei Schwesterzellen bildet, die entweder beide zu Spermatozoen werden (Hornisse, Ameise), oder von denen eine degeneriert (Biene). Angeschlossen sei hier noch die Angabe von Yves Delage, daß es ihm gelungen sei, aus Seeigeleiern, die er unter Mitwirkung von Salzsäure und Ammoniak zu parthenogenetischer Entwicklung anregte, zwei geschlechtsreife Seeigel zu erziehen, von denen der eine sich mit Bestimmtheit als männlich erwies. Was für Vorgänge auch in die „parthenogenetische" Entwick- lung tierischer Eier eingreifen mögen, sie beweisen immerhin, daß bei ihnen sexuelle Umstimmungen möglich sind. So schreibt denn auch W. B. von Baehr, auf das Verhalten der von ihm unter- suchten Blattläuse gestützt, nieder^): „Das gewöhnliche partheno- genetische Ei dieser Tiere muß die Anlagen für beide Geschlechter enthalten, jedoch so, daß der weibliche Charakter dominiert. In den sexuparen Weibchen dagegen, welche gleichzeitig Männchen und Weibchen liefern, muß durch irgend eine Einrichtung bewirkt werden, daß in der einen Art von Eiern der männliche Charakter 1) Le sexe chez les Oursins issus de Parthenogenese experimentale. Comptes rend. de l'Acad., Paris, t. CXLVIIT, 1909, p. 453. 2) A. a. 0., S. 313. Jahrb. f. wiss. Bot. XLVIII. 32 492 Eduard Strasturger, herrschend wird." Die sexuelle Umstimmung ist nicht auf diploide Eier beschränkt, sie kann sich, wie wir bei der Biene, Hornisse und Ameise gesehen haben, auch auf haploide Eier erstrecken. Auf die prinzipiellen Verschiedenheiten zwischen diploiden Eiern, die mich selbst so eingehend auf botanischem Gebiete beschäftigt haben, ist von selten der Zoologen bisher wenig Nachdruck gelegt worden. Vorwiegend hat man nur darauf geachtet, wie es sich bei der An- lage „parthenogenetischer" Eier mit den Richtungskörpern verhält. Bei Metaphyten wird im allgemeinen die Zahl der Teilungen in der Embryosackmutterzelle bei Ausschaltung der Reduktionsteilung ein- geschränkt. Das lehrt der Vergleich solcher Arten, die ooapogam geworden sind, mit nächstverwandten normalgeschlechtlichen Arten. So gehen bei normalgeschlechtlichen Thymeläaceen, darunter auch der normalgeschlechtlichen Wichstroemia canescens, vier Zellen, also die typische Zahl, aus der Teilung der Embryosackmutterzelle hervor, bei der ooapogamen Wiclcstroemia indica werden, ohne Reduktions- teilung, nur zwei Zellen gebildet'). So kommt auch eine Vier- teilung der Embryosackmutterzelle den normalgeschlechtlichen Ver- tretern der Kompositen^) zu, während die ooapogamen nur eine Zweiteilung zeigen, beziehungsweise, so Antennaria dioica^), jede Teilung der Enibryosackmutterzellen unterlassen und aus ihr direkt die apogame Embryosackanlage bilden, die den diploiden Kern der Embryosackmutterzelle übernimmt. Anderseits folgt bei der ooapogamen Saururacee Houttuynia cordata"*), auf den ersten Tei- lungsschritt der Embryosackmutterzelle noch ein zweiter, worauf erst aus einer der beiden Zellen des zweiten Teilungsschrittes der Embryosack hervorgeht. Also braucht die Ausschaltung des Reduktionsvorgangs die ererbte Teilungsart der Embryosackmutter- zelle nicht auszuschließen, wenn sie auch dazu neigt, sie ein- 1) E. Strasburger, Zeitpunkt der Bestimmung des Geschlechts usw. Histol. Beitr., Heft VII, 1909, S. 76, 77 und Chromosomenzahl, Flora, Bd. 100, 1910, S. 400. 2) H. 0. Juel, Die Tetradenteilungen bei Taraxacum und anderen Cichoriaceen. Kongl. Svenska Vetenskaps- Akademiens Handlingar, Bd. XXXIX, Nr. 4, 1905, p. 8 und 0. ßosenberg, Über die Embryosackbildung bei der Gattung Hieraciiim. Ber. d. Deutsch. Bot. Ges., 1906, S. 159, sowie Cytological Sludies on the Apospory in Eieracium, Bo- tanisk Tidskrift, Bd. XXXIII, 1907, S. 156, 164. 3) H. 0. Juel, Vergleichende Untersuchungen über typische und parthenogenetische Fortpflanzung bei der Gattung Antennaria. Kongl. Svenska Vetenskaps- Akademiens Handlingar, Bd. XXXIII, Nr. 5, 1900, S. 35. 4) K. Shibata und K. Miyake, Über Parthenogenesis bei Houttuynia cordata. The Botanical Magazine, Tokyo, Vol. XXII, No. 261, 190S, p. 141. über geschlechtbestiimnende IJrsachen. 493 zuschränken, was leicht begreiflich ist, wenn man bedenkt, daß die Vierteilung an das Wesen der Reduktionsteilung selbst geknüpft ist. Mit solchen pflanzlichen Objekten verglichen, hat es also nichts Auffälliges, daß die Insekten Rhodites rosae, Tentredinidae, Bacillus rossii zwei Richtungskörper bei Anlage ihrer „parthenogenetischen" Eier abgeben, daß bei den Blattläusen die Bildung der „partheno- genetischen" Eier von der Bildung nur eines Richtungskörpers be- gleitet wird, daß bei den „parthenogenetisch" Männchen erzeugenden Eiern des Rädertierchens Hydatina senta ein Richtungskörper, bei den Weibchen erzeugenden überhaupt kein Richtungskörper auftritt^). Unter den Fällen, wo im Tierreich uns außer Eiern mit weib- licher Tendenz auch solche mit männlicher entgegentreten, müssen jene noch besonders hervorgehoben werden, in welchen diese Eier verschiedene Größe besitzen. Es sind das vornehmlich Eier, die in „parthenogenetische" Entwicklung eintreten, so bei gewissen Rädertierchen, bei der Blattlaus Phylloxera und einigen Schmetter- lingen, wie Bombyx mori und Ocneria dispar, doch auch Eier, die der Befruchtung bedürfen, so die des Strudelwurms Dinophilus^) und der zu den Rochen gehörenden Raja batis^). Aus den größeren Eiern gehen bei diesen Tieren Weibchen, aus den kleineren Männchen hervor^). Das gilt auch für die befruchtungsbedürftigen Eier aus dieser Kategorie, die somit die Bestimmung über das Geschlecht der Nachkommen ganz an sich gerissen haben. Da letzteres den Spermatozoen in so vielen Fällen gelang, so ist nicht einzusehen, warum nicht auch die Eier unter Umständen zu einer solchen Leistung befähigt sein sollten. Bei den kleineren befruchtungs- bedürftigen Eiern, aus welchen Männchen hervorgehen, könnte man sich vorstellen, ihre sexuelle Tendenz sei so geschwächt, daß sie der männlichen der Spermatozoen in allen Fällen unterliege, doch diese Annahme kann nicht auf die kleinen „parthenogenetischen" Eier passen, die ebenfalls Männchen den Ursprung geben. Soll 1) Diese Angaben aus dem Aufsatz von W. B. von Baehr, a. a. 0., S. 315, 316. 2) Eugen Korscheit, Über Bau und Entwicklung des Dinophilus apatris. Zeit- schrift f. wiss. Zool., Bd. 37, 1882, S. 332 ff. 3) John Beard, The Determination of Sex in Animal Development. Zoolog. Jahrb., Abt. f. Anat. u. Ontog. der Tiere, Bd. XVI, 1902, S. 717. 4) Doch gibt M. Nußbaum an, daß bei den parthenogenetischen Eiern von Hy- datina senta oft auch das umgekehrte Verhalten zu beobachten ist. Die Entstehung des Geschlechts bei Hydatina senta. Arch. f. mikrosk. Anat., Bd. 49, 1897, S. 337 und Zur Feststellung der Geschlechtszahlen bei den Eachenbremsen. Niederrh. Gesellsch., Naturwiss. Abt., 1909, II. Hälfte, A, S. 28. 32* 494 Eduard Strasburger, ich aber solchen Beispielen gegenüber, meine für Metaphyten ge- wonnene Anschauung, daß der Pollen männlich, die Eier weiblich gestimmt seien, aufgeben? Ich glaube nicht, daß das nötig sei, ich halte vielmehr meine dort vertretene Ansicht als wohl begründet fest, ich betrachte sie auch weiter als jene, die den Weg, auf dem die geschlechtlichen Sonderungen im organischen Reiche fortge- schritten sind, in der ursprünglichen Form uns vorführt. Die viel mannigfaltigeren Bahnen, welche die Entwicklungsvorgänge im Tier- reich eingeschlagen haben, veranlaßten dort auch sekundäre Ab- weichungen vom ursprünglichen geschlechtlichen Verhalten, Ab- weichungen, die sich erst in die allgemeinen Regeln der Sexualität fügen werden, wenn man sie als solche auffaßt. Zu derartigen sekundären Abweichungen muß doch schlechter- dings auch die Ausbildung so extrem verschiedener Samenfäden bei demselben Tier gehören, wie sie bei der Schnecke: Paludina vivipara und dem Spinner: Pygaera bucephala nachgewiesen sind'). Über die funktionelle Bedeutung dieser Erscheinung ist man nicht im klaren^). Bei Paludina ist die eine Art der Samenfäden, die haarförmige, nach dem gewöhnlichen Spermientypus gebaut, sie besitzt einen Kopf, in den, nach Friedrich Meves, „das sämt- liche Chromatin des Spermatidenkerns" übergeht; die andere Art, die wurmförmige, soll hingegen nur einen Teil der ihr „zukommen- den Kernsubstanz" erhalten. Bei Pygaera zeigt die eine Art der Samenfäden den gewohnten Bau, die andere wird als „voll- ständig kernlos" angegeben^). Was einem Samenfaden ohne Kern für eine Rolle zufallen kann, will ich dahingestellt lassen. Über andere Fälle dimorpher Samenfäden ist bei Mollusken, Rotatorien, Arthropoden, Nemertinen, Amphibien, Vögeln und Säugetieren be- richtet worden, wofür ich auf die Zusammenstellung bei John B e a r d ^) verweise. Wie mannigfaltig an sich schon die Ausgestaltung der Samenfäden im Tierreich ist, wenn man sie mit den einfachen Verhältnissen des Pflanzenreichs vergleicht, kann man aus dem Vortrag 1) Friedrich Meves, Über oligopyrene und apyrene Spermien und über ihre Entstehung usw. Arch. f. mikr. Anat. u. Entwicklungsgesch., Bd. 61, 1902, S. 1. 2) Ebenda, S. 72 ff. Vgl. auch John Beard, a. a. 0., S. 735 und auch Richard Hertwig, Über das Problem der sexuellen Differenzierung. Verhandl. d. Deutsch. Zool. Gesellsch., 1905, S. 209. 3) Er. Meves, a. a. 0., S. 62. 4) A. a. 0., S. 736. über geschlechtbestimmende Ursachen. 495 von E. Korscheit: „über Morphologie und Genese abweichend gestalteter Spermatozoen", ersehen'). Nicht überflüssig dürfte es sein, am Schluß dieser Erörterung noch darauf hinzuweisen, daß die Tendenz eines tierischen Eies, männliche Nachkommen zu erzeugen, es nicht daran hindert, eine sexuelle Anziehung auf die Spermatozoen zwecks der Befruchtung auszuüben. Die von Erblichkeitsforschern gemachten Versuche, die Ver- erbung des Geschlechts den Mendelschen Regeln unterzuordnen, haben bisher widerspruchsvolle Ergebnisse gezeitigt. Sie verlangten vielfach die Aufstellung unerwiesener Hilfshypothesen, um sich diesen Regeln zu fügen, so die vielfach vorauszusetzenden selektiven Be- fruchtungen. Für mich steht vor allem fest, daß alle Merkmale einer Art, auch die Geschlechtsmerkmale, ebensogut in den beiden gesonderten Individuen einer diöcischen, wie in dem einen Indi- viduum einer monöcischen, bezw. hermaphroditen Art vertreten sind. Sonst wäre es nicht möglich, daß an einer diöcischen Meta- phyte, etwa der hier studierten Mercurialis annua, Blüten mit Geschlechtsorganen des entgegengesetzten Geschlechts gelegentlich auftreten. Dasselbe gilt für getrenntgeschlechtliche Tiere, die aus- nahmsweise hermaphrodit werden, bei welchen man unter Umständen durch Kastrierung die Ausbildung der sekundären Charaktere des anderen Geschlechts anregen kann. Im besonderen hatte seiner- zeit Alfred Giard-) die Wirkung der „Castration parasitaire" beschäftigt und er stellte auf Grund eigener und fremder Beobach- tungen die Fälle zusammen, wo ein solcher Einfluß der Parasiten im Auftreten entgegengesetzter sekundärer Geschlechtsmerkmale sich geltend machte. Das konnte sogar auf die eine Körperseite beschränkt bleiben, wenn einseitig nur die parasitäre Kastrierung stattgefunden hatte, und „gynandromorphe" Individuen hervorbringen, wie sie J. Perez^) an Bienen der Gattung Andrena, die von parasitischen Stylopidenlarven befallen waren, beobachtet hat. Besonders lehrreich ist ein Fall, über den F. Braem^) berichtet. Aus dem Kopfende 1) Verhandl. d. Deutsch. Zool. Gesellsch., 1906, S. 73. 2) La castration parasitaire. Nouvelles recherches, Bulletin scientifique de la France et de la Belgique, III. ser., 1. annee, 1888, p. 12. 3) Des effets du parasitisme des Hylops sur les Apiaires du genre Andrena 1886, erschienen 1888. 4) Zur Entwicklungsgeschichte von Ophryotrocha puerilis. Zeitschr. f. wiss. Zool., Bd. 57, 1894, S. 213. 496 Eduard Strasburger, eines mit legereifen Eiern erfüllten Weibchens des Borstenwnrms Ophryotrocha puerilis, den er durch einen Querschnitt vom Schwanz- stück abtrennte, wurden sieben Aftersegmente regeneriert und in diesen das Geschlecht geändert. Aus dem allen muß geschlossen werden, wie ich es seinerzeit schon getan ^), und wie es auch von andrer Seite schon mehrfach geschehen ist, daß die geschlechtlichen Merk- malpaare bei einer getrenntgeschlechtlichen, wie bei einer herma- phroditen Art, nicht durch Erbeinheiten gebildet werden, die aus verschiedenen, sondern von solchen, die aus homologen Merkmalen bestehen. Es sind somit zu einem Paar nicht etwa gegensätzliche Merkmale der beiden Geschlechter vereint, sondern die homologen Merkmale desselben Geschlechts, genau so, wie es bei sonstigen Erbeinheiten der Species der Fall ist. Bei der Reduktionsteilung werden somit auch die sämtlichen sexuellen Merkmale der Species auf die Nachkommen verteilt, ob diese nun hermaphrodit oder diöcisch sind. Bei Hybriden verhalten sich die von sexuellen Merkmalen ge- bildeten Allelomorphen demgemäß auch nicht anders, als die aus vegetativen Elementen zusammengesetzten und folgen wie letzte bei ihrer Spaltung der Mendelschen Regel. Ob aber die Anlage, die sie vorstellen, in den Nachkommen zur Ausbildung gelangen wird, darüber entscheiden bei Diöcisten nicht nur, wie für die rein vege- tativen Merkmale, Dominanz, Rezessivität und etwaige Korrelationen, sondern die geschlechthche Tendenz. Diese Tendenz ist ein be- sonderer Faktor, der die Auslösung besorgt und die Merkmale des betreffenden Geschlechts zur Äußerung in Entwicklungsvorgängen anregt. Über die stoffliche Natur dieses Faktors geben uns die diöcischen Pflanzen bisher keine Auskunft. Haben wir von den bei den Arthropoden entdeckten Heterochromosomen Auskunft über diesen geschlechthchen Faktor zu erwarten? Daß diese Hetero- chromosomen in ihrem Verhalten von den Chromosomen in mancher Beziehung abweichen, steht fest. Daß sie Träger der Erblichkeit sein sollten, läßt sich schwer in solchen Fällen vorstellen, wo ein unpaares Heterochromosom bei der Reduktionsteilung nur einem Tochterkern zufällt. Man müßte denn Zuflucht bei der Annahme suchen, daß der betreffende Organismus über mehr als einen Chromo- somensatz verfügt^), und daß in andrer Weise für die Übertragung aller Erbeinheiten auf die Produkte der Reduktionsteilung gesorgt 1) Die stofflichen Grundlagen der Vererbung im organischen Reich. 1905, S. 59. 2) Vgl. hierzu meinen Aufsatz: Chromosomenzahl. Flora, Bd. 100, 1910, S. 398. über geschlechtbestinimende Ursachen. 497 ist. Überzähligen Chromosomen könnte da die alleinige Aufgabe, nur noch über das Geschlecht zu bestimmen, überwiesen worden sein. E. B. Wilson ') hat Versuche gemacht, tiefer in die sexuelle Rolle dieser Heterochromosomen einzudringen. Auf die Menge des Stoffes, der sie bildet, könne es nicht allein ankommen, denn bei dem Hemipteren Nezara hilaris^) erhalten auch die Samenfäden, wie die Eier, zwei gleich große Heterochromosomen. Es ist also kein Unterschied in der Quantität der Heterochromosomensubstanz zwischen Männchen und Weibchen bei Nezara hilaris vorhanden, und doch weist sie Männchen und Weibchen auf, wie andere Arten von Hemipteren, bei welchen solche Unterschiede bestehen. Es erscheint somit E. B. Wilson die Hypothese annehmbar, daß ein physiologischer oder funktioneller Faktor vorliege, der die Sperma- tozoen in Männchen- bezw. Weibchen erzeugende scheidet, ohne Rücksicht auf die Größe der Heterochromosomen und daß die morphologischen Abweichungen, die sich in bestimmten Fällen ein- gestellt haben, durch vorausgegangene funktionelle Unterschiede veranlaßt worden seien ^). Wie ich schon einmal berührte, läßt die Vorstellung, die ich selbst über den geschlechtsbestimmenden Faktor mir gebildet habe, sehr wohl an diese E. B. Wilsonsche Hypo- these sich anschließen. Hingegen ist es ein anderer Faktor, den Th. Boveri*) für maßgebend bei der Geschlechtsbestimmung hält, denn seiner Ansicht nach, soll es ein Mehr an Chromatin, der „Chromatinbestand" der Geschlechtszellen sein, der für das, Ge- schlecht entscheidend sei. Veranlaßt wird seine Annahme durch Beobachtungen, die F. Baltzer über Chromosomen von Strongylo- centrotus lividus und Echinus microtuberculatus im Würzburger Zoologischen Institut anstellte''). F. Baltzer fand, daß den Samen- fäden dieser Seeigel ein übereinstimmender „Chromatinbestand" zukommt, daß es hingegen zweierlei Eier gibt. Zwar führen auch alle Eier 18 Chromosomen wie die Samenfäden, doch nur ein Teil der Eier stimmt in seinem Chromatinbestand ganz mit den Samen- 1) Studies 011 Chromosomes, III. The sexual differences of the Chromosoin-groups in Hemiptera, with some considerations on the determination and inheritance of sex. The Journal of Experimental Zoology, Vol. III, 1906, p. 24 ff. 2) Studies on Chromosomes, I. The Behavior of the Idiochromosomes in Hemi- ptera. Ebenda, Vol. II, 1905, p. 382 und in dem zuvor zitierten Aufsatz, S. 20. 3) A. a. 0., S. 34. 4) Über Beziehungen des Chromatins zur Geschlechts - Bestimmung. Sitzungsber. d. physik.-raed. Gesellsch. in Würzburg, Jahrg. 1908/09, Sonderabzug S. 4, 9. 5) Archiv für Zellforschung, Bd. II, 1909, S. 549. 498 Eduard Strasburger, fäden überein, während die anderen Eier ein Chromosom von spe- zifischer Gestalt besitzen, dem bei Strongylocentrotus lividus die Form eines kurzen Hakens, bei Echinus microtuberculatus die eines kleinen Hufeisens zukommt. In den Eiern, denen diese spezifisch gestalteten Chromosomen abgehen, müssen sie durch stäbchenförmige vertreten sein. Die Befunde bei den Insekten machen es F. Baltzer „nicht unwahrscheinlich", daß mit dieser Verschiedenheit der Ei- kerne die Bestimmung des Geschlechts zusammenhängt. Eier mit kleinen Haken oder Hufeisen werden zu Weibchen; Eier ohne diese zu Männchen. Die sehr sorgfältigen F. Baltzerschen Beobach- tungen erstrecken sich für Strongylocentrotus über 106 Eier, davon 45 mit, 61 ohne Haken ^), für Echinus über 63 Eier, davon solche mit den unpaaren kleinen Hufeisen 23, ohne dieses 40. Diese Zahlen sind, wie F. Baltzer selbst hervorhebt, nicht hoch. Bei den in Betracht kommenden Seeigeleiern handelt es sich augen- scheinlich um echte Chromosomen, die sich nur durch ihre Krümmung von den andern unterscheiden. Daher ich nicht ohne weiteres ihren Vergleich mit den Heterochromosomen der Insekten, die ich nicht für echte Chromosomen halte, zugeben möchte. Daß die mit den betrefi"enden Chromosomen ausgestatteten Eier Weibchen liefern, wird aber nur auf Grund des mit den Insekten gezogenen Vergleichs erschlossen. Daß zu dem sich krümmenden Chromosom des Eies als Paarung ein sich nicht krümmendes des Spermatozoons gehört, müßte in irgend welcher Weise die Kernplatte der Reduktions- spindel verraten. Im besonderen würde dies bei beginnendem Aus- einanderziehen der in Paaren vereinigten homologen Chromosomen sich bemerklich machen. Nach F. Baltzers Angaben, und das stimmt mit meinen Erfahrungen bei Pflanzen überein, sind Krüm- mungen, welche Chromosomen in Meta- und Anaphasen erfahren, die Folge davon, daß sie von den Zugfasern der Spindel nicht an ihrem Ende, sondern an der späteren Krümmungsstelle erfaßt wurden. Dann müßte aber in dem Paar, das nur ein gekrümmtes Chromo- som liefert, dieses eine andere Insertion der Spindelfasern als sein Partner zeigen. Es sei denn, daß sie sich überhaupt nicht zu einem Paar vereinigt hätten. Jedenfalls müssen diese Dinge noch klar- gelegt werden, bevor dieser isolierte Fall in die Diskussion des sexualen Problems in richtiger Weise eingreifen kann. — Th.Boveri^) 1) A. a. 0., S. 589. 2) A. a. 0., S. 592. 3) A. a. 0., S. 8. über geschlechtbestimmende Ursachen. 499 legt vor allem Gewicht darauf, daß das stäbchenförmige Chromosom in dem zum Männchen bestimmten Ei kleiner sei, als das Haken- chromosom der Weibchen liefernden Eier, daß somit „das be- fruchtete Ei, aus dem das Weibchen hervorgeht, mehr Chromatin besitzt, als dasjenige, aus dem ein Männchen entsteht"*). Er kann mit dieser Auffassung an solche Insekten anknüpfen, wo die Eier, die mehr Chromatin erhalten, ebenfalls zu Weibchen werden, muß aber dabei, wie er selbst in einer Anmerkung^) zugibt, von demjenigen Typus bei Insekten absehen, wo das Heterochromosomen- paar im Männchen ebenso aussieht, wie im Weibchen. — Zudem kommt neuerdings eine Angabe von Fernandus Payne^), daß bei der Wanze AchoUa multispinosa die über das weibliche Geschlecht entscheidenden Spermatozoon zwar fünf Heterochromosomen, die über das männliche entscheidenden nur ein einziges Heterochromo- som erhalten, letzteres aber an Masse die fünf anderen überbietet, das Mehr an „Chromatin" hier somit den Männchen zufällt. Für unsere Auffassung von einem besonderen, von den Erb- einheiten verschiedenen und deren Tätigkeit nur auslösenden sexu- ellen Stoff, läßt sich wohl auch geltend machen, daß bei den höher organisierten Wesen es eine ganze Summe verschiedener, primärer und sekundärer sexueller Merkmale ist, deren Aktivierung durch eine gemeinsame Ursache veranlaßt wird. Für Mercurialis annua, wie für andere diöcische Angiospermen, suchten wir es wahrscheinlich zu machen, daß die Entscheidung über die sexuelle Tendenz bei der Reduktionsteilung der männ- lichen Gonotokonten nicht in einer Trennung von männlich und weiblich, sondern nur von stärkerer und schwächerer männlicher Potenz bestehe. Von einer Spaltung von Merkmalpaaren sei dieser Vorgang unabhängig. Die gleiche Unabhängigkeit von solcher Spaltung muß ihm bei diöcischen Kryptogamen zukommen, die ihr Geschlecht bei der Reduktionsteilung der Gonotokonten tatsächlich in männlich und weiblich spalten. Das lehren ganz unzweifelhaft die diöcischen Moose. In ihren Sporenmutterzellen trennt sich während der Reduktionsteilung die sexuelle Tendenz in Richtung der beiden Geschlechter. Das verhindert die männlichen und weib- lichen Nachkommen nicht, die Merkmale des entgegengesetzten 1) A. a. 0., S. 7, 9. 2) A. a. 0., S. 8. 3) The Chromosomes of Acholla multispinosa. Biol. Bull., Vol. XVIII, No. 4, 1910, p, 174. 500 Eduard Strasburger, Geschlechts gelegentlich zur Schau zu tragen. Ich habe schon früher auf Literaturangaben hingewiesen^), aus denen hervorzugehen scheint, daß die Weibchen gewisser Laubmoose Zwergmännchen den Ursprung geben können. Bei dem diöcischen Lebermoos Preissia commutata sind mit Bestimmtheit von verschiedenen Forschern-) monöcische Individuen beobachtet worden, die männliche und weib- liche Receptakula auf ihrem Thallus vereinigten, bezw. beiderlei Geschlechtsorgane auf demselben Receptakulum aufzuweisen hatten. Ähnliche Angaben machte vor kurzem A. Ernst^) für einzelne Arten der javanischen, ebenfalls den Marchantiaceen angehörenden Dumortieren^) und neuerdings E. M. Cutting für eine nicht näher bestimmbare Art von Marchantia^). Bei den zuvor angeführten Laubmoosen und zwar Camptothecium liitescens, Homalothecium fallax und Fissidens hryoides, sollen, nach ihrem Beobachter H. Philiberf), die Zwergmännchen älteren, unteren Teilen weib- licher Pflänzchen entsprossen. Nicht anders bei unserer Mercurialis annua, von der wir angaben, daß sie erst in späteren Altersstadien Blüten des entgegengesetzten Geschlechts erzeuge. Das erinnert an ähnliche für das Tierreich gemachte Angaben, die über das Auf- treten sekundärer Merkmale des entgegengesetzten Geschlechts an alternden Individuen berichten. Die Tendenz, die über das Ge- schlecht bestimmte, hat sich in solchen Fällen mit zunehmendem Alter abgeschwächt, und reicht nicht mehr aus, um die Erbein- heiten, welche die sexuellen Merkmale des entgegengesetzten Ge- schlechts bedingen, an ihrer Äußerung zu hindern. Also überall stellen sich Analogien im sexuellen Verhalten der Vertreter beider organischer Reiche ein. Daß übrigens auch bei monöcischen Moosen, nachdem im haploiden Gametophyt jene sexuelle Scheidung erfolgt ist, die sich 1) Chromosomenzahlen usw. Jahrb. f. wiss. Bot., Bd. XLV, 1908, S. 555. 2) Vgl. im besonderen H. Leitgeb, Untersuchungen über die Lebermoose, VI. Heft. Die Marchantieen , 1881, S. 112. Ganz neuerdings Anne A. Townsend, An herma- phrodite Gametophore in Preissia commutata. Bot. Gazette, Vol. XXVIII, 1899, p. 359. 3) Untersuchungen über Entwicklung, Bau und Verteilung der Infloreszenzen von Dumortiera. Ann. du jard. bot. d. Buitenzorg, 2. Ser., Vol. VII, 1908, S. 179. 4) Für die Dumortieren reichen ähnliche Angaben bis 1834 und 1836 zurück. Th. Taylor, De Marchantieis. Trans. Linn. Soc, Vol. XVII, p. 375 und Mackays Flora Hiberniae, Vol. II, p. 54. 5) On androgynous Eeceptacles in Marchantia. Annal, of Bot., Vol. XXIV, 1910, p. 349. 6) Les flenrs mäles du Fissidens hryoides. Revue bryologique, 1883, p. 65. über geschlechtbestimmende Ursachen. 501 bei der Anlage von Antheridien und Archegonien äußert, damit nicht an die Längsspaltungen der Chromosomen etwa geknüpfte Merkmalscheidungen sich vollzogen haben, das lehren solche Fälle, in welchen doppelgeschlechthche Geschlechtsorgane beobachtet worden sind, Gebilde, halb Archegonien und halb Antheridien^), Und, um gleich den anderen extremen Fall anzuführen, so hat B. Nemec in petaloiden Antheren von Hyacinthus Orientalis eine Seite der Pollenanlagen zu Säcken auswachsen sehen, die sich in ihren Bildungsvorgängen wie Embryosäcke verhielten^), während M. T. Masters^) bei Rosa arvensis, S. J. Salter^) bei Passiflora palmata, M. Molliard^) bei Petunia hybrida, K. GoebeP) bei Begonia, um nur diese Fälle anzuführen, in Samenanlagen ver- bildeter Blüten Pollenkörner an Stelle des Embryosackes nach- weisen konnten. Als weiteres Beispiel letzterer Art kommt noch jene merkwürdige weiblich -männliche Mercurialis annwa -Pflanze hinzu, die ich in diesem Aufsatz geschildert habe und die in meinen Versuchen die Nr. XVI trug. Also was in der haploiden Generation der Moose, vermag sich auch in der diploiden angiospermer Pha- nerogamen nach vollzogener sexueller Trennung einzustellen, ein Beweis dafür, daß in den Kernen der Geschlechtsorgane die ent- sprechende sexuelle Tendenz zwar vorherrscht, aber die Gesamt- merkmale beider Geschlechter vertreten sind. Neuerdings gelang es Charles H. Shattuck''), auch auf experimentellem Wege die monöcische Marsilia quadrifolia zur Bildung von Makrosporen in ihren Mikrosporangien zu veranlassen. In den Sporokarpien dieser Pflanzen stellen sich die Anlagen von Makrosporangien zuerst ein; wurden nun diese Anlagen durch schädigende Kultureinflüsse zer- stört und die Pflanzen hierauf unter günstigen Bedingungen weiter gezogen, so suchten die dann auftretenden Mikrosporangien die 1) Vgl. K. Goebels Organographie, 1898, S. 243 und G. M. Holferty, The Archegonium of Mnium eusxndatum. Bot. Gazette. Vol. XXVII, 1904, p. 115. 2) Über den Pollen der petaloiden Antheren von Hyacinthus orientalis. Bull, intern, de l'Acad. des sc. de Boheme, 1898. 3) On polliniferous ovules in a Rose. Journal of Botany, 1867, p. 318. 4) On a sexual monstrosity, consistiug in the development of polliniferous ovules. Transact. of the Linn. Soc, Vol. XXIV, 1863, p. 143. 5) Note sur les particularites que presentent les fleurs doubles du Petunia hy- brida. Bull, de la soc. bot. de France, Vol. 40, 1893, p. 332. 6) Beiträge zur Kenntnis gefüllter Blüten. Jahrb. f. wiss. Bot., Bd. XVII, 1886, S. 246. 7) The origin of lieterospory in Marsilia. Bot. Gazette, Vol. XLIX, 1910, p. 19ff. 502 Eduard Strasburger, fehlenden Makrosporen durch entsprechende Abänderung der in ihrem Innern sich abspielenden Entwickelungsvorgänge zu ersetzen. — Andererseits hat GeorgKlebs durch geeignete Kulturmethoden künstliche Verbildungen der hermaphroditen Blüten von Semper- vivum FunJcii erzielt^), mit Antherenanlagen an den Plazenten der verschiedenen Zwischenformen von Staubblatt und Carpell. Diese Antherenanlagen standen neben typischen Samenanlagen an den nämlichen Plazenten. Bis zur Erzeugung von Pollenkörnern brachten sie es nicht. Oft durchdrangen sich aber Gestalt und Bau der männlichen und weiblichen Organe auffällig in diesen Gebilden. Die sexuelle Tendenz als besonderer, auslösender Faktor ent- scheidet somit darüber, daß bei hermaphroditen Wesen an denselben Individuen, bei diöcischen an verschiedenen Individuen, die Tätigkeit der das Geschlecht kennzeichnenden Erbeinheiten angeregt wird. Unterbleibt die Aktivierung der Erbeinheiten des einen Geschlechts, so äußert sich eben nur das andere. Daß es sich hierbei um etwas anderes handelt, als um Dominanz und Rezessivität der gegebenen Erbeinheiten, das lehrt vor allem auch der Umstand, daß die ur- sprüngliche sexuelle Sonderung sich im Soma der haploiden Gene- ration, also ohne Heduktionsteilung und auch ohne daß homologe Paare von Chromosomen für Spaltungsvorgänge von Merkmalen zur Verfügung gestanden hätten, vollzog. Diese primäre sexuelle Sonde- rung mußte auch naturgemäß der Befruchtung vorausgegangen sein, also dem Vorgang, der den diploiden Zustand der Chromosomen schuf, auf den naturgemäß auch erst die Reduktionsteilung folgte, um den haploiden Zustand wieder herzustellen. Daß die sexuellen Scheidungen an die Reduktionsteilungen geknüpft wurden, konnte erst sekundär geschehen. Um an die Moose nochmal anzuknüpfen, so treten in den haploiden Kernen des Gametophyts bei monö- cischen Arten die beiden sexuellen Tendenzen ohne Reduktions- teilung in Tätigkeit, um Antheridien und Archegonien zu erzeugen. Erst bei den diöcisch gewordenen Moosen ist diese Scheidung in die Sporenmutterzellen verschoben und an die Reduktionsteilung geknüpft worden. Der Vorgang der Reduktionsteilung gibt augen- scheinlich einen geeigneten Anknüpfungspunkt für eine solche Scheidung ab, sonst würde sie nicht durchweg bei Metazoen diesem Vorgang angeschlossen worden sein. Doch handelt es sich dabei 1) über künstliche Metamorphosen. Abh. der naturforsch. Gesellsch. zu Halle, Bd. XXV, 1906, Sonderabzug S. 53. über gescUechtbestimmende Ursachen. 503 nur, was man sich stets vergegenwärtigen sollte, um eine Ver- einigung ursprünglich getrennter Dinge. Die Berücksichtigung dieser Tatsache wird vielleicht zur Klärung der Erscheinungen, die uns bei der Vererbung der an das Geschlecht geknüpften Merkmale entgegentreten, beitragen können. Die sexuelle Diflferenzierung schuf bei ihrem Auftreten, das unzählige Male in der Phylogenie des organischen Reichs sich wiederholte, zunächst, so läßt sich annehmen, Geschlechtsprodukte, die einander in ihrem Bau entsprachen. Für solche Geschlechts- produkte schlug ich im Jahre 1877, im Anschluß an meine Unter- suchung der Acetdbularia ^), die Bezeichnung Gameten vor. Als das ursprünglichste Verhalten von Gameten kann ein solches gelten, wie es von Georg Klebs^) für die Protococcacee Chlorochytrium Lemnae beschrieben wird, wo die Gameten desselben Gametangiums miteinander kopulieren. Ein Schritt weiter dürfte zu einer Verschiedenheit der an demselben Individuum erzeugten Gametangien geführt haben, einer Verschiedenheit, die sich nicht im Bau, hingegen in der sexuellen Stimmung der Produkte offen- bart. Letztere wird kenntlich durch die chemotaktische Wirkung, welche die den verschiedenen Gametangien entstammenden Gameten aufeinander ausüben. Ein Beispiel hierfür geben bei Zygnemaceen solche Aplanogameten ab, deren Vereinigung sich mit Hilfe von Kopulationskanälen vollzieht, durch welche die aufeinander folgenden, als Gametangien funktionierenden Zellen desselben Fadens sich ver- binden. Daß nicht nur solche aufeinander folgende Gametangien des- selben Fadens, sondern auch die verschiedener Fäden bei der Zygne- macee Mougeotia mirdbüis miteinander zu kopulieren vermögen^), ist leicht verständlich, da auch die Gametangien verschiedener Fäden, bei entgegengesetzter sexueller Stimmung, geneigt sein müssen, sich zu vereinigen. Kopulationen zwischen sexuellen Produkten desselben Individuums müssen unter allen Umständen das Primäre gewesen sein, da, wie ich schon einmal betonte, die Diöcie erst durch eine nachträgliche Verknüpfung der Trennung sexueller Tendenzen mit der Reduktionsteilung ermöghcht wird, Befruchtung aber der Re- duktionsteilung notwendigerweise vorausgeht. Aus ursprünglich 1) Acetabularia mediterranea, Teil II. Bot. Ztg., Bd. 35, S. 756. 2) Beiträge zur Kenntnis niederer Algenformen. Bot. Ztg., 1881, S. 253. 3) Vgl. hierzu Friedrich Oltmanns, Morphologie und Biologie der Algen, Bd. I, 1904, S. 64. 504 Eduard Strasburger, einander gleichenden, am nämlichen Individuum erzeugten Game- tangien und aus gleich gebauten, doch sexuell verschieden ge- stimmten Gameten, müssen bei Chlorophyceen, im weiteren Verlauf der phylogenetischen Entwickelung, jene monöcischen Arten hervor- gegangen sein, die verschieden gebaute Gametangien mit verschieden gebauten, als Spermatozoen und Eier unterscheidbaren Gameten aufweisen. Diese auch in der Gestaltung sich kennzeichnende sexu- elle Diffierenzierung der Gameten hat sich unabhängig in fast allen Abteilungen des Algenreiches bei fortschreitender phylogenetischer Entwickelung vollzogen und veranlaßte dementsprechend auch eine verschiedene Ausgestaltung der Gametangien als Antheridien und Oogonien. Daß die Monöcie bei allen Algen als das Primäre auf- zufassen ist, kann ich nicht bezweifeln, wie denn die Ableitung der Diöcie aus der Monöcie sich stets leicht vollziehen konnte, während die Ableitung der Monöcie aus der Diöcie meist auf überaus große Schwierigkeiten stoßen müßte. Daß die Fähigkeit der vom näm- lichen Individuum erzeugten Geschlechtsprodukte, sich im Befruch- tungsakt zu vereinigen, auch weiter als das Erstgegebene aufzufassen sei, die Unfähigkeit dies zu tun, als eine sekundäre Einrichtung, ist sicherlich anzunehmen. Bei Algen fehlt zwar fast durchweg der direkte Nachweis für diese Behauptung, denn auch Friedrich Oltmanns vermag für Selbstbefruchtung als gesicherte Fälle nur die Zygnemaceen und Vaucheria anzuführen, doch steht ander- seits fest, daß die Fähigkeit der Selbstbefruchtung eine fast all- gemeine Eigenschaft selbst der Phanerogamen bildet. Das fest- zustellen ist bei letzteren leicht, schwieriger hingegen bei Krypto- gamen, deren Verhalten in dieser Beziehung demgemäß einer weiteren Erforschung bedarf. Bei einer solchen isogamen Alge, wie Ulothrix zonata, hatte die Diöcie, als sie sich einstellte, nichts als die sexuelle Tendenz zu trennen, keine sichtbar sich äußernden sexuellen Merkmale. Der sexuelle Gegensatz der Gameten, die in männlichen und weiblichen Fäden einer Ulothrix zonata erzeugt wurden, gibt sich nur in der chemotaktischen Anziehung kund, die sie aufeinander ausüben. Dann kam die Verschiedenheit in der Ausgestaltung der Sper- matozoen und Eier, Antheridien und Oogonien, hinzu und dem fügten sich nach und nach die sekundären Geschlechtsmerk- male an. Da bin ich denn geneigt, anzunehmen, daß es die ur- 1) A. a. 0., Bd. II, 1905, S. 58. über geschlechtbestiminende Ursachen. 505 sprüngliche, irgend wie substantiell begründete, an die Reduktions- teilung in der Zygote einer isogamen Pflanze geknüpfte sexuelle Scheidung sei, deren substantielle Wirkungssphäre sich späterhin erweitert. Zunächst hat sie nur über den chemotaktischen Gegen- satz der erzeugten Geschlechtsprodukte zu bestimmen, dann dehnt sich ihr Einfluß in demselben Verhältnis aus, wie die Zahl der an den geschlechtlichen Gegensatz geknüpften Merkmale wächst, sie löst die Vorgänge aus, die zu ihrer Ausbildung führen. Das macht sich vorerst in der ursprünglich haploiden Gene- ration geltend, dann auch in der diploiden, die im Laufe der phylo- genetischen Entwicklung aus der Zygote hervorgeht. Ist Diöcie nur in der haploiden Generation vorhanden, wie bei diöcischen Moosen, so äußern sich an ihr nur die Gegensätze. So etwa bei Marchantiaceen in der verschiedenen Ausgestaltung der Antheridien- stände und der Archegonienstände, bei den Laubmoosen in den abweichenden Formungen der Hüllblätter um die Geschlechts- organe, auch darin, daß die Männchen vielfach kleiner und ein- facher organisiert als die Weibchen sind. Bei den heterosporen Gefäßkryptogamen, die naturgemäß getrenntgeschlechtlich in ihrer haploiden Generation sein müssen, prägen sich die Unterschiede zwischen den die Spermatozoen und den die Eier erzeugenden Ga- metophyten immer stärker aus. Dieses Verhalten erreicht seinen Höhepunkt bei den Phanerogamen und ist mit einer fortschreitenden Reduktion des Körpers des Gametophyten verbunden. Wo nun die sexuelle Scheidung sich auch auf den Sporophyten erstreckte, wie das bei den diöcischen Phanerogamen der Fall ist, werden mit dem Geschlecht die sekundären Geschlechtsmerkmale auf verschiedene Individuen verteilt. Die höchste Ausgestaltung haben diese se- kundären Geschlechtsmerkmale im Pflanzenreich bei den Angio- spermen, in Beziehung zu den mannigfaltigen Bestäubungsvorrich- tungen erlangt. Bei den hermaphroditen, monöcischen, andro- und gynomonöcischen Individuen erfolgte durch die in demselben In- dividuum vereinigten beiden sexuellen Tendenzen zugleich mit der Aktivierung des Geschlechts auch die der zugehörigen sekundären Geschlechtsmerkmale. Letztere bleiben unter der Herrschaft der sexuellen Auslösung auch in den Diöcisten, nicht selten dann noch verstärkt durch das Hinzukommen habitueller Merkmale, die ein frühzeitiges Unterscheiden der Männchen und Weibchen zulassen. Im Tierreich dehnte sich das Gebiet der sekundären, in ihrer Äußerung von der Aktivierung durch die gegebene sexuelle Tendenz 506 Eduard Strasburger, abhängigen Merkmale noch viel weiter aus. Einen überaus lehr- reichen Fall dieses Zusammenhanges, der experimentelle Behandlung erfuhr, behandelt der soeben erschienene Aufsatz von J. C. H. de Meijere: „Über Jacobsons Züchtungsversuche bezüglich des Polymorphismus von Papilio Memnon L. $ und über die Vererbung sekundärer Geschlechtsmerkmale"'). Dieser tropische Schmetterling zeigt einen auffälligen Polymorphismus. Auf Java gehören zu nur einer Form Männchen, drei verschiedene Formen von Weibchen. Die Befruchtung einer Weibchenform liefert in der Nachkommen- schaft aber nicht nur diese, sondern auch noch eine zweite der vor- handenen Weibchenformen. Die sekundären Geschlechtsmerkmale dieses von ihrer Mutter abweichenden Weibchens, müssen also in den Männchen unsichtbar vorhanden gewesen sein. Daraus schließt J. C. H. de Meijere^), daß das männliche und das weibliche Kleid bei dem in Betracht kommenden Schmetterlinge durch ganz voneinander gesonderte Determinantenkomplexe vertreten sein müsse, so daß jedes Exemplar zwei Determinanten des männlichen und zwei des weiblichen Kleides besitzt. Das Geschlecht entscheidet über das sichtbar werdende Kleid. Das läßt sich sehr wohl mit den in dieser Arbeit vertretenen Ansichten in Einklang bringen. Bei meinen Versuchen mit diöcischen Pflanzen, über die ich 1900 berichtete^), gelang es mir nicht durch Veränderung der äußeren Einflüsse, selbst extremster Art, ihr Geschlecht zu beein- flussen. Das war auch Eduard Pflüger bei Fröschen nicht ge- lungen^), „Doch damit ist nicht gesagt", schrieb ich damals nieder^), „daß es nicht doch einmal bei Metaphyten oder Metazoen gelingen sollte, diesen Widerstand zu brechen". Die Vorstellung einer solchen Möglichkeit war bei mir damals schon veranlaßt durch die Er- kenntnis, daß die Merkmale der beiden Geschlechter in den Kernen der Diöcisten vertreten seien ^). Angaben über Beeinflussung des Geschlechts durch äußere Einwirkungen lagen in damaliger Zeit im wesentlichen nur für das Rädertierchen Hydatina senta vor und be- 1) Zeitschr. f. induktive Abstammungs- und Vererbungslehre, Bd. III, 1910, S. 161. 