^'<¥ ■'^.■V■ .^■^■""^:'^■ ,J-^-'- /^^^V /.Ä '.■■^yu r-\W 1 ^■^"'■.■'- ff"' V!t ly ■■■'Ml' •.\'r^: ' / ";/ ■- -'?:•-' --■ ■■^^.^J: ^ JAHRBÜCHER für wissenschaftliche Botanik Begründet von Professor Dr. N. Pringsheim herausgegeben von W. Pfeffer Professor an der Universität Leipzig LIBRART NEW YORK Fünfundfünfzigster Band «OTANtCAL OAK*»fci!V, Mit 4 Tafeln und 150 Textfiguren Leipzig Verlag von Gebrüder Borntraeger 1915 Inhalt. Heflt 1; ausgegeben im Januar 1915. Seite Johannes Lindner. über den Einfluß günstiger Temperaturen auf gefrorene Schimmelpilze. (Zur Kenntnis der Kälteresistenz von Aspergillus niger.) Mit 10 Textabbildungen 1 Einleitung 1 I. Teil. Die Desorganisationsvorgänge im Mycel von Aspergillus niger nach dem Gefrieren 5 A. Methodik für die Beobachtung der Desorganisation .... 5 B. Beobachtung der Desorganisation im Aspergillus -Myce] nach Ein- wirkung von Kälte 8 I. Verlauf der Desorganisation in submersen Mycelien bei Eisbildung 8 II. Verlauf der Desorganisation in submersen Mycelien von Aspergillus niger bei Vermeidung der Eisbildung . . 14 III. Beobachtung der Desorganisation in Lufthyphen von Aspergillus niger 17 C. Das Verhalten der resistenten Aspergillus -Zellen 22 I. Die Temperaturbedingungen für die Lebensfähigkeit der resistenten Zellen 22 II. Die Lebensdauer der resistenten Aspergillus - Zellen in ungünstigen Temperaturbedingungen 24 III. Einfluß von wiederholtem Gefrieren auf die resistenten Zellen 25 IV. Die Bedingungen für die Bildung der resistenten Zellen 28 D. Versuche mit Penicilliiim glaucum, Phycomyces nitens und Bhizopus nigncans 31 II. Teil. Der Atmungsvorgang im Mycel von Aspergillus niger nach dem Gefrieren 33 A. Methodik 34 B. Verlauf der Atmung im Aspergillus -M.jcel nach Einwirkung von Kälte 39 Zusammenfassung einiger Ergebnisse 49 Literatur -Verzeichnis 51 IV Inhalt. Seite 0. Tischler. Die Periplasmodiumbildung in den Antheren der Commelinaceen und Ausblicke auf das Verhalten der Tapetenzellen bei den übrigen Monokotylen. Mit Tafel I und 7 Textfiguren 53 Abschnitt I 53 Abschnitt II 60 Abschnitt III 69 Resume 84 Literatur -Verzeichnis 87 Figuren -Erklärung 89 Walter Leoohardt. Über das Verhalten von Sprossen bei Widerstand leistender Erdbedeckung. Mit 17 Textfiguren 91 Methodik 94 I. Dikotyle Pflanzen 99 Vicia Faba major 99 Phaseolus vulgaris 110 Lupinus albus 113 Brassica napus 117 Triebe aus den Knollen von Solanum tuberosum 119 Blätter 120 Dahlia variabilis 122 Stimulus Lupulus 125 Paeonia officinalis 128 Lathraea squamaria 129 Aspidium filix mas 131 IL Monokotyle Pflanzen 133 SecaU cereale 134 Tinnantia fugax 140 Allium, odorum 143 Hyacinthus orientalis 144 Tulipa Gesneriana 148 Crocus vernus 151 Zusammenfassung 154 IIL Über die mechanische Wirkungsweise der nutierenden dikotyleu Keim- linge im Boden 157 Literatur -Verzeichnis 175 Hel't 3; ausgegeben im Mai 1915. Ernst Schilling. Über hypertrophische und hyperplastische Gewebewucherungen an Sproßachsen, verursacht durch Paraffine. Mit 43 Textfiguren . . . . 177 Einleitung 177 A. Zur Versuchsanstellung 180 I. Die angewandten Stoffe 180 IL Zur Methode 181 III. Der Verbleib der Stoffe 182 IV. Auswahl der Objekte 184 Inhalt. ^ SeitR 186 86 86 88 92 98 98 B. Anatomischer Teil I. Versuche mit Clerodendron Bungei Paraffin -Versuche Anatomie des normalen Triebes Vaseline -Versuche II. Versuche mit Aescuhis hippocastanum und A. mUcunda . . Wirkung des Paraffinöls auf Sproßachsen Wirkung des Paraffinöls auf Blattstiele 203 Wirkung des Paraffinöls auf Blütenstandachsen 204 Wirkung des Paraffinöls auf Blätter 205 Wirkung der Vaseline auf Sproßachsen 205 Wirkung der Vaseline auf Blattstiele 206 Wirkung der Vaseline auf Blätter 206 Wirkung der Vaseline auf Achsen des Blütenstandes .... 206 Wirkung der Ölsäure Wirkung der Paraff in - Mischung 206 207 Wirkung des Knochenöls Wirkung der Mischung von Vaseline und Kakaobutter . . . . 207 207 Wirkung des Vaselineöls III. Versuche mit Sambucus nigra und S. canadensis 209 215 Vaseline -Versuche mit Sambucus nigra Versuch mit der Mischung von Kakaobutter und Vaseline ... 218 218 IV. Versuche mit Syringa Emodi Wirkung von Paraffin und Vaseline 223 V. Versuche mit Artocarpiis mcisa . . • 223 Der normale Zweig 223 Wirkung des Paraffinöls 229 Wirkung der Vaseline Wirkung der Mischung von Vaseline und Kakaobutter .... 230 Wirkung von Sublimat und Kupferoxydammoniak 230 VI. Versuche mit Philodendron pinnatifidum 230 Bau der normalen Haftwurzel 230 231 Paraffinwirkung Versuche mit Vaseline und Vaselineöl 238 Sublimat und Kupferoxydammoniak 238 Versuche mit Philodendron cannaefoUum 238 VII. Wucherungen an anderen Pflanzen 238 Catalpa syringaefolia 239 Justicia Neesii 239 Ribes aureum Spiraea sorbifolia Spiraea concinna Salix longifolia 241 Robinia hispida Rhamnus frangula 244 Zusammenfassung der anatomischen Ergebnisse VI Inhalt. Seite C. Physiologischer Teil 246 I. Die Wucherungen 246 II. Weitere Erscheinungen 255 III. Physiologische Zusammenfassung 256 Literatur -Verzeichnis .257 Gustav Gassner. über die keimungsauslösende Wirkung der Stickstoffsalze auf lichtempfindliche Samen 25Q I. Einleitung 259 II. Versuche mit Samen von Eanunculus sceleratus 267 A. Allgemeines über die Einwirkung von Temperatur und Licht auf die Keimung von Eanuncidus sceleratus 267 B. Die keimungsauslösende Wirkung der Knopschen Nährlösung . . 281 C. Das keimungsauslösende Moment der Knopschen Nährlösung . . 298 III. Versuche mit Samen von Oenothera biennis 307 IV. Versuche mit Chloris ciliata 321 A. Die Ergebnisse meiner früheren Versuche über die Lichtkeimung von Chloris ciliata und die keimungsauslösende Wirkung Knop- scher Nährlösung 321 B. Neue Versuche über die keimungsauslösende Wirkung Knop scher Nährlösung 323 C. Die Bestimmung des oberen und unteren Schwellenwertes der Kon- zentration keimungsauslösender Stoffe 325 V. Zusammenfassung der Hauptergebnisse und Schlußwort 337 Nachschrift 341 Hellt 3; ausgegeben im Juli 1915. Hermann Sierp. Die Intemodientorsionen der Pflanzen mit dekussierter Blatt- stellung. Mit Tafel II und 3 Textfiguren 343 Einleitung 343 I. Über die Häufigkeit der Intemodientorsionen, über die verwandten Versuchspflanzen, über d^n äußeren Verlauf des Drehvorganges . . 352 II. Kann das Gewicht des oberen Blattes als Ursache der Drehung in Frage kommen? 356 Versuchsreihe 1 (Versuch a — d) 357 Versuchsreihe 2 (Versuch a— c) 358 Versuchsreihe 3 (Versuch a — c) 360 Versuchsreihe 4 (Versuch a — c) 360 Versuchsreihe 5 (Versuch a — c) 365 Versuchsreihe 6 (Versuch a — e) 367 Versuchsreihe 7 (Versuch a — b) 370 Versuchsreihe 8 (Versuch a — b) 371 Versuchsreihe 9 (Versuch a — c) 373 III. Welchen Einfluß haben Licht und Schwerkraft auf die Intemodien- torsionen? 375 Versuch 1—3 376 Versuch 4 377 Inhalt. VII Seite Versuch 5 378 Versuch 6 379 Versuch 7 u. 8 380 Versuch 8 a 382 Versuch 9 383 Versuch lOu. 11 385 Versuch 12 u. 13 386 Versuch 14u. 15 387 Versuch 16 389 Versuch 17 390 Versuch 18 392 Versuch 19 u. 20 393 Versuch 21 394 Versuch 22 u. 23 395 Eückblick der bisherigen Kesultate und daran angeschlossene Be- merkungen 396 IV. Wie stellen sich die Internodientorsionen zu den übrigen bis jetzt untersuchten Orientierungsdrehungen? 400 Literatur -Verzeichnis 407 W. Rnhlaud. Untersuchungen über die Hautdrüsen der Plumbaginaceen. Ein Beitrag zur Biologie der Halophyten. Mit 20 Textfiguren 409 Einleitung 409 I. Der anatomische Bau der Drüsen 411 II. Physiologischer und biologischer Teil 424 Ä. Die Tätigkeit der Drüsen 424 a) Die Wassersekretion 425 b) Die Salzausscheidung 435 B. Die Wirkung und biologische Bedeutung der Drüsentätigkeit . 455 a) Die Absalzung 455 b) Armeria vulgaris und die Kalkfrage 469 C. Versuche mit Wasserkulturen 472 D. Das Verhalten der Spaltöffnungen und die Frage der Seromorphie 478 IV. Zusammenfassung der wichtigsten Ergebnisse 493 P. N, Schürhoff. Amitosen von Riesenkernen im Endosperm von Ranuneulus acer. Mit Tafeln III und IV 499 Der Befruchtungsvorgang und die Entwicklung des normalen Endosperms . 510 Figuren -Erklärung 516 Heft 4; ausgegeben im Oktober 1915. Fritz Greig"er. Anatomische Untersuchungen über die Jahresringbildung von Tec- tona grandis. Mit 28 Textfiguren 521 Hölzer aus Ost -Java: Querscheibe Nr. 4 529 Querscheibe Nr. 3 (15jährig) 534 Querscheibe Nr. 1 (10 jährig) 534 Querscheibe Nr. 2 (5 jährig) 536 VIII Inhalt. Seite Hölzei- aus dem westl. Ost -Java (Mittel -Java): Querscheibe "W 4 (15 jährig) 537 Querscheibe W 2 (13 jährig) 544 Querscheibe W 3 (15 jährig) 544 Querscheibe W 5 (10 jährig) 546 Querscheibe "W 6 (lOjährig) 546 Querscheibe W 7 (17 jährig) 547 Querscheibe W 10 (5jährig) 548 Querscheibe W 15 (5jährig) 548 Querscheibe W 16 (5 jährig) 549 Querscheibe "W 17 (12 jährig) 551 Querscheibe W 18 (ll?-jährig) .552 Querscheibe W 19 (12?- jährig) 552 Querscheibe W 20 (11?- jährig) 553 Querscheibe W 21 (7 jährig) 553 Querscheibe "W 22 (7jährig) 554 Kurze Zusammenfassung der an den W-Hölzern gemachten Beobach- tungen 556 Querscheibe E III (Sjährig) 557 Querscheibe E IT 560 Querscheibe R VII (25jährig) 560 Querscheibe R VIII (25jährig) 561 Querscheibe R IX (25jährig) 565 Querscheibe R X (25jährig 566 Querscheibe R XI (25jährig) 567 Querscheibe R XII (25jährig) 567 Kurze Zusammenfassung der an den R- Hölzern gemachten Beobach- tungen 570 Querscheibe P 8 (24 jährig) 571 Querscheibe P 11 (25 jährig) 572 Querscheibe P 12 (27jährig) 573 Querscheibe P 17 (25jährig) 576 Querscheibe P 18 (6jährig) 577 Querscheibe P 19 (6 jährig) 578 Querscheibe P 20 (öjährig) 578 Querscheibe P 27 (27jährig) 580 Kurze Zusammenfassung der an den P- Hölzern gemachten Beobach- tungen 580 Hölzer aus West -Java: Querscheibe Nr. 1 (54 jährig) 586 Querscheibe Nr. 2 (54jährig) 590 Querscheibe Nr. 3 (54 jährig) 590 Querscheibe Nr. 4 (54jährig) 591 Querscheibe Nr. 10 (wahrscheinlich 44jährig) 591 Querscheibe Nr. 9 (wahrscheinlich 44jährig) 592 Querscheibe Nr. 11 (wahrscheinlich 42 jährig) 594 Querscheibe Nr. 12 (wahrscheinlich 42jährig) 595 Querscheibe Nr. 13 (ca. 40jährig) 595 Inhalt. IX Seite Querscheibe Nr. 14 (35jährig) 597 Querscheibe Nr. 15 (4 5 jährig) 597 Querscheibe Nr. 16 (45jährig) 597 Querscheibe Nr. 17 (27jährig) 597 Querscheibe Nr. 18 (28 jährig, stark exzentrisch) 599 Kurze Zusammenfassung der Beobachtungen, die an den aus West- Java stammenden Hölzern gemacht wurden 599 Resultate 600 Literatur -Verzeichnis 606 F. W. Neger und J. Fachs. Untersuchungen über den Nadelfall der Koniferen. Mit 22 Textfiguren 608 Einleitung 608 I. Kapitel. Die Mechanik des Nadelfalles der Koniferen 609 a) Allgemeine Betrachtungen über die Ursachen des Blattfalls überhaupt 609 ' b) Eigene Untersuchungen über den Nadelfall der Koniferen . . . . 616 1. Physiologische Ursachen des Nadelfalles 616 2. Die Anatomie des Nadelfalles 623 ot) Nadelfall der Taxaceen 623 ß) Nadelfall der Cupressaceen und Taxodiaceen 625 f) Nadelfall der Abietaceen 627 3. Die Vernarbung 642 Zusammenfassung des I. Kapitels 643 IL Kapitel. Die Frosttrocknis (oder Frostschütte) der Fichte (und anderer Nadelhölzer) 644 Eigene Versuche, die Frosttrocknis bei der Fichte künstlich zu erzeugen 646 1. Verdunstung der Triebe bei gefrorenem Boden 646 2. Versuche, die Frostschütte entsprechend der Mayr sehen Hypothese künstlich hervorzurufen 648 3. Tatsächliche Ursache der Frostschütte 649 Die Rotfärbung der Koniferennadeln 653 Literatur -Verzeichnis 658 Verzeichnis der Tafeln. Tafel I. Die Periplasniodiumbildung in den Äntheren der Commelinaceen und Ausblicke auf das Verhalten der Tapetenzellen bei den übrigen Monokotylen. G. Tischler. Tafel II. Die Internodientorsionen der Pflanzen mit dekussierter Blattstellung. Her- mann Sierp. Tafel III und IV. Amitosen von Kiesenkernen im Endosperm von Ranunculus aeer. P. N. Schürhoff. Alphabetisch nach den Namen der Yerfasser geordnetes Inhaltsverzeichnis. Seite Oustav Grassner. Über die keimungsauslösende Wirkung der Stickstoffsalze auf lichtempfindliche Samen 259 Fritz Groig'er. Anatomische Untersuchungen über die Jahresringbildung von Tec- tona grandis. Mit 28 Textfiguren 521 Walter Leouhardt. über das Verhalten von Sprossen bei Widerstand leistender Erdbedeckung. Mit 17 Textfiguren 91 Johauues Liuduer. über den Einfluß günstiger Temperatui-en auf gefrorene Schimmelpilze. (Zur Kenntnis der Kälteresistenz von Aspergillus niger.) Mit 10 Textabbildungen 1 F. W. Neger und J. Fuchs. Untersuchungen über den Nadelfall der Koniferen. Mit 22 Textfiguren . 608 W. Ruhlaud. Untersuchungen über die Hautdrüsen der Plumbaginaceen. Ein Beitrag zur Biologie der Halophyten. Mit 20 Textfiguren 409 Ernst Schilling', über hypertrophische und hyperplastische Gewebewucherungen an Sproßachsen, verursacht durch Paraffine. Mit 43 Textfiguren . . . . 177 P. N. Schürhoflf. Amitosen von Riesenkernen im Endosperm von Ranunculus acer. Mit Tafeln III und IV 499 Hermann Sierp. Die Intemodientorsionen der Pflanzen mit dekussierter Blatt- stellung. Mit Tafel II und 3 Textfiguren 343 G. Tischler. Die Periplasmodiumbildung in den Antheren der Commelinaceen und Ausblicke auf das Verhalten der Tapetenzellen bei den übrigen Mono- kotylen. Mit Tafel I uud 7 Textfiguren 53 JASEBtrCHEE für wissenschaftliche Botanik Begründet von Professor Dr. N. Pringsheim herausgegeben W. Pfeffer Professor an der Universität Leipzig Fünfundfünfzigster Band. Erstes Heft. Mit 1 lithographierten Tafel ond 34 Textfiguren. Leipzig Verlag von Gebrüder Borntraeger 1915 Alle Zusendungen für die Redaktion bittet man zu richten an Professor Pfeffer iu Leipzig (Botanisches Institut), — rom 1. Augnst bis 26. September nnr an Gebrüder Borntraeger in Berlin W 35, Schöneberger Ufer 12 a Inhalt des Yorliegenden Heftes. Seite Johauues Lindner. Über den Einfluß günstiger Temperaturen auf gefrorene Schimmelpilze. (Zur Kenntnis der Kälte- resistenz von Aspergillus niger.) Mit 10 Textabbildungen 1 0. Tischler. Die Periplasmodiumbildung in den Antheren der Commelinaceen und Ausblicke auf das Verhalten der Tapetenzellen bei den übrigen Monokotylen. Mit Tafel I und 7 Textfiguren 53 Walter Leonhardt. Über das Verhalten von Sprossen bei Widerstand leistender Erdbedeckung. Mit 17 Textfiguren 91 Ausgegeben im Januar 1915. Die Jahrbücher für wissenschaftliche Botanik erscheinen in zwanglosen Heften, von denen 4 — 6 einen Band bilden. Der Preis des Bandes beträgt für die Abonnenten ungefähr 35 Mk., sofern nicht eine ungewöhnhche Zahl von Tafeln eine Preiserhöhung notwendig macht. Beim Einzelverkauf erhöht sich der Preis um 25 Prozent. Das Honorar beträgt 30 Mk. für den Druckbogen. Bei Disser- tationen wird ein Honorar nicht gewährt. Den Autoren werden 30 Sonderabdrücke kostenfrei geliefert. Auf Wunsch wird bei rechtzeitiger Bestellung eine größere Anzahl von Sonderabzügen hergestellt und nach folgendem Tarif berechnet: für jedes Exemplar geheftet mit Umschlag für den Druck- bogen 10 Pfg., für jede schwarze Tafel einfachen Formats 5 Pfg., für jede schwarze Doppeltafel 7,5 Pfg. Bei farbigen Tafeln erhöhen sich obige Preise für jede Farbe um 3 Pfg. Ein besonderer Titel auf dem Umschlag, falls ein solcher ge- wünscht wird, 3 Mk. 50 Pfg. — Zusätze, Änderung der Paginierung usw. werden besonders berechnet. Diesem Heft liegen Prospekte der Verlagslbuchhandlnng: Gebrüder Borniraeger in Berlin ]bei. über den Einfluß günstiger Temperaturen auf gefrorene Schimmelpilze. (Zur Kenntnis der Kälteresistenz von Aspergillus niger.) Von Johannes Lindner. Mit 10 Textabbildungen. Einleitung. Jede Zelle ist in ihrer Lebensdauer begrenzt. Die Ursachen für das Absterben mögen nun innere sein, wie sie im Verlaufe dei Ontogenese selbstregulatorisch wirken, oder äußere, wie sie durch Einflüsse mechanischer oder chemischer Natur gegeben sind, jeden- falls tritt der Tod ein, wenn die Harmonie der Partialfunktionen des Plasmas zu weitgehend gestört wird (Pfeffer 1904, II, S. 282). In den meisten Fällen ist mit dem Absterben der Zelle eine auch mikroskopisch nachweisbare Desorganisation des protoplasmatischen Inhaltes verbunden, deren Verlauf zum Teil verfolgt werden konnte. Versuche haben ergeben, daß die Desorganisationserscheinungen in gleicher Weise eintreten, wenn die Zelle künstlich in ihrer Lebenstätigkeit beeinflußt wird, und daß das Resultat von der Dauer der Einwirkung der ungünstigen Bedingungen abhängt. Zu- gleich zeigen diese Beobachtungen, daß sich das Protoplasma ab- normen Außenbedingungen nur in gewissen Grenzen anpassen kann. Eingehende Untersuchungen über die Natur der Desorgani- sationserscheinungen der Zelle im allgemeinen stammen von Klemm (1895). Dieser Forscher unterschied folgende drei Typen der Des- organisation (1895, S. 691): Kollaps, Konfigurationsänderungen und Veränderungen im Innern des Protoplasmas. Der Kollaps des Protoplasten, das unregelmäßige Zurückweichen von der Zellwand, stets mit dem Schwinden des Turgors verbunden, ist das sicherste Zeichen des eingetretenen Todes und ist deshalb irreparabel (Klemm, 1895, S. 674). Andererseits ist der Eintritt des Kollaps ein Indizium Jnlirl) f. wiss. Botanik. LV. 1 2 Johannes Liudner, für eine allmähliche Wirkung und eine zunächst relativ geringere Schädlichkeit des Desorganisationsmittels, da dem Protoplasma noch für längere Zeit die Bewegungsmöglichkeit erhalten bleibt. — Anders verhält es sich bei den Konfigurationsänderungen, die durch verschiedene Agentien bewirkt werden. Es handelt sich hierbei nach Klemm um „Formumwälzungen, bei denen das Protoplasma nicht eine passive, sondern mehr aktive Rolle spielt (189.5, S. 676)". „Sie sind bis zu einem gewissen Grade Erfolge des plötzlichen Wechsels". Die Beispiele von Einwirkung höherer Temperaturen lehren aber, daß hierdurch hervorgerufene Deformationen sich viel- fach ausgleichen können. Der ursprüngliche Zustand wird aller- dings nur dann hergestellt, wenn die schädliche Temperatur nicht zu lange einwirkt (Klemm, S. 639). Dies gilt sowohl für hohe Wärmegrade, als auch für Temperaturen unter 0^. Endlich seien noch die Veränderungen im Innern des Protoplasmas erwähnt. Klemm faßt sie in zwei Gruppen zusammen (S. 681): Granu- lationen (Fällungserscheinungen) und Vakuolisierung (Lösungs- erscheinungen). Die Desorganisation ist demnach in erster Linie abhängig von der Schädlichkeit des Desorganisationsmittels, sowie von der Plötz- lichkeit und Dauer der Einwirkung. Der Zeitfaktor hat einen Hauptanteil am Endergebnis (Klemm, S. 694). Diese letzte Tat- sache ist deswegen von großer Bedeutung, weil sie uns zeigt, daß die Zelle nicht sofort den geänderten Lebensbedingungen zum Opfer fällt, sondern vielmehr die Fähigkeit besitzt, ungünstigen Einflüssen für bestimmste Zeiträume zu widerstehen. Solche Einflüsse sind ja in der Natur in mannigfacher Weise gegeben und werden von der pflanzlichen Zelle mit mehr oder weniger Erfolg ertragen. So ist dem Protoplasten u. a. ein gewisses Anpassungsvermögen an häufig eintretende Temperaturschwankungen eigen. Doch gilt dies nur für ein bestimmtes für jede Pflanze spezifisches Temperatur- intervall. Um der todbringenden Wirkung tieferer Temperaturen, wie sie z. B. die periodisch eintretende Winterkälte mit sich bringt, zu widerstehen, werden deshalb vielfach von Seiten der Pflanzen- zelle weitgehende Veränderungen im Protoplasma vorgenommen. Solche Veränderungen in den Zellen vieler pflanzlicher Gewebe beim Nahen der kälteren Jahreszeit sind aus zahlreichen Beob- achtungen bekannt. Ich erwähne hier die Arbeiten von Müller- Thurgau (1882), A. Fischer (1891) und Lidforss (1907). Lid- forss z. B. stellte fest (1907, S. 12—29), daß in den ca. 130 von über den Einfluß günstiger Temperaturen auf gefrorene Schimmelpilze. 3 ihm untersuchten Gefäßpflanzen eine Überführung der Stärke in Zucker stattfindet. Hierdurch wird die Konzentration des Zell- saftes und zugleich die osmotische Leistung erhöht (1907, S. 66 bis 68). Damit sollte der Pflanze zugleich ein Mittel gegeben sein, die Kälteresistenz zu steigern. Spätere Untersuchungen von Bar- tetzko (1910) und Maximow (1912) konnten diese Annahme zum Teil bestätigen. Genannte Forscher erreichten in der Tat eine Erhöhung der Kälteresistenz ihrer Versuchsobjekte, wenn sie diese verschiedenen Einflüssen aussetzten, die z. T. eine Turgorsteigerung in der Zelle zur Folge hatten. Sie wiesen aber zugleich nach, daß zwischen Erhöhung der osmotischen Leistung und der Er- höhung der Kälteresistenz kein einfaches Verhältnis besteht, son- dern daß die Resistenz bedeutend rascher wächst (Bartetzko, 1910, S. 74, Maximow, 1912, S. 57). Da in der Natur die Bildung und Ansammlung gewisser „Schutzstoffe", z. B. des Zuckers, gleichfalls die Kälteresistenz erhöhen kann, so ist es nicht zu verwundern, daß bei un- gleicher Verteilung solcher die Resistenz bedingenden Stoffe so- wohl der osmotische Wert, als auch die Kälteresistenz in den einzelnen Zellkomplexen eines pflanzlichen Organismus differieren kann. Hierin mag zuweilen auch der Grund dafür liegen, daß embryonales Gewebe vielfach kälteresistenter ist, als das ältere Gewebe. Apelt (1907, S. 249) machte diese Beobachtung an Kartoffeltrieben. Wir treffen hier den Fall, daß die Zellen der Gipfelteile der Triebe vor einer Schädigung durch Kälte bewahrt bleiben, während die basalen Teile der Triebe erfrieren. Ebenso konnte Irmacher (1912, S. 422) feststellen, daß bei den Laub- moosen einzelne z. T. embryonale Zellkomplexe eine größere Kälte- resistenz besitzen. Aber auch bei weniger differenzierten Organismen, bei den Algen und Pilzen, ist der Kältewiderstand der einzelnen Zellen verschieden. So beobachtete Bartetzko (1910, S. 86) in den älteren Mycelien des Aspergillus niger Zellen, die nach dem Gefrieren noch ihr normales Aussehen hatten. Weiter teilt Schu- macher (1875, S. 186) mit, daß jüngere, oft noch vakuolenfreie Hefezellen (Saccharomyces cerevisiae) nach dem Gefrieren leben bleiben und den Ausgangspunkt für neue Generationen bilden. Schließlich sei noch Wislouch ^) erwähnt, der bei der Alge /S'^ic/io- 1) Wislouch, Über das Ausfrieren der Alge Stiehococcus bacillaris. Keferiert im Zentralbl. f. Bakteriol., IL Abt., Bd. 30, S. 309. 1* 4 Johannes Lindner, coccus hacülaris kälteresistente Zellen fand, die nach dem Gefrieren lebensfähig blieben. Bei den eben angeführten Untersuchungen von Bartetzko galten das Nichteintreten der Plasmolyse und die Färbbarkeit des Protoplasten mit AniHnblau als Zeichen für den eingetretenen Tod, wenn er nicht schon durch den Kollaps des Zellinhaltes angezeigt war. Denn Kollaps ist ja nach Klemm ein untrügliches Zeichen für den mit dem Verluste des Turgors verbundenen Tod. Die- selbe Ansicht vertritt auch Schumacher (1875, S. 18«), der die gleichen Beobachtungen der Desorganisation an Hefezellen machte. Unter Berücksichtigung dieser übereinstimmenden Erfahrungen über den irreparablen Zustand der nach dem Gefrieren turgeszenz- losen Zelle mußte eine kurze Mitteilung von A. Richter (1910) betremden. Nach der Ansicht dieses Forschers ist das Nicht- eintreten der Plasmolyse und die Färbbarkeit des Zelhnhaltes im gefrorenen Äspergillus-Mjcel für den Kältetod der Zellen nicht das sichere Kriterium, das man bisher darin sah. Vielmehr sollen sich die Hyphen sofort nach dem Gefrieren nur in einem Schwäche- zustand befinden, aus dem sie durch optimale Temperatur befreit werden können. Es ginge demnach im gefrorenen Mycel die Grenze zwischen- Leben und Tod verloren. Wird das Mycel, das nach dem Auitauen färbbar ist und keine Plasmolyse zeigt — also die Turgeszenz verloren hat — , auf optimale Temperatur (-j- 30" C) ge- bracht, so lebe es wieder auf und wachse weiter. Zu dieser Folgerung wurde Richter durch die Beobachtung der Atmungs- intensität des Mycels nach der Kälteperiode veranlaßt. Die At- mung stieg in mäßig langer Zeit weit über die zuvor erreichte Größe. Die naheliegende Vermutung, daß dieser Erfolg auf Rech- nung eines sich neu entwickelnden Mycels zu setzen sei, wie es aus nachträgUch auskeimenden Sporen oder einzelnen überlebenden Zellen herstammen könnte, weist Richter zurück, da sich die At- mung schneller steigere, als dies allein durch Zuwachs von einigen Zellen aus geschehen könne. Sollte Richters Deutung seiner Ver- suchsergebuisse zutreffen, so dürften wir in der Tat in dem Ver- luste der Plasmolysierbarkeit, d. h. in dem Verluste des Turgors, einerseits und in der Färbbarkeit des Protoplasmas andererseits nicht mehr sichere Kriterien des „Todes" sehen; oder aber wir hätten es, „wenn die Unterbrechung der Lebensreaktion als physio- logischer Tod angesehen wird", „hier wie dort mit der Wieder- belebung eines toten organischen Substrates zu tun" (1910, S. 624). über den Einfluß günstiger Temperaturen auf gefrorene Schimmelpilze. 5 Richters Schlußfolgerungen, die eine gewisse Erweiterung unseres Vorstellungskreises über die Lebensvorgänge bedeuten würden, stehen nun aber im Widerspruch zu den Ergebnissen aller früheren Untersuchungen, und einige naheliegende Fehlerquellen scheinen, soweit dies aus der kurzen Mitteilung geschlossen werden kann, nicht genügend berücksichtigt worden zu sein, so daß seine Ausführungen keineswegs überzeugend wirken. Es war meine Aufgabe, zu versuchen, die sich hier darbieten- den Widersprüche aufzuklären und das Verhalten der Schimmel- pilze unter den in Rede stehenden Bedingungen einer Prüfung zu unterziehen. Zu diesem Zwecke beobachtete ich bei Schimmel- pilzen, besonders bei Aspergillus niger, doch auch bei einigen anderen Arten: 1. den Verlauf der Desorganisation in den Hyphen nach dem Gefrieren ; 2. den Einfluß der Temperatur auf die Desorganisations- erscheinungen; 3. den Verlauf der Atmung im Aspergillus -IS/Lycel vor und nach der Kälteperiode. I. Teil. Die Desorganisationsvorgänge im IVlycel von Aspergilltis nUjer nach dem Gefrieren. A. Methodik für die Beobachtimg der Desorganisation. Wenn die Wirkungen niedriger Temperaturen auf Pilzhyphen studiert werden sollten und besonders das Verhalten der Zellen bei nachfolgender Erwärmung, so mußte vor allem dafür gesorgt sein, daß in den Kulturen keine ungekeimteu Sporen vorhanden waren. Diese sind ja sehr kälteresistent, sie würden also nach dem Gefrieren in günstigen Temperaturbedingungen keimen und das ge- froren gewesene Mycel mit ihren neuen Hyphen durchwachsen. Aus dem gleichen Grunde mußte deshalb auch die Sporenbildung des Mycels verhindert werden. Dies läßt sich am besten erreichen, wenn das Mycel submers kultiviert wird oder in Luft von hohem Feuchtigkeitsgehalte. In beiden Fällen wird die Transpiration in den Hyphen aufgehoben oder wenigstens stark reduziert. Daß 6 Johannes Lindner, diese Bedingungen zu rein vegetativem Wachstum führen, hat Klebs (1900) bei verschiedenen Pilzen nachgewiesen. Die Methode der Submerskultur, die schon aus dem angeführten Grunde als die gegebene erschien, war noch mit dem weiteren Vorteil verknüpft, daß das entstehende strahlige Mycel eine sorgfältige mikroskopische Durchmusterung bedeutend erleichterte. Um der zuerst genannten Bedingung — der völligen Abwesen- heit von ungekeiraten Sporen in den Kulturen beim Beginn der Versuche — gerecht zu werden, hätte ich zu einer Isolierungs- methode für Sporen greifen können, wie sie z. B. durch Burri (Tuscheverfahren, Jena 1909) bekannt ist. Nun brauchte ich aber für jede Versuchsreihe eine große Anzahl Kulturen (30 — 35) von möglichst gleichem Alter, deren Herstellung nach der genannten Methode übermäßig viel Zeit und Greduld gekostet hätte. Da es zudem ja nicht darauf ankam, daß nur eine Spore der Ausgangs- punkt des Mycels wurde, als vielmehr darauf, daß alle in die Kulturflüssigkeit gebrachten Sporen auch wirklich auskeimten, entschloß ich mich zu einer einfacheren Methode, bei der ich nur zu kontrollieren brauchte, daß die wenigen Sporen, die ich in die Kulturröhrchen impfte, Keimschläuche gebildet hatten. Damit war die Anwesenheit ungekeimter, aber keimfähiger Sporen nach dem Gefrieren ausgeschlossen. In Probierröhrchen, die Sproz. Gelatinenährlösung enthielten, impfte ich Sporen von Aspergillus niger, verteilte sie durch Schüt- teln gleichmäßig und ließ sie bei -|- 22 — 25" C während 12 bis 15 Stunden keimen. Die Gelatine blieb bei dieser Temperatur dickflüssig und verhütete, daß die Sporen aneinander hafteten, wie es in wässeriger Nährlösung der Fall war. Mit einer sterilen Kapillare verteilte ich nun von dieser Sporenaufschüttelung kleine Tropfen auf sterile Deckglasstückchen und untersuchte mikrosko- pisch (ohne Deckglas), ob alle Sporen Keimschläuche gebildet hatten. Waren die (6 — 10) Sporen sämthch ausgekeimt, so wurde der Deckglassplitter in ein Röhrchen mit 3 ccm Nährlösung^) ge- 1) Nährlösung (vgl. Bartetzko, 1910, S. 61): 4 g NH.NOg 2 g KHj PO^ 0,2 g MgSO^ 0,1 g CaCl, 1 Tropfen öproz. Fe CI3- Lösung 50 g Rohrzucker 1000 ccm destill. Wasser. über den Einfluß günstiger Temperaturen auf gefrorene Schimmelpilze. 7 bracht. Während der kurzen Dauer der mikroskopischen Durch- musterung erhöhte sich durch Verdunstung die Konsistenz des kleinen Gelatinetropfens, wodurch ein Haften der Sporen an dem Deckglasstückchen erreicht und damit eine submerse Entwicklung gesichert wurde. Unter den nötigen Vorsichtsmaßregeln war eine Bakterieninfektion ausgeschaltet. Nach Verlauf einer bestimmten Zeit, während der sich bei -|"32"C ein Mycel entwickelt hatte, wurden die Kulturen der Kälte ausgesetzt. Als Gefrierraum diente die gleiche Anordnung, wie sie bei Bartetzko (1910, S. 61) und A. "Winkler (1913, S. 469) beschrieben ist: In einen durch Heu nach außen isolierten Kupferkessel wurden zylindrische Messing- gefäße gesetzt, die dann mit Kältemischung umgeben wurden (Eis -|- NaCl). Die Röhrchen mit den Kulturen waren in den Messinggefäßen an einer durchlöcherten Korkplatte befestigt. Durch die Öffnung des Gefäßdeckels ragte ein Thermometer, dessen Skala sich außerhalb des Deckels befand (Skaleneinteilung -|-5*^ bis — 30° C), fast bis auf den Boden des Gefäßes. Hatte die Temperatur — 10" C erreicht — dies geschah innerhalb 1 bis IV2 Stunde — dann wurden die Röhrchen mit Eiskristallen von steriler Nährlösung geimpft, um Unterkühlung zu vermeiden und um den gleichzeitigen Eintritt der Eisbildung in allen Kulturen zu erreichen. Die Temperatur im Gefrierraume schwankte innerhalb 24 Stunden im allgemeinen nur um 1 — 1,5°. In den Tabellen ist die Endtemperatur in Klammern angegeben, wenn die Temperatur- steigerung größer als 1,5" war. Nach der Gefrierperiode wurden die Kulturen durch Ein- tauchen der Röhrchen in lauwarmes Wasser schnell aufgetaut (innerhalb 5 — 10 Minuten). Bei den Färbeversuchen zur Entschei- dung über den Zustand des Mycels wurde Anilinblau (1 : 1000) in Nährlösung verwendet. Bei vorsichtigem Ausgießen der auf- getauten Nährlösung mit dem Mycel und bei nötiger Vorsicht beim Übertragen in die Farblösung ließ sich eine Verletzung des Objektes vermeiden. — Zur mikroskopischen Untersuchung benutzte ich eine Wasserimmersion. Q. Johannes Lindner, B. Beobachtung der Desorganisation im Aspergillus -Mjcel nach Einwirkung' von Kälte. I, Verlauf der Desorganisation in submersen Mycelien bei Eisbildung. Für die erste Versuchsreihe wurden 24 Stunden alte Mycelien von Aspergillus niger verwendet, die sich in der Nährlösung (S. 6, Anm.) submers entwickelt hatten und zwar bei -\- 32*^. Diese Ob- jekte wurden verschieden lange der Kälte ausgesetzt. Tabelle I enthält die Beobachtungen an 24 Stunden alten Kulturen, die bei — 10 bis — 12*^0 gefroren waren. Nach 3 stündiger Gefrierdauer ist sofort nach dem Auftauen in den Hyphen noch keine sichtbare Desorganisation eingetreten. Nur die Spitzenzellen sind färbbar und lassen sich nicht plasmo- lysieren. In den älteren Zellen ist dagegen noch Plasmolyse möglich. Eine Gefrierzeit von 6 Stunden hat schon größere Verände- rungen, im Protoplasma zur Folge. In vielen Zellen ist der Inhalt stark körnig, die Vakuolen sind geschwunden. Nur in ungefähr 2 Vo aller Zellen besitzt der Protoplast noch die normale Struktur. Die dritte Serie von Kulturen war der tiefen Temperatur 12 Stunden ausgesetzt. Nach dem Auftauen zeigt sich, daß der Protoplast sich in den Spitzenzellen von der Wand losgelöst hat, in angrenzenden Zellen ist der Inhalt zusammengeballt. Bis auf wenige Zellen sind alle mit Anilinblau färbbar. Die ungefärbten, ca. 2 Vor haben noch Vakuolen im Plasma und lassen sich mit 10 — 12 Vo KNO3 -Lösung plasmolysieren. Auch in den Mycelien von Aspergillus niger, die 24 Stunden in der Kälte gehalten wurden, spielen sich die gleichen Desorgani- sationsvorgänge ab. Es ist verständlich, daß die Zahl der Zellen mit anscheinend unveränderter Struktur sich vermindert hatte und auch diese wenigen müssen schon eine tiefgreifende Schädigung erfahren haben, da sie sich nicht mehr plasmolysieren lassen. Es treten also nach diesen Beobachtungen schon während der Kältewirkung Veränderungen in der Struktur des protoplasmatischeu Inhaltes auf, aber nicht in allen Zellen. Die Desorganisation ver- läuft in den einzelnen Zellen nicht mit gleicher Schnelligkeit. Wir beobachten gleich nach dem Auftauen sowohl Zellen mit kolla- biertem Plasma, als auch solche, in denen die Desorganisation be- über den Einfluß günstiger Temperaturen auf gefrorene Scliiniinelpilze. Tabelle I (Aspergillus niger). Alter Gefrier- tenipe- ratur »C Dauer des Ge- frierens Weiter kultiviert Ergebnis der Beobachtungen Kultur Tempe- ratur »C Zeit- dauer 24 Std. — — - — Kontrollkultur: Plasma homogen, ältere Zellen mit großen Vakuolen. 24 Std. 71 — 12° 11 11 S Std. 11 + 20« + 32» sofort unter- sucht 20 Std. n Zellen mit etwas körnigem Plasma, noch nicht auffallend desorganisiert. Endzellen der Hyphen sind färbbar'). Nur in den Basalzellen ist Plasmolyse möglich bei 1 2 — 1 5°/o KNO3 ; Basalzellen nichtfärbbar. 5 7n 'ler Zellen mit homogenem Plasma und Vakuolen, nicht färbbar! Diese haben neue Hyphen gebildet. Alle anderen Zellen gefärbt'). Inhalt desorganisiert, teils körnig, teils kollabiert. Desorganisation ausgeprägter, als bei vorher- gehendem Versuche. Nur wenige nicht färbbare Zellen mit neugebildeten Hyphen. 24 Std. n n 11 6 Std. n + 20° + 32° sofort unter- sucht 20 Std. n Zellen mit stark deformiertem Inhalt! Nur ca. 2 % aller Zellen enthalten kleine Va- kuolen, sind nicht färbbar') und lassen sich plasmolysieren. Nur wenige ungefärbte Zellen, alle anderen mit kollabiertem Inhalte! Einzelne nicht färbbare Zellen haben neue Hyphen ge- bildet. Alle Zellen desorganisiert! 24 Std. 11 - 11« 11 11 12 Std. n + 20» + 32« sofort unter- sucht 14 Std. 11 Plama der Zellen durchweg körnig, beson- ders in den Spitzenzellen zusammengeballt. Einige Zellen, oft 3 — 4 aneinander, be- sitzen noch Vakuolen im Plasma, Plasmo- lyse bei 10—12 7o KNO3. Alle Zellen desorganisiert, mit Anilinblau färbbar! Keine neuen Hyphen gebildet! Desorganisation in allen Zellen eingetreten. Plasma färbbar'). — Ausnahmefall (grö- ßere Kultur): Mycel mit geringem Zu- wachs neuer Hyphen. 24 Std. 11 - 10,5" 11 24 Std. 11 + 20° + 32" sofort unter- sucht 24 Std. 11 Mycel färbbar, teils mit kollabiertem Plasma, teils noch mit gleichmäßig verteiltem In- halte und Vakuolen, aber auch färbbar (beginnende Desorganisation!) Keine Plas- molyse möglich!! Vereinzelte Zellen noch mit Vakuolen, ohne Sprossung neuer Hyphen, alle anderen sichtlich desorganisiert. Desorganisation in allen Zellen eingetreten! 1) „Pärbbar" und „nicht färbbar" bezieht sich stets auf Anilinblau. \Q Johannes Lindner, ginnt, ferner solche, denen eine Schädigung zwar mikroskopisch nicht anzusehen ist, die aber nicht mehr plasmolysierbar sind, und endlich einzelne, die sich noch plasmolysieren lassen und deren Struktur ganz normales Aussehen besitzt. Das besagt allerdings nicht, daß sie die Kälteperiode völlig unversehrt überstanden haben; jedenfalls sind aber die erfahrenen Schädigungen weitaus geringer, als in den übrigen Zellen. Während diese abgestorben sind, zeigen jene noch wesentlich Anzeigen vorhandenen Lebens. Welche Wirkung hat nun günstige Temperatur auf den weiteren Verlauf der Desorganisation in den einzelnen Zellen? Nach gleicher Methode behandelte Kulturen wurden nach dem Auftauen einige Zeit bei + 20" C und z. T. bei + 32»^ C belassen und dann in derselben Weise auf die Desorganisation untersucht. Wie aus Tabelle I (S. 9) hervorgeht, ist die Desorganisation nach dem Verweilen in hoher Temperatur fortgeschritten. Das Plasma ist in allen denjenigen Zellen, die bei früheren Versuchen sofort nach der Kälteperiode abgestorben waren, auch jetzt kolla- biert und mit Anilinblau färbbar. Je nach der vorhergegangenen Gefrierdauer ist die Deformation auch in den übrigen Zellen mehr oder weniger beträchthch. Außerdem tritt die Desorganisation in den Zellen der bei -|- 32° C weiter kultivierten Mycelien etwas schneller ein als in den bei -j- ^^"^ C gehaltenen Kulturen. Dies ist ein beachtenswerter Punkt, da beim Zutreffen der Richterschen Angaben gerade das Umgekehrte der Fall sein müßte. Von den Zellen, die unmittelbar nach dem Auftauen noch Lebensäußerungen zeigten, ist ein Teil ebenfalls abgestorben, der andere hingegen am Leben geblieben und zu neuen Hyphen. aus- gewachsen. Diese resistenten Zellen des Mycels sollen künftig kurz als „Dauerzellen" bezeichnet werden. Leichtere Schädigungen, die sie eventl. während der Kälteperiode erlitten, gleichen sie aus. Über ihr Verhalten wird im Abschnitt C ausführlicher berichtet werden, hier sei nur die ganz verständliche Beobachtung erwähnt, daß der Zuwachs von Neumycel bei einer Temperatur von -|- 32'' C reichlicher ist als bei -|- 20° C. Schließlich sei noch darauf hin- gewiesen, daß die Desorganisation in den Spitzenzellen weit allge- meiner ist als bei älteren Mycelteilen, auf die die Dauerzellen allein beschränkt sind. Versuche mit älteren (48 Stunden alten) Mycelien von Asper- gillus 7iiger ergaben, daß mit zunehmendem Alter die Zahl der resistenten Zellen größer wird. Die Versuchsanordnung, Grefrier- über den Einfluß günstiger Temperaturen auf gefrorene Schimmelpilze. 11 ^ Tabelle II (Aspergillus niger). Alter der Kultur Gefrier- tempe- ratur »C Dauer des Ge- frierens Weiter kultiviert Ergebnis der Beobachtungen Tempe- ratur «C Zeit- dauer 48 Std. — - — — Kontroll kultur: Plasma der Zellen homo- gen, ältere Zellen mit großen Vakuolen, Plasmolyse bei 12 — 15 7o KNOj. 48 Std. n n — 12° n 11 i% Std. 11 + 20» + 32» sofort unter- sucht 20 Std. 11 Schädigung gering, 757i) aller Zellen besitzen noch Vakuolen und sind plasmolysierbar und nicht färbbar')- Kesistente Zellen vorhanden, ca. 10°/,,, ein- zelne haben während dieser 20 Stunden neue Hyphen gebildet. Resistente Zellen mit neugebildeten Hyphen, Plasmolyse bei 15 % KNO3. Desorgani- sation in den übrigen Zellen fortgeschritten. 48 Std. n — 12» n n 7 Std. 11 + 20» + 32» sofort unter- sucht 40 Std. Zellen, oft 2 — 8 zusammenhängend, ca. 107oi mit nicht färbbarem'), teils körnigem Plasma, Plasmolyse bei I570KNO3. Die übrigen Zellen besitzen desorganisierten Inhalt, sind färbbar, in einzelnen oft noch kleine Vakuolen. Desorganisation in den erfrorenen Zellen die gleiche, geringer Zuwachs aus einzelnen resistenten Zellen, vgl. Fig. 2, S. 23. Desorganisation in den geschädigten Zellen nicht ausgeglichen, Zahl der neugebildeten Hyphenzellen mit großen Vakuolen be- trächtlich! 48 Std. n -11» 11 17 Std. 11 n + 20» + 32» sofort unter- sucht 26 Std. 30 Std. Desorganisation der Spitzenzellen deutlich, Zellen gefärbt'), nur ca. 5 7» aller Zellen haben noch Vakuolen im Plasma, dieses körnig. Plasmolyse bei 12— 15 7o KNO3. Geringer Zuwachs neuer Hyphen, die Des- organisation in allen übrigen ist die gleiche. Zuwachs größer als im vorhergehenden Ver- suche, im übrigen ist der Zustand des Mycels derselbe. 48 Std. -11« n 11 24 Std. n n + 20» + 32» sofort unter- sucht 30 Std. 11 Bis auf wenige Zellen sind alle färbbar, teils desorganisiert, teils noch mit Vakuolen versehen (diese im Schwinden begriffen!). Die wenigen lebend aussehenden Zellen sind plasmolysierbar. Desorganisation fortgeschritten, selten lebende Zellen mit neuen Hyphen! Desorganisation in allen Zellen eingetreten, bis auf zählbare Mengen überlebender, diese mit neuen seitlichen Hyphen. 1) „Färbbar" und „nicht farbbar" bezieht sich stets auf Anilinblau. \2 Johannes Lindner, Zeiten und Temperaturen sind annähernd die gleichen wie bei den vorhergehenden Versuchen. Die in Tabelle II mitgeteilten Ergeb- nisse können also mit den früheren verglichen werden. Sofort nach dem Auftauen der Kulturen ist der Zustand der Zellen der gleiche, wie bei den jüngeren Mycelien: viele Zellen haben das Aussehen lebender und lassen sich auch plasmolysieren. Die Desorganisation schreitet auch bei -|- 20** und + 32" C in der beobachteten Weise fort. Es ist aber bemerkenswert, daß die Zahl der überlebenden Zellen relativ größer ist, als in den 24 Stunden alten Kulturen, und daß auch nach langer Gefrierdauer noch Zellen beobachtet werden können, die noch lebensfähig erscheinen. Wäh- rend z. B. nach Tabelle I (S. 9) in einem 24 Stunden alten Mycel von ÄspergiUns iiiger nach 3 stündiger Gefrierdauer die Desorgani- sation schließlich in 95 ^lo aller Zellen eintritt, sind in einer 48 Stun- den alten Kultur unter ähnlichen Bedingungen noch ca. 10 **/o turges- zente Zellen vorhanden. Selbst eine 24 stündige Einwirkung niedriger Temperatur halten einige Zellen im Mycel aus, während in den jüngeren (24 Stunden alten) Kulturen schon nach 6 Stunden Gefrier- dauer selten lebende Zellen zu finden sind. Wenn wir berücksichtigen, daß in vielen Zellen die sichtbare Desorganisation erst nach dem Erwärmen eintritt, so liegt die Ver- mutung nahe, diesen Fortgang der Desorganisation als Effekt des plötzlichen Temperaturwechsels von — 1 2 " C auf -f- 20 ° oder -f- 32 ° C anzusehen. Demnach wäre denkbar, daß nach dem Gefrieren ein vorübergehender Aufenthalt der Kulturen im Eisschranke {-\- A^ C), also ein allmählicher Übergang zu hoher Temperatur vorteilhaft ist, so daß möglicherweise der Fortgang der Desorganisation ver- zögert, wenn nicht gar in einzelnen Zellen verhütet wird. Tabelle III enthält das Ergebnis der Versuche, die auf Grund dieser Erwägung angestellt wurden. Die Desorganisation schreitet in den Zellen in gleicher Weise fort, ja die Zahl der scheinbar nicht geschädigten Zellen verringert sich sogar. Viele der Zellen, die, entsprechend früheren Erfahrungen, nach einem Aufenthalte bei 4-32** C noch Vakuolen und gleichmäßig verteiltes Plasma be- saßen, sind unter den jetzigen Versuchsbedingungen abgestorben. Daraus folgt also, daß in einigen Zellen, die unmittelbar nach dem Gefrieren noch deutliche Kriterien des Lebens zeigen, die Des- organisation verhindert werden kann, wenn die Mycelien sofort nach der Kältewirkung in günstige Temperaturbedingungen gebracht werden. Bereits auf S. 10 wurde daraufhingewiesen, daß auch die über den Einfluß günstiger Temperaturen auf gefrorene Schimmelpilze. 13 Tabelle III (Aspergillus niger). Dauer Weiter Alter Gefrier- des kultiviert der Kultur tempe- ratur Ergebnis der Beobachtungen Ge- Tempe- ratur Zeit- frierens dauer «C «C 48 Std. — 10" 2V2Std. sofort unter- sucht Schädigung gering. Zwischen Zellen, die färbbar') sind, liegen viele ungefärbte') mit großen Vakuolen. Die Spitzenzellen haben noch intaktes Ausselien, sind aber färbbar. )) ■n " + 4" 20 Std. Desorganisation noch nicht deutlich! Plasma teilweise stark körnig, viele resistente Zellen vorhanden! " " " + 4« C8 Std. Viele Zellen mit Vakuolen vorhanden, nicht färbbar'), Desorganisation in manchen Zellen auffallend. 1) n )) + 4« 44 Std Zwischen den desorganisierten Zellen liegen hierauf lebensfähige, die ein neues Mycel geliefert + 32" 24 Std. haben. 48 Std. — 10° 6 Std. — sofort unter- sucht Beginn der Desorganisation. Viele Zellen fävbbar; einzelne ungefärbte Zellen mit Vakuolen im Plasma. )) )7 11 + 4» 17 Std. Besonders die Spitzenzellen sind desorgani- siert und färbbar '). Einige mittlere Zellen der Hyphen haben noch Vakuolen. — In unterkühlter Kultur: Beginn der Des- organisation. n « n + 4" 40 Std. Alle Zellen desorganisiert, ganz selten ist eine scheinbar lebende Zelle zu beobachten. n n 11 + 4" 40 Std. Kulturen abgestorben, nur in einem Mycel hierauf lassen sich neue Hyphen beobachten. + 32" 24 Std. 48 Std. — 10" 22 Std. — sofort unter- sucht Deformation in vielen Zellen ausgeprägt, diese Zellen färbbar'). n n 11 + 4" 24 Std. Plasma in den meisten Zellen kollabiert, einige wenige Zellen mit etwas körnigem Plasma sind anscheinend lebend. 1! n 71 + 4° 48 Std. Alle Zellen tot, Mycel färbbar. • Hierauf in + 32°C: kein Zuwachs. 1) n 11 + 4" 24 Std. Geringer Zuwachs, Ursprung der neuen hierauf Hyphen nicht sichtbar, jedenfalls nur von + 32" 24 Std. wenigen Zellen ausgehend. 48 Std. -11" 48 Std. — sofort Die Desorganisation (Kollaps des Proto- (-9") unter- sucht plasten) ist in allen Zellen eingetreten, Hyphen färbbar'). „ )) 11 + 4" 24 Std. Dasselbe. I) n n + 4° 24 Std. Dasselbe. hierauf + 82" 24 Std. 1) „Pärbbar" und „nicht färhbar" bezieht sich stets auf Anilinblau. ]^^ Johannes Lindner, scheinbar unveränderten und plasmolysierbaren Zellen möglicher- weise eine Schädigung erfahren haben, da ja geringere Schädi- gungen sich dem direkten Nachweise mit unseren Hilfsmitteln ent- ziehen. Hier zeigt sich nun, daß solche Schädigungen in der Tat vorliegen müssen: unter nachfolgenden günstigen Bedingungen wer- den sie überwunden, unter weniger günstigen haben sie den Tod zur Folge. Man kann diese Zellen also als „geschwächt" bezeichnen, da sie nur unter günstigen Temperaturbedingungen leben bleiben. In diesem Sinne kann ich mich Richters Angaben anschließen, wonach Aspergillus -Zellen unter Umständen aus dem Schwäche- zustande durch günstige Temperatur gerettet werden können. Der Unterschied aber zwischen der Auffassung dieses Forschers und meinen Beobachtungen besteht darin, daß nach Richter der Schwächezustand in allen Zellen vorhanden ist und gehoben werden kann, während aus meinen Ergebnissen feststeht, daß nur einzelne Zellen durch hohe Temperatur günstig beeinflußt werden können und zwar nur solche, die man unmittelbar nach dem Auftauen als lebend bezeichnen muß. Dagegen lassen sich stärkere Konfigurations- änderungen, wie sie in der Mehrzahl der Zellen eingetreten sind, besonders der Kollaps unter keinen Umständen ausgleichen. Des- halb ist auch für diese Kategorien von Zellen die Bezeichnung „geschwächt" nicht am Platze. In der sichtbaren Veränderung ihrer Struktur, bedingt durch das Schwinden des Turgors, ist viel- mehr mit Klemm (1895, S. 624) ein untrügliches Zeichen des ein- getretenen Todes zu sehen. II. Verlauf der Desorganisation in submersen Mycelien von Aspergillus niger bei Vermeidung der Eisbildung. Bartetzko (1910, S. 64-67) kam bei seinen Untersuchungen zu dem Ergebnis, daß Schimmelpilze nach längerer Kältewirkung auch in unterkühlter Kulturflüssigkeit absterben. Für die vorliegenden Untersuchungen war nun folgende Frage von Bedeutung: Lassen sich in den Aspergillus-Mycelien auch nach Unterkühlung die gleichen Desorganisationserscheinungen beob- achten, wie nach Einwirkung von Kälte bei Eisbildung, und sind hier diese Desorganisationsvorgänge reparabel? Um einen Vergleich mit den im vorigen Abschnitte geschilderten Ergebnissen zu ermöglichen, mußte ich annähernd die gleiche Tem- peratur für die Kälteperiode der Kulturen wählen. Die oben ge- über den Einfluß günstiger Temperaturen auf gefrorene Schimmelpilze. 15 stellte Frage konnte aber deswegen nicht eingehend behandelt werden, weil es trotz aller Vorsicht (Vermeidung jeder Erschütte- rung usw.) nicht immer gelang, die Kulturen unterkühlt zu erhalten. Meist trat während der Temperaturerniedrigung auf — 12'' bis — 14*^ C Eisbildung in der Nährlösung ein. So blieben z. B. bei einer Versuchsreihe von 36 Kulturen nur 5 unterkühlt. Ich muß mich deshalb darauf beschränken, einzelne typische Beobachtungen zu schildern. 48 Stunden alte Aspergillus -Kulturen waren während 8 Stunden bei — 13'^ C unterkühlt geblieben. Unmittelbar nach der Einwir- kung der Kälte war das Mycel mit Anilinblau noch nicht färbbar, in manchen Zellen aber hatte das Plasma eine körnige Struktur angenommen. Die meisten Zellen besaßen noch Vakuolen und ließen sich plasmolysieren. Nur in einigen Spitzenzellen war keine Plasmolyse möglich. Einige Kulturen wurden nach dieser Untersuchung während 15 Stunden bei -|-32"C gehalten. Viele Zellen besaßen dann kollabiertes Plasma, oft waren aber nur die Vakuolen geschwunden. Einzelne lebende Zellen hatten an mehreren Stellen kräftige Hyphen ausgetrieben. Eine andere Kultur war 24 Stunden lang bei — ll*' C unter- kühlt erhalten und wurde dann 48 Stunden bei -1- 32 '^ C weiter kultiviert: Der Kollaps des Protoplasten trat in vielen Zellen, be- sonders in den Spitzenzellen ein, einige ältere Zellen waren noch lebensfähig und hatten seitlich Hyphen gebildet. Schon diese Beobachtungen zeigen, daß in den Aspergillus- Zellen nach Einwirkung niedriger Temperatur bei Vermeidung der Eisbildung die gleichen Desorganisationserscheinungen Platz greifen, wie sie aus den vorhergehenden Versuchen bekannt sind. Wir beobachten sowohl eine Granulation des Protoplasmas, als auch das Zurückweichen des Protoplasmas von der Zellwand. Die Des- organisationserscheinungen treten allerdings meist erst nach dem Wiedererwärmen der Kultur ein, während sie unter der Wirkung gefrorener Nährlösung teilweise direkt nach dem Auftauen sichtbar werden. Auch nach Unterkühlung sind die eingetretenen Konfigura- tionsänderungen des Protoplasten nicht durch günstige Temperatur ausgleichbar. Im Anschluß an die Beobachtungen über den Kältetod bei Unterkühlung möchte ich eine Behauptung Maximows nicht un- widersprochen lassen. Er sagt (1912, S. 504): „Man kann jetzt IQ Johannes Lindner, für sichergestellt halten, daß die Eisbildung für den Kältetod un- bedingt notwendig ist und daß die Zelle ohne Schaden die stärkste Unterkühlung ertragen kann." Diese Behauptung gilt höchstens unter der Voraussetzung einer kurzen Kälteperiode für bestimmte Objekte. Nur in diesem Sinne dürften auch Voigtländers Resul- tate zu verstehen sein. Nach seiner Tabelle VIII (1909, S. 377) sind seine Versuchsobjekte selbst nach einer Unterkühlung von 5 — 70 C unter den Erfiierpunkt (Eistodespunkt) lebend. Die An- gaben über die Dauer der Abkühlung fehlen, aber aus der Be- merkung, daß die Objekte nur bis zur Maximalabkühlung niedriger Temperatur ausgesetzt waren, um dann wieder erwärmt zu werden, ist zu schließen, daß die Versuche ungefähr 2 Stunden währten. Der Lebenszustand der Zellen wurde von Voigtländer (S. 376) zwar gleich nach dem Auftauen kontrolliert, aber das weitere Ver- halten der Zellen nicht mehr verfolgt. Nun wissen wir aus meinen Beobachtungen an Aspergillus niger, daß Zellen, die unmittelbar nach dem Auftauen noch deutliche Lebensreaktion geben, trotzdem so weit geschädigt sein können, daß über kurz oder lang ihr Tod erfolgt. Zu vermuten ist, daß es sich bei Voigtländer um ähn- liche Erscheinungen handelte. Einige Forscher unterscheiden in dem schnellen und langsamen Absterben nach der Abkühlung zwei Todesarten. Apelt (1909, S. 219) z. B. bezeichnet in Anlehnung an Mez diese beiden Todes- ursachen als „Tod durch Kälte" und „Tod infolge Kälte". „In letzterem Falle wäre die erreichte tiefe Temperatur nicht als eine direkte Todesursache, sondern als Ursache einer zum Tode führen- den Krankheit anzusehen." — Voigtländer nennt nur das sofortige Absterben „typischen Kältetod" und meint, daß dieser Tod nur bei Eisbildung möglich sei. Die übermäßige Betonung dieses Unterschiedes hat dazu ge- führt, daß von einzelnen Forschern bei der theoretischen Betrach- tung des Erfriertodes nur das sofortige Absterben durch Kälte diskutiert wird. Da nun Pflanzen durch subminimale Abkühlung ohne Eisbildung häufig erst nach der Kältewirkung absterben, so gehört der Tod durch Unterkühlung nach dem Sprachgebrauche dieser Forscher in das Kapitel der Krankheitserscheinungen, des „Erkältungstodes", und wird deshalb bei theoretischen Erörterungen nicht berücksichtigt. Nur durch solches Vo( gehen war es möghch, eine „Wasserentziehungs-Theorie" des Erfrierens als einzige Lösung des Problems hinzustellen (MüUer-Thurgau, 1886) und sie einseitig über den Einfluß günstiger Temperaturen auf gefrorene Schimmelpilze. 17 ZU vertreten (Maximow, 1914). Aber für die Theorie des Erfrie- rens ist doch auch die Tatsache wichtig, daß z. B. Pflanzen süd- licher Klimate bei Temperaturen über dem Eispunkte absterben (Molisch, 1896, S. 82 — 85), und schließlich beweist die Empfind- lichiieit der thermophilen Bakterien und Pilze gegenüber Tempera- turen weit oberhalb des Nullpunktes, daß ein schnelles Absterben, also ein typischer Kältetod im Sinne Voigtländers, auch ohne Eisbildung möglich ist (Noack, 1912). Wenn einzelne Autoren auf die „direkte" Todesursache durch Eisbildung soviel Wert legen, so scheint mir darin eine Verken- nung der wesentlichen und unwesentlichen Faktoren zu liegen. Zweifellos ist in der Eisbildung beim Kältetode der Pflanzen ein beschleunigendes oder auch in bestimmten Fällen das entscheidende Moment zu sehen. Jedoch kann die Tötung — wie beim Unter- kühlungstode — bewirkt werden durch die infolge der niederen Temperatur hervorgerufenen Störungen im Ablauf der vitalen Pro- zesse. An dieser Auffassung wird auch nichts durch die Möglich- keit geändert, daß unter Umständen bei bestimmten Objekten eine Kältewirkung allein noch nicht zur vollständigen Sistierung der Lebensprozesse führt und daß erst die Bisbildung die Schädi- gung über die Grenze der Reversibilität hinaus steigert. Aus den Erörterungen in den vorhergehenden Absätzen ergibt sich nun eine Regel für die praktische Durchführung von Versuchen über die Kälteresistenz. Um nicht zu falscher Vorstellung von der Widerstandsfähigkeit einer Pflanze gegen Kälte zu gelangen, ist es notwendig, auch in einem gewissen Zeiträume nach der Kälteperiode nochmals zu unter- suchen, ob die Zellen leben oder nicht. III. Beobachtung der Desorganisation in Lufthyphen von Aspergillus niger. Bei den bisher ausgeführten Versuchen handelte es sich stets um ein untergetaucht kultiviertes Aspergillus -}Ajce\. Da nun die Lufthyphen in teilweise anderen Bedingungen leben als die unter- getaucht wachsenden Zellen, so war festzustellen, ob die Lufthyphen eventl. einen anderen Resistenzgrad besitzen. Auch der Verlauf der Desorganisation mußte verfolgt werden. Das Mycel von Aspergillus niger wurde auf erstarrter Gelatine kultiviert, welche die genannten Nährstoffe in gleichen Mengen Jahrb. f. wiss. Botanik. LV. 2 18 Johannes Lindner, (vgl. S. 6 Anm.) enthielt, wie die Nährlösung. Die Gelatine- Nährböden befanden sich auf Objektträgern in sterilen Petrischalen. Auf jedem Objektträger wurde ein großer Tropfen 7proz, Nähr- gelatine breitgegossen und auf diese Gelatineschicht ein kleiner Tropfen 3proz. Nährgelatine mit ausgekeimten Sporen gebracht. Die Mycelien entwickelten sich nun in den Petrischalen unter feuchter Glocke bei -|- 32" C und bildeten während ca. 20 Stunden feine Lufthyphen und ein Strahlenmycel in der Gelatine. Schon nach diesen 20 Stunden zeigten sich an einigen Mycelien Anfänge der Konidienbildung, die Kulturen mußten also spätestens in diesem Stadium der Kältewirkung ausgesetzt werden. Die Petrischalen mit den Kulturen kamen in den Gefriergefäßen in eine Temperatur von ca. — IS" C. Nach dem Gefrieren und Wiedererwärmen beobachtete ich die Kulturen mikroskopisch ohne Deckglas (Objektiv V Seibert), da die für eine genaue Beobachtung notwendige gleichmäßige Be- netzung dieses sammetartigen Mycels nicht gut möglich war. Wenn auch diese Methode Nachteile hat, so ließen sich doch Zusammen- ballungen des Inhaltes der Lufthyphen, wie sie auch zur Kontrolle bei Kulturen unter Deckglas beobachtet wurden, deutlich wahr- nehmen. Zugleich war es möglich, die Lufthyphen von den Sub- merszellen in der Gelatine bequem zu unterscheiden und den Über- gang von letzteren zu Lufthyphen zu verfolgen. Auf plasmolytische Untersuchung und Versuche über die Färbbarkeit der Hyphen mit Anilinblau mußte ich hier verzichten. Tabelle IV gibt eine Zusammenstellung der Beobachtungen. Es wurden verschiedene Gefrierzeiten angewendet und die Kulturen teils bei -f-25"C, teils bei -\- '62*^ C weiter kultiviert. In den Kontrollkulturen war das Plasma in allen Hyphen homogen, in den älteren Basalzellen vakuolig. Die Desorganisationserscheinungen nehmen nach dem Gefrieren in den untergetaucht wachsenden Zellen den früher geschilderten Verlauf, und auch in den Lufthyphen treten die gleichen Verände- rungen des Protoplasten auf. Die Lufthyphen sind aber widerstands- fähiger gegen Kälte, denn erst längere Gefrierzeiten bewirken die gleichen Veränderungen im Protoplasten, die wir in den von Gelatine umgebenen Hyphen beobachten. Z. B. hat eine Gefrierdauer von 4V2 Stunden keinen sichtbaren Einfluß auf den Zustand des Proto- plasmas in den Lufthyphen, auch nach 7 V2 stündiger Kältewirkung tritt die Desorganisation erst nach dem Verweilen in günstiger über den Einfluß günstiger Temperaturen auf gefrorene Schimmelpilze. 19 Tabelle IV (Aspergillus niger, Lufthyphen). Alter Gefrier- tempe- ratur »C Dauer des Ge- frierens Weiter kultiviert Ergebnis der Beobachtungen Kultur Tempe- ratur "C Zeit- dauer 20 Std. - 11" 4V2Std. — sofort unter- sucht Plasma in Lufthyphen homogen, wie in der Kontrollkultur. In den Submerszellen ist teilweise die Desorganisation eingetreten. n n n + 25° 18 Std. Lufthyphen ohne sichtbare Schädigung. In den Submerszellen ist die Desorganisation fortgeschritten, einzelne Zellen sind lebend und bilden neue Hyphen. Sporenbildung setzt ein. n n n + 32" 18 Std. Dasselbe. 20 Std. — 13« 7'/. Std. — sofort unter- sucht In den Submerszellen ist die Desorganisation bis auf wenige lebensfähige in allen ein- getreten. Die Lufthyphen sind scheinbar noch nicht geschädigt. n n n + 25° 15 Std. Die Dauerzellen des Submersmyoels gehen zur Bildung von Lufthyphen über, die Konidien abschnüren. In den anderen Lufthyphen tritt in den Basalzellen die Desorganisation ein. )) I) n + 32" 15 Std. Lufthyphen teilweise noch lebensfähig. Gleich- falls Bildung langer Lufthyphen aus Dauer- zellen. Konidien noch weiß! 20 Std. — 13» 24 Std. _ sofort Submerszellen desorganisiert, auch in unter- (-11°) unter- sucht kühlten Kulturen, Lufthyphen mit basalen desorganisierten Zellen. n 1) n + 25° 20 Std. Lufthyphen und Submerszellen mit kolla- biertem Plasma, auch die Spitzenzellen der Lufthyphen sind tot. Keine Sporen- bildung. n 71 n + 32" n Dasselbe. 20 Johannes Lindner, Temperatur ein und zwar zuerst in den Basalzellen. Eine totale Desorganisation des Zellinhaltes der Lufthyphen und das Absterben der Hyphenzellen läßt sich oft erst nach einer Gefrierdauer von 24 Stunden feststellen. Worauf die größere Resistenz der Lufthyphen gegenüber den untergetaucht wachsenden Äspergilliis-ZeWen beruht, läßt sich nicht sicher feststellen. Die früheren Beobachtungen über den verschieden schnellen Verlauf der Desorganisationsvorgange in gefrorenen und unterkühlten Kulturen zeigen, daß eine umgebende gefrorene Flüssig- keit durch die wasserentziehende Wirkung der Eisbildung die Des- organisation und das Absterben beschleunigt. Das Moment der Wasserentziehung braucht aber bei den Lufthyphen nicht zu fehlen. Es ist bekannt, daß sich an Pflanzenteilen (Stengeln, Blättern usw.), die sich in Luft befinden, an der Oberfläche durch Ausfrieren des Imbibitionswassers, Eis bilden kann. Auch bei den AspergiUus- Lufthyphen können sich analoge Vorgänge abspielen. Ob nun bei der Eisbildung auf der Oberfläche der Lufthyphen der Wasser- verlust der Zellen geringer ist, als bei den submersen Hyphenzellen, und ob dadurch eine geringere Schädigung der Lufthyphen bedingt ist, miuß unentschieden bleiben. Zugunsten dieser Vermutung spräche allerdings die Beobachtung, daß die Basalzellen der Lufthyphen zuerst desorganisieren, da sie meist der Wirkung der gefrorenen Nährflüssigkeit, also vielleicht stärkerer Wasserentziehung ausge- setzt sind. In den aufgetauten Kulturen tritt nach dem Verweilen bei hoher Temperatur Sporenbildung ein, und zwar gehen meist die Lufthyphen, die das Gefrieren überstanden haben, zur Sporenbil- dung über. Außerdem bilden auch überlebende Submerszellen Lufthyphen und Konidien. Das sofortige Übergehen der über- lebenden Lufthyphen zur Sporenbildung läßt auch noch eine zweite Erklärungsmöglichkeit für ihre Resistenz offen. An jenen Stellen sind allem Anscheine nach schon vor dem Gefrieren^) die zur Sporenbildung benötigten Materialien angehäuft, unter denen sich sehr wohl Schutzstoffe im Sinne der Ausführungen auf S. 3 be- finden könnten. Auch diese Deutung würde mit der größeren Resistenz der Spitzenzellen im schönsten Einklang stehen. 1) Man vergleiche hierzu die Tatsache, daß 20 Stunden alte Mycelien bereits die ersten morphologischen Andeutungen der Fruktifikation zeigen (vgl. S. 18). über den Einfluß günstiger Temperaturen auf gefrorene Schimmelpilze. 21 Verfolgen wir nun noch einmal die Desorganisationsvorgänge des Protoplasten in den Aspergillus -ZeWen. Als augenfälligste Eigenschaft des Protoplasmas nach dem Gefrieren ist die körnige Struktur zu nennen. Auch in unterkühlten Objekten nimmt das Protoplasma den gleichen Zustand an. Also dürfte die Granula- tion eine Folge der Temperaturerniedrigung sein. Weitere sichtbare Desorganisationsvorgänge spielen sich meist erst in gewissen Zeiträumen nach dem Gefrieren in den aufgetauten Mycelien ab. So schwinden allmählich die Vakuolen, und gleich- zeitig läßt sich eine Färbbarkeit des Zellinhaltes mit Anilinblau feststellen. Die Temperaturerniedrigung bewirkt also Schädigungen in der Zelle, als deren hauptsächlichste Folge eine Änderung, meist sogar eine Vernichtung der Semipermeabilität des Plasmas eintritt. Hierdurch ist eine Diffusion des Zellsaftes nach außen möglich und als weitere Folge dieser Vorgänge tritt der Kollaps des Protoplasten ein. Diese sind nun keine spezifischen und un- mittelbaren Wirkungen der Kälte, sondern, wie Klemm schon bemerkt (1895, S. 644), „Ausdrücke der allgemeinen Schädigung", die „in erheblichem Maße nur bei Temperaturen stattfinden", „die nach längerer Zeit das Absterben veranlassen". Zu beachten ist, daß solche Veränderungen in der Zelle nicht reparabel sind. Beispiele dafür, daß Konfigurationsänderungen des Protoplasten nach der Kältewirkung sich ausgleichen, sind durch Versuche von Kühne (1864, S. 100) bekannt: In Tradescantia -Haaren war das Plasma nach einer plötzlichen Abkühlung auf — 14" C in kugelige Tropfen zerfallen. Beim Wiedererwärmen nach 5 Minuten trat die normale Konfiguration wieder ein. Klemm (1895, S. 642) hat die Versuche wiederholt. Er fand, daß bei plötzlicher Abkühlung tat- sächlich die von Kühne geschilderten Formumwälzungen eintreten, daß aber schon eine 15 Minuten lange Abküiilung tödlich auf die Versuchsobjekte wirkt. Diese Veränderungen sind also nur inner- halb kurzer Zeiträume reversibel. Auch konnte Klemm nach- weisen, daß nur plötzlicher Temperaturwechsel die charakte- ristischen Veränderungen des Zellinhaltes bewirkt. Diese Ver- änderungen kann man also spezifische und unmittelbare Wirkungen der Temperaturerniedrigung nennen. In den Aspergillus -Zellen, die sich als resistent erwiesen, wurden zwar auffallende Veränderungen im Innern des Protoplasmas nicht beobachtet; es ist aber mit Sicherheit anzunehmen, daß auch diese Zellen durch die Kälte in irgend einer Weise ungünstig be- 22 Johannes Lindner, einflußt werden, daß aber die zugefügte Schädigung in geeigneten Temperaturen behoben werden kann (vgl. S. 14). Worin diese Schädigung besteht, muß unentschieden bleiben. C. Das Verhalten der resistenten Asj^ergülus -ZeWen. I. Die Temperaturbedingungen für die Lebensfähigkeit der resistenten Zellen. Wie die in den Tabellen kurz skizzierten Beobachtungen zeigen, erschienen immer einige Zellen im Aspergilhis -Mjcel resistenter, als z. B. die Endzellen der Hyphen. In jenen trat nach dem Ge- frieren keine sichtbare Desorganisation ein, sie er- wiesen sich durchaus als lebend. Fig. 1 zeigt eine solche Zelle (X) unmittelbar nach dem Auftauen, nachdem das Mycel 8 Stunden der Kälte ausgesetzt war. Es lassen sich deutlich große Vakuolen er- kennen; die Zelle blieb bei Behandlung des Mycels mit Anihnblau- Lösung ungefärbt, der Pro toplast lag der Wand vollkommen an. Bei Zusatz von 10 7o KN03-Lösung trat Plasmolyse ein. Der Einfluß günstiger Temperatur auf die überlebenden Zellen wurde gleichzeitig mit den Desorganisationsvorgängen an denselben Kulturen studiert. Die Tabellen I u. II (S. 9 u. 11) ent- halten auch die Zusammenstellung der einschlägigen Beobachtungen. Das Gesamtergebnis war, wie bei der Diskussion dieser Tabellen bereits kurz ange- deutet wurde: Wird das Mycel nach dem Gefrieren bei 4-20" C oder + 32" C weiter kultiviert, so bilden sich nach 5 — 8 Stunden an den eben beschriebenen resi- stenten Zellen seitliche Hyphen, die sich schnell zu einem kräftigen Mycel entwickeln. Bei den kleinen Mycelien der 24 Stunden alten Aspergillus- Kulturen werden sofort nach dem Auftauen stets noch lebende Zellen beobachtet. Jedoch hat das Mycel nach 12 Stunden Ge- frierdauer eine solche Schädigung erfahren, daß die Lebensfähigkeit selbst beim Weiterkultivieren in optimaler Temperatur erloschen ist. Meist besitzen nur die Kulturen, die 3 Stunden und 6 Stunden gefroren waren, noch Zellen, die in günstigen Temperaturen ein Fig. 1. Aspo-gülus -M.jce\, 8 Stunden gefroren, „Dauerzelle"(x) so- fort nach dem Auf- tauen. über den Einfluß günstiger Temperaturen auf gefrorene Schimmelpilze. 23 neues Mycel liefern können. Schon aus dieser Beobachtung geht hervor, daß nicht alle Zellen, die unmittelbar nach dem Gefrieren das Aussehen lebender haben, ja teilweise sogar noch plasmolysierbar sind, in günstiger Temperatur weiter wachsen. Deutlicher tritt diese Tatsache hervor bei den Beob- achtungen an 48 Stunden alten Mycelien. Hier treten nach dem Gefrieren lebende Zellen oft in Verbänden von 3 — 6 auf; bei späteren Beobachtungen zeigt sich aber, daß die neuen Hyphen ihren Ursprung aus einer, höchstens zwei benachbarten „Dauer- zellen" nehmen, während in den angrenzenden Zellen der Inhalt kollabiert ist (Fig. 2 X X). Wir haben früher festgestellt, daß allgemein die Resistenz des Mycels mit dem Alter wächst, also die Zahl der nach dem Gefrieren lebenden Zellen zunimmt. Aber auch die Resistenz dieser Dauer- zellen selbst ist größer; denn wie Tabelle II (S. 11) lehrt, halten manche Zellen in den 48 Stunden -Kulturen die Temperatur von — 12" C 24 Stunden und länger aus. (So- gar nach 48 Stunden Gefrierdauer konnte ich in einigen wenigen Mycelien noch Zellen bemerken, die wachstumsfähig waren.) Was nun die Teraperaturbedingungen betrifft, die den resistenten Zellen geboten werden müssen, um ihre Lebensfähigkeit zu erhalten, so wurde festgestellt, daß außer optimaler Temperatur (-|- 32" C) auch eine Temperatur von -|- 20" C fördernd auf die Lebenstätigkeit dieser Zellen wirken kann. Doch liegt diese Temperatur nahe dem Temperaturminimum, bei dem in den resistenten Zellen nach längerem Verweilen gleichfalls die Desorganisation eintritt. Richter (1910, S. 621) vermutet dieses Temperaturminimum nach den Resultaten seiner Atmungsbeobach- tungen an Aspergillus -Mjcelien bei -f- 18" C; ich habe die gleiche Beobachtung gemacht. Dieses Weiterwachsen der Dauerzellen nach dem Einbringen in günstige Temperatur fand in gleicher Weise in unterkühlt ge- haltenen Submersmycelien und in den Mycelien mit Lufthyphen statt. Ich deutete schon früher an, daß unter den Submerszellen Fig. 2. Aspergillus -Mycel, 24 Stunden gefroren, 2 „Dauerzellen" (x x) nach 24 Stunden bei + 32° C. 24 Johannes Lindner, in der Gelatine einige ihre Waehstumsfähigkeit auch nach dem Gefrieren bewahren. Diese bildeten neue Hyphen, die dann in Lufthyphen übergingen und Konidien abschnürten. Aus diesen Ergebnissen ist zu ersehen, daß das Weiterwachsen der Aspergilliis-My celien nach dem Gefrieren nur von bestimmten lebensfähigen Zellen ausgeht. Hier sei noch auf einen prinzipiellen Unterschied in einer Be- obachtung Richters und der meinigen aufmerksam gemacht. Nach Richter ist in allen gefrorenen Hyphenzellen die Plasmolyse un- mittelbar nach dem Auftauen nicht möglich, die Zellen seien also turgeszenzlos geworden. Mit der Wiederaufnahme des Wachstums müßte dann der Wiedereintritt der Turgeszenz verbunden sein. Möglicherweise sind die einzelnen Zellen, die sich nach meinen Beobachtungen sofort nach dem Auftauen plasmolysieren lassen, bei Richters allerdings nicht bekannter Versuchsmethode der Be- obachtung entgangen. Bei meinen eingangs geschilderten Ver- suchen ließ sich aber der Eintiitt der Plasmolyse sofort nach dem Auftauen in einzelnen Zellen zweifellos feststellen, und ich möchte in Verbindung mit Klemms Ergebnissen annehmen, daß nur diese Zellen fähig sind weiter zu leben. Nun sterben aber auch von diesen Zellen noch einige in günstiger Temperatur ab (vgl. S. 10). Somit läßt sich sagen: Das Nichteintreten der Plasmolyse in gefroren gewesenen Zellen ist ein sicheres Zeichen des eingetretenen Todes; dagegen läßt sich über die Zellen, die sich plasmolysieren lassen, unmittelbar nach dem Auftauen noch nicht sicher urteilen, ob sie weiterleben werden oder nicht. Es sind also nach dem Gefrieren folgende drei Arten von Zellen im Mycel von Aspergillus niger vorhanden: 1. solche, die unverkenn- bar abgestorben sind, 2. solche, die sich noch plasmolysieren lassen, bei denen aber die Schädigung im Innern des Plasmas soweit ge- gangen ist, daß selbst günstige Temperatur sie nicht retten kann und 3. Dauerzellen, ebenfalls plasmolysierbar, die mit Hilfe gün- stiger Temperatur die innere Schädigung überwinden und dann weiter wachsen (vgl. S. 14). II. Die Lebensdauer der resistenten Aspergillus -T^eWen in ungünstigen Temperaturbedingungen. Die vorhergehenden Erörterungen haben uns gezeigt, wie not- wendig günstige Temperaturverhältnisse für die Wiederaufnahme über den Einfluß günstiger Temperaturen auf gefrorene Schimmelpilze. 25 der Lebenstätigkeit in den Dauerzellen sind. Es fragt sich nun, ob diese Zellen bei mäßiger Temperatur (-f- 4° C) in ihrem Schwäche- zustande längere Zeit verharren können, bevor günstige Temperatur sie zur Bildung neuer Hyphen veranlaßt, und wann sie absterben. Aus Tabelle III (S. 13) ist zu ersehen, daß langsamer Über- gang von der Gefriertemperatur zu -|- 20*^ C und -|- 32" C keinen hemmenden Einfluß auf den Fortgang der Desorganisation hat; zugleich wurde bemerkt, daß die Zahl der überlebenden Zellen abnimmt. Diese Daten geben auch einigen Aufschluß über die Lebensdauer der resistenten Zellen. Sie hängt natüilich von dem Maße der Schädigung ab, welche die Zellen durch die Temperatur- erniedrigung erfahren haben, d. h. von der Dauer der Abkühlung. So wachsen (Tabelle III, S. 13) nach 2 V2 stündigem Gefrieren diese resistenten Zellen selbst nach 68 stündigem Aufenthalte bei -\- 4^ C beim Erwärmen auf -|- 32*^ C wieder aus; nach 6 Stunden Kälte- wirkung muß die höhere Temperatur mindestens nach 35 — 40 Stunden einsetzen, da sonst die Desorganisation des Zellinhaltes eintritt, und bei 24 stündigem Abkühlen sind die Dauerzellen nach weiteren 24 Stunden Aufenthalt im Eisschranke (-j- 4° C) kaum noch lebens- fähig. Diese hier bestehende Beziehung zwischen Lebensfähigkeit und Temperaturbedingungen bestätigt die Richtigkeit der Annahme, daß auch die „Dauerzellen" eine Schwächung erfahren haben und mit Hilfe günstiger Temperatur zur normalen Funktion des Proto- plasten zurückgeführt werden (Pfeffer, II, S. 284). Der Eingriff einer günstigen Temperatur kann auch nach gewissen Zeiträumen noch belebend wirken. III. Einfluß von wiederholtem Gefrieren auf die resistenten Zellen. Die häufigen Temperaturschwankungen in der Natur können es mit sich bringen, daß Pflanzen in kurzen Zeiträumen wiederholt Temperaturen unter 0" ausgesetzt werden, und es ist denkbar, daß kurz aufeinander folgende Abkühlungen mit dazwischen liegen- der Erwärmung größere Schädigungen verursachen, als wenn eine einmalige Abkühlung von entsprechend längerer Dauer erfolgt. Größeres Interesse widmete zuerst Göppert (1830, S. 62) dieser Frage. Seine Versuche ergaben, daß die Pflanzen bei wieder- holtem Gefrieren und Auftauen im allgemeinen schon bei Kälte- 26 Johannes Lindner, graden oberhalb ihres normalen Erfrierpunktes absterben. Apelt (1907, S. 258) und Irmscher (1912, S. 432) bestätigten durch weitere Versuche diese Beobachtung. Neuere Untersuchungen, die diese Frage betreffen, stammen von Albert "Winkler (1913, S. 495), welcher untersuchte, wie oft die Bäume wiederholtes Gefrieren und Auftauen aushalten. Er wandte zu diesen Versuchen eine Tempe- ratur an, die durchschnittlich 8° höher lag, als der Erfrierpunkt. Die Bäume ertrugen selten eine 6 malige Abkühlung auf — 13" C, während sie einer einzigen Kältewirkung von — 20 '^ C standhielten. Somit ist auch für unsere Laubbäume und Immergrünen, die durch- schnittlich etwas widerstandsfähiger sind, der schädigende Einfluß wiederholten Gefrierens und Auftauens nachgewiesen. Aber schon Pfeffer (II, S. 300) macht auf die Tatsache aufmerksam, daß im Hochgebirge an sonnigen Abhängen viele Pflanzen fast täglich ge- frieren und schnell auftauen und diese Temperaturschwankungen schadlos ertragen. Das läßt auf ein sehr großes Anpassungsver- mögen dieser Typen schließen. — In Anbetracht der hohen Kälte- resistenz der Dauerzellen im Aspergillus-Mycel war zu untersuchen, ob diese Zellen wiederholtes Gefrieren ertragen. Bekanntlich ist das Protoplasma lebender Zellen durch Anilin- blau nicht färbbar. Wenn also die Kulturen nach dem ersten Gefrieren mit Anilinblau behandelt wurden, dann mußten die Dauer- zellen ungefärbt bleiben und für das zweite Gefrieren als lebende Zellen kenntlich sein. Nachdem die Kulturen (48 Stunden alte) 4^2 Stunde bei — 11" C teils gefroren, teils unterkühlt waren, wurden sie ca. 17 Stunden bei -j- 23" C gehalten. Es mußte dann nach früheren Erfahrungen in allen geschädigten Zellen die Desorganisation ein- getreten sein, während die lebenden Dauerzellen in dieser Zeit nur teilweise neue Hyphen bilden konnten. Diese Vermutungen er- wiesen sich in einigen Vorversuchen als richtig. — Nach dieser Wärmeperiode wurden also die Mycelien vorsichtig mit Anilinblau gefärbt, — die Dauerzellen blieben ungefärbt — und hierauf in neuer Nährlösung wieder der Kälte ausgesetzt und zwar nur eine Stunde (— 11"C). Nach der ersten Kältewirkung waren einige Kulturen unterkühlt geblieben, und bei einigen von diesen trat auch bei der zweiten Abkühlung keine Eisbildung ein. Es wurden bei diesem Versuche also einige Kulturen zweimal unterkühlt, andere das erste Mal unterkühlt, das zweite Mal zum Gefrieren gebracht und schließlich einige Kulturen zweimal der Eisbildung ausgesetzt. über den Einfluß günstiger Temperaturen auf gefrorene Schimmelpilze. 27 Tabelle V {Aspergillus niger, zweimal gefroren). Alter der Kultur Gefrier- tempe- ratur Dauer des Ge- frierens Weiter kultiviert Ergebnis der Beobachtungen Tempe- ratur »G Zeit- dauer Gefrorene Kultur: 30 Std. -11« 4V2 Std. sofort unter- sucht Protoplasma körnig, färbbar-'), ca. 10 7o nicht färbbare Zellen mit Vakuolen, diese Zellen lassen sich plasmolysieren. Unterkühlte Kultur: 1) V 11 Plasma körnig, Vakuolen in allen Zellen vorhanden, Zellen nicht färbbar mit Anilin- blau. Gefrorene Kultur: n n + 25« 17 Std. Desorganisation fast in allen Zellen ein- getreten, die überlebenden Dauerzellen sind deutlich sichtbar, teilweise mit kurzen, neuen Hyphen. Unterkühlte Kultur: n 1) n Dauerzellen oft 3 — 8 miteinander ver- bunden. Teilweise Bildung kurzer Hyphen. In den übrigen Zellen ist Desorganisation eingetreten. Unterkühlt gewesen, wieder unter- kühlt: 30 Std. -11« 4V2 Std. + 25« 17 Std. Bildung neuer Hyphen aus Dauerzellen; gefärbt') und m rieder gefroren : diese ertragen also zweimaliges Unter- -11« 1 Std. + 25« 28 Std. kühlen! Unterkühlt gewesen, dann gefroren: 11 !) + 25« 28 Std. Einzelne wenige Dauerzellen mit kurzen, neuen Hyphen sind durch das zweite Ab- kühlen getötet. Bildung neuer Hyphen aus anderen Dauerzellen! Zweimal gefroren: n " " + 25« 28 Std. Alle Zellen desorganisiert, färbbar'), kein Zuwachs. 1) Vgl. Anmerkung Tab. I, II und III. 28 Johannes Lindner, Die Dauerzellen ertruc^en sowohl zweimaliges Unterkühlen, als auch Unterkühlung mit nachfolgendem kurzen Gefrieren, denn nach Verlauf von 15 — 20 Stunden bei -|- 25" C nach dem zweiten Ab- kühlen hatten die ungefärbten Dauerzellen neue Hyphen gebildet. Nach zweimaliger Abkühlung mit Eisbildung waren dagegen alle Zellen der Kulturen abgestorben. Tabelle V (S. 27) gibt nähere Einzelheiten an. Trotz ihrer Widerstandsfähigkeit gegen zweimaliges Unterkühlen werden also die Dauerzellen durch wiederholtes Gefrieren meist getötet. Auch hier ist die Schädigung durch das Gefrieren größer als durch Temperaturerniedrigung bei Unterkühlung. IV. Die Bedingungen für dieBildung der resistenten Zellen. Das Hauptergebnis der bisherigen Untersuchungen ist die Tat- sache, daß einzelne Zellen des Aspergillus -Myceh auffallende Kälteresistenz besitzen. Interessant ist hierbei, daß den älteren Zellen die größere Widerstandsfähigkeit zukommt. Es ist dies eine Abweichung von der Erfahrung, daß vielfach das Plasma embryo- naler Zellen duich die Kälte weniger beeinflußt wird. Wir haben schon eingangs Beispiele hierfür kennen gelernt. Ist es nun möglich, für unsere Dauerzellen die Faktoren zu präzisieren, die eine erhöhte Resistenz bedingen? Nach den Untersuchungen Maxim ows und Bartetzkos ist eine Steigerung der Kälteresistenz durch Erhöhung der osmotischen Leistung in der Zelle möglich und aus früher erwähnten Beobach- tungen, u. a. von Lidforss, geht hervor, daß auch in der Natur in den Pflanzen, die der Winterkälte ausgesetzt sind, oft Stoff- wandlungen eintreten, die gleichfalls eine Turgorsteigerung be- dingen. Der Stoffwechselprozeß wird in diesen Fällen durch die tiefe Temperatur so beeinflußt, daß die Bildung von „Schutz- stoffen" erfolgt. Ein weiteres Beispiel für den geänderten Stoff- wechsel bietet uns das Verhalten kaltlagernder Kartoffeln. Bei 0" bis -j-G^C geht die Stärke teilweise in Zucker über (Müller- Thurgau, 1882, S. 751). Auch Schaffnit vermutet nach seinen Untersuchungen, daß bei der Abkühlung der Stoffwechsel und da- mit zugleich der Zustand des Protoplasten eine Änderung erfährt. Er sagt (1910, S. 143): „Bei Temperaturen nahe dem Nullpunkte erfolgen in der pflanzlichen Zelle chemische Stoffumlagerungen, die einen Übergang labiler Verbindungen in stabilere Form repräsen- über den Einfluß günstiger Temperaturen auf gefrorene Schimmelpilze. 29 tieren und lediglich ökologische Bedeutung haben." Dieselbe An- sicht spricht Loew aus (1885, S. 615). Hierin liegt in den Haupt- zügen die Erklärung für das Anpassungsvermögen der Pflanzen an die Kälte. Experimente von Göppert (1830, S. 63), Apelt (19U9, S. 226) und Rein (1908, S. 21) haben bewiesen, daß eine Gewöh- nung der Pflanzen an niedrige Temperaturen möglich ist, daß also der Erfrierpunkt von den vorausgegangenen Temperaturbedingungen abhängt. Auch Haberlandt (1877, S. 48) machte die Beobach- tung, daß Pflanzen, die längere Zeit in einem Warmhause gestanden hatten, leichter erfroren als solche, die etwa bei -)- 8" C kultiviert worden waren. Es handelt sich also bei der Anpassung an tiefe Temperaturen um eine Erfrierpunktserniedrigung. Irmscher (1912, S. 436, Tab. 20) beobachtete an verschiedenen Laubmoosen, daß der Erfrierpunkt nach ötägigem Verweilen der Objekte bei -|- 5" C sich durchschnittlich um — 5" verschiebt. Gleiches fand A. Wiukler auch für unsere einheimischen Bäume. Knospen von Fagus sil- vatica und Quercus pedunculata, die bei — 22** C (im Winter) er- frieren (1913, S. 480, Tab. VII), halten eine Temperatur von — 25" und — 30" C aus, wenn sie innerhalb 13 Tagen langsam auf — 30" bis — 32" C bei Eisbildung abgekühlt werden. Dasselbe gilt für Corylus, Fraxinus, Popidus u. a. , auch für Immergrüne (1913, S. 488, Tab. XIV). Aus der Gesamtheit der bisher angeführten Ergebnisse steht die Akkommodationsfähigkeit des Protoplasmas an niedere Tempe- raturen außer Zweifel. Wenn wir die aus diesen Beobachtungen gewonnenen Erfah- rungen auf unser Objekt übertragen, so würde das bedeuten, daß die Zahl der Dauerzellen sich vergrößert, wenn das Protoplasma vor dem Gefrieren eine stabilere Form annehmen kann. Versuche, die einen Beweis für diese Annahme bringen könnten, habe ich nicht ausgeführt. Aus den vielen positiven Ergebnissen, die an den verschiedensten Objekten erhalten wurden, glaube ich schließen zu können, daß empirische Untersuchungen an Schimmel- pilzen zu dem gleichen Ergebnisse führen würden, so daß also die der Kältewirkung vorausgehenden Temperaturbedingungen einen wichtigen Faktor für die Bildung der Dauerzellen darstellen dürften. Die vorhandene ungleiche Resistenz der einzelnen Zellen des- selben Aspergillus -Myc^l^ offenbart sich in unseren Versuchs- reihen, auch ohne daß eine Beeinflussung durch die Temperatur 30 Johannes Lindner, in obigem Sinne stattgefunden hat. Hier sind also andere Fak- toren wirksam. Nun ist ja, wie anfangs betont wurde, mit der Erhöhung der osmotischen Leistung der Zelle eine größere Kälteresistenz ver- knüpft. Diese Tatsache konnte auch ich an einer Versuchsreihe beobachten, bei der ich Asper(jillus auf 25proz. Rohrzucker-Nähr- lösung kultivierte. Das Mycel entwickelte sich erst in 3 Tagen zu gleicher Größe, wie sie die Mycelien der anderen Versuche besaßen. Nach 24 stündiger Kältewirkung von — 14 "^ C und nach 48- stündiger von — 11"(— 8")C war zwar die Zahl der lebenden Zellen auf ungefähr 5 % herabgesetzt, aber alle Kulturen blieben lebensfähig. In 2 Tage alten Aspergillus -'KvMwc^iy, die in öproz. Zucker- Nährlösung gewachsen waren, waren dagegen höchst selten nach 48 stündiger Gefrierdauer noch lebende Zellen zu finden (vgl. S. 23). Mit Rücksicht auf die ungleiche Resistenz der einzelnen Zellen desselben Mycels liegt hiernach die Vermutung nahe, diese Diffe- renz in der Widerstandsfähigkeit gegen Kälte auf eine verschiedene Verteilung der osmotischen Leistung in den Zellen zurückzuführen, wobei den Dauerzellen der höchste Turgor zukommen müßte. Ich stellte deshalb plasmolytische Versuche an, konnte aber die Ver- mutung nicht bestätigt finden. Nach Pantanelli (1904, S. 320) (vgl. auch Bartetzko, 1910, S. 87) kommt den Spitzenzellen der höchste Turgor zu, eine Tatsache, die ich selbst beobachten konnte. Nach den früheren Beobachtungen von Bartetzko und auch nach meinen Versuchsergebnissen sind aber die Spitzenzellen gerade die ersten, die durch die ^älte geschädigt werden. Allerdings ist zu bedenken, daß bei Zugabe der isotonischen Salpeterlösung nicht allein die osmotische Leistung bestimmt wird, sondern der Turgor, der eine Summe aus Turgor dehnung, Quellungskraft, Zentraldruck und osmotischer Leistung darstellt. Pantanelli hat diese Frage speziell für Pilzhyphen erörtert. Er nimmt an (1904, S. 313, 319), daß in älteren Zellen eine Überführung gequollener Substanz, wie sie in dem embryonalen Plasma der Spitzenzellen vorhanden sein soll, in gelöste stattfindet, und daß dadurch in den älteren Zellen speziell der osmotische Druck zunehmen kann, wenn auch der Gesamtturgor sich verringert. Es ist aber sehr zweifelhaft, ob eine so geringe Differenz in der osmotischen Leistung die oft beträchtliche Kälteresistenz der einzelnen Zellen bedingen kann, selbst wenn zwischen Erhöhung der osmotischen über den Einfluß günstiger Temperaturen auf gefrorene Schimmelpilze. 31 Leistung und Erhöhung der Kälteresistenz kein einfaches Verhält- nis besteht. "Wie alle diese Erörterungen zeigen, sind wir bei der Fest- legung der Faktoren für die größere Resistenz der älteren Hyphen- zellen nur auf Vermutungen angewiesen, und die Frage muß zur- zeit noch offen bleiben. Sie kann erst beantwortet werden, wenn der Kältetod in seinen Einzelheiten erklärt ist, d. h. wenn es mög- lich wird, tiefer in den Mechanismus und Chemismus des Proto- plasten einzudringen. D. Versuche mit Penicillium glaucum, Phycomyces nitens und Rhizopus nigricans. Bartetzko (1910, S. 75) stellte für Penicillium glaucum die gleiche Kälteresistenz fest, wie für Aspergillus niger. Für Phyco- myces nitens dagegen liegt nach den An- gaben dieses Forschers der Erfrierpunkt be- deutend näher dem Nullpunkte. In 20proz. Taubenzucker-Lösung warennach 2 stündigem Gefrieren bei — .5"C alle Objekte abgestorben (Bartetzko, 1910, S. 77, Tab. X). Das Temperaturoptimum für Penicillium liegt ungefähr bei -\- 25" C. Bei dieser Tem- peratur kultivierte ich diesen Pilz als Submers- mycel nach der für Aspergillus beschriebe- nen Methode. Die Tabelle VI, S. 32 zeigt, daß Penicillium in seinem Verhalten bei Temperaturerniedrigung und nachfolgender Erwärmung ganz dem Asjjergillus niger gleicht. Selbst nach 22 stündiger Einwirkung von — 10,5" C waren noch lebende Zellen vorhanden (vgl. Fig. 3). Auch bei diesem Pilze beschränkt sich also die größere Wider- standsfähigkeit gegen Kälte auf einzelne Zellen. Wenn wir im vorhergehenden Abschnitte Fig. 3. Penicillimn -Myce\, 22 Stun- den bei — lO^C unterkühlt. X : „Dauerzelle", die nach 24 Stunden bei -(-Sö^C an fünf Stellen ausgewachsen ist. dazu gelangt sind, dem Plasma der Dauer- zellen einen besonderen (stabileren) Zustand zuzuschreiben, so ist einleuchtend, daß bei Phycomyces, in dessen Hyphen Querwände nicht vorhanden sind, der Resistenzgrad des Protoplasmas überall 32 Johannes Lindner, der gleiche sein wird, zumal da durch die lebhafte Protoplasma- strömung eine konstante Mischung des Inhaltes erfolgt. Tatsächlich tritt bei Phycoynyces nitens schon durch kurz andauernde Kältewirkung die Desorganisation gleichzeitig in allen Teilen des Mycels auf. Sie äußert sich ebenfalls in einer Granulation und dem nachfolgenden Kollaps des Protoplasten. Die hierbei angewandte Temperatur von — 10" C lag allerdings bedeutend unter dem von Bartetzko (1910, S. 77) für Phyco- myces gefundenen Erfrierpunkte. Ich benutzte sie aber deshalb, weil ich einen Vergleich zum Verhalten des Aspergillus -Mjceh anstellen wollte, und weil die für Aspergillus niger angewandte Temperatur von — 12" bis — 14"C auch bedeutend unter dem Erfrierpunkte der Mehrzahl aller Zellen lag. Tabelle VI (PenicilUum glaucum). Alter Gefrier- Dauer Weiter kultiviert tempe- ratur "C UCo Ergebnis der Beobachtungen Kultur Ge- frierens Tempe- ratur «C Zeit- dauer Kontrollkultur: 48 Std. Wie Asi)ergillus-E.n\i\xY: : homogenes Plasma mit Vakuolen! 1) — 10,5° 4'/2Std. + 40 15 Std. Desorganisation weitgehend, Zellinhalt mit hie 4-25" rauf 24 Std. Anilinblau färbbar'), wenig lebende Zellen mit neu gebildeten Hyphen. n )) " + 25" 15 Std. Desorganisation geringer als im vorhergehen- den Versuche, Zuwachs aus Dauerzellen bedeutend. Unterkühlte Kultur: 48 Std. — 10,50 22 Std. sofort unter- sucht Zellen mit körnigem Plasma und mit Vakuolen. Plasmolyse möglich. Unterkühlte Kultur: n 11 + 25« 24 Std. Zellen mit desorganisiertem Inhalte, färb- bar') mit Anilinblau. Einzelne Dauer- zellen mit Zuwachs an vielen Stellen (vgl. Fig. 3, S. 31). Plasmolyse bei löVoKNOj. Gefrorene Kulturen: n n 11 + 25" 24 Std. Mycel fast in allen Teilen desorganisiert; Zuwachs neuer Hyphen nur gering. 1) Vgl. Anmerkung Tab. I, II und III. über den Einfluß günstiger Temperaturen auf gefrorene Schimmelpilze. 33 Auch in den Mycelien von Rhizopus nigricans waren nach kurzer Kältewirkung alle Teile der Hyphen abgestorben. Ein Weiterleben einzelner bestimmter Mycelteile wurde nie beobachtet. Auch diese Versuche zeigen, daß in keinem Falle eine gute Wachstumstemperatur die Wiederaufnahme der normalen Tätigkeit in den Hyphen mit kollabiertem Inhalte hervorruft. Wir treffen somit bei Phycomyces und Rhizopus das gleiche Verhalten, wie wir es für die Mehrzahl der Zellen des Aspergillus -Mjceh kennen lernten. Dies ist ein weiterer Beweis, daß die durch infra- minimale Temperatur bewirkten Konfigurationsänderungen des Proto- plasten, die mit dem Verluste des Turgors in der Zelle eintreten, und auch der Kollaps des Zellinhaltes nie ausgleichbar sind, daß also mit dem Schwinden des Turgors der Tod eintritt. IL Teil. Der Atmungsvorgang im Mycel von Aspergillus niger nach dem Gefrieren. Wenn im Mycel des Aspergillus niger nach dem Gefrieren resistente Zellen vorhanden sind und diese unter günstigen Tempe- raturbedingungen neue Hyphen bilden, so muß dieser Umstand notwendigerweise zur Folge haben, daß mit der gesteigerten Pro- duktion der Pilzmasse auch eine Steigerung der Atmungsgröße eintritt. Wie Kunstmann (1895) feststellte, nimmt aber die Atmungsintensität auch in den Entwicklungsstadien des Pilzes zu, d. h. auch die von einem Gewichtsteile Decke in der Zeiteinheit produzierte Kohlensäuremenge wird immer größer. Sie nimmt auch noch zu, wenn die Atmungskurve für die gesamte Decke infolge der abgeschlossenen Pilzmasseproduktion sinkt. Ergibt sich also, bei der Atmungsbeobachtung an einer Pilzdecke eine Steigung der Kurve, so stellt dieses Wachsen der Atmungsintensität die Summe dar aus der Steigerung der Atmung infolge der inneren Umgestal- tung und Bildung von Stoffwechselprodukten einerseits und der Bildung neuer Hyphen andererseits. Nach Richter ist nun auch im gefroren gewesenen AspergiUus- Mycel eine Steigerung der Atmungsintensität vorhanden, wenn das Mycel bei -|-30°C weiter kultiviert wird. Sie beruht nach der Jahrb. f. wiss. Botanik. LV. o 34 Johannes Lindner, Ansicht dieses Forschers zum größten Teile auf der Wiederauf- nahme der Stoffwechselprozesse in der Pilzdecke. Die sich neu bildenden Hyphen hätten hiernach anfangs nur geringen Anteil an der gesteigerten Kohlensäureabgabe. Richter wurde zu diesem Schlüsse geführt durch die Beobachtung der schnellen Zunahme der Atmungsgröße. Eine solche Steigerung der Atmung könne nicht allein durch neu gebildete Hyphen bewirkt werden; denn auskeimende Sporen oder überlebende Zellen könnten in so kurzer Zeit nicht die erforderlichen Mengen Mycel bilden. Die Beobachtung des Desorganisationsverlaufes in den ge- frorenen AspergiUifs- Zellen hat uns schon von dem irreparablen Zustande der turgeszenzlosen desorganisierten Zellen überzeugt, so daß von vornherein eine Wiederaufnahme der Atmungstätigkeit in diesen Zellen ausgeschlossen erscheint, und in der Tat zeigte eine Anzahl von mir durchgeführter Versuche, daß Richters Folgerung keineswegs zwingend ist und der beobachtete Verlauf der Atmungs- kurve auf andere Weise zustande kommt. A. Methodik. Um die Änderung der Atmungsintensität in Pilzmycelien nach der Kälteperiode bei optimaler Temperatur verfolgen zu können, mußte ich eine größere Pilzmasse beobachten, als bei den Ver- suchen im I. Teile, da die absoluten Mengen der von jenen kleinen submersen Mycelien umgesetzten Gase im Verhältnis zum Gasraume der Kulturgefäße zu gering waren, um eine genaue Bestimmung zu erlauben. Ich erzog deshalb eine Myceldecke von Aspergillus niger in einem Erlenmeyer-Kolben auf 50 ccm Nährlösung. Eine solche Pilzmasse atmete sehr energisch. Ich konnte die Atmung gut verfolgen, indem ich in gewissen Zeiträumen den Kohlensäure- und Sauerstoffgehalt der Luft in dem Kulturgefäße bestimmte. Da es sich um die Beobachtung des Wechsels der Atmungsintensität an je einer Kultur handelte, so genügte die Bestimmung relativer Gas- mengen, d. h. es war nur nötig, den jeweiligen Prozentgehalt der Luft an Kohlensäure und Sauerstoff zu wissen. Aus den gefundenen Daten für die stündliche C02-Produktion und den Sauerstoffver- brauch wurden die im folgenden dargestellten Kurven konstruiert. Die Luftanalysen wurden in dem Apparate von Bonnier und M angin ausgeführt. Nach einiger Einarbeitung in die Methode des Analysenganges ist es möglich, den Prozentgehalt der zu unter- über den Einfluß günstiger Temperaturen auf gefrorene Schimmelpilze. 36 suchenden Luft innerhalb 20 — 25 Minuten genau zu bestimmen (Fehlergrenze 0,5 *Vo). Es erübrigt sich, auf eine Beschreibung des Apparates einzugehen, ich verweise hier auf Bonnier und Mangin (1884, S. 294), Schmidt (1902, S. 10) und Thoday (1913, S. 567). Bezüglich der Meinungsverschiedenheiten darüber, wo in dem Appa- rate die Absorption der Gase durch Kalilauge und alkalisch. Pyro- gallol vor sich gehen soll, möchte ich bemerken, daß mir die Ab- sorption in der kugeligen Erweiterung der Kapillare als am sichersten erscheint. Schmidt (1902, S. 11) hat mit den von ihm angewen- deten Lösungen zur Absorption genaue Resultate erzielt, ich habe deshalb Absorptionsflüssigkeiten von gleicher Konzentration ver- wendet (15 "/u Kalilauge, 10 % Pyrogallussäure) und konnte gleich- falls Bestimmungen ausführen, die in bezug auf Genauigkeit be- friedigten. Bei der Bestimmung der zu analysierenden Luftmenge muß stets Sorge getragen werden, daß an beiden Enden der Luftsäule eine kleine Menge Wasser zwischen Quecksilber und Luft einge- schaltet ist, so daß stets der Meniskus Luft — Wasser und später Luft - Kalilauge, Luft— Pyrogallol abgelesen wird. Schmidt hatte die Erfahrung gemacht, daß Wasser mit Vorteil durch eine 2proz. Kochsalzlösung zu ersetzen sei, da mit dieser Lösung Unter- brechungen der Quecksilbersäule durch adhärierende Feuchtigkeit besser vermieden werden. Ich habe diese Salzlösung mit gleichem Erfolge als Absperrflüssigkeit verwendet. Die Kapillare des Appa- rates war durch zwei Glasplatten ober- und unterhalb vor der Erwärmung durch die Atemluft und durch die Hand geschützt. Auf der oberen Glasplatte wurde eine Visierröhre bewegt, die in einem großen Korkstopfen senkrecht zur Glasplatte fixiert war und dazu diente, den Ablesewinkel des Auges über der Skala konstant zu halten (Schmidt, 1902, S. 10). Der Gang der Analyse ist folgender: Der Apparat wird mit etwas Na Cl- Lösung ausgewaschen, eine keine Luftmenge (ca. 500 — 550 Teilstriche der Skala) ein- gesogen und solange durch die Kapillare bewegt, bis die Länge der Luftsäule nach mehreren Ablesungen konstant ist. (Es ist hierbei nötig, die Luftmenge sehr langsam durch die Kapillare zu bewegen und jede Unterbrechung des Quecksilberfadens zu ver- meiden.) Die Ablesung erfolgt auf 0,5 Teilstrich genau. Zur Ab- sorption der Kohlensäure wird etwas 15proz. Kalilauge (etwa 40 Teilstriche) in den Apparat gebracht, und dann wird das Volumen der kohlensäurefreien Luft genau abgelesen. Nun wird 36 Johannes Lindner, noch eine kleine Menge (ca. 20 Skalenteile) lOproz. Pyrogallussäure- Lösung in den Apparat gesogen, und es erfolgt jetzt die Absorption des Sauerstoffes. Aus der Langenänderung der Gassäule wird die Menge der Kohlensäure und des noch vorhandenen Sauerstoffes in Prozenten berechnet. Der Prozentgehalt des noch vorhandenen Sauerstoffes wird vom Sauerstoffgehalte der Luft abgezogen, woraus sich der 02-Verbrauch des Pilzes ergibt. Bestimmungen des Sauer- stoffgehaltes der Laboratoriumsluft ergaben nur geringe Schwan- kungen innerhalb der Fehlergrenze von dem bekannten Werte 20,84 "/o (Bunsen, Gasometrische Methoden, 1877, S. 94). Dieser Wert wurde deshalb den Bestimmungen zugrunde gelegt. Nach Beendi- gung der Analyse wird der Apparat mit lOproz. Salzsäure, Wasser und Kochsalzlösung gereinigt. Ich will im folgenden Kapitel davon absehen, die vielen Zahlen der einzelnen Ablesungen wiederzugeben und führe an dieser Stelle deshalb ein Beispiel der Berechnung an. Atmungstätigkeit innerhalb 2 Stunden: Länge der Luftsäule 528,5 „ „ „ nach der Absorption von COä . . . 455.0 73^, das sind also für den eben genannten Zeitraum 13,91 %, so daß also die stündliche Kohlensäureproduktion 6,95 "/o beträgt. Länge der Luftsäule vor der 02-Bestim- mung .... 455,0 „ „ „ nach der Absorption von O2 . . . 429,5 26,5 = 4,83 7o. Diese 25,5 Teilstriche entsprechen der Sauerstoffmenge in 528,5 Skalenteilen Luft, also restieren 4,83 % Sauerstoff. Mithin hat die Pilzdecke 20.84 - 4,83 = 16,00 7o in 2 Stunden, also stündlich 8,00 7o Sauerstoff konsumiert. Korrektionen, wie Berücksichtigung des Kohlensäuregehaltes der atmosphärischen Luft, Berücksichtigung des Luftdruckes, der Temperatur konnten bei der Bestimmung dieser relativen Gas- mengen, die nur als Vergleichswerte dienen sollten, wegfallen. Aus solchen Daten sind die später angeführten Kurven auf- gestellt. Dabei stellt die punktierte Linie die Sauerstoffkurve dar. Längs der Abszisse sind für die Kurvenpunkte die zugehörigen über den Einfluß günstiger Temperaturen auf gefrorene Schimmelpilze. 37 {ufluß Werte für die Prozentgehalte der Gase angegeben. Außerdem finden sich längs der Abszisse noch die Stundenzahlen für die Durchlüftungsdauer und Atraungsperiode. Z. B. 14 + 2 heißt: Die Kultur wurde nach der letzten Luftanalyse 14 Stunden durch- lüftet und dann der Luftraum auf 2 Stunden abgeschlossen. Auf der Ordinate sind die Prozentwerte der Analysenresultate aufgetragen. Als Kulturgefäße für die Pilzdecken verwendete ichErlenmeyer- Kolben aus Jenaer Glas von ca. 200 ccm Rauminhalt. In jedes Ge- fäß wurden genau 50 ccm Nährlösung gefüllt. Der Kolben wurde mit einem doppelt durchbohrten Gummistopfen verschlossen, durch den zwei recht- winklig gebogene Kapillarröhren führ- ten (vgl. Fig. hK, S. 38). Nach an- gestellten Messungen war nach Ein- fügen des Stopfens mit den Glas- röhren ein Luftraum von 170 ccm vorhanden. Die rechtwinklig gebo- genen (xlasröhren im Stopfen dienten zur Durchleitung eines konstanten Luftstromes durch die Kultur. Mit Quetschhähnen wurden die Kultur- gefäße nur für bestimmte Zeit abge- schlossen. — Ich verteilte nun in jedes Gefäß eine Platinöse \o\\ Asper- gillus-^^ovqx\ gleichmäßig über die Oberfläche und ersetzte dann den Watteverschluß durch den Gummi- stopfen. Es war wesentlich, für einen konstanten Strom feuchter Luft zu sorgen, da unter dieser Bedingung die Sporenbildung gehemmt wird. Dabei atmete das Mycel nach 40 Stunden so intensiv, daß nur für 1 — 2 Stunden der Kulturraum abgeschlossen werden durfte, um nicht zu weitgehenden Sauerstoffverbrauch oder intra- molekulare Atmung zu bewirken. Die Kulturen wurden also immer 10 — 16 Stunden durchlüftet, dann auf 1 — 2 Stunden abgeschlossen und nun die Luftproben entnommen. Bevor ich dazu übergehe, von dem Apparate für die Entnahme der Luftproben zu sprechen, will ich an der Hand der Fig. 4 einiges f HuFtkiluna >- nach) d J^dryrje^iPT^ nj ^r Fig. 4. Durclilüftungsapparat. 38 Joliannes Linduer, Über den Durchlüftungsapparat sagen. Dieser ist nach dem Prinzip eines Tropfaspirators gebaut. Dabei wird die Luft durch die Kultur- gefäße gepreßt. Um aber Luft von hohem Feuchtigkeitsgehalte über die Pilzdecke zu leiten, sind sowohl das eigentliche Tropf- gefäß Fl, als auch das Reservoir zur Aufnahme des Ablaufwassers -F2 genügend groß gewählt, um für das Wasser eine große Verdunstungs- fläche zu erzielen. Durch die Ausflußregulation am unteren Ge- fäße Fi fließt das Wasser in dem Maße ab, wie es durch die Tropf- röhre zufließt. Die Pilzkulturen befanden sich im Kellergeschoß des Institutes im Wärmezimmer bei der konstanten Temperatur von -j- 32^ C. Vom Durchlüftungsapparate führte am Wasser- leitungsrohr entlang durch den Fußboden nach dem Wärmezimmer \=^ Fig. 5. Apparat zur Entnahme von Luftproben aus den Kulturgefäßen. ein dünnes Bleirohr, an das die Kulturen angeschlossen wurden. Der Luftstrom war regelmäßig und ziemlich stark, denn die Länge der Tropfröhre betrug 120 cm. Zur Entnahme der Luftproben aus den Kulturgefäßen kon- struierte ich mir eine Apparatur, die im Prinzip der von Bonnier (1884, Bd. XVII, Taf. XVII) angewendeten gleicht. Es genügt deshalb, auf obenstehende Fig. 5 hinzuweisen. Zur Erläuterung sei nur gesagt, daß durch Senken des Quecksilberbehälters O und bei Stellung / des Zwei-Wege- Hahnes h die Luft aus dem Kultur- gefäße K in das Eudiometer E gezogen werden kann. Wird dann das Eudiometer bei a verschlossen, das Quecksilbergefäß O hoch- gestellt und der Hahn h in die Stellung // gebracht, dann kann über den Einfluß günstiger Temperaturen auf gefrorene Schimmelpilze. 39 die Luft in ein mit Quecksilber gefülltes Probierröhrchen R (Länge 6 cm, Durchmesser 13 mm) gedrückt werden. Die Röhrchen mit den Luftproben wurden in einer Schale über Quecksilber auf- bewahrt (vgl. Figur bei Thoday, 1913, S. 571). ScWießlich sei noch erwähnt, daß die Kulturgefäße während der Entnahme der Luftproben in Wasser von -|- 32*^0 standen, um sie vor Abküh- lung zu schützen und das Gleichgewicht zwischen der in Luft und der in Nährlösung gelösten Kohlensäure nicht zu verschieben. B. Verlauf der Atmung- im Aspergillus -MjgqX nach Einwirkung von Kälte. Schon bei der Schilderung der Methode wurde der Unterschied erwähnt, der in der Form des Mycels für die Desorganisations- beobachtungen und des Mycels für die Atmungsbeobachtungen be- steht. Während bei früheren Versuchsreihen stets ein strahliges Submersmycel verwendet wurde, handelt es sich jetzt um eine Decke dicht verwachsener Hyphen, die nur auf der Unterseite von der Nährlösung benetzt wird, also auch beim Gefrieren nur mit einer Fläche direkt der Wirkung des Eises ausgesetzt ist. Die Kultur- bedingungen sind also relativ günstiger. Eine genaue mikroskopische Untersuchung der zum Atraungsversuch bestimmten Pilzdecke in ihrer ganzen Ausdehnung ist nicht möglich, wohl aber geht mit Sicherheit aus den mikroskopischen Beobachtungen der Randzellen der Decke hervor, daß im Mycel überlebende Zellen vorhanden sind. Der Prozentgehalt dieser Dauerzellen konnte aber nicht bestimmt werden. Wenn wir bei der Diskussion der folgenden Beobachtungen auf die Ergebnisse der Untersuchungen im I. Teile zurückgreifen wollen, müssen wir den Unterschied in der Form des Mycels be- rücksichtigen. Sehen wir nun, wie die Atmung nach der Kältewirkung ver- läuft, und welche Faktoren für eine Steigerung der Atmungsinten- sität in Betracht kommen. Bei der Erledigung dieser Aufgabe w^ar es natürlich geboten, erst eine Kurve für den Normalverlauf der Atmung aufzustellen. Kurve I (Fig. 6, S. 40) zeigt den Verlauf der Atmung innerhalb 100 Stunden'). Ungefähr nach 70 Stunden ist das Maximum der 1) Die punktierte Linie verbindet die Daten des stündlichen Sauerstoffverbrauches die zweite Kurve stellt die COj-Produktion dar. Die angeführten Stundenzahlen bedeuten Durchlüftungsdauer -j- Periode des abgeschlossenen Luftraumes (vgl. S. 37). 40 Johannes Lindner, Intensität erreicht. Von nun an findet nur geringe Neubildung der Hyphen statt, der Pilz geht vom vegetativen Wachstum zur Sporen- bildung über. Die Atmungsgröße sinkt. Interessant ist der Ver- lauf der Kohlensäure- und Sauerstoifkurve selbst. Während an- fangs eine gewisse Parallelität zwischen den beiden Kurven gewahrt bleibt, steigt in der Gegend des Maximums die Sauerstoff kurve plötzlich schneller. Der größere Sauerstoffverbrauch läßt vermuten, daß neben dem gebotenen Zucker jetzt noch andere Stoffe zur Oxydation gelangen. Sicherlich ist bei dem regen Stoffwechsel der iff Z0'3fiZtJXi /6'2 J-3 /3^>7 S-^7 77-7 *'£ Stun 0.57 rso 6.6 6.6 977 S7 S7S ¥.0 % O2 cf.jj r/O 67 6.3 7¥ 63 3.9 3.7S%C02 7 Tag 2 Tage 3 Tage 4» Tage /.& /Ö'/ ö'/ /f*2 5t2 rtt7 2ii-^7 Stundet 7.Z 9.7 Ö«7 97 /SW 73.57 7376 e.s 0.6 '^.68 7036 % Oz 6.65 9.0 0.¥7 9.9 I2./0 70.56 10.72 o.s ort). f^.32 a.si/-^oC02. ZTage 3Tjj;e f-Tage sTage 6 Tage 7 rage ^77. daß die Pilzzellen vor der zweiten Kältewirkung durch die ver- brauchte Nährlösung minder resistent geworden sind und nun in geringerer Zahl die Wachstums- und Atmungstätigkeit wieder auf- nehmen. Ferner lehrt der Versuch, daß das Weiterleben einzelner Zellen nicht nur von der geeigneten Temperatur, sondern auch von reichlicher Nährstoflfzufuhr abhängt. über den Einfluß günstiger Temperaturen auf gefrorene Schimmelpilze. 49 Hatten die Untersuchungen des I. Teiles gezeigt, daß nur ein- zelne Dauerzellen ihre Lebenstätigkeit nach dein Gefrieren wieder autnehmen können, während die in den meisten Pilzzellen einge- tretenen Konfigurationsänderungen sicher irreparabel sind, so geht aus dem il Teile der Arbeit hervor, daß sich die Wiederaufnahme der Atmung ganz ungezwungen aus der Weiterentwicklung von „Dauerzellen" und resistenten Lufthyphen, in einzelnen Fällen auch aus dem nachträglichen Auskeimen von Sporen, die während der Beobachtungszeit neu gebildet worden waren, erklären läßt. Die Steigerung der Atmungsintensität nach der Kälteperiode ist also keineswegs so überraschend, wie sie Richter hinstellt. Zusammenfassung einiger Ergebnisse. 1. Die Zellen submerser Mycelien von Aspergillus niger, ebenso von Penicillium glaucum sind verschieden kälteresistent. Die Wider- standsfähigkeit nimmt für die untersuchte Entwicklungsdauer von 24: — 48 Stunden mit dem Alter zu. Nach der Kältewirkung sterben zuerst die Spitzen- und die angrenzenden Zellen ab. Die resi- stentesten Zellen finden sich, einzeln oder in Gruppen vereinigt, in der basalen Zone. 2. Die durch die Kältewirkung hervorgerufenen Desorgani- sationserscheinungen des protoplasmatischen Inhaltes schreiten nach dem Erwärmen der Kultur fort. 3. Die Desorganisation tritt ebenso nach Unterkühlung ein wie nach Eisbildung; in letztem Falle nur schneller. Die Dauer der Kältewirkung hat einen wichtigen Einfluß auf das Eintreten des Kältetodes. (Unter Kältetod wird sowohl schnelles als auch langsames Absterben verstanden.) 4. Lufthyphen sind allgemein resistenter als untergetauchte Zellen. 5. Zellen, die nach dem Auftauen sich nicht plasmolysieren lassen, sind stets tot; der Kollaps des Protoplasten tritt aber oft erst nachträglich ein. Zellen, die plasmolysierbar sind, können weiter leben oder absterben, je nach dem Grade der erlittenen Schädigung. 6. Der Kollaps, das sichtbare Schrumpfen des Protoplasten, kann nicht ausgeglichen werden. Er ist ein Zeichen des Turgor- Jalirb. f. wiss. Botanik. LV. 4 50 Johannes Lindner, Verlustes und des damit verbundenen Todes. Ein vorübergehender Verlust des Turgors im Sinne Richters wurde nicht beobachtet. 7. Einfluß günstiger Temperatur bewirkt, daß einzelne der in Punkt 1 genannten resistenten Zellen die Lebenstätigkeit nach dem Gefrieren wieder aufnehmen. Die günstige Temperatur braucht nicht unmittelbar nach der Kälte einzuwirken. Die Lebensdauer der resistenten Zellen in ungünstiger Temperatur (-]- 4° C) ist um so kürzer, je größer die vorhergegangene Schädigung war. 8. Der Umstand, daß die resistenteren Zellen in günstiger Temperatur besser am Leben bleiben, beweist, daß diese Zellen unmittelbar nach dem Gefrieren sich in einem Schwächezustande befinden. Dieser Schwächezustand kann eben überwunden werden, wenn die Schädigung nicht zu weit fortgeschritten war. 9. Von den Zellen, die unmittelbar nach der Kältewirkung plasmolysierbar sind, sterben auch in günstiger Temperatur noch einige ab (vgl. Punkt 5). Sie haben also eine Schädigung oder Schwächung erfahren, die auch unter den optimalen Bedingungen reparabel ist. 10. Für eine bestimmte Zelle, die unmittelbar nach der Kälte- wirkung noch Lebensäußerung zeigt (plasmolysierbar ist usw.), kann deshalb nicht sofort mit Sicherheit entschieden werden, ob sie weiter leben wird. IL Für die Atmungsbeobachtungen wurde das ÄspergiUus- Mycel als Pilzdecke kultiviert. Nur die Randzellen der Decke konnten mikroskopisch beobachtet werden. „Dauerzellen" waren auch hier nach der Gefrierzeit vorhanden. 12. Überlebende Zellen bilden nach der Kälteperiode eine neue Decke auf der ursprünglichen. 13. Die Atmungstätigkeit wird nach dem Auftauen im Mycel wieder aufgenommen. 14. Die schnelle Zunahme der Atmungsgröße nach der Kälte- wirkung wird vermutlich bewirkt: a) durch die „Dauerzellen", b) durch überlebende Lufthyphen, c) durch von beiden neu ge- bildete Hyphen. 15. Außer günstiger Temperatur sind gute Ernährungsbedin- gungen vorteilhaft für das Weiterwachsen der „Dauerzellen" und Lufthyphen und damit auch für die Erhöhung der Atmungs- intensität. über den Einfluß günstiger Temperaturen auf gefrorene Schimmelpilze. 51 16. Anhäufung von Stoffwechselprodukten kann eine Verminde- rung der Kälteresistenz zur Folge haben, was sich in einem ge- ringeren Anstieg der Atmungskurve kundgibt. 17. Den Atmungsanstieg nach dem Gefrieren im Sinne Richters zu deuten liegt kein Grund vor. Die vorliegenden Untersuchungen wurden im Botanischen In- stitute der Universität Leipzig ausgeführt. Auch an dieser Stelle möchte ich meinem hochverehrten Lehrer, Herrn Geheimen Rat Professor Dr. Pfeffer herzlichst danken für die Anregung zu dieser Arbeit und für seine wohlwollende Unterstützung, die mir ständig zuteil wurde. Ebenso bin ich Herrn Privatdozenten Dr. Buder für seine Bemühungen zu bestem Danke verpflichtet. Literatur-Verzeichnis. Apelt, Neue Untersuchungen über den Kältetod der Kartoffel. Cohns Beiträge zur Bio- logie d. Pflanzen, 1909, Bd. 9, S. 215. Bartetzko, Untersuchungen über das Erfrieren von Schimmelpilzen. Jahrb. f. wiss. Bot., 1910, Bd. XLVII, S. 57. Bonnier et M angin, Recherches sur la respiration et la transpiration des Champignons. Ann. d. scienc. nat., 1884, VI. ser., vol. 17, p. 210. — — , Recherches sur la respiration des tissus sans chlorophylle. Ann. d. scienc. nat., 1884, VI. ser., vol. 18, p. 293. Brenstein, Über die Pi-oduktion von COj durch abgetötete Pflanzenteile. Dissertation. Kiel 1887. Fischer, A., Beiträge zur Physiologie der Holzgewächse. 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Winkler, Albert, Über den Einfluß der Außenbedingungen auf die Kälteresistenz aus- dauernder Gewächse. Jahrb. f. wiss Bot., 1913, Bd. LI, S. 467. Die Periplasmodiumbildung in den Antheren der Commelinaceen und Ausblicke auf das Verhalten der Tapetenzellen bei den übrigen Monokotylen. Mit Tafel I und 7 Textfiguren. Von G. Tischler. I. In seiner zusammenfassenden Behandlung der Periplasmodium- bildung berichtet H annig (20) nach eingehenden Literaturstudien auch üher die entsprechenden Beobachtungen bei den Antheren der Angiospermen. Er macht darauf aufmerksam, daß namentlich von Seiten der neueren Morphologen kaum mehr auf das „Ein- wandern" der Tapetenzellen in das Pollenfach hinein besonders geachtet zu sein scheint, denn es fänden sich überall nur allgemeine Redewendungen über das Schicksal des Tapetums vor. Kurze Zeit darauf schenkte uns Bonnet (2) eine ausführliche monographische Bearbeitung der „Tapetes plasmodiaux" für eben diese Angiospermen- Antheren. Und in die gute Literaturdiskussion werden hier auch eingehende eigene cytologische Erfahrungen an Yucca, Atropa, Datura, Cohaea, Hellehorus, Hyoscyamus und Fuchsia verwoben. Da fiel mir auf, daß (S. 700) das Schicksal der Tapetenzellen generaliter so geschildert wird, daß es mit anderen Darstellungen nicht durchweg harmoniert. Es sollen näm- lich sehr spät, erst nach Bildung der jungen Pollenkörner diejenigen „Desorganisations-Erscheinungen" beginnen, welche schließlich zur Aufgabe der Selbständigkeit des Tapetums führen'): die Zellwände lösen sich auf, es bildet sich ein kernreiches Syncythium (S. 701), „puis le plasma se disloque, se liquefie en quelque sorte, et 1) Vgl. auch bereits die Bilder bei Bonnet (1). 54 G. Tischler, l'espece de gelee ä laquelle il donne naissance se repand entre les grains de pollen. Strasburger (42, 1882) a signale dans de nom- breuses plantes des aspects de ce genre. Sur les coupes, les grains de pollen apparaissent alors comme des grains remplissant des alveoles creusees dans une substance grisätre qui s'est glissee dans tous les interstices. Peu ä peu cette substance est digeree et disparait, et correlativement la membrane des grains de pollen se differencie." Diese Beschreibung stimmt in der Tat mit den meisten mir aus der Literatur bekannten Fällen überein, speziell hat Stras- burger (42, 43) in seinen beiden hierin grundlegenden Schriften in nicht mißverständlicher Weise für Malva, Oeranhim, Gaura, Cucurbita, Senecio, Cohaea, Iris, Oenothera, Passiflora und Cepha- laria gesagt, daß immer erst die Tetradeubildung vollendet sein müsse und die jungen Pollenkörner ihre Membrandifferenzierung begonnen haben sollten, ehe die „Plasmodiumbildung" einträte. Und ich selbst hatte bei meinen Pollen -Untersuchungen an Mira- hilis, Rihes, Potentilla, Syringa, Bryonia und Musa (46, 47, 48, 50) gleichfalls mich mit absoluter Sicherheit davon überzeugt, daß die Tapetenzellen hier sehr lange, ja, wie es scheint, für immer per- sistieren und von einem späteren „aktiven" Eindringen ins Pollen- fach hinein hier keine Rede sein kann. Wußten wir doch auch schon früher (s. z. B. v. Goebel, 15), daß häufig die Tapeten- zellen an ihrem ursprünglichen Ort verharren, von hier aus nur gewisse Stoffe secernieren („Sekretionstapetum"), um schließlich zu degenerieren. Demgegenüber frappierte mich die Ausdrueksweise von Ernst (13) in seinem letzten schönen Saramelreferat, wenn er schreibt (S. 243): „Im späteren Verlauf der Pollensack- Entwicklung tragen die Tapetenzellen wesentlich zur Ernährung der Archesporzellen bei. Ihre Membranen werden dabei in der Regel aufgelöst, das Plasma verteilt sich gleichmäßig zwischen den inzwischen gelockerten Zellen des Archespors (v. m. gesp.) und beteihgt sich als Periplasmodium an den nutritiven und vielleicht auch an den formativen Prozessen der Pollenentwicklung." Die von mir „gesperrten" Worte treffen nun meines Wissens für die bisher untersuchten Dikotylen nicht zu; denn wenn hier überhaupt ein „Einwandern" stattfindet, erfolgt das, wie wir eben sahen, viel später. Goebel sagt in der Organographie (15, S. 768) korrekter: „Bei den Farnen und in den Mikrosporangien werden die Wände Die Periplasmodiuinbildung in den Antheren der Coinmelinaceen usw. 55 der Tapetenzellen aufgelöst, ihr Plasma mit den (oft durch direkte Kernteilung vermehrten) Kernen wandert zwischen die isolierten Sporen-Mutterzellen oder ihre Tochterzellen ein und wird von diesen aufgebraucht." Handelt es sich etwa dabei um prinzipiell ganz gleichgültige Zeitunterschiede in der Auflösung des Tapetums oder deuten diese daneben noch Differenzen viel gewichtigerer Natur an? Das soll in unserer vorliegenden Abhandlung erörtert werden. Seit Hofmeisters Tagen und vor allem durch die detaillierten Angaben von Strasburger (42) und Hannig (20, 21) wissen wir, daß zahlreiche Gefäßkryptogamen tatsächlich schon zur Zeit der Ruhe der Sporen-Mutterzellen eine Plasmodiumbildung aufweisen. Und Hannig betont z. B. für Equisetum und Azolla mit Recht ausdrücklich, daß es sich hierbei nicht etwa um eine Art von Des- organisation, sondern um eine entschiedene Lebensäußerung handle. Die Verschmelzung der Tapetenzellen fängt dabei gleichzeitig oder zu verschiedenen Zeiten an zahlreichen voneinander unabhängigen Stellen an, so daß gewisse, verschieden große „Nester von Fusions- zellen" entstehen. Nach dem Einwandern des Tapetums zwischen die Sporenmutterzellen findet noch eine starke Kernvermehrung durch Amitose statt. Für lebhafte Stoffwechselvorgänge spricht das transitorische Auftreten von Stärkekörnchen im Plasmodium. Erst gegen die Sporenreife hin werden die Plasmodiaikerne leerer, sie sehen wie Blasen aus, und am Ende erfolgt Desorgani- sation und Resorption des Gesamtplasmas mit den Kernen. Ist nun der Gegensatz zwischen den Gefäßkryptogamen und den Blütenpflanzen danach in der Tat ein prinzipieller, indem bei ersteren das Einwandern des Tapetums einen „aktiven", bei letz- teren einen „passiven" Vorgang bedeutet? In der Literatur finden sich verstreut einige Angaben über sonderbare kernreiche Plasmamassen zwischen den jungen Pollen- Mutterzellen resp. ihren Abkömmlingen bei einigen Monokotylen. An diese hat wohl Ernst bei seiner oben zitierten Zusammen- fassung gedacht. Die Bilder sind indes von den Autoren noch sehr verschieden gedeutet und von Hannig in den meisten Fällen nicht, von Bonnet überhaupt nicht berührt. Es erscheint mir richtig, die einzelnen Forscher bei ihrer Be- schreibung selbst zu Wort kommen zu lassen, da sich daraus die Differenz der Auffassungen am besten ergibt. 56 G. Tischler, Strasburger (42, S. 111) beschreibt wohl als erster ein solch kernreiches Plasmodium und zwar nur für Ärvm maculatum *). „Gleich nach Bildung der jungen PoUeiikörner und Auflösung der "Wände der Tetraden wandert die doppelte Schicht von Tapeten- zellen, ihre Selbständigkeit aufgebend, zwischen die jungen Pollen- zeilen ein. Dieselben erscheinen hierauf in einem gleichmäßi<;fen, fein granulierten Protoplasma eingebettet. Dieses Protoplasma füllt lückenlos den ganzen Raum zwischen den Körnern aus. Es ist ein Leichtes, in der feinkörnigen Substanz die Zellkerne der Tapetenzellen wieder zu finden. Dieselben zeigen sich etwas ver- größert und von ziemlich unregelmäßiger Gestalt. Sie halten sich zum Teil in der Peripherie des Faches, teils zwischen den Pollen- körnern auf." Anscheinend, ohne diese Angaben zu kennen, er- wähnt Rosenberg (34, S. 8) ganz das gleiche, aber deutet die Erscheinung anders. „Bei Arum maculatuin habe ich solche Kerne in großer Menge unter den Pollenkörnern gefunden. Hier sind dieselben sicher (v. m. gesp.) als steril gewordene und aufgelöste Archesporzellen aufzufassen." Auch für einige andere Araceen findet sich offenbar ähnliches in der sonstigen Literatur angeführt. So sagt D. H. Campbell (6, S. 6) iür Dieffenbachia Seguine: „The young spores are embedded in a thick layer of nucleated protoplasm, doubtless derived from the broken down tapetum, and perhaps in part from a portion of the sporogenous cells. This point was not, however, investigated." B. M. Duggar^) (11, S. 90) weiß für zwei andere Araceen: Symplocarpus foetidus und Peltandra undidata, nach unserer Mei- nung bereits korrekter, anzugeben: „Upon the dissolution of the mother cell membrane, the tapetal cells become free, and wander in between the maturing microspores. Coming in contact with these forming microspores, the tapetal cells lose their identity as distincts cells, forming a general protoplasmic Stratum, in which the nuclei persist for some time. Imbedded in this nourishing layer, the microspores rapidly increase in size, at the same time assuming a thicker wall." 1) Bei allen anderen oben aufgeführten Gattungen spricht er nichts von Kernen zwischen dem Pollen, nur für Malva crispa (S. 89) gibt er an, daß „einzelne" auch hier- hin gelangen können. Doch kommt er (43) 1889 gar nicht mehr darauf zurück, während er (S. 58 — ^59) im übrigen eine sehr ausführliche Schilderung des Verhaltens der Tapeten- zellen gibt. 2) Diese Arbeit findet sich auch bei Hannig (20, S. 359) erwähnt. Die Periplasmodiumbilduiig in den Antheren der Coninielinaceen usw. 57 Von sonstigen Studien über Araceen-Pollenentwicklung kenne ich nur noch eine hier in Betracht kommende Pubhkation, nämlich die Arbeit von Gow (17) über Spathyema. Von den uns hier interessierenden Stadien wird darin aber nichts gesagt. Für die den Araceen verwandtschaftlich nahe stehenden Lem- naceen liegen die Verhältnisse anscheinend ähnUch. Wenigstens schreibt Miß Caldwell (3, S. 50)'): „When the microspore mother cells have become free by the breaking down of their cell walls, the tapetum sometimes divides, forming groups of cells projecting inter the mother cell region . . . These projecting cells evidently served to nourish the mother cells, as the latter were frequently found in close contact with them." Daneben sollen auch noch ein- zelne Pollen -Mutterzellen degenerieren und gleichfalls den Pollen ernähren. „The broken down mother cells frequently form incom- plete chains extending into and alniost across the loculus, though such masses are usually found near the tapetum." Auf Färbungen reagierten sie ganz gleich wie das echte Tapetum und hätten an- scheinend ganz die gleiche Funktion. Also Miß Caldwell spricht nicht etwa von einem direkten Einwandern der Tapetenzellen und nimmt vielmehr neben diesen „projecting cells" noch besondere „plasmodial werdende" Pollen- Mutterzellen in Anspruch. Aus dem Verwandtschaftskreis der „Helobiae" sind eine An- zahl ähnlicher Angaben über „kernreiche Plasmodien zwischen dem Pollen" wie bei den „Spathiflorae" in der Literatur niedergelegt. Als erster dürfte Campbell (4) etwas derartiges für Zannichellia gesehen haben. Er ist hier indes der Meinung, daß (S. 42) „not all the sporogenous cells give rise to spores, but a certain number are broken down and their free nuclei can be observed among the young spores. This recalls the similar behavior of the sporo- genous cells of Equisetum.^^ Bei der nahe verwandten Zostera liegen nach Rosenberg (35) die Dinge so, daß im Antherenfach bestimmte Zellen des Archespors sich gegen die Regel quer teilen und „steril" werden. Von diesen unterschieden sich zwar die das Antherenfach umgebenden Tapetenzellen, aber auch sie seien durch Abspaltung vom Archespor entstanden und gehörten nicht etwa zur Antheren„wandung". In einem späteren Stadium befänden sich nun zwischen den jungen Pollenzellen freie Zellkerne. Sie diffe- rierten typisch von den Kernen der Pollenkörner (34, S. 8): „Die 1) Diese Arbeit findet sich auch bei Hannig (20, S. 359) erwähnt. 58 G. Tischler, betreffenden Kerne sind stark cyanophil, auch färben sich ihre Nucleolen eher blau als rot. Das Chromatin kommt in Form kleiner Kügelchen von ziemlich gleicher Größe in einem deutlich netzförmigen Kerngerüst vor. Das Aussehen dieser Kerne erinnert sehr an die von mir beschriebenen und abgebildeten Kerne der Dro^era-Drüsen." Sie sollen nach Rosenberg sowohl aus den Tapetenzellen wie zum weit größeren Teile aus den „verdrängten steril gewordenen Archesporzellen" stammen. Des weiteren ver- gleicht der Autor diese freien Kerne mit den Funden Campbells bei Araceen und meint, künftige Untersuchungen würden auch hier wohl zeigen, daß die Nuclei zum großen Teile nicht aus dem Ta- petum, sondern aus steril gewordenen Archesporzellen herkämen. Kurze Zeit darauf weiß Murbeck (27) für Rup^na rostellata ganz Ahnliches zu schildern, doch läßt er das Plasma ausschließ- lich aus den Tapetenzellen herstammen. (S. 7 — 9): „Die Tetraden füllen lange nicht den ganzen Antherenraum aus, sondern ein er- heblicher Teil wird von einer anscheinend einheitlichen Plasma- masse und zahlreichen in dieser eingelagerten Kernen eingenommen. Diese sowie das Plasma rühren indessen von den Tapetenzellen her, welche sich aus ihrem gegenseitigen Verbände losgelöst haben und dann, wie es bei verschiedenen anderen Monokotylen der Fall ist (so zweifelsohne auch bei ZannichelUa), zu einer einzigen Masse zusammengeflossen sind, welche zwischen die Tetradenzellen ein- gewandert ist eben zu der Zeit, wo diese fertig gebildet wurden .... Wenn die Zellen der Tetraden sich voneinander losgelöst haben, dringt das aus den Tapetenzellen stammende Plasma und die in diesem eingemengten zahlreichen Kerne von allen Seiten zwischen dieselben hinein, und da die länglichen Pollenzellen alle möglichen Lagen einnehmen, so zeigt ein Schnitt durch eine Antherenkammer zu dieser Zeit ein sehr mosaikartiges Bild. Die Tapetenkerne per- sistieren während eines guten Teiles der Zuwachsperiode der Pollen- körner, nehmen aber allmählich an Größe ab und werden immer mehr cyanophil und arm an Nuclearsubstanz. Wenn der genera- tive Kern der Pollenkörner sich teilt, sind sie ganz verschwunden." Die letztgenannten Gattungen ZannichelUa, Zostera und Buppia rechnet man zu der Familie der Potamogetonaceen, und es macht den Eindruck, daß das „kernreiche Plasma" zwischen den sich teilenden Pollen-Mutterzellen und dem jungen Pollen genau so zum Familiencharakter gehört, wie bei den Araceen und Lemnaceen. Bei Potamogeton foliosus hat Wieg and (52) zwar nicht ausdrück- Die Periplasniodiunibilduiig in den Antheren der Comnielinaceen usw. 59 lieh gleiches beschrieben, aber vielleicht nur nicht darauf geachtet. (S. 345): „The complete disintegration of the tapetal cells . . is almost coincident with the divisions of the pollen-mother-cell. When the young pollen grains are free in the anther, therefore, only a disorganized mass of protoplasm is in the position formerly occupied by the tapetum. This substance is very soon distributed among the pollen grains, where it possibly serves as nutriraent." Ob noch nor- male Kerne darin liegen, wird also gar nicht berührt, doch ist dies nach unseren eigenen unten mitzuteilenden Funden für Potamogeton natans überaus wahrscheinlich. Von den übrigen Familien der Helobiae ist nach der Literatur nur noch bei der Scheuchzeriacee Lilaea subulata^ und zwar wieder von Campbell (5) das „kernreiche Plasmodium" gefunden. Er glaubt hier an die ursprüngliche Existenz von besonderen inter- mediär zwischen Tapetum und Archespor stehenden Zellen (S. 9 bis 10): „potentially sporogenous cells which do not . . . develop into spores, but become broken down and serve, like the true tapetal cells, to nourish the developing spores The sporogenous cells after Separation are imbedded in a nucleated mass of protoplasm derived from the tapetal cells and the imperfect sporogenous ones." Das sind, nach Möglichkeit wörtlich wiedergegeben, alle An- gaben, die mir von den Helobiae bekannt geworden sind. Über die sonst noch cytologisch untersuchten Gattungen Najas (Camp- bell, 4), /S'a^^^/fftria (Schaffner, 37) und üfeZot^e« (Wylie, 54) finden wir keine entsprechenden Angaben. Ohne weiteres ist damit natür- lich noch nicht gesagt, daß hier in der Tat die „kernreichen Plas- modien" fehlen. Seit dem Jahre 1902 ist mir überhaupt, auch bei Vertretern aus anderen Monokotylenfamilien, keine neue hierher gehörige Be- schreibung bekannt geworden. Wie wir sahen, kommt Hannig nur für zwei Fälle, Bonnet überhaupt nicht mehr auf diese Er- scheinungen zurück. Die Verhältnisse bei den Dikotylen wollen wir erst am Schluß unserer Abhandlung berühren. Eine wirklich eingehendere cytologische Schilderung der Ent- stehung solcher „kernreicher Plasmodien" liegt, höchstens mit Aus- nahme von Murbecks Angaben für Buppia, zurzeit noch für kein Objekt vor. Da war es mir von großem Interesse, als ich bei einer Untersuchung heterantherer Pflanzen an Commelina coelesüs die gleiche kernreiche Plasmamasse zwischen dem jungen Pollen aufdeckte, wie es für die oben genannten Spathiflorae und Helobiae 60 ö- Tischler, beschrieben war. Über die innerhalb des Andröceums hier zu be- obachtende „Arbeitsteilung" unter den Stamina (s. z. B. v. Kirch- ner, 22) ist an dieser Stelle nicht zu berichten, da sich in allen sechs x\ntheren in der uns hier interessierenden Frage die näm- lichen Verhältnisse bemerkbar machen. Vertreter der Commelina- ceen sind ja nun schon öfter untersucht (s. die Literaturzusammen- stellung bei Picard, 31), aber immer scheint allein auf die Pollen- Mutterzellen acht gegeben zu sein. Wenigstens habe ich weder bei Guignard, Strasburger, Farmer u. Miss Shove und Mottier noch bei der neuesten Publikation von Nawaschin (29) etwas von den eigenartigen Verhältnissen bezüglich des Tapetums erwähnt ge- funden. Trotzdem sagte Guignard (19, S. 355) schon im Jahre 1885 von Tradeseantia: „II n'est peut-etre pas de plante qui ait ete plus etudiee, au point de vue qui nous occupe, que les poiuts staminaux ou les cellules meres de polleu des especes de ce genre!'' Und Clark (8), der die gröberen morphologischen Verhältnisse der Blüten schildert, weiß auch nichts Besonderes von den Tapeten- zellen der Commelinaceen zu melden. Ich habe Commelina coelestis, Rhoeo discolor sowie Trades- eantia fluminensis und virginica untersucht und alles Wesentliche identisch gefunden. Im nachfolgenden soll Commelina coelestis als „Paradigma" genauer geschildert werden. II Bonnet (2) hat in seiner mehrfach zitierten Abhandlung über die Tapetenzellen aufs neue auseinandergesetzt, wie aus dem „Prot- archespor" durch tangentiale Abspaltung einer Zellschicht das echte Archespor (die „Ahnenzellen" der Pollen -Mutterzellen) und eine äußere Reihe geschieden werden. Letztere teilt sich dann wieder in eine innere Schicht, welche die „Tapetenzellen" liefert, und in eine äußere, die wir am besten als „Zwischenzellschicht" bezeichnen könnten. Aus ihr gehen nämlich durch eine bis mehrere tangen- tiale Teilungen die Zellreihen hervor, die wir zwischen E|)idermis und Tapetum als „mechanische" und „transitorische" Zellen der Antherenwandung kennen. Auch für die Commelinaceen gilt dies Schema. In Fig. 1, Taf. I haben wir ein Stadium abgebildet, in dem (von außen nach innen) bereits deutlich Epidermis (E), eine Reihe Zwischenzellen (Zw), eine Reihe Tapetum (T), endlich das Archespor (Ä) geschieden sind. Irgend ein wesentlicher tinteischied in der Organisation der einzelnen Zellen oder ihrer Kerne fällt Die Periplasmodiumbildung in den Antheren der Commelinaceen usw. 61 zunächst noch nicht auf. Hervorheben möchte ich vor allem, daß fast überall in den Kernen mehrere Nucleolen vorhanden sind. Bei stärkerer Vergrößerung sehen wir einen Kern aus dem zukünftigen Tapetum in Fig. 2, Taf. I. Eine scbärfere Differenz zwischen den Tapeten- und Archespor- zellen bezüglich ihres Kernaufbaues oder der Dichtigkeit des Cyto- plasmas ist auch in etwas späterem Stadium ohne weiteres nicht zu konstatieren. Höchstens machen sich Unterschiede in der Größe stärker bemerkbar. Bei der Zellvermehrung innerhalb der Antherenwandung bleiben die Tapeteuzellschicht vorerst einreihig, ihre Zellen einkernig. Nur sehr ausnahmsweise (Fig. 3, Taf I) linden wir zweikernige infolge der Nichtanlage einer Zellwand nach der Kernteilung. Fig. 4, Taf. I zeigt uns die Struktur eines Nucleus ungefähr zu der Zeit, in der die Kerne der Pollen-Mutterzellen im Leptonema sind oder in die Synapsis treten. Jetzt ist aber der Unterschied zwischen den beiderlei Kernarten ein erheblicher geworden. Das Chromatin ist in den Tapetenkernen im wesentlichen feinkörnig geblieben oder in dünnen Netzen, Waben und Strängen geordnet; nur gelegentlich fallen gröbere fädige Bil- dungen auf, wie sie auch in Fig. 4 eingezeichnet sind. In Fig. 5, Taf. I finden wir ein Übersichtsbild, das uns einen Schnitt durch ein ganzes Pollenfach zu dieser Zeit vorstellt. Außer- halb der gezeichneten Partie liegen die Epidermis, die Schicht, welche später die Faserschicht gibt, und die z. T. bereits zerdrückte Reihe von transitorischen Zellen. Diese ist stellenweise durch tan- gentiale Teilung zweischichtig gewurden, was ich namentlich bei Rlioeo discolor ausgeprägt fand. Nun folgt das von uns im Bilde wiedergegebene Tapetum. Hier ist gleichfalls, etwas häufiger als in der vorigen Schicht, an einzelnen Stellen Zweischichtigkeit ein- getreten. Doch gilt im ganzen genau wie bei Bonnets Objekten (S. 61.5): „Ce n'est qu'en des points tres localises qu'elle est de- doublee parfois en deux couches." Sämtliche Kerne des Tapetums sind gewohnterweise sehr chromatinreich, die Zahl ihrer Nucleolen ist variabel, meist aber beträchtlich. Die Größe der Kerne auf diesem Stadium ist ungefähr die folgende, wobei noch zu be- merken ist, daß die Nuclei in den verschieden großen Antheren keinen charakteristischen Unterschied in ihrer Größe ergeben: (Die Zahlenangaben beziehen sich auf „Teilstriche", deren Entfernung voneinander 0,00078 mm = 0,78 ^ beträgt.) 62 G- Tischler, im Durchschnitt: 16 : 12 = 14 Teilstr. 16 : 10 = 13 „ 19 : 14 = 16,5 „ 18 : 24 ~ 21 „ 14 : 15 =: 14,5 „ 16 : 11 = 13,5 „ im Durchschnitt: 19 : 12 = 15,5 Teilstr. 12 : 20 = 16 „ 20 : 12 = 16 „ 18 : 16 = 17 „ 16 : 16 = 16 18 : 10 = 14 „ Die Unterschiede zwisclien diesen ganz beliebig herausgegriffenen 12 Kernen sind so groß, daß eine mittlere Größe anzugeben will- kürlich erscheinen würde. Im allgemeinen darf man wohl sagen, daß die von 14 — 16 Teilstrichen - Durchmesser, d.h. also von ca. 11 — 12,5 ß, die Mehrzahl waren. — Bisher ist offenbar die ganze Entwicklung der Tapetenzellen die „normale", sie entspricht z. B. völlig der von Bonnet studierten Yucca. Nun aber folgt nach dem französischen Autor bereits die „senilite" (S. 626 ff.), d.h. es machen sich Desorganisationsmerkmale geltend. Es sei dahingestellt, ob diese Angabe für alle von Bonn et weiter beschriebenen Vorgänge korrekt ist. Jedenfalls dürfen wir bei den Commelinaceen noch von keiner Senilität sprechen. Wäh- rend bei Bonnets Objekten die Zellen jetzt 2 — 4kernig werden und dann eine Kernfusion häufig einsetzt, ist bei unseren zwar die Zweikernigkeit der Zelle auch als ziemlich regelmäßige Erschei- nung zu beobachten (Fig. 6, Taf. I), aber gleichzeitig verändert das Chromatin seine Anordnung so, wie in besonders lebhaft funktio- nierenden, u. a. in „Drüsen"-Kernen. Berühmt geworden und am besten studiert sind ja hier die von Rosenberg (33) näher unter- suchten Kerne in den Drüsen der Drosera -Tentakeln. Außerdem beginnen sich an einzelnen Stellen die Zellwände im Tapetum auf- zulösen. Es entstehen, wie bei Equisetum usw., immer zuerst Nester von „Syncythien", nachdem auch die ursprünglich noch vorhandenen Plasmodermen bei dieser Zeilverschmelzuno; unsichtbar geworden sind. Gräper (18) sagte vor kurzem (S. 375), daß eine Alters- schädigung der Zelle sich zuerst in einer Neigung zeige, ihre Eigen- art als in sich abgeschlossenes Ganzes aufzugeben und daß dies sich in der Regel in einer Verschmelzung mit der Nachbarzelle äußere. Aber darum dürfen wir sicher nicht überall bei nicht- sexuellen Zellfusionen auf typische Alterserscheinungen schließen. Hier stehen dem schon die Indizien entgegen, die wir aus Kernform- und Kernstruktur-Anderung gerade für lebhafte Aktivität hernehmen dürfen. Die PeriplasDiodiumbildung in den Antheren der Commelinaceen usw. 63 In unseren Fig. 7 u. 8, Taf. I ist zum Ausdruck gebracht, wie einige Zellen auch bei weit vorgeschrittener Syncythienbildung der anderen noch immer ihr eigenes Plasmoderma behalten können. Sind aber einmal diese gelöst, so ist, wie gesagt, in keiner Weise mehr eine Grenze zwischen den ursprünglich getrennten Zellinhalten nachzuweisen. Bald macht nun das Cytoplasma nach dem Raum hin, in dem die Pollen-Mutterzellen liegen, Bewegungen, wie wir sie etwa von den Myxorayceten her als „amöboide" zu bezeichnen gewohnt sind. Wir finden meist an der äußersten Grenze das Plasma besonders dicht gelagert. Auch die Kerne verändern jetzt ihre Form, sie erhalten amöboide Konturen und zwar vorzugsweise nach der Innen- seite des Plasmodiums hin. Hier zeigen sich ihre stärksten Gestalts- veränderungen während der ganzen Ontogenese. Man kann alle möglichen merkwürdigen Bildungen auffinden: ganz langausgezogene, eingeschnürte, eingebuchtete Kerne liegen dabei nahe solchen, die in ihrer Form gegen früher scheinbar unverändert geblieben sind. Karyogamien, die sonst in den alternden Tapetenzellen so häufig sind, scheinen hier nur sehr selten vorzukommen. Sehr oft liegen dabei die Kerne ziemlich dicht nebeneinander und erst bei ge- nauerem Zusehen lassen sich ihre einzelnen Territorien scharf trennen. Diese im allgemeinen fehlende Kernverschmelzung be- rührt merkwürdig, wenn man an die zahlreichen Beispiele denkt, die Nemec (30) für die Leichtigkeit derartiger Fusionen anführt. Wieder ganz willkürlich herausgegriffene Kerne maßen in diesem Stadium (in dem oben näher präzisierten Maßstabe): = 15 Teilstr, im Durchschnitt 17 13 = 15 T 20 8 = 14 15 12 = 13,5 13 12 = 12,5 14 10 = 12 10 10 = 10 im Durchschnitt: 19 13 = 16 Teilstr. 12 15 = 13,5 „ 15 10 = 12,6 15 14 = 14,5 „ 15 12 r= 13,5 13 7 = 10 Das sind ziemlich die gleichen Maße wie vorhin, eher sind die Größen nach unten hin verschoben (doch ist das wohl Zufall). Die „mittleren Durchmesser" machen noch weniger Anspruch auf Genauigkeit als früher, weil sich die Kerne jetzt oft besonders weit von der Kugelform entfernen und zwei zum Maß gewählte Durchmesser das Volumen sehr wenig eindeutig festlegen. 