/^/ I? ^^ ^LnthiASLD 1923 fHÜM *^ ßri^FVA ßOTArjiCAL GARDEN ri* ^pVATO/R£ y 1.* . ( %•* *■■•- •, > JAHRBÜCHER für wissenschaftliche Botanik Begründet von Professor Dr. N. Pringsheim herausgegeben W. Pfeffer und E. Strasburger Professor an der Universität Leipzig Professor an der Universität Bonn Neunundvierzigster Band Mit 6 Tafeln und 40 Textfiguren. DUPLICATA DE LA BIBLIOTHEQUE ^x 6 ^ DU CONSEEVATCirE ECTAriQUE DE GENEVB ^. O '' ^^ ., ^, S ^ ^' "' VENDU EN 1922 ^' '?' ^'' ' ..,.---" Leipzig Verlag von Gebrüder Borntraeger 1911 Druck von E. Buchbinder, Neurnppin. Inhalt. Heft 1; ausgegeben im Januar 191t. Seite K. Shibata. Untersuchungen über die Chemotaxis der Pteridophyten-Spermn- tozoiden. Mit 3 Textfiguren 1 Teil I 1 Kapitel 1. Einleitung und Methodisches 1 Kapitel 2. Die Reizwirkung der organischen Säuren 5 Kapitel 3. Die Reizwirkung der Metallionen 15 Kapitel 4. Die Reizwirkung der H- und OH-Ionen 20 Kapitel 5. Die Reizwirkung der Alkaloide und der anderen organischen Basen 24 Kapitel 6. Relation zwischen Reiz- und Reaktionsgröße 39 Kapitel 7. Die Vielheit der chemotaktischen Sensibilitäten und deren Be- ziehungen untereinander 44 Ernst Lehmanil. Zur Kenntnis des anaeroben Wachstums höherer Pflanzen . 61 Versuche nach Wieler 67 Versuche nach Nabokich 80 Literatur -Verzeichnis 90 Rudolf Lieske. Beiträge zur Kenntnis der Physiologie von Sinrophyllum fenii- gineum, einem typischen Eisenbakterium. Mit 2 Textfiguren 91 Spirophyllum ferrugineuni EUis und GallioneUa ferruginea Ehrenberg . . 91 Die bisher in der Literatur erschienenen Arbeiten über die Physiologie der Eisenbakterien 96 Angaben in der Literatur über Kulturraethoden von Eisenbakterien ... 98 Über das Vorkommen der Eisenbakterien in der Natur 99 Herstellung von Reinkulturen von Spirophyllum ferrugineutn 100 Der Einfluß des Lichtes auf das Wachstum der Eisenbakterien 104 Der Einfluß der Temperatur auf das Wachstum der Eisenbakterien . . . . 105 Kulturen mit und ohne Eisen 107 Kulturversuche mit anderen Metallen 108 Über die Manganspeicherung der Eisenbakterieu 108 Kulturen mit Eisenoxydulkarbonat 109 Kulturen mit Eisenoxyd- und Oxydulsalzen 109 Der Einfluß des Luftsauerstoffes 111 Die Bedeutung der Kohlensäure 112 Vollkommener Ausschluß organischer Substanzen 112 Kulturen mit organischer Substanz 113 Quantitative Kohlenstoffbestimmung 114 Ist die Eisenspeicherung ein rein mechanischer Vorgang? 116 lY Inhalt. Seite Die Oxydation des Eisenoxydulkarbonates als Energiequelle 120 Zusammenstellung der hauptsächlichsten Resultate 125 Literatur -Verzeichnis 126 Hefl 2; ausgegeben im März 1911. Nicolas T. Deleano. Über die Ableitung der Assimilate durch die intakten, die chloroformierten und die plasmolysierten Blattstiele der Laubblätter. Mit 7 Textfiguren 129 Einleitung 129 Versuche mit Blättern von Vitis vinifera 133 Versuche mit Blättern 135 Vorversuche 136 Vorversuche für die Trockengewichtsmethode 143 Versuche mit operierten Blättern 150 Versuche mit Blättern, deren Blattstiel gebrüht worden war 156 Versuche mit chloroformierten Blättern 164 Ringelungsversuche 175 Zusammenfassung einiger Resultate 181 Literatur -Verzeichnis 186 Hans Fittingr. Untersuchungen über die vorzeitige Entblätterung von Blüten. Mit 3 Textfiguren 187 Abschnitt I. Der normale Blühvorgang bei Geranium pyrenaicum . . . 188 Abschnitt II. Vorzeitige Entblätterung von Blüten durch chemische Einflüsse 190 A. Erste Versuche mit Geranium pyrenaicum und ihre Analyse . . 190 B. Vorzeitige Entblätterung durch Laboratoriumsluft 192 C. Vorzeitige Entblätterung durch Kohlensäure 197 D. Vorzeitige Entblätterung durch andere Chemikalien 206 Abschnitt III. Vorzeitige Entblätterung durch thermische Einflüsse . . . 207 Versuche mit anderen Formen 218 Abschnitt IV. Vorzeitige Entblätterung infolge von Ersclüitterungsreizen . . 220 Abschnitt V. Vorzeitige schnelle Entblätterung durch die Bestäubung . . 224 Ab.schnitt VI. Vorzeitige Entblätterung durch Verwundung der Narben oder Griffel 228 Abschnitt VII. Charakter des Entblätterungsvorganges 229 A. Wärmestarre 229 B. Starre durch Sauerstoffmangel 232 C. Anästhesierung 234 D. Nachwirkung der Wärme 234 E. Suraniation unterschwelliger Einzelreize 237 F. Abklingen des induzierten Vorganges 238 Abschnitt VIII. Die Mechanik der vorzeitigen schnellen Entblätterung . 239 A. Anatomische Befunde 239 B. Versuche und Beobachtungen über die Art der Trennung .... 241 C. Mechanik der Zellentrennung bei der vorzeitigen Entblätterung . 244 Abschnitt IX. Diskussion der Tatsachen 246 Abschnitt X. Zusammenfassung der wichtigsten Ergebnisse 259 Zitierte Literatur 262 Inhalt. V Seite Heft 3; ausgegeben im Mai 1911. Jos. Schiller. Beiträge zur Entwicklungsgeschichte und Physiologie des pflanz- lichen Zellkerns. I. Die Kerne von Anüthamnion criiciatum f. tewdssima Hauck und Anüthamnion lüumula (Ellis) Thur. Mit Tafel I und II und 15 Textfiguren 267 A. Anüthamnion ci'uciaüim f. tenuissima 269 B. Anüthamnion plunmla, (Ellis) Thur 28.5 Das Verhalten gegenüber Keagentien 295 Zusammenfassung der wichtigsten Resultate 303 Figuren -Erklärung 305 Theodor Porodko. Über den Chemotropismus der Pflanzenwurzeln. Mit 4 Textfiguren 307 Einleitung 307 Literaturübersicht 308 Untersuchungen von Sammet 311 Untersuchungen von Lilienfeld 316 Untersuchungen von Cholodnyi 321 Eigene Untersuchungen 322 Aufgabe derselben 323 Agar-agar als Medium für Diffusionsversuche 324 Die Gefäße für Diffusionsversuche 327 Die Anstellung des Diffusionsversuches 328 Quellen der Versuehsfehler . 333 Erklärung der Tabellen 338 Experimentelles .... 340 Das Verhalten der Wurzeln im Diffusionsstrome 340 Über die Natur der im Diffusionsstrome an Luplnus -Wurzeln auf- tretenden Krümmungen 363 Versuche mit geköpften Wurzeln 365 Versuche zur Feststellung der Reiz- und Unterschiedsschwelle bei den XfMjMWMs -Wurzeln , die sich im Diffusionsstrome von MgClj befinden 371 Über den Einfluß der Dauer des Versuchs auf die Resultate desselben 375 Hypothese zur Erklärung des Verhaltens der Liqrinus -Wurzeln im Diffusionsstrome 381 Schluß 385 F. Tobler. Zur Biologie von Flechten und Flechtenpilzen. I. II. Mit Tafel III und 1 Textfigur 389 I. Über die Beziehungen einiger Flechtenparasiten zum Substrat .... 389 Einleitung 389 1. Phacopsis vulpina Tul 393 2. Karschia destructans mihi 400 3. Systematische Kontroversen, biologisch gelöst 404 Literatur -Verzeichnis 408 II. Die Entwicklung der C/arfo«ta -Soredien .... 409 1. Kulturversuche mit Soredien 409 2. Natürliches Vorkommen sich entwickelnder Soredien 414 Literatur -Verzeichnis 416 Erklärung der Tafel - Figuren . . .. . . 416 VI Inhalt. Seite HefU 4; ausgegeben im Juli 191t. Fritz Mttller. Untersuchungen über die chemotaktische Reizbarkeit der Zoosporen von Cliytridiaceen und Saprolegniaceen 421 Einleitung 421 Kapitel I. Material und seine Kultur 426 „ II. Methodik und Fehlerquellen 4.34 „ III. Die positive Chemotaxis 437 „ IV. Physiologische Qualität der Chemotaxis 4 64 „ V. Das Verhalten der osmotisch wirksamen Stoffe 4G8 „ VI. Die Repulsion durch die freien Säuren und Alkalien . . . . 469 ^ VII. Das Verhalten der Schwermetallionen 476 „ VIII. Das Verhältnis zwischen Reizintensität und Reaktionsgröße . . 478 „ IX. Über die spezifischen, voneinander unabhängigen Sensibilitäten der Saiirolegnia -Zoospoien für die Proteinkörper und die Phosphat -Ionen 486 „ X. Die Inkonstanz der chemotaktischen Sensibilität 489 „ XI. Die Aerolaxis der untersuchten Schwärmsporen 497 „ XII. Über die Wirkung der Narcotica auf die Chemotaxis der Zoo- sporen von Ehiz. poUinis und Rhiz. sphaerotheca . . . 499 „ XIII. Phototaxis der Schwärmsporen von Rhiz. pollinis 506 „ XIV. Allgemeine und biologische Betrachtungen 508 „ XV. Zusammenfassung der Hauptresultate 519 Ueruiaiiti Wacker. Physiologische und morphologische Untersuchungen über das Verblühen. Mit Tafel IV— VI und 5 Textfiguren 522 Monocotyleac 524 1. Abfallen der Perigonblätter als Abschluß des Verblühens . . . 524 2. Langsames Absterben und Vertrocknen der Perigonblätter am Fruchtknoten 532 3. Vergrünen des Perigons 536 Iridaceae 537 1. Blüten, deren Perigon ganz langsam vertrocknet und verwittert, ohne sich abzulösen 537 2. Blüten, deren Perigon sich kurze Zeit nach dem Abblühen vom Fruchtknoten ablöst 543 Dicotyleae 548 A. Choripetaleae 548 1. Abfallen der Blumenblätter ohne vorheriges Welken .... 548 2. Abfallen der Blumenblätter mit vorhergehendem Welken . . 552 B. Sympetaleac 561 I. Blüten mit abfallenden Kronen und Staubfäden 561 II Blüten mit am Fruchtknoten vertrockneten Korollen, die sich nie ablösen oder sehr spät durch den wachsenden Fruchtknoten abgetrennt wei-den 570 Histologisches 571 Zusammenfassung 575 Literatur -Verzeichnis 578 Erklärung der Tafel - Figuren 578 Inhalt. VII Seite (rerold Stahel. Stickstoffbindung durch Pihe bei gleichzeitiger Ernährung mit gebundenem Stickstoff 579 I. Isolierung und Kultur der Pilze auf Agar ohne Zusatz von gebundenem Stickstoff 579 II. Kultur auf Kieselsäuregallerte ohne gebundenen Stickstoff 585 1. Darstellung der Kieselsäure 585 2. Wachstum der Pilze auf den Kieselsäure -Platten ohne Zugabe von Stickstoffverbindungen 589 III. Quantitative Analysen von Kulturen mit stickstofffreier und stickstoff- haltiger Nährlösung 594 1. Macrosponum, commune 598 2. Honnodendrum cladosporioides 600 3. AÜemana tenuis 601 4. Bispora molinioides 602 5. Botrytis cinerea, Melanoimna, Epicoccum p'urpurascen.i .... 603 6. Penicillium glaueum, Aspergillus niger 604 7. Einige Beispiele von Stickstoffbindung bei Bakterien und allgemeine Bemerkungen 607 IV. Schlußbetrachtung ' 609 Zusammenfassung der Resultate 612 Literatur -Verzeichnis 614 Verzeichnis der Tafeln. Tafel T n. Tl. Beitrüge zur Entwicklungsgeschichte und Physiologie des pflanzlichen Zellkerns. I. Die Kerne von Antithamnion cnieiatiim f. tenuissima Hauck und Antithamnion plumula (Ellis) Thur. Jos. Schiller. Tafel III. Zur Biologie von Flechten und Flechtenpilzen. I. II. F. Tob 1er. Tafel IV— VI. Physiologische und morphologische Untersuchungen über das Verblühen. Hermann "Wacker. Alphabetisch nach den Namen der Verfasser geordnetes Inhaltsverzeichnis. Seite Nicolas T. Deleano. Über die Ableitung der Assimilate durch die intakten, die chloroformierten und die plasmolysierten Blattstiele der Laubblätter. Mit 7 Textfiguren 129 Haus Fittiugf. Untersuchungen über die vorzeitige Entblätterung von Blüten. Mit 3 Textfiguren 187 Brust Lehmann. Zur Kenntnis des anaeroben Wachstums höherer Pflanzen 61 Rudolf Lieske. Beiträge zur Kenntnis der Physiologie von Spirophylhim fernt- gineum, einem typischen Eisenbakterium. Mit 2 Textfiguien 91 Fritz Müller. Untersuchungen über die chemotaktische P.eizbarkeit der Zoosporen von Chytridiaceen und Saprolegniaceen 421 Theodor Porodko. Über den Chemotropismus der Pflanzenwurzeln. Mit 4 Textfiguen 307 Jos. Schiller. Beiträge zur Entwicklungsgeschichte und Physiologie des pflanz- lichen Zellkerns. I. Die Kerne von Anfithamnion cruciatmn f. tenuissima Hauck und Antithamnion plumula (Ellis) Thur. Mit Tafel I und II und 15 Textfiguren 267 K. Shibata. Untersuchungen über die Chemotaxis der Pteridophyten - Spernia- tozoiden. Mit 3 Textfiguren 1 Gerold Stahel. Stickstoffbindung durch Pilze bei gleichzeitiger Ernährung mit gebundenem Stickstoff 579 F. Tobler. Zur Biologie von Flechten und Flechtenpilzen I. II. Mit Tafel III und 1 Textfigur . 389 Hermann Wacker. Physiologische und morphologische Untersuchungen über das Verblühen. Mit Tafel IV bis VI und 5 Textfiguren 522 LmHA«V Untersuchungen über die Chemotaxis der Pteridophyten-Spermatozoiden. Von K. Shibata. Mit 3 Textfiguren. Teil 1. Kapitel I. Einleitung und Methodisches. Meine frühere Arbeit über die Chemotaxis der i^oe^e^-Spermato- zoiden^), die ich im Anschluß an die klassischen Untersuchungen Pfeffers ^) über die Farn-Samenfäden ausführte, hat schon einige neue Gesichtspunkte bezüglich jener merkwürdigen chemischen Reiz- erscheinung eröffnet und den Wunsch gerechtfertigt, die betreffende Erforschung auf die übrigen Pteridophyten-Spermatozoiden auszu- dehnen. Die Samenfäden von Sälvinia und Equisetum wurden sodann in den Kreis der Untersuchung gezogen und einige der damals gewonnenen, wichtigeren Ergebnisse habe ich bereits in einer Reihe von vorläufigen Mitteilungen^} publiziert. Meine erste Absicht war, womöglich alle wichtigeren Repräsentanten der Gefäß- Kryptogamen-Klassen nach den chemotaktischen Eigenschaften ihrer Samenfäden zu durchforschen. Aber es hat sich bald herausgestellt, 1) K, Shibata, Studien über die Chemotaxis der Jsoefes-Spermatozoiden. Jahrb. f. wiss. Bot., Bd. XLI, 1905, S. 561. 2) W. Pfeffer, Locomotorische Richtungsbewegungen durch chemische Keize. Unters, a. d. botan. Inst. Tübingen, Bd. I, 1884, S. 363. 3) K. Shibata, Studien über die Chemotaxis der /Safeimo-Spermatozoiden. V.M. Bot. Mag. Tokyo, Vol. XIX, 1905, S. 39. — K. Shibata, Über die Chemotaxis der Spermatozoiden von Equisetum. Y. M. Bot. Mag. Tokyo, Vol. XIX, 1905, S. 79. — j K. Shibata, Weitere Mitteilung über die Chemotaxis der ^gwise^MTO- Spermatozoiden. (^ Bot. Mag, Tokyo, Vol. XIX, 1905, S. 126. ir:) Jahrb. f. wiss. Botanik. XLIX. 1 -< 2 K. Shibafa, daß die chemische Reizbarkeit der Samenfäden viel kompliziertere Verhältnisse darbietet, als man bisher allgemein glaubte, was noch durch intensivere Beschäftigung mit den weniger zahlreichen Leit- objekten im näheren aufzuklären ist. Die Lösung dieser Aufgabe habe ich also jahrelang, freilich mit einigen Unterbrechungen, an- gestrebt und die Früchte dieser Untersuchungen sollen in der vor- liegenden Arbeit zusammengetragen werden. Die experimentellen Materialien sind indes so stark angehäuft'), daß ich in der nach- folgenden Darstellung vielfach etwas summarisch verfahren mußte. Seit dem Erscheinen meiner Zsoe^e^- Arbeit, in welcher frühere Literatur zusammengestellt ist, wurden zwei Arbeiten veröffentlicht, die sich unmittelbar an unser Thema anschließen; nämlich, die vorläufige Mitteilung Lid forss'^) über die Chemotaxis der Equisetum- Samenfäden und die Arbeit von Bruchmann ^) über die Lycopodium- Spermatozoiden. Die erstere erschien fast gleichzeitig mit meinem vorläufigen Bericht, der sich auf das gleiche Objekt bezieht. Bruchmann hatte das Glück, über die schwer zugänglichen Lyco- ^o^mm-Prothallien zu verfügen, und konstatierte in willkommener Weise, daß das spezifische Chemotaktikum für die Lycopodium- Samenfäden Zitronensäure ist. Unter den neueren die Chemotaxis der freibeweglichen Mikroorganismen behandelnden Arbeiten sind hier nur zu erwähnen die Kniepschen*) Untersuchungen über die Bakterien, welche in der Fragestellung mancherlei Berührungspunkte mit den meinigen aufweisen. Die Versuchsmethodik für die Zsoe^e^-Spermatozoiden habe ich schon früher des näheren beschrieben^). Die Lebenszähigkeit der gekeimten Mikrosporen resp. -Prothallien von Isoetes ist über- raschend groß; die im späten Herbst gesammelten, reifen Mikrosporen mit Leitungswasser in einer Pe tri -Schale ausgesät und ruhig in eine reine Atmosphäre gestellt, lassen die Spermatozoiden nach anderthalb Jahren noch reichlich ausschwärmen. K. Fujii^) hat inzwischen die interessante Entdeckung gemacht, daß die Mikro- 1) Die Protokoll-Nummern der Versuche betrugen etwa 5000. 2) B. Lidforss, Über die Chemotaxis der JE'ga/sei«»!.- Spermatozoiden. Ber. d. Deutsch. Bot. Ges., Bd. 23, 1905, S. 314. 3) H. Bruchmann, Von der Chemotaxis der Lycojporöwtm-Spermatozoiden. Flora, Bd. 99, 1909, S. 193. 4) H. Kniep, Untersuchungen über die Chemotaxis von Bakterien. Jahrb. f. wiss. Bot., Bd. XLIII, 19Ü6, S. 215. 5) K. Shibata, Jahrb. f. wiss. Bot., Bd. XLI, 1905, S, 563. C) K. Fujii, Bot. Mag. Tokyo, Vol. XXIV, 1910, Nr. 278, S. 75. Untersuchungen über die Chemotaxis der Pteridophyten-Spermatozoiden. 3 prothallien von Isoetes unter Reizwirkung gewisser Bestandteile des Leuchtgases unfehlbar ihre Spermatozoiden entlassen. Die Nutz- anwendung dieser merkwürdigen Tatsache hat die Versuche mit den Zsoe^e^- Samenfäden wesentlich erleichtert. Man nimmt eine kleine Menge von den vorher gut ausgewaschenen J^oe/e^-Mikro- prothallien ^) in einem Tropfen destillierten Wassers auf dem Objekt- träger, der einige Sekunden auf die Mündung eines Kölbchens, das das mit Leuchtgas gesättigte Wasser enthält, gehalten wird. Hierauf sieht man nach kurzer Zeit die von Mikrosporen entlassenen Spermato- zoiden sehr reichlich im Außenmedium umherschwärmen. Das Präparat wird mit der Kapillare beschickt, mit dem Deckglas be- deckt und ist dann zur Beobachtung fertig. Diese kurze Behandlung mit den flüchtigen Gasbestandteilen beeinflußt in keiner Weise die chemotaktische Sensibilität der Samenfäden, was aus der Schwellen- bestimmung usw. deutlich hervorgeht. Die im Herbst gesammelten, reifen Sporokarpien von Salvinia natans Hoffm., die im Wasser im kalten Raum aufbewahrt wurden, liefern während mehrerer Monate (November — Mai) reichliches Spermatozoiden-Material. Die Beschafi"ung des letzteren geschieht immer in sehr einfacher Weise. Man nimmt zu diesem Zweck eine Anzahl der männlichen Sporokarpien bezw. Sori in eine mit destil- liertem Wasser beschickte Glasdose, die in den Thermostaten bei ca. 250 — 30 "C gestellt wird. Schon nach wenigen Tagen treten die Prothalliumschläuche durch die Wandung der Mikrosporangien hervor. Diese Inkubationszeit beträgt im Spät-Herbst, also bald nach dem Reifen der Sporokarj^ien, etwa 6 Tage, und verkürzt sich immer mehr gegen die Frühjahrsmonate. Eine kleine Menge dieser keimenden Mikrosporangien, auf den Objektträger gebracht, gut ausgewaschen ^) und mit einem Tropfen destillierten Wassers versetzt, läßt unter leisem Druck des Deckglases reichliche Spermatozoiden heraustreten. Der spiralig gewundene Körper dieser Samenfäden trägt am Vorderende zahlreiche Zilien und ist am hinteren Teile in einem zarten plasmatischen Bläschen eingeschlossen, welches mehrere winzige Stärkekörnchen enthält. Die Schwärmperiode der Samenfäden ist ziemlich lang und dauert in max. etwa 2'/ä Stunden. Die von Bläschen entblößten Samenfäden sind wesentlich kurzlebiger, 1) Bei den vorliegenden Untersuchungen wurden, außer Isoetes japonica, vielfach auch I. eehinospora angewandt. 2) Durch wiederholtes Zusetzen und Absaugen des reinen Wassers. 1* 4 K. Shibata, aber sie erfahren dabei keine Veränderung der chemotaktischen Reizbarkeit. Die frisch geemteten Sporen von Equisetum arvense L. wurden Ende März auf mit Leitungswasser durchtränkten Stückchen eines alten japanischen Dachziegels ausgesät, der sich in einer mit Deckel versehenen Kristallisierschale befand. Die Kulturen wurden ans Nordfenster des Laboratoriums gestellt. Die Substrate und die Grefäße wurden vorher im Dampftopf sterilisiert, um die störende Algen- und Pilzvegetation hintanzuhalten. Trotz aller Kautelen fallen jedoch die wachsenden ProthaUien zuweilen der sich rasch verbreitenden Infektion der parasitären Pilze anheim. Deshalb ist es geboten, eine ganze Reihe der Kulturen gleichzeitig anzustellen. Die Dichtsaat der Sporen ist zumeist vorteilhaft, da sie kleine ProthaUien hervorbringt, welche verhältnismäßig frühzeitig Antheridien tragen. Die ersten Spermatozoiden kommen dabei gewöhnlich nach IV2 — 2 Monaten zum Vorschein. In den sauber gehaltenen Kul- turen zeigen die ProthaUien öfters eine sehr lange Lebensdauer, die sich sogar über ein Jahr hinaus erstrecken kann. Bei der Aus- führung der Versuche werden die ProthaUien mittels feinen Pinsels oder kleiner Glasnadel vorsichtig von dem Substrat abgehoben, auf den Objektträger gebracht und durch Beträufeln mit destilliertem "Wasser ausgewaschen. Bald nach sanftem Auflegen des Deckglases sieht man die Spermatozoiden aus reifen Antheridien hervortreten und im umgebenden Wasser flink umherschwärmen. Es muß hierbei darauf geachtet werden, daß die ProthaUien bei dieser Manipulation keine Verletzung erleiden. Sonst sammeln sich die Samenfäden sehr leicht an verwundeten Stellen der Prothalliumzellen, welche anscheinend gewisse chemotaktisch wirksame Stoffe enthalten, und dadurch wird ihre chemotaktische Reaktion gegen die zugeschobene Kapillare öfters völlig aufgehoben. Die ProthaUien der Farne') wurden auch durch die Aussaat der reifen Sporen gewonnen. Bei den vorliegenden Untersuchungen kam überall die bekannte Pfeffersche KapiUarmethode zur Anwendung. Die Experimente mit den Zsoe^es-Samenfäden wurden gewöhnlich mit den Kapillaren von 50 — 100 jtt Kaliber ausgeführt. Für die übrigen Samenfäden- arten sind die etwas breiteren als die vorigen von Vorteil. Die Lösungen wurden in die an einem Ende zugeschmolzenen Kapillaren 1) Qymnogramme sulfurea Desv. und Osmunda javanica Bl. Untersuchungen über die Chemotaxis der Pteridophyten-Spermatozoidcn. 5 wie gewöhnlich unter der Luftpumpe injiziert. Die benutzten reinen Chemikalien stammten zumeist aus den Firmen E. Merck und A. F. Gr. Kahlbaum und wurden zum Teil für meinen Zweck neu dargestellt. Die Herstellung der Lösungen geschah womöglich stets nach dem molaren System. Die sämtlichen Versuche wurden bei Zimmertemperatur angestellt. Die der vorliegenden Arbeit zugrunde liegenden Experimente wurden teils in Tokyo, teils in Sapporo ausgeführt. Dem Vorstand des Tokyoer botanischen Instituts, den Herren Professoren J. Matsumura und M. Miyoshi bin ich für ihre wohlwollende Unterstützung tief- gefühlten Dank schuldig. Ferner den Herren Professoren K. Fujii und R. Majima, sowie meinem Bruder Priv.-Doz. Dr. Y. Shibata, die alle meine Arbeit durch Rat und Tat beförderten, spreche ich hier meinen verbindlichsten Dank aus. Im vorliegenden 1. Teil will ich mich ausschließlich mit der positiven Chemotaxis der untersuchten Spermatozoiden beschäftigen, während im demnächst folgenden 2. Teil die Repulsionserscheinungen, Art und Weise der chemotaktischen Reaktionen, die Beeinflussung der chemotaktischen Sensibilität durch die indifferenten (d. h. chemo- taktisch unwirksamen) Stoffe usw. näher behandelt werden. Einige allgemeine Betrachtungen sollen auch dort Platz finden. Kapitel 2. Die Reizwirl(ung der organischen Säuren. Die Spermatozoiden von den bisher untersuchten Pteridophyten, mit Ausnahme von Marsüia^) und Lycopodmm^), reagieren topo- chemotaktisch auf Apfelsäure und deren Salze, oder genauer aus- gedrückt, auf das Malat-Jon. Die hervorragenden Reizeffekte des letzteren hat man schon bei den Farnen^), Selaginella^) und Isoeies^) sehr eingehend geschildert, und man kann sich hier für die übrigen Fälle bloß mit kurzem Hinweise auf die Reizschwelle usw. begnügen. 1) "W. Pfeffer, Locomotorische Kichtungsbewegungen durch chemische Reize. Unters, a. d. botan. Inst. Tübingen, Bd. I, 1884, S. 423. 2) H. Bruchmann, Von der Chemotaxis der Lycojjoeimwi-Spermatozoiden. Flora, Bd. 99, 1909, S. 193. 3) W. Pfeffer, a. a. 0., S. 373. 4) "W. Pfeffer, a. a. 0., S. 422. 5) K. Shibata, Studien über Chemotaxis der Jsoc /lOO 0 a, aa 0 0 X CHj.COOH Jr /lOOO 0 Äpfelsäure CH(OH).COOH ;Ao a. a« a. a. a. 1 /lOO a. a. a» aa aa CHj.COOH 1/ /lOOO aa 33 a. a. a. /lOOOO El aj— a. 32 aj aa /16000 ? ao a, a. ai /20000 0 a, 0 0 0 d -Weinsäure CH(OH).COOH 1 /lOO 0 aa aj— a, 0 0 X CH(OH).COOH 1/ 0 Traubensäare CH(OH).COOH 1 20 0 a, as 0 0 X CH(OH).COOH /50 '.100 /lOOO aa a, 0 Mesoweinsäure CH(OH).COOH V.o »3 aa a, a, as 1 /lOO a, aa— a, a. a. a, CH (OH). COOK /soo »S 0 a, a2 ai 1/ /lOOO a. aj a, 0 /jooo a« a, 0 /5000 a2 0 /lOOOO a, /20000 0 Monobrombemsteinsäure CH . Br . COOH ;Ao 0 a. a. aa a, 1 '50 a. aj aj »2 CHj . COOH /lOO aa aj — a. a. a, V500 /lOOO &2 0 0 0 a, /aono 0 Dibrombemsteinsäure CH.Br.COOH 1 VlO 1/ '50 0 aj aa 0 0 X OH . Br . COOH VlOO /200 /lOOO a-2 a, 0 Isodibrombernsteinsäure CH • Br . COOH 1 /lOO 0 aa aa 0 0 0 CH . Br . COOH /600 /lOOO a^ ai 0 Untersuchungen über die Chemotaxis der Pteridophyten-Spermatozoiden. Anion von Konzentration in Mol Equi- setum Isoetes Sal- Os- munda Gymno- gratiime Fumarsäure H • C . COOH II COOH . C • H Maleinsäure H • C . COOH II H'C'COOH Mesakonsäure CH, . C • COOH II COOH . C . H Zitrakonsäure CHg • C . COOH 11 H . C • COOH /lOO /200 V500 /lOOO Itakonsäure CH2 11 C . COOH 1 CHa . COOH /lOO 1/ /2ÜÜ 1/ /lOüO Korksäure CH2 • COOH % 1 (CH,), 1 CH, . COOH /50 /lOO '200 /lOOO Sebazinsäure CH, • COOH Jr 1200 /lOOO 1 (CH,). 1 CH,.COOH Zuckersäure CH • OH • COOH > 1 (CH . OH), 1 /lOO /lOOO CH . OH • COOH /lOO 1/ /200 /lOOO /lOO /500 /lOOO /lOOOO /15000 /20000 1/ /so /lOO /200 /lOOO a,-? 0 " ? ^2 aj 9 — ? X X 10 K. Shibata, Anion von Konzentration in Mol Eqid- setum Isoetes Sal- vinia Os- Gyrnno- munda gramine Schleimsäure C'H . OH . COOH I (CH • OH), I CH . OH • COOH Glutarsäure CHj . COOH I CHj I CH, . COOH Asparaginsäure CH.NH,.COOH I CHj . COOH Glutaminsäure CH-NHj-COOH I CH, I CH, • COOH d - Kampfersäure CH, — CH-COOH I I CH, — C'CHj.COOH Isokanipfersäure CH, — CH-COOH I I CHj.C'CH, I I CH, — C.CH,.COOH Phtalsäure COOH COOH Terephtalsäure COOH COOH a-Truxillsäure C^H^-CH CH.COOH I I COOH • CH CH • CgH, i'r /lOO 1/ / lu V50 1/ 1 / 2on 1/ /lOO 1/ /lOOO V.o 1/ /lOO /lOOO ''r /lOO 1/ /lOOO •Ao V /50 1/ / 200 '500 /lOO /lOOO Vxo /lOO /lOoo Vxo Vioo /lOOO Untersuchungen über die Chemotaxis der Pteridophyten-Spermatozoiden. 11 Auion von Konzentration in Mol Equi- setum Isoetes Sal- vinia Os- munda Gymnv- yramme Äthenyltrikarbonsäure ^y COOH COOH CHj.COOH 1 / in 1/ /so 1 200 X a» aj a. 0 0 X X Zitronensäure CHj . COOH 'Ao 0 0 0 X X C (OH). COOH 1 100 1 / /lOOO CHj . COOH Akonitsäure CHj'COOH 1 / /lO 0 0 0 X X 1 C-COOH /lOO /lOOO CH . COOH Agarizinsäure CieHgj 'Ao 0 a» 0 X X 1 CH.COOH 1/ /lOO 1/ »3 ao 1 C(OH).COOH(?) 1 /sog 1 ' / 1 ooo a. ?— 0 CH, . COOH Ein Überblick obiger Tabelle erschließt in erster Linie die hochwichtige Tatsache, daß die Pteridophyten-Spermatozoiden aus differenten Verwandtschaftskreisen eine durchgehende Verschiedenheit bezüglich der chemotaktischen Reizbarkeit aufweisen. Man nimmt zunächst bei Equisetum wahr, daß seine Spermatozoiden nur von Apfelsäure und Mesoweinsäure, und zwar in fast gleichem Grade, topotaktisch angelockt werden. Die Samenfäden von Isoetes einer- seits, und die von Salvinia und Farnen andererseits, zeigen den schon erwähnten, merkwürdigen Gegensatz in ihrem Verhalten gegen die beiden geometrischen Isomere, Fumarsäure und Maleinsäure, i. e. die ersteren sind „fumarophil" und die letzteren „maleinophil" ^). 1) In meiner vorläufigen Mitteilung (Bot. Mag. Tokyo, Vol. XIX, 1905, S. 40) sind die interessanten Versuche beschrieben, wobei dem Gemenge der Samenfäden von Isoetes und Salvinia gleichzeitig zwei Glaskapillaren, je mit Yso — Vioo ^"^ fumarsaurer resp. maleinsaurer Natriumlösung beschickt, zugeschoben wurden. „Es ist nun sehr fesselnd zu beobachten, daß hierauf das bunte Durcheinanderschießen beider Samenfäden- arten sich löst, und die Spermatozoiden von Salvinia unfehlbar in die nialeinsäurehaltige Kapillare hineineilen, während sich fast alle Jsoe^es - Samenfäden in der fumarsäure- haltigen ansammeln". 12 K. Shibata, Das Verhalten der Samenfäden gegen Mesakonsäure (Methylfumar- säure) und Zitrakonsäure (Metliylmaleinsäure) entspricht, wie man sieht, genau diesem Schema. Es sei nur beiläufig bemerkt, daß bei Salvinia die Reizwirkung der Maleinsäure jener der Apfelsäure fast ebenbürtig ist, aber der Reizwert der Zitrakonsäure, die durch die Substitution eines H- Atoms in der Maleinsäure durch die CHs- Gruppe entsteht, schon nur etwa Vso des letzteren, nach ihrem Schwellenwerte bemessen, beträgt. Es liegt auf der Hand, anzunehmen, daß das ausschlaggebende Moment in jenem Gegensatz der Reizwirkung bei den genannten Stereoisomeren nichts anderes ist, als die räumliche Anordnung der Radikale, insbesondere der Karboxyl- Gruppen. Die voneinander entfernte Lage oder sogenannte Trans-Stellung der beiden Karboxyl- gruppen in Fumarsäure bedingt also ihre Wirksamkeit gegen die Zsoe^es-Samenfäden, während Maleinsäure mit den Karboxylgruppen in der Nachbar- oder Cis- Stellung die filicoiden Spermatozoiden topotaktisch reizen kann. Auch die Wirkungsweise der Kampfer- säuren ^) auf die i^oe^e^- Samenfäden findet eine trefi'ende Erklärung in ihrer Cis-Trans-Isomerie. Von diesem Gesichtspunkte aus betrachtet, erscheint es wohl verständlich, daß die Zsoe^e^- Samenfäden von mehreren Dikarbon- säuren angelockt werden, welchen wahrscheinlich die fumaroide Konfiguration, d. h. die Trans-Stellung der Karboxylgruppen, zu- kommt. Was zunächst die Bernsteinsäure anlangt, so nimmt man nach Bethmann'^) allgemein an, daß ihm die Raumformel mit Trans-Stellung der Karboxylgruppen zuzuschreiben ist. Mit Hilfe der bekannten Van t 'Hoff sehen Tetraedermodelle ist man hin- länglich zur Vorstellung gelangt, daß die freie Rotation um die die beiden Kohlenstofi"atome verbindende Achse das ganze System in die einzige stabile Gleichgewichtslage bringt, oder höchstens oszillatorische Bewegungen um dieselbe zuläßt"). Diese einzige fixierte Lagerung ist bei Bernsteinsäure, nach der Beweisführung Bethmanns, die Trans-Form (Fig. 1). Man kann mit gutem Grund annehmen, daß dies auch der Fall ist bei d-Weinsäure, Trauben- 1) d - Kampf ersäure besitzt die Karboxyle in der Cis- und Isokampfersäure in der Trans-Stellung. Vgl. hierzu z. B. A. Stewart, Stereochemistry. London 1907, S. 145. 2) H. G. Bethmann, Über die Affinitätsgrößen einiger organischer Säuren und ihre Beziehungen zur Konstitution derselben. Zeitschr. f. physik. Chemie, 1890, S. 408. 3) J. Wislicenus, Über die räumliche Anordnung der Atome in organischen Molekülen. Abhandl. d. Kgl. sächs. Gesellsch. d. Wiss., Bd. XIV, 1887, S. 15. Untersuchungen über die Chemotaxis der Pteridophyten-Spermatozoiden. 13 COOK säure ^), Dibrombernsteinsäure, Isodibrombemsteinsäure ^), Itakon- säure ^), Korksäure ^), Sebazinsäure') und Glutarsäure ^), welche alle in der Tat auf die i^oe^es-Samenfäden eine anlockende Wirkung ausüben. Die Länge der Kohlen- stoffkette, wie man sieht, bleibt hier ohne wesentlichen Einfluß. Die Wirkungslosigkeit der übrigen, wahr- scheinlich auch fumaroiden Dikarbon- säuren dürfte man vielleicht auf die größere Abweichung in struktureller Hinsicht zurückführen; so bei Zucker- säure und Schleimsäure auf die starke Anhäufung der OH-Gruppen, bei Asparaginsäure und Glutamin- säure auf die Anwesenheit der NHo- Gruppe und die dadurch bedingte Eigenschaft als monobasische Säure, und ferner bei Terephthalsäure und a-Truxillsäure auf ihren Besitz des Benzolkerns. Aus ähnlichem Grunde wirken auch einige maleinoide, d. h. die Karboxylgruppen in 1) Die die optische Isomerie bedingende Kaumanordnung der Atome hat hierbei keine Bedeutung für die chemotaktische Wirkung, weil Traubensäure denselben Schwellen- wert wie die d -Weinsäure aufweist. 2) Daß Isodibrombemsteinsäure, wenigstens in den wässerigen Lösungen, dieselbe Konfiguration bezüglich der Stellung der Karboxylgruppen wie Dibrombernsteinsäure zeigt, geht auch aus der Beobachtung P. Waldens hervor, daß die Bestimmung des Leitver- mögens übereinstimmende Werte für beide Säuren ergibt. Vgl. hierzu P. Waiden, Zeitschr. f. physik. Chemie, 1891, S. 471. 3) Die Trans-Stellung der Karboxyle in Molekülen von Itakonsäure, Korksäure, Sebazinsäure und Glutarsäure ergibt sich schon aus den kleinen Werten ihrer Affinitäts- konstanten, wie es der Vergleich folgender Zahlen deutlich zeigt. Die eis -Säure K Maleinsäure 1,17 Zitrakonsäure .... 0,340 Die Trans -Säure K Bernsteinsäure . . 0,00665 Fumarsäure . . 0,093 Mesakonsäure . 0,0794 Itakonsäure . . . 0,0120 Korksäure . 0,00311 Sebazinsäure . . . 0,00234 Glutarsäure . . . 0,00475 Vgl. hierzu W. Ostwald, Über die Affinitätsgrößen organischer Säuren und ihre Be- ziehungen zur Zusammensetzung und Konstitution derselben. Zeitschr. f. phyhsik. Chemie, 1889, S. 174; H. ö. Bethmann, a. a. 0., S. 401, 409; P. Waiden, a. a. 0., S. 502. u K. Shibata, Cis-Stellung aufweisende Dikarbonsäuren nicht chemotaktisch auf die filicoiden Samenfäden; so z. B. d-Kampfersäure und Phthalsäure. Eine sehr wichtige Frage erhebt sich nun: Wie und warum vermögen Apfelsäure, Monobrombernsteinsäure und Mesoweinsäure auf die beiden Samenfäden-Arten, fumarophile sowohl wie maleino- phile, einen chemotaktischen Reiz auszuüben? Unsere heutigen chemischen Kenntnisse über dieKonfigurationdergenannten Dikarbon- säuren sind noch nicht imstande, hierüber befriedigenden Aufschluß zu geben. Man könnte aber vielleicht die Schwierigkeit durch die Annahme mildern, daß bei Äpfelsäure die freie Rotation um die gemeinsame Achse beider Tetraeder eine beschränkte ist, und durch CO OH COOK CO OH gegenseitige Beeinflussung der Radikale zweierlei Stabillage möglich sind, deren eine der Trans-Stellung (Fig. 2) und deren andere der Cis-Stellung der beiden Karboxylgruppen entspricht'). Wenigstens hat schon Ab e rso n ^) für die Crassulaceen- Apfelsäure die beistehende Konfigurationsformel (Fig. 3) vorgeschlagen. Das Ebengesagte gilt ohne weiteres auch für Monobrombernsteinsäure, wobei Br an Stelle der OH-Gruppe in obiger Raumformel auftritt. Auch bei Mesowein- säure erscheint die Feststellung der zwei stabilen Lagen, Trans- und Cis-Form, nicht unannehmbar, besonders nnter Zuhilfenahme 1) Es ist freilich nicht ausgesclilossen , daß diese oder jene Stabillage erst beim Kontakt mit der reizbaren Plasraastruktur der Samenfäden eingenommen wird. 2) J. H. Aberson, Ber. d. d. ehem. Gesellsch., 1898, S. 1432. Untersuchungen über die Chemotaxis der Pteridophyten-Spermatozoiden. 15 der Bischoffschen dynamischen Theorie^). Wir wollen jedoch die hier aufgerollte Frage nicht weiter diskutieren und die gewünschte Aufklärung lieber der berufeneren Seite überlassen. Nach vorliegender Tatsache kann man ferner darüber keine Entscheidung treffen, ob die ^'gwi^e^i^w-Spermatozoiden den maleino- philen oder den fumarophilen anzureihen sind. Von den Trikarbonsäuren sind Zitronensäure und Akonitsäure ohne jedwede Reizwirkung auf die untersuchten Spermatozoiden. Es ist indes sehr bemerkenswert, daß der Athenyltrikarbonsäure, welche durch Substitution von einem H-Atom durch Karboxyl direkt von Bernsteinsäure ableitbar ist, noch eine chemotaktische Wirksamkeit auf die Zsoef 65- Samenfäden innewohnt. Auf weitere biologische Schlußfolgerungen aus den in diesem Kapitel eruierten Verhältnissen werden wir noch später zurückkommen^). Kapitel 3. Die Reizwirkung der Metallionen. Buller ^) fand, daß die Spermatozoiden einer Farnpflanze, Oymyiogramme Martensii, positive Chemotaxis gegen verschiedene K- und Rb-Salze zeigen, und wußte als erster die Reizwirkung den 1) Die Oxydation der Maleinsäure zu Mesoweinsäure hat J. Wislicenus (Abh. d. Kgl. Sachs. Gesells. d. Wiss. ,Bd. XIV, 1887, S. 35) im folgenden Bild dargestellt. COOH CO OH COOH COOH COOH COOH Maleinsäure -j- 20H = Mesoweinsäure Anderseits hat P. Waiden bei seiner Untersuchung der Affinitätskonstanten organischer Säuren (Zeitschr. f. physikal. Chemie, 1891, S. 471) wahrscheinlich ein Präparat von Mesoweinsäure mit Trans-Stellung der Karboxyle in der Hand gehabt. Er hat für Traubensäure wie ihre Spaltungsprodukte K = 0,097, für Mesoweinsäure K =0,060 ge- funden und sagte: „Der für die Anti (Meso)- Weinsäure ermittelte geringe Wert (K = 0,060) steht daher in Widerspruch mit der Annahme der Karboxyle dieser Säure in benachbarter Stellung." (Vergl. hierzu ferner Ostwald, Zeitschr. f. physikal. Chemie, 1889, S. 372 und Berthelot, Ann. chim. phys. (8) 23, 1891, S. 90). 2) Vergl. hierzu auch meine früheren Aufsätze: Jahrb. f. wiss. Botan., Bd. XLT, 1905, S. 604; Bot. Mag. Tokyo, Vol. XIX, 1905, S. 40; ebenda S. 82. 3) E. Bull er, Contributions to our Knowledge of the Physiology of the Sperma- tozoa of Ferns. Ann. of Bot., Vol. XIV, 1900, S. 543. 16 K. Shibata, Metallionen K und E,b zuzuschreiben. Nachdem schon früher von Pfeffer^) die Anlockung einiger Spaltpilze und Flagellaten durch gewisse Metallsalze beschrieben worden war, konnte neulich Kniep^) für seinen Bacillus z und Spirillum rubrum die chemotaktische Wirkung des NH4- resp. Ca-Jons nebst der einiger Anionen klar- stellen. In einer allerneuesten Arbeit hat Akerman ^) nachgewiesen, daß die Spermatozoiden von Marcliantia, die nach Lidforss auf Proteinstoffe proschemotaktisch reagieren, auch von K-, Rh- und Cs-Jonen angelockt werden. In meiner vorläufigen Mitteilung*) wurde bereits angegeben, daß die /S'a^vi/im-Samenfäden von den Ca- und Sr-Jonen topotaktisch angelockt werden. Diesbezügliche Versuchsresultate sind in folgender Tabelle zusammengestellt. Salz Konzentration in Mol 1 V. V.o Vxo /lOO /200 /500 /lOOO /2000 Ca (NO,), agF, aa aa a.„ a. 0 CaCla ^jl's a^r^ aaTi a^r. a^ a» aa a. 0 SrCNOa), aafa aaTj, »sl-i aar, aa a, 0 SrClj aar, a. a, 0 BaCNOg), •? <) Ba Ol, y 0 Daß diese Reaktion auf typischer Topotaxis beruht, geht aus dem Verhalten der nach der Kapillarmündung hinzusteuernden Samenfäden unzweideutig hervor. In höheren Konzentrationen macht sich die Repulsion bemerklich, die in obiger Tabelle mit den Buchstaben rs — ri bezeichnet wird. Bei einer 1 Mol-Lösung von Ca(N03)d usw. bleibt also ein lebhaftes Getümmel der Samen- fäden um die Kapillarmündung lange Zeit bestehen, während das Einschwärmen in einer Vio-Mol-Lösung schon nach einigem Hin- und Herschießen stattfindet. Bei /öO" Mol-CaH4(P04)2-Lö- 1) W. Pfeffer, Über die chemotaktischen Bewegungen von Bakterien, Flagellaten und Volvocineen. Unters, a. d. bot. Inst. Tübingen, Bd. II, 1888, S. 606 ff. 2) H. Kniep, Untersuchungen über die Chemotaxis von Bakterien. Jahrb. f. wiss. Bot., Bd. XLIII, 1906, S. 229, 249. 3) A. Akerman, Über die Chemotaxis der Marchantia-ST^eTmutozoiden. Zeitschr. f. Bot., Bd. II, 1910, S. 94. 4) K. Shibata, Studien über die Chemotaxis der Äafc«t/a-Spermatozoiden. V.M. Bot. Mag. Tokyo, Vol. XIX, 1905, S. 41. Untersuchungen über die Chemotaxis der Pteridophyten-Spermatozoiden. 17 sungen ist die Repulsion so stark, daß die reichlich angelockten Samenfäden nicht tiefer in die Kapillare einzudringen vermögen. Die gesättigte Lösung von CaSOi (ca. V50-M0I) bietet auch eine Attraktion nebst gewisser Repulsion. Immerhin stört die vorhandene Abstoßung in keiner Weise die Erkennung der positiven Reaktion. Die Experimente mit den Vio — Viooo Mol-Lösungen der nach- folgend angegebenen Metallsalze fielen durchaus negativ aus, so daß man in vollem Maße berechtigt ist, für die besagte Reizwirkung Ca- und Sr-Ionen allein verantwortlich zu machen. KCl, KBr, KI, K2SO4, KNO,, Rb Cl, RbaSO*, CsCl, NaCl, NaF, Na2S2 03, Na.SO*, Na2HP04, Na.BiOT, NaOH, LiN03, NH4CI, (NH4)äS04, (NH4)2HP04, NH4OH, MgS04, BeS04, ZnSOj, CdS04, HgClo, CuSOi, AgNOa, AuCls, Alo(S04)s, Pb(CoH302)2, MnS04, FeSOi, C0CI2, NiS04, PtCU. Ca- und Sr-Ionen üben ferner eine eigentümliche Einwirkung auf den Spermatozoidenkörper aus; nachdem die Samenfäden mehr oder minder tief in die Kapillare, die V200 Mol- oder noch konzen- triertere Lösungen von Ca- und Sr-Salzen enthalten, gegangen sind, werden sie plötzlich an der inneren Wandung des Röhrchens ver- klebt und an weiterer Ortabewegung verhindert ^), aber die lebhaften Zilienschwinguugen pflegen noch mehrere Minuten lang fortzudauern. Es handelt sich hierbei sehr wahrscheinlich um eine chemische Veränderung der äußeren Plasmahaut der Samenfädenkörper. Im allgemeinen wirken einfache Salzlösungen nachteilig auf das Leben der Spermatozoiden, wie es neulich von Osterhout u. a. für ver- schiedene pflanzliche Objekte nachgewiesen wurde. Ich habe schon früher beobachtet, daß die schädliche Wirkung der einwertigen Kationen auf die IsoetesSameniädeii durch die zweiwertigen Metall- ionen in gewissem Grade antagonisiert wird^). Aber in vorlie- gendem Falle blieben die Versuche, die bewegungshemmende Wirkung der Ca- und Sr-Ionen durch Na-Zusatz aufzuheben, stets ohne Erfolg. Während die Samenfäden von Oymnogramme sulfurea De8v. durch K- und Rb-Ionen, genau wie im Bull er sehen Falle, an- 1) Eine ähnliche Erscheinung wurde von W. Rothert (Beobachtungen und Be- trachtungen über taktische Reizerscheinungen. Flora, Bd. 88, 1901, S. 374) bei den (Sa^roZe^ma-Schwärmern beobachtet, welche in der Fleischextraktlösung mehr oder weniger schnell zur Ruhe kommen. Er erblickt darin eine besondere Reizbarkeit, die als Chemo- kinesis benannt wird. 2) K. Shibata, Jahrb. f. wiss. Bot., Bd. XLT, 1905, S. 599. Jahrb. f. wiss. Botanik. XLIX. 2 18 E. Shibata, gelockt werden, reagieren die O^mMn^^a-Spermatozoiden*), in Überein- stimmung mit Salvinia, ansschließlich auf Ca- und Sr-Ionen. Unter zahlreichen untersuchten Metallsalzen wurde die positive Reaktion nur bei Ca- und Sr-Salzen erzielt. Die Reizwirkung der Ba-Ionen bleibt auch hier zweifelhaft, wegen ausgesprochener Repulsion. Salz Konzentration in Mol 1/ /lO /lOO '200 1/ /500 /lOOO CaCl, SrCl, BaCNOs)^ ? 0 »2 a, a, 0 0 Die Sistierung der Lokomotion in der konzentrierteren Kapillar- flüssigkeit tritt auch in diesen Fällen sehr bald ein. Es ist sehr merkwürdig, daß den im periodischen System eng miteinander verknüpften Elementen, den sogen, homologen, dieselbe Reizwirkung zukommt, was sich im Verhalten von K und Rh gegen Oymnogramme und von Ca und Sr gegen Osmunda und Salvinia ganz deutlich offenbart. Die eben besagten Verhältnisse treten auch beim Studium von positiver Chemotaxis der Equis etum-S^erm&tozoiden in schla- gendster Weise hervor. Die nebenstehende Tabelle enthält die Er- gebnisse diesbezüglicher Experimente. In dieser Tabelle steht ai für die Schwellen -Reaktion und sind auch jeweilige Repulsivwirkungen mit den Buchstaben r-i — ri gekennzeichnet, um das Bild der chemotaktischen Reaktion zu ver- vollständigen. Je nach der Stärke der Repulsion entsteht ein mehr oder minder lang andauerndes lebhaftes Getümmel der angelockten Samenfäden außerhalb oder innerhalb der Kapillarmündung, und wenn es nur eine schwache Apochemotaxis (ri) gibt, so finden die Samenfäden ihren Weg tiefer in die Kapillare ohne vieles Zögern. Bei einigen stark giftigen Schwermetallsalzlösungen ist die Erkennung der positiven Reaktion dadurch sehr erschwert, daß die sicherlich nach dem Kapillarmund zueilenden Samenfäden schon in einiger Entfernung vor demselben dem Tode erliegen. Die nachfolgend angeführten Metallsalze wurden nach ihrer anlockenden Wirkung auf die Equisetum -Sameniäden ganz ohne Erfolg untersucht. 1) Osmunda javanica Bl. Untersuchungen über die Chemotaxis der Pteridophyten-Spermatozoiden. 19 Salz Konzentration in Mol 1 % %o VlO V^ V«, Aoo Um lam /lOOO /aooo /gooo «/ '10000 'awoo NaCl »ara »31-3 agra a^r, a2— 1 a. 0 NaBr aar^ aar, a2-i a. 0 NaF ^2^3 a,r, 0 NajSO, aars ai ? 0 LiCl aai-i 9.2 aa-i a, 0 LiNOa &.,r^ aar, &., ao-i a. 0 CaClj aara agTa aar. a2-i a, 0 Ca SO, aar. a2-i a, 0 Ca (NO,), asFa aar. aarj aar. a,ri a« »2 ai 0 CaH/POJj a,rj a^r. Ca (OH), agr. agFs SrCljj aar, aa aa a. 0 Sr(N03)2 a. ? 0 BaCla aal-a azra a^ra aiTa 0 Ba(N0j)2 air. 0 MgCl, aar. aara a,r, 0 Mg SO, aara aar. a.r, 0 BeCla aars a^Tj ? 0 BeSO, aars aar. a2— 1 ? 0 ZnSO, a^r. azra aiTa 0 Cd SO, »irg aiTa ? 0 HgCl, ? 0 CuSO, a^ra aira 0 AgNO, a.Ta 0 AuCIg airs 0 KCl, KI, KBr, K^SO*, KNO3, KsAsOg, KCSN, RbCl, RboS04, CsCl, NH4CI, (NH4)2S04, NH4N0a, (NH4)2HP04, NH4OH, (NH4)oMo04, AISO4, SnClä, Pb(aH3 02)2, UOäCCaHsOg).., MnS04, FeSOi, C0CI2, NiS04, PtCU. Hieraus folgt ohne weiteres, daß es bei der topotaktischen Reizwirkung der in obiger Tabelle dargestellten Verbindungen allein auf die betreffenden Kationen ankommt. Die wirksamen Kationen gehören alles in allem der 1. und 2. Vertikalreihe des periodischen Systems an. Ordnet man nun dieselben nach ihrer natürlichen Verwandtschaft und in der Reihenfolge des Atomgewichts, so erhält man folgende Serien. Neben jedem Elemente sind die Schwellen- werte, ausgedrückt in Mol, angegeben. (I) Li (Vioo) Na (V50) (II) Cu(V2oo) Ag(Vioo) Au(Vioo) 2* 20 K- Shibate, (III) Ca(Viüooo) Sr(V5ooo) Ba(V.ooo) (IV) Be (Vioüo?) Mg (Viooü) (V) Zn(V,oo) Cd(V5o) Hg(?) Die homologen Elemente ähneln sich, wie man sieht, in ihrer Wirkung; so sind vor allem die hohen Reizwerte der Ca-Gruppe sehr auffallend. In jeder Serie bemerkt man, daß die anlockende Wirkung, nach den Schwellenwerten beurteilt, mit steigenden Atom- gewichten abnimmt, dagegen ist die Repulsion immer ausgesprochener bei schwereren Elementen, ßeachtentswert ist ferner das Verhalten der Elemente der sogen. 1. Nebenreihe, K, Rh und Cs, welche hier gar nicht anlockend wirken, sondern eine bedeutende Repulsiv- wirkung zeigen, wovon später noch die Rede sein werde. Vor allen Dingen ist der hier zutage tretende Zusammenhang zwischen den periodischen Eigenschaften und Reizwirkung der Elemente von bedeutendem physiologischem Interesse. Die plötzliche Aufhebung der Ortsbewegung der Samenfäden durch das Verkleben an die Kapillarwandung wurde auch hier bei den über Vioo Mol-Lösungen von Ca- und Sr-Salzen beobachtet, wobei jedoch die andauernden Zilienschwingungen verraten, daß die Lösungen nicht so schnell tödlich wirken. Es scheint die besagte Wirkung den Ba-Salzlösungen abzugehen, weil die Spermatozoiden darin mehrere Minuten lang lebhaft beweglich bleiben. Im all- gemeinen wirken die reinen Salzlösungen mehr oder minder toxisch auf die Samenfäden, die in Kapillarflüssigkeiten mit Vio — Vioo Mol- Na-, Li- und Mg-Salze gewöhnlich nur 15 — 20 Minuten lang fort- kommen können und sich dabei zu blasenartigem Gebilde verwandeln. Kapitel 4. Die Reizwirkung der H- und OH-Ionen. In meiner früheren Arbeit über die Chemotaxis der Isoetes- Samenfäden^) habe ich zuerst experimentell bewiesen, daß die H- und OH-Ionen auf die Spermatozoiden apochemotaktische Reiz- wirkung ausüben, wie es schon von Pfeffer vermutet wurde. Bei Ausdehnung dieser Beobachtung auf die Equisetum-Sjierma.- tozoiden stieß ich auf die sehr interessante Tatsache, daß hierbei H-Ionen nicht nur abstoßend, sondern in bestimmten Konzentrationen 1) K. Shibala, Studien über die Chemotaxis der Jsoeies-Spermatozoiden. Jahrb. f. wiss. Bot., Bd. XLI, 1905, S. 577. Untersuchungen über die Chemotaxis der Pteridophyten-Spermatozoiden. 21 auch topotaktisch anlockend wirken '). Bald darauf konnte ich bei /S'a^ymm-Samenfäden dieselbe Erscheinung feststellen. Zwar kann man schon nach den Schriften von Jennings und Moore^) u. a. schließen, daß bei Infusorien die Ansammlung im sauren Medium auf der Reizwirkung der H-Ionen beruht. Neuerdings hat Kusano ') sehr eingehend begründet, daß die positive Chemotaxis der Myxo- myceten- Schwärmsporen einzig und allein durch H-Ionen bewirkt wird. Doch geschieht in diesen genannten Fällen die Aufsuchung der optimalen Konzentralionen der H-Ionen seitens der Mikroor- ganismen durch eine wesentlich andere Reaktionsweise als bei den Samenfäden, i. e. durch Phobotaxis, wie man es heute nach Pfeffer allgemein heißt. Zunächst soll hier die Zusammenstellung einiger diesbezüglicher Versuchsresultate Platz finden. Konzentration Spermatozoiden Säur e in Mol Equisetum Salvinia HCl /lOO azfa /200 Eora ajTa /500 »ir. a2-ir. /lOOO 0 a,r. /2000 0 HNO, /loo ^2^\ 1/ /200 321-3 aar. /500 ajr^ ajr» /lOOO 0 a,rs 1/ /2000 0 HjSO^ 1/ /200 a2r» /600 a,r. ajr, /lOOO a.rj a2-i r, /2OOO 0 a,r. /fiOOO 0 CO OH /200 a3-2 r. CO OH /500 /lOOO ajTa ajr. a,rj a,r. 1/ /2000 0 aiTj /5000 0 1) K. Shibata, Weitere Mitteilung über die Chemotaxis der Equisetum-ST^eimi- tozoiden. Bot. Mag. Tokyo, Vol. XIX, 1905, S. 128. 2) H. C. Jennings and E. M. Moore, On the reactions of Infusoria to carbo- nic and other acids, with special reference to the causes of the gatherings spontaneously formed. Amer. Journ. Physiol., Vol. VI, 1902, S. 233. 3) S. Kusano, Studies of the chemotactic and other related reactions of the swarmspores of Myxomycetes. Journ. Coli. Agr. Imp. Univ. Tokyo, Vol. II, 1909, S. 27. '200 '500 22 K. Shibata, Da die Anionen Cl, NO3, SO4 und (C00)2, wie wir schon sahen, keine Anlockung bewirken, so ist klar, daß man es hier mit der Reizwirkung der H-Ionen zu tun hat. Die Erkennung der positiven Chemotaxis gegen die H-Ionen ist indes dadurch sehr erschwert, daß die Abstoßung an der Kapillar- mündung schon bei den Schwellenkonzentrationen für die Anlockung ziemlich ansehnlich ist. Um einige konkrete Beispiele anzuführen, verläuft das Bild der Reaktion bei Equisetum-Sa^meniäiden etwa folgendermaßen : Vioo M0I-H2SO4. Repulsion sehr stark. "Weite Strecke vor dem Kapillarmund bleibt frei von Samenfäden. M0I-H2SO4. Die von Ferne angelockten Samenfäden prallen am Kapillarmund pünktlich zurück. Erst nach 5 Min. bilden sie dort eine Ansammlung. M0I-H2 SO4. Baldige Ansammlung der Samenfäden um die Kapillarmündung; erst nach 15 Min. drängt sich das lebhafte Getümmel in die Kapillare hinein. Etwa 20 bis 30 Min. lang darin beweglich. Viooo M0I-H0SO4. Eine sichtbare Anlockung. Eindringen in die Kapillare nach vielem Zögern. Bleiben lebendig ziemlich lang. V2000 Mol-Ho SO4. Keine ^lositive Reaktion mehr bemerklich. Noch einige weitere Beispiele zu erwähnen: Vio — V20 Mol-Essigsäure : Zahlreiche Samenfäden steuern nach dem Kapillarmund hin, sterben aber vor demselben. ^/loo Milchsäure. Vielfaches Anprallen am Kapillarmund. Dort ein vorübergehendes Getümmel. Die positive Chemotaxis der SalviniaSame-üfäden gegen die H-Ionen ist im allgemeinen minder auffallend als bei Equisetum, dennoch wurden die Schwellenwerte etwas niedriger gefunden. Nicht bloß die freien Säuren, sondern auch jede Verbindung, die in wässeriger Lösung H-Ionen abdissoziert, wirkt anlockend auf diese Samenfäden, und es ist dringend geboten, bei Untersuchung der chemotaktischen Wirksamkeit eines Körpers immer auf diesen Punkt Rücksicht zu nehmen. Ob auch den Farn-Samenfäden eine nennenswerte Reaktions- fähigkeit gegen H-Ionen zukomme, kann ich nicht mit Bestimmtheit sagen; die einschlägigen Versuche mit den O^www^a-Spermatozoiden ergaben zunächst nur ein negatives Resultat. Untersuchungen über die Chemotaxis der Pteridophyten-Spermatozoiden. 23 Dagegen kann ich entschieden behaupten, daß die Samenfäden von Isoetes von H- Ionen nicht im geringsten proschemotaktisch gereizt werden. An dessen Stelle tritt hier in ungeahnter Weise die positive Reaktion gegen die OH-Ionen auf, wovon in meiner früheren Publikation noch keine Erwähnung getan wurde. Die Grade der Anlockung durch verschiedene Laugen und alkalisch reagierende Lösungen sind in folgender Tabelle angegeben. Stoff Konzentration in Mol '100 /200 /coo '1000 /sooo /sooo 1/ / 10000 /2oaoo /40000 KOH aaTj »sr, »»r, a3-2 a, a2-i a. 0 Na OH a,r2 »3 1-1 aar, aa— 2 a» a. a,-? 0 NH.OH »sTa aar. aar. a.2 a, 0 Ca (OH), aar. aar. a. ? 0 Ba(0H)2 asT,, »aT, a2-i a. 0 Na,C03 a,r2 aar, aj a2-i a, 0 K.,HP0, a,rj aar, a. a. a, a, 0 NaF a,r, a, 0 KCN aar, a. ? 0 Wie aus obiger Zusammenstellung ersichtlich, ist die Reiz- wirkung der alkalischen Lösungen ziemlich ansehnlich. Da die Kationen überhaupt für J^oe^e^-Samenfäden wirkungslos sind'), so bleibt nichts übrig, als anzunehmen, daß die anlockende Wirkung nur auf Rechnung der OH-Ionen zu setzen ist. Die vier zuletzt angeführten Stoffe in der obigen Tabelle dissozieren bekanntlich durch Hydrolyse reichlich OH-Ionen ab, die die besagten Reizeffekte hervorbringen. In den mit Laugen gefüllten Kapillaren sterben die Samenfäden ziemlich rasch mit aufgequollenen Körpern ab. Die positive Chemotaxis gegen OH-Ionen beschränkt sich meines Erachtens bisher nur auf ein paar verdächtige Fälle; ich erinnere an die Beobachtung von Dewitz^), daß die Samenfäden von der Küchenschabe, Periplaneta orientalis, durch die KOH- Lösung angelockt werden. Immerhin sehr merkwürdig ist die Tatsache, daß die Samenfäden von Isoetes einerseits und von Equisetum und Salvinia andererseits in ihrem Verhalten gegen H- und OH-Ionen so schroff kontrastieren. 1) K. Shibata, Jahrb. f. wiss. Botan., Bd. XLI, 1905, S. 569. 2) Archiv f. ges. Physiol., Bd XXXVII, 1885, S. 222—223. Vgl. hierzu auch: 0. Loew, Die Chemotaxis der Spermatozoen im weiblichen Genitaltrakt. Sitzungsber. d. k. Akad. d. Wiss. Wien, math.-naturw. KL, Bd. CXI, Abt. 3, 1902. (Säugetiere.) 24 E. Shibata, Kapitel 5. Die Reizwirkung der Alkaloide und der anderen organischen Basen. Den Pflanzenalkaloiden kommt bekanntlich eine eminente Be- deutung in pharmakologischer und toxikologischer Hinsicht zu, und ihre mannigfaltigen physiologischen Einwirkungen auf den Tieror- ganismus werden immer noch eifrig erforscht. In ganz unerwarteter Weise stellte sich nun beim Studium der Chemotaxis der Pterido- phyten-Spermatozoiden heraus, daß auf dieselben die Alkaloide eine zum Teil hervorragende spezifische Reizwirkung ausüben. Die positive Chemotaxis gegen Alkaloide habe ich zuerst bei Equisetum^) beobachtet und bald darauf auch bei den übrigen, von mir unter- suchten Gefäßkryptogamen. Die Experimente wurden fast aus- schließlich mit den leicht löslichen Alkaloidsalzen ausgeführt. Re- agierten die Lösungen sauer oder alkalisch, so mußten sie nötigen- falls durch Zusatz von Ammoniak resp. entsprechenden Säuren vorsichtig neutralisiert werden^), womit man die Reizwirkung der H- oder OH- Ionen ^) ausschalten kann. Um vollkommene Sicher- heit in diesem letzten Punkte zu erlangen, habe ich weiter die gewonnenen Resultate jedesmal bei geringem Überschuß von H- lonen*) für i^oe^e*- Samenfäden und von OH-Ionen^) für Salvinia- und Equisetum -ST^ermaiozoiden kontrolliert und immer bestätigt gefunden. Zunächst sollen die diesbezüglichen Versuchsergebnisse tabel- larisch zusammengestellt werden. Alkaloidsalz Konzentration in Mol Spermatozoiden von Equisetum Salvinia Isoetes Koniinhydrochlorid Vio a^r a,r /20 a, »1 160 a^r az-i 0 1X00 h ? /2OO ?— 0 0 1) K. Shibata, Weitere Mitteilung über die Chemotaxis der EquisetuinS^^erma,- tozoiden. Bot. Mag. Tokyo, Vol XIX, 1905, S. 130. 2) Diese Prozedur machte bisweilen die Lösungen mehr oder minder trüb, wegen teilweiser Ausfällung der freien Basen. Dadurch aber entstand keine nennenswerte Störung des Versuchs bis auf einzelne Fälle. 3) d. h. die im vorhergehenden Kapitel erörterte, anlockende Wirkung der H-Ionen auf Salvinia- und ^gwtse/wwi-Spermatozoiden und der OH-Ionen auf /socies-Spermatozoiden. 4) bezw. bei natürlicher Azidität der Lösungen. 5) bezw. bei natürlicher Alkalinität. Untersuchungen über die Chemotaxis der Pteridophyten-Spcrmatozoiden. 25 Konzentration Spermatozoiden 1 ron Alkaloidsalz*) in Mol Equisetum Salvinia Isoetes Piperin Gesättigt in 10 Mol-Alkohol 0 0 a2-i Nikotinhydrochlorid Vio /50 VlOO /200 0 ai_7 0 a,r aj a, /500 0 Sparteinsulfat VlO /20 /so /lOO /200 /500 0 0 ajr a^r »3 aj ai 0 Atropinsulfat VlO agT^) a,r ajr 1/ '60 aj »3 1, 100 aa a2-i a3-2 /soo »1 0 &2 /soo ? ai Aooo 0 0 Skopolaminsulfat ;Ao aa r Rj r agr /50 a. ai-? aj /lOO ? 0 »1 /200 •0 0 Kokainbydrochlorid VlO V.0 a. 9.3 »2 0 750 a3-2 ai /lOO aj ?— 0 /200 »1 0 1/ /lOOO 0 Pilokarpinhydrochlorid VlO /so /lOO 0 0 0 Chininhydrochlorid 1/ /20 ajT 3,3 r ajr /lOO a3-2 a. »3 /200 aa a3-2 as 1) Die mehr oder minder sicher gestellten Konstitutionsforraeln der Alkaloide wurden hier, wegen des Raummangels, nicht angeführt. Vergl. dazu die bekannten Hand- bücher, z. B. Pictet-Wolffenstein, Die Pflanzenalkaloide (1900); Czapek, Bio- chemie d. Pflanzen, Bd. II (1905); Österle, Pharmakochemie (1909); "Winterstein und Trier, Die Alkaloide (1910). 2) Die Repulsivwirkungen, welche hierbei im allgemeinen minder scharf hervor- traten, sind überall mit dem Buchstaben r bezeichnet. 2B K. Shibata, Konzentration Spermatozoiden von Alkaloidsalz in Mol Equisetum Salvinia Isoetes Chininhydrochlorid /soo aj «2 az /lOOO a, a, ai 1/ /2000 0 0 ?-0 Chinidinhydrochlorid 1/ /20 /so »3 ajF a,r /lOO as— 2 »3 a. /200 aj »2 a;, /500 a. aa a, /lOOO a, a. a, 1/ /2000 0 0 (» Cinchoninhydrochlorid /20 a.,r 83 r H-jY /so a. »3 ao-i /lOO aj aa ? '200 Hj a-? 0 /500 a-? 0 /lOOO 0 Strychninnitrat /20 a.i a,!- a,!- /50 a^ aj 1/ /lOO a. aj a, /200 aj a2-i 0 /sog a, a,-? 1/ /lOOO 0 0 Bruzinhydrochlorid Vxo a,r aar a^r /so »2 »2 »3 Aoo a, a2-i »3 /200 0 a-? »3 /BOO 0 a, /lOOO a. /2000 ü Papaverinhydrochlorid 1/ '20 /lOO /200 0 0 a,r a'jT a-? Narkotinhydrochlorid /so /lOO 1/ /200 0 0 a,r a, 0 Hydrastinhydrochlorid V:o 1/ /so /lOO /200 ü 0 a,,r aj a, 0 Untersuchungen über die Chemotaxis der Pteridophyten-Spermatozoiden. 27 Alkaloidsalz Konzentration Spermatozoiden von in Mol Equisetum Salvinia Isoetes Berberinsulfat 1/ /20 /so /lOO /200 /soo 0 0 aj r a,r a, »1 0 Narzeinhydrochlorid /20 /lOO 0 0 0 Narzeinnatrium 160 /lOO X 0 0 Morphinhydrochlorid VlO aar aar a-? /20 aa a2 9 /50 a, a, 0 /lOO a2-i 0 /200 a.-? /lOOO 0 Kodeinphosphat V.o /20 /50 0 a.r-? 0 aar a2-i /lOO ? /200 0 Thebainhydrochlorid /so 1/ /200 0 0 a^r a2 ai /lOOO 0 Apomorphinhydrochlorid VlO p a. 0 1/ /50 0 a^ 1/ /lOO aj /200 a, /soo 0 Diazetylmorphinhydrochlorid Vxo a^ a^r aar /20 a, »2 aa /so 0 ai aj /lOO ? aj 1/ /200 0 a, /sog 0 Äthylmorphinhydrochlorid VlO a. a,r agr /20 »1 &2 /so 0 ai a. /lOO ? ai /soo 0 0 28 K. Shibata, Alkaloi dsalz Konzentration in Mol Spermatozoiden von Equisetum Salvinia Isoetes Akonitinhydrochlori d Chelidoninsulfat Kolchizin Delphininhydrochlorid Emetinhydrochlorid Ephedrinhydrochlorid Physostigminsulfat und -salizylat Solaninnitrat Veratrinhydrochlorid Yohimbinhydrochlorid 1/ (50 /lOO 1200 %o % /loo 120 /so /lOO %o /so /lOO /200 /soo /lOOO %.o /so /lOO /200 1/ /soo /lOOO y.o /20 /so 1/ /lOO /200 /lOOO VlO 160 Aoo ItO 160 /lOO /20 V /SO /lOO /200 /soo Vso /loo /200 /soo /lOOO a3-2 a2-i ai_> 0 l3_2 a, 0 a« a2-i a, 0 0 a^ »3-2 a.. a, 0 ajT a2-i ai_7 0 aj 32-1 ai_? 0 a. ?— 0 0 a, r »2 az-i ai_? 0 Untersuchungen über die Chemotaxis der Pteridophyten-Spermatozoiden. 29 Die Reaktionsweise der Spermatozoiden ist hier auch typisch topotaktisch: die plötzliche Wendung der Körperachse und präzise Ablenkung der Bewegungsrichtung sind überall zu konstatieren. Es bedarf keiner Erörterung, daß die durch die Alkaloidsalze bewirkte Anlockung auf die Reizwirkung der Alkaloidanteile (eventuell -Kationen) der Moleküle zurückzuführen ist. Daß auch die freie Alkaloidbase, falls sie in genügendem Grade wasserlöslich ist, An- lockung bewirken kann, geht aus dem Verhalten des Kolchizins^) hervor. Überblickt man nun die Resultate der in obiger Tabelle zu- sammengestellten Experimente, so nimmt man zunächst wahr, daß alle Alkaloide keineswegs gleichmäßig auf alle Samenfäden wirken, sondern vielmehr spezifische Empfänglichkeit der den verschiedenen phyletischen Stäminen angehörigen Samenfäden sehr deutlich zutage tritt, wie es auch bereits in den vorhergehenden Kapiteln mit Nachdruck betont wurde. Um nur einige prägnantere Beispiele anzuführen, sind Kokain und Ephedrin ganz unwirksam für die J5oe^e5-Samenfäden, aber die beiden wirken ziemlich stark anlockend auf die Spermatozoiden von Equisetum und Salvinia. Nikotin, Spartein, Thebain und die Isochinolin-Alkaloide üben einen deutlich positiv-chemotaktischen Reiz auf die Samenfäden von Isoetes, nicht aber auf die von Equisetum und Salvinia aus^). Ferner steht Salvinia einzig da in der Reizbarkeit durch Apomorphin. Die ge- nannten Alkaloide besitzen daher sozusagen einen diagnostischen Wert für die betreffenden Samenfäden -Arten. Im großen und ganzen zeigt Equisetum im Verhalten der Spermatozoiden gegen Alkaloide vielmehr Anklänge mit Salvinia als mit Isoetes. Es ist auch sehr interessant zu bemerken, daß die Farn-Samenfäden in ihrer Sensibilität gegen Alkaloide, soweit meine Erfahrung reicht, mit den Äa/i'ima-Spermatozoiden übereinstimmen, so z. B. reagieren die Samenfäden von Gi/mnogramme und Osmunda prompt auf die Vio Mol-Lösungen von Kokain und Ephedrin. Die nähere Betrachtung obiger Tabelle erschließt ferner manche bemerkenswerte Tatsache bezüglich des Zusammenhanges zwischen der chemischen Struktur der Alkaloide und deren Reizwirkung auf bestimmte Spermatozoiden; auf einige von denselben möchte ich hier kurz hinweisen. 1) Die wässerige Lösung des Kolchizins reagiert neutral. 2) Die Isochinolin-Alkaloide scheiden sich z. T. hei der Neutralisierung der sauer reagierenden Lösungen ab, trotzdem kann man deren Wirkungslosigkeit auf die Equisetum- und SaZvJjiJa-Spermatozoiden in überzeugender Weise nachweisen. 30 K. Shibata, Auf alle untersuchten Samenfäden wirken am ausgiebigsten die Alkaloide der Chinolin- Gruppe, insbesondere Chinin und Chinidin, deren Schwellenwerte oft Viooo Mol nach unten überschreiten. Die schwächere chemotaktische Reizwirkung des Cinchonins findet ihr Gegenstück in der bekannten Minderwertigkeit in Heil- und Gift- wirkung dieses Alkaloids. Den Chinolin -Alkaloiden nähern sich in der Reizwirkung die beiden folgenden mit unbekannter Konstitution : Emetin und Yohimbin, deren chemische Verwandtschaft mit den Chinabasen doch wohl aus der systematischen Stellung ihrer Mutter- pflanzen einigermaßen zu vermuten ist. Die vier Isochinolin-Alkaloide, Hydrastin, Papaverin, Narkotin und Berberin, die bekanntlich in chemischer Konstitution große Analogie bieten, zeichnen sich durch die Tatsache aus, daß sie ausschließlich auf die Jsoe^e^-Samenfäden anlockend wirken. Die Wirkungslosigkeit der letzten Isochinolin-Base, des Narzeins, kann man wohl durch die Anwesenheit der den Säurecharakter bedingen- den COOH-Gruppe in seinem Molekül erklären*). Auf gleichem Grund beruht sehr wahrscheinlich das sonderbare Verhalten des Kokains, das, im Gegensatz zu anderen Pyrrolidin -Basen, keine Anlockung der J^oe^es- Samenfäden bewirkt. Euchinin, ein Karbon- säureester des Chinins, zeigt ebenfalls keine chemotaktische Wirkung. Unverkennbar ist bei den /soe^ /lO ;/2o /so a, r a, r ? 0 0 Methylamin CHj— NHa 2/ Jr 160 0 0 Trimethylamin CHaX CH,/ ^1 0 0 Guanidin /NH, NH = C< /bü 0 0 Zyklische Verbindungen*;: Pyr din ;Ao V50 /lOO a, r ? 0 0 1 N a - Pikolin ;Ao /so 0 0 '100 \^CH3 N «.Y ■Lut CH3 \/ N din CH3 ;Ao /so /lOO 0 0 KoUidin f CHs /\ /lOO 0 0 chJ N CH3 1) Die Lösungen reagierten schwach alkalisch oder neutral. Jahrb. f. wiss. Botanik. XLIX. 34 K. Shibata, Stoff Konzentration in Mol Spermatozoiden Equisetum Salvinia Chinolin Vx/ Akridin Piperidin (Ghlorhydrat) H H NH Piperazin (Chlorhydrat) NH H H H Anilin H NH \/ I NHa p-Toluidin CH, \/ I NH, Äthylanilin Tröpfchen suspendiert in Wasser Kriställchen in Wasser /lOO /so /20 V50 /lOO Gesättigte Lösung Do. 1:2 Gesättigte Lösung aj r ? 0 a, r ? 0 1-? NH— CHj,— CH, Untersuchungen über die Chemotaxis der Pteridophyten-Spermatozoiden. 35 Stoff Konzentration in Mol Spermatozoiden Equisetum Salvinia Dim ethyl anilin Gesättigte Lösung ai »i 1 /CH3 \CH3 p-Ph enyle NHg /\ \/ 1 ndiamin^) (Chlorhydrat) (?) (?) NH2 m-Pl enyl /\ Y NB sndiamin^) (Chlorhydrat) NH, /50 (?) (?) Phenylhj 1 drazin Gesättigte Lösung Do. 1:2 Do. 1:5 a^ ai ? aj a. ? NH— NHj Naphthylamin ^) (Chlorhydrat) /50 a.r(?) a.r (?) 1 NH, Ska toi /\ CH. 1 Gesättigte Lösung (ca. V50 Mol) a, 0 NHj Aminoaz oben! A 50l (Chlorhyd _N = N — rat) /50 a,r(?) 0 NHj \y \/ 1) Die Lösungen reagierten sauer, so daß die positive Reaktion nicht eindeutig sein kann. 3* 36 K. Shibata, Hieraus ersieht man, daß in der Tat auf die Samenfäden von Equisetum und Salvinia auch die primären, sekundären sowie ter- tiären Basen mit einfacherer Struktur anlockend wirken, aber sie stehen in ihren Reizwerten weit hinter denen der natüriichen Alkaloide zurück. Es muß wohl angenommen werden, daß die im komplizierten molekularen Aufbau der Alkaloide dargebotenen Atomverkettungen in irgend einer Weise die Begünstigung der Reizwirkung bedingen. Bei /5oe/e6-Samenfäden mußte das eben besprochene Moment allein bestimmend sein für das Zustandekommen der anlockenden Wirkung, weil, wie gesagt, dieselben auf keinen der untersuchten einfacheren Stoffe reagieren, mit einziger Ausnahme von Piperidin, das schon wesentlich dem Alkaloid-Koniin nahe steht. Die Reihe der ali- phatischen Amine in der obigen Tabelle läßt ferner klar erkennen, daß die Reizwirkung mit der abnehmenden Länge der Kohlenstoff- kette herabsinkt, schließlich bis zu Null. In diesem Falle kann man sich die Funktion der Kohlenstoffkette etwa so vorstellen, daß sie das ganze Molekül an die reizbare Plasmastruktur der Samen- fäden näher heranbringt oder an diese verankert^), so daß die eigentlich wirkende basische Gruppe erst in voller Aktion treten kann. Diese Voraussetzung müßte gerade bei gut anlockenden Alkaloiden, wie oben angedeutet, in besonders günstiger Weise erfüllt sein. Durch die Anlagerung bestimmter Atomgruppe im Moleküle der Stickstoff-Basen wird die chemotaktische Reizwirkung abge- schwächt oder gänzlich vernichtet. Wir sahen schon oben die Wirkungslosigkeit der höheren Homologe des Pyridins. Weiter sind alle Phenolderivate ohne Reizwerte, so z. B. p- Aniinophenol Diaminophenol Aiiiinooxybenzoesäureester OH OH OH /N /\ nh/\ \/ \/^^^ \y NH, NHa COO . CH, Die Aminosäuren, Glykokoll, Alanin, Leucin, Asparaginsäure, Glutaminsäure und Asparagin, und ferner die sämtlichen untersuchten Eiweißkörper wirken freilich gar nicht anlockend. *) Analoges findet man u. a. bei Enzymwirkungen; so zum Beispiel spalten Maltase, nach Emil Fischersclien bekannten Untersuchungen, wohl a-Glukoside, aber nicht ent- sprechende Pentüside. Untersuchungen über die Chemotaxis der Ptcridophyten-Spermatozoiden. 37 Die Säureamide, Anilid und Hydrazid, mit der Bindung NH2— CO, sind auch gänzlich wirkungslos. Ich habe mit folgenden Substanzen experimentiert, durchaus mit negativem Erfolg: Harnstoff, Azetamid, Propionamid, Oxamid, Succinamid, Suc- cinimid, Benzamid, Salizylamid, Azetanilid, m-Nitrobenz- hydrazid. Verschiedene Harnstoffderivate sind ebenfalls unwirksam, so z.B.: AUoxan, Methyluracil, Xanthin, Theobromin, Koffein usw. '). Der positive Erfolg mit den Alkaloiden und gewissen sub- stituierten Aminbasen bewegte mich, auch eine Anzahl der Farb- stoffbasen im Bereich meiner Untersuchung zu ziehen. Ich täuschte mich nicht in meiner Erwartung, wie folgende Tabelle zeigt. Konzentration Spermatozoiden Stoff in Mol . Equisetum Sal/vinia Isoetes Methylenblau Vxo a^ aj as CeH,-N(CH3X K > XHs^CCH,), /lOO aa a3 »3 1/ /200 V500 /lOOO /20ü() ai 0 a-2 a. \ Cl a, 0 0 Thionin V.o a^ a., a:, CeH^-NH, C»H3==NH . HCl 1/ /200 V500 /lOOO a, 0 a,-i ao a. a, a, a, /2000 0 0 Neutralrot 1/ /so a.j a.i a» €eH3-N(CH,),Cl /lOO S.2 a. a;i a^ a^ N< \n \CH3 1/ /200 /500 /lOOO a-? 0 a, a^ 0 a, ü Safraniu 1/ /20 ■p a» a;, CeH^— CH3.NH, n/ \N-CeH,.Cl XHa— CH3NH2 1/ /lOO »3 a» /200 /lOOO /2000 a. a, a, a, 0 /sooo 0 Indulin /so y a,— a, a2— ai >CeH,^ >C,H3NH, 1/ /loo /200 a, 0 ai 0 1 CeH, ^) Auf die Unwirksamkeit des Glyoxalinrings kann man übrigens schon nach dem oben erwähnten Verhalten des Alkaloids Pilokarpins schließen. Die Pyrimidin- und Pyra- zolonderivate stellten sich durchgehends als wirkungslos heraus. 38 £• Shibata, Die oben angeführten Experimente zeigen, daß gewisse basische Farbstoffe in ihrer anlockenden Wirkung wohl mit stark reizenden Alkaloiden konkurrieren können^). Durch die hochkomplizierte Molekular-Struktur dürfte hier auch die Verankerung an den reiz- aufnehmenden Plasmakörper der Samenfäden irgendwie begünstigt worden sein. Die Reaktion besteht hier, wie bei anderen Fällen, in erster Linie aus topischer Anlockung, aber die starke Anhäufung der Samenfäden an der Kapillarmündung wird auch dadurch herbei- geführt, daß die konzentrierten Lösungen der oben erwähnten Farb- stoffe auf die Samenfäden in hohem Maße agglutinierend und be- wegungshemmend wirken^). In verdünnteren Lösungen wirken sie minder schädlich und die Samenfäden behielten, nach plötzlicher vorübergehender Inaktivierung beim Eintritt in die Diffusionssphäre, noch mehrere Minuten lang ihre Beweghchkeit, oder wenigstens rege Zilienbewegung bei. Es ist gewiß ein fesselnder Anblick, die zierlich vitalgefärbten Samenfäden in den Kapillarlösungen lebhaft umherwimmeln zu sehen''). Besonders schön fällt es aus, wenn die lebenden Samenfäden sich in Thioninlösungen am Kern blau, am Plasmateile rot tingiert zeigen. Die Experimente mit EquisetumSameuf'Men haben ergeben, daß Aurantia, Auramin, Methylviolett und Fuchsin eine schwache Anlockung bewirken, dagegen sind Oxazin^)- und Akridinderivate'') für alle untersuchten Samenfäden wirkungslos. Erwähnt sei hier noch, daß wasserlösliches Nigrosin, Sulfosäure-Derivat des Indulins, im Gegensatz zur Mutterbase, keinen Heizwert besitzt''). 1) Die spezifisch-physiologischen Wirkungen der organischen Farbstoffe sind schon mehrmals Gegenstand der pharmakologischen Forschung geworden. Methylenblau, um nur ein Beispiel anzuführen, wirkt nach Guttmann und Ehrlich vernichtend auf die Malaria-Erreger, sogar viel energischer als Chinin. 2) Dieser Umstand hat in einigen Fällen (z. B. Versuche mit Safranin und Indulin bei ^^fwise^Mm-Samenfäden), sichere Entscheidung des Ausfalls der Experimente fast un- möglich gemacht. Die temporäre Bewegungshemmung ist sehr wahrscheinlich auf eine besondere Reizbarkeit, die nach Rothert (Flora, Bd. 88, 1901, S. 374) als Chemoki- nesis zu bezeichnen ist, zurückzuführen. Eine ähnliche Reizerscheinung begegnet man vielfach auch bei verschiedenen Alkaloiden. 3) Die Jsoeies-Samenfäden zeigten in Methylenblaulösungen eine intensive Vital- färbung am vorderen Drittel des Körpers, während der Blepharoplast völlig farblos bleibt. 4) z. B. Gallocyanin, Cyanamin. 5) Phosphin, Akridinrot, Akridinorange. 6) Wir sahen bereits oben vielfach die Fälle, daß Eintritt von Säure-Gruppen im Moleküle die Reizwirkung des basischen Körpers vernichtet. (Siehe S. 30.) Untersuchungen über die Chemotaxis der Pteridophyten-Spermatozoiden. 39 Kapitel 6. Relation zwischen Reiz- und Reaktionsgröße. Bekanntlich hat Pfeffer^) zum ersten Male festgestellt, daß bei Chemotaxis von Farn -Samenfäden und Bakterien ein dem Weberschen Gesetz analoges Verhältnis zwischen Reiz- und Re- aktionsgröße sich konstatieren läßt. Man braucht nur die subjektive Empfindung der menschlichen Sinne durch die objektive Größe der chemotaktischen Reaktion zu ersetzen, um die von Pfeffer auf- gedeckte Relation im "Wortlaut des Web er -Fe ebner sehen Gesetzes auszudrücken: „Bei Zunahme des Reizes in geometrischer Progression wächst die Reaktion in arithmetischer Progression und dement- sprechend ist die Reaktion proportional dem Logarithmus des Reizes". Zur Erkennung dieser Gesetzmäßigkeit kann man sich, nach Pfeffer, der Ermittelung der Unterschiedsschwelle bedienen, d. h. des Reizzuwachses, welcher einem schon wirkenden Reiz hinzugefügt werden muß, um eine ebenmerkliche Schwellenreaktion zu erzielen, die immer dieselbe konstante Größe darstellt. Befinden sich also die Parnsamenfäden in einer homogenen Lösung der Apfelsäure, so wird ihre Sensibilität gegen dieselbe soweit abgestumpft, daß innerhalb gewisser Grenzen immer eine 30 mal konzentriertere Kapillarflüssigkeit erst eine eben merkliche neue Reaktion hervorruft. Dann kann man hierbei, um einen kurzen Ausdruck zu gebrauchen, davon sprechen, daß die Unterschiedsschwelle 30 beträgt. Ich habe auch nachgewiesen, daß die Unterschiedsempfindung der Isoetes- Samenfäden gegen Apfelsäure eine viel gröbere als die vorige ist; die Schwellenreaktion tritt hier stets dann ein, wenn die Kapillar- flüssigkeit 400 mal so konzentriert ist als das Außenmedium ^). Die Feststellung der gesetzmäßigen Relation zwischen Reiz- und Reaktionsgröße stellt nicht nur an sich eine wichtige physiolo- gische Erkenntnis dar, sondern in anderer Richtung hat sie dadurch eine große Bedeutung gewonnen, daß die genaue Ermittelung der Unterschiedsschwelle, wie es im folgenden Kapitel näher darzutun ist, zur Erörterung der Frage, ob eine einzige oder mehrere differente Sensibilitäten vorliegen, geradezu unerläßlich ist. Die Ausführung der Versuche ist immer dieselbe. Das Pro- thallienmaterial wird nach Auswaschen mit destilliertem Wasser 1) W; Pfeffer, Locomotorische Eichtungsbewegungen durch chemische Reize. Unters, a. d. botan. Inst. Tübingen, Bd. I, 1884, S. 395. 2) K. Shibata, Studien über die Chemotaxis der Isoe0 0 »1 aa = 1:1 /sooo /3OOO 1/ '4000 Chininhydrochlorid Skopolamin : Chinin Skopolaminsulfat VlO 0 a, aa = 1 : 10 1/ /lOO '800 /soo Atropinsulfat Strychnin : Atropin Strychninnitrat V. 0 a, as ^5:2 1/ '100 /aoo 1/ '500 Kokainhydrochlorid Strychnin : Kokain Strychninnitrat 7,0 0 ai »3 = 5:2 /lOO ■'soo '50O Atropinsulfat Morphin : Atropin Morphinhydrochlorid % 0 ? aa = 1:1 1/ /lOOO /1500 1/ /2000 Chininhydrochlorid Ephedrin : Chinin Ephedrinhydrochlorid '/lo 0-? ai— aa ^a. = 1:5 /lOOO /isoo '2000 Chininhydrochlorid Emetin : Chinin Eraetinhydrochlorid V.0 0^ ai aj = 1:2 /2000 /aooa 1/ /40C0 Chininhydrochlorid Yohimbin : Chinin Tohimbinhydrochloric' \o 0 ai a. = 1:2 Einige diesbezügliche Versuche mit den Salvinia- und Isoetes- Samenfäden werden in folgender Tabelle zusammengestellt. 1) über die Wirkung der stark konzentrierten Lösungen vergl. man den II. Teil. 2) Der Kürze halber sind diese Bezeichnungen immer für die betreffenden Alkaloid- salze gebraucht. 4* 52 K. Shibata, o S 'S 53 'S Die Kapillarflüssigkeit enthält (Mol) Die Außenflüssigkeit enthält (Mol) Relative Reizwerte Sal- vinia Atropinsulfat '/»o Chininhydrochlorid V200 Uaon •? 0 1/ '6000 1/ '1000 ai "/ '8000 aa /2000 a. Chininhydrochlorid Bruzinhydrochlorid Atropin : Chinin = 1:10 Chinin : Bruzin = 5:1 Iso- ctes Chininhydrochlorid '/aoo Bruzinhydrochlorid '/200 Chininhydrochlorid '/bd 1/ » '100 1/ n '200 )) /lOOO Bruzinhydrochlorid Vbo 1/ 11 '100 n /200 /eooo 0 1/ /eooo V20 ? 0 0 0 ? 0 0 /lOOOO ai 1/ /sooo ai Vso aa a. 0 0 aa ai ? /l2000 aa /lOOOO a, /lOO aj ai 0 a-3 a, a^ Bruzinhydrochlorid Chininhydrochlorid Morphinhydrochlorid Chinin : Bruzin = 1:1 Chinin : Morphin = 100 : 1 Bruzin : Morphin = 100: 1 Die oben angeführten Versuchsreihen zeigen sehr deutlich, daß jedes beliebige chemotaktisch wirksame Alkaloid die Sensibilität der Samenfäden für ein anderes Alkaloid abstumpft und die dabei sich ergebenden Werte der relativen Unterschiedsschwelle etwa 30 bei Equisetuin-, 20 bei Salvinia- und 50 bei Jsoe^e^- Samenfäden betragen, was wohl mit den schon im vorigen Kapitel angegebenen Resultaten übereinstimmt. Die chemotaktisch wirksamen Amine wirken auch gegen Alkaloide abstumpfend und vice versa, wie es die folgenden Versuchsreihen mit den i^g^t/^e^MW-Samenfäden zeigen. Die Kapillarflüssigkeit enthält (Mol) Die Außenflüssigkeit enthält (Mol) Relative Reizvrerte Äthylaminhydrochlorid /3000 /4000 /eooo Chininhydrochlorid Äthylamin : Chinin % 0 »1 aa = 1 :50 Allylaminhydrochlorid '2000 /3000 1/ /4000 Chininhydrochlorid Allylamin : Chinin V,., 0 ai aa = 1 : 20 Tetramethylendiamin- '/ (1000 '/ 11600 /2000 Chininhydrochlorid Tetramethylendia- hydrochlorid '/lo 0 a, »2 niin : Chinin = 1:10 /lOO Trimethylendiamin- Chinin :Trimethyl.- Chininhydrochlorid Vmo 1/ 0 hydrochlorid diamin = 10:1 n /so II /so aj— a3 Untersuchuiigen über die Chemotaxis der Pteridophyten-Spermatozoiden. 53 Hierbei beträgt aber die relative Unterschiedsschwelle etwa 15. Es ist beiläufig zu bemerken, daß die nicht anlockend wirkenden Alkaloide und Stickstoffbasen keine solche abstumpfende Wirkung auf die Sensibilität der Samenfäden ausüben, so daß z. ß. Vso Mol Physostigminsulfat, Pilokarpinhydrochlorid, Propylaminhydrochlorid, Vio Mol Pyridin usw. als Aufenthaltflüssigkeit der Jsoe^es-Samenfäden benutzt, die positive Reaktion der letzteren gegen Viooo Mol Chinin- hydrochlorid, Bruzinhydrochlorid usw. nicht hemmen. D. Äpfelsäure- Anionen gegen verschiedene Kationen und Alkaloide. Der schon oben ausgesprochene Satz, daß die Reizbarkeit der Samenfäden durch Apfelsäure- (und verwandte Dikarbonsäure-) Anionen auf einem ganz anderen Vorgang als die durch Kationen und Alkaloide erzeugte beruht, ergibt sich zunächst daraus, daß die beiden Kategorien angehörenden Stoffe, d. h. die genannten Anionen und Kationen, gegeneinander keine Abstumpfung der Sen- sibilität bedingen, wie aus folgender Versuchsreihe mit den Salvinia- Samenfäden deutlich hervorgeht. Die Außenflüssigkeit Die Kapillarfliissigkeit enthält Eelative enthält (Mol) (Mol) Eeizwerte Natriummalat 'lOOO 'Ao CaCla ("neben '/looo Natriummalat) ag') Malat : Ca = n /lOOO '100 n ( n '1000 n )a. 10 : 1 n /lOOO 7,0 SrClj ( „ /loto n ) »3 Malat : Sr = n /lOOO /lOO 71 ( n /looo 11 ) a„ 50 : 1 CaCNOa)^ /lOO / /lOOO Natriummalat aa SrClj '/.CO /lOOO n aa Hieraus ist ersichtlich, daß die sich in der Malatlösung befind- lichen Samenfäden noch ganz prompt auf die Reizwirkung der Ca- oder Sr-haltigen Kapillarflüssigkeit reagieren, und vice versa. Das ist nur durch die Annahme erklärlich, daß die Reize von Malat- und Metallionen voneinander ganz unabhängig perzipiert werden, sonst müssen sie, wie wir bereits anderswo sahen, gegeneinander mit bestimmten relativen ünterschiedsschwellen abstumpfend wirken. Es sei ferner darauf hinzuweisen, daß hierbei die der diffusen 1) Die nebenbei auftretende Repulsiv Wirkung ist hier nicht berücksichtigt. 2) Diese Lösung, als Außenmedium angewandt, hemmt die Bewegungstätigkeit der Spermatozoiden nicht so stark wie in der Kapillare. 54 K. Shibata, Reizwirkung der Viooo Mol-Malatlösung ausgesetzten Samenfäden ganz gut den einseitigen topotaktischen Reiz der Ca- oder Sr-salz- haltigen Kapillarflüssigkeit p^rzipieren, die den gleichen oder sogar weitaus geringeren Reizwert wie das Außenmedium besitzt. Die vermeintliche Kompensation^) der anziehenden Wirkung der Außen- und Kapillarflüssigkeit besteht also bei der topotaktischen Reaktion in Wirklichkeit nicht. Daher ist es hierbei, wie schon gesagt, nicht unbedingt nötig, der Kapillarflüssigkeit denselben Stofi" wie das Außenmedium hinzuzufügen. Die dem obigen entsprechenden Versuche wurden mit den EquisefumSsimeniäden unter Benutzung der Malate und der ver- schiedenen chemotaktisch wirksamen Kationen ausgeführt. Es er- gaben folgende Resultate. Die Außenflüssigkeit Die Kapillarflüssigkeit enthält Relative enthält (Mol) (Mol) Reizwerte Ammoniummalat «/ '100 '/.„, CaCla &, Malat : Ca 1/ 'loo Ca(N03), as =^1:1 1/ '200 n »3 1/ /boo II a.'') 1/ /lOCO II a^ Natriummalat 1/ /boo /lOO /boo /looo n n n a, a3 a. CaClj lim /lOO Natriummalat aa Ca(N03), lim /soo 11 aj n 11 /lOO /soo 11 a. 1) hm /lOOO I. a3 Ammoniummalat 1/ /lOO 'A„ LiCl (neben Vioo Ammoniummalat) a^ Malat : Li n /lOO /lOO MgCl, ( „ '/,„„ n )a. = 100 : 1 MgCl, 'BOO /lOO Natriummalat aa Malat : Mg n /50J Um 11 aa = 10:1 NaCl 'L lim n as Malat : Na n /bo lioo n a. = 200 : 1 1) W. Rothert, Beobachtungen und Betrachtungen über taktische Reizerschei- nungen. Flora, Bd. 88, 1901, S. 387. Eine solche Kompensation ist aber wohl bei der positiven Phobotaxis möglich. Vergl. hierzu auch H. Kniep, Untersuchungen über die Chemotaxis der Bakterien. Jahrb. f. wiss. Bot., Bd. XLIII, 1906, S. 230. 2) Die positive Topotaxis ist ganz sicher zu beobachten, aber wegen der am Kapillarmund stattfindenden positiven Phobotaxis gegen die Außenlösung (Malat) unter- bleibt bisweilen die dauernde Ansammlung. Untersuchungen über die Chemotaxis der Pteridophyten-Spermatozoideu. 55 Hieraus muß man schließen, daß auch bei den Equisetum- Samenfäden die positive Reaktion gegen Malat-Ionen auf einem ganz anderen E-eizvorgang als die gegen Metall-Ionen beruht. Das- selbe gilt auch der Beziehung zwischen den Reizbarkeiten durch Malat- und H-Ionen, wie aus nachfolgenden Resultaten ersichtlich ist. Sperniato- Die Äußenflüssigkeit Die Kapillarflüssigkeit enthält Relative zoiden von enthält (Mol) (Mol) Heizwerte Equisetum Natriunimalat Vjooo V,„„ HCl a... Malat : H 1/ n /2000 1/ 'B"0 n a, = 20: 1 1 ' 11 /5O00 V.oo HNO3 aa 1/ )1 /6000 /200 7) a^ n Imoo 1/ 'bog n a, H2SO4 Vicoo Vioo Natriunimalat (neben '/looo H2SOJ 83 1/ n /6O00 1/ / 1/ '100 n V )) 'lOOo r, ) »3 Salvinia Natriummalat Vsoo '/2„o HCl aa Malat : H n '600 V.00 COOK 1 COOK ao = 15 : 1 HCl Vsüo Vioo Natriunimalat a. 11 /icioo '100 n aa Es erübrigt noch zu zeigen, daß die Reizbarkeit der Samen- fäden durch Malat-Ionen auch von den durch Alkaloide hervor- gerufenen, ganz unabhängig ist. Die experimentellen Belege dazu sind in der folgenden Tabelle zusammenuestellt. Spermato- Die äußenflüssigkeit D ie Kapillarflüssigkeit Relative zoiden von enthält (Mol) enthält (Mol) Reizwerte Equisetum Ammoniummalat liOO % Chininhydrochlorid as Malat: Chinin^ 10:1 n ll aoo Vio Kokainhydrochlorid H Malat: Kokain =50:1 n '100 '20 Strychninnitrat a« Mal. :Strychn. = 20:1 n '100 V.0 Atropinsulfat as Mal. :Atropin = 50:1 Salvinia Natriummalat 'ICO Aoo Chininhydrochlorid a. Malat : Chinin = 15:1 ., /soo v '100 « as Bruzinhydrochlorid '/soo /looo Natriummalat a3 Mal.:Bruzin = 100:1 n '500 '/ '5000 n a. Chininhydrochlorid '1000 V '5000 n aa Malat: Chinin = 10:1 Isoetes Chininhydrochlorid V '1000 V '1000 11 »3 Malat: Chinin = 20:1 11 '1000 V '5000 n aj Bruzinhydrochlorid V '500 '1000 11 a3 Malat :Bruzin = 20:1 n V '500 '50O0 1) a.2 56 K. Shibata, Die obigen Versuche zeigen u. a. wiederum ganz klar, daß die schon von Malat-Ionen diffus gereizten Spermatozoiden noch ganz prompt auf die einseitige Reizung durch die weit schwächer wirkenden Alkaloid-Lösungen reagieren. E. Metall- und H-Ionen gegen Alkaloide. Es ist sehr interessant zn bemerken, daß die chemotaktische Reizbarkeit der Samenfäden durch die Kationen (d. h. Metall- und H-Ionen) durch Alkaloide abgestumpft wird und vice versa, so daß die Stoffe beider Kategorien einen gewissermaßen gemeinsamen Reizvorgang auslösen. Der Beweis dafür wird zunächst durch folgende Experimente mit den ^gm^e^wm- Samenfäden geliefert. Die Außenflüssigkeit enthält Die Kapillarflüssigkeit enthält Relative Reizwerte Kokainhydrochlorid V50 V.ooo CaCl 0 Ca: Kokain ^50 1 CaCl, Viooo Vio Morphinhydrochlorid 0 Ca : Morphin = 50 l Morphinhydrochlorid V50 'Aooo CaClj 0 MgCla V500 '/so Atropinsulfat (neben '/soo MgClj) 0 Mg : Atropin = 5 1 V n '500 V50 Morphinhydrochl. (neb. '/^^ MgCls) 0 Mg : Morphin = 5 1 Strychninnitrat V200 7,«, HCl 0 Strychnin : H =^ 1 1 n '200 '200 1) '^ V 1200 /soo n ^ In welcher Weise hierbei sich die quantitativen Verhältnisse der gegenseitigen Abstumpfung gestalten, habe ich nicht näher untersucht. Einige orientierende Versuche ergaben aber außer- ordentlich kleine Werte der relativen Unterschiedsschwellen. Die Frage findet aber eine bestimmtere Beantwortung in nachfolgenden Versuchen mit den /S'a^vmia-Samenfäden. Die Außenflüssigkeit enthält (Mol) D e Kapillarflüssigkeit enthält (Mol) Relative Reizwerte CaClj '2000 Vioo Chininhydrochlorid 0 Ca : Chinin =1:1 n /sooo /60 ?i »1 ■n /20OO '20 n ^2 &3 n '1000 V 0 '100 n " V /lOOO Vso „ 0-? Untersuchungen über die Chemotaxis der Pteridophyten-Spermatozoiden. 57 Die Außenflüssigkeit enthält (Mol) Die Kapillarflüssigkeit enthält (Mol) Relative Reizwerte CaCla /lOOO 7,0 Chininhydrochlorid ^2 *3 Ca : Chinin = 1:1 V 1/ '500 '100 11 0 n 1/ 'BOG 750 11 0 11 1/ /500 7,0 11 0 SrCla /2000 100 Chininhydrochlorid 83 Sr : Chinin =1:5 n /sooo 7.. .1 as n /2000 7^0 11 a, n /icoo /lOO 11 a2 n 1/ 7,0 11 a3 n 1/ 1000 7^3 n a3 11 (500 1/ '100 11 0 11 1/ '50O /so 11 aa n 1/ /500 /20 11 aa „ /2OO /lOO 1, 0 H 7.00 7,0 11 0 n /200 /20 11 a^ )i /lOO /lOO 11 0 n /loo 7,0 1) 0 n V '100 7.0 ,1 0 n lim /lOO ,1 ai n n /aoo Ina 7,0 /jo 11 ai a, HCl Isooo /lOO Chininhydrochlorid a. Chinin : H = 1:1 n /sooo /öOO 11 0 n »/ '3000 /lOO 11 ? 11 • / 1000 1,' /lOO „ 0 Aus obigem geht ganz klar hervor, daß hierbei die relative Unterschiedsschwelle zwischen Metall- Kationen und Alkaloiden 30 beträgt. F. OH-Ionen gegen Malat-Ionen und Alkaloide. Die /5oefe5-Samenfäden weisen, wie oben angegeben, eine wohl ausgebildete Reaktionsfähigkeit gegen die OH-Ionen auf. Es fragt sich nun, ob man es hierbei mit einer besonderen, von anderen unabhängigen Sensibilität zu tun hat oder nicht. Diesbezügliche Experimente sind in folgender Tabelle zusammengestellt. 58 K. Shibata, Die Außenflüssigkeit enthält (Mol) Die Kapillarflüssigkeit enthält (Mol) Relative Reizwerte Natriummalat V '10 000 V '2000 NaOH (neben V '10 000 Natriummalat) »3 Malat : OH = 2 : 1 n V ' 3000 '2000 « ( . '/ '5000 ) aa V '1000 '2000 11 i )) '1000 ) aa NaOH V '10000 V '10 000 Natriiimiualat a^ n '/ '10 000 'BOOO 1) a.. n '10000 '1000 n aa n 1/ '2000 'lüOOO Natriummalat (neben '/,„„„ NaOH) a. « 1/ 2000 1/ '50OO n ( ,, /2000 )) ^ a« n /2000 '1000 n ( „ /lOOO tl / a» Die obigen Versuche zeigen, daß Malat- und OH-Ionen keine gegenseitige Abstumpfung der Sensibilität der Samenfäden bedingen. Daraus muß man schließen, daß diese beiden Anionen differente, voneinander unabhängige Reizvorgänge auslösen. Dasselbe gilt freilich für die Beziehung zwischen der Reizwirkung der OH-Ionen und der chemotaktisch wirksamen Alkaloide. Die Außen flüssigkeit Die Kapillarflüssigkeit enthält Relative enthält (Mol) (Mol) Reizwerte NaOH '2000 V 'MO Atropinsulfat (neben '4ooo NaOH) a^ OH : Atropin 17 '2060 V '200 n i V '2000 17 ) ^2 a3 = 20 : 1 n '2O0O '1000 Bruzinhydrochlorid (neb. '/2000 NaOH) aj OH : Bruzin » '2000 '200 77 \ n '2000 ») -' a3 = .10 : 1 n '2000 '1000 Chininhydrochlorid ( „ V2100 17 ) aj OH : Chinin n /20OO /200 77 ( 77 '2000 77 ) a3 = 10 : 1 Atropinsulfat '200 '2000 NaOH (neben '/200 Atropinsulfat) aj Chininhydrochlorid 1/ ■' 1000 '2000 „ (neb. Viooo Chininhydrochlorid) aj Hieraus ist ersichtlich, daß die in einer V2000 Mol-NaOH- Lösung befindlichen Samenfäden ganz gut auf den einseitigen Reiz der Kapillarflüssigkeiten reagieren, welche einen gleichen oder sogar weit geringeren Reizwert wie die Außenlösung besitzen. Paßt man die in diesem Kapitel angeführten Versuchsresultate zusammen, so ist vor allem klar, daß man bei den Pteridophyten- Samenfäden wenigstens 3 Kategorien von chemotaktischen Sensi- bilitäten unterscheiden muß, nämlich: UntersuchuDgen über die Chemotaxis der Pteridophyten-Spermatozoiden. 59 1. Die Sensibilitäten für die Anionen der Apfelsäure und der verwandten chemotaktisch wirksamen Dikarbonsäuren. 2. Diejenige für OH-Ionen (nur bei Isoetes). 3. Diejenigen für die Kationen (Metall- und H-Ionen) und Alkaloide. Die chemotaktischen Sensibilitäten der obigen drei Kategorien sind voneinander gänzlich unabhängig, wie der Mangel der gegen- seitigen Beeinflussung kundgibt. Innerhalb jeder Kategorie weisen aber die Sensibilitäten der Samenfäden mehr oder minder gemein- same Züge auf. Wenn nun ein Stoff (a) gegen einen anderen (b), ungeachtet der Differenz in den relativen Reizwerten, ebenso stark wie der gleichnamige (b) abstumpfend wirkt, so kann man mit größter Wahrscheinlichkeit schließen, daß die Reizwirkung dieser beiden Stoffe bereits im allerersten Vorgang der Chemoperzeption koinzidiert. Das ist in der Tat der Fall, wie wir schon sahen, bei der abstumpfenden Wirkung der Zitrakonsäure gegen Maleinsäure {Salvinia) und die der Sr-Ionen gegen Ca-Ionen {Salvinia und Equisetum). In den meisten übrigen Fällen konnten die konstanten Werte der Unterschiedsschwelle zwischen zwei beliebigen Reizstoffen, die natürlich innerhalb einer und derselben Kategorie liegen müssen, erst durch Bezugnahme auf die relative Größe der chemotaktischen Reizwerte aufgestellt werden; oder in anderen Worten: der Grad der abstumpfenden Wirkung geht mit der Stärke der anlockenden Wirkung Hand in Hand. Die hierbei sich ergebenden Werte der „relativen" Unterschiedsschwelle stimmen aber gewöhnlich mit denen, welche die Versuche mit einer und derselben Reizstofflösung als Außen- und Kapillarflüssigkeit ergeben, beinahe überein. Unter Umständen fallen jedoch jene Werte sehr verschieden von diesen aus (wie z. B. bei den Versuchen mit Metallionen gegen Alkaloide bei Equisetum). Besonders in diesen zuletzt angeführten Fällen konnte freilich der Schluß auf die Identität der Sensibilitäten nicht mehr zwingend sein. Dennoch, glaube ich, kann man mit gewissem Recht betonen, daß im allgemeinen die Reizvorgänge, die durch zwei beliebige, einer und derselben der oben angestellten Kategorien angehörende Stoffe ausgelöst werden, miteinander, wenn auch nicht im allerersten Perzeptionsakt, doch schon in den darauf unmittelbar folgenden Gliedern der Reizkette zusammenfallen, so daß die Inter- ferenz der Reizprozesse beider Stoffe die gegenseitige Abstumpfung zur Folge haben muß. Oder in anderen Worten: die chemisch verwandten oder die in chemischen Wirkungen nahe stehenden 60 K. Shibata, Untersuch, über d. Chemotaxis d. Pteridophyten-Spermatozoiden. Körper lösen, wenn auch nicht immer genau dieselben, doch beinahe gleichartigen Reizvorgänge aus. Eine total gesonderte Sensibilität für jeden einfachen Reizstoff, was nach Kniep') den von ihm untersuchten Bakterien zukommen soll, konnte hier nicht nach- gewiesen werden. 1) Hans Kniep, Unters, üb. d. Chemotaxis von Bakterien. Jahrb. f. wiss. Bot., Bd. XLIII, 1906, S. 265, Zur Kenntnis des anaeroben Wachstums höherer Pflanzen. Von Ernst Lehmann. Vor kurzer Zeit hat Nabokich die Ergebnisse seiner über eine Reihe von Jahren sich erstreckenden Versuchsserien über temporäre Anaerobiose zusammengefaßt und in einer umfangreichen Arbeit (1909) dargelegt, nachdem er schon früher in zahlreichen, teils deutschen, teils russischen Mitteilungen über dieselben be- richtet hatte. Ich habe über die zusammenfassende Arbeit in Zeit- schrift für Botanik (1909, l, S. 731) referiert und daselbst auch darauf hingewiesen, daß ich meine, hauptsächhch die Versuche Nabokichs und des von diesem angegriffenen Wieler nachprüfenden Unter- suchungen in Bälde darlegen wollte. Ich möchte dies nun hier- mit tun. Fassen wir zuerst in kurzen Worten die sich gegenüberstehenden Ansichten der beiden Autoren zusammen. Wieler war auf Grund seiner Untersuchungen zu dem Ergebnis gekommen, daß zum Wachstum aller höheren Pflanzen Spuren von Sauerstoff unbedingt nötig wären, Nabokich im Gegenteil vertritt die Ansicht, daß die durch intramolekulare Atmung gelieferte Energie genüge, um den höheren Pflanzen ganz allgemein ein zeitweises Leben ohne Sauer- stoff zu ermöglichen. Die Untersuchungen Wielers liegen schon eine längere Reihe von Jahren zurück. Er hatte als erster versucht, in exakter Weise festzustellen, inwieweit die Pflanzen den Sauerstoff zum Wachstum unbedingt benötigen. Was an früheren Arbeiten über dieses Gebiet vorlag, war im allgemeinen nicht geeignet, einer kritischen Be- trachtung standzuhalten. Man findet die betreffende Literatur sowohl bei Wieler als bei Nabokich als auch bei Pfeffer 62 Ernst Lehmann, (1904, 2, S. 131) zusammengestellt, so daß ich nicht für nötig halte, auf dieselbe Wer im Zusammenhange wieder einzugehen. Ich wende mich vielmehr gleich zur Darstellung der Untersuchungs- methoden beider Forscher, da begreiflicherweise auf diese der Hauptnachdruck zu legen sein wird. Wieler brachte seine Versuchsobjekte (Heliantkus annuus, Vicia Faba, Lupinus hiteus, Brassica iiapiis, Cucurbita Pepo usw.) in Schalen mit Sägespänen unter eine tubulierte Glasglocke, deren mattgeschliffeuer Rand mittels Pumpenfett auf eine ebenfalls matt- geschliffene Glasplatte luftdicht aufgesetzt wurde. Der so her- gestellte Verschluß wurde durch Einsetzen in eine Schale mit Wasser noch versichert. In dem Tubus befand sich ein doppelt durch- bohrter Kautschukpfropfen, welcher von zwei knieförmig gebogenen Glasröhren durchsetzt war. Die eine dieser Röhren führte zu einem nach dem Apparat hin durch eine Wasserschicht abgesperrten Quecksilbermanometer, während die andere einmal über einen Drei- weghahn zu einem Wasserstoffapparat führte, zweitens aber die Verbindung mit der Wasserstrahlluftpumpe herstellte. In der Glocke befand sich außer den Versuchspflanzen ein Thermometer, ein Gefäß mit Wasser und häufig auch noch ein solches mit alkalischem Pyrogallol zur Absorption der nach dem Auspumpen noch restie- renden Sauerstoffspuren. Die Versuchspflanzen, fast durchgängig Keimlinge der oben genannten Arten, kamen sämtlich in etioliertem Zustande zur Verwendung. (Abbildung und Beschreibung des Apparates siehe Wieler, S. 195.) Es wurde nun zur Versuchs- anstellung der ganze Apparat entweder einfach ausgepumpt und am Manometer nach Abzug der Wasserdampftension die noch vor- handene Luftmenge abgelesen, wodurch sich dann durch Rechnung und Beziehung auf den Rauminhalt des verwandten Apparates der darin enthaltene Sauerstoffanteil ergab, oder aber es wurde wechselnd ausgepumpt und mit Wasserstoff nachgefüllt und das mehrmals wiederholt, so daß nach des Verfassers Berechnung als theore- tischer Wert Sauerstoffspuren von nicht mehr als Milliontel oder Billiontel eines Kubikzentimeters im Apparat zurückblieben. Außer dem eben beschriebenen benutzte dann Wieler noch einen zweiten folgendermaßen zusammengesetzten Apparat. In eine dampfgesättigte Röhre von 16 mm Durchmesser und 60 ccm Inhalt wurden eine oder mehrere mit Marken versehene Pflanzen gebracht. Darauf ward die Röhre mit einem doppelt durchbohrten Gummi- stopfen verschlossen, durch den ein langes und ein kurzes Glasrohr Zur Kenntnis des anaeroben Wachstums höherer Pflanzen. 