2) A. a. 0., S. 177. 3) Biologisches Centralblatt, Bd. XX, 1900, S. 766. 4) Über die das Geschlecht bestimmenden Ursachen und die Geschlechtsverhältnisse der Frösche. Pflügers Archiv f. d. ges. Physiologie, Bd. XXIX, 1882, S. 25. 5) A. a. 0., S. 781. 6) A. a. 0., S. 772. über gescilechtbestimmende Ursachen. 507 ruhten auf Versuchen von E. Maupas ^) und M. Nußbaum''*). Seitdem haben sich solche Angaben bedeutend vermehrt und im besonderen ist es das zoologische Institut in München^), das dieses Problem durch Versuche fördert. Ich beabsichtige nicht, die vor- handenen Angaben hier zu erörtern, will nur bemerken, daß die Ergebnisse auch dieser meiner Arbeit in keinerlei Gegensatz zu den behaupteten Erfolgen solcher Geschlechtsbeeinflussung stehen. Im besonderen hatte mir vor zehn Jahren schon imponiert*), daß es dem Pilz Ustilago violacea gelingt, die Bildung der männlichen Geschlechtsorgane in weiblichen Blüten der diöcischen Melandrien auszulösen. Die Angabe, daß dem so ist, fand auch in dieser Arbeit, trotz des Einspruchs von G. H. Shull, ihre Bestätigung. Der Pilz dringt eben bis in die embryonalen Gewebe der Blüten- anlagen vor und vermag sie, wohl durch ein Ferment, zu beein- flussen. Experimentelle Versuche, ähnliche Wirkungen zu erzielen, könnten Erfolg haben, wenn es gelänge, den embryonalen Geweben mit entsprechenden Reizen beizukommen. Um die Orientierung in der vorliegenden Arbeit zu erleichtern, lasse ich hier eine Inhaltsübersicht mit gleichzeitiger Angabe der hauptsächlichsten Ergebnisse folgen. Seite Die Nachkommen isolierter weiblicher Individuen von Mer- curialis annua, die mit den Pollen vereinzelter männlicher Blüten, die sie selber erzeugt hatten, befruchtet wurden, produzierten lauter weibliche Nachkommen 427 Vereinzelte weibliche Blüten an männlichen Individuen von Mercurialis annua wurden aufgesucht und mit dem Pollen der nämlichen Pflanze befruchtet 428 Sie produzierten nur männliche Nachkommen 428 Über die Ergebnisse, zu denen C. Correns bei seinen Ver- suchen mit gyno diöcischen Pflanzen gelangte 428 1) Sur le determinisme de la sexualite chez l'Hydatina senta. Comptes rendus de l'Acad., Paris, 14, Sept. 1891. 2) Die Entstehung des Geschlechts bei Hydatina senta. Ärch. f. mikrosk. Änat. u. Entwicklungsgesch., Bd. 49, 1897, S. 227. 3) Über das Problem der sexuellen Differenzierung. Verhandl. d. Deutsch. Zool. Gesellsch., 1905, S. 186. 4) 1. a. 0., S. 657. Jahrb. f. wiss. Botanik. XLVIII. 33 508 Eduard Strasbnrger, Seite Mein Versuch, eine phylogenetische Grundlage für das Ge- schlechtsproblem zu gewinnen 430 Parallelismus der geschlechtlichen Entwicklung in den beiden organischen Reichen 430 Der geschlechtliche Entwicklungsgang im Pflanzenreich . . 430 Hermaphrodite haploide Wesen, monöcische oder homo- thallische Individuen 431 Sexuelle Sonderungen vollziehen sich in ihnen bei Anlage der Geschlechtsprodukte am nämlichen Individuum . . 431 Getrenntgeschlechtliche oder heterothallische Individuen er- zeugen nur männliche oder nur weibliche Geschlechts- produkte an demselben Individuum. Die Trennung der Geschlechter muß an die Reduktionsteilung in der kei- menden Zygote geknüpft sein 431 Daß die sexuelle Scheidung mit der Reduktionsteilung bei den diöcischen Moosen verbunden ist, steht fest 431 Bei monöcischen Moosen vollzieht sich hingegen die geschlecht- liche Scheidung erst am haploiden Individuum .... 431 Aus den vier verbunden bleibenden, einer Sporenmutterzelle entstammenden Sporen des Lebermooses Sphacrocarpus gehen zwei männliche und zwei weibliche Pflänzchen hervor 432 Von Elie und Emile Marchai sind von diöcischen Moos- arten diploide Pflänzchen durch Sprossung aus den Sporo- gonen erzogen worden, da aber im Sporogon die beiden Geschlechter wieder vereinigt sind, so wurden dadurch diese diploiden Pflänzchen monöcisch 432 Die geschlechtlichen Sonderungen haben sich ursprünglich im haploiden Soma in Verbindung mit somatischen Kern- teilungen vollzogen und wurden erst sekundär mit der Re- duktionsteilung verbunden 432 Sie beruhen nicht auf Merkmalspaltungen, so daß die Mendel- schen Regeln auf sie keine Anwendung finden können . 432 Die fortschreitenden sexuellen Sonderungen im diploiden Sporo- phyt der Filicoiden 433 Homospore und heterospore Filicoiden 433 Durch die Heterosporie des Sporophyts wird die Diöcie des haploiden Gametophyts festgelegt 433 Die geschlechtliche Sonderung, die über das Geschlecht der Gametophyten bei den Filicoiden bestimmt, ist somit schon ■Öter geschlechtbestimmende Ursachen. ß09 Seito im Sporophyten festgelegt, sie ist nicht an die ßeduktions- teilung in den Sporenmutterzellen gebunden 433 Dasselbe gilt für die Phanerogamen, bei welchen aber ein weiterer Entwicklungsschritt zurückgelegt und die Diöcie des Sporophyten ausgebildet werden kann 434 Über die männliche Tendenz der Pollenkörner, die weibliche der Eier hat die phylogenetische Entwicklung durch die Heterosporie entschieden 434 Doch sind sexuelle ümstimmungen der Geschlechtsprodukte im Tierreich bekannt 435 Über das Geschlecht der Nachkommen diöcischer Angio- spermen entscheiden nach dem jetzigen Stand unseres Wissens die Pollenkörner 435 Die Versuche von C. Correns und von Fr. NoU .... 435 Es ist anzunehmen, daß die sexuellen Scheidungen an die Re- duktionsteilung in den Pollenmutterzellen geknüpft sind . 435 C. Correns nimmt an, daß dabei eine Scheidung in männ- liche und weibliche Tendenz sich vollzieht 435 Mich führen die phylogenetischen Erwägungen zu der An- nahme, daß in den Pollenmutterzellen sich nur eine Schei- dung in eine stärkere und eine schwächere männliche Potenz vollzieht, von welchen die stärkere die Weib- lichkeit der Eier unterdrückt, die schwächere von der Weiblichkeit der Eier unterdrückt wird 435 Nähere Angaben über die von C. Correns und Fr. Noll angestellten, die Bestimmung und Vererbung des Ge- schlechts betreffenden Versuche und deren Besprechung 435 Weitere Begründung meines Standpunktes, daß bei Angio- spermen den Pollenkörnern überhaupt nur männliche, den Eiern nur weibliche Tendenz zukommen könne . . . . 437 Die Ursachen der Verschiedenheit im Verhalten der Pollen- körner und der Eier von Diöcisten läßt sich phylogenetisch rechtfertigen 438 Eigenartig verhalten sich die Cyperaceen, bei welchen die Pollenmutterzellen nur ein funktionierendes Pollenkorn liefern 438 Auch im Tierreich wird bei gewissen Blattläusen, bei Hor- nissen und Ameisen, die Zahl der Spermatozoen, die aus einer Spermatogonie hervorgehen, von 4 auf 2, bei der Biene sogar auf ein einziges Spermatozoon eingeschränkt 439 33* 510 Eduard Strasburger, Seite Daß aus apogamen, diploiden Eiern hermapliroditer Angio- spermen hermaphrodite Individuen hervorgehen, spricht nicht gegen die weibliche Tendenz normaler haploider Eier. Die diploiden apogamen Eier setzen vegetativ die geschlecht- lichen Tendenzen des Individuums fort, das sie erzeugte 440 DemgemäJS gehen aus den diploiden Eiern apogamer Diö- cisten weibliche Nachkommen hervor 440 Bei echter Parthenogenesis aus haploiden Eiern gehen bei Chara crinita nur Weibchen hervor 440 Bericht über den Gang von Versuchen mit Helodea (Elodea) canadensis, die bei günstigem Verlauf darüber endgültig ent- scheiden könnten, ob die Pollenkörner das Geschlecht der Nachkommen diöcischer Angiospermen bestimmen . . . 441 Die Bestäubung der weiblichen Blüten wurde mit je einer Pollentetrade vorgenommen 443 Das Verhalten der männlichen Blüten von Helodea canadensis 444 Zahl der Samenanlagen in den Fruchtknoten von Helodea canadensis und Fruchtansatz 444 Bestäubungsversuche mit Melandryum rubrum. Die Be- stäubung wurde mit Querscheiben noch geschlossener Längs- hälften von Antheren vorgenommen. Jede Längshälfte mußte die zusammengehörenden Pollenkörner enthalten . 446 Schilderung des Verfahrens 447 Die Samen einer jeden Frucht wurden für sich ausgesät . 447 Die Zahl der für jede Bestäubung benutzten Pollenkörner betrug 150 bis 200 447 In jedem Fruchtknoten standen gegen 300 Samenanlagen zur Verfügung 447 Es wurden 15 Früchte für die Aussaat ihrer Samen aus- gewählt 448 In der Ernte hatten, wie die Tabelle zeigt, die Weibchen stets das Übergewicht 448 So auch in der Ernte aus einer Kontrollfrucht 448 Die Ernte aus den mit Antherenquerschnitten bestäubten Fruchtknoten ergab auf 100 Männchen 175 Weibchen . 449 Erörterung der Ursachen dieser Erscheinung 449 Ein Überschuß von Weibchen bei Melandrywn album auch bei meinen früheren Zählungen 449 Überschuß an Weibchen auch in den Zählungen von G. H. Shull bei „Lychnis dioica" 449 über geschlechtbestimmende Ursachen. 511 Seite Das Zahlenverliältnis von Männchen und Weibchen bei anderen diöcischei;i Angiospermen 449 In jeder Höhe enthält ein Antherenfach von Melandryum rubrum Pollenkörner, die Männchen und Weibchen den Ursprung geben können 452 Die Überzahl der Weibchen in meinen Versuchen mit Melan- dryum rubrum weiß ich mir durch die Annahme zu er- klären, daß die männliche Tendenz der Pollenkörner als Ganzes betrachtet, bei dieser Pflanze eine Schwächung erfahren hat 452 Meine Bemühungen, sichtbare Anknüpfungspunkte in pflanz- lichen Gonokonten für Geschlechtssonderung zu gewinnen, blieben bisher erfolglos 453 Meine diesbezüglichen Angaben aus dem Jahre 1909 und die entsprechende Notiz von M. G. Sykes 453 Wiederaufnahme meiner Untersuchungen bei Melandryum ru- brum 453 Die Reduktionsteilung der 12 Gemini in den Pollenmutter- zellen liefert völlig gleiche Produkte 454 Ein Geminus zeichnet sich durch bedeutende Größe aus, teilt sich aber genau wie die anderen Gemini und liefert gleich große Chromosomen den Tochterkernen. Man findet ihn auch in den homöotypischen Kernplatten der Tochter- kerne wieder. Ein Grund, ihn für ein Heterochro- mosom zu halten, liegt nicht vor 454 Auch ungleiche Verteilung irgend welcher Inhaltsstoffe der Pollenmutterzelle auf die Teilungsprodukte läßt sich nicht nachweisen 454 Ebensowenig lassen sich Anhaltspunkte für Unterschiede in den Stadien erkennen, welche die Kerne tetraedrisch in der Pollenmutterzelle verteilt zeigen, wie nach vollzogener Teilung dieser Pollenmutterzelle in eine Tetrade . . . 454 Ein Unterschied offenbart sich erst zwischen dem generativen und dem vegetativen Kern des jungen Pollenkorns, doch beruht er nur auf der geringeren Größe des Kernkörper- chens im generativen Kern 454 Dessen Größe weist einige Schwankungen auf, die aber durch Übergänge verbunden sind und eine etwaige Verknüpfung mit sexuellen Fragen nicht zulassen 455 512 Eduard Strasburger, Seite Die geringere Größe des Kernkörperchens im generativen Kern fällt allgemein in den Pollenkörnern der Angiospermen auf 455 Die fertigen Pollenkörner von Melandryum ruhrum zeigen innerhalb bestimmter Grenzen Größenunterscliiede, nicht anders verhalten sich aber andere hermaphrodite Sileneen 456 Alle meine Versuche, in den Pollenmutterzellen von Melandryum rubrum Anknüpfungsi^unkte für Geschlechtssonderungen zu gewinnen, fielen somit negativ aus 456 Ob irgend ein die Geschlechtssonderung bewirkender Stoß" ungleich auf die Produkte der Reduktionsteilung, bezw. die Produkte somatischer Kernteilung, wenn sich die sexuellen Sonderungen im Soraa vollziehen, verteilt wird, kann daher nur den Gegenstand theoretischer Erwägungen bilden . 456 Auf der Trennung elterlicher Chromosomen an sich kann in der Reduktionsteilung die sexuelle Sonderung nicht be- ruhen, da sie auch im Soma bei Kernteilungen, die Längs- spaltungen aller Chromosomen aufweisen, sich vollzieht . 456 Heterochromosomen können im Pflanzenreich für den Vorgang nicht in Betracht kommen 457 Die für Arthropoden gewonnenen Ergebnisse werden in ihrer Tragweite dadurch nicht geschwächt 457 Th. Boveris an den „Chromatinbestand" für Geschlechts- bestimmung geknüpfte Ansichten 457 In den Embryosackmutterzellen von Melandryum ruhrum findet sich wie in den Pollenmutterzellen ein größerer Geminus neben elf kleineren Gemini in der Reduktionsspindel wieder 458 Die Teilungsprodukte sind auch in der Embryosackmutter- zelle völlig übereinstimmend 458 Nur die untere der beiden aus der Embryosackmutterzelle hervorgegangenen Zellen teilt sich noch einmal, die homöo- typische Kernplatte läßt das größere Chromosom erkennen 458 Die beiden Kerne, die aus der Teilung des primären Embryo- sackkerns hervorgehen, haben gleich große Kernkörper- chen und gleichen einander auch sonst vollständig . . . 458 Die Kernkörperchen behalten ihre volle Größe in den Tei- lungsprodukten des Embryosacks 459 Die Prophasen im Reduktionskern der Embryosackmutterzelle von Melandrymn ruhrum haben mich in meiner Deutung des Reduktionsvorgangs nur bekräftigt' 459 über geschlechtbestimmende Ursachen. 5^3 Seite Da die Kernkörperchen der Embryosackanlage bei ihrer ur- sprünglicbeii Größe verharren, im Pollenkorn das Kern- körperchen des generativen Kerns die Verkleinerung dauernd beibehält, so kommt es, daß der Spermakern mit einem weit kleineren Kernkörperchen als der Eikern in den Be- fruchtungsvorgang eintritt 461 Dieselbe Erscheinung zeigen aber auch hermaphrodite Angio- spermen und kann ihr, ebensowenig wie den durch Mittel- stufen verbundenen Schwankungen in der Größe des kleineren Kernkörperchens keine sexuelle Bedeutung bei- gemessen werden 461 Es mögen nicht immer die vom Spermakern und vom Eikern stammenden Chromosomen sofort paarig in den Keimkern eingeordnet werden und die alsdann nicht völlig gesättigten Affinitäten seiner Chromosomen eine Verschmelzung der beiden Tochterkerne, die er bildet, anregen. Das könnte eine Veranlassung zur Verdopplung des Chromosomen- satzes abgeben 461 Die Kernplatten in den Wurzelzellen männlicher wie auch weiblicher Individuen von Melcmclryum rubrum führen 24 Chromosomen in 12 Paaren. Ein Paar wird von den zwei größeren Chromosomen, die den größeren Chromo- somen des Spermakerns und Eikerns entsprechen, gebildet 463 Die Kerne der von Männchen und Weibchen stammenden Wurzeln entsprechen einander vollständig, andrerseits zeigen die Kerne verschieden großer Zellen derselben Wurzel Größenunterschiede, die sich auch in größerer Dicke der Chromosomen äußern, die bei ihrer Sonderung mehr Chro- matin in sich aufgenommen haben 464 Spinacia oleracea führt 6 Gemini in der Reduktionskern- platte ihrer Pollenmutterzellen. Die Teilungsprodukte ent- sprechen einander vollständig. Die sechs Chromosomen- paare in der Kernplatte einer Wurzel lassen Größenunter- schiede erkennen, drei größere und drei kleinere Paare Unterschiede, die in den Pollenmutterzellen weniger auffallen 465 Die 10 Gemini der Reduktionskernplatte der Pollenmutter- zellen von Cannahis sativa liefern auch gleiche Teiluno-s- produkte. Zwischen dem Verhalten der Kerne in Wurzeln männücher und weiblicher Pflanzen bestehen keine Unter- 514 Eduard Strasburger, Seite schiede; in beiden fallen gewisse Größenunterschiede zwischen den Chromosomenpaaren auf 465 Die Zahl der Gemini in den Reduktionskernplatten der Pollen- mutterzellen von Mercurialis annua beträgt 8. Die Ge- mini sind klein, immerhin ist ein Größenunterschied zwischen ihnen festzustellen: 4 sind größer, 4 kleiner. Teilungs- produkte übereinstimmend. In den Wurzeln von Männchen und Weibchen kehren die gleichen Verhältnisse wieder . 466 Solche Einzelheiten werden für die Erblichkeitsforschung wachsende Bedeutung gewinnen 467 Die 10 Gemini der Pollenmutterzellen von Bryonia dioica zeigen keine merklichen Größenunterschiede. Bilder junger Tetraden zeigen, wie übereinstimmend die Teilungsprodukte einer Pollenmutterzelle sind 468 Abweichende Angaben von Chester Arthur Darling . . 468 Die äußere Gliederung normaler männlicher Stöcke von Mer- curialis anmia 470 Beschreibung männlicher Stöcke von Mercurialis annua, die einzelne weibliche Blüten erzeugt hatten 471 Beschreibung unter Nr. XYI eines Weibchens von Mercurialis annua, das hermaphrodit dadurch wurde, daß aus zahl- reichen weiblichen Blüten männliche hervorwuchsen . . 473 Von etwa 200 männlichen Pflanzen von Mercurialis annua, die stark zurückgeschnitten wurden, bildete nur eine einzige ein Paar weibliche Blüten aus, die vielleicht auch ohne- dem aufgetreten wären 476 Die an den männlichen Stöcken von Mercurialis annua er- zeugten weiblichen Blüten lieferten nur männliche Nach- kommen 477 Aus den Samen des mit durchwachsenen weiblichen Blüten versehenen, mit eigenen Pollen befruchteten Stockes, gingen sowohl Weibchen als Männchen hervor 478 Wie in früheren Versuchen die männliche Potenz der an weib- lichen Individuen von Mercurialis annua erzeugten Pollen sich geschwächt gezeigt hatte, so war das jetzt auch mit der weiblichen Potenz der an männlichen Stöcken erzeugten Eier der Fall 478 Die Möglichkeit einer Abstufung der sexuellen Potenzen in beiden Geschlechtern ergibt sich aus unseren Beobachtungen 478 über geschlecMbestimmende Ursachen. 515 Seite Das stützt die Vorstellung, daß auch die sexuellen Scheidungen in den Pollenmutterzellen der diöcischen Angiospermen mit einer solchen Abstufung der Potenz innerhalb desselben Geschlechts operieren 478 Bei diöcischen Moosen geht der Bildung der Gonotokonten keine Scheidung der beiden Geschlechter, wohl aber bei den Angiospermen, voraus 479 Vorschlag, die dominierende sexuelle Potenz der Pollenkörner diöcischer Angiospermen als unterdrückende oder opri- mierende, die andere als unterdrückte oder oprimierte zu bezeichnen 479 Daß auch die weibliche Potenz der Eier Abstufungen erfahren hat, lehrt der Umstand, daß aus Eiern, die an männhchen MercuriaUs anwwa-Pflanzen entstanden sind, nur Männchen hervorgehen, daß sie somit der männlichen Potenz sämt- licher Pollenkörner dieser Pflanze unterliegen . . . . 479 C. Correns äußerte sich bereits dahin, daß ganz bestimmte Verhältnisse der Stärke zwischen den im Wettbewerb stehenden geschlechtlichen Tendenzen bei gynodiöcischen Pflanzen bestehen 481 Mein Versuch, die Geschlechtsvererbung bei gynomonöcischen Pflanzen vom Standpunkt der an MercuriaUs annua ge- wonnenen Erfahrungen zu deuten 482 Meine Deutung der Ergebnisse, zu denen G. H. ShuU bei hermaphrodit gewordener Lychnis dioica gelangte, die er mit normalen Männchen kreuzte 483 G. H. Shulls Annahme, daß die von mir beschriebenen, durch Ustilago violacea infizierten Weibchen, die Staubblätter in ihren weiblichen Blüten produzierten, Männchen gewesen seien 485 Die Parallele in der sexuellen Phylogenie des Pflanzen- und Tierreiches ist auffällig 487 Doch waren die Bedingungen bei den Metazoen für Aus- bildung von Diöcie günstiger 487 Die Verteilung und Vererbung des Geschlechts im Pflanzen- reich läßt sich von der Annahme aus, daß den Eiern weib- liche, den Pollenkörnern verschieden starke männliche Tendenz zukommt, begreifen. Ein Wechsel der Tendenz von weiblich zu männlich, oder umgekehrt, braucht nicht angenommen zu werden 488 516 Eduard Strasburger, Seite Für Metazoen gelten jetzt vielfach andere Annahmen, ver- anlaßt vornehmlich durch Umstimmungen „parthenogene- tischer Eier" bei den Arthropoden, aus welchen sowohl Weibchen als auch Männchen hervorgehen 488 Tatsächlich handelt es sich aber bei dieser Erscheinung um diploide Eier, deren sexueller Umschlag sich etwa mit dem sexuellen Umschlag vergleichen läßt, den eine Mercurialis anwKa-Pflanzen erfährt, wenn sie Blüten des entgegen- gesetzten Geschlechts erzeugt 489 Die Geschlechtsbestimmung im Befruchtungsvorgang wird bei den Arthropoden wie bei den Metaphyten in die männ- lichen Geschlechtsprodukte verlegt 489 Eine Beziehung zu dem Vorgang zeigen dort aber besondere Gebilde der Zellkerne, die als Heterochromosomen be- zeichnet werden 489 Bei der parthenogenetischen Entstehung männlicher Bienen, Hornissen, Ameisen, aus unbefruchteten haploiden Eiern, würde hingegen in der Tat eine Umstimraung des Geschlechts der Eier vorliegen, ein besonderer, abgeleiteter Fall wie die Haploidie der aus diesen Eiern hervorgehenden Tiere 490 Immerhin beweisen diese Fälle, daß es Eier im Tierreich gibt, denen männliche Tendenz für ihre Weiterentwicklung zukommt 491 Auf die Chromosomenzahl der Eier wird in den unter Partheno- genesis bei Metazoen zusammengefaßten Erscheinungen in weiteren Untersuchungen zu achten sein. Die Zahl der Richtungskörper ist für die Beurteilung der Fälle an sich nicht entscheidend, T\de denn ooapogame Pflanzen, bei An- lage des Embryosacks, an den Teilungen, die sonst den Reduktionsvorgang begleiten, festhalten können .... 492 Eier mit weiblicher und solche mit männlicher Tendenz sind im Tierreich auch dort gegeben, wo Eier. von verschiedener Größe existieren, um einerseits Männchen, anderseits Weibchen zu bilden. Es sind das nicht allein „partheno- genetisch" sich weiterentwickelnde Eier, sondern auch be- fruchtungsbedürftige, die somit die Bestimmung über das Geschlecht allein besitzen 493 Es ist anzunehmen, daß die sexuellen Bestimmungen, wie sie das Pflanzenreich aufweist, als primäre gelten müssen . 494 über geschleclilbestiiiinieude Ursachen. 517 Seite Die Mannigfaltigkeit der Entwicklungsvorgänge im Tierreich veranlaßte dort auch Abweichungen von den primären sexuellen Bahnen 494 Als sekundäre Abweichung auf diesem Gebiet muß auch die Ausbildung dimorpher Samenfäden bei demselben Tiere gelten 494 Weitere Begründung der Auffassung, daß die Mendelschen Spaltungsregeln auf die Geschlechtsbestimmung als solche keine Anwendung finden können 495 Die Merkmale beider Geschlechter sind in den Kernen der Diöcisten wie der Hermaphroditen vertreten 495 Zu Merkmalpaaren sind nicht sexuelle Merkmale verschiedener Geschlechter, sondern einander entsprechende Merkmale desselben Geschlechts verbunden 496 Als solche folgen sie bei ihrer Spaltung der Mendelschen Regel 496 Ob sie aber in Wirksamkeit treten sollen, darüber entscheidet bei Diöcisten eine besondere Potenz, die sexuelle . . . 496 Aus dem Verhalten der Arthropoden könnte man folgern, daß diese Potenz an einen bestimmten Stoff geknüpft ist. Bei den Pflanzen fehlen hierfür die Anknüpfungspunkte . . 496 Nach E. B. Wilson könnte es sich bei einer stofflichen Be- stimmung über das Geschlecht, nicht um die Menge des in Betracht kommenden Stoffes, sondern nur um seine Qualität handeln, eine Auffassung, der ich zustimme . . 497 Nach Th. Boveri entscheidet hingegen über die Weiblichkeit ein Mehr an Chromatin in dem befruchteten Ei ... 497 Die sexuelle Auslösung umfaßt bei höher organisierten Wesen eine ganze Summe sekundärer sexueller Merkmale . . . 497 Auch bei reiner Trennung der beiden Geschlechter während der Reduktionsteilung der Sporenmutterzellen diöcischer Moose werden die sexuellen Merkmale der beiden Ge- schlechter nicht voneinander getrennt, sind vielmehr in den haploiden Kernen der männlichen wie der weiblichen Pflänzchen vertreten. Es stellen sich demgemäß ausnahms- weise die Merkmale des einen Geschlechts bei dem andern ein 499 Auch die sexuellen Scheidungen im Soma monöcischer Moose verhindern es nicht, daß Geschlechtsorgane gelegentlich auftreten, die halb Antheridien und halb Archegonien sind 500 518 Eduard Strasburger, Seite Dementsprechend schließen es die sexuellen Scheidungen in dem diploiden Sporophyt heterosporer Filicoiden und Pha- nerogamen nicht aus, daß Makrosporen bezw. Embryo- säcke in den Mikrosporangien, bezw. Pollenfächern, Pollen- körner in Samenanlagen erzeugt werden 501 Das vermochten selbst experimentelle Eingriffe in manchen Fällen zu bewerkstelligen 501 Da sexuelle Scheidungen sich bei hermaphroditen Wesen im Soma vollziehen, so geht daraus hervor, daß sie nicht auf Spaltung von Merkmalpaaren beruhen können, da diese schlechterdings an die ßeduktionsteilung gebunden sind . 502 Die Phylogenie der Geschlechtsprodukte 503 Die sexuelle Stimmung der Geschlechtsprodukte .... 503 Die sexuelle Differenzierung muß der Reduktionsteilung voraus- gehen, der Hermaphroditismus daher unter allen Umständen phylogenetisch älter sein, da die Diöcie erst die Folge der Verbindung der sexuellen Scheidungen mit der Re- duktionsteilung ist 503 Die Differenzierung der Gameten in verschieden ausgestaltete Spermatozoen und Eier, veranlaßt eine Verschiedenheit ihrer Behälter. Dann kommen die sekundären sexuellen Merkmale hinzu 505 Zunächst hatte die sexuelle Tendenz nur über die Chemotaxis der zu vereinigenden Gameten zu entscheiden, dann auch über alle zur Sexualität gehörenden Merkmale .... 505 Besonders gewann das Gebiet der sekundären sexuellen Merk- male im Tierreich eine weite Ausdehnung 505 Lehrreich sind die Fälle, wo Polymorphismus sich dazu ge- sellte 506 Versuche, das Geschlecht diöcischer Organismen experimentell zu beeinflussen 506 Theoretisch ist der Erfolg möglich 507 Eine entsprechende Beeinflussung der Kerne embryonaler Gewebe wäre hierzu notwendig 507 Bonn, Ende Juh 1910. Üter gescUechtbestimmende TTrsachen. 519 Figuren-Erklärung. Als Pixierungsmittel dienten Chromosmiumessigsäure, oder Chromosniiumsäure, oder Alkohol-Eisessig. Die Färbungen wurden mit Eisenhämatoxylin, oder Safranin-Gentiana- Orange oder Malachitgrün -Säurefuchsin, oder Karmin -Lichtgrün ausgeführt. Die Figuren 1 — 39 beziehen sich auf Melandryum rubriom. Fig. 1 — 10 aus Pollenmutterzellen. Fig. 11 — 1.3 aus jungen Pollenkörnern, Fig. 14 u. 15 reife Pollenkörner, Fig. 16 ihr Inhalt. Tafel IX. Fig. 1. Eeduktionsspindel in Seitenansicht. Vergr. 1600. Fig. 2. Die Kernplatte einer solchen Reduktionsspindel in Polansicht. Vergr. 1600. Fig. 3, 4. Beginnende Trennung der die Gemini bildenden Chromosomen. Ver- größerung 1600. Fig. 5. Anaphase der Reduktionsteilung. Vergr. 1600. Fig. 6. Ein Tochterkern in Polansicht. Vergr. 1600. Fig. 7. Die homöotypische Teilung. Kernspindel in Seitenansicht und Kernplatte in Polansicht. Vergr. 1600. Fig. 8. Die Kerntetrade vor Bildung der Scheidewände. Vergr. 1600. Fig. 9. Die junge Tetrade mit bereits abgerundeten Pollenkörnern. Vergr. 1600. Fig. 10. Teil eines jungen Pollenkorns mit generativer Zelle und vegetativem Kern. Vergr. 1600. Fig. 11 und 12. Die Nukleoli des generativen und vegetativen Kerns ebensolcher Pollenkörner. Vergr. 1600. Fig. 13 bis 15. Reife Tetraden frei aneinander liegender, einer Pollenmutterzelle entstammender Pollenkörner. Vergr. 400. Fig. 16. Die beiden generativen Zellen und der vegetative Kern an einem reifen Pollenkorn. Vergr. 1600. Fig. 17 bis 24 Embryosackmutterzelle, Fig. 25 bis 28 Emhryosack, Fig. 29 bis 33 Befruchtungsvorgang und Keimanlage. Fig. 17 bis 19. Prophasen im Reduktionskern einer Embryosackmutterzelle. Ver- größerung 1600. Fig. 20. Diakinese im Reduktionskern der Embryosackmutterzelle. Vergr. 1600. Fig. 21. Kernspindel mit Reduktionskernplatte. Vergr. 1600. Fig. 22. Anaphase der Reduktionsteilung. Vergr. 1600. Fig. 23. Dieser Teilungsschritt vollendet. Vergr. 1600. Fig. 24. Die homöotypische Kernspindel in der unteren Tochterzelle. Der Kern der oberen Tochterzelle im Stadium der Diakinese verharrend. Vergr. 1600. Fig. 25. In a Embryosackanlage, ihre Schwesterzellen verdrängend. Vergr. 400. In 6 der Kern der Embryosackanlage. Vergr. 1600. Fig. 26. Embryosackanlage mit zwei Kernen. Vergr. 1600. Fig. 27. Junger Eiapparat. Vergr. 1600. Tafel X. Fig. 28. Reifer Eiapparat, unter ihm der sekundäre Embryosackkern. Vergr. 1600. Fig. 29 bis 32. Spermakern und Eikern in aufeinanderfolgenden Stadien der Ver- einigung. Vergr. 1600. Fig. 33. Zweizeilige Keimanlage. Vergr. 1600. 520 Eduard Strasturger, Über geschlechtbestinimeDde Ursaclien. Fig. 34 bis 39 aus Wurzelquerschnitten. Fig. 34. Teil eines "Wurzelquerschnitts. Weibliche Pflanze. Vergr. 400. Fig. 35 und 36. Kernplatten aus einem Wurzelquerschnitt. Weibliche Pflanze. Yergr. 1600. Fig. 37 bis 39. Kernplatten und Kernspindel aus einem Wurzelquerschnitt. Männ- liche Pflanze. Vergr. 1600. Die Figuren 40 bis 49 beziehen sich auf Cannabis sativa. Fig. 40 bis 47 aus Pollenmutterzellen. Fig. 40 und 41. Keduktionskernspindeln in Seitenansicht. Vergr. 1600. Fig. 42. Eeduktionskernplatte schräg von oben. Vergr. 1600. Fig. 43. Eeduktionskernplatte etwas schräg von der Seite. Vergr. 1600. Fig. 44. Beginn der Anaphase der Reduktionsteilung. Vergr. 1600. Fig. 45. Fortgeschrittene Anaphase. Vergr. 1600. Fig. 46. In a die obere, in h die untere der beiden Tochteranlagen, die aus der Eeduktionsteilung hervorgingen. Die Achse der Teilungsfigur stand senkrecht. Vergr. 1600. Fig. 47. Die Kerntetrade vor Anlage der Scheidewände. Vergr. 1600. Fig. 48 und 49 aus Wurzelquerschnitten. Fig. 48. Kernplatte, in Polansicht aus der Wurzelrinde einer männlichen Pflanze. Vergr. 1600. Fig. 49. Kernplatte in Polansicht aus der Wurzelrinde einer weiblichen Pflanze. Vergr. 1600. Die Figuren 50 bis 56 beziehen sich auf Mercurialis annua. Fig. 50 bis 53 Pollenmutterzelle und junges Pollenkorn. Fig. 50. Eeduktionskernspindel in Seiteuansicht. Vergr. 1600. Fig. 51. Eeduktionskernplatte in Polansicht. Vergr. 1600. Fig. 52. Vorgerückte Anaphase der Eeduktionsteilung in schräger Ansicht. Ver- größerung 1600. Fig. 53. Junges Pollenkorn nach Anlage der generativen Zelle. Vergr. 1600. Fig. 54 bis 56 aus Wurzel querschnitten. Fig. 54 und 55. Kernplatten in Polansicht aus der Wurzel einer weiblichen Pflanze. Vergr. 1600. Fig. 56. Kernplatte in Polansicht aus der Wurzel einer männlichen Pflanze. Ver- größerung 1600. Die Figur 57 bezieht sich auf Bryonia dioica. Fig. 57. Eben angelegte Pollentetrade. Vergr. 1600. Ja/irb. f:mßoLanikßd.XL\TIT. % -'\ Z. 9. \ 10. 75. 76. 77. 18. . 1 ~«\ 2Z. 23. ^' TafJL % 12. m 73. Vi. 79. 26. 27. 27. ÜXrjoie.JjithJnst-Bpr'hin.- Jahrb.fwiBotaniJcßcLXLm:. ZSn.. r'- - »S» Z'}. 3i \ 33. '/J. '/V. ts. Am t3. • k * 50. -V^-?. .52. 5Ly. 5V. £d'StrasöiU-oer g&z. 37. TafX. 4 AM ir^ 37. V f ?■ 38. W. til. 'Hia. t7. 'i8. V/^ 37. EJjcm£.Jjit}v.In.stjB£rh''n.. über die Koremien des Penicillium glaucum. Von W. Wächter. Wenn man etwas angefaulte Äpfel unter eine Glasglocke legt, so entwickeln sich bei einem gewissen Feuchtigkeitsgehalt der Luft kleine, einige Millimeter hohe bäumchenartige Gebilde, deren Stiel weiß ist, und deren Kopf sich nach einigen Tagen mit grünen Peni- cülium-Qomdiieu bedeckt. In vielen, vielleicht den meisten Fällen findet man außer diesen „Koremien" keinen grünen Schimmelbelag, in anderen Fällen sind die Apfel mit einer dünnen Schimmeldecke überzogen, aus der dann die weißen Koremien herausragen. Bekanntlich hat Link*) diese merkwürdigen, hutpilzähnlichen Gebilde von der Gattung Penicillium als eigene Gattung Coremium abgetrennt; ihm folgten Cor da-) u. a. und bis in die neueste Zeit hinein halten einige Mykologen^) an der Spezies Coremium glaucmii fest, während andere'*) zwar das Coremium glaucum als Synonym für PeniciUium glaucum bezeichnen, aber für andere Species den Gattungsnamen Coremium beibehalten. Daß man jetzt im all- gemeinen das Coremium glaucum als eine Wuchsform des Peni- cillium glaucum betrachtet, ist wohl besonders auf Brefelds Untersuchungen zurückzuführen. Brefeld'') nennt die Koremien „nur die zufällige Folge üppiger Ernährung" und bemerkt dazu, daß ebenso wie die direkte Beob- 1) Ygl. z. B. E. F. Link, Species Plantarum. Berlin 1824, S. 71. 2) Corda, Prachtflora, 1839. 3) Z. B.: G, Scalia, Prima contribuzione alla conocenza della micologica flora usw., spricht von Coremium glaucum, das er für sich, ohne Zusammenhang mit Penicillium, auf faulen Birnen gefunden hat (zit. nach Eef. in Ztschr. f. Pflanzenkr., 1900, S. 199); und Mac Alpine u. Robinson, Additions to tbe fungi of the vine in Australia, der Coremium glaucum auf Weinreben gefunden hat (zit. nach Just, Jahresber. I, S. 152, 1898). 4) G. Lindau, Rabenhorsts Kryptogamenflora. 1908, IX, S. 331 ff. 5) 0. Brefeld, Botan. Untersuchungen über Schimmelpilze, IL Heft: Die Ent- wicklungsgeschichte von Penicillium. Leipzig 1834, S. 32. 522 "W. ■Wachtel', achtung auch Kulturversuche mit einzelnen Sporen zeigen, daß diese „sogleich wieder gewöhnliches PenicilUum^^ bilden, wenn man sie weniger ernährte. Früher hatten schon Ernst Hallier^) und E. Loew^) auf die Identität der beiden Gattungen hingewiesen. So meinte Hallier (a. a. O.): „Man kultiviere nur reines PeniciUium auf nicht zu feuchtem Kleister und man wird meine Angabe be- stätigt finden. Noch besser eignen sich dazu Weinbeeren, welche aber rein sein müssen von Sporen anderer Pilze". Loew findet ebenfalls, daß Penieülium crustaceum Fr. Koremien besonders häufig auf Traubensaft bildet. Diese Auffassung von den Koremien ist dann in die Lehrbücher^) aufgenommen worden, und man bezeichnet jetzt allgemein nach dem Vorschlage von Reinke und Berthold ^) als Koremien alle Aggregationen von Hyphen von ähnlichem Bau wie das alte Coremium cßaucum. De Barys^) Einwände haben — wie es scheint — keinen Einfluß auf diese Nomenklatur gehabt. In seiner Besprechung der Arbeit von Reinke und Berthold (a. a. 0.) meint nämlich de Bary, daß „eine bestimmte Habitus- und Strukturform" nicht durch die Fortpflanzungsorgane, die daran entstehen, zu charakterisieren sei. Die Perithecienträger vieler Pyrenomyceten wären ebensogut „Coremien" wie eine Pistülaria, ein Stysanus oder ein Penieülium- Coremium. „Ein Baum bleibt Baum, gleichviel ob er Apfel oder Tannenzapfen trägt". Bei der großen Verworrenheit, die auf dem Gebiet der 7*em- c«7Zmm - Systematik herrscht, hätte man eigentlich erwarten sollen, daß versucht würde, die Koremienbildung als unterscheidendes Merkmal der Species zu benutzen. Wir finden auch in den syste- matischen Werken (z. B. Lindau a. a. O.) bei der Beschreibung einiger Species Angaben wie: bildet Coremien, bildet leicht Co- remien usw., aber derartige Angaben scheinen doch nur ganz bei- läufiger Natur zu sein, ohne daß die Autoren besonderes Gewicht auf die Fähigkeit zur Koremienbildung legen. Selbst Wehmer*'), 1) Ernst Hallier, Mykologische Studien. 7. Die Stammbildung der Schimmel- pilze. Bot. Ztg. 1866, S. 389. 2) E. Loew, Zur Entwicklungsgeschichte von Penieülium. Jahrb. f. wiss. Bot., Bd. VII, 1869/70, S. 480. 3) Vgl. z. B. F. Ludwig, Lehrbuch der Biologie. Stuttgart 1895, S. 87. 4) J. Reinke und G. Berthold, Die Zersetzung der Kartoffel durch Pilze. Berlin 1879. 5) de Bary, Besprechung der vorigen Arbeit in Bot. Ztg., 1880, S. 46. 6) C. Wehmer, Beiträge zur Kenntnis einheimischer Pilze. (Untersuch, über die Fäulnis der Früchte). Jena 1895, R. 68 ff. über die Koremien des PeniciUium glaucum. 523 durch dessen Untersuchungen in die Penicilliensysteraatik zuerst einiges Licht gebracht wurde, erwähnt in seinen Diagnosen die Koremien überhaupt nicht, weder bei P. italicwm und oUvaceum, noch bei P. glaucum. Man gewinnt darum den Eindruck beim Studium der Literatur über PeniciUnon, daß die Autoren — soweit sie sich überhaupt mit der Koremienfrage beschäftigt haben — die Koremien für eine „zufäUige" Wuchsform halten, die unter ge- eigneten Bedingungen wenigstens bei allen als P. glaueuyn bezeich- neten Penicillien entstehen kann, vielleicht auch bei allen anderen PeniciUium- Arten . Als ich meine Untersuchungen über die Koremien begann, war ich auch der Meinung, daß man bei den grünen Penicillien Koremienbildung bewirken könne, wenn nur die richtigen Bedingungen erfüllt seien, und ich hatte mir zur Aufgabe gemacht, diese Be- dingungen nach Möglichkeit klar zu stellen. In entwicklungs- physiologischer Hinsicht ist die Frage nach der Ursache oder den Bedingungen der Koremienbildung nicht uninteressanter als die Frage nach den Ursachen irgend einer anderen Formbildung. Und wenn Wehmer') an einer anderen Stelle meint, daß die Frage nach der Ursache der Koremienbildung zu bedeutungslos sei, um darüber ins weite zu gehen, so war er offenbar der Meinung, daß die Koremienbildung für die Systematik ohne Bedeutung sei. Daß indessen auch für die Systematik des PeniciUium die Koremienbildung nicht ganz ohne Bedeutung ist, wurde mir im Laufe meiner Untersuchungen klar und soll im zweiten Teil dieser Abhandlung näher ausgeführt werden. I. Die Bedingungen der Koremienbildung. Außer den bereits erwähnten Angaben Brefelds, Halliers und Loew finden sich in der Literatur über Koremien meines Wissens keine erwähnenswerten Äußerungen darüber, wodurch die Bildung der Koremien bei P. glaucum veranlaßt sein könnte. Eine experimentelle Behandlung der Frage ist überhaupt noch nicht versucht worden, nur eine kritische Würdigung hat die An- gabe Brefelds bezüglich der „üppigen Ernährung" von selten Wehmers''') gefunden. „Was die Ursachen des Koremien-Auf- 1) C. Wehmer, Zur Morphologie und Entwicklungsgeschichte des PeniciUium luteum Zakal. Ber. d. Deutsch. Bot. Ges., 1893, S. 503. 