64 G- Tischler, Die Pollen-Mutterzellen haben inzwischen die beiden meiotischen Teilungen durchgemacht und das Plasmodium erstreckt sich nun immer weiter ins Pollenfach hinein. Die Kerne halten mit dem Vorschreiten des Plasmas (s. auch Fig 8, Taf. 1) gut Schritt, bleiben also nicht etwa einseitig in größerer Menge an der Peripherie zurück. Höchstens könnte das für die allerersten Stadien des Ein- wanderns gelten. Man hat jetzt schöne Bilder, die ganz denen von Miß Caldwell (3) für Lemna entsprechen, die die „projecting cells", wie wir oben sahen, näher beschreibt. Nach der Isolierung der jungen Pollenkörner schiebt sich das Plasmodium auch in die hier entstandenen Zwischenräume weiter vor. Und sehr bald füllt eine ganz gleichmäßige Plasmamasse das Pollenfach völlig aus und stellt so eine morphologische und wohl auch physiologische „Einheit" dar. Der Pollen ist in diesem kern- reichen Plasma also eingebettet in anscheinend genau derselben Weise, wie wir das von den Spathifloren und Helobiern hörten (Fig. 9, Taf. I). Hier ist aber ganz sicher das Gesamt-Material aus den Tapetenzellen hergekommen, ein „Sterilwerden" gewisser Pollen-Mutterzellen, das von einigen Autoren daneben angenommen war, und durch das die Plasmamassen gewissermaßen einen doppelten Ursprung bekommen sollten, fällt hier durchaus fort. Ich glaube, daß erneute Untersuchung auch für die genannten Gruppen im wesentlichen das gleiche ergeben wird. Lückenlose Stadien, wie wir sie hier für Commelina geben, wurden ja bisher noch kaum für die anderen Gattungen (höchstens von Murbeck im- Ruppia) bei- gebracht. Während der ganzen Zeit lassen die Tapetumkerne kein An- zeichen von Degeneration erkennen. Ob ihre Zahl, wie das für Equisetum von Hannig beschrieben wird, sich noch vermehrt, läßt sich nur indirekt angeben, da jedes Anzeichen für eine direkte oder indirekte Teilung absolut fehlt. Man kann Hunderte und Tausende von Nuclei durchmustern, selbst zu einer Zeit, in der die Kerne der Pollen -Mutterzellen in allen nur möglichen Teilungsstadien in großer Menge dazwischen liegen, und niemals läßt sich ein Indi- zium irgendwoher nehmen, daß vor kurzem eine Teilung der Ta- petenkerne stattgefunden habe. Ich habe dieses Nebeneinander von sich teilenden Kernen der Pollen -Mutterzellen und von ruhenden des Tapetums nicht nur bei Commelina, sondern auch bei Trades- cantia und Bhoeo in aller Deuthchkeit oft genug gesehen. — Die Tapetenkerne haben jetzt völlig den Charakter von „Drüsenkernen" im Durchschnitt: 17 12 = 13,5 Teilstr. 13 11 = 12 55 16 11 = 13,5 » 14 14 = 14 55 15 12 = 13,5 55 13 14 z= 13,5 55 15 14 = 16 55 16 13 = 14,5 55 Die Periplasmodiumbildung in den Antheren der Commelinaceen usw. 65 verloren (Fig. 10 u. 11, Taf. I), das Chromatin ist wieder fein- körnig verteilt, die Nucleolen merkwürdigerweise durchweg in Einzahl (vgl. übrigens Hannig für Azolla S. 248, für die der Straßburger Autor aber Teilungen der Kerne wahrscheinlich macht). Irgend eine nennenswerte Veränderung der Größe ist nicht ein- getreten, höchstens kann ganz allgemein von einer größeren Gleich- mäßigkeit der Form gesprochen werden. Willkürlich herausgegriffene Kerne maßen z.B. (die Maße wie oben): im Durchschnitt: 15 : 15 = 15 Teilstr. 17 : 12 := 14,5 15 : 14 = 14,5 „ 15 : 9 ~ 12 „ 17 : 13 = 15 „ 16 : 13 = 14,5 17 : 14 = 15,5 15 : 12 = 13,5 „ Das Plasma des „Periplasmodiums" muß an Masse stark zu- genommen haben. Erstlich repräsentieren die Hohlräume zwischen den jungen Pollenkörnern, die jetzt ganz mit Cytoplasma erfüllt sind, ein größeres Volumen, als das der ursprünglichen einzelnen Tapetenzellen betrug. Demgegenüber könnte man viel- leicht einwenden, daß sich jetzt eine schön wabige Struktur im Plasma zeigt, welches vorher viel dichter gelagert war, und daß infolgedessen eine tatsächliche Massenzunahme durch die Plasma- verteilung vorgetäuscht werde. Dies wird aber mehr als wett- gemacht durch die Größenzunahme, die das ganze Pollenfach er- fahren hat. Messungen zeigten mir, daß es gegenüber der Zeit, in der die Pollenmutterzellen in Synapsis lagen, um die doppelte Länge, gegenüber der Zeit der Tetradenteilungen auch noch sehr beträchtlich sich vergrößert hat. Mit diesem Wachstum des Pollen- faches ist das Wachstum des Periplasmodiums Hand in Hand gegangen. Lassen sich nun irgend welche auffälligen Beziehungen zwischen dem Periplasmodium und den in dieses eingeschlossenen Pollen- körnern wirklich nachweisen? Wenn wir von den gefärbten Prä- paraten ausgehen, so könnten Bilder gleich Fig. 10 u. 11 höchstens Anzeichen dafür ■ abgeben. So sehen wir, wie die Kerne stellen- weise ganz dicht an das Pollenkorn gelagert und womöglich nach Jahrb. f. wiss. Botanik. LV. 5 66 G. Tischler, hierhin noch in einen besonderen Fortsatz ausgezogen sind, so sehen wir weiter, wie die feinsten Exinevorsprünge in an- scheinend charakteristischer Weise mit den „Waben" des Cyto- plasmas zusammen liegen können. Bei vielen F'ilicales entsteht ja bekannter Weise ein besonderes „Perispor", das als eigene Haut der Exine der jungen Spore aufgelagert wird. AberHannig (21) macht ausdrücklich darauf aufmerksam, daß das selbst inner- halb dieser Pflanzengruppe nicht allgemein gelte. Es gibt sogar einzelne Familien wie die Aspidiaceen oder Unterfamilien wie die Blechneen, in denen perisporfreie und perisporhaltige Spezies nebeneinander vorkommen. Von irgend welchen Perisporien ist bei unserer hier näher geschilderten Familie in Übereinstimmung mit der herrschenden Auffassung aber nichts zu konstatieren. Und eine direkte Beeinflussung der Exine in ihrer charak- teristischen Form werden wir auch ablehnen müssen, um so mehr als die erste Anlage der jungen Pollenhäute noch innerhalb der Pollenmutterzellmembran vor sich geht. Ich habe speziell an den Flächen, die den anderen Abkömmlingen einer und derselben Pollen -Tetrade zugekehrt waren, konstatieren können, daß die Exine bereits in meßbarer Dicke vorhanden war, wenn sich das Plasmodium zwischen die vier frei werdenden Pollenkörner drängte. So bleibt allein eine indirekte Beeinflussung des Wachstums der jungen Mikrosporen übrig. Etwas derartiges ist ja in sehr extremem Maße von Fitting (14) für die Makrosporen von Selaginella und Isoetes geschildert worden. Für letztere aber (S. 121) hören wir, daß „eine Auflösung der .... Ta- petenzellen . . . weder in diesem noch in einem späteren Stadium stattfinde", trotzdem früher eine solche beschrieben war (Goebel, Mer, Farmer) und für Selaginella gilt das gleiche. Auch hier findet „das Wachstum der Sporenhäute . . ohne jeden Kontakt mit dem Plasmakörper der Spore und ohne Berührung mit einem aus den Tapetenzellen abzuleitenden Periplasma statt." Aus eigener Erfahrung darf ich an die großen Pollenkörner bei Mirahüis erinnern (48), deren Häute so außerordentlich an Dicke zunehmen und für die auch nur eine indirekte Wirkung des Tapetums möglich ist, denn ein wirkliches Einwandern des Plasmas zwischen die jungen Pollenkörner fehlt hier gleichfalls. Wenn nun gerade diese Beispiele, in denen die Sporenmem- branen anscheinend in sehr weitgehendem Maße unabhängig vom Plasma der eigenen Zellen so starkes Wachstum zeigen, von einem Die Periplasniodiumbildung in den Antheren der Comnielinaceen usw. 67 „nicht aufgelösten" Tapetum ernährt werden, so ist es schwer einzusehen, warum nicht überall diese Ernährungsweise genügen sollte. Mit anderen Worten: einen speziellen ökologischen Nutzen dürfen wir in dem Einwandern des Tapetalplasraodiums kaum sehen. Wir bezeichnen charakteristische Erscheinungen, die wir unter dem „einseitigen" Einflüsse besonderer äußerer oder innerer Reize phylogenetisch entstanden denken, als „Anpassungsmerkmale". V. Nägeli (28), der diesen Terminus (S. 327) geschaffen hat, sagt, daß sie „eine geringere Permanenz als die Organisations- merkmale" besitzen, die „durch die selbständige Umbildung des Idioplasmas bedingt werden und welche in Übereinstimmung mit ihrem Ursprung sich den äußeren Verhältnissen gegenüber gleich- gültig verhalten". Auch im Zeitalter des Mendehsmus, in dem wir wohl nicht mehr so leicht geneigt sind, „Merkmale", resp. die ihnen zugrunde liegenden Gene unter dem Einfluß besonderer einseitig wirkender Reize entstanden zu denken, in welchem uns vielmehr als Ideal vorschwebt, die sämtlichen zutage tretenden Charaktere als Reaktionsnormen einzelner voneinander unabhängiger „Einheiten" hinzustellen und die Entstehung dieser „hinter den äußeren Erscheinungen liegenden Gene" kausal zu erklären, auch in diesem für eine „direkte Be Wirkung" skeptischen Zeitalter werden wir im allgemeinen diejenigen Merkmale systematisch höher schätzen, welche uns ohne besondere ökologische Bedeutung er- scheinen. Damit kommen wir aber notwendig auf die Frage, ob die Art und Weise, wie sich bei den Commelinaceen die Tapeten- zellen verhalten, ein Einteilungsmerkmal abgibt, das systematisch brauchbar ist. Jedoch auch abgesehen von solchen systematisch -phylogene- tischen Gesichtspunkten, auf die wir erst weiter unten eingehen wollen, haben wir in der Periplasmodiumbildung der Tapetenzellen ein Phänomen vor uns, das von Interesse für die allgemeine Bio- logie ist. Analysieren wir es, so würden wir offenbar als Primär- erscheinung, die alles andere erst ermöglicht, die Lösung der Zell- membranen ansehen. Ohne Entfernung der festen Hülle kann der Inhalt nicht heraustreten. Aber wir haben doch bei ganz den gleichen Blütenpflanzen, die ein Periplasmodium im Pollensack haben, an anderer Stelle gleichfalls eine ungekammerte vielkernige Plasmamasse, die nur durch ein Plasmoderma gegen eine Höhlung abschließt, nämlich im „Embryosackwandbeleg". Hier fehlt ein 68 G- Tischler, solches Verlassen des ursprünglichen Standortes in Form eines unregelmäßig konturierten „Hinflutens" nach innen doch völlig! Wir können den Unterschied auch so ausdrücken: Im Embryo- sackwandbelege bleibt die Oberflächenspannung an der Innenwand offenbar überall die gleiche, während bei den ihrer Zellwände be- freiten Tapetenzellen sich an der Innenseite starke Änderungen der Spannung bemerkbar machen. Denn nach unseren jetzigen Kenntnissen müssen wir jede amöboide Bewegung von plasmodialen Massen mit derartigen Spannungsdifferenzen in Verbindung bringen. Am naheliegendsten wird als Ursache anzunehmen sein, daß der Stoffwechsel, den wir zwischen dem „drüsigen" Tapetum und den Pollenmutterzellen resp. ihren Abkömmlingen postulierten, die Oberflächenspannung beeinflußt. Physiologische Arbeit müßte hier einsetzen, um den auch durch diese Deduktion wahrscheinlich gemachten starken Stoff- austausch des Näheren zu prüfen. Dazu wäre wohl Vorbedingung eine Isolierung des gesamten Inhaltes eines Pollenfaches, einschließ- lich des Tapetums. Aber selbst bei dem vorsichtigsten Offnen der Antheren und sofortigen Verbringen in Zucker- oder mit Zucker getränkte Gelatinelösungen starben die Zellen in meinen Versuchen bald ab. Als Kontrolle dienten mir vor allem sich teilende Pollen- mutterzellen, die unter diesen neuen Verhältnissen das weitere Vorschreiten der Mitosen sistierten und ca. 24 Stunden später dann deutliche Zerfallserscheinungen zeigten. Mein Ziel war anfangs zu versuchen, die Tapetalplasmodien auch „von den Pollenkörnern" fort in die zuckergetränkte Gelatine wachsen zu lassen. Vielleicht können weniger empfindliche ent- sprechende Gewebe anderer Arten aufgefunden werden, bei denen der Versuch positiven Erfolg aufweist. Für Äspidiiim trifoUatum hat Hannig (21, S. 329) ebenfalls nur konstatieren können, daß, wenn die Sporangien erst einmal gewaltsam geöffnet sind, der Inhalt damit soweit zerstört wird, daß z. B. eine Plasmolyse sich nicht mehr ausführen läßt. Ein weiteres im Auge behalten dieser Versuche scheint mir auch aus dem Grunde von Interesse, weil amöboide Bewegungen freier pflanzlicher Plasmodien eigentlich nur bei den Myxomyceten eingehender studiert sind. Dabei sind auch für die Algen, wie die interessanten Versuche 0. Richters (32) bei Diatomeen und die hier (S. 100) für Chlorophyceen angeführten Literaturangaben zeigen, gleichfalls manche Plasmodiumstadien beschrieben worden. Die Periplasmodiumbildung in den Antheren der Commelinaceen usw. 69 Wir haben noch einige Worte über das weitere Schicksal der Periplasmodien in unserem Falle zu sagen. Ich untersuchte diese Endstadien besonders eingehend bei Tradescantia fiuminensis und kann nur betonen, daß sie wieder in allem Wesentlichen mit den von Hannig untersuchten Equisetum und Azolla (20, S. 220 ff., S. 265, S. 27.5) übereinstimmen. Die Plasmodiumkerne werden sichtlich chromatinärmer, um dann von einem bestimmten Augenblick an wie kollabiert auszu- sehen. Ihre Oberflächen werden höckerig, eine Differenzierung im Innern ist nicht mehr zu beobachten, das Volumen wird deutlich kleiner. Schließlich sehen sie „glasig" aus, von basischen Farb- stoffen lassen sie sich nicht mehr färben und zerfallen in kleinere Körner, die resorbiert werden. Nach der Terminologie von Bonnet (2, S. 676) dürfen wir hier somit von einer „Pyknose" sprechen, denn gerade das „Glasig werden", das homogene Aus- sehen der Nuclei zu bestimmter Zeit, unterscheidet diese von der „Karyorrhexis" und der „Karyo- oder Chromatolyse". Bonnet macht ja aber selbst darauf aufmerksam, daß der Modus der Kerudegeneration offenbar keine prinzipielle Bedeutung hat. Während dieser Vorgänge hat das Plasma an Masse stark ab- genommen. Der Raum zwischen den einzelnen Pollenkörnern wird immer kleiner, und entsprechend muß Plasmodialsubstanz resorbiert werden. Die Struktur geht von der wabigen in eine flockige über. Zur Zeit der Reife des Pollens ist keine Andeutung von irgend welchen Bestandteilen des Periplasmodiums mehr vorhanden. III. Wir berührten oben bereits die Frage, ob wir das eigenartige Verhalten der Tapetenzellen bei den Commehnaceen als „Organi- sations-" oder als „Anpassungs"- Merkmal im Sinne v. Nägelis verwerten können und schnitten damit die Bewertung des Phä- nomens in systematischer resp. phylogenetischer Hinsicht an. Um hier zu einem definitiven Urteil zu kommen, wird es notwendig sein, zu konstatieren, inwiefern ein echtes Periplasmodium in ge- wissen Familien konstant oder fast konstant vorkommt, in anderen ebenso konstant oder fast konstant fehlt. Nun wäre es ja denkmöglich, daß mehrfach unabhängig von- einander bei den Angiospermen ein derartiges Periplasmodium auf einer gewissen Organisationsstufe eintritt, ebenso wie wir es bei 70 G. Tischler, Equisetum einerseits, Äzolla und den übrigen untersuchten Farnen andererseits vorfinden, die doch wohl sicher eine nähere Ver- wandtschaft untereinander nicht aufweisen. Dieser Erwägung steht jedoch vorläufig für die Monokotylen die Tatsache gegenüber, daß bisher ein echtes Tapetalperi- plasmodiiim nur für Angehörige gewisser Verwandtschaftsreihen beschrieben ist, nämlich für die Helobiae und die Spathiflorae (in der Engler sehen (12) Begrenzung). Dazu treten jetzt noch die Commelinaceen. Sehen wir zunächst von den Dikotylen ganz ab, so fehlen Angaben über entsprechende Bildungen von Spezies aus den Englerschen Reihen der Triuridales, der Glumiflorae, der Liliiflorae , der Scitamineae, der Microspermae und, was bei der meist angenommenen näheren Verwandtschaft mit den Spathiflorae eigentümlich berührt, auch bei den Pandanales, den Principes und den Synanthae. Die Literatur ist dabei aber sehr ungleichmäßig zu beurteilen; vielfach fehlen Angaben über das Schicksal des Tapetums, auch wo wir nähere Details über das der Pollen- mutterzellen wissen , vielfach sind ganze Reihen überhaupt noch ununtersucht, vielfach liegen nur flüchtige Bemerkungen vor. Für die Glumiflorae betont schon Golinski 1893 (16) und er bildet es in seinen Figuren 3 u. 4 ab, daß zwischen den Pollen-Tetraden eingewanderte Protoplasmapartikel von den Ta- petenzellen her nicht gesehen werden konnten. Er steht aber offenbar unter dem Banne der herrschenden Auffassung, wenn er trotzdem meint, es möchte ein Periplasmodium doch vielleicht vorkommen. Soweit ich jedoch die Literatur kenne, ist von Golinski bis aufStout (1912, 41) niemals je irgend ein Tapetal- plasmodium bei einer Glumiflore beschrieben oder abgebildet worden. Für die Triuridales ist kürzlich von Wirz (53) eine Arbeit erschienen, in der der Autor angibt, daß die Tapetenzellen ziemlich lange erhalten bleiben. Ein Plasmodium wird nicht beschrieben. Für die Scitamineae weiß ich u. a. aus eigner Anschauung (Musa 50), daß ein echtes Periplasmodium fehlen kann. Für die Microspermae existieren ja wieder mehrere eingehendere Ar- beiten über das Verhalten der Antheren. Aber auch für sie kenne ich keine stichhaltigen Angaben über ein Verhalten der Tapeten- zellen, das dem bei den Commelinaceen geschilderten entspräche (vgl, z. B. die Mikrophotographie bei Coulter u. Chamberlain (9) Fig. 62). Die Principes und Synanthae sind anscheinend auf Die Periplasmodiumbildung in den Antheren der Commelinaceen usw. 71 das uns hier interessierende Merkmal hin noch gar nicht unter- sucht, die Pandanales zwar in einzelnen Gattungen (Schaffner, 38), aber mit Rücksicht auf unsere Resultate dürfte auch hier eine allgemeinere Untersuchung vonnöten sein. Über sie sowie die Liliiflorae wollen wir gleich noch etwas ausführlicher sprechen. Man sieht aus diesem Resume, daß hier noch sehr viel Arbeit zu leisten sein wird, um zu definitiver Klarheit darüber zu kommen, inwieweit das Verhalten der Tapetenzellen systematisch brauchbar ist. Einzelne „Stichproben" habe auch ich gemacht, wobei ich mich in der Wahl der Objekte vorerst von folgenden Gesichts- punkten leiten ließ: 1. Existieren auch bei den noch nicht daraufhin untersuchten Helobiae durchweg Periplasmodien? 2. Verhalten sich wirklich die Commelinaceen so verschieden von gewissen anderen Monokotylengruppen, z. B. den Pandanalen und Liliifloren, die doch in anderer Hinsicht mancherlei Ähnlichkeiten mit ihnen aufweisen? Ich habe nun zunächst entsprechende Antheren von folgenden Helobiern in der üblichen Weise in Fleraming fixiert, eingebettet, geschnitten und gefärbt'), nämlich von Aponogeton distachyus, Butomus umbellatus, Alisma Plantago und Potamogeton natans. Die gewählten Spezies gehörten also zu ganz verschiedenen Familien, die nach Engler selbst zu gesonderten „Unterreihen" zu rechnen sind. Ich habe nicht für alle eine lückenlose Reihe von Ent- wicklungsstadien verfolgt. Aber gerade die entscheidenden habe ich jedesmal aufgefunden. Das Resultat sei in aller Kürze gleich vorweggenommen. Bei Aponogeton, Butomus und Pota- mogeton existiert ein typisch einheitliches Periplasmodium, ganz dem von Commelina, Tradescantia und Rhoeo gleichend. Schon unmittelbar nach Loslösung der jungen Pollenkörner aus dem Tetradenverbande hat es sich vollständig zwischen ihnen ausgebreitet und enthält zahlreiche, dem Aussehen nach durchaus lebenskräftige, normale Kerne, die sich durch ihre Färbung gegenüber den an- gewandten Tinktionsmitteln (Hämatoxylin und Säurefuchsin) etwas von den Nuclei der jungen Pollenkörner unterschieden. Der Chromatinreichtum ist noch ein sehr großer. Das Plasmodium und die Kerne persistieren dann bis nahezu zur Reife des Pollens, 1) Ich bemerke hier ausdrücklich, daß auch alle weiter unten behandelten Spezies aus anderen Verwandtscbaftsreihen entsprechend „mikrotechnisch" präpariert wurden. 72 ö. Tischler, um erst zu einer Zeit, in der die „generative Zelle" sich in diesem ausbildet, Zeichen von Degeneration zu zeigen. Schließlich wird wegen des Wachstums der jungen Pollenkörner der Raum zwischen diesen immer enger, das Plasmodium erhält flockige Struktur, wird mitsamt den Kernen aufgebraucht und zur Zeit, in der der Pollen ganz reif ist, ist wieder keine Spur mehr von den Resten des Tapetenplasmas vorhanden. Ich bemerke noch, daß sich schon frühzeitig das gesamte Plasma von dem Ort, an dem es ursprüng- lich lokalisiert war, fortgezogen hatte (s. Textfig. 1 u. 2). Etwas abweichend verhält sich die vierte der untersuchten Helobiae: AUsma Plantago. Denn hier sehen wir noch nach der Trennung der jungen Pollenkörner häufig die einzelnen Tapeten- zellen als „projecting cells" ins Lumen des Pollenfachs ragen, ohne ein zusammenhängendes Periplasmodium zu bilden (Textfig. 3). Auch wenn die Einwanderung weiter vorgeschritten ist, kann man die einzelnen Hautschichten gut voneinander trennen. Aber die Struktur des Plasmas und der Kerne weicht nicht von der der anderen Helobier ab. Speziell fiel mir der große Chromatin- reichtum der Nuclei auf. Wir haben zwar keine ernährungs- physiologische Einheit in dem Plasmodium, sondern einzelne ge- trennte Plasmodien, aber, wenn wir nach morphologischen Merk- malen auf die Funktion schließen dürfen, kann kein wesentlicher Unterschied zwischen AUsma und den anderen bestehen^). Die Frage, die wir sub 1) stellten, läßt sich danach für eine Reihe von (zu getrennten Untergruppen gerechneten) Gattungen ohne Vorbehalt bejahen. Der A^is;»«- Typus unterscheidet sich davon vielleicht nur, daß ein geschlossenes Periplasmodium fehlt. Wie verhält es sich nun mit unserer zweiten Frage? Von den Pandanales wählte ich als Beispiel Sparganium ramosum, und ich fand in ihm ein sehr interessantes „Zwischen- glied" zwischen Formen wie Alisina und den sonstigen Monokotylen mit „tapetes plasmodiaux" außerhalb der Spathifloren, Helobier und Commelinaceen. Zunächst ist wieder zu sagen, daß die Tapeten- 1) Der Unterschied zwischen Alisina und Butomus ist aber nicht so erheblich, als es den Anschein haben könnte. Denn auch bei letzterer Pflanze sah ich, daß das Peri- plasmodium erst relativ spät einheitlicli wird, während kurze Zeit vorher noch die getrennten Hautschichten im Pollenfach gut zu sehen waren. Und es ist möglich, daß ich für AUsma die Zwischenstadien zwischen der von mir skizzierten Fig. 3 und denen des annähernd reifen Pollens nur nicht in meinen Präparaten hatte. In den Kern- strukturen ist jedenfalls keine nennenswerte Differenz! Die Periplasmodiumbildung in den Antheren der Comnielinaceen usw. 73 Zellen noch zur Zeit, in der die Tetradenteilung vorgenommen wird, streng peripher liegen. Sie besitzen alle ihre Zellwände, ein Zu- sammenfließen mehrerer zu einem Syncythium ist wie bei Alisma nirgends zu beobachten. Fast jede Zelle, die übrigens schon zur Zeit der Synapsis der Pollenmutterzellen zweikernig war, hat jetzt vier Nuclei. Die Tetraden der Pollenmutterzellen liegen in manchen Fig. 1. Fig. 3. ~Pl Fig. 2. Fig. 4. Fig. 1 — 4. Übersichtsbilder von den Tapetal- Plasmodien zur Zeit, in der der Pollen zwar schon seine Exine gebildet hat, aber noch nicht „reif" ist. Fig. 1 von Butomus umbellaius. — Fig. 2 von Potamogeton natans. — Fig. 3 von Alisma Plantago. Fig 4 von Sparganium ramosum. Bei PI die Plasmodien, deren Grenzen nur angedeutet sind, bei K die Kerne der Plasmodien. Vergr. 390. Antheren dicht zusammen, während in anderen die typischen Inter- cellularen dazwischen aufgetreten sind. Trotzdem sieht man in diese nirgends ein „Hineinfluten" eines Periplasmodiums. Das Plasma der Tapetenzellen ist bereits oft sehr vakuolig, die Kerne zeigen deutliche Senilität, sie färben sich kaum anders als das Plasma und heben sich infolge ihrer großen Chromatinarmut recht schwer 74 Cr. Tischler, von diesem ab. Kurze Zeit darauf sehen wir, wie nun doch zwischen den voneinander bereits getrennten jungen Pollenkörnern sich die Plasmasubstanz aus dem Tapetum einfindet. Aber es handelt sich nicht nur um eine „verspätete und unvollständige" Peiiplasmodiumbildung wie vielleicht bei Alisma, sondern wir haben allen Grund aus den morphologischen Bildern auf eine andere „Lebensfähigkeit" zu schheßen. Denn die Kerne zeigen hier keine der vorher für „drüsige Gewebe" charakterisierten Chromatinstruk- turen, sie sind vielmehr noch chromatinärmer geworden als vorhin und heben sich mit den gewöhnlichen Tinktionsmitteln noch schwerer vom Plasma ab (Textfig. 4, S. 73). Wenn dieses auch jetzt ziemlich lückenlos die Hohlräume zwischen dem jungen Pollen ausfüllt, so bemerkt man doch die trennenden Plasmawände, die vorher die einzelnen Zellen begrenzten. Die Zellulosemembranen sind gelöst, aber die Verschmelzung der Zellinhalte zu einem typischen Periplasmodium ist nicht mehr eingetreten. Das kennen wir nun freilich vom Alisma-Typ, bei Sparganium aber ist die Struktur des Plasmas sofort grob vakuolig, sie wird dann bald flockig und sehr kurze Zeit darauf (wenn man das Größerwerden der jungen Pollen- körner als Maßstab benutzt) ist es mitsamt den deformierten Nuclei resorbiert. Wenn wir hier von einer Periplasmodiumbildung sprechen wollten, so ist jedenfalls daran festzuhalten, daß das Plasma senile chromatinarme Nuclei besitzt! — Es möchte nun von Interesse sein, auch andere Vertreter der Pandanales auf das Verhalten des Ta- petums hin zu untersuchen und zu sehen, ob Sparganium sich für die Reihe „typisch" verhält. Unsere Ausführungen können und sollen ja hier nur anregend und nicht erschöpfend sein, insbesondere auch nach der „ernährungsphysiologischen" Richtung hin. Wenden wir uns jetzt zu den Liliifloren. Hier möchte ich in erster Linie daran erinnern, daß bereits Strasburger (42) für Iris und Bonnet (2) für Yucca, die beide ganz besonders auf das Verhalten des Tapetums und eventueller Periplasmodien achteten, kein „Einwandern" von Substanzen aus den Tapetenzellen zur Zeit der Archespor- Lockerung oder der Tetradenteilungen beschrieben haben. Auch die von Bonnet noch nebenbei studierten Hemero- callis fulva und Asphodelus albus schließen sich dem wohl an, wenigstens wird nicht erwähnt, daß sie sich anders verhalten. Trotzdem wird gerade für Hemerocallis fulva häufig von einer Plasmaeinwanderung ins Pollenfach gesprochen. Z. B. sagt Stras- Die Periplasmodiumbildung in den Antheren der Commelinaceen usw. 75 burger in seinem „Praktikum" (45), und wir finden den Satz auch in die neueste, nach seinem Tode von Ko ernicke besorgte Auflage unverändert übernommen, S. 588: „In nächst älteren Blütenknospen haben sich die Pollenmutterzellhäute aufgelöst, die jungen Pollen- körner liegen frei; die Tapetenzellen haben ihre Selbständigkeit größtenteils aufgegeben, ihr Inhalt ist zwischen die jungen Pollen- körner gedrungen". Ob sich dabei aber ein lebendes Periplas- modium ausbildet oder nicht, davon erfahren wir gar nichts. Bonnet will ja gerade für seine „tapetes plasmodiaux" als cha- rakteristisch anführen, daß hier die Tapetenzellen gegen das Ende ihres Lebens in (S. 609) „lambeaux" zerfielen, welche „emigrent entre les grains de pollen" und somit die „role nutritif ordinaire" auf- wiesen. Und Coulter und C h am be riain (9), die doch wohl gerade eigene Beobachtungen an Liliifloren in ihrem Laboratorium häufig gemacht haben, erwähnen auch nur ganz allgemein S. 38: „At the end of the tetrad division the tapetal cells usually become dis- organized." Um zu einem eigenen Urteil zu gelangen, wählte ich noch zwei typische Liliifloren -Vertreter aus zwei verschiedenen Familien, näm- lich die bereits von Wieg and (52) untersuchte Liliacee: Convallaria majalis und die Dioscoreacee Tamus communis. Das Resultat war wieder ganz eindeutig. Ein echtes Periplasmodium im Sinne der Helobiae und Commelinaceen fehlt hier vollständig. Beide Spezies haben zur Zeit der Tetradenteilung der Pollen- mutterzellen noch völlig scharf abgegrenzte, zumeist zweikernig ge- wordene und streng peripher gelagerte Tapetenzellen. Diese sind sehr vakuolig und zeigen in Anordnung wie Struktur der Nuclei typische Degenerationstadien. Insbesondere fielen häufig große wie (Jlkörper aussehende, bei vorgerückter Senilität öfter beobachtete Gebilde im Zellinnern auf. Beide Spezies zeigen dann weiterhin ganz über- einstimmend (s. Textfig. 5 für Tamus, S. 76), daß selbst längere Zeit nach der Isolierung der Pollenkörner sämtliches Tapetenzellplasma inklusive der Kerne an dem ursprünglichen Orte verblieben ist. Für Tamus habe ich einige Antheren gesehen, in denen dies selbst noch der Fall war, wenn bereits die Pollenkörner sich mit Plasma gleichmäßig dicht füllen und die ersten Stärkekörner, die ja so charakteristisch für ein gewisses Reifestadium sind (Tischler 49), auftreten. Die Hohlräume zwischen den Pollenkörnern sind ent- weder leer oder (gelegentlich sah ich es bei Convallaria) mit einer schleimigen Substanz erfüllt, die typisch verschieden von Plasma- 76 G. Tischler, strukturen höchstens bei ganz unzureichender Fixierung und Färbung ein „Periplasmodium" vortäuschen könnte. Da ich solche schleimige Substanz bei Tainiis zufällig gar nicht, bei Convallaria wie gesagt gelegentlich, dagegen bei den studierten Bromeliaceen immer auf einem gewissen Altersstadium sah, wollen wir erst dann etwas aus- führlicher darüber sprechen. Die vöUige, mit einer Strukturveränderung verbundene, ja häufig bis zum Verluste jeglicher Differenzierung im Innern führende Degeneration des Tapetums geht unzweifelhaft an der Peripherie des Pollenfaches vor sich. Wenn ganz spät das Zerbrechen des Tapetums und das Hineinfallen des Tapetenzellinhalts zwischen den Fig. 5. Fig. 6. Fig. 5 6. Übersichtsbilder für das Verhalten der Tapeteiizellen zur Zeit des nahezu reifen Pollens. Fig. 5 von Tamus communis. — Fig. 6 vou Cryptanthus bivittatus. Bei T die peripher gelagerten Tapetenzellen. Die Pollenkörner von Tamus liegen frei in der Höhlung des Pollenfaches, während sie bei Cnjptanthus in einen Schleim eingebettet sind. Vergr. 390. reifenden Pollen stattfindet, liegt hier sicher ein rein passiver Vor- gang vor. Kerne sind jetzt überhaupt kaum mehr zu unterscheiden. Von einem lebendigen Periplasmodium wird man keinesfalls mehr sprechen dürfen. — Wir können uns jetzt nach Beantwortung der oben auf- geworfenen Frage, daß bisher wenigstens bei den Liliifloren keine den Commelinaceen analogen Erscheinungen im Verhalten des Tapetums bekannt sind, zu einer weiteren „systematischen" Frage wenden. Nämlich, wir können uns fragen, ob die „Reihe", in der Engler (12) die Commelinaceen mit einigen anderen Familien ver- einigt, die Reihe der „Farinosae", in bezug auf die Periplasmodium- Die Periplasniodiumbildiuig in den Antheren der Commelinaceen usw. 7 7 bildung einheitlich ist. Eine Entscheidung wäre in unserem Fall von besonderem Interesse, da manche Autoren bereits auf die „Künstlichkeit" dieser Verwandtschaftskonstruktion hingewiesen haben. DieEriocaulaceen und Pontederiaceen hat Smith (39, 40), allerdings höchst flüchtig, cytologisch studiert. Für erstere findet sich gar nur der Satz (40, S. 282): „The pollen mother cells of each spo- rangium are in a single row, surrounded completely by a tapetum, and externally by two or sometimes three cell layers." Weiter ist über das Verhalten des Tapetums gar nichts gesagt. Nicht viel mehr hören wir über die Pontederiaceen Eichhornia crassipes und Pontederia cordata (39, S. 324 für erstere): „The tapetum is a distinct layer of small cells closely adherent to the spore mother cells, and often wedged in among them." Die letzten von mir gesperrten Worte veranlaßten schon Coulter und Chamberlain (9, S. 37) zu einem eventuell anzunehmenden Vergleich mit den oben zitierten Araceen. Aber auch das ist alles höchstens knapp angedeutet. Erneute cytologische Arbeit wird nötig sein, um nochmalige genaue Prüfung des Verhaltens der Tapetenzellen herbeizuführen. Die Xyridaceen stimmen nach Weinzieher (51) sicher nicht mit den Commelinaceen überein. Wir lesen hier auf S. 398: „Während der Entwicklung der Tetraden vergrößern sich die Tapetenzellen noch mehr. Sie verlieren ihre regelmäßige Form und einzelne derselben greifen etwas in den Antherenraum hinein. Während der endgültigen Ausbildung der Pollenkörner werden die Tapetenzellen mehr und mehr resorbiert, so daß die Vermutung, daß ihre Substanz zum Aufbau der Pollenkörner, speziell ihrer Exine verwendet werde, auch mir begründet erscheint. Ein Peri- plasmodium, d. h. eine Verschmelzung des Plasmas der Tapeten- zellen, konnte ich nie beobachten; die Zellen bewahren ihre In- dividualität." Ich selbst habe zwei Bromeliaceen-Species auf die Tapeten- zellen hin genauer untersucht, nämlich Cryptanthus hivittatus und 6'. acaulis. Auch diese verhalten sich sicher anders als die Com- melinaceen. Zu der Zeit, in der die Pollenmutterzellen sich in Tetradenteilung befinden, sind alle Tapetenzellen durch Zellwände noch sehr deutlich abgegrenzt; die Zahl der Kerne beträgt 1 — 2. In späteren Stadien lassen sich Zellulosewände nicht mehr überall nachweisen, doch müssen zwischen den Einzelzellen noch getrennte 78 G- Tischler, Hautschichten vorhanden sein, wie die winzigen bei der Fixierung entstandenen Zwischenräume zwischen ihnen beweisen. Nach innen zu sind die Tapetenzellen nicht mehr durchweg scharf begrenzt, doch liegt auch in einem Entwicklungsstadium der Anthere, das bereits ziemlich große Pollenkörner birgt, der gesamte Tapeten- zell-Iuhalt streng peripher. Eine überall markierte Begrenzung der einzelnen Tapetenzellen gegeneinander läßt sich nicht mehr nachweisen. Ein geschlossenes Periplasmodium fehlt aber ganz sicher. Die Kerne sind recht chromatinarm, das Plasma sehr vakuolig. Ganz besonders auffallend sind die mächtigen schlei- migen Massen, in denen die Pollenkörner eingebettet liegen (Text- fig. 6, S. 76). Mit dem Plasma des Tapetum haben sie direkt nichts zu tun, höchstens könnten sie ihre Entstehung auf seine Tätigkeit zurückführen. Die Schleimmassen erwähnten wir oben bereits für ein bestimmtes Stadium bei CouvalJaria. Bei Cryptantlnis dauern sie offenbar sehr lange an, ich sah sie immer noch, selbst wenn die jungen Pollenkörner sich mit Plasma angefüllt hatten oder die generative Zelle gebildet war. Zur Zeit der Reife des Pollens sind, sie dann resorbiert. Gegen das Ende der Pollenentwicklung hin hat sich nun auch das inzwischen völlig degenerierte und mit Farbstoffen sich annähernd homogen färbende Tapetumplasma, in dem besondere Kerne kaum mehr zu unterscheiden sind, in die Höhlung des Pollenfaches begeben. Durch Häraatoxylinfärbung waren beide, ungefärbt vielleicht eine gewisse Ähnlichkeit besitzenden Massen deutlich zu sondern. Denn nur das Tapetumplasma spei- chert das Hämatoxylin ziemHch stark, der Schleim des Pollenfaches sehr wenig. Kerne fehlen letzterem selbstverständlich durchaus, und dies Kriterium erlaubt mit absoluter Sicherheit auch ungefärbt zu entscheiden, ob wir in irgend einem zweifelhaften Falle es mit einem echten Periplasmodium zu tun haben oder mit etwas anderem. Ich glaube, daß manche älteren Angaben über Peri- plasmodien auf solche Schleime zurückzuführen sind. Schwieriger ist eine Entscheidung darüber, wie wir uns diese entstanden denken müssen. Wir erwähnten ja bereits, daß die Möghchkeit besteht, das Tapetenzell-Plasma als „drüsiges Gewebe" könnte den Schleim sezerniert haben. Zu denken wäre auch an eine Verschleimung der Substanzen der alten Pollenmutterzellmembran. Ersteres ist mir aber doch immer noch wahrscheinlicher. Etwas ganz Ahnliches scheint Hannig für die Massulae von AzoIIa (20, S. 2.ö4ff.) be- schrieben zu haben. Strasburger hatte auch hier ein „Einwandern" Die Periplasmodiumbildung in den Antheren der Conimelinaceen usw. 79 von Cytoplasma angenommen, ja sogar Kerne darin zu sehen ge- glaubt. Hannig zeigte darauf, daß es sich nur um kolloidale Eiweißgerinnsel handeln dürfte, die „in gelöster Form (v. m. gesp.) durch die Wand der Massulavakuole diffundieren, zumal in dem Maße, als die Vakuolen sich vergrößern, das Periplasma außerhalb der Vakuolen verschwindet". Auch die weitere Strukturen -Um- formung innerhalb der Massula-,, Zwischenmasse" zeigt ganz typische Unterschiede gegenüber der Struktur des Plasmas (s. auch Fitting (14, S. 134, 147 ff.) für Isoetes und Selaginella). Ganz das gleiche können wir in unserem Falle bei den Bromeliaceen und Convallaria beobachten. Eine ausführlichere Behandlung des Problems lag außer- halb unserer gegenwärtigen Aufgabe, die ja in erster Linie die war, Vergleiche mit dem Verhalten der Commelinaceen vorzunehmen. Damit können wir unsere „Stichproben" aus den Reihen der Monocotylen schließen. Wir haben gesehen, daß vorläufig die Spathiflorae (Araceen und Lemnaceen), die Helobiae und die Commelinaceen in der Tat isoliert bleiben, wenn auch z. B. Alisma sich etwas von den anderen unterscheidet und in gewisser Bezie- hung bei dem den Pandanales zugerechneten Sparganium sich etwas Vergleichbares vorfindet. Ist nun wirklich durch dies so eigen- artige „Merkmal" eine natürliche Verwandtschaft zum Ausdruck gebracht? Das mögen Berufenere entscheiden. Mir ist es schon jetzt wahrscheinlich, daß die Ausbildung eines Periplasmodiums systematisch brauchbar ist. Jedenfalls darf ich in diesem Zu- sammenhange darauf aufmerksam machen, daß kein geringerer als Delpino (10) Zoster a eine dem Leben im Meerwasser angepaßte Aroidee nennt und daß wir ja allgemein wissen, wie Pistia und Lenina durch den Aufenthalt im Wasser „Helobiae-Habitus" an- genommen haben. Was andererseits die Stellung der Commelina- ceen anlangt, so lesen wir schon bei Lotsy (23, S. 693), daß es nicht außer dem Bereich der Möglichkeit liegt, sie mit den Alis- mataceen zu verknüpfen. Und manche anderen Merkmale dieser interessanten Familie zeigen die Isolierung von den übrigen „Fari- nosae" oder gar den Lihifloren. Bereits seit den Tagen de Barys ist z. B. wiederholt auf den abweichenden Verlauf der Gefäßbündel hingewiesen worden (Literatur s. bei Caro, 7). Zum Schluß unserer Abhandlung sei es uns gestattet, noch mit ein paar Worten auf das Verhalten der Dikotylen einzu- gehen. Aus leicht begreiflichen Gründen müssen wir uns hier 80 G. Tischler, ganz besondere Reserve auferlegen. Denn ein systematisches Durch- nehmen der einzelnen Angaben über das Tapetum innerhalb der verschiedenen „Reihen" würde uns von unserem Ausgangspunkt doch gar zu sehr entfernen und zudem die eigenen Untersuchungen ins Uferlose anschwellen lassen. Nur die Frage sei also hier ge- stattet, ob denn überhaupt irgendwo bisher ein typisches „kern- reiches" Periplasmodium beschrieben ist. Die meisten werden ge- neigt sein, ohne weiteres die Frage zu bejahen, besonders wenn sie an Strasburgers oben zitierte Abhandlungen denken. Und doch decken sich, soweit mir bekannt ist, nirgends die Verhält- nisse auch nur einigermaßen mit der von uns soeben „isolierten" Gruppe. Aus der letzten Zeit nenne ich zunächst eine Arbeit von Lubimenko und Maige (24) über Nymphaea und Nuphar. Hier schienen mir nach der Beschreibung die Dinge am ähnlichsten wie bei den Helobiae, Commelinaceen usw. zu liegen. Man urteile selbst (S. 451). Die jungen Pollenkörner hätten sich bei Nymphaea schon voneinander getrennt und doch seien die Tapetenzellen in- takt (das würde allerdings einen Unterschied gegenüber den meisten Angehörigen unserer Gruppe bedeuten, aber Alisma könnte ja den „Übergang" liefern); nun verdicke sich die Exine: „En meme temps se produit la dissolution des membranes des cellules nourricieres. Ce dernier phenomene commence par la partie de la membrane qui regarde la cavite du sac pollinique, pour se pro- pager ensuite du cote oppose. Ces deux faits conduisent ä penser que la substance chimique qui provoque la dissolution des mem- branes des cellules meres produit le meme eifet sur les parois des cellules voisines les plus proches. Apres la dissolution des mem- branes qui regardent la cavite du sac pollinique, le cytoplasme des cellules nourricieres se deverse plus ou moins dans cette cavite et enveloppe les jeunes grains de pollen, dont les parois se recouvrent exterieurement de granulations de plus en plus nombreuses et s'epaississent rapidement." Die Autoren glauben, und das ist nach unseren sonstigen Kenntnissen nicht sehr wahrscheinlich, daß sich diese Körnelungen einfach als Verdickungen auf der Exine fest- setzen. „Un peu plus tard, les grains de pollen se separent com- pletement, et sont isoles au milieu du sac pollinique et entoures de toutes parts par le cytoplasme des cellules nourricieres," Bei Nuphar luteum (S. 453) geht die Lösung der Tapetenzellen etwas langsamer als bei Nymphaea alba vor sich, aber schließlich bildet sich das Plasmodium in gleicher Weise aus. Danach mußte ich Die Periplasmodiumbildung in den Antheren der Commelinaceen usw. 81 annehmen, daß sich ein echtes Periplasmodium bei den Nymphaea- ceen findet, und es interessierte mich diese Angabe besonders im Hinblick auf die von manchen Seiten als möglich hingestellte phylogenetische Verwandtschaft der Familie mit den Helobiae. Bei der theoretischen Wichtigkeit des Gegenstandes und nach Kenntnis der Dinge bei den Bromeliaceen usw. hielt ich es aber für nützlich, auch selbst eine Nymphaea cytologisch zu studieren. Leider habe ich nicht alle wünschenswerten Stadien in meinen Präparaten erhalten und eine definitive Entscheidung kann ich nicht treffen. Folgende Punkte konnte ich aber sicherstellen. Ein- mal ist eine schleimige Masse in der Tat zwischen den jungen Pollenkörnern vorhanden, ich konnte aber niemals Kerne in ihr nachweisen ^). Die Masse hat eine andere Struktur als das Tapeten- zellplasma. Besonders schwerwiegend ist aber die Tatsache, daß immer noch am Rande ein degeneriertes Tapetum vorhanden ist, in dem man auch noch die homogen gewordenen gleichfalls degene- rierten Kerne sehen kann. Wenn also, wie Lubimenko und Maige annehmen, der Schleim auf das Plasma des Tapetums zu- rückzuführen sein sollte, so ist keinesfalls der ganze Tapetuminhalt dabei beteiligt. Von einem Periplasmodium als „lebender Ein- heit", das allmählich zwischen die sich lockernden Pollenmutter- zellen einwandert, oder auch nur von mehreren isolierten Einheiten, wie bei Alisnia, dürfen wir hier wieder sicher nicht sprechen. Zweitens bemerkte ich, daß selbst in ganz alten Entwicklungs- stadien, in denen die Pollenkörner schon nahezu reif sind und der „Schleim" größtenteils resorbiert ist, immer noch einige Reste des kaum mehr als Sondergewebe kenntlichen Tapetum peripher ge- lagert waren. Wir erinnern uns, daß bei den Commelinaceen und Helobiern dagegen schon frühzeitig an der Peripherie eine freie Zone zustande kam, da aus ihr sich alles Plasma entfernte und die Zellulosewände bereits früher aufgelöst waren. — Wie bei den Pandanales würde vielleicht bei den Nymphaeaceen ein vertiefteres Studium interessante Übergänge im Verhalten des Tapetums zutage fördern. Für die mit den Nymphaeaceen in verwandtschaftliche Be- ziehungen gebrachten Ceratophyllaceen dürfen wir gleichfalls 1) Lubimenko und Maige bilden in Fig. 58 einen solchen Kern neben einigen Pollenkörnern ab. Ich kann nach meinen Präparaten nicht glauben, daß das eine regel- mäßige Erscheinung ist. Jahrb. f. wiss. Botanik. LV. 6 82 G. Tischler, kein echtes Periplasmodium annehmen, denn Strasburger (44, S. 492) schreibt hier ausdrücklich: „Erst nach vollzogener Teilung in den Pollenzellen beginnt die aus ziemlich flachen, doch inhalts- reichen Zellen gebildete Tapetenschicht zu schwinden, dann runden sich die Pollenkörner gegeneinander ab, wobei sich nachweisen läßt, daß die zarten, zwischen ihnen vorhandenen Pollenmutterzell- wände verquellen." Und etwas später (S. 495) heißt es: „Nach der Resorption der Tapetenschicht wird die nächst äußere, inhalts- arme stark gedehnte Zellenschicht ganz zerquetscht." Ein Literaturzitat von Hannig (20, S. 359) ließ mich weiter- hin erwarten, daß bei gewissen Compositen eine echte Periplas- modiumbildung sich findet. Wenigstens ist Hannig geneigt, das von Merrell (25) untersuchte Silphium direkt mit den Araceen zu vergleichen. Und in der Tat beschreibt dieser Autor die ein- schlägigen Stadien folgendermaßen S. 112: „While these changes have taking place (seil, die jungen Pollenkörner sich voneinander getrennt haben) the tapetum and middle layer have been disor- ganizing. In this way a plasma is formed which gradually distri- butes itself among the pollen grains. The nuclei of the disorga- nized cells are visible for quite a long time. This plasma finally collects around the spores and is at last encrusted upon them as a sheath, exactly comparable to the perinium of a pteridophyte spore." Abgesehen von dem letzten Vergleich mit dem Perinium kann ich Merrell s Angaben für Silphium perfoliatum, das ich entsprechend fixiert und gefärbt hatte, nur bestätigen. In der Tat findet sich ein kernreiches Plasma in einem bestimmten allerdings sehr kurz dauernden Stadium zwischen dem jungen Pollen. Der Unterschied gegenüber den untersuchten Commelinaceen und den meisten Helobiern ist aber wieder der, daß hier zur Zeit der Tetradenteilung das Tapetum noch streng peripher liegt, und nach Bildung des jungen Pollens niemals in einem Periplasmodium ein ernährungsphysiologisch tätiges Syncythium geschaffen wird. Stets kann man noch mehrfach die getrennten Protoplasten mit ihren ge- sonderten Hautschichten nachweisen, auch wenn die Tapetenzellen „eingewandert" sind. Daß daneben stellenweise Vereinigungen der Zellen vorkommen, leugne ich keineswegs. Silphium dürfte etwa ungefähr mit Sparganium direkt verglichen werden können. Wich- tig ist in diesem Zusammenhange wieder vor allem, daß die Kerne in dieser Plasmasubstanz nie Strukturen zeigen, die auf irgend eine „Aktivität" schließen lassen. Die Nuclei sind vielmehr Die Periplasmodiumbildung in den Antheren der Commelinaceen usw. 83 meist sehr chromatinarm und oft schwer vom Plasma färbe- risch zu trennen. Dieses Merkmal scheidet den Süphium- sehr scharf von unserem Alis}na-Typus. Daß nicht auf einem bestimmten Altersstadium notwendig die gesamten Tapetenzellen von der Peripherie verschwunden zu sein brauchen, wie das doch bei den untersuchten periplasmodiumführenden Monokotylen durchweg der Fall war, lehrten mich einige Präparate, in denen selbst stellen- weise das Tapetum noch außen im Pollenfach persistierte, nachdem an den jungen Pollenkörnern die Exine schon ganz beträchtliche Vorsprünge besaß (Textfig. 7). In Textfig. 7 b sind zufällig zwei Tapetalkerne aufgefunden, die gegen die Regel ihren Chromatin- reichtum bewahrt hatten. Fig. 7 a. Fig. 7 b. Fig. 7 a u. 7 b. Übersichtsbild für das Verhalten des Tapeturas zur Zeit des nahezu reifen Pollens bei Silphiwn laciniatum. Bei PI die „Plasmodien" ; diese liegen aber noch zum großen Teil peripher und sind stellen- weise nur in Fetzen zwischen dem Pollen gelagert. Kerne sind in Fig. 7 a nicht mehr zu unterscheiden, in Fig. 7 b bei K zwei noch deutlich zu sehen. Vergr. 390. Ähnlich scheinen sich auch die von Strasburger (42, 43) erwähnten anderen Dikotylen zu verhalten. Es würde mich nicht wundern, wenn gelegentlich einmal auch das Tapetum sich so früh von der Wand löste, daß ein wirkliches Periplasmodium zustande käme. Beschrieben ist vorläufig noch kein solcher Fall und aus eigener Erfahrung kenne ich auch keinen. Vielleicht gibt diese Veröffent- lichung den Fachgenossen eine Anregung, Gelegenheitsbeobachtungen in dieser Richtung an anderen studierten Gattungen weiter zu ver- folgen, denn man darf nicht vergessen, daß viele wohl glauben, die Periplasmodiumbildung wäre ein sehr häufig zu beobachtender Vorgang und darum sei es unnötig, diesbezügliche Beschreibungen zu geben. Jedenfalls möchte ich nachdrücklich betonen, daß, auch 6* 84 G- Tischler, wenn bei Dikotylen Ansätze zu einer Periplasmodiumbildung oder diese selbst gefunden sind, doch die entsprechenden Beobachtungen an den Monokotylen für die Systematik ihren Wert behalten könnten, falls sie nur erst beträchtlich erweitert und vertieft sein werden. Denn Parallelentwicklungen sind ja in den verschiedenen voneinander unabhängigen Verwandtschaftskreisen der Blütenpflanzen auch sonst sehr häufig. Ich erinnere da z. B. an eine jüngst er- schienene Abhandlung von Samuelsson (36). Der schwedische Autor macht darauf aufmerksam, daß sich bei Magnoliaceen, Anonaceen, Aristolochiaceen, Rafflesiaceen, Ceratophyllaceen und Nymphaeaceen ein Typus der Pollenentwicklung vorfindet, der an den der Monokotylen erinnert, daß aber daneben ganz ähnliches sich auch bei Asclepiadaceen und Apocynaceen zeigt. Trotzdem steht er nicht an, und meines Erachtens mit Recht, das Merkmal für die ersteren Familien als Indizium systematischer Verwandtschaft untereinander zu verwerten. Ein phylogenetisches System soll auf alle Merkmale acht geben, soweit sie als „Organisationsmerkmale" zu gelten haben. Selbst die neueren Versuche, die, namentlich von Mez und seinen Schülern (26) unternommen, so glänzende Resultate zu versprechen scheinen, ein System auf „physiologischer" Grundlage zu schaffen, dürfen nicht darüber hinweg täuschen, daß dieses System nur dann ein „natürliches" sein könnte, wenn es im wesentlichen die von Morphologen aufgestellten Verwandtschaftsverhältnisse innerhalb der einzelnen Reihen bestätigen würde. Das hat ja auch Mez mit aller Klarheit ausgesprochen. Morphologie und Physiologie müssen eben zusammenarbeiten. Und wenn wir sehen, daß ein be- stimmtes morphologisches „Merkmal" wie die Periplasmodium- bildung, die im allgemeinen in typischer Form sich selten zu finden scheint, bei gewissen auch sonst schon als zusammen- gehörig erkannten Familien sich konstant oder doch in sehr vielen ihrer Vertreter zeigt, so haben wir wohl ein Recht, auf eben dieses „Merkmal" die Systematiker aufmerksam zu machen. Resume. 1. Im Gegensatz zu der weit verbreiteten Anschauung, daß das „Einwandern" des Inhaltes der Tapetenzellen zwischen die Mikro- sporen der Angiospermen oder deren Mutterzellen mit echter „Peri- plasmodiumbildung" direkt zu identifizieren ist, wird gezeigt, daß Die Periplasniodiumbildung in den Antheren der Commelinaceen usw. 85 von einer solchen nach den vorliegenden Literaturangaben nur bei Vertretern der Spathifi orae (Arum, Dieffenhachia, Symplocarpus, Peltmidra, Lemna) und Helobiae (Zannichellia, Rwppia, Zostera, Lilaea) gesprochen werden darf. 2. Neu hinzugefügt wird als Beispiel für Pflanzenfamilien mit Periplasmodiumbildung die Familie der Commelinaceen, von der Commelina coelestis, Tradescantia fluminensis und virginica sowie Rlioeo discolor cytologisch eingehend untersucht wurden. 3. Bei den genannten Spezies werden bereits während der Synapsis der Pollenmutterzellkerne die Wände der Tapetenzellen gelöst; während der Tetradenteilung erfolgt das Einwandern ihres Inhalts ins Pollenfach unter Bildung eines Plasmodiums, das eine morphologische und ernährungsphysiologische Einheit darstellt. Die Kerne dieses Plasmodiums erfahren dabei starke Veränderungen in Form und Struktur, die auf Stoffwechselvorgänge schließen lassen, wie wir sie für „drüsige" Gewebe annehmen. Eine Vermehrung der Nuclei dürfte nicht mehr vorgenommen werden, eine Fusion zweier zu einem nur ausnahmsweise vorkommen. Das fertige Plas- modium, das den Zwischenraum zwischen den jungen Pollenkörnern lückenlos ausfüllt, hat in seinem Plasma gegen vorher ein etwas verändertes Aussehen. Auch die Nuclei haben jetzt die Struktur von „Ruhekernen" angenommen. Mit dem weiteren Wachstum der Pollenkörner geht eine allmähliche Resorption des Plasmodiums Hand in Hand. In den reifen Antheren sieht man keine Spur mehr davon. 4. Demgegenüber weisen die übrigen Pflanzen mit „tapetes plasmodiaux" (Bonnet) Vorgänge auf, die auf aktive Lebens- äußerungen kaum zurückgeführt werden können. Das Plasma aus den an der Peripherie des Pollenfaches „degenerierenden" Tapeten- zellen gelangt zwar auch zwischen die Pollenkörner, aber sehr spät und unregelmäßig. Die Kerne zeigen selbst in den wenigen Fällen, in denen sie noch als morphologische Einheiten unterscheidbar sind, Zeichen von Verfall. Die starke Chromatinarmut läßt sie z. B. meist (durchaus nicht immer!) vom Plasma tinktionell sich nicht mehr unterscheiden. Das war besonders gut an der Composite Silphium perfoliatum zu sehen. 5. Von den untersuchten Helobiern verhalten sich Aponogeton distachijus, Butomus umhellatus und Potamogeton natans wie die oben aus der Literatur angeführten Gattungen: d. h. sie haben ein typisches kernreiches einheitliches Periplasmodium. Bei 86 Gr. Tischler, AHsma Plantago scheint es dazu nicht zu kommen, denn auch zur Zeit, in der die jungen Pollenkörner bereits fertig sind, ließen sich die Plasmainhalte der einzelnen Tapetenzellen noch als gesonderte Zellen unterscheiden. Doch sprechen die in den Einzelplasmodien vorhandenen chromatinreichen Kerne, deren Struktur ganz denen der übrigen Helobier gleicht, für einen nahen Anschluß dieser etwas abweichenden Gattung an die anderen Helobier. 6. Sparganiuni ramosum besitzt gleichfalls Plasmamassen zwischen den Pollenkörnern, die aus dem Tapetum herstammen. Aber die Kerne zeigen keine Anzeichen einer besonderen Akti- vität. Schon vor dem Einwandern verraten sie vielmehr alle Merk- male einer Degeneration. Die genannte Typhacee kann vielleicht ein Zwischenglied zwischen den Helobiern und Commelinaceen einerseits, den übrigen Arten mit „tapetes plamodiaux" anderer- seits darstellen. 7. Den weiterhin untersuchten Liliifloren Convallaria majalis und Tamus communis wie den Bromeliaceen Cryptanthus acaulis und hivittatus fehlt ein Periplasmodium völlig. Dafür findet sich vielfach zu einer bestimmten Zeit ein (färberisch leicht von dem Plasma zu trennender) Schleim im Pollenfach, der vielleicht durch die Tätigkeit des peripher bleibenden Tapetums gebildet wird. Auch er wird schließlich resorbiert. 8. Ahnlich verhält sich Ni/inphaea alba. Auch hier war die Schleimmasse, in der die jungen Pollenkörner eingebettet werden, von dem Plasma des Tapetums deutlich zu unterscheiden. 9. Das Merkmal der Periplasmodiumbildung läßt sich aller Wahrscheinlichkeit nach, zum mindesten für die Monokotylen, systematisch verwerten. Natürlich müßten zuvor die Beobach- tungen noch wesentlich erweitert werden. Braunschweig. Botanisches Institut der technischen Hochschule den 20. Juli 1914. Die Periplasmodiumbildung in den Antheren der Commelinaceen usw. 87 Literatur-Verzeichnis. 1. Bonnet, J., L'ergastoplasma chez les vegetaux. Anat. Anzeiger, Bd. 39, S. 67 — 91, 7 Fig., 1911. 2. — — , Kecherches sur l'evolution des cellules-nourricieres du pollen, chez les Angio- spermes. Archiv f. Zellforschung, Bd. 7, S. 604—722, Taf. 39 — 45, 17 Fig., 1912. 3. Caldwell, Otis W., On the life-history of Lemna minor. Bot. Gaz., vol. 27, p. 37 — 66, 59 Fig., 1899. 4. Campbell, D.H., A morphological study of Naias and Zannichellia. Proc. Cali- fornia Acad. of scienc, III. ser. Bot., vol. I, p. 1 — 61, pl. 1 — 5, 1897. 5. — — , The development of the flower and embryo in Lilaea subulata H. B. K. Annais of Bot., vol. 12, p. 1 — 28, pl. 1—3, 1898. 6. — — , Studies in the Araceae. Annais of Bot., vol. 14, p. 1 — 25, pl. 1 — 3, 1900. 7. 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Wirz, H., Beiträge zur Entwicklungsgeschichte von Sciaphila spec. und von Epir- rhizanthes elongata Bl. Flora, Bd. 101, S. 395—446, Taf. 4, 22 Fig., 1910- 54. Wylie, E. B., The morphology of Elodea eanadensis. Bot. Gaz., vol. 37, p. 1 bis 22, pl. 1—4, 1904. Figuren - Erklärung. Tafel I. Die Fig. 1, 5 und 9 sind bei Vergr. 520, die übrigen bei Vergr. 1200 gezeichnet (Leitz Apochromat 4 mm resp. Winkel Vi4 Öl -Immers. Leitz C.-Ok. 6). Alle Figuren betreffen Gommelma coelestis. Fig. 1. Erste Anlage der Tapetenzellen (T) in der jungen Anthere. E bedeutet Epidermis, Zw die „Zwischenzellen", die nachher durch weitere tangentiale Teilungen die Zellen der Antherenwand liefern werden, A die Mutterzellen des Archespors. Fig. 2 — 4. Tapetenzellnuclei zur Zeit der Prophasen der Pollen-Mutterzellen; in Fig. 3 eine 2 kernige Tapetenzelle. Fig. 5. Übersichtsbild. Schnitt durch ein ganzes Pollenfach zur gleichen Zeit. An einzelnen Stellen ist die Tapetenzellschicht 2 reihig geworden. Die Zahl der Nucleolen in den Nuclei wechselt stark. Fig. 6. Einzelne 2 kernig gewordene Tapetenzellen beginnen „plasmodiale Vor- sprünge" nach dem Innenraum zu treiben. Hier zwei Pollen-Mutterzellkerne im Pachy- nema- Stadium. Fig. 7. Die Fusion mehrerer Tapetenzellen zu einem Plasmodium ist vollzogen. Nur an einer Seite liegen noch zwei deutlich durch Zellwände abgetrennte Zellen. Die Kerne haben gegen vorher starke Umänderungen in Form und Struktur erfahren. 90 G- Tischler, Die Periplasmodiumbildung in den Antheren der Commelinaceen usw. Fig. 8. Ungefähr das gleiche Alterustudium wie in Fig. 7. Die PoUen-Mutterzellea haben ihre Tetradenteilung vollendet. Das kernhaltige Periplasmodium schiebt sich zwi- schen die isolierten Pollenmatterzellen vor. Fig. 9. Übersichtshild. Das Periplasmodium hat alle Hohlräume zwischen den jungen, voneinander ganz isolierten Pollenkörnern völlig ausgefüllt (die Exine der letz- teren ist in ihrer Struktur nicht eingezeichnet). Fig. 10. Ein Teil des Plasmodiums bei stärkerer Vergrößerung. Der Unterschied in der Struktur des Plasmas und der Kerne ist gegen Fig. 7 — 8 sehr augenfällig. Die Plasmodiumkeme liegen z. T. den Exine -Vorsprüngen ganz dicht an. Der Schnitt ist ca. 7,5 fi. dick, so daß außer der einen „Zacken"-Eeihe der Exine noch die dahinter liegenden „Zacken" angedeutet sind. Fig. 11. Desgl. ein etwas dünnerer Schnitt. Hier sind die Verbindungen der Exine mit den Plasmawaben deutlich zu sehen. Auffallend ist auch die langausgezogene Form des Tapetumkernes. über das Verhalten von Sprossen bei Widerstand leistender Erdbedeckung. Von Walter Leonhardt. Mit 17 Textfiguren. In der freien Natur kommen die keimenden Pflanzen nicht allzuselten in die Lage, sich abnorm hohen Erdschichten entwinden oder eine harte Erddecke durchbrechen zu müssen. Man kann z. B. im Walde beobachten, wie Keimlinge oder aus Knollen und Zwiebeln getriebene Sprosse mächtigen Maulwurfshaufen entsprießen, oder sehen, wie auf hartgetretenem Wege ein Sprößchen sich den Zutritt zum Licht erzwingt, indem es die feste Kruste zersprengt. Wie ist es den Pflanzen möglich, solche Leistungen zu vollbringen, deren Ungewöhnlichkeit in diesen Fällen durch die äußeren Um- stände ohne weiteres dokumentiert wird? Nicht nur erfordern diese eine ansehnliche Kraft, ohne Zweifel spielt auch die Form der Pflanze eine wichtige Rolle dabei. Diese Überzeugung drängt sich auf, wenn man eine verschüttete Pflanze aus der Erde befreit und mit einer daneben wachsenden normalen Artgenossin vergleicht (Fig. 1). Die Form der ersteren erscheint in vielen Fällen unmittelbar als mechanisch und biologisch zweckmäßig, während man sich von der anderen nicht vorstellen kann, daß sie die von jener geleistete Arbeit hätte vollbringen sollen. Welches sind die Ursachen dieser Formverschiedenheiten ? Das hiermit angedeutete Problem habe ich zum Gegenstand experimenteller Untersuchungen gemacht, deren Ergebnisse in der vorliegenden Arbeit niedergelegt sind. Sie betreffen die folgenden Fragen : Wie verhält sich die normalerweise am Licht vegetierende Pflanze, wenn sie zum Eindringen in höhere Erdschichten gezwungen ist? Durch welche äußeren Einflüsse ist ihr Habitus bedingt? 92 Walter Leonhardt, In welcher Weise verhält sich die Pflanze in festem Boden, und welche Formänderungen geht sie darin ein? Auf welchen Ur- sachen beruhen dieselben? Beim Verfolgen der mechanischen Arbeitsleistungen der Pflanzen erhob sich naturgemäß die Frage, wie die verschiedenen Formen mechanisch gegen den Boden wirken möchten. Ein besonderes Interesse hatte das Problem bei den nutierenden dikotylen Keim- lingen, die mit herabgebogenem Gipfel das Erdreich durchdringen. Der Versuch einer Lösung dieses Problems bildet den Schluß der Arbeit. Mit Notwendigkeit erhebt sich in diesem Gedankenkreise auch die Frage, durch welche inneren Mittel und Wege die mechanischen Außenleistungen von der wachsenden Pflanze vollbracht werden. Die Lösung dieses Problems ist von Pfeffer (1893) gegeben worden. Die Außenleistungen kommen nach ihm zustande, „indem dann, wenn die Widerlage die Vergrößerung der Zelle unmöglich macht, das Flächen- wachstum der Zellwand noch fortschreitet und hierdurch, unter allmählicher Entspannung der Zellhaut, die Turgorenergie gegen die Widerlage gelenkt wird." „Nachdem der Außendruck bis zur Aquilibrierung des Widerstandes angeschwollen ist, vermag das wachsende Organ die Widerlage unter einer entsprechenden Arbeits- leistung vor sich her zu schieben." (Pfeffer, Pflanzenphysiologie, IL Aufl. 2. Bd., S. 144 fr.) Über den auf den folgenden Blättern behandelten Gegenstand sind mir in der botanischen Literatur ausführlichere Angaben nicht bekannt geworden. Eingehende Untersuchungen betreffen nur die Art und Weise, in welcher die Pflanzen den Boden durchbrechen, deren Kenntnis wir bei unseren Versuchen natürlich nicht entraten konnten. So legte Areschoug (1896) an einer größeren Anzahl von Beispielen mit Abbildungen dar, in wie verschiedener Weise die Lichtsprosse der „geophilen" ^) Pflanzen zum Vorschein kommen, und wie mannigfaltig die Vorrichtungen sind, durch welche jenen bei ihrem Emporwachsen der nötige Schutz zuteil wird. Ein ähnliches Ziel verfolgt Massart (1903). Wie Klebs (1885) die Mannig- faltigkeit der Keimungsformen auf eine geringe Anzahl von Haupt- typen zurückgeführt und dadurch späterer Forschung den Einblick 1) Areschoug bezeichnet als „geophil" solche Pflanzen, welche ihre Erneuerungs- knospen unter der Erdoberfläche anlegen und deren Lichtsprosse also ihre Entwicklung mehr oder weniger vollständig unter der Erde durchmachen. über das Verhalten von Sprossen bei Widerstand leistender Erdbedeckung. 93 in dieses große Gebiet in dankenswerter Weise erleichtert hat, so versucht er aus seinen zahlreichen Beobachtungen an perennierenden Pflanzen aller Gebiete des Systems einige immer wiederkehrende „modes de sortie" herauszuarbeiten. Seine Untersuchungen berühren sich teilweise mit den vorliegenden, wenn er den inneren und äußeren Reizen nachgeht, die die zahlreichen Reaktionen hervorrufen, auf denen das Durchbrechen durch den Bo- den beruht. Auf seine Er- gebnisse in dieser Hinsicht wird an einzelnen Stellen hin- gewiesen werden. Der hier interessierende Gegenstand, das Verhalten der aufstre- benden Pflanzen bei abnorm hoher Erdbedeckung, steht in den genannten Arbeiten nirgends in Frage. Auch die Annahme, daß die ausgedehnten landwirt- schaftlichen Untersuchungen über den Einfluß der Saat- tiefe auf das Gedeihen der Kulturpflanzen, die sich auch auf abnorm hohe Erddecken erstrecken, genauere Schilde- rungen des Aussehens von Pflanzen aus großen Tiefen enthalten möchten, fand sich nicht bestätigt. Trotzdem sei vor anderen auf die Unter- suchungen Wollnys (1884), in denen sich die ganze ältere Literatur verarbeitet findet, nachdrücklich hingewiesen. Denn sie stellen eine wertvolle Ergänzung des Bildes, das hier gegeben wird, dar, insofern sie exakten Aufschluß geben über den Prozentsatz sowie über die weitere Entwicklung der aus verschiedenen Saattiefen auflaufenden Pflanzen. (Die Ernteerträge, Gewicht des Fig. 1. Ficaria venia. Das Knöllchen der rechts abgebildeten Pflanze wurde von einem Maulwurfshaufen schwerer leh- miger Erde verschüttet. Das längste Blatt ist durch eine 15 cm hohe Schicht hindurchgedrungen und hat sich eben am Licht entfaltet. Die links abgebildete Pflanze ist ca. 2 cm Tiefe ent- sprossen und hat sich normal am Licht entwickelt. Verkl. 94 Walter Leonhardt, Strohs, der Körner und Knollen, sind doch ein Maß für den Grad der Entwicklung der Pflanzen.) Unsere Versuche reichten soweit nicht. Dafür kommen die auf den folgenden Blättern be- handelten Dinge in "Wollnys Arbeit ebenso nur andeutungsweise zur Sprache, wie in der Abhandlung von C. Kraus (1889) „Zur Kenntnis des Verhaltens der Pflanzen bei verschiedener Höhe der Erdbedeckung". Methodik. Die Art und Weise meiner Versuchsanstellung zeichnete sich durch große Einfachheit aus. Samen pflegte ich vor der Aussaat anzuquellen. Die Versuche mit Keimpflanzen haben den Vorteil, sich jederzeit und so oft als erwünscht anstellen zu lassen, während man bei ausdauernden Gewächsen, zumal Preilandpflanzen, sowie bei den aus aufbewahrten Knollen und Zwiebeln zu ziehenden Pflanzen an eine bestimmte Jahreszeit gebunden ist und den Ver- such nicht jederzeit ausführen kann. Die trocken aufgehobenen Knollen und Zwiebeln, wie die von Dahlien, Tulpen usw., wurden gegen Ende des Jahres in die zum Versuch bestimmten Behält- nisse eingepflanzt. Die von mir meistens benutzte Bodenart war die im Leipziger botanischen Institut regelmäßig verwendete sehr sandige Kompost- erde, die sich für die Zwecke der Versuche recht günstig erwies, insofern sie lockere, aber auch sehr feste Erddecken gut herzu- stellen gestattete, in ihrer physikalischen Beschaffenheit also recht variierbar war. Zuweilen wurde auch lehmige Gartenerde ange- wandt, die aber den Nachteil hatte, sich viel schwieriger in ge- wünschter Konsistenz herstellen zu lassen. Um der Komposterde die manchmal gewünschte Homogenität zu verleihen, befreite ich sie durch Sieben von den beigemengten Steinchen. Die Auswahl der Behältnisse erfolgte ganz dem Zwecke des jeweiligen Versuchs gemäß. Ihre Größe richtete sich nach der zu erwartenden Größe der Pflanzen. So gelangten neben Tontöpfen verschiedenster Dimension hohe Blechkästen mit Glaswänden und ein sehr hoher Holzkasten zur Verwendung. Der letztere besaß eine Höhe von 110 cm und eine Breite und Tiefe von 45 cm und war so eingerichtet, daß zwei gegenüberliegende Wände herunter- geklappt werden konnten, wodurch das Pflanzen und Herausnehmen der Gewächse erleichtert wurde. Die Blechkästen von 40 cm Höhe, über das Verhalten von Sprossen bei Widerstand leistender Erdbedeckung. 95 26 cm Breite und 16 cm Tiefe waren in den Breitseiten mit beweg- lichen Glaswänden ausgestattet. Sie dienten sowohl dazu, im Boden befindlichen Pflanzen Licht zuzuführen, um ihr Verhalten im Boden bei Belichtung festzustellen, als auch den normalen, also bei Licht- abschluß verlaufenden Entwicklungsgang im Boden direkt beob- achten zu lassen; die hinter der Glaswand befindlichen Pflanzen wurden also im zweiten Falle künstlich verdunkelt. Es muß darauf hingewiesen werden, daß das soeben erwähnte Hilfsmittel durchaus nicht alle Wünsche befriedigt. Die Pflanzen werden oft durch die Erde zu räumlichen Krümmungen gezwungen und entfernen sich daher mehr oder weniger von der Glaswand. So kommt man selbst hier ohne den Schluß aus dem Endresultat, wie es sich nach dem Herausnehmen der Pflanzen aus dem Boden darbietet, auf den Entwicklungsgang nicht aus. Auf ihn war ich allein ange- wiesen bei den Versuchen mit Freilandpflanzen. Hier wurden die hohen Erdschichten Ende Januar mittels Tonröhren von 60 cm Höhe und 14 cm Weite über die unterirdischen Stöcke gebracht. Mitte bis Ende Mai fand die Öffnung der Röhren zur Untersuchung statt. Mit Ausnahme einiger Fälle, in denen es gelang, die Knospen abgetrennter Teile von Rhizomen in den Glaskästen bis zu einer gewissen Entwicklungsstufe zu bringen, konnten die Pro- zesse des Eindringens bei den Freilandpflanzen nicht beobachtet werden, und ich war also darauf angewiesen, sie aus dem End- resultat zu erschließen. Erleichtert bezw. überhaupt erst ermög- licht wurde dies durch den Vergleich mit in Luft etiolierten Pflanzen, deren Entwicklung sich bequem verfolgen ließ. Die Pflanzen wachsen im Erdreich ohne Licht heran. Will man daher erkennen, welche Eigenschaften ihres Habitus auf den mechanischen Einfluß der Erde zurückzuführen sind, muß man sie mit etiolierten Pflanzen vergleichen. Aus diesem Grunde wurden immer zugleich etiolierende Vergleichsexemplare gezogen. Deren Eigenschaften werden aber wiederum als Besonderheiten erst dann erkannt, wenn man sie mit Lichtpflanzen vergleicht; daher machte sich auch ihre Kultur in jedem Falle notwendig. Um im folgenden bei der Gegenüber- stellung von im Boden und in Luft etiolierten Pflanzen die um- ständliche Beifügung des jeweiligen Mediums unterlassen zu können, sei an dieser Stelle bemerkt, daß nur die in Luft etiolierten Pflanzen als „etiolierte Pflanzen" oder „Dunkelpflanzen" bezeichnet werden sollen. Im Freien wurden zur Verdunkelung lichtdicht verschlossene Tonröhren benutzt. 96 Walter Leonhardt, Die Unterbringung der Samen usw. in festem Boden geschah folgendermaßen. Ich füllte die Töpfe, deren Bodenöffnung zur Drainage stets mit einer Tonscherbe überdeckt war — bei größeren Gefäßen wurde sogar der ganze Boden mit Scherben oder Kies belegt — bis zu einer gewissen Höhe mit angefeuchteter Erde. Diese wurde mit der Hand möglichst festgedrückt. Die freie Fläche, in der die Samen je nach Größe in wechselnder Zahl zur Aussaat gelangten, wurde nachträglich etwas aufgelockert, damit zwischen den noch aufzutragenden Schichten und den unteren keine Grenzfläche, die ein leichtes Absprengen ermöglichen würde, sondern inniger Zusammenhang entstünde. Die Erde über den Samen wurde in gleicher Weise festgedrückt, zur Erzielung großer Dich- tigkeit das Ganze wohl auch mit einem eisernen Gewichte fest- gestampft. Die Töpfe mit der noch feuchten Erde gelangten dann meist ins Wärmezimmer, wo die Wasserverdunstung allmählich eine gewisse Härte des Bodens herbeiführte. Schollen solchen festen Bodens zerfielen nicht von selbst, sondern verlangten zum Zer- brechen einigen Kraftaufwand; die Bodenteilchen kohärierten also sehr stark. Die Härte des Bodens ist an der Oberfläche wegen stärkster Verdunstung von Wasser am größten. Dieser Umstand sowie die unvermeidliche Verschiedenheit in der Druckverteilung im Innern des Bodens veranlaßten mich, anfangs angestellte Messungen über die Festigkeit des Bodens später nicht mehr aus- zuführen; die gefundenen Zahlen bewegten sich in zu großen Intervallen. Im übrigen wurden den Pflanzen die besten Außenbedingungen, also hinreichende Feuchtigkeit, Luft und Wärme geboten. Die mechanische Leistungsfähigkeit der Pflanzen kann ja nicht voll er- kannt werden, wenn ihre Entwicklung durch Faktoren beeinträchtigt wird, die mit mechanischer Beeinflussung nichts zu tun haben. Das Problem, in welcher Weise die Außenleistungen, die auf dem osmotischen Druck der wachsenden Zellen beruhen, durch Nah- rungs- und Wassermangel geändert werden, wird im folgenden nicht berührt. Über die Methodik einiger Spezialversuche wird betreffenden Orts berichtet. Für das Eindringen in den Boden ist es ein wesentlicher Unterschied, ob die wachsende Region des Triebes terminal oder basal resp. interkalar untergebracht ist, ob also die treibende über (las Verhalten von Sprossen bei Widerstand leistender Erdbedeckung. 97 Kraft unmittelbar hinter der eindringenden Spitze oder weit ent- fernt von ihr in Aktion tritt. Im ersten Falle, der zumeist bei den Dikotylen realisiert ist, drängt sich immer ein Sproßstück von geringer und in der Hauptsache konstanter Länge in den Boden, das, falls es durch ein Hindernis zum Ausbiegen gezwangen wird, die normale Vertikalstellung durch eine entsprechende geotropische Krümmung rasch wiedererreicht. Solche Sprosse besitzen eine außerordentliche Beweglichkeit und Orientierungsfähigkeit in dem zuweilen sehr inhomogenen Medium des Bodens. Der ganze unter- halb der wachsenden Region gelegene Teil des Sprosses wird von irgendwelcher Richtungsänderung der Spitze nicht in Mitleidenschaft gezogen, weil er ausgewachsen ist. Anders im zweiten Falle, den man als den monokotylen Typ bezeichnen kann. Hier wird der Trieb in ganzer und stetig wachsender Länge in das Erdreich hin- eingeschoben. (Man denke z. B. an Hyacinthus). Die Fläche, die sich der Reibung darbietet und auf welche seitlicher Druck des Bodens fällt, ist also nicht nur relativ größer, als bei apikalem Wachstum je möglich ist, sondern wächst auch beständig mit zu- nehmender Länge des eindringenden Gebildes. Ein stetiges An- wachsen des Außenwiderstandes und die Notwendigkeit immer höheren Kraftaufwandes ist die Folge davon, während man beide, Widerstand und Kraft, bei dem apikalen Typ im großen und ganzen als konstant annehmen kann. Die Verhältnisse liegen in jenem Falle genau wie bei einem Pfahl, dessen Eintreiben umso höheren Energieaufwand erfordert, je tiefer er bereits im Boden steckt. Ferner ist hier die Aktionsfähigkeit auf ein Minimum beschränkt, ein Hindurchtasten gleichsam durch die Unebenheiten des Erd- reichs ist ausgeschlossen. Die Spitze basal wachsender Organe oder Sprosse wächst meist sehr wenig oder gar nicht mehr, und die apikalen Teile sind demgemäß auch nicht geotropisch aktionsfähig. Gesetzt nun den Fall, die Spitze werde durch einen Stein oder ein sonstiges Hindernis seitlich abgelenkt, so sind sämtliche übrigen Partien des Triebes gezwungen, diese Richtuugsänderung ihrerseits zu wiederholen. Auch wird die ursprüngliche vertikale Bewegungs- richtung nicht wiedergewonnen, da die Spitze die Abweichung nicht geotropisch zu korrigieren vermag. Der Trieb wird unter diesen Umständen das Licht verspätet, bei stärkeren Abweichungen auch gar nicht erreichen. Deshalb müssen solche Abweichungen möglichst überhaupt unterbleiben. Erreicht kann das werden durch Starrheit der Triebe, die dann eher das Hindernis verschieben als Jahrb. f. wiss. Botanik. LV. 7 98 Walter Leonhardt, sich von ihm vom Wege abdrängen lassen. Aus diesen Gründen ist für Pflanzen oder einzelne Organe mit basaler Wachstumszone im Boden eine biegungsfeste Konstruktion vorteilhaft. Sie ist nicht überhaupt notwendig. Denn falls nicht ganz besondere Wider- stände das vertikale Eindringen hemmen, infolge deren die Pflanze nach einem Orte geringeren Widerstandes, d. i. zur Seite ausbiegen würde, liegt zum Ausbiegen kein Grund vor, weil dann der seit- liche Widerstand nicht geringer ist als der vertikale. Es ist schließlich darauf hinzuweisen, daß äußere Glätte resp. das Fehlen seitlicher Bildungen für basal wachsende Pflanzen unerläßliche Eigenschaften sind. Man denke sich einen längeren schuppen- besetzten Sproß in das Erdreich geschoben, und man wird sehen, wie sich die Erde in den Achseln der Schuppen staut. Es müßten aus dem Mangel jener Eigenschaften für das Eindringen der Pflanzen enorme Widerstände resultieren. Aus alledem geht hervor, daß die basal oder interkalar wach- sende Pflanze niemals die Leistungen vollbringen kann, die die terminal wachsende Pflanze vollbringt. Das folgt schon aus der Tatsache, daß die Pflanze nur einen bestimmten Maximaldruck zu erzeugen vermag. Da bei basalem Vegetationspunkt der Außen- widerstand mit zunehmender Höhe des Eindringens steigt, muß ein Punkt kommen, wo er jenem Maximaldruck gleichkommt und ihn übertrifft, und von da ab kann keine Vorwärtsbewegung mehr statt- finden. Dann werden übrigens die basalen wachsenden Partien seitlich ausbiegen müssen. Die terminal wachsende Pflanze dagegen arbeitet gegen einen konstanten Widerstand und wäre daher zum Durchbrechen unbegrenzter Erdschichten befähigt, wenn dasselbe nur von diesem einen Moment abhinge. Auch indem für die basal w^achsende Pflanze äußere Hemmnisse viel verhängnisvoller werden können als für die apikal wachsende, sind ihrer Leistungs- fähigkeit engere Grenzen gezogen. Diese Unterschiede treten unter normalen Verhältnissen, wo die bedeckende Erdschicht geringe Höhe hat, und selbst in den Versuchen mit hohen Erdschichten weniger scharf hervor, weil noch andere Faktoren, derer bisher nicht gedacht wurde, das End- ergebnis beeinflussen. Eben deshalb erscheint es mir richtig, von vornherein das Augenmerk auf sie zu lenken, um sie bei der Be- urteilung der Tatsachen stets gegenwärtig zu haben. Die Lokalisation der wachsenden Region ist wichtig genug, um als Einteilungsprinzip für die zu besprechenden Pflanzen dienen über das Verhalten von Sprossen bei AViderstand leistender Erdbedeckuug. 99 ZU dürfen. Nun verhalten sich, wie schon angedeutet, die beiden Typen in der Hauptsache so, daß der terminale die Mehrzahl der dikotylen, der basale bezw. interkalare die meisten monokotylen Pflanzen auf sich vereinigt. Wenn wir daher im folgenden Diko- tyle und Monokotyle gesondert behandeln, so ist das auch vor dem hier dominierenden mechanischen Gesichtspunkte gerechtfertigt. I. Oikotyie Pflanzen. Wir beginnen mit dem bekannten botanischen Versuchsobjekte Vieia Faha major. Vicia Faha läßt die Kotyledonen in der Erde und durchbricht mit einem nutierenden Epikotyle den Boden. Der gekrümmte Gipfel ist keilförmig, weil das Stengelglied in seinen obersten Par- tien kantig ist. Dieselben werden nach dem Geradestrecken, in- folge Dickenwachstums rundlicher, so daß der ausgewachsene Bpi- kotyl scharfer Kanten entbehrt. Bei seichter Lage des Samens und nicht zu festem Boden gelangt der kräftige Epikotyl ohne Schwierigkeiten ans Licht. Sein Bogen bietet gegenüber dem anderer Pflanzen, z. B. der später zu besprechenden Phaseolus vulgaris und Lupinus albus, einen geringen Widerstand, einmal wegen der keilförmigen Gestalt, das andere Mal wegen der geringen Größe des herabgebogenen Sproßgipfels selbst. In welcher Weise der nutierende Stengel gegen das umliegende Erdreich wirkt, bleibt einer speziellen Untersuchung überlassen. Schon wenn durch die von unten her aufgelockerte Erdoberfläche geringe Lichtmengen zum Keimling zu dringen vermögen, beginnt sein Gipfel sich auf- zukrümmen, um weiterhin rasch zur völligen Aufrechtstellung zu schreiten. Auch an Dunkelkeimlingen krümmt sich der Gipfel, kaum nachdem der Bogen die Erdoberfläche durchstoßen hat, empor. Doch läßt seine völlige Geradestellung hier viel längere Zeit auf sich warten als bei den Lichtpflanzen'). Die Nutation wird von 1) Eingehende Untersuchungen über die Krümmungsursachen bei Keimstengeln sind von Sperlich (1912) angestellt worden. 7* XQQ Walter Leonhardt, dem nachfolgenden Internodium übernommen; allerdings verkleinert sich der Winkel der Krümmung des Gipfels immer mehr. Die Internodien sind im Dunkeln sehr viel länger und die Blattspreiten kleiner als am Licht. Immerhin erlangen die Blätter auch im Dunkeln recht ansehnliche Größe, mit Ausnahme des ersten und zweiten, die auf schuppenförmige Deckblättchen reduziert sind. Während am Licht die Blattstiele bald schräg vom Stengel ab- spreizen und die Fiedern der Spreiten sich horizontal ausbreiten, stehen die ersteren im Dunkeln etwas länger vertikal und die Fiedern bleiben zusammengelegt. Ist nun ein Same (etwa 30 cm) tief ausgesät worden und zur Keimung gelangt, so behält der aufstrebende Epikotyl seine Gipfel- krümmung im Gegensatz zu Dunkelpflanzen in voller Intensität, d. i. um 180^ bei. Das beruht mithin auf mechanischer Einwir- kung des Erdbodens auf die Pflanze. Je länger das epikotyle Glied wird, um so mehr nimmt auch der umgebogene Gipfel an Länge zu, weniger infolge Wachstums des herabhängenden Stengel- stücks als der am Gipfel dicht gedrängten Blätter. Diese stemmen sich jedoch nicht nach unten gegen den Boden, so daß eventuell auch auf der Seite des umgebogenen Gipfels eine Kraft für das Durchbrechen wirksam würde, aus dem einfachen Grunde, weil sich unter ihnen keine Erde, sondern Luft befindet. Der Sproß hat oben im Bereiche des nutierenden Gipfels einen größeren Quer- schnitt als in der Mitte und unten. Dringt nun dieser verbreiterte Gipfel in den Boden ein, so schiebt er größere Erdmassen nach oben und vor allem zur Seite, als der übrige Stengel räumlich zu ersetzen vermag. Deshalb entsteht unter dem herabhängenden Sproßgipfel ein Luftkanal, von dessen Existenz man sich auch im Freien, besonders auf plastischem feuchten Lehmboden, bei den verschiedensten nutierenden Keimpflanzen überzeugen kann. Die Stengel stecken dort in Erdröhren, die einen größeren Durchmesser als sie besitzen, und lassen sich leicht, ohne zu zerreißen, heraus- ziehen, weil die seitliche Reibung am Boden fehlt. Allmählich werden die Röhren natürlich verschüttet und zugeschwemmt. Da der Epikotyl nicht unbegrenzt wachstumsfähig ist, müssen sich auch die obersten herabgebogenen Partien schließlich strecken, und zwar wird durch einseitig stärkeres Wachstum am Ende völlige Gerade- streckung des StengelgHedes erzielt. Während dies geschieht, geht die Nutation auf das 1. Internodium über. Bei dem endgültigen Geradestrecken des Epikotyls wird das erste, kleine Blatt in auf- über das Verhalten von Sprossen bei Widerstand leistender Erdbedeckimg. 101 rechte Stellung gedrückt, nachdem es sich zuvor in Inverslage be- funden. Da nun der Epikotyl noch ein wenig in die Länge wächst, stemmt sich der Boden gegen das dem Stengel nicht dicht ange- schmiegte Blättchen, das infolgedessen nach abwärts gedrückt und zuweilen der Länge nach aufgerissen wird. Das weitere Eindringen Hegt dem 1. Internodium ob, dessen gleichfalls parallelschenkliger Bogen größere Oberfläche als der- jenige des jugendlichen Epikotyls besitzt. Denn das 1. Internodium ist dicker als der Epikotyl, und die Stelle des ersten kleinen Deck- blättchens nimmt jetzt das dritte, vollausgebildete Blatt ein. Das zweite Blatt, schuppenförmig wie das erste, befindet sich infolge der Vä- Stellung der Blätter auf der Vorderseite ^) des Bogens, kann also die Funktion eines schützenden Organs für jüngere Bildungen nicht erfüllen. Jenes jetzt am Gipfel dominierende Blatt besitzt einen kräftigen Stiel, der samt den Fiederblättchen zur Ver- größerung des Gipfelquerschnitts sehr viel beiträgt. Übrigens ist der Bogen jetzt in höherem Maße dachig zugeschärft, weil das erste Internodium schärfer kantig ist als der Epikotyl, und die Bie- gung des Stengelendes ist stets so angelegt, daß der Bogen Keil- form erhält. Hat sich das erste Internodium gerade gestreckt, so widerfährt dem zweiten Blättchen dasselbe Schicksal wie dem ersten, es wird seitlich abwärts gepreßt (Fig. 2, links). Mit zunehmender Länge der Pflanze gestaltet sich das Ein- dringen immer schwieriger. Das zweite, ausgesprochen vierkantige Fig. 2. Vicia Faha major. Rechts = etiolierte, links = in Erde herangewachsene Pflanze. Das angeschnit- tene Stengelglied ist in beiden Fällen das 1. Internodium. Verkl. 1) Ich schließe mich mit dieser Bezeichnungsweise Wiesner (1878, S. 17) an, der diejenige Seite der unteren aufrechten Partie des epikotylen Stengelgliedes, welche nach der nutierenden Spitze hingewendet ist, also diejenige, welche die Kotyledonen vor sich hat, die vordere, die entgegengesetzte die hintere nennt. 102 ■Walter Leonhardt, Internodium ist beträchtlich dicker als die vorhergehenden und daher sein Bogen breiter. Immerhin gelingt es auch ihm, sich völlig auszustrecken, allerdings nicht ohne mancherlei Verbiegungen. Die ersten beiden Blättchen boten der Überführung in aufrechte Stellung wegen ihrer Kleinheit wenig Widerstand. Das dritte Blatt dagegen, das einen kräftigen, spröden und wenig biegsamen Stiel besitzt, fügt sich den hierzu notwendigen Krümmungen nicht und verharrt in Inverslage. Das sich streckende 3. Internodium tritt deshalb entweder seitlich unter ihm hervor oder, da das bei der nach innen rinnenförmigen Gestalt des Stiels manchmal Schwierigkeiten hat, spaltet ihn der Länge nach mitten auf und wächst durch ihn hindurch (Fig. 2, links). Zuweilen drückt das vorhergehende, noch streckungsfähige Internodium das Blatt, dessen Spreite vom Boden festgehalten ist, an der Basis in die Höhe und zerbricht dabei den Stiel. Sowohl für das unter als über dem Blatt befindliche Internodium hat diese Behinderung der Verlängerung Verbiegungen zur Folge. Die höheren Internodien werden immer dicker und die Blätter immer größer. Jedoch bedeutet die Dickenzunahme keine Ver- größerung des wirksamen Querschnitts, weil die Stengelglieder vom 1. Internodium an sich mehr und mehr höhlen. Springen infolge- dessen die 2. und 3. Internodien schon an etiolierten Pflanzen mit- unter der Länge nach auf, so vielmehr im Boden, wo der Längs- druck das Zerspalten begünstigt. Bemerkenswert ist, daß die beiden Hälften eines gespaltenen Internodiums recht verschieden lang werden können; die längere muß sich natürlich krümmen. Trotz aller Schädigungen, die die Pflanzen bei langem Ver- weilen im Boden erleiden, vollbringt Vicia Faba ganz außerordent- liche Leistungen. So ist das Verhalten des 2. und 3. Internodiums nur dann festzustellen, wenn sehr hohe Erdschichten über die Samen gebracht wurden, denn Schichten von 30 cm werden vom Epikotyl und 1. Internodium allein bewältigt. Der vorstehenden Schilderung liegen Pflanzen zugrunde, deren Samen unter einer 90 cm hohen Erdschicht gekeimt hatten (Komposterde, großer Holzkasten). Ein- zelne Pflanzen waren 77, 69, 54 cm hoch eingedrungen. Die Längen- verhältnisse der betreffenden Pflanzen (in cm) waren folgende: Höhe der durch- drungenen Erdschicht 77 69 54 Epikotyl 20 23 23 1. Intei-- nodium 26 12 21 2. Inter- nodium 11 12 3. Inter- nodium 30 23 Gesamtlänge 84 69 56 über das Verhalten von Sprossen bei Widerstand leistender Erdbedeckung. \03 Die zweiten Internodien sind stark gewunden und der Länge nach aufgesprungen, Die Windungen erklären die Differenzen zwischen der wirkhchen Gesamtlänge der Pflanzen und ihrer Höhe im Boden. Etiolierte Vergleichspflanzen ergaben folgende Zahlen: Epikotyl 1. Internodium 2. Internodiuni 3. Internodium Gesamtlänge 23 21 noch nicht ausgewachsen — 51 10,5 21,5 16 12 62 11,5 15 21 noch nicht ausgewachsen 56 Es zeigte sich oft, daß die Internodien in lockerem Boden größere Länge erreichten als im Dunkeln in Luft. Ich bin geneigt, dies als einen Erfolg der Transpirationsverminderung im Boden anzu- sehen, da die gleiche Erscheinung in gleichem und höheren Maße in feuchter Luft eintritt. Indes sind die individuellen Verschieden- heiten in den Längen der Internodien, wie auch die obigen Zahlen lehren, derart, daß ein abschließendes Urteil nur nach einer großen Anzahl von Versuchen und Messungen gefällt werden kann. — Das Auftreten zahlreicher Adventivwurzeln insbesondere am Epikotyl, auf dem es nach WoUny beruht, wenn die Pflanzen aus größerer Tiefe (bis 15 cm) eventuell bessere Erträge zeitigen als die aus geringerer Tiefe, weil dadurch ein größeres Bodenstück ausgenutzt wird, habe auch ich oft konstatieren können. Gibt man sich Rechenschaft darüber, worauf die ansehnlichen Leistungen von Vicia Faha beruhen, so bietet sich als nächster Grund der Nährstoffreichtum der Kotyledonen dar. Ohne ihn würden die Pflanzen trotz aller sonstigen günstigen Eigenschaften bald durch Verhungern zugrunde gehen. Daß die Leistungsfähig- keit aber noch von anderen Momenten abhängt, lehren die Ver- suche mit solchen Pflanzen, die ebenfalls über viel Reservestoffe verfügen, aber doch nur verhältnismäßig geringe Höhen im Boden erreichen, wie z. B. die Lupine. Diese günstigen Eigenschaften bestehen bei V. Faha vor allem in dem Fehlen größerer lateraler Bildungen, die die Internodien durch Anstemmen gegen den Boden am Strecken hindern. Ihr Sproßgipfel ist nicht durch mächtige Keimblätter verbreitert, und wenigstens die ersten Laubblätter sind klein. Die Pflanzen danken ihr hohes Eindringen ferner der Fähig- keit des Etiolierens, der Eigenschaft, bei Lichtausschluß das Längen- 104 Walter Leonhardt, Wachstum der Stengel zu fördern und die Blattgrößen herabzu- mindern. Wie bedeutsam der Lichtmangel im Boden ist, wird offenbar, wenn Samen einer Glaswand anliegend zur Keimung ge- langen. Zwar ist ein ganz zutreffendes Bild wegen des einseitigen Lichteinfalls nicht zu gewinnen, die Pflanze krümmt sich nach dem Licht hin und dringt nicht aufwärts in den Boden. Immerhin lassen die starke Entwicklung der Blätter und das geringe Längenwachs- tum der Stengelglieder ahnen, wie ihr Licht im Boden von Schaden wäre resp. welche Bedeutung der Fähigkeit des Etiolierens beizu- messen ist. Als eine ganz vollkommene Anpassungserscheinung an eine mögliche abnorm hohe Erdbedeckung ist das Etiolement frei- lich auch nicht zu bewerten, wie aus dem geschilderten Verhalten der Laubblätter im Boden (bei Lichtausschluß) hervorgeht. Die hohen Erdschichten gaben den Pflanzen Gelegenheit zu zeigen, aus welchen Tiefen sie sich noch ans Licht retten können. In den jetzt zu schildernden Versuchen mit festem Erdboden sollten die keimenden Pflanzen auf ihr morphologisches Verhalten und ihre Leistungsfähigkeit gegenüber einem hohen äußeren Widerstände geprüft werden, wie er auch in der Natur realisiert sein kann. Über die Art und Weise der Versuchsanstellung wurde oben be- richtet. Angesichts der Kräftigkeit der Keimpflanzen von Vicia Faba konnten die Samen auch bei diesen Versuchen ziemlich tief (7 — 10 cm) ausgelegt werden. Für die mechanische Wirkungsweise von Vicia Faha ist die keilartige Zuschärfung ihres Gipfels sehr wesentlich. (Als Gegen- stück halte man sich einen Lupinenkeimling mit seinen breiten Widerstandsflächen vor Augen.) Ebenso wie nun ein belasteter Nagel in verschiedener Weise in widerstandsfähigen Boden ein- dringt je nach der Beschaffenheit des letzteren, so auch der sich streckende zugeschärfte i^a6a -Epikotyl. Ist dem festen Boden dank einem gewissen Wassergehalte einige Plastizität verblieben und das eindringende Gebilde nicht zu dick, so erfolgt ein wirk- liches Einbohren: der Boden läßt sich in seitlicher Richtung noch komprimieren ohne gleich zu zerspringen; die Kompression in ver- tikaler Richtung bez. in Richtung der Achse des eindringenden Gebildes ist wegen der Spitze bez. Schneide nicht von Belang. Ist der zusammengedrückte Boden aber trockener und daher spröde, wie etwa trockene lehmige Erde, so wird er, sobald eine Schneide oder Spitze einen hinreichend intensiven Druck auf ihn ausübt, zerspalten. Bei den von innen wirkenden keimenden Pflanzen über das Verhalten von Sprossen bei Widerstand leistender Erdbedeckung. 105 findet man nicht nur Sprengung in vertikaler, sondern auch in horizontaler Richtung, in welchen Fällen also eine ganze Erdscholle abgerissen wird. Die Pflanze wächst dann in beiden Fällen in den Spalten weiter. An den Keimlingen aus festem Boden fällt sofort die außer- ordentliche Dicke der Stengelglieder und als Korrelat dazu ihre geringe Länge gegenüber denjenigen der etiolierten Pflanzen auf. Die folgenden Zahlen sind Mittelwerte aus einer größeren Anzahl von Messungen an Epikotylen von -Fa&a- Keimlingen, deren Samen gleichzeitig ausgesät wurden: Lichtpflanzen .... Dunkelpflanzen .... Pflanzen aus festem Boden, 10 cm tief .... Dicke (in mm) 4,2 3.9 5,0 (Ich habe derartige verdickte Stengel auch im Freien unter ent- sprechenden Umständen bei den verschiedensten Keimlingen beob- achtet.) Ferner hat der Bogen des Epikotyls, dessen Form für das Eindringen höchst bedeutungsvoll ist, sehr wesentliche Gestalts- änderungen erfahren. Die beiden Schenkel, an etiolierten Keim- lingen oder in lockerem Boden ziemlich weit voneinander abstehend, sind eng aneinander gepreßt, so daß die Unterseite der Umbiegungs- stelle scharf geknickt ist (Fig. 3). Als interessante Anpassung an die Außenverhältnisse erscheint vor allem die oft bemerkbare schär- fere Ausprägung der Keilform des Gipfels, die ja ursprünglich von der kantigen Form des Stengels herrührt. Im ganzen ist ein Be- streben, die Oberflächenvergrößerung, welche durch die Umbiegung des Sproßgipfels bedingt ist, auf ein Mindestmaß herabzusetzen, nicht zu verkennen. Die treibende Kraft verteilt sich jetzt auf eine relativ geringere Fläche als bei den Pflanzen in lockerem Boden, so daß der einzelne Punkt des Bogens einen höheren Druck ausübt. Die Form des Bogens ist also mechanisch vorteilhafter geworden. Schließlich sind die Pflanzen, welche mit derartig schwierigen äußeren Verhältnissen zu kämpfen hatten, stets mehr oder weniger gekrümmt. Was die Ursachen dieser Formänderungen angeht, so sind bei denjenigen Keimlingen, welche in den unregelmäßigen vertikalen bez. 106 AValter Leonhardt, schrägen Spalten emporwachsen und sich den herrschenden Raum- verhältnissen anschmiegen mußten, diese Umstände für die Krüm- mungen Erklärung genug. Zu ihnen gesellen sich in den Fällen, wo eine Erdscholle abgesprengt wurde und die Pflanzen in einem annähernd horizontalen Spalte weiter wachsen mußten , negativ geotropische Krümmungen, die, solange die Last der Erde auf den Keimlingen ruht, in ihrer wirklichen Ausprägung in der Hauptsache unterdrückt werden, jedoch beim Beseitigen derselben unter plötz- lichem Emporschnellen der Keimlinge sichtbar werden. Die genaue Analyse der Krümmungen derjenigen Pflanzen, die sich einzubohren vermochten, ist mit Schwierigkeiten verbunden, nicht nur weil mehrere schwer kontrollierbare Ursachen dabei in Frage kommen können, sondern auch weil das Aus- maß derselben nicht abzuschätzen ist. Als eine solcher Ursachen wäre zunächst zu beachten un- gleichmäßige Druckverteilung im Boden, welche die Pflanze ver- anlassen könnte, von Stellen stär- keren "Widerstandes nach solchen schwächeren zu wachsen. Die Krüm- mungen können ferner eventuell traumatotrope Reaktionen sein; Ver- letzungen sind die Stengel in festem Boden ja stets ausgesetzt. Teilweise sind die Krümmungen auch als Aus- weichen vor Hindernissen in Gestalt kleiner Steine usw. aufzufassen. Daß sie jedoch hierdurch nicht ausschließlich erklärt werden können, geht aus ihrem Auftreten in Erde hervor, die vor dem Peststampfen fein gesiebt wurde; allerdings sind sie hier weniger stark. Ohne weiteres wird man für die innige Annäherung der beiden Schenkel des Bogens mechanische Pression als Ursache in Anspruch nehmen. Der Erdboden setzt seiner Verdrängung bez. Kompression einen Widerstand entgegen, übt also seinerseits auf die Pflanze einen Druck aus, dessen Folge die Annäherung der beiden Schenkel ist. Das Wachstum im Bogen paßt sich der Pressung allmählich an; denn beim plötzlichen Wegfall des Außendruckes verbreitert sich der Bogen nicht. An Stelle dessen beobachtet man häufig, wie sich die wachsende Region des aufrechten Schenkels krümmt, derart 4 B Fi 3. Vicia Faha major, nutieiender Epikotyl. in lockerem Boden (flach), B festem Boden. Vergr. über das Verhalten von Sprossen bei Widerstand leistender Erdbedeckung. 107 daß die Hinterseite konkav wird; der andere Schenkel gerät dadurch in Schrägstellung ^). Diese Erscheinung wird an anderer Stelle ihre Erklärung finden. Der Keil erscheint schärfer ausgeprägt, weil seine Länge oder die Länge seiner Seitenflächen zugenommen hat. Zunächst muß man sich von der Vorstellung frei machen, es sei im festen Boden eher ein Abplatten des Gipfels zu erwarten und dessen Ausbleiben, ja der Eintritt des Gegenteils, demnach auf eine ganz besondere Aktion der Pflanze zurückzuführen. Auch die Seiten- flächen des Keils unterliegen ja Druck. Das Wachstum ist also in seitlicher Richtung gar nicht erleichtert und ein Grund zur Ab- plattung daher nicht gegeben. Vielmehr dringt die Schneide des Keils in den widerstandskräftigen Boden ein. Dadurch schafft sie quasi einen engen Spalt, in den die nachfolgenden breiteren Partien eingezwängt werden. Sie erfahren hierbei einen starken seitlichen Druck, der eher eine Annäherung der Seitenflächen, d. i. eine Verschärfung des Keils erstrebt, als Verbreiterung gestattet. Die Verlängerung des Keils hängt nun mit dem ungewöhnlich starken Dickenwachstum des aufrechten Schenkels im Boden zusammen. Man stelle sich einen Pfahl vor und denke sich ihn an Dicke zu- nehmend. Dann muß seine Spitze, wenn sie nicht stumpfer d. h. ihr Winkel größer werden soll, sich verlängern. In analoger Weise liegen die Verhältnisse bei dem keilförmigen Bogen des Epikotyls. Daß er nicht stumpfer wird, wurde ja soeben dargelegt. Die nähere Darstellung dieser Verhältnisse ist zu umständlich, als daß ich weiter darauf eingehen möchte. Ich gebe nur der Überzeugung Ausdruck, daß die äußeren Druckverhältnisse, welche das Wachstum ja direkt zu beeinflussen vermögen, und die Tatsache, daß der Bogen normalerweise, auch in Luft, wie ein Keil geformt ist, zur Erklärung der beschriebenen Formänderungen völhg ausreichen. Eine Reaktion auf Kontaktreiz, wie z. ß. die Bildung der Protu- beranz am Knie des Allium-Keimblattes eine darstellt (Neubert, 1903, S. 142 f.), ist darin nicht zu erblicken. Als Ursache für das verstärkte Dickenwachstum bietet sich die Hemmung des Längenwachstums durch den widerstandsfähigen Boden dar. Ist sie es tatsächlich, so muß die gleiche Erscheinung 1) Fig. SB zeigt einen Keimling, wie er innerhalb des festen Bodens aussieht. Beim Zeichnen wurde ein Druck auf ihn ausgeübt, der die gekennzeichnete Krümmung des aufrechten Schenkels verhinderte. 108 Walter Leonhardt, eintreten, wenn durch künstlichen Druck dem Stengel das Strecken erschwert wird. Ich schob über einen jungen (16 mm langen, 3,9 mm dicken), etiolierten Epikotyl, welcher noch um 180" nutierte, eine eben passende Glasröhre, die von der Zange eines Stativs fest- gehalten wurde. Dem Gipfel legte ich einen Kork auf, dessen untere Fläche der Keilform des Bogens des Epikotyls entsprechend eingekerbt war und der sich in der Röhre leicht bew^egen ließ. Auf ihn drückte ein Stempel mit einem Tellerchen zum Auflegen von Gewichten Durch die Zwischenschaltung des schmiegsamen Korks sollte Verletzung des Stengels vermieden werden. Der wachsende Epikotyl hatte also je nach den aufgelegten Gewichten eine gewisse Last emporzuheben. Um ein sofortiges Verbiegen der Pflanze zu vermeiden, wurde beim Beginn des Versuchs nur mit 100 g belastet. Nach einigen Stunden kamen weitere 200 g hinzu. Das Pflänzchen zeigte nach 24 Stunden keine oder sehr geringe Verlängerung, war aber beträchtlich in die Dicke gewachsen. Am darauffolgenden Tage war die Last von 300 g einige Millimeter in die Höhe gehoben, und fortan wuchs die Pflanze unter dem kon- stanten Druck weiter in die Länge, in allen Querschnitten eine gleich- mäßige Dickenzunahme innehaltend. Erhöhte ich jetzt das Gewicht auf 500 g, so bog der Stengel aus und senkte sich allmählich unter stärkerem Verbiegen nach abwärts. Das Maß seiner Tragfähigkeit war überschritten. Der unter 300 g Druck von 1,6 cm auf 5,6 cm her- angewachsene Epikotyl besaß einen mittleren Durchmesser von 6 mm, während der einer gleich langen etiolierten Vergleichspflanze höchstens 4 mm dick ist. Das Versuchsergebnis entsprach also den gehegten Erwartungen vollkommen, wonach es keinem Zweifel mehr unterliegt, daß an den abnormen Verdickungen') im festen Boden der Druck desselben, der das Längenwachstum hemmt, einen wesentlichen An- teil hat. Etwas unpräzis könnte man sagen, das Längenwachstum werde durch den Druck in Dickenwachstum übergeführt. Verwendet man einen längeren, unten bereits nicht mehr streckungsfähigen Epikotyl zum Versuch, so zeigt sich das starke Dickenwachstum nur oben in der Wachstumsregion, weshalb der Stengel hier also dicker ist als unten. An der Basis kann ebenfalls noch Dickenwachstum stattgefunden haben, oben ist es jedoch viel stärker gewesen, weil die Zellen auch noch fähig waren in die Länge zu wachsen. Ana- 1) Ähnliche abnorme Verdickungen beobachtete schon Hering (1896, S. 159 f., Fig. 4) an Stengeln von Cucurbita Pejjo. über das Verhalten von Sprossen bei Widerstand leistender Erdbedeckung. 109 tomisch müßte sich das so ausdrücken, daß die Zellen mehr als normal in die Breite gewachsen, dafür aber kürzer geblieben wären. Man kann sich an Längsschnitten mikroskopisch davon überzeugen, daß dem tatsächlich so ist. Die Mark- und Rindenparenchymzellen sind sehr viel kürzer und breiter als diejenigen der etiolierten Stengel. Zellvermehrung findet nicht statt. Genau festzustellen, ob Modifikationen im Gefäßbündelsystem eintreten, muß ich weiterer Untersuchung überlassen. Nach meinen Beobachtungen werden mechanische Elemente nicht stärker ausgebildet. Die besprochene Erscheinung ist nichts anderes als ein besonderer Fall des „plas- tischen" Wachstums. Das Wachstum verläuft in der Längsrichtung viel rascher als in der Querrichtung. Deshalb macht sich der Widerstand des Bodens vornehmlich gegen das Längenwachstum geltend, und infolge der mechanischen Hemmung des letzteren treten korrelative Wirkungen ein, „als deren Erfolg sich in der wachsenden Region die Wachstumstätigkeit in einer jeden überhaupt möglichen Richtung in erhöhtem Grade geltend macht" (Pfeffer, 1893, S. 267), d. h. in unserem Falle, ein Teil des Längenwachstums wird in Dickenwachstum umgesetzt. Für das Leben der Pflanze hat die Verdickung des Stengels wohl vorzüglich mechanische Bedeutung. Indem sie den wirksamen Querschnitt vergrößert, setzt sie den Stengel in den Stand, einen höheren Gesamtdruck auszuüben. Jedoch hat die Pflanze beim Fortwachsen in widerstandsfähigem Boden keinen Vorteil davon, da proportional der wirksamen Fläche der Außenwiderstand steigt. Nützlich kann sie insofern werden, als ein dickerer Stengel von höherer Druckkraft den Boden eventuell und in vielen Fällen tat- sächlich zersprengt, was einem dünnen Stengel nicht gelingt. Der Außenwiderstand ist dann plötzlich stark herabgesetzt, und die Pflanze vermag in den Spalten leichter emporzuwachsen. Aus diesen Gründen kann das verstärkte Dickenwachstum als eine zweckmäßige Reaktion der Pflanze auf die Außenbedingungen angesehen werden. Als Vergleichsobjekt zu Vicia Faba wählte ich Phaseolus multiflorus, welcher den Boden ebenfalls mit einem nutierenden Epikotyle durchbricht. Sein morphologisches Verhalten bei hoher Erdbedeckung entsprach vollkommen dem von Faba, insbesondere auch was das Schicksal der Blätter betrifft. Der Bogen des Epikotyls ist hier nicht dachig zugeschärft, sondern besitzt infolge der flach- gedrückten Form des Stengels eine ziemlich breite Oberfläche. 110 ' Walter Leonhardt, Es ist eine Stütze für die oben geäußerte Ansicht über die Ver- schärfung des Keils bei Vicia Faba im festen Boden, daß ein Keil sich bei Phaseolus muUifiorus unter den gleichen Verhältnissen in keinena Falle herausbildet, während die übrigen bei Faba geschilderten Formänderungen in völlig analoger Weise zutage treten. Wenn die beiden untersuchten Pflanzen in ihrem Verhalten keine prinzipiellen Unterschiede zeigen, so ist das daraus verständlich, daß ihr Entwicklungsgang sehr ähnlich ist und das Erdreich rein mechanisch auf sie einwirkt. Sehr wesentlich verschieden von der Entwicklung dieser hypogäischen Keimer erscheint unter den Um- ständen, denen die Pflanzen in diesen Versuchen ausgesetzt werden, also vom rein mechanischen Standpunkte, die Entwicklung der Pflanzen, welche ihre Kotyledonen über den Boden befördern. Denn infolge der oft mächtigen Dimensionen der letzteren arbeitet die Pflanze von vornherein mit großen Widerstandsflächen gegen den Boden, wodurch die Leistungen bei hoher Erdbedeckung stark beeinträchtigt werden müssen. Es liegt nahe, zu einem Vergleich der beiden Keimungsweisen die nächste Verwandte von Phaseolus miUtiflorus, Phaseolus vulgaris, zuerst heranzuziehen. Phaseolus vulgaris. Legt man die Samen flach horizontal im Boden aus, so kommen die Keimblätter wenig in die Lage zu hemmen. Beim Einsetzen des negativen Geotropismus in dem vertikal abwärts gedrungenen Ab- schnitt des Hypokotyls (vgl. Schütze, 1910) wird der horizontale Schenkel, der im Verhältnis zu dem anderer Keimpflanzen sehr lang ist, in schräge Richtung gedrückt, bis er schließlich senkrecht herabhängt. Jetzt müssen die Kotyledonen aufgerichtet und empor- gezogen werden. Das Aussehen der Keimlinge auf diesem Stadium ist bekannt genug. Bei seichter (3 — 5 cm tiefer) Lage der Samen ist die Erddecke schon während jener Vorgänge aufgelockert worden und rasch durchbrochen. Unter einer 30 cm hohen Erdschicht verlaufen die ersten Keimungsstadien genau wie bei seichter Lage der Samen. Jedoch müssen später die Kotyledonen von dem aufstrebenden Hypokotyl im Boden emporgezogen werden. Der Bogen, der im Dunkeln lang- samer als am Licht verschwindet, bleibt hier erhalten und verengt sich nach Möglichkeit. Aber die Keimblätter, obschon dem auf- rechten Schenkel des Hypokotyls dicht angeschmiegt, nehmen doch einen solchen Raum ein, daß unter ihnen ein Luftkanal von einer über (las Verhalten von Sprossen bei Widerstand leistender Erdbedeckung. Hl Weite entsteht, wie er bei Vicia Faba und Phaseolus multifiorus nie zu beobachten ist. In ihm vermag der Hypokotyl auszubiegen, doch gestattet seine Dicke keine schraubigen Windungen, wie sie bei dünnstengligen Pflanzen vorkommen, sondern höchstens flache Verlegungen. Die Dickenzunahme, von der die Hemmung des Längenwachstums des Hypokotyls begleitet ist und zu deren Reali- sierung es hier wie bei allen an großen Widerstandsflächen leidenden Pflanzen des festen Bodens nicht bedarf, ist unter diesen Umständen also vorteilhaft. Die verdickten Hypokotyle erreichen bei weitem nicht die Länge der etiolierten. Wenn das Wachstum des hypo- kotylen Gliedes zu Ende geht, streben seine obersten Partien sich gerade zu strecken. Der Hypo- kotyl der etiolierten Pflanzen führt bei diesem Vorgang die Keim- blätter unter einer Art Kreisbewe- gung in vertikale Stellung (Fig. 4 J.). Der Boden wird diesen Vorgang natürlich in höchstem Maße be- hindern. Nicht nur drückt das jetzt dicker werdende gebogene Ende des hypokotylen Gliedes infolge des zur Geradestreckung benötigten einseitigen Wachstums mit großer Oberfläche gegen den Boden, auch die Kotyledonen sind im Bogen durch das Erdreich hindurch in vertikale Stellung zu bringen, wozu sich als dritter hemmender Faktor gesellt, daß in diesem Moment das 1. Internodium, invers gestellt, sich zu strecken beginnt. Wie Fig. 4i> zeigt, wird das angestrebte Ziel nicht erreicht. Das ein- seitig stärkere Wachstum des Stengels preßt die noch umgebogene Partie und die Keimblätter ein Stück schräg in den Boden, bis dieser nicht mehr nachgibt. Der Stengel ist nunmehr oben und unten fixiert, und, da er fortfährt zu wachsen, buchten die jetzt sehr dicken oberen Partien in großem Bogen seitlich aus, wobei ansehnliche Hohlräume im Boden entstehen. Die Sprödigkeit des Fig. 4. 112 "Walter Leonhanlt, Stengelmaterials gestattet keine unbegrenzten Verbiegungen, wes- halb beim Überschreiten einer gewissen Grenze der Hypokotyl unterhalb des Knotens der Keimblätter zerbricht. Es befinden sich jetzt zwei Bruchstücke der Pflanze im Boden. Das eine, der aufrechtstehende Hypokotylabschnitt, streckt sich weiter und dringt in den Boden ein, und es ist interessant zu sehen, daß der jetzige Zuwachs dünner ist als die übrigen Partien des Hypokotyls, ohne Zweifel, weil die viel kleinere Widerstandsfläche das Längenwachs- tum weniger hemmt. Das andere Bruchstück entwickelt sich gleich- falls weiter, und zwar streckt sich sowohl das kurze Ende des Hypokotyls ein wenig als auch das 1. Internodium. Dasselbe be- findet sich in Inverslage, muß also, um Normalstellung zu erreichen, im Boden eine geotropische Krümmung ausführen. Beim Hervor- treten aus den Kotyledonen stemmen sich die recht großen Blätter am Gipfel des Internodiums, die dessen geradlinige Fortsetzung bilden, gegen die Erde und geben dadurch Anlaß zu einer mecha- nisch bewirkten Nutation des Internodiums. Von der Beteiligung rein mechanischer Umstände bei ihrer Entstehung zeugt die Tat- sache, daß die Krümmung im Boden nach verschiedenen Richtungen orientiert sein kann, während die Nutation des 1. Internodiums etiolierter Pflanzen — an Lichtpflanzen fehlt eine solche voll- kommen — immer der Richtung nach als Fortsetzung der früheren Nutation des Hypokotyls erscheint. In manchen Fällen gelingt es dem 1. Internodium ziemlich rasch, die vertikale Lage zu erreichen, wie aus Fig. 4 5 zu ersehen ist. Früher oder später müssen beide Bruchstücke natürlich absterben. Das aufrechte Stengelstück drang 10 — 15 cm hoch ein. 15 cm dürfte die Maximalhöhe sein, die die Pflanzen im Boden erreichen. Stellt man dieser Leistung die von Vicia Faba oder von Phaseolus multifiorus gegenüber, wo 30 cm hohe Erdschichten in den allermeisten Fällen glatt bewältigt wurden, so fällt der Ver- gleich der hypo- und epigäischen Keimungsart entschieden zugunsten der ersteren aus. Doch gewinnen diese Differenzen nur unter ab- normalen Verhältnissen so hohe Bedeutung, denn die Mehrzahl der Samen keimt in der Natur an der Erdoberfläche oder sehr wenig tief. Daher ist auch der naheliegende Schluß, die hypogäische Keimungsweise möchte sich bei den Pflanzen mit großen Keim- blättern (wie auch Aesculus, Quercus, Juglans usw.) sekundär da- durch herausgebildet haben, daß der Hypokotyl infolge regelmäßiger Hemmung seines Längenwachstums oder gar Verletzung, wie bei über das Verhalten von Sprossen bei Widerstand leistender Erdbedeckung. 113 Phaseolus vulgaris, allmählich seine Streckungsfähigkeit einbüßte, sehr hypothetisch. Immerhin ist es interessant sich zu vergegen- wärtigen, daß das obere Bruchstück bei Phaseolus vulgaris im Prinzip die Verhältnisse der hypogäischen Keimer wiedergibt, nur daß die Wurzeln fehlen. Daß es sich bei diesen Erörterungen aber um bloße Spekulationen handelt, erhellt daraus, daß gar nicht alle Pflanzen ihre großflächigen Keimblätter im Boden lassen. So Lupinus albus; und doch bestätigen die Tiefsaatversuche mit dieser Pflanze das oben abgegebene Urteil über die hypogäische Keimungs- weise in vollem Maße. Lupinus albus. Angesichts der flachen Form des Samens erscheint als natür- liche Ausgangslage der Keimung die, bei welcher die Breitseite horizontal liegt. Demgemäß wurden die Samen ausgelegt. Die Entwicklung beginnt mit einer positiv geotropischen Abwärts- krümmung von Wurzel und Hypokotyl. Bei einer Länge des letzteren von ca. 1,5 cm vollzieht sich in ihm der geotropische Stimmungswechsel (Schütze, 1910, S. 411), so daß von jetzt ab Aufwärtsdringen des Stengelgliedes zu erwarten wäre. Die Koty- ledonen, in gequollenem Zustande außerordentlich groß, müßten hierbei aus ihrer horizontalen Lage einseitig aufgerichtet und in vertikale übergeführt werden, wobei die auf den Keimblättern lastende Erdsäule bis zu einem gewissen Grade emporzuheben und zu komprimieren wäre. Zur Bewältigung dieser Arbeit bedarf es wegen der Größe der Keimblätter eines sehr hohen Energieaufwandes seitens des Hypokotyls. Selbstverständlich kann dessen Druck nach oben nur wirksam werden, wenn seine Basis hinreichend versteift ist. Das trifft aber bei der Lupine nicht im geringsten zu. Weder ent- springen der Hypokotylbasis wie bei Phaseolus vulgaris starke Seiten- wurzeln, noch ist sie ja wie bei den hypogäischen Keimern durch die Kotyledonen verbreitert. Der wachsende Hypokotyl findet also oben ein schwer fortzuschiebendes Hemmnis. Es liegt gleichsam der umgekehrte Fall der häufig zu beobachtenden Erscheinung vor, daß die Keimwurzel eines oberflächlich ausgelegten Samens nicht in die Erde eindringt, sondern den Samen emporhebt, weil derselbe nicht genügend fixiert ist. Statt aufwärts zu dringen schiebt sich der Hypokotyl nach abwärts in den Boden. Da die Wurzel schon viel zu lang ist, als daß sie in toto in den Boden geschoben werden könnte, muß an irgend einer Stelle Ausbiegen stattfinden. Die dünn Jahrb. f. wiss. Botanik. LV. 8 114 Walter Leonhardt, auslaufende Hypokotylbasis schlägt unter Verbiegen des untersten Hypokotylabschnittes eine seitliche Richtung ein und zieht die Wurzelbasis mit. Die in der Wurzel hierbei entstehenden starken Spannungen müssen einen Punkt kommen lassen, von dem ab sie dem Druck bez. Zug des Hypokotyls nicht mehr nachgibt. Der letztere ist jetzt am oberen und unteren Ende festgelegt. Not- wendigerweise ist weitere Längenzunahme von seitlichem Ausbuchten begleitet, welches in der Form geschieht, daß die bereits vorhandene basale Krümmung verstärkt wird und zwar nach und nach in ganz außerordentlicher Weise (Fig. 5^1). Der Hypokotyl kann so 5 cm, von der ursprünglichen Lage des Samens an gerechnet, nach abwärts dringen, also viel tiefer, als der positive Geotropismus ihn führt. Die Ausbildung des starken Bogens im Hypokotyl geht nicht vonstatten, ohne daß große Höhlen im Boden entstehen. Der Druck des oben und unten an der gerad- linigen Verlängerung gehinderten Hypokotyls bleibt natürlich auf die Kotylen nicht ohne Einfluß, die unter Kompression der bedecken- den Erdschicht langsam aus ihrer ursprüng- lichen Lage verschoben werden. Das eigent- liche Durchbrechen, d. h. eine beständige Aufwärtsbewegung beginnt jedoch erst, wenn der untere Bogen groß genug geworden ist, um ein hinreichend starkes Widerlager, an dem es vorher fehlte, abzugeben und das hypo- kotyle GHed wegen zunehmender Dicke, eines Erfolges der Hemmung des Längenwachs- tums, nur noch wenig ausbiegt. Die geschilderten Vorgänge wurden an Keimlingen beobachtet, deren Samen 30 cm tief ausgelegt worden waren. Bei flacher (4 cm tiefer) Aussaat in lockerem Boden können sie nicht in die Erscheinung treten. Mag sich auch der Hypokotyl, nachdem seine geotropische Stimmung sich geändert Fig. 5. Luinnus albus. A = in wenig widerstands- fähigem Boden herange- wachsen. B = Gipfel eines jungen Keimlings in lockerem Boden bei fla- cher Aussaat. C = Gipfel eines älteren Keimlings in widerstandsfähigem Boden. Verkl. über das Verhalten von Sprossen bei "Widerstand leistender Erdbedeckung. 115 hat, noch in geringem Maße nach unten bewegen, so langt der nach oben wirksam werdende Druck doch bald hin, die wenig starke, nicht harte Erddecke zu zersprengen. Die großflächigen Keimblätter der Lupine dringen nie sauber ein , sondern zerklüften die Erddecke stark in größerer Ausdehnung. Bei den tiefgekeimten Pflanzen reduziert der Widerstand der Erde die Fläche des Gipfels dadurch, daß er die Kotylen weit nach unten preßt und dem hypokotylen Gliede seitlich anschmiegt. Die Länge des umgebogenen Hypokotylstückes nimmt hierbei er- heblich zu (Fig. 5B, C). Die gleichaltrigen etiolierten Pflanzen zeigen die Kotyledonen bereits aufgerichtet und auseiuandergebreitet. Zur Aufrichtung kommt es im Boden erst, wenn der Hypokotyl am Ende seines Wachstums angelangt ist; das Auseinanderbreiten ver- hindert der Boden größtenteils. Beim Eindringen dieser mechanisch recht ungünstig gebauten Keimlinge entsteht ein breiter Kanal im Boden, in dem sich die Stengel wegen ihrer Dicke jedoch nicht winden. Die Pflanzen drangen, vom unteren Bogen des Hypokotyls an gemessen, 14 — 18 cm hoch ein. Die Plumula kam nie zur Ent- wicklung, weil die Pflanzen bei der genannten Höhe, obwohl Nähr- stoffe noch vorhanden waren, durch Fäulnis, die zuerst die Keim- blätter zum Abfallen brachte, zugrunde gingen. Während keil- oder pfahlförmige Triebe wie J^a&a-Epikotyle und Graskeimlinge sich wesentlich in der Weise einbohren, daß sie die Erde zur Seite drängen, wobei der vertikale Druck eine Zunahme nicht erfährt, ist dieses der Fall bei Lupinus, Phaseolus vulgaris usw. Deren Eindringen in hohe Erdschichten muß wegen der Größe der vorangeschobenen Fläche zu einem guten Teile auf Kompression der den Gipfel belastenden Erdsäule beruhen , wes- halb immer weiteres Vordringen den Keimstengel nicht nur nicht in zunehmendem Maße von dem auf ihn drückenden Gewichte befreit, sondern sogar die Widerstandskraft des Bodens erhöht. So gelangt schon im lockeren Boden, sobald seine Schicht einige Höhe hat, ein solcher Druck auf den Hypokotyl, daß er sich verdickt. Fester Boden gestattet Kompression nur in geringem Umfange. Ein wirk- hches Eindringen der Pflanze in ihn schließt die große Fläche des Gipfels völlig aus. Allseitig an der Ausdehnung gehemmt, ent- wickelt der Hypokotyl nach und nach gerade wie eine Wurzel (vgl. Pfeffer, Druck- und Arbeitsleistung, 1893) einen immer stärkeren Druck gegen die feste Erddecke, bis von dieser eine Scholle, in Topfversuchen die ganze kreisrunde Decke, abgesprengt \\Q Walter LeonharJt, wird. Gelangen mehrere Samen gleichzeitig zur Keimung, so ist dem einzelnen Keimling natürlich die Arbeit erleichtert. Die stark gekrümmten Hypokotyle heben nachher den ganzen Erdblock in die Höhe. Ein einzelner Keimling vermochte eine Erdschicht von gleicher Ausdehnung und Mächtigkeit, wie die von mehreren (5) Keimlingen abgesprengte, nicht loszureißen. Als ich ihn nach langer Versuchsdauer befreite, fand ich ihn fast genau horizontal im Boden steckend, der Hypokotyl hatte noch die Lage wie beim Beginn der Keimung inne. Es war ihm nicht gelungen, die horizontal liegenden Keimblätter empor ins Erdreich zu drücken, und er wuchs daher in der angegebenen Richtung weiter. Eine geringe geotropische Krümmung — gering wegen des Bodenwider- standes — ist die Folge der Lage des Keimlings. Der Stengel erreichte nur die Länge von 4,5 cm, gewann aber dafür die enorme Dicke von 10 mm. (Das sind extreme Werte.) Die gleichaltrigen etiolierten Hypokotyle waren ca. 20 cm lang und 4,5 mm dick. Wie das Wachstum der Keimlinge beweist, wurde der feste Boden noch komprimiert, indessen reichte der durch den einen Keimling ausgewirkte Gesamtdruck nicht hin, auf die ganze ihn bedeckende Erdmasse übertragen, zur Absprengung derselben von der darunter befindlichen zu führen ^) Durch die Vergrößerung des aktiven Querschnitts wird die absolute Druckhöhe gesteigert. Da sich bei der Lupine wie bei Phaseolus vulgaris die höhere Gesamtenergie auf die gleiche, ja infolge der Pressung vielleicht kleinere Fläche des Gipfels überträgt — der widerstandbietende Querschnitt, d. i. derjenige der Kotylen, wächst nicht wie bei Vicia Faba proportional dem wirksamen Quer- schnitt — , ist jetzt der einzelne Punkt des Gipfels in den Stand gesetzt, einen höheren Druck gegen den Boden auszuüben als bei unverdicktem Stengel. Die Verdickung ist auch insofern von Vor- teil, als sie den Stengel weniger leicht ausbiegen läßt, wozu ja im lockeren Boden der Luftkanal Gelegenheit gibt. Auch Ricinus communis befindet sich bei der Keimung im Besitze eines großen seitlichen Anhängsels, des Endosperms. Während aber Keimblätter von ihrem hypokotylen Gliede mit 1) Dem Verhalten des Hypokotyls gegenüber interessiert das der "Wurzel, die in ebendenselben festen Boden fast genau senkrecht und nur soweit verbogen, als Hinder- nisse es bedingten, nach abwärts drang und nur sehr wenig an Dicke gewann. Ihre Form macht sie auch ungleich geschickter für die zu bewältigende Arbeit. über das Verhalten von Sprossen bei Widerstand leistender Erdbedeckung. 117 hochgetragen werden müssen, weil sie mit ihm verwachsen sind, braucht gleiches mit dem Nährgewebe, das den Keimblättern nur innig angeschmiegt ist, nicht der Fall zu sein. In der Tat bleibt es bei hoher Erdbedeckung in der Tiefe liegen, der Hypokotyl zieht die Keimblätter aus ihm heraus, sowie der Boden dem Eindringen des mächtigen Gebildes Schwierigkeiten bereitet. Die kräftigen und gut versteiften Hypokotyle, deren Gipfel nach der Befreiung vom Endosperm eine relativ geringe Oberfläche besitzt — die Keimblätter sind dünn und legen sich in dem auch hier entstehenden engen Kanal in Falten — , bohren sich in lockeren Boden sehr schön gerade ein und bewältigen Schichten von 30 cm Höhe spielend. Die Pflanzen setzen nachher ihre Entwicklung fort. In einer 9ü cm hohen Erdschicht durchmaßen sie 45 cm, und zwar wurde die Arbeit von dem Hypokotyle allein vollbracht, denn die Plumula kam nicht zur Entwicklung. Ahnliche Leistungen konstatiert man an anderen epigäischen Keimern, deren Kotyledonen nicht zu groß sind. Der Hypokotyl von Helicmthus annuus z. B. erlangte in einer 3U cm hohen Schicht 23 cm Höhe. In den bisher beschriebenen Fällen standen den Pflanzen bei der Keimung nicht nur beträchtliche Nährstoffvorräte zur Verfügung, sie zeichneten sich auch — man darf wohl sagen dieserhalb — durch kräftige und daher ohne weiteres leistungsfähige Stengelglieder aus. Deshalb entsteht die Frage, wie sich Pflanzen mit g-ringen Vorräten und dünnem Keimstengel bei Tiefsaat bewähren werden. Ich wählte als Objekt Brassica napus, deren Habitus auf Keimlingsstadium bekannt ist. Die im Vergleich zu dem dünnen Hypokotyle sehr großen Keimblätter werden infolge der Nutation des ersteren rückwärts emporgezogen. Ist damit ein Stauen derselben gegen die Erde auch vermieden, so besitzt der eindringende Gipfel des Keimlings doch eine derartige Oberfläche, daß er im lockeren Boden einen weiten Kanal hinterläßt. Der Hypokotyl hätte daher nach oben Druck auszuüben, ohne seitlich gestützt zu sein. Seine geringe Dicke läßt das nicht zu. Er biegt aus, gelangt an einzelnen Stellen mit der Wand des Kanals in Berührung und gewinnt sich dadurch seitliche Stützpunkte, allerdings auf Kosten der erreichbaren Höhe. Allmählich bildet der Stengel 118 Walter Leonhardt, in der Erdröhre eine langgezogene Schraube. Die Pflänzchen dringen nun solange ein, als ihr Nährstoffvorrat es gestattet, in meinen Versuchen in eine 15 cm hohe Erdschicht 9 cm weit. Nachdem das Wachstum des Hypokotyls erloschen ist, kann die Nutation, wie es auch bei Heliantlms anniais der Fall ist, noch auf den Stiel des nach oben gelegenen Keimblattes, der länger ist als der des unteren, übergehen. Er dringt ein Geringes mit herabgebogener Lamina ein. Die Pflänzchen sterben dann ab. EtioHerte Pflanzen, deren Nutation übrigens langsam verschwindet, wonach ihr Per- sistieren im Boden auf dessen Widerstand gegen das Aufkrümmen beruht, erreichen im Durchschnitt eine Maximallänge von 15 cm, worauf ebenfalls der Tod infolge Erschöpfung der Nährstoffe eintritt. Wenn die Pflanzen in der Erde kürzer bleiben, so hat das seinen Grund in einer gewissen Dickenzunahme des Keimstengels. Ganz außerordentliche Verdickungen beobachtet man an Pflanzen aus festem Boden. Daß die zarten Keimlinge sich hier bedeutenden Formänderungen unterziehen, entspricht der Unmöglichkeit sich vor- zustellen . wie das Einbohren mit dem großen , breiten Gipfel und dem dünnen Stengel vor sich gehen sollte. Erstlich wächst also der Hypokotyl auf Kosten seiner Länge ganz enorm in die Dicke; sein Durchmesser, bei etiolierten Pflanzen 0,6 — 0,9 mm, wird hier auf 1,7 — 2,0 mm befunden. Ferner wird das dünnbleibende, um- gebogene Hypokotylende mit den Kotyledonen dem aufrechten ver- dickten Schenkel innig angeschmiegt, so daß ein Kanal nicht mehr entsteht. Das Verhältnis von wirksamem Querschnitt und wider- standbietender Fläche ist jetzt für die Pflanze viel günstiger ge- worden. Die Hypokotyle sind nach den verschiedensten Richtungen stark gekrümmt. Die erreichte Höhe betrug ca. 6 cm; infolge der Krümmungen sind die Pflanzen natürlich etwas länger. In manchen Fällen dringen die Keimlinge allerdings gar nicht in den festen Boden ein. Wenn dieser zuviel Widerstand bietet, gelingt es dem Hypokotyle nicht, die großen Keimblätter in ihn einzupressen. Er windet sich dann in der Umgebung derselben hin und her. Die in hohen und festen Erdschichten erzielten Leistungen sind angesichts der Zartheit der Pflänzchen als relativ ansehnliche zu betrachten. Sie beweisen, daß die Pflanzen durchaus nicht ver- loren sein müssen, wenn außergewöhnlich ungünstige Verhältnisse an sie herantreten. Doch sinken natürlich die Leistungen mit ab- nehmender Größe der Keimpflänzchen, so daß nach Wollny (1884, S. 33) von dem sehr kleinsamigen Rotklee {Trifolium pratense), über das Verhalten von Sprossen bei Widerstand leistender Erdbedeckung. 119 der aus 2,5 cm Tiefe 96% der ausgesäten Samen auflaufen ließ, aus 5 cm nur noch 8% und aus 7,5 cm kein Same mehr Keim- stengel an die Oberfläche brachte. Die Faktoren, die seitens der Keimlinge für das Eindringen maßgebend sind, werden durch die bisherigen Beispiele hinreichend gekennzeichnet. Grundbedingung für größere Leistungen sind ge- wisse Nährstoffreserven. Das weitere hängt im wesentlichen von der Beschaffenheit des Gipfels der Pflanze ab. Im übrigen ver- halten sich die dikotylen Keimlinge bei abnormer Höhe der Erd- bedeckung sehr gleichförmig. Denn ihr Entwicklungsgang besteht doch in der Hauptsache überall in Streckung der Internodien und Entfaltung der seitlichen Organe, und die Beeinflussung derselben durch den Boden ist eine rein mechanische. "Weitere Schilderungen des Eindringens dikotyler Keimlinge in hohe Erdschichten würden wesentlich Neues nicht bringen. Deshalb gehe ich jetzt zu peren- nierenden Pflanzen über. Das folgende Beispiel reiht sich, was die Herstellung einer zweckdienlichen „Spitze" betrifft, den bis- herigen an. Triebe aus den Knollen von Solanum tuberosum. Während bei Vicia Faha die Krümmung des Epikotyls bereits im Samen vorgebildet ist, sind die eben sich streckenden „Augen" der Kartoffelknolle gerade. Wenn also 10 mm lange Sprößchen im Boden gekrümmt sind, entsprechende etiolierte Triebe aber nicht, so ist die Ursache der Biegung der Widerstand, den der Boden dem Voranschieben des Sproßgipfels, der infolge der Be- haarung und Fiederung der Blätter ziemlich rauh ist, entgegen- setzt. Der Stengel schafft sich eine bessere „Spitze", indem er seitlich ausbiegt und durch einseitig stärkeres Wachstum den Bogen herstellt. Nebenbei bemerkt tritt an etwas älteren, etio- lierten Trieben spontan eine Nutation des Gipfels auf, die aber nie den Grad wie im Boden erreicht. Die Pflanzen verhalten sich im übrigen ganz wie Mcia Faha, speziell auch was die Blätter betrifft. Diese, im Dunkeln sehr klein bleibend, sind die einzigen Hemmnisse, die den Stengel am eigenen Körper im Strecken be- einflussen; Seitenäste werden nicht gebildet'). Da nun Nährstoffe 1) Solche hemmen natürlich auch nur dann, wenn sie sich zu einer Zeit ent- wickeln, wo der Hauptstamm noch unter ihrer Ursprungsstelle wachstumsfähig ist, und das dürfte meist nicht der Fall sein. 120 "Walter Leonhardt, in der Knolle in Menge gespeichert sind, ist es nicht überraschend, wenn die Pflanzen durch 75 cm hohe Erdschichten hindurchdringen und sich am Licht weiter entwickeln (Fig. 6). Die Länge der sehr zahlreichen Stengelglieder istlgeringer als diejenige der etiolierten, sie nimmt ab mit steigender Festigkeit des Bodens. Dafür erfährt die Dicke eine beträchtliche Zunahme und zwar auflfäUigerweise oben mehr als unten (Fig. 6). Die über dem Boden am Licht zuwachsenden Internodien wer- den sofort dünner. Das Ansteigen des Außenwiderstandes infolge Größerwerdens der Blätter scheint mir als Erklärung für die sehr viel größere Dicke der oberen Stengelglieder allein nicht auszureichen. Wenn es gestattet ist, eine durch Ex- perimente nicht gestützte Vermutung aus- zusprechen, so hängt die Reaktion der höheren Stengelglieder auf Behinderung des Längenwachstums mit soviel stär- kerem Dickenwachstum als die unteren damit zusammen, daß Berührung mit dem Boden, also Ausüben stärkeren Druckes für sie etwas ganz Abnormales ist. — Die in meinen Versuchen bewältigten Erdschichten von 75 cm Höhe stellen keine Maximalleistungen dar. Nach Wollny (1884, S. 20 f.) wurden solche von 85 cm durchbrochen. Die betreffen- den Sprosse erreichten am Licht eine Länge von 16 — 41 cm, während die grünen Laubsprosse von flach ausgelegten Knollen 67 — 87 cm lang wurden. Bezüg- lich der Stolonenbildung und Knollen- erträge der aus großer Tiefe aufgelaufenen Pflanzen verweise ich auf die Arbeit des genannten Autors. Fig. G. Blätter. Gekrümmt durchbrechen auch Blätter zumeist den Boden, mögen die etiolierten Organe nutieren oder nicht. Die Spreite ist A Über das Verhalten von Sprossen bei Widerstand leistender Erdbedeckung. 121 trotz Rollung oder Faltung nicht fest genug, um beim Eingeschoben- werden in den Boden ihre Form zu bewahren; sie weicht leicht von der durch den Stiel gegebenen Achse seitlich ab, am Blatt- grund, der Übergangsstelle von dem festeren Stiel zu der weniger festen Spreite und Rippe, bildet sich dann eine Biegung heraus, die sich im weiteren Verlaufe verstärkt, und schließlich wird die Spreite, völlig invers gestellt, rückwärts aus dem Boden empor- gezogen, als nutierte der Stiel (Fig. 7)'). Die Arbeitsweise der Blätter bez. Blattstiele unterscheidet sich im übrigen von derjenigen nutierender Stengel in keiner Weise. Bei Geranium pratense habe ich an den grundständigen Blättern kon- statiert, daß die Hemmung des Längen- wachstums durch den Boden auch den Blattstiel zu kräftigem Dickenwachstum anregt. Die Stiele dringen ferner in die Erde senkrecht ein, während sie sich am Licht in Luft schräg nach außen wenden und eine breite Rosette bilden. Bei Sanguisorha canadensis und Aego- podium Podagraria liegen nach Massart (1903, S. 174) die Verhältnisse ähnlich, und hier kommt das vertikale Empor- wachsen der Blattstiele in die Erde da- durch zustande, daß das autonome Aus- wärtsbiegen der Blätter bez. Blattstiele, durch das sie vom vertikalen Stamm resp. der Lotlinie entfernt werden, im Dunkeln sehr geschwächt wird und der negative Geotropismus mehr zur Wirkung gelangt. In ganz gleicher Weise dürfte das Verhalten der Geraniww- Blätter zu erklären sein. Während bei Geranium auch die etiolierten Blattstiele die Spreite durch eine Nutation herabbiegen, ist dieses nicht der Fall bei Ficaria verna. Die Spreite des einen Blattes der verschütteten Pflanze in Fig. 1 (rechts) wurde also zwangsweise herabgebogen. Fig. 7. 1) Das Blatt von Ai'um italicum uutiert unter normalen Verhältnissen nicht, die gerollte Lamina steht vielmehr genau in der Verlängerung des Blattstiels. Das in Fig. 7 abgebildete Blatt hatte abnormalerweise in eine höhere Erdschicht eindringen müssen. Die Figur zeigt ein mittleres Stadium des mechanischen Biegungsprozesses. 122 Walter Leonhardt, Man kann auch in Fig. 1 (rechts) ein kurzes Blättchen erkennen, dessen kleine gerollte Lamina aufrecht steht. Es ist soeben aus der Scheide des längeren Blattes hervorgetreten und war dessen Stiel im Boden innig angeschmiegt. Bei weiterer Entwicklung wäre seine Spreite sicherlich noch verbogen und herabgedrückt worden. Die Fig. 1 macht die Bedeutung des Etiolements recht anschau- lich. Der Lichtmangel im Boden ließ die Blattstiele stark in die Länge wachsen, so daß das eine Blatt das Licht erreichte. Die Spreiten blieben klein und gerollt, wodurch die Widerstandsflächen sehr vermindert wurden. Ferner wuchsen die Blätter im Boden vertikal in die Höhe, anstatt sich wie im Licht schräg nach außen zu wenden. Alle bisher behandelten Pflanzen schufen sich eine günstige „Spitze" dadurch, daß sie ihren mechanisch unvorteilhaften Gipfel mittels einer Krümmung des Stengelendes nach abwärts kehrten und ein glattes Bogenstück voranschoben. Nun ist gewiß nicht der nutierende Stengel, sondern der aufrechte Sproß der primäre Typ. Wir haben jenen vorangestellt, weil er bei Keimpflanzen der verbreitetste ist. Die Nutation, die doch mechanisch erzwungen werden kann, bleibt immer dann aus, wenn der Querdurchmesser der jüngsten Stengelglieder im Verhältnis zur Fläche des Gipfels zu groß ist. Derartige Triebe lassen ihren Gipfel nicht umbiegen, sondern dringen aufrecht in den Boden und bedürfen daher zum Schutze ihres Vegetationspunktes besonderer Vorrichtungen, bezüglich derer ich auf die Arbeiten von Areschoug und Massart verweise. Die verbreitetste Art dieses Schutzes ist die dachziegelartige Über- deckung des Sproßgipfels durch schuppige Blätter. Im Prinzip gehören auch die Pflanzen mit gegenständigen Blättern hierher. In welcher Weise diese Blätter, die nur in der Zweizahl vorhanden und nie sehr weitgehend reduziert sind, der Aufgabe, mechanische Spitze und Schutzorgane für die zarten Bildungen am Sproßscheitel abzugeben, gerecht werden, soll an Dahlia variabüis gezeigt werden. Da/ilia variabüis. Die jungen Dahlientriebe sind krautiger Beschaifenheit und wie Meißel geformt. Ihre gegenständigen Blätter, die eine so wichtige Aufgabe zu erfüllen haben, sind ganz klein und auf den Stiel reduziert. Betrachten wir das Paar, welches eben den Gipfel über das Verhalten von Sprossen bei Widerstand leistender Erdbedeckung. 123 einnimmt, so sehen wir die Stiele senkrecht stehen und sich mit den Spitzen berühren. Auf der dem Stengel zugewendeten Seite rinnig vertieft, schließen sie einen Hohlraum ein, der von dem übrigen jungen Triebe erfüllt wird. Streckt sich das über dem betreffenden Blattstielpaar bez. Knoten befindliche, anfangs von jenem umschlossene Internodium, so weichen die beiden Stiele aus- einander, und das übernächste und alle höheren unentwickelten Inter- nodien sind jetzt vom folgenden, senkrecht zur Ebene des vorigen angeordneten Paare umschlossen usf., so daß immer die eng zu- sammengeschmiegten, später durch dieineinander geflochtenen Spreiten noch inniger verbundenen Stiel- spitzen vorangeschoben werden. Worauf beruht nun die Vertikal- stellung der Blattstiele, die man doch sonst schräg vom Stengel ab- stehen zu sehen gewöhnt ist? Daß die Dunkelheit die Vertikalstellung begünstigt, geht daraus hervor, daß die Blattstiele etiolierter Pflanzen niemals so schräg zum Stengel orientiert sind wie diejenigen der Lichtpflanzen. Gleichwohl ist sie nicht alleiniger Faktor, denn am Gipfel der Lichtpflanzen stehen die jungen Stiele ebenfalls senkrecht. Die Vertikalstellung ist somit eine Jugenderscheinung und aus der Art und Weise zu erklären, wie die Blätter am Vegetationspunkte an- gelegt werden. Das Licht beschleunigt das Schrägrichten. Übrigens sind die Spreiten am Gipfel der Lichtpflanzen schon ziemlich groß, während sie im Dunkeln, auch später, sehr klein bleiben. Für das Durchbrechen ist das natürlich von Vorteil. Die in Fig. 8 abgebildeten Triebe haben in dem hohen Holz- kasten eine Erdschicht von Vi m Höhe durchdrungen. An ihnen Fig. 8. 1 24 Walter Leonhardt, fällt die Kürze und große Dicke der Internodien auf, wenn man sie mit denen etiolierter Pflanzen vergleicht. Diese Gestaltsver- änderung der Stengelglieder ist selbstverständlich auf die mechanische Hemmung des Längenwachstums durch den Boden zurückzuführen. Übrigens sind die unteren Internodien etwas dünner als die oberen. Was die einzigen lateralen Bildungen, die Blätter, betrifft, so lassen sie die Folgen der von ihnen erfüllten Funktion nachträglich daran erkennen, daß ihre Spreiten arg zerrieben, ja ganz geschwunden sind. Beim Wegräumen der Erde findet man die Stiele nicht dem Stengel anliegend, sondern schräg aufwärts in den Boden gedrungen. Bei den Blattstielen in Luft kommt die Schrägstellung durch stärkeres Wachstum der Innenseite des Stiels und einfaches Auswärtswenden zustande. Das letztere gestattet der Boden, welcher der ganzen Außenfläche des Stiels anlagert, keinesfalls. Vielmehr ist die Stel- lung der Stiele im Erdreich folgendermaßen entstanden: Sowie sie von dem über ihrem Knoten stehenden sich streckenden Inter- nodium auseinandergedrückt werden, bietet sich der Erde Gelegenheit, sich zwischen Stengel und Blattstiel einzudrängen. Schon hierdurch wird eine gewisse Schrägstellung erzielt. Indem nun das unter den Stielen gelegene Internodium sich noch ein wenig streckt, werden sie weiter passiv schräg nach oben in den Boden geschoben. Das eigene Wachstum führt sie dann noch tiefer hinein. — Das Eindringen der Sprosse in die hohen Erdschichten geht im großen und ganzen senkrecht vonstatten. (In Fig. 8 sind sie etwas aus- einandergelegt.) Mechanisch wirken sie im Prinzip wie Wurzeln. Adventivwurzeln längs der Knoten wie bei Solanum wurden nicht gebildet. Pflanzen aus sehr widerstandsfähigem Boden zeichnen sich durch ganz außerordentliche Kürze und besondere Dicke ihrer Stengelglieder aus, die auch nicht genau senkrecht auieinande - stehen und infolgedessen den Stiel mehr oder weniger zickzackförmig gestaltet erscheinen lassen. Von den Blattstielen bleiben laer nur Stummel erhalten. Fragt man sich, was den Dahliensprossen das gute Eindringen ins Erdreich ermöglichte, so sind das zunächst ganz zweifellos die reichen, auch bei Lichtabschluß zur Verfügung stehenden Nahrungs- mengen, die in den Knollen angehäuft sind. Dann aber ist es vor allem die relativ geringe Oberfläche der eindringenden Spitze, die ihrerseits von der Vertikalstellung der Blattstiele sowie dem Klein- bleiben der Spreiten infolge Etiolements herrührt. Als weiterer Vorteil ist zu beachten das Fehlen von Seitenzweigen, in deren über das Verhalten von Sprossen bei Widerstand leistender Erdbedeckung. 