,'~ a\? ■ '< r.Al'( y-ti r ■ VV r^ ^^ ^. % , ^^ - ^ V xV ■ ■-. \' ■- .■■-- •■•'^'- ^>-v V.:^s■■^^>^. .^^^N;^;«« /1; 7 r ?.^ T ^X-^^: ^x,; "V X x*^^^3 vi;: ;- - ; V- ^ ' ^' ■ .... f^: ;-s^;^ 'i^'fm JAHRBÜCHER für wissenschaftliche Botanik Begründet Professor Dr. N. Priufirsheim herausgegeben W. Pfeffer und E. Strasburger Professor an der Universität Leipzig Professor an der Universität Bonn Fünfzigster Band LIBRARY Mit 6 Tafelu uud 141 Texttiguren. luc«»/ vrinus ephemerus Vt 466 3. Goiirinus radiatus (Bolt.) Fr 471 4. Fsathyrella gradlis (Fr.) Qu61 473 5. Psathyrella eonsiviiUs Eres, et P. Harms 475 6. Inocybe trechispora (Berk.) Sacc. und 7. petiginosu (Fr.) Gillet . 477 7. CoUybia esmlenta (Wulff.) Quel 479 8. (yalera tenuissima (Weinm.) Gillet und (<. tcnern (Schaeff.) l|ucl. . 484 9. Feniophora ylebulosa (Fr.) Sacc. et Syd 486 III. Allgemeiner Teil 487 IV. Zusammenfassung der Ergebnisse 499 Literatur -Verzeichnis 500 Figuren -Erklärung- 501 .\(l(tir Speiiifh. Über Krümmungsursachen bei Keimstcngeln und beim Mono- kotylenkeimblatte nebst Bemerkungen über den Phototropismus der positiv geotropisclien Zonen des Hypokotyls und über das Stemmorgan bei Cucurbitaceen. Mit 44 Textfiguren 502 Einleitung 502 Bemerkungen zur Methode 507 I. Versuche mit HeUantlniti annuuf< L 517 A. Hat die Schwerkraft als Reiz auf die Gipfelkrümmung des Hypo- kotyls und auf die Ausgleichung dieser einen Einfluß und wie ver- laufen die betreffenden Nutationen bei Aufenthalt in diffusem Tages- lichte, wie im Dunkeln? 517 B. Einfluß des Substrates auf die Gi[ifeleinkrümniung 537 C. Wirkung partieller Verdunkelung 540 ü. Einfluß hoher und tiefer Temperatur 544 E. üie Gipfeleinkrümmung in Ätheratmosphäre 545 F. Einfluß traumatischer Eingriffe in die Kotyledonen 549 G. Die Krümmungstätigkeit der Kotyledonen und die gegenseitige Be- einflussung der Keimblätter 557 II. Zusammenfassung 5t>() II. Der Einfluß der Schwerkraft und des diffus wirkenden Lichtes auf die Gipfeleinkrümmung anderer, im Ruhezustande gerader Embryonen aus endospermlosen Samen 562 A. Versuche mit Compositen 562 B. Versuche mit Cucurbita Fcpo L 563 C. Versuche mit Cucumis sativus L 567 D. Versuche mit Cyclanthera explodens Naud 570 E. Versuche mit Scahiosa prolifera L 571 F. Zusammenfassung 574 Inhalt. VII Seit« III. Die Gipfelkrümiiiung des Hypokotyls von Keimpflanzen, die als Em- bryonen im endospermlosen Samen gekrümmt ruhen 576 A. Versuche mit Cruciferen 576 B. Versuche mit lpo'm,oen imrpurea Lani 582 C. Zusammenfassung 585 IV. Die Krümmungsvorgänge bei Keimpflanzen aus Samen mit Nährgewebe (Peri- oder Endosperm) 587 A. Versuche mit Atnpler hortense L 587 B. Versuche mit Galium saccharatum All 593 C. Versuche mit Coniferen -.597 D. Versuche mit Ricinus communis L 60(1 E. Zusammenfassung 60.'j V. Bemerkungen über den Verlauf der Gipfelkrümmung bei den Epikotylen einiger Leguminosen 600 VI. Die Krümmung des Keimblattes der Monokotylen CK» VII. Die phototropische Reaktionsfähigkeit des Hypokotyls in seinen positiv geotropisehen Zonen 616 A. Versuche mit Helianthus, Sinapis, Ipomnea und Cucurbita . 616 B. Zusammenfassung 627 VIII. Über die Faktoren, von welchen die Ausbildung des Stemmorgans an der Grenze zwischen Hypokotyl und Wurzel abhängig ist .... 628 A. Einleitende Bemerkungen 628 B. Versuche mit Cucurbita, Cucumis, Cyclanthera und Scabiosa . . 633 C. Zusammenfassung 64 8 Schlußbemerkungen 649 Literatur -Verzeichnis 651 Yerzeichuis der Tafeln. Tafel I — V. Cytologische Studien an Chytridineen. Walter Bally. Tafel VI. Untersuchungen über den Bau und die Funktion der (!ystiden und verwandter Organe. F. Knoll. Alphabetisch nach den Namen der Terfasser geordnetes Inhaltsverzeichnis. Seile Walter Bally. Cytologische Studien an Cliytiidineen. Mit Tafel I bis V und C Textfigiiren 95 Hermanu Rittor von Gnttonberg'. Über die Verteilung der geotropischen Empfindlichkeit in der Koleoptile von Gramineen. Mit 1 Textfigur . . . 289 Edg-ar Irmschcr. Über die Resistenz der Laubmoose gegen Austrocknung und Killte 387 Serg^ius Ivaiiow. über die Verwendung des Öls in der Pflanze 375 F. Knoll. Untersuchungen über den Bau und die Funktion der Cystiden und verwandter Organe. Mit Tafel VI und 69 Textfiguren 453 S. Kostytschow und A. Scheloumow. Über die Einwirkung der Gärungs- prodiikle und der Phosphate auf die Pflanzenatmung 157 Ernst Küster, über die Aufnahme von Anilinfarben in lebende Pflauzenzellen 261 Rudolf Licsko. Untersuchungen über die Physiologie eisenspeichernder Hypho- niyceten. Mit 3 Textfiguren 328 Adolf Mayer. Zur Erklärung der Blattstellung der sogen. Kompaßpflanze. Mit 1 Textfigur 359 Arpäd Päal. Analyse des geotropischen Reizvorgangs mittels Luftverdünnung. Mit 2 Textfiguren 1 E. Railianu. Mincralstoffgehait von Bauniblättern zur Tages- und zur Nachtzeit 84 E. Rauiaun und H. Banor. Trockensubstanz, Stickstoff und Mineralstoffe von Baumarten während einer Vegetationsperiode 67 Williolui Ronx. Über Cytochorismus 355 W. Ruhlaildt. Untersuchungen über den Kohlenhydratstoffwechsel von Beta vulgaris (Zuckerrübe) 200 Adolf Sperlich. Über Krümmungsursachen bei Keimstengeln und beim Mono- kotylenkeimblatte nebst Bemerkungen über den Phototropismus der positiv geo- tropischen Zonen des Hypokotyls und über das Stemmorgan bei Cucurbitaceen. Mit 44 Textfiguren 502 Friedrich Warncke. Neue Beiträge zur Kenntnis der Spaltöffnungen. Mit 15 Textfiguren 21 Driickfehlerberichtigung. Seite 12 Zeile 2: Präsentationszeiten statt Reaktionszeiten. Preis dieses Heftes für Abonnenten ... 3 Mk. 75 Pfg., für den Einzelverkauf 5 Mk. — Pfg. JAZEBlTCIIEE für wissenschaftliche Botanik Begründet von Professor Dr. N. Fringsheim herausgegeben W. Pfeffer und E. Strasburger Professor an der Universität Leipzig Professor an der Universität Bonn Fünfzigster Band. Erstes Heft. Mit 17 Textfiguren. Leipzig Verlag von Gebrüder Borntraeger 1911 Alle Znsendungen für die Redaktion bittet raan zu richten an Professor Pfeffer iu L.eipzig (Botanisches Institut), — Tom 1. Augnst bis 26. September nnr an Gebrüder Borntraeger in Berlin W 35, "~" Schöneberger Ufer 12 a Inhalt des vorliegenden Heftes. Seite Arpäd Paäl. Analyse des geotropischeij Reizvorgangs mittels Luftverdünnung. Mit 2 Textfiguren 1 Friedrich Warncke. Neue Beiträge zur Kenntnis der Spalt- öffnungen. Mit 15 Textfiguren 21 E. Ramanii und H. Bauer. Trockensubstanz, Stickstoff und Mineralstoffe von Baumarten während einer Vegetations- periode 67 E. Ramann. Mineralstoffgehalt von Baumblättern zur Tages- und zur Nachtzeit 84 Ausgegeben im September 1911. Die Jahrbücher für wissenschaftliche Botanik erscheinen in zwanglosen Heften, von denen 4 — 6 einen Band bilden. Der Preis des Bandes beträgt für die Abonnenten ungefähr 35 Mk., sofern nicht eine ungewöhnliche Zahl von Tafeln eine Preiserhöhung notwendig macht. Beim Einzelverkauf erhöht sich der Preis um 25 Prozent. Das Honorar beträgt 30 Mk. für den Druckbogen. Bei Disser- tationen wird ein Honorar nicht gewährt. Den Autoren werden 30 Sonderabdrücke kostenfrei geliefert. Auf Wunsch wird bei rechtzeitiger Bestellung eine größere Anzahl von Sonderabzügen hergestellt und nach folgendem Tarif berechnet: für jedes Exemplar geheftet mit Umschlag für den Druck- bogen 10 Pfg., für jede schwarze Tafel einfachen Formats 5 Pfg., für jede schwarze Doppeltafel 7,5 Pfg. Bei farbigen Tafeln erhöhen sich obige Preise für jede Farbe um 3 Pfg. Ein besonderer Titel auf dem Umschlag, falls ein solcher ge- wünscht wird, 3 Mk. 50 Pfg. — Zusätze, Änderung der Paginierung usw. werden besonders berechnet. Diesem Heft lieg-en Prospekte der Terlag^sbuchhandlung- Gebrttder Borntraeger in Berlin bei. Analyse des geotropischen Reizvorgangs mittels Luftverdünnung. "«RA! ^°° «OTANIC Arpad Paal. Mit 2 Textfiguren. I. Historisches. Mit der Einwirkung des verminderten Luftdruckes auf den Geotropismus haben sich bereits mehrere Forscher befaßt. Die erste diesbezügliche Angabe ist eine bei der Untersuchung der intra- molekularen Atmung nebenbei gemachte Beobachtung Wortmanns: die Abwesenheit des Sauerstoffes bedingt Stillstand des Wachstums und der geotropischen Krümmung'). Der in obigem berührte Zusammenhang des Wachstums und der tropistischen Krümmungsfähigkeit bildet den Grund der späteren Untersuchungen Wortmanns. Wieler-) wies nach, daß ohne eine gewisse minimale Menge von Sauerstoff kein Wachstum stattfindet. Demzufolge ist auch keine geotropische (und heliotropische) Reaktion zu erwarten. Wortmann ^) hat dies auch experimentell bestätigt. Sodann versuchte er — soweit dies bei der damahgen Entwicklung der Reizphysiologie möglich war — auch den Einfluß der Ab- wesenheit des Sauerstoffes auf die einzelnen Teile des ganzen Vor- 1) Wortmann, Über die Beziehungen der intramolekularen zur normalen Atmung der Pflanzen. Arb. d. Bot. Inst, in Würzburg, 1879, Bd. II. 2) Wieler, Die Beeinflussung des Wachsens durch verminderte Partiärpressung des Sauerstoffes. Unters, a. d. Botan. Inst, zu Tübingen, 1883, Bd. I; ferner Ber. d. Deutsch. Bot. Ges., 1901, XIX. Jahrg., S. 366. 3) Wort mann, Studien über geotropische Nach Wirkungserscheinungen. Bot. Ztg., 42. Jahrg., 1884. Jahrb. f. wiss. Botanik. L. 1 2 Ärpäd Paäl, ganges festzustellen. Er exponierte die Versuchspflanze unter nor- malem Drucke in horizontaler Lage bis zu dem Momente, in welchem die ersten Anzeichen der Krümmung sichtbar wurden, der Reiz also schon sicher empfangen wurde (die Präsentationszeit war damals noch ein unbekannter Begriff) und evakuierte dann. Die Krümmung hielt noch eine Zeitlang (l — 1,5 Std.) an. Wenn er die normalen Luftdruckverhältnisse vor dem gänzlichen Stillstand der Krümmung wieder herstellte, so verlief die Reaktion weiter bis zur Vollendung. Wenn aber die Pflanze, nach Stillstand der Krümmung unter nor- male Druckverhältnisse gebracht wurde, trat keine Krümmung mehr ein. Bei gänzlicher Abwesenheit des Sauerstoöes hält die Krümmung beinahe sofort inne und die Erregung erlischt. Zur selben Zeit stellte auch Kraus') ohne Rücksicht auf die Teilprozesse kurz soviel fest, daß die Sensibilität der geotropischen Organe in Wasserstofl" oder Kohlensäure schwindet und auch in normaler Luft erst nach und nach wiederkehrt. Eingehendere und zielbewußtere Untersuchungen führte Cor- rens'') aus, der bereits die Frage berührt, von welchem Einflüsse die Abwesenheit des Sauerstoffes auf die einzelnen Teile des Reiz- vorganges, nämlich auf die Perzeption, Reaktion und Rückkehr in die Ruhelage sein könne? Jedoch gerade betreffs des Geotropis- mus konnte er nur geringe Resultate aufweisen. Bei einem ge- wissen Mangel von Sauerstoff steht das Wachstum nach einer ge- wissen Zeit still. Eine geotropische Reaktion tritt aber nur unter solchen Verhältnissen ein, bei welchen auch das Wachstum andauert (vgl. das bereits erwähnte Resultat von Wortmann). "Mit anderen AVorten: das Sauerstoffrainimum ist sowohl für das Wachstum, als auch für die geotropische Reaktion etwa das gleiche; bei verschiedenen Pflanzen jedoch kann dieses Minimum verschieden sein. Bei Ex- ponierung unter dem Minimum tritt auch in normaler Atmosphäre keine Nachwirkung ein. Aus dem Gesagten läßt sich feststellen, daß der Sauerstoff" zur Krümmung und zur „Erlangung der Dis- position zu derselben" notwendig ist; daß derselbe jedoch auch Voraussetzung der Perzeption wäre, läßt sich nicht sagen (vgl. die späteren Resultate Czapeks). Es ist aber zu bemerken, daß aus solchen Experimenten die Abhängigkeit der Perzeption vom 1) Kraus, Über die Wasserverteilung in der Pflanze. Ref. Justs Bot. Jaliresber., Bd. 1884. 2) Correns, tJber die Abhängigkeit der Reizerscheinungen höherer Pflanzen von der Gegenwart freien Sauerstoffes. Flora 1892. Analyse des geotropischen "Reizvorgangs mittels Luftverdünnung. 3 Sauerstoffe sich nicht deutUch bestimmen läßt; Correns behielt die Versuchspflanzen 1 — 2 Std. lang in horizontaler Lage, die Expo- sitionszeiten wahrscheinlich so wählend, daß dieselben nur wenig kürzer seien, als die Reaktionszeiten. Bei langer Exponierung ist jedoch auch ein großer Teil der motorischen Phase bereits abge- laufen, sodaß die hierauf folgende Sauerstoffentziehung den Vorgang bereits in sehr vorgeschrittenem, der Reaktion nahem Zustande an- trifft und unterbricht. Das Erlöschen des Vorganges kann nun in diesem Zustande ganz anders (langsamer, schneller) vor sich gehen als in dem nach kurzer Exponierung ausgelösten Zustande. Ein klares Bild der Beeinflussung der Perzeption durch die Abwesenheit des Sauerstoffes läßt sich nur mit Hilfe kurzer Exponierung gewinnen. „Was die Vernichtung der induzierten Nachwirkung durch den Sauerstoflentzug anbetrifft", so erhielt Correns von denjenigen Wortmanns abweichende Werte: die in normaler Atmosphäre begonnene Kiümmung wurde auch, nachdem die Versuchspflanze mehrere Stunden lang in Wasserstoff gehalten war, die Krümmung also pausiert hatte, von neuem aufgenommen (während dies laut Wortmann nach 10 Minuten in Wasserstoff nicht mehr der Fall war). Die Abwesenheit des Sauerstoffes bewirkt nur eine Hemmung der Nachwirkung, vernichtet dieselbe jedoch nicht solange, bis nicht eine andere zer.störende Wirkung eintritt. Czapek') wirft die Frage auf, ob die äußeren Bedingungen der Perzeption und des Eintretens der Reaktion die gleichen seien. Unter anderem versucht er die diesbezügliche Rolle des Sauerstoffes zu bestimmen. Er bemerkt, daß, wenn bei einer Exponierung unter Umständen, welche die Reaktion vei hindern, dieselbe dann auch später unter normalen Verhältnissen nicht eintritt, daraus noch nicht folgt, daß die Perzeption nicht erfolgt ist, da möglicherweise irgend- ein anderer Teil des ganzen Prozesses ausgeschaltet wurde. Und Czapek fand übereinstimmend mit Wortmann und Correns, daß eine Exponierung von 3 Stunden in Wasserstoff' keine Reaktion als Nachwirkung erzeugt. Was für eine lange Exponierung hierzu nötig wäre, läßt sich so einfach nicht l)estimmen, da ein längerer Auf- enthalt in Wasserstoff der Pflanze auch im allgemeinen schädlich ist, also nicht nur die Perzeption, sondern auch die* Reaktions- fähigkeit beeinflußt. Jedoch mit Benutzung des Resultates von Chudjakow, daß bei Abwesenheit des Sauerstoffes die Keimwurzeln 1) Czapek, Untersuchungen über Geotropismus. Jahrb. f. wiss. Bot., Bd. XXVII. 1* 4 ÄrpaJ Paäl, um so schneller zugrunde gehen, je höher die Temperatur ist, wies er nach, daß bei einer Temperatur von 0^ C die Sensibilität bei Ab- wesenheit des Sauerstoffes nicht schwindet, sondern nur geschwächt wird, da bei einem Reiz von 24 Stunden Dauer die Krümmung eintritt. Eine Perzeption ist demnach auch unter solchen Verhältnissen mög- lich, welche das Wachstum und den Eintritt der Reaktion verhindern. Dies sind die Resultate der bisherigen, unser Thema berühren- den Untersuchungen. Die reizphysiologische Analyse des Geo- tropismus ist jedoch auch seit dem Erscheinen der neuesten der- selben, derjenigen Czapeks, bedeutend fortgeschritten. Für uns besitzen besonders jene Resultate eine Wichtigkeit, welche sich auf die Zeitverhältnisse und auf die gegenseitige Abhängigkeit der Detail- prozosse, der sensorischen und motorischen Phase, beziehen: die Be- stimmung der Präsentationszeit '), die Bestimmung des Perzeptions- und des Präsentationsvorganges, der Perzeptions- und Präsentations- zeit ^), die Unabhängigkeit der Reaktionszeit (der Schnelligkeit der motorischen Phase) von der Zeitdauer und Intensität der Reizung und von der Intensität der Erregung^), die verschiedene Abhängig- keit der beiden Phasen von äußeren Faktoren*). Auf Grund des Gesagten ist die Aufgabe von selbst gegeben: unter Benutzung der neugewonnenen Resultate den Einfluß des Sauerstoff- und Luftdruckes auf die geotropischen Detailprozesse, die Perzeption und Reaktionsentfaltung zu untersuchen. Denn die Einwirkung eines beliebigen äußeren Faktors auf einen gewissen Vorgang, auf das Ganze des Vorganges, läßt sich nur so erkennen, wenn man die Einwirkung desselben auf jeden einzelnen der Detail- prozesse besonders bestimmt. II. Methodisches. Über die Ausführung der Experimente sei im allgemeinen folgendes gesagt: r) Fitting, Uiifersuchungen über den geotropischen Keizyorgang. Jahrb. f. wiss. Bot., Bd. XLI, 1905. 2) Fitting, a a. 0. — Vgl. Brunn, Untersuchungen über Stoßreizbarkeit. Beitr. z. Biol. d. Pfl., Cohn, Bd. IX, 1909; ferner Kotliert, Über Heliotropismu.s. Ebenda, Bd. VIJ, 1894. 3) Czapek, a. a. 0. — Czapek, 'Weitere Beiträge zur Kenntnis der geotro- pischen Reizbeweguugen. Jahrb. f. wiss. Bot., Bd. XXXII, 1898. — Bach, Über die Abhängigkeit der geotropischen Präsentations- und Reaktionszeit von verschiedenen Außen- bedingungen. Ebenda, Bd. XLIV, 1907. — Fitting, a. a. 0. 4) Czapek, a. a. 0. — Bach, a. a. 0., Grottian, Beiträge zur Kenntnis des Geotropismus. Beihefte z. Bot. Centralbl., Bd. XXIV, I. Analyse des geotropischen Reizvorgangs mittels Luftverdünnung. 5 Ich bestimmte Reaktions- und Präsentationszeiten; die An- gaben der einzelnen Experimente mußten auch unter sich schon möghchst durchschnittlich sein, da dieselben für die Vergleichung miteinander bestimmt waren. Bei solchen Versuchen ist die Aus- schaltung der individuellen Abweichungen unbedingt notwendig und das beste Mittel hierzu ist die gleichzeitige Verwendung einer möglichst großen Individuenzahl bei den Experimenten. Außerdem ist es besonders bei Präsentationszeitbestimmungen wichtig, daß die gesaraten Exemplare ein und desselben Versuches auf einmal, als ein ganzes und möglichst rasch zu handhaben und aus der normalen Ruhelage in die Versuchslage zu überführen seien. Sodann ist es ratsam, daß die einzelnen Exemplare auf gleicher Entwicklungsstufe befindlich seien. Allen diesen Ansprüchen zu genügen, schien mir nach längeren Versuchen die folgende Methode geeignet. Nachdem die Mehrheit der in Sägemehl keimenden Samen eine etwa 3 — 4 mm lange Wurzel getrieben hatte (nach Ablauf von ca. 48 Stunden), spießte ich dieselben, als zur weiteren Behandlung geeignet, auf einen Korkpfropfen von 12 cm Durchmesser und zwar derart, daß die Medianebenen der Keimlinge und dementsprechend auch die Nutationsebenen der Wurzeln zueinander parallel waren. Mit diesem Kork verschloß ich ein Glasgefäß von entsprechender Grröße, auf dessen Grunde zum Zweck der Sättigung der Luft mit Feuchtigkeit eine mit Wasser getränkte Torfplatte angebracht war. Die Keimlinge wurden natürlich so aufgespießt, daß die Keimwurzeln im Inneren des Gefäßes senkrecht abwärts gerichtet waren. In diesem feuchten Raum im Dunkeln und in der geotropischen Ruhe- lage wachsend erreichte die Mehrheit der Wurzeln in 24 Stunden die nötige Länge und Ausbildung. Die wenigen, zum Versuche allenfalls nicht geeigneten, verletzten oder gekrümmten Wurzeln lassen sich jetzt schnell beseitigen und der Kork ist mit den darauf befindhchen Wurzeln zusammen als ein Stück zu handhaben: er ist im Augenblick so zu stellen, daß die Wurzeln in die Expositions- lage gelangen wie es bei Reaktionszeitbestimmungen nötig ist, oder auf den Klinostat zu überführen, oder unter die Glocke der Luft- pumpe zu bringen usw. Selbstverständlich sorgte ich auch im weiteren Verlaufe des Versuches für die Luftsättigung mit Wasser- dampf und zwar entweder ebenfalls durch feuchten Torf oder — unter der GKocke der Luftpumpe — durch eingegossenes Wasser, feuchtes Fließpapier. Daß der Feuchtigkeitsgehalt der Luft ge- nügend war und die Wurzeln weder während der Vorbereitung, 6 Arpdd Paäl, noch während des Versuches ihre Turgeszenz verloren haben, davon überzeugte ich mich mittels der Sachs sehen Methode, durch ein- seitiges Anfeuchten der Wurzeln ^). Zur Luftverdünnung benützte ich die Arzbergersche Wasser- strahlluftpumpe mit Vakuummeter. Die Evakuationsglasglocke war von möglichst geringem Hohlmaße, damit die erwünschte Luftver- dünnung rasch zu erlangen sei. Bei den meisten Versuchen benützte ich 20 — 30 Wurzeln. Als Reaktionszeit nahm ich die Zeit, während welcher sich die absolute Mehrheit der Wurzeln schon mit freiem Auge sichtbar krümmte. Bei Präsentationszeitbestimmungen war die Aufmerksamkeit darauf gerichtet, ob die Zahl der nach Exponierung von gewünschter Zeit- dauer während des Rotierens auf dem Klinostat sich krümmenden Wurzeln die absolute Mehrheit erreicht oder nicht. Die Möglichkeit der Vergleichung der Resultate untereinander schien mir wichtiger, als die Verallgemeinerung derselben auf mehrere Arten. Deshalb benützte ich bei sämtlichen Versuchen dieselbe Pflanze, die Keimwurzeln von Phascolus vulgaris. Wir haben ja so keinen Grund zu der Voraussetzung, daß wenigstens in dieser Hinsicht andere Pflanzen ein anderes Verhalten zeigen würden. Die Temperatur betrug bei den Versuchen, bei welchen keine besondere Abweichung angeführt ist, 18 — 21^0. Diejenigen Wirkungen der Luftverdünnung, welche im folgenden zur Sprache kommen, sind so zu betrachten, wie die Wirkungen der entsprechenden Partiärpressung des Sauerstoffes^). III. Versuche. 1. In verdünnter Luft verlängert sich die geotropische Re- aktionszeit. Dies war bereits aus den orientierenden Versuchen er- sichtlich. Ich bestimmte serienweise die der verschiedenen, stärkeren und schwächeren Luftverdünnung entsprechenden Reaktionszeiten, bzw. wie sich die Reaktionszeit bei stufenweiser Verdünnung der Luft ändert. Die Reaktionszeit wird durch verschiedene, unberechenbare oder nicht leicht zu regulierende Paktoren ziemlich stark beein- 1) Sachs, Über das Wachstum der Haupt- und Nebenwurzeln. Arb. d. bot. Inst. Würzburg, Bd. I., 1873, Gesarani. Ahli. üb. Pflanzenphys., Bd. II, Nr .^ XXXI. 2) Vgl. Czapek, Biochemie der Pflanzen. .Jena, 1905, Bd. II, S, 393. — Pfeffer, Pflanzenphysiologie, 2. Aufl., 1897 — 1904, Bd. I, S. .')42 und die dort zi- tierten Arbeiten. Analyse des geotropischen Eeizvorgangs mittels Luftverdünnung. 7 fliißt'). Die Abweichungen können auch beträchtlich sein; die Reaktionszeit besitzt keinen konstanten Wert — wenigstens bei meiner Versuchseinrichtung niclit — . Eine Vorversuchsreihe ergab für die Reaktionszeit unter normalem Luftdrucke bei 17 — 20" C folgende Werte: ILO, 120, 105, 105, 115, 120, HO, 105, 75 Minuten. Und ähnliche Abweichungen konnte ich für die Reaktionszeiten bei Luftverdünnung erwarten und sodann auch tatsächlich beob- achten. Die beobachteten Zahlen sind also auch untereinander nicht vergleichbar. Auch die normale Reaktionszeit ist nicht so beständig, daß sich die Reaktionszeiten bei Luftverdünnung mit dem für ein und allemal festgestellten Werte derselben vergleichen ließen. Ebenso nichtssagend ist auch die Differenz der verlängerten und der normalen Reaktionszeit, der absolute Wert der Reaktions- verlängerung. Dieser Umstand machte einen beständigen, ver- gleichenden Kontrollversuch nötig. Die zur Vergleichung dienende normale Reaktionszeitbestimmung geschah mit Material aus der- selben Kultur wie bei den Versuchen, mit denselben in gleicher Zeit, unter gleichen Bedingungen und mit der gleichen Einrichtung. Damit aber die Reaktionsverlangsamungszahlen der Serie unter- einander vergleichbar seien, nahm ich als Maßstab der Verlängerung nicht deren absoluten Wert oder den absoluten Wert der ver- längerten Reaktionszeit, sondern das Verhältnis der in verdünnter Luft verlängerten Reaktionszeit zu der Reaktionszeit des Kontroll- versuchs, resp. den Quotient der beiden, den Verlängerungsquotient, welcher also zeigt, wieviel mal länger die verlängerte Reaktionszeit ist als die normale Reaktionszeit. Bei den Versuchen habe ich die in verdünnter und normaler Atmosphäre bestimmten Reaktionszeiten verglichen. Auf diese Art läßt sich die Fehlergrenze durch Vergleichung der unter nor- malem Drucke beobachteten Reaktionszeit mit der zur selben Zeit ebenfalls unter normalem Drucke beobachteten Reaktionszeit fest- stellen. Die aus diesen Werten berechneten Quotienten müßten im idealen Falle 1,00 ergeben und die -\-- und — Abweichungen von dieser Zahl ergeben die Fehlergrenze in mit den späteren Quotienten unmittelbar vergleichbarer Form. Dieselben zeigen, welche Abweichungen unter den an Material aus derselben Keimung, zur selben Zeit und unter denselben äußeren Bedingungen be- stimmten Reaktionszeiten möglich sind. 1) Vgl. Bach, a. a. 0. Ärpäd Paäl, Tabelle I. Versuch I Versuch II Quotient Zahl der Keimwurzeln Reaktionszeit Zahl der Keimwurzeln Eeaktionszeit der beiden Reaktionszeiten 33 31 33 17 100 Min. 75 „ 90 „ 70 „ 25 35 33 17 100 Min. 75 „ 85 „ 75 „ 1,00 1,00 1,05 0,93 Die Felllergrenze beträgt also in Quotienten ausgedrückt 0,08. Die bei den Versuchen beobachteten Abweichungen haben diese Grenze auch nicht überschritten. Die sich auf die Reaktionszeit bei Luftverdünnung beziehenden Resultate der einzelnen Versuche sind in der folgenden Tabelle II zusammengefaßt. Auf Grund der Mittelwerte der Tabelle II läßt sich die Kurve (Fig. 1) der Verlängerung der Reaktionszeitverlängerung bei ver- mindertem Luftdrucke konstruieren. Sowohl aus dieser Kurve, als aus den Mittelwerten selbst ist ersichtlich, daß die Reaktionszeiten mit den entsprechenden Luft- verdünnungen, beziehentlich Sauerstoffpartiärpressungen nicht einfach im umgekehrten Verhältnis stehen, sondern daß der Zusammenhang ein komplizierterer ist. Im allgemeinen ist das wahrscheinlichste, daß die Reaktions- verlängerung eigentlich durch eine Verminderung der Atmungs- intensität hervorgerufen wird. Die Veränderung der Atmungsinten- sität der Partiärpressung des Sauerstoffes gemäß verrät jedoch einen Zusammenhang ganz anderer Art, gibt ein anderes Grafikon als die Veränderung der geotropischen Reaktionszeit. Nach den Ver- suchen von Wilson, Stich, Johannsen') genügen 4 — 2—1% Sauerstoff zur normalen Atmung; störend wirkt nur eine noch geringere Partiärpressung des Sauerstoffes. Wenn man dies mit dem vorigen Resultate vergleicht, wird klar, daß die geotropische Reaktionszeit der Atmungsintensität nicht einfach proportional ist. 1) Wilson, tJber die Atmung der Pflanzen. Vorl. Mitteil. Flora, 1882; ferner hei Pfeffer, Unters, a. d. Bot. Inst. Tübingen, Bd. I, S. 654. — Stich, Die Atmung der Pflanzen hei verminderter Sauerstoffspannung und bei Verletzung. Flora, Bd. 74, 1891. — Johannsen, Über den Einfluß hoher Sauerstoffspanuung auf die Kohlensäure- ausscheidung einiger Keimpflanzen. Unters, a. d. Bot. Inst. Tübingen, Bd. I, 1885. — Vgl. auch Pfeffer, Pflanzenphysiologie, 2. Aufl., Bd. I, S. 547 und Czapek, Biochemie der Pflanzen, 1905, Bd. II, S. 393. Analyse des geotropischen Reizvorgaugs mittels Luftverdünnung. Tabelle IL Versuch mit Luftveril ünnung Kontrollversuch Quotient der Reaktions- zeitver- längerung Mittel- wert Atm.- Druck Zahl der Keira- wurzeln Reaktions- zeit Zahl der Keim- wurzeln Reaktions- zeit 0,74 j 42 75 39 70 1,07 1,09 20 100 17 90 1,11 12 105 15 95 1,10 0,«1 24 100 21 85 1,17 20 120 19 105 1,14 1,15 16 HO 18 95 1,15 0,53 23 95 21 80 1,18 24 80 20 65 1,23 1,1S 38 75 43 65 1,15 0,47 j 21 80 15 65 1,23 29 90 23 75 1,20 • 1,22 30 80 25 65 1,23 0,41 1 21 115 13 90 1,27 21 125 22 100 1,25 1,28 20 125 28 95 1,32 0,38 1 28 115 30 85 1,35 1 1.32 20 90 16 70 1,29 1 x,o^ 17 125 14 90 1,39 26 100 28 70 1,42 0,34 29 24 90 95 22 20 G5 70 1,38 1,36 1,39 20 100 17 70 1,42 ^ 29 135 39 95 1,42 0,28 { 34 20 130 120 30 20 85 80 1,52 1,50 1 1,51 0,21 { 10 23 130 110 5 20 80 70 1,63 1,57 1 1,60 0,14 { 28 37 130 145 28 31 70 80 1,85 1,81 } 1,80 r 20 > 150 14 70 > 2,14 0,08 24 24 170 180 24 19 85 75 2,00 2,40 2,20') 19 220 17 100 2,20 1) Die Abweichungen der Zahlen der vier letzten Versuche voneinander über- schreiten zwar die festgestellte Fehlergrenze, dies ist jedoch mit Hinsicht auf die starke Verdünnung zu gestatten. Der Mittelwert ist nur aus den drei letzten Quotienten be- rechnet. — 10 Arpäd Paäl, Nebenbei muß ich erwähnen, was mir bei der Beobachtung auffiel, daß, je stärker die Verdünnung der Luft ist, desto größer die individuellen Abweichungen in der Reaktionszeit der bei dem- selben Versuche benützten Exemplare sind. 1 / 2,00 / 180 i ' / / / 1,60 / / 1 / / 140 / l i J / / 1,20 / / A / y -^ ^ V 0.7^ 0A7 *■ fl/-m Q21 0,08 Fig. 1. 2. Derart wird die geotropische Reaktion, resp. Reaktionszeit durch die Luftverdünnung beeinflußt. Diese Reaktion ist jedoch das Ergebnis von Detailprozessen, von Phasen. Wie werden also die einzelnen Phasen durch die Luftverdünnung beeinflußt? Analyse des geotropischen Reizvorgangs mittels Luftverdünnung. H Ich untersuchte aus diesem Gesichtspunkte die sensorische und die motorische Phase, die duktorische jedoch nicht und zwar teils deshalb, da die Reizleitung nach Czapek^) im allgemeinen von denselben Faktoren und in derselben Weise abhängig ist, wie die Perzeption. Andernteils ist eine für unsere Zwecke geeignete Trennung der duktorischen Phase von den übrigen und eine ge- sonderte Untersuchung derselben auf experimentellem Wege nicht durchzuführen. Zur Unterscheidung der sensorischen und motorischen Phase zitiere ich die Worte Fittings: „Die Erregung ist durch den Reiz- anlaß ausgelöste Änderung des Gleichgewichtszustandes im Plasma; die Reaktionsvorgänge umfassen alle diejenigen, durch die Erregung veranlaßten Veränderungen im Plasmakörper, die direkt auf die Hervorrufung der sichtbaren Reaktion hinarbeiten"^). 3. Der Einfluß der Luftverdünnung auf die sensorische Phase kann in einer Beschleunigung oder Verlangsamung der Per- zeption bestehen. Als Maßstab für die Beschleunigung der Per- zeption unter verschiedenen Bedingungen diente die Präseu- tationszeit, Es läßt sich zwar nicht sagen, daß die Präsentationszeit einen absoluten Maßstab der Perzeptionsschnelligkeit darstelle, da die Steigerung der Perzeption und der Erregung länger anhält, als die Dauer der Präsentationszeit; dieselbe kann aber einen relativen vergleichenden Maßstab bilden, da im Falle die Perzeption — aus irgendeiner beliebigen Ursache — träger ist, eine Erregung, welche eine sichtbare Reaktion hervorzurufen imstande ist, eine um eben- soviel längere Zeit benötigt, mit anderen Worten, die Perzeptions- schnelligkeit steht mit der Präsentationszeit im umgekehrten Ver- hältnis^). Eine derartige Anwendung der Präsentationszeit als Maßstab der sensorischen Phase steht nicht im Widerspruche zur Präsen- tationszeittheorie Fittings und auch nicht zu dem Zusammenhange, welcher nach demselben Forscher zwischen der Präsentationszeit, der Relaxationszeit und der Reaktionszeit besteht*) da die motoiische Phase bei meinen Experimenten durch die Luftverdünnung nicht oder nur in sehr geringem Maße beeinflußt werden konnte (S. 18). 1) Czapek, 1898, a. a. 0. 2) Fitting, a. a. 0., Abschn. VIII. 3) Vgl. Jost, Vorl. über Ttlanzenphysiologie, 2. Aufl. 1908, S. 522. 4) Fitting, a. a. 0., Abschn, XII. 12 Arpail Paäl, Zu bestimmen waren also die den verschiedenen Luftver- dünnungen entsprechenden Reaktionszeiten. Als Grundlage der Vergleichung bestimmte ich jedoch schon vorher die normale Präsentationszeit aus den folgenden Versuchs- daten (Tabelle III): Tabelle IIL Exposition in Min. Zahl der Keimwurzeln Beobaclilung Präsen- nach Min. taiionszeii in Min. 1 2 3 4 10 8 7 7 14 12 1 14 18 90 100 110 60 80 90 100 125 120 Es krüiDinen sich 7 Es krümmen sich 3 Es krümmen sich 7 )i n 1) " Kektipetalität Es krümmen sich 12 <7 5 6 7 8 5 5 5 5 13 j 19 1 9 9 75 105 100 115 150 100 120 140 95 105 Es krümmen sich 3 Kektipetalität Es krümmen sich 9 „ 10 Kektipetalität Es krümmen sich 3 11 n n ^ Kektipetalität Es krümmen sich 3 'in 1) * Kektipetalität >5 9 10 11 12 13 6 6 6 G 6 19 l 19 21 { 8 16 110 120 HO 125 150 120 160 100 120 105 115 140 Es krümmen sich 7 « 10 Es krümmen sich 9 „ „10 Kektipetalität Es krümmen sich 10 Kektipetalität Es krümmen sich 4 n V )) 4 Kektipetalität Es krümmen sich 6 11 )) )i •' Kektipetalität 6 Analyse des geotropi sehen Reizvorgangs mittels Luftverdünnung, 13 Bei der Feststellung der Präsentationszeit bei Luftverdünnung wurden die Keimwurzeln, nachdem dieselben eine gewisse Zeitlang in Luft von gewisser Verdünnung in horizontaler Lage gehalten waren, auf den Klinostat überführt. Ich bestimmte — mit Aus- nahme einiger zuerst ausgeführter Versuche — zugleich auch den Einfluß der Verlängerung der Präsentationszeit in verdünnter Luft auf die Reaktionszeit der bei normalem Luftdrucke eintretenden Krümmung, mit anderen Worten, welche Reaktionszeiten lassen sich bei Gelegenheit der Pi-äsentationszeitbestimmungen beobachten? Deshalb führte ich auch in dieser Versuchsreihe beständig ver- i 70 1 / • fin / / / '^90 1 .0 ^ ^ 6- '^' ,^ ^ y y /J y y 07^ Oß7 ^ Ahm. 0.21 ooa Fig. 2. gleichende Reaktionszeitbestimmungen aus. Bei den Parallelver- suchen verblieben die Wurzeln über die Präsentationszeit hinaus, bis zum Ende horizontal, in der Expositionslage, da dies bekanntlich auf die Reaktionszeit keinen Einfluß hat. Die Verlängerung der Reaktionszeit bei den in verdünnter Luft exponierten Exemplaren im Vergleich zu derjenigen der Parallelversuche ist in Kolonne III der Tabelle IV angeführt. Was sich aus den hier beobachteten Reaktionszeiten entziffern läßt, darauf komme, ich später zurück. Die Resultate der Versuche sind in Tabelle IV zusammengefaßt. Auf Grund dieser Resultate läßt sich die Kurve der Präsen- tationszeit konstruieren (Fig. 2). 14 Arpäd Paal. Tabelle IV. Versuch mit Luftverdünnung Kontrollversuch Verlängerung der Reaktionszeit 'S Atni.- Dnick N 'S c ■2 _s 'i ^ 1«! Es krümmen sich: Reaktionszeit in Min. S N CS C Reaktionszeit in Min. Präsentation in Min. ( 29 10 9 -') — — — 33 20 13 -') 28 75 - 0,74 17 22 23 15 9 8 105 17 18 90 120 15 20 23 20 11 -'; 17 105 — ^ 12 20 7 130 11 110 20 ^ 28 15 4 -') — — — 43 20 IG -'; 42 90 — 29 20 11 -'j 25 130 — (M'>1 22 15 25 7 16 155 14 36 1 00 140 15=) 25 30 27 IG 110 23 100 10 24 25 13 115 24 105 10'; i IG .25 9 95 13 85 10 [ 25 30 13 150 — — — 38 25 8 -') — — '- 20 30 10 135 18 110 25 0,34 ' 32 35 17 130 34 110 2(1 30 14 30 8 95 14 75 20 17 30 9 130 18 120 10 i 18 30 10 105 23 90 15 - 34 35 17 135 — — — ^ 2G 40 14 110 23 95 15 0,21 40 40 22 90 2 7 G5 25 35 24 35 13 135 17 115 20 22 35 11 110 24 90 20 17 45 5 -') 16 65 — 0,14 27 45 10 -') 21 90 — > 50 22 50 12 150 18 120 30 ^ 22 50 11 120 21 90 30 1 60 4 -') 13 75 — 0,08 j i 21 70 11 125 15 85 40 70 18 70 10 135 27 95 40 1) Die Exposition war zu kurz. 2) 17" C. 3) 16" C. Analyse des geotropischeu Reizvorgangs mittels Luftverdünnung. 1 5 Die Präsentationszeit verlängert sich also in verdünnter Luft, bzw. die Perzeption wird träger und zwar auch schon bei schwacher Verdünnung (bei einein Drucke von 0,74 Atm.) ziemlich beträchtlich; die weitere, gesteigeite Verdünnung hat verhältnismäßig keine so starke Wirkung mehr bis etwa zu einem Drucke von 0.21 Atm.; sehr rasch sinkt aber die Sensibilität bei noch geringerem Drucke. Ersichtlich läßt sich — wie bei der Reaktionszeit — auch die Veränderung der Präsentationszeit nicht durch irgendeinen einfachen Zusammenhang definieren und auch die Schnelligkeit der Perzeption ist der Atmungsintensität nicht proportional. (Nach Czapek ist die von ihm sogenannte Impressibilität von der Temperatur in demselben Maße abhängig, wie die Atmung').) Bei den Versuchen zur Bestimmung der Präsentationszeit be- obachtete ich auch die Reaktionszeit; und aus diesen Angaben ist folgendes von allgemeinerer Gültigkeit bezüglich des Verhältnisses der sensorischen zur motorischen Phase zu ersehen. Die Reaktionszeit verlängert sich nicht nur bei ständigem Auf- enthalt der Keimwurzeln in verdünnter Luft, sondern — obwohl in geringerem Maße — auch dann, wenn sich die Keimwurzeln nur während der Präsentationszeit in verdünnter Luft und sodann bis zum Eintritt der Krümmung auf dem Klinostat in normaler Atmo- sphäre befinden. Diese Verlängerung der Reaktionszeit beobachtete ich bei der Bestimmung der Präsentationszeit in der bereits er- wähnten Weise durch Parallelversuche; die diesbezüglichen Daten sind in Kolonne III der Tabelle IV angegeben. Wenn die Sache so stände, daß die Reizung von Präsentations- zeitdauer dazu nötig wäre, um die motorische Phase, die die Krümmung hervorrufenden Vorgänge einzuleiten: so müßte sich die Reaktion in diesen Fällen umsoviel verspäten, als die Dauer der verlängerten Präsentationszeit ausmacht. Aus den Daten läßt sich jedoch ersehen, daß die Verspätung bedeutend geringer ist. Z. B. bei einem Druck von 0,34 Atm. (bei diesen machte ich die meisten solcher Bestimmungen) beträgt die Präsentationszeit 30 Mi- nuten, die in Rede stehende Reaktionsverspätung hingegen L5, 10, 20, 10, 15 Minuten. Daß die Verlängerung der Reaktionszeit in diesen Fällen ge- linger ist, als die Präsentationszeit, das kann — da die motorische Phase die gleiche ist, wie unter normalen Umständen und durch 1) Czapek, a. a. 0., 1898. 16 Arpad Paal, die Luftverdünnung nicht beeinflußt wird — keine andere Erklärung haben, als daß die motorische Phase noch vor Ablauf der Präsen- tationszeit beginnt. Sie beginnt, bevor die Erregung noch den zum Hervorrufen der Krümmung nötigen Grad erreicht hätte, aber natür- lich, hält sie nicht bis zum Zustandekommen der Reaktion an, sondern erlischt vorher, falls der Reiz nicht von Präsentationszeitdauer war; dies folgt bereits aus der Definition der Präsentationszeit. Auf diese Weise schiebt sich also die motorische Phase in die sensorische hinein. So muß es auch dann sein, wenn die Präsentationszeit nicht durch Luftverdünnung verlängert wird, also auch unter normalen Bedingungen, nur bleibt dann dieses Verhältnis verborgen. Die Erkennung desselben wird eben dadurch möglich, daß bei ver- längerter Präsentationszeit die Reaktion im übrigen einen ganz normalen Verlauf nimmt. Übrigens ist es ganz nebensächhch, durch was diese Verlängerung der Präsentationszeit bewirkt wird, ob durch Luftverdünnung oder andere Faktoren. Und tatsächlich: dieselbe Beobachtung machte auch Fitting bei der Untersuchung des Ein- flusses der intermittierenden Reizung auf die Präsentationszeit. (Seine „Präsentationszeit bei intermittierender Reizung" entspricht der Präsentationszeitverlängerung in unserem Falle').) Ebenso läßt sich die Ineinanderschiebung der Phasen aucli aus den Versuchsangaben Bachs ersehen, in welchen dieser Forscher die (verlängerten) Präsentationszeiten bestimmte, welche geringeren Zentrifugalkräften als 1 g entsprechen ^). Daß also die Reizung zur Einleitung der motorischen Phase nicht notwendig von Präsentationszeitdauer sein muß, läßt sich so- wohl mit Luftverdünnung, als auch mit Klinostat- und Zentrifugal- versuchen nachweisen. 4. Nachdem der Einfluß der Luftverdünnung auf die Re- aktionszeit und Präsentationszeit, also auf die sensorische Phase festgestellt ist, ergibt sich jetzt die Frage, welchen Einfluß kann die Luftverdünnung auf die Reaktionsfähigkeit haben, auf die Vor- gänge, welche, durch die Erregung eingeleitet, die sichtbare Reaktion hervorrufen, mit einem Worte, auf die motorische Phase''). 1) Fitting, a. a. 0., Abschn. XI. 2) Bach, a. a. 0., Die diesbezüglichen Versuchsdaten siehe S. 29, 31, 32 des Separatabdruckes. 3) Vgl. Pfeffer, a. a. 0., Bd. II, S. 623. Analyse des geotropischen Reizvorgangs mittels Luftverdünnung. \ 7 Oben habe ich die Zahlen mitgeteilt, welche sich darauf be- ziehen, in welchem Maße sich die Präsentationszeit bei Luftver- dünnung verlängert und um wieviel die Reaktionszeit länger wird, als unter normalen Bedingungen, Werden daraus die sich auf den- selben Atmosphärendruck beziehenden Werte ausgesucht und ver- glichen, z. B.: unter einem Druck von 0,21 Atm. verlängert sich: 1. Die Reaktionszeit um 50 — 70 Minuten, 2. Die Präsentationszeit um 35 Minuten; so geht deutlich hervor, daß sich die Reaktion (bei beständigem Auf- enthalt in verdünnter Luft!) stets mehr verlängert, als die Präsen- tationszeit. Die Ursache der Reaktionsverspätung kann demnach nicht die Verlängerung der sensorischen Phase allein sein; auch die motorische Phase muß sich sehr verlangsamen. Ebenfalls aus den bisherigen Versuchen läßt sich dies auch noch auf eine andere Weise herauslesen. Nach den im vorher- gehenden Kapitel Gesagten beginnt die motorische Phase nicht erst nach Ablauf der Präsentationszeit, sondern bereits vorher, kurz nach Beginn der Reizung. Daraus folgt aber, daß, wenn bei der Luftverdünnung die motorischen Vorgänge sich nicht verlangsamen würden, die Verlängerung der Präsentationszeit allein keine so starke Verspätung der Reaktion bewirken könnte. Di*? Reaktion verspätet sich jedoch bei Luftverdünnung; infolgedessen muß sich auch die motorische Phase verlängern. Die Verlängerung der motorischen Phase ist natürlich etwas geringer, als die Reaktionsverspätung. Diese auf zweierlei Weise abgeleitete theoretische Voraus- setzung muß sich auch durch Experimente bestätigen lassen. Hierzu genügen bereits einige, selbstverständlich ebenfalls nach der ver- gleichenden Methode ausgeführten Versuche. Und zwar um auf die Beeinflussung der motorischen Phase schließen zu können, ist es notwendig, daß die Exponierung bei jedem der beiden parallelen Versuche unter denselben Bedingungen geschehe, ob in normaler Atmosphäre, oder in solcher von geringem Drucke; die motorische Phase hingegen muß bei dem einen in verdünnter, bei dem anderen in normaler Atmosphäre eintreten. So läßt sich erreichen, daß verschiedene Außenverhältnisse nur auf die motorische Phase fallen, die Reaktionsabweichungen also — denn wir bestimmen ja unmittel- bar die Reaktionszeit — den Abweichungen der motorischen Phase zuzuschreiben sein können. Zwei Methoden sind für diesen Zweck geeignet. Die eine Methode: Nach Exponierung unter normalen Verhältnissen gelangt Jahrb. f. wiss. Botanik. L. 2 18 Arpäd Paäl, der eine Teil des Versuchsmaterials in verdünnte Luft, der andere verbleibt auch weiter in gewöhnlicher Luft. Tabelle V. Tabelle V. Versuch Kontrollversuch mit Luftverdünnung unter normal. Drucke Verlängerung d u ^ c -M der Unter normal. Druc während . . . Min. ann unt . Atm. Druck ktionsze ? 1 a motor. Phase in Min. N 'S T3 O es N -53 19 13 0,34 95 21 80 15 17 15 0,28 110 15 75 35 39 15 0,28 80 18 60 20 22 14 0,21 85 19 60 25 23" C 20 14 0,14 130 20 85 45 Die andere Methode: der eine Teil des Vergleichungsmaterials gelangt nach Exponierung von entsprechender Präsentationszeitdauer bei verdünnter Luft auf den Klinostat; der andere Teil verbleibt beständig in ebenso verdünnter Luft in horizontaler Lage. Neben diesen führte ich noch einen dritten parallelen Vergleichungsversuch aus, indem ich die normale Reaktionszeit — bei beständig hoiizon- taler Lage — bestimmte. Die Resultate der Versuche s. Tabelle VI. Tabelle VL Versuch Kontrollversuch I Kontrollversuch TI Exposition r- "sS S 9 s — ^ a l- Ol tS a o 3 B B CS 66 Friedrich Warncke, Neue Beiträge zur Kenntnis der Spaltöffnungen. merkmal darstellt, sondern auch als eine Anpassungsform an be- stimmte ßauverhältnisse der Epidermis aufgefaßt werden kann. Eine Anwendung des sogenannten biogenetischen Grund- gesetzes zur Erklärung von Spaltöffnungsunterschieden im Sinne O. Porschs erscheint nach den von mir untersuchten Beispielen nicht begründet. Vorliegende Arbeit wurde im Botanischen Institut der Uni- versität Kiel ausgeführt. Es ist mir eine angenehme Pflicht, Herrn Geheimrat Prof. Dr. Reinke sowie Herrn Prof. Dr. Nordhausen für die An- regungen und Ratschläge, durch welche sie mich in meiner Arbeit unterstützt haben, an dieser Stelle meinen herzlichen Dank aus- zusprechen. Trockensubstanz, Stickstoff und Mineralstoffe von Baumarten während einer Vegetationsperiode. Von E. Ramann und H. Bauer. Untersuchungen über das Verhalten der Baumarten beim Aus- triebe im Frühhnge sind ziemlich zahlreich ausgeführt worden; es fehlen aber noch Bestimmungen, die den Baum als Ganzes erfassen und die Veränderungen feststellen, welche den verschiedenen Ab- schnitten der Vegetationszeit entsprechen. Diese ergeben sich ohne weiteres aus dem Verlauf einer Vege- tationszeit. Bis Februar und Mitte März reicht der Zustand der Winterruhe, April und Anfang Mai beginnen die Knospen zu schwellen und der Austrieb erfolgt je nach der Witterung und Baumart. Die volle Ausbildung der jungen Triebe und neugebildeten Blattorgane ist in der Regel Mitte bis Ende Mai erfolgt, bis Mitte Juh nehmen die Blätter den Charakter der Sommerblätter an, bis Mitte September ist die Trennungsschicht des Blattstieles vorgebildet und der Blattabfall erreicht im November sein Ende. Wintergrüne Baumarten sind gegenüber blattabwerfenden im Vorteil, da ihr dauernder Besitz von Blattorganen ihnen erlaubt, bereits zu einer Zeit zu assimilieren, in der die winterkahlen Bäume noch entlaubt stehen. Es kann daher nicht auffallen, daß die einzelnen Abschnitte im Verlaufe der Vegetationszeit bei den Bäumen mit vollem Laub- fall schärfer hervortreten als bei wintergrünen Baumarten. Bekannt ist, daß der Austrieb im Frühling überwiegend auf Kosten im Baumkörper gespeicherter Reservestoffe erfolgt; ganz charakteristisch trat dies bei den Untersuchungen von A. Möller 6g E. Ramann und H. Bauer, hervor, der nachwies, daß die Entwicklung des Frühjahrstriebes der Kiefer von der Ernährung des vorangehenden Jahres abhängig ist '). Zur Untersuchung des Verhaltens der Pflanzen während einer Vegetationsperiode bedarf man einer genügenden Anzahl gleichmäßig entwickelter Individuen; diese Forderung ist für Baumarten nur bei ganz jungem Material erfüllbar. Unsere Analysen beziehen sich daher auf ein- bis vierjährige Pflanzen und sind je nach der Entwicklung mit 50 bis mehreren hundert Exemplaren ausgeführt worden. Die Zusammenstellungen zeigen, daß diese Zahl ausreichte, das charakteristische Verhalten erkennbar zu machen. Für uns kam es zunächst darauf an, RichtHnien festzulegen, es war deshalb richtiger, eine größere Anzahl von Arten zur Unter- suchung heranzuziehen als eine einzelne Baumart erschöpfend zu behandeln. Die Kenntnis des Verhaltens der Baumarten ist gegen- über den landwirtschaftlichen Pflanzen stark zurückgeblieben, eine erste Untersuchung muß sich zunächst auf summarische Bestimmungen beschränken. Die zur Untersuchung verwendeten Pflanzen sind zumeist aus dem staatlichen Pflanzgarten in Rosen heim bezogen; Tannen und Buchen lieferte das Forstamt Schlüsselfeld; Eichen erhielten wir aus Knittelsheim in der Rheinpfalz. Es ist uns eine angenehme Pflicht, den Herren Forstrat E. Hof mann in Rosenheim, Forst- meister L. Schmitt in Schlüsselfeld und Dr. Schott in Knittels- heim unseren Dank für die Mühe und Sorgfalt auszusprechen, welche sie auf Gewinnung ausgeglichenen Materials verwendet haben. Der Boden des Pflanzgartens in Rosenheim ist ein frucht- barer, mit Kompost und Latrinendünger gut versehener tiefgründiger Lehmboden; der Boden des Pflanzkampes in Schlüsselfeld ist nur durchhackter, nicht weiter gedüngter schwerer und wenig frucht- barer Tonboden der Keuperformation. Die Pflanzen wurden sofort nach der Werbung verpackt und dem bodenkundlichen Laboratorium der forstlichen Versuchsanstalt in München eingesendet; hier erfolgte die Zerlegung der Pflanzen in ihre Teile. Der Austrieb der Baumpflanzen im Frühling, Der Austrieb erfolgt auf Kosten von in den Pflanzen gespeicherten Stoffen; hierbei wird Arbeit geleistet, die hierzu nötige Energie 1) Zeitschr. f. Forst- und Jagdwesen. 1905. Trockensubstanz, Stickstoff uml Mineralstoffe von Baumarten usw. 69 wird geliefert aus dem Abbau organischer Substanz uad diese Tat- sache beweist sich durch einen mehr oder weniger starken Gewichts- verlust. Je jünger der Baum ist, um so schärfer wird dies hervor- treten, da das prozentische Verhältnis zwischen der Menge der Gerüststoffe und der umwandelbaren E,eservestoffe mit steigendem Alter des Baumes immer weiter wird. Dem Verbrauch vorgebildeter Stoffe steht der Gewinn durch neueinsetzende Assimilation gegenüber, die bei den Baumarten ver- schieden stark sein wird und namentlich bei den wintergrünen Nadel- hölzern früh beginnt. Es ist dies der Grund, daß bei diesen die Gewichtsabnahme beim Austriebe gering ist und selbst ganz verdeckt werden kann. Je reichlicher die Menge der neugebildeten Blätter sowohl absolut, wie im Verhältnis zum Holzkörper ist, je rascher der Austrieb erfolgt, um so stärker wird der prozentische Gewichtsverlust an organischem Material sein. Es kann daher nicht auffallen, daß bei den Baumarten verschiedenes Verhalten auftritt. Von den untersuchten Baumarten zeigten Gewichts- abnahme (in absoluten Gewichten und Prozenten der vorher vorhandenen Trockensubstanz): Datum Gewicht von 100 Pflanzen in g Ge- i'ichts- nahme /o Spitzahorn, 3-jähr. 2. V. -21. V. 2. V. 1263 21. V. 738 41,6 Roterle, 2-jähr. . Esche, 2-jähr. . . Buche, 2-jähr. . . Buche, 2-jähr. . Feld-Ulme, 2-jähr. Lärche, 2-jähr. 27. IV. — 18.V. keine Gewichtsabnahme 4. V. — 21.V. 4. V. 2432 21. V. 1596 44,4 27. IL —21. V. 27. IL 335 21. V. 191 43,0 4. IV.-14.V. 4. IV. 119 U.V. 92 22,8 2. V. — 18.V. 2. V. 2575 18. V. 1773 31,2 27. IV. — 21. V. keine Gewichtsabnahme Die Zahlen zeigen hinreichend, welche kolossalen Gewichts- verluste junge Baumpflanzen beim Austrieb im Frühlinge erleiden können. Das interessanteste Beispiel für diese Verhältnisse bietet die Stieleiche, von der sowohl Pflanzen im Frühlinge als auch im Sommer mit und ohne Johannistrieb untersucht wurden. Die Gewichte für je 100 Pflanzen in g waren 5.IIL 24. V. 25. VL 31.VIIL ohne Johannistrieb 629 606 938 1169 31.VIIL mit Johannistrieb 809 70 E. Eaniann und H. Bauer, Der Gewichtsverlust im Frühjahr betrug nur 4 %, dagegen bei den Pflanzen mit Johannistrieb 15 "/oj trotzdem bei den letzteren eine große Anzahl lebenstätiger Blätter vorhanden war. Verhalten von Stamm und Wurzel beim Austrieb. Bei allen untersuchten Baumarten tritt nach dem Austriebe Gewichtsabnahme bei Stamm und Wurzel auch dann hervor, wenn ein absoluter Gewichtsverlust des ganzen Pflanzenkörpers nicht nachweisbar ist. In Prozenten der vor dem Austriebe vorhandenen Trocken- substanz betrugen die Verluste der untersuchten Pflanzen Spitzahorn Roterle Esche . Buche . Feldulme Lärche Fichte . Tanne . Kiefer . Stieleiche Stieleiche (Johannis- trieb) . . . . Datum 2. V. — 21.V. 27. IV. -18. V. 4. V. — 21.V. 27.IV.— 21. V. 2. V. — 18. V. 27. IV. -21. V. 27.11. — 22. V. 2. V. —U.V. ll.IIL- 22. V. 15. III.- 24. V. 25. VI— 31. VIII. Gewichtsverlus t 7o Stamm Wurzel 47,0 44,4 1,2 46,4 29,6 36,1 16,6 38,9 27,0 36,2 20,5 15,5 6,0 23,0 7,1 5,9 19,9 8,9 24.8 27,4 Zwischen den verschiedenen Baumarten treten eigentümliche Unterschiede hervor, die auf physiologisch verschiedenes Verhalten deuten. Im allgemeinen werden die Wurzeln stärker er- schöpft als der Stamm. Die einzige nennenswerte Ausnahme von dieser Regel, das Verhalten der Lärche, läßt sich vielleicht auf biologische Eigentümlichkeiten zurückführen, da bei dieser Holzart Austrieb bei sehr niederer Bodentemperatur stattfindet. Unter den Laubhölzern zeigen Erle und Eiche geringe Be- anspruchung des Stammes bei starker Erschöpfung der Wurzeln. Die Eiche verhält sich hierbei sowohl im Frühlinge als bei Bildung von Johannistrieben gleichartig, so daß man wohl eine zum Ausdruck kommende Eigentümlichkeit der Art annehmen kann. Bei den wintergrünen Nadelhölzern zeigt sich regelmäßig nur mäßige Beanspruchung der Reservestoffe, die, wie es scheint. Trockensubstanz, Stickstoff und Mineralstoffe von Baumarten usw. 7 1 stärker den Wurzeln als dem Stamm entzogen werden; einen er- heblichen Teil der organischen Substanz liefert offenbar die Assi- milation der alten Nadeln. Die Bildung der Trockensubstanz während der Vegetations- periode. Über den Verlauf der Ablagerung der Trockensubstanz gibt Tabelle I Auskunft. Die Menge des Ausgangsmaterials ist stets gleich 100 gesetzt. Allgemeine Schlüsse lassen sich aus den vorliegenden Daten noch nicht ableiten, zumal es sich um junge Pflanzen handelt, bei denen die Einnahme an organischen Stoffen prozentisch umso mehr hervortritt, je geringer das Gewicht der Ausgangspflanzen ist. Immer- hin lassen die Zahlen erkennen, daß große Unterschiede zwischen den einzelnen Arten vorhanden sind, die sowohl beim Wachstum des Stamrakörpers wie der Wurzeln sich geltend machen. Einmaliger Frühjahrstrieb und dauerndes Spitzeu- wachstum. Das Spitzenwachstum der Bäume kann man in zwei Gruppen einteilen: 1. in Bäume, die einen Frühjahrstrieb machen, dessen Länge im Laufe der Vegetationszeit nicht mehr wesentlich zunimmt und 2. in Bäume mit Spitzenwachstum während der ganzen Vegetationszeit. Eine Unterabteilung der ersten Gruppen umfaßt Baumarten, die mehr oder weniger regelmäßig Johannistriebe bilden. Im allgemeinen sind die Bäume der ersten Gruppen durch Ausbildung starker Endknospen ausgezeichnet. Von den untersuchten Baumarten gehören zur Gruppe 1: Fichte, Tanne, Kiefer, Lärche, Esche; mit Johannis- trieb: Buche, Eiche, selten Tanne, Kiefer. Gruppe 2: Spitzahorn, Feldulme, Erle. Ganz scharf läßt sich diese Trennung nicht durchführen, namentlich nicht bei jungen Pflanzen; so ist z. B. das Wachstum der Johannistriebe der Eichen, des Gipfeltriebes der Lärche bei günstigen Vegetationsbedingungen nicht immer streng begrenzt. Johannistriebe. Je nach Ernährung der Pflanzen und der herrschenden Witterung treten Johannistriebe bei Buche und Eiche auf oder ihre Bildung unterbleibt. Oft stehen Pflanzen mit und ohne Johannistrieb auf demselben Beete nebeneinander. Es handelt 72 E. Hanianu und H. Bauer, sich liier offenbar um Ausnutzung angesammelter Reservestoffe und um günstige Lebensbedingungen; namentlich scheint genügende Wasserversorgung von Einfluß zu sein. Man geht wohl nicht fehl, wenn man den Johannistrieb mit reichlichen sommerlichen Nieder- schlägen in Verbindung bringt. Es ist zweifelhaft, ob man die Bildung von Johannistrieben als günstig oder ungünstig für die Art zu betrachten hat. Als günstig kommt in Betracht rascher Höhenwuchs und frühes Über- schreiten der frostgefährdeten tieferen Luftschichten; andererseits verholzen die Johannistriebe langsam, sie bleiben vielfach schwach entwickelt und leiden unter Frühfrösten. Zumal bei der Eiche können die Beschädigungen bei ungünstigem Herbste sehr empfindlich werden. Die Pflanzen mit Johannistrieben gehen daher in der Regel weniger gefestigt in den Winter und ihr Vorrat an Reserve- stoffen für den kommenden Frühjahrsaustrieb bleibt stark hinter dem der Pflanzen ohne Johannistrieb zurück. Nutzen oder Schaden der Johannistriebe ist daher von der Witterung des Herbstes ab- hängig. Im allgemeinen wird man aber, in nicht frostgefähideten Lagen, den Pflanzen ohne Johannistrieb günstigere Lebens- bedingungen zuschreiben müssen; wenigstens gilt das für die Eiche. Frühjahrsholz und Herbstholz. Die Bildung des Frühjahrs- holzes und Herbstholzes der Jahresringe hängt eng mit den Lebens- bedingungen der Pflanzen beim Austrieb junger SjDrosse zusammen. Frühjahrsholz wird überwiegend aus gespeicherten und reichlich vorhandenen Reservestoffen im Verlaufe weniger Tage oder Wochen, also in kurzer Zeit gebildet; das Herbstholz hingegen ist das Produkt fortschreitender Assimilation und langsamer Ablagerung organischer Stoffe. Für die Bäume ist es vorteilhaft, wenn der Austrieb rasch verläuft, denn die jungen Triebe sind den Angriffen feindlicher Einflüsse (Frost, starker Verdunstung, mechanischen Beschädigungen, tierischen Feinden, Parasiten) mehr ausgesetzt als ältere Pflanzen- teile. Für unsere Baumarten ist die Abhängigkeit des Austriebes vom Klima unverkennbar. Die Lebensbedingungen beim Beginn des Frühjahrsaustriebes sind für die Baumarten ungewöhnlich günstig. Im Baumkörper sind organische Reservestoffe und anorganische Nährstoffe gespeichert; der Boden ist im Frühling reich an Wasser, die Verdunstung ist im allgemeinen infolge der noch niederen Temperatur mäßig stark. Alles dies führt dazu, daß im Frühling ein dem Baum sonst fremdes Trockensubstanz, Stickstoff und ^fineralstoffe von Bauniarten usw. 73 Üppiges Wachstum einsetzt, welches in der Bildung eines großzelHgen Gewebes seinen Ausdruck findet. Man kann von einer temporären Überernährung sprechen. Die Berechtigung dieses Vergleiches ergibt sich z. B. aus dem Verhalten der Kiefer auf nährstoffreichem Niederungsmoor; hier trägt ihr Holz fast ganz den Charakter des „Frühlingsholzes". Der reichliche Vorrat an Wasser kann hierfür nicht ausschließlich entscheidend sein, denn Kiefern auf nährstoff- armem Hochmoor haben nur kleine, dünnwandige Zellen. Mit dieser Auffassung steht im Einklänge, daß in den Johannis- trieben sich gleichfalls ein Holzring bildet, sowie daß Baumarten mit fortgesetztem Spitzenwachstum die Jahrringbildung meist weniger scharf hervortreten lassen. Verhalten des Stickstoffes beim Austrieb der Bäume. Beim Austrieb der jungen Sprosse der Bäume wandern mit den organischen Stoffen gleichzeitig Stickstoff und Aschenbestandteile. Bei den untersuchten jungen Baumpflanzen ist der auf Trocken- substanz berechnete absolute Gehalt an Stickstoff im Stammkörper und Wurzelkörper annähernd je zur Hälfte enthalten. Im höheren Baumalter werden sich wahrscheinlich andere Verhältnisse ergeben, da bei der gleichen Baumart der Stickstoffgehalt mit Abnahme des Durchmessers der Sortimente wächst; es nimmt also der durch- schnittliche Gehalt an Stickstoff um so mehr ab, je größer der pro- zentische Anteil des Holzkörpers gegenüber dem Rindenkörper wird. Beim Austriebe wandert der Stickstoff in den untersuchten Bäumen oft stärker als die organischen Stoffe und nicht selten wird über die Hälfte des vorhandenen Stickstoffes an die jungen Triebe abgeführt. Es tritt also zunächst eine starke Erschöpfung der älteren Pflanzenteile an Stickstoff ein, die erst im Laufe der Vege- tationszeit durch Neuaufnahme wieder ausgeglichen wird. Der zeitliche Verlauf der Stickstoffaufnahme zeigt bei den Holzarten erhebliche Verschiedenheit, so daß der Stickstoffvorrat des Bodens je nach der Baumart zu bestimmten Zeiten gar nicht, schwach oder stark und selbst sehr stark beansprucht wird. Dies Verhalten hat nicht nur theoretisches Interesse, sondern gewinnt auch praktische Bedeutung für die Düngung der forstlichen Pflanzkämi^e und deutet den Weg an, der auch hier von der Bodendüngung zur Pflanzen- düngung führt. 74 E. Kamann und H. Bauer, Die zeitliche Aufnahme des Stickstoffes. Bei den untersuchten Bauraarten setzt die Neuaufnahme von Stickstoff aus dem Boden in der Regel erst nach vollendetem Aus- triebe im Frühling ein; nur die Tanne machte eine Ausnahme, die ihren Stickstoffbedarf schon zeitig im Frühjahre deckt. Die folgende Zusammenstellung gibt einen Überblick der ge- fundenen Verhältnisse, wobei die Aufnahme von Stickstoff als fehlend (keine) sehr schwach, schwach, mäßig, stark, sehr stark bezeichnet wurde. Die absoluten Zahlen sind in den Tab. II und III nieder- gelegt. Als maßgebend ist die auf je 100 Pflanzen berechnete Stickstoffaufuahme zu betrachten, da nur durch diese Form der Darstellung vergleichbare Zahlen gewonnen werden können. Stickstoffaufnahme erfolgt: Februai' Mitte Mai Mitte Juli Mitte Sept. bis Mitte Mai bis Mitte Juli .bis Mitte Sept. bis Ende Nov Spitzahorn keine sehr stark sehr stark keine Roterle . . sehr schwach sehr stark sehr stark sehr stark Esche . . . mäßig stark schwach keine Buche . . . keine mäßig stark keine Feldulme . . keine stark sehr stark keine oder sehr schwach Fichte . . . keine sehr stark schwach keine Tanne . . . stark keine keine schwach Kiefer . . . keine mäßig sehr stark mäßig Lärche . , . mäßig sehr schwach oder keine sehr stark stark Eiche ... mäßig m'äßig mäßig keine Eichenpflanzen mit Johannistrieben zeigten während des zweiten Austriebes keine Stickstoffaufnahme, während die Eichen ohne Johannistrieb ihren Gehalt gleichmäßig erhöhten. Die Erlen assimilieren mit Hilfe ihrer Wurzelbakterien ele- mentaren Stickstoff; diese Aufnahme war beim Beginn der Vege- tationszeit gering, setzte dann stark ein und erhielt sich bis zum Spätherbst auf beträchthcher Höhe. Der absolute Gehalt der Pflanzen hatte sich vom 18. Mai bis zum 9. Juli bereits verdoppelt. Die Esche nahm bereits vor dem Austrieb beträchtliche Mengen Stickstoff auf, dessen Hauptmenge bis Mitte Juli assi- miliert war. Für Buche liegen zwei Untersuchungsreihen vor (Rosenheim und Schlüsselfeld). Obgleich Ernährungsbedingungen und Wuchs erheblich abweichen, zeigte sich doch gleiches Verhalten in bezug Trockensubstanz, Stickstoff und Mineralstoffe von Bauniarteu usw. 75 auf die Stickstoffaufnahme, die bis Anfang JuH nur mäßig stark fortschritt und erst nach dieser Zeit beträchtlich wurde. Die Lärche charakterisiert sich durch starke Aufnahme in der zweiten Hälfte der Vegetationszeit. Die Fichte deckt fast ihren gesamten Bedarf in der Zeit nach dem Austrieb bis Anfang bezw. Mitte Juli, stellt also in dieser Zeit ganz beträchtliche Ansprüche an den Stickstoffgehalt des Bodens. Die Kiefer beginnt nach dem Austriebe ihre Stickstoffauf- nahme, die aber erst in der zweiten Hälfte der Vegetationszeit stark wird und bis zum Spätherbst andauert. Auf das eigenartige Verhalten der Tanne mit ihren starken Anforderungen im Frühjahr und schwacher Aufnahme im Spätherbst ist bereits hingewiesen worden. Im allgemeinen scheinen Beziehungen zwischen Stickstoffauf- nahme und Wurzelwachstum der einzelnen Arten zu bestehen, ohne jedoch sehr eng zu sein. In auffällig kurzer Zeit decken ihren Stickstoffbedarf: die Tanne vor dem Austriebe, die Esche bis Juli, die Fichte im Juni, die Kiefer von Juli bis Spätherbst. Zur Vervollständigung des Bildes der Stickstoffgehalte der Fichte möge hier noch folgende Zusammenstellung eingeflochten sein. Im Februar enthielten je 100 Fichten (Wurzel, Stamm und Nadeln): 1 -jährig 0,1439 gN i 4-jährig 12,0318 g N 2-jährig 0,7240 g N 5 -jährig 36,0227 g N 3-jährig 4,6956 g N Es ist dies ein gutes Beispiel, um den minimalen Bedarf junger Baumpflanzen zu zeigen und sein rasches Ansteigen mit höherem Alter bis zu einem Maxiraum, welches nach Art und Entwicklung (Ertragklasse) in verschiedener Zeit erreicht wird, sich bisher als abhänsiff von der Blattmasse erwiesen hat. 'o^b Aufnahme der Mineralstoffe durch die Baumpflanzen. Bisher sind die Aschenanalysen der untersuchten Baumarten für die Nadelhölzer fertig gestellt und von H. Bauer selb- ständig verwertet worden^). Es soll daher an dieser Stelle nur eine kurze Zusammenstellung der wichtigsten in Frage kommenden Nährstoffe und die Zeit der Aufnahme gegeben werden. 1) Dissertation, München 191U. 76 E. Eamanii und H. Bauer, K; a 1 i u m : Februar Mitte 3Iai Mitte Juli Mitte Sept. bis Mitte Mai bis Mitte Juli bis Mitte Sept. bis Ende Nov. Lärche . . schwach schwach sehr stark keine Kiefer . . . . keine mäßig stark keine Fichte . . . . schwach stark mäßig mäßig Tanne . . . . stark Ca keine ,1 c i u m : mäßig mäßig Lärche . . mäßig mäßig sehr stark keine Kiefer . . . . keine keine mäßig mäßig Fichte . . . . mäßig stark sehr stark keine Tanne . . Mag leichmäßig n e s i u m ; bis November Lärche . . . . gleichmi äßig bis Se sptember keine Kiefer . . . . keine schwach mäßig mäßig Fichte . . keine mäßig mäßig keine Tanne . . . . keine schwach mäßig mäßig P h 0 s p horsäure : Lärche . . . . keine schwach schwach sehr stark Kiefer . . keine keine stark keine Fichte . . . • keine mäßig mäßig keine Tanne . . . . mäßig mäßig keine keine Bereits diese vier Baumarten zeigen sehr große Unterschiede in ihrem Verhalten und es ist anzunehmen, daß sich auch bei den übrigen Arten wechselnde Verhältnisse ergeben werden. Die Veranlassung zu diesen Abweichungen sind in physio- logischen und biologischen Eigentümlichkeiten der Bäume zu suchen, deren tiefere Ursachen noch ganz dunkel sind. Dagegen gestatten die vorliegenden Untersuchungen bereits einen Hinweis auf die Er- nährungsverhältnisse in reinen und gemischten Beständen, die vor- aussichtlich noch größeres Interesse gewinnen werden, wenn auch die Aschenanalysen der Laubhölzer zum Abschluß gebracht worden sind. Man stelle sich reine Bestände der vier Nadelhölzer und andererseits Waldungen vor, in denen mehrere Arten gemischt vor- handen sind. In der folgenden Zusammenstellung bedeutet ein senkrechter Strich schwache, zwei Striche mäßige, drei starke, vier P h 0 s p h 0 r s ä u r e Trockensubstanz, Stickstoff und Mineralstoffe von Baumarten usw. 77 Striche sehr starke Aufnahme des betreifenden Nährstoffes und damit entsprechende Beanspruchung des Bodenvorrates in den ein- zelnen Vegetationszeiten. Stickstoff: Februar Mitte Mai Mitte Juli Mitte Sept. bis Mitte Mai bis Mitte Juli bis Mitte Sept. bis Ende Nov. Fichte .... Ilil II Kiefer .... jj |||| || Lärche. ... II INI III Tanne . . . . ||| | | Kalium: Fichte .... I III II II Kiefer .... || ||| Lärche. ... I I IUI Tanne .... ||| II || Fichte .... II II Kiefer .... ||| Lärche. . . . • 1 I IUI Tanne .... || || Dieser einfache Überbhck ist sehr lehrreich und zeigt nament- lich, daß die in der Regel am sparsamsten vorhandenen und von den Bäumen stark beanspruchten Nährstoffe des Bodens zu ver- schiedenen Zeiten aufgenommen werden. So fällt der Bedarf an Stickstoff für Fichte, Kiefer, Tanne überhaupt oder doch für die Zeit der stärksten Beanspruchung des Bodens zeitHch auseinander. Für Phosphorsäure gelten ähnliche Beziehungen für alle vier Baumarten. Legt man diese Erfahrungen zugrunde, so genügt schon die zeitliche Aufnahme der wichtigsten Nährstoffe, um die Überlegenheit gemischter Waldungen gegenüber reinen Beständen hervortreten zu lassen. Gesellen sich hierzu noch biologische Einwirkungen, wie sie schon zahlreich bekannt und in den meisten Fällen für ge- mischte Bestände günstig sind, so läßt sich auch theoretisch be- gründen, was allen wald erfahrenen Forstmännern längst bekannt ist: die Notwendigkeit gemischter Waldungen zur Erhal- tung der Bodenkraft und des dauernden Gedeihens eines ertragreichen Waldes. 78 E. Rainann und H. Bauer, Aus den Untersuchungen lassen sich folgende Schlüsse ableiten: 1. Der Austrieb der Bäume im Frühling erfolgt bei den Laub- hölzern auf Kosten der in den Pflanzen aufgespeicherten Reserve- stoffe; bei den Nadelhölzern werden neben den Reservest offen gleichzeitig gebildete Assimilate mit verwendet. 2. Während des Austriebes wird eine beträchtliche, bei jungen Laubholzpflanzen prozentisch oft sehr große Menge der Pflanzen- substanz für die Arbeitsleistung des Austriebes zersetzt und veratmet. 3. Die Bildung von Johannistrieben erfolgt unter ähnlicher Beanspruchung der Pflanzensubstanz wie die der Frühlingstriebe. 4. Die Aufnahme der Pflanzennährstoffe aus dem Boden ist bei den Baumarten zeitlich verschieden. 5. Die einzelnen Nährstofte werden in verschiedenen Vege- tationszeiten aufgenommen. Tabelle L Gewichtsverhältnisse von Laub- und Nadelholzpflanzen innerhalb der Vegetationsperiode 1908. Gewichte pro 100 Pflanzen in Grammen Trockensubstanz. I. Buchen aus dem Pflanzgarten des k. Forstamts Rosenheim. 2 -jährig: Zeit der Entnahme . 27. Febr. 21. Mai O.Juli 17. Sept, Blätter Stamm Wurzeln Sa. 100 Pflanzen . . Sa. Stamm u. Wurzel 142,39 193,11 93,40 92,90 98,92 280,93 316,36 334,59 587,01 1288,10 1389,20 17. Nov. 352,09 995,63 1287,51 335,50 335,50 284,92 191,52 931,88 650,95 3264,31 2677,30 2635,23 2283,14 II. Buchenpflanzen aus dem Pflanzgarten des K. Forstamts Schliisselfeld. 2 -jährig: Zeit der Entnahme . . 2. Mai 14. Mai 10. .Juli 18. Sept. 23. Nov. Blätter Stamm Wurzeln Sa. 100 Pflanzen. Sa. Stamm u. Wurzel III Zeit der Entnahme Blätter Stamm Wurzeln Sa. 100 Pflanzen. Sa. Stamm u. Wurzel 23,66 69,73 18,01 35,10 56,70 67,66 79,34 146,85 78,71 149,23 258,67 170,93 300,36 93,39 93,39 109,81 91,80 293,85 226,19 486,61 407,90 Ahornpflanzen aus Rosenheim. 3 -jährig: 27. Febr. 477,46 792,40 2. Mai 473,45 789,95 21. Mai 256,63 298,53 439,22 9. Juli 1869,95 1567,87 807,20 471,29 471,29 17. Sept. 2057,70 4050,95 3008,85 1269,86 1269,86 1263,40 1263,40 994,38 737,75 4245,02 2375,07 9117,50 7059,80 Trockensubstanz, Stickstoff und Mineralstoffe von Baumarten usw. 79 IV Zeit der Entnahme 27. Febr. 18. Mai 9. Juli 17. Sept. 17. Nov. Blätter . 867,84 3234,56 2119,72 Stamm 1785,42 1606,32 3450,48 8312,84 9776,56 Wurzeln . . 1624,12 1117,84 1824,28 2861,44 Sa. 100 Pflanzen . . . 3409,54 3592,00 8509,32 13 294,00 Sa. Stamm u. Wurzel . 3409,54 2724,16 5274,76 11174,28 V. Eschenpflanzen aus Rosenheim. 2 -jährig Zeit der Entnahme . 27. Febr. 21. Mai 9. Juli 17. Sept. 17. Nov. Blätter . 610,11 1701,80 1281,30 Stamm 630,32 625,62 1901,77 3044,50 3070,87 Wurzeln . . 1427,10 970,82 2115,00 3642,63 3285,70 Sa. 100 Pflanzen . . 2057,42 2206,55 5718,57 7968,43 6356,57 Sa. Stamm u. Wurzel . 2057,42 1596,44 4016,77 6687,13 6356,57 VI. Ulmenpflanzen aus Rosenheim. 2 -jährig: Zeit der Entnahme . 27. Febr. 18. Mai 9. Juli 17. Sept. 17. Nov. Blätter . 461,56 1720,84 1080,00 Stamm 1925,06 1120,28 3025,76 5602,12 7078,76 Wurzeln . 1439,58 652,48 1225,56 3002,88 3253,48 Sa. 100 Pflanzen . . 3364,64 2234,32 5972,16 9685,00 10332,24 Sa. Stamm u. Wurzeln 3364,64 1772,76 4251,32 8605,00 10332,24 VII. Fichtenpflanzer 1 aus Rosenheim. 4 -jährig: Zeit der Entnahme . 27. Febr. 22. Mai 9. Juli 17. Sept. 17. Nov. Alte Nadeln 451,27 372,04 310,72 297,32 298,66 Junge Nadeli 201,00 775,53 667,95 756,99 Stamm 410,55 386,61 451,02 985,16 1019,64 Wurzeln . 303,59 232,73 287,73 429,34 485,04 Sa. 100 Pflanzen . . 1164,41 1192,38 1825,00 2379,77 2560,33 Sa. Stamm u. Wurzeln 713,14 619,34 738,75 1414,50 1504,68 VIII . Lärchenpflanzen aus Kosenheim. 3 -jährig: Zeit der Entnahme . 27. Febr. 21. Mai 9. Juli 17. Sept. 17. Nov. Nadeln 358,23 448,62 793,06 200,02 Stamm 325,82 315,43 479,71 1641,60 2264,4& Wurzeln . 223,26 158,76 228,73 546,07 701,60 Sa. 100 Pflanzen. . 549,08 832,42 1157,06 2980,73 3166,10 Sa. Stamm u. Wurzeln 549,08 474,19 708,44 2187,67 2966,08 IX . Föhrenpflanzen aus Rosenheim. 2 -jähr ig: Zeit der Entnahme . 11. März 22. Mai 9. Juli 17. Sept. 17. Nov. Alte Nadeln 24,80 13,05 13,02 .Junge Nade' 33,99 125,80 324,13 380,62 Stamm 34,78 10,80 50,42 130,17 140,64 Wurzeln . 34,78 16,79 36,11 100,26 126,87 Sa. 100 Pflanzen . . 59,58 74,12 225,35 554,56 648,13 Sa Stamm u. Wurzeln 34,78 27,68 86,53 230,43 267,51 80 E. Ramann und H. Bauer, X. Tanuenpflanzeu aus Scblüsselfeld. 4 -jährig: Zeit der Entnahme . Alte Nadeln Junge Nadeln Stamm Wurzeln . Sa. 100 Pflanzen . . Sa. Stamm u. Wurzeln 10. März 2. Mai 14. Mai 10. Juli 18. Sept. 23. Nov. 156,49 192,06 173,64 156,04 127,58 154,22 53,34 325,00 342,04 404,84 195,52 287,72 266,92 396,64 496,36 613,24 252,25 323,06 304,58 273,24 431,62 564.8U 604,26 802,84 798,48 1150,92 1397,60 1737,10 447,77 610,78 571,50 669,88 927,98 1178,04 XI. Stieleichen (Knittelsheim) 1909: Zeit der Entnahme . ,15. März Johannistriebe Blätter . 24. Mai 25. Juni Stamm "Wurzeln Sa. 100 Pflanzen . . Sa. Stamm u. Wurzeln 209,15 420,30 62,02 218,29 326,21 201,52 221,29 515,61 31. Juli 31. Juli m.J. 19. Sept. 124,44 182,92 111,07 218,88 296,13 199,53 396,91 689,73 373,98 656,23 629,45 629,45 606,52 544,50 938,42 1168,78 736,90 985,86 809,02 573,51 1272,02 1053,14 Tabelle IL Tausend Teile Trockensubstanz enthalten Stickstoff: Buche (Rosenheim) : 27. Febr. 21. Mai 9. Juli Blätter 32,36 25,48 Stamm 16,29 11,27 10,12 Wurzel 17,67 11,96 9,34 Buche (Schlüsselfeld): 4. April 2. Mai 14. Mai Blätter 25,13 Stamm 20,57 17,90 15,30 Wurzel 8,18 23,25 19,83 17. Sept. 25,09 9,81 10,89 17. Nov. 20,06 12,34 10,30 10. .Juli 18. Sept. 23. Nov. 24,93 20,65 1(»,G8 10,89 11,88 14,82 8,67 11,45 14,51 Eiche (Knittelsheim): Johannistriebe Blätter . . Stamm Wurzel Blätter . . Stamm Wurzel . . 15. März 24. Mai 25. Juni 31. Juli 3 1 . Juli 24,11 10. Sep 40,02 24,26 29,31 27,48 23,24 9,64 8,82 6,05 6,86 5,84 6,53 10,53 9,17 5,09 4,51 4,58 6,17 Erle (Rosenheim): 27. Febr. 21. Mai 44,65 17,80 10,82 20,00 15,20 9. Juli 17. Sept. 17. Nov 29,34 28,56 25,83 8,03 11,26 12,56 13,83 11,33 15,75 Trockensubstanz, Stickstoff und Mineralstoffe von Bauniarten usw. 81 Blätter Stamm Wurzeln Blätter Stamm Wurzeln Blätter Stamm Wurzeln Nadeln Stamm Wurzeln Esche (Rosenheini) : 27. Febr. 21. Mai 9. Juli 17. Sept. 17. Nov 31,58 16,94 12,24 11,34 7,83 5,87 6,69 8,23 11,80 9,67 5,89 5,86 7,07 Ahorn (Rosenheim): 27. Febr. 21. Mai 9. Juli 44,27 27,60 17,08 11,98 9.46 17.52 17,47 8,45 Ulme (Rosenheim): 27. Febr. 18. Mai 9. Juli 49,63 26,81 14.53 11,85 5,54 16,55 18,62 7,92 Lärche (Rosenheim): 27. Febr. 21. Mai 9. Juli 27,46 23,39 19,72 9,33 7,46 17. Sept. 22,35 8,97 8,42 17. Sept. 23,70 10,34 8,98 17. Nov. 10,57 9,06 17. Nov. 11,08 12,22 12,77 10,84 8,84 7. Sept. 17. Nov. 22,06 14,13 8,19 10,33 7,58 7,61 Junge Nadeln Alte Nadeln . Stamm Wurzeln . Fic hte (Rosenheim) : 27. Febr. 22. Mai 9. Juli 17. Sept. 17. Nov, 23,81 14,14 16,33 13,73 17,18 12,79 11,70 10,18 10,73 7,71 6,21 6,49 6,80 6,58 5,92 6,23 7,20 5,60 4,49 Junge Nadeln Alte Nadeln . Stamm Wurzeln . Föhre (Rosenheim): 17. März 22. Mai 9. Juli 17. Sept. 17. Nov. 21,17 19,20 19,30 17,98 23,53 20,71 13,41 9,42 9,41 12,18 11,77 13,86 9,42 9,78 10,53 Junge Nadeln Alte Nadeln . Stamm Wurzeln . Tanne (Schlüsselfeld): 10. März 14. Mai 10. Juli 18. Sept. 23. Nov. 38,36 14,39 13,83 13,73 22,46 21,38 16,31 14,88 14,01 12,61 11,51 8,85 7,25 5,72 9,04 9,41 7,84 6,08 6,18 Jahrb. f. wiss. Botanik. L. 82 E. Eamaiiii und H. Bauer, Tabelle III. St ickstoffgehalt der Gesamttrockensubstanz von 100 Pflanzen. Buche (Rosenheim): 27. Febr. 21. Mai 9. .Tuli 17. Sept. 17. Nov. Blätter .... 3,03 7,17 14,73 7,08 Stamm .... 2,27 1,05 3,19 12,67 12,35 Wurzel .... 3,42 1,19 3,13 15,15 13,29 Oanze Pflanze . . 5,69 5,27 13,49 42,55 32,72 Stamm u. Wurzel . 5,69 2,24 6,32 27,82 25,64 Buche rSchlüsself eld ) : 2. Mai 14. Mai 10. Juli 18. Sept. 23. Nov. Blätter . . . 0,45 1,69 1,63 Stamm . . . 0,42 0,36 0,86 1,77 2,53 Wurzel . 1,62 1,12 1,28 2,98 4,35 Ganze Pflanze . 2,04 1,93 3,83 6,38 6,88 Stamm u. Wurzel 2,04 1,48 2,14 4,75 6,88 Eiche (Knittelsheim) ; 15. März 24. Mai 25. Juni 31. Juli 31. Juli 19. Sept. Johannistriebe . 2,99 Blätter . . . 2,54 4,88 5,36 3,05 5,10 Stamm . . . 2,02 1,92 1,34 2,03 1,10 2,59 Wurzel . 4,41 2,99 2,63 3,11 1,71 4,05 Ganze Pflanze . 6,43 7,45 8,85 10,50 8,91 11,74 Stamm u. Wurzel 6,43 4,91 3,97 5,14 2,87 6,64 Esche: 27. Febr. 21. Mai 9. Juli 17. Sept. 17. Nov. Blätter .... 19,28 28,73 15,74 Stamm .... 7,18 4,90 11,17 20,44 25,27 Wurzel .... 16,87 9,40 12,49 21,33 23,26 Ganze Pflanze . . 24,05 33,58 52,39 57,51 48,53 Stamm u. Wurzel . 24,05 14,30 23,66 41,77 48,53 Ahorn: Blätter . . . 11,39 51,61 46,14 Stamm . 8,17 3,59 14,85 36,33 32,44 Wurzel . . . 13,86 7,68 6,82 25,37 21,84 Ganze Pflanze . 22,03 22,66 73,28 107,84 54,28 Stamm u. Wurzel 22,03 11,27 21,67 61,70 54,28 Blätter Stamm Wurzel Ganze Pflanze . Stamm u. Wurzel Erle: 27. Febr. 18. Mai 9. Juli 17. Sept. 17. Nov. 38,80 94,93 60,63 31,86 17,39 27,70 93,90 123,23 32,40 17,02 25,12 32,32 48,93 64,26 73,21 147,75 186,85 172,16 64,26 34,41 52,82 126,22 172,16 Trockensubstanz, Stickstoff und Mineralstoffe von Baumarten usw. 83 Ulme: Blätter .... 22,92 46,10 25,60 Stamm .... 27,99 13,33 16,82 57,68 78,59 Wurzel .... 23,90 12,15 9,74 26,94 39,65 Ganze Pflanze . . 51,89 48,40 72,66 110,22 118,24 Stamm u. Wurzel . 51,89 25,48 26,56 84,62 118,24 Lärche (Rosenheim): 27. Febr. 21. Mai 9. Juli 17. Sept. 17. Nov. Nadeln . . . 9,85 10,51 17,53 2,83 Stamm . 6,42 2,94 3,59 13,43 23,38 Wurzel . . . 2,85 1,72 2,03 4,14 5,35 Ganze Pflanze . 9,28 14,50 16,12 35,10 31,56 Stamm u. Wurzel 9,28 4,66 5,61 17,58 28,73 Föhre (Rosenheim): 1 1 . März 22. Mai 9. Juli 17. Sept. 17. Nov. Junge Nadeln . 0,72 2,42 6,25 6,86 Alte Nadeln 0,58 0,27 0,17 Stamm . . , 0,103 0,47 1,59 1,66 Wurzel . 0,57 0,23 0,34 0,98 1,33 Ganze Pflanze . 1,16 1,33 3,41 8,82 9,86 Stamm u. Wurzel 0,57 0,34 0,81 2,56 3,00 Fichte (Rosenheim): 27. Febr. 22. Mai 9. Juli 17. Sept. 17. Nov. Junge Nadeln . 4,78 10,94 10,89 10,37 Alte Nadeln 7,07 4,95 3,64 3,03 3,20 Stamm . 3,17 2,40 2,93 6,70 6,71 Wurzel . . . 1,79 1,45 2,07 2,40 2,18 Ganze Pflanze . 12,03 13,59 19,58 23,02 22,46 Stamm u. Wurzel 4,96 3,85 5,00 9,10 8,89 Tanne (Schlüsselfeld): 10. März 14. Mai 10. Juli 18. Sept. 23. Nov. Junge Nadeln . 2,05 4,68 4,72 5,55 Alte Nadeln . . 3,53 3,72 2,54 1,91 2,16 Stamm .... 2,47 3,07 3,51 3,60 3,51 Wurzel .... 2,28 2,87 2,14 2,63 3,49 Ganze Pflanze . . 8,28 11,71 12,88 12,85 14,70 Stamm u. Wurzel . 4,75 5,94 5,65 6,22 7,00 Mineralstoffgehalt von Baumblättern zur Tages- und zur Nachtzeit. Von E. Ramann. Aschenanalysen der Blätter größerer Pflanzen nach Tageszeiten getrennt sind bisher nicht veröffentlicht worden. Regelmäßige Ände- rungen im Gehalte der Mineralstoffe würden darauf deuten, daß die betr. Körper bei der Wanderung der Assimilate tätig sind. Bei der geringen Kenntnis der Funktionen der Nährstoffe ist jeder experi- mentell gestützte Beitrag erwünscht. Aus dieser Betrachtung sind die folgenden Untersuchungen hervorgegangen. Die Fragestellung verlangt zur Antwort sehr genaue Analysen; die Bestimmungen sind daher mit aller Sorgfalt durchgeführt worden. Frühere Erfahrungen lehrten, daß kalkarme, kieselsäurereiche Blätter beim Veraschen durch Salzsäure nicht zersetzbare Silikate liefern, die oft nicht unerhebliche Mengen anderer Stoffe mechanisch einschließen. Es wurde daher der nach dem Ausziehen der Asche mit Salzsäure verbleibende Rest gewogen und als „Kieselsäure" in Rechnung gestellt. Ihre Bestimmung ist daher mit einem kleinen Felller behaftet. Die „Kieselsäure" wurde mit Fluor aufgeschlossen, und die Salzsäure-Lösung des meist sehr geringen Rückstandes dem Aschen- auszug zugesetzt. Mangan wurde stets mit Brom in ammonfreier Lösung gefällt, jedoch nicht weiter bestimmt. Zur Feststellung der Blattgröße wurden die Umrisse der ein- zelnen Blätter auf sehr gleichmäßiges Papier aufgezeichnet, aus- geschnitten und gewogen. Da die Erfahrung lehrte, daß auch bei dem besten erlangbaren Papiere dasBogengewicht nierkbarschwankte, so wurde jeder Bogen einzeln gewogen und sein Gewicht der Be- Mineralstüffgehalt von Baumblättern zur Tages- und zur Naclitzeit. §5 rechnung zugrunde gelegt. Da nur eine relativ geringe Menge des Papieres beim Ausschneiden in Abgang kommt, so ist diese Methode genau. Die untersuchten Blätter sind vom Verfasser nachmittags 2 Uhr und nachts 2 Uhr entnommen und sofort von den Zweigen gepflückt worden. Bei den Blättern, die von starken Bäumen stammen, wurde auf gleiche Höhe, Lichtlage, Exposition der geworbenen Zweige geachtet. Die Blätter wurden durch Uberreiben mit gereinigter Baumwolle von etwa anhaftendem Staub befreit. Ich glaube daher, daß bei der Ausführung der Arbeit jede Vorsicht gewahrt worden ist. Die Menge der gefundenen Mineralteile ist auf 100 Teile Trockensubstanz und auf ein Quadratmeter Blattfläche berechnet (Tab. I, II, III). Buche. Die Probenahme erfolgte an einer etwa achtzig- jährigen, im Lichtstande erwachsenen Buche. Die Blätter sind an der stark belichteten Seite entnommen. Zur Verwendung kamen sämtlicbe Blätter je eines Zweiges. Die Buche paßt sich wohl von allen einheimischen Laubhölzern am stärksten der herrschenden Lichtwirkung an und hat infolge ihrer Blattmosaik sehr verschiedene Blattgrößen. Es spricht für die Brauchbarkeit des verwendeten Materials, daß keine erheblichen Unterschiede im Gewicht gleicher Blattflächen vorkommen. Die Benutzung aller vorhandenen Blätter sichert gegen subjektive Fehler. Verfasser glauljt abei", daß bei sachgemäßer Auslese gleichwertiger Blätter die Sicherheit der Resultate erhöht worden wäre. Unter den Bestimmungen der Mineralstoffe ist der Unterschied im Gehalt an Kahum zwischen den ersten und zweiten Parallel- analysen auffällig, zumal die gleiche Erscheinung bei den untersuchten Eichen hervortritt. Eiche. Die Eichenblätter entstammen einem etwa sechzig- jährigen Stamme des Waldrandes und sind an der Lichtseite ge- worben worden. Das Gewicht gleicher Blattflächen ist sehr konstant, wie dies bei der meist übereinstimmenden Dicke gleich belichteter Eichenblätter zu erwarten ist. Hasel. Es wurden kräftig entwickelte Blätter der rotblätterigen Abart benutzt, die von einem starken Strauch einzeln abgepflückt wurden. Platane. Die Blätter sind von drei nebeneinander stehenden jüngeren etwa 10 jährigen Bäumendurch Abpflückengleichentwickelter 86 E. Raniann, Blätter gewonnen. Von jedem Stamm wurde die gleiche Anzahl Blätter genommen. Ahorn (Acer dasycarpum). Von einem gutwüchsigen Baume (12— lojährig) wurden einige dünne Zweige abgeschnitten. Infolge fortdauernder Ableitung der Assimilate ist das Blatt- gewicht am Tage etwas höher anzunehmeu als in der Nacht. In der Berechnung auf gleiche Blattflächen macht sich dies bei den untersuchten Bäumen nicht geltend; von sieben Parallelbestimmungen ergeben vier am Tage, drei während der Nacht höheres Gewicht. Die gefundenen Abweichungen sind zudem meist zu erheblich, um auf physiologische Vorgänge zurückführbar zu sein ; die Ursache ist vielmehr in der verschiedenen Dicke der Blätter zu suchen. Dies tritt namentlich im Verhalten der Hasel und des Ahorn hervor. Bei der Hasel wurden tunlichst gleich große Blätter abgepflückt; natürlich war die Auswahl am Tage leichter als in der Nacht bei Laternenlicht. Gelang es nun auch ziemlich übereinstimmende Blattgrößen zu erhalten, so zeigten sich bei dieser stark schattenden Holzart infolge verschiedener Lichtlage doch Unterschiede im Gewicht. Dies führt dazu, daß die Haselblätter untereinander gut in der Blattfläche, nicht aber im Gewicht übereinstimmen. Anders liegen die Dinge für den Ahorn, die lichte Stellung der Zweige dieses Baumes führt zur gleichartigen anatomischen Ausbildung der Blätter; die Blattgrößen sind jedoch sehr verschieden. Daher der Unterschied zwischen den nachts und am Tage ent- nommenen Blättern in der Größe und das übereinstimmende Gewicht gleicher Blattflächen. Der Gehalt der Blätter an Mineralstoffen. Außer beim Kalk treten Änderungen des Gehaltes an Nähr- stoffen zwischen Tag und Nacht nicht hervor. Völlige Gleichheit der Zahlen kann bei der Verschiedenheit des Ausgangsmateriales nicht vorhanden sein; Abweichungen nach der einen oder anderen Seite sind zu erwarten. Zur Antwort auf die Frage der Wanderung der Stoffe genügt es festzustellen, ob die Abweichungen nach der gleichen Seite fallen oder innerhalb der Grenzen der Wahrschein- lichkeit bald nach der einen, bald nach der anderen Seite abweichen. Stellt man in dieser Weise die gefundenen Werte zusammen, so ist der Sinn der Abweichung in sieben Parallelbestimmungen folgender: Mineralstoffgehalt von Baumblättern zur Tages- und zur Nachtzeit. i7 In der Nacht war der Gehalt größer (-f) oder kleiner (— ) als bei Tase: Auf Trockensub- Auf 1 (jm Fläche stanz berechnet. berechnet. Kali . . . — 4 + 3 — 4 + 3 Kalk . . . ■ + 7 + 5 — 2 Magnesia . . + 5, — 3 4- 3 — 3 Eisenoxyd + 3 — 4 + 3 — 4 Phosphorsäure + 3 — 4 + 2 — 5 Kieselsäure . -r 5 — 2 — 3 Weitergehende Rechnungen würden zugleich die absolute Größe der Abweichungen vom Mittel zu berücksichtigen haben; für die vorliegenden Daten lohnt sich jedoch die Benutzung komplizierter Rechnungsformen nicht. Am wichtigsten sind die Unterschiede der auf Trockensubstanz berechneten Werte, die von den auf gleiche Blattflächen berechneten nur abweichen, wenn die Differenz sehr klein ist. Es gilt dies z. B. für die Magnesia, deren Gehalt auf Blattfläche berechnet, in einem Fall gleich ist, in einem zweiten nur ganz wenig abweicht. Die Bestimmung der Kieselsäure ist analytisch weniger genau, ist auch physiologisch kaum von Bedeutung. Berücksichtigt man dies, so kann man sagen, daß mit Ausnahme des Kalkes Wanderungen der Mineralstoffe, die zu einem merkbaren Unterschied in der Zusammensetzung der Asche während des Tages und der Nacht führen, nicht stattfinden. Hiervon macht nur der Kalk eine Ausnahme. Auf Trockensubstanz bezogen ist er in der Nacht stets reichlicher vor- handen als während der Tageszeit. Die für Kalk analytisch gefundenen Zahlen verdienen dasselbe Vertrauen, wie die übrigen Bestimmungen. Die zur Analyse be- nutzte Lösung wurde mit Soda neutralisiert, die vorhandene Phosphor- säure in essigsaurer Lösung durch Eisenchlorid, Mangan durch Brom ausgefällt, der Kalk bis zur Gewichtskonstanz geglüht. Finden sich daher Abweichungen im Kalkgehalt, so beruhen sie auf der Zusammensetzung der Blattsubstanz. 88 E. Ramanii, Hierfür spricht auch die Größe des Unterschiedes zwischen den Gehalten bei Tag und bei Nacht. Betrachtet man die Diffe- renzen für das in etwa gleicher absoluter Menge vorhandene Kalium, so schwanken sie in fünf von sieben Fällen zwischen 0,011 und 0,061 auf 100 Teile Trockensubstanz und erreichen nur in zwei Fällen die Höhe von 0,160; diese Abweichungen sind viermal positiv, dreimal negativ. Der Kalk verhält sich ganz anders. Alle Werte sind gleichsinnig und zeigen höheren Gehalt während der Nacht als am Tage. In zwei Bestimmungen ist die Differenz sehr klein, 0,027 und 0,066 auf hundert Trockensubstanz, in drei Fällen betragen sie 0,104 bis 0,243 und erreichen in je einem Falle die Höhe von 0,438 und 0,884. Dieses gleichartige Verhalten kann nicht auf Zufälligkeiten beruhen, ebensowenig auf fehlerhaften analytischen Bestimmungen. Die absolute Menge des Kalkes steigt erfahrungsmäßig in den Blättern im Laufe der Vegetationszeit; man könnte daher einwenden, daß die Zunahme während der Nachtzeit auf diesen Vorgang zurück- geführt werden könne, da die Probenahme in der Nacht später erfolgt ist, als die am Tage. Dagegen spricht einmal die Größe der gefundenen Unterschiede und anderseits sprechen dagegen die bei Buche und Eiche aus- geführten Analysen zu verschiedenen Zeiten. Der Gehalt zwischen den zuerst und den einige Tage später entnommenen Blättern der Buche ist am Tage nahezu gleich (1,607 und 1,681), in der Nacht in beiden Fällen erheblich höher (1,924 und 2,491). Bei der Eiche sind die älteren Tagblätter zwar kalkreicher als die jüngeren (1,382 gegen 1,136), enthalten aber in der Nacht absolut weniger als die jüngeren (1,409 gegen 1,574). Alle Betrachtungen führen daher zu dem Schluß: In den Blättern der Bäume steigt der Gehalt an Kalk während der Nacht und nimmt am Tage wieder ab. Dies Verhalten läßt sich mit dem Transport der Assimilationsprodukte in Beziehung bringen, der am Tage während der Bildung organischer Stoffe stärker ist als zur Nachtzeit; es ist anzunehmen, daß Calcium in irgend einer Weise beim Transport der Assi- milate beteiligt ist. Mineralstoffgehalt von Bauniblättern zur Tages- und zur Nachtzeit. 89 Tabelle I. Buche. Tag 21. VII. 100 Blätter wiegen 16,57 g. 100 Blätter messen 3026 qcm. 1 tim Blattfläche wiegt 54,76 g. Rohasche = 5,173 Vß. Nacht 21./22. VII. 100 Blätter wiegen 15,09 g. 100 Blätter messen 2670 (icm. 1 qm Blattfläche wiegt 56,14 g. Rohasche = 7,457 Vo- Tag 24. VII. 100 Blätter wiegen 15,12 g. 100 Blätter messen 2824 qcm. 1 qm Blattfläche wiegt 53,64 g. Rohasche = 5,51 7o- Nacht 31. VII./'l. VIII. 100 Blätter wiegen 16,58 g. 100 Blätter messen 3171 (icm. 1 (im Blattfläche wiegt 52,29 g. Rohasche = 5,935 %. Die Blätter enthalten in 100 Teilen Trockensubstanz (Gramme) CaO . MgO , P2O5 SiO, CaO . MgO . FeoO^ P2O5 . SiO, . 21. VII. Tag . 1,084 . 1,607 . 0,471 . 0,060 . 0,395 . 0,892 21./22. VII. Nacht 1,099 2,491 0,517 0,060 0,315 1,063 24. VII. 31.VII./1.VIII. Tag Nacht 0,652 0,614 1,681 1,924 0,479 0,543 0,052 0,072 0,384 0,434 0,904 0,957 Ein Quadratmeter Blattfläehe enthält (Gramme) . 0,593 0,617 0,349 0,321 . 0,879 1,398 0,899 1,006 . 0,258 0,290 0,256 0,284 . 0,033 0,034 0,028 0,037 . 0,210 0,177 0,205 0,227 . 0,489 0,597 0,484 0,501 Tabelle IL Eiche. Tag 21. VII. 100 Blätter wiegen 27,16 g. 100 Blätter messen 4807 qcm. 1 qui Blatt- fläche wiegt 59,75 g. Rohasche = 4,088 % Nacht 21./22. VII. 100 Blätter wiegen 19,32 g. 100 Blätter messen 3402 qcm. 1 qm Blattfläche wiegt 56,78 g. Rohasche = 4,49 %• Tag 24. VII. 100 Blätter wiegen 20,36 g. 100 Blätter messen 3471 ([cm. 1 qm Blatt- fläche wiegt 58,66 g. Nacht 31. VII. 100 Blätter wiegen 29,08 g. 100 Blätter messen 5119 qcm. 1 qm Blattfläche wiegt 56,81 g. Rohasclie = 4,49%. Die Blätter enthalten in 100 Teilen Trockensubstanz (Gramme) 21. VII. 21. VII. 24. VII. 31. VII. Tag Nacht Tag Nacht K„0 . . . . 0,794 0,841 1,111 0,950 CaO . . . . 1,136 1,574 1,382 1,409 MgO . . . . 0,371 0,374 0,379 0,379 Fe,03 . . . 0,070 0,074 0,069 0,054 P3O, . . . . 0,450 0,437 0,481 0,474 SiOa . . . . 0,549 0,534 0,562 0,493 90 E. Ramann, In 1 Quadratmeter' Blattfläche sind enthalten ^Gramme) KoO . . . . 0,455 0,477 0,652 0,540 CaO . . . . 0,679 0,894 0,811 0,800 MgO . . . . 0,221 0,212 0,223 0,215 Fe,03 . . . 0,042 0,042 0,041 0,030 P2O; . . . . 0,269 0,248 0,282 0,269 SiOo . . . . 0,328 0,303 0,329 0,280 Tabelle III. Andere untersuchte Baumarten. I. Hasel. Strauch. (Rotblätterige Abart.) Große üppig entwickelte Blätter. Tag 22. VII. 100 Blätter wiegen 59,26 g. 100 Blätter messen 11452 qcni. 1 qm Blattfläche wiegt 51,75 g. Rohasche = 7,601 7o. Nacht 22./23. VII. 100 Blätter wiegen 52,58 g. 100 Blätter messen 10880 qcni. 1 qm Blattfläche wiegt 47,41 g. Rohasche = 8,14 "/„. II. Platane. Etwa 15jälirige Bäume; je ein Drittel der Blätter von drei nebeneinander stehenden Bäumen entnommen. Tag 22. VII. 100 Blätter wiegen 70,10 g. 100 Blätter messen 11772 qcm. 1 qm Blattfläche wiegt 59,56 g. Rohasche — 5,777 7o- Nacht 22./23. VII. 100 Blätter wiegen 63,27 g. 100 Blätter messen 10423 qcm. 1 qm Blattfläche wiegt 60,70 g. Rohasche = 6,103 7o- III. Acer dasycarpum. Etwa 15 jähriger Baum. Tag 22. VII. 100 Blätter wiegen 22,54 g. 100 Blätter messen 4757 qcm. 1 qm Blatt- fläche wiegt 47,38 g. Rohasche = 5,106 7^. Nacht 22./23. VII. 100 Blätter wiegen 14,51 g. 100 Blätter mes.sen 3041 qcm. 1 ([m Blattfläche wiegt 47,71 g. Rohasche = 5,93 7o. Tabelle III a. 100 Teile Trockensubstanz der Blätter enthalten (Gramme) Hasel Platane Ahorn K2O NaaO CaO MgO Fe^O, P2O5 SiOa K,0 Na,0 CaO MgO Fe,03 SiO, 1,559 0,132 2,039 0,573 0,175 0,529 1,472 0,807 0,068 1,055 0,296 0,091 0,274 0,763 Nacht 1,719 0,077 2,143 0,602 0,148 0,560 1,546 Tag 1,786 0,093 1,068 0,478 0,065 0,635 0,532 Nacht 1,808 0,109 1,134 0,468 0,061 0,586 0,652 1 Quadratmeter Blattfläche enthält (Gramme) 1,097 0,066 0,687 0,284 0,037 0,356 0,396 0,815 1,065 0,037 0,055 1,016 0,636 0,285 0,284 0,070 0,039 0,266 0,378 0,733 0,317 Tag Nacht 1,411 1,400 0,092 0,139 1,370 1,496 0,357 0,388 0,074 0,075 0,559 0,560 0,893 0,925 0,668 0,668 0,044 0,067 0,649 0,714 0,169 0,185 0,035 0,036 0,265 0,267 0,423 0,440 Mineralstoffgelialt von Baumblättern zur Tages- uml zur Nachtzeit. 91 Tabelle IV. Die Trockensubstanz der Blätter enthält in der Nacht mehr (-j-) oder weniger ( — ) als am Tage. KoO CaO MgO F2O3 P.O3 SiOo Platane . . . . — 0,021 + 0,064 — 0,009 — 0,004 — 0,049 + 0,119 Hasel . . . . + 0,159 + 0,104 + 0,029 — 0,027 + 0,032 + 0,171 Ahorn . . . . — 0,011 + 0,126 + 0,031 + 0,001 + 0,001 + 0,031 Eiche 21. VII. + 0,047 + 0,437 + 0,003 + 0,004 — 0,013 — 0,015 Eiche 24./31. VII — 0,161 + 0,027 — 0,001 — 0,015 — 0,007 — 0,060 Buche 21. VII. . + 0,016 + 0,884 + 0,046 + 0,081 — 0,080 + 0,171 Buche 24./31.VII — 0,037 + 0,243 + 0,065 + 0,020 + 0,049 + 0,05 3 Inhalt des vorliegenden 1. Heftes, Band L. Seite Al'päd Päal. Analyse des geotropischen Reizvorgangs mittels Luftverdünnung. Mit 2 Textfiguren 1 I. Historisches 1 II. Methodisches 4 III. Versuche 6 IV. Resultate 20 Friedrich Warnclie. Neue Beiträge zur Kenntnis der Spaltöffnungen. Mit 15 Textfiguren 21 A. Spezieller Teil 23 B. Allgemeiner Teil 50 Die Spaltöffnungen des Rhizoms und der Scheideninnenseite im Vergleich mit denen des Stengels und der Scheidenaußenseite 51 Die Ausbildung der Schließzellen 54 Ökologische Bedeutung der Spaltöffnungsunterschiede und ihre etwaigen Ursachen 58 Zusammenfassung der Hauptergebnisse 65 E. Raiuaiin und H. Baner. Trockensubstanz, Stickstoff und Mineralstoffe von Bauraarten während einer Vegetationsperiode 67 E. Ramanu. Mineralstoffgehalt von Baumblättern zur Tages- und zur Nachtzeit 84 Verlag von Gebrüder Borntraeger in Leipzig Pharmakognostisches Praktikum. Eine An- leitung zur mikroskopischen Untersuchung von Drogen und Drogenpulvern zum Gebrauche in praktischen Kursen der Hochschulen von Dr. Ludwig Koch, o. Honorarprofessor an der Universität Heidelberg, und Dr. Ernst Gilg, a. o. Professor an der Universität Berlin. Mit 140 Abbildungen. In Ganzleinen gebunden 6 Mk. 80 Pfg. Das Deutsche Arzneibuch, Auflage IV, stellt in hezug auf die mikroskopische Prüfung der Ganzdrogen und ihrer Pulver an den Apotheker erhöhte Anforderungen : für den studierenden Pharmazeuten sind entsprechende praktische Kurse jetzt obligatorisch. Es fehlte nun bisher ein dem Unterricht zugrunde zu legendes Lehrbuch, das unter Berücksichtigung beider Drogenformen , den Studierenden in die Methode der Untersuchung einführt und gleichzeitig den Bedürf- nissen des späteren praktischen Apothekers Rechnung trägt. Einführung in die mikroskopische Ana- lyse der Drogenpulver. Eine Anleitung zur Untersuchung von Pflanzenpulvern. Zum Selbststudium wie zum Gebrauche in praktischen Kursen der Hochschulen für Apotheker, Großdrogisten, Sanitätsbeamte, Studierende der Pharmazie usw. von Dr. Ludwig Koch, o. Honorarprofessor an der Universität Heidelberg. Mit 49 Abbildungen. In Ganzleinen gebunden 4 Mk. „Wenn je ein Buch geeignet ivar, denen, für die es bestimmt, Lust und Liebe zur Beschäftigung mit dem in ihm behandelten Gegenstand zu machen, so ist es diese „Einführung" . . ." „Als Übungsbeispiele dienen dann die in den Apotheken gangbarsten Drogen, so daß neben dem didaktischen auch in hervorragender Weise dem praktischen Be- dürfnis des das Buch benutzenden Pharmazeuten Rechnung getragen toird. Die reiche, außerordentlich schöne und instruktive Illustration des Textes, sowie die vornehme äußere Ausstattung des Buches seien noch besonders hervorgehoben. Das Werk dürfte bald in keiner Apotheke fehlen." Pharmazeutische Wochenschrift. Ausführliche Prospekte gratis und franko. Verlag von Gebrüder Borntraeger in Leipzig Die mikroskopische Analyse der Drogen- pulver. Ein Atlas für Apotheker, Drogisten und Stu- dierende der Pharmazie von Dr. Ludwig Koch, o. Honorar- professor an der Universität Heidelberg. Erster Band: Die Rinden und Hölzer. Mit 14 lithogr. Tafeln. Geh. 12 Mk., in Moleskin geb. 15 Mk. 50 Pfg. Zweiter Band: Die RhJzome, Knollen und Wurzeln. Mit 24 li- thogr. Tafeln. Geh. 20 Mk., in Moleskin geb. 24 Mk. 50 Pfg. Ditter Band: Die Kräuter, Blätter und Blüten. Mit 23 li- thogr. Tafeln. Geh. 20 Mk., in Moleskin geb. 24 Mk. 50 Pfg. Vierter Band: Die Samen und Früchte. Mit 14 lithogr. Taf. und 16 Holzschnitten. Geh. 18 Mk. 50 Pfg., in Moleskin geb. 23 Mk. Pharmakognostischer Atlas, zweiter Teil der mikroskopischen Analyse der Drogenpulver. Ein Atlas für Apotheker, Großdrogisten, Sanitätsbeamte, Studie- rende der Pharmazie usw. von Dr. Ludwig Koch, o. Honorar- professor an der Universität Heidelberg. Bis jetzt erschienen: Band I: Die Rinden, Hölzer und Rhizome. Mit 24 lithogr. Tafeln. Geh. 20 Mk., in Moleskin geb. 24 Mk. 50 Pfg. Ausführliche Prospekte gratis und franko. Preis dieses Heftes für Abonnenten ... 10 Mk. 25 Pfg., für den Einzelverkauf 12 Mk. 80 Pfg. JAHEBtFCHEE für wissenschaftliche Botanik Begründet von Professor Dr. N. Pringslieim herausgegeben W. Pfeifer und E. Strasburger Profesaor an der Universität Leipcig Professor an der Universität Bonn Fünfzigster Band. Zweites Heft. Mit Tafel I— V und 6 Textfiguren. Leipzig Verlag von Gebrüder Borntraeger 1911 Alle Zusendungen für die Redaktion bittet man zu richten an Professor Pfeffer lu Leipzig (Botanisches Institat), — vom 1. Augast bl» 26. September nor au Gebrttder Borntraeger iu Berlin W 86, Schöneberger Ufer 12 a Inhalt des vorliegendüii Heftes. Seite Walter Bally. Cytologische, Studien an Gliytridineen. Mit Tafel I— V und 6 Textfiguren 95 S. Kostytschew und A. Scheloumow. Über die Einwirkung der Gärungsprodukte und der Phosphate auf die Pflanzen- atmung 157 W. lUihland. Untersuchungen über den Kphlenhydratstoff- , Wechsel von Bda vulgaris (Zuckerrübe) . ... . .'200 Ausgegeben im November 1911, Die Jahrbücher für wissenschaftliche Botanik erscheinen in zwanglosen Heften, von denen 4 — 6 ehien Band bilden. Der Preis des Bandes beträgt für die Abonnenten ungefähr 35 Mk., sofern nicht eine ungewöhnliche Zahl von Tafeln eine Preiserhöhung notwendig macht. Beim Einzelverkauf erhöht sich der Preis um 25 Prozent. Das Honorar beträgt 30 Mk. für den Druckbogen. Bei Disser- tationen wird ein Honorar nicht gewährt. Den Autoren werden 30 Sonderabdrücke kostenfrei geliefert. Auf Wunsch wird bei rechtzeitiger Bestellung eine größere Anzahl von Sonderabzügen hergestellt und nach folgendem Tarif berechnet: für jedes Exemplar geheftet mit Umschlag für den Druck- bogen 10 Pfg., für jede schwarze Tafel einfachen Formats 5 Pfg., für jede schwarze Doppeltafel 7,5 Pfg. Bei farbigen Tafeln erhöhen sich obige Preise für jede Farbe um 3 Pfg. Ein besonderer Titel auf dem Umschlag, falls ein solcher ge- wünscht wird, 3 Mk. 50 Pfg. — Zusätze, Änderung der Paginierung usw. werden besonders berechnet. Diesem Heft liogou Prospekte der Verlagsbuchbautlliiug- CJebrüder Boriitraeger in Berliu bei. Cytologische Studien an Chytridineen. Von Walter Bally. Mit Tafel I— V und 6 Textfiguren. Par son orientation generale et ses ten- dances dominantes la protistologie vegetale nous apparait comme une morphologie phy- logenetique des organismes unicellulaires c'est ä dire comme im des chapitres les plus essentiels de la philosophie natui-elle. J. Pavillard. (Progressus rei Botanicae III.) Im Sommer und im Herbst des Jahres 1908 trat in der Gegend von Düsseldorf an Kartoffeln eine bis dahin noch nicht bekannte Krankheit auf. Es stellte sich heraus, daß der Urheber der selt- samen geschwulstartigen Auswüchse Chrysophlyctis endobiotiea Schilb. war, ein Pilz, den schon 1896 R. Schilbersky in Ungarn beobachtet und als Erreger dieses Krebses angesprochen hatte. Eine ganze Reihe kleinerer Publikationen hatten sich seit dieser Zeit mit jener Clmjtridinee befaßt und dennoch war gar manches in ihrem Entwicklungsgang rätselhaft : Das so stark überwiegende Auf- treten der als Dauersporen bezeichneten Gebilde, das Eindringen in tieferliegende Gewebeschichten, die Keimung der Zoosporen, das alles und manche andere Einzelheit waren ungenügend beobachtet. Ich faßte daher, nachdem mir genügend Material zur Verfügung stand, den Entschluß, diesen Pilz und die Veränderungen, die er im Bau seiner Wirtspflanze hervorruft, nach den Methoden der neueren Mikrotom- und Färbetechnik zu untersuchen. Aber je tiefer ich in die Materie eindrang, desto rätselhafter wurde sie mir. Ich dachte deswegen daran, daß mir ein Vergleich mit anderen Chytridineen am ehesten Klarheit verschaffen könnte. Mein Suchen .Jahrb. f. wiss. Botanik. L. 96 Walter Bally, nach solchen war nicht vergebens. Einmal gelangte ich in den Besitz größerer Mengen einer anderen unterirdisch lebenden Chytri- dinee, der auf Riimex scutatus L. schmarotzenden Urophlyctis Rühsaameni Magn. , die allerdings mit Chrysophlyctis endohiotica wohl nur eine entfernte Verwandtschaft zeigt. Zum anderen war ein Vergleich mit Synchyti'iiim - Arten wünschenswert und es bot sich mir das klassische Synchytrium Taraxaci de Bary et Woronin in günstigen Entwicklungszuständen dar. Während ich mit diesen Untersuchungen beschäftigt war, publizierte J. Percival seine Arbeit über die Cytologie von Chrysophlydis endohiotica. Er war, unabhängig von mir, auf den gleichen Wegen gewandelt, wie ich. So sind denn auch unsere Resultate im großen und ganzen die gleichen. Was mich dennoch veranlaßt, meine Untersuchungen zu publizieren, das ist vor allem der Einblick, den ich an den ur- sprünglich nur als Vergleichsobjekten herangezogenen beiden ge- nannten Spezies in die Entwicklungsgeschichte der Chytridineen getan habe. Darauf gründet sich eine von der Percivalschen abweichende Deutung der von ihm und mir beobachteten Tatsachen. Auf Grund der so gewonnenen Vorstellungen und der in zahl- reichen Arbeiten der letzten Jahre enthaltenen cytologischen Daten möchte ich dann in einem letzten Abschnitt auf die Bedeutung all dieser Tatsachen für eine phylogenetische Systematik der so wichtigen und leider oft so vernachlässigten Gruppe der Chytridineen zu sprechen kommen. Aber parasitologische Arbeiten pflegen zwiefache Erkenntnisse zutage zu fördern. Einmal interessiert uns der Entwicklungsgang des Parasiten, zum anderen sind die Veränderungen, die der Wirt unter dem Einfluß der vom Parasiten ausgehenden E.eize erleidet, von Bedeutung. Die Schilderung all dieser Veränderungen soll in dem Gang der Darstellung am passenden Ort eingeflochten werden. So ergeben sich denn vom relativ einfachen und durch andere Untersuchungen besser bekannten zum komplizierteren schreitend folgende Kapitel: I. Synchytrium Taraxaci de Bary et Woronin: a) Entwicklung des Pilzes S. 97 b) Der Einfluß auf die Wirtspflanze . . . . S. 115 II. Chrysophlyctis endohiotica Schilb.: a) Entwicklung des Pilzes S. 117 b) Der Einfluß auf die Wirtspflanze . . . . S. 128 Cytologische Studien an Chytridineen. 97 III. ürophlyctis Rübsaameni Magn.: a) Entwicklung des Pilzes S. 130 b) Der Einfluß auf die Wirtspflanze . . . . S. 138 IV. Die Bedeutung der cytologischen Forschung für eine auf phylogenetischer Grundlage aufgebaute Systematik der Chytridineen S. 141 I. Synehytrlum Taraxaci de Bary et Woronin, a) Entwicklung des Pilzes. Dieser Pilz wurde zum ersten Mal 1865 von de Bary und Woronin beschrieben und in einer für die damalige Zeit außer- ordentlich vollständigen Weise untersucht. Auf Grund dieser Unter- suchungen stellten de Bary und Woronin die Gattung Synchytriiiyn auf, die sie den wenigen damals bekannten Chytridineengattungen Chytridium A. Br. und Rhizidium A. Br. anschlössen. Die Keimung der Sorussporangien, das Austreten der Schwärmer, die Infektion neuer Taray^acwm -Pflanzen, die Bildung von „Primordialkugeln", das Heranwachsen dieser zu Sporangiensori, dann das Auftreten von Dauersporen, all das wurde aufs sorgfältigste beobachtet und durch gute Zeichnungen belegt. Seit jener Zeit ist nun die Gattung Synchytrium an Artenzahl sehr reich geworden, wie überhaupt die ganze Familie der Chytridineen. Schon 1884 sprach de Bary von einer „nachgerade sehr mannigfaltigen Reihe mikroskopischer Formen". Anfangs der neunziger Jahre erwachte dann auch das Interesse der Cytologen an diesen Formen. Vor allem mußte und muß auch heute noch das Problem anziehend erscheinen, wie aus dem einen Kern der „Primordialkugel" de Barys sich die oft nach Hunderten zählenden Kerne der Sporangiensori heranbilden. Die Frage, welche Rolle dabei mitotischen, welche amitotischen Vorgängen zukommt, schien besonders durch die schöne Arbeit von Kusano (09) ent- schieden, wurde aber gleich darauf durch die von Griggs an Synchtjtrimn decipiens Farlow gemachten Beobachtungen neu auf- gerollt. Wenn nun auch die auf die Cytologie von Synchytrium sich beziehende Literatur vor kurzem von J. Pavillard in trefflicher Weise zusammengestellt worden ist, so halte ich es doch für das Verständnis des folgenden für notwendig, hier noch einmal in kurzen Zügen darauf einzugehen. Die ersten Untersucher Dangeard und 7* 98 Walter Bally, Rosen wandten sich an das auch von mir herangezogene Synchij- trhim Taraxaci. Dangeard s Arbeiten waren mir leider nicht zugänglich. Verschiedenen Referaten entnehme ich, daß er gefunden hat, daß sich der primäre Kern amitotisch, die folgenden sich mitotisch teilen. Auch Rosen (92) will eine amitotische Teilung des Primärkerns und der folgenden Kerne gesehen haben. Aus der von ihm gegebenen Fig. 9 geht das nicht ohne weiteres hervor und seine Beschreibung ist auch recht anfechtbar, ganz abgesehen davon, daß die angewandten Fäibungen modernen Ansprüchen nicht mehr genügen. Was Griggs (09 a, b) und Kusano (09) als Amitosen beschrieben haben, weicht, Avie wir gleich sehen werden, von den Rosen sehen Anschauungen durchaus ab. Die Rosen sehe Fig. 9 kann nach meinen Erfahrungen auch anders gedeutet werden. Es kann sich nämlich erstens ebenso gut um eine Kopulation von zwei Kernen, wobei die Nucleoli zuerst zusammen- treten, handeln. Wir werden unten bei Urophlydis Rühsaameni Gelegenheit finden, ähnliche Fälle kennen zu lernen, die mir trotz eingehendster Beobachtung noch jetzt die beiden Deutungen zuzu- lassen scheinen. Oder aber zweitens kann ein Beobachtungsfehler vorliegen, indem der eine Kern über den anderen gelagert ist. Auch hier gilt es mit der größten Vorsicht und mit Vergrößerungen zu arbeiten, die die von Rosen benützten übertreffen. Weiterhin gibt dann Rosen auch an, Mitosen beobachtet zu haben, von denen er allerdings nur eine recht vage Beschreibung gibt. Klarer ist hingegen seine Fig. 11, wo er das Zurücktreten des Chromatins an die Kernmembran in richtiger Weise wiedergibt. Der nächste, der sich mit Synchytrivm- Arten {decipiens und Taraxaci) beschäftigt hat, ist Harper (99). Er wollte hauptsächlich die Vorgänge, die zur Bildung der Sori aus der einheitlichen viel- kernigen Spore führen, kennen lernen. Er hat gezeigt, wie vom Rande her schreitende Zerklüftungen das Sporangium in immer kleinere Teile zerstückeln. Zuletzt bestehen bei Synchytrium de- cipiens zahlreiche einkernige, bei Synchytrium Taraxaci vielkernige Stücke. All diese Vorgänge spielen sich, wie das auch Kusano (09) sah und was ich ebenfalls an meinen Präparaten bestätigen konnte, durchaus unabhängig von Kernteilungen ab. Mit dem Studium derTei- lung des primären Kerns haben sich dann F.L. und A.C. Stevens (03) abgegeben. Sie kamen an dem amerikanischen Synchytrium decipiens zu Resultaten, die von den Rosenschen und Dangeardschen recht abwichen. Es konnte nämlich konstatiert werden, daß sich C^tologisclie Studien an Cliytiidineen. 99 der primäre Kern auf mitotischem Wege teilt. Von besonderem Interesse war das Verhalten des Nucleolus, der einen großen Teil seines Chromatins zunächst in die Keruhöhle abgibt. Aus diesem Chroraatin werden dann die Chromosomen gebildet. In einer weiteren Arbeit hat dann F. L. Stevens (07) das Schicksal der sekundären Kerne verfolgt und dabei sowohl amitotische als auch mitotische Kernteilungsfiguren zu sehen bekommen. An dem von Stevens fixierten und eingebetteten Material hat Griggs (08, 09 a, b, c) die Untersuchungen fortgesetzt. Als Hauptresultate der Forschungen der beiden x^merikaner können gelten: Der primäre Nucleus teilt sich mitotisch, die sekundären Kerne können sich mitotisch oder amitotisch teilen. Griggs (09 a) glaubt, daß sich amitotische Teilungen besonders in einer ganz bestimmten Periode, der Irregularitätsperiode, finden. Es zeigen sich dabei zwei ganz verschiedene Typen von Amitosen: 1. Kernknospung (nuclear gem- mation): Der Nucleolus gibt kleine Stücke in die Kernhöhle ab, die dann die Kernmembran durchwandern, sich im Cytoplasma mit einer eigenen Membran umgeben und so neue Kerne darstellen. Den 2. Vorgang bezeichnet Griggs als Heteroschizis: Es erfolgt hier zuerst eine Auflösung der Kernmembran, worauf sich dann der Nucleolus in zahlreiche Stücke zerteilt, die wiederum zu neuen Kernen werden. Die so auf amitotischem Wege entstandenen Kerne sollen sich dann weiterhin nach Griggs wieder mitotisch teilen. Die Mitose dieser sekundären Kerne wurde sorgfältig beobachtet. Einem, nach meiner Ansicht fälschlich genannten Spiremstadium folgte Spindelbildung, während der sich die Membran des Kernes auflöst, der Nucleolus wird in das Cytoplasma gestoßen, die Chro- mosomen, deien Zahl 4 beträgt, weichen auseinander, die Spindel beginnt sich außerordentlich intensiv zu strecken. Erst nachdem die Tochterkerne schon recht weit auseinandergerückt sind, bildet sich ein Aster aus, von dem dann in ähnlicher Weise wie das zu- erst von Harper (97) für Ascomyceten beschrieben wurde, die Bildung der Kernmembran vor sich geht. Aus der Beobachtung, daß amitotischen Teilungen mitotische folgen, zieht Griggs den scheinbar etwas voreiligen Schluß, daß die Zahl vier der Chromo- somen ein rein physiologisches Merkmal sei und daß man bei Syn- chyirium nicht von einer morphologischen oder materiellen Konti- nuität der Chromosomen sprechen darf. Gleichzeitig mit Griggs und Stevens hat Kusano das japa- nische Synchytrium Paerariae Miyabe bearbeitet und zum Vergleich 100 Walter Bally, auch Synchytrium decipiens herangezogen (07 a, b, 08, 09). Es sind das die sorgfältigsten Arbeiten, die wir bis heute über die Cytologie der Chytridineen besitzen. Nach Kusano teilen sich die Kerne wohl in den allermeisten Fällen auf karyokinetischem Wege. Doch gibt er auch (09) eine Figur (82), die wohl mit den Griggs sehen Anschauungen übereinstimmt. Bei der Beobachtung der Mitosen des primären und der folgenden Kerne interessiert ihn hauptsächlich das Schicksal der chromatischen Substanz. In jungen Kernen ist diese in ihrer Gesamtheit im Nucleolus aufgespeichert. Während des Wachstums gibt dann der primäre Nucleolus sekundäre Nucleolen in die Kernhöhle ab und es bilden sich gleichzeitig in ihm stärkere Vacuolen aus. Die sekundären Nucleoli werden in einem noch späteren Stadium wieder chromatinärmer. Aus den übrigbleibenden Resten bilden sich dann die Chromosomen in der Zahl 5 aus. Die Kernmembran beginnt nun aufgelöst zu werden, während sich die Spindelfasern, die allem Anschein nach intra- nucleären Ursprungs sind, sich ausbilden. Leider gelang es weder Kusano noch Stevens, den primären Kern später als in der Metaphase zu beobachten. Es ist das eine empfindliche Lücke, die ich aber zu meinem Bedauern auch nicht ausfüllen kann. Es scheint sich eben wohl dabei nur um kurze Zeit währende Stadien zu handeln. Weiter sah Kusano, daß sich die Teilungen der sekun- dären Kerne im wesentlichen in der gleichen Weise abspielen, wie die des primären. Hier konnten nun auch Telophasen beobachtet werden. Bemerkenswert war bei der Bildung des neuen Kerns das Auftreten von Astern, in deren Zentrum ein centrosomähnlicher Körper beobachtet wurde. Von diesem Körper, den Kusano als Karyodermatoblasten bezeichnet, geht die Bildung der Kernmembran vor sich. Hier stimmen die Beobachtungen von Kusano und Griggs gut überein. Es seien dann noch in aller Kürze die Arbeiten von Rytz und Löwenthal (04) erwähnt. Die cytologischen Beobachtungen von Rytz erstrecken sich auf Arten, deren Inhalt vor der Sorusbildung aus der alten Sporenmembran heraustritt. Leider ist es ihm nicht gelungen, Kernteilungen zu finden, die gerade bei den von ihm untersuchten Arten viel Interessantes hätten bieten können. Löwen- thal, der als Krebsforscher sich mit Chytridineen als den möghchen Erregern von krebsartigen Geschwülsten beschäftigt hat, hat auch Synchytrium Taraxacl herangezogen, während er in seiner zweiten Arbeit einige Beobachtungen über Synchytrium Anemones Woronin Cytologische Studien an Chytridineen. 101 gibt. Auch ihm gelang es nicht, die Kernteilungen, die mir in so großer Menge entgegentraten, zu erwischen. Über die Deutung seiner Figuren werde ich am passenden Ort bei Besprechung meiner Befunde mich mit ihm auseinandersetzen und damit komme ich auf meine eigenen Untersuchungen zu sprechen. In der Umgebung von Bonn suchte ich lange Zeit vergebens nach Syncliytrium Taraxaci. Als ich nach der von de Bary ge- gebenen Vorschrift Wiesen an der Sieg absuchte, die gerade in dem durch Hochwasser ausgezeichneten Sommer 1910 öfters über- schwemmt worden waren, fand ich auch richtig infizierte Pflanzen. Aber die aufgefundenen Entwicklungsstadien waren ungünstig, es waren meist alte Blätter mit Sori, die ihre Schwärmsporen schon abgegeben hatten. Glücklicher war ich in Bern, wo icli mich von Mitte August bis Ende September 1910 aufhielt. Hier waren, wie das ja auch schon Lüdi berichtet, auf den Wiesen viele kräftige Stöcke von Taraxacum offieinale, die auch junge Blätter trieben, reichlich infizieit. Es handelte sich dabei durchaus nicht immer um Standorte, die auch nur zeitweise von Wasser überschwemmt sind, während ich mich in der Bonner Umgebung streng an solche Stellen halten mußte. Das schien mir etwas rätselhaft. Eine mög- liche Lösung bot sich mir bei einem kurzen Berner Aufenthalt im Dezember 1910. Es war ein Föhntag. Der heiße Wind hatte die zentimeterhohe Schneeschicht, die kurz vorher noch auf den Wiesen gelegen hatte, zum Schmelzen gebracht. An dem gleichen im Sommer oft besuchten Standort fand ich wieder die Taraxaciun- Pflanzen. Einige wenige kleine Blättchen schienen den Winter zu überdauern. Sie waren beinahe alle infiziert. So scheint es denn höchst wahrscheinlich, daß das Schneeschraelzwasser auch hier l)ei der Übertragung der Schwärmsporen eine maßgebende Rolle spielt. Es sei an dieser Stelle an die ganz ähnlichen an alpinen Synchytrien gemachten hübschen Beobachtungen von Rytz erinnert. Ein ge- wisser Widerspruch gegen diese Anschauung liegt allerdings in den Versuchen Lüdis, der Kälte als hemmend für die Tätigkeit der Zoosporen bezeichnet. Aber es kommen eben in der freien Natur wohl manche Bedingungen hinzu, die sich im Versuchstopf nicht gut nachmachen lassen. Als Fixierungs-Flüssigkeit stand mir damals in Bern gerade nur Alkoholeisessig (nach der im Strasburgerschen großen Praktikum gegebenen Vorschrift) zur Verfügung. Die infizierten Blätter ver- blieben darin ein bis zwei Tage und wurden dann in 80'Vuigera 1Q2 Waller lially, Alkohol aufbewahrt. Die Fixierung war so trefflich, daß ich die Nichtanwendung anderer Fixierungsfiüssigkeiten nicht zu bereuen hatte. Das Material wurde weiterhin in~ Paraffin eingebettet und mit dem Microtom in 5 /t dicke Schnitte zerlegt. Gefärbt wurde mit Eisenalaun - Haematoxylin nach Heidenhain und Safranin- Gentiana-Orange nach Fleming und nach dem Pianeseschen Malachitgrün-Säurefuchsinverfahren. Mit Fuchsin- Jodgrün konnte ich nicht so günstige Resultate erzielen, wie das Kusano (09) angibt. Auch das Dreifarbenverfahren hat mich nicht sehr befriedigt, die besten Resultate ergab immer Eisenalaun - Haematoxylin. Merk- würdig ist, daß sich verschiedene in gleichem Blatt sich befindende gleichaltrige Synchytrien ganz verschieden gut färben. Ja es zeigten sich auffallende Unterschiede in den verschiedenen Sporangien ein- und desselben Sorus, ein Verhalten, das eine gute mikroskopische Kontrolle beim Ausziehen des Haematoxylin recht erschwert, das aber auf der anderen Seite doch auch wieder gewisse Vorteile bietet. Einem ungleichmäßigen Eindringen der Fixierungsflüssigkeit wird wohl die Schuld an diesem Verhalten zuzuschreiben sein. Die am häufigsten angetroffenen Entwicklungsstadien waren Sporangiensori, die teils noch ungeteilt, teils schon in Sporangien zerklüftet waren. Ganz junge einkernige Sporen waren wohl wegen der etwas vorgerückten Jahreszeit nicht so häufig anzutreffen. Die jüngsten von mir untersuchten Stadien waren einkernige Sporen. Daß sie von beträchtlichem Alter sein müssen, zeigten schon die im Vergleich zu den umgebenden stark vergrößerten infizierten Zellen des Taraxacum. Fig. 1 A, B (Taf. I) soll als Beispiel dienen. In der angeschwollenen "Wirtszelle, deren Kern Veränderungen aufweist, auf die ich später noch zu sprechen komme, liegt die mit einer ziemlich starken Membran umgebene Spore. Ihr Plasma zeigt wabigen Bau. Der stattliche Kern weist einen großen Nucleolus und eine Anzahl sekundär entstandener Nucleoli auf. Mit Haematoxylin färben sich der primäre und die sekundären Nucleolen schwarz, mit Safranin- Gentiana der primäre rot, die sekundären blau, mit Malachitgrün -Säurefuchsin der primäre grün, die sekundären rötlich. Über die Entstehung dieser sekundären Nucleolen erteilt Fig. 3 (Taf. I) Aufschluß. Da sehen wir dicht an den den Farbstoff schlecht speichernden Priraär-Nucleolus angelagert einige sekundäre Nucleolen. Ein weiteres Stadium soll Fig. 4 (Taf. I) darstellen. Im Primär-Nucleolus sind stark lichtbrechende Vacuolen aufgetreten, C'ytologi.sclie Studien an Cliytridineeu. 103 sein Vermögen, Farbstoffe zu speichern, ist noch geringer geworden, aber auch die sekundären Nucleolen zeigen in ihrem Innern helle Partien; manchmal ist in ihnen das Chromatin halbmondförmig um einen hellen Hof gelagert. Das sind nun alles Dinge, die schon Stevens (03) und besonders ausführlich Kusano beschrieben haben (09). Kusano, dessen Objekt wohl gerade für diese Stadien günstiger war als meines, legt auf die Auswanderung der von ihm so genannten sekundären Nucleolen großen Wert. Er konnte deutlich verfolgen, wie die sekundären Nucleolen immer chromatinärmer werden und wie sich schließlich aus dem wenigen übriggebliebenen Chromatin die Chromosomen herausbilden. Das alles konnte ich beim primären Kern nicht beobachten, was ich indes nur der Tat- sache zuschreibe, daß mir eben zu wenig einkernige Sporen vorlagen. Wohl konnte ich aber eine andere Erscheinung wahrnehmen. Flg. 5 (Taf. I) zeigt, wie sich in einem Kern einige Lininelemente herausgebildet haben, und wie am Ende dieser Stränge sich an der Kernwand sekundäre Nucleolen anhäufen, wie auch bereits einige sich außerhalb der Kernwand im Cytoplasma vorfinden. Noch deutlicher ist das alles in Fig. 6 und 7 (Taf. I) zu sehen, die, obwohl einem mehrkernigen Stadium entstammend, doch gleich hier vorweg genommen seien. Diese Vorgänge entsprechen wohl zweifellos der Griggsschen Kernknospung (Nuclear gemmatiou). Die Frage, ob aus diesen in das Cytoplasma übergewanderten Chromatinstücken dort neue Keine ihren Ursprung nehmen oder ob sie aufgelöst werden, konnte für dieses Objekt nicht entschieden werden. Für die erste Ansicht spricht das gar nicht so seltene Vorkommen un- gleich großer Kerne in den mehrkernigen Sporangiensori. Recht extreme Fälle zeigen die Fig. 8, 9 und 10 (Taf. I). Zum Vergleich könnten auch die Fig. 2 von Stevens (07) und Fig. 3, 5, 6, 9, 13, 18, 19 von Griggs (09 a) herangezogen werden. Und doch möchte ich für Synchytiiwm Taraxaci nicht ohne weiteres der Deutung von Griggs zustimmen, die ich für den vom ihm beob- achteten Fall übrigens als durchaus richtig ansehe. Aber meine Fig. 8, 9, 10 scheinen mir noch folgende andere Auslegungen zu- zulassen: 1. Es könnten einzelne Kerne in ihren Teilungen gegen- über der großen Mehrzahl zurückgeblieben sein. 2. Es könnten Kerne, die sich bereits geteilt hatten, wieder verschmelzen. Gerade Fig. 8 (Taf. I) zeigt an einigen Stellen ein deutliches paarweises Zusammenrücken von kleinen Kernen und es ist das nicht der einzige Fall dieser Art, den ich beobachten konnte. In einer ganzen 104 Walter Bally, Menge etwa gleichaltriger Stadien, die sich im übrigen nicht durch verschieden große Kerne auszeichneten, habe ich ganz ähnhches gesehen. Gegen das Vorhandensein einer solchen Karyogamie könnte nur angeführt werden, daß da? Zusammenstoßen verschiedener Nucleolen sowie die Bildung einer neuen Kernmembran nicht mit genügender Sicherheit festgestellt werden konnten. In diesem Zu- sammenhang sei dann noch einmal an die Rosensche Fig. 9 er- innert, die, wie schon erwähnt, in dem eben gegebenen Sinne ge- deutet werden kann. Weitergehende theoretische Betrachtungen an diese wenigen und noch unsicheren Fälle zu knüpfen, wäre zwar verlockend, erscheint mir aber verfrüht. Auch auf die Bedeutung der nucleolären Knospung will ich hier noch nicht eingehen. Bei der Besprechung von Chrysophlijctis endobiotka soll gezeigt werden, wie dieser in der Gattung Synchytrknn wohl nur gelegentlich auf- tretende Vorgang dort eine weittragende die wichtigsten Lebens- vorgänge beherrschende Bedeutung gewinnt. Dort und im letzten Kapitel soll darüber auch das nötige Theoretische gesagt werden. Und damit verlasse ich die für die große Menge untersuchter Schnitt- serien recht seltenen Fälle amitotischer Kernteilungsvorgänge, um zu den viel häufiger gefundenen karyokinetischen Bildern überzugehen. Die mitotische Teilung des Primärkerns konnte ich nicht beob- achten, doch zweifle ich nicht daran, daß es einem Untersucher, dem im richtigen Moment fixiertes Material vorliegt, gelingen wird, die Befunde von Dangeard und Rosen in dieser Hinsicht richtig zu stellen. Was ich in Fig. 1, 3 und 4 abbilde, das kann verglichen mit den Kusano sehen Figuren als erster vorbereitender Schritt einer mitotischen Teilung angesehen werden. Bessere Aufschlüsse über die Teilungsvorgänge boten die mehrkernigen unzerklüfteten oder zerklüfteten Sporangiensori, in denen ich alle irgendwie er- wünschten Zustände auffinden konnte. Der Teilungsmodus in den jüngeren mit noch größeren Kernen versehenen Stadien weicht von dem der älteren kleinkernigen in einem wesentlichen Punkte ab. Die beiden sollen deshalb gesondert betrachtet werden. 1. Kernteilung in unzerklüfteten Sporangiensori. Es fanden sich alle möglichen Entwicklungszustände von ganz wenigkeruigen (8 — 16) bis zu solchen, die mehrere hundert Kerne enthielten, vor. Die Teilungen spielen sich aber überall in wesentlich derselben Weise ab, ich ziehe es jedoch vor, Beispiele aus recht jungen großkernigen Exemplaren, an denen alle Details viel deut- licher hervortreten, heranzuziehen. Cytologisclie Studien an Cliytridineen. 105 a) Ruhende Kerne sind schon in Fig. 9 wiedergegeben. Fig. 11 (Taf. I) soll als weiteres Beispiel dienen. Sie unterscheiden sich vom primären Nucleus hauptsächlich durch ihre immer in größerer Anzahl vorhandenen sekundären Nucleolen, ferner durch das Vor- handensein von Lininsträngen, die sich bei genügender Vergrößerung immer nachweisen lassen. Ob sich alle sekundären Nucleolen vom primären Nucleolus ableiten lassen, erscheint mir fraglich, zwei bis drei sind immer vorhanden, und erst in den ersten Stadien der Prophasen findet eine reichliche Abgabe von Chroraatin aus dem Karyosom in die Kernhöhle statt. Ich möchte übrigens hier be- merken, daß der Ausdruck „Abgabe von Chromatin aus dem Nucle- olus in die Kernhöhle" leicht falsche Vorstellungen erwecken kann. Selbst aus den Bildern von Kusano geht die Berechtigung einer solchen Ausdrucksweise nicht ohne weiteres hervor. Die Kritik, die in ausgiebiger Weise zuletzt Zacharias solchen Anschauungen zuteil werden ließ, war, wenn sie wohl auch den wenigsten Cytologen willkommen war, doch durchaus am Platz. AVas wir aus unseren gefärbten Präparaten herauslesen können, ist die Tatsache, daß der primäre Nucleolus Vacuolen aufweist, daß er in geringerem Maße Farbstoffe speichert, und daß zu gleicher Zeit in der Kernhöhle Körper auftreten, die dieses Vermögen Farbstoffe zu speichern in einem höheren Maße besitzen. Wenn wir also von „Auswandern" oder „Abgeben" von Chromatin sprechen, so müssen wir uns be- wußt sein, daß wir damit eine aus unseren Bildern herausgelesene Abstraktion ausdrücken. Wenn wir uns das vor Augen halten, so dürfen wir wohl der Kürze halber und bis uns die chemische Er- forschung der Bestandteile des Zellkerns eines anderen lehrt, die eben genannten Worte „Auswandern" usw. gebrauchen. b) Prophasen. Das erste Anzeichen beginnender Teilung ist das starke Überhandnehmen von Chromatinteilen in der Kern- höhle, das mit einer immer schwächeren Färbbarkeit des Nucleolus zusammenläuft. Zugleich treten im primären Nucleolus stark licht- brechende Partien, Vacuolen, auf. Diese Vakuolisierung konnten Stevens und Griggs an sekundären Nucleolen nicht, Kusano nur in besonders gut gelungenen Präparaten feststellen, während sie bei meinen Präparaten besonders der jüngeren Stadien in der Regel sehr deutlich hervortrat. Fig. 12 (Taf. II) soll das eben Gesagte erläutern, während Fig. 13 (Taf. II) schon einen weiteren Schritt darstellt. Wir sehen da, wie der vakuolisierte Nucleolus seine einst kugelige Gestalt in eine elliptoidische verwandelt hat und 106 Waller Eally, sich in ganz iihnlicher Weise wie das für den als Synapsis bezeich- neten meiotischen Teilungszustand höherer Pflanzen bekannt ist, eng an die Kernmembran anschmiegt. Zugleich wird das Linin- fadenwerk, aut dem sich die Chromatinkörner verteilen, dichter. Auf einer folgenden Stufe (Fig. 15, 16 Taf. II) sehen wir dann bereits den Nucleolus außerhalb der Kernmembran liegen, deren Auflösung schon anfängt, sich bemerkbar zu machen. Ich habe lange nach Präparaten gesucht, die mir über diesen Vorgang hätten Klarheit verschaffen können, das einzige Bild, das vielleicht in dem Sinne einer Ausstoßung des Nucleolus gedeutet werden kann, ist Fig. 14 (Taf. II). Seine Reproduktion sei nicht unterlassen, trotz- dem mir nicht ausgeschlossen scheint, daß das Mikrotommesser hier einen Schabernack gespielt hat. Den besprochenen Stadien reihen sich nun in rascher Folge — die Fig. 15 — 20 (Taf. II) ent- stammen demselben Sorus — die Vorgänge, die zur Bildung der Spindel führen, an. Fig. 15, 16, 17 könnten etwa als multipolare Spindelanlage bezeichnet werden, wobei aber ein analoger, kein homologer sich in der meiotischen Teilung der höheren Gewächse abspielender Vorgang zum Vergleich herangezogen wird. Denn hoffentlich geht aus meinen Bildern unzweifelhaft hervor, daß die Spindelfasern, die sich nun in einem Meridian zusammenziehen, intranucleären Ursprungs sind. Sie sind aus Lininsubstanz hervor- gegangen. Die zuerst in größerer Anzahl vorhandenen Chromatin- körner verschwinden bis auf wenige. Diese rücken auch an die mediangelegenen dichter angeordneten Spindelstränge, wo sie sich zunächst ganz unregelmäßig verteilen (Fig. 20 Taf. II). Die Kern- membran verschwindet währenddessen langsam, auch die nicht zur Bildung der Spindel verwendeten Lininstränge fallen der Auflösung anheim. Es sei in kurzen Worten hier auf die Bedeutung dieser Pro- phase hingewiesen, für deren Studium sich mein Objekt günstiger erwiesen hat als die von Kusano und Griggs untersuchten Syn- chytrium- Alten. Zwei Dinge scheinen mir dabei besonders von Wichtigkeit zu sein. 1. Die Rolle des Nucleolus, den wir mit Berghs als einen Nucleo- nucleolus oder mit den Protozoenforschern (Doflein) als Amphi- nucleolus bezeichnen können. Auf die Bedeutung dieses Nucleolus als Chromatinreservoir und auf die Bedenken, die sich gegen diese Auffassung äußern lassen, will ich hier nicht noch einmal eingehen, ich kann auf das, was Kusano über diesen Punkt sagt, hinweisen. Cytologische Studien an Cliytridineen. 107 Hier interessiert uns mehr, daß der nur schwach sich färbende Nucleolus während der ganzen nun folgenden Vorgänge außerhalb der Kernniembran weiter persistiert. Das gleiche Verhalten wurde schon von Griggs und Kusano beobachtet, jener weist auf ähn- liche Fälle bei Ascomyceten (Guiliiermond 05) hin. Ich möchte hier auch analoge Beobachtungen, die Olive bei der Kernteilung der Uredineen gemacht hat, zum Vergleich heranziehen. Fassen wir einmal den Nucleolus als „Store -house" für die Bildung der bei der Kernteilung benötigten Elemente auf, so können wir wohl auch die Anschauung teilen, daß er eben zuviel Stoffe gespeichert hat und daß er die überflüssigen nun an das Cytoplasma abgibt. Immerhin ist der ganze Vorgang doch sehr merkwürdig und wird noch bedeutungsvoller dadurch, daß die meisten bis dahin bekannten Fälle, in denen ein Gleiches beobachtet wurde, heterotrophen Pilzen entstammen. Sollte nicht diese Tatsache ein gewisses Licht auf die ernährende Rolle des Nucleolus werfen? Diese Frage zu diskutieren, erscheint mir jedoch bei der geringen Kenntnis, die wir heute überhaupt noch von den Kernen der Pilze und Algen haben, verfrüht. Hier sei nur auf die von unserem Fall so verschiedenen Vorgänge, die sich bei der Teilung der Kerne von Protozoen (Hartmann 11) oder verschiedener niedriger Algen (Nemec 10a, Cladophora, Berghs Spirogyra) oder bei Plasmo- (liophora (Faworsky) abspielen, hingewiesen. In all den genannten Fällen tritt eine Verteilung der weniger färbbaren Substanzen des Nucleolus auf die Tochterkerne, die mit der Teilung der in den Chromosomen vorhandenen chromatischen Substanz isochron ver- läuft, ein, wie das ja auch von Wager und früher schon von Rosen (95) für die Kerne der Wurzelspitzen von Pkaseolns be- schrieben und abgebildet wurde. Ein Austreten des Nucleolus aus der Kernmembran während der Prophase oder später findet in den genannten Fällen nicht statt. Ein genaueres Nachforschen nach den Ursachen dieses so überaus verschiedenen Schicksals der Nu- cleolen kann vielleicht auch einmal, wenn wir soweit sein werden, die komphzierten Kernverhältnisse der höheren Pflanzen aus den einfacheren der niederen Gewächse abzuleiten, zur Klärung der immer noch so stark umstrittenen Nucleolusfrage beitragen. 2. Die Bildung der Spindel geht wohl hier zum ersten Mal für die sekundären Kerne mit der erwünschten Klarheit hervor, während für den primären Kern von Synchytrium decipiens Stevens (03) schon die Verhältnisse zutreffend beschrieben hat. Kusanos 108 Walter Bally, Bilder lassen uns für diesen Punkt im Stich, während Griggs, der wohl günstige Stadien vor sich hatte, seine Präparate zu wenig differenziert hat. So kommt es denn, daß er von einem „Spirem- stage" spricht, obwohl zwischen dem, was er Spirem nennt und dem gleichnamigen Stadium der meiotischen Kernteilung höherer Pflanzen gar keine Ähnlichkeit besteht. Was uns entgegentritt, das sind die die ganze Kernhöhle zunächst kreuz und quer durchziehende Lininstränge, die sich später in einem Meridian ansammeln und die die entfernt liegenden Chromatinkörner gewissermaßen heranziehen. Von einer Chromatinschleife, wie sie bei der Synapsis beobachtet werden kann, ist hier keine Rede und auch das betreffende Stadium der vegetativen Kernteilung höherer Gewächse zeigt, selbst wenn wir Fälle wie die von Strasburger (Oü) geschilderten intranucleär gebildeten Spindeln von Lilium Martagon heranziehen, mit dem hier vorgefundenen nur eine ent- fernte Ähnlichkeit. Vor allem ist die Funktion, die die Lininfäden später als Spindelfasern übernehmen, etwas von den von höheren Gewächsen her bekannten Tatsachen durchaus verschiedenes. Auch bei Ascomyceten (Harper 97), um nur eine Pilzgruppe mit intra- nucleärer Spindelbilduug zu nennen, herrschen andere Verhältnisse, indem dort die Faserbildung von den Polkappen ausgeht. An- knüpfungen dürften vielleicht am ehesten bei den Plasmodiophor- aceen (Sorosphaera Veronicae Maire und Tison 10) zu suchen sein. c) Metaphasen. Die vorher parallel verlaufenden Linin- stränge, die zur Spindel werden sollen, beginnen gegeneinander zu divergieren (Fig. 20, Taf. II). Es zeigen sich nun auch einzelne besonders stark hervortretende Fasern (Fig. 21 — 23, Taf. II). Die Kernmembran löst sich auf (Fig. 22, 23, Taf. II), ohne daß das Cytoplasma bis zur Spindel herantritt, ein heller Hof bleibt noch ziemlich lange Zeit bestehen. Die Chromatinkörner rücken zu- sammen und werden zu Chromosomen. Dieses Zusammenrücken kann, wenn die Spindel schon fertig gebildet ist, noch nicht voll- endet sein. So deute ich wenigstens die Fig. 21 (Taf. II), wo scheinbar fünf Chromosomen vorhanden sind, wo aber das seitwärts gelegene fünfte noch den Lininstrang zeigt, auf dem es herangeholt worden ist. Häufige Zählungen ergaben nämlich vier als Chromo- somenzahl in der Metaphase (Fig. 22, Taf. II), acht in der Ana- phase (Fig. 24, Taf. II), die sich als durchaus konstant erwies und die mit der von Griggs und Stevens für Synchytrkmi decipiens angegebenen Zahl übereinstimmt, während Kusano für Synchytrlum Cytologische Studien an Chytridineen. 109 Puerariae fünf als Chromosomenzahl angibt. Über die Spaltung der Chromosomen näheres zu erfahren, verhindert uns ihre geringe Größe, Doch zeigt Fig. 23 (Taf. II), daß diese Spaltung nicht gleichzeitig vor sich geht, die zwei äußeren sind schon gespalten, die beiden inneren noch nicht. Der Nucleolus persistiert, in den Präparaten, denen Fig. 21 u. 22 (Taf. II) entstammen, ist er nur vom Schnitt nicht getrofien worden. In den Mitosen der späteren Kerne verhält er sich etwas anders als in den eben angeführten jüngeren Stadien entstammenden Bildern, Hier ist nach einiger Zeit von einem Inhalt des Nucleolus nichts mehr zu sehen, es bleibt nur ein dunkler Hof (vielleicht die Membran?) zurück (Fig. 25, Tafel II). d) Anaphasen. Fig. 23 u. 24 (Taf. II) leiten schon zur Anaphase über. Zwischen ihnen und Fig. 26 u. 27 (Taf. II) fehlt mir ein Übergangsstadium, ich werde es aber bei der Darstellung der in den zerklüfteten Sori vor sich gehenden Teilungen schildern, wo wohl für diesen Punkt die Verhältnisse nicht allzu abweichend sind. Eine Unterscheidung von Linin und Chromatin ist in dieser Periode auch in Präparaten, die mit dem Dreifarbenverfahren ge- färbt wurden, schwer zu finden. Den gewöhnlichen Anblick, der sich ziemlich häufig bietet, stellt Fig. 27 (Taf. II) dar. Die persi- stierenden Nucleolen fallen auch hier auf, dann ist aber besonders die außerordentlich starke Streckung, die die Spindel inzwischen erfahren hat, verblüffend. Auch darin zeigt sich zwischen den Be- obachtungen Kusanos, Griggs und den meinen Übereinstimmung. Auf ähnliche Bilder bei Ascomyceten, Uredineen, Myxomyceten, Hydrodictyon weist auch Kusano hin (Maire 05, Guiliiermond 05, Olive, Harper 00, Timberlake), als Ergänzung kann ich Cladojjliora hinzufügen (Nemec 10 a). All diese Fälle haben das Gemeinsame, daß es sich überall um polyenergide Zellen handelt, daß mit anderen Worten Kernteilung und Zellteilung unabhängig voneinander verlaufen. Sollte dieses Zusammentreffen etwa nur zufällig sein? Ein ausnahmsweise die Sonderung in Linin und Chromatin vorführendes Präparat diente als Grundlage für Fig. 28 (Taf. II), wo recht deutlich zwei Stränge von Linin in der gestreckten Spindel zu sehen sind. Von einer Einbuchtung in der Aquatorialzone, wie sie Griggs und Kusano angeben, ist jedoch hier nichts wahrzunehmen. 110 WaltPi- Bally, e) Telophasen. Karyodermatoblasten oder Polstrahlungen, wie sie Kiisano und Griggs schildern, konnte ich trotz eifrigen Suchens nicht finden. Es scheint auch tatsächlich sehr unwahr- scheinlich, daß bei Synchytrium Taraxaci weder Strahlenbildung noch Centrosomen vorkommen, trotzdem ich zugeben muß, daß vielleicht meine Fixierung zur Darstellung der betreffenden Elemente nicht geeignet war. Fig. 28 u. 29 (Taf. II), wo die Spindeln noch als dünne Fäden zurückgebheben sind, zeigen, wie die Bildung der neuen Kernmembran von dem am Ende der Spindel angehäuften Chromatin aus vor sich geht, ohne daß sich im Plasma Strahlungen irgendwelcher Art bemerkbar machen. Sie könnten mir unmöglich entgangen sein, da ich außerordentlich viele in diesem Stadium sich befindende Schnitte untersucht habe. Man kann hingegen recht deutlich bemerken, wie sich schon in den späteren Anaphasen um die jungen Tochterkerne das Cytoplasma zurückzieht und wie 80 ein heller Hof entsteht. Das gesamte Chromatin wird zum Nu- cleolus der Tochterzelle, von dem sich dann allerdings, wie schon erwähnt, recht bald sekundäre Nucleolen abzuspalten beginnen. Synchijiri'um Taraxaci unterscheidet sich außerdem noch durch das Verhalten der Reste der Kernspindel von den von Griggs und Kusano studierten Arten. Während diese Reste der Spindel in den erwähnten Fällen von der Chromosomenmasse angezogen in die Bildung der neuen Kerne aufgehen (s. Griggs 09c, Fig. 24 u. 25, Kusano 09, Fig. 49-52), persistieren sie bei Synchytrunn Ta- raxaci noch eine Zeitlang im Cytoplasma, wo sie als gerade (Fig. 28, Taf. II) oder mehr oder weniger gekrümmte Stäbe (Fig. 29, Taf. II) noch ziemlich lange Zeit erhalten bleiben, bis sie schließ- lich der Auflösung anheimfallen. Ob dieses Verhalten mit dem Fehlen von Strahlungen und Karyodermatoblasten in irgend einen Zusammenhang zu bringen ist, werden künftige Untersuchungen, die sich auf andere Spezies der gerade in solchen feinsten Details so mannigfache und verschiedene Erscheinungen zeigenden Gattung Synchytrium zu erstrecken haben, noch lehren. 2. Der Zerklüftungsprozeß und die Kernteilungen in den Sporangien der zerklüfteten Sori. a) Der Vorgang der Zerklüftung ist schon von Harper (99) richtig geschildert worden, der auch auf die Unterschiede, die sich in dieser Beziehung zwischen Synchytrium decipiens und S. Taraxaci zeigen, aufmerksam gemacht hat. Bei Synchytrium decipiens können Cytologische Studien an Chytridineen. 111 wir nämlich drei Perioden unterscheiden: 1. die Entstehung des mehrkernigen Zustands aus dem einkernigen, 2. die vom Rande her schreitende Zerklüftung, 3. innerhalb der zerklüfteten Partien die Abgrenzung der mehrkernigen sogenannten „Protosporen". Bei Synchytrmm Taraxaci fällt dieser letzte Schritt weg. Die durch den ersten Zerklüftungsprozeß hervorgegangenen Sporangien er- zeugen in ihrem Innern direkt die Zoosporen. Bilden sich die trennenden Wände von außen her, wie Harper das beschrieb, oder entstehen sie selbständig im Cytoplasma ähnlich wie beim Endosperm höherer Pflanzen? Fig. 30 (Taf. II) scheint mir eher Textfig. 1. Synchytrinin Taran-uci. Älterer Sporangiensorus. für die Harp ersehe Auffassung zu sprechen, doch lagen zu wenig günstige Stadien vor, um über diesen Punkt eine endgültige Ent- scheidung zu treffen. Griggs und Kusano geben für Si/nchytrimn decipiens, das ja auch schon Harper vorlag, die beiden Möglich- keiten an. b) Kernteilungen. Finden im ungeteilten Sorus die Kern- teilungen isochron statt, so ist das, sobald einmal die Zerklüftung und das darauffolgende Auseinanderrücken der Sporangien begonnen hat, nicht mehr der Fall. Da treten uns denn Bilder entgegen, wie sie Textfig. l darstellt. Jedes Sporangium ist im Rhythmus Jahrb. f. wiss. Botanik. L. 8 112 Walter Bally, seiner Kernteilungen selbständig geworden. So kommt es, daß wir im selben Sorus da Prophasen, dort Metaphasen, hier Anaphasen, nebenan Telophasen oder ruhenden Kernen begegnen. Dieser Umstand ermöglicht uns alle Teilungsschritte zu studieren, was eine große Erleichterung der Arbeit bedeutet. Doch auch theoretisch ist dieses selbständige Fortschreiten der Kernteilungen in den ein- zelnen Sporangien von bedeutendem Interesse. Hat doch erst vor kurzem Nemec (10a) gezeigt, daß sich in den mehrkernigen Zellen von Cladophora die Kerne durchaus ungleichzeitig teilen, während z. B. bei Plasmodiophoraceen diese Teilungen gleichzeitig vor sich gehen (Maire und Tison 09). Nehmen wir an, daß vom Cyto- plasma ausgehende Reize Kernteilungen auslösen und daß diese Reize wohl in erster Linie durch den Einfluß der Umgebung be- dingt werden, so muß uns das verschiedene Verhalten freilebender oder parasitischer polyenergider Organismen einleuchten. Anders wirkt dann die Umgebung auf die tiefer gelegenen Sporangien eines Sorus, anders auf die der Außenwelt genäherten. Das äußert sich auch in den gleichzeitigen Kernteilungen der innerhalb einer Mem- bran sich befindenden Kerne, der so kleinen Sporangien von Sijn- chytrium, während, um ein Beispiel von höheren Pflanzen zu wählen, man im protoplasmatischen Wandbeleg des Embryosackes von Fritillaria imperiaUs (Strasburger 07) von einem Ende zum anderen schreitend, den verschiedenen Stadien der Karyokinese be- gegnen kann. Für die eben gegebene Auffassung spricht auch die scheinbar etwas abweichende Fig. 37 (Taf. II), wo von außen nach innen schreitend, späte Prophasen, Metaphasen, frühe Ana- phasen beobachtet werden können. Daß diese Individualisierung der Sporangien erst vor sich geht, wenn die Trennung vollständig vollzogen ist, soll das in der Textfig. 1 rechts unten gelegene Spo- rangium zeigen, wo die Membran eben angelegt wurde, ohne daß die Tochtersporangien schon auseinander gerückt wären. Die Kerne finden sich in der Anaphase auf der einen und auf der anderen Seite der jungen Membran. Wodurch unterscheidet sich nun der Kernteilungsmodus in den Sporangien der zerklüfteten Sori von dem Verhalten der sich teilenden Kerne im unzerklüfteten Sorus? Der wesentliche Punkt ist das Schicksal des Nucleolus, der hier bei der Bildung der Chro- mosomen (und auch der Spindelfasern?) vollständig verbraucht wird. Nie ist es mir gelungen, in den zahlreichen untersuchten karyokinetischen Figuren noch in irgend einer Phase jene vakuoli- Cytologische Studien an Chytridineen. 