2) Derselbe, PeniciUium luteum, a. a. 0., S. 503. Jahrb. f. wiss. Botanik. XL VIII. 34 524 W- Wächter, tretens anbetrifft, so hat man dafür wohl eine besonders üppige Ernährung verantwortlich gemacht. Auf welchen Tatsachen diese Ernährung fußt, ist mir nicht bekannt; nach mehreren Erfahrungen erachte ich sie aber für eine ziemlich in der Luft schwebende. Denn mit ungefähr gleichem Rechte ließe sich als Grund das Gegenteil angeben. Unstreitig befinden sich rasch wachsende Decken auf 10 bis 20-proz. Zuckerlösung mit den üblichen Nährsalzen unter , günstigen ErnährungsverhältnissenS ohne daß ich in zahlreichen derartigen Kulturen jedoch eine Spur von Koremienbildung beobachtete, wo- gegen der Pilz wiederholt, nachdem er sich auf der Decke einiger anderer Schimmelpilze angesiedelt und ausgebreitet, reichlich in Bündeln verschiedener Form emporwuchs. Hier spielen voraus- sichtlich andere Verhältnisse — vielleicht auch die physikahsche Beschaffenheit des Substrats — eine Rolle". Wie bereits erwähnt wurde, nahm ich an, daß jedes PeniciUium glaucum zur Koremienbildung veranlaßt werden könnte; infolge- dessen legte ich zunächst kein großes Gewicht auf die mir be- kannte Tatsache, daß P. glaucum keine einheitliche Species sei; es war auch nicht so ohne weiteres zu erkennen, ob ich es in meinen Kulturen mit einer einzigen Art oder Form zu tun hatte, da die Färbung der Conidien bei einer ganzen Reihe verschiedener grüner Penicillienformen keine oder nur geringe Unterschiede zeigen. Erst die mannigfachen, sich widersprechenden Resultate einer großen Anzahl von Kulturversuchen zwangen mich, die Erfahrungen früherer Forscher zu berücksichtigen und in allen Fällen von einer Conidie auszugehen. Aber selbst unter den größtmöglichen Vorsichtsmaß- regeln waren Verunreinigungen oft schwer zu vermeiden und es be- durfte größter Sorgfalt, um die Kulturen rein zu halten. Es erwies sich schließlich als das rationellste, die verschiedenen Penicillien an verschiedenen Orten des Instituts, wenn möglich im Freien, auf andere Substrate überzuimpfen. Bekanntlich lassen sich die Peni- cillien nach rein morphologischen Charakteren nicht auseinander halten, und ich bediente mich zur Isoherung der verschiedenen Formen besonders der von Weidemann ^) benutzten Substrate, be- sonders deswegen, um meine Formen möglicherweise mit denen 1) Carl Weiiiemann, Morphologische und physiologische Beschreibung einiger Penicillien- Arten. Centralbl. f. Bakt., IL Abt., XIX. Bd., 1907, S. 675 ff. und die dort zitierte Literatur. über die Koremien des PenicilUum glaucum. 525 "Weidemanns später vergleichen zu können. — Wie ich hier vor- weg bemerken will, ist es mir nicht gelungen, die von mir benutzten Penicillien mit bekannten Formen genau zu identifizieren; ofienbar ist PenicilUum ..glaucum" eine Kollektivspecies im allerweitesten Sinne und es sind ohne Frage weit zahlreichere Versuche und vor allem genügendes Vergleichsmaterial notwendig, um die einzelnen Arten oder Formen voneinander trennen zu können. Für mich handelte es sich zunächst nur darum, festzustellen, ob die elf von mir kultivierten Penicillien wirklich alle zur Ko- remienbildung veranlaßt werden konnten oder ob die Koremien- bildung auf einzelne dieser Formen beschränkt sei. Nachdem sich herausgestellt hatte, daß von den elf kultivierten Formen nur zwei zur Koremienbildung geeignet waren, während neun niemals Koremien bildeten, wurde eine der Koremien bil- denden Formen — vom Apfel — genauer daraufhin untersucht, ob sie nur unter ganz bestimmten Bedingungen ihre Koremien zur Entwicklung bringt, oder ob das Nährsubstrat und andere Faktoren für die Koremienbildung mehr oder weniger belanglos sind. Da es zunächst galt, festzustellen, in wieweit eine „gute" oder „schlechte" Ernährung für die Koremienbildung in Frage kam, wurden zur Kultur eine Anzahl Substrate gewählt, von denen an- zunehmen war, daß der Filz üppig auf ihnen zu wachsen imstande sei. Ich bemerke, daß alle in den folgenden Protokollen auf- geführten Kulturen mehrfach vorhanden waren und daß die Ver- suche wiederholt wurden. 1. Frische Apfelscheiben (in Petrischalen sterilisiert). Nach 7 Tagen: fast gar kein grüner Belag, nur Koremien mit weißem Stiel und grünen Köpfchen, 3 — 5 mm lang. 2. Birnenscheiben (Dörrobst, in Petrischalen im Dampftopf sterilisiert). Nach 11 Tagen: aus grüner Decke erheben sich reichlich dicke Koremien, die zum Teil keinen weißen Stiel mehr haben, da sich auch hier grüne Conidien entwickelt hatten. 3. Citronenscheiben mit der Schale (in Petrischalen sterili- siert). Nach 11 Tagen: sehr reichlich gute Kore- mien, besonders an der Schale; auf den Schnittflächen grüner Belag, dazwischen Koremien. 4. Apfelsinenscheiben mit der Schale (in Petrischalen ste- rilisiert). Nach 7 Tagen: grüne flache Decke, dazwischen gute Koremien, besonders an der Oberfläche der Schale. 34* 526 ^- "Wächter, 5. Kartoffelscheiben mit der Schale (in Petrischalen steri- lisiert). Nach 16 Tagen: sehr üppiges Deckenwachstum, dickes wulstiges Mycel, starke Tropfenausscheidung; nur auf einer Scheibe deuthche Koremien. — Wie ich mich später an anderen Kulturen überzeugte, entstehen überall Kore- mien, die aber vielfach im Laufe der Entwicklung durch das üppige Mycelwachstum verdeckt und unkenntlich werden. Bemerkenswert ist die Tatsache, daß die Schale fast niemals einen grünen Überzug zeigt, und daß die Koremien nicht wie bei Apfel, Citronen und Apfelsinen durch die Schale dringen. Koremien besonders zwischen Schale und Grund- gewebe. 6. Frische Birnenscheiben (in Petrischalen sterilisiert). Nach 7 Tagen: überall Koremien zwischen dünnem grünen Belag. 7. Scheiben von Daucus Carota (in Petrischalen sterili- siert). Nach 16 Tagen: sehr schöne Entwicklung, zahl- reiche Koremien, einzeln oder eng miteinander ver- wachsen (Verbänderung). 8. Birnen saft (frische Birnen zerrieben und ausgepreßt; der Rückstand mit gleichem Gewicht Wasser gekocht, ausgepreßt und mit dem ersten Preßsaft vereinigt, filtriert und in Erlen- meyerkolben sterilisiert; in andern Fällen wurden die Birnen sofort mit dem gleichen Gewicht Wasser im Wasserbade längere Zeit erhitzt, zerdrückt, ausgepreßt, filtriert und steri- lisiert. In jeden Erlennieyerkolben wurden 3ü ccm Flüssig- keit gefüllt). Nach 6 Tagen: Viel submerses steriles Mycel, einige grüne Inseln auf der Oberfläche. Koremien an den Rändern der Inseln und direkt aus dem submersen Mycel herausragend. Nach 13, 16 und 26 Tagen: Zunahme der Koremien aus dem submersen Mycel, keine weitere Ent- wicklung der Decke auf der Oberfläche. 9. Dekokt von Daucus Carota (die Rüben mit dem gleichen Gewicht Wasser im Wasserbade längere Zeit erhitzt, aus- gepreßt und in Eilenmyerkolben, je 30 ccm enthaltend, ste- rilisiert). Nach 11 Tagen: Ziemlich gut entwickelte Inseln, an deren Rändern schöne Koremien entwickelt waren. 10. Preßrückstand vom DekoktB (in Petrischalen sterilisiert). Nach 11 Tagen: Mycel gut entwickelt, Koremien meist zusammenhängend (verbändert). über die Koremien des Penicülinm glaucum. 527 11. Konzentrierter Birnensaft. (Frische Birnen zerrieben, ausgepreßt, filtriert und in Erlenmeyerkolben je 30 com sterilisiert.) Nach 4 Tagen: Inseln mit lockerem Mycel, Nach 25 Tagen: Dünne grüne Decke, nur vereinzelte Koremien. 12. Weintrauben (in Erlenmeyerkolben steriUsiert). Nach 7 Tagen: sehr schöne Koremien, in Reihen angeordnet, kaum Oberflächenbelag. 13. Traubensaft. (Weintrauben ausgepreßt, Saft filtriert und je 30 ccm in Erlenmeyerkolben sterilisiert.) Nach 7 Tagen: grüne Inseln, viel submerses Mycel; am Rande der Inseln Beginn der Koremienbildung. Nach 13 Tagen: Sehr wenig Koremien entwickelt, Decke schwach. 14. Rosinensaft (Rosinen mit gleichen Gewichtsteilen Wasser 24 Stunden lang bei Zimmertemperatur digeriert, im Mörser zerrieben, im Dampftopf längere Zeit erhitzt, ausgepreßt, vom filtrierten Saft je 30 ccm in Erlenmeyerkolben sterilisiert.) Nach 11 Tagen: Decke grün, flach, keine Koremien zu erkennen. 15. Kirschsaft (getrocknete Kirschen mit gleichen Gewichts- teilen Wasser 24 Stunden lang bei Zimmertemperatur dige- riert, entkernt, zerrieben, im Dampftopf eine Zeitlang er- hitzt, ausgepreßt, vom filtrierten Satt je 30 ccm in Erlen- meyerkolben sterilisiert). Nach 11 Tagen : schwache Decken- entwicklung, keine Koremien zu erkennen. 16. Pflaumensaft (in gleicher Weise wie 15, aus getrockneten Pflaumen gewonnen). Nach 11 Tagen: weiße flache Decke, keine Conidien, keine Koremien zu erkennen. Nach 14 Tagen: Decke grün, etwas gekräuselt, Tropfen ausschei- dung, keine Koremien. 17. Traubenzuckerlösung nach Weidemann (dest. Wasser 100,0; KH.PO4 0,1; MgSO, + H.O 0,1; NH.NOh 0,25; Traubenzucker 3,0). Nach 7 Tagen: wulstiges Mycel, Unterseite rotgelb, wenig Conidien, dicke kurze Koremien. die vielfach unkenntlich werden, da sie mit der starken Mycel- decke wieder veischmelzen. Nach 14 Tagen: Koremien fast ganz verschwunden. Betrachten wir die Ergebnisse der hier mitgeteilten Kultur- versuche, so fällt zunächst auf, daß in den Versuchen 14, 15 und 528 W- Wächter, 16 überhaupt keine Koremieu zu erkennen waren, und daß die Koremienentwicklung in den Versuchen 5, 11, 13 und 17 keine besonders gut-e war. Die weitaus beste Mycelentwicklung finden wir auf der Kartoffel und in der Traubenzuckerlösung, und wenn wir als Kriterium eines guten Nährbodens die Menge des produ- zierten Mycels betrachten, so zeigen schon diese beiden Versuche, daß Koremienentwicklung und guter Nährboden nicht viel mitein- ander zu tun haben. — Auffällig ist besonders, daß in den Lösungen 14, 15 und 16 gar keine Koremien beobachtet wurden, und daß hier auch die Menge des Mycels keine sehr beträchtliche war, ob- wohl man annehmen sollte, daß die Fruchtsäfte einen guten Nähr- boden für die Penicillien abgeben, da ja die ganzen Früchte stets ein geeigneter Nährboden für Schimmelpilze sind. Hier ist es offenbar die physikalische Beschaffenheit, die eine gewisse Rolle spielt, worauf weiter unten noch zurückzukommen sein wird. — Die Tatsache, daß in dem verdünnteren Birnenauszug (8) bessere Koremien zur Entwicklung kamen, als aas der Kultur auf konzen- triertem Birnensaft (11), ließ vermuten, daß die Konzentration des Nährbodens für die Koremienbildung möglicherweise von Bedeutung sein könnte ; die folgenden Versuche bestätigen die Richtigkeit der Vermutung. Die Conidien wurden geimpft auf: 18. Rosinensaft IL (Der Preßrückstand von 14 mit gleichen Gewichtsteilen Wasser längere Zeit im Dampftopf erhitzt, ab- gepreßt, der Saft filtriert und je 30 ccm in Erlenmeyeikolben sterilisiert.) Nach 11 Tagen: aus grüner Decke erheben sich gute Koremien mit weißem Stiel. 19. Kirschsaft II (in gleicher Weise aus dem Preßrückstand von 15 hergestellt). Nach 11 Tagen: sehr schöne Kore- mien aus grüner Decke. 20. Pflaumensaft II (in gleicher Weise hergestellt aus dem Preßrückstand von 16). Nach 11 Tagen: reichliche Decken- bildung, Koremien vorhanden, aber sehr kurz gestielt. 21. Traubensaft II (in gleicher Weise aus dem Preßrückstand von 13 hergestellt). Nach 11 Tagen: sehr schöne große weißgestielte Koremien aus grüner Decke hervorragend. Wir sehen aus diesen letzten Kulturversuchen also, daß der hier zur Anwendung kommende Konzentrationsgrad für die Koremien- bildung ein durchaus günstiger war und daß auch die Deckenbildung gefördert wurde, letztere jedoch in keiner Weise so üppig auftrat wie etwa bei Anwendung der Traubenzuckerlösung des Vers. 17. über die Koremien des Penicillium gl an cum. 529 Es fragte sich nun, wieweit die Verdünnung der Saftlösung getrieben werden könnte, um noch Koremien zur Entwicklung zu bringen. Als Nährlösung wählte ich verdünnten Birnensaft. 22. Konzentrierter Biruensaft (s. Vers. 11) (wurde mit Leitungswasser verdünnt und je 30 ccm der Lösung in Erlenmeyerkolben sterilisiert). a) Birnensaft 1 -|- 1 Wasser. Nach 4 Tagen: submerses Mycel, wenige Inseln und Oberflächenmycel, schön aus- gebildete Koremien direkt aus dem submersen Mycel hervorragend und auf den Inseln. b) Birnensaft 1 + 3 Wasser. Nach 4 Tagen: sub- merses Mycel, keine Inseln, Koremien kurz, direkt aus dem submersen Mycel über die Oberfläche der Lösung herausragend. Nach 25 Tagen: fast nur submerses Mycel, kräftige Entwicklung der Koremien. c) Birnensaft 1 + 9 Wasser. Nach 4 Tagen: schwache Entwicklung, submerses Mycel, ganz kurze, aber deut- liche Koremien. Nach 25 Tagen: submerses Mycel, schwach entwickeltes Oberflächenmycel, kleine Koremien. d) Birnensaft 1 + 19 Wasser. Nach 4 Tagen: ganz schwaches Wachstum, aber Koremien noch deutlich erkennbar. e) Birnensaft 1 + 40 Wasser. Nach 4 Tagen: ganz schwache Entwicklung, Koremien im Beginn der Aus- bildung. Nach 25 Tagen: schwache Mycelentwicklung, aber Koremien noch deutlich erkennbar. Ahnliche Erfolge erzielte ich mit sehr verdünntem Saft von Daucus Carota. Die Resultate dieser Versuche zeigen aufs deutlichste, daß eine Koremienbildung selbst da noch zu beobachten ist, wo von einem guten Wachstum des Pilzes überhaupt keine Rede sein kann; sie zeigen ferner, was schon aus dem Versuch 8 ersichtlich war, daß zur Koremienbildung eine vorherige Deckenbildung keineswegs nötig ist, sondern daß direkt aus dem sterilen submersen Mycel Koremien über die Oberfläche herausragen können, die dann Co- nidien abschnüren. Wodurch wird nun die Verhinderung der Koremienbildung in den konzentrierten Fruchtsäften bewirkt? Es ist ja eine bekannte Tatsache, daß stark gezuckerte und eingedickte Fruchtsäfte weniger 530 "W. Wächter, leicht, oft überhaupt nicht zur Schimmelbildung neigen, und man schreibt diese Fähigkeit des Sterilbleibens dem Zuckergehalt oder dem Gehalt an organischen Säuren zu. Wie wir nachher sehen werden, trifft weder den Gehalt an Zucker noch an Säure die Schuld am Ausbleiben der Koremien, denn sowohl das Wachstum des Mycels wie die Koremienbildung wurde nicht vermindert auf künstlichen Nährlösungen, die die gleiche Menge Zucker oder Säure wie die benutzten Fruchtsäfte enthielten. Ich führe in folgender Tabelle zunächst einige Versuche auf, die mit Zuckerlösungen ver- schiedener Konzentration angestellt wurden. Versuch 23. NährlösuDg Nach Tagen Entwicklungszustand "Weidemanns Traubenzucker, 3 7o (s. Vers. 17) 14 Gut entwickelte Decke, Unterseite gelbrot, Koremien. Weidem. Traubenzucker, 2 "/o 18 Dicke wulstige Decke, kurzstielige dicke Koremien. Weidem. Traubenzucker, 0,5 "/o 18 Dicke Decke, einzelne dicke Koremien. Weidem. Traubenzucker, 1 "/o 18 Dicke wulstige Decke, Unterseite gelbrot, Koremien dick. Weidem. Traubenzucker, 0,2 "/o 18 Ziemlich schwache Entwicklung, wenig Ko- remien. Weidem. Traubenzuck., O,!"/«') 18 Schwache dicke Mycelentwicklung, einzelne Koremien. Weidem. Traubenzucker, 3 7o = 2 Teile Destill. Wasser . . = 1 Teil 10 Dicke wulstige Decke, sehr dicke Koremien, dicht aneinander gedrängt, so daß sie sich von der Decke wenig abheben. Am Rande der Decke Koremien dünner. Weidem. Traubenzucker, 3 "/o = 1 Teil Destill. Wasser . . = 2 Teile 10 Gute Deckenentwicklung, weniger Koremien. Weidem. Traubenzucker, 3 7o = 1 Teil Destill. Wasser . . = 2 Teile 10 Nicht sehr starke Decke. Koremien sehr gut entwickelt. Weidem. Traubenzucker, 3 "/o a) + 3 7o Traubenzucker c) +9 7o 14 . Dicke wulstige Decke, dicke Koremien, die in den ersten 8 Tagen noch nicht ent- wickelt waren. 1) Der Salzgehalt in diesen Lösungen ist immer der gleiche; es wechselt nur der Zuckergehalt. über die Koremien des Penicillium glaucum. 531 Nährlösung Nach Tagen Entwicklungszustand "Weidem. Traubenzucker, 3 "/o a) -f- 3 7o Traubenzucker b) +6% 0 +9% 14 Verhält sich ebenso wie die vorigen Lösungen mit nur Traubenzucker. Weidem. Traubenzucker, 15 "/ot 20 »'o, 25 7o- 30 »/o, 40»/„, 50 »/o«) 14 Dicke wulstige Decke, nach einiger Zeit Koremien, die später überwuchert werden (in älteren Kulturen treten dann gelegent- lich wieder dünnere Koremien auf). Eine Koremienbildung ist hier also überall zu bemerken, wenn auch dort, wo die Deckenbildung eine besonders kräftige ist, die Koremien wieder undeutlich werden, wie das schon aus Vers. 17 hervorging. Da nun frische Birnen 7,11 Vo Invertzucker und 1,5 % Rohrzucker^) „ Kirschen 8,94% „ „ 0,51% „ Weintrauben 14,96 % ,, „ 0 „ enthalten, so kann der Zuckergehalt der Fruchtsäfte nicht die Koremien und ebensowenig die üppige Ausbildung der Decke ver- hindert haben. Ebenso verhält es sich mit dem Säuregehalt, was eigentlich schon daraus hervorgeht, daß sich gute Koremien auf Citronenscheiben entwickelten. Citronen enthalten nach König (a. a. 0.) 5,39% freie Säure; in den Birnen sind 0,2 Vo> in .den Kirschen 0,72 % und in den Weintrauben 0,77 % freie Säure (s. König a. a. O.) enthalten. In künstlichen Nährlösungen erhielt ich denn auch bei Zusatz bis zu 8 7o Citronensäure noch Koremien, ebenso in alkalischen Lösungen. Eine Hemmung der Koremien- bildung trat erst bei 10 % Citronensäure ein; die alkalischen (Zu- satz von 2 % NaäCOn) Nährlösungen wurden durch die Säure- produktion des Pilzes neutralisiert, und es entwickelten sich auf ihnen stets sehr gute Koremien. Eine Förderung der Koremienbildung durch Säurezusatz, wie es ZukaP) fand, war bei meinen Versuchen nicht zu beobachten. 1) Der Zucker wurde den Salzlösungen zugesetzt, so daß Weidem. Traubenzucker (50 */o) einer 33'/3-proz. Zuckerlösung entspricht. 2) König, Die menschlichen Nahrungs- und Genußmittel. 4. Aufl., S. 956. 3) H. Zukal, Entwicklungsgeschichtliclie Untersuchungen aus dem Gebiete der Ascomyceten. Sitzungsber. d. Wiener Akad., math.-nat. Kl., Bd. XCVIII, Abteil. 1, 1889, S. 555. 532 ^- Wächter, Wenn wir die hier mitgeteilten Versuche bezüglich ihrer Neigung und Fähigkeit zur Koremienbildung zu klassifizieren ver- suchen, so ergeben sich ungefähr folgende 5 Klassen : 1. Keine oder kaum Koremienbildung bei nicht besonders günstiger Mycelentwicklung infolge zu hoher Konzentration: Vers. 11, 13, 14, 15, 16. 2. Gute Koremienbildung aus dem submersen Mycel bei mangeln- der oder schlechter Entwicklung des Oberfläch enmycels: Vers. 8, 22 a u. b, 1, 12. 3. Gute Koremienbildung bei mehr oder weniger gut entwickel- tem Oberflächenmycel: Vers. 2, 3, 4, 6, 9, 10, 18, 19, 21, 23 z. T. 4. Üppige Deckenentwicklung mit mehr oder weniger reich- lichen dicken Koremien, die zum Teil unkenntlich werden bei zu starker Mycelentwicklung: Vers. 5, 7, 17, 20, 23. 5. Kleine, aber stets kenntliche Koremien bei schlechter Mycelentwicklung infolge zu nährstoffarmer Nährlösung: Vers. 22 c, d, e, 23 (0,1 Vo Traubenzucker). Mit Ausnahme der unter 1. genannten Fälle werden also über- all Koremien gebildet und aus den Versuchen der ersten Klasse manchmal noch vereinzelt. Das einzige Moment, das die Koremien- bildung zu verhindern imstande ist, bleibt demnach eine gewisse Konzentration der Nährlösung. Impfen wir Conidien aus einer Kultur mit dieser konzentrierten Nährlösung in eine verdünntere, 80 erhalten wir, wie wir sahen, gute Koremien, selbst dann, wenn die Kulturen ohne Koremien mehrere Monate alt waren. Worauf nun die Verhinderung der Koremienbildung hier be- ruht, ist auch durch meine Versuche nicht ganz klar gestellt. Jedenfalls hat weder der Zucker- noch der Säuregehalt der be- trefifenden Flüssigkeiten irgend eine Bedeutung, was auch schon daraus hervorgeht, daß sich Koremien auf den Früchten bilden, deren Gehalt an Zucker oder Säure natürlich der gleiche ist, wie der des ausgepreßten Saftes. Vielleicht spielt die Konzentration der Salze eine Rolle dabei; wenigstens Heß sich in einer Trauben- zuckernährlösung durch sukzessive Zugabe von Chlornatrium die Koremienbildung unterdrücken. Bei Zusatz von 1 g NaCl zu 30 com Nährlösung waren nur ein paar Koremien zur Ausbildung gelangt, während bei Zusatz von 2 g NaCl zu 30 ccm Nährlösung keine Koremien beobachtet werden konnten. Die Deckenbildung über die Koremien des Penicillium ißaucum. 533 war eine gute, und auf der Nährlösung ohne NaCl waren zahlreiche Koremien vorhanden. Eine rein osmotische Wirkung kann hier nicht in Frage kommen; denn bekanntlich^) vermag Pen icülium auf sehr stark konzentrierten Salzlösungen zu gedeihen, und in unseren Ver- suchen wuchs der Pilz auf konzentrierten Zuckerlösungen ausge- zeichnet; 3 g NaCl entsprechen etwa 15 g Traubenzucker an osmoti- schem Wert und bei Zusatz von 50g Traubenzucker zu 1000 ccm Nähr- lösung wurden Koremien und eine starke Deckenbildung beobachtet. Ob und inwieweit hier spezifische Wirkungen einzelner Salze in Frage kommen, muß weiteren Untersuchungen vorbehalten werden. Für mich war es vor allem von Interesse, daß der hier be- nutzte Pilz eigentlich überall — mit Ausnahme der konzentrierten Fruchtsaftauflösungen — Koremien auszubilden imstande ist, und daß diese Fähigkeit zur Koremienbildung unabhängig von guter oder schlechter Ernährung ist. Meine Untersuchungen beschränkten sich allerdings nur auf ein einziges koremienbildendes Penicillium, aber es scheint mir wahrscheinlich zu sein, daß auch andere kore- mienbildende PenicilliumSpecies sich ähnlich verhalten. Für diese Auffassung spricht auch der Umstand, daß Weidemann''^) an seinem P. Juglandis fast auf allen Substraten Koremien beobachtet. Wenn bei einigen Penicillien die Autoren eine Koremienentwicklung nur für gewisse Substrate angeben, so liegt das m. E. einmal daran, daß alle Beobachtungen über die Koremienbildung nur beiläufig erwähnt werden und infolgedessen natürlich nur auf die wohlaus- gebildeten Koremien geachtet wurde, während kleine Formen sicher vielfach übersehen sind. Ferner halte ich es nicht für ausgeschlossen, daß des öfteren Koremienbildung angegeben wird, wo es sich ofi'en- bar um Verunreinigungen mit anderen Penicillien handelt. Bei der weiten Verbreitung der verschiedensten Formen des Penicillium ist eine derartige Verunreinigung nach meinen Erfahrungen nur allzu leicht möglich. Wenn nun auch, wie wir feststellen konnten, eine Beziehung zwischen Koremienbildung und guter oder schlechter Ernährung nicht besteht, so scheint doch eine Korrelation zwischen Koremien- bildung und Mycelentwicklung vorhanden zu sein, soweit die Aus- bildung guter oder weniger deutlicher Koremien in Frage kommt. Wir sahen schöne Koremien aus submersem Mycel über die Ober- 1) Vgl. Eschenhagen, Einfluß verscliiedener Konzentration auf Schimmelpilze. Dissert. Leipzig, 1889. 2) A. a. 0. 534 W. Wächter, fläche herausragen und anderseits bei sehr starker EntwiclduDg des Oberflächenmycels die Koremienbildung undeutlich werden. In älteren Kulturen konnte man dann gelegentlich wieder normale Koremien beobachten, und vielfach traten Koremien besonders stark an den Randpartien der Decke auf, während sie an den Stellen des üppigsten Deckenwuchses fehlten. Dieses Verhalten ist teleologisch z. Teil verständlich; für das submerse Mycel , das immer steril bleibt, ist es ohne Frage von Nutzen, wenn die Fähigkeit besteht, Koremien über das Flüssigkeits- niveau zu senden, weil sich an ihnen die Conidien bilden können. "Wird hingegen eine Decke gebildet, so ist Gelegenheit zur Conidien- bildung genügend vorhanden. Wenn trotzdem auch hier Koremien gebildet werden, so müssen wir das als eine durch die Organisation des Pilzes gegebene Eigenschaft hinnehmen, für die irgendwelche teleologischen Gründe nicht gesucht werden brauchen, da eine flüssige Nährlösung, wie sie hier angewandt wurde, als natürlicher Standort des Pilzes kaum in Betracht kommt. Der natürliche Standort nnseres Penicülium ist der Apfel, und wie wir sahen, werden hier fast immer nur Koremien an der Oberfläche angetroffen; offenbar ist die glatte Wachsschicht an der Oberfläche des Apfels für eine Deckenbildung ungeeignet, die Fähigkeit zur Koremienbildung dem- nach eine nützliche und zweckmäßige. Das Hervorbrechen der Koremien aus dem Inneren an die Oberfläche des Apfels hat viel- leicht Wehmer (a. a. O.) dazu geführt, die Möghchkeit zu erwägen, ob etwa physikalische Eigenschaften des Substrates auf die Koremien- bildung von Einfluß sein könnten. In der Tat scheint nun die physikalische Beschafi"enheit des Nährbodens nicht ganz ohne Be- deutung zu sein. Wenn man nämlich Nährlösung, die an und für sich nur wenige Koremien entwickelt, mittels Filtrierpapier oder Sägemehl zu einem dicken Brei verarbeitet, so kann man in vielen Fällen beobachten, daß die Koremienentwicklung eine bessere wird, während die Decke mehr oder weniger verschwindet. Die Hyphen durchwuchern dann das Substrat wie unter natürlichen Verhältnissen den Apfel, und die Koremien erscheinen zeitlich später als auf dem flüssigen Nährboden. — Es erinnert dies Verhalten an die Angaben Falks ^) über die Fruchtkörper von CojyriniiS, deren Ausbildung erst dann erfolgt, wenn die Mycelien das Substrat durchwachsen haben. Dieses Durchwachsen des Substrates ist in konzentrierten 1) Rieh. Falk, Die Oidien und ihre Eückführung in die höhere Fruchtform bei den Basidioniyceten. Cohns Beitr. z. Biologie d. Pflanzen, 8. Bd., 1902, S. 1315. über die Koremien des PenicilJinm glaucum. 535 Nährlösungen nicht möglich; es kommt dort nur zur Bildung sub- mersen Mycels, da auch eine Deckenbildung nicht eintritt. Durch Vermischen der Lösung mit festen indifferenten Massen wird die Möglichkeit des Durchwachsens gegeben, und so erklärt sich auch, daß auf den ganzen Früchten gute Koremien gebildet werden und nicht auf dem ausgepreßten Safte dieser Früchte'); ich erinnere z. B. an das Verhalten des konzentrierten Birnensaftes, der wenig Koremien hervorbrachte, im Vergleich zu den Kulturen auf Scheiben von ganzen Birnen, auf denen sehr gute Koremienentwicklung zu beobachten war. — Eine Erklärung für seine Beobachtungen an Coprinus gibt Falk nicht; vielleicht ist die Möglichkeit einer besseren Durchlüftung des Substrates die Ursache guter Myceldurchwucherung und die Koremienbildung kann erst dann erfolgen, wenn das Substrat nach irgendeiner Richtung hin erschöpft ist oder wenn das Mycel eine Art Reifezustand erreicht hat. So sahen wir an Kulturen mit kräftig entwickeltem Oberflächenmycel Koremien vielfach erst bei relativem Alter auftreten, indessen eine Beziehung der Zahl der Koremien zur Menge des Mycels, aus dem sich die Koremien er- heben, wurde nicht beobachtet, ebensowenig wie eine regelmäßige Anordnung der Koremien auf dem Substrat. Gelegentlich sahen wir allerdings, wie bereits erwähnt wurde, daß die Ränder der Inseln auf einer Nährlösung ein bevorzugter Ort der Koremien- bildung waren, aber ebenso häufig traten Koremien, über die ganze Oberfläche zerstreut, auf, ohne daß eine Regelmäßigkeit des Ab- standes, die auf eine Beziehung zwischen Koremien und dazugehöriger Mycelmenge schließen ließ, wahrgenommen werden konnte -). Gelegentliche Beobachtungen an Kulturen mit gut entwickelten Koremien zeigten, daß bisweilen eine gleichmäßige Abweichung der Wachstumsrichtung von der Vertikalen stattfand. Orientierende Versuche zur Beantwortung der Frage, ob hier geotropische oder heliotropische Kiümmungen in Frage kamen, führten bisher noch zu keinem Resultat; möglicherweise handelt es sich um hydrotropische Krümmungen, doch können weitere Untersuchungen in dieser Rich- tung erst angestellt werden, wenn es gelingt, jederzeit Koremien von der gewünschten Größe zu erhalten. 1) Es ist wolil kaum anzunehmen, daß die Cellulose als solche von irgend einem Einfluß sein kann. 2) Vgl. hierzu W. Magnus, Über die Formbildung der Hutpilze. Berlin 1906. Sep. d. Arch. f. Biontologie, Bd. 1. 536 W. Wächter, 2. Ist die Fähigkeit, Koremien zu bilden, bestimmten Arten oder Formen vorbehalten? Es wurde oben (S. 525) bereits erwähnt, daß von den elf unter- suchten und kultivierten Penicillien nur zwei imstande waren, Kore- mien zu bilden, und daß die übrigen neun Arten oder Formen unter den gleichen Kulturbedingungen niemals Koremien hervorbrachten. In den folgenden Tabellen seien hier in Kürze die Ergebnisse meiner Untersuchungen in dieser Richtung mitgeteilt. Tabelle 1. Kulturen auf Scheiben von Daucus Carota^). Objekt Charakteristik der Decke Farbe der Conidien Bemerkungen Penicülium. I 5 Oberfläche fast bedeckt, dünn, glatt, in der Mitte etwas lockerer; schmale weiße Eand- zone bläulichgrün Penicillium, II 5 Wie I bläulichgrün Penicülium III 5 Oberfläche zur Hälfte bedeckt, dünn und glatt; schmale weiße Eandzone bläulichgrün Penicillium IV 5 Oberfläche fast bedeckt, dünn und glatt; schmale weiße Randzone bläulichgrün Penicillium V 5 Oberfläche zur Hälfte bedeckt, dünn und glatt; schmale weiße Randzone bläulichgrün Penicillium VI 5 Oberfläche bedeckt, zum Teil wulstig gewölbt; keine weiße liandzone dunkel hlau- grün deutliche Kore- mien Penicillium VII 5 Oberfläche zu zwei Dritteln be- deckt, zum Teil wulstig ge- wölbt, ziemlich breite, weiße Randzone dunkel blau- grün deutliche Kore- mien, starke Tropfenausschei- dung Penicillium VIII 5 Oberfläche ganz bedeckt, mäßig dick, weich, sammetartiger Charakter; keine weiße Rand- zone dunkel blau- grün 1) Alle Kulturen, hier wie immer, mehrfach mit gleichem Resultat angestellt, das Impfmaterial war jeweils aus einer Reinkultur auf Stärke entnommen, da dieser Nähr- boden sich für Dauerkulturen als besonders günstig erwies. Sämtliche Kulturen wurden bei Zimmertemperatur angestellt. über die Koremien des PenlciUium glaucuiii. 537 Objekt Charakteristik der Decke Farbe der Conidien Bemerkungen Penicillium IX 5 Decke aus sich berührenden runden Inseln gebildet, dünn und glatt, in der Mitte der Inseln etwas lockerer; keine weiße Kandzone dunkel blau- grün Penicillium X 5 Oberfläche fast bedeckt, glatt und dünn, in der Mitte etwas lockerer; schmale weiße Rand- zone bläulichgrün Penicillium XI 5 Oberfläche zu zwei Dritteln be- deckt, dünn und glatt; schmale weiße Randzone hellgrün Tabelle 2. Kulturen auf Citronenscheiben. PcidciUium 1 Oberfläche halb bedeckt, dünn und glatt; schmale weiße Randzone bläulichgrün Penicillium II Oberfläche bedeckt, dicker als I, körniges Aussehen ; keine Randzone schmutzig graugrün Penicillium III Oberfläche bedeckt, dick und weich (wollig) ; keine Randzone graugrün Penicillium IV Oberfläche halb bedeckt, dünn und glatt; schmale weiße Randzone hellgrün Penicillium V Oberfläche fast bedeckt, etwas wulstig; keine Randzone bläulichgrün Penicillium VI Oberfläche zu zwei Dritteln be- deckt, wulstig; keine Randzone dunkel blau- grün Koremien, Tropfenausscheid. Penicillium VII Oberfläche zur Hälfte bedeckt, etwas wulstig; keine Randzone blaugrün gute Koremien, schwache Tropfen- ausscheidung Penicillium VIII Oberfläche fast bedeckt, sehr locker durch in die Luft ragende Einzelhyphen ; keine Randzone graugrün Penicillium IX Oberfläche bedeckt, Decke z. T. wulstig, locker; keine Rand- zone schmutzig dunkelgrün Penicillium X Oberfläche zu zwei Dritteln be- deckt, etwas wulstig, locker; keine Randzone graugrün Penicillium XI Oberfläche zu zwei Dritteln be- deckt, aus kreisrunden Inseln hervorgegangen, die ver- schmelzen , locker ; keine Randzone hell blaugrün 538 "W". Wächter, Tabelle 3. Kulturen auf Kartoffelscheiben. Objekt Charakteristik der Decke Farbe der Conidien Bemerkungen 4 Beginn der Entwicklung; kleine weiße Inseln PenieiUium I 9 Oberfläche fast bedeckt, Decke wellig, kraus; ca. 5 cm breite weiße Eandzone bläulichgrün 4 Beginn der Entwicklung, kleine weiße Inseln PenieiUium II 9 Oberfläche fast bedeckt, gekröse- artig gewunden, schmutzig grau, nur am Rande Conidien hell graugrün 19 Wie vorher, nur mehr Conidien, auch in der Mitte dunkler grau- grün geringe Tropfen- ausscheidung 4 Inseln von ca. 1 cm Durch- messer; weiße Randzone hellgrün PenieiUium III 9 Oberfläche je ein Viertel bedeckt, sanimetartig; weiße Randzone graugrün 19 Oberfläche zur Hälfte bedeckt, sammetartig; weiße Randzone hellgrau 4 Inseln von 1 — 2 cm Durch- messer, weiß, dünn PenieiUium IV 9 Oberfläche fast bedeckt, wellig gekräuselt , körnig ; weiße Randzone dunkel blau- grün 4 Inseln von ca. 1 cm Durch- messer, dünn, weiß PenieiUium V 9 Oberfläche fast ganz bedeckt, etwas wellig gekräuselt, kör- nig; weiße Randzone dunkel blau- grün 19 Oberfläche ganz bedeckt; weißer Rand verschwunden dunkel blau- grün PenieiUium VI 13 Oberfläche ganz bedeckt, glatt, nicht gekräuselt oder gewellt blaugrün Koremien, be- sonders am Rande z. T. verbändert 4 Inseln von 0,5 cm Durchmesser, dünn, in der Mitte Conidien hellgrün kleine kaum er- kennbare Kore- mien PenieiUium vn 9 Oberfläche fast bedeckt, dick, aber nicht gewellt oder ge- kräuselt dunkel blau- grün kurze Koremien, z. T. verbändert, starke Tropfen- ausscheidung PenieiUium VIII 4 Inseln von ca. 1 cm Durchm., locker durch in Luft ragende Hyphen; in der Mitte Conidien hellgrün über die Koremien des PeniciUium glaucum. 539 Objekt CS "3 Charakteristik der Decke Farbe der Conidien Bemerkungen PenicilUuni VIII 9 Oberfläche fast bedeckt, glatt, in der Mitte i'unzlich hellgrün starke Ausscheid., braune Tropfen 4 Oberfläche ganz bedeckt, Decke gekröseartig gewunden, grau- weiß, wenig Conidien hell blaugrün IX 9 Wie vorher hell blaugrün 19 Wie vorher; Conidien zahlreicher dunkel grau- grün geringe Tropfen- ausscheidung 4 Inseln von ca. 1,5 cm Durchm., schmutzig grauweiß PenicilUmn X 9 Oberfläche fast bedeckt, gekröse- artig gewunden, am Kande glatter, schmutzig grauweiß; wenig Conidien hell blaugrün PeniciUium XI 4 Dicke Inseln von ca. 1,5 cm Durchmesser; in der Mitte Conidien hellgrün 9 Oberfläche fast ganz bedeckt, fast glatt; weiße Eandzone blaugrün starke Tropfen- ausscheidung Die Angaben über Penic. VI stammen aus einer anderen Kulturreihe, da die Conidien hier nicht gekeimt waren. In dieser zweiten mit mehreren Scheiben wiederholten Kulturreihe verhielten sich die Penicillien im wesentHchen gleich; die Differenzen be- standen nur in der mehr oder weniger deutlichen Wellung oder Kräuselung der Decke. Die Koremienbildung des P. VII war die gleiche, ebenso wie das von den übrigen Kulturen stark abweichende Aussehen der Penicillien II, IX und X. Ta belle 4. Kulturen auf Apfelscheiben. Objekt 1| CD ^ Charakteristik der Decke Farbe der Conidien Bemerkungen PeniciUium 7 Reichlicher dünner Belag hellgrün I 15 Etwas stärkere Entwicklung dunkler grün PeniciUium 7 Reichlicher dünner Belag grün II 15 Keine Veränderung grün PeniciUium 7 Spärliche Entwicklung hellgrün III 15 Keine Veränderung hellgrün Jahrb. f. wiss. Botanik. XLVIII. 35 540 W. Wächter, Objekt 'S 3 Charakteristik der Decke Farbe der Conidien Bemerkungen Pcnicillium 7 Ziemlich reichlicher dünner Belag grün IV 15 Etwas stärkere Entwicklung grün Penicillium 7 Spärlicher Belag grün V 15 Keine Veränderung grün Penicillium 7 Spärlicher Belag grün schöne Koreniien VI 15 Keine Veränderung grün weit. Koremien Penicillium 7 Spärlicher Belag grün schöne Koremien VII 15 Keine Veränderung grün weit. Koremien Penicillium 7 Dünner Belag hellgrün VIII 15 Keine Veränderung hellgrün Penicillium, 7 Dünner Belag grün IX 15 Keine Veränderung grün Penicillium 7 Spärlicher Belag grün X 15 Keine Veränderung grün Penicillium 7 Dünner Belag grün XI 15 Etwas stärkere Entwicklung grün Tabelle 5. Kulturen auf Roggenbrot. PenieilUum I 7 Starke Entwicklung, pelzartiges Aussehen dunkel blau- grün Penicillium II 7 Dichter Belag graugrün PeniciUium III 7 Schwache Entwicklung, Luf tmycel (einzelne Hyphen in die Höhe ragend) hellgrünn Penicillium IV 7 Gute Deckenentwicklung, Luft- mycel; weiße Randzone grün Penicillium V 7 Gute Deckenentwicklung, Luft- niycel; weiße Randzone grün Penicillium. 4 "Weiße Decke, Luftmycel Koremien VI 7 Gut entwickelte Decke, Luftmycel grün reichl. Koremien 4 Weiße Decke, gute Entwicklung reichl. Koremien Penicillium VII 7 Decke locker, pelzartig, starke Entwicklung hellgrün Koremien vom Deckenmycel über- wuchert, an den Rändern einzelne gute Koremien Penicillium VIII 7 Insel, locker pelzartig, weiße Eandzone hellgrün über die Koremien des Penicillium glaucum. 541 Objekt Charakteristik der Decke Farbe der Conidien Bemerkungen Penicillium IX 7 Dichter Belag graugrün Penicillium, X 7 Dichter Belag graugrün Penicillium XI 7 Flache Decke, wenig Luftmycel dunkelgrün Tabelle 6. Kulturen auf Weidemanns KNO;^- Rohrzucker^), Penicillium I 8 Kleine Inseln, darunter submerses flockiges Mycel ; submerse Flocken hellgrün Unterseite weiß 25 Ziemlich dicke Decke hellgrün Unterseite schmut- ziggelblich, starke Ausscheidung gel- ber Tropfen Penicillium 8 Beginn der Keimung II 25 Dünne Decke grün Unterseite weiß 8 Dünne Inseln hellgrün Untei'seite weiß III 25 Dünne geschlossene Decke graugrün Unterseite schmut- ziggelb Penicillium 8 Einige Oberflächeninseln , viele submerse Inseln IV 25 Oberfläche halb bedeckt gelbgrün Unterseite gelblich- weiß Penicillium V 8 Einige Oberflächeninseln, viele submerse Inseln hellgrün 25 Decke fast geschlossen bläulichgrün Unterseite weiß Penicillium 8 Große Inseln, locker, Mycel röt- lich schimmernd dunkelgrün Unterseite orange- rot; reichlich wei- ße Koremien VI 25 Decke fast geschlossen heller grün Unterseite orange- rot ; reichlich K o - r e m i e n 8 Große gewölbte Inseln, viele sub- merse Ineln hellgrün Unterseite gelblich, dicke kurze weiße Koremien Penicillium VII 25 Decke fast geschlossen dunkler grün Unterseite kana- riengelb mit einem Stich ins Orange, viele kurze Ko- remien 1) Vgl. Weidemann (a.a.O.) S. G79 (H^O 100,0; K.HPO, 0,1; MgSO, + H.O 0,1; KNO3 0,25; Rohrzucker 3,0). 35* 542 W. Wächter, Objekt 'S 'S Charakteristik der Decke Farbe der Conidien Bemerkungen Penicillium 8 Große weiße Inseln mit starkem flockigen submersen Mycel VIII 25 Decke nicht geschlossen, sub- merse Inseln blaugrün Unterseite weiß Penicillium 8 Dünne Decke hell graugrün Unterseite hell orangegelb IX 25 Dünne Decke graugrün Unters, schmutzig orange Penicillium X 8 Beginn der Keimung 25 Decke geschlossen graugrün Unters, gelblich, z T. orangegelb Penicillium 8 25 Einige Inseln hellgrün Unterseite weiß XI Decke fast geschlossen blaugrün Unterseite weiß Tabelle 7. Kulturen auf Weidemanns Arrow Root*). Penicillium 9 Inseln mit darüberliegendem flockigen submersen Mycel ; weiße Randzone hellgrün Unterseite weiß I 25 Keine Veränderung hellgrün Unterseite weiß 55 Keine Veränderung hellgrün Unterseite weiß Penieilliinn 9 Dünne Decke, starkes submerses Mycel blaugrün Unterseite weiß II 25 1 55 1 Keine Veränderung blaugrün Unterseite weiß 9 Keine Entwicklung Penicillium III 25 Fast kein Oberflächenmycel, viel submerses Mycel, keine Co- nidien Unterseite weiß 55 Keine Veränderung Unterseite weiß Penicillium 9 Dünne Decke, fast geschlossen, starkes submerses Mycel hellgrün Unterseite weiß IV 25 1 55 1 Keine Veränderung hellgrün Unterseite weiß Penicillium 9 25 1 55 1 Dicht bedeckt mit kleinen Inseln, dickes submerses Mycel hellgrün Unterseite weiß V Keine Veränderung hellgrün Unterseite weiß 1) Vgl. Weidemann, a. a. 0., S. 679 (H,0 100,1; K.HPO, 0,1; MgSO^ -f- HjO 0,1; NH^NOa 0,25; Arrow Eoot 0,4). über die Koremien des PenicilUium glaucum. 