125 Achseln «ich bei ihrer passiven Vorwärtsbewegung durch das darunter befindliche wachsende Stengelglied der Hauptachse die Erde staute, wodurch umgekehrt das Stengelglied am Strecken gehemmt würde. Allerdings findet das gleiche mit den Blattstielen statt, jedoch erst zu einer Zeit, wo das Internodium seine Wachstumstätigkeit in der Hauptsache zu Ende geführt hat. Schließlich ist als sehr wesentlicher Ursache der Kürze der wachsenden Region und ihrer geringen Entfernung von der eindringenden Spitze zu gedenken. Angesichts der günstigen Beschaffenheit der letzteren ist ein präzises Eindringen hiernach sicher verbürgt. Die Wichtigkeit des letzt- genannten Punktes erhellt, wenn man sich vorstellt, die Internodien und Blätter würden nicht von einem apikalen, sondern einem basalen Vegetationspunkt gebildet. Dann würden also die Sprosse, wie Fig. 8 sie zeigt, von einer Kraft vorwärts getrieben, die in der Nähe der Knolle wirkte. Die Pflanzen könnten unter solchen Umständen unmöglich die Leistungen vollbringen, die sie tatsächlich vollbracht haben. Humulus Lupulus. Das Eindringen in höhere Erdschichten geht mit herabgebogenem Gripfel vonstatten. Zunächst allerdings bohrt sich der zarte, wie eine Wurzel geformte Trieb 1 - 3 cm weit aufrecht ein. Zu dieser Zeit sind die Internodien noch kurz und ihrer ganzen Länge nach von Nebenblättern umringt und gestützt, die in den basalen Regionen der Sprosse zu einer kurzen, oben offenen Röhre verwachsen sind. Später biegt das jüngste sich streckende Internodium aus und läßt den Gipfel nach abwärts drücken, weil es sehr wenig steif ist und einen kleineren Querschnitt besitzt als dieser, also relativ stark am Strecken gehemmt wird und doch nicht, infolge Entstehung eines feinen Kanals, seitlich gestützt ist. Daß der Bogen durch mechanischen Zwang entsteht, geht daraus hervor, daß entsprechend alte, 4 cm lange etiolierte Triebe eine Nutation des Gipfels vollständig ver- missen lassen oder ihn nur ganz minimal von der Lotlinie abweichend zeigen. Dasselbe gilt von älteren Sprossen. über eine Freilandpflanze wurde vermittels einer Tonröhre eine 56 cm hohe Erdschicht gebracht. Die Sprosse drangen durch sie hindurch und entwickelten sich am Licht weiter. Ich war von diesem Ergebnis sehr überrascht. Schienen doch die Triebe mit ihren langen dünnen Internodien zu derartigen Leistungen durchaus nicht befähigt zu sein. In der Tat ist der Habitus der Pflanzen 126 Walter Leonhardt, '^ ganz wesentlich verändert, so, daß die vollbrachten Leistungen verständlich sind (Fig. 9). An Stelle langer und dünner Internodien sieht man kurze und dicke. Es beeinträchtigt hier ein verhältnismäßig geringer Widerstand — der eindringende Bogen besitzt eine kleine Oberfläche, und der Boden war locker — das Längenwachstum sehr stark, wodurch kor- relativ das Dickenwachstum in entsprechendem Maße gefördert wird. Ans Licht gelangt, setzen die Triebe die Dicke ihrer Stengel- glieder sofort herab. Die Blattstiele stehen, sofern sie nicht abgestorben sind, schräg in der Erde. Die infolge Etiolements sehr klein gebliebenen Spreiten sind herabgebogen. An etiolierten Pflanzen stehen die ganz jugend- lichen Blätter völlig aufrecht im Schutze der Nebenblätter, deren Ränder sich über sie hinweglegen. Der Stiel streckt sich dann, biegt die Spreite aber nicht durch Nutation nach abwärts. Mit der Zeit wendet er sich ein wenig nach außen, jedoch niemals soweit, wie er es am Licht tun würde. Die Herab- beugung der Spreite erfolgt nach dem Ge- sagten mechanisch und zwar bereits in dem Moment, wo das unter dem Blatt befindliche Internodium sich geradestreckt, ganz wie bei den Blättern von Vicia Faba. Der Blatt- stiel ist zu dieser Zeit noch ganz kurz. Das gleiche Schicksal wie den Spreiten wider- fährt den Nebenblättchen. Wenn das Inter- nodium sich ausgestreckt hat, führt das Wachs- tum des Blattstiels die herabgebogene Spreite schräg aufwärts in den Boden. Die Wider- haken, die der normalen windenden Pflanze an der erfaßten Stütze einen festeren Halt gewähren, werden im Boden wie bei grünen und etiolierten Pflanzen ausgebildet. Sie müs- sen den Stengel im Erdreich ja am Strecken behindern. Wenn man daher erwartet hatte, daß ihre Ausbildung im Boden etwa infolge Kontaktreizung unterbleiben würde, so sieht i A \ Fig. 9. Humulus Lupulus. A = etiolierter, B = in hoher Erdschicht erwach- sener Sproß. Verkl. über das Verhalten von Sprossen bei "Widerstand leistender Erdbedeckung. 127 man sich also getäuscht. Es ist aber zu bedenken, daß die Er- härtung der Haken erst auf gewisser Altersstufe erfolgt, zu einer Zeit, wo das betreffende Internodium sein "Wachstum bereits ein- gestellt hat, und im Dunkeln scheinen sie überhaupt etwas kleiner und weicher zu bleiben. Die durch sie bewirkte Hemmung kann also nicht übermäßig sein. Übrigens werden Widerhaken auch an der Basis der Sprosse, die normalerweise mit dem Erdboden in Berührung kommen kann, ausgebildet. Dem Stengel entspringen allerorts reichlich Adventivwurzeln. Die Umwandlung der langen, dünnen, windenden Stengelglieder in kurze, dicke, (zum Winden jedenfalls wenig befähigte) ist eine interessante, unmittelbar bewirkte Anpassung an die veränderten Außenbedingungen. Die große Ausdehnung der wachsenden Zone, die bei Hemmung der Verlängerung die Gefahr des Ausbiegens erhöht, läßt das normale, wenig steife Stengelglied zu einem präzisen Eindringen in ein Widerstand bietendes Medium nicht sehr geeignet erscheinen, um so weniger als mehrere Internodien sich gleichzeitig strecken. Dagegen bezeugt das Versuchsergebnis, daß die Stengel- glieder infolge ihrer Verkürzung, die natürlich auch von einer Ver- kürzung der wachsenden Region begleitet ist, und ihrer Verdickung, die das Ausbiegen des weiteren erschwert, den an sie gestellten Anforderungen jetzt vollständig gewachsen sind. Die Leistungsfähigkeit muß beeinträchtigt werden durch das Hohlwerden der Stengel. Doch scheint sich dasselbe durch den allseitigen Druck im Boden zu vermindern. Die Triebe wiesen statt eines rundlichen Hohlraums nur radiale Spalten im Mark auf. — Einen geringeren Durchmesser als bei etiolierten Sprossen besaß die Markhöhle der Triebe von Polygoniim sachalinense, die eine 40 cm hohe Erdschicht durchdrungen hatten. Für die All- gemeingültigkeit dieser Beobachtungen, die einer Nachprüfung be- dürfen, weil sie nur an der geringen Anzahl von Sprossen gemacht sind, die sich in einer Tonröhre entwickelt hatten, spricht, daß die untersten Internodien, die normalerweise in die Lage kommen können, Druck ausüben zu müssen , sich weniger höhlen als die oberen Internodien. In den bisherigen Beispielen haben wir spezielle Organe für das Durchbrechen nicht angetroffen. Es läßt sich vermuten, daß Pflanzen, die solche Organe bilden, abnormalen Verhältnissen wenig gewachsen sein werden. Denn diese Organe dürften deshalb ent- J28 Walter Leonhardt, wickelt werden, weil dem umhüllten Sproß mechanische Eigenschaften, wie sie zum Eindringen in den Boden erforderlich sind, abgehen oder weil das Eindringen in die Erde mit großen Schädigungen für ihn verbunden wäre, (womit nicht gesagt sein soll, daß jene spezialisierten Organe nicht noch andere als mechanische Funktionen erfüllten). Sehr verbreitet ist die Bildung schuppiger Niederblätter, die den Sproß in sich bergen und ihn durch eigenes und ihrer Inter- nodien Wachstum ans Licht befördern. So liegen die Verhältnisse bei Paeonia ofjicinalis, deren junge Triebe im Garten eine etwa 5 cm hohe Erdschicht zu durchdringen haben. Sie sind spitzknospenförmig gestaltet, indem die ersten 4 — 5 wechselständigen, dicht gedrängten Blätter als pergamentartige Schuppen ausgebildet sind, deren Größe von unten nach oben zunimmt. Der eigentliche, Laubblätter und Blüte tragende Sproß ist völlig von ihnen umhüllt und kommt mit dem Boden kaum in Berührung. Denn die obersten Knospen- schuppen werden lang genug, um ihre Spitzen über die Erdoberfläche zu erheben. Die Internodien der Schuppen strecken sich dabei nur wenig. Immerhin wird dadurch bewirkt, daß die Schuppen, welche anfangs dicht aufeinandersitzen und quasi ineinander- geschachtelt sind, sukzessive auseinander gleiten, wobei die Ränder jeder unteren von der nächst oberen auseinandergedrückt werden. Lange kann man im Winter und zeitigen Frühjahr die Spitze der obersten und längsten Schuppe aus dem Boden hervorragen sehen. Sie wird von dem aus Blattspreiten bestehenden aufrechten Gipfel des umhüllten Sprosses auseinandergetrieben, wenn die steigende Temperatur ihn zum Strecken veranlaßt. Der Sproß entwickelt sich nun in Luft weiter und erreicht am Licht mächtige Dimen- sionen in der Breite durch die großen Blätter mit äußerst kräftigen Blattstielen. Im Dunkeln bleiben die Spreiten zwar klein, die Blatt- stiele jedoch geben auch hier den Stengelgliedern an Dicke wenig nach und übertreffen sie an Länge. Diese Stiele sind es, die die Pflanzen in hohe Erdschichten äußerst schwierig eindringen lassen. Ich verzichte auf eine Schilderung des Hergangs des Eindringens, weil eine solche mangels direkter Beobachtung angesichts des komplizierten Habitus der Pflanzen mit zuviel Unsicherheiten behaftet sein würde. Jedenfalls gewähren die aus der Röhre be- freiten Pflanzen einen ganz bizarren Anblick: Die unteren Inter- über das Verhalten von Sprossen bei Widerstand leistender Erdbedeckung. 129 nodien und Blattstiele sind aufs ärgste verbogen, die oberen samt der Blüte nach abwärts statt aufwärts in den Boden gedrungen, offenbar erst rein mechanisch in die dazu nötige Inversstellung gebracht, die Stengel weisen an den Stellen stärkster Biegung Längssprünge auf usf. Die Pflanzen erreichten die immerhin ansehnliche Höhe von 28 cm (im Maximum) allein durch die robuste Kraft der dicken Stengelglieder, die auch einen hohen Widerstand bewältigt. Der Widerstand rührt, wie gesagt, vornehmlich von den seitlichen Organen, den Blättern, her, in deren Spreiten und Stiel- achseln sich bei ihrer passiven Vorwärtsbewegung die Erde staut. Daher resultieren die Verbiegungen der unteren und die Inversstellung IBHHIMßs^*-^ der oberen Internodien und Blätter. Schutzeinrichtungen sind auch meist dort anzutreffen, wo Blüten- sprosse über den Boden geschafft werden müssen; denn Blüten sind in der Regel gegen äußere Un- bilden besonders empfindHch. In ganz ähnlicher Weise wie Paeonia ihre Sprosse bringt Petasites spu- rius (Fig. 10) seine Blütenstände, später auch die Laubsprosse ans Licht. Außen lederartige, innen schwammige lange Niederblätter hüllen sie ein und befördern sie nach oben, indem ihre Internodien sich sukzessive strecken. Ein Ver- such mit hoher Erdbedeckung mißglückte leider, weil die unter- irdischen Triebe unter der übergestülpten Tonröhre hinwegvvuchsen, nicht in sie eindrangen. Indes erlaubt die Tatsache, daß die Blüten- stände beim normalen Durchbrechen durch besondere Organe vor der Berührung mit dem Boden bewahrt werden, den Schluß, daß ihr Eindringen in Erde ähnlich schlecht ablaufen werde wie das der Hyazinthenblütensprosse, das wir noch kennen lernen werden. Latliraea squamaria fehlen spezielle Schutzorgane, es sind hier tatsächlich die Blüten- stände selbst, welche ins Erdreich eindringen. Zur Feststellung Jahrb. f. wiss. Botanik. LV. 9 Fig. 10. ]^30 Walter Leonhardt, ihrer Leistungsfähigkeit hohen Erdschichten gegenüber bedarf es gar nicht künstlicher Versuche, weil die Blütensprosse sich im Freien häufig aus Tiefen von 15 — 20 cm, in welchen der schuppen- besetzte Stamm sich befindet, hervorarbeiten müssen. Der Blüten- stiel schiebt seine Blütentraube nicht aufrecht in das Erdreich — das würde ohne starke, rein mechanisch erfolgende Schädigung der Einzelblüten keinesfalls abgehen, obschon diese den Verhältnissen des Erdreichs, speziell der Feuchtigkeit desselben, sicherlich besser angepaßt sind als die von Fetasites und der noch zu besprechen- den Hyazinthe — , sondern biegt sie, nutierend wie die Keimlinge, nach abwärts; die am Ende des Sprosses dicht gedrängten Blüten werden alle nach einer Seite gewendet, und das Stengelstück, das sie trägt, rollt sich ein. Die Blüten sind ferner durch je ein Deck- blatt geschützt, das sich über sie hinweglegt. Die gegen den Boden drückende Fläche ist also ziemhch glatt, ihre Größe jedoch, ob- schon der blütentragende oberste Stengelabschnitt dünner ist als die übrigen Partien, recht ansehnlich, so daß das Eindringen jeden- falls einen außerordentlichen Energieaufwand erfordert und nur mög- lich ist, weil der Stiel sehr dick ist, also einen hohen absoluten Druck zu erzeugen vermag. Trotz seines großen Durchmessers erweist er sich in den meisten Fällen stark gekrümmt, ja spiralig gewunden. Große Höhlen im Boden zeugen davon, wie gewaltige Erdmassen der gebogene Gipfel beim Eindringen fortschob. Die mechanischen Verhältnisse liegen ganz wie bei der Lupine. Der gekrümmte Stengel ist mannigfach verletzt und weist Falten auf der Konkavseite der stärksten Krümmungen auf. Übrigens sind die Sprosse oben, unterhalb der Rollung, meist dicker als unten. Vielleicht ist die Dickenzunahme auf stärker werdende Behinderung des Längenwachstums bei allmählicher Vergrößerung der Blüten- traube zurückzuführen. Das Durchbrechen der Sprosse ist dadurch erleichtert, daß der Boden, in dem Lathraea gedeiht, feucht und daher nachgiebig ist, ferner dadurch, daß sie dicht gedrängt stehen, so daß der Durchbruch seltener von einem einzelnen Sproß als von einer großen Anzahl gleichzeitig und auf engem Räume voll- zogen wird. Wie andererseits zufällige Hindernisse im Boden für die Triebe verhängnisvoll werden können, lehrt die folgende Be- obachtung: Einige Blütensprosse hatten sich in dem Wurzelgewirr, das den Boden durchzog, mit dem Gipfel verfangen. Da die Stengel noch in die Länge wuchsen, hatten sie seitlich ausbiegen und schließ- lich zerbrechen müssen, ganz ähnlich wie der Hypokotyl von Phaseohis vulgaris. über das Verhalten von Sprossen bei "Widerstand leistender Erdbedeckung. 131 Wir gingen bei der Betrachtung der Pflanzen, die den Boden mit nutierendem Gipfel durchbrechen, noch nicht auf die Wachs- tumsverhältnisse in dem Bogen ein. Das soll später gesondert geschehen. Doch wird man sich von vornherein über die außer- ordenthche Bedeutung der Beschaffenheit derselben für ein günstiges Durchbrechen klar gewesen sein. Ganz besonderer Art muß nun die Wachstumsverteilung bei der Entfaltung der gerollten Farn- blätter sein. Es erhob sich die Frage, wie sie dieselben zum Bin- dringen befähige. Als Objekt wählte ich Aspidium filicc mas. Die jugendlichen Blätter überdauern den Win- ter, nach dessen Ablauf sie sich entfalten, ober- irdisch eng zusammengerollt und mit einem dichten Pelz von Spreuschuppen versehen. Zum Versuch wurden Anfang Februar über zwei Stöcke Tonröhren gesetzt, wovon die eine 55 cm hoch mit Erde gefüllt, die andere nur lichtdicht verschlossen wurde. Ende Mai fand die Öffnung der Röhren statt. Die etiolierten Blätter (Fig. 1 1 A) sind ca. 60 cm lang und sehen grün aus. Die Fiederblättchen sind klein geblieben und etwas eingerollt, an den unteren, älteren Spindel- partien sind sie abgefallen. Die Blattspitze weist noch eine schneckenförmige Einrollung auf. Die Abschnitte der Spindel zwischen je zwei aufeinander folgenden Fiedern sind etwas länger als bei den normalen, belichteten Blättern. In der mit Erde gefüllten Röhre war die Erde ganz locker. Trotzdem erwiesen sich die Aspidium -^X^Hqv (Fig. 11J5) ziemlich stark verbogen und nicht höher als 20 cm gelangt, obschon also die gleichaltrigen etiolierten Blätter 60 cm lang waren. Dabei ist der Blattstiel bezw. die Blattspindel kräftig, im Boden sogar durch- schnittlich dicker als in Luft. Die Fiederblättchen sind größten- teils von der Spindel abgefallen oder abwärts gedrückt. Der Gipfel, sonst spiralig gerollt, ist lang aufgewickelt, ausgenommen die äußerste Spitze, und nach unten gerichtet, so daß sich im großen und ganzen das Bild eines nutierenden Keimstengels ergibt. Fig. 11. 132 Walter Leonhardt, Immerhin wird die Leistung der Blätter den überraschen, der nur das vollentwickelte grüne Blatt mit seiner großflächigen Spreite im Auge hat. Vergegenwärtigt man sich aber die Form des etio- lierten Blattes mit seiner langen, ziemlich kräftigen Spindel, an der die kleinen Blättchen nur geringfügige Hemmnisse sind, so fragt man umgekehrt nach den Ursachen, die sein Eindringen, aus den Krümmungen zu schließen, so erschwerten und ihm ein so frühes Ziel setzten. Außer der gewiß nicht kleinen Oberfläche des gerollten Blattendes, die ja aber durch die Aufwickelung reduziert wird, dürfte die Wachstumsverteilung mit als Ursache zu berück- sichtigen sein. Das Geradestrecken der gekrümmten Spindel- abschnitte erfolgt natürlich durch stärkeres Wachstum der konkaven Seite. Doch scheint der Ausgleich des Längenunterschiedes der betreffenden gegenüberliegenden Seiten wenig energisch zu erfolgen und sich dazu gleichzeitig über ein sehr langes Spindelstück zu erstrecken. Das muß aber im Boden den Übergang in die ver- tikale Lage außerordentlich erschweren; denn je länger ein Stück ist, das sich aus gekrümmtem Zustande geradestreckt, desto größer ist die Fläche, die gegen den Boden drückt. Oft genug wird da- her die völlige Geradestreckung nicht realisiert werden, und so glaube ich die Krümmungen der Spindel, wie sie auch die Figur zeigt, teilweise erklären zu müssen. Bei den dikotylen Keimlingen, die normalerweise mit einem Bogen die Erde durchdringen und auch abnorm hohen Schichten gegenüber nicht versagen, wie wir gesehen haben, trifft man denn auch eine viel günstigere Wachs- tumsverteilung, vor allem sehr energische Wachstumsdifferenzen auf den gegenüberliegenden Flanken an. Bei dem Strecken der Spindel wird die gerollte Blattspitze ins Erdreich gedrückt. Dabei legt sich die Erde in die Uneben- heiten und Buchten der Seitenflächen derselben, hält sie dort fest und erzwingt so allmählich die Aufwickelung. Wir haben es mit einer rein mechanisch bewirkten Oberflächenverminderung zu tun. Deshalb stellte sich auch die Einrollung nach einiger Zeit wieder her, als die abgeschnittenen Blätter in eine verdunkelte feuchte Kammer gebracht wurden. Die Aufrollung der Blattspitze im Boden, im Falle Aspidium eine abnormale Erscheinung, gewinnt an Interesse, wenn man ihr, besser dem Mangel einer Rollung als normaler Eigenschaft bei denjenigen Farnblättern begegnet, die stets eine Erdschicht gewisser Höhe durchbrechen müssen, weil das Rhizom nicht an die Erd- über das Verhalten von Sprossen bei Widerstand leistender Erdbedeckung. 133 Oberfläche tritt. So bei Pteridium aquüinum, dessen Blätter aus ca. 5 cm Tiefe und mehr hervorgehen. Die Lamina ist hier ihrer ganzen geringen Länge nach scharf auf den Stiel herabgebogen und von Haaren überdeckt (vgl. Sachs, 1874, Fig. 301, S. 425). Der Mangel der bei Farnen sonst üblichen Rollung ist nach den bei Äspidium gemachten Erfahrungen ungezwungen mit dem Zwecke der Verminderung der widerstandbietenden Fläche zu erklären. Nach dem Übertritt in die Luft verbreitert sich der Bogen zwischen Stiel und Lamina, die sich jetzt infolge der Belichtung stärker ent- wickelt, sehr, und eine ganz leichte Einrollung wird bemerkbar. Ist ein solches Blatt genötigt, den Weg durch ein dichtes Gewirr von abgestorbenem Laub und Gräsern, das dem Lichte doch den Durch- gang gestattet, zu nehmen, so bleibt die Lamina dem Stiele nach Maßgabe der mechanischen Pressung mehr oder weniger eng an- gedrückt. II. Monokotyle Pflanzen. Auf die Bedeutsamkeit des Ortes der Unterbringung des Wachstumsherdes wurde oben hingewiesen und gezeigt, warum ba- sales Wachstum für das Eindringen in den Erdboden mit Biegungs- festigkeit des betreffenden Organs oder Sprosses verbunden sein muß. Diesem Punkte, insbesondere den Mitteln zur Erzielung der Biegungsfestigkeit und ihrer Abhängigkeit von äußeren Einflüssen, wird fürderhin unsere Aufmerksamkeit vor allem zu gelten haben. Wir beginnen wieder mit Keimpflanzen und zwar Gräsern, deren Keimungsweise bekannt ist. Von landwirtschaftlicher Seite sind an den Getreidearten die ausgedehntesten Versuche mit verschie- denen Saattiefen angestellt worden. Jedoch ist in den betreffenden Arbeiten von einer eingehenderen Schilderung des Verlaufs des Eindringens der Pflanzen in höhere Erdschichten und des Verhaltens der einzelnen Organe dabei, wie sie im folgenden beabsichtigt ist, nicht mehr zu finden als etwa die folgende kurze Charakteristik Ekkerts (1873, S. 40): „Internodien sowie Blätter der Pflanzen größerer Tieflagen waren in verschiedener Weise hin- und herge- bogen, nicht selten plötzlich geknickt." Die morphologischen bezw. mechanischen Ursachen für das Versagen der Pflanzen bei größerer Saattiele wurden noch nirgends dargelegt. In den Arbeiten Ekkerts, 134 Walter Leonhardt, Wollnys und Kraus' interessieren vor allem und mit Recht die Bewurzelungs- und Bestockungsvorgänge, von denen der Ernteertrag abhängt, Fragen also, die hier völlig zurückstehen und bezüglich derer ich auf die genannten Arbeiten verweise. Seeale cereale. Der Roggen entwickelt wie alle Gräser für den Durchbruch durch den Boden ein spezielles Organ, die Kotyledonarscheide, auch Keimscheide und Koleoptile genannt (vgl. Goebel, 1900, II. Teil, S. 602 f.), weil den übrigen Organen, insonderheit den Laubblättern, Eigenschaften, wie sie zum Einbohren in das Erd- reich erforderlich sind, nur in geringem Maße zukommen. Sie be- dürfen eines glatten Kanals, der sie unbeschädigt und unverbogen ans Licht geleitet. Diesen Dienst leistet ihnen die Keirascheide, die eine ziemliche Steifheit besitzt und auch einen ansehnlichen Druck auszuüben vermag. Sie wächst fast in ganzer Ausdehnung, am stärksten IV2 — 2V2 cm rückwärts von der Spitze, die zuerst ausvi^ächst (vgl. Schellenberg, 1902, S. 255). Ein längerer, leistungsfähiger Mesokotyl wird bei Seeale nicht gebildet, er erreicht höchstens 1 — 2 mm Länge. Die von der Kotyledonarscheide über- haupt erreichbare Länge wird im Hinblick auf die unzureichende Festigkeit der später aus ihr heraustretenden Vegetationsorgane für die Pflanze umso wichtiger werden, je tiefer das Samenkorn gelegen ist. Deshalb ist zu betonen, daß die Scheide sich in der Dunkelheit viel stärker streckt als am Licht und von den um- hüllten Organen später, bei einer zwischen 3 und 7 cm variierenden Länge durchstoßen wird, während am Licht dasselbe schon bei ca. 1 cm Länge der Scheide erfolgt. Die Koleoptile wächst in beiden Fällen nachher weiter und erreicht im Dunkeln eine End- länge von 8—10 cm, im Licht von 2,5 — 4,0 cm. Die Laubblätter stehen innerhalb der Koleoptile zusammengerollt und vertikal. Nach der Befreiung aus der Scheide breitet sich die Blattfläche am Licht an der Spitze beginnend aus, um sich später schräg zur Vertikalen zu stellen. Im Dunkeln treten beide Erscheinungen ebenfalls, doch in geringerem Grade auf, die schmale Spreite bleibt an den Rändern leicht gerollt. Die Blattscheide bewahrt ihre Rollung und infolgedessen ihre Vertikalstellung unter allen Umständen. Nach Wollny (1884, S. 24 0"., Tab. 2—8) liegt für Roggen die günstigste Saattiefe, nach dem Prozentsatz der aufgehenden über das Verhalten von Sprossen bei Widerstand leistender Erdbedeckung. 135 Pflanzen und dem Ertrag geurteilt, zwischen 2,5 und 5,0 cm. Da die Keimscheide im Dunkehi eine Länge von 8 — 10 cm zu er- reichen vermag, genügt ihr Wachstum, diese Erdschicht zu durch- bohren. Die Scheide erhebt sich, ans Licht gelangt, noch ca. 2 cm über das Bodenniveau und stellt dann ihr Wachstum ein. Das erste, zusammengerollte Laubblatt, welches jetzt seitlich aus der Spitze der Koleoptile hervortritt, kommt also mit dem Boden nicht in Berührung. Das muß eintreten, wenn das Samenkorn tiefer im Boden liegt als 10 cm, oder auch, wenn bei geringerer Tiefe die Pflanze von Erde umgeben belichtet wird, was dadurch geschehen kann, daß man die Keimung hinter einer Glaswand vor sich gehen läßt. In beiden Fällen wird man die Leistungsfähigkeit des eigent- lichen Sprosses im Boden studieren können. Der Vergleich wird einer Bewertung des Lichtmangels im Boden gleichkommen. Gehen wir zunächst auf den ersten, natürlicheren Fall ein. Die horizontal ausgelegten Körner wurden mit einer Erdschicht von 20 cm Höhe überdeckt. Bei der genannten Lage des Samens führt die Keimscheide eine negativ geotropische Krümmung aus und bohrt sich dann senkrecht ein. Dem Licht entzogen, entfaltet sie ihre höchste Streckungsfähigkeit und bewältigt eine Schicht von 8 — 10 cm. Beim Nachlassen ihres Wachstums tritt das erste Laub- blatt, eine dünne Röhre, die den übrigen Halm in sich birgt, her- vor, um der Arbeit des Durchdringens weiter obzuliegen, und zwar aktiv, durch eigenes Wachstum. An ihr nimmt natürlich auch das 1. Internodium teil. Das Blatt wächst basal, die Spitze schließt ihr Wachstum zuerst ab und verhält sich völlig passiv. Hier ist also der Fall einer größeren Entfernung des Angriffsortes der Kraft von der eindringenden Spitze gegeben, und es muß sich nun zeigen, ob das Blatt die nötige Festigkeit besitzt, um sein Wachstum total zu geradem, vertikalem Eindringen verwerten zu können. Da es den ganzen übrigen zarten Sproß umschließt, hängt dessen Schick- sal völlig von dem seinen ab. Das erste Laubblatt rollt sich nach dem Heraustreten aus der Keimscheide gar nicht auf, das verhindert die umliegende Erde. Bei der Art seines Wachstums hängt nun die Höhe seines Vordringens durchaus von der größeren oder ge- ringeren Homogenität des Bodens ab. In sehr homogenen Boden, künstlich durch feines Sieben herstellbar, dringt das Blatt schön gerade und hoch ein. In Erde von natürlicher Beschaffenheit, die also reichlich vermengt ist mit Steinen, festen Resten von Pflanzen und sonstigen Hindernissen, spielt der Zufall beim Auflaufen eine ]^36 Walter Leonhardt, große Rolle. Die passiv vorwärts geschobene Blattspitze bohrt sich solange ein, bis sie auf irgend ein Hemmnis stößt. Ist dies geschehen, so wird sie durch den Druck der nachdrängenden Blatt- partien zum Ausbiegen veranlaßt. Bei geringem Grade desselben sind nur sämtliche unterhalb der Spitze gelegenen und nachge- schobenen Regionen des Blattes zur Wiederholung ebenderselben Krümmung gezwungen, während die Spitze sich in der neu einge- schlagenen Richtung fortbewegt, so daß mit zunehmender Länge des Blattes die Abweichung von der Vertikalen immer deuthcher wird. Eine geotropische Korrektion ist ja ausgeschlossen. Die unteren Teile der Spreite und zumal die Blattscheide, die steifer ist, nehmen an Abweichungen nicht mehr teil, wenn dieselben einen gewissen Grad überschreiten. Sowie die betreffenden röhrigen Par- tien, vertikal emporsteigend, an die Umbiegungsstelle gelangen, ändern sie ihre Richtung nicht, und an der Übergangsstelle zu den schrägen apikalen Blattabschnitten entsteht ein Knick. Das ver- tikale Stück ist nun oben an der Verlängerung gehemmt. Des- wegen muß beim Nachdrängen weiterer Blattpartien Ausbiegen stattfinden, und zwar geschieht es dicht unter dem ersten Knick: Ein kurzes Stück des Blattrohres biegt aus und knickt ab. In der Regel wiederholt sich das mehrmals, wodurch das Blatt an der betreffenden Stelle wie der zusammengeschobene Balg einer Kamera gefaltet erscheint (vgl. E. G. Pringsheim, 1912, S. 99, Fig. 34: Die Blätter des Roggens verhalten sich ganz wie die des Hafers). Die Blattspitze wird nach dem ersten Knick nicht im geringsten weitergeschoben: Das Eindringen hat sein Ende erreicht. Die Hem- mung der Verlängerung der basal wachsenden Blattscheide hat weiter zur Folge, daß die Koleoptile an der Basis zersprengt wird und das 1. Internodium und die Scheide des 1. Blattes sich seit- lich hervorzwängen, um fernerhin Windungen auszuführen. Den vom ersten Blatt umschlossenen jungen Organen, Blättern und Internodien, ist durch das Zerknittern ihrer Hülle der Eintritt in den Boden verwehrt; diese zu zerstoßen, sind sie zu schwach. In manchen Fällen, bei geringeren Bodenwiderständen, dringen die steiferen Blattpartien, besonders die Blattscheide, nach dem Ent- stehen des ersten Knicks weiter ein, wozu die Knickstelle die Spitze liefert. Dann wird die seitlich in den Boden gefahrene Spreite gleichsam nutierend rückwärts heraus- und emporgezogen. Solche Blätter können bei nicht zu hoher Erdbedeckung im Gegensatz zu dem vorigen Fall sehr wohl ans Licht gelangen. Das geschilderte über das Verhalten von Sprossen bei "Widerstand leistender Erdbedeckiing. 137 Zerknittern tritt stets ein, wenn das Blatt auf ein ausgedehnteres Hindernis stößt. Während ein dikotyler Stengel im gleichen Falle an dem Hindernis hinzugleiten pflegt, um sich, an den Rand des- selben gelangt, sofort geotropisch in die Höhe zu wenden (Fig. 16), zerknittert das Grasblatt und findet keinen Ausweg. Das Hindernis wegzuschieben reicht weder seine Festigkeit noch Kraft hin; andererseits ist seine Starrheit doch zu groß, als daß sie solche Biegungen zuließe, wie man sie bei dikotylen Keimstengeln antrifft. Das röhrige Blatt verhält sich in dieser Hinsicht wie jedes Rohr, das beim Überschreiten seiner Biegungsfestigkeit plötzlich scharf knickt. Ahnliches kann sich auch ergeben, wenn die Blattspitze, nachdem sie in einem kleinen Luttraum im Boden fortgeschoben worden ist, wieder in Erde eindringen soll: der Hohlraum ermög- licht Aufrollen der Spitze, sie dringt schlecht ein, verbiegt und knickt um. Ein Knick hat meist weitere zur Folge und bedeutet daher in der Mehrzahl der Fälle das Ende des Durchbruchs. Welches auch die Ursachen der Hemmung des Vordringens sein mögen, das Blatt reagiert darauf immer in der beschriebenen Weise. Nun nimmt mit steigender Höhe der Erdschicht die Zahl der Hindernisse zu. Deshalb tritt bei der im Verhältnis zur Größe der Keimpflanzen sehr hohen Erdbedeckung von 20 cm das Zer- knittern früher oder später in der überwiegenden Zahl der Fälle ein. In meinen Versuchen wurden Schichten von 10 — 15 cm durch- drungen, wonach meistens die Knitterungen erschienen. Es müssen schon ganz besonders glückliche Umstände vorgelegen haben, wenn die Schicht von 20 cm völlig durchdrungen wurde. Ein Eindringen in noch höhere Schichten wird verhindert durch das Ausgehen der Nährstoffvorräte. Das eigene Einbohren des zweiten Laubblattes habe ich nie beobachtet, halte aber die Möglichkeit nicht für ausgeschlossen. Sicher ist, daß es früher oder später demselben Schicksal wie das erste anheimfallen wird. Hat jedoch das erste Blatt vielleicht bei 15 cm hoher Schicht die Oberfläche durch- stoßen, so gelangt der weitere Halm in glattem Kanäle ans Licht. Das Blatt von Seeale ist absolut genommen nicht sehr leistungs- fähig. Zieht man aber seinen zarten Bau in Betracht, so er- scheinen die 5—7 cm seines Eindringens nicht als unbeachtlich. Ein flach ausgebreitetes Blatt würde sich keinesfalls so weit ins Erdreich schieben lassen. In der Einrollung, die einerseits die notwendige Festigkeit herstellt, andererseits die reibende Ober- fläche verkleinert, ist mithin die Ursache der relativ ansehnlichen 138 Walter Leoiihardt, Leistungsfähigkeit des Blattes zu erblicken. Insofern als durch Lichtmangel das AufroUungsbestreben gemindert, ferner das Wachs- tum der Keimscheide gefördert wird, ist es die Dunkelheit, welche die Pflanzen die Höhe von 15 cm erreichen läßt. Übrigens gehen die Pflanzen nach Erreichen dieser Höhe — tatsächlich sind sie ja länger als 15 cm — infolge Nährstoffmangels zugrunde. Entsprechend der soeben getanen Bemerkung über die Bedeu- tung der Dunkelheit im Erdreich sind die Leistungen geringer, wenn den Pflanzen im Boden durch eine Glaswand Licht zugeführt wird. Die Koleoptile dringt dann nur 2,5 — 4,0 cm hoch ein. Die Spreite hat in ihrem starken Ausbreitungsbemühen teilweisen Erfolg und ist dadurch äußeren Widerständen noch weniger gewachsen als das etiolierte Blatt. Deshalb zeigen sich hier die Knitterungen früher. Das Blatt drang unter diesen Umständen nur 3 — 5 cm weit ein, oft in schräger Richtung infolge einmaliger Ablenkung der Spitze. Die durchdrungene Schicht bemaß sich auf 6 — 9 cm, die Länge der Pflänzchen ist wegen der Biegungen natürlich größer. Sie gehen nach gewisser Zeit in der Bodenfeuchtigkeit durch Fäulnis zugrunde. Auch in Wollnys Versuchen wurden Erdschichten von 15 cm bewältigt, und die aus solcher Tiefe ans Licht gelangten Pflanzen entwickelten sich weiter und gaben Ernten. Die Tabellen Wollnys lassen aber auch erkennen, daß ihre Anzahl gegenüber derjenigen der aus 2,5 — 7,5 cm aufgelaufenen Pflanzen sehr gering ist. So gingen bei einer Saattiefe von 2,5 cm 100% 10,0 cm 90 7o 5,0 „ 97 „ 12,5 „ 81 „ 7,5 „ 99 „ 15,0 „ 29 „ der nach der Zahl der ausgesäten Samen möglichen Pflanzen auf (Wollny, 1884, S. 25, Tab. 4. Varietät: großer russischer Roggen; humoser Kalksand). Die geringe Steigerung der Tiefe der Unter- bringung von 12,5 auf 15,0 cm bewirkt einen ganz plötzlichen Sturz des Prozentsatzes der aufgegangenen Pflanzen. Wollny macht über die Ursachen der Erscheinung keine Angaben. Wir gehen vielleicht in der Annahme nicht fehl, daß bei 12,5 cm Saattiefe das 1. Blatt von der Keimscheide noch nahe genug an die Erdoberfläche ge- bracht wurde, um gerade und unverbogen durchzudringen, während die wenig höhere Schicht schon die erwähnten Knitterungen ent- stehen ließ, die ja dem Durchdringen ein Ende setzen. über das Verhalten von Sprossen bei Widerstand leistender Erdbedeckung. 139 Wenn oben behauptet wurde, die Scheide vermöge einen an- sehnlichen Druck auszuüben, so gründet sich das auf die Erfahrung, daß sie in sehr festen Boden relativ weit eindringt. Ihrer glatten, geraden Form im etiolierten Zustande und im lockeren Boden geht sie dort allerdings verlustig, sie gewinnt infolge zahlreicher kleiner Krümmungen und Einschnürungen ein knorriges Aussehen wie die meisten unter solchen Verhältnissen erwachsenen Keimlinge. Ihre Dicke nimmt zwar zu, doch muß betont werden, daß diese Zunahme gegenüber der, welche ein dikotyler Keimling, etwa Brassica napus, unter denselben Verhältnissen erfahren würde, sehr gering ist. Die Scheide bohrt sich also in den festen Boden ein, bis ihr Wachs- tum aufhört. Das erste Laubblatt tritt hervor, zerknittert aber sofort, einfach infolge der Festigkeit des Mediums. Das wachsende 1. Internodium und die Scheide des 1. Laubblattes zersprengen nun oft die Koleoptile an der Basis und winden sich hin und her. Die erreichte Höhe betrug ca. 6 cm. Die Keimpflanzen des Hafers und des Mais unterscheiden sich von der des Roggens durch stärker streckungsfähige Meso- kotyle, und zwar entfalten diese ihr volles Wachstum nur im Dunkeln, am Licht bleiben sie ganz kurz^). Dementsprechend sind auch die Leistungen der Pflanzen im Boden bei Lichtzutritt viel geringer als bei Lichtausschluß '^). Mit der Streckungsfähigkeit des Mesokotyls hängt es zusammen, wenn Avena sativa höhere Erd- schichten durchdringt als Seeale. Die noch viel höheren Leistungen von Zea Mays sind durch deren größere absolute Dimensionen be- dingt. Avena bewältigt Schichten von 17-18 cm, Zea von 30 cm (im Maximum). Das Verhalten der Laubblätter des Hafers stimmt mit demjenigen der Blätter des Roggens in jeder Beziehung über- ein. Auch die Maisblätter dringen gerollt in den Boden. Da die Rollung in Luft im Dunkeln allmählich verschwindet, beruht ihr Persistieren im Boden auf mechanischer Pression. Das zum Aus- breiten führende Wachstum findet statt, wie daraus erhellt, daß während des Befreiens der Pflanzen aus der Erde, also beim Weg- 1) Nach Schellenberg (1902, S. 271) ist es die Keimscheide, welche den Licht- reiz auf den Mesokotyl übermittelt, während die Länge des 1. Internodiums durch den Lichtreiz auf das 1. Laubblatt bestimmt wird usw. 2) E. G. Pringsheim (1912, S. 98 u. Fig. 34) legte unter anderen an diesem Beispiel die Bedeutung des Lichtmangels im Boden für das Durchbrechen der Pflanzen dar. \^() Walter Leonhardt, fall des seitlichen Druckes, die Blattspreiten sich momentan aus- breiten. Im übrigen zerknittert auch das Maisblatt, das dank größerer Breite der Lamina in gerolltem Zustande ein dickeres und daher biegungsfesteres Rohr bildet, früher oder später aus den gleichen Ursachen wie das von Seeale. Sowohl bei Avena als Zea nimmt in festem Boden die Länge von Mesokotyl und Koleoptile ab, die Dicke in geringem Maße zu. Die Kotyledonarorgane der Monokotylen scheinen auf Behinderung des Längenwachstums nur wenig mit Dicken- wachstum reagieren zu können. Ob ähnliches von den Stengel- organen der betreffenden Pflanzen gilt, vermag ich mit Sicher- heit nicht zu behaupten. Jedenfalls gilt es nicht allgemein, wie die Sprosse von Asparagus officinalis lehren, deren im Boden befindliche Teile bekanntlich dicker sind als die über dem Boden weilenden, und die letzteren gewannen ganz außer- ordentlich an Dicke, als sie eine 55 cm hohe Erdschicht zu durchdringen genötigt wurden. Das gelang ihnen übrigens durch- weg sehr gut. Tinnantia fugax. Beim Durchmustern der monokotylen Keimungstypen vom mechanischen Gesichtspunkte erregen die Typen der Commelinaceen und AUium- Arten (Klebs, 1885, S. 569 und 673) das Interesse durch ihre zweischenklige Konstruktion. Befähigt sie die Keimlinge beim Durchbrechen zu ganz besonderen Kraftleistungen, und ist darin ihr Zweck zu erblicken? Ich will mich auf theoretische Er- örterungen, insbesondere darauf, in welcher Weise etwa die Keim- linge, rein nach der äußeren B^orm geurteilt, zu wirken vermöchten, nicht einlassen. Die Beobachtung des Eindringens in den Erd- boden an dem speziellen Falle von Tinnantia fugax wird uns Er- fahrungen an die Hand geben, die eine sichere Entscheidung der aufgeworfenen Frage ermöglichen. Die Keimlinge bestehen aus zwei nebeneinander verlaufenden, am oberen Ende verbundenen Schenkeln. Den einen derselben repräsentiert der fädige Teil des Kotyledon, den anderen der Hypo- kotyl nebst Kotyledonarscheide. Der Faden setzt an der Spitze der Scheide an. Sein unteres Ende steckt im Samen, das des zweiten Schenkels wird von der Hypokotylbasis, der ein Schopf Würzelchen entspringt, gebildet. Der Hypokotyl erreicht im Licht über das Verhalten von Sprossen bei Widerstand leistender Erdbedeckung. 141 eine Länge von etwa 2,5 cm, im Dunkeln jedoch von 15 cm ^). Die Kotyledonarscheide wird auch bei Lichtabschluß nur ca. 0,8 cm lang. Der dünne, die ständige Verbindung mit der Vorratskammer des Samens vermittelnde Teil des Keimblattes paßt sich hinsicht- lich des Wachstums im wesentlichen dem viel dickeren anderen Schenkel an, kann bisweilen länger als dieser werden. Als erstes assimilierendes Blatt wie der entsprechende Teil bei Allium fungiert er nicht, sondern geht nach beendetem Durchbruch zugrunde. Bei ganz flacher Aussaat drängt sich das in der Kotyledonarscheide eingerollte 1. Laubblatt am Licht; bei einer Länge des dickeren Schenkels von ca. 3 cm aus seiner Hülle hervor, zur Zeit also, wo dessen Wachstum im Erlöschen begriffen ist, breitet sich aus und biegt seine Spreite weit nach außen. Im Dunkeln wird es erst bei ca. 16 cm Länge von Hypokotyl -\- Scheide sichtbar, die Blattspreite bleibt länger zusammengerollt und erreicht nicht die Größe wie am Licht. Die Pflänzchen sterben bald darauf ab. Zum Zwecke der Beobachtung der Leistungsfähigkeit der Keim- linge bei hoher Erdbedeckung säte ich die angequollenen Samen 20 cm tief aus. Die Keimung beginnt mit einer positiv geotro- pischen Abwärtskrümmung des Kotyledon (vgl. Sperlich, 1912, S. 61 2 ff.). Die Abwärtsbewegung verläuft jedoch nur soweit, daß die Hypokotylbasis dicht neben dem Samen stehen bleibt, also beide einander fast berühren. Der rasch in beiden, noch ganz winzigen Schenkeln einsetzende negative Geotropismus, der sie jetzt nach oben streben läßt, führt zu einer Verschärfung des Knies zwischen dem fadenförmigen Strang des Keimblattes und der Scheide des- selben, bis beide Schenkel parallel laufen. Die umliegende Erde drückt sie eng aneinander. Die Triebkraft wirkt in diesem zwei- schenkligen Gebilde oben. Denn sowohl Faden als Hypokotyl — die Scheide kommt wegen ihrer Kürze wenig in Betracht — wachsen dort am stärksten. Das Eindringen geht nun in dem be- schriebenen Zustande von statten. Wie man sieht, kann dem fädigen Kotyledonarabschnitt in mechanischer Hinsicht höchstens die Bedeutung einer Vergrößerung des wirksamen Querschnittes zu- kommen. Die Kraft wirkt ja parallel der im anderen Schenkel. Die mechanischen Verhältnisse liegen also ganz wie bei den ge- raden dikotylen Stengeln, mit dem einzigen Unterschiede, daß die 1) An welchem Orte der Lichtreiz, der den Hypokotyl sein Wachstum einstellen heißt, perzipiert wird, ist meines Wissens noch nicht festgestellt. 142 Walter Leonhardt, wachsende Region vielleicht etwas länger ist. Da der fädige Schenkel zuweilen rascher wächst als Hypokotyl und Scheide, biegen einzelne kleine Partien des Fadens in die Hohlräume zwischen den Erdpartikeln aus, so daß er streckenweise fein gewellt erscheint. Das starke Längenwachstum der Keimlinge im Dunkeln ermöglichte es ihnen in meinen Versuchen, lockere Erdschichten von 15 cm Höhe, wenn auch nicht immer ganz geraden Wegs, zu durchdringen. Angesichts der Kleinheit der Samen eine respektable Leistung! Gelangten die Pflanzen auch nachher nicht ans Licht, so gingen sie, nachdem das 1. Laubblatt noch zum Vorschein gekommen, in- folge Nährstoffmangels zugrunde. An solchen Keimlingen sucht man den fädigen Schenkel mitunter vergebens; er wurde während des langen Aufenthaltes im Boden allmählich zerrieben und ver- weste. Die Hauptarbeit wird ohne Zweifel vom Hypokotyl geleistet. Die Antwort auf die oben gestellte Frage muß hiernach ver- neinend lauten. Weder kommt den beiden Schenkeln die zu starken Druckleistungen nötige Starrheit zu, noch sind sie im Boden am Ausbiegen gehindert. Das geht ja schon aus dem Hineinwachsen des fädigen Schenkels in die feinen Hohlräume des Erdreichs her- vor. Es sei ferner bemerkt, daß sich weder aktives noch passives Annähern der Schenkel konstatieren läßt. Das ist gar nicht mög- lich, weil, wie ich erwähnte, der Same, der die Basis des einen Schenkels abgibt, und die Hypokotylbasis bereits dicht nebenein- ander liegen. Die Bedeutung des fädigen Schenkels ist mit der einer Leitungsbahn für die im Samen gespeicherten Nährstoffe erschöpft. Im festgedrückten Boden zeigten sich die Keimlinge teilweise recht tüchtig. Einige brachen trotz hohen Widerstandes durch eine 8 cm hohe Erdschicht hindurch. Der Hypokotyl verdickte sich nicht im geringsten. Wie bedeutsam die Dunkelheit im Boden ist, kommt recht zum Bewußtsein, wenn man sie dadurch ausschaltet, daß man die Keimung hinter einer Glaswand vor sich gehen läßt. Das zu- tretende Licht verhindert die starke Streckung des Hypokotyls, so daß die Spitze der Kotyledonarscheide nur in geringe Höhe gelangt. Dem heraustretenden 1. Laubblatte gelingt es, sich ein wenig aus- zubreiten, es staut dadurch gegen den Boden und wird umgeknickt. Denn nachfolgenden Blättern, die in der Scheide des ersten geborgen sind, ist dadurch der Austritt verwehrt. über das Verhalten von Sprossen bei Widerstand leistender Erdbedeckung. 143 Allium odorum. Bei Allium ließe sich die bei Tinnantia angeregte Frage aber- mals aufwerfen, weil hier wieder zwei Schenkel vorhanden sind. Doch wird man den Keimlingen die Fähigkeit als Kraftmaschinen zu wirken ohne weiteres absprechen, wenn man sich ihre Zartheit vergegenwärtigt. Im Anschluß an Neubert (1903, S. 121) soll der von der Wurzelgrenze bis zum Knie reichende Schenkel als basaler, der andere, dessen Ende zunächst im Samen steckt, der sich später aber emporrichtet, als freier bezeichnet werden. Von beiden Schenkeln des Kotyledon läßt sich sagen, daß Lichtmangel ihr Wachstum wenig fördert. Der basale Schenkel wird im Dunkeln durchschnittlich 10 cm, der freie Schenkel 3,6 cm lang. Während in den bisherigen Beispielen die Kotyledonarorgane ihr Wachstum einstellten, sowie ihre Spitze nach Durchbohren der Erdoberfläche vom Licht getroffen wurde, wächst der Kotyledon, genauer der basale Schenkel desselben, bei Allhim im gleichen Falle noch lange weiter und zieht den freien Schenkel, wenn dessen Wachstum er- lischt, aus dem Boden, wonach derselbe sich aufrichtet. Das Längenwachstum hört im Keimblatte erst auf, wenn das 1. Laub- blatt aus der Kotyledonarscheide heraustritt. Im Dunkeln ist der freie Schenkel bei der Länge von 10 cm des basalen Schenkels meist verdorrt. Die Pflanzen gehen zugrunde, bevor das 1. Laub- blatt zum Vorschein kommt. Der basale Schenkel wächst in ganzer Ausdehnung, unten etwas stärker als oben. Der freie Schenkel wächst nächst dem Samen zuerst aus. Die frühesten Keimungsstadien bestehen in der Ausbildung des Knies. Die bei dessen sowie der Protuberanz Entstehung mit- wirkenden äußeren Faktoren sind von Neubert aufgedeckt worden. Nach dem Inkrafttreten der negativ geotropischen Stimmung dringen die beiden Schenkel dicht aneinander geschmiegt nach oben. Der freie Schenkel hat mechanisch gerade wie bei Tinnantia nur die Bedeutung einer Vergrößerung des aktiven Querschnitts. In die kleinen Hohlräume des Bodens biegt er nicht aus. Einerseits wächst er nicht stärker als der basale Schenkel, andererseits ist er zu kräftig, als daß er so feine Verbiegungen zuheße. Daß seine Arbeitsteilnahme für ein günstiges Durchbrechen nicht wesentlich ist, beweist das weitere Eindringen des basalen Schenkels, nachdem jener sein Wachstum abgeschlossen hat. Von diesem Moment ab 144 Walter Leonhardt, wird er passiv emporgezogen und hinterläßt einen feinen Kanal. Der Same wird nicht mit hoch genommen. In eine lockere, 20 cm hohe Erdschicht drangen die Keimlinge in dieser Weise 8 — 10 cm hoch ein, d. i. soweit als der Nährstoffvorrat eine Entwicklung ge- stattet. Der freie Schenkel ist am Ende meist nicht mehr an der Pflanze vorzufinden, die also nur aus einem wenig gekrümmten Stäbchen besteht. Ebensowenig wie bei etiolierten Pflanzen kann man bei hoher Erdbedeckung das Hervortreten des 1. Laubblattes beobachten, also auch dessen Eindringen verfolgen. Die Pflänzchen sterben zuvor ab. In festen Boden drangen die Keimhnge ca. 4 cm hoch ein. Der basale Schenkel ist hier ein wenig dicker als derjenige der etioherten Pflanzen, seine Länge aber sehr viel geringer. Wenn der belichtete Kotyledon dem etiolierenden im Längen- wachstum wenig nachgibt, so verhilft ihm das doch nicht aus einer tiefen Erdschicht an die Oberfläche, wenn die Keimung hinter Glas vor sich geht. Infolge des Lichtzutritts bildet sich die Protuberanz nicht aus (Neubert, 1903, S. 141 f.), und es wird ein Bogen vor- angeschoben, der, wenn auch nicht sehr breit, doch mehr Wider- stand bietet als jener spitze Kegel. Sich hin und her windend, gelangten die Pflänzchen nicht höher als 3 cm. Das 1. Blatt trat aus der Kotyledonarscheide hervor, doch konnte sein Eindringen nicht beobachtet werden, weil die Keimlinge zuvor verfaulten. Hyacinthus Orientalis. Der Hyazinthe dienen zum Durchbrechen der bedeckenden Erdschicht die Laubblätter, die bei ihr nicht nur wie bei Dahlia die Spitze günstig formieren, sondern auch einen Hauptteil der Triebkraft liefern. Lineal gestaltet, bei halbkreisförmigem Quer- schnitt rinnentörmig gebogen und spitz auslaufend, stehen sie alle senkrecht, und, indem ihre Ränder weit übereinandergreifen, ihre Basen von den Zwiebelschuppen fest umscheidet ^) und ihre Spitzen sämtlich von der harten , kapuzenförmigen Spitze eines Blattes überdeckt werden, wodurch der nachteilige Umstand einer vielteiligen Spitze, der zum Auseinanderweichen der Blätter führen könnte, vermieden ist, ergeben sie ein ziemlich festgefügtes Rohr von pfahl- förmiger Gestalt. In ihm ist der kräftige Blütensproß geborgen, 1) Siebe Irmisch (1850, Tab. V). über das Verhalten von Sprossen bei Widerstand leistender Erdbedeckung. 145 für dessen Schicksal es von ausschlaggebender Bedeutung ist. Das Blattrohr wächst in ganzer Ausdehnung, am stärksten aber an der Basis, die in der Zwiebel steckt. Die Zwiebelschuppen haben für den Trieb eine ähnliche Bedeutung wie die Blattscheiden der Grä- ser für den Halm. Infolge der basalen Lokalisation der Kraft wird der Trieb in ganzer Länge vorwärts geschoben. Er muß daher, wie früher betont, äußerlich glatt und möglichst starr sein. Beide Bedingungen sind aufs beste erfüllt, die letztere zumal bei geringer Länge des Sprosses, wo er relativ sehr dick ist. Die im Freien zu bewältigende Erdschicht von etwa 7 cm Höhe bietet daher und im Hinblick auf die mögliche Druckleistung keinen in Betracht kommenden Widerstand, um so weniger, als der Boden im Frühjahr feucht und infolgedessen nachgiebig ist. Schollen werden aus letzterem Grunde auch nicht abgebrochen, während es infolge der Dicke der Triebe in festerem, kohärentem Boden natürlich der Fall ist. Die vorangeschobene Spitze des 1. Laubblattes findet man nicht selten durch Steinchen im Boden verletzt und zerrieben. Jedoch lassen sich Verbiegungen an solchen Sprossen nicht konstatieren, ihre Starrheit reicht hin, auch größere Steine beiseite zu schieben, ohne die anfänglich eingeschlagene Richtung zu verlassen. Sowie der Trieb sich etwa 3 cm über die Bodenoberfläche er- hoben hat, beginnen die erst zu einem Bündel vereinigten Blätter auseinanderzuweichen und sich schräg vom Blütensproß weg nach außen zu biegen, der hierdurch sichtbar wird und sich nun mächtig streckt. Die blühende Pflanze zeigt die am Licht flach gewordenen Blätter unmittelbar von der Erdoberfläche ausgehend schräg im Räume stehend, während die im Boden steckenden Teile der Blatt- flächen ihre Vertikalstellung und Rollung beibehalten. Im Dunkeln tritt das Spreizen später ein, und der Grad der Abweichung von der Lotlinie bleibt geringer als am Licht. Die halbkreisförmige Biegung der Spreite, die sie wie eine Rinne gestaltet erscheinen läßt, geht hier nie verloren. Das Licht beschleunigt also die Wachstumsvorgänge, welche das Abspreizen bewirken. Sie werden aber auch, wie die etiolierten Pflanzen lehren, ohne den Lichtreiz auf gewisser Altersstufe aus inneren Ursachen eingeleitet. Zum Flachwerden der Blattfläche ist das Licht jedoch unentbehrlich. — Was die Länge der Blätter betrifl't, so war sie bei meinen etiolierten Pflanzen größer als bei den Lichtpflanzen. Dem wider- sprechen andere Angaben. Doch scheinen sich verschiedene Sorten der Hyazinthe in diesem Punkte verschieden zu verhalten. Jalirb. f. wiss. Botanik. LV. 10 146 Walter Leonhardt, In welcher Weise dringen nun die Pflanzen in hohe Erdschichten ein? Im Mistbeet in sehr lockerer Erde überwanden sie, ohne zu spreizen, eine 35 cm hohe Erdschicht. Ans Licht gelangt, wichen die Blätter sofort auseinander, der Blütensproß schob sich hervor und entfaltete sich in der üblichen Weise, Im Erdinnern standen die Blätter im Gegensatz zu etiolierten Pflanzen zu einem rundlichen Stabe fest zusammengeschmiegt senkrecht. In der Tat gehörte auch eine sehr starke Kraft dazu, die Blattfläche schräg ins Erdreich hineinzudrücken ^). Die langen Triebe waren meist vollkommen gerade, und wenn Krümmungen vorkamen, so erstreckten sie sich über die ganze Länge des Sprosses und waren von sehr großem Radius. Starke wellenförmige Biegungen bei sonst intakter Form der Sprosse, wie wir sie bei den dikotylen Pflanzen häufig fanden, sind hier nie zu beobachten, weil energischere Verbiegungen , re- sultierend z. B. aus dem Aufstoßen auf ein großes Hindernis, die Blätter sofort zum Auseinanderweichen und Knittern bringen. Bei höherer Schicht als 35 cm, zuweilen auch früher, wurden die Blätter nicht lang genug, um den Blütenstand umhüllt ans Licht zu schaff'en. Dann preßte dieser, den Widerstand des Bodens bezwingend, die nicht mehr wachsenden Blätter im Boden an der Spitze auseinander. Dies, obwohl er nun dem Verderben geweiht ist. Das besagt, daß das Medium des Bodens den Entwicklungsgang der Pflanze in keiner Weise modifiziert. Er verläuft genau wie derjenige einer etiolierenden Pflanze. Einige Abweichungen kommen auf rein me- chanischem Wege durch den Druck des Bodens zustande und sind der Pflanze übrigens für das Durchbrechen von Vorteil. 1) Das ist auch die Ursache, warum im Boden bei Lichtzufuhr durch eine Glas- wand, wenn auch nur von einer Seite, kein Spreizen eintrat. Dieser Versuch läßt sich bei den Zwiebelgewächsen besonders schlecht ausführen, weil der große Umfang der Zwiebel ein dichtes Anlagern des Sprosses an die Glaswand unmöglich macht, selbst wenn die Pflanze schräg geneigt wird, und sowie Hohlräume im Boden bleiben, geht die Ein- deutigkeit der Resultate verloren. Immerhin scheint mir Massarts Befund (1903, S. 167), daß die Blätter der Pflanzen, welche unter Glasperlen (die eine dem Erddruck ähnliche Pression hergeben und gleichzeitig dem Licht den Durchgang gestatten sollten) vegetierten, abspreizten, auf einen recht geringen "Widerstand der Perlen, vielleicht von geringer Höhe ihrer Schicht herrührend, hinzudeuten. Vielleicht gerieten auch die Blätter dadurch in Schrägstellung, daß sie von dem sich rascher streckenden Blütensproß aus- einander gedrückt wurden? Die rinnenförmige Biegung der Spreite erhielt sich unter ebendenselben Umständen; da der Lichtreiz wirkte, also infolge mechanischer Pression. Diese Tatsache scheint mir dafür zu sprechen, daß die Blätter passiv durch die unter dem Lichteinfluß sich ausdehnende Blütentraube in Schrägstellung gebracht wurden. über das Verhalten von Sprossen bei Widerstand leistender Erdbedeckung. 147 Die Art des Entwicklungsganges ist es also, die dem Eindringen ein im Verhältnis zu den verfügbaren Nährsto£Fm engen frühes Ende bereitet. Daß es nicht noch eher eintritt, danken die Pflanzen ihrer Fähigkeit zu etiolieren, dem im Dunkeln geförderten Wachstum der Blätter. Nicht zu vergessen ist ferner die Verhinderung des Spreizens durch den Erddruck. Es fragt sich allerdings, ob die Pflanzen, auch wenn der Blütenstengel sich nicht im Boden hervor- drängte und die Blätter länger wachstumsfähig und vereinigt blieben, sehr viel tiefer eindringen würden, oder ob nicht bald der zu be- wältigende Widerstand dem von ihnen erzeugbaren Maximaldruck gleichkäme. Sie haben ja die ansehnliche Last des ganzen Sprosses emporzuheben, sowie die Reibung und den Gesamtdruck des Bodens auf denselben zu überwinden. Es wurde das Schicksal des Blütensprosses nach dem Eintritt in den Boden noch nicht beschrieben. Man lernt es aus dem folgenden Versuche kennen. Zur Beantwortung der Frage, inwie- weit die Organe einzeln zum Eindringen ins Erdreich befähigt seien, welche Bedeutung also ihrer Vereinigung zu einem einheitlichen Gebilde beizumessen sei, wurde eine junge etiolierte, bereits spreizende Pflanze mit Erde überschüttet. Es ergab sich, daß das einzelne Blatt sehr leistungsfähig ist: Die Blätter drangen 25 cm weit ein. Ihre rinnige Krümmung war bis zum Berühren der Ränder verstärkt, so daß der Querschnitt ein flaches Oval dar- stellte. Das kommt durch den seitlichen Druck zuwege, den der Boden auf ein jegliches Gebilde ausübt, das sich in ihn eindrängt. Dem Blütensproß jedoch gereichte der Mangel seiner Hülle zum Verderben. Trotz großer Dicke war der Stengel stark schraubig gewunden: Die aufrechte Blütentraube hatte wegen ihrer großen Oberfläche eine nicht vorwärtszuschiebende „Spitze" abgegeben, und der Stiel hatte deshalb ausbiegen müssen. Die Blüten waren infolge der erlittenen Verletzungen und auch infolge der Bodenfeuchtigkeit in Fäulnis übergegangen. Für den Blütensproß und damit letzthin für die ganze Pflanze ist also die Umhüllung desselben durch die Blätter Existenzfrage. Selbst eine Einrollung des Stengels, wie sie bei Lathraea zum Zwecke der Widerstandsverminderung besteht, würde hier kaum nützen, weil die Blüten durch die Feuchtigkeit geschädigt würden. 10' J48 Walter Lconhardt, Tulipa Gesneriana. Die Tulpe durchbricht den Boden mit dem 1. Laubblatt, dessen stechend harte Spitze beim Austreiben der Zwiebel zuerst sichtbar wird ^). Das Blatt ist zusammengerollt und steht vertikal, stellt also eine spitz auslaufende Röhre dar, deren Hohlraum von 1 — 3 ebenfalls gerollten Laubblättern, den zugehörigen Internodien und der Blüte ei füllt ist. Die Rollung macht aus der an sich nach- giebigen Blattfläche ein Rohr von ansehnlicher Biegungsfestigkeit und stellt ein geradezu ideal glattes, seitlicher Anhänge entbehrendes mechanisches Gebilde her. Abweichend von den Verhältnissen bei Hyacinthus wird das stark streckungsfähige 1. Tulpenblatt bei seiner Arbeit von einem Stengelglied, dem zwischen oberster Zwiebel- schuppe und seinem Knoten befindlichen Internodium, unterstützt. Die Triebkraft ist am stärksten um den Knoten des Blattes, da dieses an der Basis, das Stengelglied an seinem oberen Ende am stärksten wächst; im übrigen ist das Wachstum lange über den ganzen Stengel und das ganze Blatt verteilt. Die infolgedessen erforderhche Starrheit ist vorhanden. Es müssen schon sehr be- deutende Hindernisse sein, die bewirken können, daß der spitze, sehr kompakte Tulpentrieb die geringe Erddecke von höchstens 8 cm Höhe, die er im Freien zu durchbrechen hat, nicht bewältigt. Jedoch werden wir sehen, daß ebensolche junge Triebe hartem Boden gegenüber recht machtlos sind, nicht etwa weil niedrige Temperatur das Wachstum sistierte. Sowie die Spitze des 1. Blattes im Freien 1 — 2 cm über das Bodenniveau gelangt ist, beginnt das Blatt sich von der Spitze nach abwärts schreitend aufzurollen und später, nachdem es flacher geworden, schräg nach außen zu biegen, wodurch das 2. Blatt sichtbar wird. Der im Boden verharrende Teil des Blattes bleibt zusammengerollt und aufrecht, teils des Lichtmangels, teils des Bodenwiderlagers wegen. Das 2. und 3. Blatt verhalten sich in allen Stücken wie das erste. Am Ende sind alle Blätter schräg und flach ausgebreitet. Die Krönung des Ganzen bildet die Blüte. Anders verhalten sich die Triebe, die aus der Erde ins Dunkle gelangen. Lange Zeit ist hier vom Aufrollen nichts zu bemerken, es gelangt auch nie soweit wie am Licht. Damit hängt unmittelbar zusammen, daß auch die Abweichung der Blätter von der Vertikalen gering bleibt. 1) Siehe Irmisch (1850, Tab. V). über (las Verhalten von Sprossen bei Widerstand leistender Erdbedeckung. 149 Das Eindringen in hohe Erdschichten muß durch die Etiole- mentserscbeinungen gefördert werden. Die Versuche wurden in dem großen Holzkasten ausgeführt, wo sich eine 80 cm hohe Erd- schicht über die Zwiebeln lagerte. Der Boden hatte sich recht festgesackt, so daß den Pflanzen das Eindringen schwer genug ge- macht war. Es wurden Höhen von 28 — 31 cm erreicht (Fig. 12). Fig. 12. Von diesen ca. 30 cm Gesamtlänge entfallen auf 1. Internodium und 1. Blatt gleichviel, also 15 — 16 cm. Die ganze Arbeit wurde von beiden allein geleistet. Das Stengelglied ist in geringem Maße wellig gebogen. Das erste Laubblatt ist im Gegensatz zu dem der etiolierten Pflanzen völlig eingerollt, so daß eine vorzügliche Spitze noch vorhanden ist. Der Boden verhindert also das Aufrollen des 150 Walter Leonhardt, Blattes, zu dessen Ausführung ja auch eine enorme Kraft er- forderlich wäre. Es ist daher auch nicht verwunderlich, wenn das Ausbreiten nach Massart (1903, S. 168) bei Pflanzen, die in lichtdurchlässigen Glasperlen kultiviert wurden, trotz Belichtung unterblieb^). Nun bemerkt man in Fig. 12, daß einige Blätter doch in der Mitte aufgerollt sind und aus der Öffnung das 2. Blatt und die Blüte mit schraubig gewundenem Stiele hervorschauen. Doch kann man, glaube ich, dem Bilde unmittelbar entnehmen, daß aktives Ausbreiten hier nicht vorliegt. Wie ging denn das Eindringen vonstatten, und wie ist das in der Photographie wiedergegebene Endresultat zu erklären? Das 1. Laubblatt bohrt sich unter Mithilfe des 1. Stengelgliedes zu- sammengerollt in den Boden. Da der Trieb in der Mitte des Blattes, von den eingeschlossenen Organen herrührend, am dicksten ist, nach unten dünner wird, so wächst der Stengel in einem Hohl- räume empor, der bei Hemmung des Vordringens zum Ausbiegen Gelegenheit bietet, das jedoch wegen der Dicke des Stengelgliedes gering bleibt. Wenn ferner die vertikale Richtung mehr oder weniger verlassen wird — in Fig. 12 sind die Pflanzen zum Teil ein wenig auseinandergelegt dargestellt, die Abweichung von der Vertikalen ist also in Wirklichkeit nicht so stark — , so rührt das von Hindernissen her, auf die die Spitze stieß. Da die Triebkraft nicht an der Spitze wirkt, sondern in verschiedenem Grade über den ganzen Sproß verteilt ist, so genügt ein geringes Ausweichen der ersteren, um nach und nach eine beträchtliche Schräglage herbei- zuführen. Angesichts des festgesackten Bodens erschien die vom 1. Internodium und zumal vom 1. Laubblatt vollbrachte Leistung recht ansehnlich. Nachdem die Höhe von 30 cm erreicht ist, läßt das Wachstum des Blattes nach, das des Stengelgliedes erlischt. Die Streckung des 1. Blattes hält nun mit derjenigen der von ihm umhüllten Internodien nicht mehr gleichen Schritt, deren Gesamt- längenzunahme also größer ist als die seinige. Unten und oben an der Verlängerung gehemmt — die oben den Abschluß bildende Blüte steckt fest in der zusammengerollten und wegen des äußeren Erdwiderlagers schwer aufzudrückenden tütenförmigen Spitze des 1) Das Abspreizen trat unter diesen Verhältnissen ein. Diese Tatsache deutet meiner Ansicht nach darauf hin, daß ein gewisses Aufrollen doch stattgefunden haben muß, zum mindesten der Spitze. Wie sollte sonst ein schräges Abweichen vom Stengel möglich sein? Indes bleibt der Grad der Aufrollung sicherlieh ein geringer. über das Verhalten von Sprossen bei Widerstand leistender Erdbedeckung. 151 1. Blattes — , muß innerhalb des 1. Blattes ein seitliches Ausbiegen erfolgen, das bei anhaltendem Längenwachstum zur Schraubenform des Stengels führt. Hierin ist die Ursache des „Aufrollens" des Blattes gegeben, die Ränder werden von dem sich windenden Stengel auseinandergedrückt. Ein weiteres Eindringen der Pflanzen von diesem Stadium an ist nicht denkbar. — Daß die erreichbare Höhe von dem äußeren Widerstände abhängt, lehrt ein im Mistbeet mit sehr lockerer Erde angestellter Versuch. Die Pflanzen kamen hier durch eine 45 cm hohe Erdschicht hindurch und erblühten am Licht. Das 1. Internodium wurde 23 cm, das 1. Blatt 22 cm lang. Das letztere war dicht unter der Erdoberfläche vom 2. Blatt oben geöffnet worden, weil der Außenwiderstand gering war und das 2. Blatt selbst spitz ist. Es legte die dünne Erdschicht, die es noch vom Licht trennte, in zusammengerolltem Zustande zurück. Der geringeren Länge des 1. Stengelgliedes der vorhin ge- schilderten Pflanzen entsprach nicht eine größere Dicke. Ja, in festgestampftem Boden, der das Längenwachstum sowohl des Stengelgliedes als des Blattes außerordentlich hemmen mußte, war keinerlei Dickenzunahme, wie dikotyle Pflanzen sie unter gleichen Umständen in sehr hohem Ma6e hätten beobachten lassen, festzu- stellen. Das Blatt wies infolge eignen Wachstums oder infolge des Nachdrängens des Stengels, dem kein Vordringen im Boden entsprach, Faltungen auf. Die gleichen Erscheinungen ließen sich bei künstlicher vertikaler Belastung der Pflanzen mit 200 g in dem früher erwähnten Belastungsapparat konstatieren. Die Längen- zunahme war minimal, Verdickung jedoch nicht nachweisbar. Ich muß mich mit der Konstatierung der Tatsache begnügen. Es ver- dient gewiß eine nähere Untersuchung, wie weit die Verschieden- heit des Verhaltens der Monokotylen und Dikotylen in diesem Punkte geht, wie weit sie verbreitet ist und worauf sie beruht. Crocus vernus. Wenn bei Hyaeinthus und Tulipa die Blüten der Hülle be- durften, damit sie ungeschädigt ans Licht gelangten, so bedürfen ihrer bei Crocus auch die Laubblätter. Deshalb sind hier speziali- sierte Organe vorhanden, deren Funktion allein in dem Schutze jener Organe besteht: weißhäutige geschlossene Scheidenblätter, welche Laubblätter und Blüten umhüllen und zu einem mechanisch einheitlichen Gebilde zusammenpressen. Die Scheide ist nicht 152 Walter Leonhardt, durchbrechendes Organ in dem Sinne, daß sie die zur Arbeits- leistung nötige Druckkraft lieferte. Diese entstammt hauptsächUch dem Wachstum der Laubblätter, die den Hohlraum der Scheide bis zur Spitze erfüllen und mit ihr im Wachstum gleichen Schritt halten, so daß auf die geschlossene Spitze des jeweils sich strecken- den Scheidenblattes und dadurch auf den Boden der ganze aus ihrem Wachstum resultierende Druck wirkt. Im Garten fand ich die Knollen 8 — 9 cm tief im Boden. Zu- erst streckt sich das unterste der 4 Scheidenblätter; es wird, sowie sein Wachstum nachläßt, von dem umhüllten zweiten Scheidenblatt durchbrochen, dieses vom dritten usf. Bei der genannten Tiefen- lage der Knollen reicht das oberste und längste Scheidenblatt noch 0,5 — 1 cm über die Oberfläche und wird sodann von den Laub- blättern '), die auf die Scheidenblätter ohne Übergang in wechseln- der Anzahl folgen, durchstoßen. Zunächst von der engen Scheiden- mündung noch fest zusammengehalten und in diesem Zustande von außerordentlicher Steilheit, löst sich das Bündel der Laub- blätter auf, sobald es eine Länge von 3 — 4 cm, von der Scheiden- mündung an gemessen? erreicht hat; die Blätter biegen sich (aktiv) nach außen. Bald darauf kommen die Blüten zum Vorschein. In diesem Zustande kann man schon im Januar den Safran aus frost- erstarrter Erde hervorlugen sehen. Die Triebe sind dann selbst- verständlich nicht durch diesen steinharten Boden hindurchgedrungen, sondern gelangten zu der betreffenden Entwicklungsstufe in einer Zeit, wo der Boden aufgetaut und weich war. Die Blätter und Blüten halten übrigens der sehr niedrigen Temperatur gut stand. Die von ganz oberflächlich ausgelegten Knollen erzeugten Scheiden erreichen am Licht eine Länge von 4 — 5 cm, im Dunkeln hingegen von 8 — 13 cm. Auch die Laubblätter werden im Dunkeln länger als am Licht. Das Abspreizen spielt sich, entgegen den bisherigen Erfahrungen, hier wie dort in gleicher Weise ab. Schon Massart (1903, S. 169) weist daraufhin, daß die Laub- blätter gezwungen sind, ihren Weg durch den Boden selbst zu bahnen, sobald die Knolle tiefer liegt, als die von den Scheiden- blättern erreichbare Länge beträgt. Im allgemeinen hätten die Blätter sich den an sie gestellten Anforderungen gewachsen gezeigt. Man kann das in den Gärten tatsächlich häufig beobachten; die Knollen gelangen dort durch das Umgraben gelegentlich in ab- 1) über deren Bau siehe Ir misch (1850, Tab. X). über (las Verhalten von Sprossen bei Widerstand leistender Erdbedeckung. 153 normale Tiefen. Zweifellos sind die Blätter ganz leistungsfähig, solange sie zu einem Bündel vereinigt sind, das, wie erwähnt, recht steif ist. Doch dringen leicht Bodenpartikelchen zwischen die nicht einheitliche Spitze des Bündels, wodurch ein allmähliches Ausein- anderweichen der einzelnen Blätter herbeigeführt wird, das sich wie aktives Spreizen ausnimmt, indessen hauptsächlich passiv er- folgt und nie den Grad wie in Luft erreicht. Wurden die Knollen nun künstlich 26 — 30 cm tief ausgelegt, so vermögen die Laub- blätter jetzt ihr Einzelvermögen zum Eindringen zu erweisen. Ihr Wachstum findet ausschließlich basal statt, die mittleren und ober- sten Partien sind ausgewachsen. Deshalb wird der aus der Scheide hervorgetretene Teil des Blattes völlig passiv fortbewegt. Je mehr seine Länge zunimmt, umso stärker wird durch Reibung an der Erde und seitlichen Druck derselben der Widerstand, den er dem Vorwärtsgeschobenwerden durch die neu aus der Scheide hervor- tretenden Blattpartien entgegensetzt, die deshalb einen immer stärkeren Druck ausüben müssen. Wie bei den Gräsern schlägt die Blattspitze oft infolge ganz geringer Hindernisse eine seitliche Richtung ein, und wenn der Winkel zwischen abgewichenen und vertikal gebliebenen Blattpartien einen gewissen Grad erreicht hat, entsteht zwischen beiden ein Knick, dem nun weitere folgen. Das Vordringen hat damit stets sein Ende gefunden. Diese Vorgänge spielen sich in 4 — .5 cm Höhe über der Scheidenmündung ab. Die Blätter verfaulen dann. Dem gleichen Schicksal fallen die hervoi- getretenen Blüten anheim. Beim Herausnehmen einer derartigen Pflanze aus dem Boden beobachtete ich in einem Falle, wie die Scheide an der Basis zer- sprengt wurde und stark gewundene Blattmassen hervortraten. Bei daraufhin unternommener Untersuchung anderer Pflanzen konnte ich in vielen Fällen die gleiche Erscheinung konstatieren, wenn auch in geringerem Grade, d. i. ohne daß die Scheide zersprengt wurde. Die Blätter erwiesen sich beim Aufschneiden der Scheide in der wachsenden Region stark gewunden und füllten den Raum der Scheidenbasis völlig aus. In geringerem Maße beobachtete ich dasselbe zuweilen bei Pflanzen, welche in Luft erwachsen waren. Die Ursache der Erscheinung ist die Enge der Scheidenmündung, die den Blättern das Heraustreten nicht mit der Geschwindigkeit gestattet, welche das Wachstum der basalen Partien erfordert. Diese müssen daher innerhalb der Scheide ausbiegen und immer stärkere Windungen bilden. In Luft führt der hierbei entstehende ■£54 Walter Leonhardt, Druck zu einer Erweiterung der Mündung. Im Boden jedoch lagert sich Erde um sie, wodurch die Erweiterung erschwert ist. Auch der Umstand, daß hier die Vorwärtsbewegung der freien Blatt- partien durch den Boden gehemmt wird, erklärt den stärkeren Grad der Windungen im Boden, deren Druck in dem einen Falle die Scheide zersprengte. Wenn die Triebe durchschnittlich 18 cm hoch eindrangen, in welcher Höhe das Zerknittern eintrat, so dankten sie dies der Scheide, die im Dunkeln ihre ganze Streckungsfähigkeit entfaltete. Zusammenfassung. Ich bin mir bewußt, mit den dargebrachten Beispielen die vorhandenen Modalitäten keineswegs erschöpft zu haben. Auch hätte sich bei weiterer Ausdehnung der Versuche wohl noch manche interessante biologische Einzelheit konstatieren lassen. Jedoch ist nicht zu erwarten, daß dadurch wesentliche andere und neue Er- gebnisse über das Verhalten der normalerweise in Luft und am Licht vegetierenden Pflanzen bei abnormaler Bedeckung mit Erde und über die Beeinflussung derselben durch den Boden, deren Fest- stellung das Hauptziel dieser Arbeit ist, gezeitigt würden. Diese Ergebnisse bestehen in folgendem: Von den besonderen physikalischen Verhältnissen des Erdreichs (gegenüber denen der Atmosphäre) wirkt nur die Dunkelheit als Außenreiz auf die Pflanzen und bedingt formative Änderungen, die Pflanzen etiolieren im Boden. Die Erde als fester Körper beein- flußt sie nur mechanisch. Änderungen im Habitus, Bildung oder Rückbildung von Organen durch Kontaktreiz, etwa zum Zwecke der Herstellung einer mechanisch vorteilhafteren Gestalt, ist bei den Sprossen, für welche Erdbedeckung etwas Abnormales ist, nicht zu beobachten. Fehlen sie doch selbst zu der Zeit, wo die Triebe normalerweise mit dem Boden in Berührung kommen. Fälle, in denen durch Kontaktreiz mechanisch zweckmäßige Bildungen er- zeugt werden, wie die Protuberanz am Knie des Kotyledon von Ällium, bleiben vereinzelt, und selbst hier muß sich zur Reibung der weitere Faktor des Lichtmangels gesellen. Der Habitus der Pflanzen nach dem Durchdringen höherer Erdschichten ist somit bedingt durch die Dunkelheit als Reiz und die Erde als mecha- nisch hemmende Masse. über das Verhalten von Sprossen bei Widerstand leistender Erdbedeckung. 155 Die Reaktionen der Pflanzen auf die Dunkelheit sind durch- weg so beschaffen, daß sie das Eindringen fördern. Nicht nur strecken sich die Internodien stärker und reagieren die Blätter hinsichtlich ihrer Größe in vorteilhafter Weise, sondern auch die Stellung der Organe wird durch den Lichtmangel in mechanisch zweckmäßiger Weise modifiziert (Inversstellung des Gipfels bei zahl- reichen Dikotylen, Vertikalstellung der Blätter). Läßt sich somit das Etiolement als Anpassungserscheinung an einen übermäßig langen Aufenthalt im Boden beurteilen, so ist doch zu bemerken, daß die Anpassung keineswegs vollkommen ist. Das lehrt das Ver- biegen und Zerbrechen der Blätter bezw. Blattstiele (Vicia Faha usw.), ferner die Tatsache, daß eine Nutation des Gipfels in manchen Fällen (Solanum) bei L^chtmangel autonom erzeugt wird, aber doch zu spät, als daß sie im Boden nicht früher infolge Stauens des Gipfels mechanisch erzwungen werden müßte. Was die Stellung der Seitenorgane anlangt, so kann mechanische Pression denselben Effekt haben wie der Lichtmangel, in diesem Falle be- günstigt der Boden das Eindringen. Im übrigen aber bereitet er der wachsenden Pflanze nur Hemmnisse, deren Maß die Höhe des Eindringens bestimmt. Starke Widerstände können durch große Festigkeit des Bodens, aber auch durch große Widerstandsflächen der Pflanze bei an sich geringer Widerstandskraft des Mediums bedingt sein. Für das normale Durchbrechen sind die mannigfachsten Ein- richtungen zur Herabminderung der widerstandbietenden Flächen, vor allem des eindringenden Gipfels, und zur Vermeidung von Schädigungen des späteren Lichtsprosses getroffen. Für höheres Eindringen ist es nun wesentlich, ob die Pflanze jenes Ziel mittels spezieller Organe oder, solcher entratend, dank gewisser Eigen- schaften ihrer Organe erreicht. Was den zweiten Fall betrifft, so erinnere ich an die Nutation des Gipfels von Vicia Faha usw., die Vertikalstellung der Blätter von Dahlia sowie an die Rollung und Aufrechtstellung der Blätter von Hyacinthus und Tulipa. Diese Organe pflegen die genannten Eigenschaften (des Nutierens usw.) nach Beendigung des normalen Durchbrechens nicht sofort zu ver- lieren, sondern längere Zeit hindurch im Dunkeln in Luft, wenn auch in allmählich abnehmendem Maße, zu bewahren. Im Boden werden sie oft sogar durch den Druck desselben in voller Inten- sität beibehalten. Ja, diese Eigenschaften, meist bis zu einem ge- wissen Grade abhängig vom Lichtmaugel, treten als Etiolements- 156 Walter Leonhardt, erscheinungen auch bei den gleichartigen jüngeren Organen zutage. Indem sich also die betreffenden Pflanzen lange Zeit im Besitze dieser das Eindringen fördernden Eigenschaften befinden, wird es erklärlich, daß sie hohe Bodenschichten gut bewältigen. Im Grunde ist ihre Form nach längerer Arbeitsleistung dieselbe wie am Beginn derselben (Vicia Faha, Solanum, Dahlia, Hyacinthus, Tulipa usw.). Allerdings fällt mit zunehmendem Alter die stärkere Entwicklung der Organe als hemmender Faktor mehr und mehr ins Gewicht. Anders liegen die Verhältnisse, wenn für das Durchbrechen spezia- lisierte Organe erzeugt werden. Diese haben eine Grenze ihrer Wirksamkeit, nach deren baldigem Erreichen der eigentliche Sproß bezw. die von ihnen geschützten Organe zum Eindringen ge- zwungen sind. In den meisten Fällen genügt ihr Bau mechanischen Ansprüchen, wie sie das Eindringen in das Erdreich stellt, nicht - des- halb werden eben besondere Organe entwickelt — , und demgemäß geht ihr Eindringen schlecht vonstatten (Faeonia, Secale, Crocus). Die Art und Weise der mechanischen Beeinflussung der Pflanze durch den Boden richtet sich ganz nach der Form und Entwick- lungsweise derselben. Deshalb läßt sich allgemeines über sie nicht aussagen. Dagegen wäre es, wie die Dinge liegen, möglich, im einzelnen Falle bei genauer Kenntnis des Entwicklungsganges der etiolierten Pflanze das Resultat des Eindringens in den Boden a priori anzugeben, wenn es nicht meist schwer fiele, alle Faktoren, welche auf das Resultat von Einfluß sind, zu berücksichtigen und das Maß der Bedeutung jedes einzelnen abzuschätzen. Jedenfalls verläuft der Entwicklungsgang im Boden ganz wie im dunklen Räume, selbst wenn der Pflanze erhebliche Nachteile dadurch er- wachsen. So streben umhüllte Organe, Blütenstände usw. zu ge- wisser Zeit aus ihrer Hülle hervor, obwohl Berührung mit dem Boden für sie sicheres Verderben bedeutet. In festem Boden lassen dikotyle Stengel und Blattstiele eine starke Dickenzunahme infolge Hemmung des Längenwachstums konstatieren. Die Monokotylen scheinen sich in dem Punkte anders zu verhalten resp. Differenzen im Verhalten der Kotyle- donar- und Stengelorgane aufzuweisen^). 1) Ich will nicht unterlassen darauf hinzuweisen, daß offenbar auch unter den Dikotylen Ausnahmen von der Kegel vorkommen. Die abnormerweise im Boden heran- wachsenden Stengelglieder von Silphium Hornemanni erreichten bei weitem nicht die Länge der etiolierten und grünen. Doch entsprach die Dickenzunahme der Verkürzung nicht im geringsten. Ein analoges Bild gewährten die Parenchymzellen des Marks. über das Verhalten von Sprossen bei Widerstand leistender Erdbedeckung. 157 III. Über die mechanische Wirl(ungsweise der nutierenden dikotyien Keimlinge im Boden. Die Pflanzen durchbrechen den Boden entweder aufrecht oder mit herabgebogenem Gipfel. Während die mechanische Wirkungs- weise der ersteren mehr oder weniger der eines Pfahls oder Nagels gleicht, etwas Besonderes über sie also nicht auszusagen ist, steht für die Wirkungsweise der zweiten ein so einfacher Vergleich nicht zur Verfügung. Sie bedarf daher einer eingehenderen Diskussion. Ehe man über die Druckwirkungen, die von dem gebogenen Gipfel ausgehen, etwas äußern kann, muß m.an natürlich die Wachstums- weise der nutierenden Stengel kennen, die mit ganz eigentümlichen Bewegungen der wachsenden Regionen verbunden ist. Die Wachstumsverhältnisse der nutierenden Stengel hat schon Wiesner (1878) studiert. Er fand, daß an Stengelgliedern mit nutierender Spitze im oberen (nutierenden) Teile die Hinterseite stärker wächst als die Vorderseite, wodurch die Nutation zustande kommt, im unteren Teile aber die Vorderseite stärker als die Hinterseite. Daß diese Art der Wachstumsverteilung besteht, schließt er sowohl aus dem heliotropischen Verhalten der nutieren- den Stengel als auch aus den an ihnen normalerweise wahrnehm- baren Krümmungen. Meine Befunde stimmen mit denen Wiesners vollkommen überein. Wenn ich im folgenden trotzdem von meinen Wachstumsuntersuchungen ausführlich berichte, so geschieht es, weil die von mir angewandte Methode die wesentlichen Tatsachen in einer für die Zwecke der nachfolgenden Untersuchungen geeig- neteren, nämlich unmittelbar anschaulichen Weise zur Darstellung bringt, indem tatsächlich auf Vorder- und Hinterseite Wachstums- messungen vorgenommen wurden, was Wiesner nicht getan hat. Was diese Methode betrifft, so wurden am Bogen der ge- krümmten Stengel auf der Vorder- und Hinterseite Tuscheraarken mittels Pinsels angebracht. Die wünschenswerten gleichen Abstände derselben waren jedoch nicht durch Anlegen eines biegsamen Maß- stabes zu erzielen. Es ist ganz unmöglich, den Maßstab an die scharf gebogene Vorderseite dicht anzulegen und während des Mar- kierens unverrückt in seiner Lage zu erhalten. Vor allem aber geht es bei dieser Manipulation ohne Schädigung des Keimlings kaum ab. Ich habe es deshalb vorgezogen, die Tuschemarken nach 158 Walter Leonhardt, Augenmaß anzubringen und dann ihre Entfernungen zu messen. Der Einheitsabstand der Marken war willkürlich und wurde den jeweiligen Längen- und Formverhältnissen des Bogens der Ver- suchspflanze angepaßt. Er betrug im Mittel 1,0 bis 1,3 mm. So- fort nach der Markierung wurden die Zonen mittels Horizontal- mikroskops gemessen und ein (4fach) vergrößertes (in Fig. 13 wieder verkleinertes) Bild des Keimlings in der Seitenansicht mit den Marken angefertigt. Zur Herstellung des Bildes, das die Größen- verhältnisse genau wiedergeben sollte, diente eine photographische Kamera, die das Bild vermittels - eines unter 45 " angebrachten Spiegels auf horizontaler Fläche, einer mit durchscheinendem Papier belegten Glasplatte, entwarf, auf der die Umrißlinien und Marken bequem nachgezogen werden konnten. Gemessen und gezeichnet wurden die Keimlinge auch nach einer Versuchsdauer von ca. 24 Stunden. Alle Manipulationen vollzogen sich im Dunkelzimmer bei künstlicher Beleuchtung unter tunlichster Ausschließung zu starken Lichteinflusses, um den Erfolg längerer Belichtung, rasches Aufkrümmen des umojebogenen Gipfels, zu vermeiden. Die Pflanzen weilten natürlich auch während der Dauer des Versuchs im Dunkeln. Das Auftragen der Marken nach Augenmaß hat eine verschie- dene Größe der Zonen zur Folge, was auch in den Reihen I der Tabelle zum Ausdruck kommt. Die gefundenen Zuwachsgrößen für die einzelnen Zonen sind demnach nicht ohne weiteres ver- gleichbar. Sie werden es, wenn man aus ihnen die prozentischen Zuwachswerte berechnet, d. h. wieviel Prozent der ursprünglichen Größe der Zone der gefundene Zuwachs beträgt. Unter Zuhilfe- nahme der Zeichnung, die über die Lage der Zone Aufschluß gibt, läßt sich hiernach ein sicheres Urteil über die Wachstumsverhält- nisse in verschiedenen ausgedehnteren Partien des Bogens fällen. Aus einer größeren Anzahl von Versuchen mit Ricinus com- munis, Helianthus annuus und Vicia Faha major, die alle dasselbe Resultat hatten, wähle ich einen mit dem Hypokotyle der erst- genannten Pflanze aus, der für diese Zwecke besonders geeignet ist, weil er nicht so rasch aufkrümmt wie die nutierenden Stengel der anderen, die sich selbst im Dunkeln bald geradezustrecken be- ginnen. Die Zahlen der Reihen I und II der folgenden Tabelle geben die Längen der Zonen in Teilstrichen des Mikrometerokulars zu Beginn und am Ende des Versuchs (nach 24 Stunden) an; die- jenigen der jüngsten (obersten) Zonen stehen voran. Die Reihe III verzeichnet die Zuwachsgrößen der einzelnen Zonen in Mikrometer- über das Verhalten von Sprossen bei Widerstand leistender Erdbedeckung. 159 w h-l h- 1 (— ( 1— 1 1— 1 00 t- 00 - in äs t- o" 05 5Ö" 00 - 05 in o (N in 05_ l-H C- in in t- 00 - C5 lO" in oö" o < -Vi //. LükAnst. vEA.Fank&, Leipzig. Verlag von Gebrüder Borntraeger in Berlin W 35 Branca- Festschrift. Wllhelm Branca zum siebzigsten Geburtstage am 9. September 1914. Eine Festschrift seiner Schüler herausgegeben von J. F. Pom- peckj. Mit einem Bildnis, 16 Tafeln, 2 Textbeilagen und 58 Textabbildungen. Geheftet 40 Mk., gebunden 45 Mk. INHALT: Fr. Schöndorf, Zur Geologie des Lindener Berges bei Hannover (mit 3 Textabbildungen). W. Gothan, Die fossile Flora des Tete-Beckens am Sambesi (mit Tafel I). H. Stremme, Die Verbreitung der klimatischen Bodentypen in Deutschland. Ediüin Hennig, Zur Palaeogeographie des afrikanischen Mesozoikums. C. Gagel, Probleme der Diluvialgeologie. E. Werth, Die Uferterrassen des Bodensees und ihre Be- ziehungen zu den Mag dalenien-Kultur statten im Gebiete des ehemaligen Rheingletschers (mit 8 Textabbildungen). Richard Lachmann, Eine bemerkenswerte Störung des Steinkohlengebirges bei Schlegel in Niederschlesien (mit Tafel II und III und 4 Textabbildungen). W. E. Schmidt, Gastrocrinus Jaekel (mit Tafel IV und IVa). Th. Wegner, Brancasaurus Brancai n. g. n. sjp., ein Elasmo- sauride aus dem Wealden Westfalens (mit Tafel V bis IX und 10 Textabbildungen). Antonie Stremme- Täuber , Zur Geologie von Baffin- land. Erich Haarmann, Die Ibbenbürener Bergplatte, ein „Bruchsaltel" (mit Tafel X und XI, 2 Texttafeln und 16 Textabbildungen). H. Reck, Der Qldonyo VEngai, ein tätiger Vulkan im Ge- biete der Deutsch- Ostafrikanischen Bruchstufe (mit Tafel XII bis XV und 10 Textabbildungen.) F. Solger, Geologische Beobachtungen an der Shansibahn (mit 7 Textabbildungen). J. F. Pompeckj, Das Meer des Kupferschiefers. Branca-Bildnis mit Namenszug. in Photo- gravure. Blattgröße 36 X 47 cm. 3 Mk. Ausführliche Verlagsverzeichnisse kostenfrei Verlag von Gebrüder Borntraeger in Berlin W 35 Lehrbuch der ökologischen Pflanzen- geographie VOM Professor Dr. Eug. Warming und Professor Dr. P. Graebner. Dritte gänzlich uin- gearbeitete und stark vermehrte Auflage. Mit zahlreichen Tafeln und Textabbildungen. 1. Lieferung. Subskriptionspreis 4 Mk. Warming-Johannsen, Lehrbuch der all- gemeinen Botanik. Nach der 4. dänischen Ausgabe übersetzt u. herausgegeben von Dr. E. P. Meinecke. Mit 610 Textabbild. Gebunden 18 Mark. Handbuch der systematischen Botanik von Professor Dr. Eug. Warming. Deutsche Ausgabe. Dritte Auflage bearbeitet von Professor Dr. M. Möbius, Direktor des Botanischen Gartens in Frankfurt a. M. Mit 616 Textabbildungen und einer lithographischen Tafel. In Leinen gebunden 10 Mk. Botanisches mikroskopisches Praktikum für Anfänger von Professor Dr. M. Möbius. Zweite ver- änderte Auflage. Mit 15 Abbildungen. Gebunden 3 Mk. 20 Pfg. Mikroskopisches Praktikum für systema- tische Botanik von Professor Dr. M. Möbius. I: Angiospermen. Mit 150 Textabb. geb. 6 Mk. 80 Pf. II: Kryptogamen und Gymnospermen. Unter der Presse. Vorträge aus dem Gesamtgebiet der Botanik, heraus- gegeben von der Deutschen Botanischen Gesellschaft. Heftl: Aufgaben und Ergebnisse biologischer Pilz- forschung von Prof. Dr. H. Klebahn. Mit zahlreichen Textabbildungen. Geheftet 3 Mk. 60 Pfg. Berliner Botaniker in der Geschichte der Pflanzen- physiologie von Geh. Regierungsrat Professor Dr. H. Haberland, Direktor des pflanzenphysiologischen Insti- tutes der Universität Berlin. Geheftet 1 Mk. Ausführliche Verlagsverzeichnisse kostenfrei JAHRBtrCHEE für wissenschaftliclie Botanik Begründet von Professor Dr. N. Pringsheim herausgegeben W. Pfeffer Professor an der Universität Lei()zig FUnfundfUnfzigster Band. Zweites Heft. Mit 43 Textfignren. Leipzig Verlag von Gebrüder Borntraeger 1915 Alle Zusendungen für die Redaktion bittet man zu richten an Professor Pfeffer iu lieipzig (Botanisches lustitnt) , — rom 1. August bis 26. September nur an Gebrttder Borntraeger in Berlin W 36, Scli5nel)erger Ufer 12 a Inhalt des Torliegenden Heftes. Seite Ernst Schilling. Über hypertrophische und hyperplastische Gewebewucherungen an Sproßachsen, verursacht durch Paraffine. Mit 43 Textfiguren 177 Cilustav Ctassner. Über die keimungsauslösende Wirkung der Stickstoffsalze auf lichtempfindliche Samen 259 Ausgegeben im Mai 1915. Die Jahrbücher für wissenschaftliche Botanik erscheinen in zwanglosen Heften, von denen 4 — 6 einen Band bilden. Der Preis des Bandes beträgt für die Abonnenten ungefähr 35 Mk., sofern nicht eine ungewöhnliche Zahl von Tafeln eine Preiserhöhung notwendig macht. Beim Einzelverkauf erhöht sich der Preis um 26 Prozent. Das Honorar beträgt 30 Mk. für den Druckbogen. Bei Disser- tationen wird ein Honorar nicht gewährt. Den Autoren werden 30 Sonderabdrücke kostenfrei geliefert. Auf Wunsch wird bei rechtzeitiger Bestellung eine größere Anzahl von Sonderabzügen hergestellt und nach folgendem Tarif berechnet: für jedes Exemplar geheftet mit Umschlag für den Druck- bogen 10 Pfg., für jede schwarze Tafel einfachen Formats 5 Pfg., für jede schwarze Doppeltafel 7,5 Pfg. Bei farbigen Tafeln erhöhen sich obige Preise für jede Farbe um 3 Pfg. Ein besonderer Titel auf dem Umschlag, falls ein solcher ge- wünscht wird, 3 Mk. 50 Pfg. — Zusätze, Änderung der Paginierung usw. werden besonders berechnet. Diesem Heft liegen Prospekte der Verliigsbiichhaudluiig- 5 21. 55 12 3 » H 21. 55 12 4—6 » 5? 28. 55 13 7 « 55 26. Aug. 13 8 r 55 23. 5) 13 9 H 55 26. 55 12 0—12 » 55 26. 55 13 über hypei'trophische u. hyperplast. Gewebewucherungen an Sproßaclisen usw. 187 und über mit Wucherungen bedeckt war, während von der Epi- dermis nur noch locker aufsitzende Fetzen zu sehen waren. Anfang August begannen dann die Blätter schlaff zu werden und der Sproß starb ab. Bei anderen Versuchen, wo frühzeitig nach Auftreten der ersten Wucherungen mit dem Weiterpinseln aufgehört wurde, trat bald Bräunung und Verkorkung derselben ein. Im folgenden sind noch einige Reaktionszeiten zusammengestellt: Nr. 4 4 6 6 9 24 Die Triebe, die zu Potometerversuchen verwendet wurden (also abgeschnitten waren und in Wasser standen), brauchten alle längere Zeit, zwischen 12 und 18 Tagen schwankend. Bei den meisten dieser Versuche nahmen, wie eben geschil- dert, die pathologischen Veränderungen ihren Ausgang von den Lenticellen: stets trat aus diesen zuerst das Wuchergewebe hervor, und erst als sekundäre Erscheinung erfolgte das weitere Ver- schmelzen usw. Nun verhielten sich aber einige Triebe anders: die Lenticellen bekamen ebenfalls ein „glasiges" Aussehen und schwollen an, die Wucherungen bheben dann aber verhältnismäßig klein und verschmolzen auch nicht miteinander; dafür war in der bestrichenen Zone und auch darunter an den Internodien eine deutliche Dickenzuuahme zu sehen. So wies z. B. an einem Trieb ein Internodium vor Beginn des Versuches einen Durchmesser von 7 — 8 mm auf, durch das Pinseln mit Paraffin vergrößerte sich der- selbe nach ca. 14 Tagen auf 10 — 11 mm. — Ferner traten an mehreren Stellen zwischen den Lenticellen buckeiförmige Anschwellungen auf. Die Epidermis lag zuerst noch intakt darüber, wurde dann später gesprengt, und aus diesen Rissen trat Wuchergewebe zutage, so daß nach einigen Tagen diese Stellen, die wir als „Intumescenzen" bezeichnen wollen, kaum noch von eigentlichen Lenticellenwucherungen zu unterscheiden waren. Später konnte dann auch hier Verschmelzen der einzelnen Wucherungen eintreten. 188 Ernst Schilling, Bei der jetzt folgenden anatomischen Untersuchung haben wir uns also Rechenschaft zu geben 1. über die eigentlichen Lenticellenwucherungen, 2. über die Dickenzunahme des Triebes, 3. über die Bildung der Intumescenzen. Anatomie des normalen Triebes. Schneidet man ein mittleres Internodium eines ca. 8 mm dicken Triebes durch, so erhält man folgendes Bild: Außen liegt die einschichtige Epidermis, durch Anthocyan- gehalt violett erscheinend, reichlich mit Haaren besetzt. Darunter folgt ein etwa 5 — 7 Zellschichten starkes Collenchym, das seiner Bauart nach etwa eine Mittelstellung zwischen Bast und Platten- collenchym (nach der Definition von C. Müller, 1890) einnimmt. Es besitzt allseitig verdickte Wände und die Mittellamellen sind nicht zu erkennen, aber die radial verlaufenden Wandungen sind viel weniger stark, so daß man wohl von tangentialen Verdickungs- platten, die ja für Plattencollenchym typisch sind, sprechen kann. In der äußeren, subepidermalen Zellreihe entsteht das Phellogen, das nach außen dünnwandigen Kork, nach innen eine Phelloderm- schicht bildet. Die jüngeren Internodien besitzen kein Phellogen, die ältesten haben schon ca. 4 — 6 Korkzellagen. Außerdem ist zu bemerken, daß sich im Collenchym bisweilen riesige, meist tangential verlaufende Spalten finden. Die Collenchymzellen be- sitzen Chlorophyll und etwas Stärke. Nach innen zu gehen sie in ein 3 — 5 — 7 Zellagen starkes Parenchym über; die Zellen sind rundlich, derbwandig, reich mit Chlorophyll und Stärke versehen. Auch hier treten wieder, in älteren Internodien, größere Rißbil- dungen auf. Die Bastfasern bilden in älteren Internodien durch Zwischenlagerung von Steinzellgruppen einen geschlossenen Ring, in jüngeren liegen sie noch als getrennte Bündel im Kreise an- geordnet; sie sind meistens von Kammerfaserzellen umgeben, die Oxalatkristalle führen. Dann folgt der Siebteil der sekundären Rinde, der ungefähr dieselbe Breite wie der Parenchymgürtel auf- weist, ein 3 — 5 Zellreihen starkes Kambium, schließHch Holz und Mark. Die normalen Lenticellen heben sich als weißliche, etwa 2 mm lange, 1 mm breite, in der Längsrichtung des Triebes verlaufende Höckerchen von der Epidermis ab. über liypertropliische u. hyperplast. Gewebewucherungen an Sproßachsen usw. 189 Unter den Lenticellen ist der Collen cliymmantel unterbrochen, parenchymatisches, außerordentlich chlorophyllreiches Gewebe ist statt seiner zu finden; die äußeren Schichten stellen das Phelloderm der Lenticelle dar. Darüber liegt, sich seitlich an das Phellogen anschließend, die Verjüngungsschicht. Die aus dieser hervorgehen- den Füllzellen sind, in jungem Zustand, farblos und schließen noch verhältnismäßig dicht anein- ,^ ander, die älteren, weiter außen liegenden sind gebräunt, sie haben sich abgerundet und sind nur locker miteinander verbunden. Zwischenstreifen sind nicht voihanden. Die \ Lenticellen der jüngeren Inter- ^„.^^^ nodien sind noch lückenlos s von der Epidermis überzogen, j die der älteren haben diese gesprengt. Die Entwicklungsgeschich- i te der Lenticellenwucherungen ^ ist nun folgende: Zuerst be- A^ 1! 0 0 ginnen die zuletzt gebildeten Füllzellen sich zu vergrößern ^bc«« ^^:^ und tonnen- bis schlauchförmig '~^ ■ '. anzuschwellen, dann geht das- selbe mit den Zellen der Ver- jüngungsschicht vor sich. Alle " diese Wucherzellen strecken sich regelmäßig in radialer Richtung nach außen, durch- brechen oder schieben die t. ., ^r, 7 j r. • n t. •♦+ 1 1. Flg. 1. Clerodendron Bungei. Querschnitt durch alten Füllzellen vor sich her eine Wucherung. S = Sclilauchzellschicht. und werden so allmählich als weißhchesWuchergewebe außen sichtbar. Dann fangen die chlorophyll- reichen Zellen des Lenticellenphelloderms an, sich zu teilen, und es macht den Eindruck, als ob die Verjüngungsschicht allmählich zentri- petal verlagert würde. Die Tochterzellen wachsen ebenfalls zu langen, zylindrischen Schläuchen aus (Fig. 1 S) und zeichnen sich vor den anderen, farblosen Wucherzellen durch ihren Chlorophyllgehalt aus; später schwindet jedoch auch dieser. Altere Stadien zeigen dann auch 190 ^'■"st Schilling, eine Beteiligung des unter und seitlich einer Lenticelle gelegenen Parenchyms: es treten Zellteilungen auf und die neuen Zellen wachsen zu radial orientierten, langen Schläuchen aus. Das Collenchym verändert sich nicht, zeigt aber, wie auch Mark, Mark- strahlen, Holzparenchym , Siebparenchyra viel weniger Stärke als in normalen Vergleichssprossen. Diejenigen Rindenparenchyrazellen dagegen, die noch intakt sind, sind ganz angefüllt mit Stärke, und die aus ihnen entstehenden Schlauchzellen verlieren mit zu- nehmender Größe ihren Stärkegehalt wieder: alles deutet darauf hin, daß nach den Stellen der "Wucherungen hin eine Leitung von Baustoffen erfolgt. Je weiter allerdings die Wucherzellen nach außen zu liegen kommen , desto lockerer wird der Zu- sammenhang, und schließlich können sie nur mit ihren Tan- gentialwänden verbunden sein, die großen Intercellularen sind dann mit Paraffinöl angefüllt. In solchen Stadien ist natürlich die Leitung sehr erschwert, die Zellen zeigen dann auch keine Spur von Stärke und Chlorophyll mehr und gehen schließlich zu- grunde. Für das Absterben der ganz zu äußerst liegenden Zellen kommt jedenfalls noch die Berührung mit der Luft und die Be- schädigung beim Pinseln in Betracht. Diese Zellen bilden dann mit den Füllzellen, die nicht mehr wachstumsfähig waren, eine bräunliche, mit Paraffin durchtränkte Masse, die in den Einzel- heiten nicht mehr zu erkennen ist. Wird nun mit dem Pinseln auf- gehört, so tritt Stillstand in der Wucherbildung ein, die typischen Schlauchzellen bräunen sich und sterben ab, und schließlich wird in einiger Entfernung darunter Wundkork angelegt. Die Wuche- rungen haben hier also noch mehr lokalen Charakter. Dies wird anders, wenn weiter gestrichen wird : äußerlich treten dann ja, wie eben geschildert, Rißbildungen auf, die mit Wuchergewebe erfüllt sind und schließlich die ganze Zweigoberfläche bedecken können. Die mikroskopische Untersuchung zeigt, daß dann auch die Collen- chymzellen sich beteiligen, indem sie zu langen farblosen Schläuchen heranwachsen; vielfach legen sie vorher mehrere Teilungswände an. Die dicken Cellulosewände werden dabei gedehnt, Chlorophyll und etwa vorhandene Stärke verschwinden, die Schlauchzellen sind zartwandi'g und ihre Wände färben sich mit Chlorzinkjodlösung nicht mehr violett. Wenn schon Periderm angelegt ist, so wachsen Phellogen- und Phellodermzellen ebenfalls aus, an einigen Stellen auch noch junge Korkzellen. SchließUch trat dann auch hier Bräunung und dann Absterben der äußeren Wucherzellen ein; das weitere Verhalten wurde nicht mehr untersucht. über hypertrophische u. hyperplast. Gewebewucherungen an Sproßachsen usw. 191 Andere anatomische Bilder wiesen die verdickten Triebe auf. Die eigentliche Lenticellenwucherung blieb meist nur klein und kam für die Verdickung nicht in Betracht. Dafür beteiligte sich hier Paren- chym und Kambium in ausgedehntem Maße. (Vgl. Fig. 1.) Alle Parenchymzellen in der bestrichenen Zone zeigen zuerst eine kleine Streckung in radialer Richtung, dann erfolgt in fast jeder Zelle die Bildung von ein, zwei oder drei tangential verlaufenden Querwänden, und jetzt erst setzt eine erheblichere Streckung ein, die die vorher rundhchen Zellen in riesige, radial orientierte, dünnwandige Schläuche verwandelt. Einige Zahlenangaben von einem bestimmten Versuch mögen die Größenzunahme illustrieren. Die Breite des ganzen Parenchymgürtels wurde bei normalen Kontrollachsen mit 5 — 7 — 9 Teilstrichen gemessen! Das ganze WuchergewebCj das jetzt an Stelle des Parenchyms zwischen Collenchym und Bastbündeln lag, zeigte eine Breite von 90 — 100 Teilstrichen, also mehr als das Zehnfache des Ursprungsgewebes. Die längsten Schläuche liegen außen, d. h. stoßen direkt an das unveränderte Collenchym, und da in dieser Region auch der Zusammenhang der einzelnen Zellen am lockersten ist, so kommt es vor, daß die Zellen sich auch seitlich ausdehnen, und so resultieren riesige Zellgebilde von Keulen- oder Blasenform. Sonst zeigen die Schlauchzellen die ursprüngliche Breite der nor- malen Parenchymzellen. Erwähnt mag noch werden, daß manchmal zwischen typischen Schläuchen kleinere, mehr rundliche liegen, die aus irgend einem Grunde sich nicht ausgedehnt haben. Wenn man sich vergegenwärtigt, daß aus einer einzigen Parenchymzelle zwei, drei oder auch vier Zellen von so riesigen Dimensionen entstehen, wird man sich zu fragen haben, woher die nötigen Baustoffe kommen. Eine Hinleitung läßt sich wieder bei Beginn der Wucherbildung konstatieren; für die späteren Stadien, wo die Zellen ihren Zu- sammenhang fast aufgegeben haben, wird sie für die einzelnen Zellen nicht mehr in Betracht kommen, und so muß man annehmen, daß die Zellen dann auf sich selber angewiesen sind und schließlich an Erschöpfung zugrunde gehen. Mit der Verwandlung der derben Parenchyrahaut in die zarte Membran der Schlauchzellen sind außer- dem Veränderungen chemischer Natur verbunden: Reaktion auf Cellulosereagentien erfolgt nicht mehr. Hierüber wird weiter unten berichtet, da dieselben Verhältnisse auch für die durch Vaseline erzeugten Wucherungen gelten. Der zweite Faktor, der die Dicken- zunahme bedingt, ist die Veränderung des Kambiumringes. Während es bei normalen Vergleichstrieben auf Querschnitten 3 — 5 Zellen 192 ^^^^^ Schilling, in jeder Reihe erkennen läßt, zeigt es bei verdickten, paraffinierten eine wechselnde Breite von etwa 13 — 22 Zellen. Außerdem pro- duziert es nach innen Wundholz: die Zellen sind parenchymatisch, dünnwandig, nur einzelne geben Holzreaktion, die anderen aber Cellulosereaktion. In der sekundären Rinde konnten keine Ver- änderungen wahrgenommen werden, obschon in den Intercellularen reichlich Paraffinöl vorhanden war. Die dritte Art von Veränderungen an der Achse bestand, wie vorhin geschildert, im Auftreten von buckel- oder pusteiförmigen Anschwellungen. Auch diese kommen durch radiale Dehnung von Zellen zustande, und zwar geht hier das Phellogen in der Bildung der Wucherzellen auf. Man erhält also, je nachdem man ältere oder jüngere Internodien untersucht, etwas verschiedene Bilder: schneidet man einen Buckel an einem älteren Internodium quer, so zeigt sich dieser nach außen zu von den schon fertigen Kork- zellagen, etwa 4 — 5 an der Zahl, bedeckt. Die zuletzt angelegte Korkschicht, das Phellogen selbst und das Phelloderm sind zu typischen Schlauchzellen geworden. Dabei zeigen auffälligerweise junge Buckel nur Vergrößerung, ältere dagegen nachträgliche Teilungen der Zellelemente. An jüngeren Internodien, wo das Phellogen eben im Begriff ist, die erste Korkzellage zu bilden, oder wo es selbst eben erst aus der subepidermalen Zellschicht entstanden ist, führt die radiale Zelldehnung die Bildung von Buckeln herbei, die außen nur von der Epidermis überzogen sind. Daß sich die Epidermiszellen an der Wucherung beteiligt hätten, konnte nie beobachtet werden, das intensive Wachstum der Schlauch- zellen führt schließlich zum Zerreißen der Oberhaut. Das Collen- chym bleibt an diesen Anschwellungen unbeteiligt, nur in ganz alten Stadien der Wucherungen, nahe vor dem Absterben der Pflanze zeigten vereinzelte Stellen Teilungswände und nachträgliche Zell- dehnung. Vaseline -Versuche. Bei diesen Versuchen zeigten die Triebe ein ähnliches Verhalten wie die mit Paraffinöl behandelten. Es reagierten mit Anschwellen der Lenticellen: Nr. 1 gestr. am 20. Juni 1913 nach 5 Tagen „ 2 „ „ 20. „ 19 lo „ b „ „3 „ „ 21. „ 1912 „ 5 „ ,, 4 ,, ,, ^o. ,, lyiö ,. o „ über hypertrophische u. hyperplast. Gewebewiicherungen an Sproßachsen usw. 193 Nr. 5 gestr. am 28. Juni 1913 nach 8 Tagen 6 n H 28. 55 1913 55 8 7 H )5 28. 55 1913 55 18 8 » H 28. 55 1913 55 20 Nr. 7 und 8 waren abgeschnittene, zu Potometerversuchen benutzte Triebe. Bei allen Versuchen war als erste Veränderung ein Anschwellen der Lenticellen zu beobachten. Dann quoll aus ihnen weißliches Wuchergewebe hervor und durchbrach die Vaselinehülle. Ließ man es nun bei dem einmaligen Bestreichen bewenden, so bräunten sich nach einigen Tagen die Wucherzellen und starben ab, und nach einiger Zeit hatte der Trieb dann ein ziemlich normales Aus- sehen. Wurde aber die Zone wieder mit Vaseline überzogen, so erfolgte nach wenigen Tagen wieder ein Herausdringen von Wucher- gewebe. Bei fortgesetzter Behandlung nahm dann schließlich die ganze Zone erheblich an Dicke zu. So war z. B. bei Versuch Nr. 5 nach einem Monat (27. Juni — 28. August, 3 mal gestrichen) der größte Durchmesser der 6 cm langen Zone von 5 mm auf 7 mm gestiegen, das darüber befindliche Internodium wies 4,5 mm, das darunter befindliche 5,5 mm Durchmesser auf. Dabei hob sich die verdickte Partie ganz scharf, ohne allmählichen Übergang, von den normalen Teilen ab; darin besteht ein Unterschied gegenüber der Wirkung des Paraffinöls, er erklärt sich natürlich daraus, daß sich die zähe Vaselinemasse nicht ausbreitet. Die behandelten Triebe wuchsen normal weiter, Nr. 3 wurde erst im Oktober zur Unter- suchung der verdickten Zone abgeschnitten. An einigen Trieben traten ebenfalls die beim Paraffin pinseln erhaltenen buckeiförmigen Anschwellungen auf, sie platzten jedoch meist nicht auf, sondern es wurde auf größere Strecken hin die ganze Oberhaut empor- gehoben, so daß schließlich die eigentlichen Lenticellenwucherungen kaum noch darüber emporragten. Wir haben also bei der ana- tomischen Untersuchung wieder zu unterscheiden zwischen 1. Lenticellenwucherungen, 2. Dickenzunahme der Zone, 3. Auftreibung der Oberhaut. Die Lenticellenwucherungen zeigen die gleichen Bilder wie die durch Paraffin verursachten: zuerst wachsen also die jüngsten Füllzellen aus, dann die Zellen der Verjüngungsschicht, dann, nach vorheriger Teilung, die Phellodermzellen und darunter gelegenen Parenchymzellen. Allmählich teilen sich auch die Parenchymzellen Jahrb. f. wiss. Botanik. LV. 13 194 E™st Schilling, seitlich der Lenticellenanlage und bilden Schlauchzellen, die übrigens meist kürzer blieben als die von Paraffinversuchen herrührenden. Schließlich geht die Lenticellenwucherung in eine „Rindenwucherung" über, der ganze Parenchymgürtel geht in der Bildung von Schlauch- zellen auf; das CoUenchym beteiligt sich nicht. Das Kambium hat an Stärke zugenommen und bildet nach innen einige Zellagen dünnwandigen, abnormen Holzes. — Die Untersuchung des Triebes Nr. 3 (gestr. am 21. Juni, 3. JuU, 30. Juli, abgeschnitten 29. Okt.) zeigte, daß folgende Veränderungen weiterhin vor sich gegangen waren: Die Epidermis ist vielfach zerrissen und tot, ebenso das Periderm. Die Wände der Collenchymzellen haben sich meist gebräunt, die Zellen sind tot; ebenso verhalten sich die Schlauch- zellen, die vom Parenchym abstammen. Sie sind außerdem vielfach zerrissen, zwischen ihnen sind große Hohlräume entstanden. In der sekundären Rinde sind mannigfache Veränderungen vor sich gegangen: die Siebparenchymzellen hatten in radialer Richtung gewuchert, jetzt sind sie vielfach tot und zerrissen, dazwischen liegen tote und zerquetschte Siebröhren. Das Kambium hat sich abnorm verdickt und nach außen dünnwandige, etwa tonnenförmige, farblose Wucherzellen gebildet, die noch größtenteils leben. Diese ganze, zwischen Bastfaserbündeln und Holz liegende, abnorme Gewebe- partie ist durchsetzt von großen, spaltenförmigen Hohlräumen, die in der Verlängerung der Markstrahlen nach außen verlaufen: es sind zerrissene Rindenstrahlen, die dem abnormen Wachstum nicht- gefolgt sind. Ab und zu ist jedoch ein Rindenstrahl nicht zerrissen, dann sind seine Zellen nebst angrenzenden Siebparenchymzellen verdickt und verholzt. Diese verholzten Partien können, wie Längs- schnitte zeigen, als längere Stränge in vertikaler Richtung verlaufen: man erhält beim ersten Betrachten den Eindruck von mechanischen Elementen. Bisweilen liegen auch am Rande der großen Spalten solche verholzten Komplexe. Im Holzkörper sind die Markstrahlen nirgends zerrissen, vielmehr fällt sofort auf, daß, im Vergleich zu normalen Trieben, ihre Masse gegenüber der des Holzes wesentlich zugenommen hat. Dies wurde durch Messungen bestätigt; die folgenden Zahlen geben an, wieviel von 100 Teilstrichen eines Mikrometerokulars einerseits auf das Holz, andererseits auf die Markstrahlen entfallen, ferner die Anzahl der Markstrahlen und die Zahl der Zellreihen, die die Markstrahlen zusammensetzen. Jede Zahl ist eine Durchschnittszahl, die aus je 20 Messungen gewonnen ist. über hypertrophische u. hyperplast. Gewehewucherungen an Sproßachsen usw. 195 Normal Vaselineversuch Holz 84,5 85,4 85,3 85,4 86,9 84,8 78,6 75,2 74,9 73,6 Mark .... 15,5 14,6 14,7 14,6 13,1 15,2 21,4 24,8 25,1 26,4 Anzahl der Mark- strahlen . . . 4,25 4,25 3,35 3,6 3,15 4,2 4,3 5,0 4,5 4,15 Anzahl der Zell- reihen 6,5 6,1 5,35 5,5 4,9 5,4 7,15 8,38 7,7 8,7 Fig. 2. Clerodendron Bungei. Vaseline -Buckel. Querschnitt. Chlorzinkjodfärbung. h = braun, db = dunkelbraun, v = violett. Leitz Obj. 7, Ok. I. Die Auftreibungen der Oberhaut schließlich kommen ebenfalls durch Zellstreckung in radialer Richtung zustande, und zwar be- teiligt sich außer dem Periderm, wie bei der Paraffinwirkung, auch noch das Collenchym in lebhafter Weise. Besonders gut läßt sich dies auf Querschnitten verfolgen : die einzelnen Zellen zeigen erst eine kleine Dehnung in radialer Richtung, dann werden tangential ver- laufende Teilungswände angelegt (bis zu vier in einer Zelle!) und nun wachsen die eben entstandenen Zellen zu riesigen, dünnwandigen, 13* 196 Ernst Schilling, farblosen Schlauchzellen aus (vgl. Fig. 2. u. 3). An vielen Stellen kommen hierbei Bilder von großer Regelmäßigkeit zustande, indem die aus einer Collenchymzellage hervorgehenden Schlauchzellen jeweils genau die gleiche Länge haben; so bilden sie dann breite, tangential verlaufende Bänder, die mehrfach übereinander geschichtet sein können (vgl. Fig. 4). An anderen Stellen geht diese regel- mäßige Anordnung wieder verloren, dadurch, daß manche Zellen nachträglich noch Teilungen eingehen. Mit diesem Vorgang kann sich nun noch häufig folgender verknüpfen: die Zellreihe des Collenchyms, die gerade zu äußerst liegt, erfährt auf eine größere Fig. 3. Clerodendron Bungei. Vaseline -Buckel. Querschnitt. Leitz Obj. 7, Ok. I. Strecke hin Dehnung in i^dialer Richtung. Die Folge davon ist, daß eine Zelluloseleiste, die aus den dicken Tangentialwänden be- steht, abgehoben wird. Setzt dann in der Zellreihe das rapide Wachstum ein, so schieben die entstehenden Schlauchzellen diese Leiste immer weiter nach außen. An manchen Stellen nun wird sie aufgebraucht und verschwindet, an anderen Stellen aber bleibt sie erhalten und wird durch ungleichmäßiges Wachstum der Schlauchzellen ganz unregelmäßig verlagert. Solche dicken Leisten, die dann zwischen den farblosen, dünnwandigen Wucherzellen liegen, fallen schon durch ihre braune Farbe auf, sie sind auch nicht mehr so stark lichtbrechend wie normale Collenchymwände. Nach Zusatz über hypertrophische u. hyperplast. Gewebewucherungen an Sproßachsen usw. 197 von Chlorzinkjod (vgl. Fig. 2) werden sie dunkelbraun, alle an- gewandten Reagentien auf Verholzung und Yerkorkung versagten. Jodkah verstärkt die Färbung etwas, Zusatz von konz, Schwefel- säure bewirkt keine Färbung oder Auflösung. Anders verhalten sich solche Leisten, die eben abgehoben werden: sie geben typische Zellulosereaktion. Dazwischen gibt es Übergangsstadien, und man kann sagen, je weiter die Leisten nach außen verlagert werden, desto mehr zeigen sie braune Färbung und zunehmende Resistenz gegen Schwefelsäure. Auch die Wucherzellen weisen kein einheit- Fig. 4. Clerodendron Bimgei. Querschnitt durch einen Vaseline -Buckel. liches Verhalten auf. Die Wände sich teilender Collenchymzellen und eben auswachsender Schlauchzellen nehmen, in Chlorzinkjod liegend, blaßblaue Färbung an, ausgewachsene Schlauchzellen werden mehr oder minder bräunlich, werden auch nicht, wie junge Wucherzellen, von konz. Schwefelsäure aufgelöst. Dabei geben sie keinerlei Holz- oder Korkreaktion, nur diejenigen, die an einer nach außen führenden Rißstelle liegen, haben etwas dickere, ver- korkte Wände. Wässeriges Safranin färbt die Schlauchzellen gelbrot, Delafieldsches Hämatoxylin intensiv violett, nach Zusatz von verdünnter Essigsäure entfärben sich zuerst die Schlauchzellen, 198 Ernst Schilling, dann die anderen Gewebe langsam. Rutheniumrot bewirkt intensive Rotfärbung. Alle diese Reaktionen deuten darauf hin, daß mit forschreitender Wucherung chemische Veränderungen der Wandsubstanz vor sich gehen, die in einer Einlagerung von pektinh altigen Verbindungen in die Zellulose zu bestehen scheinen. Dafür spricht noch besonders, daß nach 3 tägigen Verweilen in frischer Kupferoxydammoniaklösung die älteren Schlauchzellen nicht aufgelöst waren und sich mit Jod- jodkali -\- Phosphorsäure braungelb färbten. Man wird dies auffällige Verhalten der Zellmembran mit dem allmählichen Niedergang, der steigenden Degeneration der Zelle überhaupt in Verbindung zu bringen haben; Stärke und Chlorophyll sind verschwunden, der Kern ist öfters vergrößert und zeigt un- regelmäßige Konturen, der Protoplast ist, wie später geschildert wird, permeabel geworden. II. Versuche mit Aesculus hippocastanum und A. rvbicunda. Behandelt wurden: 1. Sproßachsen 2. Achsen der Blütenstände 3. 4. Blattstiele Blätter mit folgenden Stoffen: 1. Paraffinum liquidum 2. Paraffin - Mischung 3. Vaseline 4. 5. 6. gelbes Vaselineöl Ölsäure Knochenöl. Wirkung des Paraffinöls auf Sproßachsen. Es wurden sowohl vorjährige, als auch diesjährige Achsen ge- pinselt, einmaliges Pinseln blieb immer erfolglos, erst nach 3 bis 5 maligem Pinseln begannen die Lenticellen anzuschwellen und dann zu wuchern. Einige Angaben von Reaktionszeiten mögen hier folgen: Aesculus hippocastanum, vorjährig. Nr. 1 gestr. einmalig am 15. April 1912, reagierte nicht „ 2 ebenso „ 3 gestr. 15., 19., 24., 30., April, reagierte am 5. Mai „ 4 „ 15., 19., 24., 30., „ „ „ 7. „ „5 „7. April 1913, reagierte nicht „ 0 „ 7. „ 191 o, „ „ über hypertrophische u. hyperplast. Gewebewucherungen an Sproßachsen usw. 199 Nr. 7 gestr. 7., 10., 14. April, reagierte am 16. Mai 8 „ 25. Juni, 3., 9. Juli 1913, reagierte am 16. Juli 9 ebenso 10 ebenso 11 gestr. 5., 7., 10., Mai, reagierte am 28. Mai 12 „ 5., 7., 10., „ „ „ 7. Juni. Abnlich verhielten sich vorjährige Zweige von Aesculus ruhi- cunda. — Die im Frühjahr neu angelegten, grünen, schnell wach- senden Triebe, bei denen die Lenticellen erst als längliche, weiße Flecken zu sehen waren, reagierten teilweise nicht mit Wucherungen, die Blätter fingen an zu welken und vertrockneten (Paraffin wurde nicht in ihnen gefunden), schließlich bräunte sich auch die Achse, und der ganze Zweig starb ab. Andere dagegen reagierten, z. B. Nr. 13 gestr. 25. Juni, 3., 9. Juli, am 14. Juli „ 14 „ 5., 7., 10. Mai, am 23. Mai „15 „ 13., 17., 20. Mai, am 7. Juni. Fig. 5. Aesculus Hipimcastanum. Schematisierter Querschnitt durch eine normale Lenticelle. V = Verjüngungsschicht, Z = Zwischenstreifen, F = Füllzellen, Pe = Periderm, Pa = Parenchym. Auch die jungen Zweige von Aesculus ruhicunda verhielten sich so. Bei allen Versuchen blieben die Lenticellenwucherungeu ver- hältnismäßig klein; wurde die Behandlung mit Paraffin lange Zeit fortgesetzt, so verschmolzen sie manchmal miteinander, aber die Zweige starben dann ab. Die anatomische Untersuchung zeigt folgendes: zuerst wachsen die jüngsten, rundlichen Füllzellen zu langen, farblosen Schläuchen heran, dann geht die Verjüngungs- schicht in der Bildung der Schlauchzellen auf (vgl. Fig. 5, 6 u. 7). Alle Wucherzellen sind ganz regelmäßig in radial nach außen ver- laufenden Zellreihen angeordnet. Dem vermehrten Drucke, den sie ausüben, vermögen die Verschlußschichten nicht standzuhalten. 200 Ernst Schilling, sie zerreißen in der Mitte der Lenticelle, wo sie am weitesten vor- gewölbt sind, und nun quillt das weißliche Wuchergewebe nach außen. Die äußersten Wucherzellen bräunen sich, geben Korkreaktion und sterben ab. Dies scheint hier nicht so sehr infolge des völligen Verbrauchs von Baustoffen zu geschehen (enthalten die Wucher- zellen doch vielfach noch etwas Stärke), als vielmehr deshalb, weil sie mit der Außenluft in Berührung kommen und beim Pinseln verletzt werden können. Das Lenticellenphelloderm beginnt dann Fig. 6 u. 7. Aesculus Hippocastanum. Schematisierte Querschnitte durch eine Lenticelle nach Paraffinbehandlung. V = Verjüngungsschicht, Z = Zwischenstreifen, F = Füllzellen, Fe = Periderm, W =- Wuchergewebe, Pa = Parencliym. tangential verlaufende Teilungswände anzulegen. Hört man in diesem Stadium mit dem weiteren Pinseln auf, so tritt eine weitere Aus- dehnung der Wucherung nicht mehr ein. Nach einiger Zeit findet man dann die ganze äußere Partie der Wucherzellen gebräunt und tot, nach innen zu ist in einiger Zeit ein Korkmantel angelegt, der aus mehreren Zellagen besteht; die Zellen sind durch Teilung von Wucherzellen entstanden, sie haben etwas verdickte und verkorkte Wände. Darunter liegt noch eine ganze Partie von lebenden über hypertrophische u. hyperplast. Gewebewucherungen an Sproßachsen usw. 201 Schlauchzellen. Man erkennt hier deutlich, daß eine Rückkehr von der hypertrophierten Zelle zur normalen anfangs wohl möglich ist: ihre Wände werden allmählich wieder dicker und geben Cellulose- reaktion (die Schlauchzellen färben sich sonst mit Chlorzinkjod höchstens ganz blaßblau, wenn sie weiter außen liegen, braungelb), zarte tangential verlaufende Teilungswände werden gebildet, sie speichern allmählich Stärke, manche sind über und über damit an- gefüllt, auch der Chlorophyllgehalt nimmt wieder zu — kurz, die Zellen bekommen wieder ungefähr den Charakter normaler Paren- chymzellen. Das Verhalten erscheint um so merkwürdiger, als sich Fig. 8. Aesculus nibicunda. Querschnitt durch äußere Schlauchzellregion. Seibert 4 mm, Zeiß Ok. III. (Der Pfeil zeigt die Wachstumsrichtung an.) in den Intercellularen noch sehr reichlich Paraffin befindet. — Werden die Wucherungen jedoch weiter mit Paraffinöl überzogen, so treten im Innern des Zweiges weitere Veränderungen ein, die sich äußerlich in einem Abblättern des Periderms bemerkbar machen. Dies geschieht vorzugsweise rund um die eigentliche Wucherung herum, aber auch sonst regellos an der ganzen Achse. Querschnitte durch solche Stellen zeigen , daß das Phellogen anstatt normaler Korkzellen nun ebenfalls dünnwandige, schlauchförmige Zellen pro- duziert, die die vorhandenen Korkzellschichten zum Zerreißen und Abblättern bringen. Allmählich geht das Phellogen in der Bildung dieser Zellen auf, das Phelloderm tritt an seine Stelle und wird 202 Ernst Schilling, ebenfalls aufgebraucht, und schließlich stößt der mehr oder minder breite Gürtel von Schlauchzellen direkt an das Collenchym an. An manchen Stellen (vgl. Fig. 8) wiesen zwei oder drei der zu äußerst liegenden Schlauchzellen tangential verlaufende Teilungs- wände auf, öfters bis vier in einer Zelle. Es konnte nicht mehr festgestellt werden, ob hier etwa Phellogen oder Phelloderm zen- tripetal Schlauchzellen gebildet hatten, oder ob diese Schlauchzellen, was wahrscheinlich war, zu nachträglichen Teilungen befähigt waren. — Das Collenchym bleibt unversehrt, nur selten, an den Rändern einer Lenticellenanlage, wachsen einzelne Zellen aus. Das Parenchym ^\ \ -■ / >■< j: Fig. 9. Aesculus hipjjocastanum. Querschnitt durch wucherndes Parenchym. (Der Pfeil zeigt die Wachstumsrichtung an. dagegen reagiert sehr lebhaft mit Zellvergrößerung und Zellteilung; die entstehenden Zellen bleiben meist kugel- oder tonnenförmig, andere wachsen in Intercellulargänge hinein und bekommen unregel- mäßige Formen, alle sind dünnwandig. Sehr schön läßt sich das allmähliche Verschwinden von Stärke und Chlorophyll erkennen, die Kerne sind öfters vergrößert (vgl. Fig. 9). Bis an die Bast- faserbündel gehen schließlich diese Veränderungen. Die verästelten und verholzten Idioblasten verändern sich nicht. Noch spätere Stadien (von eingehenden Zweigen) zeigen, daß das ganze Parenchym durch einen breiten Gürtel von farblosen Wucherzellen ersetzt ist, über hypertrophische u. hyperplast. Gewebewucherungen an Sproßacbsen usw. 203 deren äußerste Lagen zu verkorken beginnen. Das Collenchym ist gebräunt und tot, ebenso die außen auf dem Collenchym sitzenden Wucherzellen. — In einem Falle blieb ein derartig mit "Wucherungen besetzter Zweig am Leben und überwinterte; er blieb aber im Frühjahr in der Entwicklung zurück und starb im Sommer. Noch kurz erwähnt sei, daß an einem Versuchszweig von Aesculus rubicunda kleine, pusteiförmige Anschwellungen auftraten, die lückenlos von der Oberhaut überzogen waren. Sie kamen zustande durch über- reichliche Anlage von Phellodermzellen, die zahlreiche Oxalatdrusen enthielten. Merkmale für Hypertrophie konnten nicht festgestellt werden. Es erschien fraglich, ob* hier überhaupt eine Wirkung des Paraffins vorlag. • Wirkung des Paraffinöls auf Blattstiele. Die Blattstiele besitzen, worauf Haberlandt (1875) hinwies, deutliche Lenticellen und wurden deshalb ebenfalls mit Paraffin behandelt. Sie reagierten mit Wucherungen: A. Aesculus rubicunda. Nr. l. gestr. 13. Mai, nach 20 Tagen 2. >5 13. » « 22 3. H 17. 5? » 24 4. » 17. J5 H 24 B. Aesculus hippocastanum. Nr. 1 gestr. 13. Mai, nach 47 Tagen 55 '^ 55 l"^- 55 55. 47 „ 55 ^ 55 l'« 55 55 50 „ 55 4 „ 17. „ „ 50 „ Die Wucherungen blieben stets klein, am besten reagierten die Lenticellen an der Blattstielbasis, die oberen meist überhaupt nicht. Untersucht man die stärksten Wucherungen, so findet man von der eigentlichen Lenticellenanlage nichts mehr, sondern dünnwandige Wucherzellen. Die Epi- dermis ist gesprengt und zur Seite geklappt; ihre Zellen sind an solchen Stellen bis etwa zur doppelten Größe heran- •■ /luv» -^'S" ^^' -Aesculus rubicunda. gewacüsen und üaben Querschnitt durch die hypertrophierte Epidermis. unregelmäßige Formen Seib. 4 mm, Zeiß Ok. iii. 204 Ernst Schilling, angenommen (vgl. Fig. 10); zuweilen auch deutliche Teilungswände gebildet. Ihre allmähliche Vergrößerung läßt sich auch schon seitlich einer Lenticellenwucherung, wenn sie noch mit dem Collen- chym in Verbindung stehen, gut verfolgen. Es ist dies der einzige Fall, wo eine Beteiligung der Epidermis festgestellt werden konnte! — Die Hauptmasse der Wucherzellen geht aus dem Parenchym hervor, vom CoUenchym sind es nur einzelne, am Rande liegende Zellen, welche Teilungen und Größenzunahme unter Schwinden der dicken Cellulosewände erfahren. Die Parenchymzellen nun sind bald kugel- oder tonnenförmig geworden, dann ist auch eine starke Lockerung ihres Zusammenhanges zu konstatieren, bald zeigen sie zahlreiche, tangential verlaufende Scheidewände, so daß kambium- ähnliche Bilder Zustandekommen. Die Tochterzellen wachsen dann weiter außen zu farblosen, dünnwandigen Blasen oder Schläuchen heran. Ganz außen liegen auf der Wucherung zerrissene und ge- bräunte Wucherzellen. Besonders auffälHg waren bei einer Anzahl von Wucherungen die starken Unterschiede in der Größe der Wucher- zellen: mitten zwischen sich teilenden Parenchymzellen lagen dünn- wandige Zellen, etwa birnförmig, von riesigen Dimensionen. Worauf diese Erscheinung beruhte, konnte nicht festgestellt werden. — Mehr- fach wurde gefunden, daß die an Intercellularen grenzenden Wand- partien von gelockerten Parenchymwucherzellen gleichzeitig Holz- und Korkreaktion gaben. In den großen Wucherzellen war Chlorophyll und Stärke nicht vorhanden, die Kerne oft sehr stark vergrößert. Wirkung des Paraffinöls auf Blütenstandachsen. Auch die Achse des Blütenstandes besitzt Lenticellen, die be- sonders gut an der Basis entwickelt sind. Behandelt wurde nur Aesculus nihiciinda. Es genügte ein einmaliges Bestreichen, um Wucherungen zu bekommen. Es reagierten damit Nr. 1 gestr. 8. Mai, nach 8 Tagen )? "J » ^•'* » » " )5 » 4 „ ly. j, „ ib „ Die Wucherungen blieben klein, die ganzen Blutenstände wurden bald abgeworfen. (Nr. 4 hatte schon Früchte angesetzt.) Die anatomische Untersuchung bot nichts auffälliges, die Wucherungen bestanden aus vergrößerten Parenchymzellen. Be- teiligung der Epidermiszellen wurde nicht gefunden. über hypertrophische u. hyperplast. Gewebewucherungen an Sproßachsen usw. 205 Wirkung des Paraffinöls auf Blätter. Von beiden Pflanzen wurden jüngere und ältere Blätter auf der Ober- und Unterseite bald nur stellenweise, bald ganz und gar mit Paraffin überzogen. Es drang spärlich in die Blätter ein, nach einiger Zeit fingen die am stärksten bestrichenen (nach etwa 6 bis 10 Tagen) an, sich zu bräunen und abzusterben. Die anderen starben nur teilweise ab und blieben sonst leben. Wucherbildungen wurden niemals gefunden. Wirkung der Vaseline auf Sproßachsen. Es reagierten auf Bestreichen mit Vaseline mit Lenticellen- wucherung : Aesculus hippocastanum. Nr. 1 gestr. 10. Nov. 1911, im Mai 1912 „ 2 ebenso „ 3 „ 1.5. April 1912, nach 36 Tagen „ 4 „ 15. „ 1912, „ 38 „ „ 5 „ 7. „ 1913, „ 31 „ „ 6 ebenso „ 7 „ 7. „ 1913, „ 40 „ Außer Nr. 7 waren alle Zweige vorjährig. Bei allen genügte einmaliges Bestreichen, nur Nr. 1 und 2 wurden im Laufe des Winters noch einmal überzogen. Aesculus rubicunda. Nr. 1 gestr. 7. April 1913, nach 24 Tagen ,, 2 „ 7. „ 1913, „ 28 „ „ 3 „ 7. „ 1913, „ 28 „ Die Zweige waren vorjährig. — In allen Fällen blieben die Wucherungen klein und bräunten sich bald. Die anatomische Untersuchung ergab dieselben Ver- hältnisse wie bei jungen, durch Paraffin veranlaßten Lenticellen- wucherungen: Zellvergrößerung der jüngsten Füllzellen und der Verjüngungsschicht, Zellteilungen mit nachfolgendem Auswachsen der Tochterzellen beim Phellodeim und wenigen darunterliegenden Parenchymschichten. Selten wurde auch eine Beteiligung der an die Verjüngungsschicht anstoßenden Phellogenzellen festgestellt. Weiteren Umfang nahmen die Wucherungen nicht an, die be- handelten Zweige zeigten keine Schädigungen im Wachstum, ab- 206 Ernst Schilling, gesehen von Aesculus hippocastanum Nr. 1. und 2: die im Früh- jahr gebildeten Laubblätter blieben klein, behielten ihre Zwergform auch im Sommer und starben frühzeitig am Ende des Sommers. Wirkung der Vaseline auf Blattstiele. Bei beiden Versuchspflanzen ließen sich Lenticellenwucherungen erzielen, am besten wieder an der Basis des Blattstieles; alle Wucherungen blieben klein. An der Bildung waren beteiligt Ver- jüngungsschicht und Phelloderm der Lenticelle, sowie Parenchym- zellen. Die Wucherzellen blieben rundlich bis tonnenförmig, Größenunterschiede wie bei den Paraffinversuchen wurden nicht gefunden, ebenso war eine Beteiligung der Epidermiszellen nicht festzustellen. Wirkung der Vaseline auf Blätter. Es wurden wieder Ober- und Unterseite ganz oder teilweise überzogen. Zuerst erfolgte Bräunung und Absterben von jüngeren, ganz überzogenen Blättern, dann von älteren. Von den stellenweise behandelten Blättern starben, meist erst nach längerer Zeit, nur die betreffenden Partien ab. Die Wirkung der Vaseline war bei weitem nicht so stark wie die des Paraffins. Wucherbildungen konnten nicht gefunden werden. Wirkung der Vaseline auf Achsen des Blütenstandes. Von Aesculus ruhicunda wurden einige, reich mit Blüten be- setzte Achsen behandelt; sie reagierten mit schwachen Wucherungen der Lenticellen: Nr. 1 gestr. 19. Mai, nach 21 Tagen „ 2 „ 19. „ „ 26 „ Das Wuchergewebe bestand aus vergrößerten, tonnenförmigen Zellen der Verjüngungsschicht, des Phelloderms und weniger Parenchymschichten. Das weitere Verhalten der Achsen und der Wucherbildungen wurde nicht mehr untersucht. Wirkung der Ölsäure. Behandelt wurden Sproßachsen beider Pflanzen, alle gingen, ohne Wucherbildung, nach etwa 3 — 10 Tagen ein. Wirkung der Paraffin-Mischung. Von beiden Pflanzen wurden vorjährige Triebe gestrichen, sie reagierten nach etwa 18 — 24 Tagen mit kräftigen Lenticellen- wucherungen, die nicht näher untersucht wurden. über hypertrophische u. hyperplast. Gewebewucherungen an Sproßachsen usw. 207 Wirkung des Knochenöls. Von beiden Pflanzen wurden vorjährige Triebe gestrichen. Wucherungen traten nicht auf, nach etwa 30 — 40 Tagen erfolgte Absterben. Wirkung der Mischung von Vaseline und Kakaobutter. Diesjährige und vorjährige Triebe beider Pflanzen reagierten nach etwa 24 Tagen mit Lenticellenwucherungen ; der anatomische Befund war derselbe wie bei den durch reine Vaseline verursachten. Wirkung des Vaselineöls. Es reagierten mit Lenticellenwucherungen Aesculus rubicimda. Nr. 1 gestr. 21. Mai 1913, nach 6 Tagen (diesjährig) „ 2 „ 21. „ 1913, „ 9 „ (vorjährig) Die anatomischen Veränderungen glichen denen, welche durch Behandlung mit Paraffinöl erhalten wurden. Aesculus hippocastanum. Nr. 1, gestr. 21. Mai, 26. Mai, 2. Juni, wies am 14. Juni schwache Lenticellenwucherungen auf (diesjährig). Nr. 2, gestr. 21. Mai, 26. Mai, 1. Juni zeigte ein sehr interessantes Verhalten; der Zweig war vorjährig. Am 16. Juni traten um die Lenticellen herum braune Höfe auf, ein Hervorbrechen von Wuchergewebe aus den Lenticellen erfolgte nicht. Diese Höfe schwollen an und bildeten kleine Buckeln, in deren Mitte, öfters vertieft, die Lenticellen lagen. Allmählich gewannen diese erhabenen Stellen an Ausdehnung und verschmolzen miteinander, so daß schließlich am 6. August die Achse auf eine weite Strecke hin verdickt erschien und braune Färbung angenommen hatte. In dieser aufgetriebenen Zone lagen, öfters als Vertiefungen, die unveränderten Lenticellen (vgl. Fig. 11). Die anatomische Untersuchung ergab folgendes: Die Haupt- masse des Öls fand sich in den Intercellularen des Siebteils der sekundären Rinde, der Rest zwischen Parenchym- und Füllzellen. Die Gewebe der Lenticellenanlage hatten nicht gewuchert, stellen- weise waren sie gebräunt und tot. Holz und Kambium waren normal. Der Siebteil der sekundären Rinde wies etwa doppelt- normale Breite auf: zwischen den ursprünglichen Siebteil und die Bastfaserbündel war eine breite Zone von rundlichen bis tonnen^ förmigen, farblosen Wucherzellen eingeschoben. Hierdurch war auch 208 Ernst Schilling, der Ring der Bastfaserbündel etwas lockerer geworden, stellenweise war die kreisförmige Anordnung der Bündel erheblich gestört worden. Die Breite des Parenchymgürtels war ebenfalls auf etwa das Doppelte gestiegen. Die Zellen zeigten sowohl Vergrößerung als auch Teilung nebeneinander; von einem Wachs- tum in radialer Richtung war nicht viel zu sehen, die neuen Wände wurden in allen Richtungen ange- legt. Dabei war die Teilung sehr lebhaft, oft waren dreiTeilungswände pro Zelle vorhanden, und auch die Erscheinung, daß eine eben entstan- dene Tochterzelle sich sofort durch eine auf der Teilungswand senkrecht stehende neue Wand weiter teilte, war häufig zu beobachten. Die Zellen blieben meist rundlich, auch die Wände blieben ziemlich dick. Der Chlorophyllgehalt war normal, der Inhalt an Stärke schien nicht geringer, sondern eher größer ge- worden zu sein. Die Zahl der Kri- stalldrusen hatte abgenommen, die Idioblasten waren unverändert. Am auffallendsten war das Vorhanden- sein von nestartigen, inneren Kork- bilduugen; sie waren regellos im Parenchym zerstreut und in allen Entwicklungsstadien vertreten. Danach geht die Entwicklung so vor sich: eine Gruppe von Zellen, die an einen gemeinsamen Intercellulargang stößt, beginnt zu verholzen, und zwar zuerst die- jenigen Wandpartien, die den Inter- cellulargang auskleiden. Diese Zellen geben also an der einen Seite Holz-, an der anderen Seite Cellulosereaktion. Dann ver- holzen nach und nach die übrigen Wandpartien, öfters treten dabei beträchtliche, unregelmäßige Verdickungen auf, und die Zellen sterben ab. Nun wird eine solche Gruppe von vorholzten Zellen Fig. 11. Aesculus liippocastanum. Wucherungen infolge Vaselineölbehand- lung. — Beschreibung im Text (phot. in natürl. Größe). über hypertrophische u. hyperplast. Gewebewucherungen an Sproßachsen usw. 209 ringsum von einem Korkmantel umgeben, indem überall die an- grenzenden Zellen zahlreiche (4 bis 8 pro Zelle) Teilungswände an- legen, die dann verkorken. Es kommt auch vor, daß um zwei benachbarte „Nester" noch außerdem eine gemeinsame Korkhülle gelegt wird. Der Abschluß dieser Fremdkörper erfolgt jedenfalls sehr gründlich. Vielleicht haben wir hier einen Fall vor uns, wo Korkbildung durch chemische Reize erfolgt; gesteigerte Transpiration oder Sauerstoffüberschuß wird nicht in Frage kommen. Das Collen- chym ist normal geblieben, umfangreiche Veränderungen sind da- gegen im Periderm geschehen. Zwischen Phellogen und Collenchym, wo normalerweise ein bis zwei Reihen von schwach coUenchymatischen, chlorophyllführenden Phellodermzellen liegen, hat sich ein Wucher- gewebe eingeschoben, etwa 7 bis 10 Zellreihen stark. Die Zellen sind meist rundlich, haben derbe Cellulosewände, führen Stärke und Chlorophyll; sie sind vom Phellogen gebildet, wir haben ein abnorm starkes Phelloderm vor uns. Das Phellogen hat sich durch Anlage neuer Zellen um etwa das Doppelte verbreitert, und produ- ziert nach außen dünnwandige, tonnen- oder schlauchförmige Wucher- zellen mit radialer Anordnung. Die zuletzt gebildeten sind noch lebend, die Hauptmasse aber ist gebräunt und kollabiert. Darauf findet sich dann außen der weitlumige, normale Kork mit Resten der Epidermis vor. III. Versuche mit Samhucus nigra und Sambucus canadensis. Es reagierten mit Anschwellen der Lenticellen auf Bestreichen mit Paraffin Samhucus nigra. 1. nach 38 Tagen (26. Febr. bis 4. Apr.) 2. „ 32 „ (14. März „ 15. Apr.) 3. „ 14 „ (2. Mai „ 16. Mai) 4. „ 16 „ (7. Mai „ 23. Mai) 5. „ 19 „ (2. Aug. „ 21. Aug.) Samhucus canadensis. 1. (31. Okt. 1911 bis 4. Apr. 1912) 2. (9. Nov. 1911 „ 12. März 1912) 3. nach 22. Tagen (21. Mai 1912 „ 12. Juni 1912) 4. „ 33. „ (20. Juni 1912 „ 3. Juli 1912) Während der Ruheperiode erfolgt also kein Reagieren, erst mit Einsetzen des Frühjahrswachstums treten Wucherungen auf. Jahrb. f. wiss. Botanik. LV. 1-t 210 Ernst Schilling, Die ersten Symptome bestehen wieder in einem Anschwellen der Lenticellen. Sie bekommen ein fettiges Aussehen, bei dies- jährigen Achsen auch noch die nächste Umgebung der Lenticellen, so daß sie sich mit einem durchscheinend dunkelgrünen Hof deutlich von der hellgrünen Epidermis abheben. Dann bricht aus ihnen das fettigglänzende, lockere Wuchergewebe hervor. Wird der Zweig sich selbst überlassen, so tritt Bräunung und Verkorkung der Wucherungen ein, wird dagegen weitergepinselt, so gehen mit den Zweigen von Samhucus nigra (Samhucus canadensis starb bald ab) mannigfache Veränderungen vor sich: die Wucherungen werden zahlreicher, gewinnen an Ausdehnung und verschmelzen miteinander, so daß ganze Partien der Achse nur noch Wuchergewebe erkennen lassen. Epidermis und Periderm wer- den zerrissen und liegen nur noch locker auf. Um die Ansatzstellen der Blattstiele und der Nebenachsen an der Hauptachse bilden sich wulstförmige An- schwellungen, aus denen ebenfalls ein weißliches lockeres Wuchergewebe hervorbricht. SchHeßlich lösen sich die Blattstiele von der Hauptachse ab, und auch die Neben- achsen sind nur noch locker befestigt. Bei einer Nebenachse traten aus der wulstförmigen Wucherung drei kleine Adventivwurzeln hervor. Sie blieben nur etwa 3 mm lang und starben bald ab. In eine Anzahl von Blätter ist Paraffinöl eingedrungen; sie haben ein durchscheinend fettiges Aussehen, werden allmählich gelb und sterben ab. Trocknet man die Blätter bei Zimmertemperatur, so tritt aus ihnen in kleinen Tröpfchen das Paraffin wieder aus. Wie Schnitte durch Lenticellen von Samhucus canadensis zeigten, kommt das anfängliche An>schwellen der Lenticellen dadurch zustande, daß die Verjüngungsschicht und die von dieser zuletzt ge- bildeten Füllzellen in Wucherzellen umgewandelt werden. Sie sind farblos, etwa rundlich bis tonnenfönnig und locker miteinander verbunden, in radialen Reihen angeordnet. Das unter der Ver- Fig. 12. Samhucus nigra. Phellodermzellen hypertrophieren. Leitz Ob. 7, Ok. I. über hypertrophische u. hyperplast. Gewebewucheningen an Sproßachsen usw. 211 jüngungschicht gelegene Phelloderm und Parenchym zeigt tangential verlaufende Teilungswände. Spätere Stadien lassen erkennen, daß die Teilungen im Paren- chym weiter um sich greifen, und daß die Tochterzellen ebenfalls zu farblosen, tonnenförmigen Zellen heranwachsen. Auch im Collenchym sind Stellen anzutreffen, wo Teilungen und lebhaftes Wachstum das normale Bild zum Verschwinden bringen; fertigt man Schnitte von der Achse an, zur Zeit, wo diese über und über mit Wucherungen besetzt ist, so bietet sich eine Fülle von Veränderungen dar. Epidermis oder Kork, soweit sie noch lebend vorhanden sind, sind normal geblieben. Das Phellogen ist, besonders seitlich in der Nähe der Lenticellenanlagen, zu dünnwandigen, farblosen Schläuchen geworden, die ziemliche Länge (etwa 12 mal normal) erreichen können. Während es außer- dem normalerweise 1 bis 2 Schichten stark ist, können sich hier zwischen Phelloderm und Kork manchmal 6 bis 7 Schichten ein- geschoben haben. Ebenso sind die Phellodermzellen zu mehr oder weniger umfangreichen Blasen oder Schläuchen herangewachsen und dabei farblos geworden (vgl. Fig. 12). Das Collenchym zeigt ein etwas verschiedenes Verhalten: bei Samhucus canadensis bildet es zahlreiche, in tangentialer Richtung verlaufende Teilungswände. Dabei treten diese nicht etwa zuerst in den äußeren, an Phelloderm oder Parenchym grenzenden Schichten auf, sondern mitten im Gewebe bekommen bald nur wenige benachbarte, bald ganze Komplexe von Zellen Teilungswände (vgl. Fig. 13). Die Tochterzellen dehnen sich in radialer Richtung, teilen und dehnen sich weiter, und so kommen ganz verschiedene Bilder heraus : bald hat es den Anschein, als ob mitten im Collen- chym ein Kambium läge, bald wird durch die neu entstandenen Zellen eine ganze Portion von normalen Collenchymzellen nach außen vorwärts geschoben; an einigen Stellen wird hierdurch die Epidermis gesprengt. Diese herausgehobenen Partien geben keine Cellulosereaktion mehr, färben sich mit Jod braun und werden von konzentrierter Schwefelsäure nur sehr langsam angegriffen. Dann wieder finden sich Stellen, an denen durch Teilung und Dehnung der Zellen nur einzelne Teile von den dicken tangentialen Wänden losgetrennt werden, die dann schließlich mitten zwischen den dünnwandigen, farblosen neuen Zellen liegen. Sie geben Cellulosereaktion, und werden offensichtlich allmählich aufgebraucht, so daß man von „Reservecellulose" sprechen kann. 14* 212 Ernst Schilling, Die Collenchymzellen von Samhucus nigra zeigten weniger häufig Teilungswände; wohl aber wuchsen auch sie zu großen, dünnwandigen Wucherzellen heran. Sie waren farblos, hatten meist nicht mehr Stärke und Chlorophyll; die Kerne waren mehr oder minder vergrößert, um sie herum waren Chloroplasten oder Leuko- plasten im Kugelmantel angeordnet. Die Gestalt der Zellen war unregelmäßig, bald mehr kugelig, bald mehr keulenförmig; typische radial wachsende Schläuche waren selten. In solchen typischen blasenförmigen Wucherzellen konnten mehrfach Teilungswände kon- Fig. 13. Sambucus canadensis. Querschnitt durch wucherndes Collenchym. Seibert Ok. II, 4 mm. statiert werden. Auch hier traten die Veränderungen bald mitten im Gewebe, bald in den Randpartien auf. Größere, zusammen- hängende Partien konnten ganz intakt bleiben; schHeßlich jedoch nahmen sie eine bräunliche Färbung an und starben ab, was auf die vollständige Lockerung des umgebenden Gewebes zurückzuführen sein wird. Es kommt hinzu, daß die großen intercellularen Risse, die schon normalerweise im Collenchym auftreten, bei der allmählichen Lockerung und den veränderten Spannungsverhältnissen in der Rinde noch an Ausdehnung und Häufigkeit gewinnen. Die an über hypertrophische u. hyperplast. Gewebewucherungen an Sproßachsen usw. 213 diese Risse anstoßenden Zellen zeigten meistens große Neigung zu Hypertrophie, so daß die Risse schließlich von den hineinwachsenden farblosen Blasen ganz ausgefüllt waren. Man kann diese Bilder etwa mit solchen vergleichen, die das Hineinwachsen von Thyllen in die Gefäße zeigen: auch die Holzparenchymzellen erfahren ja lokales Flächenwachstura. An anderen Stellen freilich werden die Wände der angrenzenden Zellen braun, und die Zellen sterben ab. Die Parenchymzellen zeigen Teilung oder Vergrößerung; es kommt beides nebeneinander vor, doch sind die Zellen mit Teilungs- wänden weit häufiger. Auch hier ist vor Beginn der Teilung erst eine mäßige Dehnung der Zelle zu beobachten; dann wird die Fig. 14. Sambucus nigra. Querschnitt durch wucherndes Parenchym, Methylgrünessigsäure. Die schraffierten Zellen sind Bastzellen. — Leitz Obj. 7, Ok. I. — ■ i = Intercellularräume. Wand (meist nur eine in jeder Zelle, tangential verlaufend) an- gelegt, und es erfolgt eine weitere Vergrößerung. Charakteristisch scheint zu sein, daß das ganze Parenchymgewebe mehr und mehr gelockert wird und schließlich in einzelne Zellgruppen zerfällt (vgl. Fig. 14). Querschnittsbilder machen den Eindruck, als ob sogar einzelne Zellen wirklich isoliert wären; Längsschnitte ließen er- kennen, daß ein Zusammenhang mit anderen Zellen meist noch vorhanden ist. Indem nämlich die Zellen mit ihren Querwänden noch zusammenhängen, während die Längswände schon voneinander getrennt sind, bilden sie mehr oder weniger lange Zellzüge, die in der Längsrichtung der Achse verlaufen, und es finden sich darunter solche, die auf eine Strecke hin nur aus einer Zellreihe bestehen. 