63 geführt waren. Durch das erstere stand der Apparat mit dem Wasserstoffentwicklungsapparat, durch das zweite mit der Wasser- luftpumpe in Verbindung. Der Apparat ward so in ein Gefäß mit Quecksilber gestellt, daß die Verschlüsse untergetaucht waren, um jedes Eintreten von atmosphärischer Luft zu verhindern. Alsdann ward zu gleicher Zeit ausgepumpt und Wasserstoff eingeleitet und zwar solange, bis man annehmen konnte, daß alle Luft ausgetrieben sei. Die Verbindungsröhren zwischen dem Wasserstoffapparat und der Pumpe wurden unter Quecksilber herausgenommen und durch Glasstäbe ersetzt, so daß dasselbe nicht in die Röhre eindringen konnte. Das Ergebnis der im ersten Apparat angestellten Versuche war nun das folgende: Alle untersuchten Pflanzenkeimlinge be- durften nur außerordentlich geringer Mengen von Sauerstoff zum Wachstum. Zuerst stellten Brassica napus, Cucurbita Pepo, Ri- cinus communis und Bellis perennis ihr Wachstum ein, alles Pflanzen, welche schon nach einmaligem Auspumpen, ohne Zuleiten von Wasserstoff, also bei einem Druck von 3 mm und einem be- rechneten Gehalt des Apparates von über 1 ccm Sauerstoff nicht mehr zu wachsen imstande waren. Schon Lupinus luteus konnte mit erheblich weniger Sauerstoff auskommen und Vicia Faba stellte bei einem berechneten Sauerstoffgehalt von Billiontel eines Kubik- zentimeters nicht immer ihr Wachstum ein. Überhaupt nicht konnte das Wachstum in diesem Apparat sistiert werden bei HeliantJms annuus, welcher auch nach dreimaligem Auspumpen und Wieder- zugeben von Wasserstoff immer noch wuchs. Wieler kommt zu dem Ergebnis, daß die restierenden Sauerstoffspuren für dieses Wachstum verantwortlich zu machen sind. Er nimmt deshalb den zweitbeschriebenen Apparat zu Hilfe, in dem dann auch Helianthus annuus sein Wachstum einstellt, so daß also nach .Wieler die höheren Pflanzen des Sauerstoffs zum Wachstum ganz und gar nicht entraten können, wenn es auch nur sehr geringe Spuren sind, die sie benötigen. Dieser Auffassung schlössen sich dann andere Autoren, wie Wortmann, Palladin, Detmer, Correns an, da- gegen trat ihr aufs energischste Nabokich entgegen. Nabokich kommt auf Grund seiner Versuche, um das gleich vorweg zu nehmen, zu dem Ergebnis, daß die Fähigkeit, ohne Sauerstoff zu wachsen , eine bei allen oder den meisten höheren Pflanzen verbreitete ist. Die Versuche Wieler s gingen nur von Mißverständnissen aus und schlössen eine Reihe von Fehlern in sich. g^ Ernst Lehmann, Vor allem greift Nabokich die Methodik Wielers an. Einmal hebt er hervor, daß durch die zahlreichen Kautschukschläuche, Hähne, Propfen etc. keineswegs ein irgendwie einwandfreies Vakuum zu erzielen sei. Jedenfalls ermöglicht es nicht eine Angabe des Sauerstoffs nach so geringen Quanten, wie sie von Wieler ein- geführt wurde. In dieser Beziehung möchte ich gleich hier Nabokich beistimmen. Obwohl die Anschaulichkeit der Wieler sehen Methode nicht zu leugnen ist, führt sie doch zu falschen Vorstellungen. Mir wurde das durch einige Versuche gezeigt, die ich mit Vicia Faba einmal in Sägespänen, das andere Mal ohne Sägespäne nur durch Wasser befeuchtet, anstellte. Im ersteren Falle wuchsen die Keimpflanzen sehr schön und energisch, das andere Mal gar nicht, obwohl ganz dasselbe Vakuum hergestellt war. Natürlich führt auch der Wasserstoff Spuren von Sauerstoff mit sich und die Dichtungen sind auch nie so sicher herzustellen, daß nun Berech- nungen in der genannten Art und Weise angestellt werden könnten. Weiter beanstandet Nabokich, daß von Wieler sowohl wie von fast allen anderen Autoren, welche sich mit ähnlichen Unter- suchungen beschäftigt haben, zur Entfernung des Sauerstoffs ein Wasserstoffstrom meist in Verbindung mit einer Wasserstrahlluft- pumpe benützt wurde, wodurch die untersuchten Pflanzen dauernd in einer verdünnten Atmosphäre gehalten wurden und ihr Turgor auf diese Weise herab-, ihre Transpiration aber hinaufgesetzt wurde. Endlich drittens wird von Nabokich sowohl Wieler als allen anderen bisherigen Autoren vorgeworfen, daß sie die Ernährung ihrer Versuchspflanzen während des anaeroben Lebens mit organischen Nährstoffen unterlassen haben, wodurch der negative Ausfall der Untersuchungen zu erklären sei. Um diese von ihm gerügten Versuchsfehler zu umgehen, bedient sich Nabokich nun folgender Methodik. Er bringt seine Versuchs- pflanzen, hauptsächlich Keimlingsabschnitte, in 1 — 2^/oige Zucker- lösungen, die sich in abschmelzbaren, seitlich tubulierten Glaskolben befinden. Der Hals der Kolben wird vor dem Auspumpen abge- schmolzen, die an dem seitlichen Tubus befindliche, nach der Luft- pumpe führende Glasröhre ist kapillar ausgezogen und wird während des Auspumpens abgeschmolzen. Auf diese Weise wird bei absolut dichtem Verschluß jeder Gummischlauch oder Stopfen vermieden und es wird eine weitgehende Evakuierung ermöglicht, da bei einer Temperatur, welche die Pflanzen nicht schädigt, ein Auskochen des Substrates unter der Luftpumpe und damit ein Fortreißen der Zur Kenntnis des anaeroben Wachstums liöberer Pflanzen. 65 letzten Liiftspuren ermöglicht wird. Nabokich hat sich außer Wasserstrahlluftpumpen auch Ol- und Quecksilberluftpumpen bedient, so daß er ein optimales Vakuum erzielen konnte. Seine Versuche wurden in allererster Linie mit Helianthus annuus vorgenommen, wo sie denn auch vorzügliche Ergebnisse brachten und sich ein erheb- liches Wachstum im Vakuum ergab. Diesen positiven Ergebnissen an dieser Versuchspflanze lassen sich aber nur mangelhafte an anderen an die Seite stellen. Außerordentlich viel geringeres Wachs- tum ergaben schon die Koleoptilen von Zea Mays, noch geringeres die ganz jungen Keim würzeichen von Fisum, Lupinenhypokotyle und Raps. Für mich resultierten nun aus dem angeführten Tatbestande eine ganze Reihe von Fragen, die zu untersuchen meine Aufgabe war. Herrn Geheimrat Prof. Dr. W. Pfeffer bin ich dankbar für den Hinweis auf diese Fragestellung und für das Interesse und den Beistand, den er mir während des Sommersemesters 1907, wo ich diese Arbeit im botanischen Institute zu Leipzig begann, gewährte. Da ich im Wintersemester 1907/08 in Bonn am botanischen Institute der landwirtschaftlichen Akademie tätig war, setzte ich meine Arbeit im dortigen Institut fort und danke meinem damaligen verehrten Chef, Herrn Professor Dr. Jost herzlichst für den mir überlassenen Platz und oft gespendeten Rat. Aber erst nach mehrmahgen Unterbrechungen durch allerhand dazwischen zu erledigende Arbeiten konnte ich die vorliegenden Untersuchungen im Winter 1909 im botanischen Institut zu Kiel zu einem gewissen Abschluß bringen. Es lag nach dem im vorhergehenden Angeführten auf der Hand, daß ich die vielgeschmähte Versuchsanstellung Wielers zuerst einmal einer eingehenden Nachprüfung unterzog. So begann ich denn meine Untersuchungen mit der Benützung des einen von Wieler angewandten und von mir zuerst beschriebenen Apparates. Ich brachte indessen mehrere Veränderungen in der Versuchsanstellung an, um einigen der von Nabokich getadelten Mängel zu entgehen. So vermied ich vor allem natürlich die Sägespäne, die Wieler als Substrat für seine Versuchskeimhnge benützte. Hatte ich es mit kleinen Samen zu tun, z. B. mit Brassica napiis, so verwendete ich 1 — 2 Lagen gut befeuchteten Filtrierpapieres auf einem Objekt- träger. Die Austrocknung des Papieres wurde dadurch vermieden, daß ein Streifen desselben in ein unter dem Objektträger stehendes Näpfchen mit Wasser tauchte, wodurch immer neues Wasser nach- gesaugt wurde. Sollten aus größeren Samen hervorgehende Keim- Jalirb. f. wiss. Dotanik. XLIX. 5 66 Ernst Lehmann, linge untersucht werden {Faha, Helianthus usw.), so wurden die- selben auf innen mit feuchtem Filtrierpapier ausgekleidete Glas- röhren von 6 — 8 cm Länge gesetzt, in welche die Wurzeln, somit dauernd befeuchtet, hineinragten. Die Glasi öhrchen waren mit etwas Siegellack auf einer halbkreisförmigen Glasscheibe vertikal befestigt, durch welche Form sich erreichen ließ, daß die Röhren mit den Versuchskeimlingen ganz nahe an die Glasglocke gebracht wurden, wodurch die mit dem Horizontalmikroskop geschehende Ablesung der Tuschemarken auf den Keimlingen ermöglicht wurde, bzw. durch die Wölbung der Glocke hervorgerufene Ablesungsfehler vermieden wurden. Die dauernde Feuchthaltung der Keimlinge wurde auch dadurch gewährleistet, daß auf dem Grunde jedes Glasröhrchens sich stets etwas Wasser befand und manchmal auch noch die Hypokotyle mit Wasser besprengt wurden. Es wurde stets darauf geachtet, daß die Feuchtigkeit auch bei Abbrechung des Versuches noch erhalten war. Durch Vermeidung der Säge- späne erhielt ich in den meisten Fällen einen annähernd oder vollkommen stabilen Manometerstand während der ganzen Versuchs- dauer. Um bei negativem Ausfall der Versuche sicher zu sein, daß die Bedingungen im Apparat nicht an sich dem Wachstum der Keimlinge schädlich waren, wurden dieselben stets erst in dem- selben im unausgepumpten Zustande eine Zeitlang auf ihr Wachstum untersucht, und erst, wenn in diesem Zustande ein normales Wachs- tum stattfand, das Auspumpen vorgenommen. Zudem wurden meist auch noch Kontrollexemplare unter einer anderen, neben der Versuchsglocke sich befindenden Glocke erzogen. Nach Abbrechen des Versuches, also nach Zuleiten von neuer Luft, wurden die Versuchspflanzen ebenfalls noch an Ort und Stelle weiter auf ihr Wachstum geprüft. Auch einige spezielle Maßregeln wurden noch benützt, worauf später zurückzukommen sein wird. Die Tusche- marken wurden entweder in beliebiger Entfernung auf den Keim- lingen angebracht, skizziert und dann in gewohnter Weise die Ab- stände gemessen. Da aber bei Messung eines längeren Stückes eine ganze Anzahl solcher Tuschemarken angebracht werden mußten, wodurch natürlich die Ablesungsfehler vergrößert wurden, wurde dazu geschritten, den Zuwachs der Keimlinge im ganzen zu messen, was in folgender Weise geschah. Entweder es wurde an das Glasrohr ein Draht mittels Siegellack befestigt, an dem wieder zwei kleine Querdrähte sich befanden, auf die ihrerseits Stecknadel- spitzen in vertikaler Richtung aufgesetzt wurden. Nahe der Spitze Zur Kenntnis des anaeroben "Wachstums höherer Pflanzen. 67 des Keimlings und weiter unten wurde nun in annähernd gleicher Höhe mit den Stecknadelspitzen je ein Tuschepunkt angebracht. Aus dem wechselnden Abstand des oberen Tuschepunktes von der oberen Nadelspitze, eventl. vermindert um den Abstand der ent- sprechenden unteren Punkte (nämlich dann, wenn der Keimling etwa nicht völhg sicher fixiert war) ließ sich dann der Gesamtzuwachs feststellen. Bei dünneren Objekten {Olyeeria) wurde der Keimling auch ganz in die Glasröhre gebracht und durch Feststellung des Abstandes der Spitze von einem auf der Glasröhre angebrachten Punkt der Zuwachs konstatiert. So wurde auch bei der Beob- achtung des Wurzelwachstums verfahren, in welchem Falle dann nach der dem Beobachter zu gelegenen Seite etwas Filtrierpapier ausgespart wurde. Die Keimlinge gelangten, was kaum nötig wäre hervorzuheben, natürlich in etioliertem Zustande in den Apparat. Ebenso war das Quecksilbermanometer stets mit einer Wasserschicht versehen, um die Giftwirkung des Hg unschädlich zu machen. Ein mit den Versuchen verbundenes, von Wieler noch nicht verfolgtes Ziel, die Schnelligkeit der Wachstumseinstellung nach Auspumpen bezw. die Schnelligkeit der Wiederaufnahme des Wachs- tums nach erneuter Zugabe von Luft festzustellen, brachte es mit sich, daß immer eine ganze Reihe von Ablesungen ausgeführt werden mußte. Bei der Wahl der Versuchsobjekte lag es naturgemäß nahe, solche Pflanzen zu verwenden, welche schon Wieler gebraucht hatte. Da ja er sowohl wie Naboki ch ganz besonders Helianthus annuus unempfindlich gegenüber SauerstofFentzug gefunden hatte, so wurde einmal noch eine andere Helianthus- Art zu den Versuchen herangezogen und dann kamen vor allem einige Compositen zur Verwendung. Von dem Gedanken ausgehend, daß vielleicht Wasser- pflanzen besonders unempfindlich für Sauerstofi'entzug sein könnten, wurde die Untersuchung dann auch auf Olyeeria fluitans ausgedehnt. Versuche nach Wieler. 1. Steiigelorgane. Helianthus annuus und andere Compositen (Vers. 1 — 4). Aus dem Versuchsprotokoll 1 ergibt sich, daß die Keirahnge von Helianthus annuus in dem eben beschriebenen Apparat ca. 24 Stunden mit einer Sauerstoffmenge von 0,5 — 1,5 ccm bei einem 5* 68 Ernst Lehmann, Drucke von 1 — 3 mm (nach Abzug der Wasserdampftension) zu wachsen imstande waren. Das Wachstum klingt aber nach und nach ab und schon nach 18Vu> Stunden hatte ein Keimling das Wachstum ganz aufgegeben. Bei Ablesung nach 23 Va Stunden sind von den 4 übrigen 3 nur noch ganz geringfügig gewachsen, während einer sein Wachstum noch in intensiverer Weise fortgesetzt hat. Bei erneuter Zugabe von Luft ist gleich in den ersten drei Stunden das Wachstum wieder ganz normal, wie vor dem Auspumpen, wie die stündhchen Zuwächse ergeben. Eine Schädigung durch das Evakuieren oder den Aufenthalt im Apparat ist also nicht zu verzeichnen. Die Kontrollexemplare an der Luft sind unterdessen in ganz normaler Weise und zuletzt so stark gewachsen, daß die Marken für die Ablesung mit dem Horizontalmikroskop zu weit auseinandergerückt waren. Helianthus annuus (Vers. 1 u. 2). Versuch 1. 5 Exemplare, 2 Kontrollexemplare. Manometerstand 1 — .3 mm. Sauerstoffmenge im Apparat (berechnet) 0,5 — 1,5 ccm. Norm. Druck Evakuiert Norm. Druck Pflanze . ja > 1 d ^ 1 'S a 3 r-t « a p, T o 'S a 3 o T CO ö 3 p< 1 0,45 0,1 0,70 0,17 0,60 0,04 0,05 0,01 0,55 0,18 2 0,95 0.21 0,95 0,24 0,7 0,05 0,6 0,12 0,9 0,3 3 0,95 0,21 0,68 0,17 0,37 0,02 0,13 0,02 0,6 0,2 4 0,83 0,18 1,1 0,27 0,57 0,04 0,0 0,0 0,6 0,2 5 ? 9 0,35 0,09 0,03 0,002 0,02 0,004 0,13 0,04 Kontrolle I II 0,55 0,4 0,11 0,1 1,3 0,32 6,4 0,5 4,3 3,3 ^ Der V } stark, J mikro weitere Z um mit 3k. gemes u wachs dem Hol s. werd. z n-av zu izontal- u könn. Bei Versuch 2 wurden die Keimlinge von Helianthus annuus in Wasserstoflfatmosphäre erzogen. Der Apparat war vor Zugabe des Gases einmal auf 1 mm Druck ausgepumpt worden. Auch dieser Versuch zeigt Wachstum über 24 Stunden, z. T. sogar bis 40 Stunden. Auch hier klingt das Wachstum deuthch ab, wird aber nach Zugabe von Luft wieder in normaler Weise aufgenommen. Die Kontrollexemplare sind die ganze Zeit über normal gewachsen. Zur Kenntnis des anaeroben Wachstums höherer Pflanzen. 69 Versuch 2. 3 Exemplare, 2 Kontrollexemplare. Manometerstand 3 mm, darauf Wasserstoffiillung. Normaler Druck "Wasserstoff Norm. Druck > > > ^ > •» v ^ j= <ü ,r-. > Pk ^ .2 Ä ^ ^ p. > Ä '^ > ä O» !>• t- ^ cS 1 4,7 0,3 2 0,25 2,2 0,14 0 0 4,1 0,27 2 5,5 0,34 3,6 0,45 4,3 0,28 0,3 0,04 5 0,32 3 3 0,22 2,2 0,27 4 0,17 0 0 5 0,36 Kontrolle I 3,8 0,24 1,1 0,14 3,7 0,24 0,5 0,06 — — II 11,0 0,61 4,G 0,57 11,5 0,74 3,2 0,4 — — Aus diesen Versuchen ergibt sich also, daß das Wachstum von Helianthus -'Keimlm^QX! fast 2 X 24 Stunden bei ganz minimalen Sauerstoffspuren fortdauern kann. Endlich aber hört dasselbe unter den gegebenen Versuchsbedingungen bei einigen Versuchspflanzen ganz auf, nachdem es hier wie bei den übrigen innerhalb der Versuchsdauer nicht völlig sistierten Keimlingen nach und nach immer geringer geworden ist. Mangelnde Feuchtigkeit kann hier nicht die Ursache des Sistierens gewesen sein, da, wie schon er- wähnt, immer für Feuchtigkeit in genügendem Maße gesorgt war. Auch die übrigen Bedingungen im Apparate können dem Wachstum nicht zuwider gewesen sein, da vor und nach dem Auspumpen beziehungsweise Zuleiten von Wasserstoffgas dieselben Versuchs- keimlinge an Ort und Stelle gut gewachsen sind. Wenden wir uns nun zu einigen Verwandten von H. annuus bezw. einigen anderen Compositen. Einmal wurde von Haage und Schmidt bezogene Helianthus perennis zum Versuche herangezogen. Versuch 3. Helianthus perennis. 2 Exemplare. Manometerstand 2 mm. Sauerstoffmenge 1 ccm. Pflanze Normaler Druck 20 I. 9 h n. bis 21.1. ich. V. p. Std. Evakuiert 21.1. 10— 5 h p. Std. 21. I. 5 h n. bis 22. I. 6 h n. p. Std. Normaler Druck 22. lehn. bis 23. I. 9 h V. p. Std. 0,07 0 i 0 0 0 Krümmt sich zu stark für die Messung 0,4 0,03 70 Ernst Lehmann, Versuch 4. 5 Exemplare. Sauerstoffmenge im Norm. Dr. E vakui ert auf ^ in ^ 1 so > 3 . J2 > ^ ^ 1 c* o s 3 1 0,5 0,1 0 0 1 C?-) stark ? 0 0 ? ? ? i 2 0,7 0,14 ? '? ? j 0,6 0,08 1,8 0,1 0 0 3 0,55 0,11 0 0 0 0 0,55 0,06 1,0 0,1 0 0 4 0,3 0,06 0 0 0 0 0,1 0,01 1,8 Ol 0,2 0,02 5 0,22 0,04 0,07 0 0 0 0 0 1,25 0,00 0,12 0,01 Trotz mehrerer angestellter Versuche behielt ich hier leider nur einen wachstumsfähigen Keimling übrig. Derselbe wuchs vor und nach dem Auspumpen deutlich, bei Auspumpen auf 1 mm stellte er indessen sein Wachstum ein. Von anderen Compositen wurde vor allem sehr eingehend Zinnia elegans (Vers. 4) untersucht. In Luft wuchsen die Pflanzen gut. Als auf 1 — 2 mm ausgepumpt worden war, wuchsen die Pflanzen noch kurze Zeit (ca. 3 Stunden), worauf sie ihr Wachstum ein- stellten. Auch bei Zugabe von Luft auf 11,5 mm trat Wachstum nicht allgemein wieder ein. Erst bei 12,5 mm war dies der Fall. Bei erneutem Auspumpen auf 1 mm trat dann sehr schnell wieder Sistierung ein, um nach Zugabe von Luft auf 20 mm sogleich wieder erneutem Wachstum Raum zu geben. Bei abermaligem Aus- pumpen auf 14 und darauf folgend 9 mm wurde das Wachstum dann zwar nicht sistiert, aber erheblich verlangsamt. Entweder hatten sich also die Pflanzen nun an den niedrigen Sauerstoffgehalt, der ihnen geboten wurde, gewöhnt, oder aber sie verhielten sich anders, je nachdem sie aus dem ruhenden Zustand in den wachsenden oder umgekehrt übergingen. Dieser Versuch lehrt nun verschiedenes. Erstens sehen wir hier eine Pflanze auf recht geringe Druckdifferenzen antworten, einmal mit Sistieren, das andere Mal mit Wachsen. Dann aber tritt uns hier vor allem wieder eine Art entgegen, welche in dem von Wie 1er verwendeten Apparate mit Leichtigkeit zum Wachstumsstillstand zu bringen ist. Schon bei 11,5 mm sahen wir hier Wachstumsstillstand eintreten, wenigstens bei Übergang Zur Kenntnis des anaeroben Wachstums höherer Pflanzen. 71 Zinnia elegans. Apparat bei 1 mm Druck: 0,5 com. Evakuiert auf Norm. Druck 20 mm 14 mm 9 mm 5 mm 5 mm 1 mm J3 — in o > > Ol IM TS R TS a CD O C^ f-l g 26. VII. 5 h bis 27. VII. 10 h o i-ix SS TS n 3 dl a 3 1,42 0,09 0,5 0,06 0,4 0,02 0,03 0 0,4 0,02 0 0 1,25 0,07 1,3 0,08 0,38 0,05 0,5 0,03 0,1 0,01 0,08 0 0,05 0 1 0,06 1,35 0,08 0,3 0,04 0,7 0,04 0,05 0 0,15 0,01 0 0 0,1 0,007 2,1 0,13 0,5 0,06 0,1 0,005 0 0 0,1 0,01 0 0 stark gekr. — 1,35 0,08 ? l ? — 0 0 0,15 0,01 0 0 0,4 0.03 von geringeren zu größeren Drucken. Weiterhin zeigt der Versuch aufs schlagendste, daß die Pflanzen sich in dem verwandten Apparate vorzüghch befanden, da sie Wachstum und Wachstumsstillstand eine ganze Reihe von Malen wechselnd durchmachten. Hier kann nicht mangelnde Feuchtigkeit, schlechte Atmosphäre oder was sonst das Wachstum unterdrückt haben, denn immer blieben dieselben Pflanzen an derselben Stelle stehen, ob nun ausgepumpt war oder Luft zugegeben. Weiterhin machen die geringen Unterschiede des Druckes, die zur Auslösung von Wachstum und Stillstand führten, es sehr wahrscheinlich, daß der Sauerstoffgehalt es ist, welcher den Einfluß ausübt, da man kaum verstehen könnte, wie so geringe Luftdruckunterschiede den Wechsel hervorrufen könnten. Von anderen der Compositenfamilie angehörigen Arten prüfte ich dann noch weniger eingehend Süybum eburneum und Onopordon Äcanthium, beide mit negativem Erfolge. Schon die Verwandtschaft von Helianthus annuus liefert also unter den von Wie 1er gebotenen Verhältnissen Arten, welche bei niedrigen Sauerstoffpressionen nicht mehr wachsen können. Wenden wir uns aber nun den Versuchen zu, welche ich mit anderen, von Wieler und Nabokich benützten Pflanzen anstellte. Brassica napus (Vers. 5 u. 5a). Diese Pflanze war von Wieler ganz besonders sauerstoff- bedürftig gefunden worden. Ich habe eine lange Reihe von Ver- suchen mit dieser Art angestellt. Alle ergaben mir ein mit den Wieler sehen Ergebnissen übereinstimmendes Resultat. Ich möchte zuerst zwei von diesen Versuchen etwas genauer besprechen. 72 Ernst Lehmann, Versuch 5. Ich brachte am 8. Juni neun Keimlinge in den Apparat, pumpte auf 1 mm aus (Sauerstoffgehalt 0,5 com). Die Keimlinge befanden sich auf einer dünnen Lage Filtrierpapier. Es wurde ganz besonders darauf geachtet, daß die nötige Feuchtigkeit während des ganzen Versuches erhalten blieb. Nach 53 Stunden fand ich 7 Keimlinge umgeknickt und tot, 2 waren noch aufrecht, aber nicht gewachsen. Die Kontrollexemplare, welche gleichzeitig an- gesetzt worden waren, waren vorzüglich gewachsen. Wenn man in diesem Versuche nun noch der Meinung sein konnte, daß irgend- welche widrige Bedingungen das Absterben hervorgerufen hätten und demzufolge das Wachstum unterblieben war, so konnte durch den folgenden Versuch (5 a) gezeigt werden, daß die Bedingungen im Apparate gut waren und nur die verminderte Partiärpressung des Sauerstoffes für das Aufhören des Wachstums verantwortlich zu machen ist. Vom 17. Januar abends bis 18. Januar morgens waren die beiden zum Versuche benützten Keimlinge an Ort und Stelle im Apparate gut wachsend gefunden worden. Da wurde um 10 Uhr auf 3 mm ausgepumpt. Bis 1 Uhr 30 Nachmittag wuchs Keimling 1 nicht mehr, Keimling 2 nur ganz minimal. Dann wurde bis auf 1.5 mm Luft zugegeben, Keimling 2 begann energischer zu wachsen, Keim- ling 1 verharrte in Ruhe. Abends 6 Uhr 55 wurde auf 25 mm Luft zugegeben, worauf nun auch Keimling 1 wieder zu wachsen begann, und dann bis zum 19. Januar weiter wuchs. Am 19. Januar wurde dann wieder auf 3 mm ausgepumpt. Keimling 1 hielt wieder im Wachstum inne, Keimling 2 wuchs ganz minimal weiter, wie sich das schon das erste Mal ergeben hatte. Versuch 5a. 2 Exemplare. Manometerstand 3; 15; 25 mm. Sauerstoffmenge 1,5; 7,5; 12,5 com. Norm. Dr. Evakuiert auf 3 mm l5 mm 25 mm 25 mm 3 mm 3 mm Pflanze ■ ® H > 1 >■ 1 02 h-J .^2 M Ol m K -^ *-' Ol ■* :r^ p< H- 1 l-H p< in ^ o p. > > (L •^ >n '^ iC o 1 0,5 0,12 0 0 0,25 0,17 2,2 0,1 2 0,4 0,1 0 0 0,15 0,1 3,6 0,17 3 y l 0 0 0,05 0,04 1,6 0,08 74 Ernst Lehmann, Außer Vicia Faba untersuchte ich noch 2 KeimHnge von Vicia sativa, welche bei einem Drucke von einem Milhmeter nicht wuchsen, während Kontrollexemplare unter einer Glocke nebenan sehr kräftig wuchsen. Nach Zugabe von Luft begannen auch die Keimlinge im Apparat sofort wieder zu wachsen. Versuch 7. Vicia sativa. 2 Exemplare, 2 Kontrollexemplare. Manometerstand 1 mm. Sauerstoffgehalt 0,5 com. Evakuiert Normaler Druck Pflanze 14. VII. 1 h n. bis 15. VII. 10 h V. 15. VII. 10 h V. bis 12'/ 2 h n. 15. VII. 1272 t n- bis 5'/2 h n. 1 2 0 0 0 0 0,5 1,3 Lupinus albus (Vers. 8 und 9). Auch bei dieser Pflanze konnte gezeigt werden , daß das Wachstum bei einem Drucke von 1 — 3 mm sistiert wird, aber nachher wieder im vollen Umfange aufgenommen. Von 4 Keimlingen, welche am 2. August in den Wielerschen Apparat gebracht wurden, krümmte sich einer bald, so daß er nicht mehr zu brauchen war. Ein 2. hörte sogleich auf zu wachsen, während die beiden anderen noch einen ganz geringen Zuwachs aufwiesen, dann aber ebenfalls ihr Wachstum einstellten. Am 3. August abends wurde wieder Luft zu- gegeben und das Wachstum setzte bei allen Individuen wieder ein. Versuch 8. 4 Exemplare, 2 Kontrollexemplai'e. Manometerstand 1 — 4 mm. Sauerstoffgehalt 0,5 — 2 ccm. Norm. Druck Evakuiert Normal. Druck Pflanze . B ^ «■ M -^ > 05 c. 1— 1 1— 1 91 ^' o -a 1=1 2 ^ > f. oi \ HH '.S ^ « 1 «5 1 ^ 2 HH hH CD h-4 o > > ^ -i o > ^ > -2 ■r-l CO |_( ^ ^ -.s t> ^ K (NO 1 2 3 4 Kontrolle I II 0,5 0,2 0,2 0,5 0,7 1,3 0,05 0,05 0 0,1 1,7 1 0,02 0,05 0 0,1 1 0,8 0,05 0,05 0 0 9,5 15 3,9 /^ K (nur bis I. VHI. 5 h ^,^ dann Krümmg.) Krümmung Krümmung Pisum sativum (Vers. 10 und 11). Für diese Pflanze bin ich in der Lage, 2 ganz entsprechende Versuche anzuführen, wie für Lupinus. Bei Versuch 10 war auf 1 mm ausgepumpt worden und der Manometerstand hatte sich Versuch 10. 3 Exemplare, 2 Kontrollexemplare. Manometerstand ca. 1 mm. Sauerstoffgehalt 0,5 com. Evakuiert Normaler Druck Pflanze 16. VII. 16. VII. 5 h n. bis 17. VII. 12V2— 5 h. n. 17. VII. lOVgh V. lOVj— 5 h n. 1 0 0 0,25 2 0 0 0,3 3 0 0 0,3 Kontrolle I war verletzt II 0,3 0,6 0,25 76 Ernst Lehmarn, konstant erhalten. Die sämtlichen Keimlinge stellten ihr Wachstum ein, während die Kontrollkeimlinge gut wuchsen. Bei Versuch 11 hatte sich der Manometerstand nicht erhalten, es war derselbe vielmehr auf 5 mm herabgegangen. Alle Keimlinge wuchsen, wenn auch sehr verlangsamt, weiter. Auch andere Versuche zeitigten Ergebnisse in derselben Richtung. Versuch 11. 4 Exemplare, 2 Kontrollexemplare. Manometerstand 3.VIIL 1V2 — 4:72 1^: 1 — 2 mm; hierauf 3. VIH. bis 4. VIII. 11h: ca. 5 mm ; hierauf Luft. Sauerstoffgehalt erst 0,5 — 1, dann ca. 2V2 ccm. Evakuiert Norm. Druck Pflanze 3. VIII. 3. VIII. 3. VIII. 3.vin. 7 h bis 4. VIII. 4.VIII. 1 1 h bis 12— iVah 1V2-5 h 5— 7 h 4. vm. 10 h 10 — 11 h 5.VIIL lOVjh 1 0,6 0,44 0,1 0,17 0,05 4,6 2 0,6 0,4 ? 0,1 •^ 2,5 3 0,7 0,33 0,1 0,17 9 7,7 4 0,5 0,1 0,05 0,2 •? 4,5 Kontrolle I II 1 1,1 2,3 2,6 sehr st irk Olyceria fluitans (Vers. 12 und 13). Diese Pflanze verhielt sich anders als die vorher untersuchten. Wie die Versuchsprotokolle lehren, ist sie trotz Auspumpens auf 1 mm und mehrmaligen Durchleitens von Wasserstoff nicht end- gültig zum Wachstumsstillstand zu bringen, obwohl das Wachstum ganz erheblich vermindert ist. Man wird also annehmen müssen, daß diese Pflanze zeitweilig, und zwar noch länger als Helianthus annuus ohne Sauerstoff zu leben imstande ist. Versuch 12. 4 Exemplare. Manometersfand 1 mm. Sauerstoff menge 0,5 ccm. Pflanze Norm. Druck Evakuiert 16. XII. llV2h bis 17. XII. 11 h 17. XII. 11—5 h 17. XII. 5-10 h 17.Xn. 10 h bis 18. XII. 9 h 18.XIL9hbis 18. XII. 41/2 h 18. XII. 4V2 h b. 19. XII. 10 h 1 2 3 4 \ gut gewachs. ohne genauere ) Maßangabe 0,4 0,5 0,9 0,4 0,04 0,4 1,6 1,2 0,06 0,6 0,1 1,3 0 0,2 0 0 0 0,4 0 ü Zur Kenntnis des anaeroben Wachstums höherer Pflanzen. 77 Versuch 13. 3 Exemplare, 2 Kontrollexemplare. Zweimal auf 3 mm ausgepumpt, dazwischen Wasserstoff zugegeben und schließlich mit Wasserstoff gefüllt zwei Stunden stehen gelassen. Dann nochmals auf 2 mm aus- gepumpt, Wasserstoff zugegeben, abermals auf 2 mm ausgepumpt und schließlich Wasser- stoff zugegeben. Pflanze Norm. Dr. Wasserstoffinhalt r- -a .c -a hH ^ 2 Ta \ o ^_ -^ hH ^^HH ^ N '^ (M Schwache Reaktion Schwache Reaktion 38 „ Keine Reaktion Schwache Reaktion 44 „ — Keine Reaktion Sofort Wenig intensive blaue Färbung 2 9 Std. Intensive blaue Färbung 25 „ Weniger intensive Reaktion 36 „ Schwache Reaktion Schwache Reaktion 40 „ Keine Reaktion Noch nicht ganz frei 47 „ — Keine Reaktion Die Tabelle zeigt, daß die Blatthälfte, deren Stiel chloroformiert worden war, an einem Zeitpunkte stärkefrei geworden war, der zwischen 34 und 38, resp. zwischen 36 und 40 Stunden lag, während die Blatthälfte, deren Blattstielhälfte von Wasser umgeben war, nach 38, resp. nach 40 Stunden noch nicht völlig frei von Stärke war. Es verschwand also aus der Hälfte mit chloroformiertem Stiele die Stärke schneller als aus der mit nichtchloroformiertem Stiele. Versuch M. Versuch über Lösung der Stärke bei Chloro- formierung der Blattnerven. Am 23. August 1909 wurden zwei gleichwertige Versuche in folgender Weise angestellt. Ein kräftiges, stärkereiches Blatt wurde durch Umdrehung und Festlegung des Zweiges so gelagert, daß seine Unterseite nach oben sah. Von zwei kleinen Schalen, die dicht nebeneinander gerückt wurden, füllten wir die eine mit Chloroformwasser 1 : 10, die andere über die Ableitung der Assimilate durch die intakten usw. Laubblätter. 167 mit Wasser, legten dann das Blatt mit dem Mittelnerven auf die Berührungsstelle der Schalen, so daß der Mittelnerv mit den Tangenten der Berührungsstelle zusammenfiel und der eine der größeren seit- Hchen Lappen auf das Wasser, der andere auf das Chloroformwasser zu liegen kam, während der Endlappen in die Luft hineinragte. Die Lappen wurden mittels langer Nadeln und Korkstücken fixiert. Wir verdunkelten den ganzen Apparat und erneuerten das Chloro- formwasser alle 3 Stunden. Der zweite Versuch wurde in ganz gleicher Weise angestellt, nur wurde Chloroformwasser 1 : 6 angewandt. Die Tabelle M gibt die Resultate der Versuche. Tabelle M. Blattlappen auf Chloroformwasser, auf Wasser und in der Luft. Ver- h suc Nach a auf dem Chloroform- wasser 1 : 10 b auf dem Wasser c in der Luft 1 Sofort 24 Std. 36 „ 42 „ Weniger intens. Reakt. Schwache Reaktion Keine Reaktion Intensive blaue Färbung Weniger intens. Reakt. Schwache Reaktion Keine Reaktion Weniger intens. Reakt. Schwache Reaktion Keine Reaktion »1 auf dem Chloroform- wasser 1 : 5 auf dem Wasser in der Luft 2 Sofort 24 Std. 30 „ 37 „ 45 „ 48 „ Weniger intens. Reakt. Weniger intens. Reakt. Schwache Reaktion Keine Reaktion Intensive blaue Färbung Weniger intens. Reakt. Weniger intens. Reakt. Weniger intens. Reakt. Noch nicht ganz frei Keine Reaktion Weniger intens. Reakt. Weniger intens. Reakt. Weniger intens. Reakt. Schwache Reaktion Keine Reaktion Die Tabelle zeigt, daß bei Anwendung von Chloroformwasser 1 : 5 die Entstärkung zwischen 37 und 45 Stunden eingetreten war, während die auf dem Wasser und in Luft liegenden Teile erst zwischen 45 und 48 Stunden stärkefrei wurden. Auch hier war also die Blattpartie, die chloroformiert worden war, etwas schneller stärkefrei als die Partie, die bis auf die Zufuhr des Chloroforms ganz gleich behandelt worden war. Die Resultate der Versuche L und M waren durchaus eigen- artig und stimmten nicht mit den Resultaten von Czapek. Denn 168 Nicolas T. Deleano, Czapek hatte gefunden, daß Blätter mit durch Chloroformwasser Vio (höchstens Vs) chloroformierten Blattstielen die Stärke weniger schnell lösen als die mit normalen Blattstielen. Daß die Blätter nach der Chloroformierung nach 3 Tagen normal wurden, wenn das Chloroformwasser entfernt worden war, spricht Czapek auch aus, doch kann wohl nach 3 Tagen alle Stärke auch schon durch Atmung verschwunden sein, so daß diese Angabe wohl wertlos ist. Der Versuch L ist zuverlässiger als die von Czapek, denn Czapek arbeitete mit verschiedenen Blättern, während hier Hälften eines Blattes verglichen wurden. Nach unserem Versuch M beschleunigt das Chloroform, wenn es die Zellen nicht tötet, die Geschwindigkeit der Stärkelösuug. Es scheint das Chloroform hier also ähnlich wie bei der Atmung und Gärung als Reizmittel wirken zu können. Auch das Resultat des Versuches L ist vielleicht auf eine Reizwirkung des Chloroforms zurückzuführen. Der Versuch K stimmt anscheinend nicht ganz mit den Ver- suchen L und M überein, doch ist es sehr wohl möglich, daß sich abgeschnittene Blattspreiten, ähnlich wie abgeschnittene Stiele, etwas anders verhalten als die am Stocke sitzenden. Keinesfalls kann man ohne weiteres aus dem Verschwinden der Stärke auf eine Auswanderung der Assimilate schließen. Des- halb kann man auch den Versuchen Czapeks keine Beweiskraft zusprechen. Da durch die Stärkeversuche die Frage nicht zu entscheiden ist, ob die Narkose des Blattstieles die Auswanderung der Assimilate hindert, mußten quantitative Versuche vorgenommen werden. Zuerst wurde dazu genauer untersucht, wie sich die Blattstiele gegen Chloroformwasser verschiedener Konzentration verhalten. Die Chloroformierung der Blattstiele wurde bei diesen wie bei den quantitativen Versuchen in folgender Weise ausgeführt. Ein Glasrohr (von 5 cm Länge und 1,8 cm Weite oder 6,5 cm Länge und 3 cm Weite) konnte unten mit einem Korke verschlossen werden, der zuerst mit einer Längsbohrung von der Weite der Stieldicke versehen und dann der Länge nach genau mitten durch- geschnitten worden war. Bei der Anbringung des Apparates am Blattstiele wurden die Korkhälften auf der Schnittfläche mit etwas Wollfett bestrichen und so um den Stiel gelegt, daß dieser in der Bohrung lag; dann wurde das Glasrohr übergeschoben, so daß die freie Öffnung nach der Blattspreite zu gerichtet war. In dieses über die Ableitung der Assimilate durch die intakten usw. Laubblätter. 169 Gefäßchen wurde nun Chloroformwasser eingegossen und die Öffnung des Glasrohrs mit einem in Stanniol gehüllten Wattepfropfen gut verschlossen. Es wurden nun zuerst Versuche mit abgeschnittenen Blättern ausgeführt, die mit den Stielen in Wasser eintauchten. Wurden die Stiele intakt oder mit Watte abgerieben mit dem Apparat mit Chloroformwasser 1 : 10 umgeben, so blieben sie bis 32 Stunden (länger wurde der Versuch nicht fortgesetzt) anscheinend frisch und normal; ihr Parenchym ließ sich auch noch mit 5 "/oiger Salpeterlösung nach 3 Minuten plasmolysieren, wie es bei einem normalen Blattstiel der Fall war. Wenn man jedoch die Blätter dann, nachdem man das Chloroformwasser entfernt hatte, stehen ließ, so trat — bei genügend langer Einwirkung des Chloroform- wassers — nach einiger Zeit Braunwerden und Wasseraustritt, d. h. schwere Erkrankung ein, die nach einiger Zeit zum Austrocknen des Stieles führte. Die Zeit des Absterbens war umso kürzer, je länger das Chloroformwasser eingewirkt hatte. Die folgenden Zahlen zeigen dieses Verhältnis genauer. Einwirkung des Chio- | roforrawassers 1 : 10 | Stiel, mit der Basis in . Wasser, mit der chlo- | reformierten Stelle in j Luft : ' 3V2 Std. nach 5 Tagen nicht er- krankt 57, Std. nach 5 Tagen nicht er- krankt 8V2 Std. nach 24 Std. braun u. krank 24 Std. nach 18 Std. braun u. krank 32 Std. nach 12 Std. braun u. krank Wenn man die Stiele sonst gleich behandelter Blätter vor dem Versuch an der zu chloroformierenden Stelle mit feinen Längs- einschnitten versah, so gestalteten sich die Resultate folgendermaßen: Einwirkungsdauer des Chloroform- wassers l : 10 12 Std. 24 Std. 30 Std. Stirbt ab in Luft, Stiel in Wasser nach 30 „ 20 „ 14 „ Ganz anders verhielten sich die Blattstiele, wenn die Blätter an dem Weinstocke chloroformiert wurden. Chloroformwasser 1:10 ließ die Blattstiele, mochten sie eingeschnitten sein oder nicht, nach 24 stündiger Chloroformierung völlig gesund, denn die Blattstiele blieben auch nach Entfernung des Chloroforms dann fortgesetzt gesund. Wurde Chloroform V5 benutzt, so war dasResultat wechselnd; ein Teil der Blattstiele erkrankte, ein anderer Teil blieb gesund. 170 Nicolas T. Deleano, Versuch N. Quantitative Bestimmung mit Blättern, deren Blattstiele in Chloroformwasser 1:5 standen. I. Temp. 8—100. Am 20. Juni, 6 Uhr nachm. haben wir am Stocke 12 gesunde gleichmäßig entwickelte Blätter ausgesucht. Sie wurden in der Mitte durchschnitten, so daß die eine Hälfte mit dem Mediannerven auf dem Baume verblieb. Die abgeschnittene Hälfte wurde ge- wogen = 18 g und sofort bis zu konstantem Gewicht bei 100" getrocknet und gewogen = 4,2666 g Trockensubstanz, oder 23,70 % des Frischgewichts. Die Stiele der 12 Blatthälften, welche am Stocke saßen, wurden mit längs verlaufenden Einschnitten versehen ; und es wurde der Stiel nach Anbringung der Glasröhre (Länge = 5 cm, Breite =: 1,8 cm) mit Chloroformwasser 1 : 5 umgeben. Die Lamina wurde mit Stanniol umhüllt. Nach 13 Stunden wurde das Chloroform wasser zum ersten Mal erneuert. Das alte Chloroformwasser wurde in einer Flasche gesammelt. Dieses Chloroformwasser wurde analysiert, um den Grad der Chloroformverdampfung während der Nacht festzustellen. Der Chloroformgehalt war um die Hälfte gesunken. Wir haben das Chloroformwasser dann'noch zweimal erneuert (V28 und Val2 Uhr am 21. Juni). Nach 22 Stunden haben wir den Versuch beendigt. Die 12 Blatthälften auf dem Stocke wurden abgeschnitten und die Median- nerven mit den Blattstielen entfernt. Dann wurden die halben Spreiten sofort gewogen =: 18 g Frischgewicht, und dann bei 100 " bis zu konstantem Gewicht getrocknet = 4,1115 g Trockensubstanz, oder 22,84 °/o des Frischgewichts. II. Temp. 8—10". Gleichzeitig mit Versuch I haben wir ein(ni gleichen Versuch mit 12 anderen Blättern gemacht, deren Stiel nicht chloroformiert wurde. Die abgeschnittenen Hälften wurden in frischem Zustande gewogen =; 15 g und sofort bei 100 " getrocknet = 3,7875 g Trocken- substanz, oder 25,26 %> des Frischgewichts. Nach 22 Stunden wurde der Versuch beendigt. Die Blatthälften auf dem Stocke wurden abgeschnitten und die Mediannerven mit den Blattstielen über die Ableitung der Assimilate durch die intakten usw. Laubblätter. 171 entfernt, dann gewogen =: 15 g Frischgewicht und sofort bei 100° getrocknet = 3,5304 g Trockensubstanz, oder 23,53 Vo des Frisch- gewichts. III. Temp. 13 — 140. Gleichzeitig mit Versuch I und II haben wir ferner 12 Blatt- hälften von 12 anderen Blättern genommen, welche dasselbe Frisch- gewicht besaßen wie die in Versuch II (15 g). Wir haben sie mit der Oberseite auf Wasser gelegt und verdunkelt. Nach 22 Stunden haben wir auch diesen Versuch beendigt. Das Frischgewicht betrug 15 g, das Trockengewicht 3,6975 g oder 24,65 % des Frischgewichts. Aus den Versuchen N (I bis III) ist folgendes für die Versuche mit dem Chloroformwasser 1:5, durch welches alle Blattstiele schwer erkrankten, abzuleiten: Versuch II: Aus dem normalen Blatte verschwanden 1,73 7o des Frischgewichts. Versuch I: Aus dem Blatte mit chloroformiertem Stiele ver- schwanden 0,86 % des Frischgewichts. Versuch III: Aus den auf Wasser liegenden Blattstücken ver- schwanden 0,6 % des Frischgewichts. Danach könnte man schließen, daß durch den chloroformierten Blattstiel etwas Assimilate auswanderten, da anscheinend nur 0,6 Vo veratmet sind, während 0,86 % verschwanden. Freilich ist dieses Resultat nicht sehr sicher, da 1. der Versuch, welcher die veratmete Menge bestimmen sollte (Versuch III) nicht mit Blatthälften des- selben Blattes unternommen und weil 2. das Frischgewicht nicht unter ganz gleichen Bedingungen eruiert wurde. Wenn auch die Differenz von 0,26 7o noch einigermaßen erheblich ist, möchten wir doch noch nicht mit Bestimmtheit sagen, daß nach dem Resultat die Auswanderung nicht ganz unterdrückt sein könnte. Freilich würde nach unseren früheren Resultaten mit gebrühten Blattstielen es von vornherein wahrscheinlich sein, daß auch hier eine beschränkte Auswanderung stattfände. Ferner würde aus den Versuchen I und II zu schließen sein, daß in jedem dieser Fälle die aus den Blättern mit chloroformiertem (event. getötetem!) Blattstiel ausgewanderte Menge der Assimilate mindestens viel kleiner ist als die aus den normalen Blättern. 172 Nicolas T. Deleano, Versuch 0. Quantitative Versuche mit Blättern, deren Blattstiele narkotisiert worden waren. A, Am 6. Juli 1910 haben wir 36 gleichmäßig entwickelte und gleichmäßig beleuchtete Blätter an der Pflanze ausgesucht. 24 davon wurden wie im vorigen Versuche mit einem Apparat montiert. Das Glasrohr war hier G'A cm lang und 3 cm dick. Am 7. Juli 6 Uhr nachm. haben wir mit 12 Blättern einen Versuch begonnen. In das Glasrohr wurde Chloroformwasser 1 : 8 gegossen; die Einschnitte in die Blattstiele wurden mit einer Nadel gemacht. Das obere Ende des Glasrohres wurde mit einem Wattepfropfen und mit Stanniol verschlossen. Das Chloroformwasser wurde um 10 Uhr nachm. erneuert, sodann um 7 Uhr vorm. am 8. Juli. Das Chloroform- wasser, welches in dem Glasrohr von 10 Uhr abends bis 7 Uhr morgens geblieben war und welches bei der Analyse zu Anfang 0,0499 ^1^ Cl oder 0,0559 HCCI3 enthalten hatte, hat an Chloroform durch Verdampfen ungefähr die Hälfte verloren; es enthält nur 0,0252 % Cl oder 0,0282 Vo HCCI3. Wir konnten den Versuch nicht fortsetzen, weil es am 8. Juli den ganzen Tag regnete. Um 6 Uhr abends haben wir deshalb das Chloroform weggegossen und den Versuch unterbrochen. Am 13. Juli trat wieder schönes Wetter ein, und wir begannen von neuem denselben Versuch mit denselben Blättern. Am 13. Juli, 6 Uhr abends haben wir wieder Chloroformwasser I : 8 in die Glasröhren gegossen (25 ccm in jedes Rohr). Die Glas- röhren wurden mit einem von Stanniol umhüllten Wattepfropfen verschlossen. Das Chlorofonnwasser wurde um 8 Uhr nachm., um II Uhr nachm. am 13. Juli und um öV^ Uhr vorm., 8V2 Uhr vorm., 11 Uhr vorm. und 2V2 Uhr nachm. am 14. Juli erneuert. Am 13. JuH, 11 Uhr enthielt das Chloroformwasser 0,0426 7o Cl oder 0,0516 HCCIh. Also es ist nur 0,0023 0/0 Chloroform verdampft. Am 14. Juli, 5V2 Uhr vorm. enthielt das Chloroformwasser 0,0341 % Cl oder 0,0382 % HCCI3 ; also es war in der Nacht 0,0177 % Chloro- form verdampft. Es war also niemals wesenthch unter die Kon- zentration 1 : 10 gesunken. Das Temperaturmaximum am 14. Juli war 24 °. Am 14. Juli um 6 Uhr nachm., also nach 24 Stunden, haben wir das Chloroformwasser weggegossen und die Hälfte von jedem Blatte (6 rechte und 6 linke Hälften) abgeschnitten, so daß 6 rechte über die Ableitung der Assimilate durch die intakten usw. Laubblätter. 173 und 6 linke Blatthälften mit dem Mediannerven auf dem Stocke blieben. Die abgeschnittenen Hälften wurden sofort gewogen und bei 100 " bis zu konstantem Gewicht getrocknet. ( Frischgewicht 17,8 g 100 g " \ Trockengewicht 4,5751 g 25,70 7o Die anderen Hälften auf dem Baume wurden mit Stanniol verdunkelt. B. Zur selben Zeit (a) haben wir von anderen 12 Blättern in derselben Weise die Hälften abgeschnitten, frisch gewogen und getrocknet. Frischgewicht 19,1 g 100 g Trockengewicht 4,9620 g 25,97 Vo Die am Baume gebliebenen und mit Glasröhren montierten Hälften wurden mit Stanniol verdunkelt, und in die Glasröhren wurde Chloroformwasser 1 : 8 gegossen, das um 11 ühr nachm. am 13. Juli, um 6, 9, 11 Uhr vorm. und 2V2 Uhr nachm. am 14. Juli erneuert wurde. C. Zur selben Zeit («) haben wir ferner noch eine andere Portion von 12 gleichmäßig entwickelten Blättern genommen. Von jedem Blatt wurden in gleicher Weise wie oben die Hälften ab- geschnitten, gewogen und getrocknet. Frischgewicht 17,2 g 100 g Trockengewicht 4,5115 g 26,22 o/^ Die am Stocke gebliebenen Hälften wurden mit Stanniol ver- dunkelt. Das Wetter in der Nacht vom 13. zum 14. Juli war regnerisch, die Temperatur betrug 17 — 18 ". Am 14. Juh, 6 Uhr nachm. haben wir die 3 Versuche beendigt, die Blätter alle geerntet, die Blattstiele und Mediannerven entfernt und das Frischgewicht und das Trockengewicht bei 100 '^ bestimmt. „ 1 A I Frischgewicht ' Trockengewicht ^ 1 T^ ( Frischgewicht Versuch B _ l Trockengewicht ^ -i f^ l Frischgewicht l Trockengewicht Folgende Tabelle gibt uns die durch die Versuche gefundenen Zahlen an. 18 g 100 g 4,1958 g 23,31 o/o 19 g 100 g 4,5519 g 23,95 o/o 18 g 100 g 4,2166 g 23,42 o/o 174 Nicolas T. Ueleano, I 11 III IV V Sofort Prozent Nach dem Versuch Prozent Differenz der Prozentzahlen f Frischgewicht l Trockengewicht 17,8 g 18 g iPro 100 g Frisch- gewicht verschwuiid. 4,5751 g 25,70 4,1958 g 23,31 2,39 gTrock.-Gew. ( Frischgewicht l Trockengewicht 19,1 g 19 g 4,9620 g 25,97 4,5519 g 23,96 2,01 g ( Frischgewicht l Trockengewicht 17,2 g 18 g 4,5115 g 26,23 4,2166 g 23,42 2,81 g Es wären also danach aus den normalen Blättern in 24 Stunden 2,81 ^/o des Frischgewichts an Trockensubstanz verschwunden; weniger (2,39 °/o) aus den Blättern, deren Blattstiele zwei mal 24 Stunden (mit Zwischenraum von 4 Tagen) chloroformiert worden waren, dann aber ohne Chloroform 24 Stunden die Auswanderung durchführen konnten; am wenigsten aus den Blättern, deren Stiele von Chloroform wasser (ungefähr 1:10) umgeben waren, nämlich 2,01 "/ü des Frischgewichts an Trockensubstanz. Danach hemmt die Chloroformierung die G-esch windigkeit des Trockengewichtsverlustes. Denn es ist 0,8 7o in C mehr vorhanden als in B. Dies muß auf das Konto der Auswanderung gesetzt werden. Ob die Auswanderung der Assimilate durch die Chloroformierung gänzlich verhindert wird, kann man daraus nicht ohne weiteres schließen. Es sieht sogar aus, als ob noch geringe Auswanderung stattfände, da der durch die Atmung hervorgerufene Verlust wohl nicht über 1 °/o betragen haben wird. Dann würde das Blatt mit chloroformiertem Stiele sich ähnlich verhalten wie das mit gebrühtem Stiele. Versuch P. Quantitative Bestimmung der veratmeteu Menge an Trockensubstanz in abgeschnittenen Blättern, deren Stiele chloroformiert waren. Am 27. Juli 9 Uhr vorm. haben wir 17 gleichmäßig entwickelte Blätter abgeschnitten. Sie wurden längs des Mediannerven in zwei Teile geteilt. Die Blatthälften ohne Mediannerven wurden zwischen feuchtes Filtrierpapier unter eine Glocke gelegt und (im Dunkeln) 1 Stunde stehen gelassen, dann gewogen und bei 100" getrocknet. Frischgewicht 28 g 100 g Trockengewicht 6,4430 g 23,00 g tJber die Ableitung der Assimilate durch die intakten usw. Laubblätter. 175 Die andern Blatthälften mit den Stielen wurden je mit einem Apparat, wie er in den vorhergehenden Versuchen gebraucht wurde, montiert. In den Blattstiel wurden Längseinschnitte mit einer Nadel gemacht; in die Glasröhren wurde Chloroformwasser 1 : 8 gegossen. Die Blatthälften wurden im Dunkeln mit dem Stiele in Wasser gestellt. Das Chloroformwasser wurde pro Tag 3 mal erneuert, und die Blätter wurden mit Wasser bespritzt. Nach 48- stündigem Atmen haben wir den Versuch beendigt, die Mediannerven mit den Blattstielen entfernt und dann die Blatthälften gewogen = 28,2 g Frischgewicht. Sie wurden dann zwischen feuchtem Fließpapier unter einer Glocke 1 Stunde lang stehen gelassen, und dann wurden Frisch- und Trockengewicht bestimmt. Frischgewicht 28,2 g 100 g Trockengewicht 6,2334 g 22,10 g Die Differenz betrug also ungefähr 0,9 ^/^ des Frischgewichts; also für 10 Stunden ungefähr 0,19 % des Frischgewichts. Danach scheint die Atmungsintensität in den abgeschnittenen Blättern mit chloroformieiten Blattstielen geringer zu sein als in Blättern, die mit ihren normalen Stielen in Wasser stehen, keinesfalls ist sie stärker. Ringelungsversuche. Czapek sucht duich diese Versuche, wie auf S. 11 gesagt, zu entscheiden, ob das Parenchym der Rinde oder ob die Siebteile die Leitung der plastischen Stoffe wesentlich besorgen. Es ist ihm (1897, S. 11) bekannt, daß die Versuche von Ray, Haies, du Hamel, Cotta, H artig übereinstimmend ergaben, daß eine Quer- leitung der Assimilate in der sekundären Rinde stattfinden kann. Er meint aber, sie hätten nicht festgestellt, bis zu welchem Grade. Seine Versuche sollen nun ergeben haben, daß Querleitung nur in sehr beschränktem Grade möglich sei. Das ist aber aus dem Resultate seiner Versuche wohl nicht zu erschließen, das sicher keine quantitative Schätzung des Betrags der Längs- und Querleitung zuläßt. Czapek hat einige Punkte ganz außer acht gelassen. Zuerst muß man ja beachten, daß die linke Ecke des I — | -förmigen Streifens die Nährstoffe eher erhält als jede Stelle der horizontalen Brücke. Ferner muß man beachten, daß hier doch mit großer Wahrscheinlich- 176 Nicolas T. Deleano, keit die Polarität der Achse eine große Rolle spielt. An der Ecke liegt ein relativ wirksamer, mit der Hauptmasse der Rinde in Verbindung stehender oberer Pol der Rinde, der deshalb auch zur Wurzelbildung besonders neigt. Ferner ist zu beachten, daß da, wo Wurzeln gebildet werden, ein die Nährstoffe absorbierender Punkt entsteht. So würden auch dann, wenn die Querleitung und Längsleitung ganz gleich erfolgten, die Resultate des Versuches verständlich werden. Zuletzt ist es von vornherein wahrscheinlich, daß in einem 5 mm breiten Rindenstreifen die plastischen Stoffe fast eben so leicht quer wie längs geleitet werden können, wenn sie in den Siebsträngen wandern. Die Siebstränge bilden ja im Tangentialschnitt der Rinde ein Anastomosennetz, in dem die Markstrahlen liegen. Die Markstrahlen sind ungefähr 0,25 mm hoch und 0,04 mm breit, die Siebstränge wahrscheinlich überall durch Siebplatten in Verbindung. Das Netz der Siebstränge wird also wahrscheinlich die plastischen Stoffe fast so gut längs wie quer leiten, und es werden besondere Ursachen sein, die den An- schein erwecken, als sei das nicht so. Trotz dieser Einwände, welche Herr Prof. Meyer von vornherein formuliert hatte, haben wir doch eine Reihe von Ringelungsversuchen angestellt, um die hierhergehörigen Erscheinungen besser zu charakterisieren. Zuerst wurden einige Versuche mit abgeschnittenen Zweigen, die bei 18 bis 20" in dampfgesättigte Luft gehängt wurden, aus- geführt, von denen ich zwei beschreiben will. 1. Versuch. Am 9. Juli wurde ein 50 cm langes und 11 mm dickes Zweigstück an der Basis mit der in Fig. 6 dargestellten Ringelung versehen. Das untere Ende des Senkrecht aufgehängten Zweigstückes war, wie die Figur zeigt, ganz von Rinde befreit. Nach 18 Tagen lagen die in Fig. 6 dargestellten Verhältnisse vor. Man sieht bei a einen Kallus, der nicht viel größer ist als der bei c, an der Basis. Der letztere ist direkt unter der Vertikalbrücke gar nicht entwickelt, relativ stark unter den Wurzeln. Die Wurzeln d sind recht weit hinten an der unteren Horizontalbrücke entstanden und ebenso gut ernährt wie die Wurzel e, die dicht an der Vertikal- brücke stand. Die Wurzeln d erhielten ihre Nahrung durch Quer- leitung; die Querleitung erscheint hiernach relativ ausgiebig. Auch der Kallus bei c spricht nicht gegen eine ausgiebige Querleitung. 2. Versuch. Der in Fig. 7 dargestellte Zweig von 17 mm Dicke hatte oben eine 7 mm breite Vertikalbrücke, dann eine Ringbrücke, von der zwei Vertikalbrücken von 6,5 mm Breite nach über die Ableitung der Assimilate durch die intakten usw. Laubblätter. 177 dem unteren Ringe liefen. Der Zweig hing 25 Tage im dampf- gesättigten Räume. Jetzt war an dem unteren Ringe unter der einen Vertikalbrücke ein Büschel Wurzeln entstanden, von denen die längste 15 cm lang war. Kallus war kaum entstanden. Das Wurzelbündel, mußte seine Nährstoffe durch die Querleitung von Fig. 6. zwei je 5 mm langen Stücken des oberen Horizontalringes zugeleitet erhalten haben. Danach erscheint die Querleitung schon recht gut; in welchem Verhältnis ihre Größe zur Größe der Längsleitung steht, läßt sich aber selbstverständlich auch aus diesem Versuche nicht ersehen. IQ Jahib. f. wiBS. Botanik. XLIX. 178 Nicolas T. Deleano, Eine zweite Serie ]^ [von Ringelungen wurde au Zweigen vor- genommen, welche mit der im Boden wurzelnden Pflanze in Ver- bindung blieben. Die Ringelung wurde an beblätterten Zweigen, unterhalb der beblätterten Region vorgenommen. Die von Rinde befreiten Stellen wurden sorgfältig durch Schaben von den letzten Resten des Kambiums be- freit und dann frei gehalten. Die geringelte Partie wurde mit feuchtem Fließpapier umwickelt und mit einem oben und unten mittels eines Korkes verschlossenen Lam- peiizylinder umgeben, welclier mit Stanniol umhüllt wurde. Alle 2-3 Tage wurde das Fließpapier neu befeuchtet. 3. Versuch. Am 31. Juli wurde ein Zweig in der in Fig. 6a und b dargestellten Weise geringelt. Oben wurde eine 2 cm lange, 5 mm breite Vertikalbrücke (A) belassen, welche in einen 7 mm breiten Horizontalring (H) mündete. Von der Vertikalbiücke A um 180 " entfernt läuft eine gleiche Vertikalbrücke B in den Ring R, unter welchem bei Z die Rinde ganz ent- fernt ist. Am 24. August wurde der Zweig geerntet. Er zeigte das Folgende: Ganz oben fand sich, wie zu erwarten, ein starker Kallus (K), an ihm kräftige, hier durch den Glaszylinder aufwärts- gebogene Wurzeln. Einen fast ebenso starken Kallus finden wir unter dem oberen vertikalen Schenkel an der Unterseite des Ringes (bei ki): dieser Kallus läuft nach hinten kaum weiter herum, aber es steht 90 " von der Vertikalbrücke entfernt ein Büschel Wurzeln auf dem Ring (w). Ein immer noch kräftiger Kallus (ks) ist am Grunde Fig. 7. über die Ableitung der Assimilate durch die intakten usw. Laubblätter. 179 des unteren Ringes ringsum entstanden. Die Nährstoffe, die zum Aufbau des Kallus k« nötig waren, mußten den halben oberen Rindenring quer durchlaufen, ebenso den unteren. Die Hauptmasse der Nährstoffe haben Kallus ki und die Wurzeln w an sich ge- rissen. Die Wurzeln w zeigen uns, daß durch Querleitung große Fig. 6 a. Mengen von Nährstoffen so schnell transportiert werden können, daß wir annehmen müssen, der schwächere Kallus ki hätte, wenn er stärker gesaugt hätte, ebenso^groß werden können wie ki. Es liegen eben hier andere Ursachen als die erschwerte Leitung vor, welche die quantitative Differenz zwischen Kallus ki und Kallus k2 bedingen. 12* 180 Nicolas T. Deleano, Auch die Versuche zeigen uns also, daß man aus den Resultaten der Ringelungsversuche auf keine besondere Beschränkung der Querleitung schließen darf. Ahnlich verhielten sich die 5 anderen Ringelungen, welche noch hergestellt worden waren. Aus der Vergleichung der Objekte Fig. 6 b. ergab sich ganz allgemein, daß gewöhnlich die Stellen unter den Vertikalschenkeln bevorzugt waren in der Anlage des Kallus, daß aber da, wo dort kein Kallus aus unbekannten Gründen entstand, der Kallus sich über die unteren eventuell auch oberen Ränder der Rindenringe verbreitete. Wenn Wurzeln auf dem Ringe ent- standen, 80 wuchsen sie an allen Stellen desselben kräftig, und über die Ableitung der Assimilate durch die intakten usw. Laubblätter. 181 unter ihnen wurde manchmal der Kallus am Ringe etwas stärker. Aus allen Versuchsresultaten und Überlegungen geht danach wohl unzweifelhaft hervor, daß die Stärke der Anlage des Kallus kein einfacher Maßstab für die Leitungsgeschwindigkeit in den Bahnen für die plastischen Stoffe ist. Es läßt sich also aus den von Czapek und von uns gemachten Ringelungsversuchen kein Urteil über das Verhältnis der Schnelligkeit, mit der der Transport der plastischen Stoffe in der Längsrichtung und Querrichtung der Rinde erfolgt, gewinnen. Zusammenfassung einiger Resultate. Die Vorversuche, welche wir zur Kritik der mit der Jodprobe an- zustellenden Auswanderungsversuche usw. mit Weinblättern machten, ergaben folgende Resultate. Sorgfältig ausgesuchte möglichst gleich- mäßige Blätter eines Weinstockes zeigten mit der Jodprobe schon oft von vornherein eine verschieden intensive Blaufärbung. Auch wenn man gleich gebläute aussuchen würde, würde wahrscheinlich die Stärkemenge in den Blättern nicht gleich sein. Abends geerntete, mit Jod vorher auf Stärkereichtum geprüfte Blattstücke, welche mit der Oberseite auf Wasser gelegt und verdunkelt worden waren, lösten die Stärke innerhalb 56, .5, 51,5, 46,5, 35,5 Stunden (Versuch B ß). Die verdunkelte Hälfte eines am Stocke sitzenden Blattes, dessen andere Hälfte beleuchtet blieb, löste die Stärke nach 28 Std. Blattstücke gleicher Blätter lösten die in ihnen enthaltene Stäike am schnellsten am Stocke, langsamer, wenn sie mit der Oberseite auf Wasser lagen, am langsamsten, wenn sie mit der Unterseite auf Wasser lagen. Die Blattstücke, die mit dem Stiele in Wasser standen, lösten die Stärke schneller als die, welche mit der Oberseite auf Wasser lagen. Die Zeiten verhalten sich nach unseru Versuchen mit nach der Jodprobe annähernd gleich stärkehaltigen Blättern ungefähr wie 100:109:124:145 (Versuche B und C). Bei 8^ findet die Stärkelösung erheblich langsamer statt als bei 19 ^ Bei vergleichenden Versuchen über die Geschwindigkeit der Stärkelösung unter verschiedenen Umständen mittels der Jodprobe darf man danach niemals zwei verschiedene Blätter zum Vergleich heranziehen. Die Blatthälften des gleichen Blattes erscheinen bei der Jodprobe, soweit diese ein Urteil zuläßt, stets annähernd gleich mit Stärke beladen, so daß man die beiden Hälften eines Blattes zum Vergleich benutzen kann. 182 Nicolas T. Deleano, Da die bis zum Abend beleuchteten Weinblätter, wenn sie verdunkelt wurden, meist schon nach 30 Stunden die Stärke gelöst haben, so dürfen vergleichende Versuche in der Regel nicht über diese Zeit ausgedehnt werden. Auch ist bei den Versuchen zu beachten, daß die Blätter schon oft nach 35 Stunden die Stärke verlieren, wenn sie die Assimilate wesentlich nur zur Atmung ver- brauchen können. Ob die Geschwindigkeit der Stärkelösung in allen Fällen oder überhaupt einen Maßstab für die Intensität der Atmung oder Aus- wanderung abgeben kann, ist nech nicht untersucht. Die Vorversuche, welche wir für die Methode der Trocken- gewichtsbestimmung anstellten, lehrten folgendes: Jede der beiden Blatthälfteiiportiouen von 12 Blättern liefert für das gleiche JbVisch- i^ewicht, welches ungefähr 14 g beträgt, das gleiche Trockengewicht. Die Trockongewiclitsdifferenz betrug für 13,62 g u,01 g, also 0,16 % des Fiischgewichts (Versuch U) Gleich große Flächeiistücke von je 12 Hälften von 12 Blättern, von denen die eine Portion direkt, die andere nach 45 -stündigem Atmen, nachdem 0,1 g Trocken- gewichtsverlust eingetreten war, gewogen wurde, ergaben nach Sättigung der Zellen mit Wasser auf feuchtem Fließ- papier das gleiche Frischgewicht (Versuch V). Man darf also wohl innerhalb gewisser Grenzen bei Versuchen, in denen die Blattstücke Einbuße an Trockengewicht durch Atmung oder Aus- wanderung erleiden, aus dem zuletzt resultierenden Frischgewichte auf ein gleiches Anfangsfrischgewicht schließen. Das Gleiche zeigt Versuch Ob, wo das Trockengewicht für 15,8 g Frischgewicht um 0,25 g abnahm, während das Frischgewicht gleich blieb. Blatthälften, die mit den Stielen in Wasser standen, veratmeten in 40 Stunden 1,19 g des Frischgewichtes an Trockensubstanz, für 10 Stunden also 0,29 7o (Versuch Ca). Blatthälften der gleichen Blätter veratmeteu einmal, mit der Oberseite auf Wasser liegend, in 68 Stunden 1,59 7o, für 10 Stunden also 0,23 7o des Prisch- gewichts an Trockensubstanz, das andere Mal, mit dem Blattstiel in Wasser, 2,19 "/o des Frischgewichts an Trockensubstanz, in 10 Std. also 0,32 7o- Letztere Zahlen verhalten sich wie 100:139. Der Versuch Ba zeigte uns, 1. daß bei der Atmung der mit der Oberseite auf Wasser liegenden Weinblätter nur Kohlehydrate aufgebraucht werden, ferner über die Ableitung der Assimilate durch die intakten usw. Laubblätter. 183 2. daß aus Blättern, die am Weinstocke sitzen, nicht nur Kohlehydrate, sondern auch andere Stoffe auswandern, und zwar in dem vorliegenden Versuche auf 1,06 7o Kohlehydrate (der Frischsubstanz) 1,63 % Nichtkohlehydrate, und 8. daß die Bestimmung der Kohlehydrate in den mit Assimilaten gefüllten und den durch Auswanderung von Assimilaten entleerten Blättern keinen Aufschluß über die Größe der Auswanderung geben kann. Als Blätter aus dem Freien genommen und gewogen wurden und dann in feuchtem Fließpapier mit Wasser gesättigt und ge- wogen wurden, nahmen 16,2 g um 0,2 g zu; für 31 g Frischsubstanz betrug in einem analogen Falle die Zunahme 0,4 g. Also betrug die Zunahme 1,23 und 1,29 Vo- Für alle mit der Trockengewichtsmethode gemachten Versuche gilt, daß bei ihnen stets für eine gleichmäßige Sättigung der zu vergleichenden Blattstücke, von denen man ausgeht, mit Wasser gesorgt werden muß. Die Resultate unserer Versuche sind infolge der bestehenden Fehlerquellen nicht absolut genau zahlenmäßig richtig, aber die Resultate sind, da die in Rechnung gesetzten Ausschläge relativ groß sind, wohl alle sinngemäß richtig. Würde eine große Reihe von Versuchen gemacht werden, so daß Durch- schnittszahlen gewonnen würden, so könnten die Resultate auch zahlengemäß völlig richtig gestellt werden. Versuche mit operierten Blättern und mit der Jodmethode. Wurde der Blattstiel eines Blattes auf einer Seite mit einem den Stiel halb durchteilenden Einschnitte versehen, so wurde die Stärke in beiden Laminahälften gleich schnell gelöst (Versuch G). Es erklärte sich dieses Resultat aus dem Vorhandensein von Ana- stomosen. Ein Blatt, dessen Mittelnerv und oberer Teil des Blattstieles gespalten war, löste in beiden Hälften der Spreite die Stärke gleich schnell (Versuch E). Wurde dagegen bei einem sonst gleichen Versuche ein quer verlaufender Einschnitt in die eine der Blatt- stielhälften gemacht, welcher das eine große Leitbündel durchschnitt, 80 verschwand die Stärke in der Blatthälfte mit quer eingeschnittener Stielhälfte langsamer als in der anderen (Versuch F). Würden wir die Annahme machen, daß die Beschleunigung der Stärkelösung in diesen Versuchen auf einer relativ starken 184 Nicolas T. Deleano, Auswanderung von Assimilaten beruhe, so könnten wir aus den Versuchen scliließen, daß die Assimilate hauptsächlich durch die Leitbündel wandern, da die Querleitung in den Parenchymzellen bei den Operationen möglich blieb. Darüber, ob die Assimilate im Siebteil oder im Tracheenteil geleitet werden, und in welcher Form das geschieht, sagen die Versuche nichts aus. Versuche mit Blättern, deren Stiel gebrüht wurde, mit der Jodmethode und der Trockensubstanzmethode. Aus den Versuchen H ging mit einiger Sicherheit hervor, daß an der Pflanze sitzende Blätter, deren Stiel gebrüht ist, die Stärke langsamer lösen als gleiche mit ungebrühtem Stiele, aber etwas schneller als mit der Oberseite auf Wasser liegende Blätter. Letzteres kann verschiedene Ursachen haben. Es könnte von ausgiebigerer Atmung, von der Umwandlung von Stärke in Eiweißkörper usw. oder von erhöhter Auswanderung der Assimilate herrühren. Die quantitative Bestimmung des Verlustes an Trockensubstanz (Versuch J) sprach dafür, daß durch den gebrühten Stiel Aus- wanderung von Assimilaten stattfindet, daß aber die Auswanderung geringer ist als die, welche durch den intakten Blattstiel erfolgt. Im ersten Falle wandern in 48 Stunden ungefähr 3,6 %? im zweiten Falle ungefähr 1,1 Vo des Frischgewichts an Trockensubstanz aus. Versuche mit plasmolysierten Blattstielen. Die Plasmolyseversuche mit den Stielen der Weinblätter er- gaben, daß die Stiele der am Stamme sitzenden Blätter sich in 5 "/o-iger und 10 %-iger Salpeterlösung in 44 Stunden nicht plas- molysieren ließen. In 10 %-iger Salpeterlösung trat nach 52 Std. Plasmolyse ein, dann aber waren auch die Stiele abgestorben. Versuche mit Chloroform. Versuche mit der Jodmethode: Nach [Versuch K ver- schwindet die Stärke aus Blattstücken, die mit der Oberseite|auf Wasser, und aus solchen, die mit der Oberseite auf Chloroform- wasser 1 : 8 liegen, manchmal gleich schnell, manchmal in letzterem Falle etwas schneller. Mit der Unterseite auf Chloroformwasser 1 : 8 liegende Blätter lösen ihre Stärke langsamer als die mit der Oberseite auf Wasser liegenden. Bei Blättern mit halbiertem Stiele über die Ableitung der Assimilate durch die intakten usw. Laubblätter. ]85 und halbierter Spreite, deren eine Stielhälfte mit Chloroformwasser 1 : 10 umgeben war, deren andere Stielhälfte von Wasser umgeben war, wurde die Stärke in der ersteren Spreitenhälfte ein wenig schneller gelöst als in der zweiten (Versuch L). Wurde ein Blatt- lappen eines am Stock befindlichen Blattes auf • Chloroformwasser gelegt, ein anderer auf Wasser, so löste ersterer die Stärke eben- falls etwas schneller als der zweite (Versuch M). Versuche mit der Trockengewichtsmethode: Versuch? zeigt, daß die abgeschnittenen Blätter, deren in Wasser stehender Blattstiel mit Chloroformwasser umgeben ist, anscheinend weniger Trockensubstanz in der Zeiteinheit veratmen als abgeschnittene Blätter, die mit normalem Blattstiele in Wasser stehen. Aus den quantitativen Versuchen N und 0 geht hervor, daß die Chloroformierung des Blattstiels der am Stocke sitzenden Laub- blätter mit Chloroformwasser (ungefähr 1 : 10) die Geschwindigkeit der Auswanderung der Assimilate vermindert. Dabei scheint noch eine geringe Auswanderung von Assimilaten durch den chlorofor- mierten Blattstiel stattzufinden. Aus dem Blatt mit normalem Blattstiel wanderten anscheinend pro 24 Stunden ungefähr 2 Vo des Frischgewichtes, aus dem mit chloroformiertem Blattstiele an- scheinend ungefähr 1 Vo des Frischgewichtes aus. Ringelungsversuche: Unsere Ringelungsversuche haben er- geben, daß sich aus den Versuchen Czapeks kein Schluß über den Betrag der Längs- oder Querleitung in der Rinde ziehen läßt. Die Resultate unserer Ringelungsversuche schienen dafür zu sprechen, daß die Querleitung unter Umständen erheblich sein kann, doch konnte man auch nach ihnen kein Urteil über das Verhältnis der Ausgiebigkeit der Längs- und Querleitung fällen. Literatur-Verzeichnis. Bäsecke, Paul, Beiträge zur Kenntnis der physiologischen Scheiden der Achsen und Wedel der Filicinen, sowie über den Ersatz des Korkes bei dieser Pflanzengruppe. Botan. Zeitung, 1908, Heft II— IV. Czapek, Friedrich, Über die Leitungswege der organischen Baustoffe im Pflanzen- körper. Separatauszug aus den Sitzungsber. d. kais. Akad. d. Wissenschaften in Wien, Mathem.-naturwiss. Kl., Bd. 106, Abt. I, März 1897. Hanstein, Über die Leitung des Saftes durch die Kinde. Jahrb. f. wiss. Bot., Bd. II, 1860, S. 392. 12** 186 Mkolas T. Deleano, Über die Ableitung der Ässimilate usw. Heine, Über die physiologische Funktion der Stärkescheide. Ber. d. Deutsch. Bot. Ges., Bd. III, S. 189, 1885. Lehmann, F., Über eine maßanalytische Methode zur Bestimmung von Zuckerarten. Diss. Marburg 1908. Meyer, Arthur, Erstes mikroskopisches Praktikum. .Jena 1907. — Über Gentiana lutea und ihre nächsten Verwandten. Arch. d. Pliarm., Bd. 21, 7. u. 8. Heft, 1883. Mehl, Einige Andeutungen über den Bau des Bastes. Botan. Zeitung, 1855, S. 873. Rupp, E. und Lehmann, F., Titration von Zuckerarten. Arch. d. Pharm., Bd. 247, Heft 7, 1909. Sachs, Über die Stoffe, welche das Material zum Wachstum der Zellhäute liefern. Pringsheims Jahrb., 1863 (A.), S. 183. — Über die Leitung plastischer Stoffe durcli verschiedene Gewebsformen. Flora, 1863 (B.), S. 33. Seh im per. Über Bildung und Wanderung der Kohlehydrate in den Lauhblättern. Botan. Zeitung, 1885, S. 737. Untersuchungen über die vorzeitige Entblätterung von Blüten, Von Hans Fitting. Mit 3 Textfiguren. Einleitung. Orientierende Beobachtungen über die Blühvorgänge bei den verschiedensten Familien haben mir gezeigt, daß hier noch mancherlei entwicklungsphysiologisch interessante Probleme ihrer Lösung harren. Eines derselben soll Gegenstand dieser Arbeit sein. Bekanntlich fallen bei sehr vielen Blumen die Fetalen oder auch die verwach- senen Kronen, die Staubgefäße und manchmal die Griffel völlig frisch und turgeszent ohne zuvorige Verfärbung und ohne vorher- gegangene Welkerscheinungen ab, wenn die Blütendauer zu Ende ist. So verhalten sich, um nur einige Beispiele zu erwähnen, die Blüten vieler Rosaceen, Ranunculaceen , Geraniaceen, Cistaceen, Boragi- naceen, Scrophulariaceen und Labiaten. Im Frühjahr 1909 beob- achtete ich nun bei Geranium pyrenaicum, daß die Petala, auch an un bestäubten Blüten, manchmal vorzeitig sich loslösen, ehe sie (im Vergleiche mit anderen Blüten) ausgewachsen sind und ehe die Blüten das letzte Stadium ihrer Entwicklung erreicht haben. Aus der blütenbiologischen Literatur habe ich gesehen, daß ich nicht der Erste gewesen bin, der diese Beobachtung gemacht hat. A. Schulz (1902, S. 5.55) nämlich fügt seiner Beschreibung des Blühvorganges von Geranium pusillum folgende Anmerkung bei: „An heiteren, heißen Tagen fallen die Kronenblätter mancher dieser [unbestäubten] Blüthen ab, bevor sie völlig ausgewachsen sind und die Griffel ihre Entwickelung vollendet haben. Es ist dies eine auch bei anderen Gewächsen mit empfindlichen Kronenblättern vorhandene Erscheinung." Es erhoben sich nun hier viele inter- 188 Hans Fitting, essante Fragen als dankbare Aufgaben experimenteller Forschung: Unter welchen Bedingungen tritt die vorzeitige Ablösung der Kron- blätter ein? Welcher Mechanismus ruft sie hervor? Zu welchen Vorgängen ist dieser Ablösungsprozeß seinem Wesen nach zu rechnen? Hat er eine biologische Bedeutung? Ist er, auch in anderen Familien, weiter verbreitet? Diese und ähnliche Probleme haben mich in den beiden letzten Sommern eingehend beschäftigt. Dabei kam es mir weniger darauf an, die Untersuchung auf eine möglichst große Artenzahl auszudehnen, als nach Ermittelung besonders günstiger Versuchsobjekte die prin- zipiell wichtigen Fragen durch eingehende Versuche so weit wie möglich zu klären. Immer wieder nämlich machte ich die Erfahrung, daß bei jeder Art eine zuvorige genaue Ermittelung der normalen Blühvorgänge unerläßlich ist, will man sich vor Scheinergebnissen schützen. Dieser Umstand erschwerte die Arbeit, da die Blüh- vorgänge für die allerwenigsten Pflanzen genauer bekannt sind. Als ganz besonders günstige Versuchsobjekte erwiesen sich aus den verschiedensten Gründen die im botanischen Garten vom Frühjahr bis zum Herbste in größter Menge vorhandenen Blüten eben des Oeranium pyrenaicum , bei dem mir die vorzeitige Ent- blätterung zuerst aufgefallen war. Es gelang leicht, die an dieser Pflanze gewonnenen Ergebnisse an Blüten aus anderen Familien zu erweitern und zu vertiefen, dabei auch einige merkwürdige, teil- weise schon weit zurückliegende Literaturangaben in richtiger Weise zu interpretieren. Abschnitt I. Der normale Blühvorgang bei Geranitini pyrenaicum. Seine Kenntnis ist für das Verständnis der Arbeit unerläßlich '). Bei mittleren Temperaturen (20 — 22°) verläuft er etwa so: Wenn am Morgen die Sonne auf die Stöcke fällt, öffnen sich die Knospen, während die zuvor gekrümmten Blütenstiele sich gerade strecken. Steigt die Temperatur nicht zu hoch, so dauern die Blüten IV2 bis 2 Tage. Am ersten Tage verstäuben bei den morgens zum ersten Male aufgegangenen Blüten die Antheren, womit folgende Bewegungsvorgänge der Staubgefäße verbunden sind. In der Knospe sind die Stamina bogenförmig nach außen und abwärts gekrümmt. Nach- dem die Blüte aufgegangen, richten sich zunächst, aber nicht immer gleichzeitig, die fünf episepalen Staubgefäße auf, die Antheren öffnend, danach die fünf epipetalen. Am 1) Bei A. Schulz (1902) findet man eine sehr genaue Beschreibung für einige andere Arten. Uulersuchuiigeii über die vorzeitige Entblätterung von Blüten. 189 Abend des ersten Tages stehen alle Filamente aufrecht. In diesem Zustande schließt sich die Blüte vor dem Eintritt der Nacht, um sich am nächsten Morgen wieder zu öffnen. Im Laufe dieses zweiten Vormittags spreizen die Griffel auseinander, die zuvor fest aneinander lagen, worauf die Fetalen am Nachmittage abzufallen pflegen. Hiernach schließt sich der Kelch langsam und richten sich die Griffel wieder auf, sich zusammen- neigend. Die Antheren fallen gewöhnlich ab, ehe die Griffel spreizen. Man kann also fünf Etappen des Blühvorganges unterscheiden: I. Etappe. Öffnung des Perianths bis zum Beginne der Staub- gefäßaufrichtung. Dauer ca. 1 Stunde oder länger. II. Etappe. Aufrichtung und Verstäubung der episepalen Staubgefäße, dauert 3 — 5 Stunden. III. Etappe. Aufrichtung und Stäubung der epipetalen Stamina. Dauer: je nach dem Zeitpunkte des Beginns; falls mittags beginnend bis gegen Abend dauernd. IV. Etappe. Von Beendigung der Staubgefäßbewegung bis zum Beginne der Bewegung der Griffel. Dauer: 4 — 8 Stunden. V. Etappe. Spreizen der Griffel bis zum Abfallen der Fetalen. Dauer: einige bis viele Stunden. Es wäre aber falsch, wenn man glauben würde, daß nur des Morgens Blütenknospen zum ersten Male aufgehen. Viele öffnen sich auch im Laufe des Tages bis zum Nachmittag. Die Blüten schließen sich abends also in ganz verschiedenen Stadien der Anthese, und zwar in der Regel um so schneller, je jünger ^^' sie sind. Kronblätter von G. pyrenaicum. a von einer halb offenen Knospe, Betrachtet man nun die Fetalen h von einer Blüte mit 5 aufrecht. .., , , -^\^^^^ o -i l staubgef., c von einer solchen wahrend des Bluhvorganges , so findet mit 10 aufrecht. Staubgef., d von man, daß sie von Beginn desselben an einer solchen mit spreiz. Griffeln. i i i i • t i-»'i i Nat Größe noch stark wachsen, wie die Bilder zeigen ' ' (Fig. 1). Auf die Geschwindigkeit des Ablaufes der Blühvorgänge haben selbstverständhch die Außenumstände einen sehr großen Ein- fluß. An heißen und sonnigen Hochsommertagen können diese Vorgänge sich auf einen Tag zusammendrängen, umgekehrt bei kühlem Begenwetter nicht selten mehr als zwei Tage in Anspruch nehmen. Darauf muß man achten, wenn man mit der Fflanze arbeiten will. 190 Hans Fitfing, Abschnitt II. Vorzeitige Entblätterung von Blüten durch chemische Einflüsse. A. Erste Versuche mit Geranium ])yrenaicum und ihre Analyse. Es kommt also, wie erwähnt, vor, daß die Blüten sich vor- zeitig entblättern. Diese Erscheinung beobachtete ich zum ersten Male an Blüten von Geranium pyrenaicum, die ich im Mai 1909 zu bestimmtem Zwecke in das von der Sonne durchglühte Gewächs- häuschen des Straßburger Instituts gestellt hatte, habe sie dann später bei der gleichen Art an heißen Tagen auch in unserem Garten gefunden, unter ähnlichen Bedingungen also wie A. Schulz bei G. pusiUum. Zunächst war es natürlich nötig, den Vorgang selbst genauer kennen zu lernen. Dies geschah durch Versuche folgender Art: Blütensprosse von G. pyi-enaicum, morgens unter Wasser im Garten abgeschnitten, stellte ich vor das Ostfenster des Laboratoriums in die Sonne. Die Hälfte der alsdann sich öffnenden Blüten kam nach Markierung der gleichaltrigen in den Laboratoriums- wärmeschrank (31 — 32°), die andere blieb zur Kontrolle vor dem Laboratoriumsfenster in 19 — 21". Da später noch viele ähnliche Versuche mitgeteilt werden, kann ich mich wohl hier auf die Ergebnisse beschränken. So oft diese Versuche auch wiederholt wurden, stets beobachtete ich folgende Tatsachen: 1. Bringt man die Blüten in den Dunkelraum des Labora- toriumswärmeschrankes und zwar in eine Temperatur von 31 — 32", so entblättern sie sich sämtlich viel früher als normalerweise und ehe das letzte Blühstadium erreicht worden ist. 2. Diese vorzeitige Entblätterung erfolgt auffallend bald nach Versuchsbeginn und zwar um so schneller, je älter die Blüten sind. 3. Blüten, in denen die Griffel bereits spreizen, lassen die Fetalen schon nach 10 — 25 Minuten fallen. 4. In Blüten, deren Griffel noch nicht spreizen, deren Stamina aber schon sämtlich aufgerichtet sind, fallen die Fetalen nach 1—2 Stunden. 5. Sind erst fünf Staubgefäße aufgerichtet, so vergehen bis zur Entblätterung 2 — 3 Stunden. 6. Sind zu Versuchsbeginn alle Staubgefäße noch gesenkt oder die Knospen noch geschlossen, so dauert es 3 — 5 Stunden, bis das Ferianth fällt. ■Untersuchungen über die vorzeitige Entblätterung von Blüten. 191 7. Je jünger die Blüten noch sind, um so leichter läßt sich feststellen, daß die Blütenblätter vorzeitig fallen, ehe sie aus- gewachsen sind (vgl. die Fig. 2). 8. Dieser vorzeitige Ablösungsvorgang tritt, wie ersichtlich, auch bei denjenigen Blüten ein, die noch unentwickelte Griffel haben. Er kann also nicht durch eine et- waige Selbstbestäubung der Blüten veran- laßt sein. — Welche Bedingungen sind nun aber dazu nötig, um die vorzeitige Entblätterung zu veranlassen? Die Untersuchung lehrte Kronblätter durch Labo- ganz unerwarteterweise zunächst chemische ratonumsluft abgestoßen. , , a von einer in der Labo- EinflüSSe als wirksam kennen. ratoriumsluft aufgegangen. Vor allem drängte sich natürlich der Knospe, & von einer Blüte mit spreiz. Griffeln. Gedanke auf, daß dieser Vorgang vielleicht Nat. Größe. die Folge davon sei, daß die Blüten durch das Abschneiden geschädigt werden. Indes trat die Entblätterung auch an Topfpflanzen ein und blieb an abgeschnittenen Stengeln aus, die selbst 12 — 14 Tage ohne Erneuerung der Schnittflächen vor dem Laboratoriumsfenster gehalten wurden. Auch Wassermangel oder vorübergehende Welkvorgänge können nicht Schuld an der vorzeitigen Entblätterung sein: selbst an Blütensprossen, die ich vorübergehend oder dauernd stark welk werden ließ, blieb die Erscheinung aus. Die Blüten sind sogar so unempfindlich gegen Wassermangel, daß sie an Sprossen, die man in Gläschen ohne Wasser vor dem Laboratorium aufstellt, noch tage- lang normal auf- und abblühen, nachdem das Laub schon völlig vertrocknet ist. Ja Welken hat im Gegenteil sogar einen hemmenden Einfluß auf die vorzeitige Entblätterung: stellt man ziemlich stark gewelkte Blüten in den Wärmeschrank, so tritt der Vorgang nicht mehr ein. So müssen also andere Umstände maßgebend sein. Als solche kamen bei meinen Versuchen zunächst in Betracht." 1. Wärme, 2. Verdunkelung, 3. Luftfeuchtigkeit. Alle Versuche, die ich zur Prüfung dieser Bedingungen teils im Laboratorium, teils in dem wärmsten Gartengewächshause anstellte, lieferten wochenlang so völlig widersprechende Ergebnisse, daß mit Sicherheit geschlossen werden konnte, es müsse noch ein anderer, unbekannter Paktor beteiligt sein. Als solcher wurde nach mannigfach variierten metho- dischen Versuchen endlich die Laboratoriumsluft erkannt. 192 Hans Fitting, B. Vorzeitige Entblätterung durch Laboratoriumsluft, a) Versuche mit Oeranium pyrenaicum. Während der vorerwähnten Versuche wurde die allgemeine Versuchsmethodik so weit verbessert, daß sie exaktere Messungen erlaubte. Es sei darüber folgendes hier bemerkt. Frühmorgens wurde eine große Menge Blütensprosse gesammelt. Im Hofe des Instituts, wo die Laboratoriumsluft nicht schädigend wirken konnte, suchte ich die ge- eignet erscheinenden Blüten aus. Jede solche Blüte wurde für sich mit einem ca. 10 cm langen Stengelstück abgeschnitten und nach Entfernung sämtlicher Laubblätter, Blüten- knospen und aller abgeblühten Blüten mit gleichaltrigen gruppenweise zusammen in Gläschen sortiert. Solche öi-uppen bildete ich zunächst immer fünf: 1. Knospen dem Aufblühen nahe, 2. Blüten mit noch gekrümmten Staubgefäßen, 3. Blüten mit 4 — .5 aufwärts gerichteten episepalen Staubgefäßen, 4. solche, bei denen alle Staubgefäße gerade gestreckt sind, die Griffel aber noch nicht spreizen, 5. Blüten mit spreizenden Griffeln. Diese Zubereitungsarbeiten nahmen 2 — 3 Stunden in Anspruch, wenn ich, wie fast stets, viele Blüten brauchte. Die abgeschnittenen und sortierten Blüten ließ ich bis zum Versuchsbeginne an schattiger Stelle außerhalb des Laboratoriums stehen. Eine Neu- sortierung innerhalb der Gruppen vor den Versuchen ermöglichte eine noch schärfere Auswahl gleich alter, gleich weit entwickelter Blüten. — Ich teile nun zunächst einige Versuche mit, bei denen folgende Faktorengruppen auf ihren Einfluß geprüft wurden: a) Laboratoriums- luft, b) Dunkelheit, c) Laboratoriumsluft und Dunkelheit, d) außer beiden noch die Wärme. Sie lassen den Einfluß der Laboratoriums- luft klar erkennen. Zur Verdunkelung dienten Blechrezipienten, die wochenlang im Hofe des Instituts gelüftet worden waren. Der erste Versuch mit einem noch nicht zuvor gelüfteten Rezipienten hatte ein anderes Ergebnis als alle späteren mit gelüfteten. Er sei deshalb zuerst angeführt. Versuch 1. Geranium pyrenalcnm. 24. V. 1909. Blüten mit 5 aufrechten Staubgefäßen. Versuchsbeginn 11 *^ Schattig Sonne Dunkel vor Hell Dunkel Wärmeschrank vor Laborator. vor Laborator. Laborator. im Laborat. im Laborator. im Lab. dunkel 26* 26» 27" 32" Blüten Blüten Blüten Blüten Blüten Blüten 17 17 18 17 17 18 12»^ 1 jOO 1 ^ 00 jOO 2^0 2 2«° 16 2«" 14 2»» 12^) 2»" alle ») 4°" 17 4°"» alle 4"» alle ^00 nOO [Aniii. 1 s. S. lysj 25. V. 25. V. goo _ s»» — Untersuchungen über die vorzeitige Entblätterung von Blüten. 193 Aus diesem Versuche könnte man geneigt sein, zu schließen, daß die Verdunkelung ein sehr wichtiger Faktor sei. Die folgenden Protokolle zeigen aber, daß diese Annahme falsch ist. Geranlum pyrenaicum. Versuch 2. 25. V. 1909. Blüten mit 5 aufrechten Staubgefäßen. ll&s Versuchsbeginn. Schattig Sonne Dunkel vor Hell Dunkel Wärmeschrank vor Laborator. vor Laborator. Laborator. im Laborat. im Laborator. im Lab. dunkel 26" 26» 25» 32» Blüten Blüten Blüten Blüten Blüten Blüten 17 17 18 18 18 18 1«5 _ 2»° 6 280 j 2*0 2 2*0 17 3"" 3 300 alle 315 _ 3^5 2 400 16 400 10 430 _ 4«« 15 622 alle 622 alle fallen ers t im Laufe des 26. V. Der Versuch wurde öfters mit gleichem Erfolge wiederholt und auch mit älteren Blüten noch gemacht. Beispiel: Versuch 3. Geranium pyrenaicuni. 2. VI. 1909. Blüten, bei denen die Griffel anfangen zu spreizen. 9^0 Versuchsbeginn. Dunkel vor Labor. 25» Hell im Labor. 25» Dunkel m Labor. "Wärmeschr dunkel. im Labor. 31" Blüten Blüten Blüten Blüten 7 8 8 8 935 1 937 2 10" 0 10" 7 gSB 4 Abends noch nicht 10-^ alle 10-=* 7 10" 7 entblättert 11«° alle 10^5 alle 1) [Anmerk. z. Tabelle 1, S. 192.] Zwischen l^o und 2^" wurde bei diesem Ver- suche nicht beobachtet. Die Zahlen geben jedesmal die Gesamtmenge der entblätterten Blüten an. Blüten, bei denen ein Petalum gefallen ist, sind stets als „entblättert" ge- zählt. Meist folgen die anderen sehr schnell dem ersten. Jahrb. f. wiss. Botanik. XLIX. 13 194 Hans Fitting, Verdunkelung hat also keinen Einfluß auf die Entblätterung, auch nicht, wie besondere oft wiederholte Versuche zeigten, wenn man die Blüten ganz früh am Morgen oder nach längerer Be- sonnung verdunkelt. Die Fetalen fallen aber in allen diesen Versuchen bei Gegen- wart von Laboratoriumsluft, gleichgültig ob hell oder dunkel gehalten, und zwar bei Zimmertemperatur, oft nur wenig langsamer vorzeitig als bei 31*'. Dies gilt, scheint's, namentlich für die älteren Blüten. Schon daraus darf man schließen, daß im Wärmeschrank ebenfalls die Laboratoriumsluft, nicht die Wärme maßgebend ist. Wir werden später sehen, daß dies wirklich so ist. Welcher Faktor der Laboratoriumsluft aber ist wirksam? Daß weder Lufttrockenheit noch Luftfeuchtigkeit maßgebend ist, lehrten Versuche wie der folgende. Versuch 4. Geranium pyrenaicum. 15. VI. 1909. Alle Staubgefäße aufrecht. 10*^ Versuchsbeginn. Je 17 Blüten. Schattig In feucht. Kaum Hell im Laborat. Feucht. Raum Wärmeschrank vor Laborator. schattig hell im Laborator. 20" vor Laborator. im Laborat. 31" 1125 1 11*° 5 12°" 1 12°° 10 1230 3 1280 _ 12»° 13 12" 5 12" 3 12" alle 12»^ 8 2»° 11 28° 15 2" 14 2" 16 3^° 15 Abends 0 Abends 0 3" alle 3" alle Der Feuchtigkeitsgehalt der Luft ist also ohne Einfluß, hindert aber in Verbindung mit Laboratoriumsluft weder die vorzeitige Entblätterung noch ihre Geschwindigkeit. Sonach können nur gasartige Verunreinigungen der Labora- toriumsluft in Betracht kommen, und zwar nach Lage der Um- stände allein das Leuchtgas. Spuren seiner Verbrennungsprodukte nämhch können nicht das maßgebende sein; denn die Blüten ent- blätterten sich auch in Laboratoriumsräumen vorzeitig, in denen seit Monaten kein Leuchtgas gebrannt hatte. Den Beweis für die Richtigkeit dieser Überlegungen erbringen die folgenden eindeutigen Versuche. Untersuchungen über die vorzeitige Entblätterung von Blüten. 195 Versuch 5. Geranium ijyrenaicum, 7. VI. 1909. Alle Staubgefäße geradegestreckt. Je 20 Blüten. 10^' Versuchsbeginn. Schattig Schattig im Ebenso mit Leuchtgas Schattig im Hell Wärmeschrank vor Laborat. 20» feucht. Kaum vor Labor. trocknen Eaum u. Leuchtgas im Laborat. 23" im Lab. dunkel 35" 11»° 0 II80 0 1180 3 11" 1 11« 5 1200 6 1200 4 12°° 9 12" 8 12*" 5 12" 7 12" 18 12^'' 15 12" 7 12" 8 12" alle l»" 19 1-° IG läo 13 280 jjUg 230 ^ug 230 17 700 ijOO Geranium pyrenaicum. G. VI. 12 Versuch 6. 1909. 5 Staubgefäße aufrecht. Versuchsbeginn. Je 17 Blüten. Schattig Schattig in Ebenso mit Leuchtgas Hell Wärmeschrank vor Laborat. 27" feucht. Eaum vor Laborat. im Laborat. 26" im Labor, dunkel 35" 12*0 , 4 12*0 3 12*0 8 1" 12 110 4 1^0 13 l»o alle l'o 6 2" 9 1*0 aUe 300 2 3»" 13 400 15 500 0 500 2 500 16 722 10 722 12 Die Leuchtgasatmosphäre wurde in einer 5 Liter haltenden Glasglocke erzeugt, die vor den Versuchen oft ausgewaschen und lange gelüftet worden war. Kontrollversuche zeigten, daß die Blüten unter dieser Glocke ohne Leuchtgas nicht vorzeitig sich ent- blätterten. Das Leuchtgas wurde aus der Gasleitung in unbestimmter, aber nicht sehr großer Menge entnommen. Man sieht aus diesen Protokollen schon: 1. Leuchtgas bewirkt vorzeitige Entblätterung. 2. Leuchtgasatmosphäre wirkt etwas intensiver als die La- boratoriumsluft. 3. Der Einfluß des Leuchtgases wird in feuchten Räumen nicht aufgehoben oder abgeschwächt. 13* 196 Hans Fittiug, Durch mannigfaltige Variation der Leuchtgasversuche kann ich diesen Ergebnissen noch folgende hinzufügen: 4. Zwar wirkt das Gas, wenn man von sehr kleinen Gas- zusätzen zur Luft ausgeht, um so intensiver, je mehr Gas man nimmt. 5. Aber die Entblätterungsgeschwindigkeit wird gegenüber ge- wöhnlicher Laboratoriumsluft doch nur verhältnismäßig wenig ver- größert. 6. So fallen selbst bei viel Leuchtgasgegenwart die Fetalen in Zimmertemperatur bei Blüten mit spreizend. Griffeln . . nach 30 Min. bis 2 Std. „ „ „ allen aufrecht. Staubgef. „ 45 „ „ 3 „ n n n " n )5 » 1 /a « w «* 55 n n » Keinen „ „ „ o „ » o » 7. Demgegenüber ist es äußerst auffallend, wie verhältnis- mäßig schnell die Blüten sich entblättern, wenn man sie in eine an Leuchtgasspuren selbst sehr arme, also sehr „reine" Labo- ratoriumsluft bringt. Wie empfindlich die Blüten sogar gegen unmerkliche Leucht- gasspuren sind, ersieht man beispielsweise aus folgendem Versuche: Versuch 7. Geranium pyrenaicum. 10. VI. 1910. In meinem sehr großen Laboratoriumszimmer war während der ganzen Nacht ge- lüftet worden, morgens 7 Uhr wurden die Fenster geschlossen; große Ventilationsflächen in der Wand aber, durch die dauernd eine kräftige Luftzirkulation stattfand, blieben offen. Gas wurde nicht gebraunt. 11*^ stellte ich 14 Blüten (mit aufrechten Stamina) in das Zimmer. Es entblätterten sich 12*^ 2, l°°-)-l; 2^" waren schon alle Fetalen gefallen. Kontrollblüten vor dem Fenster dieses Zimmers blieben bis zum nächsten Tage frisch. Die eminente Empfindlichkeit gegen Leuchtgas sieht man auch aus Versuch 1, wo die Blüten sich in einem Blechrezipienten aus dem Institut entblätterten, der vorher nicht gelüftet worden war. So sind die Blüten von Geranium pyrenaicum ein ganz her- vorragendes Reagens auf Laboratoriumsluft, ein Reagens, mit dem man schon in ganz wenigen Stunden diese Luft auf ihre Reinheit prüfen kann. b) Versuche mit anderen Formen. Sie hatten nur den Zweck, festzustellen, ob die Laboratoriums- luft (d. h. das Leuchtgas) nach kürzerer Zeit bei anderen Pflanzen ähnliche Wirkungen hat. Wie bei den ersten Versuchen mit G. Untersuchungen über die vorzeitige Entblätterung von Blüten. 197 pyrenaicum verwendete ich den Laboratoriums -Wärmeschrank und eine Temperatur von 31 — 32". Mit den Versuchspflanzen verglichen wurden Kontrollpflanzen, die in der reinen Luft des später zu be- schreibenden Thermostaten bei der gleichen Temperatur sich be- fanden. Geprüft wurden wieder ganz verschieden alte Blüten. Bei der Familie der Geraniaceen fand ich die vorzeitige Entblätterung in Labo- ratoriumsluft sehr weit verbreitet. Verglichen mit entsprechend alten Stadien von G. pyrenaicum ließen ihre Fetalen fallen : etwa ebenso rasch oder etwas schneller: Geranium dissectum, pratense; Erodium cicutanum, E. Botrys; etwas langsamer: G. sanguineiim, pusillum, nodosum, niolle, Rohertianiim, phaeum, aconitifolium, cristatum; Erodium Manescavi; noch etwas später: G. ibericuvi, inacrorrhizum, maculatum und Pelargonium zonale. Wiederum entblätterten sich alle Blüten vorzeitig; selbst aus den Knospen fielen nach genügend langer Einwirkung der Laboratoriumsluft die Blätter heraus. Keinen ausgesprochenen und schnellen Einfluß der Laboratoriumsluft während einer Versuchsdauer von 1 — 2 Tagen konnte ich wahrnehmen bei Ranunculus bulbosus, Pru- nus Padus, Syringa, Cardamine pratensis, Ctstus sp., Veronica chamaedrys, Chelidonium viajus, Potenülla opaca, Paulownia imperialis, Rosa sp., Verhascum Lychnitis, thapsi- forme, lÄnum perenne, usitatissimum und alpinum. Ein geringer Einfluß ist vielleicht bei Philadelphus coronarius vorhanden. Hier würden nicht bloß die Fetalen, sondern auch die Staubgefäße vorzeitig sich loslösen. Trotz dieser negativen Resultate (auch mit größeren Mengen von Leuchtgas bei Linum perenne und Philadelphus coronarius) zweifle ich nicht einen Augenblick daran, daß sich bei genügender Ausdauer noch viele Fflanzen finden lassen, bei denen das Leuchtgas und die Laboratoriumsluft in ähnlicher Weise wie bei Geraniaceen die Loslösung von Blütenteilen in unausgewachsenera oder ausgewachsenem Zustande veranlassen werden. C. Vorzeitige Entblätterung durch Kohlensäure. a) Versuche mit Geranium pyrenaicum. Selbstverständlich kann Leuchtgas nicht die Ursache dafür sein, daß die Blütenblätter von G. pyrenaicum und anderen Arten häufig im Freien vorzeitig fallen. Es müssen also offenbar noch andere Faktoren diese Erscheinung auszulösen imstande sein. Die weitere Analyse hatte natürlich zur Voraussetzung, daß die Ver- suche außerhalb des Laboratoriums fortgesetzt wurden. Als „Frei- luftlaboratorium" diente mir der Hof des Institutes. Bei diesen Versuchen, von denen in den nächsten Abschnitten die Rede sein wird, fiel es mir nun 1909 auf, daß manchmal größere Mengen von Blüten sich vorzeitig entblätterten, die längere Zeit unter einer Glasglocke, abgeschlossen von der Außenluft gestanden hatten. 198 Hans Fitting, Diese Beobachtung ') drängte die Frage auf, ob etwa Sauerstoff- mangel oder größere Mengen von Kohlensäure wirksam sind. Diese im Jahre 1910 ausgeführten Versuche zeitigten sehr auffallende und merkwürdige Ergebnisse. Die Partiärpressung des Sauerstoffs habe ich durch Ver- dünnung der Luft mit Wasserstoff aus Griesheimer Bomben variiert. Als Gasräume dienten IV^ Liter fassende, gut gelüftete Glasglocken, die zuvor mit Geraniu^n -Blüten auf ihre Reinheit geprüft worden waren. Mannigfach abgeänderte Versuche hatten völlig negative Resultate. Weder hat die vorübergehende oder dauernde Ver- minderung oder Erhöhung der Sauerstoffpression oder die Aus- schließung des Sauerstoffs irgend welchen Einfluß auf die Ent- blätterung der Blüten, noch die plötzliche „Luftveränderung" bei Überführung in gewöhnliche Luft, nachdem die Versuche 3 bis 4 Stunden gedauert haben. Ganz anders verhielt es sich mit der Kohlensäure. Gleich bei den ersten Versuchen, bei denen die Hälfte der Luft durch Kohlen- säure ersetzt wurde, trat vorzeitige Entblätterung ein und zwar in geradezu verblüffend schneller Weise! Verwandt wurde die Kohlen- säure des Handels, die in Stahlflaschen komprimiert ist. Das Gas wurde mit Luft wieder in den IV:! Liter haltenden Glasglocken gemischt, nachdem es eine Waschflasche mit Kalilauge, eine solche mit Kalipermanganat und endlich eine mit Wasser passiert hatte. Ich teile hier einige der ersten Versuche mit. Versuch 8. Geranium pyrenaicum. 13. VI. 1910. Temp. 22". a) 12 Blüten, Griffel spreizend: 7 Min. 12 Min. nach Versuchsbeginn 0 alle entblättert. b) 10 Blüten ebenso: 5 Min. 7 Min. 10 Min. 0 +4 +6 entblättert. c) 12 Blüten, alle Staubgefäße aufrecht: 8 Min. 11 Min. 13 Min. 2 +8 +2 entblättert. d) 12 Blüten, 5 Staubgefäße aufrecht: 10 Min. 15 Min. 20 Min. 0 4-9 +3 entblättert. 1) Im Sommer 1910 habe ich sehr oft, aber vergeblich versucht, diese "Wirkung abgeschlossener Luft wieder hervorzurufen. Sollten die betreffenden Glocken 1909 nicht lange genug gelüftet worden sein? Untersuchungen über die vorzeitige Entblätterung von Blüten. 199 e) 12 Blüten, alle Staubgefäße gesenkt: 25 Min. 30 Min. 35 Min. 40 Min. 1 +4 +3 +3 entblättert. f) 12 im Aufblühen begriffene Knospen: 40 Min. später 4 +0 Die Reaktion tritt also sehr viel schneller als in Leuchtgas ein, aber insofern ähnlich, als junge Blüten längere Zeit bis zur Entblätterung brauchen als alte, dem normalen Abblühen nähere. Natürlich bedurfte es noch eines exakten Beweises, daß bei diesen Versuchen wirklich die Kohlensäure der wirksame Faktor ist. Es konnten ja auch Verunreinigungen durch Gase in Betracht kommen. Jedenfalls aber können es nicht kleine Mengen von Leuchtgas sein; denn diese würden, wie wir schon gesehen haben, sehr viel langsamer ihre Wirkung entfaltet haben. Zunächst nun erwies sich solche Kohlensäure, die ich im Kipp sehen Apparate aus Marmor mit reiner Salzsäure hergestellt hatte, nach entsprechender Waschung nicht weniger wirksam. Daß in diesem Falle nicht die letzten Spuren von Salzsäure eine Wirk- samkeit der Kohlensäure vortäuschen, ist aus dem negativen Aus- fall vieler Versuche mit geringen Mengen von Salzsäuredämpfen zu schließen. Daß tatsächlich allein die Kohlensäure der veranlassende Faktor ist, das geht endlich am schlagendsten aus der Wirksamkeit der „physiologisch" hergestellten Kohlensäure in unserer Expirations- luft hervor. Die Expirationsluft wurde unter Wasser durch ein Glasrohr ausgeatmet und in einer Glasglocke von 1 V2 Liter Passungsvermögen gesammelt. Um die CO2 möglichst anzureichern, wurde das zum Versuche verwendete Luftquantum mehrfach hinter- einander aus- und eingeatmet. Versuch 9. Geranium pyrenaicum. VII. 1910. Temp. 20 ". a) 10 Blüten, alle Staubgefäße aufrecht. 4^^ Versuchsbeginn: Entblättert nach 18 Min. 4; 20 Min. -j- 1; 22 Min. + 3; später -1-0. b) 10 Blüten, ebenso: Entblättert nach 15 Min 1; 20 Min. -{-5; später -|- 0 Aber auch die einmal expirierte Atemluft ist wirksam: Versuch 9 a. 10 Blüten, wie in Versuch 9: Entblättert nach 10 Min. 2; 12 Min. -|-3; später -)- 0. 200 Sans Fitting, Ebenso verliefen andere solche Versuche. Ihr wichtigstes Ergebnis ist neben dem Nachweis, daß Kohlen- säure die Blüten vorzeitig entblättert, die Erkenntnis, daß selbst schon geringe Mengen von Kohlensäure, so auch durch „Atmungs- luft" verunreinigte (Laboratoriums-) Luft, in kurzer Zeit große Wirkungen tun können ! Schon in solcher Luft würde man z. B. keine Untersuchungen über die Schlafbewegungen der Oeranium- Blüten machen können, weil diese Blüten hier vorzeitig ihre Fe- talen verlieren. Die Expirationsluft des Menschen enthält nach Hammarsten (Physiol. Chemie, 7. Aufl., 1910, S. 11) im Mittel 4,38 7o Kohlen- säure. Warum in ihr einige Blüten sich nicht vorzeitig entblättern, das werden wir gleich sehen. Wie groß ist nun aber die Empfindlichkeit der Blüten gegen Kohlensäure und bei welchem CO2- Gehalt der Luft ist die Ent- blätterungsgeschwindigkeit am größten? Daß hier eine Abhängig- keit von der Kohlensäuremenge besteht, sieht man schon aus einem Vergleiche der Versuche 8, 9 und 9 a, weiter auch aus folgenden Zahlen. Versuch 10. Geraniwm pyrenaicum. VII. 1910. Temp. 22 ". 12 Blüten, alle Staubgefäße noch gesenkt. a) Ungefähr 7s CO2 "'^'i ^/s ^^^^ gemischt: 25 Min. nach Versuchsheginn 8, 35 Min. -\- 4 entblättert. b) Ungefähr Yj CO2 und ^/g Luft gemischt: Nach 25 Min. 45 Min. später 2 -}- 3 +0 entblättert. Ermittlung der kleinsten, noch wirksamen Kohlensäure- mengen. Es kam mir nur auf eine Orientierung an. Die ziemlich rohe Versuchsmethodik konnte nicht mehr leisten, ließ aber das Wesent- liche klar genug hervortreten. Ich verfuhr so, daß ich die Blüten wieder in die Vi'-> Liter - haltigen Glasglocken unter den Einfluß entsprechender Gasgemische brachte. Die Gasmischung stellte ich so her: Auf die Außenfläche der im Lichten ca. 19 cm hohen und 10 cm weiten zylindrischen Glocken mit ebenen Grundflächen brachte ich mit Ölstift eine Zentimeterskala an. Hierauf wurden unter Wasser die entsprechenden CO2- und Luftmengen eingefüllt und durch Schütteln und mehrfaches Stürzen gemischt. Die Glocken waren nach EinfüUung des Gases natürlich mit Deckeln geschlossen worden. Die Blüten kamen in einem Gläschen in das Gasgemisch. Durch die mit dem Einbringen Untersuchungen über die vorzeitige Entblätterung von Blüten. 201 der Blüten unvermeidlich verbundenen Luftbewegungen mag das Gasgemisch etwas ver- ändert worden sein, doch kommen die kleinen Fehler wohl kaum in Betracht. Ich begnüge mich wieder mit der Mitteilung einiger Protokolle. A. Blüten mit spreizenden Griff ein. Versuch 11. Je 10 Blüten. 20° 5 6 7 9 11 12 14 15 17 2U Min. Sa. 0 cm C0„ 2 + 1 +2 +5 10 5 cm „ 3 +6 + 1 10 2 cm ,, 3 + 2 + 2 + 2 + 1 8 1 cm „ 3 + 1 4 Versuch 12. Je 8 Blüten. 22". 5 6 7 8 9 10 11 U Min. Sa. 10 cm CO.^ 1-1-3+1+1+1+1 8 5cm„ 1-1-1+2+3+1 8 2cm„ 1 +0+1+1+1+1 +1 +1 8 B. Blüten mit aufrechten Staubgefäßen. Versuch 13. Je 10 Blüten. 18°. 5 6 7 8 9 10 11 12 13 14 15 16 17 Min. Sa. COj kouz. 2+3+5 10 15 cm COa 5+2+3 10 10 cm „ 2 +3 +3 -j-2 10 5cm„ 3+2 +3 8 2cm„ 2 +2 +5 9 1 cm „ 0 Versuch 14. Je 10 Blüten. 17°. 5 6 7 8 9 10 11 12 13 14 15 16 17 18 Min. Sa. 10 cm CO2 1 +7 +2 10 7,5 cm „ 6-1-4 10 5cm„ 2 +1+5 8 2cm„ 2 +2-1-2 6 1 cm „ 0 C. Blüten mit 5 aufrechten Staubgefäßen. Versuch 15. Je 10 Blüten. 23". 15 17 19 21 23 35 Min. Sa. + 1 +1 +1 +1 6 + 1 3 0 Versuch 16. Je 10 Blüten. 19". 12 IG 17 18 19 21 23 25 30 Min. Sa. 1 +4 +1+2 +1+1 10 + 1+1+1 +2+1+1+2 10 + 1 +1 +1 4 ö 10 cm CO, 2 5 cm ,, 2 2 cm „ 10 11 7^00,73 Luft 10 cm CO, 1 5 cm ,, 1 2 cm „ 202 Hans Fitting, D. Blüten mit nur gekrümmten Staubgefäßen. Versuch 17. Je 10 Blüten. 22". 