543 Objekt «1 Charakteristik der Decke Farbe der Conidien Bemerkungen 9 Eine große weiße Insel, darunter reichliches submerses Mycel dunkler grün Unterseite orange- rot, kleine Ko- remien PenicilHum VI 25 Keine Veränderung dunkelgrün Unterseite rotoran- ge, Koremien 55 Keine Veränderung dunkelgrün Unterseite fast gelb, der orangefarbene Ton beinahe ver- schwunden. Ko- remien Penicilliuni VII 9 Starkes siibmerses Mycel, etwas gelblich gefärbt, keine Ober- flächendecke dunkelgrün (an den Koremien) einzelne Kore- mien aus dem submersen Mycel hervorragend 25 1 55 f Keine Veränderung dunkelgrün Koremien Penicillimn 9 Inseln, fast zur Decke vereinigt, viel submerses Mycel hell graugrün Unterseite weiß VIII 25 1 55) Keine Veränderung hell graugrün Unterseite weiß 9 Dicke fast ganz submerse Inseln, wenig Conidien blaugrün Unterseite rotgelb Penicillium IX 25 Keine Veränderung blaugrün Unterseite gelblich, roter Farbstoff fast verschwunden 55 Keine Veränderung blaugrün gelbliche Unters. PenicilHum X 9 Dicke, fast ganz submerse Inseln blaugrün Unterseite weiß 25 ( 55 J Keine Veränderung blaugrün Unterseite weiß PenicilHum, XI 9 Inseln fast zur Decke verschmolz. hell blaugrün Unterseite weiß 25 1 55 ) Keine Veränderung hell blaugrün Unterseite weiß Wir ersehen aus den vorstehenden Tabellen, daß stets nur die Penicillien VI und YII Koremien bildeten, und zwar auf allen sieben Nährböden. Da stets mehrere Parallelversuche gemacht ■wurden, so unterliegt es für mich keinem Zweifel, daß die Fähigkeit, Koremien zu bilden, durchaus nicht jedem grünen Penicillium zu- kommt, daß vielmehr die Koremien Wuchsformen bestimmter Arten, Unterarten oder Varietäten sind. Im Grunde genommen hatte also Link gar nicht so Unrecht, wenn er die Gattung Coremium aufstellte; denn für Link existierte nur ein grünes Penicillium, 544 W- Wächter, das P. glaucum, und eine Trennung der Penicillien auf Grund biologischer Eigentümlichkeiten und differenten Verhaltens gegen- über dem Nährsubstrat ist als Methode systematischer Forschung noch so neu, daß sie in den stystematischen Handbüchern bisher kaum Eingang gefunden hat. Link konnte sich also nur an morpho- logische Merkmale halten, und wie mir scheint, ist das Koremium ein gutes morphologisches Merkmal, das sehr wohl zur Unterschei- dung der Species zu verwenden ist, vorausgesetzt, daß man mit Reinkulturen arbeitet. Wie nützlich aber die Verwendung morpho- logischer Unterscheidungsmerkmale bleibt, sieht man ein, wenn man versucht, unbekannte Arten nach den bisher bekannten physiolo- gischen Merkmalen zu bestimmen. Weide mann (a. a. 0., S. 769) hat z. B. versucht einen Schlüssel zur Erkennung seiner Penicillien aufzustellen, von dem er meint, daß man mit dessen Hilfe die be- schriebenen Species sicher trennen kann. Weide mann beginnt seinen Schlüssel mit „1. a) Wächst auf Stärke gut b) Wächstauf Stärke schlecht". Eine Unterscheidung nach Begriffen wie gut und schlecht ist aber schon an sich höchst mißlich, weil es zu sehr dem subjektiven Ermessen überlassen bleibt, etwas gut oder schlecht zu finden. Nach Weidemann wachsen nun Penicillium roquefortii und F. olivaceum schlecht auf Stärke, während er das Wachstum der übrigen von ihm untersuchten Penicillien für ein gutes erklärt, obwohl er bei den Einzelbeschreibungen dieser Species von mittel- mäßigem, mittelgutem, mittelstarkem Wachstum spricht. — Will man demnach untersuchen ob die von mir kultivierten Pilze identisch mit einem der Weidemannschen Penicillien sind, so fehlt bezüglich des Wachstums auf Stärke jeder Maßstab; das Charakteristische am Wachstum meiner Penicillien auf Stärkelösung war die starke Entwicklung des submersen flockigen Mycels, das von Weidemann gar nicht erwähnt wird. Auf Grund seines Schlüssels ist es also gar nicht möglich, zu bestimmen, ob die von mir benutzten und kultivierten Penicillien mit einem der Weidemannschen überein- stimmen. Aber auch nach Vergleichung der Diagnosen finde ich nirgends eine völlige Übereinstimmung meiner Penicillien mit denen Weidemanns, Stolls^) oder Wehmers. So verdienstvoll ohne Frage die Arbeiten dieser Autoren für den Ausbau der Peni- cilliensystematik auch sind, so kann doch kaum geleugnet werden, daß im Vergleich mit guten morphologischen Unterscheidungsmerk- 1) Stoll, Beiträge zur morphologischen und biologischen Charakteristik von Pe- nicillienarten. Würzburg, Dissertation, 1904. über die Koremien des Penicilliiim glaucum. 545 malen die bisher ermittelten physiologischen Merkmale mit wenigen Ausnahmen weniger zuverlässig und eindeutig sind, zumal wenn man immer wieder gezwungen ist, die Farbe der Conidien zu Hilfe zu nehmen, die selbst auf dem gleichen Substrat variieren kann, be- sonders mit dem Alter der Kulturen. Daß Kulturen auf Kartoffeln zur Trennung der Species sehr geeignet sind, hebt Weidemann mit Recht hervor; aus meiner Tabelle 3 z. B. läßt sich entnehmen, wie die Penicillien II, IX und X ein wesentlich anderes Wachstum zeigen wie alle übrigen. — Sollte es sich bei weiteren Untersuchungen herausstellen, daß außer den von mir untersuchten Koremien bil- denden Penicillien sich alle etwa sonst noch existierenden grünen Penicillien mit Koremien ebenso verhalten, so dürfte m. E. die Fähigkeit zur Koremienbildung als systematisches Merkmal nicht außer acht gelassen werden ; die Gattung Coremium indessen sollte man für diese hier erwähnten Penicillien nicht wieder einführen, vielmehr versuchen, auch diejenigen z. T. recht verschiedenen Pilze, die noch als Coreminm bezeichnet werden, an richtiger Stelle ein- zuordnen und die Fähigkeit zur Koremienbildung lediglich als Art- unterscheidungsmerkmal benutzen '). Es lag nicht in meiner Absicht, die Arbeiten Weidemanns usw. fortzusetzen; ich habe darum auch vermieden, auf Grund meiner bisherigen Untersuchungen meine Pilze mit einem Species- namen zu versehen, obwohl ich sie nicht mit bekannten Arten zu identifizieren vermochte. Aber ich bin mit Weidemann (a. a. 0.) der Ansicht, daß es notwendig ist, den natürlichen Standort der Pilze nach Möglichkeit zu berücksichtigen neben allen biologischen usw. Merkmalen, und das war bei meinen Penicillien nicht möglich. Wenn ich in der folgenden Übersicht versucht habe, die von mir kultivierten Pilze auf Grund meiner Beobachtungen zu ordnen, so geschah das lediglich in der Absicht, um zu zeigen, daß ich es mit einer größeren Anzahl verschiedener Species oder Formen zu tun hatte; es ist darum auch ohne Belang, wenn sich bei vollkommeneren Kulturmethoden herausstellen sollte, daß einige der hier aufgeführten Penicillien unter sich identisch sind. An der prinzipiellen Seite der Frage würde dadurch nichts geändert werden. l) Bezüglich einer ebenso vielseitigen Gruppe wie PenicilUum, bei Fusarium nämlich, kommen Appel und Wolle uweber in ihrer eben erschienenen Arbeit: Grund- lagen einer Monographie der Gattung Fusarium (Arb. a. d. k. biolog. Anstalt 1910) allerdings zu der Ansicht, daß bei Fusarium eine Koremienbildung nicht charakteristisch für bestimmte Arten ist. (Anm. während der Korrektur). 546 W. Wächter, M X ö .2 ftn ^ feO bo &0 'ot * 'S .2 H " •pm c a> ., P P M * ^ 3 fl( ftn Rh Q- a. fts 1 , . B • B , B bo s ^ a> 08 o O _» N Co a> j3 t^ 'S B .B Ol *fl fao o" '3 ^ 0 -itl o , ^ 3 o S o B o ü C J3 o m :B «U-c 3 c« "ß rQ bX) 3 B o 3 "3 2 * * S3 * * * bo * o 3 "^ ^ ^ -3 aj ;;5 -<1 & -< M ^ =" .2 ■«1 B ■ " B a;> a) Jü 'S B W ^ bo O. „ bo -^ §= 3 3-3 2 < m '^ -< pq über die Koremien von Penicilliani, (/Jaucum. 547 In der nebenstehenden Übersicht unterscheide ich zwei Formen nach ihrem Verhalten gegen Gelatine: ob diese verflüssigt wird oder nicht. Bei meinen Gelatinekulturen, über die hier nicht weiter berich- tet worden ist, habe ich allerdings die Erfahrung gemacht, daß die Verflüssigung nach einem gewissen Zeitraum nicht immer konstant ist; ebenso ist für die Koremienbildung Gelatine kein besonders geeignetes Substrat. Meist trat eine Koremienbildung erst auf etwas älteren Kulturen ein. Als Ergänzung zu den in der Übersicht erwähnten Merkmalen mag noch hervorgehoben werden, daß die Penicillien X, IX und II, also diejenigen Formen, die das eigentümliche Wachstum auf den Kartoffelscheiben zeigten, noch dadurch charakterisiert waren, daß die Verzweigung der Sterigmen eine überwiegend doldenförmige war, ähnlich der Verzweigung von Citromyces, aber ohne die keulenförmige Anschwellung der Achse. Schlußbemerkungen. Fassen wir das Ergebnis der vorliegenden Untersuchungen kurz zusammen, so ist als wichtigstes Resultat hervorzuheben, daß die Fähigkeit zur Koremienbildung nicht allen grünen Penicillien zu- kommt, sondern nur ganz bestimmten Arten oder Formen. Diese bilden fast unter allen Bedingungen Koremien, die zwar verschieden deutlich oder verschieden groß sein können, aber stets zu erkennen sind. Nur auf Fruchtsäften bestimmter Konzentration wurden Koremien nicht entwickelt. — Da von elf verschiedenen Penicillien nur zwei Koremien bildeten, die übrigen neun hingegen unter den gleichen Versuchsbedingungen niemals Koremien entwickelten, so wurde der Schluß gezogen, daß die Fähigkeit zur Koremienbildung als morphologisches Unterscheidungsmerkmal für die Systematik der Penicillien Verwendung finden kann. Es wurde hervorgehoben, daß morphologische Merkmale physiologischen oder biologischen vor- zuziehen sind, obwohl letzteren besonders deswegen eine nicht zu unterschätzende Bedeutung zukommt, weil es erst durch das Studium des biologischen Verhaltens der Penicillien gelang, festzustellen, daß das Penicillium glaucum oder crustaceum der älteren Autoren eine Kollektivspecies ist. Nur unter der Annahme, daß der grüne Schimmel im wesentlichen einer Species angehörte, konnte die Ansicht Brefelds so allgemeine Beachtung finden, daß das Core- miiim glaucum Links nur eine Wuchsform des Penicillium glaucum 548 W- Wächter, Über die Koremien des PeniciUmm glaucum. sei. Die Behauptung Brefelds, daß sich die Koremien unter be- sonders günstigen Ernährungsverhältnissen entwickeln, wurde bereits von Wehmer (a. a. O.) bezweifelt, und ist durch die vorliegenden Untersuchungen als unzutreffend nachgewiesen. Wir sahen, daß selbst unter den ungünstigsten Bedingungen noch Koremien gebildet wurden, wenn das kultivierte Penicillium überhaupt Koremien zu bilden imstande war^). Berlin, Pflanzenphysiologisches Institut der Universität, JuK 1910 2). 1) Die sehr interessante Arbeit von Charles Thom: Studies of species of Peni- cilliuni (Sep.-A. aus Department of Agriculture, Bureau of animal Industrie Bulletin 118, Washington 1910) kam mir erst während der Korrektur zu Gesicht. Thom kommt bezüglich der Verwertung der Koremien als systematisches Merkmal zu ähnlichen Resul- taten wie ich. In seinem Schlüssel (a. a. 0., S. 95) unterscheidet er die einzelnen Penicillien u. a. nach ihrer Fähigkeit, Koremien bilden zu können. 2) Für die Überlassung eines Arbeitsplatzes und der Institutsmittel sage ich Herrn Geheim. Rat Prof. Dr. L. Kny, dem Direktor des Instituts, auch an dieser Stelle meinen verbindlichsten Dank. Inhalt des Torliegenden 4. Heftes, Band XLVIII. Seite Edaard Strasburg-er. Über geschlechtbestimmende Ursachen. Mit Tafel IX und X 427 Inhaltsübersicht 507 Figuren -Erklärung 519 W. Wächter. Über die Koremien des Penicillium glaucum 521 1. Die Bedingungen der Koremienbildung 523 2. Ist die Fähigkeit, Koremien zu bilden, bestimmten Arten oder Formen vorbehalten? 536 Schlußbemerkungen 547 über traumatogene Zellsaft- und Kernübertritte bei Moricandia arvensis DC. Von Jos. Heinr. Schweidler. Mit Tafel XI. Die vorliegende Arbeit ist in meiner „Vorläufigen Mitteilung" [17. S. 276] vom Jahre 1905 angekündigt, wo auch über andere Studien an Cruciferen kurz berichtet wurde. Eine frühere Ver- öffentlichung war mir leider infolge längerer Krankheit und ver- schiedener anderer Umstände nicht möglich. Die dort nur kurz skizzierten Beobachtungen sind hier nebst den sich aus ihnen er- gebenden Schlußfolgerungen in ausführlicherer Weise dargestellt. Die Arbeit ist zum Teil im botanischen Institut in Innsbruck, zum Teil in meinem gegenwärtigen Wohnort Lundenburg ausgeführt. Den Herren Prof. Dr. E. Heinricher-Innsbruck und Prof. Dr. A. Wagner-Innsbruck bin ich für ihre freundliche Unterstützung meiner Arbeit zu großem Dank verpflichtet. Die in Lundenburg untersuchten Exemplare von Moricandia arvensis DC. sind aus Samen gezogen, die ich zum Teile Herrn Prof. Dr. Heinricher, zum Teile Herrn Prof Zimmermann-Eisgrub verdanke. I. Die Eiweißzellen in den Laubblättern von Moricandia arvensis DC. und Ihre Beziehungen zur Epidermis. Die im II. Kapitel zu besprechenden traumatogenen Vorgänge spielen sich zwischen den Eiweiß- oder Myrosinzellen und den mit diesen eng verbundenen Zellen der Epidermis ab. Die engen Be- ziehungen, in welchen die Myrosinzellen zur Epidermis stehen, bilden gewissermaßen die Grundlage und Voraussetzung für das Auftreten Jahrb. f. wiss. Botanik. XLVIII. 36 552 Jos. Heinr. Schweidler, der Kern- und Zellsaftübertritte. Da sie jedenfalls nuch für die physiologische Bedeutung der Idioblasten und ihres Inhaltes von Wichtigkeit sind, so soll im folgenden zuerst eine kurze Beschreibung der Eiweißzellen und ihrer Beziehungen zur Epidermis gegeben werden, soweit eine solche zum Verständnis der eigentümlichen Bewegungserscheinungen beitragen kann. Das Laubblatt von Moricandia arvensis ist isolateral gebaut (Taf. XI Fig. 1). Das Mesophyll zeigt am Querschnitt durch das Blatt 6—8 ziemlich regelmäßige, jedoch durch ungleiche Länge der Zellen oft ineinander übergreifende Schichten, bestehend aus mehr oder weniger gestreckten Palisadenzellen. Die Palisaden der un- tersten, an die Epidermis der Unterseite angrenzenden Zellschicht sind meist wenig länger als breit (Taf. XI Fig. 1), in jungen Blättern fast isodiametrisch (Taf. XI Fig. 3). Nicht selten ist diese Schicht sehr reich an großen Lufträumen und nähert sich dann auch in der Form der Zellen einem Schwammparenchym^). Die Eiweiß- oder Myrosinzellen erscheinen in den Blattquer- schnitten ohne Ausnahme subepidermal und zwar werden sie sowohl an der Ober- als auch an der Unterseite, von welchen keine bevorzugt wird, stets nur in direkter Berührung mit den Epi- dermiszellen angetroffen. Da das Blatt isolateral ist, so nehmen sie die Stelle von subepidermalen Palisadenzellen ein (Taf. XI Fig. 1 — 4). Diese einzigartige Lokalisation der Idioblasten wurde bisher nur bei dieser Pflanze beobachtet. In Oberflächeuschnitten findet man die Eiweißzellen entweder einzeln oder in Gruppen zu 2 — 3 (Fig. 13, 16). Selten sind Gruppen von 4 — 5 zusammenhän- genden Idioblasten (Fig. 6). Die subepidermale Lage der Idioblasten weist auf eine nahe Beziehung derselben zur Epidermis hin. Der enge Anschluß an 1) In allen Schichten des Mesophylls kommen bei Moricandia arvensis und einigen anderen Cruciferen eigenartige, wahrscheinlich aus einzelnen Mesophjilzellen durch se- kundäre Teilungen hervorgegangene Zellgruppen vor, die sich in Alkoholmaterial, in welchem sie bisher ausschließlich zur Beobachtung kamen, nur durch die Kleinheit und stärkere Membranverdickung ihrer Elemente von den normalen Mesophyllen .unterscheiden. Ein besonderer idioblastiscber Inhalt wurde in diesen — im übrigen auch chlorophyll- führenden — kleinen Zellen bisher nicht bemerkt. Eine solche aus drei Zellen bestehende Zellgruppe von der Gesamtlänge einer Palisadenzelle, aus der sie wahrscheinlich hervor- gegangen ist, wurde in Fig. 1, Taf. XI mit abgebildet und durch Punktierung der Zell- lumina hervorgehoben. Eine kurze, orientierende Notiz über diese Zellgruppen ist in- zwischen erschienen: J. H. Schweidler, Über eigentümliche Zellgruppen in den Blättern einiger Crucifei-en. Österr. Bot. Zeitschr., 1910, Nr. 7, S. 1 — 3. über traumatogene Zellsaft- und Kernübertritte bei Moricandia arvensisDC. 553 die Epidermiszellen wird aber noch verstärkt durch die im Gegen- satz zu den Palisadenzellen ziemlich starke Membranverdickung, welche dem Grade nach mit der Verdickung der Innenwände der Epidermiszellen übereinstimmt, mit denen die Eiweißzellen ver- wachsen sind (Taf. XI Fig. 7 — 10). Daraus geht deutlich hervor, daß der Zusammenhang der Idioblasten mit der Epidermis ein innigerer sein muß als mit den angrenzenden dünnwandigen Assimi- lationszellen. Beim Abziehen der Epidermis werden in der Tat die Eiweißzellen stets mit abgezogen. Aber auch Gestalt und Größe der Idioblasten stehen im in- nigsten Zusammenhang mit ibrer subepidermalen Lage und ihrem engen Anschluß an die Epidermis, was aus ihrer Entwicklung deut- lich hervorgeht. In jungen, wenige Quadratmillimeter großen Blättern sind die Idioblasten — in voller Übereinstimmung mit der Ausbildung der subepidermalen Palisadenzellen — an der Oberseite palisadenartig, an der Unterseite mehr isodiametrisch-rundlich, wenngleich sie sich frühzeitig durch etwas größere Dimensionen von gewöhnlichen Meso- phyllzellen zu unterscheiden beginnen (Taf. XI Fig. 2, 3). Im Laufe der Blattentwicklung behalten die Idioblasten nur relativ selten diese ursprüngliche Gestalt bei (Fig. 7), vielmehr machen sie oft weitgehende Veränderungen durch. Schon in nur wenig älteren Blättern zeigen die der Epidermis zugekehrten Enden der noch palisadenförmigen oder rundlichen Eiweißzellen häufig eine Verbreiterung, mit welcher sie an der Epidermis haften (Taf. XI Fig. 4). Solche Idioblasten finden sich auch noch in ausgewachsenen Blättern (Taf. XI Fig. 1, 7). Nimmt diese Verbreiterung an Ausdehnung zu, dann wird das Querschnitts- bild der Eiweißzelle mehr oder weniger dreieckig (Taf. XI Fig. 9). Solche Idioblasten zeigen in Flächenschnitten immerhin noch rund- liche Formen (Fig. 11), wenngleich sie durch ihre größeren Dimen- sionen von den umliegenden Assimilationszellen schon stark ab- weichen können. Kommt hier die ursprüngliche Palisadengestalt noch einigermaßen zur Geltung, so ist sie in den folgenden Formen vollständig verwischt. Einerseits strecken sie sich ziemlich parallel zur Epidermis mehr oder weniger in die Länge und zeigen nun je nach dem Grade der Streckung eine eiförmige oder längliche (Taf. XI Fig. 12) bis lang-schlauchförmige nicht selten etwas wurmförmig ge- krümmte Gestalt (Fig. 13, 14, 22) mit teils stumpfen (Fig. 14) teils spitzen (Fig. 22) Enden; andererseits erscheinen sie in Flächen- schnitten nach mehr als zwei Richtungen — aber immer parallel 36* 554 Jos. Heinr. Schweidler, zur Epidermis — auseinandergezogen, so daß ihr Umriß unregel- mäßig dreieckig (Fig. 15, 19) oder viereckig (Fig. 16, 17) wird, während die Ecken in Aussackungen ausgehen, die bald kurz bald von bedeutender Länge, bald gerade bald gekrümmt sind (Fig. 15 — 18, 21) — kurz, es finden sich die sonderbarsten Formen. Wichtig für das Verständnis dieser verschiedenen Gestalten ist die Beziehung zwischen der Form der Eiweißzellen und der Anzahl der mit ihnen in unmittelbarer Verbindung stehenden Epidermis- zellen. Betrachten wir zuerst die auch im ausgebildeten Blatte palisadenartig oder rundlich gebliebenen Idioblasten, so finden wir sie entweder nur mit einer einzigen (Fig. 11) oder aber nur mit wenigen (höchstens 4) Epidermiszellen in Kontakt. Solche Idio- blasten sind jedoch nicht sehr häufig und zahlreicher an der Ober- ais an der Unterseite. Bei den anderen Formen hingegen ist es stets eine größere Anzahl von Epidermiszellen, die den Idioblasten anliegen, in der Regel 6 — 9, in gar nicht seltenen li'ällen besonders starker Unregelmäßigkeit bis zu 16 (Fig. 18, 21). Da die lang- gestreckten resp. mehrarmigen Idioblasten in der Regel auch be- deutend größer sind als die palisadenartigen, so wäre eigentlich an der Berührung mit einer entsprechend größeren Anzahl von Epidermiszellen nichts Verwunderliches. Erinnert man sich jedoch der oben erwähnten Tatsache, daß alle Idioblasten ursprünglich Palisadenform zeigen (s. S. 553), und beobachtet man weiter, daß gewöhnliche Palisadenzellen in ausgewachsenen Blättern mit höchstens 4 Epidermiszellen in Kontakt stehen, wenn sie nämlich gerade unter dem Berührungszentrum liegen, so ist klar, daß diese Tatsache einen anderen Grund als die relative Größe haben müsse. Die Erklärung für die Gestaltverhältnisse der Idioblasten ist in ihrer festen Verwachsung mit der Epidermis (vergl. S. 553) und mit der daraus hervorgehenden Notwendigkeit, dem Wachstum und den Teilungen der Epidermiszellen passiv zu folgen, gelegen. Die Grundform, in der die Eiweißzellen angelegt werden, ist die mehr oder weniger gestreckte Palisade. Teilt resp. streckt sich die Epidermispartie, mit welcher die Myrosinzelle ursprünglich verwachsen ist, nur wenig, so bleibt die Palisadengestalt mehr oder weniger gewahrt und die Zelle verbreitert höchstens, der Vergrößerung der Epidermiszellen folgend, ihre Basis. Je zahlreicher hingegen die Teilungen, je stärker die damit verbundene Streckung und Dehnnng in der in der Anlage mit dem Idioblasten verbundenen Epidermis- partie ist, desto weniger kann die Myrosinzelle dem nach ver- über traumatogene Zellsaft- und Kernübertritte bei Moricandia arvensisDC. 555 schiedenen Richtungen hin erfolgenden Zuge als ganzes folgen und entwickelt deshalb Auszweigungen und Arme. Mit dieser Abhängigkeit der Gestalt der Myrosinzellen von dem Wachstum der Epidermis hängt auch die Erscheinung zusammen, daß die längsten Myrosinzellen sich dort entwickeln, wo auch die Epidermiszellen eine bedeutende Länge aufweisen, durch deren Wachstum sie offenbar mit gestreckt wurden. Uutersucht man Blätter, die infolge Lichtmangels bei dichtem Stand der Pflanzen im Bestreben, aus Licht empor zu wachsen, ihre normale breite Form verloren haben und zu schmalen langgestreckten Blättern aus- gewachsen sind, so findet man, daß mit der parallel zur Längsrich- tung ei folgten Streckung der großen Epidermiszellen eine gleich- sinnige Streckung der meisten Idioblasten stattgefunden hat (Taf. XI Fig. 25), während in den normalen, breiten Blättern der Pflanze mehrarmige Zellen vorwiegen und die gestreckt-schlauchförmigen Formen keine bestimmte Richtung besitzen. Die Flächenschnitte lassen weiterhin noch folgendes erkennen. Betrachten wir die Idioblasten in ihrem Verlauf unter dem Netz- werk der Epidermis-Seitenwände, so ist es geradezu charakteristisch, daß die Projektionen der Seitenwände der Epidermiszellen auf die Idioblasten entweder in der Längsrichtung der Eiweißzellen ver- laufen (bei langgestreckten Formen) (Taf. XI Fig. 13, 14) oder bei verzweigten Formen in der Richtung der Auszweigungen (Taf. XI Fig. 15 — 18). Mit anderen Worten, die Idioblasten verlaufen meist in der von aneinanderstoßenden Epidermiszellen gebildeten Rinne. Insbesondere sind es die Aussackungen, welche diesem Prinzip folgen. Sie stülpen sich nicht an beliebigen Stellen hervor, sondern entspringen meist in der Nähe der Rinnen zwischen aneinander- grenzenden Epidermiszellen und erscheinen in diese Rinnen hinein- gedrückt (Taf. XI Fig. 15 — 18). Diese Erscheinung läßt sich in mehr oder weniger typischer Weise überall verfolgen. Wenn aber in einzelnen Fällen in den gezeichneten Figuren die Aussackungen nicht genau unter den Seitenwänden der Epidermiszellen zu ver- laufen scheinen, so ist zu bemerken, daß die Konturen der Epider- miszellen dort am deutlichsten sind, wo die Seitenwände mit den Außenwänden der Epidermiszellen zusammentreffen, weshalb zur Grundlage der Zeichnungen diese äußeren Konturen benützt wurden. Geringe Abweichungen von der oben angegebenen Regel erklären sich demnach daraus, daß die Seitenwände nicht genau senkrecht auf den Außenwänden zu stehen brauchen. 556 Jos. Heinr. Schweidler, Aus allen bisher angeführten Tatsachen geht hervor, daß die mannigfachen Formen der Idioblasten erst im Laufe der ontogene- tischen Entwicklung aus der Anlage nach mehr oder weniger pa- lisadenartigen Idioblasten hervorgehen. Die nachträgliche Gestalts- veränderung wird offenbar durch das Anschlußbestreben der Idioblasten an die Epidermis verursacht, welches wohl mit einer spezifischen physiologischen Aufgabe der Eiweißzellen von Moricandia arvensis zusammenhängen dürfte. Denn was durch die angeführten Verhält- nisse — enger Anschluß der Idioblasten an die Epidermis durch verdickte Membranen, ihre fußförmige Verbreiterung resp. Streckung parallel zur Epidermis, die Lagerung insbesondere ihrer Aussackungen in den Rinnen zwischen anstoßenden Epidei'miszellen — ■ erreicht wird, ist offenbar zweierlei. Einerseits Anschluß an möglichst zahl- reiche Epidermiszellen, andererseits aber eine außerordentlich enge Verbindung der Idioblasten mit der Epidermis vermittels großer und zahlreicher Kontaktflächen im Gegensatz zu den mit der Epi- dermis viel lockerer verbundenen Assimilationszellen. Wie wertvoll es offenbar für die Pflanze sein muß, daß die Idioblasten mit möglichst zahlreichen Epidermiszellen in Verbindung bleiben und daß in der Tat die Gestalt der Idioblasten ein Produkt dieses Anschlußbestrebens ist, dns zeigt ferner die Erscheinung, daß von oft ziemlich entfernten Epidermiszellen eigentümliche Ver- bindungsschläuche ausgehen, die in den meisten Fällen mit den Aus- sackungen der Idioblasten zusammentreffen (Taf. XI, Fig. 12, 20). Daß ferner der Pflanze an einem Kontakt von miteinander in Be- rührung stehenden Idioblasten bei Idioblasten-Gruppen unter sich weniger gelegen ist als an der innigen Verbindung der Eiweiß- mit den Epidermiszellen, zeigen die oft relativ geringfügigen Berührungs- flächen der Idioblasten solcher Gruppen (Taf. XI Fig. 13), das Auftreten von Interzellularen an größeren Kontaktflächen (Taf. XI Fig. 16) und die Erscheinung, daß in manchen Fällen infolge des Epidermiswachstums solche benachbarten Idioblasten bis zu voll- ständiger Trennung auseinandergezerrt werden können (Taf. XI Fig. 22). An Bildern wie in Fig. 22 wird das Moment der passiven Dehnung und Streckung augenfällig. Wenn wir nun gesehen haben, daß der Besitz möglichst großer und zahlreicher Kontaktflächen zwischen Epidermis- und Eiweiß- zellen selbst durch Aufgeben der ursprünglichen Gestalt der letzteren angestrebt wird, so kann das nur den Zweck haben, möglichst zahl- reiche Kommunikationswege für den Stofftransport zwischen den über trauraatogeiie Zellsaft- und Kernübertritte bei 3Ioricaiidia arvensis DC. 557 beiden Zellenarten herzustellen. Dennoch sind nicht die ganzen Kontaktflächen dünnwandig, vielmehr scheinen lokalisierte Stellen dieser Kontaktflächen verdünnt zu sein. Wenigstens habe ich an Querschnitten selten dünne Stellen in den Kontaktmembranen be- merkt (Fig. 8), ohne diesen Punkt jedoch näher zu untersuchen. Daß die Kontaktflächen für den Stofftransport sehr durchlässig sein müssen, wird aus dem Folgenden deutlich hervorgehen. Was den Inhalt der Idioblasten betrifft, so besteht derselbe aus einem Protoplasmaschlauch mit wandständigem Zellkern und, wie ich nachweisen konnte (17, S. 275 und 18, S. 425), zarten, aber funktionsfähigen Chloroplasten und einem zentralen Zellsaftraum, der eine mehr oder weniger konzentrierte Proteinlösung vorstellt und nach Guignard (7, S. 6 des Separatums) auch das glykosid- spaltende Enzym Myrosin enthält, dessen Verhältnis zu der mikro- chemisch nachweisbaren Proteinsubstanz noch ungeklärt ist. Vgl. diesbezüglich auch 18, S. 423. II. Die traumatogenen Eiweiß- und Kernübertritte. Heinricher machte an einem Blattflächenschnitte von Mori- candia arvensis in einem vereinzelten Falle die Beobachtung, daß in einer der Epidermiszellen, welche über einem der subepidermalen Idioblasten lag, eine auffallend starke Eiweißreaktion mit Millon- schem Reagens auftrat, die in etwas geringerem Grade sogar in einer ihr benachbarten Epidermiszelle erkennbar war (9, S. 32). Dieselbe Erscheinung konnte ich bei der Untersuchung dieser Pflanze zu wiederholten Malen beobachten (vgl. Taf. XI Fig. 26). Bei der Suche nach einer Erklärung für diese bemerkenswerte Erschei- nung fiel mir alsbald auf, daß nur in solchen Schnitten Eiweiß in manchen Epidermiszellen, und zwar im Zellsaft, zu beobachten war, welche von lebenden Blättern hergestellt und erst nach dem Schneiden fixiert und fingiert resp. mit Millonschem Reagens be- handelt worden waren, während Schnitte durch Alkoholmaterial diese Erscheinung nicht zeigten. Diese Beobachtung machte es wahrscheinhch, daß das Auftreten von Eiweiß (in auffälhger Menge) im Zellsaft der Epidermiszellen eine pathologische Erscheinung ist, die durch die Verwundung des Blattes mit dem Messer hervorge- rufen wird. Der exakte Nachweis, daß diese Annahme richtig ist, wurde durch folgende Versuche erbracht. 558 Jos. Heinr. Schweidler, I. Ein unverletztes Blatt von Moricandia wurde der Länge nach in zwei Teile geschnitten. Die eine Hälfte wurde sofort als Ganzes in Alkohol 96 7o gebracht und erst nach einigen Tagen untersucht. Von der anderen Hälfte wurden noch im lebenden Zustande Ober- flächenschnitte angefertigt und auf das Vorkommen von Eiweiß in der Epidermis geprüft. Die Prüfung erfolgte teils durch Behandlung der Oberflächen- schnitte mit Millonschem Reagens, teils (nach vorausgegangener Fixierung in 96 7o Alkohol) durch Tinktion mit Säure-Fuchsin und Kernschwarz. Diese Doppelfärbung eignet sich sehr gut für Kanada- balsam-Pj äparate und läßt das Eiweiß sehr scharf hervortreten. Die plasmatischen Bestandteile der Zellen, der Zellkern und die Proteinsubstanz der Idioblasten erscheinen mehr oder weniger rot, während die Zellmembranen, die Nukleolen und die Kerne verletzter Zellen sich mehr oder weniger dunkel bis schwarz färben. Um Fehlerquellen auszuschließen, wurde bei der Herstellung der Schnitte durch die als Ganzes fixierte Blatthälfte sorgfältig ver- mieden, Flächenschnitte in der Nähe des primären Schnittrandes zu machen. An diesen Schnitten durch die als Ganzes fixierte Blatthälfte konnte weder mit Millonschem Reagens noch mit Säurefuchsin in irgend einer Epidermiszelle Eiweiß in der charak- teristischen Form des Idioblastenproteins nachgewiesen werden. Hingegen traten in den erst nach dem Schneiden fixierten und gefärbten oder mit Millonschem Reagens behandelten Schnitten zahlreiche Epidermiszellen dadurch hervor, daß sich in ihrem Zellsaft rotgefärbte Eiweißmassen in größerer oder geringerer Menge vor- fanden. In dünnen Schnitten traten eiweißhaltige Epidermiszellen allenthalben auf, sowohl am Rande des Schnittes als auch in der Mitte, bei dickeren Schnitten hingegen war Eiweiß nur im Zellsaft der den Schnitträndern genäherten Epidermiszellen zu finden. II. Ein unverletztes Blatt unserer Pflanze wurde senkrecht zum Mittelnerv in mehrere etwa 5 — 6 mm breite Streifen zerschnitten, und diese Streifen in Alkohol 96 "/o fixiert. Flächenschnitte durch diese fixierten Streifen, mit Milien oder Säurefuchsin behandelt, zeigen nur in der Nabe der primären Schnittränder auffallende Eiweißmassen im Zellsaft mancher Epidermiszellen, an entfernteren Stellen nicht. III. Ein lebendes Blatt wurde durch zahlreiche Nadelstiche verletzt und hierauf fixiert. Oberflächenschnitte von diesem Blatte ließen die charakteristischen Eiweißmassen nur in manchen in über traumatogene Zellsaft- und Kernübertritte bei Morica)idia arvoisisDC. 559 nächstem Umkreise der Einstichverletzungen gelegenen Epidermis- zellen erkennen, in größerer Entfernung von diesen genau umschrie- benen Punkten war nichts derartiges zu finden. IV. Lebenden Blättern wurde die Epidermis abgezogen und auf Eiweiß geprüft. Die charakteristischen Eiweißmassen waren in zahlreichen Epidermiszellen zu finden. Durch diese Versuche wurde festgestellt, daß normalerweise, in lebenden, unverletzten Blättern auffallende Eiweißmassen in Epi- dermiszellen nicht vorkommen; ihr Auftreten in Epidermiszellen wird stets durch Verletzungen des Blattes hervorgerufen, ist also eine pathologische Erscheinung. Das nach Verletzung des Blattes in manchen Epidermiszellen zu beobachtende Eiweiß stammt aus den subepidermalen Eiweiß- zellen, aus welchen der eiweißführende Zellsaft nach Verwundung der Epidermis übertritt. Das geht aus folgenden Umständen hervor: 1. Eine eiweißhaltige Epidermiszelle steht immer in nachweis- barem, direktem oder indirektem Zusammenhang mit einem sub- epidermalen Idioblasten. Es können in der Umgebung einer Myrosin- zelle eine (Taf. XI Fig. 26, 27) oder zwei (Taf. XI Fig. 23, 24) selten mehr Epidermiszellen eiweißhaltig sein. Zeigt nur eine einzige dem Idioblasten benachbarte Epidermiszelle die charakteristischen Eiweißmassen, dann steht sie immer in direktem Zusammenhang mit dem darunter gelegenen Idioblasten, was an Flächenschnitten unter dem Mikroskop ohne weiteres leicht konstatiert werden kann. In den Zeichnungen und Mikrophotogrammen kommt diese Tatsache dadurch zum Ausdruck, deß die in die Bildebene projizierten Kon- turen der beteiligten Zellen mehr oder weniger übereinandergreifen (Taf. XI Fig. 23, 24, 26, 27). Sind es aber zwei oder mehrere Oberhautzellen, welche Eiweiß führen, dann sind zwei Fälle möglich: entweder stehen beide Oberhautzellen mit dem Idioblasten in di- rekter Berührung (der seltenere Fall), oder aber nur eine, während die zweite an die erstere unmittelbar angrenzt. In letzterem Falle ist die mit dem Idioblasten in direktem Kontakt stehende Ober- hautzelle meist in höherem Maße mit Eiweiß erfüllt als die ihr benachbarte (Fig. 23, 24). (Heinricher [9, S. 32] lag otfenbar dieser Fall vor). Es empfängt also auch die etwas entfernte Epidermis- zelle das Eiweiß aus dem Idioblasten, aber erst durch Vermittlung dazwischenliegender, idioblastennaher Epidermiszellen (Tafel XI, Fig. 23, 24). 560 Jos. Heinr. Schweidler, 2. In den meisten Fällen, in denen Eiweiß in beträchtlicher Menge im Zellsaft von Epidermiszellen zu finden ist, läßt sich eine unverkennbare Abnahme desselben in den darunter liegenden Myrosinzellen konstatieren. Vergleicht man nämlich den Inhalt eines mit einer Eiweiß führenden Oberhautzelle in Verbindung stehenden Idioblasten mit einem normalen, aus dem kein Eiweiß ausgetreten ist, an Säurefuchsinpräparaten, so bemerkt man deutlich eine Differenz in der Farbenintensität des Inhaltes. Der teilweise entleerte Idioblast erscheint bedeutend blasser im Verhältnis zu einem normalen, es wechseln dichte, dunkelrote Partien mit helleren ab, an welchen der Inhalt spärlicher ist, so daß der Idioblast oft ein unregelmäßig fleckiges Aussehen erhält, während der Inhalt normaler Eiweißzellen gewöhnlich als gleichmäßige, je nach der Art der Fixierung klein- bis großkörnige, intensiv rote Masse er- scheint. Dasselbe läßt sich bei Behandlung mit Millonschem Reagens erkennen, jedoch nicht so deutlich wie in Säurefuchsin- präparaten. Die Erscheinung dieser Eiweißwanderung aus einer Zelle in die benachbarte wird dadurch noch interessanter, daß damit in manchen Fällen eine Wanderung des Zellkerns verbunden ist, welche die größte Ähnlichkeit mit den von Miehe (12, S. 105) beschrie- benen Kerndurchtritten besitzt, die ebenfalls traumatogen sind. Ich fand nämlich in manchen Epidermiszellen, in welche ein Übertritt von Eiweiß aus benachbarten Idioblasten stattgefunden hatte, zwei Zellkerne vor (Taf. XI Fig. 28), in den Idioblasten dagegen, aus welchen das Eiweiß stammte, keinem, woraus hervorgeht, daß die Zellkerne der Myrosinzellen unter Umständen den Übertritt des Zellsaftes mit dem darin gelösten Eiweiß mitmachen (Taf. XI Fig. 27, 28). Nun fragt es sich, in welcher Weise der traumatogene Über- tritt des Zellsaftes und des Kernes erfolgt. Reißt die trennende Membran zwischen Eiweiß- und Epidermiszelle durch oder erfolgt der Durchtritt durch die Plasmaverbindungen wie in den Miehe- schen Präparaten? Darüber läßt sich folgendes sagen. Risse in der Trennungsmembram konnte ich in keinem Falle feststellen, selbst nicht bei nachträglicher Behandlung der Eiweiß- und Kern- übertritte zeigenden Schnitte mit Eau de Javelle und Kernschwarz oder Hämatoxylin. In ähnlicher Weise in der Trennungswand ein- geklemmte und dadurch hanteiförmig eingeschnürte Kerne, wie sie Miehe (12, Taf. XI Fig. 2 — 4) beschrieben hat, bei welchen jede über traumatogene Zellsaft- und Kernübertritte bei Moi'icandia arreiisisBC. 561 Täuschungsmögliclikeit ausgeschlossen ist, habe ich bisher allerdings nicht beobachten können. Allein die Sache unterliegt in unserem Falle größeren Schwierigkeiten als bei Monokotylen. Vor allem sind die Zellkerndurchtritte bei Moricandia ganz bedeutend spärlicher als die Eiweißdurchtritte. Eiweiß findet man in Jedem Schnitt durch lebende Blätter in zahlreichen idioblasten- nahen Epidermiszellen; um eine zweikernige Epidermiszelle zu finden, muß man oft zahlreiche Flächenschnitte durchmustern. Daraus geht hervor, daß nicht jeder Eiweißaustritt aus Myrosinzellen mit einer gleichgerichteten Wanderung des Idioblasten-Zellkernes ver- knüpft ist, letztere macht vielmehr den Eindruck einer nur unter gewissen Vorbedingungen eintretenden Begleiterscheinung des Zell- saftaustrittes aus den Idioblasten. Infolge der relativen Seltenheit der Zellkerndurchtritte ist man gezwungen, Flächenschnitte zu beobachten, die eine größere Anzahl von Eiweiß- und Epidermiszellen zu übersehen und zu prüfen gestatten. Dies hat aber für den Beobachter den Übelstand im Gefolge, daß die Durchtrittsmembranen in den allermeisten Fällen in der Horizontalen oder höchstens schief liegen, während der Durchgang der Eiweißsubstanz und des Zellkerns in darauf senk- rechter Richtung, also in der Richtung der optischen Achse des Mikroskops erfolgt, so daß sich an Flächenschnitten nur dann mit Sicherheit sagen läßt, der übergetretene Kern liege bereits in der Epidermiszelle, wenn er sich von der Trennungswand etwas entfernt hat. Projiziert sich aber der Kern noch auf die Trennungswand zwischen Eiweiß- und Oberhautzelle, so läßt sich nicht genau ent- scheiden, ob er bereits übergetreten oder noch in der Eiweißzelle liegt oder endlich, ob er mit einer hanteiförmigen Durchschnürung noch in der Membran steckt. Ich habe versucht, aus Flächen- schnitten, in welchen ich in der Trennuugswand steckende Zell- kerne vermutete, Querschnitte herzustellen, um solche hanteiförmige Kerne zur Ansicht zu bekommen, es ist mir aber mangels eines Mikrotoms bisher nicht einwandfrei gelungen. Wenn nun auch ganz unzweifelhalt in der Zwischenwand steckende Zellkerne nicht 'gefunden werden konnten, so läßt sich schon aus der Tatsache, daß offenbar nirgends ein Durchreißen der trennenden Membranen sich findet, darauf schließen, daß der Über- tritt von Eiweißsubstanz und Zellkern der Idioblasten durch die Plasmaverbindungen erfolgt, wie in den Mieh eschen Präparaten. 