113 sierten außerhalb der Kernraembran liegenden Reste nachzuweisen, die uns doch in den unzerteilten Sporangien in so charakteristischer Form entgegengetreten sind. Die Zusammensetzung des Nucleolus, der außer der in den Chromosomen sich abscheidenden Erbsubstanz und dem Kinoplasma noch zur Ernährung dienende Stoffe in sich speichert, läßt uns dies ganze Verhalten erklärlich hnden. Aus einer Periode, in der das Ansammeln von Nähr- und Reservestoffen die wichtigste Lebenserscheinung ist, tritt das Syncliijtrium in eine andere Periode, in der die Bildung von zur Verbreitung der Art dienenden Schwärmsporen in den Vordergrund rückt. Es ist ja immerhin noch die Möglichkeit vorhanden, daß überflüssige Stoffe des Nucleolus in gelöster Form durch die Kernmembran ins Cyto- plasma diffundieren, aber daß es sich dabei nicht mehr um domi- nierende Stoffwechselerscheinungen handeln kann, geht doch schon aus der im Vergleich zu den früheren Kernen relativ recht geringen Größe des Nucleolus hervor. Die Fig. 31 — 42 (Taf. II) sollen das Gesagte erläutern. Gute Prophasen zu finden ist hier nicht so leicht, wie in früheren Stadien. Eine Vermehrung der Nucleolen leitet auch hier den ganzen Vorgang ein (Fig. 31 — 34 Taf. II). Dann tritt uns ein Stadium entgegen, das etwas rätselhaft aussieht. Die Nucleolen scheinen merkwürdig unregelmäßige Auswüchse zu treiben. Ich gebe gerne zu, daß mir hier die Färbung nicht besonders gelungen ist, aber ein Vergleich meiner Fig. 33 (Taf. II) mit den von Kusano (09) gegebenen Fig. 73 und 74 wird uns auf den richtigen Weg führen und zeigen, daß es sich hier um eine direkte Umformung des Nucleolus in die Chromosomen und Spindelfasern handelt. Die darauffolgende Fig. 35 (Taf. 11) zeigt uns diesen Übergang schon vollzogen. Ähnliche Bilder, wie meine Fig. 33 und 34 (Taf. II) lagen offenbar auch Löwenthal in seiner Fig. 8 vor, wo er „solide und bläschen- förmige Kerne" abbildet. Die scheinbar so unregelmäßigen Teilungen fügen sich recht gut in unser Schema, wenn wir wissen, daß das, was Löwenthal als „Kern" bezeichnet, eben nichts anderes ist, als ein Nucleolus, und daß es offenbar ihm mit seinen Färbungs- methoden nicht gelungen ist, die eigentliche Kernmembran in seinen Fig 8 a, b, c nachzuweisen, während diese Membran durch einen glücklichen Zufall in Fig. 8 d deuthch wurde. Noch sei erwähnt, daß sich bei dem Kusanoschen Synchytrium Puerariae der Nucle- olus auch in den allerletzten Teilungen noch gleich verhält wie in den früheren, während Griggs bei Synchytrium decipiens keinerlei 114 Walter Bally, Gesetzmäßigkeiten fand. Bald lagen in einer Cyste neben allen Spindeln Nucleoli, bald waren sie in der Metaphase schon überall verschwunden. Solch feine und gewiß für das Leben der Pflanze nicht gleichgültigen Unterschiede zeigen uns, daß sich pilzcytologische Arbeiten auf einzelne Arten zu erstrecken haben und daß man nicht aus dem Verhalten einer Art auf die Gattung schließen darf. Das haben ja auch z. B. die Publikationen, die sich mit der Cytologie von Alhugo beschäftigten, gezeigt, wo sich unter einer äußerlich so ähnlichen Form so seltsam verschiedene Lebensvorgänge bergen (s. die Zusammenfassung bei Lotsy). Außer den am Nucleolus während der Prophase sich abspielenden Vorgängen bieten die späteren Mitosen nichts Neues. Sie fügen sich im großen Ganzen den Schilderungen, die ich schon von den Kernteilungsvorgängen in unzerklüfteten Soris gegeben habe, ein. Auch hier gelingt es, 4 als Chromosomenzahl mit großer Sicherheit festzustellen, seitlich getroffene Spindeln zeigen naturgemäß manch- mal zwei, manchmal drei, manchmal vier, aber diese Zahl wird nirgends überschritten und Ansichten von Kernplatten bestärken unsere Auffasung (Fig. 36 a, b; 37 Taf. II). Fig. 38 und 39 (Taf. II) zeigen Anaphasen in einem Stadium, das zur Ergänzung des oben bei den jüngeren Kernen Auseinandergesetzten dienen kann. End- Hch soll Fig. 40 (Taf. II) das recht kraus anmutende Bild sehr ge- streckter Anaphasen dar^ellen, während sich in Fig. 42 (Taf. II) die Tochterkerne schon gebildet haben. Über die feineren Vorgänge, die sich bei der Bildung der Zoo- sporen abspielen, die Anlage der Membran, die Bildung der Geißel konnte ich noch weniger wie Kusano klug werden. Synchytrium Taraxaci ist auch wohl für diesen Punkt ein besonders ungünstiges Objekt, denn erstens lassen sich gerade diese Stadien nur selten befriedigend färben und dann liegen die Sporen so dicht gelagert, wie es keine Zeichnung auch nur einigermaßen zutreffend wieder- geben kann. Fig. 43 (Taf. II) entspricht dem, was Löwenthal als Fig. 7 reproduziert. Bei ihm finden sich wohl auch die besten Bilder von Zoosporen (Fig. 9, 10), auf die hier verwiesen sei. Kusano (09) bildet in seiner Fig. 79 ein Sporangium ab, wo die Umgrenzung der einzelnen Zoosporen mit einer Membran deutlich zu erkennen ist. Das betreffende Präparat war mit Fuchsin- Jodgrün gefärbt. Trotzdem ich das gleiche Färbeverfahren mehrmals bei den richtigen Stadien anwandte, so kam ich doch nie auch nur zu einigermaßen befriedigenden Bildern. Die Hauptschuld hegt, wie Cytologische Studien an Cliytridineen. 115 erwähnt, an der Lagerung der Zoosporen, die bei meiner Art viel dichter ist als bei SyncUytrium Puerariae. Nach dem oben über das Schicksal der Nucleolen Gesagten genügt wohl noch zum Schluß ein Hinweis auf die äußerst geringe Menge chromatischer Substanz, die die Schwärmsporen mit sich führen. b) Der Einfluß auf die Wirtspflanze. Kusano (07 a, 08) konnte für Syiichytrhim Puerariae nach- weisen, daß Stoffe, die von unter der Epidermis liegenden farb- losen Zellen ausgeschieden werden, auf die Schwärmsporen chemo- taktische Reize ausüben. Die Eintrittsstellen der Schwärmer sind die Spaltöffnungen, von der Atemhöhle aus können sie dann, so- weit sich intercellulare Räume befinden, weiterwandern, bis sie auf die anzugreifenden Zellen stoßen, die sich stets durch Mangel von Chlorophyll auszeichnen. Einmal eingedrungen, veranlassen die SynchytriumSporen ein gesteigertes Wachstum der Wirtszellen, die sich nun hauptsächlich in der Richtung zur Spaltöffnung hin ausdehnen können, ein Vorgang, der schließlich ein Auseinander- rücken der Schließzellen zur Folge hat. So können dann zuletzt Zustände entstehen, die den Anschein erwecken, als ob ursprünglich eine Epidermiszelle befallen worden wäre. Daß dem jedoch nicht so ist, hat Kusano durch seine entwicklungsgeschichtlichen Unter- suchungen nachgewiesen. Er vermutet, daß auch andere Synchytrium- Arten den beschriebenen Krankheitsverlauf hervorrufen und ich glaube, daß seine Angaben auch für Synchytrium Taraxaci zutreffen. Es fehlt mir für diese Behauptung allerdings das nötige Beweis- material, da mir, wie schon einmal erwähnt, ganz junge Stadien nicht vorlagen. Doch scheint mir meine Fig. 1 (Taf. I) eine solche Erklärung eher zuzulassen, wie die Deutung, die Lüdi für ähnliche Zustände von Synchytrium Taraxaci in etwas schematischer Weise gegeben hat. Auch die meisten der von Rytz gegebenen instruk- tiven Figuren (z. B. seine Textfigur 6) finden so eine ungezwungene Erklärung, womit natürlich nicht gesagt sein soll, daß auch einmal die Infektion von Epidermiszellen stattfinden kann. Noch eine andere Beobachtung Kusanos kann ich bestätigen. Er fand, daß die Membranen, die infizierte Zellen umgeben, durch ein vom Pilz abgegebenes Enzym aufgelöst werden und daß so Symplasten entstehen, bei denen in späteren Stadien nur noch die große Zahl der Kerne für ihren lysigenen Ursprung spricht (Textfig. 2). 116 "Walter Bally, Mit den Veränderungen, die der Kern der Wirtspflanze unter dem Einfluß von Synchytrimn erleidet, hat sich in letzter Zeit hauptsächlich H. von Guttenberg (09) beschäftigt. Bei den von ihm untersuchten "Wirtskernen fielen außer einer gegenüber normalen Kernen erstaunlichen Größe Einbuchtungen und Kanäle auf, die sich oft tief ins Innere des Kernes erstreckten. Ferner erschien der Kern dem Parasiten immer sehr eng angeschmiegt. Meine Beobachtungen sind, da ich nicht viele junge Stadien vor mir hatte, nicht so vollständig, wie die von H. von Guttenberg gegebenen. In älteren Stadien ist nämlich meist vom Kern der Wirtszelle Textfig. 2. Synchytrium Taraxaci. Zwei junge Kerne, die benachbarte Zellen befallen haben. Von den umliegenden Zellen befinden sich einige in Auflösung. nichts mehr zu sehen. Es zeigen sich nur manchmal in den benach- barten Zellen die Kerne etwas vergrößert. Immerhin sei, besonders weil sich die noch zu besprechenden Fälle ganz anders verhalten, auf Fig. 2 (Taf. I) aufmerksam gemacht. Sie stellt den Kern der in Fig. 1 A und B wiedergegebenen Wirtszelle bei stärkerer Ver- größerung dar. Auch hier fallen die stattliche Größe und die sich in das Innere erstreckenden Einbuchtungen auf, die allerdings sich nicht wie in den von H. von Guttenberg studierten Kernen in verzweigte Kanäle gabeln. Das Kerngerüst ist bedeutend weitmaschiger als wie in gesunden Kernen. Der Nucleolus ist stattlicher, das Chro- Cytologische Studien an Chytridineen. 117 matin scheint hingegen zum Teil geschwunden zu sein. Kusano glaubt, daß bei der infizierten Pueraria die Kerne keine Zu- oder Abnahme von Chromatin und Linin aufweisen. Auch Lappungen oder Kanäle konnte er nicht beobachten. Von Guttenberg ver- mutet, daß den von ihm gesehenen Kanälen eine gewisse Bedeutung für die Leitung der dem Kern vom Parasiten geraubten Stoffe zu- komme. Diese Deutung scheint mir um so wahrscheinlicher, als ich auch ganz ähnliche Verhältnisse bei den Kernen von Brasslca- Zellen beobachten konnte, die von Plasmodiophora Brassicae Wor. befallen waren. Ich fand in solchen Präparaten recht instruktive Bilder, die zeigen, wie überall da, wo ein Parasit dem Kern ge- nähert ist, einfache Kanäle bis zum Nucleolus hineinragen. Na- waschin, sowie die anderen Autoren, die sich seither mit der Cytologie von Plasmodiophora beschäftigt haben (Prowazek, Fa- worsky), berichten nichts von diesen Kanälen. Es scheint mir das um so bemerkenswerter, als sich ja der stark hypertrophierte Kern nach den Angaben von Naw aschin noch weiterhin mitotisch zu teilen vermag. Ob das auch bei solchen von Einbuchtungen durch- furchten Kernen der Fall ist, wäre noch zu prüfen, ausgeschlossen scheint mir ein solches Verhalten, nach dem, was wir über die Kerne von mykorrhizahaltigen Geweben (W. Magnus, Shibata) wissen, nicht. Doch über all dies soll des näheren noch bei dem folgenden Fall, den ich bespreche, die Rede sein, über meine Be- funde bei Plasmodiophora werde ich vielleicht später noch ein- gehender berichten. II. Chi'ifsophlyctis endohiotica Schub. a) Entwicklung- des Pilzes. Die durch diesen Pilz hervorgerufene Kartoffelkrankheit trat wohl zuerst in Ungarn auf. Die erste Beschreibung aus dem Jahre 1896, die sich auf aus Oberungarn stammendes Material stützt, rührt von Schilbersky her. In England soll sich nach unsicheren An- gaben die Krankheit schon 1893 eingestellt haben, die enghschen Funde sind von Massee, Potter, Borthwick, Johnson (zitiert nach Johnson) und Percival bearbeitet worden. Seit einigen Jahren sind nun auch Fälle aus Deutschland und zwar haupt- sächlich aus Schlesien, Westfalen und der Rheinprovinz bekannt und auch in Nordamerika soll die Krankheit aufgetreten sein. Auf 118 "Walter Bally, eine eingehende Besprechung der in zahh'eichen landwirtschaftlichen Zeitschriften zerstreuten Literatur kann ich füglich verzichten. Handelt es sich doch meistens nur um Berichte über das Vor- kommen, über Infektionsversuche und Bekämpfungsmittel. Ich ver- weise deswegen auf das Sammelreferat von Stift. Was wir an anatomischen und cytologischen Tatsachen wissen, findet sich am besten zusammengestellt in den Publikationen von Johnson und Percival. Für Abbildungen von erkrankten Knollen, Stengeln und Wurzeln sei auf die Arbeiten von Schneider, Jösting, Per- cival und auf den zweiten Band des Sorauerschen Handbuchs für Pflanzenkrankheiten verwiesen. Mein Material erhielt ich aus der Gegend von Düsseldorf. Herrn Winterschuldirektor Jösting in Vohwinkel, der mich zu ver- schiedenen Malen damit versorgt hat, sei auch an dieser Stelle für seine Liebenswürdigkeit mein bester Dank ausgesprochen. Als Fixierungsmittel dienten Alkoholeisessig und das Fleming- sche Gemisch, die besseren Erfolge wurden mit dem letzteren erzielt. Um ein möglichst rasches Eindringen der Fixierungsflüssig- keiten zu erreichen, wurden recht kleine Stücke der erkrankten Gewebe vor der Fixierung mit Nadeln und Skalpellen angestochen. Gefärbt wurde nach dem Flemingschen Dreifarbenverfahren, mit Hämatoxylin- Eisenalaun und nach dem Pi an es eschen Verfahren. Es fanden sich unter den zugesandten Pflanzen sowohl er- krankte Knollen, Stolonen und Wurzeln als auch oberirdische Pflanzenteile. Ein Teil wurde zu Kulturversuchen verwendet. In- fektionen von unbefallenen Kartoffelknollen wollten mir nicht ge- lingen. Schneider und die Engländer hatten bessere Erfolge aufzuweisen. Vielleicht hatte ich meine Kulturen etwas zu trocken gehalten. Hingegen konnte ich mehrmals beobachten, wie an in- fizierten Knollen, die ich über den Winter in Erde oder Sand hatte liegen lassen, die Auswüchse zusammenschrumpften, wie jedoch mit dem Erwachen des Lebens im Frühling sich auch wieder neue Geschwülste einstellten, die durchaus nicht an den gleichen Stellen lagen wie die eingetrockneten alten. Und auch hier konnte ich die Beobachtung von Johnson bestätigen, der fand, daß hauptsächlich von den Augen aus die Infektion vor sich geht. Auf Schnitten lassen sich schon leicht mit einer Lupe braun- gefärbte Partien, die oft weit in das Innere der Geschwulst reichen, erkennen. Eine mikroskopische Prüfung überzeugt uns, daß in den Zellen des Wirtes dickwandige, sogenannte Dauersporen Hegen. Cytologisclie Studien an Chytridineeii. 119 Weit seltener finden sich in Material, das im Sommer geerntet wurde, dünnwandige, zwei- bis viermal zerklüftete Parasiten, die Sporangiensori, während die jungen Zustände erst in gefärbten Schnitten mit der gewünschten Deutlichkeit zutage treten. Es ist nun gelungen, sowohl die Sori, als auch die Dauer- sporen, die eigentlich Dauersporangien heißen sollten, zur Keimung zu bringen. Beide Sporangienformen entlassen eine große Menge mit ein bis zwei Fetttropfen versehener, eincihger Schwärmer, die nach Percival und Johnson sich lebhaft tummeln und nachdem sie einige Zeit zur Ruhe gekommen sind, amöboide Bewegungen ausführen sollen. Es ist mir, trotzdem ich oft zur Ruhe gekommene Schwärmer längere Zeit beobachtet habe, nie gelungen, etwas von diesen amöboiden Bewegungen wahrzunehmen. Ferner berichtet Johnson, daß sich die Schwärmer wie „Mäuse" bewegen sollen, indem sie ihre Geißel nachziehen. Auch bei den stärksten Ver- größerungen ist es außerordentlich schwer, die Geißel richtig in der Bewegung zu beobachten, aber soviel ich sehen konnte, handelt es sich meist um ein Schlagen der Cilie um den Körper herum und ein nachheriges Zurückziehen in die gestreckte Lage, was eine kreiseiförmige Drehung zur Folge hat. Die Bewegungen sind zuerst ziemlich lebhaft, aber bald werden sie träge und schon nach kurzer Zeit gelangen sie gänzlich zur Ruhe. Diese Tatsache und einige Vorversuche ließen mir bald diese Zoosporen zu chemotaktischen Untersuchungen, die ja gerade hier von großem Interesse wären, als gänzlich ungeeignet erscheinen. Auch das Aufspringen der Dauersporen konnte ich nicht sehen, wogegen es Johnson einmal gelungen ist, das Entleeren dieses Gebildes in einem aus KartoflFel- brühe hergestellten hängenden Tropfen zu beobachten. Ich fand immer nur ähnHch wie Percival entleerte Sporangien und dann auch Schwärmer, die sich neben dem Schnitt bewegten und von denen ich jedoch nicht sicher sagen konnte, ob sie einem Dauer- sporangium oder einem Sorus entstammen. Welche Vorgänge sich abspielen, bis sich die Schwärmer zu den jüngsten unterscheidbaren parasitischen Zuständen entwickelt haben, das vermag ich so wenig wie Percival zu sagen. Auch bei Sijnchytnum sind die Umwandlungen, die sich in dieser Zeit vollziehen, noch recht wenig bekannt. Das Gesagte gilt vor allem für den Kern, der in den jüngsten parasitischen Stadien immer klar zu sehen ist. Ein großer Nucleolus, umgeben von einer mehr oder weniger mächtigen Kernhöhle, und auch eine Kernmembran, ]20 Walter Bally, die nach Percival in diesen Stadien noch nicht vorhanden sein sollen, konnte ich stets deutlich wahrnehmen. Anders verhält sich die Schwärmspore, bei der an chromatischer Substanz nur ganz kleine, nur mit den stärksten Vergrößerungen sichtbare Körnchen zu sehen sind, von einem ausgesprochenen Kern kann dort wirklich nicht die Rede sein (Fig. 59, Taf. IV). Aber auch das Ding, das Kusano (09) in seiner Fig. 80 als Kern einer Schwärmspore von Synchytrium anspricht, eine Vakuole, mit zwei winzigen Körnchen Chromatin, hat mit dem Kern der jüngsten parasitischen Stadien nur eine kleine Ähnhchkeit. Diese großen Unterschiede in der Beschaffenheit der Kerne der Schwärmsporen und der jüngsten Parasiten können verschieden gedeutet werden. Einmal können wir annehmen, daß die intensive Nahrungsaufnahme, die der Parasit gleich nach dem Eindringen in die Wirtszelle beginnt, eine starke Ablagerung von Stoffen, die sich hauptsächlich im Nucleolus ab- spielt, zur Folge hat. Aber auch eine andere Möglichkeit ist denk- bar. Die Fälle, wo mehr als ein Parasit sich in der "Wirtszelle befindet, traten mir, der ich wohl mehr ganz junge Stadien vor mir hatte als wie Percival, recht häufig entgegen. Fig. 44 (Taf. III) zeigt z. B., wie nicht weniger als sieben Sporen den Kern der Wirtszelle umlagern. Sollte es da nicht möglich sein, daß in noch jüngeren Zuständen, die sich mit unseren jetzigen optischen Mitteln wohl überhaupt kaum erkennen lassen, eine Verschmelzung von zwei oder mehreren Sporen stattgefunden hat? Ich muß allerdings sagen, daß es mir nie gelungen ist, eine solche Kopulation wahr- zunehmen. Theoretische Erwägungen, deren Begründung im weiteren gegeben werden soll, veranlassen mich jedoch, einen solchen Prozeß als wahrscheinlich hinzustellen. Fig. 44 ist auch sonst von Interesse. Die Zelle entstammt einem kleinen, ganz frisch infizierten Tumor, in dem beinahe alle Zellen in gleicher Intensität befallen sind. Außerhalb der gleich ins Auge springenden Kerne der Sporen liegt dichteres Cytoplasma, das ohne scharfe Abgrenzung in das lockere Plasma der Wirtszelle übergeht. Von einer Membran ist nichts zu sehen. Wahrscheinlich haben diese Sporen zu ihren Lebzeiten amöboide Bewegungen ausgeführt. Dafür spricht auch Fig. 46 (Taf. III), die aus einer ähnlichen Zelle etwas ältere Zustände darstellt. In einem etwas älteren Stadium (Fig. 45—47, Taf. II) hat das Cytoplasma den charakteristischen wabigen Bau angenommen. Im allgemeinen zeigen die Sporen eine deutliche Membran und eine runde oder ellipsoidische Gestalt. Cytologisclie Studien an Chytridineen. 121 Gleichzeitig mit der nun folgenden Größenzunahme beginnen die Vorgänge, die schließlich zur Bildung der Zoosporen führen. Dieser ganze Prozeß ist auch von Percival besonders in seinen Abbildungen recht deutlich geschildert worden und es war für mich recht befriedigend, als ich in seiner Arbeit eine Bestätigung meiner Resultate fand. Handelt es sich doch dabei um eine Art der Sporenbildung, wie sie mir aus dem ganzen Pflanzenreich von nirgends her bekannt ist. Es wird vielleicht zweckmäßig sein, wenn wir, bevor wir die einzelnen Schritte der Entwicklung durchlaufen, einen kurzen Blick auf das endgültig erreichte Stadium werfen. Fig. f»5 (Taf. IV) soll zur Erläuterung dienen. Die äußere Mem- bran ist abgesprengt. Innerhalb einer dünnen inneren Membran finden sich durch Plasmastränge verbunden die Zoosporen. Von einem Kern ist nichts mehr zu sehen. So liegen in den meisten Dauersporangien die Verhältnisse. Und doch kann man hin und wieder welche treffen, die noch Reste des alten Kerns aufweisen. Seine Membran ist geschrumpft oder zerbröckelt, der Nucleolus ist chromatinarm und oft auch vakuolisiert, einzelne Lininfäden und zusammengeballte Chromatinmassen sind hie und da noch erhalten, der ganze Kern erscheint im Vergleich mit den Kernen jüngerer Sporen bedeutend verkleinert (Fig. 56 u. 57, Taf. IV, zum Vergleich Fig. 53, Taf. III). Das sind die von mir in Hunderten von Schnitten immer wieder aufgefundenen Tatsachen, die durch die ebenfalls zahlreichen Beobachtungen Percivals bestätigt sind. Nie wurde eine Mitose dieses primären Kerns gefunden, nie auch nur vor- bereitende Schritte, die zu einer karyokinetischen Teilung hätten führen können. Sehen wir nun, wie dieser Zustand erreicht wird, welche Beteiligung dabei dem Cytoplasma, welche den Kernbestand- teilen zukommt. Schon ganz junge Sporen fallen in den mit Flemingschem Gemisch fixierten Schnitten durch intensiv von der Osmiumsäure geschwärzte Partien auf, die sich erst nach längerer Behandlung mit H>02 + Alkohol entfernen lassen. Fig. 49 u. 50 (Taf. III) ent- stammen Präparaten, die nicht gebleicht wurden. Sie zeigen diese schwarzen Partien deutlirh. Es sind das Tropfen eines Fettes oder Öles, die sich zunächst beim weiteren Wachstum der Sporen stark vermehren. Das ausgewachsene Sporangium weist davon auf den ersten BUck nichts mehr auf, aber ein näheres Zusehen belehrt uns, daß sich auch in den Zoosporen kleine, mit Osmiumsäure ge- färbte Partikelchen vorfinden (Fig. 60, Taf. IV). Es muß also 122 Walter Bally, offenbar eine Verteilung des nicht anderswie aufgebrauchten Re- servestoffes auf die jungen Sporen stattgefunden haben. Das wabige Cytoplasraa wird mit dem Wachstum der Sporen immer weit- maschiger, schUeßlich bleiben nur einzelne Verbindungsstränge zwischen den Zoosporen übrig. Die Membran, die zuerst als einfach konturiert erscheint, wird mit dem Heranwachsen immer dicker, hat der Parasit einmal die ganze Wirtszelle erfüllt, so nimmt sie eine braune Farbe an und es läßt sich dann besonders an entleerten oder aufgesprungenen Sporangien eine äußere derbe und eine innere dünne Hülle unter- scheiden Die äußere Hülle weist Streifen und Leisten auf, die besonders an herauspräparierten Sporangien deutlich hervortreten (Fig. 58). Schon Johnson glaubt, daß es der Wirt ist, der diese äußere Hülle um die Sporangien gebildet hat, und ich kann einen weiteren Beweis für diese Anschauung bringen. Mit Phloroglucin und Salzsäure färben sich nämlich diese äußeren Hüllen deutlich rot, der ursprünglich braune Ton tritt in solchen Präparaten stark zurück. Um weiter zu prüfen, führte ich die Mäulesche Reaktion (s. Strasburger, „Großes Praktikum") aus. Es trat eine inten- sive Braunfärbung ein. Als Kontrolle konnten dabei immer einige Tracheiden dienen, die sich im selben Schnitt vorfanden und die die gleichen Farbenveränderungen aufwiesen. Diese äußeren Mem- branen sind also zweifellos verholzt und es spricht alle Wahrschein- lichkeit dafür, daß die Zellwände der Wirtszelle vor allem die Umwandlung aus Cellulose in Lignin erfahren haben. Wir dürfen auch annehmen, daß es sich wohl zunächst um einen nützlichen Vorgang für den Wirt handelt, der so den lästigen Parasiten ein- kapselt. Später sind dann allerdings die Rollen vertauscht. Ist einmal die Knolle abgestorben und beginnt sich zu zersetzen, so werden wohl gerade die so geschützten Gebilde am besten un- günstigen Einflüssen aller Art widerstehen können. Daß Verholzung in verletzten Geweben verschiedener Art recht häufig vorkommt, darauf hat z. ß. Devaux aufmerksam gemacht, dafür, daß sie unter dem Einfluß eines Parasiten sich in dieser Weise ereignen kann, ist mir kein anderes Beispiel bekannt. Welches ist nun das Schicksal der Zellkerne während dieser Wachstumsprozesse'? Im Kern der jungen Spore sahen wir außer dem Nucleolus keine Einschlüsse innerhalb der Kernmembran (Fig. 44 — 47, Taf. III). Bald zeigt sich jedoch ein mit Hämatoxylin- Eisenalaun äußerst schwach-bräunlich gefärbtes Gebilde, das nicht Cytologische Studien an Chytridineen. 123 immer deutlicli zu erkennen ist, und auf dem einzelne Chromatin- körner aufgelagert sind (Fig. 48 u. 51, Taf. III). Percival bezeichnet dieses Gebilde als Kerngerüst und vergleicht es mit einemvon H. von Guttenberg (09) für die Dauersporen von Synchytrium anomalnm angegebenen Körper. Eine merkwürdige Erscheinung ist dabei, daß sich in diesem Körper gar keine deuthchen Lininfäden unter- scheiden lassen und daß auch von einer netzigen Struktur nichts wahrgenommen werden kann. Ich würde diese Tatsache einfach mit einer ungenügenden Differenzierung meiner Präparate erklären, wenn nicht auch in viel älteren Kernen, die alle Lininstrukturen deutlich aufweisen, solche schlecht färbbare gelappte Komplexe manchmal noch aufträten (Fig. 54, Taf. IV). Die weitere Ausbildung des Liningerüsts folgt nun bald und es können oft recht verworrene Netze von Fäden bemerkt werden^ auf denen sich mehr und mehr Chromatinkörner anzuhäufen be- ginnen (Fig. 51 — 53, Taf. III). Mit der Zunahme dieses Chromatins Hand in Hand geht eine immer schlechter werdende Färbbarkeit des Nucleolus und bald sehen wir auch die Vakuolen, die uns schon bei Synchytrium Taraxaci in so charakteristischer Weise entgegentraten. Einen direkten Austritt von Chromatin aus dem Nucleolus kann man allerdings nicht wahrnehmen. Im weiteren Verlauf sammeln sich die größeren Chromatinkörner in stattlichen Mengen an der Peripherie der Kerne an. Und schließlich läßt sich der Austritt des Chromatins aus dem Kern wahrnehmen. Das hat auch schon Percival beobachtet, aber seine Bilder sind gerade in diesem wichtigen Punkte nicht ganz überzeu- gend. Meine Fig. 54 (Taf. IV) kann hier wohl bessere Dienste leisten. Der betreffende Kern ist mit der stärksten mir zur Ver- fügung stehenden Vergrößerung gezeichnet. Wir sehen, wie sich um den Kern herum dichtes Cytoplasma angesammelt hat, in dem schon einige dunkel gefärbte Chromidien auffallen. Die Kern- membr'an zeigt an manchen Stellen Risse und Ausbuchtungen and oft genug läßt sich wahrnehmen, wie eine solche Ausbuchtung immer einem dahinter liegenden Chromidialkörper entspricht. Die Kern- höhle ist von zahllosen Lininfäden durchzogen, der Nucleolus stark vakuolisiert. Die Angaben über das Austreten solcher Chromidien aus dem Kern mehren sich auch für höhere Pflanzen von Tag zu Tag. Wie Nemec (lOb) letzthin richtig bemerkte, kann natürhch von einem Austritt nur dann mit Gewißheit gesprochen werden, wenn es ge- 124 Waller Eally, lingt, in vivo den Übertritt in das Cytoplasma zu verfolgen oder aber, wenn uns zuverlässige mikrocliemische Reaktionen über die stoffliche Zusammensetzung der austretenden Substanzen Gewißheit verschaffen können. Mein Untersuchungsobjekt erwies sich infolge einer ganzen Menge von Umständen für derartige Forschungen als ganz ungeeignet, und ich muß mich damit begnügen, zu konstatieren, daß sich die genannten Gebilde, die ich bis auf weiteres als Chro- midien bezeichnen will, mit Hämatoxylin-Eisenalaun deutlich schwarz, mit Safrauin-Gentianaviolett rot färben. Was ist nun die Bedeutung dieses von Percival und mir oft beobachteten Vorgangs? Wir haben oben gesehen, daß in dem mit Zoosporen angefüllten Sporangium kein Kern oder nur noch ein verschrumpfter Rest eines solchen zu finden ist, daß aber auch die Zoosporen nur winzige Chromatinpartikelchen und keine deutlich hervortretenden Kerne besitzen. Ich glaube nun, daß das wenige Chromatin, das hier die Rolle der Erbsubstanz spielt, sich aus dem Chromatin des Kerns ableitet und daß die austretenden Chromidieu dabei als Überträger funktionieren. Gerne gebe ich zu, daß diese Auffassung nicht strikte und lückenlos bewiesen ist. Aber es fehlt doch nicht an bei niederen Organismen beobachteten Vorgängen, die sich den hier geschilderten anreihen ließen. Von der Mito- chondrien- und Chromidien- Literatur über höhere Pflanzen und Tiere will ich dabei absehen, da ich vermute, daß es sich dort um in ihrer Bedeutung von dem unsrigen verschiedene Prozesse handelt. Erinnert sei hingegen an das, was oben über amitotische Vorgänge von Synchytrlum Taraxaci gesagt wurde, besonders an die Griggs- sche „nuclear gemmation", die dem eben geschilderten Prozeß wohl homolog ist. Aber bei Synchytrium sind das alles eben nur ge- legentlich auftretende Fälle, während es sich hier um einen nor- malen und wichtigen Lebensvorgang handelt. Noch mehr Anklänge an das eben Geschilderte finden wir jedoch bei Protozoen. Es sei einmal an die Mikrogametenbildung bei CoceidluDi Schubergi, wie sie Schaudinu geschildert hat (zitiert nach Doflein) erinnert. Und dann ganz besonders an die Vorgänge, die zur Schwärmer- bildung bei der tripyleen Radiolarie Aulacantha scolymantha führen. Aus der Darstellung, die uns Borgert (09) davon gegeben hat, geht deutlich hervor, daß auch dort ein zentral gelegener, mächtiger Kern unter Abgabe von Chromidien an das Cytoplasma einschrumpft und schließHch nicht mehr zu sehen ist. Hartmann (11) hat den Vorschlag gemacht, derartige Kerne als polyenergid zu bezeichnen. Cytologische Studien an Chytridineeu. 125 eine Bezeichnung, die ich auch für den Kern von Chnjsophlyctis endohiotica hier einführen will, wenn er auch in seiner Struktur sonst wichtige Abweichungen von Protozoenkernen aufweist. Das weseuthche dabei scheint mir aber der Zerfall in Monocaryen zu sein. Werfen wir noch einen Blick auf die fertig gebildete Zoospore. Flg. 59 (Taf. IV) entstammt einem Sporangium aus einem gefärbten Präparat. Die Geißeln waren auf den ersten Blick nicht gleich zu erkennen und konnten erst nach einigen Drehungen der Mikro- meterschraube in ihrem Verlauf verfolgt werden. Im Inneren be- merken wir nebst einem körnigen Inhalt einige hell leuchtende Höfe und ein oder zwei schwarze Chromatinpünktchen. Fig. 60 (Taf. IV) stellt Sporen aus einem mit Flemingschem Gemisch fixierten un- gebleichten Präparat dar. Deutlich fallen schwarze Fettpartikelchen auf, die wohl am Rande der in Fig. 61 sichtbaren Vakuolen sitzen. Ob diese Fetttröpfchen in engem Zusammenhang mit dem Chroma- tin stehen und vielleicht mit ihm zusammen in einem Kern ein- geschlossen sind, das läßt sich aus meinen Figuren nicht ersehen. Es müßte denn schon eine Methode ausfindig gemacht werden, die erlaubte, durch Färbung Fett und Chiomatin deutlich gesondert hervortreten zu lassen. Die Möglichkeit, daß der Nucleolus oder sonstige Bestandteile des Kerns Fett als Reservestoff enthielten, ist ja nicht ausgeschlossen. Zopf hatte diese Anschauung von den Kernen der Schwärmsporen verschiedener Chytridineeu und Maire (04) ist es gelungen, in den Kernen von Coleosporium Campamdae und Elaphomyces variegatus Fett nachzuweisen. Waren Dauersporen zu allen Jahreszeiten in allen Präparaten häufig in großer Menge zu sehen, so gehörten die Sporangiensori auch bei Material, das im frühen Sommer fixiert wurde, zu den Seltenheiten. Die fertig ausgebildeten Sori gleichen durchaus denen von Synchytrium und sie sind es wohl hauptsächlich gewesen, die Percival veranlaßt haben, die Gattung Chrysophlyctis zu Synchy- trium zu ziehen. Fig. 65 (Taf. IV) zeigt einen solchen Sorus mit zwei Sporangien, ihre Zahl kann bis zu fünf betragen. Auch hier wird die äußere Hülle, die bloß wesentlich dünner ist als wie bei den Dauersporen, vom Wirt gebildet, auch hier zeigt sich eine leichte Verholzung. Percival konnte in diesen Sori auch Kern- teilungen nachweisen, die große Ähnlichkeit mit den bei Synchytrium beobachteten Mitosen haben, so weit man das nach der einzig ab- gebildeten Metaphase beurteilen kann. Die Spindel ist intranucleär, über das Schicksal des Nucleolus finden sich keine Angaben. So- 126 Walter Bally, lange ich nun auch gesucht habe, so war ich doch nie imstande, diese Kernteilungen selbst zu sehen, trotzdem ich zu recht ver- schiedenen Tageszeiten fixiertes Material durchmusterte. Hingegen konnte ich einige Schritte fixieren, die zur Ausbildung von Spo- rangiensori führen. Es sind das die selten angetroffenen, mit mehreren verschieden großen Kernen versehenen Zellen, die ich so deute. Fig. 61 (Taf. IV) zeigt in dem getroffenen Schnitt drei große (im ganzen waren es fünf) und mehrere kleine Kerne. Die Makro- nuclei, die Fig. 62A u. B (Taf. IV) bei stärkerer Vergrößerung dar- stellt, sind durch den Mangel eines Nucleolus ausgezeichnet. Ferner fallen in ihnen die recht zahlreichen verschlungenen Lininfäden auf. Das ganze Bild erinnert etwa an eine Prophase. Neben den großen Kernen liegen dann oft paarweise genähert die Mikronuclei. Durch- aus entsprechende Bilder hat Percival in seinen Figuren 32 u. 33 gegeben. Daß die Großkerne auch ein etwas anderes Aussehen haben können, soll Fig. 63 (Taf. IV) beweisen, wo in den Kernen große Nucleolen und an ihrem Rande Chromidien wahrgenommen werden können. Zum Vergleich sei noch einmal an meine Wahr- nehmungen über verschieden große Kerne bei Synchytrium Taraxaci erinnert. Zur Ausbildung der Sporen leitet dann Fig. 64 (Taf. IV) mit ihren zahlreichen, im ganzen gleich großen Kernen über, während Fig. 65 (Taf. IV) den fertig ausgebildeten Sorus zeigt. Percival glaubt, die verschiedenen Wege, die zur Ausbildung von Dauersporen und von Sori führen, bis zur einkernigen Spore zurückverfolgen zu können. Er sagt, daß der Kern der Dauerspore außer dem Nucleolus nur den als Kerngerüst bezeichneten Körper aufweise, während im Kern der Sporen, die zur Bildung der Sommersporangien und der Sori führen, Chromatin und Linin und die so charakteristische Chromidienbildung auftreten sollen, er schreibt auch den Sommersporen ein dichteres Plasma zu. Ich konnte die genannten Unterschiede im Bau der Kerne nicht be- obachten. Chromatin, Linin und Chromidien und ein vacuoliger Nucleolus finden, sich auch in Kernen von Zellen, die wegen des Vorhandenseins von Zoosporen und auch wegen ihrer dicken Mem- bran unzweifelhaft als Dauersporen zu bezeichen sind (Fig. 63, Tafel III). Weiter schreibt Percival: „No primary nucleus was found to undergo recognizable mitotic division, but undoubted mitosis occurs in the minute secondary nuclei. In this respect my observations upon this organism agree with those of Dangeard and Rosen who Cytologische Studien an Chytridineen. 127 noted the gradiial evolution of typical mitosis in the later divisions of the nuclei of Synchytrium taraxaci^^ und weiter unten: „My observations upon the structure and division of the primary nucleus and the formation of the secondary nuclei are in close agreement with the researches of Dangeard, Rosen, and Harper upon Synchytrium Taraxaci and those of Rytz, Griggs, Kusano and von Guttenberg upon other species of the same genus". Gestützt auf diese Erwägungen schlägt dann Percival vor, den Genusnamen Chvysophlyctis aufzugeben und statt dessen die Art zu Synchytrium zu ziehen und Synchytrium endoMoticum zu nennen. Damit kann ich mich nun nicht einverstanden erklären. Denn 1. sind in der Gattung Synchytrium unzweifelhafte Mitosen des primären Kerns doch genügend oft beschrieben worden (von Guttenberg 09, Stevens 03, Kusano 09). Was Rosen als Amitose des primären Kerns von Synchytrium Taraxaci beschreibt, ist, wie wir oben sahen, zweifelhaft, und wenn ich auch keine Mi- tosen beobachten konnte, so hege ich doch die feste Vermutung, daß sie noch zu finden sein werden. 2. Die ganz eigentümliche Art der Zoosporenbildung in den Dauersporangien findet, soviel wir bis jetzt wissen, bei der Gattung Synchytrium nichts Ahnliches. Allerdings wären die von Fischer in der Sektion Pycnochytrium zusammengefaßten Arten auf diesen Punkt hin noch genauer zu untersuchen. Die gelegentlich auftretenden amitotischen Kernteilungsvorgänge, die Griggs bei Synchytrium als nuclear gemmation bezeichnet, sind bei Chrysophlyctis zu einem regelmäßig sich wiederholenden, das ganze Leben der Dauerspore beherrschenden Vorgang geworden. 3. Ist noch der eigentümlichen Art und Weise zu gedenken, wie die Sporen von Chrysophlyctis bis tief in das Innere der Gewebe des Wirtes hineingelangen können, indem die angegriffene Zelle sich weiter zu teilen imstande ist. Darüber soll Näheres im folgenden Abschnitt gesagt werden. Hier sei nur erwähnt, daß für Synchy- trium noch nichts Ahnliches beschrieben wurde. Gestützt auf diese drei Punkte schlage ich vor, die Art auch fernerhin als Chryso- phlyctis endohiotica Schilb. zu bezeichnen. Damit soll natürlich nicht geleugnet sein, daß Beziehungen zu Synchytrium vorhanden sind, daraufhin deutet der ganze Entwicklungsgang der Sporangien- sori und auch im großen Ganzen der Bau der Kerne und ich bin geneigt, anzunehmen, daß sich Chrysophlyctis phylogenetisch von Synchytrium ableitet. Vielleicht ist das starke Hervortreten der Jahrb. f. wiss. Botanik. L. 'J 128 Walter Bally, amitotischen Teilungsart und die eigentümliclie Weise, Zoosporen zu erzeugen, nichts anderes als eine Anpassung an die eigentüm- lichen Lebensumstände, die es in Perioden, wo die befallenen Ge- webe verfaulen, als notwendig erscheinen lassen, daß in kurzer Zeit eine große Menge Fortpflanzungskörper erzeugt werden und wo das langsame Durchlaufen all der vielen komplizierten Mitosen einen Zeit- verlust bedeuten würde. So kann es auch verständlich erscheinen, daß die Fähigkeit der amitotischen Vermehrung der Kerne, die bei Synchyirium schon vorhanden war, hier zu einem ganz beson- ders hohen Grade gedieh. b) Der Einfluß auf die Wirtspflanze. Die durch Chrysophlyctis endohiotica an den verschiedenen Teilen der Kartoffelpflanze hervorgerufenen Geschwülste können nach der Nomenclatur, die Küster in die pathologische Pflanzenanatomie eingeführt hat, als kataplasmatische Gallen bezeichnet werden. Solche Kataplasmen sind vor allem durch den geringen Grad ihrer Gewebedifferenzierung und durch den Mangel von charakteristischen und gesetzmäßig wiederkehrenden Größen- und Formverhältnissen ausgezeichnet. In der Tat zeigen die Geschwülste meist ein groß- zelliges, wenig differenziertes Parenchym. Nur an den Punkten, wo der Parasit frisch eingedrungen ist, finden sich Komplexe kleinerer, sehr plasmareicher, oft in Teilung begriffener Zellen. Die nicht selten in solchen Geweben beobachteten Kernteilungen boten einen durchaus normalen Anblick dar. Außer diesen kleinzelligen Komplexen finden sich dann manchmal im Parenchym auch einzelne langgestreckte, der Stoffleitung dienende Elemente und hin und wieder wohl auch eine schraubig verdickte Tracheide, wie das Textfig. 3 zeigen soll. Aber in der ganzen Verteilung dieser Ele- mente läßt sich keine regelmäßig wiederkehrende Gesetzmäßigkeit auffinden. Vielleicht ausgenommen die eine Tatsache, daß alle langgestreckten leitenden Elemente gegen die Peripherie hin ver- laufen und besonders zu jenen Zellagen, in denen sich der Parasit niedergelassen hat. Daß die Tracheen hier durch wohl akzessorisch auftretende Tracheiden ersetzt werden, stimmt mit den von von Guttenberg (05) an verschiedenen Mycocecidien und von Stämpfli an Uredineengallen gemachten Erfahrungen überein. Frappanter wird uns das noch in dem nächsten Falle entgegentreten. Von Guttenberg will diese Hemmungsbiklung auf einen Funktions- Cytologischc Studien an Cliytridineen. 129 Wechsel zurückführen, der darin bestehen soll, daß die Tracheiden der hier eher nötigen Speicherung des Wassers als seiner Leitung zu dienen hätten, eine Erklärung, die mir auch für unsere Fälle recht plausibel erscheint. Dunkel war bis dahin die Frage, wie es dem Parasiten mög- lich ist, in so tief unter der Epidermis liegende Schichten ein- zudringen und dort seine Dauersporangien zu bilden. Die Infektion der epidermalen Schichten erfolgt wahrschein- lich so, daß die amöboiden Jugendstadien des Pilzes die dünnen Wände der zarten Gewebe der Augen oder der Wurzeln, die sie mit Vorliebe befallen, durchbohren. Das nehmen auch Percival und Johnson an, ohne daß es allerdings gelungen wäre, ein solches Eindringen zu beob- achten. Aber wie kommt von dort der Pilz in die tieferen Gewebeschichten? Percival glaubt, daß es die benach- barten Zellen sind, die zu starkem Wachstum angeregt werden und so die infizierte Zelle überwallen und während ihres Wachstums rückwärts liegen lassen. Meine Fig. 51 u. 52 (Taf. III) geben eine andere Erklärung. Der durch den Pilz in seinen Lebensvorgängen wohl etwas irritierte Kern der Kartoffel hat die Fähigkeit, sich zu teilen, doch noch nicht verloren. Und so fanden sich denn glücklicherweise die beiden gegebenen Bilder, allerdings die einzigen, die mir in meinen ganzen Präparaten entgegengetreten sind. In beiden befinden sich die Kerne in der Metaphase. Bei Fig. 51 liegt ein Parasit in der befallenen Zelle und die neue Zellwand wird offenbar nachher so gebildet werden, daß die eine Tochterzelle von einem Parasiten besetzt, die andere frei sein wird. Ein anderes Bild bietet Fig. 52, wo die beiden recht verschiedenaltrigen Parasiten auf die beiden Tochterzellen verteilt werden. Die Kernplatte liegt mit der Trennungs- 9* Textfig. 3. 130 "Walter Bally, linie der beiden Parasiten in einer Ebene. Beim Vergleich der beiden Bilder muß die verschiedene Gestalt der Spindeln auffallen, beim einen verlaufen die Fasern parallel, beim anderen konvergieren sie zu beiden Polen. Ich glaube, die in Fig. .52 gegebene Ab- weichung — das normale Bild bei der Kartoffel scheint nach den Arbeiten von Nemec und Mano das in Fig. 51 gegebene zu sein — durch den engen Raum, den die Parasiten dem Kern lassen, er- klären zu können. Daß in von Parasiten befallenen Geweben noch weitere Zell- und Kernteilungen stattfinden, ist für Chytridineengallen bis dahin nicht bekannt, wohl aber weist das ganze Verhalten eine große Ähnlichkeit mit den Prozessen auf, die in den durch Plasmodio- phoraceen befallenen Zellen vor sich gehen. Für Plasmodiopliora Brassicae sei vor allem an das bekannte Bild von Nawaschin er- innert, ferner an die Kerne der polyenergiden Zellen von Verotiica, die durch Sorosphaera Veronicae befallen wurde, und die auch weiter imstande sind, sich mitotisch zuteilen (Bloomfield und Schwartz). Nach Shibata können Kerne mykorhizahaltiger Wurzeln, nachdem sie sich amitotisch geteilt haben, wiederum zu mitotischen Teilungen zurückkehren. Diese Tatsache führt mich dazu, zum Schluß noch einen kurzen Blick auf die Veränderungen, die mit den Kernen der infizierten Zellen vor sich gehen, zu werfen. Amitotische Teilungen habe ich in diesem Fall nie gesehen, wohl treten aber Verände- rungen auf, die eine spätere normale Teilungsweise nicht als wahr- scheinlich vermuten lassen. Die Regel ist eine starke Größen- zunahme, von der im besonderen der Nucleolus betroffen wird (Fig. 44, 45, 53, Taf. III). Es finden sich aber dann auch manch- mal lappige Kerne, wie sie Fig. 47 zeigt, die etwa an die Befunde von Guttenbergs und von mir für Synchytriuni oder an die Kerne der Riesenzellen in Pflanzenteilen, die von Heferodera befallen wurden (Tischler Ol, Nemec 10 b) erinnern. Ob nun gerade solche Kerne zu ferneren Mitosen geeignet sind, das konnte nicht ermittelt werden. 11 1. Urophlyetis Bübsaameni Magn. a) Entwicklung des Pilzes. Die Gattung Urophlyetis wurde 1886 von Schroeter auf- gestellt. Er rechnete dazu eine von ihm früher als Physoderma t-'ytologische Studien an Chytridineen. 131 pulposum beschriebene, in Chenopodiaceen sich entwickehide Chy- tridinee. 1897 zählte er vier Arten der Gattung a,uf, die in ober- irdischen Teilen verschiedener Pflanzen leben, und gab folgende Diagnose der Gattung: „Mycel endophytisch, bei der Dauersporangien- bildung viele Zellen durchziehend und viele Sporangien bildend, Schwärmsporangien (wo sie vorhanden sind) frei aufsitzend mit Haftfasern in die Nährzelle eindringend, Schwärmsporen mit einer Cilie, Oosporangien, intercellular, durch Kopulation von zwei jungen Fruchtkörpern gebildet, von denen einer anschwillt und zum Oospo- rangium wird, während der andere sich entleert, kleiner bleibt und als leere Blase lange Zeit anhaftet". Diese im letzten Satz der Diagnose ausgedrückten angeblich sexuellen Vorgänge sind es hauptsächlich gewesen, die Schroeter veranlaßt haben, die Urophlyctis-Arten von den sonst so ähnlichen Physoderma- und Cladochytrium- Arien zu trennen und sie den Oochytridiaceen einzuordnen, wo sie sich mit Diplophysa und Poly- phagus in einer seltsam zusammengewürfelten Gesellschaft befinden. Anderer Ansicht war A. Fischer, der die von Schroeter beschriebenen Kopulationsvorgänge nicht als solche ansah, sondern die leeren, den Dauersporen anhaftenden Gebilde für „Sammel- zellen", wie sie bei anderen Cladochytrien auch vorkommen, hielt. Das veranlaßte ihn, in der Rabenhorstschen Kryptogamen- Flora die von Schroeter und P. Magnus beschriebenen Urophlyctis- Arten je nach dem Vorhandensein oder Fehlen von Zoosporangien auf die beiden Untergattungen Urophlyctis und Physoderma seiner Gattung Cladochytrium zu verteilen. Dem Fi seh er sehen Vorgang folgte P. Magnus, der uns seit- her mit einer Reihe neuer, recht interessanter Formen bekannt gemacht hat, nicht. Er hält die Gattung Urophlyctis auf Grund ihrer Sexualität aufrecht. Die von Magnus neu beschriebenen oder von ihm neu zu Urophlyctis gezogenen Formen leben im Gegen- satz zu den früher bekannten Urophlyctis pulposa, maior, Kriegeriana in unterirdischen Pflanzenteilen, wo sie Gallen zu bilden imstande sind, in deren Inneren sich aus der Verschmelzung mehrerer Zellen hervorgegangene Hohlräume befinden. In diesen Hohlräumen sitzen die Parasiten, die keine Sporangien, sondern nur Mycel und Dauer- sporen hervorbringen. Die so charakterisierten Arten sind einmal die von Lagerheim als Physoderma leproides (Trab.) v. Lag. be- schriebene, von Magnus zu Urophlyctis gezogene, auf Luzerne schmarotzende Form, dann die am ausführlichsten von P. Magnus 132 Walter Bally, (97) beschriebene auf Beta vulgaris in Algier wachsende Urophlycfis leproides (Trab.) P. Magn. und schließlich Urophlydis Rühsaameni P. Magn., die auf Rumex scutatus lebt und mit der ich mich nun eingehender zu beschäftigen gedenke. Dabei interessieren mich außer der seltsamen Lebensweise hauptsächlich die Frage nach der so viel umstrittenen Sexualität und dann die cytologischen Charaktere, die diesen einen Vertreter der Hyphochytridineen von den bis jetzt cytologisch besser bekannten Synchi/trium- Arten unterscheiden. Gleichzeitig mit mir haben Maire und Tison Urophlydis Kriegeriana untersucht (Ha). Es freut mich, konstatieren zu können, daß, wie aus dem vorläufigen Bericht der beiden Autoren hervor- geht, wir in den wichtigsten Punkten zu denselben Resultaten ge- langt sind. Mein Material entstammt den gleichen Standorten, wie das von P. Magnus untersuchte, nämlich aus der Gregend von St. Goar. Dem Oberleiter der staatlichen Reblausbekämpfung, Herrn E. Rüb- saamen, der mir zu mehreren Malen selber erkrankte Rumex- Pflanzen zusandte oder durch seine Angestellten von verschiedenen Standorten zusenden ließ, sei auch an dieser Stelle für seine Be- mühungen mein bester Dank ausgesprochen. Nachdem die Pflanzen, die an den Wurzeln zahlreiche, oft bis erbsengroße, meist dicht zusammensitzende Geschwülste aufwiesen, angekommen waren, pflanzte ich sie in Töpfe. Einige Exemplare wurden längere Zeit hindurch weiter beobachtet, bei anderen wurden, nachdem ich an- nehmen konnte, daß sich die ganzen Pflanzen vom Transport erholt haben, die Geschwülste abgeschnitten und fixiert. Bei den längere Zeit hindurch kultivierten Stöcken erlebte ich jedesmal eine Ent- täuschung. Die Pflanzen trieben junge Schosse, Blätter und Blüten, als ich sie ausgrub, zeigten sich auch eine Menge neugebildeter Wurzeln, aber von den Gallen war bis auf wenige ausgetrocknete Reste nichts mehr zu sehen. Neue Geschwülste zeigten sich nie. So scheint denn in dem Kampfe zwischen Parasit und Wirt in den meisten Fällen die Rumex -V^axize als Sieger hervorzugehen. Auf Querschnitten durch frisches Material überzeugte ich mich zunächst von der Richtigkeit der von P. Magnus (Ol) gegebenen Schilderungen. Meist findet sich eine größere Höhle, die mit Dauersporen erfüllt ist und die, wie schon die in das Innere weit hineinragenden, noch nicht resorbierten Zellwandreste bezeugen, aus der Verschmelzung mehrerer Zellen hervorgegangen ist. In Ausbuchtungen dieser Höhlungen, die sich oft weit in das unverletzte Cytologisclie Studien an Chytridineen. 133 Parenchym hinein erstrecken, finden sich dann jüngere Zustände, Hyphen und junge angeschwollene Zellen, in denen nach der An- sicht von P. Magnus Antheridien und Oogonien unterschieden werden können. Die Antheridien sollen an dünneu Mycelfäden, die Oogonien an dicken entstehen. Die letzte Tatsache konnte ich trotz vielem Suchen an frischem Material nicht entdecken. Hin- gegen gelingt es, in Präparaten, die man sich durch Herauskratzen des Pilzes herstellen kann, Zustände zu finden, die an das, was Schroeter u. P. Magnus eine Kopulation nennen, erinnern (Fig. 66, 67, Taf. V). Da zeigen sich mehr oder weniger entleerte Zellen (angebliche Antheridien), die durch mehr oder weniger lange, eben- falls inhaltlose Zwischenstücke mit größeren, mit Inhalt versehenen angeblichen Oogonien in Verbindung stehen. Ich führe diese Bilder nur der Vollständigkeit halber an. Auf solche und ähnliche, von , P. Magnus gegebene Figuren hin lassen sich jedoch meiner Ansicht nach heute nicht mehr sexuelle Vorgänge postulieren, um so mehr, da sich ja in den verwandten Arten Physoderma und Cladochytrium in den sogenannten Sammelzellen vollständig homologe Gebilde nachweisen lassen. Die Entscheidung kann hier natürlich nur das Studium der Kernverhältnisse bringen. Bevor ich dazu übergehe, sei jedoch noch ein Wort über die mit einer doppelten Membran versehenen Dauersporen gesagt. Eine Verbindung zwischen ihnen und den kleinen Zellen ließ sich durchaus nicht in allen Fällen feststellen. Läßt man die Dauer- sporen einige Zeit in Wasser liegen, so gelingt es leicht, ihre Keimung zu verfolgen. Eine im Innern sich bemerkbar machende lebhafte Bewegung der Schwärmsporen leitet den Vorgang ein. Dann treten in der äußeren Membran unregelmäßige Risse und Spalten auf, die schließlich zum Platzen zuerst der äußeren und dann auch der inneren Membran führen (Fig. 68, Taf. V). Die austretenden Zoosporen (Fig. 69, Taf. V) messen 1 — 3 in im Durch- messer, sind mit einer Geißel versehen, führen die gleichen drehenden Bewegungen, die ich für Chrysophlyctis beschrieben habe, aus und weisen in ihrem Innern zwei mit Osmiumdämpfen sich schwarz färbende Punkte auf. Es ist auffallend, daß sich die Dauer- sporangien, wie diese Gebilde von nun an heißen sollen, nie ganz entleeren. Es bleiben stets protoplasmatische Reste, in denen sich helleuchtende, mit Osmiumsäuredämpfen sich schwärzende Ol- oder Fetttropfen befinden, zurück. 134 A?altev Bally, Die Keimung geht also in einer etwas anderen, wesentlich ein- facheren Weise vor sich, als wie bei den Dauersporangien anderer, in die Nähe gehörender Arten (Cladochijtrhim Butomi, Menyan- ihidis, Iridis), wo sich von der äußeren Membran ein Deckel ab- hebt, aus dem dann der von der inneren Membran umschlossene Inhalt sich flaschenförmig herauswölbt, wie das von de Bary be- schrieben wurde. Bei der cytologischen Untersuchung stellte es sich bald heraus, daß das Objekt recht schwierig zu behandeln war. Vor allem konnte man es den Gallen von außen nie ansehen, ob sie auch wirklich den Pilz überhaupt und wenn, ob in den richtigen Stadien beherbergten und so wurden oft Geschwülste fixiert, eingebettet und geschnitten, von denen sich bei der Durchsicht der Schnitte heraus- stellte, daß die ehemals von der ürophlyctis bewohnte Höhle leer oder vollständig zugewachsen war. Dann kam es wiederum vor, daß wohl richtige Stadien vorhanden waren, daß aber die teilweise stark verdickten Zellwände des Ewnex ein Eindringen der Fixie- rungsflüssigkeiten bis zu den Pilzzellen verhindert hatten. Schließlich wurden alle Geschwülste vor der Fixierung durchschnitten und mit Nadeln und Skalpellen durchlöchert, um auf diese Weise eine doch einigermaßen befriedigende Tötung zu erlangen. AX?, Fixierungs- mittel wurden Alkoholeisessig und das Flemingsche Gemisch an- gewandt. Das letztere leistete die besten Dienste. Gefärbt wurde mit dem Dreifarbenverfahren und vorzugsweise mit Eisenalaun- Hämatoxylin. Einen Überblick über die verschiedenen Dinge, die uns in einer Höhlung entgegentreten, soll uns Fig. 70 (Taf. V) geben, die einer Geschwulst entstammt, in der sich recht gut die verschieden- altrigen Zustände studieren ließen. Da sehen wir 1. außerordent- lich dünne Hyphen, die sich an einigen Stellen zu besonders dichten Geflechten verfilzen, 2. mit einfachen Membranen umgebene ein-, zwei-, vier- bis vielkernige Zellen, 3. mit doppelt konturierten bräunlichen Membranen umgebene wenigkernige „Dauersporen", 4. leere Zellen, die manchmal noch mit Hyphen in Verbindung stehen und .5. die stark aufgedunsenen, durch ihren stattlichen Nucleolus gleich auffallenden Kerne der Wirtszellen. In welchem Zusammen- hang stehen die einzelnen der Ürophlyctis angehörenden Elemente zueinander, wie ist eines aus dem anderen hervorgegangen? Diese Fragen sollen uns nun beschäftigen. Cytologische Studien an Chytridineen. 135 Die jüngsten Stadien der Infektion zu finden hält schwer. Wie schon erwähnt, hatten die von mir kultivierten Pflanzen die für mich recht unangenehme Eigenschaft, keine weiteren Geschwülste mehr zu bilden. So war ich denn im wesentlichen auf das mir zu- geschickte Material angewiesen und da gelang es auch nur sehr selten, besonders bei im Frühling untersuchten Pflanzen ganz kleine, anscheinend jugendliche Anschwellungen, die sich manchmal an jungen Knospen vorfanden, zu schneiden und weiter zu behandeln. Einige weitere Aufschlüsse konnten dann aber in älteren Gallen die Ausbuchtungen der Höhlungen geben, in denen sich mit Vor- liebe Jugendzustände des Pilzes aufhielten. Aus der Kombination all dieser Beobachtungen scheint mir nun hervorzugehen, daß die allerjüngsten Stadien des Pilzes dargestellt werden durch ein oft wirres Geflecht von Hyphen, die die infizierte Zelle völlig anfüllen, wie das Fig, 71 (Taf. V) zeigt. Die beiden Kerne deuten hier offenbar darauf hin, daß schon eine Verschmelzung zweier infizierter Zellen stattgefunden hat. Die Hyphen sind alle außerordentlich dünn und zeigen nur hin und wieder an ihren Enden kleine köpfchen- förmige Anschwellungen. Daß es die Hyphen sind, die den Angriff auf die Wirtszellen eröffnen, und daß sie imstande sind, die Zell- wände zu durchbohren, das hat schon P. Magnus bemerkt, aber andererseits ist es auch allen, die sich mit Cladochytrien beschäftigt haben, immer wieder aufgefallen, daß nach der Ausbildung der Dauersporen das Mycel abnimmt und daß schließlich gar nichts mehr davon zu bemerken ist. Ob wir nach Analogie der von My- korrhizen her bekannten und von mancher Seite für Uredineen- Infektion angenommenen Verdauung der Hyphen durch den Wirt auch hier etwas Ähnliches zu erwarten haben, scheint mir fraglich. Es traten mir wenigstens nie Bilder entgegen, die an die von W. Magnus und Shibata gegebenen Figuren erinnern. Anderer- seits möchte ich ausdrücklich bemerken, daß die Hyphen nur äußerst schwer erkennbar sind und daß mir Bilder ihres Zerfalls deshalb wohl entgangen sein können. Etwas unvermittelt an die eben geschilderten Zustände reihen sich die folgenden Figuren an. Daß die ein-, zwei- bis vielkernigen Zellen aus den kleinen Köpfchen der Hyphen hervorgegangen sind, darüber kann wohl nicht gut ein Zweifel herrschen, wenn auch hier eine bedenkhche Lücke klafft. In einem mehr oder weniger dichten Gewirr von Mycel liegen die Zellen, Einkernige Stadien, wie sie in den Figuren 72, 73 und 74 (Taf. V) wiedergegeben sind, waren 136 Walter Bally, nicht allzu häufig zu finden. Der Kern zeichnet sich in ihnen durch stattliche Größe aus und außer dem hervorleuchtenden Nu- cleolus finden sich in ihm einige Lininstränge. Es folgen mehr- kernige Entwickluugsstadien und es scheint eine Periode einzutreten, in der die Kerne kleiner, aber sehr zahlreich werden (Fig. 74, 77, Taf, V). Dann sehen wir wieder in großen Zellen wenige große Kerne. Die in jungen Stadien im Kern außer dem Nucleolus vor- handenen Lininstränge fallen später fort, die Kerne zeigen eine äußerst einfache Struktur, in der von einer Differenzierung von Chromatin und Linin nichts zu bemerken ist. Ist dann eine ge- wisse Größe erreicht und hat auch die Wand an Dicke zugenommen, so beginnt die Bildung der Zoosporen. Dann zeigen sich nur noch ganz wenige ziemlich große Kerne, die Chromatin abgeben, daneben liegen im Cytoplasma oft dicht gedrängt helle Kugeln, die eben genannten Zoosporen (Fig. 84, Taf. V). Daß sich auf allen Ent- wicklungszuständen im Cytoplasma große mit Osmiumsäure sich schwärzende Fett- oder Öltropfen finden können (Fig. 87, Taf. V), sei nur nebenbei erwähnt. Die ganze wohl durch die Jahreszeit und äußere Umstände bedingte Erscheinung findet sich nicht regel- mäßig. Das ist in kurzen Worten der Entwicklungsgang der Uro- phlyctis, wie er sich aus dem Studium all meiner Präparate ergibt. Dabei sei zunächst einmal auf den meiner Ansicht nach wich- tigsten Punkt aufmerksam gemacht, dem auch nach Maire und Tison (IIa) die größte Bedeutung zukommt und dessen ganze Tragweite wir erst nach der Lektüre meines letzten Kapitels werden würdigen können. Bei Synchytrium, bei Chrysopldydis sahen wir, wie eine einkernige Zelle zu bedeutender Größe anwächst, wie der eine Kern riesige Dimensionen annimmt und wie erst dann die Prozesse sich abzuspielen beginnen, die schließlich zur Bildung der Fortpflanzungsorgane führen. Anders hier! In der anwachsenden Zelle spielen sich die Vorgänge ab, die dazu führen, daß aus den einkernigen bald zweikernige, später vielkernige Zellen werden. Das einkernige Stadium hat seine Bedeutung verloren. Welches sind nun die Vorgänge, die zur Bildung so vieler Kerne führen? Nie konnte ich eine Mitose sehen, nie auch nur einen Zustand, der etwa an das, was mir bei Sijnchytrhim als Pro- phase oder Telophase so oft vor den Augen vorbeigezogen war, erinnerte und das, trotzdem ich all meine Aufmerksamkeit gerade auf diesen einen Punkt konzentrierte. Diesem negativen Befund läßt sich ein positiver anreihen. Amitosen waren gar nicht selten C'ytologisclie Studien an Cbytridineen. 137 und zwar die beiden von Griggs auseinandergehaltenen Typen: 1. Heteroschizis. Schon die Tatsache, daß oft paarweise genäherte Kerne sich finden, läßt diese Form der Amitose erwarten (Fig. 77, Taf. V). Dann finden sich aber doch auch richtige Einschnürungen der Nucleolen, wie sie Fig. 78 u. 79 (Taf. V) zeigen, oder gar in einer wenigkernigen Zelle Kerne, die ausgesprochen zwei große Nucleolen zeigen (Fig. 85, Taf. V). Immerhin können alle diese Bilder mit ebensoviel Berechtigung auch anders, nämlich als Ver- schmelzungen zweier Kerne betrachtet werden und ich muß sagen, daß für mich in dem gegebenen Fall die eine Deutung genau soviel Wahrscheinlichkeit für sich hat wie die andere. 2. Kernknospung (nuclear gemmation). Dieser Vorgang spielt sich hauptsächlich in den der Sporenbildung vorangehenden Entwicklungszuständen und während dei- Zoosporenbildung ab. Fig. 83 (Taf. V) zeigt uns eine Zelle mit verschieden großen Kernen. An einer Stelle ist deutlich zu sehen, wie der chromatinarme Nucleolus Chromidien in die Kern- höhle abgibt, der Austritt der Chromidien aus dem Nucleus ist besser in der Fig. 84 (Taf. V) wahrzunehmen. Diese Abgabe von Chromatin an das Cytoplasma, von wo dieses wohl in gelöster Form auf die Zoosporen, die mir immer vollständig chromatinfrei entgegengetreten sind, übergeht, ist ein durchaus regelmäßig auf- tretender Vorgang. Ich schreibe ihm die gleiche Bedeutung zu, die ich dem homologen Prozeß in den Dauersporangien von Chryso- phlyctis gegeben habe, und ich stehe nicht an, auch hier die im Dauersporangium noch vorhandenen Kerne als polyenergid zu be- zeichnen. In dieser Auffassung würde ich noch bestärkt, wenn ich die oben als Heteroschizis bezeichneten Vorgänge als Verschmel- zungen von Kernen ansehen würde. Das hier angedeutete Gerüst einer Theorie noch weiter auszubauen, halte ich, bis weitere Bei- spiele Bestätigungen meiner Befunde bringen, für verfrüht. Noch bleibt uns die Frage zu erörtern, ob sich aus der Cyto- logie irgendwelche Beweise für die von Schroeter und P. Magnus behauptete Sexuahtät von Urophlyctis herleiten lassen. Das ganze Verhalten der Kerne bietet uns nun dafür gar keinen Anhaltspunkt. Rein nach dem äußeren Anblick, den uns z. B. die Figuren 66 u. 67 (Taf. V) geben, wäre an ähnliche Bilder bei Peronosporeen oder Saprolegniaceen zu denken, aber wie ganz anders liegen hier die cytologischen Verhältnisse, die uns nicht die Spur einer Befruchtung, wie sie dort auftritt, zeigen. Leere Zellen, die durch einen äußerst dünnen Schlauch mit angefüllten verbunden waren, konnten mehr- 138 Walter Bally, mals beobachtet werden (Fig. 88, Taf. V) und auch Bilder, wie sie Fig. 82 (Taf. V) zeigt, wo der Inhalt sich um einen leeren Hof gruppiert, waren nicht selten. Ob nun aber durch ein so enges Lumen, wie es die Hyphe von Fig. 88 (Taf. V) aufweist, beträcht- liche Inhaltsmassen nach der anderen Zelle übergetreten sind, erscheint mir zum mindesten zweifelhaft. Eine andere Frage ist allerdings, was denn eigentlich aus dem Inhalt dieser Sammelzellen wird. Zuerst dachte ich, daß sie vielleicht ähnlich den Mycorrhiza- Hyphen vom Wirt verdaut würden. Aber auch diese Deutung erscheint mir zweifelhaft, hauptsächlich deshalb, weil die Auflösung allem Anschein nach von innen nach außen vor sich geht, dann aber auch, weil die verschmolzenen Zellkomplexe, in denen sich diese Zustände finden, wohl meistens nicht mehr viel Lebensenergie besitzen. So bleibt mir denn das ganze Verhalten noch fraglich und nur das eine steht für mich fest, daß es mit einer sogenannten Sexualität nichts zu tun hat. Wenn hier Sexualität vorhanden ist, so muß sie an einem ganz anderen Ort gesucht werden, nämlich entweder bei den Schwärmsporen, deren Kopulation mir rieht un- möglich erscheint, oder aber bei den an die Autogamie der Pro- tozoen (Hartmann 09) erinnernden Vorgängen einer nicht ein- deutig festgestellten Kernverschmelzung. Auch in diesem Punkt stimme ich also mit Maire und Tison (11 a) überein, die schreiben: „La copulation decrite par Schroeter et Magnus n'est qu'une apparence". Ferner sei auch an die Angaben von Lüdi erinnert, der schon vor längerer Zeit nachgewiesen hat, daß bei Cladochytrium Menyanthidis keine Oogonien-Antheridiensexualität vorhanden ist. b) Der Einfluß auf die Wirtspflanze. Auch die durch Urophlyctis hervorgerufenen Gallen müssen wir zu den Kataplasmen Küsters rechnen, denn in ihrem ganzen Bau treten keine gesetzmäßigen, sich wiederholenden Gewebe- differenzierungen auf. Auch hier ist großzelliges Parenchym vor- herrschend. Verstreut finden wir darin außerordentlich stattliche Tracheiden, die ich ohne weiteres den Haberlandtschen Speicher- tracheiden zurechne und die eine gute Bestätigung der von Gutten- berg (05) ausgesprochenen Ansichten bieten (Textfig. 4). Teleologisch schwerer zu verstehen sind gelegentlich auftretende Gruppen von Skiereiden, wie sie Textfig. 5 zeigt. Ähnliche Dinge sind ja von Zoocecidien her wohl bekannt und z. B. von Küster in aller Aus- Cytologische Studien an Chytridineen. 139 führlichkeit beschrieben worden, aber dort handelt es sich doch meistens um gesetzmäßig wiederkehrende „Mäntel" bildende Schich- ten, über deren mechanische Bedeutung man sich einige Vorstellungen machen kann. Hier hingegen ist der mechanische Nutzen dieser sklerenchymatischen Gebilde nicht klar und ich vermute daher eher, daß wir es in den Membranen mit einer Ansammlung von wahr- scheinlich hemicelluloseartigen Reservestoffen zu tun haben. Das ganz unregelmäßige Auftreten dieser Elemente erlaubt mir leider nicht, die Frage nach ihrer Bedeutung etwas eingehender zu studieren. Daß unter dem Einfluß der ürophlycüs die Membranen der umgebenden Wirtszellen in eigentümlicher Weise sich verdicken und Textfig. 4. Textfiff. 5. zäpfchenartige Vorsprünge in die den Parasiten beherbergende Höhlung treiben, hat schon Magnus in verschiedenen Arbeiten für verschiedene Arten konstatiert und gute Abbildungen von solchen veränderten Membranen gegeben (P. Magnus 97, 02 b, Ol). Die zäpfchenartigen Vorsprünge, die bei Zellen auftreten, die von Uro- phlyctis leproides befallen wurden, finden sich hier nicht. Als Blu- strationen von verdickten Wänden mögen Fig. 71 u. 72 (Taf. V) dienen. Bei Behandlung mit den bekannten Reagenzien für Cellu- lose, Chlorzinkjod und Jodjodkali -j- Schwefelsäure fiel es mir auf, daß die dem Parasiten benachbarten Wände im Gregensatz zu den weiter nach außen gelegenen Zellwänden der Galle keine Cellulose- 140 Walter Bally, reaktion ergaben, sondern eine bräunliche Färbung annahmen. Mit Rutheniumrot zeigten sie hingegen immer eine schöne Rosa- färbung, die auf das Vorhandensein von Pektinstoffen hinweist. Die im großen Praktikum von Strasburger angegebenen zuver- lässigeren Färbungsmethoden für Pektinstoffe, bei denen der Färbung ein längerer Aufenthalt in Kupferoxydammoniak vorangeht, führten, weil die Schnitte schon an und für sich recht leicht zerfielen, zu keinem Erfolg. Und doch glaube ich, annehmen zu dürfen, daß der erste Schritt, der zur endgültigen Auflösung der Membran führt, in dem Herauslösen der Zellulose durch vom Pilz abgesonderte Enzyme besteht, die zurückbleibenden Pectinstoffe, die stark auf- quellen, bieten den kommenden Angriffen weniger Widerstand dar. Die aus der Fusion mehrerer Zellen hervorgegangenen Sym- plasten beanspruchen wohl gerade heute das Interesse des Cytologen und wir werden an ähnliche, durch Heterodera oder durch künst- liche Eingriffe hervorgerufene mehrkernige Zellkomplexe erinnert, wie sie letzthin am ausführlichsten und resümierend von Nemec (10 b) geschildert wurden. Was uns zunächst in die Augen fällt, ist die starke Vergrößerung, die die Zellkerne erfahren. Leuchten uns doch z. B. aus meiner Fig. 70 (Taf. V) die Kerne des Riimex am intensivsten entgegen. Das gleiche scheint bei der von Uro- j)hlyctis pulposa befallenen Pflanze der Fall zu sein, wie aus der Fig. 14 der Arbeit von P. Magnus (97) hervorgeht. Dort fallen in einem ungefärbten Präparat sogar schon die stark vergrößerten Kerne von Chenopodium auf, die von P. Magnus merkwürdigerweise weder im Text, noch in der Figurenerklärung erwähnt werden. Ein Vergleich der in normalen Parenchymzellen vorkommenden (Fig. 89, Taf. V) mit den durch den Parasiten veränderten Bumex-^emen (Fig. 90, Taf. V) lehrt uns ferner, daß der Nucleolus sich vor allem außerordentlich vergrößert hat, daß jedoch das Chromatin und Linin bis auf spärliche Reste verschwunden ist. G-anz ähnlich veränderte Kerne fanden sich auch in den Riesenzellen der Heterodera-G&Wen (Tischler Ol, Fig. 12). Einbuchtungen und Kanäle zeigen sich nicht so stark ausgeprägt wie in den durch Synchytrien beeinflußten Kernen verschiedener Wirtspflanzen, wohl zeigen sich aber manch- mal so eigenartige Bildungen, wie Fig. 81 (Taf. V) sie aufweist, wo zwischen zwei wachsenden Parasiten der JRumcx - Kern ein- gequetscht und zusammengedrückt wurde. Nachdem ich die Aus- führungen von Nemec (10b) über das Entstehen der großen Kerne in den Riesenzellen der Heterodera-Gsdlen, die aus der Verschmel- Cytologische Studien an Chytridineen. 141 zung einer ganzen Menge kleiner Kerne hervorgegangen sind, ge- lesen hatte, suchte ich auch in meinen Präparaten nach ähnlichen Vorgängen. Zwei eng aneinanderliegende Kerne, wie sie Fig. 71 (Taf. V) zeigt, waren in der Tat nicht selten. Aber Figuren, die ich eindeutig hätte als Verschmelzung deuten können, fanden sich nicht, und ich glaube entschieden, daß es nur Wachstumsprozesse sind, die an den Kernen solche allerdings recht abnorme Gestalts- veränderungen hervorrufen. Daß die einmal so intensiv umgestalteten Kerne sich noch mitotisch zu teilen vermögen, erscheint mir un- wahrscheinlich, es ist mir auch niemals das Bild einer mitotischen oder amitotischen Kernteilung entgegentreten. Zum Schluß sei dann noch auf einen Fall eines wohl durch vom Parasiten ausgehende Reize verursachten Kernübertritts in benach- bartes Gewebe hinge- wiesen (Textfig. 6). Es ist das nicht etwa das einzig beobachtete der- artige Vorkommen und es scheint mir auch unwahrscheinlich , daß künstliche Einflüsse da- bei eine Rolle gespielt haben, es wäre ja nur vielleicht an die ganz kurze Zeit vor der Fixierung vorgenomme- nen Lädierungen zu denken. Immerhin ist nicht einzusehen, wa- rum der wachsende Pilz nicht ähnliche Vorgänge im Nachbargewebe auszulösen ver- mag, wie der mit mechanischen Mitteln arbeitende Mensch (Kör- nicke, Miehe, Nemec 10b). Textfig. 0. IV. Die Bedeutung der cytologischen Forschung für eine auf phylogenetischer Grundlage aufgebaute Systematik der Chytridineen. Die Frage nach der Stellung der Chytridineen im System ist wohl so alt wie die Kenntnis ihrer Arten und man kann beinahe X42 Walter Bally, sagen, daß jeder Forscher, der sich mit diesen so mannigfaltigen Formen abgegeben hat, zu einer eigenen Auffassung ihrer Ver- wandtschaft gekommen ist. Es Idingt nun beinahe banal, wenn ich sage, daß heute wohl eines der ausschlaggebendsten Merkmale für die Beurteilung der Phylogenie niederer Organismen ihre Kern- verhältnisse sind. Sie sollen nicht das einzige Kriterium sein und es ist notwendig, daß auch alle anderen physiologischen und mor- phologischen Tatsachen mit berücksichtigt werden. Denn schließlich sind, wie ich die Dinge ansehe, auch die Art und Weise der Ver- teilung der chromatischen Substanz, das Verhalten der Nucleolen, das Vorhandensein von mitotischen oder amitotischen Kernteilungen und alle damit zusammenhängenden Merkmale Anpassungsmerkmale, so gut wie das Vorhandensein von ein oder zwei Geißeln an der Zoospore oder wie die Zerklüftung des Sorus. Das trifft wohl für manchen der im Kern sich abspielenden Lebensvorgänge, die man ja direkt experimentell beeinflussen kann, in sehr hohem Maße zu. Aber auf der anderen Seite glaube ich doch, daß z. B. der Tat- sache, ob bis zu einem gewissen Altersstadium ein Organismus monenergid oder polyenergid ist, eine mindestens ebenso große Be- deutung zukommt, wie dem Vorhandensein von ein oder zwei Geißeln an seinen Schwärmsporen. Daß die mit Kernverschmelzung und Reduktion der Chromosomenzahl verbundenen sexuellen Vorgänge eine ausschlaggebende Kolle in der Systematik spielen und von jeher gespielt haben, brauche ich wohl nicht besonders zu erwähnen. Von diesem Gesichtspunkt aus müssen wir die Stellung der Chytri- dineen in einem natürlichen System beurteilen. Doch zuvor soll uns noch eine andere Frage beschäftigen. Welches sind die Grund- sätze, die uns bei einer Gruppierung der heute als Chytridineen zusammengefaßten Gruppen leiten? 1884 beschrieb de Bary vier Gruppen von Chytridiaceen, von denen sich die Rhizidien und Cladochytrien durch Mycelbildung auszeichnen, während die Olpidien und Synchytrien zeitlebens ohne Mycel auskommen. Er schreibt aber ausdrücklich, daß seinen Beobachtungen die Voraussetzung zugrunde liege, daß die vier unterschiedenen Gruppen wirklich eine einzige Verwandtschaftsreihe bilden. Einschränkend sagt er weiterhin, daß diese Voraussetzung jedoch durchaus nicht notwendig sei und daß es sich ganz eben- sogut um zwei verwandtschaftlich durchaus getrennte Reihen handeln könne, die phylogenetisch sich von verschiedenen Gruppen her ableiten ließen. Cytologische Studien an Chytridineen. 143 Dem Vorhandensein oder Fehlen eines Mycels schreibt auch A. Fischer, der die Chytridiaceen an den Anfang der ganzen Pilzreihe stellen möchte, die größte Bedeutung zu und er stellt die Myxochytridineae, mycellose Formen, den mit einem mycelialen Teil versehenen Mycochytridineen gegenüber. Die Unterabteilungen der Myxociujtridineae, Monolpidiaceae und Merolpidiaceae entsprechen den de Baryschen Olpidien und Synchytrien, während die Myco- chytridineen je nach der Ausbildung ihres Mycels in Holochytri- diaceae, SjJorochytridiaceae und Hypliochytridiaceae geschieden wer- den, wobei wohl die Auffassung zugrunde liegt, daß sich die ein gut ausgebildetes Mycel führenden Formen aus den einfachen mit nur einigen zarten Fäden versehenen oder ganz mycellosen phylogene- tisch ableiten lassen. Für Schroeter ist die damals meist ungenügend beobachtete und beschriebene Sexualität das entscheidende Merkmal und er glaubt, die Oochytridiaceae, eine, wie wir oben gesehen haben, aus recht heterogenen Formen zusammengewürfelte Gruppe, allen anderen Familien, die er im ganzen in der de Baryschen Auffassung auf- recht erhält, gegenüberstellen zu können. In seiner Stammesgeschichte behält Lotsy die Einteilung in Myxochytridineen und Mycochytridineen bei, trotzdem er den Wunsch nach einer anderen Einteilung, nämlich nach der Zahl der Geißeln der Zoosporen nicht unterdrücken kann. Er sagt dann aber auch selber: „Wer weiß, ob nicht die parasitische Lebens- weise zum Verlust einer Cilie geführt hat?" Besonders Atkinson hat aber darauf hingewiesen, daß die Zahl der Cilien für die Systematik der Phycomyceten nicht ausschlaggebend sein kann, einmal schon deshalb, weil sie in manchen Fällen nicht einmal bei Sporen, die in dem gleichen Sporangium entstanden sind, kon- stant ist und dann, weil er bei Pythium intermedium sah, wie die zuerst zweiciligen Sporen im Laufe ihrer Entwicklung sich in zwei eincilige teilen. So sind denn rasch die wichtigsten für die Einteilung der Chytridineen gebrauchten Charaktere an uns vorübergezogen. Ihr Wert ist, und das wird auch in den meisten Fällen zugegeben, zweifelhaft. Am brauchbarsten ist vielleicht das Vorhandensein oder Fehlen eines Mycels und da ist wohl ohne weiteres ein- leuchtend, daß Formen, wie die Cladochytrien oder Polyphagus mit ihren weitverzweigten Fäden nicht allzu nahe an Syncliytrium stehen. Etwas anders verhält es sich mit Arten, die nur äußerst Jahrb. f. wiss. Botanik. L. 10 144 AValter Bally, dünne, nur sehr wenig an die Hyphen der höheren Pilze oder der übrigen Phycomyceten erinnernde Fäden in das Innere ihres Wirtes bohren, und so kann ich, trotzdem ich die betreffenden Arten nur oberflächlich kenne, nicht verhehlen, daß mir scheint, daß z. B. Bhizophidium in den bisherigen Systemen viel zu weit von den Olpidien weggerückt ist. Ich möchte nun auf Grund meiner cytologischen Forschungen die Idee zu einer anderen Einteilung vorschlagen. Ob sie sich durchführen läßt, das ist allerdings heute, wo nur noch so wenige Gattungen cytologisch untersucht sind, noch fraglich. Wir haben in den von mir behandelten Beispielen bei einer Mycochytridinee und bei zwei Myxochytridineen ein verschiedenes Verhalten der Kerne während der Entwicklung der jungen Spore zur Dauerspore oder zum Sporangium kennen gelernt. 1. Bei Synchytrium und bei ChrysopJdyctis hielt der primäre Kern mit dem Wachstum der jungen Spore Schritt, ohne sich zu teilen, der Organismus war bis zu dem Alter, wo die schließlich zur Bildung der Zoosporen führenden Teilungsprozesse einsetzten, monergid. 2. Anders bei Urophlyctis. Dort gingen mit dem Wachstum der jungen Spore Vermehrungen der Kerne Hand in Hand. Von frühester Jugend an war der Organismus polyenergid. Ich würde auf diese Unterscheidung kein so großes Gewicht legen, wenn sie nicht durch alle von anderen herrührenden bis da- hin ausgeführten Forschungen bestätigt würde. Das trifft zu für alle bis jetzt cytologisch untersuchten Synchytrien. Überall er- reichen die Spore und ihr Kern beträchtliche Größen, die vom jüngsten Stadium recht abweichen, bevor die ersten Kernteilungen beginnen. Für die zweite Gruppe muß ich die Beispiele etwas eingehender behandeln, weil sie in zum Teil schwer zugängHchen wenig bekannten Arbeiten beschrieben wurden. Unserer Urophlyc- tis Rubsaameni am nächsten stehen die von Maire und Tison behandelten Urophlyctis hemisphaerica, Physoderma Urgineae, Phy- soderma Gcrhardti, dann Cladochytrium Menyanthidis , über das Lüdi gearbeitet hat. Alle die betreffenden Formen zeigen in ihren Kernen das hier geschilderte Verhalten. Es gehören dann noch, was nicht von vornherein zu erwarten war, die Olpidien, die bis dahin cytologisch erforscht worden sind, hierher. Für ülpidium Brassicae ist das in der auch sonst wertvollen, leider viel zu wenig bekannten Abhandlung von Faworsky geschildert, für Olpidium DicTcsonii (Wright) Wille, gibt Löwenthal (04) dieselben Vorgänge Cytologische Studien an Chytridineen. 145 an. Ob hingegen auch Zygorhizidiuin Willei hierher zu rechnen ist, habe ich aus der Lö wen thal sehen Darstellung nicht mit Sicherheit entnehmen können, allein dieser Fall ist wohl auch sonst recht abweichend, dadurch, daß zu Anfang der vegetativen Ent- wicklung ein ziemlich sicher nachgewiesener Kopulationsvorgang sich abspielt. Ein Anschluß an Pohjphagus Euglenae scheint mir, soviel ich aus Referaten der Dangeardschen Darstellung die dort sich abspielende Kopulation kenne, am wahrscheinlichsten. Daß die Olpidien von den Synchytrien so abweichen und so starke Anklänge an Physoderma und ürophlyctis zeigen, spricht für meine oben gegebene Vermutung, daß sie viel nähere verwandt- schaftliche Beziehungen zu den Mycochytridineen als zu den ge- wöhnlich mit ihnen zusammengestellten Synchytrien haben. Um meine Ansicht kurz auszudrücken, so glaube ich, daß wir zwei Reihen unterscheiden müssen, einmal Synchytrium-Chrysophlyctis und dann eine zweite, viel formenreichere, die mit den einfachen Olpidien beginnend, über die Rhizidien zu den Cladochytrien und vielleicht bis zu den Hypochytridiaceae führen würde. Wo Poly- phagus und Zyyochytrium, die beiden einzigen Gattungen, für die geschlechtliche Vorgänge zuverläßlich nachgewiesen wurden, hin- gehören, ist mir noch zweifelhaft. Doch scheinen sie mir am besten in die Nähe der Ancylistineae zu passen. Das sind wie gesagt vorläufig, bis noch eine ganze Menge von Gattungen cytologisch untersucht worden sind, Vermutungen, die aber dem heutigen Stand unseres "Wissens besser entsprechen als wie die landläufigen Systeme. Eine andere Frage wäre dann, ob sich die Synchytrien vielleicht von der anderen Reihe her ableiten ließen oder ob wir zwei phylogenetisch für sich dastehende Reihen vor uns haben. Um das zu entscheiden, muß ich etwas weiter ausgreifen und damit auf unsere eigentliche Frage auf die Stellung der Chytridineen im System zu sprechen kommen. Die Ansicht, daß sich die Chytridineen von komplizierter ge- bauten Pilzen ableiten und erst infolge des parasitischen Lebens- wandels so einfache Formen angenommen haben, wird wohl heute nicht mehr von vielen Forschern geteilt. Eine Zusammenstellung aller Argumente, die dagegen sprechen, hat Atkinson gegeben. Seit Fischer werden sie als Archimyceten an den Anfang der pilzlichen Entwicklungsreihe gestellt. Weniger Einigkeit herrscht in der Frage, von welcher Gruppe primitiver Organismen sich die Chytridineen ableiten. Hier sind schon die verschiedensten Möglich- 10* 146 Walter Bally. keiten erwogen worden. Lotsy macht, indem er sich auf die Be- trachtungen verschiedener Autoren, wie z. B. Lagerheini (93) und Klebs stützt, auf eine gewisse Ähnlichkeit mit den Endo- sphaereen unter den grünen Algen aufmerksam, und auch "Wett- stein hat in allerletzter Zeit wieder auf verwandtschaftliche Be- ziehungen zu den Chlorophyceen hingewiesen. Leider ist z. B. Chlorochytrium cytologisch noch nicht untersucht. Aber ich glaube nicht, daß durch solch eine Untersuchung die Lotsy sehe An- schauung an Boden gewinnen würde. Schon die ZweiciUgkeit der Schwärmsporen scheint mir, trotzdem ich diesem Merkmal kein allzugroßes Gewicht beizulegen vermag, dagegen zu sprechen. Die Tatsache, daß wir es bei den Endosphaereen mit intercellulären Parasiten zu tun haben, während die Chytridiaceen entweder intra- cellulär parasitieren oder der Wirtszelle aufsitzen, darf nach meiner Ansicht auch nicht übersehen werden. Ganz ähnliche Erwägungen veranlassen mich auch, den Beziehungen zu Flagellaten keine allzu große Bedeutung zuzumessen. Viel erwähnt werden dann auch Ähnlichkeiten mit den Plasmodiophoraceen. Maire und Tison (09) haben schon darauf aufmerksam gemacht, daß den Chytridiaceen der für die Plasmodiophoraceen so charakteristische Evolutions- cyklus mit seinem Wechsel von vegetativen und generativen Kern- teilungen abgeht. Meiner Meinung nach hat Pavillard das Richtige getroffen, der darauf hinweist, daß die so überaus charakteristischen Kern- teilungsvorgänge nur Ähnlichkeiten mit den homologen Prozessen bei Protozoen und zwar speziell bei den Sporozoen aufweisen. Be- trachten wir z. B. den agamen Entwicklungscyklus der klassischen Eimeria Schubergi und halten wir den Lebenslauf eines Synchytrium daneben, so werden wir genug Vergleichspunkte finden. Hier wie dort findet nach dem Eindringen in eine Wirtszelle ein starkes Heranwachsen des Parasiten statt, mit dem das Wachstum seines Kernes Hand in Hand geht. Dann erst beginnen die Teilungen, die zur Bildung der Agameten bei Eimeria, der Zoosporen bei Synchytrium führen. Daß sich beim einen begeißelte Zoosporen, beim anderen unbegeißelte Agameten zeigen, das ist wohl nichts anderes als eine Anpassung an die verschiedene Lebensweise. Und daß sich bei Synchytrium der Zellinhalt zerklüftet, bevor die Bil- dung der Zoosporen beginnt, ist auch nur von sekundärer Be- deutung. Wichtiger ist, daß die bei den Chytridiaceen eine so große Rolle spielenden Vorgänge amitotischer Kernteilung uns auch Cytologische Studien an Chytridineen. 147 bei den Coccidien entgegentreten. Was Griggs Heteroschizis nennt, das linden wir als Teilung eines Polykarions bei Adelea ovata (Jollos zitiert nach Hartmann 11) wieder. Die Kernknospung tritt uns bei Eimeria Schiibergi in Form der Chromidienbildung bei der Reifung der Makrogameten entgegen. Sind all diese Ähn- lichkeiten einmal hervorgetreten, so ist wohl nur noch ein kleiner Schritt bis zu der Frage, ob sich denn nicht auch bei den Chytri- diaceen eine den Coccidien ähnhche Mikro- und Makrogameten- bildung finden ließe. Percival bezeichnet auch in der Tat die bei Chrijsophlyctis gefundenen verschieden großen Schwärmsporen als „Gametic anisospores", setzt aber selber zu diesem Wort vorsich- tigerweise ein Fragezeichen. Mir ist es ebensowenig wie ihm jemals gelungen, einen richtigen Konjugationsvorgang aufzufinden. Sollte ein solcher gefunden werden, so dürfte es dann keine großen Schwierigkeiten mehr bieten, die seltsame Aufteilung der chroma- tischen Substanz des Primär-Nucleus durch Kernknospung als einen wenn auch noch recht primitiven Reduktionsprozeß anzusehen, der dann auch seinerseits wieder nur Homologes bei den Coccidien fände. Ist es auf diese Weise möglich, einige Klarheit über die verwandtschaftlichen Beziehungen von Syiichytrium und Chrijso- phlyctis zu gcAvinnen, so liegt bei der anderen Reihe, den Olpidien, Rhizidien, Cladochytrien die Abstammung noch im Dunkeln. Ob sie sich als besondere Gruppe von anderen Sporozoen (ich finde am ehesten Ähnlichkeit mit Bertramia- Arten) ableiten lassen oder ob sie vielleicht doch aus den Synchytrien hervorgegangen sind, wird wohl erst die Zukunft klären und auch der Frage, ob sich dann hier die mit unzweifelhaft geschlechtlicher Fortpflanzung ver- sehenen Polyphagus und Zygorhizidium anreihen und ob sich von ihnen über die Ancylistineen und Saprolegnien die Oomyceten und Zygomyceten ableiten lassen, wie das besonders Atkinson möchte, muß noch auf Grund mancher Untersuchungen, die. auch das phy- siologische (z. B. Chemotaxis) und cytologische Verhalten zu be- rücksichtigen hätten, nachgeforscht werden. Erst dann wird wohl die Systematik der Phycorayceten den hohen Ansprüchen ent- sprechen, die P. Vuillemin in seinem geistreichen Aufsatz an sie stellt und die er mit den Worten, die auch den Schluß dieser Arbeit bilden mögen, ausdrückt: „La systematique des Champig- nons par cela meme qu'elle est plus delicate et qu'elle reclame l'emploi de caracteres plus varies tend ä devenir plus complete, plus naturelle que toute autre en s'appuyant sur l'ensemble des 148 Walter Bally, manifestations biologiques, sans subir le joug du caractere domi- nateur, sans accorder de preseance ä la sexualite sur la reproduction ni ä la reproduction sur la Vegetation, sans sacrifier la physiologie ä la morphologie". Zusammenfassung der wichtigsten Resultate. 1. Der primäre Kern von Synchytrium Taraxaci weist in den jüngsten Stadien einen stattlichen chromatiureichen Nucleolus auf. 2. Dieser Nucleolus wird in der Folge chromatinärmer und es treten zu gleicher Zeit sekundäre Nucleoli auf. Diese können in Form von Ohromidien aus dem Kern ins Cytoplasma übertreten. Dort können sie zu neuen Kernen werden. Das öftere Vorkommen von Zellen mit ungleich großen Kernen kann so eine Erklärung finden. 3. Mitotische Teilungen des primären Kernes wurden nicht gefunden, was aber wahrscheinlich nur der ungenügenden Menge angetroffener günstiger Stadien zuzuschreiben ist. 4. Die sekundären Kerne teilen sich mitotisch. Die Kern- teilungen im unzerklüfteten Sorus unterscheiden sich von denen im zerklüfteten Sorus durch das Verhalten des Nucleolus, der im ersten Falle während der ganzen Mitose im Cytoplasma neben dem sich teilenden Kern persistiert, im zweiten jedoch bei der Bildung der Chromosomen und der Spindelfasern ganz verbraucht wird. 5. Die Spindelfasern sind intranucleären Ursprungs, sie gehen aus Lininfäden hervor. 6. Im unzerklüfteten Sorus finden die Kernteilungen gleich- zeitig statt, im zerklüfteten verlaufen sie in jedem Sporangium un- abhängig vom benachbarten selbständig gleichzeitig. 7. Die Schwärmsporen von Chrysophlyctis endohiotica besitzen eine Geißel, einige kleine mit Osmiumsäure sich schwärzende Körner und ein paar winzige Chromatinpartikelchen. Von einem Kern kann bei ihnen nicht gesprochen werden. 8. Die jüngsten parasitären Zustände zeigen einen aus- gesprochenen Kern mit großem Nucleolus und eine sehr geringe Menge von dichtem Cytoplasma. Die Zellmembran bildet sich erst im Laufe der Entwicklung des Parasiten aus. 9. Eine Kartoffelzelle kann von einer großen Anzahl (bis 8) Sporen befallen sein. Cytologische Studien an Chytridineen. 149 10. Aus diesen jungen Sporen gehen durch weitere Wachstums- prozesse Sporangiensori und Dauersporangien hervor. 11. In den heranwachsenden Sporen finden sich mit Osmium- säure sich schwärzende Tropfen, die später verbraucht werden. 12. Die Waben des Cytoplasmas werden bei der Heranbildung der Dauersporangien immer weitmaschiger, die Zoosporen bilden sich im Cytoplasma unabhängig vom Kern. 13. Der Kern, der später ein reiches Netz von Linin zeigt, gibt während des Wachstums Chromatin in Form von Chromidien an das Cytoplasma ab. Mitotische Teilungen des Primärkerns finden sich nie. 14. Am Bau der Wände der Dauersporangien sind die Wirts- zellen mit beteiligt, die Wände sind verholzt. 15. Mehrkernige, mit verschieden großen Kernen versehene Zustände stellen den Übergang zu den Sporangiensori dar. 16. Die Parasiten gelangen dadurch, daß sich die befallenen Wirtszellen noch weiter zu teilen vermögen, oft bis weit ins Innere des kranken Gewebes. 17. Chrysophlyctis unterscheidet sich von Synchytrium durch die Art der Zoosporenbildung in den Dauersporangien und ferner durch die Art und Weise des Eindringens in tiefer liegende Ge- webeschichten. Es wird vorgeschlagen, die Art auch fernerhin Chrysophlyctis eiidohiotica Schilb. und nicht, wie Percival will, Synchytrium endohioticum (Schilb.) Perc. zu nennen. 18. Die „Dauersporen" von Urophlyctis Riihsaameni müssen Dauersporangien heißen. Ihre Keimung geht so vor sich, daß ihre äußere dicke Membran in vorgebildeten Rissen platzt, es werden «ine große Zahl einciliger mit -Fetttropfen versehener Zoosporen entlassen, ein protoplasmatischer Rest bleibt zurück. 19. Die jüngsten Infektionsstadien werden durch ein wirres Geflecht von Hyphen dargestellt, die die Wirtszellen anfüllen. In späteren Stadien zeigen sich große Höhlungen, die durch die Auf- lösung der Membranen der Wirtszellen zustande kommen. 20. An den köpfchenförmigen Anschwellungen der Enden der Hyphen entstehen die jungen Sporen, die zunächst einkernig sind. 21. Mit dem Wachstum der Sporen Hand in Hand gehen Kernteilungen, die zunächst zu einem vielkernigen, mit kleinen Kernen versehenen, dann zu einem mit wenigen aber großen Kernen versehenen Zustand führen. 150 Walter Bally, 22. Mitotische Kernteilungen wurden nie wahrgenommen, wohl aber Kernknospungen und Heteroschizis. 23. Kernknospung findet sich hauptsächlich in den der Zoo- sporenbildung vorangehenden Stadien. Die Zoosporen bilden sich unabhängig von den Kernen im Cytoplasma. 24. Die von P. Magnus behauptete Antheridien-Oogonien- sexualität konnte nicht bestätigt werden. Die anhaftenden leeren Zellen entsprechen durchaus den „Sammelzellen" A. Fischers. 25. In der Familie der Chytridiaceen lassen sich zwei Reihen unterscheiden. Zu der ersten gehören Formen, die bis zu dem Alter, wo die zur Zoosporenbildung führenden Teilungen einsetzen, einkernig sind; zur zweiten Reihe Formen, bei denen mit dem Wachstum der Zellen Hand in Hand Kernteilungen vor sich gehen. Der ersten Reihe sind Synchytrium und Chrysophlyctis, der zweiten die bis dahin untersuchten Olpidien und Cladochytrien zuzurechnen. 26. Die Chytridiaceen weisen in ihrem Entwicklungsgang am meisten Ähnlichkeit mit den Sporozoen auf, mit denen sie vielleicht durch verwandtschaftliche Beziehungen verbunden sind. 27. Synchytrium Taraxaci veranlaßt ein Anschwellen der von ihm befallenen Wirtszelle, in späteren Stadien eine Auflösung der Wände der benachbarten Zellen, so kommt ein aus wenigen Zellen bestehender Symplast zustande; Chrysophlyctis endohiotica befällt eine Zelle, die sich weiter zu teilen vermag, vom Pilz ausgehende Reize veranlassen die Bildung kataplasmatischer Gallen; Urophlyctis Rühsaameni wohnt in Höhlungen im Innern kataplasmatischer Gallen, die durch die Auflösung der Wände einer großen Anzahl von Zellen entstanden sind. 28. Das Gewebe der kataplasmatischen Gallen setzt sich außer aus Parenchym bei den von Chrysophlyctis befallenen Kartoffeln noch aus einzelnen Tracheiden, bei dem von Urophlyctis befallenen Rumex scutatus aus Speichertracheiden und Sklerenchympartien zusammen. Diese Arbeit wurde begonnen im Botanischen Institut der Landwirtschaftlichen Akademie Bonn-Poppelsdorf, zu Ende geführt im Botanischen Institut der Universität Bonn. Den Vorstehern dieser beiden Institute, Herrn Geheimrat Strasburger und Herrn Professor Körnicke sei auch an dieser Stelle für manchen guten Rat, den sie mir aus dem reichen Schatz ihrer cytologischen Er- fahrung zukommen ließen und für die große Bereitwilligkeit, mit Cytologische Studien an Chytridineen. 151 der sie mir nicht nur die Hilfsmittel der Laboratorien, sondern auch ihre eigenen Bibliotheken zur Verfügung gestellt haben, mein bester Dank ausgesprochen. Bonn, den 31. Mai 1911. Literatur-Verzeichnis. Atkinson, G. F., Some problems in tlie evolution of the lower fungi. Aniiales niyco- logici, 1909, Vol. VII, p. 441. de Bary, A. und Woronin, M., Beitrag zur Kenntnis der Chytridieen. Berichte über die Verhandlungen der naturforschenden Gesellschaft zu Freiburg i. B., 1865, Bd. IJI, Heft II, S. 22. de Bary, A., Vergleichende Morphologie und Biologie der Pilze, Mycetozoen und Bak- terien. Leipzig 1884. Berghs, J., Le noyau et la cinese chez le spirogyra. LaCellule, 1906, T. XXIII, 1. fasc, p. 55. Borgert, A. (00), Untersuchungen über die Fortpflanzung der tripyleen Kadiolarien, speziell von Aulacantha scalymantha, H. I. Teil. Zool. Jahrb., Abt. f. Anatomie u. Ontogenie der Tiere, 1900, Bd. XIV, Heft 2. S. 203. — (09), Dasselbe, II. Teil. Archiv f. Protistenkunde. 1909, Bd. XIV, S. 134. Bloomfield, I. E. and Schwartz, E. I., Some observations on the Tumours on Ve- ronica chamaedrys caused by Sorosxihaera Veronicae. Annais of Botany, 1910, Vol. XXIV, S. 35. Dangeard*), P. A., Recherches histologiques sur les Champignons. Le Botaniste, 1890/91, 2. ser., p. 63. D erschau, M. v., (04), Wanderung nucleolarer Substanz während der Karyokinese und in lokal sich verdickenden Zellen. Ber. d. Dtsch. Bot. Ges., 1904, Bd. XXII, S. 400. — (07), Über Analogien pflanzlicher und tierischer Zellstrukturen. Beih. z. botan. Centralbl., 1907, Bd. XXII, Abt. I, S. 167. — (10), Zur Frage eines Macronucleus in der Pflanzenzelle. Archiv f. Zellforsch., 1910, Bd. IV, S. 254. Doflein, F., Lehrbuch der Protozoenkunde, IL Aufl., Jena 1909. Faworsky, B., NouveUe recherche sur le developpement et la Cytologie du Plasmodio- liliora Brassicae Woron. Memoires de la societe des Naturalistes de Kieff, 1906, T. XX, p. 149 (russisch mit französ. Resume). Fischer, A., Pliycomycetes in Dr. L. Rabenhorsts Kryptogamenflora, 1892, I. Bd., 4. Abt. Georgevitch, P., Zur Nucleolusfrage. Beih. z. Botan. Centralblatt, 1907, Bd. XXIII, Abt. 1„ S. 45. Griggs, R. F., (08), On the Cytology oi Synchytriumlll. The role of the Centrosome in the Reconstruction of the Nucleus. The Ohio Naturalist, 1908, Vol. III, S. 277. — (09 a), Some aspects of amitosis in Synchytrimn. The Botanical Gazette 1909, Vol. XLVII, p. 127. — (09 b), A note on amitosis by constriction in Synchytrium. The Ohio Naturalist, 1909, Vol. IX, p. 513. — (09 c), Mitosis in Synchytritim. The Botanical Gazette, 1909, Vol. XLVIII, p. 339. 1) Diese und andere Arbeiten von Dangeard waren für mich nicht erhältlich. Die Aus- kunftsstelle der kgl. Bibliothek in Berlin gibt an, daß sich die Zeitschrift ,,le botaniste" in keiner preußischen Bibliothek befindet. 152 Walter Bally, Guillierinond, A, (05), Eemavques siir la kar.vokini'se des Ascomycetes. Annales niy- cologici, 1905, Vol. III, p. 343. — (10), La sexualite chez les Champignons. Bulletin scientifique de la France et de la Belgique, 1910, 7. ser., T. XLIV. p. 109, Guttenberg, H. v., (05), Beiträge zur physiologischen Anatomie der Pilzgallen. Leipzig 1905. — (09), Cytologische Studien an 8yi>cliytrii(in -GslUhq. Jahrb. f. wiss. Bot., 1909, Bd. XLVI, S. 453. Harper, E. A., (97), Kernteilung und freie Zellbildung im Ascus. Jahrb. f. wiss. Bot., 1897, Bd. XXX, S. 249. — (99), Cell-Division in Sporangia and asci. Annais of Botauy, 1899, Vol. XIII, p. 467. — (05) Sexual reproduction and the Organization of the nucleus of certain mildews. Carnegie Institution of Washington, No. 37, 1905. Hartmann, M., (09), Autogamie bei Protisten und ihre Bedeutung für das Befruchtungs- problem. Jena 1909. — (11) Die Konstitution der Protistenkerne und ihre Bedeutung für die Zellenlehre. Jena 1911. Jösting (08), Der Kartoffelkrebs, eine bisher in Deutschland unbekannte Krankiieit. Deutsche Landwirtschaftl. Presse, 1908, XXXV. Jahrg., S. 883 u. 923. — (09), Diesjährige Beobachtungen über den Kartoffelkrebs. Deutsche Landwirtsch. Presse, 1909, XXXVI. Jahrg., S. 725. Johnson, T., Chrysophlyctis endobiotica Schub. (Potato wort or Black scab) and other Chytridiaceae. The scientific proceedings of the Koyal Dublin Society, 1909, Vol. XII, p. 131. Klebs, G., Beiträge zur Kenntnis niederer Algenformen. Bot. Zeitg 1881. Körnicke, M., Über Ortsveränderungen von Zellkernen. Sitzungsber. der niederrhein. Gesellschaft, Bonn, 1901. Kusano, S. (07a), On the cytology of SyncJiyiriiun. Centralbl. f. Bakteriologie usw., IL Abt., 1909, Bd. XIX, S. 538. — (07 b), On tlie nucleus of Synchytrium Puerariue Miyabe. The Botanical Maga- zine, 1907, VoL XXI, S. 118. — (08), Studies on a disease of Pueraria caused by Synchytrium Puerariue (Resume einer japanischen Arbeit). The Botanical Magazine, 1908, Vol. XXII, p. 1. — (09), A contribution to the cytology of Synchytrium and its Hosts. Bull, of the College of Agriculture Tokyo Imperial University, 1909, Vol. VIII, p. 79. Küster, E., Pathologische Pflanzenanatomie, Jena 1903. Lagerheini, G. (88), Sur un genre nouveau de Chytridiacees. Journal de botanique, 1888, T. IL — (93), Rhodochytnum nov. gen., eine Übergaugsforni von den Protococcaceen zu den Chytridiaceen, Bot. Zeitg., 1893, S. 43. — (98), Mykologische Studien. I. Beiträge zur Kenntnis der parasitischen Pilze, 1.— 3. Bihaug tili K. Svenska Vet.-Akad. Handlingar, 1898, Bd. 24. Loewenthal, W., Tierversuche mit Plasmadiophora Brassicae und Synchytrium Ta- rnxaci nebst Beiträgen zur Kenntnis der letzteren. Zeitschr. f. Krebsforsch., Bd. III. — (04), Weitere Untersuchungen an Chytridiaceen. Archiv f. Protistenkunde, 1904, Bd. V, S. 221. Lotsy, I. P., Vorträge über botanische Stammesgeschichte, I. Bd. : Algen und Pilze. Jena 1907. Cytologische Studien an Chytridineen. 153 Lüdi, R., Beiträge zur Kenntnis der Chytridiaceen. Hedwigia, 1901, Bd. XL, S. 1. Magnus, P. (88), Das epidemische Auftreten einer Urophli/ctis- Art auf Canim Gan'i. Sitzungsber. d. Gesellsch. naturforsch. Freunde, Jahrg. 1888. — (97) On some species of the genus Urophli/dis. Annais of Botany, 1897, Vol. XI, p. 87. — (Ol), Über eine neue unterirdische lebende Art der Gattung Urophbicüs. Ber. d. Deutsch. Bot. Gesellsch., 1901, Bd. XIX, S. (145). — (02 a). Kurze Bemerkung über Benennung und Verbreitung der TJrophlycfis ho- hemica Bubak. Centralbl. für Bakteriologie usw., II. Abt., 1902, Bd. IX, S. 895. — (02 b). Über die in knolligen Wurzelauswüchsen der Luzerne lebende Urophhjctis. Ber. d. Deutsch. Bot. Gesellsch., 1902, Bd. XX, S. 291. — (03), Ein von F. W. Oliver nachgewiesener fossiler parasitischer Pilz. Ber. d. Deutsch. Bot. Gesellsch., 1903, Bd. XXI, S. 249. Magnus, W., Studien an der endotrophen Mykorrhiza von Neottia nhhts avis L. In.- Dissertation Bonn 1900. Maire, R. (04), Sur l'existence des corps gras dans les noyaux vegetaux. Comptes rendus de la societe de Biologie, 1904, T. LVI, p. 736. — (05), Recherches cytologiques sur quelques Asconiycetes. Annales mycologici, 1905, VoL III, p. 125. Maire, R. et Tisou, A. (09), La Cytologie des Plasmodiophoracöes et la classe des Phytomyxinae. Annales mycologici, 1909, Vol. VII, p. 226. — (10), Sur quelques Plasmodiophoracees. Compt. rend. de l'acad. des sciences 1910. — (11), Recherches sur quelques Cladochytriacees. Comptes rendus de l'Academie des sciences, 1911, T. 152, p. 106. Mano, Th. M., Nucleole et Chromosomes dans le meristeme radiculaire de Solanum tu- berosum et Pliaseolus vulgans. „La Cellule", 1904, T. XXXI, p. 57. Marchai, Emile, Recherches biologiques sur une Chytridinee parasite du Lin. Bruxelles 1901. Miehe, H., Über die Wanderungen des Zellkerns. Flora, 1901, Bd. LXXXVIII. Nawaschin, S., Beobachtungen über den feineren Bau und Umwandlungen von Plas- modiophwa Brassicae "Wor. im Laufe ihres intracellulären Lebens. Flora, 1899, Bd. LXXXVI, S. 404. Nemec, B. (99), Über Kern- und Zellteilung bei Solanum tuberosum. Flora, 1899, Bd. LXXXVI, S. 214. — (10 a), Über die Kernteilung bei C'?a(7ojy/(o;fl. Bulletin international de l'Academie des sciences de Boheme, 1910. — (10 b), Das Problem der Befruchtungsvorgänge und andere cytologische Fragen. Berlin 1910. Olive, E, W., Sexual cell fusions and vegetative nuclear divisions in the rusts. Annais of Botany, 1908, Vol. XXII, p. 331. Pavillard, J., Etat actuel de la protistologie vegetale. Progressus rei botanicae, 1910, Bd. III, p. 474. Percival, .!., Potato „wart" disease: the life history and cytology of Synchytrium endobioticnm fSchilb.) Perc. Centralbl. f. Bakter. usw., 1909, Bd. XXV, p. 439. Petersen, H. E., Contributions n la connaissance des Phycomycetes marins (Chjitridinae Fischer). Oversigt over det kgl. danske videnskabernes Selskaps Forhandlinger, 1905, p. 439. 154 Walter Bally, Eosen, F., Beiträge zur Kenntnis der Pflanzenzellen, I — III. Colins Beiträge zur Bio- logie der Pflanzen, 1892 (I, II), 1895 (III). Kytz, W., Beiträge zur Kenntnis der Gattung Synchytrium. Iii.-Diss. Bern 1907. Schilbersky, K., Ein neuer Schorfparasit der Kartoffelknollen. Berichte d. Deutsch. Bot. Ges., 1896, Bd. XIV, S. 36. Schneider, G., Eine eigenartige neue Kartoffelkrankheit in Deutschland. Deutsche Landwirtschaftl. Presse, 1908, Jahrg. 35, p. 832. Schroeter, J. (82), Untersuchungen über die Pilzgattung Physodenna. Bot. Central- blatt, 1882, Bd. XI, S. 219. — (97), Chyfridineae in Engler und Prantl „Die natürlichen Pflanzenfamilien", 1897, Teil I, Abt. 1, S. 64. Shibata, K., Cytologische Studien über die endotrophen Mycorrhizen. Jahrb. f. wiss. Bot., 1902, Bd. XXXVII, S. 643. Sorauer (Lindau und Reh), Handbuch der Pflanzenkrankheiten, Bd. II. Berlin 1906. Stämpfli, R., Untersuchungen über die Deformationen, welche bei einigen Pflanzen durch Uredineen hervorgerufen werden. In.-Diss. Bern 1909. Stevens, P. L. and A. C. (03), Mitosis in the primary nucleus in Synchytrium de- cipiens. The Botanical Gazette, 1903, Vol. XXXV, p. 405. Stevens, F. L. (07), Some remarcable nuclear structures in Synchytrium. Annales Mycologici, 1907, Vol. V, p. 480. Stift, A., Über die im Jahre 1909 veröffentlichten bemerkenswerten Arbeiten und Mit- teilungen auf dem Gebiete der Zuckerrüben- und Kartoffelkrankheiten. Centralbl. für Bakteriologie usw., II. Abt., 1910, Bd. XXVI, S. 520. Strasburger, E. (00), Über Reduktionsteilung, Spindelbildung, Centrosomen und Cilien- bildner im Pflanzenreich. Histologische Beiträge, Heft VI, Jena 1900. — (02), Das botanische Praktikum, 4. Aufl., Jena 1902. — (07), Die Ontogenie der Zelle seit 1875. Progressus rei botanicae, 1907, I, p. 1. Tischler, G. (Ol), Über Heteroderagallen an den Wurzeln von Circaea lutetiana L. Ber. d. Deutsch. Botan. Ges., 1901, Bd. XIX, S. (95). Tischler, G. und Eriksson, I. (04a), Über das vegetative Leben der Getreiderost- pilze, I. Kongl. Svenska Vetenskaps-Akademiens Handlinger, 1904, Bd. XXXVII. — (04 b) Kurzer Bericht über die von Eriksson und mir ausgeführten Untersuchungen über das vegetative Leben des Gelbrostes (Puccinia glumanim Erikss. et Hern.). Biolog. Centralbl., 1904, Bd. XXIV, S. 417. Timberlake, H. G., Development and .structure of the swarmspores of Hydrodictyon. Transactions of the Wisconsin Academy of sciences, 1902, Vol. XIII, S. 486. Vuillemin, P., Las bases actuelles de la systematique en mycologie. Progressus rei botanicae, 1908, II, p. 1. Wager, H., The nucleolus and nuclear divisions in the root apex of Phaseolns. Annais of Botany, 1904, Vol. XVIII, p. 31. Wett stein, R. v., Handbuch der systematischen Botanik, IL Aufl. Leipzig u. Wien 1911. Zopf, W. (84), Zur Kenntnis der Phycomyceten. I. Zur Morphologie und Biologie der Ancylisteen und Chytridiaceen, zugleich ein Beitrag zur Phytopathologie. Nova Acta der Kais. Leop.-Carol.-Akad. d. Naturforscli., 1884, Bd. XLVII, S. 143. — (87), Über einige niedere Algenpilze (Phycomyceten) und eine neue Methode, ihre Keime aus dem Wasser zu isolieren. Halle 1887. Zacharias, E., Die chemische Beschaffenheit von Protoplasma und Zellkern. Pro- gressus rei botanicae, 1909, III, p. 67. Cytologische Studien an Chytridineen. 156 Figuren -Erklärung. Alle Figuren sind mit dem Abb eschen Zeiclienapparat an einem Zeißschen Mikro- skop entworfen. Die Vergrößerungen werden bei jeder Figur angeführt. Zuerst das Objektiv (AA, DD apocliromatische Immersion 1,5 mm Brennweite, Apertur 1,30). Dann das Ocular (Huygensche Oculare 2, 4, Compensationsoculare 6, 12, 18). "Wo nichts anderes angegeben ist, sind die betreffenden Präparate mit Eisenalaun-Hämotoxylin gefärbt. Synchytrium Taraxaci (Taf. I, II). Tafel I: Fig 1 A und B. Einkernige Spore in der Wirtszelle. Zwei aufeinanderfolgende Schnitte. Ap. Imm. 6. Fig. 2. Kern derselben Wirtszelle. Ap. Imm. 12. Fig. 3 — 5. Einkernige Sporen, den Austritt des Chromatins aus dem Nucleolus in die Kernhöhle und von da ins Cytoplasma zeigend. Ap. Imm. 12. Eig. 6. Zwei Kerne aus einer älteren Spore, die in ihrem Cytoplasma Chromidien aufweist. Ap. Imm. 12. Fig. 7. Ein Kern aus derselben Spore, der ein Chromidium abgibt. Ap. Imm. 18. Fig. 8. Vielkerniges Stadium mit einem sehr großen und vielen kleinen Nunlei. 4 DD. Fig. 9. Der große Nucleus derselben Spore. Ap. Imm. 12. Fig. 10. Verschieden große Kerne aus einer anderen Spore. Ap. Imm. 12. Fig. 11. Ruhende Kerne im zerklüfteten Sorus. Ap. Imm. 18. Tafel II: Fig. 12 — 29. Kernteilungen im unzerklüfteten Sorus. Fig. 12, 13. Beginn der Prophase, Fig. 12 Ap. Imm. 12, Fig. 13 Ap. Imm. 18. Fig. 14 — 20. Spätere Prophasen. Ap. Imm. 18. Fig. 21 — 24. Metaphasen. Ap. Imm. 18. Fig. 25. Metaphasen aus einem älteren Sorus. Ap. Imm. 18. Fig. 26, 27. Anapliasen. Fig. 26 Ap. Imm. 18, Fig. 27 Ap. Imm. 12. Fig. 28, 29. Telophasen. Fig. 28 Ap. Imm. 12, Fig. 29 Ap. Imm. 18. Fig. 30. Beginn der Zerklüftung. Ap. Imm. 12, 36. Fig. 31 — 43. Kernteilungen in den Sporangien des zerklüfteten Sorus. Fig. 31 — 35. Prophasen. Fig. 31, 33 Ap. Imm. 12, Fig. 32, 34, 35 Ap. Imm. 18. Fig. 36, 37. Metaphasen. Ap. Imm. 18. Fig. 38 — 41. Anaphasen. Fig. 38, 40 Ap. Imm. 12, Fig. 39, 41 Ap. Imm. 18. Fig. 42. Neu gebildete Kerne, im Cytoplasma Reste der Spindel. Ap. Imm. 12. Fig. 43. Bildung der Zoosporen. Ap. Imm. 18. Chrysophlyctis endobiotica (Taf. III, IV). Tafel III: Fig. 44, 45, 47. Junge Infektionsstadien, bei Fig. 44 zeigen die Sporen Jioch keine Membran. Ap. Imm. 12. Fig. 46. Einzelne junge Sporen mit amöboiden Umrissen. Färbung nach Pianese. Ap. Imm. 12. Fig. 48. Etwas ältere Spore. Ap. Imm. 12. Fig. 49, 50. Eine jüngere (49) und eine ältere Spore aus einem mit Flemmingschem Gremisch fixierten, ungebleichten Präparat. Ap. Imm. 12. Fig. 51, 52. Kernteilungen der von GhrysophlycUshdaWenen Wirtszellen. Ap.Imm. 12. Fig. 53. Dauersporangien mit noch intaktem Primärkern. Ap. Imm. 12. 156 Walter Bally, Cytologische Stmlien an Chytridineen. Tafel IV. Fig. .54. Chromidienabgabe aus dem Primärkern. Ap. Imm. 18. Fig. 55. Fertig ausgebildetes Dauersporangium. Ap. Imm. 12. Fig. 56, 57. Geschrumpfte Kerne aus Dauersporangien. Ap. Imm. 18. Fig. 58. Dauersporangium aus einem mit Phloroglucin-Salzsäure behandelten Prä- parat. DD 4. Fig. 59. Zoosporen. Ap. Imm. 18. Fig. 60. Zoosporen aus einem mit Flemmingschem Gemisch fixierten ungebleichten Präparat. Ap. Imm. 18. Fig. 61. Sporangium mit drei großen und vielen kleinen Kernen. DD 12. Fig. 62 a und b. Zwei große, aus demselben Sporangium stammende Kerne. Ap. Imm. 12. Fig. 63. Mehrkerniges, mit verschieden großen Kernen versehenes Sporangium. DD. 12. Fig. 64. Mehrkerniges, mit gleich großen Kernen versehenes Sporangium Ap. Imm. 12. Fig. 65. Sporangiensorus. Ap. Imm. 12. XJrophlijctis Rühsaameni (Taf. V). Tafel V. Fig. 66, 67. Herauspräparierte Zellen mit Mycel, scheinbare Copulationen zeigend, ungefärbt. 4 DD. Fig. 68. Keimendes Dauersporangium. 4 DD. Fig. 69. Zoospore mit Osmiumdämpfen behandelt. 12 DD. Fig. 70. Übersicht über eine Höhlung aus dem Innern einer Galle. Mycel, junge Sporen, fertig ausgebildete Sporangien und angeschwollene Kerne der Wirtszellen zeigend. 2 AA. Fig. 71. Frisch infizierte Zellen mit verdickten Wänden, im Innern ein Hyphen- gefleeht aufweisend. Fig. 72. Einkernige Sporen. Ap. Imm. 12. Fig. 73 — 76. Ältere Sporen. Ap. Imm. 12. Fig. 77. Ältere Sporen mit paarweise genäherten Kernen. Ap. Imm. 12. Fig. 78 — 80. Heteroschizis. Ap. Imm. 12. Fig. 81. Zwei ältere Sporen, zwischen denen der Kern der Wirtszelle eingeklemmt wird. In der unteren Spore Kernknospung. Ap. Imm. 12. Fig. 82. Degenerierende Spore. Ap. Imm. 12. Fig. 83, 84. Kernknospung, bei Fig. 84 Beginn der Zoosporenbildung. Ap. Imm. 12. Fig. 85. Heteroschizis, im Cytoplasma zahlreiche Chromidien. Ap. Imm. 12. Fig. 86. Zoosporenbildung. Ap. Imm. 12. Fig. 87. Älteres Sporangium mit Fetttropfen. Ap. Imm. 12. Fig. 88. Jüngere Spore mit anhaftender entleerter „ Sammelzelle ". Ap. Imm. 12. Fig. 89. Normaler Zellkern von Rumex scidatus. Ap. Imm. 12. Fig. 90. Unter dem Einfluß des Parasiten veränderter, von Hyphen umgebener Kern von Rumex scufatus. Ap. Imm. 12. über die Einwirkung der Gärungsprodukte und der Phosphate auf die Pflanzenatmung. Von S. Kostytschew und A. Scheloumow. Einleitung. Die Erforschung des Zusammenhanges der Sauerstoffatmuug der Pflanzen mit der Alkoholgärung ist von großer Bedeutung für die Pflanzenchemie, da die Lösung dieses Problems mit der Auf- klärung des Mechanismus des Atmungsprozesses zusammenhängt. Diese wichtige Frage hat sich zurzeit etwas verwickelt durch den Befund, daß sowohl die Sauerstoffatmung, als die Alkoholgärung, den neueren Ergebnissen zufolge, von den Phosphaten abhängen. Im Interesse einer planmäßigen weiteren Bearbeitung dieses Gegen- standes erscheint es nunmehr als notwendig, eine Zusammenfassung der bisher bekannt gewordenen einschlägigen Tatsachen zu geben, das experimentell Begründete von dem Hyjjothetischen zu trennen und die Wahrscheinlichkeit des letzteren zu beurteilen. Wie bekannt, bilden Kohlenhydrate das hauptsächlichste Material für die Pflanzenatmung. Bereits Pfeffer ') und alsdann Wortmann ^) hielten jedoch eine direkte Oxydation der Zucker- arten für nicht möglich und setzten voraus, daß die primäre Phase der Atmung nichts anderes ist, als eine Spaltung der Zuckermole- küle, die auch bei Sauerstoffabschluß fortdauert. Späterhin ergab es sich, daß diese primäre Zuckerspaltung bei den meisten Pflanzen mit der Alkoholgärung identisch ist^). Die Alkoholgärung der 1) W. Pfeffer, Landwirtschaftliche Jahrbücher, 1878, Bd. 7, S. 805. 2) Wortmann, Arbeiten des botan. Instituts zu Würzburg, 1880, Bd. 2, S. 500. 3) Godlewski und Polzeniusz, Bulletin de rAcademie des sciences de Cracovie, 1897, S. 267 und 1901, S. 227; Godlewski, ebenda, 1904, S. 115; Nabokich, Bo- tanische Berichte, 1903, Bd. 21, S. 398; Kostytschew, ebenda, 1907, Bd. 25, S. 44. 158 S- Kostytschew und A. Scheloumow, Samenpflanzen wird in gleicher Weise wie die Alkoholgärung der Hefepilze durch Zymase hervorgerufen ') und erlischt also nicht immer nach der Abtötung der Pflanzen. Die neueren Unter- suchungen haben dargetan, daß Zymase in abgetöteten Pflanzen nicht nur bei Sauerstoffabschluß, sondern auch bei vollkommenem Sauerstoflfzutritt wirksam bleibt^). Beachtenswert ist auch der Um- stand, daß die verschiedenen unter ganz normalen Aerationsverhält- nissen vegetierenden Samenpflanzen nach Abtötung zymasehaltige Präparate liefern^). In Anbetracht dieser Tatsachen hätte man erwarten können, daß in lebenden Pflanzen fortwährend Äthylalkohol aus Zucker entsteht. Um so merkwürdiger erscheint es demnach, daß in nor- mal vegetierenden Samenpflanzen keine oder nur minimale Alkohol- mengen aufgefunden waren. Ein schönes Beispiel hierfür geben Erbsensamen. Durch niedere Temperatur getötete Samen bilden sowohl bei Sauerstoffzutritt, als bei Sauerstoffabschluß bedeutende Mengen von Äthylalkohol*). Lebende Samen bilden den Alkohol nur bei Sauerstoffmangel''); die Alkoholproduktion der lebenden Samen wird also durch molekularen Sauerstoff vollständig unter- drückt. Wie ist dieser Befund zu erklären? Es ist wohl zu be- achten, daß die meisten Samenpflanzen fortwährend bei tadelloser Aeration leben; infolgedessen ist die Annahme, daß ein allgemein verbreitetes, aber nur für anaerobe Lebensverhältnisse notwendiges Ferment bei Luftzutritt als Reserveferment vorgebildet wird und also in den meisten Pflanzen überhaupt nicht zur Wirkung kommt, unbedingt abzuweisen; eine derartige Voraussetzung wider- spricht allen unseren Vorstellungen über die Bildung und Bedeutung der Fermente. Die einzig mögliche Deutung der Vorgänge ist also die folgende: die Produkte der Zymasegärung werden bei den Oxydationsvorgängen verbraucht. Diese Anschauung stimmt mit den Resultaten der Untersuchungen über oxydierende Fermente gut 1) Stoklasa und Cerny, Chemische Berichte, 1903, Bd. 36, S. 622; Stoklasa, V. Intern. Kongreß für augew. Chemie, 3. Juni 1903; Pflügers Archiv f. Physiologie, 1904, Bd. 101, S. 311; Stoklasa, Jelinek und Vitek, Hofmeist. Beiträge, 1903, Bd. 3, S. 460. 2) Pallad in und Kostytschew, Zeitschrift für physiologische Chemie, 1906, Bd. 48, S. 214. 3) Palladin und Kostytschew, a.a.O.; Stoklasa, Ernest u. Chocensky, Zeitschr. f. physiol. Chemie, 1907, Bd. 50, S. 303. 4) Palladin und Kostytschew, a. a. 0. 5) Kostytschew, Biochem. Zeitschr., 1908, Bd. 15, S. 174. über die Einwirkung der Gärungsprodukte und der Phosphate usw. 159 überein. Die Entdeckung der Oxydasen in Pflanzen hatte ein so großes Aufsehen seitens der Physiologen gewiß nur darum erregt, weil man den Oxydasen eine wichtige Rolle am Atmungsprozesse, dem bedeutungsvollsten Lebensvorgange zumutete. Weitere Unter- suchungen ergaben jedoch, daß Oxydasen nicht imstande sind, Zucker direkt anzugreifen^). Die meisten aus Pflanzen isolierten oxydierenden Agentien können selbst unbeständige Phenolderivate nicht zu den Endprodukten der Atmung oxydieren^). Die Annahme, daß Oxydasen am Atmungsprozesse beteiligt sind, können wir also nur unter folgender Voraussetzung akzeptieren: eine primäre Spal- tung der Zuckermoleküle führt zur Bildung der labilen leicht oxy- dierbaren Verbindungen; letztere werden alsdann durch Eingreifen der oxydierenden Fermente zu den Endprodukten der Atmung verbrannt. Vor einiger Zeit hat einer von uns tatsächlich gefunden, daß die aus Weizenkeimen dargestellte Peroxydase eine stark oxydierende Wirkung hat auf Zuckerlösungen, welche während einiger Zeit durch zymasereiche Dauerhefe behandelt worden waren. Die Oxy- dation schritt bis zur ausgiebigen CO2 - Bildung fort. Dieselben Peroxydasepräparate übten jedoch unter denselben Bedingungen keine Wirkung auf unvergorenen Traubenzucker aus^). Diese Re- sultate zeigen, daß oxydierende Pflanzenfermente imstande sind, eine totale (zur COs-Bildung schreitende) Oxydation der Pflanzenstoffe zu bewirken. Sehr beachtenswert ist der Umstand, daß namentlich Stofi"e, welche in zymasereichen Objekten enthalten bezw. gebildet sind, durch Peroxydase zu COo oxydiert werden können. Nun fragt es sich, welche Produkte der Zymasewirkung bei der Sauerstoffatmung verbrannt werden? Nach eigenen Versuchen^) findet gar keine Oxydation des Äthylalkohols in Weizensamen und Weizenkeimen statt; die Atmung der genannten Objekte erfolgt 1) Portier, Les oxydases dans la serie aniniale, 1897. 2) Bertrand, Comptes rendus, 1896, Bd. 122, S. 11.32. ,3) Kostytschew, Zeitschr. f. physiol. Chemie, 1910, Bd. 67, S. HG. In dieser Mitteilung sind die wichtigsten Literaturangaben über den Meehanismus der physiologischen Oxydations Vorgänge zusaniniengestellt. 4) Kostytschew, Bioehem. Zeitschr., 1908, Bd. 15, S. 181. Auch mit anderen Objekten wurden übereinstimmende Resultate von Wehmer (Centralbl. f. ßakt., Abt. II, 1905, Bd. 14, S. 556) und Maze et Perrier (Ännales de l'Inst. Pasteur, 1904, Bd. 18, S. 740) erzielt. Jahib. f. wies. Botanik. L. 11 160 S. Kostytschew und A. Scheloumow, aber auf Kosten von Traubenzucker; es ist also einleuchtend, daß Äthylalkohol kein Zwischenprodukt der Zuckerveratmung darstellt. Auch in Erbsensamen ist höchstens eine unvollkommene Oxydation des Alkohols anzunehmen^). Überblicken wir die Gesamtheit der eben besprochenen expe- rimentell begründeten Tatsachen, so ergibt sich folgendes: 1. Die Alkoholgärung der Samenpflanzen wird durch Zymase hervorgerufen. In getöteten Pflanzen wird sowohl bei Sauerstofi"- abschluß als bei Sauerstoff"zutritt Äthylalkohol gebildet. Die Tätig- keit der Zymase ist also an und für sich vom Luftsauerstojßf un- abhängig. 2. In lebenden Pflanzen findet Alkoholbildung nur bei Sauerstoffmangel statt. 3. Zymase begleitende Stoffe können durch Peroxydase zu den Endprodukten der Sauerstofi^atmung oxydiert werden. Trauben- zucker wird bei derselben Behandlung zu CO^ nicht oxydiert. 4. Äthylalkohol wird durch die bisher untersuchten Pflanzen zu den Endprodukten der Atmung nicht oxydiert. Wir sehen also, daß, obwohl eine Oxydation des Alkohols ausbleibt, letzterer dennoch in zymasehaltigen Samenpflanzen bei Sauerstoffzutritt nicht zu finden ist; es ist hiernach die Voraus- setzung sehr plausibel, daß intermediäre Gärungsprodukte bei der Sauerstoffatraung zu CO^ und H^O verbrannt werden, bevor noch Alkoholbildung aus Zucker erfolgt. Diese Ansicht liefert eine be- friedigende Aufklärung der gesamten oben zusammengestellten Tat- sachen und ist auch von vornherein sehr wahrscheinlich: nach der bekannten Ostwaldschen Regel sind primäre Produkte der kom- plizierten Reaktionen immer die am leichtesten entstehenden, also labilen, Verbindungen; solche Stoffe sind oft leicht oxydierbar. Äthylalkohol wird dagegen schwerer oxydiert als Zuckerarten; eine bis zur Bildung von Endprodukten fortschreitende Zymasegärung sollte also die Zuckeroxydation nicht befördern, sondern vielmehr beeinträchtigen. Diese von einem von uns'") ausführlich dargelegte Hypothese kann zurzeit noch nicht endgültig bewiesen werden. Da der Mecha- nismus der Alkoholgärung nicht aufgeklärt ist, so sind wir nicht 1) Kostytschew, Biochem. Zeitsclir., 1908, Bd. 15, S. 178. 2) S. Kostytschew, Biochem. Zeitschr., 1908, Bd. 1.5, S. 187 und 1909, Bd. 23, S. 137; Zeitschr. f. physiol. Chemie, 1910, Bd. 67, S. 116. über die Einwirkung der Gärungsprodukte und der Pliosphate usw. 161 imstande, die intermediären Gärungsprodukte zu isolieren und die Verarbeitung dieser Stoffe bei der Sauerstoffatmung zu untersuchen; nur diese und keine andere Methode könnte aber einen exakten Nachweis obiger Hypothese liefern. Die Wichtigkeit der Frage nach dem Mechanismus der Zucker- veratmung hat einen von uns') bewogen, die Anteilnahme inter- mediärer Gärungsprodukte am Atmungsprozesse vorläufig durch indirekte Versuche zu prüfen. Diese Untersuchung ergab, daß fermentativ vergorene Zuckerlösungen eine stark stimulierende Wir- kung ausüben auf die COa-Produktion der Weizenkeime bei Sauer- stoffzutritt. Der Aufschwung der GOa-Abscheidung war in diesem Falle bedeutend größer, als bei Anwendung von nicht vergorenen Zuckerlösungen, welche die Atmung der Weizenkeime ebenfalls befördern. Nach den Angaben von A. Lebedew^) sind aber in fermentativ vergorenen Zuckerlösungen intermediäre Gärungsprodukte enthalten, da der Zuckerverbrauch bei Abwesenheit von lebenden Hefezellen schneller erfolgt, als die COi- Produktion; dies beweist also, daß ein Teil der Zuckermoleküle nicht zu den Endprodukten der alkoholischen Gärung zerspalten wird. Bereits früher hat E. Buchner'') gefunden, daß bei der zellfreien Zymasegärung die Summe der Mengen von CO2 und Alkohol immer bedeutend ge- ringer ist als die Menge des verschwundenen Zuckers. Dieses Resultat ist durchaus begreiflich: nach der Abtötung der Hefezellen wird die regulierende Tätigkeit des Protoplasmas aufgehoben und die Korrelation der Leistungen einzelner Fermente gestört; infolge- dessen verläuft der Gärungsvorgang nicht so glatt wie in lebenden Zellen. Das Auftreten intermediärer Produkte der komplizierten biochemischen Reaktionen nach dem Abtöten des lebenden Plasmas ist von großer Wichtigkeit für die Erforschung des Chemismus der- jenigen vitalen Vorgänge, welche vom Standpunkte der modernen Chemie aus noch ziemlich rätselhaft erscheinen. Nachdem der Befund gemacht worden war, daß fermentativ vergorene Zuckerlösungen die Sauerstoff atmung der Weizenkeime ntark stimulieren, tauchte die Frage auf, ob der Aufschwung der COi -Produktion wirklich auf Oxydationsvorgänge zurückzuführen ist. Es ist wohl zu beachten, daß eine Steigerung der COo-Pro- 1) Vgl. Anm. 2 auf S. 160. 2) A. Lebedew, Biochem. Zeitschr., 1908, Bd. 10, 8. 4r)4. 3) E. Buchner, H. Bucliner und M. Habu, Die Zymasegärung, 1903, S. 210. 11* 162 S. Kostytschew und A. Schelonmow, duktion der Weizenkeime durch intermediäre Gärungsprodukte auch bei Sauerstoffabschluß bestimmt zu erwarten wäre, und zwar wegen totaler Vergärung der labilen Gärungsprodukte durch die Zymase der Weizenkeime unter Bildung von Äthylalkohol und Kohlendioxyd. Dieser Vorgang hat selbstverständlich mit meiner Hypothese nichts zu tun. Direkte Alkoholbestimmungen ergaben jedoch^), daß der durch vergorene Zuckerlösungen verursachte Aufschwung der COä- Produktion der Weizenkeime bei normalen Aerationsverhältnissen von einer Alkoholbildung nicht begleitet wird; hieraus ist ersichtlich, daß auch der Überschuß von gebildetem Kohlendioxyd nicht auf anaeroben Vorgang der Alkoholgärung zurückzuführen ist, sondern von den Oxydationskonzentrationen herrührt. Die in den soeben erwähnten Versuchen verwendeten vergorenen Zuckerlösungen enthielten meistens etwa 3Vo Na2HP04, waren aber vor dem Gebrauche neutral gemacht. Der Zusatz von Natrium- phosphat erfolgte auf Grund der bekannten Tatsache, daß die Alkoholgärung durch Phosphate bedeutend stimuliert wird. Nach den Angaben von Wroblewski ^), Harden und Young^) und Buchner und Antoni*) haben anorganische Phosphate eine stark befördernde Wirkung auf fermentative Alkoholgärung. Buchner und Antoni setzten voraus, daß Phosphate ein Koferment für Zymase bilden. Weitere ausführliche Untersuchungen von Harden und Young^) haben dargetan, daß Phosphate und Zuckerarten in eine esterartige Verbindung treten und daß namentlich diese Ver- bindung als ein Koferment der Zymase anzusehen ist. L. Iwan off'') hat die Bildung der organischen phosphorhaltigen Substanz bei der fermentativen Gärung bestätigt; dieser Forscher behauptet aber, daß die genannte Verbindung eine Triosephosphorsäure und somit ein intermediäres Gärungsprodukt vorstellt. Die Analysen von 1) Kostytschew, Biochem. Zeitschr., 1909, Bd. 23, S. 137. 2) Wroblewski, Journal f. prakt. Chemie, 1901, Bd. 64, S. 1. 3) Harden and Young, Proceed. of the physiol. soc. Nov. 1904; Proceed. of the Koyal soc, 1906, Bd. 77, S. 405. 4) Bu ebner und Antoni, Zeitschr. f. physiol. Chemie, 1905, Bd. 46, S. 136. 5) Harden and Young, Proceed. of the Royal Soc, 1906, Bd. 77, S. 405; 1906, Bd. 78, S. 369; 1908, Bd. 80, S. 299; 1909, Bd. 81, S. 336; Centralbl. f. Bak- teriologie, Abt. II, 1910, Bd. 26, S. 178. 6) L. Iwanoff, Zeitschr. f. physiol. Chem., 1907, Bd. 50, S. 281; Centralbl. f. Bakt., Abt. II, 1909, Bd. 24, S. 1. über die Einwirkunj;: der Gärungsprodukte und der Phosphate usw. 163 Young') und A. Lebedew") beweisen jedoch, daß die fragliche Substanz als eine Hexosephosphorsäure anzusehen ist. Die neuesten Mitteilungen von Harden und Young ^) und namentlich von Young*) sind als ausschlaggebend zu betrachten. Nach den treff- lichen Untersuchungen der englischen Forscher handelt es sich um eine Verbindung von Hexose mit zwei Phosphorsäureresten von der Formel C6Hio04(PHä04)2, Glukose, Fruktose und Mannose bilden eine und dieselbe Hexosephosphorsäure, welche bei der Hydrolyse immer nur Fruktose und Phosphorsäure liefert. Es ist also ersichtlich, daß Phosphate den Vorgang der Al- koholgärung stark befördern, und es wäre hiernach die Annahme nicht unwahrscheinlich, daß der mit der Alkoholgärung zusammen- hängende Atmungsprozeß durch Phosphate ebenfalls stimuliert werden könnte. Dieser Gedanke veranlaßte mich zu prüfen, ob nicht namentlich Phosphate den wirksamen Bestandteil der ver- gorenen Lösungen ausmachten, welche in meinen Versuchen die Sauerstoffatmung so stark stimulierten^). Eine direkte Unter- suchung der Einwirkung der Phosphate auf die Sauerstoffatmung der Weizenkeime ergab jedoch negatives Resultat*^): weder anorga- nische Phosphate, noch die nach den Angaben von L. Iwanoff^) aus vergorenen Zuckerlösungen isolierte Hexosephosphorsäure übten dieselbe Wirkung aus, wie total verwendete vergorene Zucker- lösungen. Anorganische Phosphate haben den Atmungsprozeß über- haupt nicht stimuliert; die Einwirkung der Hexosephosphorsäure war ziemlich schwach und konnte einfach auf die Einwirkung der Kohlenhydratgruppe der esterartigen Verbindung zurückgeführt werden: freie Glukose bewirkte ebenfalls eine Steigerung der CO-j- Produktion der Weizenkeime; die befördernde Wirkung der ver- gorenen Lösungen war aber bedeutend stärker als diejenige von Glukose oder von Hexosephosphorsäure. Späterhin wurde die Frage nach der Einwirkung der Phosphate 1) Young, Proceed. of the Cheni. Soc, 1907, Bd. 23, S. 65; Proc. Royal Soc, 1009, Bd. 81, S. 528. 2) A. Lebedew, Biochem. Zeitschr., 1909, Bd. 20, S. 114, 1910, Bd. 28, S. 213. 3) Harden und Young, Biochem. Zeitschr., 1911, Bd. 32, S. 173. 4) Young, Biochem. Zeitschr., 1911, Bd. 32, S. 177. 5) S. Kostytschew, Biochem. Zeitschr., 1908, Bd. 15, S. 187. 6) S. Kostytschew, Biochem. Zeitschr., 1908, Bd. 15, S. 190. 7) L. Iwanoff, Zeitschr, f. physiol. Chemie, 1906, Bd. 50, S. 281. \(y4. S- Kostytschew uml A. Schelouniow, auf (He Sauerstoffatnmiig der Pflanzen von N. Iwanuff), L. Iwa- noff-) und Zaleski und Reinhard"') in Angriff genommen. Die genannten Forscher haben gefunden, daß Phosphate die Atmung von Weizenkeimen und anderen abgetöteten Pflanzen stimulieren. Diese Resultate widersprechen im allgemeinen den Ergebnissen meiner früher publizierten Untersuchung^). Die Aufklärung dieses Widerspruchs bildet eine der Aufgaben der vorliegenden Mitteilung. N. Iwan off hat dargetan, daß nur alkalisch reagierendes Di- natriumphosphat eine Steigerung der COi-Abscheidung der Weizeii- keime bewirkt, während sauer reagierendes Monokalium])hosphat inaktiv bleibt, oder gar eine Hemmung der COi-Produktion hervor- ruft. Zaleski und Reinhard haben ganz analoge Resultate zu verzeichnen. L. Iwan off will durch verdünnte (0,4-proz.) Lösungen von NaHäP04 und KH. POi eine Steigerung der CO2 -Produktion der Weizenkeime bewirken können Was nun die Erklärung der Wirkungsweise der Phosphate auf die Atmung der Samenpflanzen anbelangt, so sind die oben zitierten Autoren darüber miteinander nicht einverstanden. Zaleski und Reinhard haben gefunden, daß die Steigerung der CO2- Produktion bei Sauerstoffzutritt beträcht- licher ist als bei Sauerstoffabschluß, und ziehen hieraus den Schluß, daß Phosphate sowohl die anaerobe Atmung, d. h. die Alkohol- gärung, als auch die Oxydationsvorgänge der Weizenkeime be- fördern. N. Iwanoff und L. Iwanoff behaupten dagegen, daß anorganische Phosphate nur die anaerobe COo- Ausscheidung von Weizenkeimen und anderen Pflanzen stimulieren. Diese Schluß- folgerung stützt sich nur auf die Tatsache, daß eine Steigerung der COo-Produktion durch Phosphate sowohl bei Sauerstoffzutritt, als bei Sauerstoffabschluß eintritt. Es ist dies aber keine reelle Be- gründung! Sekundäre Phosphate können angeblich verschiedenartige Fermente stimulieren. Die Beförderung der Zymaseleistung durch Phosphate ist festgestellt; die Steigerung der anaeroben COo -Pro- duktion der Weizenkeime ist also leicht begreiflich. Nach den ausführlichen Untersuchungen von J. Wolff'^) werden aber sowohl fermentative als nicht fermentative Oxydationsreaktionen durch se- 1) N. Iwanoff , Bulletin de l'Acadeniie des sciences de St. Petersbourg, 1910, S. 303. 2) L Iwanoff, Biochera. Zeitschr., 1910, Bd. 25, S. 171. 3) Zaleski und Reinhard, Biochem. Zeitschr., 1910, Bd. 27, S. 4.50. 4) Kostytschew, a. a. 0. 5) J. Wolff, Contribution ä la connaissance de divers phenomenes oxydasiiiues naturels et artificiels, Laval, 1910, über die Einwirkung der Gärungsprodukte und der Phosphate usw. 165 kuudäre Phosphate ebenfalls stark befördert; diese Stimulation der Oxydationsvorgänge kann in Weizenkeinien selbstverständlich nur bei Sauerstoffziitritt stattfinden. Wäre nur die anaerobe COi- Ab- spaltung durch Phosphate beschleunigt, so sollten sowohl bei Sauerstoffzutritt, als bei Sauerstoffabschluß gleiche Mengen des überschüssigen Kohlendioxyds gebildet werden, wie es Zaleski und Reinhard mit Recht betonen. Die genannten Forscher weisen darauf hin, daß noch andere Fermente, und zwar namentlich Kata- lase und Reduktase durch sekundäre Phosphate beträchtlich stimu- liert werden^). L. Iwan off will außerdem aus seinen Versuchen den Schluß ziehen, daß die Steigerung der CO^- Produktion, welche einer von uns-') an Weizenkeimen unter dem Einfluß vergorener Lösungen beobachtete, nicht durch Gärungsprodukte, sondern durch Phosphate bewirkt worden war und auf eine Stimulation der anaeroben At- mung der Weizenkeime bei gutem Sauerstoffzutritt zurückzuführen ist. Im experimentellen Teil der vorliegenden Mitteilung wird dar- getan werden, daß der Einfluß vergorener Zuckerlösungen schlechter- dings nicht von den Phosphaten abhängt; wir wollen also einstweilen auf diesen Punkt nicht näher eingehen. Was nun die Schluß- folgerung L. Iwanoffs anbelangt, daß vergorene Zuckerlösungen und Phosphate nur die anaerobe CO2- Produktion, d. h. die alko- holische Gärung der Weizenkeime stimulieren, so haben wir bereits darauf hingewiesen, daß diese Voraussetzung nicht begründet ist. L. Iwan off kennt allerdings die einschlägigen Untersuchungen von J, Wolff^) gar nicht, da er die genannte Arbeit nicht einmal er- wähnt. Ich*) habe außerdem schon früher darauf aufmerksam ge- macht, daß die Annahme L. Iwanoffs meinen Resultaten direkt widerspricht: ich hatte gefunden^), daß die durch vergorene Zucker- lösungen gesteigerte COa-Produktion ohne Alkoholbildung stattfindet und folglich nicht als eine Steigerung der alkoholischen Gärung anzusehen ist. In seiner zweiten Mitteilung polemischen Inhaltes beantwortet L. Iwan off diesen Einwand auf folgende Weise: 1; Zaleski und Reinhard, a. a. 0., S. 472. 2) S. Kostytschew, Biochemische Zeitschrift, 1908, Bd. 15, S. 188; 1909, Bd. 23, S. 137. 3) J. Wolff, a. a. 0. 4) S. Kostytschew, Biocheni. Zeitsctir., 1910, Bd. 27, S. 326. 5) S. Kostytschew, Biocheni. Zeitschr., 1909, Bd. 23, S. 140. 166 S' Kostytschew und A. Schelouinow, . . . „Weiter bemerke ich in meiner Arbeit, daß diese Stimulatoren namentlich die Ausscheidung der anaeroben CO2 beschleunigen und auf die Sauerstoffabsorption der Weizenkeime keine große Wirkung auszuüben scheinen. Dagegen ist die Frage, ob die anaerobe Spaltung von einer Alkoholbildung begleitet wird, von mir gar nicht berührt worden"'). Diese Antwort ist überraschend: in seiner ersten Publikation, auf die er sich beruft, schreibt L. Iwan off wörtlich folgendes^): „. . . . Diese Tatsache in Verbindung mit dem Charakter der Phosphatwirkung zeigt uns deutlich, daß wir es hier mit der Zunahme der von der alkoholischen Gärung entstammen- den COi zu tun haben", und fährt weiter fort: „Dieses Resultat erklärt vielleicht jene Steigerung der COj- Ausscheidung, die Ko- stytschew bei Weizenkeimen unter dem Einfluß durch Zymin ver- gorener Zuckerlösungen beobachtet hatte" . . . usw. Es muß außerdem in Betracht gezogen werden, daß die anae- robe Atmung der Weizenkeime mit der Alkoholgärung identiscli ist^). Wenn also L. Iwan off in seiner letzten Mitteilung') tlas Wort „Alkoholgärung" absichtlich vermeidet, so ändert dies gar nicht den Sinn seiner Auseinandersetzungen. Im experimentellen Teil seiner Arbeit') bezeichnet L. Iwan off nur diejenige CO:!-Menge als aerob, welche der Menge des gleich- zeitig aufgenommenen Sauerstoffs äquimolekular ist. Den etwa vorhandenen Überschuß von Kohlendioxyd führt er ohne weiteres auf anaerobe Vorgänge zurück. Diese Annahme ist voU- CO« kommen willkürlich. Das Verhältnis ys ^^^ ^^^^' Sauerstoff- atraung schwankt in weiten Grenzen unter dem Einfluß verschiedener äußerer Verhältnisse^) und der chemischen Natur des zu oxy- 00' dierenden Materials''). So ist z. B. ^v^ ^^i ^^^ totalen Oxydation des Äthylalkohols theoretisch gleich 0,67, bei der Oxydation der Oxalsäure aber gleich 4,0. Für die Beurteilung der Frage, ob 1) L. Iwanoff, Biocheni. Zeitschr., 1010, Bd. 29, S. 347. 2) L Iwanoff, Biocheni. Zeitschr., 1910, Bd. 25, S. 179. 3) Palladin u. Kostytschew, Zeitschr. f. physiol. (Iheinie, J906, Bd. 48, S. 230. 4) L. Iwanoff, Biocheni. Zeitschr., 1910, Bd. 25, S. 176. 5) Puriewitsch, Jahrb. f. wiss. Bot., 1902, Bd. 35, S. 573; Annal. de.s sciences iiatur. botanique, 1905, ser. 9, Vol. 1, p. 1. 6) Diakonow, Botan. Berichte, 1887, Bd. 5, S. 115; Puriewitsch, Jahrb. f. wiss. Bot., 1902, Bd. 35, S. 573. über die Einwirkung rler Gärungsprodukte und der Phosphate usw. 167 das gebildete Kohlendioxyd aeroben oder anaeroben Vorgängen CO- entstammt, liefert die Größe von — ^r— keine zuverlässigen An- Weisungen. Infolgedessen ist auch die Manometermethode von L. Iwan off für die Bestimmung des bei der Sauerstofifatmung pro- duzierten Kohlendioxyds wenig geeignet. Das Manometer zeigt nur den gesamten Gasdruck im Versuchskolben, während die etwa stattgefundenen Änderungen der Partialdrucke von CO2 und Oj. unbekannt bleiben. Es kann also z. B. ein Sinken der Sauerstoff- aufnahme mit der Steigung der CO^- Ausscheidung verwechselt werden. Außerdem sollte die Manometermethode überhaupt nur bei Konstantbleiben der Temperatur Anwendung finden. Es ist übrigens wohl möghch, daß in den Versuchen von L. Iwanoff eine Alkoholbildung stattgefunden hatte; diese Ver- suche wurden nämlich bei einer nicht tadellosen Aeration aus- geführt, da die Keime mit einer zwei- bis dreifachen Menge von verschiedenen Flüssigkeiten in die Versuchskolben gebracht wurden und auf dem Boden lagen. Der Verfasser meint zwar, daß bei einer derartigen Versuchsanstellung die Aeration eine ausreichende war, „besonders in den Luftstromversuchen'"), doch muß ich darauf hinweisen, daß namentlich in den „Manometerversuchen" ein Sauer- stoffmangel eintreten könnte. Palladin-) zeigte, daß Bohnenblätter unter analogen Verhältnissen an Sauerstoffmangel leiden, was durch CO) eine beträchtliche Erhöhung von -^ ^^^^ offenbart. In den Vcj-- COo suchen von L. Iwan off war aber das Verhältnis -^r^ ebenfalls sehr groß, wie es der Verfasser selbst hervorhebt^). Durch diese kritischen Auseinandersetzungen will ich folgendes zeigen: die Annahme, daß Phosphate oder vergorene Zuckerlösungeii bei vollkommenem Sauerstoffzutritt nur die anaerobe CO2 -Pro- duktion befördern, ist nicht bewiesen und nicht einmal wahrschein- lich. Zuletzt sei noch erwähnt, daß bei Besprechung meiner Ver- suche über die Oxydation der in vergorenen Zuckerlösungen vor- handenen Stoffe durch Peroxydase L. Iwanoffs Standpunkt sich plötzlich ändert'). L. Iwanoff bezweifelt nicht mehr die Tatsache, 1) L. Iwanoff, Biocliem. Zeitschr., 191Ü, Bd. 29, S. 348. 2) Palladin, Botan. Berichte, 1902, Bd. 20, S. 227. 3) L. Iwanoff, Biocheni. Zeitschr., 1910, Bd. 25, S. 176. 4) L. Iwanoff, Biochem. Zeitschr., 1910, Bd. 29, S. 348. 168 S. Kostytschew inid A. Scheloumow, daß in fermentativ vergorenen Ziickerlösungen leicht oxydierbare ötoö'e vorhanden sind; es können aber, seiner Meinung nach, Neben- produkte der Gärung oder iihnliche Stoffe, nur nicht die inter- mediären Gärungsprodukte sein. Diese Reserve lasse ich mir wohl gefallen; ich will nur hervorlicben, daß L. Iwan off die Wahr- scheinhchkeit der Anteilnahme fermentativ vergorener Zuckerlösungen an den Oxydationsvorgängen zum Schluß selbst anerkennt. Aus obiger Besprechung der einschlägigen Literatur ist ersicht- lich, daß die Einwirkung der Phosphate auf die Sauerstoffatmung der Samenpflanzen noch nicht vollkommen aufgeklärt ist. Während einer von uns') keine Steigerung der CO2 -Produktion durch an- organische Phosphate wahrzunehmen vermochte, haben die Unter- suchungen von N. Iwanoff, L. Iwanoff und Zaleski und Rein- hard") zu ganz anderen Resultaten geführt, und es tauchte also wiederum die Frage auf, ob der Einfluß vergorener Zuckerlösungen auf die Sauerstoffatmung der Samenpflanzen nicht schlechthin durch die Einwirkung von Phosphaten zu erklären wäre. Die nachstehend beschriebenen Versuche haben den Zweck, eine Lösung der ge- nannten Streitfragen herbeizuführen. Experimenteller Teil. Unsere Versuche wurden mit Weizenkeimen ausgeführt. Auf Grund der vorliegenden Erfahrungen •^) bilden Weizenkeime ein sehr günstiges Mateiial für Untersuchungen über die Pflanzenatmung, da sie nach kurzdauerndem Einweichen in Wasser oder in ver- schiedenen Lösungen eine beträchtliche CO^'-Produktion entwickeln und unter Umständen verschiedene Stoffe absorbieren und verarbeiten. Sämtliche Versuche wurden mit einem und demselben Präparat von Weizenkeimen ausgeführt^); diese Keime erwiesen sich als nicht keimfähig^). 1) S. Kostytschew, Biochem. Zeitschr., 1908, Bd. 15, S. 100. 2) N. Iwanoff, Bullet, de l'Acad. des sciences de St. Petersbourg, 1910, S. 303; L. Iwanoff, Biochem. Zeitschr., 1910, Bd. 25, S. 171; Zaleski und Reinhard, ebenda, 1910, Bd. 27, S. 450. 3) S. Kostytschew, Biochem. Zeitschr., 1908, Bd. 15, S. 185. 4) Bezogen von der Stadtmühle Maggi in Zürich. 5) Bei dieser Gelegenheit muß darauf hingewiesen werden, daß die früher publi- zierten Versuche von S. Kostytschew (a. a. 0.) mit keimfähigen Keimen ausgeführt worden waren. L. Iwan off setzt voraus (Biochem. Zeitschr., Bd. 29, S. 348), daß die über die Einwiskung der Gäriiiigsiirodukte und der Phosphate usw. 169 Die Keime wurden im lufttrockenen Zustande abgewogen und im Verlaufe von einer Stunde in Wasser bezw. in verschiedenen Lösungen eingeweicht, dann abfiltriert, auf Streifen von dünnem Josephpapier geschmiert und die Papierstreifen in geräumigen U- Röhren locker verteilt. Alsdann wurde ein Luftstrom durch die U- Röhren geleitet und das von den Keimen produzierte KoKlen- dioxyd in Pettenkof ersehen Röhren aufgefangen'). In die Ver- suchsgefäße gelangte immer COo -freie und mit Wasserdampf ge- sättigte Luft. In einigen Versuchen wurden lufttrockene Keime in flache konische Kolben hineingetan, mit einer geringen Menge von verschiedenen Lösungen übergössen und im Luftstrome belassen. Zunächst haben wir uns bemüht, die Rolle der Phosphate am Atmungspiozesse ausführlicher zu erläutern. N. Iwanoff") und nach ihm Zaleski und Reinhard'') haben dargetan, daß nur alkalisch reagierende sekundäre Phosphate die Atmungsenergie steigern, während sauer reagierende primäre Phosphate die Atmung von Weizen keimen und anderen Pflanzen herabsetzen. Bereits früher hat einer von uns gefunden, daß Weizenkeime bei saurer Reaktion der zum Einweichen benutzten Flüssigkeit nur eine mini- male COi-Produktion zeigen. So hat z. B. 1-proz. Milchsäure die COo-Abscheidung der Keime vollständig eingestellt*). Auf Grund dieser Beobachtung könnte man voraussetzen, daß bei Anwendung von primären Phosphaten die günstige Beeinflussung der Atmung durch Phosphatanionen von der hemmenden Einwirkung der H + - lonen überwältigt wird. Zaleski und Reinhard"^) äußern sich in der Tat folgendermaßen: „Die sauren Phosphate schwächen die Ausscheidung der Kohlensäure infolge der sauren Reaktion". Dieser Ansicht schließt sich auch N. Iwanoff') vollkommen an. In früher publizierten Versuchen des einen von uns^) kamen nur neutrale Phosphatlösungen in Anwendung: Lösungen des se- käuflichen Weizenkeime immer ein abgetötetes Material vorstellen. Diese Annahme ist fehlerhaft. In der letzten Zeit liefert allerdings die Stadtmühle Maggi in Zürich tat- sächlich abgetötete Keime. 1) Palladin und Kostytschew, Handbuch der biochem. Arbeitsmethoden von E. Abderhalden, 1910, Bd. 3, S. 480. 2) N. Iwanoff, Bullet, de l'Acad. des sciences de St. Petersbourg, 191Ü, S. 303. 3) Zaleski und Keinhard, Biochem. Zeitschr., 1910, Bd. 27, S. 466. 4) S. Kostytschew, Biochem. Zeitschr., 1908, Bd. 15, S. 190. 5) Zaleski und Keinhard, Biochem. Zeitschr., 1910, Bd. 27, S. 467. 6) N. Iwanoff, a. a. 0. 7) S. Kostytschew, Biochem. Zeitschr., 1908, Bd. 15, S. 190. 