27 47 60 Min. Sa. 10 cm CO2 1 -|- 1 + 1 3 2 cm „ 0 2 cm „ 0 Diese Versuche sind wohl ohne genauere Erklärungen verständlich. Die Zeit ist vom Versuchsbeginn an gerechnet. Die unter den Zeitangaben stehenden Zahlen geben die Zahl der entblätterten Blüten an. Die Summazahl soll anzeigen , wie viele Blüten überhaupt, beim Ende der Versuche, wenn dieselben auch noch so lange fort- gesetzt wurden, entblättert waren. Die wichtigsten Ergebnisse dieser Versuche sind folgende : 1. Je jünger die Blüten, um so geringer ist, in der landläufigen Weise ausgedrückt, die „Empfindlichkeit" gegen CO2. Eben auf- gegangene Blüten entblättern sich noch kaum in 10 cm CO«, Blüten mit 5 aufrechten Staubgefäßen durchschnittlich schon in Luft mit 5 — 10 cm CO2, Blüten mit allen aufrechten Staubgefäßen schon in Luft mit 2 cm CO2, solche mit spreizenden Griffeln gar schon teilweise bei nur 1 cm COa-Grehalt^). Bei diesen Versuchen entspricht 1 cm CO2 in Prozenten aus- gedrückt etwa 4—5 %, 2 cm 8—10 7o CO2 usw. 2. Sehr bemerkenswert ist ferner die Tatsache, daß solche Blüten, die nicht kürzere Zeit nach Überführung in die COo-haltige Luft sich entblättern, ihre Fetalen auch dann behalten, wenn sie in dieser Atmosphäre sich weiter entwickeln: Sie bleiben in diesem Falle frisch, um sich schließlich, nachdem die Grififel längere Zeit empfängnisfähig gewesen, in normaler Weise, also nicht vorzeitig, zu entblättern. Es tritt sonach ofi"enbar sehr schnell eine Art Gewöhnung an die Kohlensäure ein, ganz im Gegensatz zum Leuchtgas. Zahlreiche Versuche zeigten mir, daß es dabei ganz gleichgültig ist, ob die Glocken im Dunkeln oder im Lichte stehen. 1) Daß die „Empfindlichkeit" mit dem Alter der Blüten zunimmt, ließ sich viel einfacher und eleganter durch Versuche mit Expirationsluft nachweisen. Dabei verwendete ich jedesmal nach tiefem Atemholen die Luft eines einmaligen Expiriums. Diese enthält etwa (vgl. S. 200) 4,4 7o COj. Das Ergebnis ist folgendes: I. Blüten mit spreiz. Griffeln. Es entblättern sich von 10 : 10, 8:7, 8:7. II. ,, „ aufrecht. Staubgef. „ „ „ „ 10:7, 10:10, 10:5, 10:8. III. „ 7 — 8 „ „ „ „ „ „ 10 : 0, 10 : 3. IV. , 5 „ „ „ „ „ „ 10 : 1, 10 : 0. Untersuchungen über die vorzeitige Entblätterung von Blüten. 203 3. Eine Starre machte sich bei allen diesen Versuchen trotz Verwendung großer C02-Mengen also nicht bemerkbar. Ermittelung der maximalen Fallgeschwindigkeiten. Auch dazu habe ich in ähnlich roher Weise orientierende Versuche gemacht, unter Berücksichtigung der weiteren Frage, bei welchem Kohlensäuregehalte der Luft die maximale Entblätterungs- geschwindigkeit bei den verschiedenen Entwicklungsstadien der Blüten erreicht wird. Da ich keinen Anspruch darauf mache, aus meinen Protokollen irgend welche „Gesetze" abzuleiten, so will ich mich, im Interesse der Kürze der Arbeit, darauf beschränken, die Resultate mitzuteilen. Die maximale Fallgeschwindigkeit beträgt bei Zimmertemperatur etwa: I. bei Blüten mit spreiz. Grififeln II. ,, „ „ aufrecht. Staubgef. i-i^i-' 55 »5 « *^ )5 n IV 5 V. „ „ „ gesenkten „ Die maximale Fallgeschwindigkeit wird erreicht ungefähr: I. bei Blut. m. spreiz. Grififeln in Luft m. 2 cm od. 2 — 5 cm CO2 II. „ „ „ aufrecht. Staubgef. „ „ „ 5 — 10 „ CO2 III. „ „ „ 8 „ „ „ „ „ etw. wen. als 10 cm CO2 IV. „ „ „ 5 „ „ „ „ „ um 10 cm CO2 V. „ „ „ gesenkten „ „ „ „ etw. mehr als 10 cm CO2. Die Zunahme der „Empfindlichkeit" gegen Kohlensäure mit dem Alter der Blüten spricht sich also auch darin aus, daß die maximale Fallgeschwindigkeit bei einem kleineren Kohlensäure- gehalte der Luft erreicht wird. Einfluß von konzentrierter Kohlensäure. Auch zu diesen Versuchen verwendete ich die Bomben- kohlensäure. Freilich ist diese Säure nicht ganz rein. Wie mir Herr Professor Thiele gütigst mitteilte, enthält sie in der Regel nach seinen eigenen Prüfungen gegen 7 % Luft. Eine weitere Reinigung erwies sich für meine Zwecke als unnötig. Als ich Blüten unter Wasser in diese Säure brachte, beobachtete ich nämlich folgendes : Die Hauptmenge fiel bei: 3-12 Min. 5—8 Min. 4—14 » 8-12 „ 9—27 » 12-14 „ 10—40 » 15-17 „ 18—150 n 25—35 „ 204 Hans Fitting, Blüten mit spreiz. Griffeln: alle entblättern sich „ „ aufrecht. Staubgefäßen: nur wenige „ „ nämlich von 10:2, von 10:2, von 10:5; Blüten mit 5 aufrecht. Staubgefäßen : noch weniger entblättern sich nämlich von 10 : 2, von 10:0, von 10 : 0, von 10 : 1, selbst bei langer Versuchsdauer. Bei so hohen Kohlensäurekonzentrationen tritt also offenbar schnell Starre ein; ob unter dem Einflüsse der Säure oder des Sauerstoffmangels, das ist durch meine Versuche noch nicht ent- schieden. Doch spricht der gleiche Ausfall von weiteren Versuchen, bei denen ich Blüten mit 5 aufrechten Staubgefäßen in ein Gas- gemisch aus halb Wasserstoff, halb Bombenkohlensäure brachte, durchaus zugunsten der letzteren Annahme. Daß es eine Starre bei Sauerstoffmangel gibt, werde ich später durch andere Versuche zeigen. b) Versuche mit anderen Formen. Von großem Interesse schien die Frage, ob eine so merkwürdige Empfindlichkeit der Blüten gegen Kohlensäure weiter verbreitet ist. Ich beschränkte mich dabei auf ganz rohe Versuche, indem ich die Blüten in ein Gemisch von Vi Luft, V2 CO:., oder V3 Luft, % COo brachte. Dabei fanden sich ohne langes Suchen viele Pflanzen mit solcher Empfindlichkeit und darunter eine Anzahl, welche Oeranium pyrenaicum ganz ungeheuer an Entblätterungs- schnelligkeit übertrifft! Alle Blüten wurden für die Versuche in ähnlicher Weise zugerichtet wie bei G. pyrenaicum (vgl. S. 192). Zunächst seien die Versuche mit anderen Geraniaceen angeführt. Von solchen habe ich nur verhältnismäßig wenige geprüft. Wie G. pyrenaicum verhält sich G. dissedum, auch bezüglich Entblätterungs- geschwindigkeit. Nur die Blüten im letzten Stadium mit spreizenden Griffeln reagierten bei: G. pratense. Beispiel: 8 Blüten 20 ". V2 CO, V2 1^^^* = 30 Min. 2, 34 Min. + 2, 37 Min. -f 4; G. Rodertianum : Reaktionszeit 10 — 25 Min.; G. sanytdneum ähnlich wie G. pratense, doch reagierten auch noch ältere Blüten mit nicht spreizenden Griffeln. Gar nicht reagierten G. motte und G. pusiUuni oder selbst von den ältesten Blüten nur ganz vereinzelte. Glänzende Objekte, wenigstens an trüben Tagen, sind dagegen viele Erodien. 1. Erodium Manescavi. Reagiert im ersten Blühstadiuni (Staubgef. stäuben) wie im zweiten (Griffel empfängnisfähig); z. B.: 15 Blüten mit spreiz. Griffeln ^s COg Va Luft = 2 2 14 Blüten mit stäub. Staubgef. V2 CO^ V2 I^"** = ^ 3 3 3V2 4 5 Min. + 4 + 5 -f 1 4-3 8 9 10 11 Min. + 5 + 3 + 2 + 1 Untersuchungen über die vorzeitige Entblätterung von Blüten. 205 2. E. moschatum ähnlich wie vorige Art. Jüngere Blüten brauchen etwas längere Zeit. 3. E. gruinum ältere Blüten mit empfängnisfähigen Griffeln wie E. Manescavi. 4. E. Ciconium entblättert sich noch geschwinder als die vorigen. An älteren Blüten beginnt die Reaktion schon nach ^/^ — 1 Min.! 5. Pelargonluiii vei'schiedene rot- und violettblühende Rassen. Blüten mit sprei- zenden Griffeln beginnen nach '25 Min. sich zu entblättern. Nach 1 Stunde ist schon die große Mehrzahl von ihnen entblättert. Bei einigen Rassen fallen auch die Fetalen bei Blüten, deren Griffel noch nicht spreizen. Hervorragende Resultate erzielte ich nun aber weiter bei Linum, Helianthcmum, Borago, Verbascufn. 6. Linum perenne. Beispiel: 20 Blüten ^^ ^^2 V2 ^'i^ 1 1'^ 1^» 2 23" 8 9 13 Min. 4 -f2 -j-.'j +2 -f3 +2 -1-1 +1 7. Linum usitatissimum. Beispiel: 21 Blüten Vs COo V3 I^"ft j30 2«" 230 330 _r,SO jji„_ 2 -f9 +5 -fl -1-4 12 Blüten, davon 9 junge, kurz zuvor erblühte. 1»° 2 7 10 Min. 1 -1-5 +5 -1-1 8. Linum alinnum. Reagiert langsamer als die beiden vorigen Arten. Beispiel: 14 Bltn. Vg COj V2 ^^uft 3 5 7 9 13 Min. 1 +7 +3 +1 +1 9. Linum mariümum und L. flavum reagieren nicht, oder doch nur deren älteste Blüten undeutlich. 10. Helianthemum vulgare. Selbst ganz junge Blüten reagieren prompt. Beispiel: 13 Blüten % COg, V3 Luft 4 5 6»" 73» 8 9 Min. 1 +6 -fl -1-2 4-2 -fl 11. Borago officinalis. Ältere Blüten werfen die Kronen schon ab nach 1 — 2 Minuten. Bei jungen dauert es bis zu 30 oder 40 Minuten, ehe die letzten gefallen sind. Es ist nicht ganz leicht, die Blüten nach dem Alter zu sortieren. Nimmt man eine größere Zahl, so beginnt das Abfallen der Kronen ungefähr nach 1 — ly, Minuten und verteilt sich auf eine verschieden lange Zeit. Beispiel: 10 Blüten ^^ COg '/* Luft l^'' 2^^ 2*^ 4^^ 8 10 13 18 Min. 1 -Hl +1+1 +1+2 +2+1 12. Verbascum thapsiforme. Bei den Fer&ascMm-Blüten muß man die Vorsichts- maßregeln ergreifen, die sich aus dem Abschnitte IV ergeben. Diese Pflanze übertrifft alle die übrigen an Reaktionsgeschwindigkeit. Die ersten Blüten fallen schon nach 30 Sekunden, die Mehrzahl in 1 — 3 Minuten. Wiederum fallen zuerst die Kronen der 206 Hans Fitting, älteren Blüten'). Doch auch bei jungen^) beginnt die Keaktion manchmal schon nach 1 Minute, bei der Mehrzahl von ihnen meist erst nach 4 — 7 Minuten. Eben erst erblühte entblättern sich entweder gar nicht oder erst nach längerer Zeit. 13. V. Lychnitis ähnlich wie vorige Art. Reaktionszeit bei Blüten im I.-) wie 11.^) Blühstadiura im Mittel 1 — 5 Minuten. 14. V. nigrum ergab keine positiven Resultate. Keinen Einfluß der Kohlensäure nahm ich wahr bei Papaver Rhoeas, P. somni- fen-tm, Eschholtzia californica, Chelidoniiim, Gerinthe major, Veronica spicata, V. longi- folia; ein ganz geringer macht sich vielleicht geltend bei Phlladelphus coronarius, Lysimachia vulgaris, wahrscheinlich bei Anagallis arvensis. Doch bedürfen diese Arten weiterer Untersuchung. Das Reaktionsvermögen gegen Kohlensäure ist also augen- scheinlich bei den Blütenpflanzen sehr weit verbreitet und zwar nicht nur bei Chori-, sondern auch bei Sympetalen. Am inter- essantesten scheinen mir dabei die fabelhaft kleinen Reaktionszeiten, die sich bei Pflanzen aus ganz verschiedenen Familien fanden: wie 30 Sekunden bei 1 erbascum thapsiforme, 1 — 2 Minuten bei Linwtn perenne und usitatissimum, Erodium ciconium, Borago officinalis und Verhascum Lychnitis, und zwar bei Blüten, die ohne CO2 - Einwirkung noch stundenlang oder tagelang sich erhalten hätten! Aber auch die „Empfindlichkeit" gegen CO2 scheint bei diesen Formen nicht geringer zu sein als bei G. pyrenaicum. Wenigstens habe ich bei Linum perenne und bei Erodium Manescavi, den einzigen daraufhin untersuchten Formen, auch so kleine COä- Mengen wirksam gefunden, wie sie in unserer Atmungsluft enthalten sind (4-5 %). D. Vorzeitige Entblätterung durch andere Chemikalien. Bei Geranium pyrenaicum habe ich noch einige andere Chemi- kalien geprüft. Sehr wirksam war zunächst Tabaksrauch, auch schon in ganz kleinen Quantitäten. Schon daraus ist ersichtlich, daß dieser Rauch nicht wegen seines Gehaltes an COä wirkt. Noch deutlicher tritt dies hervor durch die Wirkungsart des Rauches. Selbst bei Anwesenheit sehr kleiner Quantitäten tritt im Gegensatze zu COä keine Gewöhnung der Blüten ein. Wie bei Gegenwart ganz geringer Leuchtgasmengen entblättern sich nämlich alle Blüten, selbst ganz junge, wenn auch erst nach 4 — 6 Stunden. Auch die Reaktionszeiten im Tabaksrauch gleichen denen im Leuchtgas, 1) mit aufwärts gekrümmten unteren Staubgef. ( vergl. dazu 2) mit noch geraden unteren Staubgef. ^ Abschnitt IV Untersuchungen über die vorzeitige Entblätterung von Blüten. 207 Ferner entblättern sich die Blüten vorzeitig in Chloroform- und Äth erdämpfen. Doch müssen die Partiärpressungen der Dämpfe ziemlich hoch sein. Wiederum fallen die Fetalen je nach dem Alter der Blüten verschieden schnell. Die Reaktionszeiten sind im ganzen etwa so lang wie in Leuchtgas. Ob bei Verwendung von wenig Dämpfen die Reaktion wie in CO2 infolge von Gewöhnung oder von Anästhesie ausbleibt, läßt sich natürlich nicht leicht entscheiden. Eine geringe Wirksamkeit kommt auch Salzsäuredämpfen zu, aber nur, wenn sie in sehr großer Menge verwendet werden. Ich habe die Reaktion hier nur bei folgender Versuchsanordnung beobachtet: Die Blüten blieben den Dämpfen ausgesetzt, bis die Stiele anfingen zu welken; nach Übertragung in Luft erfolgte trüber oder später die Entblätterung. Ich gebe von meinen zahlreichen, gleich abgelaufenen Versuchen ein Beispiel. Versuch 18. Geranium pyrenaicum. 10 Blüten mit aufrecht. Staubgef. HCl -Dämpfen 23 Min. laug ausgesetzt, dann in Luft. Entblätterung erfolgte: 27 40 42 43 75 76 95 Min. nach Versuchsbeginn bei 1 1 1 2 1 2 2 Blüten. Auch bei einigen Blüten von Borago scheint HCl wirksam. Keinen Einfluß auf die Geranium''B\vLten beobachtete ich bei Verwendung von Ammoniak dämpfen, selbst bis zur und über die Schädlichkeitsgrenze angewendet, ebensowenig in Terpentin- dämpfen. Man sieht also : Durch sehr verschiedenartige Chemikalien, wie Leuchtgas, Äther, Chloroform, Tabaksrauch, Salzsäuredampf, besonders aber durch Kohlensäure kann man Blüten (der verschie- densten Pflanzen) schnell zur vorzeitigen Entblätterung bringen. Abschnitt III. Vorzeitige Entblätterung durch thermische Einflüsse. Gewiß könnte man sich vorstellen, daß die Blüten der Geranien an heißen Sommertagen deshalb manchmal vorzeitig sich entblättern, weil die COa-Produktion in den Blütenteilen vorübergehend abnorm gesteigert wird. Doch hat es vorläufig keinen Zweck, solchen Über- legungen nachzugehen. Denn schon vor meinen Kohlensäure- versuchen habe ich die Entdeckung gemacht, daß die Petalen auch durch thermische Einflüsse zu vorzeitigem Falle gebracht werden 208 Hans Fitting, können. An solche war ja neben photischen vor allem zu denken. Von beiden Faktoren habe ich zunächst noch einmal den Einfluß des Lichtes, und zwar gleich bei der ersten Analyse derEntblätterungs- bedingungen, genauer untersucht. Weder plötzliche Verdunkelung, noch plötzliche Besonnung zuvor verdunkelter oder beschatteter Blüten hatte eine Wirkung. Dagegen trat Fall der Fetalen schon nach kurzer Zeit, nach 10—20 Min., ein, wenn mit der Besonnung eine Erwärmung, auf etwas über 40 ", verbunden wurde oder wenn ich die Blüten im Dunkeln oder im diffusen Lichte entsprechend hoch erwärmte. Schon diese Versuche bewiesen, daß allein von beiden Faktoren die Erwärmung wirksam ist, vorausgesetzt daß nicht bei diesen ersten Versuchen (im Gewächshäuschen des In- stituts) noch Spuren von Leuchtgas als störend in Betracht zu ziehen waren. Die weitere Untersuchung hat diese letztere Annahme völlig entkräftet. Daß aber bei dem Einflüsse der Erwärmung auf die Blüten Besonderheiten vorliegen müßten, zeigtefolgende weitere Beobachtung: Bringt man Blüten aus 23 — 24 ° in das Gartenwarmhaus (32 — 33 *'), so fallen sie nicht vorzeitig; vorzeitige Entblätterung tritt dagegen bei Temperaturen von 39 —42 " ein. Offenbar also ist nicht schlechthin eine Erwärmung, sondern eine Erwärmung um oder auf eine be- stimmte Gradzahl oder eine plötzliche Erwärmung erst wirksam. Zugleich zeigt dieser Versuch ganz schlagend, daß im Laboratoriums- wärmeschrank mit 31 — 33 ^ nicht die Wärme, sondern die Labo- ratoriumsluft die Fetalen zu Falle bringt. Um den Einfluß der Wärme auf die Blüten genauer zu studieren, hatte ich natürlich wieder die Laboratoriumsluft auszuschalten. Leider standen mir elektrische Thermostaten nicht zur Verfügung. Jedoch gelang es in meinem „Freiluft" laboratorium, dem Institutshof, trotz Gasheizung der Wärmekästen die Leuchtgasverunreinigungen auszuschließen : Die Thermostatenkästen oder Eimer wurden nicht auf Fußgestelle oder Dreifüße gestellt, sondern auf rings geschlossene, an sie luftdicht angelötete Blechniäntel, Der Brenner kam durch einen Schieber in den vom Mantel umgrenzten Raum unter die Thermostaten. Die Verbrennungsprodukte des Gases und etwaige unverbrannte Leuchtgas- spuren fanden einen Ausweg durch einen senkrecht aufsteigenden, 1,60 — 2 m hohen Schornstein, der im oberen Teile des Blechmantels angelötet war. Brennt das Gas, so ist der Luftstrom durch den Schornstein groß genug, um alle schlechte Luft so weit aus dem Bereiche des Thermostaten zu entführen, daß „Schädigungen" der Blüten höchst selten vorkamen. Als Thermostaten benutzte ich teils einen doppelwandigen Blecheimer (vergl. Pfeffer, Pflanzenphysiologie Bd. 2, 1904, S. 9.5, IL Auflj, in den ich auf eine UntersuchuDgeii über die vorzeitige Entblätterung von Blüten. 209 Kristallisierschale eine tubulierte Glasglocke von ca. 2 Liter Fassungsvermögen stellen konnte, teils einen größeren doppelwandigen Zinkkasten mit rechteckigen Wänden, natürlich nach zuvoriger gründlicher Lüftung. Als eigentliche Versuchsräume dienten meist Glas- glocken, nach außen durch Wasser völlig abgeschlossen. Um auch die letzten Spuren schlechter Luft auszuschließen, verfuhr ich nun so: Die entfernt vom Thermostaten mit ganz reiner Luft gefüllten und in die wasserhaltigen Kristallisierschalen gestellten Glocken wurden zunächst in der Erwärmungsvorrichtung bis auf die gewünschte Höhe erwärmt, die Temperaturen im Innern der Glocken dabei durch ein Thermometer kontrolliert, das mit einem mehrfach ausgekochten Korke luftdicht in dem Tubulus befestigt war. Hierauf wurden die Blüten unter die Glocken gebracht und zwar entweder durch Öffnung des Versuchsraumes im Thermostaten oder, wie in den ersten Versuchen stets, in einiger Entfernung vom Wärmekasten, oder nach Abstellung des Gases. Ich komme nun zu den Versuchen. Zunächst war es offenbar nötig, einen Einblick in die Abhängigkeit des ganzen Blühvorganges von verschiedenen Temperaturen zu gewinnen. Zu dem Zwecke habe ich verschieden alte Blüten und zwar fünf Gruppen zu je 12 gleichaltrigen Blüten gleichzeitig in den Thermostaten, bei den ersten Versuchen in etwa 30 **, dann in immer höhere Temperaturen gebracht. Damit verglichen wurden entsprechend alte Blüten, die ins Laboratorium oder in den Laboratoriumswärmeschraiik gestellt worden waren. Die folgende Tabelle gibt einen kurzen Überblick über diese Versuchsreihen. Es ist, in Stunden, angegeben, wann jedesmal die ersten, die Hälfte (fett gedruckt) und die letzten Blüten sich ent- blätterten. I. Versuche in reiner Luft im Institutshofe. Vers. 19. 31.Vn. 09 Vers. 20. 29.Vn. 09 Vers. 21. 28 VIL 09 30,8—31,5" 33,8 — 34,5" 36,5—37" Knospen .... gOO ? ? 915 9 ^ 9IB _ — alle Staubgef. gekr. 540 626 ? ßso 915 ? 540 916 — 5 ,, aufrecht 240 540 625 330 ßOO 8^^ 432 520 gSS alle „ lio 210 540 0« 140 8*5 0*5 105 ? Griffel spreiz. . . (,50 125 4*0 fläo o^S loo 0" 036 jOO Vers. 22. 2.Vm.09 Vers. 23. S.VIII. 09 Vers. 24. 4. VIII. 09 39,5" 39,5" 40" Knospen .... — — — _ _ _ — — — alle Staubgef. gekr. 4^0 — — 808 _ _ — — — 5 „ aufrecht j^OO — — 6" _ _ 031 lU — alle ,, „ Ql5 028 110 Qio 037 _ OO8 031 0" Griffel spreiz. . (,08 024 0^8 nicht geprüft OO8 013 Q*0 Ein wagerechter Strich bedeutet, daß Entblätterung für die betr. Anzahl überhaupt ausblieb. Jahrb. f. wiss. Botanik. XLIX. 14 210 Hans Fitting, IL Versuche in Laboratoriumsluft bei höherer Temperatur als 30 ". Vers. 25. 31.VIL 09 Vers. 26. 28. VII. 09 Vers. 27. 29. VII. 09 30,8—31,5° 32° 33,8 — 34,5» Knospen .... 3 05 420 505 320 410 7 16 330 410 580 alle Staubgef. gekr. 2*0 250 335 ? ca. 3 4" 300 330 400 5 „ aufrecht 150 206 2*0 1*0 9 320 1*5 215 300 alle 035 110 l50 035 100 320 0*5 115 ]15 Griffel spreiz. . . ? 035 120 „35 9 0*5 020 030 0*^ Vers. 28. 2.VIIT. 09 Vers. 29. 3. VIII. 09 Vers. 30. 4. VIII. 09 39,3° 39,3° 40,5—41 ° Knospen .... 288 428 _ nicht geprüft 212 313 ? alle Staubgef. gekr. 2 03 218 428 3 03 403 qOS l2i 133 2°5 5 ,, aufrecht •? 100 ? jss 208 2*8 IO8 113 i38 alle „ 0" 029 i20 082 037 i58 qSO 028 1«8 Griffel spreiz. . . 008 019 083 nicht geprüft 007 021 0*" III. Versuche in Laboratoriumsluft unter 30°. Vers. 31. 28. VII. 09 Vers. 32 . 29. VII. 09 Vers. 33. 2. VIII. 09 22° 22° 23° Knospen .... nicht geprüft glO 805 gSO 4*0 525 ? alle Staubgef. gekr. 405 445 520 51» 620 gOO 34s 433 qOS 5 „ aufrecht 320 400 520 245 415 C15 238 300 3=" alle ,, ,, nicht geprüft ■^00 250 315 052 117 288 Griffel spreiz. . . n n ? 100 1*5 039 102 i2l Was zunächst den Einfluß der Erwärmung auf die Blüten in Laboratoriumsluft betrifft, so sieht man, daß die Blüten jeden Alters sich um so schneller entblättern, je höher (innerhalb der gezogenen Grenzen) die Temperatur ist. Die Zunahme der Entblätterungs- Geschwindigkeit scheint ungefähr van't Hoffs bekannter Regel zu entsprechen. Auch in reiner Luft beeinflußt Zunahme der Temperatur die Blütendauer. Untersucht man die Blüten gleich nach der Ent- blätterung, so zeigt sich, daß dieser Vorgang im Gegensatz zur Laboratoriumsluft erst dann einzutreten pflegt, wenn die Staubgefäße sich sämtlich aufgerichtet und die Griffel begonnen haben, ein wenig zu spreizen. Die Fetalen fallen bei allen diesen Versuchen, vielleicht abgesehen von den ältesten Blüten bei den höchsten Temperaturen, überhaupt nicht oder kaum vorzeitig. Nachdem ich gefunden, daß Untersuclmngen über die vorzeitige Entblätterung von Blüten. 211 auch höherer Kohlensäuregehalt der Luft die Fetalen vorzeitig zu Falle bringen kann, habe ich die Versuche oftmals noch so wieder- holt, daß ich nur eine Gruppe von 10 bis 12 Blüten in den Wärmekasten brachte und daß ich damit eine zweite gleich alter Blüten verglich, die sich bei gleich hoher Temperatur im Viktoria- haus des Gartens befanden'). Alle Gruppen jüngerer Blüten bis zu solchen mit 6—7 aufrechten Staubgefäßen entblätterten sich nun freilich in beiden Versuchsräumen meist mehrere Stunden später als in obigen Versuchen, aber ebenfalls ehe die Griffel völhg spreiz- ten. Die Beschaffenheit der Griffel berechtigt aber nicht zur An- nahme, daß die Fetalen immer noch ein wenig vorzeitig fallen: In so hohen Temperaturen nämlich bewegen sich die Griffel, auch bei kastrierten Blüten, überhaupt nicht mehr völlig auseinander. So läßt sich also aus den mitgeteilten Frotokollen sagen: 1. Erwärmung der Blüten in reiner Luft verkürzt den ganzen Blühvorgang und zwar bei älteren Blüten (mit spreiz. Griffeln oder allen Staubgefäßen aufrecht) bis zu 40 ^, bei jüngeren bis zu etwa 30 — 32" (vielleicht noch wenig bis 34'^). 2. Erwärmung jüngerer Blüten aber auf 37 ^ oder auf 39 — 40 " verspätet oder verhindert bei der Mehrzahl oder bei allen die Entblätterung, offenbar weil schließlich Wärmestarre eintritt. 3. Die Starre dürfte bei solchen Temperaturen aber erst sehr spät, nach mehr als 4 — 5 Stunden sich geltend machen, da Blüten gleichen Alters in gleich hoch erwärmter Laboratoriumsluft noch sämtlich sich in dieser Zeit entblättern. 4. Vergleicht man die Entblätterungszeiten für 39—40 ° in reiner und Laboratoriumsluft bei den Blütengnippen, deren Fetalen überhaupt noch fallen, so ergibt sich, daß hier die Temperatur und nicht mehr die Laboratoriumsluft die Fallgeschwindigkeit beherrscht. 5. Alle mitgeteilten Versuche fanden nicht in dampfgesättigtem Räume statt. Mit Rücksicht auf das Weitere ist es aber wichtig, ausdrücklich hervorzuheben, daß nach sehr zahlreichen (30) Farallel- versuchen in nicht dampfgesättigten und in dampfgesättigten Räumen bei verschiedenen Temperaturen der Wassergehalt der Luft die Ergebnisse unbeeinflußt läßt. Im Gegensatze zu diesen Beobachtungen ist es nun höchst auffallend, wie rapid, und zwar vorzeitig, die Fetalen der Blüten bei Erwärmung auf über 40 " fallen. Solche Versuche im dampf- 1) Diese.s Haus erwärmt sich bei sonnigem Sommerwetter auf über 40 "! 14* 212 Hans Fitting, gesättigten Glockenraum des Eimerthermostaten habe ich etwa 225 mit gegen 2700 Blüten jeden Alters gemacht. Zu jedem Versuche dienten 12 Blüten. Es scheint mir ausreichend, nach den Protokollen die erhaltenen Mittelwerte mitzuteilen, zusammen mit den entsprechenden Zahlen für 35 — 40 ", ebenfalls nach zahlreichen Versuchen. 35—360 37—38» 39—40" 41—43" 44—46" 47—49" 49—51" I. Blüten m. spreiz. Griffel 11—60 8—30 4 — 6 L 3 ^27, ? 0? II. „ alU Stbgef. aufr. 30 — 85 30 — 60 5 — 30 3—4 3 45—46" 3 4-5 IIL „ 8 38—39" 38—39" 5 4 — — ^^ • >i 5 ,, ,, l'/a— 8 st. — — 5 — 6 7 — 10 4 6 — 10 — V. „ alle „ gesenkt 6 — mehr als 9 St. — VI. halb geöffnete Knospen (vereinz.) nur vereinzelte 10 — 20 vereinz. Zum Verständnis der Tabelle diene Folgendes : In jedem Versuche wurde bestimmt, wann die ersten, wann mehr als die Hälfte und wann die letzten Blüten sich entblätterten. Die Zeiten für mehr als die Hälfte wurden zur Berechnung der mitgeteilten Mittel- werte verwendet^). Diese Werte sind, wo nichts anderes vermerkt, in Minuten angegeben. Die Außentemperaturen betrugen bei allen Versuchen zwischen 18 und 24 °. Aus dieser Tabelle geht hervor: 1. Die Blüten entblättern sich erst dann vorzeitig, wenn man sie in eine Temperatur über 40 " bringt. Von dieser Regel machen nur, scheint's, eine Ausnahme die ältesten Blüten: So entblättern sich von denen mit aufrechten Staubgefäßen manche, wohl die 1) Ich hätte die Berechnung natürlich auch anders vornehmen können, vielleicht mehr zur Befriedigung mathematisch denkender Köpfe. Bei einigem Nachsinnen sieht man aber leicht ein, daß bei den mancherlei Fehlerquellen (Inkonstanz der Außentempe- raturen, der Belichtung, des Vorlebens der Blüten, der Lebensdauer selbst der in einer Gruppe vereinigten Blüten) und der hierdurch sowie durch Verschiedenheiten im Ke- aktionsvermögen bedingten Variationen der Reaktionszeiten und ihrer Mittelwerte ,.schönere" Zahlen nicht erzielt worden wären. Man fängt, scheint mir, an, gelegentlich außer acht zu lassen, daß die Genauigkeit der Berechnungsmethoden doch immer in richtigem Ver- hältnis zur Feinheit der Versuchs- und Meßraethodik stehen muß. Was würde man dazu sagen, wenn die Hausfrau auf dem Wochenmarkte beim Überschlag des mittleren Preises einer Ware die feinsten Berechnungsmethoden der Statistik anwenden würde! Auch ist ein Hinweis darauf heute wohl kaum unnötig, daß die Zahlen meiner Tabelle zu künftigen Berechnungen von physiologischen Gesetzmäßigkeiten noch ganz ungeeignet sind. Untersuchungen über die vorzeitige Entblätterung von Blüten. 213 ältesten, schon in 38 — 40 ^ vorzeitig; von denen mit spreizenden Griffeln, wie man nach der Reaktionsgeschwindigkeit wohl wird annehmen dürfen, alle vorzeitig bei 39 — 40 ^, einige auch schon bei 37—38 0. 2. Besonderes Interesse bieten die Blüten mittleren Alters, z. B. mit 5 aufrechten Staubgefäßen: bei 35 — 36° Beschleunigung des ganzen Blühvorganges, bei 38—39" Starre, bei 41—43'* aber vorzeitige Entblätterung bereits nach 5 — 6 , bei 44 — 46 ^ nach 4 Minuten, bei 47—49 ^ wieder Starre. Man sieht hier deutUch: nur in einer Temperatur von 41 — 47 ^, bei älteren Blüten mit aufrechten Staubgefäßen von 40 — 50 °, fallen die Fetalen vorzeitig. 3. Die Blüten jeden Lebensalters entblättern sich am schnellsten bei 44 — 46 "; die Reaktionszeit kann hier bis unter 2V2 Minuten herabgedrückt werden. Das sind aber Temperaturen, die bei längerer Dauer, wie ich früher zeigte (S. 211), Starre, und wie wir nach sonstigen Erfahrungen annehmen dürfen, eine Schädigung der Versuchsobjekte zur Folge haben würden. 4. Wie bei der Einwirkung der CO^ oder des Leuchtgases sind die Reaktionszeiten bei verschieden alten Blüten verschieden: je jünger die Blüten, um so länger sind diese Zeiten. Halb offene Knospen entblättern sich bei keiner Temperatur vorzeitig, von verhältnismäßig wenigen Exemplaren abgesehen. Auch bei den Blüten mit gesenkten Staubgefäßen gibt es solche, die nicht reagieren. 5. Beachtenswert sind auch die Ergebnisse bei Temperaturen über 47 ^•. Jüngere Blüten fallen bei solchen Temperaturen in der Regel nicht mehr, wohl aber noch die älteren mit aufrechten Staubgefäßen. Es tritt also offenbar in solcher Wärme sehr schnell Starre ein, die nur noch den schneller reagierenden älteren Blüten die Entblätterung erlaubt. In 49 — 61 ** scheinen aber selbst bei diesen Blüten die die Starre bewirkenden Veränderungen vielleicht schon den Ablauf der Entblätterungsreaktion störend zu beeinflussen. In der Regel war nämlich alsdann die Reaktionszeit etwas größer (4 — 5 Min.) als in 44 — 47 **. Häufig blieb auch jede Reaktion aus. Daß es tatsächlich die Wärmestarre ist, welche die Reaktion jüngerer Blüten bei ca. 47 ** hindert, werde ich in einem späteren Abschnitte zeigen. — Auf die Reaktionsgeschwindigkeit hat nun aber der Feuchtig- keitsgehalt des Versuchsraumes großen Einfluß. Bisher wurde bei Dampf Sättigung gearbeitet. In trockener Wärme macht sich eine 214 Hans Fitting, auffallende Verspätung der Reaktion geltend. Dafür nur einige Beispiele. Versuch 34. Geranüim pyrenaicum. 4. VIII. 1909. Lufttenip. 17°. Blüten mit aufrechten Staubgefäßen. a) 10 Blüten in feuchter Luft, 41—42°: 3 Min. 4 Min. 5 Min. 2 -f 6 +2 b) 12 Blüten im Wärmezinkkasten, Luft trocken, 41 — 42": 8 Min. 11 Min. 21 Min. 31 Min. 41 Min, 1 +2 -|-5 -\-2 +2 c) 8 Blüten ebenso wie b, 40,5—42 ": 4 Min. 8 Min. 1 +4 Versuch 35. 4. VIIL 1909. Lufttemp. 17°. Blüten mit 5 aufrechten Staubgefäßen. a) 10 Blüten in feuchtem Eaum, 45 ": 4 Min. 5 Min. 6 +4 b) 10 Blüten in trocknem Raum, 45°: 5 Min. 10 Min. 15 Min. 22 Min. 0 +1 +0 +0 c) 10 Blüten in etwas weniger trockner Luft, 45°: 3 Min. 1 Min. 6 Min. 9 Min. 0 "1-0 +5 +4 d) 10 Blüten in dampfgesättigtem Raum wie bei a, 46°: 4 Min. 10 Versuch 36. 5. YIII. 1909. Lufttemp. 17°. 10 Blüten, Griffel nicht spreizend, alle Staubgefäße aufrecht. a) 10 Blüten in verhältnismäßig trockner Luft, 45°: 4 Min. 6 Min. 9 Min. 0 +0 +7 b) 10 Blüten in sehr feuchtem Raum, 45 ": 3 Min. 4 Min. 8 +2 c) 10 Blüten wie a, 45°: 3 Min. 4 Min. 10 Min. 20 Min. 30 Min. 0 +3 +2 +0 4-2 d) 10 Blüten wie b, 45°: 3 Min. 4 Min. 9 +1 Untersuchungen über die vorzeitige Entblätterung yon Blüten. 215 e) 10 Blüten im Laboratoriums -Wärmeschrank in zieml. trockner Luft, 45": 3 Min. 4 Min. 7 Min. 0 +0 + 7 f) 10 Blüten im Laboratoriums-Wärmeschrank, aber in feuchtem Raum: 4 Min. 10 Versuch 37. , 5. VIII. 1909. Lufttemp. 17". 5 aufrechte Staubgefäße. a) 6 Blüten in dem Laboratoriums-Wärmeschrank, aber in feuchtem Raum, 45": 5 Min. 6 b) 6 Blüten in feuchtem Raum ohne Laboratoriumsluft, 45 °: 5 Min. 6 c) 6 Blüten in ziemlich trockner Luft, 44 — 45°: 5 Min. 8 Min. 10 Min. 15 Min. 0 +2 +2 -|-0 Dampfgesättigte Luft beschleunigt also die vorzeitige Entblät- terung bedeutend. Ja in verhältnismäßig trockener Luft fallen nicht immer die Fetalen aller Blüten, namentlich bei 44 — 46". Ich vermute, daß dieses Ausbleiben der Reaktion Folge der längeren Reaktionszeit in trockener Luft ist in Verbindung mit der zunehmen- den Starre. Wodurch es bedingt wird, daß die Reaktionszeit so auffällig von dem Wassergehalt der Luft abhängt, kann ich nicht sicher sagen. Soviel scheint mir jedenfalls aus den eben mitgeteilten Versuchen hervorzugehen, daß die Luftfeuchtigkeit nur ein die Ent- blätterung begünstigender, aber nicht der veranlassende Faktor ist: auch in der trockenen Luft besteht ja die Tendenz zum Fall der Fetalen, wenn die Wärme genügend groß ist. Freilich habe ich die Frage noch nicht klargelegt, ob nicht trotz aller Vorsichtsmaßregeln doch Spuren von Laboratoriumsluft in den Wärmeversuchen der eigentlich wirksame Faktor sind. Gegen diese Annahme sprechen aber schon die letzten Versuche. Bei ihnen entblätterten sich die Blüten ceteris paribus in Laboratoiiumsluft ebenso schnell wie in reiner Luft. Am schlagendsten beweisen aber den ausschließlichen Einfluß der Wärme Entblätterungsversuche in angewärmtem Wasser, die ich weit entfernt von allen Gasleitungen anstellen konnte. Diese Methode hat zudem den Vorteil, daß die Temperatur viel konstanter gehalten werden kann als in Luft. 30 60 5 7 II 75 90 105 1 10 6 216 Hans Fitting, Denn bei jeder Oflfnung des Luftraums ist ein kleiner Temperatur- fall unausbleiblich. Die Ergebnisse der Versuche lassen sich in eine Tabelle zu- sammenfassen. Die Temperatur betrug in allen 44 — 45 ^. Die erste Zahlenreihe gibt immer die Zeit in Sekunden vom Versuchs- beginn, die zweite die Zahl der entblätterten Blüten. Die Gesamt- zahl der letzteren beträgt 629. Alle Versuche fanden im Mai und Juni 1910 statt. I. Blüten mit spreiz. Griffeln. 58 Blüten. 75 90 105 120 135 150 165 Sek. 5 8 11 13 6 2 1 Alle Staubgefäße aufrecht. 129 Blüten. 120 135 150 165 180 195 210 225 240 Sek. 31 19 22 15 14 6 2 1 2 III. 8 Staubgefäße aufrecht. 55 Blüten. 120 135 150 165 180 195 210 265 SOO Sek. 8 16 15 6 3 3 2 1 1 IV. 5 Staubgefäße aufrecht. 322 Blüten. rg , 60 90 120 135 150 165 180 195 210 225 240 255 270 285 300 315 330 360 390 1 1 10 9 41 44 59 46 38 17 15 16 6 5 5 2 2 11 3 nicht entblättert. V. 2—3 Staubgefäße aufrecht. 20 Blüten. 180 195 210 240 255 270 300 330 Sek. 2 15 4 113 2 1 nicht entblättert. VI. Alle Staubgefäße gesenkt. 45 Blüten. 150 180 210 240 270 285 300 315 330 345 360 375 390 405 450 Sek. 244 37 16 13331111 4 nicht entblättert. Die Hauptmengen der Blüten entblätterten sich in Gruppe I zwischen 75 und 135 Sek. „ n » 105 ,5 180 „ m » 120 „ 150 „ IV » 135 55 255 „ V 55 195 ,5 240 „ IV 55 210 55 315 Im Wasser entblättern sich die Blüten also noch ein wenig schneller als in gleich warmer, dampfgesättigter Luft. Auch die Temperaturen zwischen 47 und 50 " habe ich noch geprüft: Untersuchungen über die vorzeitige Entblätterung von Blüten. 217 A. Alle Staubgefäße aiifrecht. 1. 47,5—48". 24 Blüten: 90 105 120 135 150 165 180 195 220 240 Sek. 1 1 1 3 5 4 2 3 1 1 Sa. 22, nicht 2. 2. 48 — 48,5". 33 Blüten: 90 105 120 135 150 165 180 195 210 225 245 270 315 360 Sek. 4 3 2 2 1111 3. 48,6 — 49". 25 Blüten: 1 111 Sa. 21, nicht 12. 120 150 160 170 180 195 210 240 Sek. 1 112 11 4. 49,1—49,5". 15 Blüten: 1 2 Sa, 10, nicht 15. 90 120 195 Sek. 1 1 1 Sa. 3, nicht 12. B. 5 Staubgefäße aufrecht. 1. 46—47 °. 15 Blüten: 165 195 210 225 240 265 285 315 Sek. 1 1 2 2 3 1 1 2 Sa. 13, nicht 2. 2. 47,1—47,5". 14 Blüten: 120 135 150 165 180 210 300 315 330 Sek. 1 1 1 1 1 2 1 1 1 Sa. 10, nicht 4. 3. 47,6 — 48°. 20 Blüten: 180 270 Sek. 1 1 Sa. 2, nicht 18. Also auch in Wasser tritt die Starre etwas früher bei jüngeren als bei älteren Blüten ein. Endlich habe ich durch solche Versuche noch sicherzustellen gesucht, ob bei Temperaturen in der Nähe der Starre wirklich die Reaktionszeit wieder, wenn auch wenig, verlängert wird (vgl. S. 213). Ich begnüge mich, die Zahlen für Blüten mit aufrechten Staub- gefäßen anzugeben. 1. 44 — 45". 58 Blüten: 75 90 105 120 135 150 165 180 240 Sek. 1 7 5 24 10 6 2 2 1 2, 48—49,5". 100 Blüten: 90 105 120 135 150 165 180 195 210 225 240 270 315 360 Sek. 32778765324111 nicht gefallen 43. Vergleicht man diese Zahlen mit den vorher für 44—45 ^ mitgeteilten, so sieht man keinen deuthchen Unterschied. Sonach läge also das Optimum der Entblätterungsgeschwindigkeit dem Maximum äußerst nahe oder fiele gar mit ihm zusammen. 218 flans Fitting, Mit allen diesen Versuchen scheint mir exakt bewiesen, daß tatsächlich die Erwärmung es ist, welche die vorzeitige Entblätterung veranlaßt. Versuche mit anderen Formen. Natürlich habe ich mich auch hier wieder mitrohen Orientierungs- versuchen begnügt. Als Versuchsraum diente stets ein dampf- gesättigter Raum bei 40 — 45 ". Hauptergebnis dieser Versuche ist: Der Einfluß der Wärme ist weit verbreitet. Es gibt Formen, bei denen die Entblätterung noch viel rascher, geradezu verblüffend schnell eintritt. Die untersuchten Geranien lassen sich in folgende Gruppen bringen : I. Wärme ohne Einfluß. 1. G. nodosum, 2. G. macrorhisum, 3 G. ibencum, 4. G. Robetiianum, 5. G. cristatum. Selbst alte Blüten werden kürzere Zeit nach Erwärmung nicht entblättert. II. Wärme entblättert nur die Blüten mit spreizenden Griffeln: 1. G. pratense. Keaktionszeit bei 44 — 45" 4 — 15 Min. 2. G. maculatum. Keaktionszeit bei 44 — 45" 5 — 10 Min. III. Wärme entblättert auch die Blüten, die kurz vor dem Spreizen der Griffel stehen: 1. G. molle. Reaktionszeit bei 44—45" 4 — 15 Min. 2. G. iihaeum. Ebenso. 3. G. dissedum. Reaktionszeit bei 44 — 45" 3 — 4 Min. für Blüten mit spreiz. Griffeln. IV. Wie pyrenaicum verhalten sich: 1. G. sanguineum. Reaktionszeit aber viel länger. Für Blüten mit spreiz. Griffeln ca. 5 — 10 Min. bei 42—43". 2. Cr. aconiüfolmm. Ähnlich wie vorige. 3. G. pusillum. Wie vorige. Reaktionszeit für ältere Blüten bei 43 — 45" 4 — 10 Min., für jüngere 5 — 25 Min. Blüten, deren Antheren noch ge- schlossen sind, entblättern sich nicht. Hervorragende Versuchsobjekte sind Arten der Gattung Erodiuni: Erodium ilfancscai't- Blüten mit empfängnisfälligen Griffeln entblättern sich bei 41 — 43" meist in 1 — 4 Min. Von jüngeren Blüten mit noch nicht spreizenden Griffeln entblättert sich wenigstens ein Teil, wohl die älteren nach 5 — 12 Min. E. moschatum. Ähnlich wie vorige Art. E. yndnum und Botrys. Reaktionszeit bei 42 — 44" nur V/^ — 3 Min! Bei anderen Familien habe ich folgende Beobachtungen gemacht: Lmum perenne und usitatissimum entblättern sich rapid bei Erwärmung auf 43—44", je nach Alter verschieden schnell; ältere schon nach 30 Sek. bis l'/a Min., jüngere nach 2 — 6 Min. Einige der letzteren lassen die Fetalen nicht fallen. Doch entblättern sich auch Blüten, die eben erst aufgeblüht sind. Linum alpinum. Reaktionszeit etwas länger als bei vorigen. Bei älteren Blüten ist sie in 42—44" 4—8 Min. Untersuchungen über die vorzeitige Entblätterung von Blüten. 219 lAnum flavum reagiert nicht. Helianthemum vulgare. Reaktionszeit, aucli bei jungen erst erblühten Blüten in 43—46» iVo— 7 Min. Borago officinalis. Blüten proterandrisch. Sowohl unter den jüngeren wie unter den älteren gibt es Blüten, die geradezu verblüffend schnell nach Erwärmung auf 42 — 43° fallen. Reaktionszeit 25 Sek. bis 10 Min., und zwar bei Blüten mit empfängnisfähigen Griffeln 25 Sek. bis 3 Min., bei jüngeren 35 Sek. bis 10 Min. Ganz junge Blüten sind, scheint's, meist noch nicht reaktionsfähig. Verhascum thai)si(orme und Lychnitis ebenfalls äußerst reaktionstüchtig. Man muß freilich die aus dem nächsten Abschnitte sich ergebenden Vorsichtsmaßregeln anwenden. Im ersten Blühstadium sind die unteren Staubgefäße ausgestreckt, im zweiten nach auf- wärts gekrümmt. Reaktionszeiten bei allen 1 — 4 Min. in 42 — 43°. Auch Blüten im 1. Blübstadium habe ich schon nach 2 Min. fallen sehen. Nur ganz junge, eben erst aufgeblühte Blüten reagieren nicht. Ähnlich den vorigen scheint sich F. nigrum zu verhalten. Veronica chamaeärys. Ganz junge Blüten reagieren nicht. Die übrigen (auch einige solche mit noch geschlossenen Staubgefäßen) lassen bei 42 — 48° die Kronen fallen nach 30 Sek. bis 3 Min. V. gentianoides. Ähnlich voriger, doch Reaktionszeiten etwas länger. V. Teucrium. Nur die dem Abfallen nahen Kronen lösen sich nach 5 — 6 Min. Antirrhinum majus. Während ich im Garten die Kronen erst fallen sah, nachdem sie an der Spitze gewelkt sind, fallen die ältesten, noch ganz frischen Kronen bei 42 bis 44° nach 3 — 6 Min. Jüngere Kronen fallen dagegen nicht. Ohne deutlichen Einfluß fand ich die Wärme bei Chelldonium majus, Pelargonium zonale, Potentilla opaca, Ranunculus hulbosus, Gardamme pratensis, Paulownia impr- rialis, Rosa sp., Veronica, muUifida, Scrophidaria vernalis, Papaver apulutn, P. Rhneas, somniferum, Philadelphus coronarius; einen ganz geringen vielleicht bei Papaver pilosnm und Anagallis arvensis. Die Entblätterungsreaktion auf Erwärmung ist also bei Blüten ganz verschiedener Familien vorhanden, bei Choripetalen wie Sym- petalen. Wie gegenüber Kohlensäure sind die Reaktionszeiten in vielen Fällen verschwindend klein: 25 — 60 Sekunden bei Linuni- Arten, Borago officinalis, Verhascum- Kri^n, Veronica chamaeärys. Aber auch bei anderen Formen, z. B. bei Erodium gruinum und Botrys, sind sie merkwürdig kurz. — Bei Geranium pyrenaicum waren erst Temperaturen über 40 ° wirksam. Gilt das auch für die anderen Formen? Die Frage schien wichtig genug, um wenigstens orientierende Versuche, und zwar in warmem Wasser, bei einigen anderen Arten anzustellen. Erodium moschatum scheint wie das Oeranium zu reagieren. Anders verhielt sich dagegen schon Erodium Manescavi. Beispiel: 22(J Hans Fitting, Versuch 38. Erodium Manescavi. Luft 16°. 15. IX. 1910. 37,8—38" 10 Sek. 2'"' 2^° 2»° Min. 1 2*) 1 1 35,5—36" 15 Sek. l^" 2*" 2*" Min. 1 111 Alle Blüten hatten spreizende Griffel ; nur eine *) mit noch nicht spreizenden. Ahnlich steht's mit Linum: Versuch 39. Linum perenne. Luft 16°. 15./1G. IX. 1910. Die Versuche wurden an kühlen, nebligen Septembertagen, morgens zwischen 8V2 und 10 Uhr angestellt. Die Blüten waren in der Frühe erst aufgeblüht. Es ist für jede Einzelblüte angegeben, nach welchen Zeiten sie sich entblätterten. 42—43° 30 35 50 55 Sek. 37—37,5° 15 Sek. l^» 23° S^» 3»* 5"» Min. 2 Blüten nicht nach 12 Min. entblättert, ganz jung. 36—37° 18 Sek. 1^" 1*° 1»* 2°° 2" S^° 3»° 3^'' 3*" Min. 35 — SG" i20 i30 i38 ^55 2°° 2'^ 2^0 2^° 2" 3»" 3" 4*" 7^" Min. 1 nicht nach 8 Min. 33—34° 2"" 2*» 103« jiiu 2 nicht nach 15 Min. 5 Blüten, die in Wasser von Zimmertemperatur (17°) während 30 Min. gebracht wurden, entblätterten sich nicht, wohl aber danach in 36°. Auch bei Borago ist, scheint's, bei einigen Blüten wenigstens, Erwärmung auf 35° wirksam. Diese Versuche lassen ersehen, daß schon eine Erwärmung auf 33 — 34 "^ genügt, um bei manchen Formen vorzeitige Entblätterung zu veranlassen. Abschnitt IV. Vorzeitige Entblätterung infolge von Erschiitterungsreizen. Alle meine bisherigen Mitteilungen machen es schon sehr wahrscheinlich, daß die vorzeitige Entblätterung der Blüten nichts anderes ist als ein typischer Lebens- und im besonderen ein Reiz- vorgang. Exaktere Beweise dafür werde ich in dem Abschnitte VII beibringen. Zuvor aber möchte ich zeigen, daß es vielleicht noch interessantere Anlässe gibt, die den Vorgang ebenfalls auslösen. Schon während meiner ersten Wärmeversuche mit Oeranium fiel mir eine sehr merkwürdige Literaturan gäbe ein, die durch meine Versuche in neuem Lichte erschien. Charles Darwin be- richtet nämlich in seineu „Different forms of flowers" 1877 S. 78 Untersuchungen über die vorzeitige Entblätterung von Blüten. 221 über folgende Beobachtungen: „It is known that many species of Verbascum, when tbe stem is jarred or Struck by a stick, cast off their flowers. This occurs with V. thapsus, as I have repeatedly observed. Tbe corolia first separates from its attachment, and then the sepals spontaneously bend inwards . . . pushing off the corolia by their movement . . . Nothing of this kind takes place with young barely expanded flowers. ... I observed, to my sur- prise, that when I pulled off the flower-buds round the flowers which I wished to mark with a thread, the slight jar invariably caused the corollas to fall off." Warum die Blütenknospen nach Erschütterungen fallen, darüber äußert sich Darwin nicht. Am nächsten liegt nach dieser Beschreibung zweifellos der Gedanke, daß während des Blühens die das Abfallen der Krone vermittelnde Trennungsschichte so weit ausgebildet wird, daß durch eine geringe Erschütterung rein mechanisch die letzten Verbindungen zwischen Krone und Blütenachse sich lösen. So habe ich mir die Beob- achtung früher zurechtgelegt; denn eine Behauptung Martellis, der diese Frage zum Gegenstande einer besonderen Arbeit (1893) gemacht hat, ist mir immer, weil nicht genügend begründet, höchst unwahrscheinlich gewesen: die Krone werde durch einen Reizvorgang im Kelche, und zwar durch eine den Stoßreizreaktionen bei Mimosa-Blättern entsprechende Schließbewegung der Kelchzähne, vom Blütenboden passiv abgerissen. Die Sache liegt nun aber überhaupt ganz anders. Im Sommer 1909 habe ich mich bei verschiedenen Verb as cum- Arten zunächst davon überzeugt, daß tatsächlich die Kronen älterer Blüten nach Erschütterung der Sprosse fallen. Daran war ja nach den be- stimmten vorliegenden Angaben auch gar nicht zu zweifeln. Ent- scheidend für die Deutung dieses Vorganges wurden aber abgesehen von meinen (reranmm-Versuchen bei genauerer Untersuchung folgende zwei Beobachtungen: 1. Erschüttert man, ähnlich wie Darwin es angibt, Blüten- sprosse z. B. von Verbascum thapsiforyne oder V. Lychnitis an schönen, warmen Sommertagen vormittags oder nachmittags, so fallen zahllose Kronen, aber stets erst nach 45 Sekunden bis 5 Minuten, die meisten nach etwa 1 — 3 Minuten. Und zwar erfolgt der Fall 1) „This was first observed by Correa de Serra: see Sir J. E. Smith's English Flora 1824, vol. I, p. 311; also Life of Sir J. E. Smith vol. II, p. 210. I was guided to these references by the Eev. W. A. Leigthon, who observed this same phenomenon with V. virgatum". 222 Hans Fitting, vorzeitig, nämlich nicht bloß bei den ältesten Blüten mit aufwärts gekrümmten unteren Staubgefäßen, sondern auch bei vielen jüngeren, bei denen die unteren Staubgefäße noch gerade gestreckt sind. Ganz junge, aber erst erblühte Blüten bleiben dagegen, wenigstens bei V. thapsiforme, unbeeinflußt. Besonders bei V. LycJmitis fallen die Kronen auch bei sehr vielen, fast allen jüngeren Blüten, während bei V. thapsiforme die Beaktionsbefähigung erst im zweiten Blüh- stadium ganz allgemein zu werden scheint. Auch gegen geringere Erschütterungen der Sprosse sind diese Blüten so empfindlich, daß man die Sprosse schon recht behutsam abschneiden und tragen muß, um nicht die meisten Blumen zu verlieren'). Diese Beobachtungen beweisen, daß der Fall der Kronen nicht eine rein mechanische, direkte Folge der Erschütterungen sein kann. Man könnte ja meinen, die Krone löse sich sofort bei der Erschüt- terung von der Blütenachse, falle aber aus dem Kelche erst später heraus. Davon kann aber keine Rede sein. Betrachtet man die Blüten genau, so sieht man, daß die Abtrennung erst nach den angegebenen Zeiten ruckartig erfolgt, worauf die Krone schnell abfällt. 2. Mit dem Abfallen der Krone ist meist eine Schheßbewegung der Kelchzähne verbunden. Häufig abc' ist der Kelch noch offen, wenn die Krone fällt, um sich erst danach ganz langsam zu schließen. Daß dieser plötzliche oder langsamere Vorgang nicht erst durch die Erschütterung veranlaßt wird, sondern eine Folge bestehender Spannungen ist, sieht man, wenn man Blütenkronen gewaltsam aus dem Kelche herausreißt: meist im gleichen Momente schließt sich der Kelch. Die Schließbewegung des Kelches ist also eine Folge, nicht eine Ursache der Ablösung der Krone, wie Darwin ganz richtig schon gesehen hat. Ich werde bei Besprechung der Ent- blätterungsmechanik diese Auffassung noch exakt beweisen. Dabei ]) Die hohe Empfindlichkeit gegen Stoßreize machte also eine besondere Vor- bereitung desjenigen Materials nötig, das zu den Wärme- und Kohlensäureversuchen dienen sollte. Da die an abgeschnittenen Sproßstücken neu aufblühenden Blüten folgenden Tags an Empfindlichkeit und Reaktionsvermögen noch nichts verloren hatten, so verwendete ich hauptsächlich diese sowie die bei Zubereitung des Materials erhalten gebliebenen Blüten. Natürlich muß man die Blüten vor Erschütterungen schützen und sie so behutsam wie möglich in den Warm- oder COj-ßaum bringen. Besondere, oft wiederholte Kontroll- versuche verschiedener Art bewiesen, daß alsdann keine Blüten ohne COg- oder Wärme- eiiifluß fallen. Besonders beweisend waren folgende Versuche: Blüten, die selbst nach heftigster Erschütterung nicht ^ vergingen", ließen danach, in 42 — 44" oder CO2 gebracht, ihre Kronen nach der üblichen Zeit fallen (2 — 5 Min.). TJntessuchungen über die vorzeitige Entblätterung von Blüten. 223 wird sich dann zeigen, daß die Entblätterung von Geranium und die Kronenablösung bei Verbascum wesensgleich, und zwar in der Krone durch Zellenaktivität, Zustandekommen. Findet man auch diese Art der Entblätterung noch bei anderen Pflanzen? Bei den Blüten von Geranium pyrenaicum ist sie mir ebensowenig wie bei einem anderen Geranium vorgekommen, eben- sowenig bei den übrigen, für andere Versuche verwendeten Gattungen mit ganz wenigen Ausnahmen. Eine solche, bei der die Erscheinung kaum weniger auffällig ist wie bei Verbascum, ist mir in Veronica chamaedrys bekannt geworden. Diese Pflanze läßt an warmen Frühlingstagen die Blüten wenige Minuten nach kräftigen Erschüt- terungen der Sprosse regenartig fallen und zwar nicht nur die ältesten, sondern auch jüngere, bei denen die Antheren erst sich geöffnet haben oder noch geschlossen sind. Freilich bleibt von den jüngeren Blüten auch eine ganze Menge unbeeinflußt. Die Reaktionszeiten schwanken zwischen 30 Sek. und 6 Minuten, für die Mehrzahl zwischen V4 und 3 Minuten. An kalten Morgen nach ebensolchen Nächten bleibt die Reaktion aus. Am wirksamsten ist die Erschütterung bei Blütensprossen, die längere Zeit bei 30 — 32 ^ in Thermostaten gestanden haben. Der Kelch macht nach dem Abfallen der Krone wie bei Verbascum, eine ziemlich plötzliche Schließbewegung. Empfindlich gegen Erschütterung sind nach meinen Beobach- tungen auch Veronica gentianoides, crassifoUa (des Straßburger Gartens), und scheinbar auch V. latifolia, nicht oder fast nicht dagegen V. multifida und spicata. Die Gattung Erodium wäre noch genauer auf Stoßreizbarkeit zu prüfen; vielleicht sind wenigstens einige Blüten von Erodium moschatum und eniige der allerältesten von E. Manescavi mit diesem Reaktionsvermögen ausgestattet. Auch einige Blüten von Borago scheinen empfindlich zu sein. Doch bedarf das erst genauerer kritischer Untersuchungen. Ein hervorragendes Versuchsobjekt sind ferner manche Arten der Gattung Cistus. Auf sie wurde ich bei der Durchsicht der blütenbiologischen Literatur aufmerksam durch eine kleine Mit- teilung von Devaux (1902) über eine veranlaßte Bewegung bei den Blüten von Cistus salviaefolius: „En touchant les petales, ou en soufflant un peu fortement sur eux, on voyait le raouvement se produire chez la plupart des fleurs de Ciste qui se presentait dans un epanouissement complet, mais sans etalement horizontal 224 ^anc Fitting, de la corolle." Die Blütenkrone und der Kelch mache nämlich nun eine Schließbewegung, bis sich die Fetalen zur Hälfte einwärts bewegt hätten. Ist sie beendigt, so ist die Krone nicht mehr fest: „les petales se detachent au moindre souffle; si bien qu'il semble probable que le mouvement observe a ete accompagne de la rupture de leur partie basilaire." „On peut, des lors, se demander si ce n'est pas la rupture elle-meme qui a determine le mouvement." Der Autor ist nicht in der Lage gewesen, diese Fragen weiter zu untersuchen, da es ihm in Bordeaux bei den verschiedensten kulti- vierten Cisius- Arien nicht gelang, ähnliche Beobachtungen zu machen wie an Cistus salviaefolius in Spanien. Er hält es für möglich, ja wahrscheinlich, daß die Loslösung der Fetalen nur „un phenomene purement mecanique" sei. Übrigens seien nicht sämt- liche Blüten von dieser „chute de la corolle . . . qui fait le desespoir des botanistes herborisants" betroffen. Meine Fe/6asct«;t -Versuche erweckten sofort den Verdacht in mir, daß es sich hier wie dort um eine Entblätterung durch Er- schütterungsreiz handele. Ich hatte im Frühjahr 1910 bei einer Studienreise in die algerische Sahara Gelegenheit, sowohl bei Cistus salviaefolius wie auch bei C. monspeliensis in der Umgebung von Alger einige orientierende Beobachtungen darüber zu machen. Gerade wie bei lerhascum entblätterten sich bei beiden Arten ältere Blüten 1 — 3 Minuten nach einer Erschütterung. Der Ablösung der Fetalen folgt sofort oder allmählich eine Schließbewegung des Kelches. Alles spricht also dafür, daß die Entblätterung genau so wie bei Verhasciim usw. ein eigentlicher Lebens-, ein Reizvorgang ist. Abschnitt V. Vorzeitige schnelle Entblätterung durch die Bestäubung. In den Handbüchern und manchen Monographieen aus der ersten Hälfte des vorigen Jahrhunderts findet man in ganz all- gemeiner Fassung nicht selten die Angabe, daß die Kronen be- stäubter Blüten eher abfallen als die der unbestäubten. Am ein- gehendsten äußert sich darüber Gärtner in seinem Buche von 1844, dem überhaupt wichtigsten Werke über die Blühvorgänge bei den höheren Fflanzen. Nachdem er zunächst den Einfluß der Bestäubung auf die Narben und Griffel beschrieben, fährt er auf S. 373 so fort: „Bei vielen Gewächsen . . . erlangt die Corolle, während diese eben erzählten Veränderungen an der Narbe (und Untersuchungen über die vorzeitige Entblätterung von Blüten. 225 manchen Griffeln) sich zutragen, meistens noch ihren höchsten Yigor, und bald nach kürzerer, bald längerer Zeit fängt dieselbe an . . . bei anderen aber unverdorben und frisch abzufallen; . . . dieses bei den Myrtaceen, Rosaceen, Geranieen, Scrophularineen, Asperifolien, Personaten, Solanaceen, mehreren Primulaceen und einem großen Teile anderer Gewächse". S. 374: „Bei Potentilla fallen die Fetalen bei einigen Arten in 10, bei anderen in 24 Stunden nach der Bestäubung unverdorben ab: bei Nicotiana, Aquilegia und Delphinium in 3 bis 4 Tagen, und bei trüber Witterung erst in 5 bis 6 Tagen; bei Fuchsia und Mimidus in unserem Klima in 3 Tagen; bei Canna indica in 6 bis 7 Tagen usw.". S. 376: Der Verlauf dieser Erscheinungen lasse keinen Zweifel mehr übrig, „daß dieses . . . Abfallen der CoroUe von dem Fruchtknoten ausgehe", S. 381: „daß der Anstoß, welcher in dem Ovariura oder in den einzelnen Eychen durch den Contact des Befruchtungsstoffes, oder den wirklichen Eintritt desselben durch die Micropyle erweckt wird, die Ursache aller der Veränderungen, nicht bloß im Ovarium, sondern auch in den übrigen Theilen der Blume ist". Auch in der neueren blütenbiologischen Literatur gibt es solche Angaben über den Einfluß der Bestäubung auf die Blütenentblätterung, z. B. für Oeranium pusülum von A. Schulz (1902, S. 555). Wenn so- nach auch nicht zu bezweifeln ist, daß, ebenso wie bei den Blüten mit welkenden Corollen, so auch bei denen mit frisch abfallenden gewiß vieler Gewächse die Bestäubung einen Einfluß auf die Blüten- dauer hat, so ist es mir doch, nebenbei bemerkt, nach orientierenden Beobachtungen recht zweifelhaft geworden, ob diese Verkürzung tatsächlich allgemein oder so weit verbreitet ist, wie es z. B. nach Gärtners Angaben scheinen könnte. Auf exakte Untersuchungen gründen sich nämlich die wenigsten der Literaturangaben ^). Diese Frage hier aufzurollen, liegt aber außerhalb meiner Absichten. Es war eine andere Fragestellung, die sich aus meinen Orchideenstudien und nach meinen bisherigen Untersuchungen über die Auslösung der Entblätterung aufdrängte. Nachdem ich dort hatte zeigen können, daß die Postfloration schon von der Narbe aus und zwar vom ungekeimten Pollen oder durch andere Anlässe auslösbar ist, und nachdem ich nun gefunden hatte, daß die Ent- blätterung schon nach wenigen Sekunden oder Minuten hervor- 1) Das gilt namentlich auch von denen Kerners flSOl, S. 285 ff.) nach eigenen Nachuntersuchungen. Jahrl). f. WIES. Botanik. XLIX. 15 226 Hans Fitting, gerufen werden kann, schien die Frage von Interesse, ob es nicht vielleicht Formen gibt, wo dieser Vorgang auch durch die Be- stäubung schon in sehr kurzer Zeit ausgelöst werden kann. Gleich die ersten Versuche mit Oeranium pyrenaicum hatten ein auffälliges Ergebnis. Versuch 40. Geranium pyrenaicum. 3. VIII. 1910. 24°. a) 6 Blüten mit spreiz. Griffeln bestäubt: nach 1 Stunde alle entblättert. 6 ent- sprechende Kontrollblüten: nach 6 Stunden eine entblättert. b) 7 Blüten ebenso, bestäubt, 24°. Es entblätterten sich nach 055 i05 ^15 j35 gtJ 2 4-3 +1 -]- 1 Blüten. 7 entsprechende Kontrollblüten noch frisch nach 3 Std. c) 10 Blüten, bei denen die Griffel angefangen haben zu spreizen, bestäubt. 21°. 065 jOO jlO 115 gtj 3 -}-l +5 4-1 10 Kontrollblüten nacli 6 Std. noch frisch. d) 14 Blüten, bei denen die Griffel noch kaum spreizen. 21". qSO q55 jOO jlO j20 j40 j45 2^5 «"O o30 gi^j 1 +1 +2 +2 -^1 +2 4-1 +2 +1 +1 Kontrollblüten wie bisher. e) 10 Blüten, Griffel noch nicht spreizend, 8 — 10 Staubgefäße aufrecht. 21°. 1°" 530 Std. jetzt Griffel spreizend, 1 1»" l^« i^o 2*° Std 1 -fO nochmals bestäubt. 24°. 1 -|-34-44-l +1 Die Versuche wurden noch oftmals wiederholt. Blüten mit spreizenden (empfängnis- fähigen) Griffeln entblätterten sich bei 21—24° stets nach 50 Min. bis 2 Std., die meisten zwischen 1 — 1 V2 Std. Fangen die Griffel erst gerade an zu spreizen, so gibt es stets Blüten, bei denen selbst 2—4 Std. bis zum Abfallen der Fetalen verstreichen. Spreizen die Griffel der zum Versuche verwandten Blüten noch nicht, so tritt Ent- blätterung nicht ein; in den allermeisten Fällen auch dann nicht, nachdem die Griffel empfängnisfähig geworden sind. Die empfängnisfähigen Blüten von G. pyrenaicum entblättern sich also infolge von Bestäubung tatsächlich ganz überraschend schnell, durchschnittlich schon nach 1 — IV^ Std.! Noch auffälligere Resultate erhielt ich bei Erodium Manescavi. Versuch 41. Erodium Manescavi. 4. VIII. 1910. 18°. . Blüten mit spreiz. Griffeln. Die Blüten waren im ersten Blühstadium kastriert worden. Ich wählte absichtlich kühle, regnerische Sonimertage für diese Versuche aus, weil die Fetalen sonst am zweiten Blühtage sehr früh abfallen. Die Blüten dauern nämlich 2 Tage: am ersten öffnen sie sich und stäuben die Stamina, am zweiten früh sind die Griffel empfängnisfähig. Untersuchungen über die vorzeitige Entblätterung von Blüten. 227 a) 24 Blüten. Es entblätterten sich bei 18" nach 40 43 45 48 50 52 54 55 58 59 60 63 65 68 Min. 2 +1+2+34-2+1+1+3+2+1+2+2+1+1 b) 8 Blüten. 16°. 50 60 67 75 80 85 Min. 1 +1 +3 +1 +1 +1 Kontrollblüten hielten sich noch stundenlang. Bei Erodium Manescavi fallen die Fetalen also schon nach 40—60 Minuten! Leider habe ich nicht über das Material verfügt, um diese Versuche auf eine größere Zahl von Geraniaceen ausdehnen zu können. Sicher ist jedenfalls, daß nicht alle Arten so auffällig schnell reagieren. Dies gilt nach meinen Beobachtungen z. B. für Oeraninm motte, das überhaupt recht schlecht zu reagieren scheint. Vereinzelte Blüten entblätterten sich nach 2 — 5 Std., ganz wenige Blüten von G. pratense, die ich auch schließlich noch aufbringen konnte, nach 2V2— 4 Std. (Hildebrand, 1865, S. 2: 2 — 7 Std.). Von besonderem Interesse erschien eine Untersuchung bei solchen Formen der Sympetalen, deren Kronen sich so auffallend schnell zu Fall bringen lassen: Blüten von Borago officinalis ließen die Kronen vorzeitig fallen nach 2V2— 7 Std. Dagegen konnte ich vorzeitige Entblätterung durch Bestäubung überhaupt nicht hervorrufen bei Linum perenne, L. usitatissimmn, L. alpinum und bei Verhascum thapsiforme; bei Linum auch nicht bei „legitimer" Bestäubung. Gibt es hier überhaupt Unterschiede in der Dauer zwischen bestäubten und unbestäubten Blüten, so werden diese wohl nur an intakten Pflanzen, aber nicht an ab- geschnittenen Blüten hervortreten, mit denen ich allein gearbeitet habe '). Man sieht daraus also, daß große und schnelle Reaktions- befähigung gegen die verschiedensten Einflüsse durchaus nicht Hand in Hand zu gehen braucht mit Reaktionsbefähigung gegen Be- stäubung und ihre Folsren. 1) An meinen Versuchsblüten habe ich mich oftmals überzeugt, daß sie selbst 2 — 3 Tage nach dem Abschneiden von der Mutterpflanze noch sehr reaktionskräftig sind bei Erwärmung oder Überführung in COg haltige Eäume. Das gilt auch für die be- stäubten Blüten. Die Entblätterung nach der Bestäubung unterbleibt also nicht wegen Mangels an Reaktionsbefähigung. 15* 228 Hans Fitting, Abschnitt VI. Vorzeitige Entblätterung durch Verwundung der Narben oder Griffel. Die im letzten Abschnitte mitgeteilten Versuche mit Geranhim pyrenaicum und Erodium Manescavi machen die Annahme recht unwahrscheinlich, daß der Einfluß der Bestäubung auf der Be- fruchtung der Samenknospen beruht. Sie lassen vielmehr ver- muten, daß ein maßgebender Reiz schon von den Pollenschläuchen oder gar von den ungekeimten Pollenkörnern ausgeht, ähnlich wie bei den Orchideen. Auch dieser Frage bin ich nicht weiter nach- gegangen. Nur soviel habe ich festzustellen gesucht, ob vielleicht die Narben oder Griffel eine ähnliche Bedeutung für diese Blüten haben wie bei den Orchideen. Ich kann mich hier nur auf einige orientierende Versuche mit Verwundung der Griffel stützen, die weiter fortzuführen sind. Keinen Einfluß von Verwundungen der empfängnisfähigen Griff'el habe ich bei Oeranium pyrenaicum gesehen. Sehr auffällige Er- gebnisse erzielte ich dagegen bei Erodium Manescavi. Die Griff'el der empfängnisfähigen Blüten wurden mit einer Pinzette gequetscht. Die Blüten selbst waren im I. Blühstadium vor Öffnung der An- theren der Staubgefäße beraubt und vor Bestäubung geschützt worden.' a) b) dj Versuch 42. Erodium Manescavi. 16 — 21°. VIII. 1910. 8 Blüten. 16°. 45 75 100 Min. 1 + 2 + 2 7 Blüten. 18°. 45 50 55 57 59 62 Min. 1 + 1 + 2 + 1 + 1 +1 10 Blüten . 18». 32 40 72 75 95 Min. 1 + 1 + 2 + 1 + 1 lieser Blüten, die sich nicht entblätterten, 5 Stunden später nochmals ver 44 71 78 Min. 1 + 1 + 1 6 Blüten. 19°. 35 43 44 47 50 Min. 1 + 1 + 2 + 1 + 1 9 Blüten. 17». 8. IX. 1910. 20 35 48 52 55 58 59 62 87 Min, 1 + 1 + 1 + 1 +1 +1 +1 +1 +1 Im ganzen also entblätterten sich nach: 20 30—35 36 — 40 41—45 46 — 50 51 — 55 56—60 61 — 70 71—80 81 — 100 Min. 1 +3 +1 -j-6 -|-4 +4 -(-4 -f-2 +7 +4 Untersuchungen über die vorzeitige Entblätterung von Blüten. 229 Da die Kontrollblüten nur ganz vereinzelt während und einige Stunden nach den Versuchen ihre Fetalen fallen ließen, so scheint tatsächlich auch die Verwundung der Griffel bei dieser Art die Entblätterung der Blüten auszulösen, und zwar etwa nach der gleichen Zeit oder etwas später als nach Bestäubung ! Meine Absicht, diese Versuche im September 1910 weiter fort- zusetzen und zu vertiefen, habe ich leider nicht ausführen können. Die Witterung war wohl für den normalen zeitlichen Ablauf des Blühvorganges nicht mehr genügend günstig. Verwundung der Blütenblätter scheint jedenfalls nicht wirksam zu sein. Sehr wichtig dürfte dagegen auch zur Interpretation der mitgeteilten Versuche die Beobachtung sein, daß schon Verwundung der noch unempfäng- lichen Griffel am Nachmittag des I. Blühtages wenigstens bei einigen Blüten vorzeitige Entblätterung zu veranlassen scheint. Versuch 43. Erodium Manescavi. IX. 1910. a) 7 Blüten, 19°. 2'='": Griffel verwundet; nach 2°^ 3" Std. 1 +2 b; 6 „ , 18°. 3*": „ „ „ l»» 210 g^^^ 2 +1 e) 7 „ , 17°. 4^": „ ^ ^ \^° Std. 3 Ergebnislos verliefen einige Versuche mit Borago officinalis. Abschnitt VII. Charakter des Entblätterungsvorganges. Nach Ermittlung der wichtigsten Anlässe, durch die die Fetalen vieler Blüten vorzeitig zu Falle gebracht werden können, war es vor allem nötig, über die Natur dieses Vorganges selbst tiefere Aufschlüsse zu gewinnen. Alle bisherigen Mitteilungen sprechen dafür, daß die Entblätterung nichts anderes ist als ein Lebens- vorgang. Diese Auffassung war aber noch fester zu begründen. Für die weiteren Versuche verwendete ich hauptsächlich die Blüten von Gerannim j^y^naieimi. Zunächst mußte festgestellt werden, ob es Starrezustände gibt. A. Wärraestarre. Daß eine solche besteht, darauf habe ich ganz kurz schon im III. Abschnitte hingewiesen. Folgende Versuche dürften daran keinen Zweifel mehr lassen. Durch Vorversuche habe ich zunächst 230 Hans Fitting, festgestellt, daß man in 49 — 50 " nicht länger als 2 Minuten er- wärmen darf, will man nicht dauernde Schädigungen an den Blüten beobachten. Versuch 44. Geranium pyrenaicum. 5. VII. 1910. Alle Staubgefäße aufrecht. A. 10 Kontrollblüten, erwärmt auf 44 — 45°. Es entblätterten sich nach: 2 3 4 Min. 0 +7 +3 Blüten. B. 10 Blüten: 0' 1' 1^5' j + 50° 49,5° 49,2° i 0 C. 10 Blüten: 0' l' ' 49" 49° 1 5 Blüten 4 Min. in 16° 5 Blüten 85 Min in 16° 5 Blüten 3 Min. in 15° 5 Blüten 90 Min. in 16° 0' 1' 2' 3' + 10' + 43 ' 45° 45° 45° 0 45° 0 + 0' l' 2' + 3' + 0 43° 44° 45° 2 43° 2 + 1 10' + 0 44—45° 0 + 0 l' 2' 3' 1 + 3 44° 45" 45° 45° ' 2 4' 44« + 1 Versuch 45. Geranium jpyrenaieum. 7. VII. 1910. 5 Staubgefäße aufrecht. A. 10 Kontrollblüten: 0' 4' 43° 45° + 5 5' 44" + 1 6' 4 i 44° + 1 B. 10 Blüte 0' 1' 1»"' ! + 49» 49° 49° 0 n: 5 Blüten 2 Min. in 16° + 0 10' 45° + 0 5 Blüten 3 Std. in 16° + 0' 1' 2' 3' -(- 0 ! 44° 45° 45° 45° 1 4' ! + 43°! 1 5' 44° + 6' 2 43° 1 C. 10 B 0' r 120' 49,5° 49° 49° lütei + 0 i: 5 Blüten 10 Min. in 15° 0 12' + 44 — 45° 0 5 Blüten 3 Std. in 15° + 0 0' 1' 2' 3' + 43° 45° 45" 45° 3 4' 43» + 5' + 0 42" 2 D. 10 Blüte 0' 1' i + 49,5° 49,2° 0 q: 5 Blüten 3 Min. in 20° + 0 10' 45° 0 5 Blüten 32 Min, in 20° 0 0' 1' 43° 44° 2' 3' 44° 44° 4 4' 44° + 1 Versuch 46. Geranium pyrenaicum. Die Griffel der Blüten spreizen. A. 10 Blüten: 0 50° 1 49° 49° 5 Blüten 4 Min. in 15° 4 44' ' 1 + 44» 2 Untersuchungen über die vorzeitige Entblätterung von Blüten. 231 5 Blüten in Luft 15' B. 10 Blüten- 0' 1' i3<" n 51° 50,5° 49,5» 1 0 C. 10 Blüten: 0' l' 50° 49,5° 5 Blüten 3 Min. 40 Sek. in 15° 5 Blüten in 15° nach 2ä°Std.: 5 Blüten 5 Min. in Luft 20° 5 Blüten in Luft 20» 60' 70' 3^" h + 1 +1 4-2 + 0 4' 44° + 1 9' 0 i 45» + 1 15' 45» + 0 + 0 0' 44» 44» 3 3' 45 1 + »1 1 5' 45» 3' !+|lO'| + 45" i 2 I 44» I 0 23' 33' 40' +1 +1 +2 + 1 Versuch 47. Geranium pyrenaicum. Alle Staubgefäße aufrecht. A. 10 Blüten: 0' l' 1'^' 48,5" 48,5° 48,5» + 0 5 Blüten 2 Min. in 16» + 0 0' 43° 1' 2' 3' 44° 44,5° 44,5 0 + 1 10 45 0 + 0 15 44 0 + 0 5 Blüten 30 Min. in 16» 0 j 43» 1' 2' + 44» 45» 5 B. 12 Blüten: 0' l' l'ä' _[_ 48,8° 48,8° 48,5° 0 6 Blüten 8 Min. in 20° 0 1 43» 1' 4'i + 43,5» 44»] 1 7' 45» + 2 9' 44° + 2 10 + 0 6 Blüten 20 Min. in 20» + 0 0' 43» 1' 2' 3 44" 45° 44 » + 5 6' 44 0 + 0 8' 44 0 1 Die Versuche sind wohl leicht verständlich. Die eine Hälfte zuvor erwärmter Blüten wurde nach genügender Abkühlung sogleich in 44 — 45» gebracht, die andere nach kürzerer oder längerer Zeit. Verzeichnet sind die Minutenzeiten, während welcher erwärmt wurde; zwischen den Strichen ist angegeben, wie viele Blüten jeweilig entblättert waren. Alle Versuche fanden in dampfgesättigtera Räume statt. Die Versuche lehren: 1. Es gibt eine rückgängige Wärmestarre, wenn man die Blüten vorübergehend 1 — IV2 Min. auf 49 — 50° erwärmt. 2. Diese Wärmestarre geht offenbar ziemlich schnell zurück. In Versuch 47 A und 47 B genügten dazu schon 20—30 Min. Ihre Dauer wurde nicht bestimmt. 3. Erwärmt man 1 — IV2 Min. auf Temperaturen von 48,5 — 49°, so fallen kurze Zeit nach begonnener Abkühlung bei abermaliger Erwärmung auf 44—45 ° die Fetalen noch einiger Blüten, aber wesentlich verspätet (vgl. Versuch 46 A, C) : Der Starre voraus scheinen also Vorgänge zu gehen, welche den Ablauf der Ent- blätterungsreaktion verzögern. 232 Hans Fitting, 4. Von Interesse ist der Umstand, daß wärmestarr gewesene Blüten oft sich nachträglich, nachdem die Reaktionsbefähigung zurückgekehrt, wenn auch sehr verspätet, vorzeitig entblättern. Dafür noch einige Beispiele: B. Versuch 48. Geranium liyrenaicum. VIL 1910. Je 10 Blüten. 0 1 l'^Min. Luft 60 72 140 Min. 50" 49" 49" 15" + 3 + 1 + 2 Sa. 6. 0 1 l30 Min, Luft 30 55 75 125 Min. 48° 48,5 " 48,8" 16" + 1 + 3 4- 1 +1 Sa 0 1 1 20 Min. Luft 55 65 125 Min. 49" 49° 49" 16" + 2 + 4 + 2 Sa. 8. Worauf diese vorzeitige Entblätterung beruht, kann vorläufig: nicht erörtert werden. B. Starre durch Sauerstoffmangel. Von ihr kann man sich auf verschiedene Weise überzeugen. a) Bringt man jüngere Blüten von O. pyrenaicwm mit 5 oder mit 8 aufrechten Staubgefäßen unter Wasser in ein Gemisch von V2 vol H und Vä vol CO2 oder V3 vol H und V3 vol COä, so fallen die Fetalen nicht mehr. b) Läßt man die Blüten einige Zeit in H- Atmosphäre, so entblättern sie sich auch nachher nicht oder verspätet in warmem Wasser. Beispiele: Versuch 49. Geranium pyrenaicum. 10. VI. 1910. 8 Staubgefäße aufrecht. A. 9 Kontrollblüten 9^° in warmes Wasser, 44": Nach 150 165 180 195 210 225 Sek. 1 -|-1 -|-3 +2 +1 4-1 = 9 entblättert. B. 10 Blüten 9^« bis 12^^ in H. 12^^ 5 Blüten sofort in warmes H„0 (44"): 210 .300 345 420 510 540 Sek. 1 +1 -fl +0 +1 +1 Die 5 übrigen 2 Std. in Luft, dann in HgO bei 44°: 120 135 165 180 Sek. 2 +1 +1 +1 Untersuchungen über die vorzeitige Entblätterung von Blüten. 233 Versuch 50. Geranium pyrenaicum. 13. VI. 1910. 5 Staubgefäße aufrecht. A. 15 Kontrollblüten um 11 h in H,0 von 44°: 130 165 180 195 210 225 240 265 300 Sek. 1 +1 +4 +3 +1 +1 4-2 +1 +1 B. 15 Blüten von 11— 3*° h in H. 3*" 7 Blüten davon sofort in HjO von 44"; 45 480 700 Sek. 1 -\- \ -|- 0 5 nicht entblättert. 8 Blüten davon von S***— Gäo in Luft, dann in H.O von 44°: 165 300 Sek. 1 +7. c) Stellt man die Blüten in konzentrierte Kohlensäure, so fallen die Fetalen danach in Luft erwärmt zunächst nicht. Beispiel: Versuch 51. Geranium pyrenaicum. 13. VI. 1910. 5 Staubgefäße aufrecht. A. 15 Blüten von 11— 3*" h in CO^. Davon 7 Blüten 3^° in H,0, 44°. Nach 10 Min. keine Blüte entblättert. 8 Blüten 7 h abends in H2O, 44°: 15 105 120 135 150 Sek. 1 +1 +2 +1 +1. d) Vorübergehende Starre läßt sich endlich erzielen, wenn man die Blüten in einen stark luftverdünnten Raum bringt und den Sauerstojff durch H ersetzt. Beispiele: Versuch 52. Geranium pyrenaicum. 8. VI. 1910. 5 Staubgefäße aufrecht. A. 15 Blüten 11 h in H^O bei 44°: 165 180 195 210 225 240 270 285 300 Sek. 2 -fl +2 4-3 +2 +1 4-1 4-1 4-2. B. 10 Blüten von 11 h bis 2^* h im Vakuum, nach viermaligem Ersatz der Luft- spuren durch H. 2"h. Alle 10 Blüten sofort in HoO bei 44°: 240 Sek. 1 9 Blüten entblättern sich nicht nach 12 Minuten. Versuch 53. Geranium pyrenaicum. 7. VI. 1910. 5 Staubgefäße aufrecht. A. 15 Blüten 10^" in H2O bei 44°: 120 135 150 165 180 195 210 220 240 265 300 Sek. 1 4-1 4-1 4-1 +4 4-2 4-1 4-1 4-1 -^1 -fl 234 Hans Fitting, B. 15 Blüten von 10^° h bis 1 h im Vakuum nach dreimaligem Ersatz der Luft durch H. Dann: a) 1 h: 5 Blüten sofort in H.O, 44°: nach 10 Min. +0. b) l'^h: 5 Blüten in H3O, 44": 120 165 195 315 Sek. + 1 +1 -\-l -}-! 1 nicht. c) 3h: 5 Blüten bis jetzt seit 1 h in Luft, 2 entblättert. Die 3 übrigen in Wasser bei 44°: 135 150 180 Min. 1 +1 +1. Ich habe diese Versuche noch oftmals wiederholt und dabei beobachtet, daß manchmal nach 3 — 4 -stündigem Aufenthalte in dem (selbstverständlich stets verdunkelten) Rezipienten der Wasser- strahlluftpumpe selbst bei Ersatz der Luft durch H noch keine vollständige Starre, sondern nur eine bedeutende Reaktionsverlang- samung eintritt. Sehr merkwürdig ist ferner, daß öfters in diesen Versuchen die Blüten wenige Minuten nach Übertragung in Luft vorzeitig sich entblättern. Beispiel: Versuch 54. Geraniu7)i pyrenaicum. 9. VI. 1910. 5 — 7 Staubgefäße aufrecht. 20 Blüten von 2^" — 5 Uhr im Vakuum nach dreimaligem Ersatz der Luft durch H. a) 5 Uhr. 10 Blüten sofort in H.O bei 42,5°. 165 225 270 300 315 330 3G0 Sek. 1 +1 +1 +2 +1 +1 +1 2 nicht. b) 5 — 5*° Uhr. 10 Blüten in Luft 20°, 5*» Uhr 9 entblättert. Worauf diese vorzeitige Entblätterung beruht, weiß ich nicht. Die Versuche fanden im Laboratorium statt: möglich also, daß die Laboratoriumsluft schuld daran ist. Es bedarf diese Frage noch weiterer Untersuchungen. Jedenfalls geht wohl aus allen diesen verschiedenartigen Ver- suchen hervor, daß es auch eine Starre durch Sauerstoffmangel gibt. C. Aiiästhesieruug. Sie konnte natürlich nicht gelingen, weil Chloroform und Äther selbst die Fetalen vorzeitig zu Falle bringen. D. Nachwirkung der Wärme. Ich habe weiter noch zu zeigen, daß die Entblätterung .der Blüten die Eigentümlichkeiten der Reizvorgänge besitzt. Untersuchungen über die vorzeitige Entblätterung von Blüten. 235 Schon bei den früheren Versuchen war es mir aufgefallen, daß Erwärmung von kürzerer als Reaktionszeitdauer die Entblätterung auslöst. Von den zahlreichen Versuchen, die ich angestellt habe, um diese Beobachtung weiter zu verfolgen, will ich nur einige wenige hier anführen. Ich erwärmte dabei die Blüten stets in einem dampf- gesättigten Raum von 44 — 45*^. Zu jedem Einzelversuche dienten 12 Blüten. Gcranimn pyrenaicum. Lufttemp. 19 — 22°. Alle Staubgefäße aufrecht. Erwärmungs- dauer Vers. 55. 20. VII. 1909. 3 Min. Vers. 56. 13. VII. 1909. 2^0 Min. Vers. 57. 13. VII. 1909. 2'^ Min. Vers. 58. 13. VII. 1909. 2 Min. Vers. 59. 13. VII. 1909. Vers. 60. 17. VII. 1909. l^o Min. Vers. 61. 17. VII. 1909. Vers. 62. 10. VII. 1909. 1 Min. Vers. 63. 17. VII. 1909. Vers. 64. 10. VII. 1909. Vers. 65. 17. VII. 1909. 40 Sek. 3' 5 6 12 Min. 8 +9+2+1 2^°' 7 8 9 10 Min. - 1+2+3 +1 2^5' I 4 6 8 Min. - I 1 +-'i +2 2' 5 8 10 13 23 28 35 Min. 0 1 +1 +1+5+1+1+1 2' I 5 6 7 8 9 10 Min. 0} 1 +1+1+3+1+1 1="' I 3 4 5 6 7 13 Min. 0! 1 +5+3+1+1 +1 0 7 3 8 9 11 Min. + 3 +2 +2 1' 0 6 0 8 10 11 15 17 Min 2 +1 +2 +1+1 1' 0 7 + 1 8 13 14 15 Min. +3 +1 +1 +1 1' 0 17 + 1 0 Min. Auch in warmem Wasser habe ich solche Versuche gemacht. Diese Methode verdient vor der anderen den Vorzug, weil sich dabei die Temperaturen konstanter halten lassen. Nach Beendi- gung der Erwärmung brachte ich die Blüten sofort in Wasser von Zimmertemperatur, um sie möglichst schnell abzukühlen, danach in Luft. Zu jedem Einzelversuch dienten 5 Blüten. 236 Hans Fitting, Geranium pyrenaicutn. VI. 1910. Alle Staubgefäße aufrecht 44 — 45". Versuch 66. Erwärmungsdauer 90 Sek. 1**^ S^o 6 Min. 2 +1 +2 Versuch 67. Erwärmungsdauer 75 Sek. 4 5 7 13 Min. 1 +1 +1 +1 Versuch 68. 4 6 7 10 Min. 2 +1 +1 +1 Versuch 69. Erwärmungsdauer 60 Sek. 1^* 5 6 12 Min. 1 +1 +1 +1 Versuch 70. 5 7 11 Min. 1 +1 +1 Versuch 71. 9 Min. 2 Versuch 72. Erwärmungsdauer 45 Sek. l^" 2^" 3 Min. 1 +2 +1 Ich habe solche Versuche, in Luft und Wasser, mit Blüten jeden Alters in großer Menge, im ganzen mit gegen 1000 Blüten, gemacht. Ihre wichtigsten Ergebnisse scheinen mir die folgenden: 1. Die Erwärmung hat eine ausgesprochene Nachwirkung. 2. Es genügt eine viel kürzere Erwärmung als eine solche von Reaktionszeitdauer, um Reaktion auszulösen. 3. Nennt man die Zeit, während deren man vorübergehend erwärmen muß, um als Nachwirkung eine Entblätterung auszulösen, Präsentationszeit, so beträgt diese Zeit bei 44 — 46" (um mehr als die Hälfte aller Versuchsblüten zur Reaktion zu veranlassen) etwa: f. dampfgesätt. Raum f. warmes Wasser I. bei Blüten mit spreiz. Griffeln . . . 0^° — 1 Min. II. „ „ „ geschl. Griffeln ... 1 ^ O"— 1 Min. in. „ „ „ 8 aufrechten Staubgef. 1^" — 2 „ 1 „ IV. „ „ ., 5 „ „ 2-3 „ 1-1«» „ 4. In Wasser scheinen also die Präsentationszeiten noch etwas kleiner als in Luft. Das hängt wohl mit der schnelleren Erwärmung im Wasser zusammen. 5. Die Reaktionszeiten für Erwärmung von Präsentationszeit- dauer sind wesentlich länger als für Dauererwärmung: I. Blüten mit spreiz. Griffeln . . II. „ „ aufrechten Staubgef. . III. „ „8 aufrechten Staubgef. IV 5 V. „ „ gesenkt. Staubgef. Präsentations- zeit Min. Reaktionszeit f. Präsent.-Zeitdauer Min. Reaktionszeit f. Dauererwärmuiig Min. 030_i 4 — 10 L 230 1 7 — 15 3 l3o_2 8 — 20 4 2-3 10— ? 4 9 ? 6 — 10 Untersuchungen über die vorzeitige Entblätterung von Blüten. 237 6. Die Präsentationszeiten sind also etwa Vs — Vä so lang wie die kürzesten Reaktionszeiten. 7. Die Reaktionszeiten werden um so kürzer, je länger man erwärmt. E. Suraraation unterschwelliger Einzelreize, Ob eine solche vorkommt, habe ich in orientierenden Ver- suchen nur an Blüten untersucht, bei denen alle und bei denen 5 Staubgefäße aufrecht sind, und zwar in dampfgesättigtem Räume (45"). Die Pausen zwischen den Einzelerwärmungen habe ich ziemlich lang gewählt, damit die Erwärmung als solche sich nicht summierte. Zu jedem Versuche dienten 10 Blüten. Ich gebe wieder bloß einige Beispiele: I. G. pyrenaicum. 5 Staubgefäße aufrecht. Versuch 73. 90 Sek. Reizung, 4 Min. Euhe. Lufttemp. 25". nach 12 4 8 lOmalig Reizung 0 +5 -j-2 -j-l +0 Versuch 74. 1 Min. Reizung, 3 Min. Ruhe. 25". nach 3 4 5 8 9 15 16 17 mal. Reizung 0 +2 -(- 1 -j-2 -|-1 +1 +1 +0 Versuch 75. 45 Sek. Reizung, 2 Min. Ruhe. 25". nach 5 6 13 20 mal. Reizung 2 +3 +1 +1 Versuch 76. 45 Sek. Reizung, 3 Min. Ruhe. 24". nach 11 12 18 23 mal. Reizung 1 +2 +1 +1 II. G. pyrenaicum. Alle Staubgefäße aufrecht. Versuch 77. 40 Sek. Reizung, 2'/., Min. Ruhe. 22". nach 3 4 9 16 mal. Reizung 4 -f 2 -f 1 -j-O Versuch 78. 35 Sek. Reizung, 2 Min. Ruhe. 22,5". nach 6 9 10 13 14 17 mal. Reizung 3 +1 +1 +3 +1 -1-0 Versuch 79. 30 Sek. Reizung, 3 Min. Ruhe. 23,5". nach 4 7 11 12 14 15 mal. Reizung 1 4-1 -f-2 -|-1 -|-1 -fl Versuch 80. 30 Sek. Reizung, 3 Min. Ruhe. 23,5". nach 3 4 5 6 7 8 9 10 mal. Reizung. 1 -fi 4-1 4-1 4-1 4-0 4-2 +2 238 Hans Fitting, Versuch 81. 25 Sek. Reizung, 2 Min. Ruhe. 25". nach 2 4 12 13 14 15 16 17mal. Reizung 1 +1 +2 +1 +1 +2 +1 +1 Versuch 82. 15 Sek. Reizung, 1 Min. Ruhe. 25". nach 20 23 25 34 3 7 mal. Reizung 1 +1 +1 +1 +1 1. Es gibt also eine Summation uoterschw elliger Einzelreize. 2. Selbst sehr kurze Eiuzelreize, z. B. von 15 Sek. Dauer, summieren sich mit der Zeit. 3. Je länger die Ruhepausen zwischen den Einzelreizen im Verhältnis zu diesen sind, um so öfter muß man in der Regel reizen, um Reaktion auszulösen. 4. Daraus scheint ersichtlich, daß unterschwellige Einzelreize mit der Zeit wieder abklingen. F. Abklingen des induzierten Vorganges. Eine dauernde Nachwirkung der Erwärmung scheint es also nicht zu geben. Diese Frage habe ich auch noch durch Dauer- erwärmung unter der Präsentationszeit zu lösen gesucht. Es war zu prüfen, ob durch solche Erwärmung eine bleibende Ver- änderung derart in den Blüten eintritt, daß bei Wiederholung der Erwärmung kürzere Zeit der Erwärmung nötig ist, um die vor- zeitige Entblätterung auszulösen als das erste Mal. Berücksichtigen muß man natürlich bei solchen Versuchen, daß bis zur Wieder- holung der Erwärmung die Blüten etwas älter geworden sind und infolgedessen etwas schneller und nach etwas kürzerer Erwärmung sich entblättern müssen als vorher. Zu jedem Einzelversuche ver- wendete ich 12 Blüten. Ich gebe einige Beispiele: I. Geranium pyrenaicum. 5 Staubgefäße aufrecht. Vers. 83. 26. VI. 1909. 20". 4 Min. Reizung in 42— 43", 3, 8 Min. 4 Std. Pause, + 1 danach 4 Min. Reizg., 42—43°, -]- 4, 5 Min. + 1 Vers. 84. 26. VI. 1909. 20". 4 Min. Reizung in 40— 42", 0, 10 Min. 32» Std. Pause, + 2 danach 4 Min. Reizg., 41—42", -|- 4, 10 Min. + 2 Vers. 85. VII. 1910. 21". 2 Min. Reizung in 44", 0, 6 8 Min. 1 Std. Pause, + 1 +1 danach 2^" Min. Reizg., 45", +1, später -j- 0. Vers. 86. VII. 1910. 21°. 2^^ Min. Reizung in 45°, 0, 7 9 Min. 1 Std. Pause, + 1 +1 danach 2" Min. Reizg. in 46°, -f 0, später +0. Untersuchungen über die vorzeitige Entblätterung von Blüten. 239 II. Geranitim pyrenaicum. Alle Staubgefäße gesenkt. Vers. 87. 24. VI. 1909. 22°. 5 Min. Heizung, 45°, 4. 4 Std. Pause, danach 5 Min. Reizg., 44°, -{- 1- Vers. 88. 24. VI. 1909. 22°. 8 Min. Reizung, 42 — 44°, 5. l^» Std. Pause, danach 8 Min. Reizg., 43—44°, -|- 1- Vers. 89. 24. VI. 1909. 22°. 7 Min. Reizung, 42 — 43°, 4. 30 Min. Pause, dann 5 Min. Reizg., 42°, -f 0. 1^° Std. Pause, dann 6 Min. Reizg., 42°, -f- 3. In diesen Versuchen ist jedesmal angegeben, wie viele Blüten sich nach jeder Reizung entblätterten. Die Minuten sind vom Beginne der Reizung, die Pausen vom Ende der ersten und bis zum Beginne der zweiten Reizung gerechnet. Auch bei älteren Blüten erhielt ich stets dasselbe Resultat: Eine dauernde Nachwirkung der Erwärmung von etwas kürzerer als Präsentationszeitdauer läßt sich nicht nachweisen. Das besagt aber: Der auf die Ablösung der Fetalen hinwirkende Reizeffekt muß nach einiger Zeit wieder ausklingen. Es kann nicht so sein, daß durch die Erwärmung von kürzerer als Präsentationszeitdauer ein nicht rückgängig zu machender, auf die Entblätterung hin- wirkender Vorgang, etwa die Lockerung der Blütenblätter, beginnt, aber nicht zu Ende geführt wird; sonst müßte ja eine zweite Reizung auch nach Einschiebung einer langen Pause schon nach viel kürzerer Dauer und nach kürzerer Zeit Erfolg haben, als die erste. Die Ergebnisse dieses Abschnittes lassen sich dahin zusammen- fassen : 1. Die Entblätterungsreaktion ist ein Lebensvorgang. Denn sie wird gehemmt: a) durch die Wärmestarre, b) durch die Starre infolge von Sauerstoffmangel. 2. Beide Starrezustände lassen sich rückgängig machen. 3. Die vorzeitige Entblätterung ist aber auch ein Reizvorgang. Denn es gibt eine Präsentationszeit, eine Summation unterschwelliger Reize, ein Abklingen der Erregung und alles, so auch das Vor- kommen einer „Reizleitung" bei Verwundung der Narbe, spricht dafür, daß die wirksamen Anlässe nur auslösend wirken. • Abschnitt VIII. Die Mechanik der vorzeitigen schnellen Entblätterung. A. Anatoraische Befunde. Die Abgliederungsstelle der Petalen befindet sich bei allen untersuchten Formen (Geraniumpyrenaicum, G.pratense, Verhascum 240 Hans Eitting, thapsi forme, Erodium Maneseavi, E. ciconium, Pelargonium zonale, Helianthemum vulgare, Linwn alpinum und Borago officinalis) an der äußersten Basis der Kronblätter. Sie bietet häufig einige merkwürdige Besonderheiten, die sie zu einem sehr tauglichen „Reaktionsgewebe" machen. Zunächst einmal liegt sie meist (Aus- nahme z. B. Pelargonium) in einer äußerst schmalen, isthmusartigen Verjüngung des Kronblatt- oder des Kronengrundes, diese Ver- jüngung quer durchsetzend. Letztere ist oft (Geranium pyrenaicum, G. palustre, Erodium Maneseavi u. a., Linum sp., Borago) recht- winklig, beinahe knieförmig zur Petalfläche ab- gebogen, so daß die Abgliederungsebene ihr fast parallel werden kann (Fig. 3). Zweitens ist der Bau der Abgliederungs- zone häufig eigentümlich. Sie besteht nämlich meist aus ganz ungewöhnlich kleinzelligem Ge- webe: Die Zellen, auch die der Endodermis, Fig. 3. sind mehr oder weniger isodiametrisch, rundlich, Basis eines abgestoß. ziemlich plasmareich. Nur die Gefäßbündel- Kronblattes v.JS/roajw/;;, , ., botrijs. Etwas vergr. scheiden werden von langgestreckten Zellen ge- bildet. Dieses übrigens mehr oder weniger interzellularenreiche , wenigschichtige Gewebe geht noch in dem isthmusartigen Teile der Petalbasis in Gewebe über, das aus größeren, nicht mehr isodiametrischen Zellen besteht, bildet also keine scharf abgesetzte Zone. Bei Borago unterscheidet sich aber das Gewebe der Abgliederungsstelle fast gar nicht von dem sonstigen Kron- parenchym. Ist die Abgliederungsstelle meist auch schmal, so haften die Fetalen gleichwohl vor einer Reizung recht fest an der Blüten- achse: Es bedarf eines ziemlich großen Kraftaufwandes, sie loszu- reißen. Zieht man an den Petalplatten , so reißt häufig das Ge- webe hier und nicht an der Petalbasis. Die Zerreißungsfestigkeit ist sonach in der Petalfläche, z. B. bei Geranium , fast größer als in jener. Das Trennungsgewebe ist auch schon in ganz jugendlichen Blüten vorhanden. Offenbar wird es direkt aus dem embryonalen Gewebe der Blütenanlage bei der allgemeinen Gewebedifferenzierung gebildet. Eine Trennungsschicht, die erst während der Anthese, etwa durch Zellteilungen, besonders ausgebildet wird, gibt es also nicht. Untersuchungen über die vorzeitige Entblätterung von Blüten. 241 Richtet man uun sein Augenmerk auf die infolge Wärme-, CO2-, Leuchtgas- oder Erschütterungsreizung abgefallenen Kronen oder Kronblütter, so findet man stets, daß sie an den Abgliederungs- stellen von unverletzten, lebenden, rundlichen Zellen begrenzt werden. Und zwar ist die Trennungsfläche ganz uneben: hier und da springen einige Zellen oder Zellgruppen nach außen vor. Von den langgestreckten, nicht abgerundeten Zellen der Gefäßbündelscheiden ragen einige meist ziemlich weit aus ihr heraus. Nur die Gefäße der Bündel werden zerrissen. Nicht selten findet man an der Ab- gliederungsstelle auch Gruppen rundlicher Zellen, die sich von dem übrigen Trennungsgewebe mit Ausnahme ganz lockerer Verbindungen gelöst haben. Enthalten sie eine oder einige Epidermiszellen, so ist oft die Cuticula nebst den angrenzenden Schichten der Epi- dermisaußenwände an den Zellgrenzen zerrissen. Dasselbe Aussehen wie an der Petalbasis gewährt die Tren- nungsfläche an der Blütenachse. Unterschiede im Verhalten zwischen jungen und älteren, vor- zeitig abfallenden Blütenblättern gibt es ebensowenig wie zwischen den vorzeitig und zwischen den nach Ablauf der Anthese autonom abfallenden Fetalen: Die infolge von Reizungen vorzeitig fallenden Fetalen bieten an der Abgliederungsstelle dasselbe anatomische Bild dar, wie es für die zu normaler Zeit fallenden so oftmals, von Mohl (1860, S. 276), Reiche (1885) und neuerdings wieder von Kubart (1906), beschrieben worden ist. B. Versuche und Beobachtungen über die Art der Trennung. Erfolgt die Trennung bei vorzeitigem Falle der Fetalen nun auch durch Aktivität des Trennungsgewebes oder verhalten sich die Kronblätter im Gegensatz zu den nicht vorzeitig fallenden rein passiv, indem sie durch irgend welche Veränderungen in ihrer Um- gebung von der Blütenachse einfach losgerissen werden? Diese Frage bedurfte noch besonders sorgfältiger Untersuchung. Hat doch letztere Annahme, wie schon erwähnt, Martelli (1895) für die Blüten von Verhascum ausgesprochen: eine durch die Er- schütterung veranlaßte Reizbewegung des Kelches sollte es sein, die vorzeitig die Krone von der Blütenachse abquetscht. Irgend einen Beweis für die Richtigkeit dieser Vermutung hat er indessen nicht erbracht. Ich habe nun schon im Abschnitt IV darauf hin- gewiesen, daß häufig der Kelch bei Verhasciim sich erst dann schließt, nachdem die Krone abgefallen ist. Füge ich dem noch Jahrb. f. wiss. Bot. XLIX. 16 242 Hans Fitting, hinzu, daß bei Erod'mm Manescavi, bei Helianthemum vulgare und bei verschiedenen Geranien keine Schließbewegung des Kelches die Ablösung der Fetalen begleitet, so dürfte schon hieraus er- sichtlich sein, daß der Kelch nicht schuld an der Entblätterung sein kann. Gleichwohl habe ich mich mit diesen Beobachtungen nicht begnügt, sondern noch durch direkte Versuche mich von der Unrichtigkeit von Martellis Annahme überzeugt. Bei Verhascum thapsiforme macht es keine Schwierigkeiten, den an der Basis fleiscliigen Kelch mit Starnadel und Pinzette abzupräparieren, solange die Knospen noch geschlossen sind. Die Sproßstücke stellte ich bis zum nächsten Nachmittag in feuchte Räume. Ein besonderer Schutz der Wundstelle durch Umwicklung mit nasser Watte erwies sich als unnötig. Unter den so zugerichteten, inzwischen in normaler Weise aufgeblühten Blüten gab es immer einige, die ihre Kronen autonom vorzeitig in dem feuchten Räume fallen ließen, hiermit schon anzeigend, daß nicht der Kelch dafür nötig ist. Der Rest wurde teils in einem Raum von 43 — 45" erwärmt, teils in CO2- reiche Luft gebracht: fast ohne Ausnahme lösten sich nach % — 4 Min. die Kronen. Freilich fielen sie nicht immer ab, sondern blieben an der Blüte hängen, von der Basis des Fruchtknotens fest- gehalten. Auch kam es vor, daß die Krone sich nicht in ganzem Umfange, sondern nur streckenweise von der Blütenachse loslöste: die Trennung unterblieb nämlich dort, wo bei der Entfernung des Kelches das Gewebe an der Kronblattbasis ein wenig be- schädigt worden war. Diese Versuche habe ich an ungefähr 30 Blüten mit Erwärmung, an gegen 20 Blüten im Kohlensäuregemisch gemacht. Auch bei Geranium pyrenaicum. habe ich oftmals festgestellt, daß die Entfernung des Kelches die vorzeitige Entblätterung nicht hindert. Der Kelch kann es also nicht sein, der die Kronen vorzeitig zu Falle bringt. Sind freilich zur Blütezeit in ihm Spannungen vorhanden, deren Ausgleich durch die offene Krone verhindert wird, wie bei Verhascum,, Veronica chamaedrys, Borago officinalis u. a., so wirken die Bewegungen der Kelchzähne natürlich begünstigend auf das Abfallen der Kronen, nachdem sie sich von den Blüten- achsen getrennt haben. Meine Versuche an Verhascum zeigen dies ja ganz deutlich. Aber auch von anderen Teilen der Blüte könnten die Kron- blätter passiv losgerissen werden. So denkt sich ja für die nor- male Entblätterung Reiche (1885) bald den schwellenden Frucht- knoten, bald das Nektarium wirksam. Bei Oeraniuvi sind die Fetalen in Höhlungen eines fleischigen Nektariumgewebes eingekeilt. Dieses Gewebe quillt zwischen den Fetalen zu fünf wulstförmigen Nektarien hervor. Eine Schwellung dieser Wülste könnte vielleicht die Fetalen von ihrer Befestigungsstelle abquetschen. Auch bei vielen anderen Geranien und bei Erodien gibt es solche Nektarien. Bei Erodium Manescavi ist es aber häufig so dorsiventral aus- Untersuchungen über die vorzeitige Entblätterung von Blüten. 243 gebildet, daß die Wülste zwischen einigen der Blütenblätter völlig oder fast völlig fehlen: und doch tritt sehr schnell auch hier vor- zeitige Entblätterung ein'). Auch direkte Beweise dafür kann ich beibringen, daß das Nektarium nicht nötig ist: An Blüten von Geranium pyrenaicum ist es nach Entfernung der Kelche nicht schwierig, die Nektariumwülste zwischen den Fetalen mit einer Starnadel herauszuschneiden oder herauszubrechen: die vorzeitige Entblätterung in Wärme oder COo bleibt an diesen Blüten nicht aus! Endlich könnte man bei manchen Blüten noch daran denken, daß die Blüten vielleicht durch eine plötzliche Schwellung des Fruchtknotens vorzeitig entblättert würden, spräche nicht dagegen schon die enorme Geschwindigkeit, mit der der Fall der Fetalen eintritt. Einige Versuche mit Oeraniunn pyrenaicum lehrten folgendes: Entfernung der Griffel, der apikalen Hälfte oder fast des ganzen Fruchtknotens verhindert die vorzeitige Entblätterung nicht, woraus zunächst ersichtlich, daß zur Auslösung dieses Vor- ganges weder die Griffel noch der Fruchtknoten nötig sind. Sticht man aber mit einer Starnadel das ganze Gynäceum aus der Blüte aus, so entblättert sie sich zumeist weder in der Wärme noch in COä. Daraus aber darf man auf die Aktivität der Fruchtknoten- basis nicht schließen. Die Entblätterung unterbleibt nämlich meist auch dann, wenn man, ohne das Gynäceum zu verletzen, mit der Starnadel in der Nähe der Befestigungsstellen der Fetalen zwischen den oder unterhalb der Stamina in die Blütenachse sticht oder wenn man Einschnitte in die Anheftungsstellen der Kronblätter selbst macht. Offenbar also ist es der Wundreiz, der alsdann die Ent- blätterung verhindert. Ich habe diese Versuche oftmals mit immer gleichem Erfolge gemacht. Sprechen diese Versuche nur indirekt gegen die Mitwirkung des Fruchtknotens bei der Entblätterung, so tut dies direkt die Beobachtung bei Pelargonkim, daß zwei der Kronblätter ganz isoliert für sich ohne Kontakt mit dem Fruchtknoten oder einem Nektarium sich vorzeitig ablösen. Die Aktivität der Kronblätter bei der vorzeitigen Entblätterung wird aber durch andere Beobachtungen, wie mir scheint, schlagend bewiesen. Nämlich erstens: würden die Fetalen passiv losgerissen, so würde die Wirkung wohl keine andere sein wie dann, wenn mau die Blütenblätter aus der Blüte gewaltsam herausreißt. Ver- 1) Bei Helianthemum vulgare fehlt ein solches Nektarium überhaupt. 16* 244 Sans Fitting, gleicht man die Trennungsflächen solcher gewaltsam abgerissener Fetalen mit freiwillig vorzeitig abgefalleneu, so sieht man völlig verschiedene Bilder: bei jenen ist die Trennungsfläche von zer- rissenen Zellen begrenzt, liegt sie meist auch der Blütenachse mehr genähert; bei diesen wird sie von abgerundeten, unverletzten Zellen gebildet. Diese Beobachtung habe ich bei verschieden alten Blüten von Geninium pyrenaicum und von anderen Arten oftmals gemacht. Und zweitens wird die Aktivität der Kronblätter noch sicherer dadurch erwiesen, daß die Zellen an der Trennungsfläche bei freiwillig abgefallenen Fetalen sich gruppenweise oder einzeln gegeneinander wenigstens hier und da isoliert haben, was bei gewaltsam abgerissenen nicht der Fall ist. Nach alledem scheint mir so viel sicher: "Wo die Blütenblätter sehr schnell infolge verschiedener Reizanlässe vorzeitig abfallen, beruht die Abtrennung der Fetalen auf einer Aktivität des Gewebes an ihrer Basis. Diese Aktivität veranlaßt, wie bei der Entblätte- rung der Blüten am Ende der Anthese, eine Trennung dieser leben- den Zellen voneinander. C. Mechanik der Zellentrenimng bei der vorzeitigen Entblätterung. Nachdem es mir gelungen, die Blüten so außerordentlich schnell vorzeitig zu entblättern, fragt es sich, ob diese seltsamen Reizreaktionen es nicht gestatten, den Mechanismus der plötzlichen Zellenisolierung zu ermitteln. Leider aber ist es bei der außer- ordentlichen Kleinheit und bei der versteckten Lage dieser wirk- samen Zellen recht schwer, dieser Frage durch Versuche beizu- kommen, solange nicht der Zufall ein besonders günstiges Versuchs- objekt kennen lehrt'). Vorläufig muß ich mich damit begnügen, durch einige Beobachtungen und Überlegungen die Fragestellung soweit wie möglich einzuengen. Bei allen Überlegungen über die Mechanik der Zellentrennung muß man jedenfalls die ganz außer- ordentlich große Geschwindigkeit der Trennung besonders ins Auge fassen. Fallen doch die Fetalen nicht selten schon 25 — 60 Sek. nach Beginn der Reizung! Diese Zeit scheint mir zu kurz, um vom ZelHnnern aus die Mittellamellen „zur Verquellung" zu bringen. Gegen eine solche Verquellung spricht auch, glaube ich, die Rück- regulierbarkeit des Reizvorganges und der Mangel einer dauernden 1) Vielleicht sind für Versuche die abgerissenen Kronblätter nicht ungeeignet. Untersuchungen über die vorzeitige Entblätterung von Blüten. 245 Nachwirkung der Reizungen selbst bei einer der Präsentationszeit nahe kommenden Reizdauer. Es ist auch nicht recht ersichthch, warum eine Trennung durch eine solche Verquellung nötig sein sollte, da ich doch gelegentlich, wie bereits erwähnt, an vorzeitig abgefallenen Fetalen beobachtet habe, daß ganz dicht oberhalb und an der Abgliederungsstelle zwischen den teilweise oder ganz iso- lierten Epidermiszellen der Trennungszone die Cuticula und die Außenschichten der Epidermis glatt durchrissen werden, Schichten also, die viel dicker sind als die kaum sichtbar zu machenden Mittellamellen! Irgend etwas von Verquellung der Membran- schichten habe ich zudem niemals gesehen; das gleiche versichert übrigens Kubart (1906, S. 1500) für nicht vorzeitig abgefallene Fetalen. Sonach spricht alles dafür, daß ' die Trennung allein auf er- neutem Membranwachstume oder allein auf Turgeszenzänderungen der wirksamen Zellen oder auf beidem beruht. Unter allen Um- ständen kann, scheint mir, nur eine allgemeine plötzliche Volum- zunahme innerhalb der Trenuungszone alle Beobachtungen ver- ständlich machen'): Ohne eine solche bleibt es unerklärlich, warum manchmal zwischen zwei Epidermiszellen der Trennungszone etwas oberhalb der Abgliederungsstelle die ziemlich dicke Epidermis- außenwand zerrissen wird. Was die Annahme eines plötzlichen Membranwachstums betrifft, so glaube ich ja, in meiner Ranken- arbeit gezeigt zu haben, daß ein solches schon sehr kurze Zeit nach einer Reizung möglich ist. Freilich müßte es bei den Fetalen ganz anders, gewissermaßen disharmonisch in den einzelnen Elementen, einsetzen, die in den Membranen bestehenden Spannungen ver- ändern und wenigstens in der Epidermisaußenwand auf die innersten Membranschichten beschränkt bleiben, um die Zellen voneinander loszusprengen. Im übrigen könnte es lediglich in einer Entspannung der Zellmembranen ohne Einlagerung neuer Substanz bestehen. Mohl hat tatsächhch bei abgefallenen Blütenblättern von Lirio- dendron (1860, S. 276) eine Vergrößerung, ein Wachstum der Trennungszellen beobachtet, ebenso Löwi (1907) bei Blättern, die mittels des „Schlauchzellenmechanismus" sich lostrennen. Wir 1) Die Schlafbewegungen der Blüten, die man z. B. bei Geranien und Erodien findet, haben keinen Einfluß auf die vorzeitige Entblätterung. Die Fetalen fallen gleich schnell bei schlafenden und bei offenen Blüten, während der Öffnungs- und während der Schließbewegungen. Diese Bewegungen werden übrigens ausschließlich oder fast aus- schließlich von den Gewehen oberhalb der Trennungszone vermittelt. 