214 Ernst Schilling, Dieser allmähliche Zerfall erinnert an die Erscheinungen, die O. Richter 1908 an Pflanzen auftreten sah, die in der Atmosphäre von Narkoticis gezogen waren, und die er mit den Namen „Maze- ration bei lebendigem Leibe" bezeichnet hat. Die Wucherzellen sind wieder farblos, dünnwandig; die in Teilung befindlichen ließen die Kerne außerordentlich gut erkennen. Altere, zu ansehnlicher Größe herangewachsene, haben Kerne von etwa doppelter Größe; um sie herum ist häufig ein Mantel von übriggebliebenen Chlorophyllkörnern oder farblosen, glänzenden Körperchen gebildet. Die Gestalt der Wucherzellen ist unregel- mäßig: bald mehr kugel- oder tonnenförmig, bald mehr schlauch- artig. Einige typische Schläuche gehen vorzugsweise aus den Zellen hervor, die direkt an die Sklerenchymfaserzellen der Bastbündel stoßen, oder doch in deren Nähe liegen. Kristallsand findet sich noch in manchen Wucherzellen vor. Die von Dippel beschriebenen Milchsaftschläuche bleiben erhalten. Im Siebteil sind, wenigstens in der äußeren Zone, sowohl Teilungen als auch Vergrößerungen von Siebparenchymzellen zu finden. Manchmal hat es den Anschein, als ob durch das inten- sive Wachstum dieser Wucherzellen die Bastbündelgruppen verzerrt oder sogar gesprengt würden; doch konnte diese Frage nicht hin- reichend untersucht werden. Die weiter innen gelegenen Partien sowie Kambium und Holz zeigen keine Veränderungen. Die Untersuchung der wulstförmigen Wucherungen an den Ansatzstellen der Nebenachsen ergibt folgendes: Außen liegen gebräunte, zerrissene Massen, die von den ursprüglichen Rinden- zellen herrühren, sonst aber ist nur ein einheitliches Gewebe von farblosen Zellen vorhanden; sie werden vom Kambium, das um einige Lagen stärker als normales Kambium ist, gebildet und schließen lückenlos aneinander. Die jüngsten sind rechteckig ge- staltet; die weiter in der Mitte gelegenen sind mehr in radialer Richtung gestreckt, doch geht nirgends der lückenlose Zusammen- hang verloren. Nur die ganz außen liegenden besitzen richtige Schlauch- oder Keulenform. Rein anatomisch betrachtet, erinnert dies Gewebe an den Callus, der z. B. nach Verwundung an Po2)idus -Stecklingen bei Feuchtkultur auftritt. Adventivwurzeln durchbrechen das Callus- gewebe; sie entstehen auf normale Weise aus endogenen Anlagen. über hypertrophische u. hyperplast. Gewebewucherungen an Sproßachsen usw. 215 Es finden sich übrigens außer dreien, die schon nach außen durch- gebrochen sind, noch eine ganze Anzahl von jüngeren Wurzel- anlagen. Vaseline-Versuche mit Samhucus nigra. Es reagierten mit Anschwellen der Lenticellen: Nr. 1 nach 38 Tagen (26. Febr. bis 4. Apr.) „ 2 „ 45 „ (14. März „ 8. Mai ) „ 3 „ 14 „ ( 2. Mai „ 16. „ ) » 4 „ 25 „ ( 2. „ „ 27. „ ) Zweig Nr. 4 war diesjährig, die andern vorjährig. Die Lenticellen begannen etwas anzuschwellen; dann trat aus ihnen ein lockeres Wuchergewebe hervor, das sich bräunte und verkorkte. Wurde weiter gestrichen, so wurde die Vaselineschicht wieder vom Wuchergewebe durchbrochen. Dies konnte z. B. bei Nr. 4 noch dreimal wiederholt werden; hierauf beziehen sich die folgenden Angaben: Am 2. Mai: zum erstenmal gestrichen; 29. „ : Lenticellenwucherungen brechen durch: 1. Juni: „ gebräunt; wieder gestrichen; 9. „ : „ brechen wieder durch; 20. „ : „ gebräunt; wieder gestrichen; 27. „ : „ brechen wieder durch; 7. Juli: „ gebräunt; wieder gestrichen; 16. „ : „ brechen wieder durch; Am Ende dieser Behandlung hatten die Wucherungen all- mählich an Ausdehnung gewonnen und waren teilweise miteinander verschmolzen; die ganze bestrichene Zone der Achse hatte eine kleine Verdickung erfahren (vgl. Fig. 15). Die Achse war unter- halb der Zone 9 V2 mm dick, oberhalb 9 mm, in der VaseHnezone 12 bis 13 mm. Ferner fiel es auf, daß oberhalb der Vaselinezone die Lenticellen der Hauptachse in der Nähe der Ansatzstellen von zwei Nebenachsen eine geringe Anschwellung zeigten. Vaseline war hier sicher nicht vorhanden. Schnitte ergaben, daß hier Ad- ventivwurzeln gebildet waren und im Begriffe standen, durch die Lenticellen nach außen zu dringen. Eine weitere Anzahl von Wurzeln wurde außerdem gebildet unter solchen Stellen, die nicht mit Lenticellen versehen waren. Diese Anlagen waren noch ziemlich zurück und machten sich deshalb äußerlich noch nicht bemerkbar. 216 Ernst Schilling, Besonders interessant war das Verhalten des Zweiges Nr. 3. An diesem vorjährigen, wagerecht wachsenden Zweige war die Vaselinezone so gelegt worden, daß noch vier diesjährige Seiten- triebe in sie zu liegen kamen. Am 2. Mai wurde zuerst gestrichen, am 16. Mai trat aus den Lenticellen das Wuchergewebe hervor; am 19. Mai wurde wieder gestrichen, worauf am 31. Mai die Wucherungen durchbrachen, am stärksten an den Ansatzstellen. Der Zweig wurde dann sich selbst überlassen: die Wucherungen verkorkten. Ende Juli traten an den unteren Teilen von zwei Nebentrieben sowie an der Hauptachse direkt über der Vaselinezone zahlreiche Adventiv- wurzeln (etwa 30) zutage. Sie er- reichten nur 0,.5 — 2 mm Länge; dann verkümmerten sie. Als dann Mitte August der Zweig zur Unter- suchung abgeschnitten wurde, stellte es sich heraus, daß an der Haupt- achse noch weiter oberhalb, in den Winkeln, die zwei junge Neben- achsen bildeten, eigentümliche, grau- braune Gebilde entstanden waren (vgl. Fig. 16). Die anatomische Untersuchung ergab, daß auch sie Wurzeln waren, nur von außer- gewöhnlicher Dicke. Sie waren von einer ca. 8 Lagen dicken Korkschicht umgeben, im Innern vollgepfropft mit Chlorophyll und Stärke! Die Zone zwischen diesen bei- den verschiedenen Wurzelbildungen war ganz angefüllt mit Stärke (Rinde, Holz, Mark). Ebenso war oberhalb der knollenähnlichen Wurzeln alles voll Stärke. Unter- halb der Vaselinezone war der Reichtum der Gewebe an Stärke nicht ganz so groß, aber doch recht beträchtlich. Die anatomische Untersuchung ergibt folgendes: Ein Ein- dringen der Vaseline hat nicht stattgefunden, nur in den Inter- Fig. 15. Sambucus nigra. Wucherungen infolgeVaselinebehandlung, spätes Stadium (phot. in natürl. Größe). über hypertrophische u. hyperplast. Gewehewucherungen an Sproßachsen usw. 217 cellularen der äußersten, lockeren Schichten der "Wucherungen ist sie anzutreffen. Junge Stadien von Lenticellenwucherungen zeigen ein hyper- trophisches Wachstum der Zellen der Verjüngungschicht und der zuletzt gebildeten Füllzellen. Je länger die Achse unter der Einwirkung der Vaseline steht, desto umfangreicher werden die Veränderungen. Das Phellogen kann, be- sonders an den Rändern der Wucherungen, zu langen typi- schen Schläuchen auswachsen. Das Collenchym wird eben- falls in Wucherzellen umgewan- delt; bald zeigen nur die Rand- partien, bald aber Zellgruppen mitten in den Collenchym- strängen Teilungswände. Die Tochterzellen wachsen zu lan- gen, farblosen, dünnwandigen, in radialer Richtung gestreckten Schlauchzellen heran. Mehr Blasen- oder Keulenform haben die Zellen, die in die großen Intercellularräume hineinwach- sen. Auch hier beiben manch- mal Stücke von den tangentialen Verdickungsplatten als Leisten erhalten. Das Parenchym zeigt über- all Teilungen und Streckung. Es finden sich meistens Zellen, die eine tangential verlaufende neue "Wand bilden, aber auch solche mit zwei oder drei neuen "Wänden. Die entstehenden Wucherzellen sind tonnenförmig, mehr nach außen aber typisch schlauchförmig und geben an Länge den Collenchym- zellen nichts nach. Stärke und Chlorophyll schwinden mit zunehmender Zellgröße immer mehr, die Vakuole wird immer größer; auch der Zellkern ist meistens vergrößert. Im Siebteil zeigen, wie bei den Paraffin- versuchen, die äußeren Schichten Zellteilung und Zellvergrößerung. Fig. 16. Sanibucus nigra. Wurzelbildung infolge Vaselinebehandlung (phot. in natürl. Größe). 218 Ernst Schilling, Ein weiterer Versuch wurde mit der Mischung von Kakao- butter und Vaseline gemacht. Eine vorjährige Hauptachse wurde am 7. Mai 1912 damit überzogen; am 27. Mai begannen die Lenti- cellen zu wuchern. Die anatomische Untersuchung ergab, daß dieselben Ver- änderungen in den Geweben aufgetreten waren wie bei den Ver- suchen mit Vaseline. Wurzelbildung war bei der Untersuchung (11. Juni) nicht zu konstatieren. IV. Versuche mit Syringa Emodi. Von dieser Pflanze wurden üppig wachsende sog. „Johannis- triebe" der Wirkung von Paraffin und Vaseline ausgesetzt. Sie reagierten sehr schnell auf das Pinseln mit Anschwellen der Lenticellen. Paraffin. Nr. 1 nach 4 Tagen (21. Juni bis 25. Juni) „ 2 „ 5 „ (4. Juli „ 9. Juli) ?> ^ 11 ' 11 ("• 11 11 ■••"• 11 ) „ 4 „ 6 „ (16. „ „ 22. „ ) Vaseline. Nr. 1 nach 6 Tagen (21. Juni bis 27. Juni) „ 2 „ 7 „ (4. Juli „ 11. Juli) „ o „ y „ [v. „ „ io. „ j Weniger schnell reagierten im September gestrichene. Paraffin. Nr. 5 nach 13 Tagen (13. Sept. bis 26. Sept.) „ 6 „ 15 „ (13. „ „ 28. „ ) „ 7 13. Sept. keine Wucherungen, starb ab. Die entstandenen Lenticellenwucherungen wurden bei Fort- setzung des Pinseins immer größer, dehnten sich besonders in der Längsrichtung der Achse aus, so daß diese schließlich von längs- verlaufenden Streifen besetzt war, die aus dem weißlichen Wucher- gewebe bestanden. Gleichzeitig zeigte die Achse Dickenzunahme. Die anatomische Untersuchung der Paraffinwucherunggen er- gab folgendes: In jungen Stadien wird nur die eigentliche Lenticellenanlage von der Hypertrophie ergriffen: Verjüngungsschicht und zuletzt über hypertrophische u. hyperplast. Gewebewucherungen an Sproßachsen usw. 219 gebildete Füllzellen wachsen zu Schlauchzellen heran, schieben den Komplex der alten Fiillzellen vor sich her und sprengen ihn schließlich auseinander: die Schlauchzellen treten als lockeres, weißliches Gewebe zutage. Je älter die Stadien sind, desto mehr beteiligt sich das Paren- chym; das CoUenchym bleibt meist intakt; vom Phellogen wachsen nur einzelne Zellen in der Nähe der Lenticellen zu Wucherzellen aus. Die Parenchymzellen zeigen öfters Teilungswände; die aus ihnen hervorgehenden Zellen besitzen bald Keulen- oder Blasen- form, bald Schlauchform und auch sonst alle Merkmale von typischen Schlauchzellen. An manchen Stellen hypertrophieren auch die Collenchymzellen und durchbrechen das Periderm; solche Durchbruchstellen reißen allmählich immer mehr auf; aus ihnen quillt dann das außen sichtbare weiße Wuchergewebe hervor. Bei fortgesetztem Pinseln geht schließlich das ganze Parenchym bis an die Bastbündel in der Bildung der Wucherzellen auf: diese isolieren sich immer mehr voneinander und zerfallen in einzelne Zellen. Auf diesem Stadium starben die behandelten Sprosse ab. Besonders interessant waren die Veränderungen, die im Innern des Zweiges Nr. 4 vor sich gegangen waren. Nr. 4 16. Juh 1912 gestrichen, 22. „ 1912 Wucherungen; gestrichen, 30. „ 1912 gestrichen. Der Trieb wurde dann sich selbst überlassen : die Wucherungen vertrockneten und verkorkten allmählich, die Achse hatte an Dicke zugenommen, und im Frühjahr 1913 zeigte der Trieb normales Wachstum; er wurde am 28. Mai zur Untersuchung abgeschnitten. Querschnitte durch die verdickte Achse zeigten, daß eine Menge Veränderungen im Rindengewebe vor sich gegangen waren (vgl. Fig. 17). Von der primären Rinde waren Epidermis, Kork und Phellogen normal, CoUenchym und Parenchym dagegen hyper- trophiert, und zwar immer nur stellenweise, in mehr oder weniger tangential verlaufenden Streifen, so daß ein eigentümliches Bild zustande kam, in dem normale Zellagen mit anormalen Partien ab- wechselten. Im CoUenchym bestanden diese abnormen Partien aus dünnwandigen, farblosen, vergrößerten Zellen, die meist etwas in tangentialer, manchmal aber auch radialer Richtung gedehnt waren. Diese Zellen nun bildeten die mitten im normalen CoUenchym verlaufenden tangentialen Bänder, die bald nur aus einer, bald aus 220 Ernst Schilling, Pe -^L Co Cow paw Co pa pa yQi T2 Wo sr Ca H Fig. 17. Syringa Emodi. Querschnitt durch Rindenwucherung. Fe = Periderm, Co = normales Collenchym, Cow = wucherndes Collenchym, pa = normales Parenchym, paiv = wucherndes Parenchym, W2 = Wucherzellen, T2 = meristematische Zone, sr = abnorme sekundäre Rinde, Ca = Cambium, H = Holz. mehreren Zellagen bestanden, sich auch miteinander vereinigen konn- ten. An solchen Stellen, wo die Wucherzellen stark radiales Wachs- tum zeigten, war manchmal das normale Collenchym auseinander- gezerrt und wies mehr oder weniger große tangential verlaufende Risse auf, die aber nicht durch Wucher- zellen ausgefüllt waren. Die an diese grenzenden oder zwischen zwei sol- chen Rissen liegenden Collenchym- zelleu waren gebräunt und tot. Im Parenchym zeigten sich die Wucherzellen in der Überzahl; zwischen ihnen lagen in tangen- tialen Streifen oder mehr rund- lichen Komplexen die normalen Zellen eingestreut. Die Wucher- zellen zeigten alle Stadien von Kugel- bis Schlauchform, hatten aber fast alle die Tendenz, in ra- dialer Richtung nach der Peripherie zu zu wachsen. Teilungswände waren selten; der Stärke- und Chlorophyllgehalt nahm mit stei- gender Größe der Wucherzellen ab : die größten waren ganz frei davon. Der Zusammenhang der Zellen war ziemlich fest; ein Zerfall in ein- zelne Zellen war nicht festzustellen. Auffallend war es, daß häufig die eine direkt an die Bastfaserbündel grenzende Zellenreihe zu riesigen Schläuchen ausgewachsen war (vgl. Fig. 18 u. 19), während ringsum noch normales Parenchym lag. Auch zwischen einzelnen Bast- faserbündeln zeigten die Zellen dies Verhalten: sie waren dann tangential gestreckt. über hypertrophische u. hyperplast. Gewebewucherungen an Sproßachsen usw. 221 In der sekundären Rinde zeigte sich folgendes: Innen direkt an die Bastfaserbündel anstoßend lag ein Grewebe, das aus typischen, radial gedehnten Schlauchzellen bestand, etwa 10 Zell- reihen stark. Auf dieses Wuchergewebe folgte ringsum ein Gürtel von wechselnder Stärke, 4 bis 10 Zellagen stark, der auf den ersten Blick den Eindruck eines Wundkorkmantels oder eines Kambiums machte. Daß hier wirklich ein Korkmantel vorlag, war nicht recht wahrscheinlich, da nach außen zu ja noch alles Gewebe (einzelne Stel- len ausgenommen) am Leben war. Es zeigte sich denn auch, daß hier, mitten im Siebteil, eine meristemati- sche Zone angelegt war, welche nach außen hin das eben beschriebene Wucher- gewebe gebildet hatte. Vom normalen Kambium wich es dadurch ab, daß an manchen Stellen die Zellen nicht lückenlos aneinander schlössen, sondern wenn auch nur kleine, so doch deut- liche Intercellularen erken- nen ließen. Als Inhalt fand sich sehr reichliches Plasma, die Kerne waren sehr deutlich, auch schien es, als ob stellenweise eine regelmäßige Anordnung an die Innenwand der ein- zelnen Zellen zu bemerken war, doch konnte dieser Frage nicht weiter nachgegangen werden. Die Wände waren dünn und gaben keine Cellulosereaktion. Centripetal folgte nun wieder eine breite Schicht von Wucher- geweben, doch waren die einzelnen Zellen kleiner und mehr rund- lich. Es zeigte sich, daß sie aus dem Siebparenchym hervorgegangen waren (vgl. Fig. 20). Zwischen ihnen fanden sich einzelne Gruppen Fig. 18 u. 19. Syringa Emodi. Querschnitt durch die Bastfaserregion, das Paren- chym wuchert. — Leitz Obj. 7, Ok. I. 222 Ernst Schilling, von unveränderten, Cellulosereaktion gebenden Siebröhren. Die wuchernden Siebparenchymzellen wiesen nach vorheriger Streckung in radialer Richtung eine oder mehrere tangentiale Teilungswände auf. Die Tochterzellen rundeten sich zumeist ab und bildeten so das eben erwähnte Wuchergewebe. Nach innen zu folgte dann noch ein aus normalen Zell- elementen bestehender Siebteil, der aber verglichen mit Kontroll- sprossen ein Mehrfaches an Breite aufwies! Kambium und Holz waren intakt und unverändert. Für das Zustandekom- men dieser merkwürdigen hi- stologischen Veränderungen scheint der Umstand be- stimmend gewesen zu sein, daß der Sproß mit einer geringen Menge Paraffin in seinem Intercellularsystem überwinterte und im Früh- jahr wieder austrieb. Sprosse, die ebenfalls 2- bis 3 mal gestrichen wurden, aber noch in derselben Ve- getationsperiode untersucht wurden, zeigten nur Lenti- cellenwucherungen und dann Abschluß derselben durch Wundkork. Sprosse, denen immer wieder die entstehenden Lenticellen- wucherungen durch Paraffin überzogen wurden, zeigten schließlich Zerfall des ganzen Parenchyms in Wucherzellen, dann aber Ab- sterben, also auch hier wieder kein Hinübergreifen der Wucherung auf die sekundäre Rinde. Fig. 20. Syringa Emodi. Querschnitt durch die wuchernde sekundäre Rinde. Leitz Obj. 7, Ok. I. Von den durch Vaseline verursachten Wucherungen wurden nur junge Stadien untersucht, wie beim Paraffin beteiligten sich junge Füllzellen, Phellogen und benachbartes Parenchym an der Bildung der Wucherung. über hypertrophische u. hyperplast. Gewebewucherungen an Sproßachsen usw. 223 V. Versuche mit Ärtocarpus incisa. Behandelt wurden ein- und zweijährige, 3 — 4 mm dicke Zweige^ die an der Spitze gut beblättert waren, mit 1. Paraffinöl, 2. Vaseline, 3. 0,1 Vo wässerige Sublimatlösung, 4. Kupferoxydammoniaklösung, 5. Mischung von Vaseline u. Kakaobutter. Der Versuchsbaum befand sich im Warmhaus. Der normale Zweig. Die Lenticellen sind klein ('/2 — 1 mm lang), braun, kaum emporgewölbt. Sie sind spärlich vorhanden, kurz unterhalb der Ansatzstellen früherer Blätter reichlich auftretend. — Unterhalb der behaarten Epidermis ist ein 1 — 3 Zellreihen starkes Periderm, zahlreiche Oxalatkristalle enthaltend, im Entstehen. Das Collen- chym ist dickwandig, chlorophyllreich, etwa 8 Zellagen breit. Das Parenchym ist durch den Besitz von Milchsaftschläuchen und zahl- reichen Oxalatdrusen ausgezeichnet, etwa 5 — 7 Zellagen breit. Sklerotische Elemente fehlen ihm vollständig. Die Bastfaserzellen liegen in getrennten Gruppen. Unterhalb der Lenticellen ist der Collenchymgürtel unterbrochen von parenchymatischem Gewebe, das sehr chlorophyllreich ist: die äußeren Schichten stellen das Phelloderm der Lenticelle vor. Die Verjüngungschicht setzt sich zu beiden Seiten in das Phellogen fort, nach außen bildet sie wenige rundlich abgeplattete Füllzellen, deren äußerste tot und gebräunt sind. Die ganze Anlage bleibt verhältnismäßig klein und ragt nur wenig über die Oberhaut empor. Auf den braunen Füll- zellen findet sich häufig, besonders bei älteren Lenticellen, ein dichtes Geflecht von (nicht näher bestimmten) Pilzhyphen vor; ein Eindringen in die Gewebe war nicht zu konstatieren. Wirkung des Paraffinöls. Eine Anzahl von Zweigen wurde, auf Zonen von 8 — 10 cm Länge, am 1. November 1911 mit Paraffin überzogen und dann in 14tägigen Abständen immer wieder gestrichen. In den ersten Februartagen 1912 machten sich Veränderungen bemerkbar: die Lenticellen wölbten sich stark empor, diese Anschwellungen platzten 224 Ernst Schilling, X9^ auf und ließen ein weißliches, „fettig" aussehendes Wuchergewebe hervortreten. Die Zonen wurden dann noch in gleicher Weise bis Ende Mai weiter gestrichen: die Wucherbildungen nahmen während dieser Zeit noch an Größe zu und traten besonders stark unter den Ansatzstellen der früheren Blätter auf (vgl. Fig. 21). Öfters hatte das Wuchergewebe die Form von Plättchen angenommen, die bis 1 mm Dicke und 4 mm Höhe aufwiesen; ihre Spitze war gebräunt. Die Zweige wur- den dann sich selber überlassen, die Wucherungen bräunten sich und vertrock- neten. Im Oktober wurden dann die mit diesen Wucherungen besetzten Zweige untersucht. Irgendwelche Schädigungen im Wachstum der behandelten Zweige wurden nicht beobachtet. — Schnitte durch eine Lenticelle, die sich eben vor- zuwölben beginnt, zeigen, daß die zuletzt gebildeten Füllzellen sich durch tangen- tial verlaufende Querwände teilen und daß die Tochterzellen zu dünnwandigen, farblosen, in radialer Richtung gestreck- ten Zellen auswachsen. Spätere Stadien lassen erkennen, daß das Lenticellen- phellogen nicht mehr normale, sondern mehr tonnenförmige und radial gestreckte Füllzellen bildet; sie sind anfangs ziem- lich reich an Stärke. Durch den Druck, den dieses Wuchergewebe ausübt, wird der Komplex der alten, braunen Füll- zellen entweder in der Mitte durchgerissen, und die beiden Hälften dann rechts und links zur Seite geklappt: aus dem Riß quillt das Wuchergewebe hervor. Auf diese Weise entsteht eine mehr weißlich aussehende Wucherung. Oder der Komplex der alten Füllzellen wird, ohne zu zerreißen, als ganzes nach außen emporgehoben, die Wucherungen sehen dann mehr braun aus. Insbesondere die eben erwähnten Plättchen waren oft mit einer solchen Kappe von alten Füllzellen versehen. Wisniewski erhielt (a. a. O., S. 361) ebenfalls bei Fictis weiße und braune Fig. 21. Artocarpus incisa. Zweig nach Paraffinbehandlung, ca. ^/a natürl. Größe. über hypertrophische u. hyperplast. Gewebewucherungen an Sproßachsen usw. 22 5 Wucherungen, vielleicht lagen dort ähnliche Verhältnisse vor. Wahrscheinlicher scheint es aber zu sein, daß die Zweige, die in größeren Zwischenräumen gepinselt wurden, Wucherungen bildeten, die schnell verkorkten und somit braun wurden, während sie an den häufiger (alle 7 Tage) gepinselten weiter wuchsen und nicht verkorkten. Diese Erscheinung wurde an vielen Pflanzen bei un- seren Versuchen beobachtet. — Schnitte durch noch ältere Stadien zeigen, daß dann auch das unter der Lenticelle gelegene Phelloderm und Parenchym an der Wucherung teilnehmen: sie bekommen tan- gential verlaufende Teilungs- wände, die Tochterzellen wachsen zu tonnen- bis schlauchförmigen, farblosen, dünnwandigen Zellen heran, Chlorophyll und Stärke schwinden. Der Zusammen- hang der Zellen wird dabei locker, manchmal wird er nur mittels der Tangential- wände aufrecht erhalten. Die Intercellularen sind mit Pa- raffin erfüllt. Auch das Collenchym beteiligt sich, zu- nächst nur die an die Lenti- celle angrenzenden Schichten. Die Zellen teilen sich, wie Längsschnitte zeigen, durch ein oder zwei, auf der Längs- achse senkrecht orientierte Wände in zwei oder drei neue Zellen, welche dann starke Dehnung in radialer Richtung erfahren. In wenigen Fällen unterbleibt nun weitere Teilung, vielmehr teilen sich die neuen Zellen meistens durch tangential verlaufende Wände mehrfach, so daß allmählich ganze Zonen von raeristematischem Gewebe entstehen. Die Radialwände des Collenchyms werden da- bei in immer dünner werdende Keile ausgezogen, die stärker ver- dickten Tangentialwände bleiben öfters erhalten, und man findet sie dann mitten im zartwandigen Wuchergewebe wieder; sie zeigen dann aber bräunliche Farbe und geben weder Cellulose, noch Holz- oder Korkreaktion (vgl. Fig. 22). In späteren Stadien treten auch Co 8^ Co Co Fig. 22. AHocarpus incisa. Querschnitt durch eine wuchernde Lenticelle, zeigt die Zerreißung des Collenchyms (Co). (Nur die eine Hälfte der Lenticelle ist skiz- ziert.) Jahrb. f. wiss. Botanik. LV. 15 226 Ernst Schilling, mitten im Collenchym tangentiale Teilungswände auf, die Tochter- zellen werden dünnwandig und tonnenförmig, teilen sich dann wieder usw., so daß gewissermaßen mitten im Collenchym ein Kambium entsteht; dessen Produkte bleiben aber rundlich bis tonnenförmig und haben festen Zusammenhang miteinander. In anderen Fällen werden die neuen "Wände in radialer Richtung an- gelegt, die neuen Zellen dehnen sich tangential, und schließlich ist dann der Collenchymring auch an Stellen, die mit einer Lenticellen- anlage nichts zu tun haben, von dünnwandigem Gewebe unter- brochen. Über solchen Stellen zerreißt dann die Oberhaut, die Wucherzellen wachsen zu Schläuchen aus und quellen aus dem Riß hervor: der Zweig ist dann von mehr AVucherungen bedeckt, als ursprünglich Lenticellen vorhanden waren. — Die Untersuchung der mit Wucherungen besetzten Zweige, die von Mai bis Oktober sich selbst überlassen waren, ergab folgendes : zu äußerst liegen, in Schichten von wechselnder Mächtigkeit, braune, tote, zerrissene Wucherzellen, dazwischen Paraffintropfen. Dann folgen, an manchen Stellen nur 1 — 2, an anderen bis zu 30 Zell- lagen von Korkzellen: Sie sind tafelförmig bis isodiametrisch ge- staltet, stets dünnwandig. Sie gehen hervor aus einem Phellogen von wechselnder Stärke, es schließt sich mit den Rändern an das normale Phellogen, soweit dies noch vorhanden ist, an. Zustande kommt es dadurch, daß in einiger Entfernung unter den toten Wucherzellen die noch lebenden mehrfach Teilungswände anlegen, die zum Wundrand ungefähr parallel verlaufen. Die zeitliche Auf- einanderfolge ist also folgende: 1 Collenchym) Parenchym j 4- Wucherzellen I Phellogen Kork. Außerhalb des Korkmantels liegen bisweilen größere Partien von coUenchymatischem Gewebe, das noch normale Struktur besitzt; die Zellen sind natürlich tot, die dicken Wände sind braun gefärbt, geben keine Cellulose-, Holz- oder Korkreaktion, und lösen sich in konz. H2SO4 nur sehr schwer. — Im übrigen ist innerhalb des Korkmantels noch lebendes Collenchym vorhanden: streckenweise in zusammenhängenden, größeren Komplexen, an anderen Stellen durch rundliche Wucherzellen in kleinere Inseln auseinander gezerrt. über hypertrophische u. hyperplast. Gewebewucherungen an Sproßachsen usw. 227 Von einem geschlossenen, nur durch Lenticellenanlagen unter- brochenen Ring kann keine Rede mehr sein. Das Parenchym hat sich nur unterhalb früherer Lenticellenanlagen verändert und ist dort an der Wundkorkbildung beteiligt (vgl. Fig. 23). — Vereinzelt fanden sich Rindenstrahlen, deren Zellen sich tangential gestreckt und vermehrt hatten. Sonst konnten an der sekundären Rinde, an Kambium und Holz Veränderungen nicht festgestellt werden. — Besonders merkwürdig war nun noch, daß in der so veränderten primären Rinde sich zahlreiche sklerotische Zellen fanden. Ihre Form ist etwa isodiametrisch, die Wände sind stark verdickt und verholzt, von breiten, einfachen Tüpfelkanälen durchsetzt. Sie lie- gen einzeln oder in Gruppen bis zu 30 Stück sowohl im unver- änderten Parenchym, als auch im zartwandigen Wuchergewebe des Collenchyms und Parenchyms. Auch in normal gebliebenen Col- lenchymzellen tritt Verholzung ein. In den normalen, ein- oder zwei- jährigen Vergleichszweigen fanden sich solche Zellen niemals vor, sehr selten in dreijährigen, dann mit zunehmendem Alter immer häufiger. Für die Rinde alter Zweige ist eine starke Sklerosie- rung überhaupt typisch (Möller, 1882, S. 82—83). Wir hätten hier also eine Entwicklungsbeschleuni- gung: es treten Zellelemente auf, die normalerweise erst mehrere Vegetationsperioden später zur Ausbildung gelangt wären. Was im einzelnen ihre Entwicklung veranlaßt, ist wohl schwer zu entscheiden. Da bei diesen paraffinierten Zweigen sich das un- veränderte Parenchym und stellenweise die Wucherzellen ganz mit Stärke angefüllt zeigten, so könnte man annehmen, daß hier ein Überschuß von plastischem Material sei, der ausgenutzt würde. Bei Versuchen mit anderen Pflanzen fanden wir unter ähnlichen 15* 1^ "mmm: Fig. 23. AHocarpus mdicisa. Querschnitt durch eine ältere Lenticellen- wucherung. 228 Ei-nst Schilling, Verhältnissen die Bildung von zahlreichen Adventivwurzeln. Aber irgendwelche Beziehung zwischen Stärkegehalt und Verteilung der Skiereiden ließ sich nicht feststellen. Andererseits hat durch die Sprengung des CoUenchymrings und das Auftreten zart- wandiger Zellen das mechanische System der Rinde eine Störung erfahren, so daß die Anlage von spezifisch mechanischen Elementen in etwa verständlich erscheint. Hiermit könnte auch zusammen- hängen, daß sie unter einer großen Wucherung vielfach zahlreicher und in größeren Gruppen anzutreffen sind. Dies alles sind jedoch nur Vermutungen, die erst durch ausgedehntere Versuche Beweis- kraft erhalten würden. — Das Auftreten von verholzten Tracheiden mitten im zartwandigen Calluswuchergewebe beschreibt z. B. Wulff (1908, S. 7 — 8; Taf. V, Fig. 3). Sie sind jedoch für die Rinde hier vollständig neuartig. — Daß die im vorhergehenden kurz als „Wucherzellen" bezeichneten Zellen imstande sind, gleichgültig welcher Herkunft, sich in Phellogen oder Skiereiden umzuwandeln, macht uns darauf aufmerksam, daß zwischen ihnen und den als „Schlauchzellen" bezeichneten ein wesentlicher Unterschied in bezug auf ihre weiteren Entwicklungsmöglichkeiten besteht: beides sind abnorme, dünnwandige Produkte, aber mit dem intensiven Wachs- tum, das schließlich zur Bildung der (oft das 10 fache an Länge betragenden) Schlauchzellen führt, ist auch Degeneration verbunden. Diese äußert sich ja im Schwinden des Chlorophylls, in Vergrößerung und Undeutlicherwerden des Kernes und Anordnung von kleinen, lichtbrechenden Körperchen um ihn herum, in der Abnahme des Plasmagehaltes usw. Das Endresultultat ist dann der Tod. Küster (1903, S. 68) hat hierfür die Bezeichnung „kataplastische Hyper- trophie" vorgeschlagen; er sagt: „Die Bezeichnung „kataplastische Hypertrophie" für abnormale Volumenzunahme der Zellen, ver- bunden mit degenerativem Schwund ihres lebendigen Inhaltes, wähle ich im Anschluß an einem von Beneke vorgeschlagenen Terminus : den funktionellen „Niedergang der Zelle" bezeichnete Benecke . . . als Kataplasie; da in unserem Fall der unverkennbare Niedergang sich mit Volumenzunahme verbindet, lag es nahe, von kataplastischer Hypertrophie zu sprechen." Im Gegensatz hierzu würden dann stehen die Veränderungen, die wir eben an den sich selbst über- lassenen, nicht weiter gepinselten Zweigen auftreten sahen; da hier Zellteilungen stattfinden, die zur Bildung von Gewebe führen, das dem Ursprungsgewebe nicht gleicht (die Merkmale für Hyper- trophie fehlen, vgl. die Collenchymbilder) , so haben wir hier von über hypertrophische u. hyperplast. Gewebewucherungen an Sproßachsen usw. 229 heteroplastischer Hyperplasie zu sprechen (Küster, 1903, S. 136). Zweifelhaft erscheint uns dann, ob hier ebenfalls Kataplasmen vor- liegen, oder doch nicht Prosoplasmen. Für ersteres spricht die geringe Differenzierung des neuen Gewebes, und bei weiterer Paraffinbehandlung würden sicherlich, wie bei anderen Versuchs- objekten, alle Merkmale der Kataplasie auftreten. In den vor- liegenden Stadien fehlten diese aber noch; genau genommen sind allerdings die beobachteten Stereiden der Rinde nicht überhaupt, sondern nur in diesen Entwicklungsstadien fremd. Es ist möglich, daß nach längeren Ruhepausen der Zweige noch andere Differenzierungen stattgefun- den hätten. Küster rechnet alle Callus- bildungen zu den Kataplasmen, Proso- plasmen sollen nur bei Gallen vorkommen. Wulff (1908, S. 10) macht darauf auf- merksam, daß die von ihm beschriebenen Wucherungen der Himbeere durch die Bildung von Tracheidenknäueln und pa- thologischen Frühjahrsholzes prosoplas- tischen Charakter bekommen. Wirkung von Vaseline. Es reagierten mit Leuticellenwuche- rungen Nr.lgestr. 3.Nov.l911 am 7.Febr.l912 „ 2 „ 11. „ 1911 „ 15. Jan. 1912 „ 3 „ 30. Jan. 1912 „ lö.März 1912 Die Wucherungen bleiben meist klein, dafür schwillt allmählich die ganze Zone auf, die Oberhaut zerreißt stellenweise, oder bekommt kleine Buckel: die Zonen zeigen ein ganz anderes Aussehen als die mit Parafffn behandelten (vgl. Fig. 24). Auch die anatomische Untersuchung liefert andere Bilder: das gesamte Paren- chym, bis zu den Bastfaserbündeln, wächst zu Wucherzellen aus. Teilungswände sind häufig, die entstehenden Zellen sind dünnwandig, meist radial orientiert und zeigen, je weiter sie nach außen liegen, desto mehr typische Schlauchform und Schwinden von Stärke und Chlorophyll. Das Collenchym ist unverändert und wird von den wuchernden Parenchymzellen nach außen geschoben (vgl. Fig. 25). Das Phelloderm legt an vielen Stellen tangential verlaufende Fig. 24. Artocarpus incisa. Zweig nach Vaselinebehandlung, ca. ^3 natürl. Größe. 230 Ernst Schilling, Teilungswände an, es entstehen zartwandige, farblose "Wucherzellen, besonders dort, wo es seitlich an die Lenticellenanlage stößt; an anderen Stellen kommt es hierdurch zur Bildung der kleinen Buckel, die schließlich auch aufplatzen können. Das Phellogen bleibt nur selten erhalten, es geht in der Bildung von Wucher- zellen auf Der weitere Verlauf ist so, .; daß meist zuerst das Collenchym sich ^ bräunt und abstirbt, dann geschieht das- }• selbe mit dem darunter befindlichen Wucher- "V gewebe. Alle Zweige gingen schließlich ein. ^i^ Wirkung der Mischung von Vaseline 'S'- und Kakaobutter. Hier wurden dieselben Resultate erzielt, wie durch Behandlung mit einer Vaseline. Wirkung von Sublimat und Kupfer Oxydammoniak. %ieo^Äo''*''1»o% Wucherungen wurden nicht erhalten, die Zweige gingen ein. Fig. 25. Artocarpus incisa. jy^^^ ^^^^^ Stoffen wurdcu auch noch Querschnittdurcheinewuchern- ^-^ lenticellenfreien Blattstiele behandelt, de Lenticelle, linke Hälfte. — .^^ • i , /• Wucherungen traten nicht aui. VI. Versuche mit Philodendron innnatiiidum. Von dieser im Warmhaus befindlichen Pflanze wurden Luft- wurzeln behandelt, und zwar die mit Pneumathoden versehenen Haftwurzeln. Mit Nährwurzeln wurden keine Versuche gemacht. Zur Verwendung kamen: 1. Paraffin öl, 2. Vaseline, 3. Vaselineöl, 4. O,lproz. wässeriges Sublimat, 5. Kupferoxydammoniak. Bau der normalen Haftwurzel. Bei der anatomischen Untersuchung stand die ausführliche Arbeit von 0. Porsch (1911) zu Gebote. Für die freundliche über hypertrophische u. hyperplast. Gewebewucherungen an Sproßachsen usw. 231 Überlassung von PJiilodendyon-M.SLterisil spreche ich Herrn Prof. Dr. Forsch meinen besten Dank aus. Schneidet man eine etwa 1 cm dicke Wurzel quer, so sieht man zu äußerst zwei Reihen dünnwandiger, kollabierter Zellen, die das Velamen vorstellen. Dann folgen 2—3 Schichten stark ver- dickter und verholzter Steinzellen, darunter das Korkstereom, dessen äußere Partie aus eng ineinander geknäuelten Zellen mit dickeren gelblichen Wänden besteht, während den inneren Teil dünnwandige, weit- j^^. „ lumige, etwas radial gestreckte Zellen ' : bilden (vgl. Fig. 26). An diese schließt sich das Rindenparenchym an: die Zellen erscheinen auf dem Querschnitt kreisrund, zeigen Chlorophyllgehalt; sie besitzen Tonnenform und sind 3 — 6 mal länger als breit. Regellos verteilt liegen Gerbstoffzellen und Harzgänge. Die Pneumathoden sind in jungem Zustand in einiger Entfernung von der Wurzel- spitze als längliche weißliche Flecken erkennbar; weiter aufwärts sind sie dann braun, schwach wulstförmig empor- gewölbt, mit einem Längsriß in der Mitte. Wie die anatomische Unter- suchung zeigt, wird dieser an den Seiten von gebräunten, etwas dickwandigeren Zellen ausgekleidet. Am Ende wird er von den chlorophyllführenden Rinden- zellen durch einen Komplex von ge- bräunten, dickwandigeren Zellen ge- trennt. In älteren Stadien sind viele von den an den Seiten liegenden Zellen weiter verdickt und verholzt. Fig. 26. Philodendron pinnatifidum. Querschnitt durch eine normale Pneu- mathode. Paraffin Wirkung. Nach mehrmaligem Bestreichen begannen die Pneumathoden anzuschwellen und zwar: Nr. 1 gestr. 31. Okt. 1911, nach 23 Tagen, „ 2 „ 29. Dez. 1911, „ 34 „ „ 3 „ 29. „ 1911, „ 34 „ 232 Ernst Schilling, Nr. 4 gestr. 4. März 1912, nach 30 Tagen, „ 5 „ 3. Juli 1912, „ 21 „ 6 „ 19. Mai 1913, „ 27 „ 7 „ 19. „ 1913, „ 24 „ Nach wenigen Tagen quillt dann ein lockeres, weichliches Wuchergewebe hervor, das sich bald bräunt. Bei weiterer Behand- lung mit Paraffin nehmen die Wucherungen noch an Größe zu, hört man auf zu streichen, so tritt nach we- nigen Tagen Bräunung ein, die Wucherungen vertrock- nen. Hemmung im Wachs- tum zeigten die Wurzeln nicht; wurden sie in der mit Wucherungen besetzten Zone durchschnitten , so wurden, wie bei normalen Wurzeln, mehrere Adven- tivwurzeln gebildet (vgl. Fig. 27). So verhielt sich z. B. Nr. 2, trotzdem vom 29. Dezember bis 29. Mai 17 mal mit Paraffin gepin- selt worden war. — Schnei- det man eine Wucherung quer, so findet man an Stelle der Pneumathode einen aus- gedehnten Zellkomplex von farblosen, schlauchförmigen, dünnwandigen Elementen, die genau in radialer Rich- tung nach außen zu orien- tiert sind. Wie die Unter- suchung zeigt, teilen die in der Nähe der Pneumathode liegenden Parenchymzellen sich durch Wände, die auf der Längsachse senkrecht stehen, in mehrere Ab- schnitte, legen dann auch tangential verlaufende Wände an, und die 80 entstandenen Tochterzellen zeigen dann intensives Wachstum in radialer Richtung, das zur Bildung von langen Schläuchen führt. Fig. 2 7. Philodendron pinnatifidum. Pneuraathodenwucherungen infolge Paraffinbehand lung (phot. in natürl. Größe). über hypertrophische u. liyperplast. Gewebewucherungen an Sproßachsen usw. 233 Die typischen Merkmalefür diese Zellen sind: die Wände sind sehr dünn, färben sich mit Chlorzinkjod hellviolett; der Chlorophyllgehalt ist gänzlich verschwunden, das Plasma bildet nur einen dünnen Wand- beleg, der Hauptraum der Zelle wird von einer riesigen, mit farblosem Zellsaft angefüllten Vakuole eingenommen. Der Zellkern ist mehr oder weniger vergrößert, öfters von farblosen, stark lichtbrechenden Körnchen umgeben. Der Zusammenhang der Zellen ist sehr locker, vielfach sind sie nur noch mit den Tangentialwänden verbunden. Auf diese Weise entstehen ausgedehnte Intercellulargänge, die von Paraffin erfüllt sind. Die folgende kleine Tabelle zeigt die Größen- verhältnisse: Schlaue hzellen Normale Zellen (im Querschnitt) Abnormer Zellkern Normaler Zellkern Länge Breite Länge ' Breite Länge : Breite Länge : Breite /^ i" ." (^ H- ,a 160 34 22 22 8 8 6 :4 132 36 24 24 10 10 4 :4 164 36 24 22 8 6 6 : 5 210 38 30 20 9 9 6 :4 100 30 26 24 10 10 5 :4 96 46 22 22 8 8 6 : 5 104 44 28 24 9 9 6:6 108 46 28 26 10 10 6 :4 100 40 24 24 24 10 6 :4 55 30 24 24 12 10 4 :4 54 32 ■ 28 26 10 8 6 : 4 174 38 30 26 7 7 6 : 6 120 34 22 24 8 8 4 :4 120 40 22 22 10 8 5:4 108 20 24 24 9 9 5:5 174 22 26 24 Während die Gerbstoffzellen ihren Gehalt an Gerbstoffen ver- lieren und mit auswachsen, werden die Harzgänge mit der sie um- gebenden Scheide unverändert hinausgeschoben und sind dann weit außen zwischen den Schlauchzellen anzutreffen; dabei können sie bisweilen stark deformiert werden. — Bei längerer Versuchsdauer gehen schließlich die außenliegenden Schlauchzellen zugrunde und bräunen sich in größerem Umfang. Dasselbe geschieht auch bald, wenn mit dem Pinseln aufgehört wird, die Wucherungen bilden dann trockene, braune Haufen. Interessant war es nun zu ver- 234 Ernst Scliilling, folgen, welche weiteren Veränderungen im Innern der so behandel- ten Wurzeln vor sich gingen. Zunächst erfolgte ein Abschluß der selbst geschaffenen "Wunden durch Wundkorkbildung parallel zum Wundrande. Dabei war ein verschiedenes Verhalten zu bemerken: entweder bekamen in einer Zone die eben auswachsenden Parenchym- zellen mehrere tangentiale Teilungswände, schlössen sich eng an- einander an, blieben meist tafelförmig und verkorkten. Die regel- mäßige Anordnung war dabei öfters gestört durch das Auftreten von größeren Intercellularen, die mit Paraffinöl angefüllt waren. Oder die Anlage des abschließenden Gewebes war komplizierter: aus mehr nach innen zu liegenden normalen Parenchymzellen bildete sich durch mehrfache tangentiale Teilungen ein dünnwandiges Phellogen, etwa 4—8 Zellagen stark, und dieses bildete nach außen Fig. 28. Philodenäron cannaefolimn. Querschnitt durch eine Wucherung der Haftwurzel, den WunJabschluß zeigend. tafelförmige bis isodiametrische Zellen, deren Wände etwas dicker waren, die Mittellamelle war deutlich verholzt, darauf war Cellulose gelagert. Innerhalb dieses Gewebes verholzten einige Zellen unter Wandverdickung vollständig, besonders die an Harzgänge an- grenzenden Zellen. Nach außen schlössen sich hieran mehrere Lagen von dickwandigen, mit Chlorzinkjod sich gelbbraun, mit Phloroglucin und Salzsäure sich nur manchmal schwach rot färben- den Zellen, die stark ineinander geknäuelt waren und mit den normalen Zellen des Korkstereoms somit große Ähnlichkeit auf- wiesen. Außerhalb des Wundkorkmantels lag in beiden Fällen der Komplex der toten, gebräunten und zerrissenen Schlauchzellen. Bei Philodendroii cannaefolium war der Wundabschluß vielfach da- durch auffällig, daß das Wundphellogen, nachdem es nach außen dünnwandigen, weitlumigen Kork gebildet hatte, seine Wände unter über hypertrophische u. hyperplast. Gewebewucherungen an Sproßachsen usw. 235 Aussparung zahlreicher Tüpfelkanäle allmählich stark verdickte und verholzte (vgl. Fig. 28), Seitlich schlössen sich diese zwei oder drei Zellreihen an die normale, subepidermale Steinzellschicht an; man kann hier also direkt von einem Ersatz des Hypoderms sprechen. — Was auf Querschnitten weiterhin sofort in die Augen •fiel, war das Vorhandensein von eigenartigen, regellos im normalen Parenchym verteilten „Nestbildungen" (vgl. Fig. 29): in der Mitte eine oder mehrere Zellen mit unregelmäßigen und starken Wand- verdickungen, die vom Parenchym meistens durch ein oder mehrere dünnwandige Zellen ringsum getrennt sind. Die nähere Unter- suchung ergab, daß diese Gebilde auf zweierlei Weise entstehen: eine einzelne oder mehrere benachbarte Zellen sterben ab; man Fig. 29. Phüodendron pinnatifldum. Paraffinbehandlung, Querschnitt, Nestbildung. — Seib. 4 mm, Zeiß Ok. III. wird das wohl auf die Rechnung des Paraffins zu setzen haben, das sich reichlich in den Interzellularen vorfindet, wobei es aller- dings sonderbar erscheint, daß immer nur sehr wenige Zellen dem Tode verfallen, während die überwiegende Mehrzahl der Zellen durch das Paraffinöl gar keine Veränderungen erfährt. Darauf wird auch später noch zurückzukommen zu sein. — Dann beginnen die Zellen, die den kollabierten, gebräunten Zellen zunächst liegen, gegen diese in die entstandene Lücke hinein zu wachsen (vgl. Fig. 30). Sie versehen sich darauf, wie Längs- und Querschnitte zeigen, mit mehreren Teilungswänden. Die innen liegenden Tochterzellen wachsen weiter, legen sich fest an die Zell- reste an und verdicken allmählich an den Berührungsstellen ihre Wände durch Einlagerung von Holzstoff. Die Teilungswände, zu 236 Ernst Schilling, denen noch mehrere, parallel verlaufende kommen können, sind dünn geblieben und verkorken. Der ganze Vorgang ist also eine innere Wundkorkbildung. Abgestorbene Gewebepartien werden durch einen Korkraantel vom gesunden Gewebe getrennt. Das, was hier vom Kork eingeschlossen wird, besteht aber außer den Wänden, gebräunten Resten des Zellinhaltes, Luft und Paraffinöl, auch noch aus den dicken verholzten Wandpartien ursprünglich normaler Zellen. Dabei treten diese Partien mit den Wänden der toten Zellen öfters in einen derartig innigen Zusammenhang, daß eine scharfe Trennung nicht möglich ist: auch Holzreaktionen ver- helfen nicht dazu, es hat den Anschein, als ob hier ein gummi- Fig. 30. Philodendron pinnatifidum. Paraffinbehandlung, Querschnitt durch Parenchym, Beginn der Nestbildung. Seib. 4 mm, Zeiß Ok. III. artiger Stoff, der Holzreaktion gibt, gebildet wird und in innigen Zusammenhang mit den Zellwänden tritt. Wenigstens läßt sich bei der zweiten Art der „Nestbildungen" das Auftreten eines solchen Stoffes verfolgen. Hier sind tote Zellen anfangs überhaupt nicht vorhanden, eine Anzahl von Zellen, die einen Intercellular- gang auskleiden, beginnt damit, die daranstoßenden Wandpartien zu verdicken und zu verholzen; dabei läßt sich dann manchmal sehr schön verfolgen, wie der Intercellulargang allmählich durch Holzgummi mehr und mehr ausgefüllt wird (vgl. Fig. 31). Dann können weitere Veränderungen auftreten, die diese Gebilde ziemlich kompliziert gestalten : die Zellen vergrößern sich (in die Breite), bekommen Teilungswände, die zum Teil ganz unregelmäßig ver- über hypertrophische u. hyperplast. Gewebewuchei'ungen an Sproßachsen usw. 237 laufen und teils verkorken, teils verholzen; auch ursprüngliche, nicht an den Intercellulargang stoßende Wände und schließlich ganze Zellen verholzen und bekommen unregelmäßige Waudverdickungen (vgl. Fig. 32). Wie aus der Kombination von Längs- und Quer- schnitten hervorgeht, kommen dabei manchmal größere KomjDlexe von Kugel- oder EUipsoidform zustande, die dann von mehreren ^- Fig. 31. Philodendron pinnatifidum. Längsschnitt durch Parenchym mit abnormen Wandverdickungen. Seib. 4 mm, Zeiß Ok. III. Fig. 32. Philodendron pinnatifidum. Paraffinbehandlung, Längsschnitt. Seib. 4 mm, Zeiß Ok. III. — Verkl. auf V^. Korkschichten abgeschlossen werden. Wir haben hier also auch wieder eine innere Korkbildung vor uns, die man, weil es sich um den Abschluß pathologisch veränderter Zellen handelt, ebenfalls unter dem Begriff des Wundkorkes registrieren kann. Bildungen, die mit den hier gefundenen eine gewisse Ähnlich- keit haben, beschreibt Vöchting 1892, vgl. Tafel VIII, Fig. 23 u. 238 Ernst Schilling, 24, Tafel IX, Fig. 1, 4, 9, 12. Die Bildungen traten an derVer- wachsungsfläche zweier Exemplare von Beta vulgaris auf, es fanden sich gebräunte Zellreste, die vom gesunden Gewebe durch Kork getrennt waren, und auch leistenartige, verdickte Elemente. — Von den Faktoren, die zur Bildung von Wundkork führen (vgl. z. B. Küster 1903, S. 187ff.), kommt für unseren Fall gesteigerte Tran- spiration nicht in Frage, wuhrscheinlich aber die chemischen Um- wandlungen der Wandsubstanz. Doch sind durch das Füllen der Intercellularen mit Paraffin die normalen Verhältnisse stark ver- ändert und die Ermittelung dieser Frage sehr erschwert. Versuche mit Vaseline und Vaselineöl. Hiervon sei nur in aller Kürze bemerkt, daß durch die Wirkung dieser Stoffe sich ebenfalls Wucherungen erzielen ließen, die von den eben geschilderten nicht abwichen, nur blieben die durch Vaseline verursachten kleiner und zeigten kein so starkes Hervor- quellen von Wuchergewebe, — ebenso zeigten die Schlauchzellen meist geringere Größe. „Nestbildungen" im Parenchym wurden nicht gefunden. Sublimat und Kupferoxydammoniak bewirkten keine Wucherbildung und brachten die Wurzeln allmählich zum Absterben. Philodendron cannaefolium reagierte auf Paraffinbehandlung in ähnlicher Weise wie Ph. pinna- tifidum. Die Wucherungen verschmolzen häufig zu ausgedehnten Längsstreifen. VII. Wucherungen an anderen Pflanzen. Da eine genauere Beschreibung der Wucherbildungen, die sich ja noch an einer ganzen Reihe von Pflanzen (siehe Auswahl!) er- zielen ließen, zu weit führen würde, sollen im folgenden nur ganz kurz einige Ergebnisse herausgegriffen werden, die im Einklang mit dem Vorhergehenden bestätigen, daß die Behandlung mit Paraffin usw. zur Bildung hypertrophischer und hyperplastischer Gewebewucherungen führt. Catalpa syringaefolia. Paraffinversuche: Junge Wucherungen bestehen aus den schwach hypertrophierten Geweben der Lenticellenanlage (jüngste Füllzellen, über hypertrophische u. hyperplast. Gewebewucherungen an Sproßachsen usw. 239 Phellogen, Phelloderm). Später beteiligen sich die Paren- chym- (nach Zellteilung) und Collenchymzellen, die zugroßen farblosen Blasen anschwellen. Auch im Periderm schwellen die eigentlichen Phellogenzellen zu großen Blasen an, wäh- rend die Phellodermzellen Teilungswände bekommen. ±:3O^hAjQQQ0 O < ?n°g|§Ooo§gSc ""."^ ° Fig. 33. Ribes aiireiim. Paraffinbehandlung, Querschnitt durch wucherndes Kambium. — Justicia Neesii. An den grünen Trieben dieses Strau- ches sind die Lenticellen in vier regel- mäßigen Längsreihen angeordnet, die den Blattspursträngen folgen. Durch Paraf- fin und Vaseline ließen sich umfangreiche Lenticellenwucherungen erzielen, so daß schließlich die Triebe mit vier, aus Wucher- gewebe bestehenden „Flügeln" versehen waren. Außer dem Lenticellengewebe be- teiligt sich das Parenchym (das sich leb- haft teilt) und Collenchym, das teils nur Hypertrophie, teils auch Teilung zeigt. Rihes aurewn. Durch Behandlung mit Paraffin, Vaseline, Vase- lineöl entstanden deutliche Wucherungen. Die Hyper- trophie, die teilweise zur Bil- dung außerordentlich gro- ßer Schlauchzellen führte, erstreckte sich bis zum Holz, Fig. 33 zeigt Kam- biumzellen, die zu Schläu- chen auswachsen. In vie- len Fällen trat übigens die Wucherung an den Ansatz- stellen von Nebentrieben ^. „^ Flg. 34. Ribes aureuni. besonders heftig auf (vgl. ^inks ein normaler, rechts ein mit Paraffin be- Fig. 34). handelter Zweig (phot. in natürl. Größe). 240 Ernst Schilling, Spiraea soihifolia. Paraffin versuche: Die Wucherungen bedecken als milliraeter- hohe Plättchen in großer Zahl die ganze Zone, außerdem treten Adventivwurzeln auf. Bisweilen verschmelzen aufeinanderfolgende Wucherungen und bilden dann Längsstreifen. Die Wucherzellen, die hauptsächhch aus dem sich lebhaft teilenden Parenchym hervorgehen, bleiben klein und haben festen Zusammenhang, daher auch die Bildung der ziemlich zähen Plättchen. Spiraea concinna. Paraffinversuche: Zuerst treten zahlreiche, weiße Wucherungen auf von Stecknadelkopfgröße; dann reißt das Periderm auf und blättert ab, die Wucherungen werden größer, quellen stark hervor, vereinigen sich und bedecken als zusammen- hängende Streifen den Zweig. An den Ansatz- stellen von Nebenzweigen traten sie so stark auf, daß diese mehrfach abfielen! (vgl. Fig. 35). Die Wucherung kommt zustande durch Teilung und Auswachsen der Parenchymzellen; an den Ansatz- stellen der Nebenzweige geht die Wucherzellbil- dung bis an den Holzzylinder. Fig. 35. Spiraea concinna. Ein mit Paraffin- wucherung hesetzter Zweig (phot. in ca. '/s natürl. Größe). Salix longifolia. Paraffinversuche: Bei jüngeren (ein- und zweijährigen) Zweigen bestanden die Veränderungen manchmal nur in einer Lockerung, „Maceration", des Lenticellen- und Parenchymgewebes. — Dann aber konnten auch kräftige, durch Schlauchzellbildung verursachte Wucherungen auftreten, ebenso Adventivwurzeln. An älteren Zweigen (4 cm stark) beteiligten sich außer Lenticellen besonders intensiv die Rindenstrahlen durch radiale Streckung ihrer Zellen. Bei längerer Versuchsdauer erfuhr außerdem das Rindenparenchym eine Verbreiterung um das Drei- bis Vierfache seiner früheren Aus- dehnung. Bisweilen fanden sich in diesem abnormen Parenchym größere, abgestorbene Gewebepartien, die von mehreren Kork- schichten umgeben waren. Auch hier traten wieder Adventiv- über hypertrophische u. hyperplast. Gewebewucherungen an Sproßachsen usw. 241 wurzeln auf, die aber nicht ganz bis nach außen gelangten. Bei jüngeren Zweigen fanden sich (nach längerer Versuchsdauer) wieder wie bei Aesculus und Pküodendron „Nestbildungen" im Parenchym r — ^: Fig. 36. Salix longifolia. Paraffinbehandlung, Querschnitt durch eine Nestbildung im Parenchym, verholzte Mem- branen punktiert. — ■ Leitz Obj. 7, Ok. I. vor. Zellen oder Zellkomplexe mit abnorm verdickten und ver- holzten Wandungen wurden mit Korkschichten (oft 7 — 12) um- geben (vgl. Fig. 36). Robinia hispida. Durch Paraffin entstanden Lenticellen und Rindenwucherungen, an den Ansatzstellen von Nebenzweigen wieder so stark, daß diese durchknickten. Beson- ders interessant war die Wirkung der Vaseline: die bestrichene Zone (Nov.l911bisJulil912) bekam kleine Lenti- cellenwucherungen und schwoll außerdem recht g beträchtlich an (vgl. Fig. 37a und h). Die Untersuchung (leider ^'S- 37. Eobinia hispida. ließ sich durch einen Zu- ^"'^'•«•'hnitte : a durch normalen Zweig, b direkt darüber durch Vaselinezone. Rinde punktiert, Mark schraffiert. fall die Entwicklungs- Natüri. Größe. Jahrb. f. wiss. Botanik. LV. 16 242 Ernst Schilling, geschichte nicht verfolgen) ergab eine Fülle von merkwürdigen histologischen Veränderungen (vgl. Fig. 38 — 40). Das Kambium hatte an manchen Stellen durch Ver- mehrung seiner normalen Zellen eine Verbreiterung auf das Fünffache erfahren und nach innen dünnwandiges, weitlumiges „Wundholz" produziert. Die sekundäre Rinde hatte starke Ausdehnung erfahren, Rindenstrahlen und Bastbündel waren l " beträchtlich vergrößert. Die Leitparen- chymzellen waren bald normal, bald zeigten sie Teilungen oder Hypertrophie; in diesem Falle zerquetschten sie die Siebröhren durch ihr Wachstum und drückten sie zu eigentümlichen Gebilden Fig. 38. Rohinia hisj}ida. Schematisierter Querschnitt durch die normale Rinde. — (s = sekundäre Rinde, Bast- bündel punktiert ; c = Kambium ; H ^ Holz mit Gefäßen. K H' Fig. 39. Rohinia hispida. Schematischer Querschnitt durch die infolge der Vasilinebehandlung ver- änderte Rinde. (Buchstabenerkl. wie in Fig. 38.) Im Holzteil — H — stark vergrößerte Gefäße mit Thyllen. 7^ '/ O Fig. 40. Robinia hispida. Schematisierter Querschnitt durch die ab- norm veränderte Rinde. — Das Kambium ist sehr stark ausgebildet. K' u. K" be- zeichnen zwei im Rindengewebe verlaufende Korkschichten. Fig. 38 — 40 bei Zeiß Ok. III, Obj. 1 Abbe auf 7s verkleinert. über hypertrophische u. hyperplast. Gewebewucheruiigen an Sproßachsen usw. 243 (Ceratenchym) zusammen (vgl. Fig. 41). Die Rindenstrahlen konnten unter Bildung eigentümlicher Wandverdickungen regel- recht verholzen (vgl. Fig. 42). Noch komplizierter waren die Ver- hältnisse in der primären Rinde: sie hatte ebenfalls eine be- trächtliche Verbreiterung erfahren, die Parenchymzellen waren teils tot, teils lebend, bald unverändert, bald zeigten sie Teilungen oder Hypertrophie. Zwischen den zarten Wucherzellen lagen dann dick- wandige, verholzte Zellen, über deren Herkunft nichts ermittelt werden konnte. Durch das abnorme Gewebe zogen sich (nicht Fig. 41. Bobinia hispida. Querschnitt durch wucherndes Paren- chym mit zerquetschten Siebröhren (punktiert). — Leitz Ok. I, Obj. 7. Fig. 42. Eobinia hispida. Querschnitt durch einen verholzten Rindenstrahl. Die abnorm dicken und verholzten Membranen sind schraffiert. — Leitz Ok. I, Obj. 7. Überall) ein oder zwei schmale Bänder von Kork, die folgende Zu- sammensetzung zeigten (in der Reihenfolge von innen nach außen!): 1. dünnwandige, weitlumige verkorkte Zellen. 2. tafelförmige Kork- kambiumzellen. 3. verholzte, unregelmäßig und stark verdickte Zellen. 4. Zellen mit dicken Wänden, angefüllt mit Gerbstoff. Es ließen sich noch weitere eigentümliche Veränderungen aufzählen, da aber entwicklungsgeschichthche Daten fehlen, soll davon abge- sehen werden. 16' 244 Ernst Schilling, Rhamnus frangula reagierte auf Behandlung mit Vaseline ebenfalls mit Rindenan- schwellung und Wundholzbildung. Zusammenfassung der anatomischen Ergebnisse. Bei dieser kurzen Übersicht wollen wir erstens die Beteiligung der einzelnen Gewebe, und zweitens den Gesamtcharakter der auf- tretenden Wucherungen berücksichtigen, I. Auf Bestreichen mit Paraffin oder Vaseline reagieren nicht alle Gewebe, entsprechend der Beschaffenheit ihrer Zellen, mit Veränderungen: Die Epidermis aller behandelten Zweige reagierte nicht; der Grund liegt darin, daß ihre Zellen vielfach (infolge Peridermbildung) überhaupt nicht mehr leben, vielleicht auch darin, daß sie stark verdickte und wachstumsunfähige Membranen besitzen. Nur die (verhältnismäßig zartwandigen) Epidermiszellen des Blatt- stiels von Aesculus zeigten teils Vergrößerung, teils Teilung, Das Periderm verhält sich verschieden: vollständig verkorkte Zellen reagierten nicht, wohl aber bisweilen jugendliche Korkzellen (Clerodendron, Ribes) mit radialer Zellstreckung, man kann also immerhin von einer Beteiligung des Korkes sprechen. Jugendliche Korkzellen hypertrophieren ebenfalls unter dem Einfluß von feuchter Luft (Küster 1903, S, 81), Das Phellogen kann ein ganz verschiedenes Verhalten zeigen: es reagiert entweder überhaupt nicht, oder wächst zu typisch hyper- trophischen Zellen heran (Catalpa, Sambucus, Clerodendron), oder es erfährt eine Vermehrung seiner Zellen, wobei deren Charakter erhalten bleibt (Samhucus). Es kann ferner als solches erhalten bleiben und abnormen Kork (Aesculus) und abnormes Phelloderm bilden {Aesculus, Vaselineölversuch). Das Phelloderm bleibt ebenfalls unverändert oder hyper- trophiert (Samhucus), manchmal erst nach Teilungen (Catalpa), oder wird vermehrt {Aesculus, Vaselineölversuch). Die Lenticellen reagieren gewöhnlich: (Ausnahmen Ginkgo, Sophora, Hex, Solanum), sie zeigen typische Hypertrophie ihrer Gewebe, von den alten Füllzellen abgesehen. Die dazugehörigen Phellodermzellen bekommen auch Teilungswände. Das C ollen chym reagiert entweder gar niclit {Artocarpiis, Vaseline; Aesculus, Paraffin und Vaseline), oder zeigt Hypertrophie über hypertrophische u. hyperplast. Gewebewucheriingen an Sproßachseii usw. 245 (SamhucHs) oder lebhafte Teilung (Artocarpus, Paraffin; Sarnbucus, Clerodendron), die Teilungsprodukte können zu typisch hypertrophi- schen Zellen oder ohne erhebliches Wachstum zu mehr parenchy- matischen Zellen werden (Artocarpus). Das Parenchym kann in seiner Hauptmasse unverändert bleiben {Artocarpus, Paraffin) oder nur Zellvergrößerung zeigen (Syringa) oder Zellvergrößerung nach vorheriger Teilung (bei den meisten Pflanzen). Weitere Elemente der primären Rinde wie Milchsaftschläuche, Idioblasten, Harzgänge bleiben un- verändert. Die Harzgänge bei Phüodendron können jedoch nach- träglich stark verholzen. Ebenso können im Parenchym noch Ver- holzung und innere Korkbildung auftreten {Salix, Phüodendron, Aesculus). In der sekundären E,inde können folgende Veränderungen eintreten: die mechanischen Elemente (Bastfasern, Steinzellen) zeigen zwar kein Wachstum, können aber in ihrer Anordnung ge- stört werden (passive Verschiebung der Bündel, Sprengung eines geschlossenen Ringes), eventuell erfahren sie eine Vermehrung ihrer Zellen (Bohinia). Das Parenchym kann Zellteilungen (Aesculus) oder Zellvergrößerung (Sarnbucus, Rihes) oder Vermehrung seiner normalen Zellen erfahren (Syringa). Das gleiche gilt von den Markstrahlen (Artocarpus, Bohinia, Bibes)\ diese können außer- dem noch zerrissen werden (Clerodendron, Bibes) oder verholzen (Clerodendron, Bohinia). Siebröhren und Geleitzellen zeigen kein Wachstum oder werden zerquetscht (Bohinia, Clerodendron). Das Kambium geht entweder m der Bildung hypertrophischer Zellen auf (Bibes, Sarnbucus) oder erfährt eine Verstärkung (Aes- culus, Vaselineöl; Bohinia, Clerodendron). Nach außen vermag es abnorme Zellen zu bilden (Clerodendron, Aescidus), nach innen abnormes Holz Clerodendron, Bohinia). Das Holz wird sonst nicht verändert, die Markstrahlen können Verbreiterung erfahren {Clerodendron, Vaseline). — II. Für die Charakteristik der erhaltenen Wucherungen ist ihre Entwicklungsgeschichte von Bedeutung. Zuerst entstehen fast stets die eigentlichen Lenticellenwucherungen ; es sind Hyper- trophien, und zwar niemals progressive, sondern stets kataplastische, d. h. durch Plasmaverbrauch, Auflösung und Degeneration der Inhaltskörper gekennzeichnete (Küster, 1903, S. 67). Sie weisen somit dieselben Merkmale auf wie die „hyperhydrischen" Gewebe, 246 Ernst Schilling, die durch abnormen Wassergehalt in der Pflanze zustande kommen: dahin gehören auch die von Deveaux, Schenk, v. Tubeuf und anderen beschriebenen Lenticellenwucherungen. Später gehen die Lenticellenwucherungen allmählich über in „Rindenwucherungen", die sich bis zum Holzkörper ausdehnen können. Diese sind in seltenen Fällen als kataplastische Hyper- trophien aufzufassen, meistens bekommen sie durch lebhafte Tei- lungen den Charakter von Hyperplasien, Es erfolgt sowohl eine Vermehrung normaler Zellen (Homöoplasie) als auch die Bildung von Zellen, die anders gestaltet sind als ihr Ursprungsgewebe (Heteroplasie), Die Heteroplasien zeigen gering differenziertes Ge- webe und sind somit wieder Kataplasmen, in seltenen Fällen könnte man von Prosoplasmen sprechen, wenn man nämlich das Auftreten der Stereiden bei Artocarjms und das Verholzen der Parenchym- zellen bei Aesculus, Salix und Fhilodendron als „neuartige Differen- zierungsvorgänge" auffast. Schließlich kann ein Abschluß der Wucherungen erfolgen durch Wundkork (nach Küster zu den Kataplasmen gehörig). C. Physiologischer Teil. Im folgenden wollen wir uns zuerst mit den Wucherungen und ihrer Ätiologie, dann mit weiteren Erscheinungen beschäftigen, die wir, zum Teil wenigstens, als Korrelationserscheinungen zu deuten haben. An den Schluß soll eine kurze Zusammenfassung der Ge- samtergebnisse kommen. I. Die Wucherungen . Damit Wucherungen überhaupt zustande kommen, muß erstens eine Anzahl von Bedingungen erfüllt sein, die sich aus äußeren Faktoren und inneren, in der Pflanze liegenden, zusammensetzen, zweitens müssen dann die Pflanzen in geeigneter Weise mit den Paraffinen in Berührung kommen. Die Abhängigkeit der Wucherbildungen von der Beschaffenheit der Versuchspflanzen geht ja ohne weiteres aus den Versuchen her- vor: unter gleichen äußeren Bedingungen und bei gleicher Behand- lung gelingt es bei vielen Pflanzen überhaupt nicht, Wucherungen hervorzurufen. Wenn wir die Liste der Pflanzen, die nicht rea- über hypertrophische u. hyperplast. Gewebewucherungen an Sproßachsen usw. 247 gierten, überblicken, so könnte es den Anschein haben, als ob zwischen Nichtreagieren und Nichteindringen des Paraffins eine enge Beziehung bestände. In der Tat überwiegen in der Liste solche Pflanzen, die Achsen ohne Lenticellen, d. h. ohne Eingangspforten für Paraffin, haben, und es ist gewiß von Bedeutung, daß alle Pflanzen, die überhaupt reagierten, mit Lenticellen versehen sind. Aber daß hier allein das Eindringen des Paraffins entscheidet, da- gegen spricht mancherlei: z. B. erfolgte bei Acacia, Ginkgo, Ole- ditschia u. a. wohl ein Eindringen, aber kein Reagieren. (Allerdings war vielfach z. B. bei Hex, Sophora, Evonymus, die Menge des eingedrungenen Öles ,sehr gering.) Besonders spricht dagegen, daß bei ein und derselben Pflanzenart bisweilen Reagieren und Nicht- reagieren nebeneinander erfolgte. Es liegt, über die spezifische Disposition hinaus, noch eine individuelle vor. So waren z. B. eine ganze Anzahl Zweige von Bhamnus frangula, die doch eine sehr große Anzahl von Lenticellen besitzen, trotz aller Bemühung nicht zum Wuchern zu bringen, obschon das Ol eingedrungen war und andere Zweige mit Wucherungen reagierten. Ebenso verhielt es sich mit Ficus elastica, und bei Ficus australis wurden überhaupt nur in einem Fall nach monatelanger Einwirkung Wucherungen er- halten, während z. B. Wisniewskis Pflanze schon nach einmaligem Bestreichen nach wenigen Tagen reagierte (a. a. 0., S. 361). Es könnten allerdings die Pflanze von Wisniewski und die des Münste- rischen Gartens trotz gleicher Benennung verschiedene Spezies ge- wesen sein. Es wurden auch Versuche gemacht, um lenticellen- freie Zweige durch künstliches Hineinbringen von Paraffinöl zum Wuchern zu bringen. Zu diesem Zweck wurde an Zweigen von Kerria und Rosa mittels eines scharfen Skalpells die Oberhaut auf kleineren Strecken entfernt und die Wunden sofort mit Paraffin überzogen; im Laufe der Versuche erfolgte wohl ein Eindringen, aber keine Wucherbildung. Auch das Injizieren von Paraffin in hohle Stengel bheb erfolglos (Vicia faha). Bis jetzt handelte es sich um die Einwirkung von Paraffin; wir wenden uns jetzt der Vaseline zu. Hier ist von einem Ein- dringen in das Zweiginnere keine Rede, und in der Beziehung ist es gleichgültig, ob ich einen Zweig mit vielen Lenticellen oder mit wenigen oder gar keinen behandle, und wenn auch hier wieder lenticellenbesetzte Zweige {Gleditschia, Ginkgo u. a.) nicht reagieren, so ist das Nichteindringen nicht Schuld daran. In Kürze dürfen wir sagen, daß für das Zustandekommen der Wucherungen, von 248 Ernst Schilling, anderen Faktoren abgesehen, die innere Beschaffenheit der Pflanze von Bedeutung ist. Die Lenticellen brauchen nicht zu reagieren, gerade so, wie es bei Feuchtkultur noch niemals die Koniferen- lenticellen getan haben, und wie es einzelne Kartoffelrassen nicht tun (Küster, 1903, S. 78). Dasselbe gilt natüriich von anderen Geweben und von jeder einzelnen Zelle, und in der Tat zeigen die anatomischen Bilder solch verschiedenes Verhalten zur Genüge. — Dabei kann die Verschiedenheit auch von dem angewandten Stoff herrühren (vgl. Artocarpus , Vaseline und Paraflinversuch!), doch wurde ein durchgreifender Unterschied in der Wirkungsweise von Paraffin und Vaseline nicht gefunden. (Vielleicht würden sich bei ausgedehnteren Versuchen die abnormen Holzbildungen, die ich bei Rohinia und Rhamniis beobachtete, als für Vaseline charakte- ristisch herausstellen.) Ein weiterer, die Wucherbildung begünsti- gender Faktor könnte darin bestehen, daß bei den Lenticellen be- sitzenden Pflanzen durch die Behandlung von vornherein ein kambiales Gewebe zum Wachstum gereizt werden kann, das Lenti- cellenphellogen nämlich, während bei anderen Pflanzen nur Dauer- gewebe zur Verfügung steht. Dagegen spricht ü. a. die Bildung der Intumeszenzen bei Clerodendron. Schließlich ist die Wucherbildung abhängig von Wachstumsintensität. Lebhaft wachsende Sprosse reagieren am schnellsten, während der Ruheperiode erfolgt kein Reagieren, und mit Ende des Sommers und Beginn des Herbstes pflegen die Wucherungen immer langsamer aufzutreten. Bei der Durchsicht der Versuche wird man aber finden, daß diese Bezie- hungen zwischen Wachstumsintensität und Reaktionszeit keine strenge Gültigkeit haben, häufig bleiben Sprosse unverhältnismäßig lange mit Wucherbildung zurück. Es ist vielleicht noch von Interesse, die Reaktionszeiten einer häufig behandelten Salix longifolia zu verzeichnen. Die zur Verwendung kommenden Zweige waren mög- lichst gleichartig und befanden sich an derselben Pflanze. Auf Bestreichen mit Paraffin reagierten: Nr, 1 gestr. 2. Nov. Anfang April, 2 H 9. „ » H 3 H 1. Dez. « « 4 H 15. Jan. » « 5 » 15. Febr. Ende März, 6 J5 11. März Mitte April, 7 H 16. April 7. Juni, 8 » 20. Mai 16. Juni, über hypertrophische u. hyperplast. Gewebewuchernngen an Sproßachsen usw. 249 Nr. 9 gestr. 12. Juni 30. Juni, . „ 10 „ 25. Juni 9. Juli, „11 „ 10. Juli 6. August, „12 „ 6. Aug. Mitte Sept., „ 13 „ 20. Aug. Ende Sept., „ 14 „ Anf. Sept. Ende Sept. Die Ende September und- im Oktober gestrichenen reagierten dann nicht mehr. — Wenngleich ferner die Reaktionszeit für eine bestimmte Pflanze nicht konstant ist, schwankt sie doch bisweilen nur innerhalb enger Grenzen, vgl. z. B. Clerodendron; man könnte hier fast eine Reaktionszeit von etwa 6 Tagen als typisch be- zeichnen, während bei anderen Objekten unter allen Umständen erst viel später Wucherungen auftreten. — Vaseline wirkt im allge- meinen langsamer als Paraffinöl. — Der Einfluß von äußeren Faktoren wurde nicht weiter unter- sucht. Es scheint uns wahrscheinlich zu sein , daß das Licht zur Bildung der Wucherungen nicht nötig ist, in einem Fall wurde dies direkt bei Philodendron konstatiert. Steigerung der Temperatur hätte insofern Komplikationen herbeigeführt, als dadurch die Kon- sistenz der zum Überstreichen verwandten Stoffe verändert worden wäre. Wir haben eben die Beziehungen zwischen Wachstumsintensität und Reaktionszeit betont. Außer dem Wachstum kommen nun noch in Frage die Vorgänge, deren Störung für die Bildung der Wucherungen entscheidend ist: Atmung, Transpiration, Assimilation. Eine chemische Wirkung der Stoffe kommt für uns aus den in der Einleitung angeführten Gründen nicht in Betracht. Wir beschäftigen uns zunächst mit der Transpiration. A priori leuchtet ein, daß diese durch Paraffin- und Vaselinewirkung verändert wird. Über- ziehen wir ein Zweigstück lückenlos mit diesen Stoffen, so wird eine Transpiration durch Epidermis, Spaltöffnungen, Lenticellen und andere zufällige OfiVmngen unmöglich gemacht; das betreffende Stück ist dann lediglich auf die Transpiration, die außerhalb der bestrichenen Zonen stattfindet, angewiesen. Das Paraffin breitet sich außerdem ja aus, verstopft auf weite Strecken die Intercellu- laren und wird somit manchen Zellen jede Möglichkeit nehmen, Wasser in Dampfform abzugeben. Es wurden auch Versuche an- gestellt, um Genaueres über die Größe der Transpirationshemmung zu erfahren. Zahlenmäßige Angaben über die Beteiligung der 250 Ernst Schilling, Lenticellen an der Transpiration haben Haberlandt (1875) und Kleb ahn (1883) schon gemacht. Haberlandt fand z. B. (S. 20) für Zweige von ScDiibucus nigra folgende Gewichtsverluste, ausge- drückt in Prozenten des Anfangsgewichtes der Zweige: Zweig mit offenen Lenticellen • Zweig mit verklebten Lenticellen 10,60 % 19,65 „ 28,02 „ nach 5 Tagen „15 7,66 7o 15,90 „ 23,71 „ Der Anteil, den die Lenticellen an der Transpiration haben, ist also recht beträchtlich. Übrigens ist es für unsere Darstellung von Nachteil, daß über die Haiiptfunktion der Lenticellen unter den Autoren keine Einigkeit herrscht. Deveaux (1900, S. 225) sieht in ihnen „avant tout des organes de transpiration", eine An- sicht, die Haberlandt (1909, Anmerkung, S. 441) für irrig er- klärt. — Die von Haberlandt und Kleb ahn angewendete Methode (sie arbeiteten mit Zweigstücken, die entlaubt und deren Schnitt- flächen verklebt wurden) wurde von uns nicht benutzt, weil es auch daranf ankam, zu sehen, ob durch die Wucherungen die Tran- spiration etwa regulatorisch beeinflußt würde. Wenn z. B. der Vaselineüberzug von Wucherungen durchbrochen wird, so ist ein Steigen der Transpiration wahrscheinlich, und wenn nach der Durch- brechung in vielen Fällen eine weitere Wucherbildung sistiert wird, so könnte man das als Anzeichen dafür auffassen, daß nun wieder Bedingungen herrschen, die sich dem normalen Zustand nähern. Um diesbezügliche Resultate zu erheben, war es also nötig, zuerst die Transpiration des normalen Zweiges, dann die des gepinselten und schließlich die des mit Wucherungen besetzten festzustellen. Da die Messung durch Wägen nicht möglich war, erfolgte sie mittels Potetometer (Versuchsanstellung nach Renner, 1911), wo- durch ja aber nur die Wasseraufnahme registriert wird! Das ist (vgl. die Kritik Burgersteins 1904) ein großer Nachteil, und im Laufe der Versuche stellten sich bei den nach mehreren Vorver- suchen ausgewählten Versuchspflanzen Salix longifolia und Clero- dendron Bungei weitere zahlreiche Schwierigkeiten ein: so erfolgte bei Salix eine ganz unregelmäßige Ausbildung von Adventivwurzeln und Abwerfen von Blättern, die Wucherungen traten erst nach vier über hypertrophische u. hj'perplast. Gewebewucherungen an Sproßachsen usw. 251 Wochen auf und waren sehr klein, die Triebe von Clerodendron reagierten zwar verhältnismäßig gut, waren aber nur durch Entfernen der großen Blätter turgeszent zu erhalten u. a. mehr. Es soll des- halb, da die Ergebnisse einer strengen Kritik nicht standhalten würden, von einer genaueren Mitteilung der ausgedehnten Versuche, die übrigens keine Transpirationsunterschiede zwischen normalen und behandelten Pflanzen ergaben, abgesehen werden. Der experi- mentelle Nachweis der Transpirationshemmung und der Bedeutung der Wucherungen ist nicht geglückt, und wir müssen uns mit der berechtigten Annahme begnügen, daß die Transpiration wirklich erheblich gestört wird, daß es zu einem Wasserüberschuß innerhalb der Pflanze kommt. Wenn wir diese Tatsache zur Erklärung der Wucherbildung heranziehen, so werden wir uns nach ähnlichen Er- scheinungen umzusehen haben, die durch Wasserüberschuß ent- stehen. Dies ist bei Lenticellen-, Rindenwucherungen und Intu- mescenzen der Fall, die Küster deshalb als „hyperhydrische Ge- webe" zusammenfaßt (1903, S. 74). Anatomisch betrachtet, zeigen diese Fälle weitgehende Ähnlichkeit mit unseren Wucherungen. Man vergleiche z. B. damit die Darstellung, die Deveaux (1900) von Lenticellenwucherungen, Sorauer (1907) von der Lohkrankheit beim Apfel- und Pflaumenbaum sowie von der „Wassersucht" bei Bihes aureinn gibt (S. 21 Off. u. .335 ff.). Allerdings sind die hyper- hydrischen Gewebe meist nur durch Hypertrophie gekennzeichnet, doch macht sich auch hier „zuweilen eine Neigung zu hyper- plastischen Gewebeänderungen bemerkbar" (Küster, S. 75). Schenk (1889) fand bei Artemisia nicht nur Zellvergrößerung, sondern auch Teilungen (S. 568). Überdies liegt eine eingehende Untersuchung der verschiedenen Rindenwucherungen noch nicht vor. — Wenn wir „Wasserüberschuß" innerhalb der Pflanze als wirk- samen Faktor bezeichnen, so ist damit nichts Genaueres ausgesagt: der Wassergehalt einer Zellgruppe wird bestimmt durch das Ver- hältnis, in dem der osmotische Druck dieser Zellen zu dem der Nachbarzellen steht, und darauf kommt es an. Jede Steigerung der osmotischen Kräfte bedeutet eine erhöhte Kapazität der Zelle für Wasser, und eine solche wurde auch nachgewiesen mit Hilfe der plasmolytischen Methode. Schon die Auflösung der oft beträcht- lichen Stärkemengen sprach ja für eine Zunahme des osmotischen Druckes in den betreffenden Zellen. Ob außerdem mit dem Wassergehalt auch der Gehalt an Mineralstoffen zunimmt, darüber 252 Ernst Schilling, wurden vorläufig keine Versuche angestellt. Die Bestimmung des osmotischen Druckes erfolgte mittels Plasmolyse durch KNO3- Lösungen bei Clerodendron Biingei; es wurden eine Anzahl nor- maler Pflanzen mit solchen verglichen, die infolge Paraffinwirkung kraftige Wucherungen gebildet hatten. Aus dem betreffenden Stengelstück wurden radiale Längsschnitte angefertigt, diese dann sofort auf den Objektträger in die Lösung gebracht und mittels Pinzette mehreremal hin und her geschwenkt, um wirklich Be- netzung zu erzielen, was bei Paraffin enthaltenden Schnitten be- sonders nötig war. Das aufgelegte Deckglas wurde sofort an den Rändern abgedichtet. Die folgenden Zahlen geben an , wieviel Prozent von einer normalen Lösung von KNO3 die Flüssigkeit ent- halten muß, um Plasmolyse eben zu erzielen. A. Normale Pflanzen. , T- , ,. [ Collenchym 3-5 *V„ n, 7. Internodium t-. 1 \ rarenchym 35 „ „ ^ -r i T I Collenchym 35 „ „ n. Liternodium \ ^ , „. ' rarenchym 35 ,. „ ^ -r , T ( Collenchym 37,5 ,. „ 5. Internodium ^ , „„' ' Parenchym 37,5 „ „ ^ -r , ,. ( Collenchym 37,5 „ „ 5. Internodinm \ ^ , „„ . \ rarenchym 37, r» „ „ B. Paraffin- Pflanzen. Topfexemplar, 3. Internodium. Collenchym: 37,5 bis 40 7o n. Parenchym: normales nicht mehr vorhanden. Parenchym vvucherzellen: sehr wenige bei 35 "/o und 37,5% n, mehr bei 40 7o n viele erst bei 50 "/o und 60 ''/o n. CoUenchymwucherzellen : ganz farblose, typische Schläuche erst bei 60 7o li. Preiland, 5. Internodium. Collenchym: 40 7o n. Parenchym: 40 'Vo n. Parenchymwucherzellen: meist bei 37,5 ''.o, andere erst bei 50 bis 60-70% 11. CoUenchymwucherzellen: meist 37,5 7o n. über hypertrophische u. hyperplast. Gewebewucherungen an Sproßachsen usw. 253 Freiland, 4. Internodium. Collenchym: sehr wenig bei 40% n, meist bei 45% n. Parenchym: „ „ „ 40 ,, „, „ „ 45 „ „. Parenchymwucherzellen : wenige bei 40 und 45% n, meist bei 50 7o 11, andere auch dann noch nicht. Collenchymwucherzellen: nicht vorhanden. Hierzu ist folgendes zu bemerken: mit Collenchym und Paren- chym ist auch bei den paraffinierten Pflanzen normales, unver- ändertes Gewebe gemeint. Mit Parenchymwucherzellen sind kurzweg alle schon veränderten Parenchymzellen bezeichnet: von eben sich dehnenden oder teilenden Zellen bis zu typischen Schlauchzellen sind alle Übergänge vertreten. Die Zellen befinden sich demnach in ganz verschiedenen Wachstumsstadien und ganz verschieden engem Zusammenhang miteinander, die Intercellularen sind mit Paraffin angefüllt. Stärke und Chlorophyll ist bei jungen Wucher- zellen noch vorhanden, bei alten aber aufgelöst. Nur auf Grund dieser pathologischen Verhältnisse und der Ungleichwertigkeit der Zellen lassen sich die verschiedenen Zahlenwerte erklären, die zwischen 35 7o und 70% schwanken. Im allgemeinen ließ sich feststellen, daß die mehr normalen Zellen niedrigeren, die mehr Schläuchen ähnlichen höheren Druck aufwiesen. Bei etwa 65 °/o fängt die Plasmahaut an permeabel zu werden, dies äußert sich darin, daß die Plasmolyse allmählich zurückgeht; genaue Grenzen lassen sich jedoch nicht ziehen, man kann mit dem Mikroskop eben nur einen bestimmten Zellkomplex einstellen und dann (durch Zeichnung) kontrollieren, ob die Plasmolyse zurückgeht. Jeden- falls ließ sich fesstellen, daß es Zellen gab, deren Protoplast sich nach Vä- bis 2 stündigem Liegen in 60 "/o n noch immer in kon- trahiertem Zustand befand, und der nach Überführung in schwächere Lösungen wieder seine normale Lage einnahm. Zellen, die erst in höheren Lösungen (70% n, 75% n) plasmolysierten, zeigten durch Rückgang der Plasmolyse an, daß sie permeabel waren. (Der Salpeter konnte in einem Fall mittels der Diphenylamin- Schwefel- säureprobe nachgewiesen werden.) Dieselben Verhältnisse gelten auch für die abnormen Zellen, die aus dem Collenchym hervorgehen. Jüngerewaren 37,5 'Von isosmotisch, einige typische farblose Schläuche plasmolysierten erst bei 60%, n. Die Mehrzahl der richtigen, „aus- gewachsenen" Schlauchzellen aber zeigte auch bei Anwendung von 80, 90, 100, 125, 150 7o n überhaupt keine Abhebung: die Plasma- 254 E''"''*t Schilling, haut war permeabel geworden. Auch hier schien etwa 60 %n die Grenze zu bilden, wenn nämlich Zellen bei stärkeren Lösungen plasmolysierten, so zeigten sie doch später durch Rückgang ihre Permeabilität an. Zusammenfassend dürfen wir über unsere mit Paraffin behandelten Pflanzen aussagen: 1. unveränderte Rinden- gewebe zeigen eine kleine Druckerhöhung. 2. Wuchergewebe be- stehen aus Zellen, die .37,5 bis 60% KNO3 n isosmotisch sind, d. h. es ist eine Steigerung bis zu 20 7o eingetreten. 3. Ausge- wachsene Wucherzellen zeigen Permeabilität der Plasmahaut als Degenerationserscheinung. — Wir können uns nun vorstellen, daß die Druckerhöhung, die die normalen Gewebe erfahren, als Wachstumsreiz auf das Protoplasma wirkt. — Es war vorhin gesagt worden, daß, wenn wir von der nicht- bewiesenen Anhäufung von Mineralstoffen absehen, die Bildung der osmotisch wirksamen Substanzen durch Auflösung der Stärke er- folgen könne. Eine weitere Entstehungsmöglichkeit hängt mit der Atmung zusammen. Wenn wir voraussetzen, daß durch dünne Paraffin- oder Vaselineschichten im günstigsten Fall nur Spuren von Sauerstoff dringen könnten, so sind wir berechtigt, die Sauer- stoffversorgung unserer Gewebe als stark gehemmt, bei manchen Paraffinversuchen als unterbunden zu betrachten. Da andererseits die Zellen sich teilen und wachsen, so haben sie Energie nötig, und deshalb tritt dann hier nach unserer Meinung intramolekulare Atmung ein. Wenn wir nun auch genaueres hierüber nicht aus- sagen können, so können wir uns doch gut vorstellen, daß die auf- tretenden Produkte von Bedeutung sind: erstens können sie Sub- stanzen von hohem osmotischen Wert vorstellen, und zweitens können die gebildeten Stoffe als solche das Protoplasma zum Wachstum reizen. Neben gehemmter Transpiration kommt also auch Sauerstoff- mangel bei unseren Wucherungen in Frage. Damit stellen wir uns, wenn wir unsere Wucherungen in Parallele setzen mit den schon oft genannten, unter Wasser oder in feuchter Luft ent- stehenden Lenticellenwucherungen, teilweise in Gegensatz zu der Ansicht anderer Autoren. Nur Schenk (1889, S. 566 ff.) nimmt bei den von ihm beschriebenen Wucherungen Sauerstoffmangel als Reizursache an und vergleicht sie deshalb auch mit dem „Aeren- chym" der Sumpfpflanzen. Die späteren Autoren betonen vielmehr die unter Umständen günstige Wirkung von Sauerstoff und halten über hypertrophische u. hyperplast. Gewebewucherungen an Sproßachsen usw. 265 die Berührung der Zweige mit feuchter Luft oder Wasser für den unentbehrlichen Reiz (v. Tubeuf, 1898, S. 410, Küster, 1903, S. 74 ff.). Für die Rindenwucherungen bei Ribes aureum ist nach Sorauer (1907, S. 335£f.) „Wasserüberschuß" die Ursache, Th. Wulff (1908, S. 19) hält für das Zustandekommen der von ihm beschriebenen Himbeerkailose überreiche Stickstoff- und Wasser- zufuhr für wahrscheinlich. Eine eingehendere experimentelle Unter- suchung der Rindenwucherungen scheint uns indes noch nötig zu sein. In diesem Zusammenhang sei auch noch aufmerksam ge- macht auf eine Arbeit von Ritter (1913); dieser führt die bei Mucoraceen beobachtete Bildung von Riesenzellen auf die Wirkung von Säuren, und zwar speziell auf die Wirkung der Wasserstoffionen zurück (S. 373). Schließlich können wir noch fragen, wie es bei unseren Wucher- bildungen mit der Assimilation steht. Die Photosynthese wird hier in der Rinde, als ganzes betrachtet, nur eine geringe Rolle spielen, doch ist zu bemerken, daß z. B. die Parenchymzellen durch mehr oder minder reichlichen Gehalt an Chlorophyll ausgezeichnet sind, und daß eine Störung der Photosynthese hier für die einzelnen Zellen vielleicht von Bedeutung sein könnte. Auf die Dauer ist eine Photosynthese unmöglich gemacht (Schwinden des Chlorophylls), von den Vorgängen der Chemosynthese können wir nichts aus- sagen. Irgend eine geringe Assimilation wird, da Zellwachstum und Teilung stattfindet, wohl erfolgen. Vielleicht treten hier ähn- liche Wachstumsprozesse auf, die Roux als Vorgänge „rein dimensionalen Wachstums" bezeichnet hat (vgl. Küster, 1903, S. 68). Dieses soll im Gegensatz zum „Massenwachstum" nicht durch Ver- mehrung, d. h. Assimilation, sondern vornehmlich durch Umlagerung der bereits vorhandenen organischen Substanz gekennzeichnet sein. — II Weitere Erscheinuiig-eii. Außer den abnormen Gewebeänderungen traten durch Paraffin- und Vaselinebehandlung noch weitere Erscheinungen auf, auf die wenigstens ganz kurz hingewiesen werden soll. Dahin gehört die Bildung von Adventivwurzeln. Eine solche wurde beobachtet bei Samhucus, Spiraea, Salix (vgl. vorne), die Fälle waren ziemlich selten. Es wäre möglich, daß es, da durch Wucherung die Rinde als Leitungsbahn ausgeschaltet wird, zu einer übermäßigen An- 256 Ernst Schilling, häufung von plastischem Material kommt (wie bei Ringelung) und daß dadurch die Bildung angeregt wird. Hier scheinen aber noch andere Faktoren mitzuspielen, deren weitere Zergliederung nicht erfolgte. Bei GinJcgo bekamen die Blätter an Zonen, die im Frühjahr mit Vaseline überzogen waren , ganz abnorme Formen (vgl. Fig. 43), eine direkte Berührung der Knospen mit Vaseline hatte nicht stattgefunden. Wurden die Knospen absichtlich mit Paraffin oder Vaseline überzogen (bei Rihes), so blieben sie außer- ordentlich lange in ihrer Entfaltung gehemmt. Auch sonst zeigten bisweilen ganze behandelte Pflanzen starke Entwicklungshemmung: Aesculus-^YiQhe trieben verspätet und mit kleineren Blättern aus, Fig. 43. Gingko biloba. Abnorm ausgebildete Blätter infolge Vaselinebehandlung (natürl. Größe). manchmal erst im Herbst. Wenige Pflanzen vertrugen überhaupt kein Paraffin (GinJcgo). In einigen Fällen trat indirekt dadurch Schädigung ein, daß infolge Wucherbildung einzelne Zweige abge- worfen wurden oder umknickten (Spiraea, Rohinia, Samhucus). III. Wenn wir das Physiologische kurz zusammenfassen, können wir sagen: 1. Die an Sproßachsen beobachteten Wucherungen werden nicht durch chemische Wirkung von Paraffin und Vaseline verursacht, sondern 2. wahrscheinlich durch Transpirationshemmung; vielleicht auch noch durch Sauerstoffmangel. über hypertropliische u. hyperplast. Gewebewucherungen an Sproßachsen usw. 257 3. In den Wucherzellen herrscht verschiedener, aber höherer osmotischer Druck als in normalen Zellen. 4. Durch Überziehen der Zvveigoberfläche können auch Ad- ventivwurzeln und abnorme Blätter gebildet werden. Diese Arbeit wurde angefertigt im botanischen Institut der Universität Münster, auf Veranlassung und unter Leitung von Prof. Tobler, dem ich für das große Interesse, mit dem er die Arbeit ständig verfolgte, meinen aufrichtigen Dank sage. Ebenso schulde ich großen Dank Prof. Correns für hilfreiche Unterstützung und Herrn Privatdozenten Dr. Heilbronn für manchen Rat. Literatur-Verzeichnis. Burgerstein, A , 1904, Die Transpiration der Pflanzen (Jena). 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VII. über die keimungsauslösende Wirkung der Stickstoffsalze auf lichtempfindliche Samen. Von Gustav Gassner. I. Einleitung. Nachdem A. Fischer^) im Jahre 1907 durch seine Keimungs- untersuchungen an Samen von Wasser- und Sumpfpflanzen in be- sonderer Weise die Aufmerksamkeit auf die Bedeutung der Ein- wirkung chemischer Stoffe für die Auslösung des Keimungsprozesses gelenkt hatte, konnte zwei Jahre später B. Lehmann-) in der keimungsauslösenden Wirkung Knop scher Nährlösung einen weiteren sehr interessanten und für die Beurteilung der Frage der Licht- keimung vielleicht prinzipiell bedeutungsvollen Fall feststellen. Lehmann arbeitete in erster Linie mit den Samen von Raniinculus sceleratus und fand zunächst, daß die Keimung dieser Samen durch das Licht günstig beeinflußt wird; weiter aberstellte er fest, daß Knop sehe Nährlösung die Lichtwirkung insoweit zu ersetzen vermag, als die Samen auf dieser auch in Dunkelheit aus- zukeimen vermögen, während sie das auf destilliertem Wasser eben nur im Lichte tun. In ähnlicher Weise wie Nährlösung wirkte das Auslegen der Samen auf Erde, während wässeriger Erdauszug nicht oder kaum wirkte. Die keimungsauslösende Wirkung Knop- scher Nährlösung wurde von Lehmann auch für die Samen von Stellaria media festgestellt. 1) A. Fischer, Wasserstoff- und Hydroxylionen als Keimungsreize. Ber. d. Deutsch. Bot. Ges., XXV, 1907, S. 108 — 122. 2) E.Lehmann, Zur Keimungsphysiologie und -biologie von Ranwiculus scelera- tus L. und einigen anderen Samen. Ber. d. Deutsch. Bot. Ges., XXVII, 1909, S. 476—494. 17* 260 Gustav Gassner, 1911 habe ich dann selbst^) in der von mir eingehend auf Keimungsverhalten untersuchten südamerikanischen Graminee Chloris ciliata Samen kennen gelernt, deren Keimung ebenfalls in außerordentlichem Maße durch Nährlösung bezw. durch Erde ge- fördert wird. Bereits-) früher hatte ich gezeigt, daß das Licht für die Keimung von Chloris ciliata eine ausschlaggebende Rolle spielt. Wir haben also hier ähnliche Verhältnisse wie bei Ranunculus sceleratus. Wie die späteren Ausführungen dieser Arbeit zeigen, habe ich in den Jahren 1911 und 1912 in Oenothera biennis noch eine andere Pflanze angetroffen, deren Samenkeimung einerseits durch das Licht, andrerseits durch Knopsche Nährlösung günstig beeinflußt wird. Es ist also Tatsache, daß die Samen von Pflanzen sehr ver- schiedener Familien in bezug auf ihre Keimung durch Knopsche Nährlösung günstig beeinflußt werden; und da es sich bei diesen Samen gleichzeitig um solche handelt, deren Keimung durch das Licht gefördert wird, so muß die Feststellung der keimungs- auslösenden Wirkung Knop scher Nährlösung für die Theorie der Lichtkeimung von besonderer Wichtigkeit sein. Zum Verständnis des unzweifelhaft bestehenden Zusammenhangs zwischen Lichtkeimung einerseits und der keimungsauslösenden Wirkung der Nährlösung andrerseits ist eine nähere Analyse der Wirkungsweise der Nährlösung unbedingt erforderlich. Auch Lehmann^) hat diese Notwendigkeit erkannt und ist auch bereits der Frage näher getreten, in welcher Weise die keimungsfördernde Wirkung der Erde und der Knopschen Nährlösung zu stände kommt, insbesondere ob die Nährlösung als Ganzes einwirken muß, oder aber ob nur bestimmte Komponenten die Wirkung der Nähr- lösung bedingen. Lehmann hat „in dieser Richtung schon eine ganze Reihe von Experimenten angestellt, ohne aber bisher einen positiven Erfolg erhalten zu haben; geringe Vorteile gegen Wasser sind meist da, besonders bei Ca(N03)ä und KHaP04". Auf Grund seiner Versuche erklärt Lehmann es für „natürlich nicht ausge- 1) G. Gassner, Vorläufige Mitteilung neuerer Ergebnisse meiner Keimungs- untersuchungen mit Chloris ciliata. Ber. d. Deutsch. Bot. Ges., XXIX, 1911, S. 708 — 722. — Ders., Untersuchungen über die Wirkung des Lichtes und des Temperaturwechsels auf die Keimung von Chloris ciliata. Jahrb. d. Hanib. Wiss. Anst., XXIX, 1911, S. 1 — 121. 2) G. Gassner, Über Keimungsbedingungen einiger südamerikanischer Gramineen- samen. Ber. d. Deutsch. Bot. Ges., XXVIII, 1910, S. 350 — .S64. 3) Lehmann, a. a. 0., S. 493. über d. keiraungsauslösende Wirkung d. Stickstoffsalze auf lichtempfindliche Samen. 261 schlössen, daß die Einzelchemikalien in anderen Prozentsätzen oder auch mehrere zusammen doch noch die Wirkung der ganzen Nähr- lösung erreichen", fügt jedoch gleichzeitig hinzu: die „bisherigen Versuche machen dies aber nicht wahrscheinlich". Diese Ausführungen Lehmanns — neuere Untersuchungen in dieser Richtung liegen nicht vor — zeigen, daß die Frage nach der Art und Weise der Wirksamkeit der Knop sehen Nährlösung bisher durchaus offen ist. Diese Frage hat nun in den im folgen- den mitgeteilten Untersuchungen ihre Bearbeitung gefunden. Neben der speziellen Frage, in welcher Weise die Nährlösung, bezw. welche Komponenten der Nährlösung keimungsauslösend wirken, habe ich dann weiter das ganze Problem dadurch auf eine breitere Basis zu stellen versucht, daß ich nicht nur die in der Knop- schen Nährlösung enthaltenen Stoffe, sondern auch eine ganze Reihe anderer Chemikalien zur Untersuchung herangezogen habe und durch geeignete Versuche die Gesetzmäßigkeiten der Einwirkung chemi- scher Stoffe, insbesondere die Schwellenwerte der Konzentration festzustellen suchte. In bezug auf die technische Durchführung meiner in Hamburg in den Jahren 1911 und 1912 angestellten Untersuchungen habe ich Einiges bereits an früherer Stelle veröffentlicht^). Die Samen wurden stets in Petrischalen zur Keimung ausgelegt, abgesehen von den Versuchen auf Erde stets auf dem gleichen Fließpapier, näm- lich einer vierfachen Schicht des Fließpapieres Nr. 598 der Firma Schleicher und SchüU. Die Dicke der Schicht wurde vierfach gewählt, um einem zu schnellen Eintrocknen in den natürlich nicht hermetisch schließenden Petrischalen vorzubeugen. Das in den Petrischalen ausgelegte Filtrierpapier wurde bei Versuchsbeginn so stark angefeuchtet, daß es mit Flüssigkeit ge- sättigt war, ohne daß jedoch Flüssigkeit auf dem Filtrierpapier stand. Dieses richtige Anfeuchten erfolgt zweckmäßig in der Weise, daß man zunächst die Flüssigkeit im Überschuß zugibt und dann die Schalen so lange scharf abschwenkt, bis keine Tropfen mehr abspringen. — Da die Petrischalen bekanntlich nicht voll- ständig dicht schließen, so verdampft natürlich allmähUch ein Teil des im Filtrierpapier enthaltenen Wassers; dieser Wasserverlust muß durch entsprechendes Nachfüllen von Wasser ausgeghchen werden. Das richtige, weder zu geringe, noch zu starke Nachfüllen läßt 1) G. Gassner, Jahrb. d. Hamb. Wiss. Anst., 1911, S. 2—3. 262 Gustav Gassner, sich in durchaus einwandfreier Weise durch tropfenweises Zugeben von Wasser durchführen, indem das Aussehen des Filtrierpapieres seine Feuchtigkeitsverhältnisse richtig beurteilen läßt; man bekommt bei Keimungsversuchen sehr bald ein feines und richtiges Gefühl für die den Samen gerade zusagenden Feuchtigkeitsverhältnisse, die eben während der Versuchsdauer innegehalten werden müssen. Von besonderer Bedeutung ist natürlich die richtige Konstanz der Feuchtigkeitsverhältnisse für diejenigen Versuche, in denen das Filtrierpapier nicht mit destilliertem Wasser, sondern mit der Lösung irgendwelcher Stoffe getränkt ist; denn jede Verdunstung bedeutet eine Konzentrationssteigerung der gelösten Stoffe. Auch in diesem Fall wurde der Verdunstungsverlust durch tropfenweises Nachfüllen von Wasser ausgeglichen. Zum Nachfüllen wurde natürlich stets nur destilliertes Wasser benutzt, da ein Zugeben der gleichen Salzlösung die durch Verdunstung eingetretene Konzen- trationssteigerung nicht aufgehoben hätte. Die Versuchsergebnisse zeigen, daß die angewandte Methodik: Auslegen der Samen auf eine bestimmte Konzentration und Konstanthalten derselben durch entsprechendes Nachfüllen destillierten Wassers eine einwandfreie ist, daß also die durch Verdunstung vorübergehend eintretende und durch Zugabe destillierten Wassers wieder aufgehobene Kon- zentrationssteigerung die zulässigen Grenzen nicht übersteigt. In einigen Fällen wurden die Konzentrationsschwankungen auch zahlen- mäßig durch Wägung der Schalen und dementsprechende Berechnung ermittelt. So zeigte eine mit 0,01 Molekularlösung KNO3 beschickte Schale nach 48stündigem Aufenthalt bei 19" eine Konzentration von 0,0107. Die Feuchtigkeit wurde durch Auffüllen destillierten Wassers schätzungsweise auf den alten Stand gebracht; die Nach- prüfung ergab, daß hierdurch ein Sinken der Konzentration auf 0,0098 erzielt war. Nach weiteren 48 Stunden war die Konzen- tration wieder auf 0,0104 gestiegen; es wurde wieder destilliertes Wasser zugefügt, bis das Filtrierpapier nach dem Aussehen zu ur- teilen die ursprüngliche Feuchtigkeit wieder aufwies. Es ergab sich nunmehr eine Konzentration von 0,0099 usw. Es findet also bei der durchgeführten Methodik ein regelmäßiges Pendeln der Kon- zentration um einen Mittelwert statt, der unbedeutend höher ist als die jeweilige, in den Versuchsprotokollen vermerkte Anfangs- konzentration. Bei den Versuchen auf Nährlösung sowohl wie auf gewissen Salzlösungen stellte sich, bei längerer Versuchsdauer wenigstens, über d. keimungsauslösende "Wirkung d. Stickstoffsalze auf lichtempfindliche Samen. 263 das Auftreten von Pilzen und Bakterien als lästiger Übelstand heraus. Hier mußten dann von Zeit zu Zeit die Samen auf frisches Fließpapier, das natürlich mit der gleichen Lösung angefeuchtet war, umgelegt werden. Die Zeitabstände, innerhalb deren das Um- legen der Samen erfolgen mußte, hingen abgesehen von der Kon- zentration und Art der Lösung vor allem von den jeweiligen Keimungstemperaturen ab, indem das störende Auftreten von Pilzen bei höheren Temperaturen natürlich ein ungleich schnelleres war als bei tiefen. Zu Versuchen in Dunkelheit standen mir in den Jahren 1911 und 1912 folgende konstante Temperaturen zur Verfügung : lVä°, 5—6 0, 12», 19«, 24 0, 28 0, 33«, die niederen Temperaturen (bis zu 19 '') in geeigneten Kühlschränken, die nach meinen Angaben ge- baut waren, die Temperaturen von 24 — 33*^ in Thermostaten be- kannter Konstruktion. Wenn ich diese Temperaturen hier als „konstante" bezeichne, so muß hinzugefügt werden, daß absolute Konstanz mit den mir zu Gebote stehenden technischen Hilfsmitteln nicht erzielt wurde; es handelt sich in exakter Ausdrucksweise nur um Temperaturen, die in sehr unbedeutendem Maße um einen konstanten Mittelwert schwankten. Die Schwankungen waren meist geringer als +72*^; konstant 28" z. B. bedeutet also die Temperatur, die höchstens zwischen 27,5" und 28,6", meist nur zwischen 27,9" und 28,1" schwankte usw. Daß unsere gewöhnlichen Thermoregulatoren der- artige Schwankungen nicht ausschließen, dürfte allgemein bekannt sein. Neben Versuchen in Dunkelheit kamen auch solche mit Be- lichtung im Keimbett zur Durchführung. Auch bei diesen Ver- suchen wurde auf möglichste Konstanz der Temperatur besonderes Gewicht gelegt; geringe Schwankungen in dem oben angegebenen Umfang waren jedoch auch hier nicht ganz vermeidbar. Zur Untersuchung der Einwirkung von Tageslicht — es wurde stets nur diffuses Tageslicht verwendet — standen verschiedene Apparate zur Verfügung, welche die Untersuchung der Einwirkung des Lichtes bei konstanten Temperaturen ermöglichten: I. Ein Thermostat bekannter Konstruktion, durch dessen Glastüren die schräg gegen das einfallende Licht gestellten Schalen das Tageslicht empfingen. Gasheizung, Regulierung derselben durch Quecksilberthermoregulator. II. Ein nach meinen Angaben gebauter „Tageslichtapparat", der die Aufnahme einer großen Zahl von Schalen gestattete. Die 264 Gustav Gassner, Schalen befanden sich über einem heizbaren Wasserbehälter in leicht geneigter Lage; Abschluß nach oben wurde durch eine über den Schalen angeordnete abnehmbare Glasplatte und ein darüber befindliches aufklappbares Fenster bewirkt. Gasheizung, Regulie- rung derselben durch Quecksilberthermoregulator; zur Innehaltung tiefer Temperaturen Berieselungsvorrichtung der über den Schalen angeordneten Glasplatte mit gekühltem Wasser. III. Doppelglocken nach Art der Senebier sehen Doppelglocken, jedoch ungleich breiter und weniger hoch. Der Mantel wird mit Wasser (ev. mit Kaliumbichromat-, Kupferoxydammoniaklösung) ge- füllt, und bewirkt, daß geringe Schwankungen der Zimmertemperatur sich nur in sehr langsamer Weise dem Innenraum der Doppelglocke mitteilen. Da ferner die Aufstellung der Glocken in Räumlich- keiten erfolgte, die keine bedeutenden Temperaturschwankungen aufwiesen , so schwankten die unter den Glocken herrschenden Temperaturen höchstens um + 0,5 °. In der wärmeren Jahreszeit wurde in einigen Versuchen vorgekühltes Wasser durch den Wasser- mantel der Glocken geleitet und so konstante niedere Temperaturen bei gleichzeitiger Belichtung erzielt. — Ungleich komplizierter war der Apparat, welcher die Ein- wirkung starker künstlicher Lichtquellen bei beliebig einstellbaren konstanten Temperaturen ermöglichte. Die Wärmewirkung der Lichtquelle wurde durch Wasserfilter ausgeschlossen; die Heizung des Apparates erfolgte auf elektrischem Wege, und zwar wurde die Temperatur ohne Thermoregulator in einfacher aber durchaus exakter Weise auf konstanter Höhe (Schwankungen meist nur + 0,1°) gehalten. Eine Beschreibung dieses komplizierten „elek- trischen Lichtapparates" habe ich bereits früher in 'Aussicht ge- stellt und werde sie, ebenso wie eine solche der weiter oben er- wähnten Apparate in absehbarer Zeit an anderer Stelle veröffent- lichen. — Es ist eine selbstverständliche Forderung, und ich habe be- reits in früheren Arbeiten darauf hingewiesen, daß in allen Ver- suchen, in denen Keimungen in Dunkelheit einerseits und in Licht andrerseits miteinander in Vergleich gesetzt werden, in ganz be- sonderer Weise darauf zu achten ist, „die Lichtwirkung als solche, d. h. ohne gleichzeitig vorhandene störende Wärmewirkungen klar- zulegen. Alle Versuche mit Belichtung, sei es natürlicher Belich- tung durch diffuses Tageslicht — direktes Sonnenlicht wurde wegen der schwer völlig auszuschaltenden Wärmewirkung im allgemeinen über d. keimungsauslösende AVirkung d. Stickstoffsalze auf lichtempfiiuUiche Samen. 265 nicht verwendet — , sei es künstlicher BeHchtung durch verschiedene Lichtquellen, fanden bei fast ganz konstanten Temperaturen statt (Schwankungen < 1 ^). Versuche bei der gleichen Temperatur in Dunkelheit gingen den Lichtversuchen parallel, so daß Unterschiede in den Keimprozenten zwischen hell und dunkel gekeimten Samen tatsächlich auf das Licht und in keiner Weise auf Wärmewirkung zurückzuführen sind. Ich schicke diese Bemerkung mit voller Ab- sicht voran, um von vornherein dem Einwand zu begegnen, daß etwa auf Wärme zurückzuführende Wirkungen im folgenden als Lichtwirkungen bezeichnet sind. Was in der vorstehenden Arbeit auf Lichtwirkung zurückgeführt ist, besteht tatsächlich in einer Be- einflussung des Keimungsverlaufes durch das Licht, nicht durch Wärme« '). Auch an dieser Stelle sei also darauf hingewiesen, daß meine Versuche — es gilt das sowohl für die früher mitgeteilten wie die im folgenden zusammengestellten — in dieser Richtung vollständig einwandfrei sind. Ich bin in der Notwendigkeit, dies hier noch- mals mit Nachdruck zu betonen, weil neuerdings Baar^) meinen früheren diesbezüglichen Ausführungen nicht die entsprechende Be- achtung geschenkt hat. Nach Baar wurde nämlich „in den Ver- suchen von Gassner nicht sicher gestellt, ob das Licht spezifisch durch die leuchtenden Strahlen wirkt". Die Gefahr, daß diese den Tatsachen in keiner Weise gerecht werdenden Ausführungen Baar 8 irreführend wirken könnten, dürfte ja im Hinblick auf das in meinen früheren Arbeiten mitgeteilte Tatsachenmaterial kaum vorliegen; immerhin schien es mir richtig, die irrtümliche, oder doch zum mindesten mißverständliche Referierung meiner früheren Ar- beiten von Seiten Baars als solche zu kennzeichnen. — Es ist im obigen nur von Versuchen mit konstanten Tempe- raturen die Rede gewesen. Neben diesen Versuchen mußten nun noch aus Gründen, auf die erst später eingegangen werden kann, in weitgehendem Umfang Versuchsreihen mit regelmäßigen Tempe- raturschwankungen, sog. „intermittierenden Temperaturen" durch- geführt werden. Hierfür standen Spezialapparate nicht zur Ver- fügung, waren auch nicht nötig; der Temperaturwechsel wurde in 1) ü. Gassner, Jahrb. d. Hamb. Wiss. Anst., 1911, S. 3. 2) H. Baar, Über den Einfluß des Lichtes auf die Samenkeimung und seiue Ab- hängigkeit von anderen Faktoren. Sitz.-Ber. d. Kais. Akad. d. Wiss., "Wien, Bd. 121, 1912, S. 34. 266 Gustav Gassner, sehr einfacher Weise so durchgeführt, daß die Schalen während bestimmter Tagesstunden in der einen, während der übrigen Tages- stunden bei einer anderen konstanten Temperatur gehalten wurden. — Zu jeder einzelnen Versuchsreihe wurden mindestens zwei Petri- schalen zu je 100 Korn, vielfach drei oder auch vier Petrischalen ä 100 Korn verwendet, um brauchbare Durchschnittswerte zu erhalten. Es sei bei dieser Gelegenheit einmal auf die schon längere Zeit zurückliegenden Untersuchungen und Berechnungen Rodewalds ^) verwiesen, der zeigte, daß die Zahl der Versuche nicht zu gering bemessen werden darf, wenn man aus den Keimungsergebnissen ver- gleichbare Schlüsse ziehen will. Versuche mit je einer Schale ge- statten im Hinblick auf die möglichen Versuchsfehler nicht immer einwandfreie Schlüsse, ein Umstand, dem in Keimungsuntersuchun- gen leider nicht immer die genügende Beachtung geschenkt wird. Um auch bei größeren Versuchsserien — es wurden zuweilen an einem Tage mehr als 500 Petrischalen ä 100 Korn angesetzt, also mehr als 50 000 einzeln abgezählter Samen innerhalb weniger Stunden ins Keimbett ausgelegt — einen möglichst gleichzeitigen Versuchsbeginn der einzelnen Schalen zu gewährleisten, waren die zu den Versuchen bestimmten Samen vor Versuchsbeginn fertig ab- gezählt und brauchten am Versuchsbeginn nur auf das Fließpapier der Schalen ausgeschüttet und dort regelmäßig verteilt zu werden. Die Auszählung und Entfernung der keimenden Samen wurde im Lauf jedes Versuches mit teilweiser Ausnahme der Sonntage täglich vorgenommen, bei welcher Gelegenheit auch die Feuchtigkeit der Schalen kontrolliert und gegebenenfalls durch Nachfüllen destillierten Wassers auf den richtigen Stand gebracht wurde. Durch die täg- liche Feststellung der eingetretenen Keimungen wurde ein lücken- loses Bild des Keimungsverlaufes während der ganzen Versuchsdauer gewonnen, und diese täglich vorgenommenen Ablesungen ermög- lichen es mir jetzt, nicht nur* die in den einzelnen Versuchen er- haltenen Keimprozente, sondern auch die durchschnittliche Keimungsgeschwindigkeit der zur Keimung gekommenen Samen mitzuteilen. Damit aber ist ein für die Beurteilung des Keimungs- versuches besonders wichtiges weiteres Datum gewonnen; die Mit- teilung des Keimungsbeginns und der durchschnittlichen Keimge- 1) Kodewald, Über die Fehler der Keimkraftprüfungen, I u. II. Landw. Ver- suchsstationen, XXXVI, 1889, S. 105 — 112 u. 215—227. — Ders., Zur Methodik der Keimprüfungen. Ebenda, XLIX, 1898, S. 257 — 282. über d. keinuingsauslösende Wirkung d. Stickstoffsalze auf lichtempfindliche Samen. 267 sch windigkeit gestattet — einen stetigen Verlauf der Keimungs- kurve vorausgesetzt, was in den in der folgenden Arbeit enthaltenen Versuchen der Fall ist — einen Überblick über den Verlauf der Keimung, ohne daß eine Mitteilung der an den verschiedenen Tagen eingetretenen Keimungen im einzelnen nötig ist; eine solche Mit- teilung der einzelnen Keimungen wäre im Hinblick auf den Umfang meiner Versuche schlechterdings unmöglich. Von dem Umfang meiner Hamburger Versuche, die sich aller- dings nicht nur auf die in der folgenden Arbeit behandelten, sondern auch auf anderweitige teils schon veröffentlichte, teils erst in späteren Veröffentlichungen wiederzugebende Fragen erstreckten, möge noch die Tatsache einen Begriff geben, daß täglich durchschnittlich etwa 1000 Petrischalen ä 100 Korn auf eingetretene Keimungen abge- lesen wurden. Diese Ablesungen, das Auszählen und Auslegen der Samen und die sonstigen damit in Zusammenhang stehenden Ar- beiten wären für mich allein zu viel gewesen; ich bin der Leitung der Hamburger Botanischen Staatsinstitute, den Herren Prof. Zacharias -f, Fitting und Voigt zu Dank verpflichtet, daß sie mir in Fräulein Wen dt eine Hilfskraft zur Verfügung stellten, die mir bei meinen Arbeiten in überaus gewissenhafter und dankens- werter Weise assistierte. II. Versuche mit Samen von üaminctilus sceleratus. A. Allgemeines über die Einwirkung von Temperatur und Licht auf die Keimung von Ranunculus sceleratus. Im Hinblick darauf, daß Lehmann^) speziell für die Samen von Ranunculus sceleratus eine keimungsauslösende Wirkung Knop- scher Nährlösung beobachten konnte, habe ich ebenfalls Samen dieser Pflanzenart als Ausgangsmaterial für meine Untersuchungen gewählt. Das von mir verwendete Material habe ich unter freundlicher Unterstützung durch Herrn Obergärtner Hildebrand-Hamburg, dem ich auch für die Angabe des Standortes zu Dank verpflichtet bin, am 5. Juli 1911 auf dem Priwall bei Travemünde gesammelt. Außerdem kamen noch Proben von drei anderen Standorten, nämlich Puhlsbüttel bei Hamburg, Cuxhaven und aus der Nähe des 1) Lehmann, Zur Keimungsphysiologie und -biologie von Eanunculus sceleratus L. und einigen anderen Samen. Ber. d. Deutsch. Bot. Ges., XXVII, 1909, S. 476—494. 268 Gustav Gassner, Passader Sees (Probstei) zur Untersuchung, die beiden letzteren im Hinblick darauf, daß Lehmann mit Material aus diesen Gegenden gearbeitet hatte. Die an diesen verschiedenen Punkten gesammelten Proben verhielten sich genau wie das auf dem Priwall gesammelte Material; daher kann ich mich darauf beschränken, im folgenden nur die Versuche mitzuteilen, welche mit dem am 5. Juli auf dem Priwall gesammelten Material ausgeführt sind. Es sind das auch die bei weitem umfangreichsten Versuchsserien, da das auf dem Priwall gesammelte Material das übrige an Menge um ein Viel- faches übertraf. Bevor ich nun auf die Versuche , in denen die Samen von Ranuncuhis sceleratus auf Knop scher Nährlösung und verschie- denen Salzlösungen zur Keimung ausgelegt waren, eingehen kann, ist eine Darlegung der allgemeinen Keimungsbedingungen dieser Samen notwendig. Lehmann verdanken wir, wie bereits oben erwähnt, die An- gabe, daß die Keimung von Ranunculus sceleratus durch das Licht in nennenswerter Weise gefördert wird; in einem Versuch vom 20. IL 08 kamen von 100 Samen im Licht 49, in Dunkelheit 0 zur Keimung. Die Nachprüfung der Lehmann sehen Angaben ergab nun, daß in der Tat das Licht keimungsauslösend wirkt; es stellte sich jedoch weiter heraus, daß diese keimungsauslösende Wirkung nur unter ganz bestimmten Temperaturbedingungen zutage tritt. Lehmann^) gibt allerdings auch später noch an, daQ Rammcuhis sceleratus einen Fall darstellt, „wo Temperaturdifferenzen, zumindest in früheren Nachreifestadien, die Lichtwirkung wenig oder gar nicht modifizieren — abgesehen dann, wenn Temperatur und Sub- stratwiikung verbunden sind"; demgegenüber zeigen jedoch die im folgenden mitgeteilten Versuche in ganz unzweifelhafter Weise, daß gerade bei Ranunculus sceleratus, und auch in frühen Nachreife- stadien die Lichtwirkung in außerordentlichem Maße von den be- sonderen Temperaturverhältnissen abhängig ist, und daß nur die Erkenntnis, daß Temperatur- und Lichtwirkung sich gegenseitig be- dingen, uns die Möglichkeit in die Hand gibt, der Frage der keimungsauslösenden Wirkung der Knop sehen Nährlösung in exakter Weise näher zu treten. 1) E. Lehmann, Über die Beeinflussung der Keimung lichtempfindlicher Samen durch die Temperatur. Zeitschr. f. Bot., IV, 1912, S. 488. über d. keimungsauslösende Wirkung d. Stickstoffsalze auf lichtempfindliche Samen. 269 Tabelle 1. Versuche in Licht und Dunkelheit bei konstanten Temperaturen. Samen auf Fließpapier mit destilliertem Wasser. Zahl Beginn des Schluß des Kon- stante Art der Beleuch- Keimprozente § Versuchs-Nr. der Tempe- _c - "o Jf Versuches Versuches tung im Keimbett N 'S S "^ Samen "G B " 2532, la b 2 X 100 31. VII. 11 15. X. 11 33 diffuses Tageslicht 0, 0 0 5a b „ 11 23 — 24 11 11 0 0 0 2 a b „ „ 33 in Dunkelheit 0 0 0 3a b 1) „ 28 11 11 0 0 0 4a b 11 „ 24 11 11 0 0 0 6 a b „ 11 19 n 11 0 0 0 7a b » „ 11 12 11 11 0 0 0 0 2567, 6a b 2 X 100 25. VIII. 11 26. X. 11 33 diffuses Tageslicht 0 0 7a b n „ n 22—23 n 11 0 0 0 la b n „ 11 33 in Dunkelheit 0 0 0 2a b n 11 11 28 11 11 0 0 0 3a b „ 11 11 24 11 11 1 0 0,5 4a b 11 11 11 19 11 11 0 0 0 5a b 11 n 11 12 11 11 0 0 0 0,3 2845, la — c 3 X 100 7. XI. 11 15. IV. 12 19 diffuses Tageslicht 1, 0 0 2a — c 11 11 22. XII. 11 28 11 11 0, 0 0 0 2854, la b 2 X 100 11 15. IV. 12 12 in Dunkelheit 0 0 0 2a b „ 11 11 19 « 11 0 0 0 3 a, b „ 11 11 28 11 n 0 0 0 0 2974, la, b 2 X 100 22. XII. 11 9. II. 12 16 — 17 diffuses Tageslicht 0 0 4a — c 3 X 100 „ 11 16 — 17 in Dunkelheit 0,0 0 0 0,7 3041, 5a — c 3 X 100 3. II. 12 15. IV. 12 19 diffuses Tageslicht 0, 1 1 6a — c 11 „ 11 28 11 11 0, 0 0 0 la- — c 11 11 29. IV. 12 12 in Dunkelheit 0, 0 0 0 2a — c 11 11 19 11 11 0, 1 0 0,3 3a — c n n „ 24 11 n 0, 0 0 0 4a — c 11 „ 11 28 11 n 0,0 0 0 0 3051, la — c 3 X 100 25. I. 12 26. IL 12 26 Osramlicht 600 NK 0,0 0 3a — c 11 11 11 26 in Dunkelheit 0, 0 0 0 0 3199, la — c 3 X 100 16. IV. 12 1. V. 12 28 Osramlicht 600 NK 0,0 0 3a — c 11 11 n 28 diffuses Tageslicht 0, 0 0 0 2a — c " n 11 28 in Dunkelheit 0, 0 0 0 3191, la. b 2 X 100 17. IV. 12 22. VII. 12 28 diffuses Tageslicht 0 0 0 2 a, b „ 11 „ 20 — 21 0 0 0 3 a, b „ 28 in Dunkelheit 0 o| 0 4 a, b „ 24 11 11 0 0 0 5 a, b n 11 „ 19 11 11 0 0 0 0,3 3340, 5 a- — c 3 X 100 13. VI. 12 22. VII. 12 28 diffuses Tageslicht 0, 1 0 6 a- — c 11 „ 1. VIII. 12 21—22 2, 0 0 0,7 la- — c „ 11 „ 28 in Dunkelheit 0,0 0 0 2a — c 11 11 11 24 n n 0, 0 3 1,0 3a — c „ 11 11 19 0, 0 0 0 4a — c 11 11 n 12 n 11 0,0 0 0 3564, la — c 3 X 100 26. VII. 12 25. IX. 12 33 diffuses Tageslicht 0,0 0 0 2a — c 11 11 11 33 in Dunkelheit 0, 0 0 0 270 Gustav öassner, In Tabelle 1 (S. 269) gebe ich zunächst eine Zusammen- stellung von Versuchen, in denen die Samen von Ranunculus sceleratus teils in Dunkelheit, teils in Licht (diffuses Tageslicht bezw. künstliche Lichtquellen) bei konstanten Temperaturen aus- gelegt waren. In den vorstehend erwähnten Versuchen mit konstanten Temperaturen sind nun fast gar keine Keimungen erfolgt, weder in Dunkelheit noch in Licht. Ein keimungsauslösender Ein- fluß des Lichtes ist also nicht festzustellen. Daß von einer mangelnden Keimfähigkeit des in den Versuchen verwen- deten Samenmateriales nicht die Rede sein kann, ergeben schon die folgenden Versuche und geht dann in noch höherem Maße aus den später mitgeteilten Versuchsreihen hervor, in denen Kei- mungen von mehr als 80 Vo ohne Schwierigkeiten erzielt werden konnten. Stellen schon die bisherigen Beobachtungen, in denen es nicht gelang, durch Belichtung im Keimbett Keimungen auszulösen, einen anscheinenden Widerspruch zu den Befunden Lehmanns dar, so gilt das in dem gleichen Maße für die folgenden Versuche, in denen Samen von Ranunculus sceleratus, die auf Fließpapier mit destil- liertem Wasser zur Keimung ausgelegt waren, gerade in Dunkel- heit, wenn auch nicht mit den maximalen, aber doch mit sehr beträchtlichen Prozenten zur Keimung gebracht wurden. Nach Lehmann keimen die Samen in Dunkelheit nur, wenn man sie auf Erde bezw. auf Nährlösung auslegt. Es gelingt jedoch, sie auch auf destilHertem Wasser in nennenswertem Maße zur Kei- mung zu bringen, wenn man sie in geeigneter Weise mit inter- mittierenden Temperaturen behandelt. In den folgenden Versuchen wurden die mit den Samen beschickten Schalen täglich 4 Stunden, nämlich von 10 Uhr Vorm. bis 2 Uhr Nachm. bei der einen, während der übrigen Zeit bei einer anderen Temperatur gehalten. Die Ergebnisse eines Teiles meiner in dieser Weise durchgeführten Versuche sind in der folgenden Tabelle 2 (S. 272 und 273) zu- sammengestellt. In den nachstehenden Versuchen (Tab. 2) sind verschiedene Tem- peraturen und Temperaturdifferenzen zur Anwendung gekommen. In jeder einzelnen Versuchsreihe zeigt sich übereinstimmend, daß Keimungen in nennenswertem Maße ausgelöst werden, wenn erstens das bei der intermittierenden Behandlung angewendete Temperatur- intervall ein genügend großes ist; regelmäßiger Temperaturwechsel über (1. keimungsauslösende Wirkung d. Stickstoffsalze auf lichtempfindliche Samen. 271 zwischen 28° und 12°, oder aber zwischen 19° und 5/6° wirkt keimuugsauslösend, ein solcher zwischen 28° und 19° bezw. zwischen 19° und 12° dagegen nicht oder doch nur in ganz schwachem Maße. Zweitens aber ist es für das Keimungsergebnis nicht gleich- gültig, in welcher Weise die intermittierenden Temperaturen an- gewandt werden, d. h. welche Temperatur die längere und welche die kürzere Zeit täglich einwirken muß; man muß vielmehr die intermittierenden Temperaturen in der Weise zur Anwendung bringen, daß die Samen die kürzere Zeit bei höheren, die längere bei niederen Temperaturen gehalten werden, wenn man Keimungen erzielen will. 4 Stunden täglich 28° — 20 Stunden 12° bewirken Keimungen, die je nach Nachreife der Samen 20,3 bis mehr als 50% betragen; die umgekehrte Be- handlung 4 Stunden 12° — 20 Stunden 28° löst fast gar keine Keimungen aus. Es ist nun nicht meine Absicht, hier eine Darlegung der Gesetzmäßigkeiten der Einwirkung des Temperaturwechsels auf die Keimung der Samen zu geben; die Bearbeitung der ein- schlägigen Fragen ist experimentell längst abgeschlossen, muß jedoch einer besonderen Veröffentlichung vorbehalten bleiben. An dieser Stelle sei eben nur festgestellt, daß die Samen von Ranunculus sceleratus auch auf destilliertem Wasser in Dunkel- heit zur Keimung zu bringen sind, und daß den Temperatur- verhältnissen in besonderem Maße Aufmerksamkeit zugewendet werden muß. Ich wende mich nun zunächst wieder der von Lehmann ge- machten Angabe zu, daß die Samen von Ranunculus sceleratus durch das Licht in der Keimung gefördert werden. In den bisher wiedergegebenen Versuchen fanden wir das nicht bestätigt, da Be- lichtung im Keimbett nicht keimungsauslösend wirkte, während andrerseits geeignete Temperaturschwankungen die Samen auch in Dunkelheit zur Keimung schreiten ließen. Es gibt nun aber in der Tat doch eine überaus deutliche keimungsauslösende Wirkung des Lichtes; nur liegen eben die Ver- hältnisse in keiner Weise so einfach, wie es nach den relativ ge- ringen, auch nicht mit entsprechender Berücksichtigung der Tempe- raturschwankungen durchgeführten Versuchen Lehmanns scheinen könnte. 272 Gustav öassner, (V a> c c3 ® EH 03 Z^ CM .rt rö .^ Ph o o T-l O ''S 8 Dui hnit Keil c 03 «T cT hT CO o~ a SP .5 '" s &c — CO c; t- X CO „ CO t~ 8 -* o C3 IM o ll c a * ■^ b< CO «T ^ o" ■*" o" o CO ■>* o" o' ^'' o" CO •* •o o o o C5 o o o o o ^ => = a (N OC Ci 00 m X ■^ j •^ ■^ •<* ■* •* 'J« -* >* "t '^ •>* ■* -^ ;-< = r^ M Xi -«1 a ö _« 'S) " P C 'S) s: p ^ 'S) c K C :c8 :c3 :cs 1 H H H ^ ^ ■ ■^ IM CO CO ^ ^_, CO ri ,-H t^ r3 O) ö 3 Sh hH p p c f: c K M c c c 'So ;> > lO O eo (M '"' '"' h O o o -ö 3 o o 0^ rH 1— 1 rH 3 s CS X p ' "= X t; c K X c s c 'S 'J2 N CO CO eo « o U o iJ i) ^ U o 1> o « öl 1 1 1 1 1 1 1 1 1 1 1 1 C8 Ca c3 Ca Ca CS 03 CS 03 es CS 03 z; '"' N «0 •>* "^ IM CO 't CO 'H 1-1 A 00 ©« o C5 IM 8 in 8 o IN «o o •41 o in 8 in 8 t— Ci l-H l-< t— -* «-< o o •>* SJ ^ Oü CO C5 00 (M 1-H o in M * OM SO CO (N (M so 00 CO CO (M CO « Kl 00 8 X 8 -* - !>• t- t>- 09 t- r» I>- o r» I>- ©9 »* la >* t1 09 O O ^« 09 o »(9 09 O 09 © 09 fU n^ F^ ■<* «9 O © "t: © 09 »O O «« 1—1 tO 09 «0 CD !M N 't o - CD o CO t- - o in in O - - CO •<* M< CO CO o 05 CO o CO -' in o" in -<'■ IN*" o eo" in so in o" 00 o" Co" (n" t^ ■* --■" ■*" -'" CO IM ©" o" CO o ■* CO ^ in" in" '-' Co" so d" in irT '*" o co" in o in" im" icf CD "^ cd" in" o o o o „ o o o „ o o o - o = o o = o o o o o o IN 00 OS 00 (M 00 C5 00 5<1 CO O 00 CD C^ IN C5 IN 00 O CO --1' 00 CO CO '^ (M ^ * «* -* -* -* ■«)' ij< <* ■>* •* j- Ä Ä j3 .a ^ bo = = c bt - - ^ bo t C c "bc - c " 60 *-■ *-■ r ho K r = :s3 :c« :« ::3 :cs H H H H r^ H ^ ffl IN IN N IN >< " " " C P c > B = C t-H t>- K = s: ^ = c = 1— ( . = ■M X CO IM IN >n IN in N t> s X X X X X X O o 1 o « a « o o o Ci ü 1 O 1 o o 1 « o ^ ,Q rO ^ 1 Ca 1 CS 1 CS 1 CS CS 1 CS CS CS 1 CS CS CS 03 1 CS 1 CS CS 1 CS es 1 cS CS CS cs" cs" es" es" CO 'it ^ IM ^ S1 eo »* -^ IN CO ■^ '-I IN CO ■<* ■^ IN eo ij« ^ 54 eo -* eo" CD CO IM a^" a* C3 Ol o^ in o 00 cr3__ co^ T-i 1 ^ t-^ TjT r-T o' «D -jT Co t-T t-^ cT t-^ »* eo' oT cT t-T Ci eo in" -*" Q Ä M T-( * Ol ^ Ol CO Ol Ol SuuiuiaM a> ^ ho O CJ (M C-- O W5 00 CO C5oco>n ooicot- in -^ o Ol jap uuiSag; h T-H ^ ^ CO ^ rH (M .^ rt ^ s SO © !>• t^ CO t'» i^ o ?o i" © I- »s_ eo t^ «0 i^ © © CO 15 O'^'JO'©' « 1« ©" \£ r^ Oi ©' i*' i-h" © >* © ©' iC iC o S p »o X) 50 -4^ lO 1 CC 1^ X i* ■* 1^. u5 a^ g « t- -rt «D O •^ t>- m o Ol O O r-l O rt Ol o Ol in CO eo S. ■* 00 eo ■>* CO 00 CO 00 t- "* t- in 1-1 s u ^ rS ^ «• r- ^ - ^ — -- w ^ ^ ^ - »^ r- r- ^ ^ ^ ^ 'S Ci i-H (M O <£i CO (N C2 CO in Ol ■<* in o c£> o O" Cl C-^ CO ri N ,£3 >o (» (N <* •«* 00 t^ 00 t- •«* c- in ^ irf T-T eo" <>r oT t>^ irT co" oT cT oö" cT cT o~ CO T-T o t-^ cT cT a> '^ CO -^ CO lO t- t- £>- t~ CO t- in CO o o o = o o o c o = o o o o o o CO«© c (>J 00 C5 CO (M CO 03 CO Ol CO C5 00 CO C3 Ol 03 CO C-. 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'S) „ ^ E :cs " " "^ J - = == CO t- i-^ t-^ I ci C-; .^ C o O o ^ 'o c o o o o Ö 03 *-H 1-H ^H 1—« 1—t 3 s ^ . . = X ^ '^ '^ X " = ^ X ^ ^ "= X ^ '^ ^ N CO CO CO CO c: 0 o o o 1 1 1 1 « u « « 1 1 1 1 O U i) o 1 1 1 1 O U « 13 1 1 1 O i3 13 O 1 1 1 1 ^ 1 I 1 1 CS CS CS CS 111' ^ ^ Ca ^ 1 1 1 1 CS cS cS cS 1 1 1 1 cS CS CS CS 1 1 1 1 CS CS CS CS Ö ^ -1 (N CO •«* -^ Ol CO "* ^ at cfi -41 «5 -^ ^ Ol eo -«i« 1-1 IN ^ OJ (N o eo O >■ B ■£Jo « ^hnittl. ige- ligkeit Versuchs- Nr. der einzelnen im Durch- Durchs* Kein schwinc Schalen schnitt Tage Tage Fließpapier mit destilliertem Wasser: 3062, 3a, b 2 X 100 tägl. 4 Std. (lOV.— 2 N.) Tageslicht 19", 20Std.(2N.—10V.) Dunkel 5/6° 78, 80 16 79,0 27,36 4 a, b 71 tägl. 4 Std. (10 V.- 2 N.) Dunkel 5/6°, 20 Std. (2N.— lOV.) Tageslicht 19° 8, 6 7,0 10 26,08 la, b 11 tägl. 4 Std. (10 V.— 2 N.) Tageslicht 19°, 20Std. (2 N.—IOV.) Dunkel 12° 66, 64 65,0 10 20,44 2 a, b I) tägl. 4 Std. (10 V. — 2 N.) Dunkel 12°, 20 Std. (2 N.— lOV.) Tageslicht 19° 21, 25 23,0 9 23,12 Fließpapier mit schwacher Nährlösung: 3063, 3 a, b 2 X 100 tägl. 4 Std. (10 V.— 2 N.) Tageslicht 1 9 ", 20 Std. (2 N.— 1 OV.) Dunkel 5/6 " 79, 71 75,0 15 26,07 4 a, b 51 tägl. 4 Std. (10 V.— 2 N.) Dunkel 5/6°, 20 Std. (2 N.— lOV.) Tageslicht 19° 68, 70 69,0 9 26,03 la, b 11 tägl. 4 Std. (10 V. — 2 N.) Tageslicht 19°,20Std. (2N.— 10V.)Dunkell2° 84, 88 86,0 11 19,50 2 a, b 11 tägl. 4 Std. (10 7. — 2 N.) Dunkel 12°, 20 Std. (2 N.— lOV.) Tageslicht 19° 84,75 79,5 8 22,76 Bei der intermittierenden Behandlung täglich 4 Std. 28 ° — 20 Std. 12^ genügt also sowohl die angewandte Belichtung im Keim- bett, wie die angewandte Nährlösung, um jede für sich die maxi- malen Keimprozente auszulösen. Bei den übrigen intermittierenden Behandlungsweisen, die in Dunkelheit auf destilliertem Wasser fast gar keine Keimungen geben, erzielt sowohl die Behandlung der Samen mit Tageslicht, wie das Auslegen der Samen auf Nährlösung jede für sich eine deutliche 294 Gustav Gassner, Steigerung der Keimprozente gegenüber Keimung auf destilliertem Wasser -|- Dunkelheit; die vollen Keimprozente werden jedoch hier erst dann ausgelöst, wenn Tageslicht und Nährlösung zusammen zur Einwirkung gebracht werden. Tageslicht und Nährlösung wirken also in dem gleichen Sinne und addieren sich in ihren Wirkungen. Genau das gleiche tritt uns bei einem Vergleich der in Tabelle 10b dargestellten Versuchsreihen mit den Ergebnissen der gleichzeitig angestellten und in Tabelle 7 b bereits früher mitge- teilten Versuche 3060 und 30H1 entgegen. Und wenn wir im Hin- blick auf die Abhängigkeit der Keimungsergebnisse von der An- wesenheit von Temperaturschwankungen weiter oben das Ergebnis der Einwirkung des Lichtes bezw. der Nährlösung dahin ausdrücken konnten, daß jeder dieser Faktoren die Samen von Ranunculus sceleratns gegenüber Temperaturschwankungen empfindlicher macht, so können wir jetzt weiter sagen, daß eine kombinierte Anwendung von Tageslicht und Nährlösung die Empfindlichkeit der Samen gegenüber Temperaturschwankungen potenziert. Diese Feststellung muß vielleicht herangezogen werden, um das Verhalten der Samen auf Nährlösung im belichteten Keimbett bei konstanten Temperaturen richtig zu verstehen. Tabelle 10a ent- hält bereits Versuche dieser Art, deren Parallelversuche auf destil- liertem Wasser früher in Tabelle 3 b, Versuchs -Nr. 2920, mitgeteilt sind; einige weitere Versuche sind im folgenden, in Tabelle 11, zusammengestellt (S. 295). Es war bereits früher festgestellt, daß Nährlösung allein bei konstanten Temperaturen nicht keimungsauslösend wirkt: es war weiter festgestellt, daß auch Tageslicht allein bei konstanten Tem- peraturen keine Keimungen bewirkt. Werden nun aber, wie in Tabelle 10a und 11 Nährlösung und Tageslicht kombiniert, so er- folgen Keimungen auch bei konstanter Temperatur. Diese Kei- mungen sind ja nicht derartig hohe, wie bei Anwendung von Temperaturwechsel, auch ist der Keimungsverlauf, wie ein Ver- gleich der durchschnittlichen Keimgeschwindigkeit zeigt, ein un- gleich langsamerer. Jedoch bleibt die Tatsache bestehen, daß Keimungen bei konstanten Temperaturen dann eintreten, wenn die auf Nährlösung ausgelegten Samen der Einwirkung des Tages- lichtes ausgesetzt werden. Wir hätten hier also eine Ausnahme von der bisher beob- achteten Regel, daß Teraperaturschwankungen irgendwelcher Art über (1. keimungsauslösende Wirkung d. Stickstoffsalze auf lichtempfindliche Samen. 295 Tabelle 11. Versuche in Licht (diffuses Tageslicht) und in Dunkelheit bei konstanter Temperatur von 19" bezw. 28*^. Samen auf Fließpapier mit destilliertem Wasser bezw. mit Nährlösung. Nr. 3064 u. 3065: Versuchsbeginn: 9. 1. 12, Versuchsschi.: 29. IL 12. Nr. 3055 u. 3056: „ 24. L 12, „ 6. IIL 12. Zahl der Samen Belichtung und Art des Substrates Keimprozente 1 ^ "So '"^ 1 ä.l Versuchs- Nr. der im einzelnen Durch- Durchsc Kein schwint Schalen schnitt Tage Tage 3 >, 100 in Dunkelheit bei 19° auf destilliertem "Wasser . . 0, 0, 0 GO 3064, la— c 0 OD 2 a— c „ auf schwacher Nährlösung 0, 0, 0 0 OD 'X 3a- c 11 auf starker Nährlösung . . 0, 3, 1 1,3 21 28,00 in Tageslicht bei 19" 3065, 1 a — c 3 X 100 auf destilliertem "Wasser . . 0, 0, 2 0,7 12 14,50 2a-c 11 auf schwacher Nährlösung 35, 44, 30 363 10 31,02 3a- c 11 auf starker Nährlösung 65, 07, 71 67,7 9 35,48 in Dunkelheit bei 28° 3056, la-c 3 ■; 100 auf destilliertem Wasser 0, 0, 0 0 00 X 2 a — c 11 auf schwacher Nährlösung 0, 0, 0 0 X X 3a - c 11 auf starker Nährlösung . . 1, 0, 0 0,3 27 27,00 in Tageslicht bei 28° 3055, la— c 3 X 100 auf destilliertem Wasser . . 1, 0, 0 0,3 16 16,00 2a-c „ auf schwacher Nährlösung 11, 9, 10 10,0 12 20,27 3 a— c n auf starker Nährlösung 47, 43, 63 1 51,0 15 24,29 bei Ranunculus sceleratus einwirken müssen, um Keimungen aus- zulösen. Diese Ausnahme ist jedoch vielleicht nur eine scheinbare; denn es muß daran erinnert werden, daß, wie ich in der Einleitung auseinandersetzte, die konstanten Temperaturen nicht absolut kon- stante sind, sondern immerhin noch gewisse, wenn auch sehr ge- ringe und mit den mir zur Verfügung stehenden technischen Hilfs- mitteln nicht vermeidbare Temperaturschwankungen aufwiesen. Diese Temperaturschwankungen betragen nur wenige Zehntel Grad, auf jeden Fall weniger als + */i'°? sind jedoch in diesem Umfang vorhanden. 296 Gustav Gassner, Da nun die Ergebnisse der weiter oben angeführten Versuche mit intermittierenden Temperaturen dahin ausgedrückt werden konnten, daß die kombinierte Anwendung von Tageslicht und Nähr- lösung die Empfindlichkeit der Samen gegenüber Temperatur- schwankungen potenziert, so besteht die Möglichkeit, daß die Samen von Rmiunculus sceleratus deswegen bei gleichzeitiger Einwirkung von Nährlösung und Licht auch bei den von mir verwendeten konstanten Temperaturen keimten, weil diese konstanten Tempera- turen immerhin noch gewisse, wenn auch äußerst geringe Tempe- raturschwankungen aufwiesen, also wie ganz schwach intermittierende Temperaturen wirkten. Auch besteht die Möglichkeit, daß die bei den Ablesungen nicht immer vermeidbaren, wenn auch schnell vorübergehenden Temperaturschwankungen ebenfalls einen gewissen Einfluß ausübten. Die Beobachtung, daß die Samen von Banunculus sceleratus auf Nährlösung bei gleichzeitiger Belichtung auch bei fast ganz konstanten Temperaturen keimten, braucht also keine Ausnahme von der bisher beobachteten Bedeutung der keimungsauslösenden Wirkung des Temperaturwechsels darzustellen. Andererseits ist natürlich auch die Möglichkeit nicht von der Hand zu weisen, daß auch bei absolut konstanten Temperaturen unter den ange- gebenen Bedingungen Keimungen auftreten, indem Licht und Nährlösung, jede für sich bei konstanten Temperaturen nicht keimungsauslösend, dies bei einem Zusammenwirken tun. Wie schwer im übrigen absolut konstante Temperaturen zu erzielen sind, haben erst unlängst die Untersuchungen von A. H. Blaauw^) gezeigt; derartig vollkommene Hilfsmittel standen mir nicht zur Verfügung. Jedoch möchte ich noch auf meine Versuche in dem elektri- schen Lichtapparat verweisen, in dem konstant brennendes Osram- licht zur Einwirkung auf die Samen gelangte. Infolge des großen, als Wärmereservoir dienenden Wasserbehälters, der konstanten Heizung und der starken, Wärmeverluste herabsetzenden Holzbe- kleidung traten hier nur ganz minimale Wärmeschwankungen auf, die in dem folgenden Versuch 0,2^ nicht überstiegen. Hier ließ in der Tat, wie die folgende Tabelle zeigt, eine Kombination von Licht und Nährlösung Keimungen nicht eintreten. 1) A. H. Blaauw, Licht und Wachstum, I. Zeitschr. f. Bot., VI, 1914, 8. 641. über J. keimungsauslösende Wirkung d. Stickstoffsalze auf lichtempfindliche Samen. 297 Tabelle 12. Versuche in Licht (Osramlicht) und Dunkelheit bei konstanten und bei regelmäßig intermittierenden Temperaturen. Samen auf Fließpapier mit schwacher Nährlösung. (Parallelversuch auf destilliertem Wasser siehe Tabelle 4.) Lichtquelle: ununterbrochen brennendes Osramlicht von 600 NK in ca. 40 cm Entfernung von den Schalen. Versuchsbeginn: 25. I. 12, Versuchsschluß: 26. IL 12. Zahl der Samen Belichtung, Temperatur bezw. Art der Behandlung mit inter- mittierenden Temperaturen Keimprozente 1 ^ 2 •§ Tage Jinittl. ge- ligkeit Versuchs- Nr. der einzelnen Schalen im Durch- schnitt 11 Tage 3051 4a — c 3 X 100 11 konstante Temperaturen : in Dunkelheit, konstante Temperatur von 2G° . . in Osramlicht, konstante Temperatur von 26" . . 0, 0, 0 0, 0, 0 CD 3 a— c 0 0 81,7 81,0 17,0 82,5 (X 3054, 2a— c 3053, 2a, b 3054, 4a— c 3053, 4a, b 3 X 100 2 X 100 3 X 100 2 X 100 intermittierende Temperaturen : täglich 4 Std. Dunkel 26°, 20 Std. Dunkel 12". . . täglich 4 Std. Osramlicht 26", 20 Stunden Dunkel 12" täglich 4 Std. Dunkel 12", 20 Std. Dunkel 26" . . täglich 4 Std. Dunkel 12", 20 Std. Osramlicht 26" 85, 79, 81 83, 79 24, 15, 12 86, 79 10 9 13 6 15,73 14,13 21,00 15,83 Anmerkung: „täglich 4 Std." entsprechen regelmäßig der Zeit von 10 Vorm. bis 2 Nachm., „20 Std." der Zeit von 2 Nachm. bis 10 Vorm. des nächsten Tages. Bei dem vorstehenden Ergebnis muß selbstverständlich auch berücksichtigt werden, daß die verwendete Lichtquelle eine andere war als Tageslicht, insbesondere dauernd einwirkte. Andererseits aber hatten bereits die weiter oben in Tabelle 4 zusammengestellten Versuche ergeben, daß Osramlicht von 600 NK ganz wesenthche Keimungen von Ranunculus sceleratus auslöst, wenn Temperatur- schwankungen zur Einwirkung gelangten. Es fand sich das auch, wie die Höhe der Keimprozente und die durchschnittlichen Keim- 298 Gustav Grassner, geschwindigkeiten zeigen, in Versuch 12 bestätigt. Die Lichtquelle laßt sich also nicht als wirkungslos bezeichnen. Wenn daher bei konstanten Temperaturen trotz Belichtung und Nährlösung Keimungen nicht erfolgten, so spricht das vielleicht in dem Sinne, daß die hier herrschenden ziemlich absolut konstanten Temperaturen das Ein- treten von Keimungen verhinderten. Bestimmtes läßt sich natür- lich erst dann sagen, wenn Versuche mit wirklich absolut konstanten Temperaturen zur Durchführung kommen. C. Das keimungsauslöseiide Moment der Knop sehen Nährlösung. Nachdem im vorigen eine Darlegung der allgemeinen Keimungs- verhältnisse von Banuneulus sceleratus sowie der Abhängigkeit der Keimung von der Knopschen Nährlösung als Keimungsmedium ge- geben ist, können wir im folgenden dei Frage näher treten, in welcher Weise die Knop sehe Nährlösung wirkt, und welche Komponenten derselben als keimungsauslösende Paktoren in Betracht kommen. Die experimentelle Beantwortung dieser Frage stößt auf keinerlei Schwierigkeiten, wenn wir die im obigen klargelegten Keimungsbedingungen von Banuneulus sceleratus berücksichtigen. Da nach den Ausführungen des vorigen Abschnittes die Nährlösung bei konstanten Temperaturen in Dunkelheit eine keimungsauslösende Wirkung nicht hat, so muß es zwecklos erscheinen, Samen yonRanun- culus sceleratus auf den einzelnen, die Nährlösung zusammensetzen- den Salzen unter diesen Bedingungen, d. h. bei konstanter Tempe- ratur in Dunkelheit zur Keimung auszulegen. In der Tat zeigte es sich, daß die Samen weder auf MgSO^, noch auf KNO^ noch auf den anderen Salzen zur Keimung schreiten, wenn die Temperaturen konstante sind, und Licht nicht zur Einwirkung gelangt. Da die Nährlösung ihre keimungsfördernde Wirkung nur dann zur Geltung kommen läßt, wenn entweder gleichzeitig Temperatur- Schwankungen zur Anwendung gebracht werden, oder aber wenn mangels nennenswerter Temperaturschwankungen, d.h. bei konstanter Temperatur Nährlösung und Lichtwirkung kombiniert werden, so haben wir genau entsprechend die Möglichkeit, die Wirkung der verschiedenen, die Nährlösung zusammensetzenden Komponenten entweder in Dunkelheit bei intermittierenden Temperaturen, oder aber in Tageslicht bei konstanter Temperatur zu untersuchen. Da es nun technisch ungleich einfacher ist, in Dunkelheit regelmäßig über d. keiniungsauslösende Wirkung d. Stickstoffsalze auf lichtempfindliche Samen. 299 intermittierende Temperaturen innezuhalten, als Samen im Keim- bett bei konstanten Temperaturen gleichmäßig zu belichten, so ist die geeignete Anwendung intermittierender Temperaturen im dunkeln Keimbett die gegebene Versuchsanstellung zur Untersuchung der Frage, welche Komponenten der Knop sehen Nährlösung keimungs- auslösend wirken. Dementsprechend wurden die auf den verschiedenen Salz- lösungen ausgelegten Samen in jedem Versuch in der folgenden Weise mit intermittierenden Temperaturen behandelt: Serie I: täglich 4 Stunden (10 Vorm. — 2 Nachm.) bei 28". 20 Stunden (2 Nachm.— 10 Vorm.) bei 12 o. Serie II: täghch 4 Stunden (10 Vorm. — 2 Nachm.) bei 12", 20 Stunden (2 Nachm.— 10 Vorm.) bei 28 ". Serie III: täglich 4 Stunden (10 Vorm. -2 Nachm.) bei 28", 20 Stunden (2 Nachm. — 10 Vorm.) bei 19 o. Serie IV: täglich 4 Stunden (10 Vorm. -2 Nachm.) bei 19", 20 Stunden (2 Nachm. 10 Vorm.) bei 28 «. Die ersten Versuche, in denen in der angegebenen Weise nicht nur die volle Nährlösung, sondern auch ihre einzelnen Komponenten auf Wirksamkeit untersucht wurden, fallen in den Februar 1912; und zwar war die Versuchsanstellung so gewählt, daß die einzelnen Salze genau in der gleichen Konzentration einwirkten, in der sie in der „starken" Nährlösung vorhanden waren. Der Versuch (Versuchsnummer 3070 und 3071) mußte wegen eines am 19. Ver- suchstage untergelaufenen Fehlers in der Art der intermittierenden Behandlung mit diesem Tage abgebrochen werden, läßt jedoch be- reits erkennen, daß nennenswerte Unterschiede zwischen der Wirkung der einzelnen Salze vorliegen. Und zwar ergaben sich bis zum 19. Versuchstage folgende Keimprozente : Keimprozente bei intermittierender Behandlung. Medium II. III. IV. 1 a: Ib: 2 a: 2b: 3a; starke Nährlösung 0,117 7„ Mg SO, 0,057 7o KH,PO^ 0,229 7o CaCNOg), 0,057° 0 KNO3. destilliertes Wasser .Sb: 39 7o 58 7o 5l7o|50 7o 437oj54"o öv /„ 34 7o 2l7ol 07o 07/ 07« l7o 29 7o 27 7o 2 7o l7o: 0 7« 3 7o 60 7o 48 7o 49 7o 39 7« 45 7« 52 7o ; o,^ .*/o 51 7o 55 7o 19 7o 33 7o 28 7» 33 7« { 5 7« i'/o 30 7o 23 7o o7o 2 7o i7o 27J 0 7„ 0 7o 4a: 4b; 8 7o 7 7o 0 % 1 7o 0 7o 0 7o 14 7o 3Q0 Gustav Gassner, Bereits dieser erste Versuch zeigte in zweifelsfreier Weise, daß die einzelnen, die Nährlösung zusammensetzenden Salze eine sehr verschiedene Wirkung ausüben; und zwar erwiesen sich nur die beiden N-Salze keimungsauslösend. Die Tatsache, daß Ca(N08)o annähernd die gleichen Keimprozente hervortreten ließ wie die ganze Nährlösung, gab einen wichtigen Hinweis in dem Sinne, daß die keimungsauslösende Wirkung der Nährlösung nicht der Nähr- lösung als solcher, sondern nur der Anwesenheit ganz bestimmter Salze zuzuschreiben ist. Bei den weiteren Versuchen wurden, um die Wirksamkeit der einzelnen Stoffe in Abhängigkeit von ihrer Konzentration besser beurteilen zu können, Molekularlösungen verschiedener Stärke ver- wendet. Da die Vorversuche eine keimungsauslösende Wirkung nur bei den angewendeten Nitraten hatten erkennen lassen, so wurden in erster Linie N-haltige Stoffe zur Untersuchung herangezogen. Die Ergebnisse einer größeren, Anfang Juni 1912 begonnenen Versuchsreihe sind in der folgenden Tabelle 13 (S. 302 und 303) zusammengestellt. Die Versuchsdauer betrug gleichmäßig 42 Tage, die einzelnen Versuchsreihen sind also untereinander vergleichbar, wenn auch der Versuchsbeginn nicht genau derselbe ist. Die beiden ersten Versuchsreihen 3318 und 3344 enthalten Versuche auf destilliertem Wasser; die folgende Versuchsreihe 3350 zeigt wiederum die keimungsauslösende Wirkung der Nährlösung. In allen sonstigen Versuchsreihen sind Lösungen verschiedener Stoffe, zum großen Teil auch in verschieden gewählten Konzen- trationen zur Anwendung gekommen. Eine Durchsicht der erhaltenen Keimungsergebnisse zeigt, daß die Wirkung der verschiedenen Salzlösungen bezw. Konzentrationen eine sehr verschiedenartige ist. Und zwar lassen sich folgende prinzipiell verschiedene Fälle unterscheiden: 1. Eine indifferente Wirkung: Beispiel Versuchsreihe 3321 KH2PO4 0,01 mol.; Keimprozente wie Keimgeschwindigkeit ent- sprechen durchaus der Keimung auf destilliertem Wasser. 2. Eine rein fördernde (keimungsauslösende) Wirkung: Bei- spiel Versuchsreihe 3320 KNO.s 0,01 mol.; Keimprozente und Keimungsverlauf sind annähernd die gleichen wie auf der stark keimungsauslösenden Nährlösung. 3. Eine rein schädigende (keimungshemmende) Wirkung: Beispiel Versuchsreihe 3348 Harnstoff 0,05 mol; die Keimprozente zeigen eine Verschlechterung gegenüber destilliertem Wasser, die hier über d. keiimuigsauslösende Wirkung d. Stickstoffsalze auf lichtempfindliche Samen. 