170 S- Kostyisrhew uiu! A. Schplouuinw, kundären Natriuinphosphates wurden durch Phosphorsäure ueutral gemacht, um deu Einfluß der sauren bezw. der alkalisclien Reaktion zu beseitigen. Merkwürdig ist der Umstand, daß in diesem Falle keine befördernde Wirkung der Phosphate auf die CO^ -Produktion der Weizenkeime wahrgenommen wurde. Es hegt also die An- nahme nahe, daß der Einfluß der Phosphate nur bei alkalischer Reaktion zum Vorschein kommt. In nachstehend beschriebenen Versuchen haben wir die Wirkung der neutralen Phosphatlösungen mit derjenigen der Lösungen von sekundärem Natriumphosphat verghchen. Es ist schon längst bekannt, daß neutrale Phosphatlösungen mit Lackmus eine schöne amphotere Reaktion zeigen. Titriert man eine Lösung von primärem Phosphat mit Alkalien oder eine Lösung von sekundärem Phosphat mit Säuren, so tritt ein Punkt ein, wo neutrales Lackmuspapier seine Farbe behält, während rotes Lackraus- papier seine Farbe nach blau hin und blaues seine Farbe nach rot hin verändert'). Wir haben bei der Titration von 50 ccm einer 1-proz. Lösung von Na^HPOi mit ^Ao Schwefelsäure oder mit der äquivalenten Phosphorsäure folgende Farbenumschläge wahrgenom- men: die amphotere Reaktion erscheint schon nach Zusatz von 4,2 ccm der Säure, aber erst nach Zusatz von 7,2 ccm ^/lo Schwefel- säure tritt der Punkt ein, wo sowohl neutrales als rotes Lackmus- pa])ier ihre Farben nicht verändern ; dieser Punkt läßt sich ziemlich scharf bestimmen und entspricht für unser Lackmuspapier genau dem Punkt, wo ahzarinsulfosaures Natron den Farbenunischlag von lila nach rot hin zeigt; hierbei ist die H+- Konzentration gleich 10"*^; die Lösung ist also beinahe neutral. Enthält die Lösung ausschließlich primäres Phosphat, so färbt sich ahzarinsulfosaures Natron gelbbraun^). Auf Grund dieser Erfahrungen haben wir unsere „neutralen" Phosphatlösungen folgendermaßen dargestellt: wir versetzten Lösungen von sekundärem Natriumphosphat mit soviel Phosphorsäure, daß rotes Lackmuspapier seine Farbe nach blau hin eben nicht ver- änderte oder daß ahzarinsulfosaures Natron den Farbenumschlag von lila nach rot hin zeigte. Wenn hierbei ein ganz geringer Überschuß der H+-Ionen auch vorausgesetzt werden kann, so er- weist sich dieser Umstand als belanglos. Folgender Versuch zeigt. 1) Heintz, Journal f. prakt. Chemie, 1862, Bd. 85, S. 24. 2) Glaser, Indikatoren, 1901, S. 71. über die Einwirkung der Gärungsprodukte und der Phosphate usw. 171 daß eine zweifellos größere Konzentration von H+-Ionen die CO-j- Produktion der Weizenkeime noch nicht beeinträchtigt. Versuch 1. Zwei Portionen der lufttrockenen Weizenkeime zu je 15 g. Portion A wurde eingeweicht in 75 ccm dest. Wasser, Portion B in 75 ccm einer Lösung von Phosphorsäure, deren Azidität der- jenigen Menge von ^/lo Schwefelsäure gleich war, welche zu 75 ccm einer 1-proz. NaaHPOj-Lösung zugesetzt werden muß, um die kaum eingetretene amphotere Reaktion in eine saure zu überführen. Das Einweichen dauerte eine Stunde; alsdann wurden die Keime ab- illtriert, auf Streifen von Josephpapier geschmiert und in U-Röhren locker verteilt. Luftstrom. Temp. 19,5- 20 ^ COj. ] n mg in Stunden Portion A Wasser Portion B Hg PO^- Lösung 2 2 14 0,2 (;,8 ]3,G 8,4 C,8 6 30,0 28,8 Die Differenz zwischen den von den beiden Portionen gebildeten CO2- Mengen liegt innerhalb der Grenzen der Versuchsfehler. Es ist also einleuchtend, daß bei Anwendung der auf obige Weise neutral gemachten Phosphatlösungen die hemmende Wirkung der sauren Reaktion noch nicht zur Geltung kommt und somit eine genauere Methode der Herstellung von neutralen Phosphatgeraischen, wie sie z. B. von Michaelis') empfohlen wird, für unsere Zwecke als überflüssig erscheint. Wir sind nunmehr imstande, den Einfluß der Phosphate auf die Atmung zu untersuchen, ohne der antago- nistischen Wirkung der sauren Reaktion Rechnung tragen zu müssen. In nachstehenden Versuchen haben wir die Einwirkung der neutral gemachten und der alkalisch reagierenden Lösungen von sekundärem Natriumphosphat geprüft. Versuch 2. Drei Portionen der lufttrockenen Weizenkeime zu je 20 g. Portion A wurde in 100 ccm Wasser, Portion B in 100 ccm mit 1) Michaelis, Handbuch der biochemischen Methoden von E. Abderhalden, 1910, Bd. 3, S. 1337. 172 S. Kostytschew und A. Scheloumow, H3PO4 neutralisierter 3-proz. Na-.POj-Lösung, Portion C in 100 ccra nicht neutralisierter 3-pro7.. Na:.. HPOi- Lösung eingeweicht. Das Einweichen dauerte eine Stunde; alsdann wurden sämtliche Portionen abfiltriert, auf Streifen von Josephpapier geschmiert und in die U -Röhren hineingetan. Luftstrom. Terap. 17,7.5 — 18,,5''. CO2 in mg Zeitdauer Portion A Portion B Portion C in Stunden Wasser .3 - proz. Lösung V. Na,HPO„ neutr. 3 - proz. Lösung V. Na,HP()j, niclit neutr. 1 9,8 9,8 16,4 1 8,0 C,C 10,0 2 13,2 11,0 21,0 2 10,4 8,0 17,2 G 41,4 35,4 04, C Es ergab sich also, daß eine 3-proz. Lösung von sekundärem Natriumphosphat die CO^-Abscheidung der Weizenkeime befördert, was auch mit den Angaben von N. Iwanoff, L. Iwanoff und Zaleski und Reinhard') im allgemeinen übereinstimmt. Neutrale 3-proz. Natriumphosphatlösung bewirkt aber keine Steigerung der CO2- Produktion und hat vielmehr einen hemmenden Einfluß auf die Atmung der Weizenkeime. Wenn in einem früher publizierten Versuche des einen von uns-) eine schwache Stimulation der Sauerstoffatmung durch neutrale 3-proz. Na^HPOi- Lösung eintrat, so mag dies mit dem Vorhandensein eines geringen Überschusses von OH-Ionen zusammenhängen. Folgender Versuch zeigt in der Tat, daß eine äußerst schwache alkalische Reaktion der Phosphat- lösung die COi. -Abscheidung der Weizenkeime bereits beeinflußt. Versuch 3. Drei Portionen der lufttrockenen Weizenkeime zu je 20 g. Portion A wurde eingeweicht in 100 ccm Wasser, Portion B in 100 ccm einer auf übliche Weise neutral gemachten 3-proz. Lösung von NaoHPOj, Portion C in 100 ccm einer nicht vollkommen neu- tral gemachten 3-proz.. Lösung von NaaHPO^. Zu dieser Lösung brauchte man aber bloß 0,5 ccm ^7io Schwefelsäure hinzuzufügen. 1) N. Iwanoff, a.a.O.; L. Iwanoff, a.a.O.; Zale.ski u. Roi n liard, a.a.O. 2) S. Kostytschew, Biocheni. Zeitsclir., 1908, Bd. l.-}, S. 190. über die Einwirkung der Gärungsprodukte und der Phosphate usw. 173 um die gleiche Reaktion wie bei B zu erhalten. Das Einweichen dauerte eine Stunde; alsdann wurden die Keime abfiltriert, auf Joseph papier eingetragen, in die U-Röhren hineingetan und im Luft- strome belassen. Temp. 17,5 — 18*^. CO, in mg Zeit(hiuer in Stunden A Wasser B .■J-proz. neutrale Na, HPO,- Lösung C . 3-proz. schwach alkal. Na^HPO^- Lösung 2 2 2 18,2 13,6 9,4 16,2 10,6 8,0 22,4 13,8 1 2,0 C 41,2 34,8 48,2 Versuch 4. Drei Portionen der lufttrockenen Weizenkeime zu je 20 g wurden im Verlaufe von einer Stunde in folgenden Flüssigkeiten eingeweicht: Portion A. 100 ccm Wasser; Portion B. 100 ccm 1 -proz. Lösung von NaiHPOi; Portion C. 100 ccm l-proz. Lösung von Na2HP04, welche mit Phosphorsäure neutralisiert worden war. Dieselbe Ver- suchsanordnung wie in vorstehenden Versuchen. Temp. 17,5—18". COg in mg Zeitdauer in Stunden A Wasser B 1 - proz. Na, HPO.- Lösung C nentralis. 1 - proz. Na, HPO,- Lösung 2 2 2 18,0 14,4 10,8 29,4 17,2 14,4 19,2 14,8 1 1 ,0 6 43,2 61,0 45,0 Dieser Versuch zeigt, daß auch die l-proz. NaoHP04-Lösung nach der Neutralisation ihre Wirkung beinahe vollkommen einbüßt. Versuch 5. Drei Portionen der lufttrockenen Weizenkeime zu je 20 g wurden im Verlaufe von einer Stunde in folgenden Flüssigkeiten eingeweicht: 174 S. Kostytschew und A. Rcheloumow, Portion A. 100 ccm Wasser; Portion B. 100 ccm neutrale 1-proz. Natriumpliosphatlösung; Portion C. 100 ccm neutrale 0,5-proz. Natriumphosphatlösg. Dieselbe Versuchsanstellung wie in vorstehenden Versuchen. Tem- peratur 19—19,5". CO. in mg Zeitdauer in Stundfiii A Wasser B neulralis. 1 - proz. Na^HPO.-Lüsuug C neulralis. 0,5 -pro-/.. Na, U PO, -Lösung 2 2 2 212 14,2 10,8 22,0 14,4 10,4 24,4 10,0 11,2 C 4C,2 4 7,4 fil.O Versuch 6. Wiederholung des vorstehenden Versuches. Temp. 19— 20^ CO.^ in mg Zeitdauer in Stunden A Wasser B neulralis. 1 -proz. Na. HPO,- Lösung C neulralis. 0,5-proz. Na, HPO,- Lösung 2 2 2 24,2 10,2 11,0 28,8 17,2 12,6 28,8 i;»,2 12,0 6 52,0 58,0 58,2 Versuch 7. Drei Portionen der lufttrockenen Weizenkeime zu je 20 g wurden im Verlaufe von einer Stunde in folgenden Flüssigkeiten eingeweicht: Portion A. 100 ccm Wasser; Portion B. 100 ccm neutrahs. 1-proz. Nag HPO4- Lösung; Portion C. 100 ccm neutralis. 3-proz. NaoHP04- Lösung. Dieselbe Versuchsanstellung wie in vorstehenden Versuchen. Tem- peratur 19,5—20". über die Einwirkung 10-^ schwach sauer „ 0,8.10-^f^a-Zellen niemals beobachtet wurde, so ist hiermit auch deren Durchlässigkeit für Rohrzucker dargetan. Daß sich die Permeabilität etwa nur auf die Epidermiszellen beschränkt, und in ihnen vor der Weiter- 1) Rand =; Schnittrand: der unverletzte Blattrand verhielt sich wie die inneren Partien. 15* 226 W. Ruhlaiid, Wanderung erst eine Inversion stattfinden muß, war schon angesichts des Verhaltens der Schnittränder unwahrscheinlich. Doch wurden zur Sicherheit noch zwei analoge Versuche wie oben mit 1,5 7o Rohrzuckerlösung und solchen gefäßbündelfreien Chlorenchymbruch- stücken durchgeführt, deren Epidermen abgetrennt worden waren (was bei etwas fleischigeren Blättern leicht auszuführen ist). Das Resultat war, daß hier entsprechend der durch die Cuticula nicht behinderten Endosraose sich die Bläuung über die ganze Fläche gleichmäßig erstreckte. Ahnliche Versuche wurden auch mit Blattstielen, und zwar mit Längsschnitten durch diese, gemacht. Verdunkelt man die Stiele etwa 48 Stunden, so ist die Stärke zwar keineswegs aus der Stärke- scheide und den Schließzellen, wohl aber vollständig aus den blassen Chloroplasten der langgestreckten Parenchymzellen zwischen Epi- dermis und Gefäßbündel verschwunden. Schon nach eintägigem Verweilen der Längsschnitte in 5 ''/o Rohrzucker, Glukose, Fruktose und der in Versuch 11 angegebenen meisten übrigen Zucker kann man unter dem Mikroskop mit Jod in den Chloroplasten die neuen winzigen Stärkekörner wahrnehmen. Bei dieser Gelegenheit seien noch einige Versuche mit anderen Zuckern erwähnt, die ich zur Ergänzung der früheren Meyerschen ausführte, um zu sehen, aus welchen Zuckern, bzw. ähnlichen Stoffen Beta-BV&iter überhaupt Stärke zu bilden vermögen. Die mit * bezeichneten Stoße sind schon von Meyer mit gleichem Resultat geprüft worden. Versuch 11. A) Zucker. Trisaccharid : Raffinose, 5-proz. Lösung, mäßig viel Stärke in 6 Tagen. Disaccharide: ^Rohrzucker (Versuch 10). Maltose, 5-proz. Lösung, mäßige Stärkebildung in 5 Tagen. Monosaccharide: Hexosen, Galaktose, 5-proz. Lösung, in 10 Tagen nur mikro- skopisch Spuren von Stärke wahrzunehmen. *d- Glukose (Versuch 10). *d-Fruktose (Versuch 10). d-Mannose, 7, 5-proz. Lösung, in 7 Tagen sehr wenig Stärke. Untersuchungen über den Kohlenliyilratstoffwechsel von Beta i-nlf/aris. 227 Sorbose, 7,5-proz. Lösung, nach 7 Tagen nur mikroskopisch Stärke nachzuweisen. Pentosen: Arabinose, n-proz. Lösung, dauernd keine Stärke. Xylose: wie Arabinose. (Methylpentose) Rhamnose, 7,5-proz. Lösung, in 5 Tagen Spuren von Stärke mikroskopisch. B) Höherwertige Alkohole. *Glyzerin, 10-proz. Lösung, nach 5 Tagen Spuren von Stärke. *Erythrit, 10-proz. Lösung, nach 6 Tagen keine Stärke. *Mannit, wie Erythrit. *Dulcit, 3-proz. Lösung, wie Erythrit. Ganz negativ verliefen die Versuche demnach nur mit den Pentosen und den höherwertigen Alkoholen ausschließlich des Glyzerins. Die Frage der Permeabilität der Zucker habe ich nicht weiter untersucht und muß also die Frage, in wieweit die ausge- bliebene oder nur geringe Stärkebildung etwa nur auf mangelndem Import in die Zelle beruht, so wenig wahrscheinlich dies wäre, offen lassen. Die höherwertigen Alkohole werden dagegen leicht aufgenommen. Bezüglich derjenigen Zucker mit dauernd sehr ge- ringer Wirkung muß ich es dahingestellt sein lassen, ob nicht doch z. T. hier Spuren beigemengter Glukose o. dgl. im Spiele war. Eine exakte Entscheidung dürfte auch auf nicht unerhebliche Schwierigkeiten stoßen. Wir kehren nach dieser kurzen Abschweifung zur Permeabili- tätsfrage zurück. Diese wurde auch durch Messungen nach der plasmolytischen Methode, welche in letzter Zeit von Lepeschkin ^) und Tröndle^) mit gutem Erfolge für Elektrolyte auf Grund einer Vergleichung ihrer theoretisch berechneten und empirisch gefundenen isotonischen Koeffizienten angewendet worden ist. Für den vor- liegenden Fall der Zuckerarten würde sich die Berechnung durch den Wegfall der Dissoziation, natürlich noch etwas einfacher gestalten. Bezeichnen wir mit P den Turgordruck der Zelle und den theoretisch höheren, praktisch aber nur der Grenzkonzentration 1) Vgl. u. a.: „Über den Turgordruck in vakuolisierten Zellen". Ber. Deutsch. Bot. Ges., 26 a, 1908, S. 198. 2) Der Einfluß des Lichtes auf die Permeabilität der Plasniahaut. Jahrb. f. wiss. Bot., Bd. XLVIir, 1910, S. 171. 228 ^- Rußland, des permeierendeu Zuckers Z' entsprechenden Druck als P', so p wird sein Permeabilitätskoeffizient /t = 1 — p^ , wenn er durch Ver- gleichung mit einem nicht permeierendeu, ebenfalls nicht ionisierten Stoffe Z gefunden werden soll, naturgemäß ohne weiteres gleich der Differenz von 1 und dem Quotienten der molekularen Konzen- C, . trationen beider Stoffe /i = 1 — p- sein. ■/.' Die Bestimmungen des in den Chlorenchymzellen des Blattes herrschenden Druckes werden durch eine gewisse diesbezügUche Ungleichmäßigkeit (es finden sich Differenzen von 0,05—0,2 m) der Zellen erschwert. Die große Masse der Palissadenzellen stimmt aber wenigstens einigermaßen überein. Der Druck im Schwamm- parenchym ist im Durchschnitt ein klein wenig niedriger, ebenso wie übrigens auch in den Epidermen. Der Turgordruck im Parenchym des Blattstiels pflegt ungefähr ebenso hoch wie in den Epidermen des Blattes und von den Chlorenchymzellen in denen mit den niedrigsten Drucken zu sein, und ist jedenfalls deutlich niedriger als in der großen Masse der letzteren. Die Dehnungen der Zellmembran durch die Turgor- spannung sind nirgends erhebUch. Wie die nachstehenden Angaben zeigen, ist die Permeabilität der Blattzellen von Beta für Monosen weit geringer als sie Tröndle für das Chlorenchym in Tilia cordata^) beschreibt, trotzdem er nur eine Plasmolysendauer von 25 Minuten anwandte. Bei den Messungen wurde auch von mir als Vergleichssubstanz Rohrzucker gewählt, für den, wie oben gezeigt wurde, die Plasma- haut zwar auch eine gewisse Durchlässigkeit zeigt, die jedoch erst bei einer vielstündigen Versuchsdauer für die Messung merkbar wird. Solche vielstündige Versuchsdauer, welche ich in der Hoffnung, größere Ausschläge zu erhalten, mehrfach anwandte, bringt allerdings manche Bedenken mit sich. Die Möglichkeit, daß innerhalb der Versuchszeit Änderungen im Turgordruck stattfinden, so daß beim Steigen desselben zu hohe, beim Sinken zu niedrige Werte für ii gefunden würden, läßt sich an den Grenzkonzentrationen für Rohr- zucker noch hinreichend kontrollieren. 1) A. a. 0., S. 250 f. Bezüglich der Glukoseaufnahme von Ti^ia - Blättern habe ich keine eigenen Erfahrungen; ich kann jedoch die Angaben Tröndles betr. das Ein- dringen von NaCl in i??t,TM.s-Blattzellen durchaus bestätigen, ebenso den erheblichen Ein- fluß der Beleuchtung auf die Permeabilität dieses Objektes für NaCl. Untersuchungen über den Kohlenhydratstoffwechsel von Beta vulgaris. 229 Da nach meinen Erfahrungen die Durchlässigkeit der Zellen, wie die Exosmoseerscheinungen dartun (vgl unten), wohl infolge Sauer- sfoffmangels bei höherer Temperatur schon in wenigen Tagen merklich größer wird, führte ich einige Parallel versuche im Zimmer und im Eisschrank hei -j- 5"C aus, welche indessen zeigten (unter Berück- sichtigung einer allein durch die niedere Temperatur möglichen Herabsetzung der Permeabilität'), daß innerhalb 24 Stunden diese Verhältnisse keine Rolle spielen. Auch wurde mehrfach dafür ge- sorgt, daß die Schnitte in der Nähe der Flüssigkeitsoberfläche ver- blieben, doch genügt vielleicht für solche Zeitdauer bereits der Sauerstoffvorrat des Intercellularsystems. Es dürfte genügen, nur eine der zahlreichen Messungen genauer vorzuführen. Versuch 12. Versuchspflanze war eine über 2 Monate alte Zuckerrübe; die eine Blatthälfte war vom 21. Juni morgens ab mit Stanniol bedeckt worden. Es herrschte sonniges Wetter; am 22. Juni, 2 Uhr nachm. wurde das Blatt entnommen. Temperatur im Freien 27 °C, Temperatur der Lösungen 21 "C. Dauer der Plasmolyse: 1 Stunde^). 1. Blattspreite, Palissadenzellen. P = Plasmolyse. Konzentration Rohrzucker Glukose Fruktose 1 0,80 ni Meist deutliche P Nur vereinzelt P Ganz vereinzelte P 0,85 m Meist starke P, nur ver- einzelt ohne P Nur vereinzelt P Ganz vereinzelte P 0,90 m Wie vorstehend Nur vereinzelt ohne, sonst deutliche P Nur vereinzelt ohne P 0,95 m Überall P Überall P Überall P Beide Blatthälfte ii, verdunkelte und besonnte, verhielten sich gleich. Nach 24 -stündiger Plasmolyse ergibt sich: Konzentration Rohrzucker Glukose Fruktose 0,80 m P fast überall ver- schwunden P überall verschwunden P überall verschwunden 0,85 m Wie vorstehend P fast überall ver- schwunden P fast überall ver- schwunden 1) Vgl. van Rysselberghe, Bull, de l'Acad. roy. de Belgique, No. 3, 1901. 2) Diese von Lepeschkin für solche Versuche vorgeschlagene Plasmolysedauer ziehe ich der von Tröndle gewählten kürzeren (25 Minuten) vor. 230 W. Ruhland, Fortsetzung der Tabelle. Konzentration Rohrzucker ülukose Fruktose 0,90 m Fast überall P P meist vorhanden P meistens verschwund. 0,95 m Überall P Überall P Überall P Eine Zwischenkontrolle nach 17 -stündiger Plasmolyse hatte übrigens schon obiges Resultat ergeben. 2. Blattstiel, Längschnitte durch den unteren Teil; Dauer der Plasmolyse 1 Stunde. Konzentration Eohrzucker Glukose Fruktose 0,7Ü ni Meist noch ohne P Ohne P Ohne P 0,75 m Fast überall P Vielfach P Vereinzelt P 0,80 ni Starke P P P Nach 24- stündiger Plasmolyse ergab sich: Konzentration Rohrzucker Glukose Fruktose 0,70 m Keine P Keine P Keine P 0,75 m Vielfach P Mei&t P Vereinzelt P 0,80 m Starke P P P Man wird auf Grund dieser und ähnlicher Versuche den Per- meabilitätskoeffizienten der Chlorenchymzellen des Blattes für die beiden Monosaccharide, bezogen auf 1 -stündige Plasmolyse, höchstens ^t,=:0,l annehmen dürfen, für die Blattstielparenchymzellen würde er nur etwa /t =z 0,05 betragen; genauere Werte sind nach den erhaltenen Ausschlägen nicht anzugeben. Auf jeden Fall ist die Permeabilität für Rohrzucker stets sichtlich geringer als für Mono- saccharide, und unter diesen permeiert die Fruktose wieder etwas leichter als die Glukose. Ein deutliches und meßbares Ansteigen der Permeabilität für eine der Zuckerarten bei sonnigem Wetter konnte im allgemeinen nicht erkannt werden, doch können einige meiner Versuche vielleicht auch im Sinne der Erfahrungen Tröndles gedeutet werden. Eine besondere Erwähnung erfordern bei diesen Versuchen die Siebröhren, die ja wiederholt als Organe zur Zuckerbeförderung xar i^oxrjv angesprochen worden sind. Ich habe ihnen deshalb besondere Aufmerksamkeit gewidmet. Die Beobachtung ist wegen Untersuchungen über den Kohlenhydratstoffwechsel von Bcla nidyaris. 231 der Länge und erheblicheren Schmalheit der Siebröhren schwieriger als bei den übrigen Zellen und konnte nur an entsprechend dünnen Schnitten und bei Anwendung einer besonderen Intravitalfärbung durchgeführt werden, welche auf S. 235 beschrieben ist. Diese Methode gestattet es, diejenige die Isotonie der Außenlösung an- zeigende minimale Abhebung des Plasmaschlauches von der Wan- dung zu erkennen, welche bei Zellen von so geringem Volumen (im Vergleich zu den meisten Grundgewebszellen) bereits einen relativ bedeutenden Ausschlag darstellt. Der Druck innerhalb der verschiedenen Elemente des Leptoms ist nach meinen Erfahrungen gleich, aber etwas geringer als im umgebenden Parenchym. Nachstehende Zahlen beziehen sich auf das Leptom der Blattstiele mit steter besonderer Rücksicht auf die Siebröhren. Versuch 13. 25. Juni 12 Uhr Nachm. Stiele eines aus- gewachsenen Blattes einer über zwei Monate alten Zuckerrübe. Sonniges Wetter. Temperatur im Freien -\- 24,5"; Temp. der Lösung H- 20,5". 1 . Resultate nach 1 - stündiger Plasmolyse (= P) : Konzentration Kohrzucker Glukose Fruktose 0,60 ni Meist deutliche P Nur hier und dort P Vereinzelte P 0,65 m Fast überall starke P Etwa 50 7o P Vielfach P 0,70 m Überall starke P Fast überall P Fast überall P 0,75 ra Überall P Überall P Überall P 2. Nach 24 -stündiger Beobachtung: Konzentration Rohrzucker Glukose Fruktose 0,65 m Vereinzelte P Keine P Keine P 0,70 m Häufige P Hier und da P Wie Glukose 0,75 m Starke P Fast überall P Fast überall P Diese und die Zahlen ähnlicher, unter verschiedenen Um- ständen und zu verschiedenen Zeiten wiederholter Versuche lehren, daß von einer erhöhten Permeabilität für einen der Zucker im Leptom keine Rede sein kann. Das gleiche gilt auch für das der Nerven der Blattspreite und der Wurzel. Ich kann daher für Beta 232 W. Ruhland, die Auffassung Czapeks ') von der Rolle des Leptoms bei der Zuckerleitung nicht teilen. Bei gleichen Permeabilitätsverhältnissen werden die 5e^a-Siebröhren in dieser Beziehung infolge ihres sehr geringen Volumens und trotz ihrer etwas gestreckten Form schwer- lich neben dem umgebenden Parenchym erheblich in Betracht kommen^). Auch ließen sich keine Anhaltspunkte dafür auffinden, daß die Siebröhren reicher an Zucker als das umgebende Gewebe wären, wie dies Peklo (a. a. O.) für die Wurzel behauptet hat. Recht bemerkenswert ist die bei allen Plasmolysen gemachte Erfahrung, daß bereits nach 1- stündiger Versuchszeit eine Verringe- rung der anfänglichen Permeabilität für Monosaccharide eintritt, und daß sie, sofern die Zellen unbeschädigt bleiben, nach Verlauf einiger weiterer Stunden sogar praktisch auf den Wert 0 herab- sinkt, wie dies auch die oben angeführten Zahlen erkennen lassen. Genaueres über diese interessanten Vorgänge, speziell eine zahlen- mäßige Darstellung der Änderungen von /t während der entschei- denden Zeit von 24 Stunden, kann ich der geringen Ausschläge wegen nicht angeben. Es handelt sich hier offenbar um selbst- regulatorische Vorgänge, die an einem geeigneteren Objekt dem- nächst genauer beschrieben werden sollen. Hier sei nur noch erwähnt, daß Schnitte, welche zu solchen Versuchen gedient haben, nach mehrstündigem Verweilen in destilliertem Wasser von neuem auf plasmolytischem Wege eine anfängliche Invertzuckeraufnahme und baldige Sistierung derselben erkennen lassen. Vermutlich liegt diesem Verhalten die mangelnde Weiterleitung bezw. unmögHche Abgabe der aufgenommenen Zucker an die höher konzentrierte Außenlösung zugrunde. Darauf deutet wenigstens außer dem eben augeführten Faktum noch das abweichende Verhalten der Schnitte aus entstärkten Blättern oder Blattstielen. Im ganzen muß die geringe Permeabilität der i?e^rt-Zellen, in denen der Zuckertransport eine so enorme Rolle spielt wie in we- nigen anderen Pflanzen, überraschen. Es sei dahingestellt, ob zum Verständnis dieses Sachverhaltes neben der langen Zeit, welche 1) Sitz.-Ber. Akad. d. Wiss., Wien, I. Abt., Bd. 106, 1907, S. 117. 2) Um so weniger, als hier nicht einmal das ganze Volumen, sondern nur der dünne plasmatische Wandbelag der Siebröhren in Frage käme. Denn nur er bietet kon- tinuierliche Bahnen (Siebplatten!). Der Weg durch die Siebröhrenvakuolen mit ihren schwer permeablen Häuten wäre von dem durch das Parenchym nicht grundsätzlich verschieden. Untersucliuiigeii über den Kohlenhydratstoffwechsel von Beia vulgaris. 233 zur Erreichung des Endeffektes in der Wurzel zur Verfügung steht, der Hinweis auf die verhältnismäßig geringe Entfernung aus- reicht, die der Zucker in einer Pflanze von rosettigem Wuchs von seinem Entstehungsort bis zum Speichergewebe der Wurzel zurück- zulegen hat. AVas die Ausgangsfrage unserer Betrachtung, in welcher Form der Zucker aus den assimilierenden Organen der Wurzel zuströmt, anbetrifft, so folgt zunächst aus den Permeabilitätsversuchen die MögHchkeit der Wanderung in allen drei Formen, d. h. als Rohr- zucker, Glukose und Fruktose. In der Tat ist, da zweifellos alle drei in Blattspreite und -stiel vertreten sind, kein Grund einzusehen, weshalb nicht auch alle drei als solche wandern sollten. Indessen muß doch der bei den plasmolytischen Versuchen zu- tage getretenen Durchtrittsfähigkeit der Monosaccharide, gerade in Ansehung der Langsamkeit der Wanderung, eine besondere Bedeu- tung zukommen. Auf eine derartige vorwiegende Wanderung der Monosaccha- ride deutet auch das Vorherrschen derselben in Spreite und Blatt- stiel, da sonst keine Umstände dagegen sprechen. Ausschließlich in Form von Monosacchariden muß gemäß dem Konzentrations- gefälle der Zuckerübertritt vom Blattstielgrund in den eigentlichen Rübenkörper erfolgen. AVie sich im einzelnen die Wanderung auf den übrigen Weg- abschnitten gestaltet, ist schwer zu sagen. Auf eine gewisse Rolle der Fruktose beim Zuckertransport scheint die fast überall fest- gestellte geringere Konzentration derselben basalwärts als in der Spreite zu deuten, ein Umstand, der die Annahme eines kontinuier- lichen Konzentrationsgefälles nach unten doch sehr nahe legt. Da es in der Tat bereits gelungen ist'), durch verdünnte Alkalien eine Umwandlung von Glukose in Fruktose zu erzielen, so wird, wie es übrigens v. Lippmann-) bereits vor Jahren ausgesprochen hat, der Pflanze wohl ebenfalls eine solche Fähigkeit zuzuerkennen sein, und auch die weitere, nötigenfalls umgekehrt Glukose aus Fruktose durch Umlagerung zu bilden. Es würde also aus der der Wurzel zuströ- menden Fruktose, nach partieller Umwandlung derselben in Glukose, Rohrzucker kondensiert werden können. Daß derartige Möglich- keiten bestehen, darauf deutet m. E. auch der Umstand, daß der 1) Lobry de Bruyn, Ber. D. ehem. Ges., 28, 3078. 2) Zeitschr. Ver. Zuck.-lnd., 39, 650. 234 W. Ruhland, Invertzucker am Blattstielgrunde, also kurz vor Eintritt in das Speichergewebe sehr ungleiche Anteile seiner beiden Komponenten aufweist. Das erhebliche Plus an Glukose, welches dort stets nachweisbar ist, würde ja auch, da für diesen Zucker offenbar ein Konzentrationsgefälle nach oben hin besteht, keinesfalls ganz auf Grund einer Glukosewanderung entstanden sein können, sondern muß mindestens z. T. auch durch Umsetzungen aus Rohrzucker und wohl auch aus Fruktose dort sekundär gebildet sein. Für das Verständnis des Vorkommens der einzelnen Zuckerarten in den verschiedenen Partien des Blattstiels usw. ist neben einem lokalen Verbrauch jedenfalls immer die Möglichkeit im Auge zu be- halten, daß dieselben nur vorübergehend dort durch Umlagerung bezw. Kondensierung entstanden sind, um das für die Wanderung nötige Konzentrationsgefälle aufrecht zu erhalten. Beim Rohrzucker kann es sich auch um Turgorregulationen handeln, die sich z. T. als nötig erweisen könnten, wenn es infolge gesteigerter Zuckerpro- duktion zu vorübergehenden Stauungen der Monosaccharide kommt. b) Die Wurzel. Für die wichtige, mehrfach erwähnte Tatsache, daß die Wurzel während der Zeit der Speicherung fast nur Rohrzucker und daneben nur sehr wenig Invertzucker enthält, und daß dies namentlich auch für die sog. „Rübenköpfe" gilt, kann ich auf die Wiedergabe meiner älteren Analysen verzichten, da inzwischen hierüber die einschlägigen, wichtigen Daten Stephanis') erschienen sind, aus denen ich die folgenden, auf Zuckerrüben bezüglichen zitiere. Der genannte Autor fand am: 2. Juli 16. Juli 10. Aug. 24. Aug. 7. Sept. 21. Sept. 7,08 8,48 8,32 10,87 13,47 13,57 1,31 0,96 1,38 0,60 0,54 0,86 — — 1,26 0,64 0,61 1,07 5. Okt. Rohrzucker (Pola- risation) Invertzucker auf 100 Teile Rolirz. Desgleichen in den Rübenköpfen . . 15,41 0,53 0,56 Eine eigene, schon am 8. Juni ausgeführte Analyse ergab, allerdings nach einer längeren Periode trocknen sonnigen Wetters, in der das Wachstum gegenüber der Assimilation besonders zurück- getreten war, einen Gehalt von 6,23 % Rohrzucker und einen solchen von 1,.52 Vo Invertzucker auf 100 Teile Rohrzucker. Am 1) A. a. 0., S. 154, Tabelle X. TJntersiicliungen über den Kohlenhydraf Stoffwechsel von Beta vHh/arit. 235 18. Juni betrugen die betr. Zahlen 7,55 und 1,44 Vo- Der der Wurzel während der ersten Vegetationsperiode zuströmende Zucker wird also offenbar sogleich von ihr zu Rohrzucker kondensiert. Der Invertasegehalt der wachsenden Wurzel, sowie der Umstand, daß dieselbe während des Wachstums etwas mehr Invertzucker als am Schlüsse enthält, machen es wahrscheinlich, daß bei der gleich- mäßigen Verteilung des Rohrzuckers im gesamten Speichergewebe Wandelungen in Invertzuckerform nicht ganz fehlen werden, falls dieser Invertzucker nicht etwa nur für Wachstumszwecke gebildet wird. Ein vollständiger Ausgleich im Rohrzuckergehalt aller Wurzel- partien ist bekanntlich (S. i?04) auch zum Schluß noch nicht erreicht. Ich habe eine Reihe plasmolytischer Versuche ausgeführt, um die Permeabilität der Zellen in verschiedenen Stadien der Wurzel- entwicklung zu untersuchen. Zu genauen Turgordruckmessungen sind bisher meist mit Recht Zellen mit gefärbtem Zellsaft oder mit Chlorophyllkörnern, die Umrißänderungen des optischen Querschnittes des Plasmaschlauches ebenfalls oft gut erkennen lassen, verwandt worden. Bei den i?e^a -Wurzelzellen, in denen die entscheidenden schwachen Plasmolysen meist recht schwer zu erkennen sind, habe ich mir mit der bereits auf S. 231 erwähnten Intravitalfärbung geholfen, welche auf der raschen Aufnahme der Toluylenrotbase durch die Zellen beruht. Man erhält relativ stabile, übersättigte Lösungen dieses sonst schwer löslichen Körpers, wenn man die Lösung des käut heben Hydrochlorids oder eines anderen Salzes schwach alkalisch macht'). Die jBe^a-Zellen speichern den -Stoff sehr reichlich im Zellsaft, und zwar zunächst diffus; später bilden sich Tröpfchen, die zu Boden sinken und dort schließlich zu einem großen Tropfenkonglomerat vereint liegen bleiben. Ich vermute, daß der die Speicherung der Base bedingende Inhaltskörper viel- leicht die Hydrokaffeesäure o. dgl. ist, aus der v. Lippmann ^) die Entstehung des in der Rübe sehr wahrscheinlich vorhandenen Brenz- katechins ableitet. Das erste, diffuse Stadium dieses Prozesses bietet nun Bilder, die Schnitten der roten Rübe ganz gleichkommen. Auch das zweite Tröpfchenstadium ist noch ausgezeichnet brauchbar. Die Färbung wurde, da die Zellen sie nur V2 bis 2 Stunden vertragen, 1) Euhland, Beiträge zur Kenntnis der Permeabilität der Plasniahaut. Jahrb. f. wiss. Bot., 1908, S. 1. 2) Ber. Deutsch. Cheni. Ges., XX, 3289. 236 W- Rubland, SO ausgeführt, daß erst am Schlüsse der Plasmolyse die Schnitte in frische Zuckerlösung übertragen wurden, der zuvor Spuren von Toluylenrot und Na:- CO3 zugefügt worden war. Diese Methode gestattet auch eine zuverlässige Be- urteilung der Zellsaftreaktion. Es seien hier einige Bemer- kungen darüber eingefügt. Die weitaus meisten Zellsäfte der Wurzel und der Blattepidermen zeigen die violettrote lonenfarbe der disso- ziierten Farbverbindung, sind also als sauer anzusprechen. Andere Zellsäfte, so auch in vielen Chlorenchymzellen des Blattes, spielen nach der Färbung mehr ins Himbeeriote und sind weniger sauer. Im Gegensatz zu diesen beiden zeigen alkalische Zellsäfte die sehr charakteristische, ziegelrote bis gelbrote Farbe der beigemischten bezw. vorherrschenden Moleküle der freien Farbbase. Diejenige H+-Ionenkonzentration, bei welcher der Umschlag der im Zell- saft enthaltenen Farbstoffverbindung erfolgt, ist lO-*^'** bis lO-^*^, kommt also dem durch Cg =0,8« 10~^ definierten Neutralitätspunkt recht nahe. Zellen der letzteren Art finden sich in der Wurzel und im Blattstiel mehr oder weniger vereinzelt im übrigen Pa- renchym. Besonders häufig, fast regelmäßig, zeichnen sich da- gegen die langgestreckten, sehr schmalen Elemente des Siebteils durch alkalische Reaktion des Zellsaftes (sowie übrigens auch dadurch, daß sie fast stets einen um 0,05 — 0,15 m Rohrzucker niedrigeren Turgordruck als die Zellen der Zuckerscheide und die übrigen Parenchymzellen haben) aus. Da mir bestimmte Erfah- rungen über die Bedeutung dieser merkwürdigen Erscheinung fehlen, möchte ich lieber davon absehen, Vermutungen in dieser Beziehung zu äußern '). Ich möchte von einer tabellarischen Wiedergabe der Resultate meiner Plasmolysen mit Wurzelzellen der Kürze halber absehen, da die erhaltenen Permeabilitätswerte für die drei Zuckerarten sich nur knapp über die Fehlergrenze erhoben und jedenfalls noch erheb- lich geringer waren als im Laube. Eine gewisse etwas leichtere Wegsamkeit der Wurzelzellen für Invertzucker war nicht ganz zu verkennen, wenngleich sie nur wenig hervortrat. Beleuchtung übt keinen erkennbaren Effekt aus. 1) Schon in der bekannten Arbeit von Sachs über Reaktionen von Pflanzensäften finden sich Hinweise auf alkalische Reaktion des Siebteiles, die seitdem meist auf hohen Eiweißgehalt zurückgeführt wurde. Es handelte sicli hei Sachs jedenfalls um an- geschnittene Zellen (Zellsaft -f- Plasma). Untersuchungen über den Kohlenhydratstoffwechsel von Beta vulgaris. 237 Wie die Verteilung des Rohrzuckers im Speichergewebe der Wurzel sich vollzieht, ist nach ihren Permeabilitätsveihältnissen und in Anbetracht der enormen Langsamkeit der Wanderung nicht ge- nauer zu sagen. Die natürlichste Annahme, solange nichts dagegen spricht, ist wohl, daß der Rohrzucker sich als solcher im Wurzel- gewebe verteilt. Daneben mögen, wie erwähnt, noch geringfügige Ausgleichsströmungen in Invertzuckerform stattfinden. Der Invertase- gehalt der wachsenden Wurzel, welcher schon früh in der Haupt- sache auf die jüngsten (äußersten) Zonen spezialisiert wird, steht offenbar im Dienste des durch den Zuwachs bedingten Stoffwechsels. Während der Winteiruhe findet außer dem Verbrauch durch die Atmung kein nennenswerter weiterer Zuckerumsatz statt (S. 214), Erinnern wir noch an die im Abschnitt A festgestellte Tatsache, daß invertasische Fähigkeiten in diesem Stadium vermißt werden, so ist damit das Wichtigste über diese Periode gesagt. Es fragt sich nun, unter welchen Bedingungen eine Änderung in diesem Verhalten eintritt. Eine solche wird namentlich zu Ende der Vegetationsruhe bzw. beim Austreiben zu vermuten sein. Inver- tase ist aber jedenfalls, wie im Abschnitt A gezeigt wurde, in aus- treibenden Rüben nicht aufzufinden. Eine merkliche Vermehrung des Invertzuckergehaltes tritt ferner, wie hier vorweggenommen sei, ebenfalls nicht ein. Man wird geneigt sein, von vornherein aus diesen Tatsachen zu schließen, daß der Zucker den jungen Blättern als Rohrzucker zuwandert. Indessen haben wir gerade über diese Frage, welche übrigens in der Spezialliteratur fast gar nicht diskutiert worden ist, die zitierten Untersuchungen von Puriewitsch, welcher Rübenstücke in umgebendes Wasser sich „entleeren" Heß, und am Schluß fast lediglich Invertzucker in der Kulturflüssigkeit vorfand. Dieselbe ergab in dem einen der quantitativen Versuche bei der Reduktion mit Fehlingscher Lösung 0,8765 g CuO vor und 0,8985 g CuO nach der Inversion, während bei dem zweiten die betr. Zahlen 0,758 bzw. 0,761 g waren. Ich möchte gleich hervorheben, daß ich zu wesentlich anderen Ergebnissen bei derartigen Exosmoseversuchen gelangt bin, wenn die ersten dieser Art auch nicht in so besonderem Gegensatz zu denen von Puriewitsch zu verlaufen schienen. Meine Versuchsanstellung entsprach im ganzen der bereits für solche Zwecke von Hansteen ') und Puriewitsch befolgten. Alle 1) Flora, Erg.-Bd. 1894, S. 419. 238 W. Ruhland, Kulturen wurden unter Wahrung der Sterilität bei allen dazu nötigen Operationen hergestellt, was auch ohne Verwendung des von Puriewitsch beschriebenen Glaskastens möglich war. Auch auf einen Zusatz irgendwelcher saurer Salze oder Säuren zur Kultur- flüssigkeit „um die Entwicklung etwa noch vorhandener Bakterien zu verhindern" und ebenso auf das Absi)ülen der Objekte in Formal- dehyd verzichtete ich. Dem Innern der Zuckerrübe wurden mit einem scharfen Korkbohrer Zylinder von etwa 1 — 1,3 cm Durch- messer und 2 — 3 cm Höhe entnommen und auf kleine, etwa 1,5 cm hohe, oben mit einer Vertiefung versehene Gipssäulchen aufgegipst, nachdem durch drei- bis vierstündiges Verweilen in einmal gewech- seltem destilliertem Wasser der Rohrzucker aus den angeschnittenen Oberflächenzellen ausgelaugt worden war. Die Säulchen standen bis dicht unterhalb der Rübenstücke zu je 3 bis 4 in Glasscliälchen von 8,5 cm Durchmesser mit destilliertem Wasser und waren mit aufgeschliffenen tubulierten Glasglöckchen bedeckt. Die so hergestellten Kulturen wurden bei Zimmertemperatur (18 — 22" C) und meist im Dunkelschrank aufgestellt und nach ver- schieden langer Zeit untersucht, indem die Flüssigkeiten aus den einzelnen steril gebliebenen Schälchen gesammelt und gemeinsam auf dem Wasserbade eingeengt wurden, und zwar, um ungewollte Inversion hierbei auszuschließen, in Gegenwart eines Überschusses von pulverförmigem Kalziumkarbonat. Die so gewonnene Flüssigkeit wurde nach Filtration gewichtsanalytisch auf ihren Gehalt an redu- zierendem und Gesamtzucker untersucht. Versuch 14. Für den ersten dieser Versuche wurde dieselbe Exosmosedauer (4 Wochen) wie bei Puriewitsch's i?^^« -Versuchen gewählt; Beginn 24. September; 10 Schälchen mit 30 RübenzyUndern; Zuckergehalt der Rübe (Polar.) 15,44%; Invertzuckergehalt = 1,53 7o des Rohrzuckergehaltes. Ende des Versuches: 22. Oktober. Die Flüssigkeit ergibt: bei direkter Reduktion: 0,0114 g Cu; nach Inversion: 0,0155 g Cu. Also auch hier ein bedeutendes Überwiegen des Invertzuckers, wenn auch nicht in dem Maße wie bei den Puriewitsch sehen Versuchen. Die absoluten Zahlenwerte sind bei Puriewitsch 30 — 40 mal so groß wie in obigem und meinen übrigen Versuchen. Da die von diesem Autor verwendeten Rübenstücke etwa ebenso groß waren, wie meine, so müßte jener entweder mit einer — auch Untersuchungen über den Kohlenhydratstoffwechsel von Befa viih/m-ix. 239 abgesehen von den Versuchsschwierigkeiten — ungeheuer zu nen- nenden Zahl von Säulchen gearbeitet haben, etwa 1000 (Angaben hierüber finden sich bei ihm nicht) oder aber — und dies ist offenbar der Fall — die Rübenstücke von Puriewitsch waren während des Versuches schwer geschädigt oder besser bereits mehr oder weniger abgestorben. Anders vermag ich wenigstens seine Angabe (a. a. O. S. 26 und 65) am Schlüsse der Versuche: „Die Wurzelzellen zeigen sehr schwache (bzw. „sehr unbedeutende") Rohrzucker- Reaktion" — nicht zu verstehen. Es ist nach meinen oben mitgeteilten plasmo- lytischen Messungen und allen andern Erfahrungen gänzlich aus- geschlossen, daß zu irgend einer Jahreszeit oder unter irgend welchen Bedingungen unbeschädigte Rübenzellen in der kurzen Frist von vier Wochen sich nahezu völlig „entleeren" sollten. Viel besser stimmen die von mir gefundenen, sehr viel geringeren Zucker- mengen zu den erwähnten Messungen. Ich glaube deshalb, und die weiteren Ausführungen werden das noch genauer dartun, daß wir die im übrigen so verdienstvollen Versuche von Puriewitsch, soweit sie sich auf Beta erstrecken, als unzulänglich außer acht lassen müssen. Der in Anbetracht des normal geringen Invertzuckergehaltes der verwendeten Zuckerrübe auffällig hohe Anteil des direkt redu- zierenden Zuckers am exosmierten Gesamtzucker veranlaßte mich, die Rübenzylinder sogleich nach Schluß des Versuches genauer zu untersuchen. Die Oberfläche der Stücke hatte Kork angesetzt, jedoch nicht der an den feuchten Gips grenzende Teil derselben. Die an- geschnittenen Cambialzonen hatten vielfach ein meist schwaches, callöses Gewebe gebildet. Der größte Teil der Stückchen wurde analysiert, und es ergab sich der Wert von 18,46 g direkt redu- zierenden Zuckers auf 100 Teile Rohrzucker, d. h. eine Vermehrung während der Versuchsdauer um annähernd das Zwölffache des ur- sprünglichen Anteils. Da irgend ein nennenswertes Ansteigen des- selben in den Rüben selbst während der Aufbewahrung bei Zimmer- temperatur nach meinen zahlreichen Analysen niemals zu beobachten ist, so mußte der Grund für dies außergewöhnhche Verhalten in den besonderen Versuchsbedingungen gesucht werden. Allerdings konnte selbst diese bedeutende Vermehrung des Invertzuckers zunächst noch nicht den Ausfall des Versuches 14 erklären. Nun wurde aber weiter festgestellt, daß ein gewisser Teil der Zellen, namentlich der peripher gelegenen, bei Abschluß des ■Jahrb. f. wiss. Botanik. L. 10 240 W. Ruhland, Versuches bereits abgestorben war. Es ist nach einiger Übung möglich, größere Komplexe abgestorbener Wurzelzellen als solche schon makroskopisch zu erkennen, bei vereinzelten Zellen ist diese Entscheidung aber selbst unter dem Mikroskop ziemlich schwierig. Ein ausgezeichnetes Hilfsmittel bietet hier die Anwendung der auf S. 235 beschriebenen Färbung mit Toluylenrotbase, welche, da nach dem Tode der Zelle der die Speicherung des Farbstoffes be- dingende Stoff sogleich nach außen diffundiert, auf den ersten Blick die Unterscheidung toter und lebender Zellen ohne Plasmolyse ge- stattet; in letzteren erscheint der Kern farblos, der Saft gefärbt, in ersteren nur der Kern, das Übrige nicht gefärbt. Eine genaue Analyse der besonderen Versuchsbedingungen erschien nun nicht nur als notwendige Voraussetzung zum Ver- ständnis der Exosmoseerscheinungen, sondern mußte auch erfolgen, um das unerwartete Auftreten von soviel Invertzucker in den Versuchs- stücken mit den bisherigen Erfahrungen über das Fehlen einer Invertase in der fertigen Wurzel in Einklang zu bringen. Die erste Vermutung ging dahin, daß die Invertzuckervermehrung mit dem Absterben gewisser Zellen in Verbindung stehen möchte. Dem schien allerdings zu widersprechen, daß eine typisch autolytische Rohrzuckerspaltung, welche also erst postmortal in Erscheinung träte, von mir sonst nicht, auch nicht in den Preßsäften der Wurzel aufgefunden werden konnte. Immerhin glaubte ich noch einige Autolyse -Versuche auf etwas andere Art anstellen zu sollen, und zwar nach der für derartige Zwecke sehr bequemen Gefriermethode. Einer sei hier angeführt: Versuch 15. Beginn 1. November. Zuckerrübe, Invertzucker- gehalt 1,75 g auf 100 g Rohrzucker. Mit dem Korkbohrer steril entnommene Zylinderchen wurden steril in Reagenzgläser eingebracht, mit Watte verschlossen, darauf sofort in eine Kältemischung von 22" C auf 3 Stunden gebracht') und nach dem Auftauen im Dunkel- 1) Die Anwendung selir tiefer Temperaturen ist notwendig, um ein sofortiges, gänzliches Absterben der Stücke hervorzurufen. Über die AYichtigkeit dieses Punktes vgl. weiter unten. Bei Einwirkung einer Außentemperatur z. B. von — 12" C während einer Stunde bleiben die Cambialzonen in den Reagenzgläsei-n unter Umständen noch Monate lang am Leben. Wie tief die Temperatur in den Zylindern hierbei sank, habe ich nicht untersucht. Meist tritt übrigens infolge saurer Reaktion des ausgefrorenen Wassers bei derartigen Versuchen schließlich doch ergiebige Inversion ein (vgl. Abschn. A, Kontrolle mit CaCOg-Zufügung), die noch durch Konzentrierung des Saftes infolge all- mählichen Eintrocknens verstärkt wird. Untersucliungen über den Kohlenhydratstoffwechsel von Beta vuh/aris. 241 schrank bei Zimmertemperatur stehen gelassen. Dem Eintrocknen der Stücke (vgl. Anmerk. S. 240) wurde durch Zufügung von etwas Wasser von Zeit zu Zeit vorgebeugt. Invertzuckergehalt der steril ge- bliebenen Stücke am 1. Dezember = 1,77 g auf 100 g Rohrzucker. Daß es sich bei der bedeutenden Invertzuckervermehrung in Versuch 14 nicht etwa um eine durch die Exosmose des Invert- zuckers in das umgebende Wasser veranlaßte weitere Rohrzucker- aufspaltung handelte^ war schon nach dem Mißverhältnis zwischen der Menge des exosmierten und des nachgebildeten Invertzuckers nicht anzunehmen, wie auch folgender, gleichzeitig mit Versuch 14 eingeleiteter Parallelversuch lehrte. Versuch 16. Von derselben Rübe wie zu Versuch 14 waren gleichzeitig mit den aufgegipsten Stücken andere Zylinderchen steril auf trockne Glasklötzchen gelegt worden, die bei gleicher Tem- peratur usw., in einer feuchten Doppelschale standen. Die Analyse fand ebenfalls am 22. Oktober statt und ergab hier einen Gehalt von 16,12 g Invertzucker auf 100 g Rohrzucker. Die Lösung des Rätsels wurde bald gefunden, als ich die Ver- mutung, ob es sich etwa hier um einen spezihschen, durch trauma- tische Reizung veranlaßten Vorgang handele, nachprüfte. Die durch die Verwundung der relativ dünnen Stückchen auf ihrer ganzen Oberfläche bedingte hohe Reizintensität, würde die beobachtete Reaktionsgröße begreiflich erscheinen lassen^). Zur Prüfung der Vermutung wurde eine Zuckerrübe einige Tage nach der Verwundung in der Nähe der Wundfläche und fern von ihr vergleichend auf ihren Invertzuckergehalt untersucht. Versuch 17. Zuckerrübe, am 8. November durch Polarisation des mit glattem Schnitt entfernten unteren Endes bestimmt = 16,34"/o; Anteil des Invertzuckers auf 100 Teile Rohrzucker = 2,11. Am 14. November wird nach Verweilen der Rübe bei Zimmertemperatur in feuchter Glocke eine zur Wundfläche parallele, 5 mm dicke Scheibe abgetragen und ebenso wie nochmals die Rübensubstanz in einer Entfernung von etwa 3 cm von der Wundfläche untersucht. Es ergibt sich für den Invertzuckeranteil: Wundfläche = 3,97 ) <• i r^n m -i t» i i ^ , ^ ,, auf 100 Teile Rohrzucker, übrige Rübe =^2,11 j Ein weiterer Versuch sollte einen Begriff von der Geschwindigkeit der Aufspaltung geben. 1) Pfeffer, Pflanzenphysiologie, Bd. I, S. 577. 16* 242 ^'- Riililaiid, Versuch 18. Zuckerrübe mit 15,54 °/o Zucker. Invertzucker auf 100 Teile Rohrzucker -^ 0,49. Am 7. November werden steril mit dem Korkbohrer 6 - 7 cm lange zylindrische Stücke vom Durch- messer 1,2 cm in Reagenzgläser übertragen und hierauf eine Anzahl der Stücke zu verschiedenen Zeitpunkten auf Invert- und Rohrzucker- gehalt untersucht, und zwar die etwa V.-; — 1 mm dicke Außenschicht einerseits und die übrige Innenmasse andrerseits. Es ergibt sich an direkt reduzierendem Zucker (als Glukose berechnet) auf 100 Teile Rohrzucker: Zu Beginn des Versuclies Nach 6 Stunden . . . „24 „ . . . .72 „ . . . Außenschiebt \ Innenmasse 0,49 0,51 0,G1 3,44 0,49 0,49 0,50 1,12 Es folgt aus diesen Zahlen also, daß eine sehr rasche Rohr- zuckerspaltung alsbald nach Anbringung der Wunde in den benach- barten Zellen einsetzt; die Reaktion blieb natürlich nicht auf die äußeisten Zellschichten beschränkt, doch wird sie auf die kurze Ent- fernung bis zur Mitte der Stückchen hin ganz bedeutend schwächer. Die mikroskopische Untersuchung der Bohrzylinder ergab nun weiter, daß im Gefolge der Verwundung regelmäßig Stärke in den reagierenden Zellen gebildet wird, die sonst in der Wurzel gänzlich vermißt wird '). Schon 6 Stunden nach der Verwundung waren bei obigem Versuch in den äußersten Zellen vereinzelte Stärkekörner zu sehen, die in Bau und Größe ganz denen der Stärkescheide des Blattstieles entsprechen. Nach 24 Stunden findet sich im gesamten Gewebe der Stücke Stärke, in jeder Zelle allerdings nur einzelne Körner. Nach 72 Stunden endlich hat noch eine Vermehrung der Körner im gesamten Querschnitt stattgefunden, die in jeder Zelle doch aber auch am Schluß nur ziemlich spärlich vorhanden sind. Natürlich erleidet die Vergleichbarkeit der Zalilenangaben der Ver- suche durch den kleinen Zuckeiverbrauch zur Stärkebildung eine geringfügige Einbuße. Möglicherweise sind auch bei der Reduktions- wirkung Spuren von Maltose als Zwischenstufe bei der Stärkebildung 1) Stärkebildung nach Verwundungen in Zuckerrüben hat bereits Schacht (Lehrb. S. 555 und de Vries, Landw. Jalirb., 1879, S. 492) beobachtet. Vgl. auch Strakosch, Vorkommen von Stärke in der Zuckerriibenwurzel (österr.-ung. Zeitschr. Zuck., Bd. 38, 1909, S. 151 ff.). Auf diese Stärkcbildung war bereits in Versuch 14 durch Verwendung verdünnten Äthylalkobols beim Ausziehen Kücksicht genommen worden. UntersuchuDgen über den Kohlenhydratstoffwechsel von Beta vuli/nris. 243 im Spiel. Quantitativ sind diese Nebenvorgänge freilich infolge ihrer Geringfügigkeit nicht festzulegen. Es kann keine Rede davon sein, daß hier etwa die gesamte Rohrzuckeraufspaltung zum Zwecke einer nachfolgenden Konden- sation zu Stärke erfolgt. Dazu ist die Menge des am Schlüsse mehrwöchentlicher Versuche vorhandenen Invertzuckers zu groß und die der Stärke bei weitem zu gering. Der Sinn dieser regulato- rischen Bildung von Invertase ist vielmehr offenbar in der Produktion von Invertzucker als physiologisch aktiven Materials zu suchen, das die Pflanze für ihre Heilprozesse braucht. Hierbei darf auch die durch Verwundung hervorgerufene Steigerung der Atmungs- energie, die bei ruhenden Organen besonders hervortritt, natürlich nicht vergessen werden '). Bei den Versuchen mit isolierten zylindrischen Stückchen in feuchter Atmosphäre beginnt schließhch ein Teil der Zellen (es sind dies zuerst gewöhnlich die peripheren Parenchymzellen, dann auch die inneren; am längsten bleiben die Zellen der Kambial- streifen lebend) abzusterben, und zwar je nach dem Material nach Ablauf von 3 — 6 Wochen. Man findet dann in solchen Zellen neben der (intakten!) Stärke fast ausschließlich nur noch Invert- zucker. Versuch 19. In bekannter Weise wurden am 26. Januar Bohrzylinder steril in Reagenzgläser übertragen und für Feucht- erhaltung der Stücke durch zeitweiliges Zufügen von sterilem Wasser Sorge getragen. Invertzucker =r 1,87 g (als Glukose berechn.) auf 100 Teile Rohrzucker. Vom Rest der Rübe wurde Preßsaft im Brutschrank weiter beobachtet; Polarisation am 26. I. beträgt 4-18,4". Am 31. März wird der Versuch abgeschlossen. Die mi- kroskopische Untersuchung zeigt in allen Zellen Stärke und ergibt mit Hilfe der Toluylenrotbase, daß die Gewebe mit Ausnahme der Kambialzonen und einzelner anderer Gewebekomplexe abgestorben sind. Vor der Analyse werden die Kambialzonen ausgeschnitten; sie ergibt, daß auf 100 g Invertzucker im übrigen Gewebe nur noch 9,19 g Rohrzucker kommen-). Polarisationswert des Preßsaftes am selben Tage -\- 18,3^; Reaktion schwach sauer. 1) Richards, Ännals of botany, 1896, X, 531; Pfeffer, Pflanzenphysiologie, 1, 576; Friedrich, Centralbl. f. Bakt., II. Abt., 1908, Bd. XXI, S. 330. 2) Die Aufspaltung des Rohrzuckers wäre offenbar autolytisch noch weiter ge- gangen, wenn nicht noch lebende Zellen im Spiel gewesen wären. 244 W. Ruhlaiui, Schließlich sei noch als Beispiel mehrerer gleichsinnig verlau- fener ein besonders instruktiver Versuch angeführt, der die kräftige, infolge Verwundung einsetzende Invertasebildung erkennen läßt. Versuch 20. Zwei ungefähr gleich große Zuckerrüben wurden in je zwei Längshälften zerschnitten. Je eine der Hälften (A) wurde sofort (am 10. März) zerkleinert und gemeinsam ausgepreßt. Die andern (B) wurden in etwa 2 — B ccm große Stücke zerschnitten, in großen Doppelschalen, also feucht, noch 4 Tage stehen gelassen und darauf erst weiter zerkleinert und ausgepreßt. Beiderlei Preß- säfte waren von Anfang an im Überschuß mit CaCO^ versetzt worden. Die Polarisationswerte waren: 10. März 14. März 15. März 19. März 26. März + 19,5» -1-19,5'' 4-16,9" + 19,5' + 15,5' + 19,5" + 11,9" + 19,5" + 4,9" Für unsere Exosmoseversuche, um nunmehr zu diesen zurück- zukehren, ergibt sich aus diesen und ähnlichen Versuchen, daß, wenn gerade die peripheren Zellen, wie meist, bei vierwöchentlicher Versuchsdauer zum erheblichen Teil abgestorben sind, wir in ihnen nur noch Invertzucker anzunehmen haben. Da sie nun an das umgebende "Wasser natürlich außerordentlich viel mehr von ihrem Zucker abgeben werden als die fast impermeablen lebenden Zellen, so erklärt sich auf diese Weise der auffallend hohe Invertzucker- gehalt der Kulturflüssigkeit in Versuch 14. Bei den weiteren Versuchen dieser Art wurde auf die nunmehr aufgeklärte Sachlage insofern Rücksicht genommen, als das Ab- sterben von Zellen nach Möglichkeit vermieden wurde. Ganz läßt sich dies jedoch nicht erreichen. Speziell in der an den Gips an- stoßenden untersten Schicht findet man stets, vermutlich infolge der mangelhaften Sauerstoflfzufuhr, einzelne abgestorbene Zellen. Die Dauer der Versuche wurde jedenfalls noch etwas eingeschränkt, das Flüssigkeitsniveau tieferliegend gewählt und nach Untersuchung jedes einzelnen Bohrzylinders bei Abschluß des Versuches nur solche be- rücksichtigt, welche keine größeren Komplexe toter Zellen aufwiesen. Versuch 21. Ganz entsprechend Versuch 14. Beginn am 2. Februar. Die verwendete Zuckerrübe enthielt auf 100 g Rohr- zucker 1,21 g Invertzucker. Den obigen Anforderungen entsprachen nach Versuchsabschluß am 24. Februar 24 Schälchen mit je 4 Gips- blöckchen. Die Hälfte der eingeengten Versuchsflüssigkeit ergab Untersuchungen über den Kohlenhydraistoffwechsel von Beta raU/arix. 245 bei der direkten Reduktion unter Verdoppelung des Mittels beider Parallelbestimmungen im ganzen 0,0147 g Cu; die andere Hälfte nach Inversion 0,0571 g Cu, was einen Anteil des Invertzuckers am „Gesamtzucker" von etwa 25,7 "/o ausmacht; der etwa Vs mm dicke, äußere, etwas callöse Mantel der Stücke ergab 35,9 und die inneren Partien 8,8 Teile Invertzucker aut je 100 Teile Rohrzucker. Auch hier ist ein noch recht hoher Invertzuckergehalt in der Kulturflüssigkeit zu konstatieren. Berücksichtigt man aber, daß die äußerste Zellschicht, welche allein mit dem Messer abzutrennen ja unmöglich war, wenigstens zum Schluß dieses Versuches sicherlich weit mehr Invertzucker als nur 35,9 auf 100 Teile Rohrzucker ent- halten hat, so wird man den Gehalt an letzterem noch als erstaunlich hoch bezeichnen müssen und ohne Bedenken schheßen dürfen, daß bei der Entleerung der normalen , nicht invertasehaltigen Rübe, deren Verhältnisse solche Exosmoseversuche eben infolge Störung durch sekundäre traumatische Prozesse nicht nachahmen können, der Zucker als Rohrzucker wandert. — Die Zahlen eines letzten, im Frühjahr angestellten, analogen Versuches waren folgende : Versuch 22. Ganz entsprechend Versuch 14. Beginn am 11. April. Steril erwiesen sich am 1. Mai 22 der Schälchen mit je 4 — 5 BohrzyUnderchen. In der Kulturflüssigkeit beträgt der Invertzuckeranteil etwa 31,0 % des „Gesamtzuckers"; in dem äußeren, etwa 1 mm dicken Mantel der Bohrzylinder kommen 52,31 und im Innern 11,22 Teile auf 100 Teile Rohrzucker. An den Zylindern dieses Versuches wurde auch der Turgor- druck verfolgt. Grenzkonzentration zu Beginn des Versuches = 0,85 m Rohrzucker; bei Beendigung desselben 0,95 m Rohrzucker. Der Druck in den invertzuckerreichen Randzellen ist nicht höher als in der Mitte des Gewebes. Es muß also zweifellos eine sehr wesentliche Regulation des Turgordrucks in den Objekten statt- gefunden haben, was dadurch möglich ist, daß Nicht-Zuckerstoffe einen bedeutenden Anteil an den osmotischen Kräften des Zellsaftes haben. Eine Änderung der Permeabilität ist, wie längere Plasmo- lysen zeigen, gegenüber den auf S. 236 dargestellten Verhältnissen nicht eingetreten. c) Ausblick auf die intramolekulare Atmung der Rüben. Die Tatsache, daß unter den durch traumatischen Reiz aus- gelösten Stoff Wechselvorgängen die Bildung einer Invertase hervor- 246 W. Ruhland, tritt, gab Veranlassung, auch noch einen Blick auf die Vorgänge bei der intramolekularen Atmung der Rüben zu werfen. Es wurde schon auf S. 215 hervorgehoben, daß unseren Erfahrungen, wonach invertasische Fähigkeiten in der fertigen Rübe regelmäßig vermißt werden, die Angaben Stoklasas gegenüberstehen, welcher fand, daß bei der intramolekularen Atmung ähnlich wie bei der Hefe- gärung eine Inversion des Rohrzuckers der weiteren Spaltung des Zuckermoleküls vorangeht. Stoklasa und seine Mitarbeiter erzielten bei ihren Versuchen den Sauerstoffabschluß so, daß sie Zuckerrüben in Gefäßen mit ausgekochtem Wasser, über dem sich Wasserstoff befand, unter- getaucht hielten. Hierbei wurden die typischen Gärungsprodukte, Äthylalkohol und Kohlensäure gemessen. Auf die Mitwirkung einer Invertase schlössen die Autoren aus dem Auftreten bedeutender Mengen von Invertzucker in der Kulturflüssigkeit. Schließlich finden wir auch noch die Angabe, daß es ihnen gelungen sei, aus dem Preßsaft einer Zuckerrübe, welche 14 Tage anaerob geatmet hatte, eine Invertase darzustellen, sowie die Beschreibung des dabei an- gewandten Verfahrens. Im Anschluß an diese Angaben Stoklasas seien meine eigenen Erfahrungen wiedergegeben. Stoklasa arbeitete, um die Gärpro- dukte messen zu können, bei seinen zahlreichen Versuchen mit außerordentlich großen Mengen Rübensubstanz und sehr großen Glasgefäßen. Mir ist es nun leider trotz besonderer Vorsicht und Befolgung der Stoklasaschen Vorschriften nicht geglückt, beim Arbeiten auch nur mit ähnlichen Mengen die erforderliche Sterilität zu wahren. Die Versuche wurden daher auf einen kleineren Maßstab verringert, was umsomehr geschehen konnte, als es mir nur um eine quali- tative Nachprüfung zu tun war. Ich operierte mit Präparatengläsern, welche 4 cm lichte Weite und etwa 16 cm Höhe hatten. In die Gläser kam je ein ent- sprechend dickes zylindrisches, steril ausgeschnittenes Rübenstück. Nach anfänglicher Durchleitung eines konstanten Wasserstoffstromes überzeugte ich mich später, daß die Versenkung in gekochtes destilliertes Wasser allein genügt, um sogleich intramolekulare At- mung herbeizuführen. Selbst bei einer derartigen Vereinfachung des Versuches mußte immer noch ein erheblicher Teil derselben infolge Verunreinigung ausscheiden. Untersuchungen über den Kohlenliydratstoffwechsel von Beta vulgaris. 247 Versuch 23. Beginn 15. März. Invertzucker auf 100 Teile Rohrzucker in der verwendeten Rübe 1,92. Die Rübenstücke scheiden in der ersten Woche ziemlich viel CO2 aus; nach bereits 2 — 3 Tagen erkennt man schon beim Schräghalten der Gläser an den auftretenden Schlieren in der Nähe der Rübenstücke, daß sie reichlich Rohrzucker abgeben. Schluß des Versuches am 29. März. Die 300 ccm beträgende ziemlich neutrale Kulturflüssigkeit wird in zwei Hälften geteilt. Die erste Hälfte wird schwach angesäuert und destilHert. Die ersten 1.5 ccm des Destillats werden nach Müntz mit viel kristallisiertem Na^ C0:( und pulverförmigem Jod versetzt. Starke Jodoformreaktion. Die andere Hälfte enthält 4,71 Teile Invertzucker (als Glukose her.) auf 100 Teile Rohrzucker. Die verwendeten, äußerlich ziemlich unverändert aussehenden Rübenstückchen enthalten abgestorbene Zellen (Neutralrotbase!), sind aber meist (auch die Randzellen) noch lebend. Der Turgor- druck ist von anfänglich 0,90 m Rohrzucker auf 0,35 — 0,40 m zu- rückgegangen, wohl größtenteils infolge Zuckerverlustes durch Exosmose. Auch die Rübenstückchen enthalten Alkohol. Der Invertzucker in denselben beträgt auf 100 Teile Rohrzucker 3,11. Preßsaft, der zu Versuchsbeginn aus der verwendeten Rübe her- gestellt war, zeigt am Schluß die ursprüngliche Drehung von-[- 19,5". Reaktion schwach sauer. Aus diesem und einigen analog verlaufenen ähnlichen Ver- suchen geht also hervor, daß hierbei eine der Hefegärung ent- sprechende Zuckerspaltung in C2H5OH und 00^ zweifellos statt- findet. Dieser Prozeß verlief jedoch stets unter schweren Schädi- gungen der Zellen, die schon in den ersten Versuchstagen an reichlicher Zuckerdiffusion kenntlich war, und führte oft schon im Verlauf von 9 — 14 Tage zum Tode der meisten Zellen'). Der wichtige Punkt war, daß also in der Tat eine Rohrzucker- inversion mit einherlief und zweifellos eine Invertase- Neubildung stattgefunden hatte. Daran knüpfte sich aber die weitere Frage, ob bei diesen Versuchen die Invertasebildung wirklich in die durch Mangel an freiem Sauerstoff ausgelöste Kette von Prozessen als deren erstes nachweisbares Anfangsglied einzureihen sei, ob also gewissermaßen das Enzym von den Zellen regulatorisch gebildet 1) Was den frühen Tod der Zellen herbeiführt, ist mittelbar oder unmittelbar der Sauerstoffmangel. Man wird kaum geneigt sein, an eine Selbstvergiftung durch Alkohol zu denken. Mangel an vergärbarem Zucker liegt selbstverständlich nicht vor. 248 ^V. Ruhland, wird, um vergärbaren Zucker für die Anaerobiose zur Verfügung zu haben. Ich glaube, daß diese Frage zu verneinen ist. Es zeigte sich nämUch, daß die bei der Anaerobiose stattfindende Inversion der- jenigen, welche durch traumatischen Reiz hervorgerufen wird, darin gleicht, daß sie hauptsächlich an und nahe der Oberfläche der Versuchsstücke stattfindet, welche ja auch hier unverraeidlicher- weise eine Wundfläche bildet, ebenso wie bei den Stoklasaschen Versuchen, der das Periderm abtrennte und die so entstandene Wundfläche nochmals mit sehr starker (0,5-proz.) Sublimatlösung behandelte. Versuch 24. Beginn: 14. Januar. Die Zuckerrübe enthält auf 100 Teile Rohrzucker 0,77 Teile Invertzucker. Steril ent- nommene Zylinder wie oben in Präparatengläser versenkt und unter der Luftpumpe zur Entfernung der intercellularen Luft injiziert. Am 16. Januar beträgt die Invertzuckerzahl für den äußeren, 1 mm dicken Mantel der Stücke 1,63 und für das innere Gewebe 0,81. Stärke tritt hier so wenig wie bei anderen Anaerobenversuchen auf, auch niemals callöses Wundgewebe. Die Drehung des Preßsaftes, welche zu Anfang des Versuches -}- 18,3 *^ betragen hatte, ist am 28. Januar noch unverändert. Diese und ähnliche, analog verlaufene Versuche sprechen doch sehr zugunsten der Annahme, daß auch bei diesen Versuchen die erhöhte Invertzuckerbildung durch den Wundreiz verursacht ist. Bei Sauerstoffmangel kann nur diese erste Stufe des Re- aktionsprozesses ungehindert stattfinden, während die Stärke- bildung und das callöse Wachstum unterbleiben. Es entstehen weit mehr Invertzuckermengen, als auch nur annähernd vergoren werden könnten. Für die so kurze Zeit, welche die Zellen intakt bleiben, dürfte sogar der primäre Invertzuckergehalt ausreichen. Immerhin wird durch unsere Versuche die Frage nicht beantwortet, ob nicht auch merkliche Inversion als direkte Folge der intra- molekularen Atmung stattfinden kann. Eine eindeutige Lösung dürfte aber besondere experimentelle Schwierigkeiten bieten '). d) Das Verhalten in der zweiten Vegetationsperiode. Es wurde bereits im Abschnitt b) auseinandergesetzt, daß der Zucker beim Wiederaustreiben in der Wurzel — entgegen den 1) An eine Gewinnung des Enzyms war bei den geringen Mengenverhältnissen natürlich nicht zu denken. Untersuchungen über den Kohlenhydratstoffwechsel von Beta vulfinrix. 249 Versuchen von Puriewitsch — als Rohrzucker auswandert, daß aber eine Änderung in der Permeabilität der Wurzelzellen hierbei mit unseren Methoden nicht nachgewiesen werden konnte. Theo- retisch ist eine solche aber im „Rübenkopfe" natürlich zu fordern; denn auf der einen Seite muß im ersten Vegetationsjahr natürlich ein der Speicherung entgegenwirkender übertritt von Rohrzucker ins Laub vermieden werden; da die Blattstiele und die Spreiten aber, wie die Kulturversuche ergeben, für Rohrzucker keineswegs impermeabel sind, muß diese impermeable Zone im Rübenkopfe gesucht werden. Da der Rohrzucker aber andererseits, wie außer den übrigen im genannten Abschnitt mitgeteilten Tatsachen schon der Mangel an Invertase zeigt, bei der Auswanderung in die jungen oberirdischen Organe im Frühjahr als Rohrzucker übertritt, so kann zu dieser Zeit eine für ihn impermeable Zone im Rübenkopf nicht mehr bestehen^). Bei Übertritt in die jungen oberirdischen Organe wird der Rohrzucker sogleich mit Hilfe einer in ihnen von Anfang an vor- handenen Invertase kräftig gespalten. Über den Zuckergehalt dieser Organe haben wir z. B. die Angaben von Lind et (a. a. 0.), von denen einige wiedergegeben seien. Er fand z. B. : In 100 com Saft: Rohrzucker Glukose Fruktose 2,85 0,29 0,03 0,39 2,02 0,54 U,04 0,35 0,14 0,18 0,86 0,10 0,00 0,35 0,06 Blattstiele mit sehr kleinen Spreiten aus Mieten (Dezember) Blätter im Keller ausgeschlagen (Mai)') \ I Spreite Bei Licht ausgeschlagene Blätter (Mai) f Stiele I Spreite 1) Strohmer, Über Aufspeicherung und Wanderung des Rohrzuckers in der Zuckerrübe (Österr.-ung. Zeitschr. Zuck., 37 1909, S. 18 ff.) nimmt irrigerweise eine In- version im Rübenkopfe an. 2) Angesichts der neueren Erörterungen über die Bedeutung der Stärkescheide (vgl. z. B. Usslep: Vorkommen und Bedeutung der Stärkescheide in oberirdischen Pflanzenteilen. Beihefte z. Bot. Centralbl., 26, 1910, 1. Abt., S. 341) will ich eine ge- legentliche Beobachtung nicht unerwähnt lassen, die ich an Zuckerrüben machte, welche zum Zwecke von Zuckeruntersuchungen in den Blättern im Herbst in Töpfe gepflanzt waren und bei vollständiger Verdunkelung Blätter getrieben hatten. Die Stärkescheiden in den Blattstielen und auch den größeren Rippen dieser im Dunkeln erwachsenen Blätter enthielten stets Stärkekörner, wenn auch nicht so reichlich wie Lichtblätter. Auch diese Beobachtung, an die ich weitere Versuche nicht geknüpft habe, weist m. E. auf eine fundamentale Bedeutung der Stärkescheide hin. 250 W. Ruhland, Mikrochemische Untersuchungeu zur Auffindung von Invert- zucker sind bei Gegenwart von Rohrzucker recht heikel. Von meinen unbefriedigenden Erfahrungen mit der Phenylhydrazinmethode war ja oben schon die Rede. Aber auch bei der mikrochemischen Verwendung von Fehlingscher Lösung ist große Vorsicht geboten und stete Kontrolle durch makrochemische Analysen notwendig. Besonders leicht findet beim Erwärmen der Schnitte Inversion des Rohrzuckers durch den sauren Zellsaft statt, bevor das alkalische Reagens eingedrungen ist, wovon man sich an Schnitten durch Rübenwurzeln, die fast ganz frei von Invertzucker sind, überzeugen kann. Rasches Erhitzen bezw. Eintragen der Schnitte in das kochende Reagens hilft ebensowenig sicher wie besonders langsames Erwärmen, bei welchem überdies noch Zuckerdiffusion vor Beginn der Reduktion erfolgt. Die von Lidforss') vorgeschlagene alkoholische Fehlin g sehe Lösung dringt schneller ein, aber auch hier kommt es häufig zu ungewollten Inversionen. Längsschnitte durch austreibende Rüben, welche junges Blatt- gewebe und einen Teil des Rübenkopfes zugleich enthalten, zeigen, wenn die Behandlung mit Fehlingscher Lösung gelungen ist, scharf den Unterschied zwischen dem unveränderten Speichergewebe und den mit basischem Kupfer erfüllten Zellen des jungen Gewebes. Auch tritt an solchen Schnitten sehr schön hervor, daß offenbar alle Zellen des Schnittes mit Ausnahme der Epidermis und der mechanischen Elemente reich mit Zucker erfüllt sind. Speziell ergab sich auch an solchen Schnitten kein Anhaltspunkt für eine Bevorzugung der Siebröhren in dieser Hinsicht (vgl. S. 232). Eine Reihe makro chemischer Analysen zeigte mir, daß es in der Tat zu keiner Zeit während des Austreibens zu einer Invert- zuckerbildung im Rübenkopfe kommt. Zuckergehalt Invertzucker Datum der ganzen auf 100 Rohr- Bemerkungen Rübe zucker im Kopf 15. Dezember 3. Februar . 17. März . . . 1 7,52 7o 14,31 „ 15,88 „ 1,12 0,98 1,32 [ Im Oktober in Töpfe gepflanzt und [ öfter der Blätter beraubt. 12. Mai ... 14,12 „ 0,79 1 13. Juni . . . 13,86 „ 0,35 j Ende April ins Freie verpflanzt 5. Juli . . . 16,54 „ 0,61 ) 1) B. Lidforss in Lunds Univ. Ärsskr., 28, 1892 (vgl. Bot. Centralbl.). Unfersuchmigen über den Kohlenhydratstoffwechsel von Beta vulgaris. 251 Es ist nun interessant, daß sich die blütentragenden Lang- sprosse etwas anders verhalten als die grundständigen Blätter. Ich habe solche einige Male analysiert und fand für die Hauptachse: In 100 ccm Saft: Rohrzucker Invertzucker 15. Mai . . . . 13. Juni .... 17. Juli .... 1,35 2,52 1,88 0,23 0,45 0,10 Diese Zahlen stimmen überraschend gut zu einer Angabe, die ich bei Lind et (a. a. 0., S. 107) finde, wonach am 12. Oktober in den Achsen und Blattstielen der blühenden Sprosse auf 100 ccm Saft 2,17 g Rohrzucker und 0,11 g Glukose sowie Spuren von Fruktose kamen, während die Blattspreiten nur Livertzucker ent- hielten. Wir haben danach wahrscheinlich einen kontinuierlich aus der Wurzel in die Achse der Blütensprosse trotz deren Invertasegehalt (vgl. S. 215) aufsteigenden Strom von Rohrzucker anzunehmen und nur eine teilweise Invertierung desselben bei Eintritt in die Sproßbasis. Erst am Orte des Hauptverbrauchs, also in der Blütenregion selbst, wird der Rohrzucker zur weiteren Nutzbarmachung invertiert. Da nichtsdestoweniger auch in den Blüteiiachsen die Per- meabilität für Rohrzucker nicht größer als im Blattstiel ist, neigte ich früher zu der Annahme, daß für die Zuckerzuführung zu einem derartig in die Länge wachsenden Organ noch andere Mo- mente als der langsame Diflfusionsstrom durch das lebende Paren- chym in Betracht kommen müßten. Möglich erschien mir z. B. eine periodische Mitwirkung innerer Druckfiltration in die Gefäß- bahnen, doch sind meine Bemühungen, derartigen Vorgängen durch mikrochemische Untersuchung oder auf Grund von Blutungs- erscheinungen an dekapitierten Sprossen auf die Spur zu kommen, vergeblich gewesen. Im Anschluß an die bekannten älteren Erörterungen über die gelinge Eignung der Diffusion zur Erzielung ausgiebiger Stoff- transporte infolge ihrer Langsamkeit und die Notwendigkeit be- schleunigender Faktoren hierbei hatRywosch') neuerdings darauf aufmerksam gemacht, daß solche Wirkungen möglicherweise durch 1) t)ber eine Diffusion.sbeschleunigung der Dextrose. Ber. d. Deutsch. Bot. fies., Bd. 29, 1911, S. 204. 252 W. Ruhland, bloße Anwesenheit anderer Stoffe ausgeübt werden könne; so fand er Beschleunigung der Traubenzuckerdiffusion durch bloße Rohr- zuckergegenwart. Es ist aber nicht einzusehen, wie solche Möglich- keiten gegenüber der minimalen Permeabilität der Plasmahaut eine Rolle spielen sollten. C. Bemerkungen über das lokalisatorische Verhältnis von Rohrzucker und Invertase bei Beta. Während im Tierkörper im allgemeinen die Enzymsekretion an bestimmte Organe von drüsigem Bau gebunden erscheint, ist bei Pflanzen eine ähnliche histochemische Speziahsierung nur für besondere Fälle nachgewiesen. Man vergleiche u. a. die Angaben über Sekretionsdiastase, Emulsin, Myrosin usw. Speziell für die beiden letzteren hat Guignard es wahrscheinlich gemacht, daß hier Glukosid und Enzym in verschiedenen Zellen gebildet weiden und erst durch Sekretion bzw. beim Zerreiben der Gewebe zusammen- gebracht werden. Es gelang ihm, mit Hilfe einiger einfacher mikro- chemischer Reaktionen diejenigen Zellen, in denen er das Enzym vermutete, sicher ausfindig zu machen und durch entsprechende mechanische Trennung der Enzym- und nicht enzymhaltigen Teile, z. B. in den Blättern und jungen Zweigen von Amygdalus lauro- cerasus nachzuweisen, daß nur die ersteren Amygdalinlösungen in Benzaldehyd und Blausäure zu zerlegen vermögen. Bei meinen Untersuchungen an Beta habe ich die Möglichkeit einer separaten Rohrzucker- und Invertaselokalisierung wohl im Auge behalten und hatte speziell die auf S. 236 erwähnten Zellen mit alkalisch reagierenden Zellsäften im Parenchym und besonders auch in der Nähe der Gefäßstränge längere Zeit im Verdacht, die Orte der Invertasebildung zu sein, habe aber niemals positive Anhalts- punkte für diese Annahme finden können. Dagegen aber sprach namentlich u. a. die invertierende Wirkung gefäßbündelfreier Blatt- parenchymstücke auf Rohrzuckerlösungen. Ich bin daher jetzt nach Überblickung meines gesamten Tat- sachenmaterials zu der Überzeugung gelangt, daß die einzige Trennung von Invertase und Rohrzucker darin besteht, daß jene im Plasma, dieser im Zellsaft vorhanden ist. Ich möchte hier nicht in lange theoretische Erörterungen über die Invertasesekretion eintreten, doch mögen wenigstens einige Punkte, soweit tatsächliche Unterlagen vorhanden sind, hervor- gehoben werden. ■Untersuchungen über den Kohlenhydratstoffwechsel von Beta vnlgarin. 253 Wir sehen, daß die Invertase zwar in den meisten Organen der Pflanze dauernd vorhanden ist, in anderen, wie den älteren resp. ausgewachsenen Wurzeln aber fehlt. Auch hier kann sie indessen jederzeit, z. B. durch Wundreiz, regulatorisch ge- bildet werden. Doch wird auch in denjenigen Zellen, in denen sie dauernd fertig gebildet vorhanden ist, ihre Tätigkeit den jeweiligen Bedürfnissen entsprechend reguliert. Ich möchte hierfür an die junge Wurzel erinnern, deren Preßsäfte bei der Autodigestion rasch ihren gesamten Rohrzucker aufspalten, deren unversehrte Zellen aber neben Rohrzucker stets nur verschwindend wenig Invert- zucker enthalten und sogar offenbar kondensatorisch tätig sind. BezügUch der Frage, welcher Mittel sich die Pflanze in diesem Falle zur Selbststeuerung bedient, sind die beiden Möglichkeiten ins Auge zu fassen, ob die Inversion im Plasma oder im Zellsaft nach vorangegangener Enzymsekretion erfolgt. Beobachtungen, welche die Frage nach der einen oder andern Richtung hin entscheiden, habe ich nicht zu verzeichnen, möchte mich jedoch für die erstere Annahme erklären; denn angesichts der dauernden sauren Reaktion der Zellsäfte würde schwer be- greiflich sein, mit welchen Mitteln die Zelle selbststeuernd noch in den einmal eingeleiteten Prozeß eingreifen könnte, d. h. eine gänz- liche Rohrzuckeraufspaltung hindern wollte, wenn das Enzym einmal sezerniert ist. Die Reaktionsprodukte (Glukose, Fruktose), obwohl in gewissem Sinne spezifische Paralysatoren '), können für die Selbst- steuerung natürlich gar nicht in Frage kommen'). Und doch muß eine solche zweifellos möglich sein, wie es, abgesehen von allem andern (Speicherung usw.), allein die Regulation des Turgors^) und ihre Abhängigkeit gerade von den osmotisch so verschiedenwertigen Zuckern erfordert. Aus lebenden Beta- ZeWen ist nach meiner Erfahrung eine Invertasesekretion nicht zu beobachten. Es ergab sich speziell bei den Versuchen über intramolekulare Atmung, daß eine Abgabe des Enzyms an die Kulturflüssigkeit selbst dann noch nicht stattfindet, wenn die Zellen ihre semipermeablen Eigenschaften, an der Rohr- 1) Armstrong, Studies on enzyme action. Proc. Roy. Soc, 79, 1907, 360. 2) Antifermente gegen Invertase sind, abgesehen von einem sehr schwachen Immun- ferraent (Schütze und Bergeil, Zeitschr. klin. Med., 61, 1907, 306) bisher m. W. bei keinem Organismus gefunden. 3) Pfeffer, Druck und Arbeitsleistung. 254 W. Ruhland, Zuckerdiffusion beurteilt, schon teilweise eingebüßt haben. Erst nach dem teilweisen oder vöUigen Absterben der Stücke konnten in der Versuchs-Flüssigkeit einige Male weitere Aufspaltungen kon- statiert werden, die den Schluß auf eine vorangegangene postmortale Diffusion von Invertase in dieselbe gestattete. Ein derartiger Ver- such sei in aller Kürze erwähnt: Versuch 25. Beginn 2. April, ganz nach Art von Versuch 23 hergerichtet. Es werden aus zweien der je 70 ccm Flüssigkeit ent- haltenden Versuchsgläser (A u. B) am 8. April mit steriler Pinzette die Rübenstücke entfernt und gleichzeitig mit steriler Pipette nach Schütteln der Gläser Flüssigkeit zur Polarisation entnommen. Drehung in A -j- 1,9", in B -|- 2,7". Die sich selbst überlassenen, steril gebliebenen Flüssigkeiten haben bei einer zweiten Polarisation am 1. Mai ihre Drehung nicht verändert. Aus zwei weiteren Versuchs- gläsern (C und D) werden die Rübenstücke in analoger Weise erst am 19. April entfernt. Die Drehung einer Probe der Versuchs- flüssigkeiten beträgt am gleichen Tage bei C -|- 5,2", bei D -|-4,8". Dieselbe ist am 17. Mai bei C + 2,0", bei D-|-0,9". Bakterien o. dgl. haben sich nicht entwickelt. Bei einem anderen, analogen Versuch hatten die Rübenstücke 8 Tage in der Flüssigkeit verweilt, ohne daß Invertase hinein- gelangt war. Derartige Versuche gestatten natürlich noch nicht den bindenden Rückschluß, daß nun auch eine Sekretion in den Zellsaft nicht statt- findet, sie sind jedoch, wenn man den Invertasereichtum gerade der an die Flüssigkeit anstoßenden Oberflächenzellen bedenkt, doch als Argument zugunsten unserer Annahme, daß die Spaltungen des Rohrzuckers, ähnlich wie die Bildung transitorischer Stärke, beim Durchströmen desselben durch das Plasma stattfinden, nicht ganz belanglos. Auf die Vorteile dieser Annahme für das physiologische Ver- ständnis im einzelnen hinzuweisen, möchte ich hier unterlassen. Erwähnt sei nur noch, daß wir schon angesichts der Fülle gleich- zeitiger enzymatischer Prozesse diese in Anlehnung an die bekannten von Hofmeister') entwickelten Vorstellungen möglichst in das Plasma verlegen müssen. Ich glaube, daß die Anschauungen über 1) „Die cliemische Organisation der Zelle", Braunschweig, 1901. Vgl. dazu Ja- vohy in Oppenheiuiers Handb. d. Biochemie, II, 1 (Jena 1908). Uiitersuclunigen über den Kolilenhydratstoffwechsel von Beta mhiari^. 255 die Plasmastruktur, die neuerdings Lepeschkin') auf kolloid- chemischer Grundlage geäußert hat, derartigen Vorstellungen sehr zu Hilfe kommen. Entspricht das Plasma einer kolloidalen Emulsion, so würden wir uns die chemischen Mittel der Zelle an die der dispersen Phase entsprechenden Kolloide gebunden vorzustellen haben, denen die reagierenden Stoffe vermöge des Dispersionsmittels des Plasmas zugeführt werden. Was dieses letztere aber anbelangt, so wird der unübersehbare Komplex regulatorischer Funktionen, die wir ihm zuerkennen müssen, auch die Fähigkeit einschließen, die Wechselwirkung derartiger disperser Einschlüsse mit perme- ierenden Stoffen in weitgehender, für uns vorläufig nicht weiter analysierbarer Weise den jeweiligen Bedürfnissen entsprechend zu variieren oder unmittelbar zu unterbrechen. Es bedarf schließlich noch besonderer Erwähnung, daß ich, speziell in der ausgebildeten Wurzel, welche nach Verwundung so leicht Invertase zu bilden vermag, nach einer „proenzymatischen" Vorstufe der Invertase, die bei einigen anderen Enzymen physiologisch bedeutungsvoll ist, vergeblich gesucht habe. Auch einen etwa als „Aktivator" in Betracht kommenden Stoff konnte ich nicht auffinden, als ich Preßsäfte von ruhenden Rüben mit Säuren, Extrakten aus verwundeten Wurzeln usw. behandelte. Kurze Zusammenfassung der wichtigsten Resultate. A. Zuckerwanderung. 1. Der Zucker strömt nicht, wie nach dem Vorgange Czapeks neuerdings allgemein angenommen wird, als Rohrzucker, sondern hauptsächlich als Invertzucker (speziell vielleicht Fruktose) der Wurzel zu, um dort erst zu Rohrzucker kondensiert zu werden. 2. Auf dem Wege von der Spreite basalwärts in den Blattstiel wandert neben Invert- auch Rohrzucker; der Übertritt in die Wurzel erfolgt aber lediglich als Invertzucker, 3. Der Zucker wandert in der zweiten Vegetationsperiode inner- halb der Wurzel als Rohrzucker und wird erst beim Eintritt in die Blätter gespalten. 1) „Über die Struktur des Protoplasmas''. Ber. d. Deutsch. Bot. Ges., XXIX, 1911, S. 181, und andere Aufsätze. Man vergleiche hierzu übrigens auch die im Plasma sichtbaren Veränderungen, welche (von Guignard u. a.) beim Auftreten von Emulsin, Diastase usw. direkt beobachtet wurden. Jahrb. f wiss. Botanik I,. 17 256 W. RuhlaiKl, 4. In den Achsen der blütentragenden Langsprosse steigt sehr wahrscheinlich ein Rohrzuckerstrom aufwärts. Erst in den jungen Blüten findet eine weitere Inversion statt. B. Permeabilität. 5. Die Zellen der Blätter und Blattstiele sind permeabel für Raffinose, Rohrzucker, Maltose und mehr oder weniger für alle geprüften Hexosen, aus denen sie Stärke zu bilden vermögen. Dies gilt auch für eine Methylpentose (Rhamnose) und Glyzerin, nicht aber für andere leicht permeierende höherwertige Alkohole, soweit geprüft und ebenso wenig für die Pentosen Arabinose und Xylose. 6. Das Maß der Permeabilität, nach der plasmolytischen Methode untersucht, ist für Rohrzucker und die Invertzucker sehr gering und liegt knapp über der Fehlergrenze. Glukose und Fruk- tose permeieren etwas leichter als Rohrzuckei'. Beleuchtungsver- hältnisse üben einen meßbaren Einfluß nicht aus. 7. Dagegen konnten, offenbar im Zusammenhang mit der Ab- leitung der Assimilate, regulatorische Permeabilitätsänderungen wahr- genommen werden. 8. Die Zellen der Wurzel zeigen noch geringere Permeabilität für die genannten drei Zuckerarten als diejenigen des Laubes. 9. Die Exosmose des Zuckers aus der ausgewachsenen Wurzel wurde genauer studiert. Es exosmieit hauptsächlich Rohrzucker. Die bekannten älteren Versuche von Puriewitsch hierüber sind zu beanstanden. 10. Die Siebröhren sind nicht permeabler für Zucker als die andern Zellen und dürften bei der Zuckerwanderung schwerlich eine besondere Rolle spielen. C. Invertase. 11. Invertase bei Beta ist wasserlöslich und in allen Teilen der Pflanze mit Ausnahme des Samens und der fertig ausgebildeten Wurzel dauernd vorhanden. 12. Die junge Wurzel des Keimlings enthält ebenfalls Invertase; im weiteren Wachstum nehmen die invertasischen Fähigkeiten der Wurzel rasch ab und beschränken sich schließlich in der Hauptsache auf die jüngsten wachsenden Partien. In der fertigen Wurzel wird auch beim Austreiben im zweiten Vegetationsjahre keine Invertase gebildet. 13. Eine regulatorische Bildung von Invertase findet aber auch in der ausgewachsenen Wurzel im Gefolge traumatischer Reizung statt. Untersuchungen über den Kohlenhydratstoffwechsel von Beta vulgaris. 257 14. Die zuerst von Stoklasa bei der intramolekularen Atmung von J5d« -Wurzeln beobachtete Invertase, welche den Rohrzucker in vergärbaren Zucker umwandelt, entsteht auch wahrscheinlich nur auf traumatische Reizwirkung hin. 15. Die Invertase ist nicht in besonderen Zellen, getrennt vom Rohrzucker, lokalisiert. 16. In Anbetracht hauptsächlich der Zellreaktion, welche mit Hilfe von Toluylenrotbase untersucht wurde, ist nicht anzunehmen, daß das Enzym in den Zellsaft sezerniert wird, sondern der Rohr- zucker wird wahrscheinlich erst nach Eintritt in das Plasma inver- tiert. Eine Sekretion des Enzyms in umgebendes Wasser wurde ebenfalls nicht beobachtet. Berlin-Dahlem, 7. Juli 1911. Inhalt des vorliegeiuleu 2. Heftes, Baud L. Seite Waltor IJally. Cytologisehe Studien an Chytridineen. Mit Tafel I — V und G Textfiguren 95 I. SynchytriiDU Taraxacl de Bary et Woronin 97 a) Entwicklung des Pilzes 97 b) Der Einfluß auf die Wirtspflanze 115 II. Cliri/sophlyctis endobiotica Sehilb 117 a) Entwicklung des Pilzes 117 b) Der Einfluß auf die Wirtspflanze 128 IIT. Urophlydls Rübsaameni Magn 130 a) Entwicklung des Pilzes 130 b) Der Einfluß auf die Wirtspflanze 138 IV. Die Bedeutung der cytologischen Forschung für eine auf phylogenetischer Grundlage aufgebaute Systematik der Chytridineen 141 Zusammenfassung der wichtigsten Resultate 148 Literatur -Verzeichnis 151 Figuren -Erklärung 155 S. Kostytscbovv und A. Schelouniow. Über die Einwirkung der Gärungs- produkte und der Phosphate auf die Pflanzenatmiing 157 Einleitung I57 Experimenteller Teil 1G8 Vi. Ruhland. Untersuchungen über den Kohlenhydratstoffwechsel von Bctn vul- (jaris (Zuckerrübe) 200 Vorbemerkung 200 I. Einleitung 201 II. Experimenteller Teil 205 A. Die Invertase 205 B. Der Zucker 216 C. Bemerkungen über das lokalisatorische Verhältnis von Rohrzucker und Invertase bei Beta 252 Kurze Zusammenfassung der wichtigsten Resultate 255 Jfüirh. f^w. Botanik, Bd.L. W.Ballj gez Taf.I. 9. S'q-m-Ö >::'^-M ''-^,' ' .' '., •*-'•'' ' '*'*- •* '• ^''"'•'.■"l^ '.', ••■r' ":.■";'' i. ..^' .'; ..'"'■..../ ■■•' ;^: ,>«'.'-'•• 11. LühA7ist vEAFunke.l 'ip7uj Jalirb. f. ir. Botanik, Bd. L. WBaZlj gez 17. ■ n(3 )?P-. ^--i xf Ol. 29. & y.-\-^' V...'. T\ V-.2Z s'- -. 28,... ": ' X-v^/ ■.... 3^. L-ijtkAnstv.EA.Fiinke, Leipzig. Jahrb. f.w. Botanik, Bd. L . WBolly gez Taf.m. LvÜiAnst v.EAFunktXdpzig- Jahrb. f.w:BotjaJuk,Bd.L. J4. \.M^ -./..^m/V^4^l/V^Ä--r'' \ # ;■■■"•% WBcdlj gez. Taf.iy. J6. O (g) =..C^,/ /©,■■■© '?^' ^1^^ LLthAnsvvEAFimke.leipzi^- Jahrb. f'}v:BotjarUk,Bd.L . W.Bally gez. Taf.r. %,. W-'-'^fi: ^ uJh AtzsI v.EA.Funke-,Leipzta- Verlag von Gebrüder Borntraeger in Leipzig Handbuch der landwirtschaftlichen Bak- teriologie von Dr. Felix Löhnis, Privatdozenten an der Universität Leipzig. Gebunden 41 Mk. Landwirtschaftlich - bakteriologisches Praktikum Anleitung zur Ausführung von landwirtschaftlich -bakterio- logischen Untersuchungen und Demonstrations-Experimenten von Dr. Felix Löhnis, Privatdozenten an der Universität Leipzig. Mit 3 Tafeln und 40 Abbildungen im Text. Ge- bunden 3 Mk. 40 Pfg. Geb. m. Schreibpapier durchsch. 4 Mk. Einführung in die Mykologie der Nahrungs- mittelgewerbe von Professor Dr. Alexander Kossowicz, Privatdozent an der Technischen Hochschule in Wien. Mit 5 Tafeln und 21 Textabbildungen. Gebunden 5 Mk. Einführung in die Mykologie der Genußmittel und in die Gärungsphysiologie von Professor Dr. A. Kossowicz. Mit 2 Tafeln und 50 Textabbildungen. Gebunden 7 Mk. In Vorhereitung befindet sich: Einführung in die Agrikulturmykologie von Professor Dr. A. Kossowicz. I.Teil: Bodenbakteriologie. Inhalt: Kreislauf der Elemente, besonders des Stickstoffs, unter Mitwirkung von Mikro- organismen, Eisenbakterien, Schwefelbakterien, Myko- logie des Bodens und des Düngers. Mit zahlreichen Abbildungen. II. Teil: Die Pilzkrankheiten der landwirtschaftlichen Kultur- pflanzen. Inhalt: Morphologie, Systematik und Physiologie der phytopathogenen Pilze; durch Pilze verursachte Krankheiten der Gemüsepflanzen, der Getreidepflanzen, der Obstbäume usw. und deren Bekämpfung. Mit zahlreichen Abbildungen. Ausführliche Prospekte gratis und franko. Verlag von Gebrüder Borntraeger In Leipzig Warming-Johannsen, Lehrbuch der all- gemeinen Botanik. Nach der 4. dänischen Ausgabe übersetzt u. herausgegeben von Dr. E. P. Meinecke. Mit 610 Textabbild. Gebunden 18 Mark. Meinecke hat in richtiger Wertschätzung des dänischen Werkes den Wunsch empfunden, dieses Lvhrbuch auch dem deutsehen Publikum be- kannt zu machen. Die klare Disposition und Gliederung des Buches charakterisiert es als gutes Lehrbuch. Das Speziellere ist jeweils dem allgemeinen Wichtigen in Petitdruck angegliedert, wodurch dieses besser hervortritt. Vielfach sind Bemerkungen eingestreut, loelche die Bedeutung und Beziehung der Botanik zum täglichen Leben und zu technischen Fächern beleuchten. Dies trägt tvesentlich zur Belebung des Stoffes bei. Die Fülle guter und vielfach neuer, in der deutschen Literatur noch nicht gesehener Figuren dokumentieren die Originalität. Die gewandte Sprache läßt den Leser nicht ahnen, daß er eine Übersetzung vor sich hat. Die Anordnung des Stoffes als Morphologie, Anatomie und Phy- siologie ist nur im allgemeinen festgehalten, doch wird schon bei dem anatomischen Bau auf die physiologischen Funktionen hingewiesen, also bei der Zelle schon Diffusion, Osmose, Turgor besprochen und bei der Fortpflanzung erst die Morphologie der Blüte behandelt. Es scheint uns diese Art der Stoff behnndlung ein durchaus geeigneter Lehrgang zu sein. So mag sich das Lehrbuch „Warming -Jnhannsen"' in seiner deutsehen Form würdig in die Zahl unserer einheimischen Lehrbüchei einreihen. v. Tuben f. Handbuch der systematischen Botanik von Professor Dr. Eug. Warming. Deutsche Ausgabe. Dritte Auflage bearbeitet von Professor Dr. M. Möbius, Direktor des Botanischen Gartens in Frankfurt a. M. Mit 616 Textabbildungen und einer lithographischen Tafel. In Leinen gebunden 10 Mk. Lehrbuch der ökologischen Pflanzen- geographie. Eine Einleitung in die Kenntnis der Pflanzenvereine von Professor Dr. E. Wafming. Zweite Auflage bearbeitet von Dr. P. Graebner. In Ganzleinen gebunden 8 Mk. Botanisches mikroskopisches Praktikum für Anfanger von Professor Dr. M. Möbius. Zweite veränderte Auflage. Mit 15 Abbild. Geb. 3 Mk. 20 Pfg. Ausfuhrliche Prospekte gratis und franko. Preis dieses Heftes für Abonnenten ... 4 Mk. 50 Pfg., für den Einzelverkauf 6 Mk. — Pfg. JAHEBÜCHEE für wissenschaftliche Botanik Begründe t von Professor Dr. N. Pringsheim herausgegeben W. Pfeffer und E. Strasburger Professor an der üniversitÄt Leipzig Professor an der Universität Bonn Fünfzigster Band. Drittes Heft. Mit 4 Textfiguren. Leipzig Verlag von Gebrüder Borntraeger 1911 Alle Zusendungen für die Redaktion bittet man zu richten an Professor Pfeffer lu lieipzig (Botanisches Institut), — vom 1. Anlast bis 26. September nnr an Gebrttder Borntraeger in Berlin W 35, Scliöneberger Ufer 12 a Inhalt des vorliegenden Heftes. Seite Ernst Küster. Über die Aufnahme von Anilinfarben in lebende Pflanzenzellen 261 Hermann Bitter von Guttenberg. Über die Verteilung der geotropischen Empfindlichkeit in der Koleoptile von Gramineen. Mit 1 Textfigur 289 Rndolf Lieske. Untersuchungen über die Physiologie eisen- speichernder Hyphomyceten. Mit 3 Textfiguren . . . 328 Wilhelm Roux. Über Cytochorismus 355 Ausgegeben im Dezember 1911. Die Jahrbücher für wissenschaftliche Botanik erscheinen in zwanglosen Heften, von denen 4 — 6 einen Band bilden. Der Preis des Bandes beträgt für die Abonnenten ungefähr 35 Mk., sofern nicht eine ungewöhnliche Zahl von Tafeln eine Preiserhöhung notwendig macht. Beim Einzelverkauf erhöht sich der Preis um 25 Prozent. Das Honorar beträgt 30 Mk. für den Druckbogen. Bei Disser- tationen wird ein Honorar nicht gewährt. Den Autoren werden 30 Sonderabdrücke kostenfrei geliefert. Auf Wunsch wird bei rechtzeitiger Bestellung eine größere Anzahl von Sonderabzügen hergestellt und nach folgendem Tarif berechnet: für jedes Exemplar geheftet mit Umschlag für den Druck- bogen 10 Pfg., für jede schwarze Tafel einfachen Formats 5 Pfg., für jede schwarze Doppeltafel 7,5 Pfg. Bei farbigen Tafeln erhöhen sich obige Preise für jede Farbe um 3 Pfg. Ein besonderer Titel auf dem Umschlag, falls ein solcher ge- wünscht wird, 3 Mk. 50 Pfg. — Zusätze, Änderung der Paginierung usw. werden besonders berechnet. Diesem Heft lieg-en Prospekte der Yerla^sbnchhaiidlnng: Gebrüder Borntraeger in Berlin bei. über die Aufnahme von Anilinfarben in lebende Pflanzenzellen. LIBRARY Von NEW YORK ^ ^,.. BOTANICAi. Ernst Küster. oakuü^n. Seitdem Pfeffer in seiner grundlegenden Arbeit über die Aufnahme von Anilinfarben in lebende Zellen^) gezeigt hat, wie viele Fragen der Zellenphysiologie durch das Studium des Ver- haltens pflanzlicher Zellen gegenüber den Lösungen von Anilinfarben gefördert werden können, haben eine stattliche Reihe von Autoren die Durchlässigkeit des pflanzlichen Protoplasmas für die genannten Farbstoö'e eingehend untersucht. Die Methodik scheint dabei im wesentlichen immer die gleiche gewesen zu sein: die Zellen, deren Plasma auf seine Durchlässigkeit geprüft werden sollte, wurden in mehr oder minder verdünnte Lösungen der Farbstoffe eingelegt und nach kürzerer oder längerer Zeit wieder aus ihnen herausgefischt. Pfeffer hat „der leichten permeablen Zellwandungen halber" Algen bevorzugt, sowie die submersen "Wurzeln verschiedener auf Wasser schwimmender Pflanzen, „die auch den Vorteil bieten, an das Wasserleben akkommodiert zu sein". Ferner untersuchte Pfeffer aber auch unter- und oberirdische Teile vieler Landpflanzen, indem er Stücke von Wurzeln, Stengeln, Blattstielen usw. in die Lösungen eintrug. Die späteren Autoren haben sich derselben Methode be- dient wie Pfeffer und haben sich dabei oft auf die Prüfung einiger Algen und Wasserpflanzen beschränkt. Pfeffer weist darauf hin, daß die mit Hilfe aufnehmbarer Anilinfarben gewonnenen Resultate ein Mittel an die Hand geben, 1) Pfeffer, "W"., Über Aufnahme von Anilinfarben in lebende Zellen. Ein Bei- trag zur Mechanik des Stoffaastausches. Unters, bot. Inst. Tübingen, Bd. II, Heft 2, 1886, S. 179 ff. Jahrb. f. wiss. Botanik. L. 1" 262 Ernst Küster, manche Vorgänge der Stoffwanderung aufzuklären. Ob freilich die Permeabilitätsverhältnisse des pflanzlichen Protoplasmas in den Zellen intakter Organe dieselben sind wie in den durch Rasiermesser- schnitte aus ihrem natürlichen Zusammenhang herausgerissenen Zellen, ob sie ferner in Zellen, welche von der natürlichen Oberfläche weit entfernt liegen, sich ebenso gestalten wie in den oberflächlichen Elementen einer Wurzelepidermis oder in den Zellen einer Faden- alge, kann fraglich erscheinen. Der Nachweis solcher Unterschiede würde unzweifelhaft für die Lösung mancher Stoffwanderungsfragen nicht unwichtig sein. — Erwägungen dieser Art veranlaßten mich, mit Hilfe der von Pfeffer inaugurierten Anilinfarben-Methode die Permeabilität des Pflanzenzelleibes einer erneuten Prüfung zu unter- ziehen. Um zu ermitteln, wie sich die Zellen intakter Pflanzenorgane verschiedenen wasserlöslichen Anilinfarben gegenüber verhalten, habe ich es vermieden, Stücke von Organen in die Lösungen einzutauchen; vielmehr bestand meine Methode darin, daß ich stets Sproßstücke von ansehnlicher Größe oder zum mindesten gestielte Blätter in die Farblösungen tauchen und von ihren Schnittflächen her die Farbstoffsolution in ihnen .aufsteigen ließ. Versuche dieser Art sind bei Untersuchungen über die Bewegung des Wassers im Pflanzen- körper schon außerordenthch oft ang» stellt worden; welche Auf- schlüsse sich mit eben derselben Methode für die Permeabilitäsfrage gewinnen ließen, soll auf den nachfolgenden Seiten mitgeteilt werden. Es wird dabei genügen, das Verhalten derjenigen Farbstoffe zu schildern, welche von anderen Autoren*) als nicht aufnehmbar oder doch als schwer aufnehmbar bezeichnet worden sind. Ich will zunächst einen Auszug aus meinem Versuchsprotokoll geben und dann die Ergebnisse meiner eigenen Experimente mit den an Algenzellen, Wurzelhaaren oder Gewebeschnitten gewonnenen Er- gebnissen anderer Autoren vergleichen. Schon jetzt darf die Mit- teilung vorweg genommen werden, daß ich bei der Prüfung der pflanz- lichen Zellen auf Permeabilität bzw. Impermeabilität bestimmten Farbstoffen gegenüber keineswegs immer zu denselben Ergebnissen 1) Vgl. namentlich E. Overton, Studien über die Aufnahme der Anilinfarben durch die lebende Zelle (Jahrb. f. wiss. Bot., Bd. XXXIV, S. 669); W. Ruhland, Bei- träge zur Kenntnis der Permeabilität der Plasmahaut (Jahrb. f. wiss. Bot., Bd. XXXXVI, S. 1); R. Höber u. S. Chassin, Die Farbstoffe als Kolloide und ihr Verhalten in den Nieren Tom Frosch (Zeitschr. f. Chemie und Industrie der Kolloide, 1908, Bd. III, H. 2); R. Hob er, Die Durchlässigkeit der Zellen für Farbstoffe (Biochem. Zeitschr., 1909, Bd. XX, S. 56). über die Aufnahme von Anilinfarben in lebende Pflanzenzellen. 263 gekommen bin wie die früheren Untersucher, auf deren Arbeiten nachher näher einzugehen sein wird. — Lebende Pflanzen, welche in geeigneten AniHnfarblösungen stehen, zeigen auch dem unbewaffneten Auge schon nach kurzer Zeit den Erfolg der Farbenbehandlung. Blätter und Blüten be- ginnen sich mit dem aufgenommenen Farbstoff mehr oder minder kräftig zu färben. Verwendet man Pflanzen mit rein weißen Blüten, so ist der Erfolg selbstverständlich am leichtesten wahrzunehmen. Untersucht man künstlich gefärbte Blätter oder Blüten mit dem Mikroskop, so stellt sich heraus, daß die Färbung entweder auf einer Tinktion der Membranen beruht oder auf vitaler Farb- stoffaufnahme im Zellinnern. Uns interessiert hier nur der zweite Fall. Um bei der Untersuchung dünner Schnitte sicher ermitteln zu können, ob vitale Färbung im Zellinnern vorliegt oder nicht, bedarf es oft des Zusatzes einer plasmolysierenden Elektrolytlösung. Das Plasma der lebendigen Zellen kontrahiert sich nach einem solchen und läßt dann keinen Zweifel mehr, ob die Färbung in dem Zellen- leib selber saß oder nicht; auch wird durch die Behandlung mit Elektrolyten ein großer Teil der Farbe, welche etwa die Membranen der Zellen aufgenommen haben, von diesen wieder abgegeben. Sämtliche Versuche, über die im folgenden berichtet werden soll, wurden in der Weise angestellt, daß mikroskopische Schnitte angefertigt und die Zellen, welche gefärbt erschienen oder auf ihren Farbgehalt geprüft werden sollten, mit einem Plasmolytikum be- handelt wurden (0,5— 0,8 n KNOm oder nCa(N03)o)- Von dem Verhalten der Membranen gegenüber den Farbstofflösungen wird nur gelegentlich berichtet werden. Wenn in den nachfolgenden Protokollauszügen davon die Rede sein wird, daß z. B. nach 24 Stunden die eine oder die andere Färbungserscheinung beobachtet wurde, so soll damit nicht gesagt sein, daß jene Färbungserscheinung erst nach Ablauf von 24 Stunden auftrat. — Den Farbenfabriken vorm. Bayer & Co. in Elberfeld, der Aktien- gesellschaft für Anilinfabrikation in Berlin und der Badischen Anilin- und Sodafabrik in Ludwigshafen sage ich für die Bereit- willigkeit, mit welcher sie mir Proben zahlreicher Farbstoffe über- lassen haben, besten Dank. Eine Reihe von Farbstoffen, die ich verwendet habe, stammen aus der Sammlung des Herrn Prof. Hob er, dem ich nicht nur für die Überlassung von Farbstoffproben, sondern auch für manchen guten Rat zu danken habe. 18* 264 Ernst Küster, Verzeichnis der untersuchten Farbstoffe und der Bezugsquellen. Aurautia (Grübler). Azoblau (Bayerj. Bayrisch Blau fKahlbaum). Benzoreinblau (Bayer). Biebricher Scharlach (Grübler). Bordeaux R (Grübler). Chromgrün (Bayer). Coccinin (Grübler). Diamingrün B (Cassella). Diaminreinblau (Cassella). Echtrot A (Bayer). Echtrot B (Bad. Anilinf.). Echtsäurephloxin (Höchst). Eosin bläulich (Grübler). Erythrosin (Grübler). Fuchsin S, Säurefuchsin (Grübler, Kahl- baum). Gallein (Bayer). Guineagrün B (Kahlbaum). Indigcarnün (Grübler). Indulin, wasserlösl. (Grübler). Kongobraun (Bezugsquelle?). Kongo rot (Grübler). Lichtgrün F S (Grübler). Methylorange (Grübler). Nachtblau (Bad. Anilinf.). Naphthalingrün V (Höchst). Nigrosin, wasserlösl. (Grübler). Orange G (Grübler). Oxaminmarron (Bad. Anilinf.) Patentblau A (Höchst). Patentblau V (Höchst). Ponceau 2 R (Höchst). Ponceau P R (Grübler). Setopalin (Geigy). Trypanrot (Grübler). Tuchrot 3 GA (Akt.ges. f. A.). Wollviolett S (Bad. Anilinf.). Fachsiu S (Säurefuchsio). Iris pseud-acorus. Junge Blätter: nach 24 Std. starke Rötung zumal im oberen Teil der Blätter. Die den Nerven anliegenden Mesophyllzellen haben reichliche Farb- stoffmengen in sich aufgenommen. I. sihirica. Unreife Früchte: die Parenchymzellen des Perikarps nehmen nach 24 Std. vital außerordentlich kräftige Rotfärbuug an. Tulipa Gesneriana. Unreife Früchte : nach 24 Std. sind die Gi'undgewebszellen im weiten Umkreis um die Leitbündel kräftig vital gefärbt. Die Ovula bleiben ungefärbt. Zea mays. Keimpflanzen: nach 10 — 24 Std. sind die Blätter dunkelrot. Die lang- gestreckten Parenchymzellen neben den Leitbündeln und die Mesophyllzellen sind vital kräftig rot gefärbt. Daii'Cus carota. Starke Rüben: diese wurden unten angeschnitten und in die Farbstoff- lösung getaucht. Nach 3 — 24 Std. sind die Membranen der Gefäße stark gefärbt und in ihrem Lumen reichliche, farbige Niederschläge zu finden. Vitalfärbung der anliegenden Parenchymzellen konnte nicht mit Sicherheit nachgewiesen werden '). 1) In der Nähe der Gefäßgruppen, ferner in der Rinde macht sich eine auffallende Membranfärbung bemerkbar: Die Zwickel der schwach collenchymatisch verdickten Mem- branen, an andern Stellen die Mittellamellen sind streckenweise dunkelrot gefärbt; in der Rinde sieht man knoten- oder linsenförmige Einsprengsel in den Mittellamellen, welche dieselbe dunkelrote Färbung angenommen haben. Vielleicht ist diese Tinktion, die nament- lich nach Behandlung der Schnitte mit KNOj-Lösung sehr auffällig wird, geeignet, das Studium der Mittellamelle zu fördern; über die Membranbeschaffenheit bei Daueus carota vergl. Chalon, Notes de botanique experimentale. 2. edit. 1901 p. 80. über die Aufnahme von Anilinfarben in lebende Pflanzenzellen. 265 Lathyrus aphaca. Beblätterte Sproßstücbe : nach 24 Std. sind die Nebenblätter auf- fallend dunkel gefärbt. Die Färbung trifft in erster Linie die Membranen, doch wurde auch vitale Farbstoffaufnahme mit Sicherheit nachgewiesen. Begonia metaüica. Beblätterte Sproßstücke: nach 24 Std. sind die Spreiten tief rot. Hauptsächlich sind die Membranen gefärbt; daneben wurde kräftige Vitalfärbung z. B. in den Zellen der unterseitigen Epidermis gefunden. Tropaeolum majus. Langgestielte Blätter: nach 20 Std. sind die Stiele dunkelrot; sämtliche lebende Zellen ihres Parenchyms sind vital außerordentlich kräftig gefärbt. Sedum telephium. Sprosse: nach 20 Std. zeigen die Blätter in durchfallendem Lichte verwaschene rote Aderung; sehr starke Färbung zeigen die jugendlichen Blätter namentlich in der Nähe der stumpfen Blattzähne. Die Parenchymzellen in der Nähe der Leitbündel sind mehr oder minder stark vital gefärbt. — Auch in den Tracheiden fand ich zuweilen rotgefärbten plasmolysierbaren Inhalt. Digitalis purpurea. Weißblühende Sprosse: nach 24 Std. rote Flecke in den Kronen. Nach ca. 24 Std. zarte rote Längsstreifung. Mehrere Zellenreihen des Parenchyms neben den Leitbündeln haben sich vital stark gefärbt. Plasmolysierbarer rot ge- färbter Inhalt zuweilen auch in den Tracheiden der Leitbündel nachweisbar. Philadelphus coronarvus. Blätter- und blütentragende Sproßstücke: nach 2 Std. deutliche Rötung der Blumenkronen; uach 20 Std. erheblich stärkere Färbung. Die neben den Leitbündeln liegenden Zellen sind vital sehr kräftig gefärbt. Die von jenen entfernter liegenden Sternparenchymzellen schwach gefärbt; nach Plasmolyse ist auch bei ihnen die Fäi'bung deutlich zu erkennen. Starke Speiclierung des Farb- stoffes in den Zellen der Narbe, ferner im Grundgewebe der Kelchblätter; schwächer ist die Färbung in den Laubblättern. Nymphaea alba. Blüten: nach 16 Std. auf den Blumenkronen und namentlich den Kelchl'Iättern unregelmäßige rote Fleckung und Streifung; deutliche Vitalfärbung der Parenchymzellen neben den Leitbündeln. In den Gefäßen rot gefärbte Massen. Ähnliche vitale Rotfärbung habe icli mit demselben Farbstoff bei den Laubblättern und Blüten zahlreicher anderer Pflanzen feststellen können. Coccinin. Allium cepa. Zwiebeln: Die Objekte wurden unten angeschnitten und in Farbstofflösung gestellt. Nach 24 Std. an den äußersten Zwiebelschuppen rote Streifung und Ade- rung bemerkbar. Nach 2 X 24 Std. Untersuchung des Inneren, das in fast allen seinen Teilen mehr oder minder stark gerötet ist; kräftig rot gefärbte Stellen wechseln mit farblos gebliebenen. An den gefärbten Stellen haben die neben den Leitbündeln liegenden Grundgewebszellen reichliche Farbstoffmengen in sich auf- genommen ; selbst die unmittelbar unter der Epidermis liegenden Schichten zeigen noch vitale Färbung; in den Zellen der Epidermis selbst ist Färbung nicht mit Sicherheit zu erkennen. Iris xiphioides. Blühende Sprosse : schon nach 7 Std. am Rand der äußeren und inneren Perigonblätter zarte rote Flecke. Nach 24 Std. kräftige Vitalfärbung in den Grundgewebszellen in der Nähe der Leitbündel und namentlich in den Narben. Funkia ocata. Infloreszenzen: nach 24 Std. längs den Nerven deutliche Rotfärbung im Perigon; die Grundgewebszellen in der Nähe der Leitbündel zeigen kräftige vitale Rotfärbung. 266 Ernst Küster, Solanum tuberoaum. Unreife Knollen: diese wurden angeschnitten und mit der Wund- fläche in die Farbstofflösung getaucht. Nach 2 X 24 Std. zeigten die in der Nähe der Leitbündel liegenden Grundgewebszellen deutliche vitale Rotfärbung. Adonis ((extiinJi.s. Beblätterte Sproßstücke: schon nach 4 — 5 Std. sind die Spitzen der Blätter deutlich rot gefärbt. Sowohl die Epidermis- als auch die Mesopliyllzellen haben reichliche Mengen von dem Farbstoff in sich aufgenommen. SediDx telephiiim. Beblätterte Sprosse: Nach 20 Std. zeigen die Blätter kaum wahr- nehmbare Rotaderung in der Nähe der Blattspitzen. Entfernt man an den Blättern streifenweise die unterseitige Epidermis, so tritt an den verwundeten Stellen im Mesophyll erheblich stärkere Rotaderung auf; die den Leitbündeln anliegenden Grundgewebszellen zeigen kräftige Vitalfärbung. Philadelphia coroitariuf:. Blühende Sproßstücke: schon nach 2 Std. tritt an den Blumen- kronen Rotfärbung auf. Nach 20 Std. findet man neben den Leitbündeln starke Vitalfärbung der Grundgewebszellen. Auch in den sternparenchymatischen Anteilen des Grundgewebes, die nicht unmittelbar an den Leitbündeln liegen, ist vitale Färbung deutlich erkennbar. Orralis acetoseUa. Blätter: nach 48 Std. ist namentlich an den Einkerbungen der herz- förmigen Foliola deutliche Vitalfärbung nachweisbar. Trij'nUii'iii hybridum. Beblätterte Sproßstücke: nach 4 Std. sind die Blätter rot genervt und rot gerändert; in den Grundgewebe- und Epidermiszellen starke vitale Farb- speicheriing. Lathyriis aphacii. Blüten: die Kronenblätter erscheinen nach 24 Std. deutlich rot geädert; die Zellen neben den Leitbündeln sind vital gefärbt. Pouceau P. R. Ruta (/rareolens. Blühende Sprosse: in den Fruchtknoten und den Stengeln nach 2 X 24 Std. mäßig starke Vitalfärbung der Parencliymzellen und der lebenden An- teile der Leitbündel erkennbar. Iberis umbeUata. Sproßstücke: in den Grundgewebezellen der Laubblätter nach 2 X 24 Std. kräftige Vitalfärbung erkennbar. Desgl. im Perikarp der unreifen Früchte. Vicia fnba. Junge Sprosse: nach 24 Std. ist in den Parenchymzellen neben den Leit- bündeln schwache Vitalfärbung erkennbar. Allium cepii. Zwiebeln: nach 24 Std. stellenweise schwache Rotaderung der äußersten Zwiebelschlippe. An diesen Stellen deutliche Vitalfärbung der neben den Leit- bündeln liegenden Parenchymzellen. Tnipaeo/uni iiiajns. Blätter: nach 24 Std. deutliclie Vitalfärbung in den Parenchymzellen neben den Leitbündeln. Starke Färbung der Membranen. Poiicean 2 R. Trnj)((ciiliim iii((/ns. Blätter: nach 24 Std. deutliche Vitalfärbung in den Parenchym- zellen in der Nähe der Leitbündel. Außerdem starke Färbung der Membranen, die stellenweise den Nachweis der Vitalfärbung erschweren kann. Bordeaux R. Allium cepii. Zwiebeln: nach 24 Std. sind die Zwiebelschuppen zart rot geädert. Deut- liche Vitalfärbung der neben den Leitbündeln liegenden Parenchymzellen. Vicia j'abd. Sprosse: nach 24 Std. schwache, aber deutliche Vitalfärbung der Parenchym- zellen neben den Leitbündeln des Stengels. über die Aufuahiae von Anilinfarben in lebende Pflanzenzellen. 267 Echtiot B. Ibcris uniheUafa. Blühende Sprosse: nach 20 Std. auf den Blumenkronblättern feine rote Punktierung und Streif ung; schwache, aber nach Plasinol3se deutlich erkenn- bare Vitalfärbung der Epidermis- und der Grundgewebszellen in der Nähe der Leitbündel. Oeiwtheni speciosa. Blühende Sprosse: nach 14 Stunden starke rote Aderung der Bluraenkrone; kräftige Vitalfärbung der Epidermis- und Grundgewebszellen. Sili/bu)ii. marianuiii. Blätter: nach 3 X 24 Std. feine rote Aderung; deutliche Vital- färbung in den Grundgewebszellen in der Nähe der Leitbündel. Biebricher Scharlach. Allimii cepa. Zwiebeln: Nach 5 Std. feine rote Aderung. lu der Nähe der Leitbündel sind die Parenchymzellen deutlich vital gefäi'bt. Tropaeoliim majitti. Langgestielte Blätter: in den Stielen nach 24 Std. starke Menibran- färbung und in den Zellen des Phloi'nis stellenweise mehr oder minder schwache Vitalfärbung. Omjjhalodes UnifoHa. Blühende Sprosse: nach 20 Std. deutliche Rotfärbung am Rand der Korollen; Vitalfärbung nirgends mit Sicherheit nachweisbar. Vicia faba. Sprosse junger Pflanzen. Die Gefäßniembranen überall stark gefärbt. Vital- färbungen nirgends erkennbar. Orange Gr. Epipadis palustris. Blütenstände: nach 4 Stunden sind die Perigonblätter völlig rost- farben; Epidermis- und Grundgewebszellen zeigen sehr kräftige Vitalfärbung. Omphalndes liiiifolin. Blühende Sprosse: nach 4 Std. sind die Blumenkronen hell ocker- farben; die Epidermis- und Grundgewebszellen sind auch in beträchtlichem Abstand von den Leitbündeln sehr kräftig gefärbt. Pliiladelphus coronarins. Blüten: nach 4 Std. ist die Krone deutlich gelb gefärbt; die Grundgewebszellen neben den Leitbündeln zeigen starke vitale Gelbfärbung. Iberi.s umbellatii. Blütenstände: nach 18 Std. starke Gelbfärbung der Kronen; nament- lich die voll entfalteten oder schon dem Verblühen sich nähernden Kronen sind dunkel apfelsinenfarben. In Epidermis und Grundgewebe sehr kräftige Vital- färbung. Oenothera speciosa. Blüten: nach 24 Std. namentlich im Grundgewebe außerordentlich starke Vitalfärbung. Methylorauge. Epipadis palustris. Blütenstände: nach 6 Std. in den Perigonblättern Vitalfärbung sehr kräftig. Omphalodes linifoUa. Blühende Sprosse: nach 6 Std. ähnlicher Befund. Oenoüiera speciosa. Blüten: nach 14 Std. mäßig starke Speicherung in den Zellen der Epidermis und des Grundgewebes längs den Leitbündeln. Graiueag'rüu. Epipadis palustris. Blühende Sprosse: nach 5 Std. sind die Perigonblätter, namentlich das Labellum, deutlich grün geädert. In den Leitbündeln und ihrer Nachbarschaft sind die Zellmembranen stark gefärbt. Vitalfärbung des Zellinhalts konnte nicht mit Sicherheit nachgewiesen werden. 268 Ernst Küster, Solanum tuberosum. Unreife Knollen (Behandlung wie oben S. 266): nach 2 X 24 Std. Pärbung der Gefäßmembranen und der ganz schwach collenchymatisch verdickten Membranzwickel in der Nähe der Leitbündel. Vitalfärbung konnte nieht mit Sicherheit nachgewiesen werden. Oenothera speciosa. Blühende Sproßstücke: nach 13 Std. sind die Kronblätter prächtig grün geädert. Die Menibranfärbung ist dadurch besonders auffallend, daß sich die Köpfchen an den Kadialleisten der Epidermiszellen tiefgrün färben. Vitalfärbung nicht mit Sicherheit nachgewiesen. Iberis umbeUata. Blühende Sprosse: nach 24 Std. erscheinen die Blumenkronblätter zai-t grün gefleckt. In Epidermis und Grundgewebe sind in der Nachbarschaft der Leitbündel die Zellen deutlich vital gefärbt. Namentlich nach Plasmolyse ist die Vitalfärbung mit unverkennbarer Deutlichkeit festzustellen. Omphalodes linifolia. Blühende Sprosse: nach 5 Std. sind die Blumenblätter zai't grün geädert. Schwache Vitalfärbung wenigstens in den Epidermiszellen mit Sicherheit nachgewiesen. LichtgTÜn F. S. JRuta (jraveolens. Blühende Sprosse: nach 2 X 24 Std. namentlich in den Parenchymzellen neben den Leitbündeln im Fruchtknoten reichliche Vitalfärbung deutlich zu erkennen. Lilium candidum. Blüten: nach 24 Std. namentlich unmittelbar unter den Narbenköpfen starke Grünfärbung; hier auch die Vitalfärbung der den Leitbündeln anliegenden Zellen leicht nachweisbar. Omjjhalodes linifolia. Blühende Sprosse: nach 24 Std. sind die Kronen tief grün ge- rändert. Vitalfärbnng der Epidermis- und der Grundgewebszellen. NaphthaHug-rün. Tilia idmifolia. Beblätterte Zweigstücke: nach 2 X 24 Std. sind die Blattspreiten deutlich blaugrün geädert, ebenso die Hochblätter der Infloreszenzen. Die Stiele der jungen Früchte vielfach tief grün gefärbt. Bei mikroskopischer Untersuchung der Blatt- spreiten ergibt sich kräftige Farbstoffspeicherung in Epidermis- und Grundgewebs- zellen. Hier und da scheint der aufgenommene Farbstoff innerhalb der Zellen in sehr feinen Niederschlägen ausgefallen zu sein. Iberis nmbellata. Blütenstände: nach 2 X 24 Stunden sind die Blumenkronblätter na- mentlich an ihren Spitzen dunkelgrün gefärbt. Vitale Farbstoffaufnahme sehr leicht erkennbar. Iris sibirica. Unreife Früchte: das Perikarp nach 2 X 24 Std. grün gefleckt oder grün geädert. Deutliche dunkelgrüne Vitalfärbung der Parenchymzellen. Omphalodes linifolia. Blühende Sprosse: nach 20 Std. prächtig grüne Aderung der Ko- rollen; starke Vitalfärbung der neben den Leitbündeln liegenden Parenchymzellen. Trojpaeohim majus. Sprosse: nach 24 Std. ist namentlich an den Blattstielen und Internodien die Blaufärbung sehr auffällig; im Grundgewebe ist die Vitalfärbung sehr leiclit zu erkennen. Wollviolett S. Iberis umbellata. Blühende Sprosse: nach 3 X 24 Std. keinerlei Färbung wahrnehmbar. Trifolium repens. Blätter und Blutenstände: ebenso. Viola tricolor. Weiße Blüten: ebenso. Riita ijrareolens. Blühende Sproßstücke: nach 4 X 24 Std. schwarzviolette Tropfen in nachweislich lebenden Parenchymzellen in der Mitte des Fruchtknotens. über die Aufnahme von Anilinfarben in lebende Pflanzenzellen. 269 Tropaeolum majus. Blätter: nach 24 Std. Färbung der Gefäßmembranen in den Blatt- stielen. Vitalfärbung nirgends nachweisbar. Silybum Marlanum. Blätter: nach 3 X 24 Std. scheinen neben den Leitbündeln die Parenchymzellen vital schwache Blaufärbung angenommen zu haben. Coleua hijhridus. Sprosse: nach 24 Std. kräftige Membranfärbung in den Leitbündeln. Vitalfärbung nirgends nachweisbar. Setopaliu. Tilia nlmifolia. Zweigstücke: nach 2 X 24 Std. sind die Blätter und die Hochblätter der Infloreszenzen deutlich blaugrün gefärbt. Namentlich fällt die tiefe Färbung an den „Gelenken" der Blätter — am Grund des Blattstieles und am Grund der Spreite — auf. In diesen ist die kräftige vitale Färbung besonders leicht zu erkennen. Buta graveolens. Blühende Sprosse: besonders deutliche Vitalfärbung nach 2 X 24 Std. in den Parenchymzellen neben den Leitbündeln der Fruchtknoten; viele Schichten des Parenchyms sind kräftig blau gefärbt. In den Blumenkronblättern ebenfalls starke Vitalfärbung des Grundgewebes, daneben Färbung der Membranen. Iberis umbellata. Junge Fruchtstände : in dem Parenchym der Achsen und des unreifen Perikarps sehr kräftige Vitalfärbung. Blaue Tröpfchen in den gefärbten Zellen der Stengel. Allium eejpa. Zwiebeln: Nach 4 Std. deutliche blaue Aderung iu der äußersten Zwiebel- schuppe. Die neben den Leitbündeln liegenden Parenchymzellen haben sich vital gefärbt. Vicia faba. Junge Sprosse: die neben den Leitbündeln liegenden Parenchymzellen nach 24 Std. prächtig vital gefärbt. Omphalodes UnifoUa. Blühende Sprosse: nach 24 Std. hellblaue Färbung der Kronen, der mittlere Teil ist am stärksten gefärbt. Die Ränder, welche bei Behandlung mit vielen anderen Farben besonders kräftig fingiert erscheinen, sind ganz zart gefärbt. Vitale Färbung deutlich erkennbar. Lamm candidum. Blüten: zarte Blaustreifung am Grund der Kronbläfter; vitale Färbung der neben den Leitbündehi liegenden Zellen. Indig'cai'miii. ■Difjitalis purpnrea. Infloreszenzen mit weißen Blüten: nach 24 Std. sind die Kronen zart blau geädert ; die langgestreckten Zellen neben den Gefäßen enthalten kräftig blau gefärbten Zellsaft. Hederx helix. Haftwurzeln: nach 24 Std. sind die jugendlichen Haftwurzeln hellblau gefärbt; die Parenchymzellen neben den Leitbündeln enthalten hellblauen Zellsaft, die Gefäße oft blaue Niederschläge. Fhiladelphiis eoronanus. Blühende Sprosse: nach 2 Std. lassen die Kronen bereits leichte Blaufärbung erkennen, nach 20 Std. sehr viel kräftigere Färbung der Leitbündel; in den Gefäßen liegt blauer Niederschlag. Die Grundgewebszellen, welche den Leitbündeln anliegen, zeigen starke Membranfärbung; außerdem ist nach Plasmolyse Vitalfärbung des Zellinhaltes deutlich zu erkennen. Auch die Epidermiszellen nehmen den Farbstoff auf. Pistia sfratiotes. Die Pflanzen werden der Wurzeln beraubt und auf Farblösung gesetzt: nach 3 X 24 Std. zeigt sich im distalen Teil der Blätter deutliche blaue Aderung. Die Gefäße enthalten an jenen Stellen reichliche blaue Niederschläge. Deutliche 270 Ei'"st Küster, vitale Blaufärbung konnte besonders in den über den Leitbündeln oder diesen sehr nahe liegenden Zellen der oberseitigen Epidermis nachgewiesen werden. Fnmus cerastis. Unreife Früchte: im l'crikarp war nach 2 X '24 Std. zarte blaue Adelung zu erkennen. In den Parcnchymzellen neben den Leitbündeln schwache, aber deutlich erkennbare Farbstoffaufnahme. Tiopaeiilittn majiis. Blätterreiche Sproßspitzen: nach 24 Std. erscheinen die ausge- wachsenen und halberwachsenen Blattspreiten deutlich blau geädert; in der Nähe der Hydathoden ist die Blaufärbung ziemlich dunkel. Die jüngsten Blätter (8 mm Durchmesser oder noch kleiner) lassen keine Färbung erkennen. Die Gefäße sind mit blauem Niederschlag gefüllt; die in der Nähe der Leitbündel liegenden Grund- gewebszellen und die oberseitigen Epiderniiszellen lassen deutlich vitale Blaufärbung erkennen. Epipactis imJusfris. Blühende Sprosse: nach 24 Std. sind namentlich die Blätter des inneren Perigonkreises kräftig blau. Die vitale Farbstoffaufnahme ist namentlich in den Grundgewebszellen, welche den Leitbündeln anliegen, deutlich wahrnehmbar; sehr viel schwächer und erst nach Plasmolyse erkennbar ist die Färbung der Epiderniiszellen. Allium cepa. Zwiebeln: nach 3 >; 24 Std. ist an den äußeren und inneren Schuppen- blättern hellblaue Aderung wahrzunehmen. Manche Parenchymzellen in der Nähe der Leitbündel haben hellblauen Zellsaft, andere enthalten feine Farbstoff- niederschläge. Solanum tuberosum. Unreife Knollen: diese wurden angeschnitten und mit der "Wund- stelle in die Farbstofflosung getaucht. Nach 2 Tagen zarte blaue Aderung; die Parenchymzellen neben den Leitbündeln enthalten kleine Häufchen feinen Nieder- schlags. Bei Durchsicht zahlreicher Präparate fanden sich hier und da einige Grundgewebszellen mit blau gefärbtem Zellsaft. Rosa- Arten. Hellrot blühende Sproßstücke: nach 20 Std. kräftige blaue Aderung der Kronblätter; Grundgewebs- und Epiderniiszellen in der Nähe der Leitbündel ent- halten blauen Zellsaft oder blaue Niederschläge. Aegopodiuni podagrariu. Blätter: die Blaufärbung ist im allgemeinen auch nach mehr- tägiger Behandlung schwer zu erkennen. Sehr deutlich wird sie nur an den durch Insektenfraß geschädigten Stellen der Blattspreiten. Nach 2 X 24 Std. erscheinen dort die Leitbündel dunkelblau. Grundgewebs- und Epiderniiszellen sind unmittelbar an oder über den Leitbündeln stark blau gefärbt; auch in größerem Abstand von diesen ist wenigstens nach Plasmolyse die Vitalfärbung deutlich zu erkennen. Pateutblaii V. Tropaeolnm majus. Blätter: nach 24 Std. in dem Parenrhym der Blattstiele Vitalfärbung deutlich nachweisbar. Omphalodes limfoHa. Blühende Sprosse: nach 24 Std. sind die Kronen stark blau ge- rändert. Schwache Vitalfärbung der Epidermis- und Grundgewebszellen in der Nähe der Leitbündel. Iheris umbellata. Blühende Sprosse: nach 24 Std. in Blüten und Früchten keine Blau- färbung zu erkennen; in den Achsen zeigen die neben den Leitbündeln liegenden Parenchymzellen schwache Vitalfärbung. Ther die Aufnahme von Anilinfarben in lebende Pflanzenzellen. 271 Pateutblau A. L'dium amdidnin. Blüten: nach 24 Std. zarte BJanstreifung'; Vitalfiirbung der neben den Leitbündeln liegenden Zellen sehr deutlich erkennbar')- Omphalodes Unifolia. Blühende Sprosse: nach 24 Std. in den Blüten keinerlei Färbung- erkennbar. Buta grareolens. Blühende Sprosse: die Gefäßnienibranen in den Stengeln deutlich ge- färbt; auch in Knollen und Fruchtknoten keinerlei Vitalfiirbung mit Sicherheit erkannt. Tropaeoluni um jus. Blätter: nach 24 Std. in den Blattstielen keine Vitalfiirbung er- kennbar. Färbung der Gefäßmembranen, Niederschlüge im Gefäßlumen. Oxauiiumarrou. Alliimi cepa (Zwiebeln), Tberis nmheUata (Blütenstaude), Trifolium repens (Blütenstände und Blätter), Viola tricolor (weiße Blüten) u. a. m. : auch nach mehrtägigem Aufenthalt in den Farbstofflösungen keine Vitalfärbung. Tuchrot 3 (i A. Alliuni cepa. Zwiebeln: nach mehrtägigem Aufenthalt keine Vitalfärbung. Philadelphus coronarius. Blühende Zweige: nach mehreren Tagen keine Vitalfärbung. Mit demselben negativen Ergebnis wurden zahlreiche andere Objekte untersucht. Trj'paiirot. Iberis umhellata. Blühende und fruchtende Sprosse: nach 24 Std. im Perikarp deutliche Kotaderung. Gefäßmembranen stark gefärbt. Vitalfärbung nirgends mit Sicherheit erkennbar. Ruta grareolens. Blühende Sprosse: die Kronblätter nach 24 Std. deutlich rot geädert. In ihnen wie im Innern der Fruchtknoten sind die Membranen der Gefäße sehr stark gefärbt. Vitalfärbung nirgends mit Sicherheit nachgewiesen. Hydrangea paniculata. Blütenstände: nach 24 Std. in den Eandblüten zarte rote Aderung; nur Gefäßfärbungen, nirgends Vitalfärbung. Nigrrosiu. Alliiim cepa (Zwiebeln), Epipactis palustris (Blütenstände), Oenothera speciosa (Blüten), Iberis umbellata (Blütenstände), Omphalodes Unifolia (desgl.), Tropaeolum majus (Blätter) u. v. a.: niemals wurde Vitalfärbung konstatiert. Azoblaa. Allium cepa. Zwiebeln: auch nach mehrtägigem Aufenthalt in der Farbstofflösung keine Vitalfärbuug. Sedum telephinm. Sprosse: nach 4 X 24 Std. keinerlei Vitalfärbung. Omphalodes Unifolia, Iberis, Uiäa grareolens u. a. wurden mit negativem Erfolg geprüft. Beuzoreiublau. Hydrangea paniculata. Blütenstände: nach 24 Std in den Randblüten sehr zarte Blau- aderung. Die Gefäßnienibranen sind gefärbt; Vitalfärbung war nirgends nach- weisbar. 1) Die gefärbten Blüten näherten sich schon ein wenig dem Verblühen! 272 Ernst Küster, Omphalodes linifolia. Blühende Sprosse : nach 24 Std. sind die Kronblätter kräftig blau gerändert. Nur die Gefäßniembranen sind gefärbt; Vitalfärbungen nirgends mit Sicherheit nachweisbar. Tropaeolum majiis. Sproßstücke: in der Nähe der Schnittfläche nach 24 Std. kräftige Färbung der Gefäßmembranen. Vitalfärbung nirgends zu erkennen. Bayrisch Blaa. Tropaeolum majus. Blätter: nach 24 Std. im Parenchym der Blattstiele keine Vital- färbung erkennbar. Ccmipanula alliariaefolia (Blüten), Omphalodes linifolia ^Blutenstände), Iberis umbellata (desgl.) u. a.: stets negative Ergebnisse. Diamiügrtin B. Tropaeolum majus. Sproßstücke: nach 24 Std. Färbung der Gefäßmembranen in den Achsen. Nirgends Vitalfärbung erkennbar. Auch die Untersuchung anderer Pflanzen ergab, was die Vitalfärbung betrifft, nur negative Resultate. Diaminreinblau. Buta graveolens. Blühende Sprosse : in den Fruchtknoten und Blütenstielen nach 24 Std. starke Färbung der Gefäßmembranen. Nirgends Vitalfärbung.' Auch bei anderen Objekten nirgends Vitalfärbung nachweisbar. Eougobranu. Tropaeolum majus. Blätter: nach 24 Std. sind in der Schnittfläche die Membranen der Gefäße gefärbt. Niederschläge in den Gefäßen. Keine Vitalfärbung. Rata graveolens. Blühende Sprosse: nach 24 Std. in den Fruchtknoten weder Membran- noch Vitalfärbung erkennbar. Omphalodes linifolia (Blütenstände), Iberis umbellata (desgl.) u. a. : ebenfalls negative Eesultate. Kosig-orot. Aegopodium podagraria (Blätter), Allium cepa (Zwiebeln), Campanula (weißblühende Arten, Blüten), Digitalis (desgl.), Viola tricolor (desgl.) und viele andere wurden untersucht. Niemals war Vitalfärbung zu erkennen. Echtrot A. Tropaeolum majus. Blätter: nach 24 Std. keinerlei Vitalfärbung. Ebenso wenig an Campanula alliariaefolia (Blüten), Omphalodes linifolia (Blüten- stände), Iberis umbellata (desgl.) u. a. Vitalfärbung erkennbar. Nachtblau. Allium cepa (Zwiebeln), Viola tricolor (weiße Blüten), Trifolium repens (Blätter und Blüten), Iberis umbellata (Blütenstände), Sedum telephium (Sprosse), Philadelphus coronarius (Blüten) u. a. wurden geprüft; niemals Vitalfärbung. luduliu (irasserlösl.)« Allium cepa (Zwiebeln), Iberis umbellata (Blütenstände), Tropaeolum majus (Blätter) u. V. a. wurden geprüft; niemals Vitalfärbung. über die Aufnahme von Anilinfarben in lebende Pflanzenzellen. 273 Anrantia. Allium cepa. Zwiebeln : nach 3X24 Std. keinerlei Yitalfärbung. Tropaeolum majus. Blütenstiele: nach 24 Std. starke Gelbfärbung der Gefäßmembranen. Vitalfärbung nicht mit Sicherheit nachzuweisen; zuweilen scheint lebendes Plasma einen leicht gelblichen Ton anzunehmen. Chromgrün. Philadelphus coronan'us. Blühende Zweigstücke: nach 2 X 24 Std. sind die Blüten noch völlig farblos (makroskopische und mikroskopische Untersuchung). Sedum telephium. Sprosse: auch nach 3 X 24 Std. keinerlei Färbung zu erkennen, auch an denjenigen Stellen der Blätter nicht, an welchen die Epidermis abgezogen worden war (s. o. S. 266). Omphalodes linifolia. Blühende Sprosse: nach 24 Std. keinerlei Färbung nachweisbar. Buta graveolens. Beblätterte Sprosse: nach 24 Std. starke vitale Färbung der Grund- gewebszellen in der Nähe der Leitbündel. Vicia faba. Junge Sprosse: nach 20 Std. erscheinen die saftigen Internodien schon bei makroskopischer Betrachtung satt blaugrün. Bei keinem Objekte habe ich mich von dem Eindringen des Chromgrüns in ungeschädigte Zellen leichter überzeugen können als bei diesem. In der Nähe der Leitbündel sind zahlreiche Schichten des Grundgewebeparenchyms vital kräftig gefärbt; die Kerne und Chromatophoren der Zellen sind völlig normal. Eosiu. Zur Verwendung kam stets nur l%o Lösung. Um die photodynamische Wirkung belichteter Eosinlösungen auszuschließen , wurden die Versuche stets in den Dunkelschrank gestellt. Allium cepa. Zwiebeln: Versuchsanstellung wie oben. Nach 24 Std. beginnt sich bereits rote Streifung äußerlich bemerkbar zu machen. Nach 3 X 24 Std. fand ich sämt- liche Schuppenblätter kräftig rosa gefärbt. Die Grundgewebszellen neben den Leitbündeln sind kräftig rosa gefärbt und sind deutlich plasmolysierbar; die Kerne sind anscheinend tot, wenigstens fand ich sie in sehr zahlreichen Zellen kräftig rot gefärbt. Die Epidermen der Blattoberseiten sind namentlich bei den innersten Schuppenblättern stark gefärbt; die Kerne sind gefärbt, das Plasma aber noch deutlich kontrahierbar. Ob unter diesen Umständen das Eosin zu den intravital färbenden Stoffen gerechnet werden soll, darf m. E. deswegen nicht fraglich sein, weil ich bei den oberseitigen Epidermen mancher Zwiebelschuppen schwache, aber nach Plasmolyse unzweifelhaft deutliche Vakuolenfärbung nachweisen konnte, die nicht mit Färbung der Zellenkerne kombiniert war; die Plasmolyse dieser Zellen verlief ebenso wie bei den mit gefärbten Kernen ausgestatteten Zellen völlig nor- mal. Weiterhin möchte ich erwähnen, daß auch diejenigen Zellen, deren Kerne sich kräftig gefärbt hatten, nach 7 X 24 Std. ebenfalls noch kontrahierbares, also lebendes Plasma besaßen. — Verschiedene Zwiebeln gleicher Varietät verhielten sich übrigens recht verschieden. Omphalodes linifolia. Blühende Sprosse: nach l'/j Std. zeigen die Blumenkronen kräftige rote Aderung. In den Epidermis- und Grundgewebezellen ist nach Plasmolyse deutliche Vitalfärbung erkennbar. Solantmi tuberosum. Unreife Knollen : Versuchsanstellung wie oben. Membranfärbung. Vitale Färbung des Zelleninhalts nirgends mit Sicherheit beobachtet. — Negative Befunde auch bei zahlreichen anderen Objekten. 274 Ernst Küster, Erytbrosiu. Alle Versuche wurden im Dunkelschrank angestellt. Rata graveolens. Beblätterte Sproßstüi'ke: nach 24 Std. nehmen die Blätter einen leichten rötlichen Ton an; die Grundgewebszellen neben den Leitbündeln sind vital gefärbt. AUium eejpa. Zwiebeln: Behandlung und Erfolg ähnlich wie bei den Eosinversuchen ; nach 4 Tagen vitale Färbung der Parenchymzellen neben den Leitbiindeln. Tropaeokim majus. Blätter: in dem Parenchym der Blattstiele nach 10 Std. deutliche Vitalfärbung nachweisbar. Echtsäurephloxiu. Alle Versuche wurden im Dunkelschrank angestellt. Allinm eepa. Zwiebeln: nach 24 Std. hier und da an den Zwiebelschuppen schwachrote Aderung. Vitale Färbung der neben den Leitbündeln liegenden Parenchymzellen deutlich erkennbar. Omjjhalodes linifoUa. Blühende Sprosse: schwache Rötung am Rand der BlunieDkrouen; schwache Vitalfärbung der Zellen neben den Leitbündeln. Tropaeolum majus. Blätter: nach 24 Std. haben die Blattstiele einen leicht rötlichen Ton; nach Plasmolyse ist in den Grundgewebszellen Vitalfärbung überall leicht zu erkennen. Gallei u'). Epipactis palustris (blüliende Sprosse), Philadelphus coronanus (Blüten), Iheris umbel- hita (Blütenstände), Oiiiphalodes linifoUa (desgl.) u.a.: niemals war Vitalfärbung zu konstatieren. Diskussion der Ergebnisse. Die auf den vorangehenden Seiten mitgeteilten Ergebnisse weichen in mehr als einer Hinsicht von denjenigen ab, welche frühere Autoren bei ihren mit Pflanzenzellen angestellten Untersuchungen zu verzeichnen gehabt haben; es handelt sich dabei nicht um gering- fügige und vereinzelte Differenzen, die man auf spezifische Eigen- tümlichkeiten der verschiedenen untersuchten Pflanzenarten zurück- zuführen geneigt sein möchte, sondern um eine Reihe prinzipieller Unterschiede, die eine eingehende Besprechung notwendig machen. Wir betrachten zunächst die Sulfosäurefarbsto ffe. Ruh- land nennt sie „im allgemeinen nicht aufnehmbar" und stimmt darin mit den Äußerungen früherer Autoren überein. Schon Pfeffer hebt hervor, daß Indigkarmin nicht in lebende Pflanzenzellen ein- zudringen vermöge; dasselbe stellt Pfeffer für Nigrosin fest. 1) Der Farbstoff wurde heiß gelöst und nach dem Erkalten filtriert. über (He Aufnahme von Anilinfarben in lebende Pflauzenzellen. 275 O verton nennt Säurefuclisin, Ponceaurot, Bordeauxrot und andere Sulfosäuren unter den nicht aufnehmbaren. Am eingehendsten hat sich Ruhland über die Permeabilität des pflanzhchen Plasmas für Snlfosäurefarbstoffe geäußert. Ponceaurot, Orange Gr, Wollviolett S. Echtrot B, Tuchrot 3 G A, Oxaminmarron, Bayrisch Blau u. a. dringen nach Ruhland nicht in die lebende Zelle ein, während bei Methylorange, Bordeauxrot, Fuchsin S und einigen andern von demselben Autor „in einzelnen Fällen eine Auf- nahme des Salzes festgestellt wurde". Meine eigenen Untersuchungen lassen erkennen, daß eine er- heblich größere Zahl von Sulfo Säurefarbstoffen das lebende pflanzhche Plasma zu permeieren vermag; ich bestätige Ruhlands Angaben für Methylorange, Bordeauxrot und Fuchsin S und füge hinzu, daß auch Ponceaurot, Orange G, Wollviolett S, Echtrot B und außer diesen noch verschiedene andere saure Farben, welche Ruhland nicht in der Liste der von ihm untersuchten Verbindungen nennt, unter den bei meiner Versuchsanstellung verwirklichten Bedingungen in die lebende Pflanzenzelle einzudringen imstande sind. Die Permeabilität pflanz- lichen Protoplasmas für Snlfosäurefarbstoffe ist demnach sehr er- heblich größer und weiter verbreitet als man bisher anzunehmen Veranlassung hatte. Die von mir mit Fuchsin S oder Coccinin angestellten Versuche zeigen, daß die Permeabilität der lebenden Zellen für die genannten Snlfosäurefarbstoffe nicht etwa das Privi- legium einiger weniger Arten ist, sondern außerordentlich vielen Gewächsen zukommt. Dieselben Versuche zeigen ferner, daß nicht etwa die Sulfosäurefarbstoffe nur spurenweise in den Zellen nach- weisbar werden, sondern enorm reichlich im Zellensaft erscheinen: die mit Fuchsin S, Coccinin u. a. erzielten Vitalfärbungen kommen fast stets durch sehr starke Speicherung des Farbstoffes zustande. Ahnlich günstig wie Fuchsin S und Coccinin sind für Vital- färbungsversuche namentlich Naphthalingrün und Orange G; das letztere sah ich bei verschiedenen Objekten erstaunlich schnell in den lebenden Zellen sich anhäufen. Auch Setopalin und Lichtgrtin F S werden schnell und reichlich aufgenommen. Schwächere Fär- bungen erzielte ich z. B. mit Ponceaurot und Bordeauxrot, mit Biebricher Scharlach und mit Indigkarmin. Ob die Färbungen, welche ich mit letzterem erzielte, vielleicht infolge reduzierender Wirkungen des lebenden ZelHnhalts stets schwach bheben, bedarf der näheren Untersuchung. 276 Ernst Küster Wollviolett S unterscheidet sich in seinem Verhalten den Zellen von Ruta gegenüber insofern von den untersuchten vital färbenden Sulfosäurefarbstoffen, als es den Zellsaft ungefärbt läßt, welchen diese bald schwächer, bald stärker, nicht selten sogar erstaunlich kräftig zu färben imstande sind. Indigkannin nimmt insofern eine besondere Stellung ein, als es in den vital gefärbten Zellen sehr häufig aus- fällt und in Form von feinen Niederschlagsanhäufungen von der Permeabilität der Zelle Kunde gibt. Bei Verwendung von Fuchsin S, Coccinin, Orange Gr, Naphthalin- grün u. a. ist die Färbung des Zellsaftes so stark, daß an der Speicherung des Farbstoffes innerhalb der Zellen kein Zweifel be- stehen kann. Welche Stoffe es sein mögen, welche in der Zelle die Speicherung der Sulfosäurefarbstoffe herbeiführen, bleibt freilich unklar; höchst wahrscheinlich werden oft schon relativ geringe che- mische Änderungen, die sich im Innern der Zelle abspielen, genügen können, um die eingedrungenen Farbstoffe in eine kolloidale Modi- fikation überzuführen. Namentlich mit Zellen, welche in sich Fuchsin S und Naph- thalingrün reichlich gespeichert hatten, wurden Versuche angestellt, den in den Zellen liegenden Farbstoff durch Auswaschen wieder zu entfernen. Schnitte durch das unreife Perikarp von Iris sihirica eignen sich zu solchen Versuchen deswegen sehr gut, weil die Zellen des Perikarpgewebes sehr widerstandsfähig sind und ein vieltägiges Lagern im Wasser gut vertragen. Schnitte aus fuchsingefärbten Früchten blieben eine Woche im Wasser, ohne merklich heller zu werden; auch fließendes Leitungswasser (4 X 24 Stunden) ver- mochte keine merkliche Entfärbung zu bewirken. Versuche mit Naphthalingrün V führten zu ähnlichen Resultaten; viele Zellen sterben allerdings, wenn man die Perikarpschnitte in Wasser legt, nach einigen Tagen ab, in anderen erfahren nur die Chlorophyll- körner degenerative Veränderungen, ohne daß das Protoplasma seine Kontraktilität verlöre oder der Zellsaft seine Farbe aus- strömen ließe. Bei dieser Gelegenheit möchte ich erwähnen, daß manche Objekte außerordentlich lange mit gefärbtem Zellsaft am Leben bleiben können: unreife Früchte von Iris sihirica ließ ich 14 Tage in 2 "/oo Fuchsin S - Lösung stehen ; das Perikarp färbte sich tief- rot; weitere 14 Tage ließ ich denselben Fruchtstand von Iris in Leitungswasser stehen, ohne daß die gefärbt bleibenden Zellen irgendwie Schaden genommen hätten: Plasma, Zellenkern und über die Aufnahme von Anilinfarben in lebende Pflanzenzellen. 277 Chromatophoren blieben durchaus normal, die Kontraktilität des Plasmas blieb erhalten. Ahnliche Resultate erhielt ich mit stark fuchsingefärbten Fruchtständen von Iheris umbellata, mit Sprossen von Tropaeolum majus u. a. — Einige Worte der Erklärung beansprucht das Verhalten des Wollviolett S. Ruhland beschäftigt sich eingehend mit diesem Farbstoff, welcher lipoidlöslich ist, trotzdem aber nicht in die lebenden Zellen einzudringen imstande sei. Hob er hat bei der Nachprüfung dieser Angaben ebenfalls sich vergebens bemüht, 8pirogyra-7iQ\\Qxv mit Wollviolett S intravital zu färben, warnt aber davor, aus dem Ausbleiben der Färbung weitgehende Schlüsse über die Impermeabilität des Plasmas diesem Farbstoff gegenüber zu ziehen; Wollviolett S sei nämlich dadurch ausgezeichnet, daß seine Lösungen von den in lebenden Zellen enthaltenen Stoffen außer- ordentlich leicht entfärbt werden. Meine eigenen Versuche mit Wollviolett S verliefen meist ergebnislos (s. o.); mit Sicherheit konnte ich das Eindringen der Farbe in die lebende Zelle nur bei Ruta graveolens konstatieren: in den Parenchymzellen, welche in der Nähe der Leitbündel des Fruchtknotens liegen, bleibt der Zell- saft vollkommen farblos, aber man sieht nach Behandlung mit Wollviolett S dunkelblaue Tröpfchen in den Zellen liegen; die Permeabilität des Plasmas für Wollviolett ist damit erwiesen ^). Chromgrün wurde von Ruhland und Hob er untersucht. Ruh- land sagt von dem Farbstoff, daß er in lebende, unbeschädigte Zellen nicht einzudringen vermag. „Verwendet man eine starke, schwarz- blau gefärbte Lösung, so zeigen sich nach kurzer Zeit Deformationen im Plasma, der Kern ist tot, und nun erst ergibt sich ein schöner blauer Tannatniederschlag. Auch in Zellen anderer Pflanzen tritt der Farbstoff erst ein, wenn eine Schädigung sichtbar ist. Der Plasmaschlauch kann zwar noch kontraktil sein, der Kern ist dann aber bereits tot und speichert ebenfalls Farbstoff." Höh er ist 1) Ob das Ausbleiben einer vitalen "Wollviolettfärbung auf eine von den lebenden Pflanzenzellen ausgehende entfärbende "Wirkung zurückzuführen ist, welche etwa ein- gedrungenes "Wollviolett unsichtbar werden läßt, muß dahingestellt bleiben. Versuche mit Wollviolettreagenzpapier (Filtrierpapier mit 0,1 % Wollviolettlösung getränkt und ge- trocknet) ließen zwar erkennen, daß der aus angeschnittenen lebenden Pflanzenorganen ausfließende oder gewaltsam ausgepreßte Saft Wollviolett entfärbt (Tropaeolum majus, Ruta graveolens u. a.); einen Beweis für die intracellulare entfärbende Wirkung, welche Höh er wahrscheinlich mit Eecht annimmt, wird man hierin allerdings noch nicht sehen dürfen. Jahrb. f. wiss. Botanik. L. 19 278 Ernst Küster, anderer Meinung und teilt mit, daß Cliromgrün die Zellen der Spyrogyren „langsam, aber deutlich und intravital" färbe. Meine eigenen Untersuchungen haben mit einigen Pflanzen bekannt gemacht, an welchen sich in Übereinstimmung mit Hob er s Angaben Vital- färbung deutlich nachweisen läßt (s. o.). Der Nitrofarbstoff Aurantia wird nach Ruhland von der lebenden Zelle nicht aufgenommen; ein sicheres Beispiel für vitale Aurantiafärbung habe auch ich nicht ausfindig machen können (s. o.). Die fluoreszierenden Pyr oni nfarbstoff e Eosin, Erythrosin und Echtsäurephloxin werden nach Ruhland nicht vital aufgenommen. Ich habe oben hinreichend ausführlich über die färbende Wirkung des Eosins auf Zellsaft und Zellenkern gesprochen; auch wenn man diejenigen Fälle, in welchen der Zellenkern eosingefärbt er- scheint, nicht als unzweideutige Beweise für die Permeabilität lebenden Protoplasmas gelten lassen will , werden die mit Eosin erzielten Epidermisfärbungen und die einwandfreien Yitalfärbungen mit Erythrosin und Echtsäurephloxin genügen, um die Permeabilität lebender Pflanzenzellen für die genannten fluoreszierenden Farbstoffe zu erweisen. Die von mir untersuchten Farben zeigen, wie die Versuchs- protokolle erkennen lassen, ein sehr verschiedenes Verhalten: viele dringen in die lebende Zelle nicht ein, viele andere dringen ein, — bald schnell und in reichlichen Mengen, bald langsam und spärlich, soweit der mikroskopische Befund hierüber Aufschluß geben kann. Läßt sich irgend eine Gesetzmäßigkeit erkennen, die über Eindringen oder Nichteindringen der Farbstoffe entscheidet? Zunächst wäre an Overtons Lipoidtheorie zu denken. 0 verton nimmt an, daß die äußerste Plasmaschicht der Zellen mit einem Cholesterin -Lecithingemisch imprägniert sei, und daß dieses über das Eindringen und Nichteindringen der von außen gebotenen Stoffe entscheide. Stoffe, welche in dem Cholesterin-Lecithingemisch löslich sind, permeieren in die Zelle; Stoffe, welche sich nicht in ihm lösen, können nicht in die Zelle eindringen. In dem Verhalten verschiedener Farbstoffe hat Overton eine besonders tragkräftige Stütze seiner Theorie gefunden: lipoidlöslich sind z. B. Methylenblau, Safranin, Toluylenrot, Gentianaviolett, Dahlia, Bismarckbraun u. v. a., lipoidunlöslich sind neben vielen anderen wasserlösliches Nigrosin, Kongorot usw. — Farben, bei welchen die Lipoidlöslichkeit sich mit der Permeierfähigkeit, die über die Aufnahme von Anilinfarben in lebende Pflanzenzellen. 279 Lipoidunlöslichkeit sich mit der Unfähigkeit zum Permeiereii nach Overtons Untersuchungen decken. Ruhland hat darauf aufnaerksam gemacht, daß die von Over- ton gefundenen Beziehungen keine ausnahmelose Regel, kein Gesetz bedeuten: es gibt lipoidlösliche Farben, welche nicht oder nur sehr langsam eindringen, und andrerseits lipoidunlösliche, welche leicht eindringen. Als Beispiele für den ersten Fall nennt Ruhland Nachtblau, Tuchrot 3G A, Oxaminmarron, Echtrot A, Wollviolett S, Cyanosin, Erythrosin, Chromgrün, Aurantia und einige andere, als Beispiele der zweiten Reihe werden Malachitgrün, Thionin, Methylen- grün und Bismarckbraun angeführt. Hob er hat Ruhlands An- gaben nachgeprüft und die meisten von ihnen bestätigt. Die an- geführten Befunde und eine Reihe weiterer Beobachtungen, auf die hier nicht eingegangen zu werden braucht, führen Ruhland zu dem Schlüsse, daß Overtons Lipoidtheorie nicht imstande ist, die Erscheinungen der Permeabilität des pflanzlichen Protoplasmas befriedigend zu erklären. Meine eigenen Ergebnisse mit den oben aufgezählten Farben stehen einerseits mit den von Ruh 1 and gegen Overtons Lehre vorgebrachten Einwänden, andrerseits mit Overtons Befunden mehrfach in Widerspruch. ■ Wollviolett S, welches nach Ruhland trotz leichter Lipoidlöslichkeit nicht zu permeieren vermag, wurde von mir in lebenden Zellen nachgewiesen; Chromgrün ist nach meinen Untersuchungen ebenso wie nach den von Hob er an- gestellten (s. 0.) imstande, in die lebende Pflanzenzelle einzudringen. Erythrosin, welches nach Ruhland und Hob er Spirogyren nicht vital färbt, wurde von mir in verschiedenen Objekten vital färbend gefunden. Während demnach auf der einen Seite eine Reihe meiner Befunde für Overtons Lehre spricht und die von Ruhland ge- äußerten Zweifel hinsichtlich der Berechtigung der Overtonschen Theorie einzuschränken scheint, geht andererseits aus meinen oben mitgeteilten Pärberesultaten deutlich hervor, daß eine ansehnliche Zahl von Sulfosäurefarbstoffen, welche lipoidunlöslich sind, und nach Overtons Theorie keine Permeierbarkeit erwarten lassen sollten, leicht und reichlich in die Pflanzenzellen hineingeht. Säurefuchsin, Coccinin, Ponceaurot, Bordeauxrot, Orange G, Indigkarrain, Guineagrün B, Setopalin, Naph- thalingrün und Lichtgrün F S wurden als Vitalfarbstoffe erkannt, und die meisten von ihnen wurden in meinen Versuchen von den 19* 280 Ernst Küster, lebenden Pflanzenzellen außerordentlich schnell und reichhch auf- genommen. Die Widersprüche zwischen der Lipoidtheorie und meinen Befunden sind so zahlreich und so auffällig, daß es ohne weiteres klar ist, daß uns beim Suchen nach den Gesetzmäßigkeiten, welche über Eindringen und Nichteindringen entscheiden, die Lipoidtheorie nicht vorwärts helfen wird. Nur mit einigen Worten mag auf die von Höber neuerdings aufgestellte Theorie eingegangen werden, nach welcher zahlreiche Farbstoffe einen ausgesprochenen ParalleHsmus zwischen ihrer elek- trischen Ladung und ihrem Vitalfärbevermögen erkennen lassen. Die negativ elektrischen Farben können nach Höh er in die Zelle nicht eindringen; die positiven, darunter auch das lipoidunlösliche Thionin, können es. Auch diese von Hob er aufgedeckten Beziehungen führen uns zu keiner befriedigenden Erklärung der eigenen Befunde, nachdem verschiedene sulfosaure Farben als vitale erkannt worden sind. Befriedigendere Ergebnisse verspricht ein Vergleich zwischen Vitalfärbevermögen und der Diffusibilität der Farbstoffe. Ruhland und Höh er haben über die letztere Untersuchungen angestellt, namentlich Höber hat die physikalischen Eigenschaften zahlreicher Farbstoffe geprüft, und die Aufnahme der Farben seitens der Frosch- niere zu der Diffusibilität der Farbstoffe bzw. zu ihrer Kolloidität in Beziehung zu setzen versucht. Der genannte Autor hat seine Versuchsergebnisse in einer Tabelle zusammengestellt, die ich hier wiederholen möchte. Die vierte Kolumne der Tabelle berichtet über meine eigenen Versuche: da sich die Färbbarkeit der Pflanzen- zellen verschiedenen Farbstoffen gegenüber nicht bei allen Pflanzen als gleich erwiesen hat, lege ich dieser Tabelle nur die an einer Species gewonnenen Erfahrungen zugrunde; es handelt sich in den Mitteilungen der vierten Kolumne der Tabelle nur um das Verhalten Yon'Tropaeolum majus, das ich in der Weise feststellte, daß lang- gestielte Blätter der Kapuzinerkresse in die Farbstoffsolutionen gestellt wurden ; nach 24 Stunden wurde das Parenchym der Blatt- stiele auf Vitalfärbung untersucht. Troimeolum wurde gewählt, weil seine Blattstiele in 24 Stunden sehr viele Farbstoffe in leicht nach- weisbaren Mengen intravital in ihren Zellen aufnehmen. über die Aufnahme von Anilinfarben in lebende Pflanzenzellen. 