562 Jos. Heinr. Schweidler, Bezüglich der Schnelligkeit des Eiweiß- resp. Kernübertrittes ist folgendes zu sagen. Eiweißführende und (entsprechend spär- licher) doppelkernige Oberhautzellen ließen sich selbst dann kon- statieren, als die Schnitte unter Assistenz sofort nach dem Schneiden in Sublimatalkohol gebracht worden waren, so daß zwischen Schnitt und Fixierung kaum eine Sekunde vergehen konnte. Der Über- tritt von Eiweiß und Zellkern ist also ein außerordentlich rascher und muß der Verletzung augenblicklich folgen. In der Tat rufen schon die Bilder, welche manchmal in Flächenschnitten sich bieten, den Eindruck eines plötzlichen und gewaltsamen Hindurchspritzens des Eiweißstoffes bezw. des Zellkerns hervor. Die Figuren 26 und 27 illustrieren dies. In Fig. 26 sieht man eine mittelgroße Epi- dermiszelle mit ihrem zentralen Zellkern (K) und in der unteren Ecke derselben eine Ansammlung feinkörniger Eiweißmassen, die in der Mikrophotographie schwarz erscheint, im Präparat durch Säurefuchsin rotgefärbt ist und in der Art ihres Auftretens in der dem subepidermalen Idioblasten, dessen Grenzen punktiert ange- deutet sind, genäherten Ecke ihre Herkunft und auch die Plötz- lichkeit des Durchtrittes erkennen läßt. Fig. 27 zeigt einen ähn- lichen Eiweißübertritt, zu welchem sich aber eine Kernwanderung hinzugesellt hat. Man erkennt (Konturen punktiert) einen sub- epidermalen Idioblasten, eine unregelmäßige Oberhautzelle mit einem Pfropf von durchgepreßter Eiweißmasse in der idioblastennahen Ecke und mitten in diesem Pfropf, durch seine intensiv schwarze Färbung im Präparat und im Photogramm auffallend, den ein- gewanderten Idioblasten-Kern, der hier eine unregelmäßig -birn- förmige Gestalt besitzt. Der der Epidermiszelle eigene Kern tritt, da er in einem anderen Niveau liegt, nur in Form eines dunklen Schattens in der Mitte der Epidermiszelle hervor. Den über- getretenen Idioblasten-Kern in demselben Niveau mit dem zell- eigenen Kern der Oberhautzelle zeigt Fig. 28. Die Konturen des Idioblasten scheinen hier sehr deutlich durch. Am deutlichsten aber gelangt die Plötzlichkeit und Gewalt- samkeit des Eiweißdurchtrittes in den Figuren 23 und 24 zum Ausdruck. In Fig. 23 berührt ein länglicher Idioblast, zum Teil noch mit Eiweiß gefüllt, eine darübergelegene Epidermiszelle (I) an einer Ecke. Der schwarze Fleck in dieser Ecke deutet den Kern der Eiweißzelle an, dessen genaue Lage aus den auf S. 561 an- geführten Gründen nicht genau zu erkennen ist. Von dieser Be- rührungsecke nun führt ein langgestreckter S-förmig gekrümmter über trauniatogene Zellsaft- und Kernübertritte bei Moricandia arvensisBC. 563 Strom von rotem, körnigem Eiweiß bis zur gegenüberliegenden, die Oberhautzelle (I) von der benachbarten (II) trennenden Seitenwand, durchsetzt dieselbe durch einen Tüpfel und setzt sich noch ungefähr bis zur Mitte dieser zweiten Epidermiszelle fort, um hier zu endigen. — In Fig. 24 endlich, wo die Verhältnisse ganz ähnliche sind, hat der in die zweite Oberhautzelle (II) eingetretene Eiweißstrom etwas geradezu raketenartiges an sich, das die Vehemenz des Vorganges gut illustriert. — In beiden Fällen ist anzunehmen, daß der durch- getretene Eiweißstrahl noch nicht Zeit gefunden hatte, sich in dem Zellsaft der Epidermiszellen zu verteilen und so fixiert wurde. Der übergetretene Zellkern erscheint in allen Fällen gegenüber den normalen Kernen derselben Pflanze verändert, und zwar er- streckt sich die Veränderung auf die Form und das Farben- speicherungsvermögen. Normale Idioblasten-Zellkerne erscheinen in Säurefuchsin- und Kernschwarzpräparaten rot mit einem oder mehreren schwarzen Nukleolen und besitzen meist die Gestalt linsenförmig abgeflachter, ovaler oder elliptischer, nicht selten auch breit lanzettförmiger, meist einer Zellwand angedrückter Scheiben (Fig. 23 u. 24). Die übergetretenen Kerne hingegen zeigen eine nahezu vollständig gleichmäßige tiefschwarze Farbe (Fig. 27, 28), wie sie in der Regel Zellkerne verletzter Zellen aufweisen, während ihre Gestalt ganz unregelmäßig wird. In den meisten Fällen habe ich rundliche oder birnförmige, wohl auch etwas eingeschnürte Formen beobachtet (Fig. 27). Der Eiweiß- und Zellkernübertritt erfolgt stets in der Richtung gegen die Wundstellen hin. Dies ist meist ganz deutlich zu kon- statieren. Bei gleichzeitiger Verwundung größerer Zellkomplexe der Epidermis kann allerdings diese Beziehung zwischen Wunde und Durchtrittsrichtung verwischt sein, aber in den meisten Fällen ist sie sehr deutlich (vgl. auch Fig. 23 u. 24). Die in Rede stehenden Kern- und Zellsaftübertritte könnten daher ganz gut als traumatotrope Wanderungen bezeichnet werden, wenn dieser Ter- minus nicht schon für die von Tangl (21) beschriebenen „trauma- tropen" Umlagerungen innerhalb der Zellen vergeben wäre. Ich ziehe daher vor, sie mit dem neutralen Terminus traumatogene Übertritte oder Durchpressungen zu benennen. Die primär verletzten Zellen sind nicht die Eiweißzellen, sondern Oberhautzellen, und zwar scheint unter Umständen die Verletzung ziemlich weit entfernter, durch zwischenliegende Epider- miszellen von den Idioblasten getrennter Oberhautzellen einen 564 Jos. Heinr. Schweidler, Übertritt von Idioblasten-Eiweiß zu verursachen. Fig. 23 zeigt einen solchen Fall. Die Zeichnung wurde bereits auf S. 562 erklärt. Hinzuzusetzen ist nur, daß aus der Wandung der mit (II) bezeich- neten Epidermiszellen , in welcher ein Strahl von übergetretenem Eiweiß zu beobachten ist, am oberen Ende durch das Messer ein Stück herausgeschnitten wurde. Der in Fig. 24 dargestellte Fall, welcher besonders durch die raketenartige Form des durchgepreßten Eiweißstrahles in der zweiten Epidermiszelle interessant ist, zeigt ebenfalls, daß der Eiweißstrom gegen die Wunde gerichtet ist, nur ist hier eine noch entferntere Epidermiszelle (III) verwundet. AVenn wir die Größe der beteiligten Epidermiszellen in den zwei Figuren 23 und 24 ins Auge fassen, so sehen wir, daß die Verwundung über recht bedeutende Strecken hinweg als Ursache der Eiweißaustritte wirksam ist. In Fig. 24 sind es ca. 650 //. Dies stellt aber jedenfalls noch nicht das Maximum der Entfernung dar, über welche hinweg die Verwundung 'wirksam ist. Angesichts der Ähnlichkeit dieser Vorgänge mit Reizerscheinungen wäre man leicht geneigt, hier von Wundreiz und Reizleitung zu sprechen. Ich ver- meide jedoch diese Ausdrücke, da meiner Meinung nach, wie weiter unten ausgeführt wird, wahrscheinlich kein physiologischer, sondern ein rein physikalischer Vorgang vorliegt. — Wenn es nicht in allen Fällen möglich ist, für jeden einzelnen Eiweiß- oder Kerndurchtritt eine bestimmte Epidermiszelle verantwortlich zu machen, so erklärt sich dies aus dem Obigen von selbst. Aber für die weitaus über- wiegende Mehrzahl der Fälle ist charakteristisch, daß der aus den Idioblasten austretende Eiweißstrom seine Richtung gegen die Peri- pherie der Schnitte, also gegen die Wundstellen hin nimmt, bei Verwundung der Blätter durch Nadelstiche gegen die Stichwunden. Damit hängt noch eine weitere Erscheinung zusammen. Der einzelne Idioblast steht in der Regel mit einer größeren Anzahl von Epidermiszellen in Berührung. Von diesen besitzen die einen große, die anderen nur kleine Berührungsstellen mit dem Idioblasten. Man sollte nun zunächst vermuten, daß der Austritt von Eiweiß aus dem Idioblasten in jene Epidermiszellen am leichtesten erfolgen müsse, welche mit ihm die größten Berührungsflächen haben. Dies ist aber nicht der Fall. Der Eiweißaustritt erfolgt meist in jene Epidermiszelle, die mit der Wundstelle durch die kürzeste Strecke verbunden ist, und dies ist in vielen Fällen gerade diejenige, die von allen mit dem Idioblasten zusammenhängenden die kleinste Berührungsfläche mit diesem hat (Fig. 23). über trauniatogene Zellsaft- und Kernübertritte bei Moricandia arvensis BC. 565 Welches das weitere Schicksal der beteiligten Zellen ist, ob die Epidermiszellen mit eingedrungenem Eiweiß und Kern, bezw. die Eiweißzellen am Leben bleiben, oder absterben, ob in den traumatogen zweikernigen Epidermiszellen die Kerne miteinander verschmelzen wie bei den Monokotylen nach den Untersuchungen von Nemec (13), dies festzustellen habe ich nicht versucht. Soweit sich aber aus dem Aussehen der Zellkerne in fixiertem und ge- färbtem Zustand ein Schluß auf die Lebensfähigkeit der Zellen ziehen läßt, so scheinen die beteiligten Zellen, so lange nur Eiweiß aber kein Kern übergetreten ist, durchaus normal zu bleiben. Wenn ein Kernübertritt stattfand, so erscheint nur der übergetretene Idioblasten-Kern krankhaft verändert (vgl. S. 563), während die Epidermiszelle, in welche die Invasion fremder Substanz statt- gefunden hat, einen Zellkern besitzt, der sich durch nichts von den Kernen unverletzter Epidermiszellen unterscheidet. Demnach dürf- ten die Epidermiszellen auch in diesem Falle am Leben bleiben. Bei der oft recht bedeutenden Größe der Eiweiß- und ins- besondere der Epidermiszellen dürfte es vielleicht nicht unmöglich sein, durch Applizierung genau lokalisierter, auf eine einzige Epi- dermiszelle beschränkter Verletzungen mittels feiner Nadeln Eiweiß- und Kernwanderung aus den Idioblasten nach ganz bestimmten Richtungen zu veranlassen und so an lebenden Schnitten unter dem Mikroskop zur direkten Ansicht zu bringen, wenn man zu diesen Versuchen hauptsächlich die mittleren Partien größerer Flächen- schnitte wählt, die durch die Schnittwunden nicht affiziert sind. III. Über das Wesen und die Mechanik der traumatogenen Kern- und Zellsaftübertritte. Wenn wir bei Moricandia arvensis von den Eiweißaustritten zunächst absehen und nur die Kernübertritte in Betracht ziehen, so ergibt sich im wesentlichen deren vollkommene Übereinstimmung mit den von Mi ehe [beobachteten traumatogenen Kernwanderungen bei Monokotylen. Ein genauerer Vergleich wird dies klar machen. 1. In beiden Fällen liegen abnormale, pathologische Prozesse vor, die nur nach Verwundungen auftreten, in unverletzten Pflanzen- teilen hingegen nicht zu finden sind. 2. Die Schnelligkeit, mit welcher die Kerne durch die Mem- branen hindurchgehen, ist in beiden Fällen eine sehr große. Mi ehe 566 Jos. Heinr. Schweidler, schreibt z. B. S. 118: „Da sofort nach dem Abziehen (der Epi- dermis) untersucht wurde, kommen wir also zu dem Schlüsse, daß hier eine blitzschnell erfolgende Reaktion des Zellkernes vorliegt." "Wie oben (S. 562) ausgeführt wurde, gilt von dem Übertritt des Idioblastenzellkernes und der Eiweißsubstanz von Moricandia arven- sis dasselbe. 3. Auch Mielie fand, daß bei diesen Wanderungen die Durch- trittsmembranen nicht verletzt werden, und zog daraus und aus dem Auftreten von Kernen, die zum Teile in der einen, zum Teile in der benachbarten Zelle steckten, den Schluß, daß selbst so große Zellbestandteile, wie es Kerne sind, unter gewissen Umständen durch die feinen Poren der Zellmembranen hindurch wandern können (12, S. 119). Wie ich schon auf S. 560 bemerkte, gelang es mir bisher nicht. Kerne zu finden, bei welchen kein Zweifel darüber möglich war, daß sie wirklich in der Membran steckten und zum Teile noch in der Myrosin- zum anderen aber schon in der benachbarten Epidermiszelle sich befanden, wenngleich zweifel- hafte Fälle einige Male zur Beobachtung gelangten. Da jedoch ein Durchreißen der Trennungswände sicher ausgeschlossen ist, so bleibt nur die Annahme einer Wanderung durch die Plasma- verbindungen übrig. 4. Der Eiweiß- resp. Zellkernaustritt aus einer Eiweißzelle erfolgt bei Moricandia arvensis in der Richtung gegen die Wund- stelle, also gegen die verletzten Epidermiszellen hin. Daß ein ähnliches Verhalten auch bei den von Mi ehe beobachteten Kern- wanderungen vorliegt, scheint zum mindesten sehr wahrscheinlich zu sein, obwohl Miehe selbst sich darüber nicht mit voller Bestimmt- heit äußert. S. 117 seiner Arbeit heißt es: „Die Richtung des Übertrittes ist nicht streng bestimmt, er kann eigentlich überall stattfinden. Eine gewisse Bevorzugung der Richtung ist jedoch augenfällig, indem bei weitem die meisten Kerne an den Quer- wänden in die nächst obere Zelle eintraten oder doch nahe dabei an den Längswänden in die Nachbarzellen. Da ich nun von oben nach unten (die Epidermis) abgezogen hatte, war die Richtung des Übertrittes derjenigen des Abziehens gerade entgegengesetzt" — also gegen die Wundstellen hin gerichtet wie bei Moricandia. Weiterhin sagt Miehe (12, S. 124): „Die Richtung des Übertrittes an abgezogenen Epidermisstreifen von Allium ist im allgemeinen derjenigen des Abziehens entgegengesetzt. Durch das Abziehen werden sukzessive an den Stellen, wo die Loslösung erfolgt, die über traumatogene Zellsaft- und Kernübertritte bei Moricandia arvensisDC. 567 Zellen, sagen wir zunächst, irgendwie alteriert. Infolgedessen treteu nach unserer Anschauung die Kerne der folgenden, noch nicht ulterierten Zellen über, gegen die Richtung des Abziehens". Es ist nun allerdings zuzugeben, daß durch diese Versuche Miehes volle Sicherheit über die Richtung der Kernübertritte in Monokotyl- epidermen nicht geschaffen ist, da Mi ehe nur Abziehpräparate genauer untersuchte, bei welchen wegen der Ausdehnung der Ver- letzungen die Übertrittsrichtungen ihre volle Klarheit und Be- stimmtheit einbüßen. Ein genaueres Studium dieser Vorgänge, bei welchen streng lokalisierte Verletzungen in Anwendung gebracht werden müßten, werden höchstwahrscheinlich die vollständige Über- einstimmung beider Vorgänge in bezug auf die Richtung der Wanderung erwiesen. Leider hat Nestler, welcher streng lokali- sierte Wunden an Monokotylenepidermen studiert hat, nur zwei- kernige, nicht aber auch kernlose Zellen (14, Fig. 2, 37) abgebildet, obwohl er sie erwähnt, sonst hätte aus der relativen Lage der zwei- kernigen und kernlosen Zellen zur Wundstelle auf die Richtung der Kernwanderung geschlossen werden können. Daß er die Zwei- kernigkeit anders deutet, entsprach den damaligen Kenntnissen. Vollkommen exakte Versuche zur Entscheidung dieser Frage wurden auch von Nemec (13) und Schürhoff (16), die sich nach Miehe mit traumatogenen Kernübertritten beschäftigten, nicht unternommen. Die Arbeit Nemecs ist mir allerdings nur aus dem Autorreferat des Bot. Centn bekannt (1905, S. 568). 5. Auf S. 563 habe ich auf die veränderte Gestalt und Farben- speicherung der übergetretenen Kerne hingewiesen. Ahnliches hat auch Miehe bei seinen Kerndurchtritten konstatiert (12, S. 120). Desgleichen auch Schürhoff (16, S. 376) bei Iris. Der Vergleich der von Miehe beobachteten Kernübertritte in Monokotylen-Epidermen mit den Kernwanderungen bei Moricandia arvensis weist demnach, wie gezeigt wurde, eine Reihe von über- einstimmenden Momenten auf, so daß es gestattet sein muß, beide Vorgänge als wesensgleich zu betrachten. Das Charakteristische der bei Moricandia beobachteten Vorgänge ist aber gar nicht in den Kernübertritten gelegen; diese sind vielmehr, wie schon ihre relative Spärlichkeit gegenüber den Eiweißübertritten zeigt, etwas anscheinend akzessorisches, gelegentliche Begleiterscheinungen der Eiweißübertritte. Letztere stellen hier das wesentliche Moment vor. Da aber die Proteinsubstanz der Eiweißzellen im Zellsaft gelöst ist, so haben wir es hier mit Zellsaftübertritten zu tun. Die Jahrb. f. wiss. Botanik. XLVm. 37 568 Jos. Heinr. Schweidler, manclimal damit verbundenen Kernübertritte sind sekundäre Er- scheinungen, von welchen später noch die Rede sein wird. Die unzweifelhafte Tatsache der sekundären Natur der Kern- übertritte bei Moricandia gestattet aber einen Rückschluß auf die von Mi ehe und anderen bei Monokotylen beobachteten Kernüber- tritte, bei welchen Zellsaftübertritt nicht wahrgenommen wurde. Liegt hier nicht ein wesentlicher Unterschied vor? Meiner Meinung nach nicht. Gestützt auf die bezüglich der Kernübertritte voll- ständige und auffällige Übereinstimmung beider Erscheinungen glaube ich vielmehr, daß auch bei den Vorgängen in Monokotylen- epidermen ein Übertritt von Zellsaft aus den unverletzten in die primär verletzten Zellen stattfindet, ja daß dieser bei allen der- artigen Vorgängen die Hauptrolle spielt, während die beobachteten Kernübertritte nur sekundäre Erscheinungen sind, durch welche der sonst unsichtbar verlaufende Vorgang in Erscheinung tritt. Bei Moricandia arvcnsis tritt aus den Eiweißzellen ein Zellsaft über, welcher fällbar und färbbar ist, d. h. also nachweisbare Spuren seiner Wanderung zurückläßt. In Monokotylenepidermen ist das eben nicht der Fall. Trotzdem sich aber hier durch Fixierung und Färbung nur die Kernübertritte konstatieren lassen, da der Zellsaft auch bei dieser Behandlung farblos und unsichtbar bleibt, so läßt sich doch aus der vollkommenen Übereinstimmung der Kernüber- tritte allein, wie sie oben (S. 565) nachgewiesen wurde, mit größter Wahrscheinlichkeit auf eine vollständige Identität der besprochenen Vorgänge in den Monokotylenepidermen einerseits und in den Blättern von Moricandia arvensis anderseits schließen. Wäre im Zellsaft der Idioblasten von Moricandia keine gerinnende und tinktionsfähige Proteinsubstanz enthalten, so wäre auch in diesem Falle der einzige sichtbare Ausdruck für die Wirkung der Epi- dermisverletzung nur in gelegentlichen Kernübertritten gegeben. Als Resultat der obigen Erwägungen ist also festzuhalten: Die traumatogenen Kernübertritte aus Myrosin- in Epidermis- zellen der Blätter von Moricandia arvensis sind sicher, die von verschiedenen Forschern in Monokotylen-Epidermen beobachteten Kernübertritte höchstwahrscheinlich nur Begleiterscheinungen von traumatogenen Zellsaftüber- tritten. Oder besser gesagt, beide sind nur Teilerschei- nungen von Zellinhaltsaustritten überhaupt. Es liegt nun nahe, nach den wirkenden Kräften der Zellsaft- übertritte zu fragen. Folgende Möglichkeiten liegen am nächsten: über traumatogene Zellsaft- und Kernübertritte bei Moricandia arvcnsis DC. 569 1. Die traumatogenen Kern- und Zellsaft Übertritte sind zurück- zuführen auf aktive Bewegungen und Kraftäußerungen der leben- den Kerne und Protoplasten, wenngleich die Beteiligung der letz- teren nicht sichtbar ist; 2. Die Zellkerne werden passiv durch, einseitige Turgorwirkungen, die infolge der Verletzungen benach- barter Zellen auftreten, durch die Membranporen hindurchgepreßt. Schon Miehe (12, S. 125) erörtert eine ähnliche Ansicht: „Dann könnte man daran denken, daß vielleicht sehr kleine Verletzungen der Hautschicht an den Membranporen stattfänden, kleine Löcher entständen, durch welche der Kernsaft ^) samt dem Kern mit großer Gewalt herausgespritzt würde, wenn wir gleichzeitig eine Ver- minderung des Turgors der Nebenzellen annehmen . . . Auf diese Weise könnte das Phänomen rein physikalisch begriffen werden." Gegen die erstere Annahme sprechen folgende Gründe: 1. Vor allem schon die von Miehe (12, S. 119 und Fig. 3 und 4), später auch von Schürhoff (16, S. 376) beobachtete Er- scheinung, daß ein Kern manchmal durch zwei verschiedene, oft diametral getrennte Membranporen gleichzeitig in zwei verschiedene Nachbarzellen einzudringen sucht, eine Tatsache, die unter dem Gesichtspunkt einer aktiven Wanderung des Zellkernes einfach unverständlich wäre, da dies einer Selbstvernichtung oder Selbst- zerreißung des Zellkerns gleichkäme. Hingegen ist nach der zweiten Annahme leicht einzusehen, daß der aus dem Zellinnern durch Turgordruck nach außen gepreßte Zellinhalt alle im Wege liegenden plastischen Bestandteile, also auch die Zellkerne durch die Membranporen mit hinauszupressen suchen wird. Daß dies gelegentlich auch durch mehrere naheliegende Membranporen ge- schehen wird, ist einleuchtend, da der große Zellkern mehrere solcher Membranporen verstopfen kann. Auch der Fall, daß ein Zellkern nach zwei diametral entgegengesetzten Richtungen aus- einander gepreßt wird, um in zwei ganz verschiedene und entgegen- gesetzt gelagerte Zellen teilweise einzudringen, ist nach der zweiten Annahme ohne weiteres in der Weise zu deuten, daß rechts und links von der in Rede stehenden Zelle mit dem diagonal aus- einandergezogeuen Zellkern je eine Nachbarzelle verletzt, also ihres Turgors beraubt wurde. Der Inhalt der median zwischen den verletzten Zellen gelegenen turgeszenten Zelle spritzt daher nach zwei verschiedenen, entgegengesetzten Richtungen aus der Zelle 1) sie! Ob Miehe nicht eigentlich Zellsaft sagen wollte? 37=* 570 Jos- Heinr. Seh weidler, hinaus, nimmt den zentral gelegenen Kern nach beiden Seiten mit, zerrt ihn auseinander und preßt ihn noch teilweise in die Membra»- poren hinein (vgl. Schürhoffs Abbildung Fig. 36). 2. Folgende Beobachtung Schürhoffs an einem ebensolcben durch zwei fast diametral gegenüberliegende Membranporen gleich- zeitig zum Teil hindurchgepreßten und dabei bandförmig auseinander gezogenen Kern kann ebenfalls nur als passives Durchgepreßtwerden gedeutet werden: „Man sah dann, daß sich in der Zelle, der der Kern angehörte, die Kernmasse vor den Durchtrittsporen staute. Ein Zeichen dafür, daß eine wirkliche „Durchpressung" ^) stattfand" (S. 376 u. Fig. 36). Über die durchpressende Kraft hat sich Schürhoff nicht geäußert, aus der Fassung des obigen Zitates geht aber hervor, daß er die Passivität des Kernes wenigstens fühlte, ohne sie auszusprechen. Die Kernübertritte werden von ihm auch konsequent „Kerndurchpressungen" genannt, eine Be- zeichnung, die tatsächlich auf sie sehr gut paßt und ihre Passivität involviert. 3. Läßt sich schon mit diesen Tatsachen die Annahme einer physiologischen Aktivität des Zellkei-ns nicht gut vereinigen, so wird diese Ansicht vollständig hinfällig angesichts der Tatsache, daß an den Durchtrittsbewegungen bei Moricandia sich auch der Zellsaft oder vielmehr dieser in erster Linie beteiligt. Der Zellsaft hat keine selbständige aktive Beweglichkeit. Die mit großer Ge- walt vor sich gehende Durchtrittsbewegung (vgl. Taf. XI, Fig. 23 und 24) könnte ihm nur vom aktiven Protoplasten und Zellkern erteilt worden sein. Da jedoch die Durchtrittsbewegung aus den subepidermalen Idioblasten in die Epidermiszellen blitzschnell er- folgt und hiebei, wie die mikroskopischen Bilder und auch die Zeichnungen zeigen, recht bedeutende Massen über lange Strecken durch mehrere Zellen hindurch transportiert, in einem kurzen Augenblick also sehr große Arbeit geleistet wird, so ist eine aktive Tätigkeit des langsam arbeitenden Protoplasmas bei diesen Vor- gängen wohl ausgeschlossen, Die Erscheinung macht vielmehr durchaus den Eindruck, durch ausgelöste Spannkräfte bewirkt zu sein. Daß hier nur die Turgorspannung der Zellen in Betracht kommen kann, ist klar. Wir haben uns demnach vorzustellen, daß die plötzliche Erniedrigung des Turgors einer Zelle durch das Anschneiden derselben oder durch das Abziehen der Epidermis für alle benachbarten Zellen eine einseitige Aufhebung des Gegen- 1) Die Gänsefüßchen rühren von Schürhoff her. über traumatogene Zellsaft- und Kernübertritte bei Moricanäia arvensia BC. 571 druckes bedeutet und ein rein physikalisches Herausspritzen des Inhaltes der turgeszenten Nachbarzellen in der Richtung des ge- ringsten Gegendruckes, also in die verletzte Zelle hinein bewirkt. Dadurch erfolgt aber in eben diesen Nachbarzellen der primär ver- letzten Zelle eine Herabsetzung des Druckes, so daß wieder deren Nachbarzellen ihren Inhalt teilweise durch die Membranporen in die primären Nachbarzellen ergießen und so fort mit abnehmender Intensität in einem gewissen Umkreis um die verletzte Zelle herum. Anders ausgedrückt: die traumatogenen Übertrittserscheinungen von Inhaltsbestandteilen der Zellen sind aufzufassen als ein physikali- scher Ausgleich von Turgordifferenzen. Die Übertritte erfolgen aus Zellen mit höherem in solche mit plötzlich erniedrigtem oder ganz aufgehobenem Turgordruck. Durch diese physikalische Deutung wird die relative Spärlich- keit von Kerndurchpressungen gegenüber den Eiweißdurchtritten bei Moricanäia leicht verständlich. Auf die Fragen, weshalb der Eiweißübertritt nicht stets von dem gleichgerichteten Durchtreten des Idioblastenkernes begleitet ist, weshalb manchmal selbst nicht übergetretene Idioblastenkerne krankhaft verändert sind und in diesem Falle stets in nächster Nähe der Durchtrittsstelle der Pro- teinsubstanz liegen, ergibt sich folgende einfache Antwort: Das Übertreten oder NichtÜbertreten des Idioblastenkernes hängt von seiner jew,eiligen , rein zufälligen Lage in dem kritischen Momente der Verletzung einer idioblastennahen Epidermiszelle ab. Die Ei- weißzellen älterer Blätter haben einen wandständigen Zellkern, welcher verschiedene Lage haben kann. Sehr häufig liegt er einer Trennungswand zwischen dem Idioblasten und einer benachbarten Epidermiszelle an. Wird nun bei der Herstellung des Schnittes gerade in dieser Epidermiszelle der Turgor — direkt oder nach dem obigen auch indirekt — herabgesetzt, so wird nicht nur der Zellsaft, sondern auch der Kern der Myrosinzelle durch einen Membranporus in die Epidermiszelle hinübergespritzt, andernfalls, wenn die Lage des Idioblastenkernes eine andere ist — weit weg von der Übertrittsstelle — dann tritt eben nur der Zellsaft und höchstwahrscheinlich stets auch etwas wandständiges Plasma über. Liegt endlich der Zellkern etwas abseits von der Durchtrittsstelle aber doch nicht ganz außerhalb des Bereiches des austretenden Zellsaftstromes, so wird er teilweise mitgerissen, der Durchtrittsstelle genähert und dadurch etwas krankhaft verändert, jedoch ohne über- zutreten. Schließlich kann die Turgorkraft gerade noch ausreichen, 572 Jos. Heinr. Schweidler, den mitgerissenen Kern in den Membranporus hineinzupressen ohne ihn vollständig hindurchzubringen, welchen Fall Miehe und andere mehrfach beobachtet haben. Mir ist es bei Moricandia arvensis aus den auf S. 561 erörterten Gründen nicht gelungen, einen ganz einwandfreien Fall dieser Art zu Gesicht zu bekommen. Das plötzliche Mitgerissenwerden der Zellkerne gegen die Wunde, jedoch ohne Durchtritt, wurde auch von Schürhoff be- merkt: „Sofort^) nach der Verwundung findet eine Reaktion statt, indem die Kerne der Nachbarzellen sich der Wundseite anlegen" (16, S. 375). Aus dieser Beobachtung (an Tradescantiä) ist zu schließen, daß manche bisher als physiologisch angesehene „trauma- trope" Kernwanderungen, sich bei genauerer Prüfung (insbesondere der Reaktionszeit) als pathologisch herausstellen dürften. Gegen die rein physikalische Deutung spricht scheinbar der Umstand, daß bei Moricandia sich die Kerne der Epidermiszellen nicht an der Wanderung beteiligen. Bei Annahme physikalischer Wirkungen sollte man erwarten, daß auch die Kerne der den ver- letzten Zellen benachbarten Epidermiszellen in die verletzten über- treten. Dagegen ist vorzubringen, daß ja auch bei Monokotyledon in ausgewachsenen, also älteren Blättern ein Übertreten der Epi- dermiszellkerne nicht stattfindet, was hier wie dort wahrscheinlich denselben Grund haben dürfte: die Lage der Zellkerne in älteren Epidermiszellen. Bei Moricandia wenigstens liegen sie meist in der Mitte der Oberhautzellen, einer der beiden Horizontalwände an- gepreßt, während sie die Seitenwände, durch welche der wandernde Zellsaft seinen Weg nimmt und von wo sie gelegentlich auch mit- gerissen werden könnten, freilassen. Bei den nicht unbedeutenden Dimensionen der Epidermiszellen sind sie daher dem Wirkungs- bereiche des Zellsaftstromes so ziemlich entzogen. Bei jungen Epidermen mit ihrem relativ geringen Zellsaftraum und den kleineren Ausmessungen ist die Möglichkeit, mit dem Zellsaftstrome, der bei Verwundungen aus den unverletzten in die verletzten Zellen über- tritt, mitgerissen zu werden für die Zellkerne naturgemäß bedeutend größer. Deshalb halte ich es nicht für unwahrscheinlich, daß man ähnliche Kernübertritte auch bei jungen Dikotylenorganen — viel- leicht gerade auch bei Moricandia arvensis — wird finden können. Und wenn Schürhoff in einigen Fällen selbst bei Monokotylen, die mit Absicht auf das Vorkommen von Kornübertritten nach Verwundungen geprüft wurden, keine solchen konstatieren konnte, 1) Sperrung von mir. über traumatogene Zellsaft- und Kernübertritte bei Bloricandia arvcnsin DG. 573 SO dürfte das wahrscheinlich darauf zurückzuführen sein, daß zu alte Pflanzenteile untersucht wurden. Ein weiterer Einwand gegen die hier vorgetragene physikalische Auffassung der Übertrittsphänomene ist schon in einer Erwägung Miehes (12, S. 124) enthalten: „Nicht jede beliebige Verletzung einer Zelle hat den Übertritt des Nebenkernes zur Folge, wie man ja überall beobachten kann. Schneidet man ein Haar von Tradcscantia vir- ginica entzwei, so geschieht in der Nebenzelle gar nichts. Es müssen also noch ganz spezielle Bedingungen zu erfüllen sein, um den geschilderten Effekt herbeizuführen. Die plötzliche Erniedrigung des Turgors einer Zelle hat allein noch keinen Einfluß auf den Kern der Nebenzelle". Was zunächst die Staubfadenhaare von Tradcscantia betrifft, so ist es noch nicht vollständig ausgemacht, daß in der Nebenzelle der durchschnittenen Zelle wirklich gar nichts geschieht. Ein even- tueller Zellsaftaustritt könnte vollständig unbemerkt dennoch statt- finden. Immerhin ist es nicht ausgeschlossen, daß in diesem und in ähnlichen Fällen in manchen Nebenzellen wirklich nichts ver- ändert wird. Im Gegenteil bin ich ebenfalls der Ansicht, daß „ganz spezielle Bedingungen erfüllt sein müssen, um den geschilderten Effekt herbeizuführen", um mit Mi ehe zu reden. Daß bei Mori- candia ganz besondere Einrichtungen und Beziehungen zwischen Myrosin- und Epidermiszellen getroffen sind, wie sie sonst bei keiner Crucifere beobachtet wurden, ist im ersten Kapitel des näheren geschildert. Über die eventuelle physiologische Bedeutunng dieser Einrichtungen wird noch später die Rede sein. Hier inter- essiert aber vor allem die auffällige Tatsache, daß die Eiweiß- und Kerndurchtritte aus den Myrosinzellen ausschließlich in benachbarte Epidermiszellen und, wenigstens meiner Beobachtung nach, nie in benachbarte Parenchymzellen hinein erfolgt. Wenn ausschließlich nur die plötzliche Erniedrigung des Turgors einer Zelle für den Inhalts- austritt aus den Nebenzellen verantwortlich zu machen wäre, dann könnte eine derartige Beschränkung in der Übertrittsrichtung nicht statthaben. Bei den Monokotylen ist nach Miehe eine derartige Beschränkung nicht vorhanden, die Kerne treten hier aus der Epidermis auch ins tiefer liegende Parenchym über (12, S. 117). Wenn aber bei Moricandia eine Inhaltsdurchpressung aus dem Idioblasten in benachbarte Parenchymzellen nicht stattfindet, so kann das meiner Meinung nach nur darin begründet sein, daß die Parenchymzellen mit den Idioblasten entweder durch gar keine oder 674 Jos. Heinr. Seh weidler, nur durch sehr enge Membranporen in Verbindung stehen, während die Membranporen zwischen Eiweiß- und Epidenniszellen und zwischen Epidermiszellen untereinander offenbar recht weite sein müssen. Über Verschiedenheiten im Kaliber der „Plasmaverbindungen" ist allerdings, soviel ich weiß, nicht viel bekannt, immerhin steht fest, daß Verschiedenheiten und zwar bei einer und derselben Pflanze existieren. Ich verweise nur auf die großen Poren in den Quer- wänden der Siebröhren und auf die schwer, nachzuweisenden Plas- modesmen zwischen Epidermis- und Schließzellen. Wenn wir ferner bedenken, daß die Siebröhren unter sich durch große, mit den seit- lichen Nachbarzellen aber jedenfalls nur durch kleinkalibrige Mem- branporen verbunden sind, so ist an der Annahme, daß die Ver- bindungen der subepidermalen Eiweiß -Idioblasten von Moricandia mit den Epidermiszellen groß-, mit den benachbarten Parenchym- zellen aber kleinkalibrig sind, gar nichts Unwahrscheinliches. Wie man also sieht, sehe ich in dem verschiedenen Kaliber der Mem- branporen die speziellen Bedingungen dafür, ob Übertritte und in welcher Richtung sie stattfinden müssen. Als Konsequenz der Ansicht von dem rein physikalischen Ablauf der hier behandelten Phänomene ergibt sich die Forderung, daß bei genauerer Untersuchung außer dem Zellkern und Zellsaft überhaupt alle flüssigen und plastischen Zellbestandteile traumato- gene Übertritte zeigen müssen, also auch das Protoplasma und eventuell vorhandene Piastiden. Der Nachweis, daß auch diese Inhaltsbestandteile der Zelle traumatogen übertreten können, steht aber noch aus. Daß Plasmadurchtritt bei Moricandia arvensis nicht beobachtet wurde, liegt vielleicht nur an der diesem Zwecke nicht angepaßten Methode. Durch bessere Fixierung und Anwen- dung besonderer kombinierter Färbungen wird sich das übergetretene Plasma von dem im allgemeinen sich gleichsinnig färbenden über- getretenen Protein der Idioblasten vielleicht durch eine besondere Struktur oder Tinktion differenzieren lassen. Zum mindesten sind wohl nach Analogie der Veränderungen, welche der durchgepreßte Zellkern in seinen Struktur- und Tinktionseigenschaften erleidet (vgl. S. 563 und Miehe, 12, S. 120), ähnliche Veränderungen auch an dem durchgetretenen Protoplasma mit großer Wahrscheinlichkeit anzunehmen, durch welche auch eine Unterscheidung vom zelleigenen Protoplasma möglich sein könnte. Das gleiche gilt auch von eventuell gleichfalls traumatogen übertretenden Chloro- oder Leuko- plasten. über traumatogene Zellsaft- und Kernübertritte bei Moricandia ai-vensis DG. 575 Die hier vorgetragene Ansicht von dem Wesen der traumato- genen Kernübertritte im allgemeinen und der Proteindurchtritte in den Laubblättern von Moricandia im besonderen ist übrigens meiner Meinung nach bis zu einem gewissen Grade einer experimentellen Prüfung zugänglich. Ist nämlich tatsächlich die Aufhebung des Turgordruckes in einer verletzten Zelle die Ursache für das Ein- dringen des Inhaltes der turgeszenten Nachbarzellen durch die Plasmodermen in die verletzte Zelle hinein, so muß auch eine nicht durch Verletzung der Membranen, sondern auf irgend eine andere Art erzielte Herabsetzung des Turgors einer Zelle in den Nachbar- zellen die gleiche Wirkung hervorrufen. Es wird sich also darum handeln, in bestimmt lokalisierten Zellen oder Zellkomplexen den Turgordruck mit genügender Raschheit, aber ohne Verletzung der Membranen herabzusetzen, was durch partielles Eintauchen von ge- eignetem Material {Moricandia und jugendliche Monokotylen) in stark Wasser entziehende Medien unschwer zu erreichen sein dürfte. In so behandelten und hierauf sorgfältig fixierten Objekten zur Beobachtung gelangende Kernübertritte bei Verwendung von jungen Monokotylen -Orgnnen und (mindestens) Eiweißübertritten aus den Idioblasten bei Blättern von Moricandia würden für die Richtigkeit unserer Hypothese sprechen. Zur einseitigen Herabsetzung des Turgors, also zur Erzeugung von plötzlichen Turgordifferenzen in Geweben durch partielles Ein- tauchen eignen sich aber auch unsere gebräuchlichen Fixierungs- lösungen, weshalb auch diese (insbesondere die alkoholischen) zu den Versuchen heranzuziehen wären, um so mehr, als der Ausfall der Versuche nicht nur in dem oben behandelten Zusammenhang, sondern auch in manch anderer Hinsicht von besonderem Interesse wäre. Es mehren sich nämlich die Beobachtungen scheinbar normal verlaufender oder doch nicht sicher pathologischer Kern- übertritte von Zelle zu Zelle. Ich verweise zunächst auf die merk- würdigen Beobachtungen Arnoldis (2) über die Entstehung der Hofmeisterschen Körperchen in den Eizellen der Abietineen. Arnoldi behauptet bekanntlich, daß die Hofmeisterschen Kör- perchen nichts anderes seien als die aus den Deckschichtzellen durch Membranporen in die Eizelle übergetretenen Zellkerne. Ferner haben in allerjüngster Zeit Kurs sanow (11, S. 91) und vor ihm schon Christmann (5) Kernübertritte zwischen anscheinend rein vegetativen Zellen gewisser Rostpilze beobachtet, welche die beiden Forscher geneigt sind „als eine pathologische Erscheinung, 576 Jos. Heinr. Scli weidler, — als Resultat einer einseitigen Wirkung der Fixierungsflüssigkeit zu betrachten" (11, S. 82). Endlich fällt auch die Kontroverse zwischen Blackmann (3, 4) und Christmann (5, 6) über die Art der Sexualität der Eostpilze, von der Kurssanow (11, S. 81) be- richtet, und der Vermittlungsversuch Olives (15) in den Bereich dieser Überlegungen. Bei eingehenderem Studium der Literatur, als es mir bisher vergönnt war, dürften wohl noch zahlreichere hierher gehörige Beobachtungen zu finden sein. Wenden wir uns zunächst den Beobachtungen Arnoldis zu, an deren Realität wohl kaum zu zweifeln ist. Aber selbst, wenn wir die von Arnoldi beschriebenen Vorgänge mit Stop es und Fujii (20, S. 13) als Artefakte oder abnormale Phänomene auf- fassen, so bleibt doch die Frage nach ihrem Zustandekommen offen. Meiner Meinung nach kommen nun zur Erklärung der Erscheinung zwei Möglichkeiten in Betracht. Einerseits kann der Übertritt der Zellkerne der Deckschichtzellen durch die Membranporen in die Eizelle durch eine unsichtbare Verletzung der Membran der Eizelle (oder einer mit dieser in inniger Verbindung stehenden peripheren Zelle — etwa einer Kanal- oder Halszelle des Archegoniums?) infolge Quetschung oder Zerrung bei der Präparation verursacht, also ebenso traumatogen sein wie die Übertritte bei Morieandia und den Monokotylen, anderseits aber — und dies halte ich für wahrscheinlicher — könnte einseitige, ungleichmäßige Einwirkung des Fixierungsmittels die Übertrittsphänoraene hervorrufen. Gerade in histologisch differenzierten Gewebekomplexen mit ungleich ver- dickten und infolgedessen auch ungleich durchlässigen Membranen wie den Samenknospen ist ein sehr ungleichmäßiges Vordringen des Fixierungsmittels mit größter Wahrscheinlichkeit anzunehmen, am raschesten dürfte es jedenfalls auf demselben Wege in die Samen- knospe eindringen, den auch der Pollenschlauch auf seiner Wande- rung zur Eizelle einschlägt, da dieser Weg infolge seiner Dünn- wandigkeit und Saftigkeit wahrscheinhch den geringsten Widerstand entgegensetzt, nämlich durch die Mikropyle, die obere Partie des Nucellus, den Halsteil und die Bauchkanalzelle des Archegoniums. Auch der Pollenschlauch selbst könnte als Eintrittspforte geringsten Widerstandes in Frage kommen. Bis zur Eizelle gelangt, müßte das Fixierungsmittel deren Turgordruck plötzlich herabsetzen, und „die große Eizelle müßte bei Änderung ihres Turgors ihre gesamte Umgebung beeinflussen", sagt schon Miehe bei Diskussion der Arnoldischen Resultate, hierbei jedoch nur an „normale", physio- über traumatogene Zellsaft- und Kernübertritte bei Moiicandia arvensis DC. 577 logische Turgorschwankungen denkend (12, S. 126). Das Übertreten der Kerne der Deckschichtzellen im ganzen Umkreis der Eizelle und oft durch mehrere Deckschichtzellen hindurch von einer peripheren Zelle zur nächsten zentralen (Arnoldi 2, S. 200) wäre auf diese Weise als durch einseitige Wegnahme des Turgordruckes ver- anlaßtes Ausströmen des Inhaltes der Deckschichtzellen, das in den konstatierbaren Kerndurchtritten in