301 SO weit geht, daß überhaupt keine Keimungen eingetreten sind. In anderen Fällen, z. B. Versuchsreihe 3308 MgSOj 0,1 mol., macht sich die schädigende Wirkung nur in einer gewissen Herabdrückung der Keimprozente unter gleichzeitiger Erhöhung der durchschnitt- lichen Keimgeschwindigkeit bemerkbar. Neben diesen einfachen Fällen gibt es noch einen komplizier- teren Fall, in dem die gleiche Lösung und Konzentration zwar keimungsauslösend wirkt, gleichzeitig jedoch bereits auch eine keimungshemmende Wirkung hervortreten läßt: 4. Eine keimungsfördernde Wirkung mit gleichzeitigen Schädi- gungserscheinungen; ich bezeichne diese Wirkung als (fördernd). Die Schädigung ist hier sichtlich auf eine zu starke Konzentration der in stärkerer Verdünnung rein fördernd wirkenden Lösung zurück- zuführen. Vergleichen wir z. B. die Wirkung von KNO3 0,1 mit der- jenigen des gleichen Stoffes in 0,01 Mol. -Konzentration, so können wir feststellen, daß die Keimprozente bei 0,1 annähernd die- jenigen von 0,01 unter den gleichen Temperaturverhältuissen er- reichen. Daß jedoch bei der höheren Konzentration gleichzeitig auch bereits eine gewisse schädigende Wirkung vorliegt, zeigt in deutlicher Weise der Verlauf der Keimung, indem die durchschnitt- liche Keimgeschwindigkeit mit zunehmender Konzentration eine Ver- schlechterung erfahren hat: bei der intermittierenden Behandlung I ist sie von 19,17 auf 21,15, bei 11 von 19,27 auf 23,06 Tage ge- stiegen usw., so daß also die Samen auf 0,1 mol. KNO3 wesentlich langsamer keimen als auf 0,01. Hier zeigt uns also die Verlangsamung der Keimgeschwindig- keit das Vorhandensein einer gewissen Schädigung an. In anderen Fällen aber macht sich die schädigende Einwirkung nun auch be- reits in einer Herabdrückung der Keimprozente selbst bemerkbar, indem der gleiche Stoff in höherer Konzentration nicht mehr so stark keimungsauslösend wirkt als in geringerer. So wirkt z. B. Ammoniumnitrat in 0,01 mol. etwa ebenso stark keimungsauslösend wie Nährlösung. Eine Steigerung der Konzentration auf 0,1 mol. bewirkt keine weitere Steigerung, sondern eine ganz wesentliche Herabsetzung der Keimprozente, bei der intermittierenden Behand- lung I von 80,5 auf 22,5 7o, bei II von 73,0 auf 27,5% usw.; auch zeigt die durchschnittliche Keimgeschwindigkeit wesentliche Verschlechterungen auf und steigt bei I von 20,11 auf 28,10 Tage, bei II von 17,97 auf 32,65 Tage usw. 302 Gustav Gassner, Hu o OD ö -5 H a 2 "^^ 1^1^ <^^ i>7 .^j 'a o 3 ^ '^ 11) 4) TS s ^ a (N IM (H IM M •'"' tJD ■^ ^ '"' ■^ ' ' .ti b/D C HH h^ 1—1 ^ >— 1 - s t> > > > > Ci3 00 •.CC a (N a '^ >C OO CC tu a f. .— t CO OJ Ph ^^ CQ .—1 Ol ll Xi ;^ a EH f3 ci S3 « a oä OQ r: -- "^ ■= t* ^laiiSi puiAMlosaS -. o o 05 o CO OO o 00 UIISJI CS o o co" CD CS in r— o "IH'i qosqoiUQ t-l CO CO !N 0o CO l- CO CO o .lap uuiSag e5 (M IM ■^ '"' '^ " ^ "^ (N :Hiuqasqojn(i Uli W U8|Btl0g U9ni8zni9 .lap iiaj^SipiiiAviiosaS -UII.")\I Saniuia3 .lap uuiSag; ic n i- ic e 1 i^ !>• i>. ?£ :£ ^ lö ^ ■Jliuqosqojno; "S IUI uguiazuja i3p gT •-,' I CO ' s- c^ in ' CO cö -^ '—. in X ' CO — M c; f- CO ' CD CD CD 77,5 81,0 76,0 71,0 78,5 74,0 ■ci -^ X 00 -ö" ^' X o X o '-IUI3-3 ^ IJllUHOSIlOillQ ^ 1« o t- o co" x' S<1 » t^ X O 1(5 i« I» !>• l^» 1— 1 _5 o g uaiBqog ^ uaupzuia aap 3, 0 , 3 1, 1. 3 X t- in x' 69, 77 71, 87 82, 78 69, 73 79, 72 74, 71 '3 X (M m o » S ho - 1 o S uaieqog lS uaujazuia aap •rt" in in CO X (^ X o' X 85, 87 83, 86 81, 80 79, 83 80, 81 69, 72 uoi;Ba;uazuo3-aB[P5jaioj\[ •a^-sqonsa9_^ — in o I ^-i »n o ^ T^ -* O CO (N ffJ o o CO eo CO CO CO CO CD in ■^ (M '-I T-C CO CO CO CO CO eo L'ber (1. keiimnigsauslösende "Wirkung d Stickstoffsalze auf lichtempfindliche Samen. 303 20,41 27,97 31.64 cOi:0(N,t-OC:|OiN coco t-00t~05-IIN :(N(N CO oö 8 8 28,70 27,06 27,38 ^-8 8 o 8 o 5 8 8 8 eo 8|8 IN o eo CO o o ^ .'eo © ■«* «e © ©' © © os i-- s: ©'© © ^' © ^^ © © o © IN O O ::^::^88;8i8 t- :0 O O O O I o O^S 0 T-H -rn (N - »9 1« © ^ :» — ' X «^ t>. l« © l© 1-H »9 OD x>cc ^ ©^o ©, O© © "9 ©""i-J X t» 52,0 11,0 1.0 © x' © «9 >e © © ©'©'m 49 L9 «5 »9 7f'© © © © "* © © 19' ee© ©© © 91 9f »-' © 0 CO O I 03 IN IN •^ 03 O I t- t— tH c- m ^ ! 00 «D 0> 0 IN Ci 0 ■^ in CO 0 c- 0 vn -H Ok£>c© 1-1 0|lN CO i-H Si^X'i 81 8 ':-8 81818 CO o o C' 000 o Tt inc-. o oc-o o 0 05 in omotcOTHt-j^ — CO -Hco o"|q rt ^1 rt© 19 — 19 © © >9 I»0 '© «9 »9 © »9 © © -r © «0 >9'«S 9i" «0 ^ t>^ »9 OD 1^' r^91 © IX' © C © OD or" r>^© © ;© i© «0 li-i"©! ©«'»I ©f ©1 i^' t>.t>.S9',t»QCi©c>.©9Il>.© i9i-i ** ©«SO© ':! 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Stickstoffsalze auf lichtempfindliche Samen. 313 00 (O CD w ^ t- »0 00 (N »n CO 00 lO 03_ «* •* 00 CO 0_ ^ «D 00 CO T-l t- 00 1* 05_ 00 0 -^ 00 «o_ C5 t- CO 00^ lO in «0" e^ OS 00 eo "* CO ■>* CO CO CO CO ^ ^ CO CO CO CO CO «o CO •* CO CO CO 05 CO -* CO CO CO CO CO CO eo 0,©. ]l« O^O."!? ©,1«, iC cT ©' »« CO K5 QOOS OJ 5J 5« CO © © l«0 So5 ©__tO, Ä 09 k«© «5iH © ©,© OS OS kOiO ■HTaf OS'X ©© o5i UO IM 00 i-T «0 05 (35 00 C5 05 00 00 CO 05 10 ?H 00 00 CO C5 CO CO t-^ (m" ffq" (n" ^^ 0 00 C5 C3 C5 CO ■>* 95, 96 71, 68 91, 88 82, 82 CO ^ 05 r-l i-T t- C5 -H 05 CO 05 N CO in IN 0 C5 05 0 in" 05 05 91, 97 64, 11 92, 91 13,19 0 05 ^ CO 05 05 05 05 ■^ CO 05 00 in -^ 05 00 (N 0 05 05 00" 05 C5 IM 00 T-T CO 0" ^"^ i-H «D «0 r- C5 0 r-l eo lO 0 1-1 lO 0" cT 0" 0" ■«*" (N (N 0 0" r^ 00 C5 IM 0 1-1 t- 0 CO 0^ o" 00" CO sa ^ CO 00^ IN IN 05 oT in' 05 0 t- in 0_ » >«© '*'L* © l» © © ' l« K5 ' lÄ «f-«* j:« !>•'" ■*» «T© «0 c* eo , ;c 1-1 , lO ©©!©;©© eo'cf «c osirf ©lO t>:?o' © I« CO i-ll>> •»*COt-l-r-lt-TH CO «Oi-Hcoi^i-ii-icoin 00 t- 00 oinoioiooci-iin lom o_ o I o o ! o_ o^ ®, o o_ ^__^ ! o o o" o i o o" ^ o" o" o" o' o" cT i o" cT oinlomoin'Oin o_ o_ ' o_ o_ I o o i o_ o 0" o* 1 o~ cT ; o o" 1 o" o' o in o in 0000 00 00 0000 S t>.l— Ijl— IK,.'!— ![> I— Ib» C5 (N : CO O IN 1 ffJ IM t=- rHfc* [- in t— o (N M ! 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Der fördernde Einfluß bestimmter Stoffe muß dagegen bei der intermittierenden Behandlung I, die auf Wasser nur Keimungen von 19,3 bezw. 26 Vo ermöglicht, in aller Schärfe sichtbar werden. In der Tat lassen sich hier wesentliche Unterschiede beobachten, die zunächst eine Beantwortung der Frage gestatten, welche Substanzen der Knop sehen Nährlösung keimungsauslösend wirken. Genau wie bei Ranunculus sceleratus ergibt sich auch für Oenothera biennis die interessante Tatsache, daß von den in der Nährlösung enthaltenen Salzen MgSü^, KH.POi, KNO3 und Ca(N03)2 nur die Nitrate keimungsauslösend wirken, da- gegen nicht die N-freien Salze. Außer KNOh und Ca(N03)ä wirken die übrigen untersuchten Nitrate, NaNOs, Mg(N03)2 und (NH4)N03 deutlich keimungs- auslösend, ebenso wie auch die Salpetersäure eine fördernde Wirkung aufweist. Besonders hohe Keimprozente wurden durch die Anwendung von Nitriten bedingt. Desgleichen wirkten Ammoniaksalze, ferner Harnstoff keimungsauslösend, während sich für Harnsäure eine solche Wirkung nicht feststellen ließ. Den eben angeführten keimungsauslösenden Stoffen stehen als indifferente nur die drei zur Untersuchung herangezogenen N- freien Salze MgSO^, KH2PO4 und CaCl2 gegenüber. Bei der Beurteilung der Keimungsergebnisse sei im übrigen auf die früheren Darlegungen über fördernde, (fördernde), schä- digende und indifferente Wirkung eines Stoffes bezw. einer Kon- zentration verwiesen und insbesondere auch die durchschnittliche Keimgeschwindigkeit als Gradmesser einer fördernden oder schä- digenden Wirkung herangezogen: Verlangsamung derselben weist über d. keimungsauslösende Wirkung d. Stickstoffsalze auf licbtenipfindliche Samen. 315 auf Schädigung, Beschleunigung dagegen auf einen keimungs- fördernden Einfluß des betr. Stoffes hin. In den umfangreichen Versuchsreihen, in denen verschiedene Konzentrationen von KNO3, Mg(NO;!)i' und Salpetersäure zur Untersuchung gelangten, macht sich die Wirkung der Konzentration nicht nur in einer Beein- flussung der Keimprozente, sondern auch der durchschnittlichen Keimgeschwindigkeit geltend, insbesondere läßt sich beobachten, daß die durchschnittliche Keimgeschwindigkeit mit dem Über- schreiten einer bestimmten Konzentration eine Verschlechterung erfährt. Das gleiche gilt auch für die übrigen, nur in den Molekularkonzentrationen 0,005 und 0,05 untersuchten Stoffe; die höhere Konzentration wirkt hier regelmäßig bereits keimungs- verlangsamend, also bereits etwas schädigend ein und läßt daher eine etwaige keimungsauslösende Wirkung des betr. Stoffes nicht mehr so deutlich hervortreten. Aus den in Tabelle 16 enthaltenen Versuchen geht weiter hervor, daß bereits sehr geringe Konzentrationen keimungsauslösend wirken können: 0,001 und 0,005 mol. wirken bereits deutlich fördernd. Die Höhe derjenigen Konzentration, bei der sich eine schädigende Wirkung deutlich bemerkbar macht, ist eine sehr verschiedene; Ammoniumkarbonat 0,05 mol. läßt bei der inter- mittierenden Behandlung I überhaupt keine Keimungen mehr zu- stande kommen, während die gleiche Konzentration bei Ammonium- nitrat ihre schädigende Wirkung zunächst in einer Heraufsetzung der durchschnittlichen Keimgeschwindigkeit offenbart. In Tabelle 16 sind Versuche über den keimungsauslösenden Einfluß bestimmter Stoffe bei intermittierenden Temperaturen wiedergegeben; daß dieser Einfluß in ähnlicher Weise auch bei konstanten Temperaturen vorliegt, mögen die im folgenden zu- sammengestellten Versuchsreihen vom 27. VII. 1912 zeigen (Ta- belle 17, S. 316). In den umstehenden Versuchen kamen nicht alle der in Ta- belle 16 herangezogenen Stoffe zur Untersuchung; das Bild ist dementsprechend ein unvollständiges, genügt jedoch zu dem Nach- weis, daß vielen N-haltigen Salzen eine überaus deutliche keimungs- auslösende Wirkung zukommt. Den Keimungen von nur 3,7 Vo auf destilliertem Wasser bei 19*^ stehen solche bis zu 55% auf N- haltigen Salzen gegenüber; bei 28 ° betragen die Keimungen auf destilliertem Wasser 66,3 Vo und werden durch Anwendung kei- mungsauslösender Stoffe auf etwa 90 ^o gesteigert. 316 Gustav Gassner, o o I— I X o »M •1—5 QQ . h- 1 1—1 03 5z; 1—1 > ö t^ ■TS bß I— 1 11 •^^ ;-< hn a o XJ Ö a H > Ol ^ ^^ o eö -^-' bfi • f— 1 hr a n d -** no CO X5 C3 3 Ö O ij O o ^ 1—1 CO -(-3 «5 'S a X X3 42 m s -t-3 'S -TS c ;3 t— 1 CQ bo ID _a OJ a ;=^ •1—5 a (U 'M Ö bJD es J3 ^ X5 CO EH a (D a a> a a 0) yj cö > _; _^ 1 1 1 Keimge- hwindigk Tage c- eo t- «Ä IN th t- t- (N 00 t- CO in -* t- 00 00 o 00 CO 1* t- 00 (Ji_ CO ■<* 0_ 1-1 Ol lO in" irf in o" co in eo i-H CD 00 M< o in co" irT in" in" cd" t- od t^ -* in 0^ 00 in 05 1« ©^ co" o a P hc oo B Ö s: 'So der Keimu Tage CI5 CO CO CO CO CO CO CO CO CO CO CO CO ^ in eo eo eo eo eo eo eo eo a im Durch- schnitt 05 lOO ©i«© © »o © © © © i« © ilO i« i« !© 1(5 i« © ©'© ,id Äfi «r-»*©'?©"©'»? lo iH"ao«5 0s"i>» »s"© OS c»!© W";eCi9f ©""l©' CO i<5 !>• OJ 0» OS QC iOC l>. !>• § g 00 o. ^ e lO h ^ (D .2 J 00 •^ i- CO ■•# 05 in in CO CO eo rt CS o CO oo •* 1— CO oo 00 t- t~ C5 03 00 00 00 00 00 00 » CO CO in i-H !>• CO 1— 1 ci CO C5 CO in t- CD CD in 1-H 1—4 eo 1—1 CD 05 t- in t- O t^ 00 O C5 t- 00 ■>* 00 00 00 00 00 t- 05 05 05 05 t- t- co CO 'S _^ eimge- indigk rage o> eo in C5 (N in o CC,OOODC3(NOt-in CO CO 00 iH co co oa (M 00 co_ o_ 00_ •* -!j<_ t-T 00 CO C-^ CO oT CO eo in CO eo T-H (N T-f cc" t-^ t-T oö" oö" CO i-T 00 •* 00 00 00*" 00 T-l oiT eo t-T o =3 W| o tn bo G^ c e der Keimu Tage «D in in in in in CD in in CO -* -* Ä CO t- in in 1* in in in CD CO 1 M ^ r» iOK5»«©©©|©©©kO©©L«© 1(5© ©.©'©© 1(5 © im Durc sehn ^ ■*»5e«»0Si^'i^ •*flS©©©0i95 OC 1(5 «0 © ■* GO ■<* ■* <1> ©8 »1 (N *1 (N ^ (M (N »J K5 ,•*,-* ll-H :lH 1 a Ol b s CO p< ^ S s oj aj SQ -^ ei -^ u M , a es ^1 !z; ^ « S a 1 a «3 ^ ^ ^ = K c c «: Sz; C g_ c c c c c c bo O o O 3 a o S 3 TS W ;zi S 1^ S ;z; <1 a o , i ^_^ •<* CO (N i-H O C5 coiocsoooot^coin t- CD 1 1-1 (N 00 in © 05 ^ li O C5 02 C5 C5 C5 00 oo]ocit-CT3C3a20 00 OO ! 00 CO 00 00 00 t- > i ^ ^ in in in in in in in;coinininininin in in 1 in i in in in in |in 1 CO CO CO CO CO CO CO eo eo CO CO CO CO CO eo CO CO CO CO eo eo CO CO über d. keimungsauslösende Wirkung d. Stickstoffsalze auf lichtempfindliche Samen. 317 Die bisherigen Versuche sind im Sommer 1912 mit Samen von Oenothera hiennis durchgeführt, die im Herbst 1911 geerntet waren. Im September 1912 stellte mir Herr Prof. Kleb ahn in liebens- würdiger Weise auf meine Bitte ganz frisch geerntetes, ebenfalls sehr gleichmäßiges Material seiner Versuchspflanzen zur Verfügung, das zu den folgenden, am 15. IX. 12 begonnenen Versuchen Ver- wendung fand. Tabelle 18 a zeigt den keimungsauslösenden Einfluß der Be- lichtung unter Verwendung von Osramlicht als künstlicher Licht- quelle; Tabelle 18 b enthält Versuche in Dunkelheit, in denen durch Anwendung chemischer Stoffe eine überaus deutliche Steigerung der Keimprozente erzielt, die Lichtwirkung also wiederum durch Ein- wirkung chemischer Stofi'e ersetzt wurde. Ein Vergleich der in Tabelle 18 enthaltenen Keimungsergeb- nisse mit den weiter oben mitgeteilten Versuchsreihen ergibt zunächst das Vorhandensein von Unterschieden in der absoluten Höhe der Keimprozente und der Keimgeschwindigkeit, trotzdem die allge- meinen Versuchsbedingungen gleich gehalten waren. Wir dürften (Fortsetzung des Textes s. S. 320.) Tabelle 18 a. Versuche in Licht und Dunkelheit bei intermittierenden Temperaturen. Lichtquelle: Osramlicht von 600 NK in ca. 40 cm Abstand. Samen auf Fließpapier mit destilliertem Wasser. Zahl der Samen in jedem einzelnen Versuch 3 X 100. Versuchsbeginn: 15. IX. 12, Versuchsschluß: 7. X. 12. Art der Behandlung mit intermit- tierenden Temperaturen und Belichtung Keimprozente ■» fco § B m Tage J^ 'S ,i3 M).rt Versuchs- Nr. der einzelnen Schalen im Durch- schnitt Tage tägl. 4 Std. (1 OV.— 2 N.) 0 s r a m 1 i c h t bei 28°,20Std.(2N.-10V.) Dunkel bei 12° tägl.4Std.(10V.-2N.) Dunkel bei 28", 20 Std. (2 N.-IO V.) Dunkel bei 12" tägl. 4 Std. (10V.-2 N.) Dunkel bei 12°, 20 Std. (2N.-10V.) Osramlicht bei 28° tägl. 4 Std. (10 V.-2 N.) Dunkel bei 12 °, 20 Std. (2 N.— lOV.) Dunkel bei 28° 60, 69, 67 8, 16, 14 97, 94, 98 96, 97, 93 7 8 2 2 3671, la— c 3672, la— c 3671, 2a— c 3672, 2 a— 0 65,3 12,7 96,3 J).5,3 13,02 15,52 3,53 4,67 318 Gustav Gassner, o m o o X fl ;_ OJ ^ Ol s ^ ^ > :;i M s bf) ö 1ö i= O) t^ 3 0) s :o 03 05 ■i^ rO o H a ^ OB OD o ^ u r^ ü Ol 'TS 1 — 1 3 TJ ä 05 Ö OJ Ö X O) bJD CO ;> an a ;3 :0 I-H i-H TJH a> Tft! 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Stickstoffsalze auf lichtempfindliche Samen. 319 m to r~ CO ■^ o 00 (N 00 CO » o T-l 00 * •>* ■^ CO CO «5 -* ■* t- -* -* «5 •* o >« -* 't ■* -* 'ii* -«* -* •^ ■* (N (N IQ (M S<1 (N !N CO CO (S lO »» © HS © HS US WS so tf •^ US >e 0? 09 wi 'tl Oi (Tl ^ © ■>* ar ■^ (N ■*fl i2 CO «* €0 © HS fH a « A Oi Oi Oi 05 0» OD ot O OJ Si Oi OD CS Oi © © © © © © © © o fN fT) CO r^ lO [>. >C5 f-4 o o 05 tH tH CO o in o CO in 05 05 03 o; 05 C5 05 05 o 05 05 ^ in lO »* o o (M (N CO cT in o m CO CO '^ in CO CD '^ in CO 00 t- T-l C3 C5 C3 05 03 o C5 05 00 o 05 05 00 OS 00 a> Oi 05 05 05 Oi 05 o o Of) nr) fM CO 1^ o t- t- C5 t- ■* in (N 00 CO in CO en 1-1 CO 00 t- •>* lO CO CO lO [^ 00 t— t * in •* iH 00 CO C2 t- cv. CO 00 Ol CO 00 GO t~ 00 Oi w 00 CO 05 00 00 00 00 00 o 00 © © © © © WS "© tO HS © © © •O lO ^ © .o © © lO US © »O © © © or © l-H «•! >* o © «o >o »N »9 1-H ■^ ^ Tt< 1^ r^ OD QC © . 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Was die Wirksamkeit des Lichtes, Temperaturwechsels sowie der Einwirkung der Nährlösung und Lösungen chemischer Stoffe anbetrifft, so stimmen die Ergebnisse mit den früheren Fest- stellungen in der Hauptsache überein, wenn sich auch, wie eben erwähnt, in der Höhe der absoluten Keimprozente gewisse Ver- schiedenheiten bemerkbar machen. Nährlösung wirkt keimungs- auslösend, ebenso Salpetersäure und Nitrate; besonders hohe Keimprozente wurden wieder durch Nitrite erzielt. Von Ammoniak- salzen wurde bei Ammoniumnitrat und Ammoniumchlorid eine keimungsauslösende Wirkung beobachtet, dagegen nicht auf Ammoniumkarbonat; doch besteht die Möglichkeit, daß bei der letzteren die angewandte Konzentration eine zu hohe war, um eine etwaige keimungsauslösende Wirkung dieses Stoffes hervortreten zu lassen. Von N-freien Säuren und Salzen wirkten die in der Nährlösung enthaltenen MgSOi und KH2PO4 nicht keimungsauslösend, ebenso CaClg, MgCla und Schwefelsäure. Auch Salzsäure läßt in der angewandten Konzentration keine oder fast keine keimungsaus- lösende Wirkung hervortreten, während bei den hier zum ersten Mal untersuchten NaCl und Kalilauge eine gewisse Steigerung der Keimprozente beobachtet wurde. Als einziges Enzym kam Diastase zur Anwendung; sie blieb wirkungslos; ebenso vermochte Trauben- zucker keine Keimungen auszulösen. Die Ergebnisse der Versuche vom 25. September stimmen also mit den früheren dahin überein, daß den N-haltigen Stoffen eine besondere keimungsauslösende Wirksamkeit zukommt; abweichend ist vor allem die Beobachtung, daß auch einige N-freie Stoffe bis zu einem gewissen Grade keimungsauslösend wirkten. Im Hinblick auf die so überaus deutliche keimungsauslösende Wirkung der N-haltigen Stoffe gegenüber der Wirkungslosigkeit der meisten N-freien Stoffe bin ich geneigt, die Beobachtung 1) Kinzel, a. a. 0. über d. keinningsauslösende Wirkung d. Stickstoffsalze auf lichtempfindliche Samen. 321 von der keimungsauslösenden Wirkung der eben erwähnten N-freien Stoffe auf Versuchsfehler irgend welcher Art (z. B. unfreiwillige. Verunreinigung der Schalen oder Unreinheit der Chemikalien) zurückzuführen. Hierfür sprechen vor allem die starken Unter- schiede der Keimprozente zwischen den entsprechenden Einzel- versuchen: bei NaCl 21 und 41 7o, bei Kalilauge sogar 61 und 22%! Nachdem jedoch Lehmann und Ottenwälder neuer- dings — die Lehmann-Ottenwälderschen Versuche sind später durchgeführt, aber früher veröffentlicht als meine Hamburger Unter- suchungen — für eine andere Oenotherace, nämlich Epilohium hirsutum, eine keimungsauslösende Wirkung nicht nur gewisser Enzyme, sondern auch N-freier Stoffe (Salzsäure) festgestellt haben, ist der Gedanke immerhin nicht ganz von der Hand zu weisen, daß auch N- freie Stoffe auf Oenothera hiennis in der gleichen Weise keimungsauslösend wirken könnten, wie N-haltige Stoffe'). In dieser Hinsicht können erst weitere Untersuchungen Klar- heit schaffen. Was im obigen eindeutig festgestellt ist, ist die Tat- sache, daß die keimungsauslösende Wirkung der Knopschen Nährlösung sich auch bei Oenothera hiennis auf die in ihr enthaltenen Nitrate zurückführen läßt, und daß ebenso wie hei Bmtunculus seeleratus gerade N-haltigen Substanzen, Nitraten, Nitriten, Ammoniaksalzen eine "besondere keimungsauslösende, d. h. Temperaturwirkung oder Licht- wirkung ersetzende Kraft zukommt. IV. Versuche mit Chloris ciliata. A. Die Ergebnisse meiner früheren Versuche über die Licht- keimung von Chloris ciliata und die keimungsauslösende Wirkung Knop scher Nährlösung. In ausführlichen Untersuchungen habe ich in den Jahren 1909 bis 1911 die komplizierten Keimungsverhältnisse der südamerikani- schen Graminee Chloris ciliata dargelegt^). Für die folgenden Aus- 1) E. Lehmann und A. Ottenwälder, Über katalytische Wirkung des Lichtes hei der Keimung lichtempfindlicher Samen. Zeitschr. f. Bot., V, 1913, S. 337. Was ührigens die von diesen Autoren festgestellte keimungsauslösende Wirkung von proteolytischen Enzymen anbetrifft, so habe ich diese Wirkung in wenigen von mir neuerdings mit der gleichen Versuchspflanze (Epilohium hirsutum) durchgeführten Ver- suchen nicht bestätigt gefunden. 2) G. Gassner, Jahrb. Hamb. Wiss. Anst., XXIX, 1911. Jahrb. f. wiss. Botanik. LV. 21 322 Gustav Gassuei-, führungen genügt es, nur die Versuche mit entspelzten Körnern zu berücksichtigen und von den früher erhaltenen Ergebnissen die folgenden hier anzuführen : 1. Auch die entspelzten Körner von Chloris cüiata werden durch Lichtwirkung in der Keimung außerordentlich beeinflußt, wobei einerseits innere Momente (Nachreifevorgänge), andererseits äußere Faktoren in mannigfacher Weise das Keimungsergebnis mit- bestimmen. 2. Insbesondere ist die Lichtwirkuog in hohem Maße von der Temperatur abhängig, indem „das Licht nur bei höheren Tempe- raturen (z. B. 33/34^') die Keimung befördert, bei Temperaturen von etwas über 20 ^ indifferent ist und bei Temperaturen darunter sogar die Keimung hemmt" ^). 3. Die keimungsauslüsende Wirknng des Lichtes läßt sich in vollem Umfange durch Knopsche Nährlösung ersetzen, welche die unter bestimmten Temperaturverhältnissen nur im Licht zur Keimung schreitenden Samen ohne weiteres auch in Dunkelheit keimen läßt. 4. Die Knopsche Nährlösung stellt also gewissermaßen einen Ersatz der Lichtwirkung dar. Die Übereinstimmung zwischen Licht- wirkung und Wirkung Knopscher Nährlösung ist jedoch keine voll- ständige; denn das Licht wirkt nur bei hohen Temperaturen (über 20°) keimungsauslösend, bei niederen (unter 20 ") keimungshemmend; die Knopsche Nährlösung wirkt dagegen bei allen Temperaturen, d. h. sowohl über wie unter 20 ° keimungsauslösend. Dieser keimungsauslösende Einfluß Knopscher Nährlösung wurde für die Temperaturen 12 «, 15/16 <', 19 o, 24 «, 28 ^ 33/34" im einzelnen festgestellt. — So weit war ich in meinen Untersuchungen des Jahres 1911 gekommen, als das mir zur Verfügung stehende Samenmaterial von Chloris cüiata aufgebraucht war. Der Frage, welche Komponenten der Nährlösung ihre keimungsauslösende Wirkung bestimmen, konnte 1) Wir haben es hier mit der gleichen Erscheinung zu tun, die 1912 vonBaar (1. c) für Amara«iMS-Samen u. a. ebenfalls festgestellt wurde. "Wenn Baar die Frage offen läßt, ob „das Verhalten von Chloris ciliata als Analogon zum Verhalten der Samen von Amarantus, Physalis, Clematis hinzustellen ist", so muß ich demgegenüber diese Frage unbedingt bejahen. Die Stellungnahme Baars basiert auf der Annahme, es sei „in den Versuchen von Gassner nicht sichergestellt, ob das Licht spezifisch durch die leuchtenden Strahlen wirkt" ; diese Annahme ist, wie ich bereits weiter oben ausführte, durchaus irrig. über d. keimungsauslösende Wirkung d. Stickstoffsalze auf lichtempfindliche Samen. 323 daher nicht mehr näher getreten werden, jedoch sprach ich bereits 1911 die Hoffnung aus, „dies im kommenden Jahr, nach Empfang einer neuen Samensendung aus Südamerika tun zu können". B. Neue Versuche über die keimungsauslösende Wirkung Knop scher Nährlösung. Die erbetene Zusendung neuen Samenmaterials von Chloris ciliata erfolgte zu Beginn des Jahres 1912; die erste Sendung, die Ende März 1912 in Sayago bei Montevideo geerntet war, kam Ende April an; die zweite größere Sendung war Ende April ebendaselbst geerntet und gelangte am 25. Mai in meine Hände. Das im April bezw. Mai 1912 erhaltene Material diente zu den folgenden Ver- suchen. Beide Proben verhielten sich im Prinzip gleich, wenn sich auch in der absoluten Höhe der Keimprozente gewisse Unterschiede be- merkbar machten. Daß sich zu verschiedenen Zeiten, also unter verschiedenen äußeren Verhältnissen geerntetes Material nicht immer genau gleich verhält, dürfte jedem, der sich mit Keimversuchen be- schäftigt hat, bekannt sein, und wird auch für die Samen anderer Pflanzen berichtet^). Eine Nachprüfung der früheren Untersuchungen mit dem 1912 erhaltenen Material führte zu einer vöUigen Bestätigung der früher gefundenen und schon veröffentlichten Gesetzmäßigkeiten der Kei- mung von Chloris ciliata: Nachreife, Spelzenfunktion, Sauerstoff- mangel, Temperatur, Belichtung, Nährlösung waren genau in dem gleichen Sinne wirksam, wie ich das in meinen früheren Veröffent- lichungen ausführhch dargelegt habe. Im folgenden interessieren hier nur die Versuche über die keimungsauslösende Wirkung der Knop sehen Nährlösung. Um eine etwaige störende Nebenwirkung der Spelzenfunktion auszu- schalten — es ist früher ausführlich gezeigt, daß die Spelzen den Sauerstoffzutritt erschweren und so die Frage der Lichtkeimung und der Wirkung der Temperatur auf den Keimungsverlauf ganz wesent- lich beeinflussen — , wurden alle im folgenden mitgeteilten Ver- suche mit entspelzten Körnern durchgeführt. Entspelzte Körner von Chloris ciliata werden in dem bereits oben erwähnten Sinne sowohl durch Licht wie durch Nährlösung 1) Vgl. z. B. Kinzel, a. a. 0. 21* 324 Gustav Gassner, o CO CO Ö C3 o «3 CM o; ^ > Oi bn rH cö ri • -^ 03 Ph g CO ö &H .tä O ö PI bJD G =1 'S ^ ö Ü «3 PS O) M rrt 1> oi CD I— 1 CL, O) CO i^H CL, ■ 1 (vg <^ .S a OQ bß c^ !> Diuchschnittl. Keinige- schwindigkeit Tage (M t- A8 O r 2,00 1,67 2,00 00 o o o c o o o_ o_ «" (n" hJ" eo" t~- o o o CO__ O 'O o_ i-T ^ tS (m" Keini- pro- zente Ol TjH j Tl tM ^ (M«9iH© «Jrf-iHOllOSrHejiH 1 Mol.- Konzen- tration cT cT d" o"' ©" o o o o o o o o" o" o o" © O tH »J o" o o c' S u b s t r a t 1 ' 1 3 1 p ^ p 'S 'S CO J ' ' ' ö^ te " - - a i ^ " " "i CS - ' = 1 ^ > .O .12 J2 ^ J3 .O .Q .£3 XI ^ ^ ,^ .Ti ^ .o .r> ^.0.0.0 3416, 4a 3a 2a la 3414, 4a 3 a 2a la 3410, 4a 3a 2a la 3411, 4 a 3a 2a la 3412, 4a 3a 2a la Durchschnittl. Keinige- schwindigkeit Tage o CO (N c- oo t- >n (N O ■>* OD CO CO -* CO CO ,-1 IN ^ O^lC 00^ g CO 05 C- „ t ■= -* 8 CO CO 00 ^ ^, ^. '^^ 8 ! Keim- pro- zente ei 1 ©■1© io?s»i«e ^^»it>- i>-aDi-<©koi-it>»© »ousM© Mol.- tratiou 1 1 ! OO-T-ltM OOr-l(^a OOt-I(N o" o" o" cT o o" o" o" o" o" o o O O iH (N o" o" o o O O r-H_ 0«_ o o"© cT 1 u d :c« g j: :: f: bJO 1'" CS o O "SS 03 tn -^ CS hh" = == " o d r-l CO '^ CO cs" of 9i CO CO CO 3407, 4 a, b 3a, b 2a, b la, b 3415, 4a, b 3a, b 2 a, b la, b .C .Q .£i .ii cs" oT oT cs" •«* eo * CO 3406, 4a, b 3 a, b 2a, b la, b 3409, 4 a, b 3 a, b 2 a, b la, b über (1. keimungsauslösende Wirkung d. Stickstoffsalze auf lichtempfindliche Samen. 325 in der Keimung gefördert. Es handelte sich daher zunächst wieder um die Frage, ob die Nährlösung als solche wirkt, oder aber, ob einzelne Komponenten ihre keimungsauslösende Wirkung bedingen. Der nebenstehende, am 10. Mai begonnene Versuch ist mit der ersten Sendung (Ernte März 1912) durchgeführt und enthält die Beantwortung der vorstehenden Frage. Aus den in Tabelle 19 zusammengestellten Versuchsserien er- gibt sich, daß genau wie bei Ranuncidiis scekratus und bei Oetio- thera hiennis nicht die Nährlösung als solche, sondern nur bestimmte Komponenten keimungsauslösend wirken, und daß genau wie bei den früher besprochenen Samen, die N- haltigen Salze die keimungsauslösende Wirkung der Nähr- lösung bedingen. Die vorstehende Tabelle enthält ferner Ver- suche mit Salpetersäure, mit einigen anderen salpetersauren Salzen (NaNOs, Mg[N03]j, [NHiJNOs), sowie mit Ammoniumchlorid; alle diese N-haltigen Stoffe wirken keimungsauslösend, am schwächsten Ammonium chlorid. Nicht keimungsauslösend wirken dagegen die 3 untersuchten N-freien Salze: KHoPOi, MgSOi, CaCl2. Damit ist also, was die Frage nach den wirksamen Momenten der Knop sehen Nährlösung anbetrifft, eine weitgehende Überein- stimmung mit den früheren, an anderen Samen gemachten Fest- stellungen gewonnen. Eine eingehendere Besprechung der in Tabelle 19 enthaltenen Ergebnisse dürfte sich erübrigen; es genüge der Hinweis auf die früheren Ausführungen, daß die Wirkung eines bestimmten Stoffes auch von der Konzentration abhängig ist, indem sich beim Überschreiten einer bestimmten Konzentration Schädi- gungen, zunächst in Form einer Heraufsetzung der durchschnittlichen Keimgeschwindigkeit, bei noch weiter gehender Steigerung der Kon- zentration auch in einer Herabdrückung der Keimprozente bemerk- bar machen. C. Die Bestimmung- des oberen und unteren Schwellenwertes der Konzentration keimungsauslösender Stoffe. Zur Untersuchung derjenigen Konzentrationsgrenzen, unterhalb deren eine keimungsauslösende Wirkung eines bestimmten Stoffes nicht mehr eintritt, bezw. oberhalb deren die schädigende Wirkung dieses Stoffes so groß wird, daß die bei geringerer Konzentration zutage tretende keimungsauslösende Wirkung verdeckt wird, sind 326 Gustav Gassner, naturgemäß ziemlich umfangreiche Versuchsreihen nötig. Zu solchen eignen sich aus rein praktischen Gründen Uanuncidus sceleratus und Oenothera hiennis nicht in dem gleichen Maße wie Chloris ciliata; einmal deswegen nicht, weil bei den ersteren zweckmäßiger- weise Temperaturschwankungen zur Anwendung gebracht werden, womit die Versuche umständlich werden, weiter aber deswegen nicht, weil der Keimungsverlauf ein ziemlich langsamer ist, womit ebenfalls gewisse Unbequemlichkeiten, vor allem durch das wegen der Gefahr der Verschimmelung notwendige Umlegen der Samen in neue Schalen, verbunden sind. Beide Momente fallen für die ent- spelzten Körner von Chloris ciliata fort; diese keimen einmal bei konstanten Temperaturen, zweitens aber, wie auch die obige Mit- teilung der durchschnittlichen Keirageschwindigkeiten zeigt, sehr schnell, so daß die Versuche rasch und meist ohne Gefahr einer vorzeitigen Verschimmelung durchgeführt werden können. Die folgenden Versuche sind mit der zweiten, im Frühjahr 1912 erhaltenen Sendung (Ernte April 1912) durchgeführt. Da sich in dem obigen in Tabelle 19 wiedergegebenen Versuch vom 20. Mai relativ geringe Keimprozente ergeben hatten, was auf mangelnde Nachreife der Samen zurückzuführen sein dürfte, so wurde die Nachreife des zu den folgenden Versuchen verwendeten Materials zunächst durch eintägiges Vortrocknen bei 70 " künstlich etwas be- scbleunigt; von einer längeren Vortrocknung wurde abgesehen, weil die Nachreife dann so stark beschleunigt worden wäre, daß die Samen auch in destilliertem Wasser und in Dunkelheit voll ausge- keimt wären. In bezug auf die Beschleunigung der Nachreifevor- gänge von Chloris ciliata durch Vortrocknen bei höhere Tempera- turen (70 — 75") sei auf meine früheren Veröffentlichungen verwiesen. Die in den Tabellen 20a und 20b zusammengestellten Versuchs- reihen sind am 18. bezw. 26. Juh 1912 angesetzt, also nicht ganz gleich- zeitig. Gewisse Unterschiede in der Höhe der erhaltenen Keimprozente sind sichtlich auf diese Ungleichmäßigkeit zurückzuführen, indem die am 26. Juli ausgelegten Samen anscheinend bereits etwas mehr nach- gereift waren und darum höhere Keimprozente zeigten als die am 18. Juli ins Keimbett gebrachten. Die Unterschiede sind jedoch ge- ringe, so daß beide Versuchsreihen untereinander vergleichbar sind. Bei den im folgenden wiedergegebenen Versuchen vom Juli 1912 zeigten sich ferner in einigen Versuchsreihen in nicht un- wesenthchem Maße „krankhafte" Keimungen, d. h. solche, bei denen der Keimprozeß wohl eingeleitet wurde, jedoch anormal verUef, über d. keimungsauslösenile Wirkung d. Stickstoffsalze auf lichtempfindliche Samen. 327 indem beim Hervorstoßen des Würzelchens oder Keimblattes irgend- welche Störungen eintraten, wodurch eigenartige Verkrümmungen oder auch völliges Zurückbleiben der einzelnen Teile, insbesondere des Würzelchens bedingt wurden. Es hätte die folgende Tabelle zu unübersichtlich gemacht, wenn diese Fälle oder auch nur die genauen Prozentsätze der krankhaften Keimungen im einzelnen an- geführt worden wären. Ich habe daher den Ausweg gewählt, das Vorhandensein derartiger krankhafter Keimungen durch das Zeichen -f- und ++ anzudeuten; und zwar bedeutet das Zeichen -|-, daß 2 — 10%, das Zeichen +-|-, daß mehr als 10 % der Samen „krank- haft" keimten. Das etwaige Vorhandensein von weniger als 2 % krankhafter Keimlinge wurde nicht angeführt, es kann im Hinblick auf die im allgemeinen erzielten hohen Keimprozente als unwesent- lich vernachlässigt werden. Vergleichen wir die auf den verschiedenen Lösungen erhaltenen Keimprozente mit dien auf destilliertem Wasser eingetretenen Kei- mungen, so ergibt sich eine keimungsauslösende Wirkung für folgende Stoffe: Salpetersäure und sämtliche untersuchten Ni- trate, nämlich KNO., NaNOa, Mg(NOH)., Ca(N0.)2, (NH4)N0a, ferner für sämtliche untersuchten Nitrite: KNO2, NaNOg, Mg(N02)L>, Ca(NOo)2. — Ammoniumchlorid, Ammoniumkarbonat und Harnstoff wirken ebenfalls keimungsauslösend, jedoch sichthch schwächer als die Nitrate und Nitrite; nicht keimungsauslösend wirkten wieder MgSOj, KH0PO4 und CaCla. Die in Tabelle 20a und 20 b wiedergegebenen Versuchsdaten enthalten zwei nebeneinander aufgeführte Versuchsreihen, deren Er- gebnisse im Prinzip übereinstimmen, wenn auch infolge der ver- schieden gewählten Temperaturen sich gewisse Unterschiede, vor allem in der Höhe der Keimprozente bemerkbar machen. In den links stehenden Versuchen wurden die ins Keimbett ausgelegten Samen sofort in den Thermostaten 33° gestellt und dauernd hier gehalten, bei den rechts stehenden Versuchsreihen waren die in der gleichen Weise mit Lösung und Samen beschickten Schalen zuerst 10 Tage bei 12^ gehalten, in welcher Zeit Keimungen nicht er- folgten, und wurden dann in den Thermostaten 33 ° umgestellt. Der in Tabelle 20 dargestellte Versuch war, wie oben ausge- führt, im besonderen zur Feststellung des oberen und unteren Schwellenwertes keimungsauslösender Stoffe angesetzt; hierauf sei im folgenden eingegangen und mit der Besprechung der links stehenden Versuchsreihen (Samen sofort und dauernd 33") begonnen. 328 Gustav Gassner, o o o o I— I X CO a c CO Ü t; o a> CM Ä ^ ö *o 'S TS o CO fH + ÖD Ö O j2 C<3 ^ o; ^^ -j:^ rrr •T: CO CO CO CO ,:: 'TS I CS t^ CD 00 ö '5ß a> O) s r^ a ,ra UJ Ü t> cS ^ ^ «O in 00 t- £N tH >* t- o •* 00 CO C5 •>* t- © 33 'S o^ o^ t^ «o_ o^ co_ ■-^ o^ o_ IN_^ ^-1 O^ «D^ in =>. 8 CD 'e hc oT co" irT (m" rn" ''^" ©r im" c _a a 'S a '"' + + + M* + ,£2 M C3 'S +" + + CO t^ + + C5 ^ IM + ja CO in 00 CD in CD ■^ in i_( CO ^~* + ■* CO ■rH O hjo CS ^ •rt 1-1 1-1 in +" +" IM '-' +^ +" +' 1-1 H a; t-T 00 cT CO ffT •* in eo" o" in H« CO 1-1 © (n" ©' © rs y^ ^ XI Ä X> -C' rQ ,Q -O ,i3 "cO !^ 1 , - „ ^ ^ ^ ^ ^ ^ - ^ es CS CS CS es CS CS es CS CS es cs" CS cs" cf cs" cs" 3 rC 1— t in ^ CO CO IM (M ^H ■pH m '^ CO eo (N CN iH 1-1 o ^ ^ t-T co" in eo" in" Co" o t- cT t-^ cT i-^ oT Ut t-H o ^ o c o o o © © © © © n in in in in in in in in in in in in CO CO CO CO CO CO CO CO CO eo CO CO CO _j^ OJ 's i ^ .i4 o CO rt t- o ©_ o © »o ».'S © CO . !>. r» »iS *1 (M »51 •<* s !>• OS ©" O ^■^ ■™^ ^~^ ^"^ o s a 0^ o + ^ w ^3 'S IM 3^ ^ o o •■-" .x: ■^ •^ in O CO i-H t>» 1— 1 (M CO t- © O + © © CO CO S^ 3'1 -* c- 00 t- in IM * ü 1 ^ ,o X> ,Q ,o ,o rQ ,o ,J= -^ Ä rC ,J= Ä Xi Ä 1 cs" CS eS~ cf cs" es~ cS~ cs" es" es" CS*" cs" cs" cs" oT es" rO '-' in ■<* CO CO c^ M -^ " >n -* CO CO !M (M 1-1 iH a o" (r^ r-l o o o O o o o o © © © © OJ O in in o in in in in in in in in in t> CO CO CO CO CO CO eo eo CO CO CO CO CO ^^ ^ 1 a a O -H ^ ,— 1 ^ ; ^ o o o rt in ^ O Y-H in O S -*-a o o o o T— * in o © © o 1—1 in S ° Ca ' o_ o^ o o o_ o --1 ffQ o O^ ©_^ o o_^ © T-<_ * (N 05 IM o CO ^ '^ '"' ^ '^ '^ tH H= ^ r^ .^ rO Xi JO Ä ^ -O ,o -c ss" cs" es" «' CS~ of ciT oT oT cs" cf ce "* CO J5 «5 «O © (N (M »1 T-t •N (N SO «J (M 15^1 1— < + 00 CO CO O CO C3 t^ CO Ci in CO ^^ (N CO (M '-l (M ffJ eo '-i IM IM 1-^ a Ol ^ O ce 1—1 S I 2 tz; S3 q; .. 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Slickstoff salze auf lichtenipfindliuhe Samen. 331 1,77 ) 1,78 ) OO 2,07 1,71 ) 00 ) 1,87 ) 2,30 ) 00 «.8 8 ) 2,16 3,48 OO 2,64 2,32 CO ffj IM ^ (M_ © © © »i» »fli W9 •»* •^ o •»f ■<* o © ^H © i-< © e ec o © 1-^ ^m © »M (T) © tH «0 © «0 t>. (51 o »J •* 95 00 rM ©1 ■* *I rH (N eo + + + CO + t* t- + O ■^ CO *"* o CO t-4 00 o t- 5 O o CO •* o o ^ CO + + ^ n IM eo eo IM Ä ,o -o ,c c«" cf es cf cs" CS c«- es" c«~ es" cs" ef cs" rT es" es" a es" o in in M M ec CO CO CO CO CO ■* IM CO C-. o •si" o >* CD wi IM in in in r~- in C-. CO IM "* o C5 s o CO o ffq c- s 1« H O in in CO CD H (M Ci '-' «- 1^ lO 1« © »o Of) tH !» © © ^ Ci © et ■«* tf » © © "«* (M «'S 00 x> ^ I>- GC o r>- t-» »1 1 ,:£, "* 19 »9 w* •«*i e« »o U5 CO + + CO OO CO Ci + + + + l-H 00 in 00 OD *-( + in in ^ CO — (M t ^ + + + f: IM in " CD in '• = t •I- + + + s + + ^ -c -c es" es oT es" CS~ eä" *" es" es" CS*" es" es" es" es" es" r es' es" cT eS~ es es" CS eiT eo IM ^ CO S<1 ^ CO S^ 1-1 CO IM 1-1 CO ffa ^ CO IM ^ CO -i o 1-1 o O 1-1 o O 1-1 o o 1-1 o O o o o ® o o O o o o" o c C o o O o O O C' o o ^ Si O :e8 ^' 71 e« ho 5, " " CS ^ . . K " " 332 Gustav Gassnei", Am ausführlichsten sind die Versuche mit KNO.i, NaNOg, Mg(N0y)2, Ca(N0a)2 und KNO,. Alle diese N- Salze wirken keimungsauslösend; ein Vergleich mit den Parallelversuchen auf destilliertem Wasser ergibt folgende untere Schwellenwerte: KNO3: 0,0001 mol. noch nicht, 0,001 deutlich keimungsauslösend, NaNOs: 0,0001 kaum, 0,001 deutlich keimungsauslösend, Mg(N03)2: 0,00001 noch nicht, 0,0001 schwach, 0,001 deutlich keimungsauslösend , Ca(N0H)2: 0,00001 noch nicht, 0,0001 deutlich keimungsauslösend, KNO2: 0,0001 noch nicht, 0,001 deutlich keimungsauslösend. Also sehr geringe Konzentrationen: 0,0001 bezw. 0,001 mol. wirken bereits deutlich keimungsauslösend; die maximalen Prozente werden allerdings erst durch höhere Konzentrationen erzielt. Auffallend ist, daß Mg(N08)9 und Ca(N03)ä in schwächeren Konzentrationen keimungsauslösend wirken als KNO3 und NaNOs. Dies Ergebnis wird verständlich, wenn wir bedenken, daß nach allen bisherigen Feststellungen dem Element N die keimungsauslösende Wirkung zukommt, und daß auf 2 (NO3) bei Magnesium- und Kalziumnitrat nur 1 (NO3) bei Kalium- und Natriumnitrat entfällt. Mit den übrigen keimungsauslösenden Stoffen wurden Versuche mit Konzentrationen unter 0,001 nicht durchgeführt; diese Konzen- tration wirkte bei allen keimungsauslösenden Stoffen, Salpetersäure, Nitraten, Nitriten, Ammoniumsalzen, Harnstoff noch keimungs- auslösend, wobei nochmals darauf hingewiesen sei, daß die zuletzt genannten Stoffe überhaupt nur in unbedeutendem Maß keimungs- auslösend wirken. Auf jeden Fall ist also festgestellt, daß ganz allgemein sehr geringe Konzentrationen, nämlich solche von 1/1000 mol. bereits keimungsauslösend wirken. Nach der Bestimmung dieses unteren Schwellenwertes sei der Frage nähergetreten, bei welcher oberen Konzentration die gleich- zeitige Schädigungswirkung eines bestimmten Stoffes so groß wird, daß die keimungsauslösende Wirkung beeinträchtigt bezw. ver- deckt wird. In dieser Hinsicht gibt uns neben der Höhe der Keimprozente auch die Keimgeschwindigkeit wertvolle Aufschlüsse, indem eine mit steigender Konzentration einsetzende Schädigung sich zunächst nicht in einer Herabsetzung der Keimprozente, sondern in einer Verlangsamung der durchschnittlichen Keimgeschwindigkeit kennt- lich macht. Dementsprechend seien zur Feststellung der Beein- trächtigung der keimungsauslösenden Wirkung durch zu hoheKonzen- "über d. keimuugsauslösende Wirkung d. Stickstoffsalze auf lichtempfindliche Samen. 333 trationen nicht nur die Höhe der Keimprozente, sondern auch die durchschnittliche Keimgeschwindigkeit herangezogen. Die in Tabelle 20 enthaltenen Ergebnisse lassen sich in der folgenden Weise übersichtlich zusammenstellen, wobei zunächst auch hier nur die Versuche der linken Spalte (Samen sofort und dauernd 33 ") berücksichtigt seien. Nehmen wir den Keimungsverlauf auf destilliertem Wasser als Maßstab, so liegen diejenigen Konzentrationen, unterhalb deren noch keine, oberhalb deren eine deutliche Verlangsamung der durchschnittlichen Keimgeschwindigkeit das Vorhandensein einer eingetretenen Schädigung nachweist, bei den verschiedenen Stoffen in verschiedener Höhe, nämlich bei KN03 . . . zwischen 0,05 und 0,1 mol NaNOs . . . n 0,05 „ 0,1 11 MgCNOg), . . n 0,01 „ 0,05 1) CaCNOs), . . dicht unter 0,05 mol., NH.NOg . . zwischen 0,01 und 0,1 11 HNO3. . . . )i 0,01 „ 0,1 !1 KNO.> . . . )) 0,005 „ 0,01 U Na NO. . . . etwa bei 0,01 uiol.. MgCNOa), . . zwischen 0,001 und 0,01 n CaCNOa), . . „ 0,001 „ 0,01 )i NH^Cl . . . » 0,001 „ 0,01 11 Ammoniumkarbonat etwa bei 0,001 mol , Harnstoff zwischen 0,001 und 0,01 1) In der gleichen Weise seien die Keimprozente auf den ver- schiedenen Lösungen mit denjenigen auf destilliertem Wasser ver- glichen: eine Herabdrückung der Keimprozente unter diejenigen auf destilliertem Wasser findet bei den verschiedenen Stoffen bei den folgenden Konzentrationen statt: bei KN03 . zwischen 0,1 und 0,2 mo NaNOg . 1) 0,1 )) 0,2 „ MgCNOg), 1) 0,05 ,, 0,1 „ CaCNOg), „ 0,1 )) 0,2 „ NH^NOg )i 0,01 1) 0,1 „ HNOj . 11 0,01 1) 0,1 „ KNOg . etwa bei 0,05 mol., NaNO, . zwischen 0,01 und 0,1 „ Mg(N0,)2 )i 0,001 )) 0,01 „ Ca(N02)2 )) 0,01 11 0,1 „ NH^Cl . 1) 0,01 )) 0,1 „ Ammoniumkarbona t 0,001 n 0,01 „ Harnstoff 11 0,01 )) 0,1 „ 334 Gustav öassnei", Die obere Grenzkonzentration, d. h. diejenige Konzentration, oberhalb deren die keimungsauslösende Wirkung eines bestimmten Stoffes nicht mehr oder nicht mehr rein zum Ausdruck kommt, hegt also bei den verschiedenen Stoffen verschieden; bei den Nitriten und Ammoniumsalzen, ebenso bei Salpetersäure und Harn- stoff bedeutend tiefer als bei den Nitraten. Auch innerhalb dieser einzelnen Gruppen machen sich noch Unterschiede geltend; K- und Na-Salze wirken noch bei höheren Konzentrationen keimungsaus- lösend, also weniger giftig als Ca-Salze; diese wieder bei höheren als Mg-Salze, wie ein Vergleich der verschiedenen Nitrite bezw. Nitrate ergibt. Es erscheint angebracht, bei dieser Gelegenheit auch das Ver- halten der drei untersuchten N -freien und darum nicht keimungs- auslösenden Salze MgS04, KHäPOi und CaCl2 kurz zu besprechen. Von den verschiedenen zur Einwirkung gebrachten Konzentrationen wirkt bei MgS04 eine solche von 0,001 mol. noch nicht, eine solche von 0,01 bereits deuthch keimungsverlangsamend; eine nennenswerte Herabsetzung der Keimprozente gegenüber destilliertem Wasser findet bei einer Konzentration von 0,1 statt, während 0,01 nur in sehr geringem Maße die Höhe der Keimprozente herabzusetzen scheint. Bei KH0PO4 liegen die entsprechenden Grenzwerte ähn- lich, bei CaCla wirkte erst eine Konzentration von 0,1, dagegen nicht eine solche von 0,01 mol. keimungsverlangsamend; eine Herab- setzung der Keimprozente findet bei 0,01 noch nicht, in nennens- wertem Maße dagegen bei 0,1 statt. Vergleichen wir diese Werte mit den entsprechenden Werten der keimungsauslösenden Stofte, insbesondere der Nitrate, so ergibt sich, daß diese erst bei ungleich höheren Konzentrationen eine entsprechende Verlangsamung der Keimungsgeschwindigkeit bezw. Herabdrückung der Keimprozente hervortreten lassen. Man dürfte kaum fehlgehen, wenn man dies nicht auf eine geringere spezifische Giftigkeit der Nitrate gegenüber den untersuchten Magnesiumsulfat, Kaliumphosphat und Kalziumchlorid zurückführt, sondern darauf, daß bei den letzteren eine gleichzeitig sich betätigende keimungs- auslösende Wirkung nicht vorliegt. Bei den Nitraten scheint die unzweifelhaft vorhandene keimungsauslösende Wirkung der Schädi- gungswirkung entgegenzuarbeiten. Auf jeden Fall ergibt sich der Schluß, daß bei der Beurteilung der Keimungsergebnisse durch Anwen- dung keimungsauslösender Stoffe keimungsauslösende Wirkung und etwaige Schädigungswirkung in gleicherweise berücksichtigt werden. über d. keimungsauslösende Wirkung d. Stickstoffsalze auf lichtempfindliche Samen. 335 Den bisherigen Betrachtungen sind die in der linken Hälfte der Tabelle 20 .enthaltenen Versuchsreihen zugrunde gelegt, in denen die Samen sofort in 33 " ausgelegt und hier gehalten wurden. Im Gegensatz dazu wurden außerdem gleichzeitig Versuche durchge- führt, in denen die Samen nach dem Auslegen ins Keimbett zuerst 10 Tage bei 12" gehalten und dann erst in den Thermostaten 33 '^ umgestellt wurden. Diese Versuche sind in der rechten Hälfte der obigen Tabellen wiedergegeben. Zur Beurteilung der Keimungsergebnisse unter diesen ab- weichenden Temperaturverhältnissen sei zunächst auf meine älteren Versuche verwiesen^). Der Temperaturwechsel als solcher, wie er diirch das Umstellen der Samen von 12*^ in 33" bedingt wird, wirkt auf die entspelzten Körner von Chloris ciliata nicht keimungsauslösend, kann also vernachlässigt werden. Wohl dagegen muß die eigenartige Wirkung des Aufenthaltes der Samen bei 12" näher besprochen werden. Es hat sich nach meinen früheren Ver- suchen herausgestellt, daß ein vorübergehender Aufenthalt bei niederen Temperaturen die auf destilliertem Wasser zur Keimung ausgelegten Samen von Chloris ciliata in dem Sinne beeinflußt, daß sie lichtempfindlicher werden. Und zwar zeigt sich, daß etwaige, bei sofortigem Auslegen in 33" auch in Dunkelheit keimende Samen nach einem genügend langen Aufenthalt bei niederen Temperaturen so verwandelt sind, daß sie dann nur noch durch Belichtung bezw. durch Behandlung mit Nährlösung zur Keimung gebracht werden können. Ein vorübergehender Aufenthalt bei niederen Temperaturen macht also die Samen von Chloris ciliata wieder lichtempfindlich, soweit sie es infolge vorgeschrittener Nachreife nicht mehr sind. Werden die Samen nicht auf destilliertem Wasser, sondern auf Nährlösung im Keimbett bei niederen Temperaturen gehalten, so unterbleibt eine derartige Umwandlung oder Rückwandlung in lichtempfindliche Samen; diese keimen vielmehr, genügende Ver- suchsdauer vorausgesetzt, auch bei diesen niederen Temperaturen zum großen Teil aus, was sie auf destilliertem Wasser eben nicht tun. In bezug auf weitere Einzelheiten sei auf meine früheren Ver- öffentlichungen verwiesen; die obigen Ausführungen waren nötig, um die in Tabelle 20 rechte Hälfte angeführten Versuche verständ- lich zu machen. Genau entsprechend den früheren Ergebnissen bewirkte der lOtägige Aufenthalt bei 12" und auf destilliertem 1) Gassner, a. a. 0., 1911. og^ Gustav Gassner, Wasser eine Umwandlung der vorhandenen nicht lichtempfindlichen Samen in hchtempfindliche; da die Versuche in Dunkelheit durch- geführt wurden, so keimten diese Samen auf destilUertera Wasser nicht mehr aus, wenn die Keimungstemperatur auf 33 ^ erhöht wurde. So erklärt sich das Sinken der Keimprozente von 28,3 bezw. 38,7 (bei sofort 33 '^) auf 10,3 bezw. 11 7o, bei vorhergehen- dem Aufenthalt bei 12° und dann erst erfolgendem Einstellen der Schalen in den dunklen Thermostaten von 33*^. Ähnlich wie auf destilliertem Wasser verhalten sich die Samen auf den nicht keimungsauslösenden Stoffen MgSOi, KH2PO4, CaClä- Bei den übrigen untersuchten Stoffen — es sind das die keimungsauslösenden — macht sich in ähnlicher Weise, wie ich das oben für die Nährlösung berichtet habe, eine Umwandlung in licht- empfindliche Samen nicht bemerkbar, bezw. wird durch die keimungs- auslösende Wirkung der betr. Stoffe aufgehoben, falls geeignete Konzentrationen zur Anwendung gebracht werden. Die erzielten Keimprozente sind im übrigen bei den zuerst in 12° gehaltenen Samen nicht ganz so hoch als bei sofortigem Einstellen der Schalen in 33 °, was zum Teil wenigstens sichthch damit zusammenhängt, daß die untersuchten Lösungen eben nicht nur keimungsauslösend, sondern gleichzeitig auch schädigend einwirken. Sehr klar geht das für die Nitrite hervor, deren schädigende Wirkung bei vorher- gehendem Aufenthalt der Samen bei 12° und damit Verlängerung der Versuchsdauer ungleich heftiger ist als dann, wenn die Samen sofort in den Thermostaten 33° eingestellt werden. Die Wirkung der keimungsauslösenden Stoffe ist also nicht genau die gleiche, je nachdem die Samen sofort in 33 ° eingestellt oder zuerst bei 12° gehalten und dann in 33° umgestellt werden. Daraus folgt, daß bei der Bestimmung der Grrenzkonzentrationen keimungsauslösender Stoffe die Temperaturverhältnisse mitberück- sichtigt werden müssen. Es gilt das insbesondere für die obere Grenzkonzentration, die weniger durch den keimungsauslösenden Effekt als durch die gleichzeitige Schädigungswirkung des betr. Stoffes bedingt wird. Aber auch der untere Schwellenwert, unter- halb dessen also der betr. Stoff nicht mehr keimungsauslösend wirkt, scheint von der Höhe der Keimungstemperatur abhängig zu sein. Vor allem machen sich Unterschiede in der absoluten Höhe der erhaltenen Keimprozente auch hier bemerkbar, so daß die Tem- peraturverhältnisse auch in dieser Hinsicht Berücksichtigung ver- dienen. über d. keiraungsauslösende Wirkung d. Stickstoffsalze auf lichtempfindliche Samen. 337 Die für Chloris ciliata gewonnenen Grenzwerte mögen noch kurz mit den früheren Ergebnissen für Ranuncuhis sceleratus und Oenothera hiennis vergHchen werden. Für Ranunculus sceleratus (vgl. Tabelle 13) fehlen Versuche mit sehr schwachen Konzentrationen; da jedoch die geringste angewandte Konzentration von 0,01 mol. sehr deutlich keimungsauslösend wirkt, so dürfte der untere Schwellenwert wesentlich tiefer liegen, sich also dem für Chloris ciliata gefundenen nähern. Was die obere Grenze anbetrifft, ober- halb deren die gleichzeitige Schädigungswirkung die keimungsaus- lösende Wirkung eines bestimmten Stoffes beeinträchtigt bezw. ver- deckt, so zeigt sich auch bei Ranunculus sceleratus die Tatsache, daß diese Grenze bei den Nitraten höher liegt als bei Salpetersäure, Nitriten und Ammoniaksalzen, ebenso wie auch die einzelnen Ni- trate und Nitrite je nach ihren Basen verschieden wirken: Kalium- und Natriumsalze sichtlich weniger schädigend als die entsprechen- den Kalzium- und Magnesiumsalze. Für Oenothera hiennis liegen, was die Bestimmung der unteren Grenzkonzentration anbetrifft, geeignetere Versuchsreihen vor als für Ranunculus sceleratus; diese Versuche (vgl. Tabelle 16 — 18) stehen mit den für Chloris ciliata gefundenen ebenfalls insoweit in Einklang, als, wenigstens zum großen Teil sehr geringe Konzentrationen (0,001, teilweise schon 0,0001 mol.) keimungsauslösend wirken. In entsprechender Weise lassen auch die oberen Grenzwerte eine ge- wisse Ähnlichkeit mit den für Chloris ciliata gefundenen Werten erkennen. Übereinstimmungen liegen also unzweifelhaft vor. Es ist das um so bemerkenswerter, als wir es in den drei untersuchten Pflanzen mit Samen zu tun haben, deren Keimung, wie gezeigt worden ist, in so außerordentlich verschiedenem Maße von den Temperatur- verhältnissen beeinflußt wird. V. Zusammenfassung der Hauptergebnisse und Schlußwort. Die Samen der drei im vorstehenden untersuchten Pflanzen Ranunculus sceleratus, Oenothera hiennis und Chloris ciliata werden durch das Licht in der Keimung günstig beeinflußt. Bei Ranun- culus sceleratus tritt die keimungsfördernde Wirkung des Lichtes nur bei gleichzeitiger Anwendung von Temperaturschwankungen zutage, die auch an sich bereits bis zu einem gewissen Grade keimungsauslösend wirken. Bei Oenothera hiennis wirkt das Licht Jahrb. f. wiss. Botanik. LV. 22 338 Gustav Gassner, auch bei konstanten Temperaturen keimungsauslösend, während gleichzeitig Temperaturschwankungen die Keimung ebenfalls günstig beeinflussen. Die entspelzten Körner von Chloris ciliata werden durch Temperaturschwankungen in der Keimung nicht gefördert; hier wirkt also das Licht ebenfalls bei konstanten Temperaturen keimungsauslösend, jedoch ist weiter zu berücksichtigen, daß diese keimungsfördernde "Wirkung nur bei Temperaturen von ca. 20 ^ an aufwärts vorliegt. Ungeachtet der bei den einzelnen Samen verschiedenartigen Abhängigkeit der Lichtkeimung von den Temperaturverhältnissen ließ sich übereinstimmend feststellen, daß die keimungsauslösende Wirkung des Lichtes durch Anwendung Knopscher Nährlösung ersetzt werden kann. Wenn wir so von einem Ersatz der Licht- wirkung durch Anwendung Knopscher Nährlösung sprechen können, so zeigt andererseits das Beispiel von Chloris ciliata, daß Licht- wirkung und Wirkung Knopscher Nährlösung nicht völlig identisch sind; denn bei Chloris ciliata wirkt das Licht nur bei Temperaturen über 20 *' keimungsauslösend, darunter keimungshemmend , Nähr- lösung dagegen wirkt sowohl bei Temperaturen über wie unter 20° keimungsauslösend. Die Frage, worauf die keimungsauslösende Wirkung Knop- scher Nährlösung zurückzuführen ist, ist im Gegensatz bezw. in Er- gänzung der früheren Lehmannschen Feststellungen dahin zu be- antworten, daß nicht die Nährlösung an sich, sondern nur bestimmte, in ihr enthaltene Salze keimungsauslösend wirken. Und zwar sind es die N-Salze, KNO3 und Ca(N03)2, denen eine keimungsauslösende Wirkung zukommt, während die in der Nährlösung gleichzeitig vorhandenen MgSOi und KHäPOi, ebenso CaClo eine keimungsaus- lösende Wirkung nicht hervortreten lassen. Diese Fest- stellungen, ebenso die im folgenden mitgeteilten, gelten für alle drei untersuchten Samenarten in gleicher Weise. Die weiteren Versuche haben ergeben, daß nicht nur KNO3 und Ca(N0;{)2, sondern ganz allgemein alle untersuchten Nitrate, ferner Salpetersäure, Nitrite, Ammoniaksalze und bis zu einem gewissen Grade auch organische N- Verbindungen keimungsauslösend wirken. Die Beobachtung, daß nicht nur Nitrite, sondern auch Ammoniaksalze, wenn auch in etwas geringerem Maße keimungsauslösend wirken, zeigt, daß eben- so wie z. B. bei der Ernährung der Pflanzen die Frage, ob N als über d. keimungsauslösende Wirkung d. Stickstoffsalze auf lichtempfindliche Samen. 339 Säure oder Base geboten wird, bis zu einem gewissen Grade zurück- tritt; wichtig ist, daß N überhaupt zur Einwirkung auf die Sameu kommt. Der untere Schwellenwert keimuugsauslösender Stoffe ist relativ tief gelegen; 0,001 bis 0,0001 mol. vermögen noch deutlich die Keimung zu fördern. Die obere Grenze, oberhalb deren eine keimungsauslösende Wirkung nicht mehr oder nicht mehr rein zum Ausdruck kommt, liegt sehr verschieden hoch und wird sichtlich durch die siDezifische Giftigkeit des betr. untersuchten Stoffes be- stimmt^ — Die Ausführungen der vorstehenden Arbeit enthalten in der Hauptsache die Darlegung des in umfangreichen Versuchen ge- wonnenen Beobachtungsmateriales. Es liegt nahe, diese neuen Feststellungen zur Klärung des noch immer strittigen Problems der Lichtkeimung heranzuziehen. Wenn ich das an dieser Stelle noch nicht tue, so habe ich dazu besondere Gründe. Einmal stellen die im obigen mitgeteilten Versuche nur einen Teil meiner bisherigen Untersuchungen dar; es fehlen die zur Beurteilung unbedingt nötigen eingehenden Dar- legungen der Gesetzmäßigkeiten der Einwirkung von Temperatur und Temperaturwechsel; es fehlen vor allem meine weiteren Ver- suche über das Zusammenwirken von Licht und Temperatur auf die Keimung der Samen. Erst nach Darlegung dieser weiteren Versuche, die ich späteren Veröffentlichungen vorbehalten muß, möchte ich zu der Frage, in welcher Richtung wir die Lösung des Problems der Lichtkeimung zu suchen haben dürften, von neuem Stel- lung nehmen. Zweck der vorstehenden Ausführungen war nicht die Bestätigung älterer oder die Aufstellung neuer Hypothesen, sondern die Darlegung von Tatsachen; gerade bei der so komplizierten Frage der Lichtkeimung dürfte erst die eingehende Kenntnis aller tatsächhchen Verhältnisse uns die Möglichkeit einer richtigen Er- kenntnis derjenigen Vorgänge geben, welche die Erscheinung der Lichtkeimung bedingen. Darlegungen der wirklichen Keimungs- verhältnisse sind daher notwendige Bausteine und Vorarbeiten; in diesem Sinne hoffe ich, daß die vorstehenden Ausführungen auch ohne weitere, wie mir scheint, an dieser Stelle noch nicht ange- brachte hypothetisch- spekulative Betrachtungen als ein Fortschritt auf dem behandelten Gebiete der Keimungsphysiologie aufgenommen werden mögen. 22* 340 Gustav Gassner, Nur auf einen Punkt sei noch hingewiesen, der allerdings mit der kau8alen Erklärung des Problems der Lichtkeimung nichts zu tun hat: die biologische Bedeutung der keimungsauslösenden Wirkung von Stickstoffsalzen. Im Frühjahr 1913 habe ich im Rostocker Botanischen Institut einen Versuch in der Weise durchgeführt, daß ich Samen von Ranunculus sceleratus in reinen Quarzsand so zur Keimung aus- legte, daß die Samen etwa V2 cm mit Sand bedeckt waren. Die eine Versuchsschale wurde regelmäßig mit destilliertem Wasser feucht gehalten, die andere wurde zunächst mit Vio7o Chilesalpeterlösung bis zu dem gleichen Feuchtigkeitsgrade angefeuchtet und dann mit destilliertem Wasser auf dem gleichen Feuchtigkeitszustand gehalten. Die Schalen fanden im Vegetationsziramer bei leicht schwanken- den Temperaturen Aufstellung und zeitigten folgende Keimungs- ergebnisse: Schale mit destilliertem Wasser 18 Keimungen, Schale mit Chilesalpetergabe 121 Keimungen von je 200 ausgesäten Samen. Eine Düngung mit Chilesalpeter wird also die im Boden be- findlichen Samen des im obigen behandelten Typus zur Keimung bringen, falls der Boden zu arm an Nitraten ist. Die Beobachtung, daß starke N-Düngung die Unkrautbildung eines Ackers oft be- günstigt, dürfte vielleicht, wenigstens zum Teile hiermit in Zusammen- hang stehen. Darüber hinaus aber läßt sich sagen, daß unter natürlichen Verhältnissen eine Keimung lichtempfindlicher Samen vom Typus der Banunculus sceleratus, Oenothera biennis, Chloris ciliafa um so leichter erfolgen dürfte, je reicher der betr. Boden an N-Salzen ist. Daß eine derartige Erscheinung, teleologisch betrachtet, von Vorteil für die betr. Pflanzen ist, liegt auf der Hand: die Keimung in einem N- armen und darum für die betr. Pflanzen weniger günstigen Boden, dürfte wenigstens unter bestimmten Voraussetzungen durch die eigenartigen Keimungsbedingungen dieser Samen ver- mieden werden. Rostock i. M., Botanisches Institut der Universität, Oktober 1914. über d. keimungsauslösende "Wirkung d. Stickstoffsalze auf lichtempfindliche Samen. 341 Nachschrift. Nach Abschluß des Manuskriptes der vorstehenden Arbeit, deren Erscheinen durch den Krieg wesentlich verzögert wurde, er- schienen die Untersuchungen Ottenwälders ^), die ebenfalls Be- ziehungen zwischen Lichtkeimung und keimungsauslösender Wirkung von Chemikalien zum Gegenstand haben. Eine spezifische keimungs- auslösende Wirkung von N -Verbindungen wird hier nicht festgestellt; von Salzen ist nur die Einwirkung von KNO3 0,1 mol. auf Epi- lohium hirsutum untersucht und negativ befunden worden. Wohl dagegen wird für Säuren in weitgehendem Umfang eine keimungs- auslösende Wirkung angegeben und hierauf die Theorie der Licht- wirkung als katalytischer Wirkung zu begründen versucht. Ich habe weiter oben betont, daß es in der vorliegenden Arbeit nicht meine Absicht war, die Theorien der Lichtkeimung zu dis- kutieren, sondern daß ich mich bei der so sehr komplizierten Frage der Lichtkeimung im Augenblick darauf beschränke, die tatsäch- lichen Feststellungen als solche wiederzugeben. Aus diesem Grunde sei auch an dieser Stelle darauf verzichtet, unter Heranziehung der im obigen gemachten Feststellungen zu den auf die Theorie der Lichtkeimung bezüglichen Ausführungen Ottenwälders Stellung zu nehmen. Dagegen sei auf einige tatsächliche Beobachtungen dieses Autors deswegen noch kurz -eingegangen, weil diese sich auf zwei der von mir ebenfalls verwendeten Versuchspflanzen erstrecken: Ranunculus sceleratus und Oenothera biennis. Was Ranunculus sceleratus anbetrifft, so finden sich die wenigen von Ottenwälder mit dieser Pflanze durchgeführten Versuche in erfreulicher Übereinstimmung mit den von mir erhaltenen Ergeb- nissen; denn auch in den Versuchen Ottenwälders keimte Ranun- culus sceleratus bei konstanten Temperaturen weder in Licht noch auf Nährlösung, so daß nach dem Verf. „an eine günstige Wirkung des Temperaturwechsels gedacht werden muß" ; spezielle Versuche in dieser Richtung fehlen allerdings. — Des weiteren steht auch die Feststellung, daß Säure auf Ranunculus sceleratus nicht kei- mungsauslösend wirkt, mit meinen eigenen Ergebnissen in Einklang; denn Ottenwälder hat nur Versuche mit HCl und H2SO4 ange- 1) A. Ottenwälder, Lichtintensität und Substrat bei der Keimung. Zeitschr. f. Bot., VI, 1914, S. 785 — 848. 342 Gustav Gassner, Über die keimungsauslösende Wirkung der Stickstoffsalze usw. stellt, dagegen nicht mit HNOa, für die nach den obigen Fest- stellungen eine überaus deutliche keimungsauslösende Wirkung vorliegt. Die Versuche Ottenwälders mit Oenothera hiennis sind ebenfalls nicht umfangreich. Eine Steigerung der Keimprozente durch Lichtwirkung wird für „Temperaturen um 20°" festgestellt, für höhere Temperaturen „wohl noch eine Beschleunigung der Anfangsgeschwindigkeit der Keimung, aber nicht mehr eine Er- höhung der Keimprozente". Diese Feststellung steht in Wider- spruch zu meinen oben wiedergegebenen Versuchen, ebenso die von Ottenwälder durchgeführte Versuchsreihe, in der eine kei- mungsauslösende Wirkung von Salzsäure (0,006 mol.) beobachtet wurde. Wie sich die Widersprüche erklären, läßt sich zurzeit nicht angeben. Da die abweichenden Befunde Ottenwälders sich auf nur zwei Versuchsreihen stützen und da ferner keine großen Unterschiede in der Höhe der Keimprozente beobachtet wurden, besteht vielleicht die Möglichkeit, daß eine Wiederholung zu anderen Ergebnissen führen würde. Rostock i. M., Ostern 1915. Inhalt des yorliegendeu 2. Heftes, Band LY. Seite Ernst Schilliil§f. Über hypertrophische und hyperplastische Gewehewucherungen an Sproßachsen, verursacht durch Paraffine. Mit 43 Textfiguren . . . . 177 Einleitung 177 A. Zur Versuchsanstellung 180 I. Die angewandten Stoffe 180 IL Zur Methode 181 III. Der Verbleib der Stoffe 182 IV. Auswahl der Objekte 184 B. Anatomischer Teil 186 I. Vei'suche mit Clerodendron Bungei 186 Paraffin -Versuche 186 Anatomie des normalen Triebes 188 Vaseline -Versuche 192 II. Versuche mit Aesculus hijjpocastaniim und A. mhicunda . . . 198 Wirkung des Paraffinöls auf Sproßachsen 198 Wirkung des Paraffinöls auf Blattstiele 203 Wirkung des Paraffinöls auf Blütenstandachsen 204 Wirkung des Paraffinöls auf Blätter 205 Wirkung der Vaseline auf Sproßachsen 205 Wirkung der Vaseline auf Blattstiele 206 Wirkung der Vaseline auf Blätter 206 Wirkung der Vaseline auf Achsen des Blütenstandes .... 206 Wirkung der Ölsäure 206 Wirkung der Paraffin -Mischung 206 Wirkung des Knochenöls 207 Wirkung der Mischung von Vaseline und Kakaobutter . . . . 207 Wirkung des Vaselineöis 207 III. Versuche mit Samhucus nigra und S. canadensis 209 Vaseline -Versuche mit Samhucus nigra 215 Versuch mit der Mischung von Kakaobutter und Vaseline . . . 218 IV. Versuche mit Syringa Emodi 218 Wirkung von Paraffin und Vaseline 218 V. Versuche mit AHocarpus incisa 223 Der normale Zweig 223 Wirkung des Paraffinöls 223 Inhalt. Seite Wirkung der Vaseline 229 Wirkung der Mischung von Vaseline und Kakaobutter .... 230 Wirkung von Sublimat und Kupferoxydammoniak 230 VI. Versuche mit Philodendron pinnatifidum 230 Bau der normalen Haftwui'zel . 230 Paraffinwirkung 231 Versuche mit Vaseline und Vaselineöl 238 Sublimat und Kupferoxydammoniak 238 Versuche mit Philodendron cannaefolhim 238 VIT. Wucherungen an anderen Pflanzen 238 Catalpa syringaefolia 238 Justicia Neesü 239 Ribes aureuni 239 Spiraea sorbifolia 240 Spiraea concinna 240 Salix longifolia 240 Rohinia hispida 241 Rliamnus frangula 244 Zusammenfassung der anatomischen Ergebnisse 244 C. Physiologischer Teil 246 I. Die Wucherungen 246 II. Weitere Erscheinungen 255 III. Physiologische Zusammenfassung 256 Literatur -Verzeichnis ' 257 Crlistav (Jassüei". über die keimungsauslösende Wirkung der Stickstoffsalze auf lichtempfindliche Samen 259 I. Einleitung 259 II. Versuche mit Samen von Ranunculus sceleratus 267 A. Allgemeines über die Einwirkung von Temperatur und Licht auf die Keimung von Ranunculus sceleratus 267 B. Die keimungsauslösende Wirkung der Knopschen Nährlösung . . 281 C. Das keimungsauslösende Moment der Knopschen Nährlösung . . 298 III. Versuche mit Samen von Oenothera hiennis 307 IV. Versuche mit Chlons ciliata 321 A. Die Ergebnisse meiner früheren Versuche über die Lichtkeimung von Chlons ciliata und die keimungsauslösende Wirkung Knop- scher Nährlösung 321 B. Neue Versuche über die keimungsauslösende Wirkung Knop scher Nährlösung 323 C. Die Bestimmung des oberen und unteren Schwellenwertes der Kon- zentration keimungsauslösender Stoffe 325 V. Zusammenfassung der Hauptergebnisse und Schlußwort 337 Nachschrift 341 Verlag von Gebrüder Borntraeger in Berlin W35 Neuere Erscheinungen: Einführung in die experimentelle Vererbungslehre von Professor Dr. phil. et med. Erwin Baur. Zweite, vermehrte und verbesserte Auflage. Mit 131 Textfiguren und 10 farbigen Tafeln. Gebunden 15 Mk. 50 Pfg. Die Grünalgen der Adria von Or. Hermann Cammerloher. Mit Unterstützung der Kais. Akademie der Wissenschaften in Wien. Mit 6 Tafeln. Geheftet 8 Mk. Die chemischen Arzneimittel der letzten 113 Jahre mit Rückblicken auf die Entwickelung der wissenschaft- lichen Chemie und Pharmazie von Dr. Paul Siedler. Für Apo- theker, Arzte und Chemiker. Gebunden 4 Mk. 50 Pfg. Die Biochemie in Einzeldarstellungen. Sammlung biochemischer Monographien, herausgegeben von Dr. Aristides Kanitz. Heft 1: Temperatur und Lebensvorgänge von A. Kanitz. Mit Textabbildungen. Geheftet ca. 6 Mk. Unter der Presse. Lehrbuch der Chemie, Bakteriologie und Tech- nologie der Nahrungs- und Genußmittel fm Studierende tierärztlicher, technischer und landwirtschaftlicher Hoch- schulen, für Nahrungsraittelchemiker, Mediziner und Pharmazeuten von Professor Dr. A. Kossowicz, Dozent für Mykologie der Nah- rungsmittelgewerbe an der k. k. Technischen Hochschule in Wien. Mit 225 Textabbildungen. Gebunden 18 Mk. 80 Pfg. Ausführliche Verlagsverzeichnisse kostenfrei Verlag von Gebrüder Borntraeger in BerlinW35 Wandtafeln zur Vererbungslehre herausgegeben von Prof. Dr. E. Baur (Berlin) und Prof. Dr. R. Goldschmidt (Berlin). Diese Tafeln sind in Farbendruck ausgeführt und haben ein Format von 120 : 150 cm. Den Tafeln wird eine Erklärung in deutsch und englisch beigegeben. Die „Wandtafeln zur Vererbungslehre" gelangen in zwei Serien von je sechs Tafeln zur Ausgabe: eine zoologische und eine botanische Serie umfassend. Der Preis der zoologischen Serie beträgt . . 75 Mark Der Preis der botanischen Serie beträgt . . 60 Mark Beide Serien zusammen kosten 125 Mark Preis der Erklärung 1 Mark Die Tafeln werden auch einzeln abgegeben zum Preise von 20 Mark für die zoologische Wandtafel und 15 Mark für die botanische Tafel. Zur Bequemlichkeit der Abnehmer werden die Tafeln auch auf- gezogen auf Leinewand mit Stäben geliefert. Der Preis erhöht sich in diesem Falle um 5 Mark pro Tafel. Es kostet somit die zoologische Serie aufgezogen 105 Mark die botanische Serie aufgezogen 90 Mark Ausführliche Verlagsverzeichnisse kostenfrei JAZEBtFCHEE für wissenschaftliche Botanik Begründet von Professor Dr. N. Pringsheim he ra 11 «gegeben W. Pfeffer Professor an der Universität Leipzig Fünfundfünfzigster Band. Drittes Heft. Mit 3 Tafeln und 23 Textfiguren. Leipzig Verlag von Gebrüder Borntraeger 1915 Alle Ziisenduugeu für die Redaktion bittet man zu ricliten an Professor PfefTor in Tieipzig (Botanisches Institat), — Tom 1. August bis 26. September nur an Gebrüder Borutraeger in Berlin W 85, Schöneberger Ufer 12 a Inhalt des vorliegenden Heftes. Seite Hermann Sierp. Die Internodientorsionen der Pflanzen mit dekussierter Blattstellung. Mit Tafel II und 3 Text- figuren 343 W. Ruliland. Untersuchungen über die Hautdrüsen der Plumbaginaceen. Ein Beitrag zur Biologie der Halo- phyten. Mit 20 Textfiguren 409 P. N. Schürhoff. Amitosen von Riesenkernen im Endosperm von Ranunculus acer. Mit Tafeln III und IV . . . 499 Ausgegeben im Juli 1915. Die Jahrbücher für wissenschaftliche Botanik erscheinen in zwanglosen Heften, von denen 4 — 6 einen Band bilden. Der Preis des Bandes beträgt für die Abonnenten ungefähr 35 Mk., sofern nicht eine ungewöhnliche Zahl von Tafeln eine Preiserhöhung notwendig macht. Beim Einzelverkauf erhöht sich der Preis um 25 Prozent. Das Honorar beträgt 30 Mk. für den Druckbogen. Bei Disser- tationen wird ein Honorar nicht gewährt. Den Autoren werden 30 Sonderabdrücke kostenfrei geliefert. Auf Wunsch wird bei rechtzeitiger Bestellung eine größere Anzahl von Sonderabzügen hergestellt und nach folgendem Tarif berechnet: für jedes Exemplar geheftet mit Umschlag für den Druck- bogen 10 Pfg., für jede schwarze Tafel einfachen Formats 5 Pfg., für jede schwarze Doppeltafel 7,5 Pfg. Bei farbigen Tafeln erhöhen sich obige Preise für jede Farbe um 3 Pfg. Ein besonderer Titel auf dem Umschlag, falls ein solcher ge- wünscht wird, 3 Mk. 50 Pfg. — Zusätze, Änderung der Paginierung usw. werden besonders berechnet. Diesem Heft liegen Prospekte der Verlagglbnchliandlang- Gebrüder Borntraeger iu Berlin bei. Die Internodientorsionen der Pflanzen mit dekussierter Blattstellung. Von Hermann Sierp. Mit Tafel II und 3 Textfiguren. Einleitung. v w vo« ü-TANICA Die Orientierungsbewegungen der Blätter sind verschiedentlich UAkueN. Gegenstand der Untersuchung gewesen (vgl. Pfeffers Pflanzen- physiologie, Bd. II, S. 686 — 695). Sehr oft erreichen die Blätter ihre endgültige Lichtlage nicht durch eine Krümmung sondern durch eine Torsion des Blattstiels, oft aber auch durch eine solche der Internodien. In dieser Abhandlung sollen allein die letzteren studiert werden und diese wiederum mit der Einschränkung, daß nur die Pflanzen mit dekussierter Blattstellung genauer untersucht werden. Daß gerade die letzteren so bevorzugt wurden, hat seinen Grund einfach darin, weil diese die in Rede stehende Erscheinung am deut- lichsten zeigen, beträgt doch hier der Torsionswinkel 90**, ein Winkel, wie er bei Pflanzen mit anderer Blattstellung nie erreicht wird. Wenn diese eigene Art von Bewegung studiert wurde, so dienten dabei immer unsere gewöhnlichen Gartensträucher mit de- kussierter Blattstellung als Versuchspflanzen, wie Diervilla, Phila- delphus, Lonicera, Deutzia, Cornus usw. Eine aufmerksame Be- trachtung dieser Sträucher läßt in der Tat die hier in Frage stehenden Orientierungsbewegungen gut erkennen. An den verti- kalen Hauptsprossen aller dieser genannten Pflanzen stehen die Blatt- paare auch im entwickelten Zustand dekussiert. An den horizon- talen Sprossen dagegen sind die Blätter durch Torsion der Inter- nodien in den beiden Seitenreihen der Zweige inseriert. Daß die zweizeilige Blattstellung wirkUch durch eine Torsion der Internodien erreicht wurde, läßt sich deutlich an dem spiraligen Verlauf der von den Blattinsertionen am Internodium herlaufenden Riefen er- kennen. Betrachtet man diese genauer, so sieht man, daß fast Jahrb. f. wiss. Botanik. LV. 23 344 Hermann Sierp, immer die Spiralen das eine Mal von links nach rechts, das andere Mal von rechts nach links verlaufen. Die Blattpaare v^rerden also normalerweise abwechselnd gedreht. Dabei führt jedes Internodium erst dann seine Drehung aus, wenn das vorhergehende die seine zu Ende geführt hat. Es ist also stets nur ein Internodium in Tor- sion begriffen. Damit im Zusammenhang steht, daß immer nur ein Internodium ausgebildet wird, während das folgende im Knospen- zustande bleibt, bis das vorhergehende seine Entwicklung vollendet hat. Die Ursachen der Orientierungstorsionen der Blätter werden hier nicht zum ersten Mal erörtert. Wir finden in der Literatur bereits zahlreiche, zum Teil sich sehr widersprechende Angaben. Als erster studierte Frank (4) die geschilderten Torsionen. In seiner bekannten Abhandlung, in der er zum ersten Mal die wagerechte Richtung von Pflanzenteilen als eine Folge des Trans- versal-Heliotropismus resp. -Geotropismus hinstellt, kommt er auch auf die Internodiendrehungen der Horizontaltriebe von Sträuchern mit dekussierter Blattstellung zu sprechen. Er macht hier auf das regelmäßige Wechseln der Drehrichtung aufmerksam und ver- sucht dies uns in folgender Weise verständlich zu machen. Er nimmt an, daß bei einer Drehung die Horizontalebene nicht ganz genau erreicht werde, so daß etwa das linke Blatt etwas nach oben, das rechte etwas nach unten gekehrt sei, dadurch kommt das nächste Blattpaar, bevor sein Internodium sich gedreht hat, nicht genau vertikal zu stehen; die Insertion des oberen Blattes liegt in unserem Falle etwas nach links. Das Internodium schlägt nun immer den kürzesten Weg ein; es dreht nach rechts'). Frank nimmt nun weiter an, daß auch hier die Drehung nicht ganz voll- endet wird. Dadurch müßte in unserem Falle das folgende Inter- nodium, wenn es auf kürzestem Wege sein Ziel erreichen will, eine Linksdrehung machen. Ließ Frank die Zweige im Dunkeln sich entwickeln, so traten die Torsionen in der gleichen Weise ein. Daraus schließt er, daß die Ursache dieser Drehung die Schwer- kraft sei; es soll dabei dem Internodium ein bestimmtes Vermögen zukommen, sich senkrecht auf die Richtung der Schwere und zwar mit der morphologischen Oberseite nach oben zu stellen. Unter gewöhnlichen Verhältnissen soll außer der Schwere auch das Licht an dieser Wirkung in gleichsinniger Weise beteiligt sein können. 1) Mit einer Drehung nach rechts bezeichne ich diejenige, welche im Sinne des Uhrzeigers, mit links diejenige, welche entgegen dem Sinne des Uhrzeigers verläuft, wenn der Zweig von vorn gesehen wird. Die Internodientorsionen der Pflanzen mit dekussierter Blattstellung. 345 Diese Ansicht Franks fand in de Vries (17) einen scharfen Kritiker. Dieser Forscher verwiift die von Frank eingeführten Be- griffe des Transversal -Heliotropismus und -Geotropismus und will jegliche wagerechte Lage von Sprossen als ein Resultat von verschie- denen inneren und äußeren Wachstumsursachen ansehen. Die hier in Frage stehenden Torsionen der Internodien sollen dadurch zustande kommen, „daß jedesmal das obere Blatt, dessen Medianebene fast niemals genau mit der vertikalen Ebene der Sprosse zusammenfällt, ein größeres mechanisches Moment besitzt als das untere" (S. 277). Zum Beweise führt er einige Versuche aus, die wohl zu dieser An- nahme führen können. Er entfernte vor dem Eintreten der Torsion das obere Blatt oder auch beide Blätter eines Blattpaares; war dies gesehen, so unterblieb die Torsion in dem sie tragenden Inter- nodium. Wurde in gleicher Weise das untere Blatt allein entfernt, so trat eine sehr bedeutende Torsion (von etwas über 90") ein. De Vries verwirft also die Ansicht Franks, der eine direkte Ein- wirkung der Schwere annahm, und erklärt den ganzen Drehvorgang rein mechanisch. Zu fast dem gleichen Resultat war Wiesner (18) gekommen. Indes fühlte Wiesner die Unzulänglichkeit der rein mechanischen Erklärung. Er sagt, nachdem er die Versuche de Vries' be- sprochen hat: „Ich habe die Versuche an Cornus mas und C. san- guinea wiederholt, auch in verschiedener Weise abgeändert und bin genau zu derselben Auffassung gelangt. Nur möchte ich bemerken, daß allerdings an etiolierten Trieben es stets die Belastungs- verhältnisse sind, welche die vertikalen Blattpaare, d. h. jene Paare, deren Glieder ihrer Anlage nach vertikal übereinander zu stehen kommen, ausschließlich in die wagerechte Lage bringen, nicht stets an solchen Trieben, welche unter dem Einfluß des Lichtes stehen. Hier kann das Licht durch positiven Heliotropis- mus ebenso gut, als durch das Übergewicht des oberen Blattes die Drehung des Internodiums veranlassen. Ja, ich möchte glauben, daß der gewöhnliche Fall der ist, daß die Blätter eines vertikalen Paares sich im labilen Gleichgewichte befinden, welches durch posi- tiven Heliotropismus des Blattstieles gestört wird, wodurch die Drehung des Blattpaares eingeleitet wird" (S. 53). Eigene Ver- suche über die Wirkung des Lichtes hat Wiesner nicht gemacht. Wenn er von etiolierten Sprossen spricht, so beruft er sich dabei auf den Versuch Franks, der auch im Dunkeln, wie schon er- wähnt, die Drehung eintreten sah. Ebenso wie dieser Forscher, 23* 346 Hermann Sierp, der, wie wir hörten, dem Licht einen Einfluß beim Zustandekommen der Lichtlage zuschrieb, trotzdem er festgestellt hatte, daß auch im Dunkeln die Drehung erfolge, glaubt auch Wiesner ohne die Annahme einer Lichtwirkung nicht auskommen zu können. Man kann sich, wenn man dieses liest, des Gedankens nicht erwehren, daß die Verfasser mit der gegebenen Erklärung doch nicht recht zufrieden sind. Es fällt ja auch schwer sich vorzustellen, daß die Bewegung, welche die Blätter ausführen, um in die richtige Licht- lage zu kommen, nur durch die Schwerkraft verursacht werden soll. Weiter muß hier eine Arbeit von 0. Schmidt (12) erwähnt werden. Sie beschäftigt sich mit den bei den Blattstielen der Primär- blätter von Phaseolus vulgaris und Acer platanoides unter gewissen Beleuchtungsverhältnissen auftretenden Torsionen. Diese Torsionen sollen allein auf „passives Wachstum" zurückzuführen sein; die beiden Blatthälften sollen verschieden stark wachsen, so daß Be- lastungsverhältnisse entstehen, die notwendig zu einer Torsion führen müssen. Die durch das Eigengewicht der Blätter gegebenen Torsions- momente sollen bei allen Bewegungen der ausschlaggebende Faktor sein. Diesen Schluß glaubt Schmidt aus seinen KHnostatenver- suchen folgern zu müssen, bei denen er niemals Torsionen be- obachtete. Wie wenig stichhaltig aber seine Erklärungsversuche sind, dürfte sich deutlich aus seinen eigenen Schlußworten ergeben: „Wenn auch die Ansicht über die Bedeutung der einzelnen Kräfte beim Zustandekommen der Lichtlage durch die mitgeteilten Tat- sachen eine Berichtigung gefunden hat, so bleibt darum das Pro- blem einer mechanischen Erklärung der Lichtlage in bezug auf seinen wichtigsten Punkt noch ungelöst. Weshalb werden die Be- wegungen sistiert, sobald das Blatt in dieser bestimmten Weise sich gegen das Licht orientiert hat? weshalb wirken die Drehmomente nicht weiter und bringen dasselbe nicht in eine lotrechte Lage?" (S. 35). Krabbe (6) bemerkt hierzu in seiner Kritik dieser Arbeit zutreffend: „Wenn Schmidt diese Frage nicht anders zu beant- worten weiß, als daß er dem Licht irgend einen noch unbekannten und zwar maßgeblichen Einfluß beim Erreichen der fixen Lichtlage zuschreibt, so begibt er sich damit zum Teil wieder auf den Stand- punkt Franks" (S. 226). Noll (8, 9, 10) zieht die Torsionen der Blätter bei der Unter- suchung der Orientierungsbewegungen der Blüten auch in den Kreis seiner Besprechungen und findet sie „als völlig analog mit denen zygomorpher Blüten, nämlich als Kombination von Geotropismus, Die Internodientorsionen der Pflanzen mit dekussierter Blattstellung. 347 Bpinastie und Exotrophie" (S. 364). Diese Ansicht Nolls hat ver- schiedentlich scharfe Kritik gefunden. Ich verweise nur auf diejenige Schwendeners und Krabbes in ihrer Arbeit über die Orien- tierungstorsionen der Blüten uud Blätter. Über die hier in Frage stehenden Internodientorsionen der Pflanzen mit dekussierter Blatt- stellung hat Noll keine Versuche gemacht, er vermutet, daß es auch aktive Orientierungsbewegungen seien, welche bei diesen die normale Lichtlage herbeiführen. Eine wesentliche Förderung erfuhr das Problem durch eine Arbeit Vöchtings (16), welche die Lichtstellung der Malvaceen zum Gegenstand hat. In einer großen Anzahl von Versuchen wird einwandfrei dargetan, daß der Geotropismus der Blätter und ebenso deren Eigengewicht für die Erreichung ihrer Lichtlage ohne jeden Einfluß ist, daß vielmehr diese, gleichviel ob sie durch einfache Krümmung oder durch Torsion erfolgt, einzig und allein durch den Einfluß des Lichts bedingt wird. Vöchting stellt also hier fest, daß die Blätter der Malvaceen das Vermögen besitzen, ihre Blattflächen senkrecht zum einfallenden Licht zu stellen, daß sie, wie Frank es genannt hatte, Transversal-Heliotropismus besäßen, daß ihnen aber auch, was für uns hier in Frage kommt, Heliotor- tismus zukomme, wie Seh wendener später die Fähigkeit der Pflanzen nannte, unter dem Einfluß des Lichtes Drehungen auszu- führen. Außer dieser für uns wichtigen Feststellung beweist Vöch- ting weiter, daß zwischen Blattfläche, Gelenk und Stiel Leitungs- vorgänge und innere Wechselbeziehungen bestehen, die derart sind, daß der Blattstiel respektive das Gelenk alle Bewegungen ausführt, die ihm gleichsam von der Spreite zudiktiert werden. Diese Arbeit Vöchtings ist nicht die letzte, die hier zu er- wähnen ist. Es müssen noch zwei weitere Abhandlungen genannt werden, von denen vor allen die zweite für uns von Wichtigkeit ist, weil sie sich ausschließlich mit Torsionsbewegungen befaßt. Die erste Arbeit, die Krabbe (6) zum Verf. hat, ist für uns des- halb von geringerem Werte, weil der Autor in der zweiten, die er im Verein mit Schwendener herausgab, vielfach seine früheren Resultate widerruft oder zum mindesten anders deutet. Während zum Beispiel Krabbe in der ersten Arbeit noch das Vorhanden- sein von heliotropischen und geotropischen Torsionen leugnete, war das Hauptergebnis der zweiten Arbeit, „daß sowohl die Schwerkraft als auch das Licht an Organen, die Orientierungstorsionen aus- führen, nicht nur krümmend, sondern auch direkt tordierend zu 348 Hermann Sierp, wirken imstande ist" (S. 365). Bei diesem Sachverhalt wird es genügen, auf diese Arbeit allein hier einzugehen. Den Autoren kam es hauptsächlich darauf an, die Frage zu entscheiden, ob und inwieweit die im Dienste der Zweckmäßigkeit stehenden Blatt- und Blütenstieldrehungen einer mechanischen Er- klärung fähig seien. Für das Zustandekommen der Torsionen ist natürlich die Frage von der größten Bedeutung, ob durch Kombination zweier oder mehrerer Kräfte, von denen jede für sich nur krümmend in einer bestimmten Ebene wirkt, eine Torsion herbeigeführt werden kann. Eine Erklärung auf solcher Grundlage war vor allem von Am- bronn (1) versucht worden. Schwendener und Krabbe wieder- holen die Versuche Ambronns und kommen zu dem entgegen- gesetzten Resultat, nämlich, „daß aus der Kombination zweier krümmender Kräfte wiederum nur eine Krümmung, niemals aber eine Torsion resultiert" (S. 269). Das Resultat fällt ganz anders aus, wie Schwendener (14) in einem späteren sehr interessanten Versuch zeigt, sobald es sich nicht um zwei, sondern um drei Kräfte handelt. In diesem Fall ist das Resultat der Krümmungen immer eine Torsion. Indes hat dies Resultat für unsere Unter- suchung wenig zu sagen, da die Verfasser des weiteren zeigen, daß, um die Torsionen herbeizuführen, immer nur eine Kraft genügt, entweder das Licht oder die Schwerkraft. Diese beiden Kräfte vermögen jede für sich Torsionen der Blüten und Blattstiele zu bewirken. Neben geotropischen resp. heliotropischen Krümmungen existieren darum auch geotropische resp. heliotropische Torsionen. Die mit diesen Torsionen oft gleichzeitig auftretenden heliotropi- schen, geotropischen und epinastischen Krümmungen sollen mit jenen in mechanischer Hinsicht in keinerlei Beziehungen stehen. In den geotropischen resp. heliotropischen Torsionen und Krüm- mungen haben wir zwei ganz verschiedene Wirkungsweisen einer und derselben Kraft. Um diese beiden besser auseinander zu halten, führen Schwendener und Krabbe für die erster e einen neuen Namen ein und nennen die Fähigkeit der Organe unter dem Einfluß der Schwerkraft zu tordieren „Geotortismus". Danach wird entsprechend die Fähigkeit unter dem Einfluß des Lichtes Drehungen auszuführen „Heliotortismus" genannt. Die geotropischen — dasselbe gilt mutatis mutandis für die heliotropischen — Torsionen sollen in der gleichen Weise wie die geotropischen Krümmungen erfolgen, die Schwerkraft soll hier nur Die Internodientorsionen der Pflanzen mit dekussierter Blattstellung. 349 durch Vermittlung des Protoplasmas das Membranwachstum der einzelnen Zellen nicht einseitig, sondern in schiefer Richtung be- einflussen. Weiteres läßt sich nach der mechanischen Seite hin über das Zustandekommen der Torsionen nicht sagen. Wenn wir nun weiter nach den Ursachen fragen, welche die Tor- sionen der Blättstiele herbeiführen, so wird vor allem der Schwer- kraft eine große Bedeutung zugelegt. Wenn die Verf. Pflanzen in von der normalen Lage abweichender Stellung ins Dunkle brachten, so führten die nicht in der Normallage befindlichen Organe solange Bewegungen aus, bis sie dieselbe wieder erreicht hatten. Die da- bei auftretenden Torsionen sind natürlich je nach der Lage der Organe verschieden groß. Da bei den angestellten Versuchen auf den Klinostaten bei Ausschaltung einseitiger Lichtwirkung die Tor- sionen ausblieben, kommen die Autoren zu dem Resultat, „daß die unter Ausschluß einseitiger Beleuchtung auftretenden Blatt- und Blütenstieldrehungen echte geotropische Torsionen repräsentieren" (S. 301). Nach Ansicht der Verf. hat ferner auch das Licht einen Ein- fluß auf die Bewegung der Blätter. Treten doch oft bei einseitiger Beleuchtung Torsionen auf, die den durch die Schwerkraft ver- ursachten gerade entgegengesetzt wirken. Das Licht soll denn auch bei einseitiger Beleuchtung für die Richtung und das Maß den allein ausschlaggebenden Faktor liefern. Nach diesen Fest- stellungen war es gegeben zu fragen, ob auch das Licht für sich allein tordierend zu wirken vermag, oder ob zur Erzielung von Drehungen die gleichzeitige Mitwirkung von anderen Faktoren, vor allem der Schwerkraft notwendig sei. Soll diese letzte Frage bejaht werden müssen, so muß weiter nach den Beziehungen ge- sucht werden, welche zwischen der Wirkung des Lichtes und der Schwerkraft bestehen. Zahlreiche Versuche mit Blüten von Viola ergaben die wichtige Tatsache, daß „auf dem Klinostaten dieselben Drehungen auftreten wie in den Fällen, in welchen die Versuchsobjekte gleichzeitig auch unter der Einwirkung der Schwerkraft stehen" (S. 332). Es kann also kaum Zweifel bestehen, daß es auch heliotropische Torsionen gibt. Der gleiche Versuch mit Blättern angestellt, ergab ein wesent- lich anderes Resultat. Als Versuchspflanze dienten die Primär- blätter von Phaseolus und Soja. An normal wachsenden, auf- 350 Hermann Sierp, rechten Exemplaren dieser Pflanzen bilden die Stiele der Primär- blätter mit dem Sproß einen Winkel von 45 °. Die Lamina dieser Blätter liegen im normalen Zustande horizontal. Fällt das Licht nun horizontal ein, so stellt sich die Lamina durch eine Drehung des Blattstiels um 90 ° senkrecht zu den einfallenden Lichtstrahlen. Werden nun aber Pflanzen mit normaler Blattstellung auf dem Klinostaten einseitig beleuchtet, so ist die erste wahrzunehmende Erscheinung die, daß der Blattstiel und die Lamina sich senken. Der Blattstiel bildet nun mit dem Sproß einen Winkel von genau 90", während die Lamina mit dem Blattstiel jetzt auch denselben Winkel bildet. Nunmehr beginnt das mit der Spitze senkrecht nach unten gerichtete Blatt durch eine Krümmung des Blatt- stiels die Lamina in die richtige Lichtstellung zu bringen. Torsio- nen treten nach Ausschluß der einseitigen Schwerkraftwirkung an den Blättern von Phaseolus und Soja niemals ein. Die Lichtlage wird danach auf dem Klinostaten in ganz anderer Weise als unter normalen Verhältnissen erreicht. Aus diesem eigentümhchen Verhalten schließen die Autoren, daß Drehungen der Blattstiele der genannten Pflanzen nur unter dem Einfluß der Schwerkraft eintreten und daß gewisse Beziehungen zwischen der Wirkung des Lichtes und der Schwerkraft bestehen. „Das Licht soll durch Vermittlung des Protoplasmas die Schwerkraft zur Ausführung von Bewegungen veranlassen, die oft entgegengesetzt sind denjenigen, welche die Schwerkraft für sich allein bedingt" (S. 343). Daneben geben sie aber auch eine andere, viel näherliegende Erklärung, wonach die Schwerkraft nur die Rolle des Gärtners spielt, „der die Pflanzenteile durch Festbinden oder andere Manipulationen den äußeren Richtkräften gegenüber in bestimmte Lagen bringt, ohne dadurch Drehungen unmöglich zu machen" (S. 344). Diese Er- klärung wurde experimentell nicht auf ihre Richtigkeit untersucht, obschon dies doch sehr einfach ausführbar gewesen wäre. KHno- statenversuche mit anderen Pflanzen (Fuchsia, Dahlia, Acacia lophanta) führten zu dem gleichen Resultat. Auch sie ergeben, daß die Blätter dieser Pflanzen zur Ausführung von Orientierungs- torsionen gegenüber einseitiger Beleuchtung nur befähigt seien, wenn sie unter gleichzeitiger Einwirkung von Licht und Schwer- kraft stehen. Dies Resultat schließt nun keineswegs aus, daß es Blätter gibt, welche sich auf dem Klinostaten ebenso verhalten wie die oben erwähnten Fio/a- Blüten, die also ohne Mitwirkung der Schwerkraft Torsionen auszuführen imstande sind. Die Internodientorsionen der Pflanzen mit dekussierter Blattstellung. 351 Da der Drehvorgang schon so häufig Gegenstand der Dis- kussion war, so könnte es scheinen, als ob es wenig Aussicht auf Erfolg verspräche, nun einen bestimmten Drehvorgang noch einmal zu untersuchen. AVenn man aber bedenkt, daß Schwendener und Krabbe nur gelegentlich auf Internodientorsionen zu sprechen kommen, daß sie eigene diesbezügliche Versuche nicht angestellt haben und deshalb auch nichts Prinzipielles über diese Orientierungs- torsionen zu sagen vermögen, und wenn man außerdem die Resul- tate, die Schwendener und Krabbe bezüghch der Torsionen im allgemeinen erhielten, berücksichtigt, dürfte eine spezielle Unter- suchung von ganz bestimmten Torsionen geradezu verlockend sein. Meine Absicht war ursprünglich, die Internodientorsion in ihrer Allgemeinheit zu untersuchen. Indes fand ich sehr bald, daß es vorteilhafter sei, mich auf die Internodientorsionen der Pflanzen mit dekussierter Blattstellung zu beschränken. Diese dürften be- sonders geeignet sein, über manche dunkle Punkte weitere Auf- klärung zu geben. Vor allem legte ich mir auch die Frage vor, welchen Einfluß das Gewicht des oberen Blattes beim Zustandekommen der fixen Lichtlage hat. AVenn ich nochmals auf diese Frage hier eingehe, so liegt nicht etwa in meiner Absicht, alte Ansichten, die lange und gründlich (durch Vöchting) abgetan sind, zu neuem Leben zu er- wecken. Wie bereits erwähnt ist von namhaften Forschern das Ge- wicht des oberen Blattes als Ursache für die Internodientorsionen angegeben worden und diese ihre Angabe vermochten sie durch be- stechende Versuche zu belegen, die bis heute noch nicht widerlegt worden sind. Schwendener und Krabbe erklären das Ausbleiben der Drehung, wenn das obere Blatt oder oberes und unteres Blatt abgeschnitten sind, durch den Hinweis, daß die Bewegung immer zweckmäßig vor sich gehe, daß in diesen Fällen eine Bewegung nicht mehr nötig sei. Diese Erklärung vermag mich wenig zu be- friedigen, ganz abgesehen davon, daß ich sehr bezweifle, daß die Lage des unteren Blattes, wenn die Drehung des Internodiums nicht stattgefunden hat, zweckmäßig ist. Einen gewissen Einfluß, der für den Drehvorgang von untergeordneter Bedeutung sein soll, legen auch Schwendener und Krabbe dem Gewicht bei. Die Ansicht von de Vries, die später durch "Wiesner bekräftigt wurde, ist bis heute nicht widerlegt worden, sie läßt sich nach den bis heute gemachten Versuchen ebenso verteidigen wie die Ansicht Schwendeners und Krabbes. Meine ersten Versuche waren 352 Hermann Sierp, denn auch darauf gerichtet, den Einfluß des Gewichts am Zustande- kommen der Drehungen zu studieren. Durch eine größere Anzahl von Versuchen gelang es, den Nachweis zu erbringen, daß beim Drehvorgang mechanische Mo- mente von ganz untergeordneter Bedeutung seien. Als dies einmal festgestellt war, ging ich naturgemäß dazu über, den Einfluß des Lichts und der Schwerkraft zu bestimmen. Meine Versuche beschränkten sich nicht allein auf die Inter- nodientorsionen, sondern es wurden auch solche mit den Primär- blättem von Fhaseolus, die Schwendener und Krabbe haupt- sächlich bei ihren Versuchen über die Torsionen der Blätter verwandten, angestellt. Ich habe diese in den Kreis meiner Unter- suchungen hineingezogen, um zu sehen, wie die Resultate mit den an Pflanzen mit dekussierter Blattstellung gewonnenen in Einklang zu bringen sind. Begonnen wurde diese Arbeit im Sommer 1913 im Pflanzen- physiologischen Institut zu Leipzig. Es ist mir eine angenehme Pflicht, Herrn Geheimen Rat Pfeffer für die Anregung und das mir entgegengebrachte Interesse an dieser Stelle meinen verbindlichsten Dank auszusprechen. Leider war mein Aufenthalt in Leipzig nur kurz bemessen. Im Sommer 1914 wurde diese Arbeit im Botani- schen Institut der Universität Tübingen fortgesetzt und vollendet. Auch Herrn Professor v. Vöchting bin ich in der gleichen Weise zu Dank verpflichtet. Bevor ich zu meinen Versuchen übergehe, mögen mir einige allgemeine Bemerkungen über die Häufigkeit der Internodien- torsionen, über die verwandten Versuchspflanzen und vor allem auch über den äußeren Verlauf der Torsion gestattet sein. I. Über die Häufigkeit der Internodientorsionen, über die verwandten Versuchspflanzen, über den äußeren Verlauf des Drehvorganges. Die Internodiendrehungen sind eine im Pflanzenreich sehr ver- breitete Erscheinung. Sie finden sich nicht allein bei den hier in Frage stehenden Zweigen mit dekussierter Blattstellung, nein auch die Zweige mit anderer Blattstellung zeigen sie. Wie bereits er- wähnt, hat Frank (4) zuerst auf die große Verbreitung dieser Die Internodientorsionen der Pflanzen mit dekussierter Blattstelluiig. 353 Drehungen hingewiesen und den äußeren Verlauf der Torsion bei den Zweigen mit verschiedener Blattstellung geschildert. Ich kann deshalb hier auf seine Ausführungen verweisen. Stets tritt die Torsion nur an den Horizontaltrieben auf. Mit der Wahl der Zweige mit dekussierter Blattstellung ist nur eine bestimmte Gruppe herausgenommen. Es sind nun aber keineswegs alle Pflanzen mit dekussierter Blattstellung zu verwenden, denn immer nur ganz bestimmte Arten zeigen die in Frage stehenden Torsionen. Besonders schön tritt die Erscheinung, wie dies bereits gesagt wurde, an unseren Gartensträuchern auf. Es wurden von mir die folgenden zur Untersuchung verwandt: Philadelphus Oordonianus, Ph. pubescens, Ph. latifolius, Ph. coronarius, Ph. florihundus; Deutzia crenata, D. scdbra; DierviUa florida: Lonicera Riiprechtiana, L. nigra, L. tartarica; Cornus mas, C. sanguinea; Laburnum Adami; Phodo- typus Jcerrioides. Im Laufe meiner Untersuchungen stellte sich das Bedürfnis heraus, solche Pflanzen zu haben, die vor Wind und Wetter ge- schützt im Gewächshaus verwandt und vor allem auf den Klino- staten gebracht werden konnten. Beim Suchen nach solchen er- wiesen sich die Hypericaceen als besonders geeignet. Doch auch von diesen sind nicht alle zum Versuch gleich gut. Diejenigen Arten, welche mehr strauchartig ausgebildet sind und im ganzen Wuchs üppiger und kräftiger waren, erwiesen sich als am besten brauchbar. Die von mir benutzten Arten waren die folgenden: Hypericum Moserianum, H. calycinum, Androsaemum officinale und eine vierte Art, die nicht bestimmt werden konnte, da sie nicht zum Blühen kam. Sie steht, was die sonstige morphologische Aus- gestaltung angeht, nahe zu Androsaemum officinale. Da die Hij- jpericum- Arten sich bei allen Versuchen gleichmäßig verhielten, so dürfte der Name der Art von ganz untergeordneter Bedeutung sein. Ich habe gerade mit ihr eine große Anzahl von Versuchen gemacht, da sie sich als sehr geeignet erwies. Der Einfachheit wegen werde ich sie Hypericum IV nennen. Was den Ort anbelangt, wo meine Versuche vorgenommen wurden, so wurde naturgemäß ein großer Teil derselben draußen an den Sträuchern an Ort und Stelle ausgeführt, während die Licht- und Schwerkraftversuche in den Gewächshäusern der Botanischen Gärten anfangs zu Leipzig, später zu Tübingen ztir Ausführung ge- langten. 354 Hermann Sierp, Ehe wir an die experimentelle Lösung unserer Frage heran- treten, ist es für uns notwendig, die Details des Drehvorgangs zu kennen. Von diesem macht man sich leicht ein ganz falsches Bild. Da bei den uns zur Untersuchung vorliegenden Pflanzen die Blätter dekussiert stehen, ist mau versucht anzunehmen, daß die Blätter sich in jedem Zustand des Drehvorgangs das Gleichgewicht halten, also nie ein Kräftemoment nach irgend einer Seite vorhanden sei. Dies ist indes nicht der Fall, wie eine genaue Beobachtung des ganzen Drehvorgangs sofort zeigt. Dadurch, daß immer nur ein Internodium in der Entwicklung sich befindet und diese sowohl als auch der Drehvorgang erst be- endet sein muß, bevor das nächste zu drehen anfängt, wird erreicht, daß die Blattinsertionen des nächsten jungen Blattpaares immer vertikal stehen, und daß also die Blattflächen vorn über der Knospe Fig. 1. Fig. 2. zusammengefaltet mit den Oberseiten nach innen in der Horizontal- ebene liegen (Fig. 1). Was oberes Blatt ist, hängt allein von der Drehrichtung des vorderen Blattpaares ab. Das Internodium streckt sich nun in die Länge und gleichzeitig werden die Blätter größer. Sodann erhebt sich das obere Blatt vom unteren, während das untere ruhig in seiner Lage verbleibt. Fig. 2 stellt diese Phase des Drehvorgangs dar. Das obere Blatt erhebt sich dabei um einen gewissen Winkel, der bei ein und derselben Pflanze ver- schieden groß sein kann, aber niemals größer als 90° ist. Das obere Blatt neigt sich nun leicht nach rechts oder links und be- ginnt bei den meisten Pflanzen hiermit gleichzeitig sich in dem meist nur sehr kurzem Stiel um den eigenen Mittelnerv zu tor- dieren und zwar in umgekehrter Richtung, in welcher gewöhnlich etwas später das Internodium dreht , um so auf kürzestem Wege die Oberseite in die horizontale Ebene zu bringen (Fig. 3). Bis Die Internodientorsionen der Pflanzen mit dekussierter Blattstellung. 356 jetzt war von einer Internodiendretiung noch nichts zu sehen, eben- sowenig wie wir eine Bewegung des unteren Blattes wahrzunehmen vermögen. Bei dem weiteren Verlauf setzt die Drehung ein und damit ist auch eine Bewegung des unteren Blattes mitgegeben. Das untere Blatt muß durch die Drehung der Insertionsebene aus der vertikalen Richtung in die horizontale seine bisher bewahrte Lage aufgeben. Es wird aber nicht allein passiv gehoben, son- dern es führt nun auch selbst aktive Drehungen aus, es dreht sich in der gleichen Weise wie das obere Blatt um seinen Mittel- nerv. Während dieser Drehung hebt es sich auch von dem Sproß ab und bildet schließlich, wenn die Internodiumdrehung und die eigene Drehung vollendet ist, mit diesem den gleichen Winkel wie das obere Blatt. In dieser Stellung ist die Ruhelage erreicht, das Blattpaar befindet sich nunmehr im Gleichgewicht. Wir sehen also, daß der Dreh- vorgang in gewissen Phasen ver- läuft, von denen wir etwa die fol- genden unterscheiden können: 1. die Knospenlage; 2. das Erheben des oberen Blattes; 3. das Seitwärts- neigen des oberen Blattes; nach rechts oder links; 4. die Torsion des Internodiums. Gleichzeitig mit dieser hebt sich das untere Blatt ^'^- ^• vom Sproß ab und bildet mit ihm einen immer größer werdenden Winkel. Oberes und unteres Blatt führen dabei beide eine Torsion um ihren Blattstiel aus. 5. Die endgültige Ruhelage. Diese Schilderung läßt erkennen, daß ein mechanischer Er- klärungsversuch, wie ihn de Vries durchführt, zunächst durch- aus nicht von der Hand zu weisen ist. Durch das alleinige Erheben des oberen Blattes und dessen Überneigen nach einer Seite wird in der Tat ein wohl zu beachtendes mechanisches Mo- ment geschaffen. Ein im indifferenten Gleichgewicht befindliches Kräftepaar, an das man bei dekussierter Blattstellung denken könnte, ist nur am Schluß, wo die Drehung ja auch zum Still- stand kommt, vorhanden. Ob das Gewicht wirklich die Ursache der Torsion ist, dies festzustellen galten meine ersten Versuche, die deshalb auch zuerst zur Sprache kommen sollen. 356 Hermann Sierp, II. Kann das Gewicht des oberen Blattes als Ursache der Drehung In Frage kommen? Es lag auf der Hand, die Versuche, die de Vries als Beweis für die mechanische Erklärung des Drehvorganges angibt, zu wieder- holen und zu variieren. Wie de Vries und Wiesner fand auch ich bei allen unter- suchten Pflanzen, daß die Drehung unterbleibt, wenn man das obere Blatt abschneidet und das untere am Zweig läßt, daß sie dagegen immer eintritt, wenn man das untere abschneidet und das obere am Zweig läßt. Dabei war es ganz gleichgültig, in welcher der oben genannten Phasen sich das Blattpaar befand, ob also das obere Blatt noch mit seiner Oberfläche auf dem unteren lag, ob es sich erhoben hatte, oder ob die Drehung bereits begonnen hatte. Wenn die Drehung schon eingesetzt hatte, so hörte die- selbe sofort auf, sobald das obere Blatt beseitigt war. De Vries und Wiesner zogen aus diesen Versuchen den Schluß, daß das Gewicht des oberen Blattes die Ursache der Torsion sei. In der Tat hört jede Drehung auf, sobald das obere Blatt und damit sein Gewicht beseitigt ist. Wenn wirklich das Gewicht des oberen Blattes die Ursache der Torsion ist, so liegt es nahe zu fragen, welches Gewicht denn noch ausreiche, eine Drehung des Internodiums herbeizuführen. Dieses noch gerade ausreichende Gewicht läßt sich ja einfach durch partielles Ab- schneiden der Blattflächen bestimmen. Durch die Verwundung, die man der Blattfläche durch das Abschneiden eines Teiles beifügt, greift man tief in dessen Orga- nismus ein. Dies Eingreifen wird um so mehr empfunden werden, je jünger das Blatt ist, an dem die Operation ausgeführt wird. Nun ist aber das Blattpaar während des ganzen Drehvorganges in voller Entwicklung, selbst wenn es die Ruhelage eingenommen hat, nimmt es noch um ein Bedeutendes an Größe und Gewicht zu. Dies Eingreifen in den Organismus kommt augenblicklich für uns nur deshalb in Betracht, weil das Wachstum und deshalb die Gewichtszunahme durch dieses beeinflußt wird. Es ist mit anderen Worten nicht gleichgültig, in welcher der obigen Drehphasen das Beschneiden der Blätter vorgenommen wird. Um allen sich hier geltend machenden Fehlern zu begegnen, habe ich das gleiche Die Internodientorsionen der Pflanzen mit dekussierter Blattstellung. 357 Stück von Blättern in allen Entwicklungszuständen abgeschnitten. So sind immer mehrere Versuche zu einer Versuchsreihe zusammen- gestellt, die alle auf eines hinausgehen. Diese Zusammenstellung mehrerer Versuche zu einer Versuchsreihe habe ich in dem ganzen ersten Teil beibehalten. Die ersten Versuchsreihen sollen zunächst, wie gesagt, feststellen, bei welchem vorhandenen Teil der Blatt- fläche eiue Torsion des Internodiums noch eintritt. Versuchsreihe 1. Vom oberen Blatt wird die Spitze der Lamina abgeschnitten. Um in allen Versuchen den gleichen, der Größe der Blattfläche entsprechenden Teil abzuschneiden, zerlegte ich mir vor dem Abschneiden den Mittelnerv in drei Teile und schnitt durch den äußersten Teilpunkt den oberen Teil der Blatt- fläche quer ab. Versuch a): Das Blattpaar ist noch im Knospenzustande, als das Abschneiden vorgenommen wurde. Resultat: Das Abschneiden hat keinen Einfluß auf die nor- male Drehung des Internodiums. Versuch b): Das obere Blatt hat sich gerade erhoben. Resultat: Die Drehung wird ebenfalls normal vollendet. Versuch c): Das obere Blatt ist zur Seite geneigt, steht also gerade vor der Drehung. Resultat: Wie in Versuch a) und b). Versuch d): Das Blattpaar ist am Drehen. Resultat: Wie in den vorigen Fällen. Die Drehung geht also in allen diesen Versuchen normal vor sich. Ich habe mich natürlich davon überzeugt, daß das Resultat bei allen Versuchspflanzen das gleiche war. Für gewöhn- lich wurden von mir zu diesen Versuchen PhiladelpJms- Arten be- nutzt, weil diese Sträucher so viel angepflanzt sind und weil sie die Torsion besonders schön und klar zeigen. Vom Versuch a) trifft das, was über die Verwundung gesagt wurde, am meisten zu; nur muß berücksichtigt werden, daß man in dem vorliegenden Falle wenig oder gar nicht das wachstumfähige Gewebe trifft, das bekanntlich zumeist an der Blattbasis lokalisiert ist. In dem Ver- suche a) wird durch das weitere Wachstum der Basis am Schluß ein verhältnismäßig zu großes Gewicht, als beabsichtigt war, vor- handen sein. Das gleiche gilt, wenn auch nicht in dem gleichen Maßstabe, von den übrigen Versuchen. Will man ganz genau sein, 358 Hermann Sierp, SO muß man immer korrigierend eingreifen. Dies habe ich auch in einem Falle getan, indem ich zunächst ein noch im Knospenzustand befindliches Blatt um das angegebene Stück beschnitt. Dann aber ließ ich das Blatt nun nicht ruhig weiter wachsen, sondern ent- fernte das erste Mal, als sich das obere Blatt erhob, und noch einmal, als die Drehung halb vollendet war, einen entsprechenden Teil, wobei das untere ganze und im gleichen Maße wachsende Blatt zur Richtschnur diente. Das Resultat war wieder das gleiche. Es kann also nicht zweifelhaft sein, daß das Abschneiden des in Frage stehenden Teiles ohne jeden Einfluß auf die Torsion ist. Sehen wir deshalb weiter zu, ob das Abschneiden eines größeren Teils einen Einfluß hat. Versuchsreihe 2. Das obere Blatt wird zur Hälfte der Quere nach abgeschnitten. Wird mit der Hälfte des oberen Blattes noch eine Torsion des Internodiums herbeigeführt? Versuch a): Die Blätter waren noch zusammengefaltet, als das Abschneiden vorgenommen wurde. Resultat: Die Drehung trat in den meisten Fällen ein. In einer größeren Anzahl von Versuchen waren nur wenige Ausnahmen festzustellen. Versuch b): Das obere Blatt hat sich gerade erhoben, als der Versuch einsetzte. Resultat: Die Drehung trat hier in etwa der Hälfte der Fälle ein, in der anderen Hälfte bheb sie aus. Versuch c): Das Blattpaar hat die Drehung begonnen, als das Gewicht des oberen Blattes um die Hälfte verringert wurde. Resultat: In den meisten Fällen ist die Drehung am folgen- den Tag wieder aufgehoben, in einigen ist die Drehung stehen ge- blieben, wie sie bei Beginn des Versuches war. Besonders bevorzugt wurden auch bei diesen Versuchen Phila- delphus- Arten. Aber auch an anderen Sträuchern wurden die Ver- suche stets mit dem gleichen Erfolg durchgeführt. Alle ließen erkennen, daß die Wahrscheinlichkeit des Eintretens der Torsion um so größer wird, je früher das Abschneiden vorgenommen wird. Dies unregel- mäßige Verhalten findet eine einfache Erklärung. Wenn das Blatt noch jung ist, so kann es den durch das Abschneiden herbeigeführten Gewichtsmangel durch basales Wachstum leicht ersetzen, es ist also auch in diesem Falle am Schluß des Versuches nicht mehr das halbe Die Internodientorsionen der Pflanzen mit dekussierter Blattstellung. 359 Blatt beseitigt, sondern ein viel geringeres Stück. Ich machte des- halb auch hier den Versuch, indem ich immer korrigierend eingriff. In diesem Falle blieb jede Drehung aus. Es kann deshalb als Resultat dieser Versuchsreihe bezeichnet werden, daß die Drehung unterbleibt, wenn man die Hälfte des oberen Blattes weg- schneidet'). Aus diesem Resultat ohne weiteres zu schließen, daß das ver- ringerte Gewicht die Ursache für das Ausbleiben der Torsion sei, ist verfrüht. Wir müssen wohl bedenken, daß wir durch das Ab- schneiden die normalen Verhältnisse wesentlich ändern. Bei der Schilderung des normalen Drehvorganges hörten wir, daß das untere Blatt die Drehung nicht durch sein Gewichtsmoment behindere. Gilt dies nun auch für den Fall, daß wir das obere Blatt halb abschnei- den? Sobald die Drehung des Internodiums beginnt, hebt sich, wie wir hörten, das untere Blatt von dem Sproß ab und beschreibt dabei einen immer größer werdenden Winkel, der schließlich, wenn die Internodiendrehung vollendet ist, gleich dem Winkel ist, den das obere Blatt mit der Sproßachse bildet. In diesem normalen Falle ist das statische Moment des oberen Blattes anfänglich um ein Be- deutendes größer als das des unteren Blattes, das zu Anfang der Drehung = 0 ist, weil die Entfernung der Kraft vom Drehpunkt = 0 ist. Gleich mit dem Beginn der Internodiendrehung nimmt aber das Moment des unteren Blattes, da mit dem Fortschreiten der Drehung die Entfernung der Kraft vom Drehpunkt auch bei diesem nun größer und größer wird, an Größe zu, bis die Ruhe- lage erreicht ist, wo es gleich dem des unteren Blattes ist. Schneiden wir das obere Blatt halb weg, so verringern wir das statische Moment des oberen Blattes um die Hälfte. Das untere Blatt bekommt nun sehr bald ein größeres statisches Moment als das obere. Da dieses dem oberen entgegen wirkt, so kann sicherlich, wenn der ganze Vorgang rein mechanisch erklärt werden soll, das Resultat der zweiten Versuchsreihe nicht anders lauten, als wir festgestellt haben. Es wird deshalb auch, wenn wir ent- scheiden wollen, ob das Gewicht des oberen Blattes als Ursache für die Drehung in Frage kommt, für uns nicht unwichtig sein, zu untersuchen, ob das untere Blatt die Torsion behindern kann. Hierauf läßt sich im Anschluß an obige Versuche sehr leicht durch die folgenden Versuche eine Antwort finden. 1) Daß die Drehung unterbleibt, wenn man ein größeres Stück abschneidet, ist ja selbstverständlich. Jahrb. f. wiss. Botanik. LV. 24 360 Hermann Sierp, Versuchsreihe 3. Versuch a): Es wird nicht nur von dem oberen Blatt die Hälfte der Quere nach abgeschnitten, sondern auch das untere in der gleichen Weise behandelt. Der Versuch wird an fast allen Versuchspflanzen gemacht. Resultat: Die Drehung tritt regelmäßig ein. Dabei war es ganz gleichgültig, wann der Versuch ausgeführt wurde, ob im jugend- lichen Alter oder während der Drehung, oder ob immer wieder korrigierend eingegriffen wurde. Versuch b): Das untere Blatt wird ganz beseitigt und das obere wie im vorigen Versuch halb abgeschnitten. Die Versuche werden hier nur an Diervilla florida ausgeführt. Resultat: Die Drehung des Internodiums tritt normal ein. Versuch c): Das obere ist wieder halb durchschnitten, von der Blattfläche des unteren ist ein Viertel fortgenommen. Versuchs- pflanze war dieselbe wie in den vorigen Versuchen. Resultat: Die Torsion tritt normal ein. Aus diesen Versuchen ergibt sich, daß beim Abschneiden einer Hälfte des oberen Blattes die Torsion nicht deshalb ausbleibt, weil etwa die Kraft beseitigt ist, sondern die Drehung unterbleibt des- halb, weil eine andere Kraft sie in der Ausübung behindert. Wenn das Gewicht des oberen Blattes die Ursache der Torsion sein sollte, so genügt sicherlich noch das halbe G-ewicht. Eine weitere Verstümmelung vorzunehmen ist nicht ratsam, da man zu sehr in die wachstumsfähige Zone hineinkommt und so die Verhältnisse zu sehr geändert werden. Statt dessen will ich lieber einige Versuche anführen, die auch hierher gehören, wo aber die Blattfläche nur unbedeutend verletzt worden ist. Versuchsreihe 4. Versuch a): Durch die Mitte des unteren Blattes wird als Gewicht eine Nadel gesteckt, die zum mindestens doppelt so schwer war als das Blatt. Das obere Blatt hat sich gerade erhoben, als der Versuch angesetzt wurde. Versuchspflanze ist Phüadelphus floribundus. Resultat: Das Resultat in einer größeren Anzahl von Versuchen war, daß die Drehung normal eintrat. Nur in ganz wenigen Fällen blieb die Torsion aus. Die Internodientorsioiien der Pflanzen mit dekussierter Blattstellung. 361 Versuch b): Durch die Mitte des unteren Blattes werden zwei Nadeln von einem Gewichte von zusammen 0,2 g gesteckt, das ungefähr dem vierfachen Gewicht des Blattes entspricht. Auch hier hat sich das obere Blatt gerade erhoben. Die Versuchs- pflanze ist die gleiche, wie im Versuch a). Resultat: Eine ausgesprochene Torsion des Internodiums kam nicht zustande. Das obere Blatt war immer stark nach der einen Seite geneigt, es war auch hier offenbar durch das zu schwere Ge- wicht des unteren Blattes an der Drehung behindert worden. Der Versuch fiel ganz anders aus an anderen Versuchspflanzen. Bald war das Gewicht, das durch das obere Blatt gehoben werden konnte, größer, bald kleiner. So trat in einem Falle bei Diervilla florida die Drehung sogar bei einer Belastung von 0,3 g ein, die ungefähr dem fünffachen Gewicht des Blattes entsprach. Allerdings stand im letzteren Falle das untere Blatt etwas unter der Horizontal- ebene, aber die eingetretene Drehung ließ sich trotzdem gut erkennen. Die Resultate dieser Versuchsreihe stimmen mit den der vorigen darin überein, daß die Drehung normal eintritt, wenn auch das Gewicht des unteren Blattes größer ist als das des oberen, daß dies aber nur bis zu einer gewissen Grenze geht. In dieser letzten Versuchsreihe, in der jede größere Verwundung des Blattes ver- mieden wurde , vermag jedenfalls die die Torsion herbeiführende Kraft bedeutend mehr auszuführen, als in der ersten Versuchsreihe festgestellt wurde. Diese Versuche lassen schon klarer erkennen, daß das Gewicht des oberen Blattes schwerlich für die Torsion ver- antwortlich zu machen ist. Man erkennt hier deutlich, daß das obere Blatt eine Arbeit leistet, die nicht durch das Gewicht des oberen Blattes allein geleistet werden kann. Man muß nunmehr auch im Hinblick auf die Ergebnisse der Versuchsreihe 4 annehmen, daß das Beschneiden des oberen Blattes die bei der Torsion wir- kende Kraft sehr beeinträchtigt hatte, wenn durch ein geringes Gegengewicht, wie es das halbe untere Blatt darstellt, die Drehung bereits aufgehoben wird. Im Anschluß an die Versuche der beiden letzten Reihen soll hier noch ein weiterer Erwähnung finden, der besonders eng mit diesen im Zusammenhang steht. Versuch: Das obere Blatt wird längst des Mittelnervs, also nicht quer, sondern der Länge nach durchschnitten. Der Versuch wird an Blättern in allen Phasen der Drehung vorgenommen. Ver- suchspflanze ist auch hier zumeist eine Philadelphus - Art. 24* 362 Hermann Sierp, Resultat: Wie auch der Versuch angestellt wurde, das Resultat war immer das gleiche: Die Torsion trat normal ein. Hier ist auch die Hälfte des Blattgewichtes beseitigt, trotzdem tritt die Drehung normal ein. Dies Resultat könnte uns auffallen, da wir ja zeigen konnten, daß beim Beseitigen des halben Ge- wichts des oberen Blattes die Drehung unterbleibt. Wo liegt der Grund, daß das eine Mal die Drehung normal eintritt, das andere Mal nicht? Hier in dem zweiten Falle ist das statische Moment des oberen Blattes in jedem Augenbhck der Drehzeit größer als in dem Falle, wo das obere Blatt der Quere nach durchschnitten war, da die Entfernung des Schwerpunktes der gedrehten Masse vom Drehpunkt größer ist. Dies größere statische Moment kann ja sicherlich leichter das Hindernis beseitigen, welches in dem Falle, wo das obere Blatt der Quere nach durchschnitten war, die Drehung verhinderte. Sicherlich wirkt dieser Faktor unterstützend mit. Er wird um so mehr ins Gewicht fallen, da, wie wir zeigen konnten, die Drehkraft durch das Abschneiden gegenüber der im normalen Falle wirkenden sehr vermindert worden ist. Die Herabsetzung der eigentlichen tätigen Kraft läßt die Wirkung der anderen Kräfte besser hervortreten, als dies beim normalen Drehvorgang der Fall ist. Wir können indes auch annehmen, daß die Drehkraft, wenn das Blatt der Länge nach durchschnitten wird, in viel geringerer Weise beeinflußt wird, als wenn der Schnitt der Quere nach geführt wird, da die Art der Verwundung doch im letzten Falle eine ganz andere als im ersten Falle ist. Dies läßt sich natürhch nicht leicht untersuchen. Wie die Dinge auch liegen, das eine steht jedenfalls fest, daß selbst in diesem Falle, wo wir einen Einfluß des Gewichtes fanden, das Gewicht zur Erklärung der Torsion nicht ausreicht; denn auch hier hebt ein um einen Teil verkürztes Blatt ein ganzes. Dabei wird nicht etwa die Drehung unvollständig ausgeführt; das obere halbe Blatt steht am Schluß der Torsion in genau der gleichen Ebene, wie das untere ganze Blatt. Immerhin sehen wir hieraus, daß mechanische Faktoren mit- spielen können. Um indes diese in die Erscheinung treten zu lassen, muß man schon tief in den Organismus eingreifen und dadurch die eigentlich wirksame Kraft sehr verringern. Beim normalen Torsions- vorgang werden sie mit im Spiele sein, aber soviel läßt sich schon jetzt sagen, daß sie hier von ganz untergeordneter Bedeutung sind. Ich habe mich nun mit diesen Versuchen "nicht begnügt, sondern durch weitere den Anteil der einzelnen Kräfte an der Torsion zu erkennen versucht. Die Internodientorsionen der Pflanzen mit dekussierter Blattstellung. 363 Um weitere genaue Anhaltspunkte zu bekommen, habe ich zunächst von zwei am häufigsten verwandten Sträuchern die Größe und das Gewicht der Blätter einiger Zweige bestimmt und in den folgenden Tabellen zusammengestellt. Hier sind die Blätter eines Zweiges nach dem Alter durch Zahlen bezeichnet, und zwar so, daß die Blätter, die am jüngsten sind, die geringsten Zahlen haben. Tabelle 1. Größe und Gewicht der Blätter von Phüadelphus florihundus. Zweig Internodium Länge und Breite der Blätter Gewicht in g Bemerkungen Länge cm Breite cm 1 II oberes Blatt unteres „ 11,2 11,2 6,2 5,6 0,52 0,43 J Drehung vollendet III oberes Blatt unteres „ 8,9 9,2 4,7 4,8 0,31 0,31 desgl. II oberes Blatt unteres „ 7,1 7,7 4,3 4,2 0,26 0,26 Drehung vollendet 2 III oberes Blatt unteres „ 10,7 10,7 6,1 5,8 0,49 0,48 1 desgl. IV oberes Blatt unteres „ 8,0 8,2 4,1 4,0 0,28 0,28 desgl. V oberes Blatt unteres „ 2,4 2,4 1,1 0,029 0,029 nicht gedreht II oberes Blatt unteres „ 7,9 7,7 4,3 3,8 — — 3 III oberes Blatt unteres „ 11,0 11,5 6,6 6,7 0,52 0,53 Drehung vollendet IV oberes Blatt unteres „ 10,7 10,2 5,8 5,7 0,49 0,44 desgl. V oberes Blatt unteres „ 4,5 4,5 2,1 2,1 0,098 0,095 desgl. 364 Hermann Sierp, ITortsetzung von Tabelle 1. Länge und Breite Zweig Internodium der Blätter Gewicht in g Bemerkungen Länge Breite cm cm III. 4 oberes Blatt unteres „ 10,9 11,2 5,9 5,9 0,46 0,47 Drehung vollendet IV. oberes Blatt unteres „ 3,6 3,6 1,7 1,6 0,06 0,056 desgl. Tabelle 2. Größe und Gewicht der Blätter von Phüadelphus coronarius. Zweig Internodium Länge und Breite der Blätter Gewicht in g Bemerkungen Länge cm Breite cm I oberes Blatt unteres „ 2,3 2,2 1,4 1,2 0,032 0,028 Drehung vollendet 1 II oberes Blatt unteres „ 5,6 5,3 3,1 2,9 0,112 0,100 desgl. III oberes Blatt unteres „ 8,2 7,6 4,7 4,1 0,204 0,170 desgl. IV oberes Blatt unteres „ 5,1 4,7 2,1 2,0 0,065 0.059 1 Drehung gerade 1 vollendet II oberes Blatt • unteres „ 6,2 6,0 3,1 2,8 0,13 0,11 Drehung vollendet 2 III oberes Blatt unteres „ 8,6 8,8 2,6 2,6 0,23 0,234 desgl. IV oberes Blatt unteres „ 6,0 5,8 2,6 2,5 0,096- 0,093 desgl. Die Internodientorsioiien der Pflanzen mit dekussierter Blattstellung. 365 Portsetzung von Tabelle 2. Länge und Breite Zweig Internodium der Blätter Gewicht in g Bemerkungen Länge Breite cm cm III. 3 oberes Blatt unteres „ 8,6 8,3 4,3 4,0 0,203 0,178 Drehung vollendet IV. oberes Blatt 3,9 1,5 0,039 1 Drehung gerade unteres „ 3,6 1,4 0,036 1 vollendet Die Tabellen zeigen, daß die größte Gewichtszunahme nach Vollendung der Torsion erfolgt. Wie ein Vergleich der Zahlen zeigt, kann das Gewicht um das Zehnfache zunehmen. Wenn die Drehung gerade vollendet ist, ist das Blatt verhältnismäßig leicht und hat eine dementsprechende Größe. Bei Phüadelphus flori- hundus hat bereits ein Blatt von einem Gewicht von 0,06 g seine Drehung vollendet, bei Philadelphus coronarius sogar ein Blatt von einem Gewicht von 0,03 g. Sicherlich hat auch das Internodium mit der Beendigung der Torsion keineswegs sein Wachstum abgeschlossen. Die innere Kräftigung wird hauptsächlich nach der Drehung einsetzen. Der Widerstand der Internodiengewebe gegen eine Drehung wird dementsprechend nicht allzugroß sein. Vielleicht läßt sich eine bessere Einsicht in die Wirkungsweise des Gewichts finden, wenn wir versuchen, die Frage zu beant- worten, welches Gewicht mechanisch eine Drehung des Inter- nodiums herbeiführen kann. Hierdurch wird dann die Frage, ob ein so geringes Gewicht, wie es das Blatt vor der Torsion darstellt, die Drehung wirksam unterstützen kann, von selbst beantwortet. Daß überhaupt Torsionen bei den Zweigen mit dekussierter Blatt- stellung mechanisch herbeigeführt werden können, geht aus der folgenden Versuchsreihe hervor. Versuchsreihe 5. Versuch a): Ein Blattpaar hat seine Drehung gerade voll- endet, es wird das vor der Drehung unten gewesene Blatt abge- schnitten. Der Versuch wird an Philadelphus coronarius aus- geführt. 366 Hermann Sierp, Resultat: Das am Zweig verbliebene Blatt bleibt einige Tage in seiner Stellung, dann aber schreitet die Drehung weiter fort^ bis ungefähr der beschriebene "Winkel ISO*^ beträgt. Versuch b): Ein Blattpaar hat seine Drehung vollendet. Es wird das vor der Drehung oben gewesene Blatt abgeschnitten. Versuchspflanze ist auch hier PhÜadelphus coronarius. Resultat: Das Blatt verbleibt eine Zeitlang in seiner Lage. Nachdem es eine bestimmte Größe erreicht hat, geht die einge- tretene Torsion wieder zurück. Die Blätter verblieben eine Zeitlang in der einmal einge- nommenen Ruhelage, dann aber waren sie infolge ihres starken Wachstums so schwer geworden, daß nunmehr die bereits vorhandene Torsion entweder wieder aufgehoben wurde oder weiter fortgeführt wurde. Wurden die Blätter gewogen, sobald die Drehung eintrat, so zeigten sie ein Gewicht von 0,2— 0,4g. Daß diese Tatsachen eine rein mechanische Erklärung verlangen, dürfte auch aus den folgenden Versuchen hervorgehen. Versuch c): Ein Blattpaar hat seine Drehung wieder gerade vollendet. Es wird einmal das oben und dann das unten gewesene Blatt abgeschnitten. Diesmal wird aber das abgeschnittene Blatt durch eine Nadel, die als Gegengewicht in den am Zweig verbliebenen Blattstielstumpf eingesteckt wird, ausgeglichen. Die Versuchspflanze ist in diesem Versuch dieselbe wie im Versuch a) und b). Resultat: Die in den Versuchen a) und b) beobachteten Tor- sionen blieben nunmehr aus. Wurden dieselben Versuche an Phüadelphus fioribundus vor- genommen, so genügte das Einstecken einer einfachen Nadel für gewöhnlich nicht. Diese wurde nämlich bald zu leicht, so daß die Drehung trotzdem eintrat. Die verwandte Nadel hatte ein Gewicht von 0,12 g. Wurde aber diese Nadel von Zeit zu Zeit entsprechend der Größenzunahme des Blattes durch etwas Wachs beschwert, so daß die Nadel ungefähr das Gewicht des Blattes behielt, so blieb die Drehung auch hier aus. Wurden andere Sträucher mit kleineren Blättern, wie z. B. Lonicera tartarica und Deutzia crenata zum Ver- such verwandt, so fiel das Resultat ebenfalls anders aus. Wurde bei diesen nach vollendeter Drehung das vor dieser oben gewesene Blatt abgeschnitten, so ging die Torsion nur in ganz wenigen Fällen um einen ganz geringen Teil zurück, in den meisten Fällen verblieb das Blatt in der einmal eingenommenen Lage. Wurde, nachdem die Ruhe- Die Inteinodientorsionen der Pflanzen mit dekussierter Blattstellung. 367 läge erreicht war, das vor der Drehung unten gewesene abgeschnitten, so trat niemals eine weitere Drehung ein. Hier ist also entweder das Gewicht des am Zweige verbliebenen Blattes zu klein, oder es ist die Widerstandskraft des Internodiums größer als in den vorigen Fällen. Wir sehen aus alle dem, daß auch die Widerstandskraft der Internodien sehr in Rechnung gezogen werden muß. Sicherlich ist diese Widerstandskraft bei den verschiedenen Pflanzen und ebenso bei den Blättern verschiedenen Alters ganz verschieden groß. Bei Philadelphus floribundiis tritt keinerlei Drehung ein, sowie man an einem älteren Internodium ein Blatt abschneidet; denn das Inter- nodium hat sich nunmehr so gekräftigt, daß es jede in Frage kommende Last tragen kann. Bei den in der Entwicklung befind- lichen Internodien dieser Pflanze dagegen ist das Gewebe noch zu weich und leicht tordierbar; es wird für diese sicherlich ein geringeres Gewicht genügen, um eine Torsion herbeizuführen. Ob indes allein das Gewicht des Blattes genügt, um die regelmäßig auftretende Torsion herbeizuführen, muß erst durch weitere Ver- suche entschieden werden. Nach den bis jetzt besprochenen Ver- suchen ist dies ja nicht wahrscheinlich. Immerhin wollen wir diese Frage hier stellen, da de Vries die soeben besprochenen, sicher- lich rein mechanisch erfolgenden Torsionen in gleicher Weise wie die normalen Internodientorsionen erklärt wissen wollte. In den folgenden Versuchen habe ich deshalb das Blatt einmal ganz aus- geschaltet und das Gewicht bestimmt, das an dem Internodium, das in dem Stadium sich befindet, in dem gewöhnlich die Torsion eintritt, eine solche herbeizuführen vermag. Versuchsreihe 6. Das obere Blatt von Philadelphus flori- hun-dus wird ganz abgeschnitten, als es sich bereits erhoben und etwas zur Seite geneigt hatte. Das abgeschnittene Blatt wird durch verschieden schwere Stecknadeln, die wieder in den Blattstielstumpf eingeführt wurden, ersetzt. Versuch a): Die Nadel hat ein Gewicht von 0,05 g, das ab- geschnittene Blatt ein solches von 0,03 g. Resultat: Die Drehung unterblieb. Nach 9 Tagen fiel die Nadel mit dem Blattstielstumpf ab. Versuch b): Die Nadel hat ein Gewicht von 0,12 g; das ab- geschnittene Blatt ein solches von 0,045 g. Resultat: Das gleiche wie in Versuch a). 368 Hermann Sierp, Versuch c): Die Nadel hat ein Gewicht von 0,16 g; das ab- geschnittene Blatt ein solches von 0,04 g. Resultat: Auch hier unterbleibt die Drehung, trotzdem die Nadel 10 Tage gewirkt hatte. Versuch d): Die Nadel hat ein Gewicht von 0,21 g; das ab- geschnittene Blatt ein solches von 0,045 g. Resultat: Nach 2 Tagen war die Drehung eingetreten. Die mechanische Drehung tritt also erst bei einem Gewicht ein, das zum mindestens 4mal so groß als das des Blattes ist, das dieselbe Drehung hervorbringt. Dieses Gewicht stimmt auch mit dem ungefähr überein, das bereits in der vorigen Versuchsreihe als das festgestellt wurde, das eine mechanische Torsion herbeiführt. Aus diesen Versuchen ergibt sich klar und ohne weiteres, daß das Gewicht des oberen Blattes nicht die Torsion erklärt, die wir hier betrachten. Es dürfte sich aber ebenso klar zeigen, wie verkehrt es von de Vries war, aus dem Drehen über die Gleichgewichts- lage auf eine Mitwirkung des Gewichts beim Zustandekommen der normal auftretenden Internodientorsionen zu schließen. Diese Ver- suche haben deutlich gezeigt, daß wir diese Internodientorsionen nicht mit jenen zusammenwerfen dürfen, die, wie wir zeigten, sicher rein mechanisch vor sich gehen. Alle die hier in Frage stehenden Kräfte sind nicht sehr groß, deshalb sind genaue Bestimmungen notwendig. Die an anderen Versuchspflanzen gewonnenen Resul- tate liefen alle auf das gleiche Resultat hinaus: Ein Gewicht, das genau so groß ist wie das Gewicht des Blattes, ruft niemals eine Torsion des Internodiums hervor. Zur Herbeiführung einer rein mechanischen Torsion gehört bei allen untersuchten Pflanzen zum mindesten das doppelte Blattgewicht, bei einigen treten diese erst bei einem 4- bis 6 fachen Blattgewicht ein. Ich will auf alle diese Versuche hier nicht weiter eingehen, sondern nur noch einen solchen hier anführen, den ich gleich zu Anfang meiner Arbeit machte und der uns deutlich zeigen kann, wie große Vorsicht hier am Platze ist. Versuch: Die Versuchspflanze war Diervilla fiorida. Das obere Blatt wurde, als es sich vom unteren erhoben hatte, bis auf einen kleinen Überrest abgeschnitten und durch ein aus Glimmer- blatt geschnittenes gleich großes Stück ersetzt, das auf den kleinen Blattrest genäht wurde. Resultat: Die Drehung trat normal ein. Die Internodientorsionen der Pflanzen mit dekussierter Blattstellung. 369 Nach einigen Tagen wog ich unteres Blatt und das Glimmer- plättchen mitsamt dem Blattrest. Es ergab sich, daß beide im Gewicht übereinstimmten: Der Blattüberrest -|- Glimmerblatt wogen = 0,1 8 g Das untere Blatt wog = 0,17 g Aus diesem Versuch schloß ich anfänglich, daß die Ansicht de Vries' die richtige sei, die in dem statischen Moment des oberen Blattes die Ursache für die Drehung erblickte. Sicherlich kann diese in dem Versuch erfolgte Drehung auch nicht anders als rein mechanisch erklärt werden. Ich hatte aber damals noch nicht festgestellt, in welcher Weise das Gewicht des Blattes sich ändere. Diese nach einigen Tagen erfolgte Feststellung einer Gleichheit der Gewichte hat nichts zu sagen. Als das Glimmer- plättchen angebracht war, wog das untere Blatt bedeutend weniger. Durch mehrere Wägungen von Blättern, die in der gleichen Entwicklung wie das obere abgeschnittene Blatt im eben beschriebenen Versuch sich befanden, stellte ich fest, daß dieses im Höchstfalle 0,05 g gewogen haben konnte. In Wirklichkeit war also zu Anfang des in Rede stehenden Versuches oben das Gewicht SVamal so groß wie unten, wodurch, wie ich mich durch Versuche überzeugte, bei DierviUa flonda mechanisch eine Torsion herbeigeführt wird. Wurde dieser Versuch in der richtigen Weise angesetzt, indem darauf geachtet wurde, daß oben und unten ungefähr das gleiche Gewicht vorhanden war, so trat auch hier niemals eine Torsion ein. Die Frage nach dem Einfluß des Gewichtes beim Zustande- kommen der rechten Lichtstellung ist hier nicht zum ersten Mal untersucht. Für gewöhnlich wurden jedoch die früheren Versuche in ganz anderer Weise angestellt, man eliminierte das Gewicht durch ein gleiches Gegengewicht. Auch diese Art des Versuches habe ich gemacht. Es wurden zu diesem Zwecke zu beiden Seiten des Zweiges, an dem der Versuch vorgenommen werden sollte, Stäbe in die Erde gesteckt und diese über dem Versuchsblatt durch einen Glasstab verbunden. Über diesem Glasstab wurde ein Faden ge- legt, der an einem Ende an der Spitze des oberen Blattes be- festigt war, am anderen ein Gewicht trug. Meine Versuche hatten indes alle ein negatives Resultat, die Drehung blieb immer aus. Dies negative Resultat ist aber nur darauf zurückzuführen, daß die Versuche alle im Freien angestellt wurden, wo Wind und Wetter jede feinere Versuchsanordnung ausschließen, die bei den 370 Hermann Sierp, hier in Frage kommenden Kräften unbedingt notwendig ist. Mit den zur Verfügung stehenden Topfpflanzen war deshalb nicht viel zu machen, weil ihre Blätter sehr klein sind und infolgedessen noch geringere Kräfte zu bestimmen wären. Wir können auf diese Versuche durchaus verzichten, da wir bei den Pflanzen, mit den wir uns hier beschäftigen, ein viel besseres und bequemeres Mittel haben, das Gewicht vollständig auszuschalten. Wir verhindern, daß das obere Blatt sich erhebt, so daß es während des ganzen Versuches seine ursprüngliche Lage beibehalten muß, in der es mit der Blattfläche genau in der Hori- zontalebene mit der Oberseite nach unten, in der der Mittelnerv des Blattes genau in der Verlängerung des letzten Internodiums liegt. Wenn wir das Blatt in dieser Lage künstlich festhalten, erreichen wir, daß jedes Gewichtsmoment ausgeschlossen ist und auch während der Drehung ausgeschlossen bleibt; denn in jedem Augenblick der Internodiendrehung haben wir in dieser Anordnung ein im indiffe- renten Gleichgewicht befindliches Kräftepaar. Wenn in dieser Versuchsanordnung eine Drehung eintritt, so kann diese unmöglich durch das Gewicht hervorgerufen werden. Die hierher gehörigen Versuche sind in der nächsten Versuchsreihe zusammengestellt. Versuchsreihe 7. Versuch a): Das obere Blatt wird auf das untere genäht. Der Versuch wird an den verschiedensten Sträuchern vorgenommen. Resultat: Das Resultat war in allen Versuchen das gleiche, die Drehung des Internodiums trat ein, an welchen Pflanzen auch der Versuch ausgeführt war, und wie auch das obere Blatt auf das untere genäht war, ob an der Basis, ob an der Spitze, ob in der Mitte, ob an zwei von den genannten Stellen oder auch an allen dreien. Bei dieser Versuchsanordnung sucht jedes der beiden Blätter, um die Oberseite in die Horizontalebene zu bringen, sich um den Blattstiel zu drehen. Diese Drehung kann natürlich nicht ganz vor sich gehen, da sie durch die Nähte gehindert wird. Es kommen so, je nachdem das Aufeinandernähen vorgenommen wurde, aller- hand Krümmungen des Blattes zustande. Die Fig. 1 u. 2 auf Taf. II geben solche Krümmungen einiger Blätter wieder. Um diese Krümmungen ganz zu vermeiden, habe ich die Versuchsan- ordnung folgendermaßen vorgenommen. Die Internodientorsionen der Pflanzen mit dekussierter Blattstellung. 371 Versuch b): An der Spitze des oberen Blattes wird ein Zwirnfaden befestigt und dieser über einen horizontalen Glasstab gelegt, der in einiger Entfernung von der Zweigspitze in gleicher Höhe mit dieser angebracht war. Am anderen Ende des Fadens wird ein Gewicht angehängt, so daß der Mittelnerv des oberen Blattes gezwungen ist, in der Horizontalebene, in der Richtung des Fadens liegen zu bleiben. Resultat: Der Erfolg war immer der gleiche. Die Torsion des Internodiums trat normal ein. Bei PhiladelpJms floribundus machte sich bei längerer Ver- suchsdauer ein störender Gewichtseinfluß bemerkbar, hervorgerufen durch das untere Blatt, das, da ihm keine Fesseln angelegt sind, seine normalen Bewegungen ungestört ausführt und bald durch seine Lage ein Gewichtsmoment schafft, das die bereits ausgeführte Torsion wieder rückgängig macht. Dieses Zurückgehen unterbleibt, wenn man dafür sorgt, daß das einseitige statische Moment durch eine äquivalente Kraft ausgegUchen wird oder aber gar nicht zu- stande kommt. Ersteies kann man dadurch erreichen, daß man, nachdem die Drehung eingetreten ist, den Faden, der das obere Blatt hindert, seine normale Ruhelage einzunehmen, beseitigt, letzteres dadurch, daß man auch das untere Blatt in derselben Weise fixiert wie das obere. Mit den folgenden Versuchen beabsichtigte ich, mir ein unge- fähres Bild von der Größe der Drehkraft zu machen. Exakte quantitative Bestimmungen sind aus den bereits erörterten Gründen nicht gut durchzuführen. Dazu müßte man ganze Sträucher in Kübel einpflanzen und in ein Gewächshaus bringen, wo sie vor Wind und Wetter geschützt sind. Immerhin können die folgenden rohen Versuche unsere Vorstellung von der bei der Torsion tätigen Kraft erweitern. Versuchsreihe 8. Versuch a): Ein Blattpaar, das unter normalen Verhält- nissen nach links drehen sollte, wird durch eine Nadel zusammen- geheftet. Die Nadel ist in der Mittellinie des Blattes durch zwei Punkte quer durchgeführt, die zum Mittelnerv genau symmetrisch liegen, dabei steht das Knopfende der Nadel um 0,03 cm nach rechts über, während links die Spitze der Nadel mit dem Blatt- rande abschließt. Das Gewicht des rechts überstehenden Teiles 372 Hermann Sierp, wird nach dem Versuch bestimmt; es betrug 0,05 g. Versuchs- pflanze ist Pliiladelphus floribundiis. Resultat: Die Drehung geht wie unter normalen Verhältnissen nach links. Das Internodium bringt also das Übergewicht auf die andere Seite und leistet damit eine, wenn auch nicht gerade große, so doch beachtenswerte Arbeit. Versuch b): Das Internodium sollte wieder nach links drehen. Die Nadel wird in derselben Weise eingeführt wie in Versuch a), nur steht die Nadel 0,06 cm rechts über den Rand hinaus, während links die Spitze der Nadel noch 0,03 cm vom Blattrand entfernt ist. Das Übergewicht nach der rechten Seite war 0,08 g. Es ist nun aber nicht nur das Gewicht größer geworden, sondern es ist auch die Entfernung vom Drehpunkt größer als im vorigen Ver- such. Durch dieses schwere Gewicht ist die Blattfläche nicht mehr nach links, sondern nach rechts geneigt. Resultat: Das Internodium dreht nach rechts, also nach der Seite, wo das Übergewicht wirkte. Es kann demnach ein gewisses Gewicht die Torsionsrichtung ändern. Man hat es in der Hand, die Richtung beliebig abzu- ändern und kann so die Blätter dahin leiten, wohin man sie haben will. Wir erinnern uns nach diesen Versuchen unwillkürlich an die Beobachtungen Franks. Dieser stellte, wie oben ausgeführt wurde, den Satz auf, daß die Drehung immer auf dem kürzesten Wege er- folge. Dieser Satz ist durch die Ergebnisse obiger Versuche keines- wegs durchbrochen. Im Versuch b) stand tatsächlich das Blatt- paar infolge des Übergewichts so, daß die Drehung, wenn sie auf dem kürzesten Wege erfolgen sollte, nach rechts vor sich gehen mußte. Im Versuch a), bei welchem durch das Übergewicht keine Lageveränderung des Blattes herbeigeführt worden war, wird die Drehung wieder auf dem kürzesten Wege ausgeführt, wobei das Übergewicht unter Arbeitsleistung auf die andere Seite gebracht wird. Allem nach steht der Annahme nichts im Wege, daß bei Versuch b) nicht die Verlegung des Gewichtes von der einen Seite auf die andere die Ursache der Änderung der Drehrichtung war, sondern vielmehr die durch das Gewicht herbeigeführte Lagever- änderung der Blattlamina. Daß tatsächlich nicht das Gewicht des Blattes die Ursache für die abwechselnde Links- und Rechts- drehung ist, dürfte aus folgenden Versuchen hervorgehen. Die Internodientorsionen der Pflanzen mit dekussierter Blattstellung. 