281 Farbstoff Kolloidität Von der Niere des Frosches importiert: stark -\-, wenig w, gar nicht — Tropaeolum, Blattst. starke Vitalfärb. -{ schwache „ w keine „ — Indigkarmin Orange I Orange G G Ponceau B . Ponceau 2 R Säurefuchsin Pateiitblau V Naphtholgelb Coccinin . Erioglaucin . Lichtgrün F S Guineagrün B Brillantcrocein 3 B Patentblau A . Säureviolett 6 B Anilinblau . Nigrosin . Indulin . . Kongorot Bayrisch Blau Biebricher Scharlach Hessisch Bordeaux Salnirot .... Croceinscharlach 7 B Palatinschwarz Diamingrün B Kongobraun Azoblau . Benzoazurin Violettschwarz Alkali blau 3 B Berliner Blau , gering bis fehlend desgl. desgl. desgl. desgl. desgl. desgl. desgl. desgl. desgl. desgl. desgl. desgl. desgl. mittelmäßig desgl. desgl. desgl. stark desgl. desgl. desgl. desgl. desgl. desgl. desgl. desgl. desgl. desgl. desgl. desgl. desgl. + + I + + + + + + + + + + + + Hob er hat später noch seine Untersuchungen erweitert und eine große Reihe anderer Farbstoffe nach denselben Gesichtspunkten geprüft. Ich nenne im folgenden wenigstens noch diejenigen Farben, die von ihm und mir untersucht worden sind, und stelle die von uns gewonnenen Ergebnisse in ähnlicher Weise wie in der ersten Ta- belle zusammen. 1) Höber arbeitete mit Orange GG-Merck, ich mit Orange G-Grübler. 282 Ernst Küster, Farbstoff Kolloidität Hob er s Versuche (Froschniere) Eigene Versuche (Tropaeolum) Setopalin . . . . gering: bis fehlend + + Naphthalingrün V . . j desgl. + + Echtsäurephloxin . . desgl. + + Wollviolett . . . desgl . — — Echtrot B . . . halb hydrophil -kolloidal + + Erythrosin . . desgl. + + Benzoreinblau . . hydrophil -kolloidal + — Trypanrot . . desgl. + — Diaminreinblau . . desgl. + — Echtrot A . . . suspensions- kolloidal ■+: — Oxaminmarron . . desgl. — — Die Tabellen scheinen mir schon deswegen großes Interesse zu beanspruchen, weil sie an den Beziehungen zwischen der vitalen Aufnehm barkeit der Farben seitens der Pflanzenzellen und ihrer Diffusibilität kaum noch einen Zweifel lassen. Von sämtlichen Farbstoffen, deren Kolloidität Höber gering bis fehlend nennt, waren, soweit meine Untersuchungen reichen, nur zwei nicht imstande, binnen 24 Stunden die Parenchymzellen im Blattstiel von Tropaeolum vital zu färben, Patentblau A und Wollviolett S. Das erstere erwies sich auch (s. o.) bei Prüfung verschiedener anderer Gewächse als unfähig zur vitalen Färbung, andererseits vermochte es in lebende Zellen von L«7iwm-Blüteu ein- zudringen. Die Ausnahme, welche Wollviolett S macht, ist insofern besonders beachtenswert, weil eben dasselbe Wollviolett auch bei Höbers Tierversuchen eine Ausnahmestellung einnimmt; daß das Wollviolett auf die negativen Tropaeolum -YeYs,Vic]\e, hin aber nicht schlechthin zu den „nicht vitalen" Farbstoffen gerechnet werden darf, geht aus den positiven Versuchen mit Ruta graveolens hervor. Hob er resümiert seine Versuche mit leicht diffundierenden Farb- stoffen in dem Satze: „Wenn ein Farbstoff wenig, bzw. nicht kol- loidal ist, so wird er leicht aufgenommen." Zu demselben Ergebnis führen auch die oben geschilderten Versuche mit Pflanzenzellen. Wie steht es mit den kolloidalen Farbstoffen? Höh er gibt an, daß selbst stark kolloidale Farbstoffe wie Kongorot, Bayrisch Blau und Biebricher Scharlach von den Nierenzellen reichlich auf- genommen werden können; andere hochkolloidale Farben wie Hessisch Bordeaux, Salmrot u. a. werden nur wenig, noch andere wie Diamin- grün B, Kongobraun, Azoblau u. a. werden gar nicht aufgenommen; über die Aufnahme von Anilinfarben in lebende Pflanzenzellen. 2Ö3 alle Farben andrerseits, welche von den Nieren nicht aufgenommen werden, sind — außer Wollviolett S — stark kolloidal. Der Satz, den Hob er ableitet: „wenn ein Farbstoff von den Epithelien der Niere nicht aufgenommen werden kann, dann ist er hochkolloidal", darf daher nicht umgekehrt werden. Bei meinen eigenen Versuchen läßt das Verhalten der kolloi- dalen Farbstoffe sehr viel größere Einheithchkeit erkennen als bei Höbers Tierversuchen: selbst die mäßig stark kolloidalen Farbstoffe Nigrosin und Indulin haben in der auf Tropaeolum sich beziehenden Tabelle ebenso gut ihr Minus -Zeichen bekommen wie die stark kolloidalen Farben Kongorot, Bayrisch Blau, Azoblau, Oxamin- marron usw. Völlig durchgeführt ist aber der Parallelismus zwischen der Kolloidität der Farben und der PermeabiUtät bzw. Imperraeabilität der Pflanzenzellen auch hier nicht; denn Biebricher Scharlach, der sich bei Höbers Versuchen positiv verhielt, vermochte zuweilen auch Tropaeolum vital zu färben; verschiedene Blätter verhielten sich dem Farbstoff gegenüber nicht völHg gleich^); auch die mit anderen Pflanzen angestellten Versuche ergaben bald Vitalfärbung, bald Unfärbbarkeit (s. o.). Weiterhin machen zwei von denjenigen Farbstoffen, welche Höh er als halb -hydrophil -kolloidal bezeichnet: Echtrot B und Erythrosin eine Ausnahme; sie gehören beide zu den schwer fäll- baren kolloidalen Farbstoffen. Das positive Resultat, welches meine Versuche mit den beiden Farben in Übereinstimmung mit den- jenigen H Obers lieferten, wird aber nicht dazu verführen dürfen, eine Parallele zwischen Vitalfärbbark eit und Fällbarkeit zu vermuten, — ich verweise auf den negativen Ausfall der mit den schwer fällbaren Trypanrot, Benzoreinblau und Diaminreinblau angestellten Pflanzenversuche (s. Tabelle). Sehen wir von dem für Echtrot B, Erythrosin und ähnlichen Farbstoffen konstatierten Verhalten ab, so ergibt sich, daß nicht kolloidale Farbstoffe oder solche von geringer Kolloidität im all- gemeinen leicht in Pflanzenzellen eindringen können , andrerseits die kolloidalen Farbstoffe im allgemeinen zur Vitalfärbung der Pflanzenzellen ungeeignet sind. Welchen Grad dieser Mangel an Eignung bei den verschiedenen kolloidalen Farbstoffen erreicht, mag zunächst noch dahingestellt bleiben ; denn es wäre sehr gut möglich. 1) Infolge ungleichen Alters? 284 Ernst Küster, daß unter denjenigen kolloidalen Farben, mit welchen ich auch bei Untersuchung verschiedenartiger Pflanzen und Pflanzenorgane nie- mals eine Vitalfärbung erzielen konnte, die eine oder andere sich findet, welche andere Versuchspflanzen doch zu färben vermag; auch darf nicht außer acht gelassen werden, daß bei der von mir geprüften Versuchsanstellung sehr geringe Farbstoffaufnahme leichter übersehen werden kann, als bei der Prüfung von Wurzelhaaren oder Spirogyra-ZeWen. Auch wenn es gelingen sollte, Versuchs- pflanzen ausfindig zu machen, deren Zellen sich mit Azoblau, Kongorot usw. vital schwach färben, wird doch der Unterschied zwischen nicht (oder schwach) kolloidalen Farbstoffen und stark kolloidalen, wie ihn die Tabellen erkennen lassen, nicht in Abrede gestellt werden können. Ruhland resümiert seine Untersuchungen über die Kolloidität der Farbstoffe und ihre vitale Aufnahme in Pflanzenzellen dahin, daß nach ihm in keinem Falle unzweifelhaft erwiesen sei, „daß der Grad der Kolloidität entscheidend oder wesentlich mitbestimmend für die Aufnahme der Farbstoffe in lebende Zellen wäre". Ich bin der Meinung, daß der von Ruhland geleugnete Zusammenhang bei den von mir untersuchten sauren Farbstoffen tatsächlich besteht, und Ruhlands Satz in seiner all- gemeinen Fassung nicht aufrecht erhalten werden kann. Höh er unterscheidet zwischen physikalischer und physiolo- gischer Stoffaufnahme: „physikalisch" ist die Aufnahme derjenigen Farbstoffe, deren Permeieren durch Overtons Lipeidtheorie ver- ständlich gemacht wird, „physiologisch" sind diejenigen Stoffaufnahme- vorgänge, welche mit jener Theorie nichts zu tun haben und ihr widersprechen. Physiologisch wäre demnach die von mir beobachtete Vitalaufnahme des Säurefuchsins, des Coccinins und zahlreicher anderer Sulfosäurefarbstoffe zu nennen. Nachdem zahlreiche Farb- stoffe gefunden worden sind, welche trotz ihrer Lipoidunslöslichkeit und höchst wahrscheinlich infolge ihrer leichten Diffusibilität mit großer SchnelHgkeit in die lebenden Zellen zu permeieren imstande sind, scheint mir noch weniger als vorher die Scheidung zwischen physiologischer und physikalischer Farbstoffaufnahme angebracht zu sein; die Vitalaufnahme des Säurefuchsins ist genau ebenso „phy- sikalisch" wie die des Methylenblau. Mir will es scheinen, daß die Höber sehe Unterscheidung unnötig ist und leicht irreführend werden kann, und ich stimme hierin mit Ruhland durchaus überein. Diejenigen sulfosauren Farbstoffe, welche nach meinen Unter- suchungen der Overtonschen Theorie widersprechen, sind zum über die Aufnahme von Anilinfarben in lebende Pflanzenzellen. 285 Teil, so weit ich hierüber unterrichtet bin, auf ihr Vitalfärb ever- mögen pflanzlichen Zellen gegenüber von früheren x\utoren noch nicht geprüft worden; die Mehrzahl von ihnen hat aber schon wieder- holt zu botanisch- zellenphysiologischen Untersuchungen gedient: meine Resultate stimmen auch bei ihnen mit den Ergebnissen der früheren Autoren nicht überein, und es bedarf einer näheren Prüfung, worauf die Diiferenzen in den Ergebnissen verschiedener Untersucher zurückzuführen sein mögen. Säurefuchsin, Orange G und andere Farben werden, wie oben geschildert worden ist, so außerordentlich reichlich in den Zellen aufgenommen, daß die Annahme, es seien mit ihnen zwar Färbungen erzielt, ihr Vitalfärbevermögen sei aber bisher übersehen worden, nicht zulässig ist. Die Differenz in den Resultaten liegt offenbar viel weniger in der Wahl der Untersuchungsobjekte als in den Bedingungen, unter welchen die Autoren den lebenden Pflanzen die verschiedenen Farb- stofflösungen zugeführt haben, begründet. Algenzellen oder Wurzel- haare, welche in Farbsolutionen getaucht werden, befinden sich offenbar unter ganz anderen Bedingungen als die neben Gefäßen liegenden Pflanzenzellen, zu welchen von den Gefäßen her die Farb- stofflösungen treten. Die makroskopische Betrachtung der künstlich gefärbten Pflanzen macht es klar, daß überall da, wo kräftige Transpiration wirkt, die vitale Färbung sehr schnell eintritt und es zu sehr reichlicher Farb- stoffaufnahme kommt: in den Blattspreiten und in den zarten Blumen- kroiiblättern. Ferner erscheinen diejenigen Stellen, an welchen Hydathoden für besonders reichliche Wasserabgabe sorgen {Tropae- olum), hinsichtlich der Farbstoff'aufnahme bevorzugt. Pflanzen, die man im feuchten Räume hält (Versuche mit Zea mays u. a.), färben sich viel später als solche, welche normal transpirieren können. Lokale Hemmung der Transpiration (Bedeckung von Jm-Blättern u. a. mit geschmolzener Kakaobutter) veranlaßt lokale Verzögerung der Vitalfärbung; lokale Förderung der Transpiration (Beseitigung der Epidermis an den Blättern von Sedum tehphinm) ruft eine Beschleunigung oder Verstärkung der Vitalfärbung hervor. Kleine Wunden, die sich an Blumenkronen oder Spreiten finden, lassen lokale Färbung besonders kräftiger Art zustande kommen, wobei das Wirksame wiederum die gesteigerte Transpiration ist^). 1) Wunden, welche man durch Kakaobutter schließt, rufen, wie ich mich durch Versuche an Iris- und Se^Hwi- Arten überzeugen konnte, keine Förderung der Vitalfärbung hervor. 286 Ernst Küster, Die Transpiration hat, wie aus dem Gesagten hervorgeht, einen großen Einfluß auf das Tempo der Vitalfarbaufnahme und auf die Ausbreitung, in welcher sich die Vitalfärbung innerhalb des Gewebes oder Organes nachweisen läßt. Die oben geschilderten Färbe- versuche stellen geradezu ein vortreffliches Hilfsmittel dar, um stark transpirierende Stellen an intakten Pflanzenorganen leicht sicht- bar zu machen und die große Bedeutung der Transpiration für die Stoffwanderung zu demonstrieren. Aber unbedingt erforderlich sind die Transpiration und die durch sie bewirkte Saugwirkung keines- wegs für das Zustandekommen der Vitalfärbung mittelst lipoidun- löslicher Sulfosäurefarbstoffe. Das lehren außer den Vitalfärbungen, die ich im Innern massiver, mäßig stark transpirierender Organe (Fruchtknoten von Iris-Arten) erhielt, namentlich die Versuche, bei welchen das Untersuchungsobjekt vollkommen in die Farbstofflösung getaucht wurde: turgeszente, etwa 2 cm lange Stücke von den Inter- nodien der Kapuzinerkresse wurden mehrere Tage in 2 %o Säure- fuchsinlösung gelegt; nach drei Tagen waren die neben den Leit- bündeln liegenden Parenchymzellen sehr kräftig vital gefärbt. Leider gelingt es nur schwer, das Verhalten intakter Pflanzen- organe, die von den Gefäßen her mit Farbstofflösung versorgt werden, mit dem der üblichen mikroskopischen Präparate zu vergleichen; bringt man die letzteren in hinreichend starke Farblösungen, so gehen sie zugrunde, noch bevor Farbstoffaufnahme eingetreten ist. Künftige Versuche werden hoffentlich mit Objekten bekannt machen, deren Zellen widerstandsfähig genug sind, um den gewünschten Vergleich zu ermöglichen. Als halbwegs geeignet möchte ich hier die Blumenblätter mancher Blüten, die sich zu Vitalfärbungen ge- eignet gezeigt haben, nennen (namentlich Omphalodes linifolia): an kleinen Stücken der Korollen bleiben in kräftigen Lösungen von Orange G lange Zeit die Epidermis- und Grundgewebszellen völlig farblos, während die in der Lösung stehenden Lifloreszenzen schon vor Ablauf von 3 oder 4 Stunden an ihren Kronen die schönste Vitalfärbung erkennen lassen. Welcher Art aber auch die Faktoren sein mögen, die in in- takten Pflanzenorganen die schnelle und kräftige Färbung der den Leitbündeln anliegenden Parenchymzellen und selbst der ihnen rela- tiv fern liegenden Epidermiszellen bewirken, jedenfalls werden wir annehmen dürfen, daß dieselben Faktoren auch bei der Überführung anderer nicht kolloidaler Stoffe, wie z. B. des Zuckers, aus den Gefäßen ins benachbarte Gewebe wirksam werden und die Stoff- über die Aufnahme von Anilinfarben in lebende Pflanzenzellen. 287 aufnähme seitens der lebenden Zellen unabhängig von Lipoidlösiich- keit und -unlöslichkeit ermöglichen können. — Es kam mir bei der Abfassung der vorliegenden Arbeit nur darauf an, nähere Angaben über die Permeabilitätsverhältnisse der Zellen intakter Pflanzenorgane insbesondere gegenüber sauren Farb- stoffen zusammenzustellen und auf den Zusammenhang zwischen der Permeierfäbigkeit und der Dififusibilität der Farbstoffe hinzuweisen, und ich bin daher auf die Erscheinungen, die mir an künstlich gefärbten Pflanzenorganen aufgefallen sind, im großen und ganzen nur dann eingegangen, wenn sie unmittelbar Beiträge zum Thema lieferten. Ich möchte zum Schluß nur ganz kurz darauf aufmerksam machen, daß mit Hilfe der hier beschriebenen Vitalfärbemethode noch mancherlei andere Fragen sich in Angriff werden nehmen lassen, vor allem solche, welche sich auf die Stoffwanderung beziehen und auf die Beteiligung der Gefäßbündelendigungen an dieser. Daß unter Umständen die Intensität der vitalen Färbung und ihre Verbreitung im Gewebe zum Indikator der Energie werden kann, mit welcher die Transpiration der Pflanzenorgane sich betätigt, und ungleich stark transpirierende Teile eines Organs leicht zu unterscheiden gestattet, habe ich vorhin schon angedeutet. Pflanzen, welche längere Zeit in den Farbstofflösungen stehen, lassen an den in Entwicklung begriffenen Oi'ganen Wachstumsanomalien erkennen, die ebenfalls Beachtung verdienen dürften. Dem Ana- tomen wird die vitale Färbung der Pflanzen durch die in den Leit- bündeln aufsteigende Farbstofflösung vielleicht ein neues Mittel zum Studium der Membranen und ihrer Färbbarkeitsverhältnisse an die Hand geben. Das Studium des feineren Baues der in den Blumenkronenblättern liegenden Leitbün d elendig ungeu dürfte ebenfalls durch die Vitalfärbemethode gefördert werden können. Zusammenfassung der Resultate. 1. Es gelingt, viele Anilinfarben in die lebenden Zellen in- takter Pflanzenorgane strömen zu lassen, wenn man die Lösungen der Farben in den Leitbündeln der Versuchspflanzen aufsteigen läßt. 2. Zahlreiche saure Farbstoffe, welche bisher als „nichtvital" galten, erweisen sich bei der angegebenen Versuchsanstellung als vital aufnehmbar. Namentlich die den Leitbündeln unmittelbar an- liegenden Parenchymzellen nehmen reichliche Mengen vieler Farb- stoffe sehr schnell in sich auf. 288 Ernst Küster, Über die Aufnahme von Anilinfarben usw. 3. Vitale Färbungen wurden an zahlreichen Objekten (Achsen, Blättern, Blüten und Früchten mono- und dikotyler Pflanzen) mit leicht diffusiblen sauren Farbstoffen erzielt; besonders kräftig färben z. B. Säurefuchsin, Coccinin, Orange G, Naphthahngrün V. 4. Mit kolloidalen sauren Farbstoffen wurden im allgemeinen keine Vitalfärbungen erzielt; eine Ausnahme machen der Biebricher Scharlach, der bei verschiedenen Objekten mäßig starke Vital- färbungen lieferte, sowie Echtrot B. 5. Wollviolett S vermag vital in die Zellen von Ruta graveolens einzudringen; Chromgrün färbt die Zellen verschiedener Gewächse intra vitam. Mit den fluoreszierenden Pyroninfarbstoffen Eosin, Erythrosin und Echtsäurephloxin wurde an zahlreichen Pflanzen kräftige Vitalfärbung erzielt. 6. Säurefuchsin, Orange G, Na])hthalingrün V, Coccinin u. a. werden in den Zellen, in welche sie eingedrungen sind, in un- bekannter Weise gespeichert; der Zellsaft der gefärbten Zellen erscheint dunkelrot, dunkelgrün, bezw. kräftig gelb. Mehrtägige Versuche, den Farbstoff durch Auswaschen in stehendem oder fließendem Wasser zu beseitigen, führten niemals zu nennenswerter Entfärbung der lebenden Zellen. 7. W oll violett S erscheint in den Zellen, in welche es nach- weislich eingedrungen ist, an kleine Oltröpfchen gebunden. Indig- karmin ruft an den untersuchten Objekten niemals tiefblaue Fär- bungen hervor, sondern färbt entweder den Zellsaft zart blau oder fällt in den Zellen als feiner Niederschlag aus. 8. Overtons Lipoidtheorie ist nicht imstande, das Eindringen bezw. Nichteindringen der untersuchten Farbstoffe zu erklären. 9. Ruhlands Satz, daß zwischen Diffusibilität bezw. KoUoidität der Farbstoffe und ihrem Eindringen in lebende Pflanzenzellen keine nachweisbaren Beziehungen bestehen, steht mit dem Verhalten der untersuchten sauren Farbstoffe nicht in Einklang. 10. Transpiration befördert die vitale Farbstoffaufnahme in leicht erkennbarer Weise. Kiel, Juli 1911. über die Verteilung der geotropischen Empfindlichkeit in der Koleoptile der Gramineen. Von Hermann Ritter von Guttenberg. Mit 1 Textfigur. I. Historisch -Kritisches. Rothert (96) hat in seiner bekannten Arbeit über den Helio- tropismus als erster die Ansicht vertreten, „daß im Cotyledo der . . . Gramineen eine kurze Gipfelregion sich durch besonders starke geotropische Empfindlichkeit auszeichnet, daß also hier die geotro- pische Empfindlichkeit in derselben Weise ungleichmäßig verteilt ist wie die heliotropische Empfindlichkeit" (S. 189). Zu dieser Behauptung führte ihn der Verlauf der geotropischen Krümmung bei Keimblattscheiden von Avena saiiva und Phcdaris canariensis. Er beobachtete nämlich, daß die geotropische Krümmung der Koleo- ptilen stets an deren äußerster Spitze beginnt, obwohl diese nach seinen Messungen (S. 28) bedeutend schwächer wächst als eine bestimmte tiefer liegende Zone. Daraus zog Rothert den Schluß, daß die Reizung der Spitze eine stärkere sein müsse als die der Hauptwachstumszone. Daß andrerseits die geotropische Empfind- lichkeit ihren Sitz nicht nur in der Koleoptilenspitze habe, war schon den Dekapitierungs -Versuchen Ch. und Fr. Darwins (81 S. 402) zu entnehmen und wurde von Rothert (S. 200) bestätigt. An geköpften Keimlingen trat, wenn auch verspätet und schwächer, so doch stets geotropische Krümmung ein. Später stellte Czapek (98) mit Avena folgenden Versuch an. Er exponierte Koleoptilen solange horizontal, bis sie eine deutliche Krümmung an der Spitze zeigten. Dann stellte er einige Pflanzen 290 Hermann Kitter von Guttenberg, senkrecht auf, wogegen andere um 180'^ gedreht wieder horizontal ge- legt wurden. Bei ersteren trat der Ausgleich der geotropischen Nach- krümmung rascher ein als bei letzteren. Czapek will dieses Verhalten darauf zurückführen, daß bei den senkrecht aufgestellten Keimlingen die gekrümmte Spitze in einer stärkeren geotropischen Reizlage sich befände als bei den neuerdings horizontal gelegten PHanzen, wogegen bei letzteren die Zone stärksten Wachstums bei der 2. Exposition eine starke der ersten entgegengesetzte Reizung er- fährt. Da nichtsdestoweniger, wie erwähnt, der Ausgleich der ersten Krümmung an den vertikal gestellten Pflanzen rascher erfolgte, schließt Czapek auf eine höhere geotropische Empfindlichkeit der Spitze. Nemec (Ol) wiederholte den Dekapitierungsversuch mit Ävena sativa und Panicum müiaceum und fand, daß der Krümmungswinkel ein viel größerer ist, wenn nur ein kurzer Spitzenteil abgeschnitten wird, also wenn eine größere Zone entfernt wird. So hatten sich J.t;ewa-Koleoptilen, denen ein 2 — 2,5 mm langes Spitzenstück ab- geschnitten worden war, nach 24 Stunden fast vollständig auf- gerichtet, wogegen Pflanzen, die einer 3,5 — 4 mm langen Spitzen- zone beraubt worden waren, sich in gleicher Zeit nur halb so stark aufkrümmten. Auf Grund dieses Versuchsergebnisses nimmt Nemec eine höhere geotropische Empfindlichkeit der Spitze an. Einen wesentlichen Fortschritt bedeutete dann die von Fr. Darwin (99) angewendete Untersuchungsmethode. Er verwendete zu seinen Versuchen neben Phalaris besonders Setaria und Sorghum, zog also auch das Verhalten der Paniceen in den Kreis seiner Be- trachtungen. Bei diesen bleibt bekanntlich die Koleoptile kurz und es kommt zur Ausbildung eines längeren Internodiums, welches ich im folgenden nach seiner Lage zwischen Scutellum (Kotyledo) und Koleoptile als EpikotyP) bezeichnen will. Dieses Epikotyl dient der rasch auswachsenden Koleoptile als Bewegungsorgan. Darwin war es nun eigentlich nicht um die Frage der Spitzenperzeption zu tun, sondern mehr um den Nachweis, daß die geotropische Emp- findlichkeit bei den Paniceen ebenso wie die heliotropische auf die Koleoptile beschränkt sei, und das Bewegungsorgan (das Epikotyl) selbst den Reiz nicht empfinde. Da er aber seinen gleich zu be- schreibenden Versuch auch mit Phalaris anstellte und zwar mit 1) Darwin, der für die Koleoptile den Namen Kotyledo beibehält, benutzt folge- richtig den Ausdruck Hypokotyl. über die Verteilung der geotrppischeii Empfindlichkeit in der Koleoptile usw. 291 Keimlingen, deren Koleoptilen bis zum Samen reichten '), so hat er sich doch auch mit der Spitzenperzeption beschäftigt. Auffallend ist dabei, daß er die für Phalaris ermittelten Resultate nicht von den Beobachtungen trennt, die er an Paniceen machte, obwohl es sich in beiden Fällen, wie wir gleich hören werden, um ein prin- zipiell sehr verschiedenes Verhalten handelt. Darwins Versuche basieren auf folgendem Gedanken : Wenn die Perzeption des Schwere- reizes tatsächlich nur oder vorwiegend in der Koleoptile stattfindet, 80 muß, falls man diese dauernd horizontal hält, das Bewegungs- organ sich ad infinitum, d. h. solange es überhaupt wachstumsfähig ist, krümmen, da ja die geotropische Reizung in der Koleoptile andauert. Es muß also schließUch zu einer spiraligen Einrollung des Epikotyls kommen. Der Ausfall der Versuche bestätigte Darwins Erwartungen. Paniceen, deren Koleoptilen in horizontal liegende Glaskapillaren eingeführt worden waren, krümmten sich zunächst im Epikotyl auf, blieben aber nicht in der Inverslage stehen, sondern krümmten sich immer weiter, so daß schließhch korkzieherförmige Windungen im Epikotyl zustande kamen. Freilich traten auch dann Krümmungen auf, wenn die Koleoptilen in senk- recht stehende Glasröhrchen gesteckt wurden, doch betrug, wenn die senkrechte Aufstellung eine möglichst genaue war, die Abweichung des Epikotyls hei Sorghum nur 30" von der Vertikalen. Auch bei Phalaris wurde, wenn die Spitze der Koleoptile horizontal befestigt war, von der Wachstumszone eine Schlinge gebildet (Darwins Fig. 2)« Diese Wachstumszone liegt aber hier in der Koleoptile selbst und nicht wie bei den Paniceen, im Epikotyl. Wäre der Darwinsche Versuch eindeutig — daß er es nicht ist, wird später zu besprechen sein, — so wäre durch ihn für die Paniceen und für Phalaris ganz verschiedenes erwiesen: für erstere, daß die Perzeption in der Koleoptile erfolge und nicht im Epikotyl, für Phalaris dagegen, daß die Perzeption in der Spitze der Koleoptile stattfinde und nicht in der Hauptwachstumszone derselben. Wie erwähnt, hat Darwin diese Unterscheidung bei der Besprechung seiner Versuche nicht vorgenommen, sondern sich begnügt auf Grund letzterer anzunehmen, daß bei allen von ihm studierten Objekten die Perzeption in der Koleoptile und nicht im Epikotyl erfolge, oder daß wenigstens eine im Epikotyl vorhandene Empfindlichkeit von der der Koleoptile weit übertroffen werde. 1) Nach Darwins eigener Angabe und Abbildung (Fig. 2). Phalaris kann je nach der Kulturmethode mit sehr langem oder sehr kurzem Epikotyl gezogen werden. 292 Hermann Ritter von Guttenberg, In ähnlicher Weise wie Fr. Darwin hat dann Massart (02) experimentiert. Wurden Keimlinge von Seeale und Avena mit der Koleoptilenspitze in horizontal liegenden Strohhalmen mit Gips befestigt, so krümmten sich die freien basalen Teile der Koleoptilen nach aufwärts, passierten die invers vertikale Stellung und beendeten ihre Krümmung erst, nachdem sie diese Lage bedeutend über- schritten hatte. Massart folgert daraus, daß die größte Empfind- lichkeit in der horizontal fixierten Spitze ihren Sitz habe, und daß die an dieser Stelle herrschende Erregung infolge von Reizleitung die Überkrümmung der basalen Partie veranlasse. Da aber auch diese letztere Zone den Schwerereiz in geringem Maße empfinde, und nach dem Überschreiten der Inverslage in eine geotropische Reizstellung gelange, so könne die Krümmung nicht unbegrenzt fortschreiten. Vielmehr muß es nach Massart dann zu einem Stillstande der Bewegung kommen, wenn die bei der Annäherung an die Horizontallage steigende Erregung des überkrümmten Teiles so groß wird wie die entgegengesetzte Erregung, die von der Spitze zugeleitet wird. Wurden dagegen Keimlinge einer Panicee, nämlich von Panicum miliaceum mit der Spitze der Koleoptile horizontal befestigt, so kam es nicht zu einem Stillstande der Bewegung, sondern zu einer spiraligen Einrollung des Epikotyls, wie bei den Versuchen Fr. Darwins. Demnach wäre hier die Empfindlichkeit ausschließlich auf die Koleoptile beschränkt. Alle bisher mitgeteilten Versuchsergebnisse hatten es wohl ziemlich wahrscheinlich gemacht, daß bei den Poaeoideen^) die geotropische Empfindlichkeit vorwiegend (oder ausschließlich) in der Spitze der Koleoptile lokalisiert sei und daß bei den Pani- ceen nur letztere den geotropischen Reiz empfinde, einen einwand- freien Beweis für diese Annahme hatten sie jedoch nicht erbracht. Wir wollen gleich hören, was sich gegen die Deutung der einzelnen Versuche vorbringen läßt. Was zunächst die Folgerung Rotherts betrifft, so ist zu bemerken, daß die Krümmung an der langsamer wachsenden Spitze auch dann zuerst beginnen kann, wenn die Empfindung an anderer Stelle, z. B. in der Hauptwachstumszone erfolgt; es kann eben die Reaktionszeit der Spitze auch in diesem Falle kürzer sein als die der unteren Teile. Die von Czapek verwendete Methode ist zu wenig genau, um aus ihr bestimmtes abzuleiten. Erstlich gibt Czapek an, daß die 1) Unter diesem Namen werden die Gramineen mit nicht oder schwach ent- wickeltem Epikotyl zusammengefaßt. über die Verteilung der geotropischen Empfindlichkeit in der Koleoptile usw. 293 erste Exposition so lange dauerte „bis die Keimscheidenspitze eben deutlich aufgerichtet erscheint", dann aber heißt es, daß der Aus- gleich der Krümmung bei den nachher vertikal exponierten Pflanzen deshalb rascher eintrat, „weil hier die Spitze horizontal lag", wo- gegen sie bei den neuerdings horizontal gelegten Keimlingen „anfangs abwärts gerichtet stand". Dem widerspricht, daß nach meinen und Rotherts Beobachtungen (vgl. dessen Fig. 60, S. 190) die erste Spitzenkrümmung bei Acena niemals 90-, sondern nur etwa 45" beträgt. Dann befindet sich aber die Spitze zu Beginn der zweiten Exposition Czapeks in beiden Fällen in annähernd gleicher Reizlage (ca. -[-45^' und — 45"). Ist die Krümmung dagegen so- weit fortgeschritten, daß die Spitze tatsächhch einen Winkel von 90" erreicht hat, so betindet sich nicht die Spitze allein, sondern auch ein beträchtlicher Teil der Wachstumszone in dieser Lage, wie der Fig. 60 c Rotherts ohne weiteres zu entnehmen ist. Bei der zweiten Exposition Czapeks befanden sich dann aber größere Partien der Wachstumszonen in derselben Lage wie die Spitzen und können für das Resultat allein, oder wenigstens mit ausschlag- gebend gewesen sein. — Auch den Dekapitierungsversuchen von Nemec wird man keine große Beweiskraft zusprechen können. Ist es doch nicht möglich, bei Verwendung dieser Methode den Ein- wand auszuschließen, daß der Wundshock bei Entfernung eines größeren Spitzenteiles zunehme, die Reaktionsfähigkeit in höherem Maße beeinträchtigt werde usw. Gegen die Deutung, die Fr. Darwin und Massart ihren Versuchen gegeben haben, sind Bedenken besonders von Miehe (02) und Jost (03) geäußert worden. Indem ich hier auf die Aus- führungen der genannten Autoren verweise, will ich nur kurz be- merken, daß ihr Einwand auf folgender Überlegung beruht. Wenn man die Koleoptile an der Spitze horizontal befestigt, so befindet sich stets auch ein Teil der interkalaren Streckungszone mehr — minder in der Horizontallage, also in der Reizlage, da ja die Wachstumszone, möge sie nun der Koleoptile oder dem Epikotyl angehören, fest mit dem horizontal fixierten Stück verbunden ist. Es wird daher auch jedes neue Zuwachsstück der interkalaren Wachstumszone geotropisch gereizt und es könnten sich so die zu- wachsenden Partien auch auf Grund eigener Empfindlichkeit auf- richten. Jedes neue Stück des Zuwachses schiebt, bezw. krümmt die bereits vorher aufgekrümmten Teile weiter und so kann es gleichfalls zu spirahgen Windungen im Epikotyl kommen, voraus- .lahrb. f. wiss. Botanik. L. 20 294 Hermann Ritter von Guttenberg, gesetzt, daß die einmal gekrümmten Partien sich nicht wieder gerade strecken. Eine solche Geradestreckung könnte eintreten, einerseits durch Autotropismus, andererseits durch entgegengesetzte geotropische Reizung nach Überschreiten der Tnverslage. Dieser Ausgleich der erstmaligen Krümmung müßte hier jedoch in älteren Teilen des Epikotyls (bezw. der Koleoptile bei den Poaeoideen) erfolgen und es ist sehr gut möglich, daß diese älteren Partien dazu nicht mehr befähigt sind, weil sie einstweilen ihr Wachstum eingestellt haben. Da nun weder Fr. Darwin noch Massart Wachstumsmessungen an den überkrümmten Teilen vorgenommen haben, und falls das Wachstum in diesen Partien erloschen war, die Mi eh e - Jos t sehe Deutung der Versuche möglich ist, so hat weder Fr. Darwin noch Massart einen einwandfreien Beweis zugunsten der Spitzenperzeption erbracht. Dazu kommt, daß die Angaben Massarts über Seeale und Avena den Angaben Darwins über Phalaris widersprechen. Bei den erstgenannten Pflanzen soll die Krümmung des basalen Teiles nach Überschreitung der Inverslage bald aufgehört haben, bei Phalaris dagegen soll die Krümmung nach Darwin bis zur Bildung einer Schlinge fort- geschritten sein. — Mi eh es Einwände veranlaßten Fr. Darwin (08) die Frage nochmals aufzunehmen und mit neuen Methoden ihre Lösung zu versuchen. Zunächst mußte Darwin für ^S'or^Äwm- Keimlinge zu- geben, daß eine einmal eingegangene geotropische Krümmung durch eine darauffolgende entgegengesetzte nicht mehr ganz ausgeglichen werden kann. Versuche mit Keimlingen, deren Koleoptilen gewalt- sam im rechten Winkel gebogen wurden, führten nicht zu klaren Ergebnissen. Dagegen ließ die Anwendung der Piccardschen Methode (Piccard 04, Haberlandt 08) zum ersten Male einen sicheren Schluß auf die Verteilung der geotropischen Empfindlich- keit in Koleoptile und Epikotyl von Sorghum zu. Die Piccardsche Methode gestattet es bekanntlich, verschiedene Teile eines Pflanzen- organes gleichzeitig in entgegengesetzter Weise geotropisch (durch Zentrifugalkraft) zu reizen. Man kann dies erreichen, wenn man das betreffende Organ in schräger Lage an horizontaler Achse rasch rotiert und es so befestigt, daß ein bestimmter, zwischen Spitze und Basis gelegener Punkt zentriert wird. Die auf ver- schiedenen Seiten der Rotationsachse befindlichen Organteile werden dann entgegengesetzt gereizt und es muß zu Krümmungen im Sinne der Seite kommen, in welcher die höhere geotropische Erregung über die VerteiluDg iler geotropisclien Empfindlichkeit in der Koleoptile usw. 295 herrscht. Diese wird im gegebenen Falle vor allem von der Emp- findlichkeit des Pflanzenteils und der Reizintensität abhängen. Da letztere mit dem Abstände von der Rotationsachse zunimmt, so werden wir auf eine höhere Empfindlichkeit der einen Seite nur dann schließen dürfen, wenn die Krümmung im Sinne dieser Seite eintritt, obwohl ihr Abstand von der Rotationsachse ge- ringer oder höchstens eben so groß ist als der der anderen Seite. Anderenfalls, wenn die Krümmung im Sinne der von der Achse sich weiter entfernenden Zone eintritt, kann ja dieses Verhalten ausschließlich durch die auf dieser Seite vorhandene größere Reiz- intensität bedingt werden. Mit Hilfe der Piccard sehen Methode hat bekanntlich Haber- landt (08) den sicheren Nachweis erbracht, daß in der Wurzel der Spitze eine weitaus höhere geotropische Empfindlichkeit zu- kommt als der Wachstumszone. Es war daher naheliegend, mit dieser erfolgversprechenden Methode auch die Verteilung der geo- tropischen Empfindlichkeit im Keimling der Gramineen zu prüfen. Darwin bettete /S'or(//i?«m-Keimlinge mit ihren Koleoptilen in einen Gipsblock ein, der an der rotierenden Scheibe befestigt war. Die Pflanzen waren dabei um 45^ gegen die Achse geneigt und es wurde die Grenzlinie zwischen Koleoptile und Epikotyl zentriert. Diese beiden Teile des Keimlings befanden sich also auf entgegen- gesetzten Seiten der Rotationsachse. Die Fliehkraftgröße wurde so gewählt, daß sie an der Spitze der Koleoptile 0,8 — 1,8 g betrug. Obwohl nun das Epikotyl länger war als die Koleoptile, trat bei allen von Darwin mit Sorghum angestellten Versuchen die Krüm- mung im Sinne der Koleoptile ein, das Epikotyl krümmte sich also entgegen der Richtung, die es auf Grund eigener Empfindlichkeit einschlagen müßte. Da Darwin überdies in überzeugender Weise klargelegt hat, daß die Krümmung des Epikotyls keine passive, durch die Fliehkraft direkt bewirkte sei, so war durch seinen Ver- such der erste sichere Beweis dafür erbracht, daß die geotropische Empfindlichkeit ihren Sitz entweder ausschließlich, oder wenigstens der Hauptsache nach, in der Koleoptile habe, und daß die Krüm- mung im Epikotyl durch Reizleitung von der Koleoptile aus ver- anlaßt werde. Dieser erste Nachweis ist bisher der einzige geblieben, und da er sich nur auf ein Versuchsobjekt (Sorghum sp.?) bezog, war eine Verallgemeinerung des Resultates kaum zulässig. Am ehesten waren noch Rückschlüsse auf das Verhalten der übrigen Paniceen 20* 296 Hermann Ritter von Guttenberg, statthaft, über die Verteilung der geotropischen Empfindlichkeit bei den Poaeoideen, die die Hauptmasse der Gramineen ausmachen, sagte Darwins Versuch nichts aus. Bei letzteren erfolgt ja Per- zeption und Krümmung in demselben Organ, in der Koleptile. Auch war aus Darwins Versuch nicht zu entnehmen, ob die Ver- teilung der geotropischen Empfindlichkeit in der Koleoptile von Sorghum eine gleichmäßige sei oder nicht, es war also die Frage nach der Spitzenperzeption überhaupt von ihm nicht in Angriff genommen worden. Bei der hohen prinzipiellen Wichtigkeit dieser Frage schien es mir angezeigt, mit der ausgezeichneten Methode Piccards, die eine sichere, endgültige Lösung des Problems ver- sprach, neue Versuche über die Verteilung der geotropischen Emp- findlichkeit in Gramineenkeimlingen anzustellen. Die Resultate dieser Versuche seien im folgenden kurz mitgeteilt. II. Methodik. Zunächst sei einiges über die Versuchsmethodik und die An- zucht der Keimlinge vorausgeschickt. Die Untersuchung wurde teils im botanischen Institute zu Graz (Mai — Juli 1910), teils im botanischen Institute der Universität Berlin (April — Juli 1911) ausgeführt. In Graz benutzte ich den von H. Gasser für Haber- land t angefertigten Api^arat und kann hier auf die detaillierte Beschreibung desselben durch Haberlandt (08) verweisen. Die Befestigung der Keimlinge an der rotierenden Korkplatte geschah mit Hilfe einer durch das Endosperm gestochenen Nadel und Gips- brei. Auf genaue Zentrierung wurde die größte Sorgfalt verwendet, der Neigungswinkel (45") wurde mit dem Winkelmaß, die Ent- fernungen mit Millimeterpapier gemessen. In Berlin ließ ich durch den Mechaniker M. Marx nach eigenen Angaben einen Apparat konstruieren, der es gestattete, die Versuchspflanzen in einfacher Weise rasch in der gewünschten Lage zu fixieren, und der infolge seiner festen und präzisen Konstruktion Störungen und Irrtümer ausschloß. Der in B'ig. 1 in Vs nat. Größe abgebildete Apparat besteht aus einer Scheibe v.on vernickeltem Gußeisen (Durchmesser 14 cm), die auf eine horizontale Achse des Rotationsapparates') 1) Das botan. Institut in Berlin besitzt einen neuen von M. Marx angefertigten Rotatiousapparat, der durch einen Vi HP-Elektromotor betrieben wird. Die Geschwindig- keit der in festen Eisenlagern laufenden Stahlachse konnte durch verschiedene Über- setzungen und einen Widerstand innerhalb weiter Grenzen variiert werden. über die Verteilung Jer geotropischen Empfindlichkeit in der Koleoptile usw. 297 aufgeschraubt und au dieser mit einer Schraube fixiert werden kann. In das Ende der Rotationsachse wurde eine konische Stahl- spitze eingesetzt und für deren genaue Zentrierung gesorgt. Auf der Scheibe ist ein gebogener Eisenarm angebracht, der an seinem Ende eine zylindrische Bohrung besitzt. Die Bohrung ist so aus- geführt, daß ihre ideale Achse die verlängert gedachte Rotations- achse schneidet und mit dieser einen Winkel von genau 45*^ (bezw. 136") einschließt. Die Bohrung dient einem zylindrischen Metall- stabe als Führung; in diesem Stabe sind zwei Rinnen angebracht, Fig. 1. Uotationsapparat für antagonistische Reizung durch Fliehkräfte. Ca. Vs nat. Größe. Erklärung im Text. die zueinander in rechtem Winkel stehen und an der Basis mit- einander durch einen Einschnitt verbunden sind. Mit einer Stell- schraube, die den Eisenarm durchsetzt und in die Rinnen des Stabes eingreift, kann dieser fixiert werden und zwar sowohl in der in der Abbildung angegebenen Lage (a), als auch in einer dazu senk- rechten. Um letztere Stellung zu erreichen, muß der Metallstab soweit vorgeschoben werden, daß der die Rinnen verbindende Ein- schnitt unter die Stellschraube gelangt. Dann ist eine Drehung 298 Hermann Ritter von Giittenberg, um 90*^ möglich, die Stellschraube greift in die zweite Rinne ein und nunmehr kann der Stab in seiner neuen Stellung (b) wieder beliebig verschoben werden. Am Ende des beschriebenen Metall- stabes befindet sich eine Klemme zur Befestigung des Keimlings. Diese Klemme besteht aus zwei Metallbacken, welche durch eine sie durchsetzende Schraube gegeneinander bewegt werden, was da- durch erreicht wird, daß die Schraube gegenläufige Windungen besitzt, die in der Mitte zusammentreffen. Die beiden Backen sind so aufgesetzt, daß, sobald sie aneinanderstoßen, ihre Trennungsebene mit einer durch die Rotationsachse gelegten Ebene zusammenfällt. Dies ist natürlich nicht in der abgebildeten Stellung a, sondern nach erfolgter Drehung des Stabes in der Stellung b der Fall. Auf der Rückseite der Scheibe ist exzentrisch ein hufeisenförmiges Gußeisenstück aufgeschraubt, das dem auf der Vorderseite befind- lichen Eisenarm gegenüberliegt und dessen Übergewicht äquilibriert. Über die Scheibe konnte schließhch eine vernickelte Hülse aus starkem Messingblech geschoben werden, die gut aufpaßte und mit drei Bajonettverschlüssen (mit Schrauben) befestigt war. Der beschriebene Apparat hat folgende Vorzüge. Ein ein- geklemmtes Objekt, z. B. ein mit dem Bndosperm geklemmter Avena -Keimling befindet sich bei der Stellung b des Metallstabes genau in der Rotationsachsenebene. Der Keimling kann dabei in der Klammer so gedreht werden, daß er beliebige Winkel zur Achse bildet. Der stets verwendete Winkel 45^' ist leicht zu bestimmen, da dann die Koleoptile parallel zum Metallstabe orientiert ist. Wird letzterer durch eine Drehung um 90*^' in die abgebildete Stellung a versetzt, so befindet sich ein geklemmter Keimling von vornherein in der Lage 45 " und es ist nur mehr nötig, ihn in die Ebene der Rotationsachse einzustellen. Es wurden beide beschrie- benen Stellungen verwendet, je nachdem sie sich für die einzelnen Objekte besser eigneten. Durch Verschiebung des Metallstabes in der Bohrung konnte die Länge der über die Achse hinausragenden Zone des Keimlings beliebig variiert werden und es konnten die gewünschten Abstände der Koleoptilenspitze von der Achse leicht und sehr genau erreicht werden. Die aufgesetzte Metallhülse schafft einen vöUig dunklen und windstillen Raum und da die Hülse innen mit nassem Filterpapier ausgekleidet wurde, war auch für reichliche Luftfeuchtigkeit gesorgt. Zur Untersuchung wurden verwendet: Avena sativa (Sorte „Kolumbus" in Graz,, Sorte „Ligowo-Riesen" in Berlin), Hordeum über die Verteilung der geotropischen Empfindlichkeit in der Koleoptile usw. 299 vulgare („Hanna"), Plialaris canaricnsis , Setaria italica^) und Sorghum vulgare. Die Anzucht der Keimlinge wurde derart vor- genommen, daß die auf nassem Filterpapier ausgelegten Früchte sofort nach dem Hervorbrechen der Koleorrhiza aufrecht in Glas- gefäße mit nassem Sägemehl gesteckt und dann im Dunkelzimmer unter Glasglocken aufgestellt wurden. Avena wurde zum Teile, Hordeum stets ganz im Dunkeln erzogen, wogegen ein anderer Teil von Avena sowie Plialaris, Setaria und Sorgt mm bald ans Licht gebracht wurden und in gedämpftem diffusen Lichte auf horizontaler Klinostatenscheibe rotierten. Bei Avena geschah dies des Vergleiches halber, die andern drei Spezies müssen deshalb ans Licht gebracht werden, da sonst das Epikotyl eine allzurasche, die Koleoptile eine zu geringe Entwicklung erfährt. Zur Untersuchung wurden nur die besten, ganz geraden Keimlinge verwendet. — In der Regel vollführte die Achse ca. 1000 Umdrehungen in der Minute, die mittels Tourenzählers kontrolliert wurden. Vergleichende Versuche ergaben, daß das Verhalten der Keimlinge bei Umdrehungszahlen von 600 — 1200 pro Minute stets das gleiche ist. Geringe Schwan- kungen in der Umdrehungsgeschwindigkeit sind also belanglos. Die Messung der Längen von Koleoptile und Epikotyl, sowie des vor- ragenden Teiles der Koleoptile wurde mit Millimeterpapier vor- genommen. Die beiden ersten Daten wurden am Ende des Ver- suches nach Entfernung der Spelzen usw. vorgenommen. Die Länge des über die Achse vorragenden Teiles wurde bei meinen Versuchen in Graz direkt gemessen. Bei den in Berlin vorgenommenen Ver- suchen dagegen wurde der Abstand der Koleoptilenspitze von der idealen Rotationsachse gemessen und danach die Länge des vor- ragenden Teiles berechnet. Es geschah dies deshalb, weil diese Messung leicht sehr genau vorgenommen werden konnte und die Konstruktion des Apparates ein sehr genaues Einhalten der Neigungs- lage 45" gestattete. So waren durch die Berechnung entstehende Fehler nicht zu erwarten und einige zur Kontrolle ausgeführte Messungen an der Koleoptile selbst bestätigten diese Annahme. Es muß eben daran erinnert werden, daß präzise Messungen zweifellos notwendig sind, daß sie aber anderseits rasch vorgenommen werden müssen, da der Keimling vom Momente der Entnahme aus dem Kultursrefäß bis zum Beginne der Rotation tunlichst nicht einseitig 1) Setaria italica ist eine Unterart von Setaria r iridis und daher im tro pistischen Verhalten des Keimlings von dieser wohl nicht verschieden. 300 Hermann Ritter von Guttenberg, gereizt werden soll. Fixierung und Messung des Keimlings ist bei einiger Übung in wenigen Minuten beendet. Vorsichtshalber ließ ich meist noch den Keimling nach Drehung der Achse um 180" durch ebenso lange Zeit in entgegengesetzter Lage verweilen und dann erst die Rotation beginnen. Die Rotation wurde dann solange fortgesetzt, bis eine deutliche Krümmung eingetreten war. Dies war bei Ävena, Hordeum und Phalaris nach 40 — 60 Min., bei Setaria nach 60 — 90 Min., und bei Sorghum nach 90 — 120 Min. der Fall. Diese verschiedenen Zeiten sind zum Teile durch die Verschiedenheit der Temperatur, die während der Versuche herrschte, bedingt. Diese schwankte zwischen 18 und 24" C. Nach dem Eintritt einer deutlichen Krümmung wurde der Versuch meist abgebrochen. In einigen Fällen wurde die Rotation noch länger fortgesetzt, um das Fort- schreiten der Krümmung zu beobachten. Manchmal wurden die Pflanzen zu diesem Zwecke auch abgenommen und am Klinostaten im Dunkeln an horizontaler Achse rotiert. Erwähnt sei, daß die Pflanzen außerordentlich gleichmäßig reagierten, daß nur in ganz vereinzelten Fällen eine Krümmung ausblieb und gleichfalls vereinzelt seitliche Krümmungen auftreten. Diese waren immer dadurch bedingt, daß sich der Keimling während der Rotation verschoben hatte, so daß er nicht mehr genau seiner ganzen Länge nach in der Achsenebene rotierte. Schließlich sei noch darauf hingewiesen, daß ich die Keimlinge bei der Rotation nicht wie Darwin an der Spitze (invers), sondern an der Basis (normal) fixierte. Die Gründe, die mich dazu be- stimmten, waren folgende. Bekanntlich kann die Grasfrucht bzw. ihr Endosperm verletzt werden, ohne daß dadurch das Gedeihen des Keimhngs irgendwie beeinträchtigt wird. Ich konnte also durch Spießen oder Klemmen der Frucht den Keimling in ausgezeichneter Weise befestigen, ohne eine Schädigung desselben herbeizuführen. Eine Befestigung an der Koleoptile ist ganz ohne Schädigung — wozu ich auch das Einbetten in Gips rechne — nicht vorzunehmen. Ferner wird bei meiner Art der Befestigung vermieden, daß ein langer Teil des Keimlings frei über die Achse vorragt. Ist dies der Fall, so wird dieser Teil unvermeidlich durch die Zentrifugal- kraft passiv gebogen werden, und zwar umsomehr, als ja das Ende dieses freien Teiles die Frucht trägt. Der einzige Nachteil meiner Befestigungsweise liegt darin, daß die interkalare Wachstumszone die Koleoptile (bei den Paniceen) beziehungsweise die Koleoptilen- über die Verteilung der geotropischeii Empfindlichkeit in der Koleoptile usw. 301 spitze (bei den Poaeoideen) während des Versuches etwas vorschiebt, so daß die Länge des über die Achse ragenden Stückes etwas zunimmt. Bei der relativ kurzen Versuchsdauer beträgt indes der Zuwachs nur Bruchteile eines Milimeters. Nur bei den etiolierten Ävena- und Hordeum-Keimlmgen war er etwas größer, überschritt aber auch nicht 0,5 mm. Dieses geringe Vorrücken, welches erst am Ende des Versuches in vollem Ausmaße vorhanden ist, also erst eintritt, wenn die Krümmungsrichtung schon bestimmt ist, konnte die Versuchsergebnisse in keiner Weise beeinflussen, was aus der Betrachtung der Versuche selbst am besten hervorgeht. III. Die Versuchsergebnisse. 1. Ävena sativa. Zuerst seien die mit Avena sativa angestellten Versuche be- schrieben. Solche wurden mit am Lichte gezogenen Keimlingen der Sorte „Kolumbus" (in Graz) und mit etiolierten Pflanzen der Sorte „Ligowo-Riesen" (in Berlin) ausgeführt. Die Befestigung der Pflanzen geschah in der eben angegebenen Weise. Die Länge des über die Achse vorragenden Spitzenteiles der Koleoptile betrug bei meinen Grazer Versuchen erst 1 dann 2, 3, 4, 5 mm, in einigen Fällen auch 7 — 12 mm. Bei den Berliner Versuchen wurde, wie erwähnt, der Abstand der Koleoptilenspitze von der idealen Rotationsachse bestimmt, und zwar wurden Abstände von 1, 2, 3, 4 und 5 mm gewählt, was bei 45" Neigung einer Länge des vor- ragenden Stückes von 1,4 beziehungsweise 2,8, 4,2, 5,6 und 7,0 mm entspricht. Die Versuchsresultate sind in Tab. I zusammengestellt. Zu dieser ist nur zu bemerken, daß die mit einem * bezeichneten Keimlinge am Lichte, die andern im Dunkeln gezogen waren. Ferner daß unter „Spitze" stets der ganze über die Achse vor- ragende Teil der Koleoptile zu verstehen ist, der restliche Teil unter „Basis". Ein -j- in der betreffenden Rubrik der Kolonnen 4 u. 5 zeigt an, in welchem Sinne die Krümmung erfolgte. „Krümmung im Sinne der Spitze" heißt, daß für die Krümmung die Reizung bzw. Empfindhchkeit des vorragenden Teiles ausschlaggebend war: in diesem Falle erfolgt eine Krümmung zur Rotationsachse, da ja die Koleoptile ein negativ geotropisches Organ ist. „Krümmung im Sinne der „Basis" drückt das entgegengesetzte Resultat aus, also die Krümmung von der Achse, auf Grund der Reizung bzw. Emp- tindlichkeit der unter der Achse befindhchen Partien (= „Basis"). Das hier Gesagte gilt auch für die folgenden Tabellen. 302 Hermann Kitter von Gruttenberg, Tabelle I. Ävena sativa. 1000 Umdrehungen in der Minute. Länge des Epikotyls überall 2 — 3 mm. Länge Länge des vor- Krümmung im Sinne Fliehkraft Nr. der Koleoptile in mm ragenden Spitzen- teiles in mm an der Spitze in g der Spitze der Basis 1* 14 + 0,77 2 * 17 + 0,77 3* 15 1 0,77 4* 17 + 0,77 5 * 18 + 0,77 6 '■■■ 19 + 0,77 7 2 2 1,4 + 1,1 8 2G 1,4 + 1,1 9 20 1,4 4- 1,1 10* 22 2 + 1,5 11 '•• 18 2 + 1,5 12 * 16 2 1 1,5 13 20 2,8 2 2 14 27 2,8 + 2,2 15 32 2,8 + 2 2 16 19 2,8 H- 2,2 17 17 2,8 + 2,2 18 18 2,8 _}_ 2,2 19* 17 3 + 2,3 20 * 20 3 + 2,3 21* 19 4 -\- 3,1 22 * 17 4 1 1 3,1 23 29 4,2 + 3,3 24 23 4,2 + 3,3 25 30 4,2 + 3,3 26 20 4,2 + 3,3 27 22 4,2 + 3,3 28 21 4,2 -r 3,3 29 * 23 5 4- 3,8 30* 20 5 + 3,8 31* 12 5 + 3,8 32 * 20 5 + 3,8 33 19 5,6 + 4,4 34 35 5,6 + 4,4 35 20 5,6 + 4,4 36 30 5,6 + 4,4 37 22 7 1 5,4 38 31 7 + 5,4 39 * 19 7 + 5,4 40* 31 8 1 6,2 41* 20 8 + 6,2 42* 23 9 1 1 6,9 43* 21 12 1 1 9,3 über die Verteilung- der geotropischeii Empfindlichkeit in der Koleoptile usw. 303 Der Besprechung der Tabelle I sei jetzt nur noch vorausge- schickt, daß in ihr sämtliche angestellte Versuche verzeichnet sind bis auf zwei, in welchen es nach iVä Stunden zu keiner Krümmung gekommen war, und einige wenige Fälle, in welchen seitliche Krümmungen auftraten. Endlich fehlen in ihr noch drei Versuche, bei welchen ausgesprochen S-förmige Krümmungen be- obachtet wurden; von diesen wird noch später die Rede sein. Bei Betrachtung der Tabelle fällt gleich ins Auge, daß stets (mit einer einzigen Ausnahme) Krümmung im Sinne der Spitze eintrat, wenn ein wenigstens 3 mm langer Teil derselben vorragte. Betrug die Länge des vorragenden Teiles nur 2,8 mm, so war das Resultat verschieden, die Hälfte der Pflanzen krümmte sich dann im Sinne der Spitze, die andere Hälfte im Sinne der Basis. Ragten endlich weniger als 2,8 mm vor, so erfolgte stets Krümmung im Sinne der Basis. Damit ist vor allem einwandfrei bewiesen, daß der Spitze der At^ena-Koleoptilen eine bedeutend höhere geotropische Empfindlichkeit zukommt als den übrigen Teilen derselben. Die Spitze ist also auch viel empfindlicher als die Zone stärksten Wachstums. Denn nach Rotherts (96 S. 28) genauen Messungen finden wir „in zirka 2 cm hohen Kotyledonen das Maximum 6 - 10 mm unter der Spitze", wogegen eine 3 mm lange Spitzenregion nur sehr wenig wächst. Gegen die Basis nimmt die Wachstumsfähigkeit ganz allmählich ab. Gerade die 3 mm lange Spitzenregion ist aber am stärksten emp- findlich, denn sie gibt für den Sinn der Krümmung den Ausschlag, obwohl die Wachstumszone infolge ihrer größeren Entfernung von der Rotationsachse einem stärkeren Fliehkraftreiz unterliegt. Be- trachten wir z. B. eine 2 cm lange Koleoptile, von der 3 mm über die Achse vorragen, so beträgt die Reizgröße (1000 Umdrehungen pro Min.) von der Achse bis zur Koleoptilenspitze 0 — 2,3 g, von der Achse bis zur Basis 0 — 13,9 g. In der Zone maximalen Wachstums beträgt die Fliehkraftgröße 4,6 — 7,7 g, also 2-3 mal so viel wie in der Spitze. Der Ausfall der Versuche gestattet zunächst nur die Schluß- folgerung, daß die geotropische Erregung in dem ca. 2,8 mm langen Spitzenteil ungefähr ebenso groß ist als in der gesamten darunter befindlichen Zone, woraus sich, in Anbetracht der geringeren Reiz- intensität an der Spitze, deren größere Empfindlichkeit ableiten läßt. Genaueren Aufschluß gewährt der Versuch leider nicht, doch ist es möglich, solchen auf anderem Wege zu gewinnen. Wir 304 Hermann Ritter von Guttenberg, wollen vorerst kurz auf die Möglichkeiten hinweisen, die für die Verteilung der Empfindlichkeit vor allem in Betracht kommen. So- weit ich sehe, sind folgende drei Eventualitäten besonders ins Auge zu fassen. Erstens: eine 2,8 — 3 mm lange Zone ist hochgradig empfindlich, der übrige Teil ist gleichfalls empfindlich, aber in viel geringerem Maße. Ragt die ganze Zone stärkster Empfindlichkeit über die Achse vor, so ist sie für die Richtung der Krümmung maßgebend. Befindet sich dagegen ein Teil dieser Zone auf der entgegengesetzten Seite, so resultiert aus der Erregung dieses Stückes und der der tieferen Partien eine Gesamterregung, welche die Er- regung des nunmehr über die Achse ragenden Stückes übertrifi't. Dies kann umso eher eintreten, als ja mit der Länge des vor- ragenden Teiles auch die auf ihn wirkende FHehkraftgröße abnimmt. Eine zweite Möglichkeit ist folgende: in einer 2 X 2,8 = 5,6 mm langen Spitzenregion herrscht gleich große Empfindlichkeit, die ganze restliche Zone ist vollkommen unempfindlich. Wie leicht einzusehen, muß dann, wenn die Hälfte des empfindlichen Teiles vorragt, eine Krümmung entweder ausbleiben — werden doch zwei gleich lange und gleich empfindliche Zonen gleich stark entgegen- gesetzt gereizt — oder es muß das Resultat unentschieden sein, d. h. die Koleoptile sich im Sinne der Seite krümmen, welche in- folge eines kleinen Fehlers bei der Einstellung länger ist. Ein solches unentschiedenes Resultat wurde tatsächlich beobachtet, wenn 2,8 mm vorragten. Ist der über die Achse reichende Spitzen- teil kleiner oder größer als 2,8 mm, so müßte — was ja auch der Fall war — eine Krümmung im Sinne des basiskopen bezw. akro- skopen Teiles eintreten. — Als dritte Möglichkeit kommt jene in Betracht, die Haberlandt beim Piccardschen Versuch mit Wurzeln herangezogen hat: es könnte die Empfindlichkeit strenge auf eine kurze Zone lokalisiert sein, die bei Avena etwa 2,8 mm hinter der Spitze liegt; diese selbst und die Basis wären unempfindlich. Je nach der Lage dieser kurzen Zone über oder unter der Achse ^) käme es dann zu Krümmungen z u der Achse oder von dieser weg. — Damit sind sicherlich nicht alle Möglichkeiten erschöpft, aber die angeführten sind wohl die nächstliegenden. — Daß die beiden letzteren Eventualitäten nicht zutreffen können, läßt sich leicht mit Hilfe von Dekapitierungsversuchen erweisen. Solche 1) Als „über der Achse gelegen" bezeichne ich, um einen kurzen Ausdruck zu gewinnen, stets jenes Spitzenstück, welches frei über die Achse ragt. über die Verteilung der geotropischen Empfindlichkeit in der Koleoptile usw. 305 habe ich in größerer Anzahl mit etiolierten Ävena'Ko\eO])tilen vor- genommen. Diesen wurden verschieden große Partien mit einem scharfen Messer abgeschnitten und dann die Stumpfe in feuchtem dunklen Räume horizontal befestigt. Selbst nach Entfernung eines 18—20 mm langen Teiles trat noch starke geotropische Aufrichtung des basalen Stumpfes ein. Die geotropische Empfindlichkeit er- streckt sich also in der Koleoptile sicherlich sehr weit nach abwärts und es bleibt daher nur jene Möglichkeit bestehen, welche früher als erste geschildert wurde, daß die ganze Koleoptile geotropisch empfindlich ist (ausgenommen vielleicht ein ganz kurzes Stück an der Basis), daß aber die EmpfindHchkeit in einer etwa 3 mm langen Spitzenzone bei weitem höher ist als im übrigen Teile. Es ist dabei nicht ausgeschlossen, daß die höchstempfindHche Zone noch kürzer ist, sich noch mehr auf die Spitze beschränkt. Denn wir wissen, daß der Fliehkraftreiz, der die Basis trifft, ein bedeutend größerer ist als der auf die Spitze einwirkende; ]e näher nun die Spitze der Rotationsachse hegt, umsomehr verschiebt sich das Ver- hältnis der Reizintensitäten zugunsten der Basis und es ist möglich, daß es nur aus diesem Grunde zu einer Krümmung im Sinne der Basis kommt, wenn weniger als 2,8 mm vorragen. Wäre die In- tensität des Reizes auf beiden Seiten gleich groß, so würde viel- leicht schon eine kürzere Spitzenzone die Krümmungsrichtung be- stimmen. — Was die unteren Teile der Koleoptilen betrifit, so können wir keine sicheren Anhaltspunkte dafür gewinnen, ob in ihnen eine gleichmäßige Verteilung der Empfindlichkeit vorliegt oder nicht. Einen gewissen Einblick gewähren immerhin die Dekapitierungs- versuche, denen freilich aus bekannten Gründen strenge Beweiskraft nicht zukommt. Trotzdem halte ich folgendes für erwähnenswert. Trägt man eine Spitzenzone von 6 bis höchstens 8 mm ab, so erfolgt stets noch sehr starke geotropische Aufkrümmung des Stumpfes (70 — 90°). Ist die entfernte Partie aber länger, so wird der Krümmungswinkel plötzlich ein viel kleinerer; er beträgt dann nur mehr 30 — 55 ^ Das ist sehr auffallend, denn es ist schwer einzusehen, warum der Wundshock bei Entfernung eines 10 mm langen Teiles plötzlich um so viel größer werden sollte, als bei Entfernung einer 8 mm langen Zone, um dann beim Abschneiden eines noch längeren Stückes wieder annähernd gleich groß zu bleiben. Die Krümmungswinkel ändern sich nämlich nur wenig, wenn man 10 oder bis zu 18 mm entfernt. Das Verhalten der Koleoptilen bei der Dekapitierung läßt sich also durch den Wundshock allein 306 Hermann Ttitter von Outtenberg, kaum erklären. Vieiraehr macht es das übergangslose Aultreten geringer Krümmungswinkel nach Entfernung von mehr als 8 mm recht wahrscheinlich, daß auch unterhalb der Zone stärkster Empfindlich- keit keine gleichmäßige Verteilung der Sensibilität herrscht, sondern eine höchstens 5 mm lange Zone hier wieder empfindlicher ist als die Basis. Ich bemerke ausdrücklich, daß es sich hierbei im Gegensatze zu der unzweifelhaft erwiesen höheren Empfindlich- keit der Spitze nur um eine Wahrscheinlichkeit handelt. Denn es muß besonders auch daran erinnert werden, daß mit der Ent- fernung eines 10 mm langen Teiles die Hauptwachstumszone ver- loren geht. Es sei nunmehr noch einiges über den Verlauf der Krümmung beim Rotationsversuche nachgetragen. Erfolgt die Krümmung im Sinne des vorragenden Teiles (zur Achse), so beginnt sie an der Spitze der Koleoptile und schreitet rasch nach abwärts zu fort. Wird die Rotation länger fortgesetzt, so stellt sich die Spitze in die Verlängerung der Rotationsachse ein, oder es kommt infolge Nachwirkung dazu, daß sie sich über die Achse krümmt, also am die Seite der „Basis" gelangt. Hier wird sie dann in einer der früheren entgengesetzten Richtung gereizt und es ist zu erwarten, daß schließlich eine Rückkrümmung eintritt, umsomehr, als ja dann die „Basis" im gleichen Sinne wirkt. Ich habe indessen die Rotation nie länger als 4 Stunden dauern lassen und in dieser Zeit ist eine solche Rückkrümmung nicht eingetreten. — Ragt nur ein kleiner Teil der Spitze vor und erfolgt die Krümmung im Sinne der Basis (von der Achse), so beginnt diese Krümmung nicht an der Spitze, sondern sie findet viel tiefer statt in einer etwa 10 — 15 mm unter der Spitze gelegenen Zone. Manchmal tritt in diesem Falle an der Spitze zunächst eine ganz geringe entgegengesetzte Krüm- mung auf, die oft nur in einer Schrägstellung der Koleoptilenspitze besteht und bald wieder zurückgeht. Es folgt daraus, wie aus den noch zu beschreibenden S-förmigen Krümmungen, daß Spitze und Basis getrennt und entgegengesetzt zu perzipieren und zu reagieren imstande sind und zwar zu gleicher Zeit. Ferner läßt sich mit Sicherheit daraus ableiten, daß nicht nur eine basipetale, sondern auch eine akropetale geotro- pische Reizleitung stattfindet. Denn nur mit Hilfe der letz- teren ist es zu erklären, daß die einmal vorhandene leichte Spitzen- krümmung wieder zurückgeht. Davon abgesehen müssen wir eine akropetale Reizleitung schon deshalb annehmen, weil ja ohne eine über die Verteilung der geotropisclien Empfindlichkeit in der Koleoptile usw. 307 solche stets eine Krümmung der vorragenden Spitze zur Achse stattlinden müßte. Wäre die Spitze nicht durch Reizleitung von der Basis her beeinflußt, so müßte sie sich auch dann im Sinne ihrer eigenen EmpfindHchkeit krümmen, wenn weniger als 2,8 mm vorragen, es müßte also zu S-förmigen Krümmungen kommen. Eine akropetale Reizleitung ist also sicher vorhanden, sie ist aber nicht imstande, die entgegengesetzte Erregung der Spitze soweit zu über- winden, daß sich die Spitze selbst im Sinne der zugeleiteten Er- regung krümmt. Vielmehr kann letztere die Eigenerregung der Spitze (unter den gegebenen Verhältnissen) nur eben aufheben und nur die entgegengesetzte Krümmung verhindern; manchmal kann sie auch eine schon begonnene entgegengesetzte Krümmung wieder ausgleichen. Über die basipetale Reizleitung kann gleichfalls kein Zweifel bestehen: sie ergibt sich einerseits aus dem Fortschreiten der Spitzenkrümmung nach abwärts, im Falle die Krümmung „im Sinne der Spitze" erfolgt, andererseits aus dem Ausbleiben einer entgegengesetzt gerichteten Krümmung der Basis im gleichen Falle. Ich habe im ganzen nur drei Fälle beobachtet, in welchen es zu S-förmigen Krümmungen kam, in welchen also die beiden entgegen- gesetzt gereizten Teile unabhängig voneinander reagierten. Da diese Fälle einiges theoretisches Interesse haben, seien sie kurz beschrieben. In dem einen Falle handelte es sich um eine be- sonders lange Koleoptile (Länge 35 mm), von der .5,6 mm vor- ragten. Nach 1- stündiger Rotation war eine deuthche Spitzen- krümmung zur Achse und in 14 mm Entfernung von der Spitze eine etwa ebenso starke Krümmung von der Achse vorhanden; Vi Stunde später war die S-förmige Krümmung verstärkt, es hatten also beide Bewegungen zugenommen. Nach einer weiteren Stunde dagegen hatte die Spitzenkrümmung die basale überwunden: letztere war fast ganz ausgeglichen. In den beiden anderen Fällen betrugen die Koleoptilenlängen 18 und 20 mm, die Spitzenteile 2 und 2,8 mm. Die Fixierung war also so erfolgt, daß — besonders im letzten Falle — bei der Rotation annähernd gleiche Erregungen auf beiden Seiten auftraten. Nur der letzte Fall wurde weiter verfolgt und zwar wurde der Keimling, nachdem nach 1-stündiger Rotation eine deutlich S-förmige Krümmung aufgetreten war, abgenommen und im Dunkeln an horizontaler Klinostatenachse rotiert. Es kam da- bei alsbald zu einem Ausgleiche der Krümmungen — die Koleo- ptile streckte sich gerade. Daß dieser Ausgleich durch Auto- tropismus zustande gekommen sei, halte ich für sehr unwahrschein- 308 Hermann Ritter von Guttenberg, lieh. Denn diese Art des Ausgleiches einer Krümmung verläuft ungleich langsamer. Ich vermute vielmehr, daß nach dem Auf- hören der Reizung die einander entgegengesetzten Krümmunga- bestrebungen sich durch Reizleitung kompensiert haben. Auf die Frage, ob die Länge der höcbstemptindlichen Zone von der Gesamtlänge der Koleoptile abhängig ist, kann ich nur beschränkte Antwort geben, da speziell darauf abzielende Versuche nicht angestellt wurden. Wie aus Tabelle I zu entnehmen ist, verhalten sich etwa 15 — 30 mm lange Koleoptilen gleichartig. Es ist also wohl die Länge der höchstempfindlichen Zone in ihnen annähernd eine gleiche, diese also ziemlich unabhängig von der Gesamtlänge der Koleoptile. Eine weitere Überlegung lehrt uns, daß auch die Gesamtempfindlichkeit der unteren Teile relativ unabhängig von der Koleoptilenlänge sein muß. Denn die Erregung eines annähernd gleich langen Spitzenstückes überwindet die Er- regung der Basis, ob diese nun länger oder kürzer ist. Es ist dies zunächst auffallend, denn je länger die „Basis", desto größer ist der auf sie einwirkende Fliehkraftreiz. Wir müssen also annehmen, daß die Länge der empfindhchen Zone bei verschiedener Koleo- ptilenlänge annähernd gleich bleibt, oder daß die Empfindlichkeit der unteren Teile um so geringer wird, je länger diese werden. — Einen gewissen Einfluß scheint indes die Länge der Koleoptile doch zu haben. Es ist zu beachten, daß, im Falle ein 2,8 mm langes Spitzenstück vorragte, sich die drei kürzeren Koleoptilen (Längen 17, 18 und 19 mm) im Sinne der Spitze, die drei längeren (20, 27 und 32 mm) im Sinne der Basis krümmten. Auch war die einzige Koleoptile, welche sich trotz eines vorragenden Teiles von 4,2 mm im Sinne der Basis krümmte, sehr lang, ebenso jene, die eine S-förmige Krümmung ausführte, obwohl 5,6 mm vorragten (Länge 35 mm). Es scheint also, daß in längeren Koleoptilen die Empfindlichkeit der Spitze etwas abnimmt oder sich auf eine etwas längere Zone verteilt, was wohl wahrscheinlicher ist. Nicht zu- treffend ist wohl die Erklärungsmöglichkeit, daß die Empfindlich- keit der Basis zunimmt, dagegen darf nicht vergessen werden, daß, wie schon erwähnt, der Fliehkraftreiz die Basen längerer Koleop- tilen in höherem Maße trifft, da sie sich ja weiter von der Ro- tationsachse entfernen. Vielleicht liegt hierin der alleinige Grund für das geschilderte Verhalten, das bei Avena nur wenig, bei I^halaris aber, wie wir hören werden, sehr auffallend ist. über die Verteilung der geotropischen Empfindlichkeit in der Koleoptile usw. 309 Eine genaue Berechnung des Verhältnisses der EmpfindHch- keiten von Spitze und Basis läßt sich auf Grund der uns bekannt ge- wordenen Tatsachen nicht ausführen. Doch können wir zu annähernd richtigen Zahlen auf folgendem Wege gelangen. Wir wissen, daß die geotropische Erregung von Spitze und Basis annähernd gleich groß ist, wenn eine 2,8 mm lange Spitzenzone vorragt. Die Erregung jeder Seite hängt — da die Reizungsdauer und Neigungslage beider- seits gleich ist^) — von ihrer Empfindlichkeit und der Reizintensität ab. Die Intensität des Reizes beträgt bei meinen Versuchen für das vorragende Stück 0 — 2,2 g, die mittlere Reizgröße also 1,1 g. Wie die Dekapitationsversuche zeigten, ist ferner mindestens eine 20 mm lange Zone der Koleoptile geotropisch empfindlich. Die Länge der reizbaren Zone unter der Achse beträgt also mindestens 20 — 2,8 = 17,2 mm und diese Zone unterliegt einem Fliehkraftreiz von 0 — 13,4 g, im Mittel also 6,7 g. Da nun die Empfindlichkeiten im gegebenen Falle den Reizgrößen umgekehrt proportional sind, so ergibt sich, daß die mittlere Empfindlichkeit der 2,8 mm langen Spitze wenigstens ca. 6 mal so groß ist als die des übrigen Teiles der Koleoptile. Vergleichen wir schließlich die Verteilung der geotropischen Empfindlichkeit bei Avena mit der von Rothert (96) ermittelten Verteilung der heliotropischen Sensibilität, so ergeben sich auf- fallende Übereinstimmungen. Wie beim Geotropismus, so ist es auch beim Heliotropismus ein ca. 3 mm langes Stück der Spitze, welches die höchste Empfindlichkeit aufweist (Rothert, S. 49). In beiden Fällen können Spitze und Basis unter Umständen getrennt und entgegengesetzt reagieren; ferner kann eine Reizung der Spitze eine entgegengesetzte Erregung oder Krümmung des Unterteils durch basipetale Reizleitung überwinden. Die für den geotropischen Reiz nachweisbare akropetale Reizleitung konnte Rothert (S. 62/63) beim Heliotropismus nicht beobachten. Ich halte es indes für sehr wahrscheinlich, daß auch eine akropetale heliotropische Reiz- leitung existiert, und daß sie nur bei der etwas gewaltsamen Ver- suchsanstellung Rotherts nicht zum Ausdrucke kommen konnte. 2. Hordeuui vulgare und Phalaris cauaricusis. Der Pic Card sehe Rotationsversuch wurde außer mit Avena auch mit Keimlingen von Hordeum und Phalaris vorgenommen 1) Die Neigungslage der „Spitze" ist — 45", die der „Basis" -|- 45 °. Nach dem Sinusgesetze herrscht in beiden Lagen unter sonst gleichen Umständen gleiche Erregung. Jahrb. f. wiss. Botanik. L. 21 310 Hermann Kitter von Guttenberg, und zwar hauptsächlich deshalb, um Anhaltspunkte dafür zu ge- winnen, inwieweit die für Avena gefundenen Resultate verallgemei- nert werden dürfen. Die Ergebnisse der Versuche sind in den folgenden Tabellen verzeichnet. Tabelle II. Hordeum vulgare. 1000 Umdrehungen in der Jlinute. Nr. Länge der Koleoptile mm Länge des vorragenden Teils d. Koleoptile mm Krümmung im Sinne Fliehkraft an der Spitze der Spitze der Basis der Koleoptile g 1 30 2,8 + 2,2 2 28 2,8 + 2,2 3 25 2,8 + 2,2 4 29 2,8 + 2,2 5 22 4,2 + 3,3 6 32 4,2 -1- 3,3 7 34 5,6 + 4,4 8 34 5,6 + 4,4 9 28 5,6 + 4,4 Tabelle III. Phalaris canariensis. 1000 Umdrehungen in der Minute. Länge Länge des vorragenden Krümmung ' im Sinne Fliehkraft an der Spitze Nr. des Epikotyls der Koleoptile Koleoptilenteils der der der Koleoptile mm mm mm Spitze Basis g 1 4 27 2,8 + 2,2 2 3 20 2,8 + 2,2 3 8 18 4,2 + 3,3 4 6 20 4,2 + 3,3 5 8 22 4,2 + 3,3 6 7 20 4,2 + 3,3 7 8 20 5,6 + 4,4 8 7 22 5,6 + 4,4 Wir wollen zunächst das Verhalten der Gerstenkeimlinge be- sprechen. Erwähnt sei nochmals, daß es sich um etiolierte Pflanzen handelte, die auf dem neuen Rotationsapparate bei einer Neigung von 45 " auf ihr Verhalten geprüft wurden. Aus der Tabelle II ist zu entnehmen, daß sich die Koleoptilen der Gerste im über die Verteilung der geotropischeii Empfindlichkeit in der Koleoptile usw. 3X1 Prinzipe ebenso verhalten wie die des Hafers, daß also auch bei diesem Objekte die geotropische Empfindlich- keit der Spitze eine bedeutend höhere ist als die der unteren Teile. Doch ist die höchstempfindUche Zone länger wie bei Avena. Ragt nämlich ein 2,8 mm langes Stück der Spitze über die Achse vor, so erfolgt stets noch Krümmung im Sinne der Basis. Erst wenn der vorragende Teil die Länge von 4,2 mm erreicht, ist das Resultat ein unentschiedenes, erst dann treten die ersten Krümmungen im Sinne der Spitze auf. Auch eine in der Tabelle nicht verzeichnete S-förmige Krümmung wurde bei dieser Länge der „Spitze" beobachtet; die Rotation wurde in diesem Falle fort- gesetzt und es trat schließhch ein Überwiegen der von der Spitze nach abwärts geleiteten Erregung ein, so daß die basale Krümmung („von der Achse") zurückging und einer entgegengesetzten Krüm- mung Platz machte. Ragte ein 5,6 mm langer Teil der Spitze vor, so erfolgte stets Krümmung im Sinne dieses Teiles. Die Gesamt- länge der Koleoptile war — innerhalb der bei meinen Versuchen vorkommenden Grenzen — für das Endresultat belanglos. Natürlich kommen für das Verhalten von Hordeum alle jene Erklärungsmöglichkeiten in Betracht, die bei Avena ausführlich er- örtert wurden. Es mußten daher auch mit diesem Objekte De- kapitierungsversuche angestellt werden, welche ergaben, daß nach Entfernung eines 20 mm langen apikalen Teiles der basale Stumpf noch zu starker Aufkrümmung (bis 50*^) befähigt ist. Es reicht also die geotropische Empfindlichkeit in der Koleoptile weit nach abwärts und es werden beim Rotationsversuche die basalen empfind- lichen Zonen durch einen viel höheren Pliehkraftreiz erregt werden als die apikalen. Da letztere nichtsdestoweniger den Ausschlag geben, sobald 4 — 5 mm vorragen, so müssen sie erheblich empfind- licher sein. Wir können also sagen, daß eine 4 — 5 mm lange Spitzenzone für den Schwerereiz am empfindlichsten ist. Phalaris canariensis verhält sich wie Hordeum. Auch hier ist die Krümmungsrichtung unbestimmt, wenn eine 4,2 mm lange Zone vorragt. Da ferner Dekapitierungsversuche das Vorhanden- sein geotropischer Erapfindhchkeit bis fast zur Basis der Koleoptile mit Sicherheit erkennen ließen, so folgt wie bei Hordeum, daß eine 4—5 mm lange Spitzenzone hochgradig empfindlich ist. Das in der Tabelle verzeichnete Verhalten der Koleoptilen gilt aber nur für die angegebenen Gesamtlängen derselben. Ver- suche, die mit einer 7 und einer 11 mm langen Koleoptile angestellt 21* 312 Hermann liitter von (Juttenberg, wurden, ergaben eine Krümmung im Sinne der Spitze, obwohl nur ein 2,8 mm langes Stück derselben vorragte. Es scheint sich also hier die Zone höchster Empfindlichkeit mit zunehmender Ko- leoptilenlänge zu verlängern, doch können auch, wie früher für Avena ausgeführt wurde, andere Gründe für das geschilderte Ver- halten maßgebend sein. — Die Länge des Epikotyls scheint für das Verhalten der Pflanzen belanglos zu sein. Auch ist es nach Entfernung der Koleoptile nicht zu geotropischer Krümmung be- fähigt. Geotropische Empfindlichkeit kommt dem Epikotyl also anscheinend nicht zu. 3. Setan'd italica. Wir haben im Vorhergehenden die Verteilung der geotropischen Empfindlichkeit in der Koleoptile einiger Poaeoideen kennen gelernt und wollen jetzt unsere Aufmerksamkeit den Paniceen zuwenden. Mein Versuchsobjekt war zunächst Setaria italica. Die am Lichte gezogenen Keimlinge wurden auf dem Apparate des Grazer In- stitutes der Rotation unterworfen. Erstlich handelte es sich darum, festzustellen, ob die von Darwin für Sorghum festgestellte Tat- sache, daß für die Krümmungsrichtung stets die Empfindlichkeit der Koleoptile ausschlaggebend sei, auch für Setaria gelte. Tabelle IV. Setaria italica. 1000 Umdrehungen in der Minute. Die ideale Verlängerung der Rotationsachse schneidet die Grenze zwischen Koleoptile und Epikotyl. Längen in mm Krümmung ' im Sinne Fliehkraftgröße in g Nr. des der des der a. d. Basis a. d. Spitze Epikotyls Koleoptile Epikotyls Koleoptile des Epikotyls der Koleoptile 1 7 6 + 5,4 4,6 2 11 6 J_ 1 8,5 4,6 3 10 7 + 7,7 5,4 4 14 7 + 10,8 , 5,4 5 16 8 + 12,3 6,2 6 3 6 + 2,3 4,6 7 8 6 + 6,2 4,6 8 11 6 + 8,5 4,6 9 10 .5 + 7,7 3,8 10 10 7 + '*i'i 5,4 Wie aus der Tabelle IV hervorgeht, ist dies tatsächlich der Fall. Wurden Keimlinge so befestigt, daß die Trennungs- über die Yerteilung der geotropischen Empfindlichkeit in der Koleoptile usw. 313 linie zwischen Koleoptile und Epikotyl zentriert war, so erfolgte stets eine Krümmung zu der Achse, also eine Krümmung im Sinne der Empfindlichkeit der Koleoptile. Die Krümmung findet dabei entweder sofort im Epikotyl statt, oder macht sich — wenn die Koleoptile noch wachstumsfähig ist — erstlich in dieser bemerkbar und kommt erst später im Epikotyl zum Ausdruck. Die Länge des Epikotyls hat gar keinen Einfluß auf das Versuchsresultat. Sie schwankte bei meinen Versuchen sehr stark, von 3—16 mm, ohne daß sich die betreffenden Pflanzen verschieden verhalten hätten. Es spricht dies sehr dafür, daß dem Epikotyl keine oder wenigstens keine nennenswerten geotropische Empfindlichkeit innewohnt. Denn ein langes Epikotyl wird von viel stärkerem Fliehkraftreiz getroffen als ein kurzes, und so müßte man bei vorhandener Empfindlichkeit ein verschiedenes Verhalten der beiden erwarten^). Versuche, in welchen Epikotyle nach Ab- schneiden der Koleoptile horizontal in feuchtem dunklen Räume exponiert wurden, ergaben kein positives Resultat. Wohl war manchmal nach 48 Stunden eine Aufkrümmung der äußersten Epi- kotylspitze zu beobachten, in einzelnen Fällen war diese aber nach abwärts gewendet, so daß Zweifel darüber bestehen, ob die erst- genannten Krümmungen geotropische waren. War ein nur 0,5 mm langer Teil der Koleoptile erhalten geblieben, so erfolgte dagegen eine zweifellos geotropische Krümmung. Das beweist uns schon, daß die Koleoptile bis zur Basis empfindlich ist. Durch weitere Versuche, deren Resultate in Tabelle V verzeichnet sind, trachtete ich dann, genaueren Aufschluß über die Verteilung der Sensibilität in der Koleoptile zu erhalten. Diese Tabelle zeigt zunächst wenig Regelmäßigkeit Denn es trat wohl dann, wenn eine sehr kurze Zone vorragte (1—2,5 mm), meist Krümmung im Sinne der Basis ein, und beim Vorragen eines längeren Stückes in der Mehrzahl der Fälle die entgegengesetzte Bewegung — doch sind auch sehr viele Ausnahmen zu verzeichnen. Anders liegen die Verhältnisse aber, wenn wir nicht die absoluten Längen der vorragenden Spitzenteile betrachten, sondern die relativen Längen dieser Teile mit Bezug auf die Gesamtlänge der Koleoptilen, Diese relativen Längen sind in der Tabelle in Prozenten der Gesamt-Koleoptilen- länge ausgedrückt und in der weiteren Tabelle VI übersichtlich zusammengefaßt. Wir ersehen aus ihr, daß, solange weniger als 1) Außer wenn nur ein kurzes Spitzenstück des Epikotyls empfindlich ist. 314 Hermann Kitler von Guttenberg, Tabelle V. Setaria italica. 1000 Umdrehungen in der Minute. Länge in mm Länge des vorrag. Teils der Koleoptile Krümmung im Sinne der Fliehkraftgröße in g Nr. des Epikotyls der Koleoptile a.d. Spitze d.Koleopt. a. d. Basis in mm in 7o Spitze Basis d. Koleopt. 1 12 4 1 ' 25 + 0,7 2,3 2 3 5 1,5 30 + 1,1 2,7 3 7 6 2 33 + 1,5 3,1 4 10 7 2 28 + 1,5 3,8 5 7 5 2 40 + 1,5 2,3 6 17 4 2 50 + 1,5 1,5 7 17 5 2 40 + 1,5 2,3 8 11 6 2 33 + 1,5 i 3,1 9 17 5 2,5 50 + 1,9 1,0 10 5 7 2,5 35 + 1,9 3,5 11 3 4,5 3 66 + 2,3 1,1 12 4 5 3 60 + 2,3 1,5 13 13 6 3 50 + 1 2,3 2,3 14 10 6 3 50 1 + 2,3 2,3 15 10 5 3 60 \ + 2,3 1,5 16 8 6 3 50 ! + 2,3 2,3 17 10 7 3,5 50 + i 2,7 2,7 18 9 7 3,5 ': 50 + 2,7 2,7 19 16 7 3,5 t 50 4- 2,7 i 2,7 20 10 7 3,5 50 + 2,7 ; 2,7 21 13 7 4 57 \ + 3,1 2,3 22 6 5 4 80 j -1- 3,1 0,7 23 12 6 4 66 + 1 3,1 1,5 24 10 6 4 66 + 3,1 1,5 25 13 8 4 50 + 3,1 3,1 26 14 7 4 1 57 + 3,1 2,3 27 12 6 4 66 + 3,1 1,5 28 12 6 4 66 + 3,1 1,5 29 8 6 4,5 70 + 3,5 1,1 30 10 7 5 71 + 3,8 1,5 31 15 7 6 85 + 4,6 0,3 Tabelle VI. Setaria italica. 1000 Umdrehungen in der Minute. Länge des vorragenden Teiles Zahl der Versuche Krümmung im Sinne der Koleoptile in 7o ihrer Gesamtlänge der Spitze der Basis 25—40 50 57 — 85 100 8 10 13 10 0 6 8 10 8 4 5 0 über die Verteilung der geotropisclien Empfindlichkeit in der Koleoptile usw. 315 die Hälfte der Koleoptile vorragt, stets Krümmung im Sinne der Basis eintritt, wenn genau die Hälfte vorragt, das Resultat unent- schieden ist und wenn mehr als die Hälfte über die Achse reicht, in der Regel Krümmung im Sinne der Spitze erfolgt. Dies spricht — wenn wir zunächst von einer eventuellen Empfindlichkeit des Epikotyls absehen — für eine sehr gleichmäßige Verteilung der geotropischen Empfindlichkeit in der Koleoptile. Die Krümmung erfolgt mit wenigen Ausnahmen (5 unter 21 Versuchen) im Sinne der längeren Zone, also im Sinne der Partie, welche einem stärkeren Fliehkraftreiz unterliegt. Wirkt die FHehkraft beim Vorragen der halben Koleoptile auf beide Seiten gleich stark ein, so ist das Resultat unentschieden, somit keine der beiden Hälften durch besondere Empfindlichkeit ausgezeichnet. Auffallen müssen immerhin die 5 Ausnahmen, die unter den 13 Fällen auf- traten, in welchen der vorragende Teil der längere war; es trat in diesen 5 Fällen, wie erwähnt, trotzdem Krümmung im Sinne der Basis ein. Wir wollen diese Ausnahmen jetzt näher betrachten. In drei von diesen Versuchen (Nr. 15, 21 und 26) betrug die Längendifferenz der beiden Koleoptilenteile nur 1 mm; wären also die Koleptilen nur um 0,5 mm weiter zurückgerückt gewesen, so hätte die Verlängerung der Rotationsachse genau die Mitte der Koleoptile getroffen. Ich habe nun allerdings getrachtet, die Messung nach der Einstellung so genau wie möglich vorzunehmen, aber kleine Fehler sind unvermeidlich und auch eine geringfügige Verschiebung der Pflanze war bei der Rotation mit dem Grazer Apparat, bei welchem die Befestigung mit Nadeln und Gips erfolgte, vielleicht nicht ganz ausgesclilossen'). Ich möchte daher diesen drei Fällen größere Bedeutung nicht beimessen. Immerhin bleiben noch zwei Fälle übrig, in welchen die Krümmung im Sinne des basalen Teiles erfolgte, obwohl dieser zweifellos der kürzere war. Wie man sich dieses abweichende Verhalten der beiden Pflanzen zu erklären hat, muß dahingestellt bleiben. Zunächst hat es ja den Anschein, als wäre hier die Basis empfindlicher gewesen als die Spitze — und eine solche Ausnahme ist sicherlich möglich, wohl aber nicht sehr wahrscheinlich. Es ist aber auch daran zu denken, ob nicht doch eine, wenn auch im allgemeinen sehr ge- ringe, so in einzelnen Fällen doch nicht ganz bedeutungslose Be- 1) Eine Kontrolle am Ende des Versuches ist wegen der eingetretenen Krümmung nicht gut möglich. 316 Hermann Ritter von Guttenberg, einflussung des Resultates durch eine Empfindlichkeit des Epikotyls vorliegt. Daß dessen Spitze /ai Krümmungen, die vielleicht geo- tropische sind, befähigt ist, wurde ja schon besprochen. Keinesfalls können diese wenigen Ausnahmen das Gesamtresultat der Versuche nennenswert beeinflussen, welches kurz gefaßt lautet: Die geo- tropische Empfindlichkeit ist ganz oder wenigstens vor- wiegend auf die Koleoptile beschränkt und in dieser gleichmäßig verteilt. Über den Krümmungsverlauf ist nur weniges zu sagen. Er- wähnt wurde bereits, daß je nachdem die Koleoptile noch wachs- tumsfähig war oder nicht, die Krümmung erst in ihr und dann im Epikotyl oder gleich in letzterem zum Ausdruck kam. Erfolgte die Krümmung von der Achse, also im Sinne der Basis, so trat häufig an noch nicht ausgewachsenen Koleoptilen eine leichte Schrägstellung der Spitze gegen die Achse zu auf, die bald wieder zurückging und niemals weiter fortschritt. Es können also auch hier beide Teile zunächst getrennt perzipieren, bis durch akro- oder basipetale Reiz- leitung ein Überwiegen der einen oder anderen Erregung eintritt. Vergleichen wir wieder die Verteilung der geotropischen Empfindlichkeit in der Koleoptile von Setaria mit der Verteilung der heliotropischen nach Rothert (96), so ergibt sich anschei- nend eine Verschiedenheit, da Rothert angibt, daß auch bei diesem Objekte der Spitze der Koleoptile höhere EmpfindHchkeit zukomme als dem Unterteile; es muß aber bemerkt werden, daß die Ver- suche, die Rothert zu diesem Schlüsse führten, nicht beweisend sind. Er verdunkelte das obere Drittel oder höchstens die obere Hälfte der Koleoptilen mit Stanniolkappen und fand, daß diese Pflanzen sich in gleicher Zeit weniger krümmten als unbedeckte Kontrollpflanzen. Das beweist, wie Rothert selbst zugibt, eine höhere Empfindlichkeit der Spitze nur dann, wenn „die Länge der beleuchteten Strecke, bei gleich großer Empfindlichkeit, ohne Ein- fluß auf die erreichte Neigung ist" (Rothert, 96, S. 79). Diese Annahme ist aber — trotz einiger Beobachtungen Rotherts an .J.tewr(-Koleoptilen — bisher noch unbewiesen, und daher auch die erhöhte heliotropische Empfindlichkeit der Koleoptilenspitze von Setaria. Ein genauer Vergleich der Empfindlichkeitsverteilungen läßt sich also heute noch nicht durchführen. Nur das eine ist sicher, daß sich die geotropische Empfindlichkeit wie die heliotropische so gut wie ausschließlich auf die Koleo- ptile beschränkt. über die Veiieilung der geotropischen Empfindlichkeit in der Koleoptile usw. 317 4. Sorghum vulgare. Bei der prinzipiellen Verschiedenheit, die sich bezüglich der Verteilung der Empfindlichkeit für Setaria und die Poaeoideeu ergeben hatte, schien es angezeigt, noch das Verhalten einer weiteren Panicee zu prüfen. Ich wählte Sorghum vulgare, also jenes Objekt, mit dem vermutlich auch Fr. Darwin gearbeitet hatte. Die erst im Dunkeln, dann am Lichte rotierend gezogenen Keimlinge wurden auf dem neuen Fi ccard sehen Apparat gereizt. Die Resultate der Versuche sind in nachstehender Tabelle verzeichnet. Tabelle VII. Sorghum vulgare. 1000 Umdrehungen in der Minute Nr. Länge in mm Länge des Teils der vorragenden Koleoptile Krümmung im Sinne des Epikotyls der Koleoptile in mm in 7o der Spitze der Basis 1 22 4 1,4 35 + 2 35 7 2,8 40 + .3 20 8,5 2,8 33 + 4 - 8,5 2,8 33 + 5 20 8,5 4,2 49 + 6 17 10 4,2 42 + 7 28 10 4,2 42 + 8 30 10 5 50 + 9 19 8,5 5,6 66 + 10 30 8,5 5,6 66 + 11 26 7 5,6 80 + 12 17 4 4 100 + 13 22 9 9 100 + Zunächst wurden zwei Versuche angestellt, bei welchen eben die ganze Koleoptile vorragte, und es resultierte eine Krümmung im Sinne der Koleoptile, obwohl diese nur 4 bezw. 9 mm lang war, gegenüber einer Epikotyllänge von 17 bezw. 22 mm. Trotz eines viel geringeren Reizes gibt also die Koleoptile für die Krümmungs- richtung den Ausschlag, woraus ihre weit überwiegende — wenn nicht ausschließliche — geotropische Empfindlichkeit mit Sicherheit folgt. Somit war zunächst Darwins Beobachtung bestätigt und es galt nun die weitere Verteilung der Empfindlichkeit in der Ko- leoptile klarzulegen. Wie aus der Tabelle zu entnehmen ist, zeigt Sorghum eine Verteilung, die sich mehr der von Avena als der von 318 Hermann Ritter von Guttenberg, Setaria nähert. Es ist nämlich sicher die Spitze empfind- licher als die Basis, denn sie gibt auch dann schon den Ausschlag, wenn weniger als die Hälfte der Koleoptile (4,2 mm bezw. 42 ^ o) vorragt. Da, im Falle nur 2,8 mm über die Achse ragten, noch Krümmung im Sinne der allerdings be- trächtlich stärker gereizten Basis eintrat, so wird man die Länge der empfindlichsten Zone auf etwa 3,5 mm veranschlagen können. — Freilich ist der Unterschied zwischen der Empfindlichkeit der Spitze und der der unteren Teile nicht annähernd so groß wie bei den Poaeoideen. Bei Arena überwindet ja eine schwach ge- reizte 3 mm lange Zone das entgegengesetzte Krümmungsbestreben einer sehr langen und dementsprechend stark gereizten Partie, wo- gegen bei Sorghum eine 4 mm lange Spitzenzone nur das Krüm- mungsbestreben einer ca. 6 mm langen und daher nur wenig stärker gereizten Zone überwindet. Insofern ist also der Unterschied zwischen Sorghum und Setaria kein so großer. Dem Epikotyl dürfte auch hier kein oder wenigstens kein nennenswerter Einfluß zukommen. Allerdings zeigen Epikotyle nach Entfernung der Ko- leoptile an der Spitze ähnliche Krümmungen, wie sie für Setaria beschrieben wurden, und es sind hier diese Krümmungen deutlicher ausgeprägt; aber auch hier kann ich nicht mit Bestimmtheit sagen, daß es sich um geotropische Krümmungen bandelt; dagegen voll- führt das Epikotyl energische Krümmungen, wenn nur eine kurze Partie der Koleoiitile erhalten bleibt. — Nach Rothert (S. 76) ist bei Sorghum vor allem die Koleoptile, aber sicher auch das Epikotyl heliotropisch empfindlich. Bezüglich des Krümmungsverlaufes und der Reizleitung gilt das für Setaria Gesagte. IV. Die Verteilung der geotropischen Empfindlichkeit und die Statolithentheorie. Nachdem es auf experimentellem Wege gelungen war, eine auffäUige Lokalisierung geotropischer Sensibilität in der Koleoptilen- spitze verschiedener Gräser festzustellen, war es natürlich von hohem Interesse, die Verteilung der Stärke, und zwar vor allem von um- lagerungsfähiger Stärke in den Koleoptilen kennen zu lernen. Es mußten sich daraus wichtige Argumente für oder gegen die Stato- lithentheorie ergeben. — Über die Verteilung der Stärke in den Geweben der Koleoptile liegen bereits einige Angaben von Nemec über die Verteilung der geotropischen Empfindlichkeit in der Koleoptile usw. 319 (Ol) vor. Dieser konstatierte bei Panicum miUaceum, Seiaria viridis und Avena sativa „in der Spitze der Koleoptile ungewöhn- lich reiche spezifisch schwerere Stcärkekörner und zwar im ganzen Grundparenchyin". In seiner Figur 18, die auch in Josts „Vor- lesungen über Pflanzenphysiologie" (S. 529) wiedergegeben ist, hat Nemec diese Verhältnisse für Paninnn niiUaeeum dargestellt. „Die solche Zellen enthaltende Partie", äußert sich Nemec weiter, „ist bei einer 2 cm langen Plumula von Panicum 1,5 — 2 mm lang, bei älteren Keimpflanzen (Plumula 6 — 7 cm) 4,5 — 7 mm. Unter dieser Partie lassen sich noch solche Zellen in der Stärkescheide der beiden Gefäßbündel sehen, die gegen die Basis allmählich stärkeärmer werden, so daß sie nie bis zur Koleoptileninsertion reichen". Für Avena sativa gibt Nemec an, „daß bei dieser Art diese Partie (Plumula 2,5 cm) etwa 2,5 mm lang, bei älteren Keim- lingen (Plumula 5 cm) länger (etwa 6 mm) ist". Für Setaria werden genauere Daten nicht angeführt. Wie bekannt, hat Nemec bereits dieses Vorkommen beweglicher Stärke in der Koleoptilen- spitze mit der damals allerdings noch unbewiesenen Spitzen- perzeption in Zusammenhang gebracht. Wir wollen nunmehr be- trachten, inwieweit die Stärkeverteilung bei meinen Objekten mit den Befunden Nemecs übereinstimmt und ob sich aus ihr Schlüsse für oder gegen die Statolithentheorie ziehen lassen. Vorausgeschickt seien noch folgende Bemerkungen. Untersucht wurden sowohl ein Teil der rotierten Objekte, als auch aufrecht gezogene Pflanzen; der Stärkenachweis erfolgte nach Fixierung der Koleoptilen in 96 "^'o Alkohol mittels einer wässerigen Jodjod- kaliumlösung. Die Stärkeverteilung läßt sich an längsgespaltenen Koleoptilen nach Entfernen der Laubblätter sehr gut beobachten, besonders nach kurzer Vorbehandlung mit Bau de Javelle. Es Avurden aber auch Schnitte in größerer Anzahl untersucht. Zunächst konnte ich bei Avena das Vorkommen umlagerungs- fähiger Stärke in der Spitze bestätigen. Bis auf die Epidermen und die Gefäßbündel enthalten hier alle Zellen in großer Menge grobkörnige Stärke, die beim Piccardschen Versuch vollständig verlagert wird. Die genaue Länge dieser Zone anzugeben ist nicht ganz leicht, da sie nach abwärts zu nicht scharf abgegrenzt ist, sondern allmählich in das stärkearme oder stärkefreie Parenchym übergeht. Doch ist an etwa 15 — 25 mm langen Koleoptilen stets zu beobachten, daß die ersten 2,5 — 3 mm von der Spitze gerechnet allein reichliche und durchaus umlagerungsfähige Stärkekörner ent- 320 Hermann Ritter von Guttenberg, halten, was ja auch von Neniec konstatiert wurde. Es folgen dann noch weitere 2 — 3 mm, die in größerer Menge Stärke führen, doch wird diese hier feinkörniger und ist nur noch in wenigen Zellen umlagerungsfähig; schließlich hört der Stärkegehalt im Parenchym ganz oder fast ganz auf. Die Stärkescheiden, welche die beiden Gefäßbündel allseits umschließen, enthalten reichlich großkörnige, durchaus umlagerungsfähige Stärke. Diese beginnt am apikalen Ende der Gefäßbündel und reicht verschieden weit nach abwärts, manchmal, besonders an jüngeren Koleoptilen bis zur Basis. Schließlich findet sich in geringer Menge umlagerungsfähige Stärke auch an der Koleoptileninsertion in der Umgebung des Stamm- scheitels. An längeren Koleoptilen konnte ich wie Nemee eine Längenzunahme der stärkeführenden Spitzenzone beobachten. Die längsten von mir untersuchten Koleoptilen (3 — 4 cm) enthielten umlagerungsfähige Stärke in einer ca. 3,5 mm langen Zone und eine etwa ebensolange Partie wies geringeren Stärkegehalt auf. Vergleichen wir nunmehr die Verteilung der geotropischen Empfindlichkeit mit der Stärkeverteilung, so ergibt sich eine höchst autfallende Übereinstimmung: Wir waren früher zu dem Schlüsse gekommen, daß einer ca. 3 mm langen Spitzenzone die höchste geotropische Empfindlichkeit zukommt. Eben diese Zone und nur diese führt in allen Zellen des Grundgewebes typische Statolithen- stärke. Die in viel geringerem Maße empfindlichen unteren Teile enthalten solche nur in den Zellen der Stärkescheide. Es stimmt also die Verteilung der Statolithenstärke mit der der geotropischen Empfindlichkeit in ausgezeichneter Weise überein und ich erblicke darin ein neues wichtiges Argu- ment zu gunsten der Statolithentheorie. Auf Grund der Dekapitierungsversuche hatte es sich ferner als recht wahrscheinlich erwiesen, daß unterhalb der höchstempfindlichen Spitzenzone noch weitere 3 — 5 mm empfindlicher seien als die Basis — es ist dies jene Zone, welche, wie wir eben hörten, gleichfalls Stärke, doch keine typische Statolithenstärke enthält. Auch hier liegt also Über- einstimmung vor, der indessen größere Bedeutung schon deshalb nicht zugemessen werden kann, weil der Beweis für die höhere Empfindlichkeit dieser Zone kein exakter ist. Anschheßend möchte ich noch einige Spezialfälle schildern, bei deren Untersuchung es darauf ankam zu erfahren, wie die Stärke- verteilung in bestimmten Koleoptilen übereinstimme mit dem Ver- halten dieser Individuen beim Piccardschen Versuch. Wir wollen über die Verteilung der geotropischen Empfindlichkeit in der Koleoptile usw. 32 l zuerst Nr. 23 der Tabelle I betrachten. In diesem Falle trat aus- nahmsweise Krümmung im Sinne der Basis ein, obwohl 4,2 mm vorragten. Die Länge der Statolithenstärke führenden Spitzen- region betrug 3 mm; die Stärkescheiden waren bis zur Basis mit Statolithenstärke reich gefüllt! Dies bedeutet für eine Koleoptilenlänge von 29 mm eine vollkommene Ausnahme. Be- trachten wir z. B. Nr. 25; hier trat bei annähernd gleichlanger Koleoptile (30 mm) als ebenfalls 4,2 mm vorragten, Krümmung im Sinne der Spitze ein. Die Stärkescheiden enthielten nur in einer ca. 18 mm langen Zone Stärke, die restliche 12 mm lange basale Partie war frei von Stärke. An der Koleoptilenspitze betrug die Länge der umlagerungsfähige Stärke führenden Zone 3 mm. Bei Nr. 24 war diese Partie 2,5 mm lang, die Stärkescheiden waren an der Basis ähnlich wie im vorhergehenden Falle stärkefrei. — Auch aus diesen Befunden lassen sich Schlüsse zugunsten der Statolithen- theorie ziehen; ob die angegebenen Übereinstimmungen sich in jedem Falle ergeben hätten, muß natürlich dahingestellt bleiben. Weiter ausnützen läßt sich diese Methode deshalb nicht gut, weil ja nur Ausnahmen wie Nr. 23 verglichen mit der Regel brauchbares Material liefern. Solche Ausnahmen traten aber weiter nicht auf. Wir kommen nunmehr zu der Stärkeverteilung in der Koleoptile der Gerste. Die folgenden Angaben gelten für 25 — 35 mm lange Koleoptilen. Im allgemeinen sind diese wesentlich stärkereicher als die Keimblattscheiden des Hafers. Mit Ausnahme der Epi- dermen und der Gefäßbündel enthalten alle Zellen — bis auf eine wenige mm lange Zone der Basis — Stärkekörner. In einer 4 — 5 mm langen Spitzenzone findet sich grobkörnige durchwegs um- lagerungsfähige Stärke, die die genannten Eigenschaften um so auf- fälliger zeigt, je mehr wir uns der äußersten Spitze nähern^). Hier ist der Stärkegehalt ein ganz enormer. In einzelnen Zellen ist Umlagerungsfähigkeit der Stärke noch bis etwa 8 mm hinter der Spitze zu beobachten. Die große Mehrzahl enthält aber 4 — 5 mm von der Spitze entfernt ungleichmäßig verteilte feinkörnige Stärke. Nur die Parenchymscheiden, welche die beiden Gefäßbündel umkleiden, führen grobkörnige Stärke mit ausgesprochener Verlagerung bis fast zur Basis der Koleoptile. Bemerkt sei noch, daß der Größenunter- schied zwischen verlagerungsfähiger und regellos verteilter Stärke ein sehr auffallender ist. — Die vorstehenden Angaben beziehen 1) Dies gilt übrigens auch für Arena, Phalaria und Sonfhum. 322 Hennanii lütter von Gutteiiberg, sich — wie bei Avemi — zunächst auf etioUerte Keimhnge, doch zeigten Keimlinge, die am Lichte gezogen worden waren, gegenüber diesen keinen Unterschied. Wie bei Ävena herrscht also auch hier beste Übereinstimmung zwischen der Verteilung der geotropischen Empfindhchkeit und An- ordnung der Statolithenstärke. Wir hatten ja erfahren, daß beim Vorragen einer 4,2 mm langen Spitze die ersten Krümmungen im Sinne der Spitze erfolgen und die Zone, in welcher Statolithen- stärke nicht nur in den Gefäßbündelscheiden, sondern auch im ganzen Pareuchym auftritt, beträgt 4 — 5 mm! Bei Phalaris canariensis ist die Stärkeverteilung eine ganz ähnliche wie bei den bisher besprochenen Objekten. Doch ist die äußerste Spitze frei von Stärke. Hier finden sich in einer ca. 0,2 mm langen Zone langgestreckte ziemlich derbwaudige Zellen, die wohl die Aufgabe haben, die spateiförmige Spitze zu festigen und in ihrer Funktion als Bohrorgan beim Durchdringen des Erd- reichs zu unterstützen. Unmittelbar darauf folgen wieder Zellen mit Statolithenstärke. Die Länge dieser Zone beträgt an 20—25 mm langen Koleoptilen 3 — 4 mm; es folgen dann weitere stärkeführende Parenchymzellen mit feinerer Stärke, die allmählich abnimmt, und nicht mehr verlagert ist. Ungefähr 5 — 6 mm hinter der Spitze ist dann nur mehr sehr wenig Stärke im Parenchym vorhanden. Die Stärkescheiden der Gefäßbündel enthalten bis weit nach abwärts große umlagerungsfähige Stärkekörner. An der Koleoptileninsertion befindet sich auch hier wie bei Avena und, was nachträglich bemerkt sei, auch bei Hordeuni eine sehr kurze Zone mit reichlicher zum Teile umlagerungsfähiger Stärke. Das Epikotyl besitzt solche nur an der Spitze in der Umgebung des Gefäßbündels; doch ist sie hier feiner als in den Stärkescheiden der Koleoptile. Sonst ist das Epikotyl sehr arm an Stärke. Interessant war es natürlich, die Stärkeverteilung in jungen noch kurzen Koleoptilen zu prüfen. Diese krümmten sich, wie wir hörten, schon dann im Sinne der Spitze, wenn ein nur 2,8 mm langer Teil derselben vorragte, wogegen eine derartige Krümmung an älteren Keimlingen erst dann eintritt, wenn 4,2 mm vorragen. Die Länge der Statolithenstärke führenden Spitzenzone ist nun tat- sächlich an 10 — 15 mm langen Koleoptilen eine wesentlich geringere: sie beträgt nur 2 — 3 mm, also um 1 — 2 mm weniger als in 20 — 25 mm langen Koleoptilen. So sehen wir also, daß auch bei Phalaris eine ganz auffällige Übereinstimmung zwischen der Loka- über die Verteilung der geotropisclien Empfindlichkeit in der Knleoptile usw. 323 lisierung von Empfindlichkeit und Statolithenstärke besteht. Wir kommen nunmehr noch zu den untersuchten Paniceen. Bei diesen war es natürlich von hohem Interesse zu erfahren, ob das verschiedene Verhalten von Setaria und Sorghum auch anatomisch in der Art der Stärkeverteilung zum Ausdrucke kommt. Dies ist tatsächlich, wie aus dem folgenden zu ersehen ist, der Fall. Bei Setaria enthält die ganze Koleoptile^) Stärke bis auf die äußerste Spitze, die ähnlich wie bei Phalaris aus Zellen besteht, die wohl mechanischen Zwecken dienen. Im übrigen Teile ent- halten — abgesehen von den Epidermen — alle Parenchymzellen Stärke, die bei einzelnen Individuen bis zur äußersten Basis ein- seitig gelagert ist; bei anderen ist im untersten Teile der Koleoptile die einseitige Lagerung weniger deutlich ausgeprägt oder beschränkt sich hier auf einzelne Zellen oder Zellzüge. Diese basale Zone ist dann aber nicht länger als 0,25 bis höchstens 1 mm. Die Ver- teilung der gesamten Stärke ist dabei in der ganzen Koleoptile eine sehr gleichmäßige, eine Bevorzugung der Spitze, wie sie Neniec auch für Setaria angibt, konnte ich nie beobachten. Vielmehr ist der Unterschied zwischen Setaria und den bereits beschriebenen Poaeoideen ein sehr auffallender. Die Stärkescheiden enthalten bis zur äußersten Basis typische Statolithenstärke. Diese findet sich ferner auch hier in der Umgebung der Vegetationsspitze. Das in seinem apikalen Teile sehr stärkereiche Bpikotyl enthält gleich- falls in der Stärkescheide umlagerungsfähige Stärke in einer je nach dem Alter des Epikotyls kürzeren oder längeren Zone. In- dessen ist die Verlagerung nicht so auffällig wie in der Koleoptile. Alle übrige Stärke des Epikotyls ist feinkörnig und unregelmäßig verteilt. Die Stärkeverteilung in der Koleoptile von Sorghum ist eine ganz andere; sie stimmt nämlich mit der der Poaeoideen völlig über- ein. Eine 3 — 4 mm lange Spitzenzone enthält in allen Parenchym- zellen sehr reichlich typische, ausnahmslos verlagerte Statolithen- stärke. Dann folgt, und zwar hier fast übergangslos, eine kurze Partie (2 — 3 mm), die noch in etwas größerer Menge Stärke enthält, die aber viel feinkörniger und nicht einseitig gelagert ist. Die restliche basale Zone weist sehr wenig Stärke auf. Die Stärke- 1) Die Angaben beziehen sich auf Koleoptilen, wie sie für die Versuche verwendet wurden. Länge 5 — 8 mm. 324 Heniiaiin Kitter von Guttenberg, scheiden sind bis zur Basis mit Statolithenstärke gefüllt. An der Koleoptileninsertion und im Epikotyl herrschen analoge Verhält- nisse wie bei Setaria. Die vorstehenden Angaben beziehen sich wieder auf Koleoptilen, wie sie zu den Versuchen meist verwendet wurden (Länge 6 — 9 mm). Andere wurden nicht geprüft. Auch bei diesem Objekte findet sich also die Hauptmasse der Statolithen- stärke an jener Stelle, welche die höchste geotropische Empfindlich- keit zeigt: wir hörten ja, daß beim Vorragen einer 4,2 mm langen Spitzenzone stets eine Krümmung im Sinne dieser eintritt und daß die Länge der überall Statolithenstärke führenden Partie 3 — 4 mm beträgt. Besonders wichtig für die Statolithentheorie ist, daß der verschiedenen Verteilung der Empfindlichkeit bei Setaria und Sorghum auch eine dementsprechend ver- schiedene V^erteilung der Statolithenstärke entspricht. Ich halte alle diese Übereinstimmungen, vor allem die letzt- angeführte, für wichtige Argumente zugunsten der Statolithentheorie. Natürlich ist auch damit der langgesuchte „einwandfreie" Beweis für die Statolithentheorie nicht erbracht. Doch ist es höchst auf- fallend, daß in der Wurzel — wie in der Koleoptilenspitze, in welchen allein bisher streng lokalisierte geotropische Empfindlichkeit nach- gewiesen werden konnte, lokale Anhäufungen umlagerungsfähiger Stärke sich finden, wie sie sonst in den Pflanzen kaum vorkommen. V. Die biologische Bedeutung der Spitzenempfindiichicelt. Zum Schlüsse sei noch kurz auf die biologische Bedeutung der hohen EmpfindHchkeit der Koleoptilenspitze eingegangen. Die Koleoptilen haben zweifellos die Aufgabe, das Erdreich zu durch- bohren und dabei die Blattanlagen bezw. die Vegetationsspitze ohne Schädigung ans Licht zu bringen. Es ist klar, daß dieser Zweck am leichtesten dann erreicht werden kann, wenn die Krüm- mung an der Spitze beginnt, wenn diese erst senkrecht gestellt und dann durch das interkalare Wachstum weitergeschoben wird. Dieses Beginnen der Krümmung an der Spitze wird aber am ehesten ein- treten, wenn diese selbst hochgradig geotropisch empfindlich ist, und zwar umsomehr, als sie ja nur geringes Wachstum zeigt. Es ist ferner daran zu erinnern, daß bei der Keimung im Erdboden die Koleoptile leicht daran verhindert werden kann, sich sofort geotropisch aufzurichten, so etwa dann, wenn die Frucht unter «inem Steine lag. Hat in einem solchen Falle die Spitze das über die Verteilung der geotropisclien Einpfiiidlichkeit in der Koleoptile usw. 325 Hindernis passiert, so wird sie sich infolge ihrer hohen Eigen - empfindlichkeit senkrecht aufrichten und keine nennenswerte Über- krüramung erfahren. Eine solche müßte aber eintreten, wenn die höchste Empfindlichkeit nicht in der Spitze, sondern in der im ge- gebenen Falle horizontal fixierten Wachstumszone lokalisiert wäre; diese verweilt ja in der Reizlage. Daraus folgt, daß die Lokali- sierung der geotropischen Höchstempfindlichkeit in der Koleoptilenspitze das beste Mittel ist, um diese unter allen Umständen rasch und auf kürzestem Wege ans Licht zu führen. Letzteres ist deshalb sehr wichtig, weil die Koleoptile nur beschränkte Wachstumsfähigkeit besitzt und das erste Laub- blatt, das unbedingt ans Licht gelangen muß, nicht befähigt ist, das Erdreich zu durchdringen. Bei den Paniceen bleibt die Koleoptile, solange sie sich im Erdreich (im Dunkeln) befindet, sehr kui'z und wachstumsfähig. Infolge ihrer Kürze ist eine so ausgesprochene Spitzenperzeption wie bei den Poaeoideen nicht notwendig. Die ganze Koleoptile stellt hier gewissermaßen die „Spitze" dar und das Epikotyl ent- spricht biologisch dem Unterteile der Koleoptile bei den Poaeoideen. Die mehr minder ausschließliche Lokalisierung der geotropischen Empfindlichkeit in der kurzen Koleoptile hat daher dieselbe bio- logische Bedeutung wie die Lokalisierung der Sensibilität in der Koleoptilenspitze der Poaeoideen. Vi. Zusammenfassung. Über die wichtigsten Ergebnisse der vorstehenden Untersuchung gibt nachstehende Zusammenfassung Auskunft. 1. Die Frage, ob in den Koleoptilen der Gramineen die geo- tropische Empfindlichkeit gleichmäßig verteilt sei, oder ob eine Lokalisierung derselben in der Koleoptilenspitze vorliege, war bis- her unentschieden. 2. Die einzige Methode, welche eine sichere Entscheidung in dieser Frage herbeizuführen gestattet, ist die von Piccard zur Prüfung der Empfindlichkeits Verteilung in Wurzeln eingeführte. Diese Methode ermöglicht eine gleichzeitige und entgegengesetzte Reizung zweier Teile eines Organes durch Fliehkräfte. Mit ihrer Hilfe hat Fr. Darwin nachgewiesen, daß bei Sorghum die geo- tropische Empfindlichkeit der Koleoptile die des Epikotyls weit überwiege. Jahrb. f. wiss. Botanik. L. 22 326 Hermann Ritter von Guttenberg, 3. Ich selbst habe mit gleicher Methode die Verteilung der geotropischen Empfindlichkeit in den Koleoptilen von Avena sativa, Hordeum vulgare und I-halaris canariensis, sowie in den Koleoptilen und Epikotylen von Sefaria italica und Sorghum vulgare geprüft. 4. Bei Avena, Hordeum und Phalaris ist eine kurze Spitzen- zone weitaus empfindlicher als die unteren Teile der Koleoptile, welchen aber gleichfalls geotropische Empfindlichkeit zukommt. 5. Die Länge der höchstempfindlichen Höhe beträgt bei Avena ca. 3, bei Hordeum und Phalaris 4 — 5 mm. Dies gilt für Koleo- ptilen mittlerer Länge. In sehr kurzen (jungen) Koleoptilen ist die Länge dieser Zone bei Phalaris sicher geringer. 6. Bei den Paniceen ist eine so ausgesprochene Spitzen- empfindlichkeit nicht vorhanden. Bei Sorghum ist noch die apikale Koleoptilenhälfte ausgesprochen empfindlicher als die basale. Bei Setaria dagegen sind beide Hälften annähernd gleich empfindlich. 7. Dem Epikotyl scheint geotropische Empfindlichkeit, wenn überhaupt, so nur in geringem Maße innezuwohnen. Bestimmend für die Krümmungsrichtung ist stets nur die Koleoptile. 8. Dies beweist, da die Krümmung hauptsächlich im Epikotyl vor sich geht, die Heizleitung von der Koleoptile in das Epikotyl. 9. In den Koleoptilen aller untersuchten Gräser findet zweifel- los sowohl basipetale als auch akropetale Reizleitung statt. 10. In allen Koleoptilen, die eine Lokalisierung geotropischer Höchstempfindlichkeit in der Spitze zeigen {Avena, Hordeum, Pha- laris, Sorghum) findet sich ebenda umlagerungsfähige Stärke in allen Zellen bis auf die Epidermen und Gefäßbündel. Die solche Stärke führende Zone ist ebensolang, wie die Zone höchster Emp- findlichkeit. IL Die beiden Gefäßbündel der Koleoptilen sind von Stärke- scheiden umschlossen, welche bis weit nach abwärts oder bis zur Basis umlagerungsfähige Stärke enthalten. 12. Bei Setaria enthalten fast alle Zellen der Koleoptile (bis auf Epidermen und Gefäßbündel) umlagerungsfähige Stärke. 13. Die in den Punkten 10 — 12 angeführten Tatsachen sprechen in hohem Maße zugunsten der Statolithentheorie. 14. Die biologische Bedeutung der Spitzenperzeption erblicke ich darin, daß sie das beste Mittel darstellt, um die Koleoptilen- spitze rasch und auf kürzestem Wege aus dem Erdboden ans Tages- licht zu führen. Berlin, Botanisches Institut der Kgl. Universität, Juli 1911. über die Verteilung der geotropischen Empfindlichkeit in der Koleoptile usw. 327 Literatur-Verzeichnis. Czapek, Fr. (98), Weitere Beiträge zur Kenntnis der geotropischen Reizbewegungen. Jahrb. f. wiss. Bot., Bd. XXXII, 1898, S. 175. Darwin, Ch. und Fr. (81), Das Bewegungsverniögen der Pflanzen. Deutsche Ausgabe von J. V. Carus, Stuttgart 1881. Darwin, Fr. (99), On Geotropism and the Localization of the Sensitive Region. Annais of Botany, Vol. XIII, Dez. 1899. — (08), On the Localization of Geoperzeption in the Cotyledon of Sorghum. Wiesner, Festschrift, Wien 1908. Haberlandt, G. (08), Über die Verteilung der geotropischen Sensibilität in der Wurzel. Jahrb. f. wiss. Bot., Bd. XLV, 1908, S. 575. Jost, L. (03), Referat über Darwin (02) und Massart (02) in Botan. Zeitung, 61. Jahrg., 1903, S. 23 der II. Abt. Massart, J. (02), Sur l'Irritabilit^ des Plantes Superieures. Memoires couronnes etc. publies par l'Academie royale de Belgique, Bruxelles 1902. Miehe, H. (02), Über korrelative Beeinflussung des Geoti-opismus einiger Gelenkpflanzen. .Jahrb. f. wiss. Bot., Bd. XXXVII, 1902, S. 527. Nemec, B. (Ol), Über die Wahrnehmung des Schwerkraftreizes bei den Pflanzen. .Jahrb. f. wiss. Bot., Bd. XXXVJ, 1901, S. 80, Piccard, A. (04), Neue Versuche über die geotropische Sensibilität der Wurzelspitze. Jahrb. f. wiss. Bot., Bd. XL, 1904, S. 94. Rothert, W. (96), Über Heliotropismus. Cohns Beiträge der Biologie der Pflanzen, Bd. VII, 1896, S. 1. 22* Untersuchungen über die Physiologie eisenspeichernder Hyphomyceten, Von Rudolf Lieske. Mit 3 Textfigureu. Einleitung. Bei meinen Untersuchungen über das Vorkommen der Eisen- bakterien in der Natur fiel mir wiederholt in eisenhaltigen Gewässern eine üppige Vegetation von Pilzhyphen auf. Ahnliche Pilzhyjjhen beobachtete ich oft in Rohkulturen von Eisenbakterien. Die ein- zelnen Pilzfäden gaben mit Ferrocyankalium und Salzsäure behandelt ähnlich wie die Eisenbakterien eine starke Eisenreaktion, zuweilen zeigten sie sogar eine beträchtliche Inkrustation mit Eisenoxydhydrat. Da die untersuchten Gewässer meist einen sehr geringen Gehalt an organischer Substanz aufwiesen, war in ihnen die üppige Pilzvegetation außerordentlich auffällig, zumal die Zahl anderer Mikroorganismen verhältnismäßig klein war. — Ich machte es daher zu meiner Aufgabe, die Ursachen dieser Erscheinung näher zu untersuchen. Die in der Natur in eisenhaltigen Wässern vorkommenden Pilzarten, deren Hyphen eine Eiseninkrustation erkennen lassen, oder die eine deutliche Eisenreaktion geben, bezeichne ich in nach- stehender Arbeit als „Eisenpilze". Das Vorl, C0SO4 . Pb(N03). 1,909 1,596 1,309 0,671 0.518 Geringe Mycelentwicklung Trockengewicht kleiner als 1 mg Geringe Mycelentwicklung, gewicht kleiner als 1 mg Kein Wachstum. Trocken- CdSOi . NiSOi . Von MnSOi ist durch die Untersuchungen von Gößl (1) be- kannt, daß es wachstumfördernd auf Schimmelpilze wirkt und auch in größeren Quantitäten nicht giftig ist. Interessant sind die Kul- turen AI2 (804)3 und ZnS04. Aluminiumsulfat hat nach den Unter- suchungen von Richards (2) keinen wesentlichen Einfluß auf das Wachstum der Schimmelpilze, während Zinksulfat nach seinen Untersuchungen [Richards (3)] in mehr als 0,05-proz. Lösung ent- schieden giftig wirkt. Auf der Zinklösung wuchs das Mycel von Citromyces siderophilus in Form von runden Körnern von ungefähr 1 mm Durchmesser, eine Conidienbildung trat nicht ein. Der Zusatz von 0,5% Na^SOi und CaS04 hat auf das Ernte- gewicht keinen merklichen Einfluß, es entspricht ungefähr dem Gewicht, das auf der Nährlösung ohne Zusatz von Metallsalz er- zielt wurde. Der Versuch zeigt, daß Citromyces siderophilus nicht nur gegen die chemische Giftwirkung der Eisensalze, sondern auch vor allem gegen Zinksulfat weit resistenter ist als die meisten anderen Schimmelpilze. Eisenoxyd und Oxydulsalze. Um zu untersuchen, welche Oxydationsstufe der Eisensalze für die Förderung des Wachstums geeigneter ist, wurden Kulturen mit je 0,5 7o von verschiedenen Eisenoxyd- und Oxydulsalzen an- gesetzt. Es ergeben sich folgende Erntegewichte : Untersuchungen über die Physiologie eisenspeichenider Hyphoniyceten. 335 Schwefels. Eisenoxydul „ Eisenoxyd . . „ Eisenoxydulammon „ Eisenoxydammon Eisenchlorür Eisenchlorid 1,527 g 1.555 g 1,557 g 1,5.38 g 1,386 g 1,231 g Die Trockengewichte der auf Oxyd und Oxydulsalzen gewachsenen Pilzdecken zeigen keinen heträchtlichen Unterschied. Die Differenzen liegen innerhalb der Abweichungsgrenzen, die bei unter gleichen Verhältnissen gewachsenen Kulturen beobachtet werden. Es liegt also der Schluß nahe, daß Eisenoxyd- und Oxydulsalze in gleicher Weise wachstumsfördernd wirken. Weitere Versuche ergaben jedoch, daß dieser Schluß durchaus nicht zutrefiend ist. Um festzustellen, bei welcher Konzentration der Eisensalze der Pilz das höchste Erntegewicht ergibt, wurden der angegebenen Nährlösung verschiedene Mengen von Eisenoxyd- und Oxydulsalzen zugesetzt. Es wurden folgende Erntegewichte erzielt: ^Vo Fe SO4 Fe. (SOi). 0,01 1,223 g 0,712 g 0,1 1,309 g 0,737 g 0,5 1,439 g 1,497 g 1 1,569 g 1,386 g 2,5 1,680 g — 5 1,719 g — 10 1,756 g 20 0,956 g — Die Dauer des vorstehenden Versuches betrug 14 Tage. Die Erntegewichte der Kulturen mit Zusatz von Eisen oxydsulfat zeigen ein gleichmäßiges Ansteigen mit der Konzentration des Eisensalzes. Bei 20 % Fe SO4 ist eine Abnahme des Gewichtes zu bemerken, die aber wohl wesentlich nicht auf einer chemischen Giftwirkung des Eisensulfats beruht, sondern eine Folge der hohen Konzentration ist. — Bei 10 und 20 "/o Fe SOi war eine Conidienbildung nicht zu beobachten. Aus dem gleichmäßigen Ansteigen des Erntegewichtes mit der Konzentration kann jedoch nicht gefolgert werden, daß die stärkeren Konzentrationen des Eisensalzes das Wachstum mehr begünstigen als die schwächeren. Da Schimmelpilze auf stärkeren Konzen- trationen langsamer wachsen als auf schwächeren, war die Versuchs- 336 Rudolf Lieske, dauer auf 14 Tage verlängert worden. Die Pilzdecken auf den niederen Konzentrationen hatten in dieser Zeit ihr Höchstgewicht bereits überschritten, das Gewicht war wieder geringer geworden [vergl. Kunst mann (2)]. Anßerdem ist noch ein anderer Faktor zu berücksichtigen. Es wurden mit Hilfe von Na^ SO4 oder K NO:;, die, wie Versuche ergeben hatten, keinen merklichen Einfluß auf das Wachstum des Pilzes ausüben, isotonische Lösungen zur Konzentrationsreihe des Eisensulfats hergestellt. Es zeigte sich, daß auch hierin innerhalb gewisser Grenzen mit steigender Konzentration eine Steigerung des Erntegewichtes eintrat. Dies beruht offenbar darauf, daß die Pilz- hyphen, um sich auf einen höheren Turgorwert einzustellen, Salze aus der Nährlösung aufnehmen, die dann bei der getrockneten Ernte eine entsprechende Gewichtsvermehrung verursachen. Auf die Menge des Kohlenstoffgehaltes der Pilzernte dürfte diese Gewichtsver- mehrung kaum einen Einfluß haben. Mit K NO3 isotonisch gemachte Nährlösungen mit 0,1%, 1%, 10% und 20% Ferrosulfatgehalt ergeben wenig abweichende Erntegewichte. Das Optimum der Wirkung des Eisensulfates liegt ungefähr bei 1 %, Die Erntegewichte, die auf eisenoxydsulfathaltigen Kulturen erzielt wurden, weichen beträchtlich von den bisher beschriebenen Resultaten ab. Mengen bis ungefähr 1 Vo zeigen eine deutliche Wachstumsförderung des Pilzes, bei 2 % wird das Wachstum l)ereits eingestellt. (Zu beobachten ist hierbei noch, daß 1 g Oxydsulfat osmotisch gleichwertig ist mit 0,695 g Oxydulsulfat). Daß geringe Mengen von Eisensalzen auf das Wachstum von Schimmelpilzen fördernd wirken, größere dagegen giftig, ist bereits für Eisenoxydulsulfat durch die Untersuchungen Richards bekannt. Citromyces siderophüns reagiert also auf Eisenoxydsalze ähnlich, wie andere Schimmelpilze auf Oxyd- und Oxydulsalze reagieren. Die Eisenpilze besitzen demnach eine hohe Anpassung an die Gift- wirkung der Eisensalze nur für Oxydulverbindungen. Ein ganz ähnliches Resultat wurde erzielt mit schwefelsaurem Eisenammonoxyd- und Oxydul. Die Chlorverbindungen des Eisens wirken im allgemeinen weit giftiger auf Schimmelpilze als die schwefelsauren Verbindungen, anscheinend wegen der Giftigkeit des Chlorions. Die Erntegewichte sind daher mit diesen Salzen auch bei Citromyces siderophihis im Durchschnitt ein wenig geringer. Eine Conidienbildung trat nur bei niederen Konzentrationen des Chlorürs ein. Untersuchungen über die Physiologie eisenspeichernder Hyphomj^ceten. 337 Zu der üblichen Nährlösung wurden molekular gleiche Mengen von Eisenchlorür und Bisenchlorid zugesetzt (Mol. -Gew. Fe CI2 = 127, Fes Cl(; = 325). Das Resultat war ähnlich wie bei den vorher untersuchten Salzen. Mol Fe Cl, ¥e2 Ck Viooo 0,452 g 0,384 1,481 7100 0,502 g VlO 1,471 g V2 1,358 g 1 1,261 g — Wir sehen aus dieser Versuchsreihe wieder die Anpassung des Eiseupilzes an Eisenoxydulsalze und erkennen die Griftwirkung der Oxydsalze. Es ist nun eigentümlich, daß die Oxydsalze, die entschieden eine chemische Giftwirkung auf Citromyces siderophilus ausüben, in geringer Konzentration fast in derselben Weise wachstumsfördernd wirken wie die Oxydulsalze. Diese Erscheinung erklärte sich im Ver- laufe der Untersuchungen auf sehr einfache Weise dadurch, daß in der angewendeten Nährlösung stets ein kleiner Teil des zugesetzten Oxydsalzes durch einen rein chemischen Prozeß reduziert wird, also auch dann, wenn die Nährlösung nicht geimpft ist. Bei stärkeren Konzentrationen überwiegt die Giftwirkung des Oxydsalzes so sehr, daß ein Wachstum überhaupt nicht eintritt. So einfach es erscheint, eine Nährlösung herzustellen, die nur Eisen in Oxydform enthält, ohne Spuren von Oxydulsalz, so ist mir dies trotz vieler Bemühungen nicht gelungen. Organische Eisen- verbindungen, z. B. Saccharate, in denen das Eisen nicht in Form von Jonen vorhanden ist, kommen für die Untersuchung nicht in Betracht, da hierbei Ferro- und Ferrisalze in geringen Mengen nicht als solche erkannt werden können. Außerdem zeigte sich später, daß nicht dissociierte Eisensalze fast keinen Einfluß auf das Wachstum haben. Versuche, das Eisenoxydul in den Kulturen durch Einleiten von Sauerstoff oder auf andere Weise zu oxydieren, mißlangen. Schheßlich zeigte sich, daß alle diese Bemühungen überhaupt zwecklos waren, da mit dem Wachstum des Pilzes stets eine Reduktion des Eisenoxydes verbunden ist, was später aus- führlich beschrieben wird. Der vorstehende Versuch zeigte also, daß Ferrosalze eine chemische Giftwirkung auf Citromyces siderophilus in keiner Weise ausüben, daß dagegen Ferrisalze bereits in Verhältnis- 338 Rudolf Lieske, mäßig geringer Konzentration so giftig sind, daß das Wachs- tum unterbleibt. Die Oxydulsalze haben außerdem innerhalb gewisser Grenzen anscheinend unabhängig von der Konzentration einen wachstumsfördernden Einfluß. Ob die Oxydsalze in geringer Konzentration wachstumsfördernd wirken, konnte nicht nachgewiesen werden. Es ist dies aber nicht ausgeschlossen, da ja auch von anderen giftigen Metallsalzen nachgewiesen ist, daß sie in starker Verdünnung das Erntegewicht von Schimmelpilzen erheblich ver- mehren können. Verschiedene Stickstoffquellen. In den beschriebenen Kulturen wurde dem Pilz als Stickstoff- quelle Chlorammonium geboten. Um zu untersuchen, ob anstatt des Chlorammoniums auch Nitrate verarbeitet werden, wurde der Nähr- lösung Kalisalpeter zugesetzt. Das Erntegewicht betrug mit 0,5 °/o K NO3 + 0,5 0/0 Ee SO4 . 1,275 g 0,5 "/o K NO. 0,693 g Es ist also in der Kultur mit Eisensulfat etwas geringer als das Erntegewicht in derselben Nährlösung mit NH;4 Cl als Stickstoffquelle. In den Kulturen ohne Eisenzusatz war ein merklicher Unterschied der Ernten mit Salmiak oder Salpeter als Stickstoffquelle nicht festzustellen. Nitrate sind also geeignet, dem Pilz als gute Stick- stoffquelle zu dienen. Mit Pepton als Stickstoffquelle wurden fol- gende Resultate erzielt: 0,5 7o Pepton + 0,5 Vo Fe SO4 . 1,050 g 0,5 7ü Pepton 0,625 g Aus Pepton kann Citromyces siderophilKS demnach etwas weniger gut seinen Stickstoffbedarf decken. Mit Asparagin als Stickstoffquelle zeigten die Kulturen ohne Eisen ein noch geringeres Wachstum. In Kulturen mit Eisen unterblieb das Wachstum voll- ständig, da das Asparagin mit dem Eisen reagiert und einen unlös- lichen Niederschlag bildet. Die Kulturen mit Harnstoff als Stick- stoffquelle werden später beschrieben. Citromyces siderop/iilus kann demnach seinen Stickstoff am besten aus Ammonsalzen gewinnen, Nitrate und organische Stick- stoffverbindungen können ebenfalls, aber etwas weniger gut, als Stickstoffquelle dienen. Untersuchungen über die Physiologie eisenspeichernder Hyphomyceten. 339 Verschiedene Kohlenstoffquellen. Alle bisher beschriebenen Kulturen enthielten als Kohlenstoffquelle 5 7o Rohrzucker. Um die Reizwirkung des Eisenoxyduls bei Gegen- wart anderer organischer 'Kohlenstoffquellen festzustellen, wurden zu der üblichen Nährlösung verschiedene organische Substanzen zugesetzt, die mit und ohne Eisenzusatz (0,5 "/o Fe SOi) folgende Ernte ergaben: 5 g Traubenzucker -j- Fe . . 1,522 5 g Traubenzucker 0,839 5 g Glycerin -|- Fe 1,009 5 g Glycerin 0,143 3 g Chinasäure + Fe . . . . 0,975 3 g Chinasäure 0,841 3 g Bernsteinsäure + Fe . . 0,788 3 g Bernsteinsäure 0,460 0,2 ccm Alkohol -f Fe . . . 0,122 0,2 ccm Alkohol 0,009 Chinasäure und Bernsteinsäure wurden als freie Säuren zugegeben, da es sich zeigte, daß bei Neutralisation derselben die Ernte geringer war. Essigsäure, Zitronensäure und Milchsäure ergaben, in Form von Salzen zugesetzt, ein sehr geringes Wachstum. Die Ernte- gewichte betrugen nur wenige Milligramme. Die Kulturen mit Eisenzusatz zeigten aber in allen Fällen eine deutliche Wachstums- förderung. Eine Reihe anderer organischer Substanzen konnte für die Untersuchungen nicht verwendet werden, da sie sich mit der Eisensulfatlösung zersetzten, auch wenn die Substanzen getrennt sterilisiert wurden. Der Versuch zeigt, daß die Reizwirkung des Eisens nicht bei allen organischen Nährlösungen gleich groß ist. Bei Chinasäure als Kohlenstoffquelle ist die Ernte mit Eisenzusatz nur ein wenig größer als ohne Eisen, bei Glycerin beträgt sie ungefähr das sieben- fache, bei Alkohol das zwölffache. Daß die Größe der Reizwirkung der Metallgifte abhängig ist von der Zusammensetzung der Nährlösung wurde von (Gößl (1) für Mangansalze nachgewiesen. 340 Rudolf Lieske, Organische Eisensalze. Die Wirkung organischer Eisensalze als Kohlenstoffquelle wurde ebenfalls näher untersucht. Zu der Nährlösung wurden je 0,5 ^o des betreffenden Eisensalzes gegeben. Angewendet wurden essig- saures Eisen, zitronensaures Eisen, Eisenammoncitrat und milch- saures Eisen. Die Erntegewichte betrugen wenige Milligramm und kamen ungefähr denen gleich, die in Kulturen erhalten wurden, welche die betreffende organische Säure mit 0,5 '! o Eisenoxydul- sulfat in der Nährlösung enthielten. Der Einfluß des Eisenoxyduls bei Gegenwart geringer Mengen organischer Substanz in der Nährlösung. Um die Wirkung des Eisenoxyduls bei Anwesenheit geringerer Mengen organischer Substanz in den Kulturen zu untersuchen, wurden zu der üblichen Nährlösung mit und ohne 0,5 ^U Eisen- oydulsulfat, Rohrzucker, Traubenzucker und Glycerin in Mengen von je 0,5 — 0,01 " o zugesetzt. Die eisenfreien Kulturen wurden mit den entsprechenden Kulturen von gleichem Gehalt an organischer Substanz mit K NO.-; isotonisch gemacht, um Erntegewichtsunter- schiede, die eventuell auf den verschiedenen osmotischen Druck der Lösungen zurückzuführen sein könnten, zu vermeiden. Für die Kulturen mit Rohrzucker als Kohlenstoftquelle ergaben sich folgende Erntegewichte. Rohrzucker 7o Ernte 0,5 4- Fe . . . . 0,223 0,5 0,097 0,1+ Fe . . . • 0,078 0,1 0,022 0,01 + Fe . . . . 0,008 0,01 0,001 Von 0,1 % organischer Substanz an abwärts wuchsen die Hyphen submers und bildeten keine Conidien. Bei 0,5 "/o Rohrzucker wird das Erntegewicht durch Eisen- zusatz auf mehr als das doppelte gesteigert, bei 0,1 Vo auf das dreifache und bei 0,01 Vo auf mehr als das fünffache. Mit Trauben- zucker und Glycerin wurden ähnliche Resultate erzielt. Es geht aus dem Versuch hervor, daß die Wachstumsförderung durch das Eisensulfat mit der Abnahme der Nährlösung an organischer Substanz zunimmt. Das ist wichtig für die Erklärung Untersuchungen über die Physiologie eisenspeichernder Hyphomyceten. 341 des Vorkommens der Eisenpilze in natürlichen Eisenwässern, die nur geringe Spuren organischer Substanz enthalten. Die EiseninkrustatJon der Pilzhyphen. In natürlichen Gewässern wächst Citromyces siderophilus immer untergetaucht, die Hyphen sind sehr lang und weisen verhältnis- mäßig wenige Verzweigungen auf. Die Membran der Pilzfäden ist wie bei den Eisenbakterien (Crenothrix, Clonothrix usw.) durch starke Eiseneinlagerung rostbraun gefärbt und stark verdickt. Co- nidien oder andere Fortpflanzungsorgane konnte ich an natürlichem Material nie feststellen. In den bisher beschriebenen Kulturen wuchs der Pilz meist auf der Oberfläche der Nährlösung, das Mycel war von schnee- weißer Farbe und bildete auf nicht zu stark eisenhaltigen Nähr- lösungen nach kurzer Zeit reichlich blaugrüne Conidien. Im all- gemeinen war er wenig von den üblichen Flüssigkeitskulturen von Penicillium glaucum zu unterscheiden. Das Aussehen des Pilzes in natürlichen Gewässern und in Kulturen war so verschieden, daß es einige Mühe kostete, festzustellen, daß der kultivierte Pilz wirk- lich der in Betracht kommende Eisenpilz war. Daß beim sorg- fältigen Impfen mit unter dem Mikroskop genau untersuchtem Rohrmaterial immer wieder dieselbe Pilzform erhalten wurde, war natürlich kein Beweis für die Identität der Arten. Versuche, aus den erhaltenen Conidien die eisenhaltige Hyphen- form zu kultivieren, waren lange Zeit ohne Erfolg, sie gelangen erst im späteren Verlaufe der Arbeit, womit nun zweifellos fest- stand, daß die beiden Hyphenformen derselben Pilzart angehörten. Die inkrustierten Pilzhyphen wurden zuerst auf folgende Weise erhalten. In ein Becherglas von 500 ccm Inhalt wurden ungefähr 300 ccm destilliertes "Wasser und geringe Mengen anorganischer Nährsalze gegeben. Außerdem wurden noch 1,5 g mit Alkohol ausgefälltes Eisenoxydulsulfat zugesetzt. (Zu den meisten anderen Versuchen wurde umkristallisiertes Eisensulfat ve rwendet .)Das Glas wurde hierauf unter eine Glocke mit kohlensäurehaltiger Luft gesetzt, nachdem die Lösung mit Sporen von Citromyces sidero- philus geimpft worden war. Nach einigen Tagen bildeten sich auf dem Boden und an den Wänden des Gefäßes große Flocken von Pilzhyphen, die dem in der Natur vorkommenden Eisenpilz voll- kommen gleich waren. Nach längerem Stehen zeigten die Fäden Jahrb. f. wiss. Botanik. L. 23 342 Rudolf Lieske, eine starke Eiseninkrustation, die Hyphen erreichten hierdurch mehr als das Dreifache ihrer ursprüngHchen Dicke. Der Versuch war eine Voruntersuchung zur Entscheidung der Frage, ob Citromyces siderophilus fähig ist, wie SjrirophyUum ferru- gineum CO2 zu assimilieren [vgl, Lieske (1)]. Die Resultate dieser Untersuchungen werden später mitgeteilt, hier sei nur erwähnt, daß bei diesem Versuch der Pilz offenbar seinen Kohlenstoff aus den Spuren organischer Substanz nahm, die in dem ausgefüllten Eisenoxydulsulfat enthalten waren. Später gelang es auf andere Weise noch besser, die inkrustierte Hyphenform in Reinkultur zu erhalten. In einer Nährlösung, welche / Fig. 1. Hyphen von Citromyces siderophüus aus Reinkultui' ohne Inkrustation. die angegebenen anorganischen Salze enthält, und als Kohlenstofi- quelle 1 Vo Harnstoff und 0,01 Vo Rohrzucker, wachsen die Hyphen submers und nehmen nach kurzer Zeit eine starke Eiseninkrustation an. Wesentlich für die Inkrustation ist hierbei anscheinend der Harnstoff. Es tritt aber nicht in allen Kulturen, die Harnstoff enthalten, eine Inkrustation ein. Bei höherem Gehalt an Zucker oder anderen, gut nährenden organischen Substanzen wächst der Pilz ganz normal an der Oberfläche, ohne Eisen zu speichern. Gibt man dem Pilz Harnstoff als Stickstoffquelle, so wächst er ebenfalls ganz normal Untersuchungen über die Physiologie eisenspeichernder Hyphomycefen. 543 ohne Inkrustation, der Harnstoff bietet eine ziemlich gute Stickstoff- quelle. Harnstoff allein ohne geringe Mengen anderer organischer Substanzen ergibt nur Spuren von Wachstum, so daß sich nicht sicher entscheiden läßt, ob dieses Wachstum auf Kosten des Harn- stoffes oder schwer vermeidbarer Verunreinigungen erfolgt. Gibt man als Kohlenstoffquelle sehr geringe Mengen orga- nischer Substanz und ungefähr 1 Vo Harnstoff, so entsteht auf dem Boden des Kulturgefäßes ein dichtes Gewebe von inkrustierten Hyphen. In einer Kultur, die 0,01 g Rohrzucker und 1 g Harn- stoff enthielt, betrug das Trockengewicht einer solchen Pilzernte, Fig. 2. Schwach inkrustierte Hyphen aus Reinkultur mit Harnstoff. die vorher zur Beseitigung des Eisenoxyhydrates mit verdünnter Salzsäure behandelt worden war, 0,0126 g. Der Harnstoff ist also anscheinend mit als Kohlenstoffquelle verwertet worden, denn es wurde im Verlaufe der Untersuchungen niemals ein Erntegewicht erzielt, das größer gewesen wäre als die zugesetzte Menge orga- nischer Substanz. Es liegt nun die Erklärung nahe, daß die Inkrustation dadurch verursacht wird, daß der Pilz dem Harnstoff Kohlenstoff entzieht und das freiwerdende Ammoniak das Eisen als Hydrat ausfällt. Das ist aber sicher nicht der Fall; denn in Kulturen, die anstatt 23* 344 Eudolf Lieske, Eisensulfat Mangansulfat oder Calciumsulfat enthielten, war eine Inkrustation mit Mangan oder Calcium nicht zu beobachten. In den Ca-haltigen Kulturen bildeten sich Kristalle von zitronensaurem Calcium. Außerdem trat in den zuerst beschriebenen Kulturen, die keinen Harnstoff enthielten, ebenfalls eine Inkrustation ein. Später wurden die inkrustierten Hyphen noch erhalten in Kulturen, die essigsaures Natrium oder Blätterdekokt als Kohlenstoffquelle enthielten. In allen Fällen, in denen eine deutliche Inkrustation erzielt wurde, stand dem Pilz nur eine schlechte Kohlenstoffquelle zur Verfügung. Mit 0,01 Vo Rohrzucker und Harnstoff, essigsaurem Natrium oder Blätterdekokt als Kohlenstoffquelle zeigte der Pilz ohne Eisenzusatz nur ein ganz minimales Wachstum, während bei Eisenzusatz unter Inkrustationserscheinungen eine relativ große Masse Hyphen erzielt wurde. Die Inkrustation tritt also ein, wenn der Pilz auf eine schlechte Kohlenstoffquelle angewiesen ist. Die Annahme, daß sie auf Bil- dung von Alkali aus der als Kohlenstoffquelle zugesetzten orga- nischen Substanz der Nährlösung beruht, ist durch die beschriebenen Untersuchungen nicht begründet. Alle Kulturen, in denen die Hyphen Eisen gespeichert hatten, zeigten saure oder neutrale, nie- mals alkalische Reaktion. Die Kulturen, in denen die inkrustierten Hyphen erhalten wurden, kommen den Lebensbedingungen der Eisenpilze in der Natur nahe, da sie wie die Eisenwässer sehr wenig und schlecht verwertbare organische Substanz enthielten. Sind die Eisenpilze fällig, Kohlensäure zu assimilieren? Die Eisenpilze sind in der Natur makroskopisch von Eisen- bakterien schwer zu unterscheidsn. Sie leben wie diese in Eisen- wässern, die nur sehr geringe Mengen organischer Substanz ent- halten. Da es gelungen war nachzuweisen, daß es Eisenbakterien gibt, die ihren Kohlenstoff aus organischer Kohlensäure gewinnen können, lag der Gedanke nahe, daß dies bei den Eisenpilzen auch der Fall sei. [Vergl. Lieske (1)]- Die Versuche wurden ähnlich wie mit Spirophyllum ferrugineum angesetzt. Es trat jedoch kein Wachstum ein. Bei grob angestellten Versuchen, zu denen mit Alkohol ausgefälltes Eisensulfat verwendet worden war, entwickelten sich inkrustierte Pilzhyphen, bei Anwendung von unkristallisiertem Eisensulfat unterblieb jedoch die Entwicklung. Der Pilz hatte Untersuchungen über die Physiologie eisenspeichernder Hyphomyceten. 345 offenbar die Spuren organischer Substanz, die in dem Eisen ent- halten waren, als Kohlenstoffquelle verwertet. Eine Reihe weiterer Versuche blieb ebenfalls ohne Erfolg. Nach verschiedenen analytischen Methoden wurde der Gehalt des Wassers an organischer Substanz in der erwähnten Eisenquelle, in der Citromyces siderophilus in großen Massen auftritt, genau untersucht. (Untersuchungsmethoden von Schulze -Trommsdorff und von Kabel.) Das Wasser enthält nur so geringe Spuren von organischer Substanz, daß dieselbe auf chemischem Wege nur schwer nachzuweisen ist. Da die Untersuchungen wiederholt zu verschiedenen Jahreszeiten mit demselben Erfolge ausgeführt wurden, so ist auch nicht anzunehmen, daß der Gehalt des Wassers an organischer Substanz wesentlichen Schwankungen unterworfen ist. Daß die Pilze ihren ganzen Kohlenstoffbedarf aus diesen mini- malen Spuren von organischer Substanz decken können, ist sehr wohl möglich. Der Nachweis der Kohlensäureassimilation durch Eisenpilze ist jedenfalls nicht gelungen. Die Reduktion der Eisensalze. In den bisher beschriebenen Versuchen hatte es sich gezeigt, daß ein Zusatz von Eisenoxydulsalzen zur Nährlösung eine bedeutende Förderung des Wachstums verursacht; geringe Mengen von Eisen- oxydsalzen hatten dieselbe Wirkung, größere dagegen waren stark giftig. Es fragt sich nun, ob und in welcher Weise die Oxydations- stufe dieser Salze durch das Wachstum des Pilzes verändert wird. Eisenoxydsalze wurden qualitativ nachgewiesen mit Rhodan- kalium, Eisenoxydulsalze mit frisch gelöstem Ferricyankalium. Beide Reaktionen sind außerordentlich empfindlich und gestatten kolori- metrisch auch brauchbare quantitative Vergleichswerte. Die Nährlösung aller Kulturen, zu denen Eisenoxydulsalze zu- gesetzt worden waren, zeigte, nachdem ein gutes Wachstum ein- getreten war, eine reine Oxydulreaktion. Oxydionen ließen sich in der Lösung nicht nachweisen. Nachdem die Pilzdecke entfernt worden war, gab die Nährlösung nach längerem Stehen an der Luft oder auch sofort beim Schütteln mit Luft im Reagenzglas eine deutliche Oxydreaktion. Mit gleicher Nährlösung angesetzte Kulturen von Aspergillus niger, Citromyces Pfefferianiis und PeniciUium glaucum gaben, nachdem ein Wachstum eingetreten war, neben der Oxydulreaktion eine deutliche Oxydreaktion. Dasselbe war an der 346 Rudolf Lieske, erwähnten Nährlösung zu konstatieren, die unter gleichen Ver- hältnissen steril aufbewahrt worden war. Es ergibt sich also, daß durch das Wachstum von Citromyces siderophilus das Eisenoxydul in der Nährlösung verhindert wird, sich zu oxydieren, was unter normalen Verhältnissen teilweise der Fall ist. Enthält die Nährlösung einen Zusatz von Eisenoxydsalzen (Chlorid, Sulfat, Eisenammonsulfat), so tritt bis zu einer Konzen- tration von ungefähr 1 %, des Eisensalzes wie mit Oxydulsalzen ein gutes Wachstum ein. Nach einiger Zeit zeigt dann die Nährlösung ebenso wie bei den vorher beschriebenen Kulturen eine reine Oxydulreaktion. Das Eisenoxyd ist also vollständig zu Oxydul reduziert worden. Dieselbe steril gehaltene Nährlösung mit Oxyd- zusatz zeigt nach einiger Zeit auch eine schwache Oxydulreaktion. Die gelösten Stoffe, wahrscheinlich die organische Substanz der Nährlösung, reduzieren einen geringen Teil des Eisenoxyds. Die Hauptmasse des Eisens bleibt jedoch als Oxydsalz erhalten. In gut gewachsenen Kulturen wird das zugesetzte Eisenoxyd 80 weit reduziert, daß nach Zusatz von Rhodankalium nicht die mindeste Rotfärbung zu beobachten ist, während mit Ferricyankalium sofort ein voluminöser, tiefblauer Niederschlag auftritt. Nimmt man einige ccm von der reduzierten Nährlösung in ein Reagenzglas und schüttelt sie mit Luft, so tritt nach Zusatz von Rhodankalium eine deutliche Rotfärbung ein. Trägt man in die übliche Nährlösung mit 5 *^/o Rohrzucker frisch gefälltes Eisen oxydhydrat ein, so löst sich dieses in ziemlich beträchtlicher Menge, da es sich mit dem Zucker zu wasserlöslichem Eisensaccharat verbindet. Die sterile Nährlösung gibt mit Rhodan- kalium oder Ferricyankalium keine Reaktion, da das Eisen nicht in Form von Ionen in der Lösung enthalten ist. Nachdem sich Citromyces siderophilus anf dieser Nährlösung einige Zeit entwickelt hat, tritt dissoziiertes Oxydulsalz auf, dessen Menge mit fort- schreitendem Wachstum zunimmt. Der Vorgang ist leicht erklärlich; da der Pilz nur den organischen Bestandteil des Saccharats ver- braucht, bleibt das Eisen als anorganisches Salz zurück, wird wde in den vorher beschriebenen Kulturen reduziert und gibt nun, da es ionisiert ist, die Oxydulreaktion. Es wurde nun versucht, die Ursachen dieses Reduktions- prozesses näher zu untersuchen. Es fragt sich, ob die Reduktion in den Pilzhyphen selbst vor sich geht, oder ob der Pilz die Nähr- lösung so verändert, daß in dieser die Reduktion stattfindet. Untersuchungen über die Physiologie eisenspeicheruder Hyphomyceten. 347 Zur Entscheidung der Frage, ob das Eisen innerhalb der Pilz- hyphen reduziert wird, wurde eine Pilzdecke im Frischgewicht von ungefähr 35 g, die auf einer 17o Eisensulfat-haltigenen Nährlösung gewachsen war, sorgfältig durch Auswaschen mit destiUiertem Wasser von der anhaftenden Nährlösung befreit. Hierauf wurde die Pilzdecke unter Zusatz von wenig Wasser in einem Porzellan- mörser zu einem feinen Brei zerrieben und auf ein Filter gebracht. Sowohl das Filtrat als auch der Rückstand gaben nach dem An- säuren mit Salzsäure nur- eine sehr schwache Eisenreaktion. Hieraus konnte noch nicht gefolgert werden, daß die Hyphen nicht größere Mengen von Eisen enthielten, da dasselbe in Form von organischen Verbindungen in nicht dissoziiertem Zustande darin enthalten sein konnte. Es wurde daher eine andere Pilzdecke nach dem Zerreiben nach Art der toxikologischen Untersuchungen in einen Zerstörungskolben gebracht, die organische Substanz wurde mit Chlor zerstört und das Filtrat der Analyse unterworfen. Es ließen sich hierbei nur ganz geringe Spuren von Eisen nachweisen. Wenn das Eisen also innerhalb der Hyphen reduziert wird, so könnte das Oxydsalz nur in sehr geringer Menge eintreten, und das Oxydulsalz müßte schnell wieder ausgeschieden werden. Es liegt nun die Annahme nahe, daß die Pilzhyphen ein Enzym ausscheiden, das die Eisensalze in der Nährlösung reduziert. Man müßte dann dieses Enzym dadurch erhalten können, daß man es aus frischen Hyphen auspreßt. Eine starke Pilzdecke wurde zu diesem Zwecke zu einem feinen Brei zerrieben und mit Wasser oder mit Alkohol ausgezogen. Sowohl der alkoholische als auch der wässerige Auszug gaben zu einer Lösung von Ferrisalz und Ferricyankalium zugesetzt nach einiger Zeit einen starken blauen Niederschlag. Es ist aber nicht anzunehmen, daß es sich hierbei um eine sogenannte Reduktase handelt, da der Pilzsaft keine der Reaktionen gibt, die für die Reduktasen charak- teristisch sind. Das Reduktionsvermögen des Pilzsaftes wird durch Kochen nicht zerstört, organische Farbstoffe werden nicht reduziert, auch nicht andere Stoffe, wie z. B. Pikrinsäure, Arsensäure usw. In größerer Menge ist dagegen in dem Preßsaft eine Peroxydase nach- weisbar, eine wasserstoffsuperoxydhaltige Lösung von Guajakharz wird durch ihn intensiv blau gefärbt. Die Reduktion durch den Preßsaft beruht daher wohl hauptsächlich auf einer Reduktions- wirkung verschiedenartiger organischer Substanzen. Die Preßsäfte 348 Kudolf Lieske, anderer Schimmelpilze zeigen dieselbe Reduktionswirkung, aber in weit geringerem Maße. Die Reduktion des Eisens in der Nährlösung kann noch eine andere Ursache haben. Sie kann dadurch herbeigeführt werden, daß der Pilz durch seinen Stoffwechsel die Bestandteile der Nähr- lösung so verändert, daß diese dann unabhängig von der Lebens- tätigkeit des Pilzes das Eisen reduziert. Nährlösung ohne Eisen- zusatz, auf der Citromyces siderophüus gewachsen war, reduzierte tatsächlich Eisenoxydsalz. Von anderen in bezug auf diese Eigen- schaft untersuchten Pilzen zeigten eine ähnliche, aber schwächere Reduktionswirkung die Nährlösung von Citromyces Pfefferianus und Aspergillus niger, gar nicht reduzierte die Nährlösung von Penicillium glaucum. Ob die Reduktion des der Nährlösung zugesetzten Eisenoxyds innerhalb der Pilzhyphen oder außerhalb derselben in der um- gebenden Nährlösung stattfindet, läßt sich also nicht mit Sicher- heit entscheiden. Die Reduktion der Eisensalze ist für Citromyces siderophilus durch ihre Intensität charakteristisch, findet sich aber auch in schwächerem Maße bei anderen Schimmelpilzen. Nach gutem Wachstum ergibt eine mit Eisenoxyd- oder Oxydulsalz versehene Nährlösung in Kulturen von Citromyces siderophüus immer eine reine Oxydulreaktion, während bei anderen Schimmel- pilzen stets Oxydsalz in größeren Mengen nachweisbar ist. Bildung von Raseneisenstein durch Eisenpilze. Durch die Untersuchungen von Molisch (1) und anderen Autoren ist bekannt, daß die Eisenbakterien einen wesentlichen Anteil an der Bildung von Raseneisenstein haben. Die Frage, ob auch die Eisenpilze hierbei beteiligt sein können, habe ich einer eingehenden Prüfung unterzogen. Es hat sich gezeigt, daß sich in der Natur tatsächlich große Eisenoxydmassen vorfinden, deren Ent- stehung hauptsächlich der physiologischen Tätigkeit der Eisenpilze zuzuschreiben ist. Von der bereits mehrfach erwähnten Eisenquelle am Völker- schlachtendenkmal in Leipzig werden große Mengen von Eisen- oxydhydrat abgeschieden. Die mikroskopische Untersuchung des rostbraunen Schlammes ergibt, daß ein beträchtlicher Teil desselben aus meist toten, stark eiseninkrustierten Pilzhyphen besteht. Untersuchungen über die Physiologie eisenspeichernder Hyphomyceten. 