Erscheinung tritt, leicht ver- ständlich. Wenn auch nicht geleugnet werden soll, daß diese An- sicht von der Entstehung der Arnoldischen Kerniibertritte durch- aus hypothetisch ist, so ergibt sich immerhin aus ihrer zweifellosen Möglichkeit die Forderung, unsere Pixierungsmittel einmal mit be- wußter Absicht auf ihre eventuelle Verursachung derartiger Er- scheinungen zu prüfen resp. ihre diesbezügliche Einwandfreiheit festzustellen. Ob nicht der Übertritt von angeblich aus dem Nukleolus der Deckschichtzellen stammenden Proteinkörnchen oder plastidenähn- lichen Gebilden durch die Trennungsmembranen in das Cytoplasma der Eizelle einiger Gymnospermen (Arnoldi 1, S. 46 ff. u. a.) in ähnlicher Weise als durch einseitige Einwirkung des Fixierungs- mittels hervorgerufen erklärt werden kann, wäre ebenfalls zu er- wägen, obgleich nicht übersehen werden soll, daß diese Übertritte anscheinend nur in einer bestimmten Periode der Entwicklung der Samenknospen beobachtet wurden. Aber können nicht gerade in dieser Periode die besonderen Bedingungen für eine derartige ein- seitige Einwirkung des Fixierungsmittels realisiert sein? (z. B. das Vorgedrungensein des Pollenschlauches bis zur Eizelle oder Bauch- kanalzelle?). Daß Piastiden gleichfalls traumatogen übertreten müssen, ist ja eine der oben aufgestellten Forderungen meiner Hypothese von dem rein physikalischen Charakter dei-artiger Er- scheinungen. Nur eine Tatsache scheint dieser Hypothese in dem vorliegenden Falle eine ernstliche Schwierigkeit zu bereiten, nämhch die Beobachtung von Stopes und Fujii, daß die erwähnten nukle- olen- und plastidenähnlichen Gebilde (protein grains) Stärkekörnchen führen (20, S. 22), deren Wanderung durch die Plasmodesmen zu- nächst allerdings etwas unwahrscheinlich ist. Die beiden letzt- genannten Forscher haben denn auch (infolge besserer Fixierungs- methode?) derartige Übertritte nicht beobachtet. Jedenfalls ist auch hier eine kritische Nachprüfung der kontroversen Angaben unter Anwendung zuverlässiger Methoden vonnöten. Dasselbe gilt auch von den Beobachtungen Kurssanows (11) und Christ- 578 Jos. Heinr. Schweidlei", mans (5, 6) anläßlich ihrer Untersuchungen über die Sexualität der Rostpilze. Ich kann nicht umhin, einige Zeilen aus Kurs- sanows Arbeit wörtlich hierherzusetzen: „Bekannthch besteht zwischen Blackman und Christman, den eigentlichen Entdeckern der Sexualität bei den Rostpilzen, eine nicht unwesentliche Differenz in der Beschreibung der zur Bildung der zweikernigen Generation führenden Konjugationsweise. Nach Blackman (3) wandert bei der von ihm untersuchten Form {Cae- oma von Phragmidium violaceum Wint.) der Zellkern einer gewöhn- lichen vegetativen Zelle in eine andere speziell differenzierte fertile (weibliche) Zelle hinein, welche mit einem besonderen trichogyn- ähnlichen Anhang versehen ist. Dadurch entsteht dann die zwei- kernige Zelle, von welcher die weitere Entwicklung ausgeht. Nach Christman aber (.5) wird die Zweikernigkeit der fraglichen Zelle dadurch erreicht, daß zwei vollständig gleich differenzierte Zellen kopulieren (hauptsächlich wurde Phragmidium speciosum Fr. unter- sucht). Mit einem Worte, nach Blackman gibt es hier eine He- tero- oder Oogamie, nach Christman eine Iso- oder Zygo- gamie" . . . (11, S. 81). „In einer unlängst veröffentlichten Arbeit versucht Olive (15) diese Differenz auszugleichen, indem er, eine gewisse Mittelstellung einnehmend, teilweise dem einen, teilweise dem anderen Autor recht gibt" . . . „Bei der Konjugation kann sich nach Olive entweder eine breite Öffnung zwischen den beiden Zellen bilden, so daß ihre Protoplasten sich direkt vermischen, wie es auch bei Christman geschildert wird, oder es bildet sich eine enge Öffnung, und dann schlüpft nur der Kern der kleineren Zelle in die größere hinein. Beide Vorgänge kann man bei einer und derselben Form an dem- selben Präparate beobachten; zwischen ihnen besteht kein prin- zipieller Unterschied, aber sie erklären nach Olives Meinung in hinlänglicher Weise den scheinbaren Widerspruch zwischen den Angaben Blackmans und Christmans" (11, S. 82). Auf Grund eigener Untersuchungen an Puccinia peeMana Howe schließt Kurssanow: „Sein (Olives) Versuch, den Widerspruch zwischen Blackman und Christman auszugleichen, hat deshalb keinesfalls allgemeine Gültigkeit. Die Differenz in der Konjugations- weise, die von genannten Forschern konstatiert wurde, kann nicht weggeleugnet werden. Sie hängt hauptsächlich natürlich von den Artdifferenzen der untersuchten Formen ab, zuweilen aber drängt sich der Gedanke auf, ob nicht auch jenes pathologische Über- über traumatogene Zellsaft- und Kerniibertritte bei Moricandia arvensis DC. 579 wandern der Kerne eine gewisse Rolle spielte, von welchem Christ- man spricht und welches auch bei unsei'cr Form neben der nor- malen Konjugation manchmal beobachtet wurde" (11, S. 91). Dieses Zitat zeigt zunächst, welche Verwirrung durch den Mangel genauerer Kenntnisse über die Bedingungen der pathologi- schen Kernübertritte bereits angerichtet ist; was der eine Forscher für normal und physiologisch hält, ist dem andern abnormal und pathologisch, ohne daß der eine wie der andere seine Anschauung genauer zu begründen in der Lage wäre. Die Grenze zwischen normalen sexuellen und pathologischen pseudosexuellen Kern- wanderungsphänomenen erscheint hier vollständig verwischt. Wir haben zurzeit aber kein Kriterium dafür, ob und unter welchen Umständen ein derartiger strittiger Kopulationsvorgang normal, wann er pathologisch ist, eventuell verursacht durch Membran- verletzung oder einseitige Wirkung der Fixierungsflüssigkeit. Ein solches Kriterium wird nur durch genaueres Studium experimentell mit verschiedenen Mitteln erzeugter Inhaltsübertritte im allgemeinen und ihrer Beziehungen zu den Fixierungsmitteln im besondern zu ermitteln sein. Auf die Notwendigkeit solcher Untersuchungen sei daher nochmals nachdrücklich hingewiesen. Doch nehmen wir einmal an, die von Olive bei Rostpilzen beobachteten Arten sexueller Vereinigungen (vgl. S. 578) seien beide normal, was wir umso eher tun können, als es ja tatsächlich sexuelle Vorgänge, insbesondere bei Pilzen, gibt, die ähnlich ver- laufen wie die zwei von Olive gesohilderten, wenn auch meist nicht an einer und derselben Pflanze, und da es sich in der folgenden Betrachtung um gewisse Arten von Oogamie resp. von Zygogamie überhaupt handelt. Es ist nämlich auffällig, welch große Ähnlichkeit zwischen der Oogamie mancher Pilze und den pathogenen Kerndurchpressungen besteht, wie sie unter anderen von Mi ehe genauer beschrieben wurden. Hier wie dort wandern Kerne durch Membranporen. Ist es nicht berechtigt, eine gewisse innere Verwandtschaft zwischen beiden Prozessen zu ver- muten? Ganz im allgemeinen natürlich und oline Rücksicht darauf, daß sich vielleicht die von Olive als Oogamie bezeichnete Be- fruchtung, ja vielleicht noch mancher andere sexuelle Prozeß, bei genauerer Prüfung als pathologisch herausstellen dürfte. Eine ähnliche Vermutung hat übrigens schon Nemec ausgesprochen, als er bei künstlich durch mechanische Läsion herbeigeführten Kern- durchtritten bei Maiskeimlingen Kernverschmelzungen, ja sogar 580 Jos. Heinr. Schweidler, Spirerabildungen in den pathogen zweikernigen Zellen konstatieren konnte: „Es ist möglich, daß dieser ungeschlechtlichen, sowie der geschlechtlichen Kernverschmelzung gleiche Ursachen zugrunde liegen" (13, S. 568). Durch diese Tatsache, daß Kernverschmel- zungen zwischen sicher asexuellen Kernen stattfinden können, rücken die pathogen en Kernübertritte durch Membranen noch näher an die sexuellen Vorgänge dieser Art heran. Und dies veranlaßt mich zur Aufstellung der Hypothese (mit der nötigen Reserve natürlich), daß wenigstens bei jenen sexuellen Befruchtungsvorgängen im Pflanzenreiche, bei welchen Überwande- rungen von Zellkernen zwischen bebäuteten Geschlechtszellen durch sekundäre Membranporen stattfinden (z. B. aus Antheridien in Oogonien) , in dem Mechanismus dieser Übertrittserscheinungen möglicherweise in vielen Fällen Turgordifferenzen zwischen Oogo- nium und Antheridium die treibenden Kräfte sind oder wenigstens eine bedeutende Rolle dabei spielen. Nach dieser Hypothese müßte der Inhalt des Antheridiums im Moment der Fertigstellung des sekundären Membranporus in der Berührungswand zwischen den Geschlechtszellen unter höherem Turgordruck stehen als der des Oogoniums, so daß das Übertreten eines Teiles des Inhaltes des Antheridiums mit dem Zellkern in das Oogonium nichts anderes wäre als der rein physikalische Ausgleich einer Druckdifferenz. Im einzelnen könnte man sich den Vorgang folgendermaßen vorstellen. Antheridium und Oogonium werden in der Regel getrennt angelegt, stehen also primär nicht in Berührung und besitzen auch keine primären Verbindungen zwischen ihren Protoplasten. Für die sexuelle Vereinigung muß also, nachdem die beiden Geschlechts- zellen zur Berührung gelangt sind, eine solche Verbindung, ein mehr oder weniger feiner Membranporus, angelegt werden. Die weibliche Zelle, als die passive, dürfte sich an der Bildung dieses Porus nicht beteiligen, seine Herstellung vielmehr von der männ- lichen, aktiven Zelle ausgehen. Nach der bekannten physiologischen Regel wandert nun der Zellkern stets oder meist nach dem Orte größter Arbeitsleistung in der Zelle (Haberlandt, S. 23), in unserem Falle nach dem Orte des anzulegenden sekundären Mem- branporus. Zum mindesten ist eine Annäherung an denselben an- zunehmen. Die Folge wird sein, daß — höheren Turgor in der männlichen Zelle vorausgesetzt — im Momente, da die Verbindung durch die Tätigkeit des männlichen Plasmas hergestellt ist, der nunmehr erfolgende rein mechanische Ausgleich der vorhandenen über traumatogene Zellsaft- und Kernübertritte bei Moricandia arvensisDC. 581 Turgordifferenz einen Teil des Antheridiuminhaltes mit dem Kerne in das Oogonium hinüberpreßt. Bei erblich fixierter Oogonie müßte selbstverständlich auch die Turgordifferenz zwischen den Geschlechtszellen (wenigstens im Momente der Befruchtung) erblich fixiert sein und zwar in dem angegebenen Sinne. Daß Turgor- differenzen zwischen kopulierenden Geschlechtszellen bestehen, ist von vornherein schon wegen ihrer verschiedenen Anlage und Dif- ferenzierung wahrscheinlich. Ob diese Differenzen das hier postu- lierte Vorzeichen besitzen, müßte durch eigene Untersuchungen an günstigen, typische Oogamie zeigenden Objekten festgestellt werden. Wenn aber keine Turgordifferenzen zwischen den Geschlechts- zellen während des Befruchtungsaktes existieren, dann wird die Herstellung einer breiteren Verbindung zwischen den Geschlechts- zellen resp. eine weitergehende Resorption der Trennungswand not- wendig, worauf eine ausgiebige Verschmelzung beider Protoplasten stattfinden kann: Zygogamie. Bei konstanter Zygogamie unter aktiver Beteiligung beider Protoplasten wäre also erblich fixierte Turgorgleichheit im Moment der Vereinigung zu postulieren oder zum mindesten nur unbedeutende Turgordifferenz, wobei Übergänge nicht ausgeschlossen erscheinen. Wenn aber weder Turgorgleichheit noch dessen Differenz erblich fixiert ist, dann läge jener Fall vor, für den sich in dem obigen Zitat Olive bei den Rostpilzen einsetzt, vorausgesetzt natürlich, daß in der Tat keine pathologische Pseudo- oogamie vorliegt: „Bei der Konjugation kann sich entweder eine breite Öffnung zwischen den beiden Zellen bilden, so daß ihre Protoplasten sich direkt vermischen (bei Turgorgleichheit) oder es bildet sich eine enge Öffnung, und dann schlüpft nur der Kern der kleineren Zelle in die größere hinein (Turgordifferenz). Beide Vorgänge kann man bei einer und derselben Form an dem- selben Präparate beobachten." Die Entscheidung, ob im einzelnen Fall das eine oder andere eintreten wird, wäre dann in dem je- weiligen Turgeszenzzustand der sich vereinigenden Sexualzellen zu suchen. Es ist klar, daß das, was hier an den Rostpilzen exem- plifiziert wird , auch für zahlreiche andere Pflanzen , insbesondere Pilzgruppen Geltung haben könnte. Noch eine weitere Erscheinung läßt sich unter dem Gesichts- punkt des Ausgleiches von Turgordifferenzen betrachten: die Ent- stehung der Pfropfbastarde. Da die bisher im Vordergrunde der Diskussion stehende Zellverschmelzungshypothese nach der letzten Äußerung Winklers (22, S. 22 ff.) immer noch Aussicht hat, durch 582 Jos- Heinr. Schweidler, die Chromosoraenuntersuchungen dieses Forschers bestätigt zu werden, so dürfte folgende Vermutung über das eventuelle Zustande- kommen zur Bastardbildung führender Kernverschmelzungen nicht ohne Interesse sein. Die Zellverschmelzungshypothese nimmt an, daß „an der Verwachsungsstelle der Pfropfungssymbionten zwei vegetative Zellen, die eine der Unterlage, die andere dem auf- gesetzten Reis zugehörend, miteinander kopulierten. Das Ver- schmelzungsprodukt wäre dann zur Mutterzelle das Pfropfbastard- Adventivsprosses geworden" (Winkler, 22, S. 22). Nun ist aber klar, daß das Wesentliche an dieser Hypothese eigentlich weniger die Zell- als die damit verbunden gedachte Kernverschmelzung ist. Für das Zustandekommen der letzteren aber eine Verschmelzung der beiden in Rede stehenden vegetativen Zellen zu einer einzigen Zelle anzunehmen, besteht kein zwingender Grund, seitdem Nemec Kernverschmelzungen nach traumatogenen Zellkernübertritten kon- statiert hat (13, S. 568), bei denen Zellverschmelzung nicht statt- findet. Daher könnte der Vorgang der Verschmelzung verschieden elterlicher Kerne vielleicht folgendermaßen Zustandekommen. In den Wundrändern der Pfropfungssymbionten müssen wir neben toten und durch Kernaustritt stark alterierten Zellen auch solche annehmen, welche durch den wahrscheinlich erfolgten Zellsaft- (In- halts-) austritt und die dadurch hervorgerufene Erniedrigung des Turgors in ihrer Vitalität nichts eingebüßt haben und vor allem — vielleicht infolge ihrer Größe oder infolge der günstigen Lage des Kernes — noch im Besitze des letzteren sind. Beim Aufeinander- pfropfen können zwei solcher intakter Zellen der Unterlage und des Pfropfreises gerade miteinander in Berührung kommen. Da Plasma- verwandtschaft besteht, werden sie durch Ausbildung sekundärer Membranporen miteinander in Verbindung zu treten trachten und, da die Existenz von Turgordifierenzen zwischen den Zellen der Unterlage und des Pfropfreises nicht unwahrscheinlich ist, wenig- stens solange noch keine vollständige Verwachsung stattgefunden hat, kann im Momente der Fertigstellung des Membranporus der Zellkern der turgeszenteren Zelle des einen Kontrahenten zusammen mit einem Teile des übrigen Zellinhaltes in die weniger turgeszente des anderen Teiles hinübergepreßt werden, um später mit dem zell- eigenen Kern zu verschmelzen. Daß die Vorbedingungen für einen derartigen Verlauf nicht gerade häufig eintreten dürften, ist klar und würde mit dem seltenen Auftreten von Bastarden unter zahl- reichen Pfropfungen gut zusammenstimmen. über traumatogene Zellsaft- und Kemübertritte bei Moricandia arvensis DC. 583 Nach der Entstehungsgeschichte der bisher von H. Win kl er (22, 23) erzeugten Pfropfbastarde ist allerdings der eben geschilderte Vorgang, der sich zunächst als möglich aufdrängt, wenig wahr- scheinlich, da die Winkle rschen Bastarde erst nach Dekapitierung durch die Verwachsungsstellen zwischen Basis und Reis hindurch, also nach einer Verwundung als Adventivknospe aus der Grenz- schicht entstanden sind. Es liegt daher näher, geradezu an trau- matogene Kernübertritte zwischen benachbarten heterogenen Zellen der Grenzstreifen zu denken. Nach dieser Auffassung wäre die Verletzung von bereits etablierten Verwachsungsschichten zwischen heterogenen Geweben das eigentliche ursächliche Moment für die Bildung von Pfropf bastarden, die demnach wohl auch durch einfache Dekapitierung von Chimaeren erhalten werden müßten. Für die Ausbildung einer rationellen, rascher zum Ziele führenden Technik der Erzeugung von Pfropfhybriden könnte even- tuell das eben Gesagte von einiger Bedeutung sein. Um eine möglichst große Zahl von traumatogenen Kernübertritten zu er- zielen und so die Wahrscheinlichkeit der Entstehung von Bastarden zu erhöhen, wäre nach den bisherigen Erfahrungen über Kern- übertritte im allgemeinen die Dekapitierung in möglichst jugend- lichem Zustand der Gewebe vorzunehmen. Auch die Richtung der Schnittführung bei der Dekapitierung wäre nicht gleichgültig usw. usw. Wenn im obigen versucht wurde, nicht nur die bisher bekannt gewordenen Kern- und Inhaltswanderungen von Zelle zu Zelle durch die Membranporen, sondern auch einige sexuelle Prozesse unter den rein physikalischen Begriff des Ausgleiches von Turgor- differenzen zu subsumieren, so bin ich mir des hypothetischen Charakters insbesondere des letzteren Versuches vollständig klar, während für die erstere Annahme sich sehr triftige Gründe an- führen ließen. Immerhin ist es nicht ausgeschlossen, daß durch genauere Untersuchungen der sexuellen Prozesse zwischen be- häuteten Zellen unter Gesichtspunkten, die sich aus den obigen Ausführungen von selbst ergeben, meine Vermutungen bestätigt werden. Dies wäre von umso größerem Interesse, als wir über die Mechanik der sexuellen Vorgänge noch so gut wie gar nichts wissen. Ein Versuch, tiefer in das Verständnis derselben einzudringen, ist daher auch dann berechtigt, wenn sich nur negative Resultate er- geben sollten. Jahrb. f. wiss. Botanik. XLVIII. B8 584 Jos. Heinr. Schweidler, Ich bin auch weit entfernt davon, anzunehmen, daß etwa nur Turgordifferenzen bei sexuellen Kernübertritten im Spiele seien, schon deshalb nicht, weil sexuelle Vereinigung und Kernwanderungen sich auch zwischen unbehäuteten Zellen abspielen, bei welchen Turgorkräfte keine derartigen Wirkungen haben können, also der Aktivität der Protoplasten resp. Zellkeine von vornherein eine größere Bedeutung eingeräumt werden muß. Aber auch bei be- häuteten Sexualzellen sind die Protoplasten nebst den Kernen zum mindesten als Regulatoren der hier rein physikalisch gedeuteten sexuellen Kernübertritte anzunehmen. IV. Physiologisches. Über die physiologische Bedeutung der Inhaltsaustritte aus den Idioblasten in Epidermiszellen läßt sich leider nichts Bestimmtes sagen. Man könnte vielleicht versucht sein, darin, daß bei Mori- candia arvensis die Inhaltsdurchpressungen in älteren, ausgewachse- nen Blättern zur Beobachtung gelangen, während Kerndurch- pressungen in Monokotylenepidermen nur zwischen jugendlichen Zellen stattfinden, eine physiologisch begründete Besonderheit dieser Pflanze zu sehen. Auf S. 568 wurde jedoch wahrscheinlich gemacht, daß auch bei Monokotylen Inhalts- und zwar insbesondere Zellsaft- übertritte nach Verwundung älterer Organe auftreten dürften, jedoch leider unsichtbar aus den dort angegebenen Gründen. Anders würde die Sache stehen, wenn sich nachweisen ließe, daß in alten Monokotylen-Organen die von mir vermuteten traumatogenen Zellsaftübertritte nicht stattfinden. Dann müßte die Tatsache, daß die Inhaltsübertritte bei Moricandia auch zwischen vollständig aus- gewachsenen Idioblasten in ebensolche Epidermiszellen erfolgen, in der Beurteilung der physiologischen Bedeutung dieses Vorganges von größerer Wichtigkeit sein. Gegenwärtig sind nur folgende Tatsachen zu beachten: Erstens, daß die Idioblasten mit ihrem charakteristischen eiweißartigen, aber im allgemeinen noch recht oberflächlich bekannten Inhalt bei dieser Pflanze in ganz exzeptionell enger Verbindung stehen mit der Epi- dermis, worüber das nähere im ersten Kapitel enthalten ist. Ein derartig enger Anschluß der Idioblasten an die Epidermis ist bis- her bei keiner anderen Crucifere nachgewiesen. Allerdings kommen sub epidermale Eiweißzellen in den Blättern zahlreicher Cruciferen vor, sie sind aber nur bei Moricandia ausschließlich subepi- dermal, während bei allen Cruciferen mit subepidermalen Myrosin- über traumatogene Zellsaft- und Kernübertritte bei Moricandia ai-vcnsis DC. 585 Zellen diese meist nur spärlich neben zahlreicheren anders lokali- sierten Mesophyll-Idioblasten auftreten. — Zweitens ist zu beachten, daß luhaltsdurchpressungen aus den Myrosinzellen nur in Epidermis- zellen hinein beobachtet wurden und nie in mit den Idioblasten doch ebenfalls oft in Berührung stehenden und durch die Schnitte ebenfalls oft primär verletzten Parenchymzellen. Aus diesen Tatsachen ist wohl die Schlußfolgerung zu ziehen, daß die Plasmaverbindungen zwischen den Eiweiß- und den Epi- dermiszellen viel leichter durchlässig oder weiter sind als zwischen den Idioblasten und den angrenzenden Parenchymzellen. Ja, man könnte sogar die Frage aufwerfen, ob nicht Plasmodesmen zwischen letzteren überhaupt fehlen. Da nun die Idioblasten Proteinstoffe im Zellsaft gelöst enthalten und da die Menge des Proteins im Laufe der Blattentwicklung entsprechend dem oft bedeutenden Wachstum der Idioblasten stark zunehmen kann, wie durch den Vergleich jugendhcher und älterer Idioblasten leicht konstatiert werden kann, so folgt daraus, daß die Zufuhr des Proteins nach den Idioblasten wahrscheinlich nur durch die Epidermiszellen erfolgt. Die Epidermiszellen sind also bei Moricandia in höherem Grade stoffleitende Elemente als sonst. Daß sie dem Stofftransport in hohem Grade angepaßt sind, hat schon Heinricher (9, S. 32) nachgewiesen, indem er auf die Existenz von Zellenzügen aus größeren und langgestreckten Epidermiszellen bei dieser Pflanze hin- weisend, als deren mutmaßliche physiologische Aufgabe den Stoff- transport erkannte und zwar speziell an den Transport von Idio- blasten-Eiweiß dachte. Die oft durch mehrere Epidermiszellen hindurchgehenden Eiweißübertritte aus den Idioblasten, wobei die Querwände der Epidermiszellen mit Leichtigkeit durchsetzt werden, zeigen die Eignung der Epidermiszellen zum Stofftransport in bestem Lichte, wenngleich hier keine normalen Vorgänge vorliegen. Immerhin dürfte aus den abnormalen Erscheinungen ein Rückschluß auf die normalen Fähigkeiten der Zellen erlaubt sein. Zu beachten ist jedoch, daß der Eiweißstoff in der Epidermis der normalen, un- verletzten Pflanze nicht als solcher transportiert werden kann, da normalerweise Eiweiß in der charakteristischen Form des Idio- blasten-Inhaltes in den Epidermiszellen nicht zu finden ist. Der Transport dürfte sich daher in Form von Spaltungsprodukten des Proteins (z. B. Amine, Glykoside usw.) vollziehen, welche selbst keine Eiweißreaktion zeigen. In welcher Weise aber die Pflanze von diesen Stoffen Gebrauch macht, welche Rolle der Proteinstoff 38* 586 Jos. Heinr. Schweidler, der Idioblasten und seine Spaltungsprodukte spielen, welche Rolle ferner dem mit dem Idioblasten-Eiweiß nach Guignard stets ver- gesellschafteten Myrosin hierbei zukommt, entzieht sich gegenwärtig noch der Beurteilung. Immerhin lassen sich folgende Gesichts- punkte aus den vorliegenden Tatsachen erschließen. Wenn wir die subepidermalen Idioblasten an die Epidermis als ein Gewebe von hoher Leitungsfähigkeit angeschlossen sehen, so ist daraus doch wohl zu schließen, daß dem idioblastischen Inhalt der Eiweiß- oder Myrosinzellen eine besondere physiologische Bedeutung zukommt, die einen derartigen engen Anschluß an ein Leitgewebe erheischt, oder, da ein solcher nicht bei allen Cruciferen vorhanden ist, wenigstens für diese Pflanze rechtfertigt. Daher vermag ich der Ansicht Spatziers — wenigstens was Moricandia betrifft, nicht zuzustimmen, welcher in dem eigentümlichen Inhaltsstoff der Cruciferen-Idiobasteu zum Teil ein Schlackenprodukt des Stoff- wechsels sieht (19, S. 39). Ich glaube vielmehr, daß das eigentümliche histologische Verhalten der Idioblasten dieser Crucifere der Epidermis gegenüber und die anscheinend zweckvolle Beziehung zwischen sub- epidermalen Idioblasten und Epidermis mit dieser Annahme sich nicht gut vereinigen läßt, und halte eine Wiederholung und Er- weiterung der Spatzi ersehen Kulturversuche unter größerer Va- riation der Lebens- und Ernährungsbedingungen und an verschie- denen Pflanzen und Organen für notwendig. Moricandia arvensis dürfte wegen der peripheren Lage und der Größe der Idioblasten, die eine leichte Beobachtung des Inhaltes gestatten, und nicht minder auch wegen des normalerweise sehr reichlichen idioblastischen Inhaltes der Myrosinzellen ein günstiges Objekt für diese Kultur- versuche abgeben, die über die physiologische Bedeutung des Idioblasteninhaltes genauere Aufklärung geben könnten. Zum Schlüsse möchte ich — jedoch gleichsam nur in Paren- these — darauf hindeuten, daß man den pathologischen Vorgang selbst, also die Zellsaftwanderung bei Verletzung von Epidermis- zellen, eventuell als Schutzmittel gegen Tierfraß auffassen könnte. Von diesem Gesichtspunkte aus wäre eventuell der Austritt von Zellsaft aus den Idioblasten resp. die denselben ermöglichenden und sichernden Einrichtungen verständlich. Es ist aber kaum wahrscheinlich, daß eines so geringfügigen Endresultates halber die Idioblasten in eine so enge Beziehung zur Epidermis gesetzt sind. Wenn wir aber diese Möglichkeit zugeben, dann würde es sich vor allem darum handeln, festzustellen, ob ein Glykosid und welches über traumatogcne Zellsaft- und Kernübertritte bei Morieandia arvensis DC. 587 in den Blättern von Morieandia arvensis vorkommt und ob das- selbe bei der Hydrolyse durch das Myrosin der Idioblasten Spal- tungsprodukte liefert, welche auf Tiere abschreckend zu wirken geeignet sind, wie z. B. das Sinigrin (myronsaures Kali), das bei der Hydrolyse Senföl entwickelt, welch letzteres z. B. von Spatzier (19, S. 37) als Schutzmittel zahlreicher Cruciferen gegen Tierfraß in Anspruch genommen wurde. In unserem Falle müßte aber das fragliche Glykosid in der Epidermis selbst lokalisiert sein, denn nur in diesem Falle vermag der Vorgang des Zellsaft- mithin des Myrosin-Austrittes aus den Idioblasten in die Epidermis als Schutz- mittel gegen die Angrifie der Tiere zu dienen. Sinigrin selbst scheint nun in den Blättern von Morieandia arvensis nicht vor- handen zu sein, wenigstens konnte ich beim Zerkauen von Blatt- stücken keinen stechenden Geschmack auf der Zunge bemerken, der nach Spatzier (19, S. 17), vom eben gebildeten Senföl her- rührend, zur Erkennung von Sinigrin bei gleichzeitiger Gegenwart von Myrosin dienen kann. Doch könnte auch ein anderes Glyko- sid mit nicht stechendem Geschmack, aber anderen spezifischen Eigenschaften eventuell denselben Zweck erfüllen. In der Tat scheint Morieandia selbst als Keimpflanze im Gegensatz zu zahl- reichen anderen Cruciferen nur wenig unter Tierfraß zu leiden. Ob dies aber mit den angedeuteten Verhältnissen zusammenhängt, ist doch wohl fraglich. Zusammenfassung. 1. Das von Heinricher zuerst beobachtete Vorkommen von Eiweiß im Zellsaft mancher Epidermiszellen der Blätter von Mori- eandia arvensis DC. ist eine pathologische Erscheinung, hervor- gerufen durch Verwundung der Epidermis. Bei Verwundung von Epidermiszellen tritt der eiweißhaltige Zellsaft und häufig (aber nicht immer) auch der Zellkern benachbarter, bei dieser Pflanze stets subepidermal gelegener und mit der Epidermis durch ver- schiedene Einrichtungen eng verbundener Myrosinzellen mit großer Gewalt und Schnelligkeit durch die vorhandenen Membranporen in die Epidermiszellen über. 2. Diese traumatogenen Zellsaft- und Kernübertritte finden stets in der Richtung gegen die verletzten Epidermiszellen statt, der Zellsaft kann hierbei durch mehrere Epidermiszellen hindurchströmen. 3. Aus der allgemeinen großen Übereinstimmung der bei Morieandia arvensis auftretenden und der von Miehe u. a. bei Monokotylen beobachteten Zellkernübertritte und aus der Tat- 588 Jos. Heinr. Schweidler, Sache, daß bei Moricandia die Zellkerne nur gelegentlich mit dem Zellsaft der Idioblasten übertreten, wird geschlossen, daß es sich nicht nur bei il/onmri^/a, sondern auch bei den Monokotylen um traumatogene Inhaltsübertritte überhaupt handelt, an welchen sich außer dem Zellkern und dem Zellsaft (letzterer bei Monokotylen vorläufig unsichtbar) höchstwahrscheinlich schlechtweg alle flüssigen und plastischen Inhaltsbestandteile (also auch das Protoplasma und Piastiden) beteiligen. 4. Die Ursache dieser Inhaltsübertritte ist zu suchen in plötz- lichen Erniedrigungen des Turgors benachbarter Zellen durch die Verwundung. Die Übertritte sind rein physikalische Ausgleichs- erscheinungen von plötzlich auftretenden Turgordiffenzen zwischen benachbarten Zellen, also keine Wundreizerscheinungen. In ihrem Auftreten und ihrer Richtung sind sie wahrscheinlich von der Weite der vorhandenen Membranporen abhängig. 5. Plötzliche einseitige Erniedrigungen des Turgors in Geweben und damit Inhaltsübertritte können wahrscheinlich experimentell auch durch einseitige Einwirkung von wasserentziehenden Lösungen und Fixiermitteln erzielt werden. Einige noch unaufgeklärte Be- obachtungen (wie z. B. Arnoldis Beobachtungen über die Ent- stehung der Hoffmeisterschen Körperchen in den Eizellen der Abietineen und Kurssanows Angaben über Pseudosexualität bei Rostpilzen) weisen darauf hin und lassen es angebracht erscheinen, unsere gebräuchlichen Fixierungsmittel auf ihre eventuelle Ver- ursachung von pathologischen Übertrittserscheinungen hin zu prüfen resp. ihre diesbezügliche Einwandfreiheit festzustellen. 6. Die traumatogenen Kernübertritte haben große Ähnlichkeit mit manchen Befruchtungsprozessen zwischen behäuteten Zellen (Oogamie, insbesondere bei Pilzen). Es wird die Möglichkeit aus- gesprochen, daß bei erblich fixierter Oogamie Turgordififerenzen zwischen den Geschlechtszellen die treibenden Kräfte sind, welche den männlichen Kern aus dem Antheridium ins Oogonium hinüber- pressen, wenn im Momente der Bildung des sekundären Membran- porus in der männlichen Zelle ein höherer Turgordruck vorhanden ist als in der weiblichen. Bei Befruchtung mit mehr oder weniger weitgehender Zellverschmelzung wäre Turgorgleichheit der kopu- lierenden Geschlechtszellen anzunehmen. 7. Traumatogene Kernübertritte spielen möglicherweise bei der Entstehung von Pfropfbastarden eine Rolle. Lundenburg, am 26. Mai 1910. über traumatogene Zellsaft- und Kernübertritte bei Moricandia arvensis DC. 589 Literatur- Verzeichnis. 1. Arnoldi, Beiträge zur Morphologie der Gymnospermen III. Flora, 1900, Bd. 87, S. 46 — 63. 2. Arnoldi, Beiträge zur Morphologie der Gymnospermen IV. Flora, 1900, Bd. 87, S. 194—204. 3. Blackman, On the fertilization, alternation and general cytology of the uredineae. Ann. of Bot., 1904, Vol. 18, p. 323—373. 4. Blackman and Fräser, Further studies on the sexuality of the uredineae. Ann. of Bot., 1906, Vol. 20, p. 35—48. 5. Christman, Sexual reproduction in the rusts. Bot. Gaz., 190.5, Vol. 39, p. 267— 274. 6. Christ man, Alternation of generation and the morphology of the spore forms in rusts. Bot. Gaz., 1907, Vol. 44, p. 81 — 101. 7. Guignard, Eecherches sur la localisation des principes actifs des cruciferes. Journ. de Bot., 1890, Vol. 4 (Separatum). 8. Haberlandt, Physiologische Pflanzenanatomie, 2. Aufl., 1896. 9. Heinricher, Die Eiweißschläuche der Cruciferen und verwandte Elemente der Rhoea- dinen-Reihe. Mitt. aus d. bot. Inst. Graz, 1886, S. 1 — 92. 10. Körnike, Über Ortsveränderungen von Zellkernen. Sitzungsber. d. niederrh. Ges. f. Natur- und Heilk., Bonn. 1901. 11. Kurssanow, Zur Sexualität der Rostpilze. Ztschr. f. Bot., 1900, 2, S. 81—93. 12. Miehe, Über Wanderungen des pflanzlichen Zellkernes. Flora, 1901, Bd. 88, S. 105 — 142. 13. Nemec, Über ungeschlechtliche Kernverschmelzungen. Ber. d. kgl. böhm. Ges. d. Wiss., Prag 1904, No. 13 (Bot. Centr., 1905, S. 568). 14. Nestler, Über die durch Wundreiz bewirkten Bewegungserscheinungen des Zellkerns und des Protoplasmas. Ber. d. Akad. d. Wiss., Wien, Abt. I, 1898, Bd. 107, S. 708 — 730. 15. Olive, Sexual cell fusions and vegetative nuclear division in the rusts. Ann. of Bot., 1908, Vol. 22, p. 331—360. 16. Schürhoff, Das Verhalten des Kerns im Wundgewebe. Beih. z. Bot. Centralbl., 1906, 19, I, S. 359 — 382. 17. Seh weidler, Die systematische Bedeutung der Eiweiß- oder Myrosinzellen der Cruciferen nebst Beiträgen zu ihrer anatomisch - physiologischen Kenntnis (Vorl. Mitt.). Ber. d. Deutsch. Bot. Ges., 1905, Bd. 23, S. 274 — 285. 18. Schweidler, Über die Eiweiß- oder Myrosinzellen der Gattung Arabis L. nebst allgemeineren Bemerkungen über Cruciferen-Idioblasten. Beih. z. Bot. Ctlbl., 1910. 19. Spatzier, Über das Auftreten und die physiologische Bedeutung des Myrosins in der Pflanze. Jahrb. f. wiss. Bot., Bd. XXV, Heft 1 (Sep.). 20. Stopes and Fujii, The nutritive relation of the surrounding tissues to the Arche- gonia in Gymnosperms. Beih. z. Bot. Centralbl., 1906, 20, I, S. 1 — 24. 21. Tangl, Zur Lehre von der Continuität des Protoplasmas im Pflanzengewebe. Sitzungsber. d. Akad. d. Wiss., Wien, I. Abt., Bd. 89. 22. Wink 1er, Über die Nachkommenschaft der /SotewMm-Pfropfbastarde und die Chro- mosomenzahlen ihrer Keimzellen. Ztschr. f. Bot., 1910, 2, S. 1 — 38. 23. Winkler, Solanum tubingense, ein echter Pfropfbastard usw. Ber. d. Deutsch. Bot. Ges., XXVI, a. 1908. 590 Jos. Heinr. Schweidler, Über traumatogene Zellsaft- und Kernübertritte usw. Figuren -Erklärung. Tafel XL In den Figuren 1 — 6 und 11 — 25 sind die Idioblasten durch leichte Tönung hervorgehoben. Fig. 1. Blattquerschnitt durch ein älteres Blatt. Die Leitbündel sind schraffiert, die auf S. 552 erwähnte eigenartige Zellgruppe punktiert (130 : 1). Fig. 2. Querschnitt durch ein junges Blatt mit der pberseitigen Epidermis (260 : 1). Fig. 3. Ebenso, jedoch mit der Epidermis der Unterseite (26 : 1). Fig. 4. Wenig älteres Blatt als in 2 und 3 im Querschnitt. Partie mit der Oberseite (260 : l). Fig. 5. Palisadenparenchym eines jungen Blattes im Flächenschnitt (260 : 1). Fig. 6. Gruppe von fünf Idioblasten. Flächenschnitt (130:1). Fig. 7 — 10. Einzelne Idioblasten in Querschnitten durch das Blatt (260:1). Fig. 11 — 19. Flächenschnitt-Ansichten von Idioblasten mit der Epidermis (130: 1). Fig. 20. Dünnwandige Verbindungsschläuche zwischen Epidermiszellen (oben) und Eiweißzellen (unten). Fig. 21 u. 22. Epidermispartien mit subepidermalen Idioblasten (130 : 1). Fig. 23 u. 24. Eiweißübertritte aus subepidermalen Idioblasten in Epidermiszellen (130: 1). Fig. 25. Flächenschnitt durch ein infolge Dichtsaat stark verlängertes, schmales Blatt mit parallel der Längsrichtung orientierten Idioblasten (50 : 1). Fig. 26. Eiweißübertritt aus einer subepidermalen Eiweißzelle (punktiert) in eine darübergelegene Epidermiszelle. In der unteren Ecke der letzteren das übergetretene Eiweiß, in der Mitte — unscharf, da in einem anderen Niveau liegend — der Zellkern der Epidermiszelle (K). Fig. 27. Eiweiß- und Zellkernübertritt. In der rechten unteren Ecke der über- getretene Idioblastenzellkern (etwas eingeschnürt, tiefschwarz) mitten in der ebenfalls aus dem Idioblasten stammenden Proteinsubstanz. Der zelleigene Kern der Epidermiszelle etwas rechts von deren Mitte als schwacher Schatten angedeutet. Fig. 28. Zellkernübertritt. Durchgetretener Idioblastenkern (unten links) und Epidermiszellkern (etwas über der Mitte der Epidermiszelle) fast in demselben Niveau liegend, daher annähernd gleich scharf. Die eiförmig längliche Kontur des subepidermalen Idioblasten an der linken unteren Ecke der Epidermiszelle deutlich zu sehen. Fig. 26 — 28 sind Mikrophotogramme mit der Vergrößerung 240: 1. JaMj. fniBotamk, Bd.XLVIII. J.H.Schweiäler qez. icphot. Taf.XI. 28. lithAnsf^ EAFunkeLeipz!4 Beiträge zur Physiologie der Hypocrea rufa (Pers.). Von Marc Medisch. Einleitung. Aus der Gartenerde (vom Schloßpark in Heidelberg) wurde von mir im Frühjahr ein Pilz isoliert, welcher als Untersuchungs- objekt in der vorliegenden Arbeit diente. Herr Pr. Saccardo hatte die Güte, den Pilz zu identifizieren, wofür ihm auch an dieser Stelle der beste Dank ausgesprochen sei, und hat ihn als Konidien- form von Hypocrea rufa (Fers.) -Trychodenna viride erkannt. Die Beschreibung und Abbildungen von Hypocrea rufa findet man in Tulasne, Carpologia, T. III, S. 30, Brefeld, Untersuchungen, Heft 10, S. 190, Taf. V, 56—57, Engler, Nat. Pflanzenfam., Teil I, S. 364, Rabenhorst, Kryptogamenflora 1, 2, S. 134. Es war längst bekannt, daß bei Hypocrea rufa die Färbung der Konidien eine wechselnde ist, indem grün und gelb gefärbte Konidien vorkommen. T. Milburn ') untersuchte die Bedingungen dieser Änderung der Farbe und kam zum Schlüsse, daß sie durch die saure (grüne Konidien) und alkalische (gelbe Konidien) Re- aktion des Nährbodens bedingt wird. Bei etwas anderen Bedingungen als bei Milburn, und zwar in den Flüssigkeitskulturen mit Nitraten als N- Quelle konnte ich mich vielfach von der Richtigkeit seiner Beobachtung überzeugen; bei dieser N-Quelle wurde die Nährlösung von Hypocrea allmählich alkalisch, und oft war (besonders schön bei Rh NO;',) die Bildung von rein gelben Konidien zu beobachten, während bei saurer Reaktion die Konidien immer grün waren. Als ich aber den Versuch von Milburn wiederholte, bei dem er besonders prächtige Färbung der Konidien beobachtete (kolorierte Taf. C in seiner Arbeit), so konnte ich nur eine spärliche Bildung von gelblichen Konidien erhalten. Auch auf Mohrrüben erzielte ich 1) Centralbl. f. Bakter., 1904, 2. Abt., 13, S. 129. 38** 592 Marc Medisch, nur grünlich-gelbliche Kulturen, während er auf diesem Substrat rein gelbe beobachtete. Diese kleinen Abweichungen in dem Verhalten deuten wahrscheinlich darauf hin, daß wir doch nicht völlig physio- logisch identische Pilze vor uns hatten; es wurden schon oft bei besser untersuchten Pilzen solche „physiologischen Rassen" be- obachtet. Es wird in der vorliegenden Arbeit berichtet über: 1. Die Farbstoff bildung in den Nährlösungen. 2. Die Wirkung der N -Verbindungen auf die Farbstoff bildung. 3. Die Abhängigkeit der Farbstoffbildung von Sauerstoff. 