373 Versuchsreihe 9. Versuch a): An allen noch im Knospenzustand befindlichen Blattpaaren der horizontalen Zweige eines Strauches von Philadelplius Oordonianus wird längs des Mittelnervs die halbe obere Blattfläche abgeschnitten und zwar bei 30 Blättern die linke Hälfte, bei 30 die rechte Hälfte. Wenn das Gewicht die abwechselnde Links- und Rechtsdrehung herbeiführt, so müßte also in der Hälfte der Fälle die Drehung nach links, in der anderen Hälfte nach rechts erfolgen. Das Resultat nun sagt aber etwas ganz anderes. Resultat: Von den 30 Blättern, bei denen die rechte Blatt- hälfte abgeschnitten war, drehten 16 nach links, 14 nach rechts; von den 30, deren rechte Blatthälfte abgeschnitten war, drehten 17 nach links, und 10 nach rechts, bei den übrigen 3 unterblieb die Drehung. Man könnte nach diesem Versuche denken, daß vielleicht durch das zu früh vorgenommene Abschneiden der Blätter die Ungleich- heit während des weiteren Wachstums schnell beseitigt worden wäre, so daß bei Beginn der Drehung das Übergewicht gar nicht auf der linken resp. rechten Seite gelegen habe. Um auch diesem Einwand zu begegnen, wurde noch der folgende Versuch gemacht. Versuch b): An der gleichen Versuchspflanze wird bei je 10 Blättern die linke resp. die rechte Blatthälfte wie im vorigen Ver- such abgeschnitten mit dem Unterschied, daß dieses Abschneiden erst ausgeführt wird, als das obere Blatt sich vom unteren erhoben hatte. Das Blatt ist jetzt bereits größer und es wird so ganz sicher auf der einen Seite ein Übergewicht geschaffen. Resultat: Das Resultat war das gleiche wie im Versuch a). Von den 10 Blattpaaren, bei denen wir die rechte Blatthälfte ab- geschnitten hatten, drehten 3 nach links, 7 nach rechts; von den 10 Blattpaaren, bei denen wir die rechte Hälfte abgeschnitten hatten, drehten 4 nach links und 5 nach rechts (1 hatte nicht gedreht). Die Blattpaare drehen demnach so, wie sie unter normalen Verhältnissen gedreht hätten, d. h. nach links, wenn das vorher- gehende nach rechts gedreht hatte, nach rechts, wenn das vorige nach links gedreht hatte. Das Übergewicht nach der einen Seite vermochte also nicht die Drehrichtung abzuändern. Die be- schriebenen Versuche wurden auch noch in der Weise abgeändert, daß an der einen Seite der Blattfläche ein Gewicht angehängt 374 Hermann Sierp, wurde. Alle diese Versuche liefen auf das gleiche Resultat hinaus, ein nicht zu großes Übergewicht auf einer der beiden Blatthälften stört den normalen Verlauf des Torsions- vorganges nicht. Es bleibt danach noch die Frage zu beantworten, ob nicht eine Veränderung der Blattlage eine Änderung der Drehrichtung mit sich bringt. Dies zu entscheiden, war der Zweck des nächsten Versuchs, der sich eng an die beiden vorigen anlehnt und deshalb noch zu dieser Versuchsreihe gerechnet werden soll. Versuch c): Das obere Blatt hat sich erhoben und ist nach einer Seite geneigt. Durch eine kleine Drehung der älteren Inter- nodien wird nun das junge Blatt in einer derartigen Lage gehalten, daß es einen bestimmten Winkel nach der anderen Seite mit der Vertikalen bildet. Resultat: Bei Lonicera Ruprechtiana und Philadelphiis Gor- donianus ging das Blatt auf dem kürzesten Wege in die Ruhelage, so klein auch der Winkel war, den der Mittelnerv des Blattes mit der Vertikalen bildete. Bei Diervüla fiorida war dies indes nicht der Fall; hier wurde das Blatt auf die Seite zurückgebracht, nach der es unter normalen Verhältnissen gedreht hätte, sofern der Winkel, den das fixierte Blatt mit der Vertikalen bildete, nicht zu groß war. Bei Philadelphiis florihundus war das Resultat nicht einheitlich. In einer Anzahl von Fällen änderte die Drehrichtung selbst bei einem geringen Winkel ab, in einigen anderen Fällen wurde auch der größere Weg nicht verschmäht. Die Ursachen für die abwechselnde Links- und Rechtsdrehung lassen sich aus diesen Versuchen nicht erkennen. Wir wollen denselben auch nicht weiter nachspüren, da wir hier nur zeigen wollen, daß das Gewicht als Ursache nicht in Betracht kommt. Zur Ausschaltung der Gewichtsmomente könnte man auch die Zweige unter Wasser drehen lassen. Solche Versuche sind aber nicht leicht auszuführen und bedingen zudem eine zu starke Ab- änderung der normalen Lebensverhältnisse. Es will nichts sagen, wenn ich an Zweigen, die im Wasser gezogen wurden, keine Drehung feststellen konnte; denn wenn man so tief in den Organismus ein- greift, wie bei den Wasserversuchen, so kann man schlecht eine Drehung erwarten. Ich verzichte deshalb darauf, des weiteren auf diese meine Versuche einzugehen, und wende mich gleich dazu, zu untersuchen, welche anderen Kräfte die Drehung herbeiführen. Die Internodientoi-sionen der Pflanzen mit dekussierter Blattstellung. 375 Wenn jemand nach den bis jetzt mitgeteilten Versuchen noch Zweifel hegen sollte, daß das Gewicht keine oder höchstens eine ganz untergeordnete Rolle beim Drehvorgang spielt, der wird alle Zweifel vollends aufgeben, wenn er nun die weiteren Versuche ver- folgt, die mit einer ganz anderen Fragestellung an das Problem herangehen. III. Welchen Einfluß haben Licht und Schwerkraft auf die Inter- nodientorsionen? Wenn das Gewicht des oberen Blattes als Ursache der Tor- sion des Internodiums nicht in Frage kommt, so ist noch ein Doppeltes möglich : Entweder es kann die Torsion in inneren Organisationsverhältnissen der Pflanzen begründet sein oder aber äußere Faktoren wirken auf das Wachstum der hier in Frage stehenden Organe so ein, daß eine Torsion entsteht. Dies zu ent- scheiden, muß zunächst unsere Aufgabe sein. Ich habe zuerst die erste Möglichkeit ins Auge gefaßt und zu erfahren versucht, ob nicht innere Organisationsverhältnisse die Drehung bedingen. Ich habe, um innere korrelative Einflüsse nach- zuweisen, an den Versuchszweigen größere Verwundungen vorge- nommen, ich habe die älteren Blätter in der verschiedensten Weise abgeschnitten, aber alles ohne Erfolg. Wohl beobachtete ich an nicht gedrehten Blättern gelegentlich folgende, auf Korrelation be- ruhende Erscheinung, die an und für sich mit der Drehung nichts zu tun hat, die aber hier erwähnt sein mag. War an einem ßlatt- paar das obere Blatt entfernt und infolgedessen die Drehung aus- geblieben und wurde nun von dem darauffolgenden jüngeren Blatt- paar, das ohne Drehung in der Horizontalebene lag, eines der beiden Blätter, etwa das linke entfernt, so stellt sich das vorher- gehende untere Blatt, das keine Drehung ausgeführt hatte, durch eine Krümmung des Blattstiels nach links, also nach der Seite, an welcher am darauffolgenden Blattpaar ein Blatt beseitigt war. In ähnlichen korrelativen Einflüssen könnte man ja auch die Ursachen der Torsionen suchen. Aber wie gesagt, alle in dieser Richtung angestellten Versuche zeigten klar und deutlich, daß dem nicht so ist. Wenn keine inneren Organisationsverhältnisse als Ursache für die Torsion nachzuweisen sind, so müssen äußere Faktoren in be- Jahrb. f. wiss. Botanik. LV. 25 376 Hermann Sierp, stimmter Weise auf das Wachstum der Organe einwirken, so daß eine Torsion resultiert. Jedem wird es sofort auffallen, daß die Torsionen nur an den Horizontaltrieben zu beobachten sind. Kommt das daher, daß die Horizontaltriebe zur Licht- und Schwerkraftrichtung in ganz anderem Verhältnisse stehen als die Vertikaltriebe? Die nächsten Versuche sollen zunächst feststellen, ob in dieser horizontalen Lage immer und unter allen Umständen die Torsion eintrete. Versuch 1: Von einem noch nicht gedrehten Blattpaar wird das obere Blatt abgeschnitten. Die Folge ist, daß die Drehung unterbleibt. Das folgende Blattpaar, das, da die Drehung unter- blieben ist, bereits in seiner Stellung ist, wird durch eine Drehung des Zweiges um 90° so gestellt, daß nunmehr ein Blatt oberes und das andere unteres ist. Resultat: Das Ergebnis dieser Versuche war stets das gleiche, an was für Sträuchern auch der Versuch ausgeführt sein mochte und welches Blatt auch zum oberen gemacht war, die Drehung trat immer ein. Versuch 2: Ein Zweig wird so zurückgebogen, daß nunmehr die Oberseite der Blätter nach unten schaut. Auf diese Weise wird auch oberes und unteres Blatt vertauscht; das ursprünglich obere steht jetzt unten und das untere oben. Resultat: Die sich entwickelnden Blattpaare drehen ganz normal. Wurden an so befestigten Zweigen die bekannten Abschneide- versuche vorgenommen, so trat auch hier das gleiche ein, was an normalen Zweigen eintritt. Der Versuch 2 wurde an verschiedenen Pflanzen vorgenommen, aber bei allen mit dem gleichen Erfolg. Die Versuche lehren uns, daß es die Lage im Räume allein ist, durch welche bestimmt wird, was unteres und was oberes Blatt ist. Statt oberes und unteres Blatt durch Zurückbiegen der Zweige zu vertauschen, kann man auch den Zweig um 180*^ tor- dieren, nur muß darauf geachtet werden, daß der Zweig auch gut fixiert ist. Es genügt nicht ein Festhalten der älteren Internodien, sondern vor allem müssen die jüngsten in der neuen Lage gehalten werden, weil sonst eine Torsion des Zweiges die alte Lage wieder herbeiführt. Versuch 3: Ein Horizontalzweig mit Blattpaaren, welche gut gedreht haben, wird vertikal gestellt. Diese Vertikalstellung er- reichte ich in folgender Weise. An den Zweig wurde ein Blumen- Die Internodientorsiouen der Pflanzen mit dekussierter Blattstellung. 377 draht von der nötigen Stärke so gelegt, daß das eine Ende etwa bis zur Mitte des jüngsten Internodiums ging. Hier und an den übrigen Internodien wird nun der Draht mit Baumwachs be- festigt. Man hat es nun in der Hand, den Draht und mit ihm den Zweig zu biegen, wie und wo man wiU. Ich habe für gewöhn- lich anfänglich nur das letzte Internodium vertikal gestellt, mich indes nicht mit dem Abschluß der Entwicklung dieses begnügt, sondern zumeist auch dafür gesorgt, daß auch die weiteren Inter- nodien in vertikaler Stellung wuchsen. Dabei mußte natürlich die Drahtstütze jedesmal erneuert werden. Die Versuchspflanze war hier Diervilla florida und Philadelphus Gordonianus. In einem Versuche richtete ich nach der Entwicklung zweier Internodien die Zweige wieder horizontal, um zu sehen, ob diese Überführung in die ursprüngliche Lage eine Wirkung auf die Drehung habe. Resultat: Das Ergebnis dieser Versuche war, daß in vertikaler Stellung die Drehung unterblieb. Das des letzten Versuches ist in Fig. 4 auf Taf. II dargestellt. Wir sehen, daß die Drehung in der Vertikalstellung unterblieben, während sie in der Horizontal- stellung sofort wieder eingetreten ist. Derselbe Versuch wird auch in der Weise vorgenommen, daß der Zweig zunächst vertikal, dann horizontal und nach der Aus- bildung zweier Internodien wieder vertikal gestellt wurde. In der Vertikalstellung war die Drehung unterblieben, während sie in der Horizontallage in ganz normaler Weise eingetreten war. Zu diesen letzten Versuchen darf man nicht die so üppig wachsenden Wasser- zweige verwenden, weil diese zu sehr das Bestreben haben, sich gleich wieder vertikal zu stellen, wenn sie künstlich horizontal ge- halten wurden. Ich habe noch den folgenden Versuch gemacht, um zu zeigen, daß vertikale Triebe sofort zu drehen anfangen, wenn sie in horizontale Lage kommen. Versuch 4): Eine ganze Pflanze von Hypericum moserianum wird horizontal gelegt und die Triebe künstlich horizontal gehalten. Resultat: An allen neu entstandenen Internodien war die Drehung eingetreten, wie bei normalen Horizontaltrieben. Es tritt also die Drehung sofort ein, sobald vertikale Triebe horizontal gestellt werden, wie sie anderseits sofort aufhört, sobald horizontale Triebe vertikal gestellt werden. Es fragt sich weiter, ob die an horizontalen Trieben unter normalen Verhältnissen immer eintretende Torsion unter be- 25* 378 Hermann Sierp, stimmten Bedingungen ausbleibt? Einen derartigen Fall kennen wir ja bereits. Wenn das obere Blatt abgeschnitten wird, so bleibt die Drehung aus. Doch wir wollen diesen Fall einmal vor der Hand beiseite lassen und uns nur mit unverletzten Blättern abgeben. Unsere erste Frage gilt der Untersuchung nach dem Einfluß des Lichtes auf den Drehvorgang. Um diesen Einfluß besser hervor- treten zu lassen, muß unser Streben naturgemäß darauf gerichtet sein, die Schwerkraft auszuschalten. Nun hat aber Fitting (3) bekanntlich einwandfrei gezeigt, daß auf dem Klinostaten eine Geo- perzeption stattfindet. Auch Kniep (5) fand kürzlich bestätigt, „daß Geoperzeption und Summation geotropischer Reize am Klinostaten möglich ist". Was wir auf dem Klinostaten ausschalten können, ist allein die einseitige Schwerkraftwirkung. Die letztere kann eine krümmende und eine tordierende Bewegung auslösen. Auf dem Klinostaten, wo die einseitige Wirkung der Schwerkraft beseitigt ist, können diese Bewegungen nicht auftreten. Daß auch eine Torsion von der Schwerkraft ausgelöst werden kann, zeigt ja das bekannte Beispiel der Fruchtknoten der Orchideen-Blüte, deren Torsion sofort aufhört, wenn die Pflanzen der einseitigen Einwirkung der Schwerkraft entzogen werden. Da diese Torsionen, wie Noll (9) zeigte, auch im Dunkeln vor sich gehen, dürften wir es hier mit echten geotropischen Torsionen zu tun haben. Zu entscheiden, ob Torsionen reine heliogene seien, dürfte nicht so einfach zu ent- scheiden sein, da wir die Schwerkraft auf unserer Erde nicht so vollkommen beseitigen können, als das Licht. Dieser Tatsache müssen wir uns bei allen Klinostatenversuchen bewußt bleiben. Daß wir es in den uns vorliegenden Untersuchungsobjekten mit dorsiven- tralen Organen zu tun haben, erleichtert die Untersuchung in bezug auf den Einfluß der Schwerkraft keineswegs, da die Möglichkeit nicht ausgeschlossen ist, daß diese sich anders als die bis jetzt allein zu Versuchen verwandten radiären Organe verhalten. Es liegt nun aber nichts im Wege, dieselben Versuche anzustellen, wie sie Noll mit den Blüten der Orchideen und anderer Pflanzen machte, bei welchen sich mit Hilfe von Klinostaten- und Verdunkelungsversuchen ein Einfluß der Schwerkraft mit Sicherheit feststellen ließ. Zu diesen Versuchen benutze ich alle vier auf S. 353 genannten Hypericaceen, die sich leicht in Töpfen ziehen und deshalb auf den Klinostaten bringen lassen. Versuch 5: Die Pflanze wird unter Ausschaltung der ein- seitigen Schwerkraftwirkung einseitig beleuchtet. Dies wird durch Die Internodientorsioiien der Pflanzen mit dekussierter Blattstellung. 379 einen vor den Kliaostaten vorgebauten Kasten bewerkstelligt, der an der Vorderseite offen ist. Durch die Rückwand wird die hori- zontale Klinostatenachse durchgeführt. Die Pflanze wird nun der- art befestigt, daß die Achse des Blumentopfes senkrecht zur Klino- statenachse steht, und daß ferner einige Horizontaltriebe ebenfalls zu letzterer senkrecht stehen und also während des Versuches eine Kreislinie beschreiben, die senkrecht zu den von vorn ein- fallenden Lichtstrahlen liegt. Die Umdrehungszeit des Klinostaten beträgt 16 Minuten. Resultat: Die Drehung trat am Klinostaten bei den in Frage kommenden Zweigen vollständig ein. Nach Beendigung des Ver- suchs lagen die Blätter natürlich nicht in der Horizontalebene, sondern in der Vertikalebene. In diesem Versuche ist somit keinerlei Einfluß der Schwer- kraft festzustellen. Die Internodientorsionen der Zweige mit dekussierter Blattstellung unterscheiden sich also wesentlich von den Torsionen der Fruchtknoten, welche die Fruchtknoten der Orchideenblüte ausführen. Während diese letzteren nur bei ein- seitiger Schwerkraftwirkung ausgeführt werden, treten unsere Tor- sionen auch ohne diese ein, statt dessen finden wir einen maßgeb- lichen Einfluß der einseitigen Lichtwirkung. Doch sehen wir weiter zu! Nach diesem letzten Versuche müßte also bei Ausschluß der einseitigen Schwerkraftwirkung und bei diffuser Beleuchtung jede Drehung unterbleiben. Daß dies in der Tat der Fall ist, zeigt der folgende Versuch. Versuch 6: Auf einem elektrischen Klinostaten, wie er im Institut der Universität Leipzig gebraucht wird, wurden zu beiden Seiten der horizontalen Klinostatenachse zwei Pflanzen so ange- bracht, daß sich in jedem Augenblick die Schwerkraft- und die Lichtrichtung änderten. Die Achsen der Pflanzen standen mit der horizontalen Klinostatenachse parallel. Um beide Pflanzen war ein aus weißem Papier verfertigter Kasten aufgestellt, der so eingerichtet war, daß in dem ganzen Bewegungsgebiet der Pflanzen möglichst diffuses Licht herrschte. Die Umdrehungszeit des Klinostaten wurde zudem so schnell gewählt, daß eine ein- seitige Lichtwirkung so gut wie ausgeschlossen war, sie betrug 3Vä Minuten. Resultat: Die Drehung blieb in allen neu entstehenden Inter- nodien aus. 380 Hermann Sierp, Dieses Ergebnis bestätigt das, was uns bereits der vorige Ver- such gezeigt hatte. Mit diesem Versuch ist noch keineswegs be- wiesen, daß nicht auch die Schwerkraft dieselben Torsionen hervor- rufen kann. Bei dem nächsten Versuche heß ich deshalb die Schwerkraft auf die Pflanzen in normaler Weise einwirken, während eine einseitige Lichtwirkung ausgeschlossen wurde. Versuch 7: In der Mitte unseres großen Tübinger Gewächs- hauses, das in seiner Läugsausdehnung von West nach Ost sich erstreckt, wird ein 2 m langer, an beiden Seiten offener Kasten aus schwarzer Pappe, der einen quadratischen Querschnitt hat und im Lichten 1 m breit bezw. hoch ist, in der Richtung von West nach Ost aufgestellt. Unter diesem Kasten war genau in der Mitte der unteren Fläche der Khnostat aufgestellt, dessen vertikale Achse durch die Pappe in das Innere des Kastens geführt wurde. Auf dem Telleraufsatz stand die Pflanze. Der Klinostat führte in 2V2 Minuten eine volle Umdrehung aus, so daß also alle IV4 Minuten die beiden gegenüberliegenden Seiten der Pflanze gleichstark be- leuchtet wurden. Die Sonnenstrahlen konnten in der oben geschil- derten Aufstellung nicht direkt in den Kasten einfallen, höchstens konnte die Morgen- und Abendsonne störend wirken. Um jede Beeinträchtigung des Resultats durch diese auszuschließen, wurden morgens und abends die (Öffnungen auf beiden Seiten geschlossen. Resultat: Auch in diesem Falle bUeb die Drehung der Inter- nodien aus. Für die Hypericaceen dürfte demnach bewiesen sein, daß unter normalen Verhältnissen die Internodialtorsionen vorwiegend durch das Licht bedingt sind. Ob dies in der gleichen Weise auch für die Sträucher gilt, ist nicht ohne weiteres sicher. Wir können natürlich nicht einen Strauch auf den Klinostaten setzen. Wir müssen uns bei ihnen in anderer Weise helfen. Wir stellen des- halb als erste Frage, ob bei einseitiger Wirkung der Schwerkraft im diffusen Licht eine Drehung der Internodien eintritt, wir machen also einen dem vorigen Versuche entsprechenden Versuch, nur müssen wir in anderer Weise diffuses Licht herzustellen suchen. Ich verfuhr in der folgenden Weise. Versuch 8: Durch unseren Hausmeister, der mir bei allen Versuchen mit seiner geschickten Hand zur Seite ging, ließ ich mir einen Kasten herstellen, dessen Inneres mit Spiegelglas allseitig ausgelegt war. Die Maße dieses Kastens waren die folgenden: Die Internodientorsioiien der Pflanzen mit dekussierter Blaltstellung. 381 Länge = 38 cm; Breite = 20 cm; Höhe = 20 cm. Ich suchte einen schattigen, aber nicht zu dunklen Platz aus, der eine mög- lichst gleichmäßige Beleuchtung von beiden Seiten gestattete. Alle störenden Zweige wurden in einem Umkreis von einem Meter ent- fernt. Der Zweig von Philadelphiis coronarius wurde nun so befestigt, daß das zu untersuchende Blattpaar genau in der Mitte des Kastens stand. Ich habe den Versuch 14 Tage verfolgt. Resultat: Es hatten sich zwei Blattpaare entwickelt, aber von einer Internodiendrehung war nichts zu sehen. Leider mußte nach 14 Tagen der Versuch aufgegeben werden, weil durch ein Quellen der Bretter des Kastens der obere Spiegel zerstört wurde und er im Falle den unteren Zweig abbrach. Aber es geht aus diesen Versuch schon hervor, daß auch hier gilt, was von den Hypericaceen mit Sicherheit gesagt werden konnte. Wenn man die Pflanzen ins Dunkle bringt, darf natürlich keine Drehung eintreten. Meine Versuche, über die ich gleich berichten werde, haben mir dies auch bei allen daraufhin untersuchten Pflanzen bestätigt. Ich finde mich hier aber in einem Gegensatz zu Frank, der bei Deutzia crenata eine Torsion im Dunkeln be- obachtet haben will. Wenn auch andere Autoren, wie de Vries und Schwendener und Krabbe davon sprechen, daß im Dunkeln bei den Zweigen mit dekussierter Blattstellung die Drehung unter- bleibt, 80 stützt sich ihre Ansicht nicht auf eigene Versuche, sondern sie beziehen sich dabei auf den von Frank beschriebenen Versuch. Letzterer bog horizontale Triebe von Deutzia scahra auf den Boden und heftete sie hier fest. Über die Spitze des Zweiges stürzte er einen Blumentopf, dessen oberes Loch durch einen Korkstopfen und aufgeschüttete Erde und dessen untere Ränder ebenfalls durch angeschüttete Erde so verschlossen waren, daß kein Licht in das Innere des Topfes hineindringen konnte. Ich gebe seinen Versuch mit seinen eigenen Worten hier wieder: „Das jüngste deutliche Internodium hatte eben seine Drehung vollendet, das entfaltete Blattpaar stand horizontal, die Blätter mit der Ober- seite zenitwärts gekehrt. Das folgende jüngere Internodium war noch ganz im Knospenzustande, sehr kurz, seine kleinen Blätter waren noch gar nicht entfaltet und noch an der oberen und un- teren Kante inseriert. Es wurde nun auf die weitere Entwicklung dieses Internodiums während des Verweilens im Dunkeln geachtet. Nachdem die Triebe vom 24. Juni bis zum 20. Juli im Dunkeln zugebracht hatten, war das genannte Internodium in stark vergeil- 382 Hermann Sierp, tem Zustande zur vollständigen Entwicklung gekommen und hatte dabei auch seine gewöhnliche Drehung ausgeführt, derart, daß die Insertionsebene seines Blattpaares horizontal stand. Die Flächen- teile des letzteren hatten sich zwar bald mehr, bald weniger voll- ständig aus der Knospenlage entfaltet, aber nur geringe Dimensio- nen angenommen — die gewöhnhche Wirkung des Lichtmangels — aber die Stiele hatten die unten noch zu behandelnde Achsen- drehung vollzogen, vermöge deren die Lamina horizontal mit der Oberfläche aufwärts zu liegen kommt" (S. 40). Im Anschluß an diesen Versuch gebe ich den von mir ausgeführten, der, wie gesagt^ zu einem entgegengesetzten Ergebnis führte. Versuch 8: Der Versuchszweig wurde in einen eigens zu diesem Zwecke hergestellten Kasten gebracht, der aus sehr festem Holz verfertigt und innen mit schwarzer Pappe ausgekleidet worden war. An der einen Seite hatte der Kasten eine Tür, die mit ihren treppenförmig ausgeschnittenen Rändern, ganz genau in eine entsprechende Vertiefung der Kiste eingepaßt war. Das Loch, durch welches der Zweig in das Innere der Kiste eingeführt wurde, lag an der Türöffnung, genau in der Mitte der hinteren Kisten- wand. Der Zweig wurde an diesem Loch mit schwarzer Watte um- geben, um auch hier jeden Lichtzutritt abzuschneiden. Der Kasten konnte auf einem Gestell an jedem Versuchszweig angebracht werden. Die Versuche wurden nicht auf die von Frank benutzte Versuchspflanze Deutzia scahra beschränkt, sondern auch an Phila- delphus floribundus und Ph. Gordonianus sowie an Diervilla florida wiederholt. Es wurden auch von mir zum Versuch nur solche Blattpaare gewählt, die noch nicht entfaltet waren, wo das obere Blatt noch auf dem unteren lag oder höchstens, wo sich das obere gerade zu erheben anfing. Die Beobachtungszoit erstreckte sich wie bei dem Versuche Franks über die Dauer eines Monats hinaus. Resultat: Jede Torsion der Internodien unterbleibt. Wenn Frank nicht zu diesem Schlüsse kam, so lag dies meiner Ansicht daran, daß er seinen Zweig nicht frei im Räume sich entwickeln ließ. Ein Zweig, der auf dem Boden angeheftet ist, schiebt das jüngste Internodium mit den sich entwickelnden Blättern vor sich her. Dabei wird es kaum zu vermeiden sein, daß das untere Blatt, das im Dunkeln nicht in der horizontalen Ebene liegen bleibt, sondern sehr bald sich von dem Sproß ab- hebt, an dem Boden eine Reibung erfährt, die sehr leicht eine Die Internodientorsionen der Pflanzen mit dekussierter Blattstellung. 383 Torsion mechanisch herbeiführen kann. Ich möchte dies vor allem aus den Worten Franks schließen, daß die Flächenteile des Blattes „sich bald mehr, bald weniger vollständig aus der Knospen- lage entfernt hatten". Die Blattfläche des oberen Blattes zeigte bei meinen Versuchen eigentümliche Formen, die in ähnlicher Form bei einem anderen Versuch auftraten und auf Taf. II in Fig. 5 dar- gestellt sind. Vielleicht auch hat sich Frank durch diese Blatt- flächenkrümmungen täuschen lassen. Für gewöhnlich lag bei meinen Versuchen das obere Blatt dabei stark nach einer der beiden Seiten. Eine Drehung der Internodien war aber in keinem einzigen Falle zu sehen. Nach dem Ergebnis der von mir ange- stellten Versuche mit diffusem Licht kann, glaube ich, an einem Irrtum Franks kein Zweifel mehr bestehen. Diese Versuche zeigen uns eines mit aller Klarheit, daß näm- lich sowohl bei den krautigen Hypericaceen als auch bei den untersuchten Sträuchern ohne einseitige Beleuchtung niemals Internodialtorsionen eintreten, und daß die Schwerkraft nicht für sich allein eine Drehung der Internodien herbei- zuführen vermag. Es trifft also nicht zu, was Schwendener und Krabbe von diesen Torsionen sagen, daß sie nämlich bei Aus- schluß des Lichtes auch eintreten, daß es neben heliotropischen auch geotropische Internodiendrehungen gebe. Was lag nach dieser Erkenntnis näher, als nunmehr das Licht in ganz verschiedener, Weise einseitig einfallen zu lassen. Versuch 9: Ein Zweig von Hypericum IV wird statt von oben von unten beleuchtet. Zu den Versuchen mit dieser Topf- pflanze dienten kleine aus Blech verfertigte Kästen, die an der einen Seite zum Durchstecken des Zweiges einen kleinen Spalt be- saßen, der durch einen Schieber verschlossen werden konnte. Diese Kästchen konnten vermittels eines gewöhnlichen Stativs überall und in den verschiedensten Anordnungen an die Pflanze gebracht werden, wie dies aus Fig. 3 auf Taf. II hervorgeht, wo mehrere solcher Kästen in verschiedener Weise an einer Pflanze angebracht sind. Resultat: Das Resultat der Beleuchtung von unten war, daß die Drehung unterblieb. Wenn das Licht allein in einseitiger Beleuchtung eine Drehung herbeizuführen vermag, so sollte eigentlich in diesem Versuch die Drehung eingetreten sein. Wir haben also nach den Ursachen zu suchen, warum die Drehung unterblieben ist. 384 Hermann Sierp, Das obere Blatt verblieb in der anfänglichen horizontalen Lage, während das untere Blatt sich vom Sproß abhob und mit ihm einen immer größer werdenden Winkel bildete. Dieser Winkel blieb hier nicht nur ca, 90°, wie er im Normalfalle beim oberen Blatt betrug, sondern er erreichte oft nicht weniger wie 150*^, einen Winkel, bei dem nun die Oberseite des unteren Blattes fast senk- recht zu den einfallenden Lichtstrahlen stand. Dasselbe Resultat erhielt ich auch an den anderen Hyperica- ceen und den Sträuchern. Bei letzeren wurden Holzkästen benutzt, ganz ähnlich, wie sie auch zur vollständigen Verdunkelung (Versuch 8, S. 382) benutzt worden waren, nur war natürlich bei diesen die untere Wand fortgelassen. Die Drehung der Internodien bUeb immer aus, trotzdem oft mehrere Internodien in dieser Beleuchtung zur Entwicklung gekommen waren. Die Stellung des oberen und unteren Blattes war bei den strauchartigen Pflanzen die gleiche wie bei den krautartigen Hypericaceen, d. h. das untere Blatt schlug sich ganz zurück, während das obere in seiner anfänglichen hori- zontalen Lage verblieb. Diese wird bei weiterem Wachsen der Internodien bei einigen Pflanzen mehr oder weniger aufgegeben, das obere Blatt nimmt eine Lage und Gestalt an, wie dies in Fig. 5 auf Taf. II dargestellt ist. Doch tritt diese Erscheinung erst später ein und ist ziemlich sicher eine Folge der herabgesetzten Beleuch- tung. Wir fanden dieselbe Erscheinung bereits bei der vollständigen Verdunkelung, woselbst wir ja auch auf diese Erscheinung hinge- wiesen haben. Wenn wir nun fragen, warum die Drehung bei einer Beleuch- tung von unten nicht eintritt, so kann gar manches als Ursache in Frage kommen. Wir könnten denken, daß durch das Zurückneigen des unteren Blattes ein zu großes Gegengewicht entstünde, das die normale Drehung verhinderte. Es wäre aber auch möglich, daß durch das Zurückneigen des unteren Blattes dieses sowohl, wie auch das obere bereits in den richtigen Lichtgenuß gekommen ist und eine Drehung deshalb unterbleibt, weil nunmehr keine Veran- lassung dazu vorhanden ist. Das Gewicht des unteren Blattes können wir leicht in der be- kannten Weise ausschalten, indem wir das untere Blatt in der Hori- zontallage festhalten, in der gleichen Weise wie wir dies bei dem oberen bei normaler Beleuchtung getan hatten (Versuchsr. 7, S. 370). Auf diese Weise schalten wir aber nicht allein das Gewicht aus, sondern wir verhindern auch, daß das untere und obere Blatt in Die Internodientorsionen der Pflanzen mit dekussierter Blattstellung. 385 eine solche Lage kommt, daß die Oberseite die Lichtstrahlen gleich in der richtigen Weise empfängt. Wenn wir so die beiden mög- lichen Ursachen auf einmal entfernen, so wird uns der Versuch nicht sagen, welche von diesen beiden in Frage kommt, wohl aber, ob sie überhaupt in Frage kommen. Versuch 10: Das obere Blatt wird auf das untere genäht, oder auch das untere Blatt wird durch einen Faden in der hori- zontalen Lage gehalten und der Zweig von unten beleuchtet. Die Versuche werden an mehreren Versuchspflanzen vorgenommen. Wir wollen jedoch hier einstweilen nur die von uns verwandten Hyperi- caceen ins Auge fassen. Resultat: Bei den Hypericaceen trat die Drehung normal ein. Für diese Pfl-anzen kommt also sicherlich eine der obigen Ur- sachen in Betracht. Der nächste Versuch wird zeigen, daß nur die zweite der genannten Ursachen in Frage kommen kann. Wir gehen aus von dem normalen Fall und fragen uns, ob auch hier die Drehung ausbleibt, wenn man etwa das obere Blatt in eine solche Stellung bringt, wie sie das untere bei einer Beleuchtung von unten einnimmt. Versuch 11: Das obere Blatt hat sich um einen gewissen Winkel erhoben. Das Blatt wird weiter zurückgebogen, so daß nunmehr der Winkel ca. ISO*' beträgt und die Oberseite dem Licht zugewandt ist. In dieser Lage wird es durch eine Drahtschlinge gehalten, die durch die Spitze des oberen Blattes und unter dem jüngsten oder nächst älteren Internodium geführt ist. Resultat: Jede Drehung des Internodiums unterbleibt. Es ist also nicht das Gewicht des unteren Blattes, sondern die Lage des Blattes zum Licht, die eine Drehung verhindert. Wenn also die Lichtstrahlen die Oberseite des Blattes treffen, unterbleibt jede Torsion des Internodiums; eine solche tritt nur ein, wenn die Unterseite von den Licht- strahlen getroffen wird. Nun muß aber gleich eine Einschränkung dieses Satzes ge- macht werden. Der Versuch 11 wurde an allen Pflanzen mit gleichem Ergebnis durchgeführt, nicht indes der Versuch 10. Während bei den Hypericaceen in der dort geschilderten Ver- suchsweise immer eine Drehung eintrat, unterblieb diese, sobald die Phüadelphus- Arten verwandt wurden. Bei diesen trat eine Drehung auch in jener Versuchsanordnung niemals bei einer Beleuchtung von 386 Hermann Sierp, unten ein. Hier kommt also keine der beiden obigen Ursachen in Betracht. Man kann hier nicht eine Internodiumdrehung herbei- führen, wenn die Lichtstrahlen die Unterseite des unteren Blattes treffen. "Während also der obige Satz für die Hypericaceen vom unteren und oberen Blatt gilt, hat er bei den PhiladelpJius- Arten, an diesen wurde der Versuch zunächst allein von den Sträuchern ausgeführt, nur für das obere Blatt Gültigkeit. Hier liegt dem- nach zwischen den Hypericaceen und den Philadelphus- Arten ein prinzipieller Unterschied vor. Sehr schön zeigten auch die beiden folgenden Versuche, daß dem so ist. Versuch 12: Es wird das obere Blatt von Hypericum IV abgeschnitten , das untere durch einen Faden in der Horizontal- ebene gehalten und so der Zweig von unten beleuchtet. Resultat: Die Drehung des Internodiums trat normal ein. Versuch 13: Der gleiche Versuch wird an Philadelphus floribtmdus ausgeführt. Resultat: Die Drehung des Internodiums unterblieb. Das untere Blatt suchte durch Umrollen der Seiten die Oberseite ans Licht zu bringen, so wie dies Fig. 6 auf Taf. II zeigt. Auch diese Versuche lassen deutlich erkennen, daß bei den Philadelphus- Arten nur das obere Blatt die Fähigkeit hat, Torsio- nen zu veranlassen, während diese Fähigkeit dem unteren voll- kommen abgeht. Diese Fähigkeit ist nicht etwa eine von Haus aus gegebene, , sondern wir haben feststellen können, daß die Rollen sofort ver- tauscht werden, wenn das ursprünglich obere in die Lage des ur- sprünglich unteren künstlich gebracht wird (vgl. Versuch 1 u. 2). Aus alledem können wir den Satz aufstellen, daß bei den Phila- delphus-Arten nur das obere Blatt und zwar allein bei einer Beleuchtung der Unterseite die Drehung der Inter- nodien herbeizuführen vermag, dabei hängt es von der Lage der Blätter zur Schwerkraftsrichtung ab, was unteres und was oberes Blatt ist. Wie die Philadelphus - Arten , so verhalten sich anscheinend auch noch andere Sträucher. Die Versuche wurden nicht an allen Sträuchern wiederholt. Es scheint das gleiche von den Lonicera- Arten zu gelten. Die Möglichkeit ist nicht ausgeschlossen, daß Die Internodientorsionen der Pflanzen mit dekussierter Blattstellung. 387 auch hier eine genauere Untersuchung noch Unterschiede heraus- brächte. Wir wollen nunmehr einmal Halt machen und zunächst eine andere Frage einschalten, nämlich die nach dem Ort, an welchem der Lichtreiz aufgenommen wird. Wir haben in dem obigen Satze bereits mehr gesagt, als wir zu sagen vermögen. Wir haben ge- sagt, daß das Blatt den Reiz aufnimmt. Es müßte demnach eine Reizleitung von dem Blatt durch den Stiel in das Internodium stattfinden. Wenngleich wir bereits aus mehreren Versuchen auf eine Reizleitung schließen konnten, so ist diese Frage doch noch nicht so ohne weiteres klar gestellt; es sei deshalb hier auf sie zu- nächst eingegangen. Bei den Hypericaceen scheint die Internodiendrehung allein vom Lichte abhängig zu sein. Irgend eine Beteiligung der Schwerkraft konnte nicht nachgewiesen werden. Ich erinnere nur daran, daß die Torsion auch auf dem Klinostaten bei ein- seitiger Beleuchtung eintrat (Versuch .5). Wenn der Reiz nicht in den Blättern, sondern in den Internodien aufgenommen wird, so muß jede Drehung unterbleiben, wenn wir das Internodium gut verdunkeln. Versuch 14: Ich habe diese Verdunkelung der Internodien in der verschiedensten Weise vorgenommen. Einmal wurden die Inter- nodien mit einer schwarzen Papierhülle umgeben, ein andermal wurde die Verdunkelung durch schwarze Watte bewerkstelligt. Natürlich wurde streng darauf geachtet, daß die Bewegungsfähigkeit der Internodien nicht beeinträchtigt wurde. Die Verdunkelung ist bei diesen Pflanzen nicht sehr leicht auszuführen, weil die Blätter und Internodien sehr klein sind. Immerhin glaube ich, daß in der größeren Anzahl von Versuchen einige sich befanden, wo die Ver- dunkelung vollständig war. Resultat: In keinem einzigen Falle konnte eine Beeinflussung der Internodiendrehung durch die Verdunkelung der Internodien wahrgenommen werden. Versuch 15: Besser ließen sich die gleichen Versuche mit den größeren Internodien der Sträucher Philadelphus und Diervüla ausführen. Um hier eine weitere Erleichterung zu haben, wurde verhindert, daß das obere Blatt sich erhob, was, wie wir wissen, keine Beeinträchtigung der Drehung zur Folge hat. Die Inter- nodien wurden zuerst mit einer Schicht schwarzer Watte umgeben. 388 Hermann Sierp, welche außen von einer Hülle aus schwarzen Papier zusammen- gehalten wurde. So ließ sich auch die Stelle gut abschließen, wo die beiden Blattstiele an das Internodiura ansetzen. Da die Tor- sion in dem der jungen Blattfläche am nächsten liegenden Teil des Internodiums erfolgt, muß streng darauf geachtet werden, daß diese Stelle während des ganzen Versuches auch wirklich dunkel bleibt. Weil nun das Internodium stark in die Länge wächst, ist besondere Vorsicht geboten. Dadurch, daß ich die Umhüllung allein an den Blattstielen des jüngsten Blattpaares lose befestigte, wurde bewirkt, daß bei der Streckung der Internodien, die eine not- wendige Befreiung eines Teiles des Internodiums von der Umhüllung mit sich bringen mußte, nur die dem nächst älteren Blattpaare an- liegenden Teile bloßgelegt wurden. Resultat: Auch diese Versuche führten zu keinem anderen Ergebnis. Die Torsion trat normal ein. Wir haben früher mit Sicherheit nachgewiesen, daß eine Drehung ohne Licht nicht eintritt. Wenn sie in diesem uns vor- liegenden Falle, wo das Internodium verdunkelt war, trotzdem eintrat, so sagt uns dies, daß der Reiz nicht direkt in den Inter- nodien, sondern in der Blattfläche aufgenommen wird, von wo er weiter in die Internodien geleitet wird. Weitere Versuche lassen sich schwerlich machen. Ich habe wohl versucht, die Blattflächen allein zu verdunkeln, indes stoßen diese Versuche auf die Schwierigkeit, daß die Umhüllung nicht leicht genug gewählt werden kann, so daß eine Torsion mechanisch herbeigeführt wird. Zudem dürften weitere Versuche überflüssig sein; denn aus den früheren geht bereits mit Sicherheit hervor, daß der Reiz nur in den Blättern aufgenommen wird. Wie will man anders die festgestellte Tatsache verstehen, daß die Drehung immer nur bei Beleuchtung einer Seite der Blattfläche eintritt, als daß man annimmt, die Blattflächen seien das perzipierende Organ. Der Einwand, daß im Versuch 11 durch das Überschlagen des oberen Blattes eine Verdunkelung des Internodiums herbeigeführt sei, ist nach dem obigen Versuch belanglos, wo gezeigt werden konnte, daß selbst bei vollständiger Verdunkelung des Internodiums die Drehung normal eintritt. Nach alle dem kann mit Sicherheit gesagt werden, daß das Blatt das reizaufnehmende Organ ist, und daß von hier aus der Reiz durch die Blattstiele in die Internodien geleitet wird. Die Infeinodientorsionen der Pflanzen mit dekussierter Blattstellung. 389 Wenn also bei den Hypericaceen die Drehung der Internodien nicht eintritt, sobald das obere Blatt entfernt ist, so liegt dies daran, daß kein Reiz aufgenommen wird, denn das untere Blatt erhält in der gewöhnlichen Lage keinen Reiz zu einer Torsion des Inter- nodiums, da die Oberseite stärker beleuchtet ist als die Unterseite. Der Reiz tritt aber sofort auf, wenn wir die Lichtstrahlen die Unterseite des Blattes treffen lassen, also sobald der Zweig von unten beleuchtet wird. Ganz anders liegen die Verhältnisse bei den Phüadelphus- Arten. Hier ist nur ein Blatt reizaufnabmefähig, und wenn wir das obere Blatt abschneiden, haben wir nicht eines der reizauf- nehmenden Organe entfernt, sondern das reizaufnehmende Organ. Bei diesen Pflanzen besteht ein merkwürdiger Unterschied zwischen unterem und oberem Blatt, ein Unterschied, wie er bei den Hyperi- caceen nicht vorhanden ist. Hier gelingt es, wie wir sahen, nicht durch eine Beleuchtung von unten eine Drehung der Internodien herbeizuführen. Nur das obere Blatt kann den Reiz aufnehmen. Da wir nun aber beliebig eines der beiden Blätter zum oberen bezw. unteren machen können, haben wir es auch in der Hand, eines, aber jedesmal nur eines der beiden Blätter reizaufnahme- fähig zu machen. Es erhält hier das Blatt durch die Lage zur Schwerkraftsrichtung erst die Fähigkeit, einen Lichtreiz aufzu- nehmen. Wir können uns etwa vorstellen, daß die Schwerkrafts- richtung das Blatt von der Unterseite zur Oberseite durchdringen muß, damit es reizaufnahmefähig wird. Es könnte dabei die Schwerkraft in dem oberen Blatt erst diese Aufnahmefähigkeit hervorrufen, es könnte aber auch sein, daß beide Blätter an und für sich in gleicher Weise zur Aufnahme des Reizes befähigt sind, daß indes im unteren Blatte dadurch, daß dieses in umgekehrter Richtung von der Schwerkraft durchdrungen wird, die Aufnahme- fähigkeit für den Reiz ausgelöscht oder doch herabgesetzt wird. Wir werden in einem späteren Versuche (Vers. 21) sehen, daß diese letzterer Annahme die wahrscheinlichere ist. Die nächsten Versuche sollten feststellen, wie eine Beleuch- tung von der Seite auf einen horizontalen Zweig einwirkt. Versuch 16: Ein Exemplar von Hypericum calycinwm wird in einen einseitig offenen Kasten gestellt und dort längere Zeit wachsen gelassen. Resultat: Die Drehung der neu entstandenen Internodien aller Horizontaltriebe war ganz normal eingetreten, nur standen die Blatt- 390 Hermann Sierp, flächen nicht mehr in der Horizontalebene, sondern senkrecht zu den einfallenden Lichtstrahlen. Wurde nur ein Zweig in einen einseitig offenen Kasten ein- geführt in der Weise, wie es aus Fig. 3 a auf Taf. II zu ersehen ist, so war das Resultat dasselbe, sobald man verhinderte, daß die seitlich in den Kasten einfallenden Lichtstrahlen die Oberseite des vorderen Blattes, wenn dieses sich vom hinteren erhoben hatte, trafen. Man hat bei den verwandten Blechkästen ein sehr ein- faches Mittel, diese seitlichen Lichtstrahlen von der Oberseite des Blattes abzuhalten. Man braucht nur einen die ganze Vorder- seite des Kastens verschließenden Schieber anzubringen und diesen immer bis zur Spitze des Zweiges von der der Pflanze abgewandten Seite eingeführt zu halten. Diese Versuche bestätigen, daß bei den Hypericaceen die Drehung der Internodien vom Licht abhängig ist. Versuch 17: Ein junger Zweig von Diervüla florida wird vermittels eines der uns bekannten Kästen seitlich beleuchtet. Die Blattbewegungen wurden bei zwei sich neu entwickelnden Blattpaaren verfolgt. Auch hier wurde darauf geachtet, daß nicht die seitHchen Strahlen das Resultat beeinflussen. Es wurde deshalb vor den Kasten ein schwarzes Papier gespannt, das die Vorderseite des Kastens bis zur Spitze des Zweiges abschloß. Natürlich mußte das Papier wegen des Wachstums des Zweiges von Zeit zu Zeit verschoben werden. Resultat: Das Resultat dieses Versuches zeigt uns die Fig. 8 auf Taf. II. Als der Versuch angesetzt wurde, hatte Blattpaar 1 und 2 gut gedreht. Das Blattpaar 3 hatte sich noch nicht entfaltet. Sehr bald nach Beginn des Versuchs erhob sich das obere Blatt vom unteren und führte um den Blattstiel eine Drehung von 90° aus, so daß nunmehr die Blattfläche senkrecht zu den einfallenden Lichtstrahlen stand; es nahm eine Stellung ein, wie sie das obere Blatt des mit 4 bezeichneten Blattpaares in dem Bilde zeigt. Das untere blieb dabei in seiner Stellung liegen. Nach 3 Tagen be- merkte ich, daß das obere Blatt sich nach vornüber neigte. Diese Bewegung ging schließlich soweit, daß das Blatt mit der Oberseite nach unten in der Horizontalebene lag. Die in dem Blattstiel vorher ausgeführte Drehung wird nun wieder rückgängig gemacht, so daß die Lage des Blattes nun die ist, wie sie uns in der Ab- bildung entgegentritt. Das beschriebene Vornüberneigen des Blattes Die Internodientorsionen der Pflanzen mit dekussierter Blattstellung. 391 und die dadurch hervorgerufene Verlegung der Insertionsebene aus der vertikalen in die horizontale Lage war nun aber nicht durch eine Torsion des betreffenden Internodiums erfolgt, sondern da- durch, daß das vorige Blattpaar 2, das seine Drehung vollständig vollendet hatte, nunmehr seine Internodientorsion wieder zum Teil aulhob und durch diese Bewegung sein hinteres Blatt in einen besseren Lichtgenuß brachte. Ein Blick auf das Bild zeigt, daß die beiden Blattpaare 2 und 3 ungefähr senkrecht zueinander stehen. Dasselbe gilt auch von dem Blattpaar 3 und 4. Bei dem vierten Blattpaar ist das Uberneigen nach einer Seite unterblieben; das vorige dritte Blattpaar hat sich, so gut es konnte, Lichtgenuß ver- schafft und beeinflußt nun nicht mehr die Bewegung des folgenden Blattpaares, wie dies das zweite bei dem dritten getan hatte. Nur die Drehung um den Blattstiel um 90** ist auch hier eingetreten. Das untere Blatt dieses Blattpaares hat sich zurückgeschlagen und eine unregelmäßige Form angenommen. Überblicken wir den ganzen Versuch, so müssen wir sagen, daß bei einer Beleuchtung von der Seite bei Diervüla eine Drehung der Internodien unterbleibt. Man wird nun fragen, warum bei den Hypericaceen die Drehung normal eintrat und warum sie bei Diervüla ausblieb. Wir sahen, daß bei Diervüla gleich eine Drehung um den Blattstiel einsetzte, der das Blatt in den richtigen Lichtgenuß brachte. Mit dieser Drehung wurde aber jeder Reiz zu einer Internodiumdrehung ge- nommen. Durch die nachträgliche Bewegung des zweiten Blattes kam das vierte Blattpaar in dieselbe Lage, in welcher das vorher- gehende Blattpaar zu Anfang des Versuches stand. Infolgedessen war auch hier durch die Drehung des Blattstiels der Reiz zu einer Internodiuradrehung genommen. Bei den Hypericaceen trat diese Drehung um den Mittelnerv nicht sofort ein, infolgedessen blieb hier der Reiz zu einer Internodiendrehung erhalten. Es liegt auch beim normalen Drehvorgang hier ein kleiner Unterschied zwischen den Hypericaceen und Dier villa- Arien \oy. Während bei letzteren die Drehung um den Mittelnerv während der Internodien- drehung vor sich geht, setzt bei ersteren jene nach der Vollendung der Internodiendrehung ein. Dieser kleine Unterschied könnte in den obigen Versuchen die verschiedenen Resultate herbeigeführt haben. Wir könnten aber auch denken, daß die Schwerkraft hier im Spiele sei. Sehr lehrreich wäre in dieser Hinsicht der Versuch gewesen, das Blattpaar in einer solchen Lage zu halten, daß es nun- mehr senkrecht zu den einfallenden Lichtstrahlen stand, wobei die Jahrb. f. wiss. Botanik. LV. 26 392 Hermann Sierp, Lichtstrahlen die untere Seite des vorderen Blattes trafen. Ich hatte den Versuch in folgender "Weise angesetzt. Zunächst ließ ich bei seitlicher Beleuchtung ein Blattpaar sich soweit entwickeln, daß die Blattflächen senkrecht zum einfallenden Licht standen, wobei, wie im vorigen Versuch, die Lage der Insertionsebene sich nicht änderte. Durch Festhalten der vorhergehenden Blattpaare in ihrer Lage wurde jetzt aber verhindert, daß die Insertionsebene des nächst jüngeren Blattpaares durch Drehung der vorhergehenden aus der Horizontal- ebene kam. Das vordere Blatt wurde nun durch einen nach der Seitenwand der Kiste geleiteten Faden gehindert, sich zu erheben. Leider konnte dieser Versuch nicht zu einem glücklichen Ende ge- führt werden, da mir der Versuchszweig abgebrochen wurde. Eine Wiederholung ging deshalb nicht, weil es mir in der bereits vor- gerückten Jahreszeit an einem zum Versuch geeigneten Zweig fehlte. Ich werde indes sehr bald Gelegenheit finden, zu zeigen, daß bei den DierviUa- Arten eine Schwerkraftwirkung nicht in Frage kommen kann. Folgenden Versuch habe ich noch mit Philadelphus ftorihundus ausgeführt. Versuch 18: Von einem noch im Knospenzustand befindlichen Blattpaar wird das obere Blatt abgeschnitten und nun der Zweig durch einen kleinen Blechkasten, wie er zu den anderen Versuchen benutzt wurde, seitlich beleuchtet. Auch hier wurde darauf ge- achtet, daß die Lichtstrahlen genau parallel der Blattfläche einfielen. Eesultat: Die Torsion des Internodiums bleibt aus, wie dies auch nicht anders zu erwarten war. Es bHeb nun aber auch die Drehung des Blattstiels aus, so daß die Blattfläche während des ganzen Versuchs ihre alte Lage beibehielt. Wurde der ganze entsprechende Versuch mit Hypericum IV ausgeführt, so trat die Drehung normal ein. Hier tritt zwischen den Hypericaceen und den Philadelphus-Arten derselbe Unter- schied wieder hervor, wie in den vorigen Versuchen. Die Drehung um den Mittelnerv scheint beim unteren Blatt in derselben Weise von der Schwerkraft abhängig zu sein. Es lag nicht in meiner Ab- sicht, dieses abweichende Verhalten der Phüadelphus-Avteu in allen Einzelheiten zu untersuchen. Ich begnüge mich damit, zu zeigen, daß auch bei diesen Pflanzen das Licht den ausschlaggebenden Faktor bildet, daß aber außerdem noch die Schwerkraft insofern eine Bolle spielt, als sie bestimmt, welches Organ den Reiz aufzu- nehmen vermag. Die Internodientorsionen der Pflanzen mit dekussierter Blattstellinig. 393 Bei einer Beleuchtung von vorn, die Spitze des Zweiges gegen das einfallende Licht gerichtet, war das Resultat immer das gleiche. Wenn die Lichtstrahlen genau parallel einfielen, so trat niemals eine Torsion ein. Das obere Blatt erhob sich vom unteren und war so in der richtigen Lichtlage; es fehlte damit auch der Reiz zum Weiterdrehen. Bei Hypericum IV trat in einem Falle eine Drehung der Internodien ein. Dies lag indes daran, daß die Öffnung des Kastens zu groß war, so daß die schräg von oben einfallenden Strahlen als Reiz wirkten. Wurde der Versuch so gemacht, daß diese oberen Strahlen ausgeschaltet blieben , so trat niemals eine Drehung ein. Bisher haben wir nur bei den Horizontalzweigen einseitige Be- leuchtung angewandt. Wir dürfen indes auch wertvolle Aufschlüsse von vertikalen Sprosßen, die für gewöhnlich nicht drehen, erwarten. Wir verstehen nun, warum ein vertikaler Sproß unter normalen Verhältnissen nicht dreht. Bei der Entfaltung der Knospe liegen ja oberes und unteres Blatt bereits in der richtigen Lichtlage, ein Reiz zum Drehen ist nicht vorhanden. Es fragt sich, ob unter keinen Umständen bei von der Natur vertikalen oder künstlich vertikal gestellten Zweigen eine Drehung zu erzielen ist. Wir halten uns zunächst wieder an die Hypericaceen. Versuch 19: Ein vertikaler Zweig wird in der bekannten Weise durch einen Blechkasten einseitig beleuchtet (siehe Fig. 3&, Taf. II). Resultat: Die Drehung trat normal ein, wenn man in ähnlicher Weise wie in Versuch 16 diesmal durch einen von oben in die Vorderseite des Blechkastens eingeschobenen Schieber dafür sorgt, daß die schräg von oben in den Kasten einfallenden Lichtstrahlen nicht die Oberseite des vorderen Blattes treffen. Dasselbe erreicht man auch, wenn das vordere Blatt auf das hintere genäht wird. Werden diese Vorsichtsmaßregeln nicht angewandt, so bleibt die Drehung der Internodien aus, das vordere Blatt senkt sich dann einfach nach unten und sucht so das Blatt in den richtigen Lichtgenuß zu bringen. Wie verhalten sich die anderen Pflanzen? Versuch 20: Ein Horizontalzweig von Philadelphus coronarius wird vertikal gestellt und einseitig beleuchtet. Resultat: Das Resultat ist uns in Fig. 7 auf Taf. II darge- stellt. Eine Drehung ist nicht eingetreten. Das vordere Blatt 26* 394 Hermann Sierp, senkt sich nach unten und die Blattfläche krümmte sich zurück wie dies aus der Figur zu ersehen ist. Die Versuche wurden an mehreren Phüadeljjhus- Arten und an Diervilla florida wiederholt mit dem Resultat, daß jede Drehung unterblieb. Der Grund für das Ausbleiben der Drehung kann auch hier daran gelegen haben, daß durch das Herabneigen des vorderen Blattes dieses in den richtigen Lichtgenuß kam. Die Drehung müßte demnach sofort eintreten, wenn das vordere Blatt wieder an dem Herabneigen gehindert würde. Versuch 21 : Ein vertikal gerichteter Horizontalzweig wird einseitig beleuchtet, das vordere Blatt durch einen vertikalen Faden aufrecht gehalten, so daß auf die Unterseite des vorderen Blattes die Lichtstrahlen senkreclit auffallen. Der Versuch wird an Phila- delphus coronarius und an Diervilla florida ausgeführt. Resultat: Das Ergebnis dieses Versuches war bei beiden Ver- suchspflanzen das gleiche. Das Internodium dreht ganz normal. Dieses Resultat für Philadelphus fällt uns auf, da wir doch hier früher einen Einfluß der Schwerkraft festgestellt hatten. Wenn der Zweig vertikal gestellt ist, können wir nicht mehr von einem oberen und unteren Blatt sprechen. Anfänglich diskutierten wir darüber, wie es komme, daß bei einer gewissen Lage zur Schwer- kraftrichtung das eine Blatt reizaufnahmefähig sei und das andere nicht. Wir sagten, daß es möglich sei, daß die Schwerkraft das obere Blatt erst reizaufnahmefähig mache, daß aber auch anderer- seits die Schwerkraft im unteren Blatt die Reizaufnahmefähigkeit, die an und für sich in beiden Blättern vorhanden sei, hier durch das entgegengesetzte Durchdringen auslöschen könne. In der Tat scheint das letztere der Fall zu sein; denn in der vertikalen Lage werden die Blätter in einer indifi'erenten Weise von der Schwerkraft getroffen. Wenn in diesem Falle die Drehung der Internodien eintritt, so sagt uns dies, daß nunmehr der vorige Unterschied nicht mehr vorhanden ist. Der Versuch hatte zudem das gleiche Ergebnis, ob nun das normal obere oder das untere Blatt zum vorderen Blatt gemacht wurde. In den letzten Versuchen haben wir uns immer bemüht, die Lichtstrahlen genau senkrecht auf die Unterseite des reizaufnehmen- den Blattes fallen zu lassen. Zu einer Drehung der Internodien ist nun ein solcher senkrechter Einfall der Lichtstrahlen nicht nötig, wie die folgenden Versuche zeigen. Die Internodientorsionen der Pflanzen mit dekussierter Blattstellung. 395 Versuch 22: Ein noch im Knospenzustand befindliches Blatt- paar von Phüadelphus fiorihundus wird zusammen genäht und der Zweig soweit wie mögUch in einen der oben beschriebenen Blech- kästen gebracht, der ganz am hinteren Ende des Zweiges durch einen kleinen Spalt den Lichtstrahlen Einlaß gibt. Resultat: Die Drehung tritt normal ein. Fielen die Lichtstrahlen nicht unter einem spitzen Winkel von hinten, sondern von vorn ein, so trat in der gleichen Weise die Drehung ein. Aus diesen Versuchen ergibt sich, daß es weniger auf eine senkrechte Richtung der Lichtstrahlen ankommt, als viel- mehr auf einen Unterschied in der Beleuchtung zwischen Ober- und Unterseite des Blattes. Der Reiz tritt danach ein, wenn ein Unterschied in der Beleuchtung zwischen Ober- und Unterseite vorhanden ist. Auch die Versuche, das Licht schräg seitwärts einfallen zu lassen, führten zu keinem anderen Ergebnis '). Daß in der Tat immer dann ein Reiz aufgenommen wird, wenn die Unterseite des Blattes stärker beleuchtet wird als die Oberseite, geht besonders schön aus dem folgenden Versuch hervor. Versuch 23: Eine Pflanze von Hypericum IV wird in um- gekehrter Stellung durch ein Stativ gehalten. Die jetzt nach unten schauenden Vertikaltriebe wachsen in einen nur oben offenen Kasten hinein. So wird die Unterseite allein beleuchtet und die Blätter werden durch die umgekehrte Lage der Pflanze an einem wirk- samen Emporheben der Blätter gehindert. Resultat: Es tritt eine weit über 90 '^ betragende Drehung der Internodien ein. In einem Falle betrug diese sogar 270°. Natürlich kann die Drehung nicht beliebig weit fortgesetzt werden. Je größer die Drehung des Internodiums wird, um so größer muß auch die Kraft sein, diese weiter zu vergrößern. Die Kraft ist nun aber, wie wir feststellten, nicht sehr groß, deshalb wird der weiteren Drehung schon bald ein Ende gesetzt werden. 1) Diese Versuche stellte ich an, um etwas Näheres über die Ursachen der ab- wechselnden Links- und Rechtsdrehung zu erfahren. Sie führten jedoch zu keinem ein- heitlichen Resultat und waren nicht in solcher Zahl ausgeführt, daß sichere Schlüsse aus ihnen hätten gezogen werden können. Ich gedenke diese Frage in den nächsten Sommern weiter zu verfolgen. 396 Hermann Sierp, Überblick der bisherigen Resultate und daran angeschlossene Bemerkungen. Wenn wir nun am Schluß der Versuche über die Internodien- torsionen die gewonnenen Resultate überblicken, so sehen wir, daß nur das Licht einen wesentlichen Anteil am Drehvorgang hat. Irgend ein Einfluß der Schwerkraft auf den Drehprozeß konnte nicht gefunden werden. Der Satz, daß die Internodientorsionen allein vom Licht verursacht werden, hat alle Wahrscheinlichkeit für sich. Ohne Licht tritt in keinem Falle eine Drehung der Internodien ein. Auch bei den PhüadelpJuis - Arien liegt keine Ausnahme von dieser Regel vor, jedoch tritt hier der merk- würdige Fall ein, daß nicht, wie bei den meisten Pflanzen, beide Blätter in ihrer normalen Lage in der gleichen Weise befähigt sind, den Reiz zum Drehen aufzunehmen, sondern nur das obere. Es wurde aber das untere sofort reizaufnahmefähig, wenn man es in die Lage des oberen brachte. Welches Organ reizaufnahme- fähig ist, hängt demnach von der Lage zur Schwerkraftrichtung ab. Gibt man dem Blatt eine zur Schwerkraftrichtung indiffe- rente Lage, so ist dieser Unterschied beseitigt, in dieser Stel- lung sind beide Blätter in gleicher Weise befähigt, den Reiz auf- zunehmen, in diesem Falle verhalten sich die Blätter ganz gleich denen der übrigen Pflanzen. Abgesehen von diesem eigenen Ver- halten ist der Drehvorgang auch hier ganz analog dem der Hyp ericaceen. Das Gewicht kann als Ursache der Drehung nicht in Frage kommen, wie dies von de Vries und Wiesner behauptet worden ist. Unsere erste Aufgabe bestand darin, den Einfluß des Ge- wichts zu erkennen. Es war gar nicht einfach, zu einem einwand- freien Resultat zu kommen. Dies lag einmal daran, daß die Torsionskraft nur klein war — sie wurde durch ein sehr geringes Gegengewicht aufgehoben — , sodann aber auch an dem Umstände, daß ein verhältnismäßig geringes Gewicht eine Drehung der Inter- nodien mechanisch bewirkt. Es ist sehr leicht möglich, daß Ge- wichtsmomente bei der Erreichung der richtigen Lichtlage mit im Spiele sind. Bei unseren Versuchen haben wir auch einige Belege hierfür gefunden. Wenn das obere Blatt sich vom Sproß erhebt, so hat es sein eigenes Gewicht zu heben. Anders ist dies, wenn wir den Zweig von unten beleuchten; in diesem Falle hebt sich Die Internodientorsioaen dei- Pflanzen mit dekussierter Blattstellung. 397 das untere Blatt vom Zweig ab, nunmehr braucht es nicht nur kein Gewicht zu heben, sondern das Gewicht wirkt in demselben Sinne, wie die Kraft, die das Blatt vom Blattstiel abhebt. Es war in diesem Falle der Winkel auch größer als bei normaler Be- leuchtung von oben. Wir konnten zeigen, daß nur infolge dieser geringen Veränderung der Blattlage zu den Lichtstrahlen im zweiten Falle das Ergebnis der einseitigen Beleuchtung das ent- gegengesetzte war als das im ersten Falle. Dasselbe gilt auch von dem Versuch, bei welchem ein vertikal gerichteter Zweig ein- seitig beleuchtet war. Ein weiterer Einfluß des Gewichtes als dieser erwähnte, der für den eigentlichen Drehvorgang übrigens gar nicht einmal in Frage kommt, konnte nicht ermittelt werden. Die vorUegenden Untersuchungen dürften ein sehr gutes Beispiel dafür ablegen, zu zeigen, wie große Vorsicht in der Beur- teilung von gewissen Versuchen nötig ist, wie verfehlt es ist, einen bestimmten Vorgang nur von einem Gesichtspunkt zu betrachten. Ich erinnere nur an den Abschneideversuch, den de Vries für die rein mechanische Auffassung des Dreh- vorganges ins Feld führte. Wir haben feststellen können, daß mit dem Abschneiden des oberen Blattes doch etwas mehr entfernt worden ist als nur ein mechanisches Moment, daß näm- lich damit das den Reiz aufnehmende Organ beseitigt worden ist. Ein an die Stelle des oberen Blattes angebrachtes gleich- schweres Gewicht führt keine Drehung herbei, woraus mit Sicher- heit geschlossen werden kann, daß eben das Entfernen des den Reiz aufnehmenden Organes die Ursache für das Ausbleiben der Torsion ist. Der ganze Drehvorgang setzt sich aus einer Anzahl Einzel- bewegungen zusammen, die alle ihre bestimmte Ursache haben. Die Knospenlage gibt zuerst das obere Blatt auf, es hebt sich vom Internodium ab und bildet mit diesem einen immer größer werdenden Winkel. Während dieser Bewegung verbleibt das untere Blatt in seiner anfänghchen Lage. Das Erheben des oberen Blattes ist sicherhch eine epinastische Bewegung. Das untere Blatt ist zu dieser epinastischen Bewegung in derselben Weise befähigt wie das obere Blatt. Dies geht aus mehreren Versuchen hervor. Wenn wir einen Zweig von unten beleuchten, so sind die Rollen ver- tauscht, das untere hebt sich nun vom Sijroß ab, während das obere in der ursprünglichen Lage verbleibt. Bringen wir einen Zweig ins Dunkle, so heben sich unteres und oberes Blatt in der gleichen 398 Hermann Sierp, Weise vom Internodium ab. Aus diesen Versuchen geht nun nicht nur hervor, daß das untere auch zu der epinastisclien Be- wegung, die im normalen Zustand nur das obere Blatt ausführt, befähigt ist, sondern wir sehen auch gleich, warum in einem Falle dies Erheben unterbleibt, während es im anderen eintritt. Es kann nur das Licht sein, welches das untere Blatt in seiner Lage erhält. Die Blattflächen haben das Bestreben, ihre Oberseite senkrecht zu den einfallenden Lichtstrahlen zu stellen. Dies Be- streben, das Frank zuerst Transversalheliotropismus nannte, hindert beim normalen Drehvorgang das untere Blatt, sich epinastisch vom Sproß abzuheben. Das obere Blatt bleibt der Einwirkung dieser Kraft, da es seine Unterseite dem Lichte zugewandt hat, einst- weilen entzogen. Werden die Blätter von vorn, von der Spitze des Zweiges aus beleuchtet, so kann diese Kraft auch auf das obere Blatt wirken. Wir beobachten darum denn auch, daß in diesem Falle sowohl unteres als auch oberes sich ohne Inter- nodiumdrehung ungefähr senkrecht zu den einfallenden Licht- strahlen stellen. Wenn das Licht von unten einfällt, so senkt sich das untere Blatt infolge der epinastischen Bewegung und, wie wir hörten, durch das Eigengewicht des Blattes senkrecht nach unten. In dieser Stellung kommt das gleiche Bestreben der Blätter, ihre Flächen auf kürzestem Wege senkrecht zu den ein- fallenden Lichtstrahlen zu stellen, wieder zum Vorschein; das Blatt schlägt nach oben um, und kommt so ohne Internodientorsion in den rechten Lichtgenuß. Das Abheben der Blätter vom Sproß geschieht auch, wenn die Insertionsebene der Blätter horizontal liegt. Es scheint danach das Eintreten der epinastischen Be- wegung von der Lage der Organe zu der Schwerkraftrichtung un- abhängig zu sein. Als Ursache der hier in Frage stehenden Internodientorsionen konnte, wie gesagt, nur das Licht nachgewiesen werden. Es gelang uns weiter zu zeigen, daß nur dann eine Drehung eintritt, wenn die Unterseite des Blattes stärker beleuchtet ist als die Oberseite. Das Durchdringen des Lichtes in dieser Richtung wirkt auf die Blätter der Pflanzen mit dekussierter Blattstellung, die eine Inter- nodiendrehung zeigen, als Reiz, der in die Internodien geleitet wird und hier eben eine Torsion hervorruft. Dieser Reiz wird sicherlich schon dann, wenn die Blätter noch zusammengefaltet über der Knospe liegen, aufgenommen. Mit dem Erheben des oberen Blattes hört er keineswegs auf, denn wir fanden, daß auch Strahlen, Die Internodientorsionen der Pflanzen mit dekussierter Blattstellung. 399 die unter einen spitzen Winkel einfallen , eine Drehung der Inter- nodien herbeiführen. Sehr bald nach dem Erheben des oberen Blattes tritt ein tlberneigen nach einer der beiden Seiten ein. Ein solches Über- neigen wurde merkwürdigerweise auch an den ins Dunkele ge- brachten und den von unten beleuchteten Zweigen beobachtet. Trotz dieser Beobachtung glaube ich, ist dieses Überneigen der erste Anfang der Internodiendrehung. Der in den Blättern auf- genommene Reiz löst in den Internodien tordierend wirkende Wachstumsvorgänge aus. Wenn ein Zweig ins Dunkele gebracht wird, so ist dieser Reiz bereits aufgenommen und wird ent- sprechend seiner geringen Größe auch nur eine ganz geringe Tor- sion herbeiführen. Dasselbe gilt von den von unten beleuchteten Zweigen. Wurde das obere Blatt abgeschnitten, so tritt, trotzdem auch hier der Reiz aufgenommen war, keine Weiterdrehung ein. Dies will nicht viel sagen, da nicht nur eine große Verwundung ausgeführt, sondern auch jede Verbindung zwischen dem reizauf- nehmenden Organ und der Stelle, wo dieser ausgelöst wird, zer- stört ist. Zumeist gleichzeitig mit der Internodientorsion geht die Drehung der Blätter um den eigenen Blattstiel vor sich. Da sie auf dem Klinostaten und in jeder Lage zur Schwerkraftrichtung auftreten, handelt es sich auch bei diesen Drehungen wohl um heliogene Tor- sionen. Während die Internodiendrehung sofort aufhört, wenn die Oberseite von den Lichtstrahlen getroffen wird, können wir dies von diesen Drehungen nicht sagen; im Gegenteil, wenn die Licht- strahlen die Oberseite unter spitzem Winkel treffen, so scheint dies geradezu als ein Reiz empfunden zu werden, der diesmal nur in die Blattstiele geleitet wird und sich hier als eine Drehung zeigt. Wir sahen, daß bei der Beleuchtung von unten das untere Blatt sehr bald senkrecht nach unten stand. In dieser Stellung wirkte das Licht, das in diesem Falle nicht das Blatt seitlich, sondern von der Spitze traf, nicht tordierend auf den Blattstiel, sondern krümmend. Damit soll aber keineswegs gesagt werden, daß bei Beleuchtung der Seitenkanten der Blätter immer eine Torsion ent- steht, und bei Beleuchtung der Spitze immer eine Krümmung. Wir haben noch Gelegenheit, auf diese Dinge zurückzukommen. Sobald das Internodium zu drehen anfängt, wird das obere Blatt und auch das untere zu den Lichtstrahlen in eine seitliche Beleuchtung ge- bracht, die in diesem Falle eine Blattstieldrehung bewirken, auch 400 Hermann Sierp, hier geht die Drehung immer auf dem kürzesten Wege vor sich. Wir sehen, daß diese Drehung der Blattstele nicht von der Drehung der Internodien zu trennen ist, erstere ist eine Folge der letz- teren. Sie scheinen indes durch ganz verschiedene Reize bedingt zu sein. Während die Internodiendrehung nur bei einer Beleuch- tung der Unterseite eintritt und sehr bald aufhört, wenn die Ober- seite stärker beleuchtet ist, wird die Blattstieldrehuug nur durch eine schräge Beleuchtung der Oberseite verursacht und kommt erst zur Ruhe, wenn die Lichtstrahlen die Oberseite senkrecht treffen. Es gibt eine ganze Anzahl von Pflanzen mit dekussierter Blatt- stellung, die nicht oder nur ganz vereinzelt drehen. Ich erinnere nur an unseren gewöhnlichen Fliederstrauch Syringa vulgaris und die in keinem Garten fehlenden Forsythien. Wenn wir fragen, warum bei diesen Pflanzen keine Drehung eintritt, so sind natür- lich viele Möglichkeiten gegeben. Man könnte zunächst einmal an das merkwürdige Verhalten des unteren Blattes von Phüadelphus, wo anscheinend die Schwerkraft die Reizaufnahmefähigkeit aus- löscht, denken und nach ähnlichen Dingen auch bei diesen Pflanzen suchen. Indes ist es auch möglich, daß die Gewebe der Internodien zu kräftig entwickelt sind, so daß die tordierende Kraft nicht aus- reichend ist, diesen Widerstand zu überwinden. Letztere Annahme ist wahrscheinlicher als die erstere; denn wir beobachten gelegent- lich an diesen Sträuchern auch eine Torsion. Bei den Forsythien z. B. Forsythia suspensa ist dieselbe gar nicht einmal sehr selten. Syringa vulgaris zeigt eine Internodiumtorsion zumeist nur an Zweigen höherer Ordnung. Es ist nicht unmöglich, über die Ur- sachen des Ausbleibens der Torsion bei diesen Sträuchern durch weitere Versuche Klarheit zu schaffen und vielleicht durch ge- schickte Behandlung der Zweige dieser Sträucher die Drehung beliebig hervorzurufen. IV. Wie stellen sich die Internodientorsionen zu den übrigen bis jetzt untersuchten Orientierungsdrehungen? In der Einleitung wurde die Abhandlung Schwendeners und Krabbe s, die sich am eingehendsten mit den Orientierungs- torsionen beschäftigt, bereits gewürdigt und ihre Hauptresultate wiedergegeben. Diese beiden Verfasser sehen als das Hauptergebnis ihrer Untersuchung an, daß sowohl das Licht als auch die Schwer- Die Internodientorsionen der Pflanzen mit dekussierter Blattstellung. 401 kraft an Organen, die Orientierungsbewegungen ausführen, nicht nur krümmend, sondern auch direkt tordierend wirken können. Es gibt neben heliotropischen Krümmungen auch heliotropische Tor- sionen. Am einfachsten sollen die an manchen Pflanzen zu beob- achtenden Orientierungstorsionen der Blütenstiele zu deuten sein. Diese sollen allein durch das Licht erklärt werden können. Anders soll dies indes bei den Blättern sei. Bei den meisten Pflanzen sollen hier die Torsionen nur dann von dem Licht erzielt werden, wenn die Blätter gleichzeitig auch unter dem Einfluß der Schwer- kraft stehen. Unsere Versuche führten nicht zu diesem Ergebnis. Die hier in Frage stehenden Torsionen, auch bei Philadelphus, sind aller "Wahrscheinlichkeit nach reine heliogene. Schwendener und Krabbe leugnen keineswegs, daß solche heliogene Drehungen auch bei Blättern vorkommen. So sollen die Alstroemerien-Blätter einen Fall repräsentieren, in welchem das Licht in gleicherweise, wie bei den Blütenstielen ohne Mitwirkung der Schwerkraft Tor- sionen veranlassen könne. Eine Untersuchung von Czapek (2) hat später die Richtigkeit dieser Angaben dargetan. Übrigens waren vonVöchting vor Schwendener und Krabbe solche rein heliogene Drehungen bei den Blättern der Malvaceen bereits nachgewiesen. Für gewöhnlich soll nun aber nach Schwendener und Krabbe die Einwirkung der Schwerkraft für das Zustande- kommen der richtigen Lichtlage notwendig sein. Da wir bei den Internodientorsionen nicht einen derartigen Einfluß der Schwerkraft fanden, gehe ich etwas näher auf ihre Versuche ein. Die Verfasser stützen ihre Angaben hauptsächlich auf die Ver- suche, die sie mit den Primärblättern von Phaseolus und Soja an- stellten. Die Stiele dieser Primärblätter bilden an aufrecht stehen- den normal wachsenden Exemplaren mit dem Sproß nach oben einen Winkel von 45", ebenso beträgt der Winkel, den die Ver- längerung des Blattstiels mit der Blattfläche bildet, 45 ". Die Blatt- fiäche steht also im normalen Zustande genau in der Horizontal- ebene. Läßt man nun aber das Licht nicht senkrecht von oben, sondern von der Seite senkrecht zu der Insertionsebene der beiden opponierten Blattpaare einfallen, so führen die Blätter im Polster und im Blattstiel eine Drehung von 90 ** aus, die die Blattflächen wieder senkrecht zu den einfallenden Lichtstrahlen stellt. Ganz anders wird das Ergebnis, wenn man die Pflanze ein- seitig beleuchtet bei gleichzeitigem Ausschluß der einseitigen Schwer- kraftwirkung. Es wurde zu diesem Zwecke eine Pflanze so auf den 402 Hermann Sierp, Klinostaten gebracht, daß die Sproßachse und die beiden Blatt- stiele in einer zur Klinostatenachse senkrechten Ebene sich be- wegten. Es kommen nun die epinastischen Bewegungen der Blätter zur Ausführung, die sich darin äußern, daß sowohl der Blattstiel, als auch die Blattflächen sich senken, so daß nun die Winkel, die der Blattstiel mit dem Sproß und der Blattfläche bildet, 90 ** be- tragen. Die Blattfläche liegt durch diese Bewegung in einer verti- kalen, zu den Lichtstrahlen parallel gestellten Ebene. Nunmehr tritt in dem oberen Gelenkpolster und dem Blattstiel, sofern dieser noch wächst, eine heliotropische Krümmung ein, durch welche die Blattlamina schräg nach vorn dem Lichte zugewandt wird. Aus dem Ausbleiben jeglicher Torsion auf dem Klinostaten schließen Seh wendener und Krabbe, daß zwischen dem Licht und der Schwerkraft irgendwelche Beziehungen bestehen. Es soll entweder unter dem Einfluß des Lichtes die Empfindlichkeit des Protoplasmas gegenüber der Schwerkraft eine Änderung erfahren oder umgekehrt. So könnte das Licht nur den Grad und die Richtung der Torsion bestimmen, während die zur Torsion führen- den Wachsturasvorgänge auch in den Fällen, wo es sich um die Einnahme der Lichtlage handelt, ganz allein von der Schwerkraft ausgelöst werden. Anderseits soll die Schwerkraft zu einer solchen Wirkung erst befähigt werden, nachdem das Protoplasma unter der Direktion des Lichtes in bezug auf seine Reaktionsfähigkeit gegen- über der Schwerkraft in einen bestimmten Zustand versetzt ist. „Das Licht würde demnach durch Vermittelung des Protoplasmas die Schwerkraft zur Ausführung von Bewegungen veranlassen, die oft entgegengesetzt sind denjenigen, welche die Schwerkraft für sich allein bedingt" (S. 343). Die Verfasser lassen aber auch die andere Annahme zu Recht bestehen, daß von selten des Lichtes nicht nur der Grad und die Richtung der Drehung bestimmt wird, sondern auch die tordierend wirkenden Wachstumsvorgänge ausgelöst werden. Dabei soll aber das Licht diesen Einfluß auf das Wachstum der Blätter nur aus- üben, wenn diese gleichzeitig unter dem Einfluß der Schwerkraft stehen. Viel einfacher als diese Erklärung ist sicherlich die weiter von ihnen angegebene, wonach „die Schwerkraft gewissermaßen nur die Rolle des Gärtners spielt, der die Pflanzenteile durch Festbinden oder andere Manipulationen den äußeren Richtkräften gegenüber in bestimmte Lagen bringt, ohne dadurch Drehungen unmöglich zu Die Internodientorsionen der Pflanzen mit dekussierter Blattstellung. 403 machen." Diese letzte Erklärungsmöglichkeit wäre sehr einfach auf ihre Richtigkeit zu prüfen gewesen. Der folgende Versuch soll diese Lücke ausfüllen, was zum Verständnis der Orientierungs- torsionen unbedingt erforderlich ist. Es wurden die Blätter eines Exemplars von Phaseolus vul- garis durch ein Drahtgestell in ihrer ursprünglichen Lage festge- halten , so daß jegliche epiuastische Bewegung unmöglich wurde, wobei natürlich der Blattfläche und dem Blattstiel Spielraum zu einer Drehung gegeben wurde. Die so befestigte Pflanze wird auf dem Klinostaten einseitig beleuchtet. Das Ergebnis dieses Versuches war, daß nunmehr die Drehung der Blattstiele ganz normal eintrat. Die Fig. 9 auf Taf. II stellt uns die Versuchsanordnung und das Resultat dieses Versuches dar, die Blattflächen haben sich durch Torsion des Blattstiels senkrecht zu den einfallenden Lichtstrahlen gestellt. Zu dem gleichen Ergebnis führten auch meine Versuche mit Pflanzen ohne Gelenkpolster. Wie Schwendener und Krabbe benutzte auch ich die Blätter von Fuchsia. Während bei diesen Krabbe in seiner ersten Arbeit über die fixe Lichtlage eine Drehung der Blattstiele auch auf dem Klinostaten angab, wird diese Angabe in der zweiten im Verein mit Schwendener heraus- gegebenen nicht aufrecht erhalten, es soll bei diesen wie bei den Priraärblättern von Phaseolus auf dem Klinostaten die Drehung ausbleiben. Um auch hier ein einwandfreies Resultat zu be- kommen, habe ich an diesen Pflanzen die Blätter in gleicher Weise wie oben geschient, so daß sie ihre epinastischen Bewegungen nicht ausführen konnten. Das Ergebnis war wieder das gleiche, die Torsionen der Blattstiele traten ganz normal ein wie bei den Pflanzen, die von der Seite bei einseitiger Schwerkraftwirkung be- leuchtet waren. Schwendener und Krabbe stützen ihre Ansicht, daß die Schwerkraft einen wesentlichen Einfluß auf die Drehung der Blätter habe, darauf, daß sie am Klinostaten keine Drehungen eintreten sahen. In Wirklichkeit treten sie hier aber wohl ein. Wir müssen nur dafür sorgen, daß die Blätter zu den Lichtstrahlen so gestellt bleiben, daß nur durch eine Drehung des Blattstiels die beste Lichtlage erreicht werden kann. Die Möglichkeit, daß selbst in diesem Falle die Schwerkraft bei der Ausübung der Tor- sion mitspielt, ist ja nicht ganz ausgeschlossen, da ja auf dem Klinostaten Geoperzeption stattfinden kann. Aber diese Tatsache war Schwendener und Krabbe damals noch nicht bekannt. 404 Hermann Sierp, Wir können von diesen Pflanzen auch nur wieder aussagen, daß zur Erreichung der Lichtlage ein Einfluß der Schwerkraft nicht ge- funden wurde. Es tritt eben auf dem Klinostat in jeder Stellung der Blätter die rechte Lichtstellung ein. Während wir nun aber von den Internodientorsionen sagen konnten, daß sie im Dunkeln nicht eintreten, können wir dieses nicht von den Primärblättern von Phaseolus sagen. Die Blattstiele der Primärblätter von Phaseolus vermögen im Dunkeln geotropische Torsionen auszuführen. Wie man auch die Pflanzen ins Dunkle stellt, ob in inverser oder in horizontaler Lage, die Blattflächen stellen sich immer durch eine Krümmung oder eine Torsion, oder auch durch beide in die Horizontalebene und zwar mit der morphologischen Ober- seite nach oben ein, die Blattflächen sind hier nicht nur transversal- heliotropisch, sondern auch transversalgeotropisch. Ob diese im Dunkeln eintretenden Drehungen in irgend einem Zusammenhang stehen mit den Drehungen, welche die Blattstiele ausführen, um die Blattflächen in den rechten Lichtgenuß zu bringen, ist natürlich nicht so ohne weiteres zu beantworten. Soweit meine Versuche reichen, scheint dies nicht der Fall zu sein. Mir lag zunächst daran, zu zeigen, daß aus den Versuchen Schwendeners und Krabbes nicht geschlossen werden kann, daß die Schwerkraft bei der Aus- führung der Blattstieldrehungen beteiligt sei. Ich will nur noch auf folgendes hinweisen. Die Torsionen der Blattstiele der Primärblätter von Phaseolus zeigen große Analogie zu den Krümmungen, sie sind wie diese Be- wegungserscheinungen, die bald durch das Licht, bald durch die Schwerkraft ausgelöst werden können. Ein Laubsproß ist ja für gewöhnlich auch gleichzeitig parallelheliotropisch und parallel- geotropisch. Für diese liegt insofern die Sache einfacher, weil wir es mit radiären Organen zu tun haben, von denen wir wissen, daß auf dem Klinostaten wenigstens die einseitige Schwerkraftwirkung beseitigt ist, was für die dorsiventralen Orgaue auch nicht einmal so ohne weiteres angenommen werden kann. Unter normalen Verhältnissen fällt die Richtung der Licht- strahlen mit der der Schwerkraft zusammen. Anders ist dies, wenn etwa die Pflanze seitlich von den Lichtstrahlen getroff"en wird. In diesem Falle stellen sich die Blätter immer senkrecht zu den einfallenden Lichtstrahlen, ganz unbekümmert um den Trans- versalgeotropismus, der sie aus dieser Stellung zu bringen sucht. Wie man auch die Pflanzen selbst und damit die Blätter zur Die Internodientorsionen der Pflanzen mit dekiissierter Blattstellung. 405 Richtung der Lichtstrahlen orientiert, immer stellen sie sich senk- recht zu diesen, ganz ohne Rücksicht auf die Richtung der Schwer- kraft. Die geotropischen Krümmungen und Torsionen treten ganz gegenüber den heliotropischen zurück. Bei den Internodientorsionen kommen alle diese letzten Erwähnungen gar nicht in Betracht, da sie ja, wie wir feststellten, im Dunkeln nicht eintreten. Sicherlich ist die Fähigkeit der Blätter, geotropische Krüm- mungen und Torsionen zu veranlassen, sonst sehr verbreitet. Auch Czapek (2) beobachtete bei den Alstroemerien-Blättern, daß diese ebenfalls im Dunkeln Torsionen ausführen können. Gerade im Anschluß an die Versuche Czapeks, der die Drehung im Dunkeln zurückgehen sah, möchte ich auf eine bis heute nicht beachtete Fähigkeit der Pflanzen aufmerksam machen, die anzunehmen das ganz analoge Verhalten der Torsionen gegenüber den Krümmungen verleitet. Wie wir vor allem aus den Versuchen Vöchtings (15) wissen, haben die Pflanzen das Bestreben, eine gewisse Richtung einzuschlagen, sich aus inneren Gründen entweder gerade zu strecken oder zu krümmen. Vöchting führte für dieses Bestreben die Namen Rektipetalität und Kurvipetalität ein. Pfeffer hat später für dieses in der Pflanze liegende Richtungsbestreben den Namen Autotropismus vorgeschlagen. Nun können die Pflanzen aber auch ein auf innere Ursachen zurückzuführendes Bestreben haben, eine durch äußere Ursache herbeigeführte Torsion bei Beseitigung dieser wieder aufzuheben. Die Pflanzen hätten dann, um einen der Rektipetalität und Kurvipetalität entsprechenden Namen einzuführen, Atorquipetalität oder, um einen dem Autotropis- mus entsprechenden Namen zu haben, Autotortismus oder besser Autostrophismus. Doch ich lasse dies einstweilen dahingestellt, da die von mir in dieser Richtung angestellten Versuche noch nicht zahlreich genug sind, um bereits jetzt etwas Positives in dieser Hinsicht aussagen zu können. Ich hoffe bald ausführlicher hier- über berichten zu können. Es ist eine jedem auffallende Tatsache, daß die Blätter die verschiedenste Möglichkeit haben, ihre Blattflächen senkrecht zu den einfallenden Lichtstrahlen zu stellen. Es geschieht dies immer auf die einfachste und kürzeste Weise. Auch die Ergebnisse unserer Versuche zeigen, daß die Blätter in den verschiedensten Stellungen einen gewissen Reiz empfangen, der eine Bewegung auslöst, welche die Blattflächen auf kürzestem Wege in die beste Lichtlage führen. Einmal wird dies durch eine Krümmung, das andere Mal durch 406 Hermann Sierp, eine Torsion erreicht. Ein besonders schönes Beispiel dafür, daß die Blattflächen immer in den rechten Genuß gebracht werden, wie man auch das Blatt gegenüber dem Licht orientieren mag, liefern uns die Versuche Vöchtings mit den Malvenblättern. Waren in den oben erwähnten Versuchen Schwendeners und Krabbes die Blätter durch die Beseitigung der einseitigen Schwerkraft- wirkung senkrecht nach unten gestellt, so hätte eine Torsion die rechte Lichtlage niemals herbeigeführt. Wir beobachten deshalb in diesem Falle, wie wir sahen, eine Krümmung und nicht eine Torsion. Hat das Blatt sich auf dem Klinostaten senkrecht nach unten gesenkt, so fallen die Lichtstrahlen, wenn die Pflanze seitlich be- leuchtet wird, parallel zu der Blattfläche ein. Dasselbe geschieht aber auch, wenn die Blätter in ihrer normalen Lage seitlich be- leuchtet werden. Trotzdem in beiden Fällen das Licht senkrecht zur Insertionsebene der Blätter einfällt, sind die Bewegungen ganz verschieden; im ersten Falle wird durch eine Krümmung des Blatt- stiels, im zweiten Falle durch eine Torsion desselben die Blattfläche senkrecht zu den einfallenden Lichtstrahlen gestellt. Man könnte hier geneigt sein zu glauben, daß die verschiedene Orientierung zur Schwerkraftrichtung dieses verschiedene Resultat herbeigeführt habe. Indes liegt auch in diesem Falle kein nachweislicher Ein- fluß der Schwerkraft vor, wie der folgende Versuch zeigt. Eine Pflanze wird so befestigt, daß die Blätter und der Blatt- stiel eine Stellung einnehmen, wie sie die Pflanze einnimmt, wenn sie eine Zeit der einseitigen Einwirkung der Schwerkraft entzogen gewesen ist. Zu diesem Zwecke wurde der Blattstiel durch einen Draht so gehalten, daß er senkrecht zum Sprosse stand. Das von dem Sproß abstehende Drahtstück war nur halb so lang als der Blattstiel, um den Blattstiel in der Ausübung seiner Bewegung nicht zu behindern. Die Blattfläche wurde vermittels eines Fadens, der einerseits in der Mitte des Blattstiels, anderseits in der Mitte der Blattfläche befestigt war, so gehalten, daß sie senkrecht nach unten stand Wird eine so befestigte Pflanze einseitig beleuchtet, so tritt dieselbe Krümmung des Blattstiels ein, wie in dem Kiino- statenversuch. Es kann also nicht die verschiedene Orientierung zur Schwerkraft sein, welche das verschiedene Resultat herbei- geführt hat. Wie wir bei den Orientierungstorsionen der Pflanzen mit de- kussierter Blattstellung feststellen konnten, daß hier auf die Blatt- Die Internodientorsionen der Pflanzen mit dekussierter Blattstellung. 407 flächen ein Lichtreiz ausgeübt wird, der in die Blattstiele und Inter- nodien geleitet wird, ebenso fanden wir auch bei den Primärblättern von Phaseolus, daß hier der Reiz von dem Blatt in die Blattstiele geleitet wird. Krabbe (6) war in seinen diesbezüglichen Unter- suchungen nicht zu diesem Resultat gekommen. Er will gefunden haben, daß der Lichtreiz direkt in den Blattstielen aufgenommen wird. Ich habe, wie Krabbe es in seinen Versuchen getan hat, den oberen Teil des Blattstiels und das obere Blattpolster ver- dunkelt. Ich verfuhr dabei in derselben Weise, wie ich dies bereits bei den Pflanzen mit dekussierter Blattstellung (Versuch 14 u. 15, S. 387) getan habe. Der Blattstiel und das Gelenkpolster wurden zunächst mit schwarzer Watte lose umwickelt und das Ganze außen mit schwarzem Papier oder Stanniol umgeben. So ließ sich eine gute Verdunkelung des oberen Teils des Blattsiels, des Blattpolsters und vor allem auch der Stelle, wo der Blattstiel in die Blattfläche über- geht, erzielen, dabei wurden aber die Blätter gar nicht oder nur wenig in ihrer Bewegungsfähigkeit behindert. Wurden die so be- handelten Pflanzen einseitig beleuchtet, so traten die Blattstiel- torsionen regelmäßig auf. Wenn Krabbe zu anderem Ergebnis kam, so lag dies wahrscheinlich daran, daß seine Umhüllung die Be- wegungsfähigkeit ausschloß. Jedenfalls konnte ich auch in diesem Punkte keine Verschiedenheit gegenüber den in dieser Abhandlung besprochenen Orientierungstorsionen feststellen. Tübingen, Botanisches Institut, im Februar 1915. Literatur -Verzeichnis. 1. Anibronn, H., Ueber lieliolropische und geotropisclie Torsionen. Ber. d. Deutsch. Bot. Ges., Bd. II, 1884. 2. Czapek, F., Studien über die Wirkung äußerer Reizkräfte auf die Pflanzenteile. Flora 1898. 3. Fitting, H., Untersuchungen über den geotropischen Reizvorgang. I u. II. Jahrb. f. wiss. Bot., Bd. XLI, 1905. 4. Frank, Ä. B., Die natürliche wagerechte Richtung von Pflanzenteilen und ihre Abhängigkeit vom Licht und der Gravitation. Leipzig 1870. 5. Kniep, H., Über den Einfluß der Schwerkraft auf die Bewegungen der Laubblätter und die Frage der Epinastie. Jahrb. f. wiss. Bot., Bd. XLVIII, 1910. 6. Krabbe, G., Zur Kenntnis der fixen Lichtlage der Laubblätter. I. Teil. Jahrb. f. wiss. Bot., 1889. 7. Krabbe s. Schwendener. Jahrb. f. wiss. Botanik. LV. 27 408 Hermann Sierp, Die Internodientorsionen der Pflanzen usw. 8. Noil, F., lieber die normale Stellung zygoniorpher Blüten und ihre Orientierungs- bewegungen zur Erreichung derselben. I. Teil. Arbeiten d. Bot. Inst. Würzburg, Bd. III, Heft 2, 1885. 9. — — , Desgl., II. Teil. Arbeiten d. Bot. Inst. Würzburg, Bd. III, Heft 3, 1887. 10. — — , Die Orientierungsbewegungen dorsiventraler Organe. Flora, Bd. 7G, 1892. 11. Pfeffer, W., Pflanzen -Physiologie, 2. Aufl., Bd. II, 1904. 12. Schmidt, 0., Das Zustandekommen der fixen Lichtlage blatlartiger Organe durch Torsion. Dissertation. Berlin 1883. 13. Schwendener, S. und Krabbe, G., Über die Orientierungstorsionen der Blüten und Blätter. Ges. Bot. Mitteilungen, Bd. II, desgl. in Abhandl. d. Berl. Akad. d. Wiss., 1892. 14. Schwendener, S., Zusatz. Ges. Bot. Mitteilungen, Bd. II, desgl. in Abhandl. d. Berl. Akad. d. Wiss., 1898. 15. Vöchting, H., Die Bewegungen der Blüten und Früchte. 1882. IG. — — , Über die Lichtstellung der Laubblätter. Bot. Zeitung, 1888. 17. de Vries, H., üeber einige Ursachen der Richtung bilateral-symmetrischer Pflanzen- teile. Arbeiten d. Bot. Inst. Würzburg, Bd. I, Heft 2, 1872. 18. Wiesner, J., Die heliotropischen Erscheinungen im Pflanzenreich, II. Denkschr. d. k. k. Akad. d. Wiss., math.-naturw. Klasse, Bd. 43, Wien 1880. Untersuchungen über die Hautdrüsen der Plumbaginaceen. Ein Beitrag zur Biologie der Halophyten. Von W. Ruhland. Mit 20 Textfiguren. Einleitung. Zu den allerbekanntesten pflanzlichen Drüsenorganen gehören fraglos die seit ihren ersten Entdeckern häufig als „Mettenius- Drüsen" ') oder „Licopoli- Drüsen"'^) bezeichneten Gebilde in den Epidermen der Plumbaginaceen -Blätter. Während sie in ana- tomischer Hinsicht auffallend häufig untersucht wurden, allerdings, wie wir bald sehen werden, unter ständiger Verkennung ihres wahren Baues, flössen die physiologischen Nachrichten über sie viel spär- licher. Die wenigen ihnen gewidmeten Notizen widersprechen sich fast in jeder Beziehung aufs schroffste. AVährend Volkens^) in ihnen nur passive Filtrationshydathoden sah, mußte man nach einer kleinen Mitteilung von Schtscherbak^) im Gegenteil den Eindruck gewinnen, daß sie höchst leistungsfähige, aktiv tätige Drüsen seien, die vielleicht sogar hochkonzentrierte Salzlösungen oder unter Umständen gar festes Salz auszuscheiden vermöchten. Im Gegensatz dazu schien Fitting^), der einige der 1) „Filices horti botanici Lipsiensis" (1856, S. 10). 2) „Sulla forniazione di alcune organi nella Statice nioiiopetala destinati all' escre- zione ili sostanza mineiale". (Aniiali tlell' Academia degli aspiranli naturali.sti di Napoli, 1866, S. 1.) 3) „Die Kalkdrüsen der Pliunbaginaceen". (Ber. d. Deuts^ch. Bot. Gesellsch., II, 1884, S. 334.) 4) „tJber die Salzausscheidung durch die Blätter von Statice Gmelini'^. Vorläufige Mitteilung. (Ebenda, XXVIII, 1910, S. 30.) 5) „Die Wasserversorgung und die osmotischen Druckverhältnisse der Wüsten- pflanzen". (Zeitscbr. f. Bot., III, 1911, S. 209.) 27* 410 W. Euhland, Arten in der Wüste studiert hatte, nicht geneigt, ihnen in bezug auf die Salzausscheidung eine wesentliche Nutzleistung für die Pflanze zuzugestehen, sondern in jener eine mehr zufällige Begleit- erscheinung einer gewöhnlichen Hydathodentätigkeit zu erblicken. Fügt man nun noch hinzu, daß im übrigen die gesamte einschlägige reiche Literatur nahezu ausschließhch von „Kalkdrüsen" spricht, trotzdem es sich fast überall um typische Halophyten handelt, so wird das Bild der Verwirrung ein vollständiges. Den eigentlichen Anstoß zu unseren Untersuchungen gab die schon erwähnte kleine Mitteilung von Schtscherbak. Der Ver- fasser beschreibt hier in aller Kürze, wie selbst abgeschnittene Blätter und sogar Bruchstücke derselben, welche auf Lösungen verschiedener Salze schwimmen, sich sogleich unter den Augen des Beobachters mit Hilfe ihrer eigentümlichen Epidermisdrüsen von diesen Salzen zu befreien beginnen. Eine ausführlichere Arbeit ist dieser kleinen, von Rothert angeregten Mitteilung nicht gefolgt. Da mich die Pflanze im Zusammenhange mit einigen von mir früher studierten Fragen lebhaft interessierte, so suchte ich sie mir zu eigenen Untersuchungen zu verschaffen. Sie kommt vom Banat ostwärts auf dem Balkan, im pontischen Gebiet bis Armenien und zum Ural und wohl auch noch weiter östlich vor, an Salz- stellen, besonders auch in der Nähe des Meeres. Von Boissier^) werden mehrere Formen unterschieden, von denen ich nicht wissen konnte, ob sie sich physiologisch gleich verhalten, so daß ich, um sicher zu gehen, mich nach Odessa wandte, wo Schtscherbak seine Untersuchungen begonnen hatte. Herr Kollege Porodko hatte die Liebenswürdigkeit, mir auf meine Bitte im Herbst 1913 nicht nur Samen der Pflanze, sondern auch lebende ßhizomstücke zu senden, wofür ich ihm hier nochmals meinen herzlichen Dank aussprechen möchte. Die Rhizome sowohl wie namentlich die Sämlinge entwickelten sich unter den verschiedensten Kulturbedingungen im hiesigen botanischen Garten ausgezeichnet und zeigten die Salzexkretionen wie in ihrer Heimat, so daß ich an geeignetem Material zu keiner Zeit meiner Studien Mangel hatte. Im weiteren Verlauf meiner Untersuchungen zeigte es sich aber, daß die Drüsen der anderen Arten der Familie und selbst z. B. diejenigen der bei uns so verbreiteten Armeria vulgaris sich 1) Flora Orientalis, Band IV, 1879, S. 859. Untersuchungen über die Hautdrüsen der Plumbaginaceen. 411 prinzipiell offenbar ganz gleich verhalten. Nichtsdestoweniger blieb ich in der Hauptsache bei der Staticc (imelini, so daß alle Mit- teilungen, wo nicht ausdrücklich anders bemerkt ist, sich auf diese Art beziehen. I. Der anatomische Bau der Drüsen. Wie aus dem Literaturverzeichnis inSolereders Systematischer Anatomie der Dikotylen ') hervorgeht, ist die Anatomie der Plumba- ginaceen und ihrer eigentümlichen Epidermisdrüsen, welche meist die besondere Aufmerksamkeit der Beobachter auf sich lenkten, so häufig, ja fast bis zum Überdruß studiert worden, daß die Voranschickung eines anatomischen Kapitels zunächst sehr über- flüssig scheinen möchte. Auch ich glaubte zunächst, mir anatomische Untersuchungen ersparen zu können, und war um so überraschter, als ich später merkte, daß in der Tat der Typus von Drüsen, wie er nicht nur bei Statice Gmelini, sondern auch bei fast allen anderen Arten der Familie vorkommt, bisher in allen Fällen vollkommen falsch be- schrieben worden ist. Die Veranlassung, weshalb ich überhaupt den Bau der Drüsen näher zu studieren begann, war die befremdhche Beschreibung und Abbildung derselben bei Solerede r, der alle Spezialuntersuchungen der anderen Autoren benutzen konnte. Nach Solereders Be- schreibung und Abbildung würde z. B. ganz unverständlich sein, wie die Drüsenzellen dauernd mit lebendem Plasma erfüllt sein könnten, da die Wände, welche sie von dem Nachbargewebe trennen, als verkorkt bezeichnet werden. Auch die Zeichnung der sog. „Nebenzellen" war in bezug auf Zahl und Form so offensichtlich falsch, daß eine genaue Nachuntersuchung erforderlich war. Diese wurde an lebendem Material sowie an Blattstücken durchgeführt, welche in Chromessigsäure fixiert, mit dem Mikrotom geschnitten und nach dem Fl emming sehen Verfahren gefärbt waren. Die Beschreibung sei so kurz wie möglich gehalten. Blickt mau auf die Außenfläche der Ober- oder Unterepidermis herab, so sieht man unter dem Mikroskop zunächst vor allem vier quadrantenartig oder kreuzweise aneinander grenzende, zentrale 1) S. 561 f. 412 W. Ruhland, Zellen (Fig. 1), denen, wie die weitere Untersuchung ergab, die eigentliche Sekretionstätigkeit zufällt. Wir können sie deshalb als „Sekretionszellen" (s) bezeichnen. Jede ist nach außen von einer schmalen, häufig etwas halbmondförmigen Zelle umgeben, die somit einen geschlossenen Kranz um jene bilden. Es sind die „Nebenzellen" (n) der Autoren. Darauf sieht man bei Ober- flächen- oder besser ein wenig tieferer Einstellung weiter nach außen hin einen schmalen Zwischenraum (2w') und dann eine im Gegensatz zu den bisher betrachteten derbere Membran (g) folgen (in Fig.. 1 und 4 schwarz gehalten), an die weiter nach außen wiederum ein sehr schmaler Zwischenraum (zw") und darauf die Fig. 1. Driiise aus der oberen Eiiidermis, Fläclieiiansicht von außen. Erklärung im Text. Vergr. 654. Wände der benachbarten gewöhnlichen Epidermiszellen anstoßen. Schon diese Verhältnisse, die für das Verständnis des Driisenbaues wichtig sind, sind bisher immer unrichtig wiedergegeben worden. Betrachten wir nun einen dünnen Mikrotom -Querschnitt, so sehen wir (Fig. 2) zunächst, daß die ganze Drüse nicht oder nur sehr schwach über das Niveau der übrigen Epidermiszellen (Ep) hervorragt. In der Mitte des ganzen Gebildes sind zwei der Sekretionszellen zu sehen (s). Ist der Schnitt, wie in Fig. 2 median in bezug auf die Drüse, so sieht man seitlich an jede der Sekretionszellen (s) noch vier Zellen von sehr eigentümlicher Form und Anordnung grenzen. Zunächst folgen die schon in der Auf- ünteisuchnngcii über die Hautdrüsen der PlnrnbaKinaceen. 413 sieht (Fig. 1) hervortretenden vier Zellen (N), von denen im me- dianen Querschnitt natürlich wieder nur zwei zu sehen sind. Sie reichen nicht bis zum Grunde der Drüse und erscheinen von den Fig. 2. Querschnitt durch die Oberseite des Blattes, der eine Drüse im medianen Längs- schnitt zeigt. Erklärung im Text. Vergr. 593. Sekretionszellen seitlich -auswärts gleichsam abgeschnitten. Ich nenne sie, wie erwähnt, in Übereinstimmung mit den früheren Autoren „Nebenzellen". An sie schließen sich auf dem Blattquerschnitt nach außen, die beiden genannten Zellgruppen seitlich und nach dem Grunde der Drüse zu umfassend, rechts und links je zwei sehr schmale Zellen, die ich als äußere (h") und innere (h') „Becherzellen" bezeichne. In der Aufsicht ist von ihnen gewöhnlich nichts deut- lich zu erkennen. Ein Flächen- schnitt dagegen, der die Drüse ungefähr in der Mitte durch- schneidet, läßt diese Verhältnisse klar erkennen. Fig. 3 stellt einen derartigen Schnitt ungefähr durch das untere Drittel der Drüse dar, so daß hier die Nebenzellen fehlen. Man sieht hier auch, daß im ganzen 4: -\- i Becherzellen (h' und h") vorhanden sind, die in ihrer Anordnung ganz den Nebenzellen folgen. Fig. 3. Querschnitt durch den unteren Teil einer Drüse. Zellinbalt fixiert und gefärbt. Erklärung im Text. Vergr. 710. 414 W. Ruhland, Während die bisher erwähnten Zellen voneinander durch sehr zarte Wände abgegrenzt sind, folgen nun nach außen dicke, kuti- nisierte Wände (in Fig. 9 namentlich angedeutet und mit g be- zeichnet). Sie schließen die eigentliche Drüse nach außen ab. An sie grenzen vier, wie die Drüsenzellen chlorophyllfreie Zellen, die ich als „Sammelzellen" (z) bezeichne, und deren Form aus Fig. 3 (z) oder Fig. 4 (punktiert angedeutet) zu entnehmen ist. Gleichzeitig erkennt man aus diesen Figuren, daß die Anordnung wiederum der der Neben- und Becherzellen entspricht. Aus den genannten Figuren folgt ferner, daß auf dem Blatt- querschnitt die Form der Sammelzellen je nach der Richtung der Querschnittsebene wechselnd erscheinen muß. So stellen sie sich in Fig. 9 sehr schmal, in Fig. 2, 8 und 10 dagegen breit ausladend dar. Sie sehen in Fig. 8 etwa ampullenförmig aus und schieben sich mit ihrem schmalen oberen Ende bis an die Blattober- fläche, um sich unter der Epidermis sogleich zu verbreitern und schließlich am Drüsen- grunde diesen wieder mit schmalen Enden zu umfassen. Man er- kennt so, daß die außerhalb der dicken Membran zwischen Drüse und Epidermiszellen gelegenen schmalen Zwischenräume in den Fig. 1 (ziv") und 4 den Außenenden der Sammelzellen entsprechen, während an dem entsprechenden schmalen Innenraum (Fig. 1 zw') die in der Aufsicht nicht deutlich erkennbaren Becherzellen zu denken sind. Durch Vergleichung von Serienschnitten parallel zur Blattfläche ergibt sich, daß an die Sammelzellen (z) mindestens 75 andere Blattzellen (hl) angeschlossen sind (Fig. 5). Somit besteht also die ganze halbkugelige Drüse aus 1 6 Zellen, nämlich 4 Sekretions-, 4 Neben-, 4 äußeren und 4 inneren Becher- Fig. 4. Drüse der Blattunterseite von außen gesehen Erklärung im Text. Vergr. 510. Untersuchungen über die Hautdrüsen der Plumbaginaceen. 415 Zellen. Nicht mehr zur eigentlichen Drüse gehören, aber doch in enger Beziehung zu ihr stehen dann noch die 4 Sammelzellen. Von besonderem Interesse und sehr eigentümlich ist nun die Art und Weise der Kutinisierung. Wäre die Kutinisierung der den 16 zelligen Drüsenkomplex nach außen umfassenden Membran, der „Grenzkappe", wie ich sie nennen will, eine gleichmäßig ununterbrochene, so könnte natürlich kein Stoffverkehr mit dem übrigen Blattgewebe durch Vermittelung der außen angrenzenden Sammelzellen stattfinden. In der Tat sind denn auch bei genauerer Untersuchung nichtkutinisierte „Durchlaßstellen", d in Fig. 2 und 8, nachzuweisen. Ich benutzte zur genaueren Untersuchung Fig. 5. Schnitt durch die unterste Basis der Drüse parallel zur Blattfläche. Vergr. 460. Fig. 6. Drüse der Blattoberseite, von innen gesehen. Die Lage der Sekret- und Nebenzellen ist punktiert. Die Schnittebenen der Fig. 2 u. 9 sind durch Pfeile angedeutet. Vergr. 395. dieser Verhältnisse die schon von A. Meyer, Kroemer und anderen empfohlenen Lösungen von Sudan, Dimethylamidoazobenzol usw. in Alkohol-Glyzerin. Die Lösungen, besonders die von Sudan, wurden gewöhnlich heiß angewendet und die Schnitte nach etwa Vi stündiger Einwirkung in der Lösung selbst untersucht. Auf diese Weise ergibt sich bezüglich der Kutinisierung der halbkugelig gewölbten Grenzkappe der Drüse folgendes: Betrachtet man einen Flächenschnitt von der Innenseite, so sieht man eine besonders dunkel gefärbte Kreuzfigur (Fig. 6), deren Arme in den gemein- samen Ebenen der Längswände der Drüse liegen. Die den Kreuz- armen benachbarten Teile der Membran sind wesentlich schwächer gefärbt, die übrigen Teile derselben ungefärbt. 416 W. Ruhland, Fig. 7. Grenzkappe der Drüse, von innen gesehen, nach Behandlung mit konz. Schwefel- säure. Vergr. 500. Die hieraus zu ziehenden Schlüsse über die Kutinisierung werden durch Behandlung mit Schwefelsäure bestätigt. Hierbei ergeben sich zunächst Figuren, wie in Fig. la dargestellt. Man sieht wieder besonders markant die dünnen Kreuzarme, die von zarteren, hier wie in Fig. 6 gestrichelt angedeuteten Kutinpartien so umgeben sind, daß ein breiteres Kreuz zustande kommt. Die vier gleichlangen Kreuzarme wer- den an der Peripherie von einem auch an den gefärbten Präparaten scharf sichtbaren dünnen Kreis miteinander ver- bunden, von welchem später noch die Rede sein wird. Läßt man die Schwefelsäure mehrere Tage eventuell unter zeitwei- liger Anwendung von Hitze einwirken, so kommen Figuren, wie in Fig. Ih dargestellt, zustande. Es ist nur das schmale zentrale Kreuz und die Kreisperipherie übrig geblieben, also die stärker kutinisierten Teile. Die Form der ganzen Grenzkappe entspricht übrigens seltener einer regelmäßigen Halbkugel, als vielmehr einer vierseitigen Pyramide mit schwach nach außen gewölbten Seitenflächen. Aus dieser Darstellung geht hervor, daß wir auch bezüglich der Kutinisierung auf dem Blattquerschnitt (also dem Längsschnitt durch die Drüse) verschiedene Bilder je nach der Richtung der Schnittebene antreffen werden. Man vergleiche hier- zu die Fig. 8 u. 9. In Fig. 8 beschränkt sich die Kutini- sierung (g) auf die basalen und die ganz nach außen gelegenen Teile der Grenz- kappe. Man sieht also hier die breiten Durchlaßstellen (d). Auf solchen Schnitten sind die Sammelzellen in ihrer größten Ausdehnung getroffen. Im Gegen- satz dazu sehen wir in Fig. 9 die Kappe in ihrer ganzen Länge kutinisiert und haben gleichzeitig die Sammelzellen (z) als äußerst schmale Streifen vor uns. Geht gar der Schnitt durch die gemein- samen Kanten derselben, so werden wir von diesen Zellen über- Fig. 8. Erklärung im Text. Vergr. COO Untersucliungen über die Hautdrüsen der Pliimbaginaccen. 417 haupt nichts sehen. Die Längsschnitte durch die Drüsen ergeben ferner, daß die kutinisierten Teile unserer Kappe sich direkt in die Kutikula der Epidermis fortsetzen. Der auf den Flächen- schnitten, sei es bei Betrachtung von innen (Fig. 7), sei es von außen (Fig. 1 u. 4), sichtbare Kutinkreis kommt also durch die äußersten Teile der zur Blattfläche senkrechten Partien der Grenzkappe zustande. Schließlich sei nochmals auf Fig. 3 ver- wiesen, wo ein Flächenschnitt dargestellt ist, der die Drüse un- gefähr im unteren Drittel getroffen hat. Man sieht, wie die Kuti- nisierung hier fast ganz auf die Kanten (g) der Drüse beschränkt ist, welche die breiten Durchlaßstellen (d) zwischen sich freilassen. Außerdem läßt aber diese Figur noch erkennen, daß die Kuti- nisierung an gewissen Stellen auch auf andere Membranen der Drüse übergreift. Von den erwähnten kutinisierten Kanten (g) aus gehen nämlich leisten- artige (also auf dem Quer- schnitt zapfenartig erschei- nende) Fortsätze von der- selben Beschaffenheit bis zu den Kanten der Sekre- tionszellen einwärts, und die Becherzellen erschei- nen seitlich an diese Leisten angeschlossen. Außerdem finden wir aber noch, wie die Betrachtung der medianen Längsschnitte durch die Drüsen (= Blattquerschnitte) lehrt (vgl. Fig. 2, 8, 9), daß sich ein zapfen- artiger Vorsprung der kutinisierten Membranmasse einmal zwischen die Becherzelien am Grunde der Drüse und bis zur Basis der Sekretionszellen schiebt, und dann in entgegengesetzter Richtung als kürzerer Vorsprung die Sammelzellen an der gemeinsamen kleinen Grenzfläche voneinander trennt. Geht man nun auf den Drüsenlängsschnitten zur Betrachtung der Außenfläche der Drüse über, so bemerkt man, daß die dortige Membran bedeutend verdickt ist. In der Umgebung der oberen Enden der Becherzellen bis zur oberen Außenkante der Neben- zellen — und mit dieser abschneidend — ist sie in ihrer ganzen Dicke kutinisiert. An der eigenthchen Außenfläche der Drüse ist diese mit einer Kutikula überzogen, welche sich nicht weiter von derjenigen der übrigen Epidermiszellen unterscheidet. Fig. 9. Erklärung im Text. Vergr. 640. 418 "W. Ruhland, Die Art, wie die Kutinkappe der Drüse mit den anstoßenden Epidermiszellen verknüpft ist, ist am besten auf Oberflächenschnitten bei Betrachtung von der Außenseite her zu sehen. Wie Fig. 1 und 4 zeigen, gehen von den vier Kanten kleine Fortsätze aus, die sich mit fast zweispaltigen oder klauenartigen Enden an die Epidermiswände anschließen. Diese zweispaltigen Enden sind namentlich an Schwefelsäurepräparaten gut zu sehen (Fig. 7«u. 6). Auch die Fortsätze nach den Nebenzellen hin erscheinen dann an ihren Enden etwas zweispaltig. Die ganze Drüse erscheint somit gleichsam in dem benach- barten Gewebe wie verankert, und gleichzeitig wird durch die er- wähnten Vorsprünge der Kutinschicht nach innen der Zusammen- halt der Drüsenzellen untereinander verstärkt. Auf die Festigkeit solcher kutinisierten Epidermiszellen ist z.B. von Damm^) hin- gewiesen worden. Andererseits erscheint jedoch die Dehnbarkeit und Elastizität von Korkzellen gering"), so daß wir doch viel- leicht ihre Bedeutung im vorliegenden Falle in erster Linie in der Regulierung der Wasserbahn bei der Aufnahme und Abgabe zu sehen haben. Unter diesem Gesichtspunkt erscheint die weitgehende Ab- schließung der Drüse vom umgebenden Gewebe besonders ein- leuchtend. Nur die erwähnten Durchlaßstellen bleiben unkutinisiert. Und durch sie kommunizieren lediglich die vier Sammelzellen mit der Drüse. Wie steht es nun mit den Ausführungswegen? Wie bezüg- lich des übrigen Baues der Drüse sind auch in dieser Beziehung die bisherigen Literaturangaben sämtlich unrichtig. Bei Sole reder ist dieser Punkt überhaupt ganz vernachlässigt. Auf ganz besonders dünnen und glücklich geführten Mikrotomschnitten, die mit Sudan- glyzerin möglichst tief gefärbt sind (Fig. 2, 8, 10), sieht man, daß über den etwas papillenförmig sich nach außen vorstülpenden Se- kretionszellen die Kutikula punktförmig (p) unterbrochen ist. Dem- gemäß sieht man auch an Flächenschnitten, deren Zellinhalt durch kurze Behandlung mit Ja ve 11 escher Lauge entfernt worden ist, nach Färbung mit Sudanglyzerin usw. über jeder der vier Sekretions- 1) „über den Bau, die Entwicklungsgeschichte und die mechanischen Eigenschaften mehrjähriger Epidermen bei den Dikotylen". (Beihefte z. Bot. Zentralbl., XI, 1902, S. 219.) 2) S. Seh wendener, „Die Schutzscheiden und ihre Verstärkungen". (Abhandl. d. Akad. d. Wiss., Berlin 1882.) Untersuchungen über die Hautdrüsen der Plumbaginaceen. 419 Zellen je einen äußerst winzigen Porus von kleinerem Durchmesser als 1 fi (Fig. 1, 4). Wie in der erwähnten Fig. 10 dargestellt ist, grenzt aber das Plasma an diesen Stellen nicht etwa unmittelbar an die Außenwelt. In diesem Falle müßte ja auch das Plasma infolge des osmotischen Druckes seiner Vakuolen durch die Öffnung teilweise herausgepreßt werden. In der Tat sieht man denn auch bei genauerer Betrachtung, daß unterhalb des Porus eine kleine Membrankappe (Fig. 2m) ausgebildet ist, welche die Zelle nach außen abschließt. Die in Fig. 9 u. 10 durch horizontale Strichelung Fig. 10. Medianer Längsschnitt durch eine Drüse, Zellinhalt fixiert und gefärbt. Vergr, 550. bezeichneten Membranen sind als mehr oder weniger unveränderte Zellulosewände zu denken. Bezüglich der erwähnten dünnwandigen, kleinen Kappen unter den Kutikularporen der Sekretionszellen war ich zunächst im Zweifel, ob es sich hier nicht vielleicht um eine Schleimsubstanz, ähnlich etwa dem sog. „Kallusbelag" der Siebplatten handeln könne, wofür eine etwas stärkere Lichtbrechung als in den übrigen Wandteilen sprechen konnte. Die Kappen färbten sich jedoch nur wenig mit Korallin- Soda und wurden auch mit Chlorzinkjod -Lösung nicht rotbraun, allerdings auch nicht deutlich bläu- lich. Es dürfte sich wohl um etwas veränderte Zellulose handeln, an der auffällig ist, daß durch Dimethylamidoazobenzol- Glyzerin meist eine ganz schwach gelbliche Färbung erzielt wird. In manchen Fällen war übrigens unter- halb der beschriebenen Kappe (k) noch die Andeutung einer neuen Kappenlamelle sichtbar (vgl. Fig. 11, rechts). In Javellescher Lauge veränderte sich die Kappe nicht augenfällig. Fig. 11. Äußerster Teil eines Längsschnittes durch die Drüse. 2) = Poren, k = Poren- kappe, s = Sekretions- zellen. Vergr. 1000. 420 ^- Ruhland, Was die Korkstoflfe im einzelnen anbetrifft, so finden wir an der Außenfläche der Drüse eine reine Kutinlamelle, wie auch sonst bei einer kutikularisierten Epidermis. Sie verschwindet bei ge- nügend langer Beliandlung mit Javellescher Lauge oder mit Kali- lauge, ohne einen Rest zu hinterlassen. Die übrigen (inneren) Teile der iMembran lassen dagegen bei einer derartigen Behandlung eine Kohlehydratgrundlage deutlich zurück, sie wären also nach der Kroemerschen Terminologie^) als „kutisierte Lamellen" zu be- zeichnen, denen kutisierende Stoffe molekular eingelagert sind. Daß es sich hier r.icht etwa um Holzlamellen handelte, die manche ähnliche Färbung geben, konnte u. a. durch Behandlung mit Javelle- scher Lauge (nach Artur Meyers Vorschrift hergestellt) erkannt werden, gegen welche Suberine bekanntlich sehr widerstandsfähig sind; übrigens unterscheidet sich schon die nur schwach rötliche Färbung verholzter Lamellen meist deutlich genug von der mehr oder weniger rotbraunen, welche durch Korkstoffe hervorgerufen wird. Auch neben der Kutisierung ist keine Verholzung nachzu- weisen, wie das sonst gelegentlich vorkommt. Ob neben den kuti- sierten Lamellen auch vielleicht z. T. noch Suberinlamellen nach der Kroemerschen Bezeichnung hier oder da an unserem Objekt vorkommen, wage ich nicht sicher zu entscheiden. Bemerkt habe ich von ihnen nichts. Damit wäre in den Hauptzügen wohl das Wichtigste über den Bau der Drüsen von Statice Omelini gesagt. Die übrigen Statice- Arten, welche mir zufällig lebend zur Verfügung standen (St. latifoUn, incana u. a.), unterschieden sich im Bau ihrer Drüsen nicht merk- lich von St. Gmelini. Auch eine größere Zahl von Arnieria- Arten, darunter ^4. vulgaris, von der weiter unten noch die Rede sein wird, hatte ganz denselben Drüsenbau bis auf geringfügige Ab- weichungen in der Stärke der kutisierten Grenzkappe und dergl. Historisches. Nur ganz kurze Bemerkungen seien noch zugefügt über die wesentlichsten Punkte, in denen meine Darstellung von der früherer Autoren aus jüngerer Zeit abweicht. Noq^ Maury (1886)*) läßt die, wie wir sahen, aus (wenn wir die vier Zuleitungszellen nicht mitrechnen) 16 Zellen bestehenden Drüsen aus nur vieren zusammen- 1) „Wurzelhaut, Hypodermis und Endodermis der Angiospermen -Wurzel". (Bibl. botan. 59, 1903.) 2) „Etudes sur l'organisation et la distribution g^ographique des Plombaginacees". (Ann. sei. nat., VII. ber., IV, 188G, S. 1.) Untersuchungen über die Hautdrüsen der Plumbaginaceen. 421 gesetzt sein, wie dies schon von Mettenius^) behauptet war. Alle neueren Autoren, wie Vuillemin*) und Solereder (a. a. 0.), geben ihnen im ganzen deren acht. Dabei sind nur die Nebenzellen von der Fläche gesehen worden, und diese dann auf Blatt- nuerschnitten meist mit den Becherzellen verwechselt worden, teils durch unrichtige Kom- bination, teils weil die trennenden Wände einerseits zwischen Neben- und Becherzellen und andererseits zwischen äußeren und inneren Becherzellen wegen ihrer Zartheit ganz übersehen wurden. Das ist auch bei de Bary^) der Fall. Wie unzutreffend Solereder, der alle früheren Autoren benutzen konnte, u. a. auch die ziemlich fehlerhafte Arbeit von Wilson*), die kutisierte Membran beschreibt, so daß ganz unverständlich wäre, wie die Drüsenzellen am Leben bleiben, geschweige denn funktionieren könnten, wurde schon oben erwähnt. Vuillemin hat dagegen das Verdienst, schon auf die punktförmigen Durchbrechungen der Kutikula über den Sekretionszellen aufmerksam gemacht zu haben. Er läßt es dahingestellt, ob, wie bei zahlreichen tierischen Drüsen, die Plasmahaut hier direkt an die Außenwelt grenzt oder ob „une mince cloison insensible au chloro-iodure de zinc" an diesen Stellen ausgebildet ist. Gesehen hat er von einer solchen nichts, was bei dem damaligen Stande der Mikrotechnik gewiß sehr entschuldbar ist. Solereder ist dieser wichtige Punkt der Darstellung Vuillemins ganz entgangen. Wenden wir uns nun noch in aller Kürze dem lebenden In- halt der Drüsenzellen zu. Wie so häufig in solchen, auch bei tierischen Objekten, fällt vor allem der reiche Plasniainhalt auf (Fig. 10). Das gilt von allen die Drüse zusammensetzenden Zellen, insbesondere aber von den Sekretionszellen. Vakuolen sind doit zunächst nur schwer nachzuweisen, bei der Intravitalfärbung mit Neutralrot in der von mir angegebenen Weise ''^) sieht man indessen mehrere meist sehr kleine, ungefähr kugelige Zellsaftbläschen, welche den Farbstoff rasch speichern. Die übrigen Zellen der Drüse haben etwas größere Vakuolen, und zwar meist eine jede mehrere der- selben, welche sich gegen Neutralrot ebenso verhalten. Mit diesem Farbstoff ist auch festzustellen, daß die Saftreaktion der Drüsen- zellen annähernd neutral, jedenfalls aber nicht sauer ist, wie meist in den übrigen Zellen des Blattes. Weiter ist der lebende Inhalt der Drüsenzellen, wie ebenfalls auch sonst in solchen Zellen bei anderen Objekten häufig, durch den Besitz besonders großer Kerne ausgezeichnet. Sie sind reich 1) „Filices horti botanici Lipsiensis". (1856, S. 10.) 2) „Recherches sur quelques glandes epiderraiques". (Ann. sei. nat., VII. ser., V, 1887, S. 152.) 3) „Vergleichende Anatomie der Vegetationsorgane der Phanerogamen und Farue". (Leipzig 1877, S. 113.) 4) „The mucilage and other glands of the Plunibaginaceae". (Annais of Botany, IV, S. 231.) 5) „?!ur Kenntnis des Kohlenhydratstoffwechsels von Beta vul(/aris.''^ (Jahrb. f. wiss. Bot., L, 1911, S. 236.) 422 W. Euhland, an Chromatin und zeigen einen kleinen Nucleolus oder mehrere derselben. Bei dieser Gelegenheit sei nur kurz daran erinnert, welche Bedeutung für die sekretorische Funktion der Drüsen von manclier Seite gerade den so gebauten Zellkernen zugeschrieben wird. Man vergleiche hierzu die Fig. 10. Die körperliche Form der Kerne erkennt man übrigens erst nach Hinzuziehung auch von Querschnitten durch die Drüse (parallel zur Blattfläche), wie Fig. 3 einen darstellt. Die Form ist, wie man sieht, meist mehr oder weniger die einer großen flachen Scheibe. Sie pflegen sämtlich auf dem direkten Wege zu liegen, welchen die aus den Sammelzellen die Durchtrittsstellen passierenden Stoffe nehmen. Es ist auch auf- fällig, daß die ebenfalls ziemlich großen Kerne der Sammelzellen den Durchtrittsstellen gewöhnlich angeschmiegt liegen. Alle diese Verhältnisse machen den erwähnten Gedanken an eine unmittelbare Beteihgung der Kerne beim Stoff- oder Wassertransport in die Drüse hinein und bei der Sekretion aus ihr zunächst wohl begreif- lich, doch sind die Zusammenhänge offenbar komplizierter und in- direkt. Da mich die Entwicklungsgeschichte der Drüsen weniger inter- essierte, so habe ich mich nicht weiter um sie bemüht. De Bary (a. a. O.) beschreibt ihre Entstehung aus Epidermiszellen. Da er jedoch den Bau nicht richtig erkannt hat und, wie wir sahen, auch immer fälschlich nur von acht Drüsenzellen spricht, so wäre auch seine entwicklungsgeschichtliche Darstellung noch zu vervollständigen und zu verbessern. Physiologisch von Interesse ist bezüglich der Entwicklung je- doch, daß die Drüsen schon außerordentlich frühzeitig auf dem Blatte auftreten. Schon wenn dieses z. B. bei Statice Gmelini nur wenige Millimeter lang ist und noch zum größten Teil aus fast ganz undifferenzierten Zellen besteht, treten in der noch überaus kleinzelligen Epidermis einzelne fertige Drüsen hervor, welche, dem übrigen Gewebe weit vorauseilend, an Zahl rasch zunehmen. Der Sinn dieser Erscheinung liegt offenbar darin, daß die Drüsen als- bald nach Erscheinen des Blattes möglichst frühzeitig in Funktion treten müssen. Beobachtet man solche ganz jungen Blätter näher, so sieht man, daß vom Grunde her vor und während der Entfaltung ein klebriger Schleim sezerniert wird, der den dort befindlichen Schleim- drüsen seine Entstehung verdankt. In späteren Stadien ist von einer Schleimausscheidung bei der von mir studierten Art und wohl Untersuchungen über die Hautdrüsen der Plumbaginaceen. 423 auch bei den meisten anderen nichts mehr wahrzunehmen. Schon vor der Entfaltung, die in außerordentlicher Jugend stattfindet, sieht man auch eine Salzsekretion, und zwar zunächst meist eine wesentlich stärkere auf der ursprünglich eingerollten Oberseite. Doch eilen wir hiermit bereits dem physiologischen und biologischen Teil unserer Darstellung voraus. Nur über die Verteilung der Drüsen sei noch ein Wort ver- stattet. Sie finden sich bei unserer Art ziemlich gleichmäßig über die ganze Blattfläche (Fig. 12) verstreut, und sowohl auf der Ober- wie Unterseite des Blattes, wie es auch sonst bei den Arten der Fig. 12. Querschnitt durch das Blatt, je eine Drüse an der Ober- und Unter- seite. Vergr. 220. Familie der Fall ist. tlber die Häufigkeit der Drüsen, verghchen mit der der Spaltöfinungen, gibt folgende Tabelle Auskunft: Blatt Drüsen auf pro qcra der Spaltöffnungen pro qcm auf der Oberseite Unterseite Oberseite Unterseite Nr. 1: 7,5 cm lang, 3,8 „ breit 721 644 8890 5413 Nr. 2: 1 1 „ lang, 6,8 „ breit 740 689 GG87 3580 (Messung mit dem Zeichenapparat.) Der Durchmesser einer Drüse beträgt in der Flächenansicht, die Sammelzellen nicht mitgerechnet, durchschnittlich etwa 43 — 46 ,tt. Jalirb. f. wiss. Botanik. LV. 28 424 ^- Ruhland, II. Physiologischer und biologischer Teil. A. Die Tätigkeit der Drüsen. In dem, was über den anatomischen Bau der Drüse ermittelt und im vorigen Absclinitt mitgeteilt wurde, treten schon einige Züge augenfällig hervor, die für die Leistung der Drüse von Be- deutung sein müssen. Die große Zartheit der Membranen, welche gerade die Ursache gewesen ist, daß der eigentümliche Bau dieser Gebilde solange völlig verkannt werden konnte, soll offenbar eine möglichst hohe Durchlässigkeit gewährleisten. Andererseits würden die Drüsen, inmitten der derben Epidermis und dem übrigen Blatt- gewebe, in das sie in so großer Zahl eingeschaltet sind, loci minoris resistentiae darstellen, und so wird dem die derbe, die Drüse um- gebende Grenzkappe Rechnung tragen sollen, und zwar nicht nur den festen Zusammenhalt der Drüse mit dem Nachbargewebe, sondern auch den der einzelnen zarten Zellen, untereinander also den Schutz der Drüse als solcher gewährleisten. Vielleicht trägt auch der in der tätigen Drüse ständig wirksame hydrodynamische Druck zum Festigungsbedürfnis bei. Auch die Kutisierung dieser Membran ist offensichtlich bedeutungsvoll. Beträfe sie die gesamte Oberfläche derselben, wie die früheren Darstellungen wollten, so wäre infolge des unterbundenen Wasser- und Stoffverkehrs mit dem übrigen Blattgewebe nicht möglich, daß die Drüsenzellen während der gesamten Lebensdauer des Blattes lebend blieben und ihre Tätigkeit aufrecht erhielten , wie dies tatsächlich der Fall ist. In Wahrheit findet sich aber, wie gezeigt wurde, an einem ziemlich begrenzten Flächenstück je eine unkutisierte Durchlaßstelle vor jeder Sammelzelle. Damit ist der Weg, den die auszuscheidenden Stoffe nehmen, vorgezeiciinet, und das ganze Gebilde zeigt somit auch in dieser Beziehung den Kompromiß zwischen dem Festigungs- und Durchlässigkeitsprinzip. Interessant gerade in dieser Hinsicht ist die Art, wie die Drüsen außer Funktion gesetzt werden (vgl. weiter unten). Bedeutungsvoll für den Weg, den die auszuscheidenden Stoffe nehmen, ist auch wohl der Umstand, daß die kutisierte Grenzkappe an den Sammelzellen bis zur äußeren Kutikula durchgreift, daß also ein unmittelbarer Stoffverkehr zwischen Epidermis und Drüse unmöglich gemacht ist. Dadurch ist offenbar einem seitlichen Aus- weichen des Exkretstromes in die Epidermis hinein möglichst vor- Untersuchungen über die Hautdrüsen der Plumbaginaceen. 425 gebeugt, von wo aus eine direkte Abgabe des Salzes ja nicht mehr möglich wäre und eine indirekte durch Vermitteluug der Drüse infolge der ziemlich dicken Seitenwände der Epidermis vielleicht nur langsam und schwer erfolgte. So wird der Strom, wenn er die Durchlaßstellen passiert hat, direkt auf die Sekretionszellen zugeleitet. Von der Bedeutung der Kutikularporen über den letzteren wäre zu sagen, daß ohne sie eine wässerige Ausscheidung nicht stattfinden könnte. Derartige Gebilde dürften auch noch ander- wärts unter ähnlichen Verhältnissen auffindbar sein. Die winzigen Membrankappen unterhalb der Poren bewirken, daß nur flüssiges SeTtret die Drüse verlassen kann, was nach den Angaben Schtscher- baks und anderen Beobachtungen, die meist in trockener Luft angestellt wurden, durchaus nicht selbstverständlich war. a) Die "Wassersekretion. Wenn wir nun dazu übergehen, die Ausscheidungstätigkeit der Drüsen selbst zu betrachten, so empfiehlt es sich, die Wasser- sekretion voranzustellen, und die Frage der mit dem "Wasser in Lösung nach außen beförderten Stoffe vorläufig außer acht zu lassen. Daß die Sekretionen stets nur flüssiger Natur sind und sein können, wurde ja oben schon betont. Von vornherein möchte ich aber bemerken, daß es keineswegs in meiner Absicht liegt, das Problem der "Wassersekretion in aller Breite hier zu behandeln, sondern es sollen nur einige wesentliche und für unser Versuchsobjekt charakteristische Züge an der Hand meiner Versuche hier besprochen werden. Wasser wird von Statice Omelini sowohl als auch von allen übrigen daraufhin untersuchten Angehörigen der Familie durch Drüsentätigkeit stets ausgeschieden, wenn es in ausreichender Menge zur Verfügung steht, und zwar auch dann, wenn der Zustand voll- ster Turgeszenz nicht im strengen Sinne besteht, also immer wenn nicht gerade ausgesprochener Wassermangel herrscbt. Hierbei fällt zunächst in die Augen, daß es sich um eine sekretorische Eigen- tätigkeit der Drüse handelt. Volkens (a. a. O.) hat in einer eigens den Drüsen der Familie gewidmeten Mitteilung die gegenteiUge Auffassung vertreten, daß eine passive Druckfiltration wie bei den meisten Epithemhydathoden vorliege. Daß die Sekretion gerade in den Drüsen eintrete, sei 28* 426 W. Kuhland, „lediglich eine Folge der außerordentlichen Dünnheit und geringen Widerstandsfähigkeit, welche die Außenmembran der Drüsenzellen auszeichnet". Ausdrücklich wird dies für alle Plumbaginaceen be- hauptet und als Beweis angeführt, daß an abgeschnittenen Sprossen und Blättern die Sekretion niemals eintrete, also der Wurzeldruck erst die nötige Kraft liefere. Meine Erfahrungen stehen im schroffen Widerspruch zu diesen Angaben. Man kann die Sekretion, wie auch schon Schtscherbak hervorgehoben hat, sehr schön an abgeschnittenen Blättern sehen, ja nicht nur an solchen, sondern auch an den kleinsten Blattbruch- stücken, die man auf Wasser schwimmen läßt. Eine Sekretion von anscheinend unverminderter Ergiebigkeit findet sogar noch an Ober- flächenschnitten des Blattes statt, die nur die Epidermis samt Drüsen, aber nichts vom Mesenchym mehr enthalten. Gerade solche Stücke zeigen aufs schärfste, daß es sich lediglich um eine aktive Pressung der Drüsenzellen handelt, und damit stehen auch alle anderen weiter unten mitzuteilenden Erfahrungen im Einklang. Der Wurzeldruck oder auch irgendwelche Druckkräfte im Blatt, etwa im Mesenchym, also außerhalb der Drüsen erzeugte, sind nicht beteiligt. Die Energie der Wasserausscheidung schwankt ziemlich stark und hängt auch von verschiedenen äußeren Faktoren ab. Bei 20" C fand ich an Blattstücken, die auf Wasser schwammen, eine stünd- liche Ausscheidung von durchschnittlich 0,861 mg auf den Quadrat- zentimeter Oberfläche, wie mit einer graduierten Kapillarpipette gemessen wurde. In anderen Fällen war die Abscheidung etwas stärker oder ziemlich viel schwächer, z. B. = 0,287 mg, ohne daß äußere Bedingungen als Ursache dafür gefunden werden konnten. Dieses erhebliche Schwanken war auch der Grund, daß ein ge- naueres quantitatives Studium der Wirkung äußerer Faktoren auf die Wassersekretion an diesem Objekt untunlich war. Nur soviel konnte sicher festgestellt werden, daß 1. die Aus- scheidungsenergie mit der Temperatur zunahm, 2. anästhesierende und einige giftige Stoffe gewöhnlich die Sekretion etwas verstärken. Zu letzteren gehören z. B. Ammoniak, Schwefelwasserstoff, Äthylen, Mesitylen usw. Es dürfte sich hier um eine Wirkung der ge- nannten Stoffe handeln, wie sie neuerdings von Gräfe und Richter') 1) „über den Einfluß der Narkotika auf die chemische Zusammensetzung von Pflanzen I". (Sitzungsber. d. Akad. d. Wiss. Wien, CXX, 1911, S. 1187.) Untersuchungen über die Hautdrüsen der Plumbaginaceen. 427 studiert wurde; das Hervorpresseu von Wasser würde danach auf das besondere Hervortreten hydrolytischer Spaltungen unter Wir- kung jener Stoffe und ein dadurch bedingtes Steigen der Turgor- drucke zurückzuführen sein, wie es von Johannsen') zuerst beim Fliedertreiben mit Äther angenommen wurde. Bei geringen Kon- zentrationen dürften übrigens die eigentlichen Narkotika entgegen- gesetzt wirken. So ist z. B. bei einem allmählich auf nicht mehr als 0,15 g pro 100 ccm Luft gesteigerten Gehalt an Chloroform oder Äther eine starke Verringerung oder sogar ein völliges Aus- bleiben der Ausscheidung zu bemerken. Diese Versuche erinnern also an die Wielers, welcher ein Aufhören des Blutens nach entsprechender Behandlung feststellte, sowie an die Lepeschkins*} mit Püoholus, der an diesem Objekt die Abhängigkeit der Aus- scheidungsenergie von äußeren Faktoren zahlenmäßig bestimmen konnte. Wie schon oben bemerkt, hängt die Wasserausscheidungs- energie deutlich von der Wasserversorgung ab. Blattstücke, die man auf starken Lösungen nicht aufnehmbarer Stoffe schwimmen läßt, sezernieren nicht mehr. So ist die Sekretion von nicht be- sonders salzhaltigen Blättern auf einer 8proz. Rohrzuckerlösung bereits etwas schwächer als auf reinem Wasser, auf 14proz. Lösungen schon ziemlich schwach und hört auf etwa 16— ISproz. Lösungen im allgemeinen ganz auf. Der osmotische Druck der meisten Blatt- zellen lag dabei erheblich höher, in diesem Falle waren erst 1,25 GM (pro Liter) E-ohrzuckerlösungen als Grenzkonzentration anzusehen. Stark salzhaltige Pflanzen vermögen aber auch in 20- und mehr- prozentigen Zuckerlösungen noch ausgiebig zu sezernieren. Ver- wendet man aufnehmbare Stoffe, so liegt die Sache, wie weiter unten zu zeigen, anders. Auch wenn ganze Pflanzen mit ihrem Wurzelsystem in nicht oder nur langsam aufnehmbare Lösungen gebracht werden, hört sogleich die Sekretion auf. Hochgradige Lufttrockenheit kann indessen nur dann ebenso wirken, wenn in- folge der durch sie bedingten Verdunstung die Turgeszenz stark herabgemindert ist. Auch hierüber weiter unten Genaueres. Wenn wir nach dieser ziemlich summarischen Betrachtung nun- mehr für unseren Fall zu einer kurzen Streifung des alten Problems 1) „Das Ätherverfahren beim Frühtreiben". (Jena, II. Aufl., 1906.) 2) „Zur Kenntnis des Mechanismus der aktiven Wasserausscheidung aus Pflanzen", (Beihefte z. Bot. Zentralbl., I. Abt., XIX, 1906, S. 409.) 428 W. Kuhland, gelangen, wodurch die einseitige Wasserauspressung zustande kommt, so will ich gleicli betonen, daß auch ich entscheidende Beobach- tungen nicht mitteilen kann, um so weniger als für mich das Ver- halten der Salze die Hauptsache war. Daß das Wasser nicht durch osmotische Saugung von löslichen Substanzen, die sich außen auf der Epidermis befinden, austritt, erhellt daraus, daß man ein Blatt oder Blattstück, so oft man will, aufs sorgfältigste mit destilliertem Wasser und Pinsel außen reinigen kann; stets erfolgt, genügende Wasserversorgung vorausgesetzt, sogleich wieder Sekretion von Wasser, wie in dampfgesättigter Atmosphäre am bequemsten fest- zustellen. Auf den ersten Blick könnte die bekannte Hypothese God- lewskis, die ja sonst meist abgelehnt wurde, für unseren Fall plausibel erscheinen. Diese Hypothese nimmt bekanntlich regel- mäßige Schwankungen des osmotischen Druckes in den Sekretions- zellen an und demgemäß ein ruckweises Zusammenziehen und Wiederausdehnung des Protoplasten. Bei jeder Kontraktion der elastisch gespannten Zellhaut soll der Wasseraustritt erfolgen. Die eine wesentliche Schwierigkeit der Hypothese, die Ein- seitigkeit des Wasseraustrittes, wäre man hier versucht auf Rech- nung der Kutikularporen zu schieben, die dann die Orte geringsten Widerstandes gegen den Filtrationsdruck darstellen würden. Dann wäre auch für die Zwischenschaltung der „Grenzkappe" und der bei- den Lagen von Becherzellen und der Nebenzellen zwischen Sammel- und Sekretionszellen die Erklärungsmöglichkeit gegeben, daß sie an den übrigen Stellen dem Wasser einen Widerstand entgegenzu- setzen hätten, speziell an den nicht kutisierten Stellen der Grenz- membran. Dazu wären natürlich nicht die sehr zarten Zellwände, sondern die fast die gesamten Zellen ausfüllenden Protoplasten ge- eignet; der bedeutende Filtrationswiderstand des Plasmas gegen Wasser tritt ja bei jeder Deplasmolyse zutage^). Indessen ist gerade hier sehr leicht der Nachweis zu erbringen, daß die Godlewskische Hypothese nicht in Frage kommen kann. Vermehrt man zunächst den Widerstand gegen den Wasseraustritt durch die Poren dadurch, daß man z. B. die Blattoberfläche ganz oder zum Teil mit Vaseline überstreicht, so tritt das Wasser jetzt l) Vgl. z.B. H. Lundegärdh, „Über die Permeabilität der Wurzelspitzen von Vicia Faba unter verschiedenen äußeren Bedingungen". (Kungl. Svenska Vetensk. Akad. Handl., XLVII, 1911.) Untersuchungen über die Hautdrüsen der Plumbaginaceen. 429 nicht etwa in das Blattgewebe über, was an einer Injektion der Intercellularen kenntlich Wcäre, sondern selbst ziemlich dicke auf- getragene Vaselineschichten, ebenso Decken von Wachs und Wachs- gemischen werden durch den Druck, mit dem das Wasser austritt, mit Leichtigkeit emporgehoben. Wie bedeutend dieser Sekretions- druck ist, zeigen auch Versuche, bei welchen man ihn den hydro- statischen Druck einer darüber stehenden Wassersäule überwinden läßt. Man befestigt hierbei die Blattstücke am Boden eines Zylinder- gefäßes, das darauf mit Wasser überschichtet wird. Ich verwandte Drucke bis zu 0,1 Atmosphäre, trotzdem bleibt wieder die Injek- tion mit Wasser aus, es wird vielmehr lebhaft weiter sezerniert, wie die fortdauernde ausgiebige Entsalzung derartiger Blätter in solchen Kochsalzlösungen beweist, die gleiche Konzentration wie die zu Versuchsbeginn in den Blattzellen befindliche Natriumchlorid- lösung haben (näheres vgl. Abschnitt III B a). Ich habe denselben Versuch auch mit Quecksilber und noch höheren Drucken mit gleichem Ergebnis durchgeführt. Es wurden Blattstücke, deren Innenkonzentration an Natriumchlorid 0,98 Vo betrug, auf einer mit einer gleichen Lösung getränkten Fheßpapier- schicht mit Glasstäben festgedrückt erhalten und darüber Queck- silber bis zur Höhe von 22 cm geschichtet. Nach 14 Stunden war die Na Cl- Konzentration in den Blattstücken durch Sekretion auf 0,52 7o gesunken. Injektion der Intracellularen war nirgends er- folgt. Zudem müßten ja auch bei der Wiederausdehnung der sezer- nierenden Zellen und dem dadurch bedingten Nachschub von Wasser dieselben Reibungswiderstände wie bei der Exkretion überwunden werden. Man könnte zunächst vielleicht annehmen, daß die dabei zu fordernde Wiederaufsaugung des Sekretionswassers vermieden wäre durch eine eventuell inzwischen erfolgte Verdunstung. Daß eine solche Aufsaugung aber auch bei ausbleibender Verdunstung nicht erfolgt, lehren u. a. alle Versuche mit Blattstücken in dampf- gesättigter Luft, wobei eine kontinuierliche Vermehrung des Sekre- tionswassers entgegen dem Druck des bereits sezernierten erfolgt, vielfach bis die Stücke untersinken. Überhaupt tritt, wo man etwa einmal bei Versuchen mit Blatt- stücken, die mit Fett bestrichen sind und auf Wasser oder Lö- sungen schwimmen, eine Injektion der Intracellularräume beobachtet, diese stets vom Schnittrande her ein, steht also mit der Verteilung und Tätigkeit der Drüsen in keinerlei Zusammenhang, sondern ist 430 "^- Ruliland, wie bei untergetauchten Luft -Blättern beliebiger Arten eine Folge der Luftverdrängung und mangelnden Luftzufuhr. Nur an Blättern, die ich im Spätherbst und Winter unter- suchte, und bei Verwendung dicker Vaselineschichten, sah ich mit- unter Infiltrationen, die zum Teil möglicherweise von den Drüsen aus- gegangen sein mochten, sehr viel wahrscheinlicher aber durch die Spaltöffnungen erfolgt waren. Solche Blätter haben, wie noch näher zu besprechen, eine geringere Sekretionskraft, die überhaupt irgend- wie von dem Gehalt der Drüsen und Blätter an irgendwelchen osmotisch wirksamen organischen Stoffen abhängen muß. (Denkbar wäre natürlich eine solche Infiltration der Intercellularen auch bei einem lediglich nach außen gerichteten Sekretionsdruck der aus- scheidenden Zellen, indem die Sekretionsflüssigkeit von deren Kuppen auf dem Wege durch die dicken Außenwände der Neben- zellen rückwärts in das Mesophyll gelangen könnte. Doch bleibt, wie gesagt, nur unter den bezeichneten besonderen Umständen eine derartige schwache Möglichkeit offen.) Unter normalen Verhältnissen ergibt sich also aus unseren Versuchen, daß der Wasseraustritt aus den Poren durch eine an- sehnliche, einseitig wirkende Druckkraft hervorgerufen wird, die in der Drüse selbst erzeugt wird. Und daß sie kontinuierlich wirkt, kann man in günstigen Fällen schon durch direkte Beob- achtung der Tropfenvergrößerung unter dem Mikroskop in einer kleinen feuchten Kammer feststellen, deren Deckglas mit Glyzerin bestrichen wurde. Es empfiehlt sich dann zur besseren Beobach- tung der Tropfenvergrößerung die Blattoberfläche mit einer ganz dünnen Fettschicht zu überziehen, welche die Ausbreitung der Tropfen nach ihrer Auspressung verhindert. Auch Lebermoos- elateren, die zu hygroskopischen Bewegungen befähigt sind und an einem Ende mit Hilfe eines kleinen Kanadabalsamtropfens nahe der Epidermis befestigt wurden, habe ich zu Hilfe genommen. Nichts deutet auf eine intermittierende Sekretion. Pfeffer^) hat zur Erklärung der einseitigen Wasserauspressung, die bekanntlich ja auch für die Wasserversorgung der Gefäße durch das Wurzelparenchym in Frage kommt, zwei Hypothesen aufgestellt, von denen die erste eine ungleiche Verteilung der osmotisch wirk- samen Stoffe im Plasma verlangt, wodurch an der Zellseite mit geringerer Konzentration mit einem der osmotischen Potential- 1) „Osmotische Untersuchungen". (Leipzig 1877, S. 223 ff.) Trntersuchungen über die Hautdrüsen der Pluuibaginacecn. 431 differenz entsprechenden Druck kontinuierlich "Wasser abgegeben werden müßte. Eine zweite Vorstellung verlangt eine ungleiche Permeabilität des Plasmas für gelöste Stoffe, die an der Stelle der Sekretion geringer sein müßte. Lepeschkin (a. a. O.) hat beide Vorstellungen eingehend er- örtert. Die auf S. 422 der angeführten Arbeit gegen die erste Hypothese beigebrachten Argumente wird man freilich nicht für stichhaltig erklären können. Das sekretorische Verhalten der Ver- suchspflanzen während der Narkose in Hinsicht auf die Hypothese Wielers^), nach welcher die Atmung das Hilfsmittel wäre, durch welches das Plasma stets für die Unterhaltung der Ungleichheit der Stoffverteilung Sorge trüge, beweist nichts, da es je nach den angewandten Mengen entgegengesetzt sein kann, und die in Be- tracht kommenden Zusammenhänge ganz undurchsichtig sind. Auch der Hinweis darauf, daß die Hauptmenge der osmotisch wirksamen Stoffe bei Lepeschkins Hauptversuchsobjekt — Püohohis — an- organischer Natur sind, und daß die Konzentration des Zellsaftes mit zunehmendem Alter geringer werden soll, kann, wie wohl nicht näher ausgeführt zu werden braucht, im fraglichen Sinne gar nichts beweisen. Wir brauchen hier auch nicht auf die interessante mathematische Behandlung einzugehen, mit der Lepeschkin^) die Folgen aus der Anwendung der zweiten Hypothese auf ein- und mehrzellige Pflan- zen gezogen hat, eine Behandlung, auf die er den negativen Schluß gründet, daß ihren Resultaten die beobachteten Tatsachen und Versuchsergebnisse nirgends widersprechen. Wesentlich wichtiger, da die entsprechende mathematische Durchführung für die erste Hypothese fehlt, erscheint mir der von Lepeschkin gelieferte Nachweis, daß Pilobolus, wenn man den Pilz nur mit der oberen Seite, an welcher die Sekretion stattfindet, in Zuckerlösungen usw. tauchen läßt, bedeutend geringere Druck- höhen und damit auch ein viel geringeres Zellvolumen ergab, als wenn die normal Wasser aufsaugenden unteren Teile mit dem Substrat in unmittelbarer Berührung standen. Sofern sich nicht etwa, z. B. infolge abweichender chemischer Beschaffenheit der Membran, die oberen Teile der Sporangienträger von Pilobolus als weniger durchlässig für Wasser erweisen sollten (eine dort vor- 1) Cohns Beiträge, VI, 1893, S. 164 ff. 2) A. a. 0. und Zeitschrift für physikalische Chemie, XLVIII, 1905, S. 596, 432 ^' Ruhland, liandene Fettschicht hat Lepeschkin jedesmal entfernt), sehe auch ich nicht, wie man die Versuche Lepeschkins anders deuten könnte. Ebensowenig wie der genannte Autor bei Untersuchung der Verhältnisse bei Phaseolns muUiflorus imstande gewesen ist, einen zu dem eben erwähnten analogen und gleichwertigen Versuch durch- zuführen, ist mir dies bei Statice geglückt. Man könnte zunächst denken, und ich selber war der Meinung, daß dies gerade bei unserem Objekt möglich sein müßte. Denn, wenn man intakte Blätter auf der Oberfläche von Wasser schwim- men läßt oder wenn man besser statt dessen ßlattstücke nimmt, deren Schnittränder man mit Vaseline oder dergl. für Wasser un- durchlässig gemacht hat, so müßte wegen der Dicke der Kutikula dadurch die Wasseraufnahme ganz oder fast ganz auf die Drüsen beschränkt werden, genauer auf die unter den Kutikularporen Hegenden Kuppen der Sekretionszellen, wo ja die mutmaßhchen Stellen größerer Plasmapermeabilität zu suchen sein würden. Der Durchmesser eines jeden Porus beträgt etwa 0,7.5 fn, also der Flächeninhalt = 0,141 /j,^ • tt, jede Drüse hat vier Poren, zusammen also = 0,.564 fi^ n. Auf den Quadratzentimeter Epidermis kommen etwa 720 Drüsen, deren Pori zusammen also eine Fläche von 406,1 fx^n Größe darstellen. Setzt man diesen Wert = t^tt, so ist r = V406,l fi = 20,152 /*. Wenn man also an Blattstücken, die mit der einen (oberen) Epidermis, nachdem sie etwa mit Vaseline verschmiert ist, und nach Anbringung je eines kleinen Einstiches in ihr von je 40 /t Durchmesser pro 1 qcm Fläche auf Wasser schwimmen läßt, so würden derartige Stücke durch Vermittelung der Mesophyllzellen, also normal permeabler und dementsprechend zur Erzeugung höherer Turgordrucke befähigter Zellen Wasser aufsaugen können. Es müßte sich dann eine entsprechende Verschiedenheit in der Auf- nahmefähigkeit für Wasser bei beiderlei Stücken, d. h. den nur durch die Poren und den nur durch die Einstiche aufnehmenden zeigen, da sie zwar mit derselben Querschnittsüäche, aber ungleich dazu befähigten Zellen arbeiten. In der Tat zeigen nun die der ersten Art entsprechend präparierten Stücke niemals auf der gegen- überliegenden Seite Sekretion, die der letzten dagegen wenigstens manchmal unter sonst gleichen Bedingungen. Ich wage aber nicht, Schlüsse im Sinne dieser Erörterungen aus solchen Versuchen zu ziehen. Immerhin zeigte sich auch bei Gelegenheit der weiter Untersuchungen über die Hautdrüsen der Plurabaginaceen. 