349 Im Stahlbad Lausigk bei Geithain in Sa. sind die Wasser- gräben im Kurgarteu dicht mit Eisenpilzen bewachsen. Im Früh- jahr 1910 beobachtete ich, daß dort beim Ausschachten eines neuen Grabens große Mengen von Eisenocker zu tage befördert wurden. Der Ocker bildete poröse, lockere Massen, die im Erd- boden in einer Schicht von 20 bis 30 cm Dicke abgelagert waren. Bei mikroskopischer Betrachtung dieses Eisenockers zeigte es sich, daß derselbe fast ganz aus inkrustierten Pilzhyphen bestand. Aus der Lagerung der Ockermassen im Boden ging hervor, daß seit der Abscheidung schon eine längere Reihe von Jahren vergangen war. Fig. 3. Raseneisenstein aus Lausigk in Sa. aus inkrustierten Pilzhyphen bestehend. Es steht also zweifellos fest, daß die Eisenpilze in der Natur ebenso wie die Eisenbakterien sich wesentlich an der Bildung von Raseneisenstein beteihgen. Allgemeine Betrachtungen über die Physiologie der Eisenpilze. Der untersuchte Pilz nimmt physiologisch in vieler Beziehung eine Sonderstellung unter den Schimmelpilzen ein. Es ist eine typische Citromyces-Art, die morphologisch von C. Pfefferianus kaum zu unterscheiden ist. Es liegt nun die Vermutung nahe, daß C. siderojjJiilus überhaupt nur ein C. Pfefferianus ist, der 350 Rudolf Lieske, durch seinen viele Generationen andauernden Aufenthalt in Eisen- wässern eine spezielle Anpassung an Eisensalze erlangt hat, sodaß man von einer besonderen Art überhaupt nicht sprechen könnte. Es wurden während der mehr als einjährigen Yersuchsdauer vor- liegender Arbeit fortwährend Kulturen auf verschiedenen Substraten mit und ohne Eisenzusatz gezogen, in der "Weise, daß die Kulturen mit eisenhaltigem Substrat immer mit Sporen geimpft wurden, die auf eisenhaltigen Kulturen entstanden waren und umgekehrt. Ein merklicher Unterschied im physiologischen Verhalten war am Ende der Versuchszeit zwischen den Pilzen beider Kulturreihen nicht zu beobachten. Die Frage, wie weit Schimmelpilze sich an Metallgifte anpassen können, wurde bereits von Pulst (1) näher untersucht. Es zeigte sich, daß Penicillium glaucum sehr wohl schon nach einigen Gene- rationen eine Anpassung erkennen ließ, daß diese Anpassung aber nur vorübergehend war, denn die erworbene Eigenschaft verlor sich sehr bald wieder [Pulst (2)]. Speziell bei Eisensalzen konnte Pulst (3) eine Anpassung von Penicillium glauciun nicht kon- statieren. Citromyces sideropltilus ist also wegen seiner physiologischen Eigenschaften als eine besondere, von anderen bekannten Citronujccs- Arten verschiedene Spezies anzusehen. Es gelang mir, aus Eisen- wässern noch andere inkrustierende Pilzarten zu isolieren. Diese zeigten die physiologischen Eigenschaften von C. siderophilus in geringerem Maße und wurden aus bereits besprochenen Gründen nicht näher untersucht. Besonders auffällig ist bei C. siderophilus die Anpassung an Eisenoxydulsalze, während Eisenoxydsalze wie bei anderen Schimmel- pilzen giftig wirken. Geringe Oxydmengen werden beim Wachstum des Pilzes reduziert, und haben daher dieselbe wachstumsfördernde "Wirkung wie die Oxydulsalze. Bei den Untersuchungen wurden Versuchsreihen mit verschiedenen Eisenoxyd- und Oxydulsalzen derselben Säure und mit Eisensalzen derselben Oxydationsstufe aber von verschiedenen Säuren angestellt. Es ging daraus hervor, daß der wachstumsfördernde Einfluß dem Ferro-Ion, eine ent- schiedene Giftwirkung dagegen dem Ferri-Ion zuzuschreiben ist. Nicht dissoziierte Eisensalze haben daher fast keinen Einfluß auf das Wachstum, Ferri-Saccharat z. B. wirkt auch in starker Konzentration nicht giftig. — Durch Zusatz einer größeren Menge von Rohrzucker, Traubenzucker, Glyzerin oder anderen organischen Untersuchungen über die Physiologie eisenspeichernder Hyphoniyceten. 351 Substanzen zu einer Nährlösung, die Eisenchlorid oder Oxydsulfat enthält, wird die Dissoziation dieser Salze geringer. Die Gift- wirkung wird daher bedeutend abgeschwächt oder ganz aufgehoben. In einer Nährlösung mit 5 7o Rohrzucker und 2 °/o Eisenoxydsulfat wächst C. sideropliilus z. B. überhaupt nicht, in derselben Nähr- lösung mit 30 "/o Rohrzucker tritt ein gutes Wachstum ein und das Oxydsulfat wird reduziert. Der wachstumsfördernde Einfluß des Ferro-Jons kann zunächst als eine Reizwirkung aufgefaßt werden, wie sie auch von geringen Mengen anderer Metallgifte auf Schimmelpilze ausgeübt wird. Das Eisen dient also nicht als eigentlicher Nährstoff, sondern wirkt nur als „chemischer Reiz" bei der Aufnahme dieser Stoffe [vergl. Pfeffer (1)]. Es wurde versucht, den Einfluß des Eisens auf den Stoffwechsel näher zu untersuchen. Zunächst wurde der Atmungs- koeffizient, d. h. das Verhältnis des verbrauchten Sauerstofl^es zur ausgeatmeten Kohlensäure untersucht. Die Untersuchungen wurden nach der gasanalytischen Methode von Hempel durchgeführt. Die Kulturen mit und ohne Eisenzusatz ließen keinen merklichen Unter- schied der Atmungskoeffizienten erkennen. Weiter wurde versucht, das Verhältnis des Erntegewichtes zum verbrauchten Zucker genau festzustellen. Die Versuche durch- zuführen erwies sich jedoch als sehr schwierig, da gleich beim Beginn des Wachstums fast aller Zucker in Säuren, hauptsächlich in Zitronensäure umgewandelt wird und andere von dem Pilz in der Nährlösung gebildete Stofifwechselprodukte bei der Analyse störend wirkten. Es ließ sich jedoch in allen Fällen genau fest- stellen, daß von einem bestimmten Quantum organischer Substanz in Kulturen mit Eisenzusatz immer ein bedeutend größeres Ernte- gewicht erzielt wurde als in Kulturen ohne Eisenzusat.z. Bei Alkohol als Kohlenstoffquelle betrug das Verhältnis der Ernte- gewichte von Kulturen mit und ohne Eisenzusatz 12:1. Bei der chemosynthetischen Assimilation der Kohlensäure durch Spirophyllivm ferrugineum wurde es als wahrscheinlich an- gesehen, daß die Oxydation des Eisenoxydulkarbonates zu Eisen- oxydhydrat dem Organismus als Energiequelle dient. [Vergl. Lieske (2)]. Daß das Eisen bei Cltromyces sideropliilus in Nähr- lösung mit organischer Substanz nicht in diesem Sinne wirkt, ist klar. Der Pilz reduziert Eisensalze, es liegt also ein endothermer Prozeß vor, der Energie absorbiert. Es ist dagegen anzunehmen, daß das Eisen vielleicht als Sauerstofifüberträffer wirkt. Beim Wachstum 352 Rudolf Liesko, der Eiseiipilze findet in den Kulturen, folgende umkehrbare Reaktion statt. 2 FeO + 0 -^ Fe.O., Eisen oxydulsalze nehmen in wässeriger Lösung sehr leicht Luft- sauerstoff auf. Durch Stoffwechselprodukte des Pilzes oder inner- halb der Hyphen wird das Eisenoxyd wieder zu Oxydul reduziert. Der Sauerstoff des Oxyds kann nun entweder durch reduzierende Stoffwechselprodukte des Pilzes gebunden oder innerhalb der Hyphen absorbiert werden. Im ersteren Falle könnte man aunehmen, daß durch den Sauerstoff schädliche Stoffwechselprodukte des Pilzes aus der Nährlösung beseitigt würden, was eine Wachstunisförderung verursachen könnte. Dies ist jedoch wenig wahrscheinlich, da ver- brauchte Nährlösung ohne Eisenzusatz nach Entfernung der alten Pilzdecke und Zusatz von neuen Nährstoffen ein gleich gutes Wachstum ergibt wie frische Nährlösung. Wahrscheinlicher ist, daß der Pilz sich den innerhalb der Hyphen abgespaltenen Sauer- stoff zu Nutze macht. Die Oxydreaktion der reduzierten Nährlösung tritt nach Ent- fernung der Pilzdecke beim Stehen an der Luft in kurzer Zeit auf. Beim Schütteln der Nährlösung mit Luft im Reagenzglas ist Oxyd- salz sofort deutlich nachzuweisen. Die Eisenpilze werden durch die Eisensalze befähigt, schlechte Kohlenstoti'quellen weit besser auszunützen. Ob diese Wirkung des Eisens mit der Reizwirkung geringer Mengen von anderen Metall- giften auf Schimmelpilze identisch ist, geht aus den beschriebenen Untersuchungen nicht hervor, daß dieselben ähnlich wirken, ist jedoch nicht ausgeschlossen. In der Natur steht den Eisenpilzen wohl ausschließlich Eisen- oxydulkarbonat zur Verfügung. Für Versuchszwecke eignet sich dieses Salz wenig, da es sehr unbeständig ist. Ein Sterilisieren desselben ist nicht mögHch. Beim Wachstum des Pilzes würde es auch sofort durch die gebildeten Säuren zerstört werden. Aus demselben Grunde kann man den Kulturen auch nicht metallisches Eisen zugeben wie bei Spirophylhtm-Knlturen, bei denen das Eisen durch die im Wasser gelöste Luftkohlensäure allmählich in Kar- bonat übergeführt wird. Übrigens zeigte sich, daß ein Zusatz von metallischem Eisen zur Nährlösung bei allen untersuchten Schimmel- pilzen eine starke Hemmung des Wachstums herbeiführt. Die Eisenpilze besitzen eine große Ähnlichkeit mit den Eisen- bakterien insofern, daß sie fähig sind, wie diese beträchtliche Untersuchungen über die Physiologie eisenspeichernder Hyphomyceten. 353 Mengen von Eisenoxydhydrat in ihrer Membran zu speichern. Die beschriebenen Untersuchungen haben gezeigt, daß bei den Eisen- pilzen die Speicherung von dem wachstumsfördernden Einfluß des Eisens nicht abhängig ist. Die Inkrustation ist vielmehr abhängig von der Beschaffenheit der Kohlenstoffquelle der Nährlösung. Bei Spirophyllum ferrugineum ist mit der Ernährung aus Kohlensäure immer eine Eiseninkrustation verbunden [vgl. Lieske (3)]. Daß bei Citromyees sideropkilus in der Natur ein ähnlicher Vorgang stattfindet, konnte nicht nachgewiesen werden, ist aber auf Grund der beschriebenen Beobachtungen nicht ausgeschlossen. Von Lep- tothrix ochracea ist durch die Untersuchungen von Molisch (2) nachgewiesen worden, daß diese Art von Eisenbakterien sich hetero- troph ernähren kann. Die Ernährungsbedingungen von Crenothrix polyspora und Clonothrix fusca sind trotz vieler Bemühungen bis jetzt noch nicht aufgeklärt. Es ist nicht unwahrscheinlich, daß bei manchen dieser Eisenbakterien das Eisen eine ähnliche Rolle spielt wie bei den Eisenpilzen. Jedenfalls zeigt die vorliegende Unter- suchung, daß die verschiedenen eiseninkrustierenden Organismen, die in der Natur vorkommen, nicht alle dasselbe ernährungs- physiologische Verhalten aufweisen. Die vorstehende Arbeit wurde im botanischen Institut der Universität Leipzig ausgeführt. Zusammenstellung der Hauptresultate. In der Natur finden sich weit verbreitet in eisenhaltigen Wässern Pilzhyphen, die in ihrer Membran wie die Eisenbakterien eine beträchtliche Menge von Eisenoxydhydrat gespeichert haben. Die Hauptmasse dieser PilzhyjDhen gehört einer Cifromyces- Art an, die morphologisch von Citromyees Pfefferianus kaum zu unterscheiden ist, physiologisch dagegen in mancher Hinsicht eine Sonderstellung unter den Schimmelpilzen einnimmt. CitroDiyces siderop)hüns gedeiht in Nährlösungen ohne Eisen- zusatz wie andere Schimmelpilze. Ein Zusatz von 0,5 Vo Ferrosulfat zur Nährlösung bewirkt bei C. siderophiliis eine beträchtliche Vermehrung des Erntegewichtes, während das Wachstum anderer Schimmelpilze hierdurch stark gehemmt wird. C. sideropkilus zeigt eine besondere Resistenz gegen die Gift- wirkung von Zinksulfat. 354 ^- Lieske, Unters, über die Physiologie eisenspeichernder Hyphomyceten. Eisenoxydulsalze üben auf C. sidcrophihis in keiner Konzen- tration eine chemische Giftwirkung aus, sondern verursachen eine bedeutende Förderung des Wachstums. Eisenoxydsalze sind für C. siderophilus ebenso giftig wie für andere Schimmelpilze. Die wachstumsfördernde Wirkung ist dem Ferro-Ion, die Grift- wirkung dem Ferri-Ion zuzuschreiben. Nicht dissoziierte Eisensalze haben keinen merklichen Einfluß auf das Wachstum. Durch Anwesenheit des Eisenoxyduls in der Nährlösung wird dem Pilz eine wesentlich bessere Ausnützung der gebotenen Kohlen- stoffquelle, namentlich bei schlechteren Nährstoffen, ermöglicht. Die Eiseninkrustation der Pilzhyphen ist nicht abhängig von der wachstumsfördernden Wirkung des Eisenoxyduls, sondern von der Beschaffenheit der Kohlenstoffquelle. Die der Nährlösung zugesetzten Eisensalze werden beim Wachs- tum des Pilzes reduziert beziehentlich verhindert, sich zu oxydieren. Die Eisenpilze nehmen in der Natur einen wesentlichen Anteil an der Bildung von Raseneisenstein. Literatur-Verzeichnis. Adler (l;, Centralbl. f. Bakteriol., IL Abt., 1904, Bd. 11, S. 284. Gößl (1), Beihefte zum Botan. Centralbl., 1905, Bd. 18, S. 127. Kunstniann d), über das Verhältnis zwischen Pilzernte und verbrauchter Nahrung. Leipzig. Diss. 1895. — (2), A. a. 0., S. 16. Lieske (1), Jahrb. f. wiss. Bot., 1911, Bd. XLIX, S. 91. — (2), A. a. 0., S. 120, — (3), A. a. 0., S. 116. Molisch (1), Die Eisenbakterien, Jena 1910. — (2), A. a. 0., S. 32. Peklo (1), Österreich. Botan. Zeitschr., 1909, Nr. 8, S. 6. Pfeffer (1), Jahrb. f. wiss. Bot., 1895, Bd. XXVIII, S. 238. Pulst (1), Jahrb. f. wiss. Bot., 1902, Bd. XXXVII, S. 226. — (2), A. a. 0., S. 243. — (3), A. a. 0., S. 231. Saulin, (1), Annales d. sciences nat. Bot., Ser. V, Tome XI, 1869, S. 91. Richards (1), Jahrb. f. wiss. Bot., 1897, Bd. XXX, S. 665. — (2), A. a. 0., S. 675. — (6), A. a. 0., S. 672. über Cytochorismus. Bemerkung zu H. Fittings Abhandlung: Untersuchungen über die vorzeitige Entblätterung von Blüten. Von Wilhelm Roux. Fitting berichtet in seiner interessanten Abhandlung^) unter anderem, ich hätte den Ausdruck Cytochorismus für das Tier geprägt, um damit „Trennung von Zellen innerhalb des intakt bleibenden Organismus ohne Rücksicht auf die Mechanik der Trennung und ohne daß die Trennung gerade durch einen Lebens- vorgang vermittelt zu werden brauchte", zu bezeichnen. Das ist indes nicht zutreffend; das von ihm benutzte Referat hat ihn un- richtig informiert. Eine solche rein deskriptive und außerdem gemeinsame Be- zeichnung für aktives und passives Trennungsgeschehen würde ich nicht für zweckmäßig erachten. Ich habe dagegen an isolierten und in ein indifferentes Medium übertragenen Furchungszellen des Froscheies Anziehungswirkungen gegeneinander, flächenhafte Ver- einigung, langdauernde Umordnung sowie danach Wiederaustritt von Zellen aus dem durch die drei anderen Arten des Geschehens hergestellten Zellverbande beobachtet. Wiedertrennung kam auch schon an bloß zwei Zellen vor, sogar nachdem sie sich zu „voll- kommenem", das heißt keine Furche am Rande mehr lassenden Zusammenschluß vereinigt hatten^). Diese Selbsttrennung von Zellen bezeichnete ich kurz als Cytochorismus; vollständiger müßte es heißen: Cytoautochorismus. Für alle diese in analytischen Ver- 1) Diese Jahrbücher, Bd. XLIV, 1911, S. 248. 2) Archiv f. Entwicklungsmechanik, Bd. I, S. 44, 1894, Bd. III, S. 381, Bd. IV, S. 480, Bd. V, S. 327. 356 Wilhelm Roux, Über Cytochorismus. suchen erwiesenen verschiedenen „Selbstleistungen"'), Auto- ergien von Zellen erachtete und erachte ich besondere Benennungen für nötig, ließ aber das „Auto-" der Kürze halber weg; dies war deshalb möglich, weil es sich bei den Vorgängen an Zellen für ge- wöhnlich um Selbstleistungen derselben handelt. Von außen her „determinierte" Vorgänge an Zellen müssen dagegen in einer diese Besonderheit bezeichnenden "Weise benannt werden. Fittings Vorschlag, „ganz allgemein als Chorismus einen Reizvorgang zu bezeichnen, durch welchen lebende Zellen ,infolge der Aktivität eben dieser Zellen' voneinander isoliert werden", enthält also, nach- dem ich solche Selbstleistung ermittelt und entsprechend benannt habe, nichts Neues außer der Weglassung des Zusatzes Cyto-. Der Terminus Cytochorismus braucht in meinem Sinne nur all- gemeiner in Grebrauch genommen zu werden, was wohl keines be- sonderen Vorschlages bedarf. Das „Selbst", „Auto" bedeutet nach meiner vor 30 Jahren gegebenen Definition, daß die die spezi- fische Art des bezüglichen Geschehens „bestimmenden" Faktoren in dem betreffenden Gebilde selber gelegen sind (so z. B. bei der Selbstdifferenzierung, Autodifferentiatio), während dagegen die „aus- lösenden" und sonstigen „realisierenden" sowie die das typische Geschehen „alterierenden" Faktoren von außen zugeführt werden können. Dagegen möchte ich nicht empfehlen, wenn es sich um Zellen handelt, Fittings Vorschlag zu folgen und das bezeich- nende "Wort Cyto- wegzulassen, weil damit die Anwendung des Wortes Chorismus auf größere Komplexe, sowie umgekehrt vielleicht auch auf später erkannte Selbsttrennung niederer lebenstätiger Ge- bilde (der Autokineonten, Automerizonten und Idioplassonten meiner Klassifikation) unmöglich würde. 1) W. Roux, Der Kampf der Teile im Organismus, 1881, S. 226 oder Gesammelte Abhandl. über Entwickluugsmechanik, Bd. I, S. 405 u. f., sowie Bd. II, S. 78 — 84. Inhalt des vorliegenden 3. Heftes, Band L. Seite Ernst Küster. Über die Aufnahme von Anilinfarben in lebende Pflanzenzellen 261 Verzeichnis der untersuchten Farbstoffe und Bezugsquellen 264 Diskussion der Ergebnisse 274 Zusammenfassung der Resultate 287 Hermauu Eitter TOn (xiittenberg-. Über die Verteilung der geotropischen Empfindlichkeit in der Koleoptile von Gramineen. Mit 1 Textfigur . . . 289 I. Historisch -Kritisches 289 II. Methodik 296 ITI. Die Versuchsergebnisse 301 1. Avena sativa 301 2. Hordewii vulgare und PItalaris canariensis 309 3. Setana italica .312 4. Sorghum vulgare 317 IV. Die Verteilung der geotropischen Empfindlichkeit und die Statolithentheorie 318 V. Die biologische Bedeutung der Spitzenempfindlichkeit 324 VI. Zusammenfassung 325 Literatur -Verzeichnis 326 Rudolf Lieske. Untersuchungen über die Physiologie eisenspeichernder Hyphn- myceten. Mit 3 Textfiguren 328 Einleitung 328 Das Vorkommen der Eisen pilze in der Natur 328 Herstellung von Reinkulturen 329 Citroinyces siderophilus n. spec 331 Kulturen ohne Zusatz von Eisen 332 Kulturen mit Zusatz von Eisensalzen 332 Salze anderer Metalle 333 Eisenoxyd- und Oxydulsalze 334 Verschiedene Stickstoffquellen 338 Verschiedene Kohlenstoff quellen 339 Organische Eisensalze 340 Der Einfluß des Eisenoxyduls bei Gegenwart geringer Mengen organischer Substanz in der Nährlösung 310 358 In''alt. Seite Die Eiseninkrustation der Pilzhyphen 341 Sind die Eisenpilze fähig, Kohlensäure zu assimilieren? 344 Die Reduktion der Eisensalze 345 Bildung von Raseneisenstein durch Eisenpilze 348 Allgemeine Betrachtungen über die Physiologie der Eisenpilze . - . . . 349 Zusammenstellung der Hauptresultate 353 Literatur -Verzeichnis 354 Wilhelm Roiix. Über Cytochorisnius. Bemerkung zu H. Fittings Abhandlung: Untersuchungen über die vorzeitige Entblätterung von Blüten 355 Verlag von Gebrüder Borntraeger in Leipzig TABULAE BOTANICAE unter Mitwirkung von A. J. Blakeslee (Storrs, Conn.), A. Guiliiermond (Lyon) redigiert von Professor Dr. E. Baur (Berlin) und Dr. E. Jahn (Berlin). Erschienen sind bereits: Tafel I: Myxobacteriaceae, Entwicklung von Polyangium fuscum. Subskriptionspreis 20 M., Einzelpreis 27 M. „ II: Fruchtkörper von Chondromyces und Myxococcus, Sporenbildung von Myxococcus. Subskriptionspreis 20 M., Einzelpreis 27 M. „ III: AcrasJeae. Dictyostelium. Subskriptionspreis 16 M., Einzelpreis 21 M. 50 Pf. „ IV: Sporangien und Plasmodien der Myxomyceten. Dic- tydium Trichia, Leocarpus. Subskriptionspreis 20 M., Einzelpreis 27 M. „ V: Stoma. Rhoeo discolor. Subskriptionspreis 16 M., Einzelpreis 21 M. 50 Pf. „ VI und VII: Mucorinae. Mucor, Rhizopus. Subskriptionspreis ä 16 M., Einzelpreis ä 21 M. 50 Pf. „ VIII: Ustilagineae I. Ustilago Tragoponis. Subskriptionspreis 12 M., Einzelpreis 16 M. „ IX: Volvocaceae. Eudorina elegans. Subskriptionspreis 12 M., Einzelpreis 16 M. „ X: PhaeophyCeae. EctOCarpUS I. Subskr.-Pr. 12M., Einzelpr. 16M. „ XI: PhaeOphyceae. EctOCarpUS II. Subskr.-Pr. I2M., Einzelpr. 16M. „ XII: Rhodophyceae. Nemallon. Subskr.-Pr. 12 M., Einzelpr. 16M. „ XV: Phaeophyceae (Fucaceae). Fucus vesiculosus I. Subskriptionspreis: 16 M , Einzelpreis 20 M. „ XVI: Phaeophyceae (Fucaceae). Fucus vesiculosus II. Subskriptionspreis: 16 M., Einzelpreis 20 M. Tafel XIII, XIV erscheinen später. Das Tafelwerk soll die gesamte Anatomie und Entwicklungsgeschichte der Pflanzen umfassen; besonders sollen auch die niederen Pflanzen mehr beriicksichtigt werden. In Farbendruck ausgeführt, haben die Tafeln ein Format von 150: 100 cm. Jeder Tafel ivird eine Erklärung in drei Sprachen beigegeben. Auch aufgezogen auf Leinwand, mit Stäben sind die Tafeln zu haben: der Preis erhöht sich dann um 3 3Ik. 50 Pf. pro Tafel. Weitere Tafeln sind in Vorbereitung. Der Subskriptionspreis versteht sicli bei Bezug der vollständigen Reihe. Ausführliche Prospekte gratis und franko. Verlag von Gebrüder Borntraeger in Leipzig Die Chemie der Cellulose unter besonderer Berücksiclitigung der Textil- und Zellsto£f- Industrien von Professor Dr. Carl G. Schwalbe, üe- heftet 25 Mk., in Halbfranz gebunden 28 Mk. 50 Pfg. Einführung in die experimentelle Ver- erbungslehre von Prof. Dr. phil. et med. Erwin Baur. Mit 80 Text- figuren und 9 farbigen Tafeln. In Ganzleinen geb. 10 Mk. Das Problem der Befruchtungsvorgänge und andere cytologische Fragen von Prof. Dr. B. Nemec, Vorstand des pflanzenphysiologischen Institutes der k. k. böh- mischen Universität Prag. Mit 119 Abbildungen im Text und 5 lithographischen Doppeltafeln. Geb. 23 Mk. 50 Pfg. Die Wirbeltiere. Eine Übersicht über die fossilen und lebenden Formen von Dr. Otto J aekel, Professor an der Universität Greifs- wald. Mit 281 Textabbildungen. Geheftet 10 Mk. 60 Pfg., in Leinen gebunden 12 Mk. Kulturpflanzen und Haustiere in ihrem Übergange aus Asien nach Griechen- land und Italien sowie in das übrige Europa. Historisch-linguistische Skizzen von Victor Hehn. Achte wesentlich umgearbeitete Auflage herausgegeben von Prof. Dr. O. Schrader mit botanischen Beiträgen von A. Engler und Ferd. Pax. Geh. 17 Mk., in Halbfranz geb. 20 Mk. Ausführliche Prospekte gratis und franko. Preis dieses Heftes für Abonnenten ... 3 Mk. 50 Pfg., für den Einzelverkauf 4 Mk. 40 Pfg. JAZEBtFCHEE für wissenschaftliche Botanik Begründet von Professor Dr. N. Pringsheim herausgegeben W, Pfeffer und E. Strasburger Professor »n der Universität Leipzig Professor an der Universität Bonn Fünfzigster Band. Viertes Heft. Mit 1 Textfigur. Leipzig Verlag von Gebrüder Borntraeger 1912 Alle Zusendungen für die Redaktion bittet man zu richten an Professor Pfeffer in Leipzig (Botanisches Institut), — vom 1. August Ms 26. September nur an Gebrttder Borntraeger in Berlin W 86, SchSneberger Ufer 12 a Inhalt des vorliegenden Heftes. Seite Adolf Mayer. Zur Erklärung der Blattstellung der sogen. Kompaßpfianze. Mit 1 Textfigur 359 Sergius Ivanow. Über die Verwendung des 01s in der •Pflanze 375 Edgar Irnischer. Über die Resistenz der Laubmoose gegen Austrocknung vmd Kälte 387 Ausgegeben im Februar 1912, Die Jahrbücher für wissenscbaftliche Botanik erscheinen in zwanglosen Heften, von denen 4 — 6 einen Band bilden. Der Preis des Bandes beträgt für die Abonnenten ungefähr 35 Mk., sofern nicht eine ungewöhnliche Zahlvon Tafeln eine Preiserhöhung notwendig macht. Beim Einzelverkauf erhöht sich der Preis um 25 Prozent. Das Honorar beträgt 30 Mk. für den Druckbogen. Bei Disser- tationen wird ein Honorar nicht gewährt. Den Autoren werden 30 Sondei abdrücke kostenfrei geliefert. Auf Wunsch wird bei rechtzeitiger Bestellung eine größere Anzahl von Sonderabzügen hergestellt und nach folgendem Tarif berechnet: für jedes Exemplar geheftet mit Umschlag für den Druck- bogen 10 Pfg., für jede schwarze Tafel einfachen Formats 5 Pfg., für jede schwarze Doppeltafel 7,5 Pfg. Bei farbigen Tafeln erhöhen sich obige Preise für jede Farbe um 3 Pfg. Ein besonderer Titel auf dem Umschlag, falls ein solcher ge- wünscht wird, 3 Mk. 50 Pfg. — Zusätze, Änderung der Paginierung usw. werden besonders berechnet. Diesem Heft liegen Prospekte der Verlagsbuchhandlung Gebrüder Borntraeger in Berlin hei. Zur Erklärung der Blattstellung der sogen. Kompaßpflanze. NEW YOR BOTANICy^ Von Adolf Mayer. Mit 1 Textfigur. Unter Kompaßpflanzen versteht man bekanntlich grüne Ge- wächse, die ihre Blätter mehr oder weniger genau in die Meridian- ebene einstellen. Unter den europäischen Repräsentanten kommt für das Studium meines Wissens allein die Komposite Lactuca scariola in Betracht, von der durch Stahl (Jena) eine vortreffliche Monographie mit Abbildung gegeben ist, welche letztere, da sie durch keine bessere ersetzt werden kann, wir umstehend in etwas verkleinertem Maßstabe reproduzieren. Auch zur Erklärung der Er- scheinung hat der Jenenser Botaniker und Pflanzenphysiologe einen wichtigen Beitrag geliefert. Im wesentlichen lautet derselbe wie folgt: „Das Licht der aufgehenden Sonne fällt bei einem Teil der in Entstehung begriffenen Blätter auf die Rückseite, bei einem anderen unter mehr oder minder spitzem Winkel auf die Vorder- seite. Diese letzteren Blätter werden die notwendigen Krümmungen resp. Torsionen ausführen, bis sie mit ihrer Oberseite senkrecht zum Sonnenlichte stehen. Bald nimmt aber infolge der starken Beleuchtung und der gesteigerten Transpiration die Wachsturas- intensität und mit ihr die Fähigkeit, heliotropische Bewegungen 1) Andere Pflanzen, wie Aplopap])us )-ubiginosus, Lactuca saligna und viminea und Chondrilla juncea zeigen die Erscheinung in minder vollkommener Weise, und die amerikanische Kompaßpflanze Silphium laciniatum ist wegen ihrer großen, nicht regel- mäßig eingepflanzten Blätter wenig zu Versuchen geeignet. 2) Stahl, Über sogenannte Konipaßpflanzen , 1883, S. 10. Ygl. Hansgirg, Phyllobiologie, 1903, S. 144. Jahrb. f. wisa. Botanik. L. 24 360 Adolf Mayer, auszuführen, ab: die Blätter verharren in der eingenommenen Stellung. Gegen Abend, wo die Wachstumsbedingungen wieder günstiger werden, nehmen dann die in der Knospenlage nach Westen schauenden Blätter die Senkrechtstellung zum Lichte der untergehenden Sonne ein". Mit dieser Erläuterung ist sicher ein großer Schritt getan, um zu einer be- friedigenden Einsicht in das auf den ersten An- blick so befremdende Phänomen zu gelangen. Doch bleibt noch ein und der andere dunkle Punkt, den ich experimentell zu erläutern versucht habe. Als solche dunklen Punkte möchte ich nam- haft machen: 1. Nach dem Stahl- seilen Erklärungsversuche sollte man meinen, daß die Ost- und Westblätter einfach durch eine Biegung nach oben ihre Meridian- stellung erreichen müßten. Eine Torsion des Blatt- stengels scheint bei ihnen unnötig zur Erlangung des Resultats.— Dies entspricht aber nicht völlig den Tat- sachen. Auch die Stengel der rein östlich oder west- lich inserierten Blätter werden nicht nach der Stengelachse zugebogen, sondern mehr oder weniger um die eigene Achse gewunden und weichen infolgedessen seitlich aus, so daß sie nicht etwa gegen die Stengelachse klappen, sondern einen Schiefstand nach Süden oder nach Norden zu einnehmen, fec :;3h/ Fig. 1. Zur Erkläntng (iermination of Helinnthns nii- nuuit. Annais of Botany, 1910, 603. über die Verwandlung des Öls in der Pflanze. 370 Die systematischen Untersuchungen von E. Friedmann') usw. über den Abbau der Säuren im tierischen Organismus erhiuben Otto Porges unter gewissen Voraussetzungen folgende Meinung zu äußern: „Wir werden also der Möglichkeit Raum geben müssen, daß die Fette im normalen Stoffwechsel unter Abspaltung von Essigsäure- resten Acetessigsäure liefern, daß also die Fette in dieselben Pro- dukte verarbeitet werden, wie die Eiweißkörper" -). Als ich meine eigenen Arbeiten begann, war ich gezwungen, mich um die Auswahl neuen Materials zu bekümmern, welches nicht zufällig zusammengebracht werden dürfte. Die Objekte, welche ich im ersten TeiP) meiner Abhandlung untersuchte, nämlich Lein, Hanf, Raps und Mohn, bildeten ein passendes Material, weil die ungesättigten Säuren, welche sich in ihrer Zusammensetzung be- finden, die natürliche steigende Reihe bilden: CnH.-n — eO^', CnHi,, — 4O0, CnH2n — äOi. Man konnte erwarten, daß etliche Prozesse bei der Keimung der Samen auch eine Reihe bilden werden. Das Keimen der Samen wurde in Schalen auf feuchtem Fil- trierpapier im Dunkeln bei einer Mitteltemperatur von 25" C durch- geführt und bei 100" C getrocknet*). Die Methoden der Unter- suchung sind schon besprochen worden^). Natürlich taucht die erste Frage auf, ob die Intensität der Zerlegung des Öls von seinem Bestände und von der größeren oder geringeren Oxydationsfähigkeit der ungesättigten Säuren ab- hängig ist? Tabelle I beantwortet positiv diese Frage. Tabelle I. Zerse tzungsintensität des 01s. Samen Keimlinge am 4. Tag S.Tag 10. Tag Iiein (Linnm usitatissinuDii) . Hanf (Caimabis sativa) .... Eaps (Brassica Napu>s olelfera) . . Mohn (Pupaver somniferum) . 33,607o 31,5 „ 38,3 „ 47,0 „ 2G,4 17,8 35,05 38,55 16" 11,3 33,33 31,34 3,46 1) E. Friedmann, Zur Kenntnis des Abbaues der Karbonsäuren im Tierkörper. Hofmeisters Beitr. 1908, Biochem. Zeitschr. 1911. 2) Otto Porges, Über den Abbau der Fettsäuren im Organismus. Ergebnisse der Physiologie 1910, 10, 1. 3) Sergius Ivanow, Über den Stoffwechsel beim lleifen ölhaltiger Samen mit besonderer Berücksichtigung der Ölbildungsprozesse. Beihefte z. Bolan. Centralbl., 1911. 4) Diese Arbeit ist im Landwirtschaftlichen Institut zu Moskau ausgeführt und im Pflanzenphysiologischen Institut der Wiener Universität kontrolliert worden. 380 Sergius Ivanow, Das Öl des Leins und des Hants, das weniger gesättigte Säuren als das Ol des Rapses enthält, zerfällt viel rascher. Die Bestimmungen der Säurezahl erklären diesen Vorgang. Wir finden, daß die am wenigsten gesättigten Säuren fast augenblicklich aus den Keimlingen verschwinden und die sehr niedrige Säurezahl in den Keimlingen des Leins und Hanfs bedingen. Die Umbildungen der Stoffe in diesen Samen folgen sehr rasch nacheinander. Bei anderen Objekten, beim Raps, sammeln sich die aus dem Öle gewonnenen Säuren und halten sich länger auf; dasselbe gilt auch für Mohn, bei welchem die Säurezahl ziemlich hoch ist. Tabelle IL Die Säurezahl. Samen Keimlinge am 4. Tag S.Tag 12. Tag Lein (Linum usitatissimum) . Hanf (Canncibis sativa) .... Eaps (Brassica Napus oleifera) . . Mohn (Papaver somniferum) . . . 3,95 2,84 4,65 12,13 6,78 5,3 3,57 40,07 11,6 7,53 14,43 5,18 17,73 35,66 Dasselbe Verhältnis beobachten wir auch bei der Reife der Samen: die äußerst niedrigen Zahlen sind hier auch charakteristisch für Lein und Hanf. Hieraus ziehen wir den Schluß, daß sich die ungesättigten Säuren, die sich beim Keimen und Reifen der Samen bilden, in einem äußerst instabilen Zustande befinden, indem sie sich bei der Reife mit einem Molekül Glyzerin zu verbinden streben, oder bei der Keimung die weitere Umbildung in Kohlenhydrate dulden. Die ungesättigten Säuren des Ölsäuretypus verhalten sich mehr stabil und inaktiv, deswegen zeigen auch Raps und Mohn bei der Reife und Keimung eine höhere Säurezahl. Aus dieser Beobachtung ziehen wir eine Reihe Folgerungen: wenn die ungesättigten Säuren sich rascher als die gesättigten zer- setzen, so muß 1. die Atherzahl sich vermindern, 2. die Jodzahl rasch abnehmen, 3. die Hexabromidprobe infolge der Zersetzung der Leinölsäure bald verschwinden. Diese Prozesse wollen wir konsequent analysieren. Bei der Beobachtung der Verseifungszahl finden wir kein ähnliches, einheit- liches Bild. Die Zahlen nehmen bei der Keimung einiger Objekte ab und vergrößern sich bei den anderen. Ülier (Ii(* Verwaiulliiiig des Öls in der Pflanze. Tabelle III. Die Verseifungszahl. 381 Samen Keimlinge am 4. Tag 8. Tag 12. Tag Lein (Linum nsitatissimum) . Hanf (Cannabis sativa) .... llaps {Brassica Napus oleiferu) . . Mohn (Papaver somniferum) . 181,15 190,72 173,28 180,9 146,68 188 159,8 187,39 177,7 165,99 125,33 Diese Schwankungen sind aus dem oben Gesagten leicht zu verstehen: bei der Keimung sammeln sich die freien Fettsäuren ungleich in verschiedenen Keimlingen und verdecken die Atherzahl. Wenn die Verseifungszahl von der Säurezahl befreit wird, so nimmt die Atherzahl gleichmäßig ab. Tabelle IV. Die At herzahl. Samen Keimlinge am 4. Tag S.Tag 12. Tag Lein (Linam usilatissimum) . Hanf (Cannabis nativa) .... Raps (Brassica Napus oleifcra) . . Mohn (Papaver somniferum) . 17 7,20 187,9 168,63 168,78 139,9 181,7 156,00 147,32 169,5 151,5 120 Die Abnahme der Atherzahl wird zum Teil auf folgende Weise erklärt: je weiter der Keimungsprozeß vor sich geht, desto voll- ständiger schwinden die ungesättigten Säuren und desto mehr bleiben die gesättigten (auch die des Typus der Ölsäure) in den Keimlingen. Der bei dem Beginn des Prozesses bei verschiedenen Objekten ungleiche Atherauszug verwandelt sich allmählich in einen haupt- sächlich aus den gesättigten Säuren und aus dem Typus der Ölsäure gleich zusammengesetzten; deswegen nimmt das Quantum der zum Neutralisieren der Säuren in 1 g nötigen Kalilauge allmählich ab, weil selbst die Zahl der Säuremoleküle abnimmt. In unserer Pflanzenreihe geht die Abnahme der Atherzahl parallel mit der Intensität der Verwandlung des Öls vor sich; je rascher das Ol verbraucht wird, desto stärker nimmt die Atherzahl ab. Der Ein- fluß des „Unverseifbaren" ist auch möglich. Die Abnahme der Jodzahl geht auch parallel mit dem Ver- schwinden des Öls vor sich. 382 Sergius Ivauow, Tabelle V. Die Jodzahl. Samen Keimlinge am 4. Tag S.Tag Lein (Linum usitatis.simum) .... 173,4 114,2 93,4 Hanf (Canndbis sativa) 1.50,17 147 125,6 Raps (Brassica Napus oleifera) . 94,7 83,88 71, C Mohn (Papaver somniferum) .... 140,2 126,0 — Die Abnahme der Jodzahl differiert bei verschiedenen Objekten sehr wesentlich und besonders da, wo Säuren der niedrigeren Reihe der Sättigung vorhanden sind. Die Bromierungsnaethode zeigt, daß die letzten Säuren sehr schnell aus der Pflanze verschwinden. Tabelle VT. Ungesättij ^te Säuren. Linolensäure in Proz. Linolsäure in Proz. am 4. Tag am 8. Tag am 4. Tag am 8. Tag Lein (Linum usitatissimum) .... ! — 0,778 4,16 _ Hanf (Cannabis sativa) 3,07 0,0 11,78 5,34 Eaps (Brassica Napus oleifera) . 0,6057 0,0 2,69 3,98 Mohn Papaver somniferum) .... — 0,0 19,975 — Am schnellsten verschwinden die Linolensäure und dann die Linolsäure, Folglich bildet sich die Jodzahl in den nächsten Tagen der Keimung ausschließlich aus den Säuren des Typus CnH2n — ^Oä. Bemerkenswert ist, daß ich im Rapssaraen niemals Linolsäure finden konnte, in den Keimlingen aber läßt sie sich in minimalem Quan- tum nachweisen. Das alles zeigt einstimmig, daß bei der Keimung der Samen die weniger gesättigten Säuren sehr schnell verbraucht werden. Bis jetzt konstatierten wir, daß die verschiedenen Bestandteile des Öls bei der Keimung ungleich verbraucht werden; versuchen wir die nächsten Produkte der Umbildung des Öls zu untersuchen. Bilden sich bei der Keimung Säuren mit kürzeren Ketten? Unsere Bestimmungen der Reichert -Meißischen Zahl beantworten diese Frage negativ. Tabelle VIL Eaps (Brassica Napus oleifera) Hanf (Cannabis sativa) . Reichert-Meißlsche Zahl. . Keiml. am 10. Tag = 1,15; am 18. Tag = 1,4 V n 5- ,. =1 = 1 ; « 10- « =1.8« iiber lue Verwandlung des Öls in der Tfiauze. 383 Früher fanden wir bei der Reife der ölhaltigen Samen eine sehr niedrige Reichert -Meißische Zahl. Unwillkürlich taucht der Gedanke auf, daß die niederen flüchtigen Säuren zufällig in den Atherauszug gelangen und scheinbar in ihrer Entstehung vom Öle nicht abhängig sind. Ihre verhältnismäßige Schwankung und sogar Ansammlung wird leicht aus der Verbrauchung des Öls bei der Keimung erklärt. Aus der starken Abnahme der Jodzahl bei der Keimung der Samen zieht E. C. Miller den Schluß der Umbildung der ungesättigten Lösung in gesättigte. Kann man aber diese zwei Vorgänge als Ursache und Folge ansehen? Unsere Untersuchungen haben gezeigt, daß die Abnahme der Jodzahl mit dem Verbrauchen der ungesättigten Säuren verbunden ist. Die unmittelbare Bestimmung der gesättigten Säuren nach David gibt auch keinen Grund zu denken, daß die gesättigten Säuren sich in den Keimhngen bilden. Tabelle VIII. Gesättigte Säuren. Keimlinge am 4. Tag 8. Tag Hanf (Cannabis sativa) . Raps (Brassica Napus oleifera) Mohn (Paparer somnifei-um) l,4257o 1,20 „ 6,0 „ 1,640 0,0 6,11 Die verhältnismäßige Menge der gesättigten Fettsäuren des Hanfs und Mohns bleibt fast ohne Veränderung, beim Raps ver- schwinden sie vollständig. Wir haben also keine so starken Gründe für die Bildung der gesättigten Säuren aus den ungesättigten, wie wir sie für den umgekehrten Prozeß beim Reifen der Samen haben. Das letzte Produkt der Umbildung des Öls sind die Kohlen- hydrate. Ich führe hier kurze Resultate meiner Bestimmungen der Kohlenhydrate in den Keimlingen an. Die Kohlenhydrate bilden die Summe der Substanzen, welche die Fehlingsche Lösung reduzieren und die bei der Hydrolyse des entfetteten Materials in den Keimlingen durch 2% Schwefelsäure gewonnen werden (Tab. IX). Kann man einstimmig mit L. Maquenne meinen, daß die ungesättigten Säuren in der Bildung der Kohlenhydrate einen Vor- zug vor den gesättigten haben oder soll man diesen zwei Reihen von Säuren wesentlich verschiedene Funktionen zuschreiben? Nach 384 Sergius Ivanow, meiner Ansicht ist das nicht der Fall; ich nehme an, daß der Unterschied zwischen ihnen nur ein quantitativer und kein quali- tativer ist und sich hauptsächlich auf der verschiedenen Reaktions- fähigkeit der Säuren begründet. Tabelle IX. Kohlenhy drate in d en Keimlingen. Samen Keimlinge am 4. Tage 8. Tage Lein (Linum usitatissimum) .... Hanf (Cannahis sativa) Eaps (Brassica Napiis oleifera) . Molin (Papaver somniferum) .... 4,5106 2,80 4,6531 1,178 6,695 7,93 14,720 6,84 17,650 10,25 10,20 17,40 Was bildet sich zuerst aus dem Öle, existieren irgend welche Zwischensubstanzen zwischen dem Öle und den Kohlenhydraten? Das wissen wir nicht! Wie ironisch klingt uns daher die vor einem halben Jahr- hundert von Sachs gemachte Entdeckung, daß „das erste sicht- bare Produkt" der Verwandlung des Öls die Kohlenhydrate sind! Nahe sind die Ränder der tiefen Schlucht zwischen den Kohlenhydraten und Ölen zusammengerückt, aber nur ein Pfad lockt den forschenden Verstand und verspricht zum anderen ge- wünschten Ufer hinüber zu führen. Dieser Weg ist die Untersuchung der bei der Keimung der Samen wirkenden Kräfte und zwar die Erforschung der Wirkungen der Oxydationsfermente auf die höheren Fettsäuren. Die Hauptschlüsse unserer Arbeit können auf folgende Weise formuliert werden: 1. Die ungesättigten Säuren werden von den Keimlingen rascher verbraucht als die gesättigten; wenn die Samen eine Mischung der beiden enthalten, so verschwinden früher die ersteren Säuren. Es scheint, daß die ungesättigten Säuren die gesättigten vor der Verbrauchung schützen. 2. Die Intensität des Verbrauchs der ungesättigten Säuren der Keimlinge steht in einem umgekehrten Verhältnis zum Sättigungs- grade: zuerst werden die Säuren der Linolensäurereihe CuH^n — ijOo, dann die Linolreihe CnHan — lOo und endhch die Ölsäure CnH2n — äOi Verbraucht. Die Hexabromidprobe verschwindet sehr rasch. über die Verwaiidluiii? tles Öls in der Pflanze. 385 3. Die Säurezalü jeder Pflanze ist eine streng bestimmte Größe: eine geringe bei den ungesättigten und eine große bei den gesättigten Säuren. Wenn die Bestandteile des 01s in der Pflanze bekannt sind, kann man annähernd über die Säurezahl der Keim- linge urteilen. 4. Je weniger die Säuren gesättigt sind, desto mehr nimmt die Atherzahl beim Keimen ab. 5. Die Folge des intensiven Verbrauchs der ungesättigten Säure ist die starke Abnahme der Jodzahl. 6. Die Verwandlung des Öls in der Pflanze geht auf dem "Wege der Oxydation vor sich; die Produkte dieser Oxydation sind noch nicht festgestellt und bilden die nächste Aufgabe der Forschung. 7. Aus dem Umstände, daß die Oxydationsprozesse in den Samen mit ungesättigten Säuren sehr rasch vor sich gehen und daß sich Kohlenhydrate bilden, d. h. Substanzen mit einem geringeren thermocheinischen Wert, läßt sich schließen, daß die ungesättigten Säuren ein Resultat der Anpassung der Pflanze sind, um bei der Keimung der Samen ein größeres Quantum Wärme abzusondern, die einen rascheren Stoffwechsel hervorruft. Ich erfülle an dieser Stelle die angenehme Pflicht, Herrn Prof. H. Molisch für das Interesse, welches er stets der Arbeit entgegenbrachte, meinen Dank auszusprechen. Analytische Beilage. Säureza hl. Objekt Gewicht in g 0,N.KOH com Zahl Objekt Gewicht in g O.N'KOH com Zahl Lein 0,7123 0,5 3,95 Eaps 1,4472 1 1,2 j 4,65 1,2428 1,5 6,78 0,704 7 0,45 3,57 4,241 5,1 6,79 1,2413 3,2 14,47 4,2075 8,7 11,6 1,591 4,1 14,40 1,5618 1,6 5,18 1,202 3,8 17,73 Hanf 2,1196 2 5,3 Mohn 1,0636 2,3 12,13 5,7285 2,9 2,84 .•i,230 23,0 40,07 2,8294 3,8 7,53 2,7766 2,139 17,8 13,5 35,96 35,46 386 Sergius Iranow, Über dii- Verwatullung i]es Ölü in der Pflanze. Verseifungszahl und Äthei'zahl. Objekt Gewicht 25 ccm KOH = Zur Neutralisation Zahl lein 0,7123 26,7 com 0,5 N. HCl 22,2 ccm 0,5 N. HCl 177,2 1,2428 26,7 20,5 139,9 1,3426 28,6 22,6 125,33 Hanf 2,1196 24,4 10,2 187,9 3,1512 24,4 3,0 190,72 2,8294 24,4 7,3 169,5 2,727 24,4 7,0 177,7 2,443 24,4 16,5 181,7 Tvaps 1,4472 26,7 18,0 168,63 0,7047 26,7 22,8 155,23 0,9476 26,7 21,4 156,8 1,2413 26,7 20 151,52 Mulm 1,0636 26,7 20,3 168,78 0,952 26,7 21,7 147,32 2,918 26,7 11,4 147,3 Reich ert- Meißische Zahl. Objekt Gewicht 0,N • KOH ccm zur Neutral. Zahl Hanf Kaps 5,2708 5,001 5,5564 5,320 6,8618 7,07 2 1,2 1,9 1,8 1,4 1,8 1,1 1,2 1,88 1,87 1,1 1,* Jo Jzahl. Objekt Gewicht 1 ccm Na, S^ O3 = 25 ccm Jodlös. = Jodabsorption Zahl Lein 0,2054 0,012121 g Jod 50,5 21,0 ccm Na„Sj03 173,6 0,2416 0,012121 50,5 15,9 173,1 0,166 0,012121 50,5 35 114,2 0,4861 0,013793 44,4 11,3 93,9 0,7987 0,013793 2 X 44,4 35,6 92,9 Hanf 0,1807 0,013793 44,4 24,9 148,8 0,1694 0,014184 21,05 2,95 151,55 0,1804 0,014184 21,05 2,35 147,03 0,1649 0,014184 21,05 6,35 126,4 0,2219 0,013793 44,4 24,3 124,9 Kaps 0,174 0,012121 50,5 36,9 94,7 0,181 0,013793 44,4 33,4 83,82 0,1555 0,012121 50,5 39,8 83,3 0,1732 0,014184 21,05 10,75 84,3 0,1104 0,012121 50,5 44 71,6 Mohu 0,1918 0,012121 44,4 14,1 140 0,264 0,012121 44,4 13,8 140,4 0,214 0,012121 50.5 28,4 125,2 0,2028 0,012121 50,5 29,4 126,1 0,2568 0,013793 44,4 20,8 126,8 über die Resistenz der Laubmoose gegen Austrocknung und Kälte. Von Edgar Irmscher. I. Einleitung. Der wichtigste Faktor, der über die Existeiizmöglichkeit jedes Organismus und so aucli jeder Pflanze entscheidet und dieser ihren Wohnplatz in erster Linie anweist und abgrenzt, ist zweifellos das Wasser. Je nach dem verschiedenen Maße, in dem es an den einzelnen Standorten einer Formation geboten wird, ist auch die Pflanzenwelt je nach dem Bedarf und den Ansprüchen der einzelnen Spezies eine verschiedene. Wo Wasser in flüssiger oder dampf- förmiger Form gänzlich fehlt, ist eine Vegetation schlechterdings unmöglich. Doch können sich auch an besiedelten Substraten äußere Einflüsse, die in dem klimatischen Rhythmus und den Stand- ortsverhältnissen begründet sind, geltend machen, die einen so starken Wassermangel hervorrufen, daß der normale Lebensbetrieb der Pflanze bedroht wird. Dieser Gefahr, der die Vegetation z. B. in regenlosen Trockenperioden ausgesetzt ist, suchen die einzelnen Pflanzengruppen auf mannigfache Weise zu begegnen. Während die einen Arten, deren Vegetationskörper durch den Wasserverlust gänzlich oder teilweise getötet wird, durch Bildung von Sporen, Samen, Rhizomen usw. die ungünstige Periode überdauern, sind andere durch ihren Bau, der wasserspeichernde und die Transpi- ration herabsetzende Einrichtungen aufweist, vor schädigender Aus- trocknung gesichert. Eine weitere Gruppe von Organismen kommt solchen extremen Lebensbedingungen dadurch entgegen, daß ihre Vertreter eine bis zur Lufttrockenheit gehende Austrocknung ihrer vegetativen Teile längere Zeit ohne Schaden ertragen können. 388 Edgar Irmsolier, Zur letzteren Gruppe gehören auch die Moose, speziell die Laubmoose, deren schon seit langem bekannte große Resistenz gegen Austrocknung sie befähigt, Substrate zu besiedeln, wo höhere Organismen keine Existenzbedingungen finden. Wie wir wissen, tritt bei fortschreitender Wasserabgabe schließlich eine Sistierung aller Lebensfunktionen ein, mit anderen Worten, das Individuum verfällt in den Zustand einer Trockenstarre. Diese ist natürlich ein vorzügliches Mittel zur Verlängerung der Lebensdauer; denn nach Aufheben der Inaktivierung des Plasmas durch erneute Wasserzufuhr findet eine ungestörte Fortsetzung des Lebensbetriebes statt. Andererseits hat eine extreme Einwirkung der Trockenheit, wobei sowohl die Dauer als auch Schnelligkeit und Intensität des äußeren Einflusses eine Rolle spielen kann, ein allmähliches Ab- sterben oder einen jähen Tod zur Folge. Ein zweiter Fall, wo zweifellos ein starker Wasserentzug eine große Rolle spielt und in das normale Arbeiten des Protoplasten störend eingreift, ist der Eintritt von Frost, wenn dabei Eisbildung in der Pflanze stattfindet. Auch gegen den Einfluß von Tempe- raturen unter dem Nullpunkt haben wir im Pflanzenreich alle Ab- stufungen der Widerstandsfähigkeit. Fassen wir hier ebenfalls die Laubmoose ins Auge, so zeigt schon die Beobachtung in der Natur, daß mäßige Kälte von ihnen recht gut vertragen wird. Anderer- seits können stärkere Kältegrade ( — 20 bis — 30 "^ C), wie auch Pfeffer (1904, S. 299) bemerkt, eine schädigende Wirkung auf den Laubmoosprotoplasten hervorbringen. Experimentell ist die Austrocknungsfähigkeit der Laubmoose schon einige Male geprüft worden. Schimper (1848, S. 22) wies nach, daß Moossporen nach 50 Jahre langer Lufttrockenheit ihre Keimfähigkeit bewahrt hatten. Die Resistenz des Laubmoos- stämmchens gegen Austrocknung an der Luft und im Schwefel- säureexsikkator hat Schröder (1886, S. 15 — 21) in einer allgemein orientierenden Arbeit für einige Arten festgestellt, während Rabe (1905, S. 301—304) für in gleicher Weise behandelte gekeimte Moossporen Werte ermittelte. In bezug auf die Kälteresistenz der Laubmoose hat Rein (1908, S. 11) einige Angaben gemacht, indem er den Gefrierpunkt für Ceratodon purpureus mitteilt und aucli die Abhängigkeit des Todespunktes von der Außentemperatur feststellt. Die schon früher von Göppert (1883, S. 47, 58) gemachten Ver- suche über Einwirkung von Kälte auf Laubmoose sind leider wert- los, da er den Lebenszustand der Protoplasten nach dem Gefrieren über die Resistenz der Laubmoose gegen Austrocknung und Kälte. 389 nur nach dem Aussehen der Pflanzen beurteilte. Deshalb werden diese Befunde auch nicht weiter von mir berücksichtigt werden. Da die zwei besprochenen Faktoren, Trockenheit und Frost, eine große biologische Bedeutung besitzen und erst im Zusammen- hang mit den Potenzen des betreffenden Protoplasten in ihrer Wirkungsweise recht gewürdigt werden können, habe ich es auf Anregung des Herrn Geheimrat Prof. Dr. Pfeffer unternommen, die Resistenz der Laubmoose gegen den schädigenden Einfluß von Austrocknung und Temperaturen unter dem Nullpunkt von fiko- logischen Gesichtspunkten aus experimentell zu untersuchen und die gewonnenen Erfahrungen durch Beobachtungen in der Natur zu ergänzen. Im ersten, die Trockenresistenz behandelnden Abschnitt habe ich die einzelnen Teile der Moospflanze wie Stämmchen, Protonema und Sporogone sowohl auf Luft- und Exsikkatortrockenheit geprüft als auch dem Einfluß osmotisch wirkender Lösungen ausgesetzt, wobei ich feststellen wollte, ob die Resistenz derselben Art je nach den bei der Kultur herrschenden Feuchtigkeitsverhältnissen schwaidct oder nicht. Dabei wurden andere biologische Fragen, wie z. B. der Einfluß verschiedener Luftfeuchtigkeit und die Wichtigkeit der Polsterbildung für die Austiocknung mit erörtert. Im zweiten experimentellen Teile, der die Untersuchung über den Einfluß von Kälte enthält, wurde das Temperaturminimum (Erfrierpunkt) für die einzelnen Teile der Moospflanze annähernd durch Grenzw^erte bestimmt und die Abhängigkeit desselben von den Temperatur- verhältnissen des Standortes geprüft. Ferner wurde die Beein- flussung des Erfrierpunktes von Laubmoosblättern durch vorherige Austrocknung erörtert. Weitere Versuche wollen das Ergebnis längerer Einwirkung von Temperaturen über dem Erfrierpunkt und von abwechselndem Frieren und Auftauen zeigen. Es folgen dann Untersuchungen über die Akkommodations- und Rückakkommo- dationsfähigkeit des Laubmoosprotoplasten und schließlich über die Beziehung der Kälteresistenz zum Turgor der Blattzellen. 390 Edgar Irmscher, II. Spezieller Teil. 1. Abschnitt. Über die Resistenz der Laubmoose gegen Wasserentziehung durch Austrocknung. A. Die Einwirkung' von Luft- und Exsikkatortrockonlieit. a) Versuche mit Laubmoosstämmchen. Eine Austrocknung der Moosprotoplasten wurde experimentell einmal durch Verdunstung des Zellwassers, das andere Mal durch Einwirkung von wasserentziehenden Lösungen erzielt. Die Versuche erster Art sind vorangestellt, da diese sich an schon bekannte Daten anschließen und auch für die biologische Betrachtung von größerer Wichtigkeit sind. Zur Methodik ist zu erwähnen, daß die der Lufttrockenheit ausgesetzten Moose sich auf großen Tellern ausgebreitet im Zimmer bei einer Temperatur von ca. -j- 20 " C befanden. Die benutzten Exsikkatoren waren mit konz. Schwefelsäure beschickt und standen an gleicher Ortlichkeit. Zur Verwendung kam frisch gesammeltes Material aus Leipzigs Umgebung, dem Erzgebirge und dem Harz. Herbarmaterial ist als solches bezeichnet worden. Bei diesen Untersuchungen habe ich darauf verzichtet, auf die Mechanik des Austrocknungsvorganges einzugehen; vielmehr genügte es zu wissen, daß bei der Austrocknung über konz. Schwefelsäure — wofür wir kurz Schwefelsäuretrockenheit sagen wollen — die Wirkung gegenüber Lufttrockenheit nach zwei Richtungen hin erhöht ist, indem erstens die Schnelligkeit des Wasserentzugs gesteigert wird, andererseits derselbe mit größerer Intensität vor sich geht als bei Lufttrockenheit. Ebenso beschränke ich mich darauf, die äußeren Todesursachen zu konstatieren, ohne auf die Kette von Reaktionen einzugehen, die das endhche Resultat liefern. Der Zustand der Zellen — ob lebend oder tot — wurde durchgehends auf plasmolytischem Wege mittels Kaliumnitratlösungen (5-10 "/o) festgestellt. Ich beginne mit der Untersuchung der Trockenresistenz von Laubmoosblättern. Schroeders (1886, S. 20) Versuche hatten bereits ergeben, daß auch die austrocknungsfähigsten Arten nach einigen Jahren — als Maximum nimmt er fünf an — in bezug auf ihren Vegetationskörper völlig abgestorben sind, wobei er die im allgemeinen ganz richtige Ansicht ausspricht, daß die Resistenz der Übei' die Kesistenz der Laubmoose gegen Austrocknnng und Kälte. 391 einzelnen Arten „den verschiedenen Substraten, welchen sich die Moose angepaßt haben, entsprechend" ist. Wie die folgende Ta- belle, deren Angaben sich nur auf Blattzellen beziehen, zeigt, be- stätigen auch meine Resultate die Ansicht Schröders durchaus. Zur besseren Übersicht habe ich die einzelnen Spezies nicht syste- matisch, sondern nach dem Standort, an dem ich die zu den Ver- suchen benutzten Proben sammelte, geordnet. Tabelle I. Abkürzungen: T. = Tage; Gr. = Ginippen von Zellen; lbd. = lebend; n. = nach; W. = Wochen. Lufttrockenheit Exsikkator- trockenheit 1. Bäche, Teiche, Sümpfe. Funfinalix antipyretica n. 1 W. tot n. 5 T. tot — squamosa n. 1 W. tot n. 5 T. tot Hypnum adimciim var. polycarpam (Land- form) n. 20 W.d. Hälfted. Zell. Ibd., n. 28 W. tot n. 18 W. tot — exannidafiim n. 20 W. tot n. 11 W. tot — fluitan.-^ n. 1.5 W. tot n. 10 W. tot Philonofis fonfana u. 20 W. tot n. 18 W. tot 2. Laubwald (Substrat meist Humus). Plagiofhecium denficulatum n. 1 2 W. Gr. Ibd. n. 10 "W. tot Barbnla subulafn n. 9 W. tot n. 5 W. tot Bryum alpitmm n. 1.5 W. Gr. Ibd. n. 1.3 W. tot Mnium rnstratum .... ... n. 8 "W. tot n. 5 W. tot — uiidnlatiiiii n. 9 W. tot n. GW. tot Catharinea nndulata (Substrat Lelim) . . (n. 20 W. Ibd.), n. 25 W. tot n. 20 W. Gr. Ibd. 3. Nadelwald. Hyptwin Kjjleiidens n. 9 W. tot n. 6 W. tot — trlquetriim n. 9 W. tot n. 6 W. Gr. Ibd. — - pii:iim n. 10 W. Gr. Ibd. n. 8 W. tot Milium hornum n. 9 W. Gr. Ibd. n. 7 W. tot Bartromia ityphylla n. .'JO W. Gr. bis d. Hälfte d. Zell. Ibd., n. 50 W. tot n. 40 W. tot Dleraniim f'nscesce>is n. 30 W. Gr. Ibd. n. 25 W. Gr. Ibd. — scopariuiii n. 50 W. Gr. Ibd. n. 40 W. Gr. Ibd. Bryiim capiUare n. 20 W. Gr. bis d. Hälfte d. Zell. Ibd., n. .30 W. tot n. 25 W. Gr. Ibd. Jahtb. f. wiss. Botanik. L. 26 392 Edgard Iriiischer, Lufttrockenheit Exsikkator- trockenheit 4. Erdboden. Sandboden ; Tortula ruralls Kalk: Baihula Florü (Herbarpflanze) . Tortula inclmata (Herbarpflanze) Lehm : Pottia lanccolata Funarla hygromelrlca Physcomitrium pyrijorme .... Bryum jjallens Humusboden : Racomitnuin acmtlare. Ceratodon purjjureus Brywn argenteum 5. Felsen, Mauern, Däelier. Leptobryum pynformc, Bryum caespiticium Schistidiuin, marititnum .... — apacarjtum (Herbarpflanze) . (irimtinu, pnlvhiata — ovata iJuli/modon. ruhelhis Racomitrium lieteidsficlnini — canescen.i BarhuJa ■miirnlis Enthosfodnii fascicularis . . . . 6. Baumstämme, Zäune. Pylaisia x^olyantha TJlota Ludwigii Orthdtriclium tenclluiii. (Herbarpflz.) — sjjeciosum — straminewH n. 20W. d. Hälfted. Zell. Ibd. n. CO W. Gr. bis ein Viertel d. Zellen Ibd. n. 80 AV. noch ganz lebend n. 40 W. zahlreiche Gr. Ibd., n. 50 W. tot n. low. Gr. lbd.,n. 13 W. tot n. 5 AV. tot n. 10 W. tot n. CO AV. tot n. 20 W. Gr. Ibd. n. 1 8 AV. Gr. Ibd. n. 13 A¥. tot n. 25 AV. Gr. Ibd. n. .'15 AV. ein Viertel d. Zellen Ibd. n. 1 28 AV. ein Viertel d. Zellen Ibd. n. 60 AV. ein Viertel d. Zellen Ibd., n. 70 AV. tot n. CO AV. Gr. Ibd. n. 80 AV. Gr. Ibd. n. 50 AV. Gr. Ibd. II. 60 AV. tot n. 30 AV. Gr. Ibd. n. 9 AV. Gr. Ibd. n. 23 AV. Gr. Ibd. n. 50 AV. ganz Ibd., n. 75 W. tot n. 85 AV. d. Hälfte d. Zellen Ibd. n. CO AV. desgl. n. 72 AV. Gr. bis die Hälfte d. Zellen Ibd. n. 15 AV. Gr. Ibd. n. 35 AV. tot n. 1) AV. tot n. 3 AV. tot n. 7 AV. tot n. 30 AV. tot n. 1 5 AV. tut n. 15 AV. tot n. 7 AV. tot n. 20 AV. tot n. 2U AV. Gr. Ibd. n. CO AV. tot n. 40 AV. tot n. 50 AV. tot n. 40 AV. tot n. 40 AV. tot n. 20 AV. Gr. Ibd n. 7 W. tot n. 18 AV. tot n. 60 AV. tot n. 45 AV. tot n. CO A\^ tot über die Kesistenz der Laubmoose gegen Austrocknung und Kälte. 393 Da also ein Zusammenhang zwischen dem Standort der ein- zelnen Art und ihrer Resistenz offensichtlich ist, so habe ich nun die Frage geprüft, ob auch innerhalb der systematischen Einheit die Verschiedenheit der standörtlichen Feuchtigkeitsverhältnisse die Trockenresistenz entsprechend variieren läßt, mit anderen Worten, ob die einzelne Art in Abhängigkeit vom Milieu ökologisch-physio- logische Varietäten bildet. Für Laubmoose fanden sich in der Literatur keine diesbezüglichen Angaben. Doch sei hier die Be- obachtung Goebels (1898, S. 290) an einem Lebermoos erwähnt, daß Grimaldia dichotoma in einer fast absolut trockenen Atmo- sphäre nach sieben Jahren ihre Entwicklungsfähigkeit nicht ein- gebüßt hat, „während im feuchten Raum kultivierte Grimaldia- Sprosse im Exsikkator bald zugrunde gehen". Für unsere Versuche wurden mehrere Arten von dem Material, mit dem die in Tabelle 1 mitgeteilten Resultate gewonnen wurden, in feuchter Luft oder in Wasser submers weiterkultiviert. Hierbei sei bemerkt, daß dies keine Schwierigkeit bot, wenn für geeignet niedrige Temperatur gesorgt wurde. So wuchs Orimmia pulvinata erst submers, nachdem sie bei + 3 ° C aufgestellt worden war. Andere Arten hielten sich nach gutem Auswaschen der anhaftenden Erde und öfterem Wasserwechsel bei Zimmertemperatur monate- lang. Auf diese Weise bei -|- 15 ^ C kultivierte Barhnla miiralis produzierte ganz normale Sprosse, während Ceratodon purpureu.'^ bei dieser Temperatur etiolementähnliche Erscheinungen zeigte, und erst bei + 5 " C submers ziemlich normal wuchs. Natürlich war das Wachstum bei niederen Temperaturen immer mit Lang- samkeit verbunden. Diese in Feuchtkultur gewachsenen Sprosse wurden nun teils der Lufttrockenheit ausgesetzt, teils denselben Exsikkatoren wie das betreffende Naturmaterial zugeteilt. Wie die Ergebnisse in folgender Tabelle 2 zeigen, war durchgehend bei den feucht kultivierten Sprossen aller benutzten Arten eine bedeutende Abnahme der Resistenz zu konstatieren, womit die Austrocknungsfähigkeit als eine von den Feuchtigkeitsverhältnissen des Standorts abhängige Größe charakterisiert ist und dem Laub- moosstämmchen eine deutliche Anpassungsfähigkeit an diese zu- gesprochen werden kann. Die Feuchtigkeit wird in der Natur dem Moos nicht nur als tropfbar flüssiges Wasser geboten, sondern an nicht wenigen Stand- orten auch in Form von Wasserdampf. K. Müller (1909, S. 587 bis .'i98) hat nun in einer kleinen Studie experimentell nachgewiesen, 2ü* 394 Edgar Irmscher, Tabelle 2. F = in feucliter Luft, S = submers kultiviert. Sonstige Abkürzungen wie in Tabelle 1. Lufttrockenheit Exsikkator- trockenheit Barhula muralis Bryum alpinum . — arfienteum — caespiticium . — eapillare . Gafliannea undnlata Tortula ruralis Ccratodon pmjiureus Fimari.a Ji.yf/ronietrlca Urlmmla pulviiiata Hyimum aduncum var. poliicavj.it im ■ — ■ splendens Milium roxtratum F, n. 7 W. F, n. 7 "W. F, n. 8 W. S, n. 6 W, F, n. 6 W. F, n. 5 W. F, n. 4 W. S, n. 2 W. S, n. 7 W. F,n. 6 W. (I.Hälfte n. 9 W. S, n. 5 W. F, n. 3 W. S. n. 2 W. 's, n. 9 W. S, u. 2 W. n. 3 W. F, n. 4 W. F, n. 6 W. S, n. 4 W. tot tot tot tot tot tot tot tot tot d.Zell.lbd. tot tot tot tot tot Gr. Ibd. tot tot tot tot n. 5 W. tot n. 5 W. tot n. 5 W. tot n. 3 W. tot n. 4 W. tot n. 4 W. tot n. 3 "W. tot n. 1 W. tot n. 5 W. tot n. 7 W. tot n. 2 W. tot n. 2 W. tot n. 1 W. tot n. 7 W. tot n. 2 W. tot n. 3 W. Gr. Ibd. n. 4 W. tot n. 2 W. tot daß Laubmoose tatsächlicb imstande sind, beträchtliche Mengen von Wasserdampf aus der Luft zu absorbieren. Es schien deshalb nicht zwecklos, die Resistenz unserer Objekte bei Austrocknung in Luft mit verschiedenem Wassergehalt zu prüfen. Zu diesem Zwecke wurden drei gleichgroße Exsikkatoren mit dem relativen Feuchtig- keitsgehalt von 90, 60 und 30 "/o hergestellt, indem sie nach den von Pfundt (1910, S. 5) angegebenen Werten mit 15,14-, 37,69- und 54-proz. Schwefelsäure beschickt Avurden. Die Exsikkatoren befanden sich bei annähernd konstanter Temperatur von -|- 20'^ C. Als Versuchsobjekte kamen einesteils kräftig entwickelte Rasen von Mnium rostratum zur Verwendung, die auf Humus in einem Erlen- wald frisch gesammelt waren. Mnium rostratum wurde deshalb benutzt, weil es eines der Moose ist, die man in der Natur sehr selten in ganz vertrocknetem Zustande antrifft. Des weiteren kam noch Funaria hygometrica in kräftigen Pflanzen mit männlichen Blüten zur Verwendung, die vom Lehmboden eines Ausstiches stammten. Die Ergebnisse sind in folgender Tabelle zusammen- gestellt, der auch das Verlialten des gleichen Versuchsmaterials gegenüber konz. Schwefelsäure angefügt ist. Cflier Jie Resisleuz der Laulimoose gegen Austrockiuiug uiid Kälte. Tabelle 3. Die Brüche bezeichnen pro Blatt die lebenden Zellen. 395 Funaria hygrometrica Milium •ostratum Nach 30 Tagen Nach 40 Tagen Nach 30 Tagen Nach 40 Tagen 90 7o '/,-'/4 Ibd. V. Ibd. alles lebend 'U-V, Ibd. 60 7o % Ibd., mehrere Blatt, tot Gr. bis 'U Ibd., viele Blätter tot V2 lebend Gr. bis '4 Ibd., einige Blätter tot 30 7o Gr. bis V4 Ibd., viele Blätter tot Gr. Ibd., viele Blätter tot Gr. bis'A— Voibd., d. Hälfte d. Blätter tot Gr. bis V4 Ibd., d. meisten Blätter tot konz. einige Zellen Ibd. tot Gr. Ibd., die meisten Blätter tot tot Es ergab sich das Resultat, daß dem fallenden Feuchtigkeits- gelialt eine entsprechende Schädigung parallel geht, daß also die Luftfeuchtigkeit insofern von hoher Bedeutung für die Lebensdauer der Laubmoose ist, als sie diese verlängert. Denn steht am Stand- ort dem Moos ein gewisser Feuchtigkeitsgehalt zur Verfügung, ist es dadurch vor einer zu weit gehenden und so schädigend wirkenden Verdunstung des Zellwassers geschützt. Solche Verhältnisse finden sich nun tatsächlich in der Natur an einigen Standorten, wie Bachufer, Erlenbrüchen usw., wo die Moosvegetation aus Mnium-, Bryum- und Hijpniun- Arten zusammen- gesetzt ist. Diese Schatten- und Waldpflanzen sind durch ihren Standort zugleich auch vor stärkerem Regen geschützt, dem die exponierte Standorte, wie Felsen und Bäume besiedelnden Arten in hohem Maße ausgesetzt sind. "Während die Vorliebe oder Ab- neigung einer Art für Feuchtigkeit oder Trockenheit des Bodens und der Luft durch die Bezeichnung Hygrophyt und Xerophyt charakterisiert wird, wird dem Verhältnis der Pflanzen zu Regen und Tau durch die Einteilung Wiesners in ombrophile und ombrophobe Rechnung getragen. Die oben genannten Schatten- und Wald- pflanzen kann man nun als ombrophobe Hygrophyten bezeichnen, denn an ihrem feuchten Standort sind sie vor zu starkem Regen geschützt. Haböck (1910, S. 187 ff.) hat neuerdings die Frage der Ombrophilie und Ombro])hobie experimentell geprüft und schreibt in seinen einleitenden Bemerkungen: Xerophyten scheinen durch- weg ombrophob zu sein. Bei Moosen scheint mir jedoch gerade die Kombination ombrophiler Xerophyt weit häufiger vorzukommen. 396 Erlgar Irmscher, Man denke nur an die üppigen Grimmia-, Racomitriuni- und Andrracn- Rasen auf Felsen, die doch zweifellos mit xeropliytischen Proto- plasten ausgestattet auf das erquickende Naß des Regens direkt angewiesen sind, daher als onibrophile Xerophyten bezeichnet werden können. Daß die ombrophile resp. ombrophobe Tendenz der Protoplasten bei der Verteilung der einzelnen Moosformen auf die verschiedenen Formationen in hohem Grade bestimmend ge- wesen ist, scheint mir daraus hervorzugehen, daß nach meinen Versuchen noch jetzt allen Moosarten mit Ausnahme von Fonti- nalis eine verhältnismäßig große Resistenz gegen Austrocknung eigen zu sein scheint. Der xerophile resp. hygrophile Charakter einer Pflanzenforni ])rägt sich nun auch äußerlich in der Wuchsform aus, indem bei Hygrophyten selten so dichte Polsterbildung auftritt, wie man sie bei Xerophyten an exponieiten Standorten trifft. Daß nun durch die Polsterbildung und Dichtrasigkeit auch längere Zeit eine zu weit gebende und so schädigend wirkende Austrocknung vermieden wird, sollten folgende Versuche zeigen, in denen gleichzeitig Rasen und isolierte Stämmchen derselben Art der Lufttrockenheit aus- gesetzt wurden. Dabei erfuhren die am Rand des Rasens stehenden fast die gleiche Schädigung wie die isolierten. Zum Vergleich mit letzteren wurden daher immer Pflanzen aus der Mitte des Rasens verwandt. Tabelle 4. Rasen Einzelstämmchen Barbula muralis Funaria hygrometrica Ceratodon purpureus Bryum capillare nach 20 Wochen Ibd. )i " )) n n 18 „ „ 20 nach 20 AVochen tot 8 11 '- 11 11 „ 20 Bei Beurteilung dieses Versuchs wird man jedoch auch die Hygroskopizität des Bodens in Rechnung bringen müssen, welche zweifellos das Resultat für die Moosrasen günstig beeinflußt hat, so daß das Ergebnis dahin zu erweitern ist, daß Moosrasen mit anhaftender Erde noch völlig lebten, als isolierte Stämmchen schon abgestorben waren. Immerhin erhellt aus diesen Angaben zur Genüge, daß die Wuchsform vieler Arten in dichten Rasen oder Polstern, wodurch die verdunstende Oberfläche bedeutend redu- ziert wird, von großer Wichtigkeit zum Überdauern von Trocken- perioden ist. über die Itesisleii/, der ],aulmioosf gegen Aiist.rockmiiig und Kälte. 397 In allen bisher besprochenen Versuchen hat die Trockenheit ununterbrochen so lange eingewirkt, bis ein schädigender EiuHuß zu konstatieren war. Weit häufiger als dies, kommt es in der Natur vor, daß Austrocknen und Wiederbefeuchten öfters abwechseln. Schon der tägliche Rhythmus der Witterung — die Nacht meist feuchter wie der Tag — weist darauf hin, wobei wir die erwähnte Fähigkeit der Laubmoose, Wasser in Dampfzustand absorbieren zu können, in Berücksichtigung ziehen müssen. Um nun die Wirkung des öfteren Wechsels von Austrocknen und Wiederbefeuchten kennen zu lernen, wurden mehrere Arten abwechselnd bis zum völligen Turgeszenzzustand angefeuchtet und dann an der Luft getrocknet. Nach jeder Wiederholung wurden sie auf etwaige Schädigung ge- prüft. Es war vorauszusehen, daß durch die wiederholte Lianspiuch- nahme des Pro toplasten eine Schwächung herbeigeführt würde, die die Resistenz herabsetzt, diese schließUch ganz aufhören läßt und so den Tod bedingt. In der Tat zeigte es sich, daß nach öfterem Austrocknen und Wiederanfeuchten der Tod eintrat. So war Fit- naria in einer Probe nach fünfmaligem Austrocknen, in einer anderen nach siebenmaligem abgestorben. Bei Barhida uniralis waren nach zwölfmaliger Wiederholung die Randpflanzen des Rasens tot, die Blätter der inneren Stämmchen begannen an der Spitze abzusterben und waren nach sechszehnmaligem Austrocknen zur Hälfte getötet. Nach neunzehnmaliger Wiederholung waren sämt- liche Blätter getötet. Brijum capiUare war nach zehnmaliger Aus- trocknung tot, Bryum pallens nach achtmaliger, während Flag'to- thecium denticulatum nach zwölfmaliger Wiederholung abgestorben war. Daß bei dem Versuch mit Barhida muralis die am Rand des Rasens befindlichen Individuen eher tot waren wie die inneren, läßt ebenfalls die Wichtigkeit der Rasenbildung für die Lebens- dauer mancher Laubmoose erkennen; denn die inneren Individuen waren infolgedessen keiner so weit gehenden Austrocknung ausgesetzt wie die am Rand befindlichen. Eine Beschränkung auf die bisher geschilderten Untersuchungen, bei denen als Kriterium für die Schädigung der Zustand der ßlatt- zellen benutzt wurde, würde ein nur unvollständiges Bild der Ge- samtresistenz des Laubmoosstämmchens geben. Denn schon Schroeder fand, daß Moose bei Wiederbefeuchtung nach jahre- langer Lufttrockenheit neue Sprosse und Protonema produzierten, wodurch die Anwesenheit noch lebender Stengelelemente bewiesen war. Da dieser Vorgang von größter Wichtigkeit für den ökolo- 398 Edgar Iniischer, gischeu Haushalt der Laubmoose ist, will auch ich etwas näher darauf eingehen. Wurde z. B. eine Fimaria, deren Blätter nach achtwöchentlicher Exsikkatoraustrocknung völlig tot waren, in feuchte Luft oder submers gesetzt, so zeigte sich, daß hier und da die Stäramchen ihr Spitzenwachstum fortsetzten. Geeignet alte Pflanzen produzierten auch Seitensprosse. Ebenso trieb Fontinalis, die, wie wir gesehen haben, eine emphndliche Spezies gegen Lufttrockenheit ist, nach dreiwöchentlicher Einwirkung derselben mehrere junge Sprosse. Aus meinen Befunden seien noch folgende Beispiele herausgegriffen, wobei vorauszusetzen ist, daß die Blätter durch Austrocknung völlig getötet sind. 1. Fontinalis antipyretica, Blätter durch vierzehntägige Luft- trockenheit getötet: zahlreiche neue Sprosse; nach vier- wöchentlicher Lufttrockenheit ebenfalls noch einige Sprosse. 2. Hypnum splendens und H. triquetrum bildeten nach drei- monatlicher Lufttrockenheit neue Sprosse und stengelbürtiges Protonema, an dem junge Pflänzchen entstanden. 3. Hypnum exannulatum und H. aduncum var. polycarpuni nach dreivierteljähriger Lufttrockenheit zahlreiche Sprosse. 4. Mnium honniin nach sechsmonatlicher Lufttrockenheit neue Sprosse und stengelbürtiges Protonema. 5. Bryum alpinum, B. capillare, B. argcntcum und B. cacs- inticium, '^U bis 1 Jahr lang lufttrocken gesetzt: Sprosse und oft stengelbürtiges Protonema. 6. Polytrichum septentrionale nach einjähriger Lufttrockenheit zahlreiche Sprosse, auch an den älteren, längst der Blätter entkleideten Stengelteilen. 7. Philonotis fontana, ^U Jahr lufttrocken, zahlreiche Sprosse und Protonema. 8. Ceratodon jnirpureus, Vi Jahr lufttrocken desgl. 9. Funaria hygrometrica , Vi Jahr lufttrocken, neue Sprosse. Aus diesen Angaben geht deutlich hervor, wie nach dem Ab- sterben der Blattzellen, das nach der vorangegangenen Schilderung in einer längeren Trockenperiode und wohl öfter in dem Wechsel von Austrocknung und Wiederbefeuchten seinen Grund haben kann, gewisse überlebende Zellen von längerer Lebensdauer durch re- generative Betätigung für Erhaltung des Individuums sorgen. Es muß betont werden, daß die gebildeten neuen Aste sehr oft aus älteren Stengelpartien ihren Ursprung nehmen. Eine nähere Unter- über (He Resisten/, diT Laubmoose gegen Austrocknung und Kälte. 399 siicliuiig ergab nun, daß bei Fontinafis-8\)vossei\, deren Blattzellen durcli siebentägige Lufttrockenheit völlig getötet waren, nach Frei- priiparierung des Vegetationspunktes die Scheitelzelle nebst benach- barten Zellen in den jüngsten Blattanlagen noch lebend war (Plas- molyse mit 5 7o KNO.;, bei Wasserzutritt rückgängig). Ebenso lebte bei einer Fmmria, deren Blätter nach vierzigtägiger Aus- trocknung über konz. Schwefelsäure abgestorben waren, die Scheitel- zelle noch. Diese Tatsache, daß die jüngsten, embryonalen Gewebe eine längere Lebensdauer besitzen als die Blattzellen, findet ihre Erklärung dadurch, daß die den Vegetationspunkt umhüllenden Blätter längere Zeit eine zu weit gehende Verdunstung des Zell- wassers der betreffenden Zellen verhindern. Dauerte die Aus- trocknung noch einige Zeit, zeigte die Terminalscheitelzelle kein Leben mehr. An den länger ausgetrockneten Exemplaren aller Arten entstanden deshalb auch durchgehend seitliche Sprosse, teil- weise, wie schon erwähnt, auch an älteren Stengelteilen. Es wurden nun von den oben erwähnten Arten Stengel entblättert und plas- molysiert, wobei sich oft noch sehr viel Stengelzellen als lebend erwiesen. Einzelne dieser lebenden Zellen mußten der Ursprung sein für die Regenerations])rodukte, Protonema und Sprosse. Die nähere Untersuchung ergab nun, daß die Lateraltriebe aus so- genannten schlafenden Augen, d. h. Astanlagen mit einer Scheitel- zelle entstehen. Diese Astanlagen, die Correns (1899 I, S. 267, 402; 1899 II, S. 397—410) mehrmals ausführlich behandelt hat, werden bei der normalen Bildung der Aste am Moosstengel über- gangen und repräsentieren sich als schlafende Augen. Unsere Versuche zeigen nun, daß diese Scheitelpunkte die Eigenschaft besitzen, der Trockenheit größeren Widerstand zu leisten als die Blattzellen und daß sie mit der Potenz ausgestattet sind, unter geeigneten Außenbedingungen auszustreiben. Wie wir gesehen haben, sind sie sowohl bei pleurocarpen als acrocarpen Moosen vorhanden. Es findet sich nun durchaus nicht in jedem Blattwinkel ein schlafendes Auge. Wo dies nicht gebildet ist, haben die ent- sprechenden Stengelzellen jedoch ebenfalls die Fähigkeit, längere Trockenperioden zu überdauern, und wachsen bei eintretender Feuch- tigkeit zu Protonema aus (Zweigvorkeime). Dieses Protonema bildete in meinen Versuchen an den meisten der oben erwähnten xlrten reichlich junge Pflänzchen, deren Rhizoiden die älteren Blätter und Stengel umschlangen. 400 P](lgar Iniisi'hpr, Bei der von uus festgestellten großen Anpassungsfähigkeit des Laubmoosprotoplasten an die Feuchtigkeitsverhältnisse des Staud- orts ist es verständlich, daß Moose an exponierten Standorten durch die hier herrschenden Außenbedingungen — viele Winde, dadurch schnelle Austrocknung, Befeuchtung nur durch Regen und Tau — sich eine große Trockenresistenz erworben haben. Daß aber auch auf diese Arten der Rhythmus der Witterung mit seinem plötzlichen Wechsel von Nässe und Trockenheit einen schädigenden Einfluß ausüben wird, lassen unsere Versuche über öfteren Wechsel von Austrocknung und Wiederbefeuchtung schließen. Bestätigt wurde diese Annahme durch Beobachtungen in der Natur im Herbst des vergangenen Jahres. So bemerkte ich an Rasen von Bdcoinitrium keterostiehum, die an Urgestein wuchsen, wie nach Eintritt feuchter Witterung im September reichlich junge grüne Astchen austrieben, die sich von den geschwärzten älteren Stämmcheu scharf abhoben. Eine vorgenommene Untersuchung zeigte, daß die älteren Blätter bis auf wenige Gruppen lebender Zellen besonders im Basalteil des Blattes abgestorben waren. Ebenso stellte ich zur gleichen Jahreszeit in Tirol an Grhmnia ovata und in Oberfranken an Grimmia pulvinata fest, daß bei Eintritt der feuchten Jahreszeit ein neues Sproßsystem von den älteren Stämmchen, deren Blätter nur ganz vereinzelt noch lebende Zellen enthielten, produziert wurde. Mehrere Orthotrichum- Arten, die an Bäumen wuchsen, fielen mir im Oktober in Tirol dadurch auf, daß der ältere gebräunte Rasen mit jungen grünen Trieben mosaikartig durchsetzt war. Die Blätter der älteren Stämmchen waren gänzlich tot, jedoch waren an ihnen grüne Kapseln vorhanden. Wir haben es in den angeführten Bei- spielen zweifellos mit Fällen zu tun, wo der durch die Unbilden der Witterung geschädigte Gametophyt bei Eintritt günstiger Außen- bedingungen, wie Feuchtigkeit, zur Bildung eines neuen Sproß- systems geschritten ist, was ihm durch die Anwesenheit von schlafenden Augen ermöglicht wurde. Aber nicht nur bei öfterem Wechsel von Feuchtigkeit und Trockenheit, auch bei einmaligem Wechsel der Feuchtigkeitsverhältuisse, wie er durch Überschwem- mungen von Land oder Trockenlegung von Gewässern hervorgebracht wird, zeigt sich der große biologische Wert der Fähigkeit des Moosstämmchens, leicht ein neues Sproßsystem bilden zu können, das sich natürlich den neuen Außenbedingungen anpaßt, wofür noch einige Beispiele angeführt seien. über lue Iie.sisleiin der Laubmoose gegtni Aiistiocknuiig und Kälte. 401 Im Sommer des Jahres 1907 waren die Moortümpel am Galgenteiche hei Altenberg im Erzgebirge durch die herrschende Dürre eingetrocknet und das hier üppig wuchernde Hypnmn cxannn- lütum var. scrrahun, die Schwimmform, war dabei bloßgelegt untl dem Wechsel der Witterung ausgesetzt worden. Aus diesen früher schwimmenden, jetzt auf dem Boden liegenden Trieben, waren Sprosse hervorgewachsen, welche die var. Botae repräsentierten, eine Form, die zwar auf feuchtem Boden, aber außerhalb des Wassers sich entwickeln kann. Die submerse Form war völlig abgestorben. Ein zweites Beispiel soll den Übergang der Landform in die sub- merse zeigen. In Tümpeln bei Leipzig, die im Sommer fast regel- mäßig zeitig austrocknen, bildet sich dann von Hyijnum aduncum die forma pohjcarpiDn, die zwischen Gramineen und Cyperaceen in einer feuchten Atmosphäre vorzüglich gedeiht. Nach erfolgter Unterwassersetzung dieses Terrains im Herbst entsteht aus diesen Sprossen im Laufe des Herbstes und Winters eine forma pseitdo- ßuitans mit ca. 16 bis 20 cm langen wenig verzweigten Trieben. Das letztere Beispiel, ebenso auch meine submersen Mooskulturen lehren, wie die dem Landleben angepaßten Sprosse bei Eintritt von größerer Feuchtigkeit bald zugrunde gehen und durch ein neues Sproßsystem abgelöst werden. Daß dieses neue Sproßsystem ganz evident den neuen Bedingungen angepaßt ist, zeigten Austrocknungs- versuche mit den erwähnten zwei Formen von Hypnum aduncum. Während nämlich die Landform, Hypnum aduncum var. polycarpum nach 140 Tagen noch ca. ein Drittel lebende Blattzellen aufwies und im Exsikkator nach 70 Tagen noch ungefähr die Hälfte, war die submerse forma pseudofiuitans nach 30 Tagen Lufttrockenheit und 25 Tagen Exsikkatortrockenheit völlig tot. Aber auch einige andere Arten, die ich ebenfalls an Standorten mit verschiedenen Feuchtigkeitsverhältnissen sammelte, zeigten eine diesbezügliche Variation der Trockenresistenz. So ergab der Versuch, daß bei einer Funaria, die auf einer Mauer gesammelt war, nach 70 Tagen Lufttrockenheit noch fast die Hälfte der Blattzellen lebte, während i^imarirt-Rasen aus einem lehmigen Ausstich in derselben Zeit nur noch wenig lebende Zellen aufwies. Ceratodon purpurciis, eben- falls von einer Mauer, hatte nach 140 Tagen Lufttrockenheit noch Gruppen lebender Zellen in seinen Blättern. Eine feucht ge- wachsene Form derselben Art, die ich auf Ziegelsteinen in einem Tümpel fand, war nach 80 Tagen Lufttrockenheit tot. Die Schwimmform von Hypnum cuspidafum aus Ziegeleilachen hatte 40? Edgar Ir?ii,scher, nach 45tägiger Lufttrockenlieit keine lebende Zelle mehr, während die am Fuße einer Mauer gesammelten Exemplare noch nach 60- tiigiger Austrocknung die Hälfte der Blattzellen lebend zeigten. Diese Beispiele mögen genügen, um die auf Grund unserer Experi- mente gefundene Anpassungsfähigkeit des Moosprotoplasten an die standörtlichen Feuchtigkeitsverhältnisse durch natürliche Beispiele zu bestätigen. Zuletzt sei noch ein Beispiel angeführt, wo die Bildung des Ersatzprozesses aus einem schlafenden Auge zur Regel geworden ist und dem ganzen Moos einen typischen, morphologischen Ausdruck verleiht. Ich meine das Stämmchen von Hypmiin s-plendent!. Wie bekannt, besteht dies Moos aus Fiederästen, die etagenartig auseinander entspringen. Die Bildung des Ersatz- sprosses, die ich bei Leipzig und in Tirol im Herbst, in den Juli- schen Alpen im Frühling beobachtete, erfolgt nun an der Basis des letzten Fiedersprosses aus einem schlafenden Auge. Oft kommt es auch vor, daß zwei solcher Ersatzsprosse gebildet werden, deren jeder natürlich aus einem schlafenden Auge entspringt. Der neue Sproß wird gewöhnlich erst mehrere Zentimeter lang, ehe er Seitenäste treibt. Kui'z zusammengefaßt hat sich also ergeben, daß das Laub- moosstämmchen eine große Anpassungsfähigkeit an die bei seinem Wachstum herrschenden Feuchtigkeitsverhältnisse des Standorts besitzt, die sich uns durch die verschiedene Trockenresistenz der Standortsforinen zu erkennen gibt. Die Folge dieser Anpassungs- fähigkeit ist nun eine große Empfindlichkeit bei extremem Wechsel dieser Außenbedingung. Dieser Mangel wird jedoch kompensiert durch die ausgezeichnete Fähigkeit und Neigung, ein neues Sproß- system zu bilden, das sich wiederum den neuen Verhältnissen an- passen wird. Daß ganz ähnliche Verhältnisse auch bei den Be- ziehungen der Moose zur Temperatur sich vorfinden, wird im zweiten Teile gezeigt werden. b) Versuche mit Protonema. Damit wollen wir das Laubmoosstämrachen verlassen und uns der Resistenz des Protonemas gegen Austrocknung zuwenden. In der Natur wird Protonema wohl selten größerer Trockenheit aus- gesetzt sein, da die Keimung der Sporen in feuchte Perioden fällt und die Bildung von jungen Pflänzchen bei geeigneten äußeren Bedingungen schon an wenigen Protonemaästen vor sich gehen über die Resistenz der Laubmoose gegen Austrocknung und Kälte. 403 kann. In meinen Kulturen zeigte sich, daß gerade die den schlechtesten Ernährungsbedingungen ausgesetzten Sporenvorkeime (mit Leitungswasser befeuchtet) reichlich junge Pflanzen bildeten, während bei solchen, die auf Fließpapier, das mit verdünnter Knopscher Lösung getränkt war, kultiviert waren, zwar eine reiche Protonemawucherung, aber keine jungen Pflanzen beobachtet wurden. Hatte Rabe, wie in der Einleitung schon kurz erwähnt, mit eben gekeimten Moossporen operiert, machte ich meine Versuche mit weiter entwickelten Stadien. Rabe fand für gekeimte Sporen von Barhula muralis, Brytim inclinatum und Physcomitrium pyriforme, deren Keimschlauch die acht- bis zehnfache Länge des Sporendurchmessers maß, daß nach dreimonatlicher Lufttrocken- heit die Hälfte des jungen Protonemas weiter wuchs. Nach gleich langer Exsikkatorbehandlung waren weniger als die Hälfte noch lebend, wobei nur ein Teil der Zellen weiterwuchs. Wurden die ersteren noch 5 Monate länger an der Luft getrocknet, wuchs ein beträchtlicher Teil von Bryum -K.eim\mgen nach dem Wieder- befeuchten weiter. Auch für das Protonema wollte ich versuchen, einen Zusammen- hang zwischen den Feuclitigkeitsverhältnissen des Standorts und der Resistenz des Objektes gegen Austrocknung aufzusuchen. Des- halb war es mein Bestreben, Protonema von einigen Arten an natürlichen, trockneren Standorten zu sammeln und die ent- sprechende feuchte Kultur dazu herzustellen. Daher beziehen sich meine Versuche auch auf weiter entwickelte Stadien und nicht auf Keimlinge, wie sie Rabe verwandt hat. An der Mauer eines den Winter über leer stehenden Mistbeetes fand sich innen reichlich Protonema von Catharinea undulata mit jungen Pflänzchen, auf Blumentöpfen in einem Kalthaus solches von Funaria hygroiiiefrica und von Bryum argenfenm. Die Feuchtkultur von Protonema dieser drei Arten und außerdem von Bryum inclinatum und Physco)mfrkim 'pyriforme erzielte ich leicht, indem ich Sporen auf in Standzylinder schrägstehende mit Fließpapier belegte Objekt- träger brachte und mit Leitungswasser befeuchtete. Wie oben schon erwähnt, traten bald junge Pflanzen auf. Das Natur- protonema und auch das kultivierte wurde in gleicher Weise wie die Moosstänimchen der Luft- und Exsikkatortrockenheit aus- gesetzt. Li folgender Tabelle sind die Ergebnisse zusammengestellt. 404 Edgar Tnnscher, Tabelle 5. Naturprotonenia Kultiv. Protonenia Luft- Exsikkator- Luft- Exsikkator- trockenheit trockenheit trockenheit trockenheit Caiharlned imdulula . n. 18 W. einz. Zellen Ibd. n. 1.5 W. tot n. 12 W. tot n. 5 W. tot Bri/um nn/enfcuni . n. 15 W. einz. Zellen Ibd. n. 14 W. tot n. 12 W. tot n. 5 W. tot Finiaria liygroinctrica n. 10 "W. einz. Zellen Ibd. n. 7 W. tot n. 5 W. tot n. 2 W. tot Bi-yiuii inelinatum . — — n. 8 W. tot n. 4 W. tot Physcomitnum pyri forme - — n. 7 W. tot n. 4 W. tot Man ersieht aus diesen Daten, daß auch die Vorkeime der Laubmoose in bezug auf ihre Trockenresistenz in erheblichem Maße von der Feuchtigkeit des Standortes abhängig sind. c) Versuche mit jungen Sporogonen. Weitere Versuche betrafen die Resistenz der Sporogone, avo- bei nur die jüngeren Seten, an denen äußerlich noch keine Differen- zierung des obersten Teiles zur Kapsel wahrnehmbar ist, berück- sichtigt wurden. In der Literatur fand ich nur in einer Arbeit von Dalmer (1891, S. 460) zwei Austrocknungsversuche mit schon weiter entwickelten Sporogonen erwähnt. Dalmer operierte einer- seits mit Seten von Mnium ciispidatum, deren Alter er durch den Passus, daß sie eben die Calyptra abstreifen wollten, charakterisiert. Er fand, daß diese nach drei- bis viei wöchentlichem Austrocknen an der Luft wieder befeuchtet weiter wuchsen. Ahnliche Versuche zeigten mir nun, daß damit durchaus nicht nachgewiesen ist, „daß die jungen assimilierenden Zellen der Sporogone gerade so wie die Blattzellen starken Wasserverlust vertragen können", wie Dalmers Schlußfolgerung lautet Denn die im Vei'such eingetretene Kollabeszenz der assimilierenden Zellen, deren völliges Austrocknen durch die Kutikularisieiung und Gewebsdiffereiizierung längere Zeit hintenan gehalten wird, kann man höchstens mit dem Welken der Phanerogamen, die dies teilweise auch bis zu einem gewissen Grade vertragen, in Parallele bringen. Dalmer gibt dann noch an, daß auch PolytrichnmSporogoue drei- bis vierwöchentliches Austrocknen vertragen können, wobei er deren Alter nicht näher bezeichnet. Von Anfang an schien mir bei den Austrocknungsversuchen mit jungen Sporogonen eine besondere Beachtung die Funktion über die Resistenz der Laubmoose gegen Anstroeknung und Kälte. 405 der Haube zu verdienen, die durch ihren anatomischen Bau zu einem die Verdunstung hindernden Organ präformiert ist. In folgender Tabelle sind die Ergebnisse für Austrocknungsversuche von jungen Sporogonen mit Hauben und für solche von demselben Material, deren Hauben ohne Verletzung des Scheitelpunktes ent- fernt werden konnten, zusammengestellt. Tab eile 6. Lufttrockenheit Exsikkatortrockenheit Mit Haube Ohne Haube Mit Haube Ohne Haube Dicranum fnscescens . n. IG W. Ibd. n. 5 W. tot n. 10 W. Ibd. n. 3 W. tot Bartramia ItyphyUa . n. 9 W. Ibd. n. 4 W. tot 11. 6 W. Ibd. n. 2 AY. tot Mnium Jiornum n. 10 W. Ibd. n. 4 W. tot n. 7 W. Ibd. u. 2 W. tot Barbula niuraUs n. 25 W. Ibd. n. G W. tot n. n. 13 W. Ibd., 17 W. tot n. 3 W. tdt Fuuaria hi/i/ronietrica n. 10 W. Ibd. n. 2 W. tot n. 5 W. Ibd. u. 1 W. tot Webern nntans .... n. ir, W. Ibd., — n. 10 W. Ibd., — n. 21 W. tot n. 1 .S W. tot Flagiothecium denticida- n. 11 W. Ibd., — n. G W. Ibd., — tllVl n. l.'i W. tot n. 10 W. tot Ceratodon purpurciis . n. 24 W. Ibd., n. 14 W. Ibd., — n. 29 W. tot n. 16 W. tot Die mitgeteilten Resultate zeigen nun aufs deutlichste, daß die Haube für die jungen Stadien von Seten, wie wir sie oben charakterisiert haben, bei Trockenheit von wesentlichem Werte ist; denn einerseits wird durch ihre meist zylindrisch eng anschließende Gestalt, andererseits durch die physikalische Beschaffenheit des isoherten Gewebemantels eine Scliutzhülle des jungen Kapsel- meristems erzielt. In einer zweiten Versuchsreihe wurden die unversehrten Seten mit ihrem Gametophyt der Austrocknung ausgesetzt. Es zeigte sich, wie aus der Tabelle 7 zu ersehen ist, die inter- essante Tatsache, daß bei allen untersuchten Arten die Seten gegen Trockenheit resistenter waren als die Blätter der zugehörigen Stämmchen, während sterile Pflanzen oder solche mit Blüten weit längere Zeit Trockenheit aushielten, wie man aus Tabelle 1 ersehen kann. Diese Tatsache erklärt sich durch den Altersunterschied der Sprosse. Wir haben hier ein Beispiel, das uns demonstriert, wie die Resistenz des Moosstämmchens unter dem Einfluß des Witterungswechsels allmählich abnimmt. Dies kann so weit gehen, 406 Edgar TniiRfher, Tabelle 7. Lufttrockenheit Exsikkatortrockenheit Junge Seten Laub Junge Seten Laub Fioiaria hj/fjrometiica 11. 10 W. ^u. n. 9 W. tot 11. 0 W. Ibd. n. 4 W. tot bis auf ein- zelne Zellen Dicranum fiiscescens . 11. 17 W. Ibd. n. 1 5 W. tot n. 1 1 W. Ibd. n. 11 W. tot Bnriramia ityphylla . n. 9 W. Ibd. n. 7 W. tot bis auf ein- zelne Zellen n. 6 W. Ibd. n. 6 W. tot Mninm liornum n. 10 W. Ibd. n. 7 W. tot n. G AV. Ibd. n. 5 W. tot bis auf ein- zelne Zellen Barhula muraUs n. 23 W. Ibd. n. 18 W. tot n. 15 ^\. Ibd. n. 10 W. tot bis auf ein- zelne Zellen daß schließlich die Blätter des Gametophyten getötet sind, während die dazu gehörigen Seten, die einem jüngeren Stadium angehören, noch leben. Auf Seite 400 habe ich schon bei Gelegenheit der Schädigung des Gametophyten in der Natur ein Orthotrichwn er- wähnt, dessen Seten tragende Sprosse völlig tote Blattzellen auf- wiesen, während die Seten noch grün und ziemlich jung waren. Daß andererseits auch die jungen Sporogone in der Natur durch Austrocknung zugrunde gehen können, ist eine längst bekannte Tat- sache. So schrieb Loren tz (1860, S. 14) die spärHche Frucht- bildung von Triehostomuni ßpxicaule besonders dem Umstand zu, daß die jungen Früchte der Sonne ausgesetzt sehr leicht vertrocknen. Auch ich konnte im Laufe meiner bryologischen Beobachtungen öfters konstatieren, daß die Seten ganzer Rasen zweifellos durch Trocken- heit an exponierten, den Sonnenstrahlen ausgesetzten Standorten abgetötet worden waren. So fand ich diese Erscheinung im Sommer 1910 hei Cerafodon purpureiis, Oeorgia pellucida, Fmuiria hijijroinetnca, Wehera nntans und Bryum pcdlens. Hatte sich bei Stämmchen und Protonema ein Zusammenhang zwischen Resistenz gegen Trockenheit und Feuchtigkeit des Stand- orts nachweisen lassen, lag es nahe, gleiche Versuche mit jungen Seten anzustellen. Dazu bot Funaria ein geeignetes Versuchs- objekt, da Rasen dieser Art, die durch Sporenaussaat auf Erde erzielt worden waren, wobei für eine dauernd feuchte Atmosphäre gesorgt war, nach raelirereu Wochen junge Seten produzierten, die über die Resistenz der Laubmoose gegen Austrocknung und Kälte. 407 mit solchen von natürlichem Standort inbezug auf ihre Trocken- resistenz vergiiclien wurden. Tabelle 8. Lufttrockenheit Exsikkatortrockenheit Feucht kultivierte Seten . . Seten aus der Natur n. 5 W. tot n. 10 W. Ibd. n. 2 W. tot n. 4 W. Ibd., n. 5 W. tot Der Vergleich zeigt ganz deutlich, daß auch die Sporogone in gewissem Grade eine Anpassungsfähigkeit an die Feuchtigkeits- verhältnisse des Standorts besitzen, indem sie dementsprechend ihre Trockenresistenz regulieren. d) Versuche mit Brutorganen. Nun noch einige Worte über die Resistenz der Brutorgane. Schröder teilt schon mit, daß Brutorgane von Orthotrichum ohtiisifoliuin nach zweijährigem Aufbewahren im Herbar noch lebten, während die Blätter bis auf einzelne Zellen schon abge- storben waren. Auch ich konnte in den von mir untersuchten Fällen konstatieren, daß die Brutorgane die Blattzellen überleben. Ein reichlich mit Brutorganen versehenes, steriles Leptohryum pyriformc, das auf einem Koksbeet im Botanischen Garten ge- wachsen war, diente zum ersten Versuch. Laub und Stämmchen dieses Materials waren nach 80 Tagen Lufttrockenheit tot, während die Brutoigane noch nach 150 Tagen zum größten Teile keimten, wenn sie auf feuchtes Fließpapier übertragen wurden. Ein Bryum capiUarr, dessen Blattzellen nach 10 Monaten sämtlich tot waren, zeigte nach 20 Monaten noch viele lebende Brutorgane. Ori/io- frichum Lyellii, welches zwei Jahre im Herbar gelegen hatte, zeigte keine lebenden Blattzellen mehr, dagegen lebte ungefähr die Hälfte der Brutorgane noch. Daraus erhellt deutlich, wie wichtig die resistenteren Brutorgane für die Fortexistenz eines Mooses sind und daß durch diese gesteigerte Trockenresistenz den Brutorganen und damit dem Moos auch bei Sterilität eine große Verbreitung ermöglicht werden kann. B. Die Eiiiwirknug" wassereiitzieheiider Lösungeu. Im Anschluß an die Austrocknung der Laubmoosprotoplasten an der Luft und im Schwefelsäureexsikkator wurden Versuche an- gestellt, wo Laubmoose dem Einfluß osmotisch wirkender Flüssig- Jabrb. f. wiss. Botanik. L. 2/ 408 Edgar Irm.scher, keiten, wie Kaliumnitrat, Glyzerin, Trauben- und Rohrzucker aus- gesetzt wurden. Einmal wurden die die Objekte enthaltenden Flüssigkeiten bis zum völligen Auskristallisieren des gelösten Stoffes an der Luft der Eintrocknung überlassen, während das andere Mal das osmotische Medium bei konstanter Konzentration erhalten wurde. Die Wirkung der osmotischen Flüssigkeiten kann natürlich nicht ohne weiteres mit der Verminderung des Turgors durch Ver- dunsten des Zellwassers in Parallele gebracht werden ; denn infolge der mit Notwendigkeit eintretenden Plasmolyse werden durch Ab- heben des Protoplasten von der Zellwand eigenartige Bedingungen geschaffen, denen sich durch den allmähhchen "Wechsel der Kon- zentration des umgebenden Mediums und der osmotischen Druck- zustände besondere Reaktionen zugesellen werden. Sind diese Ver- suche also weniger geeignet, mit biologischen Verhältnissen in Beziehung gebracht zu werden, so Avar es doch interessant zu ver- gleichen, wie die Potenz der Laubmoosprotoplasten, bedeutenden Wasserentzug zu ertragen, unter diesen veränderten Außen- bedingungen zutage tritt. a) Eintrocknung der wasserentziehenden Medien an der Luft. 1. Versuche mit Laubmoosstämmchen. Wenden wir uns zunächst den Versuchen zu, bei denen das osmotische Medium, in dem sich die Objekte befanden, an der Luft eingetrocknet wurde. Zur Verwendung kam 5 "/o Kaliumitrat- lösung und dieser isosmotische Lösungen von Glyzerin, Trauben- und Rohrzucker. Die Objekte wurden immer durch vorheriges Einlegen in Wasser zur vollen Turgeszenz gebracht und dann in Uhrschälchen von 5 cm Durchmesser, die gleiclie Quanta der Lösungen enthielten, im Zimmer bei ca. -j- 20" C der Luft- resp. Exsikkatoraustrocknung überlassen. Nach einigen Tagen war das Wasser verdunstet und die Objekte waren dann mit den kristallini- schen Massen der Zucker und des Kaliumnitrats bedeckt, resp. be- fanden sie sich in dem eingedickten Glyzerin. Ein völliger Einschluß der Objekte erfolgte beim Versuch mit Rohrzuckerlösung; hier bildete sich auf dem Boden des Uhrschälchens eine gleichmäßige kristallinische Schicht. Der Traubenzucker war in hirsekorn- bis erbsengroßen Waizen verteilt, während das Kaliumnitrat als dünne kristallisierte Schicht den Boden bedeckte. über die liesl.steuz dei* Laubmoose gegen Austrocknung und Kälte. 409 Von AVichtigkeit für die Beurteilung des Ganges der Aus- trocknung sind die Prozentgehalte der gesättigten Lösungen, bei deren Eindampfung die Ausscheidung des gelösten Stoffes beginnt. Bis zum völligen Verdampfen des Wassers befanden sich also die Objekte in gesättigten Lösungen der Stoffe. Die konzentrierte Lösung Traubenzucker enthält bei -1- 20 ° C 50 7o Zucker gelöst, genau auf 102 Teile Wasser 100 Teile Zucker, die von Kaliumnitrat 23,8 Vo Kaliumnitrat und eine solche von Rohrzucker 67,09 7o Rohr- zucker. Die Wiederbefeuchtung des eingetrockneten Inhaltes der TJhrschälchen erfolgte dergestalt, daß aus einem Gefäß durch schmale Fließpapierstreifen ein Wasserstrom in die ührschälchen geleitet und durch einen zweiten Streifen das Wasser aus den Schälchen entfernt wurde, so daß ein gleichmäßiger Strom die ührschälchen passierte und die gelösten Stoffe fortführte. Bei schneller Wasserzufuhr und Auflösung zeigte sich jedoch dasselbe Resultat wie bei der langsamen. Auf diese Weise vorgenommene Austrocknung von Laubmoos- blättern in Kaliumnitrat- und Glyzerinlösung ergab durchweg nega- tive Resultate, was die Erfahrung verschiedener Forscher an anderen pflanzlichen Objekten, daß die erwähnten Stoffe in verdünnten Lösungen giftig wirken, bestätigt. Es war an meinen Objekten mittels verschieden starker Kaliumnitratlösung keine einzige Zelle mehr plasmolysierbar. Um nun die giftige Wirkung des Kalium- nitrats abzuschwächen resp. aufzuheben, wurde eine Lösung mit 3 *Vo Kaliumnitrat und 1 "/q Calciumchlorid zu Versuchen mit Blättern von 11 Arten verwandt, die also in Kaliumnitratlösungen allein sämtlich abgestorben waren. Von diesen lebten nach dem Wiederbefeuchten sechs Arten, nämlich Barhula muralis, Bryum argenteum, Catharinea imdulata, Ceratodon purpureus, Orim'mia pidvinata und Dicranwn fuscescens, die übrigen fünf, nämlich Playiothecium denticulatuni, Funaria hygrouietrica, Mnium rostra- tum, MtiiuDi hornum und Hypnum purum waren auch hier ge- tötet. Wie aus den in Tabelle 1 mitgeteilten Angaben ersichtlich ist, gehören die sechs lebenden Spezies sämtlich zu den gegen Luft- trockenheit resistenteren Arten, während die getöteten fünf zu den empfindlicheren gehören. Es ergibt sich also das Resultat, daß nur die an der Luft austrocknungsfähigsten Spezies durch Bei- fügung von Calciumchlorid die Wasserentziehuug durch Kalium - nitratlösung aushalten resp. der giftige Einfluß des Kaliumnitrats nur bei diesen Arten aufgehoben wird. 27* 410 Edgar Irmsrher, Über die Resistenz der Laubmoosblätter gegenüber Ein- trocknung an der Luft in Rohr- und Traubenzuckerlösung geben Spalte 2 und 3 der folgenden Tabelle Aufschluß. Es zeigte sich, daß von 24 untersuchten Arten 19 die Eintrocknung in Rohr- zucker-, 11 die in Traubenzuckerlösung überstanden hatten. Be- merkenswert ist, daß keine Art nur das Eintrocknen in Trauben- zuckerlösung ausgehalten hat, sondern daß auch stets dort, wo letzterer nicht tödlich wirkte, Rohrzucker ohne schädigenden Ein- fluß war. Fünf Arten, nämlich zwei pleurocarpe Waldbewohner Hypnum purum und H. splendens, ferner Funaria hygrometrica und Fonünalis antipyretiea und F. squamosa zeigten aucli bei Eintrocknung in den beiden Zuckerlösungen nach dem Wieder- befeuchten keine lebenden Blattzellen mehr. Tabelle 9. in feuchter Luft, S = submers kultiviert. Naturpflanzen Feuchtkulturen Trauben- Rohr- Trauben- T^ohr- zucker zucker zucker zucker Dieranum, fuscescens Ibd. Ibd. — — Ceratodon purpureus Ibd. Ibd. F tot Ibd. Barhula muralis tot Ibd. F tot Ibd. Gnmmia. pulvinafa Ibd. Ibd. — — Kuconiitrium heternsliclnun .... tot Ibd. F tot tot Funaria hygrometrica tot tot — — Wehera nuians Ibd. Ibd. — — Bryurn aljjinuvi Ibd. Ibd. — - — argenteiim Ibd. Ibd. F Ibd., S tot F.lbiL, S.IImI. — caespiticinm tot Ibd. F tot tot — capillarr Ibd. Ibd. F tot tot Mnium roatratum Ibd. Ibd. — — - — hornum tot Ibd. — — — undulatum tot Ibd. — — Phüonotis fontana Ibd. Ibd. — — Bartramla ityphyUa Ibd. Ibd. — — Catharinea undulata tot Ibd. F Ibd., S tot Flbd.,St(d Fonünalis anüßyretica tot tot — — squamosa tot tdt — — Jsothecium Vallis-Ilsae Ibd. Ibd. — — Plagiothecium denticulatum .... tot Ibd. F. Ibd. Ibd. Hypnum aduncwii var. iiolyairiiiiiii. (Landform) Ibd. Ibd. S tot IIkI. tot tot — splendens tot tot - — über die Kesisteuz der Laubmoüse gegen Austrockiiuiig und Kälte. 411 Da ich gefunden habe, daß die Resistenz gegen Luft- und Exsikkatortrockenheit von den Feuchtigkeitsverhältnissen des Stand- orts abhängig ist, war es interessant festzustellen, ob auch bei Wasserentziehung durch plasmolysierende Lösungen eine Parallele zwischen Resistenz und Feuchtigkeit des Standorts vorhanden sei. Die Versuchsergebnisse mit Sprossen von zehn Arten, die außer dem submers gezogenen Hypnum aduncmii, var. poli/carpiiin in feuchter Luft kultiviert worden waren, sind in vorhergehender Tabelle in Spalte 4 und 5 angefügt. Ein Vergleich zwischen dem Material von den trockneren natürlichen Standorten und den feucht kultivierten zeigt bei letzterem eine Abnahme der Resistenz. Hervorzuheben ist aber, daß von den zehn in Betracht gezogenen Arten sechs, davon zwei auch nach submerser Kultur bei Ein- trocknung in Rohrzuckerlösung lebend geblieben waren. Catliarinca undulata und Plagioihecium denticulatum haben sich nur in der feuchtkultivierten Form gegen die Eintrocknung in Traubenzucker- lüsung resistent gezeigt. Im allgemeinen läßt sich wohl sagen, daß die Feuchtigkeitsverhältnisse des Standorts auch die Resistenz gegen eine Wasserentziehung unter den hier gegebenen physikali- schen Verhältnissen beeinflussen, die Ausnahmen aber in dem ab- normen Zustande, in dem der Moosprotoplast sich befand, ihre Begründung finden können. Es ist auch zu berücksichtigen, daß bei dem Aufenthalt in den Lösungen eine Aufnahme des gelösten Stoffes durch den Protoplasten erfolgt, wie weiter unten noch nach- gewiesen werden wird, die wohl imstande sein dürfte, durch Er- höhung des osmotischen Druckes der Zelle die Widerstandsfähig- keit gegen Austrocknuug zu steigern. Um nun auch die bei dieser Art Austrocknung wirksamen Faktoren kennen zu lernen, wurden Versuche angestellt, wo die Schnelligkeit der Austrocknung und die Intensität getrennt wurden und so einzeln bewertet werden konnten. Zu diesem Zwecke wurden in denselben Lösungen von Trauben- und Rohrzucker wie oben mit Blättern von sechs resistenteren Arten drei gleiche Serien hergestellt, deren jede also 12 Uhrschälchen, jede Art in Rohr- und Traubenzucker enthielt. Die erste Serie erfuhr dieselbe Be- handlung wie die in Tabelle 9 erwähnten Arten, d. h. nach er- folgter Eintrocknung in der Luft im Zimmer bei -|-20" C, wobei die Uhrschälchen auf einem Tisch standen, wurden die Objekte sofort allmählich wieder befeuchtet und auf ihre Lebensfähigkeit untersucht. Um nun die Intensität der Austrocknung zu erhöhen, 412 Edgar Iruisclier, wurde die zweite Serie nach erfolgter Eintrocknung an der Luft noch zehn Tage in einen Schwefelsäureexsikkator gebracht und dann erst befeuchtet und untersucht. Die dritte Serie kam zwecks Verminderung der Schnelligkeit der Eintrocknung auf ein Wand- regal, das sich fast unter der Decke des ungeheizten Zimmers befand, wodurch die Eintrocknung gegenüber Serie 2 um l'/i» Tag verzögert wurde. Nach erfolgter Eintrocknung wurde diese Serie sofort untersucht. Tabelle 10. Traubenzuc ker Rohrzucker Serie 1. Normale Luft- eintrockming Serie 2. Desgl. + 10 T. Exsikkatortr. Serie 3. Lufteintrockn. auf Regal Serie 1. Normale Luft- eintrocknung Serie 2. Desgl. + IGT. Exsikkatortr. Serie 3. Lufteintrockn. auf Regal Dicranum fuscescois 1 Ibd. Gr. bis 'A Vo Ibd. Basalzellen Ibd. Racomitrium hetero- Ibd. Ibd. stichum Ibd. tot tot tot V, Ibd. Milium hornum . . Basalzellen tot Basalzellen tot Basalzellen ibd. tot Ibd. Ibd. Bryum capillare . . de.sgl. tot Ibd. Ibd. Va Ibd. Bartramia ityphylla Ibd. tot Gr. Ibd. tot einz. Zellen Ibd. Fhilonoüs fontana . Basalzellen Ibd. tot tot tot Basalzellen Ibd. In Tabelle 10 sind die Ergebnisse der Versuche zusammen- gestellt. Es ergab sich also, daß durch die intensivere Aus- trocknung, hervorgerufen durch zehntägigen Aufenthalt im Exsikkator, in der Traubenzuckerlösung sämtliche bei normaler Luftaustrocknung (Serie 1) lebende Arten getötet, in der Rohrzuckorlösung drei Arten dadurch getötet oder geschädigt waren. Die dritte Serie lehrt, daß ein verlangsamtes Eintrocknen in Traubenzucker sehr schä- digend wirkt gegenüber dem normalen, während bei Rohrzucker das umgekehrte Verhältnis stattfand, indem die langsamere Ein- trocknung günstigere Resultate zeigte. Wie wir noch sehen werden, dringt bei Aufenthalt in der Trauben- und Rohrzuckerlösung Zucker in die Zellen ein. Nach obigen Versuchen müssen wir annehmen, daß dabei der Traubenzucker einen schädigenden Einfluß auf den Protoplasten ausübt, der bei Rohrzucker unterbleibt. über die 'Rpsisleir/; der Laiihmonse pegen Austrncloiuiig und Kälte. 413 Um nun neben Schnelligkeit und Intensität der Austrocknung auch die Dauer des ausgetrockneten Zustandes in den Kreis der Beobachtung zu ziehen und deren Einfluß festzustellen, mögen noch einige diesbezügliche Versuchsreihen besprochen werden, zu der einige weitere sehr resistente Arten verwendet wurden. Die beiden ersten Serien wurden ebenfalls an der Luft eingetrocknet, die zweite aber dann noch zehn Tage in den Schwefelsäureexsikkator gebracht, während die dritte sofort in den Exsikkator kam. Eine vierte, normal an der Luft eingetrocknete Serie wurde nach er- folgter Austrocknung noch vierzig Tage an der Luft stehen ge- lassen, um die Einwirkung der Dauer festzustellen. Tabelle 11. Traubenzucker Rohrzucker St bO S)-S , &D O jj 5 .-H bo '=' -^ ^ •"^ M •h2 aj -^ ^J t- CS e 1. e Lul knun e 3. vator knun e 4. trocki ge Ai daselb Seri Normal eintrot ^ •Sr-Ü t. ce c ir^^ ':: -^ o 'i -ic-ii; . «2 X "g aj Luft u. 40 cnthii C/J Des Tage tl'O '"■' |.s S Luft u. 40 eiitlia Barhnla muralis Ibd. Ibd. tot tot Ibd. Ibd. Gr. Ibd. % Ibd. Grimmia jjitlri- nata Ibd. Ibd. Basalzellen Ibd. v 3 Ibd. Ibd. Ibd. Ibd. '/, Ibd. Webei-a nutuns Ibd. tot tot tot Ibd. Ibd. Gr. Ibd. tot Aus dem Versuch geht deutlich hervor, wie sowohl die durch den Exsikkator gesteigerte Intensität eine bedeutendere Schädigung gegenüber der normalen Luftaustrocknung ausübt, daß aber auch die Schnelligkeit, mit der die Austrocknung erfolgt, von Einfluß ist. Denn die gleich im Exsikkator eingetrockneten Proben sind weit mehr geschädigt als die an der Luft eingetrockneten und dann nachträglich in den Exsikkator gebrachten. Ein Vergleich von Serie 1 mit 2 zeigt, daß die Dauer der Einwirkung eine große Rolle spielt. Alle drei Spezies, die noch 40 Tage an der Luft gestanden hatten, sind nur noch partiell lebend oder tot. Im allgemeinen ergibt sich also aus unseren Darlegungen, daß bei geeigneter Wahl einer indifferenten osmotischen Lösung (in unseren Versuchen Rohrzucker) die meisten Moose große Resistenz gegen die Wirkung von Wasserentzug auf osmotischem Wege be- sitzen, die aber durch gesteigeite Intensität des Wasserentzugs oder längere Dauer des ausgetrockneten Zustandes vermindert und schließlich vernichtet werden kann. 414 Edgar Irinscher, 2. Versuche mit jungen Sporogonen, Protonema und Sporen. An diese Versuche mit Moosblättern anschließend wurden junge Seten von Barhula muralis, Wehera nutans, Funaria hygrometrica und Milium hornum in gleiche wie oben benützte isosmotische Lösungen der Austrocknung an der Luft ausgesetzt. Da jedoch bei diesen flüssigen Medien die schützende Wirkung der Haube ausgeschlossen war, die, wie wir festgestellt haben, das Ertragen längerer Lufttrockenheit den jungen Sporogonen ermöglicht, so w^ar nicht verwunderlich, daß nach erfolgter Wiederbefeuchtung in den Seten aller 4 Spezies nicht eine lebende Zelle mehr aufzufinden war. Das gleiche Resultat ergab sich bei analogen Versuchen mit kultiviertem Protonema von Bryuin capülare, Funaria hygrometrica und Physcomiirium pyriforme. Versuche, die jedoch mit Sporen dieser drei Arten angestellt wurden, zeigten die gleichen Ergebnisse wie die Moosblätter. Die in Kaliumnitrat und Glyzerinlösung ein- getrockneten Sporen keimten nach Überführung in Wasser nicht mehr, während die mit Trauben- und Rohrzucker behandelten fast alle keimten. Die Sporen waren vor dem Einlegen in die plas- molysierenden Medien mit Leitungswasser zu voller Turgeszenz ge- bracht worden. b) Einwirkung wasserentziehender Medien von konstanter Konzentration. Des weiteren wurde nun noch geprüft, ob die Laubmoos- stämmchen durch einen Aufenthalt in wasserentziehenden Medien, wenn diese im Gegensatz zu obigen Versuchen bei konstanter Konzentration gehalten werden, Schaden erleiden oder mehr oder weniger lange Zeit ihre Lebensfähigkeit bewahren können. Deshalb wurden einmal Stämmchen von Plagiotliecium denticulatwm, Funaria hygrometrica, Bryum eapillare, Bryum caespiticium , Mnium rostratuni und Catharinea undulata in turgeszentem Zustande in die schon oben benützten einer öprozentigen Kaliumnitratlösung isotonischen Lösungen von Kaliumnitrat, Glyzerin, Trauben- und Rohrzucker gebracht. Die in Kaliumnitrat liegenden Objekte waren nach einem Tage sämtlich tot bis auf das Plagiothecium denticulatum , das nach sieben Tagen noch deutlich plasmolysierte Zellen zeigte, deren Plasmolyse bei Wasserzutritt zurückging. Nach neun Tagen trat auch hier der Tod ein. Bei den in Trauben- und Rohrzuckerlösung befindlichen Objekten war die Plasmolyse gchon nach einem Tage völlig ausgeglichen, wodurch eine Aufnahme über die Resistenz der Laubmoose gegen Austrocknuiig und Kälte. 415 des gelösten Stoffes erwiesen ist. Damit war natürlich die wasser- entzieliende Kraft dieser osmotischen Lösung aufgehoben. Trotz- dem will ich anführen, wie lange sich die Objekte in den Lösungen lebend erhielten. In Traubenzucker war Funaria und Mnium rostratmn nach drei Tagen tot. Von Cathariura luidulata, den beiden Brya und Piagiofheciuin ((e/iticulatum lebten nach vierzehn Tagen noch einzelne Blätter, die nach zwanzig Tagen auch abge- storben waren. Den günstigsten Resultaten begegnen wir, ent- sprechend den obigen Versuchen, bei Rohrzucker. In dessen Lösung war zwar die Funaria nach drei Tagen tot, Plagiothcciuvi, Mnium und Catharinea aber nach dreißig Tagen noch lebend, nach vierzig jedoch auch tot, während die Blätter der beiden Bryn noch nach 65 Tagen ganz oder teilweise lebten, um erst nach 75 Tagen vollständig abgestorben zu sein. Ferner kamen Stämmchen mehrerer Arten in konzentrierte Lösungen unserer vier Stoffe. Tabelle 12. konz. konz. konz. konz. Kaliumnitrat Glyzerin Traubenzucker Rohrzucker Finiitria hyyrometrica . n. 1 Tag tot n.lTagtot n. 1 Tag tot n. 1 Tag tot Br 1/1(111. caesj)iticium . . desgl. desgl. desgl. n. 1 Tag einzelne Zellen Ibd., n. 2 Tagen tot Miiiniii mitral nvi . . . D. 1 Tag einz. Gr. V. Zellen Ibd., n. 2 Ta- gen tot desgl. desgl. n. 2 Tag. einzelne Zellen Ibd., n. 3 Tagen tot ('(ifharinea Kiidiilat«, . . n. 1 Tag einz. desgl. n. 2 Tagen Gr. n. 3 Tagen Gr. Blätter Ibd., bis '/•.' Ibd., n. Ibd., n. 4 Ta- n. 2 Tagen tot 3 Tagen tot gen tot PUujiotheciuni, dciäicu - latum n. 1 Tag tot desgl. 11. 1 Tag tot n. 2 Tagen Gr. bis Va Ibd-, n. 3 Tagen tot Hierbei zeigte es sich, daß in konzentriertem Kaliumnitrat Mnium rostratum und Catharinea undidata nach 24 Stunden noch Gruppen lebender Zellen aufwiesen, während in derselben Zeit in einer 5 -prozentigen Lösung, wie wir gesehen haben, schon der Tod erfolgt war. Die in konzentrierter Trauben- und Rohrzuckerlösung befindlichen Objekte zeigten dagegen ungünstigere Resultate als bei Einwirkung von verdünnten Lösungen. Es ist dies nicht ver- 416 Edgar Irnisi'brr, wunderlich, da der osuiotische "Wert der konzentrierten Lösungen und also die wasserentzieliende Kraft sehr groß ist. Deshalb können wir hier einen Austrocknungstod annehmen. Am resistentesten erwies sich Catharinea undtdafa., welche in konzentrierte Rohr- zuckerlösung nach 3 Tagen noch lebte. 2. Abschnitt. Die Resistenz der Laubmoose gegen Temperaturen unter dem Nullpunkt. a) Einleitende Bemerkungen. Wenn wir im folgenden zu den Untersuchungen über den Ein- fluß von Kälte auf Laubmoose übergehen, so werden wir nur die Wirkung derjenigen Temperaturen unter dem Nullpunkt in den Kreis der Betrachtung ziehen, bei denen normalerweise Eisbildung stattfindet. Nach der Auffassung von Mülle r-Thurgau, der sich Molisch anschloß, ist die Wasserentziehung durch Eisbildung das den Tod der Pflanze bedingende Moment. Darnach ist also die Todesursache beim Erfrieren die gleiche wie beim Austrocknungs- tod. Nachdem schon Pfeffer (1904, S. 315 ff.) gegen die generelle Gültigkeit dieser Annahme berechtigte Einwände gemacht hatte, suchten Mez und seine Schüler in ihren Arbeiten unter Zuhilfe- nahme genauer physikalischer Methoden der Müller-Thurgau- schen Theorie völlig den Boden zu entziehen. Sie stellten nämlich für viele Objekte fest, daß Eispunkt, d. h. der Punkt, wo alles vorhandene Zellwasser zu Eis erstarrt ist, und Erfrierpunkt nicht zusammenfallen, letzterer vielmehr ein für jeden Organismus ver- schiedenes Miniuum repräsentiere. Neuerdings ist jedoch Fischer (1911, S. 133 -234) auf Grund physikalisch-chemischer Studien an Kolloiden wieder für die Müller-Thurgausche Ansicht ein- getreten. Aus diesen kurzen Hinweisen ersieht man, daß das Erfrierpi oblem noch keineswegs zu einem endgültigen Abschluß gekommen ist. Wir können jedoch aus den bisherigen Erfahrungen und Versuchsergebnissen den Schluß ziehen, daß der Kältetod des Individuums das Endergebnis einer Reihe von Reaktionen ist, die je nach den im Protoplasten schlummernden Potenzen und Eigen- schaften und nach dem Zustand, in dem er sich befindet, von größter Mannigfaltigkeit sein können. So nimmt z. B. Lidforss an, daß die große Permeabilität des Laubmoosprotoplasten, die wir auch für Trauben- und Rohrzucker als zutreffend fanden, eine über die IJesislenz der Laubmoose gegen Auslrocknmig und Kälte. 417 Eigenart der Mooszellen ist, die für die Kälteresistenz sehr vorteil- haft sein muß. Diese einleitenden Bemerkungen stelle ich voran, weil sich gerade bei Laubmosen die Gelegenheit bietet, zu sehen, wie sich Objekte, bei denen alle Grade von Austrocknungsfähigkeit vor- handen sind, gegenüber Temperaturen unter dem Nullpunkt ver- halten und ob Beziehungen zwischen Austrocknungsfähigkeit und Kälteresistenz bei dieser Pflanzengruppe nachzuweisen sind. Wie jetzt schon angedeutet werden soll, hat sich auch bei unseren Objekten keine durchgehende Parallele zwischen Kälte- und Trocken- resistenz feststellen lassen. Da noch keine zusammenhängenden Untersuchungen über die Kälteresistenz der Laubmoose vorlagen, war es meine erste Auf- gabe, die Temperaturminima für die einzelnen Teile der Moos- pflanze, wie Sporen, Protonema, Laub und Seten durch Grenzwerte annähernd festzustellen. In Verbindung damit kamen verschiedene biologische Fragen zur Behandlung. So wurde zwecks Feststellung eines Zusammenhanges zwischen Austrocknungsfähigkeit und Kälte- resistenz des Laubmoosstämmchens versucht, ob durch vorherige Austrocknung der Erfrierpunkt tiefer gelegt, mit anderen Worten die Kälteresistenz erhöht werden kann. Ferner wurde bei Fest- stellung der Temperaturminima die Frage nach dem Einfluß der Standortstemperaturen während des Wachstums des Objektes auf den Erfrierpunkt erörtert. Getrennt davon wurde untersucht, ob bei Temperaturwechsel, dem die Moose in der Natur oft in extremer Weise ausgesetzt sind, der Erfrierpunkt schon völlig ausgebildeter Stämmchen durch Akkommodation der Protoplasten an die veränderte Temperatur verschoben werden kann. Außer diesen Versuchen, bei denen durch einmalige Abkühlung das spezifische Minimum unter- schritten und so der Tod erzielt wurde, stellte ich noch solche an, bei denen die Resistenz gegen wiederholtes Gefrieren und Auftauen bei Temperaturen über dem Todespunkt untersucht wurde. Endlich wurde noch die Frage nach dem Verhalten des Tuigors bei Tem- peraturwechsel diskutiert. Auf analoge Versuche mit anderen pflanzlichen Objekten wird an den betreffenden Stellen Bezug ge- nommen werden. Da wir die Wechselwirkung zwischen Moos und Temperaturen unter dem Nullpunkt unter besonderer Berücksichtigung der Ver- hältnisse studieren wollen, wie sie in der Natur gegeben sind, war ich auch bestrebt, das Experiment durch Beobachtungen in der 418 Edgar Inuscher, Natur zu unterstützen. Diese Angaben sind au den betretfenden Stellen beigegeben. Von vornherein ist darauf verzichtet worden, auf die Mechanik des Gefriervorganges und die inneren Ursachen, die den endlichen Kältetod der Protoplasten bedingen, einzugehen. b) Methodik. Zur Methodik der Versuche sei folgendes bemerkt. Zur Ver- wendung kam durchgehend frisch gesammeltes, also völlig lebendes und intaktes Material. Zur Erzielung der nötigen Kältegrade wurde eine Mischung von Schnee oder zerkleinertem Eis und Chlornatrium oder Chlorcalcium benützt. Die Objekte kamen in Reagenzröhrchen von 1,5 cm Durchmesser, welche in die Kältemischung versenkt wurden. Bei jedem Versuch befanden sich die Objekte sowohl in mit Wasser gefüllten Röhrchen als auch im Parallelversuch in turgeszentem Zustande in leeren Röhrchen, also von Luft umgeben. Auch in der Natur werden Moose auf diese beiden Arten oft ge- frieren. Lufttrockenes Material wurde auf Kälteresistenz nicht ge- prüft. Eine möglichst große Konstanz der Temperatur wurde auf folgende Weise erzielt. In einer zwecks Lsolation mit trockenem Heu gefüllten großen Holzkiste befand sich ein Kupferkessel von ca. 50 cm Durchmesser, in den ein emailherter Topf von ca. 35 cm Durchmesser gestellt wurde. Der Zwischenraum zwischen beiden wurde ebenso wie der innere Topf mit der betreffenden Kälte- mischung angefüllt. Der Kupferkessel wurde mit einem Holzdeckel verschlossen, auf den zwecks Isolation noch 4 Bastmatten gelegt wurden. Die Kiste stand in einem nach Norden gelegenen un- geschützten Gewächshäuschen. Die Versuchsdauer betrug bei den Erfrierpunktsbestimmungen durchgängig 18 Stunden. Da die Gewächshaustemperatur sich der Außentemperatur anpaßte, war es ein leichtes, bei Frost die Temperatur der Kältemischung relativ konstant zu halten. Bei Außentemperaturen über -\- 5^- C war ein Steigen der Kältemischungstemperatur um 3 bis 6 Grad die Regel, was jedoch, wie ich kontrolliert, erst nach mehreren Stunden ein- trat. Gefrierversuche mit mehreren Arten, bei denen diese einmal bei einer Temperatur von -|- SO*' C, die Parallelserie bei -i-5'^C aufgetaut wurde, zeigten keine Beeinflussung des Versuchsergebnisses durch die Schnelligkeit des Auftauens, was auch andere Forscher an ihren Objekten konstatiert haben. Das Auftauen sämtlicher Objekte geschah in meinen Versuchen bei Zimmertemperatur. über die Resistenz der Laubmoose gegen Austrocknnng und Kälte. 419 c) Bestimmung der Temperaturminima. 1. Versuche mit Laubmoosstämmchen. Wie schon angedeutet, war es meine erste Aufgabe, die Temperaturminima für die einzelnen Teile der Moospflanze festzu- stellen, von denen zuvörderst die Laubmoosblätter und -stammchen einer Untersuchung unterzogen wurden. Wie eingangs erwähnt, stand mir aus der Literatur eine Angabe von Rein (1908, S. 11) zur Verfügung, welcher bei Untersuchung des Zusammenhanges zwischen Turgor und Gefiierpunkt den Eintritt des Kältetodes für Ceridodon purpureus bei — 16,2'^ C ermittelte. Bei Feststellung dieses Wertes mit Hilfe von Galvanometer und Thermonadel wurde das Objekt an letztere gespießt und befand sich, wie Rein angibt, in Luft. Um möglichst schnell Grenzwerte für die Kälteresistenz zu erlangen, kamen die Stämmchen auf oben geschilderte Weise zuerst in eine Temperatur von — ^20" C, wurden nach 18 Stunden aufgetaut, worauf die Blattzellen plasmolytisch auf ihre Lebens- fähigkeit untersucht wurden. Bei den meisten Arten war eine mehr oder minder bedeutende Schädigung vorhanden, die sich in ab- gestorbenen Zellen zeigte. Abgesehen von einigen Fällen, wo die noch lebenden Zellen auf die Blattbasis lokalisiert waren, fand ich immer lebende und tote Zellen in den verschiedensten Verhältnissen mosaikartig durch das ganze Blatt verteilt. Waren bei — 20" C alle Zellen tot oder nur noch einzelne Grup])en lebend, so wurde frisches Material desselben Rasens einer Temperatur von — 15" C ausgesetzt. Zeigte sich auch dabei kein lebender Protoplast, kam neues Material in eine höhere Temperatur usw. Diese Art der Charakterisierung der Resistenz ist für unsere Zwecke völlig aus- reichend, zumal die einzelnen Rasen derselben Art betreffs ihrer Resistenz nicht unbedeutend schwankten, was in folgender Tabelle, die die Temperaturminima für Stämmchen enthält, durch mehrere Angaben bei einer Art seinen Ausdruck tindet. Die Arten sind in folgender Tabelle nach den Standorten, an denen ich die unter- suchten Proben entnommen habe, angeordnet, um die biologische Beurteilung zu erleichtern. Die nach dem Versuch lebenden Zellen sind durch Brüche angegeben, so daß z. B. — 20" C Vä — V4 Ibd. heißt: nach Gefrieren bei 20" C lebten in den einzelnen Blättern die Hälfte bis ''U der Blattzellen; — 20" C tot— Vl> lebd. heißt: es waren alle Abstufungen von toten Blättern bis zu solchen mit der Hälfte lebender Zellen vorhanden. Bas. = Basalzellen, d. h. die Zellen des Blattgrundes; Gr. := Gruppen; a.Z. = alle Zellen. 420 Kdgar Irnisclier, Tabelle 13. Snbniers gefroren Turgeszent in Luft gefroren 1. Sümpfe, Teiche, Bäche: I'hilonotis fontana — 10" Vj bis alles Ibd. — 20" tot -10" Ibd. — 20" tot . anderer Rasen .... — 20" Va bis alles Ibd. — 20° Gr. bis V^ Ibd. FoiiJiiialis antipyretica -20" alles Ibd. — 30" tot — 20" Hr. bis '/, Ibd. ■ — squamosa — 20» alles Ibd. — 20° Gr. Ibd. andere Probe .... — 20" V, Ibd. — 20" tot Jsothecium Vallis Itsae — 20" 7„— 7, Ibd. — 20" alles Ibd. Hi/pnum aduncum var. poli/carj^. — 20" alles Ibd. — 30" tot — 20» V3 bis '/., Ibd. — — var. simplicissimnm. . — 20" % Ibd. — 20" Basalzellen Ibd. — — var. pseudofiuitmis — 20" tot — 1.5° 'U bis Vä Ibd. — 20» tot -15" Gr. Ibd. 2. Lanbwald: Mn'mni rostratum — 10" alles Ibd. — Ib" einz. Gr. Ibd. — 10" Ibd. — 1.5" tot — undiil atutn — 10" Ibd. — 15" Gr. bis '/„ Ibd. — 10" Gr. bis 7^ Ibd. — 15° tot (Jatharinea undulata .... — 20" Gr. bis V, Ibd. — 20° Gr. bis '/» Ibd. Flaffintlicciiim denticulahmi, . — 15" alles Ibd. — 20" V3 bis 74 Ibd. — 20" Ibd. anderer Rason .... — 15" Gr. bis '/^ Ibd. — 20" tot — 15" tot 3. Nadelwald: Playiotliecinm undulatum . — 15" alles Ibd. — 20" 7, Ibd. — 15" V, Ibd. — 20° Gr. Ibd. Mnium punctatum — 15" Gr. bis '/., Ibd. — 20" tot — 15" Gr. Ibd. — 20" tot Dicrimii in, scoiiariuiii. .... — 20" Ihd. — 30" tot — 20" Ibd. -30" tot — fimcescoitf desgl. desgl. Wehera nidans -15" '/•, bis alles Ibd. — 20" tot — 15" '/., bis alles Ibd. — 20" tot Ilri/iiiii cditilliire — 20" '/;, bis '/^ Ibd. — 20" ';., bis '/, Ibd. anderer Rasen .... — 10" V,, bis '/:, IIhI. — 20" to't — 10" '/., bis Va Ibd. — 20° tot Hi/jniiiM imnim — 20" alles bis 7^ Ibd. — 20° 7, Ibd. 4. Erdboden: J'lui.snnii eii.spidatum .... — 10" Ibd. — 1.5" tot — 10" 7., Ib.l. — 15° tot Pottia fruiicafiiln -15" ältere Bl. Ibd. — 15° tot Tortida rumlis — 15" Ibd. — 20° tot — 15" Ibd. — 20" tot über die Resistenz iler Laubmoose gegen AustrocknuTig uml Killte. Fortsetzung der Tabelle. 421 1 Subniers gefroren 1 Turgeszent in Luft gefroren Fiinnria hyijrometrica .... — 15" Rasen Vi Ibd. — 15" Rasen V* Ibd. anderer Rasen .... — 15" ganz tot ; — 15" ganz tot — 10" Gr. bis V3 Ibd. — 10" Gr. Ibd. dcratodon inirpurens .... — 20" V-, IM- — 20" alles Ibd. anderer Rasen .... -20" =/3 Ibd. -20" '/3 Ibd. BryuDi urgenten in -20" ''3 bis 'U IbJ. — 20" V3 ganz Ibd. anderer Hasen .... — 20" Ibd. — 20" Ihd. — biiiiuiii' — 15" einz. Zellen Ibd. — 15" Gr. Ibd. Thiüdinui Pliil/hcrti .... — 20" alles Ibd. — 20" alles Ibd. -.30" tot — 30" tot Ifi/j)nnm CKspidninm .... — 20" Gr. bis '/a Ibd. — 20" Gr. -74 lixi. 5. Felsen, Mauern, Dächer: (-Inmmia indvinata — 20" alles Ibd. — 20" alles Ibd. — 30" tot — 30" tot Rarnmifriinii heferosticlnuii, — 20" Ibd. —20" Ibd. — 30" tot — 30" tot Barhula mtiralis — 20" alles Ibd. — 20" Ibd. — 30" tot —30" tot anderer Rasen .... —20" Gr. bis '/, Ibd. — 20" Gr. Ibd. 6. Baurastänune : AmJdyxtrfi'imn, sr.rpeii.'; .... — 20° Ibd. — 30" tot — 20" 7., Ibd. Braclri/Ilieciiim reliifiiium . — 20" alles Ibd. — 30" tot — 20" '/:, bis '/, Ibd. — ridahiiluin — 20" 73 bis alles Ibd. -10" V3 Ibd. anderer Rasen .... — 20" Gr. Ibd. — 10" tot HifjDiiuii. cupressifoiine — 20" alles Ibd. — 20" 7., bis '/, Ibd. anderer Rasen .... — 20" Basalzellen Ibd. — 20" tot Aus den mitgeteilten Daten läßt sich erkennen, daß Tem- peraturen bis — 10° C keine wesentliche Schädigung der Laub- moosgametophyten nach sich ziehen, daß bei weiterer Temperatur- erniedrigung die Arten sich verschieden verhalten, während der Tod aller Blattzellen der meisten Arten unter — 20 *' C erzielt wird. Bei — 30" C sind auch die resistentesten Arten vöUig ab- gestorben. Wir sehen also, daß die Kälteresistenz weit gleichmäßij^er allen Laubmoosspezies zukommt als die Austrocknungsfähigkeit. Ist aber doch auch die Temperatur der einzelnen Standorte in der Natur ein weit gleichmäßiger verteilter Faktor als die Feuchtigkeit der Standorte! 422 Edgar Trmscher, Daß die Untersuchung der Blattzellen kein genügendes Kriterium für Leben oder Tod einer Moospflanze abgibt, wissen wir schon aus den Untersuchungen über die Trockenresistenz. Wir sahen, wie in vielen Fällen Stengelzellen, sei es als schlafende Augen oder blattwinkelständige Zellen, in dem ersteren Falle Zweige, im zweiten Protonema hervorbrachten, nachdem die Blatt- zellen längst durch Trockenheit getötet waren, wodurch eine be- deutendere Resistenz dieser regenerativen Elemente erwiesen war. Um eventuell ähnliche Regenerationserscheinungen nach Schädigung der Stämmchen durch Erfrieren der Blattzellen festzustellen, wurden Rasenteile, deren Blätter durch einmaliges Gefrieren ab- getötet waren, in feuchte Luft und submers gesetzt. In der Tat zeigten die bei vielen Arten nach kürzerer oder längerer Zeit ge- bildeten Sprosse und Protonema, daß noch lebende Elemente an dem Stämmchen vorhanden waren, die sich ebenfalls als terminale Scheitelpunkte, schlafende Augen, sowie als blattwinkelständige Stengelzellen repräsentierten. Dies erinnert an Befunde bei Phanerogamen, wo jüngere und embryonale Gewebe sich gegen Kälte resistenter erwiesen haben als ältere. So fand A])elt, (1909, S. 247), daß die Spitzen von Kartofifeltrieben resistenter waren als die Basen. Derselbe teilt auch Versuche von Dähne mit, wonach die jugendlichen, eben erst gebildeten Zellen von Enteromorpha einen tiefer liegenden Todespunkt haben als ältere Zellen. Mit diesen Angaben kann sicher die größere Resistenz der terminalen Scheitelzelle unserer Objekte in Parallele gebracht werden. Für die regenerierten Stengelzellen dagegen müssen wir in Verbindung mit den im ersten Abschnitt festgestellten Regenerationserscheinungen annehmen, daß das Moos Zellkomplexe ausbildet, die mit der Potenz ausgestattet sind, Austrocknung und Kälte, die die übrigen Zellen tödlich schädigen, ertragen und unter geeigneten Bedingungen regenerativ sich betätigen zu können. Es seien nur noch einige Fälle, wo ich die erwähnten Regenerations- erscheinungen nach Abtötung der Blätter durch einmaliges Er- frieren konstatieren konnte, angeführt. So bildeten sich zahlreiche neue Sprosse bei Ceratodon purptireus, Tortula ruralis, Mnium rostratuni, Fhilonotis fontana, Catharinea undulata, Plagiothecium denticulatum, Hypnum cupressiforifne, H. aduncum var, polycarpuni und IT. euspidatitm, Protonema bei Ceratodon piopiireus, Funarin liygrometnca und Webera nutans. über die Resistenz der Laubmoose gegen Austrocknung und Kälte. 423 Vergleichen wir nun einmal die Ergebnisse dieser Gefrier- versuche mit den in Tabelle 1 mitgeteilten Resultaten der Aus- trocknungsversuche, so ergibt sich, daß tatsächlich bei vielen Arten eine große Austrocknungsfähigkeit einer großen Kälteresistenz paral- lel geht. Beispiele dafür sind die DicranumSTpezies, Racomitrium heterostichum und Grimmia. doch zeigen auch Arten von geringerer Trockenresistenz bei — 20 '^ C noch zahlreiche lebende Elemente. Am auffallendsten ist die Tatsache, daß Fontinalis antipyretica und squamosa, die Laubmoose mit der geringsten Trockenresistenz repräsentieren, in bezug auf Resistenz gegen Kälte zu den wider- standsfähigsten Arten gehören, indem bei — 20" C noch sämtliche Blattelemente lebend waren. In vielen Fällen mag also der Kälte- tod ein Austrocknungstod sein, aber bei anderen Objekten, wie bei Fontinalis ist durch die eigentümliche Beschaffenheit des Plasmas ein Zusammenhang zwischen Kälte- und Trockenresistenz entbehr- lich gemacht worden. Daraus geht hervor, daß bei den systematischen Einheiten der Moose keine Parallele zwischen Trockenresistenz und Erfrierpunkt vorhanden ist. Eine andere Frage ist, ob innerhalb der systemati- schen Einheit durch vorhergehende Austrocknung der Protoplasten eine Beeinflussung des Erfrierpunktes zu verzeichnen ist, die sich durch Erhöhung der Kälteresistenz bemerkbar macht. Zur Lösung dieser Frage, die, wie wir später sehen werden, bei Beurteilung der physiologischen Standortsformen in der Natur von Wichtigkeit ist, wurde von Material mehrerer Arten, welches teils im Zimmer bei -|" 1^" C, teils bei einer Durchschnittstemperatur von -|-3"C submers kultiviert worden war, der Erfrierpunkt festgestellt und gefunden, daß bei — 15" C alle Arten sowohl submers als auch turgeszent gefroren, getötet worden waren. Um nun den Einfluß von Austrocknung auf den Erfrierpunkt festzustellen, wurden Proben dieses Materials drei Tage der Lufttrockenheit im Zimmer bei -|- 20 " C ausgesetzt, dann durch Aufenthalt im Leitungswasser wieder zur vollen Turgeszenz gebracht und nun ebenfalls bei — 15" C submers und turgeszent gefroren. Wie aus der umstehenden Tabelle zu ersehen ist, zeigte sich die überraschende Tatsache, daß nur Ceratodon purpureus völlig tot war, während die übrigen Arten mehr oder weniger zahlreiche lebende Blattzellen aufwiesen, was ohne vorherige Austrocknung bei gleicher Gefriertemperatur nicht der Fall gewesen war. Daraus scheint mir für manche Arten deutlich hervorzugehen, daß durch Jahrb. f. wiss. Botanik. L. 28 424 Eilsrar Triiisolier, einen trockenen Standort, wo das Moos also öfters einer Aus- trocknung unterworfen ist, die Kälteresistenz der Moosprotoplasten erhöht wird. Tabelle 14. Submers u. turgeszent in Luft bei — 15" C gefror. Nach 3 Tagen Lufttrockenheit bei -|- 20° C Bei — 15" ! Bei —15" turgesz. submers gefroren 1 in Luft gefroren Grimmia jmlvinata fbei -{- 3" 0 snbniers knltiv.) fiarbulu 'iiw.raUs (subm. bei ca. -[- 18" C knlt.) Ceratodon purpiuen,!! (bei -f 5" C. kultiviert) . . Isothecium, VaUls Ilsae (submers bei -j-18''C kultiv.) Amblystegium serpens (submers bei -j-lS" C" kultiv.) '/„ bis alles Ibd. 1 '/« bis '/, Ibd sänitlicl tot Gr. V. ""i- tot Blattgrund Ibd. '/,, bis alles \\u\. tot Blattgrund Ibd. Gr. Ibd. i einzelne Gr. Ibd. Da man bei anderen Objekten die Erfahrung gemacht hat, daß der Erfrierpunkt keinen feststehenden Wert für eine Pflanzen- spezies repräsentiert, sondern je nach der bei der Kultur herrschen- den Temperatur veränderungsfähig ist, lag es nahe, auch unsere Objekte auf eine etwaige Reaktionsfähigkeit auf die Außentempera- tur zu prüfen. Diese Reaktionsfähigkeit kann sich auf zweierlei Weise äußern. Einmal kann das Individuum bei einem Temperatur- wechsel durch Akkommodation seiner ausgewachsenen Teile an die veränderte Außentemperatur reagieren, und zweitens können die Vegetationspunkte den neuen Temperaturverhältnissen angepaßte Sprosse produzieren. In beiden Fällen wird sich der Einfluß des Temperaturwechsels durch eine entsprechende Variation des Erfrier- punktes äußern. Für die zuerst zu besprechenden Versuche, wo nur der Einfluß der beim Wachstum herrschenden Temperatur untersucht wird, ist z. B. ein analoger Fall von Pfeffer (1904, S. 302) angeführt, wonach Haberlandt fand, daß bei + 18— 20"C erwachsene Keimpflanzen leichter erfroren als die bei -|- 8 " C kul- tivierten. Der Fall, wo erwachsene Sprosse der Einwirkung einer Temperaturänderuug ausgesetzt sind, wozu auch die von Goeppert, Müller -Thurgau und Apelt erwähnten Fälle von Gewöhnung gehören, wird im Abschnitt über die Akkommodationsfähigkeit der Laubmoose behandelt werden. über die Resistenz der Laubmoose gegen Austrocknung und Kälte. 425 Da Tabelle 13 die Erfrierpunkte von Sprossen enthält, die im Winter gesammelt, bei relativ niederer Temperatur gewachsen sind, wurde von diesem Material zwecks Erzielung von Kulturen bei höherer Temperatur Rasen mehrerer Arten bei -|- 20 " C in feuchter Luft oder submors gezogen, deren Erfiierpunkte mit denen des Naturmaterials verglichen werden sollten. Da diese im Zimmer gezogenen Sprosse der Landmoose unter anderen Feuchtigkeits- verhältnissen aufgewachsen sind als die Naturrasen, kann man diesem Umstände nach unseren obigen Befunden eine Beeinflussung der Versuchsobjekte zuschreiben. Diesen Faktor auszuschalten, bot sich mir günstige Gelegenheit durch Material, das auf Blumen- töpfen in einem temperierten Hause des Leipziger Botanischen Gartens sich angesiedelt hatte. Diese Pflanzen waren einerseits nie dem Einfluß von Temperaturen unter Null ausgesetzt, anderen- teils befanden sie sich öfters, wie ich beobachtete, in lufttrockenem Zustande. Am einwandfreiesten demonstrieren jedoch den Einfluß der Außentemperatur auf den Erfrierpunkt die submersen Spezies wie Fontinalis antipyretica und squamosa. Tabelle 15. Für B: Alle Arten außer den zwei Fontinalis und Isothecium in feuchter Luft kultiviert. Subniers Turgeszent A. Pflanzen aus einem temperierten Haus. Funaria liygvometrica .... — 10° einz. Gr. Ibd. — 10" Gr. Ibd. — 15" tot — 15" tot Wi'hera nutans — 10» V. Ibd. — 10" Basalzellen Ibd. -15" tot — 15" tot Brifuin cmimtenm — 15° — 20" einz. Zell tot en Ibd. — 15» tot — capillare — 10" Gr. Ibd. — 10" V, Ibd. Catharinea undulata .... -15» — 20» einz. Zell tot en Ibd. — 15» tot Hijimuvi ciispidaliim .... — 15» Gr. bis ' , Ibd. — 15» Gr. Ibd. — 20° tot — 20" tot B. Bei -|- 20° C kultivierte Pflanzen: Barhula muralis — 10" Ibd. — 10" '/,, Ibd. — 15" tot — 15° tot Funaria hyi^rometrica .... — 5" V2 Ibd. — 5» Vä Ibd. -10" tot — 10» tot 28=* 426 Edgar Irmsclier, Submers Turgeszent Geratoäon purpureus Web er a nutans . Bryum aryenteum . — cajjiUare . Milium rostratiim (Jathnrinea unduUüa FiinfinaJ is antipyretica — squamosa Isothecium Vallis Ilsae Plagiothecium denticidaimn Amhlyaieijium seipens . . . . Brachyiliccium ridabidum . Hyiymim aduncum var. polycarp. — 5" Ibd. — 10" tot — 10" tot — 10° '/, Ibd. — 15" tot — 10" einz. Zellen Ibd. — 10" einz. Zellen Ibd. — 5" Ibd. — 10" einz. Zellen Ibd. — 15" tot — 10" Ibd. — 15" tot . — 15" tot — 15" tot — 10" Ibd. — 15" tot — 10° Ibd. — 15" tot — 10" Ibd. — 15" Gr. Ibd. — 20» tot — 15" Vi bis 7, Ibd. — 20" tot — 5° Ibd. — 10° tot — 10" tot — 10" Gr. Ibd. — 15° tot — 10° einz. Zellen Ibd. — 10" tot — 5» Ibd. — 10» tot — 10° tnt — 15° tot — 15° tot — 10° Ibd. — 15" einz. Zellen Ibd. — 10" Ibd. — 15° tot — 15° einz. Zellen Ibd. — 20° tot — 15" Gr. bis '/, Ibd. — 20" tot Die mitgeteilten Erfrierpunkte dieser in höherer Temperatur kultivierten Sprosse zeigen deutlich eine Abnahme der Kälteresistenz gegenüber den an kälterem Standort gewachsenen Objekten, woraus eine deutliche Anpassungsfähigkeit des Gametophyten an die Außen- temperatur hervorgeht. Die durch diese Anpassungsfähigkeit re- gulierte Kälteresistenz können wir als physiologisches Anpassungs- merkmal bezeichnen. Es seien nun einige Fälle genannt, wo dieselbe Art an ver- schiedenen Standorten in der Natur ^verschiedene Erfrierpunkte zeigte. So wurden einmal auf sonst unbewachsenen Lehmhügeln sterile Catharinea iindulafa-'Rsisen gesammelt, deren Pflanzen 1,5 cm hoch waren und ein gelbliches Aussehen aufwiesen. Bei einmaligem Frieren bei — 20'^ C zeigte sich ca. die Hälfte aller Blattzellen noch lebend. Da diese Pflanzen von einem ungeschützten, expo- nierten Standort stammten, wurden zwecks Vergleich zu gleicher Zeit Ca^Äarmea- Rasen an einem geschützten Standort, in einem Erlen- bruch zwischen altem Laub gesammelt. Die Pflanzen waren ca. 5 cm hoch, von dunkelgrüner Farbe und hatten pro Stämmchen die gleiche Anzahl Blätter wie die niedrige Form, was auf ungefähr über die llesisteiiz iler Laubuioost; gegen Austrocknung und Kälte. 427 gleiches Alter schließen läßt. Wurden diese — 20 '^ C ausgesetzt, waren nur noch ganz vereinzelt einige Basalzellen lebend. Analog war ein Ccrafodon jjurpio-eiis -Rsisen, auf anstehendem Granit im sächsischen Mittelgebirge im Januar gesammelt, bei — 20*^0 noch lebend, während üppige Rasen ^ die zu derselben Zeit in einem Aus- stich zwischen Gestrüpp vegetierend aufgenommen wurden, bei — 20" C völlig tot waren. Ein weiteres Beispiel liefert Hypnum aduncum, dessen große morphologische Variabilität bekannt ist. Daß dementsprechend auch die physiologischen Eigenschaften be- deutend schwankten, geht aus folgenden Angaben hervor. Wurde die var. poliicarpmn, die kurz gedrungene reich fiederästige Form, die in dem schon oft erwähnten Ausstich zwischen Care^c-Büscheln nicht submers, sondern in feuchter Atmosphäre wächst, — 20*^0 ausgesetzt, waren sämtliche Blattzellen lebend, während die var. 2')^eiidofluitans , die sich an überschwemmten Standorten aus der var. jmlycarpuui entwickelt hatte, bei — 20^ C völlig tot war und bei — 15" C erst die Hälfte der Blattzellen lebend aufwies. Es muß hervorgehoben werden, was sich auch schon aus meinen An- gaben ergibt, daß die genannten Formen mit geringerer Kälte- resistenz an einem bedeutend feuchteren Standorte wuchsen, als die resistentereu. Daß dies für die Beurteilung der angeführten Bei- spiele von großer Wichtigkeit ist, geht aus unseren obigen Ergeb- nissen hervor, wonach durch Austrocknung die Kälteresistenz erhöht wird. Wir gelangen also zu dem Resultat, daß die Erfrierpunkte der ökologisch-physiologischen Standortsformen, die fast jede Moos- art auf Grund ihrer Anpassungsfähigkeit bilden kann, in bezug auf die physikalischen Verhältnisse des Standorts in erster Linie von der Temperatur und der Feuchtigkeit abhängig sind. 2. Versuche mit Protonema. Damit wollen wir vorläufig die Laubmoosstämmchen verlassen und uns der Resistenz des Protonemas gegen Kälte zuwenden. Auch hierbei wollte ich feststellen, ob die bei der Kultur herr- schende Temperatur den Erfrierpunkt der Zellen beeinflußt. Des- halb war es nötig, Protonema von Standorten mit verschiedenen Temperaturverhältnissen zu erlangen. An der Mauer eines leer stehenden Mistbeetes fand ich im Januar 1911 in feuchten Ritzen Protonema von Catharinea, Funaiia und Bryum argenteum; an einem wärmeren Standort, nämlich auf Blumentöpfen in einem tem- perierten Hause, sammelte ich Protonema von Fiuiaria und Bryum argenteum, und im Zimmer kultivierte ich bei -j- 20" C Protonema 428 Edgar Irmscher, von Cathariiiea, Funaria, Bryum caesj)iticium und PInjscom'driiim pi/riforme. Tabelle 16. Im Freien gesammelt Aus einem temperierten Haus Im Zimmer bei 4-20° C kultiviert submers turgeszent submers turgeszent submers turgeszent Gathar. undidata — 20" die — 20» die — 15° tot — 15° tot Hälfte d. Hälfte d. — 10°einz. — 10°einz. Zell. Ibd. Zell. Ibd. Zell. Ibd. Zell. Ibd. Funaria hygrom. — 15° ein — 15° ein — 10° tot — 10" tot — 5° eiuz. -5» Gr. Drittel d. Drittel d. — 5° Ibd. — 5° Ibd. Gr. Ibd. Ibd. Zell. Ibd. Zell. Ibd. Bryum argenteum — 15" die Hälfte d. Zell. Ibd. — 15° tot — 15° tot — 10°einz. Zell. Ibd. — 15° tot — 10° tot — caespiticium — — — — — 10"einz. Zell. Ibd. — 10° eiuz. Zell. Ibd. Phys comitrium pyriforme — - — — — 10° tot — 10° tot Die mit den genannten Objekten ausgeführten Gefrierversuche ergaben die in obiger Tabelle zusammengestellten Resultate, aus denen deutlich hervorgeht, wie mit steigender Außentemperatur, in der das Protonema aufgewachsen ist, der Erfrierpunkt sich dem Nullpunkt entsprechend nähert und dadurch seine Abhängigkeit von der Außentemperatur kundgibt. Bemerkenswert ist, daß das an dem kältesten Standort (Mistbeetmauer) gewachsene Protonema einen Erfrierpunkt besitzt, der dem des betreffenden Laubes sehr nahe steht. Diese Tatsache wird für die Existenzfrage mancher Arten eine große Bedeutung besitzen. Denn infolge dieser be- deutenden Resistenz des Protonemas gegen Kälte werden im Winter gekeimte Moossporen bei Eintritt von Frost nicht sofort getötet, so daß bei günstigeren Temperaturverhältnissen die Bildung von Pflänzchen und deren Weiterentwicklung erfolgen kann. Da- durch wird die Tatsache erklärlich, daß mehrere besonders akrokarpe Arten von PhascKui, PoUlu, Physcomitrium, Funaria und Bryum gerade im Winter auf Substraten sich üppig ent- wickeln, die entweder eines anderen Pflanzenwuchses noch völlig entbehren (Ausstiche, Erdhaufen, frische Grabenränder) oder doch durch periodisches Verschwinden der Phanerogamen überhaupt erst für Moose besiedelungsfähig werden, weil nur dann die nötigen Lebensbedingungen den Moosen geboten werden. über die Kesistciiz der Laubiiioose gegen Austrocknuiig und Kälte. 429 3. Versuche mit Sporogonen. Um den Einfluß der Kälte auf den Sporophyt kennen zu lernen, wurden von Dezember bis Februar in der Natur junge Seten gesammelt, bei denen noch keine Kapseldifferenzierung äußerlich zu bemerken war. Die entsprechenden älteren, aber noch grünen Stadien konnten für einige Arten im März bis April auf- genommen werden. In unseren Versuchen wurden auch die Seten sowohl turgeszent in Luft befindlich als auch unter Wasser der Einwirkung der Kälte ausgesetzt. Dabei zeigte es sich oft, daß nur die Scheitelzelle nebst Nachbarzellen erfroren war, während das darunter befindliche Gewebe, wie plasmolysierte Schnitte zeigten, noch lebend war. Daß die einzelneu Seten eines Rasens, die für jeden Versuch in der Mehrzahl zur Verwendung kamen, auch unter sich in bezug auf ihre Resistenz schwankten, ist selbst- verständlich. Betrachten wir nun die Erfrierpunkte der Seten, wie sie folgende Tabelle enthält, so finden wir wie beim Laub, daß Tem- peraturen bis — 10" C von den meisten Arten überstanden werden können, daß aber andererseits bei — 20*^0 die Grenze der Lebens- fähigkeit erreicht ist. Tab alle 17. Junge Seten Ältere, noch grüne Seten Submers Turgeszent Submers Turgeszent Gcratodon purjrureus — 10° Ibd. - 10" Ibd. -15» Ibd. — 15" tot — 15" tot — 15» tot — 20" tot — 20" tot Bryum intermcdium . — 10" Ibd. — 15" tot — 10" Ibd. — 15" tot — 15" tot — 15" tot — bimiDii .... — 15» tot — 15» tot — — Webera nutans — 20" Ibd. Scheitel tot — 20» tot — — Milium hormim ... — 10" Ibd. — 10" Ibd. — 20» tot — 20" tot — 15" tot — 15» tot - 15" Ibd. — 15» tot Fniiaria hy- -J" CT^ er CT" CT- - B W* ort) s (ra CT" 3 o 3 er- CT" er CT- CT" c- i CT" E-' CT^ p- P S ■-: 5 5' fi' cß -^"- g.^ s S^ *- CT" O ^ ^^ CT" 5" CT^S- 0» CT" CT" a er 5 ff 1 CT" 5* p- CT" P o p- p- IT CT" P __*."