4. Das Verhalten des Pilzes mit Ammonsalzen, Nitraten und Nitriten als N- Quelle. .5. Das Verhalten in N- freien und N- armen Nährlösungen. Die Arbeit wurde im botanischen Institut der Universität Heidelberg ausgeführt und es ist mir Bedürfnis, Herrn Professor G. Kleb 8 an dieser Stelle für vielfache Anregung und Ratschläge meinen aufrichtigen Dank auszusprechen. Für die liebenswürdige Einführung in die Methode der Stickstoffbestimmung spreche ich seiner Assistentin Frl. G. Wiegand den besten Dank aus. Kapitel I. Die Farbstoffbildung in den Nälirlösungen. In einer Kultur von Hypocrea auf 2-proz. Glykoselösung in Leitungswasser (keine anderen Nährstoffe wurden zugefügt) fiel mir eine intensive gelbe Färbung auf, welche die Kulturflüssigkeit etwa am 4. Tage nach der Impfung annahm; dabei färbte sich nur die Nährlösung, das Mycel aber blieb vollständig farblos. Dagegen wurde in den Kulturen auf 2-proz. Glykoselösung -|-KHo PO 4 0,2 7o + MgS04 0,2Vo + NH4N03 0,15 7o keine Spur von Färbung der Kulturflüssigkeit beobachtet. Auch in den Lösungen von Glykose in destilliertem Wasser entwickelte sich der Pilz nicht allzu schlecht und bildete eine dünne, aber doch zusammenhängende Mycelscheibe, während die Nährflüssigkeit wieder die gelbliche Färbung annahm. Die in dieser Arbeit gebrauchte Glykose von Merck mit der Eti- kette „purissimum" hat bei der Verbrennung 0,05 7o Asche ge- liefert; außerdem wurden in 10 g Glykose nach der Kjeldahlschen Methode 1,7 mg Stickstoff gefunden. Es ist anzunehmen, daß der Pilz die für seine Ernährung unentbehrlichen Elemente aus Aschen- bestandteilen der Glykose wie auch aus den Ausscheidungen der Glaswände zu gewinnen vermag; was den Stickstoff anbetrifft, so ist Beiträge zur Physiologie von Hypocrea rufa (Pers.). 693 hier zu bemerken, daß in „N- freien Kulturen" von Hypocrea (d. h. in Kulturen ohne Zusatz von N -Verbindungen) immer eine kleine Anreicherung an Stickstoff sich feststellen ließ. Ob es sich dabei um eine Assimilation von freiem N handelt, wird an anderer Stelle dieser Arbeit auseinandergesetzt werden; hier genügt es, hervor- zuheben, daß das Weglassen von N- Verbindungen aus der Nähr- lösung nicht nur die Farbstoffbildung keineswegs stört, sondern in den meisten Fällen eine der wichtigsten Bedingungen dafür darstellt. Da in Gegenwart von KH0PO4, MgSOj und NH4NO3 die Färbung der Nährlösung gänzlich fehlte, so stellte sich die Frage ein, durch welches von diesen Salzen die Färbung verhindert wird. Um diese Frage zu beantworten, wurden zunächst die Kul- turen je mit einem von den obigen Salzen angestellt. Glykose wurde für diese Kulturen in Konzentr. von 1,5% genommen, weil diese Konzentration sich als besonders günstig für die Farbstoff- bildung erwiesen hat (bei 4 — 5-proz. Glykose bildete sich eine nur sehr schwache Färbung). Tabelle 1. 1,5 7o Glytose in destill. Wasser = a. Nährlösung Färbung am 5. Tg. Färbung am 8. Tg. Färbung am 10. Tg. a + KHjPO, 0,257o gelblich-grünlich gelblich — a-|- „ 0,5 „ — gelblich-grünlich gelb . a+ ,, 1 „ grünlich grünlich-gelblich gelb a + MgSO, 0,25 7o gelb gelb gelb-orange a+ n 0,5 „ gelb-orange orange orange-braun a+ „ 1 „ gelb gelb-orange orange a-i-NH,N03 0,25% farblos — farblos a+ „ 0,5 „ farblos — farblos a+ „ 1 „ farblos — farblos Es war klar, daß das Ausbleiben der Färbung in den Kulturen mit diesen drei Salzen ausschließUch durch die Gegenwart von NH1NO3 bedingt wurde; anderseits zeigte der Versuch, daß ein Zusatz von KH2PO4 und besonders von MgSOi die Bildung des Farbstoffes merklich beschleunigte. Es fragt sich nun, tritt diese Beschleunigung auch dann ein, wenn man die beiden Salze zusammen dem Pilz darbietet? Aus einer Reihe der Kulturen mit verschie- denen Kombinationen von KH2PO4 und MgSOd ließ es sich er- kennen, daß die gleichzeitige Darbietung dieser Salze keine Vorteile 594 Marc Medisch, für die Farbstoffbildung darstellt; denn alle Kulturen waren merk- lich schwächer gefärbt als diejenige mit MgSOi in der Tabelle 1. Der Einfluß von MgSOi. das die Farbstoffbildung bei Hypocrea auffällig beschleunigt, schien deshalb interessant, weil schon vielfach darauf hingewiesen wurde, daß bei vielen farbstoffbildenden Spalt- pilzen diese Erscheinung von den Mineralbestandteilen der Nähr- lösung und besonders von Mg abhängig ist. Nach Thumm^) bilden Bac. pyocijaneus und Bac. viridis ohne Mg keinen Farbstoff. Bei einer Reihe von fluoreszierenden Bakterien beobachtete er in Ab- wesenheit von Mg eine Herabsetzung der Farbstoffbildung. Kuntze-) fand, daß bei Bac. prodigiosus für die Farbstoff- bildung Mg und S unentbehrlich sind. Nach Beneckes ^) Unter- suchungen steht fest, daß für die Bakterien Mg, K, S und P unentbehrlich sind, aber für die Farbstofl'bildung der Bac. fluores- cens liquefaciens und Bac. loyocijaneus eine größere Menge von Mg erforderlich ist als für das Wachstum. Auch die Pigmentbildung der Hefen soll nach Kossowitsch*) von Mg abhängig sein. Um nun die Wirkung von Mg auf die Farbstoffbildung der Hypocrea näher zu untersuchen, benutzte ich MgCl-; denn es war nicht aus- geschlossen, daß in den obigen Versuchen mit S04Mg auch Schwefel eine Rolle spielen konnte. Aus zahlreichen Versuchen, welche mit der Lösung a + MgCP 0,1%, 0,25%, 0,5%, 0,75%, 1 7o, 2%, 3%, 4%, 5% angestellt wurden, trat immer hervor, daß dieses Salz bei mittleren Konzentrationen (0,5 — 2%) die Farbstoffbildung ganz auffällig begünstigt: einige Tage nach der Impfung nahm die Nährlösung a mit MgCP eine intensive orange -rote Färbung an (etwa 101 nach „Code")^); die rote Nuance war hier merklich stärker ausgeprägt, als in den Kulturen mit MgSO^; das Mycel dieser Kulturen, wie auch der vorigen blieb farblos; erst bei längerem Stehen nahm es eine gelbliche Färbung an. Es wurde in den Kulturen auf Agar oder Gelatin, welche mit Pflaumensaft oder Glykose und Nährsalzen versehen waren, nie eine Färbung des Substrats wahrgenommen, ebenso auf Agar -|- 1,5 Vo Glykose; durch einen Zusatz von MgCP (0,5 — 1%) zu solchen Kulturen (Agar 1) Arbeiten aus dem bakter. Institut der techn. Hochschule in Karlsruhe, Bd. I, 1895, S. 291. 2) Ztschr. f. Hygiene, 1900, S. 169. 3) Bot. Zeitg., 1907, Abt. I, S. 1. 4) Ztschr. f. d. landwirtsch. Versuchsw. in Österreich, Bd. VI, 1903, S. 27. 5) Code des couleurs. P. Klingksieck et Valette, Paris 1908. Beiträge zur Physiologie von Hypocrea rufa (Pers.). 595 -[-1,5 Vo Glykose) wurde eine intensiv orange Färbung hervorgerufen. Bei den Versuchen aber, welche mit anderen Verbindungen an- gestellt wurden, stellte es sich bald heraus, daß zwar die Mg -Salze (besonders MgCl") die Farbstoff bildung von Hypocrea am besten zu begünstigen pflegen, daß aber andere Salze eine ähnliche, ob- gleich schwächere Beschleunigung der Farbstoft'bildung auszuüben vermögen, so daß man annehmen mußte, daß es sich hier nicht um eine spezifische Einwirkung des einen oder des anderen Ele- mentes, sondern vielmehr um eine Beeinflussung des Vorganges der Farbstoffbildung durch die Gegenwart von verschiedenen Salzen handelt. In folgender Tabelle sind die Resultate mit verschiedenen Salzen zusammengestellt. Da bei den früheren orientierenden Ver- suchen die Zeit des Auftretens der Färbung und ihre Intensität von der Konzentration des betreffenden Salzes abhängig zu sein schienen, so wurden jetzt die Salze in isomolekularen Lösungen angewendet, so daß die Tabelle gleichzeitig zeigt, wie die Farbstoff- bildung durch, den osmotischen Druck beeinflußt wird. Es wurde auch zusammen mit diesen Kulturen eine ent- sprechende Serie mit NH4CI angestellt: keine Kultur zeigte irgend- welche Färbung; die Einwirkung der N- Verbindungen auf die Farb- stoffbildung von Hypocrea wird später besonders besprochen. Es ist aus der Tabelle ersichtlich, daß alle Farbennuancen, welche bei Hypocrea in den Nährlösungen vorkommen^): grün, gelb, orange -rot mit Übergängen mehr oder weniger deutlich bei allen geprüften Salzen vorkommen. Gewöhnlich fing die Färbung mit grün, gelb -grün oder gelblich an, dann ging sie mehr oder weniger rasch (verschieden bei verschiedenen Salzen, sehr rasch bei MgCP und bedeutend langsamer bei anderen) in gelb, gelb- orange und orange über. Die erscheinenden Farbennuancen wurden 21 Tage täglich nach dem „Code" notiert, und dabei fiel es auf, daß oft die Färbungen einer und derselben Kultur gewissen Schwankungen unterworfen waren, indem z. B. eine orange gefärbte Kultur manchmal den nächsten Tag gelb erschien, dann wieder orange usw. (es sei hier bemerkt, daß die Kulturen, welche solche Schwankungen aufwiesen, ganz bakterienfrei waren). Was nun den osmotischen Druck anbetrifft, so ließ es sich erkennen, daß die intensiven Färbungen nur in gewissen isomolekularen Lösungen der 1) Es sind nach dem „Code": 291, 201, 156, 126, 101. 596 Marc Medisch, Tabelle Lös. a=l,5% Glykose in Nährlösung Färbung am 4. Tage Färbung am 5. Tage Lös a schwach gelblich gelblich a + KCl 1 Mol 0 0 a + n 0,5 „ 0 0 a + n 0,25 „ 0 0 a + n 0,125 „ 0 0 a-f- n 0,1 ,1 gelblich-grünlich gelb a + n 0,05 „ gelb-grün — a + n 0,025 „ schwach gelblich — a-f- NaCl 1 Mol 0 0 a + n 0,5 „ 0 0 a + )) 0,25 „ 0 0 a + n 0,125 „ gelblich-grünlich gelblich a + n 0,1 „ grünlich gelb a + n 0,05 „ 0 grünlich-gelb a4- n 0,025 „ 0 0 a + MgCl^ 1 Mol 0 0 a + n 0,5 „ gelblich gelb a-}- „ 0,25 „ 0 gelblich a + n 0,125 „ grünlich deutlich orange a + n 0,1 „ 0 gelb-orange a + n 0,05 „ grünlich gelb-orange a + 11 0,025 „ grün gelb a + CaCl" 1 Mol 0 0 a + n 0,5 „ 0 0 a + n 0,25 „ 0 0 a + n 0,125 „ grünlich gelb-orange a + n 0,1 „ 0 gelblich-grün a + ti 0,05 „ grünlich grünlich-gelb a + n 0,025 „ 0 0 a + KCIO' 0,25 Mol 0 schwach grünlich a + n 0,125 „ grün — a + 1) 0,1 „ grün grün-gelblich a + 11 0,05 „ 0 grün-gelblich a + n 0,025 „ 0 0 betreffenden Salze auftraten (0,05—0,125 Mol.); bei den höheren Konzentrationen, bei welchen noch das Wachstum ziemlich gut vor sich ging, war die Färbung merkhch abgeschwächt oder blieb ganz Beiträge zur Physiologie der Hypocrea nifa (Pers.). 597 2. dest. "Wasser. Thermostat 25 ". Färbung Färbung Färbung Färbung am 6. Tage am 15. Tage am 30. Tage am 45. Tage 0 0 gelblich weniger gewachsen 0 gelblich — — gelblich gelb — — gelb — — — gelb-orange — — orange-braun gelb-orange — — orange-braun — gelblich — — 0 0 0 0 verkümmert 0 0 0 0 zieml. entwickelt grünlich-gelb gelb gelb — gelb — gelb-orange orange-braun gelb-orange — — orange — gelb gelb-orange orange gelblich gelb — — gelblich — — — wenig gewachsen schwach gelb-orange — — — schwach gelb-orange — — stark orange orange-rot — orange orange orange- rot — orange orange deutlich orange — orange gelb-orange — — — 0 0 0 0 (kein Wachstum) 0 0 0 0 kaum gewachsen 0 0 0 0 wenig gewachsen orange — — — gelb-orange orange — — gelb gelb-orange — — gelblich — — — grün grün-gelblich — gelblich — gelb gelb-orange — — gelb orange — — gelb-orange orange — grünlich grünlich-gelb gelb-orange orange aus; ebenso erschienen die Färbungen schwächer bei niederen Kon- zentrationen. Andererseits muß es hier hervorgehoben werden, daß man schon bei viel geringeren Konzentrationen als diejenige der 598 Marc Medisch, Tab. 2, eine merkliche Beschleunigung der Färbung wahrnehmen kann: z. B. in den Kulturen, welche 0,001 7o MgCP oder KCl in a- Lösung enthielten, war die Färbung noch deutlich stärker, als in der bloßen a- Lösung. Aus diesen Versuchen, wie auch aus den vorigen trat hervor, daß die Wirkung eines Salzes oft in keiner Beziehung zu dem Nährwert dieses Salzes für die Pilze steht. Das für die Ernährung der Pilze unentbehrliche Mg, welches, wie hin- gewiesen wurde, eine besondere Rolle für die Farbstoffbildung spielt, hat sich auch für Hyjwcrea in dieser Hinsicht am wirksamsten er- wiesen, aber Ca steht in dieser Beziehung dem Mg nicht viel nach; und ihm kommt kaum ein Nährwert für die Pilze zu^). Auch üben KCl und NaCl einen fast gleichen Einfluß auf die Färbung aus; ja sogar öfter wiesen die NaCl-Kulturen eine intensivere Färbung auf, als die entsprechenden KCl - Kulturen , obwohl es noch sehr fraglich ist, ob Na irgend welchen Nährwert für die Pilze besitzt, während K bekanntlich ganz unentbehrlich ist^). Obgleich Hypocrea, wie auch andere Schimmelpilze KCIO3"'') ohne besondere Schädigung ertragen kann, so bemerkt man doch, daß der Pilz mit diesem Salz merklich schlechter wächst, als mit der entsprechenden Menge von KCl. Trotzdem fällt die Färbung der KCl O3 - Kulturen inten- siver aus als diejenige der KCl -Kulturen. Aus dem Verhalten des Pilzes mit N -Verbindungen wird noch deutlicher die Verschie- denheit der Bedingungen, welche das Wachstum und die Farbstoff- bildung zu begünstigen, resp. zu verhindern pflegen, hervortreten. Kap. 2. Die Wirkung der N- Verbindungen auf die FarbstofTbiidung. Alle N -Verbindungen, um welche es sich hier handelt, stellen eine mehr oder weniger gute N-Quelle für Hypocrea dar, so daß in ihrer Gegenwart ohne Ausnahme das Wachstum des Pilzes begünstigt war. Dagegen war die Farbstoffbildung meistens abgeschwächt, verspätet oder ganz beseitigt; nur in einem einzigen Fall, wie wir sehen werden, bei ganz speziellen Bedingungen wird die Farbstoff- bildung durch die Gegenwart von N- Verbindungen stark beschleunigt. In folgender Tab. sind die Resultate der Kulturen mit N- Ver- bindungen zusammengestellt : 1) Lafar, Techn. Mykologie, I, S. 390, 2. Aufl. 2) Lafar, Techn. Mykologie, I, S. 385/86. 3) Manassein in Wiesner, Untersuch. 1872 (zit. n. Loew, Syst. d. Giftwirk.). Beiträge zur Physiologie der Hypocrea nifa (Pers.)- 599 Tabelle 3. Temperatur 25 ". Nährlösung Färbung am 4. Tage Färbung am 10. Tage Färbung am 30. Tage a- Lösung = 1,5 "/o Grlyk. in dest. "Wasser schwach gelbl. gelblich — a+ NH^Cl 0,5 °/o 0 0 0 1 ,, 0 0 0 a + NH.NOj 0,5 „ 0 0 0 1 0 0 0 a-l-(NH4),S0, 0,5 „ 0 0 0 1 „ 0 0 0 a + (NHJ,HPO 0,5 „ 0 0 schwach gelblich 1 V 0 0 0 & -f- Am. tart. 0,5 „ 0 schwach gelbl. — 1 V 0 schwach gelbl. — a + KNO3 <»,5 „ 0 0 sehr schw. gelbl. 1 „ 0 gelblich — a + NaNO, S04 konnte er das Auftreten der entsprechenden freien Säuren feststellen. Seitdem wurde die Frage über die Vorgänge in Pilzkulturen mit verschiedenen Ammonsalzen als N- Quelle mehr als einmal aufgenommen-). Das wesentliche Resultat für uns hier aus den Ergebnissen dieser Forscher ist, daß bei der Assimilation von Stickstoff aus Ammonsalzen durch die Pilze eine Ansammlung von entsprechenden freien Säuren statt- findet. Daß es sich bei Hypocrea in Nährlösungen mit anorg. Ammonsalzen als einzige N- Quelle um das Freiwerden von Mineral- säuren handelt, leuchtet auch aus dem Verhalten des Pilzes in der Rohrzuckerlösung ein. Die ersten Kulturen von Hypocrea in den Rohrzuckerlösungen wurden mit NH1NO3 als N- Quelle angestellt; sie wuchsen ganz gut und lieferten gute Ernten. Bei den Versuchen, ■den Pilz in Rohrzuckerlösung mit anderen N-Quellen zu kultivieren, stellte es sich aber bald heraus, daß Hypocrea unfähig ist, Rohr- zucker zu invertieren. Wenn man aber ihr N in Form von Ammonsalz einer starken Mineralsäure darbietet, so wird die freiwerdende 1) Comptes rendus de l'academie des scienoes 1896, p. 948. — Bulletin de Sc. chim. de Paris 1896, 3. Ser., S. 614. 2) Butkewitsch, .Jahrb. f. wiss. Bot., 1903, S. 147; Nikitinsky, Jahrb. f. wiss. Bot., 1904, Bd. XL, S. 1; Kohn u. Czapek, Hofmeist. Beitr. z. clieni. Physiol. u. Path., 1906, S. 302. 604 Marc Medisch. Mineralsäure die Hydrolyse des Rohrzuckers vollzielien und ihn so dem Pilze zugänglich machen. So z. B. konnte Hypocrea sich nicht in einer Rohrzuckerlösung entwickeln, wenn ihr Stickstoff als KNO3 zur Verfügung stand. Zwei Wochen nach der Impfung reduzierte die Kulturflüssigkeit solcher Kulturen nicht die Fehlingsche Lösung; auch mit organischen Ammonsalzen und Rohrzucker war kein Wachstum zu verzeichnen, und Rohrzucker blieb wieder uninvertiert. Solche Ammonsalze wie Ammonium tartrat, -citrat, -malat und -oxalat sind als C- Quelle für Hy])Ocrea auch dann untauglich, wenn man dem Pilz gleichzeitig eine andere N- Quelle darbietet. Dagegen gedieh mit NH4CI als einzige N- Quelle Hypocrea ebenso gut, vde mit NH4NO8, und in beiden Fällen reduzierte die Nährflüssigkeit die Fehlingsche Lösung schon am 4. Tage. Fügt man aber zu einer Kultur in Rohrzuckerlösung mit NHiCl oder NHiNO« vor der Impfung etwas im Überschuß CaC O3 - Pulver, um eine Anhäufung von freien Mineralsäuren durch rechtzeitige Neutralisation zu ver- hindern, so unterbleibt die Invertierung des Rohrzuckers sowie auch das Wachstum des Pilzes in solchen Kulturen. In folgender Tabelle sind die Ergebnisse einiger Kulturen in Rohrzuckerlösung mit denen in den entsprechenden Kulturen mit Glykose zusammengestellt: Tabelle 7. KHoPO, 0,2 ";„ + MgSO^ 0,05 7o=2S. Temperatur 25". Dauer 15 Tage. Trocken- Reduktion d. C- Quelle N- Quelle Volum gewicht Fehlingschen ccm mg Lösung 1. 0,25 Mol Sacch. + 2 S + KNO3 0,1 Mol 25 0 0 2. 0,25 „ Glyk. +2S + V 0,1 „ 25 153 3. 0,25 „ Sacch. + 2 S + NH,N03 0,1 „ 50 318 + ■ 4. 0,25 „ Glyk. -|- 2 S -t- „ 0,1 „ 50 • 207 5. 0,25 „ Sacch. + 28 + NH.NOa — CaCOj 50 0 0 6. 0,25 „ Glyk. + 2 S + „ - « 50 504 7. 0,25 „ Sacch. + 2 S + Am tart. 0,1 Mol 50 0 0 8. 0,25 „ Glyk. +28 4- « 0,1 „ 50 643 Schon die Tatsache, daß Hypocrea rufa keine Invertase besitzt, hat ein gewisses Interesse; denn die Fähigkeit Rohrzucker zu ver- arbeiten, gehört bekanntlich zu den verbreitetsten Eigenschaften der Organismen. Aber zurzeit sind schon eine Reihe von Bakterien und einige Pilze bekannt geworden, welche Rohrzucker zu verarbeiten Beiträge zur Physiologie der Hypocrea rnfa (Pers.). 605 unfähig sind^). Auffallend ist auch, wie Hypoerea mit Hilfe der frei werdenden Säure sich Saccharose zugänglich zu machen vermag. Es ist aber wahrscheinlich, daß auch andere Pilze, welche keine Invertase besitzen und N aus den anorg. Ammonsalzen zu gewinnen vermögen, in Gegenwart von Ammonsalzen der starken Mineralsäuren in Rohrzuckerlösungen gedeihen, indem dieses durch die befreite Säure invertiert wird. Man findet z. B. bei B utke witsch^), daß Rhizopus nigricans, welcher auch Rohrzucker zu invertieren unfähig ist, ihn ebenso durch die aus den Ammonsalzen befreiten Säuren zu verarbeiten vermag. Wir haben die Versuche mit Saccharose an dieser Stelle deshalb angeführt, weil sie deutlich zeigen, daß auch in Hijpocrea-K.nMviVQXi mit Ammonsalzen als N- Quelle die entsprechenden freien Säuren entstehen. Es ist nun zweifellos, daß diesen Säuren in der Wirkung der Ammonsalze auf die Farbstoff- bildung eine große Rolle zukommt; denn es läßt sich nachweisen, daß die Färbung der a- Lösung ohne Zusatz von Salzen oder mit Salzen, die die Farbstoffbildung befördern, durch die Zugabe von geringen Mengen der Säuren mehr oder weniger stark beeinflußt, ja ganz beseitigt werden kann. In folgender Tab. sind die Resultate der Kulturen mit kleinen Mengen von verschiedenen Säuren an- gegeben : Tabelle 8. Nährlösung Färbung am 10. Tag Färbung am 20. Tag Färbung am 30. Tag a = a + a + a + a + a + a + a + a + 1,5 "/o Glykose in dest. Wasser HCl 0,01 "U „ 0,005 „ 0,001 „ HNO, 0,01 „ 0,005 „ 0,001 H,SO, 0,01 „ 0,005 „ 0,001 H3PO4 0,01 „ 0,005 „ 0,001 gelblich 0 0 grünlich 0 0 0 0 0 0 i'iinlich-gelb grünlich grünlich schwach gelb 0 0 grün-gelblich 0 0 0 0 0 schw. grünlich grünlich-gelb gelblich grün-gelb 0 (wenig entw.) 0 (besser entw.) gelblich 0 (kaum gew.) 0 (kaum gew.) 0 (besser entw.) 0 schwach grünlich grün-gelb gelb gelblich gelb 1) Näheres darüber findet man bei Czapek, Biochemie der Pfl., I, S. 275 — 276. 2) Jahrb. f. wiss. Bot., 1903, S. 147. 606 Marc Medisch, Fortsetzung der Tabelle 8. Nährlösung Färbung Färbung Färbung am 10. Tag am 20. Tag am 30. Tag a4- Oxalsäure 0,01 "U 0 0 0 a + V 0,005 „ 0 0 0 a -|- Citronensäure 0,01 „ grünlich grün grün-gelb a+ „ 0,01 „ grün grün-gelb gelblich a + Weinsäure 0,25 „ grünlich grünlich-gelb gelb a-h „ 0,1 „ grünlich grün-gelb gelb a+ „ 0,05 „ grünl.-gelbl. gelblich gelb a + MgCl, 0,05 Mol orange orange orange a + MgCl' 0,05 „ +0,005 X HCl 0 0 0 a + „ 0,05 „ -f 0,005 „ NO3H 0 0 0 a+ „ 0,05 „ +0,001 „ HCl gelb gelb-orange orange-braun a+ „ 0,05 „ +0,001 . HNO3 0 0 schw. gelblich Es ist also lür sehr kleine Mengen der starken Säuren oder für etwas stärkere Konzentrationen der schwachen die grünliche Nuance charakteristisch, welche hier ziemlich lange dauert. Die gleiche grüne Färbung wird auch durch die sauer reagierenden Salze hervorgerufen, z. B. in den sonst gleichen Kulturen mit saurem KH0PO4 und K0HPO4. Bei Gegenwart von KH0PO4 bleiben die Kulturen 5 — 6 Tage grün, während mit K2HPO4 die Färbung rasch in gelb -gelb -orange übergeht. Die bleibende grüne Färbung ist also für die Nährlösungen charakteristisch, welche wenig H- Jonen enthalten, eine größere Menge derselben verhindert völhgdie Färbung. Was geschieht nun in der Kultur, wo KClO.s und NH4NO3 (oder ein anderes Ammonsalz von einer starken Mineralsäure) sich gleichzeitig befinden? Bei Assimilation von N entsteht in solcher Kultur die freie NOhH (oder eine andere starke Mineralsäure). Dadurch wird aus dem KClO.f ein Teil von HCIO3 in Freiheit gesetzt, so daß hier nicht die Säure aus dem Ammonsalz, sondern die freie HCIO;^ zur Anhäufung kommt. Es handelt sich dabei natürlich um sehr kleine Mengen von Chlorsäure, denn die Ent- wickelung solcher Kulturen ist eine sehr geringe. Desto interessanter ist, daß solche Kulturen eine sehr intensive Färbung annehmen; das deutet daiauf hin, daß die stark oxydierenden Substanzen, wie HCIO3 die Farbstoff bildung begünstigen. Also läßt sich die Wirkung der Ammonsalze von starken Mineralsäuren auf die Wirkung der entsprechenden Säuren zurück- führen. Wie die Tabellen 3 und 4 zeigen, vermögen auch andere Beiträge zur Physiologie der Hypocrea rufa (Pers.). 607 N -Verbindungen die Farbstoff bildung herabzusetzen oder manchmal ganz zu beseitigen, und es fragt sich, ob hier nicht auch die ent- sprechenden Stoffwechselprodukte verantwortlich sein könnten. Man sollte zunächst in den vollständigen Kulturen bei stärkerem Wachstum und dementprechend größerem N- Verbrauch auch eine stärkere Einwirkung der Stoffwechselprodukte erwarten, falls diese allein die Färbung verhindern. Aber das ist nicht der Fall, z. B. in „voll- ständigen" Nährlösungen mit organ. Ammonsalzen, mit KNOs und den anderen Nitraten, KNO2, Asparagiu und Harnstoff, wo die Kulturflüssigkeit eine gelb -braune Färbung annimmt, während in der a- Lösung mit denselben N -Verbindungen die Farbstoffbildung beeinträchtigt ist. Daher ist man zur Annahme gedrängt, daß auch eine reichliche N -Assimilation für die Farbstoff bildung ungünstig ist. Es erinnert daran, daß auch die Glykose bei einer höheren Konzentration von 4—5 "/o die Farbstoff bildung beeinträchtigt, während sie das Wachstum begünstigt. Es ergibt sich daraus, daß bei sehr intensiver Ernährung und entsprechendem Wachstum die Farbstoffbildung nur in geringem Grad stattfinden kann. Kapitel 3. Die Abhängigl(eit der Farbstoffbildung von Sauerstoff. Bei den Versuchen mit verschiedenen die Farbstoffbildung befördernden Salzen fiel es immer auf, daß die sonst gleichen Kulturen bessere Resultate in bezug auf die Farbstoff bildung ergaben, wenn sie in den Kolben mit breitem Boden, in welchen die Nährlösung eine größere Oberfläche bildet, angesetzt wurden. Noch deutlicher kann man die Abhängigkeit der Farbstoffbildung vom Sauerstoff der Luft in den Kulturen in Reagenzgläsern verfolgen: dazu wurden vier Kulturen in Reagenzgläsern gemacht: 2 mit a-Lös. -\- MgCP 0,05 Mol und 2 — mit KCl 0,05 Mol; nach der Impfung wurden sie senkrecht stehen gelassen, in allen entwickelte sich das Mycel hauptsächlich an der Oberfläche und bildete hier eine dichte Mycel- scheibe, von der aber ziemlich tief in die Kulturflüssigkeit ansehnliche Mycelzweige herabhingen. Die Färbung erschien zuerst dicht unter der Oberfläche und bildete hier um die Mycelscheibe herum eine wenige mm dicke gefärbte Zone; dagegen blieb tiefer um die herab- hängenden Mycelzweige herum die Kulturflüssigkeit lange farblos, bis der an der Oberfläche gebildeteFarbstoff langsam herabdiffundierte und auch hier die Nährlösung färbte. In dem luftleeren Raum bildet sich kein Farbstoff. 3 Kulturen mit a-Lösung + MgCl- 0,25 Mol resp. KCl 0,05 Mol resp. KCIO, 0,05 Mol 608 Marc Medisch, wurden drei Tage wachsen gelassen und dann in den luftleeren Raum gebracht; nach 14 Tagen waren alle drei ganz farblos. Da die Farbstofifbildung von Hypocrea in so engen Beziehungen zum Sauerstoff der Luft zu stehen scheint, so liegt es nahe, anzunehmen, daß die Farbstoffbildung von Hypocrea ein Oxydationsvorgang ist. Diese Annahme findet ihre Unterstützung darin, daß, wie wir sahen, die oxydierenden Substanzen wie KCIO3 besonders unter Bedin- gungen, in denen aus diesem Salz HClOy ins Freie gesetzt wurde, die Farbstoff bildung stark beschleunigen; andererseits läßt es sich nachweisen, daß eine reduzierende Substanz wie Na2S03 (0,25%) die Färbung der a- Lösung sowie auch der a- Lösung -|- MgCF 0,05 Mol gänzlich verhindert. Eine reduzierende Substanz wie NaHSOo (Natriumhydrosulfit) vermag auch die gefärbte Kulturflüssigkeit von Hypocrea zu entfärben, ebenso wie Indigoblaulösung. Während diese nach Zutritt von Luft wieder blau wird, bleibt die Kultur- flüssigkeit von Hypocrea auch nach Schütteln mit Luft farblos. Die reduzierenden Bakterien aus dem faulenden Erbsenwasser vermögen die gefärbte i?^/2?ocre«-Kulturlösung nur teilweise zu ent- färben. Die orange oder gelb- orange gefärbte Kulturflüssigkeit (ohne Pilzmycel) wird in Gegenwart von solchen Bakterien reiner gelb. Auch in den bakterienfreien Kulturen von Hypocrea beob- achtet man Schwankungen der Färbung, indem gestern orange gefärbte Kulturen heute mehr gelb erscheinen, dann kann man wieder eine orange Nuance bemerken usw. In der folgenden Tabelle sind solche Farbenschwankungen der zwei MgCl''- Kulturen, in welchen sie besonders gut ausgeprägt zu sein pflegen, in den Zahlen des „Code" angegeben: 1,5 7o Glykose in dest. Wasser + MgCl, 0,05 Mol. Dunkelzimmer, Temperatur 20 ". Färb. Färb. Färb. Färb. Färb. Färb. Färb. Färb. Färb. Färb. am am am am am am am am am am 6. Tag 7. Tag 8. Tag 9. Tag 10. Tag 11. Tag 12. Tag 13. Tag U.Tag 15. Tag 1 136 126 156 151 131 126 126 126 101 101 2 136 126 156 156 156 136 136 151 101 101 Wenn man aber eine gefärbte Kulturflüssigkeit ohne Pilzmycel stehen läßt, so kann sie ihre Farbe im Dunkeln sowie am Licht monatelang behalten. Aus der Tab. 2 ersehen wir, daß alle Farben- nüancen grün, gelb und orange mit Übergängen in einer und der- Beiträge zur Physiologie der Hypocrea rufa (Pers.). 609 selben Kultur nacheinander folgen können. Betrachtet man die Farbstoff bildung von Hypocrea als einen Oxydationsvorgang, so können diese Farbennüancen als verschiedene Oxydationsstufen auf- gefaßt werden. Die Schwankungen der Farbennüancen, welche man in bakterienfreien ^^/^ocr^'a- Kulturen beobachtet, wiesen darauf hin, daß der Pilz vielleicht den in dem Farbstoff gebundenen Sauer- stoff in gewissem Maße wieder auszunützen versteht. Es wurde schon daraufhingewiesen, daß manche farbstoff bildenden Bakterien ^) mit Hilfe ihres Farbstoffes den Sauerstoff der Luft binden und dann bei Mangel an Sauerstoff ihn auszunützen fähig sind. Andere Faktoren. Die Temperatur hat keine spezifische Wirkung auf die Farb- stoffbildung; die sonst gleichen MgCl--Kulturen, welche im Ther- mostat bei 25 "^ (optimale Temperatur für das Wachstum von Hypocrea) stehen gelassen wurden, entwickelten ihre Färbungen etwas rascher, als die Kulturen, welche bei schwankender Zimmer- temperatur standen, was augenscheinlich auf die Begünstigung des Wachstums in den ersten Kulturen zurückzuführen war. Nach 1—2 Tagen erreichten auch die Kulturen bei Zimmertemperatur die Nuancen der Thermostatkulturen (die Färbungen wurden nach dem „Code" notiert). Auch das Licht hat keinen entscheidenden Einfluß auf die Farbstoff bildung. Die gleichen MgCF- Kulturen, welche im Thermostaten (25*^) an Licht und im Dunkeln standen, zeigten einen ganz übereinstimmenden Verlauf der Färbungen. Einen merkwürdigen Einfluß auf die Färbung hat ein Zusatz von CaCOs. In einer Kultur: a-Lös. + MgCP 0,05 M, zu welcher CaCOä- Pulver zugefügt wurde, fehlte die gewöhnliche Färbung gänzlich; es war kein Zufall, denn bei Wiederholung des Versuches wurde immer das Ausbleiben der Färbung beobachtet. Ganz ähnlich verhielten sich auch Kulturen in a-Lös. -j- KCl 0,1 Mol -|- CaCOs, erst bei längerem Stehen wurde hier eine sehr schwache gelbliche Färbung wahrgenommen. Bei diesen Versuchen wurde CaCOs- Pulver immer im Überschuß zugefügt, so daß der Boden des Kolbens mit einer dünnen Schicht von CaCO^ bedeckt wurde. Eine Wirkung von gelöstem Ca konnte es nicht sein, da, wie wir sahen, CaCP die Färbung beschleunigt. Ist die neutrale Reaktion, welche in 1) Ernsts Untersuchungen, niitget. v. Pfeffer. Ber. d. sächs. Ges. d. Wiss., 1896, S. 379. ßXO Marc Medisch, Gegenwart von CaCOs aufrecht erhalten wird, für die Farbstoff- bildung ungünstig? In der Tat reagierte die überwiegende Mehrzahl der gefärbten Kulturen immer deutlich sauer, aber andererseits verhinderte nicht die zuerst neutrale und dann schwach alkalische Reaktion der „vollständigen" Kulturen mit KNO;;, KNOo usw. ihre Färbung. So wie CaCO^ hat auch CaSOi -Pulver die Färbung in einer KCl -Kultur herabgesetzt. Es ließ sich aber nachweisen, daß die Substanzen wie Kieselgur, Kaolin und besonders das Pulver von Tierkohle die Färbung von a- Lösung mit MgCl- oder KCl, zu denen sie vor der Impfung zugesetzt wurden, stark herabsetzen oder ganz beseitigen. Da diese Substanzen auf den Farbstoff nur physikalisch durch Adsorption einwirken können, so ist es wahr- scheinlich, daß auch im Fall von CaCO.i oder CaSd- Pulver eine solche Wirkung durch Adsorption vorliegt. Eine interessante Eigentümlichkeit der Farbstoffbildung von Hypocrea besteht noch darin, daß ein Mycel, welches in schlechten Bedingungen für die Farbstoffbildung herangewachsen ist, lange Zeit keinen Farbstoff erzeugt, wenn es in eine dafür passende Nährlösung übertragen w^ird. Eine grolöe Mycelscheibe, welche sich in einer a- Lösung + KCl 0,1 Mol -\- NH4NOM 0,1 % entwickelt hat, natürlich ohne die Färbung der Lösung hervorzurufen, wurde nach tüchtigem Auswaschen in dest. Wasser in die Lösung a -|- KCl 0,1 übertragen; gleichzeitig wurde eine gleiche Kultur in Lös. a + KCl 0,1 mit Könidien geimpft. Nach 5 Tagen war die letztere Kultur gelb-orange, während die Kultur mit übertragenem Mycel ganz farblos blieb, obgleich ihr Mycel sich lebhaft weiter entwickelte. Es sieht so aus, als ob es sich in solchen Fällen um eine hemmende Nachwirkung des Ammonsalzes handelt. Dagegen, wenn ein Stück Mycel aus der a-Lös. -|- KCl 0,01 "/o, wo es merkliche Färbung hervorrief, in die neue a- Lösung -|- KCl 0,1 Mol übertragen wurde, so färbte sich diese schon am dritten Tag gerade so, wie in einer geimpften Kultur von gleicher Zusammensetzung. Zum Schluß sei noch erwähnt, daß außer Glykose auch andere C- Quellen in bezug auf die Farbstoff bildung geprüft wurden und zwar: Lävulose, Galaktose, Maltose, Glyzerin und Mannit. Mit allen gedieh der Pilz schlechter in N -Verbindungen freien Lösungen als in der Lösung a. Die Färbung bildete sich nur bei Lävulose und Galaktose aber bedeutend schwächer als in a-Lösung. Ein reichliches Auftreten des orange -braunen Farbstoffes wurde in den Kulturen auf Maccaroni und Reis beobachtet; intensiv färbte sich dabei das Beiträge zur Physiologie der Hypocrea ntfa (Fers.). 611 Substrat (besonders Maccaroni), das Mycel selbst blieb ganz schwach gelb gefärbt. Kapitel 4. Das Verhalten mit Ammonsalzen, Nitraten und Nitriten als N-Quelle. Die Kulturen von Hypoerea rufa mit den Ammonsalzen der starken Säuren und mit Nitraten der Alkalimetalle als N-Quelle zeigen, wie erwähnt, einen auffallend verschiedenen Verlauf. Be- trachten wir näher z. B. die Entwickelung des Pilzes in sonst gleichen Lösungen, aber mit NH^NOs und KNOa als N- Quellen: A) Glykose 0,25 Mol + 2 S ') + NH^NOh 0,1 Mol B) Glykose 0,25 Mol + 2 S -f KNO» 0,1 Mol. Nun geht in der Kultur A die Entwickelung des Pilzes in der ersten Zeit merklich rascher vor sich, als in der Kultur B. Am 3., 4. Tag bildet sein Mycel eine dicke, zusammenhängende Scheibe, welche aber in der Kulturflüssigkeit untergetaucht bleibt; mit der Zeit sinkt das Mycel noch tiefer und kommt am Boden des Kolbens zu liegen. Es entstehen in dieser Kultur keine Lufthyphen und die Konidienbildung kommt nicht zustande. Die Kulturflüssigkeit bleibt, wie früher hervorgehoben wurde, völlig farblos und reagiert infolge der Ansammlung der freien NO^H stark sauer; beim Aufmachen der Kultur verbreitet sich ein nicht unangenehmer Geruch, welcher etwa an den Apfelgeruch erinnert. In der Kultur B wächst zunächst das Mycel etwas langsamer, aber am 4,, 5. Tag erscheint es ganz mit Lufthyphen bedeckt; den nächsten Tag kommen zahlreiche, zuerst grüne Konidien zum Vorschein. Zu dieser Zeit reagiert die Nährlösung noch schwach sauer, oder neutral. Mit der Zeit wird die Kulturflüssigkeit immer deutlicher alkalisch, aber trotzdem geht die Konidienbildung gewisse Zeit vor sich und die Konidien nehmen eine gelbliche Färbung an, so daß manchmal solche Kulturen ganz mit gelben Konidien bedeckt erscheinen. Die Kulturflüssigkeit wird gelblich-braun und hat einen unangenehmen „Schimmelgeruch". Ersetzt man in der Kultur A NH4NO.S 0,1 Mol durch die entsprechende Menge von NH4CI oder (NH4)2S04, so wird dadurch das Verhalten des Pilzes keineswegs verändert: das Mycel bleibt untergetaucht und die Konidienbildung bleibt aus. Dagegen 1) 2 S = 2 Salze bedeutet immer KH.PO, 0,2 % + MgSO, 0,05 "/„ 612 Ma.!-«. Medisch, bilden sich in einer gleichen Lösung aber mit weinsaurem oder äpfel- saurem Ammon als N- Quelle zahlreiche Lufthyphen, die Konidien erscheinen einige Tage später als in der Kultur mit KNO3 (etwa am 7. oder 8. Tag). Daraus geht hervor, daß das Ausbleiben der Konidienbildung in den Kulturen mit NH4NO3, NH4CI und (NH4)oSOi und das reichliche Fruktifizieren in der KNOh- Kultur unmöglich darauf beruhen können, daß in einem Fall dem Pilz Stickstoff als Ammon, in dem anderen als Nitrat dargeboten wurde; dann müßten auch die Kulturen mit organischen Ammonsalzen steril bleiben. Der Gedanke liegt nahe, daß die freien Säuren, welche bei der Assimilation von Stickstoff aus den Ammonsalzen sich in den Pilzkulturen ansammeln, die Konidienbildung in den Kulturen mit Ammonsalzen der starken Säuren verhindern. Tanret in seiner oben zitierten Arbeit hat schon auf die Hemmung der Konidien- bildung bei Aspergillus niger in der „liquide Raulin", welche 0,5 7o und mehr NHjNO;^ oder die entsprechenden Mengen von NH4CI oder (NHiji'SOd enthielt, aufmerksam gemacht. Nabh ihm kann man die Konidienbildung bei Aspergilhis niger in solchen Lösungen ganz unterdrücken, wenn man die Kulturen einer erhöhten Temperatur (35 — 40^) aussetzt und täglich die erschöpfte Nährlösung durch eine neue ersetzt. Das geschieht bei den drei obigen Ammon- salzen, aber nicht bei Ammoniumphosphat, welches nach Tanretr „meme ä la dose de 2 g (par 100 cc) favorise singulierement la sporulation; avant la 2'^'"'^ journee les spores apparaissent etc." Als Erklärung dieser Wirkung der Amraonsalze gibt Tanret die Ansammlung der entsprechenden Säuren in der Kulturflüssigkeit an. Daß in den Kulturen von Hypocrea mit Ammonsalzen die entsprechenden freien Säuren auftreten, haben wir besonders aus dem Verhalten des Pilzes in den Rohrzuckerlösungen gesehen^); es ist nun leicht zu zeigen, daß die Hemmung der Konidienbildung von Hypocrea in Ammonsalzlösungen auf die Acidität der Nähr- lösung zurückzuführen ist. Dazu braucht man nur für eine recht- zeitige Neutralisation der entstehenden Säuren in solchen Kulturen zu sorgen und die Konidienbildung wird in ihnen ohne Verzögerung vor sich gehen. Fügt man z. B. zu einer Nährlösung mit NH4NO3 oder NH4CI vor der Impfung etwas in Überschuß CaCOs, so er- scheinen die Konidien reichlich schon am 5. — 6. Tag. Durch die 1) Siehe S. 603 — 604. Beiträge zur Physiologie der Hypocrea nifa (Pers.). 613 Einwirkimg der Säuren in solchen Nährlösungen wird nicht nur die Konidienbildung verhindert, sondern auch das Wachstum stark be- einträchtigt '). Tabelle 9. 50 ccm 0,25 Mol Glykose in dest. Wasser -|- 2 S = C. Dauer 15 Tage. Thermostat 25". Nährlösung Konidien Trocken- gewicht im Mycel Säuregehalt") in ccm von NaOH n/,o 1. C-fNH.NOs 0,1 Mol 2. C + „ 0,1 „ + CaCOg 3. C + NH,C1 0,1 „ 4. C+ „ 0,1 „ +CaC03 0 207 mg + 5. Tag 504 „ 0 241 „ + 6. Tag 470 „ 7,02% 7,2 „ 6,7 „ 7,6 „ 19,7 ccm 0 24,0 ccm 0 In den Kulturen ergaben diejenigen mit CaCOs etwa das doppelte Trockengewicht. Was die Tatsache betrifft, daß die Fruktifikation des Pilzes durch die Säure stärker beeinträchtigt war als das Wachstum, so gilt es als allgemeine Regel nach Klebs, daß alle giftigen Substanzen, zu denen auch die Säuren gehören, die Fortpflanzung der Pilze bei einer Konzentration schon verhindern, bei der das Wachstum noch möglich ist^). Dieser Unterschied zwischen vegetativem Wachstum und Fort- pflanzung bei Hypocrca ist besser ausgeprägt, als z. B. bei Asper- gillus niger in den Versuchen von Tanret. Hypocrea wächst auch bei Zimmertemperatur in der Lösung: Glykose 0,25 Mol -j- 2 S -|- NH4NO3 0,1 Mol oder mit entsprechenden Mengen von NH4CI und (NH4)2 SO4 unbeschränkte Zeit rein vegetativ. Folgende Tabelle zeigt, daß auch keine hohe Konzentration von Ammonsalzen er- forderlich ist, um die Konidienbildung zu verhindern. Man sieht aus der Tab., daß man Hyjjocrea auch mit Ammonium- phosphat in vegetativem Zustand erhalten kann, aber dazu schon eine stärkere Konzentration anwenden muß, als mit "den obigen Ammonsalzen. Es sei hier erwähnt, daß auch mit Am. Oxalat 0,05 Mol in entsprechender Nährlösung die Konidienbildung von 1) Vgl. bei Nikitinsky. Jahrb. f. wiss. Bot., 1904, Bd. XL, S. 1. 2) Säuregehalt ist immer in ccm von NaOH "/jq angegeben, welche erforderlich waren, um die ganze Menge der Nährlösung zu neutralisieren. 3) Näheres bei Klebs, Jahrb. f. wiss. Bot., 1900 S. 80. 614 Marc Medisch, Hypocrea völlig verhindert wird, während z. B. Aspergillus niger in solcher Lösung reichlich fruktifiziert. Tabelle 10. 25 ccni Glykose 0,25 Mol in (lest. Wasser -f- 2 S = C. Temperatur 25". Dauer 15 Tage. Nährlösung Menge von Amnionsalzen Konidien Säuregehalt in ccm von NaOH "/lo 1. C + NH.NOa NH.NO, 0,05 Mol 0 8,6 ccm 2. c+ „ 0,025 „ 0 5,1 „ 3. c+ „ 0,01 „ 0 4,8 „ 4. c+ „ 0,005 „ -f am S.Tag 3,2 „ 5. c+ „ 0,0025 „ -f- am ö. Tag 3,3 „ 6. c+ „ 0,00.1 „ + am G. Tag 2,1 „ 7. C -f NH.Cl NH/'I 0,05 Mol 0 10,1 ccm 8. c+ „ 0.025 „ 0 8,3 „ 9. c+ „ 0,01 „ 0 5,2 „ 10. c+ „ 0,005 „ 4- am G. Tag •^,'^ n 11. c+ „ „ 0,0025 „ -|- am 7. Tag 3,5 „ 12. c+ „ 0,001 „ -(- am 5. Tag 3,1 „ 13. C 4- (NHJ.,HPO, (NH,),HPO, 0,1 Mol 0 8,2 ccm 14. c + •',05 „ -f- am 8. Tag C,2 „ 15. c + 0,025 „ -|- am 7. Tag 5,1 „ In den oben angeführten Versuchen mit Ammonsalzen von Mineralsäuren wurde durch Zusatz von CaCOs Konidienbildung veranlaßt, infolge Neutralisation der Säuren. Es fragte sich nun, wie sich in dieser Beziehung ein Mycel verhalten wird, welches unter Einwirkung der Säure in einer Ammonsalzlösung lange rein vegetativ gewachsen war, wenn man die Kulturflüssigkeit neutralisiert. Es wurde zu 2 Kulturen in Nährlösung: Glykose 0,2 Mol -[-2 8 -\- NH4NO3 0,1, welche schon 36 Tage standen, und deren Mycel am Boden des Kolbens lag, CaCO»- Pulver zugesetzt. Schon am nächsten Tag erhoben sich in beiden Kulturen zahlreiche Lufthyphen aus der Nährlösung und es erschienen die ersten Konidien. Am 2. Tag nach der Neutralisation waren beide Kulturen reichlich mit Konidien bedeckt. 