433 unten zu besprechenden Absalzungsversuche , daß die Sekretions- zellen der Drüsen zur Wasseraufnahme von außen nicht oder wenigstens nicht bis zur Erreichung eines für die Sekretion uner- läßlichen Mindestmaßes der Turgeszenz befähigt sind, sondern daß sie vielmehr bei unverschlossenen Schnitträndern auch im unter- getauchten Zustande sogleich lebhaft Wasser bezw. Lösung nach außen abgeben. Dieses Verhalten spricht demnach wohl mehr im Sinne des zweiten Pfeffer sehen Schemas, scheint mir aber, wie gesagt, zur Entscheidung unserer Frage noch nicht ausreichend. Was nun den schon oben erwähnten und von Lepeschkin zur Stützung seiner Auffassung herangezogenen Umstand anbelangt, daß bei länger andauernden Sekretionsversuchen die Konzentration der Sekrete allmählich sinkt, so war dies auch bei unserem Objekt der Fall. Aber wie die weiter unten besprochenen Absalzungs- versuche ohne jeden Zweifel beweisen, ist das die selbstverständ- liche Folge der Drüsentätigkeit, durch die eben nach und nach alle permeierfähigen Salze ausgestoßen werden, so daß dies in reinem Wasser ganz natürlich zu einer raschen Verarmung des Sekretes an festen Stoffen führen muß. Ich will als Beispiel hier einen derartigen Versuch anführen. Die Blattstücke schwammen mit der Oberseite nach unten auf destilliertem Wasser in flachen bedeckten Schalen, dessen Tempe- ratur zwischen 19,5^ und 21° C schwankte. Das Sekret wurde in graduierten Kapillaren aufgefangen. Dauer der Sekretion Datum Sekretnienge Konzentrationen der ausgeschiedenen in Tagen pro Tag Flüssigkeit 5 10.— 14. Juli 1,253 g 0,47 Vo 5 15.-19. „ 1,611 „ 0,42 „ 5 20.-24. „ 1,061 „ 0,29 „ 5 25.-29. „ 0,988 „ 0,21 „ 3 30. Juli bis 1. Aug. 0,763 „ 0,19 „ 2 2.-3. Aug. 0,610 „ 0,17 „ 6 4.-9. „ 0,455 „ 0,17 „ 3 10.— 12. „ 0,311 „ 0,14 „ Es ist also ein kontinuierliches Fallen der Konzentrationen und der ausgeschiedenen Flüssigkeitsmengen zu beobachten. Während nun bei Phascolus die meisten der sezernierenden Haare nach Schluß des Versuches nach dem genannten Verfasser 434 W. Ruhland, abgestorben waren, was dieser mit der Verarmung der Zellen an anorganischen Stoffen in ursächlichen Zusammenhang bringt, blieben die Drüsen selbst bei der langen Dauer unseres Versuches alle am Leben. Überhaupt trifft man nur sehr vereinzelt auf tote und außer Funktion gesetzte Drüsen. In welcher Weise dies letztere erfolgt und unter welchen Bedingungen, wird an späterer Stelle besjH'ochen werden. Daß anorganische Stoffe in den Drüsenzellen für die Mechanik und Energie der Ausscheidung eine besondere Rolle spielen, wie Lepeschkin das für seine Objekte angibt, ist bei Statice wegen der ungemein hohen Permeabilität (vgl. weiter unten) der Sekretionszellen für Salze schon von vornherein wenig wahrschein- lich. Blätter selbst mit hohem Salzgehalt im Innern zeigen denn auch keine auffällige Steigerung ihrer Sekretion auf Wasser. Viel- mehr dürften, wie schon angedeutet, hier vor allem oder ausschheß- lich organische Verbindungen in Frage kommen. Das möchte ich daraus als wahrscheinlich folgern, daß die Abnahme der Ausschei- dungsenergie und die Verarmung des Sekretes an festen Stoffen an solchen längere Zeit auf destilliertem Wasser sezernierenden Blättern besonders in die Augen springt, die im Dunkeln oder wenigstens unter ungünstigen Beleuchtungsverhältnissen stehen. In der folgenden Tabelle ist unter a ein Versuch im Dunkelschrank, unter b ein gleichzeitig mit demselben Material in der Mitte des Laboratoriums und unter c ein ebenso an einem nicht besonnten Fenster ausgeführter Versuch bezeichnet. Nr. Ver- such Menge des in den ersten 24 Stunden sezer- nierten Wassers ■ Konzentration desselben Nach 14 Tagen in 24 Stunden sezer- nierte Flüssigkeit Konzentration derselben H I II 1,735 g 0,914 „ 0,45 7o 0,39 „ 0,582 g 0,387 „ 0,19 7o 0,23 „ M I II 1,322 g 1,418 „ 0,41 7o 0,48 „ 0,841 g 0,803 „ 0,28 7o 0,29 „ »1 I II 0,877 g 1,523 „ 0,36 Vo 0,40 „ 0,589 g 1,202 „ 0,29 7o 0,33 „ Also die Abnahme betrug in den Versuchen a 65,7 Vo bezw. 58,2 7o der anfänglichen Sekretmenge. Bei b waren die Zahlen 36,4 7o bezw. 43,4 % und bei c 32,8 % bezw. 21,1 Vo- Setzt man Untersuchungen über die Hautdrüsen der Plumbaginaceen. 435 die anfängliche Sekretkonzentration = 100, so betrugen sie bei Versuchsschluß bei a = 42,2 bezw. 59,0; bei b = 68,4 bezw. 60,4; bei c ^ 80,6 bezw. 82,5. Ferner spricht für eine wesentliche Rolle der organischen Stoffe bei der Sekretion der Umstand, daß Blätter von sonst ge- sunden und kräftig wachsenden Zimmerpflanzen im Winter unter gleichen Feuchtigkeitsverhältnissen stets ganz auffallend langsamer und um ein mehrfaches spärlicher sezernieren. Auffällig und mir nicht ganz erklärlich ist der in viel höherem Maße hemmende Ein- fluß der Konzentration der Außenlösung auf die Sekretion. Eine nur 3proz. Dextroselösung z. B., die auf Sommerblätter kaum merk- lichen Einfluß hat, kann die Sekretion der Winterblätter auf den 6. bis 7. Teil gegenüber der in reinem Wasser herabdrücken. Da- bei sind die osmotischen Drucke im Blatt fast genau dieselben wie im Sommer, und zwar überaus hoch (Abschnitt III B a). Es ist also zuzugeben, daß die Zusammenhänge viel komplizierter sein können. Auch darf nicht verschwiegen werden, daß es mir häufig nicht gelingen wollte, die Ausscheidungsenergie durch vor- herige Ernährung der Blattstücke mit Hilfe von Zuckerlösungen wesentlich zu erhöhen, obwohl diese, wie die reichliche Speiche- rung von Stärke zeigte, aufgenommen wurden, tibrigens fehlen im Sekret organische Stoffe nie ganz. Weitere Beiträge zur Kenntnis der Wassersekretion von Be- lang vermag ich nicht zu liefern. Das Objekt ist dafür aus meh- reren Gründen ungeeignet. Insbesondere ist es mir auch nicht möglich, etwas Sicheres über die osmotischen Druckverhältnisse in den Drüsenzellen auszusagen. Die Sekretionszellen sah ich auch in stärksten Zuckerlösungen nie deutlich plasmolysiert, nachdem ich mich anfangs öfter hatte täuschen lassen; dagegen lassen sich die Nebenzellen mit Zucker und den meisten Salzen deutlich plasmolysieren, wenngleich auch hier eine auch nur annähernd ge- naue Druckbestimmung nicht möglich war. b) Die Salzauascheidung. Lag es nicht in meiner Absicht und, wie ich glauben möchte, auch vorläufig an unserem Objekt nicht im Bereich der Möglich- keit, etwas Sicheres über die Mechanik der Wasserabgabe festzu- stellen, so war es um so mehr ein Hauptzweck meiner Unter- suchungen, näheres über die Salzsekretion zu ermitteln, über welche 436 W. Ruhland, wir bisher noch für keine Pflanze Zuverlässiges wissen. Das ist eine um so bedauerlichere Lücke unserer Kenntnisse, als hier nicht nur rein physiologische, sondern auch wichtige biologisch- ökologische Probleme in Frage kommen. Betrachten wir zunächst einmal das Sekret, wie es von gew()hn- lichen Freilandpflanzen, d. h. solchen, die in gewöhnlichem Garten- land ohne besondere Salzzufuhr wuchsen, abgegeben wird, so unter- scheidet es sich nicht weiter von den Sekreten, deren Zusammen- setzung von anderen Pflanzen bekannt geworden ist. So gibt z. B. Lepeschkin in seiner Arbeit an, daß die Konzentration der von Phaseolus ausgeschiedenen Flüssigkeit 0,4%, bei ÄbutiJon 0,.5 Vo, bei Nicotiana 0,1 7oj bei Pokjpodium 0,2 ^U, bei Camelina 0,5 7o und ebensoviel bei Lathyrus betrage. Die festen Stoffe bestehen indessen nach dem genannten Autor hier wesentlich aus verschiedenen anorganischen Verbindungen, organische wurden nur bei Lathyrus odoratus, Vicia sativa und Polypodium aureum ge- funden. An ihnen ist aber das Sekret der untersuchten Statice- Arten reich, es enthält davon etwa 25 — 40% des festen Rück- standes. Diese und die übrigen wichtigeren Tatsachen wurden schon oben besprochen und gewürdigt. Nachgetragen sei nur noch, daß das Sekret stets deutlich alkalisch reagiert. Es rötet nicht nur Phenolphthaleinlösung, sondern bläut auch deutlich rotes Lackmus- papier. Ganz regelmäßig unter den Sekretstoffen kommt Kalzium- karbonat vor, das sich dann häufig an den Außenseiten der Drüsen in der Natur vorfindet, und ihnen meist, z.B. bei Solereder, den sehr unpassenden Namen „Kalkdrüsen" eingetragen hat. In Wahr- heit tritt es nur deshalb so in Erscheinung, weil die übrigen leichter löslichen Sekretstoffe durch Regen weggewaschen werden. Von den Verhältnissen bei unserer einheimischen, nicht halophilen Armeria vulgaris wird später die Rede sein (Abschnitt III B b). Bei Zufuhr von Natriumchlorid und auf salzhaltigen Stand- orten ist nun das Sekret aller von mir daraufhin untersuchten Statice -Arten reich an diesem Salz. An gut mit Wasser versorgten Pflanzen oder auch einzeln in Lösungen stehenden Blättern sieht man häufig die Salzmassen aus den Drüsen an die freie Luft direkt hervortreten, und allmählich zu mehr oder weniger langen Salz- fäden emporwachsen, so daß man schon durch das Augenmaß bei St. Omelini einen imponierenden Eindruck von der Ausscheidungs- energie erhält. In feuchter Atmosphäre zeigen sich dagegen nur tropfbar flüssige Ausscheidungen. Untersuchungen über die Hautdrüsen der Plumbaginaceen. 437 Schtscherbak hat in seiner schon erwähnten kleinen Mit- teilung diesen Eindruck geschildert und gezeigt, daß auch alle möglichen anderen Salze in den Drüsen zur Abscheidung gelangen, wenn man Blätter in die betrefifenden Lösungen stellt. Ich habe keine systematische Prüfung vorgenommen, welche Salze sezerniert werden und welche etwa nicht. Bei einer kursorischen Durch- musterung ergab sich, daß alle geprüften Kalium- und Natrium- salze mit anorganischen Säuren, außer den Ferro- und Ferricyaniden, auch die sekundären und primären Phosphate ausgeschieden werden. Ebenso werden Kalzium-, Baryum-, Strontium- und Magnesium- salze sezerniert. Ammoniaksalze wirken, wie schon Schtscherbak feststellte, in höheren Konzentrationen ziemlich schädlich, werden aber auch ausgeschieden, kurz wohl alle Stoffe, für die das Plasma des Blattgewebes irgendwie permeabel ist. Von organischen Ver- bindungen, deren Abscheidung er beobachtete, gibt derselbe Ver- fasser Mannit, Asparagin, Harnstoff und Inulin an. Bezüglich des letztgenannten Stoffes liegt indessen zweifellos ein Irrtum vor. Ich habe an anderer Stelle^) gezeigt, daß Inulin wegen seiner hoch- kolloiden Natur überhaupt nicht durch lebende Protoplasten dios- miert und also als solcher gar nicht wanderungsfähig ist. In der Tat wird er denn auch von den Plumbagineendrüsen niemals aus- geschieden. Dies gilt auch im allgemeinen von den Zuckerarten. Bei Versuchen mit organischen Salzen macht sich meist deren von der neutralen zu stark abweichende Reaktion schädigend be- merkbar. Angesichts dieser hohen Fähigkeit der Salzausscheidung schien mir, wenn irgendwo, so an diesem Objekt die Prüfung der wich- tigen Frage dankenswert, ob auch bei der pflanzlichen Salzsekietion aktive osmotische Arbeit geleistet wird. Für die Drüsentätigkeit des tierischen Körpers ist man be- kanntlich längst zu dem Ergebnis gekommen, daß „die osmotische Arbeit ein generelles und hervorstechendes Merkmal'"^) derselben darstellt". Das leuchtet z. B. am menschlichen Harn, sofern er sich gegen Blutserum als hypertonisch erweist, ohne weiteres ein. Aber auch für die anderen tierischen Drüsen, deren Sekret im 1) Weitere Beiträge zur Kolloidchemie und physikalischen Chemie der Zelle." (Jahrb. f. wiss. Bot., LIV, 1914, S. 391.) 2) R. Höber, „Physikalische Chemie der Zelle und Gewehe" (3. Aufl., Leipzig 1911, S. 536). 438 W. Ruhland, Verhältnis zum Serum iso- oder gar nur hypotonisch ist, folgt schon aus der quantitativen Zusammensetzung desselben an lös- lichen Blutbestandteilen, daß auch bei der Herstellung der blutiso- und hypotonischen Sekrete „an jedem einzelnen Bestandteil des Blutes eine bestimmte osmotische Arbeit vollzogen wird". Zur Entscheidung unserer Frage ist es natürlich nötig, das Sekret möglichst in gewissen Intervallen auf seine Zusammen- setzung hin zu untersuchen, und es in dieser Richtung mit der dargebotenen Lösung einerseits und dem Gehalt der Blattzellen an dem fraglichen Salz andererseits zu vergleichen. Dabei treten nun der anscheinend einfachen Lösung unseres Problems verschiedene recht erhebliche Schwierigkeiten entgegen. Die eine besteht in der Notwendigkeit, sich jedesmal möglichst auf ein einziges Blatt zu beschränken; denn je größer das Versuchs- objekt gewählt wird, desto größer wird die Fehlerquelle, die sich aus der stets etwas ungleichen Konzentration des fraglichen Salzes in der Pflanze ergeben würde. Es steht deshalb immer nur außer- ordentlich wenig Sekret zur Verfügung, dessen Menge infolge der relativen Langsamkeit der Ausscheidung noch geringer wird und dadurch, daß es sich oft als notwendig erweist, dasselbe Blatt in möglichst kurzen Zwischenräumen wiederholt zu untersuchen. Infolgedessen würde übrigens die zur Untersuchung vorhandene Sekretmenge selbst dann noch überaus gering sein, wenn man unter Vernachlässigung der oben genannten Fehlerquelle jedesmal eine ganze Pflanze in den Versuch einbeziehen wollte. Diese Schwierig- keit, die sich bei der Untersuchung aller derartigen pflanzlichen Sekrete geltend macht, mag es wohl in erster Linie verschuldet haben, daß unser Problem bisher ungelöst blieb, während die Tier- physiologie sich so häufig und erfolgreich damit beschäftigt hat. So ist denn also z. B., wenn man, wie ich es meist tat, mit Chloriden arbeitet, eine einfache Vergleichung von Blatt und Sekret auf den Chloridgehalt nicht durchführbar. Vielmehr führte mich ein anderer Weg zum Ziel. Ich untersuchte das Blatt auf Chloride und verglich dann lediglich den osmotischen Wert dieser Lösung mit demjenigen des Sekrets, nachdem ich mich durch einige Vorveisuche davon überzeugt hatte, welchen Anteil bei derartigen Versuchen die übrigen Stoffe an der Zusammensetzung des Sekrets nehmen. Analytische Methoden: Die auf ihren Gehalt an Chloriden zu untersuchendenPflanzenteile wurden zunächst imToliiolschränkchen Untersuchungen über die Hautdrüsen der Plumbaginaceen. 439 bei 104 — 105" C getrocknet, das Trockengewicht bestimmt, darauf die Substanz pulverisiert, nochmals nachgetrocknet und dann im Platintiegel vorsichtig verkohlt, bis alle auffällig riechenden Grase ruhig entwichen sind. Die Kohle, mit dem Platinspatel zerdrückt und mehrfach mit kochendem Wasser ausgezogen, gibt eine farb- lose Lösung, nach deren Abfiltrieren das Filter samt dem Rück- stande zu veraschen ist. Die Asche enthielt regelmäßig nur so geringe Chloridspuren , daß meist nur die Ausziehung der Kohle durchgeführt wurde. Ein aliquoter Teil der abgemessenen neutralen Lösung wurde dann mit n/20 Silbernitratlösung und Kaliumchromat als Indikator titriert. Es ist dies bekanntlich eine der genauesten maßanalytischen Methoden der Chemie, so daß nach irgend einer anderen, noch umständ- licheren, etwa der gewichts- analytischen, kein sachliches Bedürfnis vorlag. Die gefun- dene Chloridmenge wurde dann in Chlornatrium umgerechnet und meist in Prozenten des gefundenen Wassergehaltes aus- gedrückt. Falls Sekret in grö- ßerer Menge zur Verfügung stand, konnte dies direkt titriert werden. Alle Rechnungen wur- den mit einem Präzisionsrechen- stab durchgeführt. Für die Beurteilung und Messung der Sekretkonzentra- tion erwies sich nun von unschätzbarem Wert und als unentbehr- lich die leider noch so wenig bekannte Barger sehe Methode, bei der nur ganz geringe Sekretmengen gebraucht werden ^). Diese schöne Methode beruht auf der Erscheinung der molekularen Dampf- druckerniedrigung der Lösungen. Bezüglich der Einzelheiten sei auf die angeführte Arbeit Bargers verwiesen und hier nur soviel bemerkt, daß das Sekret in Kapillaren aufgefangen und, durch Luft- blasen unterbrochen, abwechselnd mit Lösungen von bekanntem molarem Gehalt in Nachbarschaft gebracht wird (Fig. 13). Ver- Fig. 13. Kapillaren zur Danipfdruckvergleichung. Vergr. 9. 1) Transact. Chem. Soc, LXXXY, 1906, S. 287. Jahrb. f. wi5s. Botanik. LV. 29 440 W. Ruhland, schließt man dann die Kapillaren luft- und wasserdicht und bringt sie in Wasser zur Bewahrung einer möglichst gleichmäßigen Tem- peratur, so bewegt sich der Dampf von Orten größerer zu solchen geringerer Tension, was mikrometrisch verfolgt werden muß. Es ist so möglich, indem man verschiedene Vergleichslösungen der Reihe nach verwendet, die gesuchte molare Konzentration selbst für nicht dissoziierende Stoffe bequem bis zu einer Genauigkeit von 0,01 GM pro Liter festzustellen. Barger empfiehlt seine Methode zur Ermittelung von unbekannten Molekulargewichten löslicher Stoffe; daß sie auch für unseren Zweck die besten Dienste leistet, wird das Folgende ergeben. Da bei Versuchen mit ganzen Blättern, die etwa mit dem unteren Ende in die Salzlösung tauchen, wie erwähnt, die Gefahr einer ungleichen Konzentration des Gewebssaftes eine zu große Rolle spielt, so brachte ich meist V2 bis 1 qcm große Blattstücke in größerer Menge mit der morphologischen Oberseite nach unten auf die Lösungen, wobei nun durch die Schnittränder eine aus- giebige Salzaufnahme stattfinden konnte. Geschieht dies in einer flachen Schale, die mit einem eingefetteten Deckel verschlossen ist, so ist somit auch eine viel gleichmäßiger feuchte Atmosphäre her- gestellt, in welcher die Sekretion stattfinden kann, als dies bei Ver- suchen mit ganzen Blättern der Fall sein könnte. Daß die Salze, welche nunmehr im Sekret der Drüsen der Blattunterseite auftreten, nicht etwa ganz oder auch nur teilweise durch allmähliche Diffusion im Imbibitionswasser der Blattmembranen aus der Außenlösung in das Sekret, etwa von den Schnitträndern aus, hineingelangt sein können, ergibt sich schon aus dem Bau der Drüsen. Wie z. B. die Fig. 2, 3 und 10 erkennen lassen, stoßen die Membranen der Sammelzellen (z) überall auf kutisierte Stellen der Grenzkappe der Drüse (g), berühren also nirgends die unkutisierten Durchlaßstellen. Auch von den benachbarten Epidermiszellen ist die Drüse, wie oben beschrieben wurde und die Figuren zeigen, durch eine derbe kutisierte Lamelle geschieden. Daß diese kutisierten Schichten in der Tat im angezeigten Sinne wirken, lehrt folgender einfacher Versuch: Verwendet man als Versuchsflüssigkeit Ferrocyankaliumlösungen (etwa Vaproz., aber auch Iproz. und wohl auch noch stärkere Lösungen werden tage- lang ohne sichtlichen Schaden ertragen, wie die unverminderte Sekretion zeigt), so fehlt im Sekret, das bei Darbietungen dieser Lösungen entsteht, im Gegensatz zu anderen Salzen das Ferro- Untersuchungen über die Hautdrüsen der Plumbaginaceen. 441 cyankalium völlig, wie mit Hilfe von Ferrichlorid nachzuweisen ist. Die Zellen sind für dieses Salz tatsächlich impermeabel, und es vermag, wie das dauernde Ausbleiben der Berlinerblau- Reaktion beweist, auch nicht auf dem Wege durch das Imbibitionswasser der Membranen in das Sekret zu gelangen. Schnitte durch der- artige Blattstücke, die man in Ferrisalzlösungen legt, zeigen unter dem Mikroskop, daß der blaue Niederschlag in den Membranen vor den Drüsen Halt macht, obwohl die Diffusion durch die Leit- bündel noch erleichtert wird. Dagegen ändert sich die Sache so- fort, wenn man mit toten Blattstücken arbeitet. In diesen vermag das Blutlaugensalz rasch durch Vermittelung der Zellumina, Durch- laßstellen und Drüsenporen bis nach außen vorzudringen. Wir dürfen also mit Sicherheit schließen, daß alles Salz, das wir im Sekret vorfinden, auch wirklich auf die sekretorische Tätigkeit der Drüsen zurückzuführen ist. Es wurde nun schon oben die Bedeutung der Feuchtigkeits- verhältnisse der Atmosphäre berührt, in welche hinein die Sekre- tion erfolgt. Es ist klar, daß hiervon die gefundene Konzentration des Sekrets mehr oder weniger abhängen muß, und zwar um so mehr, je langsamer jene erfolgt. Daß z. B. unter einer größeren Glasglocke eine Konzentrierung des Sekretes durch Abgabe von Wasserdampf an die Luft stattfinden könnte, leuchtet ja unmittel- bar ein. Andererseits könnte aber auch unter Umständen eine Verdünnung desselben erfolgen, wenn die Sekretion in einem kleinen abgeschlossenen Raum stattfindet, welcher mit Wasserdampf von der normalen Tension erfüllt ist, allgemeiner, wenn bei Sättigung der Atmosphäre der Dampfdruck der Lösung, auf welcher die Blattstücke sezernieren, niedriger als der des Sekrets ist. Abgesehen also von der Geringfügigkeit der absoluten, in an- gemessenen Zeiträumen und mit sachgemäß begrenztem Material gewinnbaren Sekretmenge, die, wie wir sahen, eine besondere Me- thodik erfordert, liegt die Hauptschwierigkeit in diesen Tensions- verhältnissen und ihrer Einwirkung auf das Sekret, wenn man dessen wahre Konzentration ermitteln will. Von welcher Bedeutung gerade diese Umstände sind, lehrt jeder „bHnde" Versuch. Wenn man z. B. statt der Blattstücke paraffinierte Papierstückchen auf die Oberfläche irgendwelcher Salzlösungen legt und mit dem Zerstäuber kleine Tropfen einer schwächeren oder stärkeren Lösung auf die Papierstücke bringt, 29* 442 W. Ruhland, und nach Verlauf von mehreren Stunden die Tropfen nach der Barger sehen Methode prüft, so sieht man, daß die Konzentration derselben sich im Sinne einer Annäherung an diejenige der Grund- lösung verändert hat, also gesunken bezw. gestiegen ist. War der ursprüngliche Unterschied zwischen beiden groß genug, so kann man dies schon äußerlich an einer entsprechenden Volumverände- rung der Tropfen erkennen. Da dies letztere indessen im physiologischen Versuch mit dem lebenden Material fortfällt, so erscheint es zunächst ziemlich schwierig, der Dinge Herr zu werden. Nach vielen zweifelhaften und vergeblichen Versuchen gelangte ich zu folgender grundsätz- licher Versuchsanordnung: Ich verwendete möglichst niedrige, mit der Lösung („Grundlösung") fast bis nahe an den mit Fett gut verschlossenen Deckel gefüllte Glasschalen, so daß der der jedes- maligen Konzentration entsprechende Sättigungsdruck bald, ev. durch Evakuieren beschleunigt, erreicht wurde. Wurde beim Ver- such die Temperatur möglichst gleichmäßig gehalten, also eine Wasserdampfabgabe der Tropfen infolge Taubildung und Wieder- verdunstung durch Erwärmung vermieden, so war ein ungestörter Ausgleich der Konzentrationen begünstigt. Da dieser aber inner- halb der Versuchszeit (etwa .3 — 14 Stunden) nie bis zu einem völhgen Gleichgewicht führt, so ist durch einen Vergleich der Sekrettropfen und der Grundlösung nach Schluß des Versuchs nach der Kapillarmethode stets mit Sicherheit zu entscheiden, ob die ersteren einen Konzentrationszuwachs oder -verlust erfahren hatten, d. h. verdünnter oder konzentrierter als diese erscheinen. Führt man nun dies gleichzeitig mit verschieden ab- gestuften Lösungen durch, so gelangt man mit Notwendigkeit zu der wahren Konzentration, indem überall dieselbe zwi- schen derjenigen niedrigsten Konzentration der Grund- lösung zu suchen ist, gegen welche das Sekret die nie- drigere Dampfspannung, und derjenigen höchsten, gegen die es noch eben die höhere hat. Etwas verwickelter wird die Sache nun allerdings noch da- durch, daß die Versuchszeit nicht zu knapp bemessen werden darf, damit man nicht mit gar zu kleinen Sekrettropfen zu arbeiten braucht. Dies spielt vor allem bei höheren Konzentrationen der Grundlösungen eine Rolle, weil auf ihnen die Sekretion wegen der osmotischen Erschwerung der Wasseraufnahme mehr oder weniger wesentlich verlangsamt wird. Deshalb findet inzwischen eine Untersuchungen über die Hautdrüsen der Plumbaginaceen. 443 weitere Salzaufnahme durch die Blätter statt, die noch zu berück- sichtigen ist. Ich will auf die zahlreichen Irrwege, die ich zunächst ein- schlug, gar nicht eingehen, sondern in Kürze einige der wichtigsten, nach den eben dargestellten Gesichtspunkten durchgeführten Ver- suche beschreiben, wie sie sich nach längerer Erfahrung als zweck- mäßig erwiesen hatten. Quadratische, V2 — 1 qcm große Blattstücke von gewöhnlichen Freilandpflanzen wurden auf eine 3proz. Natriumchloridlösung in der beschriebenen Weise übertragen und verblieben auf dieser in einer großen gewöhnlichen Doppelschale 36 Stunden. Die Stücke sezernierten reichlich und wiesen nach kurzem Abspülen in destil- liertem Wasser und sorgfältigem Abtrocknen schließHch eine Innen- konzentration von 1,14 Vo NaCl (= 2,83% der Trockensubstanz) auf. Während der Chloridbestimmung, die etwa 7 Stunden in An- spruch genommen hatte, hatte sich, wie an einer zweiten Probe festgestellt wurde, der Chloridgehalt infolge sehr lebhaft gewordener Sekretion nur auf 1,18 7o (= 2,95 *^/o der Trockensubstanz) erhöht. Gleichzeitig mit der Inangriffnahme dieser letzteren Bestimmung waren die übrigen Blattstücke auf Iproz., 1,25 proz., l,50proz., l,75proz. und 2,0proz. NaCl-Lösungen je in einem niedrigen, mit eingefettetem Deckel gut verschlossenen Schälchen verteilt worden. Die Deckel waren innen mit der gleichen Lösung übersprüht worden. Nach Ablauf von weiteren 15 Stunden wurden die Sekrete, die auf diesen Lösungen gebildet worden waren, kapillar aufgefangen, abwechselnd mit ihren Grundlösungen, die zur bequemeren Unterscheidung mit Eosin schwach gefärbt worden waren. Ein Beispiel für die kapil- laren Messungen gibt die folgende Tabelle: Längen der Flüssigkeitssäulen in Teilstrichen des Mikrometers Lösung Sekret Lösung Sekret Lösung Sekret Lösung Sekret Lösung Grundlösung l,50proz. . . . Nach 24 Stunden . . 16,4 15,8 24,3 25,2 18,9 18,1 13,7 14,9 20,4 18,4 16,8 18,4 22,5 21,0 19,0 18,3 21,2 21,0 Grundlösung 2,0 proz Nach 24 Stunden . . 14,0 16,8 27,9 25,2 21,8 22,8 16,2 15,5 30,5 31,7 23,6 22,0 17,9 19,1 20,6 19,3 24,1 25,9 444 W. Ruliland, Es ergab sich also, daß das auf der 1,50 proz. Lösung aus- geschiedene Sekret wesentHch konzentrierter, das auf der 2,0 proz. Lösung gebildete dagegen schwächer als die entsprechende Grund- lösung war. In dieser Weise wurde schließlich gefunden, daß die auf der l,75proz. Lösung sezernierte Flüssigkeit mit der Grundlösung un- gefähr isotonisch war, die Zahlen waren hier folgende: Lösung Sekret Lösung Sekret Lösung Sekret Lösung Sekret Lösung Sekret Grundlösung 1,75 proz. . . 19,0 21,7 24,7 : 18,5 21,7 15,7 25,7 16,8 23,7 14,0 Nach 24 Stunden. . 19,3 21,6 24,5 18,3 21,5 15,9 25,7 17,0 23,9 14,1 Unmittelbar nach dem Auffangen der Sekrete in den Kapil- laren waren sämtliche Blattstückchen aus den Lösungen entnommen, kurz in destilliertem Wasser abgespült und mit Fließpapier sorg- fältig abgetrocknet worden. Ihre darauffolgende chemische Unter- suchung ergab, je nach den Lösungen, auf denen die Bfattstücke geweilt hatten: Lösung Gehalt des G ewebs- Gehalt in % NaCI von "la NaCl Saftes an 7o NaCl der Trockensubstanz a) 1,00 0,55 1,25 b) 1,25 0,87 2,25 c) 1,50 1,43 2,64 d) 1,75 1,56 4,21 e) 2,00 1,61 4,24 Die Tabelle zeigt also zunächst, daß die Konzentration des Natrium Chlorids in der 1,0 proz. und in der 1,25 proz. Lösung gegen die anfängliche von 1,18 % beträchtlich gesunken ist, eine Tat- sache, die an einer späteren Stelle erläutert und durch weitere Versuche demonstriert werden soll. In diesem Zusammenhange interessieren uns aber vor allem folgende Tatsachen: Auf der 1,50 proz. Lösung haben die Blatt- stücke schließlich eine Innenkonzentration von 1,43 Vo NaCl an- genommen, und das von ihnen abgegebene Sekret ist, wie die oben erwähnten Kapillarversuche ergeben hatten, gegen eine 1,50 proz. NaCl-Lösung hypertonisch gewesen. Die nächste Serie von Blatt- Untersuchungen über die Hautdrüsen der Plumbaginaceen. 445 stücken, die auf 1,75% Na Gl verweilt hatten, hatten ein Sekret abgegeben, das mit 1,75% Na Gl etwa isotonisch war, und dabei eine Innenkonzentration von 1,56 % Na Gl erreicht. Dagegen haben die Stücke, welche auf 2,00 7o Na Gl sezerniert und eine Innen- konzentration von 1,61 % Na Gl erreicht haben, ein Sekret abge- geben, das gegen 2,00 '' o Na Gl hypotonisch war. Bei Berücksichtigung dessen, was ich oben über die Beein- flussung der Sekrete durch die Wasserdampftension der feuchten Räume, in denen die Ausscheidungen vor sich gehen, gesagt habe, ist es nun nicht schwer, aus den mitgeteilten Yersuchszahlen die Schlüsse über die wahre Konzentration der Sekrete zu ziehen. Fassen wir zunächst nur die soeben erwähnten NaGl-Lösungen ins Auge, so übertrifft der osmotische Wert des Sekretes die in ihnen schließlich erreichte Innenkonzentration dieses Salzes um eine mit etwa 0,20% Na Gl isosmotische Größe, wie sich auch aus allen analogen späteren Versuchen ergab. Deshalb hatte sich das Se- kret auf 1,50% NaGl hyper-, das auf 1,75% NaGl iso- und das auf 2,00% NaGl hypotonisch in den Kapillarversuchen gegen die Grundlösung erwiesen. Es fragt sich nun zunächst, ob dieses so festgestellte osmotische Übergewicht des Sekretes über die zuletzt im Blattgewebe erreichte Innenkonzentration an NaGl sich aut dieses Salz bezieht oder einem oder mehreren der regelmäßig im normalen Sekret vor- kommenden Stoffe zu danken ist. Um dies festzustellen, war gleichzeitig mit dem oben beschrie- benen Versuch in derselben Weise eine größere Menge von Blatt- stücken desselben Versuches u. a. auf 1,75 % NaGl übertragen worden. Das Sekret, 2,15 ccm, wurde gesammelt und auf Natrium- chlorid titriert. Es ergab sich ein Gehalt von 1,65 °/o, also etwas mehr als im Blatt (1,56 %) gefunden war. Doch ist dieser Mehr- gehalt von 0,09 % NaOl auf Rechnung der unvermeidlichen Fehler- quellen zu setzen. Zunächst schwankt nämlich der Wassergehalt der Blattstücke ein wenig, so daß sich die auf diesen berechneten Konzentrationen dadurch öfter etwas verschieben. Dann aber, und das ist hier wichtiger, ist eine geringe Konzentrierung der aus- geschiedenen Flüssigkeiten beim Sammeln mit Kapillarpipetten zum Zweck der chemischen Untersuchung, also in größerer Menge, un- vermeidlich, selbst bei möglichst vorsichtigem und raschem Arbeiten, und auch dann, wie es bei solchen Versuchen stets geschah, wenn man die Stücke auf möglichst viele kleinere Schalen verteilt, so 446 ^- Röhland, daß jede einzelne beim Pipettieren nicht so lange geöffnet zu werden braucht. Um über die Größe dieses Fehlers einen Anhalt zu ge- winnen, stellte ich mehrere blinde Versuche mit gleich konzentrierten Na Gl -Lösungen auf paraffinierten Papierstückchen an, die eine Konzeutrierung von etwa 0,05— 0,10 7o ergaben. Wir dürfen also schließen, daß das osmotische Über- gewicht des Sekretes über die Na Gl - Innenlösung auf Rechnung der übrigen stets im Sekret enthaltenen Stoffe fällt. Es ergibt sich also aus diesen Versuchen der sogleich noch näher zu erläuternde und durch weitere Versuche zu stützende, wichtige Schluß, daß das Natriumchlorid von den Drüsen mindestens in derselben Konzentration abgegeben wird, wie es in den Zellen des Blattes vorhanden ist, und wenn noch ein Zweifel bestehen könnte, so wäre es höchstens der, ob es nicht in noch etwas höherer Konzentration abgeschieden wird, wobei es sich allerdings nur um ein recht unbedeutendes Übergewicht handeln könnte. Dieser letztgenannte Punkt würde sich also auf die Frage be- ziehen, ob nicht doch hinsichtlich des Natriumchlorids eine gewisse Konzentrierungsarbeit durch die Drüsen gelei&tet wird. Dieser Gedanke hatte mich nach meinen ersten Versuchen und Erfah- rungen meist geleitet, und nur mit einem gewissen Widerstreben habe ich ihn schließlich auf Grund zwingender Versuchsergebnisse aufgegeben. Es zeigte sich dann, wie in' einem späteren Kapitel auszuführen sein wird, daß die fraglose biologisch- ökologische Be- deutung der Drüsen durch ihre Fähigkeit, Ghloride in der inner- halb der Blattzellen vorhandenen Konzentration nach außen ab- zuscheiden, vollauf erklärt wird. Immerhin wollen wir, bevor ich weitere Versuche mitteile, noch einen Augenblick bei der obigen Frage verweilen. Da fällt zunächst vor allem auf, daß die Sekrete ein osmotisches Über- gewicht noch über die auf den betreffenden Natriumchlorid-Lösungen erreichten höchsten Endkonzentrationen zeigten, mit denen sie allein nach der Dampfdriickmethode vergHchen wurden. Der Schluß liegt also nahe, daß sie gegen die anfänghche Innenkonzentration (== 1,14% Na Gl), und selbst gegen einen aus dieser Anfangs- und der schließ- lichen Endkonzentration berechneten Mittelwert stark hypertonisch gewesen sein müsse, auch wenn man nur das Natriumchlorid ins Auge faßt. Untersuchungen über die Hautdrüsen der Plumbaginaceen. 447 Dies Verhältnisse können, wie öfter betont, nur unter steter Berücksichtigung der Tensionsverhältuisse im Sekretionsraum richtig verstanden werden. Und da hat sich auf Grund aller, z. T. unten noch mitzuteilender Versuche folgendes Bild der fraglichen Vor- gänge ergeben: Wenn man, wie in unserem Falle, Blattstücke mit einer Innenkonzentration von 1,18% NaCl auf eine l,75proz. Lösung desselben Salzes in der beschriebenen Weise legt, so wird zunächst eine ungefähr l,18proz. NaCl-Lösung ausgeschieden; die naturgemäß zunächst äußerst geringen Mengen Sekret erfahren nun, gleichsam in statu nascendi, sogleich eine Konzentrierung in- folge des niedrigeren Dampfdruckes der 1,75 proz. Grundlösung, welche natürlich die gesamten Tensionsverhältnisse der Schale be- herrscht. Inzwischen steigt nun durch weitere Aufnahme die NaCl- Konzentration in den lebenden Objekten, und demgemäß auch die Konzentration des Sekretes. Infolge des fortdauernden Ausgleiches zwischen diesem und der Grundlösung, solange deren Dampftension ungleich ist, findet man bei der Untersuchung in den Kapillaren die Sekretkonzentration zu hoch, solange es schwächer war als die Grundlösung, und zu schwach, sobald es höhere Konzentration als diese erreichte. In unserem Beispiel wird also zunächst die Sekretkonzentra- tion durch die Wirkung des Tensionsausgleichs und das Ansteigen der Innenkonzentration in den Geweben allmählich sich auf den Wert 1,75 7o Na Gl erhöhen und ihn schließlich durch weitere Na Gl- Aufnahme übertreffen. Zur Zeit des Auffangens des Sekretes für die Kapillaruntersuchung war, wie angegeben, eine Innenkon- zentration von 1,56 °/o NaCl erreicht worden. Gleichzeitig aber ist das Sekret mit der 1,75 proz. Außenlösung als ungefähr isotonisch befunden worden. Wie die weiter unten noch anzuführenden, bereits mehrfach erwähnten blinden Versuche nun lehrten, handelt es sich in solchem Falle fast stets um eine wahre, nicht nur sekundär durch Spannungsausgleich mit der Grundlösung hervorgerufene Isotonie, da unter den Versuchs- bedingungen und bei der hohen Empfindlichkeit der Barger- schen Methode ein völhger Ausgleich nicht zustande kommt. Charakteristisch für die Isotonie ist auch, daß bei einem Teil der Drüsen desselben Materials das Sekret hyper-, bei anderen hypotonisch reagiert. Solche Ungleichheiten bestehen stets auch in einem und demselben Blattfragment, indem die dem Schnitt- rande nahegelegenen Drüsen entsprechend der dortigen etwas 448 ^- Ruhland, höheren Gewebssaftkonzentration auch ein etwas stärkeres Sekret abgeben. Liegt also bei Innehaltung unserer Versuchsbedingungen der osmotische Wert des Sekretes höher als der der Grundlösung, so ist dies nicht nur vorgetäuscht, da ja nur ein Ausgleich im ent- gegengesetzten Sinne stattgefunden hat, und vice versa gilt dies auch von der Hypotonie des Sekrets gegen die Grundlösung; in beiden Fällen findet man den Unterschied gegenüber der letzteren eben infolge dieser nur wegen der beschränkten Versuchsdauer nicht beendeten Ausgleichung zu gering. Daß nun die auf der l,75proz. Lösung festgestellte Isotonie des Sekretes wirklich in hoher Annäherung den tatsächlichen Ver- hältnissen entspricht, d. h. daß der wahre osmotische Wert des Sekretes in diesem Fall nicht etwa noch wesentlich höher oder tiefer liegt, zeigen nun die übrigen, und eben zu diesem Zweck gleichzeitig mit demselben Ausgangsmaterial, aber anderen Kon- zentrationen der Außenlösung angestellten sekretorischen Parallel- versuche, wegen deren ich meine Methode kurz als „Differenz- methode" bezeichnen möchte. So hatte (vgl. die Tabelle S. 444) dasselbe Ausgangsmaterial auf 1,50 Vo NaCl in der gleichen Versuchs- zeit nur eine Innenkonzentration von 1 ,43 'Vo erreicht, die sich gegen 'die Außenlösung beim kapillaren Tensionsversuch als hypertonisch erwiesen hatte. Das osmotische Übergewicht des Sekretes gegen die Innenkonzentration muß also mehr als 0,07 % NaCl betragen und, wie die Hypotonie des auf 2,00% NaCl bei 1,61 % Innenkon- zentration entstandenen Sekretes beweist, weniger als 0,39 % NaCl. Innerhalb dieser Grenzen liegt also der osmotische Überwert des Sekretes gegen die Innenlösung und zwar, wie zahlreiche andere Versuche und auch der erwähnte Versuch mit einer l,75proz. Lösung lehrten, genauer etwa zwischen einer mit 0,1 — 0,3^/0 NaCl isosmotischen Größe. Oben wurden nur prozentische Gewichts- bestimmungen an größeren Sekretmengen über deren Gehalt an festen Stoffen mitgeteilt. Hier sei nachgetragen, daß der nach der Bargerschen Methode bestimmte osmotische Wert des Sekretes gewöhnlicher Freilandpflanzen auf destill. Wasser in der Tat meist dem von 0,1 — 0,2% NaCl isosmotisch ist, und daß somit der soeben erwähnte Überwert auf Rechnung der übrigen Sekretstoffe gesetzt werden darf. Das Natriumchlorid, und das ist das wichtige Ergebnis dieser und der noch mitzuteilenden Versuche, wird also nicht unter Untersuchungen über die Hautdrüsen der Plumbaginaceen. 449 Leistung einer besonderen merklichen Konzentrationsarbeit, wie bei den genannten tierischen Drüsen, abgeschieden. Immerhin aber wird es in der höchsten Konzentration sezerniert, welche ohne eine solche besondere Arbeit denkbar ist, nämlich in der- jenigen, in welcher das Salz überhaupt in den Zellen vorhanden ist. Es ist dies ein Resultat, welches um so bemerkenswerter ist, als die Abscheidung ja, wie wir sahen, durch die Tätigkeit der leben- den Sekretionszellen der Drüsen erfolgt, also in Anbetracht der relativ sehr geringen Durchlässigkeit lebender Zellen für dieses Salz eine ganz besondere Anpassung der Drüsenzellen voraussetzt. Bevor wir uns jedoch einer Betrachtung hierüber hingeben, wollen wir die aus dem obigen Differenzversuch gezogenen Schlüsse durch Mitteilung weiterer ähnlicher und auch sog. blinder Versuche stützen. Zunächst sei ein weiterer Differenzversuch mitgeteilt, der in fast genau derselben Weise, nur mit etwas anderen Konzentrationen durchgeführt wurde. Blattstücke derselben Größe wie im vorigen Versuch hatten durch 45 stündiges Verweilen (in der gleichen Weise wie dort) auf einer 4proz. NaCl-Lösung eine Innenkonzentration von 1,76 Vo NaCl erreicht. Gleichzeitig mit der Inangriffnahme der Bestimmung dieser Innenkonzentration waren die Stücke nach kurzem Abwaschen und Abtrocknen in üblicher Weise auf verschieden starke NaCl-Lösungen verteilt worden, von denen ich hier nur a) eine 1,85 proz., b) eine 2,00proz., c) eine 2,25 proz. und d) eine 2,50 proz. erwähne. Die Sekretionszeit auf diesen betrug 8 Stunden. Die Resultate können wir unter Verweisung auf den vorigen Differenzversuch in folgender Weise tabellarisch zusammenfassen: Grundlösung in 7o NaCl Quotient Frischgewicht : Trockensubstanz Gehalt des Gewebssaftes an NaCl Gehalt an NaCl, bezogen auf Trockensubstanz Sekret gegen Außenlösung (Tensionsversuche) 1,85 2,00 2,25 2,50 3,87 3,80 3,72 3,66 1,72 7o 1,99 „ 2,09 „ 2,28 „ 4,85 7o 5,56 „ 5,76 „ 6,21 „ hypertonisch isotonisch hypotonisch Also auch hier ganz dasselbe Resultat wie im ersten Versuch: Der osmotische Überwert des Sekretes gegen die schließlich er- 460 W. Kuhland, reichte Innenkonzentration an NaCl wurde zu etwa 0,16% NaCl gefunden, und jedenfalls höher als 0,01 und niedriger als 0,22 % NaCl. In Wahrheit dürfte dieser Überwert allerdings etwas be- trächtlicher sein, als durch Messung auf diese Weise feststellbar ist, da ja bis zuletzt während der Sekretion durch Tensionsausgleich eine gewisse Verdünnung des Sekretes stattgefunden hat. Festzustellen, wie hoch etwa dieser unvermeidliche Fehler sich beläuft, schien mir erforderlich; ein Urteil darüber war nur auf empirischer Grundlage, und zwar leicht durch die schon mehr- fach erwähnten „blinden", d. h. rein physikalischen Versuche zu gewinnen. Paraffinierte kleine Papierstückchen wurden auf eine NaCl -Lösung gelegt und mit einem Zerstäuber von einer anderen NaCl-Lösung Tröpfchen von verschiedener Größe darüber gesprüht. Verwendet wurden die gleichen niedrigen, bis fast zum Rande mit der Lösung gefüllten und mit eingefettetem Deckel verschlossenen Schalen, wie sie für die Sekretionsversuche gedient hatten. Auch Versuchszeit und Temperaturverhältnisse waren genau dieselben. Nach Ablauf der Versuchszeit wurden die Tröpfchen in üblicher Weise abwechselnd mit Tröpfchen einer anderen NaCl -Lösung von bekanntem Gehalt in Kapillaren eingeschlossen, so daß in jeder Kapillare ein Vergleich mit einer anderen Lösung stattfand, und die gegenseitige Längenveränderung der Flüssigkeitssäulchen nach Ablauf von 24 — 48 Stunden mikrometrisch gemessen. Einige dieser Versuche seien im folgenden in aller Kürze tabellarisch zusammengefaßt. Grundlösung T ropfen Versuchszeit in Stunden Endkonzentration 7o Konzentra- tion 7o Größe der Tropfen 3,00 1,50 groß 14 1,85 7o n „ klein n 2,35 „ 1,50 3,00 groß 14 1,85 „ I) V klein V 2,40 „ 2,00 1,50 groß 10 1,57 „ n „ klein n 1,85 „ 1,50 2,00 groß 10 1,55 „ 71 n klein n 1,88 „ Diese Angaben dürften bereits völlig genügen, um die ein- schlägigen Verhältnisse zu erläutern. Wir bemerken den bedeu- Untersuchungen über die Hautdrüsen der Plumbaginaceen. 451 tenden Einfluß der Tropfengröße auf die Geschwindigkeit des Tensionsausgleiches. Je kleiner die Tropfen, desto größer der Ausgleich der Konzentrationen. Als „klein" sind in der Tabelle solche Tropfen bezeichnet, welche eben noch bequem sich mit einer Kapillare von etwa 0,4 — 0,5 mm lichtem Durchmesser auffangen ließen, während die „großen" das durchschnittliche Volumen der Sekrettropfen nach Versuchsbeendigung besaßen. Die Ausgleichs- geschwindigkeit ist natürlich in erster Linie eine Funktion der Oberflächengröße der Tropfen im Verhältnis zu ihrem Volumen. Und diese spezifische Oberfläche wächst natürlich mit kleiner werdendem Volumen außerordentlich schnell an. Für die natürlichen Verhältnisse beim Sekretionsversuch ist nun zu berücksichtigen, daß die Tropfen des Sekretes während der ersten 3-5 Stunden bei den verwendeten Konzentrationen von mit bloßem Auge kaum sichtbarer Kleinheit sind, so daß also während dieser Zeit, wo die Innenkonzentration der Gewebe langsam ansteigt, wohl ein völUger Ausgleich der Sekretkonzentration mit der Grund- lösung durch den Dampf anzunehmen ist, so daß nunmehr unter schnellem Wachstum der Sekrettropfen und entsprechender sehr erheblicher Abnahme der Ausgleichsgeschwindigkeit diejenige Sekret- konzentration am Schluß zur Messung gelangt, welche in der Tat ohne größeren Fehler auf die zur selben Zeit erlangte Innen- konzentration der Gewebe an Na Gl bezogen werden kann. Der kleine unvermeidliche Fehler, der durch diesen Schluß bedingt ist, würde darin bestehen, daß wir in Wahrheit die Leistung der Drüsen noch zu gering finden, so daß auf jeden Fall das Resultat gesichert erscheint, daß die Drüsen das Natrium chlorid in einer mit der Innenkonzentration gleichen Stärke ausscheiden. Ich hatte zunächst versucht, statt diese ganze etwas kompli- zierte und jedenfalls sehr mühsame Versuchsanstellung zu ver- wenden, auf kürzerem und direkterem Wege zum Ziel zu kommen, d.h. die wahre Sekretkonzentration, unbeeinflußt durch die Tensions- verhältnisse der Grundlösung, festzustellen, indem ich die Blatt- stücke oder Blätter mit Vaseline überzog, so daß die Tropfen unter deren Decke gebildet wurden. Ich kam aber hiermit nicht zu dem gewünschten Resultat, da die Tropfen immer irgendwo die Decke durchbrechen, die man andererseits nicht gar zu dick nehmen darf wegen der Gefahr der Infiltration der Intercellularen. Auch darf die Vaseline an den Schnitträndern der Blattstückchen wegen der unbehinderten Wasseraufnahme, ohne die keine Sekretion statt- 452 ^- RuhlanJ, findet, nicht anhaften, so daß auch von dort aus sich der Kon- zentrationsausgleich mit der Grundlösung vollziehen kann. Andererseits genügt es auch nicht, wie jetzt verständlich sein wird, den ganzen Versuch auf die Sekretion auf einer einzigen Grundlösung zu beschränken. Denn in solchem Falle wären natür- lich aus einer etwaigen Iso- oder schwachen Hypertonie des Se- kretes gegen die Innenkonzentration gar keine Schlüsse bezüglich der wahren Sekretkonzentration zu ziehen, da die beobachtete durch irgendwelche unkontrollierbaren Ausgleichsvorgänge zustande gekommen sein könnte. Es muß also jedesmal eine ganze Versuchsserie mit mehreren verschiedenen, entsprechend abgestuften Konzentrationen der Grund- lösung durchgeführt werden und diese darf von derjenigen Kon- zentration, welche innerhalb der Gewebe in bezug auf Chlornatrium herrscht, und mehr noch der, welche dort nach Versuchsschluß erfahrungsgemäß zu erwarten ist, nicht zu verschieden sein, damit die störenden, auf Grund der verschiedenen Dampfspannungen Platz greifenden Ausgleichsvorgänge auf ein möglichst kleines Maß herabgedrückt werden. Es dürfte unnötig sein, hier alle einschlägigen Versuche wieder- zugeben, um so weniger als die Konzentrationen, bei denen sie durch- geführt wurden, von denen der beschriebenen Versuche nicht sehr abwichen. In der Tat sind die Grenzen der Konzentrationen, für welche man derartige Versuche durchführen kann, infolge äußerlicher Umstände ziemlich enge. Viel höher konzentrierte Grundlösungen sind deshalb nicht brauchbar, weil die Wasserzufuhr aus diesen zu langsam vonstatten geht, als daß noch genügend schnelle Se- kretion dabei stattfinden könnte. Durch zu langsame Sekretion komplizieren sich aber die Versuchsbedingungen sehr erheblich, indem dann die Unterschiede zwischen der anfänglichen und der schließlichen Innenkonzentration allzugroß werden und was der- gleichen Übelstände mehr sind, die nach den obigen Angaben ohne weiteres einleuchten dürften. Infolgedessen bin ich nicht in der Lage gewesen, die obere Konzentrationsgrenze des Drüsensekretes für Natriumchlorid zu bestimmen. Doch ist sie sicher bei 6 Vo noch nicht erreicht; bei Blättern, die von einer Wasserkultur stamm- ten und nicht weniger als 6,17 Vo Na Gl in ihrem Gewebssaft führten, wurde in obiger Weise ein damit isotonisches Sekret festgestellt. Was nun im Gegensatz dazu die schwächeren Grundlösungen anbetrifft, etwa solche unter 1 7o, so sind die Ergebnisse prinzipiell Untersuchungen über die Hautdrüsen der Plumbaginaceen. 453 die gleichen, wie oben beschrieben. Da aber der natürhche Chlorid- gehalt der Blätter nach meinen Freilandpflanzen zu urteilen, also ohne irgendwelche besondere Salzzufuhr, bemerkenswerterweise meist nicht unter 0,25 bis 0,53 Vo des Gewebssaftes zu betragen pflegt, so werden Versuche mit zu schwachen Grundlösungen durch eine andere, in einem späteren Kapitel genauer zu besprechende Er- scheinung vereitelt: Die Blattstücke beginnen sich mit Hilfe ihrer Drüsen, sobald die Innenkonzentration nicht mehr zu tief unter derjenigen der Grundlösung liegt, energisch „abzusalzen", was z. B. schon aus den Zahlen für die Versuche a) und b) der Tabelle auf S. 444 zu ersehen ist. Schon für diesen soeben erwähnten Versuch wurde eine che- mische Analyse des Sekretes auf Chloride mitgeteilt, welche zeigte, daß es sich in der Tat um eine unseren Darlegungen entsprechende Ausscheidung dieser Stoffe handelt, was aus einer Bestimmung des osmotischen Sekretwertes allein natürlich nicht zu schließen wäre. Solcher Chloridbestimmungen im Sekrete habe ich eine ganze An- zahl durchgeführt, die alle das grundsätzlich gleiche Ergebnis hatten, d. h., daß lediglich der über den Chloridwert der Innenkonzentra- tion der Gewebe herausgehende osmotische Betrag auf die übrigen regelmäßig im Sekret vorkommenden Stoffe zurückzuführen ist, so daß weitere derartige Analysen hier wohl nicht mitgeteilt zu werden brauchen. Nur auf die Zusammensetzung des Sekretes solcher Pflanzen, die sich nicht durch besonderen Salzgehalt auszeichnen, müssen wir an der Hand unserer nunmehr gewonnenen Erfahrungen mit einigen kurzen Worten in diesem Zusammenhange zurückgreifen. Es ist zunächst klar, daß die Konzentration etwas zu schwach ge- funden wird, wenn die Sekretion in einem mit Wasserdampf von normaler Tension gesättigten Raum erfolgt ist. Darauf ist auch bei anderen Pflanzen bisher nicht geachtet worden, so daß die in der Literatur angegebenen Zahlen, namentlich für die langsamer sezernierenden Objekte, entsprechend zu erhöhen sein werden. In unserem Falle ließ ich die Sekretion in einem Vorversuch zunächst auf Lösungen eines nur äußerst wenig permeierenden Stoffes — Rohrzucker — vor sich gehen, um die Innenkonzentration wäh- rend des Versuches möglichst wenig zu ändern. Zum Schluß wurden nach etwa 3- bis 4 stündiger Sekretion das Sekret und die Grund- lösung in Kapillaren, wie üblich, verglichen. Dabei erwiesen sich Lösungen von durchschnittlich 2,5 7o Rohrzucker als sekret-isotonisch, 454 W. Ruhland, SO daß diese Lösungen in Zukunft als Grundlösungen für Unter- suchungen des „normalen" Sekrets verwendet wurden. (Lösungen von 2,5% Rohrzucker sind isotonisch rund mit 0,30 proz. NaCl- Lösungen.) An Chlorid, berechnet als NaCl, wurden nun in den Sekreten, die auf solchen Zuckerlösungen in größeren Mengen ge- wonnen waren, etwas wechselnde Mengen gefunden. Allgemein er- gab sich nur, daß die Sekrete dieser Pflanzen merklich weniger Chlorid enthielten, als in den zugehörigen Blättern aufgefunden wurde. Ich möchte vermuten, daß dieser Mehrgehalt an Chlor im Blattgewebe ganz oder teilweise auf Rechnung schwer oder nicht diosmierbarer Verbindungen kommt. Nachstehend seien einige Zahlen über diese Untersuchungen wiedergegeben: Hier wie in allen folgenden und vorhergehenden derartigen Angaben sind Ge« Webssaftkonzentrationen gefunden durch Wasser- und Trocken- gewichtsbestimraungen und nachfolgende chemische Untersuchung der Trockensubstanz in der bereits angegebenen Weise. NaCl NaCl im Gewebssaft NaCl, berechnet im Sekret des Blattes auf Trockensubstanz 0,12 7o 0,16 o/o 0,36 7o 0,20 „ 0,41 „ 1,17 „ 0,19 „ 0,34 „ 0,86 „ 0,17 „ 0,52 „ 1,30 „ 0,11 „ 0,40 „ 1,20 „ 0,12 „ 0,38 „ 0,99 „ Aus diesen Zahlen geht bezüglich der Beurteilung unserer Differenzversuche noch folgendes hervor: Wenn der durchschnitt- liche osmotische Wert des Sekretes unserer gewöhnlichen Freiland- pflanzen, auf 0,25 proz. Rohrzuckerlösungen festgestellt, 0,30 •'/o NaCl beträgt und, wie obige Tabelle ergibt, der durchschnittliche Gehalt des Sekretes solcher Pflanzen an NaCl = 0,15 °/o ist, so entfällt auf die übrigen Sekretstoflfe ein Anteil von ebenfalls 0,15 *'o NaCI; und in der Tat entspricht der in den Differenzversuchen gefundene osmotische Übeiwert des Sekretes der Salzpflanzen gegen ihren Salzgehalt etwa dieser Zahl. Vermutlich geben die Drüsen unter diesen Verhältnissen ein wenig mehr von den Nicht -Salz- stoffen ab. Es ließe sich, wenn eine möglichst erschöpfende Darstellung der einschlägigen Verhältnisse beabsichtigt wäre, noch manches Untersuchungen über die Hautdrüsen der Plumbaginaceen. 455 Über die Zusammensetzung des Sekretes unter wechselnden Be- dingungen mitteilen. Ich möchte jedoch meine Darstellung nicht allzu breit werden lassen, und begnüge mich nur noch über die anderen Salze, die den Pflanzen in größeren Mengen zugeführt wurden, zu bemerken, daß ich bei vereinzelten Versuchen über das Sekret solcher Blätter auf keine grundsätzlich anderen Verhältnisse gestoßen bin. Im besonderen dürfte sich Kaliumchlorid ganz genau ebenso verhalten; und auch für KaUumsulfat und Natriumthiosulfat liegt die Sache offenbar nicht anders. Mit den anderen Salzen habe ich keine quantitativen Versuche gemacht. BezügUch der Funktion der Drüsen bei der Salzausscheidung ist aus allen Versuchen der Schluß zu ziehen, daß die Drüsen hierbei im Gegensatz zu ihrem Eingreifen bei der Wasserausschei- dung keine merkliche osmotische Konzentrationsarbeit leisten. Aber sie leisten das Höchstmögliche, was ohne eine solche Arbeit denk- bar ist, für die Entsalzung der Blätter, indem sie das Salz in der gesamten überhaupt vorhandenen Konzentration ausscheiden. So- mit ist durch ihre Tätigkeit der relativ geringste Wasserverlust bedingt. Auf diese und andere ökologische Seiten unseres Pro- blems wollen wir im nächsten Abschnitt genauer eingehen. B. Die Wirkung und biologische Bedeutung der Drüsentätigkeit. a) Die Absalzung. In ganz derselben Weise, wie es im vorigen Kapitel für Statioe Gmelini beschrieben worden ist, gestaltet sich offenbar auch die Drüsentätigkeit bei den weitaus meisten oder vielleicht bei fast allen übrigen Arten der Gattung und Familie. Schon der Drüsen- bau ist, wenn wir z. B. von Aegialitis absehen, wo die Zahlen- verhältnisse der die Drüse zusammensetzenden Zellen nach der Literatur möglicherweise etwas andere sind, fast überall genau der gleiche. Kleine Besonderheiten, wie stärkere oder schwächere Ausbildung der Grenzkappe, Einsenkung der Drüsen unter das Niveau der Epidermis usw., kommen dabei für uns nicht in Be- tracht. So kann es nicht wundernehmen, daß auch die Funktion der Drüsen sich überall da als ganz gleich erwies, wo ich Stich- proben mit anderen Arten, wie mit Statice latifoUa und incana, Armeria maritima usw., angestellt habe. Auch quantitativ, in der Jahrb. f. wiss. Botanik. LV. 30 466 W. Ruhland, Leistungsfähigkeit der Drüsen, sofern die Versuche mit nicht zu konzentrierten Salzlösungen angestellt und nicht über einige Tage hinaus ausgedehnt wurden, waren besondere Unterschiede nicht zu bemerken. Von der Verbreitung der Familie sagt Pax in seiner Be- arbeitung der Piumbaginaceen für die „Natürlichen Pflanzenfamilien", daß sie „kontinentale Salzsteppen und Meeresküsten bevorzuge". Sieht man etwa die „Flora Orientalis" von Boissier daraufhin durch, so bekommt man in der Tat den Eindruck, daß so gut wie fast alle Arten mit ganz vereinzelten Ausnahmen, wie unsere ein- heimische Ärmeria vulgaris, ausgesprochene Halophyten sind. Diese Tatsache in Verbindung mit unseren im vorigen Kapitel niedergelegten experimentellen Erfahrungen über die Tätigkeit der Drüsen wird wohl kaum noch einen Zweifel darüber gestatten, daß die Drüsen als Anpassungsorgane an die speziellen Lebensverhält- nisse dieser Halophyten aufzufassen sind und im Dienste der Be- freiung dieser Pflanzen von den notgedrungen aufgenommenen großen Salzmengen stehen. Man könnte auch noch auf den ana- logen Fall der Franke niaceen hinweisen, die ganz ähnliche Haut- drüsen besitzen und eine ähnliche Verbreitung aufweisen. Eigentümlicherweise ist aber bei den Autoren, welche die Piumbaginaceen anatomisch oder systematisch studiert haben, wie Volke ns, Solereder, Pax usw., immer nur von den „Kalkdrüsen" die Rede, und auch solche Verfasser, welche die Lebensverhält- nisse der Pflanzen an Ort und Stelle studiert haben, wie Volkens, äußern sich in diesem Sinne. Freilich wird wohl auch die Ab- scheidung von Kalk eine Bedeutung für die Pflanze haben, und weiter unten soll davon noch des weiteren die Rede sein, aber gerade die Kochsalzentfernung wird aus den genannten Gründen doch in die erste Linie zu setzen sein. Ich habe schon oben an einer anderen Stelle kurz hervorgehoben, daß dem flüchtigen Be- obachter allerdings oft in erster Linie nur die Kalkausscheidungen auffallen, und zwar wohl aus dem einfachen äußerlichen Grunde, daß der Kalk wegen seiner schwereren Löslichkeit an den Blättern viel länger haften bleibt, so daß man in der Tat z. B. gelegentlich Exemplare von Acantholimon zu sehen bekommt, die sehr reichlich mit Kalk bedeckt sind. Daß dieser Kalk dann nur ausgeschieden werden soll, um einen Transpirationsschutz zu gewähren, wie ge- legentlich behauptet worden ist, dürfte wohl gänzlich unzutreffend sein. Doch über den Kalk später näheres. Untersuchungen über die Hautdrüsen der Plunibaginaceen. 457 Für uns handelt es sich zunächst darum, experimentell fest- zustellen, ob durch die Sekretionstätigkeit der Drüsen in der Tat eine Entsalzung möglich ist. Das ist nun nicht ganz so selbst- verständlich, wie es nach dem Vorhergegangenen auf den ersten Blick scheinen könnte. Eine nähere Überlegung würde im Gegen- teil zunächst folgendes lehren: Wenn die Drüsen, wie hier experi- mentell gezeigt wurde, eine Kochsalzlösung nahezu oder genau von derjenigen Konzentration ausscheiden , in der sie im Blatt vor- handen ist, so würde die Pflanze genötigt sein, als Ersatz für das auf diese Weise verlorene Wasserquantum ein gleiches aus dem Boden, d. h. also von eben derselben schädlichen Salzlösung aufzunehmen, und es wäre kein Vorteil ersichtHch, den dieses an einen circulus vitiosus erinnernde Spiel für die Pflanze haben könnte. Anders läge die Sache, wenn die Pflanzen eine konzen- trierte Salzlösung oder gar festes Salz sezernierten, wie es nach der kleinen Mitteilung von Schtscherbak fast scheinen konnte. Dann wäre eine „Entsalzung" offensichtlich. Die Erklärung liegt nun, um das Resultat gleich vorwegzu- nehmen, in der außerordentlich geringen Durchlässigkeit der leben- den Wurzelzellen für das Kochsalz, welche es bedingt, daß die Salzlösung, welche aus dem Boden in die Wurzel eindringt, un- gemein viel verdünnter ist, als sie in jenem vorhanden ist. Dazu kommt nun weiter, daß die in der Pflanze aufsteigende und speziell die sich in den Blättern bewegende Salzlösung durch die Transpiration konzentriert wird, so daß die Konzentration der Salzlösung, welche durch die Drüsen ausgeschieden wird, um ein Vielfaches höher ist als diejenige, welche als Ersatz dafür aus dem Salzboden aufgenommen wird. Hinzuzufügen ist ferner, als noch in die Kette dieser für die ökologisch -biologische Seite unseres Problems fundamental bedeu- tungsvollen Verhältnisse gehörig, daß das Blattgewebe im scharfen Gegensatz zu dem der Wurzel erstaunlich leicht für Natrium- chlorid permeabel ist. In der Tat dürfen ja im Interesse einer raschen Heraus- schaffung des Kochsalzes sich der Bewegung desselben im Blatt nach der Epidermis zu keine großen Hindernisse entgegenstellen, wie es die so geringe Permeabilität wäre, die wir sonst meistens für anorganische Salze antreffen. Ja, die ganze Tätigkeit der Drüsen wäre nicht recht verständlich in diesem Falle. Denn die ununterbrochen arbeitenden Drüsen verlangen, wenn das Salz aus 30* 458 W. Ruhland, den Zellen ihrer Umgebung ganz oder zum größten Teil heraus- geschafft ist, einen fortdauernden, unverzögerten Nachschub von neuen Salzraassen, der sich nur durch Diosmose von Zelle zu Zelle vollzieht, indem die Gefäße mangels direkten Anschlusses an die Drüsen ihren Inhalt fortdauernd an die lebenden Elemente weiter- geben. Die anatomische Betrachtung zeigte uns ja, wie die kugelig weit hervorgewölbten Sammelzellen und die in außerordentlich großer Zahl auf sie zustrebenden und an sie angeschlossenen Chlorenchym- zellen diesen raschen Verkehr begünstigen. Würde dieser Nachschub neuer Salzlösung nicht in der Tat immer leicht vonstatten gehen, so wäre die fortdauernd hohe Kon- zentration der Sekrete salzreicher Blätter nicht zu verstehen. In- folge der reichlichen Verteilung der Drüsen sowohl in der oberen wie in der unteren Epidermis (man vergleiche die Zahlenangaben auf S. 423) ist der Weg, den die Salzlösung durch Diosmose in den lebenden Zellen zurückzulegen hat, allerdings nur sehr kurz, und es ist durch diese ganze Verteilung der Drüsen und die geringe Dicke der Blätter zweifellos einer ausgiebigen Absalzung schon Vorschub geleistet, die dann in der leichten Wegsamkeit der lebenden Zellen ihre wirksamste Vorbedingung findet. Diese leichte Wegsamkeit wäre zunächst experimentell darzutun. Für Messungen der Permeabilität haben wir die schöne plas- molytische Methode, welche bekanntlich gleichzeitig von Lepesch- kin^) und Tröndle^) gefunden wurde und insbesondere zur Ent- deckung der Abhängigkeit der Permeabilität von dem Beleuchtungs- zustande geführt hat. Die Methode beruht auf einer Vergleichung der theoretisch nach der Arrheniusschen Formel berechneten mit den empirisch gefundenen isotonischen Koeffizienten. Ich selber habe die Methode an Laubblättern von Buxus und Tilia trefflich bewährt und insbesondere zum Beweis der oben berührten Ab- hängigkeit der Permeabilität völlig ausreichend gefunden. Ich habe indessen schon bei Gelegenheit meiner Unter- suchungen über den Kohlenhydratstoffwechsel der Zuckerrübe^) auf gewisse Unstimmigkeiten bei Anwendung der Methode hinge- wiesen, die sich darin bemerkbar machten, daß die Blattzellen 1) „über den Turgordruck in vakuolisierten Zellen". (Ber. d. Deutsch. Bot. Gesellsch., XXVIa, 1908, S. 198.) 2) „Der Einfluß des Lichtes auf die Permeabilität der Plasmahaut". (Jahrb. f. wiss. Bot., XLVIII, 1910, S. 171.) 3) Jahrb. f. wiss. Bot., L, 1911, S. 228 f. Untersuchungen über die Hautdrüsen der Plumbaginaceen. 459 dieser Pflanze, wie durch Ernährung derselben mit Zuckerarten im Dunkeln und nachfolgende Stärkereaktion nachzuweisen, insbesondere für manche Hexosen gar nicht so schwer durchlässig sein können, was namentlich auch die ausgiebigen Zuckertransporte in den Ge- weben zeigen; im Gegensatz dazu vermag man nach der plasmo- lytischen Methode kaum viel davon zu erkennen. Die für den Permeabilitätskoeffizienten gefundenen Werte liegen ganz oder fast innerhalb der Fehlergröße. In der sich aufdrängenden und auch wohl sonst schon ge- legentlich ausgesprochenen Vermutung, daß im Plasmolysezustand die Durchlässigkeit des Plasmas verändert und zwar wohl meist verringert scheint, wurde ich nun durch meine Erfahrungen mit Statice bestärkt, vor allem auf Grund des Vergleiches solcher plasmolytischer Messungen mit Versuchen, bei denen ich die Auf- nahme von Salz durch unplasmolysierte Zellen analytisch- chemisch verfolgte. Zunächst seien einige Versuche mitgeteilt, welche die Gegen- sätzlichkeit der Aufnahmefähigkeit der Blatt- und Wurzelzellen für Kochsalz erkennen lassen. Hierzu genügt die erwähnte plas- molytische Methode vollkommen. Verwendet wurden gewöhnliche Freilandpflanzen, welche ohne besondere Salzzufuhr aus Samen herangezogen worden waren. Als Vergleichsstoff" benutzte ich Rohr- zucker, für den unter allen geprüften Stofi'en die geringste Durch- lässigkeit auch bei unserem Objekt besteht. Da ich als Plasmolyse- dauer entsprechend meinen früheren Erfahrungen') eine Stunde wählte, so waren Fehler infolge Rohrzuckeraufnahme nicht zu er- warten; eine solche trat vielmehr erst nach 10 — 20 Stunden ganz gelegentlich hervor. Da es mir nicht darauf ankam, den Einfluß der Beleuchtung zu studieren, sondern vielmehr einen zuverlässigen Durchschnittswert des Permeabilitätsfaktors zu ermitteln, so habe ich meine Messungen regelmäßig innerhalb von Perioden zerstreuten Lichtes ungefähr in den Mittagsstunden angestellt. Die hierbei verwendeten Lösungen waren, wie in allen meinen früheren einschlägigen Arbeiten durch Auflösen der betreffenden Zucker- oder Salzmengen in 1000 ccm Wasser hergestellt. Nur mehrere zwischen den so hergestellten Lösungen liegende Kon- zentrationen wurden aus jenen, der Einfachheit halber, volumetrisch 1) Jahrb. f. wiss. Bot., L, 1911, S. 228 f. 460 W. Ruhland, gewonnen. Dies sei bemerkt, weil Renner^) eine hierauf bezüg- liche Mitteilung von mir mißverstanden zu haben scheint, wenn er angibt, meine Lösungen „enthielten" jedesmal die betreffenden Mengen in 1000 ccm Wasser. Betrachten wir nun zunächst die Wurzeln. Zur Feststellung der Grenzkonzentration eignen sich intakte Wurzelhaare, gewisse Zellen der Wurzelhaube und der Wurzelepidermis, namentlich solche, in denen der Zellsaft rot gefärbt ist, wie es häufig vorkommt. Über- einstimmend wurde hier, wie übrigens auch in Wurzeln aus gewöhn- lichen Wasserkulturen, der Grenzwert 0,65 GM Rohrzucker pro Liter gefunden (Temp. 20,6" C), worin eben eine sanfte Abhebung der Protoplasten in der Mehrzahl der Zellen erfolgte. Der Grenz- wert für NaCl entspricht genau dem hieraus theoretisch berech- neten isotonischen Wert von 0,43 g/mol. Irgend eine Durchlässig- keit ist plasmolytisch überhaupt nicht feststellbar. Dasselbe gilt übrigens auch für KCl, KNO3, K2SO4, Na.SOi, MgSO* und Ca(N03)2. Im Gewebe der Hauptwurzel und in den inneren Zellen des Rhizoms liegt die Sache ebenso. Nebenbei gaben auch die Wurzeln von jungen Haferpflanzen dasselbe Resultat. Ganz anders stellen sich die Verhältnisse nun in den Blättern. Zur Messung wurden sowohl Epidermiszellen, wie Zellen des Chloren- chyms herangezogen. Am bequemsten sind wieder die Epidermis- zellen zu verwenden, weil auch in ihnen häufig rote Zellsäfte auf- treten. Die elastische Dehnung der Membran betrug durchschnitt- lich nur 2V05 80 daß sich aus ihr für die einzelne Zelle kein meßbarer Fehler ergab. Es ist nun zunächst sehr bemerkenswert, daß der plasmolytische Grenzwert in den Blättern außeroi deutlich viel höher lag als in den Wurzeln. In den Versuchspflanzen, die, wie erwähnt, gar keine Salze zugeführt erhielten, sondern in gewöhnlichem Gartenland oder in gewöhnlichen Wasserkulturen herangewachsen waren, betrug er nicht weniger als 1,35 GM^), mitunter sogar 1,42 GM., d. h., es ergab sich ein osmotischer Überwert von über dem Doppelten 1) „über die Berechnung des osmotischen Druckes". (Biolog. Zentralbl., XXXII, 1912, S. 486.) 2) Das entspricht etwa einem Druck von 36 Atmosphären, der als außerordentlich hoch für eine salzarme Pflanze bezeichnet werden muß. Bei salzreichen Pflanzen von Statice globularioides fand Cavara („Risultati di una serie di ricerche crioscopiche sui vegetali" fContr. Biolog. veg., IV, 1895, 41) auf kryoskopischem Wege nur 30 Atm., was er mit Recht schon als sehr hoch bezeichnet. Untersuchungen über die Hautdrüsen der Plumbaginaceen. 461 gegen die Wurzel, genauer von 0,70 GM. Dieser überaus hohe Überwert ist in Anbetracht der Tatsache, daß man besonders in höheren Bäumen öfter nach hohen osmotischen Saugkräften der Krone gefahndet hat, und zwar meistens ohne sehr impo- nierende Zahlen zu finden, recht bemerkenswert, weil es sich hier um eine ganz niedrige, mit ihren rosettigen Blättern dem Erdboden eng angeschmiegte Pflanze handelt. Das ist geeignet, recht nachdenklich gegenüber dem erwähnten Bestreben und den dabei vorausgesetzten oder vermuteten Zusammenhängen zu stimmen. Andererseits darf der hohe Turgordruck in den Blättern in An- betracht des soviel niedrigeren in der Wurzel auch nicht mit der halophilen Lebensweise der Pflanze im Sinne Fittings (a. a. 0.) in Beziehung gebracht werden. Im Chlorenchym ist der Druck derselbe oder gelegentUch auch ein wenig niedriger. Meine Messungen schwanken zwisclien den Werten 1,25 und l,40g/mol, je nach dem Material. Einzelne Zellen zeichnen sich dabei öfter durch niedrigere Drucke aus. Ich komme auf den hohen osmotischen Ubervvert der Blatt- zellen gegen die Wurzel später noch einmal zurück, hier inter- essieren uns zunächst die Permeabilitätsverhältnisse. Die bei ver- schiedenen Messungen mit verschieden alten Blättern und von verschiedenen Standorten, zudem zu verschiedenen Zeiten fest- gestellten Permeabilitätsfaktoren schwankten bei der Veränderlich- keit dieser Größe begreiflicherweise etwas, betrugen im Durch- schnitt aber etwa ß = 1,42 — 1,95. Nach mehrstündiger direkter Sonnenbeleuchtung stieg der Wert bis auf fi = 2,18. Es läßt sich somit schon auf Grund dieser Methode ein scharfer Unterschied gegenüber der Wurzel feststellen. An sich sind die für die Blätter erhaltenen Werte, die übrigens in der Epidermis nicht unerheblich kleiner waren (fi = 1,35 — 1,66), nicht besonders groß zu nennen, wenigstens gibt Tröndle ähnliche Zahlen für seine Ob- jekte an, die allerdings, weil der genannte Autor mit Normallösungen arbeitete, eine nicht unerhebliche Korrektion zu erfahren hätten. Da, wie ich oben erwähnte, der wahre Wert der Durchlässig- keit für Na Gl durch die plasmolytisch gemessenen Permeabilitäts- faktoren jedenfalls nicht angezeigt wird, und andererseits andere exakte Angaben darüber nicht gemacht werden können, möchte ich zur Veranschaulichung der Aufnahmefähigkeit der Blätter einige Zahlen anführen. Sie beziehen sich auf solche Blattstückchen, wie sie für die Drüsenuntersuchungen benutzt wurden. 462 W. Ruhland, Bei Beurteilung der Zahlen ist nun der außerordentlich wich- tige Punkt zu berücksichtigen, daß, wie an späterer Stelle nach- gewiesen werden wird, die Drüsen, auch wenn sie in eine NaCl- Lösung untergetaucht sind, doch fortfahren, das Salz energisch auszuscheiden. Wenn wir also in gewohnter Weise auch beim Studiuna der Na Cl- Aufnahme die Blattstückchen mit ihrer Ober- seite auf den Lösungen schwimmen lassen (taucht man sie unter oder läßt man sie mit der Unterseite auf der Lösung schwimmen, so tritt häufig Infiltration der Intercellularen ein, vgl. darüber weiter unten), so finden gleichzeitig zwei durchaus entgegengesetzte Prozesse statt: Abgabe von Salz durch die Drüsen, und Aufnahme desselben, vorwiegend durch die offenen Schnittränder. Wir sehen also, daß eigentümlicherweise gerade bei unserem Objekt auch diese Methode eigentlich gänzlich versagt, weil wir im chemischen Resultat nur die Differenz der beiden anta- gonistischen Vorgänge messen. Es läßt sich also auf keine Weise auch nur annähernd genau bestimmen, wie groß die Aufnahmefähig- keit für unser Salz ist; aber soviel steht fest, daß unter diesen Um- ständen die nachstehenden Angaben über die tatsächlich beobachtete Aufnahme noch außerordentlich hinter der wirklichen Aufnahme- fähigkeit zurückbleiben müssen. Dies ist auch noch darum der Fall, weil die Zellen meist noch erheblich Wasser aufnehmen'). Der Quotient Frischgewicht : Trockengewicht, der durchschnittlich etwa 3,20 beträgt, steigt schon in 1 —2 Tagen je nach der Konzentration der Außenlösung um einige Zehntel. Um so bemerkenswerter ist die Höhe der erhaltenen Zahlen. Anfängliche Na Cl- Gehalt Außen- lösung Erreichte Dieselbe Tage Konzentration auf Trocken- Innen- auf Trocken- des Verweilens des Gewebs- substanz konzentration substanz auf saftes an NaCl bezogen NaCl NaCl berechnet der Lösung 0,46 7o 1,17 7o 3 7o 0,98 7o 2,49 7o 1 0,22 „ 0,51 „ 3 „ 1,19 „ 3,90 „ 172 0,22 „ 0,51 „ 3 „ 2,12 „ 5,88 „ 3V2 0,22 „ 0,51 „ 3 „ 1,39 „ 3,72 „ 2 0,15 „ 0,34 „ 3 „ 2,17 „ 4,75 „ 3 0,21 „ 0,44 „ 4 „ 3,53 „ 9,42 „ 5'/. 0,25 „ 0,58 „ 3 „ 1,99 „ 5,56 „ 2 0,25 „ 0,58 „ 3 « 2,09 „ 5,76 „ 2V. 1) Aus dieser Erscheinung geht umgekehrt hervor, daß Sekretion auch bei sub- maximaler Turgeszenz möglich ist. Untersuchungen über die Hautdrüsen der Plumbaginaceen. 463 In dieser Tabelle sind absichtlich nur Versuche mit Blättern mitgeteilt, welche im Spätherbst und Winter erwachsen waren und sich demgemäß (vgl. S. 435) durch geringere Sekretionskraft aus- zeichnen, so daß die Herabdrückung der Endkonzentration durch die Sekretion nicht ganz in dem Maße wie sonst ins Gewicht fällt. Ferner fällt auf, daß nur Versuche mit 3- und mehrprozentigen Lösungen erwähnt sind, weil in schwächeren die Sekretion natür- lich eine relativ größere Rolle spielt. Stets waren die Blattstücke, entsprechend ihrer hohen Widerstandsfähigkeit gegen die Gift- wirkung des Na Gl (vgl. S. 470), völlig gesund geblieben, wie u. a. die weitere Sekretionsfähigkeit zeigte. Wir wollen nun andererseits einige Versuche betrachten, welche die entgegengesetzte Tätigkeit der Blätter, die Entsalzung ver- mittels der Drüsen, hervortreten lassen. Ich habe hierbei wieder keine solchen Versuche aufgeführt, bei welchen salzhaltige Blatt- stücke in gewöhnliches Wasser oder hypotonische Außenlösungen gebracht werden, da hierbei die einfache Exosmose eine unkon- trollierbare Rolle spielen würde, sondern die Versuche ebenso wie die Aufnahmeversuche durchgeführt, so daß also diesmal das Resultat wieder durch den gleichzeitig vor sich gehenden Import in die Zellen erheblich herabgedrückt wird. Aber gerade deshalb dürfen auch sie als um so schlagender bezeichnet werden. Natürlich dürfen hier Außen- und anfängliche Innenkonzentration des Na Gl nicht zu verschieden sein. Die Bezeichnung „schwim- mend" bedeutet, daß die Blattstücke mit ihrer Oberseite mit der Na Gl -Lösung in Berührung waren. Ver- Konzentra- Anfäng- liche Innenkon- zentration Gehalt auf Lage der Ver- Schließ- Dieselbe auf such Nr. tion der Außen- lösung Trocken- substanz bezogen Objekte in der Lösung suchs- dauer liche Innenkon- zentration Trocken- substanz bezogen 1 1,85 Vo 1,76 7o 4,85 7o schwimmend 8 Std. 1,72 7o 4,85 7o i 1,00 „ 1,18 „ 2,95 „ n 15 „ 0,55 „ 1,25 „ 1,25 „ 1,18 r, 2,95 „ „ 15 „ 0,87 „ 2,25 „ si 0,60 „ 0,57 „ 1,53 „ n 24 „ 0,34 „ 0,95 „ l 0,60 „ 0,34 „ 0,95 „ „ 48 „ 0,35 „ 0,98 „ •( 1.52 „ 1,52 „ 3,12 „ unter- getaucht 21 „ 0,75 „ 1,81 „ 1,52 „ 1,52 „ 3,12 „ schwimmend 21 . 1,01 „ 2,51 „ 5 2,00 „ 1,95 „ 5,04 „ unter- getaucht 24 , 1,69 „ 4,45 „ 464 W. Euhland, Diese Zahlen lehren also, daß trotz hoher Permeabilität des Blattgewebes für Kochsalz eine Entsalzung oder besser „Absal- zung" eintritt, indem die Drüsen durch die lebendige Kraft der Sekretausstoßung sogar in die, wenn auch nur schwach, hyper- tonische Außenlösung Salz abgeben, d. h. also bei nicht zu hoher Konzentrationsdifferenz von Innen- und Außenlösung tritt die Absalzung selbst dann gegen die Salzaufnahme in den Vorder- grund, wenn für eine solche Gelegenheit vorhanden ist. Daß die Absalzung keine scheinbare, nur durch die erwähnte weitere Wasser- aufnahme der lebenden Objekte vorgetäuschte ist, lehren die bei- gefügten Zahlen über den auf die Trockensubstanz bezogenen Salz- gehalt. Sie zeigen, daß die in der Tat stattfindendeWasser auf nähme nicht die Ursache des schließlich verminderten Salzgehaltes ist. So bietet sich uns denn in der Tat das Bild der Drüsen- tätigkeit dar, welches auf S. 457 f. entworfen wurde. Unter natür- lichen Verhältnissen werden also die Drüsen infolge der sehr ge- ringen Permeabilität der Wurzeln um so wirksamer einer Anhäufung von Salz im Blatt entgegenarbeiten können. In der Tat zeigt denn auch eine vergleichende Untersuchung von Blatt und Wurzel, trotz dauernder Konzentrierung durch Verdunstung in jenem, keine sehr erheblichen Unterschiede im Salzgehalt. Die Ergebnisse derartiger Untersuchungen seien im folgenden in aller Kürze wiederum tabel- larisch wiedergegeben: Pflanze Na Cl- Gehalt im Gewebssaft des Blattes Derselbe, berechnet auf die Trocken- substanz Na Cl- Gehalt im Gewebssaft der Wurzel Derselbe, bezogen auf die Trocken- substanz 1. Gewöhnliche Freiland- pflanze 2. Desgl 3. Desgl 4. Freilandpflanze, später 3 Monate in Crone- scher Nährlösung -j- 5% NaCl . . . . 5. Topfpflanze, im Zimmer seit ^/j Jahr mit NaCl- Lösung begossen 6. Desgl., seit 3 Monaten ähnlich behandelt wie 5 7. Freilandpflanze, mit Salzlösung begossen 8. Desgl 9. Desgl 0,34 7o 0,21 „ 0,43 „ 3,25 „ 1,52 „ 1,20 „ 2,15 „ 1,87 „ 1,77 „ 0,69 % 0,44 „ 1,19 „ 5,48 „ 3,12 „ 2,52 „ 4,34 „ 3,80 „ 3,55 „ 0,23 7o 0,19 „ 0,38 „ 2,93 „ 1,27 „ 1,12 „ 2,21 , 1,91 „ 1,70 „ 0,42 % 0,39 „ 0,98 „ G,12 „ 2,65 „ 2,30 „ 4,72 „ 3,96 „ 3,28 „ Untersuchungen über die Hautdrüsen der Plumbaginaceen. 465 An diesen Zahlen fällt zunächst der relativ geringe NaCl- Gehalt bei Nr. 4—6 trotz starker Salzzufuhr auf. Die Ursache war lebhafte Sekretion. Hierfür an einer späteren Stelle weitere Belege. Sodann aber ist überall der Unterschied im Salzgehalt von Blatt und Wurzel recht gering zu nennen, wenn man bedenkt, daß bei den im Zimmer gezogenen Winterpflanzen keine ausgiebige Sekretion stattfinden konnte. An den Freilandpflanzen Nr. 7 — 9 ist denn der Unterschied auch noch geringer, bei 7 und 8 ist sogar der Gehalt in den Blättern etwas geringer als in der Wurzel. Immerhin ist an diesen Zahlen zu bemängeln, daß sie kein recht anschauliches Bild der Drüsentätigkeit und ihres Nutzens für die Pflanzen geben. Das rührt daher, daß man die Drüsen- tätigkeit nicht willkürlich völlig ausschließen kann. Immerhin kann ich in dieser Beziehung wenigstens einige Versuche anführen, welche Pflanzen in Wasserkultur betrefi"en. Unter diesen zahlreichen Pflan- zen waren nämlich einige, die durch sehr mangelhafte Sekretion auffielen, und zwar solche, deren Blätter meist zwar, wie die ganzen Pflanzen völlig gesund, z. T. aber unter der Zimmertrockenheit des Spätherbstes ofi"enbar litten, wie ihr teilweise baldiges Vertrocknen zeigte. Bei den in der folgenden Tabelle unter 1—3 erwähnten Pflanzen waren die Blätter dicht mit dem von den Drüsen aus- geschiedenen Salz bedeckt, das verschiedentlich mit Wasser abge- waschen wurde, aber immer wieder reichlich erschien, während bei 4 und 5 nur sehr wenig Salz auf der Blattoberfläche zu bemerken war. Leider gestatten die Pflanzen zwar keinen unmittelbaren strengen Vergleich, ich habe deshalb auch davon abgesehen, die transpirierenden Oberflächen genauer zu berechnen; da sie bei 1 — 3 annähernd gleich, bei 4 und 5 aber ziemlich viel kleiner waren, so dürfen die Versuche als um so beweiskräftiger für das Gesagte be- zeichnet werden. Also Unterschied Versuch Die Nährlösung Na Cl- Gehalt Na Cl- Gehalt der Blatt- und Nr. enthält % NaCl im Blattsaft im Wurzelsaft Wurzel- Konzentration 1 3,0 7„ 1,37 7o 1,29 7o 0,08 7o 2 3,0 „ 1,56 „ 1,39 „ 0,17 „ 3 5,0 ^ 2,88 „ 2,74 „ 0,14 „ 4 3,5 „ 3,09 „ 1,80 „ 1,29 „ 5 4,0 „ 3,48 „ 2,01 „ 1,47 „ 466 W. Ruhland, Sodann mag das Gesagte auch noch durch das Verhalten zweier anderer Halophyten erläutert werden, die sich von dem aufgenommenen Salz nicht zu befreien vermögen. Es handelte sich um Pflanzen von Spergularia salina und von Lathyrus maritimus, die ich aus Samen in Töpfen erzog und ganz gleich den unter Nr. 5 und 6 der Tabelle auf S. 464 erwähnten, stark sezernierenden 5'fa^ice- Exemplaren im Zimmer mit Na Cl- Lösung begossen hatte. Die Pflanzen blieben ziemlich klein, waren aber sonst typisch und gesund. Dauer Schließlicher Pflanze der Behandlung Na Cl- Gehalt im mit NaCl Blattsaft Statt ce .... 6 Monate 1,52 «/o ,, .... 3 „ 1,20 „ Lathyrus 6 . 2,89 „ „ ... 6 „ 3,07 „ Spergularia 3 „ 3,18 „ » 3 n 3,28 „ Es braucht wohl kaum betont zu werden, daß ein solcher Vergleich zwischen spezifisch ganz verschiedenen Pflanzen, die ganz andere Transpirationsverhältnisse, anderen Wuchs, andere Durch- lässigkeit ihrer Zellen besitzen, nur einen äußerst bedingten Wert beanspruchen kann. Auch werden trotz angestrebter Gleichmäßig- keit der NaCl- Zufuhr größere Unterschiede in den Salzkonzentra- tionen der einzelnen Töpfe keineswegs ausgeschlossen. Ein direkter Schluß, daß der geringere schließliche NaCl- Gehalt in den Blät- tern der iS'/a^ice- Pflanzen der Drüsentätigkeit zu danken ist, kann jedenfalls nicht gezogen werden, immerhin ist das Resultat in dieser Hinsicht wohl bemerkenswert. Sehr wünschenswert scheint mir, bei einer größeren Zahl verschiedener Halophyten den NaCl-Gehalt der Wurzeln mit dem der Blätter zu vergleichen, um zu sehen, ob die Transpiration bei mangelnder Abscheidungsfähigkeit zu einer erheblichen Salzanhäufung in diesen führt. Ich habe über diesen wichtigen Punkt in der Literatur keine Angaben finden können. Daran, daß die Drüsen die Fähigkeit haben, der Absalzung der Blätter in hohem Maße zu dienen, kann nach unseren Resul- taten über das Verhältnis von Saft- und Sekretkonzentration, ferner nach den tatsächlich von mir experimentell festgestellten, Untersuchungen über die Hautdrüsen der Plumbaginaceen. 467 innerhalb kurzer Zeit erfolgenden Absalzungen und vor allem auch angesichts des scharfen Gegensatzes in der Salz- durchlässigkeit der Blätter einer- und der Wurzeln anderer- seits wohl kein Zweifel mehr bestehen. Diesen Nutzen nun streng quantitativ zu verfolgen, stößt, wie wir oben sahen, auf außerordentliche Schwierigkeiten, immerhin geben unsere oben mitgeteilten Vergleiche zwischen schlecht und gut sezernierenden Individuen und zwischen letzteren und anderen nicht sezernierenden Halophyten einige, wenn auch dürftige An- haltspunkte. Wie sich die Funktion der Drüsen unter natürlichen Ver- hältnissen gestaltet, ob sie der Pflanze großen oder geringen Nutzen gewährt, wird in erster Linie davon abhängen, ob die Be- dingungen für eine ausgiebige Betätigung der Drüsen geboten sind. Diese aber bestehen in erster Linie und fast ausschließlich in einer genügenden Wasserversorgung und Turgeszenz der Blätter, wie sich nicht nur überall in meinen Kulturen, sondern eindeutig auch bei meinen Versuchen mit Blattmaterial zeigte, welches aus verschieden konzentrierten Lösungen Wasser schöpfte. Wie eingangs erwähnt, zweifelt Fitting an dem Nutzen der Drüsen für die Absalzung, wenigstens bei den von ihm an Ort und Stelle untersuchten und beobachteten Wüstenbewohnern unter den Plumbaginaceen. Indem ich gleichzeitig auch auf meine Ausführungen in dem Abschnitt III D hinweise, möchte ich dazu hier noch folgendes bemerken: Für die große Mehrzahl der Arten, soviel ist von vornherein klar, können solche extremen Fälle nicht maßgebend sein. Sind doch verhältnismäßig nur ganz wenige Arten Bewohner der Wüste. Bezüglich dieser darf man nun wohl sagen, daß die Drüsen hier, wenn sie nicht durch Salzausstoßung nützen, nicht nur un- verständhch erscheinen würden, sondern wegen der Abgabe des unter diesen Verhältnissen so kostbaren Wassers, dessen Speiche- rung sie mindestens verhindern, geradezu als schädlich bezeichnet werden müßten. Immerhin wäre das eine a priori nicht unmög- liche Sachlage; denn es ist natürlich zuzugeben, daß bei diesen extremen Xerophyten der Nutzen der Drüsen durch das Klima, dem sie sich angepaßt haben, sekundär mehr oder weniger in Frage gestellt oder in das Gegenteil verwandelt wäre. Sehr bemerkenswert scheint mir nun aber, daß Fitting er- wähnt, er habe morgens öfter die Blätter solcher Wüstenformen 468 W. Kuhland, mit einer „Salzlauge" bedeckt gefunden, die er lediglich durch eine osmotische Nachsaugung von Wasser seitens einer schon vorhan- denen Salzkruste aus dem Blatt erklären möchte. Ich habe nun im Zimmer Pflanzen mit dichten Salzüberzügen lange dauernd be- obachtet, aber selbst an Wasserkulturpflanzen mit ihrem Übermaß von stets zur Nachsaugung zu Gebote stehendem Wasser diese Krusten stets trocken gefunden. Offenbar findet infolge der Lang- samkeit der Sekretion schon bei der durchschnittlichen Lufttrocken- heit unseres Klimas die Verdunstung der Sekretflüssigkeit gleich innerhalb des Porenkanals statt, wie die meist äußerst feinfädige Form der Salzüberzüge (NaCl, KCl) auch bei den Wasserkultur- pflanzen deutlich zeigt. Und wäre die Kutikula genügend wasser- durchlässig, 80 müßte schon durch bloße Verdunstung des Imbibi- tionswassers der Membranen Salz reichlichst nach außen gelangen, so wie es Nobbe und Siegert^) bei Salzkulturen mit Buchweizen beobachteten. Wo man also flüssige Sekrete beobachtet, wie an genügend feuchten Tagen oder frühmorgens, besonders an der Blattunterseite oder an dem ebenfalls gegen Eintrocknung ge- schützteren Grunde der Oberseite (d. h. im Mittelpunkt der Blatt- rosette), da handelt es sich um primäre, noch nicht ver- dunstete Sekretflüssigkeit, nicht aber um osmotisch nach- gesaugtes Blattwasser. Und so werden denn wohl auch die erwähnten „Salzlaugen" der Wüstenarten jedesmaligen nächtlichen Sekretionen, die nach unseren Erfahrungen im Turgeszenzzustande sogleich erfolgen, ihre Ent- stehung verdanken. Es wäre ja auch noch ein Zerfließen der Salzkruste durch Ansaugung atmosphärischen Wasserdampfes bei sehr feuchter Luft denkbar, und es würde sich dann um die Frage handeln, ob die Wüstenpflanzen unter diesen Umständen turgeszent genug waren, um sezernieren zu können. Das ließe sich leicht durch vorheriges Entfernen des Salzüberzuges an markierten Blättern exakt entscheiden, die dann, bei fehlender Sekretion, trocken bleiben müßten. Bevor solches geschehen und nachgewiesen ist, scheint es mir nicht notwendig, die Erscheinung bei den fraglichen Pflanzen anders als bei den übrigen zu „deuten". Daß in der Tat aber einzelne Glieder der Familie sich be- sonderen, von denjenigen der Artenmehrzahl abweichenden Lebens- bedingungen angepaßt haben und daß damit dann sekundär auch 1) Landwirtschaft!. Versuchsstationen, VI, 1864, S. 37. Untersuchungen über die Hautdrüsen der Plumbaginaceen. 469 die Bedeutung der Drüsentätigkeit möglicherweise eine Verschiebung erfahren haben kann, scheint mir nun das Beispiel unserer ein- heimischen Armeria vulgaris zu lehren, das wir kurz betrachten wollen. Zu diesem Zwecke erst einige Worte über die andern in Betracht kommenden Salze. b) Ärmeria vulgaris und die Kalk frage. Ich hatte schon weiter oben hervorgehoben, daß auch eine große Reihe anderer Salze von den Drüsen ausgeschieden wird, und zwar — sofern sie nur in größerer Menge dargeboten werden — anscheinend nicht in geringerem Maße wie Na Gl. Zu diesen Salzen gehören nun so wichtige Nährstoffe, wie Sulfate, Phosphate, Nitrate, Mg-, K- und Ca-Salze. Die Drüsen arbeiten also sozusagen „wahl- los"; aber bei der ökologischen Beurteilung dieser zunächst be- fremdenden Tatsache ist zu bedenken, daß alle diese Salze ja gerade wegen des mangelnden Anschlusses der Drüsen an das Gefäßbündel- system des Blattes zuvor reichlich die lebenden Zellen durchströmt haben, so daß diese genügende Gelegenheit hatten, aus der sie durchströmenden Lösung zu schöpfen und die für ihren Bedarf nötigen Mengen festzuhalten. Auch von einer besonderen Verschwendung an Salzen und Ausplünderung des Bodens wird man nicht sprechen dürfen, da ja die auf die Blattoberfläche aus- geschiedenen Salze durch den Regen wieder in den Wurzelbereich der Pflanze gelangen können. Wenn wir nun im Zusammenhange mit der Drüsentätigkeit die edaphische Verbreitung unserer einheimischen Armeria vulgaris betrachten, so stoßen wir hier in der Tat auf ganz andere Ver- hältnisse als bei wohl fast allen anderen Arten der Familie. Denn wenn auch diese ausgesprochen halophilen Pflanzen gelegentlich einmal an Standorten vorkommen mögen, die nicht durch beson- deren Kochsalzgehalt ausgezeichnet sind, so ist für Armeria vul- garis ein solches Vorkommen typisch, ja sie scheint sogar besonders salzarme Standorte zu bevorzugen, so z. B. sandige Heide-, magere Porphyrböden usw. Dieses Vorkommen war mir zunächst nach Versuchen mit den Drüsen dieser Pflanze, welche sich zu ausgiebiger Kochsalzsekretion befähigt erwiesen, ziemlich unverständlich, bis ich bei etwas länger dauernden Salzversuchen auf eine gewisse Empfindlichkeit der Blätter gegen Kochsalz aufmerksam wurde. 470 W- Ruhland, Diese Empfindlichkeit trat dann in vergleichenden toxikolo- gischen Versuchen stark hervor, von denen ich nur den folgenden hier anführen will: Am 17. August wurden je einige, 1 qcm große Blattstücke von Lahurnum vulgare, Armeria vulgaris, A. maritima, Statice latifolia und 8t. Omelijii auf Iproz. Na Cl- Lösungen gelegt. Das erste Absterben der Stücke von Lahurnum und Armeria vul- garis machte sich in diesem Falle schon am 25. August bemerkbar, alle übrigen Stücke waren völlig gesund. Am 6. September be- ginnt dann das Absterben der Stücke von A. maritima, am 21. September leben nur noch die Stücke von Statice Gmelini. Der Versuch, bei dem die Lösungen in angemessenen Zwischen- räumen erneuert worden waren, mußte darauf aus äußeren Gründen abgebrochen werden. Ahnlich verliefen auch andere Versuche, bei denen stets die viel größere Empfindlichkeit der A. vulgaris und der anderen Nicht- Halophyten gegenüber den typischen Plumbaginaceen hervortrat. Armeria maritima wird von vielen Floristen und Systematikern nicht als eigene Art, sondern nur als Varietät oder sogar nur als Standortsform von ^1. vulgaris betrachtet. Wenn auch letzteres wohl zu weit geht, so dürften beide doch jedenfalls eng zusammen- gehören. Doch dürfte es phylogenetisch richtiger sein, dann A. vulgaris als Varietät (die mit der Gewöhnung an andere Stand- orte die Widerstandsfähigkeit gegen die Giftwirkung des NaCl ein- gebüßt hat) zu A. maritima, nicht umgekehrt, zu stellen, was in Anbetracht ihrer Sekretionsfähigkeiten, der Halophilie der anderen Formen der Familie und dem sonstigen oben Gesagten wohl keiner besonderen Erörterung mehr bedarf. Erscheint somit die Verbreitung der A. vulgaris trotz ihrer Salzausscheidungsfälligkeit durch ihre Empfindlichkeit gegen die Giftwirkung des Kochsalzes erklärlich, so entsteht doch noch die Frage, ob und welchen Nutzen die Pflanze unter diesen Verhält- nissen aus dem Besitz ihrer Drüsen ziehen kann. So wird man denn hier, da weder andere Salze noch ein besonderer Wasser- überfluß in Frage kommen, auf einen möglichen Zusammenhang mit der Kalkabsonderung geführt. Obwohl die häufigeren Stand- orte unserer Art von einem besonderen Kalkreichtum nichts ver- raten, macht sich doch Kalk, der ja tatsächlich überall vorhanden ist, gerade in den Sekretionen hier und auch sonst bei Plumbaginaceen recht bemerkbar. Das hat ja, wie oben schon erwähnt wurde, die meisten Autoren dazu geführt, kurzweg von „Kalkdrüsen" zu sprechen. Untersuchungen über die Hautdrüsen der Plumbaginaceen. 471 Daß Kalksalze zweifellos und wohl kaum viel schwerer als andere Salze ausgeschieden weiden, habe ich durch Versuche mit CaClo nachweisen können, im Gegensatz zu einer kurzen gegen- teiligen Angabe von Schtscherbak. Kalk fehlt auch nach meinen Erfahrungen bei keiner der untersuchten Arten im Sekret'), selbst wenn man andere Salze dargeboten hat. Eine „Erklärung" vom ökologischen Standpunkt aus für die Kalkabgabe geben zu wollen, ist eine mißliche Sache. Trotzdem möchte ich die Aufmerksamkeit auf einen möglichen Zusammen- hang mit einer Eigentümlichkeit der Plumbaginaceen, wenigstens der von mir daraufhin genauer untersuchten, lenken; das ist das meist gänzliche Fehlen von oxalsaurem Kalk in den Geweben, Sole reder, den ich daraufhin ansah, spricht nur von einem „nicht häufigen" Vorkommen von oxalsaurem Kalk, der dann in Form von Drusen und Einzelkristallen vorhanden sei. Maury beschreibt und bildet im vergleichend -anatomischen Teil seiner Arbeit einige Calciumoxalatkristalle im Mark eines alten Sprosses von Plumbago aphylla und von Vogella ab. Ich habe Blätter und Mark verschiedener Statlce- und Armeria- Arten vergebens untersucht. Recht bemerkenswert scheint mir nun, daß Oxalsäure auf chemischem Wege nichtsdestoweniger überall, auch in den Blättern nachweisbar ist. Das Material, mindestens 25 — 50 g, wurde zu diesem Zwecke mit verdünnter Salzsäure gekocht, darauf wurde filtriert, mit Ammoniak neutralisiert und mit einem großen Über- schuß von Soda anhaltend gekocht. Bei der folgenden Filtration blieb somit der Kalk als Karbonat auf dem Filter. Das Filtrat wurde nach Ansäuern mit Essigsäure kochend mit Calciumacetat versetzt, weiter erhitzt und (wegen des besseren Durchlaufens heiß) filtriert. Das Filter wurde verascht, der Rückstand mit Essigsäure aufgenommen, filtriert und das Filtrat mit Ammon- oxalat gefällt. So waren meist mehrere Milligramm Oxalsäure nachweisbar; bei Statice Gmelini waren allerdings öfters nur Spuren aufzufinden. Eine merkliche Vermehrung der normalen Oxalsäurebildung oder die Abscheidung von Kalkoxalat künstlich hervorzurufen, in- dem ich den Pflanzen (es handelte sich hier um St. Omelini) als alleinige Stickstoffquelle in über Va Jahr dauernden Wasserkulturen 1) Nach einigen Analysen kann der Gehalt an CaO unter natürlichen Verhält- nissen bei Armeria vulgaiis bis 88 % der Asche des festen Sekretrückstandes betragen. Jahrb. f. wiss. Botanik. LV. 31 472 W- Ruhland, Calciumnitrat darbot, ist mir nicht gelungen. Benecke') konnte bekanntlich durch Darbietung von Calciumnitrat oder Ammonsalzen die Bildung von Calciumoxalat befördern oder verringern. Im ersten Falle wurden durch den Stickstoffwechsel Base frei, die dann durch Oxalsäure abgesättigt wurde. Ich bin geneigt, nach diesem Sachverhalt anzunehmen, daß den Drüsen hier die Beseitigung der überschüssigen Basen zufällt, so daß eine Bindung an die gleichwohl vorhandene Oxalsäure unterbleiben kann. Da ich auch im Sekret keine an andere Basen gebundene Oxalsäure nachweisen konnte, dürfte diese im Stoff- wechsel hier eine andere Rolle spielen. Daß Kalk dagegen stets im Sekret auftritt, und zwar offen- bar als saures Karbonat (beim Eindampfen findet man regelmäßig CaCOs) wurde bereits erwähnt. C. Versuche mit Wasserkultureii. Fast alle für meine Versuche und Beobachtungen verwendeten Pflanzen waren Ende April ausgesät worden und entwickelten sich zu kräftigen normalen Pflanzen. Ein Teil derselben wurde nach dem Pikieren ins Freiland versetzt, wo sie besonders üppig gediehen, ein anderer wurde in Töpfe verpflanzt, die später mit verschiedenen Salzen behandelt wurden. Die Pflanzen erwiesen sich in bezug auf die Beschaffenheit ihres Standortes als sehr anspruchslos, nicht nur insofern als sie, wie auch andere Halophyten, keinen Salzboden zu ihrem Gedeihen verlangten, sondern sie waren auch hinsichtlich der übrigen chemischen und physikalischen Eigenschaften des Bodens nicht wählerisch. In gut gedüngter Gartenerde gediehen sie ge- radezu üppig. Infolge dieser Anspruchslosigkeit war es auch leicht, sie in Wasserkulturen zu erziehen. So wurden denn zu verschiedenen Zeiten teils ganz junge, teils ältere und lebhaft wachsende Exem- plare in V. d. Cronesche Nährlösung übertragen, die sich für das Wurzelwachstum infolge ihrer neutralen Reaktion als besonders geeignet erwies. Statt des vorgeschriebenen Ferrophosphates ver- wendete ich übrigens mit bestem Erfolge Ferriphosphat. Einige schon erwähnte Pflanzen erhielten, um womöglich Oxalatbildung zu erzielen, auch folgende etwas abweichende Nährlösung, die sich auch als sehr günstig zeigte: 1) „über Oxalsäurebildung in grüneu Pflanzen". (Botan. Ztg., LXI, 1903, S. 79.) Untersuchungen über die Hautdrüsen der Plumbaginaceen. 473 Aq. dest. . . . 1000 Ca(N03)2 + aq . 1,5 KCl . . . . 1,0 MgSOi + aq. . . 0,5 Ca3(P04)2 . . 0,25 FeP04 + aq. . 0,25 CaS04 + aq. . 0,5 Die zylindrischen Kul- turgefäße faßten 1800 ccm Wasser, die Nährlösung wurde in angemessenen Zwischenräumen , meist etwa nach je 3 Wochen erneuert. Zu den Nähr- lösungen wurden dann nach Bedarf noch größere Zusätze bestimmter Salze gegeben. Bei der Entwicklung der Pflanzen trat an jun- gen Blättern sehr auffällig reichliche Schleimbildung hervor, welche der Tätig- keit besonderer Schleim- drüsen zu danken ist, die am Blattgrunde sich ober- seits in größerer Zahl vor- finden und auf deren Bau und Natur hier nicht wei- ter eingegangen werden soll. Die Schleimbildung ist an kräftig wachsenden Exemplaren so reichlich, daß die durch die mehr oder weniger stengelumfassenden Blattbasen gebildeten Trichter mit dem faden- ziehenden, klebrigen Schleim ganz ausgefüllt werden können. Der Schleim, mit dem die jungen Blätter ganz bedeckt sind und der ihnen das bekannte „lackierte" Aussehen verleiht, trocknet später zu einer harten, abblätternden, dünnen Kruste zusammen. Über die Bedeutung dieser auffälligen Schleimbildung will ich hier keine Vermutungen äußern. 31« Fig. 14. Statice Gmelini, 7 Monate alte Pflanze in Wasser- kultur. ^4 natürl. Gr. 474 ^- Ruhland, Schon an den ganz jungen Blättern machen sich nun bei ent- sprechender Salzzufuhr die Salzausscheidungen bemerkbar, die, wie im anatomischen Teil ausgeführt wurde, auf die Tätigkeit einzelner, der Entwicklung des übrigen Blattgewebes weit voraneilender Drüsen zurückzuführen sind. Im allgemeinen ist die Sekretion der Blätter solcher Wasser- kulturpflanzen sehr lebhaft, offenbar wegen der dauernd reichlichen Versorgung mit Wasser. Auch auf den Blättern solcher Pflanzen, welche nur die genannten Nährstoffe erhielten, tritt schließlich eine deutliche Salzkruste in Erscheinung, in der alle zugesetzten Nähr- stoffe, mit alleiniger Ausnahme des Eisens, leicht nachgewiesen werden konnten. Da, wo zur allgemeinen Nährlösung noch besondere Salze in ein- bis mehrprozentiger Konzentration dargeboten worden waren, waren die Salzkrusten natürlich viel stärker ausgebildet. Daß diese Salzkrusten aus dem Blattgewebe osmotisch Wasser angesogen hätten, habe ich, wie erwähnt, nie bemerkt. Bezüglich der Sekretionskraft fiel, wie ebenfalls schon hervor- gehoben, der große Unterschied der im Sommer bei guter Beleuch- tung und der in den trüben Herbst-, und namentUch Wintermonaten wachsenden Wasserkulturpflanzen auf. Da die Wasserzufuhr hier als bedingendes Moment für diesen großen Unterschied ausscheidet, so kann für die schwache oder an der Luft fast ganz fehlende Winter- sekretion wieder nur der zu geringe Gehalt der Blätter an irgend- welchen organischen Stoffen, wie dies auch aus unseren im Ab- schnitt III A a mitgeteilten Versuchen wahrscheinlich wurde, ver- antwortlich gemacht werden. Daß die ja sehr hohe Lufttrockenheit des geheizten Zimmers im Winter hier wesentlich mitgesprochen haben sollte, ist mir wenig wahrscheinlich, da ich im Sommer bei einer relativen Feuchtigkeit von nur 50 ^/o energische Sekretionen beobachtet hatte und andererseits das Überstülpen von Glasglocken über die Winterkulturen wenig an der Ausscheidungsintensität änderte. Da, wie gesagt, die Bewurzelung der Rhizome in unserer Nähr- lösung besonders günstig war, so konnten dieser ohne Schaden größere Salzmengen verschiedener Art zugesetzt werden. Freilich darf der Sprung von der noch nicht 3 °/oo lösliche Salze enthalten- den V, d. Cr on eschen Nährlösung nicht allzu schroff sein; immerhin kann man kräftige Pflanzen ohne Schaden in 3proz. Salzlösungen aus jener unvermittelt übertragen. Die Pflanzen vertragen aber Untersuchungen über die Hautdrüsen der Plumbaginaceen. 475 selbst einen plötzlichen Zusatz von z.B. 4 Vo NaCl, wenn man nur die Vorsicht gebraucht, in der ersten Woche durch Über- stülpen einer feuchten Glocke den Wasserverlust durch Transpira- tion zunächst etwas herabzusetzen. So habe ich Pflanzen monatelang in Nährlösungen gezogen, welche 3— 5 "/o KCl, 3— 6 7o KNO3, 3-4% NaoSO^, 2-3% CaClo usw. enthielten. Die Pflanzen sahen dabei freudig grün und überhaupt gesund aus, nur bei den neu angelegten Blättern machte sich in den höheren Konzentrationen meist eine gewisse Reduktion in der Größe bemerkbar. Die meisten Versuche machte ich naturgemäß auch hier mit Natriumchlorid. Durch allmähliche Steigerung der Konzentration in mehrwöchentlichen Zwischenräumen konnte ich schließlich bis zu lOproz. Kulturen gelangen, in denen allerdings die Gefahr des Vertrocknens schon ziemlich groß war, so daß einige dieser Kul- turen allmählich eingingen. Aber selbst noch 12proz Lösungen wurden vertragen, wenn die Transpiration durch eine Glasglocke herabgesetzt wurde. In diesen lOproz. Kulturen war zweifellos infolge der durch die hohe osmotische Kraft der Nährlösung erschwerten Wasser- zufuhr die Sekretion meist nur noch recht schwach und so wurde denn im Innern der Blätter dieser Pflanzen eine besonders starke Salzanhäufung hervorgerufen. Leider mußte zur Zeit des beson- deren Gedeihens dieser interessanten Kulturen aus äußeren Gründen eine Chloridbestimmung unterbleiben, immerhin aber konnten sie zu osmotischen Messungen verwendet werden. Ich teile im folgenden derartige Messungen mit. Die be- treffende Pflanze befand sich seit dem 10. Mai in gewöhnlicher V. d. Cr on escher Nährlösung; am 1. Juli erhielt die Nährlösung einen Zusatz von zunächst 1 Vo NaCl, am 10. Juli weitere 2%, also im ganzen 3 % NaCl, die bei fortdauernd enormer Sekretion (die Blätter waren ganz mit den Ausscheidungen bedeckt) am 17. Juli auf 5 7o erhöht wurden. Auch jetzt hielt sich nach einem vorübergehenden Rückgange die Sekretion noch auf sehr beachtens- werter Höhe, nahm jedoch überaus stark ab, als am 1. August die Konzentration auf 8 7o, und stand so gut wie still, als sie am 11. August auf 10 Vo NaCl erhöht wurde. Zu diesem Zeitpunkt betrug die Länge der längsten Wurzeln 28,5 cm. Wie die Messung am 25. August, also 2 Wochen später zeigte, waren sie selbst in dieser Lösung noch weiter, nämlich bis 30,3 cm gewachsen. Leider 476 ^^- Ruhland, war das Wurzelsystem an mehreren Stellen verletzt, so daß dieser Umstand die Salzaufnabme bedeutend erhöht haben dürfte. (Unter Wasser fand keine Verkorkung der Wunden statt.) Die Blätter sahen etwas kränklich aus, waren rötlich überlaufen, was auf eine Färbung der Epidermiszellen zurückzuführen war. Ihre Größe be- trug nur etwa 5 cm in der Länge und etwa 2 cm in der Breite, sie waren also um mehr als die Hälfte unter der durchschnittlichen normalen Größe zurückgeblieben. Zur Messung des Turgordruckes empfiehlt sich die kryosko- pische Methode trotz ihrer Einfachheit aus manchen Gründen weniger. Darin stimme ich Fitting bei, der die ihr in letzter Zeit zuteilgewordene Bevorzugung als nicht ganz gerechtfertigt bezeichnet. Ich glaube aber, daß ihre Mängel weniger in der Gefahr auto- lytischer Zersetzungen bestehen — diese treten erst sehr allmäh- lich hervor — , und auch die dunklen Verfärbungen der Preßsäfte, die wohl durch Oxydation irgendwelcher phenolartiger Stoffe be- dingt sind, dürften nur wenig am osmotischen Wert des Saftes ändern; sondern ich glaube vielmehr, daß der Hauptmangel in der Konzentrierung der Säfte an der Luft während des Auspressens und Koliercns liegt. Auch die Messung mit Hilfe von Salpeterlösungen und anderer anorganischen Salze kann ich nicht empfehlen, vor allem weil für diese hohen Konzentrationen die osmotischen Drucke nicht genau bekannt und mindestens wegen der mit der Konzentration ab- nehmenden Dissoziation usw. aus den Gefrierpunktserniedrigungen erst umständlich zu berechnen sind. Auch ist in den extremen Fällen die Löslichkeit dieser Stoffe mitunter zu gering. Ich fand am geeignetsten die leicht lösliche Glukose (Merck, reinst), bei der man auch keine Fehler infolge der Plasmadurchlässigkeit zu befürchten hat. Ich fand nun am 28. August als Grenzkonzentration der rot gefärbten Epidermiszellen nicht weniger als 6,2 GM pro Liter, was bei 20° C einem Drucke von 6,2 , 26,64 = 165,2 Atmo- sphären (vgl. Renner, a. a. 0., Tabelle 1) entsprechen würde ^). Einige dieser Epidermisstücke wurden in destilliertes Wasser ge- 1) Vergleiche hiermit die von Cavara (a. a. 0.) bei anderen Salzpflanzen und namentlich die von Fitting (a. a. 0.) bei Wüstenpflanzen gefundenen Werte. Ob unter natürlichen Verhältnissen bei Statice Gmelini derartig hohe Drucke vorkommen, vermag ich nicht zu sagen. Untersuchungen über die Hautdrüsen der Plumbaginaceen. 477 legt. Nach 14 Stunden waren weitaus die meisten Zellen tot, viel- leicht infolge Aufplatzens, obwohl dies nicht direkt festgestellt werden konnte. In der Flüssigkeit war reichhch NaCl nachzu- weisen; die noch lebenden Zellen zeigten bei einer erneuten plas- molytischen Bestimmung den Druck von 1,5 GM Traubenzucker (also 1,5 X 26,64 = 39,96 Atmosphären). Dieser war also schon fast, und offenbar hauptsächlich oder ganz durch Exosmose von NaCl, auf den Normalwert (1,35 GM — 35,96 Atm.) zurück- gegangen. In der Wurzel wollten die Messungen leider nicht be- friedigend gelingen, so daß ich auf Angaben darüber verzichten muß. Jedenfalls lag der Wert für diese beträchtlich tiefer^). Wenn ich auch leider, wie erwähnt, eine Chloridbestimmung mit diesem interessanten Material nicht vornehmen konnte, so scheint mir doch nach der ganzen Katatonoseerscheinung anzunehmen zu sein, daß der beobachtete ungeheure Druck in den Blättern ganz oder fast ausschließlich durch einfache Salzspeicherung hervorgerufen wurde, also auf die gleiche Weise, wie es für Bakterien^) beschrieben worden ist. Die Erhöhung ging bis zu einem Wert, der weit größer war, als zu einer Wasserentnahme aus der Nährlösung nötig gewesen wäre. Wie groß der osmotische Druck einer 10- proz. Chlornatriumlösung ist, habe ich nicht berechnen können, da ich Angaben über ihre Gefrierpunktserniedrigung in der Literatur nicht gefunden habe und über einen Beckmannschen Apparat nicht verfügte. Wenn, wie Renner angibt, eine NaCl- Lösung von 1 GM pro Liter bei IS*^ C (= 5,85 Vo) einen osmotischen Druck von 45,5 Atmosphären gibt, so muß natürhch derjenige einer lOproz. Lösung weit unter dem Wert liegen, der in den Blättern aufgefunden wurde. Und wir werden nicht fehlgehen, wenn wir die Erreichung einer so überaus hohen Konzentration des Blatt- saftes in verhältnismäßig sehr kurzer Zeit mit der auffallend ge- ringen Drüsentätigkeit in ursächlichen Zusammenhang bringen. Gelegentlich hervortretende Sekrettropfen wurden nach der Dampf- druckmethode gemessen. Die Konzentration übertraf diejenige einer ISproz. NaCl -Lösung anscheinend noch bedeutend. 1) Bei einer schlecht sezernierenden, in 1 % NaCl -f- Nährlösung erwachsenen Pflanze betrug die Grenzkonzentration in der Blattepidermis 2,9 GM Glukose pro Liter, in der dazugehörigen Wurzel sowie in Stengelzellen, die dicht unter den Blattansatzstellen lagen, gab 1 GM Glukose starke Plasmolyse. 2) A. Fischer, „Untersuchungen über Bakterien". (Jahrb. f. wiss. Bot., XXVII, 1895, S. 1.) 478 "^- Ruhland, D. Das Verhalten der Spaltöffnungen und die Frage der Xeromorpliie. Die viel erörterte, aber leider nur selten experimentell unter- suchte Frage der xeromorphen Anpassung der Halophyten konnte auch bei unserem Objekt nicht unberücksichtigt bleiben. Da hier, wie gesagt, im allgemeinen zu viel „gedeutet", aber zu wenig gemessen worden ist, dürften die nachstehenden Angaben über das Verhalten der Spaltöffnungen, über Welkversuche und die Sukkulenzfrage willkommen sein, obgleich sie das Thema keines- wegs erschöpfend behandeln. Die Häufigkeit sukkulenter Typen unter den Halophyten ver- anlaßte schon Lesage') zu versuchen, ob durch fortgesetztes Be- gießen mit Na Gl -Lösungen ein derartiger Habitus künstlich hervor- rufbar sei; er konnte jedoch nur bei Lepidium sativum und in einigen anderen Fällen eine deutliche Zunahme der Blattdicke und eine gewisse Tendenz zur Oberflächenverkleinerung feststellen. Schimper^) fand dann kurze Zeit später, bei Bewässerung gewöhnlicher Landpflanzen mit Kochsalzlösungen, eine deutliche Abnahme der Transpiration und in manchen Fällen eine Zunahme der Blattdicke; wo es im Mesophyll der Blätter zu einer Anhäu- fung von Chloriden kam, machte sich dies durch eine Störung der Assimilation bemerkbar. Er stellte die bekannte Theorie auf, daß die Halophyten durch xeromorphe Anpassung ihre Transpiration und die Wasseraufnahme vermindern, um eine schädliche Anhäu- fung von Chloriden zu vermeiden. Eine nähere Untersuchung hat nun aber, mindestens für einige konkrete Fälle, gezeigt, daß es nicht angeht, so allgemein von eiilem xerophytischen Bau der Halophilen zu sprechen. So scheinen nach Holtermann^) die Mangrovepflanzen keine besonderen Schutz- mittel gegen Transpirationsverlust zu besitzen. Rosenberg'') fand t) „Recherches experimentales sur la modification des feuilles chez les plantes maritimes." (Revue generale de Bot., II, 1890, S. 54.) 2) „Die indomalayische Strandflora." (Botan. Mitteilungen aus den Tropen, Heft III, Jena 1891.) 3) „Der Einfluß des Klimas auf den Bau der Pflanzengewebe." (Leipzig 1907, S. 56 ff.) 4) „Über die Transpiration der Halophyten." (Öfvers. af kongl. Vetensk. Akad. Förhandl., 1897, S. 531), zitiert nach Burgerstein, „Die Transpiration der Pflanzen" (Jena 1904). Untersuchungen über die Hautdrüsen der Plumbaginaceen. 479 keine Eigentümlichkeiten der Halophyten- Spaltöffnungen im Sinne Stahls*), die in Beziehung zu ihren besonderen Lebensbedingungen gesetzt werden oder als xeromorph gedeutet werden könnten. End- lich hat neuerdings Delf^) so typische Halophyten wie Salicornia annua und Suaeda maritima untersucht und die Transpiration so groß oder noch größer als bei manchen Mesophyten gefunden. Sie zeigten sich ferner imstande, wenn sie nicht voll turgeszent waren und untergetaucht wurden, mit der gesamten Oberfläche frei Wasser aufzunehmen. Die Spaltöffnungen waren keineswegs eingesenkt oder mit einer besonders ausgeprägten Kutikula versehen und jedenfalls von voller Bewegungsfähigkeit. Also, wenn man von der Fähigkeit, Wasser in größerem Maße zu speichern, absieht, alles nichts weniger als xerophile Merkmale, Was nun die Plumbaginaceen anbetrifft, so kann nach den vergleichend -anatomischen Untersuchungen von Maury (a. a. O.) und den Studien von Volke ns (a. a. 0.) kein Zweifel sein, daß die Familie eine ganze Anzahl typischer Xerophyten besitzt, die sich durch eingesenkte Spaltöffnungen, dicke Kutikula, Reduktion der Blattgröße und -zahl als an besonders trockene Steppen- und Wüstengebiete angepaßt erweisen. Besonders bemerkenswert scheint mir hier, daß sich unter solchen Verhältnissen die Drüsen gleich- sam als zweischneidiges Schwert erweisen, insofern ihre an sich der Pflanze nützhche Salzausscheidung doch die bedenkliche Seite eines hohen Wasserverbrauches in sich schließt (vgl. S. 467). So sehen wir denn, daß bei manchen Arten (z. B. Statice rhodia) die Drüsen ähnlich wie die Spaltöffnungen mehr oder weniger tief unter das Niveau der Epidermis eingesenkt werden, und end- lich, wie bei den westafrikanischen Arten überhaupt, daß die Drüsen ihrer Zahl nach stark vermindert werden. Uns interessiert hier aber vor allem die Frage, ob die halo- philen Formen der Familie als solche xerophytischen Charakter tragen. Da ist denn zunächst zu betonen, daß schon der allge- meine Besitz der Drüsen nichts weniger als ein xeromorphes Merk- mal sein kann. Sehr wohl denkbar aber wäre andererseits, daß eben infolge des Besitzes der so wirksam arbeitenden 1) „Einige Versuche über Transpiration und Assimilation." (Botan. Ztg., LH, 1894, S. 117.) 2) „Transpiration and behaviour of stoniata in halopbytes." (Ann. of Botany, XXV, 1911, S. 485.) 480 W. Ruhland, Drüsen eine besondere xerophytische Organisation im Sinne der Schimperschen Theorie unnötig geworden sei, sofern es sich eben nur um Bewohner von Salzstellen und nicht um Xero- phyten im eigentlichen Sinne handelt. Ich bin nun geneigt, anzunehmen, daß die Dinge in der Tat so liegen. Jedenfalls habe ich bei einer so extrem halophilen Form, wie es Statice Gmelini ist, keine xeromorphen Züge, weder im anatomischen Bau noch im physiologischen Verhalten auffinden können. Bezüglich des ersteren Punktes habe ich Herbarmaterial von verschiedenen Originalstandorten mit meinem lebenden ver- glichen und keine nennenswerten Unterschiede finden können. Von irgendwelchen besonderen Anpassungserscheinungen im Bau wäre höchstens die reiche Ausbildung des Palissadengewebes der Blätter zu erwähnen, welche an das sonnige Klima der Steppe gemahnt. Den rosettigen Habitus zahlreicher Formen wird man nicht all- Fig. 15. Spaltöffnungen von Statice Gmelini. geschlossen, 5 = wenig und c = weit geöffnet. Vergr. 330. gemein als xeromorphes Merkmal in Anspruch nehmen dürfen, um so weniger, als gerade bei den Plumbaginaceen auffallend viele typisch xerophile Arten, so im östlichen Afrika, verzweigt-strauchigen Wuchs zeigen. Was endlich das physiologische Verhalten betrifft, so will ich mich auf die Wiedergabe einiger weniger Transpirations- und Welkversuche beschränken, bei denen zunächst Statice Gmelini mit einigen anderen Pflanzen, und zwar hauptsächlich Mesophyten, verglichen wurde. Zuvor sei aber noch einiges über das Verhalten der Spaltöfi'nungen mitgeteilt. Über die Zahlenverhältnisse und über die Verteilung der Spalt- öfi'nungen auf beiden Epidermen wurde bereits im anatomischen Teil das Nötige gesagt. Sie sind nicht eingesenkt. Der Bau (Fig. 16) und die Beweglichkeit der Schließzellen sind ganz typisch. Fig. 15 zeigt das Aussehen im geöifneten und im geschlossenen Zustande. Untersuchungen über die Hautdrüsen der Plumbaginaceen. 481 Im Verhalten der Spaltöffnungen der Ober- und Unterseite der Blätter macht sich nun ganz allgemein der Unterschied be- merkbar, daß die Pflanze jene gern geschlossen, diese gern offen hält. Das kann mikroskopisch und nach der bekannten Infiltrations- methode mit Xylol sehr schön verfolgt werden. Selbst bei hohen Feuchtigkeitsverhältnissen der Luft und des Bodens kann man ge- legentlich sämtliche Spaltöffnungen der Oberseiten geschlossen vor- finden, meist ist aber wenigstens ein Teil von ihnen geöffnet, so wohl meist schon bei einer relativen Feuchtigkeit von 85 — 90 "/o. Im Unterschied dazu findet man die Spaltöffnungen der Blatt- unterseite wohl nur bei sehr hoher Lufttrockenheit in größerer An- zahl geschlossen vor, so etwa wenn die relative Feuchtigkeit unter 60 Vo sinkt. Im übrigen ist zu bemerken, daß die Beweglichkeit der Spalt- öffnungen auch in den Wintermonaten eine gute war, und daß sie Fig. 16. Schließzellen von Statice Gmelini (Blattquerschnitt). Vergr. 760. auch auf Verdunkelung ziemlich rasch reagieren. Im übrigen mögen die in nachfolgender Tabelle kurz zusammengestellten Angaben die Verhältnisse illustrieren. Die Feuchtigkeitsangaben wurden mit Hilfe eines Aßmannschen Aspirationshygrometers nach den be- kannten Formeln unter Berücksichtigung des Barometerstandes be- rechnet. Als Sättigungsdefizit ist nach dem Vorgange von Giltay^) die Differenz E— e zwischen dem Dampfdruck E, den die Luft im Sättigungszustand aufweist, und der tatsächlich gemessenen Ten- sion e in Millimetern Hg bezeichnet. Es wurde, auch bei den nach- folgenden Versuchen über Transpiration, darauf gesehen, daß die Luft möglichst wenig bewegt war. 1) „Vergleichende Untersuchungen über die Stärke der Transpiration in den Tropen und im mitteleuropäischen Klima." (Jahrb. f. wiss. Bot., XXX, 1897, S. 615.) 482 W. Ruhland, Monat Zeit Licht Baro- meter mm Tem- peratur der Luft Rela- tive Feuch- tigkeit Vo E— e mm Spaltöffnungen der Bemerkung über Oberseite Unterseite das Material Juli 3 Nm. zer- streut 743,2 17,8 91,2 — geschlossen meist offen Frei land- pflanze r Aug. 9 Vni. desgl. — 20,8 87,9 2,21 wenige offen desgl. Zimmerpflanze 1 " 9 „ desgl. — ■ 20,8 87,9 2,21 sehr wenige offen desgl. desgl., Na Gl! r Aug. 11 r Sonne 760,2 20,9 56,6 7,99 fast alle geschlossen viele offen Zimmerpflanze 1 . 11 . desgl. 760,2 20,9 56,6 7,99 alle geschlossen wenige offen desgl.. Na Gl r Aug. 10 „ desgl. 760,3 23,2 68,4 6,61 geschlossen wenige offen Zimmerpflanze 1 ' 10 „ desgl. 760,3 23,2 68,4 6,61 desgl. fast alle geschlossen desgl.. Na Gl Sept. 4V4Nm. zer- streut 741,4 16,5 100 0,00 desgl. offen Freiland- pflanze Dez. 10 Vm. desgl. 745,1 5,8 89,5 — einzelne offen desgl. desgl. Febr. 5 Nm. desgl. 741,0 17,4 47,3 7,79 geschlossen fast alle geschlossen Zimmerpflanze „ 4 „ desgl. 735,5 18,4 52,6 7,45 desgl. desgl. desgl. n 5 „ desgl. 738,1 7,0 54,1 3,44 desgl. ziemlich viele offen Freiland- pflanze Die Tabelle bestätigt also das oben Gesagte: Gute Funktions- fähigkeit der Schließzellen, größere Neigung der Salzpflanzen die Spalten, wohl wegen der infolge der osmotischen Erschwerung der Wasserzufuhr geringeren Turgeszenz und größeren Gefahr des Ver- trocknens, geschlossen zu halten^) und eine ausgeprägte Verschieden- heit im Verhalten der Spalten der Blattober- und der -Unterseite. Letztere kommt darin zum Ausdruck, daß die Spalten der Oberseite sich nur bei höherer Luftfeuchtigkeit und auch dann meist nur zum Teil und in geringerer Zahl öffnen, während die der Unterseite selbst bei höherem Sättigungsdefizit alle oder wenig- stens zum Teil geöffnet bleiben. Dies hängt zweifellos zum Teil mit der höheren Feuchtigkeit zusammen, denen die Spalten der Unterseite durch den dem Erdboden mehr oder weniger ange- schmiegten rosettigen Wuchs der Blätter ausgesetzt sind. Dreht 1) Möglicherweise kann das Na nicht nur osmotisch, sondern bereits in geringerer Konzentration spezifisch im obigen Sinne wirken. Nach Hansteen-Cranner (Jahrb. f. wiss. Bot., LIII, 1914, S. 536) setzt es die Transpiration herab, begünstigt aber die Wa sserauf nähme. Untersuchungen über die Hautdrüsen der Plumbaginaceen. 483 man größere Blätter unter Belassung des Zusammenhanges mit der Pflanze teilweise um, so werden bei entsprechender Trockenheit alsbald die nunmehr nach oben gewendeten Spalten geschlossen. Andererseits kann man aus demselben Grunde auch bei hoher Lufttrockenheit (unter 60 Vo relativer Feuchtigkeit) häufig die unter- seitigen Spaltöffnungen der Blätter von Topfpflanzen alle geöffnet finden, wenn deren Erde nur entsprechend feucht ist. Immerhin habe ich aber auch einen spezifischen Unterschied zwischen beiden beobachtet, der nicht nur durch die verschiedene Lage zum Erdboden bedingt ist. Das ist die verschiedene Art, wie die Spalten der Ober- und der Unterseite meist auf den maxi- malen Turgeszenzzustand des Blattes und direkte Benetzung mit Wasser reagieren. Hierbei werden nämlich die Spalten der Ober- seite meist schließlich vollkommen geschlossen, während die der Unterseite in der Regel offen bleiben bezw. sich öffnen, wenn sie geschlossen waren. Das dürfte für das Verhalten gerade der ex- ponierten Oberseite bei Regen wichtig sein'), und ist auch die Ursache, weshalb man bei Sekretionsversuchen mit Blattstücken, die auf einer Salzlösung schwimmen, die Unterseite nach oben kehren muß, da eben sonst auf dem Wege durch die Spaltöffnungen Infiltration der Intercellularen eintritt. Worauf dieser eigenartige Unterschied beruht, habe ich nicht näher untersucht; es mag sein, daß es sich bei den Spalten der Oberseite um eine passive Zu- sammendrückung durch die benachbarten Epidermiszellen handelt^). Was nun die Reaktionsfähigkeit der Spaltöffnungen auf Be- leuchtungswechsel betrifft, so seien folgende Versuche angeführt: Ende August bei einer relativen Luftfeuchtigkeit im Zimmer von 93,0 Vo um 9 Uhr 25' Vm. wird eine Topfpflanze, deren unterseitige Spaltöffnungen offen befunden worden sind, in den Dunkelschrank desselben Zimmers versetzt. Um 12 Uhr sind die Spalten zum weitaus größten Teil geschlossen. Darauf wird der Topf wieder ans Licht versetzt, um 12 Uhr 20' sind die Spaltöffnungen wieder zahlreich und weit geöffnet. Durchschnittliche Lufttemperatur hierbei: 21,5" C. Der Versuch wurde in derselben Weise unter ähnlichen äußeren Verhältnissen einige Tage später wiederholt, mit 1) Ich bin geneigt, hier an eine Infiltration des Mesophylls durch das Regen- wasser zu denken, wie sie im Versuch tatsächlich einzutreten pflegt. 2) J. G. Kohl, „Die Transpiration der Pflanzen und ihre Einwirkung auf die Aus- bildung pflanzlicher Gewebe". (Braunschweig 1886.) 484 W. Ruhland, dem Erfolge, daß der Schluß sämtlicher Spalten 3 Vi Stunden nach der Verdunkelung und das "Wiederöfifnen der meisten von ihnen 20 Minuten nach der Wiederbelichtung erfolgt war. (Zerstreutes Licht, relative Feuchtigkeit = 71,5 Vo-) In dem folgenden Transpirationsversuch wurde nun eine im Freiland erwachsene und mit ihrem Wurzelsystem in ein mit Wasser gefülltes Kölbchen gebrachte Pflanze von Statice Omelini ver- glichen mit Sprossen der Mesophyten Vicia Faba und Fagopyrum escidentum und des ausgeprägt sukkulenten Aeonium tahuliforme, die ebenfalls in Kölbchen tauchten, deren Ofifnung mit einem Wattebausch und einem Wachsgemisch von niedrigem Schmelz- punkt verschlossen war. Wegen gleichzeitiger Drüsensekretion ist die relative Transpiration nicht meßbar und interessiert hier auch nicht weiter. Deshalb konnte die Evaporation unberücksichtigt bleiben. Als Grad der Sukkulenz ist der auf 100 qcm Oberfläche entfallende Wassergehalt angenommen. Der Versuch wurde am 30. JuH bei fortdauernd bedecktem Wetter in der wenig bewegten Luft des Laboratoriums und bei nur wenig, etwa zwischen 78 und 82 7o schwankender relativer Feuchtigkeit durchgeführt. Die Tem- peratur hielt sich zwischen 19,5° und 20,8 '^ C. Tem- peratur Rela- tive Feuch- tigkeit Statice Vicia Fagopyrum Aeonium Zeit wirkl. Verlust stündl. Verlust pro 100 qcm Ober- fläche wirkl. Verlust stündl. Verlust pro 100 qcm Ober- fläche wirkl. Verlust stündl. Verlust pro 100 qcm Ober- fläche wirkl. Verlust stündl. Verlust pro 100 qcm Ober- fläche »C 7o g g g g g g g g 9 Vm. 19,5 82,2 — — — 11 n 19,9 90,9 0,64 0,59 0,41 0,30 1,94 0,31 0,16 0,07 1 Nrn. 20,4 79,8 0,57 0,52 0,44 0,32 2,00 0,32 0,18 0,08 3 „ 20,8 78,1 0,56 0,51 0,40 0,29 2,19 0,35 0,16 0,07 5 r, 20,6 76,9 0,49 0,45 0,44 0,32 1,94 0,31 0,16 0,07 7 „ 19,5 78,7 0,54 0,50 0,41 0,30 1,81 0,29 0,18 0,08 Oberfläcli engröße . 54, 5( j qcm 69,6( ) qcm 312,4. j qcm 112, 2( 3 qcm Frischgev rieht . 1,5( » g 0,9 ^g 4,9 l g 25,6 ig Die Resultate desselben Versuches sind in dem Diagramm Fig. 17 anschaulicher zusammengestellt. Wir entnehmen aus den angegebenen Werten also eine sehr starke Wasserabgabe bei Statice Omelini, die noch erheblich größer ist als bei den typisch mesophytischen Vergleichspflanzen Vicia Fdba und Fagopyrum esculentimi , von dem ausgeprägt xerophy tischen Untersuchungen über die Hautdrüsen der Plumbaginaceen. 485 und stark sukkulenten Äeonium tahuUforme ganz zu schweigen. Die Spaltöffnungen der Blattoberseite von Statice waren zu Anfang und Schluß des Versuches, also wohl auch während der ganzen Versuchsdauer völlig geschlossen; diejenigen der Unterseite waren bei Beginn zum großen Teil offen, soweit sich nach Vergleichs- blättern urteilen ließ, und dürften sich teilweise während des Ver- suches geschlossen oder verengt haben. Die hohe Wasserabgabe kommt also wohl zum großen Teil auf Rechnung der Drüsentätig- keit, die sich äußerlich allerdings nicht bemerkbar machte. Wenn aber bei einem derartigen Transpirationsversuch Drüsentätigkeit und Wasserdampfabgabe durch die Spalten auch praktisch nicht zu trennen sind, so läßt sich doch jedenfalls bezüglich der ganzen 05 a "^- '■- --" D j ^_ _--- ---_ -_._ c 5 10 Fig. 17. Spezifischer Wasserverlust (stündl. Verlust pro 100 qcm Oberfläche) von a—a' Statice Gnielini, h — W Buchweizen, c — c' Aeonium tabuliforme. Die Abszisseneinheiten stellen Stunden, die der Ordinaten '/lu S Wasserverlust dar. Wasserökonomie sagen, daß bei genügender Bodenfeuchtigkeit jene mindestens der der Mesophyten entspricht. Wegen der außerordentlich mühsamen Oberflächenberechnung von Sprossen (bei unebenen Organen kann man Millimeterpapier nicht gebrauchen, ich verwendete dann die von Delf empfohlenen Celloidinhäutchen), die sehr genau sein muß, wenn man zuverlässige Werte für die relative Transpiration finden will, habe ich mich mit diesem einen Versuch begnügt. Da mir aber noch die Verhältnisse beim Welken wichtig erschienen, wegen der dabei wegfallenden Sekretion, will ich nachstehend einen derartigen Versuch mit denselben Pflanzen mitteilen. Hierbei wurden einzelne Blätter ab- getrennt, an der Wundstelle mit einem Wachsgemisch verschlossen, und dicht nebeneinander im Laboratorium aufgehängt. 486 W. Ruhland, Relative Feuchtig- keit Sättigungs- defizit E-e Statice Fagopy)-um Aeonium Zeit Ge- wichts- verlust stUndl. Verlust pro 100 qcm Oberfläche Ge- wichts- verlust StUndl. Verlust pro 100 qcm Oberfläche Ge- wichts- verlust stündl. Verlust pro 100 qcm Oberfläche % mm g S g S S g 9.15 Vm. 91,4 1,26 — — — — — 9.45 „ 87,0 1,98 0,023 0,440 0,100 0,316 0,008 0,054 10.15 „ 90,7 1,44 0,018 0,344 0,041 0,(30 0,011 0,075 11.15 „ - — 0,017 0,162 0,035 0,055 0,020 0,068 12.15 Nrn. 79,9 2,43 0,017 0,162 0,025 0,039 0,019 0,064 2.15 „ 87,1 2,02 0,014 0,067 0,035 0,027 0,035 0,057 3.15 „ 89,9 1,59 0,004 0,019 0,017 ! 0,027 0,015 0,051 Oberfläch engröße . 10,47 qcm 63,37 qcm 29,45 qcm Frischgev rieht . . 0,30^ tg 0,981 g 6,321 g 05 O-it 03 02 01 12 3 4 0 6 Fig. 18. Spezifischer Wasserverlust von a = Statice Gmelini, b = Buchweizen, c ^ Aeonium tabuli- forme. Ordinate und Abszisse wie in Fig. 17. Zwischen 3 und 5 der Abszisse ist für a statt des gemessenen Mittelwertes der wahrscheinliche Abfall gezeichnet. a b 1 \ ' \ V \ \, n. ,-'"' — --.-, — ~~ - -< '"' ~~ - - ---- ---- — ^ Auch die Ergebnisse dieses Versuches sind graphisch dar- gestellt (vgl. Fig. 18). Man sieht, und andere auch länger dauernde Versuche, die ich hier nicht mitteilen will, da sie nichts prinzipiell Neues bieten, bestätigen es, daß nach Einstellung der Sekretion und vollständigem Spaltenverschluß, der sich in der graphischen Darstellung ja scharf markiert, die Wasserabgabe bei Statice auf Untersuchungen über die Hautdrüsen der Plumbaginaceen. 487 ein Minimum herabgedrückt wird, das ebenso tief oder noch tiefer liegt als das entsprechende der mesophytischen Vergleichspflanzen. Die Existenz der Sekretionsporen der Drüsen, d. h. der kleinen punktförmigen Lücken der Kutikula, bedingt also an sich keinen merklichen besonderen Wasserverlust. Bemerkt sei noch, daß die Spalten der Oberseite zu Versuchsbeginn geschlossen, die der Unterseite (wohl sämtlich!) weit geöffnet waren. Was nun schließHch die Frage der Sukkulenz anbelangt, so kann von einer solchen bei Statice Omelini keine Rede sein. Der Grad der Sukkulenz, in der oben bezeichneten Weise (S. 484) berechnet, belief sich bei unseren Versuchspflanzen auf folgende durchschnittliche Werte : Statice Gmelini .... 2,3 L Fagopyrunn esculentum . 1,31 Aeonium tahuUforme . . 20,30. Auch bei den übrigen daraufhin geprüften, auf S. 420 ge- nannten Arten der Familie kann von Sukkulenz keine Rede sein. Besonders interessierte mich noch in dieser Hinsicht das Verhält- nis von Armeria vulgaris und A. maritima, das bereits oben bei Besprechung der Drüsentätigkeit erwähnt wurde. Die letztere Form zeigt die für Salzpflanzen als typisch betrachteten Ab- weichungen von der ihr so nahe stehenden A. vulgaris, deutlich schmälere Blätter (in der Garck eschen Flora als „schmal- linealisch" im Gegensatz zu den linealen von vulgaris bezeichnet), die auch etwas dicklich erscheinen. Diese Eigentümlichkeiten er- halten sich auch in der Kultur im Garten, wo A. maritima viel- fach für Beeteinfassungen gezogen wird, und waren auch an meinen im hiesigen botanischen Garten neben A. vulgaris mit schwachen und seltenen Salzgaben kultivierten Exemplaren deut- lich ausgeprägt'). Ich habe nun mehrfach mit den Blättern beider Arten vergleichende Welkversuche angestellt, die stets das gleiche Ergebnis hatten, wie es das in folgender Tabelle zusammen- gefaßte Beispiel zeigt. 1) Die durchschnittliche größte Blattbreite von A. maritima betrug nur 2 — 3 mm, die von A. vulgaris dagegen über 0,5 cm. Nach Versuchsschluß gelang es stets durch Wasserinjektion im Vakuum die Turgeszenz wiederherzustellen. Blätter also noch lebend. Jahrb. f. wiss. Botanik. I.V. 32 488 I. W. Ruhland, Versuch 1. Zeit: 9.23 Vm. 9.53 Vm. 10.53 Vm. 11.53 Vm. Pflanze Frisch- gewicht wirkl. Verlust g stündl. Verlust pro 100 qcm Oberfläche S wirkl. Verlust g stündl. Verlust pro 100 qcm Oberfläche wirkl. Verlust g stündl. Verlust pro 100 qcm Oberfläche g A, vulgaris . . . Ä. mao'itima . . 0,4719 0,1647 0,0210 0,0075 0,412 0,366 0,0254 0,0072 0,249 0,176 0,0075 0,0043 0,074 0,105 II. Zeit: 12.53 Nm. 3.53 Nm. 4.53 Nm. 5.53 Nm. Pflanze wirkl. Verlust g stündl. Verlust pro 100 qcm Oberfläche g wirkl. Verlust g stündl. Verlust pro 100 qcm Oberfläche g wirkl. Verlust g stündl. Verlust pro 100 qcm Oberfläche e wirkl. Verlust g stündl. Verlust pro 100 qcm Oberfläche g A. vulgaris . . . A. maritima . . 0,0058 0,0041 0,057 0,100 0,0159 0,0123 0,052 0,100 0,0056 0,0041 0,055 0,100 0,0034 0,0026 0,033 0,064 III. Zeit: 6.53 Nm. nächster Tag 9.53 Vm. Ober- fläche Pflanze wirkl. Verlust g stündl. Verlust pro 100 qcm Oberfläche g wirkl. Verlust g stündl. Verlust pro 100 qcm Oberfläche g A, vulgaris . . . A. maritima . . 0,0054 0,0035 0,053 0,086 0,0674 0,0383 0,044 0,063 10,20 qcm 4,09 „ I. Versuch 2. Zeit: 9.8 Vm. 10.8 Vm. 11.8 Vm. 12.8 Nm. Pflanze Frisch- gewicht g wirkl. Verlust g stündl. Verlust pro 100 qcm Oberfläche g wirkl. Verlust g stündl. Verlust pro 100 qcm Oberfläche g wirkl. Verlust g stündl. Verlust pro 100 qcm Oberfläche g A. vulgaris . . . A. ynaritima . . 0,4481 0,1780 0,0266 0,0169 0,265 0,387 0,0080 0,0078 0,080 0,179 0,0060 0,0039 0,060 0,089 Untersuchungen über die Hautdrüsen der Plumbaginaceen. 489 II. Zeit: 1.8 Nm. 4.8 Nm. 5.8 Nm. 6.8 Nm. Pflanze wirkl. Verlust S stündl. Verlust pro 100 qcm Oberfläche g wirkl. Verlust stündl. Verlust pro 100 qcm Oberfläche g wirkl. Verlust S stündl. Verlust pro 100 qcm Oberfläche g wirkl. Verlust g stündl. Verlust pro 100 qcm Oberfläche g A. vulgaris . . . A. maritima . . 0,0056 0,0051 0,056 0,117 0,0201 0,0124 0,067 0,095 0,0010 0,0040 0,010 0,092 0,0055 0,0028 0,055 0,064 III. Zeit: 7.8 Nm. nächster Tag 9.8 Vm. Ober- fläche Pflanze wirkl. Verlust g stündl. Verlust pro lOO qcm Oberfläche g wirkl. Verlust g stündl. Verlust pro 100 qcm Oberfläche g A. vulgaris . . . A. maritima . . 0,0055 0,0046 0,055 0,105 0,0701 0,0448 0,049 0,073 10,04 qcm 4,37 „ b 0-3 a ^ \ 0-2 \ 1 \ \ V 0-1 \ ^ ~- — — , \ ■ ' =TT^b' 5 10 15 Fig. 19. Spezifischer Wasserverlust a von Armeria vulgaris, h von A. maritima (Versuch 1, vgl. Text). Ordinate und Abszisse wie in Fig. 17. Beide zu ganz verschiedenen Zeiten, der erste im August, der zweite im November, angestellte Versuche geben also ganz das gleiche Bild. Rechnet man die Werte für die spezifischen Wasserverluste zusammen, so erhält man als spezifische Gesamt- verluste während der ganzen Versuchsdauer: Versuch I Versuch II Grad Spezifischer Ges. -Verlust Ver- hältnis Spezifischer Ges.-Verlust Ver- hältnis der Sukkulenz A. vulgaris A. maritima .... 0,428 g 0,812 „ 1 1,9 1,474 g 2,342 „ 1 1,6 3,91 3,20 32' 490 W. Ruhland, Ich habe beide Versuche, die in den Fig. 19 u. 20 auch gra- phisch dargestellt sind, deshalb hier angeführt, um zu zeigen, wie vorsichtig man bei ökologischen „Deutungen" zu sein hat, da, wie man sieht, hier der ausgeprägte halophile Typ mit wesentlich stärkerer Transpiration^) verknüpft ist, und daß auch der „sukku- lente" Eindruck in diesem Falle nur Schein ist. Tatsächlich findet man nun, wenn man nicht, wie im obigen Versuch, zwar völlig typisch entwickelte, aber auf gewöhnlichem Gartenland erwachsene Exemplare untersucht, sondern solche, die in merklicher Menge Salz gespeichert haben, mit solchen vergleicht, bei denen das nicht der Fall ist, eine erhebliche Einschränkung der Transpiration bei ersteren, die aber eben dann nur auf den Gehalt an Kochsalz zurückzuführen ist. So ist die Wasserabgabe bei analogen Welkversuchen, wie den oben mitgeteilten, wobei es sich aber um stärker salzhaltige A. maritima handelt, bei dieser 0-5 0-t 0-3 0-2 5 10 Fig. 20. Spezifischer Wasserverlust a von Armeria vulgaris, h von A. maritima (Versuch 2, vgl. Text). Ordinate und Abszisse wie in Fig. 17. wesentlich geringer, als bei der damit verglichenen salzarmen A, vulgaris. Ich will der Kürze halber nur die durch Summierung der Einzelbeträge erhaltenen Werte der spezifischen Gesamtverluste mitteilen. a ,b\ '\.\ \ Versuch Nr. Na Cl- Gehalt des Gewebssaftes Spez. Ges.-Verlust in 24 Stunden ■ 1 A. vtilgaiis 0,06 "/o A. maritima 1,24 „ 1,792 g 0,855 „ II A. vulgaris 0,07 % A. maritima 1,87 „ 0,624 g 0,400 „ 1) Ein Plus von 60 — 90 "/o hei A. maritima kann natürlich nicht durch die kleinere Blattfläche im Sinne Renners (Ber. d. Deutsch. Bot. Ges., 1912, S. 572 u. a. a. 0.) er- klärt werden. Untersuchungen über die Hautdrüsen der Plumbaginaceen. 491 Etwas genauer sei diese Wirkung des Kochsalzgehaltes end- lich noch für salzarme und salzreichere Blätter von St. Gmelini durch Wiedergabe einiger Versuche illustriert, deren Resultate sich nach dem, was oben über das Verhalten der Spaltöffnungen gesagt wurde, ja eigentlich von selbst verstehen. Verglichen wurden am 25. August je ein welkendes Blatt von zwei Töpfen, von denen der eine regelmäßig mit einer 3proz. NaCl-Lösung, der andere mit gewöhnlichem Wasser begossen worden war. Die Behandlung war seit 6 Wochen durchgeführt, die Blätter der „Salz- pflanzen" waren dauernd mit enormen Salzausscheidungen bedeckt. Zeit: Na Gl -Gehalt des Gewebssaftes % 9.15 Vm. 9.45 Vm. 10.15 Vm. 11.15 Vm. Pflanze Nr. Frisch- gewicht S wirkl. Verlust stündl. Verlust pro 100 qcm Oberfläche S wirkl. Verlust g stündl. Verlust pro 100 qcm Oberfläche g wirkl. Verlust g stündl. Verlust pro 100 qcm Oberfläche g I II 2,15 0,22 0,2939 0,3392 0,0053 0,0464 0,092 0,776 0,0048 0,0098 0,088 0,164 0,0033 0,007 7 0,030 0,064 Zeit: 12.15 Vm. 2.15 Nm. 5.15 Nm. 6.15 Nm. Pflanze Nr. wirkl. Verlust g stündl. Verlust pro 100 qcm Oberflache g wirkl. Verlust g stündl. Verlust pro 100 qcm Oberfläche g wirkl. Verlust g stündl. Verlust pro 100 qcm Oberfläche g wii'kl. Verlust g stündl. Verlust pro 100 qcm Oberfläche g I II 0,0052 0,0055 0,047 0,046 0,0150 0,0092 0,068 0,038 0,0097 0,0131 0,029 0,037 0,0033 0,0044 0,030 0,037 Zeit: 7.15 Nm, nächster Tag 9.15 Vm. Pflanze Nr. wirkl. Verlust g stündl. Verlust pro 100 qcm Oberfläche g wirkl. Verlust g stündl. Verlust pro 100 qcm Oberfläche g Ober- fläche I II 0,0023 0,0034 0,021 0,028 0,0276 0,0364 0,018 0,022 10,98 qcm 11,97 „ Der spezifische Gesamtverlust stellt sich also bei Pflanze I auf 0,696, bei Nr. II auf 1,134 (Verhältnis also = 1 : 1,63). Die geringe Luftfeuchtigkeit des Zimmers hatte einen raschen Schluß der Spaltöffnungen (offenbar schon nach 1 Stunde) bei Nr. II bewirkt, so daß die Unterschiede noch relativ klein sind. Andere Versuche, auch 492 W. Ruhland, solche mit KCl -Pflanzen, verliefen analog, und ergaben zum Teil, namentlich bei etwas größerer Luftfeuchtigkeit, noch größere Unter- schiede. Von einem der letzteren sei wenigstens das Resultat wiedergegeben : Pflanze Nr. KCl -Gehalt des Gewebssaftes Spezifischer Gesamtverlust in 24 Stunden 100 qcm Oberfl. Verhältnis I II 1,87 »/„ 0,20 „ 1,427 g 2,706 „ 1 1,9 Hier ist auch bei Nr. II der gesamte Chloridgehalt als KCl umgerechnet. Es folgt also aus diesen Versuchen, daß die anfänglichen großen Unterschiede im spezifischen Wasserverlust auf dem späteren Schluß der Spaltöffnungen bei den salzärmeren Pflanzen beruhen; aber auch nachdem überall das Schließen erfolgt ist, bleiben gleich- sinnige, wenn auch geringere Unterschiede in der Wasserabgabe bestehen, die bei erheblichen Differenzen im Salzgehalt wohl frag- los auf die entsprechend verschiedenen Dampfdrucke der Zell- säfte zurückgeführt werden müssen. Alles in allem wäre also für unsere Familie aus dem letzten Abschnitt zu folgern, daß von einer der Schimp ersehen Halophyten- theorie entsprechenden Herabsetzung der Transpiration durch all- gemeine organische Anpassung bei den salzliebenden Formen als solchen keine Rede sein kann; erst bei den typischen Xerophyten der Wüste usw. treffen wir solche Einrichtungen an. Der Wasser- verbrauch der ersteren ist vielmehr größer als bei manchen Meso- phyten. Und wenn bei etwa gleicher Bodenfeuchtigkeit Pflanzen auf salzreicherem Substrat gegenüber salzärmerem eine Einschrän- kung der Wasserabgabe erkennen lassen, so handelt es sich offen- bar um die gewöhnliche Regulierung der Transpiration infolge er- schwerter Wasserzufuhr, die hier, wie Fitting eingehend zeigte, durch die osmotische Kraft des Bodens und die dadurch erhöhte Gefahr des Vertrocknens bedingt ist. Es liegt also lediglich die Wirkung mangelnder Turgeszenz vor, die nicht nur einen Verschluß der Spalten, sondern auch sogleich — sozusagen automatisch — ein Aufhören der Sekretion nach sich zieht. Die „Anpassung" an den jeweiligen Standort dürfte sich, nach unseren Erfahrungen zu Untersuchungen über die Hautdrüsen der Plumbaginaceen. 