^ ' CO C^ ei. S "" P CT" •5" td c- g. r" CO 3 P N S H- Q £i ^ ^ p. ^ cc '^ Ö CT" P" o p- CT- • o O cr c" o 5 CT" OR ES CT" P CT- 5" CT" CT- CT" CT" S3 2. s CT" |3^ t»r o 3 3 o sc p Si ~c ,__^ » .- ^- p o' ct> "< o ^^ p pv o o rt- er cfq CT" CT" CT" 5^ CT" ^i 1 CO Ins CT- bd.r^ ^ B •^ N " 5- '-~ CT" '-~~ .■* ^ä «3 &- O« Ei t- . _ er o P 2. p- Ö. p. CT" CT" td P -^ ■* ^^ Q <. ^ (jq (T>' TO 2 CT" T' Cu C ^ EV § » 3 3 '" p- O ^ er S^ ^ CT" P o 3 O »5 p-S- IT' ■ ' 5- CT" ~ p- - O & o o 5" — ■ o 3 CT" S CT- CT" P CT" P CT" 1 O 3 2. Q P Q ,- ~c o' •4 T"- P £. oq s* Si o- 3 CT" CT- ->^ JS to o CO ■ P;o o o N S ^ - »5: a • ^^ f B CT" >- ^^ ^ 5^ bd ^^ ^ N S r W «■ CT" ^^ T"- n: o 3 S o o ö 3 ^ ^ o o CT- r S'" s*^ O CT- S S CT" ° td pg- s:& _. CT" O P p- CT" -t 95 a 2_ » p Q N3 o" crq 5 55 g' 3 ^' s^ ^ o pf P 3 1^ o o er ■ o o N td CT" W S- o^ ^ CT" O P '!- ■' OR CD 00 . — ■ 9o: * CLi O" CO <^ ?? O* -^ ' bd- «rh - c CT" CT"_ &4 CO P P P- p "^ B ^_ P öö' p W o er Pp- Ee-- a 1*^ über die Resistenz der Laubmoose gegen Austrocknung und Kälte. 439 Die Moose befanden sich während der Akkommodation in turges- zentem Zustand unter ventilierten Glasglocken. Erster Versuch. Naturmaterial kam in eine Temperatur von -j-lO^C. Hierzu wurden Barhula muralis und Hypnum aduneum var. polycarpum verwendet. Nach fünftägigem Aufenthalt bei -|- 10*^0 bei — 20" C gefroren, erwiesen sich beide noch völlig lebend. Nach zehn Tagen war eine erhebliche Anzahl Zellen nach Gefrieren bei gleicher Temperatur abgestorben, nach zwanzig Tagen Barhula muralis völlig getötet, während Hypyium aduneum noch ein Drittel bis die Hälfte der Blattzellen lebend aufwies. Zweiter Versuch. Reichliches Material von elf Arten wurde der Zimmertemperatur von -|-20" C ausgesetzt und nach 12, 24, 36 und 48 Stunden von jeder Art eine Probe bei — 20" C gefroren. Der Versuch (siehe Tab. 21) zeigt sehr schön die allmähliche Abnahme der Kälteresi- stenz entsprechend dem längeren Aufenthalt bei höherer Temperatur. Dritter Versuch. Als Ergänzung des vorigen Versuchs wurde eine Anzahl Arten drei Tage lang bei -]- 20 " C gehalten, um den Einfluß der ver- längerten Dauer der Einwirkung festzustellen. Die Proben wurden dann ebenfalls bei — 20" C gefroren, wobei sich folgende Resultate ergaben. Tabelle 22. Submers Turgeszent Fontinalis antipyretiea . tot tot — squamosa .... tot tot Plagiothecium denticulatum tot einzelne Zellen b. Vj Ibd., viele Blätter tot Catharinea undulata . Gr. Ibd. Gr. Ibd. Gerat odon purpureus . tot tot Brachythecium nitahnlum . vereinzelte Basalzellen Ibd. Basalzellen b. '/, Ibd. Hypnum aduneum var. poly- • carpum Basalzellen Ibd. Basalzellen Ibd. Man sieht, wie diese Ergebnisse die des zweiten Versuches kontinuierlich fortsetzen, indem bei — 20 " C nach dreitägiger Einwirkung von -|- 20 " C die Arten entweder tot oder sehr ge- schädigt sind. Jahrb. f. wiss. Botanik. L. 29 440 Edgar Irmsclier, Vierter Versuch. Proben von dem gleichen Materiale ließ ich nach ein- und zweitägigem Aufenthalt im Wärmezimmer bei einer Temperatur von -|-30"C bei —20*^0 gefrieren. Auch dieser Versuch zeigte die- selben Resultate wie die vorhergehenden, daß je höher der Tem- peratursprung und je länger die Eimvirkung ist, um so mehr die Kälteresistenz abnimmt. Tabelle 23. Akkommod. 1 Tag bei + 30" Akkommod. 2 Tage bei +30° submers turgeszent submers turgeszent Fontinalis antipyretica . Gr. b. Vs Ibd. tot — 15° tot — 15° tot — squamosa . V, b. 74 Ibd. tot — 15° tot — 15° tot Plagiothecnim denticulat. Gr. Ibd. Gr. b. Vs Ibd. tot tot Catharinea undulata . Gr. Ibd. Gr. Ibd. tot tot Hypnutn aduncum var. tot polycarpum Basalzell. Ibd. Basalzell. Ibd. tot Brachythecium rutahidum '1, Ibd. V3 b. % Ibd. tot einz. Zell. Ibd. Ceratodon pur]gureus ■ einz. Zell. Ibd. einz. Zell. Ibd. tot tot AmMystegium serpens Gr. b. V2 It»!- Gr. b. V4 Ibd. einz. Zell. Ibd. einz. Zell. Ibd. Bei diesen Versuchen, wo durch Erhöhung der Außentemperatur eine entsprechende Variation des Erfrierpunktes nachgewiesen wurde, könnte man vielleicht einer Schwächung des Protoplasten durch die infolge der höheren Temperatur vergrößerte Reaktionsgeschwindig- keit zu großen Einfluß zuschreiben. Deshalb werden uns die folgenden Daten über die Rückakkommodation an die ursprüngliche kalte Temperatur nach vorherigem Aufenthalt bei einer wärmeren ein viel deutlicheres Bild der großen Plastizität unserer Objekte entwerfen. Zuerst wurden Rasen mehrerer Arten, die nach einmaligem Gefrieren bei — 20" C sich ebenfalls als völlig lebend erwiesen, fünf Tage bei + 20** C gehalten und dann Proben davon bei — 20" C gefroren, wobei bedeutende Schädigung resp. völliger Tod konstatiert wurde (s. Tab. 24). Das restierende akkommodierte Material wurde dann auf fünf Tage in eine Temperatur von + 3 " C gebracht. Nach dem KontroUfrieren bei — 20 " C ergab die Untersuchung, daß durch diesen Aufenthalt in der kälteren Temperatur nur in ganz geringem Maße einzelne Arten ihre Kälteresistenz wieder erhöht hatten. Es wurde nun der Versuch wiederholt, um die Rückakkommodation anstatt bei konstanter Temperatur von +3" 0 über die Resistenz der Laubmoose siegen Austrooknung und Kälte. 441 bei einem allmählichen Fallen der Temperatur bis unter den Null- punkt vor sich gehen zu lassen. Deshalb kamen dieses Mal die Objekte nach fünftägigem Aufenthalt bei 4~ 20 •' C zwei Tage bei -|-3" C, zwei Tage — 3'* C, einen Tag bei — 5" C und einen Tag bei — 10" C. Wurde dann bei — 20 ° C gefroren, ergab sich das überraschende Resultat, daß sämtliche Arten lebende Elemente aufwiesen, drei sogar, nämlich Amhlystegiuin serpens, Brachythecium fclutinum und Brachythecium rutahulum völlig ungeschädigt waren, wie auch folgende Tabelle mitteilt. Tabelle 24. Akkonim. an d. Wärme Kückakkonniiodation Rückakkomniodation 5 Tage be i -]-20''C 5 Tage bei -]- 3° C 2 T. +3" C, 2 T. — ai'C, IT. — SOG, 1 T. — 10»C submers turgeszent submers turgeszent submers turgeszent Cafhariiiea undtdata . einz. Zell. Ibd. tot tot tot Gr. b. V3 Gr. Ibd. Ibd. Pla(/iotJi eciutn dcntiru laf. einz. Zell. tot tot Gr b. V, Gr. Ibd. '1, h. 7. Ibd. Ibd. Ibd. Briic/ii/fheciii/a ndahnhtm Basalzell. tot Gr. b. V3 Gr. b. Va ganz Ibd. '/a b. gaitz Ibd. Ibd. Ibd. ' Ibd. — relutiimm . Ur. Ibd. Gr. Ibd. einz. Zell. Ibd. Basalzell. Ibd. ganz Ibd. ganz Ibd. Hyimum adimcum. var. polycarjjum .... einz. Bl. d. Hälfte Gr. b. '/2 Gr. b. V3 '/.. b. ganz ',., b ganz '/. b. Va d. Blatt. Ibd., die Ibd. Ibd. Ibd. Ibd. teilw. Ibd. m. Bl. tot Barhula rnndls tot tot Gr. Ibd. tot 'A b. V.jGr. b. V4 Ibd. ' Ibd. Cerafnduii pKrpxrcK.s a) tot tot einz. Zell. Ibd. Gr. 11x1. '/, Ibd. ■ 7, ibd. b) tot tot G. b. V4 Ibd. Gr. Ibd. 7, Ibd. 72 lbr. d. Hälfte ganz Ibd. ' ganz Ibd. Bl. Ibd. Bl. Ibd. ganz Ibd. d. Blatt, noch Ibd. Noch evidenter zeigt die Erhöhung der Kälteresistenz resp. die Erniedrigung des Erfrierpunktes durch Einwirkung mäßigen Frostes ein zweiter Versuch, der im folgenden geschildert sei. Dasselbe Material, das zu dem in Tabelle 23 zusammengefaßten Versuch benutzt worden war, kam zwei Tage lang in eine Tem- peratur von -\- 30 " C. Wie weit durch diesen Aufenthalt der Erfrierpunkt erhöht worden war, zeigen die Angaben in Tabelle 23, 29* 442 Edgar Irmsclier, wonach schon durch Gefrieren bei — 15 " C einzelne Arten getötet waren. Brachte ich nun unser an die Wärme ukkommodiertes Material drei Tage lang in eine Temperatur von — 3" C, und noch zwei Tage in eine solche von — 5" C und fror es dann bei — 20^ C, zeigte sich bei der Untersuchung, daß sämtliche Arten, auch die vorher durch — 15*^C getötet worden waren, lebend, einige sogar völlig ungeschädigt geblieben waren (Brachythecium rutahulum und Amhlysteglum scrjjens). Tabelle 25. Eückakkonimodation 3 Tage — S'C, 2 Tage — ö'C submers turgeszent Catharinea undulata Gr. Ibd. Gr. b. V4 Ibd. Plagiothecium dentictdatum Gr. Ibd. tot Hypnum aduneiom var. x^oli/caiyurn Basalzellen Ibd. Vi b. V3 Ibd. Ceratodon purjnireus a) 'U b. V. Ibd. Gr. Ibd. b) V4 b. Va Ibd. V2 b. ganz Ibd. Brachythecium rutahuluni, . alles Ibd. V. b. V2 Ibd. Fontinalis antipyretica .... Gr. b. V, Ibd. tot — squamosa Gr. b. 7, Ibd. einz. Zellen Ibd. Als Hauptergebnis haben wir also bei diesen letzten Versuchen die biologisch höchst wichtige Tatsache für Laubmoose nach- gewiesen, daß auch nach Einwirkung höherer Temperaturen (bis -\~ 30 ^* C) Blätter, die in kälteren Temperaturen aufgewachsen waren, durch mäßige Temperaturen unter dem Nullpunkt, bei denen also eine Kältestarre eintritt, fast oder ganz zur ursprünglichen Kälteresistenz zurückgeführt werden können. Daß die Akkommodation auch in der Natur eine große Rolle spielt, mag aus folgenden Beobachtungen hervorgehen. Von einer Anzahl Moose, die zu vorigen Versuchen verwandt worden waren, und ein Gefrieren bei — 20 " C ungeschädigt ausgehalten hatten, war der Standort, an dem ich sie gesammelt hatte, markiert worden. Nachdem nach einer Frostperiode Tauwetter eingetreten war, wo am Tage die Temperatur bis -|-12^' C erreichte, wurden nach sieben Tagen von diesen markierten Standorten völlig lebende Proben entnommen und bei — 20 ^ C gefroren. Wie man aus Spalte 1 und 2 der folgenden Tabelle ersieht, waren dadurch die meisten Arten ganz getötet worden und die übrigen wiesen nur noch wenige lebende Elemente auf. Nach einmaligem Gefrieren bei — 1 5 " C waren die meisten Arten noch mehr oder minder über die Resistenz der Laubmoose gegen Austrookniuig und Kälte. 443 lebend. Daraus geht deutlich hervor, daß eine Akkommodation an die wärmere Witterung stattgefunden hatte. Daß hier tatsächlich eine Akkommodation vorlag, ließ sich daraus erkennen, daß eine Rückakkommodation dieses Materials an kältere Temperatur glänzend gelang. Es wurden nämlich Proben zwei Tage lang bei — 5^ C und zwei Tage bei — 10 " C aufgestellt und dann bei — 20 " C gefroren. Bei der Untersuchung zeigte es sich nun, daß sämtliche Arten noch lebende Blattzellen enthielten, wie man aus Spalte 6 und 7 folgender Tabelle ersehen kann. Tabell e 26. Akkommodation an die Wärme in der Natur Rückakkommodation 2 Tage — 5" C 2 Tage — 10" G Bei — 20" gefroren Bei —15" gefroren Bei —20" gefroren submers turgeszent submers turgeszent submers turgeszent Plar/iothecium denticulat. tot tot einz. Äste '/.j b. ganz Gr. b. '4 'A b. Vä V^b.'/.lbd. Ibd. Ibd. Ibd. Mnium rostratum . tot tot Gr. b. % Ibd., viele Bl. tot '4 b. ganz Ibd. Gr. Ibd. Gr. b. '/.. Ibd. Catharinea undulafa . Gr. Ibd. tot 'k Ibd. % Ibd. '4 b. \ Ibd. '4 b. V, Ibd. Barbula muralis . tot tot Gr. Ibd. tot Gr. Ibd. Gr. b. 'U Ibd. Ccratodon imypureus a) tot tot V2 b. alles Ibd. % b. 'U Ibd. Gr. ganz Ibd. Gr. Ibd. b) tot tot V, b. % Ibd. Va Ibd. Gr. b. '/4 Ibd. Gr. h. '/„ Ibd. Brarh)/ffiecii(m nifahnlam einz. Bl. einz. Bl. % b. alles Ibd. '' h '/ Vs b. alles Ibd. Ibd. Ibd. Ibd. Ibd. Bii/inn (irijciitnnii einz. Zell. einz. Zell. % b. •/, '4 b. - 'A b. ganz V. b. V, Ibd. Ibd. Ibd. Ibd. Ibd. ! Ibd. Hi/piMin adimcum var. ! poli/carpum .... vereinzelte einz. Ba- Basalzell. salzeilen Va Ibd. Gr. Ibd. Basalzellen Basalzellen b. V« Ibd. Ibd. Ibd. Ibd, Fassen wir noch einmal kurz unsere Ergebnisse über die Akkomomdationsfähigkeit der Laubmoose zusammen. Die eigentümhche Beschaffenheit des Laubmoosprotoplasten gestattet diesem, auf die äußeren Temperatureinflüsse in ver- schiedener Weise zu reagieren. 1. Die Akkommodation an höhere Temperaturen ist ohne Aus- nahme bei allen geprüften Moosarten eine intensive und rasche und 444 Edgar Inusclier, zeigt sicli in einer bedeutenden Abnahme der Külteresistenz resp. Erhöhung des Gefrierpunktes. 2. Die Akkommodation an tiefere Temperaturen gelingt den meisten Arten nur dann mit Vorteil, wenn dabei der Protoplast sich in dem Zustand einer Kältestarre befindet, mit anderen Worten, bei Temperaturen unter dem Nullpunkt. Sinkt die Temperatur nur bis auf wenige Grad über den Nullpunkt, kann also der Lebens- betrieb noch stattfinden, erfolgt durch den Temperaturwechsel eine Schwächung des Protoplasten, die eine Folge der ausgeprägten Anpassungsfähigkeit ist. Doch wird bei genügender Feucbtigkeit für die schlafenden Augen der Anstoß zum Austreiben gegeben, wobei sich das entstehende Sproßsystem den jetzt herrschenden äußeren Verhältnissen anpaßt. g) Die Beziehungen zwischen Turgor und Erfrierpunkt der Moosblattzelle. Da schon von verschiedenen Autoren Untersuchungen über den Zusammenhang von Turgor und Kälteresistenz angestellt worden sind, habe ich zum Schluß noch diese Frage bei unseren Objekten einer Prüfung unterworfen. Lidfors (1907, S. 66 ff.) hat eine große Anzahl Phanerogamen zu verschiedenen Jahreszeiten auf ihren Turgorwert hin untersucht und die interessante Tatsache festgestellt, daß durchgängig im Winter eine Steigerung des Turgors stattfindet, während im Frühling der Turgor wieder auf das relativ niedrige Herbstniveau zurückgeht. Daß durch eine solche selbst- regulatorische Erhöhung des Turgors und die daraus resultierende Erhöhung des Gefrierpunktes des Zellsaftes die Widerstands- fähigkeit gegen Kälte gesteigert werden kann, hat schon Pfeffer (1904, S. 317) hervorgehoben. Rein (1908, S. 28) sucht insofern Beziehungen zwischen Turgor und Gefrierpunkt zu finden, als er eine große Anzahl Phanerogamen und Kryptogamen auf ihren Turgorwert untersucht und mit den Erfrierpunkten der betreffenden Arten vergleicht. Daß dabei kein Zusammenhang zwischen osmotischem Druck und Erfrierpunkt zu finden war, lag auf der Hand. Auch ich konstatierte bei den Laubmoosen, daß der osmotische Druck der systematischen Einheit in kein Verhältnis zum Erfrierpunkt gebracht werden kann. Die interessante Tat- sache, daß bei Wechsel der Außentemperatur selbstregulatorisch auch der osmotische Druck sich ändert, ist von Copeland (1896, ö. 4 — 11) für Laubmoose festgestellt worden. Dieser stellte mit ÜLer die Resistenz der Laubmoose gegen Aust.rockiuuig und Kälte. 445 Mnium mispidatwn derart Versuche an, daß er Pflanzen aus einem Kaltraum von -j- 2 " C in ein Treibhaus mit -|- 18 bis -j- 20 '^ C brachte, wo sie 14 Tage verbheben und eine Abnahme des Turgors notiert wurde. Dann kamen sie in die kalte Temperatur zurück und nach acht Tagen wurde der Turgor gemessen, wobei wieder eine Erhöhung festgestellt wurde. Umgekehrt angestellte Versuche, wobei etiolierte Pflanzen in die Kälte kamen, zeigten auch das entsprechende Resultat, nämlich eine Erhöhung des Turgors. Copeland hat auch schon die biologische Bedeutung dieses Vor- ganges für die M^ospflanze bei vorübergehender Variation der Außentemperatur kurz angedeutet. Um nun den natürlichen Ver- hältnissen, wo meist ein schnellerer Wechsel der Temperatur als in den Copelandschen Versuchen vorliegt, mehr zu entsprechen, habe ich folgende Versuche angestellt. Moosrasen verschiedener Arten wurden geteilt und die eine Hälfte 25 Stunden im Zimmer bei -["20'' C, die andere Hälfte bei -|- 1 "^ C über einer Kälte- mischung gehalten und nach Ablauf dieser Zeit mittels Kalium- nitratlösung in Stufen von Vi 7u der Turgor bestimmt. Dabei war auffallend, daß die oft die größte Resistenz zeigenden Basalzellen, die zugleich auch die größten Zellen des Blattes darstellen, fast durchgehend einen niedrigeren osmotischen Wert aufwiesen als die Zellen der Lamina. Auch war bei diesen vergleichenden Unter- suchungen darauf zu achten, daß gleichaltrige Blätter berücksichtigt wurden; denn die jüngeren Sproßabschnitte zeigten fast immer einen um I "/u Kaliumnitrat niedrigeren osmotischen Weit als die älteren. Die umstehende Tabelle enthält die ermittelten Werte, wobei noch zu bemerken ist, daß bei der angegebenen Konzentration die Plasmolyse gerade anfing. Es zeigte sich also aufs deutlichste, daß von den 15 unter- suchten Arten zwölf bei Wechsel der Außentemperatur an den kälteren Standorten einen höheren Turgorwert aufwiesen als das gleiche Material an einem wärmeren. Drei Arten waren indifferent, ihr osmotischer Wert zeigte keine Schwankung bei Temperatur- wechsel. Daß in dieser schnellen Einstellung des Turgors auf die Außentemperatur, wo sie vorhanden ist, dem Laubmoos eine nicht unwesentliche Hilfe bei kleineren Schwankungen der Außen- temperatur gegeben ist, da durch Steigerung des osmotischen Wertes des Zellsaftes zugleich auch der Gefrierpunkt entsprechend er- niedrigt wird, braucht wohl nur angedeutet zu werden. 446 Ellgar Iniisclier, Tabelle 27. Bas. = Zellen des Blattgnindes. Laiii. = Zellen der Laniina. Osmotische Drucke von Pflanzen von Pflanzen bei +20''C aufgestellt bei -(-l''C aufgestellt Catharinea tinrlidata a) von ungeschütztem Standort, kleine gelbliche Pflanzen . b) von geschütztem Standort, größere dunkelgrüne Pflanzen Funaria Iiygrometiica Biyum argenteum Brachythecium ratabidimi Webera nutans Plagiothedum dcidiculatuiii, . Hypnum aduncum var. polycarpiun Mnium rostratum Barhula inuralis Fontinalis antipyietica .... — squamosa Hypnum adimc. var. psetidoffudans Barbtda ruralls Gcratodon purpuveus Bas. 4 7„, Lara 4,5 7o Bas. 4 "/o> Lam. 5 "/o Bas. 3,5%, Lam. 4 — 4,5 7o Überall 3 7« Bas. 6 7o, Lam. 7 7« Bas. 4,5 7o, Lam. 5 7o Überall 3 7c n 8 /„ 1, »^ /o Ba.s. 3,5 7o, Lam. 4 7« Überall 5,5 7o Bas. 5,5 7o, Lam. 6 7„ Überall 3 7„ Bas. 4 7o, Lam. 5 7(, Überall 3 7„ Bas. 5 7o, Lam. 5,5 7u Bas. 5,5 7ü, Lam. 6 7^ Bas. 470, Lam. 5 — 5,5 7„ Überall 3,5 7(, Bas. 8 7o, Lam. 9 7„ Bas. 5 7o, Lam. 5,5 7„ Überall 3,5 7» „ 6 7o Bas. 4 7„, Lam. 4,5 7« Überall 6,5 7o Bas. 6 7„, Lam. 6,5 7^ Überall 3 7o Bas. 4 7o, Lam. 5 7» Überall 3 7„ Itl. Zusammenfassung der hauptsächlichsten Resultate. 1. Die Laubmoose besitzen im allgemeiDen eine große Resistenz gegen ununterbrochene Austrocknung durch Verdunsten des Zell- wassers, die jedoch nach dem Standort, dem sich die einzelne Art angepaßt hat, nicht unbedeutend variiert. Auch innerhalb der systematischen Einheit schwankt je nach den am Standort ge- botenen Feuchtigkeitsverhältnissen die Trockenresistenz, indem sie durch eine große Anpassungsfähigkeit des Protoplasten an diese Feuchtigkeitsverhältnisse reguliert wird. 2. In der Luft enthaltener Wasserdampf schützt das Laub- moosstämmchen vor einer zu weit gehenden und so schädigend wirkenden Austrocknuug und ist daher ein nicht zu unterschätzen- der Faktor zur Verlängerung der Lebensdauer. 3. Durch die Wuchsform vieler Laubmoose in Polstern und dichten Rasen wird eine Reduktion der verdampfenden Oberfläche und somit Verzögerung der Zellwasserabgabe bei Trockenheit er- zielt, wodurch ebenfalls die Lebensdauer günstig beeinflußt wird. über die Hesisieiiz der LHiibiiioose gegeu Austrocknung und Kälte. 447 4. Im Gegensatz zu einer ununterbrochenen Trockenperiode wirkt abwechselndes Austrocknen und Wiederbefeuchten relativ schnell auf die Laubmoosprotoplasten schädigend ein. 5. Die im Laubmoosstämmchen befindlichen schlafenden Augen und entsprechenden blattwinkelständigen Stengelzellen sind den Blattzellen an Trockenresistenz weit überlegen und durch ihre regenerative Potenz, bei Eintritt von Feuchtigkeit ein neues Sproß- system und Protonema auszubilden, imstande, auch nach sehr extremer Einwirkung von Trockenheit ein Weiterbestehen des Moosindividuums zu ermöglichen. Ebenso ergab es sich, daß auch bei Eintritt von übermäßiger Feuchtigkeit ein an geringere Feuchtig- keit angepaßtes Sproßsystem allmählich unterliegt und durch ein neues den jetzt herrschenden Verhältnissen sich anpassendes ab- gelöst wird. 6. Auch das Protonema und die jungen Seten zeigen eine Anpassungsfähigkeit an die Feuchtigkeitsverhältnisse des Standorts, die sich in einer entsprechenden Schwankung der Trockenresistenz äußert. 7. Das Überdauern längerer Trockenperioden wird den jungen Seten vor allem durch die Haube als ein die Verdunstung hinderndes Organ ermöglicht. 8. Die große Resistenz der Laubmoose gegen Austrocknung tritt auch bei Behandlung mit osmotisch wirkenden Lösungen zu- tage. Bei Eintrocknung der Objekte in den der Verdunstung über- lassenen Medien zeigten einen schädigenden Einfluß verdünnte Lösungen von Kaliumuitrat, Glyzerin und teilweise auch Trauben- zucker, während Rohrzucker sich als indifferenter Stoff erwies. Die Giftwirkung des Kaliumnitrats konnte bei mehreren Arten durch Beigabe von Calciumchlorid aufgehoben werden. 9. Protonema und junge Seten hielten dem Wasserentzug auf osmotischem Wege mit Kaliumnitrat-, Glyzerin-, Rohrzucker- und Traubenzuckerlösung nicht stand, während Sporen nur ein Ein- trocknen in Rohr- und Traubenzuckerlösung überdauerten. 10. Die Feststellung der Temperaturminima der Laubn)oos- stämmchen ergab, daß die meisten Arten Temperaturen bis — 10" C ohne wesentliche Schädigung aushielten und daß der Erfrierpunkt der Blätter der meisten Arten über — 20"C Hegt. Bei — 30''C waren auch die resistentesten Arten tot. 11. Die regenerativen Zellkomplexe, die, wie wir oben gesehen haben, die gegen Trockenheit resistentesten Elemente des Laub- •148 Edgar Iriiischer, moüsstäinmcheiis sind, stellen auch die gegen Frost resistentesten Elemente dar und betätigen sich nach Frostperioden gleichfalls regenerativ. 12. Eine durchgehende Parallele zwischen Trockenresistenz und Külteresistenz ist bei den systematischen Einheiten der Laub- moose nicht vorhanden. Jedoch zeigte es sich, daß einzelne Arten durch vorhergehende Austrocknung gegen Frost bedeutend resistenter gemacht werden können, woraus wir schließen können, daß dieselbe Art auch an Standorten, wo sie der Austrocknung öfters ausgesetzt ist, einen tieferen Erfrierpunkt zeigt als an feuchteren. 13. Der Erfrierpunkt des Protonemas ist, gleiche Außen- bedingung vorausgesetzt, übereinstimmend mit dem des zugehörigen Gametophyten, während die jungen Seten bei — 20"C die Grenze ihrer Lebensfähigkeit erreicht haben. 14. Außerdem variiert der Erfrierpunkt des Laubmoos- stämmchens, des Protonemas und der jungen Seten innerhalb der systematischen Einheiten entsprechend der beim Wachstum herr- schenden Temperatur, woraus wir auf eine direkte Anpassungs- fähigkeit der tätigen Vegetationspunkte schließen können. 15. Die Reaktionsfähigkeit auf die Außentemperatur äußert sich auch noch auf eine zweite Art, indem die ausgewachsenen Teile eines Lidividuums bei einem Temperaturwechsel diesem ent- sprechend ihren Erfrierpunkt verschieben. Diese Akkommodations- fähigkeit äußert sich sowohl bei Eintritt höherer als auch niederer Temperatur. Bei Eintritt höherer Temperatur ist die Akkommodation durchgehends eine intensive und rasche und zeigt sich in einer be- deutenden Abnahme der Kälteresistenz. Bei Eintritt tieferer Temperaturen ist eine Akkommodation meist nur dann vorhanden, wenn die Temperatur unter den Nullpunkt sinkt, so daß der Protoplast in den Zustand einer Kältestarre verfällt. Eine all- mähliche Zunahme der Kälte begünstigt bedeutend die Akkommo- dation gegenüber plötzlichen Temperatursprüngen. Sinkt die Temperatur nur bis auf wenige Grade über dem Nullpunkt, findet also ein Lebensbetrieb noch statt, hat der Teraperaturwechsel eine Schwächung des Protoplasten zur Folge. Zu gleicher Zeit wird die regenerative Potenz der schlafenden Augen ausgelöst und es bildet sich ein neues Sproßsystem, das sich der jetzt herrschenden tieferen Temperatur anpaßt. 16. Beziehungen zwischen Turgor und Kälteresistenz sind in- sofern vorhanden, als bei den meisten Arten die Blattzellen bei über die Resistenz der Laubmoose durch Austrocknung und Kälte. 449 niedriger Temperatur einen höheren osmotischen Wert aufweisen als bei höherer, wodurch der Gefrierpunkt des Zellsaftes erniedrigt wird. Zum Schluß sei es mir noch gestattet, meinem hochverehrten Lehrer, Herrn Geheimrat Professor Dr. W. Pfeffer, für die dauernde Anregung und Unterstützung, die er mir jederzeit zuteil werden ließ, meinen aufrichtigsten Dank auszusprechen. Literatur-Verzeichnis. Apelt, A., Neue Untersuchungen über den Kältetod der Kartoffel. Cohns Beitr. z. Biol. d. Pfl., Bd. IX, 1909, S. 21.'j — 262. Copeland, E. B., Über den Einfluß von Licht und Temperatur auf den Turgor. Diss. Halle 1896. Correns, C. fl), Untersuchungen über die Vermehrung der Laubmoose. Jena, 1899. — (II), Über Scheitelwachstum, Blattstellung und Astanlagen des Laubmoosstänim- chens. Festschrift für Schwendener, 1899, S. 385 — 410, Dal m er, M., Über stärkereiche Chlorophyllkörner im Wassergewebe der Laubmoose. Flora, Bd. 74, 1891, S. 460—465. Fischer, H. "W., Gefrieren und Erfrieren, eine physikochemische Studie. Cohns Beitr. z. Biol. d. Pfl., Bd. X, 1911, S. 132 — 234. Göbel, H., Organographie, I. Teil, Jena, 1898. Göppert, H. R. (I), Über die Wärmeentwicklung in den Pflanzen, Breslau, 1830. — Über das Gefrieren, Erfrieren der Pflanzen, Stuttgart, 1883. Haböck, M., Beiträge zur Ombropliilie und Ombrophobie der Pflanzen. Ost. Bot. Zeit- schrift, Bd. LX, 1910, S. 187 — 198, 230—235. Lidforss, B., Die wintergrüne Flora. Lund, 1907. Loren tz, P. G., Beiträge zur Biologie und Geographie der Laubmoose. Diss. 1860. Molisch, H., Untersuchungen über das Erfrieren der Pflanzen. Jena, 1897. MüUer-Th urgau, H., Über das Gefrieren und Erfrieren der Pflanzen. Landw. Jahrb. L Teil, Bd. IX, 1880, S. 133 — 189; 2. Teil, Bd. XV, 1886, S. 453—610. Müller, K., Untersuchung über die Wasseraufnahme durch Moose und verschiedene andere Pflanzen und Pflanzenteile. Jahrb. f. wiss. Bot., Bd. XLVI, 1909, S. 587 — 598. Pfeffer, W. (I), Pflanzenphysiologie, 2. Aufl., Bd. 2, Leipzig, 1904. — (II), Zwei Mißbildungen von Laubmoosfrüchten. Jahresber. der Naturf.-Gesellsch. Graubündens, Heft XIII, 1868, S. 150 — 157. Pfundt, M., Der Einfluß der Luftfeuchtigkeit auf die Lebensdauer des Blütenstaubes. Jahrb. f. wiss. Bot., Bd. XLVII, 1909/10, S. 1—40. Rabe, F., Über die Austrocknungsfähigkeit gekeimter Samen und Sporen. Flora, Bd. 95, 1905, S. 253—324. Rein, R., Untersuchungen über den Kältetod der Pflanzen. Zeitschr. f. Naturwiss., Bd. 80, 1908, S. 1—38. Schimper, W., Recherches anatomiques et morphologiques sur les mousses. Straßburg, 1848. Schröder, G., Über die Austrocknungsfähigkeit der Pflanzen. Unters, a. d. Bot. Inst. z. Tübingen, Bd. II, 1886, S. 1—53. Inhalt des vorliegenden 4. Heftes, Band L. Soite Adolf Mayer. Zur Erklärung der Blattstellung der sogen. Konipaßpflanze. Mit 1 Textfigur 359 Sei'gius Ivauott". über die Verwandlung des Öls in der Pflanze 375 Analytische Beilage 385 Edgar Irmscher. Über die Resistenz der Laubmoose gegen Austrocknung und Kälte 387 I. Einleitung 387 II. Spezieller Teil 390 1. Abschnitt. Über die Resistenz der Laubmoose gegen Wasserentziehung durch Austrocknung • . . . 390 A. Die Einwirkung von Luft- und Exsikkatortrockenheit . . . . 390 a) Versuche mit Laubmoosstämmchen 390 b) Versuche mit Pro tönernen 402 c) Versuche mit jungen Sporogonen 404 (\) Versuche mit Brutorganen 407 B. Die Einwirkung was.serentziehender Lösungen 407 a) Eintrocknung der wasserentziehenden Medien an der Luft . . 408 b) Einwirkung wasserentziehender Medien von konstanter Kon- zentration 414 2. Abschnitt. Über die Resistenz der Laubmoose gegen Temperaturen unter dem Nullpunkt 41G a) Einleitende Bemerkungen 416 b) Methodik 418 c) Bestimmung der Temperaturminiraa 419 d) Die Einwirkung von wiederholtem Frieren und Auftauen . . . 431 e) Schädigungen der Moosstämmchen durch Frost in der Natur . . 433 f) Die Akkommodationsfähigkeit der Laubmoosprotoplasten an wech- selnde Temperaturen 435 g) Die Beziehungen zwischen Turgor und Erfrierpunkt der Moosblattzelle 444 IIT. Zusammenfassung der hauptsächlichsten Resultate 446 Literatur -Verzeichnis 449 Verlag von Gebrüder Borntraeger in Leipzig Die Chemie der Zellulose unter besonderer Berücksichtigung der Textil- und Zellstoff- Industrien von Professor Dr. Carl G. Schwalbe. Ge- heftet 25 Mk., in Halbfranz gebunden 28 Mk. 50 Pfg. Über Bestimmungsmethoden d. Zellulose von Dr.-Ing. Max Renker. Zweite verbesserte Auflage. Geheftet 2 Mk. 8ü Pf. " Eine vom Verein der Zellstoff- und Papier-Chemiker preisgekrönte Schrift. Zur Kenntnis der Zellulosearten von Dr.-Ing. Walter Schulz nebst einem Vorwort von Professor Dr. Carl G. Schwalbe. Mit drei Abbildungen. Geheftet 3 Mk. 20 Pfg. Beiträge zur Kenntnis der chemischen Zusammensetzung des Fichtenholzes von Prof. Dr. Peter Klason. Geheftet 1 Mk. 50 Pfg. Benzoltabellen. Darstellungsmethoden und Eigenschaften der ein- facheren, technisch wichtigen Benzolderivate, zu- sammengestellt von Professor Dr. C. Schwalbe, Privat- dozenten an der Technischen Hochschule zu Darmstadt. Geheftet 15 Mk., geb. 16 Mk. 50 Pfg. Chemisch -technisches Praktikum. Übungsbeispiele aus der chemisch-technischen Analyse für Studierende an technischen Hochschulen und Universitäten von Dr.-Ing. Wilhelm Moldenhauer, Privatdozenten an der Technischen Hochschule zu Darmstadt. Mit zahlreichen Textabbildungen. Gebunden 6 Mk. 80 Pfg. Magnetochemie von Professor Dr. E. Wedekind. Mit 25 Textabbildungen. Geheftet 3 Mk., gebunden 4 Mk. Ausführliche Prospekte gratis und franko. Verlag von Gebrüder Borntraeger in Leipzig Demnächst beginnt zu erscheinen: Zeitschrift für Gärungsphysiologie allgemeine, landwirtschaftliche und technische Mykologie unter Mitwirkung von V. Babes (Bukarest), Dr. A. Bau (Bremen), M. W. Beljerlnck (Delft), W. Benecke (Berlin), Ph. Biourge (Löwen), A. J. Brown (Birming- ham), M. Bücheier (Weihenstephan), R. Burri (Liebefeld bei Bern), A. Calmette (Lille), A. Cluss (Wien), F. Czapek (Prag), J. Effront (Brüssel), C. Gorini (Mailand), A. Fischer (Basel), A. Harden (London), W. A. Harding (New York), F. C. Harrison (Ste. Anne de Bellevue), F. von Höhnel (Wien), F. Hueppe (Prag), G. v. Istvänffi (Buda- pest), Orla Jensen (Kopenhagen), Alfred Jörgensen (Kopenhagen), V. V. Klecki (Krakau), M. Kummer (Dresden), A. Koch (Göttingen), R. Kolkwitz (Steglitz-BerHn), F. Krasser (Prag), H. van Laer (Gent), F. Löhnis (Leipzig), R. Meissner (Weinsberg), W. Migula (Eisenach), H. Moiisch (Wien), W. Palladin (Petersburg), P. Pichi (Conegliano), E. Prior (Wien), K. Saito (Tokyo), W. Seifert (Klosterneuburg), J. Stoklasa (Prag), Freiherr v. Tubeuf (München), W. Winkler (Wien), J. Wortmann (Geisenheim a. Rhein) herausgegeben von Professor Dr. Alexander Kossowicz, Privatdozent an der k. k. Technischen Hochschule in Wien Die Zeitschrift wird zunächst in zwanglosen Heften von je ca. 4 Bogen erscheinen. Je 24 Bogen mit vielen Textabbildungen, Tafeln usw. bilden einen Band. Der Ladenpreis des Bandes be- trägt 20 Mk. Ausführliche Prospekte gratis und franko. Pl>eis dieses Heftes für Abonnenten ... 10 Mk. 50 Pfg., für den Einzelverkauf 13 Mk. 10 Pfg. JAHEBtCHEE für wissenschaftliche Botanik Begründet von Professor Dr. N. Pringsheim herausgegeben W. Pfeffer und E. Strasburger Professor an der Universität Leipzig Professor an der Cniversitit Bonn Fünfzigster Band. Fünftes Heft. Mit Tafel YI und 113 Textfignren. Leipzig Verlag von Gebrüder Borntraeger 1912 Alle Zusendungen für die Redaktion bittet man zu richten an Professor Pfeffer in liclpzig (Botanisches Institut), — vom 1. Aagnst bis 26. September nnr an Gebrttder Borntraeger in Berlin W 85, SchSneberger Ufer 12 a Inhalt des Torliegenden Heftes. Seite F. Knoll. Untersuchungen über den Bau und die Funktion der Cystiden und verwandter Organe. Mit Tafel VI und 69 Textfiguren 453 Adolf Sperlich. Über Krümmungsursachen bei Keimstengeln und beim Monokotylenkeimblatte nebst Bemerkungen über den Phototropismus der positiv geotropischen Zonen des Hypokotyls und über das Stemmorgan bei Cucurbitaceen, Mit 44 Textfiguren 502 Ausgegeben im April 1912. Die Jahrbücher für wissenschaftliche Botanik erscheinen in zwanglosen Heften, von denen 4 — 6 einen Band bilden. Der Preis des Bandes beträgt für die Abonnenten ungefähr 35 Mk., sofern nicht eine ungewöhnliche Zahl von Tafeln eine Preiserhöhung notwendig macht. Beim Einzelverkauf erhöht sich der Preis um 25 Prozent. Das Honorar beträgt 30 Mk. für den Druckbogen. Bei Disser- tationen wird ein Honorar nicht gewährt. Den Autoren werden 30 Sonderabdrücke kostenfrei geliefert. Auf Wunsch wird bei rechtzeitiger Bestellung eine größere Anzahl von Sonderabzügen hergestellt und nach folgendem Tarif berechnet: für jedes Exemplar geheftet mit Umschlag für den Druck- bogen 10 Pfg., für jede schwarze Tafel einfachen Formats 5 Pfg., für jede schwarze Doppeltafel 7,5 Pfg. Bei farbigen Tafeln erhöhen sich obige Preise für jede Farbe um 3 Pfg. Ein besonderer Titel auf dem Umschlag, falls ein solcher ge- wünscht wird, 3 Mk. 50 Pfg. — Zusätze, Änderung der Paginierung usw. werden besonders berechnet. Diesem Heft liegt ein Prospekt der Yerlagsbuclihandliing Willi e Im £iigelmanu ia Leipzig* betr. „ßübel, Pflanzengeographische Mono- graphie des Beruinagebietes" bei. Untersuchungen libr> über den Bau und die Funktion der Cystiden ^^ ^ und verwandter Organe. Von F. Knoll. Mit Tafel VI und 69 Textfiguren, BOTANI Uakü Aus der Fülle der Ausgliederungen, die auf der Oberflilche der Fruchtkfirper vieler FTymenomycetenarten vorkommen, will ich in der vorliegenden Publikation zwei Arten von Haaren heraus- greifen, die mit geringen Ausnahmen einer und derselben physio- logischen Kategorie angehören, aber bisher immer aus topogra- phischen oder entwicklungsgeschichtlichen Gründen getrennt be- handelt und dementsprechend verschieden bezeichnet worden sind. Es sind dies die Cystiden und die Cystidiformzellen. Mit dem zuerst genannten Namen bezeichnet man seit Leveille die zwischen den Elementen des Hymeniums auftretenden Haarbildungen, während ich mit dem Namen Cystidiformzellen im Anschluß an Topin (1901) die den Cystiden ähnlich oder gleich gebauten Haare der sterilen Fruchtkörperoberfläche bezeichnen will. Die den Cysti- den in Gestalt und Funktion gleichwertigen Haare des Randes der Hymeniallamellen vieler Agaricaceenfruchtkörper wurden bald zu den Cystiden gerechnet, bald aber den Cystidiformzellen an- gegliedert. Die vorliegende Arbeit soll den Nachweis liefern, daß die von mir untersuchten Cystiden (mit Ausnahme der Coprimis- (>ystideu) und Cystidiformzellen in physiologisch - anatomi- scher Hinsicht zu einer einzigen Kategorie gehören und daß sie ihrer Funktion nach als Hydathoden aufzufassen sind. Jahrb. f. wiss. Bot. L. 30 454 F. Knoll, i. Historischer Teil. Die bisherigen Anschauungen über die Natur der Cystiden wurden zuletzt von Fayod (1889) und Topin (1901), sowie neuerdings von Buller (1910) ausführhch zusammengestellt. Doch ist die letzterwähnte Zusammenstellung insofern unvollständig, als die sehr wichtigen französischen Arbeiten, sowie die Publikation Wettsteins (1887) nicht berücksichtigt worden sind. Dafür bringt jedoch die Arbeit Bull er s einige wichtige Zitate aus der in englischer Sprache erschienenen Literatur, die in den französischen Arbeiten nicht enthalten sind. Nachdem die Anschauung, daß die Cystiden männliche Geschlechtsorgane repräsentieren, endgültig fallen gelassen war, interessierte besonders die Feststellung der zwischen den Cystiden und Basidien vorhandenen morphologischen Be- ziehungen. In dieser Hinsicht standen immer die großen Cystiden einiger Coprhui.-,- Arten, besonders die von C. atramt'ntarius Bull, im Mittelpunkte des Interesses. Infolge ihrer auffallenden Größe forderten auch gerade diese Cystiden zu einer physiologischen Deutung ihrer Gestalt heraus. Dies gilt besonders für die Arbeit Wettsteins, sowie für die Publikation Bull er s. Letztere hat wohl einige neue interessante Details (über das Zerfließen der Cystiden von C. atramentarius) festgestellt, doch hat sie zu den von Brefeld (1877, S. 58, C. stercorarius) und später von Wettstein (1887) an- gegebenen Argumenten nichts Wesentliches hinzufügen können. Es gilt demnach noch immer die Auffassung, daß die Cystiden von Coprinus atramentarius Pfosten darstellen, welche bewirken sollen, daß während der Ausbildung der Sporen die Hymeniallamellen dauernd in einem genügenden gegenseitigen Abstand verbleiben und so hinreichend freien Raum für die Entwicklung der Sporen schaffen. Auch genügt der dadurch erhaltene Raum zwischen den Lamellen, um beim Abschießen der Sporen ein Anprallen derselben an die gegenüberliegende Hymenialfläche zu verhindern. Auf diesen Umstand hat Bull er hingewiesen. Ob diesen Cystiden nicht doch noch andere Funktionen zukommen, muß durch weitere Unter- suchungen festgestellt werden. Die Cystiden von Coprinus atra- mentarius stellen dadurch, daß sie kein freies Ende besitzen, einen von den übrigen Cystiden vollkommen abweichenden Fall dar. Es ist deshalb auch nicht möglich, die Vermutungen über die Funktion der Cystiden von C. atramentarius auf die anderen Cystiden zu übertragen. Untersuchungen über den Bau und die Funktion der Cystiden usw. 455 Es wird bereits von den älteren Autoren angegeben, daß an der Spitze der Cystiden mancher Arten oft Tröpfchen zu bemerken sind. Solche Tröpfchen hat auch De ßary (1884) beobachtet, doch sagt er von den Cystiden (S. 328): „Daß ihre Oberfläche feucht ist und oft Plüssigkeitströpfchen trägt, ist eine Erscheinung, welche sie mit allen saftreichen, freien Pilzzellen gemein haben." Damit wurde der an den Cystiden beobachteten Flüssigkeitsabgabe jede beson- dere Bedeutung abgesprochen, und ich glaube, daß diese Bemerkung einer solchen Autorität viel dazu beigetragen haben dürfte,« den wahren Sachverhalt so lange Zeit unerkannt zu lassen. Erst das Auffinden von Kristalldrusen an der Spitze zahlreicher Cystiden hat später die Vermutung aufkommen lassen, daß die Cystiden als Ex- kretionsorgane aufzufassen seien. Diese Ansicht wurde zuerst von Patouillard (1887, S. 48 [Zit. n. Fayod]) ausgesprochen. Später hat Fayod (1889, S. 259) die Verallgemeinerung dieser Ansicht Patouillards wieder als sinnlos verworfen, ohne jedoch eine bessere allgemeine Deutung vorbringen zu können. Nur bei der Erwähnung des Agaricus lacrimahundus Bull, sagt Fayod: „Le fait que les cystides en general et ceux A' Agaricus lacrgmahundus Bull, en particulier secretent de l'eau en abondance n'a rien d'etonnant, vu le turgor considerable qui existe dans leur interieur. Chez ce dernier Agaric, il se pourrait meme qu'il y ait dejä une disposition de ces organes ä devenir de vrais organes d'excretion, dans le sens de Patouillard." Die Wasserabsonderung wird auch hier als bedeutungslose Erscheinung hingestellt. Dagegen hat sich Topin (1901) wieder vollständig der Auffassung Patouillards angeschlossen. Doch hat Top in daneben noch die Ansicht ver- treten, daß die Cystiden in jüngeren Entwicklungsstadien als Reservestoffspeicher des Hymeniums zu dienen hätten (1901, S. 86). Dabei soll die exkretorische Tätigkeit erst dann eintreten, wenn die Speicherfunktion bereits vorüber ist. Die Auscheidung der Exkrete sei nichts weiter als eine natürliche Folge der mit der Aufzehrung der Reservestofife verbundeneu chemischen Tätigkeit. Bei der Auffassung als Exkretionsorgane wurde das Hauptgewicht auf die mit dem Wasser aus den Cystiden ausgeschiedenen gelösten Stoffe gelegt, nicht aber auf die Wasserabscheidung als solche. Die einzige Bemerkung über die Bedeutung der Wasserabgabe fand ich bei Massee (1906, S. 350 nach einem Zitat bei Buller a. a. 0. S. 615). Dieser Forscher sagt von den Cystiden der Gattung Peniophora: „When young the cystidia appear to act as 30* 456 F- Knoll, Organs of transpiration ; very minute drops of water containing the lime salt in Solution are liberated by the cystidia, and as the water evaporates, the lime is deposited as a superficial crust." Damit ist wohl gesagt, daß die Wasserabgabe in der Jugend der Cystide die Hauptfunktion darstellt. Mit Rücksicht auf die eben zitierte Stelle sagt dann Buller (a. a. O): „From these observations it seems not unlikely that in some cases at least cystidia have excretory functions comparable with those of cer- tain epidermal hairs of flowering plants." Es gibt also auch Buller nur für einige Fälle zu, daß die Cystiden Exkretions- organe sind. Es ist demnach heute noch immer nicht festgestellt, ob allen Cystiden (mit Ausnahme der ganz abweichend gebauten Co'prinus - Cystiden) eine gemeinsame Funktion zugeschrieben werden kann, oder ob die Ansicht De Barys (1884, S. 328 unten) die beste Formulierung der Tatsachen darstellt, nach der ihre Funktion bei einzelnen Arten verschieden sein dürfte, so daß die Resultate der Beobachtung an Einzelfilllen keine Verallgemeine- rung zulassen. Die Angaben über die Cystidiformz eilen sind recht spär- lich. De Seynes (1863, S. 19) hat hervorgehoben, daß eine weitgehende Analogie zwischen den Cystiden und den Zellen des Lamellenrandes, sowie den auf der (sterilen) Oberfläche des Hutes von Coprinns niicaceus vorhandenen mehr oder weniger kugeligen Zellen besteht. Fayod (1889, S. 245) hat für die den Cystiden ähnlichen Haare der „cuticule hymeniforme" des Hutes einiger Arten von Russula, Collißia u. a. den Namen „dermatocystides" vorgeschlagen. Er sagt von diesen Zellen, daß sie sich nicht oder nur wenig von den Cystiden unterscheiden. Top in (1901) schließt sich der Meinung jener Autoren an, die in den „cellules cystidi- formes" ein Mitteldir>g zwischen den „cellules" und den „cystides vraies" sahen. Von Topin werden (a. a. O. pl. I und II) solche Zellen von Arten der Gattung Inocyhe und CoUybia abgebildet. (Doch sind diese und die übrigen Abbildungen dieser Publikation höchst unvollkommen und roh ausgeführt, so daß aus ihnen fast nichts zu entnehmen ist.) Topin rechnet auch die Haare des Lamellenrandes zu den Cystidiformzellen. Er hält sie, wie die Cystiden, für Exkretionsorgane. Ich habe nun seit drei Jahren die Cystiden und Cystidiform- zellen zahlreicher Hymenomycetenarten studiert und an fast allen als gemeinsames Merkmal die Absonderung von Flüssigkeit Unterstichiingen über den Bau und die Funktion der Cystiden usw. 457 nachweisen können. Diese Flüssigkeitsausscheidung war in manchen Fällen (Psathyrella disseminata, Ps. gracilis, Copriaus e^phcmerus) so stark, daß die Vermutung nahe lag, daß diese Organe die Hydathoden der Fruchtkörper darstellen. Um jedoch diese Haare als Hydathoden bezeichnen zu können, mußte ich an ihnen Einrichtungen nachweisen, die eine > deutliche Beziehung zu dieser Funktion erkennen lassen. Nach solchen Einrichtungen hatte bis- her noch kein Forscher gesucht, der sich mit diesen Organen be- schäftigte. Im speziellen Teile dieser Arbeit habe ich in einer Anzahl ausgewählter Beispiele solche Einrichtungen beschrieben und im allgemeinen Teil zusammenfassend verwertet. Eine Voll- ständigkeit strebt diese Beispielreihe natürlich nicht an; sie soll nur in einer logischen Reihe die Ausbildungsweise typischer Trichomhydathoden vorführen und dabei zugleich zeigen, daß ne])en der Hauptfunktion, beziehungsweise Urfunktion dieser Organe, der Hydathodentätigkeit, von ihnen im Laufe der Zeit auch noch andere Funktionen, wie die Absonderung gelöster Endprodukte des Stoff- wechsels, sowie mechanische Aufgaben übernommen worden sind. II. Spezieller Teil. 1. rsathyrella disseminata (Pers.) (Jiiel. Die Fruchtkörper dieser Art *) habe ich verschiedenen Stelleu des Grazer botanischen Gartens entnommen. Sie lassen schon mit freiem Auge sowohl am Stiele als auch au der Hutoberfläche einen relativ dichten Besatz von gerade abstehenden kurzen Haaren erkennen. Besonders schön sieht man diesen Haarüberzug an jüngeren, noch licht gefärbten Fruchtkörpern. In Figur 1 der Tafel VI ist ein solcher Fruchtkörper nach einer bei schwacher Vergrößerung angefertigten Mikrophotographie wiedergegeben. Da die Aufnahme bei durchfallendem Lichte hergestellt wurde, so zeigt 1) Die Beslinimung aller von mir untersuchten Arten (mit Ausnahme von Pcniophora glebulosa (Fr.) Sacc. et Syd., siehe Anm. S. 486) verdanke ich der großen Freundlichkeit von Abb. G. Bresadola-Trient. G. Bresadola ist auf Grund der Untersuchung meines Originalmaterials zur Ansicht gekommen, daß die von mir seinerzeit (vgl. Österr. Bot. Zeitschr. Jahrg. 1909, Nr. 4) als neue Cnprinus-Art (G. stitiacus) be- schriebenen Exemplare zur nahe verwandten Gattung Psnfhyrella, u. z. zu Ps. disseminata (Pers.) Quel. gehören. Ich habe deshalb diese Spezies im Sinne von Bresadola hier unter dem zuletzt genannten Namen angeführt. 468 ^- Knoll. sie nach Art eines Schattenrisses nur das Längsprofil des Ob- jekts. Ich l'and, daß diese Art der Darstellung sich für diese Zwecke vortrefflich eignet, da sich das Charakteristische dabei sehr gut zur Anschauung bringen läßt. Die Haare heben sich deutlich von der Oberfläche des Fruchtkörpers ab und ragen ziemlich gleich- mäßig über diese empor. An manchen Haaren — besonders rechts unten an der Grenze zwischen Hutrand und Stiel — lassen sich kugelige Endanschwellungen erkennen: das sind kleine Flüssigkeits- tropl'en, welche an den Enden der Haare zur Ausscheidung ge- langen, aber hier an den allermeisten Haaren bereits verdunstet sind. Nur an der bezeichneten Stelle haben sich die Tröpfchen längere Zeit erhalten, weil sie dem feuchten Substrate (Erde) zu- gekehrt waren, demnach in feuchter Luft sich befanden. Wird ein junger Fruchtkörper, der sich noch auf einem Stück des ur- sprüngUchen Substrats befindet, bei genügender Wasserzufuhr längere Zeit in hinreichend feuchter Luft gehalten, so werden diese Tropfen bedeutend größer, so daß dann ein solcher Fruchtkörper am Ende eines jeden Haares eine deutlich sichtbare Kugel trägt. In Figur 2 der Tafel VI ist eine Mikrophotographie wiedergegeben, die in gleicher Weise, wie die soeben erwähnte, jedoch bei stärkerer Vergrößerung angefertigt wurde. Sie stellt ein Stück des Stiels eines jüngeren Fruchtkörpers dar, der vom feuchten Substrat ge- nommen und mit wenig Wasser unter ein Glimmerdeckplättchen gebracht worden war, um das rasche Verdunsten der ausgeschie- denen Tropfen zu verhindern. Auf der linken Seite des abgebildeten Stielstückes, die vom feuchten Substrate abgekehrt war, sind die Tropfen größtenteils verdunstet, zum Teil aber beim Einbringen unter das Deckplättchen abgestreift worden. Dadurch zeigt das Bild sehr gut den Gegensatz im Aussehen der Haare mit und ohne den ausgeschiedenen Flüssigkeits tropfen. Man sieht zugleich, daß die Tropfen im Vergleich zur Dicke des Haares eine ganz beträchtliche Größe erlangen (vgl. auch Fig. 1 des Textes). An den Haaren der Stieloberfläche ist der Tropfen genau axial gestellt, an den Haaren des Hutes dagegen vielfach etwas schräg, wie dies in Figur 1 gezeichnet ist. Man hat oft die an Pilzfruchtkörpern vorkommenden Flüssigkeitstropfen ohne weiteres als „Tau" be- zeichnet. Daß es sich hier um eine wirkliche Ausscheidung aus den Haaren handelt, ergibt sich zwar schon aus der konstanten Bndständigkeit dieser Tropfen; überdies ist die Flüssigkeit kein reines Wasser, was sich leicht beim Eintrocknen eines solchen Untersuchungen über den Bau und die Funktion der Cystiden usw. 459 \ y-^ Tropfens auf einem Deckgläschen erkennen läßt; es verbleibt ein Rückstand, der bei mikroskopischer Betrachtung im x^nblick einem auf Glas eingetrockneten Tro])fen einer dünnen Lösung von ara- bischem Gummi gleicht. Von der Beschaffenheit dieser gelösten •Substanz soll jedoch erst später gesprochen werden. Wenn man ein solches Haar, etwa an einem Längsschnitt durch den Hut, in Wasser untersucht, so zeigt es die in B'igur 4 wiedergegebene Gestalt. An dem einzelligen, lang flaschenförmigeu Körper des Haares lassen sich leicht ein basaler, oft fast kugel- förmiger Bauch teil und ein zylindrischer, meist gerader Hals- teil unterscheiden. Der Halsteil ist am oberen Ende abge- rundet, die Membran des Haares allseits geschlossen. An ei- ner meist engbe- grenzten Stelle des Bauchteils, dem Haarende annähernd gegenüberliegend, ist das Haar einer schmalen Hyphe an- gegliedert, deren Durchmesser hinter der Dicke des Hals- teils oft beträcht- lich zurückbleibt. (Vgl. auch Fig. 10, IL) Im Innern des lebenden Haares bemerkt man einen farb- losen Protoplasmakörper, der im Bauchteile einen dünnen, kaum wahrnehmbaren Belag, im Halsteile aber, besonders an seinem oberen Ende, einen kräftigen, oft stark lichtbrechenden Pfropfen bildet. Das Protoplasma erscheint bei noch vollkommen funktio- nierenden Haaren glashell oder sehr fein punktiert und enthält eine größere oder geringere Zahl kleiner Vakuolen; Zellkerne lassen sich an dem lebenden Objekte nicht erkennen. Die Länge der wasserabsondernden Haare des Fruchtkörperstiels beträgt 50 — 120 (im Mittel etwa 80) ,a; die Haare des Hutes sind meist etwas länger (bis zu 170 w). Der Halsteil besitzt eine Dicke von 7 — 10 //, ^ ex V ^ /: Fig. 1 — 3. PsathyreUa disseminata. Flüssigkeitsabsonderung der Hydathoden. Verdunstung des Wassers aus einem von zwei Hydathoden getragenen Schleim- tropfen. Vergr. ca. 300 (Fig. 1) und 200 (Fig. 2, 3). 460 F. KnoU, während die Dicke dea Bauchtcils etwa daH Doppelte (15 — 20 //) ausmacht. Man muß nun darnach fragen, ob an dem Ende des Haares, das bei hinreichend großer Luftfeuchtigkeit die ausgeschiedenen Flüssigkeitstropfen trägt, besondere Einrichtungen vorlianden sind, die mit dieser so auffallend streng lokalisierten Flüssig- keitsabgabe in Zusammenhang gebracht werden können. Bei der Fig. 4 — 18. PsnUvjrelln disseminata. Bau der Hydathuden. Vergi-. ca. 400 und 600 (Fig. 5, 9). Untersuchung in Wasser läßt sich an den Haaren keine derartige Einrichtung erkennen. Auch mir war das Vorhandensein solcher Einrichtungen zunächst deshalb entgangen, weil ich anfangs nur lebendes Material in Wasser untersucht hatte. Als ich aber Alkoholmaterial zur Untersuchung verwendete, zeigte sich, daß den Enden zahlreicher Haare der Fruchtkörper eigenartige Kappen Untersuchungen über den Bau und die Funktion der Tystiden usw. 461 oder Blasen aufsitzen (Fig. 6 — 17). Diese Kappen sind je- doch nicht etwa halbkugelige Ausstülpungen der Membran des Haarendes, denn man kann auch schon an dem noch nicht weiter behandelten Alkoholmaterial eine deutliche Grenze (Scheidewand) zwischen der Kappe und dem Haarende nachweisen. Figur 6 und 7 zeigt dies an einem Haare der Hutoberfläche eines jüngeren Frucht- körpers. Die Kappe selbst erscheint bei diesem Material in ähn- licher "Weise, wie der obere Halsteil von einem körnigen Inhalte erfüllt. Wenn auch der Inhalt der Kappe und des oberen Hals- teils zunächst eine gleiche äußere Beschaffenheit zeigt, so zeigt sich doch sogleich ein bedeutender Unterschied, wenn man das in Alkohol gehärtete Objekt in eine gesättigte Chloralhydratlösung überträgt: es verschwindet der im oberen Halsteil befindliche körnige Inhalt (ausgefälltes Protoplasma) bis auf eine ganz feine, kaum sichtbare Punktierung, die Kappe vergrößert sich ein wenig, wobei jedoch der Inhalt stark körnig bleibt, wenngleich er sich ein wenig aufhellt. An einem solchen Präparate läßt sich nun sehr deutlich erkennen, daß die Kappe nach allen Seiten scharf abge- grenzt ist (Fig. 8). Zwischen Kappe und Haarhals ist nun sehr schön eine vollständig geschlossene Scheidewand zu sehen, deren Dicke der Wandstärke des Halsteils gleichkommt. An manchen Haaren des AJkoholmaterials sieht man deutlich, daß dem Haar- ende statt einer solchen Kappe eine glatte oder mehr oder weniger faltige Blase aufsitzt, ohne daß in ihrem Innern viel von einem körnigen Niederschlag zu sehen wäre. Oft bemerkt man an diesen Blasen auch Risse, oder die Blase ist überhaupt größtenteils vom Haarende losgetrennt. (Hierzu Fig. 10 — 17.) Manchmal sieht man auch am oberen Haarende eine schmale, kragenförmige ßiugleiate, die den letzten Rest einer vollständig losgetrennten Blase darstellt (Fig. 15). Die Haut dieser Blase verhält sich gegen Lösungsmittel (wenigstens bei genügend altem Alkoholmaterial!) wie die Membran des Haarkörpers. Die Körnchen des Kappeninhaltes sind in Mi- neralsäuren teilweise lösHch; sie dürften zum Teil aus Ca- Oxalat bestehen. Um sowohl die Haut, als auch den Inhalt der Blase (oder Kappe) richtig zu deuten, muß zuerst die Entwicklung dieser Ge- bilde aufgeklärt werden. Man findet zunächst an manchen Haaren (Alkoholmaterial junger Fruchtkörper) eine streng terminale kleine Wandverdickung von Unsenförmiger Gestalt (Fig. 5). Von diesen Verdickungen bis zu den früher erwähnten Kappen oder Blasen 462 F. Knoll, findet man nun alle Übergänge (Fig. r>, 12, 13). Daraus kann man schließen, daß die genannteji Gebilde des Haarendes aus einem Teile der äußeren Membranpartie entstehen. Daß es sich hier um ein Umwandlungsprodukt der Zellwand handelt, kann man auch daraus ersehen, daß der Inhalt der Blase mitunter eine deut- liche Schichtung erkennen läßt. Einen solchen Fall zeigt Figur 9. Hier sieht man umgeben von der relativ derben Haut der Blase einen glashellen, geschichteten Inhalt; die Schichtung verläuft parallel zur Scheidewand, welche die Blase vom Halsteil des Haares trennt. Dieser Befund läßt darauf schließen, daß diese geschichtete Masse von der erwähnten Scheidewand abstammt, da auch in anderen Fällen, wo bei höheren Pflanzen Membranschleime vorkommen, diese Schleime häufig eine zur ursprünglichen Membran parallele Schichtung aufweisen. Wenn auch der Nachweis der Herkunft dieser Gebilde bei den Haaren von Psathyrclla dissnni- nata nicht lückenlos gezeigt werden kann, so läßt sich doch auch daraus mit Sicherheit auf die angegebene Herkunft schließen, dali viele Haare gleicher Funktion (die Cystiden, vgl. S. 476, 482) noch viel deutlicher erkennen lassen, daß die Kappen aus einer Verschlei- mung des Haarendes entstehen. Auch die chemische Beschaffenheit der an den Haaren von Fs. disseminata ausgeschiedenen Tropfen spricht für diese Aufi'assung. Darüber wird auf Seite 466 dieser Arbeit noch ausführlicher gesprochen werden. Wenn nun diese Blasen und Kappen als Abkömmlinge der Zellwand aufzufassen sind, so muß noch untersucht werden, ob die einzelnen Teile dieser Gebilde mit ihrer Herkunft in Beziehung gebracht werden können oder ob man in ihnen Kunstprodukte zu sehen hat. An gutem Alkoholmaterial zeigen diese Blasen und Kappen stets eine scharf begrenzte Außenkontur. Manchmal besitzen sie eine dünne, scharf begrenzte Haut, ohne daß man im Innern irgend welchen Inhalt nachweisen kann. Es war nun zu untersuchen, ob diese scharfe Kontur und die Haut der Blase etwa der abgehobenen Kutikula mancher Drüsenhaare höherer Pflanzen gleichzustellen ist. Anfangs schien dieser Gedanke bestechend. Es war nur auffallend, daß von dieser Haut an dem in Wasser befindlichen frischen Material niemals eine Spur zu sehen war. Wenn sie einer Kutikula ent- spräche, wäre nicht verständHch, daß sie in Wasser sich sogleich lösen sollte, obwohl sie im ausgeschiedenen Flüssigkeitstropfen nicht löshch war, was doch durch den Befund am Alkoholmaterial sichergestellt zu sein schien. Man sieht häufig, daß die Tropfen Untersuchungen über den Bau und die Funktion der Cystiden usw. 463 zweier benachbarter Haare zu einem einheitlichen Tropfen zusammen- fließen, der dann von zwei Haarschäften getragen wird. Was ge- schieht nun mit der erwähnten Haut der Blase, wenn sich zwei Tropfen vereinigen? Da müßte man dann doch zwei, wenn auch verletzte Häute, am Alkoholnuiterial i'eststellen können. Ich habe nun solche Doppeltropfen an gutem Alkoholmaterial untersucht und dabei gefunden, daß die Haut der Tropfen immer ein- heitlich ist und keine Spur einer Vereinigung aus zwei Häuten erkennen läßt. Ein solcher recht charakteristischer Fall ist in Figur 18 gezeichnet. Die Blase zeigt hier an dem den Haarenden abgekehrten Teile eine linsenförmige Verdickung, die einen vakuolenartigen Hohlraum enthält. Dieser Fall läßt nur die An- nahme zu, daß die Blase ein Kunstprodukt darstellt. Um das Zustandekommen dieser Blasen zu erklären, mußte erst die Beschaffenheit der an den Haarenden ausgeschiedenen Tropfen ohne vorherige Einwirkung von Reagentieu unter- sucht werden. Ich habe zu diesem Zwecke die von lebhaft funktionierenden Haaren ausgeschiedenen Tropfen auf trockene Deckgläser gebracht und hier eintrocknen lassen. Der eingetrocknete Tropfen ist vollständig farblos, glatt und homogen und zeigt einen etwas dickeren Rand. An einigen Tropfen habe ich nun, bevor sie auf dem Deckglas gänzlich vertrocknet waren, mit einer Nadel Risse in der Substanz angebracht; diese Risse habe ich unter gleich- zeitiger mikroskopischer Kontrolle ausgeführt und aus ihrem Ver- halten gefunden, daß die Tropfen kurz vor dem Eintrocknen eine gelatinöse Beschaffenheit besitzen. Es ist also in diesen Tropfen ein Kolloid enthalten. Die auf dem Deckglase angetrockneten Tropfen werden bei Wasserzusatz sogleich gelöst. In Alkohol ist das Kolloid dieser Tropfen unlöshch. Aus einer wässerigen Lösung wird es durch Alkohol wieder ausgefällt. Diese Substanz erinnert vielfach an die als „Pilzschleime" bezeichneten Substanzen, Allerdings ist über diese Substanzen in chemischer Hinsicht fast nichts bekannt (vgl. Zöllner, Chemie der höheren Pilze, S. 118f.). Ich will deshalb das gelöste Kolloid vorläufig mit dem nicht viel besagenden Ausdruck „Schleim" bezeichnen; seiner Herkunft nach muß es dann als „Membranschleim" be- zeichnet werden. Hinsichtlich des Entstehens der Blasen bin ich zu folgender Auffassung gelangt. Nimmt man an, es sei ein an einem Haare befindlicher Schleimtropfen durch die Ver- dunstung ziemlich dickflüssig geworden, und bringt man dieses 464 F. Knoll, Haar mit dem daran haftenden Tropfen in 96 "/o Alkohol, so muß sich infolge des soeben geschilderten Verhaltens sogleich an der Oberfläche des Tropfens eine Niederschlagsmembran bilden. Der Alkohol dringt durch diese Niederschlagsmembran weiter nach innen vor und schlägt auch den übrigen Schleim nieder; unter- dessen hat er auch den lebenden Plasmakörper des Haares ge- tötet, der Zellsaft tritt an der allein durchlässigen apikalen Wand- partie des Haares aus und hebt (je nach der Größe des vor- handenen Turgors) die durch den Alkohol entwässerte Schleimkappe in mehr oder weniger blasenförmiger Gestalt vom Haarende ab. Auf diese Weise läßt sich auch ganz ungezwungen erklären, daß die von zwei benachbarten Haaren getragenen gemeinsamen Tropfen am Alkoholmaterial eine einheitliche Blase bilden. Auch der Um- stand, daß an diesen Blasen häufig eine dem Haarende gegen- über liegende Schleimausammlung von linsenförmiger Gestalt (Fig. 10, 12) vorhanden ist, läßt sich auf diese Weise leicht ver- stehen. Die vakuolenartigen Hohlräume im Innern der linsen- förmigen Schleimanhäufungen dürften in der AVeise entstehen, daß zunächst an mehreren Punkten der durchlässigen Membranpartie der Zellsaft hervorquillt, daß aber beim Nachlassen des Druckes das weitere Ausströmen sich dann nur mehr auf einen Punkt beschränkt, und dadurch eine der Blasen an Größe besonders überwiegt (Fig. 1 1 , 18). Nach dieser Auffassung wird nun einerseits verständlich, daß an frischen, in Wasser untersuchten Haaren keine Spur einer solchen Kappe oder Blase nachweisbar ist; andrerseits lassen sich dadurch leicht die verschiedenen Formen der Kappen und Blasen erklären, die ich am Alkoholmaterial beobachtet habe. Es ist auch nicht ausgeschlossen, daß in dem Schleime Tröpfchen einer in Alkohol löslichen Substanz vorhanden sind, wenngleich ich solche bis jetzt bei dieser Art noch nicht beobachtet habe. (Wohl aber fand ich alkohollösliche Tröpfchen im Schleime der Hydathoden von Copriniis radiatus, vgl. S. 471.) Wenn nun beim Verdunsten des im Schleim vorhandenen Wassers das Volumen des Tropfens so sehr abnimmt, daß die Tröpfchen der in Alkohol löslichen Substanz zu einem gemeinsamen kugeligen Gebilde sich vereinigen, so müßte beim Einbringen des Haares in Alkohol an der Stelle der vom Schleim umschlossenen alkohollöslichen Substanz ein Hohlraum, also eine aus gehärtetem Schleim bestehende Blase sich bilden. Welche der beiden Erklärungsweisen die zutreffende ist, müssen spätere Untersuchungen entscheiden. Die beobachteten Tatsachen Untersuchungeu über den Bau und die Funktion der Oystiden U3w. 465 sprechen also nicht dafür, daß bei der Verschleimung der Membran des Haarendes ein unverändertes, einer Kutikula entsprechendes „Außenhäutchen" abgehoben wird; man muß vielmehr annehmen, daß mit dem ausgeschiedenen Wasser eine Substanz, vielleicht ein Enzym, mitausgeschioden wird, die von außen her ein allmähliches Verschleimen der Membran bewirkt. Dabei ist natürlich nicht ausgeschlossen, ja sogar wahrscheinlich, daß an der Austrittsstelle der Flüssigkeit die Membran des Haares schon vorher von innen her in bestimmter Weise chemisch verändert und damit für den leichten Flüssigkeitsdurchtritt und die zentripetale Verschleimung geeignet gemacht wird. Wenn die an den Haaren befindlichen Tropfen die in Figur 1 gezeichnete Größe erreichen, besitzen sie eine dünnflüssige Be- schaftenheit. Ich konnte feststellen, daß beim Verdunsten des in den Tropfen enthaltenen Wassers die Tropfen allmählich ziemlich dickflüssig werden. Dies kann man am leichtesten erkennen, wenn man einen von zwei Haaren getragenen kugeligen Tropfen, der sich in trockener Luft befindet, bei hinreichend starker Vergrößerung betrachtet. Zu diesem Zwecke braucht man nur einen lebhaft funktionierenden jüngeren Fruchtkörper aus dem feuchten Raum (Aufbewahrungsgefäß) ohne weitere Vorbereitung auf einen Objekt- träger zu legen und sein Längsprofil nach solchen „Doppeltropfen" zu durchsuchen. Die Verdunstung erfolgt in freier Luft ziemlich rasch. Die beim Verdunsten auftretende fortschreitende Form- veränderung eines solchen Tropfens ist in Figur 2 dargestellt. Der ursprünglich kugelige Tropfen nimmt nach und nach eine tonnenförmige Gestalt an, die schließlich in eine Zylinder- und Sanduhrform übergeht, um dann plötzlich an der dünnsten Stelle durchzureißen. Gleich nach dem Durchreißen kann man die beiden Teilstücke noch einige Sekunden in ihrer konischen Gestalt sehen ; bald nehmen sie jedoch Eiform und endlich Halbkugelform an. Bei allen diesen Veränderungen sieht man, daß die Oberfläche des Tropfens vollständig glatt und glänzend bleibt. Ein solcher Düppeltropfen kann aber auch in der Weise zerreißen, daß an einem der beiden Haare fast nichts davon zurückbleibt oder sich glatt von einem der beiden Haarenden ablösen (Fig. 3). Bei diesen Vorgängen kann man sehen, daß der Schleim recht gut an den Haarenden haftet, was für die im allgemeinen Teil dieser Arbeit versuchte Erklärung der ökologischen Bedeutung dieser Schleim- bildung wichtig ist. 466 1^- KnoU, Der Schleim ist, wie erwähnt, in frischem Zustande in Wasser leicht löslich. Bei längerem Liegen in 96 % Alkohol verliert er diese Löslichkeit vollständig und wird auch gegen Mineralsäuren und Alkalien sehr widerstandsfähig, so daß er in dieser Hinsicht dem Pilzchitin nahekommt. An jungen Fruchtkörpern, die über ein Jahr in Alkohol sich befanden, wurden die Schleimkappen der Haare selbst durch ein einmaliges Aufkochen in konzentrierter Salzsäure nicht wesentlich verändert. Bei öfterem Aufkochen lösten sich die Kappen nach und nach in gleicher Weise wie die Zellmembran. Kalte Salpetersäure hellte die Haare sehr schön auf, doch trat keine Lösung der in Alkohol gehärteten Kappen ein. Beim Erhitzen löste sich allmählich das ganze Objekt. In kalter, konzentrierter Schwefelsäure trat selbst nach 15 Stunden keine sichtbare Veränderung der Kappen ein. Heiße Schwefelsäure wirkte wie heiße Salpetersäure. Leider gelang es mir nicht, diese gehärteten Schleimkappen erfolgreich auf Chitin zu untersuchen; es scheint mir nicht aus- geschlossen, daß durch das lange Liegen in starkem Alkohol, der wahrscheinlich aus dem Pilzchitin entstandene Schleim allmählich wieder eine dem Chitin ähnliche physikalisch-chemische Beschaffen- heit annimmt. 2. Coprinus ephemerus Fr. Die wasserabsondernden Haare der Fruchtkörper von Coprinus ephemerus (vgl. Anm. S. 471), den ich auf Pferdemist kultivierte, stehen hinsichtlich ihres Baues den Trichomhydathoden von Psl^- thyrella disseminata sehr nahe. Den Ausgangspunkt der Betrachtung sollen auch hier wieder jüngere Fruchtkörper bilden, die sich noch im Stadium vor der Sporenaussaat befinden. Sowohl auf der Hutoberfläche, als auch am Stiele des Fruchtkörpers stehen in lockerer Anordnung zahl- reiche Haare, die in feuchter Luft bei genügender Wasserversorgung an ihren Enden relativ große, kugelige Flüssigkeitsstropfen tragen. In Figur 3 der Tafel VI ist eine mikrophotographische Silhouette eines jungen, ca. 5 mm langen Fruchtkörpers wiedergegeben. Der Hut des Fruchtkörpers ist noch eiförmig; die schollenartig in seiner Kontur aufragenden Teile sind die Stücke der bereits gesprengten Volva, die in diesem Stadium ähnlich wie bei einem reifen Amanita- Fruchtkörper als unregelmäßige Bruchstücke auf der Hutoberfläche haften. Sowohl die Reste der Volva ah auch die nunmehr frei- TJntersucliuugeu über den Bau und die Funktion der Cystiden usw. 467 liegenden Teile der Hutoberfläche tragen wasserabsondernde Haare, die jedoch in diesem Bilde nicht gut sichtbar sind. Besonders schön zeigt dagegen das Bild die Hydathoden des Fruchtkörper- stiels. An der unteren Flanke des etwas schräg orientierten Stiels tragen die zarten, gerade abstehenden Haare deutlich er- kennbare Flüssigkeitstropfen, während an der oberen Stielflanke die Haare unregelmäßig verbogen erscheinen und keine Ausschei- dungen erkennen lassen. Die photographische Aufnahme wurde in ähnlicher Weise ausgeführt, wie ich es für Psathyrella disseminata auf Seite 457 angegeben habe. Auch im vorliegenden Falle sind die ausgeschiedenen Tropfen nur dort erhalten geblieben, wo sie sich 19 Fig. 19 — 24. Coprinus ephemerus. Schleinitropfen der Hydathoden in dünnflüssigem Zustande und beim Vertrocknen. Vergr. ca. 300. in nächster Nähe des feuchten Substrates (Pferdemist) befanden; an der oberen, in trockenerer Luft befindHchen Flanke sind die Tropfen verdampft und die Haare infolge ihres zarten Baues ver- welkt. Dieses Verdunsten der Tropfen erfolgt sehr rasch, ja fast augenblicklich, wenn man das Objekt aus der feuchten Luft des Kulturgefäßes in die trockene Zinimerluft überträgt. In der feuchten Luft der Kulturgläser erreichen die ausgeschiedeneu Tropfen eine im Verhältnis zur Dicke des Haarschaftes ganz bedeutende Größe, so daß der Durchmesser einer solchen Flüssigkeitskugel das Zehn- bis Fünfzehnfache der mittleren Dicke des Haarschaftes erreichen 468 F- Knoll, kann. Solche Tropfen sind in den Figuren 19 und 20 dargestellt. Figur 4 der Tafel VI zeigt den Anblick, den ein Stiel eines älteren Fruclitkörpers gewährt, solange er sich innerhalb eines Kultur- gefäßes (also vor rascher Verdunstung geschützt) befindet. Die teilweise vorhandene Unscharfe des Bildes ergibt sich daraus, daß die photographische Aufnahme durch die zum Teil mit Wasser- tröpfchen beschlagene Wand des Kulturglases hindurch gemacht werden mußte; wäre die Aufnahme in freier Luft versucht worden, so wären die Tropfen längst verdampft und die Haare verschrumpft gewesen, ehe noch die optische Einstellung des Objektes beendet gewesen wäre. Die Haare des Hutes von Coprinus ephemems sind in ihrer Gestalt den Trichomhydathoden von Psathyrella disseminata sehr ähnlich. Auch hier kann man einen eiförmigen Bauchteil und einen schlanken, geraden oder ein wenig gebogenen Halsteil des Haares unterscheiden. Das Haarende bildet jedoch bei der vor- hegenden Art einen eigenen, deutlich erkennbaren Abschnitt von verkehrt eiförmiger Gestalt. Der Durchmesser dieser apikalen An- schwellung beträgt das Doppelte bis Mehrfache des Halsdurch- messers, so daß das erweiterte Haarende in seinen Dimensionen oft dem Bauchteile fast gleichkommt (Fig. 25 u. 30). Am basalen Ende sitzt der Bauchteil einer schmäleren, entweder oberflächlich oder gegen das Innere des Fruchtkörpers verlaufenden Hyphe auf. Halsteil und Bauchteil enthalten wenig Protoplasma, dagegen ist das verbreiterte Haarende reichlich von Plasma erfüllt und enthält meist mehrere große oder auch kleinere Vakuolen. Auch diese Haare sind einzellige Organe mit unverdickter Zellmembran. Die Länge der Trichomhydathoden des Hutes beträgt ca. 60—130 //, der Durchmesser des Basalteils 15 — 20 /7, die Dicke des Halsteils an der dünnsten Stelle etwa 4 — 6 ^i. Von der soeben beschriebenen Gestalt weichen die wasser- absondernden Haare des Fruchtkörperstiels vielfach ab; die dem Ende eines Hyphenfadens aufsitzenden einzelligen Haare sind hier meistens verzweigt, wobei einem gemeinsamen Bauchteile oft mehrere Halsteile aufsitzen oder direkt an einem Halsteile noch eine seitliche Verzweigung auftritt. Die Haarenden stimmen jedoch vollständig mit dem bei den Haaren des Hutes geschilderten Verhalten überein. Durch die verschiedene Art der Verzweigung erhalten die Haare des Stieles eine ziemliche Mannigfaltigkeit hinsichtlich ihrer Gestalt. Die Figuren 26, 27, 28 und 31 geben solche verschiedene Untersuchungen über den Bau und die Funktion der Cystiden usw. 469 Haarformen wieder, wobei jedoch keines der gezeichneten Haare sich prinzipiell von den anderen unterscheidet. Vielfach besitzt hier der Bauchteil eine mehr zylindrische Gestalt, wobei dann mehrere Halsteile seitlich eingefügt erscheinen (Fig. 26). Oft sind jedoch auch mehrere einhalsige Haare kettenförmig aneinandergereiht, wie dies in Figur 29 dargestellt ist. Hinsichtlich der Größe der einzelnen Teile, sowie der Beschaffenheit des plasmatischen Inhaltes stimmen 26 Fig. 25 — 33. Coprinus ephemerus. Bau der Hydathoden. Vergr. ca. 500. die Haare des Fruchtkörperstiels mit den Haaren der Hutoberfläche überein. Nach den soeben mitgeteilten Tatsachen liegt demnach der Unterschied zwischen den Haaren der Hutregion und der Stiel- region nur in dem Auftreten von Verzweigungen bei den Haaren des Stiels, während die Haare des Hutes, soweit ich sie unter- sucht habe, stets unverzweigt waren. Jahrb. f. wiss. Botanik. L. 31 470 F- Kno'l' Wenn man einen Fnichtkörper von Coprinus ephemerus, der lebhafte Wasserausscheidung zeigt, rasch aus dem Kulturgefäße auf einen mit Wasser benetzten Objektträger bringt und dann die Flüssigkeitstropfen der Haarenden des Fruchtkörperstiels bei schwacher Vergrößerung betrachtet, so zeigen die Tropfen der Haare, die dem befeuchteten Objektträger am nächsten liegen, eine glatte, glänzende Kugeloberfläche (Fig. 19). Vielfach haben sich auch die Tropfen zweier benachbarter Haarhälse miteinander vereinigt, so daß dann ein Tropfen von zwei Haarenden festgehalten wird (Fig. 20), wobei auch hier die Oberfläche des Tropfens vollständig glatt und glänzend erscheint. Die Tropfen sind in diesem Zustande voll- ständig klar und lassen keine suspendierten Teile, wie Körnchen oder Tröpfchen verschiedener Substanzen erkennen. Wenn beim allmählichen Verdunsten des auf dem Objektträger befindlichen Wassers die den Fruchtkörper umgebende Luft nach und nach immer trockener wird, so verdunsten auch langsam die an den Haarenden ausgeschiedenen Tropfen; dabei zeigt sich, daß bei diesem Prozesse die Tropfen nicht etwa unter Beibehaltung der Kugel- gestalt immer kleiner werden und schließlich verschwinden, sondern man sieht sehr bald, daß sich die eben noch glatte Oberfläche des Tropfens zu runzeln beginnt und daß dabei der Tropfen eine unregelmäßig-höckerige Oberfläche bekommt. Bei weiterschreitender Verdunstung verschrumpft der Rest des Tropfens immer mehr, bis schließlich dem Haarende nur mehr eine kleine, ganz unregelmäßig geformte und oft vielfach gelappte Masse aufsitzt. Diese Erschei- nung ist in den Figuren 21 — 24 dargestellt. Ein solcher Tropfen zeigt demnach alle Erscheinungen eines Gebildes, das von einer Haut umgeben ist, die bei Wasserverlust sich nur wenig zusammen- zuziehen vermag und sich deshalb in Falten legt. Ist ein voll- ständig runder, glänzender Tropfen, wie er etwa in Figur 19 dar- gestellt ist, auch bereits von einer Haut umgeben oder entsteht diese Haut erst, wenn sich die Flüssigkeit des Tropfens beim Ver- dunsten des Wassers konzentriert? Wenn man solche Haare im Wasser untersucht, so kann man keine Spur von einer derartigen Haut an den Haarenden entdecken: die Membran der Haarenden ist vollständig glatt, wie dies in den verschiedenen Figuren, z. B. 25, 26, 27 zum Ausdruck gebracht ist. Auch bei der Untersuchung in Alkohol zeigen die meisten Haarenden kein anderes Aussehen. Doch gelang es mir, in einigen wenigen Fällen bei Haaren, deren Tropfen ich vor dem Einlegen in Alkohol an der Luft vertrocknen Untersucliungen über den Bau und die Funktion der Cystiden usw. 471 ließ, bei der Untersuchung in Alkohol Schleimreste , sowie Teile eines äußerst zarten Häutchens nachzuweisen (Fig. 32, 33). Auch beim Eintrocknen auf dem Deckgläschen zeigen die Tropfen im Gegensatz zu PsathyrcUa disseminata (vgl. S. 463) eine Runzelung ihrer Oberfläche. Ob hier schon von Anfang an ein Teil der Membran des Haarendes sich blasig abhebt oder ob diese Runze- lung der Oberfläche des eintrocknenden Tropfens nur von einer bestimmten Beschaffenheit des gebildeten Membranschleims herrührt, konnte ich noch nicht entscheiden. 3. Coprinus radiatus (Bolt.) Fr. Auch die Fruchtkörper von Coprinus radiatus'^) habe ich aus Pferdemistkulturen erhalten. Die Hutoberfläche und der Stiel des Fruchtkörpers dieser Art ist gleichmäßig mit geraden, stets unver- zweigten Trichomhydathoden besetzt (vgl. Mikrophotographie 5 der Tafel VI). An jungen Fruchtkörpern stehen diese Haare ziemlich eng beisammen. Für diese Spezies ist die Art der Flüssigkeitsabsonde- rung besonders charak- teristisch: an den grö- Fig. 34 — 36. Copiinus radiatus. ßeren Haaren der Frucht- Flüssigkeitsabsonderung der Hydathoden. Vergr. ca. 300. körper bemerkt man zu- nächst in feuchter Luft bei genügender Wasserzufuhr je einen großen, endständigen Flüssigkeitstropfen, darunter aber in einem kurzen Abstände meistens noch einen Kranz von kleineren, scharf voneinander gesonderten Tröpfchen. Manche Haare tragen nur einen größeren Endtropfen, da bei geringerem Feuchtigkeitsgehalt der Luft die unteren Tröpfchen wegen ihrer Kleinheit schneller verdunsten (Fig. 34 — 36). Die ausgeschiedenen Tropfen enthielten öfters noch kleinere gelbliche Tröpfchen oder Kügelchen von öl- artigem Aussehen, die sich in lebhafter Molekularbewegung be- fanden. Solche stark lichtbrechenden Substanzen fand ich manchmal auch noch bei der Untersuchung in "Wasser an der Membran des Haarendes; sie waren in kaltem Alkohol löslich und dürften wohl 1) Mit dieser Art sind nach G. Bresadola (briefl. Mitteilung) die von Brefeld (1877, S. 109 ff.) als C. e^hemet-us beschriebenen Exemplare identisch. 31* 472 F. Knoll, harzähnlicher Natur sein, wie das Exkret der Cystiden von Collyhia esculenta (vgl. S. 482). In ihrem Bau weichen die Trichomhydathoden von C. radiatus nur wenig von den gleichen Organen des C. eplirmerus ab. Die ausgewachsenen Haare (Fig. 37, 38 vom Fruchtkörperstiel, Fig. 42 vom Hut) haben meistens den Bauchteil nur wenig deutlich ausgebildet. Am besten ist der Bauchteil noch bei den Haaren des Hutes ausgeprägt. Der Kopfteil des Haares, der bei C. ephe- merus immer stark verbreitert ist, zeigt sich hier nur selten an- gedeutet (Fig. 42). Jüngere Haare besitzen die in Figur 39 — 41 wiedergegebene Gestalt. Die Haare erreichen eine Länge von 90 ;i. Während die Haare des Fruchtkörperstiels von C. ephemerus sehr häufig verzweigt sind, fand ich bei C. radiatus nur ein einziges Mal ein gegabeltes Haarende. 37 38 Fig. 37 — 43. Cojjyinus mdiatus. Bau der Hydatlioden. Vergr. ca. 550 (37, 38, 42, 43) und 450 (39 — 41). Die Zellwand ist unverdickt; dem Haarende anhaftende Schleim- reste konnte ich nur am Alkoholmaterial nachweisen (Fig. 43). An der Stelle des Auftretens der kleineren , kranzförmig angeordneten Tröpfchen sieht man an der Wand der in Alkohol konservierten Haare öfters kleine Knötchen und Ausbiegungen, die auf streng lokalisierte Verschleimungen der betreffenden Wandpartie hinweisen. Die wasserabsondernden Haare enthalten reichlich Protoplasma mit größeren und kleineren Vakuolen, im oberen Teil des Haar- halses ist das Protoplasma meist dichter gelagert und ärmer an Vakuolen. Junge Haare (Fig. 89 — 41) sind besonders plasmareich. Der Bauchteil des Haares hängt auch hier an einer eng- umschriebenen Stelle mit einem Hyphenaste zusammen. Dabei Untersuchungen über den Bau und die Funktion der Cystiden usw. 473 kann ein solches Haar dann entweder den Abschluß eines Zellfadens bilden (Fig. 40, 42) oder in dessen Verlauf eingeschaltet sein (Fig. 41). Vielfach hängen mehrere Haare unmittelbar mit den Bauchteilen zusammen (Fig. 39) oder sie entspringen dicht neben- einander an einer Hyphe, so daß die Haare dann in Büscheln stehen, wobei die von den einzelnen Haaren ausgeschiedenen Tropfen oft in einen einzigen großen Tropfen zusammenfließen, der nun von mehreren Halsteilen getragen wird. 4. Psathyrella gracilis (Fr.) Quöl. Die zur Untersuchung verwendeten Exemplare stammten aus dem Grazer botanischen Garten. Ich führe diese Art hier an, weil sie an der Fläche und am Rande der Hymenophore Cystiden trägt, die sich sehr eng an die bis jetzt geschilderten unverzweigten Trichomhydathoden anschließen. An dünnen Querschnitten durch die Lamellen des Hutes läßt sich bei der Untersuchung in Wasser leicht das Vorhandensein der zarten, relativ langgestreckten Cystiden nachweisen. In Figur 44 ist eine solche Cystide mit den be- nachbarten Hymenialelementen dargestellt. Es lassen sich an ihr drei Teile unterscheiden: ein Fuß teil, der keilförmig zwischen den Zellen des Hymeniums eingeklemmt ist und sich nach rück- wärts mit einer schmalen Querwand an eine Hyphe des Lamellengewebes anschließt, ein im Niveau der Sporen befindlicher Bauchteil, in welchem das Organ seine größte Breite aufweist, und endlich der Halsteil, das ist der über dem Bauchteile befindliche, allmählich ins Haaieiide verschmälerte Abschnitt der Cystide. Diese Organe sind im Vergleich zu anderen Cystiden als schlank zu be- zeichnen, weil die Dicke des Bauchteils hier höchstens ein Siebentel der Gesamtlänge beträgt. Die Wand des Halsteils ist oft ziemlich gerade, so daß der obere Teil der Cystide oft sehr regelmäßig schmal- konisch erscheint. Die Cystiden erreichten bei den von mir untersuchten Exemplaren eine Länge von 70 //, wobei der Halsteil etwa 30—37 f.i über das Niveau der entwickelten Sporen emporragte. Fig. 44. Fsathi/rcUa gracilis. Hydatliode (Cystide) mit benach- barten Hymenial- elementen. Vergr. ca. 8UÜ. 474 F- Knoll, An der relativ zarten Membran der Cystide lassen sich bei der Untersuchung in Wasser keine besonderen Einrichtungen er- kennen. Die Membran ist überall nahezu gleich dick und farblos. An sehr frischem Material enthalten die Cystiden einen deutlich sichtbaren Protoplasmakörper mit zahlreichen großen Vakuolen, deren quergestellte Trennungswände in Figur 44 eingezeichnet sind. Das Scheitelende enthält gewöhnlich einen dichteren, vakuolenarmen Protoplasmapfropf. Bei den Cystiden von Psathijrella graciUs kommt die Hyda- thodenfunktion sehr klar zum Ausdruck, ohne daß an ihnen noch eine andere Funktion zu erkennen wäre. Ich sah die Wasser- absonderung sehr gut, wenn ich, ohne den Hut stark zu drücken, aus frischem Material dicke Querschnitte durch das Hymenium herstellte und in einem Wassertropfen unter Deckglas bei schwächerer Vergrößerung be- trachtete. Bei dickeren Schnitten bleiben nach dem Übertragen in Wasser stets große Luftblasen zwischen den Lamellen haften. Wenn man solche Blasen genau durchsucht, findet man bei Cystiden, die mit ihrer Spitze in eine solche Blase hineinragen, sehr oft sofort die am Scheitel ausgeschiedenen Flg. 45. Psathip-ella Tropfcn, häufig kann man auch den Beginn gracihs. Hydathode ^ (Cystide) mit großem der Absonderung und das allmähliche Wachsen Schleimtropfen. solchcr Tropfen auf diese Weise direkt be- Vergr. ca. 300. i^. • ■ r>i ■ -, ■, obachten. Figur 45 zeigt eme Cystide der vor- liegenden Art mit einem an ihrer Spitze aus- geschiedenen Flüssigkeitstropfen. Diese Figur ist im gleichen Maßstabe gezeichnet wie die Figuren 1 (S. 459), 19, 20 (S. 467), 34—36 (S. 471), um die auffallende Ähnlichkeit dieser Organe im Zustande ihrer Tätigkeit zu zeigen. Wenn ein solcher Flüssigkeitstropfen mit Wasser in Berührung kommt, mischt er sich sogleich mit diesem; am Cystidenende läßt sich dann keine Spur eines Schleimes erkennen. Bei der Untersuchung von Al- koholmaterial sieht man gewöhnlich auch nicht mehr, als bei den in Wasser befindlichen frischen Schnitten; in sehr seltenen Fällen konnte ich aber doch an dem Scheitel der Cystide spärliche Schleimreste nachweisen. Untersuchungen über den Bau und die Funktion der Cystiden usw. 475 5. Fsathyrella consimilis Eres, et P. Harms. Die Fruchtkörper dieser Art habe ich wiederholt in einem Warmhause des Grazer botanischen Gartens gesammelt, wo sie früher häufig auf alten Holzstücken auftraten. Sowohl auf der Fläche, als auch an der Schneide der Hymeniallamellen findet man bei Psathijrella consimilis sehr viele Cystiden. Wenn man eine sorgfältig abgetrennte Lamelle mit einem Glimmerplättchen bedeckt und seitlich zur Feuchthaltung der darunter befindlichen Luft ein wenig Wasser zusetzt, so kann man sehr gut an den vom Wasser nicht benetzten Lamellenteilen, besonders am Lamellen- rande die Cystiden bei stärkerer Vergrößerung in ihrer Tätigkeit beobachten. Jede Cystide trägt dann an ihrem freien Ende einen stark lichtbrechenden Tropfen, wie dies in Figur 46 und in der Mikrophotographie der Figur 6 der Tafel dargestellt ist. Oft wird 47 48 // 50 Fig. 46 — 50. Fsathyrella consimilis. Cystiden. Vergr. ca. 1100. man auch bei einzelnen Cystiden bei hinreichend langer Beobach- tung deutlich eine allmähliche Größenzunahme des Tropfens wahr- nehmen können. Untersucht man dünne Lamellenquerschnitte in Wasser, so zeigen die Cystiden den in Figur 48 dargestellten Bau. Ihr Körper ist ziemlich gedrungen, Halsteil und Fußteil sind kurz und dick. Die Zellwand ist am Bauchteil deutlich verdickt und von sehr schwach gelbhcher Farbe. Die Spitze einer jeden Cystide trägt eine dem Haarende aufsitzende Druse von Kalzium- oxalatkristallen. Bei der Untersuchung der Organe in Luft sieht man diese Kristalle nicht, da sie von dem am Cystidenende aus- geschiedenen Flüssigkeitstropfen vollständig eingehüllt werden. Bei der Berührung mit Wasser mischt sich dieser Tropfen sogleich 476 F. Knoll, mit diesem, so daß die Kristalle sofort klar sichtbar werden. Legt man die frischen Fruchtkörper für einige Zeit in absoluten Alkohol, so wird man bei der Untersuchung der aus diesem Material angefertigten Schnitte viele Kristalldrusen von einer voll- ständig glashellen Kugel umschlossen finden (Fig. 49 u. 50). An älterem Alkoholmaterial ist diese Kugel in Wasser unlöslich ge- worden. Aus diesen Löslichkeitsverhältnissen und der glashellen Beschaffenheit wird man auf eine Kolloidnatur der erwähnten Bildungen schließen müssen. Die Tatsache, daß man bei der Untersuchung von Alkoholmaterial oft nur wenige dieser Kappen findet, führe ich, wie bei den Haaren von Psathyrella gracilis, darauf zurück, daß bei lebhafter Wasserabgabe aus der Cystide und der dadurch bedingten starken Verdünnung der Kolloidlösung keine Abscheidung an Ort und Stelle („Fixierung" dieser Substanz) erfolgen konnte, indem durch die im Alkohol entstehenden Strömungen die feinverteilten Niederschläge fortgerissen werden. An gutem Alkoholmaterial ist diese Kappe glashell, höchstens sehr fein punktiert und ganz scharf nach außen abgegrenzt; nach unten sitzt sie direkt der Membran des Cystidenendes auf und umschließt in einer ziemlich dicken Schichte die erwähnte Kristalldruse. Die beschriebene Kappe stimmt in ihrem Verhalten ganz mit den Scbleimkappen der Trichomhydathoden von Psathyrella disseminata überein. Daß es sich auch bei den Cystiden von Psathyrella consimilis um einen Membranschleim handelt, geht daraus hervor, daß die Kappen nach langem Liegen in Alkohol ein ähnliches Verhalten gegen Mineralsäuren und Alkalien aufweisen, wie die Chitinmembran der Cystiden. Auch darin liegt eine vollständige Übereinstimmung mit den Befunden bei Ps. disseminata. Dazu kommt noch, daß man bei Cystiden von Ps. consimilis, welche die ursprüngliche Kappe durch Auflösung in Wasser verloren haben, an derjenigen Stelle des Cystidenendes, welche sonst die Kappe trägt, durch Einwirkung von bestimmten Reagenzien eine Ver- quellung (Verschleimung) der Cystidenmembran hervorrufen kann. So kann man nach Behandlung der Cystiden mit konzentrierter Schwefelsäure und darauffolgendem Auswaschen mit destilliertem Wasser die künstlich hervorgebrachte Verquellung des Cystiden- endes leicht nach einer Färbung mit Chlorzinkjod beobachten. Die verschleimte Partie ist dann, wie die ganze übrige Zellwand, gelb gefärbt, zeigt jedpch einen undeutlichen Umriß, während an der darunter befindlichen, durch diese Behandlung nicht wesentlich Untersuchungen über den Bau und die Funktion der Cystiden usw. 477 veränderten Zellwandpartie der Umriß die normale Schärfe bei- behalten hat (Fig. 47). Blasenbildung, wie bei den Schleimkappen der Haare von Ps. dissemhiata, zeigen die Cystidenkappen der vorliegenden Art nicht. Es ist von großem Interesse, daß bei den Cystiden von Psafhyrella coiisiinäis die Bildung der Schleimkappe der Aus- scheidung der Kristalle vorausgeht. Das erste Stadium der Kristallbildung habe ich in Figur 49 dargestellt. Dieses in Seiten- ansicht gezeichnete Cystidenende zeigt drei Kriställchen von Kalziumoxalat, von denen die beiden obersten in der Ebene des optischen Längsschnittes des Objekts sich befanden, das unterste aber etwas mehr nach vorne zu gelegen war. Es muß dabei hervorgehoben werden, daß die Anfänge der Kristallbildung nicht an beliebigen Stellen der Schleimkappe auftreten, sondern daß sie an die Grenze zwischen Schleim und unverschleimter Membranpartie des Haar- endes gebunden sind. Ein weiteres Stadium der Kristallbildung zeigt die Figur 50. Wenn die Kristalle schon ziemlich groß ge- worden sind, fällt es oft schwer, an ihnen noch deutliche Kristall- formen zu erkennen. Es sei noch erwähnt, daß die Kristalle der unverschleimten Membran sehr fest aufsitzen, so daß sie durch die Einwirkung des Wassers nicht vom Cystidenende herabgelöst werden können. Wenn bei der Anfertigung der Schnitte zufällig durch die Messerschneide eine Kristalldruse abgerissen wird, so zeigt die unter den Kristallen gelegene Membranpartie oft eine auffallend dünnere Beschaffenheit. Die Cystiden enthalten einen deutlich sichtbaren Protoplasma- körper, der einen großen Zellsaftraum umschließt und im Halsteil einen dichteren Belag bildet. Ihre Länge schwankt zwischen 25 und 35 //, wobei sie etwa 7 — 15 u über das Niveau der reifen Sporen emporragen. 6. Inocybe trecMspora (Berk.) Sacc. uud I. petiginosa (Fr.) Grillet. Die Cystiden dieser beiden Arten gehören dem Typus von PsathyreUn consimüis an. Sie unterscheiden sich von dieser Art nur dadurch, daß ihr Körper größer und schlanker ist (Länge 53 — 73 //, Dicke 14 — 19 //) und die Kalziumoxalat- Kristalle (be- sonders bei 1. trechispora) eine schönere Ausbildung zeigen. Bei Inocyhe trechispora (gesammelt in Lunz, N.-O.) ließen sich die an den Cystidenenden ausgeschiedenen Flüssigkeitstropfen sehr gut nachweisen (Fig. 51). Der Tropfen war relativ groß, wo- 478 F. Knoll, bei man deutlich im Innern der Flüssigkeit die Kristalldruse wahr- nehmen konnte. Beim Übertragen in Wasser mischte sich der Tropfen sogleich mit diesem, so daß dann die Kristalle einer ge- naueren Untersuchung zugänglich wurden. In Figur 53 — 55 sind solche Kristalldrusen gezeichnet; die Kristalle waren hier vielfach in schönen Zwillingen ausgebildet (Fig. 54). Die Cystiden von I. petiginosa (die untersuchten Exemplare habe ich in der Umgebung von Graz gesammelt) sind wegen der Beschaffenheit ihrer Schleimkappen von besonderem Interesse. Die Wand des Cystidenendes ist hier stark verdickt (Fig. 52) und läßt als äußerste Begrenzung oft ein der Kutikula entsprechendes Außenhäutchen erkennen. Bei der Untersuchung von Alkohol- material fand ich Cystidenenden, welche den Eindruck erweckten, daß hier die Verschleimung sich auf die mittlere Partie der ver- dickten Zellwand erstreckt. Ein solches Haarende (Alkohol- 52 Fig. 51-56. Inocyhe trechispora (51, Vergr. ca. 500; 53—55, Vergr. ca. 600) und I. petiginosa (52, 56, Vergr. ca. 800). Beschaffenheit des freien Cystidenendes. material) ist in Figur 52 dargestellt. Besonders Figur 56 (Alkohol- material) scheint sehr dafür zu sprechen, daß bei der Verschleimung ein Außenhäutchen abgehoben und vielleicht später gesprengt wird oder schließlich ganz oder teilweise der Verschleimung anheimfällt. Doch konnte ich auch hier bisher nicht mit Sicherheit feststellen, wie weit an dem Zustandekommen dieser Häute des Alkohol- materials die Wirkung des Alkohols beteiligt ist. Massee hat in seiner Monographie der Gattung Inocyhe (1904, S. 462) sich auch über die Cystiden geäußert. Die Cystiden (alle?) sollen von einer bräunlichen Masse gekrönt sein, die an ein Konglomerat kleiner Kristalle erinnert („brownish mass resembliug a conglomeration of small crystals"). Diese am Cystidenende an- gehäufte Masse soll dadurch zustande kommen, daß die dünne Membran der Cystidenspitze zerfließt und dabei aus dem Innern der Cystide ein Schleim hervortritt. Bei feuchter Luft soll nun TTntersuchungeii über den Bau und die Funktion der Cystiden usw. 479 dieser Schleim seine Beschaffenheit beibehalten — es bleiben dann viele Sporen an dem Schleime kleben — , bei trockener Luft jedoch verschrumpfen und dann nach dem Austrocknen in Wasser unlöslich werden. Speziesnamen sind a. a. 0. nicht angeführt; aus der Tafel- erklärung geht jedoch hervor, daß sich I. geophylla Karst, in dieser Weise verhalten soll. Die eben mitgeteilte Auffassung ist dadurch entstanden, daß von dem genannten Autor Befunde an normalen, unversehrten Organen mit Befunden an zufällig verletzten (geplatzten) Organen vermengt wurden, ohne daß bei der Deutung des Verhaltens der Cystiden diese beiden Kategorien auseinander- gehalten wurden. Aus den von mir gemachten Beobachtungen geht hervor, daß in allen von mir untersuchten und hier geschilderten Fällen (nicht nur bei der Gattung Inocyhe) das unverletzte Cystidenende von einer Schleimkappe (Membranschleim) gekrönt ist, ohne daß eine Perforation des Haarendes auftritt. Wenn eine solche Perforation vorhanden ist, ist sie ein Kunstprodukt. Es ist ja schon seit sehr langer Zeit bekannt, daß die Cystiden beim Einlegen in Wasser öfters an ihrem oberen Ende aufplatzen und daß dann ihr Inhalt nach außen entleert wird; gerade dieses Verhalten hat ja die älteren Forscher veranlaßt, die Cystiden als Behälter von „Spermatien" aufzufassen (vgl. De Bary 1884, S. 328, ferner Wettstein 1887, S. 10 u. 15, Fayod 1889, S. 255). Bei der natürhchen Wasserzufuhr aus dem Gewebe der Lamellen kommt jedoch ein solches Aufplatzen des Cystidenendes nicht zustande (vgl. auch Wettstein a. a. 0.)« Es wurde also von Massee der durch zufälliges Öfifnen der Cystiden ausgetretene Inhalt mit dem stets vorhandenen Membranschleim der Membranaußenseite identi- fiziert. Das zufällige Aufreißen der dünnen Wandpartie wurde als regelmäßig eintretendes Zerfließen aufgefaßt. Auch scheint Massee die Ausscheidung von Kalziumoxalat übersehen zu haben, da er davon nichts erwähnt; dagegen glaube ich, daß die von ihm be- sprochenen „kristallähnlichen" Massen des Cystidenendes nur dem Vorhandensein echter Kristalle ihre Gestalt verdankten. 7. Collyhia esculenta (Wnlf.) Qn^l. Die zu meinen Untersuchungen verwendeten Fruchtkörper von Collyhia esculenta habe ich im Frühjahr 1910 in S. Michele a. E. (Südtirol) gesammelt. Ich fand sie häufig zwischen ganz kurzem Gras in einem kleinen Föhrenbestande. 480 F. Knoll, An den Fruchtkörpern dieser CoUybia- Art sind die Cystiden gleichmäßig über das ganze Hymenium verteilt. Ihre Länge be- trägt 32 — 60 (im Mittel ca. 50) /n. Ihre Gestalt ist aus Figur 57 zu ersehen. Auch hier läßt sich ein Fuß, ein Bauchteil und ein Halsteil unterscheiden. Untersucht man dickere Schnitte von frischem Material in der auf Seite 474 und Seite 475 angegebenen Weise in feuchter Luft, so sieht man an der Spitze einer jeden Cystide einen stark lichtbrechenden, großen Tropfen von gelblicher Farbe (Fig. 60). Bringt man Schnitte, die man aus frischen Lamellen mit einem trocknen Messer anfertigte, auf einen Objektträger mit Wasser, so bemerkt man ebenfalls noch öfters 61 62 Fig. 57 — 63. Collybia esculenta. Cystideu. Vergr. ca. 850 (57, 58, 63), 650 (59 — 61) und 900 (62). diesen Tropfen an den Cystiden, doch zeigt er in Wasser eine stark körnige Oberfläche (Fig. 61). Allmählich lösen sich aber von dem Tropfen stark lichtbrechende Körnchen ab und von der ursprüng- lichen Umhüllung des Cystidenendes ist bald nichts mehr zu sehen. Vielfach zerfließt der Tropfen in Wasser so rasch, daß man ihn bei dieser Untersuchungsart überhaupt nicht zu Gesicht bekommt. An diesen Präparaten kann man den lebenden Inhalt gut erkennen: er besteht aus einem vakuolenreichen, körnigen Protoplasten. Unter- sucht man dagegen Schnitte in Alkohol, wobei man am besten schon beim Schneiden das Messer stark mit Alkohol benetzt, so sieht man, daß dem Ende einer jeden Cystide eine glashelle, nach außen scharf begrenzte, strukturlose Kappe von nahezu kugel- förmiger Gestalt aufsitzt (Fig. 57 und 62). "Wenn man zu den auf Untersuchungen über den Bau und die Funktion der Cystiden usw. 481 diese Art angefertigten, erst kurze Zeit unter Deckglas in Alkohol befindlichen Schnitten vom Deckglasrande her Wasser zusetzt, so lösen sich die glashellen Kappen der Cystiden vollständig, sobald der Alkohol durch "Wasser ersetzt ist. Das Kolloid dieser Kappe will ich aus denselben Gründen wie bei Psathj/re/la disseminata als „Schleim" bezeichnen. Liegen die Schnitte oder die ganzen Fruchtkörper längere Zeit in starkem Alkohol, so wird wie bei PsathyrcUa disseminata u. a. der Schleim in "Wasser unlöslich. Bei Schnitten, die über ein Jahr in 95% Alkohol gelegen waren, zeigte sich, daß auch kalte verdünnte Mineralsäuren keine deutliche Veränderung der Schleimkappen hervorrufen konnten. Konzen- trierte Mineralsäuren lösten in der Kälte langsam, beim Erwärmen dagegen rasch die Kappen auf und veränderten dabei in annähernd gleicher "Weise die unverschleimte Wandpartie des Cystiden. Essig- säure hellt in konzentriertem Zustande die Kappen auf und macht sie anscheinend ein wenig quellen — doch konnte ich auch beim Erwärmen keine weitere "Veränderung nachweisen. Natronlauge (1:1) löste die Kappen weder kalt noch bei längerer Einwirkung in erhitztem Zustande. Es zeigten also die in Alkohol „gehärteten" Kappen in ihrem Verhalten gegen Reagentien eine auffallende Ähnlichkeit mit der unverschleimten Zellwand der Cystiden. An diesen Kappen sieht man oft eine stärkere äußere Begrenzung (vgl. Fig. 62), welche wohl in gleicher Weise wie die Haut der Schleimkappen der Trichomhydathoden von Psathyrella disseminata ein durch die Einwirkung des Alkohols entstandenes Kunstprodukt darstellt. Doch wäre es nicht ganz ausgeschlossen, daß beim Ver- schleimungsprozeß in manchen Fällen die äußerste Lamelle der Chitinwand sich in mehr oder weniger unveränderter Beschaffenheit erhält und so eine scharfe Umgrenzung des gebildeten Schleim- tropfens bewirkt. Häufig sieht man solche scharfen Konturen an jener Stelle, wo der untere Rand der Schleimkappe an die unver- änderte Membran des Halsteils angrenzt. Dieses Bild könnte auch dadurch zustande kommen, daß die Verschleiraung an dieser Stelle eine geringere ist, als am Scheitel des Organs, so daß dort der Schleim eine dichtere Beschaffenheit und damit eine deutlichere Außengrenze hätte. Damit würde auch das in Figur 59 dargestellte Verhalten übereinstimmen. Nach dem Übertragen eines frischen Schnittes in Wasser findet man, daß während der Auflösung der Kappe häufig die in ihr enthaltenen Exkrettröpfchen am Rande der Kappe länger erhalten bleiben, als am Scheitel, wo sie beim rascheren 482 F- Knoll, Lösen des Schleims von den Strömungen in der Flüssigkeit früher fortgerissen werden. Daß dieser Schleim ein aus der Membran des Cystidenendes entstandener Membranschleim ist, kann an diesen Cystiden leicht durch die Möglichkeit einer künstlichen, streng lo- kalen Verquellung der im natürlichen Zustande noch unverquollenen Membranpartie des Cystidenendes gezeigt werden. Aus frischem Material angefertigte Schnitte zeigten nach der Behandlung mit heißer Natronlauge und Chlorzinkjod bei der Färbung mit geeigneten Anilinfarben (Kongorot) eine dicke, streng auf die Stelle der na- türlichen Lagerung des Schleims beschränkte verquollene Haube (Fig. 63). Der ursprüngliche Schleimüberzug des Cystidenendes wird natürhch bei dieser Behandlung sogleich aufgelöst. An solchen Schnitten sah man an der eingeschnürten Stelle des Cystidenhalses ein scharf begrenztes Häutchen, das sich bis gegen den Bauchteil von der Wandung der Cystide abgehoben hatte. Dieses Verhalten könnte auch zugunsten der oben angeführten Erklärung der an manchen Cystidenkappen vorhandenen scharf ausgeprägten Kontur erwähnt werden. Die unterhalb des Bauchteils gelegene Membran- partie weist jedoch nach der Einwirkung der Quellungsmittel keine Gestaltsveränderung auf. Die unter der Schleimkappe befindliche Partie der Cystidenwand zeigte in manchen Fällen nach der Be- handlung mit verdünnter Salzsäure eine bedeutend dünnere Be- schaffenheit als die übrige Wand der Cystide (Fig. 58). An anderen Exemplaren konnte ich jedoch von einem solchen Dicken- unterschied nichts oder nur sehr wenig wahrnehmen. Ich glaube, daß bei den Fällen, welche der Figur 58 entsprechen, diese Be- schaffenheit dadurch bedingt ist, daß hier die Wand der Cystide im allgemeinen etwas dicker (2,5 jn) war, als bei jenen, welche diese Dickenunterschiede nicht so auffallend zeigten. In Überein- stimmung mit anderen klareren Befunden (Peniophora glehulosa, S. 486) muß dieses Verhalten so gedeutet werden, daß trotz der bei manchen Cystiden stärker ausgebildeten allgemeinen Wand- verdickung stets das Cystidenende aus Gründen, die mit der Funktion als Hydathoden zusammenhängen, vollständig unverdickt bleibt. Ich habe bereits von dem körnigen Aussehen gesprochen, das die Kappe bei der Untersuchung in Wasser zeigt, ehe sie der Auf- lösung anheimfällt. Bei diesem Lösungsprozesse sieht man sehr deutlich, daß dieses körnige Aussehen von sehr zahlreichen, dicht- gedrängten Tröpfchen mit starkem Lichtbrechungsvermögen her- Untersuchungen über den Bau und die Funktion der Cystiden usw. 483 rührt, welche in dem glashellen Schleim suspendiert sind und sich beim Auflösen des Schleims ringsum im Wasser verteilen. Zunächst verquillt dabei, wie schon erwähnt, der Kappenscheitel, worauf die Lösung des Schleims allmählich nach unten vorschreitet (Fig. 59). Wenn man zu Cystidenkappen, welche sich erst kurze Zeit in Wasser befinden, so daß der Schleim sich noch nicht gelöst hat, 95 % Alkohol zuführt, so kann man bei ununterbrochener mikro- skopischer Beobachtung leicht wahrnehmen, daß sich die Tröpfchen, wenn das Wasser durch den Alkohol verdrängt ist, sehr rasch lösen und daß dabei die Schleimkappe vollständig durchsichtig wird. Der genaue Nachweis der chemischen Natur der erwähnten Tröpfchen bietet Schwierigkeiten, da die sonst für diesen Zweck verwend- baren Reagentien auch die Schleimkappe lösen und dadurch die nunmehr befreiten Tröpfchen der Beobachtung entziehen. Doch gelang es mir, diese Gebilde mit Alkannatinktur zu färben und ihre Unlöslichkeit in heißer Kalilauge festzustellen. Aus diesem Ver- halten, sowie aus ihrer leichten Löslichkeit in Alkohol und Un- löslichkeit in Wasser muß darauf geschlossen werden, daß diese Tröpfchen von einem Harz oder einer harzähnhchen Substanz ge- bildet werden. Die Tröpfchen besitzen, wie mir schien, eine dick- flüssige Beschaffenheit. Bei dieser Gelegenheit muß erwähnt werden, daß CoUyhia esculenta nur in Nadelwäldern wächst und daß ihre Fruchtkörper nach Bresadola (Funyi Tridentini II, 1892, S. 85) immer aus den im Boden befindlichen alten Koniferenzapfen entspringen. Vielleicht handelt es sich hier um ein Harz, das mit anderen Stoffen aus den Koniferenresten aufgenommen und dann nach größeren oder geringereu chemischen Umwandlungen wieder als Harz in den Cystiden zur Ausscheidung gelangt. Andere Sub- stanzen habe ich in den Cystidenkappen dieser Art nicht gefunden. Die Cystiden derselben Art hat auch Topin untersucht, doch stimmen die Angaben Topin s mit den Ergebnissen meiner Unter- suchungen vielfach nicht überein. Topin führt an (1901, S. 19), daß jede der bauchigen Cystiden von C. conigena Fr. [= C. escu- lenta (Wulf) Quel.] an ihrem oberen Teile von einer lichtgelben, kugeligen Kappe mit sphärokristallinischer Struktur be- deckt ist. Diese Kappen sollen an die Sphärokristalle von Phallus impudicus (De Bary 1884, S. 12, Fig. 4) erinnern. Dement- sprechend ist auch die von Top in gegebene Zeichnung ausgeführt. Eine solche Struktur habe ich an den Kappen von C. esculenta jedoch niemals beobachtet. Topin bespricht diese „Exkret- 484 F. KnoU, kappen" bei den „depüts cireux" (S. 20). Merkwürdig ist, daß das, was hier über das Verhalten der Kappen gegen verdünnte Mineralsäuren und Natronlauge gesagt wird, nach meinen Unter- suchungen nur für die in Alkohol gehärteten Schleimkappen paßt. Doch sagt Topin nichts von einer solchen Vorbehandlung mit Alkohol; auch spricht das von ihm angeführte Verhalten der Kappen gegen konzentrierte Essigsäure nicht für die Verwendung von Al- koholmaterial. Es wird erwähnt, daß nach der ßehandlnng mit konzentrierter Essigsäure eine schleimartige Substanz mit ölähn- lichen Tröpfchen zurückbleibt (oft soll auch eine Luftblase zu- rückbleiben!). Die Angaben über das chemische Verhalten der Tröpfchen stimmen größtenteils mit meinen Untersuchungsergeb- nissen überein; doch habe ich kein Verseifen der Tropfen durch heiße Natronlauge bewirken können. — Meine Ansicht über die Natur der Kappe unterscheidet sich also vor allem dadurch von der Meinung Topins, daß dieser anscheinend die ganze Kappe als Exkret auffaßt. Dabei bleibt mir überdies die von Topin er- wähnte sphärokristallinische Struktur der Kappe unverständlich. Weiter will ich hier auf die Ausführungen Topins nicht eingehen. 8. Galera tenuissinia (Weiniii.) Gillet und G. tenera (Schaeff.) Qn61. An den Schneiden der Hymeniallamellen und an der Ober- fläche des Fruchtkörperstiels von Galera tenuissinia (aus Graz) fand ich zahlreiche Trichomhydathoden, die sich bei dieser Art dadurch auszeichnen, daß ihr gedrungener Körper die Gliederung in Fuß-, Bauch-, Hals- und Kopfteil unter allen von mir unter- suchten Hydathoden am schärfsten ausgeprägt zeigt (Fig. 64). Ganz gleich verhält sich G. tenera (aus S. Michele a. E., Tirol). Die Haare des Fruchtkörperstiels beider Arten besitzen eine Länge von 20 — 25 jU, sind also relativ klein. Die Haare der Lamellenschneiden haben die gleiche Größe. Der Fuß des Haares ist kurz und ver- breitert sich rasch in den Bauchteil, an dem das Organ eine Breite von etwa 9 fj, erreicht. Der Bauchteil besitzt eine eiförmige Gestalt und verschmälert sich nach oben in den kurzen, dünnen, scharf abgesetzten Hals, der den fast kugeligen Kopfteil trägt. Der Durchmesser des Kopfteils beträgt meist etwa 4 — 5 ^w, doch kommen auch etwas größere und kleinere Werte vor. Die Flüssigkeitsausscheidung habe ich nur bei G. tenuissima untersucht. Bei dieser Art bilden die Hydathoden an den Lamellen- TJntersnchungen über den Bau und die Funktion der Cystiden usw. 485 rändern eine dichte, manchmal unterbrochene Leiste, an der man bei verhinderter Verdunstung und genügender Wasserzufuhr schon mit freiem Auge das Auftreten großer Tropfen (bis zu 0,5 mm Durchmesser) wahrnehmen kann. Auch an der Stieloberfläche sieht man unter den erwähnten Umständen häufig auffallend große Tropfen. Diese kommen dadurch zustande, daß die Tropfen zahl- reicher, eng beisammen stehender Hydathoden sich zu gemeinsamen Tropfen vereinigen. Die Ausscheidung der Tropfen geht am api- kalen Ende des Kopfteils vor sich (Fig. 67); die basale Hälfte des Kopfteils ragt aus dem Tropfen heraus. Auch diese Hydathoden bilden an der Austrittstelle der Flüssigkeit einen Membran - schleim aus, von dessen Vorhandensein man sich leicht nach d-er auf S. 463 angegebenen Methode überzeugen kann. In Alkohol ist dieser Schleim unlöslich, weshalb man auch am Alkoholmateriale 9 65 ^ c ? 67 Fig. 64 — 67. Galera tenera (64 — 66) u. O. tenuisshna (67). Hydathoden der Stieloberfläche und des Lamellenrandes. Vergr. ca. 650. die Beschaffenheit dieser Schleimkappen gut untersuchen kann. In Wasser betrachtet zeigen die lebenden Haare einen vollständig glatten Kopfteil, weil sich der vorhandene Schleim sogleich im Wasser löst. Fixiert man (am besten etwas welkes) Material mit Alkohol, so kann man sehen, daß jedem Kopfteile eine laibartig geformte Schleimkappe aufsitzt (Fig. 65). Diese Kappe erscheint in Alkohol stark lichtbrechend. Nach längerem Verweilen in Al- kohol verliert die Kappe ihre Löslichkeit in kaltem Wasser; doch wird die Kappe nicht so stark verändert, wie bei anderen von mir untersuchten Hydathoden, da man durch Aufkochen in Wasser die in Alkohol gehärteten Schleimkappen zum Quellen und an ihrem apikalen Teile zum Platzen bringen kann (Fig. 66). Die scharfe Kontur bleibt dabei an den seitlichen Partien der geplatzten Kappe Jahrb. f. wiss. Botanik. L. 32 486 F. KnoU, erhalten. Diese scharfe Begrenzung der in Alkohol fixierten Kappen stellt wohl auch hier ein Kunstprodukt dar, das durch die Behand- lung mit Alkohol entsteht, da ich bei der Untersuchung des frischen Materials in Wasser keine Spur einer solchen Haut beobachten konnte. 9. Peniophora glebulosa (Fr.) Sacc. et Syd. Bei der Gattung Peniophora kommen zweierlei Cystiden vor, „glatte" und „inkrustierte" Cystiden. Die glatten Cystiden be- sitzen an ihrem freien Ende eine unverdickte Membran- partie, während der übrige Teil der Cystidenwand stark verdickt ist. Eine solche unverdickte Membranstelle fehlt den inkrustierten Cystiden, wie z. B. P. Aegerita (Hoffm.) v. H. et L. (vgl. V. Höhnel u. Litschauer, 1907, S. 813, Fig. 7). Diese Art von Cystiden scheint mir einen eigenen Haartypus darzustellen, weshalb ich sie hier nur erwähnen will. Im Hymenium von Peniophora glebulosa (Fr.) Sacc. et Syd.^) findet man die erwähnten glatten Cystiden in sehr großer Zahl. In ihrer Länge übertreffen sie alle von mir bis- her beschriebenen Cystiden. Ich fand an dem von mir untersuchten Material Cystiden von 70 bis 110 (meist 85) jCt Länge, die 40 — 55, oft so- gar 85 /< über das Niveau der Basidien empor- ragten. Die größte Dicke der Haare betrug etwa 8 f.1. Die Cystidenwand war ihrer ganzen Länge nach stark verdickt (größte Wandstärke 4 /n) und besaß am unteren, im Hy- menium liegenden Teile sehr kurze, stumpfe Fort- sätze von wurzelartiger Gestalt. Die Wand des freien Endes der Cystiden war dagegen stets dünnwandig (Fig. 69). An dieser Stelle (und manchmal von dort auch etwas weiter herab gegen die Haar mitte) waren die meisten Cystiden mit einem schleimartigen Überzug ver- sehen, der verschiedene, zum Teil in Salzsäure lösliche Stoffe (wahrscheinlich Kalziumoxalat) enthielt (Fig. 68), An manchen Cystidenenden fehlte dieser Schleim (Fig. 69). In diesem Falle ist der ursprünglich wohl stets vorhandene Schleim wahrscheinlich nur zufällig abgestreift oder weggespült worden. In ihrem Aufbau Fig. 68 — 69. reniophora glebulosa. Beschaffenheit des freien Cystidenendes. Vergr. ca. 750. 1) Das aus Westfalen stammende getrocknete Material verdanke ich der Freundlich- keit von Prof. V. Litschauer- Innsbruck. Untersuchungen über den Bau und die Funktion der Cystiden usw. 487 unterscheiden sich diese Cystiden also nicht wesentlich von den früher beschriebenen Typen, z. B. von Psathyrella consimilis. Über die Flüssigkeitsabsonderung kann ich keine eigenen Be- obachtungen anführen, da ich frisches Material noch nicht in den Händen hatte; doch sei hier auf das S. 455 dieser Arbeit wieder- gegebene Zitat nach Massee hingewiesen. Auch wenn bei dieser Gattung noch keine Wasserabsonderung beobachtet worden wäre, müßte man doch aus der Beschaffenheit des Cystidenendes auf eine Einrichtung zur Erleichterung des Flüssigkeits- austritts, also auf die Hydathodennatur dieser Haare schließen, besonders, wenn man sie mit den von mir beschriebenen Einrichtungen anderer Pilzhydathoden vergleicht. Als Hydathoden stellen diese Haare einen vollkommenen Typus dar, weil die Stelle der Tropfenausscheidung durch die dünne Wandpartie des Haarendes genau eingegrenzt ist und diese Stelle sehr weit über das Niveau der Basidien emporragt. Noch mehr gilt letzteres von P. chaetophora v. H. et L., deren Cystiden bis 250 /n lang werden (vgl. v. Höhnel u. Litschauer, 1907, Fig. 1, S. 749). Diese Cystiden sind deshalb sehr interessant, weil sie auch die Rolle von Schutzorganen übernommen haben, da das Hymenium dieser Familie sich vollständig frei entwickelt und nicht wie bei anderen Hymenomyceten durch sein Vorkommen an eingesenkten und dadurch geschützten Stellen des Fruchtkörpers die Ausbildung solcher Schutzorgane überflüssig macht. Diese Funktion wird durch die starke Verdickung der Zellwand ermöglicht. Überdies sind diese Cystiden (besonders bei Arten mit lockerem Hymenium) oft durch weit ausladende basale Fortsätze verankert, was sehr an das Verhalten vieler mechanisch wirksamer Haare der Phanero- gamen erinnert. Für die Ausführung der ursprünglichen Funktion, der Hydathodentätigkeit, ist dabei durch die dünne Wand der Haar- spitze in vollkommener Weise gesorgt. Ili. Allgemeiner Teil. Ausscheidungen von Flüssigkeitstropfen sind bei den höheren Pilzen schon lange Zeit bekannt. Zuerst hat J. Schmitz (1843, S. 472) die Ansicht ausgesprochen, daß die Tröpfchen, welche bei Sphaeria carpophila Pers. [= Xylaria c. (Pers.) Fr.] an den Stielen 32* 488 F- l^noll, der Stromata zu beobachten sind, nicht etwa von Taubildungen herrühren, sondern daß es sich hier um eine aus den Geweben des Pilzes austretende Flüssigkeit handelt. Im Laufe der Zeit wurde sowohl an vegetativen Teilen, als auch an den Fortpflanzungs- organen zahlreicher Pilzarten eine mehr oder weniger lebhafte Flüssigkeitsabsonderung beobachtet. Eine Zusammenstellung der darüber vorhandenen älteren Literatur (bis 1896) gibt Pfeffer in seinem Handbuch der Pflanzenphysiologie (1897, I, S. 256). Als Grundlage für die Beurteilung der an den Hymenomyceten- fruchtkörpern beobachteten Flüssigkeitsabgabe will ich zunächst auf das Verhalten der Mucoraceen-Sporangiumträger eingehen, weil hier die Verhältnisse ziemlich einfach sind. Die jungen Sporangiumträger dieser Familie dienen, während die Stielstreckung und damit die Emporhebung der Sporangiumanlage erfolgt, als Reservestoff'behälter. Die großen Wassermengen, welche zum Transporte der vom Mycel aufgenommenen und zubereiteten plastischen Bildungsstofi"e gedient hatten, sowie diejenigen, welche beim Atmungsstoffwechsel ent- stehen, werden, soweit sie nicht wieder bei chemischen Vorgängen gebunden werden oder für die Vermehrung des Zellsaftes Ver- wendung finden, in die Zellmembran abgegeben, aus der sie dann durch Verdunstung rasch in die umgebende Luft übergehen oder zunächst, bei verhinderter Transpiration, in Tropfenform austreten. Solche Tropfen sieht man recht gut an der unteren Partie der Sporangiumträger von ilf?/('or- Arten, die man auf feuchtem Pferdemist in geschlossenen Gefäßen kultiviert. Von der Art dieser Tropfenabsonderung gibt die von Brefeld (1881, IV, Taf. 2, Fig. 9) entworfene Zeichnung der Sporangiumträger von Mucor mucilagineus eine gute Vorstellung. Sehr bekannt ist in dieser Hinsicht die Flüssigkeitsabsonderung an den Sporangiumträgern von P'doholus, von der Pfeffer (1897, S. 256, Fig. 37) eine gute Abbildung ge- geben hat. Die ganze Oberfläche eines solchen Sporangiumträgers ist bei hinreichend großer Luftfeuchtigkeit von zahlreichen großen Flüssigkeitstropfen bedeckt. Bei Plloholus Kleinii (Artengruppe im Sinne von Palla, 1909) habe ich diese Tropfen genau untersucht und dabei gefunden, daß sie außer den bereits von Pfeffer beob- achteten Kristallen (Pfeffer, 1897, S. 256) beim Eintrocknen auf dem Objektträger auch eine Kolloid-Substanz zurücklassen. "Wenn man einen solchen Tropfen auf einen reinen Objektträger bringt und dann das allmähliche Verdunsten des Lösungswassers bei schwacher Vergrößerung verfolgt, so sieht man, wenn man kurz vor üntersuchiiDgeii über den Bau uud die Funktion der Cystiden usw. 489 dem gänzlichen Vertrocknen mit einer feinen Nadel durch den nunmehr vollständig abgeflachten Tropfen fährt, daß er eine gela- tinöse Beschaffenheit angenommen hat. Diese Kolloidsubstanz ist vollständig glashell, sehr leicht in Wasser löslich, jedoch un- löslich in Alkohol. In der glashellen Masse liegen dann die be- reits von Pfeffer erwähnten farblosen Kriställchen. Das Kolloid ist seiner Entstehung nach als Membranschleim zu bezeichnen. Dieses wasserlösliche Kolloid wird natürlich ebenso wie die er- wähnte, in Kristallen sich ausscheidende Substanz eine osmotische Saugwirkung auf das in der Zellwand imbibierte Wasser ausüben. Doch ist diese Saugwirkung nur von ganz untergeordneter Be- deutung, da ich nachweisen konnte, daß der Wasseraustritt bei den Sporangienträgern von P. Klelnii vor allem durch den Turgordruck erfolgt, daß also die Flüssigkeit ausgepreßt wird. Die Möglich- keit des Wasseraustrittes ist in diesem Falle eine Ventileinrichtung, die ein dauerndes Ansteigen des Turgordruckes und damit ein vor- zeitiges Abschleudern des Sporangiums verhindert. Weiter will ich auf diese Erscheinung hier nicht eingehen, da ich die Absicht habe, an anderer Stelle darüber ausführlicher zu berichten. Dagegen ist mit Rücksicht auf das Verhalten der Hydathoden von Coprinus radiatus auf eine andere Eigentümlichkeit hinzuweisen. Es ist sehr auffallend, daß die an den Sporangiumträgern von Püoholus ausgeschiedene Flüssigkeit sich nicht sofort gleichmäßig an seiner ganzen Oberfläche verteilt, sondern dauernd in isoliert stehenden Tropfen auftritt. Diese Tropfen haften mit einer kleinen Fläche an der Zellwand. Ein Zusammenfließen benachbarter Tropfen tritt erst dann ein, wenn bei der allmählichen Größenzunahme (in feuchter Luft) die Oberflächen zweier Tropfen einander berühren. Diese Erscheinung kommt bei Püoholus dadurch zustande, daß die Außenfläche der Wand des Sporangiumträgers unbenetzbar ist. An den Hydathodenenden von Coprinus radiatus wird ein größerer Endtropfen abgeschieden und darunter noch kranzartig angeordnet eine oder mehrere Reihen kleinerer, getrennt stehender Tröpfchen (vgl. Fig. 35, 36, S. 471). Nur bei dieser Art wird, ähnlich wie bei Pilohohis, an den Hydathoden die Flüssigkeit gleichzeitig an mehreren Stellen der Oberfläche des einzelligen unverzweigten Organs ausgeschieden. Ob dieser Ausscheidung in getrennten Tropfen eine Bedeutung für den Wasserhaushalt der genannten Organismen zukommt, will ich dahingestellt lassen. 490 F. KnoU, Bei den erwälinten Sporangiumträgern ist hinsichtlich der "Wasserabgabe noch keine Arbeitsteilung eingetreten, da an allen Teilen eines solchen Sporangiumträgers, sowie am jungen Sporangium selbst unter den genannten Umständen die Ausscheidung von Flüssigkeitstropfen erfolgt. Es ist hier die Absonderung von Wasser eine Teilfunktion neben anderen ebenso wichtigen Funktionen des Organs. Bei den Hynaenomycetenfruchtkörpern dagegen, die viel- fach einen ziemlich komplizierten histologischen Aufbau besitzen, läßt sich dementsprechend auch hinsichtlich der "Wasserabsonderung eine wohlausgeprägte Arbeitsteilung erkennen. An der Oberfläche des Stiels, des Hutes, sowie an den Hymenophoren lassen sich bei verschiedenen Arten wasserabsondernde Trichome nachweisen, für die sowohl der Ort des Auftretens, als auch Gestalt und Funktion bei der betreffenden Art konstant ist. Diese Haare sind am besten als Trichomhydathoden zu bezeichnen. Alle Trichomhydathoden der Hymenomycetenfruchtkörper sind einzellige Organe, die in funktionierendem Zustande stets einen lebenden Protoplasmakörper besitzen. Hinsichtlich der Gestalt stellen die Trichomhydathoden von Galcra tenera (Fig. 64. S. 48.5) den vollkommensten Typus dar: der Körper dieser Hydathoden ist eiförmig und verschmälert sich nach rückwärts in einen kurzen Fuß, der mit einer schmalen Querwand einer Hyphe aufsitzt. Den eiförmigen Teil, in dem das Organ seine 'größte Dicke erreicht, habe ich als Bauchteil bezeichnet. Dann folgt gegen das freie Haarende zu ein sehr stark verschmälerter Halsteil, dem der scharf abgegrenzte, kugelförmige Kopfteil (Haarende) aufsitzt. Die Ab- sonderung von Flüssigkeit erfolgt hier an der obersten Partie (Scheitel) des Kopfteils. "Wenn auch diese Gestalt an den Tri- chomhydathoden mancher Hymenomyceten weniger stark hervor- tritt, so läßt sich doch stets ein Bauch teil und ein Halsteil er- kennen. Bei den Hydathoden des Hymeniums, den Cystiden (etwa von Psathyrella consimilis), ist^^meist der Fußteil gut ausgebildet, weil sie mit diesem verschmälerten Teile ihres Körpers zwischen den Basidien eingefügt sind und mit diesem oft noch etwas unter das Niveau des Hymeniums hinabreichen. Bauchteil und Halsteil gehen bei diesen Cystiden allmählich ineinander über. Der Kopfteil ist meist nicht ausgeprägt, oder höchstens durch eine flache, kaum sichtbare Einschnürung vom Halsteile abgegliedert. "Wenn das Cystidenende von hakenförmigen Fortsätzen gekrönt ist, kann man diese zum Kopfteile rechnen (vgl. Fig. 37 II, S. 322 in Zopf, 1890). ■Untersuchungen über den Bau und die Funktion der Cystiden usw. 491 Bei den Trichomhydathoden der sterilen Fnichtkörperoberfläche überwiegt meistens der Halsteil, wie z. B. bei Psathyrella disseininata (Fig. 4, S. 460). Dadurch, daß an einem Bauchteile mehrere Halsteile entstehen, kommen die verzweigten Trichomhydathoden von Coprinus ephemerus (Fig. 26, 27, 28, S. 469) zustande. Die im speziellen Teil dieser Arbeit angeführten Beispiele von Trichomhydathoden besitzen ohne Rücksicht darauf, ob sie an der sterilen oder (als Cystiden) an der fertilen Fruchtkörperoberfläche auftreten, hinsichtlich Bau und Funktion eine Anzahl wich- tiger, gemeinsamer Merkmale. Diese lassen sich in drei Sätze ver- einigen: 1. Die Absonderung von Flüssigkeit ist auf eine scharf umschriebene Stelle des Haarendes beschränkt. 2. Die Stelle der Flüssigkeitsabsonderung zeichnet sich dadurch aus, daß ihre Membran stets unverdickt bleibt, auch wenn die übrige Wand des Haares eine sehr starke Verdickung erfahren hat. 3. Im ausgeschiedenen Flüssig- keitstropfen ist stets eine Kolloidsubstanz gelöst, die aus der Membran des Haarendes infolge einer streng lokalen Yerschleimung hervorgegangen ist. Diese Merkmale sollen in den folgenden Abschnitten ausführlicher erörtert werden. Der Ort der Flüssigkeitsabsonderung ist die Spitze der Tri- chomhydathoden. Die ausgeschiedene Flüssigkeit bildet bei allen Cystiden und den einfachen Trichomhydathoden von Psathyrella disseminata und Coprinus ephemerus einen einzigen, genau axial oder nur wenig schräg aufsitzenden Tropfen. Die bedeutende rela- tive Größe dieses Tropfens ist in den Figuren 1, S. 459 und 19 und 20, S. 467 sichtbar. Bei Coprinus radiatus kann außer dem endständigen, größeren Tropfen auch noch ein Kranz kleinerer Tröpfchen in einem geringen Abstände von der Haarspitze zur Ausscheidung gelangen (Fig. 35, 36, S. 471). Einen anderen Typus stellen die mehrarmigen Trichomhydathoden dar, die ich am Stiele der Fruchtkörper von Coprinus ephemerus gefunden habe. Hier entspringen einem Haarkörper oft zwei oder drei Haarschäfte, von denen jeder einen endständigen Flüssigkeitstropfen trägt. Diese Haarschäfte (Halsteile) stimmen mit den gleichen Teilen der ein- fachen Haare von C. ephemerus vollständig überein; auch in der Art der Flüssigkeitsabsonderung fand ich keinen Unterschied zwischen einarmigen und mehrarmigen Hydathoden. Letztere stellen somit hinsichtUch ihres Baues nur eine Vervielfältigung eines einfachen Hydathodenhaares dar (Fig. 26—28, S. 469). 492 F- Knoll, Die Membran des wasserabsondernden Haarendes war bei allen von mir untersuchten Hydathoden der Hymenomyceten un- verdickt. Dies kommt besonders bei denjenigen Arten sehr gut zum Ausdruck, deren Cystidenwand bei fortschreitendem Alter sich zu verdicken pflegt. Als Beispiel führe ich die Cystiden von Fenio- phora glebulosa (S. 486, Fig. 69) an, deren Cystidenende auch dann noch keine Wandverdickung besitzt, wenn die übrige Cystidenwand sich so sehr verdickt hat, daß das Zelluraen des Halsteils nur mehr als schwacher Streifen sichtbar ist. Die Cystiden dieser Art (die oft eine Länge von über 100 ^a erreichen) ragen 40 — 55 ^u, ja oft noch höher über das Niveau der Basidien empor und bilden somit infolge ihres reichlichen Vorkommens jedenfalls einen wirk- samen Schutz des vollkommen freiliegenden Hymeniums, wenn sich ihre Zellwand hinreichend stark verdickt hat. Diese Schutzwirkung steigert sich mit der Zunahme der Wandverdickung; eine all- gemeine Wandverdickung tritt jedoch nicht ein, sondern die Haar- spitze bleibt unverdickt, so daß die auf die Spitze des Haares be- schränkte Wasserabsonderung durch diesen Prozeß nicht beein- trächtigt wird. An dem geschützt liegenden Hymenium mancher Agaricaceen- Arten zeigen die Cystiden oft ebenfalls eine deutliche Wandver- dickung, wenn sie auch den Grad der Verdickung der Peniophora- Cystiden bei weitem nicht erreichen. Diese Eigentümlichkeit wurde schon von Fayod (1889, S. 258) dadurch zu erklären gesucht, daß solche Cystiden infolge der in ihrem Innern vorhandenen osmotisch wirksamen Substanzen einen starken Druck auszuhalten hätten. Doch hat Fayod die Höhe des osmotischen Druckes nirgends an- gegeben. Auch die Cystiden von Psathyrella consimilis besitzen eine kräftige Zellwand mit einer unverdickten terminalen Stelle (vgl. S. 475 und 477). Diese Cystiden enthalten nach meinen eigenen Untersuchungen einen Zellsaft, dessen osmotischer Wert etwa 3,7 % KNO3 beträgt. Dieser Gehalt entspricht einem Drucke von über 12 Atmosphären. Doch ist mir über die osmotischen Eigen- schaften der Cystiden noch nicht soviel bekannt, um angeben zu können, ob auch wirklich ein Turgordruck von solcher Höhe in den Cystiden zustande kommt. Wenn letzteres wirklich der Fall wäre, würde sich die dicke Beschaffenheit der Wand des Bauch- teils auf diese Weise sehr leicht erklären lassen, zumal dieser ja oft frei über das Niveau der übrigen Elemente des Hymeniums empor- ragt, also gerade in der durch den tangentialen Zug am meisten be- Uidersuchungeu über den Bau und die Funktion der Cystiden usw. 493 aiispruchten "Wandpartie keine Unterstützung durch den Gegendruck benachbarter Zellen erhält. Auch die Cystiden von Collyhla esculenta (Fig. 58, S. 480) und besonders die von Famis rudis (hier nicht eigens besprochen) zeigen einen solchen Unterschied in der Dicke der Zellwand des Bauchteils und des Cystidenendes. In allen von mir untersuchten Fällen ist die Membran der Hy- dathoden an jener Stelle, welche den ausgeschiedenen Tropfen trägt, verschleimt. Dieser Membranschleim läßt sich entweder dadurch nachweisen, daß man die ausgeschiedenen Tropfen auf Deckgläser überträgt und dann eintrocknen läßt, oder dadurch, daß man frisches Material etwas welken läßt und dann in absoluten Alkohol legt. Es empfiehlt sich deshalb nicht, Material mit lebhafter Wasser- ausscheidung gleich direkt in Alkohol zu geben, weil der stark ver- dünnte Schleim der Hydathodenenden durch die im Alkohol auf- tretenden Strömungen hinweggespült wird, während er in etwas konzentrierterem Zustande an Ort und Stelle ausgefällt wird und dadurch für die Untersuchung erhalten bleibt. Dieser Schleim trocknet an den Haarenden entweder glatt ein, wie an den Trichom- hydathoden von PsathyreUa disseminata (wie Fig. 2 und 3, S. 459), oder er nimmt beim Eintrocknen eine runzelige Oberfläche an, so daß er dann von einem vielfach gefalteten Häutchen eingeschlossen zu sein scheint. Letzteres ist bei Coprinus ephemerus der Fall (Fig. 21 — 24, S. 467). Um die dickflüssige Konsistenz der ein- trocknenden Tropfen zu zeigen, kann man die auf ein Deckglas oder einen Objektträger übertragenen Tropfen kurz vor dem gänz- lichen Vertrocknen mit einer Nadel ritzen, wobei man am besten diese Manipulation unter Anwendung einer schwachen Vergrößerung unter dem Mikroskop vornimmt. Bei PsathyreUa disse^nivata läßt sich dies auch in der Weise zeigen, daß man an einem auf dem Objektträger frei liegenden Fruchtkörper einen von zwei Haarenden festgehaltenen Tropfen betrachtet, während das in ihm vorhandene Wasser allmählich verdunstet. Der ursprüngHch kugelige oder ei- förmige Tropfen nimmt nach und nach eine Sanduhrform an, bis er schließlich in der Mitte durchreißt: nach diesem Durchreißen kann man bemerken, daß die beiden kegelförmigen Teilstücke dieses Tropfens diese Gestalt noch durch mehrere Sekunden beibehalten, um langsam eine birnförmige Gestalt und schließlich Kugel- und Halbkugelform anzunehmen. Es kann aber auch sein, daß sich der Tropfen zunächst verkleinert und daß dann die Trennung direkt an einem Haarende erfolgt: auch in diesem Falle bleibt die nach 494 F- Knoll, dem Abreißen entstehende Birngestalt des Tropfens durch einige Sekunden sichtbar (vgl. die Figuren 2 und 3, S. 459). Bei dieser Untersuchung ist gleichzeitig zu sehen, daß der Tropfen ziemlich fest an den Haarenden haftet, da sonst kein Durchreißen des Tropfens erfolgen könnte. Es ist naheliegend, danach zu fragen, ob nicht auch hier, ähn- lich wie bei verschleimenden Haarzellen der Phanerogamen, die Abhebung einer Art von Cuticula vor sich geht. Das Alkohol- material der Hydathoden von Psathyrella disseminata schien dafür zu sprechen, doch bin ich jetzt zur Ansicht gekommen, daß es sich bei den hierfür in Betracht kommenden Bildern um ein bei der Alkoholeinwirkung entstehendes Kunstprodukt handelt. Am ehesten würde noch der Befund an den Cystiden von Inocyhe petiginosa dafür sprechen; doch bin ich auch hier zu keinem sicheren Resul- tate gelangt, so daß vorläufig diese Frage offen bleibt. über die chemische Natur des Membranschleimes dieser Hyda- thoden läßt sich nicht viel aussagen. Er ist in Wasser, Mineral- säuren und Alkalien sehr leicht löslich, wird aber aus der wässerigen Lösung durch Alkohol ausgefällt. Diese Eigentümlichkeit hat er mit den bis jetzt (freilich nur sehr ungenau) bekannten Pilzschleimen gemeinsam (vgl. darüber Zellner, 1907, S. 118). Bei längerem Liegen in Alkohol verliert er seine Löslichkeit für Wasser voll- ständig und ist dann auch in starken Mineralsäuren nur beim Er- wärmen rasch löslich. In diesem „gehärteten" Zustande erinnert er in seinem Verhalten gegen Lösungsmittel vielfach an die Chitin- membran der Pilzhyphen. Leider sind diese Objekte zu zart, um in den gehärteten Schleimkappen einen Chitinnachweis nach Wisse- lingh ausführen zn können. Die Frage, ob der von mir beobachteten Schleimbildung der Pilzhydathoden im allgemeinen eine ökologische Bedeutung zu- kommt, kann nicht unbedingt bejaht, aber auch nicht ohne weiteres verneint werden. Es ist möglich, daß der eben besprochene Schleim immer dann entsteht, wenn sich an sonst undurchlässigen Chitinmerabranen für Wasser durchlässige Stellen bilden. Der Schleim wäre dann als ein bei diesem Prozeß entstehendes Abfalls- produkt aufzufassen. Dabei könnte sich aber trotzdem die Schleim- bilduDg in vielen Fällen als eine im Haushalte der Pflanze wert- volle Eigentümlichkeit erweisen. So wird durch die streng lokale Verschleimung des Haarendes ermöglicht, daß der ausgeschiedene Wassertropfen genau an der Spitze der Hydathode festgehalten Untersuchungen über den Bau und die Funktion der Cystiden usw. 495 wird, da dieser durch den in ihm gelösten Membranschleim eine mehr dickflüssige Beschaffenheit erhält, so daß ein Verfließen des Tropfens von der Spitze weg gegen den Halsteil zu bedeutend erschwert wird. Dazu kommt noch, daß ein Flüssigkeitstropfen an einer Membranstelle, welche nach außen in eine schleimige Be- schaffenheit übergeht, leicht festgehalten wird. Dieses Haften an der verschleimten Stelle wird aucli durch das früher (Fig. 2 und 3, S. 4.59 und S. 493) geschilderte Verhalten beim Verdunsten eines von zwei Haarenden festgehaltenen Tropfens gezeigt. Ein Wegfließen des ausgeschiedenen Tropfens dürfte auch dadurch verhindert werden, daß der Membranschleim vielfach an der Grenze zwischen der ver- schleimten und unverschleimten Membranpartie des Haarendes eine dichtere Beschaffenheit zu besitzen scheint; dafür spricht besonders das Verhalten der Cystiden von CoUyhia esculeiäa (Fig. 57, 59, S. 480). Eine Einrichtung zum Festhalten der Tropfen an der Hydathodenspitze erscheint sofort als ein unbedingtes Erfordernis, wenn solche Haare zwischen den Basidien angeordnet sind. Soviel ich weiß, wurde an den Basidien der Agaricaceen niemals an der den Sterigmen zugekehrten Wandpartie irgendwelche Absonderung von Flüssigkeit oder anderer Stoffe beobachtet (vgl. auch Topin 1901, cap. IV, S. 25). Solche Ausscheidungen würden auch die normale Ablösung der reifen Sporen verhindern oder doch wenigstens vielfach ungünstig beinflussen. Wenn sich also Hymenialelemente als Hydathoden ausbilden, so muß auch dafür gesorgt sein, daß die Flüssigkeit hinreichend hoch über dem Niveau der Basidien ausgeschieden und während ihres allmählichen Verdunstens und der fortdauernden Erneuerung in dieser Lage festgehalten wird. Nach diesen Gesichtspunkten ist auch die ausschließliche Anordnung der Hydathoden an der Lamellenschneide (was bei zahlreichen Arten, z. B. Galera trnera der Fall ist) ein großer Vorteil. Ich habe mich in den vorliegenden Zeilen hauptsächlich auf die Anführung der charakteristischen anatomischen Details be- schränkt und diese mit meinen eigenen Beobachtungen über die Tätigkeit dieser Organe, sowie mit unserem bisherigen Wissen über den Wasserhaushalt der Hymenomyceten -Fruchtkörper in Einklang zu bringen gesucht. Es ist jedoch noch von größter Wichtigkeit, auch die Mechanik der Flüssigkeitsabsonderung klar- zustellen. Da ich die Untersuchungen über die Pilzhydathoden in dieser Hinsicht noch fortzusetzen beabsichtige, so habe ich die Dar- legung dieser Verhältnisse einer späteren Publikation vorbehalten. 496 F. KnoU, Über den Wasserhaushalt der Hymenorayceten- Fruchtkörper ist nur sehr wenig bekannt. Den Stand unserer Kenntnisse hat Lakon (1907) im Zusammenhang mit den Ergebnissen seiner Untersuchungen über Copriints plicati/is zusammengefaßt. Durch diese Arbeit wurde festgestellt, daß für die Ausbildung der Prucht- körper der genannten Art „die Transpiration als eine der wich- tigsten Bedingungen in Betracht kommt und daß alle anderen, früher hierfür verantwortlich gemachten Faktoren nur mittelbar von Bedeutung sind, nämlich nur soweit, als sie zur Herbeiführung einer gesteigerten Transpiration beitragen" (Lakon 1907, S. 171 f.). Leider hatte ich noch nicht Gelegenheit, den Bau der Fruchtkörper von C. plicatilis genauer untersuchen zu können. Die Ausbildung von Hydathoden an den Fruchtkörpern von C. ephemerus und C. radiafus läßt darauf schließen, daß auch diese Fruchtkörper größere Mengen von Wasser abzugeben haben, deren sie sich durch die Transpiration allein an ihrem feuchten Standorte nicht entledigen können. Jedenfalls hoffe ich, in der nächsten Zeit das Transpi- rationsbedürfnis der erwähnten Coprinus-Arten auf experimentellem Wege feststellen zu können. Einem solchen Transpirationsbedürfnisse würde die Lage der ausgeschiedenen Tropfen und die Art der Anordnung der Hyda- thoden vielfach entgegenkommen. Die Ausbildung zahlreicher lebender Haare bedingt an und für sich schon durch die dabei erzielte Oberflächenvergrößerung eine Erleichterung der Transpi- ration. Betrachtet man in dieser Hinsicht z. B. einen Fruchtkörper von Coprinus radiatus, so ergibt sich folgende Erwägung: Alle Teile der Fruchtkörperoberfläche geben Wasserdampf an die um- gebende Luft ab. Es muß demnach die Luft unmittelbar an der Oberfläche des Fruchtkörpergewebes die größte Feuchtigkeit be- sitzen. Durch ein Emporheben des ausgeschiedenen Tropfens über das Niveau größter Luftfeuchtigkeit wird eine Beschleunigung in dem Verdampfen des ausgeschiedenen Wassers hervorgerufen, was besonders bei hygrophiler Lebensweise sehr in Betracht kommt. Das wird besonders bei einem jungen Fruchtkörper zutreffen, der sich noch nicht im Stadium der raschen Stielstreckung befindet und sich deshalb noch nicht sehr viel über die feuchte Oberfläche des Substrats (Pferdemist) erhoben hat. Dazu kommt noch, daß durch die Ausbildung dünnwandiger Haare, deren Tropfenausschei- dung an eine streng abgegrenzte kleine Fläche des Haarendes ge- bunden ist, die durch die Ausbildung von Haaren vergrößerte trän- Untersuchungen über den Bau und die Funktion der Oystiden usw. 497 spirierende Fruchtkörperoberfläche bei der Wasserabsonderung nicht wesentlich verkleinert wird. Die Cystiden und die „Cystidiformzellen" des Lamellenrandes sind die Hydathoden des Hymeniums. Sind die wasserabson- dernden Organe des Hymeniums größtenteils oder ausschließhch am Rande der Hymenophore angeordnet, was bei vielen Arten der Fall ist, so wird dadurch ein rascheres Verdunsten der aus- geschiedenen Flüssigkeit ermöglicht. Wird aber durch große Luft- feuchtigkeit und niedere Temperatur die Verdunstung der Tropfen verhindert, so vereinigen sich bei fortschreitender Größenzunahme die benachbarten Tropfen, so daß dann große, nach abwärts hängende Flüssigkeitsperlen zustande kommen, die sich weiterhin zu kontinuierhchen Flüssigkeitssäumen der Lamellenränder ver- einigen können. An den Lamellen der Fruchtkörper von Hijylio- loma lacrimahunchim findet man aber außer den Hydathoden der Lamellenschneide auch auf der Fläche der Hymenophore Hyda- thoden, die aber fast immer in Gruppen so eng beisammen stehen, daß bei lebhafter Wasserabsonderung die einzelnen Flüssigkeits- tropfen einer Cystidengruppe zu einem einheitHchen großen Tropfen sich vereinigen, der dann in ähnlicher Weise, wie ich das auch bei Galera tenuissima beschrieb, von einer größeren Anzahl von Haaren festgehalten wird. Der an den Rändern der Hymenophore oft sehr reichlich ausgeschiedenen Flüssigkeit verdankt wohl Hi/pho- loma laerimalmndum seinen Namen. Wie bei den Hydathoden der Gefäß - Pflanzen (vgl. Haber- landt 1909, S. 453) nicht reines Wasser ausgeschieden wird, so werden auch aus den Hydathoden der Hymenomycetenfruchtkörper mit dem Wasser verschiedene andere Stoffe abgegeben. Des- halb scheidet sich an der Grenze zwischen dem Schleim und der verschleimenden Membranpartie vielfach Kalziumoxalat aus, das dort oft in sehr schönen Kristallen abgelagert wird. Als Beispiele habe ich Psathyrella consimiUs und zwei Inocybe-Arten beschrieben, wobei ich besonders auf die schönen Zwillingskristalle der Cystiden- kappen von I. trechispora (S. 478, Fig. 53—55) hinweisen möchte. In anderen Fällen enthalten die Schleimkappen harzähnliche Stoffe in Form kleiner Tröpfchen, wie bei CoUyhia esculenta. Das Auftreten dieser Stofl^e im Schleime der Cystidenkappen erinnert unwillkürhch an das Auftreten von Harzen und ätherischen Ölen in den von Tschirch als „resinogene Schichte" bezei.chneten Schleim- bildungen der Phanerogamendrüsen. Ob diese Ahnhchkeit nicht 498 F. Knoll, nur eine äußere ist, muß durch weitere Untersuchungen klargestellt werden. In den zuletzt genannten Fällen haben die Hydathoden ihre Funktion erweitert und in ausgedehnterem Maße als Neben- funktion die Abscheidung von Endprodukten des Stoff- wechsels übernommen. Ein eigenthcher Funktionswechsel — wenn auch nur im Verlaufe der Ontogenese — tritt nur dann ein, wenn, wie bei manchen Corticieen (Peniophora glehulosa, vgl. S. 486f. und 492) die Cystiden auch eine mechanische Funktion zu erfüllen haben. Wenn diese Cystiden bei ihrem Altern schließ- lich auch die Hydathodenfunktion nicht mehr ausführen können, so vermögen sie dann doch noch (selbst in abgestorbenem Zustande) infolge ihrer großen Länge und der stark verdickten Zellwand als Schutzhaare des vollkommen freiliegenden Hymeniums zu dienen. Bei der Erneuerung des Hymeniums werden die alten Cystiden von den neuen Hymenialelementen vollständig überwachsen, so daß sie dann auch noch (nach Art der Spongiennadeln) zur Festigung des Fruchtkörpergewebes beitragen können. Damit ist ein vollständiger Funktionswechsel eingetreten. Die Cystiden von Cojprinus atramentarius und einiger anderer Coprinus- Arten sind jedoch im Gegensatz zu allen anderen Cystiden keine Hydathoden. Ob auch dieser Cystidentypus aus Hyda- thoden sich entwickelt hat, könnte nur durch vergleichende Unter- suchung zahlreicher Coprinus-Arten festgestellt werden. Bezüglich der Auffassungen über die Bedeutung dieser Organe verweise ich auf meine Ausführungen auf S. 454 dieser Arbeit. Stellt man die Hydathoden der Phanerogamen den von mir beschriebenen Pilzhydathoden gegenüber, so zeigt sich, daß diese mit den aktiven (epidermalen) Hydathoden der ersteren verglichen werden können. Die Einzelligkeit haben die Pilz- hydathoden mit den epidermalen Hydathoden von Oonocaryum pyriforme und Änamirta Cocculus (vgl. Haberlandt, 1909, S. 445) gemeinsam. Auch darin zeigt sich ein gemeinsames Merkmal, daß an der Austrittsstelle des Wassers die Zellmembran ver- schleimt. Doch besitzen die Pilzhydathoden keine durch die Verschleimung hervorgerufene Öffnung an der Spitze (wie bei Oonocaryum pyriforme), sondern die Flüssigkeit dringt durch eine geschlossene Schleimmembran nach außen. Wäh- rend ferner die einzelligen Hydathoden der Phanerogamen im Niveau der Epidermiszellen liegen, sind die Hydathoden der Pilze ITntersucliungen über den Bau und die Funktion der Cystiden usw. 499 als Trichome entwickelt, so daß sie über das Niveau der Frucht- körperoberfläche emporragen. IV. Zusammenfassung der Ergebnisse. Gleich den Hygrophyten unter den höheren Pflanzen besitzen auch viele Fruchtkörper der Hymenomyceten eigene Organe für die Absonderung von Wasser in tropfbarflüssiger Form. Diese Organe (Hydathoden) können an der sterilen Oberfläche des Fruchtkörpers, aber auch an den Hymenophoren zur Ausbildung gelangen. Von dieser Region der Fruchtkörper sind die Hydathoden schon seit langer Zeit (unter der Bezeichnung Cystiden) bekannt, doch hat man bisher die Hauptfunktion dieser Organe, die Hydathodenfunktion, übersehen. Die Cystiden sind, wie alle hier beschriebenen Hyda- thoden, einzellige Haare, die an ihren Enden Flüssigkeitstropfen abscheiden. Diese Tropfen bestehen zum größten Teile aus Wasser, enthalten aber auch Endprodukte des Stoffwechsels und einen aus der Membran des Haarendes hervorgegangenen, in Wasser leicht löslichen Schleim. Die Hydathoden des Hymeniums sind entweder gleichmäßig über die ganze Fläche des Hymeniums verteilt oder nur am freien Rande der Hymenophore ausgebildet. Die Hydathoden der sterilen Fruchtkörperoberfläche unter- scheiden sich in ihrem Baue in keinem wesentlichen Punkte von den Hydathoden des Hymeniums. Auch die Flüssigkeitsabsonde- rung erfolgt in gleicher Weise. Doch konnte ich typische Hyda- thoden der sterilen Fruchtkörperoberfläche nur bei wenigen Arten nachweisen, während Hydathoden des Hymeniums bei sehr vielen Arten vorkommen. Die Trichomhydathoden der Hymenomyceten besitzen ein eng- begrenztes Längenwachstum. Dadurch weichen sie von anderen freien Hyphenenden der Fruchtkörperoberfläche (z. B. der „Rhi- zoiden") wesentlich ab. Aber auch ihre Gestalt zeigt einige cha- rakteristische Eigentümlichkeiten. An den am weitesten differen- zierten Trichomhydathoden konnte ich einen Fußteil, einen Bauchteil, einen Halsteil und einen Kopfteil unterscheiden. Bauchteil und Halsteil sind wohl immer ausgebildet. Der Fußteil ist am besten bei den Cystiden entwickelt, da diese mit dem Fußteil zwischen den Elementen des Hymeniums stecken; bei den Hydathoden der sterilen Fruchtkörperoberfläche fehlt er dagegen häufig. Auch der Kopfteil ist nicht bei allen Hydathoden gleich gut ausgeprägt. Die 500 F. Knoll, Flüssigkeitsabsonderung und ScLleimbildung erfolgt an der äußersten Partie (Scheitel) des Haares, hier ist bei Cystiden mit stark ver- dickten Zellwänden eine unverdickte Membranstelle (also eine Ai't Tüpfel mit nach außen verschleimter Schließhaut) vorhanden. Neben der Hauptfunktion erfüllen manche Hydathoden als Nebenfunktion in ausgedehnterem Maße noch die Abscheidung von Endprodukten des Stoffwechsels. In diesem Falle tragen die Hy- dathoden oft sehr schön ausgebildete Kristalldrusen von Kalzium- oxalat. An allseitig freiliegenden Hymenien (Corticieen) können die Hydathoden infolge allmählicher Dickenzunahme der Zellwand in späteren Stadien der Entwicklung auch als Schutzorgane des Hymeniums dienen, also neben der Hydathodenfunktion auch eine mechanische Funktion erfüllen. Die einzigen Cystiden, welche von dem allgemeinen Typus ab- weichen, sind die Cystiden einiger Coprimis-Arten. Sie sind keine Hydathoden; ihre Funktion ist jedoch trotz mancher Versuche noch immer nicht aufgeklärt. Graz. Anfang Dezember 1911. Literatur-Verzeichnis. Bary, A. de (1884), Vergleichende Morphologie und Biologie der Pilze, Mycetozoen und Bakterien. Leipzig, 1884. Brefeld, 0. (1877, 1881), Botanische Untersuchungen über Schimmelpilze, IIT., IV. Heft. Leipzig, 1877 u. 1881. Bresadola, G. (1892), Fungi Tridentini novi vel noinlum delineati. 