4 Tage nach der Zugabe von CaC O.s wurden in den Kulturen die Trockengewichte bestimmt: eine ergab 364 mg und die andere 427 mg; früher am 15. Tag in derselben Reihe wurde 207 mg und am 10. Tag 179 mg Trockengewicht gefunden. Beiträge zur Physiologie der Hi/pocrea rnfa (Pers.). Aus dem Vergleich dieser Ernten: 615 Tabelle 11. Nährlösung 50 ccm Glykose 0,25 Mol in dest. Wasser -[- 2 S -|- NH^NOa 0,1 Mol. Trockengewicht Säuregehalt in com von NaOH "/i 1. am 10. Tag 2. „ 15. „ 3. „ 40. „ (2 Kulturen .... 4. „ 40. „ + CaCOa vom 36. Tag an 179 mg 207 „ 192 u. 201 mg 384 u. 427 „ 15,7 19,7 18,9 u. 19,3 ist ersichtlich, daß das Wachstum des Pilzes in solcher Lösung schon innerhalb etwa der 15 ersten Tage durch die angehäufte Säure zum Stillstand gebracht wurde, obgleich in der Nährlösung noch eine erhebliche Menge der Nährstoffe vorhanden war. Durch Neutralisation werden diese Nährstoffe dem Pilze wieder zugänglich und er fängt an lebhaft zu assimilieren, aber trotzdem geht das Mycel unmittelbar nach der Neutralisation zur Konidienbildung über. Der Gedanke liegt nahe, daß in solchen Kulturen die steigende Menge der Säure die Assimilation der Nährstoffe immer mehr erschwert, sozusagen wie eine Nahrungsentziehung wirkt. Dadurch ist im Mycel die Anlage zur Konidienbildung soweit vorgeschritten, daß ein neuer Nährungszufluß sie nicht mehr verhindern kann. Diese Erklärung findet eine Unterstützung in dem Verhalten des Pilzes bei dem folgenden Versuch. Ein Stück Mycel aus der Kultur: Glykose 0,25 Mol und 2 S + NHiNOa 0,1 M, in welcher es 42 Tage rein vegetativ wuchs, wurde nach dem Auswaschen in den Kolben mit Leitungswasser übertragen, ein anderes von der- selben Kultur wurde in eine frische Nährlösung: Glykose 0,25 M -|- 2 S -|- KNOs 0,1 Mol übergeführt; beide Mycelstücke waren innerhalb 24 bis 48 Stunden reichhch mit Konidien bedeckt. Das Übertragen ins Wasser bedeutet für ein Mycel, wie es in diesem Versuch verwendet wurde, keineswegs eine Nahrungsentziehung; denn die Säure verhinderte das Mycel schon lange an irgendwelcher Nahrungsaufnahme. Hier wurde vielmehr durch Überführung in Wasser nur die hemmende Wirkung der freien Säure auf die Konidienbildung aufgehoben, was nun sofort das Mycel zum Frukti- fizieren veranlaßt e. Ebenso fruktifizierte nach der Beseitigung der Säurewirkung auch das zweite Stück Mycel, das in die KNO3- Lösung gelangte. Hier, wie bei der Neutralisation einer alten Jahrb. f. wiss. Botanik. XL\Iir. 40 616 Marc Medisch, Kultur hat die Zufuhr von neuer Nahrung nicht die Konidien- bildung verhindern können. Überführt man ein solches Mycel in eine frische Nährlösung aber mit NH4NO3 als N- Quelle, so setzt es darin sein rein vegetatives Wachstum fort. Beim Vergleich der Acidität der Kulturen, welche verschiedene Mengen der Glykose enthielten, konnte man wahrnehmen, daß die Menge der Säure in der Kultur mit der Verringerung der Glykose- konzentration abnimmt. Es war zu erwarten, daß bei gewisser Kon- zentration der Glykose schließlich so wenig Säure gebildet wird, daß die Konidienbildung noch möglich wäre. Aus folgender Tabelle kann man ersehen, daß das bei einer Konzentration von Glykose geschieht, bei welcher schon das Wachstum ziemlich schwach vor sich geht. Tabelle 12. 50 ccni (lest. Wasser 2 S + NH.NOg 0,01 Mol = d. Temperatur 25°. Dauer 9 Tage, Nährlösung Prozent der Glykose Konidien Trocken- gewicht in mg Säuregehalt in ccm von NaOH "/lo 1. d -f- Glykose 3 0 152 14,1 2. d+ „ 2 0 140 13,3 3. J4- „ 1 0 7G {),! 4. J+ „ 0,5 + 6. Tag 31 5,4 5. d+ „ 0,2 + 4. „ 19 3,1 6. d+ „ 0,1 + 4- ., 11 2,2 Es wurde in einer Kultur Rohrzucker 2,85 *'/o + 2 S + NHiNOs 0,05 Mol bei Zimmertemperatur eine reichhche Konidienbildung be- obachtet, erst später sank das Mycel in die Nährlösung herab, so wie das in den Glykosekulturen zu geschehen pflegt. Dieser Unterschied in dem Verhalten des Pilzes kann in folgender Weise erklärt werden: früher sahen wir, daß infolge Mangels eines invertierenden Enzymes bei Hypocrea, Rohrzucker ausschließlich durch die freiwerdende Säure hydrolysiert wird. Da nun die erste Zeit in der Kultur nur eine sehr kleine Menge der Säure vorhanden sein kann, so muß die Hydrolyse der Saccharose zuerst sehr langsam vor sich gehen, so daß der Pilz die ersten Tage in solcher Rohrzuckerlösung eigentlich wie in einer verdünnten Glykose -f- Lävuloselösung wachsen muß, und soeben wurde gezeigt, daß in einer verdünnten Glykoselösung Hypocrea reichlich fruktifizierte. Es wäre auch möglich, daß das abweichende Verhalten des Pilzes in der Saccharoselösung durch die Gegenwart von Lävulose im Invertzucker bedingt wäre. Um Beiträge zur Physiologie der Hypocrea ntfa (Pers.). 617 die Frage zu entscheiden, wurden zwei gleiche Kulturen mit Glykose und Lävulose angestellt : In der ersten Zeit war der Unterschied zwischen beiden Kul- turen ziemlich merklich: die Lävulose -Kultur war dicht mit Luft- hyphen bedeckt, die Konidien waren, obgleich spärlich, vorhanden: in der anderen blieb das Mycel wie gewöhnlich untergetaucht und steril. Temperatur 25 ". Dauer 36 Tage. 25 ccm Nährlösung Konidien N im Mycel Säuregehalt von NäOH n/i„ 1. Glykose 0,25 Mol + 2 S + NH^Cl 0,05 Mol 2. Lävulose 0,25 „ -f 2 S -}- „ 0,05 „ 0 -|- spärlich 96 mg 150 „ 5,6 7o 5 „ 8,1 ccm 7,3 „ Der Säuregehalt beider Kulturen war nur unwesentlich ver- schieden, aber das Trockengewicht war in der Lävulosekultur etwa iVä mal so groß wie in der Glykosekultur. Es ist von vornherein klar, daß mit der N- Assimilation aus dem Ammonsalz die Menge der Säure in der Kultur ganz regelmäßig zunehmen muß. In der Kultur, wo mehr N assimiliert wurde, sollte man erwarten, auch mehr Säure in der Nährlösung zu finden, und das war der Fall in allen früher angeführten Kulturen mit Glykose. Hier aber, obwohl sich in der Lävulosekultur ein bedeutend größeres Mycel entwickelt hatte und dementsprechend eine größere Menge von N assimiliert worden war, zeigte sich ihr Säuregehalt sogar etwas kleiner als in der Glykosekultur. Das deutet daraufhin, daß in solchen Kulturen außer den Mineralsäuren aus den Ammonsalzen noch andere Säuren sich bilden, und zwar wahrscheinlich sind es die organischen Säuren, welche bei der Verarbeitung der C- Quelle in den Kulturen ent- stehen^). Wie die Acidität der Lävulosekultur zeigt, scheint bei der Verarbeitung der Lävulose der Säuregehalt weniger zuzunehmen als bei der Verarbeitung der Glykose. Diese Verhältnisse treten noch deutlicher in einer größeren Lävulosekultur hervor im Vergleich mit einer schon früher ange- führten Kultur mit der Glykose. 1) Oxalsäure ließ sich nicht in den Kulturen von Hypocrea mit Ammonsalzen als N- Quelle feststellen. 40* 618 Marc Medisch, Temperatur 25°. Dauer der ersten Kultur 18 Tage, der zweiten Kultur 15 Tage. 50 ccm Nährlösung Konidien Trocken- gewicht N im Mycel Säuregehalt von NaOH "/lo 1. Lävulose 7 "/o + 2 S -|- NH3NO3 0,1 Mol 2. Glykose 4,5 "0+ 2 8-}- „ 0,1 „ -)- wenig 0 364 mg 207 „ 6,1 7o 7 „ 15,7 ccm 19,7 „ Die Glykosekultur bei kleinerem Trockengewicht hat mehr Säure gehefert als die Lävulosekultur. Es ist interessant, unsere Beobachtungen über das Verhalten von Hypocrea in den Kulturen mit Lävulose, mit denjenigen zu vergleichen, welche Racib orsky ^) in den Kulturen von Basidioboliis rmiarum mit dieser Mouose gemacht hat. In dieser Arbeit berichtet der Verfasser u. a. über eine eigentümliche Bildung von Basidioholus, welche er als „Palmellastadium" bezeichnet. Die Palmellabildung war nach Raciborsky nur in den Kulturen mit Ammoniak und Aminen als Chlorsäuren, schwefelsauren und salpetersauren Salzen zu beobachten, dagegen bei phosphorsaurem Ammon trat sie gar nicht und bei Ammonsulfit nur spärlich hervor. Bei der Besprechung der C- Quelle bemerkt der Verfasser: „am besten geht die Palmella- bildung bei Glykose, Maltose usw." und weiter: „Die Lävulose ruft auch obwohl nur spärlich Palmellagruppen hervor". Da nach den Angaben von Raciborsky das Palmellastadium nur bei Ammonsalzen der starken Säuren auftritt, so kann es jetzt kaum einem Zweifel unterliegen, daß diese Erscheinung durch die Ein- wirkung der starken Säuren hervorgerufen wurde. Zur Zeit als die Arbeit erschien, w^ar die Tatsache, daß in den Pilzkulturen mit Ammonsalzen als N- Quelle sich die entsprechenden freien Säuren ansammeln, noch unbekannt, und Raciborsky nimmt an, daß die Palmellabildung durch die Darbietung von N in Form von Ammoh oder Amin begünstigt wird. Aber er bemerkt selbst, daß diese Annahme im Widerspruch zu dem Verhalten des Pilzes in Gegenwart von Ammoniumphosphat steht. Also hier, wie im Fall von Hypo- crea läßt sich eine gewisse Abschwächung der Wirkung der Säuren in den Kulturen mit Ammonsalzen der starken Säuren als N- Quelle bei Anwendung der Lävulose als C- Quelle beobachten. Mit Galaktose, Mannit, Glyzerin in Gegenwart von Ammon- salzen der Mineralsäuren verhält sich Hypocrea in bezug auf die 1) Kaciborsky, Flora, Bd. 82, 1896, S. 107. Beiträge zur Physiologie der Hypocrea mfa (P eis.). 619 Konidienbildung und das Wachstum genau so wie in den Glykose- lösungen; die zahlenmäßigen Ergebnisse dieser Kulturen werden im Zusammenhang mit den Ergebnissen der Kulturen mit KNO3 und KNO2 als N- Quelle angegeben. Wir gehen jetzt zu der näheren Betrachtung der Bedingungen des Wachstums und der Konidienbildung von Hypocrea mit Nitraten und Nitriten als N- Quelle über. In einer Kultur von Hypocrea mit KNOh läßt sich schon am 3. Tag Nitrit- Reaktion (Jodkaliura) wahrnehmen. Hypocrea rufa reduziert also das Nitrat zu dem Nitrit. Laurent') wies schon darauf hin, daß manche Pilze diese Reduktion ausführen, während bei anderen in Nitrat-Lösungen keine Reduktion stattfindet. Bei den Bakterien dagegen ist die Fähigkeit, Nitrate zu Nitriten zu reduzieren, weit verbreitet^). Die Nitrite gehören zu den giftig wirkenden Substanzen; Loew und Bokorny^) haben darauf hingewiesen, daß nicht die Nitrite selbst, sondern besonders die salpetrige Säure eine schädliche Wirkung auf die Organismen ausübt. NOoH wird aber wie eine schwache Säure schon durch die organischen Säuren, welche stärker als CO3H2 sind, frei gemacht. Infolgedessen sind die Nitrite besonders bei saurer Reaktion schädlich, werden dagegen von vielen Organismen bei neutraler und alkalischer Reaktion ohne Schädigung ertragen. Bei starken „Säurebildnern" (wie z. B. Aspergillus niger^) bleibt die Reaktion der Nährlösung mit KNOy infolge der Ansammlung der Oxalsäure immer sauer. Nikitinsky^) hat eine so starke Ansäuerung der Kulturen von Aspergillus niger mit K- Nitrat be- obachtet, daß sie neutralisiert werden mußten, um die besseren Ernten zu liefern. Obgleich in Nitrat-Kulturen von Hypocrea sich immer das Vorhandensein von Oxalsäure feststellen ließ, reichte jedoch ihre Menge nicht aus, um die saure Reaktion in der Kultur zu erhalten, und dieselbe nahm allmählich infolge der Wegnahme von NO3 aus dem Nitrat alkalische Reaktion an, In den mit Lackmus gefärbten Nitrat-Kulturen konnte man gut verfolgen, daß das lebhafte Wachstum und die Konidienbildung dann zu beginnen pflegen, wenn die saure Reaktion (KH2PO4 in der Nährlösung) in die neutrale übergeht. 1) Annales de rinstitut Pasteur, 1889, S. 362. 2) Vgl. Czapek, Biochemie der Pflanzen, II, S. 110. 3) Bot. Zeitg., 1887, S. 885. 4) Vgl. Wehmer, Bot. Zeitg., 1891, S. 231. 5) Jahrb. f. wiss. Bot., 1904, Bd. XL, S. 1. 620 Marc Mediseh, Von dem Moment an scheint der Pilz kaum durch das Vor- handensein des Nitrits beeinträchtigt zu sein, während eine gewisse Verlangsamung des Wachtums die ersten Tage nach der Impfung wohl auf die schädliche Wirkung des Nitrits zurückzuführen ist. Es fragte sich nun, ob Hy]}Ocrea unter solchen umständen nicht mit einem Nitrit als einzige N- Quelle gedeihen konnte. Um diese Frage zu beantworten, wurden zunächst 2 Kulturen mit ver- schiedenen Mengen von KNO2 angestellt: • Temperatur 25". Dauer 17 Tagt 25 com Nährlösung Konidien Trocken- gewicht } Keaktion 1. 2. Glykose 0,25 Mol + 2 S + KNO, 0,05 Mol 0,25 „ -j-KNOo 0,1 Mol 0 0 139 mg 157 „ alk. alk. Beide Kulturen wiesen besonders die erste Zeit ein ziemlich verlangsamtes Wachstum auf; erst etwa vom 8. Tag an begann der Pilz sich besser zu entwickeln, zu welcher Zeit die Nährlösung neutral reagierte. Eine deutliche alkalische Reaktion ist etwa am 12. Tag eingetreten. Autfällig war aber, daß die Konidienbildung völlig ausblieb; dem Aussehen nach waren diese Kulturen den Ammonsalz-Kulturen ganz gleich : ihr Mycel war untergetaucht und steril. Noch besser giedieh der Pilz mit Nitrit in Gegenwart von Lävulose; ich gebe in dieser und folgender Tabelle neben den Ergebnissen mit Nitrit auch diejenige mit Nitrat und Ammonsalzen an. Tabelle 13. 50 ccm dest. Wasser Lävulose 7°/o-)-2S = f. Temperatur 25°. Dauer 36 Tage. Nährlösung N- Quelle Trocken- gewicht °/o N im Mycel Konidien 1. f + 2. i-\- 3. f + NH.Cl 0,05 Mol KNO3 0,05 „ KNO2 0,05 „ 364 mg 718 „ 681 „ 5 "/„ 5 „ j 5i3 „ -f- wenig -j- sehr reichl. -|- wenig Man konnte nun nach diesen Versuchen annehmen, daß Hypo- crea rvfa mit den Nitriten als N- Quelle ziemlich gut gedeiht, obgleich, wie die Hemmung der Konidienbildung besonders in Gegen- wart von Glykose hinweist, das Nitrit doch eine schädliche Wirkung dabei ausübt. Es würde schon darauf hingewiesen, daß es Pilze Beiträge zur Physiologie der Hypocrea rufa (Pers.). 621 gibt, welche Nitrite als N- Quelle verarbeiten können. So beob- achteten Omeliansky und Winogradsky ^) einen Schimmelpilz, welcher mit NaNOo „reichliches Wachstum zeigte". Weiter behauptet Treboux^), daß bei seinen Versuchen die Nitrite im Vergleiche zu den Nitraten denselben oder besseren Nähr- wert für die Pilze zeigten, falls nur die Reaktion der Nährlösung eine alkalische war. Dann hat Raciborsky ^) eine Cylindrotrich ium- Art aufgefunden, welche sogar eine größere Ernte mit NaNO^ als in den entsprechenden Kulturen mit NaNOn und (NH-2)2SOi lieferte; dabei ist die Reaktion der Kulturlösung mit NaNO^ und NaNOg deutlich alkalisch geworden. Raciborsky hat auch für Aspergillus niger mit dem Nitrit positive Resultate erzielt; nur mußte dazu die Nährlösung durch die Zugabe von NaaCO.i, NaHCO;j oder MgO neutralisiert werden. Sonst gedeiht As2J. niger als ein starker Säure- bildner mit den Nitriten gar nicht. Tabelle 15. 25 ccm KH2PO4 0,2 7o-f MgSO 0,05 "/„. Temperatur 25". C- Quelle N- Quelle Dauer °/o N i. Mycel Ko- nidien- Keaktion Säuregehalt bildung V. NaOH n/10 1. Glykose 0,25 Mol NII.Cl 0,05 Mol 36 Tg. 96 mg 5,6 «/„ 0 sauer 8,1 2- 0,25 „ KNO3 0,05 „ 36 „ 149 „ 4,7 „ + alk. 3. 0,25 „ KNO, 0,05 „ 36 „ 131 „ 4,1 „ 0 aJk. 4. Lävulose 0,25 „ NH.Cl 0,05 „ 36 „ 150 „ 5 „ + wenig 7,3 ccm 5. 0,25 „ KNO3 0,05 „ 36 „ 194 „ 5 „ + alk. 6. „ 0,25 „ KNO, 0,05 „ 36 „ 230 „ 5,3 „ + wcnis alk. 7. Galaktose 0,25 „ NH.Cl 0,05 „ 27 „ 100 „ 5,7 „ 0 7,1 cciu 8. 0,25 „ KNO3 0,(15 „ 2 7 „ 285 „ 3,4 „ + alk. 9. „ ■ 0,25 „ KNO, 0,05 „ 2 7 „ 175 „ 3,6 „ 0 alk. 10. Manuit 0,25 „ NH.Cl 0,05. „ 34 „ 77 „ nicht best. 0 6,7 ccm 11. „ 0,2 5 „ KNO, 0,05 „ 34 „ 150 „ — 4- alk. 12. „ 0,25 „ KNO, 0,05 „ 34 „ 127 „ — 0 alk. 13. Glyzerin 5 "/„ NH.Cl 0,05 „ 30 „ 79 „ 6 "/o 0 5,8 ccm 14. „ 5 „ KNO, 0,05 „ 30 „ 430 „ 3,3 „ + alk. 15. „ 5 n KNO, 0.05 „ 30 „ 132 „ 4,2 „ 0 alk. 16. Maltose 0.25 Mol NH.NO 3 0,1 ,, 17 „ 36 „ nicht best. + 3,2 ccm 17. 0,25 „ KNO3 0,1 „ 17 „ 46 „ n n + neutral 1) Centralbl. f. Bakt., 2. Abt., 1899, S. 341. 2) Ber. d. Deutsch. Bot. Ges., 1904, S. 570. 3) Bull, de l'acad. des sciences de Cracovie. 1906, S. 733. Cl. des sciences nat. et. mat. 622 Marc Medisch, Die vorstehende Tabelle gibt einen Überblick der Ergebnisse mit Ammonsalzen der starken Mineralsäuren, KNO3 nnd KNO2 als N- Quellen und Glykose, Galaktose, Lävulose, Mannit, Glyzerin und Maltose als C- Quelle. Wir ersehen aus der Tabelle, daß mit allen geprüften C-Quellen bei Nitrat oder Nitrit die Ernten bedeutend besser ausfallen als bei Ammonsalz. Aber das bedeutet keineswegs, daß die Nitrate oder Nitrite eine bessere N- Quelle für Hypocrea darstellen, als die Ammonsalze; denn in den Kulturen, in welchen die entstehenden Säuren durch CaCOs neutralisiert werden, fällt das Trockengewicht höher aus mit den Ammonsalzen der starken Säuren als mit den Nitraten. Es ist auch der Fall, wenn als N-Quelle das Ammonsalz einer schwachen Säure dargeboten wird (z. B. Amm. phosphat oder Am. tartrat). Das höhere Erntegewicht in den Kulturen mit Nitraten oder Nitriten an Stelle der Ammonsalze der starken Säuren weist darauf hin, daß bei den ersten der Pilz die Reaktion der Nährlösung besser zu regulieren veimag, als bei den letzteren, und in der Tat geht in den Kulturen mit Ammonsalzen die Änderung der Nähr- lösung nur in einer Richtung vor sich — sie werden immer mehr sauer. Bei der Verarbeitung der C- Quelle entstehen org. Säuren und bei dem Entnehmen des Ammons aus dem Salz wird die Mineralsäure frei. In den Kulturen mit Nitraten oder Nitriten, wo durch die N- Assimilation die Base befreit wird, finden also entgegengesetzte Vorgänge statt. Erstens ließ sich, wie erwähnt, in allen Kulturen von Hypocrea mit KNO3 und KNO2 die Oxal- säure ^) wahrnehmen : ein Teil der befreiten Alkali wurde also da- durch gebunden, und zweitens wird in einer Pilzkultur, wo durch die Atmung immer COo gebildet wird, die befreite Base sich nicht ansammeln können, da sie sofort in ein entsprechendes Carbonat übergeführt wird, und die schädliche Wirkung der Alkalicarbonate gegenüber der Wirkung der Laugen nur unbedeutend ist^). Also hat der Pilz in den Nitrat- (und auch Nitrit-) Kulturen mehr Möghchkeiten die schädlichen Änderungen der Nährlösung zu regulieren, als in den Ammonsalzkulturen, was hauptsächlich bei der Beurteilung der Ernten berücksichtigt werden muß. 1) Vgl. Wehnier, Bot. Zeitg., 1891, S. 231. 2) Loew, System der Giftwirk., S. 34. Beiträge zur Physiologie der Hi/pocrea rufa (Pers.). 623 Dagegen wurde der Prozentgehalt des Mycels an Stickstoff immer bei Ammonsalzen höher gefunden als mit Nitrat oder Nitrit. Wie die Kultur X 16 zeigt, wird die Maltose nur schwach ver- arbeitet, dementsprechend sammelt sich in der Kultur nur wenig Säure an und die Konidienbildung wird nicht verhindert. Bei allen C- Quellen außer Lävulose bleibt in Gegenwart von KNO2 die Konidienbildung aus. (Thermostat. 25 ° im Dunkeln). Im Licht bilden merkwürdigerweise die Nitrit -Kulturen reichlich Konidien. Bei Hypocrea ') wie bei der Mehrzahl der Schimmelpilze ^) geht die Konidienbildung im Dunkeln und im Hellen vor sich, und es läßt sich kein spezifischer Einfluß des Lichtes auf die Fruktifikation wahrnehmen. Da die schädliche Wirkung von KNO^ auf der Acidität der Nährlösung beruht, wodurch NO2H frei gemacht wird, so liegt der Gedanke nahe, daß die hemmende Wirkung des Nitrits deshalb durch das Licht abgeschwächt wird, weil sich im Hellen weniger org. Säuren bilden als im Dunkeln. Eine solche Einwirkung des Lichtes auf die org. Säuren wurde schon vielfach beobachtet, und gerade in Hijpocrea-'KvMvirexi hat Milburn im Licht weniger Säure gefunden als im Dunkeln (Tab. 12 in der zit. Arbeit). Es ist nun interessant, daß nur bei Lävulose, bei welcher, wie wir sahen, auch mit Ammonsalzen verhältnismäßig wenig Säuren gebildet werden, sich auch im Dunkeln in Nitritkultureu die Konidien bilden, was darauf hindeutet, daß auch bei diesen Bedingungen weniger Säure gebildet wird, als bei den anderen C- Quellen. a) Andere Nitrate. Es wurden auchNaNOs, LiNOs, RbNOg, CsNOg und Ca(N03)2 als N- Quelle geprüft. Die Zusammensetzung der Nährlösung war folgende: Glyk. 0,25 Mol -[- 2 S + 0,05 Mol und 0,025 Mol von obigen Nitraten. Die Kulturen mit NaNOa ließen sich kaum von denjenigen mit KNO3 unterscheiden, sie waren auch ziemlich mit gelben Konidien bedeckt. Die Li -Kulturen waren dadurch aus- gezeichnet, daß sie sehr dicht mit hohen Lufthyphen bedeckt waren, die Konidienbildung war hier ziemlich spärlich, und die Konidien waren nicht so rein gelb wie in den RbNOa-Kulturen, wo die inten- sivste gelbe Färbung der Konidien, welche ich bei diesen Versuchen 1) Vgl. bei Milburn, Centralbl. d. Bact., 1904, II, Abt. 13, S. 129. 2) Siehe bei Klebs, Jahrb. f. wiss. Bot., 1900, S. 141. 624 Ma™ Medisch, beobachtete, zu sehen war. CsNOs-Kulturen sind beide ganz steril geblieben. Die hemmende Wirkung der Cs-Salze auf die Konidien- bildung der Pilze ist schon bekannt (Lafar, Mykologie, I. S. 386). Bedeutend spärlicher als z. B. mit KNO3 war die Konidienbildung in den Kulturen mit Ca(N03)2. b) Zwei N-Quellen in der Nährlösung. Schon das Verhalten von Hijpocrea in der Nährlösung mit NH^NOh, wielches ähnlich wirkt wie NH4CI, deutet darauf hin, daß durch den Pilz vorwiegend das Amraon verbraucht wird, wenn ihm N als Ammon und Nitrat dargeboten wird. In den Kulturen, in welchen sich zusammen z. B. NH4OI und KNO3 befinden, geht die Entwickelung des Pilzes so vor sich, als ob NH4CI allein da wäre. Die Nährlösung wird stark sauer, das Mycel bleibt unter- getaucht und steril. Augenscheinlich wird das KNO;i nicht ange- griffen, was auch daraus hervorgeht, daß die charakteristische Nitrit- reaktion fehlte. In solchen Kulturen, zu denen NH4 Cl und Nitrit (KNÜ2) zugesetzt wurden, findet äußerst kümmerliche Entwicklung statt. Wird dem Pilze gleichzeitig ein organ. Aramonsalz und ein Ammonsalz von einer starken Mineralsäure zur Verfügung gestellt, so geht die Entwicklung so vor sich, als ob in der Nährlösung nur das oi'ganische Ammonsalz vorhanden wäre ^). Die Kultur: Glyk. 0,25 -f 2 S -f NH4 Cl 0,05 Mol + Ammon. tartr. 0,5 7o bildete Lufthyphen und Konidien genau so, wie das in den Kulturen mit Ammon. tartr. als einziger N- Quelle der Fall ist. Noch besser läßt sich das in der Kultur mit Rohrzucker als C-Quelle zeigen. Folgende Zusammenstellung der Trockengewichte zeigt uns deuthch, wie gut das Wachstum des Pilzes mit Saccharose und NH4N0.J vor sich geht und welche vorzügliche N-Quelle bei geeigneten Bedingungen das Ammonium tartr. für den Pilz darstellt. 50 ccm Nährlösung Trockengew. 1. Kohrzucker 0,25 Mol + 2 S + NH^NOj 0,1 Mol 318 mg 2. Glykose 0,25 „ +2 8+ „ 0,1 „ 207 „ 3. Glykose 0,25 „ + 2 S + Am. tartr. 0,1 „ G43 „ Fügt man nun etwas Ammon. tartr. (0,5 "o) zu einer Nähr- lösung wie N I, so wird dadurch das Wachstum so stark herab- 1) Vgl. bei Nikitinsky, Jahrb. f. wiss. Bot., 1904, Bd. XL, S. 1. Beiträge zur Physiologie der Hypocrea rufa (Pers.). 625 gesetzt, daß das Trockengewicht gerade unwägbar wird (es entwickelt sich in einer solchen Kultur eine dünne Myceldecke, welche rasch zur Konidienbildung übergeht, wie man das oft in den Nährsalz- lösungen ohne C-Quelle beobachtet). Rohrzucker in der Kultur wird nicht invertiert. Es erklärt sich dieses Verhalten daraus, daß in Gegenwart von weinsaurem Ammon die Ansammlung der freien Salpetersäure nicht stattfinden kann und infolgedessen bleibt der Rohrzucker dem Pilze unzugänglich. Er verarbeitet jetzt ausschließlich das weinsaure Ammon (als N-Quelle), welches, wie man zu sagen pflegt, NH4NO.! schützt. Der Mechanismus dieses Schutzes besteht hier offenbar darin, daß aus dem System der Ionen, welche sich in der Nährlösung im Gleichgewicht mit den NH4-Ionen befinden, durch das Entnehmen der Kations-NHi nicht das Anion der starken Salpetersäure, sondern das der schwachen Weinsäure frei gemacht wird. Kap. 5. Das Verhalten in N freien resp. N-armen Nährlösungen. Bei den Untersuchungen über die Farbstoffbildung durch Hypo- crea habe ich oft ein auffallend üppiges Wachstum des Pilzes in den Nährlösungen, zu denen keine N-Verbindungen zugefügt wurden, beobachten können; in einigen solchen Kulturen wurde ihr Stick- stoffgehalt bestimmt. Es ließ sich dabei eine kleine Zunahme im Vergleich mit dem ursprünglichen Stickstoffgehalt wahrnehmen: Glykose N-Gewinn 1.') Kultur in 50 ccm (lest Wass. fAlter 23 Tage) 4- 2 S | l,5"o 1 1,05 mg 2. „ ,, 50 „ „ „ ( „ 28 „ ) + 2 S ! 5 „ j 2,45 „ 3. „ „ 200 ,, „ „ +2 S ' 2 „ I 4,55 „ Es gibt bekanntlich unter den Bakterien einige Formen, welche den elementaren Stickstoff der Luft zu verarbeiten vermögen; solche Fähigkeit wird auch manchen Pilzen zugesprochen '''). Ich verweise auf die eingehende Behandlung der Frage über die Assimilation des freien Stickstoffs durch die Pilze in den Arbeiten von Ternetz und Fröhlich. In der letzteren findet man auch eine ausführ- liche Zusammenstellung der älteren und neueren Angaben. Ich möchte mich hier hauptsächlich auf die kurze Besprechung meiner 1) 2 S = KHoPO, 0,2 7o + MgSOi 0,05 7„. 2) Berthelot, Coniptes reudus de l'acad. 1893, S. 842; Puriewitseli, Ber. d. Deutsch. Bot. Ges., 1895, S. 342 ; Saida, ebd., 1901, S. 107; Ternetz, ebd., 1904, Ternetz, Jahrb. f. wiss. Bot., 1907, S. 353; Froehlich, ebd., 1908, S. 256. 626 Marc Medisch, Beobachtungen in N- armen Kulturen von Hypocrea beschränken; es sei nur hervorgehoben, daß bisher noch kein Pilz bekannt ge- worden ist, welcher annähernd so energisch wie die Stickstoff bindenden Bakterien den Stickstoff der Luft zu verarbeiten vermag. Bei den Pilzen handelt es sich immer um Stickstoffgewinne von einigen Milligramm. Die größten N- Gewinne bei den Pilzen beobachtete Frl. Ter netz bei 2 (vorläufigen) Phoma- Arien: Phoma radicis Oxycocci zeigte N-Gewinn von 15,3 mg und Plioma radicis Vaccinii = 1.5,65 mg (beide auf 100 ccm 7 Voiger Dextroselösung). Dabei wurde die Kulturflüssigkeit bedeutend reicher an N gefunden als das Mycel: bei ersterem Pilz N-Geh. des Mycels = 1,26 mg (1,45 % der Trockensubstanz) und bei dem zweiten = 0,49 mg (2,27 7o der Trockensubst.), während die Kulturflüssigkeit 14,6 mg resp. 15,72 mg Stickstoff enthielt^). (Die Kulturen wurden mit der durch NaOH und SO4H4 von N- Verbindungen gereinigten Luft durchlüftet.) Die Kulturen, welche entscheiden sollten, ob wirklich Hijpocrca rufa den elementaren Stickstoff zu assimilieren fähig ist, wurden in einen vor N- Verbindungen geschützten Raum gebracht. Es war eine Glasglocke, in welche die Luft durch eine mit Bimstein ge- füllte U-Eöhre mit NaOH und 2 solche U- Röhren mit SO4H2 gelangte, indem sie mit der Wasserpumpe durch die Glocke lang- sam durchgezogen wurde. Die N-Bestimmung wurde nach Kjeldalh- scher Methode ausgeführt; N-Gehalt der Kulturflüssigkeit wurde in der ganzen Menge der Nährlösung bestimmt. Als Kontrollversuch diente eine Kultur, welche vor dem Sterilisieren geimpft wurde, und dann so lange wie die anderen unter den gleichen Bedingungen stand. In nebenstehender Tabelle sind die Ergebnisse der Kulturen, welche unter der Glocke stehen gelassen wurden, mit den Ergebnissen der freistehenden Kulturen zusammengestellt. In der letzten Säule wird als ökonomischer Koeffizient das abgerundete Verhältnis von dem Myceltrockengewicht zu dem Gewicht der Glykose, welche dem Pilz in der Nährlösung zur Verfügung stand, angegeben. Die Kulturen bis N 3 zeigen also, daß auch unter Bedingungen, bei welchen keine N- Verbindungen zu dem Pilz gelangen konnten, eine kleine Zunahme von Stickstoff in den jy?/j?ocrert-Kulturen statt- findet. Ich suchte weiter festzustellen, ob durch die Zugabe von kleinen Mengen der N-Verbindungen der N-Gewinn nicht erhöht 1) Frl. Ternetz erklärt dieses Mißverhältnis dadureli, daß die stickstoffreichen Pyknosporen das Filter passieren. Beiträge zur Physiologie der Hypncrea rufa (Pers.). 627 werden kann. Gleichzeitig wurden auch Versuche mit K-Humat angestellt. Nach Krzemieniewsky ^) sollen die Humusstoffe eine auffallend begünstigende Wirkung auf die N-Assimilation durch Azotohahter chroococcum (Beij.) ausüben, das für meine Versuche gebrauchte K-Humat wurde nach denAngabenvon Krzemieniewsky aus der Gartenerde dargestellt. Tabelle I. Unter der Glocke in der von N-Verb. befreiten Luft 'S 'S c5 o M mg mg /o mg mg O 1. Kultur in 100 com dest. Wasser . . 67,6 1,5 2,2 1,8 2,62 1/59 Glykose 4 7o + 2 S. Alter 32 Tage 2. Kultur in 200 ccm dest. "Wasser . . 101 2,1 2,08 2,75 3,49 1/79 Glykose 4''/o + 2 S. Alter 32 Tage 3. Kultur in 200 ccm dest. "Wasser . . 197 4,08 2,06 1,25 3,97 1/46 Glykose 4 7o + 2 S. Alter 32 Tage 4. Kontrollversuch 100 ccm dest. "Wass. — — — 0,68 Glykose 4 7o + 2 S. Dauer .32 Tage D u n k e 1 z i m m e r 5. Kontroll versuch 100 ccm dest. "Wass. — — — 0,68 Glykose 4''/o-f- 2 S. Dauer 32 Tage €. Kultur in 100 ccm dest. "Wasser . . 90,8 2,04 2,24 1,7 3,06 1/44 Glykose 4 7o + 2 S. Alter 32 Tage 7. Kultur in 200 ccm dest. "Wasser . . 130 3,74 2,8 4,08 6,46 1/61 Glykose 4 7» + 2 S. Alter 32 Tage In umstehender Tabelle sind die Ergebnisse der Kulturen mit verschiedenen Mengen von K-Humat mit den Ergebnissen der Kulturen, zu welchen eine gleiche Menge von Stickstoff wie in K-Humat, in Form von NH4NO3 zugefügt wurde, zusammengestellt. Aus der Tabelle sieht man, daß in Gegenwart von K-Humat keine merkliche Steigerung des N-Gewinnes stattfindet; dagegen nimmt das Trockengewicht ziemlich regelmäßig mit der Steigerung des K-Humats zu, und es ist sehr wahrscheinlich, daß der Pilz 1) Bulletin de l'acad. des Sciences de Cracovie, 1908, S. 929. 2) Die beiden Kontrollversuche haben übereinstimmende Resultate ergeben; bei der Berechnung des N-Gewinnes in 200 ccm großen Kulturen wurde das Doppelte von dem N- Gehalt eines Kontrollversuches abgezogen. 628 Maix Mediscb, Tabelle II 100 com dest. Wasser 4 ", „ Glykose -|- 2 S = C. Älter 45 Tage. Temperatur 20". Menge des zugefügt. N Trocken- gewicht N i. Mycel gefunden >> C5 «1-1 o O mg mg mg 0, mg mg 1. C-|-K-Humat 5 com 1,78 62 1,7 2,9 4,08 3,15 1/80 2. C+ „ 10 „ 3,56 80,4 1,78 ■ 2,21 5,78 3,65 1/12 3. C-l- ., 15 ^ 5,34 106 2,04 1,92 7,82 3,67 1/47 4. C+ „ 20 „ 7,12 102 2,38 2,33 10,2 4,61 1/49 5. C-f „ 25 „ 8,90 135 2,38 1,79 11,58 4,01 1/37 6. C -[- NH.NOj 5 com Wasser 1,78 140 2,9 2,07 2.05 2,77 1/35 7. C+ „ 10 „ 3,56 195 4,36 2,22 2,5 2,45 1/25 8. C + „ 15 „ 5,34 271 5,08 2,1 3,2 2,81 1/18 9. C+ „ 20 „ 7,12 331 6,91 2,08 3,9 2,82 1/15 10. C+ „ 25 , 8,90 353 8,71 2,1 4,02 3,06 1/14 Kontrollvers. C- Lösung (vor dem Sterilisieren geimpft) — — — - 0,85 — — einen kleinen Teil vom Stickstoff des K-Humats assimiliert"'^). Auch in Gegenwart von NH4NO3 geht die Anreicherung an Stickstoff ebenso schwach, wie in den N- freien Kulturen, vor sich; und es ist merkwürdig, daß der Prozentgehalt an Stickstoff im Mycel bei verschiedenen Mengen von NHiNO.-i wesentlich derselbe bleibt und sich kaum von dem N-Gehalt der N-freien Kulturen unterscheidet. Er liegt weit unter dem normalen N-Gehalt des Mycels in den Kulturen mit einer genügenden N-Nahrung; als mittlerer Wert für N-Gehalt des Mycels hat sich 6,64 7o bei den Ammonsalzen als N-Quelle, 4,76 % bei dem K-Nitrit und 4,3 % bei dem K-Nitrat ergeben. Man sieht weiter aus den ök. Koeffizienten in beiden Tabellen, wie wenig von der Glykose in N-freien Kulturen zum Aufbau der Trockensubstanz gebraucht wird (im besten Fall ^/n) und wie rasch durch die kleine Gabe von N-Nahrung dieser Koef- fizient verbessert werden kann. Berechnet man solche Koeffizienten für die Kulturen mit einer genügenden Menge von Stickstoffver- bindungen, so sieht man, wie außerordentlich wenig in „N-freien" 1) Nach der Äbziehung der Menge von zugefügtem N und von N im Kontroll- versuch. 2) Vgl. darüber Reinitzer, Bot. Zeitg., 1900, S. 359 und Nikitinsky, Jahrb. f. wiss. Bot., 1902, S. 365. Beiträge zur Physiologie der Hypocrea nifa (Pers.). 629 Lösungen von der Glykose durch den Pilz assimiliert worden ist. Denn z. B. ein solcher Koeffizient bei (NH4)oHP04 war etwa V5 gleich und bei Ammontartrat als N- Quelle sogar = \/-a. Der Pilz hat also rund 10 — 25 mal mehr Glykose assimiliert, falls ihm eine gute N- Quelle zur Verfügung stand. Vergleicht man die Mengen von zugefügtem Stickstoff als NHiNOji in den Kulturen Nr. 6 — 10 der letzten Tabelle mit den Mengen Stickstoff, welche in dem Mycel aufgefunden wurden, so sieht man, daß die beiden Vertikalreihen der Tabelle (besonders Nr. 8 — 10) so gut übereinstimmen, daß man wohl annehmen darf, daß der Pilz die ganze Menge des dargebotenen Stickstoffs auf- genommen und behalten hat. Es ist eine längst bekannte Tatsache, daß die Pflanzen, überhaupt bei Mangel an N, ihren Stickstoff fest- halten. Daher kommt es mir vor, daß man kaum das Recht hat, den Gehalt der Nährlösung (nach Beendigung der Versuche in N-freien Lösungen) als assimiherten N zu betrachten. Wenn man den im Mycel aufgefundenen Stickstoff als N-Gewinn (natürUch nach der Abziehung der N-Menge in dem Kontrollversuch) betrachtet, so sieht man, daß die Pilze, über welche bis jetzt Angaben vor- liegen, nur außerordentlich wenig freien N assimilieren. Es fragt sich, ob sie es überhaupt tun, oder ob nicht noch unbekannte Fehlerquellen (z. B. aus den Kautschukverbindungen, vielleicht aus einem N-Gehalt des Glases) die unbedeutende Zunahme erklären. Zusammenfassung der Hauptresuitate. 1. In den Kulturen von Hypocrea rufa auf den verdünnten Glykoselösungen (Optimum etwa bei 1,5 7o Glykose) ohne Zusatz von Nährsalzen findet ein eigentümlicher Oxydationsvorgang statt, welcher sich durch eine mehr oder weniger intensive Färbung der Nährlösung kennzeichnet. 2. Zusatz von manchen Salzen wie NaCl, KCl, CaCl", KCIO^ und besonders MgSOi und MgCl'^ beschleunigt auffälHg die Farb- stoffbildung. Besonders günstig wirken diese Salze bei der Kon- zentration von 0,05 bis 0,125 Mol. Die Färbung fängt gewöhnlich mit gelblich- grün oder grün an und dann geht sie mehr oder weniger rasch ins gelb und orange über. Diese Nuancen sind als verschiedene Oxydationsstufen aufzufassen. 630 ^*i''' Mediscb, 3. Die gefärbte Kulturlösung kann durch reduzierende Sub- stanzen wie Natriumhydrosulfit, Wasserstoffsuperoxyd und Natrium- sulfit mehr oder weniger rasch entfärbt werden. Die reduzierenden Bakterien rufen nur eine Abschwächung der Färbung hervor. 4. Ein Zusatz von N- Verbindungen beeinträchtigt mehr oder weniger stark die Farbstoff bildung. o. In Gegenwart von Ammonsalzen der starken Mineralsäuren wird die Farbstoff bildung völlig beseitigt, . was sich hauptsächlich auf die Einwirkung der bei der N-Assimilation befreiten Säuren zurückführen läßt. 6. In den Rohrzuckerlösungen gedeiht infolge Mangels eines invertierenden Enzymes Hypocrea rufa nur mit Ammonsalzen der starken Mineralsäuren als N-Qiielle, indem der Rohrzucker durch die freiwerdende Säure hydrolysiert wird. 7. In Gegenwart von Ammonsalzen der starken Säuren wird das Wachstum des Pilzes stark beeinträchtigt, die Konidienbildung aber in den meisten Fällen vollständig verhindert. Durch Neu- tralisation solcher Kulturen wird die Konidienbildung ausgelöst, ebenso durch Überführung in reines Wasser oder sogar in eine Nährlösung ohne Aramonsalze. 8. Schwächer als bei Glykose wird der Pilz mit den Ammon- salzen der starken Säuren bei Lävulose beeinträchtigt. Dieser Unterschied läßt sich daraus erklären, daß bei Lävulose die Acidität der Nährlösung mit dem Wachstum des Pilzes weniger rasch zu- nimmt als bei der Glykose. 9. Mit den Nitraten der Alkalimetalle gedeiht der Pilz gut unter Bildung von mehr oder weniger rein gelb-gefärbten Konidien, indem die Nährlösung eine alkalische Reaktion annimmt. Die Nitrate werden zu Nitriten reduziert. 10. Die Nitrite werden auch durch Hyjjocrea als N- Quelle verarbeitet, wobei die Reaktion der Lösung alkalisch wird. Bei Nitriten im Dunkeln wird die Konidienbildung verhindert. Nur bei Lävulose und Nitrit geht im Dunkeln eine schwache Konidienbildung vor sich. Im Licht bilden sich reichlich Konidien auch in Gegenwart von Nitriten. Das Licht wirkt hier wahrscheinlich indirekt, indem es die Bildung der org. Säuren in der Nährlösung herabsetzt. 11. Trockengewichte mit Nitraten und Nitriten fallen besser aus als mit Ammonsalzen der starken Säuren, weil bei Gegenwart der ersteren die Reaktion der Nährlösung besser reguliert wird. Beiträge zur Physiologie der Hypocrea rufa (Pers.). 631 12. Bei der gleichzeitigen Darbietung von einem Ammonsalz und Nitrat wird nur das erste angegriffen. 13. In Gegenwart von einem organischen und anorganischen Ammonsalzen findet keine Ansammlung der Mineralsäure statt. Man kann daher in einer Rohrzuckerlösung mit NH4NO3 das Wachstum dadurch verhindern, daß man zu der Lösung etwas Ammontartrat zusetzt, welches übrigens eine vorzügliche N-Quelle für Hypocrea darstellt. 14. Die Kulturen von Hypocrea, welche in einem von N- Ver- bindungen geschützten Raum auf den N-freien Nährlösungen wuchsen, lassen eine kleine Anreicherung an Stickstoff wahrnehmen. Es ist aber unsicher, ob hier eine Assimilation von freiem Stickstoff wirklich stattfindet. 15. Ein Zusatz von kleinen Mengen N in Form von K-Humat oder NH4NO3 steigert nicht den N-Gewinn der Kulturen. 16. Es wird wahrscheinlich aus dem K-Humat ein kleiner Teil von Stickstoff durch den Pilz aufgenommen. Jahrb. f. wiss. Bot. XLVIII. 41 Inhalt des vorliegenden 5. Heftes, Band XLVIII. Seite Jos. Heinr. Schweidler. über traumatogene Zellsaft- und Kernübertritte bei MoHcandia m~vensis DC. Mit Tafel XI 551 I. Die Eiweißzellen in den Laubblättern von MoHcandia arvensis DC. und ihre Beziehungen zur Epidermis 551 II. Die traumatogenen Eiweiß- und Kernübertritte 557 III. Über das Wesen und die Mechanik der traumatogenen Kern- und Zell- saftübertritte 565 IV. Physiologisches 584 Zusammenfassung 587 Literatur -Verzeichnis 589 Figuren - Erklärung 590 Marc Medisch. Beiträge zur Physiologie der Hypocrea rufa (Pers.) .... 591 Kapitel 1. Die Farbstoffbildung in den Nährlösungen 592 Kapitel 2. Die Wirkung der N -Verbindungen auf die Farbstoff bildung . . 598 Kapitel 3. Die Abhängigkeit der Farbstoffbildung von Sauerstoff .... 604 Kapitel 4. Das Verhalten mit Ammonsalzen, Nitraten und Nitriten als N- Quelle 611 a) Andere Nitrate 623 b) Zwei N- Quellen in der Nährlösung 624 Kapitel 5. Das Verhalten in N- freien resp. N- armen Nährlösungen . . . 625 Zusammenfassung der Hauptresultate 629 New TorK Dou 3 5185 00262 8541 V /l ^ v^ .xv\ /