246 S:aiis Fitting, wissen aber nicht, ob die so schnell vorzeitig fallenden Fetalen nicht einem andern Mechanismus der Abtrennung folgen! Fast mehr für eine plötzliche Turgoränderung in den aktiven Zellen als für ein Membranwachstum sprechen nämlich die frappantesten Fälle vorzeitiger Entblätterung, wo die Fetalen schon nach 25 — 50 Sek. fallen. Diese Turgoränderung könnte nach dem vorhin Gesagten nur eine plötzliche Turgorzunahme sein. Das hiermit verbundene Abrundungsstreben, das um so schneller und um so stärker sich geltend machen muß, je kleiner die Zellen sind, könnte die Mittel- lamellen zerreißen und die Epidermisaußenwände samt Cuticula sprengen. Zugunsten dieser Annahme könnte man die Tatsache anführen, daß Chloroform- und Ätherdämpfe, die bei ziemlich hohen Partiärpressungen, und zwar nur bei solchen, vorzeitige Entblätte- rung auslösen, nach Beobachtungen Ff ef fers (1873, S. 64 ff.) u. a. Forscher turgorerhöhend wirken. Kommt aber lediglich Turgor- zunahme ohne Membranwachstum bei der Isolierung der Zellen in Betracht, so kann es keine transitorische sein. Denn ich habe selbst bei stundenlangen Beobachtungen der isolierten Zellen mit dem Okularmikrometer nach der Entblätterung keine Spur einer Volumverminderung feststellen können. Die Tatsache, daß nur turgescente, aber nicht mehr welke Blüten sich vorzeitig entblättern, und daß feuchte Luft die Ent- blätterung begünstigt, kann selbstverständlich gar nichts zur Ent- scheidung der Frage beitragen, ob ausschließlich Membranwachstum oder nur Turgorschwellung oder beides die Fetalen fallen macht. Unter allen Umständen aber muß die Kleinheit der dabei wirksamen Zellen und die isthmusartige Verschmälerung der Fetal- basen als sehr voiteilhaft erscheinen: je kleiner nämlich die Zellen, um so leichter und um so schneller wird eine auch nur geringe Volumänderung ihre Oberfläche wesentlich zu verändern trachten und hiermit eine Bedingung für die Isolierung der Zellen schaffen. So erscheint das Trennungsgewebe vom anatomisch-physiologischen Gesichtspunkte aus als ein zweckmäßig gebautes „Reaiitions"- gewebe zur Vermittlung eines rapid schnellen, vorzeitigen Falles der Kronblätter. Abschnitt IX. Diskussion der Tatsachen. Wer Pflanzen sammelt, wird schon manchmal beobachtet haben, daß diese oder jene Art in der Botanisiertrommel schnell die Untersuchungen über die vorzeitige Entblätterung von Blüten. 247 Kronen der Blüten fallen läßt. Diese ärgerliche Erscheinung dürfte nun ebenso wie die Beobachtung, daß auch in der freien Natur manchmal Blüten sich vorzeitig entblättern, eine einfache Erklärung finden. Hat es sich doch durch meine Untersuchungen gezeigt, wie außerordentlich leicht man durch recht verschiedene Mittel bei vielen höheren Pflanzen in sehr kurzer Zeit die Blütenblätter oder die verwachsenen Kronen vorzeitig zu Fall bringen kann: Chemische Einflüsse, wie Kohlensäure, Tabaksrauch, Leuchtgas, Chloroform, Äther u. a., Erwärmung, Erschütterung der Blüten haben sich als sehr wirksam erwiesen und zwar nicht etwa bloß bei einer geringen Anzahl nahe verwandter Formen, sondern bei einer großen Reihe beliebig herausgegriffener Gattungen aus verschiedenen Familien der Choripetalen- und der Sympetalenreihe. Nicht um eine passive Loslösung, um ein passives Abfallen der Kronen handelt es sich dabei, sondern um eine aktive Abtrennung, um eine Abstoßung eines völlig lebensfrischen, noch nicht völlig ausgewachsenen Organes, also um den Erfolg einer Lebenstätigkeit. Denn der Vorgang wird durch Wärmestane, durch Starre infolge von Sauerstoffmangel, und, wie ich im Abschnitt VIII gelegentlich erwähnt habe, auch durch Wundreiz aufgehoben, solange die Starre nicht dem normalen Zustande wieder Platz gemacht hat. Dieser Lebensvorgang hat so viele Eigenschaften mit den typischen Reizvorgängen gemein: die Nachwirkung des Anlasses, die Summationsfähigkeit unterschwelliger Reize, das Abklingen des Erregungszustandes, die Leitung von der Narbe zu den Petalen, daß man ihn direkt als Reizvorgang bezeichnen muß. In der Tat lassen sich die Beziehungen zwischen den Anlässen und der Ent- blätterungsreaktion kaum anders denn als auslösend vorstellen! Ja diese neu entdeckten Reizvorgänge gehören überhaupt zu den auffälligsten, schnellsten und weitest verbreiteten, die es bei fest- gewachsenen Pflanzen gibt. Nur die seismonastischen Bewegungen der Blätter von Mimosa und Dionaea, von vielen Staubgefäßen und Griffeln sind ihnen in den beiden ersten Eigenschaften überlegen und kommen ihnen in der dritten vielleicht gleich. Aber schon den haptotropischen Bewegungen der Ranken laufen sie den Rang ab. So muß es fast wundernehmen, daß sie bisher verborgen ge- blieben sind. Die vereinzelten, in der Literatur erwähnten Fälle vor- zeitiger Entblätterung von Blüten (nämlich Geranium pusillum durch A. Schulz, die plötzliche Reaktion bei Verhascum nach mehreren Autoren, bei Cistus salviaefolius nach Devaux) haben ja entweder keine oder eine andere und zwar falsche Deutung gefunden. 248 Hans Fitting, Diese Reizvorgänge bilden unter den übrigen Reizerscheinuagen eine Sondergruppe, ebenso wie die nastischen oder tropistischen Bewegungen oder wie die Morphosen usw. Denn es handelt sich bei ihren Erfolgen um einen Vorgang eigener Art, der namentlich entwicklungsphysiologisch bedeutsam ist, nämlich um die plötzliche oder doch wenigstens sehr schnelle Abstoßung eines lebensfrischen Organes, eines Organes, das seine Entwicklung noch nicht ab- geschlossen zu haben braucht und das ohne den äußeren Eingriff noch stunden- oder gar tagelang unter fortdauernder Vergrößerung am Organismus sich erhalten hätte. In der Tat muß man korrekter- weise nicht von vorzeitigem Abfallen, sondern vom Abwerfen, Ab- stoßen der Krone sprechen. Denn die Entblätterungsreaktion wird in einer schon bei der allgemeinen Gewebedifferenzierung der Krone ausgebildeten Zone kleiner, isodiametrischer Zellen an der Grenze zwischen Krone und Blütenachse dadurch hervorgerufen, daß die lebenden Einzelelemente durch plötzliche und schnelle, dauernde Volumzunahme, sei es nun infolge von disharmonischem Membran- wachstume oder von Membranentspannung, sei es durch Turgor- zunahme unter Abrundung sich voneinander trennen. Zweckmäßig könnte es also, auch in Anbetracht der weiten Verbreitung dieser Reizreaktionen, ihrer Auffälligkeit und leichten Auslösbarkeit er- scheinen, ebenso wie z. B. für die nastischen und tropistischen Krümmungen, einen besonderen Terminus für sie zu prägen. Man könnte z. B. diese Abstoßung ganzer lebender Organe, die durch Trennung lebender Zellen infolge eines Reizvorganges bewirkt wird, als Chorismus (von xfoQ'^ystv trennen) bezeichnen und zwar als Nu- tations- Chorismus, falls er durch Membranwachstum, als Variations- Chorismus, falls er durch Turgoränderung der sich trennenden Zellen bewirkt werden sollte^). 1) Aus der entwicklungsphysiologischen Literatur ersehe ich, daß Roux (189G, S. 406) den Ausdruck „Cytochorismus" für das Tier geprägt hat. Er bezeichnet damit Trennung von Furch ungs- und anderen Zellen innerhalb des intakt bleibenden Organis- mus, ohne Rücksichtnahme auf die Mechanik der Trennung und ohne daß die Trennung gerade durch einen Lebensvorgang vermittelt zu werden brauchte. Es wäre vielleicht praktisch, ganz allgemein als Chorismus einen solchen Reizvorgang, sei er nun durch Außen- oder Innenreize vermittelt, zu bezeichnen, durch welchen lebende Zellen infolge der Aktivität eben dieser Zellen voneinander isoliert werden. Hat dieser Reizvorgang die Loslösung ganzer lebender Organe vom Organismus zur Folge, so könnte man von Chorismus schlechthin reden, also von Chorismus der Fetalen, Griffel, Blätter usw. Bleibt der Organismus aber intakt und trennen sich bloß lebende Zellen in dieser Weise in ihm oder zerfällt der Organismus in seine Einzelzellen, so könnte man den Terminus Cyto- Untersuchungen über die vorzeitige Entblätterung von Blüten. 249 Welche Beziehungen bestehen nun aber zwischen den von mir aufgefundenen, recht verschiedenartigen Anlässen und der Ent- blätterungsreaktion? Daß diese Anlässe nicht einfach den Ablauf des gesamten Blühvorganges beschleunigen und hierdurch nur ganz indirekt die Entblätterung veranlassen, sieht man schon daraus, daß es allein die Kronblätter sind, die in nicht ausgewachsenem oder ausgewachsenem Zustande durch die wirksamen Außenfaktoren beeinflußt werden, während die übrigen Blütenteile nach der transi- torischen Reizung ohne Störung sich in normaler Weise weiter- entwickeln. Der Vorgang ist also hier ein ganz anderer, wie bei den Orchideenblüten, wo, wie ich früher zeigte, durch Verwundung der Narbe oder durch Bestäubung mit abgetötetem Pollen der ge- samte Blühvorgang in allen seinen Teilen sich so umschaltet, daß die Weiterentwicklung abgebrochen wird und die Welk- und Absterbevorgänge der ganzen Blüte einsetzen. Von einer solchen Beeinflussung der gesamten Anthese ist auch in jugendlichen Blüten bei der Auslösung der Entblätterung keine Rede^). Dadurch unter- scheidet sich der Chorismus der Fetalen ganz wesentlich von den Vorgängen bei den Orchideenblüten, auch wenn man von der Ver- schiedenheit der Reaktionsmechanismen völlig absieht. Alles spricht dafür, daß die Entblätterung ein direkter Reizerfolg der wirksamen Anlässe nicht in der Gesamtblüte, sondern allein in den Fetalen ist. Und zwar ein Reizerfolg ganz ähnlich direkt bewirkt wie die nastischen Schließbewegungen der Blütenblätter infolge von Wärme- und Lichtschwankungen, die ja nicht die Folge einer auf das Ab- blühen hinzielenden Umschaltung des ganzen Blühvorganges sind und deshalb auch nicht von dem Abblühen der Blüten begleitet zu werden brauchen. Gerade so wie für die Auslösung dieser „Schlaf"- bewegungen die übrigen Blütenteile außer den Fetalen ganz un- nötig sind, so ist auch die Anwesenheit solcher Teile keine Vor- bedingung für das Zustandekommen der Entblätterung: Bei Ge- chorismus anwenden. Ist dagegen kein Reizvorgang autonomer oder aitiogener Art bei der Trennung eines Organes vom Organismus oder bei der Trennung von Zellen oder kein solchei', bei dem die sich trennenden Zellen selbst aktiv sind, beteiligt, so sollte man auch nicht von Chorismus reden. Der Terminus Autotomie für die Selbstverstümmelung von Tieren bleibt wohl am besten für diesen Vorgang reserviert. Die Mechanik dieses Vor- ganges ist wohl stets von dem des Chorismus verschieden. 1) Dies gilt wenigstens für Erschütterung, transitorische Erwärmung und transi- torische Behandlung mit COj und Leuchtgas. Davon habe ich mich auch für letzteres durch besondere Versuche überzeugt. 250 Hans Fitting, ranium habe ich oftmals feststellen können, daß die Fetalen auch in zerschnittenen Blüten noch reagierten, aus denen ich die Griffel, den größten Teil des Fruchtknotens, die Kelchblätter und die Staubgefäße herausgeschnitten hatte, ja daß die Entblätterung auch dann nicht ausbleibt, wenn man die Fetalen dicht oberhalb ihrer Befestigungsstelle abschneidet. Ein Vergleich der Entblätterungs- reaktion mit dem induzierten Abwelken der Orchideenbliiten wäre, scheint mir, nur statthaft, wenn es gelänge, in letzteren ausschließ- lich die Fetalen ohne Beeinflussung der Weiterentwicklung des Gynostemiums und der Gesamtdauer der Blüten durch irgend welche Anlässe welken zu machen. Für meine Auffassung spricht ferner die große Geschwindigkeit, mit der die Entblätterung auf die Reizung folgt: So habe ich ja als kürzeste Reaktionszeiten in GO2 für Verhascum thapsifonne 30 Sek., für Linum perenne und usitatissimum, Erodium ciconium, Borago officinalis und Verbascum Lychnitis 1 — 2 Min., bei Erwärmung für Linum-, Verbascum- Arten, Veronica chamaedrys und Borago 25 — 60 Sek., nach Erschütterung bei Verbascum 45 Sek. bis 2 Min. gefunden. Läßt man also meine Auffassung als berechtigt gelten, daß die Entblätterung eine ebenso direkt durch die wirksamen Faktoren ausgelöste Reizreaktion in den Blütenblättern ist wie die Fhoto- nnd die Thermonastie, so läßt sich unter Verwendung des Terminus Chorismus sagen: es gibt bei vielen Blüten einen Chemochorismus durch Kohlensäure und Leuchtgas, einen Thermochorismus und einen Seismochorismus. Ob die Entblätterung durch Tabaksrauch, Chloroform und Äther direkt dem Chemochorismus durch CO2 an die Seite gesetzt werden kann und ebenso, ob es berechtigt ist, den Chorismus, der durch die Bestäubung und ihre Folgen aus- gelöst wird, direkt den genannten Chorismen, im besonderen dem Chemochorismus, anzugliedern, läßt sich noch nicht klar übersehen. Dasselbe gilt für die Entblätterung der Blüten, die auf eine Ver- wundung der Griffel bei Erodium Manescavi folgt: es bleibt frag- lich, ob man hier von einer Art Traumatochorismus durch Ver- mittelung einer Reizleitung reden darf. In allen diesen Fällen nämlich kann man zurzeit nicht sicher entscheiden, ob der vor- zeitige Fall der Fetalen nicht die Folge einer allgemeinen Um- stimmung der Blüte, so wie bei den Orchideen, ist. Ein Trau- matochorismus durch Verwundung der Fetalen, des Blütenbodens, der Staubgefäße, der Kronenbasen ist mir bei keiner der unter- suchten Arten vorgekommen. Ebensowenig habe ich trotz mannig- Untersuchungen über die vorzeitige Entblätterung von Blüten. 251 facher Versuche einen Photochorisrnus, etwa durch plötzhche Be- Hchtung oder durch plötzliche Verdunkelung beobachtet. Vielleicht gelingt es, ihn noch bei geeigneten Formen zu entdecken. Auch ein Hydrochorismus ist mir nicht begegnet, wenn auch Feuchtigkeit die Chorismen begünstigt, wie schon Wiesner (1902, S. 87) und Kubart (1906, S. 1501) bei nicht vorzeitig sich entblätternden Blüten gefunden haben. Ob Abkühlung wirksam ist, habe ich bis- her ebensowenig untersucht wie die interessante Frage, ob ein Chemochorismus auch durch Substanzen ausgelöst wird, die in Wasser gelöst sind. Vielleicht also glückt es weiterhin, noch eine ganze Menge aitionomer Chorismen zu ermitteln. Den durch Außenreize induzierten Chemo-, Thermo-, Seismo- und Traumatochorismen muß man ferner noch anschließen den Autochorismus, teils in vorzeitigem, teils in normalzeitigem Falle der Kronen sich äußernd, für den Innenreize verantwortlich zu machen sind. Da es recht verschiedene äußere Anlässe sind, die die vor- zeitige Entblätterung der Blüten auslösen, so wird man weiter zu untersuchen haben, ob es Eigenschaften gibt, die allen gemeinsam sind, Eigenschaften, die etwa für die Auslösung maßgebend sein könnten. Es liegt ja der Gedanke nahe, daß alle Anlässe durch eine Schädigung der Blüten wirken, oder besser gesagt nicht der Blüten, sondern der Fetalen. Zunächst ist aber darauf hinzuweisen, daß mit dem bewertenden Begriffe „Schädigung" in der Physiologie ebensowenig eine kausale Einsicht angebahnt werden kann wie mit dem Begriffe „pathologisch". Zweitens aber löst nicht jede, bei genügend langer Dauer selbst tödlich verlaufende „Schädigung" der Blüten den Chorismus der Fetalen aus: die Blüten entblättern sich z. B. nicht in Ammoniakdämpfen. Ich habe solche Versuche mit mannigfachen Variationen, aber stets mit negativem Erfolge ge- macht. Auch ist es wenig glaubhaft, daß eine Erwärmung auf 34 — 35° während weniger oder gar nur einer Minute (S. 220), eine kurzdauernde Übertragung in 5 "/o CO2 oder gar eine nicht sehr heftige Erschütterung einer Infloreszenz die Blüten schon namhaft zu „schädigen" vermöchte oder daß die unbestäubten Blüten end- lich durch eine Selbstschädigung autonom sich entblättern. Man wird sich also darauf beschränken müssen, zu sagen, die Anlässe lösen ebenso wie bei anderen Reizreaktionen die Entblätteiung durch irgendwelche Veränderungen im lebenden Systeme aus, und zu untersuchen, ob diese Veränderungen für alle Anlässe gleich 252 Hans Fitting, oder verschieden sind. Ein Urteil wird durch einen Vergleich ihrer Wirkungsweise in gewissem Grade möglich sein. Übereinstimmung herrscht zwar bei sämtlichen Formen insofern, als stets junge Blüten, welche Anlässe auch wirksam sind, ihre Kronen langsamer als alte vorzeitig fallen lassen. Diese Eigentümlichkeit beruht aber offenbar nur auf Verschiedenheiten in dem Reaktionsvermögen. Sonst aber findet man viele Unterschiede in der Reaktionsbefähi- gung und dem Reaktionsablaufe, wenn man die Wirkungen der einzelnen Anlässe miteinander vergleicht. So schon bei Leuchtgas und Kohlensäure! In Leuchtgas fallen auch die Fetalen der jüngsten Blüten, z. B. bei Geranium pratense, motte, pusülum und Robertianum , während in Kohlensäure G. motte nnd pusülum die Fetalen selbst der ältesten Blüten so gut wie gar nicht, G. JRo- hertianum und pratense nur die der ältesten Blüten fallen lassen. Im Gegensatze zu CO2 ist aber Leuchtgas nach meinen Beobachtungen, wenigstens in gleich geringen Mengen, wie sie bei Geranium-'Blüten. verwendet wurden, ohne deutlichen Einfluß auf die Blüten von Verbascum thapsiforme und V. Lychnitis sowie aui Linum perenne, usitatissimum und alpinum. Kohlensäure wirkt bedeutend schneller als Leuchtgas; zur Auslösung sind aber große Fartiärdrucke nötig, während Leuchtgas schon in minutiösen Spuren verhängnisvoll ist. Endlich gibt es selbst an große Mengen CO2 eine auffallend schnelle „Gewöhnung" (sie spricht auch gegen die „Schädigungs"- Hypo- these!), nicht dagegen an sehr kleine Quantitäten Leuchtgas. Die sehr viel größeren Reaktionszeiten bei Einwirkung von Leuchtgas können natürlich nicht auf den Mangel des Reaktionsvermögens in den Fetalen zurückgeführt -werden: in CO-, oder bei Erwärmung entblätterten sich ja gleich alte, ja noch jüngere Blüten stets schon nach einigen Minuten! Dem Leuchtgas scheint der Tabaksrauch im wesentlichen zu entsprechen. Ahnliche Verschiedenheiten wie zwischen Leuchtgas und Kohlensäure gibt es auch zwischen jedem von ihnen und Wärme, wenn auch in der Wirkung zwischen Kohlensäure und Wärme viele Übereinstimmung besteht. Doch reagiert z. B. Geranium motte bei Erwärmung, nicht aber in Kohlensäure. Das gleiche gilt für G. pusülum. Ferner gegen Erschütterung empfindlich ist Verbascum, aber nicht oder kaum die in CO2 und in Wärme hervorragend reagierenden Blüten von Linum, Erodium, Geranium und Borago. Nach Bestäubung reagiert sehr schnell Erodium Manescavi, sehr Untersuchungen über die vorzeitige Entblätterung von Blüten. 253 langsam der in Wärme viel reaktionstüch tigere Borago, gar nicht Linum und Verbascum. Alle diese Verschiedenheiten lassen sich wohl nur so verstehen, daß jeder Einfluß seine besondere Wirkungs- art hat und daß es eine spezifisch verschiedene Empfindlichkeit gegen Kohlensäure, gegen Leuchtgas, gegen Erschütterung, Wärme usw. gibt, wenn auch die verschiedenen Anlässe sämtlich durch chemische Veränderungen in dem lebenden Systeme wirken dürften. Daß solche z. B. in den Fetalen schon nach kürzester Dauer der Reizung, nämlich zum mindesten schon nach 1 — 2 Sek , tatsächlich vorkommen, werde ich später bei anderer Gelegenheit beweisen. Da möglicherweise die Trennung der aktiv wirksamen Zellen allein durch Zunahme des Turgors bedingt wird, so könnte man daran denken, daß vielleicht irgendwelche im Zellsafte vothandenen Körper durch die Anlässe einfach gespalten werden. So einfach ist der Vorgang aber sicher nicht. Das geht schon aus den Starren hervor. Zu ermitteln bleibt ferner, worin eigentlich der Reizanlaß be- steht: im Übergange in die neue Konstellation oder aber in der dauernden Einwirkung der Anlässe. Bei CO2 scheint das erstere der Fall, wie die schnelle Gewöhnung zeigt. Leuchtgas und Tabaksrauch wirken dagegen vielleicht unabhängig vom Übergange. Besonders schwierig ist die Entscheidung für die Wärme. Daß schon kurze Erwärmung genügt, zeigen die Versuche mit intermittierender Reizung. Andere Versuche sind nicht entscheidend ausgefallen. Nämlich Blüten, die einige Zeit im Wärmekasten bei 35" gestanden hatten, entblätterten sich bei 43—45" ganz ebenso schnell wie die aus 16 — 20". Und Blüten, die ganz allmählich im Thermostaten von 20" aus bis auf 44" erwärmt wurden während 20—40 Min., ließen ihre Fetalen wenigstens zum Teil noch fallen. Bei den übrigen könnte schon Wärmestarre eingetreten sein. Sehr interessant ist die Zunahme der „Empfindlichkeit" , die man mit dem Altern der Blüten gegenüber verschiedenen Reiz- anlässen beobachten kann: so z. B. gegenüber Kohlensäure und gegenüber Wärme. Wie weit es sich um eine wirkliche „Empfind- lichkeits" -Steigerung, wie weit nur um eine Interferenzerscheinung zwischen Abnahme der Reaktionszeit und eintretender Gewöhnung handelt, muß weiteren Überlegungen und Versuchen zu entscheiden überlassen bleiben. Bei meinen Versuchen hat sich eine in wenigen Stunden sicht- bare, höchst auffällige Wirkung der Laboratoriumsluft durch mi- 254 Hans Fitting, nutiöse Leuchtgasmengen gezeigt, die als neu zu den bisher be- kannten, wie Hemmung des Wachstums, Beeinflussung der geo- tropischen und phototropischen Sensibilität und der Anthocyan- bildung, den nastischen Bewegungen bei den Blättern von CaUisia ("Wächter 1905), endlich Welken der Blütenknospen und der Blüten bei der Nelke (Crocker und Knight Lee 1908) hinzu- kommt. Da Wächter Blattbewegungen bei CaUisia auch durch Tabaksrauch wie ich Entblätterung bei Blüten erzielt hat und da selbst Atmungsluft infolge des Gehaltes an CO2 wenigstens bei älteren Blüten wirksam ist. so sieht man, welche große Vorsicht künftighin bei physiologischen Versuchen nicht bloß bezüglich Leuchtgas nötig ist. Welche Bestandteile des Leuchtgases auf die Blüten wirken, habe ich nicht untersucht. Der Gehalt an COo kommt jedenfalls nicht in Betracht. Von besonderem Interesse erscheint mir endlich die Tatsache, daß einige Einflüsse durch Vermittelung der Griffel auf die Fetalen auslösend einwirken: so namentlich die Verwundung der Griffel bei Erodium Manescavi und vielleicht auch der Pollen bei dieser Art und bei Geranium pijrenaieum. Durch diese Beobachtung bei Erodium, die freilich durch weitere Versuche noch zu vertiefen ist, ist etwas Ahnliches über die Bedeutung der Narbe bei den Diko- tylen ermittelt wie früher von mir für die Orchideen, doch ist jene Beobachtung insofern noch interessanter, weil Erodium einen ober- ständigen Fruchtknoten hat. Es muß also der durch die Ver- wundung der Griffel veranlaßte Eingriff irgendwie durch den Frucht- knoten hindurch bis zu den Basen der Fetalen geleitet werden^). Die Fetalen selbst scheinen nicht gegen Verwundung empfindlich. 1) Kerner gibt in seinem Pflanzenleben (II, 1891, S. 286} an, eine Blüte von Linum granälflonim habe sich bestäubt noch 35 Stunden, eine andere unbestäubt 80 Stunden gehalten, bei AnagaUis Phüippi sei die Krone einer bestäubten Blüte nach 4 Tagen, einer unbestäubten nach 6 Tagen abgefallen. Er zieht aus diesen Beobachtungen folgenden Schluß: „Man kann sich diese Erscheinung nur durch die Annahme erklären, daß die Veränderungen, welche durch die sich entwickelnden Pollenzellen in dem Gewebe der Narben hervorgerufen werden, sich von diesem ihrem ersten Angriffspunkte auf immer weitere Kreise erstrecken, daß von denselben schließlich auch die Blumenblätter betroffen werden, und daß durch die chemischen Umsetzungen und molekularen Umlagerungen, welche sich von dem Narbengewebe und von dem Fruchtknoten bis zur Blumenkrone fortgepflanzt haben, eine plötzliche Trennung des Zusammenhanges der Blumenblätter mit dem Blütenboden und eine ebenso plötzliche Veränderung im Turgor der Blumenblätter veranlaßt wird". Daß die Beobachtungen Kerners solche Folgerungen in keiner Weise rechtfertigen, liegt auf der Hand. Untersuchungen über die vorzeitige Entblätterung von Blüten. 255 Die biologische Bedeutung der vorzeitigen, so schnellen Ent- blätterung vieler Blüten durch die verschiedenartigsten Einflüsse ist mir nicht klar geworden. Ich möchte es beinahe bezweifeln, daß es überhaupt eine solche gibt. Ein Vorteil könnte den Formen wohl nur dadurch eventuell erwachsen, daß die Blüten sich bald nach der Bestäubung entblättern. Aber gerade dies ist merk- würdigerweise bei vielen, sonst äußerst reaktionstüchtigen Blüten, wie Linum perenne, usitatissimum und Verhascum, nicht der Fall. Vielleicht also sind die aitionomen Chorismen der Fetalen ebenso zu bewerten wie viele andere Reizvorgänge, deren Bedeutung man biologisch nicht begreifen kann! Denkbar wäre es, daß die Fetalen auf CO2, Erwärmung, Erschütterung usw. vorzeitig einfach deshalb reagieren, weil eine in dem Chorismus sich äußernde Reaktions- befähigung, die nach Ablauf der Blütendauer autonom in Anspruch genommen wird, um die Fetalen abzustoßen, schon frühzeitig vor oder bei Beginn der Anthese sich ausbildet. Von großem Interesse wäre also die Frage, ob nicht bei allen Arten, bei denen die Fetalen lebensfrisch abfallen, wenigstens am Ende der Anthese, kurz vor der autonomen Entblätterung, eine Empfindlichkeit der Fetalen gegen verschiedene Außenreize besteht. Eingehendere Erfahrungen darüber fehlen mir zwar, doch sprechen manche Be- obachtungen gegen diese Annahme. Sieht man also auch die biologische Bedeutung der Chorismen nicht ein, so versteht man durch meine Untersuchungen doch, wie es kommt, daß an schönen, sonnigen Sommertagen die besonnten Linum-, Erodium-, HelianthemumStöcke u. a. so früh am Morgen ihre „Blüten" verlieren. Eine Erwärmung der Fetalen auf 35^ wird bei lebhaft gefärbten Kronblättern leicht möglich sein. So entsteht die Frage, ob große Empfindlichkeit von Blüten gegen Erwärmung (oder auch COo) nicht vielleicht Einfluß auf die Lebensweise mancher Fflanzen gewonnen hat, indem sie diese von solchen Stand- orten fernhält oder verdrängt, auf denen infolge des Thermo- chorismus und des dadurch bedingten Fortfalles eines wichtigen An- lockungsmittels die Blüten unbefruchtet bleiben. Schließlich möchte ich noch darauf hinweisen , daß die von mir aufgefundenen aitiogenen Chorismen vielleicht einiges neue Licht auf andere Abstoßungsvorgänge bei Fflanzen zu werfen ge- eignet sind. Solche sind ja sehr weit verbreitet: Blätter, Zweige, Internodien, Früchte, männliche und unbefruchtete Zwitterblüten, Winterknospen, Brutknospen, Staubgefäße, Griffel u. a. Organe 256 Hans Fitting, lösen sich im normalen Entwicklungsverlaufe vom Organismus los und zwar meist auch so, daß lebende Zellen innerhalb einer Trennungszone sich voneinander trennen: Zwar wird bei Blättern und Internodien häufig erst kurze Zeit vor der Trennung durch Zellteilungen eine besondere Trennungsschicht differenziert; Regel ist dies indessen durchaus nicht (Mohl 1860, S. 276, Tison 1900, S. 264, Kubart 1908), nicht einmal, scheint's, für Laubblätter (siehe auch von Bretfeld 1879/81). Gewiß wird man berechtigt sein, viele dieser Vorgänge als eigentliche Chorismen zu bezeichnen. Übereinstimmung herrscht zwischen ihnen und der Abstoßung der Fetalen auch darin, daß sie sich vielfach vorzeitig oder überhaupt erst durch äußere und zwar, scheint's, recht verschiedenartige Ein- griffe hervorrufen lassen. Man denke nur an die vielen Anlässe des vorzeitigen Falles selbst noch nicht völlig ausgewachsener Blätter, die namentlich Wiesner in einer Reihe von Arbeiten uns kennen gelehrt hat: bald soll Trockenheit, bald feuchte Luft, bald Hitze, bald Kälte die maßgebende Bedingung sein. Die Entblätterung kann schon nach wenigen Tagen, z. B. bei Gymnocladus im feuchten Räume schon nach 48 Stunden (Mohl 1860, S. 273), erfolgen. Auch andere Organe werden offenbar durch recht verschiedene Umstände zur Lostrennung veranlaßt: Internodien von Ephedra graeca und Viscum alhum lösten sich im dampfgesättigten Räume voneinander (Molisch 1886, S. 149), die von Crassula in ver- hältnismäßig trockener Zimmerluft (S. 151), bei Goldfussia im feuchten Dunkelraume (S. 163) und in 2Vä % Oxalsäurelösung (Wiesner 1905, S. 56), bei Begonia ascotiensis (Molisch 1886, S. 166) in Dunkelheit. Ahutilon wirft die Blütenknospen nach Ein- topfung (Molisch S. 158), Begonia tuberosa Blüten und Blüten- knospen in warmen, geheizten Zimmern (Molisch S. 158). Azolla stößt alte Wurzeln verhältnismäßig leicht ab durch sehr verschieden- artige Einflüsse (Pfeffer 1886), Ligustrum die reifen Beeren im Dunkeln (Molisch 1886, S. 166). Ja selbst Kohlensäure und Leuchtgas scheinen so zu wirken: Brown und Escombe (1902, S. 406 ff.) fanden, daß Nicotiana, Cucurbita und Fuchsia Blüten- knospen, Impatiens platypetala die Blätter und die Internodien schon in Luft mit 0,114 7o COo abstießen. Demoussy (1903) freilich schreibt diese Wirkungen Verunreinigungen der Kohlen- säure zu, da er bei Verwendung gereinigter CO2 solche Erfolge selbst bei viel höheren Konzentrationen nicht erzielte. Furlani (1906) fand den Blattfall sowohl durch Entzug der CO2 wie bei IJiitersuchtingen über die Torzeitige Entblätterung von Blüten. 257 1,5 — 4% COä beschleunigt. Brizi (zit. nach Sorauer 1909, S. 738) erzielte durch Acetylen Entblätterung bei Evonymus ja- ponicus, Lorbeer und Weinstock, Shonnard (1903, zit. nach Crocker u. Knight 1908) durch Leuchtgas bei der Zitrone. Ich selbst habe bei Mimosa pudica, bei der sich, wie ich bei früheren Untersuchungen beobachtet hatte, leicht vorzeitige Abstoßung der Fiederblättchen hervorrufen läßt, in Leuchtgasatmosphäre schon nach 2 — 3 Tagen die Fiederblättchen, die Fiederstrahlen und die Hauptblattstiele, desgl. die Infloreszenzstiele abstoßen sehen. Was aber alle diese vielleicht sämtlich als Chorismen zu be- zeichnenden Fälle nicht unwesentlich von der vorzeitigen Ab- stoßung der Blütenblätter unterscheidet, ist nach den vorliegenden Angaben zweierlei: erstens die Länge der zur Abstoßung nötigen Zeit (ein bis viele Tage) und zweitens der Umstand, daß nach all- gemeiner Annahme es sich bei jenen Abstoßungsvorgängen nicht um eine so direkte Reizwirkung der Anlässe zu handeln scheint wie bei den Blüten. Bei den Blättern z. B., die vorzeitig fallen, nimmt Wiesner wohl mit Recht an, daß durch die wirksamen Anlässe zunächst die Lebenstätigkeit der Blätter beeinflußt und indirekt erst dadurch die Abtrennung eingeleitet wird. So denken sich auch Brown und Escombe die Abstoßung von Organen in COä-haltiger Luft dadurch ganz indirekt bewirkt, daß die CO2 die Ernährungstätigkeit der Blätter stört. Die indirekte Verknüpfung der Abstoßungsreaktion mit den Außonanlässen tritt dann besonders deutlich hervor, wenn wie so oft zunächst ein Trennungsgewebe durch Zellteilungen gebildet werden muß! Nach meinen Beobachtungen erhebt sich nun aber die Frage, ob nicht doch manchmal die Anlässe auch bei diesen Chorismen direkt auf die Zellen der Pflanze so wirken, daß sie sich in be- sonders reaktionsfähigen Gewebeschichten voneinander isolieren und zwar schon in sehr kurzer Zeit: in wenigen Minuten oder Sekunden. Man denke auch au die Beobachtung von 0. Richter, daß Kampfer, Naphthalin, Thymol, Benzol, Chloroform, Äther u. a. bei der Kartoffel völligen Zerfall des Gewebes in die lebenden Einzel- zellen, freilich nicht in so kurzer Zeit, hervorrufen! Bei Mimosa pudica, dem einzigen verwendeten Objekt, habe ich bisher mit CO«, Wärme, heftigen Erschütterungen nur negative Ergebnisse gehabt. Und ferner wird zu untersuchen sein, ob nicht vielleicht dann und erst dann, wenn durch verschiedenartige Anlässe die Reaktionsbefähigung geweckt ist, durch plötzliche Einwirkung ge- Jahrb. f. wiss. Botanik. XXilX. 17 258 Hans Fitting, wisser Einflüsse eine äußerst schnelle Abstoßung der Organe aus- gelöst werden kann. Vielleicht spielt diese plötzliche Reaktion in den herbstlichen Laubfall hinein, wenn nach plötzlichen Temperatur- schwankungen morgens die Blätter in großer Menge abgestoßen werden. Das wichtigste Ergebnis meiner Beobachtungen in reiz- und entwicklungsphysiologischer Hinsicht scheint mir jedenfalls der Nachweis, daß schon in äußerst kurzer Zeit durch recht verschiedene Anlässe lebende Zellen durch einen eigentümlichen Reizvorgang sich voneinander trennen lassen. Möglich, daß auch in vielen Fällen, wo nicht ganze Organe abgestoßen werden, sondern nur Zellschichten von Zellschichten oder Zellen von Zellen sich trennen, etwas derartiges im Spiele ist, namentlich wenn die Trennung plötz- lich eintritt wie bei der Eröffnung der Antheren, mancher Arche- gonien usw. Sollte diese Isolierung allein auf Turgorsteigerung beruhen, so könnte man mit dieser Reizreaktion vielleicht die plötz- liche Schwellung der Lodiculae bei der Auslösung der Anthese beim Getreide vergleichen, falls hier wirklich ein Reizvorgang vor- liegt (Tschermak 1904). Wie vorsichtig man freilich bei der Beurteilung der Trennungsmechanik lebender Zellen sein muß, ist schon daraus ersichtlich, daß durch recht verschiedenartige Vor- gänge gleiches erzielt werden kann. Man denke nur an Beneckes (1893) Analyse des Zerfalls der Konjugatenfäden in die Zellen, an Tisons Behauptung (1900, S. 266), daß bei Blättern die Abstoßung häufig die Folge einer Verschleimung der Mittellamellen sei und an Löwis (1907) Entdeckung des „Schlauchzellenmechanismus". So muß man vielleicht sogar darauf gefaßt sein, daß nicht einmal immer sämtlichen aitionomen Chorismen der Fetalen die gleiche Me- chanik zugrunde liegt. — Ich hoffe, meine früheren Untersuchungen an Orchideenblüten und die jetzigen über aitionome Chorismen haben wieder einmal ge- zeigt, wie viel noch auf dem Gebiete der Blütenphysiologie sich tun läßt, auf einem Gebiete, das durch die Bearbeitung der Be- stäubungseinrichtungen und die fast ausschließlich teleologische Be- trachtungsweise bei der Betrachtung der Blüten viele Jahre über Gebühr in den Hintergrund gedrängt worden ist. Iliitersuchungen über die vorzeitige Entblätterung von Blüten. 259 Abschnitt X. Zusammenfassung der wichtigsten Ergebnisse. Bei Blüten, deren Petalen am Ende der Anthese völlig frisch und turgeszent abfallen, kommt es vor, daß sie sich vorzeitig ent- blättern, noch ehe die Narben konzeptionsfähig geworden sind. Im Anschluß an diese Beobachtungen bei Oeranium pyrenaicum habe ich mir in dieser Arbeit die Aufgabe gestellt, diese Erscheinung genauer zu studieren. Meine Untersuchung lehrte eine große Anzahl sehr ver- schiedenartiger Anlässe kennen, die die vorzeitige Abstoßung der Kronen bei vielen Chori- und Sympetalen, und zwar vielfach in geradezu verblüffend kurzer Zeit: in wenigen Sekunden oder Mi- nuten, auslösen. Stets entblättern sich ältere Blüten schneller als jüngere, bei denen die Petalen in noch unausgewachsenem Zustande abgestoßen werden. Es gibt G-ewächse, deren jüngste, gerade erst aufgeblühte Blumen schon reagieren. Bei anderen tritt die Reaktion erst an den allerältesten, dem Ende der Blütendauer nächsten Blüten ein. Zahllose Übergänge finden sich zwischen beiden Gruppen. Vorzeitige schnelle Abstoßung der lebensfrischen Kronen habe ich beobachtet I. durch chemische Einflüsse, wie A. Laboratoriumsluft infolge von Leuchtgasspuren. Reaktionszeit bei Oeranium pyrenaicimi 2 — 6 Stunden, je nach Alter der Blüten. Alle untersuchten Geraniaceen ließen vorzeitig die Petalen fallen, selbst an den allerjüngsten Blüten. Blumen anderer Familien reagierten nicht. B. besonders Kohlensäure. Dieser Faktor ruft viel schnellere Reaktion hervor als Leuchtgas. Bei Oeranium pyrenai- cum betrugen die kürzesten Reaktionszeiten bei den ältesten Blüten mit empfängnisfähigen Griffeln 3 — 12 Min. (meist 5 — 8 Min.), bei den jüngsten 18-250 Min. (meist 25 — 35 Min.). Mit dem Alter der Blüten nimmt die „Empfindlichkeit" gegen COd bedeutend zu. Alte Blüten reagieren schon aut 4— 5 7o, so auch in menschlicher Expirationaluft, woraus ersichtlich, daß schon Verunreinigungen der Laboratoriumsluft durch CO2 für die Pflanzen nicht belanglos sind! Die maximale Entblätterungsgescli windigkeit wird bei alten Blüten von G. pyrena/cuin mit spreizenden Griffeln schon erreicht in ca. 10 7o CO2, bei ganz jungen erst in 40 — 50% CO2. 17* 260 lluns Fitting, An Kohlensäure tritt im Gegensatze zu Leuchtgas ziemlich schnell Gewöhnung ein. Dagegen gibt es, scheint's, kaum eine CO2- Starre. Reaktionsfähigkeit gegen Kohlensäure fand ich bei höheren Pflanzen weit verbreitet. Dabei beobachtete ich fabelhaft kleine Reaktionszeiten, z. B. bei Verbascum thapsifonne 30 Sekunden; bei Linum perenne und usitatissitnum, Erodium ciconium, Borayo officinalis und Verhascum LyeJinitis 1 — 2 Minuten. C. Tabaksrauch. Wirkt wie Leuchtgas schon in ganz ge- ringen Mengen. D. Chloroform- und Ätherdämpfe in hohen Partiär- pressuugen. E. Salzsäuredämpfe. IL durch thermische Einflüsse. Bei Oeranium pyrenaicum entblättern sich die Blüten nur dann, wenn man sie auf über 40^ erwärmt. Nur die ältesten lassen die Petalen schon in 37 — 39*^ fallen. Die kürzesten Reaktions- zeiten betragen 2V2 Minuten, bei ganz jungen Blumen 6 — 10 Mi- nuten. Dampfsättigung der Luft hat großen Einfluß auf die Re- aktionszeiten. In nicht gesättigter Luft sind sie viel größer als angegeben. In warmem Wasser tritt die Reaktion besonders schnell ein. Auch die Reaktionsbefähigung auf Erwärmung ist bei vielen Pflanzen, häufig mit äußerst kleinen Reaktionszeiten, ausgebildet: z. B. 25 — 60 Sekunden bei Linwm-Arten, Borayo officinalis, Ver- hascum-Kri^n, Veronica chamaedrys. Bei Erodium Manescavi und Linum perenne genügt schon Erwärmung auf 33 — 34'^ zur vorzeitigen schnellen Abstoßung der Petalen. III. merkwürdigerweise auch durch Erschütterung. So bei Verhascum- Kr ten. Reaktionszeit bei V. thapsiforme 45 Sekunden bis 5 Minuten (meist 1—3 Minuten). Sonst nur noch bei wenigen geprüften Pflanzen, wie Veronica chamaedrys, V. gentianoides, V. crassifolia, Cistus salviaefolius und monspeliensis beobachtet. IV. Vorzeitige Entblätterung der Blumen in sehr kurzer Zeit läßt sich aber bei manchen Pflanzen auch auslösen durch die Be- stäubung. Bestäubte Blumen von Geranium pyrenaicum lassen Untersuchungen über die vorzeitige Entblätterung von Blüten. 261 schon nach 1 — IV2 Stunden, solche von Erodium Manescavi gar schon nach 40 — 60 Minuten die Fetalen fnllen. Borago officinalis stößt die Kronen erst nach 2V2 — 7 Stunden ab. Sehr eigenartig ist die Tatsache, daß Bhimen, die so überaus reaktionsfähig bei Erwärmung oder in CO^ sind, wie Linuin perenne, L. usitatissi- mum, L. alpiniim und Verbascum thapsifornie, durch die Bestäubung nicht auffällig beeinflußt werden. y. Von ganz besonderem Interesse ist die Beobachtung, daß bei Erodium Manescavi sogar Verwundung der Griffel die Fe- talen fallen macht und zwar ebenfalls nach 30-100 Minuten. Das ist der erste Fall aus einer anderen Familie wie der der Orchideen, bei dem sich der Nachweis erbringen läßt, daß die Narbe in der Blüte eine besondere physiologische Bedeutung neben ihrer Bestimmung als Folienabladeplatz hat. Er ist besonders merkwürdig, weil Erodium einen oberständigen Fruchtknoten hat. — Die vorzeitige Entblätterung der Blüten ist ein Lebensvor- gang. Denn sie bleibt aus, solange die Blüten wärmestarr, starr durch Sauerstoffmangel sind. Sie ist aber auch ein Reizvorgang. Denn es gibt eine Nach- wirkung z. B. der Wärme; die Fräsentationszeit beträgt in 45*^' bei ganz alten Blüten 30 — 60 Sekunden, für ganz junge 2 — 3 Minuten, d. h. Vs — V2 der Reaktionszeiten. Es gibt auch eine Summation unterschwelHger Einzelreize und ein völliges Abklingen der indu- zierten Erregung. Eine dauernde Nachwirkung einer Erwärmung von etwas kürzerer als Fräsentationszeitdauer besteht nicht. Die Abtrennung der Fetalen erfolgt in einem schon bei der allgemeinen Gewebedifferenzierung ausgebildeten, meist kleinzelligen Gewebe an der Basis der Fetalen dadurch, daß die lebenden Zellen sich trennen. Diese Trennung ist wohl kaum Folge einer Ver- quellung der Mittellamellen. Mit ihr verbunden ist eine allgemeine Volumzunahme des Trennungsgewebes. Letztere beruht entweder auf plötzlichem disharmonischem Membranwachstum e oder aus- schheßHch auf plötzlicher, bleibender Turgorerhöhung oder auf beidem. Das Trennungsgewebe erscheint als ein recht zweckmäßig gebautes Reaktionsgewebe. Alle meine Beobachtungen sprechen dafür, daß die vorzeitige Abstoßung der Krone nicht eine Folge der Beschleunigung oder einer Umschaltung der ganzen Blühvorgänge ist. Die Entblätterung ist vielmehr ein direkter Reizerfolg der wirksamen Anlässe, ebenso wie die Schlaf bewegungen der Fetalen, die durch Licht- oder 262 Hans Fittiug, Wärmeschwankungen ausgelöst werden. Nennt man also die Ab- stoßung eines Organes, die durch Trennung lebender Zellen infolge eines Reizvorganges bewirkt wird, meinem Vorschlag entsprechend Chorismus des Organes, so gibt es einen Chemo-, Thermo-, Seismo- chorismus, gerade wie Chemo-, Thermo-, Seismonastie; daneben auch einen Autochorismus. Die als wirksam nachgewiesenen Reizanlässe rufen die Ent- blätterung nicht durch eine „Schädigung" der Blüten hervor. Jeder Anlaß hat vielmehr seine besondere Wirkungsart und offenbar gibt es eine spezifisch verschiedene Empfindlichkeit der Fetalen gegen Kohlensäure, gegen Leuchtgas, gegen Erschütterung, Wärme usw. Biologische Bedeutung haben die aitionomen Chorismen wohl nicht. Dagegen sind sie vielleicht manchmal von Einfluß gewesen auf Beschränkung der Blütezeiten oder die Auswahl der Standorte. Von besonderem Interesse scheint mir in entwicklungsphysio- logischer Hinsicht der Nachweis, daß schon in äußerst kurzer Zeit durch recht verschiedene Anlässe lebende Zellen oder ganze Organe vermittelst eines eigentümlichen Reizvorganges sich voneinander trennen lassen. Ich habe darauf hingewiesen, in welcher Hinsicht aus dieser Entdeckung neue Fragestellungen für die sonstigen Ab- stoßuugsvorgänge entspringen, die es sonst bei Pflanzen in so großer Zahl gibt. Straßburg i. E., Botanisches Institut, im September 1910. Zitierte Literatur. 1898. Benecke, W., Mechanismus und Biologie des Zerfalles der Conjugatenfäden iu die einzelnen Zellen. Jahrb. f. wiss. Bot., Bd. XXXII, 1898, S. 453 ff. 1879/81. Bretfeld, von. Über Vernarbung und Blattfall. Jahrb. f. wiss. Bot., Bd. XII, 1879/81. Brizi, TJ. , Sülle alterazioni prodotti alle piante coltivate dalle principali emana- zioni gasose degli stabilimenti industriali. Staz. sperim. agrar. ital.. Vol. 36. 1902. Brown, H. T. u. 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Mit 7 Textfiguren 129 Einleitung 129 Versuche mit Blättern von Vitis vinifera 133 Versuche mit Blättern 135 Vorversuche 136 Vorversuche für die Trockengewichtsmethode 143 Versuche mit operierten Blättern 150 Versuche mit Blättern, deren Blattstiel gebrüht worden war 156 Versuche mit chloroformierten Blättern 164 Ringelungsversuche 175 Zusammenfassung einiger Resultate 181 Literatur -Verzeichnis 18C Hans Fitting. Untersuchungen über die vorzeitige Entblätterung von Blüten. Mit 3 Textfiguren 187 Abschnitt I. Der normale Blüh Vorgang bei Geranmm jjyrenaicum . . . 188 Abschnitt II. Vorzeitige Entblätterung von Blüten durch chemische Einflüsse 190 A. Erste Versuche mit Geranium pyrenaicum und ihre Analyse . . . 190 B. Vorzeitige Entblätterung durch Laboratoriumsluft 192 C. Vorzeitige Entblätterung durch Kohlensäure 197 D. Vorzeitige Entblätterung durch andere Chemikalien 206 Abschnitt III. Vorzeitige Entblätterung durch thermische Einflüsse . . . 207 Versuche mit anderen Formen 218 Abschnitt IV. Vorzeitige Entblätterung infolge von Erschütterungsreizen . . 220 Abschnitt V. Vorzeitige schnelle Entblätterung durch die Bestäubung . . 224 Abschnitt VI. Vorzeitige Entblätterung durch Verwundung der Narben oder Griffel 228 Abschnitt VII. Charakter des Entblätterungsvorganges 229 A. Wärmestarre 229 B. Starre durch Sauerstoffmangel 232 C. Anästhesierung 234 D. Nachwirkung der Wärme 234 266 ivhAh. Seite E. Summation unterschwelliger Einzelreize 237 F. Abklingen des induzierten Vorganges 238 Abschnitt VIII. Die Mechanik der vorzeitigen schnellen Entblätterung . . 239 A. Anatomische Befunde 239 B. Versuche und Beobachtungen über die Art der Trennung .... 241 C. Mechanik der Zellentrennung bei der vorzeitigen Entblätterung . . 244 Abschnitt IX. Diskussion der Tatsachen 246 Abschnitt X. Zusammenfassung der wichtigsten Ergebnisse 259 Zitierte Literatur 262 Beiträge zur Entwicklungsgeschichte und Physiologie des pflanzlichen Zellkerns. I. Die Kerne von Antithamnion cruciatum f. tenuissima Hauck und Antithamnion plumula (EUis) Thur. Von Jos. Schiller (Triest). Mit Tafel I und II und 15 Textfiguren. Durch das Studium der marinen Algen hatte ich oft Gelegen- heit, ihre sehr merkwürdigen Kernverhältnisse kennen zu lernen. Die Frage nach den genetischen und physiologischen Beziehungen zwischen Zellkern und Piastiden resp. Chromatophoren verlangte ein eingehenderes Studium der Zellen und Kerne der höheren Pflanzen. Durch günstige Umstände an der k. k. zoologischen Station sowie durch an der Anstalt arbeitende fremde Forscher bot sich Gelegenheit, tierische Zellen aus eigener Anschauung kennen zu lernen. Das Gesehene drängte mich ganz entschieden auf die Seite jener Forscher, die den Kern als den wichtigsten Bestandteil der Zelle ansehen^). Da es gelang, auch die Ent- stehung der Piastiden aus dem Zellkerne zu verfolgen, konnte ich in der zitierten Studie die Bedeutung und dominierende Stellung des Kernes stärker betonen als dies bisher unter den Botanikern geschah. Auch Haberlandt^) hat in der letzten Auflage seiner Physiologischen Pflanzenanatomie ^) einer modernen Auffassung der Bedeutung des Kernes Ausdruck gegeben. Beim Studium der sich mit physiologischen Kernfragen be- schäftigenden Literatur zeigte es sich, daß wenige, sichere Beispiele 1) Jos. Schiller, Die Bedeutung des Kernes auf Grund neuerer Untersuchungen. Jahresher. d. k. k. Staatsrealschule in Triest, 1908/09). 2) Leipzig 1909, S. 21 f. Jahrb. f. wiss. Botanik. XLIX. 18 268 Jos. Schiller, von normalen vegetativen Zellen bekannt sind, in denen der Kern durch seine Lage, seine Gestalt, seinen Bau und seine Tätigkeit einwandfrei seine Bedeutung selbst klar de- monstriert. Hierfür schienen mir zunächst die in einfach gebauten jungen Sprossen vorhandenen Kerngenerationen zweckentsprechend zu sein, die sich oft durch weite Strecken hin in deutlichen Zellreihen ver- folgen lassen. Da aber die einzelnen Zellen solcher Reihen von den Nachbarzellen in einer uns noch ziemlich unklaren Weise be- einflußt werden (beispielsweise können wir über die Richtung der zuströmenden organischen und anorganischen Substanzen nichts Sicheres sagen), gab ich dieses Untersuchungsmaterial vorderhand bald ganz auf, da mir für meine ersten Untersuchungen Fadenalgen und ähnlich gebaute Pilze geeigneter schienen. So erwies sich die Rhodophyceen- Gattung Antithamnion als für obige Zwecke sehr geeignet unter den Algen. Bei dieser Pflanze ist bekanntlich ein fadenförmiger Thallus vorhanden, der aus ziemlich großen, nackten Zellen besteht, die nahe ihrem oberen Ende gegenständige oder wirtelige Kurztriebe abgeben. Die Kerne der Zellen der Fadenachse sind alle genetisch gleichwertig und lassen sich von der Scheitelzelle bis hinab zur Basis in allen Stadien auf das beste verfolgen, da die einzelnen Entwicklungsstadien der Kerne wie an einer Schnur aneinander ge- reiht folgen. Bei der Untersuchung suchte ich der Hauptsache nach folgende Fragen zu beantworten: 1. Welche Form und Größe besitzen die Kerne der aufeinander folgenden Zellen der Hauptachse und der eventuellen Nebenachsen (Langtriebe, Kurz- triebe)? 2. Welchen Bau und Inhalt zeigen jene Kerne? 3. Wie verhalten sie sich gegenüber Verdunkelung und Reagentien? 4. In welchem physiologischen Zusammenhange mit der Zelle steht Lage, Form und Inhalt der Kerne? Die spezielle Untersuchung erstreckte sich auf zwei Spezies der Gattung Antithamnion, nämlich A. cruciatum (Ag.) /. tenuissima Hauck Herbar und A. plumula (EUis) Thur. Erstere Pflanze stammt aus einer Kultur, die ich seit April 1908 besitze und die gut gedeiht; letztere sammelte ich von Ende Februar bis Ende No- Beiträge zur Entwicklungsgesch. und Physiologie des pflanzlich. Zellkerns. 269 vember in regelmäßigen Zwischenräumen im Golfe von Triest an einer bestimmten Stelle beim Triester Leuchtturm. Meine Hoffnung, die Kerne lebend studieren zu können, mußte ich aufgeben, da sie von den intensiv gefärbten Chromatophoren ver- deckt werden und trotz Anwendung verschiedener Hilfsmittel doch nicht scharf und in ihrem ganzen Umfange zu sehen sind. Als gute Fixierung für Rotalgen wende ich seit einiger Zeit besonders ein Gemisch von gleichen Teilen absolutem Alkohol und konz. Subli- matlösung in Aqua destillata an und füge auf je 100 ccm 3 ccm konz. Eisessig hinzu. Darin bleiben die Algen durch 10 — 20 Min., worauf mehrmaliges Waschen in Alkohol von zunächst 50 Vo? dann 30 °/o erfolgt. Aus diesem gelangen sie auf 2 Stunden in Jod- meerwasser, um das Sublimat ganz zu entfernen. Das Jod wurde in 30 "/o Alkohol ausgewaschen. Darin blieben zugleich die Algen solange, bis sie ungefärbt erscheinen. Nach Abspülen in destill. Wasser erfolgte die Färbung in Hämatoxylin nach Delafield (be- zogen von Grübler) in der Weise, daß zu je 2 ccm der Farblösung .5 ccm destill. Wasser gegeben wurden. Hierin blieben die Objekte durch 5 Stunden, worauf Auswaschen in Leitungswasser und sodann die Differenzierung in schwacher Salzsäure in üblicher Weise vor- genommen wurde. Der Kern erscheint danach sehr schön und distinkt gefärbt. Auch Eisenhämatoxylinfärbung ergab gute Resultate. A. Antithamnion cruciatwm f, tenuissi/ma, I. Die Stämmchen und Langtriebe. Wie schon Schmitz^) nachwies, enthält diese früher zw. Calli- thamnion eingereihte Gattung in jeder Zelle nur einen einzigen Kern. Dieses Verhalten ist um so auffälliger, wenn man die sonstigen weitgehenden morphologischen und entwicklungsgeschicht- lichen Übereinstimmungen der beiden Gattungen berücksichtigt. Bei der Gattung Callithamnion in der jetzigen Umgrenzung sind die Kerne meist klein und von typischem Bau. Ein einziger Nu- kleolus ist fast Regel. Das gilt auch für Seirospora Oriffithsiana Harv. (Callithamnion scirospermum Griff.). 1) 0. Schmitz, Üher die Zellkerne der Thallophyten. Sitzungsher. d. nieder- rheinischen Gesellsch. in Bonn, erschienen in den Verhandl. des naturh. Ver. der preuß. Eheinlande u. Westfalen, 1880, Sitzungsber. S. 125. 18* 270 Jos. Schiller, Betrachten wir in der Scheitelzelle und den nächstfolgenden Zellen den Kern, so läßt sich konstatieren, daß er einen großen Teil der Zelle (Vs — V2 des Vol. der Zelle) ausfüllt, daß er von annähernd kugliger Gestalt ist und keine scharfe Umgrenzung gegen das Plasma besitzt (Taf. I, Fig. 1, Scheitelzelle). In der Scheitel- zelle sowie in den fünf folgenden Zellen der sich entwickelnden Fadenachse ist der Kern ringsum von Plasma umgeben, das auch die Zelle selbst vollständig ausfüllt. In den darauf folgenden, bis ungefähr zur 12. Zelle der Achse entstehen allmählich Vakuolen, so daß das Zellinnere von Plasraasträngen durchzogen erscheint, die an den Kern herantreten. Da aber eine eigentliche Kern- membran fehlt, so treten Kernsubstanz und Zellplasma in unmittel- bare Berührung. Der Kern der Scheitelzelle ist kuglig oder eiförmig, ohne jede bei 1200 X Vergrößerung sichtbare Membran. Sein dichter Inhalt erscheint fein gekörnelt; ein eigentliches, bei jener Vergrößerung sichtbares Kernreticulum ist nicht vorhanden. Der Nukleolus ist sehr groß und dicht. Er färbt sich intensiv; ein Hof ist niemals vorhanden. Seine Lage hat der Kern immer am unteren Ende in jener Partie der Zelle, in welcher die Teilung erfolgt (Taf I, Fig. 1). Der Scheitelzellkern ist also charakterisiert: 1. Eine Abgrenzung der Kernsubstanz vom Zellplasma durch eine gewöhnliche Membran fehlt. 2. Der Kern weist eine dichtere Struktur als das Plasma auf; ein netziger Bau ist nicht zu konstatieren. 3. Der Nukleolus ist sehr groß und nie von einem Hof umgeben. Die eben abgegliederte Zelle hat die Form einer niedrigen Scheibe, deren Kern klein und vielfach ebenfalls scheibenförmig abgeplattet ist. Diese sowie die nächstfolgenden (5 — 9) Zellen wachsen stark heran, bleiben aber dabei noch isodiametrisch. Auch der Kern vergrößert sich. Dabei zeigen sich folgende Verände- rungen: 1. Die Kernsubstanz wird dichter, als sie in der Scheitel- zelle war. 2. Der winzig kleine Nukleolus des Kernes der eben von der Scheitelzelle gebildeten Zelle wird immer größer, färbt sich aber allmählich weniger stark. Sein Bau wird ein stetig lockerer. In seiner Mitte macht sich oft eine hellere rundliche Partie be- merkbar. 3. Die Kernmembran erscheint nirgends deutlich ent- wickelt. 4. Das Zellplasma enthält in den ersten 5 Zellen noch keine oder nur sehr kleine Vakuolen in ihren ersten Anfängen. 5. Die Chromatophoren lassen sich von der 5. Zelle an als kleine Platten bei stärkerer Vergrößerung (800 X) unterscheiden. Beiträge zur Entwicklungsgescli. und Physiologie des pflanzlich. Zellkerns. 271 Die Kerne (Taf. I, Fig. 3 — 12) stellen Typen dar, wie sie sich in den aufeinander folgenden Zellen des 1 — 4 cm langen Haupt- stämmchens vorfinden. Davon stammen die Kerne (Fig. 4 — 6) aus den oberen, Fig. 7—10 aus den mittleren, Fig. 11 aus den unteren Partien des Sprosses, während der Kern der Fig. 12 einer nahe der Basis gelegenen Zelle angehört. Die Form der Kerne ist zunächst noch eine kuglige (Fig. 3). Diese Kugelform geht aber alsbald über in eine ovale, wobei der Längsdurchmesser den Querdurchmesser immermehr an Länge über- trifft. Indessen bleibt in der Folge die ovale Form nicht rein er- halten (Fig. 8 — 11). Außer diesen gezeichneten Kernformen treten in manchen Zellen einzelner Pflanzen ganz abweichend gestaltete Kerne auf, die aber infolge ihres selteneren Auftretens für die Be- urteilung der Kernverhältnisse ohne Bedeutung sind. Analog mit den Zellen höherer Pflanzen geht auch hier das Längenwachstum der Kerne parallel mit dem der Zelle, so daß den längsten Zellen auch die längsten Kerne angehören (Fig. 6 — 11). Vollständig ver- loren geht aber die ovale Form der Kerne den untersten Zellen (Basalzellen) der Pflanzen, da sie sich immer mehr abrunden (Fig. 12). Dasselbe ist auch sofort der Fall, sobald durch Frag- mentation aus dem ovalen Kerne zwei oder mehrere hervorgehen. Seine Lage nimmt der Kern fast ausnahmsweise in der Mitte oder etwas oberhalb der Mitte der Zelle ein. Die jüngsten Kerne sind infolge Fehlens einer Membran sehr beachtenswert. Allen anderen kommt hingegen stets eine solche zu; sie ist teils zarter, teils derber entwickelt. Das Kerngerüst ist in diesen älteren Kernen stets vorhanden, kann aber durch An- lagerung von meist kleineren seltener größeren Chromatinpartikelchen mitunter etwas unklar werden. Die Maschen des Gerüstes sind in den oberen Kernen sehr klein (Fig. 3, 4). In den folgenden Kernen erscheinen sie etwas weiter (Fig, 5, 7, 8), und in den Kernen der mittleren Zellen der Achse sind sie am weitesten (Fig. 11). Merk- würdigerweise erscheinen die Kerne der untersten Zellen infolge Verengerung der Maschen des Kernnetzes wieder dichter. Be- sonders hinweisen möchte ich auf die Kerne Fig. 6 und Fig. 11. Bei ersterem ist das Netzwerk recht undeutlich geworden; es macht einen verwischten Eindruck. Dasjenige des Kernes in Fig. 11 da- gegen wies große Hohlräume auf und überdies ließ sich auch hier das Netzwerk streng verfolgen. 272 Jos- Schüler, Die Kerne der Scheitelzelle und der nächstfolgenden noch embryonalen Zellen sind infolge des Fehlens der Membran in innigstem Kontakte mit dem Plasma der Zelle. Während das Plasma in den Scheitelzellen den Kern vollständig einhüllt, somit jener Kontakt sich auf die ganze Oberfläche des Kernes erstreckt, wird er in den unterhalb der Scheitelzelle folgenden Zellen all- mählich ein partieller, da Vakuolen auftreten und nur Ausläufer der Kernsubstanz in das Plasma dringen (Fig. 2). Bei den in Fig. 5, 8, 9 gezeichneten Kernen gehen die polaren Enden in eine feine Spitze aus, die unmerklich in einen sehr zarten Plasmastrang (Kinoplasma) übergeht. Ich habe zwar nicht die Fixierung mit Osmiumdämpfen und die entsprechende Weiterbehandlung vor- genommen, wie sie Lidforss^) angibt; aber jede gute Fixierung läßt die Kernfortsätze erkennen. An fortsatzlose Kerne (Fig. 6, 7) treten Stränge von dichterem Plasma heran. Wo sie die Kern- oberfläche treffen, ist die Membran nicht dünner. Die Struktur der Plasmastränge läßt auf Strömungen schließen (Fig. 7). Als geformter Kerninhalt sollen im nachfolgenden Chromatin- kömchen und Nukleolen angesprochen werden. Erstere sind meist klein und treten in den aufeinander folgenden Kernen meist recht unvermittelt auf (s. Taf. I, Fig. 4 u. 5, 6 u. 7). Von besonderem Interesse sind die Nukleolen, da sie uns zweifellos ein Urteil auf die Tätigkeit und Arbeitsleistung des Kernes erlauben. Wie schon oben erwähnt, zeichnet sich der Nu- kleolus der Scheitelzelle durch ganz besondere Größe, durch seine dichte homogene Substanz und sein intensives Farbvermögen aus. Alle diese Eigenschaften teilen in etwas verringertem Grade die Nukleolen der nächstfolgenden 5 — 9 Zellen (Typus Fig. 2). Mit der Auflockerung des Plasmas der Zelle geht auch eine Auflockerung des Nukleolus vor sich. Zunächst entsteht im Innern des Nukleolus eine weniger färbbare Partie (Fig. 3). Sein Tinktionsvermögen nimmt in den folgenden Zellen noch mehr ab, wie uns die Fig. 4, 5 u. folg. zeigen sollen. Eine gröbere Körnelung des Nukleolus läßt sich nicht in Abrede stellen (Fig. 4). Diese gröbere Körne- lung wird immer feiner (Fig. 6 ff.). Damit parallel laufend kon- statiert man, daß die ursprünglich scharfe Umgrenzung (s. Fig. 4) 1) B. Lidforss, Über kinoplasmatische Verbindungsfäden zwischen Zellkernen und Chromatophoren. Lunds Universitäts Arsskrift, N. F,, Afd. 2, Bd. 4, No. 1 : Kongl. fysiogr. Sällskapets Handl., N. F., Bd. 19, Nr. 1. Beiträge zur Entwicklungsgesch. und Physiologie des pflanzlich. Zellkerns. 273 schwindet (Fig. 6); die kugelige Form geht in eine polygonale über, wobei die Ecken spitz und ausgezogen erscheinen (Fig. 6, 7 ff.), als würden Fortsätze in die umliegende Kernmasse dringen. So- bald diese Veränderungen im Nukleolus auftreten, vergrößert er sich außerordentlich rasch und bald tritt eine Zerteilung auf. Diese Vorgänge veranschaulicht deutHch Fig. 7. Während dieses raschen Wachstums hat der Nukleolus seine körnelige Struktur ver- loren. Nach der Zerteilung des Nukleolus in zwei kann der eine Teil oder beide Teile sehr rasch wiederum zerteilt werden (Fig. 8), so daß man in einem Kerne 3, 4 und noch mehr Kernkörper von verschiedener Gestalt und Größe findet. Auf ihr Auseinander- weichen sei aber noch ganz besonders hingewiesen! Zunächst noch eng aneinander liegend (Fig. 8), entfernen sich die Teilprodukte alsbald voneinander (Fig. 9, 10), wobei die kleineren Nukleolen ihre Lage im Zentrum des Kernes sofort aufgeben und gegen dessen Peripherie wandern. Da sie dabei an Färbbarkeit^und Größe ver- lieren, sehe ich mich mit^ Rücksicht auf analoge Beobachtungen und Deutungen anderer^ Autoren bei anderen Objekten auch hier zu der Annahme genötigt, daß diese nukleolaren Veränderungen auf eine langsame Auflösung zurückzuführen sind, wobei die Nu- kleolarsubstanz in gelöster Form austritt. Ein Austreten von ge- formter Substanz aus dem Kerne konnte niemals gesehen werden. Für die Richtigkeit dieser Deutung spricht zunächst die oben gegebene Entwicklungsgeschichte der Nukleolarsubstanz. Würden wir die Deutung umkehren und in jenen blauen kleinen nukleolaren Körperchen der Kernperipherie entstehende Nukleolarsubstanz er- blicken, dann müßte sich dieselbe im Kernzentrum aufspeichern, sie würde "zur Reservesubstanz, für deren etwaige Verwendung die Entwicklung der Sprosse keine Anhaltspunkte gibt. Nukleolen' der oben beschriebenen Art (Fig. 6 — 10) finden sich in den ausgewachsenen Zellen des^ Hauptstammes und der mit gleich großen Zellen versehenen Nebenäste. Ganz abweichend sind da- gegen die Kerne der nahe der Basis gelegenen Zellen (Fig. 11, 12). In bezug auf die Kerngröße stimmen sie bisweilen noch mit den Zellen^ aus der mittleren Region überein (Fig. 11), meistens nimmt aber" ihre Größe rasch nach unten ab, so zwar, daß die unteren Kerne zur Größe der Kerne der oberen Zellen (Fig. 4, 5) herab- sinken. Mit dieser Größenabnahme geht wieder die Reduktion der Nukleolarsubstanz Hand in Hand, sowohl was Menge, als auch was Masse anbelangt. Nukleolen solcher Kerne wie in Fig. 11 färben 274 J°^* Schiller, sich schwach, sie enthalten Vakuolen und haben ein homogenes, glasiges Aussehen. Noch weiter ist die Reduktion des Kernes samt Nukleolarsubstanz in den noch tiefer gelegenen Kernen (Ty- pus Fig. 12) gegangen. Das Maschenwerk der Kerne wird un- deutlicher, der Nukleolus hat noch mehr von seinem Färbungs- vermögen eingebüßt und macht im Vergleich zu den übrigen einen völlig degenerierten Eindruck. Zur Zeit starken Wachstums der Pflanzen im Frühjahr verhält sich die Nukleolarsubstanz von dem soeben Gesagten teilweise ab- weichend. Man findet in dieser Zeit in den Zellen der mittleren Partien der Stämmchen einen großen runden Nukleolus und um ihn herum kleinere in größerer Auswahl (4—9), welche von dem großen abgeschnürt werden. II. Kurztriebe. Die Kerne der Scheitelzellen der noch wachsenden Kurztriebe erinnern an die Kerne der Scheitelzelle der Hauptstämmchen. Diesen stehen sie aber in bezug auf die Größe sehr nach. Hin- gegen ist die Grenze des Kernes gegen das umliegende Plasma gleichfalls keine scharfe; der in Einzahl vorhandene Nukleolus ist groß und dicht. Auch darin stimmt die Kernsubstanz der Scheitel- zelle der Kurztriebe mit den oben beschriebenen überein, daß sie weniger dicht als das Zellplasma ist. Die nach unten folgenden Zellen besitzen nur einen sehr kleinen Kern mit einem winzigen Kernkörperchen, das fast stets in Einzahl vorhanden ist. Dieses Aussehen kommt allen Kernen der Zellen der Kurztriebe (vgl. Textfig. 1 h) mit alleiniger Ausnahme der Basalzelle zu, die auf einer Zelle des Hauptstammes oder eines Langtriebes sitzt. Diese Basalzelle (Textfig. 1 ä) besitzt einen auffallend großen Kern mit dichtem Netzwerk, großem und stark färbbarem Nukleolus. Ein solcher Kern erinnert sofort an die schon oben beschriebenen Kerne aus der obersten Region der jungen Stammzellen (Taf. I, Fig. 3). Dieser auffallende Unterschied gegenüber den anderen Kernen der Kurztriebzellen drängte sich dem Interesse um so mehr auf, da er jederzeit und überall zu beobachten war. Über die Ursachen seines abweichenden Verhaltens werde ich weiter unten sprechen, da zu- nächst noch ein anderes sehr auffälliges Verhalten der Basalzellen zu erwähnen ist. Die im vorigen Herbste bis Mitte Dezember angefertigten Prä- parate zeigten mir alle die Basalzelle so, wie dies die Abbildung Beiträge zur Entwicklungsgesch. und Physiologie des pflanzlich. Zellkerns. 275 der Zelle in Textfig. la zur Anschauung bringt. Das hier nicht mitgezeichnete reichlich vorhandene Plasma besaß, von den manch- mal vorhandenen geringen Stärkemengen abgesehen, keine weiteren geformte und färbbare Substanzen. Dagegen fielen mir in den heuer von April ab gemachten Präparaten die Basalzellen von in Delafieldschem Hämatoxylin gefärbten Material sofort durch ihre tief blauschwarze Färbung in die Augen. Bei stärkerer Vergrößerung zeigte sich die Ursache: Die Basalzellen enthielten tiefblau gefärbte Körner in wechselnder Menge und Größe. Die genaue Untersuchung ergab folgendes. Schon die jüngsten, eben von der Zelle des Hauptstammes abgetrennten Kurztriebbasal- zellen führen die kleinen, rundlichen Körperchen in ihrem dichten plasmatischen Inhalte in wech- selnder, meist geringer Anzahl (Taf. I, Fig. 13). Die älteren Kurztrieb - Basalzellen führen sie dagegen in größerer Anzahl, oft massenhaft, so daß die Zelle ganz angefüllt erscheint (Text- figuren 2—7). In diesem Falle lassen sich auch in der nächstfolgenden event. auch noch in der nächsten Zelle der Seitenzweige die fraglichen Körner beobachten. Die ursprünglich winzigen, nur mit starker Vergrößerung sicht- baren Körnchen sind von rundlicher Gestalt (Textfig. 2, 3, 4). Sie wachsen rasch, unter Umstän- den bei Verdunkelung sogar sehr rasch binnen wenigen Stunden zu ansehnlichen Kör- nern heran, wobei sie ent- weder ihre runde Gestalt be- wahren oder eine ganz un- regelmäßige Gestalt annehmen (Textfiguren 5, 6, 7). Neben kleinen treten unvermittelt größere auf (Textfig. 4). Die größeren Körner teilen sich (Textfig. 4). Eigentümliche Bildungen weisen die beiden Zellen in Textfig. 6, 7) auf. Hier erwecken die Körner den An- schein, als ob sie Fortsätze zwischen den Inhalt der Zelle aus- senden würden. Dieser besteht aus Stärkekörnern, mit denen die Fig. 1. a die Basalzelle eines Kurztriebes, b die nächstfolgende Zelle. Vergr. 1000. Fig. 2. Basiszelle mit entsteh. Körnchen. Kern in Ruhelage. Vgr. 1000. Fig. 3. (Kurztrieb) - Basiszelle mit lebhaft wachsenden rund. Körnchen. Kern in das Zentrum vorger. 276 Jos. Schiller, Zelle vielfach in den mittleren Partien der Pflanzen ganz angefüllt erscheint (Textfig. 2, 4, 6). Jene Fortsätze könnten mithin nicht direkte Bildungen der Körner selbst sein, sondern durch Pressung ihrer weicheren Substanz seitens der harten Stärkekörner entstanden sein. Auch die halbkreisförmigen Eindrücke lassen sich leicht als durch die anliegenden runden Stärkekörner hervorgebracht erklären. Indessen konnte ich in der in Textfig. 7 dargestellten Zelle diese Ausbuchtungen 'und Fortsätze sehr gut beobachten, ohne daß die Immersion Stärkekörner oder sonstige geformte Inhaltskörper er- kennen ließ. Desgleichen ist die Oberfläche der beiden großen Körner in Textfig. 4 glatt, wiewohl gleichfalls die Zelle mit Stärke ganz erfüllt ist. Erklären lassen sich diese beiden Fälle wohl in dem Sinne, daß im ersteren Falle die Stärke aufgelöst wurde und verschwunden ist, im zweiten der bis jetzt auf die großen Körner Fig. 4. Basiszelle mit zwei großen, , sich) teilenden Körnern und vielen kleinen. Kerni.Euhe. Tergr. 1000. Fig. 5. Basiszelle mit ganz un- regelmäßig gestalteten Körnern. Zelle mit Inhalt dicht angefüllt. Vergr. 1000. Fig.:;6. Basiszelle mit einem einzigen, groß aus- gehuchteten Korn. Daneben einige winz. kleine Körnch. Kern inRuhe.^ Vgr. 1000. „ Fig. 7. Basiszelle mit vielen Körnern, die mit Fort- sätzen versehen und ausgebuchtet sind. Stärke in fester Form nicht vorhanden. Vergr. 1000. seitens der Stärkekörner ausgeübte Druck — wenn ein solcher überhaupt schon vorhanden — zu klein war. Ob also die Fortsätze und Eindrücke der größeren Körner aktiver Natur sind, d. h. auf ein Gestaltungsvermögen der Körner selbst zurückgehen, oder ob sie passiver Natur, d. h. durch den Druck anliegender Stärkekörner hervorgerufen, das läßt sich aus den morphologischen Befunden allein nicht ganz sicher klarstellen. Hämatoxylin nach Delafield färbt siel^ weit^ntensiver'als^die Nukleolen; sie erscheinen tief blauschwarz gefärbt. Boraxkarmin erzeugt nur eine schwach rötliche Färbung. In Jod erscheinen sie schwach gelblich braun, in Jodjodkali stark gelblich braun. Sal- petersäure konz. X Wasser im Verhältnis 3 : 1 läßt sie unverändert Beiträge zur Entwicklungsgesoh. und Physiologie dos pflanzlich. Zellkerns. 277 im "Verlaufe von 30 Min. Diese Reaktionen sagen leider nur, daß die Körner aus einer Eiweiß-Verbindung bestehen ^). Der Entstehungsgeschichte nach könnten die fraglichen Körner aus dem Plasma oder dem Kerne stammen. Sie liegen in der Zelle zerstreut, ohne daß sich ein Ort nennen ließe, an dem sie wenigstens während einer gewissen Zeit oder während eines bestimmten Ent- wickelungsstadiums hauptsächlich vorkämen. Ich glaube mit Rück- sicht auf die Chromidien-Epidemie im besonderen noch betonen zu müssen, daß ich sehr darauf achtete, ob zunächst eine lokale Be- ziehung zum Kerne irgendwie vorhanden sei. Das war aber nie der Fall. Zwar findet man sie auch in der Nähe des Kernes, dessen Membran sogar anliegend, sowohl größere als auch kleinere Körner. Das Plasma ist zwar meist wie ganz allgemein im Pflanzen- reich in der Umgebung des Kernes dichter (Fig. 13) und gerade die kleinsten Körnchen sind in seiner unmittelbarsten Nähe. Ver- gleichen wir aber die folgenden Textfiguren 2, 3, 4! Hier sind die kleinsten Körnchen am weitesten vom Kerne entfernt. Was ich in meinen Präparaten zu sehen bekam, ließ auf einen Ursprung aus dem Kerne in keinem Falle schließen; wohl aber wiesen die Größenverhältnisse der Körner und ihre Lage auf eine Entstehung im Plasma der Zelle hin. Zu diesen Resultaten gelangt man auch, wenn man die Zellen vieler Pflanzen zu verschiedenen Jahres- und Entwicklungszeiten vergleichend prüft. Die Kerne der Kurztrieb-Basalzellen an den oberen Teilen der Pflanzen enthalten ein dichtes Maschenwerk, in welchem niemals geformte oder färbbare Bestandteile außer dem in Einzahl vorhandenen Nukleolus vorkommen. Gerade hier müßte eine Bildung und ein Austreten der Körnchen im Kerne resp. aus demselben zu sehen sein. Die Kerne der basalen Kurztriebzellen an den mittleren und unteren Teilen der Pflanzen sind kleiner als die in weiter oben gelegenen Zellen und offenbar in einem zeit- weiligen Ruhezustande (Textfig. 2, 4), wie dies aus ihrer konstanten Lage in der unteren Ecke der Zelle in der Richtung gegen das Stämmchen, sowie aus dem Umstände erhellt, daß die Zellen vielfach Stärke speichern. Diese Kerne sind auf keinen Fall mehr imstande, Substanzen in größerer Menge zu produzieren und nach außen abzugeben. Es fehlen somit dem Kerne alle jene Momente, 1) Nach Absendung des Manuskripts wurde ich auf morphologisch ähnliche Bildungen aufmerksam, die K. Shibata (Cytolog. Stud. über die endotrophen Mykorrhizen, diese Zeitschr., Bd. XXXYII, S. 655) in den Pilzvesikeln bei Psilotum triquetrutn beschreibt. 278 Jos. Schiller, unter denen wir sonst im Pflanzen- und Tierreiche die Chromidien- Bildung vor sich gehen sehen. Somit gibt auch die Entwicklungsgeschichte keinen Anhalts- punkt, diese Körner als aus dem Kerne entstehend, als Chromidien, zu bezeichnen. Sie müssen somit im Plasma entstehen, wofür unten auch ein direkter Beweis erbracht werden wird^). Der Frage nach der Bedeutung und der Funktion der Körner stelle ich voran die Frage nach den Ursachen des abweichenden Verhaltens der Basalzelle der Kurztriebe gegenüber den anderen Zellen derselben. Auf diese Frage erhielt ich die Antwort leicht durch den Umstand, daß ich die Pflanzen in regelmäßigen Ab- schnitten durch ein ganzes Jahr hindurch untersuchte. Dadurch zeigte es sich, daß zu gewissen Zeiten von Februar bis Anfang September die Kurztriebäste bis auf die Basiszelle abfallen, worauf diese Zelle einen neuen Kurztrieb produziert. Es kommt aber auch der Fall vor, daß die Basiszelle einen Kurztrieb bildet, bevor noch der alte abgefallen ist. Dieser geht in der Folge langsam zugrunde. Somit stellt der Kern der Basiszelle einen dauernd teilungsfähigen Zellkern dar, wozu dessen Größe sowie der reichliche Zellinhalt notwendige Bedingungen sind. Da die Körner gerade vor und während der Periode, in welcher die Kerne Teilungen eingehen und den neuen Kurztrieb bilden, am reichlichsten vorhanden sind, mußte es scheinen, als ob sie beim Aufbau der neuen Organe als Baumaterial Verwendung finden würden. Auch liefern zweifellos die Kohlehydrate Stoffe zu ihrer Bildung, da gerade während des Auftretens der Körner eine Stärkeabnahme in den Stammzellen und den Kurztiiebzellen oft — nicht immer — sicher festgestellt werden konnte. Auch läßt sich die Form der größeren Körner dahin auslegen, daß sie durch ihre Fortsätze und Einbuchtungen, mögen diese nun aktiv oder passiv entstanden sein, die Stärkekörner umgeben und sie dadurch leichter zur Auflösung bringen können. Zwei Tatsachen sprechen noch ganz besonders dafür, daß die Körner ein rasch zur Verfügung stehendes Baumaterial darstellen. 1. Schreitet die Basiszelle des Kurztriebes zur Bildung eines neuen Astchens, was durch Ausstülpung ihrer Membran frühzeitig kund wird, so verlieren in der Folge die Körner an Größe und 1) Welchen indirekten Anteil der Kern durch Substanzabgabe in gelöster Form (Kernstoffwechsel -Zwischenprodukte) hat, läßt sich wohl vorderhand kaum entscheiden. Beiträge zur Entwicklungsgesch. und Physiologie des pflanzlich. Zellkerns. 279 ihre substantielle Veränderung zeigt sich in ihrem immer geringer werdenden Färbungsvermögen gegenüber Delafieldschem Hämatoxylin. Liegen die fraglichen Körner auch, wie schon oben erwähnt, in der zweiten oder dritten Zelle des Kurztriebes, so färbt sich zur Zeit ihrer Auflösung das Plasma des Tüpfelkanales, der in die Basiszelle führt, intensiver blau als sonst. 2. Sind die Pflanzen, bei denen ich mich durch Stichproben überzeugt hatte, daß sie die Proteinkörner nicht führten, der Ver- dunkelung ausgesetzt, so traten schon nach ca. 16 Stunden die ersten Spuren derselben auf. Es waren ungemein kleine scharf begrenzte Körperchen, die massenhaft wie schwarze Punkte zerstreut im Plasma verteilt lagen. Nach 36 Stunden waren sie größer geworden, ohne daß ihre Zahl vermehrt zu sein schien. Nach 48 Stunden hatte ihre Größe abermals zugenommen, wobei einige Körner ohne erkenn- baren Grund den übrigen in der Größe sehr vorausgeeilt waren. Nun trat aber jene oben angedeutete Beziehung zwischen der Neubildung von Kurztrieben und dem Auftreten der Körnchen deutlich zutage, da die verdunkelten Pflanzen vielfach ihre Kurz- triebe bis auf die Basiszelle abwarfen, um sie später unter normalen Lebensbedingungen sofort wieder zu ersetzen. So hat es der Ex- perimentator mit Hilfe des Dunkelversuches in der Hand, das Ab- werfen der Kurztriebe (Laubfall) und die Bildung der Körner zu veranlassen, durch Darbietung von normalen Lebensbedingungen aber den rückläufigen Prozeß einzuleiten. Die Entstehung der Körnchen während der Verdunkelung gestattet aber auch die Beibringung des direkten Beweises der schon oben postulierten Forderung, daß die Körner ohne eine di- rekte, sichtbare Beteiligung des Kernes im Plasma gebildet werden. Des weiteren haben wir in unserer Alge unter den Ceramiaceen einen Vertreter für die besonders von Rhodomelaceen bekannte Erscheinung des „Laubwechsels", der dadurch noch interessanter wird, daß wir, wie bei höheren Pflanzen, unter den oben geschil- derten Umständen das Abwerfen der Assimilationsorgane (Kurz- triebe) bewirken können. Betreffs der Behandlung des 3. Punktes: Wie verhalten sich die Kerne gegenüber Verdunkelung und Reagentien? sei bemerkt, daß ich nur den Einfluß des ersten Faktors untersuchen konnte. Ich brachte zu diesem Zwecke meine Kulturgläser an einen dunklen Ort im Aquarium und umhüllte sie noch mit einem dichten, zu photographischen Zwecken dienenden schwarzen Samttuche, so 280 Jos- Schiller, wohl eine völlig ausreichende Verdunkelung erzielt wurde. Die Temperatur an diesem Orte wies gegenüber dem normalen Stand- orte der Kulturen keinen Unterschied auf. Nach 24 stündigem Verweilen wurden einige Pflanzen unter- sucht. Dabei zeigte sich in bezug auf Größe, Form und Lage der Kerne gar kein Unterschied gegenüber den zu Beginn untersuchten Kontrollpflanzen. Hingegen war die Zahl der Nukleolen vermindert. Es fand sich da meist nur noch ein einziger oder höchstens zwei, wo drei Nukleolen erwartet werden mußten, und 2 — 3 Nukleolen, wo deren 4—6 in den entsprechenden Kernen der Kontrollpflanzen vorhanden waren. Nach 48 stündigem Verweilen war die Zahl meist noch etwas herabgegangen; diesfalls waren die Nukleolen noch größer geworden, mehr abgerundet und dichter und durch ein auffällig intensives Tinktionsvermögen ausgezeichnet. Es konnte somit nur ein Zusammenfließen der Nukleolensubstanz, niemals aber eine Zerteilung und "Wanderung gegen die Kernmembran beobachtet werden. Bei noch länger andauernder Verdunkelung bis zu 4 Tagen zeigten die Nukleolen keine sichtbare Veränderung mehr, es war ein stationärer Zustand erreicht. Schädigung zeigten die verdunkelten Pflanzen meist erst nach dem 6. Tage. Diese Tatsachen weisen darauf hin, daß die Kerne von Änti- thamnion cruc. v. ienuissima unter dem Einflüsse der Verdunkelung die Produktion von Nukleolensubstanz sistieren und daß die im Kern in Bildung begriffene resp. schon fertig vorhandene in einen einzigen großen oder einige weniger größere, runde, dichte Nu- kleolen zusammenfließt. Solche Kerne sind unter dem Einflüsse der Verdunkelung offenbar in ein Ruhestadium eingetreten. Ich habe im Vorausgehenden jene Kernphänomene geschildert, die sich an meinem Material während der Dauer eines Jahres ab- spielten. Die Interpretation kann, so scheint es mir, nur auf phy- siologischer Grundlage gegeben werden und dürfte mit der Beant- wortung der letzten Frage: In welchem physiologischen Zu- sammenhange mit der Zelle steht die Form, Lage und der Inhalt des Kernes? zusammenfallen. Bezüglich der Form der Kerne wurden oben zwei Typen vor- geführt, nämlich die kugligen der jüngsten und der ältesten Zellen, und die ovalen bis spindeligen (bipolare, multipolare) Kerne der mittleren Zellen eines Stämmchens. Die Entwicklung verlief also in der Weise, daß die in den jungen Zellen enthaltenen runden Kerne parallel mit dem Längenwachstum der Zelle ebenfalls ein Beiträge zur Entwicklungsgesch. und Physiologie des pflanzlich, Zellkerns. 281 Längenwachstum zeigten und daß die ältesten Kerne allmählich wieder der Kugelform sich näherten, wiewohl sich ihre langgestreckten Zellen nicht verkürzten. Diese Beobachtung veranlaßt mich, auch hier wieder ganz entschieden dafür einzutreten, daß die Kernform aktiv erworben und nicht von der heranwachsenden Zelle erzwungen ist. Bekannthch sprach Miehe^), nachdem früher schon Haber- landt, Rosen u. a. -) sich ähnlich geäußert hatten, die Form der spindeligen Kerne mit großer Entschiedenheit als Zwangsformen an und sah in den langen Kernfortsätzen nur die Wirkung eines Zuges. Hierzu veranlaßten ihn seine Beobachtungen der Kern- fortsätze bei Hyacinthus, die er deutlich bis an die Hautschicht verfolgen konnte und die nach seiner Meinung dort festgewachsen sind. Dadurch würde beim allmählichen Heranwachsen der Zelle der Kern gestreckt und seine Gestalt dadurch bestimmt. Doch war schon früher, besonders von KohP) festgestellt worden, daß solche spindelige Kerne auch in Zellen vorkommen, deren Dimensionen und Inhaltskörper sehr wohl das Beibehalten einer kugeligen Form gestatten würden, und sieht sich zu der Annahme genötigt, daß dem Zellkerne ein aktives Ausgestaltungsvermögen zukomme, dessen voller Ausübung bisweilen wohl äußere Hindernisse entgegenwirken. Unter den in neuester Zeit erschienenen Arbeiten verweise ich be- sonders auf die schon oben erwähnte Publikation von Lidforss, aus der überzeugend hervorgeht, daß dem Kerne ein aktives Ge- staltungsvermögen eigen ist. Ein solches scheint mir auch aus meinen Beobachtungen mit Sicherheit hervorzugehen. Denn wie könnte man anders die mannigfachen Kernformen erklären, die bei Antith. cruc. var. tenuissima und ganz bssonders bei dem später zu besprechenden Antith. plumula auftreten, wiewohl die Zellform dieselbe ist? Ja, in den ältesten Zellen werden die Kerne sogar rund, wiewohl die Zelle noch ihre Gestalt beibehält und Plasma- stränge Kern und Hautschicht verbinden. Die Plasmastränge resp. kinoplasmatischen Portsätze, die von den Spindeln der Kerne gegen die Hautschicht verlaufen, sind als weiche, elastische Stränge ganz außerstande, den durch sein Gerüst und seine Membran gewiß weit festeren Kern auszudehnen! Sie dienen der Übertragung der von 1) H. Mi ehe, Histologische und experimentelle Untersuchungen über die Anlage der Spaltöffnungen einiger Monokotylen. Bot. Centralbl., Bd. LXXVIII, 1899, S. 386 ff. 2) Jos. Schiller, a, a. 0., S. 2, 1909. 3) F. G. Kohl, Zur Physiologie des Zellkerns. Bot. Centralbl., Bd. LXXII, 1897, S. 168, 169. 282 Jos. Schiller, Zelle zu Zelle gehenden Impulse, zur Stoffleitung, allgemein zu physiologischen Zwecken. Darüber haben ja Strasburger und Lidforss hinreichende Tatsachen zutage gefördert. Des weiteren mußte geprüft werden, ob auch der Lage des Zellkernes eine Bedeutung zukomme. Eine vergleichende Unter- suchung ergab, daß der Zellkern in den jungen embryonalen und isodiametrischen Zellen in der Mitte liegt und daß er diesen Platz konstant beibehält. Beim Längenwachstum der Zelle behält er gleichfalls seine zentrale Lage konstant bei. Selten rückt er etwas gegen oben vor. Daß diese Kernlage keine willkürliche ist, ergibt sich z. T. aus der Verteilung der Stärke in den Zellen. Diese findet sich entweder nur im oberen Teile der Zellen, wo die Kurz- triebe (Assimilationsorgane!) inseriert sind, oder an beiden Enden und die an diesen Orten angehäuften Stärkemengen sind oft durch Monate hindurch vorhanden. Dagegen ist die Umgebung des Kerns meist ganz frei von geformter Stärke, wohl aber zeigte die Jod- reaktion gelöste Stärke an. Diese Tatsache glaubte ich anführen zu sollen, wiewohl sie mit Rücksicht auf den noch embryonalen Entwick- lungszustand der Zellularphysiologie gegenwärtig noch nichts sagt. Die der Spitze eines Stämmchens angehörenden Kerne (Fig. 1 und 2) sind gegenüber den anderen Kernen durch das Fehlen einer Membran auffällig. Das gleiche Verhalten zeigen die folgenden Kerne der Zellen der Scheitelregion, selbst noch zur Zeit des Auf- tretens der Vakuolen (Fig. 2). Das besagt, daß eine Membran- abgrenzung zwischen Kern und Plasma auf gewissen Entwicklungs- stadien nicht nötig ist. Wenn die Kernwand tatsächlich, wie dies z. B. Haberlandt^) neuerdings betont hat, in Analogie mit der Vakuolenwand eine den Stoffverkehr zwischen Zellkern und Cyto- plasma regulierende Membran darstellt, dann läßt das Fehlen der Membran in solchen lebhaft tätigen jungen Zellen wohl nicht den Schluß zu, daß kein Stoffaustausch zwischen Kern und Plasma stattfindet, vielmehr bei den großen Anforderungen, die an den Kern infolge der beständig vorsichgehenden Teilungen und des lebhaften Zellenwachstums gestellt werden, ein sehr lebhafter Stoffwechsel vorhanden ist, daß aber die zum Austausch gelangenden Substanzen eine noch so geringe Differenzierung aufweisen, daß eine regulierende Membran nicht zur Entwicklung gelangt^). 1) G. Haberlandt, Physiologische Pflanzenanatomie, 4. Aufl., 1909, S. 28. 2) Bei meinen cytologischen Studien der Kernvorgänge in den Tetrasporen mutter- zellen und den Procarpien bei Nitojghyllum j^unciatum fand ich ebenfalls die Kerne auf gewissen Stadien ohne Membran. Beiträge zur Entwictlungsgesch. und Physiologie des pflanzlich. Zellkerns. 283 Desgleichen ist in solchen embryonalen Kernen ein Reticulum (Lininnetz) noch nicht vorhanden. Mit Rücksicht auf ähnliche Kerne in den embryonalen Teilen höherer Gewächse führe ich diesen Fall deswegen hier an, weil hier bei unserer Alge die Substanz des Kerns so locker ist, daß von dem Kernnetze unbedingt etwas gesehen werden müßte, wenn es vorhanden wäre, zumal bei einer Vergr. von ca. 1600 X und bei der angewandten intensiven künst- lichen Beleuchtung. Da aber trotzdem die Produktion von Nukleolar- und Chromatinsubstanz vor sich geht, ist hierauf jene Kernstruktur oflfenbar ohne Einfluß und ihre Bedeutung zurzeit völlig unbekannt. Schon oben wurde darauf verwiesen, daß der Nukleolus auf Grund seines Baues und seines färberischen Verhaltens in zwei Modifikationen auftritt. Hier fragt es sich, inwiefern vom zellphysio- logischen Standpunkte sich ein Verständnis gewinnen läßt. Die Kerne der obersten Zellen (1 bis ca. 8) mit ihren dichten und stark färbbaren Nukleolen unterliegen Teilungen, die Scheitel- zelle natürlich in unbegrenzter Anzahl, die übrigen nur je zwei Teilungen behufs Bildung je zweier Kurztriebe. Zu Beginn dieser Kernteilungen sah ich aber den Nukleolus aus dem Kernraum ver- schwinden. Haecker^) hat bekanntlich die Nukleolen vom Stand- punkte seiner Kernsekrettheorie als ein „Abspaltungs-resp. Zwischen- produkt des Stoffwechsels" angesehen, das noch „während der Kernruhe oder zu Beginn der Mitose als eine Art Sekret aus dem Kernraume entfernt wird, und zwar entweder in gelöster oder un- gelöster Form". Sehen wir den Kern als den alleinigen Produ- zenten von lebender Substanz an, so muß die in den Zellraum aus- gestoßene Nukleolarmasse beim Ersatz und Aufbau des sich durch die Zellteilung beständig verringernden lebenden Plasmakörpers der Zelle verwendet werden. Da der Bedarf an lebender Substanz ein umso größerer sein wird, je lebhafter die Teilungen stattfinden, so wird die Produktion von lebender Substanz in Form von großen und — mit Rücksicht auf die geringe Kerngröße — dichten Nu- kleolen zur notwendigen Folge. Zum Verständnis der Kerne (Taf. I, Fig. 4, 5 u. 6) muß berück- sichtigt werden, daß sie im Wachstum begriffen sind. Es wird aller- dings nur zum geringsten Teile ein wirkliches Wachstum sein, vielmehr deuten meine Präparate nur auf eine Auflockerung der 1) V. Hacker, Praxis und Theorie der Zellen- und Befruchtungslehre. Jena, 1899, S. 116. Jahrb. f. wiss. Botanik. XLIX. 19 284 ^^^- Schiller, früher sehr dichten Kernsubstanz hin. Stellen wir uns wieder auf dem Boden der Hack ersehen Theorie, derzufolge die Nukleolar- substanz „während der vegetativen Tätigkeit der Zelle und des Kernes in oder an den chromatischen Balken und Fäden zur Ab- scheidung gelangt", so erscheint es selbstverständlich, daß während dieser Kernveränderungen die Abspaltung und Ansammlung von Nukleolarsubstanz unterbleibt. Daß diese Deutung richtig ist, ergibt sich aus der Betrachtung der nächstfolgenden Kerne (Typus Fig. 6), die zeigen, daß die Produktion von Nukleolarsubstanz sofort beginnt, sobald die Kerne ihre definitive Größe nahezu erreicht haben. Wodurch ist aber die lebhafte Produktion von Nukleolar- substanz veranlaßt? Der Hauptstamm mit seinen Langtrieben ist nicht bloß in morphologischer, sondern auch in physiologischer Beziehung der wichtigste Teil der Pflanze. In ihn strömen aus den Kurztrieben, den wichtigsten Assimilationsorganen, die Assimi- late hinein, wo sie, wie schon oben erwähnt wurde, oft in gewaltigen Mengen aufgestapelt werden. Durch die Zellen des Hauptsprosses müssen sie nun an die Verbrauchsorte zur Anlage neuer Organe oder zu deren Wachstum transportiert werden. Diese Prozesse sind aber mit mannigfachen chemischen Umlagerungen verbunden. Daß daran der Kern beteiligt sein muß, geht per analogiam aus vielen Beobachtungen bei höheren Pflanzen sicher hervor. Die rege Produktion von lebender Substanz seitens der Kerne und deren Abgabe an das Plasma ist ein deutliches Zeichen der lebhaften Wechselbeziehungen zwischen Kern- und Zellplasma, die gerade in den großen Zellen der Hauptsprosse und Langtriebe so deutliche sind, weil eben hier jene soeben angegebenen mannigfachen physio- logischen Prozesse sich abspielen müssen, während die Kurztriebe hauptsächlich der Kohlensäureassimilation dienen '). Diese einfache physiologische Arbeitsteilung scheint mir für meine noch vorzu- nehmenden zellularphysiologischen speziellen Untersuchungen ein günstiger Umstand zu sein. Ist das Obige richtig, so werden wir an jenen Teilen des Haupt- stammes, in denen jener Prozeß im Plasma der Zelle nicht statt- findet, auch in den Kernen einen Stillstand konstatieren können. Das ist in der Tat in den unteren, nahe der Anheftungsstelle der 1) Es braucht wohl kaum gesagt zu werden, daß die mit Chromatophoren ver- sehenen Hauptsproßzellen in bezug auf die Assimilation weit hinter den Kurztrieben zurückbleiben. Beiträge zur EntwicMungsgescli. und Physiologie des pflanzlich. Zellkerns. 285 Fäden gelegenen Zellen der Fall. Dieselben sind arm an Inhalts- stoffen und liegen weit entfernt von den leitenden Partien des Sprosses. Ein kleiner kümmerlicher Nukleolus in dem kleiner und rund gewordenen Kerne zeigt deutlich, wie unproduktiv er geworden ist und daß die Wechselbeziehungen nahezu am Nullpunkte an- gelangt sind. In Übereinstimmung mit meinen Ergebnissen bei der unter- suchten Rotalge hat auch Schwarz') bei verschiedenen höheren Pflanzen durch zahlreiche Messungen ermittelt, daß die Zellkerne und Nukleolen wachsender, sich nicht mehr teilender Zellen eine Zeitlang an Größe zunehmen, um sich dann später zu verkleinern. Es liegen somit bei höheren Pflanzen ganz gleiche Verhältnisse vor. Die Einzahl der Kerne ist bei Antithamnion, wie wir seit den oben erwähnten Untersuchungen von Schmitz wissen, die Regel. Doch zeigte sich die nahe Verwandtschaft mit Callithamnion während meiner Untersuchungen auch zytologisch darin, daß sich immer wieder Zellen vorfanden, die 3 — 7 Kerne führten. Doch war dies nur in den großen, älteren Zellen des Hauptstammes der Fall. Sie entstehen durch Fragmentation des Kernes. Einige Male sah ich 5 — 8 Kerne wie Perlen in gerader Linie eng aneinander liegend. Die Ursache der Vielkernigkeit war meist nicht zu er- kennen. Gewisse vielkernige Zellen zeigten Verletzungen oder De- formierungen, so daß vielleicht ein äußerer Anstoß die Vielkernig- keit veranlassen mag. B. Antithamnion pluvmila (Ellis) Thur. Während Antithamnion cruc. f. ien. eine sehr zarte Alge mit spärlicher Verzweigung ist, bietet Ant. plumula das gerade Gegenteil. Es ist bekanntlich eine mittelgroße bis zu 12 cm lange Alge mit zahlreichen Langtrieben und reichlich verzweigten Kurztrieben, die meist zu je 4 an jeder Stammzelle entspringen. Allerdings sind überwiegend nur zwei vollständig entwickelt. Ein Blick auf die bezüglichen Kerne von Ant. plumula zeigt denselben gewaltigen Unterschied. Wenn man die beträchtlich großen Stammzellen sieht, so ist es fast unverständlich, daß sie nur einen einzigen Kern 1) F. Schwarz, Beitrag zur Entwicklungsgeschichte des pflanzlichen Zellkernes nach der Teilung. Beitr. zu „Biologie der Pflanzen", IV. Bd., 1. Heft, 1884, zitiert nach Zacharias: Über Beziehungen des Zellenwachstums zur Beschaffenheit des Zell- kernes. Ber. d. Deutsch. Bot. Ges., Bd. XII, S. 103. 19* 28 ß Jos. Schiller, führen. Erst die Größe und Eigenschaften dieser Kerne machen uns die Einzahl verständlich. Die auf Antithamnion plumula sich beziehenden Abbildungen der Kerne (Figuren 14 — 31) stammen alle von einer Pflanze und stellen auch hier wie bei Ant. cruc. v. ten aufeinander folgende Kerntypen von der Spitze einer Pflanze bis nahe der Basis dar. Doch konnte ich die Zellen der kriechenden Stämmchen, aus denen, wo sie vorhanden sind, sich bekanntlich die aufrechten erheben, nicht untersuchen, da mir solche nur wenige Male vor Augen kamen und dabei so mit Epiphyten usw. bedeckt waren, daß von dem Zellinhalte nichts zu sehen war. Ganz ähnlich erging es auch meist bei den untersten Zellen der Hauptstämmchen. Indem ich auch hier die oben angegebene Reihenfolge inne- halte, sei zunächst über Form und Größe berichtet. Der Kern der Scheitelzelle und der nächstfolgenden 2 — 5 Kerne stimmen mit denen bei Ant. cruc. f. ten. überein. Die Fig. 14 bei Ant. plumula würde ungefähr der Fig. 2 bei Ant. cruc. f. ten. entsprechen. Dieser Kern zeigt keine regelmäßige Umgrenzung, eine Eigenschaft, die fast allen Kernen dieser Pflanze zukommt. In der Tat ist die Mannigfaltigkeit der Kernform eine so große, daß man kaum in einer einzigen Zelle einen Kern sieht, der dem in einer anderen Zelle vollständig gleich wäre. Welch gewaltiger Unterschied gegen- über Ant. cruciatum! In den jüngeren Zellen erscheinen die Kerne zunächst polygonal (Figuren 14 — 18), dann in den folgenden mehr rundlich (Figuren 19 — 21). Auf diesem Stadium der Kerne wachsen die Zellen sehr bedeutend. Dasselbe tun auch die Kerne, die überdies noch eine auffällige Lappung aufweisen (Figuren 22 — 25). Durch diese wird nicht bloß die Größe bedeutend vermehrt, sondern auch, was gewiß für den Kernstoffwechsel noch weit wichtiger ist, die Oberfläche ganz außerordentlich vergrößert. Die Richtung der Lappen ist sehr häufig dieselbe in mehreren aufeinander folgenden Kernen. Doch ändert sie sich in einer anderen Region des Stämm- chens häufig plötzlich. Auf die gelappten Kerne folgen in noch weiter abwärts gelegenen Stammzellen langgestreckte Kerne, die zunächst noch verschiedene Ausbuchtungen besitzen können, indessen selbe immer mehr ver- lieren und damit eine regelmäßige Umgrenzung erhalten. Diesen Kernen folgen noch mehr in die Länge gestreckte. Als einen solchen Typus bringe ich den in Fig. 26 (Taf. II) wiedergegebenen Kern. Sie verschmälern sich in der Folge noch mehr und werden dabei Beiträge zur Entwicklungsgesch. und Physiologie des pflanzlich. Zellkerns. 