2 Vol., c. 217 tab., Tridenti, 1881 — 1900. JJuller, A. H. K. (1910). The function and fate of the cystidia of Coprinus atrameu- tarius, together with some general remarks on Coprinus fruit-bodies. Annais of botany, vol. XXIV, No. XCVI, p. 613 — 629, w. pL öO, .51; 1910. Fayod, V. (1889), Prodrome d'une histoire naturelle des Agaricinees. Anmiles des Sciences naturelles, VIL ser., tom. IX, p. 182 — 411, pl. 6, 7; 1889. Haberland t, G. (1909), Physiologische Pflanzenanatomie, 4. Aufl., Leipzig, 1909. Höhnel, F. v. und Litschauer, V. (1907), Beiträge zur Kenntnis der Corticieen (II. Mitteilung). Sitzungsber. d. kais. Akad. d. Wissensch., Wien, math.-nat. Kl., CXVIB, Abt. I, S. 739 — 852, m. 4 Taf., 1907. Laken, G. B. (1907), Die Bedingungen der Fruchtkörperbildung bei Coprinus. Aniiales mycologici, V, N. 2, S. 15.5 — 176; 1907. Massee, G. (1904), A monograph of the genus Inocybe Karsten. Annais nf botany, XVIII, N. LXXI, p. 459 — 504, w. pl. 32: 1904. — (1906), A textbook of Fungi. London, 1906. JdJirh. f. wiss. Botanik, Bd.L. Taf. Vi. Untersuchungen über den Bau und die Funktion der Cystiden usw. 501 Palla, E. (1900), Zur Kenntnis der Pi7o6ote- Arten. Österr. botan. Zeitschrift, 1900, Nr. 10, m. 1 Taf. Patouillard, N. (1887), Les Hymenomycetes d'Europe. Paris, 1887. Pfeffer, W. (1897), Pflanzenphysiologie, 2. Aufl. Leipzig, 1897 — 1904. Schmitz, J. (1843), Über das Wachstum von SphaeHa carpopMla Pers. Linnaea, Bd. XVII, Jahrg. 1843. Seynes, J. de (1863), Essai d'une flore mycologique de la region le Montpellier et du Gard. Avec 5 planehes et 1 carte. Paris, 1863. Top in, J, (1901), Notes sur les cristaux et concretions des Hymenomycetes et sur le rOle physiologique des cystides. These pharm. Paris. Avec 4 pl. St. Germain- en-Laye, 1901. Wettstein, R. v. (1887), Zur Morphologie und Biologie der Cystiden. Sitzungsber. d. kais. Akad. d. Wissensch., Wien, mathem.-nat. KL, Bd. XCV, Abt. I, S. 10—21, m. 1 Taf.; 1887. Zellner, ,7. (1907), Chemie der höheren Pilze. Leipzig, 1907. Zopf, W. (1890), Die Pilze, in A. Schenk, Handbuch der Botanik, IV. Breslau, 1890. Figuren-Erklärung. Tafel VI. (Mikrophotographien.) Fig. 1. Psathyrella disseminata. Längsprofil eines jungen Fruchtkörpers mit Trichomhydathoden. Vergr. ca. 15. Fig. 2. Psathyrella disseminata. Stück des Fruchtkörperstiels (im Längsprofil) mit Hydathoden. An der linken Seite sind die von den Hydathoden ausgeschiedenen Tropfen teils verdunstet, teils abgestreift ; die rechte Seite zeigt die großen Schleimtropfen der Hydathodenenden. Vergr. ca. 30. Fig. 3. Goprinus ephemerus. Junger Fruchtkörper (auf Pferdemist) mit Hyda- thoden. Tropfen größtenteils verdunstet (Längsprofil). Vergr. ca. 25. Fig. 4. Coprinus ephemerus. Stück des Fruchtkörperstiels (Längsprofil) in der feuchten Luft des Kulturgefäßes. Die Hydathoden tragen große Tropfen. Vergr. ca, 25. Fig. 5. C'opriniis rudiatus. Oberer Teil eines jungen Fruchtkörpers (Längsprofil) mit Hydathoden. Tropfen verdunstet. Vergr. ca. 20. Fig. 6. Psathyrella coHsimiHs. Eand der Lamelle eines Fruchtkörpers im Stadium der Sporenaussaat (Präparat in feuchter Luft, lebend). Die Enden der Hydathoden (Cystiden) sind von einer deutlich sichtbaren Schleimkappe bedeckt. Vergr. ca. 150. Jahrb. f. wiss. Botanik. L. 33 über Krümmungsursachen bei Keimstengeln und beim Monokotyienkeimblatte nebst Bemerkungen über den Phototropismus der positiv geotropischen Zonen des Hypokotyls und über das Stemmorgan bei Cucurbitaceen. Von Adolf Sperlich. Mit 44 Textfigaren. Einleitung. Die allgemein bekannte Einkrümmung des Gipfels von Hypo- und Epikotylen, deren biologische Bedeutung darin liegt, den Achsenvegetationspunkt mit seinen zarten lateralen Bildungen beim Durchbrechen des Bodens vor Verletzung zu schützen, ist seit Sachs schon mehrfach auf ihre Ursachen geprüft worden. Sachs') selbst hielt sie für eine vom Lichte und der Gravitation unabhängige, „reine Nutationskrümmung". 1877 glaubte Haberlandt-) nach- gewiesen zu haben, daß bei Helianthus die Last der Kotyledonen und des Perikarps von großem Einflüsse auf die Krümmung des schwachen Hypokotylgipfels sei. Nachdem 1878 Wiesner ■^) bei der Analyse der Krümmungserscheinungen sich streckender Inter- nodien die in Frage kommende Krümmung als spontan bezeichnet hatte, zeigte Wyplel 1879^) durch Belastungsversuche, daß der 1) Sachs, Lehrbuch der Botanik, 4. Aufl., Leipzig 1874, S. 828. 2) Haberlandt, Die Schutzeinrichtungen in der Entwicklung der Keimpflanze, Wien 1877, S. 72 u. 75. 3) Wiesner, Die undulierende Nutation der Internodien. Sitzungsber. d. Wiener Akademie, LXXVII, I. Abt., 1878, S. 16. 4) Wyplel, Beiträge zur näheren Kenntnis der Nutation. Österr. bot. Zeitschr., 1879, Nr. 1 u. 2. über Krümmungsursachen bei Keimstengeln u. beim Monokotylenkeimblatte. 503 Keimstengel erst durch die Gegenwirkung einer Last, welche das Dreißigfache des Gewichtes der Kotyledonen beträgt, in seiner Kriimmungstätigkeit gehindert werde, somit unmöglich durch die Last der Keimblätter gekrümmt sein könne. Das Jahr 1881 brachte die deutsche Übersetzung von Ch. Darwins Bewegungs- vermögen der Pflanzen') und Wiesners gleichnamigem Werk^). Beide Forscher schließen sich rücksichtlich der Gipfelkrümmung bei Keimlingen der Sachs sehen Auffassung an: sie sei auf innere, erblich übernommene Ursachen zurückzuführen, schreibt Darwin und Wiesner, den Versuche mit anderen Objekten überzeugt hatten, daß Zug und Druck von Einfluß auf die Krümmungstätig- keit jugendlicher Pflanzenorgane sei, schließt das Nicken von Epiko- tylen und Hypokotylen aus der Reihe der Belastungsphänomene aus. Ohne die Versuche und Ergebnisse Wyplels zu kennen, veröffentlichten 1882 unabhängig voneinander Dufour'"') und Vöch- ting'*) Versuche mit Hypokotylen von Helianthus annuus. Dufour findet, daß die sowohl rücksichtlich des Beginnes als auch des Grades individuell sehr verschiedene Krümmung bei langsamer Rotation um die horizontale Klinostatenachse ebenso auftritt wie bei kontinuierlich einseitig wirkender Schwerkraft, daß sie eine Gegenwirkung von 2 — 3 g mit Leichtigkeit, eine solche von 4 — 9 g noch merklich überwindet, daß aber doch, was die Krümmungs- ebene anbelangt, in gewissen Fällen die Lastwirkung der Koty- ledonen mit im Spiele sei. Wir werden bald sehen, daß Dufours Ansicht über die Lastwirkung einer irrigen Deutung seiner be- treffenden Versuche entspringt. Vöchting war der erste, der auf Grund von Parallelversuchen auf dem Klinostaten und unter normalen Vegetationsbedingungen für die Gipfelkrümmung des Hypokotyls eine partielle Mitwirkung von positivem Geotropismus gefordert hat. Er beobachtete bei Keimlingen auf dem Klinostaten eine Abweichung von 45 bis 60 Graden von der Vertikalen, bei normal wachsenden Pflanzen 1) Ch. Darwin, Das Bewegungsvermögen der Pflanzen, übersetzt von I. V. Carus, Stuttgart 1881. 2) Wiesner, Das Bewegungsvermögen der Pflanzen, eine kritische Studie über das gleichnamige Werk von Ch. Darwin nebst neuen Untersuchungen. Wien 1881. 3) Dufour, Etude's d'anatomie et de physiologie vegetales. Züricher Inaugural- dissertation, Lausanne 1882, III. La nutation des jeunes plantes. 4) Vöchting, Die Bewegungen der Blüten und Früchte. Bonn 1882, S. 186, Die Nutation dikotyler Keimpflanzen. 33* 504 -A-tlolf Sperlich, eine solche von 90 und mehr Graden. Belastungsversuche zeigten, daß die bei der Nutation verwendete Kraft befähigt ist, das Neun- fache des Gewichtes von Samenschale, Kotyledonen und Plumula emporzuziehen. Aus Vöchtings Versuchen kann sich nur die von ihm selbst gezogene Schlußfolgerung ergeben: die stärkere Krüm- mung des Hypokotylgipfels bei normal wachsenden Keimlingen beruht auf dessen positiv geotropischem Reaktionsvermögen. In einer zwei Jahre nachher erschienenen Arbeit von Rimmer^), der allem Anscheine nach Vöchtings Pubhkation nicht gekannt hat, wird dem Einflüsse der Belastung durch die Kotyledonen bei der zum Teil „spontan" erfolgenden Nutation des Hypokotyls von Helianthus, Cucurhita und Phaseolus vulgaris neuerdings Bedeutung beigemessen. Rimmer führt den kleineren Krümmungswinkel der Keimlinge auf dem Klinostaten und die Tatsache, daß die Krüm- mung nicht selten bei gleichmäßiger Rotation ganz ausbleibt, darauf zurück, daß den rotierenden Pflanzen die kontinuierlich wirkende Belastung durch die Kotyledonen abgeht, eine Erklärung, die um so befremdlicher erscheint, als dem Autor Wyplels erste Be- lastungsversuche bekannt waren. Dem gleichen Irrtum der Deutung ist übrigens auch Dufour einmal verfallen, der doch aus eigenen Versuchen den Einfluß der Belastung und den Kraftaufwand bei der Krümmung kennen gelernt hatte. Die Tatsache, daß horizon- tal gelegte junge Keimlinge von Helianthus bei Verhinderung der Aufkrümmung ihren Gipfel unabhängig von der relativen Lage der Kotyledonen zur Horizontalen stets nach abwärts wenden, erklärt er, wie schon oben angedeutet wurde, durch die Lastwirkung der Kotyledonen verursacht^). Auch die Entstehung des scharfen Knies am Kotyledo, welches bei der Keimung vieler Monokotyledonen den Erdboden durch- bricht, ist verschieden erklärt worden. Nach Sachs, der 1863^) die erste ausführliche Beschreibung des Keimvorganges bei der Küchenzwiebel veröfi'enthcht hat, ist das Knie in seiner Anlage eine positiv geotropische Krümmung des Kotyledo, nach Rimmer eine spontane, von äußeren Einflüsssen unabhängige Bewegung^). 1) Ei mm er, Über die Nutationen und Wachstumsrichtungen der Keimpflanzen. Sitzungsber. der Wiener Akademie, LXXXIX, I. Abt., 1884. 2) Dufour, a. a. 0., S. 34—35. 3) Sachs, Über die Keimung von Allliim Cepa. Botan. Zeitung, 1863. 4) Rimmer, a. a. 0., S. 420. über Krümmungsursachen bei Keimstengelii u. beim Monokotylenkeimblatte. 505 Neubert hat 1903^) sowohl die Bildung des Knies als auch dessen spätere Ausgleichung bei Allmm- Arten, Hyacinthus, Oaltonia, Boiüiea und Agave experimentell geprüft und gefunden, daß die Nutationskrümmung des Keimblattes in ihrer Anlage autonom erfolge und an ihrer weiteren Ausgestaltung der negative Geo- tropismus, welcher die Krümmungsebene bestimmt, und die Be- schaffenheit des Substrates beteiligt seien. Wenn wir uns bemühen, aus den mitgeteilten Beobachtungen und Ergebnissen ein Urteil über die bei der Keimung auftretenden Krümmungserscheinungen des Keimstengels und -blattes zu formen, so könnte dies lauten, wie folgt: Bei den bisher untersuchten Typen sind die in Frage kommen- den Nutationskrümmungen allem Anscheine nach durch innere, dem Experimente jetzt unzugängliche Ursachen hervorgerufen, sie erfolgen autonom; für gewisse Fälle ist eine Beeinflussung durch den Schwerkraftsreiz hinsichtlich des Krümmungs grade s {Heli- an^/iM5-Vöchting) und der Krümmungsrichtung (Helianthus- Dufour, J.//mw-Neubert) festgestellt; eine Beeinflussung durch die Lastwirkung freier oder von Frucht- oder Samenhüllen ein- geschlossener Terminalknospen kommt nicht in Betracht (Be- lastungsversuche von Wyplel, Dufour und Vöchting). Über den Einfluß anderer Faktoren auf die Krümmung liegen auch Untersuchungen vor. Wortmann wollte 1882'^) gefunden haben, daß Licht von bestimmter Intensität die Gipfelkrümmung des Epikotyls von Phaseolus multiftorus verhindere, Rimmer hat dies bestritten, jedoch zugegeben, daß die Dauer der Einkrümmung im Etiolement größer ist als bei kontinuierlicher Beleuchtung^). Aus neuerer Zeit stammen Befunde O. Richters. Er konnte zunächst bei Helianthus'^), dann bei Vicia sativa und vi(losa^) be- obachten, daß unter Einwirkung von Laboratoriumsluft die Gipfel- krümmung bedeutend verstärkt wird. Ohne Rücksicht auf die 1) Neubert, Untersuchungen über die Nutationskrümmungen des Keimblattes von Ällium. Jahrb. f. wiss. Bot., Bd. XXXVIII, 1903. 2) Wortmann, Studien über die Nutation der Keimpflanze von Phaseolus multi- florus. Botan. Zeitung, 1882. 3) Rimmer, a. a. 0., S. 407. 4) 0. Richter, Pflanzenwachstum und Laboratoriumsluft. Ber. d. Deutsch. Bot. Ges., XXI, 1903, S. 191. 5) 0. Richter, Über das Zusammenwirken von Heliotropismus und Geotropismus. Jahrb. f. wiss. Bot., Bd. XLVI, 1909, S. 491, 493, 495. 506 ^^°^f Sperlich, Beschaffenheit der Luft wirken, wie der genannte Forscher an Vicia villosa feststellen konnte, gelbe Strahlen auf die Einkrümmuiig des Gipfels auflösend, blaue Strahlen verstärkend'). Schließlich sei noch beigefügt, daß nach Richter auch dem Sägemehl ent- stammende Riechstoffe die Terminalkrümmung des Wickenkeim- stengels hemmen^). Die Kenntnis über die geotropische Reaktionsfähigkeit und das Wachstum von Hypokotyl und Kotyledo hat durch die im Vorjahre veröffentlichten Untersuchungen Schützes"^) eine wesent- liche Förderung erfahren. Schon 187/ hatte Haberlandt^) für den Hypokotyl in den ersten Stadien der Keimung positiven Geo- tropismus angenommen; eine experimentelle Prüfung erfolgte jedoch erst 1901 durch Copeland^), der übrigens aus seinen Versuchen ableiten zu können glaubte, daß die positiv geotropische Reaktion in Hypokotyl und Kotyledo von der reizperzipierenden Wurzelspitze abhänge. Schütze hat Copelands Ergebnisse nachgeprüft und auch nach Dekapitation oder Entfernung der Wurzel positiv geo- tropische Reaktionen des Hypokotyls dikotyler Keimpflanzen und des Keimblattes von Yucca rvnyustifolia und Phoenix dactyl/feni erhalten. Für die Frage nach dem Zustandekommen der Gipfel- krümmung am Keimstengel ist jedoch ein anderes Resultat Schützes von Bedeutung: der Hypokotyl einer Anzahl dikotyler Pflanzen behält vom Augenblicke an, da sich in seiner Basis der geotropische Stimmungswechsel vollzogen hat, in seinen apikalen Teilen die ursprüngliche positiv geotropische Stimmung durch einige Zeit hindurch bei*^). Mit Rücksicht auf dieses Ergebnis schien eine Nachprüfung über den Einfluß der Schwerkraft auf die Krümmungserscheinungen bei Keimstengeln uud -blättern am Platze, zumal die betreffenden Untersuchungen bisher mit wenigen und fast stets denselben Ver- suchsobjekten ausgeführt worden waren und temporäre Anisotropien 1) A. a. 0., S. 491, 495. 2) 0. Richter, Über Änthokyanbildung in ihrer Abhängigkeit von äußeren Fak- toren. Medizin. Klinik, Jahrg. 1907, Nr. 34, S. 8. 3) Schütze, Über das geotropische Verhalten des Hypokotyls und des Kotylednns. Jahrb. f. wiss. Bot., Bd. XL VIII, 1910. 4) Haberlandt, a. a. 0., S. 23, Anmerkung. 5) Copeland, Positive Geotropism in the hypocotyl or cotyledon. Botanical Gazette, 31, 1901. G) A. a. 0., ö. 410 tr. über Krümmungsursachen hei Keimstengeln u. beim Monokotylenkeimblatte. 507 pflanzlicher Organe gerade in bezug auf den Schwerkraftsreiz ver- hältnismäßig häufig konstatiert wurden^). Auf den folgenden Blättern finden sich eigene Versuche über die Frage mitgeteilt, wobei ich bestrebt war, möglichst viele Typen aus dem gesamten Systeme der Samenpflanzen zu berücksichtigen. Daß hierbei nur willige, von möglichst wenig äußeren Einflüssen abhängige Keimer in Betracht kommen konnten, ist selbstverständlich. Neben der Schwerkraft wurden auch andere Faktoren, vor allem solche, die in freier Natur eine Rolle spielen, in Rechnung gezogen: das diffuse Tageslicht, mechanische "Wachstumshemmungen durch die Schutz- hüllen der Keimlinge und durch das Substrat. Bei dieser Gelegen- heit mußte auch dem geburtshelfenden Organe an der Grenze zwischen Hypokotyl und Wurzel, das bei der Keimung von Samen verschiedener Familien in Aktion tritt, einige Aufmerksamkeit ge- schenkt werden. Endlich wurden Versuche über die phototropische Reaktion des Keimstengels während seiner positiv geotropischen Stimmungsperiode angestellt, die ein bisher unbekanntes Reaktions- vermögen dieses Organs ergeben haben. In der negativ geotropisch gestimmten Streckungszone der Keimstengel auftretende Krümmungen, Hauptindikatoren bei den erfolgreichen Forschungen der letzten Jahre über pflanzliche Reiz- vorgänge, fanden bei dieser Untersuchung nur dann Berücksichti- gung, wenn sie zu der terminalen oder zu der primären Einkrümmung in Beziehung stehend erkannt wurden. Die Versuche, die, weit davon entfernt, erschöpfend zu sein, der vorliegenden Abhandlung zugrunde liegen , wurden im botani- schen Institute der Universität Leipzig im Wintersemester 1910/11 während eines sechsmonatlichen Aufenthaltes ausgeführt, der mir durch das Entgegenkommen des k. k. österreichischen Ministeriums für Kultus und Unterricht ermöghcht wurde. Herrn Geheimem Rate, Prof. Dr. Pfeffer, welcher die Arbeit angeregt und meine Versuche mit wohltuendem Interesse bis zum Abschlüsse verfolgt hat, wiederhole ich meinen herzlichsten Dank. Bemerkungen zur Methode. Die Mehrzahl der Keimlinge wurde in mittelfein gesiebter Gartenerde gezogen. Das Pflanzen der Samen oder Früchte er- 1) Vgl. Pfeffer, Pflanzenphysiologie, 2. Aufl., Leipzig 1904, II, S. 391. 508 ^p-»(n> « & Licht. VertiHai. ohne reriHarp. t rtf i]v . XOAV XO*n* XO/Sv» O A' II VOAN» XO/n«( XOAvi- 2<-» ®/S\>«; :>< 0 /S\ vy X-» ®V4//S\ < Z. A, 3. X — >2 /TV* X— ->2-»0«' X o/av» 4^. ^. 6. xo/^«' xoA^s/ x-»0/3>»e; Mlinostat. X'9'»^a 9 u. X->®A«/ X®A\J/ . I I 1 } I I 20* '<5* 50* 90° UO* MS' -(80° jd/jHf t x®/s>* X <6-.I. 0I6.I. /^1?.I. Ol 8.2. Fig. 6. Erklärunsf im Text. negativ geotropiscli geworden und das Organ mit der zweiten, länger andauernden Periode lebhaften Wachstums eingesetzt hat. Ist der zu dieser Zeit, wie Schütze gefunden, positiv geotropisch gestimmte Hypokotylgipfel auch noch kurvipetal? Es wäre ja denkbar, daß das autonome Krümmungsbestreben, das durch einen temporären Einfluß der Schwerkraft zu Beginn der Keimung, wie wir eben über KrümnniTigsursaclien bei Keiitisteiigeln u. teim Monokotylenkeimblatte. 529 gesehen, stark beeinträchtigt wird, zu diesem Zeitpunkte völlig ver- schwunden ist. Nach Vöchting und Schütze krümmt sich der Hypokotylgipfel von Keimungen, die bis zum Beginne der Rotation in normaler Stellung vollkommen gerade geblieben waren, auch auf dem Klinostaten, allerdings schwächer als in normaler Lage. Da- nach würde die Gipfeleinkrümmung in normaler vertikaler Stellung UunKei. mit JeriHa Tti. oh ne Je rikar/». VertiKai. /?. ritt X o ^^ X — >o+'«vft' xO/av« 'i\\i y xo — ►i'ü Uli / X 0^l-\^ Ilt tt /• a. X O /Äv Tttt X Oh\^ /{llnostoit. C. J). Xorww *. z. < X O-^fSi^ £. 25,+ g-» A-+ vi; j®/»-* *. X 0_it\^ }■ /• X®'51«i' Fig. C. Erklärung im Text. durch eine autonome Krümmung eingeleitet und durch eine positiv geotropische Reaktion fortgeführt^). Zur Klarstellung dieses Ver- haltens habe ich eine große Zahl von Versuchen mit vollkommen geraden, 2 Tage alten Keimlingen angestellt. Zu dieser Zeit ist ja, wie frühere Versuche gezeigt haben, der geotropische Stimmungs- wechsel in der Hypokotylbasis bereits eingetreten. Ein solcher 1) So Schütze, a. a. 0., S. 392. 530 Adolf Sperlich, Versuch folgt in tabellarischer Übersicht, zudem findet sich in Fig. 6 das Originalprotokoll in vereinfachter Form wiedergegeben, aus welchem die Daten der Tabelle geschöpft sind. Der Versuch beantwortet nebenbei die Frage nach dem etwaigen Einfluß des Perikarps auf die Einkrümmung des Hypokotylgipfels zu diesem Zeitpunkte und, wie ich vorwegnehmen möchte, in negativem Sinne. Die Fruchthülle hat auch jetzt auf die Krümmung keinen Einfluß; das gleiche ergab sich bei früheren Versuchen rücksichtlich der ersten Krümmung von Keimlingen auf dem Klinostaten. Über die Art der Darstellung in den Originalprotokollen wurde schon ein- gangs gesprochen: die Pfeile, deren Gestalt in der Figur selbst erklärt ist, geben die Gipfelkrümmung als Projektion auf die Hori- zontale, bezw. auf eine Ebene senkrecht zur Hauptwachstums- richtung wieder. Versuch 7. Helicüdhus -FTüchte am 9. I. in feuchtes Sägemehl wurzelrecht gepflanzt. Am 12. I. bis dahin gerade verbliebene Keimlinge teils mit, teils ohne Perikarp in Töpfe verpflanzt und zwar so, daß der durchschnittlich 8 mm lange Hypokotyl und die Wurzel in die Erde gesteckt wurde, die Kotyledonen aber vollständig über der Erde verblieben. 2 Gefäße im Lichte vertikal, 2 Gefäße im Lichte auf dem Klinostaten, 2 Gefäße im Dunkeln vertikal, 2 Gefäße im Dunkeln auf dem Klinostaten. Am 13. und 14. L waren ausschließlich die vertikal belassenen Keimlinge ge- krümmt. Die genaue Registrierung der Krümmungen begann am 15. I. Der Versuch dauerte bis zum 18. L H eil Dunkel Je 18 Keimlinge Vertikal Rotier. Vertikal Rotier. Am 15. I. waren gekrümmt 15 7 17 3 gerade 3 11 1 15 Diese krümmten sich am nächsten Tag .... 2 1 1 4 nach 2 Tagen 1 2 — 1 überhaupt nicht .... — 8 — 10 Die Krümmung vergrößer te sich während der Beob- achtuns: bei 14 4 15 6 Maximum der Krümmung 20" 3 6 0 5 20—45" 5 4 3 2 50—80° 3 e 5 1 90" 6 e 5 d 100 — 180° 1 0 5 e über Krümmungsursachen bei Keimstengeln u. beim Monokotylenkeimblatte. 531 To 1 8 B-o;,„l,r.„o H BlI Dunkel Vertikal Rotier. Vertikal Rotier. 0 8 0 10 Krümmungsebene Es streckten sich gerade senkrecht zur Kotyledonarfl. in der Ebene der Keimblätter schief am nächsten Tag .... nach 2 Tagen nach 3 Tagen auch nach 3 Tagen nicht . 11 7 0 4 d 8 6 5 4 1 7 1 2 11 3 4 0 2 3 13 6 2 0 3 3 2 Wir sehen, daß in den ersten zwei Tagen nach Beginn des aufwärts gerichteten Wachstums der Gipfel des Hypokotyls rekti- petal ist; die Keimlinge krümmen sich in dieser Zeit auf dem Klinostaten fast gar nicht. Es ist demnach auch zu dieser Zeit jede Gipfeleinkrümmung bei normaler Stellung der Keimlinge eine rein geotropische Reaktion. Wie bereits Schütze hervorgehoben hat, befindet sich der positiv geotropische Gipfel des Hypokotyls bei vertikaler Stellung in gleicher Situation wie eine invers gestellte Wurzel und wird wie diese bei der kleinsten Abweichung von der Normalen mit einer positiv geotropischen Reaktion einsetzen. Nach Ablauf von zwei Tagen machten sich auch bei den Keimlingen auf den beiden Klinostaten schwache Ablenkungen von der Geraden bemerkbar; es wurde daher vom 15. I. ab die jeweilige Lage des Gipfels bei allen Individuen genau verzeichnet. Ein Blick auf Fig. 6 sagt uns, daß auch die Krümmungen in den folgenden Tagen bei den rotierenden Pflanzen äußerst klein bleiben, viele krümmen sich überhaupt nicht. Wir erkennen, daß sich in dieser Zeit bei den Keimlingen in vertikaler Stellung vor dem Eintritt der Gerad- streckung die Krümmung vergrößert, und es tritt die Frage auf, ob diese weitere Einkrümmung auch noch eine geotropische Re- aktion ist. Sie ist unterdessen auf die Stiele der Kotyledonen übergegangen und hat sich durchwegs in die Ebene senkrecht zu den Kotyledonarflächen eingestellt. Eine sichere Antwort auf diese Frage gibt der Versuch nicht, da sich auf dem Klinostaten gerade zu dieser Zeit die Krümmungen einstellen. Wie Individuum 5 aus Gruppe D der Lichtreihe (Fig. 6) zeigt, kann sogar nach er- folgter Geradrichtung abermals eine Einkrümmung erfolgen und die einzige 80-grädige Kippung, die auf dem Klinostaten beobachtet 532 Adolf Sperlich, wurde (Individuum 5 aus Gruppe D der Dunkelreihe), war am gleichen Tage aufgetreten. Wir werden trachten, später noch einige Anhaltspunkte zur richtigen Beurteilung der Sachlage zu gewinnen. Jedenfalls haben die Versuche zwischen normal gestellten und rotierenden Keimpflanzen einen viel größeren Unterschied in der Gipfeleinkrümmung ergeben, als die Versuche Vöchtings, deren Resultat Schütze bestätigt. Wenn wir von den überaus starken Einkrümmungen, die andere Autoren für den Gipfel von Helianthus- Keimlingen angeben und die zweifellos nach den einleitend er- wähnten Befunden 0. Richters auf die gasförmigen Verunreini- gungen der Laboratoriumsluft zurückzuführen sind, hier ganz ab- sehen, bleibt noch die Frage übrig, worauf der verschiedene Ausfall meiner Versuche und der Versuche Vöchtings beruhen mag. Wir werden später darauf zurückkommen. Neuerdings ergibt sich aus dem eben mitgeteilten Versuche die hemmende Wirkung des Lichtes bei der Einkrümmung des Gipfels und dessen fördernde Wirkung bei der Aufrichtung. Eine weitere zeitliche Ausdehnung des Ver- suches ist deswegen untunlich, weil die Dunkelkeimlinge besonders auf dem Klinostaten indessen ihre Zirkumnutationen in solchem Maße verstärkt haben, daß jede sichere Beobachtung des einzelnen Individuums in dem wirr verschlungenen Knäuel von Hypokotylen unmöglich wird. Kehren wir nunmehr zur Frage zurück, ob die beim letzten Versuche in der Zeit vom 15. L bis 18. I. beobachteten Ver- stärkungen der Gipfeleinkrümmung eine positiv geotropische Re- aktion sind oder nicht und ob die sich streckenden Stiele der Keimblätter, denen die Fortführung der Gipfeleinkrümmung zukommt, zu diesem Zeitpunkte positiv geotropisch reagieren. Zur Beant- wortung wählte ich, da der Versuch rotierender Keimpflanzen mit normal gestellten im letzten Versuche nichts Sicheres ausgesagt hat, zv/ei Wege. Zunächst nahm ich nach Ablauf von 3 bis 4 Tagen seit Beginn des Versuches, dessen Material in gleicher Weise vorbereitet wurde wie für den letztbeschriebenen, einige rotierende Gefäße vom Klino- staten herab und beobachtete den Hypokotylgipfel dieser nunmehr vertikal gestellten Keimlinge im Vergleiche zu den in Rotation verbliebenen Pflanzen. Es war kein Unterschied bemerkbar. Somit scheint zu dieser Zeit die positiv geotropische Stimmung aus dem Hypokotyl verschwunden zu sein. Ein entsprechendes Resultat ergab sich auch aus folgendem Versuche. Ülicr Kiiiiiiniuugsur.Siiclicii bei Kfuiislctigelii u. lieiiii Moiiokotyleiikeimblatte. 533 Versuch 8. Helia nthus - Fvnchte wurzelrecht vom 19. — 20. I. in Sägemehl gequollen. Von hier am 20. I. in 4 Gefäße, die im Dunkeln verblieben, gepflanzt. Das erste Gefäß am 22. I., das zweite am 23. I., das dritte am 24. I., das vierte am 25. I. horizontal gelegt. Die eingetretene Eeaktion nach je 24 Stunden protokolliert. Vor der Horizontal- legung die schon vorhandem'n Krümmungen des Hypokotylgipfels genau gezeichnet. I. Horizontallegung der zwei Tage alten Keimlinge; vor dem Versuche alle Keimlinge gerade. Resultat: Bei 9 Keimlingen positiv und negativ geotropische Eeaktion gleich stark (Fig. 7 B), bei .5 Keimlinge die positive Reaktion stärker als die negative (Fig. 7-4), bei G Keimlingen die positive Reaktion schwächer als die negative (Fig. 7 C). II. Horizontallegung der drei Tage alten Keimlinge; vor dem Versuche 8 Keiml. von 18 im Gipfelteile des Hypokotyls ge- krümmt, Maximum 80°. Resultat: Bei allen Keimlingen negativ geotropische Reaktion der basalen Wachstums- zone. Die positiv geotropische Reaktion all- gemein eingetreten, besonders auffallend bei 2 Keimlingen, deren Gipfel aus der Anfangs- sti'llung a (Fig. 7 D) in die Stellung b ge- langt waren. III. Horizontallegung der vier Tage alten Keimlinge; vor dem Versuche 13 Keim- linge von 17 im Gipfelteile des Hypokotyls gekrümmt, Maximum 100". Resultat: Negativ geotropische Re- aktion durchaus vollkommen. Nur bei 10 Keimlingen Veränderungen der Gipfelkrümmung im Sinne des positiven Geotropismus ; diese Veränderung beträgt im Maximum 20°. IV. Horizontallegung der fünf Tage alten Keimlinge; vor dem Versuche IG Keim- linge von 17 im Gipfelteile des Hypokotyls gekrümmt, Maximum 100 — 120°. Resultat: Negativ geotropische Reaktion überall vollkommen. Keine Verände- rung der Gipfelkrümmung im Sinne des positiven Geotropismus. Bei 7 Keimlingen geht die Krümmung unabhängig von der Schwerkraftsrichtung zurück, bei 5 Keimlingen bleibt sie stationär, bei 5 Keimlingen treten Verstärkungen der Krümmung in den Kotyledonar- stielen unabhängig von der Schwerkraftsrichtung auf. Fig. 7. Krümmungen des Hypokotyls von Hell- «ni/*»s-Keimlingen, 24 Stunden, nachdem sie horizontal gelegt worden waren: .-l, ß, C zwei Tage alte Keimlinge, D drei Tage alter Keimling; n dessen Hypokotyl- gipfel vor, ') nach der Horizontallegung. Der Versuch wurde zum zweitenmal derart abgeändert, daß die einzelnen Töpfe bis zur Horizontallegung nicht in vertikaler Stellung verblieben, sondern auf dem Klinostaten rotierten; es wurde zum gewünschten Zeitpunkte der Gang des Motors einfach unter- brochen. Dadurch konnten Krümmungen, die vor dem Versuchs- beginn bei vertikaler Stellung der Gefäße auftreten müssen, größten- teils vermieden werden. Das Ergebnis dieser Versuche war das- Jalub. f. wiss. Botanik. L. 35 534 Adolf Sperlich, selbe; 5 Tage alte Keimlinge zeigten in ihren Gipfelkrürainimgen, die nicht allgemein auftreten, gar keine Beeinflussung durch die Schwerkraft. Auf etwas sei noch hingewiesen. Es darf nicht außerachtbleiben, daß zu diesem Zeitpunkte das Wachstum in der Gipfelzone ein sehr träges ist; das Wachs- tumsmaximum bewegt sich jetzt von der Basis gegen die Spitze und hat den Gipfel noch nicht völlig erreicht. Es konnte daher daran gedacht werden, daß die positive Reaktion des Gipfels und vielleicht auch der sich streckenden Kotyledonarstiele bei 5 Tage alten Keimlingen nicht deswegen ausbleibt, weil keine positiv geo- tropische Stimmung vorhanden, sondern einfach deshalb, weil der sehr bald nach Einstellung in die optimale Reizlage (die Horizon- tale) negativ geotropisch reagierende Hypokotylteil den Gipfel aus der optimalen Reizlage entführt und sehr bald wieder vertikal stellt. Deswegen wurde noch folgender Versuch ausgeführt. Versuch 9. HeUantluis-KdmVmge, 5 Tage alt, im Dunkeln gezogen; Krüiiinuingen des Uyiio- kotylgipfels bei allen zum Teil auf die Keimblattstiele übergegangen. Am f». I. wurden die Keimlinge an Holzstäbchen entsprechender Länge mittels Va cii> breiter, um Stäbchen und Hypokotyl bandagenartig gewickelter Leinwandstreifen festge- macht, so daß nur 1 cm des Hypokotyls unter der Terminalknospe und die Kotyledonen frei beweglich blieben. Die so adjustierten Keimlinge und gleich- altrige Kontrollpflanzen um 1-^h nachm. horizontal gelegt. Die Krümmungsebene der Kotyledonarstiele in verschiedener relativer Lage zur Horizontalen. Ergebnisse: 5. I., 4*° h nachm. Die nicht bandagierten Keimlinge beiläufig in der Mitte des Hypokotyls geotropisch aufgekrümmt (Fig. 8 a), die bandagierten im freigelassenen Hypokotylteil aufgekrümmt (Fig. 8 ö); Stellung der Kotyledonen unverändert. 6. I. Die nicht bandagierten Keimlinge voll- kommen geotropisch aufgerichtet, Krümmung an die Basis des Hypokotyls gerückt. Die bandagierten Keimlinge bleiben im Wachstum zurück; sie haben sich im freien Hypokotylteile steiler aufgerichtet, die Vertikallage jedoch nicht erreicht. Stellung der Kotyledonen in keiner Beziehung zur Schwerkraftsrichtung. 7. I. Die freien Keimlinge wie gestern ; von den gehemmten hat einer die Vertikal- lage erreicht. Stellung der Keimblätter in keiner Beziehung zur Schwerkraftsrichtung. Bei dem Versuche kommt als unangenehme Nebenreaktion die von F. Hering seinerzeit festgestellte korrelative Wachstums- Fig. 8. 5 Tage alte Keimlinge von Heli- anthus annuus 3 Stunden, nacii- ilem sie horizontal gelegt worden waren; a ohne Hemmung, h größtenteils gehemmt. über KriiiiiiiiuiiysiirsHclieii lici Kciiiistciigelu u. buini .MdiiokoiylcnkRiinlilaUo. 535 hemmung im frei bleibenden Gipfel bei Verhinderung des Wachsturas im restliclien Teile des Keimsprosses hinzu'). Immerhin sehen wir mit Außerachtlassung der sehr unwahrscheinlichen Annahme, die mechanische Hemmung habe auf den geotropischen Stimmungs- wechsel beschleunigend eingewirkt, an den bandagierten Keimlingen ganz deutlich, daß der Gipfel des Hypokotyls zu der in Frage kommenden Zeit negativ geotropisch reagiert, wenn wir ihn zu einer geotropischen Reaktion überhaupt zwingen. Überdies geht aus dem Versuche hervor, daß die Stiele der Keimblätter in den ersten Stadien ihrer Entwicklung nicht geotropisch reagieren. Nach alledem läßt sich behaupten, daß die nach Ablauf von längstens 4 Tagen ^) seit Keimungsbeginn auftretenden Verstärkungen bereits vorhandener Gipfeleinkrümmungen oder neu auftretende Krümmungen nicht vom Schwerereiz ausgelöst werden. Eine Nachwirkung der Schwerkraft aus der Zeit, da der Gipfel noch positiv geotropisch gestimmt ist, erscheint mit Rücksicht auf das Verhalten von Keim- lingen, die während dieser Zeit rotieren und trotzdem im späteren Verlaufe der Entwicklung Krümmungen ausführen, ausgeschlossen. Die Einkrümmung der Kotyledonarstiele ist sichtlich eine Folge der Einkrümmung des Stengelgipfels und von dem direkten Ein- flüsse der Schwerkraft unabhängig; sie erfolgt regelmäßig in einer Ebene, die durch die innere Struktur vorgezeichnet ist^). Im Gegensatze zu der bisherigen Ansicht wäre demnach über die Gipfeleinkrümmung des Keimstengels von Helianthus, wenn wir von äußeren Anlässen zunächst nur die Schwerkraft in Betracht ziehen, zu sagen: Der Vorgang ist eine rein positiv geotro- pische Reaktion, die im späteren Verlaufe der Entwick- lung autonom verstärkt werden kann. Daß diese Verstärkung, wenn andere Einflüsse ausgeschlossen sind, nicht immer eintritt und wenn, dann in schwachem Maße, zeigt der in Fig. 6 dar- gestellte Versuch. Es erübrigt nur noch festzustellen, ob der Schwerkraft bei den zur Aufrichtung des Gipfels führenden Wachstumserscheinungen ein Einfluß zukommt. Schon aus den ersten Versuchen schien eine 1) F. Hering, Über Wachstumskorrelationen infolge niecliaiiisclier Hemmung des Wachsens. Jahrb. f. wiss. Bot.. Bd. XXIX, 1896, S. 157. 2) Bei der in den Versuchen voi'liandenen Temperatur und liei dem zur Ver- weudung gelangten Samenmaterial. 3) Eine geotropische Dorsiventralitüt hätte sich bei Variation der relativen Lage der Blattstiele zur Horizontalen bemerkbar machen müssen. 536 Adolf Sperlicli, Beschleunigung des Vorganges unter dem Einflüsse der Schwerkraft ausgeschlossen. Zur sicheren Beantwortung der Frage wurde noch folgender Versuch mit gleichartigem Ausgangsmateriale angestellt. Versuch 10. HeliaiithHS-'FrüMe in Sägemehl durch 24 Stuiulen geiiuollen. Am 12. XI. geschält und in 4 Töpfe wurzelrecht gepflanzt. Die Gefäße verblieben bis zum 16. XI. im Dunkeln. Am 15. XI. hatten sich schon viele Keimlinge gekrümmt. Am IG. XI. kam je ein Gefäß ans Licht, ans Licht und auf den Klinostaten, im Dunkeln auf den Klino- staten, ein Gefäß verblieb im Dunkeln in vertikaler Stellung. Licht Dunkel Vertikal, 13 Keiml. Rotier., 7 Keiml. Vertikal, 14 Keiml. Rotier., 7 Keiml. 10. XI. Krümmungen am häu- Krümmungen am Krümmungen meist Ki-ümmungen figsten bis zu 90", häufigsten bis 00", 2 K. 135", meist 90°, 2K. 2 K. 180°, 1 K. zu 90", 2 K. 2 K. nicht gekr. nicht gekr. nicht gekrümmt. nicht gekr. 17. XL Kr. wie gestern oder Kr. zurückge- Kr. haben sich teils Kr. größtenteils zurückgegangen. gangen. vergrößert, teils sind stationär. ain auffälligsten bei sie stationär geblieb. den 180": Rück- gang auf 90". 18. XL 4 K. gerade, bei den Kr. neuerdings Kr. bei der Mehrzahl Stand von übrigen Krümmung zurückgegangen. deutlich vergrößert. gestern. zurückgegangen. ii K. gerade. 19. XI. Alle K. gerade, nur Wie in vertikaler G K. bis auf die 90"- Kr. deutlich zu- unbedeutende Kr. in Stellung. Kr. der Stiele ge- r ü c k g e g a n - den Kotylenodar- rade, bei den übrig. gen. stieleu. Krümm, zurück- gegangen. 20. XL Alles aufgerichtet. Alles aufgericht. Die Stiele bleiben bei der Mehrzahl (8) bi.s zu 80 " gekr. 6 K. aufgerichtet. 5 K. aufgerich- tet, 2 K. mit 4.0° Kr. in den Stielen der Keimblätter. Die Aufrichtung geht, wie wir sehen, bei Ausschluß einseitiger Schwerkraftswirkung in gleicher Zeit vor sich wie unter konstant gleichgerichteter geotropischer Reizung; es ist also der Autotropis- mus der gekrümmten Zonen zu deren Einstellung in die Normal- lage vollkommen ausreichend. Der Vorgang auf dem Klinostaten unterscheidet sich nur insofern von dem in normaler Stellung, daß über Kriimnuingsursacheii bei Keiiiistengeln u, beim Moiiokotyleiikiniublatte. 537 hier die schon geschilderte GegeDkrümmuug unterhalb des ge- krümmten Gipfels nicht so kräftig zum Ausdruck kommt wie dort. Das Licht beschleunigt, selbst in der geringen Intensität, wie es während der trüben Versuchstage zur Verfügung stand, den Vor- gang sichtlich. Schon am nächsten Tage (17. XL) nach der Ver- setzung der Keimlinge ans Tageslicht begann die Aufkrümmung, während viele Keimpflanzen zu dieser Zeit im Dunkeln die Gipfel- krümmung verstärkten, über die Beeinflussung der Krümmungs- vorgänge durch das diffus wirkende Licht im oberen Teile des Hypokotyls und in den Kotyledonarstielen bis zur Erreichung der Vertikalstellung des ganzen Gipfels wird noch später einiges be- merkt werden. Schließlich sei noch darauf hingewiesen, daß die Keimblätter im Lichte sofort nach ihrer Aufrichtung, in manchen Fällen schon vor diesem Stadium sowohl bei vertikaler Stellung der Keimlinge als auch bei Rotation auf dem Klinostaten auseinanderweichen, was im Dunkeln vollkommen unterbleibt. Das Auseinanderweichen der Keimblätter bei HcUanthus ist also eine photonastische Er- scheinung, wie dies seinerzeit Detmer für die Keimblätter von Cucurhita und die Primärblätter von Phaseolus angegeben hat^). Eine nähere Analyse des Vorganges lag nicht im Plane der Arbeit und wurde daher auch nicht durchgeführt. B. Einfluß des Substrates auf die Gipfeleinkrümraung. Schon anläßlich der zuvor besprochenen Versuche war mir auf- gefallen, daß Keimlinge, die in den mit feuchtem Sägemehl gefüllten Keimschalen belassen wurden, im Verlaufe ihrer weiteren Entwick- lung viel bedeutendere Einkrümmungen des Gipfels zeigten als gleichaltrige, die zu Versuchszwecken 2 Tage nach Keimungsbeginn in Erde verpflanzt worden waren. Ich stellte daher folgenden Versuch an: Versuch 11. Helianthus -Yrüchte in Sägemehl wurzelrecht angekeimt vom 19. I. bis 22. I. Am 22. I. gerade Keimlinge in 4 Gefiiße mit Erde und in 4 Gefäße mit Sägemehl ge- pflanzt. Von jeder der beiden Vierergruppen ein Topf im Lichte vertikal, ein Topf auf dem Klinostaten; ein Topf im Dunkeln vertikal, ein Topf auf dem Klinostaten. Dauer des Versuches vom 23. I. bis 28. I. Trübe, liehtarme Tage. 1i Detmer, Ül>er Pliotnepinastie der Blätter. Botan. Zeitung, 40, 1882, S. 790. 538 Adolf Sperlich, Licht Dunkel Vertikal Rotierend Vertikal Rotierend Erde Säge- mehl Erde Säge- mehl Erde Sage- mehl Erde Säge- mehl Am 23.1. waren Die geraden Keimlinge krümmten sich gerade gekrümnimt am nächsten Tag nach 2 Tagen . nach 3 Tagen . nach 4 Tagen . überhaupt nicht 9 0 2 3 d 4 0 8 0 1 5 2 9 4 2 3 9 0 4 2 0 2 9 0 2 4 2 e 1 1 7 1 9 0 2 0 2 5 8 1 1 3 1 0 3 Die Krümmung verstärkte sich währe BeobachtuDgszeit bei . . nd der 9 8 6 7 8 8 4 G 20° .... 2 4 3 0 0 3 9 5 1 0 0 1 3 1 2 0 0 4 1 2 1 0 1 2 2 3 2 1 1 & 2 der Krümmung 20 — 45° . . 50 — 80° . . 90 " . . . . 1 3 0 100 — 180° . 0 3 e j 0 Keine Ki'ümmung . 0 0 3 2 1 0 5 3 Krümmungs- ebene Es .streckten sich gerade senkrecht auf die K in der Kolyledona schief am näclisten Tag nach 2 Tagen . nach 3 Tagen . nach 4 Tagen . nach 5 Tagen . auch nach 5 Tagei otyled rfläch« 1 nich . 9 0 5 1 1 e 2 4 3 1 0 2 6 4 2 0 3 1 1 0 1 4 3 2 1 3 1 5 1 2 e 3 0 e 0 5 4 0 4 0 e 1 3 4 4 0 2 0 0 0 0 2 6 0 0 3 0 0 0 0 3 Wir sehen, daß das Maximum der erreichten Krümmung bei Bewurzelung in Sägemehl stets größer ist als bei Bewurzelung in Erde sowohl im Lichte und im Dunkeln als auch in normaler Stellung und bei Rotation um die horizontale Klinostatenachse. Die durch das Wachstum im Sägemehl gegebenen Bedingungen führen demnach zu einer intensiveren Verstärkung der durch die Schwerkraft eingeleiteten Krümmung, sie veranlassen den der ein- seitigen Schwerkraftswirkung entzogenen Gipfel zu Krümmungen, wie sie bei Wachstum in Erde vielfach nur unter dem Einflüsse des' Schwerkraftsreizes zustande kommen, sie treten der krümmungs- hemmenden Wirkung des Lichtes entgegen und hindern das Licht in der Beschleunigung jener Vorgänge, die zur Aufrichtung des über Krüiiiniungsursacheu bei Keiiusleiigelii u. beim Monokotylenkeiniblatte. 539 Gipfels führen. Jetzt erklärt sich auch, warum VÖchtiiig, der seine Klinostateiiversuche mit Helümthus -Keimpßsinzen, die in Säge- mehl wurzelten, ausgeführt hat'), nicht so große Unterschiede zwischen diesen und normal wachsenden Individuen feststellen konnte, wie sie bei meinen Versuchen zu beobachten waren. Fragt sich nur, welcher Art der Einfluß des Sägemehls ist. Wie ein- leitend mitgeteilt, hat O. Richter Schädigungen von Keimlingen durch Sägespändüfte beobachtet. Die vom Autor näher bezeich- neten Schädigungen'^) traten bei meinen Versuchsobjekten nicht auf; gerade rücksichtlich der Gipfeleinkrümmung beobachtete Richter eine ganz entgegengesetzte Reaktion. Es scheint demnach in unserem Falle das Substrat nicht durch etwaige gasförmige Pro- dukte zu wirken, die ihm entströmen. Übrigens sei bemerkt, daß das im Leipziger Institute zur Verwendung gelangende Sägemehl nach längerem Ausprobieren verschiedener Sorten ausgewählt wurde und sich schon seit geraumer Zeit vollkommen bewährt. Es stammt von amerikanischem Pappelholz, das in der Blüthnerschen Klavier- fabrik stets von ein- und derselben Säge, die ausschließlich diesem Zwecke dient, geschnitten wird. Die in Frage kommende Beein- flussung der Gipfeleinkrümmung beruht, wie gleich näher ausgeführt werden soll, auf der mangelhaften Wasserversorgung bei Bewurze- lung in dem Substrate. Zunächst führte mich zu dieser Erklärung die Beobachtung eines im Lichte stehenden Gefäßes, das durch zwei Tage nicht gegossen worden war. Die in Sägemehl wurzelnden Keimhnge hatten hier Gipfel, die noch weit stärker eingekrümmt waren als die der gleichaltrigen Versuchspflanzen in den unter konstanter Kontrolle stehenden Gefäßen. Ich beobachtete zum erstenmale die bekannten Schleifenbildungen, die bei meinen Ver- suchsobjekten niemals aufgetreten sind. In der Tat kann die Wasser- versorgung der Keimlinge im Sägemehl unmöglich entsprechend sein. Hierfür ist die Entwicklung der Wurzelhaare in diesem Sub- strate zu mangelhaft und die Verteilung der Feuchtigkeit eine höchst ungleichmäßige. Das Wasser sammelt sich in den unteren Teilen des Gefäßes, während die oberen Schichten der Füllung sehr bald völlig austrocknen. Und gerade hier entwickeln die Keimpflanzen 1) Vöcbting, a. a. 0., S. 187. 2) „Ganz auffallend äußert sich die Wirkung der Sägespändüfte: die Keimlinge sind zwergbaft, verdickt, haben ungemein winzige Bliittclien, aufgelöste Nulationen und sind förmlich käsig gelb oder weiß." Über Anthnkyanbildung in ihrer Abhängigkeit von äußeren Faktoren, S. 8, 540 Adolf Sperlich, von Helianthus einen reichen Kranz von Nebenwurzclu. Es iat daher auch erklärlich, wenn der Einfluß des Sägemehls bei verti- kaler Lage der Gefäße auch abgesehen von der Mitwirkung der Schwerkraft viel auffälliger wird als bei Rotation auf dem Klinostaten. Wir werden der krümmungsverstärkenden Wirkung mangelhafter Wasserversorgung später noch mehrmals begegnen und die Sache auch dort bestätigt finden, wo statt des Sagemehles feuchtes Filtrier- papier als Substrat gewählt wurde, was bei kleinen Keimlingen leicht möglich ist. Ob die mangelhafte Wasserzufuhr inäquale Turgeszenzände- rungen in der Gipfelzone hervorruft, die das ungleichmäßige Wachs- tum der Seiten veranlassen, und ob überhaupt in allen Fällen die Einkrümmungsverstärkungen mit Zellenwachstum verbunden sind, habe ich nicht untersucht, doch halte ich es für wahrscheinlich, daß die Erscheinung sich unter die Nastien wird einreihen lassen, wonach sie als Turgonastie zu bezeichnen wäre. C. Wirkung- partieller Verdunkelung. Das Licht übt, wie aus allen bisherigen Versuchen geschlossen werden konnte, auf die Gipfeleinkrümmung des Hypokotyls einen hemmenden Einfluß aus. Man konnte sich nun fragen, ob das Licht direkt auf die Krümmungszone einwirken muß oder ob nicht vielleicht irgend eine Stelle des Keimhngs ganz besonders zur Auf- nahme des hemmenden Lichteinflusses geeignet ist. Hierfür kamen vor allem die Keimblätter in Betracht. Ich suchte daher die Ko- tyledonen einer Reihe von Versuchspflanzen zu verdunkeln. Als Verdunkelungsmittel wurde schwarze Watte ^) gewählt, die ich möglichst locker und reich um die Keimblätter wickelte. Die Keim- linge wurden, möglichst normal gestellt, bis zur Erreichung der ne- gativ geotropischen Stimmung ihrer Hypokotylbasis wie bei den vorhergehenden Versuchen in feuchtem Sägemehl gezogen, hierauf vor der Überpflanzung in Erde an den Kotyledonen mit schwarzer Watte umwickelt. Die ersten Versuche fielen ungünstig aus. Die Umwickelung war fast in allen Fällen zu tief geraten; die in der Folgezeit sich streckenden obersten Teile des Hypokotyls und die 1) Die Verdunkelung mittels schwarzer Watte ist jedenfalls eine ausgiebige. Nach Mitteilung Herrn Geheimr. Prof. Pfeffer wird Wynnes Aktinoraeterpapier unter dem Schutze genügend dicker Lagen der verwendeten Watte selbst nach langer Lichtexpositinn nicht merklich verändert. über Kriininimiirsursacheii bei Keiiiisteiigeln u. beim MouokotylciikeiiiiblaUe. 541 /u Beginn des Versuches noch nicht bemerkbaren KeimWattstiele fanden bei der Streckung mechanische Hemmnisse, die zu starken Eiukrümmungen führten. Bei den folgenden Versuchen wurde da- her auf eine vollständige Umhüllung der jungen Keimblätter ver- zichtet und deren Basalteil in einer Länge von Va mm mittels einer Nadel von der Watte befreit. Die Versuche sollten auch darüber Aufschluß geben, auf welchen Teilprozeß der Gipfeleinkrümmung das Licht hemmend einwirkt, ob es sich hierbei bloß um eine Regulation des autonomen Krümmungsbestrebens oder auch um eine Beeinflussung des geo- tropischen Vorganges handelt. Daß der Hypokotyl in seiner ersten Wachstumsperiode auch im Lichte exakt positiv geotropisch reagiert, ist aus früheren Versuchen mit Sicherheit hervorgegangen, anderer- seits zeigten auf dem Klinostaten rotierende Dunkelpflanzen eher die Neigung, sich im Verlaufe der weiteren Entwicklung im Gipfel einzukrümmen als in gleicher Situation befindliche Lichtpflanzen (vgl. Versuch 7). Trotzdem konnte die Möglichkeit bestehen, daß die krümmungsheramende Lichtwirkung sich überdies auf den geo- tropischen Vorgang erstrecke, zumal dann, wenn sich der Keimling nicht schon von Anfang an in optimaler Reizlage befindet. Es könnte also sein, daß nach erfolgtem Stimmungswechsel in der Hypo- kotylbasis die oberen Teile durch das Licht auch in ihrer geotro- pischen Reaktion etwas alteriert würden. Ich ließ daher zu gleicher Zeit Gefäße mit partiell verdunklten Keimlingen um die horizontale Achse im Lichte rotieren. Ein Versuch sei hier mitgeteilt: Versuch 12. HeliantJnis -Früchte in Sägemehl wurzelrecbt angekeimt vom lo. II. bis 16. II. Keimlinge mit geradem, beiläufig 8 mm langem Hypokotyl entschält iinil die Kotyledonen mit viel schwarzer Watte locker umwickelt. Die so adjustierten Keimlinge in 2 Gefäße verpflanzt, wovon eines vertikal verblieb, eines auf den Klinostaten kam. Im Licht. Beginn des Versuches 16. IL, erste Beobachtung 17. IL, Dauer bis 20. IL Helle Tage. Krümmungen des Hypokotyls bis zu 20", infolge der voluminösen Umhüllung der Koty- ledonen nicht erkennbar. Am 17. II. keine auffallenden Veränderungen bemerkbar Kontrollpflanzen Partiell verdunkelte Keimlinge Licht Dunkel Vertikal Rotierend Es krümmten sich bis zum 18. IL . . . bis zum 19. IL . 9 1 9 0 0 7 e 1 e Maximum 20 — 45° 3 ^ 2 0 der Krümmung .50—80" 90° 6 3 0 i ^ 1 0 2 , 0 100 — 180° .... a 2 3 i 0 542 Adolf Sperlich, Foitsetzuiig der Tabelle. Kontrollpflanzen Partiell verdunkelte Keimlinge Licht Dunkel Vertikal Rotierend Krümimings- senkrecht zu den Keinibl. 6 ! 7 d ebeiie in der Kotyledonarfläche 3 1 1 e sebief e 1 2 Q Es streckten am nächsten Tage . . 4 0 1 0 sicli gerade in 2 Tagen .... 3 4 4 0 anch nach 2 Tagen nicht 2 i 5 3 e Keine Krümmu ng 0 0 1 9 Der Versuch konnte nicht länger ausgedehnt werden, da bei Streckung der Koty- ledonarstiele Heniinungserscheinungen auftraten. Was die erste der im Vorhergehenden aufgeworfenen Fragen anbchmgt, so ergibt sich aus dem Versuche, daß die Lichteinwirkung auf die Krüinmungszone selbst nicht imstande ist, den Grad der Krümmung in dem Maße zu reduzieren, wie es das Licht bei Ein- Avirkung auf den völHg unverdunkeUen Keimhng vermag. Die Keim- pflanzen mit verdunkelten Keimblättern im Lichte reagieren fast ebenso wie Dunkelkeimlinge und der Vergleich mit den total be- lichteten , unter sonst vollkommen gleichen Außenbedingungen wachsenden Individuen läßt die Bedeutung der Kotyledonen für den Ausfall der Krümmungsreaktion recht deutlich ei'kennen. Der Vergleich mit den Keimlingen, die bei Ausschluß einseitiger Schwere- wirkung unter sonst gleichen Bedingungen wachsen, sagt überdies, daß das Licht nicht bloß, wie schon aus früheren Versuchen ge- schlossen werden konnte, das autonome Einkrümmungsbestreben beeinflußt, sondern auch die geotropische Reaktion. Man könnte nun bemerken, daß es nicht spezifische, zur Krümmung führende Vorgänge sind, die durch das Licht beeinflußt werden, sondern das Wachstum an und für sich. Der geringere Grad der Einkrümmung zu einem bestimmten Zeitpunkte ließe sich dann auf Grund des trägeren Wachstums im Lichte erklären. Demgegenüber muß auf die Wachstumsvorgänge hingewiesen werden, die zur Aufrichtung des gekrümmten Gipfels führen. Diese ver- laufen gerade entgegengesetzt im Lichte viel schneller als im Dunkeln; das haben frühere Versuche gezeigt, die mit Material gleicher Ausgangslage angestellt worden waren (vgl. Versuch 10). über Krüiiimuiijrsursachf^ii bei Keinistengelii u. beim Monokotylenkeirablatte. 543 Der bekannte retardierende Einfluß des Lichtes auf die Wachstums- geschwindigkeit allein kann demnach die Sache nicht erklären, viel- mehr deutet alles darauf hin, daß das Licht schon gleich nach Eintritt des geotropischen Stimmungswechsels der Hypokotylbasis Vorgänge im Innern der Pflanze in Szene setzt, die den zur Ein- krümmung des Gipfels führenden entgegen wirken und sie entweder nur mehr oder weniger hemmen oder auch vollständig an der Aus- führung der Reaktion hindern. Zu welchen Gliedern der geotro- pischen Reizkette die durch das Licht geschaffene plasmatische Struktur in Beziehung tritt, läßt sich nicht entscheiden. Die hemmende Wirkung des Lichtes geht, wie die Versuche zeigen, von den Kotyledonen aus; die Gipfelzone des Keimstengels selbst läßt sich durch die Belichtung in ihrem geotropischen und autonomen Krümmungsbestreben nicht oder mindestens nicht allzu- stark beeinträchtigen. Wir haben somit eine Übertragung durch Licht geschaffener Zustandsveränderungen nach einer entfernt liegenden Reaktionszone vor uns, einen neuen Fall photischer Reiz- transmission, der sich sehr leicht den durch Pittings Versuche bekannt gew^ordenen Fällen angliedern läßt, wonach der wachstums- hemmende Einfluß des Lichtes bei Graskeimlingen und Keimlingen von Tinantia fugax von der beleuchteten Spitze in das verdunkelte Hypokotyl geleitet werden kann'). Die Umkehrung des Versuches, die Verdunkelung des Hypo- kotyls bei alleiniger Belichtung der Keimblätter habe ich nicht ausgeführt. Ich hielt es mit Rücksicht auf den Arbeitsplan für zwecklos, die Zeit der Ausfindung einer Methode zu widmen, die CS ermöglichen sollte, den just in den ersten Entwicklungsstadien in lebhaftester Streckung befindlichen Hypokotyl durch einige Tage hindurch vollkommen und nur mit Ausschluß der Kotyledonen zu verdunkeln. Der Ausfall des wiederholten Versuches 12 war ein so eindeutiger, daß ich wohl füglich von einer Umkehrung absehen konnte. Nebenbei will ich bemerken, daß die Verdunkelung der Kotyledonen auf das normale Längenwachstum des Keimstengels in seinen negativ geotropisch gestimmten Zonen keinen merklichen Einfluß ausübt, genaue Messungen wurden nicht ausgeführt. 1) Fitting, Lichtperzeptioii und photutropisclie Einiifindlirhkeit, zugleich ein Bei- trag zur Lehre vom Etiolenient. Jahrb. f. wiss. Bot., Bd. XLV, liM»7, S. 109. 544 Adolf Spei'lich, D. Einfluß hoher und tiefer Temperatur. Schon im Vorhergehenden nahm ich Gelegenheit, einmal darauf hinzuweisen, daß die Einkrümmung des obersten Hypokotylteiles von Keimhngen im Lichte an klaren, sonnigen Tagen viel schwächer ausfiel als an trüben Tagen und auch die völlige Geradstreckung an diesen längere Zeit in Anspruch nahm als an jenen. Es ergab sich die Frage, ob dies Verhalten nur dem intensiveren Lichte zu- zuschreiben sei oder teilweise von der an solchen Tagen bedeutend höheren Temperatur des Versuchsraumes (in den Mittagsstunden 30") abhängt. Man könnte daran denken, daß auch die Wärme allein, ähnlich wie das Licht auf die Vorgänge der Einkrümmung hemmend einwirkt. Der folgende Versuch gibt darüber Aufschluß. Versuch 13. Heliantlius-Fiüdiie in Sägemehl wurzelreeht gepflanzt, hier 3 Tage belassen. Am 25. II. in 2 Gefäße mit Erde gepflanzt, eines verblieb im Dunkelzimmer bei einer Temiieratur von 24 — 25", eines kam unter feuchter Glocke und Dunkelsturz ins AViirmezinimer ("Temperatur 'J'.i— 30"j. In jedem Gefäße 9 Pflanzen. Temperatur 24 — 25" Temperatur 29—30° 26. II. 3 Keimlinge gekrümmt (45 "). 6 Keimlinge gerade. Alle 9 Keimlinge gekrümmt; 4 bis zu 45", 1 bis zu 00", 4 bis 100 und 135°. 27. II. Der Krümmungswinkel hat sich ver- größert, die geraden Keimlinge von gestern haben sich bis auf einen, der auch fernerhin gerade bleibt, ge- k r ü m m t. Fast alle Keimlinge gerade; 4 noch mit 20" gekrümmt, 2 bis zu 45". 28. IL Die Krümmungen bleiben teils stationär, teils vergrößern sie sich. Alles gerade. I. III. Die Krümmung ist überall zurück- gegangen, Aufrichtung noch bei keinem K. erreicht. — Ein ähnlicher Versuch wurde statt mit Erde, mit Sägemehl ausgeführt; auch nach 4 Tagen halten die Keimlinge des Wärniezimmers ihre Krümmung noch nicht ausgeglichen. Aus dem Versuche ergibt sich, daß die Erhöhung der Tempe- ratur allein nicht imstande ist, auf die Krümmung hemmend ein- zuwirken. Die erreichten Krümmungsgrade entsprechen den bei ge- wöhnlicher Versuchstemperatur im Dunkelraunie erlialtenen Werten, über Krüuiniuugsursaclieii bei Keliiistcngelii u. beim MoiiDkotylenkeiinblatie. 545 Freilich werden sie bei erhöhter Temperatur viel früher erreicht und es kann uns nicht wundern, wenn dementsprechend auch die Aufrichtung viel rascher vor sich geht. Eine Erhöhung der Tem- peratur hat demnach lediglich einen wachstumsheschleunigenden Einfluß, ändert aber an dem Krümmungsbestreben des positiv geo- tropisch gestimmten Hypokotylteiles nichts. Auch die Frage nach einem Stimmungswechsel bei Temperatur- erniedrigung wurde ins Auge gefaßt'), doch fielen die entsprechen- den Versuche, die im ungeheizten Nordhause des Institutes bei einer Temperatur von durchschnittlich 5" ausgeführt wurden und auf welche nicht näher eingegangen zu werden braucht, durchwegs negativ aus. Die Keimlinge erreichten auch hier — nur s])äter — die bei Dünkelpflanzen in gewöhnlicher Temperatur beobachteten Krümmungsgrade und beanspruchten vom Eintreten der Gipfel- einkrümmung in ihrem Maximum an gerechnet zur Aufrichtung 5 — 8 Tage. Die Temperaturerniedrigung beeinflußt somit gleichfalls das Krümmungsbestreben des Hypokotylgipfels nicht. E. Die Gipfeleinkrüramung in Ätheratmosphäre. Mit Rücksicht auf die Tatsache, daß die Gipfelkrümmung der Sonnenblumenkeimlinge ein kombiniertes Phänomen ist, das sich zunächst unter dem Einflüsse der Schwerkraft, im Verlaufe der Entwicklung aber auch autonom und im ganzen in Abhängigkeit vom Lichte abspielt, sollte versucht werden, ob es gelänge, durcli Einwirkung eines Narkotikums den Zustand des Plasmas so zu ver- ändern, daß der Einfluß der Schwerkraft und vielleicht auch des Lichtes ein anderer würde als in normaler Atmosphäre. Die Mög- lichkeit einer derartigen Veränderung haben die wichtigen Versuche Josings über den Einfluß von Äther und Chloroform auf die Ab- hängigkeit der Plasmaströmung vom Lichte ergeben-). Ich stellte angekeimte Früchte von Helianthus, die in bekannter Weise in Erde verpflanzt worden waren, zunächst unter große Glocken, in welchen eine weite Schale mit einer V'a-proz. wässerigen Atherlösung Platz fand. Zum Abschlüsse der Glocken, die auf mattgeschliffenen 1) Vgl. Lidforss, Über den Geotropismus einiger Frühjahrspflanzen TJahrb. f. wiss. Bot., Bd. XXXVIII, 1903) und die hier angeführte Literatur. 2) Josing, Der Einfluß der Außenbedingungen auf die Abhängigkeit der Protd- plasniaströmung vom Lichte. .Tahrb. f. wiss. Bot., Bd. XXXVI, 1001. 546 '^''""' •'^i"^'i'ii('ii, Glasplatten ruhten, diente eine möglichst dünne, fest zusammen- gepreßte Schicht wasserhaltigen Glyzerins. Eine solche Glocke wurde im Hellten Gewächshause, eine im Dunkelzimmer aufgestellt. Die Hypokotylgipfel hatten sich schon am nächsten Tage sowohl im Lichte als auch im Dunkeln eingekrümmt. In den nächsten Tagen verstärkte sich die Krümmung zusehends; es zeigte sich jedoch überdies, daß die einzelnen Individuen in ihrem Wachstum durch den Äther beeinträchtigt wurden und zwar in höchst un- gleichmäßiger Weise. Die Keimlinge hatten, wiewohl möglichst gleichwertige zum Versuche ausgewählt worden waren, die ver- schiedensten Längen erreicht'). Als einziges Ergebnis dieser Ver- suche stellte sich heraus, daß Äther die krümmungshemmende Wirkung des Lichtes paralysiert. Ich versuchte nun, durch stärkeren Athergehalt der Atmosphäre einen größeren Unterschied in der Reaktion gegenüber dem Verhalten in normaler Luft zu erzielen. Eine 1-proz. Atherlösung erwies sich hierbei schon so schädlich, daß das Wachstum angekeimter Pflänzchen in dieser Atmosphäre aufhörte und daß Früchte, die gleich nach der Pflanzung in die Atheratmo Sphäre versetzt wurden, überhaupt nicht keimten und in der Folge abstarben. Ich mußte ähnliche Erfahrungen machen wie seinerzeit Ohno, der bei seinen Studien über das Abklingen von geo- und heliotropischen Reizvorgängen keine Sistierung der tro- ' pistischen Reaktion ohne gleichzeitige Schädigung der Versuchs- objekte erzielen konnte, wenn er mit Äther experimentierte'-). Trotz des wenig einladenden Ausfalles der Vorversuche schien es mir nicht unangebracht, die Versuche mit 'A-proz. Atherlösung zu wiederholen und die Veränderungen der Gipfeleinkrümmung genauer zu verzeichnen. Ein derartiger Versuch folgt hier: Versuch 14. Helianthus-'Früchte in Sägemehl wurzelrecht angekeiiiit. Am 2. XII. wurden die Keimlinge in Töpfe mit Erde gepflanzt. 2 Gefäße kamen in Atlieratniosphäre ans Licht, 2 Gefäße ins Dunkle. Beginn der Beobachtung am .5. \II. Dauer des Versiiehes his 10. XII. 1) Auch begann das von 0. Ricliter beschriebene Platzen der Oberfläche von narkotisierten Keimpflanzen CVerhandluiigen der Gesellschaft deutscher Naturforscher und Ärzte, 81. Versamml. li»00, II. Teil, 1. Hälfte, S. 1G0) sich an mehreren Stellen bemerkbar zu machen. 2) Ohno, Über das Abklingen von geotrupisclien und heliolrojiischen Eeizvorgäugen Jahrb. f. wiss. Bot., Bd. XLV, 1908, S. 628 u. G29. über Krümimiiigsur.sacLeii bei Keiiiisteugelii u. beim Muiiokntyli'iikciiiiblatte. 547 Licht 8 Keimlinge Dunkel 9 Keimlinge Am 5. XII. waren gekrümmt gerade 6 2 8 1 Die geraden krümmten sich iiicbt nicht Maxinuini der Krümmimg 20" 20 — 45" 50 — 80° 90° 100 — 180° 1 0 2 3 0 1 1 4 2 Die Krümm, vergrößerte sich während der Beobacht. bei 5 8 Es richteten sicli gerade Krüniinuiig.sebene am nächsten Tag .... nach 2 Tagen nach 3 Tagen nach 4 Tagen nach 5 Tagen auch nacli 5 Tagen nicht . senkrecht zur Kotyledonarfl. in der Ebene der Keimblätter schief 0 1 0 2 1 2 0 1 0 2 2 0 0 8 0 Die Kontrollpflanzen in normaler Luft zeigten die aus früheren Versuchen be- kannten Verhältnisse. t Wir entnehmen dem Versuche, daß Äther in der verwendeten Menge sowohl im Lichte als auch im Dunkeln krümnmngs ver- stärkend wirkt, allerdings nicht in dem Maße, wie es 0. Richter unter dem Einflüsse von Laboratoriumsluft festgestellt hat'). Be- sonders hemerkenswert erscheint die schon in den Vorversuchen zutage getretene Erscheinung, daß Äther die hemmende Wirkung des Lichtes bei der Einkrümmung und überdies, wie Versuch 14 lehrt, den beschleunigenden Lichteinfluß bei den zur Aufrichtung des Gipfels führenden AVachstumsvorgängen ausschaltet. Neuerdings machte sich bemerkbar, daß die einzelnen Individuen die verwendete Atherdosis nicht in gleicher Weise vertragen. Bei den in der Tabelle ohne Krümmung verzeichneten Keimlingen war das Längen- wachstum überhaupt stark unterdrückt; sie streckten sich während des ganzen Versuches kaum merklich. Es blieb nun noch die Frage, ob Äther neben der Licht- wirkung auch die Wirkung der Schwerkraft beeinträchtige, ob sich 1) Vgl. die einleitend (S. 505j mitgeteilten Befunde Richters, 548 Adoir Sperlicli, in der positiv geotropischen Verfassung des Hypokotyls irgend welche Änderungen ergeben. Zur Beantwortung der Frage diente der folgende Versuch: Versuch 15. 2 Tage alte Helianthus-'Ke'imWn^e am 13. XII. in 2 Gefäße wurzelreclit gepflanzt. In Äther atmospliäre horizontal gelegt, ein Gefäß im Licht, ein Gefäß im Dunkeln. Die Kotyledonen in verschiedener relativer Lage zur Horizontalen. Am 15. XII: Bei sämtlichen Keimlingen ist der Gipfel des Hypokotyls genau im Sinne des positiven Geotropismus gekrümmt und zwar unabhängig von der Stellung der Kotylednnarebene zur Horizontalen. Die angewandte Atherdosis stört demnach, wenn wir von einer genaueren Analysis des ganzen Reizvorganges absehen, das positiv geotropische Krümmungsbestreben des Hypokotyls nicht und es blieb noch übrig zu untersuchen, wie sich der Hypokotylgipfel verhält, wenn er erst dann dem Einflüsse des Narkotikums ausgesetzt wird, wenn die oberste Partie des Keimstengels die positiv geo- tropische Stimmung vollständig verloren hat. Der nachstehende Versuch gibt darüber Aufschluß. Versuch 16. Im Lichte erwachsene, 6 Tage alte lfe?/a/(//(M.s -Keimlinge kamen am 5. XII. in Ätheratmosphäre ('4 -pro/..), ein Gefäß verblieb im Lichte, eines kam ins Dunkle. Die meisten Keimlinge zu Beginn des Versnclies gerade gestreckt, einzelne höchstens bis zu 20" gekrümmt. Licht, 9 Keimlinge Dunkel, 8 Keimlinge 8. XII. 4 Keiml. gekr. (20, 45, 80, 90"), 5 K. gerade 2 Keimlinge gekrümmt (4.5, 90°), 6 K. gerade. 9. XII. 10. XII. 2 K. neu gekrümmt (20, 90°), .3 K. gerade. 2 K. neu gekrümmt (80°), 4 K. gerade. 2 K. gerade gestreckt, bei 2 K. Krümmung vergrößert (1.35 °J, bei 2 K. Krümmung wie gestern, 3 K. bleiben gerade. 1 K. neu gekrümmt (90°), 1 K. hat sich gerade gestreckt, 1 K. mit vergrößerter Kr. CL-^S"), bei 2 K. Krümmung wie gestern, 3 K. bleiben gerade. 12. XIL 4 K. gekrümmt, Krümmung bei allen zurückgegangen, 5 K. gerade. 1 K neu gekrümmt (100°), 1 K. mit vergrößerter Kr. (100°), im ganzen 5 K. gekrümmt, Krümuiung nur bei einem K. zurückgegangen, .3 K. gerade. über Krüinmuiigsursaclieu bei Keiinstciigeln u. beim Monoliotylenkeiiiiblatte. 549 Wir sehen, daß zu einer Zeit, da unter normalen Verhältnissen die Gipfel aufrichtung im Lichte, ja sogar im Dunkeln nahezu voll- ständig erreicht ist, unter dem Einflüsse des Äthers ein erneutes Einkrümmen erfolgt, gleichviel, ob die Wirkung des Lichtes aus- geschaltet wird oder nicht. Die Einkrümmung löst schließlich Gegenvorgänge aus, welche unter dem Einflüsse des Narkotikums nicht unterdrückt werden können, so daß nach einiger Zeit doch noch eine Aufrichtung des Gipfels erreicht werden kann. Ob diese Vorgänge auch bei Anwendung von Leuchtgas endlich zum Durchbruche kommen, wäre durch Versuche festzustellen. Ebenso müßte untersucht werden, ob nicht Leuchtgas die Empfindlichkeit des Hypokotyls in seiner positiv geotropischen Stimmungsperiode gegenüber der Schwerkraft beeinträchtigt; mit Rücksicht auf den Grad der Einkrümmung in Laboratoriumsluft halte ich diese Be- einflussung indes für wenig wahrscheinlich. F. Einfluß traumatischer Eingritfe in die Kotyledonen. Die ersten Vei suche über die aufgeworfene Frage wurden unter Anwendung recht ansehnlicher Eingriffe unter gleichzeitiger kon- stant gleichsinniger Schwerkraftswirkung und zum Teil unter Ein- wirkung des Lichtes ausgeführt. Versuch 17. //e/wm 1 7 2 f) 0 2 0 2 5 e 10') 4 ^ 9 5 10 3 1 3 1 9 2 4 1 0 12M 9 2 1 Die unverwundeten Kontrollpflanzen in bekannter Weise eingekrümmt. Die Versuche zeigen, daß Verstümmelungen der Keimblätter durchaus krümmungsverstärkend wirken, vorzüglich dann, wenn beide Kotyledonen bis auf kurze Stummel entfernt werden. Auch unter diesem Einflüsse wird wie in Atheratmosphäre der krümmungs- hemmende Einfluß des Lichtes beeinträchtigt. Dasselbe maclit sich bezüglich der beschleunigenden Lichtwirkung bei der Aufrich- tung des Hypokotylgipfels bemerkbar. Hierbei fällt auf, daß die Vorgänge, die zur Aufrichtung des Gipfels führen, bei Keimlingen, denen ein Kotyledo fehlt und noch mehr bei solchen, die nur kurze Kotyledonarstummel haben, im Dunkeln durch geraume Zeit voll- kommen unterdrückt sind; erst das Licht vermag die Prozesse rascher in Aktion zu setzen. Der Tatsache, daß an beiden Kotyledonen unsymmetrisch ver- letzte Keimlinge sich meist in schiefer Ebene einkrümmten, legte ich zunächst nicht viel Bedeutung bei. Es ist ohne weiteres ein- 1) Die Dunkelkeimlinge, denen ein Keimblatt oder beide größtenteils genommen waren, wurden weiter beobachtet: Von den Keimlingen mit einem Kotyledo hatten nach weiteren .3 Tagen bis auf 4 alle die Vertikalstellung erreicht, von den Keimlingen mit Stummeln nicht einer. Am 30. XI. (nach 1 1 Tagen seit Abschluß des Versuches) kamen diese ans Licht. Nach 2 Tagen war bei 9 Keimlingen ein Rückgang der Krümmung zu beobachten, die vollkommene Vertikalstellung konnte kein Keimling erreichen. Während der ganzen Zeit dauerte das Wachstum (selbstverständlich nicht in dem Maße wie bei intakten Keimpflanzen) in der negativ gcotropisch gestimmten Zone an, wie durch öfteres Umlegen der Gefäße konstatiert werden konnte. über Krümmuiigsursachen bei Keiinstengeln u. beim Monokotylenkeimblatte. 551 zusehen, daß eine vollkommen normale Pflanzung derartiger Indi- viduen nicht leicht möglich ist und jeder hierbei begangene Fehler sich im Verlaufe einer eventuellen geotropischen Reaktion bemerk- bar machen muß. Wir werden im Verlaufe der späteren Aus- einandersetzungen sehen, daß die Erscheinung doch mit der Art der Verwundung zusammenhängt. Zunächst seien jedoch Versuche mitgeteilt, die den Ausfall der Gipfelkrümmung verstümmelter Keimlinge bei Ausschluß der einseitigen Schwerkraftswirkung zeigen sollen. Diese Versuche wurden mit Keimlingen ausgeführt, die an beiden Kotyledonen verstümmelt worden waren. Versuch 18. In Sägemehl angekeimte Früchte von HelianUins nach 3 Tagen entschält, die Keimlinge der Kotyledonen bis anf deren Basen beraubt und in 4 Gefäße wurzelrecht gepflanzt. Ein Gefäß vertikal im Licht, eines auf dem Klinostaten im Licht, eines ver- tikal im Dunkeln, eines auf dem Klinostaten im Dunkeln. Verwundung am 31. L Erste Beobachtung am 1 . IL Dauer des Versuches bis 7. IT. Je 9 Keimlinge Licht Vertikal Rotier Dunkel Vertikal Rotier Am I. TL waren Maximum der Krümmung gekrümmt gerade ! 20—4.')" ! .'iO — 80" j 90» . . 100 — 135 180" . . Die Krümmung vergrößerte sich während der Be- obachtung ])ei Die Aufrichtung wurde erreicht Krümmungsebene am nächsten Tag . in 2 Tagen in 3 Tagen in 4 Tagen in .O Tagen in 6 Tagen auch nach C Tagen nicht I senkrecht zu den Kotyledonen in der Keimblattebene . . schief Die Dunkelpflanzen kamen am 7. IL ans Licht und wurden durch weitere 4 Tage beobachtet. Am 11. II. war die Aufrichtung bei allen Keimlingen erreicht oder nahe- zu erreicht. 36* 552 -Ä-dolf Sperlicli, Als bemerkenswerteste Tatsache ergibt sich, daß die Gipfel- einkrümmung im Dunkeln im Gegensatze zu dem Verhalten nor- maler Keimlinge (vgl. Versuch 7) nahezu gleich stark ausfällt, wenn die Keimlinge um die horizontale Klinostatenachse rotieren und wenn sie in vertikaler Stellung verbleiben. Sehr auffallend ist das Ergebnis im Lichte. Der Hypokotylgipfel hat durch den traumatischen Eingriff sichtlich sein geotropisches Reaktionsvermögen nicht eingebüßt und die Beeinträchtigung der krümmungshemmenden Lichtwirkung durch die Verstümmelung scheint sich vorzüglich auf die geotropische Reaktion des Gipfels zu erstrecken. Bezüglich der "Wirkung des Eingriffes auf die Vorgänge der Aufrichtung bestätigt der Versuch die im Vorhergehenden gemachten Erfahrungen. Es mußte nun noch geprüft werden, ob das geotropische Reaktions- vermögen auch im Dunkeln nach Ausführung der Verstümmelung noch erhalten bleibt. Der gleiche Ausfall der Reaktion auf dem Klinostaten und in vertikaler Stellung läßt keinen sicheren Schluß zu. Versuch 19. HeliautlMS -Früchte, in Sägemehl angekeimt, wurden nach 3 Tagen entscliält nml die Keimlinge in bekannter Weise verstümmelt. Nach Verpflanzung in Erde wurde ein Gefäß im Lichte, eines im Dunkeln am 3. II. horizontal gelegt. In jedem Gefäße 9 Keimlinge. 4. II.: l'ositiv geotropische Krümmung im Hypokotylgipfel hei sämtlichen Keimlingen unabhängig von der relativen Lage der Kotylodonarohene zur Horizontalen. 5. IL : Die Keimlinge sind aus der Erde negativ geotropisch herausgekriimmt; Gipfel- krümmung verstärkt. 6. II. : Die Hypokotylgipfel sind bei 4 Dunkelkeimlingen schleif enförmig ein- gedreht, bei 5 Keimlingen im Dunkeln um 14.5° gekrümmt; Lichtkeimliuge bis zu 90° gekrümmt, 1 Lichtkeimling 13,')°. 9. IL: Die Lichtkeimlinge sind gerade gestreckt. 10. IL: 4 Dunkelkeimlinge sind gerade. 11. IL: Noch 2 Dunkelkeimlinge haben sich aufgerichtet. 13.11.: Ein weiterer Dunkelkeimling ist aufgerichtet. 14. IL: 2 Keimlinge bleiben gekrümmt (10 Tage nach Eintritt der Gipfelkrümmung). "Wir sehen, daß wie bei den Atherversuchen auch diesmal eine Beeinträchtigung des positiven Geotropismus im Hypokotylgipfel nicht eintritt, die geotropische Reaktion sich vielmehr mit jenen Vorgängen, die durch die Verstümmelung hervorgerufen werden, zu verstärktem gleichgerichtetem Effekte summiert. Daß dieser Effekt bei optimaler geotropischer Reizlage der Keimlinge größer ausfallen muß, als bei Vertikalstellung, ist klar. über Krüinmungsursachen bei Keimstengeln u. beim MonokotyJenkeimblatte. 553 Es sollte nun noch untersucht werden, ob die durch sehr be- deutende Verletzungen induzierten Vorgänge nicht auch durch ge- ringere Eingriffe hervorgerufen werden könnten und ob die in allen Dunkel versuchen zutage getretene Hemmung des zur Aufrichtung des Gipfels führenden Wachstums auch durch solche Eingriffe er- möglicht würde. Hierzu dienten die folgenden im Dunkeln aus- geführten Versuche. Versuch 20. Helianthus -Früchte, in Sägemehl angekeimt, wurden naoh 3 Tagen entschält und die Keimlinge teils an der Basis beider Kotyledonen durch einen möglichst oberfläch- lichen fiueren Einschnitt verwundet, teils wurde nur ein Keimblatt derart verletzt. Die Keimlinge wurden sofort in 4 Gefäße mit Erde gepflanzt. Ein Gefäß enthält einseitig verletzte Keimlinge und verbleibt in vertikaler Stellung (I), ein Gefäß mit einseitig verletzten Keimlingen gelangte auf den Klinostaten (II); ein Gefäß enthielt zwei- seitig verletzte Keimlinge und verblieb in vertikaler Stellung, ein Gefäß mit zwei- seitig verletzten Keimlingen kam auf den Klinostaten (IV). Beginn des Versuches 12. II. Dauer bis 17. II. Alles im Dunkeln. In jedem Gefäße 9 Pflanzen. Gefäß I: Alle Keimlinge krümmen sich vom 13. auf den 14. II. — 4 K. erreichen 80 — 90", 5 K. 100—180". Es strecken sich gerade 5 nach 3 Tagen, 4 sind am 17. II. noch gekrümrat. Die Krümmung ist bei allen senkrecht zur Kotyledonarebene, der Kichtung nach von der Wundstelle weg. Gefäß II: Alle Keimlinge krümmen sich vom 13. auf den 14. II. — 3 K. erreichen nur 45", 5 K. 80 — 90", 1 K. 135". Es strecken sich gerade 3 nach 2 Tagen, 5 nach 3 Tagen, 1 K. ist am 17. II. nocli gekrümmt. Die Krümmungsebene ist bei allen senkrecht zur Kotyledonarfläche, der Richtung nach bei 8 K. von der "Wundstelle weg, bei einem K. entgegengesetzt')- Gefäß III: Alle Keimlinge krümmen sich vom 13. auf den 14. II. — 8 K. erreichen 80 — 90", nur ein K. 100". Es strecken sich gerade 5 K. nach 3 Tagen, 4 K. sind am 17. II. noch schwach gekrümmt. Krümmungsebene bei 4 K. schief, bei 5 K. senkrecht zur Kotyledonarfläche. Gefäß IV: 8 Keimlinge krümmen sich, 1 K. bleibt gerade. 1 K. erreicht bloß 20", 3 K. 45", 4 K. 80 — 90". Es strecken sich gerade 3 schon am nächsten Tag, 1 K. nach 2 Tagen, 3 K. nach 3 Tagen, 1 K. ist am 17. II. noch ge- krümmt. Krümmungsebene bei 3 K. senkrecht zur Kotyledonarebene, bei 5 K. Krümmung in der Kotyledonarebene. Es ergibt sich, daß schon ein geringer traumatischer Eingriff in den jugendlichen Kotyledo auch ohne Mitwirkung des Geotro- pismus Gipfeleinkrümmungen zur Folge hat. Bezüglich der Auf- richtung des gekrümmten Teiles hingegen sehen wir, daß eine Ver- letzung der Keimblätter, die nicht soweit geht, daß deren größte 1) Die Krümmung des Hypokotylgipfels pflanzt sich gleichsinnig am 15. II. gegen die Basis des Hypokotyls fort. Am 16. II. ist diese Gesetzmäßigkeit nicht mehr zu beobachten. 554 Adolf Sperlich, JB. Masse vollständig entfernt wird, den Prozeß fast gar nicht beeiuflußt. Es scheint sorait hier eine von der Verwundung an sich un- abhängige direkte Korrelation zwischen Keimblättern und Hypokotyl zu bestehen, auf die nicht weiter eingegangen wurde. Aber noch etwas AuffälUges ergaben die geschilderten Versuche. Es zeigte sich, daß die Einkrümmungsrichtung bei einseitiger Verwundung — besonders auf dem Klinostaten — zur Verwundungsstelle in Beziehung stand. Bemerkenswert erscheint auch das viel schwächere Krümmungsbestreben jener rotie- renden Keimlinge, die an zwei gegenüberliegenden Flanken durch einen Einschnitt verwundet worden waren. Schheßlich sei noch an das Verhalten der Keimlinge er- innert (Versuch 17), die eine un- symmetrische Amputation ihrer Keimblatthälften erfahren hatten. Aus alledem schien hervorzugehen, daß die Verwundung nicht nur ein der Richtung nach unbestimm- tes Krümmungsbestreben zu indu- zieren und geotropisch induzierte Krümmungen zu verstärken ver- möge, sondern selbst als tro- pistischer, von der Verwundungs- stelle nach der Krümmungszone geleiteter Reiz wirke. Die Leitung des traumatotropischen Reizes von der Wurzel in den Hypokotyl während seiner positiv geotro- pischen Stimmungsperiode hat Schütze*) nachgewiesen; es war zu untersuchen, ob nicht auch in entgegengesetzter Richtung, also von den Kotyledonen aus zu dieser Zeit eine Leitung des troi)istischen Wundreizes möglich ist. Zur Beantwortung der Frage dienten die folgenden unter Ausschluß von Licht und von konstant gleichsinniger Schwerkraftswirkung durchgeführten Versuche. Fig. 0. A Krüiumuiig des Hypokulylgiidels von HeliantJnts aiuiHus auf dem Klinostaten nach Ausführung eines beide Kotyledonen treffenden Flankeneinschnittes (wj, i?nach Entfernung der zwei anliegenden Kotyle- donarhälften. C Keimblattentwicklungs- stadium, in welchem Verwundungen von Einfluß auf die Krümmungen des Hypo- kotyls sind, D Stadium, da Verwundungen den Hypokotyl nicht mehr beeinflussen. 1) Schütze, Über das geotropiscbe Verhalten des Hypokotyls und des Kotyledons, S. 403 ff. über Kriimmungsursacheii bei Keimsteugeln u. beim Moiioliotylenkeiinblatte. 555 Versuch 21. Die Hclianthus -Yi-üchie für die Versuche wurden in Sägemehl angekeimt, nach 3 Tagen erfolgte die Verwundung an den Blättern der Keimlinge, gleicli darauf die wurzelrechte Pflanzung in Töpfe mit Erde und der Beginn der Klinostatenrotation. Alle Versuche im Dunkeln. Parallelkulturen mit unverletzten Keimlingen unter sonst gleichen Bedingungen. 21 a'. Vom 13. III. — 17. in. 8 Keimlinge. — Die Keimlinge an der Basis eines Ko- tyledo durch einen queren p]inschnitt verwundet. Vom 14. auf den 15. III. bei 7 K. Krümmung von der Wundstelle weg, bei 1 K. entgegengesetzt. Entfernung der Krüni- mungsstelle von der Wunde 4 — 6 mm. 21 b. Vom 13. III. — 17. III. 8 Keimlinge. — Die Keimlinge in der Mitte eines Kotyledo durch einen (lueren Einschnitt verwundet. Vom 14. auf den 15. III. bei 4 K. Krümnning von der Wundstelle weg, bei 4 K. keine Krümmung. 21 c. Vom 13. III. — 17. III. 9 Keimlinge. — Die Keimlinge an der Basis eines Koty- ledo durch Berühren mit einer glühenden Nadel verwundet. Vom 14. auf den 15. III. bei 8 K. Krümmung von der Wundstelle weg, bei 1 K. in entgegengesetzter Kichtung. 21 d. Vom 13. III. bis 17. III. 0 Keimlinge. — Die Keimlinge an der Basis beider Kotyledonen durch einen iiueren, senkrecht zur Kotyledonarebene verlaufenden Ein- sclinitt (Flankenschniit) verwundet. Vom 14. auf den 15. III. bei 6 K. Krümmung .senkrecht zur Kotyledonarebene, bei 1 K. keine Krümmung, bei 2 K. Krümmung in der Ebene der Kotyledonen und zwar von der Wundstelle weg (Fig. 9 A). Von den 6 senk- recht zur Kotyledonarebene gekrümmten K. zeigen 4 knapp über der bezeichneten schwachen Krümmung noch eine Krümmung von der Wundstelle weg, die sich im Verlaufe des Versuches vergrößert. 21 e. 13. III. — 17. III. 9 Keimlinge. — Die Keimlinge in der Mitte der Kotyledonen durch einen beide Keimblätter treffenden Flankenschnitt verwundet. Vom 14. auf den 15. 111. 7 K. senkrecht zur Ebene der Kotyledonen, 2 K. in der Kotyledonarebene ge- krümmt, von der Wundstelle weg keiner. 21 f. Vom 16. III. — 19. III. 9 Keimlinge. — Die Keimlinge eines Kotyledo vollkommen beraubt. Vom 17. auf den 18. III. bei 7 K. Krümmung von der Wundstelle weg, bei 2 K. Krümmung in der Ebene der Kotyledonen. 21g. Vom IC. III. — 19. III. 9 Keimlinge. — Die Keimlinge derart verwundet, daß die zwei anliegenden Hälften der Kotyledonen weggeschnitten wurden. Vom 17. auf den 18. III. bei 8 K. Krümmung von der Wundstelle weg (Fig. 9 B), 1 K. nicht gekrümmt. 21 h. Vom 18. III. — 21. III. Je 9 Keimlinge. — Ein Gefäß mit Keimlingen, die au der Basis der Kotyledonen eine Flankenverwundung durch Berühren mit einer glühenden 666 Adolf Sperlich, Nadel erhalten hatten, und ein Gefäß mit an der Basis eines Kotyledo durch einen kurzen Längsschnitt verwundeten Keimlingen. — Die auftretenden Krümmungen zeigen keine Beziehung zur Wundstelle und unterscheiden sich an Größe fast gar nicht von den schwachen Krümmungen der unverwundeten Kontrollpflanzen. 21 i. Vom 19. III. — 22. III. 9 Keimlinge. — Die Keimlinge mit einer feinen Insekten- nadel in der Mitte der Kotyledonen durchstochen, die Nadel in der Wunde belassen. — Kein Unterschied gegenüber den unverwundeten Kontrollpflanzen. 21 k. Vom 19. III. — 22. III. 9 Keimlinge. — Die Keimlinge rotieren uuverwundet '18 Stunden, Am 21. III. erfolgt die Verwundung durch einen queren Einschnitt an der Basis eines Kotyledo. — Keine Reaktion. Ein krümmungsrichtender Einfluß durch traumatische Ein- griffe ist demnach möglich, es kann ein tropistischer Wundreiz von den Kotyledonen in die obere Krümmungszone des Hypokotyls geleitet werden. Freilich nicht in jedem Falle. Besonders wirksam sind Querverwundungen an der Basis der Keimblätter und die Amputation eines Kotyledo *) oder der zwei anstoßenden Hälften beider Keimblätter. Ganz unwirksam sind längsgerichtete Ver- wundungen und durch Berühren mit glühender Nadel an gemein- samer Flanke beider Kotyledonen erzeugte Verletzungen. Beide Keimblätter an gemeinsamer Flanke treffende Einschnitte, die in beiläufig mittlerer Höhe ausgeführt werden, wirken noch krümmungs- verstärkend, aber nicht krümmungsrichtend. Aus der Variation des Verwundungsmodus bei den Versuchen scheint mir hervorzugehen, daß erst die Verletzung der zu diesem Zeitpunkte differenzierten Leiteleinente eine tropistische Reaktion auszulösen vermag und zwar umso sicherer, je näher die Verletzung bei der Blattbasis liegt. In der oberen Hälfte der Keimblätter angebrachte Verwundungen sind wirkungslos. Der mit Rücksicht auf die Befestigung der Keimlinge in feuchtem Räume durchgeführte Versuch 21 i zeigt, daß das Durchstechen der jungen Kotyledonen mit einer Nadel auf die Krümmung des Hypokotyls keinen Einfluß ausübt. Versuch 21 k ergibt, daß eine Verwundung der Kotyledonen nur in der ersten Zeit der Entwicklung wirksam ist, während welcher der Hypokotyl wenigstens in den obersten Teilen seine ursprüngliche positiv geotropische Stimmung bewahrt. Bei normaler 1) Diesen Eingriff hatte schon Dufour (a. a. 0., S. 37) versucht. Er erhielt das gleiche Resultat freilich nicht unter Ausschluß konstant gleichsinnig wirkender Schwerkraft. über Krümniungsursaclien bei Keimstengeln u. beim Monokotyleiikeiniblatie. 557 Entwicklung ändert sich in dieser Zeit die Gestalt der Keimblätter in der in Fig. 9 C und D dargestellten "Weise. Versuche ergaben, daß Kotyledonen, welche das in Fig. 9 D dargestellte Stadium er- reicht haben, bei Verwundung nicht mehr befähigt sind, den Hypo- kotyl in seiner Krümmungstätigkeit zu beeinflussen. G. Die Krümmungstätigkeit der Kotyledonen und die gegenseitige Beeinflussung der Keimblätter. Anläßlich der Beobachtung des Aufrichtungsvorganges im Dunkeln wachsender Keimpflanzen war mir aufgefallen, daß einzelne Individuen, die sehr lange im Bereiche der Keimblattstiele einge- krümmt bheben, am Stiele des unteren Kotyledo eine ansehnliche Verdickung zeigten, ähnhch wie Sprosse, die an der geotropischeu Aufrichtung mechanisch gehindert werden. In Fig. 10 ist ein solcher Keimling abgebildet, der schließlich unter dem Einflüsse einer einstündigen Be- lichtung die Aufrichtung der Keimblätter nahe- zu vollständig erreicht hat. Die erwähnte Verdickung des zur Zeit der Krümmung unten liegenden Kotyledo ist bei h noch deutlich sichtbar. Darnach schien es, daß die Auf- richtung der eingekrümmten Keimblätter vor- züglich durch das "Wachstum des unteren Kotyledo bewerkstelligt werde, dem ein gleich- zeitiges entgegengerichtetes Krümmungsbe- streben des oberen Kotyledo hemmend und hindernd in den Weg tritt. Die im Vorher- gehenden mitgeteilten Versuche haben er- geben, daß Verwundungen, die in späteren Entwicklungsstadien an den Kotyledonen aus- geführt werden, die Einkrümmungsvorgänge nicht beeinflussen und es konnte somit daran gedacht werden, durch Abtragung eines Keimblattes zur Zeit, da die Krümmung des Hypokotylgipfels auf die sich mittlerweile ent- wickelnden Stiele der Keimblätter übergegangen, die Krümmungs- tätigkeit des verbleibenden Kotyledo unbeeinflußt zu erhalten. Versuch 22. Helianthxs-'Früchte durch 24 Stunden in Sägemehl gequollen, hierauf entschält und die Keimlinge wurzelrecht in 4 Gefäße mit Erde gepflanzt. 2 Gefäße im Lichte, 2 im Fig. 10. Nach einstund. Belichtung gerade gestreckter Gipfel eines HelianthuH - Keiml. ; a Ort der Krümmung, h die von der Hemmung durch den oberen Kotyledo her- rührende Verdickung des Stieles des unter. Kotyledo. 558 Adolf Sperlich, Dunkeln. Nach C Tagen, wobei die Krümmung des Hypokotylgiplels auf die Kofylcdouar- stlele übergegangen war, bei den Keimlingen eines Gefäßes im Liebte und im Dunkeln den nach oben sehenden Kotyledo, bei den Keimlingen des zweiten Gefäßes im Lichte und im Dunkeln den nach unten sehenden Kotyledo entfernt. Die Entfernung erfolgte am 22. III. 5 h nachm. In jedem Gefäße 9 Keimlinge. Ergebnis am 23. 111. 9 h vorm., im Lichte: 1. Bei den des unteren Kotyledo beraubten Keimlingen war die Lage des oberen Blattes stationär geblieben einmal, es hatte sich dies Blatt gesenkt bis zu 90 " zweimal, bis zu 100° einmal, bis zu 170 — 180" viermal. 1 Keimling hatte schon vor der Ent- fernung des einen Keimblattes die Vertikallage erreicht. 2. Bei den des oberen Kotyledo beraubten Keimlingen war die Lage des unteren Blattes stationär geblieben dreimal; in den übrigen Fällen hatte sich das untere Blatt über die Scheitelknospe nach der anderen Seite umgeschlagen und zwar bis zu 90° (Gesanitdreluing von der Anfangslage gerechnet 180°) fünfmal, bis zu 45° (Ge- .saiutdrehung 90") einmal. Ergebnis im Dunkeln: 3. Das obere Blatt hatte sich bei den des unteren Kotyledo beraubten Keim- lingen gesenkt bis zu 90° zweimal, bis zu 100" dreimal, bis zu 170— -ISO" viermal. 4. Bei den des oberen Blattes beraubten Keimlingen war die Lage des unteren Blattes stationär geblieben sechsmal, einmal hatte sich das Blatt bis zu 1.5" über die Slammknospe umgeschlagen, einmal bis zu 135" gesenkt. Ein Keimling hatte schon vor dem Beginn des Versuches die Vertikallage erreicht. Versuch 23. Gh'icli vorbereitetes Material. 2 Gefäße mit je 13 im Duukelii gezogenen Keim- lingen. Nach G Tagen bei sämtlichen Keimlingen das obere Blatt entfcrnf. 1 (iefäLi gleich darauf ans Licht. Beginn des Versuches 24. III. 11^" h vorm. Schon am Nachmittage hatte sich bei vielen Keimlingen im Lichte das untere Blatt gehoben. Am 25. III. 9 h vorm. zeigte sich bei den Keimlingen im Lichte das untere Blatt in sieben Fällen über dem Sproßgipfel umgeschlagen, in vier Fällen war es bis zur Vertikallage gelangt. 2 Keimlinge hatten diese schon vor dem Versuche erreicht. — Bei den Dunkel keimlingen war die Lage des unteren Blattes in einem Falle stationär geblieben, in neun Fällen hatte das Blatt die Vertikallage erreicht, in zwei Fällen hatte es sich schwach über die Gipfelknospe geneigt und in einem Falle über die Knosiie bis zu 90° umgeschlagen. Nach der Entfernung des Kotyledo auf dem Klinostaten rotierende Keimpflanzen zeigten die gleichen Erscheinungen. Die Versuche ergeben, daß die auf Grund der Verdickungs- erscheinung am unteren Keimblattstiel geraachte Annahme richtig war. Zur Zeit, da die Einkrümmung des Hypokotylgipfels unbeeinflußt von der Schwerkraft, wie wir vorhin gesehen, auf die Stiele der Keimblätter in nahezu konstanter Ebene übergegangen ist, sind die zur Gegenkrümmung führenden Wachstumsvorgänge im unteren Kotyledo schon wirksam. Das obere Keimblatt behält hingegen das über Krüniimuigsursac^ien bei Keimsteiigeln u. beim Monokotyleiikeimbiatte. 559 vom Hypokotyl übernommene und entsprechend seiner inneren Stiuktur rücksichtlich der Ebene modifizierte Krümmungsbestreben noch durch einige Zeit bei. Dieses ist in der Regel anfänglich bedeutend stärker als jenes. Das Licht beeinflußt, wie wir gesehen, dieses nicht (Vergleich von I und 3 in Versuch 22), jenes in positivem Sinne (Vergleich von 2 und 4 in Versuch 22), Daher ändert sich im Lichte das gegenseitige Intensitätsveihältnis der ein- ander widerstrebenden Krümmungen dermaßen, daß die Vertikallage als Resultierende der gegeneinander wirkenden Kräfte sehr bald erreicht wird. Diese Beeinflussung durch das Licht macht sich auch dann bemerkbar, wenn, wie in Versuch 23, die Keimlinge im Dunkeln erwuchsen und erst nachträglich dem Lichte exponiert werden. Das geschilderte Verhalten der beiden, die Einkrümmung des Hypokotyls weiterführenden Keimblätter ist meiner Meinung nach recht beachtenswert. Denn, da das obere Keimblatt ganz offenkundig die Wachstumsverhältnisse der konvexen Hypokotylhälfte übernimmt, scheint es nicht ausgeschlossen, daß wir auch in dem Wachstumsbestreben des unteren Kotyledo die Fortführung der in der konkaven Hypokotylhälfte bestandenen Wachstumstendenz vor uns haben. Darnach wäre schon vor dem Übergange der Krümmung auf die Kotyledonarstiele im Hypokotylgipfel die Tendenz zur Gegen- wirkung vorhanden, die unter dem verstärkenden Einflüsse des Ijichtes auch zum sichtbaren Effekte gelangen muß. Unter dieser Voraussetzung wäre die bei allen Versuchen zutage getretene hem- mende Wirkung des Lichtes im Prozesse der Einkrümmung und die beschleunigende Wirkung bei der Aufrichtung des Gipfels nicht auf eine Beeinflussung des Wachstums im konvex werdenden Gipfel- teile, sondern vielmehr auf eine Verstärkung jener Vorgänge zurück- zuführen, die in der gegenüberliegenden Seite durch die Einkrümmung induziert, einer entgegengesetzten Richtung zustreben. Darnach wäre schließlich die nachgewiesenermaßen unter dem Einflüsse der belichteten Kotyledonen geschwächte positiv geotro])ische Reaktion des Hypokotylgipfels nach vollzogenem Stimmungswechsel seiner basalen Teile nicht durch eine Beeinträchtigung der geotropischen Empfindlichkeit der betreffenden Zone verursacht, vielmehr da- durch, daß zu dieser Zeit das Licht der durch den Schwerkraftsreiz induzierten Bewegung hemmend entgegentritt. Zum Schlüsse möchte ich noch beifügen, daß sich die entgegen- gesetzten Wachstunistendenzen der beiden Kotyledonen auch dadurch bemerkbar machen, daß bei ursprünglich schiefer Krümmungsebene 560 Adolf Sperlich, des Hypokotyls die fest zusammenschließeudcn Kotyledonen in ihrer Ebene gegeneinander verschoben werden wie zwei gegeneinander gedrückte Platten bei nicht vollkommen normaler Wirkungsrichtuug der drückenden Kraft. H. Zusammenfassung. 1. Die Einkrümmung des Hypokotylgipfels von Helianthus annims ist in ihrer Anlage eine rein positiv geotro]jische Reaktion und als solche von der Lage der keimenden Frucht abhängig. 2. Die Einkrümmung wird verstärkt, wenn der Gipfel von der aufwärts strebenden Basis des Keimstengels durch die Erde geführt wird oder bei oberflächlicher Lage der Frucht diese an irgend einer Unebenheit des Bodens Widerstand findet. Der Zeitpunkt der Befreiung von Frucht- und Samenhülle hat auf den Verlauf der Krümmung gar keinen Einfluß. 3. Auch ohne mechanischen Einfluß und nach Verlust der })(> sitiv geotro])ischen Reaktionsfähigkeit im Hypokotylgipfel kann sich die Krümmung mäßig verstärken. Allmählich geht sie sodann vom obersten Hypokotylteile auf die sich mittlerweile streckenden Kotyledonarstiele über und stellt sich aus jeder Anfangslage in eine Ebene ein, die auf der Keimblattfläche senk- recht steht. 4. Verwundungen an der basalen Hälfte der Kotyledonen, wenn sie vor oder zu Beginn der zweiten Periode lebhafteren Hypokotylwachstums erfolgen, der Aufenthalt in einer Atherdampf enthaltenden Atmosphäre, gleichviel, zu welchem Zeitpunkte dieser einsetzt, schließlich die mangelhafte Wasserversorgung der Keimlinge veranlassen eine Einkrümmung auch ohne den Einfluß konstant gleich- sinnig wirkender Schwerkraft. Die positiv geotropische Reaktion wird durch die genannten Eingriffe jedoch nicht gestört; der an- sehnliche Krümmungseffekt unter den genannten Bedingungen setzt sich demnach aus zwei Reaktionen zusammen. 5. Zu dem unter 4 genannten Zeitpunkte an den Keimblättern angebrachte Verwundungen können bezüglich der Krümmung richtungsbestimmend wirken: die Krümmung erfolgt bei Aus- schluß anderer Faktoren von der Wundstelle weg. Es ist demnach die Fortleitung eines traumatotropischen Reizes von den Kotyledonen in die Krümmungszone möglich, am sichersten, wenn die Verwundung über Kriinimmigsursaclieu bei Kelnistengeln u. beim Monokotylenkeiinblatte. 561 die zu diesem Zeitinmkte differenzierten Leitelemente in der unteren Kotvledonarhälfte getroffen hat. 6. Das Licht als diffuses Agens wirkt, ausgenommen die Zeit des positiv geotropischen Wachstums im ganzen Hypokotyle, auf die Einkrümmungsvorgänge des Gipfels hemmend, auf die Gegenvorgänge beschleunigend ein. Diese Lichtwirkung geht von den Keimblättern aus. Die direkte Belichtung der Krümmungzsone bei verdunkelten Kotyledonen beeinflußt die Vor- gänge nicht merklich. Durch den Äther- und Verwundungsreiz und durch mangelhafte Wasserversorgung wird die Lichtwirkung bald vollständig, bald teilweise kompensiert. Die krümmungshemmende Wirkung des Lichtes bezieht sich auch auf die positiv geotropische Reaktion des H} pokotylgipfels. 7. Zur Zeit, da die Gipfelkrümmung auf die Kotyledonarstiele übergegangen ist, herrscht in diesen nachweislich eine entgegen- gesetzte Wachstumstendenz. Der obere Kotyledo führt die vom Gipfel des Stengels übernommene Krümmung gleichsinnig fort, der untere strebt, zunächst vollkommen erfolglos, nach der entgegen- gesetzten Richtung. Das Licht beeinflußt das Wachstum des oberen Kotyledo nicht, fördert hingegen das Krümmungsbestreben des unteren Kotyledo bedeutend. Die Vertikallage der Keimblätter resultiert aus der Wirkung der entgegengesetzten Kräfte und muß nach dem Gesagten am Lichte eher denn im Dunkeln eintreten. Möglicherweise herrschen die geschilderten Verhältnisse schon vor dem Übergange der Krümmung auf die Stiele der Keimblätter, wo.nach sich die von den Kotyledonen ausgehende Lichtwirkung wesentlich auf Prozesse bezöge, die, durch die primäre Einkrümmung induziert, in der konkav werdenden Seite des Hypokotylgipfels vor sich gehen. 8. Zur Geradstreckung des Hypokotyls und zur Aufrichtung der Kotyledonen, Vorgängen, denen eine Gegenkrümmung unter der Krümmungszone liegender Partien vorangeht, bedarf es des konstant gleichsinnig wirkenden Schwerkraftsreizes nicht. 9. Erhöhung und Erniedrigung der Temperatur haben auf den Ausfall und Grad der Reaktion keinen Einfluß; es werden nur die betreffenden Wachstumsvorgänge beschleunigt, beziehungsweise ver- zögert. 562 A'lolf Sperlich, II. Der Einfluß der Schwerkraft und des diffus wirkenden Lichtes auf die Gipfeleinkrümmung anderer, im Ruhezustande gerader Embryonen aus endospermlosen Samen. A. Versiiclie mit Compositeii. Anschließend an die Versuche mit Heliantlms annims wurden einige andere Compositen auf die Beteiligung des Schwerereizes und auf die Licl^twirkung bei der Gipfelkrümmung des Hypokotyls und seiner Aufrichtung untersucht. Die für den Keimstengel der Sonnenblume festgestellten Verhältnisse fand ich wieder bei C/irt/- sanfheviUDi carinaUtm Schousb., iJiinorjiliotheca phwialis Moench. und zwar bei Embryonen aus beiderlei Früchten, Onopordon Acan- fJihon L., SÜybuni Marianuin (L.) Gärtn. und bei den großen Keimlingen von Xanthium fifrumarium L. Was die zeitliche Dauer und den Grad der Eiukrümmung und was den Beginn der Auf- richtungsvorgänge anbelangt, ähnelt diese Pflanze Heliantlms am meisten. Die Keimlinge der anderen genannten Arten setzen mit der x\ufrichtung ihres Gipfels viel früher ein, so daß selbst im Dunkeln nach längstens 3 Tagen die Vertikalstellung bei allen Individuen erreicht ist. In den späteren Stadien der Entwicklung unterscheiden sich von HeliantJms rücksichtlich der Einkrümmungsvorgänge die Em- bryonen aus den schwach gekrümmten Früchten von Calcnäida offi- cinalis L. und die Keimpflanzen aus den schmalen langgestreckten Früchten von Bidens leucanfha Willd. und Tagetes patida L. Bei allen diesen tritt zu der primären, positiv geotropischen Eiukrümmung des Gipfels im Dunkeln eine viel stärkere Nachkrümmung hinzu, als wir sie unter sonst normalen Verhältnissen bei der Sonnenblume feststellen konnten. Besonders stark ist die Nachkrümmung in den Kotyledonen von Bidens, die hier in vielen Fällen zu Schleifen- l)ildung führt. Dementsprechend setzt die Aufrichtung des Hypokotyl- gipfels und der Keimblätter, welche unter konstant gleichsinnig wirkender Schwerkraft nicht früher erreicht wird als bei Rotation um die horizontale Klinostatenachse, viel später ein als bei den oben genannten verwandten Typen. Der krümmungshemmende Einfluß und die beschleunigende Wirkung des Lichtes im Prozesse der Geradstreckung des Gipfels tritt bei diesen Pflanzen besonders deutlich zutage. In längstens 48 Stunden nach Eintritt des geotro- pischen Stimmungswechsels in der Hypokotylbasis und bei Ausschluß über Krümmungsursachen bei Keimstengelii u. beim Monokotyleiikeimblatte. 563 mechanischer Hemmungen stehen die Lichtkeimlinge völlig gerade da, während hierzu im Dunkeln ö — 6 Tage benötigt werden. Schließlich fand ich Typen, die sich nicht nur in den späteren Stadien der Keimstengelentwicklung von Helianthus unterscheiden, sondern gleich in den ersten Phasen der Hypokotylstreckung ein abweichendes Verhalten zeigen. Die positiv geotropische Stimmung des Hypokotyls dauert äußerst kurz an und macht im ganzen Hypokotyl ziemlich gleichzeitig einer negativ geotropischen Stimmung Platz. Demnach erscheinen die Keimlinge aus normaler Anfangs- lage nur selten in gekrümmtem Zustande über dem Boden, vielmehr durchbrechen die Kotyledonen vom negativ geotropischen Hypokotyl gehoben am Pappusende die Frucht^) oder erscheinen bei größerem Widerstände der apikalen Wand und lockerem Boden samt der Fruchthülle über der Erde. Selbst im Dunkeln folgt darauf nur eine sehr schwache Abweichung von der Vertikalen und nicht immer. Dies Verhalten zeigten bei meinen Versuchen die Keimlinge von Crupina vulgaris Pers., Carthamus leucocmdos Sibth. et Sm. und Xcranthemum cylindraceum Sibth. et Sm. Ihre Früchte sind mit mehr oder weniger breit ausladenden Flugkelchen versehen, ihre normale Pflanzung in freier Natur muß demnach größtenteils wurzel- recht und oberflächlich erfolgen. Die kurz andauernde positiv geotropische Stimmung des Keimstengels und das fast vollständige Fehlen eines stärkeren Krümmungsbestrebens im Gipfel des Hyi)0- kotyls mag mit dieser Tatsache im Zusammenhange stehen. B. Versuche mit Cucurhita Pepo L. Abgesehen von Hemmungen durch das Substrat hat bei der Keimimg von Cucurhita die Samenschale selbst einen sehr wesent- lichen mechanischen Einfluß auf die Krümmung des Keimstengels. Die Rolle, die der eigentümliche Zapfen an der Grenze zwischen Hypokotyl und Wurzel bei der Befreiung des Keimlings von der Samenschale spielt, ist allgemein bekannt und es braucht auf die Entwicklung des geburtshelfenden Organs, das Noll als Stemmorgan bezeichnet haf^), zunächst umso weniger eingegangen zu werden, 1) Auf diesen Keiiniingsmodus macht schon Klebs aufmerksam. Beiträge zur Moriiliologie und Biologie der Keimung. Untersmh. ans dem botan. Inst, zu Tübingen, IV. Heft, 18S.'), S. G07. 2) Noll, Zur Keimnngsphysiologie der Cnciubitaeeen. I,andwirtsch. Jalirh. 1001, Ergänzungsband I, S. 145. 564 Adolf Si.eiiidi, als dies späterhin in einem besonderen Kapitel ausführlich geschehen wird. Durch den aufwärts strebenden Hypokotyl, dessen einseitig verbreiterte Basis sich gegen die untere Schalenhälfte stemmt, wird der Gipfel mit den großen Kotyledonen durch den Gegendruck der oberen Schalenhälfte scharf eingekrümmt und schließlich empor- gehoben. Zur Feststellung der Frage nach der Beteiligung des Schwerkraftsreizes an der Gipfeleinkrümmung war es daher zunächst nötig, den mechanischen Einfluß der Samenschale zu beseitigen. Zu diesem Zwecke wurden die ruhenden Embryonen nach erfolgter Quellung von der Schale befreit und in diesem Zustande weiter verfolgt. Die Quellung geschah zunächst in wurzelrechter Stellung in feuchtem Sägemehl, und erst, als sich herausgestellt hatte, daß auch ein zwei- bis dreitägiges Liegen im Wasser von keinem Einfluß auf die bei Beginn der Streckung einzuschlagende Wachstums- richtung ist, wurde diese Art der Quellung vielfach angewendet. Hierbei ist darauf zu achten, daß das Wasser, in dem die Samen liegen, ein- bis zweimal des Tages gewechselt wird, um das Auf- kommen von Fäulnisbakterien, die sich bei CucKrhifa -Samen mit ihren eingetrockneten Fruchtfleischresten außerordentlich leicht ein- stellen, hintanzuhalten. Entsprechend dem Versuche 6 mit ffeUan- /'//MS' -Keimlingen wurden die Embryonen von Ci^curJiifa auf ihr Verhalten bei Keimung auf dem Klinostaten untersucht. Es stellte sich heraus, daß der Hypokotyl zu Beginn der Streckung nicht in dem Maße kurvipetal ist wie bei Helianfhus. Sowohl in den be- lichteten als auch in den dunkeln feuchten Zylindern, die um die horizontale Achse des Klinostaten rotierten, krümmten sich die Hypokotyle nach Wachstumsbeginn sehr mäßig. Es machten sich sehr starke individuelle Verschiedenheiten bemerkbar. Unter jeder Versuchsgruppe fanden sich Keimstengel, die sich, gleichviel ob das Licht auf sie einwirkte oder nicht, überhaupt nicht krümmten, solche, die ganz schwache, der Ebene nach unbestimmte Krümmungen ausführten, und einige wenige, die als Krümmungsmaximum 90" erreichten. Im Verlaufe der Entwicklung richteten sich die Hypo- kotyle gerade und wuchsen vom kräftig entwickelten Wurzelwerke mit Wasser versorgt ohne Schädigung besonders im Dunkeln zu ansehnlicher Länge heran. Wurden Embryonen in wurzelrechter Stellung oder in verschiedener relativer Lage zur Horizontalen in fixer feuchter Kammer an den Kotyledonen festgemacht, so machten sich im Gegensatze zu Heliaiühus, dessen Hypokotyl von allem Anfange an ohne jede merkliche Abweichung von der durch den über Krüniinnugsursaclien bei Keiuistengeln u. beim Monokotylenkeimblatte. 565 positiven Geotropismus vorgezeichneten Richtung wächst, bei ein- zelnen Individuen in den ersten Phasen der Streckung schwache Abweichungen von der durch die Schwerkraft bestimmten Richtung bemerkbar. Diese glichen sich indes sehr bald aus. Jedenfalls handelt es sich hierbei um Individuen, die sich auch bei Keimung auf dem Klinostaten eingekrümmt hätten. Wenn wir Helianfhus zum Vergleiche heranziehen, so scheinen die Keimstengel von Cncurhita zu Beginn der Keimung nicht in dem Maße geotropisch empfindlich zu sein wie jene. Die negativ geotropische Reaktion in der Hypokotvlbasis erfolgt, wie noch aus späteren Versuchen hervorgehen wird, frühestens nach Ablauf von 48 Stunden seit Keimungsbeginn. Es mußte nun festgestellt werden, ob sich nach Ablauf der rein positiv geotropischen Wachstumsperiode und mit dem Einsetzen des aufwärts gerichteten Hypokotvlwachstums auf dem Klinostaten der obere Teil des Keimstengels frei von jeder mechanischen Hemmung noch einzukrümmen vermag oder nicht. Hierzu diente der folgende Versuch. Versuch 24. Cucurbita-Sa,me\i am 16. II. wurzelrecht in Sägemehl gepflanzt. Am 21. II. Keim- linge mit vollständig geradem Hypokotyl ausgewählt, entschält und in Erde gepflanzt, so daß das Hypokotyl vom Stemmorgan aufwärts in die Luft ragt. 2 Gefäße; das eine kommt auf den Klinostaten, das andere bleibt vertikal. Dunkel. Am 22.11. sind die Keimlinge noch gerade. Kotierend, 9 Keimlinge Vertikal, 9 Keimlinge 2.1. II. 3 Keimlinge im Hypokotylgipfel ge- Alle 9 Keimlinge sind im Hypokotyl- krümmt; 1 K. 45", 2 K. 20°; 6 K. ! gipfel gekrümmt; 2 K. 20", 3 K. vollkommen gerade. 45", 3 K. 90", 1 K. 100". 24. II. Die gekrümmten K. haben sich gerade ' Die Krümmung hat sich bei gestreckt, die geraden K. bleiben gerade. vergrößert. K. 25. II. Ganz schwache Krümmungen in den Koty lednnarstielen bei 4 K. Die Krümmung geht bei 8 K. etwas zurück; bei sämtlichen K. ist sie auf die Kotyledonarstiele übergegangen. Krümmungshemmende Lichtwirkung wie bei HelianthuK. Die aus den Versuchen sich ergebenden Verhältnisse erinnern vollkommen an die Ergebnisse der entsprechenden Versuche mit Helianthus (Versuch 7). Die Gipfeleinkrümmung ist auch bei Cncurhita selbst dann, wenn sie erst nach Beginn des negativ geo- Jahrb. f. wiss. Botanik, L. '->' 566 Adolf Sperlich, tropischen Hypokotylwachstums einsetzt, eine vorzüglich positiv geo- tropische Reaktion, die mitunter autonom verstärkt werden kann. Schließlich sei noch ein Versuch beigefügt, aus dem hervor- geht, daß sich die Vorgänge der Aufrichtung wie bei HeVuintlms vom Lichte beschleunigt und auch ohne die Mitwirkung konstant gleichsinnig wirkender Schwerkraft abspielen. Versuch 25. Durch 24 Stunden gequollene Cnc.i(i-hita-Sa,men am 31. XII. in Erde flacli gepflanzt; 4 Gefäße im Lichte, 4 im Dunkeln. Das scharfe Knie des Hypokotyls erschien in den Gefäßen nach 5 — 7 Tagen. Zu diesem Zeitpunkt der Keimlingscntwieklung kommen 2 Gefäße auf den Klinostaten im Dunkeln, 2 Gefäße auf den Klinostaten im Lichte, je 2 Gefäße im Dunkeln und im Lichte verbleihen in normaler Stelluno-. a) Die D u n k e 1 k e i m 1 i n g e : Rotierend Vertikal 6. I. Der sich streckende Hypokotyl führt die Kotyledonen aus der Schale. 7. I. Der Hypokotyl hat in der Haupt- streckungszone eine starke Gegen- krümraung in gleicher Ebene aus- geführt ; der obere Teil des Hypokotyls ist gerade gestreckt. 8. I. Gegenkrümmung der Hauptstreckungs- zone schwach; Hypokotylgipfel bleibt eingekrümmt, in der Mehrzahl 90°, 2 Keimlinge 120 °. Hypokotyl zirkumuutiert, Gipfel gerade. : Die Krümmung des Hypokotylgipfels ist auf die Kotyledonarstiele über- gegangen. Die Krümm, geht zurück. 9. I. Die Kotyledonen führen in ihren Stielen ' Die Keimlinge haben sich bis auf einen verschiedene unregelmäßige Bewegun- ■ gerade gestreckt. In den folgenden gen aus. i Tagen treten unregelmäßige Bewegun- I gen der Kotyledonen auf. b) Die Tj i c h t k e i m 1 i n g 0 : Rotierend Vertikal 6. I. Der sich streckende Hypokotyl führt die Kotyledonen aus der Schale. 7. I. Der Hypokotyl zeigt in der Haupt- streckungszone eine starke Gegenkrüm- mung, Gipfel vollkommen gerade gestr. Die Gegenkrümmung schwach, doch be- merkbar; Gipfel schwach eingekrümmt. 8. I. Hypokotyl in allen Teilen gerade. Alle Keimlinge gerade. 9. I. Die Kotyledonen entfalten sich bei allen Pflanzen regelmäßig. über Kriiiiiinuiigsursacheii bei Keiiiisleiigeln u. beim Moiiokotyleiikeimblatte. 567 Aus den Versuchen ergibt sich: Die Gipfeleinkrümmung der Keimpi^anzen von Cucurhita ist auch nach der Befreiung von der Samenschale eine positiv geotropische Reaktion, zu welcher sich hei manchen Individuen ein schwaches autonomes Krümmungs- bestreben gesellt. Zur Rückführung der Gipfelkrümmung, die aus jeder Anfangslage') in konstanter Ebene auf die Stiele der Koty- ledonen übergeht, genügt der Autotropismus, der zunächst in Re- gionen unterhalb der Gipfeleinkrümmung zu einer Gegenkrünimung in gleicher Ebene führt. Das Licht hemmt die Einkrümmungs- vorgänge des frei beweglichen Gipfels und beschleunigt die Vor- gänge, die zu seiner Aufrichtung führen. Ob die Lichtwirkung auch bei ('ucnrh//a von den Kotyledonen ausgeht, wurde nicht untersucht. C. Versuche mit Chirumis safinis L. Was über die Beeinflussung der Keimstengelkrümmung durch die Samenschale bei Cucurhita gesagt wurde, gilt auch für den Keimhng der Gurke. Zunächst wurden mit dieser Pflanze Versuche über die Tätigkeit des freien Hypokotyls zu Beginn seiner Streckung unter Aus- schluß einseitig wirkender Schwerkraft und unter normaler Schwerkraftswirkung bei verschiedener Anfangslage des ruhenden Embryos ausgeführt. Hierbei ergab sich ein ganz unerwartetes Resultat. Wurden die Samen, nachdem sie in wurzel- • rechter Stellung in feuchtem Sägemehl durch Fig. ii. höchstens 12 Stunden gequollen hatten, entschält Auf dem Kiinostai. ,-._^, i-ii e '• p ^ L i. Dunkeln erwachs. und die Embryonen gleich daraui, m leuchten Enibryo von (hun- Zylindern an den Kotyledonen befestigt, auf den mis aniirux. Khnostaten gebracht, so zeigte sich im Dunkeln gleich bei der nach 24 Stunden einsetzenden Kei- mung die Tendenz des Keimstengels sich einzukrümmen. Nach weiteren 24 Stunden hatte die Krümmung 180" erreicht und am dritten Tage wiesen die Keimlinge das in Fig. 11 dargestellte Bild auf. Mit nur ganz wenigen Ausnahmen sehen die Keimhnge, die doch unter Ausschluß aller wachstumsrichtender Außenfaktoren 1) Daß bei vertikaler Pflanzung der Tlypokotyl in der großen Mehrzahl der Fälle sich senkrecht zur Kotylednnenfliiche einkrümmt, ist nach den Erfahrungen mit Helianthus selbstverständlich. 37* 568 Adolf Sperlich, ihr Wachstum begonnen hatten und fortsetzten, so aus, als wären sie, wie unter normalen Verhältnissen zumeist, aus flach liegenden Samen unter dem hemmenden Einfluß der Samenschale erwachsen. Dies Ergebnis ist um so bemerkenswerter, als sich die Keimlinge in den fixen feuchten Kammern in hohem Maße geotropisch emp- findlich erwiesen. Aus jeder beliebigen Ausgangslage stellte sich der Hypokotyl gleich nach Beginn des Wachstums in die durch den i)Ositiven Geotropismus vorgezeichnete Richtung ein. Nur die vertikal fixierten Embryonen zeigten zu Beginn der Keimung kleine, eben noch merkliche Abweichungen von der Normalen, die sich sehr bald unter dem Einflüsse der Schwerkraft ausglichen. Der Keimstengel von Oucymis ist also zu Beginn der Keimung kurvi- petal, die Krümmungsebene überdies bei den meisten Individuen streng vorgezeichnet und zwar so, wie sie bei der normalen Kei- mung zumeist am sichersten zum Ziele führt. Gleichzeitig ist der Keimstengel aber auch geotropisch empfindlich, so daß unter dem Einflüsse der Schwerkraft stets nur eine streng positiv geotropische Krümmung ausgeführt wird, gleichviel, ob diese der Konstruktion der Samenschale entspricht oder nicht. Man könnte daran denken, daß das konstant gleichmäßige Ver- halten unter Ausschluß einseitig wirkender Schwerkraft keimender Embryonen auf einer Nachwirkung jenes Schwerkraftseinflusses beruhe, der zur Zeit der embryonalen Entwicklung in der reifenden Frucht auf die Keimlinge gewirkt hat. In der Tat wenden bei hängenden Gurken die Samen durchwegs ihre Breitseiten der Horizontalen zu. NoU hat zum erstenmale anläßlich seiner Ver- suche mit Cucurhita diese Möglichkeit in Betracht gezogen und der Ausschließung des genannten Faktors eigene Versuche gewidmet. Mit negativem Resultat ^). Es scheint mir der Gedanke auch schon deshalb wenig wahrscheinlich, da die Entwicklung des Embryos in der Samenknospe, soweit die bisherigen Versuche ein Urteil ge- statten"), völlig unabhängig von der relativen Angriifsrichtung der Schwerkraft vor sich geht. Viel eher haben wir in dem Verhalten des unter Ausschluß äußerer richtender Faktoren keimenden Embryos die Folge einer erblich fixierten plasmatischen Struktur zu erblicken, die sich im Zusammenhange mit der Gestaltung des Embryos und seiner Hülle ausgebildet hat. Nicht allgemein ist es bis zu einem 1) Noll, a. a. 0., S. 158. 2) Vgl. Vöchting, a. a. 0., S. 114 — 117 ii. S. 194. über Krüuiinuugsursaclieii bei Keiinstengeln u. beim ^lonokotyleiikeiniblatte. 569 solchen Grade der Ani)assuiig der inneren Wachstumsbedingungen an die morphologischen Verhältnisse gekommen. Schon Cucumis selbst zeigt Ausnahmen, wie schon hervorgehoben wurde, und gleich- zeitig sei auf Cucurbita verwiesen, deren vollkommen gleichwertigen formativen Vorgänge keine in gleichem Maße fixierten inneren Wachstumsbedingungen im Gefolge haben. Die erbhch übernom- mene Struktur ist aber auch bei Cucumis außerordentlich labil. Der Schwerereiz vermag es, sie gleich zu Beginn des Wachstums völlig zu verändern. Die am Lichte auf dem Klinostaten keimenden Embryonen von Cucumis reagieren im großen und ganzen wie die Dunkelpflanzen, nur erreicht die Einkrümmung nicht den gleichen Grad. Es mußte nunmehr untersucht werden, wie sich der Hypokotyl verhält, wenn seine Basis negativ geotropisch geworden, und wie lange seine positiv geotropische Reaktionsfähigkeit im Gipfel anhält. Dem Versuche 8 (Seite 533) entsprechend durchgeführte Versuche zeigten, daß der Gipfel des Keimstengels von Cucumis längstens 4 Tage nach Keimungsbeginn noch i)ositiv geotropisch zu reagieren vermag. Parallelversuche auf dem Klinostaten und in vertikaler Stellung mit möglichst geraden Keimlingen, die in feuchtem Säge- mehl nach Entfernung der Samenschale wurzelrecht angekeimt und hier bis zur Erreichung der negativ geotropischen Stimmung im Hypokotyl (48 Stunden nach Keimungsbeginn) belassen worden waren, zeigten, daß auch in diesem Stadium der Entwicklung die Kurvipetalität des Hypokotyls in seiner positiv geotropisch ge- stimmten Zone völlig erhalten geblieben ist. Die unter Ausschluß einseitiger Schwerewirkung nach Beginn der zweiten Periode leb- haften Hypokotylwachstums eintretenden Gipfelkrümmungen betrugen im Dunkeln zumeist 90", bei den in vertikaler Stellung wachsenden Keimhngen summierte sich dies autonome Krümmungsbestreben mit der positiv geotropischen Reaktion. Zur Geradstreckung der Gipfelzone und der Kotyledonen, auf deren Stiele wie bei den früheren Versuchspflanzen die Gipfelein- krümmung übergeht, bedarf es des konstant gleichsinnig wirkenden Schwerkraftsreizes nicht. Der Autotropismus genügt. Die bekannte Gegenkrümmung in gleicher Ebene erreicht bei Cucumis auf dem Klinostaten einen Grad, der selbst die schon Rimmer aufgefallene Reaktion des Kürbishypokotyls ') weit übertrifft. Die Aufrichtung 1) Rimmer, a. a. 0., S. 412 — 413. 570 Adolf Sporlich, des Gipfels wird nach der norinalen Befreiung der Kotyledonen von der Samenschale im Lichte in 24 Stunden, im Dunkeln nach 3 Tagen erreicht. Nach dem Vorhergehenden ist der Krümmungsvorgang im Hypokotylgipfel von Cncmiiis insofern von dem entsprechenden Vorgange bei den bisherigen Versuchspflanzen verschieden, als sich in stärkerem Maße zur positiv geotropischen Reaktion ein autonomes Einkrümmungsbestreben gesellt, das auf dem Klinostaten bei Keim- lingen, deren Hypokotyle in der Basis die geotropische Umstimmung erfahren haben, in der Gipfelzone rein zum Ausdrucke kommt. D. Versuche mit Cydantlwra explodens Naud. Mit Übergehung aller Versuche, die zu gleichen Eesultaten führten wie die entsprechenden Versuche mit Keimlingen von Cucurbita, sei gleich das hervorgehoben, wodurch sich Üydanthern von allen bisherigen Versuchspflanzen unterscheidet. Der Unter- schied liegt in dem Verhalten des eingekrümmten Gipfels erwachsener Pflanzen im Dunkeln. Während nach der normalen Hebung der Keimblätter über den Boden im Lichte die Vertikalstellung des Gipfels innerhalb 9 bis 12 Stunden völlig erreicht ist, erreicht der Gipfel im Dunkeln die Vertikallage überhaupt nicht. Ich ließ im Dunkeln erwachsene Keimpflanzen, solange sie sich überhaupt lebenskräftig und genügend fest erhielten, stehen: kein einziges Individuum konnte die Vertikallage erreichen. Es zeigte sich im Verlaufe von 9 Tagen, während welcher die Stellung des Gipfels täglich zweimal kontrolliert wurde, ein langsames und beständiges Heben und Senken der Kotyledonen im Winkelraume 90 — 180". Hierbei ging die Krümmung nicht wie sonst völlig auf die Kotyledonar- stiele über, bewahrte vielmehr ihre ursprüngliche Lokalisation so ziemlich während der ganzen Beobachtungszeit. Dementsprechend blieb auch die Einstellung in die Ebene senkrecht zur Kotyledonar- fläche bei anders gearteter Anfangslage aus. Das Hypokotylwachstum war indes, solange es die Brnährungsbedingungen gestatteten, ein völlig normales. — Dunkelkeimlinge, die vor 3 Tagen über dem Boden erschienen waren und eine Länge von 7 bis 9 cm erreicht hatten, gelangten an einem Tage von mäßiger Helligkeit um IP^h ans Licht. Ein Gefäß wurde in vertikaler Stellung belassen, eines kam nach Befestigung der etiolierten Keimlinge an Stäben auf den Klinostaten. Schon am nächsten Vormittage war die starke, ur- über KrüminungKursaclieii bei Keiiiislengeln u. beim Mouokotyleiikeiinbliitte. 571 sprünglicli 180" betragende Gipfeleinkrümmung bei den Keimlingen beider Gefäße auf 9(J*^ zurückgegangen, am Nachmittage desselben Tages hatten sich sämtliche Keimlinge fast vollends gerade gestreckt und am Morgen des folgenden Tages waren auch ihre Keimblätter auseinander gewichen. Die Aufrichtung des eingekrümmten Gipfels von Cijclanthera ist nach allem eine photonastische Erscheinung. Das Licht übt hier nicht nur eine beschleunigende Wirkung auf jene selbstregulatorischeu Vorgänge aus, die durch die primäre, positiv geotropische und autonom verstärkte Einkrümmung induziert, eine Gegenkrümmung veranlassen, sondern ist zu dieser unbedingt nötig. Das geschilderte Schwanken des Gipfels bei fortgesetztem Wachstum im Dunkeln läßt allerdings erkennen, daß sich auch bei Cijdanthcrd Gegenbestrebungen selbstregulatorisch einstellen, die indessen erst und nur unter dem Einflüsse des Lichtes zur völligen Überwindung der primären Einkrümmungstendenz gelangen. Eine weitere Analysis des photonastischen Vorganges war nicht beab- sichtigt. E. Versuche mit Srahiosa lyrolifera L. Obwohl die Samen der Dipsaceen nicht endospermlos sind, läßt sich Scahiosa 2)>'oUfera dennoch an die vorhergehenden Versuchs- l)flanzen anreihen. Ihr Same ist fast vollständig vom großen Embryo ausgefüllt, der sich, wie die Versuche zeigten, auch losgelöst vom unansehnlichen Endosperme normal entwickeln kann. Durch den Umstand, daß der ruhende Embryo das Wurzelende gegen den Flugkelch der Frucht gerichtet hat und daher in freier Natur zu- meist in inverser Stellung zu keimen genötigt ist, wird die Frucht von Scabiosa zum Gegenstück der mit Flugkelch versehenen Com- positenfrüchte. Der folgende Versuch zeigt das Verhalten der Embryonen bei Keimung unter Ausschluß konstaut gleichsinnig wirkender Schwerkraft. Versuch 26. Früchte von Scabiosa wurden zu leichterer Fixierung mit der Nadel auf Kork des weitabstehendeu Flugkelches vorsichtig beraubt und von Vor- bis Nachmittag in Wasser gequollen. Hierauf wurden aus der Hälfte der Früchte die Embryonen herauspräpariert. Die gequollenen Früchte und die Keimlinge kamen in je 2 feuchte Zylinder, davon je einer auf den Klinostaten im Lichte, je einer auf den Klinostaten im Dunkeln. Beginn der Rotation 7 h nachm. am 9. II. 11.11. Die freipräparierten Keimlinge sind von gestern auf heute gewachsen und hakenförmig gekrümmt. 12. II. Die Krümmung verstärkt sich. 672 Adolf Sperlicli, 13. II. Aus den rotierenden Früchten lugen die Würzelclien heraus. 14. Tl. Die freipräparierten Keimlinge sind im oberen Hypokotylteile gekrümmt, die Hauptstreckungszone des Hypokotyls bleibt gerade. — Die Keimlinge mit Fruchtschalen haben gekrümmte Hypokotyle. 15. II. Außer der ersten scharfen Krümmung, die sich zusehends verstärkt und auf die Kotyledonarbaseii übergeht, ist an dem sich streckenden Hypokotyle keine Krümmung bemerkbar. IG. II. Die Keimlinge kränkeln. Der Versuch wird abgebrochen. Die erreichten Krümmungsmaxima betragen 90 — 180° fvgl. Fig. 12). Im Lichte und im Dunkeln kein wesentlicher Unterschied während des ganzen Versuches. Der Versuch zeigt, wenn wir von der Ausbildung des Ring- wulstes an der Grenze zwischen Hypokotyl und Wurzel zunächst absehen, daß bei Scabiosa in ähnlicher Weise wie bei Cucumis ohne Veranlassung durch äußere Faktoren so- fort bei der Keimung ein konstantes, den eingangs erwähnten morphologischen Verhältnissen der ruhenden Frucht ent- sprechendes Krümmungsbestreben in Ak- tion tritt. Wie bei der Gurke werden wir auch für das Verhalten des keimenden Embryos von Scahiosa eine erblich fixierte plasmatische Struktur als Ursache anzu- nehmen haben, die sich im Zusammen- hange mit den gestaltlichen Verhältnissen und in Abhängigkeit von diesen ausgebildet hat. Aus dem nun folgenden Versuche wird sich ergeben, daß im Gegensatze zu Cucumis, bei dem wir die sofortige Ver- schiebung der inneren Konstellation durch die Wirkung der Schwer- kraft feststellen konnten, bei Scahiosa das fixierte autonome Krüm- mungsbestreben durch die Wirkung der Schwerkraft nicht voll- ständig unterdrückt werden kann. Versuch 27. .S'ca&iosa-Früchte wurden wie für Versuch 2G vorbehandelt. Sie kamen am 10. IL mit Nadeln wurzelrecht auf Kork befestigt in feuchte vertikale Zylinder. Da die Keimung sehr ungleichzeitig erfolgte, sei der Einfachheit halber das Schicksal eines Keim- lings als Beispiel wiedergegeben. Es verhielten sich die übrigen Individuen im Verlaufe ihrer Entwicklung ähnlich. 1.3. IL Das Würzelchen erscheint. 14.11. Hypokotyl 2 mm lang, Wurzel l'/2 cm; beide genau vertikal abwärts gerichtet. Fig. 12. Auf dem Klinostaten im Tages- lichte erwachsene Embryonen von Scahiosa ijrolifero, 6 Tage alt. s das ringförmig ent- wickelte geburtshelfende Organ. über Krümmung.sursachen bei Keinisteiigelii u. beim Monokotyleniieiiublatte. 573 15.11. Knapp unter den Kotyledonen hat sich das Hypokotyl selir stark auf- gekrümmt. IG. II. Hypokotyl wieder genau senkrecht nach abwärts gerichtet. Gegen Abend beginnt an der Basis des Hypokotyls die negativ geotropische Aufkrümmung sichtbar zu werden. 17. 11. Die negativ geotropische Aufkrümmung schreitet apikalwärts vor. Nach Schluß des Versuches wurden die Kotyledonen aus der Fruchtschale gezogen ; es war die erste Krümmung (vom 15. II.; noch deutlich an den Stielen erkennbar; sie erfolgte regelmäßig senkrecht zur Kotyledonarfläche. Wir sehen, daß der Keimstengel von Seabiosa zu Beginn des Wachstums positiv geotropisch ist. Nach Ablauf von etwas über 24 Stunden wird aber trotz der Schwerkraftswirkung das durch innere Bedingungen geschaffene Krümmungsbestreben offenbar. Die Hebung der Wurzel durch die autonome Krümmung des Hypo- kotyls beträgt bis zu 100". Noch ist die Zone positiv geotropisch und die Einkrümmung des Hypokotyls wird durch den Schwerkratts- reiz in die vertikale Lage zurückgeführt. Wenn wir uns anthro- pomorph ausdrücken, so können wir sagen: Das Verhalten des Embryos bei der Keimung aus zwar wurzelrecht aber ungewohnt fixierter Frucht ist dem Verhalten eines Menschen vergleichbar, der nach Übersiedlung aus dem rechten Hausflügel in den linken beim Nachhausekommen regelmäßig rechts geht und erst durch bewußt- werdende Sinneseindrücke der veränderten Sachlage gerecht wird. Der folgende Versuch zeigt schließlich, daß selbst die optimale geotropische Reizlage das fixierte Krümmungsbestreben nicht völlig zu unterdrücken vermag. Versuch 28. .s'c'aöi(wa- Früchte wurden wie für Versuch 26 vorbehandelt. Am 11. 11. wurdmi .sie in feuchtes Sägemehl wurzelrecht gepflanzt. Am 13. II. wurden Früchte mit 'J mm langem und solche mit 7 mm langem Würzelchen (der hervorragende llypokotylteil hinzu- gerechnet) ausgewählt und wurzelrecht in Gefäße verpflanzt, die im Dunkeln sofort in horizontale Lage kamen. 14, II. Die längeren Keimlinge: Wurzeln positiv nach abwärts gekrümmt, Hypoko- tyle unverändert horizontal. Die kürzeren Keimlinge: Hypokotyl und Wurzel positiv geotropisch gekrümmt. 15. II. Die längeren Keimlinge: An der Basis des Hypokotyls negativ geotropisch aufgekrümmt; am Gipfel um 90° gekrümmt unabhängig von der Schwer- kraftsrichtung, stets senkrecht zur Ebene der Kotyledonen. Die kürzeren Keimlinge: Hypokotyl in der Schwerkraftsrichtung S-förmig gekrümmt. IG. II. Die längeren Keimlinge: Unverändert. Die kürzeren Keimlinge: Neben der primären positiv geotropischen Ein- krümmung die autonome Krümmung senkrecht zur Kotyledonarebene, was zur Schiefstellung verschiedenen Grades führt. 574 Adolf S|ierlirh, Die Aulkrüiumimg der Keimlinge geht am Lichte nach Er- reichung des Krümmungsmaximums in 3 bis 4 Tagen sowohl in vertikaler Stellung als auch auf dem Klinostaten vor sich. Im Dunkeln führt die Krümmung des Hypokotylgipfels in Einzelfällen bis zu schwacher Schleifenbilduug. Die Geradstreckung erfolgt in 3 bis 4 Tagen, wobei au der Übergangsstelle der Kotyledonar- stiele in die Spreiten eine schwache Knickung übrig bleibt. Bei Versuch 28 wurde durch die Auswahl ungleichzeitig ge- keimter Individuen der Zeitpunkt für den Verlust der positiv geotropischen Stimmung im Hypokotyl getroffen. Die positiv geo- tropiscbe Stimmung hält im Keimstengel von Scahiosa sehr kurz an. Die längeren Keimlinge, die frühestens 48 Stunden nach Keimungsbeginn zum Versuche verwendet wurden, zeigten gar keinen positiven Geotropismus mehr; zu dieser Zeit machte sich aber das autonome Krümmungsbestreben in aller Stärke bemerkbar. Etwas vorher reagieren, wie der Versuch mit kürzeren Keimlingen zeigt, die Pflanzen im Gipfel des Keimstengels nach Horizoutalleguug zunächst exakt positiv geotropiscli, gleich darauf tritt auch bei diesen, sichtHch mit dem Verschwinden der positiv geotropischen Stimmung, das autonome, von der Schwerkraft unabhängige Krüm- mungsbestreben zutage. Die Gipfeleinkrümmung von »S'ca/^/o^rt-Keimpflanzen ist demnach eine der Ebene nach konstante, durch erbhch fixierte innere Ur- sachen hervorgerufene Reaktion, die nur in ihrer Anlage während der kurz andauernden positiv geotropischen Stimmungsperiode des ganzen Hypokotyls und seiner oberen Teile beeinflußbar ist. Das Licht übt weder auf die Einkrümmungsvorgänge noch auf die darauf folgende autotrope Aufrichtungsbewegung einen merk- lichen Einfluß aus. Anschließend möchte ich bemerken, daß Orientierungsversuche mit Samen von Borrago officinalis L. und von L'mum usitatissimum L. ähnliche Verhältnisse ergeben haben wie die Versuche mit HeJianthtis- Früchten; deswegen wurde von einer genaueren experimentellen Behandlung des Krümmungsvorganges bei den Hypokotylen der genannten Keimlinge abgesehen. F, Ziisanimenfassmig;. 1. Die geraden Keimlinge endospermloser Samen verhalten sich, soweit die untersuchten Typen ein Urteil gestatten, rücksicht- iUiei* Krüinmung-sur.sachnii bei Keimstengolii ii. beim Mnnnkotylenkeiinblatte. 575 lieh der Einkrümmung des Gipfels ihrer Keirastengel mit gering- fügigen Unterschieden so wie die Keimlinge von Helianthua annuiis. Die Unterschiede betreffen den Zeitpunkt des Einsetzens jener selbstregulatorischen Gegenbewegung, die zur Aufrichtung des Gipfels führt, und den Grad der autonomen Verstärkung der fast durchwegs in der Anlage positiv geotro])ischen Reaktion. Von besonderem Interesse mußte das Verhalten des Keim- stengels solcher Typen sein, deren Frucht- oder Samenbau in freier Natur eine mehr oder weniger konstante Ausgangslage für den keimenden Embryo schafft. Es wurde gefunden: 2. Compositen mit breitem Flugkelche bewahren ihre positiv geotropische Stimmung im Gipfel des Hypokotyls nach vollzogenem Stimmungswechsel des Organs nicht. Sie erscheinen demgemäß nur selten und dann in schwachem Grade eingekrümmt über dem Boden. 3. Cucurhitd -^y^okoijXe und Hypokotyle von Cyclaidliera cxjdodens reagieren trotz ihres eigentümlichen Keimungsmodus wie die Keimstengel von Helianthus. 4. Der Hypokotyl von Cucumis sativum führt unter Ausschluß sämtlicher wachstumsrichtender Faktoren konstant und vollkommen jene Bewegung aus, die er bei Keimung aus flach liegendem Samen auf Grund der hierdurch geschaffenen Bedingungen ausführen muß. 5. Die erblich fixierte innere Struktur ist im Embryo von Cucumis außerordentlich labil. Der Schwerkraftsreiz vermag sie zu Beginn der Keimung völlig zu verändern. 6. Der Keimstengel von Scabiosa proliferu. deren Embryonen bei Keimung in freier Natur das Würzelchen gewöhnlich zenithwärts gerichtet haben, führt sowohl bei Ausschluß aller wachstums- richtender Faktoren als auch unter normaler Schwerkraftswirkung eine Krümmung bis zu 180'* in konstanter, senkrecht zur Kotyledonar- fläche orientierter Ebene aus. Diese kann unter dem Einflüsse der Schwerkraft während der kurz andauernden positiv geotropischen Stimmungsperiode des Organs vorübergehend in anderer Ebene eingeleitet werden. Bezüglich der L i c h t w i r k u n g verdient hervorgehoben zu werden : 7. Bei der Einkrümmung und den Aufrichtungsvorgängen ist ein merklicher Einfluß des Lichtes auf den Keimling von Scahiosa prolifera nicht vorhanden. 576 Ailolf Sperlicli, b. Der Giplel des Keimstengels und die Kotyledonen von Cijclaidhcia explodens können sich nur unter der ditiusen Einwirkung des Lichtes aufrichten. Der Vorgang ist bei der genannten Pflanze eine photonastische Bewegung. iil. Die Gipfelkrümmung des Hypol und c die Synimetrieebene war normal u. zw. lag bei h die Wurzelseite des Samens nach oben, bei c nach unten, a w. h Ansicht von vorn, c von der Seite. 578 ■'^^l"'!' Siierlich, wurden, durchgeführte Versuche ergaben, daß das positiv geotro- pische Wachstum im Hypokotyle von Sinajns längstens 7 Stunden währt; eine Beeinflussung der apikalen Zone des Keim- stengels im Sinne des positiven Geotropismus konnte nach Ablauf dieser Zeit bei veränderter Angriffsrichtung des Reizes nicht mehr konstatiert werden. Die Umstimmung erfolgt demnach von der Basis des Organs ausgehend so rasch, daß das gleichzeitige Einsetzen einer positiv und negativ geotro- pischen Reaktion am Keimstengel nicht zur Beobachtung gelangen kann. Die zu Beginn der Keimung erzielte positiv geotropische Krümmung erhält sich durch einige Zeit und wird, wie die Versuche mit Keimlingen in vertikaler Stellung und mit rotierenden Pflanzen zeigen, bald durch selbstregulatorische Vorgänge, die im Lichte gefördert erscheinen, ausgeglichen. Die Ergebnisse meiner Versuche entsprachen den allgemeinen Erfahrungen mit Keimlingen von Sinapis nicht. Vor allem ist bekannt, daß Keimpflanzen des Senfs, die zu verschiedenen Ver- suchen Verwendung finden, meist im Gi])fel sehr bedeutende Ein- krümmungen zeigen. Nicht selten ist der Gipfel von Dunkelkeim- lingen spiralig eingedreht, ein Zustand, der sich viel länger hält, als es bei meinen Versuchspflanzen der Fall war. Zunächst dachte ich, den stärkeren Grad der Einkrümmung dadurch zu erhalten, daß ich die Samen tiefer und fester in das Erdreich pflanzte. Die betreffenden Versuche ergaben, daß wie bei Helinttthus die mecha- nische Hemmung durch das Substrat die Gipfeleinkrümmung des aufwärts strebenden Gipfels wohl zu vergrößern imstande ist, nicht jedoch in dem Maße, daß sie dem bekannten Bilde entspräche. Aufklärung brachten erst Versuche mit verschiedenem Sub- strate. Keimlinge, die auf feuchtem Filtrierpai)ier in feuchtem Räume erwuchsen oder in Sägemehl wurzelten, zeigten die Spiral- eindrehungen des Gipfels in gewohnter Weise, gleichviel, ob sie sich in normaler Stellung oder auf dem Klinostaten, im Tageslichte oder im Dunkeln befanden. Es wurde noch untersucht, ob sich die starken Einkrümmungen nicht auch bei normaler Bewurzelung in Erde einstellen, wenn die Keimpflanzen in absolut feuchter Atmosphäre wachsen. Mit negativem Resultat. Es ist somit die vielfach beobachtete starke Einkrümmung des Hypokotylgipfels eine von Schwerkraft und Licht und direkt vom Feuchtigkeitsgehalte der Luft unabhängige Erscheinung, die, wie sich schon aus ent- sprechenden Versuchen mit Heliantlnis (Versuch II, Seite 537) über Krünimungsursachen bei Keimstengelii u. beim Moiiokotyleiikeiiublatte. 579 ergeben hat, durch ungenügende Wasserversorgung der Wurzel hervorgerufen wird. Dies resultiert auch aus Versuchen mit Aussaaten verschiedener Dichte. Werden Sinapis-Ssimen dicht in Erde gesät, so ist die Zahl der Keimlinge mit stark eingekrümm- tem Gipfel eine umso größere, je dichter die Pflanzung erfolgte. Die Wurzeln verfilzen sich in diesem Falle mit ihren Wurzelhaaren dermaßen, daß nur ein kleiner Teil der Behaarung in normaler Weise mit den wasserumschlossenen und -durchtränkton Erdpartikeln in Berührung kommt. Der folgende Versuch möge noch zeigen, welche Bedeutung dem Schwerkraftsreize für die normale Keimung der Samen von Shinp is zukommt. Versuch 29. Am 5. XII. wurden durch 3 Stunden gequollene Samen in fencliten Zylindern aul' Kork mit Nadeln befestigt. Ein Zylinder kam nni !) Ii naehni. auf den Kliiiostaten im Lichte, ein Zylinder auf den Dunkelklinostaten. Gleichzeitig je ein Zylinder in normaler Stellung im Lichte und im Dunkeln. Rotierend Vertikal Licht (10 Samen) Dunkel (10 Samen) Licht (12 Samen) Dunkel (11 Samen) G. XTL 3 keimen ; es sind dies die gestern bei der Vorbereitung des Ver- suches zuerst angesteckt., deren Würzelchen in der Testa sich schon deutlich vergröß. zeigte. Kein Same keimt. 4 keimen 3 keimen 7. XIL 6 Samen gekeimt (im ganzen). Bedeutende Hypokotylkrünnn. zumeist in einer Ebene senk- recht zur Kotyledonarfläche. .S Samen haben gekeimt: Krümmungen des Hypo- kotyls wie im Lichte. 10 Keimlinge 0 Keimlinge 8. XIL Keine neue Keimung. Primär- krümmung im Hypokotylgipfel vergrößert, in der Haupt- streckungszone schwache Krüm- mungen (Fig. 14 .4 u. 5) ')• Im ganzen 4 Keimungen. Hypokotylkrümmungen stärker als im Lichte (Fig. 14 f u. D) 1). 11 Keimlinge 0 Keimlinge 9. XII. Keine neue K 2 Samen klaffend; Zustand des Ilypokotyls und Würzelchens Fig. 14 i*:. äimung. 4 Samen klaffend. Kein Z uwaclis 1) Die starken Einkrümmungen im späteren Verlaufe der Entwicklung sind größten- teils auf die zunehmende Verschlechterung der Wasserversoiguug zurückzuführen. 680 Adolf Sperlich, Aus dem Versuche geht hervor, daß in sehr vielen Fällen zur prompten und normalen Befreiung des Würzelchens und des hierbei besonders beteiligten Hypokotyls das durch die Schwerkraft gerich- tete Wachstum unbedingt notwendig ist. Das mechanische Hindernis, das dem mit der Streckung einsetzenden Keimsprosse in der Samen- schale entgegentritt, kann nur dann sicher überwunden werden, wenn von allem Anfang an jede Abweichung durch den Schwer- kraftsreiz korrigiert und hiermit die Stoßkraft der wachsenden Teile voll und ganz gegen die Schalenwand gerichtet wird. Wie bei Hdianthus ist der Keimslengel von Hinapis zu Beginn der Keimung kurvipetal; während jener aber auch ohne den richtenden Einfluß der Schwerkraft in dem konischen basalen Fruchtraume passiv zur Kegelspitze geführt wird und hierauf das Würzelchen stets in ge- wohnter Weise hervorschieben kann, ge- hngt das gleiche diesem den veränderten gestaltlichen Verhältnissen entsprechend nur selten. Ich habe den geschilderten Versuch noch öfters wiederholt und ein- mal derart variiert, daß ich bei jedem gequollenen Samen vor Beginn der Ro- tation an der Wurzelseite der Samenschale vorsichtig, ohne den Embryo zu verletzen, einen Keilschnitt anbrachte. Aus derart behandelten Samen brach der Hypokotyl mit dem Würzelchen bei Rotation auf dem Klinostaten zwar in gekrümmtem Zustande, doch immerhin ohne bedeu- tende Verzögerung aus der Schale her- vor. Anläßlich der Vorbehandlung dieser Samen konnte ich beobachten, daß das Würzelchen des ruhenden Embryo bei Beginn der Kejimung nicht immer gleiche Verhältnisse antrifft. Manchmal liegt die Wurzelspitze im ruhenden Samen unter den Rändern der zurück- geschlagenen Kotyledonarhälften, manchmal ist sie frei. Daß bei jenen die mechanische Hemmung zu Beginn der Keimung eine stärkere sein muß als bei diesen, ist klar. Schließlich sei im Ver- gleiche mit dem Verhalten der unter Ausschluß gleichsinnig wir- kender Schwerkraft keimenden Samen von Sinapis noch auf die bekannten Ergebnisse der entsprechenden Versuche mit Cnnimis- ^ Samen und ASVft?^/o.^a- Früchten hingewiesen. Fig. 14. .'5 — 4 Tage alte auf dem Klino- staten erwachsene Keimlinge von S'mapis (dba, A n. B im Tages- lichte, C und 1) im Dunkeln. E Embryo , dessen Hypokotyl und Wiirzelchen fherauspräpar. bei r) nicht aus der Samenschale herausfinden konnten. über Krüiuimiiigsursaclieii bei Keinisleiigelu u. beim Miuiokotyleiikeiiiiblalte. 581 Zur sicheren Erzielung der Befreiung von Frucht- und Samen- hüllen bei der Mehrzahl jener die Notwendigkeit des geotro- pischen Reizes gleich beim Einsetzen der Wachstumsvorgänge, bei diesen die völlige Unaljhängigkeit von der gleichzeitig wirkenden Schwerkraft infolge erblich fixierter konstanter, im Effekte allerdings in gewissem Grade beeinflußbarer, innerer Wachsturas- ursachen. Ganz dieselben Versuche wurden mit Samen und Keimlingen von LejjidiuDi sativiiin L. und Barharea vulgaris R. Br. ausgeführt. Jenes gehört bekanntlich zu den Notorrhizae, diese zu den Plruro- rhlzae. Es ergab sich die Frage, ob die relative Lage des Würzelchens zu den Kotyledonen im ruhenden Samen für den Ausfall der Gipfel- einkrümmung irgendwie von Belang sei. Um nicht Gleiches und Ahn- liches allzuoft zu wiederholen, sei gleich gesagt, daß die Versuche so- wohl rücksichtlich des Verhaltens des Keimstengels bei der Keimung als auch im späteren Verlaufe der Ent- wicklung im großen und ganzen so ausfielen wie bei Sinapis. Die Ab- hängigkeit der Gipfeleinkrümmung von der primären positiv geo tropischen Reaktion des Hypokotyls zeigt für Bar- harea Fig. 15, Z), ^u. F. Diese Bil- der mit Fig. 15 C verglichen zeigen ganz deutlich, wie die primäre positiv geotropische Krümmung des Hypoko- tyls unter gleichzeitiger Rückführung der Einkrümniung des ruhenden Embryos allmählich vollständig den apikalen Teil des Keimstengels erfaßt und auch nach erfolgter Umstimmung des Organs einige Zeit hindurch beibehalten wird. Während aber bei Sinapis dieser Zustand nur kurz währt und die selbstregulatorischen Gegenvorgänge sehr bald mit sichtlichem Erfolge einsetzen, behalten die Gipfel der Hypokotyle von Lepidiihn und noch mehr von Barharm die Ein- krümmung viel länger bei. Und erst in dieser Zeit wird die ur- sprüngliche relative Lage der Kotyledonen im ruhenden Samen neuerdings offenbar. Beim Übergänge der apikalen Hypokotyl- Jahrli. f, wiss. Botanik. L. ^^ Fig. 15. Keimlinge von Barharea vtdgarls. A 3 Tage alte, auf dem Klinostaten im Tageslichte, B im Dunkeln er- wachsene Keimlinge. G Keimung aus schräg fixiertem Samen. £», E, F aus horizontal gepflanzten Samen er- wachsene Keimlinge u. zwar D u. E (He Kotyledonarfläche parallel mit der Horizontalen, F normal darauf; An- sicht bei allen dreien von vorn. 582 AJolf Sperlicli, krümmung auf die mittlerweile sich streckenden Kotyledonarstiele, ein Vorgang, der unabhängig von der Schwerkraft in normaler Stellung und bei Rotation auf dem Klinostaten vor sich geht, stellt sich die Krümmung aus jeder Anfangslage in eine konstante, durch die jeweilige Lage des Embryos im ruhenden Samen gegebene Ebene ein: bei Lepidkim senkrecht zur Kotyledonarfläche, bei Barharea in die Ebene der Keimblätter. Die Aufrichtung wurde bei Lepidium unter den gegebenen Bedingungen im Lichte 24 Stunden, im Dunkeln frühestens 60 Stunden nach erfolgter geotropischer Umstimmung im Keim- stengel erzielt. i?«r7>area- Keimlinge brauchten hierzu im Lichte nach einigen Schwankungen der Keimblattstielchen durchschnittlich 3 Tage; im Dunkeln, wo der Krünimungszustand der Stiele noch viel stärker schwankt, wird die Vertikal- stellung der Kotyledonen überhaupt nur sehr selten vollkommen erreicht. Über die Krümmungen bei Ausschluß einseitiger Schwerewirkung erwachsener Em- bryonen von Barharea orientiert Fig. 15 ^1 (Licht) und B (Dunkel); zur Befreiung des Hypokotyls mit seinem Würzelchen von der Samenschale ist der Schwerkraftsreiz nicht nötig. Zu Beginn des Wachstums ist der Keimstengel unbestimmt kurvipetal; die starken sekundären Krümmungen dürften wie bei *SV- napis auf die zunehmend mangelhafte Wasser- versorgung der in den feuchten Zylindern wachsenden Pflanzen zurückzuführen sein. Lepidinvi -Samen brachte ich trotz mehrfacher Bemühungen in feuchtem Baume nicht in entsprechender Weise zur Keimung. Die stark quellende äußere Schleimschichtc der Samen ist ein außerordentlich günstiger Nährboden für Bakterien, deren Tätigkeit auch den Embryo nicht unbeeinflußt läßt. Fig. IG. IpoDiiiea piirjiiirfa. a die Stellung des Embryos im ruhenden Samen , Ansicht auf die Symmetrieebene. h 3 Tage alter, auf dem Klinostaten im Tageslichte erwachsener Keimling. B. Versuche mit Ipomoea purpured Lain. Das Verhalten der Keimpflanzen bei Keimung auf dem Klino- staten zeigt der folgende Versuch. Versuch 30. Durch 4 Stunden gequollene Samen am 13. II. mittags in 2 feuchten Zylimlern mit Nadeln auf Kork befestigt; gleich darauf kamen die Gefäße auf die beiden Klinostaten, über Krüiiiiiunigsiirsachen bei Keinistcngeln u. beim Monokolyleiikeiinblatte. 583 Licht (6 Samen) Dunkel (5 Samen) 14. IL .3 Samen keimen ; Hypokotyl und Wurzel 4 Samen keimen; Hypokotyl und vollkommen gerade. Wurzel vollkommen gerade. 15. II. 2 neue Keimungen. 