287 immer kleiner (Fig. 27, 28, Taf. II). An ihnen tritt eine Stelle alsbald hervor, an welcher der Kern sich verschmälert und seine Kernkörperchen von dort zurückzieht (s. Fig. 27 u. 28 unterhalb der Mitte). Dieses Ausziehen des Kernes geht in noch weiter unten gelegenen Zellen unaufhörlich weiter (Figuren 29, 30), so daß mehr oder weniger deutlich die bekannte Hantelform auftritt, die wie in vielen anderen Fällen so auch hier mit einer Zerschnürung des Kernes verbunden ist. Einen solchen Kern, der eben vor diesem Prozesse steht, bringe ich in Fig. 30, bei welchem die eingeschnürte Partie schon sehr schmal ist. Fig. 31 zeigt die vollständige Trennung der beiden Teile. Hinweisen möchte ich auch hier auf die Verringerung der Kernmasse in diesen unteren Zellen. Sollte sich die geschilderte Kernfragmentation in die Zellen der Basis und der Sohle hinein fortsetzen, aus der bekanntlich nach den Be- obachtungen zum Teile wenigstens in der kommenden Vegetations- periode die neuen Pflanzen hervorgehen, so entsteht die nicht un- wichtige Frage, wie die Regulation der Vererbungssubstanzen in den Kernen erfolgt, da ja die Fragmentation eine gleichmäßige Aufteilung derselben keineswegs mit sich bringt. Dazu muß erwähnt werden, daß die Kernfragmentation zwar in vielen Pflanzen, be- sonders in den Herbstpflanzen auftrat, aber durchaus nicht in allen. Die geschilderten Kernvorgänge kann man zu allen Zeiten an allen Pflanzen vorfinden. Die Abbildungen (Figuren 14 — 31) beziehen sich auf eine Pflanze, die ich im September 1909 beim Triester Leuchtturme fischte. Ebenso wie bei der vorhergehenden Pflanze liegen die Kerne in der Mitte oder oberhalb der Mitte der Zelle, innerhalb dieses Raumes jedoch an ganz verschiedenen Stellen. Die langgestreckten Kerne (Figuren 26 — 30) liegen meist quer oder ein wenig schief zur Längsachse der Zelle: parallel zu derselben liegen sie seltener. Stets liegen sie dem peripheren Plasmaschlauche an und nehmen, im Falle sie quer liegen, die Wölbung der Zelle an. Bei Betrachtung der Kerne (Figuren 14 — 27) fällt das Fehlen einer Membran sofort in die Augen. Selbst mit den stärksten Systemen sieht man nur eng aneinander gelagerte Kömchen. Selbst- verständlich muß schon aus physikalischen Gründen ein, wenn auch noch so zartes Häutchen die Kernsubstanz vom Zellplasma trennen. Dagegen tritt in den unteren Zellen, die schon die Tendenz zur Fragmentation zeigen, eine deutliche Membran mit den gewöhn- lichen Eigenschaften auf (Figuren 28 — 31). Bei Änt. plumula 238 J°^' Schiller, fehlt somit die Membran allenZellen bis auf die untersten, während bei Ant. cruc. v. ten. dies nur bei den obersten und jüngsten der Fall war. Auf den Kern selbst eingehend sei bemerkt, daß auch bei Ant. pl. zunächst nur eine sehr feine Körnelung im Kern zu sehen ist (Figuren 14, 15), aus der dann erst durch die regelmäßige Lagerung der Lininsubstanz das Reticulura herausgearbeitet wird. Der Kern in Fig. 16 zeigt beispielsweise dasselbe teilweise ausgebildet, überraschend groß sind in den folgenden Kernen (Figuren 17 — 23) die Maschen. Diese Kerne zeigten starkes Wachstum — für dieses gilt gleichfalls das schon oben Gesagte — , dabei erweitern sich die ursprünglich kleinen Maschen, was mit dem Auflockerungs- prozesse im Zusammenhange steht. Dieselben sind teils mit ihrem homogenen Inhalte gefüllt, teils enthalten sie einen fein ge- körnelten Inhalt (Figuren 18 — 21). Dieser Inhalt wird in den Kernen (Figuren 25, 26, 27) so dicht, daß das Maschenwerk nur selten an einzelnen Stellen hervortritt. Die jüngeren Kerne wiesen aufzahlreichen Entwickelungsstadien neben den Nukleolen auch größere Chromatinkörner auf. Selbe sah ich zunächst in Kernen, die noch vollständig embryonalen Charakter trugen (Figuren 15, 16). Auch sie wachsen gleichzeitig mit dem Kerne heran (Figuren 17, 19). Doch gelang es mir nicht, größere Körnchen als die in dem in Fig. 19 dargestellten Kerne zu sehen. Auf älteren Stadien waren sie verschwunden. Der "Wachstumsprozeß dieser Chromatinkörperchen spricht gegen eine Deutung derselben als Pseudochromosomen. Der Nukleolus zeigt schon in den jüngsten Kernen die Tendenz zu starkem Wachstum. Denn schon der ganz junge Kern in Fig. 14 führt einen Nukleolus von unregelmäßiger Umgrenzung, der in den beiden Kernen (Figuren 15, 16) diese Eigenschaft in noch höherem Grade besitzt und zugleich mit pseudopodienartigen Fortsätzen in das Maschenwerk des Kerns greift. Der Wachstumsprozeß von Kern und Nukleolus geht zunächst noch vollständig parallel (Figuren 17, 18). Die Fig. 18 wurde hier eingeschoben, da in nächster Nähe des großen primären Nukleolus zwei kleinere von scharfer Umgrenzung und rundlicher Gestalt entstanden sind, die meinem Dafürhalten nach nicht aus dem großen durch Fragmentation hervor- gegangen sind. Ohne daß aber im Kern ein Stillstand in seiner Vergrößerung eintritt, wachsen die Nukleolen sehr stark heran und vermehren sich (Fig. 19). Dieser Kern enthält bereits drei große Beiträge zur Entwicklungsgesch. und Physiologie des pflanzlich. Zellkerus. 289 Nukleolen, wiederum mit unscharfer Umgrenzung und den charak- teristischen Fortsätzen. Daß wir diese Fortsätze mit einer Substanz- aufnahme in Beziehung bringen müssen, ist klar, da wir die Kern- körperchen lebhaft wachsen und sich vermehren sehen. In dem Kerne der Fig. 20 sehen wir den Vorgang der Nukleolenzerspaltung sehr deutlich. Rechts und unten liegt je ein in eine Spitze ausgehender Nukleolus. Der ursprünglich vorhandene dritte obere dagegen ist zunächst in zwei zerfallen und diese zwei weisen durch ihre ge- buchtete Oberfläche sowie durch ihre teilweise schon tiefer gehenden Einkerbungen auf eine kontinuierlich vor sich gehende Zerspaltung hin. Nun geht die Vermehrung ungemein rasch vor sich. Der Kern in Fig. 21 führt bereits neun deuthche Nukleolen und der in Fig. 22 zeigt einen zentralen Herd, von dem aus bereits Kernkörper nach außen abgegeben werden. Dieser Prozeß spielt sich hier weit klarer und großartiger ab als bei Änt. cruc. v. ten. Wie sie immer kleiner und undeutlicher werden, je näher sie der Kern obei fläche zu liegen kommen, das läßt sich mit aller Sicherheit verfolgen. Wir werden daher die mittleren Partien des Kernes meist als den eigent- lichen Entstehungsherd des Nukleolus betrachten müssen. Sehen wir doch auch den in Einzahl vorhandenen Nukleolus im ganzen Pflanzenreich normalerweise in der Mitte des Kernes liegen. Die Riesenkerne (Figuren 24 — 27), die den unteren stärker be- ästeten Teilen der Hauptstämme und den großen Langtrieben eigen sind, erscheinen immer vollgestopft mit mannigfach geformten Nu- kleolen. Auch bei diesen liegen die stärker gefärbten Körperchen mehr im Innern; doch treten zahlreiche Nukleolen bis fast an die Oberfläche heran. Nicht minder zahlreich sind die Nukleolen in den Kernen der untersten Zellen (Figuren 29—30); doch läßt sich hier eine Nukleolenabgabe nach außen weniger beobachten. Hier scheint die Substanz aufgespeichert zu werden. Solch eine gewaltige Produktion von Nukleolarsubstanzen ist in Pflanzenzellen, soweit ich die Literatur einsehen konnte, kaum zur Beobachtung gekommen. Am meisten Ähnlichkeit weisen noch die von Zimmermann ') bei einer Chara spec. gefundenen Kerne in den älteren Blattzellen auf, in denen die Nukleolarsub stanz in sehr zahlreichen verschieden gestalteten Körperchen vorhanden ist. 1) A. Zimmermann, Die Morphologie und Physiologie des pflanzlichen Zell- kernes, S. 39, Jena 1896, 290 '^°^- Schiller, Doch hat sie Zimmermann nicht unter den oben entwickelten Ge- sichtspunkten studiert. Die ebenfalls in großer Anzahl vorhandenen Nukleolen in dem Embryosack -Wandbelage verschiedener Liliaceen, z. B. Liliiwi Matiagon, scheinen mir nicht direkt mit den hier be- schriebenen Nukleolen vergleichbar zu sein. Ihre Zahl ist zwar auch dort eine sehr beträchtliche , indessen sind sie morphologisch und ihrer Funktion nach von den beschriebenen ganz verschieden. Kerne mit so massenhafter Nukleolarsubstanz, so mannigfacher Form und häufig so charakteristischer und auffälliger Lage, drängen wohl die Überzeugung auf, daß sie wichtige Aufgaben zu erledigen haben. Es mußte deshalb gleich beim ersten Anblick eine Frage in Betracht gezogen werden: sind die Kerne bei Ant. phimula immer so beschaffen? Die zuerst untersuchten Pflanzen stammen von Ende September, in welcher Zeit sie sich dem Ende ihrer zweiten Hochzeit (Sept./Okt.) schon näherten. Die Pflanze war weiters steril. Wie also, so fragte man sich weiter, werden die Kerne beschaffen sein während des üppigsten Wachstums der Pflanze, während ihrer Hochzeit? Wie, wenn sie nicht steril, sondern über und über mit Tetrasporangien versehen sind? Ich fand heuer (1910) die ersten Exemplare anfang März. Sie waren steril und noch klein. Die Untersuchung der Kerne zeigte keinen wesentlichen Unterschied gegenüber den sterilen Herbst- exemplaren. Die alle 14 Tage nun vorgenommene Untersuchung belehrte mich, daß eine teilweise recht beträchtliche Abweichung der Kerne gegenüber den Herbstkernen zutage trat, sei es in bezug auf ihre Größe, Form oder Nukleolensubstanz, insofern diese in größeren Dimensionen auftraten. Doch traten diese Abweichungen nur in manchen Exemplaren auf. Während der Hochzeit (Anfang April bis Mitte Juni) hatte die Pflanze alle Steine beim Leuchtturm von Triest, sowie am unteren Ende des alten Wellenbrechers an dessen innerer Seite okkupiert, in einer Tiefe von ca. V* m unter der Ebbelinie bis auf ca. 3 m Tiefe. Zu dieser Zeit fixierte ich nachmittags um 5 Uhr im Boote das frisch aus dem Meere ge- nommene Material und behandelte es wie oben angegeben. Die jungen Kerne, welche in bezug auf die Zellage an der Pflanze denen in Figuren 14 — 16 entsprechen würden, waren etwas größer und zeigten ausnahmslos einen größeren Nukleolus, der aber im übrigen in seinen Eigenschaften beispielsweise den Fortsätzen übereinstimmte. Die den Herbstkernen der Figuren 17 — 21 ent- Beiträge zur Entwicklungsgesch. und Physiologie des pflanzlich. Zellkerns. 291 sprechenden Frühjahrskerne wiesen dagegen bei gleichen oder etwas größeren Dimensionen weit größere Mengen von Nukleolen auf. Erwähnt sei besonders, daß vielfach ein sehr großer Nukleolus im Zentrum des Kernes gelegen angetroffen wurde, nach dessen Teilung dann 2—4 große, dicht aneinander gelagerte Schollen vorhanden waren. Die Kerne der Langtriebe zeichneten sich durch ganz be- sonders reichliche Nukleolenbildung aus und stellten gelappte (Fig. 33), mehr kuglige Formen dar, während die Herbstkerne mehr platten- förmige und bandförmige Gebilde repräsentierten. Das scheint mir ein wesentlicher Unterschied zu sein. Beachtung verdienen diese dicken Frühjahrskerne einer anderen auffälligen Erscheinung wegen. Schon bei schwacher Vergrößerung bemerkt man an vielen unter ihnen einen hellen Fleck, der bei stärkerer den Anschein erweckt, als ob ein Loch in sie führen würde. Dieser auffälligen Erscheinung eine eingehende Prüfung widmend, stellte man fest, daß tatsächlich eine Öffnung mit scharfem Bande da war. Bei tieferer Einstellung sah man die Wand, die die Öffnung, oder besser gesagt, den Kanal umgrenzte (Fig. 35). Dieser verlief teils in gerader Richtung in den Kern hinein (Fig. 33), teils schief nach abwärts oder bog mehr oder minder scharf seitlich ab. Gegenüber solchen Beobachtungen schien noch eine besondere Kritik und Reserve geboten. Denn wenn auch Guttenberg^) in den Kernen der Wirtszellen mit Synchytr ium - GaWen umfangreiche Kanalsysteme aufdeckte, die durch einen Porus nach außen münden, und des ferneren jene Kerne mit den hier beschriebenen die Lappung, den reichlichen nukleolären Inhalt und eine bedeutende Größe gemein haben, so mußte ich mir doch sagen, daß bei Antithmnnion normale Kerne vorliegen, während die von Guttenberg beschriebenen Wirtszellen durch die Pilzgalle krankhaft verändert sind. Daher prüfte ich, ob die Kerne nicht etwa durch die Fixierung geplatzt waren. Dagegen sprach, daß ich bei gleicher Fixierung und völlig gleicher sonstiger Behandlung niemals die Poren bemerkt hatte und des ferneren der Umstand, daß sie nur an den Kernen jener längeren und dickeren Zellen zu sehen waren, die den mittleren und unteren Teilen der Langtriebe angehörten. Daß Schrumpfung nicht die Ursache sein konnte, scheint daraus hervorzugehen, daß in Zellen mit Schrumpfung die Erscheinung genau so auftrat, wie 1) V. Guttenberg, Cytologische Studien von Synchytrium-Gs&W^n. Jahrb. f. wiss. Bot., Bd. LXVI, S. 458, 159, 464, 469. 292 J°^' Schiller, in normal gebliebenen. Ferner fand ich während der Zeit vom 15. Mai bis 15. Juni bei der nach je 14 Tagen vorgenommenen Untersuchung jedesmal die Kanüle. Später war ich nicht mehr imstande, sie zu sehen, wiewohl ich von denselben Lokalitäten die Pflanzen nahm und natürlich auch sonst gleich behandelte, Jene Pflanzen waren in üppigster Fruktifikation und zeigten überdies lebhaftes Wachstum. Diese dagegen waren klein, und wenn sie auch fruktifizierten, so war die Menge der Sporen weit geringer. Wir können daher wohl auch die physiologischen Zell- vorgänge bei jenen als weit energischer annehmen. Die Kerne haben gewiß mit typischen Drüsenkemen soviel gemeinsam, daß ein Ausführungsgang gar nicht befremden kann. Die Exemplare von Ende Juni und Juli wiesen im Durch- schnitt kleinere Kerne auf als die Herbst- und Frühjahrsexemplare. Die Anzahl der Nukleolen war gleichfalls geringer geworden. Nur die Mannigfaltigkeit in der Form der Kerne war erhalten. Zu dieser Zeit näherte sich die Antithamnion-Y egeta,tion ihrem Ende. Die Pflanzen waren sehr klein, aber merkwürdigerweise traten jetzt gerade an den kleinsten Exemplaren die schönsten Antheridien und Cystocarpien auf. Die Exemplare mit mehr oder weniger reich- licher Tetrasporangienbildung trugen zu meiner nicht geringen Über- raschung schöne, große Seirosporen an den Enden in der typischen Ausbildung wie bei Seirospora Oriffithsiana. Die Beobachtung ist wichtig, weil Schmitz (Ber. d. d. Bot. Ges., 1893, S. 285: Die Gattung Microthamnion J. Äg. [= Seirospora Harv.]) gleichfalls Seirosporen bei unserer Pflanze beobachtet hat. Seither scheinen sie nicht mehr beobachtet worden zu sein. Antithamnion plumula mit geschlechtlichen Sporen sah ich Ende August 1909 in Helgoland an Präparaten, die Herr Dr. M. Plaut unter Prof. Kuckucks Leitung angefertigt hatte. Diese vorzüg- lichen Exemplare, die ich dank dem Entgegenkommen des Herrn Plaut studieren konnte, wiesen Kerne auf, wie ich sie für die Juni- Juli-Exemplare Triests oben beschrieben habe. Aus dem Mitgeteilten ergibt sich, daß die Kerne von Ant. plum. am größten und mit den zahlreichsten Nukleolen dann ver- sehen sind, wenn sie unter den günstigsten äußeren Lebensbedin- gungen stehen (Hochzeit). Wenn sich somit der Einfluß äußerer Faktoren bis in den Kernen äußert, so kann das mit Rücksicht auf ihre Bedeutung nicht wunder nehmen. Das zeigen auch die Unter- Beiträge zur Entwicklungsgesch. und Physiologie des pflanzlich. Zellkerns. 293 suchungen von Frank Schwarz^), denen zufolge mit ungünstigen äußeren Lebensbedingungen und dadurch hervorgerufenem langsamen Wachstum eine weitgehende Abnahme, bei kräftigem "Wachstum dagegen eine Vermehrung der Chromatinmenge verbunden ist. Und bezüglich der Nukleolen sei auf eine Angabe von Zacharias-) verwiesen, daß bei Gala?ithus das Altern der Blätter einhergeht mit einer Abnahme der Nukleolarsubstanz der Kerne. Der Einfluß der Verdunkelung auf die Kerne von Antithamnion plumula. Den Einfluß der Verdunkelung studierte ich an Pflanzen, die während ihres massenhaftesten Auftretens gefischt worden waren. 0 % '^C'X^^.- ■;• \- '■■ *^ ■'^■^l ^^ -"■;• m SfFig. 10. Kern^ bei mittlerer Ein- stellung gezeichnet, nach 16-stünd. Verdunkel. Die Fig. 8. Fig. 9, Nukleolarsubst. erst teilw. Kern nach 48-stiindig. Kern nach 24 - stündiger in größeren, dichten Nukle- Verdunkelung. Verdunkelung mit Porus. «'^n vereinigt. Kern auf Vergr. 1000. Vergr. 1000. — 1 cm empor. In diesem Teil des Blocks mußte also der Strom eine Richtung nehmen, die von der üblichen horizontalen abwich. 7. Die Dauer der vorläufigen Difi"usion dürfte sich für das Stationärwerden des Stromes als unzureichend erweisen. Da dieser Fehler besonders ins Gewicht fallen könnte, so ist es nötig, hier näher darauf einzugehen. Zunächst mögen aber diejenigen theo- retischen Sätze aus der Diffusionslehre in aller Kürze voraus- geschickt') werden, welche meinen Berechnungen zugrunde liegen. Für den Fall, daß der Diffusionsvorgang nur nach einer Richtung hin und in einem prismatischen Gefäße stattfindet, wird derselbe durch die Difi'erentialgleichung ausgedrückt: dy/dt = — k d^y/dx« (1). Hier bedeutet x die Strecke in der Richtung der Diffusion, y — die Konzentration, t — die Zeit; k ist die Diff'usionskonstante; das negative Zeichen bedeutet, daß der Strom in der Richtung der kleineren Konzentrationen verläuft. Ist ein stationärer Zustand eingetreten, d. h. wird an zwei Stellen des Diffusionsgefäßes die Konzentration andauernd konstant erhalten, und ist genügend Zeit verflossen, so ist die Konzentration nicht mehr von der Zeit abhängig, und die Gleichung (1) reduziert sich auf d'y/dx^ = 0 (2),. woraus dy/dx = a (3) und y = ax -|- b (4) 1) Ich folge dabei Ostwald, a. a. 0. über den Chemotropismus der Pflanzenwurzeln. 335 folgt, WO a und b die Integrationkonstanten sind, die aus den Yer- suchsbedingungen bestimmt werden müssen. Um a und b zu bestimmen, stellen wir sukzessiv x und y der Null gleich. Bezeichnen wir die Ausgangskonzentration (vor dem Block) durch yo, die Dicke des Blocks durch 1, so finden wir: yo = b und al -j- b =: 0, woher a = -b/1 = yo/1 (5) folgt und die Gleichung (4) gestaltet sich folgendermaßen um: y=-I?x + y.=5^ (6). Die Gleichung (6) gestattet, die Konzentration des diffun- dierenden Stoffes an einem beliebigen Punkte des Blocks zu be- rechnen, falls nur die Ausgangskonzentration (yo), die Dicke des Blocks (1) und der Abstand (x) des gegebenen Punktes von der Ausgangskonzentration bekannt sind. Nach dieser (6) Formel wurden überall Konzentrationen be- rechnet, welche auf die Vorderseite der in den Block eingesetzten Wurzeln einwirkten, x bezeichnet also den Abstand von der vorderen Fläche des Agarblocks bis zur vorderen, d. h. gegen steigende Konzentrationen gewandten Flanke der Wurzel. Wie aus der Gleichung (3) ersichtlich, ist das Konzentrations- gefälle für je einen Block und für je eine Ausgangskonzentration — Yo konstant, und zwar — ~ gleich. Ist daher 1 in Millimetern aus- gedrückt, so repräsentiert die angeführte Größe die Differenz der- jenigen Konzentrationen, welche sich in zwei voneinander in der Rich- tung des Stromes um 1 mm abstehenden Punkten befinden. Diese Größe ist weiterhin in meinen Tabellen als „Konzentrationsgefälle auf je 1 mm" angeführt. Da aber der Durchmesser des unteren Teiles der Lupinus -Wurzeln ungefähr 1 mm mißt, so weist „Konzen- trationsgefälle auf je 1 mm" zugleich darauf hin, wie groß die Differenz der auf die opponierten Wurzelflanken einwirkenden Kon- zentrationen ist^). 1) Dieser Schluß ist nur dann gültig, wenn die Wurzeln für die diffundierenden Stoffe in demselben Grade permeabel sind, wie der Agarblock selbst. Anderenfalls muß es zu einer Perturbation in der normalen Verteilung der diffundierenden Substanz kommen. Vermutlich dürfte dabei vor der Vorderflanke der "Wurzel eine Stoffanhäufung entttehen, hinter der Hinterflanke dagegen ein verminderter osmotischer Druck herrschen. Diese Perturbation des Stromes müßte entweder während des ganzen Versuchs dauern, wenn die Wurzel absolut unpermeabel wäre, oder nur solange, bis die diffundierende Substanz die Wurzel durchdrungen hätte. 336 Theodor Porodko, Icli betrachte also des weiteren das Verhalten der Wurzeln lediglich unter den Bedingungen eines stationären Diffusionsstromes. Da aber der letztere nicht sofort, sondern erst nach einiger Zeit stationär wird, so durfte ich den eigentlichen Versuch mit den Wurzeln nicht früher beginnen, als dank vorläufiger Diffusion der stationäre Zustand des Diffusionsstromes erreicht war. Wie lange mußte nun zu diesem Zwecke die vorläufige Diffusion fortgesetzt werden? Diese Frage läßt sich nicht bestimmt beantworten, und zwar aus folgenden Gründen. Solange der diffundierende Stoff den Agarblock durchsetzt, d. h. in jedem sukzessiven Momente wieder neue und neue Teile von reinem Agar angreift, bleibt der Diffusionsstrom unstationär. Sobald aber die ersten Spuren des diffundierenden Stoffes nach dem Durchdringen des Blockes in das die hintere Blockfläche um- spülende Wasser zu treten beginnen, hört der unstationäre durch die Gleichung (1) ausgedrückte Zustand des Stromes auf. Doch ist auch der stationäre durch die Gleichung (2) ausgedrückte Zustand des Stromes gleichfalls noch nicht eingetreten. Wie lange dieses Zwischenstadium, welches man als den Vorgang des Stationär- werdens eines Diffusionsstromes bezeichnen dürfte, dauert, ist mir unbekannt. Bei solcher Lage der Dinge habe ich eine gewisse Unbestimmtheit in meiner Versuchsanordnung zulassen müssen, und zwar in bezug auf die Dauer der vorläufigen Diffusion. Wie lange sie in meinen Versuchen tatsächlich dauerte, ist schon oben angeführt. Es fragt sich nunmehr, warum sie gerade eine solche Dauer hatte. Wir haben gesehen, daß während der vorläufigen Diffusion 2 Prozesse stattfinden mußten: 1. das Durchdringen des Stoffes durch den Agarblock und 2. das Stationärwerden des Stromes. Nur die Dauer des ersten Prozesses wurde von mir für die meisten untersuchten Stoffe festgestellt. Zu diesem Zweck verfuhr ich folgendermaßen. Bekanntlich ist der Weg, den ein unstationärer Diffusions- strom zurücklegt, durch die folgende Gleichung Stefans ausgedrückt: h==aVr (7). In derselben bedeutet t die Zeit in Tagen; a den in Zenti- metern gemessenen Weg, welchen ein Stoff in den ersten 24 Stunden zurücklegt. a ist eine Konstante, welche 1. für jede Konzentration und 2. für jeden Stoff spezifisch ist. über den Chemotropismus der Pflanzenwurzeln. 337 "Was das erste Verhältnis anbelangt, so fand Yegounow'), daß, wenn die Konzentration (x) des Stoffes in geometrischer Pro- gression zunimmt, die Verbreitungsgeschwindigkeit (v) desselben in arithmetischer Progression steigt. Indessen läßt sich v als eine Funktion von a ausdrücken. In der Tat dh d(aVt) a V = dt dt 2Vt Da aber aus der Gleichung (7) V t = h/a folgt, so ist a a^ ^ ~ 2VT ~ 2h" Wenn man der Einfachheit halber v stets in demjenigen Quer- schnitt des Diffusionsgefäßes bestimmt, der von der Ausgangslösung um 1 cm entfernt ist, so ist V = aV2. Auf diese "Weise ist der von Yegounow festgestellte Zusammen- hang zwischen x und v durch die Gleichung ausgedrückt: X = 2 ^'/m (8), wo m eine für jeden Stoff spezifische Konstante ist. "Was nun den Zusammenhang zwischen a und der Stoffnatur betrifft, so stellte Yegounow fest, daß das Verhältnis der Diffusions- konstante zur Diffusionsgeschwindigkeit (in einem gegebenen Abstand von der Ausgangskonzentration) für die äquimolekulare Lösungen aller Stoffe konstant ist: K Kl Kn , — = — = — = const. V Vi Vn Da aber v = a^/2 ist, so gelangen wir zur Gleichung: K Kl Kn . .„X u = ^' = s? = <=™^'- (*)• Um also die Dauer des Durchdringens des Agarblocks seitens des diffundierenden Stoffes zu bestimmen, hatte ich Folgendes zu erfüllen. 1. Für einige beliebige Konzentrationen irgend eines Stoffes mußte ich a in der Gleichung (7) bestimmen. 2. Unter Zuhilfenahme der Gleichung (8) war a für verschiedene Konzen- trationen des nämlichen Stoffes zu berechnen. 3. Unter Zuhilfe- nahme der Gleichung (9) mußte ich a für verschiedene Konzen- trationen aller der Stoffe berechnen, deren Diffusionskonstanten 1) M. Yegounow, Compt. rend., t. 142, p. 954. 338 Theodor Porodko, bekannt sind'). 4. Auf Grund der gefundenen "Werte von a hatte ich aus der Gleichung (7) t zu bestimmen. Es ist überflüssig, das sämtliche Ziffermaterial , über das ich in dieser Hinsicht verfüge, anzuführen. Es wird wohl genügen hervorzuheben, daß die übliche Dauer der vorläufigen Diffusion die Zeit mindestens um das Doppelte übertraf, welche nötig war, damit die gegebene Substanz durch den ganzen Agarblock diffundieren konnte. Ob sich während dieser überschüssigen Zeit ein stationärer Zustand herausbildete oder nicht, dürfen die unten in meinen Tabellen angeführten Zahlen als genau oder annähernd betrachtet werden. Übrigens ist es möglich, daß mitunter beiderlei zutreffen könnte. Im Falle hoher Konzentrationen oder dünner Blöcke dürfte ja der Dififusionsstrom schon stationär sein, im Falle niedriger Konzentrationen oder dickerer Blöcke dagegen dürfte er den stationären Zustand noch nicht erreichen. Erklärung der Tabellen. Die Ergebnisse meiner Versuche sind in Tabellen zusammen- gefaßt. Die Tabelle Nr. 45 ausgenommen, beziehen sich alle übrigen auf Wurzeln von Lupinus albus. Jede Tabelle aus den ersten 44 faßt Versuche zusammen, die mit je einem Stoffe angestellt wurden. Tabelle Nr. 45 faßt alle die Versuche zusammen, welche mit Helianthus-W\irz%\vi aus- geführt wurden. Die Tabellen enthalten nur ausgewählte Versuche. Jede Tabelle enthält folgende Angaben. Zunächst gebe ich, und zwar in Stunden, die Dauer sowohl der vorläufigen Diffusion als des eigentlichen Versuches an. Dann folgen die Grenzen, zwischen denen die Temperatur während der Gesamtdauer der vorläufigen Diffusion und des Ver- suches schwankte. Die Grade sind nach Celsius angegeben. Ferner folgen: die Ausgangskonzentration, die Konzentration an der Vorderflanke der Wurzel und das Konzentrationsgefälle auf je 1 mm. Die Konzentrationen sind überall in Grammmolekeln ausgedrückt. 1) Man kann hierzu empirische Data gebrauchen. Ich zog aber im Falle von Elektrolyten vor, diese Konstanten nach der bekannten Formel Nernsts K = 0,04485 ' V fl + 0,0034 (t— 18)1 u -j- V zu berechnen. über den Chemotropismus der Pflanzenwurr.eln. 339 Danu führe ich, und zwar in Millimetern, die Dicke des Agar- blocks und den Abstand von der Ausgangskonzentration (d. h. von der Vorderfläche des Blocks) bis zur Vorderflanke der Wurzel an. Ferner wird die Anzahl der in einer Reihe befindlichen Wurzeln sowie deren mittlerer Zuwachs während des Versuches in Vo an- gegeben. Bei der Berechnung der Prozente verfuhr ich folgender- maßen. Den durchschnittlichen Zuwachs der Kontrollwurzeln setzte ich 100 7o gleich Tind rechnete dann auf Grund dieser Einheit den mittleren Zuwachs der in einer Reihe befindlichen Wurzeln im Versuch um. Diese Weise einer Feststellung des Zuwachses wurde in den Versuchen der Tabellen Nr. 1 — 45 und 48 angewandt. In den Tabellen Nr. 46, 47 und 50 ist die Länge der Wurzeln sowohl des Experiments als der Kontrolle vor und nach dem Versuch in Millimetern angegeben. Schließlich befinden sich in der letzten vertikalen Kolonne je einer Tabelle die Resultate des Versuches. Wegen der Kürze bediene ich mich hier der folgenden Symbole. Das Zeichen -\- bedeutet die positive Krümmung, d. h. eine Krümmung, die gegen den Diff'usionsstrom gerichtet ist. Das Zeichen — bedeutet die negative Krümmung, d. h. eine Krümmung, die in der Richtung des Diffusionsstromes aufgetreten ist. Das Zeichen + bedeutet, daß die Wurzel sich seitlich gekrümmt hat, und zwar derart, daß die Krümmungsfläche senkrecht zu der Richtung des Stromes im Block orientiert ist. Die Zeichen ^ und I^ bedeuten die Krüm- mungen, die zwischen + und + bezw. — und + liegen. Die Symbole |_, ~, ~, \^ usw. bedeuten, daß die Wurzel eine kombinierte Krümmung gebildet hat. Das obere Zeichen bei je einer Parenthese bezieht sich auf die Krümmung, welche im oberen Teil der Wurzel eingetreten ist, das untere Zeichen dagegen bezieht sich auf die Krümmung, die im unteren Teil der Wurzel lokalisiert ist. Folgt je einem der beschriebenen Symbole eine Ziffer, so bedeutet sie, um wie viel Grade die Wurzel sich von der Vertikale abgekrümmt hat. Fehlen den Symbolen die Ziffern, so weist es darauf hin, daß die Ablenkungswinkel weniger als 5° betragen haben. Das Zeichen 0 bedeutet, daß die Wurzel gerade geblieben ist. In den Fällen, wo die Reaktion der Wurzel durch die angeführten Symbole nicht oder nur schwer beschrieben werden konnte, steht daneben das Frage- zeichen. Durch die Zeichen 2 =^ 0; 5 = -|-10 usw. wird augezeigt, 340 Theodor Porodko, daß 2 Wurzeln gerade geblieben, 5 "Wurzeln positiv, und zwar unter 10", gekrümmt sind usw. In der Rubrik der Resultate sind auch etwaige Abweichungen von dem normalen Turgeszenzgrad der Wurzeln erwähnt. In den Tabellen ist nicht besonders angegeben, in wieviel Reihen die Wurzeln im Block angeordnet wurden. Die betr. Data lassen sich aber indirekt aus den angeführten Angaben leicht ent- nehmen und so fort. Sind in einem Versuch 2 Konzentrationen an der Yorderflanke der Wurzel angeführt, so bedeutet es, daß die letzteren in 2 Reihen angeordnet wurden. In den Tabellen Nr. 46, 47 und 50 wird außerdem nicht an- gegeben, wieviel Wurzeln sich in je einer Reihe befanden. Diese Zahl ist gleichfalls leicht zn ersehen, weil hier für jede Wurzel sowohl Zuwachs als Resultate einzeln angeführt sind. Experimentelles. Das Verhalten der Wurzeln im Diffusionsstrome. Den Einfluß des Diffusionsstromes habe ich hauptsächlich an den Wurzeln von Lupinus albus und nur teilweise an denen von Helianthus annuus untersucht. Die Ergebnisse der mit Lupinus angestellten Versuche sind in den Tabellen Nr. 1—44 zusammengefaßt. Die mit Helianthus ermittelten Resultate befinden sich in der Tabelle Nr. 45. Die Z/M^jmw^- Wurzeln wurden im Diffusionsstrome von 44 Stoffen untersucht. Die Tabellen Nr. 1 — 8 fassen Versuche zusammen, die mit 8 Nichtelektrolyten ausgeführt wurden. Die übrigen 36 Tabellen fassen die Versuche zusammen, welche mit Elektrolyten angestellt wurden, und zwar befinden sich in den Tabellen Nr. 9 — 12 Ver- suche mit 4 Säuren, in den Tabellen Nr. 13 — 14 die mit 2 Alkalien, in den Tabellen Nr. 15 — 44 die mit 30 Salzen. Die Helianthus -Wurzeln wurden im Diffusionsstrom von 6 Stoffen untersucht, und zwar einer Säure, einem Alkali und 4 Salzen. Führen wir jetzt unsere Tabellen an. tJler den Chemotropismus der Pflanzenwurzelu. 341 Tabelle 1. Borsäure. In den Versuch. 1 u. 4 ist die Dauer der Vorlauf. Diff. 44 Std., die des Vers. 31 Std. Temperat. 19 — 22' 2 u. 5 3 u, 6 7 24 49 26 24 „ — 16 — 18'. 27 ,: — 18 — 20" 30 „ — 15-17» o B 1 « -^ .2 3 o S TS 'S P -d o 1 £ 1 1 i ^ O o o ^ O :c« W 'S CS TS CO O 3 a t 3 Resultate 1 0,1 30 9 0,07 0,0033 7 12 7 = 0 — — 20 0,033 — 7 43 2 = 4-20; 1=-|-10; 2=^ + 20; l = + 20; 1=? 2 0,04 10 5 0,02 0,004 5 20 Nach 3, 10 u. 24 Std. alle 5 = 0 3 0,03 30 9 0,021 0,001 7 32 7=-0 — — 19 0,011 — 7 76 7 = 0 4 0,01 30 10 0,0067 0,00033 7 120 5 = 0; 2 = + — — 18 0,004 — 7 107 3 = 0; 4 = ± 5 0,008 10 5 0,004 0,0008 5 60 Nach 3 u. 10 Std. 5 = 0 „ 24 Std. 4 = 0; 1 =± 6 0,003 30 7 0,0023 0,0001 7 136 7=0 — — 18 0,0012 — 7 129 7 = 0 7 0,001 10 5 0,0005 0,0001 5 138 Nach 7'/, Std. 5 = 0 „ 30 St. 4 = 0; 1 = = Tabelle 2. Äthylalkohol. In den Versuch. 1 u. 7 ist die Dauer der Vorlauf. Diff. 50 Std., die des Vers. 28 Std. Temperat. 15 — 16". 2, 5 u. 6 3 u. 4 1 1,98 32 9 — — 21 2 1,0 31 10 — — 21 3 0,8 10 5 4 0,2 10 5 5 0,1 31 11 — — 20 6 0,01 32 8 — — 21 7 0,001 32 10 — — 22 1,424 0,681 0,678 0,323 0,4 0,1 0,065 0,036 0,0075 0,0034 0,00069 0,00031 49 24 21 24 — 15 — 15 — 16—15 0,0619 7 0 — 7 36 0,03226 7 30 — 7 55 0,08 5 25 0,02 5 51 0,00323 7 80 — 7 74 0,000312 7 95 — 7 106 0,0000313 7 89 — 7 95 7 = -{-. Spitzen braun, Turgor sehr schwach 5 = 0; 1 = + 10; 1 = + 7 = 0 = — 20; 1 = + 10; 1 = + = 0; 2 Nach 3'/3, 10 u. 24 Std. 5 30 0 5 = 0; 1 = — ; 1 = -j-10 6 = 0; 1 = 4-20 4 = 0; 2 = +; 1 = + 20 6 = 0; 1 = + 80 2 = 0; 2 = + 30; 1 = — 30; 1 = — 50; l = -{-40 3 = 0; 1 = — 10; 1 = — 25; 1 ,30; 1 = 7 20 342 Theoder Porodko, Tabelle 3. Glyzerin. In den Versuch. 1 u. 4 ist die Dauer der vorlänf. Diff. 26 Std., die des Vers. 30 Std. Temp. 15 — 17". — 3 u. 5 — — 49 „ — 21 „ — 15—18». — 2 — — 50„ — 28„— 15 — 16°. 3 I-i > § g ^ .2 s 5 a t O 'S ME- < 'S 1- Konzentr. an der Vorderflanke der Wurzel O "-1 O :eB M 'S d 1 N 'S Resultate 1 0,5 10 5 0,25 0,05 5 63 Nach 8 Std. 5 = 0 „ 30 Std. 3 = +; 1 = +; i = T 2 0,135 30 9 0,094 0,0045 7 74 1=0; 4= + 25; 1 = — 40; 1 = + 40 — 18 0,054 — 7 88 2 = 0; 2 =—10; 1 = + 30; 1 = = 30; 1 = -40 3 0,0404 32 11 0,0265 0,00126 7 78 1=0; 2 = +; 2 = ±30; 1 = = + 40; 1 = — 10 — — 20 0,0151 — 7 91 3 = 0; 2 = — 20; 1 =— ; 1 = ±15 4 0,01 10 5 0,005 0,001 5 104 Nach 8 Std. 5 = 0 „ 30 Std. 3 = — ; 1 = J ; i = i 5 0,0067 32 10 0,0046 0,00021 7 100 6 = 0; 1 = -)- 15 - — 20 0,0025 — 7 103 7 = 0 Tabelle 4. Chloralhydrat. In den Versuch. 1 u. 4 ist die Dauer der verlauf. Diff. 49 Std., die des Vers. 25 Std. Temp. 18 — 20". 3 u. 5 2 24 44 24 31 -^ 16 — 18°. — 19 — 22°. 0,02 30 9 — — 20 0,01 30 10 — — 18 0,01 10 5 0,002 32 9 — — 19 0,001 10 5 0,014 0,0067 0,0067 0,004 0,005 0,00144 0,00081 0,0005 0,00067 7 0 — 7 28 0,00033 7 33 — 7 77 0,001 5 6 0,0000625 7 66 — 7 91 0,0001 5 60 6 = +; 1=0 3=0; 1 = +; 1=+10; l= + 20; l=-|-30 2 = -j-; 2=4-10; 2= + 15; l = -[-20 6 = 0; 1 =± Nach 3 Std. 5 = 0 „ 9VjStd. 5=4- „ 24 Std. 2 = 4-20; 3 = 4- 30 7 = 0 3 = 0; 3 =±; 1 = — 15 Nach 3 Std. 5=0 „ 9'/,Std. 4 = 0; 1=4- „ 24 Std. 3=0; 1=4-; 1=^10 über den Chemotropismus der PflanKcnwurzeln. 343 Tabelle 5. Harnstoff. In den Versuch. 1, 4 u. 5 ist die Dauer der vorläuf. Diff. 49 Std., die des Vers. 26 Std. Teiup. 18 — 20°. — 3 u. 6 — — 26 „ — 30 „ — 15 — 17*. — 2 — — 44 „ — 31 „ — 19 — 22°. § g ■^ .2 o o 5 TS a S O 3 Konzentr. an der Vorderflanke der Wurzel ■ S o .- 1 £• 1 « M 'S O :ca W 'S 03 C N 'S S-2 Resultate 1 2 3 4 5 6 0,03 0,01 0,01 0,003 0,001 0,001 32 29 10 31 30 10 10 21 10 19 5 9 20 9 19 5 0,0207 0,0103 0,0067 0,0035 0,005 0,00213 0,00106 0,0007 0,00037 0,0005 0,00094 0,000345 0,001 0,000097 0,000033 0,0001 7 7 7 7 5 7 7 7 7 5 18 95 94 127 97 101 123 70 90 135 2 = 0; 2= + 10; 2 = + 20; 1= +30 2 = 0; —40; +10; +20; +40; -[-30 4 = 0; 2 = +; 1= + 6 = 0; 1 =± Nach eVa Std. 5 = 0 „ 30 Std. 1 = 0; 3 = —; 1=± 5 = 0; 1 = + 10; 1 = J 10 6 = 0; 1 = + 10 6 = 0; 1 = + 10 5 = 0; 1 =— 10; 1 = — 50 Nach 6'/, Std. 5 = 0 „ 30 Std. 3 = 0; 2= — Tabelle 6. Traubenzucker. In den Versuch. 1, 3 u. 5 ist die Dauer der vorläuf. Diff. 49 Std., die des Vers. 21 Std. Temp. 15 — 18°. 1 0,2 30 8 — — 19 2 0,1 10 5 3 0,01 32 10 — — 21 4 0,01 10 5 5 0,001 31 7 — — 19 2. u. 4 0,147 0,073 0,05 0,0069 0,0034 0,005 0,00077 0,00039 26 30 — 15 — 17°. 0,0067 7 85 — 7 85 0,01 5 95 0,0003125 7 70 — 7 58 0,001 4 120 0,0000323 7 99 — 7 95 ±40; —30; 0; ?0; ?±; 2 = + 40 -|-80; +40; +30; —20, —30; 2 = — 40 Nach 6 Std. 5 = 0 „ 30 Std. i = +; 1 = — -f 50; +10; —10; 2= + 40; 2 = ^40 ^40; +40; +25; 2 = — 20; 2 =- — 30 Nach 6 Std. 4 = 0 „ 30 Std. 2 = + ; 1=^; 1 = + 0; ±; +; ±30; +50; J20; +30 -20; —50; —60; ^30; ^40; ^40; +40 344 Theodor Porodko, Tabelle 7. Phenol. In den Versuch. 2 u. 3 ist die Dauer der rorläuf. Diff. 49 Std., die des Vers. 28 Std. Temp. 18—20". — 1 — — 44 „ — 31 ^ — 19 — 22". m tu 0. a cn = ^ .2 8) 'S o 'S > N -TS zentr. an orderflank Wurzel O i-H 1 S ä 1'« N 'S Resultate TS 03 *^ 'S ■T3 N Ol W 'S 1 S 'S 1 0,01 30 10 0,0067 0,00033 7 18 6 = -[-; 1 = i; Spitzen braun — — 20 0,0033 — 7 29 + 40; +60; +50; ^^^'^ +50; —40; —60 2 0,005 29 8 0,00351 0,000167 7 51 2 = 0; 2 = —10; 2 = — 20; 1 = + 15. — — 18 0,00184 — 7 57 — 30; —40; =20; ^50; ±40; +20; +40 3 0,0015 30 9 0,00105 0,00005 7 81 4-50; ^60; ^40; 0; +50; 2 = + 30 — — 20 0,0005 — 7 78 + 30; —50; —30; +30; +20; 2 = 0 Tabelle 8. Anilin. In den Versuch. 1 u. 2 ist die Dauer der yorläuf. Diff. 44 Std., die des Vers. 31 Std. Temp. 19—22" — 3 — — 49„ — 25„— 18-20' 7 = 0; Spitzen plasmolysiert + 60; +30; +; +40; 3 = + 10 1 0,05 30 9 — — 17 2 0,01 31 12 — — 20 3 0,003 32 9 — — 21 0,035 0,0217 0,0061 0,0036 0,00216 0,00103 0,00167 0 — 16 0,00032 32 — 42 0,000094 51 — 83 — 20; ~40; ?0; ±55; ±45; ±40; J 40 + 30; —30; +50; 2 =±50; 2 = ± 40 ; +; 0; ±30; ±40; 2 = 0; +20; ±25; +40 50 1 0,00523 39 6,5 0,00436 — — 19,5 0,00262 — — 30,5 0,00114 2 0,0042 39,5 7,5 0,00339 — — 10 0,00312 — — 15 0,0026 — — 16 0,00249 — — 25,5 0,00148 — — 27 0,00132 3 0,00313 21 4,5 0,00246 — — 5 0,00239 — — 12 0,00134 — — 13,5 0,00112 4 0,00095 40 10,5 0,00072 — — 20,5 0,00047 — — 32,5 0,00019 0,000134 3 21 — 3 58 — 3 108 0,0001 31 — 53 — 90 — 75 — 107 — 90 0,000149 53 60 — 113 160 0,0000238 2 86 — 2 71 — 2 69 24 Std., die des Vers. 24 Std. Temp. 17 — 19° 48 „ - 20 „ — 1772—20" 44 „ - 25 „ — 16 — 19" 3 = 0. Abgestorben 1 =+ 15; 2 = +40 2 = 0; 1 = — 0. Tot + 90 + 15 — 25 + + 15 + 55. Spitze plasmolysiert + 30 + 15 0 2 = 0 1=±; 1 = 0 2 = 0 über den Chemotropismus der Pflanzenwurzeln. 545 Tabelle 10. HNO3. In Vers. 1 u. 3 ist die Dauer d. vorl. Diff. 45 Std., die des Vers. 27 Std. Tenip. 17 — 19". — 2 — — 47 „ — 24 „ — 15-177,°. o o i ^ U S CS "03 1 S n 3 ja CA IS! -J a3 ■- > § g 1 2 il| §"2^ 1 1 H e s u 1 t a t e 1 " <1 6UC> a = a < 1 0,00213 40 11 0,00154 0,0000533 3 0 3 = 0. Plasmolysiert — — 22 0,00096 — 3 0 3 = 0. Plasmolysiert - — 32 0,00042 — 3 94 1 = 15; 2 = — 20 2 0,00053 21 6 0,00038 0,0000254 3 73 1 = 15; 2 = + — - 14 0,00017 — 3 70 1 = 0 2 = + 10. 3 0,00043 40 9 0,000331 0,0000107 3 85 3 = 0 — — 20 0,000213 — 3 122 1 = 0 2 = -|-20 — — 30 0,000106 — 3 86 1 = — 15; 1 = + 15; 1 = +20 Tabelle 11. Essigsäure. In Vers. 1 u. 2 ist die Dauer d. vorl. Diff. 48 Std., die des Vers. 23 Std. Temp. 16 — 19". — 3 u. 4 0,00538 21 7 — — 14 0,00358 40 10 — — 20 — — 29 0,00358 22 6 — — 15,5 0,00179 20 6 — — 14 0,0035 0,0017 0,000268 0,000179 0,00098 0,00261 0,00105 0,00125 0,00053 47 0,000256 0,0000896 0,000163 0,0000896 3 18 3 46 3 22 3 85 3 86 3 29 3 82 3 72 3 94 25 „ — 16 — IJ 3 = 0. Plasmolysiert -[-30, +40, -f 25 3 = 0. Plasmolysiert -; +; ± + 10; ±; ± 3 = 0. Plasmolysiert 1 = 0; 2 = — 25 1 = 0; 2 = + 15 1=0; 2 = + 15 Tabelle 12. Zitronensäure. In Vers. 1, 2 n. 3 ist die Dauer d. vorl. Diff. 48 Std., die des Vers. 23 Std. Temp. 16 — 19". - 25 „ — 16 — 18". 3^0. Plasmolysiert ±20; +20; +25 — 10; — 20; J 40 3^0. Spitzen plasmolysiert + 35; 2 = + 30 + 30; 2 = + 20 + 10; +20; ±25 + 20; — 25; +30 — 20; ^20; J 10 2 — 47 n 0,00208 40 9 0,00161 0,0000521 3 16 — — 18 0,00114 — 3 67 — — 28 0,00062 — 3 57 0,00063 19 5,5 0,00044 0,000033 3 24 — — 12,5 0,00021 — 3 73 0,00047 20 5 0,000352 0,0000234 3 52 — — 12 0,000188 — 3 70 0,00016 22 7 0,000107 0,0000071 3 53 — — 14 0,000057 — 3 88 346 Theodor Porodko, Tabelle 13. NaOH. In Vers. 1 ist die Dauer der vorl. Diff. 48 St., die des Vers. 24 Std. Temp. 1572—20" — 2, 3 u. 5 — — 49 „ — 24 „ — 16—20° — 4. u. 6 — — 47 „ — 26 „ — 17'/„— 21' m a s> u > m Ol TS ü k § g -^ .2 So "S B I- CS -*^ 1 o 5 P SS Konzentr. an der Vorderflanke der Wurzel Konzentrations- gefälle auf je 1 mm •d 0 R e .s u 1 1 a t e 1 0,0152 40 6 0,0129 0,00038 4 19 3 = 0 — — 18 0,0083 — 3 58 1 = — 90; 2 = + 55 — — 29 0,0041 3 74 0; +; +40 2 0,01013 41 6 0,0086 0,000247 3 29 1=0; 2 = + 15 — — 17 0,0059 — 2 38 + 70; +65 — — 26 0,0037 — 3 65 1 =+40; 2 = + 15 3 0,00507 41 11 0,0037 0,000124 3 32 + 55; +55; +30 — — 22 0,00234 — 3 81 3=.+ — — 34 0,00086 — 3 116 3 = 0 4 0,0038 40 10 0,00285 0,000095 3 51 1=0; 2 = + — — 30 0,00095 — 3 60 3 = 0 5 0,0038 21 4 0,00307 0,00018 3 72 + 25; +40; +40 — — 12 0,00162 — 3 98 2 = 0; 1 = + 6 0,00253 40 12 0,00177 0,0000633 3 77 2 = 0; 1 = ± — — 26 0,00088 — 3 101 3 = 0 Tabelle 14. NH4OH. In Vers. 1 u. 3 ist die Dauer der vorl. Diff. 47 Std., die des Vers. 24 Std. Temp. 15 — 19'. — 2 — — 48 „ — 24 „ — 15—1772°. — 4 — — 50 „ — 24 „ — 157,-19». 0,02246 38 11 — — 23 — — 30 0,00842 22 7 — — 15 0,0057 40 9 — — 20 — — 30 0,00168 22 7 — — 15 0,016 0,0088 0,0047 0,0057 0,0026 0,00435 0,0028 0,0014 0,00115 0,000533 0,00059 0,000383 0,000143 0,000077 3 0 3 13 3 62 3 40 3 82 3 62 3 100 3 99 3 154 3 170 3 = 0. Turgor schwach + 20, 0; +20 + 50; ^30; ^30 + 40; +50; +70 ±40; ±75; +30 + 30; l30; 40 + 1 = — 15; 2 = + 15 3 = 0 ±; 0; +10 + ; 2 =0 über den Chemotropismus der Pflanzenwnrzeln. 347 Tabelle 15. LiCl. In Vers. 3 ist. die Dauer der vorl. Diff. 49 Std., die des Vers. 25 Std. — 1 — — 50 „ — 28 „ — 2 — — 22 „ — 24 „ — 4 — — 21 „ — 24 „ — 5 — — 30 „ — 24 „ Temp. 16— 17'/j'- — 15 — 16». — 16 — 20°. — 15—17°. — 19 — 20°. Ti i a ^ -2 bo cs SS -t^ <1 o s M TS P Ö N 2 < m ^ > N TS c . ^1^ Konzentr. an der Vorderflanke der Wurzel . a S a O .-( ■-3 aj 1 ä W 'S bO 1 1 N 'S Resultate 1 0,1 29 8 0,0724 0,00345 7 26 7 =0 — — 19 0,0345 — 7 103 3 = 0; — ; —10; —40; +40 2 0,05 10 5 0,025 0,005 3 38 Nach 8V2 Std. 3 = 0 „ 24 Std. 0; +10; +20 3 0,03 30 8 0,022 0,001 7 54 + ; -|-40; —10; 2 = 0; 2= + 10 — - 19 0,011 — 7 74 — ; —50; 5 = — 40 4 0,01 10 5 0,005 0,001 3 59 Nach 5 Std. 3 = 0 „ 24 Std. 0; — 10; — 20 5 0,005 10 5 0,0025 0,0005 4 57 — ;? — ; — 50; — 20. Turg. schwach Tabelle 16. Li2S04. In Vers. 1, 3 u. 5 ist die Dauer der vorl. Diff. 26 Std., die des Vers. 24 Std. Temp. 19 — 20°. — 2 u. 4 1 0,02 10 5 2 0,01 10 5 3 0,005 10 5 4 0,001 10 5 5 0,0005 10 5 0,01 0,005 0,0025 0,0005 0,00025 0,002 0,001 0,0005 0,0001 0,00005 22 3 3 3 3 44 104 92 24 — 16— igVj". 0; + 15; :{:20 Nach 8 Std. 3 = 0 „ 24 Std. — ; —40; +40 0; — 15; +20 Nach 7V2 Std. 3 = 0 „ 24 Std. —25; +30; +30 -; +; +10 Tabelle 17. NaCl. In Vers. 1 u. 2 ist die Dauer der vorl. Diff. 47 Std., die des Vers. 24 Std. Temp. 15 — 18°. 3u. 4 28 37 0,249 0,147 0,055 0,128 0,059 0,04 0,018 0,0063 0,0033 Jahrb. f. wise. Botanik. XLIX. 0,34 0,171 0,06 0,009 20 30 30 10 21 31 5 13 10 21 9 19 0,0092 3 10 — 3 79 — 3 119 0,00855 3 40 — 3 73 0,002 3 107 — 3 129 0,0003 3 131 — 3 136 — 24 „ — 19—21°. 3 = 0. Spitzen plasmolysiert 1=0; 2 = — 10 2 = — ; 1 = — 20 — 20; — 25; —30 — 15; — 20; —30 3 = 0 0; — 10; — 15 3 = 0 3 = 0 23 348 Theodor Porodko, Tabelle 18. Na.SO* In "Vers. 1 u. 2 ist die Dauer der vorl. Diff. 48 Std., die des Vers. 25 Std. Temp. 16-18". — 3 — — 22 „ — 27 „ — 16—19°. — 4 — — 25 „ — 28 „ — 20 — 21". cn 1 fc- -— a w: "= 'S o O M ü o W ^ eö o;) Sri ES] § a O 1-1 d -0° > M .2 §0 "S ap >-■ N13 .0 fe ö a 3 ^ CS3 'Z Resultate ö fc- rÖ OCC N O S =* !25 1" 05 s M 'S fao 1 1 0,2 32 9 0,143 0,00625 7 29 7--0 — — 19 0,081 — 7 69 -50;-40;-30;- ; + 10; 0 ; + i5 2 0,03 30 9 0,021 0,001 7 88 0; ±;±20; + 20;-15; +10; 4-20 — — 18 0,012 — 7 90 + 30; +20; —55; +40; 3 = — 30 3 0,003 10 5 0,0015 0,0003 5 104 3 = 0; -20; {- 4 0,001 10 5 0,0005 0,0001 4 153 4 = 0 Tabelle 19. Essigsaures Natrium. In Vers. 1 ist die Dauer der vorl. Diff. 50 Std., die des Vers. 28 Std. Temp. 15 — 16". — 2 — — 49 „ — 25 „ — 16 — 1772". 7 = 0 4 = 0; 2 = + 10; 1 = -[- 15 2z^0; 2 = -}-; — ; +10; +40 + 50; + 40; + 60;-40;-45;2=-30 0,03 32 10 0,0206 0,00094 7 21 — — 21 0,0103 — 7 62 0,009 32 10 0,0061 0,000281 7 74 — — 22 0,0028 — 7 92 Tabelle 20. NaoCO.s. In Vers. 1 u. 3 ist die Dauer der vorl. Diff. 47 Std., die des Vers. 26 Std. Temp. 17 '/j— 21' — 2,4u. 5 — — 49 „ — 24 „ — 16 — 20". 3 = 0. Turgor schwach -;+;± — 40; — 30; 0 3 — 0 + 55; 2 = + 40 — ; 0; —25 3 = 0. Turgor schwach — 15; — 40; 0 + 40; 2 = + 55 0 ; 2 = +. Turgor schwach + 90; 2 = + 40 + 15; 2= + 55 3= +55 + 40; Jl5 3 = 0 1 0,283 40 8 0,226 — ~ 22 0,127 — - 33 0,049 2 0,113 39 11 0,081 — — 21 0,052 — — 32 0,02 3 0,094 40,5 5 0,082 — — 15 0,059 — — 26 0,033 4 0,0755 35 4 0,066 — — 14 0,045 — — 26 0,019 5 0,0189 39 4 0,0169 — — 14 0,0122 — — 27 0,0056 0,00707 3 7 — 3 31 — 3 70 0,0029 3 24 — 3 29 — 3 76 0,00232 3 23 — 3 38 — 3 50 0,00216 3 18 — 3 33 — 3 55 0,000484 3 56 — 2 93 — 3 114 ÜT)er den Chemotropismus der Pflanzenwurzeln. 349 Tabelle 21. NaNOs- In Vers. 1 ist die Dauer der vorl. Diff. 48 Std., die des Vers. 25 Std. Temp. 16—18' — 2u. 4 - — 22 n — 27 „ — 16— 19». — 3u. 6 — — 25 „ — 28 „ — 20-21». Ä Ö ^^ 1 t-l — - . a ^ CO o .a .5~~ o '' a "1 CS OS ^ • ^ 2 N o O tH 1 °i 3 a ö 3 '-' Resultate TS ü CS +J s ^11 ►^ tu ho ■6 1 1 0,3 30 8 0,22 0,01 7 10 5 = 0; 2 = -]-. Turgor schwach — — 18 0,12 — 7 45 + 10; +20; —15; 2 = — 20; 2 =-10 2 0,1 10 5 0,05 0,01 5 36 Nach 5 Std. 5 = 0 „ 27 „ —30; —40; 3 = —50 3 0,03 10 5 0,015 0,003 3 133 0; — 10; — 15. 4 0,01 10 5 0,005 0,001 5 117 3 = 0; — 20; —30 ,''j 0,003 10 5 0,0015 0,0003 4 141 — ; 3 = 0 Tabelle 22. KCl. In Vers. 1, 3 u. 4 ist die Dauer d. vorl. Diff. 22 Std., die d. Vers. 24 Std. Temp. 16—197,». — 2 — — 31 „ — 22 „ — 20 — 22". 0,1 10 5 0,03 30 9 — — 21 0,01 10 5 0,001 10 5 0,05 0,021 0,009 0,005 0,0005 0,01 0,001 0,001 0,0001 5 22 3 104 3 132 5 113 5 100 Nach 6Va Std. 5 = 0 „ 24 „ 1 = 0; 4 = - 3 = 0 3=0 Nach e'/jStd. 5 = 0 „ 24 „ +10;TlO;-;2= — 10 Nach eVa Std. 5 = 0 „ 24 Std. + 10; —15; ±20; 2 = — Tabelle 23. K2SO4. In Vers. 2 u. 3 ist die Dauer der vorl. Diff. 22 Std. die des Vers. 24 Std. Temp. 18-197,". — 1 — — 48 „ — 25 „— 16 — 18». 0,03 0,01 0,001 32 8 0,0225 0,00094 7 50 — 20 0,0112 — 7 87 10 5 0,005 0,001 5 62 10 5 0,0005 0,0001 4 102 3 = 0; 2 = + 20; +; -|- 0; — ; +20; +15; +30; 2=— 10 Nach 7 Std. 5 = 0 „ 24 „ -;— 10;-20;2 = + 20 Nach 7 Std. 4 = 0 , 24 „ 3 = 0; l = +20 23* 350 Theodor Porodko, Tabelle 24. KNO, In Vers. 1 ist die Dauer der vorl. Diff. 48 Std., die des Vers. 25 Std. Temp. 16 — 18°. „ 2u.4 — — 22 „ — 24 „ — 16—1972°. „ 3u. 5 — — 22 „ — 27 „ — 16—19°. 1 «5 t> V TS ü ä § g ■^ .2 bp d -i o s TS s Abstand v. d. Aus- gangskonz. bis zur Vorderfl. d. Wurzel Konzentr. an der Vorderflanke der Wurzel . S g § bO d 1 N 'S Resultate 1 0,2 29 9 0,1378 0,0069 7 26 + ; -; 0; +30; +; 2 = - 10 — — 18 0,0758 — 7 54 ± 10; 0; — 15; — 20; 3 = - 10 2 0,1 10 5 0,05 0,01 5 39 Nach 7V2Std. 5 = 0 „ 24 „ 2=0; 2=-;l = = +30 3 0,05 10 5 0,025 0,005 5 37 Nach 5 Std. 5 = 0 „ 27 Std. 0; +10; —10;— 15 — 30 4 0,01 10 5 0,005 0,001 5 78 Nach 7'/2Std. 5 = 0 „ 24Std.0;— 25;4-30;±25 + 30 5 0,001 10 5 0,0005 0,0001 5 95 Nach 5 Std. 5 = 0 „ 27 „ 5 = 0 Tabelle 25. K2CO3. In Vers. 2 ist die Dauer der vorl. Diff. 22 Std., die des Vers. 27 Std. Temp. 16 — 19°. lu. 3 — — 22 „ — 24 „ — 16—19'/.°. 1 0,01 10 5 2 0,005 10 5 3 0,001 10 5 0,005 0,0025 0,0005 0,001 0,0005 0,0001 5 36 5 59 5 78 Nach 7 Std. 5 = 0 „ 24 „ -30; +50; 3=+40 + ; + 30; 'l 10; 2 =-{-20 Nach 7 Std. 5 = 0 „ 24 Std. +; —15; + 40; +30; —40 Tabelle 26. KCIO3. In Vers. 3 ist die Dauer der vorl. Diff. 26 Std., die des Vers. 25 Std. Temp. 19 — 20°. „ 1 u. 2 — — 22 — — — 22 — 4u. 5 27 24 — 16 — 19°. — 16 — 19'/,°. 1 0,25 10 5 2 0,1 10 5 3 0,02 10 5 4 0,01 10 5 5 0,001 10 5 0,125 0,025 0,05 0,01 0,01 0,002 0,005 0,001 0,0005 0,0001 3 11 3 43 5 84 3 128 3 122 +, +, +10. Turgor schwach ? 0; +15; +15 0; +; — ; — 10; — 20 Nach 8'/^ Std. 3 = 0 24 10 Nach S'/j Std. 3 = 0 n 24 „ T;±;+60 über den Chemotropismus der Pflanzenwurzeln. 351 Tabelle 27. KH2PO4. In Vers. 3 ist die Dauer der vorl. Diff. 48 Std., die des Yers. 24 Std. Temp. 15— 17Vs°. — 1 u. 2 — — 50 24 16—19" QO m 1 fc- >— < TS g § g ■^ .2 bo ^ a 5 CS -»^ bO S o o PQ » 'S Q II Konzentr. an der Vorderflanke der "Wurzel . a S a g ä O S M 'S 5 g d 1 « s 11 Resultate 1 0,2 10 5 0,1 0,02 3 27 + 60; 4-70; +85. Turgor schwach Nach 4 7 10 81 Std. 2 0,1 10 5 0,05 0,01 3 100 57 138 0 0 — —40 ± ± ± ± — — — —45 XI o eis '^ X3 o 3 0,05 10 5 0,025 0,005 3 112 68 102 — — —15 —40 — — —30 —45 — — _ —40 V4 o 4 0,01 10 5 0,005 0,001 5 72 ?0; —20; —25; 2 = — 30; Nach 3V, 7 10 31 Std. 5 0,005 10 5 0,0025 0,0005 3 206 166 209 0 — — —40 0 — — — 30 0 — — —20 6 0,001 10 5 0,0005 0,0001 5 61 2 = 0; 3= — 10 Nach 3'/2 7 10 31 Std. 7 0,0005 10 5 0,00025 0,00005 3 139 139 276 0 0 0+15 0 0 0 ^ 20 0 0 0—20 8 0,0001 10 5 0,00005 0,00001 4 124 — 15; +10; 2^0 Tabelle 38. Mg(N03)2. In Vers. 1 u. 4 ist die Dauer der vorl. Diff. 21 Std., die des Vers. 24 Std. Temp. 15— 17». — 3 1 0,1 10 5 2 0,02 10 5 3 0,01 10 5 4 0,001 10 5 0,05 0,001 0,005 0,0005 0,01 0,002 0,001 0,0001 30 21 — 24 — 24 — 19 — 20' — 15 — 17° 5 23 5 46 5 76 5 90 Nach 7 Std. 1 = 0; 4 = + „ 24 „ 2=30; 2 = + 25; l = + 70 Turgor schwach — 20; —30; —40; —50; —60 Nach 7 Std. 5 = — ., „ 24 „ 2 =-45; 2 =-50; 1 =-70 Nach 7 Std. 5 ^ 0 „ 24 „ 2 = 0; -; -40; +20 über den Chemotropisiuus der Pflanzenwurzeln. 355 Tabelle 39. CaClg. In Vers. 1 u. 6 ist die Dauer d. vorl. Diff. 50 Std., die d. Vers. 24 Std. Temp. 1 7V2-19''• — 2 — — 48 „ — 2.3 „ — 19—20". — 3,4 u. 5 — — 24 „ — 21 „ — 14Vs — 16°. Ä a ^ 3 g O 13 3) .±0 § a ■-J3 > M g^ fe M 'S fco 1 •d .2 ^ S 'S 1 0,363 42 10 0,277 0,00864 3 23 + 20; + 25; +30. Turg. schwach — — 22 0,173 - 3 72 0; — 10; Uo — — 32 0,086 — 3 132 2=0 ; 1 = — 20 2 0,28 42 11 0,207 0,0067 3 57 + 10; 2 = 0 — — 21 0,14 — 3 133 0; — 10; {-+35 — — 31 0,073 — 3 133 — 20; 2 = — 25 3 0,1 10 5 0,05 0,01 5 41 — 20; — 30; 3 = — 40 4 0,01 10 5 0,005 0,001 5 66 — 50; 2 = — 20; 2 = - -30 5 0,001 10 5 0,0005 0,0001 4 68 ) ~ -10; 2 = — 20 6 0,00073 37 8 0,00057 0,0000197 3 120 ±; 0; — 15 — — 17 0,00039 — 3 125 2 = 0 ; 1 = 7 20 — — 28 0,000177 — 3 131 — 20; 2 = 0 7 0,0001 10 5 0,00005 0,00001 4 81 4 = 0 Tabelle 40. CaBro. In Vers. 1 u. 2 ist die Dauer der vorl. Diff. 26 Std., die d. Vers. 25 Std. Temp. 19 — 20°. , 4u. b — — 23 )) 24 „ — 14V2-I6 3 — — 21 „ - 24 „ - 15 — 17°. 1 0,15 10 5 0,075 0,015 3 49 + 10; —40; — 50 2 0,1 10 5 0,05 0,01 3 48 — 30; —40; — 60 3 0,05 10 5 0,025 0,005 3 65 Nach 5 Std. 3 = 0 „ 24 „ -30; - -40; — 5 4 0,01 10 5 0,005 0,001 3 85 40; 2 = — 30 5 0,0001 10 5 0,00005 0,00001 3 87 0; 2 = — 20 50 Tabelle 41. Ca(N03)2. In Vers. 2 u. 4 ist die Dauer d. vorl. Diff. 24 Std., die d. Vers. 21 Std. Temp. 14 '/j— 16°. — 1, 3u. 5 0,5 21 24 15 — 17' 0,1 0,01 0,001 0,0001 10 5 10 5 10 5 10 5 10 5 0,25 0,05 0,005 0,0005 0,00005 0,05 0,01 0,001 0,0001 0,00001 3 0 5 52 5 • 83 5 69 5 92 Nach 5 Std. + ; 0 ; 0 „ 24 ,, 0;+15;+20. Piasmol. — 10; —20; —25; —30; —50 Nach 5V2 Std. 5 = — N. 24 Std. —50 ; 2 =-30; 2 =-40 — 10; — 40; 3 = — 20 Nach 57, Std. 5=0 _ _ N. 24 Std'. 0; -20; -60; +30; +40 356 Theodor Porodko, Tabelle 42. Essigsaures Kalzium. In Yers. 3 u. 4 ist die Dauer der vorl. Diff. 30 Std., die des Vers. 24 Std. Temi«. 19 — 20°. „1 — — 49 „ — 25 „ — 16 — ITVa"- „2 — — 21 ,, — 24 „ — 15—17°. g ß m o s 0 S o p a -0 . an -flanke rzel .2 '^ % 'S- i-s 3 ß t> -« .2 1 2 MC II 1 § 3 33 g Resultate TS C8 -t^ i <1 'S g^ 1 r3 ß S W 'S fao 1 1 0,01 31 9 0,0071 0,000323 7 48 5 = 0; 2 = + — — 18 0,0042 — 7 89 2 = — 10: 3 = —40; +50; + 20 2 0,005 10 5 0,0025 0,0005 5 42 Nach 6 Std. 5 = 0 „ 24 „ 0; — 15; 3 = — 40 3 0,001 10 5 0,0005 0,0001 4 86 — 40; — 30; +40; ^30 4 0,0001 10 5 0,00005 0,00001 4 119 2 = 0; — 10; ±40 Tabelle 43. SrClo. In Vers. 3, 4u. 5 ist die Dauer der vorl. Diff. 22 Std., die des Vers. 27 Std. Temp. 16—19' 1 0,15 10 5 2 0,1 10 5 3 0,05 10 5 4 0,01 10 5 5 0,001 10 5 0,075 0,05 0,025 0,005 0,0005 0,015 0,01 0,005 0,001 0,0001 26 30 3 15 3 18 3 25 3 45 3 82 - 25 „ — 24 „ — ; —10; —30 3 = — Nach 6 Std. 3=0 3=0 3 = 0 — 19 — 20°. — 19—20°. Nach 27 Std. 0; — 20; — 30 - 15; — 20; — 40 3 = — 20 Tabelle 44. BaClg. In Vers. 1 u. 3 ist die Dauer der vorl. Diff. 28 Std., die des Vers. 24 Std. Temp. 19 — 21'. — 4 0,03 30 10 — — 20 0,021 30 8 — — 19 0,009 30 9 - — 19 0,003 30 10 — — 20 0,02 0,01 0,0154 0,0077 0,0063 0,0033 0,002 0,001 0,001 0,0007 0,0003 0,0001 31 48 3 12 3 29 3 55 3 98 3 36 3 66 3 75 3 122 - 22 „ - 23 „ 0; +10; +20 2 = 0; 1= + — , — 10; —40 0; — ; - 10 — 10; 2 = — 20 — ; 2 = — 10 3 = 0 3 = 0 — 20 — 22° — 19 — 20' über den Chemotropismus der Pflanzenwurzeln. 357 Tabelle 45. Versuche mit Helianthus annuus. In Vers. 1 u. 3 ist die Dauer der vorl. Diff. 47 Std., die des Vers. 24 Std. Temp. 15—16' — 2u. 4 — — 45 „ — 24 „ — 16 — ir — 5, 17, 18 u. 19 — 6, 8, 10, 13 u. 15 — 7, 9, 11, 12 u. 16 — 14 22 24 27 50 — 29 — 24 — 22 — 24 — 2OV2— 22". — 19—20°. — 1772-21°. — 1772—19°. .a ü M 0 3 . a a ,S £^ 0 3 ^, IX) > ü 1^ « "^ "äS 0 W 0 s IS < 'S -d 0 >> s « - C3 c3 aj CT) Jh r* N 0 0 T-i 1 1 0 :c3 ho ä g •6 1 § 2 CSJ "3 Resultate 1 0,00084 40 10 0,00062 0,000021 3 0 3 = 0. Plasmolysiert H,SO, — 21 0,00039 — 3 0 3=-0. — 32 0,00016 — 3 64 3 = 0 2 0,0001 38 10 0,000077 0,0000027 5 55 2 = ?; 3=^0 H2SO, — 21 0,000046 — 5 69 2 = ?; 3 = 0 3 0,0102 20 7 0,0065 0,00051 3 45 + 20; 2 =-[-30 Na OH — 14 0,003 — 3 40 — 70; +40; +65 4 0,0051 43 9 0,00405 0,000118 3 22 — 10; +15; +30 Na OH — 22 0,00246 — 3 70 0; ~ 10; +20 32 0,00129 3 101 3 = 0 Nach 6 Std. Nach 29 Std. 5 0,1 30 10 0,066 0,0033 4 246 4 = 0 2 = 0; ? + ; + 10 KCl — 20 0,033 — 4 284 4 = 0 3 = 0; —10 6 0,1 KCl 10 5 0,05 0,01 4 31 4 = 0 7 0,01 KCl 10 5 0,005 0,001 4 170 2 = 0; ?+; J20 8 0,1 NH.Br 20 8 0,06 0,005 4 62 + ; +25; 2 = + 10. 9 0,05 NH.Br 10 5 0,025 0,005 4 61 2 = 0; 2 = + 10 10 0,01 NH.Br 10 5 0,005 0,001 4 57 0; —40; ^20; J 20 11 0,0033 NH.Br 20 6 0,00234 0,000167 4 121 3 = 0; 1 = + 15 12 0,2 CaClj 10 5 0,1 0,02 4 66 0; —30; +10; +30 13 0,1 CaClj 16 5 0,05 0,01 4 77 + 20; 3 = 0 14 0,0727 37 9 0,055 0,00197 2 100 2=0 CaCl, — 20 0,0334 — 2 88 2 = 0 — 28 0,0177 — 2 118 2 = 0 358 Theodor Porodko, Fortsetzung der Tabelle 45. o 1^ Diffund. Stoff; Ausgangskonzentr. desselben o o s TS «1 I1 "1 Mg bIJ__. =3 'S > > 1-^ Konzentr. an der Vorderflanke der "Wurzel . s S s O T-l CS •— . 1 ^ M 'S 1 CO _o A s- ^ — ES 'S ll 11 Resultate 15 0,015 MgCl, 10 5 0,0075 0,0015 4 26 + 45; +55; 2 = + 10 1 Turgor 1 schwach 16 0,0125 10 5 0,00625 0,00125 4 33 + 20; 3 = + 10 MgCl, 17 0,01 MgCl, 10 5 0,005 0,001 3 270 Nach 6 Std. 3 = 0 „ 29 „ 0; —10; - -15 18 0,005 MgClj 10 5 0,0025 0,0005 4 241 4="0 19 0,0025 Mg Gl, 10 5 0,00125 0,00025 4 250 4 = 0 Auf Grund der 45 angeführten Tabellen komme ich zu den folgenden Schlüssen. Zunächst wird von den mit i^^j^mw^-Wurzeln erzielten Resul- taten die Rede sein. Die LMj9m?i5 -Wurzeln, dem Diffusionsstrome der sämtlichen untersuchten Stoffe ausgesetzt, bleiben in der Regel nicht indifferent, sondern reagieren mit Krümmungen. Das Verhältnis zwischen der Reizwirkung des Stromes und der Reaktion der Wurzeln läßt sich folgendermaßen darstellen. Der krümmende Effekt des Stromes läßt sich nicht bei be- liebigen Konzentrationen beobachten, sondern nur innerhalb be- stimmter, für verschiedene Stoffe verschiedener Konzentrations- grenzen. Ober- und unterhalb derselben bleiben die Wurzeln gerade. Innerhalb derselben variiert nun die Krümmungsreaktion 1. in der Intensität, 2. in der Form und 3. in der Richtung. Sehen wir uns nun alle diese 3 Schwankungen etwas näher an. Intensität der Krümmung. Die Ablenkungswinkel schwanken zwischen 0 und 90". Dies war auch vorauszusehen, insofern die in den Agarblock gesteckten Wurzeln sich unter dem Reizeinfluß zweier Kräfte — Diffusionsstrom und Schwere — befinden. Die erstere wirkt bei unserer Versuchsanstellung auf die Wurzeln in horizontaler Richtung ein, d. h. im rechten Winkel zur Längs- achse der Wurzeln; die letztere Kraft dagegen wirkt in lotrechter Richtung, d. h. in der Richtung der Längsachse der Wurzeln. Je über den Chemotropismus der Pflanzen\rurzeln. 359 nach der relativen Größe beider Kräfte nimmt die Wurzel eine gewisse zwischen 0 und 90" liegende Gleichgewichtslage an. Da aber die geotropische Stimmung der Wurzeln überall im Agarblock konstant bleibt, so ist offenbar die Intensität der Krümmung nur von der Intensität des Diffusionsreizes abhängig. Der letztere, soweit sich zurzeit urteilen läßt, hängt wiederum ab: 1. von der Natur des diffundierenden Stoffes, 2. von der auf die Wurzel einwirkenden Konzentration, 3. von der Dicke des Agar- blocks (also vom Konzentrationsgefälle) und 4. von der Einwirkungs- dauer des Diffusionsstromes. Ob und wie diese Abhängigkeit genau zu formulieren ist, läßt sich einstweilen nicht sagen. Gegenwärtig darf man nur soviel behaupten, daß die im Diffusionsstrome einer gegebenen Substanz befindlichen Wurzeln sich um so stärker krümmen'), je höher ^) die reizende Konzentration, je dünner^) der Agarblock und je länger^) die Einwirkungsdauer des Stromes ist. Form der Krümmung. Die Lupinus-W uizeln, welche sich sowohl in gleicher Richtung als auch gleich stark gekrümmt haben, können sich noch durch die Form ihrer Krümmungen voneinander unterscheiden. Als Form der Krümmung bezeichne ich die Lokali- sation derselben und das Aussehen der Biegungslinie. In dieser Hinsicht kommen zwei Extreme zum Vorschein. Einerseits sieht man Krümmungen, welche fast auf die Wurzelspitzen lokalisiert und scharf eckig sind. Andererseits begegnet man den Krümmungen, welche in höheren Zonen der Wurzeln beginnen und bogenartig sind. Zwischen diesen Extremen liegen verschiedene Übergänge. Die Unterschiede in der Lokalisation ^) der Krümmungen lassen sich unschwer mit der Wachstumsgeschwindigkeit der betr. Wurzeln in Zusammenhang bringen. Wie aus den obigen Tabellen ersichtlich, ist die Wachstumsschnelligkeit ^) der Wurzeln in verschiedenen 1) Ich meine die Krümmungen der einen (-{- oder — ) Richtung. 2) Allerdings innerhalb bestimmter Grenzen. 3) Die Unterschiede im Aussehen der Biegungslinie dürften möglicherweise analog erklärt werden. 4) Dieselbe scheint von der Natur der diffundierenden Substanz abzuhängen, sowie davon, wie hoch die auf die Wurzeln einwirkende Konzentration ist und wie lange diese Einwirkung dauert. Außer den Schwankungen der Wachstumsgeschwindigkeit der sich krümmenden Wurzeln beobachtet man häufig auch Schwankungen ihrer Turgeszenz. Dabei kommen wieder zwei Extreme vor, und zwar einerseits sind die Wurzeln des Turgors völlig be- raubt, andererseits aber zeigen sie eine bis zur Straffheit erhöhte Turgeszenz. Es kommen gleichfalls Unterschiede in dem Aussehen der gekrümmten Wurzeln zur 360 Theodor Porodko. Versuchen bei weitem nicht gleich. Wachsen die Wurzeln sehr langsam^), so müssen auch Krümmungen unweit von der Spitze stehen bleiben. Wachsen aber die Wurzeln in einem normalen') Tempo, so wird die Biegungsstelle allmählich durch diejenigen Wurzelzonen nach oben verschoben, welche in die Gleichgewichts- lage geraten sind und hier so weiter wachsen. Richtung der Krümmung. Berücksichtigt man die Gesamt- heit der Versuche, so ist das Bild, welches die Wurzeln in dieser Hinsicht darbieten, ziemlich kompliziert. Nur bei wenigen Ver- suchen reagieren die sämtlichen Wurzeln übereinstimmend, d, h. mit Krümmungen in gleicher Richtung. Viel häufiger krümmt sich die Mehrzahl der in einer Reihe befindlichen, also gleich stark gereizten Wurzeln nach einer Richtung, die Minderzahl dagegen nach einer anderen oder nach verschiedenen Richtungen. Ilbrigens sind auch solche Versuche nicht selten, bei denen keine der Richtungen dominiert. Will man bei dieser Sachlage zu irgend welchen allgemeinen Schlüssen betreffs der Krümmungsrichtung der im Diffusionsstrom verschiedener Stoffe befindlichen Wurzeln gelangen, so muß man sich auf das Verhalten nicht sämtlicher Wurzeln, sondern der Mehrzahl derselben stützen. Unter dieser Beschränkung, die übrigens auch bei sonstigen empirischen Verallgemeinerungen üblich ist, darf man mit gewissem Recht 2 Sätze aufstellen. 1. Wirken auf die Wurzeln Konzentrationen, welche mehr oder weniger wachstumshemmend sind, so krümmen sich die Wurzeln positiv. Der Effekt wird fast bei sämtlichen untersuchten Stoffen beobachtet, mögen sie Elektrolyte oder Nichtelektrolyte sein. 2. Wirken aber mäßigere Konzentrationen auf die Wurzeln ein, so tritt ein Unterschied zwischen Elektrolyten und Nichtelektro- lyten zutage. Im Diffusionsstrome der Nichtelektrolyten verhalten sich die Wurzeln im allgemeinen unbestimmt. Es kann hier von einer dominierenden Krümmungsrichtung nicht gut die Rede sein. Denn die Krümmungsrichtung ist verschiedenartig sowohl bei fast jedem Beobachtung. Meistens sehen die Wurzeln vollkommen normal aus, bisweilen aber sind sie keilartig zugespitzt und dunkel gefärbt. 1) Es ist hierbei die Geschwindigkeit nur während der Ausführung der Krümmung gemeint. über den Chemotropismus der Pflanzenwurzeln. 361 einzelnen Versuche als auch bei verschiedenen untereinander ver- gleichbaren Yersuchen. Zuweilen beobachtet man hier gerade ge- bliebene oder + gekrümmte Wurzeln. Häufiger aber bleibt ein Teil der Wurzeln je einer Reihe gerade, ein anderer dagegen krümmt sich nach verschiedenen (+, — , ±, ^, ^) Richtungen hin. Einfacher stellen sich die Verhältnisse im Falle der Elektro- lyten dar. Von wenigen Ausnahmen abgesehen, beobachtet man hier stets eine dominierende Krümmungsrichtung, und zwar bei Anwendung von Säuren, Alkalien, Na^COs^) und KoCO.s^) eine positive, bei Anwendung von neutralen Salzen dagegen eine negative. Es sei nun auf die Unterschiede in der krümmenden Wirkung der einzelnen Elektrolyten hingewiesen. Gute positive Krümmungen wurden hauptsächlich bei alkalischen Lösungen beobachtet. Die Säuren rufen seltener positive Krüm- mungen hervor, wobei auch der Ablenkungswinkel schwach ist. In Anbetracht dessen, daß im Diffusionsstrome beliebiger saurer und alkalischer Lösungen positive Krümmungen beobachtet werden, kommt die reizende Wirkung allem Anschein nach den H- und OH'-Ionen zu. Was nun die negativen Krümmungen anbelangt, so scheint die Stärke derselben von der Natur des Kation abzuhängen. Salze mit zweiwertigen Kationen, wie Ca, Mg oder Sr^) rufen, unabhängig von der Natur des Anion, stets ausgezeichnete negative Krümmungen hervor. Diese werden in sehr breiten Konzentrations- grenzen und an fast allen Wurzeln je einer Reihe beobachtet. Besonders schöne Krümmungen sah ich durch MgCl2 hervorgerufen. Salze mit einwertigen Kationen, wie Li, K, Na oder NH4, rufen weniger prägnante negative Krümmungen hervor. So sind hier die Krümmungen schwächer, erstrecken sich auf einen kleineren Prozentsatz der Wurzeln je einer Reihe und lassen sich überhaupt im engeren Spielräume der Konzentrationen beobachten. Auch hier scheint die Natur des Anion ohne Belang zu sein. 1) Die Lösungen dieser Salze .sind bekanntlich hydrolysiert und besitzen demnach eine alkalische Reaktion. 2) BaClj reizte bedeutend schwächer, was übrigens seinen Grund darin haben dürfte, da& ich infolge der giftigen Eigenschaften von BaClj relativ schwache Konzen- trationen anwenden mußte. 362 Theodor Porodko, Diese aufgestellten Regeln besitzen aber nur eine relative Be- deutung, weil sie auf dem Yerhalten der Mehrzahl der Wurzeln allein basieren. Es tritt an uns nun die Frage heran: Wie ist denn das ab- weichende Verhalten der Minderzahl der Wurzeln zu verstehen? Hier treten uns zahlreiche und verschiedenartige Ausnahmen der eben aufgestellten Regeln entgegen. Erstens stellt sich das Verhalten der Mehrzahl der Wurzeln zuweilen anormal dar. So wächst z. B. die Mehrzahl gerade weiter oder krümmt sich in der + Richtung, obschon sowohl bei höheren als bei niedrigeren Konzentrationen gute und bei gegebenem Stoffe normal gerichtete Krümmungen beobachtet werden. Verhältnis- mäßig seltener krümmt sich die Mehrzahl der Wurzeln einer Reihe nach der Richtung, welche der normalen geradezu entgegengesetzt ist. So kommen z. B. bei Versuchen mit Säuren und Alkalien negative Krümmungen vor. Auch treten bei Versuchen mit neu- tralen Salzen, und zwar bei mäßigen Konzentrationen, positive Krümmungen ein. Oder es kommt endlich bei Nichtelektrolyten eine dominierende Krümmungsrichtung zum Vorschein. Zweitens erscheint die zu erwartende Mehrzahl bisweilen nicht, und die Wurzeln krümmen sich dann nach verschiedenen Rich- tungen. Drittens weichen einige Wurzeln von der üblichen Schablone ab, selbst in den günstigsten Fällen, wenn eine sichere Mehrzahl vorhanden ist, und sie wachsen entweder gerade weiter, oder krümmen sich nach irgend einer ungewöhnlichen Richtung. Viertens ist die Krümmungsrichtung an und für sich oft un- gewöhnlich, ganz gleich, ob sie zur dominierenden wird oder nicht. Wie sind z. B. die Krümmungen der intermediären, zwischen -\- und — liegenden Richtung, also die ~, +, t Krümmungen auf- zufassen? Oder wie sind solche zusammengesetzte Krümmungen zu deuten, wie es jl, h;, 'A, + usw. sind? Bei der geschilderten Sachlage läßt sich über das Verhalten der Lupinus -Wurzeln im großen und ganzen nichts Endgültiges sagen. Die bisher mitgeteilten Versuche reichen offenbar dazu nicht aus. Es mußten noch spezielle Versuche herangezogen werden. Über dieselben soll erst im folgenden Kapitel berichtet werden. Hier bleibt noch übrig, das Verhalten der Helianthus -Wurzeln im Diffusionsstrome kurz zu schildern. über den Chemotropismus der Pflanzenwurzeln. 363 Wie aus Tabelle 45 ersichtlich, wurden positive Krüm- mungen bei den wachstumshemmenden Konzentrationen einiger Stoffe beobachtet. In dieser Hinsicht stimmt also das Verhalten der HeUantJnis-W uTzeln mit dem der Lu2nnus -Wurzeln überein. Sonst machen sich manche Differenzen bemerkbar. Ausgesprochene nega- tive Krümmungen wurden z. B. nur mit NH^Br und MgCU be- obachtet. Freilich kommen mitunter + Krümmungen vor, zumeist aber wachsen die Wurzeln ungestört gerade weiter. Da im Falle der Helianthus -Wurzeln die Zahl der untersuchten Stoffe relativ gering ist, wäre es voreilig, irgend welche allgemeine Schlüsse über die genannte Pflanze zu folgern. Die Gründe, weshalb die Helianthus -Wurzeln im engeren Maßstabe untersucht worden sind, werden erst am Schluß des folgenden Kapitels angegeben. Über die Natur der im Diffiisionsstrome an Lupinus- Wurzelii auftretenden Krümmungen. Es wurde oben die Ansicht ausgesprochen, daß die Krümmungen der Lupijiiis-W uxzeln im Diffusionsstrome Wachstumskrümmungen seien. Dafür sprechen folgende Gründe. Zunächst geht aus den Messungen der Wurzellänge vor und nach dem Versuch hervor, daß die wachsenden Wurzeln allein krümmungsfähig sind. Sodann wurde mitunter konstatiert, daß die gekrümmten Wurzeln gewachsen, aber plasmolysiert waren. Derartige Wurzeln, selbst aus dem Agarblock herausgenommen ^), bleiben dennoch gekrümrat. Offenbar liegen hier Krümmungen vor, welche durch Wachstum fixiert worden sind. Demnach darf man sie auch nicht als Variations- krümmungen betrachten. Bemerkenswert sind endlich Versuche, bei denen die im Agar- block befindlichen Wurzeln gerade geblieben und nicht gewachsen sind, trotzdem aber eine normale Turgeszenz aufweisen. Derartige Wurzeln verfügen also über Mittel, Variationskrümmungen aus- zuführen; trotzdem bleiben sie gerade. Offenbar handelt es sich beim Krummwerden nicht um den Turgor, sondern ums Wachstum. In der Tat sieht man bei denjenigen niedrigeren Konzentrationen 1) Solange sich die Wurzeln im Agarblock befinden, können die Krümmungen natürlich nicht passiv ausgeglichen werden. Jahrb. f. wiss. Bot. XLIX. 24 364 Theodor Porodko, des nämlichen Stoffes, welche den Wurzeln das Wachstum bereits gestatten, auch Krümmungen eintreten. Aus all dem Gesagten geht hervor, daß die im Diffusions- strome eintretenden Krümmungen der Lupimis -Wurzeln durch un- gleichmäßiges Wachstum der opponierten Flanken zustande kommen. So wächst im Falle der positiven Krümmung die hintere Flanke der Wurzel relativ schneller als die vordere. Bei negativen Krüm- mungen hat die Wachstumsschnelligkeit eine umgekehrte Verteilung. Bei intermediären Krümmungen aber liegt ein ungleichmäßiges Wachstum der Seitenflanken der Wurzel vor. Oben haben wir aber gesehen, daß die Lupinus -Wurzeln imstande sind, sich im Diffusionsstrome nach den verschiedensten Richtungen hin zu krümmen. Der Diffusionsstrom kann somit eine ungleichmäßige Wachstumsverteilung auf einem beliebigen Paar der opponierten Wurzelflanken hervorrufen. Es fragt sich nun, wovon dies abhängt. Die Richtung des Diffusionsstromes ist ja überall die gleiche. Sie fällt mit der Fläche der -|- und — ■ Krümmung zusammen. Augenscheinlich darf man nur diese Krümmungen ohne weiteres als orientierend ansehen. Wie sind dann die intermediären Krümmungen zu verstehen? Auf den ersten Blick könnten sie als zufällig, also als durch irgendwelche Fehler der Yersuchsanstellung verursacht angesehen werden. Solche Vermutung ist jedoch nicht stichhaltig. Meine Versuchsanstellung war stets die gleiche. Der postulierte Einfluß der methodischen Fehler sollte ebenfalls stets zur Geltung kommen. Dennoch krümmten sich Wurzeln in den Versuchen mit Mg- oder Ca-Salzen in einer oft absolut übereinstimmenden Weise. Man könnte ferner eine andere Vermutung in Erwägung ziehen. Oben habe ich hervorgehoben, daß etwa 25 7o der in den reinen Agar gepflanzten Wurzeln nutieren. Nehmen wir nun an, das Nutationsbestreben erhalte sich auch dann, wenn die Wurzeln sich in einem von dem Diffusionsstrom durchsetzten Agarblock befinden. Je nach dem, ob und in welchem Grade sich das genannte Be- streben hier erhalten würde, dürfte ein größerer oder kleinerer Prozent- satz der unbestimmten Krümmungen im Sinne der autonomen Nutationen gedeutet werden. Leider wissen wir zurzeit nicht, wie die Verhältnisse tatsächlich liegen. Mit gleichem Recht darf man ja annehmen, daß das Nutationsbestreben unter dem Einfluß des Diffusionsreizes vollständig unterdrückt wäre. Somit kann die postu- lierte Vermutung zurzeit weder bestätigt noch widerlegt werden. Sie ist daher auch nicht in Betracht zu ziehen. über den Chemotropismus der Pflanzenwurzeln. 365 Wenig wahrscheinlich ist schließlich auch die folgende Ver- mutung. Als oben die eventuellen Nachteile des Agar besprochen wurden, habe ich betont, daß die geotropische Stimmung der Lupinus- Wurzeln trotz ihres Befindens in diesem Medium nicht merklich beeinflußt wird. Nun könnte man aber vermuten, es fände eine derartige Beeinflussung in einem vom Diffusionsstrom durchsetzten Agarblock statt. Dann wären auch die in Rede stehenden un- bestimmten Krümmungen als geotropisch anzusehen. Dennoch ist auch diese Vermutung wenig wahrscheinlich. Die -j- und — Krüm- mungen erreichen 90° fast niemals, wenngleich der Diffusionsstrom auch unter dem Rechtwinkel auf die Wurzeln einwirkt. Der Krümmungswinkel fällt immer um so ansehnlicher aus, je stärker die Reizwirkung des Stromes ist. Außerdem weisen die einmal im Diffusionsstrome unter einem gewissen Winkel gekrümmten Wurzeln nicht selten an ihren Spitzen noch eine zweite lotrecht nach unten gerichtete Krümmung auf. Derartige Krümmungen lassen sich auch an den Wurzeln beobachten, die in der + Richtung reagiert haben. Nach alledem ist sehr wahrscheinlich, daß die geotropische Stimmung der Lupinus-W urzeln sich auch im Diffusionsstrome unveränderlich erhält. Sämtliche eben besprochene Vermutungen erwiesen sich also als wenig geeignet, das Wesen der intermediären Krümmungen zu erklären. Bei solcher Sachlage blieb nur die Annahme übrig, daß sämtliche im Dififusionsstrome vorkommende Krümmungen, mag ihre Richtung sein wie sie will, Reaktionen gerade auf den Diffusions- reiz sind. Des weiteren versuche ich nun diese Annahme einer experimentellen Prüfung zu unterziehen. Zu diesem Zwecke wurden 4 Versuchsreihen angestellt, und zwar: 1. Versuche mit geköpften Wurzeln; 2. Versuche über Nachwirkung des Dififusionsreizes ; 3. Versuche über die Reiz- und Unterschiedsschwelle bei den Wurzeln, die sich im Diffusionsstrome von MgClo befinden; 4. Versuche über den Einfluß der Experimentdauer auf die dabei zu -erzielenden Resultate. Gehen wir jetzt zur Mitteilung all dieser Versuche über. Versuche mit geköpften Wurzeln. Diesbezügliche Versuche sind in Tabelle 46 zusammengefaßt. Die Versuchsanstellung wich von der üblichen nur insofern ab, daß in je einer Reihe der in den Agarblock gepflanzten Wurzeln 24* 366 Theodor Porodko, nur etwa 1 — 2 der Kontrolle wegen intakt waren, die übrigen da- gegen dekapitiert wurden. Die Dekapitation erstreckte sich auf die in der Tabelle angegebene Zahl der Millimeter. In dieser Ver- suchsreihe wurden folgende Stoffe angewandt: CaClo, MgCU, NaOH, NaaCOs, Na^SOi und Chloralhydrat. Tabelle 46. In Vers. 1 u. 5 ist die Dauer d. vorl. Diff. 26 Std., die d. Vers. 27 Std. — 2u. 3 — 7u. 8 — 4 — 6 24 23 22 29 24 22 24 24 Temp. 22—24°. — 24—28°. — 24 — 27°. — 21 — 2272°. ^ ü M CO 0^ _ •3-g tu « •^ s u Sl N O ß ö 2 3 0 5 N a 03 c n- .2 =* "03 ?S f< ^ 1 - -2 1 Eesultate ja g, ^ 4) M 'S :§1 1> W !zi •< 5 <ä bD>- es ä "'■ J C •3 1 0,2 10 5 0,1 0,02 21 35 0 — 20 CaCI, 28 27 30 27 49 30 35 34 0 1 1 1 — 40 0 + + 45 2 0,2 28 9 0,136 0,00714 32 51 0 — 30 CaCla 33 26 35 35 53 30 42 37 0 1,5 1,5 1,5 — 45 0 0 17 0,079 41 34 37 36 34 58 54 45 48 43 0 0 1,5 1,5 1,5 — 45 — 60 0 0 0 3 0,1 30 9 0,07 0,00333 38 51 0 — 10 Mg eis 26 40 40 27 43 45 43 27 0 1,5 1,5 1^5, — 45 0 0 18 0,04 40 40 40 36 29 61 57 51 37 38 0 0 1,5 1,5 1,5 — 50 — 60 0 0 0 4 0,04 10 5 0,02 0,004 26 32 0 + 70 (NH,),SO, 33 44 0 + 40 über den Chemotropismus der Pflanzenwurzeln. 367 o Diffund. Stoff; Ausgangskonzentr. desselben 1 o s Konzentration a. d. Vorderflanke der Wurzel O T-l "43 g ^ o S M 'S &0 'S js -Sa :§ ° 3 « Resultate 4 0,04 10 5 0,02 0,004 36 39 1 + 25 (NH,)^SO, 34 37 36 40 1 1 +-30 + 20 5 0,01 10 5 0,005 0,001 26 40 0 +_10 Chloral- hydrat 25 30 34 41 43 50 0 1 1 1+20 + 20 + 20 6 0,03 30 10 0,02 0,001 34 43 0 + 45 Na^COg 30 26 24 31 36 32 28 35 1 1 2 2 + 10 + 0 0 20 0,01 37 34 32 32 31 47 51 43 37 35 0 1 1 2 2 t 50 + 50 + • — 10 0 7 0,01 30 10 0,0066 0,000333 33 45 0 + 40 NajCO, 35 41 38 35 45 56 51 42 0 1 1 1 + 70 + 30 + 30 20 0,0033 40 39 42 43 42 53 52 60 65 61 0 0 1 1 1 + 45 + 60 J20 + 20 4:20 8 0,1 Na OH 30 10 0,0066 0,000333 43 38 28 37 33 51 48 42 47 43 0 0 1 1 1 + 60 + 70 + 10 + 20 + 30 20 0,0033 40 36 30 42 37 59 48 51 63 50 0 0 1 1 1 0 :|:6o f + 20 1 i 20 0 ±40 368 Theodor Porodko, Auf Grund der in Tabelle 46 mitgeteilten Versuche lassen sich folgende Schlüsse ziehen. Versuche Nr. 2 und 3 weisen darauf hin, daß ohne Wurzel- spitze negative Krümmungen nicht zustande kommen. Versuche Nr. 4 — 8 lehren, daß positive Krümmungen auch an den um 1 mm dekapitierten Wurzeln vorkommen. Da die Versuche Nr. 4 und 5 einerseits und Nr. 6 — 8 andererseits identische Resul- tate ergaben, so sind die in beiden Fällen, d. h. unter dem Einfluß sowohl der hohen Konzentrationen als auch der OH'-Ionen, vor- kommenden positiven Krümmungen von gleicher Natur. Besonders lehrreich ist der Versuch Nr. 1. Er zeigt, daß, indem intakte Wurzeln sich unter dem Einfluß von CaCl2 negativ krümmen, die um 1 mm dekapitierten schon positive Krümmungen aufweisen. Zwar ist die Zahl meiner mit geköpften Wurzeln angestellten Versuche gering. Ich habe mich aber auf dieselbe deshalb beschränkt, weil die dadurch gelieferten Resultate mit denen der betr. Versuche von Sammet, Lilienfeld und Cholodnyi recht gut überein- stimmen. . Sammet und Lilienfeld beobachteten positive Krümmungen auch an den dekapitierten Wurzeln. Cholodnyi ist der Meinung, daß positive Krümmungen an den Wurzeln auftreten, wenn ihre Wachstumsregion allein gereizt wird. Insofern es sich also um die positiven Krümmungen handelt, sind wir alle darüber einig, daß solche Krümmungen auch ohne Wurzelspitze zustande kommen können. Was nun negative Krümmungen anbelangt, so bestätigen meine Versuche mit Dekapitation diejenigen Experimente Cholodnyis, worin die Wurzelspitze allein gereizt wurde. Für das Zustande- kommen der negativen Krümmungen ist daher notwendig, daß die Wurzelspitze vorhanden ist^). 1) Zwar fand Lilienfeld, daß unter dem Einfluß des Diffusionsstromes von NaCl auch die um 1 — 2 mm dekapitierten Wurzeln sich negativ krümmten. Allein es wird dabei nicht mitgeteilt, ob eingetretene Krümmungen normal stark oder schwächer aus- gefallen sind. Im letztei'en Fall wäre es denkbar, daß das Perzeptionsvermögen sich nicht streng auf die Spitze beschränkt, sondern auch z. T. in der Wachstumszone lokali- siert ist. Von diesem Standpunkt aus dürften vereinzelte negative Krümmungen der dekapitierten Wurzeln in meinen Versuchen eine ungezwungene Erklärung finden. über den Chemotropismus der Pflanzenwurzeln. 369 Versuche über die Nachwirkung des Diffusionsreizes. An die Anstellung der fraglichen Versuche bin ich erst vor kurzem herangetreten. Zurzeit verfüge ich nur über 4 derartige Versuche. Dieselben sind in Tabelle 47 zusammengefaßt. Durch diese Versuche war ich bestrebt, zwei Fragen zu lösen. Und zwar, ob sich der Aufenthalt der Wurzeln im Diffusionsstrome durch irgend welche Nachwirkungen kundgibt? Und ferner, ob unter Anwendung sowohl positive wie negative Krümmungen hervor- rufender Stoffe eventuelle Nachwirkungen mit gleicher Prägnanz eintreten? Die Versuche wurden in üblicher Weise angestellt. Aus jeder Reihe befand sich ein Teil der Wurzeln im Agarblock bis zu Ende des Versuches, um die krümmende Wirkung des Stromes zu kon- trollieren. Die übrigen Wurzeln wurden dagegen nach Verlauf des in Tabelle angegebenen Zeitraumes ') in reinen Agar^) übertragen. Mit den übertragenen Wurzeln verfuhr ich weiterhin auf zweierlei Weise. In den Versuchen Nr. 1 und 2 ließ ich das Gefäß mit diesen Wurzeln auf dem Klinostat um die horizontale Achse rotieren. Die Dauer der Rotation ist in Tabelle angegeben, die Dauer einer Drehung betrug 2 Minuten. In den Versuchen Nr. 3 und 4 blieb das Gefäß mit den in reinen Agar übertragenen Wurzeln ruhig in normaler Lage. Um die Krümmungsrichtung der übertragenen Wurzeln in Be- ziehung zur Richtung des Diffusionsstromes bringen zu können, bezeichnete ich mit Tinte vor dem Übertragen der Wurzeln ihre Vorderflanke. Wie aus der umstehend angeführten Tabelle 47 folgt, treten die positiven Krümmungen als Nachwirkung nicht ein, wohl aber die negativen, obzwar nur nach dem Eliminieren des Schwerereizes. Bemerkenswert ist der Versuch Nr. 2. Er zeigt, daß eine S-förmige j , Krümmung nicht auf einmal entsteht. In der Tat tritt zunächst eine negative Krümmung ein und erst später geht sie z. T. in eine positive über. Ich messe den in diesem Abschnitt mitgeteilten Resultaten einen definitiven Wert nicht bei. Ich sehe sie einstweilen lediglich als vorläufig an. 1) Derselbe war selbstverständlich kürzer als die betr. Reaktionszeit. 2) Natürlich der üblichen Konzentration. 370 Theodor Porodko, Tabelle 47. In Vers. 1 ist die Dauer der vorl. Diff. 47 Std.. die des Vers. 24 Std. 48 27 24 28 22 29 Temp. 15 — 19". — 15-177/. — 22 — 24°." — 1772-20'/!°. o ö a> ü Diffund. Stoff; Ausgangskonzentr. desselben u o pq TS o 5 1^2 Ö . cd OS © 'S "^"^ Konzentration a. d. Vorderflanke der Wurzel Konzentrations- gefälle auf je 1 mm -«■ s 'S S Resultate 1 0,0152 38 10 0,0112 0,0004 21 33 24 0 Na OH 23 24 35 37 8 8 1 16 j Stund. 0 0 20 0,0072 24 25 28 34 42 46 24 8 8 1 auf 1 dem + 60 0 0 31 0,0028 27 25 27 45 49 53 24 8 8 1 Klino- 1 stat + 25 0 0 2 0,08 37 8 0,062 0,00217 30 36 28 |7 MgCla 24 24 42 38 8 8 1 20 j Stund. — 20 — 30 18 0,04 20 27 36 35 44 58 28 8 8 1 auf J dem — 40 — 10 0 28 0,02 26 26 27 43 51 50 28 8 8 1 Klino- 1 stat — 30 0 0 3 0,05 MgClj 29 10 0,0323 0,0017 22 25 30 36 30 43 42 64 53 59 22 22 3 3 3 — 15 ?0 0 . 0 0 20 0,0154 24 24 34 33 34 42 49 58 60 57 22 22 3 3 3 — 20 0 0 0 0 4 0,01 MgCl, 20 10 0,005 0,001 46 40 29 30 40 38 35 36 33 38 32 37 35 38 70 62 54 53 67 65 64 61 60 66 52 65 55 60 29 29 29 29 4 4 4 4 4 — 40 + 20 — 10 — 30 Nach 7 0 0 0 0 0 29 Std. + 10 4 10 + 20 — 10 + 10 + 10 + 10 0 — 10 0 Üter den Chemotropismus der Pflanzenwurzeln. 371 Versuche zur Feststellung der Reiz- und Unterschiedsschwelle bei den Lupinus-'WnYzeln, die sich im Diffusionsstrome von MgCl2 befinden. Die zuletzt festgestellte Tatsache, daß negative Krümmungen sich als Nachwirkung erzielen lassen und von dem Vorhandensein der Spitze abhängig sind, ließ schon vermuten, daß diese Krümmungen durch Reiz hervorgerufen seien, daß also hier eine tropistische Reaktion vorliege. Um die Richtigkeit dieser Vermutung zu prüfen, stellte ich eine Reihe der oben charakterisierten Versuche an. Kurz, es handelte sich dabei um die Prüfung, ob das Webersche Gesetz ^) auch hier Geltung habe. Meine in dieser Richtung angestellten Versuche sind in Ta- belle 48 zusammengefaßt. Die ersten 5 Versuche stellen die Reiz- schwelle fest; sie wurden nach der üblichen Methode angestellt. Die übrigen 37 Versuche hatten den Zweck, die Schwelle der ünter- schiedsempfindlichkeit für Konzentrationsdififerenzen festzustellen. Die Anstellung dieser Versuche wich von der üblichen nur insofern ab, daß hier in der hinteren Höhlung das Wasser ebenfalls durch eine Lösung von MgClo ersetzt wurde; die Konzentration der letzteren war aber niedriger als die der Vorderhöhlung. Die Kon- zentrationen in beiden Höhlungen sind nun in der Kolonne der Aus- gangskonzentrationen angegeben, und zwar bezieht sich die obere von je 2 mit einer Parenthese umschlossenen Ziffern auf die vordere Höhlung, die untere dagegen auf die hintere Höhlung (vgl. Tab. 48). Stellen wir nun tabellarisch (vgl. Tab. 49, S. 374) diejenigen Versuche zusammen, bei denen der Reiz die Schwelle überschreitet, d. h. wo bei minimalem Reiz schon bei der Mehrzahl der Wurzeln eine kaum merkliche Reaktion zutage tritt. Häufig geben die vor- liegenden Versuche nur Grenzen an, zwischen denen die fragliche Schwelle liegt. In diesen Fällen nehme ich der Genauigkeit halber an, daß die Schwelle bei den Bedingungen liegt, die den Mittelwert der Bedingungen von zwei betr. Versuchen darstellen. So ist z. B. im Versuche Nr. 2 die Reaktion bereits deutlich ausgeprägt, im Versuch Nr. 3 bezieht sie sich dagegen nur auf die Minderzahl der Wurzeln. In diesem Falle nehme ich an, daß die Reizschwelle unter den Bedingungen liegt, welche die Mitte aus den Bedingungen von Versuch Nr. 2 und 3 vorstellen. 1) Bekanntlich reguliert dasselbe die Beziehung zwischen Reizintensität und Er- regung auch bei anderen Orientierungsbewegungen. 372 Theodor Porodko, In Vers. 1 u. 2 Tabelle 48. MgClo. ist d. Dauer d. vorl. Diff. 26 St., die d. Vers. 21 St. Temp. 22 — 24°. — 3, 13, 14, 20, 26 — 4 — 7, 39 — 8 — 12,15 — 17,23,24 — 18, 19, 21, 22, 25, \ 27 — 31, 38, 40 — 42) — 32—37, 24 26 30 24 27 24 „ — 20'/2— 22 24 „ — 20 — 24". 23 „ — 16 — 19". 24 „ — 19 — 20". 22 „ - 17V,-20V2 3 Ausgangskonzen- trationen o s s 3 !=''S Konzentration a. d. Vorderflanke der Wurzel Konzentrations- gefälle auf je 1 mm a < NI 'S Kesultate 1 0,002 10 5 0,001 0,0002 5 42 — 25; +15; 3 = — 10 2 0,001 10 5 0,0005 0,0001 5 61 — 20; —35; +40;2 = — 30 3 0,00075 10 5 0,000375 0,000075 5 100 — 15; — 25; 3 = 0 4 0,0005 10 5 0,00025 0,00005 5 79 = 20; {-; 3 = 0 5 0,00025 10 5 0,000125 0,000025 5 72 — ; ± 20; ±10; 2 = 0 6 ( 0,005 1 0,0005 10 5 0,00275 0,00045 5 56 — 15; 4= — 10 7 ( 0,0025 1 0,0005 8 4 0,0015 0,00025 5 50 + 20; —20; —30; 2 = — 10 8 ( 0,002 1 0,0005 10 5 0,00125 0,00015 6 59 — 50; — 20; —35; /+ lo . 2 = T30 ^-3"' 9 1 0,0015 ( 0,0005 10 5 0,001 0,0001 6 76 + 15; —15; —35; 3=— 10 10 f 0,001 1 0,0005 10 5 0,00075 0,00005 6 74 4__1.. (-10. /-lo * ^^^i \— 30' (-20 11 1 0,00075 [ 0,0005 10 5 0,000625 0,000025 6 82 0; +25; 2 = — 15;-2 = — 10 12 f 0,0006 \ 0,0005 10 5 0,00055 0,00001 6 72 -10; ^20; +10; {z\l; 2=0 13 f 0,0035 1 0,00075 10 5 0,004125 0,000275 5 77 — ; —15; —25; +35; —40 14 f 0,0025 1 0,00075 10 5 0,001625 0,000175 5 80 — 10; — 15; — 20; 2 = 0 15 1 0,002 ( 0,00075 10 5 0,001375 0,000125 6 63 0; —20; —25; —30; —35; -1-40 16 17 ( 0,0015 1 0,00075 1 0,001 [ 0,00075 10 10 5 5 0,001125 0,000875 0,000075 0,000025 6 6 62 75 0; — 20; —30; —40; ("Iq ; /— 10 ^ 1—20 ±10; +.10; +40; ±25; 2 =—25 18 ( 0,005 1 0,001 10 5 0,003 0,0004 5 76 0; —25; —35; 2 = — 30 19 ( 0,004 [ 0,001 10 5 0,0025 0,0003 5 78 0; — 20; — 30; 2 = — 10 über den Chemotropismus der Pflanzenwurzeln. 373 w. ; bona Ö 'S ^ So W -ö ^ a c Nl 'S 1^ Resultate 0,0035 0,001 0,003 0,001 0,002 0,001 0,0015 0,001 0,00125 0,001 0,008 0,002 0,007 0,002 0,006 0,002 0,005 0,002 0,004 0,002 0,003 0,002 0,0025 0,002 0,015 0,005 0,01 0,005 0,009 0,005 0,008 0,005 0,007 0,005 0,006 0,005 0,0214 0,01 0,02 0,01 0,0175 0,01 0,015 0,01 0,0125 0,01 10 5 10 5 10 5 10 5 10 5 10 5 10 5 10 5 10 5 10 5 10 5 10 5 10 5 10 5 10 5 10 5 10 5 10 5 10 5 10 5 10 5 10 5 10 5 0,00225 0,002 0,0015 0,00125 0,001125 0,005 0,0045 0,004 0,0035 0,003 0,0025 0,00225 0,01 0,0075 0,007 0,0065 0,006 0,0055 0,0157 0,015 0,01375 0,0125 0,01125 0,00025 0,0002 0,0001 0,00005 0,000025 0,0006 0,0005 0,0004 0,0003 0,0002 0,0001 0,00005 0,001 0,0005 0,0004 0,0003 0,0002 0,0001 0,00114 0,001 0,00075 0,0005 0,00025 77 73 100 65 60 63 57 68 65 76 77 94 30 31 40 32 41 29 35 33 43 54 43 — 15; —40; {j^^; 2 = 0; — 25; 0; 2 = — ; +35 -}-10; —20; —25; 2 = — 30 -|-20; — 10; —25; 2 = 0 4 = 0; —20; +40 ±30; 0; — 40; — 20; |_±r, 0; — ; — 30; — 25; — 15 — 20; —30; {j^^; 2 = — 10 — 10; —15; —25; 2 =—30 0; — 20; —30; 2 = — 10 + 25; —10; ±; —20; {zl|] 3 = 0; +; +20 + 30; +40; 2 = — 15; —20; —30; 2 = — 40 3 = — ; — 30; + 0; ±; — 10; — 20; — 25 2 = 0; 2=^; 1 =? — 2 = 0; +35; — 15; + 30 ±30; 2 = —20; —25; —30; —35; —40; —50 — 20; —25; —30; +30; +40 — 45; ? - ; 3 = — 30 0- 9 — • — 20- "^^ {==^^ — 10 1=10 — 3o; 1 + 40 . f-io ' 1—40 374 Theodor Porodko, Tab eile 49. ^ 5 CO _aj 'C .■ 3 ;2 =* c , 3 tn O § 2 £ 1 -^ i o Konzentration a. d. Vorderflanke der Wurzel 1 Konzentration a. d. Hinterflanke der Wurzel Differenz der an der Vorder- und Hiuterflanke der Wurzeln vor- band. Konzentr. Verhältnis dieser Differenz zur Konzentration a. d. Hinterflanke der Wurzel J 2 1 3 0,000875 0,0004375 0,00035 0,0000875 0,25 12 1 0,0006 1 0,0005 0,00055 0,00054 0,00001 0,0186 17 1 0,001 1 0,00075 0,000875 0,00085 0,000025 0,0294 f 23 1 24 ( 0,001375 1 0,001 0,0011875 0,00115 0,0000375 0,0326 1 30 1 31 1 0,00275 1 0,002 0,002375 0,0023 0,000075 0,0326 36 ( 0,007 1 0,005 0,006 0,0058 0,0002 0,0345 42 1 0,0125 1 0,01 0,01125 0,011 0,00025 0,0227 Auf Grund der Tabellen 48 und 49 komme ich zum folgenden Schluß. Führen wir eine Wurzel in den Agarblock ein, so kommt und bleibt die vordere und hintere Flanke mit den verschiedenen Kon- zentrationen in Berührung. Die Vorderflanke wird von einer höheren Konzentration berührt und daher stärker gereizt als die Hinter- flanke. Je höher dabei caeteris paribus die Konzentrationsdifferenz ist, desto kräftiger fällt auch die Reizung aus. Es fragt sich nun, ob das Web er sehe Gesetz, insofern es die Intensitäten von Reiz und Erregu g zueinander in Beziehung bringt, auch für diesen Fall gültig ist. Das Webersche Gesetz sagt bekanntlich, daß der Reizzuwachs, mag er (innerhalb bestimmter Grenzen natürlich) absolut so groß sein wie er will, nur dann als eine die Reaktion hervorrufende Er- regung empfunden wird, wenn er in einer bestimmten minimalen Beziehung zum bereits vorhandenen Reiz steht. Blicken wir von diesem Standpunkt aus auf unsere Verhältnisse. Wie aus Tabelle 49 ersichtlich, nehmen die Differenzen der an den gegenüberliegenden Wurzelflanken befindlichen Kon- zentrationen immer zu. Die absoluten Größen des Reizzuwachses steigen somit allmählich bei den sukzessiven Versuchen. Anders über den Chemotropismus der Pflanzenwurzeln. 375 verhält es sich mit der Erregung. Für sie ist die relative Reiz- größe maßgebend, und eben sie ist überall gleich stark. In der Tat, sieht man von dem Versuch Nr. 2 und 3 der letzten Tabelle ab'), so schwankt überall das Verhältnis der Differenz der an den gegenüberliegenden Wurzelflanken befindlichen Konzentrationen zu der an der Hinterflanke herrschenden Konzentration ziemlich nahe um den Mittelwert 0,0284. Dieser Wert ist nun als die Schwelle der Unterschiedsempfindlichkeit der Liqnnus -Wurzeln für Kon- zentrationsdifferenzen von MgClä zu betrachten. Hat also der Konzentrationszuwachs einen bestimmten minimalen (0,0284) Bruch- teil der Konzentration erreicht, welche die hintere gleichsam ver- gleichende Wurzelflanke reizt, so ist die Unterschiedsschwelle über- schritten und es tritt eine kaum merkliche, der Reizschwelle ent- sprechende Reaktion ein. Wir sehen also, daß das Webersche Gesetz auch für negative durch den Diffusionsstrom von MgCL hervorgerufene Krümmungen gültig ist. Über den Einfluß der Dauer des Versuchs auf die Resultate desselben. Die übliche Dauer meiner Versuche betrug 24 Stunden. Da sie aber gewissermaßen willkürlich gewählt wurde, so lag die Gefahr nahe, daß auch das Verhalten der Wurzeln, welches nach 24 Stunden konstatiert wurde, sich als, zufällig erweisen dürfte. Es wäre ja denkbar, daß die Empfindlichkeit einzelner Wurzeln der Reizwirkung des Diffusionsstromes gegenüber ungleich sein könnte. Bei empfindlicheren Wurzeln dürfte dann die Reaktion sowohl früher eintreten wie auch schneller verlaufen, als dies bei den weniger empfindlichen Wurzeln der Fall wäre. Ferner ist die Möglichkeit nicht ausgeschlossen, daß die einmal eingetreteneu Krümmungen sich dann entweder völlig ausgleichen, oder ihre ursprüngliche Richtung ändern. Ob die aufgestellten Möglichkeiten richtig seien, konnten nur Versuche entscheiden. Es waren also Versuche notwendig: 1. über die Reaktionszeit und 2. über die Stabilität der einmal eingetretenen Reaktion der Wurzeln. 1) Was auch gewissermaßen gerechtfertigt wäre, insofern in Versuchen Nr. 14 — 16 der Tabelle 50 negative Krümmungen bereits bei den viel niedrigeren Konzentrationen beobaclitet wurden. 376 Theodor Porodko, Bereits bei der Anstellung der in den ersten 44 Tabellen an- geführten Versuche verfolgte ich von Zeit zu Zeit das Verhalten der Wurzeln. In der meisten Fällen waren aber nach 5, 7, sogar 10 Stunden keine Spuren von Krummwerden zu sehen. Nur hie und da, namentlich wenn die reizende Konzentration hoch, der Agarblock dagegen dünn war, beobachtete ich positive Krümmungen schon nach 5 — 9 Stunden. Desgleichen erwies sich die Reaktionszeit etwas kürzer auch im Diffusionsstrome von Salzlösungen mit zwei- wertigen Kationen. Diese inzwischen gemachten Beobachtungen reichten natürlich nicht aus, um eine Lösung der aufgestellten Fragen zu ermöglichen. Deswegen stellte ich eine Reihe von speziellen Versuchen mit MgClä an. Diese Versuche sind nun in Tabelle 50 zusammengefaßt. Indem ich sowohl die Höhe der Ausgangskonzentration wie auch die Dicke des Agarblocks verschiedentlich variierte, war ich bestrebt, die Bedingungen eines möglichst starken Reizes zu schaffen, woraus sich voraussichtlich auch eine kürzere Reaktionszeit ergeben dürfte. Auf Grund der in Tabelle 50 angeführten Ergebnisse komme ich zu den folgenden Schlüssen. 1. Ist die Konzentration MgClä stark genug, der Agarblock dagegen hinreichend dünn, so kommen schon 2 — 3 Stunden nach dem Beginn des Versuches die ersten Spuren einer negativen Krümmung zum Vorschein. Unter weniger günstigen Bedingungen (und zwar bei niedrigerer Konzentration und dickerem Agarblock) steigt die Reaktionszeit auf 4, 5 und mehr Stunden. 2. Aus den Versuchen Nr. 12 — 16 folgt, daß eine doppelte Versuchsdauer die nach 24 Stunden konstatierten Resultate wesentlich nicht modifiziert. Die Krümmungsrichtung bleibt immer negativ; nur das treppenförmige Aussehen des gekrümmten Wurzelteiles weist darauf hin, daß hier ein Kampf zwischen dem Geotropismus und dem Diffusionsreiz stattgefunden hat. 3. Mehrere Versuche zeigen, wie eine anfangs negative Krüm- mung, häufig über das intermediäre + Stadium, zum Ende des Ver- suches in eine positive umgewandelt wird. 4. Das Ausgleichen der einmal eingetretenen Krümmung wurde nicht beobachtet. Die gefolgerten Schlüsse basieren auf den makroskopischen Beobachtungen. über den Chemotropismus der Pflanzenwurzeln, 377 Tabelle 50. In Vers. 1 — 6 ist die Dauer d. vorl. Diff. 23 Std., die d. Vers. 24 Std. Temp. 16—19". - 7 — 11 — — 20 „ — 25 „ — 14-I7V2". — 12-16 — - 20 „ - 51 „ - I5V2— 18». ■^ .2 .2 ^ > h So 1-1 c Resultate nach Stunden: 0,1 0,1 0,1 0,05 0,05 0,05 0,05 0,05 37 30 21 40 29 21 15 19 13 10 10 0,051 0,05 0,061 0,0262 0,0276 0,031 0,022 0,03 0,0027 0,00333 0,00476 0,00125 0,0017 0,0024 0,00278 0,005 43 37 32 35 46 40 43 38 37 32 24 40 35 41 40 35 33 38 38 40 .56 37 40 40 25 37 37 34 33 29 58 55 50 52 58 50 58 50 47 41 33 50 52 59 57 49 48 43 43 55 52 52 54 55 35 46 42 40 40 32 2V. 3V2 5V2 20 30 20 25 20 15 30 20 24 — 40 — 40 — 30 — 40 — 35 — 40 — 30 — 50 + 30 + 10 + 15 + 20 0 — 40 — 20 + 40 ? — — 60 — 60 — 60 — 50 — 15 — 50 — 50 6V2 —20 —20 — 10 8V. —20 —30 — 20 25 — 60 — 60 — 55 77. I 9V2 — 20 —30 —20 —30 25 —70 ? (+7Ö 378 Theodor Porodko, Fortsetzung der Tabelle 50. tri > rs § g ^ .2 3 o TS li Konzentration a. d. Vorderflanke der Wurzel . s S a o ^ 1 § o 7a M 'S 1 i 3^ N 's 3 g Resultate ^ nach Stunden: 0,05 10 4 0,03 0,005 30 34 2 3 57, 7V4 97, 25 8 0 — — — — ? + 0,05 10 4 0,03 0,005 45 35 50 43 0 — — — 20 —30 —50 1 2V2 5 67. 87s 24 9 0 — —20 — 20 — 20 — 50 35 41 0 — —20 — 20 —20 T75 0,05 6 2,5 0,029 0,00833 33 30 46 33 0 — — 10 — 20 — 20 —40 2 3 5V, 7V* 972 25 10 0 — + + + + 40 29 35 0 — — ? + + 40 34 35 0 — — ? + + 45 0,05 6 2 0,033 0,00833 36 29 40 35 0 — — ? + ij: 90 1 2V2 5 67« 8V2 24 11 0 — —15 — 20 ± J90 0,005 10 5 0,0025 0,0005 31 "3 37 0 — — 20 — 20 + +60 3 67, 9 24 51 12 0 0 — 15 — 15 —30 —40 —60 — 60 1 s 1 s ■ "g 0 0 0 — 20 —15 —20 — 30 —40 —40 — 60 —60 — 60 5 .| =0 13 0,005 6 3 0,0025 0,000833 o 0 0 0 — 10 —10 ■s 0 0 0 + 20 + 20 0,00005 0,00005 20 10 10 5 0,000025 0,000025 0,0000025 0,000005 'S ''S ö 'S s D CS s 0 0 0 0 0 0 0 0 0 — 10 0 + 20 —10 0 + 20 4 8 10 24 51 14 15 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 + 0 0 — 20 0 — 15 + 50 ±50 —30 —60 +60 — 60 c 9 S § -£ ■1 s w a 16 0,00005 6 3 0,000025 0,0000083 11 CO l 0 0 0 0 0 0 ( ( ( ) ) ) - 20 " 3 über den Chemotropismus der Pflanzenwurzeln. 379 Es schien mir wünschenswert, das Verhalten der Wurzeln in den ersten Stunden des Versuches mit einem Horizontalmikroskop zu verfolgen. Auf diese Weise ließe sich vermutlich die Frage beantworten, ob etwa die Krümmung nicht noch früher, als oben konstatiert wurde, beginne, sowie ob ephemere (d. h. nachher sich ausgleichende) Krümmungen stattfinden. Meine diesbezüglichen mikroskopischen Beobachtungen habe ich in Tabelle 51 zusammen- gefaßt. Tabelle 51. Ein Teilstricli des Okularmikrometers = 0,06 mm. Sämtliche Versuche sind bei 16 — 19" C. ausgeführt. — Die Dauer der einzelnen Versuche ist in der Kubrik der Eesultate angegeben. 1 2 > IS o >■ •d « Diffund. Stoff; Ausgangskonzentr. desselben 0 s CO 03 ■u s ho . aos Konzentration a. d. Vorderflanke der Wurzel . s S s 0 7-1 C8 •-» ^ «4-1 1 § e 1=5 M a R e s ul t a te 1 22 0,04 H3BO3 10 5 0,02 0,004 Nach — 1 Std. 1 n 2 „ 2 „ 3 „ 23 „ 30 Min. 10 „ 40 „ 10 „ 40 „ 40 „ 0 -f- 2 Teilstriche + 7 „ + 8 „ + 9 „ + 9 „ + 30 Grad 2 24 0,02 H3BO3 10 5 0,01 0,002 Nach 3 Std. 5 „ 24 „ 45 Min. 45 „ 0 0 0 3 22 0,005 H,B03 10 5 0,0025 0,0005 Nach — 1 Std. 1 n 1 n 19 „ 15 Min. 30 „ 45 „ 15 „ 0 0 -\- 1 Teilstrich + 2,5 „ + 7 „ Q (Bedeutender Zuwachs) 4 22 0,005 HsBOs 10 5 0,0025 0,0005 Nach — 1 Std. 1 „ 2 „ 2 „ 3 „ 3 „ 5 „ 30 Min. 30 „ 30 „ 30 „ 0 0 Q (Deutlicher Zuwachs) 0 0 0 0 0 Jahrb. f. wiss. Botanik. XLIX. 25 380 Theodor Porodko, Fortsetzung der Tabelle 51. m ^ ,a *t3 s P ,^ « >- >■ a> T3 -o >-l a> ö ^ es O 22 22 24 22 24 0,005 H,BO, 0,1 Mg Gl, 0,05 Mg eis, 0,03 MgCl^ 0,01 MgCl^ 10 10 10 10 .2 ^ ^ > ü M % 10 5 0,0025 0,05 0,025 0,015 0,005 0,0005 0,01 0,005 0,003 Resultate 0,001 Nach 5 Std. 30 Min. 0 6 „ — 0 6 „ 30 „ 0 7 „ — 0 9 „ 10 „ 0 24 „ — Q (Bedeutender Zuwachs) Nach — 15 Min. 0 1 Std. — 0 1 1 ^Ttaiil-lipliA 2 „ 3 „ 15 „ 1 ^^JL'OU.ti.llyliC 1 Zuwachs) 0 1 i „ 30 „ + 5 „ 45 „ ^25» 8 „ — 525° Nach — 20 Min. 0 — 40 „ — 4 Teilstr. 1 Std. 5 „ -4 „ 3 „ 20 „ — 12 „ 5 „ 50 „ — 12 „ 24 „ {-* Nach — 30 Min. 0 1 Std. — 0 1 „ 30 „ — 2 Teilstr. 2 „ 15 „ — 4 „ 4 „ 30 „ -5 „ 20 „ — -23 „ oder — 15 Grad; Nach — 15 Min. 0 — 45 „ -\- 2 Teilstr. 1 Std. 15 „ + 2 „ 2 „ 15 „ 0 4 „ 15 „ — 1 4 „ 50 „ — 1 „ 5 „ 15 „ — 1 5 „ 45 „ — 2 „ 8 „ 30 „ — 11 „ 24 „ — — 45 Grad über den Chemotropismus der Pflanzenwurzeln. 381 Sehen wir nun die Ergebnisse der Tabelle 51 etwas näher an. Versuche Nr. 1, 6 und 7 zeigen, daß die Reaktionszeit, wie auch vorauszusehen war, viel kürzer ist, als es nach nur makro- skopischen Beobachtungen schien. Versuch Nr. 8 weist auf das Vorhandensein des Kampfes zwischen Tendenzen zu positiver und negativer Krümmung hin. Demzufolge dürfte sich die Wurzel auch in einem verlangsamten Tempo krümmen. Möglicherweise erklärt sich in analoger Weise auch die ansehnliche Reaktionszeit im Versuch Nr. 5. — Die in diesem Abschnitt angeführten Versuche sprechen also dafür, daß die Dauer des Versuches nicht ohne Einfluß auf das Resultat desselben ist. Doch kann dieser Einfluß recht verschieden ausfallen. In vielen Fällen behalten die einmal eingetretenen -\- oder — Krümmungen ihre ursprüngliche Richtung bis zum Ende des Versuches bei. Zuweilen aber erweist sich die eingetretene Reaktion als labil. Augenscheinlich kommt es dabei zum Kampf zwischen entgegengesetzten Krümmungstendenzen. Dementsprechend wird bald nur die Reaktionszeit verlängert, bald die eingetretene Krümmung ausgeglichen, bald die negative Krümmung über die intermediären Stadien von T, +, T Krümmungen in eine posi- tive umgewandelt. Hypothese zur Erklärung des Verhaltens der Lupinus- Wurzeln im Diffusionsstrome. Die im letzten Kapitel mitgeteilten Versuche klären die Natur der im Diffusionsstrome eintretenden Krümmungen bis zu einem gewissen Grade auf. Trotzdem bleiben manche Eigentümlichkeiten dieses Verhaltens immer rätselhaft. Es schien mir daher zeitgemäß, hier eine Hypothese zu Hilfe zu nehmen, um endlich das ganze Bild des Verhaltens der Lupinus -Wurzeln im Diffusionsstrome von einem einheitlichen Standpunkte aus verstehen zu können. Meine Hypothese beruht auf folgenden Sätzen. Der Diffusionsstrom jedes Stoffes veranlaßt die Wurzeln sich in der Richtung seiner Verbreitung zu krümmen. Ganz abhängig davon, ob der Diffusionsstrom entweder auf die Wachstumsregion allein oder nur auf die Wurzelspitze einwirkt, treten positive oder negative Krümmungen ein. Sowohl diese wie jene werden in der Wachtumsregion der Wurzeln ausgeführt. Ihre Natur ist aber verschieden. 25* 382 Theodor Porodko, Positive Krümmung kommt passiv zustande, und zwar unter dem Einfluß der direkten Einwirkung des Stromes auf die Wachs- tumsregion. Denn wofern die vordere Flanke der Wurzel mit stärkeren Konzentrationen als die hintere in Berührung kommt, wächst sie relativ langsamer. Positive Krümmungen sehe ich als traumatisch^) an. Negative Krümmungen kommen aktiv zustande, und zwar unter dem Einfluß der Erregung, die durch den Diffusionsstromreiz in der Spitze hervorgerufen und von hier nach der Wachstumsregion hin geleitet wird. Damit negative Krümmungen zustande kommen, muß augenscheinlich die vordere Wurzelflanke im Vergleich zu der hinteren rascher wachsen. Negative Krümmungen sehe ich als tro- pistisch an. Mit welchem Tropismus haben wir es nun hier zu tun? Der Diffusionsstrom repräsentiert einen zusammengesetzten Reiz. Hier liegt eine ungleichmäßige Verteilung nicht nur der chemischen, sondern auch der osmotischen und elektrischen ^) Energie vor. Jede der genannten^) Energien kann ja tropistisch reizen. Solange unaufgeklärt ist, welche es tatsächlich tut, ziehe ich vor, die in Rede stehenden negativen Krümmungen als diffusiotrop zu be- zeichnen. Bei meiner Versuchsanstellung wirkt der Diffusionsstrom auf die Wachstumsregion und die Spitze der Wurzel gleichzeitig ein. Dementsprechend wird die physiologische Stromwirkung zweifach sein. Die Folge davon ist, daß die vordere Seite des wachsenden Wurzelteiles zum Kampfplatz zweier'^) entgegengesetzter Wachstums- Ij Pfeffer, Pflanzenphysiologie, II. Aufl., Bd. 2, S. 591. 2) Diffundiert ein Elektrolyt, welcher in ungleich bewegliclie Ionen zerfällt, so findet deren Scheidung statt und so eutsteht eine Spannung des elektrischen Feldes. Vgl. Nernst, Zeitschr. f. physikal. Chemie, Bd. 2, S. 613 — 637. 3) Möglicherweise sind hierbei noch nicht alle beteiligten Energien aufgezählt. 4) Faktisch stellen sich Verhältnisse komplizierter dar. Denn außer den ge- nannten Tendenzen ist noch die geotropische Stimmung der Wurzel zu berücksichtigen. Der Geotropismus diktiert sämtlichen Wurzelflanken ja eine gleichmäßige Wachstums- schnelligkeit. Daß an der im Diffusionsstrome eintretenden Krümmungsbewegung der Wurzel auch der Geotropismus beteiligt ist, geht aus meinen folgenden Beobachtungen hervor, a) Der Krümmungswinkel erreicht fast nie 90", obgleich der Diffusionsstrom auf die Wurzelachse unter dem Rechtwinkel einwirkt, b) Bei der Untersuchung der besonders unter dem Einfluß schwacher Konzentrationen negativ gekrümmten Wurzeln bemerkte ich häufig, daß gerade die Wurzelspitzen nachträglich noch nach unten abgekrümmt waren. Offenbar gewinnt hier der Geo- auf dem Diffusiotropismus die Oberhand. Dies war auch zu erwarten. Denn der geotropische Reiz nimmt mit dem Krummwerden der Wurzel immer zu, der diffusiotrope Reiz dagegen wird abgeschwächt, insofern die negativ über den Chemotropismus der Pflanzenwurzeln. 383 tendenzen wird. Die Dauer und das Resultat dieses Kampfes hängt von der relativen Intensität der ringenden Tendenzen ab. Das oben geschilderte verwickelte Verhalten der Lupinus- Wurzeln im Diffusionsstrom hängt davon ab, daß der erwähnte Kampf hier unter komplizierten und, was wichtiger ist, schwankenden Bedingungen verläuft. Einerseits schwankt die durch physiko- chemische Bedingungen des Diffusionsversuches bestimmte Reiz- intensität bei verschiedenen Experimenten. Andererseits ist die Empfindhchkeit sowohl der Wurzelspitze wie auch der Wachstums- region für die Wirkung des Diffusionsstromes nicht nur bei ver- schiedenen Wurzeln den individuellen Schwankungen unterworfen, sondern kann sich auch bei ein und derselben Wurzel im Laufe der Zeit (Gewohnheitserscheinungen) verändern. Gehen wir jetzt vom Standpunkt der entwickelten Hypothese aus zur Analyse des Verhaltens der Lu;pinus-W urzeln im Diffusions- strome über. Ist die eine Wachstumstendenz während der ganzen Versuchs- dauer überwiegend, so tritt die betr. Krümmung direkt ein — dabei muß die Reaktionszeit kurz sein — und bewahrt ihre Richtung unverändert bis zum Ende des Versuchs. Sind beide Tendenzen während der ganzen Versuchsdauer gleich stark, so wächst die Wurzel gerade weiter. Im Falle schwacher Konzentrationen dürften übrigens gerade gebliebene Wurzeln als wirklich indifferent gelten. Sind beide Tendenzen anfangs gleich stark und überwiegt erst nach einiger Zeit eine derselben die andere, so ist hier eine längere Reaktionszeit und erst dann eine Krümmung in entsprechender Richtung zu erwarten. Ist endlich die eine Tendenz bei Beginn des Versuches stärker, gibt aber allmählich der anderen nach, so sind hier 2 Kombinationen denkbar. Es kommen entweder S-förmige , oder ' Krümmungen zustande, oder es entstehen Krümmungen einer intermediären zwischen -\- und — liegenden Richtung. Die entwickelte Hypothese erklärt leicht auch sonstige Eigen- tümlichkeiten des Verhaltens der Lupinus -Wurzeln im Diffusions- strome. sich krümmenden Wurzeln in den Bereich des geringeren Diffusionsreizes (d. h. schwächerer Konzentrationen und der Einwirkung des Stromes unter einem schiefen Winkel) geraten. 384 Theodor Porodko, In einigen Versuchen, wo die Wurzeln in zwei Reihen angeordnet waren, fällt einem auf, daß trotz des überall guten Wachstums nur die Wurzeln der zweiten Reihe sich negativ krümmen. Die Wurzeln der ersten Reihe dagegen, welche durch den Strom anscheinend stärker gereizt werden, wachsen entweder gerade fort oder reagieren mit Krümmungen nach verschiedenen Richtungen. Derartige Eigen- tümlichkeit läßt sich folgendermaßen erklären. In der ersten Reihe ist der diffusiotrope Reiz zwar stärker, dafür infolge der höheren Konzentrationen fällt aber auch die Tendenz zur positiven Krümmung stärker aus. In der zweiten Reihe dagegen kann die diffusiotrope Reizung, wenn auch schwächer, doch eine intensivere Reaktion darum hervorrufen, weil die Tendenz zur positiven Krümmung sich als schwächer erweist. Zwei andere Eigentümlichkeiten des Verhaltens der Wurzeln sind auf den ersten Blick gleichfalls wenig begreiflich. Es gibt einerseits positive Krümmungen bei Konzentrationen, die niedriger sind als die, welche negative Krümraungen hervorrufen. Anderer- seits kommen bisweilen scharf negative Krümmungen dann zum Vorschein, wenn die betr. Konzentrationen recht niedrig sind, zumal viel niedriger liegen als die untere für negative Krümmungen fest- gestellte Konzentrationsgrenze. Diese beiden Eigentümlichkeiten lassen sich folgendermaßen erklären. Fast alle die Stoffe, welche bei hohen Konzentrationen das Wachstum hemmen, beschleunigen dieses bei den niedrigeren. Da aber die gegenüberliegenden Wurzelflanken von verschiedenen Konzentrationen berührt werden, so sind zwei Kombinationen denkbar. 1. Die vordere Flanke wächst mit normaler, die hintere dagegen mit gesteigerter Geschwindigkeit. Dann tritt — bei schwacher diffusiotroper Reizung — die positive Krümmung rein passiv ein. Indessen könnte man gerade sie als positive chemotrope Krümmung ansehen. 2. Die vordere Wurzelflanke wächst mit gesteigerter, die hintere dagegen mit normaler Geschwindigkeit. In diesem Falle kommt eine negative Krümmung gleichfalls passiv zustande. Wird aber die negative Krümmung zu gleicher Zeit unter dem Einfluß eines schwachen diffusiotropen Reizes angestrebt, so krümmt sich die Wurzel negativ im stärkeren Grade, als es der Intensität des diffusiotropen Reizes allein entspräche. Schließlich lassen sich die mit Helianthus -Wurzeln ermittelten Resultate vom Standpunkt unserer Hypothese aus bis zu einem ge- wissen Grade begreifen. Es wäre ja möghch, daß diese Wurzeln über den Chemotropismus der Pflanzenwurzeln. 385 deshalb gerade weiter wachsen, weil die entgegengesetzten Wachs- tumstendenzen gleich stark sind. Übrigens wäre auch daran zu denken, daß hier entweder die geotropische Stimmung sehr stark oder die diffusiotrope Reizung zu schwach ist. Welche der an- geführten Möglichkeiten faktisch vorliegt, wird sich nicht eher ent- scheiden lassen, als wenn die Methodik selbst modifiziert werden wird, und zwar in dem Sinne, daß der Dififusionsstrom auf die Wurzelspitze allein einwirkt. Erst dann würde es der Mühe wert sein, auf die Untersuchung des Verhaltens von Helianthus -Wurzeln im Dififusionsstrom e näher einzugehen. Das Gesagte erhellt zugleich, weshalb das weitere Anstellen der Versuche mit Helianthiis-Wurzeln nach der üblichen Methode unterbrochen werden mußte. Schluß. Im experimentellen Teil der vorliegenden Arbeit war ich bestrebt: 1. eine quantitative Methode der Erforschung des Chemo- tropismus der Wurzeln auszuarbeiten; 2. das Verhalten der Wurzeln im Diffusionsstrome zu untersuchen; und 3. die Natur der hier beobachteten Krümmungen zu erklären. Auf dem Gebiet jeder der aufgestellten Angaben gelang es mir, gewisse Resultate zu erzielen. Eine Methode der quantitativen Untersuchung des Chemo- tropismus der Wurzeln ist in den Hauptzügen ausgearbeitet. Selbst- redend bedarf dieselbe noch mancher Vervollkommnungen. In erster Linie dürften die oben angegebenen Quellen der Versuchs- fehler eine Berücksichtigung finden. Ließen sie sich auch nicht ganz beseitigen, so wäre festzustellen, in welchem Grade sie die Versuchsergebnisse beeinflussen könnten. Das Verhalten der Wurzeln im Diffusionsstrome ist nur bei Lupinus albus genügend untersucht worden. Des weiteren stehe ich im Begriff, auch die Wurzeln anderer Pflanzen in den Bereich meiner Untersuchungen zu ziehen. Das kleine mir zurzeit vor- liegende Material über das Verhalten der Wurzeln von Helianthus annuus, Vicia Faba minor und Ricinus communis läßt vermuten, daß wir hier den schon uns bekannten Verhältnissen begegnen werden. Übrigens tauchen schon einige spezifische Differenzen sowohl betreffs der besonders stark reizenden Stoffe als auch betreffs der krümmenden Konzentrationen auf. 386 Theodor Porodko, Die Natur der im Difiusionsstrome auftretenden Krümmungen fängt eben an, sich zu klären. Es gelang mir einstweilen, die Gebiete der positiven und negativen Krümmungen scharf voneinander zu trennen. Positive Krümmungen lassen sich unschwer begreifen. Was aber ihrem Wesen nach negative Krümmungen sind, müssen erst künftige Untersuchungen lehren. Der Weg hierzu scheint klar vor uns zu liegen. Einerseits hat man die oben beschriebene Methode, wonach die ganze Wurzel dem Diffusionsstrom ausgesetzt wird, dahin zu modifizieren, daß sich entweder die Spitze oder die Wachsturas- zone allein im Block befinde. Sollte sich übrigens die Einwirkung des Diffusionsstromes auf die Wachstumszone allein durch keinerlei Nachwirkungen kundgeben, so wird man die Versuche auch nach der üblichen Methode anstellen dürfen. Man wird aber nur dafür sorgen müssen, daß die Wurzeln sich im Agarblock kürzere Zeit befinden als die Reaktionszeit beträgt, um dann in reinen Agar übertragen zu werden und hier schon die Nachwirkung einer Reizung der Wurzelspitze hervortreten zu lassen. Andererseits, indem man die Agarblöcke in einer erwünschten Dicke bereitet und die Wurzeln in einer erwünschten Entfernung von den Höhlungen einsetzt, kann man die verschiedenen Be- dingungen des Diffusionsstromes nach Belieben variieren. Auf diese Weise läßt sich unschwer analysieren, welche Momente (die Natur des diffundierenden Stoffes, die Diffusionsschnelligkeit, die absolute auf die Wurzel einwirkende Konzentration, das Konzen- trationsgefälle, die Dauer der Einwirkung des Diffusionsstromes usw.) den krümmenden Effekt des Diffusionsstromes bedingen. Dadurch ließe sich voraussichtlich auch der Zusammenhang zwischen dem Reiz und der Reaktion im Diffusionsstrome genau formulieren. Je nach dem Resultat all dieser beabsichtigen Versuche dürfte das Schicksal unserer Hypothese verschieden sein. Sollte sie sich späterhin selbst als völlig unhaltbar erweisen, so verdient sie doch zurzeit als Arbeitshypothese Berücksichtigung. Denn sie gestattet zunächst das komplizierte Verhalten der Gesamtheit der Lupinus- Wurzeln im Diffusionsstrome zu einem gewissen Grade zu erklären. Sodann bringt meine Hypothese den Chemo- und Galvanotropismus der Wurzeln in nahen Zusammenhang. Die neuesten Untersuchungen Gassners ^) stellten endgültig 1) G. Gassner, Der Galvanotropismus der Wurzeln, 1906. über den Chemotropismus der Pflanzenwurzeln. 387 fest, daß die Natur der unter dem Einfluß des galvanischen Stromes eintretenden positiven und negativen Krümmungen der Wurzeln verschieden ist. Man darf nur negative Krümmungen als galvano- trope ansehen; sie treten ohne Spitze nicht ein. Positive Krüm- mungen dagegen wurden auch an den Wurzeln beobachtet, bei denen die Spitze entfernt oder nicht gereizt wurde. Positive Krümmungen stellen somit Schädigungskrümmungen vor, welche als eine Folge der herabgesetzten Wachstumsschnelligkeit der der Anode zugekehrten Wurzelflanke zustande kommen. Die Ursache der nega- tiven Krümmungen liegt nach Gassners Meinung in der einseitigen Schädigung der Wurzelspitze. Deswegen betrachtet er diese Krüm- mungen als eine besondere Form von Traumatropismus. > Stellen wir unsere Schlußfolgerungen mit denen von Gassner zusammen, so springt die große Analogie sofort ins Auge. Wir sehen unsere positive Krümmungen gleichfalls als Schä- digungskrümmungen an und glauben nur negative Krümmungen als difi"usiotrop bezeichnen zu dürfen. Die nächste Ursache der nega- tiven diffusiotropen Krümmung dürfte auch hier in einer einseitigen Schädigung der Wurzelspitze liegen. Somit dürfte der Diffusio- tropismus gleichfalls eine neue Form des Traumatropismus dar- stellen. Erst vergleichende Untersuchungen über den Galvano-, Chemo- und Traumatropismus werden entscheiden können, ob die eben ausgesprochene Ansicht richtig ist. Als Hypothese aber ist dieselbe wohl der Beachtung wert. Es werden ja hierdurch die Gebiete von drei Tropismen vereinigt, die auf den ersten BHck einander fern zu liegen scheinen. Dieser Vereinigung dürften fol- gende zwei Analogien zugrunde liegen. Zunächst begegnen wir im Bereich jedes der genannten Tropismen positiv traumatischen und negativ tropistischen Krüm- mungen. Sodann liegt kein Grund vor, im Bereich jedes dieser Tro- pismen die Existenz von positiven tropistischen Krümmungen an- zunehmen. Was den Traumatropismus anbelangt, kann darüber wohl kein Zweifel obwalten. Bei Untersuchung des Galvanotropis- mus freilich sah Schellenberg^) positive Krümmungen unter dem Einfluß schwacher Stromdichten auftreten. Doch ist die Natur dieser Krümmungen, wie von Rothert^) mit Recht betont wurde, 1) Schellenberg, Flora, 1906, Bd. 96, S. 474. 2) W. Rothert, Zeitschr. f. allgeni. Physiol., 1907, Bd. 7, S. 157—158. 388 Theodor Porodko, noch unklar. Möglicherweise sind es nicht galvanotropische Krüm- mungen. Schließlich liegt bei dem Chemotropismus der Wurzeln kaum ein Grund vor, die von Sammet und Lilienfeld beschrie- benen positiven Krümmungen als tropistisch zu betrachten. Diese Krümmungen wurden ja auch an geköpften Wurzeln beobachtet. Außerdem ist eine Mitbeteiligung der anderen krümmenden Fak- toren bei der Versuchsanstellung der zuletzt genannten Forscher wohl nicht ausgeschlossen. Alles in allem stellen somit die Ergebnisse der vorliegenden Arbeit allerdings nur die ersten Schritte zur experimentellen Be- arbeitung der oben aufgestellten Aufgaben vor. Diese Schritte scheinen aber richtig getan worden zu sein, da die Ergebnisse unserer Arbeit nicht nur eine Reihe von wichtigen Fragen auf- stellen, sondern auch auf den klaren Weg zu ihrer Lösung hin- weisen. Odessa, den 24. Oktober 1910. Botanisches Laboratorium der Universität. Zur Biologie von Flechten und Flechtenpilzen. 1. II. Von F. Tobler. Mit Tafel III und 1 Textfigur. I. Über die Beziehungen einiger Flechtenparasiten zum Substrat. Einleitung. Die als Flechtenparasiten in der systematischen Literatur uns begegnenden Pilze (wohl ohne Ausnahme Ascomyceten) bieten be- achtenswerte biologische, resp. ernährungsphysiologische Probleme. Solchen an auffallenden Objekten nachzugehen und die Resultate zur Frage der Stellung und Geschichte der Organismen zu ver- werten, ist der Zweck der vorliegenden Untersuchung. Die literarische Geschichte der sog. Flechtenparasiten ist merkwürdig und zugleich herzlich unerfreuHch. Sind doch diese in bemerkenswerter Anzahl von Arten bekannten ^) Pilze fast allein in den Händen von Systematikern gewesen, die um der häufig er- wogenen Schwierigkeit ihrer Unterbringung willen nicht gerade hebevoller sich ihrer annahmen. Die ältesten Angaben über die fraglichen Pilze dürften auf Nylanders bei Zopf (I) zitierte Be- obachtungen zurückgehen. Sie vertreten merkwürdigerweise den Standpunkt, daL) es sich dabei um Flechten selbst handele. Bei Fällen, in denen lediglich der Flechtenparasit fruktifizierte , der 1) Zopf (III, S. 3 u. I) kennt 1897 schon etwa 800 Fälle, hervorgerufen durch ca. 400 Spezies an etwa 350 Flechtenarten. Doch weist seine jetzt im Besitz des Bo- tanischen Instituts der Universität Münster befindliche Sammlung noch weit mehr und unbeschriebenes Material auf. 390 ^- Tobler, unscheinbare oder sterile Thallus der besiedelten Flechte aber in seiner Art unkenntlich war, lag ja auch in der Anfangszeit mikro- skopisch-kryptogamischer Forschung kein Anlaß zu einer anderen Annahme vor. Das Üble an der Sache war nur, daß dadurch für lange Zeit die Flechtenparasiten aus dem Bereich der Mykologen verbannt und nur von Lichenologen verarbeitet blieben. Später war es dann für Mykologen doppelt schwer, aus der lichenologischen Literatur diese Organismen auszuscheiden^). In den meisten Fällen, die als Flechtenparasiten bekannt waren, ist das mit Erfolg geschehen. Daß die gleichen Objekte trotzdem gelegentlich noch auch unter den Flechten stehen, stört zunächst wenig. Eine neue Schwierigkeit ist aber durch die ver- schiedentlich nachgewiesene Parasymbiose an Stelle eines an- genommenen Parasitismus entstanden. Wir wissen — um das hier nur anzudeuten — von den fraglichen Objekten nun, daß in ihnen eine Gemeinschaft von zwei Flechtenpilzen und einer Alge vorliegt. Zwar dominiert der eine Pilz als der die Gestalt der Flechte im wesentlichen bestimmende in der Regel, doch ist der andere, wie sich immer zeigt, biologisch völlig gleichberechtigt. Er verdankt seine geringere Entwicklung vor allem wohl dem Umstand, daß er nachträglich von außen eingewandert ist. Doch sei gleich hier daran erinnert, daß es Fälle gibt, in denen er seinerseits starke 1) Als charakteristisches Beispiel der Lichenologen und ihrer Behandlung unserer Formen sei Stein angeführt. Es fällt ihm umso weniger schwer, die fraglichen Ascomy- ceten unter seine oder neue Flechtengattungen (nach Nylander u. a.) einzureihen, als bei vielen der damals bekannten Objekte und zwar gerade bei wirklichen Parasiten auf Flechten der vage Begriff der Sclerogonidien den alten Lichenologen zu Hilfe kam. Unter Sclerogonidien werden bei Th. Fries (Stein, Einleitung von Schroeter, S. 13) auch gelbgrüne oder entfärbte Gonidien verstanden. Zu solchen werden aber — als Anzeichen wirklichen Parasitismus — oft die Gonidien der befallenen Flechten. Am deutlichsten erkennt man das in der Nähe der Pilze und es ist völlig verständlich, wenn Stein (S. 289) bei seinem Coniangium Clemens Tul., d. i. Conida elemens (Tul.) Rehm be- merkt: „In der unmittelbaren Nähe der Früchte zeigen sich stets zarte Sclerogonidien, so daß über die Flechtennatur des kleinen Pflänzchens kein Zweifel obwalten kann". Diese „Sclerogonidien" dürften die zugrunde gehenden Gonidien des befallenen Placodium albescens sein. Dementsprechend macht dann Rehm (S. 421) bei dem gleichen Objekt auf die starke, schon äußerlich kenntliche Veränderung des Thallus der von Conida Clemens befallenen Objekte (gerunzelt, stark verbogen) aufmerksam. In einem anderen Fall sicherer Parasymbiose hat Stein den Mangel seiner Auffassung selbst empfunden; er bezeichnet die G&ttung Abrothallus (S. 210) als Epiphyten, fügt aber unsicher hinzu: „wahrscheinlich im fremden Lager zerstreute Sclerogonidien." Kotte wies später in dieser Gattung verschiedentlich Parasymbiose nach. Zur Biologie von Flechten und Flechtenpilzen. I. II. 391 Umbildungen der Flechte (die wir dann Gallen nennen) herbeiführt und auch an den ungeschlechtlichen Vermehrungsorganen teilhat (s. Anm. 2 u. 3, S. 392). Nun werden wir aber bei diesen Befunden sofort an die analogen Verhältnisse erinnert, wie sie in den Cepha- lodienbildungen vorliegen. Hier lebt der eine vorhandene Flechten- pilz in gleichzeitiger Symbiose mit zwei Algen, von denen die eine die für die Flechtenart charakteristische, die andere eine von außen eingewanderte und lokal die Form beeinflussende ist. Während man aber diese Objekte anstandslos im Kapitel Flechten behandelt, hütet man sich bisher, die Parasymbiose Organismen den Flechten einzureihen. Sehen wir von einer Entscheidung zunächst ab und beachten wir nur, daß die Behandlung der fraglichen Objekte wieder aufs neue dadurch strittig werden kann. Fragen wir uns noch, was eigentlich Veranlassung zu der Be- zeichnung „Flechtenparasiten" gab, so fällt es schwer, eine er- schöpfende Antwort zu geben. Es sei gleich betont, daß es ursprüng- lich den Benutzern dieses Ausdrucks völlig fern gelegen hat, damit den Versuch einer physiologischen Beziehung zu wagen. Vermutlich ging die Veranlassung von den Mykologen aus, die verwandtschaft- lich den Objekten sehr nahe stehende Pilze zur Genüge als epi- phytische Parasiten anderwärts kannten oder wenigstens damals auch anderwärts als Parasiten auffaßten, wo wir heute geneigt sind, zum mindesten zugleich Saprophyten zu sehen (Sphaeriales). Eine physiologische Grundlage erstrebte für die Flechten- parasiten erst Zopf, der den Ausdruck bewußter anwandte und in manchen Fällen auch durch Angaben zu stützen vermochte. Die von ihm gewählte Überschrift „Flechtenkrankheiten" für die erste gründlichere Darstellung eines Teiles des Gebietes (Zopf III u. IV) geht in der Annahme über die Beziehungen von Pilz und Flechte soweit, wie in dieser Richtung denkbar. Für manche seiner Objekte gibt er auch in der Tat Beweise solcher parasitären Natur ^), für 1) In Zopfs Abhandlungen sind Angaben hierüber im einzelnen enthalten bei: 1. Bosellinia Groedensis Zopf, die die Hyphen von Pertusaria sulphurella Körb, lötet (Zopf III, 16). 2. Discothecium Stigma (Körb.) Zopf, auf Psora larnprophora ohne sicht- baren Einfluß (III, 34). 3. Mycohilimhia Arnoldiana Zopf, die die Algen von Solorina crocea ab- tötet (III, 62). 4. Bertia lichenicola De Not., auf Solorina crocea sichtlich ohne Schädigung (III, 71). 392 F. Tobler, andere fehlt jede derartige Beobachtung^) und für einzelne fand er eben damals ein Neues: das oben erwähnte und auch eigens ge- schilderte Verhalten der Parasymbiose ^), in dem er die Umspinnung der Gonidien von Flechten auch durch den sog. Parasiten (und sichtlich ohne eintretende Schädigung) feststellt. Das unaufdring- liche Vegetieren des zweiten Pilzes neben dem echten Flechtenpilz in Gonidienschicht und im Mark kennzeichnet den entstehenden Organismus als etwas Neuartiges, dem man wohl den Namen „Doppelflechte" geben könnte. Um so mehr, da diese Vereinigung sich des öfteren als etwas sehr häufiges (nicht immer auffälliges!) und sogar als ein durch die natürlichen Verbreitungsmodi gelegent- lich gefördertes Faktum erwiesen hat^). 5. Didymosphaeria sphinctrino'ides (Zwackh) verfärbt Physcia elegans zu krankhaftem Aussehen (III, 72). 6. Sphaerellothccium araneosum (Rehni) zeigt seinen Einfluß auf Lecanora badia besonders an den Schläuchen, deren Entwicklung er hemmt (III, 89). 7. Echinothecium reticulatu?n Zopf auf ParmeUa saxatilis stellte sich als reiner Epiphyt heraus (IV, 4) 8. Nes olechia punctum Massal. beeinflußt die Gestalt der Cladonia digitata- Lappen so, daß man wohl von Gallenbildung sprechen darf (IV, 11 f.). 9. Microthyriam maculans Zopf erzeugt an Gyrophora hirsuta (Ach) starke Gallen (IV, 16). 10. Pharcidia ArnoldianaZofi verfärbt und tötet fleckenweise die Wirtsflechte, Endocarpon minutum (IV, 28). 11. Phaeospora Catolechiae (Zopf) bleibt ohne jeden Einfluß auf Catolechia pulehella (IV, 31). 12. Tichothecium gemmiferum Zopf zeigt keinen Einfluß auf Ehizocarpon excentrieum (IV, 45). 1) In zehn Fällen etwa reichte das Material Zopfs (in III u. IV) nicht zu bio- logischen Angaben aus. 2) Parasymbiose gab Zopf (in II u. III, an letzterer Stelle mit Abbildungen) für Rhymbocarpus punctiformis Zopf mit Rhizocarpon geographicum (III, 30 f.), Conida rubescens Arnold mit Diplotomma epipolium (III, 54) mit Sicherheit und für Rosellinia alpestris Zopf mit Acarospora glaucocarpa (III, 92) als möglich an. Kottc hat diesen Fällen dann noch hinzugefügt: Abrothallus Peyritschii (Stein) Kotte mit Cetraria caperata, A. glabratulae Kotte mit ParmeUa glabra- tula, A. Cetrariae Kotte mit Cetraria glauca, A. caerulescens Kotte mit Par- meUa conspersa, A. Parmeliarum (Sraflt) mit ParmeUa saxatiUs. Da Kotte für den A. Cetrariae (S. 83 u. Abb. 1) eine üppige Gallenbildung an der Cetraria glauca nachwies, so braucht eine solche nicht mehr als Zeichen eines echten Parasitismus aufgefaßt zu werden. Hier geht Gallenbildung mit Parasymbiose Hand in Hand. 3) Ich erinnere an die beachtenswerten Fälle von Teilnahme des Parasymbionten an Soredien- und Isidienbildung der Flechten, wie sie Kotte gegeben hat (Abrothallus Peyritschii in Soredien von Cetraria caperata, S. 79 und ^4. glabratulae in Isidien von ParmeUa glabratula, S. 82). Über Gallenbildung durch Parasymbiose s. S. 394. Zur Biologie von Flechten und Fleclitenpilzen. I. II. 393 Ich selbst habe eine Reihe von wenig oder überhaupt noch nicht untersuchten Objekten dieses Gebietes genauer angesehen. Wenn ich aus diesen Beobachtungen im folgenden die an einem altbekannten und die an einem unbeschriebenen Objekte heraushebe, so geschieht das in der Meinung, daß beide Beispiele Wert für die Auffassung der Biologie der ganzen Gruppe haben. 1. Fhacopsis vulpina Tul. Phaeopsis vulpina ist von L.-R. Tulasne 1852 als neue Art einer neuen Gattung aufgestellt und den Arthonieen eingereiht worden^). Hiernach hat dann Rehm die Art (als einzige) unter seine Discomyceten aufgenommen-). Beider Autoren Beschreibung Fig. 1. Evernia vulpina mit (links) und ohne Phaeopsis. und Angaben stimmen überein. Der Pilz wurde auf Evernia vul- pina (L.) von der Rinde alter Lärchen in den Alpen gefunden. Makroskopisch sichtbar werden die Fruchtkörper des Pilzes, die als schwarze Polster dem schwefelgelben Thallus der Flechte deut- lich aufsitzen. Schon Tulasne gibt aber an, daß der Pilz in und unter der Rinde der Flechte wachse, bis er diese durchbricht. Er bezeichnet die Phaeopsis vulpina deshalb als Parasiten, Rehm, der offenbar nur makroskopisch Exemplare angesehen hat, gibt 1) Memoire sur les Lichens. Ann. d. scienc. nat., 3. Ser., Botanique, t. XVII, 126, 1852. 2) Rabenhorsts Kryptogamenflora, 2. Aufl., 1. Bd., III. Abt., 419 f., 1896. 394 F- Tobler, hiernach an: „die Flechte kränkelt sichtlich unter der Entwicklung des Parasiten", eine Erscheinung, die ich ebenfalls durch zwei Exemplare von gleicher Herkunft im Bilde belegen kann (s. Textfig. 1). Es fällt dabei ins Auge, daß die Verzweigung der befallenen Evernia reicher und krauser zu werden scheint, was man fast als eine Gallenbildung bezeichnen könnte. Die Stärke der entwickelten Äste des Thallus ist bei den normalen Exemplaren im Bilde nur scheinbar größer, weil die Pflanze lockerer ist. Die Gesamtfärbung erscheint nicht nur bei dem gesunden Individuum gelber, bei dem kranken mehr grün wegen der vielen Unterbrechungen durch die schwarzen Flecke, sondern ist tatsächlich auch im einzelnen weniger intensiv gelb an den letzteren. Wenn auch die beiden zitierten Autoren die Natur des Pilzes als eines Parasiten in seinem Hervorbrechen aus dem Inneren der Evernia sogar einen Schritt der Entwicklung richtig angegeben haben, so erschien bei genauerer Beobachtung des Objekts doch noch allerlei Wichtiges in den Angaben lückenhaft und der Er- forschung wert. Insbesondere interessierte mich die nähere Einsicht in die Ernährungsbeziehungen der beiden Pilze zueinander, zugleich auch die fortschreitende Entwicklung der Phacopsis in der Evernia bis zur Fruchtbildung und nach Möglichkeit von der Infektion der Flechte an. Zur Untersuchung der Phacopsis diente mir Material, das der verstorbene Professor W. Zopf in den bayrischen Alpen gesammelt und schon vor zwei Jahren mir überlassen hatte. Ich bettete Stücke des £'t'ernia- Thallus, an denen der Pilz makroskopisch stellenweise zu sehen war, in Paraffin ein und stellte Schnitte von 5 — 10 |it Dicke her. Diese wurden zur Auffindung des Pilzes im Wirtsthallus mit alkoholischer Jodlösung gefärbt. Bei Jodzusatz pflegt nämlich der Pilz eine charakteristische Blaufärbung aller Hyphen zu zeigen. Nach Analogie mit ähnlichen Fällen könnte man das als Isolicheninreaktion bezeichnen, jedoch ist das belang- los, auch keine innerhalb nah verwandter Objekte stetig wieder- kehrende, also systematisch wertvolle, wohl aber für die einzelne Art spezifische Reaktion^). 1) Die gleiche Eigenschaft besitzt z. B. Abrothallus Peyritschii Kotte in Getrana caperata (L.) Wainio und A. caerulescetis Kotte in Parmelia eonspersa (Ehrh.), vgl. Kotte, J., Einige neue Fälle von Nebensymbiose (Parasymbiose). Centralbl. f. Bak- teriologie usw., 1909, 2. Abt., Bd. 24, S. 76 u. 86. Zur Biologie von Flechten und Flechtenpilzen. I. IL 395 Bisweilen bedarf der Eintritt dieser Reaktion einer lang- wirkenden Behandlung mit Jod. Soweit Fruchtkörper (Ascus- Früchte) vorhanden sind, finden sich dann auf den Schnitten noch die Schläuche entsendenden Hyphenzonen in der ja häufig dort begegnenden Weise spangrün gefärbt. Sämtliche Schnitte wurden dann vorteilhaft in Milchsäure ge- bracht und beobachtet^). Auch Tulasne hat seine Schnitte mit Jod behandelt und spricht von einer blauen Farbe, die an dem Parenchym der braunen Knoten auf Evernia zu beobachten sei^). Damit beschreibt er aber nur das Hypothecium, für das seine Angabe völlig zutrifil. Die Hyphen selbst hat er nicht erkannt, gibt er doch das Fehlen eines eigentlichen Thallus („thallus proprius nuUus, a. a. 0., 124) als Charakteristikum der Gattung an. Trotzdem ist die Blaufärbug der eingedrungenen Hyphen des Pilzes auch an seinen Schnitten zu erkennen gewesen, nur hat er wunderlicherweise aus dieser auf- fallenden Reaktion einzelner Hyphen keinen entsprechenden Schluß gezogen^), sondern das Verhalten diesem Teil des Flechtengewebes zugeschrieben. R e h m s Angaben gehen über Tulasne nicht hinaus. Betrachten wir zunächst einen Schnitt durch einen stark ver- pilzten Evernia- Ast in der Querrichtung. Entsprechend der an solchen Stellen schon makroskopisch wahrnehmbaren wulstigen, meist einseitigen Auftreibung des stengelartigen Flechtenthallus erscheint der Umriß des Querschnittes auf der einen Seite stark ausgebaucht. Fast stets liegt auffallenderweise die Besiedelung der Evernia einseitig, stark und gleichmäßig von Pilzhyphen erfüllte Querschnitte sind mir nicht begegnet. Die meisten den Pilz so zeigenden Schnitte weisen auch zugleich seine Ascuslager auf. Diese liegen in einer mehr bräunlichen Schicht, aus der die Asci selbst mit hellblauer bis spangrüner Farbe hervortreten. Wo die Asci noch nicht frei an der Oberfläche des Evernia- Astes liegen, da bedeckt die ganze Protuberanz des Flechtenthallus ein im Querschnitt sehr dunkelbraunes massiges Gewebe, in dem wenig 1) Vgl. meine Mitteilung über die Verwendung von Milchsäure zur Beschleunigung und Verbesserung gewisser Jodreaktionen. Zeitschr. f. wiss. Mikr., 1910, XXVII, 366. 2) A. a. 0., S. 126: „. . . e parenchymate denso sordide fusco, amyloideo (iode adfuso statim coeruleato) . . . constat." 3) A. a. 0., S. 127: „Parenchyma plantae hospitalis corneum Phacopsi suppositum similiter caerulescit cum iodis vires in eo periclitemur". Jahrb. f. wiss. Botanik. XLIX. 26 396 F. Tobler, Struktureinzelheiten mehr zu erkennen sind (vgl. Taf. III, Fig. 2, 4 und zur Erklärung weiter unten). Durch die Blaufärbung mit Jod hebt sich sofort eine Schicht als Hauptsitz der Phacopsis heraus, die der Gonidienschicht an gesunden Stellen von Evernia entsprechende Zone zwischen Mark und Rinde. Im Mark finden sich hier und da nach der Mitte zu abnehmend einzelne blaue Hyphen, in der Rinde sehr wenige. Ihr festes Gefüge ermöglicht ein Eindringen wohl schwer. Das wesentliche Moment bildet das Vorkommen in der Go- nidienschicht. An den üppig von Phacopsis durchsetzten Stellen scheinen die Gonidien der Evernia fast zu fehlen. Hier und da erscheinen an den lockereren Stellen des Thallus noch Nester von in Teilungsstadien begriffenen, zu viert zusammen gelegenen oder schon voneinander getrennten Algen. Fast stets sind sie in ihrer Hülle stark gallertig (s. Taf. III, Fig. 3). Nester wie einzelne Gonidien sind von den Phacopsis -'SyT^hen völhg und allein um- schlossen. Evernia S.jphen sind nirgends an solchen Stellen zu erkennen. Sie würden sich auch, abgesehen von der Färbung mit Jod, nachweisen lassen durch ihre Form, wofür andere Stellen deutliche Belege bieten. Es sind das die Partien, wo die Masse der blauen Hyphen in der Gonidienschicht abnimmt, also auf dem Querschnitt gegen den seitlichen Rand des von Phacopsis gebildeten Wulstes hin. Hier nehmen die blauen Hyphen im Wulste ab, da, wo dieser an den unveränderten Evernia -Thallus stößt, aber wieder zu (Taf. III, Fig. 2). Sie drängen sich gegen die un- berührten Gonidien hin. Es gibt also eine Zone, wo Phacopsis- und -E'fernm- Hyphen gleichzeitig um den Algen sind. Beide um- spinnen, d. h. die PA«cojJ5is- Hyphen erscheinen später und ver- drängen mit ihrer Zunahme die jBJvernia-Hyphen. Glatterer Wuchs, seltenere und deutlichere Querwandbildung zeichnen diese vor den torulösen, gedrungenen und mit deutlichen Wänden versehenen Phacopsis-ZeWen aus (vgl. Taf. III, Fig. 3). HinsichtHch der Algen- zone dieser Partien muß bemerkt werden, daß in der vom Gros der Hyphen des einwandernden Pilzes erreichten Region eine deut- liche Vermehrung der Algenzellen zu konstatieren ist. In den be- nachbarten Geweben der Flechten ist hinsichtlich Rinde wieder deutlich, daß dort der Pilz nicht vordringt, im Mark dagegen greifen auch hier einzelne Hyphen von blauer Farbe über und schlingen sich zwischen die Flechtenhyphen hinein. Dies letztere bestätigen und erläutern auch Längsschnitte (vgl. Taf. III, Fig. 1). Zur Biologie von Flechten und Flechtenpilzen. I. II. 397 Hier treten die P/tacop^is-Hyphen besonders deutlich zwischen den schmalen und englumigen Markhyphen hervor. Gelegentlich werden verbindende Querfäden gegen die Gonidienschicht hin sichtbar. Im allgemeinen sind aber die dort vorhandenen Pilzhyphen weiter im Längsverlauf der Evernia-Äste vorgeschritten als im Mark, in dem sie demnach erst sekundär auftreten. Fragen wir uns nach dem physiologischen Verhältnis zwischen Phacopsis und Evernia, vor allem ihren ernährungsphysiologischen Beziehungen, so müssen wir Entwicklung in ihren Stadien und Endresultat unterscheiden. Erstere lassen sich vom frühesten An- fang an nicht verfolgen, weil wir über die Art der Infektion der Flechten mit dem Pilze keinen genauen Anhalt haben. Das früheste, was wir finden, ist das Auftreten von Phacopsis- Hyphen in der Gonidienschicht. Hier lebt der Pilz anscheinend so wie ein Flechtenpilz, umspinnt die Algenzellen und dringt in ihrem Bereiche weiter vor. Wo er sich den Gonidien nähert, teilen sich diese zunächst reger, als sie es in ihrer natürlichen Gemeinschaft mit dem Flechtenpilz zu tun pflegen. Offenbar wirkt der fremde Pilz oder ein von ihm ausgeschiedener Stoff als Reiz, seine chemisch wesenthche Differenz vom Evernia-Yi\z wird ja auch aus der Reaktion mit Jod ersichtlich. Je mehr indessen die Pha- copsis in die Gonidienschicht vordringt, desto mehr ändert sich das Zahlenverhältnis der Bestandteile. Die PÄaco^,sz5-Hyphen umspinnen die Algen so reichlich, daß bald die ^^verm'a-Hyphen unsichtbar werden. Ob sie, von den Gonidien abgedrängt, an Nahrungsmangel zugrunde gehen (richtiger gesagt am Mangel der ihnen vermutlich von den Gonidien gelieferten Stoffe, die wir nicht genau kennen!), oder ob sie von Phacopsis selbst angegriffen werden, läßt sich nicht entscheiden. Nach ihnen tritt aber vielfach auch die Alge unter dem immer kräftigeren Auftreten des Ein- wanderers zurück. Vereinzelt halten sich kleine Nester von Go- nidien mit stark verdickten Gallerthüllen, auch vereinzelte Exemplare mit ähnlichem Verhalten, besonders da, wo der Pilz nicht allzu sehr dominiert (vgl. Taf. III, Fig. 3). Im großen und ganzen füllt Pha- copsis allein die ehemalige Gonidienschicht der Evernia aus. Daß dabei die größten Störungen im Zusammenhang des Evernia -T\i2t\\\i^ nicht ausbleiben können, ist klar: vor allem wird die Rinde getrennt von dem Mark, und dies äußert sich charakte- ristisch in ihrem Brüchigwerden, Absterben und Durchbrochen- werden vom Pilz. Ihre Gesamtmasse, vorher wegen des festen 26* 398 F. Tobler, Gefüges dem fremden Pilz kaum zugänglich, degeneriert, zerfällt und färbt sich unansehnlich braun bis grau. Nun dringt der Pilz auch in diese Masse weiter vor. Einerseits leistet sie ihm rein physikalisch keinen Widerstand mehr, d. h. die Fruchtkörper der Phaeopsis hvechen durch, die Rinde der Evernia, anderseits dringt der Pilz auch mit diesen in der Rindenmasse vor, er wird hier zum mindesten Saprophyt. Durch ein besonderes Moment endlich läßt sich auch die an- gedeutete Wanderung der Phacopsis in der Gonidienschicht, ihre vorwiegende Inanspruchnahme unter den Elementen der Flechte usw., noch vollends erhärten. Es fanden sich Stellen der Evernia mit deutlichen Spermogonien (Pykniden); diese lagen in der übUchen Weise tiefer eingesenkt als die Gonidienschicht, die somit an ihrer Stelle unterbrochen war (vgl. Taf. III, Fig. 4). Hier Heß sich nun beobachten, daß nicht nur diese Organe völlig intakt geblieben waren, sondern es traten auch unter ihnen nicht mehr Phacopsis- Hyphen hervor als sonst in den entsprechend tief belegenen, go- nidienfreien (Mark-) Partien. Ebenso fanden sich unmittelbar daneben, in Höhe der Gonidienschicht, also am Rande des Phacopsis -Yor- kommens mehr Gonidien als sonst. Mit der Begrenzung der Algenschicht, soweit sie lokal durch eine besondere Anlage wie die gegeben ist, endet das üppige Vorkommen der Phacopsis, die Pykniden werden nicht zerstört. Daß die an sich in die Rinde eingesenkten Spermogonien nicht zur Abstoßung durch die Phacopsis gelangen, wie die anderen Rindenteile, hat seinen Grund eben in der geringeren Ausdehnung des Pilzes unter den Früchten, Aus dem gleichen Grunde fehlt übrigens natürlich auch die Schlauchschicht der Phacopsis an der Stelle des Spermogoniums. Auch diese erfährt eine Unterbrechung. Die vielfach vorhandenen reich sorediösen und teilweise mit Phacopsis-Früchten besetzten Thalluspartien weckten die Vermutung, daß ähnhch, wie dies Kotte (S. 79) für den Abrothallus auf Ce- traria caperata nachgewiesen hat, auch hier vielleicht die Sorale den Pilz enthielten und so zur Verbreitung beitragen können. Das hat sich bestätigt. Es finden sich auf Mikrotomschnitten nach Jodfärbung leicht Stellen, wo ungefärbte und gebläute Hyphen an Soredien teilhaben, wo also die Soredien beim Auswachsen den fremden Pilz mitnehmen. An Gesamtmenge treten indessen die Teile der Phacopsis in den sorediösen Partien des Thallus der Evernia zurück hinter denen der Flechte selbst und im Vergleich Zur Biologie von FlecLten und Flechtenpilzen. I. 11. 399 mit anderen Regionen. Es wird der Anschein erweckt, als träte die größere Üppigkeit der Algen in den (feuchteren!) Soralteilen und die stärkere Gleichmäßigkeit im Nebeneinander von Flechten- pilz und Alge hier und da der Ausbreitung von Phacopsis hindernd entgegen. Hier werden die Algen eben nicht so leicht unterdrückt, hier ist die Konkurrenz der P/jacop^es-Hyphen mit denen der Evernia nicht nur auf die eine Schicht beschränkt wie anderwärts, deshalb steht der Eindringling hinter dem Evernia-Vi\z zurück. Für ein anderes dagegen sind die sorediösen Partien wesentlich: gelegentlich zeigte sich eine relativ starke Ausdehnung der blauen Hyphen oben auf dem Soral und zugleich eine nicht entsprechend üppige Verbindung mit den Pliacopsis-Teilen im Mark der gleichen Stelle. Es wäre denkbar, daß hier der Pilz die Sorale durchquert und draußen — konkurrenzlos — sich üppiger entwickelt habe. Das ist unwahrscheinlich, weil wir ja sehen, daß er für üppige Ent- wicklung sich an die Evernia-A\gen zu halten pflegt. Denken wir aber daran, daß in sorediösen Partien von Flechten nicht selten sich andere Pilze ansiedeln — gerade an der Evernia vulpina finde ich häufig eine andere Art torulösen, braunen Mycels — , so hegt es nahe, zu vermuten, daß auch hier die Phacopsis in die Flechte eindringt, daß die Sporen aus den Schlauchfrüchten hier keimen und von den Soralen aus den Weg ins Innere der Evernia nehmen. Zusammenfassung. Phacopsis vulpina auf Evernia vulpina besitzt die Fähigkeit, zugleich mit den i'wrwia-Hyphen die Gonidien zu umspinnen. Sie bevorzugt bei ihrem Vordringen in der Flechte sogar die Gonidien- schicht und regt die Algen dort zu lebhafter Entwicklung an. Wenn sie dann in dieser Zone stärker zunimmt, so verdrängt sie die Evernia-^yplaen und veranlaßt vielfach auch später Absterben der Gonidien. Wo die Flechtenrinde durch dies Überhandnehmen der Phacopsis von dem lockeren Evernia-Mycel abgetrennt ist, wird sie abgängig und von der Phacopsis durchbrochen. Im Mark der Flechte breiten sich die Phacopsis -'H.yphen viel weniger aus, ebenso sind sie offenbar nicht imstande, die gesunde Rinde an- zugreifen, sie bleiben auch anderen gonidienfreien Teilen — Spermo- gonien und ihrer Umgebung — fast völlig fern, finden sich dagegen auch in den Soralen, durch die vielleicht ein Eindringen erfolgt. Phacopsis zeigt sich demnach erst als Parasymbiont, dann als Parasit und trägt morphologisch betrachtet den Charakter als Flechtenpilz. 400 F. Tobler, 2. Karschia destrudans mihi^). Auf Lärchenborke fand sich der Pilz in auffallender Vereini- gung mit Chaenotheca chrysocephala (Turn.) Th. Fr. Die Flechte 1) Das Material dieses merkwürdigen Objektes wurde von Zahlbruckner August 1897 im Jagelgraben bei Gutenstein in Nieder-Österreich gefunden und dem verstorbenen Kenner der Flechtenparasiten, Zopf, zur Untersuchung überlassen. Beide waren der Ansicht, daß eine neue Art der Gattung Karschia vorliege. Die nähere Untersuchung schob Zopf indessen hinaus. 1908 übergab er mir, als ich mich mit ähnlichen Dingen zu beschäftigen begann, auch den Zahlbruckner sehen Fund. In Anbetracht des her- vorragenden Interesses, das dieser Pilz als biologische Eigentümlichkeit (weit mehr denn als neue Art) für micli bei der näheren Kenntnis gewann, habe ich besonderen Grund, beiden Herren dankbar zu sein. Systematisch ist Folgendes zu bemerken : Die Gattung Karschia (Koerber 1865) ist unter den Discomyceten, Patellariae, Didymosporae eingereiht neben Abrothallus. Sie zeichnet sich durch dickes, gefärbtes Hypothecium, frei sitzende runde, schüsseiförmige Apothecien und zweizeilige, gefärbte Sporen aus. Alle Charaktere sind an unserem Ma- terial deutlich (vgl. Eehm, S. 345; Saccardo, VIII, 779). Von den bishergegebenen Diagnosen der KarscJtia- Arten paßt keine völlig auf das Objekt. Am nächsten stehen: 1. Karschia allothaUina (Nyl.) Eehm (351), hat aber größere Schläuche und wesentlich größere Sporen, die außerdem zweireihig liegen sollen; 2. K. perexigua Bomm. et Kouss. (Saccardo X, 56), bei der zwar die Dimensionen aller Teile etwa stimmen, aber die Sporen nicht eingeschnürt sein sollen; 3. K. impressa Ell. & Ev. (Saccardo XIV, 820), deren Sporen wesentlich breiter scheinen, nicht eingeschnürt sind und wo die Apothecien gleichzeitig applanata und glohosa sind! Alle bei Rehm aufgeführten nichtparasitischen Karschia- Arten sind mit viel größeren Sporen versehen, unter den parasitischen findet sich keine, die so große Apothecien mit so kleinen Sporen zeigte. Sehr nahe steht in vielen Charakteren die bei Rehm (S. 358) von Karschia auszuschließende (Flechte) Buellia Schäreri de Not., die zudem auf Coniferenrinden und in den Alpen vorkommt. Die Form und Entwicklung der Apothecien scheinen indes zu differieren. B. Schäreri soll erst flache, dann gewölbte Apothecien haben. Dadurch unterscheidet sie sich (wie mir auch die bei Rehm zitierten Exsikkaten von Arnold, Rabenhorst, Hepp und Zwackh zeigten) deutlich von unserem Objekte. Auch das Aussehen des sterilen Thallus ist verschieden genug. Ich muß die Karschia als neue Art ansehen und gebe ihr mit Rücksicht auf das eigentümliche biologische Verhalten den Namen K. destructans. Die Diagnose (vgl. dazu Taf. III, Fig. 8 u. 9) lautet: Karschia destructans Tobler 1910. Thallus globatim congestus, frutescens saepius nullus. Ascomata ab initio libera, solitaria, subtus convexa, centro affixa, forma saepe rotunda, vetera interdum mucronata, colore nigrescentia glabraque, primitus prope clausa vel globosa, dein margine distincto cupulif ormia , postremo applanata, minus distincte marginata, usque ad 0,75 mm diam. As ei clavati, apice obtusati, basi attenuati, 6 — 8 spori, 40 ad 6 — 8 p., paraphysibus densis, septatis, apice in capitis formam dilatatis, ramatis, in massam gelatinosam coalitis. Hypo- thecium crassum, brunneum. Sporidia constricto - 1 - septata, haud raro aliquantulum Zur Biologie von Flechten und Flechtenpilzen. I. II. 401 zeigte ihre körnig-klumpigen gelben Lager verstreut in wechselnder Dichte, an einigen Stellen auch mit den schwarzgestielten Apo- thecien versehen. An anderen Stellen ließen sich, mit bloßem Auge eben sichtbar, schwarze Pünktchen bemerken, die bei geringer Ver- größerung als wulstig -klumpige Häufchen von matter bis schwach glänzender schwarzer Farbe sich meist auf den Chaenotheca-Jj&gem abheben. Meist gleichzeitig mehreren von deren Klümpchen, in der dazwischen gebildeten Einsenkung, aufliegend, doch auch, falls einzelnen Häufchen aufsitzend, in grubiger Vertiefung, bedecken diese Pilzlager stets einen Teil der Flechten. Nur seine isoliert und ohne sichtbares Lager erscheinenden Apothecien stehen ganz nackt unmittelbar auf der Borkenoberfläche. Als einzige Ausnahme in dieser Beziehung fand ich ein seitlich einem Apothecienstiel von Chaenotheca und einem kleinen Flechtenthallusrest ansitzendes Apothecium des Pilzes (vgl. Taf. III, Fig. 5). Mikrotomschnitte durch Stückchen von Flechte mit Pilz zeigten zunächst auf das deutlichste, daß 1. die kleineren Exemplare des Pilzes weniger tief in die Chaenotheca eingesenkt erschienen, und 2. daß die mittleren Teile des Pilzlagers tiefer in die Flechte eindringen als die Ränder. Daraus ergibt sich mit Notwendigkeit, daß der Pilz sich oben auf der Flechte ansiedelt, allmählich und zwar mit der Mitte am kräftigsten in den Flechtenthallus vordringt. Da er in den älteren (mittleren) Teilen dauernd an Umfang resp. Tiefe zunimmt, am Rande oben aber sich auch verbreitert, so be- hält sein Gesamtkörper mehr oder weniger die Gestalt eines ein- gesenkten Keiles. Die Schnitte durch die größeren Exemplare zeigen sofort, daß dieser sich zuletzt bis auf das Substrat der Flechte hinunter, ja in dieses hinein erstreckt (vgl. Taf. III, Fig. 6 und 7). Wenn die Karschia demnach allmählich ihr Wachstum durch den Flechtenthallus herunter erstreckt, so bedarf das dabei vor- liegende Verhältnis von Pilz zu Flechte der Beachtung. Relativ protenta, primitus hyalina, dein brunnea (saepe altera cellularura non ad iustam per- fectionem pervenit) rarius distincte disticha, 6 — 9 ad 2,5 — 4 fx. lodi viribus ascoma totuni coerulescit. Hab. Sterilis (semper ut videtur) in thallo Chaenofhecae chrysocephalae, cuius go- nidiis primum interdum apposita mox algas hypbasque destruit, sie per lichenis thallum usque ad ei suppositum Laricis corticem descendit. Quo intrans Chaenothecae thallo devorato fructificit. In loco qui vocatur „Jagelgraben" prope Gutenstein (Austriae in- ferioris) collecta a Dr. A. Zahlbruckner anno 1897. Das vorhandene Material habe ich mitgeteilt an die Herbarien von Wien, Berlin und Münster. 402 ^- Tobler, junge, fast flach oberflächlich liegende Stadien zeigen schon deutlich, wie unter dem Pilz die Flechtengonidien schwinden. Und bei dem keilförmigen Zustande etwas fortgeschrittener Entwicklung wird gleichfalls in den Winkeln gegen die untere Spitze der Karschia hin, die homöomere Flechte allmählich von Algen freier. In diesen Zonen ist nun auch ein Eindringen der Karschia-H^y^phen auf ein- zelne Gonidien hier und da zu sehen, ein Umspinnen, in dem sie sie sich mit den Chaenotheea -H.yTphen um die Gonidien vereinigen (vgl. Taf. III, Fig. 10). Dennoch ist aber der Kampf schneller als in irgend einem anderen ähnlichen Falle zugunsten der Karschia entschieden, die Gonidien gehen zugrunde, die Chaenotheca-'H.j]^hen entweder aus Mangel an Gonidien oder direkt durch die der Karschia geschädigt, gleichfalls. Daß die Gonidien aber auch in einiger Entfernung von dem eingedrungenen Pilz, soweit es sich um Stellen senkrecht unter ihm handelt, schon verschwinden, das kann seinen Grund nur in einer Beeinflussung durch die Karschia haben, die vermutlich den Algen Licht und Luft nimmt. An eine Schädigung durch Ausscheidungen (über die ich nichts aussagen kann) seitens des Pilzes dort zu denken, liegt kein Grund vor. Denn sicher geht der Tod der Gonidien dem der Hyphen voran. So sinkt die Karschia unter gleichzeitiger Ausbreitung bis auf die Borke, der die Flechte aufsitzt, herab. Und hier zeigt sich der Pilz in einem ihm gleich zusagenden Element, indem er auch in der Borke vordringt und dort wie ein holzbewohnender (oder auch wie viele Flechtenpilze) sich ausbreitet. Seine Hyphen dringen intensiv auf dem Weg der Spaltung (d. h. in den Mittellamellen der Borke- zellwände vor), genau so, wie es übrigens die Chaenotheca-T3.yphen tun (s. Taf. III, Fig. 7)^). Erst von diesem Moment an scheint der Pilz die Fähigkeit der Fruktifikation zu besitzen (oder stellt diese zugleich das Anzeichen seiner mit Durchdringen resp. Zerstören der Chaenotheca beendeten Entwicklung dar?), denn die Apothecien erscheinen dem Substrat direkt aufsizend, bisweilen begleitet von spärlichen, schuppenartigen (dann unter dem Apothecienrand belegenen!) Resten der Chaeno- theca-ThaWi. Hierbei muß ein Fall besonders hervorgehoben werden. 1) Vgl. G. Lindau, Lictenologische Untersuchungen I, (Dresden 1895), wo ähn- liches Verhalten für eine Reihe anderer Formen konstatiert ist, z. B. Pyrenula nitida, Taf. 2, Abb. 4, Lecanora pallida, Taf. 2, Abb. 12, Evemia prunastri, Taf. 3, Abb. 10 und 11. Auch Lindau beobachtete das intercellulare Vordringen, besonders bei Krustenflechten. Zur Biologie von Flechten und Flechtenpilzen, f. II. 403 (vgl. Fig. 5 rechts!), in dem das Apothecium der Karschia einem völlig intakt entwickelten, aber schon fast seines Thallus beraubten gestielten Apothecium der Flechte ansaß. Ich lege deshalb auf diesen Fund Wert, weil auch daraus geschlossen werden könnte, daß die Karschia gerade die gonidienführenden Teile in Angriff nimmt. Ich kann mich deshalb den schriftlichen Angaben von Zopf (bei dem Material) resp. der darin ausgesprochenen Auffassung der Karschia als eines regulären Parasiten nur bedingt anschließen. Der Pilz ist sowohl ein fakultativer Parasit, denn er beeinträchtigt die Chaenotheca erheblich, ja tötet sie mindestens teilweise ab, als auch Saprophyt, denn er wächst in der Borke und fruktifiziert auf ihr. Endlich aber spricht nicht nur die bekannte morphologische Parallele '), sondern auch die Umspinnung von Gonidien (unbeschadet ihrer Abtötung auf direktem oder indirektem Wege) für die Plechten- pilznatur des Objektes und darum also für das Vorliegen einer Parasymbiose. In morphologischer Hinsicht ist dabei die Parallele oder biologische Verwandtschaft mit dem Pilz der Chaenotheca be- merkenswert. Auch dieser zeigt — wie viele Pilze homöomerer Flechten — bei weitem keine so innige und auffallende Vereinigung mit den Algen wie das Schema der Flechten es wünscht. Viel- mehr besteht die in gewisser Beziehung bemerkbare Beschränkung der Algen auf eine Schicht (Gonidienschicht im Gegensatz zu Mark) eigentlich nur darin, daß bei zunehmender Höhe des Thallus die Gonidien unten absterben^). Mag das bedingt sein, wovon es will, Parasitismus vorliegen oder nicht, sicher verschwinden allmählich die Gonidien, auch in ihren Resten aus dem „Mark". Das Vor- kommen nur vereinzelter Gonidien in dieser Partie in mehr oder weniger desorganisiertem Zustand, läßt auch den Chaenotheca -Filz als Saprophyten erscheinen, in durchaus mit der Karschia vergleich- barer Weise. Übrigens ist auch der Übergang von Parasymbiose zu Parasaprophytismus (wie man d^s Verhalten benennen könnte) einmal von Elenkin^) angedeutet worden. 1) Karschia Körber entspricht der Flechtengattung Buellia De Not. Vgl. Kehm, S. 345, Anm. 2) Elenkin (Zwei russische Arbeiten über die „Theorie des Endosaprophytismus der Flechten", 1902, deutsches Resümee, sonst alles russisch) hat Beobachtungen ähnlicher Art in sicher zu weit gehender Weise verallgemeinert. 3) A. Elenkin, Les Lichens facultatifs (russ. Publikation mit französ. Resümee) 1901. Es handelt sich dort um Trematosphaeriopsis Parmeliana (sp. nov. Jacz.) Elenkin auf Pannelia moUiuscula Ach. var. vagans Nyl. ; von der letzteren liegen im Bereich der Parasymbionten auch schon tote Gonidien. 404 F- Tobler, Zusammenfassung. Karschia destructans ist in sterilem Zustande mit dem Thallus der auf Lärchenborke aufsitzenden Chaenotheca chrysocephala auf- sitzend gefunden. Der Pilz siedelt sich oberflächlich auf der Flechte an, sinkt mit fortschreitendem Wachstum aber stetig tiefer in deren Thallus ein. Schließlich erstreckt sich der Pilzkörper bis auf die Unterlage der Flechte und dringt in die Borke selbst ein. Das Eindringen des Pilzes ist ein Verdrängen der Flechtenteile, die unter dem Pilzlager zugrunde gehen. Es schwinden zuerst schon auf gewisse Entfernung die Algen, dann die Flechtenhyphen, doch werden am Rande bisweilen Algen vorübergehend umsponnen. Der Pilz wäre in diesen Stadien also sowohl als Parasymbiont, wie Pa- rasit der Flechte aufzufassen. Später aber gestaltet er sein Leben völlig zum Saprophytismus um, indem er, sobald er sie in vertikaler Richtung erreicht, in die Borke eindringt. Erst wenn er den Thallus der Flöchte auch seitlich aufgezehrt hat, also lediglich Borke bewohnender Saprophyt ist, fruktifiziert er. Dagegen beginnt der Lebenslauf der Karschia an dem vorliegenden Material stets in Verbindung mit (meist auf, seltener seitlich an) der Flechte. 3. Systematische Kontroversen, biologiscli gelöst. Die beiden biologisch ausführlicher geschilderten Beispiele lassen erkennen, daß es in der Lebensweise der gewöhnhch als Flechtenparasiten genannten Pilze keine scharfe Trennung zwischen Parasiten, Parasymbionten und Saprophyten gibt, daß ein Objekt alle drei Lebensweisen in seinem Entwicklungsgang vereinigen kann. Mit einer auch anderweitig nachgewiesenen und sonst noch nachweisbaren größeren Verbreitung der Parasymbiose unter den „Flechtenparasiten" wird aber zugleich die Grenze zwischen Flechten und den parallel gehenden Pilzgattungen aufs neue verwischt. Es gibt Ascomyceten, die nur gelegentlich Flechtenpilzcharakter zeigen, zu anderen Zeiten aber Para- siten und Saprophyten sein können. Es ist eine nicht ganz leichte Arbeit, die einzelnen „Flechten- parasiten" auf ihre Ernährungsform, soweit sie sich aus den anato- mischen Bildern entnehmen läßt, nachzuprüfen. Ich bin sicher, daß die Zahl der dauernden oder gelegentlichen Parasymbionten oder Saprophyten unter den als Parasiten gehenden noch beträcht- lich größer ist, als wir zurzeit wissen. Weitere Arbeit wird das Zur Biologie von Flechten und Flechtenpilzen. I. II. 405 zeigen. Ich vermute dabei, daß man, um reichlicher Übergänge in biologischer Hinsicht zu bekommen, die thallodisch niederen Formen untersuchen müßte, also etwa die homöomeren und unberindeten. Denn ohne Zweifel dürfte deren Organisation die Infektion nnd ein Leben zu dritt erleichtern. Es ist deshalb nicht ganz belanglos, daß bei derartigen Formen die bekannten Flechtenparasiten erstens zahlreich sind und zweitens unter ihnen sich viele spezifische der betreffenden Formen finden. Baeomyces (Sphyridium) weist schon nach Zopf (I, S. 360) 13 Parasiten auf, darunter übrigens 5 Karschia- Arten und davon mehrere, nur in diesem Vorkommen bekannte. "Wenn man nun bei diesen wenig umfangreichen und niedrig organisierten Objekten sich vorstellt, daß im Flechtenthallus irgendwie der von außen hinzugekommene Pilz den Flechtenpilz bei den Gonidien verdrängt, sei es als Parasit oder als Parasyrabiont und allgemein oder lokal (was bei dem feinbröckligen Thallus eines Sphyridium roseum z. B. wenig Unterschied macht), so muß ein derartiges späteres Stadium, aufgefunden und untersucht, notwendig den Eindruck einer Flechte machen, die der Pilzgattung des betreffenden Eindringlings parallel geht. In der Tat sind nun bei den Flechten resp. Flechtenparasiten manche Kontroversen, die auf diesem Wege ihre Lösung finden dürften. Ein erstes Beispiel bildet das bei Rehm (S. 350) als Karschia scabrosa (Ach.) Rehm bezeichnete Objekt. Rehm beschreibt den Pilz schon etwas merkwürdig, wenn er die Apothecien einem grün- gelben „Thallus" aufsitzen läßt, ohne nachher bei dem Schluß dei" Beschreibung (auf Sphyridium usw.) hinzuzufügen oder erkennen zu lassen, ob dieser grüngelbe Thallus dem Sphyridium angehört. Eine Anmerkung berichtet dann unter Zitierung von Th. Fries u. a. über die Schwierigkeit und schließt: „Müßte des Thallus wegen als Flechte erachtet werden (also ist der grüngelbe Thallus nach Rehm der der Karschia! T.), wenn nicht schon Branth und danach Th. Fries nachgewiesen hätten, daß nur der Pilz die Farbe des Sphyridium -Thallus verändert (auch als Varietät beschrieben, was Rehm näher ausführt! T.) und ohne eigene Gonidien sei. Th. Fries sagt richtig: una alterave species plantae nutrientis thallum adeo mutavit, ut ipsa videtur proprio praedita thallo". Dieses Objekt existiert nun in verschiedeneu Exsikkaten. Ich habe davon zwei (als parasitische Flechten gehende) untersucht, die Arnold Liche- nes exsiccati unter N. 97 u. 97 b herausgegeben hat. Die beiden 406 F. Tobler, Stücke (BuelUa scahrosa [Ach.] Mass.) unterscheiden sich dadurch, daß das eine auf Sphyridium fungiforme Fr., das andere auf Sphy- ridium placophylhim sitzt. Letzteres hat einen ziemlich massigen Thallus, so daß der Habitus etwa der der Karschia destructans auf Chaenotheca chrysocephala ist, das andere ist fast staubartig zart. Im letzteren Falle ist eine Farbveränderung des SpJtyridium durch die schwärzlichen Pilzhäufchen vom Gelbgrünen ins Grau- grüne wohl zu sehen, soweit überhaupt etwas zu sehen ist. Die mikroskopische Untersuchung zeigt nun, daß die Karschia auf dem Sphyridium placophyllum wenig eingesenkt liegt, aber aus dem Hypothecium verzweigte vielfach bräunliche Hyphen entsendet, die die Gonidien vielfach umspinnen. Daneben sind aber die Sphyridium -H.yphen vorhanden. Eine Beeinflussung des Sphyridium scheint nicht wesentlich statt- zufinden. Der Pilz ist Parasymbiont. Anders das Objekt auf dem Sphyridium fungiforme, wo der Pilz stärker ein- gesenkt liegt, die Gonidien der Flechte nur wenig um- spinnt, dagegen die Sphyridium-'H.y\)hen zerstört. Die Farbe des Flechtenthallus schwindet, auch die Algen gehen sicher teilweise zugrunde. Hier liegt Parasymbiose und vor allem Parasitismus, vielleicht schon Saprophytismus vor. Wenn wir nun die verschiedenartigen Angaben über das Ob- jekt, die Bezeichnung als Flechte, Pilz, als Parasit usw. uns durch verschiedenartiges Material, verschiedene Stadien im Verhältnis der Karschia zum Sphyridium und seinen Komponenten verursacht, vorstellen, so muß im Grunde allen Autoren recht gegeben werden, wenn sie ihr Material sachgemäß untersucht haben. Auf die gleiche Weise dürfte vielleicht sich auch die einmal gefundene Karschia Sphyridii, die Rehm nennt, als Flechtenpilz herausstellen. Und endlich dürfte auch ein viel behandeltes Objekt ehren- vollen Abzug aus dem Kampf erhalten: Arthrorrhaphis flavo- virescens (Born.) T. Fries. Dies wurde wiederholt von den Flechten zu den Pilzen und zurück versetzt. Stein (S. 181) erwähnt den Organismus als eine auf nackter Erde vorkommende Flechte mit körnigem, oft staubartig aufgelöstem Krustenthallus. Nach Nor- mann u. Fries (dort zitiert) soll aber ein Pilz auf Sphyridium hyssoides vorliegen und durch diesen der Thallus der Flechte Sphyridium eigentümlich umgewandelt sein. Im Gegensatz hierzu will Stein das Vorliegen von Parasitismus einer Flechte auf Zur Biologie von Flechten und Flechtenpilzen. I. II. 407 einer anderen annehmen, eben weil er das Objekt sicher auch auf nackter Erde kennt. Ich habe zu dieser Frage mich (1907) ge- äußert und durch Untersuchung von sieben verschiedenen Material- proben (darunter solche von Fries, Lahm, Anzi u. a., auch frisches von Lahms Standorten) zu zeigen versucht, daß es sich nur um einen, und zwar in typischer Weise Algen in seinem Thallus umsponnen beherbergenden Pilz, d. h. also, wirklich um eine Flechte handelt. Ich weiß nicht, ob Fries oder Stein Materialien, bei denen sie ihre Zweifel äußerten, in ausreichender Weise unter- sucht haben. An solchem Material, wie es Fries wenigstens teil- weise vorgelegen haben dürfte, müßte ein wirklicher Flechtenthallus und ein Pilz vorhanden gewesen sein. Im Hinblick auf die Para- symbiose wäre an solchem Material die Frage von höchstem In- teresse, ob etwa die Alge von beiden Pilzen umsponnen wird. Sicher hat Stein auf eine derartige Beobachtung seine Auffassung der Sachlage nicht gegründet. Er macht gar nicht den Ver- such eines Beweises. Auch hätte die angedeutete entscheidende MögUchkeit einem Gegner der Schwendenerschen Flechtentheorie nichts gesagt. Dagegen gibt Fries (zitiert bei Stein) an, daß die Hyphen des Pilzes Arthrorraphis die Hyphen der Mutterpflanze (= Sphyridium) zerstören, nicht aber die Gonidien. Es wäre wohl denkbar, daß Fries Objekte mit Parasymbiose vor sich gehabt hätte, ohne zu ihrem vollen Verständnis gelangen zu können. Wäre dem so, so stellte der beschriebene Fall ein besonders reichliches Gemisch von Lebensmöglichkeiten und Gemeinschaften dar. Es lägen dann zwei, und zwar morphologisch tiefstehende Flechten- symbiosen vor, Sphyridium und Arthrorraphis auf Erde. Dem Pilz der letzteren Flechte käme aber außerdem die Fähigkeit zu, über die Flechte Sphyridium als Parasit herzufallen, und, da deren Go- nidien den seinen artgleich sind, in diesem Fall vom Parasiten zum Parasyrabionten zu werden. Doch scheint dieses Verhalten ent- weder nur gelegentlich oder lokal beschränkt vorzukommen. In einer solchen biologischen Auffassung, die nach Analogie der Karschia- Arten für Mycobacidia viel wahrscheinliches hat, aber an dem historischen Material nicht mehr festgestellt werden kann, sind alle vorhegenden Behauptungen über das Verhalten des Pilzes zur Flechte vereinigt. Schwierigkeiten bleiben zu überwinden — für die Systematik!^) 1) Ich bin erst zu spät darauf aufmerksam geworden, daß eine Adoption der Gonidien des Sphyridium durch die Arthorraphis -E.jT^hen, sowie ein analoges Verhalten 408 F. Tobler, Zusammenfassung. Es gibt Pilze, die insofern Flechtenpilze sind, als sie Algen umspinnen, ohne sie in allen Fällen damit zu töten, die aber auch parasitisch und saprophytisch auf Flechten oder anderem Substrat erscheinen können. Von dessen Beschaffenheit hängt bisweilen sicher die Natur der Pilze (ob Flechtenpilz, Parasit, Saprophyt) ab. Soweit Flechten selbst das Substrat sind, erweist sich deren Natur resp. morphologisches Verhalten als ausschlaggebend für den Punkt, auf dem der Wettstreit des sekundären und des primären Pilzes stehen bleibt. Phylogenetische Bedeutung dürften nur die Objekte haben, die im Besitz einer derartigen wandelbaren Biologie wie die hier ge- nannten Karschia- Arten und zugleich mit parallelen Flechtenarten vergleichbar sind. Ich verzichte vorläufig auf weiteres in dieser Richtung, bemerke nur, daß ein Verschwinden der charakteristischen Färbung einer Flechte unter dem Einfluß eines Parasymbionten kein Zeichen von Schädigung zu sein braucht. Es ist, nachdem ich (II) gezeigt habe, daß die charakteristischen Stoffwechselprodukte der Flechten der Vereinigung von Pilz und Alge bestimmter Arten ihren Ursprung verdanken, gar nichts anderes zu erwarten. Damit muß ich auch die Verallgemeinerung der Theorie des Endosapro- phytismus von Elenkin, an die sonst einzelnes bei mir erinnert, schon hier ablehnen. , Literatur-Verzeichnis, zu I. Elenkin, Ä., I. Les lichens facultatifs (russisch mit franz. Res.), 1901. Wo? (nur russisch). — II. Zur Frage der Theorie des Endosaprophytismus der Flechten (russisch mit deutsch. Res.), 1902. Wo? (nur russisch). Kotte, J., Einige neue Fälle von Nebensymhiose (Parasymbiose). Münstersche Diss. 1909 (auch Bakt. Centralbl., Abt. II. Bd. 24). Lindau, G., Lichenologische Untersuchungen. H. 1: Über Wachstum und Anheftungs- weise der Rindenflechten. Dresden 1895. Rehm, H., Ascomyceten. Pilze 1, III in Rabenhorsts Kryptogamen-FIora, 2. Aufl., 1896, Saccardo, P. A., Sylloge Fungorum, Bd. VIII, 1889. Stein, B., Flechten (in Cohns Kryptogamen-Flora von Schlesien, II, 2, Breslau 1879). Tobler, F., I. Kritische Bemerkung über Rajjhiospora, Arthrorraphis, Mycobacidia. Hedwigia, 47, 1907. — II. Siehe hinter der 2. Abh. bei Buellia scabrosa, schon bei Fünfstück, a. a. 0., S. 16 erwähnt ist. Ich kann also nur für die Begründung der Verschiebung des Verhältnisses von Pilz zu Flechte Originalität beanspruchen. Zur Biologie von Flechten und Flechtenpilzen. I. II. 409 Tobler, F., III. Mitteilung über die Verwendung von Milchsäure zur Beschleunigung und Verbesserung gewisser Jodreaktionen. Zschr. f. wiss. Mikroskopie, 27, 1910, S. .366. Tulasne, L.-K., Memoire sur les Lichens. Ann. des sciences natur., 3. ser., Botanique, t. 126, 1852. Zopf, W., I, Übersicht der auf Flechten schmarotzenden Pilze. Hedwigia, 3b, 1896. — II. Über Nebensymbiose (Parasymbiose). Ber. d. Deutsch. Bot. Ges., 15, 1897. — III. Untersuchungen über die durch parasitische Pilze hervorgerufenen Krankheiten der Flechten. 1. Abb., Nova Acta d. K. Leop. Carol. Akad. d. Naturf., 70, 1897. — IV. Dass., 2. Abb., ebenda 1898. li. Die Entwicklung der Clddonia -SoreAien. Meine früheren mit Rücksicht auf die Bildung spezifischer Stofi'wechselprodukte angestellten Kulturversuche mit Flechtenpilzen und Flechtenalgen hatten mir gezeigt, daß es besonderer Kon- stellationen äußerer Bedingungen bedarf, um eine Flechte entstehen zu lassen^). Die Möglichkeit einer langdauernden Vegetation von Pilz und zugehöriger Alge ohne Eintritt der eigentlichen Flechten- bildung neben- (ja auf- und an-) einander legte die Frage nahe, die Fälle, wo typisch aus einem formlosen Konglomerat der Flechten- komponenten ein Thallus entstehen kann, nämlich die Entwicklung der Soredien, zu verfolgen. 1. Kulturversiiche mit Soredien. Ich wählte als Untersuchungsmaterial einige reichlich Soredien bildende Cladonia- Arten, vor allem Cladonia glaiica Flke und sqiiamosa (Scop.) Hoffm., von denen ich genügende Mengen besten und einheitlichen Materiales vom Kehnmoor bei Zwischen- ahn i. 0. der Güte des Herrn H. Sandstede verdankte. Durch vorsichtiges Abstreichen der etwas trocken gewordenen Stämmchen konnten mit Leichtigkeit Haufen von Soredien abgestäubt werden. Bisweilen fielen dabei auch einzelne trocknere Astspitzen mit ab. Diese sind an sich so entwicklungsfähig wie die Soredien oder Isidien, aber jederzeit leicht zu unterscheiden von diesen und des- halb nicht störend. a) Die Vor Stadien. Als Substrat für die Cladonia-^oredien diente mir feine Erde in Blumentöpfen. Um aber das Aufkommen einer reichlichen Vegetation zu erleichtern, empfahl es sich, diese 1) F. Tobler, Das physiologische Gleichgewicht von Pilz und Alge in den Flechten. Ber. d. Deutsch. Bot. Ges., 27, 1909, S. 421. 410 F. Tobler, Erde wenigstens oberflächlich zu sterilisieren. Ich tat das z. T. durch Einbringen der gefüllten Töpfe in den Dampftopf auf etwa ^U Stunde, z. T. auch durch Übergießen der Oberfläche mit kochen- dem Wasser, zu mehreren Malen an mehreren Tagen. Die letzte — an sich weniger vollständig sterilisierende — Methode hatte den Vorzug, daß sie eine Art Krustenbildung auf der Erdoberfläche zur Folge hatte. Diese Krusten an den Rändern etwaiger Unebenheiten waren offenbar für die Thalli besonders günstige Ansiedelungsstellen. Die Erde wurde mit Soredien so reichlich bestäubt, daß der Anflug schon mit bloßem Auge zu sehen war. Ein Anfeuchten mit sterilem Wasser geschah nur so oft, daß ein völliges Ver- trocknen der Erde verhindert wurde. Cladonia glauca bildete in 6 — 8 Wochen deutlich grüne Über- züge, die im vierten Monat zuerst untersucht wurden und sich als so gut wie rein erwiesen. Von einer wirklichen Lagerbildung war aber nirgends etwas zu sehen. Das Aussehen der Objekte war vielmehr ein klumpig -gallertiges, indem meist mehrere Soredien zusammenlagen, verklebten und verwuchsen. Die Farbe wechselte: auf den eingesunkenen Mittelpartien, die jedenfalls feuchter waren, erschien sie mehr grün, gelblicher bis weiß mehr zum Rande und fast rein weiß am Rande des Topfes selbst. Daß auch die rein weißen Klümpchen dem Cladonia-YWz angehörten, bewies nicht nur die Ähnlichkeit in Form und Konsistenz mit den grünen Klümpchen, sondern auch die mikroskopische Betrachtung der charakteristischen Hyphen. Die gelblicheren Massen enthielten einige Algen, die grünen zeigten das Bild stark vergrößerter und vielfach nachweislich zusammengewachsener Soredien. Es fanden sich auch gelbgrüne Häufchen, aus denen der Pilz mit rein weißer Farbe allein hervor- brach. Die Oberfläche dieser Gebilde war lebhaft bewegt, schwellend und frisch. Aus dem an verschiedenen „Standorten" auf der Erd- oberfläche vorhandenen und aus Feuchtigkeitsdifferenzen zu erklä- renden Modifikationen in der Entwicklung war zu schließen, daß auch das Hervorwuchern des Pilzes einer eingetretenen Feuchtigkeits- veränderung zuzuschreiben war. Wie empfindlich übrigens diese Pflänzchen gegen Austrocknen waren, zeigte sich bei der Unter- suchung oft genug in dem stark veränderten Aussehen. In weniger als einer Stunde schrumpften solche Pilz- Algenhäufchen oft auf die Hälfte des Volumens zusammen. Das Aussehen der gallertig - ge- wölbten Häufchen veränderte sich so stark zu einer kleinkörnigen, krausen Beschaffenheit der Oberfläche, daß man die Gebilde nicht als dieselben würde wiedererkannt haben. Zur Biologie von Flechten und Flechtenpilzen. I. II. 411 Eine andere Gruppe von Kulturen wurden (ähnlich meinen früheren nach Stahls Angaben) auf Tontellerchen ausgeführt. Diese wurden samt einer sie aufnehmenden Glasschale, Glas- scheibe usw. sterilisiert. Dann wurde nach Aufbringen der Soredien die Glasschale niedrig mit Wasser soweit gefüllt, daß der Tonboden stets vollgesaugt war. Wohl infolge des starken Luftabschlusses gedieh in dem feuchten Raum auf dem Teller anfangs eine üppige Schimraelpilzvegetation. Ich gab nach einigen Monaten die Kul- turen schon verloren und unterließ die weitere Anfeuchtung. Als ich sie aber nach einer Pause von etwa zwei Monaten wieder auf- nahm, entwickelten sich doch noch einige Klümpchen, ähnlich den Soredien auf Erde. Auch hier war das quantitative Verhältnis von Pilz und Alge ganz ungleich. Neben rein weißen (Pilz-) Häufchen entwickelten sich gleichmäßig grüne und grünweiß gefleckte. Alles war dem Verhalten auf Erde gleich. Nur blieb im Laufe der weiteren Entwicklung der Pilz hier zurück. In 6 — 8 Wochen nach dem Sichtbarwerden des Wachstums war an den reinen Pilzmycelien kein Zuwachs und an den mit Algen versehenen kein Aussprossen der Hyphen zu erkennen. Nur einzeln traten solche aus den äußerst kompakt bleibenden Soredienknäueln hervor. Erst einen Monat später erscheinen beide Flechtenkomponenten in Zunahme, neben- und auch aufeinander, ohne Flechte nthalli zu bilden. Die So- redien haben sich ziemlich alle aufgelöst, aber trotz Ent- wicklung der Teile ist keine Flechte entstanden. Im ganzen ist die Entwicklung noch langsamer als auf Erde. Endlich sei auch noch der Versuche gedacht, eine Entwick- lung der Soredien im Hängetropfen zu erzielen. Sie hielten sich in sterilem Erdaufguß bei den nötigen Vorsichtsmaßregeln gegen Infektion beinahe ein halbes Jahr. Anfangs war keine Entwicklung zu bemerken. Lediglich die Farbe nahm au Lebhaftigkeit in den ersten Wochen zu. Nach einem Vierteljahr waren die Algenhaufen wesentlich vergrößert, aber auch die Hyphen sproßten allseitig strahlig aus den Ballen heraus. Oflfenbar ist (wie bei der Art der Kultur natürlich) zuerst die Alge zu kräftigerer Entwicklung gelangt, hat aber in einem späteren Stadium den Pilz im Wachstum gefördert, wie ich ein analoges Verhalten bei den Regenerationsbeobachtungen früher hinsichtlich bestimmter Elemente gefunden habe^). Damit stimmt auch das weitere Befinden der 1) Tobler, a. a. 0., S. 426. Jahrl.. f. wiss. Botanik. XLIX. 27 412 F. Tobler, Objekte gut überein: die Soredienhaufen lösen sich auch hier auf, doch sichthch auf Veranlassung der Alge, die bei späterer Be- obachtung frei gelegen viele kleine kuglige Zellen zeigte. (Ich kann, da Pausen in der Beobachtung dazwischen lagen, nicht an- geben, ob diese Abkömmlinge der Gonidien Aplanosporen oder bewegliche Zustände gewesen waren. Beides wäre für Chlorococcum humicola, den sog. Cystococcus, den Cladonia glauea enthält, mög- lich^). Auf diese Weise liegen die Hyphen nun viel freier und werden nur noch gelegentlich den neuen Algenzellen an- geschmiegt gefunden. Der Pilz bleibt jetzt in der Entwick- lung zurück. Auf künstlichem festem Nährboden, wie Bierwürze und Erdagar und Gelatine habe ich nie Soredien ziehen können, weil stets über- reich Infektionen aus dem Soredienstaub auftraten. b) Die Thallusbildung habe ich in den Erdkulturen, den bestgelungenen aller Versuche, nach b — 9 Monaten endlich er- halten. Aus grünlichen, gut entwickelten Häufchen von Pilz und Alge, die jedes aus mehr als einem Soredium stammen dürften, entstanden Thallusanfänge in Gestalt gelbgrüner Gebilde. Die veränderte Färbung zeigte sich hervorgerufen durch ein oberfläch- liches Festerwerden der Pilzhyphen und ein Einsinken der Gonidien. Damit sind die Vorbedingungen zur Weiterentwicklung des laubigen C^«^o nia-Lagers gegeben. Anfänglich erschienen solche Bildungen nur vereinzelt, allmählich aber weit verbreitet auf der Topfoberfläche. In im übrigen unveränderter Kultur erfolgte nach so langer (rund dreivierteljähriger) Entwicklung eine Entscheidung über den Charakter der Gemeinschaft von Pilz und Alge. c) Isidien artige Teile. Die Entwicklung von isidienartigen Elementen ließ sich an Cladonia squamosa gut verfolgen. Als von Stämmchen dieser Art, die einige Monate bereits im (kalten) Zimmer gewesen waren, zur Gewinnung von Soredienaussaaten (wie oben) auf Erde, die Stammoberflächen vorsichtig abgestreift wurden, ent- hielt das abfallende Pulver von den stärker beblätterten Stämmchen auch reichlich neben den Soredien kleine Laubfetzchen, Stamm- stückchen usw. Während bei Cladonia glauea früher anfangs keine wesentliche Entwicklung zu erkennen war, zeigten sich hier nach 1) Vgl. Fünf Stück, Flechten in Engler-Prantl I, 1*, S. 14. Zahlbruckner, Flechten, systematischer Teil (Engler-Prantl I, 1*, S. 14.3) gibt versehentlich Pleuro- coccMs-Gonidien für Cladonia an. Zur Biologie von Flechten und Flechtenpilzen. I. II. 413 einigen Tagen schon unter etwa gleichen Bedingungen viel Pilz- anflüge, die ein sehr feines Netz über die Erdoberfläche zogen. Es erwies sich, daß diese Mycelien ihren Ursprung aus den Rändern und Bruchstellen der Thallusfetzen nahmen, auch die Unterseiten der blattartigen Stücke waren reichlich ausgewachsen, die Oberseiten dagegen fast unverändert. Bezüglich dieser ist das Verhalten offen- bar dasselbe, wie es früher die ßegenerationsversuche an Xanthoria zeigten, lockere und gonidienhaltige Partien gingen in der Ent- wicklung voran. Es ist übrigens möglich, daß das Zurückbleiben der Algen dem starken Austrocknen des verwendeten Materiales zuzuschreiben ist. d) Über die Austrocknungsfähigkeit der Soredien sind folgende Beobachtungen gemacht worden. Von Cladonia (glauca und besonders squamosa) - Stämmchen , die 5 Monate trocken im kalten Zimmer gelegen hatten (ca. 10" C), sproßten noch reichlich die Soredien aus. Nach wenigen Tagen war an den Kanten und Ecken ein flaumig voidringendes Mycel zu erkennen. Die Algen erwiesen sich aber zum Teil schon als vertrocknet und die Ent- wicklung stockte deshalb oft nach kurzer Zeit. Andere dagegen waren entwicklungsfähig geblieben und gediehen auch nach der halbjährigen Trockenheitsperiode völlig normal. e) Feststellung der auf Pilz und auf Alge im einzelnen günstig oder ungünstig wirkenden Faktoren wäre natürlich er- wünscht. Doch setzen die an sich schon so sehr lang dauernden Kulturen und ihr häufiges Mißlingen Schwierigkeiten. Es zeigte sich aber durch Beobachtung von auf der Erdoberfläche stets ent- standenen, im Feuchtigkeitsgehalt differierenden Lokalitäten, daß ohne einen auf der Erde bemerkbaren Grad von Feuchtigkeit die Entwicklung stockt, ja daß bei einem auch nur eben beginnenden Körnigwerden der Oberfläche die Vorstadien der Lager stark kolla- bieren (s. 0. S. 410), daß ferner an dauernd feuchteren Orten die Alge, nach ihnen aber auch der Pilz, also die Gesamtentwick- lung begünstigt sind. Hier tritt gerade auch die Trennung von beiden Komponenten trotz guter Entwicklung beider am ehesten hervor. Dunkelheit hemmt die Entwicklung der Algen, kann aber eine Zeitlang die des Pilzes bei genügender Feuchtigkeit gestatten, vielleicht lördern, wenigstens wiesen dunkel angesetzte Kulturen 1) Vgl. Tobler, a. a. 0., S. 426. 27* 414 F- Tobler, von Cladonia squamosa-^oYQdmn auf einige "Wochen lediglich aus- sprossende und zwar auffallend weit über die Erdoberfläche ver- breitete Pilzhyphen auf. Als sie in etwa 1 — 2 Monaten ver- schwanden, war von Algen nichts zu bemerken. Auch später, wieder am Lichte, blieb die Entwicklung erloschen. Es ist möglich, hier an einen Saprophytismus des Pilzes auf den Soredienalgen zu denken. 2. Natürliches Vorkommen sich entwickelnder Soredien. Es lag nahe, die in Kulturen gewonnenen Resultate mit der Natur zu vergleichen. Besaßen sie irgend welche Bedeutung, so mußte auch im Freien sich Analoges vorfinden. Es ist bekannt, daß sorediöse Anflüge (Lepra, früher Lepraria u. dgl.) über einen niederen Grad der Entwicklung vielfach nicht hinaus gelangen, d. h. auf dem Stadium des laubartigen Thallus (höchstens) stehen bleiben und jedenfalls nie die meist erst mit der Pruktifikation er- scheinenden Artcharaktere erkennen lassen^). Besonders massen- haft trifft das auf Cladonien zu, denen an Baumstümpfen, Weg- rändern in Wald und Heide ein hervorragender Anteil der ße- siedelung zukommt. Da ihre Verbreitung durch Soredien die hauptsächlichste sein dürfte, wie schon öfter angegeben wurde-), so mußte in Cladonienanflügen das Bild meiner Kulturen auf Erde wiedererwartet werden. Das ist in der Tat der Fall. Unter solchen grünlichgrauen Flechtenanflügen z. B. in der Nähe von Cladonia (Cladina) silvestris am Eande eines Heide- weges bemerkte man^) des öfteren neben verschiedenen Stufen gelungener Soredientwicklung , ja Thallusbildung auch verfärbte mißlungene Stadien, sowohl fast oder ganz rein weiße Pilzklümpchen (durch Hyphencharakter als Flechtenpilz, durch Ballenform als so- rediöser Abstammung gekennzeichnet), als auch stärker ergrünte 1) Vgl. Branth, a. a. 0., S. 168. 2) Branth, a. a. 0., S. 168 u. Krabbe (Entwicklungsgeschichte u. Morphologie der polymorphen Flechtengattung Cladonia, Leipzig 1891, S. 19) gibt sogar an, daß die Thallusentwicklung in der Natur stets von Soredien ausgehe. Er betrachtet in vielen Fällen (erloschener Ascussporenbildung) die Soredien als die einzig mögliche Vermehrungs- weise. Krabbe schildert in einem Satz die Thallusbildung von Soredien aus, der aber nur als Mutmaßung ausgesprochen ist, jedenfalls nicht dem von mir Beobachteten entspricht. 3) Am besten im stereoskopischen Mikroskop mit auffallendem Licht. Zur Biologie von Flechten und Flechtenpilzen. I. II. 416 mit oberflächlich sitzenden Algen. Außerdem sind daneben auch allenthalben verwachsende und verwachsene Soredien vorhanden (vgl. Taf. III, Fig. 11). Geht man nun den Anflügen an sichtlich abweichende und für die normale Lagerentwicklung ungeeignete Standorte und Winkelchen nach, etwa in benachbarte Moosräschen, Erdlöcher, Astwinkel u. dgl. hinein, so überwiegen die mangelhaften Exemplare. In kleinen (feucht -dunklen?) Löchern bildete der Pilz wohl auch ein Luftmycel, während die Farbe stets heller wurde, d. h. die Algen zurücktraten. Wenigstens war am Lichte die Gesamtfärbung grüner. Es liegen nach allen Beobachtungen die Verhältnisse wohl also nicht ganz so einfach, wie es Branth (a. a. 0., S. 167) dar- stellt. Es läßt sich nicht generell behaupten^), daß die starke Feuchtigkeit den Pilz vernichtet (man denke an die Hängetropfen- kulturen!) und ebensowenig ist die undeutlich ausgesprochene An- nahme eines Reizes, den die Hyphen auf die Algen ausüben, völlig bewiesen'^). Auf die bei Branth, mit Bezug auf Nilson^) er- wogene Auffassung der Soredien als zufälliger, abnormer Zustände will ich hier nicht weiter eingehen. Das häufige mangelhafte Ge- deihen derselben, vor allem die daneben beobachteten Entwicklungen von Bruchstücken verschiedener Art (die ich isidienartig nannte) als einer Parallele, ließen sich wohl in dem angedeuteten Sinne verwerten. Auch das Verhalten der isolierten und auf feuchter Erde kultivierten Soredien mit dem Freiwerden der Algen stimmt mit Nilsons'*) Annahmen überein. 1) stahl hat (Beiträge zur Entwicklungsgeschichte der Flechten, II, Über die Bedeutung der Hymenialgonidien , 1877, S. 19) beobachtet, daß anhaltende übermäßige Feuchtigkeit eine abnorme Anschwellung der Hyphen zeitigt, sowie, daß dann Rindenzellen Auswachsen können. 2) Branth schreibt (a. a. 0., S. 167), die relative Größe der Gonidien gegenüber den freilebenden Algen teils einem Reiz der Hyphen, teils dem Schutz gegen Austrocknen zu. „I Vand" fährt er fort, „odelaegges Lavsvampens Hyfer totalt ved Maceration, saa at Algerne bliver fri. Fugtig Luft bringer Hyferne i en sygelig Tilstand, saa at de fra at vaere en ansporende Pirring (d. i. Reiz) for Algerne, kommer til at virke paa disse saaledes som i Soredieme, nemlig haemmende og svaekkende". 3) Nilson, B., Zur Entwicklungsgeschichte, Morphologie und Systematik der Flechten (Bot. Notiser 1903), besonders S. 14 ff. Nilsons biologische Angaben sind immerhin beachtenswert, trotzdem er leider auf Ausführlichkeit verzichtet, ja unbegreif- licherweise dies betont (S. 19). Seine Mitteilung über Cladonia ist übrigens schon bei Krabbe gegeben, dessen Arbeit ihm wohl entgangen ist. 416 F. Tobler, Zusammenfassung. Wie Kulturen und freies Vorkommen zeigen, entwickeln sich CladoniaSoredien, vielfach zu mehreren verwachsend, sehr langsam .und zeigen wesentliche Zunahme beider Komponenten, ehe sie später unter Zurücktreten der Alge in die Lagerbildung übergehen. Viele Soredien finden hierfür nur schwer die offenbar sehr speziali- sierten optimalen Bedingungen und schwanken deshalb bei ihrer Entwicklung zwischen einem Übergewicht des Pilzes und einem solchen der Alge lange Zeit hin und her. Von einseitig wirkenden Faktoren ist Dunkelheit als den Pilz gegenüber der Alge fördernd, stärkere Feuchtigkeit namentlich für Anfangsstadien die Gesamt- entwicklung hebend (vielleicht weil den Algen dienlich) erkannt. Die Soredien sind etwa ein halbes Jahr gegen Trockenheit ziemlich resistent, ohne die Entwicklungsfähigkeit zu verlieren, wo dies ge- schieht, leiden die Algen zuerst. Literatur-Verzeichnis zu IL Branth, J. S. D., Soredium, Lepra, Isidium. Botan. Tidskrift, 29, 1909, S. 167. Fünf stück, M., Lichenes (Flechten) A. Allgemeiner Teil. Engler-Prantl, Nat. Pflanüen- familien I, 1 *. Krabbe, G., Entwicklungsgeschichte und Morphologie der polymorphen Flechtengattung Gladonia. Leipzig 1891. Nilson, B., Zur Entwicklungsgeschichte, Morphologie und Systematik der Flechten. Botan. Notiser, 1903. Stahl, E., Beiträge zur Entwicklungsgeschichte der Flechten IL Über die Bedeutung der Hymenialgonidien. Leipzig 1877. Tobler, F., II Das physiologische Gleichgewicht von Pilz und Alge in den Flechten. Ber. d. Deutsch. Bot. Ges., 27, 1909, S. 421. Zahlbruckner, A., Lichenes (Flechten) B. Spezieller Teil. Engler- Prantl, Nat. Pfanzenfamilien I, 1 *. Erklärung der Tafel- Figuren. Tafel III. Fig. 1. Phacopsis vuJpina, Parasymbiont in Evernia vtdpina. Nach mit Jod gefärbtem Präparat ('P/iacoji«/s-Hyphen blau). Links Gonidienschicht , rechts Mark im Längsschnitt. Vergr. 490. Fig. 2. "Wie vor. Kechts der Flechtenthallus noch nicht infiziert; links Pha- copsis bereits mit herausgetretenem Ascws-Lager. Auf diesem die abgestorbene Flechten- rinde. Die Hyphen der Phacopsis nähern sich den u. 1. vermehrten Gonidien. Nach mit Jod gefärbtem Präparat; etwas schematisiert. Vergr. 100. Jahrb. fw. Botanik, Bd. XLIX. 7 Taf.m. l >' r.Tctltr a-: Zur Biologie von Flechten und Fleehtenpilzen. I. IL 417 Fig. 3. Phaeopsis-Hjphen um ^vemm-Algen. Diese mit starker Vergaller- tung. Nach mit Jod gefärbtem Präparat. Flechtenhyphen fortgelassen. Vergr. 490. Fig. 4. Phacopsis-B.ymenmm, durch ^Jcerwta-Spermogonium unterbrochen. Ab- nahme der PAacojpsis -Hyphen mit Unterbrechung der Gonidienschicht. Flechtenhyphen fortgelassen. Nach mit Jod gefärbtem Präparat. Etwas schematisiert. Vergr. 100. Fig. 5. Karschia destructans, steril auf Chaenotheca chrysocephala; fertil auf Larix-Borke. Rechts ein XarscÄta-Apothecium an einem fertilen Flechtenthallusrest. Vergr. etwa 20. Fig. 6. Karschia auf Chaenotheca, darunter die Larix-Borke. Verteilung der Algen. Flechtenhyphen fortgelassen und etwas schematisiert. Vergr. 80. Fig. 7. "Wie vor., aber älter. Karschia bis auf die Borke herabgesunken. Flechtenhyphen fortgelassen. Etwas schematisiert. Vergr. 80. Fig. 8. Ascus und Paraphysen von Karschia destructans. Vergr. ca. 750. Fig. 9. Ascussporen von Karschia destructans. Vergr. 800. Fig. 10. Eand der Karschia über Chaenotheca, bereits bis zur Borke durch- gedrungen. Algen von links teilweise umsponnen, Vergr, 190. Fig. 11. Cl ad onia- Soredien aus der Natur. Verwachsend. Vergr. 490. Münster (Westf.), Botan. Inst. d. Univ,, 12. 11, 10. Inhalt des vorliegoiideu 3. Heftes, Band XLIX. Seite Jos. Sclliller. Beiträge zur Entwieklungsgesclnchte und Physiologie des pflanz- lichen Zellkerns. I. Die Kerne von Antithamnion cruciatimi f. teniiissima Hauck und Antithamnion plumida (Ellis) Thur. Mit Tafel I und II und 15 Texlfiguren 267 A. Antithamnion cruciatum f. teniiissima 269 I. Die Stiiuinichen und Laugtriebe 269 II. Kurztriebe 274 B. Antithamnion jjhimula (Ellis) Thur 285 Das Verhalten gegenüber Reagentien 295 Zusammenfassung der wichtigsten Resultate 303 Figuren -Erklärung 305 Theodor Porodlco. Über den Chemotropismus der Pfianzenwurzeln. Mit 4 Textfiguren 307 Einleitung 307 Literaturübersicht 308 Untersuchungen von Sa mm et 311 Untersuchungen von Lilienfeld 316 Untersuchungen von (Iholodnyi 321 Eigene Untersuchungen 322 Aufgabe derselben 323 Agar-agar als Medium für Diffusionsversuche . . . ■ 324 Die Gefäße für Diffusionsversuche 327 Die Anstellung des Diffusionsversuches 328 Quellen der Versuchsfehler 333 Erklärung der Tabellen 338 Experimentelles 340 Das Verhalten der AVurzeln im Diffusionsstrome 340 Über die Natur der im Diffusionsstrome an iaj:i(«MS -Wurzeln auf- tretenden Krümmungen 363 Versuche mit geköpften "Wurzeln 3G5 Versuche zur Feststellung der Reiz- und Unterschiedsschwelle bei den Lti^^mtts -Wurzeln, die sich im Diffusionsstrome von MgCL befinden 371 Über den Einfluß der Dauer des Versuchs auf die Resultate desselben 375 Hypothese zur Erklärung des Verhaltens der Z^fjjHuts -Wurzeln im Diffusionsstronie 381 Schluß 385 420 Inlialt. Seitu F. Toblor. Zur Biologie von Flechten luul Flechlenpilzen. I. IT. Mit Tafel III und 1 Textfigur 389 I. Über die Beziehungen einiger Flechtenparabiten zum Substrat .... 389 Einleitung 389 1. Phacopsis vulpina Tul 393 2. Karschia destructans mihi 400 3. Systematische Kontroversen, biologisch gelöst 404 Literatur-Verzeichnis 408 II. Die Entwicklung der CTrtf?o)f('a-Soredien ....409 1. Kulturversuche mit Soredien 409 2. Natürliches Vorkommen sich entwickelnder Soredien 414 Literatur -Verzeichnis 41C Erklärung der Tafel -Figuren 41 C Untersuchungen über die chemotaktische Reizbarkeit der Zoosporen von Chytridiaceen und Saproiegniaceen. Von Fritz Müller. Einleitung. Schon ehe Pfeffer^) seine grundlegenden Untersuchungen über die Chemotaxis der Farn-Spermatozoiden im Jahre 1884 veröffent- lichte, waren in der Literatur Angaben vorhanden, die darauf hin- deuteten, daß chemische Stoffe einen räumlich orientierenden Reiz auf freibewegliche Organismen auszuüben imstande seien. So be- obachteten schon Ehrenberg-) und später Cohn^) Ansammlungen von Bakterien um bestimmte Substrate herum. Man erklärte sich dieses Verhalten als ein Drängen dieser Organismen nach Nah- rungsstoffen. Der erste, der auf die tiefere Bedeutung dieser fundamentalen Erscheinung hinwies und den Weg zu ihrer Erkenntnis anbahnte, war Engelmann^). 1881 publizierte er seine wichtigen Unter- suchungen über die Chemotaxis gewisser Bakterienformen und In- fusorien gegen Sauerstoffquellen, die in Form von Luftblasen oder 1) W. Pfeffer, Unters, a. il. Botan. Inst, zn Tübingen, Lokoniotorische Bicli- tungsbewegiingen durch chemische Reize, 1884, Bd. 1, S. 367 u. Bd. 2, S. 654 u. Ber. d. Bot. Gesellsch , 1883, S. 524. 2) Ehrenberg, Die Infusionstiere als vollkommene Organismen, 1838, S. 80. 3) Cohn, Untersuchungen über Bakterien. Beiträge zur Biologie der Pflanzen, 1872, Bd. 1, Heft 2, S. 142. 4) W. Engelmann, Neue Methode zur Untersuchung der Sauerstoff ausseheidung tierischer und pflanzlicher Organismen. Botan. Zeitung, 1881, S. 440; Pflügers Archiv f. Physiologie, 1881, Bd. 25, S. 285, u. 1881, Bd. 26, S. 541. Jahrb. f. wiss. Botanik. XLIX. 28 422 ^ritz Müller, Chlorophyll haltigen, assimilierenden Mikroorganismen gegeben sein können. Aber die Mannigfaltigkeit und Gesetzmäßigkeit der chemo- taktischen Reizbewegungen wies erst Pfeffer') nach, dessen Me- thodik^) für alle folgenden chemotaktischen Studien vorbildlich wurde. Die Arbeiten Pfeffers beziehen sich haujitsächlich auf die Spermatozoiden verschiedener Archegoniaten, insbesondere der Farne, ferner auf eine größere Zahl von Bakterien, Flagellaten, Volvocineen und die Gameten zweier Chlorophyceen. Diese Unter- suchungen hatten nicht nur die Präzisierung der chemotaktisch wirksamen Stoffe zum Ziele, sondern beschäftigten sich auch mit der Frage, wie die chemotaktischen Ansammlungen zustande kommen^). Bekanntlich sind die Samenfäden der Farne das klas- sische Objekt für die zu topo-chemotaktischen Reaktionen befähigten Mikroorganismen geworden. Fast zu gleicher Zeit mit diesen Veröffentlichungen war eine Arbeit Stahls"*) erschienen, in der er zeigte, daß die Phismodien der Myxomyceten durch Lohedekokt zu chemotaktischen Reiz- bewegungen veranlaßt werden. Im Anschluß an die Pfefferschen Untersuchungen entwickelte sich eine sehr umfangreiche Literatur über die Chemotaxis der frei- beweglichen Organismen. Es sei im Folgenden nur kurz auf einige wichtigere Arbeiten hingewiesen. Nach Stange^) werden die Myxamöben durch einige organische Säuren chemotaktisch gereizt, während er für die Zoosporen von Saprolcgnia in der Phosphorsäure und ihren Salzen gute Reizstoffe entdeckte"). Für die meisten Bakterien wurden Pepton und Kalium- salze als sehr wirksame Reizmittel erkannt^). Besonders liervorheben möchte ich die interessanten Unter- suchungen Rotherts^), in denen er die physiologische Qualität der Chemotaxis der Bakterien einer eiuffehenden Betrachtung unter- 1) AV. Pfeffer, a. a. 0., Über chemotaktische Bewegungen von Bakterien, Fla- gellaten u. Volvocineen, 1888, Bd. 2, S. 582 u. Bd. l, S. 36,3. 2) W. Pfeffer, a. a. 0., Bd. 2, S. 584 u. Bd. 1, S. 367. 3) W. Pfeffer, a. a. 0., Bd. 1, S. 373. 4) E. Stahl, Zur Biologie der Myxomyceten. Botan. Zeitung, 1884, S 16.'5. 5) B.Stange, tlbcr chemotaktische Reizhewegungen. Botan. Zeitg., 1890, S. 155. 6) A. a. 0., S. 125. 7) W. Pfeffer, Unters, a. d. Bot. Inst, zu Tübingen, Bd. 2, S. 607, 1888. 