2 Keimlinge stark, 2 K. schwächer 2 Keimlinge mit stark gekrümmtem im Hypokotylgipf el eingekrümmt. Hypokotylgipf el, 2 mit schwächerer Die Krümmungsebene wie im Lichte. Krümmung. Die Krümmung durch- wegs senkrecht zur Fläche der Keim- blätter. IG. II. Die Krümmung im oberen Teile des Keimstengels bleibt stationär; der Hy- pokotyl im übrigen stark gestreckt (Fig. IQb). Wie im Lichte. Wir entnehmen dem Versuche, daß der Hypokotyl von Jpomoea zu Beginn der Keimung vollkommen rektipetal ist; nach Ablauf von beiläufig 24 Stunden setzt im Lichte und im Dunkeln eine scharfe Krümmung im oberen Teile des Keimstengels ein und zwar konstant in einer Ebene senkrecht auf die Kotyledonarfläche. Die übrigen Teile des sich streckenden Keimstengels bleiben zumeist gerade, später tritt in Zonen unterhalb der Primärkrümmung die bekannte Gegenkrümmung in gleicher Ebene auf. Es war nun zu untersuchen, ob die nach Ablauf einer gewissen Zeit im oberen Hypokotylteile auftretende autonome Einkrümmung auch dann eintritt, wenn die erste Streckung unter konstantem Einflüsse der Schwerkraft erfolgt und ob sie von der Schwerkraft in ihrer Ebene beeinflußbar ist. Vorher konnte durch Versuche im feuchten Räume festgestellt werden, daß der Hypokotyl in den ersten Stadien der Streckung exakt positiv geotropisch reagiert und daß seine Umstimmung in den basalen Zonen nach Ablauf von beiläufig 24 Stunden, also zu jenem Zeitpunkte eintritt, da sich auf dem Klinostaten die konstante Einkrümmung im Hypokotylgipf el bemerkbar gemacht hatte. Zur Beantwortung der ersten von den oben aufgeworfenen Fragen diente sodann der folgende Versuch. Versuch 31. Kurze Zeit gequollene ij^omoca- Samen verblieben durch 48 Stunden möglichst wurzelrecht in feuchtem Sägemehl. Am 20. IL wurden Keimlinge mit möglichst geradem Hypokotyl und Würzelchen (Gesamtlänge 1 cm) vertikal in Erde gepflanzt und zwar so, daß die Testa frei in die Luft ragte. Am Abend gelangten die Gefäße auf den Klino- 38* 584 Adolf Sperlich, staten. Der Winkel zwischen der Vertikalen und dir Längsachse der Testa betrug zu dieser Zeit im Maximum 30°. Diese Abweichung ist eine positiv geotropische Reaktion des Keimstengels zu Beginn der Keimung, die sich mit Rücksicht auf die Gestalt des Samens und des ruhenden Embryos (Fig. 16«) kaum vermeiden läßt. 21. II. Keine Veränderung. 22. II. Bei 4 Keimlingen Gipfelkrümmung des Hypokotyls 80 — OO", bei 3 K. 12()", bei 1 K. 180". Krümmungen durchweg senkrecht zur Ebene der Kotyledonen. Die sich entfaltenden Keimblätter sprengen die Testa. Die bei Keimung auf dem Klinostaten eintretende Einkrümmung der oberen Teile des Keimstengels erfolgt somit auch, nachdem die erste Entwicklung unter dem Einflüsse der Schwerkraft statt- gefunden hat, in konstanter Ebene und, wie aus den Versuchen im feuchten Räume bei konstant gleichsinniger Schwerkraftswirkung hervorgeht, nach vollzogener geotropischer Umstimmung in den basalen Teilen des Keimstengels. Versuche mit horizontal gelegten Gefäßen, in welche zuvor die Samen wurzelrecht, doch in verschiedener Lage gepflanzt worden waren, ergaben, daß die primäre positiv geotropische Krümmung auf das nach erfolgter Umstimmung der basalen Teile einsetzende autonome Krümmungsbestreben des Hypokotylgipfels von Einfluß ist. Die aus diesen Gefäßen emporwachsenden KeimUnge hatten ihren Gipfel zunächst durchwegs im Sinne des positiven Geotropismus gekrümmt. Bemerkenswert war aber der Grad der Einkrümmung: aus Samen, deren Symmetrieebene in der Ausgangslage senkrecht zur Horizontalen orientiert war, erwachsene Keimlinge zeigten eine weit stärkere Einkrümmung als solche, die zu Beginn in anderer relativer Lage zur Horizontalen zu liegen gekommen waren. Bei diesen folgte sehr bald die Schiefstellung und die schließliche Ein- lenkung in die konstante Ebene der autonomen Krümmung. Wir sehen daraus, daß die Beeinflussung der Gipfeleinkrümmung bei Ipoiiwea durch den positiven Geotropismus des Keimstengels während seiner ersten Streckungsperiode keine sehr weitgehende ist. Eine weitere Ü'rage ist nun die , ob die nachgewiesene Beeinflussung dadurch zustande kommt, daß der Gipfel zur Zeit der geotropischen Umstimmung in den basalen Teilen wie bei TTelianf/nis und vielen anderen Keimlingen noch positiv gcotropisch zu reagieren vermag oder ob es sich hierbei wie bei den Cruciferen nur um ein tempo- räres Verharren in einem Krümmungszustande handelt, der in den betreffenden Regionen in der ersten Periode lebhaften Hypokotyl- wachstums geschaffen worden war. Zur Klarstellung des Sach- über Krüinuiuiigsuisachen bei Keinisteugeln u. beim MÖnokotylenkeiiiiblatte. 585 Verhaltes wurden Keimpflanzen, die so weit iu feuchtem Sägemehl herangezogen wurden wie für Versuch 31, und etwas ältere nach Verpflanzung in Erde horizontal gelegt, selbstverständlich nur so, daß die Ebene der Schwerkraftsrichtung nicht mit der Ebene der autonomen Krümmung zusammenfiel: eine positiv geotropische Reaktion erfolgte in den apikalen Teilen des Keimstengels nicht mehr. Einige wenige reagierten in der Basis noch schwach positiv geotropisch — sie befanden sich im Zustande des verzögerten Wachstums nach Ablauf der ersten Streckungsperiode — die Mehr- zahl reagierte in der Basis negativ geotropisch und vollzog im Gipfel die Einkrümmung in konstanter, von der Schwerkraftsrichtung unabhängiger Ebene. Auch Versuche, die mit möglichst wurzel- recht befestigten Samen in feuchtem Räume am Lichte und im Dunkeln ausgeführt wurden, bestätigten dies Resultat. Nach bei- läufig 24- stündigem, exakt positiv geotropischem Wachstum wurden die Hypokotyle mit ihren Wurzeln vollkommen gleichmäßig durch eine im obersten Teile des Keimstengels ziemlich plötzlich ein- setzende Krümmung um mehr als 90*^ gehoben. Es ist dies ein ähnliches Ergebnis, wie es bei analog behandelten Keimlingen von Scahiosa erzielt wurde. Während sich aber bei dieser der positive Geotropismus der Krümmungszone nach der autonomen Einstellung in die optimale Reizlage sofort bemerkbar machte, blieb auch der kleinste sichtbare Effekt eines entgegengesetzt wirkenden Krümmungs- bestrebens bei den Keimpflanzen von Ipomoea aus. Nach alledem ist die Gipfeleinkrümmung des Keimstengels von Ipomoea eine vom Lichte unabhängige und von der Schwerkraft nur indirekt und in- sofern abhängige autonome Bewegung, als sich zur Zeit und in der Zone ihres Eintrittes das Organ noch in jenem Krümmungszustande befindet, der durch die positiv geotropische Bewegung in der ersten Streckungsperiode geschaffen wurde. Zur Aufrichtung des gekrümmten Gipfels, die sich im Dunkeln unter sonst normalen Verhältnissen um beiläufig 24 Stunden verzögert, genügt der Autotropismus; im Tageslichte kann die Vertikalstellung des Hypokotyls und derKotyledonarstiele bei vorhandener Möglichkeit freier Bewegung schon 12 bis 24 Stunden nach dem Eintritte der Gipfelkrümmung erreicht werden. C. Zusammenfassung. 1. Die Gipfeleinkrümmung der Keimstengel bei den unter- suchten Cruciferen, die unter normalen Verhältnissen und bei 586 ^'^°'f Sperlich, Ausschluß mechanischer Hemmungen einen sehr mäßigen Grrad erreicht, resultiert aus dem Verharren der apikalen Hypokotylteile in jenem Krümmungszustande, den das Organ in der kurzen Zeit positiv geotropischen Wachstums unabhängig von der sich selbst- regulatorisch ausgleichenden Primärkrümmung des ruhenden Embryos erlangt hat. Eine positiv geotropische Reaktion der apikalen Teile bei Veränderung der Angrififsrichtung des Schwerkraftsreizes nach erfolgter Umstimmung in den basalen Teilen des Organs tritt nicht mehr ein. Die Krümmung geht vom Hypokotylgipfel auf die sich streckenden Kotyledonarstiele über, wobei sie sich aus jeder Anfangs- lage konstant in eine Ebene einstellt, die den Krümmungsverhält- nissen des Embryos im ruhenden Samen entspricht: beiderOrthoplozee Sinapis und der Notorrhize Lepidium senkrecht zur Kotyledonar- fläche, bei der Pleurorhize Barharea in die Ebene der Keimblätter. 2. Die autotropen Vorgänge, die zur Aufrichtung des Gipfels und der Keimblätter führen, werden durch das Licht beschleunigt und führen bei Sinapis und Lepidium auch im Dunkeln bald zum Ziele. Barharea, deren Keimblattstiele in konstanter Ebene deutliche Schwankungen zeigen, erreicht die Vertikalstellung der Kotyledonar- stielchen im Dunkeln äußerst selten. 3. Die bekannten starken Einkrümmungen der Keimstengel von Sinapis und Lepidium sind bei normaler Bewurzelung und entsprechender Wasserversorgung ausgeschlossen. Sie treten unter sonst normalen Bedingungen auch ohne Mitwirkung des gleichsinnigen Schwerereizes und im Lichte ein, wenn die Keimpflanzen auf feuchtem Filtrierpapier oder in Sägemehl wurzeln oder zu dicht in Erde gepflanzt wurden. 4. Zu Beginn der Streckung ist der Hypokotyl der untersuchten Cruciferen kurvipetal. Embryonen von Sinapis bedürfen zum sicheren und prompten Durchbruche des Stengels und Würzelchens aus der Samenschale des konstant gleichsinnig wirkenden Schwerereizes. 5. Die Gipfeleinkrümmung des Keimstengels von Lpomoea purpurea ist im Gegensatze zu den Verhältnissen bei den Cruciferen eine in konstanter Ebene (Symmetrieebene des Samens) auftretende autonome Bewegung, die erst nach erfolgter geotropischer Umstimmung des Keimstengels in dem obersten Hypokotylteile mit ziemlicher Plötzlichkeit einsetzt und nur indirekt und insofern von der Schwerkraft abhängig ist, als sich zur Zeit und in der Zone ihres Eintretens das Organ noch in jenem Krümmungszustande über Krüiniiiiingsiirsachen bei Keinistengeln ii. beim Moiiokoiylenkeimblatte. 687 befindet, der durch die positiv geotropische Bewegung in der ersten Streckungsperiode geschaffen wurde. Auf die geschilderte Ein- krümmung hat das Licht keinen Einfluß. Die selbstregulatorischen Vorgänge, die verhältnismäßig bald zur Aufrichtung des Gipfels füliren, werden indes durch das Licht beschleunigt. iV. Die Krümmungsvorgänge bei Keimpflanzen aus Samen mit Nälirgewebe (Peri- oder Endosperm). A. Versuche mit Atriplex hortense L. (Ausgeführt au.sschließlich mit den blaß-gelbbraunen, liäutigen Früchten mit senkrechtem Samen.) Der Embryo von Atriplex umgibt als fast vollständig geschlosse- ner Kreis das zentrale Perisperm. Es mußte von Literesse sein, zu erfahren, welche Richtung der keimende Stengel bei Ausschluß des richtenden Schwerkraftseinflusses aus seiner stark gekrümmten Aus- gangslage einschlägt. Mit Rücksicht auf das Vorhandensein eines Nähr- gewebes wurde von einer Befreiung des Embryos aus dem ruhenden Samen abgesehen. Die flachen Früchte ka- men nach kurzer Quellung, zum Teil seitlich mittels Hollundermarkklem- men, zum Teil zentral mittels feiner Nadeln befestigt, in feuchte Zylinder und diese gleich darauf auf die zwei Klinostaten. Ich möchte gleich vor- wegnehmen, daß die im folgenden ge- schilderten "Wachstumserscheinungen im Lichte und im Dunkeln in gleicher Weise zu beobachten waren. Schon nach Ablauf von 24 Stunden hatte bei einigen Früchten der Hy- pokotyl das Würzelchen aus der Samen- und Fruchtschale ge- schoben und behielt zunächst die durch die Primärkrümmung im ruhenden Samen gegebene Wachstumsrichtung bei (Fig. 17, 1 a). Manchmal rückte die Krümmung aus der primären Krümmungs- Fig. 17. Auf dem Klinostaten im Dunkeln erwachsene Keimlinge von Atriiilcr horteiise: aufeinander folgende Sla- dien innerhalb 48 Std. 4 hat sich mit der Wurzel an der feucht. Watte befestigt. 588 Adolf Sperlich, / ebene heraus (Fig. 17, 1^). Nach Ablauf von 7 bis 8 Stunden war das in Fig. 17, 2 dargestellte Stadium erreicht. Wir bemerken eine in gleicher Ebene ausgeführte scharfe Gegenkrümmung, die, wie das darauf folgende Stadium (Fig. 17, 3) zeigt, in den oberen Teilen des Hypokotyls beibehalten wird und schließlich nach Ablauf von 48 Stunden seit Keimungsbeginn auch die nun ganz von der Schale befreiten Kotyledonen ergriffen hat (Fig. 17,4); die übrigen Teile des Keimstengels sind von jetzt ab voll- kommen rektipetal. Es bleibe nicht unerwähnt, daß die in Fig. 17, 3 u. 4 gezeichneten Stadien nur dann in der dargestellten Weise zu be- obachten sind, wenn das Würzelchen am feuchten Substrate festen Fuß gefaßt hat. Ein großer Teil der Früchte zeigt indes ein ganz anderes Verhalten. Während der soeben geschilderten Wachstumsvorgänge schienen sie völlig untätig. Nach einiger Zeit aber war das in Fig. 18 A dargestellte Stadium erreicht. Wir sehen, daß der Hypo- kotyl zu Beginn seiner Streckung am Wurzel- ende der Samen- und Fruchthülle Wider- stand gefunden, darauf- hin die Hüllen an der gegenüberliegenden Seite zum Platzen gebracht hat und sich nunmehr an beiden Enden fixiert, bogig vorwölbt. Unter mechanischer Hemmung wird dann das Wachstum solange fortgesetzt, bis sich schließlich ein Ende vom fixen Stützpunkte befreit, entweder das Kotyledo- narende wie in Fig. IS B oder das Wurzel- ende wie in Fig. 18 C Und nun setzen, wie die Figuren deutlich zeigen, jedesmal zwei Gegenkrümmungen (g) in gleicher Ebene ein. Gelingt es dem Würzelchen am feuchten Substrate Rückhalt zu finden, so wird Fig. 18. Auf dem Klinostaten im Dunkeln erwachsene Keim- linge von AUiplex hortcnsc. Zweiter Keimuugsmodus. A erstes Stadium, B u. C Auftreten v. Gegenkrümm. (c/) bei Befreiung eines Endes; bei B haben sich die Kotyledonen, bei C hat sich die Wurzel zuerst be- freit. fixierten Fig. 19. Aus hochkant Früchten in feucht, dunkl. Räume erwachsene, 2 Tage alte Keiml. von Atriplex hortense: A Wurzelseite des Samens nach unten, B nach oben; a primäre, positiv geotrop. Krümm., g Gegenkrümmung. über Krünimungsursacheu bei Keiiiistengelu u. beim Monokotyleiikeimblatte. 580 schließlich auch nach dieser Keimungsart das in Fig. 17, 4 dar- gestellte Stadium erreicht. Bei den mitten im Perisperme mittels Nadel befestigten Früchten war der zweite Keimungsmodus die Regel, der erste Ausnahme, bei den seitlich am Kotyledonarbogeu in einem keil- förmigen Einschnitte eines Hollundermarkstückchens befestigten Früchten verhielt es sich umgekehrt. Der durch das Hollunder- mark gebotene Rückhalt verhalf eben dem Hypokotyl zum Durch- bruche an dem allem Anscheine nach besonders festen Wurzelende der Frucht- und Samenhülle. Nach den Erfahrungen bei Shiupis konnte nun daran gedacht werden, daß es dem Hypokotyle unter dem richtenden Einflüsse der Schwerkraft gelingen könnte, regel- mäßig das Würzelchen aus den Hüllen herauszuschieben. Überdies mußte die Frage beantwortet werden, in welchem Maße die geo- tropische Reaktion das auf dem Klinostaten zutage tretende und sichtlich mit der primären Einkrümmuug des ruhenden Embryos zusammenhängende Krümmungsbestreben des wachsenden Keimlings zu beeinflussen vermag. Hierzu diente der folgende, mehrmals im Lichte und im Dunkeln ausgeführte Versuch. Versuch 32. Gequollene Früchte von Atriplex wurden am 13. I. in feucliten Kammern mit Nadeln, die das rerisperm zentral durchstachen, auf Kork befestigt. Durch diese Be- festigung sollte jede außerhalb des Objektes liegende Hemmung ausgeschaltet werden. Eine Gruppe von 6 Früchten wurde flach horizontal, eine Gruppe von 12 Früchten hochkant, das horizontal gedachte Würzelchen oben, eine dritte Gruppe von 12 Früchten liocl'.kant, das horizontal gedachte "Würzelchen unten, befestigt. A. Flach liegende Früchte (6) B. C. Hochkant gestellte Früchte (je 12) Das horizont Würzelchen Das horizontale Würzelchen oben unten 14.1. 2 Samen keimen normal; der Hypokotyl ist bei dem einen K. positiv geo- tropisch nach abwärts gerichtet, bei dem zweiten setzt er die Primär- krümniung d. ruhen- den Samens fort. 6 Samen keimen, alle normal ; der Hypokotyl wächst vertikal nach abwärts. 2 Samen keimen normal; der Hypokotyl schließt mit der Vertikalen e i n e n W i n k e 1 von bei- läufig 45 " ein. 590 Adolf Sperlich, Fortsetzung der Tabelle. Flach liegende Früchte (6) B. C. Hochkant gestellte Früchte (je 12) Das horizont. Würzelchen Das horizontale Würzelchen oben unten 15.1. lO.I. Der Keimling, dessen Hy- pokotyl gestern positiv geotropisch nach abwärts gerichtet war, hat sich mit seiner Wurzel am feuchten Filtrierpapier festgemacht; der Hypo- kotyl wächst nach auf- wärts und zieht die Kotyled. aus der Testa. Der zweite K. hat schon durch seine gestrige Kr. am Substrate einen festen Widerhalt gefunden und ist heute in gleicher Lage wie der erste K. 4 Samen keim.; das Wurzel- ende des Hypokotyls hat der Wurzel nicht zum Durchbruche verhelfen, vielmehr führt der Hypo- kotyl unterstützt durch die wachsenden Keimbl. das Platzen d. Hüllen an der R ü c k e n k a n t e herbei. Der sich vor- wölbende Hypokotylbogen riclitet sich nach auf- wärts. Hat das AVürzelchen einen festen Halt gefunden, so bieten die Keiml. dasselbe Bild wie die 2 ersten Keiml. aus flach liegend. Samen (Figur 19 B). Im entgegengesetzt. Falle krümmt sich der Hypok. an der Basis negativ geotrop. nach aufwärts. 2 Samen keimen; beide normal; der Hypok. wächst vertikal nach abwärts. 1 Keimling hat mit dem Würzelchen festen Halt gefunden und zeigt das in den -beiden link. Kolonnen beschriebene Stadium. Der Hypokot. des zweiten K. ist negativ geotropisch nach aufwärts gekrümmt. 4 Samen keimen, indem Hypokot. und Keimblätter d i e H ü 1 1 e n an d e r D o r - salkante zum Platzen bringen. Keine neue Keimung. Die Keiml. von gestern Die gestern erschienenen strecken sich mit stark eingekrümmtem Gipfel nach aufwärts. Keiml. wiederholen das geschilderte Verhalten. Die raschwüchsigen Keiml. von gestern zeigen das Bild, das iu Figur 19 A dargestellt ist. Ihre Wur- zel ist vollkommen gesund. Zuuächst ergibt sich aus den VersucbeD, daß die Mitwirkung des Schwerereizes allein für das regelmäßige Durchbrechen der Frucht- und Samenschale am Wurzelende nicht genügt. Es ist über Krümnnnigsiir.sachen bei Keimstengeln u. beim IMoiiokotylenkeimblalte. 591 hierbei, wie wir sehen, auch die Orientierung des Samens maßgebend. Der Durchbruch des Wurzelendes wird am sichersten erreicht, wenn die Früchte hochkant befestigt werden und der Wurzelbogen des ruhenden Embryos hierbei nach oben zu liegen kommt (Versuch 32 5); in diesem Falle unterstützt die positiv geotropische Reaktion das gleichgerichtete, dem Krümmungszustande im ruhenden Samen entsprechende primäre Wachstum. Aus um- gekehrter und aus flacher Lage wird das gleiche nicht immer erreicht. Hierbei kann, wie wir aus den ersten Stadien der Streckung entnehmen , die geotropische Reaktion trotz optimaler Reizlage das durch die Verhältnisse im ruhenden Samen geschaffene und durch die Schalenstruktur bedingte Krümmungsbestreben zu- nächst nicht völlig unterdrücken (vergl. die ersten Keimungen in Versuch 32, A und C). Die positiv geotropische Stimmung hält übrigens im Hypokotyle nicht lange an. Bei jeder Stellung des Samens, die es dem Keimstengel nicht ermöglicht, seine positiv geotropische Reaktion zu Beginn der Keimung so auszuführen, daß sie dem Sinne nach der Primärkrümmung des ruhenden Embryos entspricht, kann nun aber während der kurzen positiv geotropischen Stimmungsperiode des Hypokotyls das Wachstum so stark gehemmt werden, daß zunächst keine Befreiung aus den umgebenden Hüllen erfolgt und erst nach erfolgter geotropischer Umstimmung der Keimstengel die Frucht- und Samenhülle an entgegengesetzter Seite durchbricht. Daß zu dieser Zeit die geotropische Umstimmung schon tatsächlich erfolgt ist, zeigt die deutliche Aufwärtsbewegung des aus der Schale hervortretenden Hypokotylbogens bei flach horizontal liegenden Früchten. Der Gipfel führt samt den Koty- ledonen nach vollständiger Befreiung von der Fruchthülle eine scharfe Gegenkrümmung aus und wird unterdessen durch die exakt negativ geotropisch wachsenden basalen Teile aufwärts gehoben. Aus einer genaueren Untersuchung der morphologischen Ver- hältnisse in der Frucht- und Samenschale, die ich nicht durchgeführt habe, ließen sich vielleicht Anhaltspunkte für die Erklärung der besonders wirksamen Hemmung am Wurzelende des Samens ge- winnen. Immerhin blieb noch die Frage offen, ob die doch nicht ganz den natürlichen Verhältnissen entsprechenden Keimungsbedin- gungen im feuchten Räume das eigentümhche Verhalten bei der Keimung irgendwie verursachen. Die folgenden, in Erde durch- geführten Versuche geben darüber Aufschluß. Zudem sollte sich zeigen, ob die oberen Hypokotylteile bei solchen Keimpflanzen, die 592 -^»lo^f Sperlich, in normal er Weise die Hüllen durchbrochen hatten, den vom primären, kurz andauernden ])Ositiven Geotropismus des Hypokotvls geschaffenen Krümmungszustand auch nach erfolgter geotropischer Umstimmung noch beibehalten. Hierzu wurden gequollene Früchte möglichst oberllächlich und wurzelrecht in großer Zahl in Gefäße mit Eide gepflanzt, die Gefäße gleich darauf horizontal gelegt. Die hervorwachsenden Keimlinge, welche die Hüllen noch nicht abgestreift, demnach sicher in der Wurzelrichtung gekeimt hatten, zeigten im oberen Teile des Hypokotyls noch deutlich die während der positiv geotropischen Stimmungsperiode unabhängig von der ursprünglichen relativen Lage des Embryos zur Horizontalen ausgeführte Krümmung. An den Keimlingen hingegen, die über dem Boden von Frucht- und Samen- hülle befreit erschienen, konnte hierüber nichts Bestimmtes mehr festgestellt werden. Die Untersuchung des Inhaltes der Gefäße ergab, daß auch in Erde Keimungen vorkommen, bei welchen nicht die Wurzel als erstes hervortritt, sondern Hypokotyl und Kotyledonen durch ihr Wachstum sich an der Rückenkante der Frucht bogig herausschieben. Die Wurzel zeigte sich in allen solchen Fällen lebenskräftig. Im Verlaufe der Entwicklung jener Keimlinge, die mit der Fruchtschale über dem Boden erschienen waren, ging die Krümmung, sich bedeutend verstärkend, regelmäßig in die Ebene der Primärkrümmuug des ruhenden Embryos über. Wie sich der Hypokotylgipfel späterhin verhält, zeigt der fol- gende Versuch. Versuch 33. Ge(iuollene Früchte wurden am 10. I. in Gefäße mit Enle möglichst wurzelrcclit, zum Teil locker und oberflächlich, zum Teil tiefer und fester gepflanzt. Die ersten Keimlinge (aus den oherflächlich gepflanzten Früchten) ei'schienen am 13. I. mit der Hülle und in gekrümmtem Zustande über dem Boden. An diesem Tage kamen je 2 Gefäße (eines mit oberflächlich, eines mit tiefer gepflanzten Früchten) auf den Klinostaten im Dunkeln und im Lichte, je 2 Gefäße verblieben im Lichte und im Dunkeln in vertikaler Stellung. 14. L Die Krümmung der Keimlinge hat sich unter jeder Bedingung bedeutend verstärkt; sie führt in vielen Fällen zu Spiraleindrehungen des Gipfels. Die Kotyledonen haben sich nahezu vollkommen von der Hülle befreit. Krümmungs- ebene konstant. Es erscheinen die fester gepflanzten Keimlinge, zuerst ihr stark gekrümmter Hypokotyl. Nach Befreiung der Kotyledonen vom Boden erfolgt im Gipfel eine starke Eindrehung. über Krüiiiuuuigsursaclien bei Iveiiusteiigelu u. beim AroiioliotylenkeiiiibkUc. 593 15. I. Die Hypokotyle aller Keimlinge haben sich im Gipfel gerade gestreckt. Die übrigen Zonen des Stengels führen be.sonders auf dem Klinostaten verschiedene Krümmungen aus, die nicht weiter verfolgt werden. Die Kotyledonen bewegen sich in konstanter Ebene sowohl bei den verti- kalen als auch bei den rotierenden Keimlingen durch weitere 3 Tage im Lichte und im Dunkeln, wobei sich das eine Keimblatt nicht selten anders verhält als das zweite. Nach den besprochenen Versuchen, die als bemerkenswertes Nebenresultat ergeben haben, daß die Art der Befreiung des keimenden Embryos von den umgebenden Hüllen von der Orientie- rung der Frucht abhängen kann, ist bei den bedeutenden Krüm- mungen der apikalen Teile der Keimpflanze von Ätriplex eine nach- weishche geotropische Reaktion nicht beteiligt. Die Krümmungen erfolgen autonom und schon in der Anlage in deutlicher konstanter Abhängigkeit vom primären Krümmungszustand des ruhenden Embryos. Das Licht beeinflußt die Krümmungs Vorgänge anfangs gar nicht, im Verlaufe der späteren Entwicklung nur in sehr geringem Maße. B. Versuche mit Galnmi sarcharatuin All. Aus den Versuchen mit Halbfrüchtchen, die nach eintägiger Quellung in rotierenden feuchten Zylindern mittels Hollundermark befestigt worden waren, ergab sich, daß der Hypokotyl auch ohne Mitwirkung des konstant gleichsinnig wirkenden Schwerereizes das Würzelchen aus der Samen- und Fruchthülle herauszuführen vermag und zunächst rektipetal ist. Nach ziemlich trägem, 48 -stündigem Wachstum erfolgt dann eine scharfe Einkrümmung in der Krümmungs- ebene des ruhenden Embryos. Es galt nun festzustellen, ob diese autonome Krümmungstendenz sich auch dann bemerkbar macht, wenn die Keimung unter konstant gleichsinnigem Schwerkrafts- einflusse vor sich geht. Entsprechend vorgequollene Früchtchen kamen in der geschilderten Weise befestigt in feuchte Zylinder, die zum Teil im Dunkeln, zum Teil am Tageslicht vertikal aufgestellt wurden. Die Fixierung der Früchte erfolgte einmal so, daß das Wurzelende des ruhenden Embryos möglichst genau nach abwärts sah, das andere Mal so, daß die Krümmungsebene des ruhenden Keimlings parallel mit der Horizontalen zu liegen kam. Das Ergebnis war in allen Gefäßen dasselbe. Als Beispiel habe ich die Krümmungstätigkeit eines aus normal fixierter Frucht im Dunkeln erwachsenen Keimlings mit Hinweglassung aller Stadien, die keine 5ö4 Adolf Sperlicli, besonders starken Unterschiede gegenüber den gezeichneten auf- wiesen, in Fig. 20 wiedergegeben. Wir sehen, daß die bei Rotation auf dem Khnostaten auftretende Krümmung auch bei normalem Wachstum nach beiläufig 48-stündiger, exakt positiv geotropischer Streckung eintritt. An den Stadien vom 29. 1. bis zum 31. I. bemerken wir, wie diese Einkrümmung im Wettstreit mit der positiv geotropischen Reaktion gegen die oberen Teile des Keimstengels fortschreitet, während die basalen Teile sichtlich nach erfolgter geotropischer Umstimmung die Tendenz zeigen, sich nach aufwärts zu krümmen. Noch immer ist der positive Geotropismus in den oberen Teilen des Keimstengels jedoch wirksam : er hat am 2. II. den ganzen Hypokotyl in die ver- tikale Lage zurückgeführt, aus welcher sich die unteren, negativ geotropischen Teile des Stengels bald darauf aufkrümmen. Das Wurzelende hat mittlerweile am Boden des Gefäßes einen festen Halt gewonnen und das nach auf- wärts wandernde, positiv geotro- pische Wachstumsmaximum drängt den Keimstengel nach oben, wäh- rend die in der fixierten Frucht noch festgehaltenen Kotyledonen die Gipfeleinkrümmung im weiteren Verlaufe passiv verstärken. Die geschilderte Entwicklung gibt uns eine Vorstellung von den Krüm- mungsvorgängen des Keimstengcls bei der im Boden erfolgenden Keimung, wenn wir uns das ganze System statt am Früchtchen an der Wurzel fixiert denken. Von dem Grade der Fixierung des Früchtchens in der Erde wird es dann weiter abliängen, ob die bei ermöglichter freier Bewegung zutage tretenden Krümmungen auch tatsächlich zur Ausführung gelangen. Aus Samen, die nach 24 -stündiger Quellung in Gefäße mit Erde teils fester und tief, teils locker und oberfiächlich gepflanzt wurden, erschienen die Keimlinge in stark gekrümmtem Zustande nach 8 bis 15 Tagen an der Erdoberfläche. Die Geradstreckung des Eypokotyls vollzog sich bei jenen Keimlingen, die aus tiefer Fig. 20. Eiitwicklungsstadicii eines Keimlings von (Udi.Kut saccliarafinn in feucliteni, diinkl. Räume bei fixierter Lage il. Halbfriiolitcli. Am f>. II. hat das Wurzelende am Boden des Oefiißes Kückbalt gefunden. über Kriimmungsursaclien bei Keinisteiigeln u. beim Monokotylenkeimblatte. 595 gepflanzten Früchten erwachsen waren und dementsprechend beim Durchbrechen der Erde die Fruchtschale vollkommen abgestreift hatten, am Lichte und im Dunkeln innerhalb der darauf folgenden 48 Stunden, gleichviel, ob sich die Keimlinge in normaler Stellung oder in Rotation auf dem Klinostaten befanden. Die Dunkelkeim- linge setzten hierauf sofort im Bereiche des ganzen Hypokotyls mit sehr starken unregelmäßigen Nutationen ein , die auf dem Klinostaten viel ansehnlicher ausfielen als in vertikaler Stellung unter dem gleichmäßigen Einflüsse der Schwerkraft. Konnte infolge der oberflächlichen Lage des Früchtchens oder wegen allzugeringer Festigkeit des Substrates das Fruchtgehäuse nicht abgestreift werden, so wurden die Krümmungen nach dem Verlassen des Bodens im Lichte und im Dunkeln, bei Normalstellung und bei Ro- tation verstärkt. Am Lichte bedurfte es zur Erreichung der normalen Buhelage 72 Stunden, während welcher sich die Kotyledonen vollständig vom Fruchtge- häuse befreiten, im Dunkeln wurde die Norraalstellung in diesem Falle überhaupt nicht erreicht. Die Nutationen eines im Dunkeln und in normaler Stellung mit Fruchtschale hervorgewachsenen Keimlings zeigt Fig. 21, A, B und C. Bei Durchsicht der reichhaltigen Mo- nographie über die Keimlinge der Samen- pflanzen von Lubbock fielen mir eine Reihe von Abbildungen auf, in welchen der Hypokotyl so dargestellt ist, daß er vom Samenende zum Wurzelende einen einzigen, steil nacli auf- wärts gerichteten Bogen beschreibt. So fand ich auch den Keim- ling von CTdlium saccharatum abgebildet '). Nach den Erfah- rungen bei den Versuchen mit (lalivm im feuchten Räume und aus den herangezogenen Figuren selbst war zu schließen, daß diese starke, einen großen Teil des Keimstengels einnehmende Krümmung keine rein aktive Wachstumserscheinung sein könne. Zur Entscheidung machte ich noch den folgenden Versuch. Icli Fig. 21. A, -B, C Stadien eines Keinil. von Ualium saccharafavi, dem es nicht gelungen, sieb beim Durchwuchsen der Erde von der Fruchtscbale zu befreien. D, E, F die Frucht, aus welcher der Keiml. erwachsen, wurde in oberfläclilicher Lage in der Erde festgeklemmt, am Abende des 7. II. erfolgte die Lockerung. 1) Lubbock, A contribution to our knowledge of Seedlings, 2 Bände, London 1892; Bd, I, S. 29, Fig. CO und Bd. II, S 75, Fig. 441, 596 Ailolf S].erlic1i fixierte die gequollenen Früchte in Erde ziemlich oberflächlich und mit Hilfe zweier Steinchen besonders fest. Nach 8 bis 10 Tagen war das starke Knie, wie es Fig. 21 D zeigt, erreicht. Daß es sich hierbei um eine passive Erscheinung handelt, zeigen die fol- genden Stadien ^ und F ganz deutlich. Der ganze Hypokotyl ist zu dieser Zeit negativ geotropisch, die Krümmung rein passiv. Gleich, nachdem das in Fig. 21 F dargestellte Stadium erreicht war, setzte der Hypokotyl mit den in Fig. 21, A. B und C ge- zeichneten sekundären Krümmungen ein. Aus gleich gepflanzten Früchten erwachsene Keimlinge, die sofort nach dem Erscheinen des Knies an der Erdoberfläche auf den Klinostaten kamen, führten während der Rotation die verschiedensten Krümmungen aus, ohne die Lockerung der Frucht vom Erdboden zu erreichen. In der Entwicklung des Keimstengels von Galium treten nach den geschilderten Versuchen zweimal durch innere Ursachen hervorgerufene Krümmungsbewegungen auf. Das erste Mal nach beiläufig 48-stündigem, exakt positiv geotropischem Wachstum eine starke Einkrümmung in konstanter, durch die Orientierung der Primärkrümmung im ruhenden Samen bestimmter Ebene. Zur Zeit dieser in den oberen Teilen des noch kurzen Hypokotyls erfolgenden Bewegung ist die Bewegungszone selbst noch positiv geotropisch. Die autonome Krümmungstendenz wird durch den Geotropismus nicht völlig unterdrückt und nur insofern beeinflußt, als in Fällen, wo die Ebene der autonomen Krümmung mit der Schwerkraftsebene nicht zusammenfällt, vorübergehend verschiedene intermediäre Stellungen erzielt werden. Zum zweiten Male krümmt sich der Hypokotyl völlig unbeeinflußt von der Schwerkraft in stär- kerem Maße ein, wenn es dem Keimling beim Durchbrechen des Bodens nicht gelang, die Fruchthülle abzustreifen. Ob diese Be- wegung mit Spannungsverhältnissen der im hemmenden Gehäuse unter gleichzeitiger Absorption des Nährgewebes sich vergrößernden Keim})lätter zusammenhängt, kann ich nicht entscheiden, da es nicht möglich war, solche Keimlinge ohne Schädigung der Koty- ledonen von der harten Fruchtschale künstlich zu befreien. Das Tageshcht hat auf die primären Krümmungen keinen Einfluß; auch die Aufrichtung des Gipfels, der die Fruchthüllc im Boden gelassen hat, wird durch das Licht nicht wesentlich be- schleunigt; wohl aber übt das Licht einen hemmenden Einfluß auf die sekundären Krümmungen von Keimlingen aus, die mit der Fruchthiille aus dem Boden herauswachsen. Diese erreichen die .Normalstellung überhaupt nur im Tageslichte. über Krüiiunungsiirsachen bei Keinislengeln u. beim Monokotyleukeimblatte. 597 C. Versuche mit Coniferen. Alle Versuche, Samen von Coniferen im feuchten Räume, sei es auf dem Klinostaten rotierend, sei es in normaler Stellung zur Keimung zu bringen, scheiterten. Es wurde mit Ahies alba Mill., Picea excelsa (Poir.) Link und Pinus silvestris L. versucht, doch stets vergebens. Daher mußte ich auf die Feststellung der Krümmungs- tätigkeit des Keimstengels zu Beginn der Keimung verzichten und trachtete, durch Ankeimung in wurzelrechter Stellung gepflanzter Samen in feuchtem Sägemehl eine entsprechende Zahl von Versuchs- objekten zu gewinnen. Durch Aussaaten in großer Menge erreichte ich die gewünschte Zahl gleichmäßig entwickelter Keimlinge von Pinus silvestris und Picea excelsa, wogegen das zur Verfügung stehende Saatgut von Ahies alba auch bei Massenaussaat sehr wenig gleichmäßig entwickeltes Material lieferte. Die Versuche wurden daher auf die zwei erstgenannten Arten beschränkt. In Sägemehl angekeimte Samen von Pinus und Picea mit vertikal nach abwärts gestrecktem Hypokotyl und Würzelchen (Länge des Hypokotyls 3 — 5 mm) wurden zunächst in Erde ver- pflanzt, die Gefäße hierauf im Dunkeln horizontal gelegt. Nach 24 Stunden war der Hypokotyl S-förmig gekrümmt. Bei den kürzeren Keimlingen entsprach die durch den positiven Geotropismus erzeugte Krümmung der oberen Hypokotylhälfte der Krümmung der negativ geotropischen Basis; bei den Keimlingen, die zu Beginn des Ver- suches im "Wachstum etwas vorgeschritten waren (Hypokotyllänge 5 mm), betrug die durch den positiven Geotropismus des Hypokotyl- gipfels erzeugte Krümmung 30 — 40". Die Keimlinge streckten sich hierauf durch 48 Stunden ohne jede Änderung in der Stellung des Hypokotylgipfels. Erst nach 4 Tagen — vom Versuchs- beginn an gerechnet — setzte im obersten Teile des Hypokotyls neuerdings eine sehr starke Krümmungstätigkeit ein. Zu diesem Zeitpunkte begannen die Kotyledonen sich aus dem Samen heraus- zuschieben. In horizontal gelegten Gefäßen, die mit Keimlingen bepflanzt wurden, deren vertikal nach abwärts gewachsener Hypokotyl im Sägemehl die Länge von 5 mm überschritten hatte, konnte überhaupt keine positiv geotropische Reaktion im Bereiche des Hypokotyls beobachtet werden. Auch diese streckten sich zunächst ohne Änderung der Gipfellage empor und begannen nach 1 bis 2 Tagen mit intensiver Krümmungstätigkeit. Jahrb. f. wies. Bot. L. 39 598 Adolf Sperlich, Die geschilderten Versuche zeigen, daß der Keimstengel der untersuchten Conil'eren zu Beginn der Keimung positiv geotropisch ist und daß die positiv geotropische Reaktionsfähigkeit auch nach erfolgter ümstimmung in der Basis für kurze Zeit anhält. Der durch die primäre positiv geotropische Reaktion erreichte Krümmungs- zustand wird jedoch auch nach Verlust der geotropischen Reaktions- fähigkeit der hetreffenden Bewegungszone zunächst beibehalten und erst nach 24 bis 48 Stunden setzt von der durch die positiv geotropische Reaktion geschaffenen Lage ausgehend in gleicher Zone eine erneute gleichsinnige Krümmungsbewegung ein. Es mußte nunmehr die Frage beantwortet werden, ob diese erneute Krümmung eine neuerliche geotropische Reaktion in sich schließt oder nur durch innere Ursachen veranlaßt wird. Hierzu diente der folgende Versuch. Versuch 34. Keimlinge von Pinus und Picea aus in Sägemehl angekeimten Samen mit 3 — 6 mm langem, möglichst geradem Hypokotyl wurden am 8. III. in je 2 Gefäße mit Erde ge- pflanzt; je ein Gefäß kam auf den Klinostaten, je eines verblieh in vertikaler Stellung. Alles im Dunkeln. In jedem Gefäße 9 Keimlinge. Protokoll üher Picea (Phms verhielt sich ganz ähnlich). Vertikal Rotierend 9. III. Die Keiml. wachsen ohne jede Veränderung der Gipfellage weiter. 10. III. 5 Keiml. haben sich im obersten Teile des Hypokotyls gekr. (60 — 90"); 4 Keiml. (die jüngeren) gerade. 6 Keiml. haben sich im obersten Teile des Hypokotyls gekr. (60 — 90"); 2 Keiml. gerade; 1 Keiml. wächst nicht mehr. 11. III. Die Krümmungen sind verstärkt (bis zu 180"). die Basen der Kotyledonen werden sichtbar. 12. III. Krümmungsgrad vom gestrigen nicht sehr verschieden. Wieder versagt ein Keimling. 13. III. Krümmung sehr bedeutend verstärkt; Spiraldrehung; die Kotyledonen sind fast zur Gänze sichtbar. 14. III. 5 Keiml. (hiervon 2, deren Krümmung nicht sehr bedeutend war) gerade oder nahezu gerade; 4 Keiml. noch sehr stark eingekrümmt. 2 Keiml. gei-ade; 5 Keiml. sehr stark eingekrümmt. 15. III. Stand der Kultur Figur 22 A. Stand der Kultur Figur 22 £. über Krüinmungsnrsachen bei Keimstengeln u. beim Monokotylenkeimblatte. 599 Fig. 22. Keimlinge von Picea excelsu. Stand nach 7-tä- giger Rotation auf dem Klinostaten im Dunkeln B; A die gleichaltrigen Kontrollpflanzen in verti- kaler Stellung. Der Ausfall des zweimal mit gleichem Erfolge wiederholten Versuches spricht ganz deutlich gegen eine Beteiligung des Schwer- kraftsreizes an der starken sekundären Einkrümmung des frei be- weghchen Gipfels der untersuchten Keimpflanzen. Die Beeinflussung der Krümmung durch das Licht ergibt sich ohne weiteres aus der Figur 23. Der Keimling, dessen Krümmungsstadien während der Rotation auf dem Klinostaten dargestellt sind, hatte die Ausgangslage unter dem Einflüsse der Schwerkraft in vertikaler Stellung am Lichte erreicht und wurde zur Darstellung gewählt, weil er von allen unter gleichen Bedingungen wachsenden Keimpflanzen die stärkste Krümmungs- tätigkeit zeigte. Wie bei Galiuiii macht sich auch bei den Coniferen im späteren Verlaufe der Entwicklung eine starke Krümmungstätigkeit im Gipfel bemerkbar zu einer Zeit, da sich am Wurzelende des Samens die Basen der Kotyledonen zeigen. Schon dort wies ich auf die Mög- lichkeit hin, daß dies sekundäre, durchaus nicht in einer be- stimmten Ebene verharrende Bewegen der freien Gipfelzone mit Spannungsverhältnissen zusammenhängen könnte, welche durch die im Endosperm sich expandie- renden Kotyledonen geschaffen werden. Bei Galium hatten meine Versuche, die Kotyle- donen ohne Verletzung vor- zeitig von der Frucht zu be- freien, keinen Erfolg. Bei den Coniferen gelingt dies zwar ziemlich leicht, doch wird die Entwicklung der Keimblätter nach Befreiung vom Endosperm so stark gestört, daß ein Schluß auf die Bewegungserscheinungen unter normalen Ernährungsbedingungen nicht tunlich erscheint. Endlich wurde noch untersucht, ob der Hypokotylgipfel der Coniferen auch noch dann nach dem Erscheinen über der Erde 39* Fig. 23. Krümmungsstadien des Gipfels eines Keimlings von Pinus silrestrls auf dem Klinostaten im Tageslichte. Die Anfangslage am 15. II. war in vertikaler Stellung erreicht. 600 Adolf Sperlich, weiter eingekrümmt wird, wenn sich die Kotyledonen schon unter dem Boden von der Samenschale befreit haben. Von den zur An- keimung in Sägemehl ausgelegten Samen wurden am 15. III. solche ausgesucht, bei denen das Endosperm durch die am Wurzelende gespaltene Testa sichtbar war, deren Hypokotyl und Würzelchen sich jedoch noch nicht gestreckt hatten, Sie wurden in Gefäße mit Erde etwa 1 — 2 cm tief gepflanzt. Die Keimlinge erschienen ziem- lich gleichmäßig um den 27. III. mit knieförmig gebogenem Hypo- kotyl an der Erdoberfläche. Die weitere Entwicklung, die im Lichte und im Dunkeln, in normaler Stellung und auf dem Klino- staten ziemlich gleichmäßig vor sich ging, war die folgende: der aufwärts strebende Hypokotyl zog unter starker Gegenkrümmung in seinen basalen Zonen den Kotyledonarquirl aus der Erde völlig heraus und richtete sich in den darauf folgenden 48 Stunden völlig gerade. Eine Verstärknng der Einkrümmung nach Befreiung der Kotyledonen vom Erdboden erfolgte nicht mehr. Wie bei Galium herrscht demnach das starke, von der Schwer- kraft unbeeinflußte Krümmungsbestreben im Hypokotylgipfel der Keimlinge nur in der Zeit, da die Kotyledonen wachsen und mit dem Aufsaugen des Nährgewebes beschäftigt sind. Zu Beginn des Hypokotylwachstums auftretende Einkrümmungen sind im Gegen- satze zu Galium rein positiv geotropische Reaktionen. Anhangsweise möchte ich bemerken, daß sich der in früheren Abschnitten besprochene Einfluß mangelhafter Wasserversorgung der Wurzel auf die Gipfelkrümmungen des Hypokotyls bei den Coniferen in besonders auffälliger Weise bemerkbar macht. D. Versuche mit Bicinus coinmunis L. Die Schwierigkeit, Samen von Bicinus im feuchten Räume bei den in den Versuchsräumen herrschenden Temperaturverhältnissen in entsprechender Anzahl zur Keimung zu bringen, war auch hier wieder Ursache, daß von den Versuchen über den Verlauf des eisten Wachstums bei Ausschluß konstant gleichsinnig wirkender Schwerkraft Abstand genommen werden mußte. Zur Erzielung einer größeren Zahl gleichmäßig entwickelter Keimlinge wurden die in ganz lockerer Erde wurzelrecht gepflanzten Samen zur Ankeimung ins Wärmezimmer des Institutes (Temperatur 26") gebracht, wo nach vorhergegangener 2- bis 3-tägiger Quellung in Wasser der in Fig. 24: A u. B dargestellte Zustand beiläufig nach 5 Tagen erreicht Ober Krümimingsursacben bei Keinisteugeln u. beim Monokotylenkeimblatte. 601 wurde. Aus den herangezogenen Figuren ist ersichtlich, daß der Hypokotyl von Bicinus zu Beginn der Keimung exakt in der durch den positiven Geotropismus bestimmten Richtung wächst, wobei sich zunächst, mindestens unter dem konstant gleichsinnigen Schwer- kraftseinflusse, keinerlei Krümmungstendenzen bemerkbar machen. Keimlinge in dem gezeichneten Stadium wurden nunmehr derart in Gefäße wurzelrecht verpflanzt, daß der größte Teil des Hypo- kotyls und die vom Endosperme umschlossenen Kotyledonen frei in die Luft ragten. Gleich darauf legte ich die Gefäße teils im Lichte, teils im Dunkeln horizontal und zwar so, daß die relative Lage der Kotyledonarfläche zur Horizontalen eine verschiedene war. Das Ergebnis nach 24 Stunden zeigt Fig. 24(7 u. D. Während die Basis des Keimstengels bereits die geotropische ümstimmung erfahren hat, bewahren die oberen Zonen die ursprüngliche Stimmung und reagieren, in die optimale Reizlage versetzt, völlig unabhängig von der relativen Lage der Kotyledonen exakt positiv geotropisch. Im weiteren Verlaufe des Wachstums beginnen sodann sehr bald von der durch den positiven Geotropismus geschaffenen Anfangs- lage ausgehend stärkere Einkrüra- mungen des Gipfels, die sich dadurch charakterisieren, daß sie die Krüm- mungsebene nicht bewahren, mithin kaum mehr eine positiv geotropische Reaktion in sich schließen. Versuche mit gleichem Ausgangsmaterial (das in Fig. 24 A u. i? gezeichnete Stadium) auf dem Klinostaten und in normaler Stellung zeigten mir, daß sich die Krümmungsvorgänge im Gipfel der i?ici7tw5- Keimpflanze unter den genannten zwei Bedingungen doch nicht so gleichmäßig verhalten, wie es für die entsprechenden Be- wegungsvorgänge bei den Coniferen festgestellt werden konnte. Ich habe aus meinen Protokollen einen Keimhng jeder unter gleichen Bedingungen wachsenden Gruppe ausgewählt und den Verlauf der Krümmung dieser Pflanzen in Fig. 25 A, B, C, D wiedergegeben. Die einzelnen Individuen einer Gruppe reagierten im großen und ganzen ziemlich gleichmäßig, nur die Ebene der Krümmung ver- Fig. 24. A aus wurzelrecht gepfianzten Sauieii erwachseuer Keimling von Ricinus communis, Ä derselbe um 90 "gedreht. C u. D Hypokotylkrümmung 24 Std., nachdem die Keimlinge horizontal ge- legt worden waren. 602 Adolf Sperlich, änderte sich im Verlaufe der Bewegung bei dem einen Individuum stärker als bei dem anderen. Es seien zunächst die beiden Licht- keimlinge (Fig. 25 A: normale Stellung, Fig. 25 i>: rotierend) besprochen. Die Anfangslage des Gipfels am 1 9. XI. wurde schon vor Ver- suchsbeginn in vertikaler Stellung erreicht und ist, wie aus früheren .^^ '»/ir 'f/ir P V "/„ <%• f/./xi Fig. 25. KrümniuiiKssiadieu des Hypokotyls von it'icin^.s-Keimlingeii, A in veiiikaler Stellung im Tageslichte, B auf dem Klinostaten im Tageslichte, C in verti- kaler Stellung im Dunkeln, I) auf dem Klinostaten im Dunkeln. Die Anfangslagen am 10. XI., bezw. 24. XI. wurden bei der in vertikaler Stellung erfolgten Ankeimung erreicht. Am 29. XI. verhindert das flach auf den Hypokotyl stoßende Endosperm die Weiterführung der Krümmung. Die Folge der mechanischen Hemmung ist der Zustand am 30. XL, unterdessen hatte sich das Endosperm gedreht. Versuchen hervorgeht, in ihrer Anlage eine positiv geotropische Reaktion. In den folgenden Tagen, besonders am 22. XI., macht sich ein bedeutender Unterschied in der Gipfeleinkrümmung des Keimlings in normaler Stellung und des rotierenden Keimlings be- über Kriimmungsursachen bei Keimstengeln u. beim Monokotylenkeiniblatte. 603 merkbar. Das negativ geotropisch gestimmte Wachstumsmaximum rückt apikalwärts fort und die geotropische Reaktion vermag die auf dem Klinostaten rein zutage tretende, inneren Bewegungs- nrsachen entspringende Reaktion fast völlig zu unterdrücken. Gleich- wohl erzielen die ohne Mitwirkung des konstant gleichsinnigen Schwerkraftsreizes sich abspielenden, selbstregulatorischen Vorgänge die Rückführung der Krümmung in die Normallage in gleicher Zeit wie die negativ geotropische Reaktion. Die rückläufige autonome Bewegung setzte, wie wir sehen, nach Erreichung des Krümmungs- maximums am Nachmittage des 22. XI. ein und erzielte die Nor- malstellung in beiläufig 36 Stunden aus einer Lage, zu deren Her- stellung über 4 Tage benötigt wurden. Gleich nach erreichter Aufrichtung des Gipfels oder schon während des rückläufigen Be- wegungsvorganges beginnen im Bereiche des ganzen Keimstengels auf dem Klinostaten unbestimmte Nutationen, die nicht weiter verfolgt wurden. Die beiden Dunkelkeimlinge zeigen folgendes: Zu Beginn des Versuches waren die beiden Keimlinge voll- kommen gerade. In den ersten zwei Versuchstagen krümrat sich nur der in vertikaler Stellung. Diese Krümmung ist eine positiv geotropische Reaktion. Am dritten Versuchstage (26. XI.) ist die Krümmung in beiden Fällen so ziemlich gleich; es hat die vom Schwerkraftsreize unabhängige Krümmungstätigkeit begonnen. In den folgenden Tagen (besonders am 28. und 29.) macht sich der hemmende Einfluß des negativen Geotropismus beim normal stehenden Keimling bemerkbar, freilich nicht in dem Maße, wie es bei gleichzeitiger Einwirkung des Lichtes der Fall ist. Am 29. abends beginnt die rückläufige Bewegung, die auch im Dunkeln sowohl selbstregulatorisch als auch unter Mitwirkung des Schwere- reizes gleichzeitig am 2. XII. (das Stadium ist nicht mehr ge- zeichnet) erreicht wird. Hierzu benötigten die Keimlinge nach Erreichung des Krümmungsmaximums im Dunkeln etwas mehr Zeit (beiläufig -\- 24 Stunden) als unter dem Einflüsse des Lichtes. Aus den mehrmals in gleicher Weise durchgeführten Versuchen mit l\ici HKS -Keimlingen ergibt sich, daß die nach erfolgter geo- tropischer Umstimmung in der Hypokotylbasis bei frei beweglichem Gipfel zu beobachtenden starken Krümmungsbewegungen zunächst positiv geotropisch eingeleitet und sodann autonom in gleichem Sinne, jedoch nicht in konstanter Ebene durch einige Zeit fort- gesetzt werden. Auf diese Krümmungstätigkeit hat der negative ßQ4 Adolf Sperlicli, Geotropismus, besonders unter gleichzeitiger diffuser Lichteinwirkung einen starken hemmenden Einfluß, hingegen übt das Licht allein keine besonders augenfällige Reduktion auf den Grad der Einkrümmung aus. Die rückläufige Bewegung erfolgt selbstregu- latorisch; die Normallage wird selbst aus stark gekrümmter Anfangs- lage unter Mitwirkung des richtenden Schwerkraftsreizes und ohne diese gleichzeitig erreicht. Auf diese Bewegung wirkt das Licht beschleunigend. Wenn wir von der Beeinflussung des Krümmungsverlaufes durch den negativen Geotropismus des Stengels absehen, so verhält sich der Keimling von Ricinus rücksichtlich der Gipfelein krümmung genau so wie die Keimlinge der untersuchten Coniferen und ähnlich wie die Keimpflanze von Oalium saccharatum. Und in der Tat sind auch bei Bicinus während der ganzen Periode der starken Krümmungsbewegung die Kotyledonen mit dem Aufsaugen des Nährgewebes beschäftigt. Werden i^/cinw*^- Samen so tief und fest gepflanzt, daß der knieförmig gebogene Hypokotyl die größtenteils vom Endosperme befreiten Keimblätter aus dem Boden zieht ^), dann folgen nach Befreiung des Gipfels wie bei den genannten Pflanzen keine starken Krümmungen mehr, sondern es setzen gleich die unter dem Einflüsse des Lichtes beschleunigten, zur Vertikal- stellung des ganzen Stengels führenden Gegenvorgänge ein. In gleicher Weise verhalten sich auch die kleinen Keimpflanzen aus den endospermhältigen Samen von Bupleurum rotundifoliurn L. und Nigella damascena L. Die Tatsache, daß die starken Ein- krümmungen bei Keimlingen aus endospermhältigen Samen ohne Rücksicht auf die systematische Stellung der Pflanzen in gleicher Weise zu jener Zeit in Tätigkeit gesetzt werden, da sich die Koty- ledonen im Endosperme unter gleichzeitiger Aufsaugung desselben vergrößern, läßt unter gleichzeitiger Berücksichtigung der Tatsache, daß Keimlinge aus endospermlosen Samen unter normalen Bedingungen niemals derartige Bewegungen ausführen, den Schluß zu, daß diese ohne Mitwirkung äußerer Faktoren zustandekommenden, wenn auch durch äußere Faktoren beeinflußbaren Nutationen im oberen Teile des Hypokotyls mit Vorgängen in den vom Endosperme umschlossenen Kotyledonen ursächlich zusammenhängen. Welcher Art der Zusammenhang ist, läßt sich nicht sagen. Daß hierbei möglicherweise Spannungsverhältnisse im Spiele sein könnten, wurde schon erwähnt. 1) Vgl. Fig. 435, S. 609 in Saciis' Lehrbiicli. über Krüiiinuuigsursaclieu bei Keimstengelii u. beim Monokotyleiikeimblatte. 605 E. Zusammenfassung. 1. Der Hypokotyl der kreisförmig gebogenen Embryonen von Atrlplex hortense wächst zu Beginn der Keimung im Sinne der Primärkrümmung des ruhenden Embryos und führt nach kurzer Zeit eine starke Gegenkrümmung in gleicher Ebene aus. Diese bleibt, sich zusehends verstärkend, nach erfolgter geotropischer Umstimmung der basalen Teile des Stengels in seinem oberen Teile erhalten und rückt schließlich in die langgestreckten Kotyledonen. Der primäre positive Geotropismus des Hypokotyls, der nur kurze Zeit andauert, kann in manchen Fällen, doch stets nur in der ersten Streckungsperiode des Organs die durch die Ausgangslage geschaffene Krümmungstendenz der Richtung nach beeinflussen. Das Licht übt auf die primären Krümmungsvorgänge gar keinen, auf die Gegenvorgänge, die zur schließlichen Aufrichtung des Gipfels führen, einen sehr schwachen Einfluß aus. 2. Ob bei der Keimung der Samen von Atrlplex die Wurzel als erstes Organ aus der Samen- und Fruchthülle tritt, hängt in vielen Fällen von der Orientierung der Frucht ab '). Am sichersten wird der normale Keimungsmodus erreicht, wenn die ruhenden Embryonen so liegen, daß das positiv geotropische Wachstum des Keimstengels der Richtung nach mit der durch die Primärkrümmung des ruhenden Keimlings geschaö'enen Wachstumstendenz zusammen- fällt. Andernfalls tindet das Wurzelende des Keimlings nicht selten in den Hüllen einen derartigen Widerstand, daß das Heraustreten des Keimlings erst nach der geotropischen Umstimmung im Hypo- kotyle auf der entgegengesetzten Seite der Frucht erfolgt. Der Hypokotylgipfel führt gleich nach der völligen Befreiung von der Schale die schon erwähnte Gegenkrümmung aus. 3. Das Wachstum des Hypokotyls von (Tcüium saccharatum, von Picea excelsa und Fltius silvesfris, endlich von Ricinus com- munis, Nigella damascena und Bupleurum rotundifoUum ist zu Beginn der Keimung ein positiv geotropisches. Nach erfolgter Umstimmung in der Hypokotylbasis reagiert der Gipfel noch positiv geotropisch und behält den durch die positiv geotropische Reaktion geschaö'enen Krümmungszustand bei. Mit dem Wachstum der vom Endosperme umschlossenen Kotyledonen setzt aus jeder zu 1) Dies gilt zunächst nur für die untersuchten hellbraunen Früchte mit senk- rechtem Samen aus den periantlilnsen weiblichen Blüten. 606 Adolf Sperlich, diesem Zeitpunkte erreichten Ausgangslage bei ermöglicliter freier Bewegung eine autonome, der Ebene nach unbestimmte, starke Krümmungsbewegung in den oberen Teilen des Hypokotyls ein, die nicht mehr zur Beobachtung gelangt, wenn sich die Kotyledonen im Erdboden vollständig entwickelt haben und vom Endosperme befreit durch den aufwärts strebenden Hypokotyl hervorgezogen werden. 4. Während der positiv geotropischen Stimmungsperiode macht sich im Hypokotyl von Lialkim saccharatum eine kurz andauernde, doch sehr starke, der Ebene nach durch die Primärkriimmung des ruhenden Embryos bestimmte Krümmungstendenz bemerkbar. 5. Die während der Aufsaugung des Endosperms sich betätigende Gipfelkrümmung kann durch die negativ geotropische Reaktion des Keimstengels von Ricinus, besonders unter Mitwirkung des diffusen Tageslichtes, zum größten Teile unterdrückt werden. 6. Das Licht übt auf die primären Krümmungsvorgänge keinen Einfluß aus; auf die sekundären, während der Aufsaugung des Nährgewebes erfolgenden Krümmungen wirkt es bei den Coniferen und Oalium saccharatum hemmend. Die rückläufige Bewegung wird in allen Fällen durch das Licht beschleunigt. GaliuDi saccha- iiifimi erreicht ohne Mitwirkung des Lichtes die Vertikalstellung des Gipfels überhaupt nicht. 7. Der bei Keimung endospermhältiger Samen häufig sichtbare, aus der Erde hervortretende Hypokotylbogen kommt passiv zustande und nur dann, wenn der Same oder die Frucht im Erdboden so fest steckt, daß der aufwärts strebende Hypokotyl sein Kotyledonar- ende nicht zu befreien vermag ; der Zustand dauert so lange, bis die Kotyledonen das umgebende Nährgewebe vollkommen aufgesogen haben. ( V. Bemerkungen über den Verlauf der Gipfelkrümmung bei den Epikotylen einiger Leguminosen. Neben dem Hypokotyl von Ildianthns war es der Epikotyl von Fhascolus miiUißorfis, der zumeist für die Untersuchungen über das Zustandekommen der bekannten Einkrümmung in der Gipfclzone der betreffenden Organe herangezogen wurde. Aus den letzten Untersuchungen über den Gegenstand von Rimmer^) geht hervor, 1) Riiiuiier, Über die Mutationen und WacliBtiun^riclitungen der Keiiniifliuizeii, a. a, 0., S. 4,21. über Krümmungsursachen bei Keimstengeln u. beim Monokotylenkeimblatte. 607 daß die in Frage kommende Krümmung des Epikotyls eine auto- nome Erscheinung ist. Was die eventuelle Mitwirkung des Schwer- kraftsreizes anbelangt, kann ich auf Grund meiner Versuche den Befund Rimmers bestätigen: es ist im ganzen Verlaufe der Krümmung und der rückläufigen Bewegung keine Reaktion nach- weisbar, die sich auf die Einwirkung des Schwerereizes zurückführen ließe. Da die vielen Versuche, die ich mit Epikotylen von Phaseolus mulüfiorus Willd., Vicia Faha L. und sativa L. und von Pisum sativum L. ausgeführt habe, rücksichtlich der Mitwirkung geotro- pischer Reaktionen durchwegs negative Resultate ergeben haben, zudem die Krümmungsverhältnisse allgemein bekannt sind, sehe ich von einer Wiedergabe der betreffenden, ziemlich weitläufigen Proto- kolle ab. Nur auf die Versuchsanordnung sei mit einigen Worten verwiesen. Der Epikotyl ist bekanntlich schon in ruhendem Zustande, eingeschlossen zwischen den flachen inneren Begrenzungsflächen der Kotyledonen, schwach eingekrümmt; im Maximum entspricht seine Krümmung, die kleinen Primärblätter mitgerechnet, einem Viertel der Kreislinie. Zu Beginn der Keimung ist' seine Wachstums- richtung durch die zusammenschließenden Kotyledonen bestimmt, zudem wirkt die Samenschale, wie Parallelversuche lehren, sehr stark hemmend ein. Zur Feststellung des unbeeinflußt von mecha- nischen Faktoren vor sich gehenden primären Wachstums war es notwendig, die Samen nach vorausgehender Quellung zu schälen und von den Kotyledonen in der Umgebung des Epikotyls mit aller Vorsicht Stückchen derart wegzuschneiden, daß der Epikotyl sich vollkommen frei bewegen konnte, im übrigen aber die Ernährungs- verhältnisse nicht gestört wurden. Mit Recht bemerkt Rimmer*) bei kritischer Besprechung der Versuchsanordnung Wortmanns-) daß eine Amputation eines oder beider Kotyledonen die Ernährungs- verhältnisse des Embryos viel zu stark beeinflusse, um aus dem Verhalten derart behandelter Keimpflanzen auf die Wachstums- erscheinungen normal ernährter Keimlinge Rückschlüsse ziehen zu können. Ich brachte nach der geschilderten Vorbehandlung die in Gefäße mit sehr lockerer Erde oberflächlich gepflanzten Embryonen in die verschiedenste relative Lage zur Horizontalen und auf den 1) A. ii. ()., S. 408 — 4(i',i. 2) Woi-lmann, Studien über die Niitaiion iIpt Keinipflauze von Fhascvlxs muUißorua. 608 Adolf Sperlich, Klinostaten. Besonders häutig wurde eine Lage gewählt, wonach die Ebene der Primärkrümmung des ruhenden Epikotyls mit der Horizontalen parallel lief, und eine solche, aus welcher bei Vorhanden- sein einer temporär positiv geotropischen Stimmung das primäre Wachstum zu einer Gegenkrümmung der ursprünglichen Krümmung in gleicher Zone hätte führen müssen. In dieser Stellung wurde durch Auseinanderspreizen der Keimblätter mit einem Holzstäbchen für die Möglichkeit freier Bewegung des Stengels in der Vertikal- ebene Sorge getragen. Ausschlaggebend waren nur die ersten Beobachtungen, Späterhin erfährt das ganze System teils durch den nach erfolgter Fixierung der Wurzel aufwärts strebenden Hypokotyl, teils durch die Wachstumsvorgänge in den basalen Zonen des Epikotyls verschiedene Drehungen, die eine sichere Beurteilung der Beziehung der Einkrümmungsebene des Gipfels zur Schwerkraftsebene unmöglich machen. Aus allen Anfangslagen wächst der Epikotyl sofort bei Beginn der Streckung sichtlich in seinen basalen Zonen negativ geotropisch, während der Gipfel mit den kleinen Primärblättern zunächst die ursprüngliche Ruhelage vollkommen bewahrt. Sehr bald darauf wird besonders bei Ausschluß des Lichtes auch in der Gipfelzone Wachstum bemerkbar, das zur Verstärkung der Primärkrümmung führt. Hierbei ist eine Beziehung zur Schwerkraftsrichtung, wenn möglichst viel Objekte vergleichend herangezogen werden — an einzelnen hat es mitunter den Anschein, als wäre eine solche vor- handen— , gewiß ausgeschlossen. Das Urteil festigt sich, wenn die rotierenden Embryonen zum Vergleiche herangezogen werden. Die Bewegungen des Gipfels zu Beginn der Streckung und auch ■ im späteren Entwicklungsverlaufe zeigen gar keinen Unterschied gegenüber den Verhältnissen bei Pflanzen, die dem konstant gleich- sinnigen Schwerkraftseintlusse ausgesetzt sind. Bei den Rotationsversuchen zeigte sich überdies, daß die negativ geotropische primäre Streckungszone des Epikotyls zu Beginn der Keimung kurvipetal ist, in schwächerem Maße bei Phaseolus multißonis, in sehr starkem Grade bei Yicia Faba und safiva und bei Pisum sativum. Hierbei ist eine Ebene, die der Primärkrümmung im ruhenden Samen, bevorzugt und der Richtung nach stellt die Wachstumsbewegung eine Gegenkrümmung jener dar. Auf eine genaue Schilderung dieser mit unserer Frage nicht direkt zusammen- hängenden Erscheinung kann ich umsomehr verzichten, alsO. Richter bei Versuchen unter anderer Fragestellung zu gleichen Resultaten über Krtimmungsnrsaclien bei Keimstengeln u. beim MonokotylenI. III. 4 h nachm. 6. III. Bei allen Keimlingen, gleichviel, ob das Licht die Flanke oder eine Fläche der Kotyledonen trifft, exakte negativ phototropische Reaktion: der Hypokotyl wächst nach Ausführung einer Abkrümmung von 90 " in der Strahlenrichtung fort (Fig. 30). 622 Adolf Sperlich, 7. III. Zu der negativen Eeaktion der iiriniären Struckungszone ist in den biisalen Partien die positive hinzugetreten, wodurch .s- förmige Kriinuiiungen erzielt werden. Nach Überwindung der primären autonomen Krümmungstendenz durch die positiv geotropische Reaktion tritt, wie wir sehen, bei fernerem Wachstum auf dem Klinostaten und kontinuierlicher ein- seitiger Belichtung eine exakte negativ phototropische Reaktion ein, zu der sich im weiteren Verlaufe der Entwicklung bei kon- stanter Lichtstärke der geotropischen Umstimmung entsprechend in den basalen Zonen eine positiv phototropische Reaktion gesellt. Wie unter dem Einflüsse der Schwerkraft der Hypokotyl 48 Stunden nach Keimungsbeginn zu einer 6 -förmigen Krümmung veranlaßt wird, so auch unter dem Einflüsse des einseitig wirkenden Lichtes. Nicht beantworten läßt sich allerdings die Frage, ob der Hypokotyl gleich zu Beginn der Keimung phototropisch empfindlich ist oder nicht. Denn das totale Ausbleiben der phototropischen Re- aktion bei Keimung auf dem Klinostaten unter einseitiger Belich- tung und das Auftreten der regellosen starken autonomen Krüm- mungen unter diesen Bedingungen läßt sich sowohl damit begründen, daß dem Organ zu Beginn des Wachstums die phototropische Erregbarkeit überhaupt abgeht, als auch damit, daß die photo- tropische Reizkette so langsam verläuft, daß die entsprechenden Glieder zur Überwindung der nun einmal vorhandenen autonomen Krümmungstendenz nicht rechtzeitig eingreifen. Ebenso läßt sich nicht mit Sicherheit sagen, ob die Beeinflussung der auf dem Klinostaten im Dunkeln auftretenden Krümmungserscheinungen durch das kurz andauernde, primäre, positiv geotropische Wachtum als eine Nachwirkung des Schwerereizes aufzufassen ist oder nicht. Es könnte auch sein, daß zu diesem Zeitpunkte das autonome Krümmungsbestreben vollkommen selbstregulatorisch gemäßigt wird, um schließlich fast völlig zu erlöschen. Der weitere Krümmungs- verlauf im Hypokotyle von Embryonen, die rotierend gekeimt haben (Versuch 6, S. 526) macht meines Erachtens letzteres wahrschein- licher. Wie dem auch sei, die Schwerkraft kann die zu Beginn der Keimung vorhandene Krümmungstendenz durch die geotropische Reaktion völlig unterdrücken, das Licht als tropistisch wirkendes Agens vermag das nicht. Erst nachdem die erste Streckung unter dem Einflüsse der Schwerkraft erfolgt ist und selbst dann, wenn es sich hierbei nur um eine ganz minimale Streckung handelt, wirkt auch das Licht wachstumsrichtend. über Krümniungsursachen bei Keiiiistengeln u. beim Monokotylenkeimblatte. 623 Es mußte nun noch festgestellt werden, ob sich die negativ phototropische Reaktionsfähigkeit im Hypokotylgipfel auch nach erfolgter geotropischer Urastimmung in der Basis des Organs erhält. Zugleich sollten die folgenden Versuche zeigen, ob die nachgewiesene negativ phototropische Reaktion des Hypokotyls sich auch dann nachweisen läßt, wenn die Pflanzen in Erde wurzeln. Versuch 39. Hcliai(t}ni,^-¥Y\id\ie, wurzelrecht gepflanzt, in Sägemehl angekeimt und hier im Dunkeln solange belassen, bis die Wurzel eine zu genügender Befestigung der Keim- linge in Erde geeignete Lange erreicht hatte. Keimlinge verschiedener Länge mit ganz geradem Hypokotyl wurden hierauf in je einer Reihe in Gefäße mit Erde verpflanzt. Aufstellung normal. Beginn der Belichtung 7. III. 11h vorm. Abends keine Ver- änderung. Fig. 31. Wirkung einseitiger kontinuierlicher Belichtung auf Keimlinge von HeUanthus, die in Erde wurzeln, unter gleichzeitiger normaler Schwerkraftswirkung. 8. III. Die Krümniungstypen sind in Fig. 31 dargestellt. Bei den kürzesten Keim- lingen nur negativ pliototropische Reaktion, bei den Keimlingen mittlerer Länge Überwiegen der negativ phototropischen Reaktion, bei den langen Keimlingen eben noch merkliche negativ phototropische Reaktion. 9. III. Die entsprechenden Veränderungen sind wieder in Fig. 31 dargestellt. Be- achtenswert ist die Verstärkung der Gipfeleinkrümmung, an der allerdings der positive Geotropismus mitbeteiligt ist. Die älteren (längeren) Keimlinge haben einen aufgerichteten Gipfel. 10. III. Bei allen Keimlingen beginnt der Gipfel sich aufzurichten. Alle sind positiv phototropisch gekrümmt. Schließlich wurde derselbe Versuch derart variiert, daß die Keim- pflanzen zur Ausschaltung der geotropischen Reaktionen nach er- folgter Überpflanzung in Erde sofort auf den Klinostaten kamen, wo sie unter kontinuierlich einseitiger Belichtung rotierten. 624 Adolf Sperlich, Versuch 40. Begiuu der Kotation und Beliclituiig 9. III. 1 1 h vorm. Naclunittags und abends keine Reaktion *j. 10. III. 10 h vorm. Ein Keimling scliwach negativ phototropiscli , ein Keimling an der Basis schwach positiv phototropisch gekrümmt. 1 h nachm. Beginn einer deutlichen .7- förmigen Krümmung bei allen Keiml. 5 h nachm. Hauptkrümmungstypen in Fig. 32. 11. III. 9 h vorm. Die Veränderungen sind in Fig. 32 ersichtlich; bei den älteren Keimlingen wird die negativ phototropische Krümmung rückläufig. 12. III. Die Gipfelkrümmung geht bei allen Keimlingen zurück. Aus den geschilderten Versuchen ergibt sich die interessante Tatsache, daß in auffallender Übereinstimmung mit dem geotro- pischen Verhalten auch rücksichtlich des Phototropismus im Ver- laufe der Keimhngsentwicklung von Helianthus eine Zeit existiert, Fig. 32. Wirkunp kontinuierlicher einseitiger Belichtung auf Keimlinge von Heli(niihitx, die in Erde wurzeln und auf dem Klinostaten rotieren. während welcher bei gleichbleibenden Außenbedingungen die basale (negativ geotropisch gestimmte) Zone positiv, die api- kale (positiv geotropisch gestimmte) Zone negativ reagiert. Und ebenso wie die positiv geotropische Stimmung nach Ablauf von beiläufig 4 Tagen nach Keimungsbeginn allmählich erlischt, schwindet auch die negativ phototropische Reaktionsfähigkeit in den betreffenden Zonen des Keimstengels vollkommen. Anisotropien von ganzen Organen sind auch rücksichtlich des tropistischen Lichtreizes be- \) Der Hypokotyl hat zur Zeit der geotropischen Umstimmung ein sehr geringes Wachstum (vgl. Schütze, a. a. 0., S. 418, 419 u. 421 ; Wachstumskurven für den Hypokotyl von Lupinus alhusj. Ülier IviüiuimiiigsufHachf.n bei Keinisiciinelii ii. iK-iiu .VfoiiokntyleiikiMiiiblaltu. 625 kannt, bemerkenswert bleibt jedoch die Koinzidenz des photo- tropischen Verhaltens mit dem geotropischen, über deren innere Ursachen keine sichere Vorstellung möglich ist. Ob sich bezüglich der phototropischen Bewegung im Hypokotyl während seiner positiv geotropischen Wachstumsperiode eine von der Beleuchtungsintensität abhängige Gesetzmäßigkeit im Sinne der Müller - Oltmannsschen Theorie^) feststellen läßt, wie dies Linsbauer und Vouk für die negativ phototropischen Keimwurzeln von Raplianus und Sinapis unter bestimmten Bedingungen zu zeigen gelungen ist^), wurde nicht untersucht. Es lag jedoch im Plane der vorliegenden Untersuchungen zu zeigen, daß unter entsprechen- den Beleuchtungsverhältnissen an der Einkrümmung des Gipfels von nicht zu weit vorgeschrittenen Helianthns -'Keimlingen auch ein phototropischer Reiz mitbeteiligt sein kann. Die negativ phototropische Reaktionsfähigkeit des Keimstengels in seiner ersten Streckungsperiode war, wenn wir von ganz speziellen Fällen absehen, die sich in Anpassung an ganz bestimmte Keimungs- und Lebensbedingungen entwickelt haben wie das schon von Dutrochet erkannte Verhalten des Hypokotyls von Visc7im^), bisher nicht bekannt und es lag nahe, auch andere Keimpflanzen in dieser Hinsicht zu prüfen, soweit es die zur Verfügung stehende Zeit gestattete. Ich untersuchte die Keimpflanzen von Sinapis alba, Ipomoea purpurea und Cucurbita Pepo. Die Versuche mit Sinapis begegneten manchen Schwierigkeiten. Aus dem Vorhergehenden (vergl. S. 578) ist bekannt, daß der positive Geotropismus aus dem Hypokotyl des Senfkeimlings un- gemein rasch verschwindet. Es galt daher, den kurz andauernden Zustand für die Belichtungsversuche zu treffen. Dies gelang erst nach mehreren vergebhchen Bemühungen. Von der Prüfung in Erde wurzelnder Keimpflanzen mußte ganz abgesehen werden; im Zeitpunkte, der eine sichere Fixierung der Pflanzen in Erde er- möglicht, reagiert der Hypokotyl nur mehr negativ geotropisch und positiv phototropisch. Bei den Versuchen mit gequollenen Samen in feuchter Küvette mußte erst eine entsprechende Wasserversorgung 1) N. J. C. Müller, Botanische Untersuclmngen, T, 1872. Oltnianns, Über die photometrischen Bewegungen der Pflanzen, Flora, 1892; Über positiven und negativen Heliotropismus, Flora, 189 7. 2) K. Linsbauer und Vouk, Zur Kenntnis des Heliotropismus der Wurzeln (Vorl. Mitteil.). Ber. d. Deutsch. Bot. Ges., 27, 1909. 3) Dutrochet, Recherches auatomiques et physiologiques, 1824, S. 92. 626 ^'lolf Sperlicli, und Befestigung der Samen ausprobiert werden. Am zweckmäßigsten erwies sich eine Anordnung, wie sie in Figur 33 beim ersten Keimling dargestellt ist. Hierbei wurden die Samen nach halb- stündiger Vorquellung nebeneinander an der Unterseite eines horizontalen Korkstreifens knapp am belichteten Rande mit einer feinen Nadel schief befestigt. Der Wasserzufluß erfolgte durch einen zwischen Kork und Samen liegenden Filtrierpapierstreifen, der an beiden Enden des Korkes in das den unteren Teil der Küvette ausfüllende Wasser tauchte. Im folgenden ist ein solcher Versuch mitgeteilt. Versuch 41. Samen von Sina2)is wurden nach halbstündiger Quelhing sofort in feuchten Kü- vetten in der geschilderten Weise auf Kork fixiert. Beginn der künstlichen Belichtung 23. II. 5 h nachm., 18 Samen. 24. 11. 9 h vorm. Das Würzelchen beginnt bei den meisten durchzubreclien ; 2 Keim- linge haben schon ein Würzelchen von 2 mm Länge, deren Hypokotyl wächst in vertikaler Richtung ohne Ablenkung nach abwärts. Fig. 33. Wirkung kontinuierlicher einseitiger Belichtung in den ersten Streckungs- stadien des Hypokotyls von Sincqns nlha unter gleichzeitiger normaler Schwerkraftswirkung. Keimung und Wachstum in feuchter Küvette. 3 ]\ nachm. Der Hypokotyl der Keimlinge wird sichtbar und ist durchwegs vom Lichte etwas abgewendet. 25. IL 0 h vorm. Unabhängig von der Lage der Kotyledonen zum Lichte sind sämtliche Hypokotyle vom Lichte abgewendet. Nur die zwei Vorläufer zeigen gar keine phototropische Reaktion. Der Zustand der Keimlinge CHaupttypen) ist in Fig. 33 dargestellt. 10 h vorm. Die negativ geotropische Aufkrümmung inacht sich allenthalben stark bemerkbar. Derselbe Effekt wurde auch bei Versuchen im Tageshchte erzielt. Versuch 42. Beginn der Belichtung 2. III. 12*" h nachm. 12 Samen. 3. III. 9 h vorm. Aus 2 Samen erscheint das Würzelchen. 7 h nachm. Es keimen noch 2 Samen. über Krüininungsursaclien bei Keinistengelii u. beim Monokotylenkeimblatte. 627 4. ITI. 11h vorm. Die zwei Verläufer zeigen keine phototropische Reaktion, die übrigen 6 Keimlinge deutlich negativ phototropisch abgelenkt; 4 Samen keimen nicht. Die reine negativ phototropische Reaktion trat bei Versuchen auf dem KHnostaten und einseitiger konstanter Belichtung sehr schön zutage. Hierbei mußte mit Rücksicht auf die aus Versuch 29 (Seite 579) hervorgegangene Tatsache, daß im allgemeinen eine sichere Durchbrechung der Samenschale seitens des Würzelchens und Hypokotyls nur unter dem Einflüsse der Schwerkraft möglich ist, das erste Erscheinen des AVürzelchens abgewartet und erst dann der Klinostat in Tätigkeit gesetzt werden. Da aber dieser Zeitpunkt nicht für alle Samen derselbe ist, wurde bei jedem Versuche nur bei einer bestimmten Anzahl von Keimlingen eine exakt negativ phototropische Reaktion erzielt. Unentschieden bleibt, ob der zu Beginn des Wachstums negativ phototropisch reagierende Keimstengel von Sinapis selbst lichtempfindlich ist oder ob wir es mit einer Transmission des Lichtreizes aus der perzipierenden Wurzel zu tun haben. Für den Hypokotyl von Helianthus kommt dies in Anbetracht des Verhaltens in Erde wurzelnder Keimpflanzen sicher nicht in Frage. Vollkommen ergebnislos verliefen die vielen Versuche mit Keimpflanzen von Ipomoea und Cucurbita. Bei jener vereitelt die während des positiv geotropischen Wachstums mit ziemlicher Plötz- lichkeit einsetzende, auch durch die Schwerkraftswirkung nicht unterdrückbare autonome Bewegung (vergl. S. 585) jede sichere Beurteilung, der Keimstengel dieser reagiert in seiner positiv geo- tropischen Zone (dies gilt für Tageslicht und die verwendete künst- liche Beleuchtung) mit aller Gewißheit überhaupt nicht phototropisch. B. Zusammenfassung. 1. Der Hypokotyl von Helimitlms annuus ist während seiner positiv geotropischen Wachstumsperiode negativ plioto- tropisch. Gleichzeitig mit der geotropischen Umstimmung vollzieht sich bei gleich bleibenden Außenbedingungen in seinen basalen Teilen der phototropische Stimmungswechsel; unter- dessen behalten seine apikalen Teile neben der positiv geotropischen auch die negativ phototropische Reaktionsfähigkeit für einige Zeit (bis zu einem Alter von beiläufig 4 Tagen) bei. 628 A'i""' •'^i'<''-iii;ii, 2. Eine Unterdrückung der zu Beginn der Keimung vor- handenen starken autonomen Krümmungstendenz durch den Photo- tropismus ist unmöglich. Die phototropische Reaktion tritt erst dann zutage, wenn das erste Wachstum unter dem Einflüsse der Schwerkraft, die jede Abweichung von ihrer Wirkungsrichtung ver- hindert, erfolgt ist. Hierzu genügt eine vorausgehende Streckung bis zu einer Hypokotyllänge von nicht ganz 1 mm'). 3. Auch der Hypokotyl von Sinapis aJha reagiert während der kurz andauernden Periode positiv geotropischen Wachstums negativ phototropisch. Eine gleichzeitige Anisotropie des Keimstengels läßt sich rücksichtlich des Phototropismus ebenso wenig nachweisen wie rücksichtlich des Geotropismus. 4. Ein sicheres Urteil über den Phototropismus des Keimstengels von Ipomoea pvrpurea während seines positiv geotropischen Wachs- tums ist wegen der nicht unterdrückbaren und selbst durch den Geotropismus nur schwach beeinflußbaren autonomen Krümmung seiner apikalen Zone unmöglich. 5. Der Keimstengel von Cucurhita Pepo reagiert in seinen positiv geotropischen Zonen nicht phototropisch. 6. An der Gipfeleinkrümmung junger, im Tageslichte wachsender Keimpflanzen von HeUanfhus kann bei entsprechenden Beleuchtungsverhältnissen der Phototropismus mitbeteiligt sein. VIII. Über die Faktoren, von welchen die Ausbildung des Stemmorgans an der Grenze zwischen Hypokotyl und Wurzel abhängig ist. A. Einleitende Bemerkungen . Einige Embryonen zeichnen sich durch eine schon im ruhenden Samen vorhandene Anschwellung des Wurzelhalses aus, bei anderen entwickelt sich erst im Verlaufe der Keimung an der Übergangs- stelle zwischen Hypokotyl und Wurzel eine Verdickung, die dem wachsenden Keimling bei der Befreiung von der Samenschale be- 1) Ich möchte Versucli .3.5, eventuell auch Versuch 38 und 40 als Vorlesungs- versuche zur Demonstration negativ phototropischen Verhaltens sov?ohl mit Rücksicht auf die Einfachheit der Anordnung als auch im Hinblick auf die prompte Reaktions- fähigkeit des leicht zu beschaffenden Objektes an Stelle des bisherigen Schulobjektes (Sinapis-'WnTze\) bestens empfehlen. über Kriimmungsursachen bei Keimstengeln n. beim Monokotylenkeimblatte. 629 hilflich ist. Am bekanntesten ist die Erscheinung bei den Cucur- bitaceen, bei welchen sich die erwähnte Verdickung unter normalen Verhältnissen einseitig entwickelt. Schon Forschern der siebziger Jahre des abgelaufenen Jahrhunderts war es aufgefallen, daß die Verdickung nicht in konstanter Abhängigkeit von den morpholo- gischen Verhältnissen des Samens entsteht, vielmehr in ihrer Loka- lisation beeinflußbar ist. So soll sich das geburtshelfende Organ nach Tscherning^) stets im Innern des Biegungswinkels von Hypokotyl und Wurzel durch Auspressung peripherer Rinden- schichten bilden, während Flahault^) hierfür die relative Lage des Embryos zur Erdoberfläche verantworthch macht. Ch. Darwin ^), der richtig erkannte, daß das Organ in seinen oberen Teilen aus Elementen des Stengels, in seinen unteren aus Elementen der Wurzel besteht, und die Raschheit seiner Entwicklung festgestellt hat, faßt die Abhängigkeit der Entwicklung von der jeweihgen Konkavseite der Stengel- und Wurzelbiegung als Anpassungs- erscheinung an die geburtshelfende Funktion der Anschwellung auf. Aus Bemerkungen Fr. Darwins*), der bei rotierenden Embryonen eine ringförmige Ausbildung des Wulstes festgestellt hat, geht hervor, daß es sich bei der Entstehung der Anschwellung um eine Reaktion auf den Schwerkraftsreiz handeln könnte. Ausgedehnte Versuche über die Abhängigkeit der Entwicklung des Organs von der Angriffsrichtung der Schwerkraft und von den durch die Krümmung von Hypokotyl und Wurzel geschaffenen inneren Ver- hältnissen hat NolP) ausgeführt, dem wir überdies Untersuchungen über die anatomischen Verhältnisse im Organe und über die Be- einflussung des Keimungsverlaufes von der Ausgangsstellung der Samen und damit von der Ausbildungsweise des Wulstes verdanken. Von Noll wurde auch die Bezeichnung „Stemmorgan" geprägt, die in den folgenden Zeilen verwendet ist. Nach Noll ist die Ent- wicklung des Stemmorgans bei Cucurbita -Keimlingen von zwei, in 1) Tscherning, Untersuchungen über die Entwickelung einiger Embryonen bei der Keimung. Tübinger Inauguraldissertation, 1872, Taf. 1, Fig. 1, 2, 3. 2) Flahault, Sur le talon de la tigelle de quelques Dicotyledones. Bull, de la soc. botan. de France, Bd. XXIV, 1877, S. 200 ff. 3) Ch. Darwin, Das Bewegungsv^ermögen der Pflanzen, S. 85, Fig. 62. 4) Fr. Darwin, Hamilton Acton, Practical Physiology of Plauts, Cambridge, 1895, S. 192 ff., Fig. 38. 5) Noll, Zur Keimungsphysiologie der Cucurbitaceen. Landwirtsch. Jahrb., 1901, Erg.-Bd. I, S. 145 — 165. Jahrb. f. wiss. Botanik. L. 41 630 Adolf Sperlich, ihrer Wirkung korrelativ verbundenen Faktoren abhängig: 1. vom Schwerkraftsreize, 2. von der morphästhetischen Reizwirkung der geotropischen oder autonomen Krümmung von Hypokotyl und Wurzel. Die erste Abhängigkeit leitet der genannte Forscher aus folgenden Versuchsergebnissen ab: Das Stemmorgan entwickelt sich einseitig und stets an der dem Erdboden zugekehrten Seite bei inverser oder horizontaler Ausgangslage der Embryonen und aus schiefer Lage, wenn ein für verschiedene Rassen ungleich- wertiger Grenzwinkel nicht überschritten wird. Es wird ringförmig aus vertikaler und schwach geneigter Ausgangslage der Em- bryonen und bei Rotation auf dem Klinostaten. Durch Drehung horizontal liegender Embryonen, an welchen sich das Stemmorgan einseitig zu entwickeln beginnt, um 180" erhält man an der neuen Unterseite einen in der Folge die primäre Wulstbildung überflügeln- den zweiten Wulst. Über die theoretischen Vorstellungen, die sich Noll von der Schwerewirkung und über die Ausdehnung der Reizfelder in den an der Ausbildung des Wulstes beteiligten Zellen macht, braucht an dieser Stelle nichts bemerkt zu werden ^). Uns genügt festzustellen, daß den Ausführungen Nolls zufolge die Schwerkraft eine radiale und zentrifugale Streckung — um diese handelt es sich zunächst bei der Wulstbildung — in den entsprechenden Zonen von Hypokotyl und Wurzel hervorruft, jedoch nur dann, wenn sie parallel zur Längsachse des normal gestellten Keimlings wirkt oder ihre Richtung mit der Achse einen kleinen Winkel einschließt; bei anderer Ausgangslage aber nur dort, wo ihre Wirkung in Bezug auf die Zentralachse des Individuums zentrifugal gerichtet ist, also in der gegen den Erdboden schauenden Hälfte der Zone. Da nun Noll bekanntlich die Sachs sehe Auffassung von der Geoperzeption auf dem Klinostaten, die allerdings erst später durch die Versuche Fittings^) in exakter und völlig einwandfreier Weise erwiesen wurde, geteilt hat, ist ihm die ringförmige Ausbildung des Stemmorgans bei Keimlingen, die in paralleler Lage zur hori- zontalen Klinostatenachse rotieren, wobei nacheinander sämtliche Punkte der organbildenden Zone in die Reizlage gelangen, mit ein 1) Die zugrundeliegenden Gedanken finden sich in Noll, Heterogene Induktion, Leipzig, 1892 und Noll, Über Geotropismus, Jahrb. f. wiss. Bot., Bd. XXXIV, S. 457 ff. 2) Fitting, Untersuchungen über den geotropischen Reizvorgang. Jahrb. f. wiss. Bot., Bd. XLI, 1905, S. 285 ff. über Krüinmungsursachen bei Keimstengeln u. beim Monokotylenkeimblatte. 631 Beweis für die Abhängigkeit der Organentwicklung von der Schwer- kraft. Die Tatsache, daß das Stemnaorgan bei Pflanzen, die sich zu Beginn der Keimung auf dem Klinostaten autonom krümmen, einseitig und zwar an der Konkavseite zur Entwicklung gelangt, führt Noll aut einen morphästhetischen Reiz zurück, der die Reaktion auf den Schwerkraftsreiz in diesem Falle völlig unterdrückt. Wie die Seitenwurzelbildung durch den Formreiz der gekrümmten HauptwurzeP), sei auch die Ausbildung des Stemmorgans durch einen von der Hypokotyl- und Wurzelkrümmung ausgehenden morph- ästhetischen Reiz veranlaßt. Ebenderselbe Reiz verhindert nach Noll die ringförmige Ausbildung des Stemmorgans bei Keimlingen, deren Hypokotyl und Wurzel sich aus horizontaler Lage geotropisch in die vertikale Lage eingestellt und damit jene Reizlage für den Schwerkraftsreiz erreicht haben, bei welcher zu diesem frühen Zeitpunkte eigentlich noch eine allseitige radial-zentrifugale Zell- streckung der Zone erfolgen sollte. Für das Vorhandensein eines solchen Reizes sprechen schließlich Versuche mit Keimlingen, deren kurzer Hypokotyl zwangsweise nach aufwärts gekrümmt wurde. Derartig behandelte Keimlinge entwickelten zwei Stemmorgane, eines an der Unterseite infolge des Schwerkraftsreizes, eines an der konkaven Oberseite infolge des Körperformreizes ^). Allerdings gelang, wie Noll mitteilt, der Versuch nicht immer. In jüngster Zeit haben W. Crocker, L. J. Knight und E. Roberts Untersuchungen mit Cucurbita-Keirmpüsinzen veröffent- licht^), durch welche die genannten Autoren in bezug auf die Be- einflußbarkeit der Stemmorganentwicklung zu ganz anderen Schlüssen gelangen. Die Versuche wurden mit verschiedenen Kürbisrassen und mit großer Individuenzahl ausgeführt. Als bemerkenswertes Ergebnis ist hervorzuheben, daß sich die verschiedenen Rassen hinsichtlich des Stemmorgans und seiner Entwicklung nicht gleich verhalten. Auf Grund von Rotationsversuchen mit horizontaler und schief stehender Klinostatenachse und auf Grund von Versuchen, in welchen die Schwerkraft durch verschieden stark gewählte Zentri- fugalkräfte ersetzt wurde, gelangen die Autoren zum Schlüsse, daß sich eine Beeinflussung der Stemmorganentwicklung durch die 1) Noll, Über den bestimmenden Einfluß von Wurzelkrümmungen auf Entstellung und Anordnung der Seitenwurzeln. Landwirtsch. Jahrb., 1900, S. 412. 2) Noll, Zur Keimungsphysiologie usw., S. 159, Fig. .3. 3) W. Crocker, L. J. Knight and Edith Eoberts, The peg of the Cucur- hitaceae. Botanical Gazette, Bd. 50, 1910, S. 321 — 339. 41* fi32 -A-'lolf Sperlich, Schwerkraft nicht beweisen lasse. Das Primäre ist bei allen Versuchen, die dahin abzielten, durch entsprechende Massenwirkung eine Trennung des geotropischen Vorganges und der Stemmorgan- ausbildung zu erreichen, stets die Krümmung von Hypokotyl und Wurzel, die Stemmorganentwicklung ist das Sekundäre und von der Krümmung der beteiligten Organe abhängig. Nach allem ist das Stemmorgan von Cucurbita ein integrierender Bestandteil der Pflanze, der dann, wenn die Krümmung, wie bei Wachstum aus normaler Anfangslage oder bei Rotation um die horizontale Klino- statenachse, ausbleibt, allseitig und gleichmäßig entwickelt wird. Auf die Krümmung von Hypokotyl und Wurzel, die teils durch die Schwerkraft, zum größten Teil aber mechanisch durch die hemmende Wirkung der Samenschalenhälften hervorgerufen wird, ist seine Einseitigkeit zurückzuführen. Welcher Art die Beeinflussung des Stemmorgans durch die Krümmung von Hypokotyl und Wurzel sei, darüber äußern sich die Autoren nicht. Schließlich wird in der genannten Arbeit noch hervorgehoben, daß der Kontakt mit der Samenschale die Weiterentwicklung des Organs begünstigt, eine Tatsache, die auch Noll nicht entgangen war. Wenn wir versuchen, die Auff"assung Nolls und die Auffassung der amerikanischen Autoren kurz zusammenzufassen, so kann gesagt werden: Nach Noll ist die Entwicklung des Stemmorgans von der Schwerkraft und von der Hypokotyl- und Wurzelkrümmung ab- hängig — nach Crocker, Knight und R oberts von der Krümmung der betrefienden Organe allein; nach Noll wirkt die Krümmung als morphästhetischer Reiz — wie sich die drei amerikanischen Autoren die Einwirkung der Krümmung denken, ist aus ihrer Mit- teilung nicht zu entnehmen. Der wesenthchste Unterschied der Auffassungen liegt jedoch in folgendem: Crocker, Knight und Roberts legen in Anbetracht der verschiedenartigen Beeinflußbar- keit des Stemmorgans bei den verschiedenen untersuchten Rassen und unter Hinweis auf jene Typen, bei welchen sich schon im ruhenden Samen eine ähnliche Bildung vorfindet, besonderes Gewicht darauf, hervorzuheben, daß das Stemmorgan durch äußere Faktoren nicht erst hervorgerufen, sondern in seiner Entwicklung bloß beeinflußt werde; aus dem Wortlaut der Nollschen Mit- teilung hingegen gewinnt man den Eindruck, daß Noll die radial- zentrifugale Zellstreckung in der Grenzzone von Hypokotyl und Wurzel direkt als eine spezifische Reaktion auf den Schwer- kraftsreiz und auf den Körperformreiz auffaßt. Wie ich vorweg- über Krümuuingsursaclieu bei Keinistengelii u. beim Mouokotyleukeimblatte. 633 nehmen möchte, bestellt meines Erachtens in diesem Punkte die Auffassung der amerikanischen Autoren zu Recht. B. Versuche mit Cucurbita, Cucumis, Cyclanthera und Scabiosa. Die Untersuchung über die Abhängigkeit der Krümmungen des Keimstengels von äußeren Faktoren führte mich auch zur Beachtung der Stemmorganentwicklung und veranlaßte mich, eigene Versuche durchzuführen, um eine Vorstellung von den Abhängigkeits- verhältnissen in der Entwicklung dieses Organs zu gewinnen. Ich experimentierte mit Samen eines gewöhnlichen Speisekürbisses, dessen Rassenzugehörigkeit sich nicht eruieren ließ, mit Samen von Cucumis sativus, Cyclanthera explodens und mit Früchten von Scabiosa proUfera. Das Arbeiten mit Vertretern verschiedener Gattungen und mit einem Typus aus einem anderen Verwandtschafts- kreise sollte eine mehr generelle Auffassung der Verhältnisse er- möglichen. Zunächst galt es festzustellen, welche Veränderungen in der Gestaltung des bereits angelegten Stemmorgans an einem und demselben Individuum während der Keimlingsentwicklung vor sich gehen unter gleichzeitiger Beachtung der Bedingungen, unter welchen die Entwicklung erfolgt. Es ist dies ein Moment, das bei den früheren Versuchen nicht genügend beachtet wurde. Aus dem Folgenden wird hervorgehen, daß Größe und Gestalt des Organs sich im Laufe der individuellen Entwicklung bedeutend verändern und, da sich in jeder Versuchsreihe überdies ungleich wachsende Individuen vorfinden, ist es klar, daß bei Anwendung rein statistischer Protokollführung Fehler unterlaufen können. Die Vorversuche mit Samen von Cucurbita zielten dahin ab, aus Samen, die in normaler, inverser und horizontaler Stellung in feuchten dunkeln Kammern fixiert wurden, erwachsende Keimpflanzen in bezug auf ihr Stemmorgan so oft als möglich zu beobachten. Die Keimlinge aus horizontalen Samen zeigten das allbekannte Verhalten. Die invers gestellten Hypokotyle und Wurzeln krümmten sich bald in der Ebene der Kotyledonen, bald darauf senkrecht, auch schiefe Lagen kamen vor. Während sich das Stemmorgan bei Krümmungen senkrecht zur Keimblatt- (Samen-)ebene in kräf- tiger Weise ausschließlich an der Konkavseite entwickelte, wiesen in der Kotyledonarebene gekrümmte Hypokotyle ein zweiseitiges, allerdings nach der Konkavseite hin stärker entwickeltes Stemmorgan 634 Adolf Sperlich, Fig. 34. Aus invers fixiertem Samen erwachsener Keimling von Cucurbita Pejjo , 3 Tage nach Keimungsbeginn. auf — vergl, Fig. 34. Die breiten Flanken des im Querschnitte elliptischen Hj'pokotyls neigen somit bei der verwendeten Rasse mehr zur Ausbildung der wulstförmigen Verdickung als die Schmal- seiten. Beachtenswert war das Verhalten des Keimstengels und des Stemmorgans bei Keimpflanzen, die aus normal fixierten Samen wuchsen. Hierbei entwickelte sich durch- wegs ein ringförmiges oder, wie nach dem Ergebnis mit invers gestellten Samen zu erwar- ten war, ein zweiseitiges Stemmorgan. Fand es an den Schalenhälften nirgends Widerstand, so wurde es vom positiv geotropisch wach- senden Hypokotyl in gerader Richtung aus dem Samen geschoben (Fig. 35 Ä), im ent- gegengesetzten Falle mußte sich der einseitig fixierte Hypokotyl zwangsweise krümmen, wonach je nach der Schalenbeschaffenheit am Fixierungspunkte entweder ein Abrutschen erfolgte (Fig. ^h B) oder bei fortgesetzter Fixierung die Hypokotylkrümmung verstärkt wurde (Fig. 35 C). Das in der Anlage bei allen Individuen deutlich ringförmige oder zweiseitige Stemm- organ veränderte aber in der Folge, je nach- dem es an der Samenschale Rückhalt ge- funden oder nicht, seine Gestalt. Im ersten Falle war im Verlaufe der Entwicklung eine allmähliche Ausgleichung des Wulstes an der freien Hälfte des Organs zu beobachten, die nach endlicher Befreiung des Stützpunktes von der Samenschale zu dem in Fig. 35 D dargestellten Zustande führte ; im zweiten Falle erfolgte die allmähliche Ausgleichung allseitig und erzielte in gleicher Zeit einen Zustand, der bald vollkommen bald annähernd dem in Fig. 36 A dargestellten Bilde entsprach. Wenn wir von der ersten Entstehung des Stemm- organs zunächst absehen, so ergibt der Ver- such, daß die fernere Entwicklung des Organs jedenfalls von den Vorgängen des Wachs- tums im Hypokotyl abhängig ist und daß sich die Zellen des Wulstes an der Längsstreckung des Keimstengels beteiligen. Dadurch kann ein in der Anlage ringförmiges Stemm- Fig. 35. A, B, C aus wurzelrecht fixierten Samen in feuchtem dunklem Räume erwachs. Keiml. v. Cucurbita Pepo, 3 Tage nach Keimungs- beginn. D ein Keimling der Versuchsreihe nach weiteren 3 Tagen. über Krünuuungsursachen bei Keimstengelii u. beim Monokotylenkeimblatte. 635 organ in der Folge einseitig werden. Zur Feststellung der Wulstentwicklung bei ungehemmtem Wachstum und des Einflusses des Samenschalenkontaktes auf die fernere Gestaltung des Organs dienten die folgenden Versuche mit entschälten Embryonen, die stets von Parallelversuchen mit vorgequollenen Samen begleitet waren. Versuch 43. Nach Quellung entschälte Embryonen von Cucurbita Fepo mittels Nadeln am 17. Xll. in Wurzel recht er Stellung in feuchten zylindrischen Glasgefäßen auf Kork fixiert. 18. XII. 7 h nachm. Die Wurzeln strecken sich. 19. XII. Auch der Hypokotyl hat sich gestreckt, teils vertikal nach abwärts, teils ist er schwach in der Kotyledonarebene oder senkrecht darauf gekrümmt. 20. XII. Das Stemmorgan ist deutlich erkennbar, durch- wegs in der Anlage ringförmig. Die gestrigen schwachen Krümmungen des Hypokotyls sind ausgeglichen. Das Stemmorgan ist beiläufig bei der Hälfte der Keimlinge sehr kräftig entwickelt, bei der anderen Hälfte hat es sich seit gestern nicht weiter entwickelt. In den basalen Partien des Hypokotyls beginnt die negativ geotropische Aufkrümmung. Bei 20 7o der Keimlinge ist durch diese Krümmung das Stemmorgan an der Konvexseite ver- schwunden. An den Keimlingen, deren Hy- pokotyle ein schwaches Stemmorgan entwickelt hatten, ist es heute eben noch wahrnehmbar (Fig. 36 B) 21. XII. 22. XII. Fig. 36. A Keimling A der vorher- gehenden Figur vor der negativ geotrop. Auf krümm. B Hypokotylbasis eines 5 Tage alten, in dunklem feuchtem Eaume gewachs. Keiml. von Cucurbita Pepo; der ruhende Embryo war ohne Samenschale wurzel- recht fixiert. Versuch 44. Samen nach Quellung entschält und die Embryonen in horizontaler Flach- stellung am 17. XII. in feuchten Kammern fixiert. 18. XII. Die Wurzel wächst positiv geotropisch. 19. XII. Auch der Hypokotyl hat sich gestreckt, ist positiv geotropisch gekrümmt, an seiner Konkavseite ist das Stemmorgan als kleiner Wulst schon sehr deutlich erkennbar. 20. XII. In den basalen Partien des Hypokotyls beginnt die negativ geotropische Aufkrümmung, das Stemmorgan hat sich seit gestern vergrößert, durchwegs einseitig. 21. XII. Hypokotyle gleichmäßig s- förmig gekrümmt. 22. XII. Das Stemmorgan hebt sich nur mehr wenig ab. 23. XII. Bei 25 7o der Keimlinge ist die wulstförmige Verdickung verschwunden, bei den übrigen schwach angedeutet. 636 Adolf Sperlich, Versuch 45. San)en nach Quellung entschält und die Embryonen am 17. XU. in horizontaler Kantenstellung auf Kork in feuchten Kammern befestigt. 18. XII. Wurzel wächst positiv geotropisch. 19. XII. Der Hypokotyl hat sich gestreckt und ist bei der Mehrzahl der Keimlinge positiv geotropisch gekrümmt, bei einigen Keimlingen gesellt sich zur geo- tropischen Abwärtskrümniung eine schwache Krümmung in der zu den Keim- blattflächen normalen Ebene. Das Stemmorgau ist in seiner Anlage an den beiden seitlichen Flanken und im konkaven Bogen erkennbar (vgl. Fig. 37). 20. XII. Das Steramorgan hat sich kräftig entwickelt, am stärksten an den beiden Seitenflanken und im ganzen in der Richtung gegen die konkave Seite, bei einigen Keimlingen deutlich zweiteilig (vgl. Fig. 37; bei a ist die Querschnittsansicht des betreffenden Organs wiedergegeben). Gegen Abend beginnt in den basalen Partien des Hypokotyls die negativ geotropische Auf- krümmung. 21. XII. Hypokotyle s- förmig gekrümmt (vgl. Fig. 37). 22. XII. Das Stemniorgan hebt sich nicht mehr kräftig ab (vgl. Fig. 37). 23. XII. Das Stemmorgan ist bei 20 "/o der Keimlinge nicht mehr erkennbar; bei den übrigen ist es bloß an der Konvexseite der negativ geotropischen Krümmung verschwunden, doch auch an den Flanken etwas weniger deutlich. Fig. 37. Entwicklungsstadien von in dunklem feuchtem Räume wachs. Cucurbita - Keiml., die in ruhendem Zustande an den Kotyledonen hori- zontal hochkant fixiert worden waren. Aus den geschilderten, nach den Weihnachtstagen noch zwei- mal wiederholten Versuchen ergibt sich, daß die fernere Entwicklung des Stemmorgans auch unabhängig von Hemmungskrümmungen des Hypokotyls durch die geotropischen Wachstumsvorgänge im Stengel beeinflußt wird. Insbesondere geht aus den Versuchen hervor, daß sich die Zellen des Wulstes an dem nach erfolgter geotropischer ümstimmung in der basalen Zone mit erneuter Stärke einsetzenden, negativ geotropischen Wachstum des Hypokotyls beteiligen. Der Vergleich von der Samenschale künstlich befreiter Embryonen mit solchen, die innerhalb der Samenschale gekeimt hatten, zeigt, daß die geschilderten Veränderungen im Stemmorgane dort nicht eintreten, wo es, an einer Schalenhälfte verklemmt, durch den wachsenden Hypokotyl immer stärker gegen diese Schalen- hälfte gepreßt wird. Dadurch in seiner Entwicklung begünstigt, verliert es die Fähigkeit, sich an der Längsstreckung des Stengels zu beteiligen und ist noch an sehr weit vorgeschrittenen Keim- über Krüiuniuug.sursaclieii bei Keimstengelu u. beim Moiioiiotylenkeimblatte. 637 pflanzen ganz deutlich erkennbar. Wahrscheinlich ließen sich bei diesen, unter Druck wachsenden Organen auch anatomische Ver- änderungen nachweisen. Hervorgehoben muß aber werden, daß der Samenschalenkontakt nur an der ferneren Ausgestaltung des Stemm- organs, nicht aber an seiner ersten Entwicklung mitbeteiligt ist. Fig. 37 zeigt wohl mit hinreichender Deutlichkeit, zu welch an- sehnlicher Größe das Organ auch ohne Samenschale in kürzester Zeit heranwächst. Über die Abhängigkeit der ersten Entwicklung des Stemm- organs sagen die bisherigen Versuche nicht mehr aus, als daß es unbeeinflußt von der Samenschale bei geradem "Wachstum des Keimstengels und der Wurzel ringförmig und bei positiv geo- tropischer Krümmung der genannten Organe einseitig und zwar an der Konkavseite des Bogens zur Ausbildung gelangt. Hierbei macht sich die Tatsache bemerkbar, daß die Breitseiten des im Querschnitte elhptischen Hypokotyls mehr zur Wulstbildung neigen als die Schmalseiten. Anschließend wurden Versuche auf dem Khnostaten durchgeführt. Eine Anzahl feuchter, zylindrischer Gefäße mit entschälten Embryonen kam auf den Klinostaten im Dunkeln, eine Anzahl auf den Klinostaten im Tageslichte und unter jeder Gruppe befanden sich solche, in denen die Embryonen um eine zu ihrer Längsachse parallele Achse rotierten und solche, in welchen die Längsachse der Embryonen auf die Klinostatenachse senkrecht orientiert war. Ein Unterschied in dem Verhalten der verschieden orientierten Keimpflanzen machte sich nicht bemerkbar. Versuch 46 a. Samen nacL Quellung entschält und die Embryonen am 31. XII. mittels Nadeln auf Kork in feuchten Zylindern befestigt. Die Zylinder kamen gleich darauf auf den Dunkel klinostaten. 1. I. Wurzeln strecken sich, (iegeu Abend sind verschiedene, meist schwache Krüm- mungen, an denen der unterdessen ebenfalls gewachsene Hypokotyl mitbeteiligt ist, zu beobachten. 2. 1. Hypokotyle größtenteils gerade oder fast gerade, einige in der Kotyledonarebene oder senkrecht darauf gekrümmt. Stemmorgan überall deutlich entwickelt, an den geraden Hypokotylen ringförmig oder mehr zweiseitig, an den ge- krümmten einseitig, in der konkaven Flanke. 3. I. Die Krümmung der Hypokotyle ist bei der Mehrzahl der Keimlinge teils aus- geglichen, teils apikalwärts vorgeschritten. Das gestern noch einseitige Stemmorgan hat sich auch bei diesen ringförmig entwickelt, wobei die schon gestern entwickelte Flanke gefördert erscheint. Bei vier Keimlingen ist die Krümmung des Hypokotyls an der ursprünglichen Stelle verblieben, das Stemmorgan einseitig. 638 Adolf Sperlich, Versuch 46 b. Saineu nach Uuellung entschält und die Embryoneu aui a. 1. in feuchten Zylindern befestigt. Die Zylinder kamen gleich darauf auf den Klinostaten im Lichte. 4. I. Keine Veränderung. 5. I. Hypokotyl und Wurzel haben sich gestreckt und sind durchwegs bald schwächer, bald stärker gekrümmt. Stemmorgan noch nicht wahrnehmbar. 6. 1. Bei einigen Keimlingen ist eine Schwellung an der Grenze zwischen Hyjpokotyl und Wurzel zu sehen. 7. I. Stemmorgan deutlich bei allen Keimlingen erkennbar. Es ist bei der Mehrzahl der Keimlinge der Krümmung entsprechend entwickelt, bei 20 "/o *ler Keimlinge, deren Hypokotyl nahezu gerade ist, ringförmig oder zweiseitig. 8. I. Wie das Stemmorgan bei Keimpflanzen, deren Hypokotyl und Wurzel sich autonom gekrümmt hatten, weiter entwickelt wurde, ist aus Fig. 38 zu ersehen. Verharrt die zunehmende Hauptkrümmung genau in der organbildenden Zone, so bleibt es einseitig und zwar unabhängig von der relativen Lage der Krümmungsebene zur Kotyledonarfläche (Fig. 38cu. e); liegt die Krümmungs- region außerhalb der organbildenden Zone, entweder im Hypokotyle (Fig. 38a) oder in der Wurzel (Fig. 38 & u. d), so wird es ringförmig. Die Versuche bestätigen die Abhängigkeit der Stemmorgan- entwicklung von der Wachstumsrichtung von Hypokotyl und Wurzel. Sie zeigen, daß auch autonome Krümmungen die ein- seitige Entwicklung des Organs an der Konkavseite veranlassen und daß beim Ausbleiben dieser ebenso wie bei senkrechtem Wachstum aus wurzelrecht fixiertem Samen das Stemmorgan ringförmig ausgebildet wird. Beachtenswert ist das Ver- halten jener Keimlinge, bei welchen die auto- z>\) -^^ nome Krümmung nicht in der organbildenden Zone, sondern in angrenzenden Partien des . , _, ',. ■ , Hypokotyls oder der Wurzel ausgeführt Auf dem Klinostaten im j r j ^ ^ o Tageslichte erwachs. Em- wurde, oder bei welchen mit fortschreitendem bryonen von Chcmrbita Wachstum die Krümmungszone aus der Fepo, 4 Tage nach Beginn , , ° der Streckung. Krümmung Organbildenden Region herausrückte: sie ent- bei a, &, c senkrecht auf wickelten ebenfalls ein ringförmiges Stemm- die Kotyledonarebene, bei (I, e in der Ebene der Organ, an welchem nicht selten die eine Kotyledonen. Hälfte entsprechend der Primärkrümmung ge- fördert erschien. Auf Grund der Rotations- versuche, die als Nebenresultat die Unabhängigkeit der Organbildung vom diffusen Einflüsse des Lichtes ergeben haben, läßt sich somit sagen: Das Stemmorgan wird stets dann allseitig oder bei Bevorzugung der zwei Längsseiten des Querschnitts zweiseitig entwickelt, wenn die für die Bildung des Or- ^. über Krünimungsursachen bei Keimstengeln u. beim Moiiokotyleiikeiinblatte. 639 gans in Betracht kommeiideu Zellen in der Grenzzone zwischen Hypokotyl und Wurzel nicht für ein zur Stengel- und Wurzelkrümmung führendes einseitig verstärktes Wachstum, mag nun ein solches autonom oder als Re- aktion auf den Schwerkraftsreiz erfolgen, herangezogen werden. Zur Erklärung der geschilderten Abhängigkeit der Wulstbildung von der Krümmung in der kritischen Zone bedarf es der Heran- ziehung eines eigenen Körperformreizes nicht. Sehen wir von der Frage ab, ob bei dem Krümmungswachstum der in Betracht kom- menden Organe eine Veränderung der Geschwindigkeit in der neutralen Achse gegenüber dem geradlinigen Wachstum eintritt oder nicht, so ist doch sicher, daß sich die Zellen der konvex werdenden Seite zur Erzielung der Krümmung in longitudinaler Richtung bedeutend stärker strecken müssen als die der gegenüber- liegenden Seite und der Flanken. Bedenkt man nun, daß es die- selben Elemente sind, die im frühesten Bntwicklungsstadium des Keimlings durch radiale Streckung die Wulstbildung und durch longitudinale Streckung die geotropische oder autonome Krüm- mung hervorrufen sollen, so ist wohl klar, daß beides zugleich nicht möglich ist. Viel ungezwungener als mit Hilfe eines die Lokalisation des Organs bestimmenden Körperformreizes läßt sich die Abhängig- keit der Organentwicklung von der Krümmung durch die geschilderte Verhinderung an der radialen Streckung erklären. Es darf auch nicht außer acht gelassen werden, daß die Elemente des Stemm- organs nichts Abgeschlossenes darstellen, daß sie vielmehr, sofern sie nicht durch Pressung an die Samenschale verändert wurden, an dem ferneren Wachstum des Hypokotyls mitbeteiligt sind. Die Versuche 44 und 45 haben gezeigt, wie sich die Gestalt des Stemm- organs nach Beginn des negativ geotropischen Wachstums in der Hypokotylbasis verändern kann und wie sich der Wulst bei der geotropischen Aufkrümmung des Hypokotyls an der konvexen Seite des Bogens zuerst auszugleichen beginnt. Ebenso liegen die Ver- hältnisse nach dem Früheren zu Beginn des Wachstums von Hypo- kotyl und Wurzel, das aus horizontaler Ausgangslage gleichsinnig zu einer positiv geotropischen Krümmung führt und hierdurch die gleichzeitige Entwicklung des Stemmorgans durch entsprechende Inanspruchnahme der zu seiner Bildung bestimmten Elemente be- einflußt. 640 Adolf Sperlich, Die nachträgliche Beeinflussung des Stemmorgans durch das Wachstum des Hypokotyls — die in der Spilzenregion wachsende Wurzel beteiligt sich nicht mehr daran — geht auch aus dem Vergleiche der im Lichte und im Dunkeln rotierenden Keimlinge hervor. Jene erreichten in 6 Tagen eine Länge von 2,2—3 cm, diese eine Länge von 9 — 16 cm. In Fig. 39 ist Ä ein 6 Tage alter Lichtkeimling, C die Hypokotylbasis eines gleichaltrigen Dunkel- keimUngs. Das Stemmorgan beider Keimlinge zeigte 3 Tage nach Keimungsbeginn das bei B dargestellte Größenverhältnis. Auch abgesehen vom ausgleichenden Dickenwachstum ist die nachträgliche Verflachung des Wulstes bei gesteigertem Längenwachstum im Dunkeln deutlich erkennbar. Über das Vorhandensein einer direkten Abhängigkeit der Stemmorganentwickluag vom Schwerkraftsreize sagen die mitgeteilten Versuche nichts. Eine solche Abhängigkeit könnte nur dann sicher konstatiert werden, wenn es gelänge, eine der Schwerkraftsrich- tung entsprechende Verschiebung der Organ- entwicklung ohne gleichzeitige Krümmung von Hypokotyl und Wurzel zu erzielen. Wir kommen bei Besprechung der Versuche mit anderen Objekten darauf zurück. Es sei hier noch ein Versuch beigefügt, der die Ent- wicklung des Stemmorgans von Keimlingen zeigen soll, die auf dem Klinostaten rotierend aus vorgequollenen Samen gekeimt hatten. Fig. 39. Auf dem Klinostaten er- wachsene Keiral. von Cu- curbita Pepo ; A im Tages- lichte, 6 Tage alt; B im Dunkeln, 3 Tage nach Streckungsheginn ; CHypo- kotylbasis des Keimlings B nach weiteren 3 Tagen. Versuch 47. Samen nach 3-tägiger Quellung am 31. XII. in feuchten Zylindern befestigt. Diese kamen gleich darauf teils auf den Dunkelklinostaten, teils auf den Klinostaten im Lichte. Die Würzelchen erschienen sehr ungleichmäßig, im Lichte zwischen 2. I. und 5. I., im Dunkeln zwischen 3. I. und 7. I. Das Stemmorgan wurde 2 Tage nach dem Erscheinen der Wurzel zwischen den klaffenden Schalenhälften sichtbar. Die Weiterentwicklung ergab 3 Typen, die in Fig. 40 A, B und C aus der Ver- suchsreihe im Lichte wiedergegeben sind. Die Dunkelkeimlinge waren entsprechend länger. Aus der herangezogenen Figur ist folgendes zu sehen: Entweder führt der gerade wachsende Hypokotyl das ringförmige Stemmorgan, das sich in der Folge nicht weiter verstärkt, aus der Samenschale ungehindert heraus (A); oder das Stemmorgau wird durch eine gleich zu Beginn der Keimung auftretende Krümmung einseitig, verklemmt sich der Krümmungsebeue entsprechend in der Schale, wird hierdurch verstärkt und kann sich über Krünimnngsursachen bei Keimstengeln u. beim Monokotylenkeimblatte. 641 in Fällen, wo die Krümmung parallel zu den Scbalenhälften erfolgt ist, frei machen (C)\ oder der ursprünglich gerade, mit ringförmigem Stemmorgan versehene Hypokotyl findet vor dem Verlassen der Schale an einer Seite Widerstand und wird bei seinem weiteren Wachstum zu einer Krümmung mechanisch gezwungen (B). Die Ausgestaltung des Stemmorgans der Keimlinge vom Typus B ist beachtenswert. Es wird, wie die Figur zeigt, durch die Pressung auf die Samenschale nicht nur die direkt ge- drückte Seite des Stemmorgans in ihrer Größenentwick- lung begünstigt, sondern es macht sich der Einfluß des Druckes auch in der freien Seite des Organs, die gleich- falls stark gefördert ist, bemerkbar. Eine derartige Entwicklung ist bei Wachstum unter nor- malen Bedingungen ausge- schlossen, da entweder unter dem waclistumsrichtenden Ein- flüsse der Schwerkraft durch die primäre positiv geotropische Krümmung von Hypokotyl und Wurzel das Stemmorgan stets zu einseitiger Entwicklung gelangt oder bei geradlinigem geotropischen Wachstum aus wurzelrechter Ausgangslage des Samens die konstante Pres- sung einer Flanke des ringför- migen oder zweiseitigen Organs entfällt (vgl. Fig. 35 B und C). Schließlich sei bemerkt, daß die Weiterentwicklung des Stemm- organs nicht nur durch den Samenachalenkontakt beeinflußt wird, sondern auch durch das Wurzelwachstum und die Wasserversorgung. Bei Keimpflanzen, deren Hauptwurzel sich im feuchten Räume schlecht entwickelt oder durch ungünstige Stellung nicht genügend Wasser aufnehmen kann, erscheint das Stemmorgan in seinem Wachstum stark unterdrückt; seine Gestalt ist besonders in solchen Fällen sehr unregelmäßig, wo nach Beschädigung der Hauptwurzel die aus der Stemmorganregion erwachsenden Nebenwurzeln korrelativ zu stärkerer Entwicklung veranlaßt werden. Fig. 40. Auf dem Klinostaten im Tageslichte keimende Samen von Cucurbita Pepo, 5 Tage nach Keimungsbeginn. A der Hypokotyl hat sich nicht gekrümmt, B der Hypokotyl ist infolge mechanischer Hemmung stark gekrümmt, C Hypokotyl und Wurzel sind in der Koty- ledonarebenc gekrümmt. 642 Adolf Sperlich, Die Abhängigkeit der ersten Entwicklung des Stemmorgans von der geotropischen oder autonomen Krümmung von Hypokotyl und Wurzel und die nachträgliche Verstärkung des Organs bei Pressung auf die Samenschale geht auch aus den folgenden Ver- suchen mit Cucumis sativum hervor. Versuch 48. Samen von Cucamis gelangten nacli 3-stünJiger Quellung leils mit, teils ohne Samenschale am 11. I. in feuchte Glaszylinder, diese gleich darauf zum Teil auf den Dunkelklinostaten, zum Teil auf den Klinostaten im Lichte. Im Verlaufi' des Versuches ergab sich kein Unterschied gegenüber dem Verhalten im Dunkeln. Fig. 41. Auf dem Klinostaten im Dunkeln keimende Samen von Cucumis safirus, 2 Tage nach Keimungsbeginn. Fig. 42. Cucumis satii'us. a in feuchtem, dunklem Räume wurzelrecht fixierter Embryo, 24 Stunden nach Beginn der Streckung, b nach weiteren 24 Stunden, c auf dem Klinostaten im Dunkeln erwachs. Keiral., 2 Tage nach Streckungsbeginn, d aus hochkant horizontal fixiertem Samen er- wachsener Keiml., 4 Tage alt; das Stemm- organ hat an dem Korke Rückhalt gefnnden. 12. I. Die entschälten Embryonen zeigen Streckung von Hypokotyl und Wurzel. LS. I. Der Hypokotyl ist bei allen schalenlosen Keimlingen stark eingekrümmt, zu- meist in der Ebene senkrecht auf die Keirablattfläche. Das Stemmorgan entsprechend der Krümmung an der Konkavseite deutlich entwickelt, durchwegs einseitig. — Aus den rotierenden Samen erscheint das Würzelchen. 14. I. Die Keimpflanzen, die ohne Schale gekeimt hatten, zeigen das in Fig. 11 auf S. .567 dargestellte Bild. Auf das eigentümliche, bei Ausschluß sämtlicher äußerer wachstumsrichtender Faktoren nur inneren Ursachen entspringende Wachstum, das die Verhältnisse der normalen Keimung so sicher nachahmt, wurde schon dort hingewiesen. Auch die Entwicklung des Stemm- organs geht dementsprechend vor sich. über KrUnimiingsursachen bei Keimstengeln u. beim Mnnokotylenkeimblatte. 643 Die kräftigere Entwicklung des Organs bei Pressung auf die Samenschale ist aus Fig. 41 zu ersehen, welche den heutigen Stand der Pflanzen, die aus ro- tierenden Samen gekeimt hatten, wiedergibt. Das Stemmorgan des Keimlings a ist im Verlaufe des Hypokotylwachstums von der Schale abgeglitten. Versuch 49. Kurz vorgequollene Samen von Lkicumis teils mit, teils ohne Schale am 17. I. wurzelrecht in feuchten Kammern fixiert. Dunkel. Mit Samenschale Ohne Samenschale 18. I. Keine Veränderung. 19. T. Das Würzelchen erscheint. Streckung der Wurzel und des Hypoko- tyls. An der Grenze der zwei Organe ist schon eine schwache Verdickung bemerkbar. 20. I. Der Hypokotyl ist stark gekrümmt zwischen den spreizenden Schalen- hälften verklemmt. Das Stemm- organ durchwegs einseitig u. kräftig an der Konkavseite entwickelt. Hypokotyle gerade nach abwärts oder schwach gekrümmt. Stemmorgan über- all sehr kräftig und ringförmig oder — bei 107o der Keimlinge — zwei- seitig (Fig. 42 a). 21. I. Bei einigen Keimlingen ist das ein- seitige Stemmorgan von seinem Stütz- punkte abgeglitten. Durch das positiv geotropische und das Dickenwachstum ist der Ringwulst in verschiedenem Grade ausgeglichen (Fig. 42 b). Bei einzelnen Keimlingen ist er fast ganz verschwunden. Der Versuch zeigt, daß das Stemmorgan bei Cucumis außer- ordentlich frühzeitig zur Entwicklung gelangt und sich bei Aus- schluß jeder Krümmung von Hypokotyl und Wurzel allseitig, manchmal auch zweiseitig ausbildet. Wird Hypokotyl und Wurzel aber, wie dies bei Keimung innerhalb der Samenschale erfolgt, am geradlinigen Wachstum durch die fest zusammenschheßende Samen- schale gehindert, so entsteht der Zwangskrümmung entsprechend ein in der Folge durch den Samenschalenkontakt verstärktes ein- seitiges Stemmorgan. Hierbei unterscheidet sich Cucumis von Cucurhita. Bei dieser entwickelte sich aus gleicher Ausgangslage der Samen, wie erinnerlich, stets ein ringförmiges oder zweiseitiges Organ. Der Unterschied kann mit Rücksicht auf das gleiche Ver- halten entschälter Embryonen nur in der Schalenstruktur liegen. Jedenfalls leistet die Samenschale von Cucumis der Streckung von Hypokotyl und Wurzel mehr Widerstand als die Schale von Cucur- 644 Adolf Sperlich, hita. Die Abhängigkeit der Stemmorganentwicklung von der Krüm- mung der beteiligten Organe in der kritischen Zone zeigte sich überdies deutlich in jenen wenigen Fällen, wo bei rotierend keimenden entschälten Embryonen die autonome Krümmung nicht wie allgemein sofort zu Beginn der Streckung in Aktion trat, sondern etwas später und dann in anderer Zone. Mittlerweile hatte sich das Stemmorgan ringförmig oder zweiseitig entwickeln können; ein solcher Fall ist in Fig. 42 c wiedergegeben. Die Versuche mit Embryonen und Samen in flach und hochkant horizontaler Ausgangsstellung, auf deren Wiedergabe fügUch verzichtet werden kann, ergaben die gleichen Resultate wie die entsprechenden Versuche mit Cucurbita. Nur auf eines möchte ich hinweisen: Im Gegensatze zu Cucurbita, bei der sich eine entschiedene Bevor- zugung der Breitseiten des Hypokotyls rücksichtlich der Beteiligung am Aufbau des Stemmorgans feststellen ließ (vgl. Fig. 34 und 37), sind bei den meisten Individuen der zur Verwendung gelangten Gurkenrasse alle Seiten gleich gut befähigt, durch radiale Streckung des entsprechenden Zellenmaterials eine Wulstbildung hervorzurufen. Das ergibt sich übrigens schon aus dem geringen Prozentsatz der zweiseitigen Stemmorgane bei verhinderter Krümmung der beteiligten Hypokotyl- und Wurzelzone. Die exakt einseitige Entwicklung des Stemmorgans bei Keimung aus hochkant fixierten Samen zeigt Fig. 42 d, die einen Keimling wiedergibt, dessen einseitiges Stemm- argan durch Pressung auf die Korkunterlage überdies eine bedeutende Förderung erfahren hat. Wie schon in den einleitenden Worten zu diesem Abschnitte bemerkt wurde, gelang es Noll durch Drehung von horizontal keimenden Cucui^bita -Kmhryonen um ISO» zu einem Zeitpunkte, da sich das Stemmorgan an der Kookavseite des Bogens der positiv geotropischen Hypokotyl- und Wurzelkrümmung eben zu zeigen begann, Vorwölbung der Gewebe auf der neuen Unterseite zu erreichen, die sich in der Folge stärker entwickelte als die erst- angelegte. Dies Versuchsergebnis ist Noll ein Beweis für die direkte Abhängigkeit der Organentwicklung von der Angriffsrichtung der Schwerkraft. Ich habe den Versuch mit (7wc?*r6/^a-Keimlingen öfter wiederholt, konnte jedoch das Nollsche Ergebnis immer nur dann erzielen, wenn die Drehung der horizontalen Keimlinge vor Erreichung des geotropischen Krümmungsmaximums (90 «) erfolgte. Ein zwingender Beweis für die direkte Abhängigkeit der Stemm- organentwicklung vom Schwerkraftsreize ist nun das Ergebnis meines über Krumniungsursachen bei Keimstengeln u. beim Monokotylenkeimblatte. 645 Erachteus nicht. Denn es ist ja klar, daß die wulstbildenden Elemente des Hypokotyls und der Wurzel, die sich bei geradlinigem Wachstum der bezeichneten Organe in der kritischen Zeit allseits radial strecken und nur durch gleichzeitige Inanspruchnahme bei der zur Krümmung führenden, stärkeren longitudinalen Streckung an der konvexwerdenden Seite daran gehindert werden, dann, wenn dies Hemmnis, wie nach rechtzeitiger Umdrehung um 180 », in Wegfall kommt, ihre radiale Streckung ausführen, wenn sie zu diesem Zeitpunkte noch hierzu befähigt sind. Diese Abhängigkeit ergibt sich auch aus dem folgenden Versuche mit Cucumis sativus. Versuch 50. Samen am 18. I. nach kurzer Quellung entschält und die Embryonen in 8 feuchten Zylindern an den Kotyledonen fixiert. Die Gefäße kamen gleich darauf auf den Dunkelklinostaten. 19. I. Streckung von Stengel und Wurzel bemerkbar. 20. I. 9 h vorm. Hypokotyl und Wurzel sämtlicher Keimlinge gekrümmt, bei 20% in der Kotyledonarebene, bei 80 "/q senkrecht darauf. Das Stemmorgan ein- seitig an der jeweiligen Konkavseite deutlich entwickelt. 2 Keimlinge sind mangelhaft entwickelt und zeigen kein Stemmorgan. 11h vorm. Es wird den Gefäßen möglichst rasch die Hälfte der Keimlinge entnommen und in bereitgehaltetien feuchten Kammern derart horizontal fixiert, daß das Stemmorgan und die konkave Seite der durchschnittlich 45 " betragenden autonomen Hypokotylkrümmung nach oben schauen. Die übrigen Keimlinge rotieren weiter. 7 h nachnii An den Hypokotylen der fixierten Keimlinge keine Veränderung; die Wurzeln haben sich positiv geotropisch gekrümmt. 21. 1. 9 h vorm. Die rotierenden Keimlinge haben den in Fig. 11, S. 567 dar- gestellten Zustand erreicht. Die Haupttypen der erzielten Veränderung bei den horizontal fixierten Keimlingen sind in Fig. 43 wiedergegeben. In der herangezogenen Figur ist die während der Rotation auf dem Klino- staten erreichte Hypokotylkrümmung durch die gestrichelte Linie angedeutet, der Zuwachs im Bereiche des Stemmorgans während des Wachstums in hori- zontaler Lage ist schattiert. In Anbetracht der langen Zeit (22 Stunden) ist die geotropische Reaktion des Hypokotyls eine sehr geringe. Der Hypokotyl hat sichtlich die erste Periode lebhafteren Wachsturas hinter sich und befindet sich im Zustande der Wachstumsdepression vor Beginn des erneuten lebhaften Wachstums in den mittlerweile geotropisch umgestimmten basalen Regionen. Die schwach s-förmige Form der Keimlinge vom Typus b, c und e deutet darauf hin, daß die ba- salen Teile schon negativ geotropisch reagieren, die Keimlinge vom Typus d haben sich schon vollkommen negativ geotropisch aufgekrümmt und verraten dadurch ihren Entwicklungsfortschritt gegenüber ihren Alters- genossen. Dementsprechend auch der Zuwachs im Bereiche des Jahrb. f. wiss. Botanik. L. 42 646 Adolf Sperlich, Stemmorgans: bei Typus et uud f, die keine negativ geotropische Reaktion aufweisen, der stärkste Zuwachs; bei c und e ein kleiner, entsprechend der negativ geotropischen Krümmung der Hypokotylbasis langgezogener Zu- wachs; bei d überhaupt kein Zuwachs. Der Versuch zeigt, daß die Zellen der stemmorganbildenden Zone verhältnismäßig lange die Fähigkeit bewahren, sich radial zu strecken, wenn sie durch eine gleichzeitige intensivere longitudinale Streckung hierin nicht gehemmt werden. Ist die Krümmung der kritischen Zone von Hypokotyl und Wurzel nicht zu weit ge- Fig. 43. Cucumis sativus. Die Keimlinge rotierten 48 Std. auf dem Klinostaten; hierauf wurden sie in dunklem feuchtem Räume so horizontal fixiert, daß die primäre Krümmung nach oben gerichtet war. Resultat nach 24 Std. Die gestrichelte Linie zeigt die Stellung vor der Horizontallegung an, die nach dieser aufgetretenen Neubildungen schattiert. diehen, so tritt nach Aufhebung der Hemmung, die dadurch erzielt wird, daß die eingeschlagene Krümmungsbewegung, sei sie autonom oder positiv geotropisch, mit Hilfe eines gegenwirken- den Reizes sistiert wird, die radiale Streckungstendenz der in Betracht kommenden Elemente je nach dem Entwicklungszustande bald mehr bald weniger stark in Aktion. Hierbei kann ein mittler- weile neu hinzukommender Faktor, der negative Geotropismus der Hypokotylbasis, neuerdings hemmend eingreifen. Eine Wulst- bildung an der konvexen Seite kann auf keine Weise mehr erzielt über Krüniniungsursaelieii bei Keimstengeln u. beim Monoiiotyieiikeimblatte. 647 werden, wenn die primäre Krümmung in der kritischen Zone, wie bei Wachstum aus horizontaler Ausgangslage, einen Winkel von 90 0 oder einen noch höheren Grad erreicht hat. Die gleiche Beziehung zwischen Krümmungswachstum und Wulstbildung und -Veränderung und der gleiche Einfluß des Schalen- druckes auf die Weiterentwicklung und Konsolidierung des Stemm- organs ergab sich aus Versuchen mit Cydanthera explodens und mit Scahiosa prolifera. Über die mit jener durchgeführten Versuche, die ähnliche Resultate ergaben wie die Versuche mit Cucurhita, braucht nichts weiter gesagt zu werden; es seien nur an der Hand von Fig. 44 einige Bemerkungen über das weniger bekannte Stemm- organ der Scabiosa- Arten beige- fügt. Fig. 44 a zeigt die Wirkungs- weise des Stemmorgans bei der Keimung von Scahiosa ausfralis nach Lubbock^). Wir sehen, daß die Fixierung des Organs an dem Flugkelche der Frucht erfolgt, wodurch dem aufwärts wachsenden Hypokotyl ein geeigneter Stütz- punkt zur Hervorziehung der Koty- ledonen aus der Frucht geschaffen wird. Die Abhängigkeit der Wulstbildung von der primären p o - sitiv geotropischen Krümmung von Hypokotyl und Wurzel, die ich für Scahiosa prolifera bei horizontaler Ausgangslage nach- weisen konnte, wobei die relative Lage der Kotyledonarflächen zur Horizontalen eine verschiedene war, ist aus Fig. 44 h ersichtUch. Die der Klebsschen Abhandlung über Keimungsmorphologie und -biologie entnommene Figur^) zeigt Fig. 44. a keimender Samen von Scahiosa austra- lis nach Lubbock. b Keimung aus einer horizontal liegenden Frucht von Scahiosa dichotoma nach Klebs. c normal er- wachsener Keimling von Scahiosa proli- fera, d dessen Hypokotylbasis um 90 " gedreht, e auf dem Klinostaten im Tages- lichte keimender Samen; der Flugkelch des Früchtchens ist abgeschnitten ; Keim- ling 4 Tage alt. 1) Lubbock, A contribution to our knowledge of seedlings, II. Bd., S. 90. Fig. 449. 2) Klebs, Beiträge zur Morphologie und Biologie der Keimung, S. 547, Fig. 4. 42* 648 Adolf Sperlich, die geschilderte Beziehung für Scahiosa dichotoma. Wie bedeutungs- voll der Kontaktdruck für die Verstärkung des Stemmorgans und für seine Erhaltung bei der "Weiterentwicklung der Keimpflanze ist, zeigt ein vergleichender Blick auf den aus normaler Frucht erwachsenen Keimling in Fig. 44 c und auf den viel jüngeren Keim- ling in Fig. 44 e, der aus einer Frucht erwachsen ist, welcher der Flugkelch abgeschnitten worden war. Das anfänglich deutliche Stemmorgan ist fast vollkommen ausgeglichen. Die allseitige, ring- förmige Ausbildung des Stemmorgans bei Verhinderung der Krümmung in der kritischen Zone, die durch Rotation auf dem Klinostaten oder bei Keimung aus wurzelrechter Stellung der Frucht erzielt wurde, zeigt Fig. 12 auf Seite 572. Hierbei muß bemerkt werden, daß die starke, in konstanter Ebene auftretende autonome Krümmung während der positiv geotropischen Wachstumsperiode des Hypokotyls nur selten in der kritischen Zone erfolgt. Bei den rotierend kei- menden Früchten und Embryonen von Scahiosa proUfera (vergl. Versuch 26, Seite 571) erhielt ich beiläufig bei Vj der Keimpflanzen ein ringförmiges, bei Vi ein einseitiges Stemmorgan, bei den aus wurzelrecht fixierter Frucht keimenden Pflanzen (vgl. Versuch 27, Seite 572) fast durchwegs ringförmige Organe. Die autonome Aufkrümmung dieser Keimpflanzen erfolgte erst nach vorausgehender kurzer, exakt positiv geotropischer Streckung und zwar in einer knapp oberhalb der organbildenden Grenzzone zwischen Hypokotyl und Wurzel liegenden Region. C. Zusammenfassung. 1. Die zu einer wulstförmigen Verdickung führende Radial- streckung von Elementen der Grenzzone zwischen Hypokotyl und Wurzel tritt bei Cucurhiia, Cucumis, Cyclanthera und Scahiosa sehr bald nach Keimungsbeginn, unabhängig vom Einflüsse der Samen- oder Fruchthülle ein und ist stets allseitig (bei elliptischem Querschnitt des Hypokotyls mit Bevorzugung der Breitseiten), wenn das primäre Wachstum von Hypokotyl und Wurzel gerad- linig erfolgt. 2. Eine einseitige Entwicklung des Wulstes kommt dann zustande, wenn die an der Wulstbildung beteiligten Ele- mente bei Ausführung einer Krümmung - sei es eine durch den Schwerkraftsreiz verursachte positiv geotropische, sei es eine durch mechanische Hemmung erzwungene oder eine inneren über Krümmungsursachen bei Keimstengeln u. beim Monokotylenkeimblatte. 649 Ursachen entspringende — infolge der gleichzeitigen Inan- spruchnahme bei der intensiveren Längsstreckung der konvexwerdenden Seite an der Radialstreckung gehindert werden. 3. Die weitere Gestaltung des Wulstes, die bis zu seinem völligen Verschwinden gedeihen kann, ist nicht nur vom Dicken- wachstum des Stengels und der "Wurzel, sondern auch vom Längen- wachstum des Hypokotyls abhängig. Hierbei kann sich die in der Spitzenregion wachsende Wurzel nicht beteiligen. Die Mit- wirkung der radial gestreckten Elemente der wulstförmigen Ver- dickung am Längenwachstum wird nach erfolgter geotropischer TJmstimmung in den basalen Teilen des Hypokotyls und ganz besonders bei Ausführung einer negativ geotropischen Krümmung in der bezeichneten Region bemerkbar. 4. Durch den Druck auf die Samenschale oder bei Scabiosa auf den Flugkelch der Frucht wird eine Verstärkung der wulst- förmigen Bildung erzielt und deren Elemente derart verändert, daß sie sich am ferneren Längenwachstum des Stengels nicht mehr oder nur schwach beteiligen. Selbst an sehr weit vorgeschrittenen Keim- pflanzen ist in diesem Falle das Stemraorgan noch deutlich er- kennbar. 5. Bei ringförmiger oder zweiseitiger Anlage des Wulstes und darauf folgender einseitiger Pressung können alle Teile des Stemmorgans in ihrer Größenentwicklung gefördert werden, auch solche, die nicht direkt den Druck erleiden. Schlußbemerkungen. Die Ergebnisse der vorliegenden Untersuchung finden sich am Schlüsse jedes einzelnen Abschnittes zusammengefaßt; demnach kann es sich nur mehr darum handeln, mit einigen Worten rück- blickend auf die Hauptmomente der Arbeit, die sich vorzüglich mit der Analyse der unter natürlichen Bedingungen auftretenden Nutationen des Keimlings beschäftigt, zurückzukommen. Als Hauptergebnis erscheint die Tatsache, daß der Schwer- kraftsreiz sowohl an der Einkrümmung des Hypokotylgipfels als auch an der Kniebildung des Monokotylenkeimblattes beteiligt ist. In der Anlage sind die bezeichneten Krümmungen positiv geotropische Reaktionen; sie werden in der Folge bald mehr 6B0 Adolf Sperlich, bald weniger selbstregulatorisch verstärkt. Von Fällen, da eine solche Verstärkung ganz ausbleibt (Lepidiimi-Sinapis) bis zu den äußerst energischen Krümmungsbewegungen der Dikotylen- keimlinge aus endospermhältigen Samen lassen sich verschiedene Grade der autonomen Fortsetzung der ursprünglich positiv geotropischen Krümmung feststellen. Die Krümmungszone wandert dann nicht selten aus dem Hypokotyl in die Stiele der zusammen- schließenden Keimblätter, wobei gleichzeitig die Einstellung in eine konstante Krümmungsebene erfolgt. Auch die positiv geotropische Reaktion selbst kann jedoch durch Krümmungsbestrebungen, die inneren Ursachen ent- springen, beeinflußt, ja sogar unterdrückt werden. Sodann, wenn Krümmungen angestrebt werden, die sich unter Ausschluß geotropischer Reaktionsmöglichkeit als Folgeerscheinungen des Krümmungszustandes im ruhenden Samen erweisen (Atriplex), oder wenn der Hypokotyl nach kurzem positiv geotropischen Wachstum mit ziemlicher Plötzlichkeit in konstanter Ebene eine autonome Bewegung ausführt (Oalium, Ipomoea, Scahiosa). Eine besondere Hervorhebung verdienen Fälle, wo ohne Er- möglichung einer geotropischen Reaktion, also bei Keimung auf dem Klinostaten, mehr oder weniger exakt die Bewegung aus- geführt wird, die sich bei normalem Wachstum als von der Schwerkraftsrichtung abhängig erweist: so vom Hypokotyl von Ouciiinis und Scabiosa, vom Keimblatte der Monokotylen. Hier liegt eine im Laufe phylogenetischer Entwicklung im Zusammen- hange mit den äußeren morphologischen Verhältnissen geschaffene innere plasmatische Struktur vor, die sich unter dem konstanten Einflüsse der Erdschwere ausgebildet hat. Sie ist bei Cucumis und den Monokotylen labil, bei Scabiosa in ihrem Bewegungseffekte schwer beeinflußbar. Im Gegensatze hierzu stehen jene Typen, die zu Beginn der Keimung in ihrem Stengel regellose Krümmungen ausführen oder durch ihre Lage im ruhenden Samen zu stark gekrümmtem primären Wachstum veranlaßt werden. In diesen Fällen hängt nicht selten die sichere normale Befreiung des Stengels und der Wurzel aus Frucht- oder Samenhüllen von der Mitwirkung des Schwerkraftsreizes (Sinapis) oder von diesem Faktor und von der Ausgangslage des keimenden Samens ab (Atriplex). Ohne die primäre positiv geotropische Reaktion zu verhindern, wird eine starke Krümmung der Gipfelzone des Stengels durch über Krümmungsursachen bei Keimstengjeln n. beim Monokotylenkeimblatte. 651 mangelhafte Wasserversorgung des Wurzelwerkes (Helian- thiis, Cruciferen, Coniferen) und durch frühzeitige Eingriffe trauma- tischer Natur in die basale Hälfte der Kotyledonen (HeUmähus) hervorgerufen. Das Substrat wirkt als mechanischer Paktor vorübergehend krümmungsverstärkend, wenn bei Keimlingen aus endospermlosen Samen der positiv geotropisch oder zudem autonom gekrümmte Gipfel von den negativ geotropischen Teilen des Stengels aufwärts geführt wird; es wirkt krümmungshemmend auf die starken auto- nomen Bewegungen des Gipfels von Keimlingen, die aus endosperm- hältigen Samen erwachsen. Die Ausgleichung der Krümmung des ruhenden Embiyos und der Krümmungen, die sich im Verlauf der Keimlingsentwicklung einstellen, erfolgt selbstregulatorisch. Das Licht ist rücksichtlich der Krümmungsbewegung des Hypokotylgipfels bei den einzelnen Typen nicht gleich wirksam. Im allgemeinen läßt sich ein hemmender Einfluß auf die Ein- krümmung und ein beschleunigender Einfluß auf den Gegen- vorgang feststellen. Einzelne Typen können ohne Licht den Gipfel überhaupt nicht geraderichten (Cyclanthera, Oalium). Während das Licht als diffuses Agens die Krümmungs- vorgänge in der ersten, positiv geotropischen Wachstums- periode des Hypokotyls nicht beeinflußt, konnte zu dieser Zeit bei HeliantJms und Sinapis ein tropistischer Einfluß des Faktors nachgewiesen werden: der Keimstengel der genannten Pflanzen reagiert negativ phototropisch. Da dies Reaktionsvermögen bei Helianthus auch nach erfolgter geotropischer Umstimmung der basalen Teile des Keimstengels in seiner Gipfelregion durch einige Zeit erhalten bleibt, kann bei entsprechenden Beleuchtungsverhält- nissen auch der tropistische Lichtreiz an der Gipfeleinkrümmung mitbeteiligt sein. Leipzig — Innsbruck, Anfang Dezember 1911. Literatur-Verzeichnis. Acton siehe Fr. Darwin. Baranetzky, Über die Ursachen, welche die Richtung- der Äste der Baum- und Strauch- arten bedingen. Flora, 89, Ergbd. 1901. Copeland, Positive Geotropism in the hypocotyl or cotyledou. Botanic. Gazette, 31, 1901. g52 Adolf Sperlich, Orocker, K night a. Roberts, The peg of the Cucwbitaceae. Botanic. Gazette, 50, 1910. Darwin, Chr., Das Bewegungsvermögen der Pflanzen (Übersetzung von J. V. Carus). Stuttgart 1881. Darwin, Fr. a. Acten, Practical Physiology of Plauts. Oanibridge 180.'). Detmer, Über Photoepinastie der Blätter. Botan. Zeitung, 1882. Dufour, J., Etudes iFanatomie et de physiologie vegetales. Züricher Inauguraldissertation, Lausanne 1882. Dutrochet, Recherches anatoniiques et physiologiques, 1824. Fitting, Untersuchungen über den geotropischen Reizvorgang. Jalnl). f. wiss. Bot., XLI, 1905. — Lichtperzeption und phototropische Empfindlichkeit, zugleich ein Beitrag zur Lehre vom Etiolement. Jahrb. f. wiss. Bot., XLV, 1907. Flahault, Sur le talon de la tigelle de quelques Dicotyledones. Bullt, de la soc. bot. de France, 24, 1877. V. Gruttenberg, Über das Zusammenwirken von Geotropismus und Heliotropismus in parallelotropen Pflanzenteilen. Jahrb. f. wiss. Bot., XLV, 1907. Haberlandt, Die Schutzeinrichtungen in der Entwickelung der Keimpflanze. Wien 1877. Hering, F., Über Wachstumskorrelationen in Folge mechanischer Hemmung des Wachsens. Jahrb. f. wiss. Bot., XXIX, 1896. Josing, Der Einfluß der Außenbedingungen auf die Abhängigkeit der Protoplasniastrümung vom Lichte. Jahrb. f. wiss. Bot., XXXVI, 1901. Klebs, Beiträge zur Morphologie und Biologie der Keimung. Untersuch, aus dem bot. Inst, zu Tübingen, 4. Heft, 1885. Knight, L. J. siehe Crocker. Lidforss, Über den Geotropismus einiger Frühlingspflanzen. Jahrb. f. wiss. Bot., XXXVIII, 1903. Linsbauer, K. u. Vouk, Zur Kenntnis des Heliotropismus der Wurzeln (Vorl. Mittg.). Ber. d. Deutsch. Bot. Ges.., 27, 1909. Lubbock, A contribution to our knowledge of seedlings. London 1892. Graf Luxburg, Untersuchungen über den Wachstumsverlauf bei der geotropischen Be- wegung. Jahrb. f. wiss. Bot., XLI, 1905. Molisch, Über den Einfluß des Tabakrauches auf die Pflanze. Sitzungsber. d. Wiener Akademie, 120, Abt. I, 1911. Müller, N. J. C, Botanische Untersuchungen, I, 1872. Neljubow, Geotropismus in der Laboratoriumsluft. Ber. d. Deutsch. Bot. Ges., 29, 1911. Neubert, Untersuchungen über die Nutationskrüinmungen des Keimblattes von Allium. Jahrb. f. wiss. Bot., XXXVIII, 1903. Neil, Heterogene Induktion. Leipzig 1892. — Über Geotropismus. Jahrb. f. wiss. Bot., XXXIV. — Über den bestimmenden Einfluß von Wurzelkrümmungen auf Entstehung und An- ordnung der Seitenwurzeln. Landwirtsch. Jahrb., 1900. — Zur Keimungsphysiologie der Cucurbitaceen. Landwirtsch. Jahrb., 1901, Ergbd. T. Olino, Über das Abklingen von geotropischen und beliotropischen Reizvorgängen. .Jahrb. f. wiss. Bot., XLV, 1908. Oltmanns, Über die photonietrischen Bewegungen der Pflanzen. Flora, 1892. — Über positiven und negativen Heliotropismus. Flora, 1897. Pfeffer, Pflanzenphysiologie, 2. Aufl., II, Leipzig 1904. über Krümniungsursachen bei Keinisteng.;ln n. beim ^fonokotylenkeiniblatte. 653 Richter, 0., Pflanzenwachstuin und Laboraloriunisluft. Ber. d. Deutscli. Bot. Ges., 21, 1903. — Über den Einfluß verunreinigter Luft auf Heliotropisnuis und Geotropismus. Sitzungsber. d. Wiener Akademie, 115, Abt I, 1900. — Über Antiiokyanbildung in ihrer Abhängigkeit von äußeren Faktoren. Medizin. Klinik, 1907, Nr. 34. — Über das Zusammenwirken von Heliotropi.snuis und Geotropismus. .Jahrb. f. wiss. Bot., XLVI, 19U9. — Die horizontale Nutation. Sitzungsber. der Wiener Akad., 119, Abt. I, 1910. Rimmer, Über die Nutationen und Wacbstumsrichtungen der Keimpflanzen. Sitzungs- ber. der Wiener Akad., 89, I Abt., 1884. Roberts siehe Crocker. Sachs, Über die Keimung von AUium Cepa. Botan. Zeitung, 18G3. — Lehrbuch der Botanik, 4. Aufl., Leipzig 1874. Schütze, Über das geotropische Verhalten des Hypokotyls und des Kotyledons. Jahrb. f. wiss. Bot., XLVIII, 1910. Tscherning, Untersuchungen über die Entwickelung einiger Embryonen bei der Keimung. Tübinger Inauguraldissertation 1872. Vöchting, Die Bewegungen der Blüten und Früchte. Bonn 1882. Vouk siehe Linsbauer. Wiesner, Die undulierende Nutation der Internodien. Sitzungsber. der Wiener Akad., 77, 1. Abt, 1878. — Das Bewegungsverniögen der Pflanzen, eine kritische Studie über das gleichnamige Werk Ch. Darwins nebst neuen Untersuchungen. Wien 1881. Wortmann, Studien über die Nutation der Keimpflanze von Phaseolus midtifloms. Botan. Zeitung, 1882. Wyplel, Beiträge zur näheren Kenntnis der Nutation. Österr. botan. Zeitschr., 1879. Inhalt des vorliosonden 5. Heftes, Band L. Seite F. Klioll. Untersuchungen über den Bau und die Punktion der Cystiden und verwandter Organe. Mit Tafel VI und G9 Textfiguren 453 I. Historischer Teil 4 54 IL Spezieller Teil 457 1. PsathyrcUa disseminata (Pers.) Quel 457 2. Coprinus ephenierus Fr 4 CG 3. Coprinus radiatus (Bolt.) Fr 471 4. PsathyrcUa gracilis (Fr.) Quel 473 5. PsathyrcUa consimüis Bre>5. et P. Harms 4 75 G. Inocybe treehispora (Berk.) Sacc. und /. petiyinosa (Fr.) Gillet . 477 7. CoUybia esculenta (Wulff.) Quel 479 8. Galera tenuissima (Wcinni.) Gillet und G. tencra (Schaeff.) Quel. . 484 9. Pcniophora qlehulnsa (Fr.) Sacc. et Syd 48C in. Allgemeiner Teil 487 IV. Zusammenfassung der Ergebnisse 499 Literatur-Verzeichnis 500 Figuren -Erklärung 501 Adolf Sperlich. Über Krümmungsursachen bei Keimstcngeln und beim Mono- kotylenkeimblatte nebst Bemerkungen über den Phototropismus der positiv geotropischen Zonen des Hypokolyls und über das Stemmorgan bei Cucui'bitaceen. Mit 44 Toxtfiguren 502 Einleitung 502 Bemerkungen zur Methode 507 T. Versuche mit Heliantlnis annuus L 517 A. Hat die Schwerkraft als Piciz auf die Gipfelkrümmung des Hypo- kotyls und auf die Au.sgleichung dieser einen Einfluß und wie ver- laufen die betreffenden Nutationen bei Aufenthalt in diffusem Tages- lichte, wie im Dunkeln? . . . 517 B. Einfluß des Substrates auf die Gipfeleinkrümmung 537 C. Wirkung partieller Verdunkelung 540 D. Einfluß hoher und tiefer Temperatur 544 E. Die Gipfeleinkrümmung in Ätheratmosphäre 545 F. Einfluß traumatischer Eingriffe in die Kotyledonen 549 G. Die Krümmungstätigkeit der Kotyledonen und die gegenseitige Be- einflussung der Keimblätter 557 H. Zusammenfassung 560 656 Inl'alt. Seite 11. Der Einfluß der Scliwerkraft und des diffus wirkenden I.ichles anf die Gipfeleiukrünimung anderer, im Ruhezuslande gerader Embryonen aus endospennlosen Samen 562 A. Versuche mit Compositen 5G2 B. Versuche mit Cucurbita Pepo L 563 C. Versuche mit Cucumis sativus L 567 D. Versuche mit Cyclanthera explodens Naud 570 E. Versuche mit Scabiosa proUfera L 571 F. Zusammenfassung 574 III. Die Gipfelkrümmung des Hypokotyls von Keimpflanzen, die als Em- bryonen im endospermlosen Samen gekrümmt ruhen 576 A. Versuciie mit Cruciferen 576 B. Versuche mit Ipomoea purpurea l.am 582 C. Zusammenfassung 585 IV. Die Krümmungsvorgänge bei Keimpflanzen aus Samen mit Niihrgewebe (Peri- oder Emlosperni) 587 A. Versuche mit Atripier hortcnse L 587 B. Versuche mit Galium saccharatujn All 593 C. Versuche mit Coniferen 597 I) Versuche mit Ricinus coiiiniunis L 600 E. Zusammenfassung G05 V. Bemerkungen über den Verlauf der Gipfelkrünimung bei den Epikotylen einiger Leguminosen 606 VI. Die Krümmung des Keimblattes der Monokotylen 610 VII. Die phototropische Reaktionsfähigkeit des Hypokotyls in seinen positiv geotropischen Zonen 616 A. Versuche mit HeliantJuis, Sinapis, Ipomoea und Cucurbita . . 616 B. Zusammenfassung C27 VIII. Über die Faktoren, von welchen die Ausbildung des Stenimorgans an der Grenze zwischen Hypokotyl und Wurzel abhängig ist .... 628 A. Einleitende Bemerkungen C28 B. Versuche mit Cucurbita, Cucumis, Cyclanthera und Scabiosa . . G33 C. Zusammenfassung 648 Schlußbemerkungen 649 Literatur-Verzeichnis 651 Verlag von Gebrüder Borntraeger in Berlin W 35 Schöneberger Ufer t2a Beiträge zur Naturdenkmalpflege, herausgegeben von Geheimen Regierungsrat Professor Dr. Conwentz. Band III: Das Plagefenn bei Chorin, Naturgeschichte des Reservats mit zahlreichen Textabbildungen, Tafeln u. Karten. Geb. 22 Mk. 50 Pfg. Laubfall und Lauberneuerung in den Tropen von Professor Dr. G. VoJkens. Gebunden 3 Mk. 80 Pfg. Anleitung zur mikroskopischen Untersuchung von Pflanzenfasern von Dr. G. Tobler-Wolff und Prof. Dr. F. Tobler. Mit 125 Textabb. Gebunden 3 Mk. 50 Pfg. Botanisches mikroskopisches Praktikum für An- fänger von Professor Dr. M. Möbius. Zweite veränderte Auflage. Mit 15 Abbildungen. Gebunden 3 Mk. 20 Pfg. Mikroskopisches Praktikum für systematische Botanik (l: Angiospermen) von Professor Dr. M. Möbius. Mit 150 Textabbildungen. Gebunden 6 Mk. 80 Pfg. Die Anschauungen V. Hehns von der Herkunft unserer Kulturpflanzen und Haustiere im Lichte neuerer Forschung. Ein Vortrag von Prof. Dr. O. Schrader. Mit einem Titelbild. Geheftet 1 Mk. Die neuen Vererbungsgesetze von Prof. Dr. c. Correns. Mit 12 z. T. farbigen Abbildungen. Zugleich zweite, ganz um- gearbeitete Auflage der „Vererbungsgesetze". Geheftet 2 Mk. Ausführliche Vertagsverzeichnisse kostenfrei Verlag von Gebrüder Borntraeger in Berlin W 35 Schöneberger Ufer 12 a Zeitschrift für Gärungsphysiologie aiigemeine, landwirtschaftliche und technische Mykologie unter Mitwirkung von V. Babes- Bukarest, A. Bau -Bremen, M, W. Beijerinck-Delft, W. Benecke -Berlin, Ph. Biourge-Löwen, A. J. Brown-Birmingliam, M. Bücheler-Weihenstephan, R. Burri- Liebefeld bei Bern, A. Calmette-Lille, R. Chodat-Grenf, A. Cluss-Wien, F. Czapek- Prag, M. Düggeli-Züricli, J. EfFront Brüssel, A. Fischer-Basel, C. Gorini -Mailand, R. Gra8berger-Wien, A. Harden-London, W. A. Harding-New York, F. C. Harrison- Ste. Anne de Bellevue, Canada, F. v. Höhnel-Wien, J. Chr. Holm -Kopenhagen, F. Hueppe-Prag, G. v. Istvänffi-Budapest, Orla Jensen-Kopenhagen, Alfred Jörgensen- Kopenhagen, V. v. Klecki-Krakau, M. Klimmer-Dresden, A. Koch-Gröttingen, R. Kolk- witz-Steglitz-Berlin, F. Krasser-Prag, W. Kruse-Bonn, H. van Laer-Gent, F. Löhnis- Leipzig, Ch. E. Marshall-East Lausing, Michigan, R. Meißner- Weinsberg, W. Migula- Eisenach, H. Molisch -Wien, C. Neuberg-Berlin, W. Palladin-Petersburg, F. Petit- Nancy, P. Pichi-Conegliano, E. Prior-Wien, 0. Richter-Wien, K. Saito-Tokio, A. Schattenfroh -Wien, W. Seifert -Klosterneuburg, J. Stoklasa-Prag, Freiherr V. Tubeuf-München, W. Winkler Wien, J. Wortmann-Geisenheim a. Rh., H. Zikes-Wien herausgegeben von Professor Dr. Alexander Kossowicz-Wien Inhalt des ersten Heftes: Zur Einführung. Originale: 1. Richard Meißner, Versuche über die Entsäuerung von 1910 er württem- bergischen Weinen mittels reinen gefällten kohlensauren Kalkes. — 2. Sergius Lwow, Über die Wirkung der Diastase und des Emulsins auf die alkoholische Gärung und die Atmung der Pflanzen. — 3. Franz v. Höhnel, Beiträge zur Mykologie. I. Über die Berechtigung der Gattungen Cystotheca und Tyrococcum. — 4. Co- stantino Gorini, Untersuchungen über die säurelabbildenden Kokken des Käses. — 5. Alexander Kossowicz, Die Zersetzung von Harnstoff, Harnsäure, Hippur- säure und Glykokoll durch Schimmelpilze. Sammelreferate . 1. Jos. Weese, Neuere Literatur über Atichia Flotow. — 2. P. Löhnis, Fort- schritte der landwirtschaftlichen Bakteriologie. Referate. Die Zeitschrift ersclieiiit in zwanglosen Hefteji von etwa 4 bis 6 Bogen. 24 Bogen mit vielen Textabbildungen, Tafeln usw. bilden einen Band. Der Ladenpreis des Bandes beträgt 20 Mk. Probehefte kostenfrei New York Botanical Garden Librar 3 5185 00262 8343 :Vv-'r ¥f%ssf;x^- •r"^ %'N.^r'^C .^.^ y' /'^ h^^--^- ■\\. V JJ .^ rvf^-;v^i: V .: ,^- ^. •,-^.>