8) W. Rothert, Beobachtungen und Betrachtungen übfT taktische Reizerschei- nungen, Flora, Bd. 88, 1901, S. 371. Untersuchungen über die chemotaktische Reizbarkeit der Zoosporen usw. 423 zieht und auf die prinzipielle Verschiedenheit der schon von Massart ^) entdeckten Osmotaxis gegenüber der Chemotaxis näher eingeht. Desgleichen gibt uns Kniep-) bezüglich der Bakterien wichtige Aufschlüsse über die durch die Kulturbedingungen hervor- gerufene Veränderlichkeit ihrer Sensibilität gegen einzelne Reiz- stoffe, sowie über deren gegenseitiges Verhältnis. Unsere Kenntnis über die Chemotaxis der Spermatozoiden der Archegoniaten wurde seit Pfeffer erst wieder durch die Arbeiten von Vogler'^) gefördert, der besonders den Einfluß äußerer Pak- toren auf die chemotaktische Reizenipfindlichkeit studierte. Weitere, wichtigere Untersuchungen, die speziell auf diesem Gebiete während der neueren und neuesten Zeit ausgeführt wurden, verdanken wir Buller, Shibata, Lidforss, Bruchmann und Akerman. Nach Buller^) üben verschiedene Stoffe, wie z. B. Kalium- salze, Phosphate und einige organische Säuren, in relativ hohen Konzentrationen eine mäßig anlockende Wirkung auf die Farn- samenfäden aus. Während Lidforss^) in den Proteinkörpern ausgezeichnete Reizstoffe für die Spermatozoiden der Lebermoose erkannte, präzi- siertfr Shibata'') in einer Reihe von Arbeiten die chemotaktisch wirksamen Stoffe der Samenfäden von Salvhiia, Isoetes und Eqiii- setimi. Er zeigte, daß neben verschiedenen Körpern besonders 1) Massart, Seusibilite et adaption des organismes ä la concentration des Solutions salines , Ärchives de Biologie, Bd. IX, 1889, p. .529 und La sensibilitu ä la concentration chez les etres unicelluiaires niarins, Bulletin de l'Acadeniie Belg., 3 st'r., Bd. XXII, p. 152 u. 153, (1891). 2) H. Kniep, Untersuchungen über die Chemotaxis der Bakterien. Jahrb. f. wiss. Bot., Bd. XLTII, 1906, S. 215. 3) C. Vogler, Beiträge zur Kenntnis der Reizerscheinungen. Botan. Zeitung, 1891, S. 641. 4) R. Buller, Contributions to our knowledge of the physiology of the spernia- tozoa of ferns. Annais of Botany, Vol. XIV, 1900, p. 543. 5) B. Lidforss, Über die Reizbewegungen der il/(t;c/(rt.ii^('ft-Sperniatozoiden. Jahrb. f. wiss. Bot., Bd. XLI, 1905, S. 65. C) K. Shibata, >Studien über die Chemotaxis der /soe/es-Spermatozoiden. Jahrb. f. wiss. Bot., Bd. XLI, 1905, S. 561. — t)ber die Chemotaxis der Spermatozoiden von Equisetuin. Vorlauf. Mitteil., Sonderabdruck aus The Botanical Magazine, Vol. XIX, No. 223, August 20, 1905. — Weitere Mitteilung über die Chemotaxis der Equisetum- Spermatozoiden. Sonderabdruck aus The Bot. Mag., Vol. XIX, No. 226, Nov. 20, 1905. — Studien über die Chemotaxis der 5'aZwma-Spermatozoiden. Vorl. Mitteil., Sonderabdruck aus d. gleicli. Zeitschr., Vol. XIX, No. 219, April 20, 1905. 28* 424 Fri'z Müller, dem Äpfelsäureanion ein hervorragender Reizwert auf diese Orga- nismen zuzusprechen sei. Sehr interessant sind die Untersuchungen Bruchmanns') über die chemotaktischen Reizbewegungen der Lycoj)odium-Spermntozo- iden. Sie nehmen insofern eine Sonderstellung ein, als sie sich gegen das Äpfelsäureanion vollkommen indifferent verhalten. Nur die Zitronensäure ist imstande, sie zu chemotaktischen Reiz- bewegungen zu veranlassen. Desgleichen lassen sich die Samen- fäden von Marhilia nicht durch Äpfelsäure anlocken. Der spezifische Reizstoff konnte bis jetzt noch nicht ermittelt werden. Die neueste Arbeit, die sich mit der Chemotaxis der Mar- c'//fm^/a-Spermatozoiden beschäftigt, stammt von Akerman-). Er ergänzte die Resultate Lidforss', indem er die chemotaktische Reizwirkung der K*-, NHi'- und Li'-Ionen auf diese Samenfäden nachwies. Infolge dieser zahlreichen Studien sind uns jetzt die spezifischen Reizstoffe für die Spermatozoiden fast aller Archegoniaten bekannt. Die von Pfeffer zuerst entdeckten, chemotaktischen Beziehungen der Farn -Spermatozoiden zur Eizelle haben bekanntlich in der Orgauismenwelt mehrfach Analoga gefunden. So z. B. wirkt bei den Säugetieren, wie Loew^) durch Ver- suche an Ratten, Kaninchen und Hunden nachwies, die Uterus- schleimhaut positiv chemotaktisch auf die Spermatozoon. Wir haben hier Anpassungen der einfachsten Art vor uns, die uns beweisen, welch' ungemein wichtige Rolle die chemotaktischen Reizvorgänge im Getriebe des Lebens spielen. Weitere wertvolle Untersuchungen über die Chemotaxis auf zoologischem Gebiete verdanken wir Leber, Massart, Buchner, Metschnikoff u. a., die die chemotaktischen Eigenschaften der Leucocyten im Wirbeltierkörper feststellten. Diese Arbeiten haben die Beantwortung der hochwichtigen Frage über die Stellungnahme der Leucocyten in Beziehung zu den Infektionskrankheiten an- gebahnt. 1) H. Bruchmann, Von der Chemotaxis der i«/coj;of7wm-Sperniatozoi(len. Flora, 1909, S. 193 u. 197. 2) Ake Akermann, Über die Chemotaxis der JVforc7i«n. ^oZL- Zoosporen -haltigen Tropfen. Die Wirkung war überaus gut und schnell, denn schon nach 10-15 Se- kunden war eine massenhafte, in lebhaftester Bewegung befindliche Ansammlung der Zoosporen vor und im Munde der Kapillare ein- getreten. Fast ganz denselben Efi"ekt erzielte ich, wenn die Kapillare mit den Pollenkörnern selbst beschickt wurde. Dies Verhalten spricht mit Sicherheit für die Diff'usion chemo- taktisch wirksamer Stoffe aus den Pollenkörnern in das umgebende Medium. Ebenso bewirkten kalte Auszüge von zerriebenen Spargel- sprossen, Coniferennadeln, Gräsern aller Art, Wurzeln usw. sehr reichliche Chemotaxis. Diese Resultate weisen deutlich darauf hin, daß die chemotaktische Reizwirkung von Stoffen oder Stoffgruppen ausgeht, die in der Pflanzenwelt sehr verbreitet sein müssen. Durch systematisches Vorgehen bei der Prüfung der verschiedensten an- organischen und organischen Substanzen wurden schließlich in den Jalitb. f. wiss. Botanik. XLIX. 29 ri mäßige b. schwache Re- Chemotaxis u. rg starke pul- 13 sehr starke J sion 438 Fritz Müller, Proteinen, Proteiden und Fermenten vorzügliche Chemotaktika für die Zoosporen von Rhiz. poU. erkannt. Ich gebe nachstehend eine tabellarische Übersicht dieser Reizstoffe. Um durch die Beschreibung der chemotaktischen Wirkung der großen Zahl von Einzelversuchen nicht zu ermüden, sind die Re- sultate in Form einer übersichtlichen, tabellarischen Zusammen- stellung wiedergegeben. Den beobachteten Reizwirkungen ist hier- bei insofern Rechnung getragen, als die positive Chemotaxis im allgemeinen mit „a" und die Repulsion im allgemeinen mit „r" be- zeichnet ist. Die hinzugefügten Indices sollen im näheren den Grad der Anlockung, resp. der Repulsion hervorheben, und zwar bedeutet: ao schwache ai mäßige SL-2 starke as sehr starke ai besonders starke Durch a? resp. r? soll angezeigt werden, daß die positive Chemo- taxis resp. die Repulsion zweifelhaft, und durch 0, daß keine Re- aktion mehr zu bemerken ist. Mit „R" sei eine eben merkliche, dem Reizschwellenwert gleichkommende Reaktion angedeutet. Durch Kombination der Zeichen „a" und „r" kann gleichzeitig die bei der positiven Chemotaxis event. auftretende Repulsion zum Aus- druck gebracht werden (Tab. I). Aus dieser Tabelle geht deutlich hervor, daß den genuinen Eiweißkörpern mit geringen Ausnahmen ein ausgezeichneter Reiz- wert gegenüber den Zoosporen von Rhk. poU. zukommt. Der bei weitem höchste Reizwert muß von allen untersuchten Verbindungen der Proteinsubstanz aus Pflanzen und der Diastase (Grübler) zugesprochen werden, die selbst in mäßigen Konzen- trationen (0,1 — 0,0l7o) noch eine sehr intensive Chemotaxis aus- zulösen vermögen. Da diastatische Fermente verschiedentlich in Pollenzellen, be- sonders auch in Coniferenpollenzellen nachgewiesen worden sind, so dürfte es wohl keinem Zweifel unterliegen, daß diesen Körpern auch unter natürlichen Verhältnissen eine nicht unwichtige Rolle als chemotaktisch wirksamer Agentien zufallt. Die übrigen Fer- mente, pflanzlicher und tierischer Herkunft, besitzen geringere und annähernd gleiche Reizwirkungen; die untere Reizschwelle liegt im Durchschnitt bei 0,0014Vo. Untersucliitngen über die chemotaktische Reizbarkeit der Zoosporen usw. 439 CO EH «o CS in; o o oT o o 1 O o o 1 o o o o o CS es o CS* CO CO 5J (M in o CD oT in 00 CO c<- CS o 1 o O O O 1 o CS o 1 o' es o O o CS o o o o CS o 1 CO - cS in o' o o o CI-. CS 1 CS= 6" es' 1, Co' in (M CO o o o" es" eo in o o_ o of in (M o o o O CO o es o o d" CO CO o o es" CO t- o c>- CS 1 CO CO o o CS (M in o CS- 1, o o_ o CS* CD Ö o es e? in in o o o" es" l_ CS m m" in in o o «5 CS ^^l ^ (M CO es' ■* in CO CO _ ;-H in 1 (N — lO ?i ^H 1 >n \ CS »^ -^ O 1 o 1 O o o CS -■ '-' CS* - 03 CS ^ o ,_^ ^ ^ s N a O) s B s o m o II s CS CO CO o" 11 W 3 cS 3 in CO II je Js o O II "es II 5 o E5 CJ ^ IV :0 c a t— ' «4-1 "^ ■ s '_j . — 1 B ^ 3 Ä o -«i Ci5 < o ^ w d Q^ 29* 440 Fritz Müller, 9) r- 1- (N O o O to fl o O V o o 05 o fl *-, CO O o o o o fd o fl Ol ■o e>-. ;*^ o es :cs o rfl o C8 C o a> 1— 1 'S ho o o o oT CO o o o rCl :3 o C3 o o H CS ■a eo _ O <^' T-H •rt CS bn M o 1 =• 1 c o o 3 OJ o « O" Cfl (N P-l CO P O Ol '-' o 3 O m ;-< II o P^ ^ s .^^ o o O o o o o © o o o o o ei o o o o o 05 (N O o o o d~ "» » "^ ^ ^ «. o o o f O f o o ■=■ '=' O O o o o o-i° O 'o o o • ^^ f o 1 O elf § cf O cs^ IM CS ■=> 1 O Ig, CS o o c» _. CS o' 1 o CO o ,-1 CS ® 1 O" CS m O CS o © (N ^ o CO -* t- o" « ^ - § - § -' ® es" o o O © •* o o f OS «s (N 00 'jf " 1 ;::! 1 o O CS O cS CS o'«^" " ^. es" O © O o »o c>- o o o O >H 2 ►-" CS 1 t- •'^ «3 - «« es' o~ ^ 1 <= CS 9. es" ^ CS es O o O ^o aj -? N CS (M § ^" 2 -* .2 t- &0 o~ 1 - res w 2 * 3 II 3 es ^C *S 3 :0 HP bO 5 « .2 1: '5 II 1 " M "=" "^ II ^ i .s II "es ^ ;3 03 T3 -ö TS a> -ö ■*^ ••^ o P. o O CS -1^ p. O. t» o CS l-> s o o P-I p< .H a> o o >t " ^ 3 o -^^ rh o 12; 3 o < f^ ö Untersuchungen über die chemotaktische Reizbarkeit der Zoosporen usw. 441 eo (N WS 03 O o o o 1 O o CS o o o o IM (N O O I o o o o es 1 CO o o 0? O o in o © cä o CS o "-i o e<5 •1-1 O e? CO o o o o CO CD o o o o es in O o e es 1 o o CV. CS o (M «o «^•. CO eo cs" O o O o L es* O o o o o o o 1 o CS o o o es o o es" IM (M q_ o c3 0? o es' L CS in <£) O CS* l, es' o 0? t- co o 6" o O o" ciT lM_^ O es" o es' L es in t- o o cT o in (M in sa 5^ CS o cl* ^ in eo CS •«* CS es eo CS CO (3 (M 1 1 ^ es' o CS '^ O o CS o s CS eo CO o CS > 1— 1 o 11 o 's o >n (M CO o" ID es CS CS CS H in eo II "o es o (N CO o" II CJ >> o IM t- II - 13 3 > E kl in o_ o" II fi hJ Ä i; p, w /j^A2 Fritz Müller, Aus der Klasse der eigentlichen Proteinkörper gebührt den Nukleoproteiden mit R = 0,0003 "/o der relativ höchste Reizwort; dagegen sind die Glykoproteide, die für die MarchantiaSipeTxna,- tozoiden die vorzüghchsten Reizstoffe repräsentieren, völlig oder fast völlig wirkungslos. Beachtenswert ist das Verhalten der Chromoproteide. Während dem Chlorophyll ein hoher Reizwert zukommt (R = 0,001 Vo), übt das Hämoglobin, das weitverbreitete Chromoproteid des Tierreiches, nur in hohen Konzentrationen (5 "/o) eine mäßige chemotaktische Wirkung aus; deren untere Reizschwelle ist schon mit 0,05 "/o erreicht. Desgleichen zeigen die Albumine bezüglich ihrer Reizwirkung ein recht verschiedenes Verhalten. Albumin aus Pflanzen und be- sonders Albumin aus Eiern sind sehr mäßige Reizstoffe. Die Mög- lichkeit einer Verunreinigung durch fremde, die Reizempfindlichkeit stark beeinträchtigende Stoffe ist nicht ausgeschlossen. Dies gilt besonders für Albumin aus Pflanzen, das auch auf die übrigen untersuchten Zoosporen nur eine schlechte bezw. mäßige Reiz- wirkung ausübte. Dagegen muß dem Albumin aus Blut ein aus- gezeichneter Reizwert zugesprochen werden. Es liegt nun nahe, die Präge aufzuwerfen, ob auch Körper aus der Gruppe der Albuminate und Albumosen imstande seien, eine chemotaktische Reizbewegung der Zoosporen auszulösen. In dieser Richtung angestellte Versuche, die verschiedentlich mit sehr empfindlichem Schwärmermaterial wiederholt wurden, lieferten stets ein negatives Resultat. So vermochten Alkali- Albuminat (Merck), Protalbumose und Dysalbumose in keiner Konzentration einen räumhch orientierenden Reiz auf die Zoosporen auszuüben. Nur eine 1-proz. Peptonlösung erzeugte eine sehr schwache, rasch wieder verschwindende Chemotaxis, die wohl auf Rechnung geringer Bei- mengungen von genuinen Eiweißkörpern zu setzen ist. Während sich die angeführten Präparate völlig indifferent verhielten, ließ die Hemialbumose eine deutliche Giftwirkung erkennen, die in einem baldigen Absterben der Schwärmer oder in einer Verlangsamung ihrer Bewegung zum Ausdruck kam. Ebenso vermochten die zahl- reichen Produkte der regressiven Eiweißmetamorphose (Amidosäuren usw.) in keinem Falle eine chemotaktische Reizbewegung der Zoo- sporen zu veranlassen. Allerdings bewirkte ein altes Präparat von Nukleinsäure unbekannter Herkunft eine gute Chemotaxis (R = 0.005 7ü); d:)gegen verliefen die Versuche mit einem frischen Prä- Untersuchungen über die chemotaktische Keizbarkeit der Zoosporen usw. 443 parat dieser Verbindung (Grübler) völlig ergebnislos. Die Wirkung des alten Präparates ist entweder auf eine Verwechslung oder eine starke Beimischung von Eiweißstoffen — wahrscheinlich von Nu- kleiu — zurückzuführen. Ich will mich nun der Frage zuwenden, ob auch andere Stoffe aus dem organischen und anorganischen Gebiete imstande sind, einen chemotaktischen Reiz auf die Zoosporen auszuüben. Ich gebe im folgenden eine kurze Zusammenstellung der Prä- parate, die je in mehreren Konzentrationen auf ihre Reizwirkung hin geprüft wurden. ( rabelle IL KCl Anieisensaures Natrium Harnstoff NaCl Essigsaures „ Coffein NH4CI Propionsaures „ Theobromiu KCIO3 Buttersaures jj Kreatin KBr Valeriansaures n Kreatinin KJ Milchsaures n Carnin Ca Cl., Milchsaures Eisen Guanin MgCÜ Oxalsaures Kalium — Na^SO, Bernsteinsaures Natrium Weinsaures Kalium 1 , . Pentosen Arabinose | Mg SO, Zitronensaures Natrium Dextrose | KNO3 Zitronensaures Ammonium Lävulose Ilexosen NaNOa Fumarsaures Natrium Galaktose | LiNOa Maleinsaures Kalium Laktose 1 t^- , RbCl Äpfelsaures Natrium 0 , Disaccliaride Saccharose J CaeSO, — Stärke | SrCNO,), Ölsäure Inulin j Polysaccliaride KH„PO, Triolein Dextrin ) K.HPO, — — K3PO, Aceton Methylalkohol Na^HPO, Acetamid Äthylalkohol — Propionamid Glyzerin Lactamid Mannit Glykokoll Urethan Alanin Äpfelsäure - Ätliy lester Leucin Pefroleumäther Asparagin — Asparaginsäure Taui-in Glykosamin Lecithin Benzol Vanillin Kampfer Naphthalin Amygdalin Saccharin Toluol Arbutin Coniferin Phenolnatriuni Salicin — Phenace tin Cumarin Bittermandelöl Hippursäure Pyridin Eukalyptusöl Salicylsäure Morphium Mohnöl Tannin Cocain Zitronenöl Chinagerbsäure Chininsulfat -^ 414 Fritz Müller, Von diesen Präparaten vermochte kein einziges auch nur die geringste chemotaktische Reaktion auszulösen. Wir sind somit zu dem Schlüsse berechtigt, daß wesentlich nur die genuinen Proteinkörper (inkl. Fermente) imstande sind, die Zoosporen von Rhiz. poll. chemotaktisch zu reizen. 2. Rhizophidium Sphaerotheca. Die Vermutung, daß die Schwärmsporen dieser kleinen Chytridiacee sich nach Analogie von Rhiz. poll. gleichfalls von den genuinen Eiweißstoffen chemotaktisch reizen ließen, hat sich durch die Untersuchungen vollkommen bestätigt. Es zeigte sich, daß diese Schwärmsporen gegen die Protein- körper außerordentlich empfindlich sind und zwar in höherem Maße als die von Rhiz. poll. Soweit ich die Chemotaktika der Tabelle 1 geprüft habe, ergaben sich für die Reizschwellen Konzentrationen, die durchweg tiefer lagen — zum Teil erheblich tiefer — als die entsprechenden Grenzwerte für die Zoosporen von Rhiz. poll. So bewirkte z. B. die kaltgesättigte Lösung von Albumin aus Eiern (Merck) eine sehr gute und schnelle Chemotaxis; die Reizschwelle wurde zu 7400*^/0 bestimmt, während sie bei Rhiz. poll. fast mit der Ausgangslösung selbst (0,8 Vo) zusammenfiel. Desgleichen erzeugte Mucin (Merck) eine gute und momentane Chemotaxis; die Reizschwelle ergab sich zu VaooVo. Bekanntlich war dieses Präparat gegenüber den Zoosporen von Rhiz. poll. fast völlig wirkungslos. Auch Hämoglobin, das für die Schwärmsporen von Rhiz. poll. nur in hohen Konzentrationen ein mäßiges Chemo- taktikum repräsentierte, ließ noch bei 0,001 Vo eine deutliche, wenn auch schwache Reizwirkung erkennen; in stärkeren Konzentrationen wirkte es ausgezeichnet. Hervorheben möchte ich noch, daß Al- bumin aus Pflanzen auch bei diesen Organismen nur eine minimale Chemotaxis auszulösen imstande war. Bei der Prüfung der Produkte der regressiven Eiweißmeta- morphose ergab sich wider Erwarten die interessante Tatsache, daß diese Körper fast ohne Ausnahme eine vorzügliche Reizwirkung auf die Schwärmsporen von Rhiz. sphaerotheca ausübten, während sie sich gegenüber den Zoosporen von Rhiz. poll. vollkommen indiffe- rent verhielten. Ich gebe im folgenden mit Ausnahme der genuinen Protein- körper (vgl. Tab. I) eine tabellarische Zusammenstellung der er- mittelten spezifischen Reizstoffe. Untersuchungen über die chemotaktische Reizbarkeit der Zoosporen usw. 445 besonders starke Chemotaxis Da die Untersuchungen über diesen Organismus erst kurz vor Abschluß der Gesamtuntersuchungen angestellt werden konnten, so mußte leider aus Mangel an Zeit auf eine Bestimmung der Reiz- schwellen der in nachstehender Tabelle angeführten Ciiemotaktika verzichtet werden; ich will mich deshalb mit einer kurzen Charak- teristik ihrer Reizwirkung in den angewandten höheren Konzen- trationen begnügen. Tabelle III. I. Produkte der leichteren Spaltang- der Eiweißstoffe. A. Album inate: Alkalialbuminat, kaltges. Lösung B. Alburaosen: Pepton, 0,25 "/„ Protalbumose, kaltges. Lös. . Heniialbumose, „ „ . . Dysalbumose, „ „ . . gute und schnelle Chemotaxis II. Trodukte der tiefer gehenden Spaltung- der Eiweißstolfe. A. Aliphatische Spaltprodukte: 1. 1- basische Monoamidosäuren: Amido- essigsaure (Glykokoll) a-Aniido- Propionsäure (Alanin} a- Amido -buttersäure . a- Amido -iso- buttersäure . 8 - Amido - n - valeriansäure . a - Amido - iso - valeriansäure fx - Amido - isobutylessigsäure (Leucin) 2. 2 -basische Monoamidosäuren: Asparaginsäure . . . i Asparagiu . . . . } je 0,20 Mol; besonders starke Chemotaxis 17. - Amidoglutarsäure . . ' Nucleinsäure, kaltges. Lös. Betain, 0,10 Mol . . . B. Aromatische Spaltprodukte: Tyrosin, kaltges. Lös. . . gute und schnelle Chemotaxis Phenylalanin, kaltges. Lös. zweifelhafte Chemotaxis. Von den genuinen Proteinkörpern der Tabelle I erzielten momentane, sehr intensive Chemotaxis : -vt i ■ i w t •• Nuclein, kaltges. Los. Nucleohiston, kaltges. Lös. sowie fast alle Fermente. Gute und schnelle Chemotaxis bewirkten folgende Präparate: Albumin aus Eiern, 0,1 % Vitellin aus Pfl., kaltges. Lös, Casein „ „ „ „ Mucin „ Galle je 0,20 Mol; besonders starke Chemotaxis besonders starke Chemotaxis 446 Fritz Müller, Nur zweifelhafte Chemotaxis lieferte: Albumin aus Pfl., kaltges. Lös. Aus diesen Beobachtungen geht deutlich hervor, daß sowohl den genuinen Proteinkörpern als auch ihren zahlreichen Spalt- produkten die Rolle vorzüglicher Reizstoffe zufällt. 3. Pseudolpidium Saprolegniae. Auf die Tatsache, daß die Schwärmer dieser Chytridiacee energisch von den Saprolegnia- Hyphen angelockt werden, hat schon Fischer, der zuerst die Ent- wicklungsgeschichte der verschiedenen, spezifisch angepaßten Para- siten der Saprolegniaceen eingehend studiert hat, mit Nachdruck hingewiesen. Die Vermutung liegt nahe, daß der chemotaktische Reiz von Stoffwechselprodukten ausgeht, die von der lebenden Zelle des Wirtes in das umgebende Medium diffundieren. Als solche kommen in erster Linie Eiweißstoffe selbst oder die Produkte ihrer mehr oder weniger weit getriebenen regressiven Metamorphose in Betracht. Diese Vermutung erhielt durch die Befunde, die an den beiden zum gleichen Formenkreise gehörigen Chytridiaceen Ehiz. poll. und Rhiz. sphaer. gemacht worden waren, eine starke Stütze. Die verscliiedenen, geprüften Präparate, die der Klasse der nativen Proteinkörper und Fermente (Albumin aus Eiern, Pepsin), sowie den einzelnen Gruppen der Eiweißspaltprodukte (Pepton, Alanin, Glykokoll) angehörten, vermochten selbst in mäßigen Kon- zentrationen eine vorzügliche und rasche Chemotaxis auszulösen. Hingegen verhielten sich andere Körper, wie sie in Tabelle II auf- geführt sind, ganz indifferent, besonders auch die Phosphorsäure und ihre Salze. "Wir haben somit bei den Zoosporen von Pseudolpidium Saprol. und Rhiz. sphaer. hinsichtlich ihrer chemotaktischen Reizstoffe eine vollkommene Übereinstimmung. 4. Saprolcgnia mixta. Als Ergebnis seiner Untersuchungen über die taktischen Reizbewegungen der Zoosporen von Saprolcgnia hatte Stange die Sensibilität dieser Schwärmzellen gegen freie Ortho-Phosphorsäure und deren Alkali-Metallsalze (K, Na, [NH4], Li) festgestellt. Stange schreibt nun das Zustandekommen der chemotaktischen Reizbewegungen, wie sie durch Fleischextrakt und Fliegenleichen hervorgerufen werden, allein ihrem Gehalt an Phosphaten zu. Untersuchungen über die chemotaktische üeizbaikeit der Zoosiioreii usw. 447 Man kann sich aber leicht überzeugen, daß diese beim Zu- standekommen der Chemotaxis bei weitem nicht allein beteiligt sind. Entfernt man nämlich aus einer 1-proz. Fleischextraktlösung oder aus einem kalten, wässerigen Auszuge frisch getöteter Fliegen die anwesenden phosphorsauren Salze auf qualitativem Wege ') und prüft darnach beide Lösungen wieder auf ihren chemotaktischen Reizwert hin, so kann man konstatieren, daß ihr Wirkungsgrad gegenüber den zuvor phosphorsalzhaltigen Lösungen nicht oder kaum merklich vermindert ist. Aber auch noch auf anderem Wege läßt sich diese Tatsache beweisen. Eine 1-proz. Liebigsche Fleischextraktlösung repräsentiert als solche zugleich eine Lösung von 0,0518% Phosphorsäurc, an verschiedene Metalle gebunden"). Da nun eine 0,001 -proz. Fleischextraktlösung noch eine sehr deutliche Chemotaxis hervorrult, so müßte nach Stange dieser Effekt dem 0,0000518 -proz. Gehalt dieser Lösung an Phosphorsäure resp. an deren Salzen zugeschrieben werden. Nach meinen Unter- suchungen liegt aber die untere Reizschwelle für H3PO4 und ihre Salze bei 0,00001 Mol, welcher Wert in bezug aut H^POi einer 0,000 1-proz. Lösung entspricht. Man sieht, daß diese Konzentration für den Reizschwellen wert höher liegt, als der Gehalt der 0,00 1-proz. Fleischextraktlösung an Phosphorsäure beträgt. Es liegt also die Notwendigkeit vor, anzunehmen, daß die Wirkung des Fleischextraktes nur bis zu einem gewissen Grade auf den Gehalt an Phosphaten zurückzuführen ist. Deshalb muß dem Gros der übrigen Bestandteile des Fleischextraktes die haupt- sächlichste chemotaktische Reizwirkung zugeschrieben werden. Die organische Substanz des Fleischextraktes, 64%, besteht vorwiegend aus den Purinderivaten, wie: Xanthin, Hypoxanthin (Nucleinbasen), Carnin und den Amido-Derivaten der Kohlensäure, wie Kreatin, Kreatinin, ferner aus Albumosen (10%) und der Phosphorfleischsäure, die in sehr naher Beziehung zu den Nuclein- säuren und Nucleinen steht. Verschiedene Stoffe, die aus den eben genannten Gruppen geprüft wurden, riefen eine ausgezeichnete chemotaktische Wirkung 1) Vgl. J. König, Die menscbl. Nahrungs- u. Genußmittel, 1904, II. Bd., S. 59. 2) Vgl. J. König usw., II. Bd., S. 555 — 556; der Liebigsche Fleischexfrakt ent- hält insgesamt 7,257o Phosphorsäure, wovon 5,187o anorganisch und 2,07 "/p organisch gebunden sind, welch letztere hier nicht in Betracht kommt. 448 ^"tz Müller, hervor, womit die Vermutung, daß im Fleischextrakt und den natürlichen Nährsubstraten den Phosphaten bei weitem nicht allein die Rolle der chemotaktischen Reizwirkung zufällt, zur Tatsache erhoben ist. — Ich will zunächst wiederum eine tabellarische Zusancimenstellung (Tab. IV, S. 449—456) aller Stoffe geben, die sich für die Zoo- sporen der 8aprol. mixta als Chemotaktika erwiesen haben. Als augenfälligstes Resultat dieser Versuchsreihen erkennen wir, daß nicht nur der Ortho -Phosphorsäure und ihren Salzen die Rolle vorzüglicher Chemotaktika gegenüber den Saprolegnia-TiOo- sporen gebührt, sondern daß diese Schwärmsporen auch ungemein empfindlich sind gegen die nativen Proteinkörper (einschließlich der Enzyme) wie gegen die Produkte ihrer leichteren als tiefer gehenden Spaltung. Ein ähnlicher Reizwert kommt auch den meisten anderen verwandten, N- haltigen Verbindungen zu. Als Maß für die Reizempfindlichkeit beachte man die außer- ordentlich tiefen Reizschwellenwerte für die Proteine, Proteide und Enzyme. Mit Ausnahme des Albumins aus Pflanzen (R = 0,0022 7o) und des Emulsins (R = 0,0054%) ergab sich für die ca. 20 unter- suchten Körper dieser drei Stoffgruppen als höchste Reizschwelle 0,00065 Vo (Albumin aus Blut) und als tiefste 0,0000245 7o (Vi- tellin aus Pflanzen). Lidforss^) hatte seinerzeit in der Diastase, dem Albumin aus Eiweiß und dem Hämoglobin die vorzüglichsten Chemotaktika für die IfarcAan^ia-Spermatozoiden ermittelt und ihren unteren Reizschwellenwert zu 0,0005 "/o bestimmt. Diese Konzen- tration entspricht — in bezug auf die nativen Eiweißkörper und Enzyme — nahezu dem für die Saprolcgnia-Zoosi^oren ermittelten höchsten Reizschwellenwert (0,00065 "Z^), wodurch ihre außerordent- liche Empfindlichkeit deutlich zum Ausdruck gebracht wird. Besondere Erwähnung verdient die Tatsache, daß Mucin aus Galle, ein Vertreter der Glykoproteide, keine oder nur eine mini- male chemotaktische Reizwirkung hervorzurufen vermag, während die Glykoproteide (Submaxillarismucin, Mucinalkali) für die Mar- c/?«w^m-Spermatozoiden die kräftigsten Chemotaktika repräsentieren. Aus der Angabe der Reizschwellenwerte für die nativen Protein- körper ist leicht ersichtlich, daß die von ihnen ausgeübte Reizwirkung keineswegs gleichwertig ist; und doch läßt sich bei genauerer 1) B. Lidforss, Über die Reizbewegungen der ilfarc/ianfc-Spermatozoiden. Jahrb, f. wiss. Bot., Bd. XLI, 1905, S. 76, Untersuchungen über die chemotaktische Eeizbarkeit der Zoosporen usw. 449 ^ i-- g o 'S "S a s 2 'S os o I -H * rt tH CS ^ W 1 Tn o g o_ (M Ph 00 Ä 450 Fritz Müller. O o o 0,00021 0,00023 - 00 o o o o O 03 o « O o O CS o_ c" Ph et - 5 1. tg cd (Mm 1-H ^ ^ cS t^ cS Ol Ol o" * d" " t- o ~. =s" o' bo in t7 S *' es" •• O (M , CO ^ O cS O cS o" O CO o CS N o ^- c>-. CS - 1 cs° O CS O CS o" o" O CS 1 11 :cS o 'S CD .s 'o 3 M °^ g ° (N "t^ ^ g ^ .St- O 3 Ö CB CS O o I o- W Untersncliiingen über die chemotaktische Reizbarkeit der Zoosporen usw. 451 0,00026 0,0001425 o o o o" o o o in IM -^ in CO o o o 0,00021 0,00007 0 O S 1 T-l 0,00026 ao— a? 0,0001425 a,— a? o o o O 0? o" o =* CO o * o_ o o o 2 * i - S f ® o CO o o" o o rt CS ^ c« O Ca o" "= IM CO ^ O CS o o" o o o o o o" 2 1 :^ 1 -^ Cl r— > « O- C3 -, CS 2. es" o » O 'S -< 1 2 1 2 =*" - 2-1 5 - O CS ^-j- o * o" o in o 'S o_ o" CS o o CS "=■ 1 o 1 o o 1 o CS o" es' cn o o o o o S f o CS o 1 o o o 2- 1 o o CS o o ^ CS- 91 o (M -^ C>-. oo o-. o o o c3 o o CS o f o 1 o ! o 1 1 2- 1 -o CS " CS o CS o es' O es" CS* o in o C5 o 1 o CS CT CS o o CS ^. es' o o o o o o ^ IM IM CS Q, CS IM ■— ' CS o 1 o CS o 1 2. 0? o '~' CS o CS ■^ in CS CS »-* 1—1 in CO CS o' * o o \^ o '__j ""V « CS o CS o in es' cs" in ., _^ o CO 1 o •- o CS o CS in 1 '-' nT '^ CS CS CS « (B ,o 5 4«! lO o" II o S 1s o u. in o" II o o S >> in o in o' II o .'s £ C0_ 3 o ^ 1 II -«1 T3 1= CS ^ C V H :3 O. -< o P-l _j, eq 452 Fritz Müller, o^ ^3 a -IJ ^0 *i M o o o 1 1 1 1 0 'S "^ 1 1 (M 0 0 0" 00 P o 0 3 CO ^. yH ® 1 0 0 0 « ^° 0 o m rt ^■ >o (>-■ o 0 f 0 '0 Oi G« g - 0 0 1 o 0" « 0 45 bn ?:? ^° S .' 10 a ^. 1 ^ 1 0 0 0 es Tl ^ c? =>. cs- 0 o 0 »« - 0 M «j O 0 es cT es 0 CS 1 0 0 0 > o 0 es" 0 _ ■>* rt <ö (N (N o- l « 0 - 0 0 0' CS S- 1 ^ es" >-l rt CS^ 0 0 t3 ® 1 ® el' 0 l_^ CS* 0 « rt o =«' SVI © lO_ tT o 3 'b' '3 CS 0^ 05 3 :cs 0 :0 'O 3 o 0 II 3 00 ,3 CD 05 „ 3 ° 05 bo S2 3" _ c 60 ja 3 CS M O o' II 3 o CS o "s <^ CS 3 3 Sh CS W :0 bn J= II OS — ? 3 '9 0 3 !-. 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O o es (N ,-1 'es o 1 O o O OS 2 =«° ■=■ 1 .2 o o 0 0 '^ o eä o 0 0" CO o et O es 0 es 0 pq "ffi" ^ ^ o W 03 0, :c5 c 'S o o o ta o 3 O W o p 'S CS o o 3 :ca n 0 'S, g Ol 0 W 0 0 0 a" a a" 0 a 0 0 a" a 0 a 0 0 Ä •., >-^' ffl . !s 15 :?^ ^ 0 0 o o o m ta' >> t^ 3 nf o o o o o n o >-. o o o s 'S» S c5' 0 -3 'S 0 . — 1 3 :S n p 'S p 3 QJ <» ho ho ■J2 3 i; 3 -§ 'S ^ 'S ,2 > g'l a es 0 0 § 3 13 3 TS 1 "3 3 CS 1 >^ 3 Untersuchungen über die chemotaktische Reizbarkeit der Zoosporen usw. 455 _ o _ o I HC* "-.So > 5 ^ S' I m .S 5 o o o O O • >> • c o ilO W m p»> ^ 3 • o . ?5 '^^ o • w w, s o o _^ o o ^ O o o o to o o O 00 _ oS„ S £ t>oS) "il o J3 o •• o — o '^ 1 o °ll " S ;: -'S 1 M O ll — M ^ — O O o-. o o o — o o o «D o CS 1 O O CS 1 in o o o o O o o o O o o o o ^ CS CS c^-. fM t8 o o CS o 1 o o 1 o 1 '=. o o o o o CS o CS o CS «D o. >o o ■* CV. lO o- o es o o o aq * o 1 o 1 o 1 CS o 1 O 1 o ca o CS* o es" o o o es "= es" «5 ^■ o s o o - o o W5 * o 1 o o o o « es° ^ Ol _ IM CS n CS »o OS »n »o o O o 1 o o o = o o o oT © o es" o cs' o es* o o lO es' lO es' >o cl" o «" es" o o O 'S o •" -3 "o rri "Ö ."2 S a "So " ::S o TS 3 o S "o cd 1^ ce CS <; i -2 CK _c 3 -^ o Ph w <1 '3 cZ 3 »J ^ •^N TD w" aT ^— , es ^ l?', ^2; •a Ix es W o S CS o o rt (^ «1 pq' S'apro?e(/)(/r(-Zoosporen, sondern auch die Spalt- produkte und verwandte Körper, deren Molekulargewicht und Kon- stitution uns genau bekannt sind, üben zum größten Teile eine vor- zügliche Reizwirkung aus, z. B. die Nucleinsäure (R = 0,00033 'Vo) und ihre Spaltprodukte, die« Nucleinbasen, ferner die Körper aus der Gruppe des Harnstoffs und vor allem die ein- und zweibasischen Monoamidosäuren der aliphatischen Reihe. Im übrigen verweise ich auf Tabelle IV. — Zu erwähnen ist die Tatsache, daß auch der Harnstoff, das Endprodukt der tierischen Spaltung der Eiweiß- körper, eine chemotaktische Reizwirkung auszulösen vermag. Durchmustern wir die stattliche Zahl der in Tabelle IV unter I. aufgeführten, organischen Verbindungen auf ein gemeinsames Merk- mal hin, so fällt sofort als solches der Gehalt an Stickstoff auf. Nur zwei Verbindungen, die Essigsäure und Bernsteinsäure, stehen 468 Fritz Müller, außerhalb dieses gemeinsamen Kennzeichens. Sie sind unter den geprüften Stoffen die einzigen organischen Stickstoff- freien Körper, die eine chemotaktische Wirkung, wenn allerdings auch nur eine sehr mäßige, hervorzurufen imstande sind. Die Essigsäure wirkt zwischen den Werten 0,1 — 0,002 Mol und die Bernsteinsäure zwischen Vso — Vooo Mol positiv chemotaktisch. Andere ein- und zweibasische Säuren der Fettreihe (Glutarsäure), ferner die verschiedenen Oxysäuren, wie Milchsäure, Äpfelsäure, Weinsäure, Zitronensäure vermochten in keiner Konzentration eine positive Chemotaxis, sondern wegen der abdissoziierten H"-Ionen nur negative Chemotaxis hervorzurufen. Nach Stange^) soll aber eine 0,012 -proz. Weinsäurelösung eine anlockende Wirkung auf die Saprolegnia -Zoos])oreu ausüben. Ich kann mich auf Grund ein- gehender und vielfach wiederholter Versuche diesem Befunde Stanges nicht anschließen. Sehr wahrscheinlich spielen die Anionen (CHg • COO)' und (OOC CHa CH.COO)"') die Rolle des chemotaktisch wirksamen Agens der Essigsäure bezw. Bernsteinsäure, da die Salze dieser beiden Säuren eine ähnliche Reizwirkung ausüben. Die mäßige chemotaktische Wirkung der beiden Säuren erklärt sich vielleicht aus der geringen Konzentration der vorhandenen Essigsäure- bezw. Bernsteinsäure -Anionen, denn der dissoziierte Anteil einer Essigsäurelösung von Vias Mol beträgt nur 4,68 7o^)- Außerdem müssen wir bedenken, daß der chemotaktische Effekt in diesen beiden Fällen die Resultante darstellt zwischen den in negativem Sinne wirkenden H'-Ionen und den positiv chemotaktisch wirksamen Anionen. Das Verhalten der Essigsäure und Bernsteinsäure, chemotak- tisch wirksam zu sein, findet vielleicht seine Erklärung in der Tat- sache, daß diese beiden Säuren regelmäßig bei der Fäulnis der Proteinstoffe im Vereine mit den übrigen, zahlreichen, stickstoff- haltigen Körpern auftreten; und wie letztere vorzügliche Reizmittel lür die Zoosporen sind, so hat sich auch den beiden stickstoff- freien Säuren gegenüber eine chemotaktische Reizempfindlichkeit entwickelt. — 1) B. Stange, Über chemotaktische Reizbeweg. Bot. Ztg., Bd. 48, 1890, S. 125. 2) Es ist nicht unmöglich, daß auch das Anion (HCOO • CHj • CHj-COO)' chemo- taktisch wirksam ist. 3) Vgl. W. Ostwald, Über die Affinitätsgrößen organischer Säuren. Zeitschr. f. Physik. Chemie, Bd. 3, 1889, S. 170; S. 418 (Naehtrag). Untersuchungen über die chemotaktische Reizbarkeit der Zoosporen usw. 459 Im Anschluß an diese Diskussion über die organischen Chemo- taktika möchte ich noch einige Beziehungen zwischen ihrer chemi- schen Konstitution und ihren chemotaktischen Reizwirkungen dar- legen. Es handelt sich um die ein- und zweibasischen Monoamido- säuren und die Säureamide. Eine sehr wichtige Rolle spielt der Gehalt an N, in Form der einwertigen Amidogruppe NH^, sowie ihre Stellung im Molekül. Während die Essigsäure selbst nur ein mäßiges Chemotaktikum (0,1—0,002 Mol) repräsentiert und ihre Homologen überhaupt keine positive Chemotaxis auslösen, so wird durch die Substitution eines H-Atomes der unverzweigten Alkylgruppe durch (NH2) eine ge- waltige Steigerung des chemotaktischen Effektes herbeigeführt. Man vergleiche: Amido- essigsaure .... R = 0,00025 Mol a-Amido -Propionsäure . . . R =; 0,00012 „ a- Amido -n -buttersäure . . . R = 0,00012 „ (J-Amido-n-valeriansäure. . . R = 0,00012— 0,00010 Mol Aus diesen Werten für R erkennt man außerdem, daß mit steigendem Molekulargewicht der Amidosäuren eine gewisse Er- niedrigung der Reizschwelle Hand in Hand geht. Ganz das analoge Verhalten können wir bei den zweibasischen Säuren, der Bernsteinsäure und Glutarsäure beobachten: Bernsteinsäure R = 0,0011 Mol ^ Amidobernsteinsäure . . . R = 0,00016 „ i Glutarsäure R = 0 Mol ^ a-Amidoglutarsäure .... R = 0,00016— 0,00012 Mol / Aus der folgenden Zusammenstellung erkennen wir ferner, daß es für die chemotaktische Reizwirkung durchaus nicht gleichgültig ist, ob wir die Amido -Verbindung der normalen Säure mit unver- zweigter Kohlenstoff kette oder die der Iso- Säure mit verzweigter Kette zur Anwendung bringen: a -Amido -n- buttersäure . . . R = 0,00012 Mol j a-Amido -iso -buttersäure . . R = 0,01 „ i J- Amido -n-valeriansäure . . R = 0,00012 Mol 1 a -Amido- iso - valeriansäure . . R = 0,005 „ ' Hat man nicht gut empfindliches Schwärmermaterial zur Ver- fügung, so erzielt man selbst bei höheren Konzentrationen der Amido -Iso -Säuren keine chemotaktische Wirkung. 460 Fritz Müller, Hieraus geht deutlich hervor, daß den Iso- Körpern ein bei weitem geringerer Reizwert gebührt als den normalen Verbindungen. Der Perzeptionsapparat der Zoosporen ist also wohl befähigt, den Konstitutionsunterschied zwischen den normalen und den iso- meren Amido -Verbindungen zu empfinden. Diese Erscheinung erinnert sofort an das Verhalten der Farn- samenfäden, die nach Pfeffer^) auf Maleinsäure positiv chemo- taktisch reagieren, während das Stereoisomer der Maleinsäure, die Fumarsäure, gänzlich wirkungslos ist. Gerade das umgekehrte Verhältnis waltet bekanntlich nach Shibata^) bei den Isoetes- Spermatozoiden ob. — Ebenso wie die Einführung der Amido- Gruppe in das Säure- molekül, so ist auch ihre Stellung in diesem auf die chemotaktische Reizwirkung von wesentlicher Bedeutung. Hiervon können wir uns leicht überzeugen, wenn wir die Säure- amide (CnH2„ + 1 • CONH2), die durch den Ersatz des Hydroxyls (OH) der Carboxyl-Gruppe~C<^/-xTT durch NHo charakterisiert sind, auf ihre chemotaktische Wirkung hin prüfen. Wir rekapitulieren: Acetamid . . . . R = Viso Mol Propionamid . . . R = Vsoo » Butyramid .... R = Vuoo— Vicoo Mol. Diese Reizschwellen stehen weit zurück hinter denen der ent- sprechenden Amido-Säuren; ebenso kann die von den Säureamiden selbst in den höheren Konzentrationen (V20 Mol) hervorgerufene chemotaktische Wirkung nicht im mindesten mit dem Reizeffekt der Amidosäuren verglichen werden. Dies zeigen am deutlichsten die spez. Beobachtungen. Es sei darauf hingewiesen, daß auch in diesem Falle mit zu- nehmendem Molekulargewicht der Homologen eine Erniedrigung der Reizschwelle zu konstatieren ist. Ein anderes Beispiel, das die Abhängigkeit der chemotaktischen Reizwirkung von der Stellung der Amido -Gruppe im Molekül be- sonders deutlich illustriert, ist in der Bernsteinsäure gegeben. Sie selbst löst zwischen den Werten Vso — Vnoo Mol (== R) eine mäßige, positive Chemotaxis aus, hingegen gebührt der Amido- Bernsteinsäure (Asparaginsäure) COOH • GH, • GH • (NH.) • GOGH 1) W. Pfeffer, Unters, a. d. Bot. Inst, zu Tübingen, Bd. I, S. 382. 2) Shibata, Studien über die Chemotaxis der /soc/es -Sperniatoziden. Jahrb. f. wiss. Bot., Bd. XLI, 1905, S. 571 u. 603. Uutersuchungeii über die chemotaktische Reizbarkeit der Zoosporeu usw. 461 ein glänzender chemotaktischer Wirkungsgrad, R =:^ 0,00016 Mol. In einem auffällig starken Gegensatze steht hierzu das Bernstein- säure-amid (Succinaminsäure) COOH • CHo • CHo • CO • (NH^), das nur eine schwache Chemotaxis bewirkt; die untere Reizschwelle ist schon bei dem Werte V70 — Vbo Mol erreicht. Kombinieren wir nun die verschiedene Stellung der Amido- Gruppe der Asparagin- und Succinaminsäure in einem Molekül, so erhalten wir das Halb- amid der Amido-Bernsteinsäure, das Asparagin: COOH • CH2 • CH(NH2).C0(NH.). Seine chemotaktische Wirkung stellt ge- wissermaßen die Resultante zwischen der Wirkung der Amido- Bernsteinsäure und der Succinaminsäure dar: das Asparagin re- präsentiert ein gutes Chemotaktikum, besonders in höheren Kon- zentrationen, dessen Reizschwelle allerdings auch schon mit Viöo Mol gegeben ist. Führen wir aber in das Molekül der Succinaminsäure an Stelle des Hydroxyls des zweiten Carboxyls noch eine (NH^) — Gruppe ein, so erhalten wir das Succinamid: (NHo)OC • CHo • CH2 • C0(NH2). Dessen Reizwirkung ist nur sehr schwach und findet schon bei V30 — V40 Mol ihre Grenze. Somit ist mit fortschreitender NHo-Substitution in die Carboxyl- gruppen eine beträchtliche Schwächung der chemotaktischen Wirkung CH2-CO. verbunden. Das Succinimid: ") NH ist völlig wirkungslos. CHo— CO'^ Die chemotaktischen Reizbewegungen der SajJrolegnia-Zoo- spuren gegen die Ortho -Phospliorsäure und ihre ein- und zwei- basischen Salze der Alkalimetalle ermittelt zu haben, ist das Ver- dienst Stanges. Ich habe die Untersuchungen auf das drei-basische K-Salz der Ortho -Phosphorsäure, sowie auf das Kaliumphosphit und Kalium- hypophosphit ausgedehnt. Stange hat seinerzeit (1889) mit prozentualen Lösungen gearbeitet und aus leicht begreiflichen Gründen in keiner Weise den lonisations- verhältnissen dieser anorganischen Körper Rechnung getragen. Es sei mir deshalb gestattet, diese chemotaktischen Reizvor- gänge im Lichte der Dissoziationstheorie zu beleuchten. Zunächst die freie Ortho -Phosphorsäure H3PO4. Sie trägt völlig den Charakter einer starken Säure, sie ist jedoch beträchthch weniger ionisiert wie die Salzsäure, denn eine Vio-niolare Lösung von H3PO4 enthält nur Vi soviel H'- Ionen als eine Vio- molare Lösung von HCl '). Die Dissoziation liefert hauptsächlich H'- und 1) "W. Ostwald, Grundlinien der anorgan. Chemie, 1904, S, 376, 462 Fritz Müller, HsPOi'-Ionen, deren Masse von dem durch den Verdünnungsgrad gegebenen, jeweiligen Gleichgewichtszustand: abhängig ist. Da nun schon eine Lösung von Vg4oü Mol HsPO^ fast vollkommen, nämlich zu 97,9 ''/o, ionisiert ist') und diese noch eine gut- chemotaktische Reizwirkung auslöst, so müssen wir den Schluß ziehen, daß das wirksame Agens das HoPO^'-Ion ist. In- folge der in negativem Sinne wirksamen H"- Ionen stellt diese Chemotaxis eine Resultante dar aus zwei in verschiedenem Sinne wirkenden Kräften. Die Reaktion des primären Kaliumphosphates ist sauer, die des sekundären schwach basisch und die des tertiären stark basisch. Die Ursache hiervon verdient wegen der chemotaktischen Inter- ferenzerscheinungen etwas näher betrachtet zu werden. Die saure Reaktion des Salzes KH.JPO4 ist darin zu suchen, daß sein Anion HoPO-i' noch imstande ist, sich in sehr geringem Maße in H* und HPO4" zu ionisieren, wodurch freie H'- Ionen in die Lösung kommen^)' Wir haben es in diesem Falle gleichzeitig mit den repulsiv wirkenden H'- Ionen und den attraktiv wirkenden HiPO^'- und HP04"-Ionen zu tun. Das Kation K* ist unbeteiligt, da alle übrigen K- Salze indifferent sind. Die schwach alkalische Reaktion des Salzes K2HPO4 muß seiner Hydrolyse zugeschrieben werden. Dieses Salz ist in ver- dünnter Lösung größtenteils in 2 K" und HPO4" ionisiert. Da die HPO4"- Ionen in geringem Maße die Tendenz besitzen, sich mit H'- Ionen, deren Quelle das Wasser ist, zu H2PO4' zu vereinigen, so müssen die nunmehr entstehenden, freien OH'-Ionen des Wassers ihre alkahsche Reaktion zur Geltung bringen. Es treten also bei vollkommener Dissoziation, d. h. bei genügend starker Verdünnung ausschließlich die folgenden, chemotaktisch wirksamen Ionen auf: HPO4", H2PO4' und OH'; die beiden letzten einwertigen Anionen stehen aber den HPO4"- Ionen bei weitem an Masse nach. Wie aus den spez. Beobachtungen erhellt, kommt diesem Salze die gleiche Reizschwelle wie dem einbasischen zu. Wir sind somit zu dem Schlüsse berechtigt, daß auch dem zweiwertigen HP04"-Ion derselbe Reizwert gebührt wie dem einwertigen H2P04'-Ion. Wie 1) Vgl. 0. F. Tower. Studien über Superoxyd- Elektroden. Zeitschr. f. physik. Chemie, Bd. 18, 1895, S. 32, Tabelle 21. 2) W. Ostwald, Grundlinien der anorgan. Chemie, 1904, S. 376, 377. Untersuchungen über die cliemotaktisclie Eeizbarkeit der Zoosporen usw. 463 bei der freien Phosphorsäure und ihrem einbasischen Salze die H*-Ionen, so wirken bei dem zweibasischen Salze die OH'-Ionen in negativem Sinne auf die positive Chertiotaxis ein. Ganz analog ist die Erklärung für die sehr stark alkalische Reaktion des Salzes K,POi. In seiner Lösung befinden sich die Ionen PO4'", die eine bei weitem kräftigere Vereinigungstendenz mit H'- Ionen besitzen als die HPO4"- Ionen, also die Anwesenheit von einer noch größeren Anzahl nicht durch H' kompensierter OH'-Ionen des Wassers ver- ursachen. Schon eine V50 molare Lösung von K3PO4 ist beinahe vollkommen im Sinne der Grleichung KhP04 + H . oh = K0HPO4 + KOH hydrolysiert '). Somit finden auch die starken Repulsionserschei- nungen des KnP04 in höheren Konzentrationen ihre Erklärung. Das wirksame Agens ist auch hier wieder das HP04"-Ion, weshalb auch die Reizschwelle dieses dreibasischen Salzes mit dem des zweibasischen übereinstimmen muß. — Das normale phosphorigsaure Kalium K0HPO3 — denn die Säure HsPO;^ ist nur zweibasisch — liefert bei seiner Dissoziation vorwiegend HPO,i"-Ionen^). Da die Reizschwelle dieses Salzes bei 0,00001 Mol liegt, also bei einer Verdünnung, wo völlige Dissoziation eingetreten ist, so müssen wir den Schluß ziehen, daß die Rolle des chemotaktisch wirksamen Agens dem normalen Phosphition HPO:;" zufällt. Obwohl seine Reizschwelle der des Phosphations gleichkommt, so steht doch die Stärke der Reizwirkung deutlich hinter der der Phosphationen zurück. Schließlich wollen wir noch die Chemotaxis des Kalium- hypophosphites KHaPO^ näher präzisieren. Aller Wahrscheinlichkeit nach haben wir es mit dem wirk- samen Hypophosphition H2 PO2' zu tun^). Dessen positiv chemo- taktische Reizwirkung ist sehr gering und wird durch die Schwellen- werte V400 nnd Vhoüo Mol begrenzt. Die starken Repulsionserschei- nungen dieses Salzes, die selbst noch bei V^uo Mol deutlich zu konstatieren sind, dürften wohl in der Resultantenwirkung der sehr schwach anlockenden HoPOä '-Ionen und der stark repulsiv wirkenden H*- Ionen ihre Erklärung finden. 1) Vgl. John Shields, Über Hydrolyse in wässerigen Salzlösungen. Zeitschr. f. physik. Chemie, 12. Bd., 1893, S. 180, 187. 2) W. Ostwald, a. a. 0., S. 380. 3) W. Ostwald, a. a. 0., S. 383. 464 I^iilii MülkT, Aus diesen Erörterungen entnehmen wir, daß den Ionen H2PO1' und HPOi" ein vorzüglicher und gleicher Reizvvert gebührt, hingegen dem HPO,/'-Ion ein etwas schwächerer und dem H2PO:.''- lon ein sehr schwacher. Die Frage, ob diese Stufenfolge der chemotaktischen Effekte mit der Abnahme der 0- Atome in den wirksamen Ionen in Verbindung zu bringen ist, will ich nur aus- gesprochen haben. Kapitel IV. Physiologische Qualität der Chemotaxis. Ein chemischer Reiz, der in bestimmter Richtung auf eine frei- bewegliche Zelle einwirkt, kann eine zweifache Reaktion des Orga- nismus veranlassen, erstens eine solche, die in Beziehung zur Richtung des Reizes steht, und zweitens eine Reflexbewegung, die nur von dessen Qualität und Intensität abhängig ist. Das Konzentrationsgefälle eines Reizstoff'es kann aber einen derart richtenden Reiz auf die Zelle nur dann ausüben, wenn diese auch befähigt ist, die Richtung der stärksten Konzentrationszunahme bezw. Abnahme wahrzunehmen; anderenfalls wirkt es als diöiiser Reiz, der nur eine Reflexbewegung auszulösen vermag. Diese beiden prinzipiell verschiedenen Arten der Chemotaxis hat Rothert') als strophische und apobatische unterschieden, während Pfeffer^) hierfür die Bezeichnung Topo- Chemotaxis und Phobo-Chemotaxis vorgeschlagen hat. Bei den chemotaktisch reizbaren Organismen finden sich be- kanntlich beide Arten der Reaktion; die Spermatozoiden der meisten Archegoniaten sind Vertreter der zu topo -chemotaktischen Re- aktionen befähigten Organismen''), während die Bakterien, Flagellaten und Infusorien auf chemische Reize phobo-chemotaktisch reagieren'). Gelangt ein topistisch reagierender Organismus in das Kon- zentrationsgefälle eines Reizstoffes, so ändert er plötzlich durch Drehung seiner Körperachse die innegehabte Bewegungsrichtung, stellt sich in die Richtung der Diffusionsradien ein und. schwimmt 1) Rothert, Beobachtinigen und Betrachtungen über taktische Reizerscheinungen. Flora, Bd. 88, 1901, S. 393. 2) W. Pfeffer, Pflanzen-Physiologie, II. Bd., 1904, II. Aufl., S. 755. 3) W. Pfeffer, ebenda, S. 801, 812. 4) Vgl. Rothert, a. a. 0., Kap. VI, S. 388; ferner Jennings: On the move- ments and motor reflexes of the flagellata and ciliata. Ämer. Journ. of Physiology, Vol. 3, 1900; Jennings and Crosby, The manner, in which bacteria roact to Stimuli, especially to chemical Stimuli. Amer. Journ. of Phys., Vol. 6, 1901. Untersuchungen über die chemotaktische Reizbarkeit der Zoosporen usw. 465 SO direkt nach dem Orte der optimalsten (höheren) Konzentration, wenn die Reaktion positiv ist (Pros- Chemotaxis nach Rothert); ist sie dagegen negativ, so schwimmt der Organismus nach der Stelle niedrigerer Konzentration. Meist ruft jeder Reizstoff in geringerer Konzentration positive und in höherer negative Chemotaxis hervor, deren Zustandekommen allerdings wegen der zu geringen Löslichkeit des Reizstoffes oder aus anderen Gründen oft unterbunden sein kann. Meine Beob- achtungen geben hierfür Belege ab. Daß aber nicht jedes positive Chemotaktikum mit genügender Erhöhung der Konzentration negative Chemotaxis hervorrufen muß, geht aus dem Verhalten der Moos-Spermatozoiden hervor, die selbst durch eine 15-proz. Rohrzuckerlösung noch nicht abgestoßen werden'). Das Konzentrations -Optimum, d. h. die Konzentration, bei welcher der Übergang von der positiven zur negativen Reaktion stattfindet, liegt bei den einzelnen Organismen für die verschiedenen Reizstoffe verschieden; bei manchen Reizstoffen liegt es sogar unter- halb der Grenze der Wahrnehmbarkeit, sie lösen also nur negative Chemotaxis aus, wie es z. B. die H"- und OH'-Ionen den Chytri- diaceen- und Saprolegniaceen-Zoosporeu gegenüber tun, während das H'- Konzentrationsoptimum für die Schwärmsporen der Myxo- myceten nach Kusano'^) durch eine Vuoo molare Lösung einer gut dissoziierten Säure gegeben ist. Ganz anders reagieren die Organismen, die einen chemischen Reiz in phobo- chemotaktischer Weise beantworten. Jennings^) bezeichnet diese Art der Reaktion kurz mit „Motorreflex". Beim Eintritt in eine bestimmte Konzentration des Reizstoffes erfolgt eine Reflexbewegung, die ganz unabhängig von der Richtung des stärksten Konzentrationsgefälles ist. Sie besteht meist in einem plötzlichen Riickwärtsscliwimmen, mit folgendem Anhalten, einer Drehung, deren Richtung wohl durch den Bau des Organismus bestimmt ist und schließlich in einem erneuten Vorwärtsschwimmen usw., wobei wahrscheinlich der Austritt aus dem Konzentrations- 1) Vgl. W. Pfeffer, Unters, a. d. Bot. Inst, zu Tübingen, Bd. I, 1884, S. 4.-52. 2) S. Kusano, Studies on the chemotactic and other related reactions of tlie swarm-spores of Myxoniycetes. Journ. of the College of Agriculture, Imperial-University of Tokyo, 1909, Vol. II, No. 1, p. 79. 3) .Tennings, On the movement and motor reflexes of the flagellata and ciliata. Anier. Journ. of Pliy.siology, Vol. 3, 1000. 466 Fritz Müller, Optimum als Reizanlaß wirkt. Diese Phobotaxis (Motorreflex) ist positiv, wenn sie beim Eintritt in weniger konzentriertes Medium, negativ, wenn sie beim Eintritt in höher konzentriertes erfolgt. Topo- und phobo-taktische Reaktionsfähigkeit können bei dem- selben Organismus dem gleichen Reizstoff gegenüber ausgebildet sein. Pfeffer') z. B. gibt für die topochemotaktisch reagierenden Farnspermatozoiden an, daß sie vielfach beim Übergang von der konzentrierteren in die verdünntere Lösung des Reizstoffes „zurück- prallen" ^). Die gleiche Beobachtung habe ich besonders bei den Sapro- leg)iia- Zoosporen machen könnenj die durch eine mäßige Konzen- tration eines guten Reizstoffes in die Kapillare eingefangen wurden. Bei ihrem Bestreben nach gleichmäßiger Verteilung an die Kapillar- mündung gelangt, reagierten die meisten Individuen mit einem plötzlichen, stoßartigen Rückwärtsschwimmen nach dem Inneren der Kapillare. Soweit meine Untersuchungen und Beobachtungen reichen, habe ich mit Ausnahme des letztgeschilderten Falles niemals Anhaltspunkte für eine phobochemotaktische Reaktion der Chytri- diaceen- und Saprolegniaceen-Zoosporen finden können, wohl aber solche, die für die topotaktische Reaktion sprechen. Immerhin ist eine solche auf direkter Beobachtung des Bewegungsmodns beruhende Entscheidung nicht leicht zu treffen, besonders wenn es sich um so kleine und rasch bewegliche Organismen handelt, wie sie die Ehiz. spliacr.- und Pseudolpidhim-Sch'wä.rmer repräsentieren. Dieser Entscheidung werden noch umsomehr Schwierigkeiten be- reitet, als nach Rother t^) für die phobo-taktische Reaktion die „wimmelnde" Bewegung der Organismen und die zunächst stets vor der Kapillarmündung entstehende Ansammlung — auch wo keine Repulsivwirkung vorliegt — besonders typisch sind. Diese beiden Charakteristika sind bei dem untersuchten Schwärmermaterial oft sehr deutlich wahrzunehmen. Doch dürfte die wimmelnde Bewegung der Schwärmer und die Ansammlung vor der Kapillarmündung mit Sicherheit auf die Repulsivwirkungen des zu konzentriert gebotenen Chemotaktikums zurückzuführen sein. Denn diese Merkmale sind nicht mehr zu konstatieren , wenn die 1) W. Pfeffer, Pflanzen-Physiologie, 1904, S. 757. 2) Vgl. auch K. Shibata, Weit. Mitteil, über die Chemotaxis der Equisetum- Sperniatozoiden. Sonderabdr. aus: „The Botan. Magazine, Vol. XIX, No.226, 1905, p. 129. 3) Eothert, a. a. 0., S. 390, UntersuchungL'ii über die chemotaktische Reizbarkeit der Zoosporen usw. 467 Konzentration des Reizstoffes hinreichend erniedrigt wird ; es erfolgt auch dann noch eine rasche und sehr reichUche Ansammlung in der Kapillare. — Ganz ähnlich, wie Lidforss') habe auch ich direkte Be- obachtungen gesammelt, die unbedingt für die topotaktische Reaktion der untersuchten Chytridiaceen- und Saprolegniaceen- Zoosporen sprechen "). So sei in erster Linie darauf hingewiesen, wie außerordentlich rasch und massenhaft die Schwärmsporen bei gewissen Reizstoffen in die Kapillare eindringen. Wenn z. B. eine Kapillare, die mit einer kaltgesättigten Lösung von Proteinsubstanz oder Diastase beschickt ist, innerhalb 20 Sekunden auf eine Strecke von 1,.5 bis 2 mm mit einem dichten Pfropf von Rhiz. ^Jo/^.-Zoospoien erfüllt ist, so kann eine derartige Ansammlung nicht phobotaktischer Natur sein, da sie unmöglich in einem zufälligen Hineingeraten der Schwärmer in die Kapillare, sondern nur in einer räumlich orientierenden Reizwirkung des Konzentrationsgefälles ihre Erklärung findet. Ebenso spricht der Reaktionsverlauf bei den übrigen Chytri- diaceen- und besonders den ^S'oproZegrnm- Zoosporen sehr deutlich für die topistische Natur ihrer Ansammlungen. So beobachtete ich in einem konkreten Falle, daß eine mit 0,42 'Vo Diastase-Lösung beschickte Kapillare nach 30 Sekunden auf eine Länge von 2 bis 3 mm mit Saprolegnia-ZoosT^oren dicht vollgepfropft war. Eine weitere Beobachtung, die den topistischen Charakter der Chemotaxis der untersuchten Schwärmzellen als gewiß erscheinen läßt, ist folgende. Es steuerten nämlich die Zoosporen, die zufällig die Bewegungsrichtung nach der Kapillarmündung inne hatten und in das Konzentrationsgefälle des Reizstoffes gerieten, direkten Weges in die Kapillare hinein. Ferner war oft zu sehen, wie die Schwärmer, die in einer die üiffusionsradien schneidenden Richtung in das Konzentrationsgefälle gelangten, mit einer plötzlichen, scharfen Wendung auf den gebotenen Reiz reagierten und sich mit ihrer Längsachse in die Linie der stärksten Konzentrationszunahme ein- stellten. Dies Phänomen ist besonders dann gut zu beobachten, wenn die Zoosporen aus inneren oder äußeren Gründen ihre Be- 1) B. Lidforss, Über die Reizbewegungen der il/ar(7(fl?f/m-Spermatozoiden. Jahrb. f. wiss. Bot., Bd. XLT, S. 65. 2) Vgl. Rothert, a. a. 0., S. 373, 388, wo die positive Chemotaxis der Sapro- ie^MKt-Zoosporen gegen Fleischextrakt als topistisch charakterisiert ist. 468 Fritz Müller, wegung etwas verlangsamt haben und das Präparat nicht zu zahl- reiche Individuen enthält. Auch das tiefe und rasche Eindringen der Zoosporen in die Kapillare, wie es bei entsprechenden Konzentrationen des Reiz- stoßes stattfindet, spricht unbedingt für eine Richtungsbewegung und nicht für eine phobistische Reaktion. Kapitel V. Das Verhalten der osmotisch wirksamen Stolfe. Neben dem eben erörterten spezifisch chemischen Reiz kann eine Lösung auch einen solchen ausüben, der allein der osmotischen, also der physikalischen Leistung des Stoffes zu verdanken ist. Diese Reaktion, bekanntlich als Osmotaxis bezeichnet, wurde schon von Pfeffer^) bei den Farnspermatozoiden und von StahP) bei den Myxomyceten-Plasmodien beobachtet, aber erst von Massart^) eingehend an zwei Bakterienarten studiert und in ihrem Wesen erfaßt. Aus meinen Beobachtungen gegenüber Lösungen von Elektro- lyten (KNO.i, NaCl, NaoSOi) und Nichtelektrolyten (Rohrzucker), die in den verschiedensten Konzentrationen zur Anwendung ge- langten, glaube ich mit Sicherheit schließen zu können, daß den Chytridiaceen- und Saprolegniaceen-Zoosporen eine osmotaktische Reizbarkeit abgeht. So steuerten die Zoosporen bei ihrem Bestreben nach gleich- mäßiger Verteilung ohne Anstand in eine Kapillare, die nach- einander eine molare Lösung von KNO,!(=10,17ü), NaCl(=5,85 Vo)? NaoSOi(=: 14,2%) und Rohrzucker (= 34,2 7o) enthielt, in oder vor der sie fast augenblicklich ihren Tod fanden. Irgendwelche Repulsionserscheinungen wurden hierbei niemals beobachtet. Ihr Fehlen konnte noch dadurch einwandsfrei konstatiert werden, daß eine Kapillare, die eine hochkonzentrierte Lösung eines Elektrolyten oder Nichtelektrolyten enthielt, gleichzeitig mit einer schwachen Lösung eines guten Chemotaktikums beschickt wurde. Unter der Reizwirkung des Chemotaktikums fand eine vollkommen normale Ansammlung in der Kapillare statt, nur sistierten die Zoosporen 1) W. Pfeffer, Lokom. Richtungsbew. d. ehem. Reize. Unters, a. d. Bot. lust. Tübingen, Bd. I, S. 38G und Über chemot. Beweg, von Bakterien usw., Bd. II, S. 026. 2) Stahl, Zur Biologie der Myxomyceten. Bot. Ztg., 1884, S. 166. 3) Massart, Sensibilite et adaption des organismes a la concentration des Solutions salines. ArcL. de Biologie, 1889, T. 9, S. 529. Untersuchungen über die cheniotaklische Reizbarkeit der Zoosporen usw. 469 infolge der Wasser entziehenden Wirkung der hochkonzentrierten Lösung sehr rasch ihre Bewegung. Das Ausbleiben der Repulsiv Wirkungen kann nui- auf einen Mangel an osmotaktischer Reizempfindlichkeit der Chytridiaceen- und Saprolegnia-Zoosporen zurückgeführt werden, es sei denn, daß die Plasmahaut dieser Zoosporen für die in Rede stehenden Körper vollkommen permeabel ist und somit eine Wasserentziehung (De- pression des Turgors), die Grundbedingung für den osmotaktischen Reizvorgang, unmöglich eintreten kann'). Gegen diese Annahme sprechen aber wieder die deutlich zu beobachtenden Schrumpfungen des Plasmakörpers. Nach Rothert") kommt allerdings den Sa2)roIegnia Zoospoven neben der positiven Chemotaxis eine deutliche Aposmotaxis zu, die sich darin äußert, daß die Zoosporen in eine Kapillare mit 1 Vo Fleischextrakt nicht eindringen, sondern sich vor der Kapillar- mündung ansammeln. Nach meinen Erfahrungen erscheint mir der Hinweis nicht unangebracht, ob die beobachteten Repulsionserscheinungen nicht in erster Linie auf die hohe Konzentration des stark chemotaktisch wirksamen Stoffgemisches und die abdissoziierten H'- und OH'-Ionen der Phosphate zurückzuführen seien. Kapitel VI. Die Repulsion durch die freien Säuren und Ali(alien. Schon in Kapitel III über die positive Chemotaxis haben wir konstatiert, daß die freie Ortho-Phosphorsäure und ihre drei Salze in höheren Konzentrationen stark repulsiv wirken, und daran die Behauptung geknüpft, daß wir es bei diesen chemotaktisch reizenden Elektrolyten mit einer Resultantenwirkung zu tun hätten, deren positiv chemotaktisch wirkende Komponente durch die Phosphor- säure-Ionen und deren negative Komponente durch die H'- resp. OH'-Ionen gegeben seien. Bei Vi.o Mol freier Ortho-Phosphorsäure ist das Reizoptimuni gelegen, bei dem sich Anziehung und Abstoßung das Gleichgewicht halten; es äußert sich in einer sehr starken Ansammlung der Zoosporen dicht vor der Kapillarmündung, in die sie nur nach 1) Vgl. Massart, a. a. 0., S. 528 und Rothert, Beobachtungen und Betrach- tungen über taktische Reizerschein. Flora, Bd. 88, 1901, S. 406 (Kap. VTII) u S. 409. 2) Rothert, Über die Wirkung des Äthers und Chloroforms auf die Reizbeweg, der Mikroorganismen. Jahrb. f. wiss. Bot., Bd. XXXIX, S. 31. Jahrb. f. wiss. Botanik. XLIX. 31 470 Flitz Müller, langem Widerstreben einzudringen versuchen. Bei nur wenig höheren Konzentrationen ist eine deutliche Repulsivwirkung un- verkennbar. Ebenso ergaben orientierende Versuche, daß die Schwärm- sporen der Chytridiaceen vor der Mündung einer Kapillare, die neben der Lösung eines guten Chemotaktikums mit einer mäßigen Konzentration einer freien, starken Säure oder Base beschickt war, stark zurückprallten. Überhaupt scheint die Reizbarkeit durch die Wasserstoff- und Hydroxyl-Ionen eine fast allgemeine Eigenschaft der frei beweg- lichen Mikroorganismen zu sein, und meist auf der Ausbildung einer spezifischen Sensibilität für diese beiden Ionen zu beruhen. So wurde von den verschiedensten Forschern für eine große Zahl von Bakterien, Rhizopoden, Flagellaten, Ciliaten sowie für die Spermatozoiden aller untersuchten Archegoniaten die Empfindlich- keit gegen die H*- und OH'-Ionen konstatiert. Während das Reizoptimum für die Hydroxyl-Ionen — soweit bekannt — stets unterhalb der Reizschwelle gelegen ist, also diese nur negative Chemotaxis auszulösen vermögen, gilt dies für die H*- Ionen nur mit Einschränkungen. So zeigte Shibata'), daß die Spermatozoiden von Equisetum durch freie H*-Ionen in geringen Konzentrationen (z. B. Vcoo Mol HäSOi) positiv chemotaktisch gereizt werden und zwar werden diese durch denselben Perzeptionsakt wahrgenommen wie die Kationen. Ebenso konnte Kusano^) in den freien H*- Ionen das chemotaktisch wirksame Agens gegenüber den Schwärmsporen der Myxomyceten nachweisen und bestimmte das Reizoptimum bei Vooo Mol einer gut dissoziierten Säure. Bekannt sind die Repulsiverscheinungen von sauren und alkali- schen Verbindungen schon durch die grundlegenden Untersuchungen Pfeffers^) über die Chemotaxis der Farnspermatozoiden; so be- obachtete er, daß die Repulsivwirkung einer 0,01 % Apfelsäure- lösung durch Zugabe von Zitronensäure (0,2 %) oder Natrium- karbonat (0,5 ^/o) eine wesentliche Steigerung erfuhr. 1) K. Shibata, Weitere Mitteilungen über die Chemotaxis der Eqitisetmn-Siier- matozoiden. Sonderabdr. aus The Botanical Magazine, Vol. XIX, No. 226, 1905, p. 128. 2) S. Kusano, Studies on the cheniotactic and other related reactions of the swarni-spores of Myxomycetes. Jouru. of the College of Agriculture, Imperial University of Tokyo, Vol. II, No. 1, 1909, p. 17 u. 79. 3) W. Pfeffer, Untersuch, usw., Bd. 1, S. 387. Untersuchungen über die chemotaktische Keizbarkeit der Zoosporen usw. 471 Aber erst später vermutete man auf Grund der elektrolytischen Dissoziationstheorie, daß allein den abdissoziierten H*- resp. OH'- lonen die Rolle der negativ chemotaktischen Reizwirkung gebühre. Diese Vermutung wurde denn auch durch entsprechend angestellte Versuche zur Tatsache erhärtet. Ein experimenteller Nachweis, daß die H'-Ionen einer starken Säure der wirksame Bestandteil des Reizstoffes sind, läßt sich nach Shibata zunächst dadurch erbringen, daß man durch geeignete Mittel die Anzahl der freien H'-Ionen ändert und zeigt, daß die jeweilige Repulsivwirkung proportional den freien H'-Ionen ist. Ein solches Mittel besteht im Hinzufügen eines indifferenten Salzes von einer schwachen Säure, wodurch die Menge der H'-Ionen der starken Säure unter Bildung der schwachen, wenig dissoziierten Säure zurückgedrängt wird. Eine andere, generellere Versuchsmethode, wie sie gleichfalls von Shibata') angegeben wurde und deren icli mich zum Zwecke der Untersuchungen der Repulsivwirkungen bediente, besteht unter Berücksichtigung einer kleinen Änderung in folgendem. Als Chemotaktikum gelangte für die Zoosporen von Saprolegnia mixta eine Vio 7o Pepsinlösung zur Verwendung, während den Schwärmporen von Rhk. poU. eine 0,117 7o Lösung von Protein- substanz aus Pfl.-) als Reizmittel geboten wurde. In beiden Fällen sind solche Konzentrationen gewählt worden, bei denen ein sehr rasches, reichliches und vor allem sehr tiefes Einschwärmen der Zoosporen in die Kapillare stattfindet. Diesen Lösungen wurden nun verschiedene anorganische und organische Säuren sowie mehrere Basen in allmählich abnehmenden Konzentrationen hinzugegeben und durch Vergleich der Wirkung mit der allein durch die Pepsin- resp. Proteinsubstanz-Lösung erzielten Chemotaxis von jeder Säure und Base diejenige, kritische Konzentration ermittelt, bei welcher sich gerade noch eine schwache, aber deutliche Repulsivwirkung von Seiten der Säuren oder Basen geltend machte. Zur leichteren Beurteilung wurde stets die säuren- resp. basen- freie Vergleichskapillare gleichzeitig in das Präparat eingebracht. Bekanntlich setzte Shibata^) als Kriterium diejenige Kon- zentration fest, bei welcher sich ein dichtes Getümmel der Organis- 1) K. Shibata, Studien über die Chemotaxis der /soe/e.s-Spermatozoiden. Jahrb. f. wiss. Bot., Bd. XLT, 1905, S. .577 u. 578. 2) Vgl. Tabelle I, S. 440, Proteinsubst. aus Pfl., c = 0,235 "/„. 3) Shibata, a. a. 0., 1905, S. 579. 31* 472 Fritz Müller, men eben an der Mündung der Kapillare entwickelte. Meiner Ansicht nach ermöglicht diese Modifikation der Shibata sehen Versuchsmethode eine genauere Bestimmung der fraglichen Kon- zentrationen. Die Resultate der Versuchsreihen sind in den beiden folgenden Tabellen zusammengestellt, und zwar seien die kritischen Kon- zentrationen für die Bhiz. j)o?/.-Zoosporen mit „r," und die für die /S'r8 /oj n 7 7 1 "/ j: « ?5 "^ » J5 M • ?5 H «ji /O' Drittes Perigonblatt. Marken a Marken b Marken c Zunahme ,,, ., , Zunahme Teilstr. Zunahme an Teilstr. 19. Juli 4** nachni. 88 20. 11 9^" niorg. 104 16 21. 1) 9"" „ 104 22. 9*0 „ 103 Teilstr. an Teilstr. Teilstr. an Teilstr 83 103 91 8 109 6 90 107 87 106 Auf der Strecke a eine Zunahme von 16 Teilstrichen oder 18,1 Vo, V )5 » t) „ „ „ o „ „ y,b /oj n V n ^ n » » " 55 55 '^5" '0* Die erhaltenen Resultate stimmen bei allen drei Perigonblättern ziemlich genau überein; es geht daraus hervor, daß an der Basis des Perigonblattes die stärkste Längenzunahme herrscht, während sie in der Mitte nur noch halb so groß ist und gegen die Spitze zu immer mehr abnimmt. Am dritten und noch mehr am vierten Tage, an denen die Messungen fortgesetzt wurden, waren die Pe- rigonblätter schon eingetrocknet, trotzdem ergaben sie nur eine geringe Abnahme, ein Beweis dafür, daß die starke Verlängerung nicht mehr rückgängig gemacht wird, daß sie also eine dauernde ist. Messung IL Eine Blüte, an der kurz vor der ersten Messung alle Blüten- teile bis auf ein äußeres Perigonblatt entfernt wurden. Gemessen wurde wieder ungefähr an denselben drei Stellen wie bei Messung I und diesmal sowohl auf der Außen- wie Innenseite des Perigon- blattes, auf beiden Seiten wurden die Marken einander möglichst entsprechend angebracht (s. umstehende Fig. 2 a — d). 530 Hermann Wacker, Äußeres Perigonblatt. Außenseite: Marken a Marken b Marken c Teilstr. Teilstr. Teilstr. 20. Juli 4^« nachm. 78 90 100 21. „ 80« raoig. 103 104 110 Auf der Strecke a eine Zunahme von 25 Teilstrichen oder 32,0%, » » )i b „ ,, „ 14 „ ,. 15,5 /o, V ri ji C „ „ „10 „ „ 10,0 /o« Innenseite: Marken ai Marken bi Marken Ci Teilstr. Teilstr. Teilstr. 20. Juli 4=*^ nachm. 81 82 99 21. „ 8°" morg. 91 90 104 Auf der Strecke ai eine Zunahme von 10 Teilstrichen oder 12,3%, » r 11 Ol 11 11 » ° n » "5' '0> 11 ^1 »1 ^i n n }^ " n » *'>■'• '0' Messung III. Eine Blüte, an der alle Blütenteile bis auf ein inneres Peri- gonblatt entfernt wurden. Das übrige genau so wie bei Messung II. Inneres Perigonblatt. Außenseite: Marken a Marken b Marken c Teilstr. Teilstr. Teilstr. 20. Juli 4^^ nachm. 91 85 84 21. „ 8^° morg. 113 96 92 Da das Perigonblatt rasch verfiel, so waren die noch weiterhin ausgelührten Messungen nicht mehr genau, brauchen deshalb also nicht angeführt zu werden. Wir haben: Auf der Strecke a eine Zunahme von 22 Teilstrichen oder 24,1 %, 11 15 n " 11 1: « !• ^ si 20. Juli 4'" nachm. 21. „ 8»" morg. n 11 11 »1 „ 12,9 7o, 11 11 8 11 „ 9,5 7o. Innenseit e: Marken ai Marken bi Marken ci Teilstr. Teilstr. Teilstr. 55 68 64 61 74 68 Physiologische und morphologische Untersuchungen üher das Verblühen. 531 Auf der Strecke a; eine Zunahme von 6 Teilstrichen oder 10,9 7o, )1 )1 i1 "i 55 55 55 " 55 55 "5" 'Oj 55 55 55 ^i 55 55 » ^ 55 55 ^1^ IQ' Jede dieser drei verschiedenen Messungen wurde oftmals wiederholt und zwar immer mit denselben übereinstimmenden Er- gebnissen. Vergleichen wir nun die Resultate miteinander, so ergibt sich aus I und II ohne weiteres, daß bei dem isolierten Peiigonblatt die Längenzunahnie, besonders an der Basis, eine bedeutend größere ist. Als Ursache dieser Erschei- nung ist offenbar der Widerstand, den die Perigonblätter bei der sich schließenden Blüte aufein- ander ausüben, zu betrachten. Aus II und III folgt, daß nicht nur die Außenseite sich verlängert, sondern daß dieser Verlängerung Fig. 2. eine wenn auch nicht so große Längenzunahme der Innenseite ent- spricht; ferner folgt aus II und III noch, daß die äußeren Perigon- blätter sich stärker verlängern als die inneren, das Schließ- und Krümmungsvermögen der ersteren also kräftiger ist, eine Tatsache, die sich übrigens schon bei der Beobachtung mit dem bloßen Auge ergibt. Durch die größere Längenzunahme der Außenseite erklärt sich die starke Krümmung und zwar ist die Stelle der größten Zunahme, die Basis des Perigonblattes, auch der Ort der stärksten Krümmung, wie an der Fig. 2 a — d deutlich zu sehen ist. 532 Hermann Wacker, Hier ist auch der Unterschied zwischen der Zunahme auf der Außen- und Innenseite am größten. Da nun unter normalen Verhältnissen das Bestreben der Perigonblätter, sich zu krümmen, gehemmt wird, so entsteht in der sich schließenden Blüte zwischen den ein- zelnen Blumenblättern eine beträchtliche Spannung. Aus den sämt- lichen Messungen geht nun klar hervor, daß alle diese Vorgänge aktiver Natur sind und auf Wachstum beruhen. 2. Langsames Absterben und Vertrocknen der Perigonblätter am Fruchtknoten, a) Späteres Ablösen durch den wachsenden Fruchtknoten. Hierher gehören die Gattungen: Agapanthus, Asphodelus, Con- vallaria, Polygonatum, Muscari. Agapanthus umhellatus. Da bei dieser Pflanze das Blühen und Verblühen Vorgänge sind, die allmählich ineinander übergehen, so wollen wir den ganzen Blühverlauf wiedergeben. 18. Sept. d)^*^ morg. Die Perigonblätter beginnen sich zu öffnen. 11"" morg. springen die Antheren auf, obgleich die Blüte noch nicht vollständig entfaltet ist. Von 2 Uhr ab stäuben die Antheren, der Griffel ist noch kurz, er steckt zwischen den Filamenten ver- borgen, die Narbe befindet sich ungefähr 5 mm von den Antheren der drei kürzeren Staubfäden entfernt, sie ist noch nicht empfängnis- fähig, die Blüte ist also protandrisch. 19. Sept. 8*^*^ morg. Die Antheren haben verstäubt, der Griffel ist etwas länger geworden, aber noch gerade gestreckt. .3^° nachm. Der Griffel krümmt sich aufwärts an der Spitze. 20. Sept. 8"" morg. Die Perigonblätter sind an diesem Tage am weitesten entfaltet. 2°" nachm. Der Griffel hat sich jetzt an der Spitze soweit nach oben gekrümmt und dabei so verlängert, daß die Narbe in der Mitte der Blütenöffnung etwas hinter den Antheren der drei kürzeren Staubfäden steht. 21. vSept. Der Griffel hat sich noch wenig aufwärts gekrümmt, die Blüte ist gleich weit geöffnet und die Narbe jetzt empfängnis- fähig; es beginnt das weibliche Stadium der Blüte. 22. Sept. Die Antheren sind braun, die Filamente sinken langsam abwärts, um 2 Uhr nachm. hat sich der noch etwas nach oben gebogene Griffel ebenfalls gesenkt, so daß die Narbe unterhalb Physiologische und morphologische Untersuchungen über das Verblülieu. 533 dei' Mitte des Bltiteneinganges steht. Der höchste Vigor der Blüte ist überschritten und der langsame Verfall beginnt. 23. Sept. 8*'*' morg. Die Perigonblätter haben die Schließ- bewegung begonnen und setzen sie den Tag über fort, die Staub- fäden sinken auf die Perigonblätter herab. 24. Sept. 8"" morg. Die Blüte ist fast geschlossen. Die Staub- fäden sind zum Teil zwischen den Perigonzipfeln hindurch abwärts gesunken, doch besteht hierin keine Regelmäßigkeit. In den nächsten zwei Tagen geht die Schließbewegung der Perigonblätter langsam weiter. Am 27. Sept. beginnen die Perigonblattzipfel sich rötlich zu färben, ein Vorgang, der sich bis zur Basis fortsetzt, und am 5. Oktober ist die ganze Blüte violett gefärbt. Währenddessen haben sich die Perigonblätter vollständig geschlossen und an der Spitze beginnt schon das Absterben. Die Degeneration ist so stark, daß das Perigon endlich wie ein dünnes Häutchen aussieht und den indessen herangewachsenen Fruchtknoten überzieht. Durch dessen stärkeres Wachstum erhält zunächst die vertrocknete Perigonröhre einen Längsriß und endlich löst sie sich an der Ansatzstelle ganz ab und wird vom Fruchtknoten in die Höhe gehoben. Asphodelus Intens. Die Blüten sind nur einen Tag geöffnet, beim Schließen der Perigonblätter neigen sie sich sehr bald nach unten, kleben zu- sammen und vertrocknen rasch. Das Perigon wird dann später durch den wachsenden Fruchtknoten als dünnes Häutchen abgelöst und in die Höhe gehoben; manchmal bleibt es noch lange Zeit auf dem Fruchtknoten sitzen. üonvallaria majalis. Bei den Blüten dieser Art wird das Perigon erst ein bis zwei Monate nach dem Blühen vom Fruchtknoten abgerissen, bei manchen Früchten sieht man auch da noch einige Überbleibsel des Perigons daran kleben. Schneller wird das Perigon abgelöst bei Muscari und Poly- gonatum, bei Muscari racemosuvi schon nach drei Wochen. b) Gänzliches Vertiocknen des Perigons am Fruchtknoten bis zur Fruchtreife ohne Ablösung. Untersucht wurden die Gattungen Oaltonia, Dracaenu, Ornithoya- him. Als näher behandeltes Beispiel möge Oaltonia candicmis dienen. Jahrb. f. wiss. Botanik. XLIX. 35 534 Hermann Wacker, Oaltonia candicans. Die beobachtete Blüte ist am 18. Sept. aufgeblüht. Sie erreicht am 22. Sept. 8 Uhr morg. ihre größte Öffnungsweite (4,6 cm) und an diesem Tage treten die ersten Verblüherscheinungen auf. Schon vor 10 Uhr morg. beginnt die alltägliche Schließbewegung und dauert bis 4 Uhr nachm., wo die Blüte ganz geschlossen ist. 2^" nachm. erscheinen die Seitenränder der Perigonblätter etwas eingeschrumpft, drei Antheren sind abgefallen. Um 7 Uhr abends beginnt wieder ein langsames Offnen. 23. Sept. B*^" morg. Die Öffnung der Blüte beträgt 3 cm, sie erholte sich nicht mehr ganz aus dem ziemlich stark erschlafften Zustande des vorigen Tages. Um 4 Uhr nachm. ist die Blüte wieder ganz geschlossen, soweit es die eingerollten Seitenränder der Perigonblätter erlauben. Um 7 Uhr abends befindet sie sich noch in gleichem Zustande. So stark verkürzt haben sich die Perigon- blätter nicht wie am vorigen Tage. Das Offnen der Blüte in der Nacht konnte nicht mehr beobachtet werden, doch ist sie am 24. Sept. 8"" morg. wieder bis zu 2,8 cm Weite geöffnet, aber in nicht mehr ganz turgeszentem Zustande, die Seitenränder der Blumenblätter bleiben eingeschlagen, die Farbe ist gelblichweiß, Griffel und Staubfäden beginnen an der Spitze einzutrocknen. Um 2 Uhr nachm. ist die Blüte auch schon vollständig geschlossen und bis zum 26. Sept. 8*^" morg. nur wenig geöffnet. Tagsüber schreitet das Abblühen fort, die Seitenränder der Perigonblätter haben sich soweit eingebogen, daß sie sich gegenseitig berühren. Die Blüte ist jetzt nicht mehr imstande, eine Öffnungsbewegung auszuführen, und das Absterben beginnt. Während der geschilderten Vorgänge hat auch der Blütenstiel Krümmungen ausgeführt, sowohl vorübergehende als auch bleibende. Das weitere Abblühen unserer Blüte verläuft folgendermaßen: Das Vertrocknen der Perigonblätter beginnt am 26. Sept. an der Spitze derselben und schreitet gegen die Basis mit jedem Tage weiter fort, zugleich krümmt sich der Blütenstiel nach oben, bis am 1. Oktober die verblühte Knospe wagerechte Lage hat. Am 6. Oktober ist das Perigon ganz vertrocknet, hat lederfarbiges Aus- sehen bekommen und überzieht als ein dünnes Häutchen den in- zwischen herangewachsenen Fruchtknoten. Der Blütenstiel hat sich in seiner oberen Hälfte soweit gekrümmt, daß der Fruchtknoten fast senkrecht nach oben gewandt ist, und am 20. Oktober hat der ganze Blütenstiel bereits senkrechte Lage eingenommen. Das ab- Physiologische und morphologische Untersuchungen über das Verblühen. 536 gestorbene vertrocknete Perigon löst sich von der Achse nie los und bleibt am Fruchtknoten haften. Dracaena Jungiana. Die Blüten öffnen sich morgens zwischen 9 und 10 Uhr, mit den Perigonblättern zugleich auch die Antheren. Um 4^*^ nachm. beginnt die Schließbewegung zunächst der drei inneren Perigon- blätter, sie sind um 6 Uhr halb und um 8 Uhr abends fast ganz geschlossen, während die drei äußeren erst mit Schließen begonnen haben. Um 10 Uhr abends ist die ganze Blüte geschlossen und öffnet sich nicht mehr. Bestäuben der Narben übt keinen Einfluß auf das Verhalten der Blüten beim Schließen aus, dagegen fallen nichtbefruchtete in etwas gewelktem geschlossenem Zustande ab nach dem zweiten bis dritten Tage ihres Aufblühens, während bei Befruchtung die Perigonblätter langsam am Fruchtknoten ver- trocknen. Die eingetrocknete Perigonröhre erhält wohl durch den wachsenden Fruchtknoten einige Längsrisse, losgelöst jedoch von der Ansatzstelle wird das Perigon nicht. Ornifhogalum pyrenaicum. Die Perigonblätter legen sich samt Staubfäden beim Schließen dicht an den Fruchtknoten an und vertrocknen hier, später werden sie durch den wachsenden Fruchtknoten wieder auseinandergedrückt, ohne jedoch an der Ansatzstelle vor der Fruchtreife sich abzu- trennen. Der Blütenstiel krümmt sich soweit aufwärts, daß er fast den Stengel berührt. Im Anschluß hieran wollen wir noch die Gattungen Tritoma und Yucca behandeln, da diese bei uns keinen Samen ansetzen und demnach das Schicksal des Perigons nach der Befruchtung nicht mit Sicherheit festgestellt werden kann. Trotzdem sind sie erwähnenswert, weil besonders bei Tritoma einige merkwürdige Tat- sachen zu verzeichnen sind. Tritoma uvaria. Die Farbe der aufgehenden Blütenknospe ist ziegelrot, die der frisch geöffneten Blüte hellrot; im Verlauf des Abblühens geht sie in gelbrot und schließlich ganz in gelb über. Der Farbenwechsel beginnt immer an der Basis des Perigons. Die Staubfäden, die während der Anthese 5 — 8 mm über das Perigon hinausragen, fangen nach derselben an, sich zu verkürzen und zwar so stark, daß sie ganz in der Perigonröhre verschwinden. Diese Verkürzung 35* 536 Hermann Wacker, kommt zustande durch eine Schlängelung der Filamente, sie beginnt am unteren Teil und schreitet nach oben fort. Nach dem Ver- trocknen bilden die Filamente einen gedrehten, stark gewellten Faden. Das Welken und Absterben der Blüte, die wie erwähnt, keine Frucht ansetzt, beginnt nicht an der Spitze, sondern am Grunde des Perigons; dieses wird zu einem braunen dünnhäutigen Gebilde, das sich samt Blütenstiel von der Achse ablöst. Yucca filamentosa. Die Perigonblätter vertrocknen nicht ganz, sondern schrumpfen nur etwas zusammen, wobei sie eine schwache Schließbewegung ausführen, die aber nicht aktiver Natur ist. Die Blüte fällt dann ab, die Ablösung erfolgt an der Ansatzstelle am Blütenstiel, der noch erhalten bleibt und an der Blütenachse vertrocknet. 3. Vergrünen des Perigons. Untersucht wurden Paris quadrifoUa, Eiicoinis punctata, Ve- ratrum. Die Blüten dieser Gattungen führen nach dem Offnen mit ihren Perigonblätteru keinerlei Bewegungen mehr aus, sie bleiben immer flach ausgebreitet. Paris quadrifoUa. Die Perigonblätter bleiben grün bis zur Reife der Beere. Ein Querschnitt durch eines der vier schmalen inneren Perigonblätter macht infolge des großen Chlorophyllgehaltes seines Mesophylls den Eindruck eines Laubblattquerschnitts (Luise Müller)J) Eucomis punctata. Die Antheren fallen nach der Anthese ab. Die dunkelbraune Farbe der Perigonblätter geht allmählich in grün über. Infolge der Vergrünung sind sie imstande, selbständig zu assimilieren und sich zu ernähren. Veratrur}% alhum. Auch hier bleiben die Perigonblätter am Leben. Der Chloro- phyllgehalt läßt vermuten, daß sie zum Teil durch eigene Assimi- lationstätigkeit für ihren Unterhalt sorgen (Luise Müller). Das- selbe gilt für Veratrum nigrum. 1) Luise Müller, Crundzüge einer vergleichenden Anatomie der Blunienhliitter Nova Acta, Akad. Leop. Carol., Bd. 59, Halle 1893. Physiologische und morphologische Untersuchungen über das Yerblühen. 537 Iridaceae. Untersucht wurden die Gattungen Iris und Oladiolus. Auch hier können wir wieder unterscheiden: 1. Solche Blüten, deren Perigon ganz langsam vertrocknet und verwittert, ohne sich abzulösen und 2. Solche, deren Perigon sich kurze Zeit nach dem Abblühen von dem Fruchtknoten ablöst. Besonders merkwürdig ist, daß bei der Gattung Iris die beiden Formen des Verblühens vorkommen. Unter die erste Gruppe ge- hören alle Jri^- Arten mit Ausnahme von Iris ensata. Iris pallida. Die Blüten dieser Art erwiesen sich nie als fruchtbar, keine hat je Samen angesetzt. Das Aufblühen erfolgt bei günstiger Witterung gegen 8 Uhr morgens und ist in 1 bis 2 Stunden bei allen Blüten vollendet. Sie bleiben ungefähr 24 36 Stunden voll- ständig entfaltet und wachsen in dieser Zeit noch etwas, dann beginnt das langsame Schließen, das eigentliche Verblühen. Es zeigt sich an durch ein Heben der drei äußeren zurückgeschlagenen Perigonblätter, vorwiegend der unteren bebarteten Hälfte. Dieser Teil legt sich an die dachförmigen Griffel an, so daß die darunter stehenden Staubfäden ganz eingeschlossen werden. Alsdann beginnt auch der zarte äußere Teil, der bis jetzt noch zurückgeschlagen war, sich empor zu wenden, ein Vorgang, durch den die seitlichen Offnungen zwischen den drei inneren Perigonblättern , die sich in- zwischen etwas abwärts gekrümmt haben, verschlossen werden. Die Schließbewegung steht aber damit nicht stille, sondern geht weiter; allein nun hemmen sich die einzelnen Blütenteile und in- folgedessen dreht sich der kräftige untere Teil der Perigonblätter spiralig um- und ineinander ^). Dieser Vorgang kann hier bei Iris pallida und bei einigen anderen Arten so weit gehen, daß ein Perigonblatt zwei vollständige Umdrehungen macht. Man hat Mühe, eine solche zusammengedrehte Blüte gewaltsam zu öffnen. Durch dieses Verhalten der unteren Hälfte der Perigonblätter wird der zarte äußere Teil zunächst eingeknickt, klebt durch Austreten des Zellsaftes zusammen und geht zugrunde. Die Blüte vertrocknet nun in dem eben beschriebenen Zustande vollständig, ohne sich abzulösen. 1) A. Hansgirg, a. a. 0, 538 Hermann "Wacker. Um nun zu erfahren, wie groß das Schließ- und Krümmungs- vermögen der einzelnen Perigonblätter dieser Blüte ist, wurden Experimente angestellt, ähnlich denen, die wir an den Blüten der Hemeroeallis fulva ausführten. Bei einer schon im Schließen be- griffenen Blüte entfernt man dicht über der Perigonröhre alle Blütenteile bis auf ein äußeres Perigonblatt. Dieses vollführt die normale Schließbewegung, hält aber dann nicht inne, sondern bewegt sich in der ursprünglichen Schließungsebene weiter, dabei krümmt es sich vornehmlich an zwei Stellen sehr stark, an der Basis und in der Mitte, ungefähr da, wo auf der Innenseite die Barthaarc aufhören (Taf. IV, Fig. 2—5). Auf diese Weise stößt bald der äußere zarte Teil des Perigonblattes an die entgegengesetzte Seite der Perigonröhre an, wodurch die Krümmung in der ursprüng- lichen Ebene gehemmt wird. Schneidet man aber auch noch den zarteren Teil ab, dann rollt sich das Perigonblatt an der Spitze ganz regelmäßig ein und wir erhalten ein Bild, wie es die Fig. 3 a, & zeigen. Die inne- ren Perigonblätter besitzen diese Fähigkeit des Einkrümmens in nur geringem Maße. Daß die spiralige Drehung der Perigon- blätter nur durch den gegen- seitigen Widerstand bedingt a h wird, zeigt auch noch folgender *''g- 3. Versuch. Wir lassen anstatt eines äußeren Perigonblattes zwei stehen. Sobald diese beiden in festere Berührung kommen, tritt eine mehr oder minder starke Drehung und Umwindung der beiden Organe ein. Noch deutlicher kommt dies zum Ausdruck, wenn wir alle drei äußeren Perigonblätter an einer Blüte stehen lassen, dann tritt ein ganz regelmäßiges, geradezu seilartiges Um- winden dieser drei Organe ein, wie es Taf. IV, Fig. 1 veranschaulicht. Um auch hier näheren Einblick in diese Vorgänge zu gewinnen, wurden wieder wie bei Hemeroeallis fulva Messungen angestellt an abgeschnittenen, in Wasser gestellten Blüten. Zur Sicherheit sind im Freien an einer größeren Anzahl Blüten Parallelversuche gemacht worden, die genau so verliefen. Physiologische und morphnlogische Untersuchungen üher das Verblühen. 539 Messung I. Unverletzte Blüte. Die Blüte ist am 23. Mai morgens aufgeblüht, die erste Messung ausgeführt am 25. Mai nachmittags 4^", nachdem die Perigonblätter vollständig geschlossen, die normale Schließbewegung also vollendet war. Gemessen wurde nur die Außenseite der äußeren Perigon- blätter an einander möglichst entsprechenden Stellen, die mit Marken bezeichnet worden waren. Die Marken a sind ungefähr V2 cm, die Marken b 1 V2 cm über der Ansatzstelle der Perigonblätter an der Perigonröhre angebracht. Erstes Perigonblatt. Marken a Marken b Teilstr. Zunahme Teilstr. Zunahme 25. Mai 4''" nachm. HO 15 Teilstr. 111 13 Teilstr. 26. „ 8"" morg. 120 = 13,6% 124 =11,70/0 27. „ 12"° mittags 124 122 28. „ 8«" morg. 125 28. „ 4"" nachm. 122 Am 27. Mai war der Verfall der Blüte schon sehr deutlich, die etwas gedrehten Perigonblätter waren nicht mehr ganz turgeszent. Auf der Strecke a haben wir eine Zunahme von 15 Teilstrichen oder 13,6 7o. Auf der Strecke b eine solche von 13 Teilstrichen oder ll,7 7o- Trotzdem die Perigonblätter schon geschlossen waren, haben wir also doch noch eine bedeutende Verlängerung der Außenseite und diese Längenzunahme dehnt sich auf drei Tage nach dem Schließen aus. Die Messungen an den anderen zwei Perigonblättern ergaben mit den obigen übereinstimmende Resultate. Aus allen geht her- vor, daß die Verlängerung nicht eine plötzliche, wieder verschwin- dende, sondern eine bleibende ist, die erst durch Vertrocknen der Perigonblätter wieder etwas rückgängig gemacht wird. Messung II. Einzelstehendes Perigonblatt. Eine Blüte, die ebenso alt und gleich weit geschlossen ist wie die von Messung I. Nach der ersten Messung werden alle Teile bis auf ein äußeres Perigonblatt entfernt und an diesem die Messungen auch auf der Innenseite ausgeführt. Die Marken a 540 Hermann Wacker, und b sind wieder wie vorhin angebracht, auf der Außen- und Innenseite einander möghchst genau entsprechend. Außenseite: Marken a Mai ■keil b Teilstr. Zunahme Teilstr. Zunahme 25. Mai 4''' nachm. 69 22 Teilstr. 101 26 Teilstr. 25. 4^^' ,; 72 = 31,8"o 107 = 25,7 0/0 26. 8°" morg. 91 127') 26. 2«" nachm. Ol 27. 800 morg. 90 28. QUO " 11 87 28. 400 nachm. 87 Auf der Strecke a haben wir eine Zunahme von 22 Teil- strichen oder 31,8 ^/^y Auf der Strecke b eine solche von 26 Teil- strichen oder 25,70/,,. Oiege Zahl ist jedoch nicht genau und die Messungen konnten auch nicht zu Ende geführt werden wegen zu starker Krümmung des Perigonblattes. Vergleichen wir nun dieses Resultat mit dem der Messung I, so sehen wir ohne weiteres, daß das alleinstehende Perigonblatt sich bedeutend stärker verlängert hat als die Blumenblätter der unverletzten Blüte, es wiederholt sich dasselbe Ergebnis, das wir bei Hemerocallis fulva gewannen. Innenseite: Die Messungen auf der Innenseite gestalten sich sehr viel schwieriger, da zunächst die Barthaare wegpräpariert werden müssen, um überhaupt die Marken anbringen zu können. Die gemachten Messungen ergaben meist eine geringe Längenzunahme. Gleiches Verhalten wie Iris pallida zeigen noch /. Germanica, I. variegata, 1. samhucina und /. abavia (Heinrich er). Besonders die beiden letzteren waren für unsere Messungen sehr geeignet. Die Ergebnisse stimmten im großen ganzen mit den obigen überein. Iris squalens. Bei dieser Art erfolgt das Aufblühen wie bei /. pallida. Die Blütendauer beträgt 2 bis 3 Tage. Der Beginn des Verblühens wird angezeigt durch eine leichte Krümmung der etwas schief zur Achse des Stengels stehenden Perigonröhre. Diese Krümmung geht 1) Diese Messung nicht mehr genau, weil die Krümmung zu weit vorgeschritten war. Physiologische und morphologische Untersuchungen über das Verblühen. 541 langsam nach außen abwärts, bis die Blüte in horizontale Lage gelangt ist; in der Regel hat sie sich wählend dieser Zeit ge- schlossen. Nach dem Zusammenschließen der Perigonblättcr beginnt auch hier das spiralige, seilartige Ineinanderrollen und zwar werden die äußeren und inneren Glieder ganz regelmäßig zusammengedreht (Taf. IV, Fig. 7 u. 8). Bei keiner anderen Art spielt sich der Vorgang in so ausgebildeter Weise ab. Die Perigonröhre krümmt sich noch wenig abwärts und in dieser Lage vertrocknet die ganze zusammengedrehte Blüte allmählich, ohne daß sich die Perigon- blättcr je wieder lösen. Gegen experimentelle Eingriffe verhält sich die Blüte wie /. pallida und die anderen schon angeführten Arten. Auch hier wurden Messungen ausgeführt sowohl an den Perigonblättern als auch an der stark gekrümmten Perigonröhre. Die an jenen vorgenommeneu Me-isungen stimmten mit allen vorher- gehenden überein und bedürfen daher keiner Bespiechung, wohl aber ist eine Bemerkung über das Verhalten der Perigonröhre ein- zuschalten. Messungen an der Perigonröhre. Die Marken sind in der Mitte der Perigonröhre angebracht, auf der konvexen und konkaven Seite einander möglichst ent- sprechend. Die erste Messung wird gemacht, nachdem die Perigon- röhre sich schon zu krümmen angefangen hat. Konvexe Seite: Konkave Seite: Teilstr. Zunahme Teilstr. Zunahme 1. Juni 12"" mittags 97 83 ■'- • Tl 200 nachm. 103 6 86 3 ■*-• )1 315 11 106 3 87 1 i- 11 445 11 107 1 88 1 ••■• 11 y3u 11 109 2 90 2 2. ,. 730 moig. 124 15 92 2 2. „ g.io )• 127 3 92 0 2. „ 1^30 11 126 — 1 90 — 2 30 9 Auf der konvexen Seite haben wir also in 21 '/^ Stunden eine gleichmäßige Zunahme von 30 Teilstrichen oder 0,6 mm auf eine Strecke von 1,94 mm oder 30,9 %, auf der konkaven Seite in derselben Zeit eine Zunahme von 9 Teilstrichen oder 10,8%. Es verlängern sich also beide Seiten, sowohl die konvexe wie die kon- kave, letztere zwar nicht so stark, daher die Krümmung. Daraus 512 Hermaun Wacker, ergibt sich, daß auch diese Bewegung auf Wachstum beruht. Sie erstreckt sich auf einen Zeitraum von über 20 Stunden, dann aller- dings tritt eine Verkürzung ein, die Perigonröhre ist aber nun nicht mehr in turgeszentem Zustande, sie wird schlaff und vertrocknet in kurzer Zeit mitsamt der ganzen Blüte. Zu dem Vorstehenden sei nochmals ausdrücklich bemerkt, daß keine einzige Blüte in den zwei Jahren, in denen die Art beob- achtet worden, jemals Samen angesetzt hat; zudem sind zahlreiche Blüten kastriert worden und auch diese zeigen nie den geringsten Unterschied. Die ganze ßeihe von Vorgängen steht also in keinerlei Beziehung zur Befruchtung. Iris Fseudacorus. Beim Beginn des Abblühens rollen sich die Perigonblätter von außen her ein. Die drei inneren, die klein und zart sind, krümmen sich etwas nach abwärts, vertrocknen aber sehr bald. Die äußeren zurückgeschlagenen Glieder, die viel größer und kräftiger gebaut sind, rollen sich vom Rande her so weit ein, bis sie die Spitze des Griffels erreichen; dieser wird zunächst mit seinen beiden Zipfeln ebenfalls eingeschlagen und endlich erfolgt spiraliges Ineinanderrollen von Perigonblatt und Griffel; manchmal wird auch das Staubblatt mit gedreht. Bald aber tritt vollständiges Vertrocknen am Frucht- knoten ein, ohne daß das abgestorbene Gebilde sich ablöst, Iris Gueldenstaediiana. Am dritten Tage nach dem Aufblühen zeigen sich die ersten Verblüherscheinungen an den drei inneren Perigonblättern, indem die Adern hervortreten und die äußersten Enden sich abwärts krümmen. An den drei äußeren ist ein Heben der Perigonblatt- zipfel zu beobachten. Am nächsten Morgen sind die drei inneren Blumenblätter bis zur Basis eingerollt; die äußeren krümmen sich von ihrer Spitze an einwärts, drehen sich zugleich und jedes ein- zelne Blatt rollt sich so spirahg ein bis zum Grunde, so daß es wie ein Strick zusammengedreht erscheint. Manchmal wird der Griffel noch vom Perigonblatt erfaßt und ebenfalls mit gedreht. Im Laufe dieses Tages schrumpft das Volumen der Blüte bis auf die Hälfte ein; die Griffelblätter, falls sie nicht eingerollt werden, behalten ihre alte Lage und vertrocknen in dieser. In den folgenden Tagen verdorren sämtliche Blütenteile zu dünnen Häutchen und das vertrocknete Gebilde bleibt am Fruchtknoten sitzen, ohne sich abzulösen, Physiologische und morphologische Untersuchungen über das Verblühen. 543 Iris gramliica. Das Verblühen wird eingeleitet durch Schrumpfen der zarten Perigonblätter und durch Verblassen der ziemlich widerstandsfähigen Griffelblätter. Von einer Schließbewegung ist nichts zu bemerken. Die Griffelblätter vertrocknen in ihrer ursprünglichen Lage und die Perigonblätter sind schon vorher zu kleinen Gebilden zusammen- geschrumpft. Nach dem vollständigen Vertrocknen bleibt das Pe- rigon auch noch weiterhin auf dem Fruchtknoten sitzen. 2. Blüten, deren Perigon sich kurze Zeit nach dem Ab- blühen vom Fruchtknoten ablöst. Hierher gehören Iris ensata und die Gattung Gladiolus. Iris ensata. Die Blütendauer beträgt hier 2 bis 3 Tage, dann schließen sich die Perigonblätter langsam. Nach dem Schließen drehen sie sich noch spiralig zusammen und ihre Farbe verblaßt. Am fol- genden Tage zeigt sich dicht über dem Fruchtknoten eine helle Linie und bald sieht man mit dem bloßen Auge, wie hier die Gewebeplatten auseinander treten und ein Querriß entsteht, der aber durch einzeln stehenbleibende Pfeiler unterbrochen wird. Diese Pfeiler sind die Gefäßstränge, die erst zuletzt reißen. Der Querriß wird breiter und breiter und die Blüte immer mehr vom Fruchtknoten abgehoben; wir erhalten ein Bild, wie es Taf. IV, Fig. 9 darstellt. Endlich wird auch der letzte Gefäßstrang zerrissen und das Perigon fällt am 5. oder 6. Tage nach dem Aufblühen in stark verwelktem, geschlossenem Zustande ab. Auf der Trennungs- fläche über dem Fruchtknoten stehen kleine Zäpfchen der Gefäß- bündel, die etwas höher zerrissen sind als das übrige Gewebe, ebenso sieht man auf der abgelösten Fläche der Blüte die zu diesen Zäpfchen gehörenden Vertiefungen. Das Perigon wird abgeworfen, ob die Blüte befruchtet ist oder nicht. Kastrierte Blüten zeigen ganz dasselbe Verhalten, nur stirbt der Fruchtknoten, nachdem das Perigon abgeworfen ist, ebenfalls langsam ab. Die Ursache ihres abweichenden Verhaltens könnte vielleicht mit dem Umstände zu- sammenhängen, daß sie nur eine kurze Perigonröhre und keine lange bildet wie die übrigen Arten. Gladiolus communis. Den Beginn des Verblühens zeigen die zwei unteren Perigon- blätter des inneren und das unterste Blatt des äußeren Kreises an. 544 Hermann Wacker, Sie werden zuerst etwas schlaff und fangen an, sich langsam bis in die Horizontallage zu heben, wobei die beiden ersteren sich an- einander legen und vom letzteren umschlossen werden. Die drei oberen Perigonblätter führen keine so großen Bewegungen aus, die beiden seitlichen haben sich in der Zeit etwas einwärts bewegt, so daß sie gerade zur Seite der schon zusammengelegten drei unteren stehen. Das oberste Perigonblatt senkt sich abwärts und zuletzt hüllen die drei oberen Blumenblätter die ganze übrige Blüte ein. Daraufhin tritt keine weitere Veränderung mehr ein und das Pe- rigon wird gänzlich schlaff und fällt in 1 bis 2 Tagen halb ver- trocknet ab. Um auch hier näheren Einblick in das Verhalten der Perigon- blätter zu erlangen, wurden wieder Messungen ausgeführt und zwar zunächst an der Basis (Marken a) und am oberen Frade (Marken b) des obersten Perigonblattes, nachdem die übrigen Blütenteile entfei'nt worden. Sie ergeben: Marken a Marken b Teilstr. Zunahme an Teilstr. 19. Juni 10^^" morg. 76 19. ,. 12"" mittags 76 0 19. )■ 3"" nachm. 77,5 1,5 19. r 5-'" 78 0,5 20. >5 T^ morg. 79 1 20. » 1 100 80 1 20. » 2'-" nachm. 80 0 Ztinahme au Teilstr. Teilstr 74 74 0 75 1 76 1 76 0 76 0 76 0 Um 1 1 Uhr morg. am zweiten Tage ist das gemessene Perigon- blatt nicht mehr ganz turgeszent. Die Längenzunahme am ersten Tage ist, wie die Zahlen lehren, gering, sie beträgt auf der Strecke a 4 Teilstriche oder 5,2 % und auf der Strecke b nur 2 Teilstriche oder 2,7 %. Andere Messungen nun, die gleichzeitig am obersten und untersten Perigonblatt derselben Blüte angestellt worden, er- geben, daß das unterste Blatt die Schließbewegung zwischen 1 2 und 3 Uhr beginnt und das oberste erst zwischen 4 und 5 Uhr, wie es schon die Beobachtung mit dem bloßen Auge zeigt. Oladiolus hyhridus Gandavensis. Nach 5 bis 6 Tagen Blühdauer beginnt das Verblühen. Am Perigon erscheinen gelbe Flecken, die Farbe verblaßt, die Seiten- Physiologische und morphologische Untersuchungen über das Verblühen. 545 ränder der Blumenblätter schlagen sich ein und verschrumpfen. Die ganze Blüte wird welk und schließt sich. Das langsame Ab- sterben dauert einige Tage, dann fällt das ganze Organ in fast vertrocknetem Zustande vom Fruchtknoten ab. A m aryllida ceat: Cl'fvia nobilis. Das Aufblühen der Blüten erfolgt ziemlich langsam und erst, nachdem die Perigonblätter ganz entfaltet sind, springen auch die Antheren auf. Am 5. Tage nach dem Offnen zeigen sich auf den Perigonblättern gelbe Flecken, die ersten Anzeichen des Verblühens. Diese Flecken vermehren sich und werden von Tag zu Tag größer, ohne daß die Perigonblätter eine Schließbewegung ausführen. Nach ungefähr 10 bis 12 Tagen Blühzeit erscheint dicht über dem Frucht- knoten eine helle quer verlaufende Linie, die ganze Blüte verblaßt und allmähUch beginnen die Spitzen der Perigonblätter zu ver- trocknen. Endlich fällt das Perigon in halb abgestorbenem Zu- stande nach 2 bis 3 Wochen Blühdauer dicht über dem Frucht- knoten ab an der Stelle, an der die helle Linie schon lange vorher bemerkt wurde. Narcissus poeticns. Die Blüten bleiben nach der Entfaltung geöffnet bis zum voll- ständigen Verwelken, das nach ungefähr 8 Tagen eintritt. Sie setzen keinen Samen an und das Ganze vertrocknet zu einem brauneu Gebilde, das sich vom Blütenstiel nicht ablöst. Cannaceae. Canna indica. Vor dem Abfallen nimmt die Blüte eine etwas dunklere Farbe an, sonst aber löst sie sich meist ohne jede Welkerscheinung ab, das zurückgeschlagene Labellum allein zeigt schwache Spuren von Verfall. Merkwürdig ist bei dieser Blüte die Art der Ablösung der Krone. Es tritt nämlich an der Kronröhre einige Millimeter über dem Fruchtknoten ein Queriiß auf, der nicht auf eine be- stimmte Stelle beschränkt ist, sondern manchmal höher oder tiefei' liegt. Er kann spiralig verlaufen, es können zwei Risse dicht über- einander entstehen. Häufig kommt es vor, daß ein solcher Querriß sich nur auf die halbe Kronröhre erstreckt und daß so das halb 546 Hermann Wacker, abgelöste Organ noch einige Zeit erhalten bleibt. Die Kronröhre ist sehr brüchig. An der abgelösten Krone sowie an dem am Fruchtknoten sitzenden Basalstück treten nachher noch Längsrisse auf. Das Basalstück vertrocknet am Fruchtknoten und bleibt an demselben bis zur Fruchtreife sitzen. Der Kelch bleibt ebenfalls erhalten und stirbt ab bis zur Samenreife. Comnielina ceae. T rade s c a 1 1 1 i a virg i n i c a. Die Blüten öffnen sich frühmorgens, Kelch- und Kronblätter sind sternförmig ausgebreitet. Gegen 2 Uhr nachm. macht sich eine leichte Schließbewegung bemerkhch und der Rand der Blumen- blätter ist etwas eingerollt. Um 4 Uhr nachm. sind die Kron- blätter ganz und die Kelchblätter fast geschlossen. Am anderen Morgen schließt der Kelch dicht über den zusammengeschrumpften und durch Austreten des Zellsaftes verklebten Blumenblättern. Der Blütenstiel hat sich inzwischen abwärts bewegt und ist in einigen Tagen soweit gekrümmt, daß der Fruchtknoten nach unten gewandt ist. Die Kronblätter vertrocknen sehr rasch, während die Kelchblätter noch wachsen und nach 4 Wochen etwa doppelt so lang sind als zur Blütezeit. Der Blütenstiel krümmt sich nach abwärts, ob die Blüte befruchtet ist oder nicht. Die vertrocknete Krone und der Griffel sitzen noch lange Zeit am Fruchtknoten, ohne von der Achse abgerissen zu werden. Bei nichtbefruchteten Blüten vertrocknet der Kelch einige Zeit nach dem Abwärts- krümmen des Blütenstiels, bis zuletzt die ganze Blüte abgestorben ist. Bromeliaceae. Die Untersuchungen an den zu dieser Familie gehörenden Arten wurden im Gewächshause angestellt. Billhergla tliy rsoldea. Der Blühverlauf ist folgender: 3. Nov. 8"" morg. Die Blüte öffnet sich. Die Staubfäden sind an den Griffel angelegt, die An- theren schon aufgesprungen. Die Blüten sind je nach Lage der Blütenachse mehr oder weniger zygomorph (Zygomorphie der Lage nach Vöchting). 8^° morg. wird die spiralig gedrehte Narbe bestäubt. Am Abend ist die Blüte noch ganz geöffnet. Physiologische und morphologische Untersuchungen über das Verblühen. 547 4. Nov. 8*''^ morg. Über Nacht schließt sich die Blüte voll- ständig und damit ist auch das Abblühen eingeleitet. Um 10"" morg. zeigt sich eine leichte Drehung der Kronblätter, die sich tagsüber verstärkt. Der Kelch behält seine alte Lage. 5. Nov. 8"" morg. Die spiralige Drehung ist jetzt sehr deut- lich wahrzunehmen. Die geschlossene verblühte Knospe sieht fast genau so aus, wie die Knospe vor der Entfaltung') (vgl. Taf. V, Fig. 10 u. 11). 6. Nov. 8*"* morg. Jedes einzelne Blumenblatt hat sclion mehr als eine vollständige Umdrehung ausgeführt. Während dieses Vor- ganges sterben die Kronblätter allmählich ab, ihre Farbe geht in schmutziggrau über. 12. Nov. (siehe Taf. V, Fig. 12). Das Blumenblatt 1 hat zwei vollständige Umdrehungen ausgeführt, weiter geht die Drehung nicht mehr, die Kronblätter sind auch fast vertrocknet und in dem eben angegebenen Zustande verdorren sie vollends ganz. Die Blüten setzen keine Früchte an, die Blumenblätter, Staubfäden und der Griffel faulen an ihrer Ansatzstelle ab, der Kelch bleibt sehr lange erhalten. Beachtenswert ist, daß die Blumenblätter beim Abblühen zu- nächst wieder dieselbe gedrehte Lage einnehmen wie in der Knospe vor der Entfaltung und daß die Drehung auch weiter fortgesetzt wird; sie geht in beiden Fällen von links nach rechts. Bei der Drehung der Blumenblätter werden die noch stäubenden Staub- gefäße und der Griffel mit gedreht und gewissermaßen eingewickelt. Die Antheren legen sich dabei um den Griffel und sind noch einige Tage mit Pollen bedeckt. Die Filamente und der Griffel werden wie die Blumenblätter mit dem Vertrocknen braun. Nach dem Verblühen der letzten Blüte des ährigen Blüten- standes verlieren auch die schön rot gefärbten Hochblätter ihre Farbe und werden braun, die obersten an der Blütenstandsachse zuerst. Billhergia amoena. Auch hier herrscht in der Gestalt der Blüten Zygomorphie der Lage. Die Blütendauer beträgt 2 Tage, dann beginnt ein ähn- liches Abblühen wie bei der vorigen Art; die Blumenblätter zeigen hier jedoch nur eine schwache Rechtsdrehung. Die Hochblätter sterben wieder mit dem Verblühen der letzten Blüte des Blüten- standes ab. 1) Siehe auch die Angaben Üärtners und Hansgirgs. 548 Hermann Wacker, Befruchtung tritt niemals ein, infolgedessen stirbt der ganze Blütenstand langsam ab. Ouzmannia tricolor. Die Blüten dieser Art sind kaum einen halben Tag geöffnet, sie beginnen schon um 1 Uhr nachm., manchmal auch etwas später, mit dem Schließen und zugleich Abblühen der Blumenblätter, die sich nach innen einrollen. Der Vorgang spielt sich dabei in der Art ab, daß zunächst in den drei Blumenblättern die eine Seite rascher einschrumpft als die andere und infolgedessen eine schwache spiralige Drehung zustande kommt, die aber später wieder aus- geglichen wird durch das gleiche Einschrumpfen auf der anderen Hälfte. Bis um 7 Uhr abends sind die drei Blumenblätter ganz gleichmäßig nach innen eingerollt und ragen nur wenig mehr über den Kelch hinaus. Am anderen Morgen schließt sich der Kelch vollständig über den eingerollten Kronblättern. Bei näherer Be- sichtigung zeigt sich, daß letztere zunächst weiß werden, der Zell- saft austritt und sie dann an ihrer Ansatzstelle samt Staubfäden abfaulen. Die Blüten dieser Art sind also sehr veigänglich. Der Blütenstand bringt jeden Tag eine oder zwei Blüten zur Entfaltung bis zum vollständigen Verblühen. Uicotyleae. A. (' h 0 r i [) 0 1 a I a e. 1 . Abfallen der Blumenblätter ohne vorheriges Welken. a) Kelch bleibend. b) Kelch ebenfalls abfallend. «. Vor den Blumenblättern. ß. Mit den Blumenblättern. 2. Abfallen der Blumenblätter mit vorhergehendem Welken. a) Kelch bleibend. b) Kelch ebenfalls abfallend. 1, Abfallen der Blumenblätter ohne vorheriges Welken. a) Kelch bleibend. Cistaceae. Heliantliemuin vulgare. Die Blüten öffnen sich mit Sonnenaufgang, die Blumenblätter sind radförmig ausgebreitet, die Kelchblätter bis an den Blütenstiel Physiologische und morphologische Untersuchungen über das Verblühen. 549 zurückgeschlagen. An warmen, sonnigen Tagen beginnt nun das Abfallen der Kronblätter schon 10^*^ morgens und zwar lösen sich die Blumenblätter an derselben Blüte nicht gleichzeitig ab, sondern eines nach dem andern in ganz beliebiger Reihenfolge und in ver- schiedenen Zwischenräumen. Die Kelchblätter haben sich um diese Zeit wieder bis zur Horizontale emporgehoben, so daß sie stern- förmig ausgebreitet sind. Die beobachteten Blätter, ungefähr 200, sind an diesem Tage bis 1'^" nachm. sämthoh abgefallen, die Kelch- blätter haben sich bis S**" nachm. an allen abgeblühten Blüten ge- schlossen und dabei die Staubfäden, die nicht abfallen, ebenfalls mit eingeschlossen, wobei diese die Narbe berühren, so daß nötigen- falls noch Selbstbestäubung erfolgen kann. Der Kelch und die Staubfäden vertrocknen bis zur Samenreife am Fruchtknoten. Da die Kelchblätter in so kurzer Zeit eine Schließbewegung von fast 180** ausführen, könnte man annehmen, sie hätten an dem raschen Abfallen der Blumenblätter einen gewissen Anteil. Aber das Ent- fernen derselben bei frisch geöffneten Blüten ändert an dem Ver- halten der Blumenblätter nichts, sie lösen sich ebenso früh ab. Die beschriebenen Beobachtungen wurden bei intensivem Sonnenschein und hoher Temperatur angestellt, dementsprechend fielen die Blumenblätter in so kurzer Zeit ab. An kühlen regne- rischen Tagen dagegen lösten sich die letzten erst gegen 4-^*^ nachm. los, es trat also eine Verzögerung von 3 Stunden ein. Der Kelch schloß sich demgemäß auch später; er war ungefähr 1 Stunde nach dem Abfallen der Blumenblätter geschlossen. Cistus ladaniferus. Die Blütendauer beträgt hier einen Tag. Blumen- und Kelch- blätter sind tagsüber flach ausgebreitet und erst abends fallen die Kronblätter ab, dann beginnt auch die Schließbewegung des Kelches. Am anderen Morgen sind die Kelchblätter geschlossen und haben die noch stäubenden Staubfäden mit eingehüllt. In den nächsten Tagen schließen sich die Kelchblätter so fest zusammen, daß sie sich nur mit einiger Mühe voneinander entfernen lassen. Kelch und Staubfäden vertrocknen wieder bis zur Fruchtreife. Hosaceae. Beobachtet wurden Rosa rugosa, Firus, Cydonia Japonica, Prunus. Jahrb. f. wiss. Botanik. XLIX. 36 560 Hermann Wacker, Rosa rugosa. Die Blumenblätter fallen ab, ohne zu welken und ohne irgend welche Bewegung auszuführen. Die Staubfäden krümmen sich nach der Anthese über die Narben, vertrocknen so und bilden ein Polster über dem Fruchtknoten. Die Kelchblätter vergrößern sich noch nachträglich und sterben bis zur Fruchtreife ab. Geraniaceae, Oeraniu7n phaeum. Über das biologische Verhalten dieser Blüte vergleiche man Knuth, Blütenbiologie II, 1, S. 233. Die zurückgeschlagenen Blumenblätter fallen, ohne eine Schließ- bewegung auszuführen, unverwelkt ab. Der bis an den Blütenstiel zurückgeschlagene Kelch und die Filamente der Staubgefäße, von denen die Antheren abgefallen sind, krümmen sich nach oben und legen sich an die Früchte an, wo sie bis zu deren Reife verdorren. Die Griffel wachsen noch uach der Bestäubung bis zu 2 cm Länge. Diesen Angaben über das Verblühen fügen wir noch ein paar Bemerkungen bei, die uns einige Aufschlüsse über das Verhalten von Kelch und Krone beim Aufblühen geben. Zwischen diesen herrscht nämlich eine gewisse Spannung, ein Umstand, der daraus hervorgeht, daß, wenn man bei einer entfalteten Blüte die Blumen- blätter abschneidet, der Kelch sich sofort so weit aufwärts bewegt, bis er scheibenförmig ausgebreitet ist. Beim Offnen ist er sogar ein Hindernis für das Ausbreiten der Krone, was folgende Ver- suche näher erläutern. a) Entfernt man aus einer aufgehenden Knospe die Blumen- blätter, dann öffnet sich der Kelch kaum merklich. b) Entfernt man dagegen an einer solchen Knospe die Kelch- blätter, dann entfalten sich die Blumenblätter ganz normal, schlagen sich aber nun noch weiter zurück bis an den Blütenstiel. Zur Er- gänzung wird noch ein weiterer Versuch ausgeführt. c) Es werden an einer Knospe zwei Kronblätter und die zu den drei anderen gehörigen Kelchblätter entfernt, die Folge ist, daß die zwei stehen gebliebenen Kelchblätter sich nicht öffnen, während die drei Blumenblätter sich wieder bis an den Blütenstiel zurückschlagen. Aus diesen Versuchen ist ersichtlich, daß der Kelch beim Aufblühen nicht aktiv beteiligt ist, sondern durch die Blumenblätter Physiologische und morphologische Untersuchungen über das Verblühen. 651 mit geöffnet wird, nach deren Ablösung schließt er sich durch ge- ringes Wachstum der Außenseite der Kelchblätter, wie angestellte Messungen ergeben. Linaceae. Linum perenne. Die Blüten dieser Art sind bis 8 Uhr morgens sämtlich voll- ständig geöffnet. Mit dem Entfalten der Blumenblätter springen auch die Antheren auf. An sonnigen, warmen Tagen beginnt nun das Abfallen der Kronen schon gegen 11 Uhr morgens und ist um 2 Uhr nachm. vollendet. Kelch, Griffel und Staubfäden bleiben erhalten. Ersterer schließt sich noch am gleichen Tage und stirbt bis zur Fruchtreife ab, letztere verdorren ebenfalls, ohne sich von der Achse abzulösen. Lythraceae. Cuphea viscossissima. Die Blumenblätter fallen 3 bis 5 Tage nach dem Aufblühen in ganz beliebiger Reihenfolge und in verschiedenen Zwischenräumen ab. Der oberste Kelchzipfel krümmt sich nach unten und die Öffnung des Kelches wird durch die mit filzigen Haaren besetzten Staubfäden verschlossen. Der erhalten gebliebene Griffel schiebt sich teils durch nachträgliches Wachstum, teils durch das des Fruchtknotens bis zu 5 mm über den Kelchrand hinaus. Das obere Ende des Kelches wird durch Einschnürung bedeutend verengt, so daß er durch den wachsenden Fruchtknoten der Länge nach gespalten wird. Aus dem entstandenen Spalt krümmt sich später, da auch die Fruchtknotenwand reißt, die Placenta nach rückwärts heraus (Engler- Prantl, IIL Teil, III a, S. 9). Nichtbefruchtete Blüten fallen 2 bis 8 Tage nach den Blumenblättern ab ohne den Blütenstiel. b) Kelch ebenfalls abfallend. a. Vor den Blumenblättern. Als bekanntes Beispiel hierfür sind die Papaveraceen zu nennen, wo der Kelch mit dem Aufblühen der Knospe abgelöst wird. Die Blumenblätter und Staubfäden fallen in den meisten Fällen ohne Welkerscheinung ab, manchmal jedoch sind sie auch schwach an- gewelkt. Chelidonium majus. Die periodisch sich öffnenden und schließenden Blüten werfen mit dem ersten Aufblühen die Kelchblätter ab. Am 3. Tage be- 36* 552 Hermann "Wacker, ginnen einige Staubfäden abzufallen, während an den flach aus- gebreiteten Blumenblättern keinerlei Welken wahrzunehmen ist. Die Staubfäden lösen sich an diesem Tage sämtHch ab ; die Blumen- blätter erst am folgenden, ohne vorher irgend welche Bewegung auszuführen, sie sind flach ausgebreitet und in dieser Lage fallen sie plötzlich ab. Eschscholtzia californica. Die ebenfalls periodisch sich öfi"nenden und schließenden Blüten sind gegen Witterungseinflüsse sehr empfindlich. Bei Regen oder kühler Temperatur öffnen sie sich tagelang nicht, danach ist auch die Blütendauer sehr verschieden. Nach dem ersten Aufblühen vergrößern sich die Blumenblätter noch bedeutend. Sie schließen sich nicht vor dem Abfallen, sondern die Ablösung erfolgt, solange die Blüte geöfi'net ist. Papaver Rhoeas. Die Blumenblätter dieser Blüte zeigen vor dem Abfallen manchmal deutlich Welkerscheinungen, sonst aber verhalten sie sich den eben beschriebenen ähnlich. ß. Mit den Blumenblättern. Balsatnineae. Impatiens noli längere. Nach der Entfaltung ist an den Blüten dieser Art keine wesent- liche Veränderung mehr wahrzunehmen Am 2. Tage nach dem Aufblühen löst sich die Staubblattkapuze ab und einige Stunden, manchmal auch einen Tag nachher fallen die Blumen- und Kelch- blätter in der Regel miteinander ab ohne besondere Welkerschei- nungen. Ganz ähnliches Verhalten zeigen die Blüten von /. Roylei. Erwähnen wollen wir hier noch einige Gattungen der Raiiuncu- laceen von Aconitum, Delphinium, Aquilegia, wo die allerdings nicht in Kelch und Krone geschiedene Blütenhülle auch unver- welkt abfällt. 2. Abfallen der Blumenblätter mit vorhergehendem Welken. a) Kelch bleibend. Beobachtet wurden die Gattungen Viola, Hypericum, Dictani- nus, verschiedene Malvaceeu, Calandrinia. Physiologische und morphologische Untersuchungen über das Verblühen. 553 Violaceae, Viola odorata. Die ßlütendauer beträgt hier 8 bis 10 Tage, nach dem 4. bis 5. Tage des Blübens treten an den Blumenblüttern weiße Flecken auf, in den nächsten Tagen schrumpft die Krone mehr und mehr zusammen, wobei die Farbe verblaßt und nach 8 bis 10 Tagen fallen die Blumenblätter und Staubfäden in ziemlich vertrocknetem Zustande ab. Kelch und Griffel bleiben. Die Kelch- blätter wachsen nach der Ablösung der Krone noch sehr bedeutend und umhüllen die reifende Frucht vollständig. Sypericaceae. Hypericum perforatum. Die Blumenblätter sterben von der Spitze aus langsam ab und bleiben ziemlich lange an der Achse sitzen. Die Ablösung geschieht durch den wachsenden Fruchtknoten, nachdeu) sie voll- ständig desorganisiert sind. Portulacace:b?.w. .-it- BJM. Verlauf des Bisses-. LifhAnstvIAy Stickstoffbindung durch Pilze bei gleichzeitiger Ernährung mit gebundenem Stickstoff. Von Gerold Stahel. Die vorliegende Arbeit sollte versuchen, sowohl neue Beispiele für Stickstoff bindung durch Pilze aufzufinden, als auch einige der bereits untersuchten Arten noch einmal nachzuprüfen, um dadurch womöglich die früheren Resultate zu bestätigen. Besonders sollte aber festgestellt werden, wie die Stickstoffassimilation vom Anfangs- stickstoffgehalt der Nährlösung abhängt. Die Arbeit knüpft unmittelbar an diejenige Froehlichs (1908) an, der eine Anzahl Hyphomyceten, die auf abgestorbenen Pflanzen- teilen häufig vorkommen, isolierte und quantitativ auf ihr Stickstoff- bindungsvermögen untersuchte. I. Isolierung und Kultur der Pilze auf Agar ohne Zusatz von gebundenem Stickstoff. Die von Froehlich (08) und von mir untersuchten Pilze finden sich auf toten Pflanzenteilen: Blättern, dürren Stengeln, Baum- stümpfen usw. meist in großer Menge. Das Substrat, auf dem sie wachsen, ist, im Verhältnis zu den gewöhnhch verwendeten künst- lichen Nährböden, ein relativ stickstoffarmes. Es enthält nämlich auf Trockengewicht (bei 100" C getrocknet) bezogen: Buchenlaubhumus 0,38 7o N (E. Wollny 97, S. 223). Buchenlaubstreu 1,34 „ „ (E. Eberraayer 82, S. 66), Holzpulver 1,17 „ „ (König 03, S. 639). Apfelbaumholz 0.90 „ „ (R. Otto 86, S. 811). Eichenblätter 1,1 1 „ „ (E. Henry 97, S. 411). Buchenblätter 0,95 „ „ (E. Henry 97, S. 411). 580 Gerold Stahel, Auf Frischgewicht bezogen, müßten diese Werte noch etwa durch zwei dividiert werden, da frische Blätter ca. 50 "^/o Wasser enthalten. Bei der Auswahl der Pilze wurden aus praktischen Gründen alle Basidiomyceten weggelassen. Unter den verwendeten Kultur- bedingungen bringen diese meist nur Nebenfruktifikationen hervor, die sicher zu identifizieren unmöglich ist (vgl. 0. Brefeld, Unter- suchungen aus dem Gesamtgebiet der Mykologie Bd. 6 — 10). Von Askomyceten wurden einige nicht fruktifizierende Formen weiter kultiviert, wenn sie auf dem stickstoflFarmen Agar sehr gut wuchsen. Die meisten der isolierten Pilze gehören zu den Fungi imperfecti. Das von den Exkursionen mitgebrachte Material ließ sich sehr oft nicht mehr bestimmen, da die Konidien abgefallen und die Konidienträger kaum mehr zu finden waren. Solche verwelkte Rasen konnten oft wieder zur schönsten Entwicklung gebracht werden, wenn sie feucht gehalten und zugleich genügend durch- lüftet wurden. Auch Sklerotien keimten unter solchen Bedingungen oft sehr schön aus. Zum Isolieren der Pilze wurde folgendes Verfahren angewandt: Einem möghchst reinen Rasen des zu isolierenden Pilzes wurde, wenn nötig, unter dem binokularen Präpariermikroskop, mit aus- geglühtem Platindraht eine kleine Probe entnommen und meist mit einem Tropfen Wasser auf einem abgeflammten Objektträger ver- dünnt. Hiervon wurde eine Spur in flüssigen Agar gebracht und damit Platten gegossen. Nach 2-3 Tagen zeigten sich dann je- weils wenige, gut isolierte Rasen, die durch mehrmaliges Über- impfen leicht das Material zu den Reinkulturen gaben. Der verwendete Agar enthielt die stickstofffreie Winogradsky- sche Nährlösung. Ein Liter dieses Agars enthielt: 1 g KH2PO4 0,2 g MgSO, 50 g Dextrose Spuren von FeS04 „ NaCl 15 g Agar Der Stickstoffgehalt des verwendeten Agars beträgt 1,65 °/o')- Die Agargallerte enthält also 0,025% Stickstoff, entsprechend etwa 1) Nach einer Analyse aus dem Laboratorium des Basler Kantonschemikers. Stickstoffbindung durch Pilze bei gleichzeit. Ernährung ni. gebund. Stickst. 681 0,175 7o Pepton, wenn wir nur den N-Gebalt, nicht aber den Nähr- wert in Betracht ziehen. Der N- Gehalt unseres Agars ist also bedeutend höher als der, den z. B. Keding verwandte und der nur 0,3 Vo N enthielt. Außer dem Stickstoffgehalt des Agars, konnte nur derjenige der Dextrose in Betracht kommen. Ich verwendete für die Agar- kulturen eine als Dextrose purum bezeichnete Qualität'). Wurde die gelbbraune konzentrierte Lösung dieses Zuckers filtriert, so blieb auf dem Filter ein brauner Rückstand zurück, der aus Par- enchymzellen bestand. Nimmt man in Proehlichs (08, S. 267) „blinden Versuchen" die gesamte gefundene Stickstoffmenge als aus der Dextrose stammend an, so enthielte die Dextrose purum noch etwa 0,019 Vo Stickstoff. Die späteren Kulturen auf sehr stickstoffarmem Substrat ent- hielten dagegen die als Dextrose purissimum bezeichnete Qualität. Die konzentrierte schwach gelbliche Lösung hinterließ beim Filtrieren nur einen ganz unbedeutenden Rückstand, der au8 den gleichen Elementen bestand, wie bei Dextrose purum. Diese als „N-frei" bezeichnete Dextrose purissimum sicc. enthielt noch analytisch nach- weisbare Spuren von Stikstoffverbindungen. Eine Analyse, die vom Adjunkten des hiesigen Kantonschemikers ausgeführt wurde, ergab einen Stickstoffgehalt von 0,002 Voj also gerade etwa 10 mal weniger als Dextrose purum. Die Stickstoffbestimmung wurde nach Über- führung in NH4 kolorimetrisch nach Nessler ausgeführt. Die Kulturen standen in einem Zimmer, das speziell zur Auf- bewahrung von Kulturen benutzt wird. Sie vor der Aufnahme gas- förmiger Stickstoffverbiudungen noch besonders zu schützen, war nicht nötig, da der Stickstoffgehalt des Nährsubstrates verhältnis- mäßig noch hoch war. Nur jene Formen wurden in die Reinkulturen aufgenommen, die auf diesem Agar gut gediehen. Schon auf solchem Agar schlecht wachsende Pilze zeigen nämlich auf den sehr stickstoffarmen Sub- straten gar keine Entwicklung mehr, wie ich das für Oonatohotrys feststellen konnte. In dem folgenden Verzeichnis der isolierten Pilze wurde da, wo die Art nicht sicher festgestellt werden konnte, nur der Gattungs- name angeführt. 1) Sämtliche für die Nährlösungen verwendeten Chemikalien stammen von E. Merk in Darmstadt. Jahrb. f. wias. Botanik. XLIX. 38 582 Gerold Stahel, Zahlreiche Beohachtungen meist morphologischer Natur konnten in dieser Arbeit keine Verwertung finden. Ich gedenke später einige dieser Daten zu veröffentlichen. Besonderes Interesse beanspruchen: Monopodimn iiredopsis, Coniosporium spec, Bispora moUnioides, Sporoschisma nova spec, Ceratodadium microspermum , Stysanus Echinohotn/um und eine neue Gattung aus der Gruppe der C/ialareae. Die letztere fand bei den vorliegenden Kulturen keine Verwendung. In der folgenden Tabelle sind die Pilze nach dem System in Rabenhorsts Kryptogamenflora geordnet. Benützen wir die oben gemachten Angaben über den N- Gehalt der Dextrose und des Agars, so enthielte der Nähragar etwa 0,02.5^'/,, N, was dem N-Gehalt nach 0,175 Vo Kalisalpeter oder Pepton entsprechen würde. Spezies Fundort und Häufigkeit des Vorkommens Wachstum auf Agar ohne Zugabe von gebundenem Stickstoff 1. Chromosporium spec. Auf dürren Umbelliferen- st engein Wächst und fruktifiziert gut 2. Tnclioderma liynoruni Tode Auf dürren Stengeln häufig Wächst u. fruktifiziert normal 3. Penicillium roseum Auf feuchten Wurzeln von Wächst und fruktifiziert gut Link. Alnus glutinosa 4. Monopodiiini uredop- Auf dürren Blättern von La- Fruktifiziert schwach. Zartes sis Delacr. tliyrus heterophyllus Mycel 5. Botrytis cinerea Pars. Fruktifiziert reichlicli und bildet Sclerotien (bis '/•.• cm breit) 6. Verticillium spec. Auf feuchtem Bauholz Fruktifiziert normal. Sehr zartes Mycel. 7. Acrostalagmns cinna- Auf totem Laub häufig Fruktifiziert gut. Zartes barinns Corda Mycel 8. Perivonia pygnospora Fresen. Auf totem Laub Großes Mycel. Steril 9. Gonatobotrys simplex Auf dürren Blättern von Po- Fruktifiziert, Mycel sehr zart Corda pulus tremula 10. Monotospora spec. Auf Umbelliferen- Stengeln Steril. Mycel mit zahlreich. Sclerotien 11. Coniosporium spec. Auf dürren Stengeln von So- Fruktifiziert und wächst gut. (Shiraianum ?) lidago virga aurea 12. Torula spec. Auf dürren Stengeln von Fruktifiziert und wächst sehr Heracleum gut 13. Hormiscium stilbospo- Auf Coniferen- Stümpfen häuf. Fruktifiziert sehr gut. Großes rum Corda Mycel 14. Stachybotry-f lobuluia Auf angefeuchtetem Filtrier- Fruktifiziert und wächst sehr Berk. papier und alten Tapeten gut Stickstoffbindung durch Pilze, hei gleichzeit. Ernährung m. gebund. Stickst. 583 Spezies Fundort und Häufigkeit des Vorkommens Wachstum auf Agar ohne Zugabe von gebundenem Stickstoff 15. Trichosporium spec. Auf der Cupula von Fagus Fruktifiziert und wächst ziem- si.lv. lich gut IG. Hormodendntm clado- Auf toten Pflanzen sehr häufig Fruktifiziert und wächst sehr sponoides Sac. gut 17. Bispüra violinio)'des Auf Uuchenstünipfon sehr Fruktifiziert sehr gut. M\ rel Corda häufig ziemlich groß 18. Clasterosp orium spec. Auf Ructieiihnlz Fruktifiziert und wächst gut 19. Sponäylocladiiim spec. Auf einem Eiclicnstumpf Fruktifiziert spärlich. (Jroße.s Mycel 20. St'pfonema spec. Auf Buchenholz Verlor auf Agar allmählich die Fähigkeit, Conidien zu bilden. Großes Mycel 21. Hehninthosporiiim sp. Auf Buchenholz Fruktifiziert spärlich. Mycel (obclavahim?) groß 22. Acrothecium tenehro- Auf faulem Holz. Häufig Mycel groß. Fruktifiziert sum Preuß. spärlich 2.3. Dendryjiliiiim ftimn- Auf Bauinstiim|ifen. Zieiii- Fruktifiziert schwaeli. Mycel sum Corda licli häufig groß 24. Dendryphium fortdo- Auf dürren Stengeln Fruktifiziert schwach. Mycel ides Fresen. groß 2.5. Hporoachisma no ca Auf faulem Holz von Piceti Fruktifiziert und wächst ziem- spec. lich gut 26. iJidyusporkim clegans Corda Auf morschem Ahornholz Steril. Mycel stark 27. Macroxporiuvi com- Auf toten Pflanzenteilen. Fruktifiziert und wächst sehr mune Rbli. Häufig gut 28. AUernaria teniiis Nees. Auf toten Pflanzenteilen sehr Fruktifiziert und wächst sehr häufig gut 29. Trlpospovium spec. Auf Buchenholz Steril. Mycel groß .30. (Jcratocladium viicro- Auf Buchenhol/, und auf Wächst und fruklifiziert gut spermum Corda Kinde von (Crataegus 31. Graplüum penicilUo- Auf Holz von Picea e.rc. Fruktifiziert sehr gut. Mycel ides var. Ungeri. Sacc. Häufig zart 32. Stysanus Echinohotry- Auf dürren Ästen von Sorhus Fruktifiziert und wächst gut mn ^) aucup. 33. Sparucybe spec. Auf morschem Buchenholz Fruktif. u. wächst zieml. gut 34. Tuberciilaria vidyaris Auf dürren Ästen. Häufig Fruktifiziert und wächst ziem- Tode lich gut 1) Da ich sowohl aus den ^^Slysanus"- als auch aus den „ Echinobotry um" -Co- nidien im Gegensatz zu Gueguen (04, S. 217) immer nur Echinobutryum- und Stysanus- Couidien zusammen erhielt, so habe ich vorläufig die Bezeichnung Stysanus Echino- botryum gewählt. 38* 584 Gerold Stahel, Spezies Fundort und Häufigkeit des Vorkommens Wachstum anf Agar ohne Zugabe von gebundenem Stickstoff 35. Fusarium spec. (Sele- nosporium Corda) Auf Holz von Beiula Fruktifiziert und wächst gut 36. Epicoccum purpiiran- Auf dürren Blattern ziemlicli Steril. Starkes Mycel cens Ehrenb. häufig 37. Monochaetia alnea Ha- riot el Briard Auf Buchenrinde Fruktifiziert und wächst gut 38. Phoma complanata Tode Auf dürren Aw/ye^icn-Stengeln Fruktifiziert und wächst gut 89. Phoma mellaena Mont. Auf dürren Stengeln von Fruktifiziert und wächst gut et Dur. Astragalus 40. Phoma spec. Auf Buchenrinde Fruktifiziert uud wächst gut 41. Vermicularia spec. Auf ümbelliferen - Stengeln. Häufig Steril. Großes Mycel 42. Bulgaria inquinans Fries Auf Buchenholz Steril. Großes Mycel 43. Hysterium Fraxini Pers. Auf dürren Fraxinus - Asten Steril. Großes Mycel 44. Aspergillus niijer Van Tieghem — Fruktifiziert und wächst gut 45. Penicillium ißaucum Link. — Fruktifiziert und wächst gut 46. Chaetomium bostry- Auf Sanien.schalen von Heli- Fruktifiziert und wächst gut chodes Zopf anthus annnus 47. Nectria ditissima Tul. Auf Laubbäumen. Häufig Wächst und fruktifiziert gut 48. Melanomma spec. Auf Umbelliferen-Stengeln Steril. Großes Mycel 49. Pleospura microspora Auf dürren Schilfblättern. Zahlreiche Fruchtkörperan- Nießl. Häufig fänge. Großes Mycel 50. Valsa Eutypa Achar. Auf toten Ästen von Acer. Häufig Steril. Großes Mycel 51. Xylaria Hypoxylon L. Auf Baumstümpfen. Häufig Fruktifiziert selten und ab- normal. Großes Mycel 52. Xylana carpophila Pers. Auf der Ciipula von Fayus silv. Steril. Mycel ziemlich groß 53. Cryptospora spec. Auf morschem Holz Steril. Mycel ziemlich groß 54. Mucor stolonifer Ehrenb. Fruktifiziert und wächst gut Die Reinkulturen wurden in Reagenzgläschen auf schräg- erstarrtem Agar aufbewahrt und jährlich 2 — 3 mal auf frisches Sub- strat übergeimpft. Ob alle Pilze, die auf diesem Substrat gut wachsen, den un- gebundenen Stickstoff assimilieren, wurde nicht untersucht. Es ist Stickstoffbindung durch Pilze bei gleichzeit. Ernährung m. gebund. Stickst. 585 aber zu beachten, daß z. B. Stachyhofrys lohulata auf unserm Agar ebenso gut wuchs, wie etwa Hormodendrum. Auf den sehr stick- stoflfarmen Kieselsäure - Platten aber wuchs Stachyhotrys fast gar nicht mehr, während sich Hormodendrum noch leidlich gut ent- wickelte. Doch ist es nicht unmöglich, daß Stachyhotrys mit einer geringen Menge Anfangs-N, also auf unserm Agar, den elementaren Stickstoff assimiliert, wie das für Hormodendrum und andere nach- gewiesen wurde; nur daß Stachyhotrys vielleicht etwas mehr An- fangs-N braucht, um assimilieren zu können. Dies ist nur ein prägnantes Beispiel, doch lassen sich beim Vergleichen der Tabellen der Agarkulturen mit den späteren Kul- turen auf Kieselsäuregel noch zahlreiche entsprechende Fälle auf- tinden. Die fünf Formen, die auf der Kieselsäuregallerte relativ gut wuchsen, treten hier auf dem Agar noch nicht hervor. Die drei Gruppen, in die wir die Pilze später nach dem Wachstum auf sehr stickstoffarmem Substrat einteilen, finden wir hier noch nicht angedeutet. II Kultur auf Kieseisäuregallerte ohne gebundenen Stickstoff. 1. Darstellung der Kieselsäure. Da trotz der Vorschriften von Winogradsky (91, S. 92 — 100) und Onieljansky (99, S. oo7) die Herstellung einer tadellosen Gallerte nicht immer gelingen will, so beschäftigte ich mich längere Zeit eingehend damit. Außer den beiden obigen Autoren haben sich in neuerer Zeit Beijerink (04, S. 28) und Stevens und Temple (08, S. 87) mit ihrer Darstellung beschäftigt. Beijerink hat einfach die Wasserglaslösung des Handels ver- dünnt und mit Salzsäure titriert. Es entsteht dann schon in ganz kurzer Zeit eine Gallerte, die in strömendem Wasser von Kochsalz befreit wird. Hierauf wird diese in eine Nährlösung gebracht, bis die Gallerte damit vollgesogen ist; dann ist der Nährboden fertig. Daß das nur ein ungenügender Ersatz für die Winogradskysche Methode ist und nur deshalb einen Wert für die Praxis hat, weil dadurch der Dialysierprozeß umgangen wird, ist klar. Auch die Methode von Stevens und Temple umgebt die Dialyse. Eine Wasserglaslösung, die 4 — 5% Kieselsäure enthält, wird mit Salzsäure neutralisiert und dann ganz schwach angesäuert. In diesem Zustand kann die Mischung im Autoklaven sterilisiert werden ohne zu gerinnen. Will man eine Gallerte erzeugen, so 586 Gerold Stahel, wird die Mischung einfach mit Natriumkarbonat schwach alkalisch gemacht, worauf sie in kurzer Zeit gerinnt. Das Kochsalz, das dabei entsteht, bleibt in der Gallerte. Ob die 12— 207ü Kochsalz wirklich ganz ohne Einwirkung auf die darauf kultivierten Salpeter- bakterien war, wie die beiden Autoren versichern, wäre noch zu untersuchen. Der springende Punkt bei der Darstellung der Kieselsäure ist die Dialyse. Ich hoffe durch eine genaue Beschreibung des Verfahrens manchem die Darstellung der Kieselsäure zu erleichtern. 1 Teil Nntriumwasserglaslösung') vom spez. Gew. 1,09 — 1,1U (Omeljansky verwendete eine Lösung vom spez. Gew. 1,05 — 1,06) und 1 Teil Salzsäure vom spez. Gew. 1,10 werden gemischt, indem man die Wasserglaslösung in die Salzsäure gießt (nicht umgekehrt!). Hiermit werden Pergamentschläuche") gefüllt, die 50 mm breit und ca. 35 cm lang sind. Vor Gebrauch werden sie aufs sorgfältigste auf ihre Dichtigkeit geprüft, indem sie, einerseits mit einer Schrauben - klemme geschlossen, mit destill. Wasser gefüllt frei aufgehängt werden. Nur diejenigen Schläuche, die gar kein Wasser durch- sickern lassen und während eines Tages nur relativ wenig Wasser durch Verdunsten verlieren, sind brauchbar. Mit der Mischung (Salzsäure -\- Natriuinwasserglas) werden die Schläuche nur bis zu V:^ ihres Fassungsvermögens gefüllt. Hierauf wird das andere Schlauchende ebenfalls mit einer Schraubenklemme geschlossen, indem man durch Zusammendrücken des Schlauches dafür sorgt, daß möglichst alle Luft aus dem Schlauch entfernt wird. Je weniger ein Schlauch gefüllt ist, desto schneller ist die Dialyse beendigt. Die so gefüllten Schläuche werden in einer großen Kuvette dialysiert. Sie liegen horizontal auf einem Gestell von Holzstäben, das mehrere Etagen hat. So ist jeder Schlauch allseitig von Wasser umspült und zugleich die dialysierende Oberfläche wegen der ge- ringeren Deformation bedeutend besser ausgenützt, als wenn die Schläuche vertikal aufgehängt sind. 12 Stunden wird gegen schnellfließendes Brunnenwasser (ca. 4 1 pro Min.) dialysiert. Das Wasser kommt von unten her, strömt zwischen den Säcken durch und fließt oben ab. 1) Das NajSiOa -|- aqu. wurde als Natr. silic. pur. cryst. von E. Merk in Dann- stadt bezogen. 2) Die Perganientschläuehe wurden von der Firma C. Desaga in Heidelberg bezogen. StickstoffbinJung durch Pilze hei gleichzeit. Ernälirung ni. gebund. Stickst. 687 Die Temperatur soll etwa 15^ C betragen. Im Winter mußte deshalb das Wasser zuerst durch einen „Wärmeerzeuger" geleitet werden. Weitere 12 Stunden wird die Dialyse gegen 2 — 3mal er- neuertes destill. Wasser fortgesetzt. Im dest. Wasser konnte natür- hch das Holzgestell nicht verwendet werden. Die Schläuche lagen hier entweder in flachen Schalen nebeneinander oder hängen vertikal in der großen Kuvette. Sind die Schläuche mit 100 ccm obiger Mischung gefüllt, so enthält das erhaltene Hydrosol etwa 0,01% Kochsalz. Letzteres beeinflußt die Haltbarkeit der Lösung nicht und entspricht gerade dem Kochsalzgehalt der Winogradskyschen Nährlösung. In der Nährlösung wurde deshalb das Kochsalz weggelassen. Enthielten die Schläuche 200 ccm Lösung, so fand sich im resultierenden Hy- drosol ca. 0,05% Kochsalz. Je länger die Dialyse fortgesetzt wird, umsoweniger Kochsalz findet sich im Hydrosol, umsomehr nimmt aber auch dessen Beständigkeit ab (vgl. Gmelin- Krauts Hand- buch der anorg. Chemie 1908, Bd. III, Abt. 1, S. 149). Wünscht man einen geringeren Kochsalzgehalt als 0,01 7oj so wird man nicht die Zeit der Dialyse verlängern, sondern die Menge der Flüssigkeit pro Schlauch verringern. Ganz kochsalzfrei wird man auch nach wochenlangera Dialysieren die Kieselsäure nicht er- halten können. Während des Dialysierens verdünnen sich die Lösungen in den Schläuchen durch osmotische Wasseraufnahme. Werden die Schläuche mit 100 ccm gefüllt, so ist am Ende der Dialyse 142 ccm Hydrosol vorhanden, werden sie mit 200 ccm gefüllt, so resultieren 280 ccm Hydrosol. Mit dem Kochsalz permeiert auch etwas Kieselsäure in das umgebende Wasser. Das Hydrosol hat das spez. Gew. 1,012 (bei Verwendung einer Natriumwasserglaslösung vom spez. Gew. 1,099) und enthält auf 100 Teile Lösung 1,6 Teile Kieselsäure. Die Kieselsäurelösung zeigt in dicken Schichten eine kaum bemerkbare Opaleszenz, sie ist schwach sauer und läßt sich bis zu einem Jahr aufbewahren, ohne zu koagulieren oder die gallertbildenden Eigenschaften einzubüßen. Die Lösung kann im Autoklaven bei 135" C und 2 Atmosphären Überdruck ohne zu koagulieren sterilisiert werden. 18 ccm dieser Kieselsäurelösung werden mit 2 ccm einer lOfach normalen Nährlösung, ohne Zusatz von Kochsalz, in einem Kölbchen gut gemischt und damit Platten gegossen. Eine solche Mischung 588 Gerold Stahel, koaguliert selbst nacli vielen Tagen nicht und nimmt im Autoklaven bei 135^ C sterilisiert nur eine zähflüssige Konsistenz an. Um eine feste Gallerte zu erhalten, verwendete Omeljansky Magnesiumkarbonat und zwar in solcher Menge, daß die entstehende Gallerte ein „milchiges Aussehen gewann". Da das Magnesium- karbonat eine ziemlich stark alkalische Reaktion aufweist, so wurde nach einem andern Körper gesucht, der bei neutraler Reaktion und ohne schädlichen Einfluß auf das Pilzwachstum Koagulation hervorruft. Kalziumkarbonat hatte leider keine Wirkung. Weitere Ver- suche in dieser Richtung bezweckten, durch Zusätze von Aufschläm- mungen, deren Partikelchen suspendiert bleiben, die Gelbildung auszulösen. Das Gerinnen wird nämlich beschleunigt (vgl. Gmelin- Kraut 1908, Bd. III, Abt. 1, S. 148) durch „Graphit und andere indiff'erente Körper". Von solchen Aufschlämmungen wurden ge- prüft: feingemahlener Asbest, Asbest und Kalziumkarbonatpulver, Glaspulver, feingemahlener Tabaschir, Aluminiumhydroxyd und Ma- gnesiumoxyd, das letztere wies allerdings eine ziemlich stark alka- lische Reaktion auf. Außer Magnesiumoxyd zeigte nur Asbest mit Kalziumkarbonat eine Koagulation, aber eine sehr unvollkommene. Magnesiumoxyd dagegen bildete selbst in sehr geringen Zusätzen eine schöne und feste Gallerte, die derjenigen von Magnesiumkarbonat in keiner Weise nachstand, leider aber bedeutend alkalischer war. Für unsere Zwecke kann also nur Magnesiumkarbonat und Magnesiumoxyd in Betracht kommen. Magnesiumkarbonat muß wegen der geringeren Alkaleszenz bevorzugt werden. Durch eine Reihe von Versuchen wurde festgestellt, welches die niedrigste Konzentration von Magnesiumkarbonat sei, die gerade genügt, um eine feste Gallerte zu bilden. Werden 3 ccm einer 4*^/0 igen Aufschlämmung von Magnesium- karbonat zu 20 ccm Nährlösung -\- Kieselsäure zugesetzt, so ist die Mischung schon nach 3 Stunden zu einer festen Gallerte erstarrt. Die Erstarrungszeit nimmt mit abnehmender Magnesiumkarbonat- konzentration zu. Bei Anwendung von Vs ccm obiger Magnesium- karbonat-Aufschlämmung war die Erstarrung bei neutraler Reaktion erst nach 2 Tagen vollzogen. Mit 'A ccm trat in 1 — 1 V2 Tagen Gelbildung ein. Diese Gallerte reagierte schwach alkalisch. Bei Zusatz von Vio ccm der 4% Magnesiumkarbonat-Aufschlämmung war selbst nach 4 Tagen keine Spur einer Gelbildung zu beobachten, Stickstoffbindung durch Pilze bei gleiclizeit. Ernährung in. gebund. Stickst. 589 im Autoklaven dagegen trat eine schwache und unvollkommene Ge- rinnung ein. Für unsere Zwecke am passendsten ist ein Zusatz von \'i ccm unserer Aufschlämmung, zumal die feine Trübung der Gallerte ver- schwindet, indem das Magnesiumkarbonat mit der Kieselsäure wahr- scheinlich eine Verbindung eingeht. Die so erhaltenen Platten sind vollkommen klar. Sie müssen bei 90— 95"C pasteurisiert werden und sind dann impfbereit. Sollen die Platten innerlich beimpft werden, so muß man in getrennten Kölbchen: 1. die Kieselsäurelösung, 2. die Nährlösung (lOfach normal), 3. die Magnesiumkarbonat-Aufschlämmung sterilisieren. Nach Mischung der 3 Lösungen wird geimpft, worauf in bekannter Weise Platten gegossen werden. Man braucht aber in diesem Fall eriieblich mehr Magnesiumkarbonat, um eine feste Gallerte zu erhalten. Die fertige Platte zeigt in diesem Fall ein „milchiges" Aussehen. Legt man Wert auf neutrale Reaktion und Durchsichtigkeit, so wird, wie oben beschrieben, verfahren und man kann, wie es Winogradsky und Omeliansky taten, mit einem schwach ge- krümmten Glasstab den geimpften Tropfen breitstreichen und so eine genügende Verteilung der Keime erzielen. Solche Petrischalen konnten 2 — 3 Monate im Kulturkasten stehen ohne Risse zu zeigen. 2. Waclistiira der Pilze auf den Kieselsäure-Platten ohne Zugabe von Stickstoffverbindungen. Mit Recht wird man wohl bei Pilzen, die ein relativ gutes Wachstum auf sehr stickstoffarmem Substrat zeigen, vermuten dürfen, später durch die Analyse eine Stickstolfbindung nachweisen zu können. Viele Autoren, so Koch (03, S. 182), Czapek (02, S. 557) und andere haben dieser Untersuchungsweise jede Berechtigung abgesprochen, indem sie darauf hinweisen, daß manche Pilze mit den vorhandenen Stickstoffverbindungen außerordentlich sparsam umzugehen wissen. Meine späteren Analysen bestätigten aber die Richtigkeit meiner Voraussetzungen für mehrere Pilze. 590 Gerold Stahel, Die mikroskopisclie Untersuchung des Mjcels gibt für die Be- urteilung wichtige Anhaltspunkte. Wenn Aso (zitiert nach Czapek S. 80) für die Conidien von Aspergillus ori/zae einen Stickstofifgehalt von 6,38%, angibt und Ternetz (07, S. 386) für ein steriles Mycel von Phoma radicis Ericae einen solchen von 0,41 7u, so zeigt das deutlich, wieviel höher man ein fruktifizierendes gegenüber einem sterilen Mycel zu taxieren hat. In dieser Beziehung ganz besonders interessant sind folgende Angaben von Ternetz (07, S. 385). Es zeigte z. B. Phoma radicis Vaccinii, deren Mycel 21 mg wog, einen Stickstoffgewinn von 15,65 mg. Der Pilz hatte reichlich Pykniden gebildet. Ein Mycel von Phoma radicis Ericae, das zu gleicher Zeit und unter den gleichen Be- dingungen kultiviert wurde, aber nicht fruktifizierte, wog 324,ß mg und wies einen Stickstoffgewinn von nur 2,32 mg auf. Das Mycel \on Phoma radicis Ericae, das 15 mal schwerer als das now Phoma radicis Vaccinii war, band also 7 mal weniger Stickstoff. Es ent- spräche bei gleicher Stickstoffbindung dem fruktifizierenden Mycel ein nicht fruktifizierendes mit 105 mal schwererem und wohl auch annähernd ebensovielmal größerem Mycel. Die letzten Zahlen zeigen ganz evident, welch bedeutend höheren Wert man einem fruktifi- zierenden Mycel gegenüber einem sterilen zuzuschreiben hat. Es gibt aber auch Pilze, deren Conidien auf sehr stickstoff- armem Substrat mit Ol vollgestopft sind. Für solche können natür- lich die obigen Betrachtungen kaum gelten. Die Petrischalen mit der Kieselsäuregallerte wurden möglichst genau in die Mitte geimpft, damit sich das Mycel nach allen Seiten gleichmäßig ausdehnen konnte. Wuchs der Pilz in den Reinkulturen steril, so mußte eine mini- male Spur des Mycels übergeimpft werden. In den übrigen Fällen wurden dazu natülich nur ganz wenige Conidien verwendet. Wie gering der dadurch eingeführte Stickstoff' ist, das zeigen die Be- rechnungen Froehlichs (08, S. 279), wonach 150 Millionen Hormo- dendrum-ComdiQw nur 1 mg Stickstoff enthalten würden. Daß die größere Menge von sterilem Impfmaterial kaum mehr Stickstoff enthält, das zeigen zur Genüge die oben gemachten Überlegungen für ein steriles und ein fruktifizierendes PAowrt- Mycel. Die Kieselsäureplatten und auch später die Kulturen, die zu den Stickstotfanalysen dienten, waren in einem Kasten aus Zink- blech aufgestellt. Dieser Kasten ist in Froehlichs Arbeit (08, S. 265) abgebildet. Außer den U-Röhren dienten im Kasten selbst Stickstoffbinclung durch Pilze bei gleiciizeit. Ernährung m. gebund Stickst. 591 mehrere Schalen mit Säure und Lauge zur Absorption der Stick- stofTverbindungen der Luft. Der Kasten stand in dem schon erwähnten Zimmer, dessen Luft durch Schalen mit Säure und Lauge nach Möglichkeit von gasförmigen Stickstotfverbindungen gereinigt wurde. Daß die Kieselsäure als soche nicht ungünstig auf das Pilz- wachstum einwirkt, das zeigten nicht nur Kulturen auf stickstott- haltigen Kieselsäureplatten, sondern auch solche auf flüssigen Nähr- lösungen. Wurde auf das sehr spärliche Mycel einer Kultur auf Kieselsäuregel mit der reinen Dextrose sterilisiertes Pepton oder Asparagin gestreut, so wuchs das Mycel an der betreffenden Stelle plötzlich sehr üppig heran und fruktifizierte z. B. bei Pcnkillium und Aspergillus nach l'/2 Tagen schon außerordentlich reichlich. Bei der folgenden Kulturserie wurden 52 Pilze verwendet. Neben Kulturen mit 47o Dextrose wurde eine parallele Reihe mit Saccharose in äquimolekularer Konzentration verwendet. Wenn das Wachstum auf Saccharose meist etwas geringer war, als auf Dextrose, so ist das sehr wahrscheinlich der größeren Reinheit der Saccharose zuzuschreiben. Berücksichtigen wir nur den N-Gehalt der Dextrose purissimum, so enthielte dieser Nährboden noch 0,0001% N, Der N-Gehalt der Kieselsäure wurde nicht bestimmt, doch dürfen wir annehmen, daß derselbe noch bedeutend niedriger ist, als der oben angegebene Wert für Dextrose purissimum. Das ausführliche Protokoll der mehr als 100 Kulturen hier wiederzugeben, hätte keinen Wert, Die Pilze lassen sich nach ihrem Wachstum am besten in 3 Gruppen einreihen. 1. Trichodenna lignornni Tode. 2. Fenicillium roseum Link. 3. 2Ionopodium uredopsis Delacr. 4. Acrostalagmtis cinnabarinus Corda 5. Tonda spec. 6. Stachybotrys lobulala Berk. 7. Periconia pi/cnospora Fresen. 8. CtasterospoHum spec. 9. Helminthosporium spec. 10. Dendryphium toruloides Fresen. 11. Dendryphium fumosum Corda. 12. DicfyospoHum elegans Corda. 13. Triposporium spec 1. Kaum wachsend, ganz steril, sehr viel Ol. 14. Ceratocindium inicrospermum Corda. 15. Sporoeybe spec. 16. Venniadaria spec. 17. Hysteriuni Fraxbü Pers. 18. Phoma spec. 19. Btdguria polymorpha van Tieghem. 20. Chaetomium bostrychodes Zopf. 21. Valsa Eutypa Achar. 22. Xylaria Hypoxylon L. 23. Xylaria carpophila Pers. 24. Cryptospora spec. 25. Barya spec. 592 Gprold Stahel, 2. Etwas besser wachsend, von Fruktifik 1. Chromosporluin spec. 12. 2. VertieilUum spec. LS. 3. Botrytis cinerea Pers. 14. 4. Monotospora spec. 15. 5. Coniosporium spec. 16. 6. Hormiscium stilhosporun Corda. 17. 7. Acrothecium tcnebrosum Preuss. 18. 8. Spondylocladium spec 19. 9. Sporoschisma nova spec. 20. 10. Tubercularia vulgaris Tode. 21. 11. Fusarium roseum Link. 22. steril oder wenige Anfänge ation, viel Ol. Epicoccum purpnrascens Ehrenberg. MonocJiactia alnea Harint et Briard. Phoma mellaena Mont et Dur. l'homa complanata Tode. Aspergillus niger van Tiegh. 17. Penicillium ylaucum Link. Nectria ditissima TuL Melanomvia spec. Flco.tpnra microspora Niessl. Mucor stolonifer Ehrenberg. Stysanus Echinobotryum. 3. Relativ gut wachsend und zum Teil sehr gut fruktifizierend, wenig Ol. 4. Alternaria tenuis Nees. 1. Horinodendrum cladosporioides Sacc. 2. Bispnra molininides Corda. 3. Macrosporium commune Rbh. 5. Graphium penicillioides var. Ungeri Sacc. Im großen und ganzen zeigen die Kulturen mit wenigen Aus- nahmen ein sehr spärliches Gedeihen. Besonders auffällig ist das bei Pilzen, die auf dem Agar ohne Stickstoffzusatz sehr gut wuchsen und fruktifizierten. Häufig z. B. bei Hormiscium ist das Mycel in Gemmen zerfallen, da die dazwischenliegenden Partien abgestorben sind. Sehr anschaulich wird uns dieser Hungerzustand z. B. bei Chromosporium und Pleospora. microspora vor Augen geführt. Nachdem das Mycel eine gewisse Größe erreicht hat, wachsen einige Zellen zu feinen Hyphen aus, die ungefähr nur ein V4 der Dicke der normalen haben. Diese feinen Hyphen wachsen nicht ins Substrat hinein, sondern dringen von den Scheidewänden aus in die benachbarten Zellen ein. So wird oft von einer Zelle aus die ganze primäre Hyphe von feinen Fäden durchwuchert, die sich in vielen Windungen zwischen den massenhaften Oltropfen hindurch- winden. Bei andern z. B. bei Periconia pycnospora wachsen die gemnien- artigen Zellen zu sehr feinen Hyphen aus, die in das umgebende Nährsubstrat eindringen, um bald ihr Wachstum einzustellen. Fettes Ol fand sich überall und fast durchweg in großen Mengen, so daß oft beinahe der ganze Inhalt der Hyphen aus lauter dicht aneinander schHeßenden Oltropfen bestand. Daß diese Kugeln Stickstoffbindung durch Pilze bei gleicbzeit. Ernährung m. gebund. Stickst. 593 wirklich fettes Ol waren, zeigten einige Reaktionen. Die Reagenzien müssen aber ziemlich lange einwirken, da die oft recht dicken Wände das Eindringen der Lösungs- und Färbemittel stark verzögern. In den getrockneten Hyphen war das Ol erst nach 1'':.. — 2 Tagen ge- löst. Auch die Färbungen verlangten ziemlich lange Einwiikungs- zeit. Einzig bei Anwendung von Osmiumsäure trat sofort oder sehr bald Dunkelfärbung ein. Diese mit fettem Ol vollgestopften, gar nicht oder nur spärlich fruktifizierenden Mycelien sind zweifellos krankhafte Zustände. Daß diese kümmerlichen Mycelien durch Stickstoffhunger bedingt sind, wurde durch einige Kulturserien erwiesen, über die ich am Ende dieses Kapitels kurz referieren werde. Auch Gerlach und Vogel (04, S. ^42) erwähnen von einem unbestimmten Pilz, den sie auf sehr stickstoffarmem Substrat kulti- vierten, daß die Pilzmassen überaus reich an Fett seien. Ebenso zeigten die von Claudio Fermi kultivierten Schimmelpilze auf seinen „stickstofffreien" Substraten reichlich „Vakuolen", die bei Zusatz von Ammoniumverbindungen verschwanden. Wir dürfen diese Va- kuolen wohl als Oltropfen ansehen. Für Diatomeen hat Beijerink (04, S. 28) festgestellt, daß jede Ursache, die das Wachstum hemmt, zur Ölbildung Anlaß gebe. Diatomeenkulturen mit Ammoniumchlorid zeigten kein Ol, während letzteres ohne die Stickstoffverbindung sofort massenhaft angehäuft wurde. Dies entspricht ganz meinen Befunden bei Pilzen. Nur bei etwa 5 Pilzen, für die ich später Stickstoffbindung feststellte, konnte ein einigermaßen gutes Wachstum konstatiert werden. Auch für 5 Pilze aus der zweiten Gruppe, die auf Kieselsäure schon bedeutend schlechter wuchsen, konnte, wie wir später sehen werden, Bindung des elementaren Stickstoffs nachgewiesen werden. Ob die Pilze der ersten Gruppe, die auf der Kieselsäure kaum wuchsen, bei einem geringeren Anfangsstickstoffgehalt den elemen- taren Stickstoff assimilieren, kann nur durch Analysen erwiesen werden, solche liegen aber für keinen der Pilze aus dieser Gruppe vor. Nur das kann als sicher gelten, daß diese ohne gebundenen Stickstoff nicht assimilieren. Mit der gleichen Nährlösung, wie ich sie für die Kieselsäure- platten verwendete, wurden auch Flüssigkeitskulturen in kleinen Erlenmeyerkölbchen mit ca. 30 ccm Nährlösung und etwas Kalzium- karbonat angesetzt. Die Kulturergebnisse waren ungefähr die 594 Gerold Slaliel, gleichen, wie die der Kieselsäureplatten. Die Pilze wuchsen hier meist sogar noch etwas schlechter. Dies trat besonders deutlich hei dem, auf den Kieselsäureplatten sehr gut fruktifizierenden Qra- pliium hervor. In der flüssigen Nähilosung war das Wachstum ganz gehemmt. Bispora dagegen fruktifizierte auf festem und flüssi- gem Substrat gleich gut, obwohl es in letzterem ganz submers wuchs. Daß die Dextrosekonzentration bei Abwesenheit von N -Ver- bindungen kaum das Wachstum beeinflußt, konnte durch Kulturen mit 0,1, 0,5, 1, 2, 3, 4 und 10% Dextrose erwiesen werden. Im Wachstum war zwischen 0,1 'Vo und 10"/,, kein Unterschied zu sehen. Bei 2 — 3"/^, ließ sich für Horniiscimn und Horniodendrum mit Mühe ein selir undeutliches Optimum feststellen. III. Quantitative Analysen von Kulturen mit stickstofffreier und stickstoffhaltiger Nährlösung. Wenn es auch nach den Resultaten des vorhergehenden Ka- pitels wahrscheinlich ist, daß mehrere Pilze der zweiten, besonders aber solche der dritten Gruppe den elementaren Stickstoff binden, so ist das doch nur mit Hilfe der Analyse sicher zu beweisen. Außer dem Nachweis der Stickstoff bindung, sollten die Ana- lysen vor allem einigen Aufschluß geben über die Abhängigkeit der Stickstoffbindung von der Konzentration der dargebotenen Stick- stoffverbindung. Froehlich (08, S. 276) kultivierte seine Pilze auf einer Nähr- lösung, die pro 100 ccm 0,96 mg gebundenen Stickstoft' enthielt. Auch bei Ternetz hatte die Nährlösung sehr wenig Stickstoft und zwar pro 100 ccm 0,56 mg. Dieser Stickstoff stammt fast ausschließ- lich aus den Verunreinigungen der Dextrose, die, wie schon erwähnt, nicht unbedeutend sind. Ternetz (08, S. 392) hat jedoch 2 PAo?na -Arten auf stick- stoffreicherem Substrat kultiviert, das aus einem Dekokt von Rho- dodendron-Blättern bestand, dem die gewöhnlichen Nährsalze und 7"/u Dextrose zugefügt waren. Diese Nährlösung enthielt 3,88 mg Stickstoff pro 100 ccm. Die Menge des assimilierten Stickstoffs war unter solchen Bedingungen erheblich geringer, als in den stick- stoffärmeren Kulturen. Ternetz (07, S. 384) hält es für wahrscheinHch, daß es sich bfti der Stickstoffassimilation um einen Notbehelf handle: „Wenn kein gebundener Stickstoff vorlianden ist, verstehen sie es, sich auch mit molekularem Stickstoff zu behelfen". Doch gibt Ternetz (07, Stickstoffbindung durch Pilze bei gleichzeit. Ernährung m. gebund. Stickst. 595 S. 393) zu, daß vielleicht Stickstoffverbindungen in anderer Form eine Steigeiung des Wachstums bedingen könnten. Mir scheint es nicht unwahrscheinlich, daß für die geringere Stickstoffassimilation nicht die Stickstofifverbindiingen, also wohl vor allem Eiweißstoffe, sondern vielmehr die Sekrete und Gerbstoffe der Rhododendron- Blätter verantwortlich gemacht werden müssen. Fioehlich hat keine Analysen von Kulturen mit mehr als 0,96 mg Anfangsstickstoff pro 100 ccm Nährlösung gemacht. Doch fand er (08, S. 267) auf Agar, dem 0,5% und 1,0 7ü Salpeter bei- gefügt war, nur eine sehr geringe Steigerung des Wachstums. Meine zahlreichen Versuche zeigen eine sehr bedeutende Steigerung des Trockengewichts bei Zunahme der Stickstoffkonzentration in der Nährlösung. Wenn ich am Anfang des ersten Kapitels den Stickstoffgehalt des natürlichen Substrates der verwendeten Pilze als einen relativ niedrigen erwähnt habe, so muß er im Verhältnis zu den geringen Mengen, in denen er sich in den Kulturen von Ternetz und Froeh- lich vorfand, als ein ziemlich hoher bezeichnet werden. Ich glaube daher, daß es kaum ganz gerechtfertigt ist, aus einem Stickstoffgewinn auf einem Substrat, das nur 0,96 mg Stickstoff pro 100 ccm enthält, auf Stickstoffbindung auch auf dem natür- lichen Substrat, also auch Laub usw. schließen zu dürfen Erst wenn es erwiesen ist, daß auch in Kulturen mit noch höheren Kon- zentrationen von gebundenem Stickstoff der elementare assimiliert wird, kann mit gewisser Berechtigung auf Stickstoffbindung auch in der Natur geschlossen werden. M. E. Latham (08, S. 235) hat in neuester Zeit sehr inter- essante Versuche mit Asperyill/us niger publiziert. Er fand bei ca. 116 mg Stickstoff pro 50 ccm Nährlösung einen Stickstoffgewinn von 138 mg (Mittel aus 2 Kulturen mit 115,4 und 117,7 mg Stick- stoff pro 50 ccm). Als Stickstoffquelle diente Ammoniumnitrat. Besonders die Versuche Lathams, aber auch solche anderer Forscher, über die ich z. T. später noch kurz referieren werde, munterten dazu auf, Kulturen mit Stickstoffzusatz auszuführen. Es wurde allerdings die Stickstoffverbindung nicht in so hoher Kon- zentration zugesetzt, wie das Latham tat. Künftige Untersuchungen müssen zeigen, wie sich die hier untersuchten Pilze bei höheren Kon- zentrationen von N -Verbindungen verhalten. Zur Analyse wurden Pil/.kulturen verwendet, die auf 200 ccm fiüssigei' Winogradskyscher Nährlösung gewachsen waren. In 596 Gerold Stahel, jeder Serie wurde je 1 Kolben nicht beimpft und diente zur Be- stimmimg des Anfangs-N der Kulturen. Die folgenden Analysen wurden nach der Kjeldahlschen Me- thode ausgeführt, und zwar im Laboratorium des Basler Kantons- chemikers durch dessen langjährigen Adjunkten Herrn Otto Wolf. Es hatte das nicht nur in bezug auf die Genauigkeit der Resultate einen großen Wert, sondern die Bestimmungen wurden so auch von vollkommen unparteiischer Seite her ausgeführt. Die Kulturen bereitete ich in folgender Weise für die Analysen vor. In einem von gasförmigen Stickstoffverbindungen sorgfältig gereinigten Raum wurden die Mycelien möglichst rasch filtriert und, nachdem sie gründlich ausgewaschen waren, bei 100" C bis zur Gewichtskonstanz getrocknet. Die Filtrate wurden in Kjeldahlkolben mit je 10 ccm reiner konz. Schwefelsäure, unter Durchsaugen von sorgfältig gereinigter Luft auf dem Wasserbad eingedampft. Das Durchsaugen der Luft konnte übrigens keine Fehler verursachen, da die Kontrollkultur in genau gleicher Weise behandelt wurde. Die eigentliche Analyse wurde, wie schon erwähnt, im Laboratorium des Kantonschemikers ausgeführt. Eine kurze Übersicht über die Titerbestimmung und die Be- rechnung von 2 Analysen mögen der Zusammenstellung der Re- sultate vorausgeschickt werden. Titerbe Stimmung. (Zusaiuniengestellt nacli Daten von 0. Wolf.) a) Verhältnis der H-2S04- zur Na ÜH- Lösung: 50 ccm NaOH entsprechen 50,75 ccm H2SO4 50 „ „ „ 50,80 „ „ 50 „ „ „ 50,80 „ „ Im Durchschnitt entsprechen 50 ccm NaOH 50,78 ccm H2SO4. b) Gehaltsbestimmung der H0SO4: 235,1 mg NaäCOs erfordern 70,50 ccm H2SO4 250,9 „ „ „ 75,35 „ Stickstoffbindung durch Pilze bei gleicbzeit. Ernährung m. gebund. Stickst. 597 H2SO4 49 NaaCOs 53 49 _ X 53 ~ 235,1 49 _ X 53 ~ 250,9 X = 217,356 X = 231,964 0 1 7 Q^ Die HäSOj-Lös. enthält pro com .Tq-W = 3,0831 mg H2SO4 " " " ^^ = 3,0785 mg H.SO4 Im Mittel enthält die Ha SO4- Lösung pro 1 ccm 3,0808 mg H0SO4. c) Wirkungswert der Ho SO4 -Lösung: H2SO4 _ 98 49 _ 3,0808 ~2l^ ~ 28 14 ~ X X = 0,88023 mg. 1 ccm Ho SO4 entspricht also 0,88023 mg N. d) Blinder Versuch: Vorgelegt 10,25 ccm Säure =10,25 ccm ^ , . . T 50,00 9,6 Zurücktitriert 9,60 ccm Lauge = ---i— = ^;^ 9,75 ccm oU,/o 2L 0,50 ccm. Die Reagentien besitzen also einen Stickstoffgehalt gleich 0,50 ccm H2SO4- Lösung = 0,44 mg N. Beispiele der Analysenbereclinimg. 1. MacrospoHum. Mycel -f- Filter (ohne Filtrat): Vorgelegt 10,15 ccm Säure = 10,15 ccm 50,00 3,88 Zurücktitriert 3,88 ccm Lauge ^.r^ = -^ ; = 3,94 ccm 50, »o 2s. 6,21 ccm. Stickstoffgehalt der Reagentien 0,50 ccm 5,71 ccm. 5,71 ccm Säure entsprechen 0,88023 X 5,71 — 5,0261 mg N Mycel + Filter enthalten 5,0261 mg N Das Filter enthält 0,0506 mg N Das Mycel enthält also 4,9756 mg N. Jahrb. f. wiss. Botanik. XLIX. 39 598 Gerold Staliel, 2. Hormodendrum. Mycel -}- Filter (ohne Filtrat); Vorgelegt 10,25 com Säure Zurücktitriert 0,65 ccm Lauge 50,00 _ 0,65 5Ö778"~^~ = 10,25 ccm = 0,66 ccm 9,56 ccm. Stickstoffgehalt der Reagentien 0,60 ccm 9,09 ccm. 9,09 ccm Säure entsprechen 0,88023 X 9,09 = 8,0013 mg N Mycel -f Filter enthalten 8,0013 mg N Das Filter enthält 0,0506 mg N Das Mycel enthält also 7,9507 mg N. 1. Macrosporium co^nmune Rbh. Macrosporium bildete in den Flüssigkeitskulturen sowohl mit als auch ohne Zugabe einer Stickstoffverbindung schwimmende Mycelien, die dunkelbraun oder fast schwarz waren. Aus der Flüssigkeit ragten nur die Conidienträger mit den schwarzen Co- nidien hervor, weshalb die Oberfläche der Nährlösungen wie berußt aussah. Das Mycel war, im Gegensatz zu Hormodendron und anderen nicht so verfilzt und nicht gallertig. Stickstoffgewinn der M aer o sp or ium-l^\x\i\\ren in Erlen- raeyerkolben ä 200 ccm Nährlösung, mit und ohne Zusatz von Kali- salpeter. Winogradskysche Nährlösung mit 2 ^Vo Dextrose (ohne MnSOi). Anfangs-N^) Trockengew. des Mycels Mycel -N Fitrat -N Gesamt - N N - Gewinn mg mg mg mg mg mg 0») 17,0 0,01 0,22 0,23 0,23 0,57 ») 37,5 0,50 0,62 1,12 0,55 0,84 ^) 64,0 0,16 1,01 1,17 0,33 1,19 ^) 179,0 0,32 2,16 2,48 1,29 4,50 '-) 380,0 4,98 4,23 9,21 4,71 4,53 ^) 477,5 2,48 7,96 10,44 5,91 1) Die liier angegebenen Werte für die Menge des Anfangs -N entsprechen fol- genden .Salpeterkonzentrationen : 0,57 mg N = 0,002 7^ | 4,50 mg N = 0,01 6 % 0,84 mg N = 0,003 7„ I 4,53 mg N -= 0,016 7o 1,19 mg N = 0,004 7o | In der blinden Kultur ohne N-Zugabe konnte analytisch kein Stickstoff nachgewiesen werden. 2) 16. April bis 30. Mai 1910. Kulturdauer 44 Tage. 3) 7. Juli bis 30. August 1910. Kulturdauer 53 Tage. Stickstoffbindung durch Pilze bei gleichzeit. Ernährung m. gebund. Stickst. 599 Der Stickstoffgewinn nimmt etwa proportional der zugefügten Stickstoffmenge (Kalisalpeter) zu und ist ungefähr gleich dem An- fangs - Stickstoffgehalt der Nährlösung. Wir finden überall etwa doppelt so viel Endstickstoff, als zugefügt wurde. Von Froehlich (08, S. 277) ist Macrosporium ebenfalls auf Stickstoff bindung untersucht worden. Er fand z. B. folgende Werte in Kulturen mit W in ogradsky scher Nährlösung, 6 % Dextrose und einer Kulturdauer von 117 Tagen: Anfangs - N mg Mycel - N mg Filtrat-N mg Gesamt -N mg N - Gewinn mg 0,% 0,98 2,88 3,86 2,90 Es fällt auf, daß bei ähnhchen Anfangs-N-Gehalten Froehlich bedeutend höhere N- Gewinne zu verzeichnen hat. Froehlichs Kulturen enthielten aber 5 7o Dextrose, während meine nur 2% enthielten. Puriewitsch erwähnt, daß bei steigender Zucker- konzentration bei Aspergillus und PenicilUum die N- Bindung zu- nimmt. Das gleiche wird auch hier der Fall sein. Daneben mag vielleicht noch die Verschiedenheit der N -Verbindung in Betracht kommen. Der N- Gehalt in Froehlichs Kulturen stammte aus den Verunreinigungen der Dextrose, derjenige in meinen Kulturen aus KNOh. Mein Wert verhält sich zu demjenigen Froehlichs etwa wie 2 : 5, also wie die Dextrosekonzentrationen. Vergleichen wir den Stickstoffgehalt des Mycels mit demjenigen des E'iltrats, so ist überall, mit nur einer Ausnahme, das Filtrat bedeutend stickstoffreicher, als das Mycel. Es ist das eine Eigen- tümlichkeit, die wir fast bei allen Stickstoff assimilierenden Pilzen wiederfinden. Ternetz (07, S. 387) schreibt diesen Stickstoffgehalt des Piltrates den Pycnoconidien der kultivierten PhoDia-KviQxx zu: „der relativ sehr große Stickstofireichtum der Nährlösungen rührt davon her, daß die sehr kleinen Pycnosporen das Filter passieren und in die Nährlösung übertreten". Für Macrosporium kann dies aber sicher nicht zutreffen, da die großen mehrzelligen Sporen nicht oder nur ausnahmsweise durchs Filter gehen. Es stammt der Stickstoffgehalt von Ausscheidung stickstoffhaltiger Stoffwechsel- produkte her, wie schon Froehlich (08, S. 282) und besonders Latham (08, S. 232) für Aspergillus nigcr angeben. Daß der N- Gehalt des Substrates nicht etwa zum Teil noch aus unver- brauchtem Salpeter- Stickstoff besteht, konnte an Parallelkulturen 39* 600 Gerold Stahel, gezeigt werden. Mit Diphenylamin und Brucin konnte nicht die geringste Spur von Salpetersäure nachgewiesen werden. 2. Hormodendrum cladosporioides Sacc. Horniodendrum bildet dunkelolivgrüne bis schwarzgrüne, schwim- mende Mycelien. Besonders bei Stickstoffzusatz entwickelte sich das Mycel sehr reichlich, so daß auf der Oberfläche der Kulturen ein dichter Pelz von Hyphen entstand, der durch Vergallertung sehr zähe und fest wurde und oft eine Dicke bis zu 1 cm aufwies. Die Conidienträger mit den Conidien bildeten auf der Oberfläche einen olivgrünen, pulvrigen Überzug, der bei älteren Kulturen etwas heller wurde. Stickstoffgewinn der Hormodendruin-Kulturen in Erlen- meyerkolben ä 200 ccm Nährlösung mit und ohne Zusatz von Kah- salpeter. Winogradskysche Nährlösung mit 2 7o Dextrose (ohne MSO4). Anfangs - N Mycel -Gew. Mycel -N Filtrat-N Gesamt -N N - Gewinn mg mg mg mg mg mg 0') G3,6 0,32 0,04 0,36 0,36 0,82 ') 130,2 0,77 1,14 1,91 1,09 4,50 >) 735,2 1,55 7,95 9,50 5,00 4,53 ») 1028,0 0,20 8,83 9,03 4,50 Auch hier nimmt der Stickstoffgewinn ungefähr proportional dem Anfangsstickstoffgehalt zu und ist der Menge nach etwa gleich letzterem. Wir finden also auch hier den Gesamtstickstoff etwa doppelt so groß als den Anfangsstickstoff. Hormodendrum wurde schon früher auf Stickstoffbindung unter- sucht, nämlich von Frank (93, S. 139) und Froehlich (08, S 277). Frank fand in einer Nährlösung mit Rohrzucker nach einer Kulturzeit von 300 Tagen einen Stickstoffgewiim von 3,50 mg Da Frank aber keine Kontrollkultur gemacht hat, so ist seine Angabe von sehr geringem Wert. Froehlich fand für Hormodendrum z. B. Anfangs - N mg Mycel - N mg Filtrat-N mg Gesamt -N mg N - Gewinn mg 0,96 1,25 2,88 4,13 3,17 1) 16. April bis 30. Mai 1910. Kulturdauer 44 Tage. 2) 7. Juli bis 30. Aug. 1910. Kulturdauer 53 Tage. Sticksfoffblndung durch Pilze bei gleichzeit. Ernährung m. gebund. Stickst. 601 Hormodendrum verhält sich also ganz ähnlich wie Macro- sporium. Wir müssen auch hier den bedeutend höheren prozen- tualen Stickstoffgewinn der höheren Dextrosekonzentration der Froehlichschen Kulturen zuschreiben. Das Filtrat enthält auch hier überall, außer bei der Kultur ohne Anfangsstickstoff, mehr, oft bedeutend mehr Stickstoff als das Mycel. 3. Alternaria tenuis Nees. Die Mycelien von Alternaria schwammen an der Oberfläche der Nährlösung. Sie waren braun und wurden bei älteren Kulturen nur wenig dunkler. Alternaria bildet reichlich Luftmycel. Zwischen diesen hellbraunen Lufthyphen werden die Conidien in langen Ketten abgeschnürt. Dieses krause Luftmycel ist für Alternaria sehr typisch. Im übrigen verhält sie sich ganz ähnlich wie Ma- crosporium. Stickstoffgewinn der Alternaria -K-ulturen in Erlen- meyerkolben ä 200 ccm Nährlösung mit Zusatz von Kalisalpeter. Winogradskysche Nährlösung mit 2 7o Dextrose (ohne MnSOi). Anfangs-N Trockengew. des Mycels Mycel -N Filtrat -N Gesamt - N N - Gewinn mg mg mg mg mg mg 1,19 ») 212,5 0,32 1,89 2,21 1,02 4,53 ») 2039,0 0,64 9,44 10,08 5,55 Diese Resultate für Alternaria entsprechen ganz denjenigen von Macrosporium und Hormodendrum. Für Alternaria liegen schon von Berthelot und Froehlich Angaben über Stickstoffbindung vor. Berthelot (93, S. 847) fand in einer Kultur mit Saccharose und Ammoniumtartrat als Stickstoffverbindung bei einem Anfangs- stickstoffgehalt von 16,4 mg einen Stickstoffgewinn von 8,85 mg, also nur etwa die Hälfte des zugegebenen. Froehlich (08, S. 274) fand für Alternaria bei einer Kultur- dauer von 212 Tagen folgende Werte: 1) 7. Juli bis 30. Aug. 1910. Kulturdauer .53 Tage. 602 Gerold Stahel, Anfangs - N mg Mycel-N mg Filtrat-N mg Gesamt -N mg N - Gewinn mg O.JMJ 0,43 4,84 5,27 4,31 Auch diese Zahlen entsprechen ganz denjenigen von Hormo- dendrum und Macrosporium. Besonders deuthch tritt hier der Unterschied zwischen Mycel- und Filtrat- Stickstoffgehalt hervor. 4. Bispora molinioides Corda. Bispora wuchs im Gegensatz zu Macrosporium, Alternaria und Hormodendriim fast durchweg submers auf dem Boden des Kultur- kolbens. Die halbkugeligen, tiefschwarzen Rasen bestanden, be- sonders bei den Kulturen ohne Stickstoffzusatz, fast nur aus dicht- gedrängten Conidienketten. Nur ganz vereinzelt schwammen einige kleine Rasen, die sehr gut fruktifizierten, an der Oberfläche der Nährlösung. Stickstoffgewinn der iJi^porrt- Kulturen in Erlenmeyer- kolben ä 200 ccm Nährlösung mit und ohne Zusatz von Kali- salpeter. Winogradskysche Nährlösung mit 27o Dextrose (ohne MnSOj). Anfangs - N mg Trockengew. des Mycels mg Mycel - N mg Filtrat-N mg Gesamt -N rag N - Gewinn mg 0») 0,82 1) 4,50 ^) 15,0 72,5 136,0 0,45 0,90 2,94 0,16 0,23 3,00 0,61 1,13 5,94 0,61 0,31 1,44 Der Stickstoffgewinn ist bei Bispora bedeutend geringer als bei den drei vorher erwähnten Pilzen. Auch hier ist der absolute Stickstoffgewinn bei 4,50 mg Anfangsstickstoff bedeutend größer als bei 0,82 mg oder bei den „stickstofffreien" Kulturen. Der Stickstoffgewinn ist bei Bispora nicht, wie bei den drei vorhergehenden Pilzen ca. 100 Vo, sondern nur etwa 35 Vo des Anfangsstickstoffs. Der relativ hohe Wert der Kultur ohne Stick- stoffzusatz mag wohl, zum Teil wenigstens, darauf beruhen, daß diese zu anderer Zeit und etwas länger kultiviert worden ist. 1) 16. April bis 30. Mai 1910. Kulturdauer 44 Tage. 2) 7. Juli bis 30. Aug. 1910. Eulturdauer 53 Tage. Stickstoffbindung durch Pilze bei gleichzeit. Ernährung m. gebund. Stickst. 603 Bei Bispora ist im Gegensatz zu den drei vorhergehenden Pilzen der Stickstoffgehalt des Filtrates meist erheblich kleiner als der des Mycels resp. der Conidien, da der Pilz fast nur aus solchen besteht. Daraus erklärt sich auch der hohe Stickstoffgehalt des „Mycels". Bispora ist früher noch nie auf Stickstoffassimilation unter- sucht worden. B. Botrytis cinerea Pers., Melanomma spec, Epicoeeum purpurascens Ehrenberg. Die schwimmenden großen Mycelien von Botrytis waren stark gallertig. Die Farbe war ein schmutziges Weiß. Auf der Ober- fläche wurden ziemlich reichlich Conidien gebildet, die in älteren Kulturen einen grauen Farbenton zeigten. Ringsherum an den Glas- wänden wurden reichlich Sclerotien angelegt, die allerdings nicht sehr groß wurden. Sie breiteten sich flach, fingerförmig, bis 1 cm über der Flüssigkeit, an den Glaswänden des Kolbens aus. Die großen Mycelflocken von Melanomma waren braun gefärbt und stark gallertig. Sie schwebten ganz submers in der Nährlösung. Das Mycel blieb in der Kultur ganz steril. Epicoeeum bildete am Boden des Kolbens, ganz submers, große Mycelien, die gelbrot bis purpurrot waren. Sie blieben in der verwendeten Nährlösung vollkommen steril. Stickstoffgewinn der Kulturen von Botrytis, Mela- nomma und Epicoeeum in Erlenmeyerkolben ä 200 ccm Nähr- lösung mit 0,002 "/o Kalisalpeter. Win ogradsky sehe Nährlösung mit 2 7o Dextrose Angesetzt am 7. Juli, Analysiert am 30. Aug., Kulturdauer 53 Tage. Botrytis mg Melanomma mg Epicoeeum mg Anfangs-N Mycel -Gew. .... Mycel -N Filtrat-N Gesamt -N N - Gewinn 0,57 244,0 0,63 0,40 1,03 0,46 0,57 80,0 0,59 0,44 1,03 0,46 0,57 146,5 0,41 0,57 0,98 0,41 604 Gerold Stahel, Absolut sind diese Stickstoffgewinne sehr gering, vergleichen wir sie aber mit den Anfangsstickstoffgehalten, so sind sie diesen fast gleich. Auch Macrosporium zeigt bei so geringen Konzen- trationen des Anfangsstickstoffs, wie wir oben sahen, ähnliche Werte, so daß wir wohl auch bei diesen Pilzen mit steigendem Zusatz von Stickstoffverbindungen auch ähnliche Werte erhalten hätten, wie wir sie für Macrosporium bei höheren Stickstoffkonzentrationen fanden. Spätere Untersuchungen müssen zeigen, ob es ein Optimum und ein Maximum der Konzentration des Anfangsstickstoffs in bezug auf die Assimilation des elementaren Stickstoffs gebe. Der Unterschied zwischen der Menge des Stickstoffs im Mycel und derjenigen im Filtrat tritt hier, wie übrigens auch bei Macro- sporium, bei so niedriger Salpeterkonzentration noch nicht hervor. Botrytis, Melanomma und Epicoccum sind bisher noch nie auf Stickstoffassimilation untersucht worden. 6. Penicillium glaucumJjink, Aspergillus niger YnnTieghem. Fenicillium bildete teils schwimmende Rasen, die gut und normal fruktifizierten , teils große submerse Flocken, die sich mit zunehmendem Alter rotbraun färbten. Das Mycel war, wie das- jenige von Aspergillus, nicht gallertig. Die Mycelien von Aspergillus schwammen auf der Oberfläche der Nährlösung und fruktifizierten sehr gut. Nur wenige sterile Flocken wuchsen submers am Boden der Kolben. Stickstoffgewinn der Kulturen von Penicillium und Aspergillus in Brlenmeyerkolben ä 200 com Nährlösung mit 0,002 Vo Kalisalpeter. Winogradskysche Nährlösung mit 27o Dextrose. Angesetzt am 7. Juli 10, Analysiert am 30. Aug. 10, Kulturdauer 53 Tage. Anfangs - N Mycel -Grew. Mycel - N , Filtrat -N . Gesamt -N . N-Gewinn . Penicillium mg 0,57 58,0 0,50 0,57 1,07 0,50 Aspergillus mg 0,57 79,8 0,50 0,48 0,98 0,41 Stickstoffbindung durch Pilze bei gleichzeit. Ernährung ni. gebund. Stickst. 605 Die Zahlen sind ganz ähnlich denjenigen der unter 4. erwähnten 3 Pilze. Was dort erwähnt wurde, gilt ebenso gut für Fenicillium und Aspergillus. Die beiden Pilze sind schon von einer größeren Anzahl von Forschern auf Stickstoffbindung untersucht worden. Da diese Formen zu den gemeinsten Schimmelpilzen gehören, so mögen einige Angaben solcher Autoren zusammengestellt werden. Daten von früheren Autoren über Stickstoffbindung durch Fenicillium glaucuin Link. Puriewitsch Teruetz F r 0 e h 1 i c h - (05, S. 342) (07, S. 353) (08, S. 299) Kulturdauer in Tagen . . . 60 28 43 Menge der Nährlösung in ccni 50 100 100 Kohlehydrat 25 7o Saccharose 5 7o Dextrose 5 7o Dextrose Form der N -Verbindung . . NH.NO^ Verunreinigung Verunreinigung Anfangs -N in mg .... 5,1 0,18 0,96 N- Gewinn in mg .... 3,45 2,63 ^) 1,26 N-Gewinn in "/(i des Anfangs-N 67 1461 131 Die Werte „N-Gewinn in % des Anfangs-N" von Puriewitsch und Froehlich sind ähnlich wie die meinigen, nur bei der Kultur von Ternetz ist das Verhältnis zwischen Anfangsstickstoff und assimiliertem Stickstoff sehr groß. Ternetz hat aber die Kulturen durchlüftet, was die Stickstoffbindung wohl ganz erheblich begünstigt. Daten von früheren Autoren über Stickstoffbindung durch Aspergillus niger. a) Altere Angaben: Berthelot Puriewitsch Saida Eemy (93, S. 847) (95, S. 342) (Ol, S. 107) (03, S. 182) Kulturdauer in Tagen . . 30 60 75 — Menge der Nährlös. in ccm 600 50 50 1000 Kohlehydrat in mg . . 1 7o Weinsäure 5 7o Saccharose 17 7oSacchar. 2 7o Dextrose Form der N -Verbindung Ammontartrat NH^NOa NH.Cl — Anfangs-N in mg . . . 26,65 2,1 7,39 — N-Gewinn in mg . . . 7,35 2,20 1,78 10 N-Gew. in 7n d. Anfangs-N 27 105 25 — 1) Durch die Kultur wurde „von N -Verbindungen freie Luft" durchgesaugt. 606 Gerold Stahel, b) Neuere Angaben: Ternetz (07, S. 353) Froeblich (08, S. 299) L a t h a tn (08, S. 235) KuHurdauer in Tagen . Menge der Nährlösung in ccni Kohlehydrat Form der N -Verbindung; . Anfangs -N in mg . . . . N- Gewinn in mg .... N-Gewinn in % des Anfangs-N 55 100 5 7o Dextrose Verunreinigung 0,88 3,33 *) 378,4 39 100 5 7o Dextrose Verunreinigung 0,96 (0,46) 2) (48 2) 6 50 5 % Saccharose NH.NO, 117,2 205,1 174 Auch diese Werte (N-Gewinn in ^Iq des Anfangs-N) sind den von mir festgestellten ähnlich. Da Ternetz die ^5'^(^r(////^«6- Kul- turen, wie diejenigen von Pcnicillivm durchlüftet hat, so ist auch hier der Stickstoffgewinn im Verhältnis zum Anfangsstickstofif sehr groß. Besonders interessant sind die Angaben von Latham (08, S. 235). Bei einer Ammoniumnitratkonzentration von fast l7o (117,2 mg Stickstoff pro 50 ccm) fand er in 50 ccm Nährlösung einen Stickstoffgewinn von 205,1 mg. Es liegt also das Optimum der Stickstoffkonzentration bei Aspergillus wohl ziemlich hoch. Latham glaubt dieses Optimum durch folgende Analysenresultate festgestellt zu haben: Anfangs-N in mg N-Gewinn in mg 115,4 71,5 117,7 205,1 141,6 1,6 155,1 45,0 156,3 38,0 160,3 — 33,3 Mir scheint aus diesen Zahlen vor allem das hervorzugehen, daß zu einer auch nur angenäherten Bestimmung des Optimums ganz bedeutend mehr Analysendaten nötig sind, da die Zahlen, wie aus der Tabelle leicht zu ersehen ist, sehr stark schwanken. Schon Naegeli (81, S. 287) hat daraufhingewiesen, daß ein und dieselbe Pilzspezies unter ganz gleichen äußeren Bedingungen oft ganz ver- schieden große Mycelien liefere. Daß dies auch für die Stickstoff- assimilation zutrifft, das zeigen die Daten von Latham, auch solche von Froehlich (08) und dem Verfasser. Es ist sehr wahrscheinlich, daß nicht nur bei Aspergillus, sondern auch bei den übrigen von mir untersuchten Pilzen be- deutend höhere Stickstoffgewinne hätten festgestellt werden können, wenn höhere Anfangsstickstoffmengen verwendet worden wären. 1) Durch die Kultur wurde von N-Verb. freie Luft durchgesaugt. 2) Nur N- Gehalt des Mycels. Filtrat verunglückt, Werte also bedeutend zu niedrig. StickstoffbinduDg durch Pilze bei gleichzeit. Ernährung ni. gebund. Stickst. 607 Die Dextrosekonzentration wählte ich deshalb so niedrig, weil die Blätter und dürren Stengel keine oder nur sehr wenig lösliche Kohlehydrate enthalten. Beim herbstlichen Laubfall weisen nach A. Fischer (91, S. 90) die Blätter noch geringe Mengen Dextrose auf. Auch ich fand in einem Extrakt von dürren Eichenblättern, nach gründlicher Fällung der Gerbstoffe mit Bleiazetat, noch geringe Mengen eines reduzierenden wasserlöslichen Zuckers. Dem ent- spricht auch, daß z. B. Macrosporium auf einem solchen Extrakt ziemlich gut wächst und fruktifiziert. Übrigens verstehen es diese Pilze, wie einige Kulturen auf einer iVo igen Tanninlösung zeigten, Gerbstoffe, wenn auch ungleich schwieriger als die Kohlehydrate, auszunützen. Latham (08, S. 238) ist der einzige, der seine Kulturen nur 5 oder 6 Tage wachsen läßt. Alle andern Autoren analysierten ihre Kulturen erst nach 20 oder mehr Tagen nach der Beimpfung. Daß das Alter der Kulturen, sobald die Mycelien ausgewachsen sind, keinen Einfluß mehr auf die Stickstoffbindung hat, das zeigen z. B. einige Kulturen von Froehlich sehr deutlich. Alternaria tenuis assimilierte in 3 ganz gleichen Kulturen in 42 Tagen 4,38 mg N in 112 „ 4,34 „ „ in 212 „ 4,31 „ „ Die geringe Bedeutung einer sehr langen Kulturdauer zeigt sich in diesen Zahlen deutlich. Wir kommen daher zu dem Schluß, daß der Pilz solange Stick- stoff bindet, als er wächst und neue Teile bildet. Die ausgewachsenen Mycelpartien assimilieren nicht mehr. Deswegen ändert sich der Stickstoffgehalt in älteren Kulturen auch nicht mehr. Es scheint aber auch keine wesentliche Entbindung des Stickstoffs stattzufinden. Die Fähigkeit der Stickstoffbindung ist eine Funktion des jugend- lichen Protoplasmas. 7. Einige Beispiele von Stickstoffbindung bei Bakterien und allgemeine Bemerkungen. Zum Schluß mögen noch einige stickstoffbindende Bakterien zum Vergleich herangezogen werden. Nach Maze (97, S. 48, 49) assimiliert Baderium radicicola auf einem Infus von weißen Bohnen folgende Stickstoffmengen: 608 Gerold Stahel, Anfangs-N in mg 62,1 22,4 70,7 N-Gewinn in mg 102,9 j 45,8 118,2 Lölinis und Pillai (02, S. 799) fanden für Azotohader chroo- coceiciii auf einem Bodenaufguß mit 1 7o Manuit: Anfangs -N in mg N-Gewinn in mg . 2,24 1,96 Für Clostridinm Pasteurianum konstatierte Winogradsky (zitiert nach Löhnis 10, S. fi80) auf Dextrose mit Ammonstickstoff: Anfangs -N in mg N-Gewinn in mg 4,2 5,0 6,4 5,5 Daß das Verhältnis des Stickstoffgewinns zum Anfangs -Stick- stoff hier ein ganz ähnliches ist, wie bei den Stickstoff bindenden Pilzen, ist sehr bemerkenswert. Es wird wohl die Stickstoffbindung bei Bakterien und Pilzen in der gleichen Weise vor sich gehen. Wie dieser Prozeß aber im einzelnen verläuft, ist noch nicht fest- gestellt worden. Über mögliche Fehlerquellen sei kurz folgendes bemerkt. Die Nährlösung für alle Kolben einer Serie wurde in einem großen Ge- fäß hergestellt und nach sorgfältiger Mischung je 200 ccm davon mit einer Pipette in die Kolben gebracht'). Nach der Sterilisation wurden alle Kolben beimpft, auch die Kontrollkultur. Letztere wurde zur Abtötung des Impfmaterials noch einmal sterilisiert. Im Zinkkasten standen die Kolben alle nebeneinander und bei der Vor- bereitung für die Analysen wurden alle in genau gleicher Weise behandelt. Da die Kontrollkultur einmal mehr sterilisiert werden mußte, so kann dies einen geringen Fehler verursachen, der aber sicher unter der Grenze des analytisch Nachweisbaren liegt, wie die folgende Überlegung zeigt. Analytisch konnte in der Kontrollkultur ohne Zusatz von ge- bundenem Stickstoff letzterer nicht nachgewiesen werden, trotzdem ganz sicher noch Stickstoff vorhanden war. Die Dextrose zeigte, wie schon erwähnt, einen Stickstoffgehalt von 2 mg pro 100 g Sub- stanz. Unsere Nährlösung enthielt deshalb noch mindestens 0,08 mg Stickstoff. 1) Die Kulturkolben und alle Gefäße, die mit der Nährlösung in Berührung kamen, wurden kurz vor Gebrauch mit einem heißen Gemisch von konz. HjSO^ und CrO, behandelt und dann mit Brunnen- und dest. Wasser gut gespült. Stickstoffbindung durch Pilze bei gleichzeit. Ernährung m. gebund. Stickst. 609 Da nach Ternetz (07, S. 400) die Fehlergrenze bei exaktem Arbeiten etwa bei 0,1 rüg N liegt, so kann der beim Sterilisieren und bei den späteren Manipulationen aufgenommene Stickstoff nur ganz gering sein und weit unter der analytisch nachweisbaren Menge liegen. In neuester Zeit hat Medisch (10, S. 627) für Hypocrea rufa Stickstoflgewinne festgestellt, die denjenigen, die ich für die oben- erwähnten Pilze fand, ganz ähnlich sind. Dieser Autor glaubt, daß nur diejenige Stickstoffmenge, als von dem Pilz assimiliert, ange- sehen werden darf, die übrig bleibt, wenn man vom Mycel- Stick- stoff den Stickstoffgehalt des blinden Versuchs abzieht. Die oft nicht unbedeutenden Stickstoffmengen im Filtrat scheint er als Ver- unreinigungen anzusehen. Er schreibt u. a. : „es fragt sich, ob sie (die Pilze) überhaupt den freien N assimilieren, oder ob nicht noch unbekannte Fehlerquellen (z. B. aus den Kautschukverbindungen der Gruramischläuche, vielleicht aus einem N- Gehalt des Glases) die unbedeutende Zunahme erklären". Die oben gemachten Über- legungen für die N-freie Kultur sprechen ohne weiteres gegen eine solche Vermutung, übrigens müßten solche „Kautschukverbindungen" usw. ebenso gut die blinden Kulturen verunreinigen und also den Fehler wieder aufheben. IV. Schlußbetrachtung. Ed. Henry (08, S. 203—223) verdanken wir wichtige Unter- suchungen über die Stickstoffanreicherung im gefallenen Laub der Wälder. Einige seiner Daten mögen kurz wiedergegeben werden. Nach Chevandier (zitiert nach Henry 08, S. 204) produziert ein Buchenwald pro Jahr und Hektar 3000 kg Holz und 3000 kg Blätter. 3000 kg Buchenholz enthalten ca. 10 kg, 3000 kg Buchen- blätter ca. 35 kg Stickstoff". Ein Buchenwald braucht also pro Jahr und Hektar 45 kg Stickstoff. Hiervon erhält der Waldboden jährlich beim herbstlichen Laubfall 35 kg zurückerstattet, während 1 0 kg für den weiteren Kreislaut des Stickstoffs im Wald verloren sind. Wurden Blätter der verschiedensten Laubbäume in großen Ge- fäßen unter sonst natürlichen Bedingungen 1 Jahr lang im Wald gelassen, so zeigten diese einen Stickstoffgewinn von 0,3% im Durchschnitt. Die 3000 kg Blätter würden also pro Jahr und Hektar 9 kg Stickstoff' binden, die gerade etwa den jährlichen Verlust decken. Henry (08, S. 213) schreibt diesen Gewinn Mikroorganismen zu, 610 Gerold Stahel, und da er von „myriades de microhes" spricht, wird er wohl an Bakterien denken. L. Montemartini (05, S. 10B2), Süchting (05, S. 62) und Hornberger (06, S. 775) haben die Resultate von Henry bo- s^tätigt. Süchting hat das tote Laub nach stickstoft'bindenden Bakterien untersucht und daraus das Clostridium Pasteurianmn isoHert und Burri (zitiert nach Löhnis 10, S. 677) hat in Laub- und Nadelstreu das Azotohacter chroococcum nachgewiesen. Nach diesen beiden Befunden scheint es, daß diesen beiden Bakterien der Stickstoifgewinn in totem Laub zugeschrieben werden müßte. Doch ist zu bemerken, daß nur nach Bakterien gesucht wurde. Wir verdanken Henry noch eine weitere sehr bemerkenswerte Angabe. Um die Mitte des letzten Jahrhunderts begann man mit sehr gutem Erfolg die Sanddünen der Gascogne mit Pinus zu bepflanzen. Die Dünen waren vor der Bepflanzang „absolument sans Vegetation" und zeigten keine nachweisbaren Mengen von Stickstoff. Nach 50 Jahren enthielt nach Malepeyre (zitiert nach Henry 08, S. 218) der Sandboden eines solchen Waldes pro Hektar 270 kg Stickstoff, ganz abgesehen von den wohl noch bedeutend größeren Mengen, die in den Bäumen festgelegt waren. Henry (08, S. 219) hat diese Versuche in Nancy in einem sehr großen Sandbeet nachgeahmt. Er fand, nachdem er 10 Jahre lang Pinus Laricio in diesen Beeten kultiviert hatte, im Sand (ohne die oberste Schicht mit den Nadeln) auf ein Hektar umgerechnet 72 kg Stickstoff, also pro Jahr noch etwas höhere Zahlen, als die obenerwähnten. Dieser Sand war von dem Mycel einer Cladosporium- Art voll- kommen durcliwuchert, „les grains de sable sont comme lisses par ces filements, si bien, que sable et mycelium forment un feutre continu qu'on peut soulever d'une piece". Der größte Teil der gebildeten organischen Substanz bestand aus solchen braunen Clado- sporinm-\iy\i\\Qx\. Auch sonst findet sich nach Henry (08, S. 122) Cladosporium überall im toten Laub der Wälder sehr häufig. Ich selbst sah, besonders in Wäldern, folgende Formen oft in sehr großen Mengen, besonders gefällte und geschälte Stämme, tote Blätter und abgestorbene Kräuterstengel überwuchern: Maero- sporium, Alternaria, Cladosporium, Hormodendrum , Botrytis und Bispora. Für alle diese Formen ist, z. T. schon von mehreren Forschern Stickstofi'bindung nachgewiesen worden. Auch in den Stickstoffbindung durch Pilze bei gleichzeit. Ernährung m. gebund. Stickst. 611 obigen sehr bemerkenswerten Sandkulturen von Henry scheint es im höchsten Grade wahrscheinlich, daß jenes Cladosporium die ge- waltigen Mengen Stickstoff assimiliert hat. Da diese Pilze, bis zu gewissen, wohl nicht allzu hohen Stick - Stoffkonzentrationen mit wachsendem Stickstoffgehalt des Substrates, wachsende Mengen von Stickstoff' binden, so werden sie wohl auch am natürlichen Standort diese Fähigkeit ausüben. Aber noch ein anderer Grund scheint mir dafür zu sprechen, daß Pilze zum mindesten einen erheblichen Teil zur Stickstoft- anreicherung des Waldes beitragen. Nach AVinogradsky (02, S. 53) assimiliert nämlich Clostridium Pasteurianum 1,22 — 1,33 mg Stick- stoff" pro 1 g verarbeiteter Dextrose, während Froehlich (OS, S. 295) für Maerosporium 8,92 mg Stickstoff und für Alteniaria 5,05 mg Stickstoff pro 1 g Dextrose fand. Ternetz (07, S. 385) erhielt sogar für ihre PAoma -Arten Werte von IS — 22 mg Stickstoff" pro 1 g verbrauchter Dextrose. Gerade in dieser Beziehung sind die Pilze mit ihrer bedeutend ökonomischeren Ausnützung der Kohlehydrate z. B. vor Clostridium Pasteurianum ganz entschieden im Vorteil, denn dieses kann seine stickstoffbindenden Eigenschaften im Laub gewiß nur in sehr viel geringerem Maße entwickeln, als in künstlichen Kulturen, in denen ihm reichlich gut assimilierbare Kohlehydrate zur Verfügung stehen. Die obenerwähnten großen Wälder der Gascogne, an deren Stelle vor einem halben Jahrhundert die ödesten Sanddüuen lagen, sind in dieser Beziehung sehr lehrreich. Der junge Waldboden erhielt die ersten erheblichen Mengen organischer Stoffe zugeführt, als die ersten P/h u.s-Nadeln abfielen. Mit solchen geringen Mengen von Kohlehydraten konnten wohl nur Pilze die großen Stickstoff'- gewinne erzielen, die nötig waren, um das Heranwachsen des jungen Waldes zu ermöglichen. Diese Vermutungen finden wir in den Sandbeetkulturen von Henry bestätigt, die so sehr von einer Cladosporium- kri durch- wuchert waren, daß der Sand eine feste, filzige Masse bildete. Wenn die Pilze im jungen Waldboden wohl vor allem für die Assimilation des Stickstoff's sorgen, so ist man kaum berechtigt, diese Eigenschaft in älterem, humusreicherem Waldboden haupt- sächlich oder ganz den Bakterien zuzuschreiben. Allerdings sind bei der Untersuchung von Laub von 2 Autoren stickstoti'bindende Bakterien nachgewiesen worden. Quantitative Angaben über diese Bakterienvorkoramnisse finden wir aber nicht. 612 Gerold Stahel, Dagegen wissen wir, daß Pilze und zwar gerade stickstoffbin- dende den Waldboden in großer Menge und überall durchwuchern, und daß sie, wie oben ausgeführt, betreffs Stickstoff bindung, im modernden Laub vor den Bakterien entschieden im Vorteil sind. Was die Brache anbetrifft, so habe ich auf den Stopj^eln bei feuchtem Wetter oft beträchtliche Mengen von Hormodendrum und Cladosporümi, auch Alternaria, Macrosporhmi und PJwma- Arten gefunden. Es ist auch bei der Brache nicht unwahrscheinlich, daß ein Teil des gewonnenen Stickstoffs |den Pilzen zuzuschreiben ist. Doch ist zu bemerken, daß die Pilzflora der Brache quantitativ der- jenigen des Waldes lange nicht gleichkommt, schon wegen der ge- ringeren und weniger konstanten Luftfeuchtigkeit. Wir kommen zu dem Schluß, daß wenigstens im Wald die von Henry und andern nachgewiesene Stickstoff bindung im modernden Laub hauptsächlich stickstoffassimilierenden Pilzen zuzuschreiben ist, die nachgewiesenermaßen das tote Laub und den Humus der Wälder in großen Mengen bewohnen. Die Pilze, die bis jetzt auf Stickstoftassimilation untersucht worden sind, sind europäische Arten, Penicillium und Aspergillus sind Ubiquiaten. Es scheint mir nicht unwahrscheinlich, daß sich in den Tropen Pilze finden lassen, die noch bedeutend energischer den ungebundenen Stickstoff assimilieren. Der Kreislauf der Stoffe ist in den Tropen ein viel intensiverer als bei uns, es wird durch Fäulnis mehr Stickstoff in Freiheit gesetzt und daher muß wohl auch bedeutend mehr assimiliert werden, da die Stickstoffbilanz, so viel wir bemerken können, sich ungefähr konstaut hält. Dem würde entsprechen, daß in Griechenland und Ägypten (Kette, Leo Anderlind zitiert nach Löhnis 10, S. 695) die Felder trotz inten- siver Bebauung keiner Düngung bedürfen, und Bergteil (06, zitiert nach Löhnis 10, S. 695) hat ähnliches für Indien nachgewiesen, indem er zeigte, daß trotz des geringen Bodenstickstoffs dauernd reiche Ernten erzielt werden konnten, ohne jede Stickstoödüngung. Zusammenfassung der Resultate. Die 54 isolierten Pilze wachsen auf Agar ohne Zusatz von Stickstoffverbindung meist gut z. T. sehr gut, während sie auf sehr stickstoffarmem Substrat mit wenigen Ausnahmen nur kümmerhch gedeihen. Der N- Gehalt des Nährbodens mit Agar betrug 0,025 Voj der mit Kieselsäure etwa 0,0001 7o- Stickstoffbinduug durch Pilze bei gleichzeit. Ernährung in. gebund. Stickst. 613 2. Nach dem Wachstum auf Kieselsäuregallerte lassen sich die untersuchten Pilze in folgende 3 Gruppen einteilen: a) Kaum wachsend, ganz steril, sehr viel Ol. 25 Pilze. b) Etwas besser wachsend, steril oder wenige Anfänge von Fruktifikation, viel (Jl. 22 Pilze. c) Relativ gut wachsend, z. T. sehr gut fruktifizierend, wenig Öl. 5 Pilze. 3. Für 9 Pilze ist Bindung des elementaren Stickstoffs festgestellt worden: Macrosporium commune Rbh.; Alternaria tenuis Nees.; Hormodendrum cladosporioides Sacc; Botrytis cinerea Pers.; Bispora moUnioides Corda; Epicoccum purpu- rascens Fihrenherg; Aspergillus niger Y&nTieghem.', Peni- cillium glaucum Link; Melanomma spec. Für folgende Pilze ist schon von andern Autoren Stickstoff- assimilation nachgewiesen worden : Macrosporium; Alternaria; Hormodendrum; Aspergillus; Penicillium. Als neue Stickstoff bindende Formen wurden konstatiert: Botrytis; Bispora; Epicoccum; Melanomma. 4. Bei Gegenwart geringer Anfangsstickstoffmengen in der Nähr- lösung nimmt die Bindung des elementaren Stickstoffs bei den vier daraufhin untersuchten Pilzen etwa proportional der Anfangsstickstoffmenge zu. Bei Macrosporium^ Alternaria und Hormodendrum ist das Verhältnis von gebundenem Stickstoff zum Anfangsstickstoff etwa gleich 100 7o, für Bispora etwa gleich 35 7o. Die prozentualen Werte nehmen aber mit steigen- dem Stickstoffgehalt der Nährlösung eher noch etwas zu. 5. Den Pilzen ist im großen Kreislauf des Stickstoffs, sowohl wegen ihrer Häufigkeit, als auch wegen ihrer ökonomischeren Verwertung der Kohlehydrate eine bedeutende, im Wald so- gar die Hauptrolle zuzuschreiben. Die vorliegende Arbeit wurde im botanischen Institut der Uni- versität Basel auf Anregung und unter Aufsicht von Herrn Prof. Dr. Alfr. Fischer ausgeführt. Ich möchte auch an dieser Stelle meinem verehrten Lehrer für das meinen Untersuchungen stets ent- gegengebrachte Interesse, für die vielen wertvollen Ratschläge und für die mir zur Verfügung gestellten Hilfsmittel meinen herzlichsten Jahrb. f. wiss. Botanik. XLIX. 40 614 Gerold Stahel, Dank aussprechen. Auch Herrn Otto Wolf möchte ich für die Gewissenhaftigkeit und Sorgfalt, mit der er die Analysen ausgeführt hat, bestens danken. Literatur-Verzeichnis. Beijerink, M. W., Das Assimilationsprodukt der Kohlensäure in den Chroraatophoren der Diatomaceen. Eec. trav. bot. neerland I, 1904. Berthelot, M., Recherches nouvelles sur les microorganismes fixateurs de l'azote libre. Compt. rend., Paris 1893, Bd. 116. Brefeld, 0., I. Bot. Untersuchungen über Schimmelpilze, Bd. 6 — 10. — II. Versuche über N- Aufnahme bei den Pflanzen. Jahresber. d. schlesischen Ges. f. Vaterland. Kultur, 1900, Bd. 78. Czapek, Fr,, I. Biochemie der Pflanzen, Bd. II, 1905. — II. 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Über die spezifischen, yoneinander unabhängigen Sensibilitäten der Saprolegnia-ZoosT^oren für die Proteinkörper und die Phosphat -Ionen 486 „ X. Die Inkonstanz der chemotaktischen Sensibilität 489 „ XI. Die Aerotaxis der untersuchten Schwärmsporen 497 „ XII. Über die Wirkung der Narcotica auf die Chemotaxis der Zoo- sporen von Rhiz. poUinis und Ehiz. sphaerotheca . . . 499 „ XIII. Phototaxis der Schwärmsporen von Rhiz. pollinis 506 „ XIV. Allgemeine und biologische Betrachtungen 508 „ XV. Zusammenfassung der Hauptresultate 519 Hermauu Wacker. Physiologische und morphologische Untersuchungen über das Verblühen. Mit Tafel IV— VI und 5 Textfiguren 522 Monocotyleae 524 1. Abfallen der Perigonblätter als Abschluß des Verblühens . . . 524 2. Langsames Absterben und Vertrocknen der Perigonblätter am Fruchtknoten 532 3. Vergrünen des Perigons 536 Iridaeeae 537 1. Blüten, deren Perigon ganz langsam vertrocknet und verwittert, ohne sich abzulösen 537 2. Blüten, deren Perigon sich kurze Zeit nach dem Abblühen vom Fruchtknoten ablöst 543 Dicotyleae 548 A. Choripetaleae 548' 1. Abfallen der Blumenblätter ohne vorheriges Welken ... 548 2. Abfallen der Blumenblätter mit vorhergehendem Welken 552 618 Inhalt. Seite B. Symi)etaleae 561 I. Blüten mit abfallenden Kronen und Staubfäden 561 11. Blüten mit am Fruchtknoten vertrockneten Korollen, die sich nie ablösen oder sehr spät durch den wachsenden Fruchtknoten abgetrennt werden 570 Histologisches 571 Zusammenfassung 575 Literatur -Verzeichnis 578 Erklärung der Tafel- Figuren 578 Gierold Stahel. Stickstoffbindung durch Pilze bei gleichzeitiger Ernährung mit gebundenem Stickstoff 579 I. Isolierung und Kultur der Pilze auf Agar ohne Zusatz von gebundenem Stickstoff 579 II. Kultur auf Kieselsäuregallerte ohne gebundenen Stickstoff ..... 585 1. Darstellung der Kieselsäure 585 2. Wachstum der Pilze auf den Kieselsäure -Platten ohne Zugabe von Stickstoff Verbindungen 589 ITI. Quantitative Analysen von Kulturen mit stickstofffreier und stickstoff- haltiger Nährlösung 594 1 . Macrosporium eommtme 598 2. Hotynodendrum cladosporioides 600 3. Altemaria tenuis 601 4. Bisjiora molinioides 602 5. Botrytis cinerea, Melanomma, Epicoeeum purpurascens .... 603 G. Penicillium glaucum, Aspergillus niger 604 7. Einige Beispiele von Stickstoffbiudung bei Bakterien und allgemeine Bemerkungen 607 IV. Schlußbetrachtung 609 Zusammenfassung der Resultate 612 Literatur -Verzeichnis .... 614 New York Botanical Garden Libran 3 5185 00262 8335 -;^^-(