493 urteilen, allein durch Turgorerhöhung, d. h. wohl vor allem durch einfache Salzaufnahme vollziehen. Damit sind wir weit entfernt, die Schimp ersehe Theorie ver- werfen zu wollen, die wohl für viele Halophyten zutreffen dürfte. Daran dürfte auch der von Delf festgestellte Umstand nicht allzu- viel ändern, daß manche sukkulente Typen eine überraschend starke Transpiration aufweisen. Immerhin sind in dieser Richtung weitere Messungen sehr erwünscht. Wollte man unsere Erfahrungen an den Plumbaginaceen mit der Schimp er sehen Halophytentheorie in Einklang bringen, so könnte man vielleicht sagen, daß hier eben wegen der Fähigkeit der Salzsekretion eine Anlegung von Wasserspeichern usw. und namentlich auch eine Reduktion der Blattflächenentwicklung un- nötig geworden sei, so daß sich die Pflanzen des großen Vorteils ausgedehnter Assimilationsflächen ohne Gefahr erfreuen dürfen. IV. Zusammenfassung der wichtigsten Ergebnisse. Der anatomische Bau der Drüsen ist trotz zahlreicher ihm gewidmeter Spezialuntersuchungen stets gänzlich verkannt worden. Er ist weit komplizierter als bisher angenommen, und die Drüsen dürften unter den bisher bekannt gewordenen derartigen pflanzlichen Organen den höchst entwickelten Typus darstellen. Die wichtigsten Teile der Drüse sind folgende: 4 „Sammel- zellen", an welche über 70 Mesophyllzellen angeschlossen sind, eine die eigentliche Drüse rings umgebende kutisierte „Grenz- kappe" mit 4 den Sammelzellen entsprechenden „Durchlaß- stellen", 4 äußere und ebensoviele innere „ Becher zellen", 4 „Nebenzellen" und in der Mitte des Organs 4 „Sekretions- zellen". An diesen fallen namentlich eigentümliche „ Sekretions - poren" auf, unter denen kleine unkutisierte Membrankappen aus- gebildet sind. Die Bedeutung der einzelnen Organteile wurde im anatomischen und physiologischen Teil der Arbeit eingehend be- sprochen. Was die Tätigkeit der Drüsen angeht, so wurde zunächst die wässerige Grundlage des Sekretes behandelt. Die Drüsen gehören nicht dem Typus der Filtrationshydathoden an, wie früher behauptet wurde, sondern pressen aktiv Wasser aus. Daß der Wurzeldruck unbeteiligt ist, beweist die Sekretionsfähigkeit abgeschnittener Blätter 494 ^- Ruhland, und Blattstücke, und daß die wirksamen Druckkräfte ihren Sitz auch nicht im Mesophyll, sondern in der Drüse selbst haben, ließ sich an isolierten Epidermisstücken dartun. Die Ausscheidungs- energie und ihre Abhängigkeit von einigen äußeren Faktoren wurde durch Versuche illustriert. Die vorhandenen Theorien über die Mechanik der Sekretion wurden kritisch behandelt, doch konnten nur Wahrscheinlichkeitsgründe dafür erbracht werden, daß gewisse organische Stoffe der Sekretionszellen und eine ungleiche Vertei- lung ihrer Permeabilität den Sekretionsstrom erzeugen. Die Hauptbemühungen des Verfassers waren darauf gerichtet, die Salzausscheidung in ihren Hauptzügen klarzulegen. Nach einer gedrängten Übersicht über die wichtigsten Verbindungen , welche bei Darbietung von den Drüsen ausgestoßen werden (und zwar sind dies offenbar alle diejenigen, für die das lebende Gewebe, ohne geschädigt zu werden, überhaupt permeabel ist), wurde vor allem der Frage näher getreten, ob bei der Abscheidung dieser Stoffe aktive osmotische Arbeit, d. h. meßbare Konzentrierungsarbeit von den Drüsen geleistet wird, so wie dies für zahlreiche Drüsen des tierischen Körpers nachgewiesen werden konnte. Diese Frage wurde mit Hilfe einer von Barger zur Bestim- mung des Molekulargewichtes löslicher Stoffe empfohlenen kapillaren Methode untersucht, welche auf der molekularen Erniedrigung der Dampftension der Lösungen beruht, und in einer als „Differenz- methode" bezeichneten Art zur Anwendung gebracht. Auf diese Weise konnte eingehend an dem Beispiel der Chloride gezeigt werden, daß eine besondere Konzentrierung in der Drüse nicht erfolgt, daß diese aber die größte Wirkung erzeugt und mit dem geringsten Wasserverbrauch arbeitet, welche ohne eine solche Ein- engungsarbeit denkbar sind, d. h. das Salz wird in derjenigen Kon- zentration abgeschieden, in welcher es im Saft des lebenden Blatt- gewebes jeweilig enthalten ist. Der Gehalt dieses wurde auf che- mischem Wege ermittelt und der Mehrgehalt des Sekretes auf die regelmäßig in diesem auftretenden Nichtchloride zurückgeführt. Für das Verständnis der biologischen Bedeutung der Drüsen- tätigkeit erwies sich nun weiter die ungemein große Verschieden- heit der Durchlässigkeit für Salz bei der Wurzel einerseits und dem Blattgewebe andererseits bedeutungsvoll. Die Berechnung des PermeabiUtätskoeffizienten durch Vergleichung der praktisch ge- fundenen und nach der Arrheniusschen Formel berechneten iso- tonischen Koeffizienten war in der Wurzel wegen zu geringer Durch- Untersuchungen über die Hautdrüsen der Plunibaginaceen. 495 lässigkeit überhaupt nicht möglich, während für das Blattgewebe ziemlich hohe Werte erhalten wurden. Dessen hohe Durchlässig- keit trat aber bei direkten Aufnahmeversuchen und nachfolgender Chloridbestimmung noch besser zutage. Infolgedessen tritt also mit der Bodenlösung in die Wurzel jeweilig nur sehr wenig Chlorid über, und wenn nun dessen Lösung, in die Blätter aufsteigend und dort durch die Transpiration ent- sprechend konzentrierter geworden, in dieser nunmehr erreichten Konzentration sezerniert wird, so wird in der Tat einer Anhäufung dort wirksam vorgebeugt, d. h. eine „Absalzung" erreicht. Infolge der reichlichen Anwesenheit der Drüsen sowohl in der oberen wie in der unteren Epidermis ist der Weg, den die Salzlösung durch Diosmose in lebenden Zellen zurückzulegen hat, nur sehr kurz, und so ist durch die ganze Verteilung der Drüsen und die geringe Dicke der Blätter einer ausgiebigen Absalzung schon Vorschub geleistet, die dann in der leichten Wegsamkeit der lebenden Zellen ihre wirksamste Vorbedingung findet. So kann den bei genügen- der Turgeszenz ununterbrochen tätigen Drüsen fortdauernd weiteres Salz zuströmen. Die Absalzung wurde dann durch Versuche mit Blättern direkt nachgewiesen. Selbst wenn sie in etwas hypertonische Salzlösungen untergetaucht werden, findet entgegen dem osmotischen Gefälle durch die kinetische Energie des Exkretionsstromes Abgabe von Salz, also Absalzung statt. Diese Verhältnisse wurden dann durch Unter- suchung der Salzbilanz von Pflanzen, die längere Zeit Salz zuge- führt erhielten, und durch andere Versuche noch näher illustriert. Mit der Salzabgabe scheint aber die Rolle der Drüsen noch nicht erschöpft zu sein. In der Literatur werden diese fast stets nur als „Kalkdrüsen" bezeichnet, und in der Tat tritt dieser auf den Blättern unter natürlichen Verhältnissen — allerdings nur wegen seiner geringeren Löslichkeit — besonders hervor und fehlt im Sekret auch niemals, indem er offenbar als saures Karbonat aus- geschieden wird. Bei den untersuchten Arten wurde nun von mir anatomisch oxalsaurer Kalk in den Geweben überhaupt nicht ge- funden, dagegen konnte Oxalsäure in wechselnder Menge auf che- mischem Wege in den Geweben nachgewiesen werden. Auch bei länger andauernder Darbietung, ausschließlich an Kalzium gebundener Salpetersäure nach dem Muster der bekannten Versuche Ben ecke s, fehlte das Kalziumoxalat. Fällt der Oxalsäure also wirklich sonst, wie meist angenommen wird, die Rolle der Absättigung über- 496 W. Ruhland, schüssiger Mengen freier Basen zu, deren Säuren assimiliert wurden, so wäre das Fehlen des Kalkoxalats und die Beseitigung des Kalks durch die Drüsentätigkeit hier wohl begreiflich. Diese Rolle dürfte besonders in den Vordergrund treten bei solchen Arten, die, wie unsere einheimische Ärmeria vulgaris, ab- weichend von der überwältigenden Mehrzahl oder fast allen anderen Arten keine „Salzstellen" bevorzugen, sondern im Gegenteil sich an recht salzarme, sandige Standorte angepaßt haben. Diese nach- trägliche Anpassung oder, wenn man lieber will, der Verlust der Fähigkeit, an Salzstellen zu wachsen, trat als solcher klar hervor, als nachgewiesen wurde, daß ihre Drüsen zwar imstande sind, wie die der halophilen Arten, Salz auszuscheiden, daß die ganze Pöanze sich aber bei länger dauernden Sekretionsversuchen oder ver- gleichend toxikologischen Versuchen als recht empfindlich gegen die Giftwirkung des Natriumchlorids zeigt. Sie dürfte daher als eine Standortsvarietät von Ä. maritima, nicht umgekehrt, aufzu- fassen sein. Der Eindruck, daß die Drüsen sozusagen wahllos arbeiten, wird besonders durch solche Versuche hervorgerufen, bei denen in entsprechenden Mengen dargebotene wertvolle Nährsalze abge- schieden werden , wie es z. B. die Wasserkulturen zeigten. Zum Verständnis dieser zunächst vom ökologischen Standpunkt aus be- fremdlichen Tatsache ist zu berücksichtigen , daß infolge Mangels eines direkten oder näheren Anschlusses der Drüsen an die Gefäß- bündel diese Salze das lebende Gewebe so durchströmt haben, daß die Zellen reichlich für ihren Bedarf aus der Lösung schöpfen konnten; und auch das bereits abgeschiedene Salz geht unter natürlichen Verhältnissen für die Pflanze nicht verloren , weil es durch den ßegen schließlich wieder in ihren Wurzelbereich ge- langt. In Wasserkulturen konnten die Pflanzen von Statice Omelini bei Zugabe verschiedener Salze z. T. in hohen Konzentrationen dauernd gezogen werden. Dabei erreichte z. B. in einer lüproz. Natriumchloridlösung eine schlecht sezernierende, aber sonst ge- sunde Pflanze in ihren Blättern den enormen Turgordiuck von über 165 Atmosphären, und zwar, wie aus den Katatonose- erscheinungen bei Übertragen in reines Wasser geschlossen wurde, vor allem durch Salzspeicherung. Bezüglich der sonst an den Wasserkultuien gemachten Beobachtungen sei auf den Text ver- wiesen. Untersuchungen über die Hautdrüsen der Plumbaginaceen 497 Schließlich wurde zur besseren Einsicht in die ganze Wasser- ökouomie auch das Verhalten der Spaltöffnungen näher untersucht, besonders bei der erwähnten Statice- Art. Sie reagierten auf Feuchtigkeitsschwankungen und Beleuchtungswechsel in besterWeise. Bemerkenswert war das verschiedene Verhalten der Spalten der Blattoberseiten einer- und das derjenigen der Unterseite anderer- seits. Während jene selbst bei höherer relativer Luftfeuchtigkeit ganz oder teilweise geschlossen bleiben, sind die der Unterseite unter diesen Verhältnissen meist alle geöffnet. Außer dieser Gegen- sätzlichkeit, die nur durch die relative Lage zum Erdboden und dessen bei einer Rosettenpflanze besonders wirksamer Feuchtigkeit bedingt ist, existiert auch ein spezifischer Unterschied zwischen beiderlei Spaltöffnungen, in der Art und Weise, wie sie auf den maximalen Turgeszenzzustand und Benetzung reagieren. Hierbei öffnen sich, dem allgemeinen Schließzellmechanismus entsprechend, diejenigen der Unterseite, während diejenigen der Oberseite ge- schlossen werden. Durch erstere findet deshalb bei Berührung mit Wasser Infiltration der Interzellularen statt. Bei der dem Hegen ja ausgesetzten Oberseite handelt es sich möglicherweise um eine entsprechende Anpassung. Im ganzen kann von einer xerophytischen Struktur, d. h. von einer der bekannten Schimp ersehen Halophytentheorie entsprechen- den allgemeinen Herabsetzung der Transpiration durch organische Anpassung bei den halophilen Plumbaginaceen als solchen keine Rede sein. Vergleichende Messungen der Transpiration zeigten die Wasserabgabe bei der extrem halophilen St. Gmelini noch erheb- lich größer als bei den Mesophytenbeispielen. Schon der Besitz der vielen Drüsen kann ja nichts weniger als ein xeromorphes Merkmal sein, denn sie bedingen einen dauern- den hohen Wasserverbrauch, und so kann ihre Tätigkeit, da sie mindestens einer Wasserspeicherung entgegenwirkt, für die Bewohner der im eigentlichen Sinne trockensten Gebiete schließlich bedenk- lich werden. Erst diese — nicht gerade allzu zahlreichen — Plumba- ginaceen stellen sich uns als wiikliche Xerophyten dar, wie der ganze Blattbau und — was hier besonders zu betonen ist — die erhebhche Verminderung der Zahl der Drüsen und ihre Einsenkung unter das Niveau der Epidermis zeigt. (Vgl. im Text besonders S. 467 f. und S. 479.) Höherer Salzgehalt der Pflanze wirkt so, daß die Spaltöffnungen mehr zum Schließen neigen als bei salzarmen Vergleichspflanzen. 498 W. Ruhland, Untersuchungen über die Hautdrüsen der Plumbaginaceen. Dieses Verhalten der auf salzhaltigem Boden wachsenden und salz- reicheren Individuen ist ganz direkt durch erschwerte Wasserver- sorgung bewirkt. Die geringere Wasserabgabe beruht, wie gesagt, auf einer entsprechenden Regulation der Spaltöffnungen, ist aber auch noch nach deren vollständiger Schließung nachweisbar und dann einfach durch den geringeren Dampfdruck der salzreicheren Zellsäfte bedingt. Wie sehr es bei Beurteilung dieser Verhältnisse auf exakte Messungen ankommt, und wie irreführend „Deutungen" der Art sein können, wie sie von mancher Seite beliebt werden, wurde schließlich noch an vergleichenden Welkversuchen mit Armeria vulgaris und Ä. maritima beleuchtet. Trotz geringerer Blattflächen- entwicklung transpiriert letztere bei gleichem Salzgehalt stärker und ist, wie vergleichende Messungen lehren, entgegen dem äußerlichen Anschein auch weniger „sukkulent" als A. vulgaris. Einen Widerspruch zur Schimp ersehen Theorie brauchen alle diese an den halophilen Plumbaginaceen gewonnenen Ergebnisse noch nicht zu bedeuten. Vielmehr ließe sich geltend machen, daß bei dieser Familie eben wegen der Fähigkeit der Salzsekretion eine allgemeine Ausbildung xerophiler Merkmale unterbleiben konnte, so daß sich die Pflanzen meist auch des Vorteils ausgedehnter dünner Assimilationsflächen ohne Gefahr erfreuen dürfen. Halle a./S., März 1915. Botanisches Institut der Universität. Amitosen von Riesenkernen im Endosperm von Ranunculus acer. Von P. N. Schürhoff. Mit Tafeln III und IV. Bevor ich auf Einzelheiten eingehe, möchte ich daran erinnern, daß bei zytologischen Untersuchungen häufig über Amitosen be- richtet wurde; doch konnte eine große Anzahl dieser Mitteilungen über das Auftreten von Amitosen nicht bestätigt werden. Während man früher die Amitose im allgemeinen der mitotischen Kernteilung gleichwertig erachtete und an ihr häufiges Auftreten glaubte, sind die bekannten Fälle immer mehr zusammengeschrumpft, so daß wir heute nur sehr wenig Beispiele für Amitosen zur Verfügung haben. In erster Linie kommen hier die Internodialzellen der Characeen in Frage und ferner noch die häufig angeführten Amitosen im Stengel von Tradescanfia. Aber auch für dieses letztere „klassische" Beispiel fehlt der genügende Beweis, daß es sich wirklich um Amitosen und nicht um Kernverschmelzungen handelt. Dies ist auch nicht zu ver- wundern, da früher Kernverschmelzungen im allgemeinen für vege- tative Gewebe unbekannt waren, während häufiges Auftreten von Amitosen dort allgemein angenommen wurde. U. a. aus folgen- dem Grunde möchte ich das Vorhandensein von Amitosen im Stengel von Tradescantia ablehnen; bei Verwundungen reagieren nämlich auch diese älteren Internodialzellen durch ganz normale mitotische Teilungen^), was ausgeschlossen wäre, wenn Amitosen vorangegangen wären. 1) Schürhoff: Das Verhalten des Kerns im Wundgewebe. (Ber. d. Deutsch. Bot. Ges., 1905.) 600 P- N. Schürhoff, Dabei läßt sich häufig beobachten, daß in nebeneinander- liegenden Zellen in der einen Zelle eine Mitose, in der anderen eine „Araitose" vor sich geht, und zwar trifft man hierunter ebenso häufig die Mitose in den inneren Schichten an und die „Amitose" in den äußeren wie umgekehrt. Dies ist insofern von Wichtigkeit, als Strasburger*) angibt, daß die Amitosen in der Epidermis und meist auch in den hypodermalen Zellschichten fehlen. Wir können also nicht sagen, daß diese Mitosen nur in den äußeren und nicht zur Amitose disponierten Zellschichten auftreten. Wenn wir nun erwägen, daß durch eine Kernverschmelzung stets eine Erhöhung der Chromosomenzahl erfolgt, so müssen wir in analoger Weise annehmen, daß durch eine Amitose die Zahl der Chromosomen verringert wird. Würden wir also Gelegenheit haben, Mitosen auf Amitosen folgen zu sehen, so müßte uns un- bedingt die geringe Anzahl der Chromosomen auffallen. Anderer- seits spricht auch eine größere Anzahl von Kernen in den Zellen von Tradescantia (Strasburger zählte 8 — 10) nicht für Amitose; denn wir finden normalerweise z. B. im Endosperm vielkernige Zellen, die durch Mitose gebildet sind, aber zur Kernverschmelzung neigen. Wenn wir zur Erklärung der Mitosen im Tradescantia- Stengel die Deutung Strasburgers über die Mitosen bei Podo- carpus, daß also die Mitosen nur in solchen Kernen auftreten, die sich zufällig vorher noch nicht amitotisch geteilt hatten, an- nehmen würden, so steht dieser entgegen, daß sich im Tradescantia- Stengel häufig fast alle Kerne in einem „Amitose" -Stadium be- finden (s. auch die bekannte Figur in Strasburgers Praktikum S. 680), während wiederum an der Verwundungsstelle fast alle Kerne in ein Stadium der Mitose eingetreten sind. Die Verwechslung zwischen Amitosen und Kernverschmelzungen ist häufig vorgekommen; ich erinnere nur an die in ihrer Art grund- legende Arbeit v. Wasielewskis^), der durch Behandlung mit Chloralhydrat in der Wurzelspitze von Vicia fdba Amitosen hervor- gerufen zu haben glaubte, während es sich nach späteren Unter- suchungen^) herausstellte, daß durch die angeführte Behandlung Kernverschmelzungen hervorgerufen werden. 1) strasburger: Einiges über Characeen und Amitose. (Festschrift für Wies n er, Wien 1908.) 2) V. Wasielewski: Theoretische und experimentelle Beiträge zur Kenntnis der Amitosen. (Habil.-Schrift, Leipzig 1902.) 3) Nemec: Das Problem der Befruchtungsvorgänge. (Berlin 1910.) Araitosen von Eiesenkernen im Endosperm von Eanuncidus acer. 501 Ebenso verhält es sich mit den Riesenzellen der Heterodera- Gallen. Nach Tischler^) findet in ihnen eine Vermehrung des Kernes durch Amitosen statt, während Nemec^) auch in diesem Fall Kernverschmelzungen sicherstellte. Eine Nachuntersuchung der Ergebnisse von Shibata^) über die von ihm behaupteten Amitosen in den infizierten Knöllchenzellen von Podocarpus wäre auch noch erwünscht, um so mehr als dieser Autor mitteilt, daß nach wiederholten Amitosen der Zellkern wieder zur mitotischen Teilung übergeht, was jedenfalls sehr fremdartig wäre und eine Gleichwertigkeit von Mitose und Amitose voraussetzen würde, die wir zurzeit nicht anerkennen können. Allerdings gelangte auch Strasburger^) nicht zu anderen Ergebnissen wie Shibata; er erklärte sich das Auftreten von Mitosen dadurch, daß einzelne Kerne, die sich vorher nicht amitotisch geteilt hatten, zur mito- tischen Teilung schritten. Ein Beweis für diese Annahme fehlt jedoch gänzlich. Bemerkenswert ist noch, daß die späteren Mi- tosen, die aus vorher amitotisch geteilten Kernen hervorgehen sollen, keine Scheidewand bilden, so daß also den Mitosen in den Knöllchenzellen die Eigenschaft zukommt, mehrkernige Zellen zu bilden, wodurch die Vorbedingung zu Kernverschmelzungen ge- geben ist. Wahrscheinlich ist die Angabe des Auftretens von Amitosen dadurch veranlaßt, daß die Vielkernigkeit der Riesen- zellen durch simultane mitotische Kernteilung vor sich geht, ebenso wie bei den Heterodera -GdiWQn, so daß man verhältnismäßig sehr selten Mitosen zu Gesicht bekommt. Auf diesen Punkt weist Nemec^) besonders hin: „Obzwar sehr viele Gallen untersucht wurden, wurden dennoch sehr spärlich Kerne der Riesenzellen im Teilungsstadium getroffen. Man könnte leicht, wenn man kein ge- nügend großes Untersuchungsmaterial zur Verfügung hätte, zur Überzeugung gelangen, daß es in den Riesenzellen überhaupt keine Mitose gibt. Bedenkt man jedoch, daß die Kernteilung nach unseren bisherigen Kenntnissen höchstens etwa 2 Stunden dauert, wogegen die Riesenzellen sicher 1 — 2 Monate lang leben und 1) Tischler: Über Heterodera -(i&Wtxi an den Wurzeln von Circaea lutetiana L. (Ber. d. Deutsch. Bot. Ges., 1901, Bd. 29.) 2) Nemec, vgl. Anm. 3, S. 500. 3) Shibata: Zytologische Studien über die endotrophen Mykorrhizen. (Jahrb. f. wiss. Bot., Bd. XXXVII, 1902.) 4) Strasburger: Chromosomenzahlen, Plasmastrukturen, Vererbungsträger und Reduktionsteilung. (Jahrb. f. wiss. Bot., Bd. XLV, 1908.) 502 P- N. Schürhoff, wenigstens V2 Monat zum Heranwachsen braueben, wäbrend welcher die Kernteilungen zu erwarten sind, so wird man zur Überzeugung kommen, daß die Teilungen in ziemlich großen Intervallen vor sich gehen; denn schon zehn simultane Kernteilungen genügen zur Er- zeugung von 1024 Kernen." Auch bei den Tapetenzellen der Antheren wurden zuerst ami- totische Teilungen angenommen, während sich später herausstellte, daß es sich um Kernverschmelzungen handelt. Wir sehen aus dieser Literaturanführung, daß zahlreiche früher als Amitosen angesprochene Fälle sich bei der Nachuntersuchung als Kernverschmelzungen herausgestellt haben. Die Kernverschmel- zung scheint, ganz abgesehen davon, daß sie beim Befruchtungsakt in der Ontogenie jeder Pflanze auftritt, leichter einzutreten, viel- leicht weil dadurch den Zellen der höheren Pflanzen nicht jede Entwicklungsmöglichkeit geraubt wird, wie wir dies von der Ami- tose annehmen müssen. Es kann sich z. B. bei Kernverschmel- zungen auch um Reparationsvorgänge handeln, wie ich dies bei Karyomerenbildung in den Pollen von HemerocalUs fulva^) nach- weisen konnte. Aber auch viele andere vorher als Amitosen angesprochene Bilder haben einer Nachprüfung nicht standgehalten; so konnte ich") zeigen, daß die von Massart und Nathansohn im Callus- gewebe behaupteten Amitosen sich bei genauerer Untersuchung als ganz normale Mitosen herausstellten. Es zeigt sich somit, daß das Auftreten von Amitosen bei höheren Pflanzen überaus selten ist, wenn man überhaupt exakt nach- gewiesene Fälle von Amitosen bei höheren Pflanzen annehmen will. Gehen wir nun zur besonderen Literatur über Amitosen im Endosperm über, so ist es klar, daß wir auch hier die etwa auf- tretenden Kernverschmelzungen zu besprechen haben. Als älteste Literatur möchte ich Strasburger^) anführen: „In den peripherischen Endospermzellen von Imatophylhim (Clivia) cyrtanthifiorimi und zwar an Präparaten, die in den inneren Endospermzellen noch Teilungen zeigten, sah Treub (Archives Neerlandaises, Bd. XV, 1880) hypertrophierte, zum Teil einge- 1) Schiirhoff: Karyomerenbildung in den Pollenkörnern yon HemerocalUs fulva. (Jahrb. f. wiss. Bot., Bd. LH, 1913.) 2) Schürhoff: Das Verhalten des Kerns im Wundgewebe (a.. a. 0.). 3) Strasburger: Zellbildung und Zellteilung, Jena 1880, S. 231. Amitosen von Riesenkernen im Endosperm von Ranunculus acer. 503 schnürte Zellkerne. Öfters yereinigte nur ein dünnes Band die beiden Hälften des Zellkerns. In noch anderen Zellen sah man zwei Zellkerne liegen, und es ließ sich annehmen, daß die Ver- bindungsbrücke durchrissen war. Wie der Augenschein lehrte, handelte es sich hier um einen abnormen Vorgang." Hierzu ist zu bemerken, daß jeder Beweis fehlt, daß es sich in dem vorliegenden Falle um Amitosen gehandelt hat; nach unsern heutigen Kenntnissen von dem häufigen Auftreten von Kernver- schmelzungen im Endosperm können wir das genannte Beispiel ruhig als Kernverschmelzung betrachten. Strasburger selbst be- schreibt die Kernverschmelzungen im Endosperm von Ephedra: „die Verschmelzung erfolgt nicht anders als wie bei Corydalis, die Bilder erweckten aber vor Jahren in mir die Vorstellung, daß es sich hier um Teilung der Kerne handle." Übergänge zwischen Amitose und Mitose wurden von Dixon') für Fritillaria und von Sargant ^) für Lilium Martagon beschrieben, doch handelt es sich hier, wie Buscalioni^) nachwies, um echte Mitosen. Andererseits werden von Buscalioni selbst einige Übergangsformen geschildert und auch Tischler^) berichtet über ähnUche Übergänge im Endo- sperm von Corydalis. Weit zahlreicher sind die Angaben über das Vorkommen von Kernverschmelzungen im Endosperm. Schon Strasburger^) schil- dert diese für das Endosperm von Corydalis cava: „Diese Zellen sind immer noch vielkernig, doch alsbald findet Verschmelzung der Zellkerne jeder Zelle zu einem einzigen statt. Solche Zellkerne sind von verschiedener Größe, je nach der Summe der Elemente, die in die Bildung eingingen; sie unterscheiden sich auch in der Zahl der Kernkörperchen. Diese Differenzen erhalten sich noch, wenn auch abgeschwächt, auf späteren Teilungsschritten, so zwar, daß die Kerne immer noch von etwas ungleicher Größe sind und namentlich sich durch die verschiedene Zahl der Kernkörperchen 1) Dixon: Note on the nuclei of the endos^ierm ot Fritillaria imperialis. (Proc. of the royal Irish Acad., 1895.) 2) Sargant: Direct nuclear division in the Embryosac of Lilium MaHagon. (Ann. of Bot., 1896.) 3) Buscalioni: Osservazioni richerche sulla cellula vegetale. (Estratte del Ann. del E. Ist. bot. di Roma, 1898.) 4) Tischler: Unters, über die Entwicklung des Endosperms und der Samenschale von Corydalis cava. (Verhandl. d. naturw. Vereins Heidelberg, 1900.) 5) Strasburger: Zellbildung und Zellteilung. (Jena 1880, S. 2.31.) Jahrb. f. wiss. Botanik. LV. 33 504 P- N. Schürhoff, unterscheiden. Zellkerne mit nur einem Kernkörperchen scheinen nämlich bei der Teilung wieder solche, diejenigen mit mehreren Kernkörperchen entsprechende, zu geben." „Corydalis cava entsprechend verhält sich, wie Soltwedel feststellen konnte, Corydalis pallida. Daß aber der Vorgang nicht allein auf einige Corydalis - Arten beschränkt ist, lehrt der Um- stand, daß er, wie Soltwedel seitdem ebenfalls fand, auch bei Pulmonaria officinalis und oft auch bei Staphylea piimata wieder- kehrt, ja selbst bei der Monokotyledonee Galanthus nivalis war er wiederzufinden. Er dürfte somit gar nicht zu den seltenen Er- scheinungen bei der Endospermbildung gehören." Spätere Untersuchungen von Tischler') bestätigten das Vor- kommen der Kernverschmelzungen im Endosperm von Corydalis cava. Gleichfalls wurden Kernverschmelzungen beobachtet im Endo- sperm von Tidipa durch Ernst^), bei Zostera durch Rosenberg^), bei Digitalis pumila, Corydalis pumila und Seeale cereale durch Nemec^): „Bei manchen Pflanzen kommen derartige Vorgänge normaler- weise nicht vor, z. B. bei Ranuncidus ficaria, Senecio vidgaris, Lamium albwn und amplexieaule, wenn jedoch zufällig bei diesen Pflanzen in eine Zelle mehrere Kerne geraten, so kann auch da eine Kernverschmelzung stattfinden." Wenn ich also im folgenden typische Amitosen für das Endo- sperm von Ranunculus acer beschreibe, so bin ich mir darüber klar, daß es eines hinreichenden Beweises bedarf, um darzutun, daß es sich hier um Teilungen des Kernes und nicht um Kern- verschmelzungen handelt. Ich möchte noch betonen, daß die typischen Amitosen nur in verhältnismäßig wenig Präparaten sich fanden; ich führe dies darauf zurück, daß die Teilungen simultan verlaufen; es gilt daher im allgemeinen ähnliches für sie, wie es Nemec für das seltene Auftreten von Mitosen in den Riesenzellen der Heterodera -GaWen mitteilt. Jedenfalls verläuft die Endosperm- bildung von Ranunculus acer in der übergroßen Mehrzahl in nor- maler Weise. 1) Tischler, vgl. Anrn. 4, S. 503. 2) Ernst: Beiträge zur Kenntnis der Entwicklung des Emhryosackes und des Embryo (Polyembryonie) von Tulipa Gesneriana L. (Flora, Bd. 88, 1901.) 3) Kosenberg: tJber die Embryologie von Zostera marina L. (Bil. til K. Svensk V. Akad. Handl., Bd. 27.) 4) Nemec: Das Problem der Befruchtungsvorgänge. (Berlin 1910.) Amitosen von Eiesenkernen im Endosperm von Ranunculus acer. 505 Meine Technik war kurz folgende : Fixierung mit Chromessig- säure, Schnitte 5 // dick, Färbung mit Eisenhämatoxylin oder Safranin -"Wasserblau. In solchen Endospermen, die auf dem Schnitt einen ein- schichtigen Kernbelag zeigten, fanden sich in einigen Fällen be- deutend vergrößerte Kerne vor; das Aussehen dieser Kerne hatte sich gegenüber den normalen Endospermkernen von Ranunculus, auf die wir später zum Vergleich eingehen werden, sehr verändert. Meistens waren sie in die Länge gestreckt, hatten hervorspringende Ecken, häufig war die Gestalt nierenförmig. Die Kerne nahmen mit Safranin eine intensive Färbung an; sie zeigten zahlreiche Nukleolen, die in einer gekörnt -wabigen Grundmasse lagen, von Lininfäden, wie sie die normalen Endospermkerne so schön auf- weisen, war nichts zu erkennen. Zuerst nahm ich an, daß die Größe der Kerne auf Kern- verschmelzungen zurückzuführen sei, wofür auch die große Anzahl der Nukleolen zu sprechen schien; doch läßt sich hiergegen ein- wenden, daß nach Kernverschmelzungen die Verschmelzungsprodukte, je nach der Anzahl der verschmolzenen Kerne, in ihrer Größe sehr voneinander abweichen werden. Ich entschloß mich daher zu der Annahme eines besonderen Kernwachstums für diese Kerne, wie es Nemec für Colutea arbores- cens beschreibt: „Einige bemerkenswerte Eigentümlichkeiten bietet auch die Endospermanlage von Colutea arhorescens. Dieselbe stellt auch hier anfangs einen vielkernigen Wandbeleg vor, in dem ziemlich gleichmäßig die gleich großen Kerne verteilt sind. Nach Beendi- gung der Kernvermehrung beginnen die Kerne in der Chalazal- gegend stark zu wachsen und erreichen ungewöhnlich große Dimen- sionen. In dem Mikropylarende bleiben die Kerne klein, ihre Form ist rundlich. Ihre Durchmesser betragen da 8,1 X 8,1 /^i. Im Chalazalteile erscheinen sie schließlich linsenförmig, ihre Durch- messer betragen da 54 X 16,2 bis 108 X 13,5 jli. Diese großen Kerne enthalten ein sehr lockeres Kernretikulum, in dem Chromatin- ansammlungen differenziert sind, und einen meist stark vakuolisiert fixierten Nukleolus. Die Zahl der Chromatinansammlungen variiert zwischen etwa 10 und 18, da dieselben jedoch meist nur aus einer Anhäufung von unregelmäßig geformten Knoten und Körnern be- stehen, so ist dieselbe nicht sicher anzugeben. Überhaupt war in diesen großen Kernen gut zu sehen, daß es sich nicht um ganz 33* 506 P- N. Schürhoff, distinkte, scharf gegen das Kernretikulum abgegrenzte Körperchen handelt, sondern um große Knoten oder Anhäufungen von kleineren Knötchen des Kernretikulums selbst. Die großen Kerne entstehen hier nicht durch Verschmelzung von zahlreichen kleineren, sondern durch Kernwachstum; denn ich konnte nie eine Annäherung der Kerne zu Gruppen, wie z. B. bei Corydalis, in den jüngeren Endospermanlagen beobachten. Auch spricht dagegen der Umstand, daß die Größe der Kerne in der Richtung vom Mikropylarende zum Chalazalteile in jungen Endo- spermanlagen gleichmäßig zunimmt. Später wird der Übergang schroff, da nur zu einer bestimmten Grenze die Kerne sich abnorm vergrößern. Die Distanz zwischen den großen Kernen ist größer als zwi- schen den kleineren. Die Segmentierung der vielkernigen Endospermanlage beginnt bei dem Mikropylarende und verbreitet sich allmählich kaum auf die Hälfte der Endospermanlage. Zwischen den großen Kernen werden Scheidewände überhaupt nicht differenziert." Die Beschreibung dieser großen Endospermkerne, die ebenso wie die in folgendem bei Ranunculus beschriebenen von linsen- förmiger Gestalt sind, bietet in mancher Beziehung viele Ähnlich- keiten mit meinen Befunden. Vor allem ist auch das Fehlen der Scheidewände charakteristisch. Bei der Fortsetzung meiner Untersuchungen gelang es mir, auch die sämtlichen Ubergangsstadien zwischen den normalen Endospermkernen und den Riesenkernen aufzufinden. Dieses Wachs- tum findet statt, während das Endosperm noch einschichtig ist. Dies stimmt übrigens auch mit dem Auftreten von Amitosen wäh- rend des gleichen Entwicklungszustandes (s. Fig. 1 u. 4, Taf. III) vollkommen überein. Die normalen Endospermkerne zeigten in diesem Zustande gewöhnlich nur ein großes Kernkörperchen, der sonstige Inhalt des Kernes glich völlig dem Stadium der Prophase. Ein dünner Kernfaden hatte sich herausgesondert, in manchen Kernen waren Lininfäden und Chromatinkörnchen noch zu unter- scheiden (Fig. 33, Taf. IV). Nun setzt das Wachstum des Kernes ein; er streckt sich in der Richtung des Wandbelegs etwas in die Länge, so daß er ein linsenförmiges Aussehen bekommt, gleich- zeitig mit der Größenzunahme tritt eine Vermehrung der Nukleolen ein, so daß wir in einem Schnitt Kerne der verschiedensten Größen mit der Größe entsprechend erhöhter Nukleolenzahl vorfinden. Das Amitosen von Riesenkernen im Endosperm von Eanunculus acer. 507 Kerngerüst läßt keinen deutlichen Chromatinfaden bei größeren Kernen mehr erkennen, sondern einzelne Chromatinkörnchen liegen dicht beieinander und bewirken so eine intensive Farbstoffspeiche- rung bei der Safraninfärbung. Bei sehr großen Kernen ist die Form nicht mehr linsenförmig, sondern es zeigen sich häufig pseudo- podienartige Fortsätze. Der Längendurchmesser ist ungefähr zwei- bis fünfmal so groß wie der Querdurchmesser. Hervorzuheben ist noch, daß persistierende Phragmoplaste nicht zu sehen sind; das Plasma ist gleichmäßig wabig -fädig differenziert und die Kerne in ihm sind ziemlich gleichmäßig verteilt. Einander genäherte Kerne, die auf eine Kernverschmelzung hindeuten könnten , wurden nicht beobachtet. Die Entstehung der Riesenkerne durch Riesenwuchs der Kerne ist somit sichergestellt. Da wir bei unserm Material gleichzeitig Kernverschmelzungen und Amitosen auftreten sehen, so haben wir eine vorzügliche Ge- legenheit, die Unterschiede zwischen beiden Typen zu beobachten, die noch dadurch besonders hervortreten, daß die Kerne eine außerordentliche Größe besitzen. Ganz besonders wird die Er- kennung der Amitosen in unserem Falle dadurch erleichtert, daß auch die Amitosen im Embryosack ebenso wie die Mitosen simul- tan vor sich gehen. Wir sehen dann noch an den Tochterkernen genau, welche zwei aus einem Mutterkern entstanden sind, und finden alle Übergänge bis zu den typischen Amitosen. Diese zeichnen sich vor den bisher bekannten Bildern von Amitosen dadurch aus, daß die Tochterkerne nicht durch einfache Durch- schnürung des Mutterkernes entstehen, sondern daß der Mutter- kern, ohne sich vorher wesentlich in die Länge zu ziehen, in der Mitte auseinander weicht, während gleichzeitig an den Seiten und in der Mitte durch zarte Fäden noch die Verbindung zwischen den Kernen eine Zeitlang aufrecht erhalten bleibt. Diese Fäden werden allmählich eingezogen und zwar reißen sie vorher etwa in der Mitte durch. An den Tochterkernen sieht man daher häufig noch einen Teil dieser Fäden, die sich ständig verkürzen und dabei breiter werden. Beim Einziehen dieser Kernbrücken kommt es öfters vor, daß ein Teil der äußersten Spitze anscheinend nicht schnell genug folgen kann, so daß es zu Abschnürungen kommt, die sich abrunden und das Aussehen normaler, kleiner Kerne be- sitzen. Wir haben es hier, da nicht anzunehmen ist, daß sich gerade die typische Menge der Kernmasse abgesondert hat, wo- gegen auch die verschiedene Größe der Kernchen spricht, mit 508 P- ^*- Schürhoff, Karyomerenbildung zu tun. Da nun diese Kernchen später ver- schwinden, ist anzunehmen, daß sie entweder desorganisieren oder aber mit ihren Schwesterkernen wieder verschmelzen. Ich halte letzteres für wahrscheinlicher, da ein derartiges Verhalten der Karyomeren bereits bekannt ist. Die Tochterkerne nehmen bald eine semmel- bis nierenförmige Gestalt an und zwar liegen sie mit den konkaven Seiten einander gegenüber; sie geben dann ein ähnliches Bild wie die Teilungen von Diplokokken. An dieser Form und Lage kann man mit Leichtigkeit feststellen, welche Tochterkerne einem Mutterkern entstammen. Die beiden Tochterkerne sind sowohl gleich groß als auch stimmen sie in der Größe mit den anderen durch Amitose entstandenen Kernen überein. Die Zahl der Kernkörperchen ist allerdings in den Tochterkernen verschieden. Die Nukleolen der Riesenkerne sind stets in Mehrzahl in jedem Kern vertreten. Bei stark differenzierten Färbungen mit Eisen- hämatoxylin erhält man eine fast isolierte Färbung der Nukleolen. An solchen Präparaten läßt sich leicht feststellen, daß die größeren Nukleolen sich in Teilung befinden. Entweder finden wir hantei- förmige Bilder oder die Nukleolen zeigen ähnliche Figuren, wie die Amitosen der Riesenkerne. Das Zytoplasma zeigt während der Amitosen eine wabige Struktur und scheint sich bei der Trennung der Kerne nicht zu betätigen. Jedenfalls ist von irgendwelchen fädigen Differenzierungen nichts zu sehen; auch finden wir keine Verdichtungen des Zyto- plasmas an den Polen oder sonst in der Umgebung der Amitosen. Es ist auch kein Unterschied in dem umgebenden Zytoplasma beim Stadium der Amitosen einerseits und der vollzogenen Amitosen andererseits zu finden. Infolgedessen kommt es auch nicht zur Anlage bezw. Bildung von Zellmembranen, sondern die Tochter- kerne, die aus den Amitosen hervorgegangen sind, liegen gleich- mäßig verteilt in dem wabigen Zytoplasma und lassen nur dadurch, daß sie nach einer Richtung bedeutend länger sind und diese Längsachsen bei den zugehörigen Tochterkernen parallel sind, ihre Entstehung aus demselben Mutterkern erkennen. Das Auftreten von Amitosen im Endosperm ist keineswegs verwunderlich; denn es ist zu bedenken, daß die Kerne des Endo- sperms auf ihre formativen Eigenschaften verzichtet haben und nur ernährungsphysiologisch tätig sind. Die Kerne können infolgedessen von einer völlig gleichwertigen Verteilung der Erbmasse, wie sie Amitosen von Riesenkernen im Endosperm von Ranunculus acer. 509 durch den minutiösen Vorgang bei der Mitose bewirkt wird, ab- sehen und die Verteilung der ReguHerungszentren auf amitotischem Wege vornehmen. Betonen möchte ich jedoch nochmals, daß die Frage, ob Kern- verschmelzungen oder Amitosen vorliegen, an keinem der bisher bekannten Fälle mit solcher Sicherheit entschieden werden konnte, wie es sich hier durch das glückliche Zusammentreffen verschie- dener Umstände zeigt. Und wie man bekanntlich das Endosperm zur Demonstration der fortschreitenden Stadien der Mitose benutzt, so werden die angegebenen Bilder in Zukunft geeignet sein, die verschiedenen Stadien der amitotischen Kernteilung nebeneinander zu zeigen. Ich möchte nochmals kurz die Gründe anführen, daß es sich um Amitosen, nicht um Kernverschmelzungen handelt. 1. Die Teilungen verlaufen simultan, wie wir es von den mitotischen Teilungen des Endosperms wissen, während die Kernverschmelzungen keine Regelmäßigkeit zeigen. 2. Infolge der simultanen Teilung sind die beiden zugehörigen Kerne genau erkennbar, wie in den Anaphasen der Mitosen. 3. Die nierenförraigen Tochterkerne sind mit ihren konkaven Seiten einander zugekehrt, wie die jungen durch Mitose entstandenen Tochterkerne. 4. Von besonderer Wichtigkeit ist das Auftreten von Karyo- meren beim Auseinanderweichen der Kerne. Diese sind nur durch Zerreißen der Brücken zu erklären. 5. Das vollständige Fehlen von Scheidewänden spricht eben- falls gegen eine Kernverschmelzung, da im Endosperm Kern Verschmelzungen sämtlicher Kerne innerhalb der ab- gegrenzten Zellen stattfinden. 6. Die Riesenkerne zeigen später keine mitotischen Teilungen mehr, sondern degenerieren. Das Auftreten von späteren Mitosen würde unbedingt für Kernverschmelzungen sprechen. Im letzten Satze wurde die Mitteilung über das spätere Ver- halten der durch Amitose entstandenen Kerne schon kurz gekenn- zeichnet. In der Tat gehen die Riesenkerne nach verhältnismäßig kurzer Zeit zugrunde, so daß man keine ausgewachsenen Samen- anlagen mit den auf amitotischem Wege entstandenen Kernen findet. Gleichzeitig mit der Degeneration der Kerne setzt ein Zerfall des Zytoplasmas ein, so daß sich nur noch einige Plasma- 510 P- N. Schürhoff, flocken um die desorganisierenden Kerne ballen. Die Kerne führen noch weiterhin Amitosen der oben beschriebenen Art aus, jedoch sind sie nicht mehr imstande, das nötige Kernmaterial für die neuen Kerne aufzubiingen, so daß die neuen Kerne kleiner werden, die Zahl der Nukleolen verringert sich und an Stelle der früheren intensiven Safraninfärbung zeigen sie nur noch schwache Farbstoff- speicherung. In vorgeschrittenen Stadien der Desorganisation sieht man fast nur noch die Kernmembran, die an manchen Stellen ein- gefaltet erscheint. Der Befruchtungsvorgang und die Entwicklung des normalen Endosperms. Zum Vergleiche mit den geschilderten Abnormitäten lohnt es sich auf die Befruchtung und die Entwicklung des normalen Endo- sperms einzugehen. Über den Befruchtungsvorgang der Ranunculaceen liegen meh- rere ausführliche Veröffenthchungen vor. Hierzu mag einerseits beigetragen haben, daß die Ranunculaceen verhältnismäßig große Kerne besitzen, so daß sie sich, ähnlich wie die Monokotylen, für das Studium der feineren Kernstrukturen sehr gut eignen, anderer- seits zeigen die Polycarpicae manche Eigentümlichkeiten, die sie als eine polygenetisch sehr alte Pflanzenordnung kennzeichnen. Wir finden manche Anklänge an die Gymnospermen, so daß gerade die Histologie berufen scheint, unsere Kenntnisse über die systematische Stellung der Polycarpicae wesentlich zu vertiefen. Es sei an die spiralige Anordnung der Blütenkreise erinnert und an die nur aus Tracheiden aufgebauten Holzstränge der zur Gattung Drimys ge- hörenden Bäume, die in ihrem Bau auffallend den Nadelhölzern ähneln. Ferner versucht man die Monokotylen von den Poly- carpicae abzuleiten, wofür insbesondere einige Eigentümlichkeiten der monokotylen Familie der Helobiae sprechen. Strasburger*) beschreibt die Befruchtung und Endosperm- entwicklung von Myosurus minimus. Seine Abbildungen ähneln sehr den Bildern, denen wir bei Ranunculus begegnen, wenn auch damals die Verschmelzung des zweiten Spermakerns mit dem sekundären Embryosackkern noch nicht erkannt war. l) Zellbildung und Zellteilung. Amitosen von Riesenkernen im Endosperm von Ratmncnlus acer. 511 Die Verschmelzung des zweiten Spermakerns mit dem sekundären Embryosackkern wurde für die Ranunculaceen durch Guignard') sichergestellt. Auf das Verhalten der Antipodenzellen, wie es von diesem Autor und von Coulter-) geschildert wird, ist ebenfalls noch einzugehen. Die riesenhaften Antipodenzellen von Aconitum Napdlus werden von Osterwalder^) beschrieben, dem es aller- dings nicht gelang, die Kopulation der Gametenkerne zu beob- achten. Beginnen wir bei Ranunculus acer mit dem Stadium des acht- kernigen Embryosackes (Fig. 13, Taf. III), so finden wir in der Samenanlage drei untere einzelne Zellen, die Antipoden, drei obere einzelne Zellen, den Eiapparat und in einem gemeinsamen Proto- plasmaschlauch, der eine große zentrale Vakuole besitzt, die beiden sich gegenüberliegenden Polkerne. In Fig. 14, Taf. III sehen wir die Polkerne einander genähert und bereits im Begriff", miteinander zu verschmelzen. Der Ei- apparat unterscheidet sich nicht von dem in Fig. 13 wiedergegebenen. Die beiden sichtbaren der drei Antipodenkerne zeigen jedoch be- reits eine beträchtliche Vergrößerung der Zellen sowohl wie der Kerne. In Fig. 1.5, Taf. III finden wir einen reifen Embryosack (die Nukleolen des Eies und des sekundären Embryosackkernes sind im Schnitt nicht getroffen). Die Synergiden zeigen deutlich ihre Vakuolen, die unterhalb des Kernes liegen; an der Spitze ist der Fadenapparat sehr gut zu sehen, unwillkürlich drängt sich beim Anblick des in die beiden Spitzen auslaufenden Fadenapparates der Vergleich mit einem spitzen Pinsel auf, und wir wissen ja auch^), daß die Fadenapparate aus Zellulose bestehende fädige Plasmaprodukte sind, sie haben anscheinend den Zweck, die in die Vakuolen ausgeschiedene, chemotaktisch wirkende Flüssigkeit in die Mikropyle abzuleiten, um dem Pollenschlauch den Weg zu weisen. Der Fadenapparat ist sehr deutlich sichtbar und erhält sich sehr lange, so daß es verwunderlich ist, daß er von Coulter'''), 1) Guignard: La double fecondation chez les Renonculacees. (Journ. de Bo- tanique, 1901.) 2) Coulter: Contribution to the life history of Ranunculus. (Botanical Gazette, 1898.) 3) Beiträge zur Embryologie von Aconitum Napellus. (Flora, 1898.) 4) Habermann: Der Fadenapparat in den Synergiden der Angiospermen. (Bei- hefte z. bot. Zentralblatt, Bd. XX, 1906.) 512 P- N. Schürhoff, Osterwalder') und Guignard-) nicht berücksichtigt wurde. Um das Verhalten des Fadenapparates nach der Befruchtung noch kurz anzuführen, so ist hervorzuheben, daß er, wenn das Endosperm mehrschichtig geworden ist und der Embryo, der bei den Ranun- culaceen bekanntlich sehr klein bleibt und sich nur langsam ent- wickelt, bereits aus einer größeren Anzahl von Zellen besteht, noch deutlich zu erkennen ist. Jedenfalls überdauert er die Existenz der andern Bestandteile der Synergiden erheblich. Im älteren Zu- stande sind bei ihm die einzelnen Fädchen nicht mehr erkennbar, sondern er färbt sich homogen und zeigt nach unten (also nach dem Innern der früheren Synergide) sich ausgefranst. Er bildet gewissermaßen einen Verschluß der Mikropyle. Wenden wir uns wieder zur Fig. 15. Der Eikern liegt in der Mitte, unterhalb der beiden Synergiden. Der aus den beiden Pol- kernen hervorgegangene sekundäre Embryosackkern ist sehr groß und zeigt ein deutliches Kernretikulum. Es ist deutlich zu sehen, daß das Zytoplasma der sekundären Embryosackzelle sowohl den Eiapparat als auch die Synergiden an ihren in die Embryosack- höhle hineinragenden Teilen völlig umfaßt. Die Antipoden zeigen sich in unserm Präparat schon zu dieser Zeit außerordentlich ver- größert. In Fig. 16a, Taf. III finden wir das Stadium der Befruch- tung; der Eikern befindet sich in Kopulation mit dem einen Spermakern. Dieser zeigt sich sehr stark gefärbt, so daß kaum Einzelheiten zu erkennen sind, doch läßt sich eine Querstreifung feststellen, die auf die in dieser Richtung verlaufenden Chromatin- fäden zurückzuführen ist; der Eikern enthält nur ein Kernkörper- chen. Von den beiden Synergiden ist die eine bereits völlig des- organisiert, von der andern ist der Kern sichtbar; der Faden- apparat ist in diesem Präparat nicht gut zu erkennen. Der sekundäre Embryosackkern besitzt ein sehr großes Kernkörperchen; die Kopulation dieses Kernes mit dem zweiten Spermakern ist auf dem folgenden Schnitt desselben Präparates (Fig. 16 b) zu sehen. Bei oberflächlicher Betrachtung könnte man den Spermakern mit dem Nukleolus verwechseln, doch geht sowohl aus der Lage des Nukleolus als auch aus der Querstreifung des Spermakerns die Identität beider hervor. Ferner zeigt der ganz homogen gefärbte Nukleolus mit Safranin eine gelblichrote, der Spermakern eine 1) Öster walder, vgl. Anm. 3, S. 511. 2) Guignard, vgl. Anm. 1, S. 511. Aiuitosen von Riesenkernen im Endosperm von Ranunculus acer. 513 mehr violettrote Färbung. In Fig. 17, Taf. III sehen wir einen anderen sekundären Embryosackkern in Kopulation mit dem Spermakern. Die Antipoden der .Fig. 16 sind nicht median getroffen und zeigen daher nicht ihre volle Größe. Deutlicher ist diese aus Fig. 18, Taf. III zu sehen, wo sich zufällig alle drei Antipoden in demselben Schnitt zeigen. Der „befruchtete" Embryosackkern befindet sich hier bereits in Prophase, er läßt die Chromatin- ansammlungen gut erkennen und zeigt ferner drei Kernkörperchen. In Fig. 19, Taf. IV ist die erste Teilung des Embryosack- kerns bereits vollendet. Wir sehen, daß sich das Endosperm der Wandung des Embryosackes anlegt. Vom Embryo ist auf diesem Schnitt nichts zu finden, dagegen zeigen sich die Antipoden außer- ordentlich vergrößert. Dies Wachstum der Antipodenzellen und Antipodenkerne hält noch weiter an. In älteren Endospermen finden wir die Antipoden zu wirklichen Riesenzellen ausgewachsen, wie dies auch von anderen Ranunculaceen in gleicher Weise be- kannt ist (s. Osterwalder, Coulter, Guignard). In den größten Kernen ist der Kern anscheinend im Stadium der Prophase; die riesenhaften Chromosomen haben sich herausgesondert und sind miteinander nur noch durch kleine Brücken verbunden, die Kern- wand ist häufig aufgelöst oder nicht mehr zu erkennen (Fig. 27 u. 28, Taf. IV). In einigen Fällen ist auch eine Längsspaltung der Chromosomen zu sehen (Fig. 41, Taf. IV). In meinen Präparaten vermochte ich keine Kernteilung der Antipoden zu finden, doch bildet Coulter^) derartige mitotische Teilungen iür Hepatica acuti- loba ab. Diese Teilung ist insofern bemerkenswert, als sich hierbei eine übergroße Anzahl von Chromosomen vorfindet und aus der Teilung, wie aus der nebenliegenden Antipodenzelle ersichtlich ist, mehrere Zellkerne entstehen. Es sei darauf hingewiesen, daß Koernicke^) bei Triticum bereits 1897 bis zu 36 und mehr Antipoden gezählt hat. Also wieder ähnliche Verhältnisse bei Monokotylen und Ranunculaceen. Auch Guignard^) bildet zwei Antipodenzellen (bei Anemone nemorosa) mit 3 bezw. 4 Kernen ab. Diese Verhältnisse scheinen mir mit den unregelmäßigen Kern- 1) Coulter, vgl. Anra. 2, S. 511. 2) Koernicke: Unters, über die Entstehung u. Entwicklung d. Sexualorgane von Triticum usw. Inaugural-Dissertation, Bonn 1897. 3) Guignard, vgl. Anm. 1, S. 511. 514 P- N- Schürhoff, teilungen der unteren Embryosackkerne bei Lilium Martagon^) Ähnlichkeiten zu haben, wo es bekanntlich durch eine Längsspal- tung der Chromosomen zu einer Verdoppelung der Chromosomen kommt und später eigenartige Deformationen bezw. Desorganisa- tionen der Antipodenkerne auftreten. Während nun bei LiUiim Martagon die Degeneration der Antipoden besonders vorgeschritten ist, scheint mir der Vorgang bei den Ranunculaceen darauf zu deuten, daß wir hier Übergänge von mehrzelligen Prothallien zu der normalen Dreizahl der Antipodenzellen haben. Jedenfalls scheint mir das Auftreten von Kernteilungen und die riesenhafte Entwicklung der Antipoden darauf hinzudeuten, daß die Antipoden nicht eine rein physiologische Aufgabe zu erfüllen haben, wie es vor allem "Westermaier"'*) will, sondern daß sie ihren formativen Aufgaben, wie sie ursprünglich einem vielzelligen Gewebe zukamen, nicht mehr gerecht werden und somit ein rudimentäres Gebilde darstellen. Doch wenden wir uns wieder zum Endosperm ; die Teilung der Kerne folgt auf normalem, mitotischem Wege, wie dies Fig. 29, Taf. IV darstellt, die Teilungen gehen simultan vor sich, doch pflegen sie meist in einer bestimmten Richtung vorzuschreiten, so daß wir nahe beieinander die verschiedensten aufeinander folgenden Stadien finden. Die Abgrenzung der Zellen erfolgt in dem Sta- dium, wo das Endosperm zweischichtig ist, von der Fläche gesehen zeigt uns Fig. 32, Taf. IV diesen Zustand. Die Kerne des Endo- sperms zeigen meist drei Nukleolen, um die Kerne herum sind die Vakuolen erfüllt mit Nährstoffen. Obwohl die Zellwände schon völlig ausgebildet sind, bleiben doch die Phragmoplasten noch lange erhalten, so daß man bei bestimmter Einstellung entweder am Rande der Zellen Zellsaftvakuolen erblickt oder die nach allen Richtungen gleichmäßig ausstrahlenden Phragmoplasten. Ab und zu findet man bei den Anaphasen der Kernteilungen, daß ein Chromosom auf jeder Seite etwas nachgeschleppt wird, so daß solche Bilder viel- leicht beim oberflächlichen Anblick den Anschein von Aifiitosen hervorrufen könnten (Fig. 30 u. 31), doch zeigen die Spindelfasern und der ganze Habitus der Kerne deutlich, daß es sich um typische Mitosen handelt. 1) Strasburger, vgl. Anm. 4, S. 501. 2) Westerniaier: Historische Bemerkungen zur Lehre von der Bedeutung der Antipodenzellen. (Ber. d. Deutsch. Bot. Ges , 1898.) Amitosen von Riesenkernen im Endosperm von Ranunculus acer. 515 Der Embryo von Ranunculus acer bleibt sehr klein und zeigt keine Besonderheiten. Zu erwähnen ist noch, daß man häufig in älteren Stadien (Fig. 24a u. b, Taf. IV) die Reste des Pollen- schlauches sieht und zwar stets mit zwei kleinen Kernresten. Man könnte verleitet werden, diese beiden geschrumpften Kernchen für die beiden Spermakerne zu halten (Fig. 20 b, 21, 22, Taf. IV), doch zeigt die weit vorangeschrittene Bildung des Endosperms, daß die Befruchtung bereits seit längerer Zeit vor sich gegangen ist. Guignard^) hält diese Chromatinklümpchen für Reste des Nukleolus der desorganisierenden Synergide; ich möchte jedoch das eine Kern- teilchen als Rest des Synergidenkerns und das andere als den Rest des vegetativen Pollenkerns ansprechen. Eine gleiche Deutung gibt Stras'burger-) den beiden Kernresten, z. B. bei einer Ab- bildung der Befruchtung von Urtica dioica. Was mich insbesondere zu dieser Annahme führt, ist das regelmäßige Vorkommen von zwei derartigen Körperchen; auch zeigen einige Präparate (Fig. 20b, 21, Taf. IV), daß es sich nicht um vollkommen homogene Degenerations- produkte handelt, sondern sie lassen noch Strukturen erkennen, die denen der Spermakerne im Augenblick der Kopulation gleichen. Endlich sei noch die Angabe von Osterwalder^) erwähnt, daß er bei Aconitum Napellus neben dem Embryo noch Synergiden- embryonen gefunden habe, diese Angabe dürfte dahin richtig zu stellen sein, daß es sich um Polyembryonie gehandelt hat, wie ja auch Coulter*) bei Ranunculus septentrionalis mehrere Embryo- sackanlagen in einer Samenanlage beobachtet hat. Auch bei Winkler ^) finden wir keine Mitteilungen über ein derartiges Ver- halten der Synergiden bei den Ranunculaceen. Endlich sind noch die bei Rajiunculus auftretenden Kernver- schmelzungen im Endosperm zu erwähnen; sie erfolgen keineswegs regelmäßig, sondern finden sich fast nur in der Nähe der Anti- poden. Die Kernverschmelzungen finden in solchen Zellen statt, die sich bereits durch eine Zellwand abgegrenzt hatten und in denen dann durch eine mitotische Teilung zwei Kerne entstanden, ohne daß es zur Ausbildung einer Scheidewand gekommen wäre. Sie 1) Guignard, vgl. Änra. 1, S. 511. 2) Strasburger: Sexuelle und apogame Fortpflanzung bei Urticaceen. (Jahrb. f. wiss. Bot., 1910.) 3) Osterwalder, vgl. Anni. 3, S. 511. 4) Coulter, vgl. Anm. 2, S. 511. 5) Winkler: Parthenogenesis und Apogamie im Pflanzenreich. (Jena 1908.) 516 P. N. Schürhoff, gehören also in die gleiche Kategorie, wie die von Nemec bei Ranuncidus ficaria usw. beschriebenen. Es handelt sich also in diesen Fällen um syntriploide Kerne. In solchen Schnitten, die gleichzeitig die vergrößerten Antipoden zeigen, sieht man genau, daß die Kernverschmelzungen in den an die Antipoden angrenzen- den Zellen ihren Anfang nehmen (Fig. 41, Taf. IV). Die Verschmelzungsprodukte zeigen einen ganz unregelmäßigen Umriß und gehen z. T. auch bald zur Desorganisation über. In Fig. 37, Taf. IV ist der seltene Fall einer Kernverschmelzung in der Nähe der Mikropyle abgebildet, die näheren Verhältnisse, die zu dieser Verschmelzung geführt haben, ließen sich nicht feststellen. Daß es sich in den letztgenannten Fällen um Kernverschmelzungen und nicht um Amitose handelt, geht daraus hervor, daß sich der Ursprung der zweikernigen Stellen in der Nähe der Antipoden mit Sicherheit auf eine vorhergegangene mitotische Teilung zurück- führen läßt; es unterbleibt nur die Ausbildung der jungen Zell- membran zwischen den Kernen, was ja bei der Anlage des Endo- sperms in derselben Weise unterbleibt. Als Ergebnis meiner Untersuchungen möchte ich demgemäß anführen, daß es mir gelungen ist, den bestimmten Nachweis für das Vorkommen von amitotischen Kernteilungen bei höheren Pflan- zen zu erbringen. Die amitotischen Teilungen verlaufen in unserem Beispiele simultan, wie es ja auch bei den mitotischen Teilungen des Endosperms der Fall ist. Diese Amitosen führen nicht zur Bildung neuer Zellen, Der Anreiz zur amitotischen Teilung scheint in dem vorausgegangenen Riesenwuchs der Endospermkerne gegeben zu sein. Kernverschmelzungen kommen im Endosperm von Ranunculus acer nur dann vor, wenn infolge Ausbleibens der Scheidewand- bildung einige Zellen zweikernig geblieben sind. Dieser Fall tritt fast ausschließlich nur in der Umgebung der Antipoden ein. Bemerkenswert sind ferner die riesenhaften Antipoden, die anscheinend in das Stadium der Prophase eintreten. Teilungen der Antipodenzellen wurden nicht beobachtet, erscheinen aber nicht ausgeschlossen. Die Befruchtung zeigt bei Ranunculus acer keine besonderen Eigentümlichkeiten; hervorzuheben ist, daß der Fadenapparat der Synergiden sehr lange erhalten bleibt und vielleicht nach der Be- fruchtung als Verschluß der Mikropyle Verwendung findet. Amitosen von Eiesenkernen im Endosperm von Eanunctdus acer. 517 Figuren -Erklärung*. Ranunculus acer. Tafel III. Fig. 1. Längsschnitt durch den unteren Teil der Samenanlage. Die Riesenkerne des Endosperms zeigen unregelmäßige Umrisse. Ihre gegenseitige Lage läßt erkennen, welche Teilungen vorhergegangen sind. Das Zytoplasraa des Endosperms ist wabig aus der großen Antipodenzelle fadig differenziert. Das Chromatin des Antipodenkerns bildet eine dichte Masse und läßt um den Nukleolus einen Hof erkennen. 750 mal. Fig. 2. Flächenansicht des Endosperms mit Riesenkernen. Die Kerne haben sich vorher amitotisch geteilt und lassen durch ihre gegenseitige Lage erkennen, aus welchem Mutterkern sie hervorgegangen sind. Gleichzeitig sieht man zwei kleinere Kernchen, die durch Abschnürung bei der Teilung entstanden sind. 140 mal. Fig. 3. Zwei Riesenkerne nach der amitotischen Teilung. Es sind noch die zum Teil eingezogenen Kernbrücken zu sehen, ferner ein abgeschnürter kleinerer Kern. 750 mal. Fig. 4. Unterer Teil des Endosperms mit Riesenkernen und einer Amitose. Die unregelmäßige Form der Riesenkerne fällt sehr auf. Jeder Riesenkern enthält eine größere Anzahl von Nukleolen. Im übrigen liegen die Verhältnisse ähnlich wie bei Fig. 1. 750mal. Fig. 5. Flächenansicht des Endosperms mit zwei Amitosen und mehreren durch Amitose geteilten Riesenkernen. 140 mal. Fig. 6. Die zwei oberen Riesenkerne der vorigen Figur in amitotischer Teilung. Das Präpaiat kann als Typus für eine Amitose gelten, man sieht deutlich die einzelnen Kernbrücken, die noch die Verbindung zwischen den beiden Tochterkernen bilden und zum Teil schon eingezogen sind. Bei dem einen Kern sieht man zwei abgeschnürte Teilkernchen. Es ist zu erkennen, daß das Plasma sich nicht an der Dynamik der Teilung beteiligt. Die Teilungsprodukte werden, wie aus den verschiedenen Ansichten der Tochterkerne hervorgeht, gleich groß. Im Schnitt sind natürlich die riesenhaften Kerne nicht gleichzeitig median getroffen. 750 mal. Fig. 7. Eine Mitose in der Nähe der Antipoden. Die Teilung scheint ungleiche Teilungsprodukte zu liefern, was aber auf die Schnittrichtung zurückzuführen sein dürfte. 750 mal. Fig. 8. Amitosen der Riesenkerne mit den Resten der Kernbrücke und zwei ab- geschnürten Kernchen. Es ist deutlich zu sehen, aus welchen Kernbrücken diese beiden Kernchen sich abgeschnürt haben. 750 mal. Fig. 9. Tochterkerne der Riesenzellen nach amitotischer Teilung zeigen das Ver- halten der Nukleolen, die sich gleichfalls in ähnlicher Weise wie die Riesenkerne teilen. 750 mal. Fig. 10. Amitotische Teilung der Riesenkerne im Endosperm bei beginnender De- generation. Die Färbung ist weniger intensiv. Die Kerne sind zum Teil vergrößert und führen entsprechend weniger Nukleolen, die Chromatinverteilung ist viel weniger dicht. 750 mal. Fig. 11. Wie Fig. 10. 750mal. Fig. 12. Die Degeneration ist bereits weiter fortgeschritten, trotzdem hatte der Kern noch eine amitotische Teilung eingeleitet. 750 mal. 518 P- N. Schürhoff, Fig. 13. Achtkerniger Embryosack. Die Antipodenkerne besitzen noch ihre nor- male Größe. 750 mal. Fig. 14. Verschmelzungen der Pollenkerne. Die Antipoden bereits etwas ver- größert. 750 mal. Fig. 15. Reife Samenanlagen. Die Synergiden zeigen einen gut ausgebildeten Fadenapparat und je eine Vakuole. Die Kerne liegen oberhalb der Vakuolen. Der Ei- kern und sekundäre Embryosackkern zeigen in dem vorliegenden Schnitt keine Kern- körperchen , da sie nicht getroffen sind. Von den bereits sehr stark vergrößerten Anti- poden sind zwei zu sehen. 750 mal. Fig. 16 a. Befruchtung. Kopulation des Spermakerns mit dem Eikern. Degene- ration der einen Synergide. Der Kern der anderen Synergide ist erhalten geblieben. 750 mal. Fig. 16 b. Der auf Fig. 16 a folgende Schnitt zeigt die Kopulation des Sperma- kerns mit dem sekundären Embryosackkern; der Nukleolus des sekundären Eisackkerns ist in Fig. 16 a zu sehen. Die Spermakerne sind daran zu erkennen, daß sie nicht homogen gefärbt sind wie die Nukleolen. 750 mal. Fig. 17. Kopulation des einen Spermakerns mit dem sekundären Eisackkern aus einem anderen Präparate. 750 mal. Fig. 18. Sekundärer Embryosackkern mit drei Nukleolen nach der Befruchtung in Prophase. Darunter die drei Antipoden, die jedoch nur peripher getroffen sind. 750 mal. Tafel IV. Fig. 19. Zweikerniges Endosperm. Die Antipoden haben bereits eine bedeutende Größe angenommen und zeigen, daß sich das Chromatin hauptsächlich peripher geändert hat, während der Nukleolus sich in der Mitte befindet. 750 mal. Fig. 20a. Schnitt durch das einschichtige Endosperm; unten eine der vergrößerten Antipoden, oben der einzellige Embryo sichtbar. 140 mal. Fig. 20 b. Der Eisack stark vergrößert. Ein Synergidenkern ist noch erhalten geblieben. Im Pollenschlauch Reste zwei degenerierter Kernchen. 750 mal. Fig. 21. Ein gleiches Stadium wie Fig. 20b. 750 mal. Fig. 22. Ebenfalls. Seitlich des befruchteten Eies sieht man zwei Endosperm- kerne in Prophase. 750 mal. Fig. 23. Die Überreste des Fadenapparates bei einem mehrkernigen Embryo. Da- zwischen ein kleines Kernchen, wahrscheinlich von der zweiten Synergide. 750 mal. Fig. 24 a. Pollenschlauchreste mit zwei degenerierten Kernchen und Reste des Fadenapparates. 75t) mal. Fig. 24b. Dazu gehöriger zweikerniger Embryo. 750 mal. Fig. 25a. Schnitt durch das einschichtige Endosperm. 75 mal. Fig. 25b. Der obere Teil der gleichen Samenanlage mit dem Embryo. 75 mal. Fig. 25 c. Der Embryo stärker vergrößert. Die unteren Zellen des Embryo in Teilung. 750 mal. Fig. 26. Mehrzelliger Embryo, der noch an der Mikropyle die Reste des Faden- apparates erkennen läßt. 750 mal. Fig. 27. Eine der Riesenantipoden. Die Kernwand ist geschwunden. Die einzelnen Chromosome sind erkennbar, zum Teil noch durch feine Brücken miteinander verbunden. 7 50 mal. Amitosen von Riesenkernen im Endosperm von Banuncxdus acer. 519 Fig. 28. Zwei Antipoden entsprechend Fig. 27. 750 mal. Fig. 29. Mitosen des Endosperms. Das Präparat entstammt einem Präparat mit zweischiclitigem Endosperm. 7 50 mal. Fig. 30. Telephase aus dem Endosperm, in dem beide Tochterkerne und je ein Chromosom etwas zurückgeblieben ist. Die Ausbildung des Pliragmoplasmas zeigt, daß es sich um eine echte Mitose handelt. 750 mal. Fig. 31. Das gleiche wie Fig. 30. 750mal. Fig. 32. Flächenansicht des Endosperms im Stadium des zweischichtigen Endo- sperms. Die Kerne besitzen mehrere Nukleolen. Um die Kerne herum sind die Nähr- stoffe gelagert. Bei hoher Einstellung sieht man die persistierenden Phragmoplasten, bei höherer Einstellung (oberer Teil der Figur), daß die Zellen schon völlig abgegrenzt sind. 750 mal. Fig. 33. Endospermkern zu Beginn des Riesenwachstums zeigt zum Teil eine Längsspaltung des Kernfadens und ein einzelnes größeres Kernkörperchen. 750 mal. Fig 34. Riesenkern (benachbart dem Kern Fig. 33). Es sind mehrere Nukleolen zu sehen, sowie pseudopodienartige Fortsätze. Das Chromatin bildet eine dichte gekörnte Masse. 7 50 mal. Fig. 35. Wie Fig. 34. 750 mal. Fig. 36. Wie Fig. 34. 750 mal. Fig. 37. Kernverschmelzung in der Nälie der Mikropyle. Es sind noch einzelne Kerne erkennbar. 750 mal. Fig. 38. Zweikernige Zellen in der Nähe der Antipoden. 750 mal. Fig. 39. Kernverschmelzung in der Nähe der Antipoden. 750 mal. Fig. 40. Wie Fig. 39. 750 mal. Fig. 41. Antipoden mit mehreren Zellen, in denen Kernverschmelzungen statt- finden. jVFan erkennt zum Teil, daß es sich um vorher zweikernige Zellen handelt. Die Chromosomen des Antipodenkerns haben anscheinend eine Längsspaltung erfahren. 750 mal. Inhalt des vorliegenden 3. Heftes, Band LV. Seite Heriiiauü Sierp. Die Intemodientorsionen der Pflanzen mit dekussierter Blatt- stellung. Mit Tafel II und 3 Textfiguren 343 Einleitung 343 I. Über die Häufigkeit der Intemodientorsionen , über die verwandten Versuchspflanzen, über den äußeren Verlauf des Drehvorganges . . 352 II. Kann das Gewicht des oberen Blattes als Ursache der Drehung in Frage kommen? 3!JG Versuchsreihe 1 (Versuch a — d) 357 Versuchsreihe 2 (Versuch a — c) 358 Versuchsreihe 3 (Versuch a — c) 360 Versuchsreihe 4 (Versuch a — c) 360 Versuchsreihe 5 (Versuch a — c) 365 Versuchsreihe 6 (Versuch a — e) 367 Versuchsreihe 7 (Versuch a — b) 370 Versuchsreihe 8 (Versuch a — b) 371 Versuchsreihe 9 (Versuch a — c) 373 III. Welchen Einfluß haben Licht und Schwerkraft auf die Intemodien- torsionen? 375 Versuch 1—3 376 Versuch 4 377 Versuch 5 378 Versuch 6 379 Versuch 7 u. 8 380 Versuch 8 a 382 Versuch 9 383 Versuch lOu. 11 385 Versuch 12u. 13 386 Versuch 14u. 15 387 Versuch 16 389 Versuch 17 390 Versuch 18 392 Versuch 19 u. 20 393 Versuch 21 394 Versuch 22 u. 23 395 Rückblick der bisherigen Resultate und daran angeschlossene Be- merkungen , 396 Inhalt. Seite IV. Wie stellen sich die Internodientorsionen zu den (ihrigen his jetzt untersuchten Orientierungsdreliungen? 400 Literatur -Verzeichnis 407 W. Ruhlaud. Untersuchungen über die Hautdrüsen der Plunibaginaceen. Ein Beitrag zur Biologie der Halophyten. Mit 20 Textfiguren 409 Einleitung 409 I. Der anatomische Bau der Drüsen 411 II. Physiologischer und biologischer Teil 424 A. Die Tätigkeit der Drüsen 424 a) Die Wassersekretion 425 b) Die Salzausscheidung 435 B. Die Wirkung und biologische Bedeutung der Drüsentätigkeit . 455 a) Die Äbsalzung 455 b) Armeria vulgaris und die Kalkfrage 469 C. Versuche mit Wasserkulturen 472 D. Das Verhalten der Spaltöffnungen und die Frage der Xeromorphie 478 IV. Zusammenfassung der wichtigsten Ergebnisse 493 P. N. ScIiiirhofF. Amitosen von Riesenkernen im Endosperm von Fanunculus acer. Mit Tafeln III und IV 499 Der Befruchtungsvorgang und die Entwicklung des normalen Endosperms . 510 Figuren -Erklärung 516 Jahrb. f. wiss. Botanik. Bd. LV Jahrh. /.'n: Hota/uk, ßd. j. V. Taf.ni. rs:--"-: *"■.:■ \ ' 1Z m Lith . Ans/, v E A. Fu/ike, Lfipzig. Jahrb. rn-. Bofufiik, Bd. L V Taf:N -iSS^- // N ^v 'di^'i};' ;>i<. . "> ^(^ -^ ■feS.?^:^ s>;^ \% Lith.Anst V E A. Frmke, Leipzig Verlag von Gebrüder Borntraeger in Berlin W 35 Uie „Kryptogamenflora der Provinz BrafldenbU7*g'^ wird vier Abteilungen in elf Bänden umfassen : Abteilung T Moose (erschienen) „ II Algen (im Erscheinen) „ III Pilze (im Erscheinen) IV Flechten, Das Werk erscheint in zivanglosen Heften von je 7 — 15 Druckbogen. — Der Suhscriptionspreis des Druckbogens beträgt 60 Pfennig. Teile eines Druckbogens werden als volle Bogen berechnet. Einzelne Hefte werden nicht abgegeben. Abnahme des ersten Heftes eines Bandes verpflichtet zur Abnahme des betreffenden ganzen Bandes. Nach Vollendung eines Bandes tvird der Preis für denselben erhöht. Band I: Leber- u. Torfmoose von C Warnstorf. Mit 231 Textahhildungen. Geheftet 20 Mk. Band II: Laubmoose von C, Warnstorf, Mit 426 Textahhildungen. Geheftet 48 Mk. Band III: Algen vo7i JE, Lemmermann, Mit 816 Textahhildungen. Geheftet 38 Mk. Band III a: Chlor opJiyceen von E. Lemmermann, (In Vorher eitung.) Band IV Heft 1: Characeen von L. Holtz. Suhscriptionspreis 6 Mk. Band V: Filze von B. KolhivitZf E, Jahn, M, v, Minden, Mit 151 Textahhildungen. Geheftet 32 Mk. Band Va: Bilze von G. Lindau, H. Klebahn, Mit 380 Textahhildungen. Geheftet 48 Mk. Band VI Heft 1: Pil&e von W. Herter, Suhscriptionspreis 7 Mk. 20 Pfg. Band VII Heft 1/2: Bilze von JP. Hennings, W, Kirschstein, G, Lindau, P. Lindner, F, Weger, Suhscriptionspreis 11 Mk. 40 Pfg. Band IX: Filze von H, Hiedicke. Mit 339 Text- ahhildungen. Geheftet 50 Mk. Ausführliche Verlagsverzeichnisse kostenfrei Verlag von Gebrüder Borntraeger in Berlin W35 Im vorigen Jahre erschien: Berliner Botaniker in der Geschichte der Pflanzen Physiologie. Rede bei der Einweihung des Pflanzenphysiologischen Institutes der Kgl. Friedrich -Wilhelms- Universität Berlin am 22. Mai 1914 gehalten von G. Haber- landt. Geheftet 1 Mk. Lehrbuch der ökologischen Pflanzengeo- graphie von Professor Dr. Eug. Warming und Professor Dr. P. Graebner. Dritte gänzlich umgearbeitete und stark vermehrte Auflage. Mit zahlreichen Tafeln und Textabbildungen. Lieferung 1 und 2 Subskriptionspreis 12 Mk. Lieferung: 2 gelangte vor kurzem zur Ausgabe. Warnning-Johannsen, Lehrbuch der allge- meinen Botanik. Nach der 4. dänischen Ausgabe übersetzet u. herausgegeben von Dr. E. P. Meinecke. Mit 610 Text- abbildungen. Gebunden 18 Mk. Handbuch der systematischen Botanik von Professor Dr. Eug. Warming. Deutsche Ausgabe. Dritte Auflage von Professor Dr. M. Möbius, Direktor des Bo- tanischen Gartens in Frankfurt a. M. Mit 616 Textabbildungen und einer lithographischen Tafel. In Leinen gebunden 10 Mk. Ausführliche Verlagsverzeichnisse kostenfrei JAHOtCKEE für wissenschaftliche Botanik Begründet von Professor Dr. N. Pringsheim herausgegeben W. Pfeffer Professor an der Universität Leipzig Fünfundfünfzigster Band. Viertes Heft. Mit 50 Textfignren. Leipzig Verlag von Gebrüder Borntraeger 1915 Alle Zuseudungen für die Redaktion bittet man zu richten an Professor Pfeffer in Leipzig (Botnniächeä Institut), — Tom 1. August bis 26. September nur an Gebrüder Borntraeger in Berlin W 35, Schöneberger Ufer 12 a Inhalt des Torliegenden Heftes. Sfite Fritz Geiger. Anatomische Untersuchungen über die Jahres- ringhildung von Tectona grandis. Mit 28 Textfiguren . 521 F. W. Neger und J. Fuchs. Untersuchungen über den Nadel- fall der Koniferen. Mit 22 Textfiguren 608 Ausgegeben im Oktober 1915. Die Jahrbücher für wissenschaftliche Botanik erscheinen in zwanglosen Heften, von denen 4 — 6 einen Band bilden. Der, Preis des Bandes beträgt für die Abonnenten ungefähr 35 Mk., sofern nicht eine ungewöhnliche Zahl von Tafeln eine Preiserhöhung notwendig macht. Beim Einzelverkauf erhöht sich der Preis um 25 Prozent. Das Honorar beträgt 30 Mk. für den Druckbogen. Bei Disser- tationen wird ein Honorar nicht gewährt. Den Autoren werden 30 Sonderabdrücke kostenfrei geliefert. Auf Wunsch wird bei rechtzeitiger Bestellung eine größere Anzahl von Sonderabzügen hergestellt und nach folgendem Tarif berechnet: für jedes Exemplar geheftet mit Umschlag für den Druck- bogen 10 Pfg., für jede schwarze Tafel einfachen Formats 5 Pfg., für jede schwarze Doppeltafel 7,5 Pfg. Bei farbigen Tafeln erhöhen sich obige Preise für jede Farbe um 3 Pfg. Ein besonderer Titel auf dem Umschlag, falls ein solcher ge- wünscht wird, 3 Mk. 50 Pfg. — Zusätze, Änderung der Paginierung usw. Averden besonders berechnet. Diesem Heft liegen Prospekte der Yerlag'sbnchhaiidlnug' CJebriWIer Uorntraeger in Berlin bei. Anatomische Untersuchungen über die Jahresringbildung von Tectona grandis. Von Fritz Geiger. Mit 28 Textfiguren. Die Frage nach den Ursachen der Periodizität des Wachs- tums, wie sie in der Ausbildung eines mehr oder weniger scharf abgegrenzten Jahresringes zum Ausdruck kommt, ist bis heute noch nicht völlig einwandfrei beantwortet. Soviel scheint festzustehen, daß die Tätigkeit des Kambiums, welche sich in der Entstehung verschieden beschaffener Zellen ausspricht, von verschiedenen Fak- toren beeinflußt wird. Als durchgreifendes Merkmal für die Aus- bildung von Jahresgrenzen sind die Streckungsverhältnisse des Frühlings- und Herbstholzes anzusehen. In dieser Beziehung ver- dienen die Arbeiten Wielers (1893, 1898) genannt zu werden, dem es bei der Buche und dem Ahorn gelungen ist, an Stelle von Frühhngsholz Herbstholz zu erzeugen. Hierin erblickt er eine Stütze für seine wiederholt dargelegte Ansicht, daß die Streckung der Ele- mente „vorwiegend von den im Kambium herrschenden Feuchtigkeits- verhältnissen abhängt". Überhaupt dürfte Wieler auf Grund seiner zahlreichen experimentellen Untersuchungen zu der Annahme be- rechtigt sein, den in den Streckungsverhältnissen hervortretenden Unterschied zwischen Frühlings- und Herbstholz auf Unterschiede in den aus mehreren Faktoren bestehenden Ernährungsverhältnissen des Kambiums zurückzuführen. Schwarz (1899) bestreitet, daß diese Ernährungsverhältnisse allein maßgebend sind für die Streckung der Elementarorgane und glaubt für diese Erscheinung neben anderen Einflüssen insbesondere die Anpassung des Wachstums an die äußeren mechanischen Ansprüche verantwortlich machen zu müssen, wobei in erster Linie den auf die Kambialregion einwirkenden longitudinalen Druckkräften eine entscheidende Rolle zuzusprechen Jahrb. f. wiss. Botanik. LV. 34 522 ^"*^ Geiger, sei. Ich muß es mir hier versagen, auf die verschiedenen anderen bisher über die Jahresringbildung aufgestellten widerspruchsvollen Theorien näher einzugehen. Sie sind in Ursprungs (1900) „Bei- träge zur Anatomie der Jahresringbildung tropischer Holzarten", in historischer Reihenfolge geordnet, zusammengestellt. Ursprung kommt zu dem Schlüsse, „daß es bis jetzt nicht gelungen ist, eine allgemein gültige und einer scharfen Kritik standhaltende Theorie auf- zustellen", und macht darauf aufmerksam, daß die Tatsachen, auf welche alle Hypothesen aufgebaut wurden, durch Untersuchungen an Bäumen unserer temperierten Zone erhalten worden sind. Im Hin- blick auf die bis jetzt an Tropenhölzern gemachten Beobachtungen sollen wir annehmen, „daß die Periodizit'ät des Dickenwachstums durch innere Gründe verursacht sei und durch den heutigen Stand der Wissenschaft nicht erklärt werden könne". Klebs (1914) hat die Frage nach den Bedingungen der Jahresringbildung eingehend besprochen; er kommt zu dem Resultat, daß schon heute zahlreiche Erfahrungen vorliegen, die die Abhängigkeit der Ringbildung von den äußeren Faktoren beweisen. Nach Klebs ist die Annahme rein innerer Gründe unberechtigt, wenn auch die Bedeutung der einzelnen Wachstumsfaktoren für die Ringbildung noch nicht klar erkannt worden ist. Ursprung hat sich (1904) in einer „Zur Periodizität des Dickenwachstums in den Tropen" betitelten Arbeit diesem Problem aufs neue zugewendet, indem er die Zuwachszonen einiger auf Java vorkommenden Holzarten einer eingehenden anatomischen Betrachtung unterzog. Zur Unter- suchung lagen ihm Stamm- bezw. Aststücke vor, und zwar von jeder Spezies jeweils ein Exemplar aus Buitenzorg (West- Java) und ein solches aus Ost -Java. Der Fortschritt gegenüber den früheren Beobachtungen bestand nun wesentlich darin, daß Ver- treter derselben Spezies miteinander verglichen wurden, die in klimatisch scharf voneinander getrennten Gegenden gewachsen waren. „Während in Buitenzorg das Klima gleichmäßig ist und eine deut- liche Trockenperiode nicht vorkommt, so weist Ost- Java einen scharfen Unterschied auf zwischen einer trockenen und einer nassen Jahreszeit." Während in Buitenzorg die Krone nie ganz kahl wird, so ist in Ost-Java der Blattfall ein vollständiger. Dementsprechend ließen die makroskopisch sichtbaren Zuwachszonen der geglätteten Scheiben ganz auffallende Unterschiede erkennen: undeutliche, un- regelmäßige und häufig unvollständige Zonenbildung in Buitenzorg, scharf abgegrenzte und äußerst regelmäßige, vollständige Ringe in Anatom. Untersuchungen über die Jahresringbildung von Tectona grandis. 523 Ost-Java. Ebenso starke DiiFerenzen zeigte auch der anatomische Bau der Grenze. Von den untersuchten sechs Arten war die Zonenbildung bei Tectona grandis „weitaus am schärfsten und voll- ständigsten". Diese von Ursprung festgestellte Tatsache, daß beim Übergang von West- Java nach Ost -Java die Schärfe und Vollständigkeit der Zonen zunimmt, kann ich an den von mir untersuchten Querscheiben von Tectona grandis ebenfalls bestätigen. Es soll ja die Aufgabe vorliegender Arbeit sein, an der Hand eines umfangreichen und ausgewählten Materials auf die bedeutenden Unterschiede hinzuweisen, welche sowohl die makroskopische Be- trachtung, als auch die nähere anatomische Untersuchung der ver- schiedenen Querscheiben ergab. Das reichhaltige Untersuchungs- material wurde mir von Herrn Professor Klebs zur Verfügung gestellt, welcher gelegentlich seines Aufenthaltes in Java im Winter 1910 — 11 durch die freundliche und anerkennenswerte Vermitte- lung des Hauptinspektors des niederländisch -indischen Forst- wesens, Herrn Salverda, eine große Anzahl von aus verschiedenen Gegenden Ost- und West -Javas stammenden Exemplaren des be- rühmten und technisch so äußerst wertvollen Teakholzes erhalten hatte. Dem Herrn Hauptinspektor Salverda sowie allen den- jenigen Herren Oberförstern, die durch ihr liebenswürdiges Ent- gegenkommen zu dem Zustandekommen der Sammlung beigetragen haben, sei an dieser Stelle herzlich gedankt. Die Querscheiben wurden alle nahe der Basis der Stämme entnommen und mit Zeichen versehen, welche nebst Angaben über Alter, Blattfall, Standort und Beschaffenheit des Bodens in Listen eingetragen wurden; diese Listen werde ich bei der Besprechung der einzelnen Hölzer wiedergeben. Ehe ich aber mit der genaueren Beschreibung der letzteren beginne, dürfte es hier angebracht sein, in Kürze zu erwähnen, was bis jetzt über Tectona bekannt ist. Über den praktischen Nutzen des wegen seiner technischen Eigenschaften so sehr ge- schätzten Holzes liegt eine ziemlich ansehnliche Literatur vor, auf die ich hier nicht näher eingehen kann. In anatomischer Hinsicht dagegen sind die Angaben äußerst spärlich. Ich führe zunächst einige Bemerkungen Gambles (1881, S. 283) an: „das Splintholz ist weiß und schmal, das Kernholz hat, frisch geschnitten, einen an- genehmen, stark aromatischen Wohlgeruch und eine schöne dunkel- goldgelbe Farbe, welche nach einiger Zeit bald in ein scheckiges Dunkelbraun mit dunkleren Streifen übergeht. Das Holz ist mäßig 34* 524 Fritz Geiger, hait(moderatelyhard), außerordentlich dauerhaft und stark, schrumpft und verzieht sich nicht, läßt sich leicht verarbeiten und gut glätten. Die Jahresringe sind deutlich markiert durch größere und zahl- reichere Gefäße im Frühholz. Die Gefäße sind meist vereinzelt, diejenigen der Innenseite jedes Ringes sind weit, diejenigen des äußeren Teiles von mäßiger Größe (moderate -sized) und schmal. Die Markstrahlen sind kurz, mäßig breit und gleichweit entfernt; der Abstand zwischen den Markstrahlen entspricht ungefähr dem Querdurchmesser der größten Gefäße. Die Gefäße sind bisweilen mit einer weißen Masse erfüllt. Das Mark ist groß und viereckig." Nach Gamble ist es ohne Zweifel, daß es sich bei Teciona um Jahresringe handelt („The concentric rings, which are so marked in the wood of Teak correspond each to one year's growth"). Das von Gamble untersuchte Material entstammte den Teakwäldern Indiens. Die Anzahl der auf den geglätteten Querscheiben ge- zählten Ringe stimmte bis auf wenige Ausnahmen mit dem Alter der Bäume überein. Anatomisch ist Tectona eingehender von Moeller (1876) und Ursprung (1904) untersucht worden. Moellers mikroskopische Be- funde lauten folgendermaßen: „Die feinen Markstrahlen sind einander sehr genähert und aus der geradlinigen Richtung meist abgelenkt. Die Poren sind groß und erscheinen, weil sie ausgefüllt sind, hell auf dunkelbraunem Grunde. Der Inhalt der Gefäße, der Paren- chymzellen und Markstrahlen, anscheinend eine harzige Masse, ist dunkel gefärbt gegenüber dem hellen Grundgewebe aus Libriform. Die Gefäße, 0,15 mm weit und stark verdickt, stehen häufig isoliert, oder es schließen sich in radialer Richtung einige kleinere Gefäße an ein größeres an. Sie sind fast ausnahmslos von Stopfzellen er- füllt, die, nur in Trümmern vorhanden, das Material zu dem eben erwähnten harzigen Inhalt geliefert zu haben scheinen. Die Seiten- wände haben breit-elliptische Tüpfel. Unmittelbar angelagert finden sich Parenchymzellcn in geringer Menge, welche wenig breiter und weitlichtiger sind als das Libriform. Dieses besteht aus 0,018 mm breiten Fasern, von denen viele durch mehrere feine Scheidewände gefächert sind. Die Markstrahlen bestehen aus 1 — 3 Reihen stark gestreckter, im allgemeinen weitlichtiger Zellen." Folgende Angaben Ursprungs stimmen mit meinen Beobach- tungen vollständig überein, weshalb ich sie hier auch anführen will: „Das weitlumige, dünnwandige Libriform zeigt, besonders an radialen Längsschnitten, beinahe vertikal gestellte Spaltentüpfel, welche Anatom. Untersucliungen über die Jahresringbildung von Tedona yrandis. 525 einen kleinen, oft kaum sichtbaren Hof besitzen. Es ist durch Querwände gefächert. Das englumige, dickwandige Libriform ist gleich gebaut. Die Gefäße stehen meist einzeln. Der Querschnitt einzelner Gefäße ist in der Regel elliptisch, mit radial gestellter großer Achse. Ihre "Wände sind dicht mit Tüpfeln besetzt, mit rundlichem Hof und horizontaler, spaltenförmiger Mündung; die Perforationen sind einfach. Bei der Angrenzung an Parenchym enthalten die Wandungen einseitig behöfte Tüpfel. Das Parenchym in der Umgebung der Gefäße ist kaum mächtiger als eine Zell- schicht, mit Ausnahme der Zuwachsgrenze, an der sich Parenchym- bänder befinden. Die Markstrahlen bestehen im Tangentialschnitt aus ziemhch gleich gebauten Zellen." Nach Mo eil er und Ur- sprung sind die Markstrahlen höchstens dreireihig. Aus den obigen Zitaten geht hervor, daß der Holzkörper von Tedona grandis aus folgenden Elementarorganen zusammengesetzt ist: den Gefäßen, dem Holzparenchym, den Markstrahlen und dem die Grundmasse des Holzes bildenden Libriform. Die von den ge- nannten Autoren als Libriform bezeichneten Elemente sind aber im Einklang mit der in der „Mikrographie des Holzes" von Moll und Jansonius (1906) gegebenen Definition als typische parenchymatische Elemente aufzufassen. Das Lumen der Ersatzfasern sämtlicher von mir untersuchten Hölzer war derart mit Stärke erfüllt, daß an der Zugehörigkeit dieser Fasern zu den Elementen des parenchy- matischen Systems nicht gezweifelt werden konnte. Es dürfte hier am Platze sein, auf die in dem eben genannten "Werke gegebene Einteilung der das Holz aufbauenden Gewebearten einen flüchtigen Blick zu werfen. Danach werden im Holz drei verschiedene Ge- webearten unterschieden: \. Elemente des trachealen Systems (Gefäße und Tracheiden). 2. Elemente des Libriforms (einfache und gefächerte Libriform- fasern). 3. Elemente des parenchymatischen Systems (Holzparenchym, Ersatzfasern und Markstrahlen). Beim Holzparenchym wird das in tangentialen Bändern ge- lagerte Parenchym als „metatracheales Holzparenchym" und das um die Gefäße gruppierte als „paratracheales Holzparenchym" be- zeichnet. Der Fall, daß die Ersatzfasern wie bei Tedona gefächert sind, ist bei Moll und Jansonius unter der betreffenden Abtei- lung nicht angegeben. Wir haben es also bei Tedona grandis nur 526 F"tz Geiger, mit Elementen des trachealen und parencliymatischen Systems zu tun. Libriform im Sinne obiger Gliederung ist folglich nicht vor- handen. Da aber die Wände der Ersatzfasern immerhin etwas stärker verdickt sind, als die der anderen parenchymatischen Ele- mente, 80 ist der Ausdruck „Libriform", mit dem doch wesentlich der Begriff der Festigung verbunden ist, nicht ganz ungerecht- fertigt. Es ist nun zunächst von Interesse zu wissen, wie der ana- tomische Bau eines Jahresringes normalerweise beschaffen ist. Der Beginn einer Vegetationsperiode ist charakterisiert durch ein mehr- schichtiges, tangentiales Parenchymband, welches makroskopisch als helle Linie sichtbar ist und die ringförmige Zeichnung verur- sacht. In diesem Parenchymband sind, in konzentrischer Zone gelagert, zahlreiche große Gefäße eingebettet. Der übrige und größte Teil des Ringes besteht aus Ersatzfasern und Gefäßen; Holzparenchym umgibt letztere nur in Form eines einschichtigen, nicht immer geschlossenen Mantels. Jenen Teil des Ringes, welcher auf das Parenchymband folgt und durch die nächste Grenze ab- geschlossen wird, kann man hinsichtlich der Größe der Gefiiße, der Lumenweite und Wanddicke der Ersatzfasern in drei Zonen gliedern, von denen jeder etwa ein Drittel der gesamten Ringbreite zukommt. Die erste, direkt auf das Parenchymband folgende, ent- hält große Gefäße, deren Querdurchmesser kaum nennenswert ver- schieden ist vom Querdurchmesser der im Parenchymstreifen ge- lagerten Gefäße; die Ersatzfasern sind weitlumig und verhältnismäßig dünnwandig. Diese Schicht darf man also noch zum „Frühholz" rechnen. In der nächsten, mittleren Schicht werden die Gefäße schon ziemlich kleiner und halten in ihrem Querdurchmesser etwa die Mitte zwischen den Gefäßen der vorhergehenden und der folgenden Schicht; dasselbe gilt für die Lumenweite und Wand- dicke der Ersatzfasern. Die letzte, als „Spätholz" zu bezeichnende Schicht enthält kleine Gefäße und englumige, gewöhnlich etwas stärker verdickte Ersatzfasern. Sehen wir von der Wandverdickung der Ersatzfasern ganz ab und fassen wir nur die durch die Lumen- weite gekennzeichneten Streckungsverhältnisse ins Auge, so lassen sich deutlich vier verschiedene Schichten voneinander trennen. Die erste ist das weitlumige Parenchymband mit den ringförmig grup- pierten größten Gefäßen; die zweite, mit ebenfalls großen Gefäßen und weitlumigen Ersatzfasern, bildet mit der ersten zusammen das Frühholzgewebe; die dritte Schicht vermittelt den Übergang zwi- Anatom. Untersuchungen über die Jahresringbildung von Tectona grandis. 527 sehen der vorhergehenden und der nachfolgenden Schicht; die Elemente sind in ihr nur mittelmäßig gestreckt. Die vierte Schicht ist das „Spätholz" mit kleinen, im Querdurchmesser stark verkürzten Gefäßen und englumigen Ersatzfasern. Die Ge- fäße neigen vorwaltend zu radialer Streckung, während die Er- satzfasern im allgemeinen keine bestimmte Streckungsrichtung be- vorzugen. Die erste Schicht bildet das charakteristische, spezifische Merk- mal der Grenze. Die zweite Schicht besitzt den Hauptanteil an der Bildung des gesamten „Frühholzes". Für beide Schichten zusammen wird man nach Klebs (1914, S. 89) am besten den Ausdruck „Weitholz" anwenden. Die typische Spätholzschicht soll dementsprechend mit „Engholz" bezeichnet werden. Die folgenden Untersuchungen werden zeigen, welche Ver- schiedenheiten in der Ausbildung und Verteilung der Elementar- organe bei den einzelnen Hölzern bestehen. Ganz besonders wurde dabei der anatomische Bau der Zuwachsgrenzen berücksichtigt. Über die wechselnde Beschaffenheit derselben werden zahlreiche Tabellen und Figuren näheren Aufschluß geben. Die in den Ta- bellen angeführten Zahlen stellen die Mittelwerte einer umfang- reichen Anzahl von Messungen dar; die mikroskopischen Zeich- nungen wurden möglichst genau mit dem Zeichenprisma mit starker Vergrößerung entworfen. Es schien mir außerdem von Wichtigkeit, den Gang der Jahresringbreite in übersichtlichen Tabellen zur An- schauung zu bringen. Das gesamte Untersuchungsmaterial zerfällt in zwei Haupt- gruppen: I. Hölzer aus Ost -Java. 1. Äußerstes Ost-Java (113° östl. Länge von Greenwich, Anpflanzung Petoeng). 2. Ost- Java (111° östl. Länge von Greenwich), weiterhin als Mittel -Java bezeichnet. a) W- Hölzer (Ausläufer des Vulkans Lawoe), b) R - Hölzer 1 (nördl., nordwestl. und nordöstl. von c) P- Hölzer j Ngawi). (Siehe Tabelle L) IL Hölzer aus West -Java (107° östl. Länge von Greenwich). (Siehe Tabelle II und Fig. 20,) 528 Fritz Geiger, Ich wende mich nun zur Beschreibung der einzelnen Quer- scheiben und beginne mit den aus dem äußersten Ost -Java stammenden Hölzern. Es liegen vier Exemplare aus der Anpflan- zung Petoeng (113** östl. Länge von Greenwich) vor. Karte (Fig. 1) orientiert über die geographische Lage dieser Gegend. Petoeng ist nahe den südwestHchen vulkanischen Ausläufern des Semeroe- und nördlich des Zuider- Gebirges gelegen. Letzteres fällt nach Norden in der Richtung nach Petoeng von 613 m auf ca. 300 m OST-JAVA 1 •■ T5oo'ooo Strasse -^ \PASC^BOEl^ / .<&^ ÖstlLll3VGreen-,v Fig. 1. Karte des äußersten Teiles von Ost -Java östl. Länge 113° von Greenwich. Semeroe ist der höchste Vulkan Javas (3676 m). ^/g verkleinert. ab. Der Boden besteht der Hauptsache nach aus See- und Fluß- ablagerungen und ist mit vulkanischem Gestein untermischt. Das Zuider- Gebirge besteht aus Jungtertiär mit Kalkschichten. Jedem Holzmuster von Petoeng war ein Zettel mit folgenden Bemerkungen angeheftet: Anpflanzung Petoeng, Grundstück ge- legen auf dem nördlichen Abhang des Zuider- Gebirges, geschützt gegen Einfluß von Seewinden. Hohe über dem Meere ca. 300 m. Regenfallziffern sind für dieses Grundstück nicht bekannt, sie stimmen aber ungefähr überein mit denen von Soemberpoetjoeng Anatom. Untersuchungen über die Jahresringbildung von Tedona grandis. 529 (etwas mehr nördlich gelegen): Jan. 286, Febr. 265, März 241, April 177, Mai 75, Juni 42, Juli 39, Aug. 25, Septbr. 15, Okt. 80, Nov. 204, Dez. 355; totale Regenziffer: 1804. — Bodensorte: Lehm -Mergel. Nr. 1: 10 Jahre alt, blattlos von Mitte Juni bis September, )5 '^ • ö „ „ ,5 „ 11 iMai „ „ „ o: 15 „ „ „ „ 11 tjuni „ „ „ 4: 20 „ „ „ „ „ Juni „ „ Fig. 2. Tedona grandis von Petoeng (Ost -Java), 20 .Tahre alt; Quer- schnitt Xr. 4. 'Yg natürl. Gr. Als Ausgangspunkt unserer Betrachtung wählen wir Scheibe Nr. 4, weil hier, abgesehen von den ersten Zonen, alle Jahresringe am gleichmäßigsten ausgebildet sind (Fig. 2). Das schöne, dunkel- braun gefärbte Kernholz hebt sich deutlich vom hellgelben Splint- holz ab. Der größte Radius der Querscheibe beträgt 15,5, der kleinste 11,0 und der mittlere 13,5 cm. Die an das Mark gren- zenden Zonen sind äußerst undeutlich und verschwommen, alle folgenden dagegen ohne Ausnahme von einer Regelmäßigkeit, wie ich sie fast bei keinem anderen Exemplare angetroffen habe. Die 530 Fritz Geiger, sich durch große Schärfe auszeichnenden Zonengrenzen sind in Fig. 2 als zarte, helle Linien zu erkennen. Die mikroskopische Untersuchung zeigt, daß diese schmalen Streifen aus Holzparenchym bestehen, welches mehrschichtige tangentiale Bänder zwischen den Grefäßen bildet. Die Mächtigkeit des Parenchymbandes variiert zwischen 3 und 8 Zellen und ist im Durchschnitt 6 Zellen breit. Die Gefäße sind als feine, helle Punkte sichtbar. — In nach- stehender Tabelle sind die maximalen, mittleren und minimalen Zuwachsmessungen der einzelnen Ringe angegeben. Der Mittel- wert der Ringbreite eines Ringes wurde dadurch bestimmt, daß auf der Grenze mit dem Zirkel gleiche Abstände von 2 — 3 cm ab- getragen und an den gleichweit entfernten Punkten die Zonen- breiten mit einem Glasmaßstab gemessen wurden. Das Mittel aus der Summe dieser Messungen ergab die mittlere Ringbreite. Nummer Größte Mittlere Kleinste der Ringbreite Eingbreite Ringbreite Jahresringe in mm in mm in mm 1—4 45 (11,3) 41,4 (10,4) 37 (9,3) 5 13 10 6 6 9 6,5 3,5 7 8 6,4 4 8 10 6 4 9 7 5,5 3 10 7 4,8 3 11 6 4,5 3 12 6 4,5 3,5 13 6,5 4,3 3 14 6 3,7 2,5 15 7 5,2 4 16 7 4,8 3,5 17 8 6,5 5 18 9 5,8 4 19 13,5 8,5 4 ■ 20 11 7,6 4 Die durchschnittliche Ringbreite ist 6,8 mm. Die Schwan- kungen in der Ringbreite sind nur unbedeutend. In der ersten Zeile sind 4 Zonen zusammengefaßt, obwohl diese in Wirklichkeit nur einen einzigen Ring ausmachen. Da man aber von der Peri- pherie nach innen hin 16 deutlich abgegrenzte Zonen zählen kann, die ohne Zweifel Jahresringe darstellen, da ferner das Alter des Anatom. Untersuchungen über die Jahresringbildung von Tectona grandis. 531 Holzes auf 20 Jahre angegeben wird, so muß man schließen, daß die Zone vom Mark bis zur ersten scharf und deutlich abgesetzten Grenze dem Zuwachs einer 4jährigen Periode entspricht. Die ein- geklammerten Zahlen bedeuten die schätzungsweise angenommenen Ringbreiten eines einjährigen Zuwachses. Ich lasse nun die Besprechung der verschiedenen Elemente folgen. Gefäße. Die Gefäße der ringförmigen, parenchymatischen Grenzzone stehen meist vereinzelt und sind im Querschnitte elliptisch geformt; ihre große Achse ist parallel mit den Markstrahlen. Es können auch 2 — 3 große Gefäße einander berühren; seltener sind Gruppen, die aus einem großen und mehreren kleinen Gefäßen bestehen. Im Weitbolz haben die meist isolierten Gefäße elliptische Querschnitts- form; ihre Anordnung ist durchaus regellos. Nach der Mitte des Ringes hin überwiegt die paarweise Gruppierung, während im Eng- holz die Gefäße vornehmlich kurze, radiale Gruppen bilden. Da sich namentlich in den Gefäßen der Unterschied in den Streckungsverhältnissen am fühlbarsten macht, so war es zweck- mäßig, die bedeutenden Veränderungen der Lumenweite der Ge- fäße in Tabellen zu veranschaulichen. Es wurden einerseits an verschiedenen Stellen (gewöhnUch 5) derselben Grenze die Anzahl von Gefäßen festgestellt, die auf eine bestimmte Strecke (1,8 mm) entfallen, ihre Querdurchmesser gemessen und das Mittel gezogen (siehe folgende Tabelle). Andererseits war es ebenso wichtig, die Anzahl der auf eine bestimmte Querschnittsfläche (1 qmm) des "Weit- und Engholzes entfallenden Gefäße zu berechnen (siehe folgende Tabelle). Hierbei wurden die direkt an der Grenze ge- lagerten, vom tangentialen Parenchymband eingehüllten Gefäße nicht berücksichtigt. Die Messungen wurden an 3— .5 verschiedenen Stellen vorgenommen. Nummer der ! 1 Anzalil der Gefäße Größter Mittlerer Kleinster Jahresgrenzen auf 1,8 mm 1 Durchmesser Durchmesser Durchmesser 4 5 245 |J. 230 fJ. 160 p. 9 6 240 „ 225 „ 140 „ 14 7 255 „ 210 „ 155 „ 19 7 250 „ 215 „ 150 „ 532 Fritz Geiger, Nummer der Anzahl der Gefäße Größter Mittlerer Kleinster Jahresringe auf 1 qmm Durchmesser Durchmesser Durchmesser 5 5 235 fA 220 IX 105 11 ) « 10 7 240 „ 215 „ 90 „ 1 15 8 225 „ 205 „ 115 „ -S 105 „ J 20 10 230 „ 220 „ 5 17 100 {J. 75 }x 10 fJ. ^ 10 15 16 21 105 „ 110 „ 75 „ 70 „ 10 „ 10 „ "o .0 23 110 „ 80 „ 10 „ J ^ Aus den vorliegenden Tabellen ersieht man, daß die Anzahl der Gefäße vom zentralen Teile nach der Peripherie hin zunimmt. An der Grenze und im Bngholz ist die Zunahme gering, im Weit- holz wächst die Zahl der Gefäße vom 5. bis 20. Ring aufs Doppelte an. Im maximalen und mittleren Durchmesser difterieren die Ge- fäße an der Grenze und im Weitholz nur unbedeutend. Die Ge- fäße des Engholzes haben einen größten Durchmesser von 110 /^ und ihre Größe nimmt stetig ab, bis sie in der äußersten Grenze auf 10 /i gesunken ist. In jeder Tabelle ist eine ziemlich weit- gehende Regelmäßigkeit in den Größenverhältnissen der Gefäße zu erkennen. Schwankungen in der Ringbreite machen sich in Veränderungen der Verteilungsweise oder Größenverhältnisse der Gefäße nicht bemerkbar. Die Wanddicke variiert zwischen 5 und 25 fi. Holzparenchym. Die axialgestreckten, metatrachealen Parenchymzellen sind im Querschnitt unregelmäßig polyedrisch und haben einen mittleren Durchmesser von 40 ^; die axiale Länge beträgt im Maximum 165 jU, im Mittel 125 f.i, fast nie sinkt sie unter das Minimum von 60 /ii. Die Wand ist 2 ,a dick. Die axialgestreckten Zellen des paratrachealen Parenchyms umgeben die Gefäße in Form eines einschichtigen Mantels, haben einen mittleren Querdurchmesser von 22 fx, können jedoch bis 45 ,a breit werden. Die axiale Länge schwankt zwischen 30 (,i und 90 /.i und beträgt im Durchschnitt 55 /ii. Die Wand ist 2 ^tt dick. In wenigen Fällen kommt Parenchym auch in einzelnen einreihigen, Anatom. Untersuchungen über die Jahresringbildung von Tectona grandis. 533 parallel den Markstrahlen entlang laufenden Zügen vor, deren Zellen bis 45 ^ Lumenweite erreichen (Fig. 3). Ersatzfasern. Mittlere Lumenweite des Weitholzes: 26 /i, Wanddicke: 4 /i, „ „ „ Engholzes: 15 jti, „ : 5 ^t. Einreihige Züge weitlichtiger Ersatzfasern sind oft den Markstrahlen angelagert. Sonst ist die radiale Anordnung nur vereinzelt. Markstrahlen. Die Markstrahlen haben auf dem Tangentialschnitte spindelförmige Gestalt; sie sind zusammengesetzt aus annähernd gleichen, rundlichen Zellen, welche regel- los durcheinander liegen und eine Menge kleiner Intercellulareu führen. Palisaden- förmige Zellen sind nicht vorhanden. Die Strahlen haben ungleiche Höhe, ihre verti- kale Ausdehnung schwankt zwischen 5 und 64 (28)') Zellen; sie werden 1-5 (3)^) Zellen breit. Auf dem Querschnitte ist die Streckung der Markstrahlzellen in radialer Richtung verschieden und ziem- lich unregelmäßig, indem in ein und derselben Reihe kurze und lange Zellen vorkommen können. Als häufige Erschei- nung kann man beobachten, daß die Markstrahlzellen in den letzten Schichten des Engholzes schmal und radial äußerst wenig gestreckt P M ^ Fig. 3. Tectona grandis: Petoeng (Ost- Java) Nr. 4, Querschnitt ; P ^= Parenchym, M = Markstrahl. Vergr. 163 fach. sind, um beim Übertritt in die tangentiale Parenchymschicht sich plötzlich zu erweitern und zu verlängern. Die Querscheidewände der Markstrahlzellen stehen häufig gerade oder sind mehr oder weniger ungleichsinnig geneigt. Die Mark- strahlen werden durch die Gefäße oft aus ihrer Richtung abgelenkt und erscheinen dann geschlängelt (Mo eller: „weUig hin- und her- gebogen"). Die Breite eines Markstrahles ist nicht immer kon- stant, da ein z. B. 3 Zellen breiter Markstrahl in seinem weiteren 1) Die eingeklammerte Zahl bedeutet die Durchschnittszahl. 534 Fritz Geiger, Verlaufe zweireihig und später einreihig werden kann. Diese Er- scheinung iindet ebenso häufig umgekehrt statt. Fig. 3 zeigt den Übergang eines zweireihigen Mark strahl es in einen einreihigen. Die folgende Tabelle gibt an, von wieviel Markstrahlen eine längs der Grenze gelegene 1,8 mm breite Strecke senkrecht gekreuzt wird. Nummer der Jahresgrenzen Anzahl der Markstrahlen auf 1,8 mm 1-, 2-, Markst rah 3-, en 4-, 5 reihige 4 9 1 3 2 2 9 8 2 2 3 1 14 8 1 3 ■ 3 1 19 7 1 4 2 Nach vorstehender Tabelle ist in den äußeren Ringen eine Ab- nahme der schmäleren und eine Zunahme der breiteren Markstrahlen zu erkennen. Die auf Tangentialschnitten gemessene Breite der Markstrahlzellen schwankt bei einer mittleren Wanddicke von 3 ,« zwischen 15 und 35 f.i (30 jw). Die radiale Streckung beträgt 25—80 ß (60 ^0- Nr. 3 (löjährig). Nr. 3 wurde mikroskopisch nicht untersucht. Größter Radius der Querscheibe: 16,0 cm, Mittlerer „ „ „ 13,3 „ Kleinster „ „ „ 9,5 „ DurchschnittUche Ringbreite: 9,0 mm. Sämtliche Ringgrenzen sind äußerst deutlich ausgebildet. Die Ringbreiten unterliegen keinen bedeutenden Schwankungen. Nr. 1 (10 jährig). Größter Radius der Querscheibe: 11,6 cm. Mittlerer „ „ „ 9,6 „ Kleinster „ „ „ 6,7 „ Durchschnittliche Ringbreite: 9,6 mm. Vom Mark lassen sich nach außen hin zunächst zwei dunkelgefärbte, verschwommene, ringförmige Streifen erkennen. Die folgenden neun scharf abge- grenzten Linien weisen unter dem Mikroskop den spezifischen Bau der Jahresgrenze auf. Da das Holz 10 Jahre alt ist, so muß der Ring vom Mark bis zur ersten deutlichen Grenze den Zuwachs von 2 Jahren darstellen, in welchem Zeitraum einmal die eine Jahres- Anatom. Untersuchungen über die Jahresringbildung von Tedona grandis. 535 grenze ausgeblieben ist. Jene beiden Streifen lassen sich bei näherer mikroskopischer Betrachtung als eine durch radiale Ver- kürzung der Elemente charakterisierte Engholzzone erkennen. Gefäße. Nummer der Jahresgrenzen Anzahl der Gefäße auf 1,8 mm Größter Durchmesser Mittlerer Durchmesser Kleinster Durchmesser 1 7 5 4 215 ]>. 260 „ 170 fx 250 „ 140 }J. 190 „ Nummer der Jahresringe Anzahl der Gefäße auf 1 qmm Größter Durchmesser Mittlerer Durchmesser Kleinster Durchmesser 1 7 6 5 205 fi 240 „ 175 \i. 230 „ 145 |J. 1 .| N 180 „ J^^ 1 7 14 12 100 (1. 110 „ 75 fJ. 90 „ 15 fi. 1 tIrN /•CO 10 „ JW^ Die Gefäße stehen meist isoliert und sind elliptisch gestreckt. Im Engholz überwiegt die paarweise Anordnung. Wanddicke 4—25 n. Parenchym. Das Parenchymband ist 3 — 7 Zellen breit. Die sonstigen Größenverhältnisse weichen kaum von den bei Nr. 4 gefundenen ab. Ersatzfasern. Nummer der Weitholz Engholz Jahresgrenzeu Mittlere Lunienweite Wanddicke Mittlere Lumenweite Wanddicke 1 7 18 fi. 22 „ 4 f^ 2,5 „ 12 fi 20 „ 5 fx 4 n Diese Zahlen sollen zeigen, wie sehr Lumenweite und Wand- dicke der Ersatzfasern an verschiedenen Grenzen variieren können. Markstrahlen. 3-42 (34) Zellen hoch. Die übrigen Größenverhältnisse stimmen mit denen von Nr. 4 nahezu überein. 536 Fritz Geiger, Nr. 2 (5j ährig). Größter Radius der Querscheibe: 9,0 cm, Mittlerer „ „ ,, 7,3 „ Kleinster ,, „ „ 5,3 „ Durchschnittliche Ringbreite: 14,6 mm. Im helleren Grundgewebe sind fünf dunkle, verwaschene, ring- förmige Streifen makroskopisch sichtbar. Nur ein kleiner Teil des Umfanges des fünften Streifens besitzt den typischen Bau einer Grenze. Jeder Streifen kann als das am Schlüsse einer Vegetations- periode gebildete letzte Engholz angesehen werden. Im zweiten Streifen kommen auf 1 qmm 21 Gefäße mit 130 fi größtem, 90 fi mittlerem und 20 fi kleinstem Durchmesser; die durchschnittliche Lumenweite der Ersatzfasern beträgt 12 in, die Wanddicke 4—5 ^. Auf 1 qmm der hellen, auf den Streifen folgenden Schicht kommen 9 Gefäße mit 195 /<. größtem, 175 ß mittlerem und 90 u kleinstem Durchmesser; durchschnittliche Lumenweite der Ersatzfasern 20 fi, Wanddicke 3 ^i. Der Unterschied zwischen den beiden verschieden gefärbten Zonen ist hiernach sehr auffallend. Der dritte, äußerst verwaschene Streifen läßt gegenüber den angrenzenden Schichten fast gar keinen Unterschied erkennen. Auf 1 qmm entfallen 4 Gefäße mit 135 fi mittlerem Durchmesser. — Die Gefäße sind allseitig von weitlumigem Parenchym umgeben. Auch finden sich häufig radiale Reihen weitlumiger Ersatzfasern. Markstrahlen. Nummer der Streifen Anzahl der Markstrahlen auf 1,8 mm Mark strahlen 2-, 3-, 4-, 5-, 6-, 7-, 8-, 9-, 10 reihige 2 'S 3 1 3 i G : 2 2 11 Radiale Länge der Markstrahlzellcn: 40—120 (80) /«. Mittlere Lumenweite: 25 ju, Wanddicke: 2,5 ^i. Höhe der Markstrahlen: 7—145 (76) Zellen, Breite: 1-10 (7) Zellen. Von den vier aus Petoeng stammenden Hölzern besitzt Nr. 4 die kleinste, Nr. 2 dagegen die größte mittlere Ringbreite. Nr. 1 und 4 erreichen die größten Gefäßdurchmesser und Nr. 2 ist durch außerordentlich hohe und breite Markstrahlen ausgezeichnet. Um einen Anhaltspunkt für Vergleiche zu haben, sollen die an Nr. 4 gefundenen Verhältnisse als normal für das periodische Klima Javas gelten. Anatora. Untersuchungen über die Jahresringbildung von Tedona grandis. 537 Es kommen nun die in Tabelle I verzeichneten Hölzer zur Besprechung (Ost- Java, 111'' östl. Länge von Greenwich, als Mittel- Java bezeichnet). Eine kleine Karte (Fig. 4) diene zur geographischen Orientierung. Zur genaueren anatomischen Untersuchung eines auf gutem, fruchtbarem Boden gewachsenen" Holzes wählte ich Scheibe W 4 (löjährig). Größter Radius der Querscheibe: 17,0 cm, Kleinster „ „ „ 4,5 „ OST-JAVA 1-. T5000O0 #•• P t ./\ *■ j ■'■■•■..^,.» * '.. \ ) V ♦ ÖstlLlirvGreenw. Fig. 4. Karte eines mehr westlichen Teiles von Ost -Java (Mittel- Java), östl. Länge 111° von Greenwich, um den Vulkan Lawoe. ^/g verkleinert. ^\ 4. Nummer der Ringbreite in mm Jahresringe Maximum Mittel Minimum 1 5 4 4 2 30 24 21 3 7 4 1 4 5 3 5 5 30 16 1 6 15 7 0,5 7 14 8 0,5 8 18 7 1 9 13 7 0,5 Jahrb. f. wiss. Botanik. LV. 35 538 Fritz Geiger, Nummer der Ringbreite in mm Jahresringe Maximum Mittel Minimum 10 13 6 0,5 11 16 6 1 12 11 5,5 0,5 13 5 1,5 0,5 14 8 3 1 15 20 12 3 Durchschnittliche Ringbreite: 6,5 mm. Alle Ringgrenzen sind scharf und deutlich ausgebildet. Nur die vierte Grenze ist teilweise etwas verschwommen und gleicht dann in der anatomischen Beschaffenheit den ringförmigen, dunkeln Streifen, die innerhalb einzelner Ringe verlaufen. Diese Streifen sind je nach der Verteilung, der Größe oder Dickwandigkeit der Elemente verschieden gebaut. In den unscharfen und breiten Farbenzonen läßt sich meist überhaupt kein Unterschied feststellen. Bei vielen Grenzen fällt auf, daß sie nach außen von zarten Linien begleitet werden, die einen großen Teil des Umfanges einnehmen. Gefäße. Wanddicke: 3—20 ß. Meist vereinzelt oder Engholz in kurzen, radialen Reihen. paarweise; im Nummer der Anzahl der Gefäße Größter Mittlerer Kleinster Jahresgrenzen auf 1,8 mm Durchmesser Durchmesser Durchmesser 1 12 75 [1 55 |i. 10 |J. 4 8 150 „ 100 „ 45 „ 11 28 245 „ 180 „ 20 „ 13 10 235 „ 130 „ 95 „ Nummer der Jahresringe Anzahl der Gefäße auf 1 qmm Größter Durchmesser Mittlerer Durchmesser Kleinster Durchmesser 2 5 12 14 23 10 95 |i. 170 „ siehe 11. Grenze und Fig. 6 150 fA 45 fi 100 „ 105 , 10 |JL 70 „ 30 „ Anatom. Untersuchungen über die Jahresringbildung von Tedona grandis. 539 Nummer der Anzahl der Gefäße Größter Mittlerer Kleinster Jahresringe auf 1 qnira Durchmesser Durchmesser Durchmesser 2 21 65 }). 40 fi 10 }x N 5 27 90 „ 40 „ 10 „ J O 12 24 120 „ 40 „ 15 „ n 14 19 105 ., 35 „ 10 „ In Fig. 5 fällt besonders die außerordentliche Verbreiterung des Parenchymbandes des 12. Ringes auf. Das Engholz ist nur auf eine ganz schmale Zone beschränkt. Fig. 5. Tedona grandis; Mittel-Java W 4. Querschnitt mit 2 Jahresgrenzen; Weitholz durch sehr breites Parenchymband ausgezeichnet. Vergr. 2 6 fach. Parenchym. Das Parenchymband ist 1 — 12 (6) Zellen breit, erreicht aber im 12. Ring eine Mächtigkeit von 27 Zellen (Fig. 5). An der ersten und fünften Grenze wird das tangentiale Band häufig da- durch unterbrochen, daß an Stelle von Parenchymzellen weit- lumige Ersatzfasern treten können. 35* 540 Tabelle I. Fritz Geiger, Nummer Name der Anpflanzung oder des Waldes Jahr der Anpflanzung Zeit, in der die Bäume kahl stehen W 2 Banyoebennig 1897 Mai bis Sept. (4V2 Mon.) W 3 51 1895 desgl. W 4 n 1895 desgl. W 5 1) 1900 desgl. W 6 n 1900 desgl. W 7 n 1893 desgl. W 10 Begal 1905 desgl. W 15 Patolan 1905 Juni bis Sept. (4 Mon.) W 16 >j 1905 desgl. W 17 n 1898 desgl. W 18 1» 1899 desgl. W 19 n 1898 desgl. W 20 n 1899 desgl. W 21 "Widodawen 1903 desgl. W 22 r 1903 desgl. R III Pakoelan I 1902 Juli bis Mitte Okt. (SV^ Mon.) R IV n 1902 desgl. R VII Kedawah 1885 desgl. R VIII „ 1885 desgl. R IX Kerek 1885 desgl. R X n 1885 desgl. R XI Poetjoeng 1885 desgl. R XII r 1885 desgl. P 8 Djatiketek 1884 Juni bis Sept. (4 Mon.) P 11 Godjoh 1880 desgl. P 12 Gepiok 1880 desgl. P 17 Dowajok 1880 desgl. P 18 Letro 1904 desgl. P 19 Ngamban 1904 desgl. P 20 Doengbawang 1905 desgl. P 27 Tjrimong 1889 desgl. Anatom. Untersuchungen über die Jahresringbildung von Tedona grandis. 541 Tabelle I. Zustand Qualität des Bodens der Anpflanzung Anmerkungen fruchtbarer, schwarzer Klei gut Die Muster, die mit den Zahlen desgl. desgl. R oder P versehen sind, kom- men von den Mergelerhöhungen desgl. desgl. nördlich, nordwestlich und nord- desgl. desgl. östlich von Ngawi. Höhe im desgl. desgl. Durchschnitt 80 m über dem Meere. desgl. desgl. Die Muster, versehen mit einem desgl. ziemlich gut W, kommen von Ausläufern des weniger guter, roter Klei, sumpfig weniger gut Vulkans Lawoe. Durchschnittshöhe 150 m über dem desgl. Meere. weniger guter, roter Klei ziemlich gut Regenfall aus erstem Gebiete: in desgl. der trockenen Jahreszeit 4 Tage desgl. mit 60 ™/m pro Monat; nasse Tage: 18 Tage mit 270 ^/m. desgl. Regenfall im zweiten Gebiete : desgl. jährlich ca. 100 Regentage mit desgl. ca. 2000 ^/m. 1 schwarzer Klei, vermischt mit ( } Kalkstein 1 gut Diese Altersangaben rühren von desgl. Mitteilungen der Dorfeinwohner ~> roter Klei, vermischt mit Kalk- ^ i stein l ziemlich gut her und sind nicht nach dem Archiv zu bestimmen. schlecht schwarzer Klei, vermischt mit Kalk gut und Bergstein rötlich, ziemlich sumpfig desgl. [ bräunlich, vermischt mit Kalk ] desgl. desgl. schwarzer Kleiboden, etwas sumpfig ziemlich gut weißer, ausgewaschener Klei mit schlecht Padasschicht humusreicher Boden mit Kalkstein- gut schichten schwarzer Klei mit Unterschicht desgl. von Padas ausgewaschener, weißer Kleiboden schlecht schwarzer Klei ziemlich gut ausgewaschener, weißer Kleiboden desgl. humusreicher Klei mit Kalkboden gut 542 Fritz Geiger, Ersatzfasern. Die mittlere Lumenweite der Ersatzfasern des Weit- und Eng- holzes schwankt in den aufeinander folgenden Ringen unregelmäßig hin und her, eine Erscheinung, die allen mit W bezeichneten Hölzern in gleichem Maße zukommt. Ebenso stark variiert die Wanddicke. Sie differiert im Weit- holz von 3 — 5 ^, im Engholz von 3,5 — 6 /i. Oft kann man in der Wandverdickung der Ersatzfasern des Weit- und Engholzes keinen Unterschied wahrnehmen. Ein- reihige Züge weitlumiger, bis 45 ^ breiter Ersatzfasern finden sich nicht selten den Markstrahlen angelagert. Markstrahlen. Die Markstrahlen sind 4—128 (67) Zellen hoch und 2-8 (4) Zellen breit; die radiale Länge schwankt zwischen 40 und 85 ju (60 fi). Anzahl Nummer der der Mark- Markst rahlen Jahres- grenzen Strahlen auf 1,8 mm 1-, 2-, 3-, 4-, 5-, 6 reihige ■ 1 15 8 5 2 5 11 1 2 2 6 1 12 9 1 1 1 2 2 2 14 8 1 2 1 2 2 Übergänge wenigreihiger Markstrahlen in vielreihige sind hier die Regel und finden ebenso häufig umgekehrt statt. Manche Markstrahlen zeigen merkwürdige anato- mische Unregelmäßigkeiten. Sie sollen durch einige Figuren veranschaulicht wer- den. Fig. 6 zeigt, wie ein 5 reihiger Mark- strahl durch eine schief laufende Schicht äußerst weitlumiger Ersatzfasern unterbrochen wird. Der Mark- strahl läuft dann nur noch 3 reihig weiter. Der Fall, daß ein Markstrahl durch eine radiale Reihe weitlumiger Ersatzfasern in Fig. 6. Tedona yrandis; Mittel -Java W 4. Querschnitt; Mark- strahl durch Ersatzfasern unter- brochen. Vergr. 163 fach. Anatom. Untersuchungen über die Jahresringbildung- von Tectona grandis. 543 zwei Teile geteilt wird, ist in Fig. 7 dargestellt. In Fig. 8 bemerkt man links den Übergang des 2 reihigen Markstrahls Mi in einen 3 reihigen; der mittlere 2 reihige Markstrahl M^ hört mitten in dem Fig. 7. Tectona grandis: Mittel -Java W 4. Querschnitt; Spaltung eines Markstrahles durch Er- satzfasern. M = Markstrahl. Vergr. 163 fach. Fig. 8. Tectona grandis; Mittel- Java W 4. Quer- schnitt; tJbergang eines 2 reihigen Mark- strahles = ilij^ in einen 3 reihigen ; ilfg = ein Markstrahl, der plötzlich aufhört; 31^ = 2— 3 reihig. Vergr. 163 fach. 544 Fritz Geiger, die Gefäße umgebenden Parenchym unvermittelt auf, ohne vorher einreihig geworden zu sein. Beim dritten einreihigen Markstrahl Ms sieht man gerade noch seine Entstehungsweise im Grundgewebe; er wird aber bald 2 reihig, dann 3 reihig, wieder 2 reihig, um dann nochmals als 3 reihiger Strahl nach außen weiter zu laufen. Endet ein Markstrahl frei im Grundgewebe, so kann man oft beobachten, daß seine Zellen selbst im Weitholz eine geringe radiale Streckung haben. Den Markstrahlen sind oft radiale Züge weitlumiger Ersatzfasern angelagert. In einem Markstrahl kann die Breite und Länge der Zellen sehr wechseln. W 2 (13jährig). Größter Radius der Querscheibe: 15 cm. Kleinster „ „ „ 5 ,, Nummer der Ringbreite in mm Jahresringe Maximum Mittel Minimum 1 11 10,5 6 2 2 2 2 3 5 4 3 4 2 2 2 5 10 8 5 6 15 12 5 7 4 2 0,5 8 1,5 1 0,5 9 14 12 6 10 41 22 3 11 40 19,5 1 12 21 8 2 13 17 4,5 0,5 Durchschnittliche Ringbreite: 8,3 mm. Die vier ersten Grenzen sind als äußerst zarte Linien zu er- kennen. Die übrigen Grenzen sind so scharf und deutlich wie bei Scheibe W 4. Im Innern vieler Ringe sieht man schmale und breite, dunkelgefärbte, konzentrische Streifen verlaufen. W 3 (löjährig). Größter Radius der Querscheibe: 15 cm, Kleinster „ „ „ 7 „ Anatom. Untersuchungen über Jie Jahresringbildung von Tedona grandis. 545 Nummer der Ringbreite in mm Jahresringe Maximum Mittel Minimum 1 23 21 19 2 6 4 3 3 5 2 0,5 4 5 2 0,5 5 18 8 0,5 6 15 8 7 18 7 8 11 5 9 10 5 10 12 5 11 17 8 1,5 12 20 10 2 13 3 1 0,5 14 7 3 0,5 15 18 8 2 Durchschnittliche Ringbreite: 6,5 mm. 5. G^re-nz-e Fig. 9. Tectona grandis; Mittel -Java W 3. Unvollständige Zuwachszonen a — c. Natürl. Gr. Die Jahresgrenzen sind alle scharf ausgebildet. Ringförmige, dunkelgefärbte Streifen sind beinahe in jedem Ringe vorhanden. Außer den geschlossenen Ringen gibt es einige unvollständige Zonen, die nur einen Teil des Umfanges einnehmen (Fig. 9&). An meh- reren Stellen sind zarte, deutlich abgegrenzte Linien wahrzunehmen, die sich im Ringe verlieren, nachdem sie einen kleineren oder größeren Teil des Kreisumfanges durchlaufen haben (Fig. 9rt). In vereinzelten Fällen kann man beobachten, daß die Schärfe der Abgrenzung stellenweise undeutlich wird, so daß die Grenze durch einen kleinen, verschwommenen Streifen unterbrochen wird (Fig. 9 c). 546 Fritz Geiger, W 5 (lOjährig). Größter Radius der Querscheibe: 16,5 cm, Kleinster „ „ „ 6,5 ,, Nummer der Ringbreite in mm Jahresringe Maximum Mittel Minimum 1 7 6 6 2 8 5 4 3 30 14 9 4 18 9 3 5 51 28 9 6 30 8 7 31 13 8 32 10 9 45 8,7 10 25 8,6 1 Durchschnittliche Ringbreite: 11,0 mm. Die ersten fünf Grenzen sind nicht überall gleich scharf aus- gebildet. Die fünf äußeren Ringe haben sehr deutliche Abgren- zungen. Fast in jedem Ring finden sich mehr oder weniger ver- waschene, dunkle, ringförmige Streifen. AV 6 (lOjährig). Größter Radius der Querscheibe: 14,5 cm, Kleinster „ „ „ 6,5 „ Nummer der Eingbreite in mm Jahresringe Maximum Mittel Minimum 1 27 22 17 2 20 14 6 3 18 14 6 4 17 9 4 5 21 9,6 3 6 12 4,6 2 7 12 6,3 2 8 10 4,7 1 9 10 4,2 1 10 10 3,6 2 Durchschnittliche Ringbreite: 9,2 mm. Die Ringgrenzen sind deuthch ausgebildet. Unvollständige Zonen und ringförmige, verschwommene Streifen treten häufig auf. Anatom. Untersuchungen über die Jahresringbildung von Tedona grandis. 547 W 7 (ITjährig), stark exzentrisch. Größter Radius der Querscheibe: 30 cm, Kleinster „ „ „ 3 „ Nummer der Eingbreite in mm Jahresringe Maximum Mittel Minimum 1 6,5 6 5,5 2 2 1,4 1 3 5 3,4 2 4 6 3 1,5 5 29 13,2 2 6 14 6,3 0,2 7 9,5 2,5 0,2 8 29 12 0,5 9 33 11 0,5 10 31 13,5 1,5 11 21 11,3 1 12 21 9,5 2,5 13 38 19 3 14 36 14,5 1,5 15 36 13 1,5 16 60 14,5 3 17 14 2,5 0,3 Durchschnittliche Ringbreite: 9,2 mm. Mit Ausnahme der fünften Grenze sind alle Jahresgrenzen scharf und deutlich ausgebildet. Auf einem Teil des Umfanges geht die fünfte Grenze in einen verschwommenen, dunkeln Streifen über. Die mikroskopische Untersuchung dieses Streifens läßt nichts von dem bekannten spezifischen Bau einer Grenze erkennen. Das einzige Merkmal, das eine Zonenbildung andeutet, ist eine ring- förmige Anhäufung zahlreicher, größerer Gefäße längs des Streifens. In diesem selbst sind die Gefäße klein. Auf 1 qmm kommen 18 Gefäße mit 170 ß größtem und 140 jU mittlerem Durchmesser. Das Maximum von 255 fx erreichen die Gefäße im Weitholze des 16. Ringes. In der Beschaffenheit des Parenchyms und der Ersatzfasern stimmt W 7 mit W 4 ziemlich überein. Die Markstrahlen sind außerordentlich breit, 1—11 (7) Zellen. Auf einer Strecke von 1,8 mm der 15. Grenze sind von sieben Markstrahlen zwei 7 reihig, zwei 9 reihig und drei 11 reihig. Die vertikale Ausdehnung schwankt zwischen 3 und 105 (52) Zellen. 548 Fritz Geiger, W 10 (Sjährig). Größter Radius der Querscheibe: 11,0 cm, Kleinster „ „ „ 4,7 „ Nummer der Ringbreite in mm Jahresringe Maximum Mittel Minimum 1 13 11,5 10 2 32 24,2 13 3 28 15 7 4 31 17 3 5 16 8,2 2 Durchschnittliche Ringbreite: 15,2 mm. Die erste Grenze ist größtenteils unscharf, die vier anderen Jahresgrenzen sind sehr deutlich. Im Engholz des 2. Ringes läßt sich nahe der zweiten Grenze eine feine Kreislinie verfolgen, die man ebensogut für eine Jahresgrenze halten könnte, wenn nicht schon die übrigen Grenzen mit dem Alter des Holzes überein- stimmten. Ringförmige und unvollständige Jahreszonen finden sich in jedem Ringe vor. W 15 (5jährig). Größter Radius der Querscheibe: 7,5 cm. Kleinster „ „ „ 3,2 „ Nummer der Ringbreite in mm Jahresringe Maximum Mittel Minimum 1 12,5 9,4 7,7 2 35,0 25,7 19,5 3 14,5 5,6 1,5 4 10,0 3,4 0,6 5 5,5 1,8 0,3 Durchschnittliche Ringbreite: 9,2 mm. Die Jahresiinge sind deutlich abgegrenzt. Die vier ersten Ringe enthalten zahlreiche ringförmige Farbenzonen, die mehr oder weniger verschwommen sind. In den drei äußeren Ringen sieht man je eine schmale, unvollständige Zone auf etwa Vi des Um- fanges verlaufen. Anatom. Untersuchungen über die Jahresringbildung von Tedona grandis. 549 W 16 (Öjährig). Größter Radius der Querscheibe: 5,2 cm, Kleinster „ „ „ 3,4 „ Nummer der Ringbreite in mm Jahresringe Maximum Mittel Minimum 1 4 3,5 3 2 24 20 15 3 19 13,7 8 4 11 5,8 2,5 5 10 3,3 1,5 Durchschnittliche Ringbreite: 9,2 mm. Mit Ausnahme des ersten Ringes werden alle übrigen durch scharfe Grenzen abgeschlossen. Vom Mark bis zur Peripherie sieht man auf der Querscheibe eine große Anzahl von Farbenzonen. Im dritten Ringe hebt sich eine schmale Zone durch ihre dunklere Färbung von den anderen so deutlich ab, daß wir sie auf den ersten Blick für eine Jahresgrenze ansehen können. Untersucht man aber diesen Streifen näher, so bemerkt man sofort, daß das charakteristische Parenchymband fehlt. Da im Streifen die Gefäße und Ersatzfasern stark radial verkürzt, letztere sogar verdickt sind, so ist diese Zone also eine typische Engholzbildung. Gefäße. Die Gefäße kommen außer vereinzelt in allen möglichen klei- neren und größeren Gruppen vor. Die Wanddicke variiert zwischen 5 und 15 f(. Nummer der Anzahl der Gefäße auf 1 qmm Querdurchmesser in M- Jahresringe Maximum Mittel Minimum 2 4 11 11 190 250 120 140 351.^^3 65/^-= 2 4 25 19 85 95 50 60 o o Eng- holz Parenchym. Die metatrachealen Elemente haben eine axiale Länge von 35 — 90 (75) fx, die paratrachealen eine solche von 25 — 70 (60) /x. 550 Fritz Geiger, Die Breite des Parenchymbandes ist bei den einzelnen Ringen sehr verschieden. Es erreicht oft eine Mächtigkeit von 20 Zellen und mehr. Mitunter sieht man inmitten des Parenchymbandes Kom- plexe von Ersatzfasern gelagert (Fig. 10). Fig. 10. Tectona grandis; Mittel - Java W 5. Querschnitt. Vergr. 109 fach. Ersatzfasern. Durchschnittliche mittlere Lumenweite im Weitholz: 28 /x. „ „ „ „ Engholz: 16 fi. Die Wanddicke beträgt 3—5 (4) /x und ist bei den Elementen des Weit- und Engholzes nicht immer verschieden. Es kann auch vor- kommen, daß die radiale Streckung der Ersatzfasern des Weitholzes eines Ringes wenig oder gar nicht von derjenigen der Ersatzfasern des Engholzes des vorhergehenden Ringes abweicht. Anatom. Untersuchungen über die Jahresringbildung von Tectona grandis. 551 Markstrahlen. Die Markstrahlen sind 3—82 (48) Zellen hoch und 1 — 6 (4) Zellen breit. Nummer der Jahresgrenzen Anzahl der Markstrahlen auf 1,8 mm 1-, 2-, Markstrahlen 3-, 4-, 5 reihige 2 4 12 10 2 2 4 1 1 3 6 2 1 W 17 (12jährig). Größter Radius der Querscheibe: 11,0 mm, Kleinster „ „ „ 4,5 „ Nummer der Ringbreite in mm Jahresringe Maximum Mittel Minimum 1 3 3 3 2 3 2,4 2 3 5 3,6 2 4 5 3,6 2 5 9 6,7 3 6 10 6,7 3 7 23 13,7 8 8 8 4,4 1 9 21 8,3 2 10 14 7 3 11 , 14 6,2 2 12 13 5,4 3 Durchschnittliche Ringbreite: 6,0 mm. Die drei ersten Grenzen sind als äußerst feine Linien sicht- bar. Die 4. Grenze ist halb scharf, halb unscharf; alle übrigen sind von größerer Schärfe. Zahlreiche Farbenringe stufen fast jeden Ring zonenartig ab. Im Engholz des 6. Ringes bemerkt man nahe der 7. Grenze zwei eng aufeinander folgende zarte Linien, von denen jede ungefähr die Hälfte des Ringumfanges einnimmt. In einigen Ringen finden sich kleinere, schmale, unvollständige Zonen mit deutlicher Abgrenzung. 552 Fritz Geiger, W 18 (ll?-jährig). Größter Radius der Querscheibe: 6,8 mm, Kleinster „ „ „ 4,0 „ Nummer der Kingbreite in mm Jahresringe Maximum Mittel Minimum 1 2 3 4 5 6 7 8 9 10 6 6 8 7 10 4 12 18 8 3 5,3 5 5,8 5,5 5,4 2,2 6,5 7 4 2 4 4 4 4 3 1 3 1 1 1 Durchschnittliche Ringbreite: 4,5 mm. Es können nur 10 Grenzen gezcählt werden, die vollständig geschlossene Kreise bilden. Ob eine mitten im 2. Ringe verlaufende, nahezu halbkreisförmige Linie einen Teil einer nicht ganz zur Aus- bildung gekommenen Grenze darstellt, möchte ich dahingestellt sein lassen. Farbenringe und kleinere unvollständige Zonen sind reich- lich vorhanden. W 19 (l2?-jährig). Größter Radius der Querscheibe: 11,0 cm. Kleinster „ „ „ 3,0 „ Nummer der Eingbreite in mm Jahresringe Maximum Mittel Minimum 1 5 2,6 3 2 9 6,4 4 3 12 5,4 1 4 15 7,5 2 5 14 8 3 6 25 14 4 7 21 9,6 1 8 12 6,4 1 9 8 3 0,2 Durchschnittliche Ringbreite: 9,0 mm. Es ließen sich nur neun deutlich abgegrenzte Ringe erkennen. Außerdem kommen ganze und unvollständige Farbenringe vor. Anatom. Untersuchungen über die Jahresringbildung von Tectona grandis. 553 W 20 (ll?-jährig). Größter Radius der Querscheibe: 6,0 cm, Kleinster „ „ „ 2,1 „ Nummer der Ringbreite in mm Jahresringe Maximum Mittel Minimum 1 2 3 4 5 6 7 8 9 10 8 18 13 10 3 7 2 5 5 2 6 9,7 6,2 4,8 2,2 5 1,5 2,6 2,1 1 4 2 1 1 1 3 1 1 1 0,5 Durchschnittliche Ringbreite: 4,1 mm. Es konnten nur 10 deutlich begrenzte Ringe gezählt werden. Die Grenzen sind äußerst feine Linien. Wenige Farbenringe treten mehr oder weniger deutlich hervor. W 21 (7 jährig). Größter Radius der Querscheibe: 9,5 cm, Kleinster „ „ „ 3,6 „ Nummer der Eingbreite in mm Jahresringe Maximum Mittel Minimum 1 2 3 4 5 6 7 17 18 , 4 47 15 11 11 15 14 2,5 15 8 4,3 4 12 11 1,5 4,5 2,0 0,5 0,5 Durchschnittliche Ringbreite: 9,0 mm. Im ersten Ringe lassen sich vier feine Linien erkennen, von denen die äußerste als Jahresgrenze des ersten Ringes angenommen wurde. Die folgenden Ringe sind deutlich abgegrenzt. In jedem Jahrb. f. wiss. Botanik. LV. 36 554 Fritz Geiger, Ringe, mit Ausnahme des dritten, sind mehrere Farbenzonen vor- handen, die sich mehr oder weniger vollkommen zu einem Kreise schließen. In einzelnen Ringen finden sich nahe der Grenzen größere, schmale Teilzonen mit feiner Begrenzung. W 22 (7jährig). Größter Radius der Querscheibe: 7,7 cm. Kleinster „ „ „ 4,1 „ Nummer der Ringbreite in mm Jahresringe Maximum Mittel Minimum 1 2 3 4 5 6 7 15 20 4 12 13 9 9 u 16,5 2,2 8,6 6,5 4 4 12 12 1 6 3 2 2 Durchschnittliche Ringbreite: 8,0 mm. In kurzer Entfernung vom Mark lassen sich, ähnlich wie bei W21, fünf eng aufeinander folgende, zarte, kreisförmige Linien gerade noch erkennen. Da die äußerste Linie etwas deutlicher sichtbar ist, als die übrigen, so kann man in ihr die Grenze des ersten Ringes erblicken. Es müssen also während einer Vegetationsperiode viermal periodische, gleichmäßige Schwankungen in der Tätigkeit des Kambiums statt- gefunden haben. Die folgenden Ringe zeichnen sich alle durch scharfe Abgrenzungen aus. Zahlreiche als Farbenringe sichtbare dunkle Streifen verursachen in jedem Jahresringe eine verschwom- mene Zonenbildung, die sich mikroskopisch in dem fortwährenden Wechsel der Größenverhältnisse und Verteilungsweise der Elemente zu erkennen gibt. In den ganz dunkeln Streifen sind Engholz- bildungen meist unschwer nachzuweisen. Die Verminderung der radialen Streckung beschränkt sich hierbei mehr auf die Ersatz- fasern als auf die Gefäße. Auch ist der Unterschied in der Ver- dickung der Membranen oft ein ganz bedeutender. So folgt z. B. auf das Parenchymband der 2. Grenze eine lichte Schicht Weit- holz (in Fig. 11 als heller, breiter Streifen erkennbar), in der die weiten Ersatzfasern außergewöhnlich dünne Wände (2 — 2,5 f.i) haben, Anatom. Untersuchungen über die Jahresringbildung von Tedona grandis. 555 SO daß man sie kaum vom Parenchym zu unterscheiden vermag. Der angrenzende schmale Streifen dagegen enthält englumige Er- satzfasern mit 4 — 5 ^a dicken Wänden. In den undeutlichen, nicht so augenfällig hervortretenden Streifen sind Verschiedenheiten in den Streckungsverhältnissen oder der Wanddicke nicht nachzuweisen. Im 2. Ring, ganz nahe der 2. Grenze, bemerkt man zwei feine Linien, die sich mit einiger Mühe nahezu auf dem ganzen Ring- umfang verfolgen lassen. Fig. 11. Tedona grandis: Mittel- Java W 22 (7 jährig), -/a natürl. Gr. Es sollen nun noch einige Zahlen über die Größenverhältnisse der Elementarorgane angefügt werden. Gefäße. Wände : 4—20 ^i dick. Nummer der Anzahl der Gefäße auf 1,8 mm Querdurchmesser in |x Jahresgrenzen Maximum Mittel Minimum 2 5 9 8 190 195 185 170 120 135 36 = 556 Fritz Geiger, Nummer der Anzahl der Gefäße auf 1 qmra Querdurchmesser ir H- Jahresringe Maximum Mittel Minimum 2 6 11 9 220 210 160 140 Oi 00 Weit- holz 3 6 15 17 120 95 90 65 1 5 l W ■= Parenchym. Das Parencilymband ist 2 — 8 (5) Zellen breit. Diese haben ca. 40 jit mittlere Lumenweite. Ersatzfasern. Durchschnittliche Lumenweite im Weitholz: 27 f^i, Wanddicke : 2 — 4 /t. „ „ „ Engholz: 16 fi, Wanddicke: 3 — 5 ^a. Markstrahlen. Die Strahlen sind 4-120 (52) Zellen hoch und 1-6 (5) Zellen breit. Nummer der Jahresgrenzen Anzahl der Markstrahlen auf 1,8 mm 1-, Markstrahlen 2-, 3-, 4-, 5 reihige 10 7 7 Kurze Zusammenfassung- der an den W- Hölzern gemachten Beobachtungen. Aus der makroskopischen Beschreibung der mit W bezeich- neten Hölzer geht hervor, daß die Jahresringe als scharf begrenzte und vollständig geschlossene Zonen ohne Unterbrechung über den ganzen Querschnitt verlaufen. In einigen wenigen Fällen kann die Abgrenzung der ersten Ringe unscharf oder verschwommen werden. Außer den vollständig geschlossenen Ringen gibt es auch unvoll- ständige Zuwachszonen, die einen mehr oder weniger großen Teil eines Ringumfanges, meist einen kleineren Teil desselben einnehmen. Anatom. Untersuchungen über die Jahresringbildung von Tedona grandis. 557 Sie stimmen im anatomischen Bau ihrer Grenze mit dem der Jahresringgrenzen überein, zeigen also Engholz, Parenchymband und Weitholz. Daraus folgt, daß bei den W-Hölzern auch während der gleichen Vegetationsperiode ein periodischer Wechsel der Holzstruktur stattgefunden hat, der auf kleinere Schwankungen des Klimas in Verbindung mit den Bodenverhältnissen zurückzuführen ist. Häufig sieht man auch nahe der Jahresgrenzen ganz zarte, kleinere oder größere Linien, die im Engholze schmale Zonen erzeugen. Dunkelgefärbte, deutliche oder verwaschene Streifen fehlen fast in keinem Ringe. Die bedeutenden Schwankungen in der Ringbreite sind aus den Tabellen zu ersehen. Die maximale und mittlere Lumenweite der Gefäße ist bei allen Hölzern ungefähr dieselbe. Das Parenchymband erreicht bei W 4 und W 22 eine kolossale Mächtigkeit; bei W 22 ist außer- dem die Einlagerung von Ersatzfaserkomplexen zwischen das Parenchymgewebe besonders nennenswert. An vertikaler maximaler Ausdehnung der Markstrahlen steht W 4 mit 128 Zellen an erster, W 16. mit 82 Zellen an vierter Stelle. W 7 besitzt die breitesten Markstrahlen (11 Zellen). Es folgt nun die Besprechung der in Tabelle I mit dem Zeichen R versehenen Hölzer (111° östl. Länge von Greenwich, Mittel-Java). R III (8jährig). Größter Radius der Scheibe: 7,2 cm. Kleinster „ „ „ 5,1 „ Nummer der Kingbreite in mm Jahresringe Maximum Mittel Minimum 1 15 13,5 9 2 13 11 9 3 13 12 9 4 13 9 7 5 7 5 3 6 7 4,3 2 7 4 2 1 8 4,5 1,8 1 Durchschnittliche Ringbreite: 7,4 mm. 558 Fritz Geiger, Alle Grenzen sind als scharfe konzentrische Linien deuüich wahrzunehmen. Die erste Grenze enthält kein Parenchymband, sondern wird durch den starken Gegensatz zwischen Eng- und Weitholz markiert; die ersten Gefäße des Weitholzes sind hier wie sonst ringförmig gelagert, wodurch an sich schon der Eindruck einer Zonenabgrenzung hervorgerufen wird. Zahlreiche, schwach dunkel gefärbte, verschwommene Streifen verlaufen ringförmig über die ganze Querscheibe. Auf die 4., 5. und 6. Grenze folgt in einer Entfernung von 1 — 2 mm je eine feine Linie. Unter dem Mikro- skop zeigt jede dieser Linien einen scharf ausgeprägten Unterschied zwischen eng- und weitlumigen Ersatzfasern. Im Engholz des 4. Ringes, nahe der 5. Grenze, bemerkt man ebenfalls eine deut- liche zarte Kreislinie, die ein w^enig schärfer hervortritt, als die eben erwähnten Linien. Gefäße. Wände: 5 — 18 jn dick. Nummer der Anzahl der Gefäße Querdurchmesser in p. Jahresgrenzen auf 1,8 mm Maximum Mittel Minimum 1 6 120 80 35 2 7 150 115 55 4 10 220 140 30 5 6 170 120 50 8 8 190 13.> 25 Nummer der Anzahl der Gefäße Querdurchmesser in ji Jahresringe auf 1 qmm Maximum Mittel Minimum 2 9 150 120 55 ^ 3 G 175 125 60 1 5 5 205 175 130 -S 90 J^ 6 6 185 145 2 20 90 45 10] . 25 1 bO 20 = 3 5 7 9 135 80 80 40 6 11 90 45 10 Im Engholz des 4. Ringes sind die Gefäße außergewöhnlich groß. Parenchym. Das Parenchymband ist 1 — 7 Zellen breit. Anatom. Untersuchungen über die Jahresringbildung von Tedona grandis. 559 Afi. Ersatzfasern. Durchschnittliche Lumenweite im Weitholz: 22 ß, Wanddicke : 3 „ „ „ Engholz: U ^, Wanddicke: 4 — 5 ß. Markstrahlen. Höhe: 7—105 (36) Zellen, Breite: 1—7 (5) Zellen. Nummer der Jahresgrenzen Anzahl der Markstrahlen auf 1,8 mm 1-, 2-, 3-, Markstrahlen 4-, 5-, 6-, 7 reihige 1 7 1 2 3 1 2 7 1 1 4 1 4 7 1 1 4 1 5 8 1 2 1 2 1 1 8 6 3 3 ','Weafco '> Par, ßd. Tedona grandis; Mittel- Java R III. 4.G. > tngL l>fö-"- Fig. 12. Querschnitt; M^, M.^ Markstrahlen; Zellen an der Jahresgrenze stark verkürzt. Vergr. 163 fach. An den Grenzen sind die Unterschiede in den Streckungs- verhältnissen der Markstrahlen besonders auffallend. Ein in Fig. 12 abgebildeter Querschnitt durch die 4. Grenze zeigt dies ganz deut- 660 Fritz Geiger, lieh. Man erkennt, wie beim Übertritte der Markstrahlen Mi und Mo in das Parenchymband die im Engholz stark verkürzten Mark- strahlzellen sich plötzlich außerordentlich verlängern. Ferner kann man noch sehen, daß die 2 — 3 letzten Schichten der Ersatzfasern des Engholzes tangential abgeplattet sind, wodurch die Schärfe der Abgrenzung wesentUch verstärkt wird. Fig. 13 zeigt die oben ge- nannten Unterschiede in einem durch die 2. Grenze geführten Längs- schnitte. Weltbol- 2 .Gr. E n jbo'i Fig. 13. Tectona grandis; Mittel-Java R III. Radialer Längsschnitt. Vergr. 163 fach. R IV. ß IV war in der Sammlung nicht vorhanden. R TU (25jährig). Größter Radius der Querscheibe: 5,7 cm, Kleinster 4,0 Nummer der Ringhreite in mm Jahresringe Maximum Mittel Minimum 1 2 3 4 5 3 2 2 4 4 2,5 2 1,5 3 3 2 2 1 2 2 Anatom. Untersuchungen über die Jahresringbildung von Tedona grandis. 561 Nummer der Eingbreite in mm Jahresringe Maximum Mittel Minimum 6 7 8 9 10 11 12 13 14 15 16 17 18 19 20 21/25 4 3 3 3 3 2 4 4 3 5 4 3 3 1 3 12 (2,4) 3 2 2,5 2,5 1,8 1,6 2,6 3 1,7 2,4 2,6 2,2 2,2 1 2 8,2 (1,6) 2 1 2 1,5 1 1 1 2 0,5 1 1 1 1 1 1 5(1) Durchschnittliche Ringbreite: 2,1 mm. In der Tabelle sind die fünf letzten Ringe zusammengefaßt worden, da an manchen Stellen der Querscheibe die Grenzen so eng zusammenfließen, daß die Breite jedes einzelnen Ringes nicht mehr gemessen werden konnte. Die einem Ringe etwa zukommen- den maximalen, mittleren und minimalen Ringbreiten sind in Klam- mern angedeutet. Die Jahresgrenzen sind deutlich, aber nicht überall gleich scharf ausgebildet. Unvollständige Zonen mit äußerst zarten Be- grenzungen kommen nur sehr selten vor. Innerhalb der 4. iind 5. Grenze und außerhalb der 6. Grenze bemerkt man je eine feine, kreisförmige Linie. R VIII (2 5 jährig). — (Fig. 17, rechts.) Größter Radius der Querscheibe: 4,0 cm, Kleinster „ „ „ 2,2 „ Nummer der Ringbreite in mm Jahresringe Maximum Mittel Minimum 1 2 7,7 3,7 7,2 3,3 6,3 2,9 562 Fritz Geiger, Nummer der Ringbreite in mm Jahresringe Maximum Mittel Minimum 3 2,4 1,8 1 4 4 3,1 2,6 5 2 U 1 6 1,8 1 0,4 7 3 1,7 0,8 8 1,8 1,5 1 9 0,9 0,7 0,2 10 0,9 0,3 0,2 11 1,4 0,6 0,2 12 4,2 1,9 0,9 13 2,G 1,3 0,6 14 2,2 0,9 0,4 15—25 8,8 (0,8) 5,8 (0,5) J,2 (0,1) Durchschnittliche Eingbreite: 1,3 mm. Fig. 14. Teetona yrandis: Mittel- Java K VIII (25 jährig). Querschnitt aus der Peripherie mit 10 — 11 verschmolzenen Jahresringen. Vergr. 35 fach. Anatom. Untersuchungen über die Jahresringbildung von Tectona grandis. 563 Die geglättete Querschnittsfläche ist in Ü'ig. 17, rechts abge- bildet. Vom Mark aus bilden nur 14 Zonen vollständig geschlossene, wirkhche Jahresringe. Die Grenzen der übrigen Ringe ver- laufen oft so eng nebeneinander, daß es unmöglich ist, einen ganzen Ring zu verfolgen. An manchen Stellen fließen die Grenzen sogar vollkommen zusammen, und man kann dann makroskopisch und mikroskopisch kaum noch etwas von einem Ringe wahrnehmen. In Fig. 14, in der eine Stelle wiedergegeben ist, wo 10 — 11 Ringe miteinander verschmelzen, lassen sich einige Spuren von Ringbildung nur undeutlich wiedererkennen. Gefäße. Wanddicke: 5—18 (x Nummer der Anzahl der Gefäße Querdurchmesser ii > f^ Jahresgrenzen auf 1,8 mm Maximum Mittel Minimum 1 10 135 60 10 5 10 155 95 10 10 11 150 70 15 15 10 145 75 10 20 10 130 65 15 Nummer der Anzahl der Gefäße auf 1 qmm Querdurchmesser in [x Jahresringe Maximum Mittel Minimum 2 6 11 16 21 8 9 11 10 11 90 105 140 135 145 50 70 65 80 90 20 20 20 35 40 "o 2 6 11 16 21 9 11 10 9 10 70 70 60 65 55 40 35 35 40 30 10 -\ 10 10 10 10 o ' fcD Die Gefäße erreichen keine bedeutende Lumenweite; die grö- ßeren sind vorwiegend auf die Parenchymschicht beschränkt. Größe, Zahl und Anordnung der meist isoliert stehenden Gefäße wechselt nicht nur in einem bestimmten Radius, sondern ist selbst an einem und demselben Ringe sehr verschieden. Sie vereinigen sich fast ausschließlich zu kleineren oder größeren radialen Gruppen. 564 Fritz Geiger, Parenchym. Das Parenchymband ist l — 8 (4) Zellen breit und bildet fast bei allen Ringen oft das einzige charakteristiscbe Merkmal der Grenze, indem die ringförmige Lagerung von Gefäßen an den Jahresgrenzen stellenweise ganz unterbleibt. InFig.15 wird die Jahresgrenze bis auf zwei größere Gefäße nur durch Parenchym markiert. An denjenigen Stellen, wo die Ringe so dicht zusammenlaufen, daß überhaupt keine Grenze mehr wahr- genommen werden kann , ist das Parenchym sehr reichlich aus- gebildet. Fig. 15. Tedona grcmdis; Mittel -Java R VIII. Querschnitt; Jahresringgrenze, wesentlich nur Parenchym, selten Gefäße. Vergr. 126 fach. Ersatzfasern. Durchschnittliche Lumenweite im Weitholz: 25 ^<, Wanddicke: 3 — 4 ^u. „ „ „ Engholz: 14 ^i, Wanddicke: 3,5 — 8^. Nicht bei allen Grenzen ist mit der radialen Verkürzung der Ersatzfasern gleichzeitig auch eine Zunahme der Wandverdickung verbunden. Es gibt Grenzen, bei denen wohl ein Unterschied in Anatom. Untersuchungen über die Jahresringbildung von Tectona grandis. 565 der Lumenweite, nicht aber in der Wanddicke besteht. Häufig sieht man parallel den Markstrahlen einreihige Züge weitlichtiger Ersatzfasern verlaufen, die bis 45 (.t Lumenweite erlangen können. Markstrahlen. Die Markstrahlen werden 3 — 34 (15) Zellen hoch und 1 — 4 (3) Zellen breit. Die Wanddicke schwankt zwischen 1 und 2,5. Die Markstrahlen ändern ihre Breite gewöhnlich nur dann, wenn eine Markstrahlzellenreihe in eine Reihe weitlumiger Ersatzfasern übergeht oder umgekehrt, wenn eine den Markstrahlen angelagerte, radiale Reihe weitlumiger Ersatzfasern sich in eine Reihe von Mark- strahlzellen verwandelt. ]n vereinzelten Fällen werden die Mark- strahlen von schieflaufenden, 1 — 2 reihigen Zügen von Ersatzfasern durchbrochen (entsprechend wie in Fig. 6, S. 542). Nummer der Jahresgrenzen Anzahl der Markstrahleu auf 1,8 mm 1-, Markstrahlen 2-, 3-, 4 reihige 1 11 5 6 5 12 2 4 4 2 10 10 2 3 4 1 15 8 1 2 5 20 9 1 2 6 R IX (2 5jährig). Größter Radius der Querscheibe: 7,3 cm. Kleinster „ „ „ 5,5 „ Nummer der Ringbreite in mm Jahresringe Maximum Mittel Minimum 1 2 3 4 5 6 7 8 9 10 8 11 7 6 5 5 5 5 4 5 6,6 8,8 6,4 5 4 4,5 4 4,4 3 3,4 5 6 5 4 3 3 3 3 2 2 566 Fritz Geiger, Nummer der Kingbreite in mm Jahresringe Maximum Mittel Minimum 11 12 13 — 25 3 4 15 (1,2) 2 3 9 (0,6) 1 2 • 4 (0,3) Durchschnittliche Ringbreite: 2,6 mm. Die 12 ersten Ringe sind durch scharf und deutlich hervor- tretende Jahresgrenzen charakterisiert. Die folgenden Ringe ver- laufen an vielen Stellen so eng nebeneinander, daß es schwierig ist, mit bloßem Auge die einzelnen Grenzen noch sicher zu er- kennen. Unvollständige Zonen oder verschwommene Streifen finden sich nirgends. R X (25jährig). Größter Radius der Querscheibe: 5,7 cm, Kleinster „ „ „ 4,0 „ Nummer der ßingbreite in mm Jahresringe Maximum Mittel Minimum 1 2 3 4 5 6 7 8 9 10 11—25 7 23 28 13 5 6 3 5 4 4 25 (1,7) 6 18,8 11 8,2 2,6 4,1 1,6 3 2,1 1,8 11,6 (0,8) 4 13 5 2 1 2 1 2 1 1 2 (0,13) Durchschnittliche Ringbreite ; 2,6 mm. Die Jahresgrenzen sind scharf ausgebildet. Der Verlauf der peripherischen Ringe ist teilweise ebenso schwer zu verfolgen wie bei R IX und R VIII. Zarte Linien, die einen ganzen Ring- umfang einnehmen, bemerkt man dicht außerhalb der 1. Grenze und im 5. Ring und solche, die sich nur auf einen halben Umfang erstrecken, nahe der 11. und 20. Grenze. Anatom. Untersuchungen über die Jahresringbildung von Tectona grandis. 567 R XI (2 5jährig). (Siehe Fig. 17, links). Größter Radius der Querscheibe: 10,7 cm. Kleinster „ „ „ 7,4 „ Nummer der Ringbreite in mm Jahresringe Maximum Mittel Minimum 1 35 31 28 2 7,5 5 2 3 4 3 2 4 7,5 5 2,5 5 5,5 4,2 3 G 7 5 3,5 7 7 46 2 8 G 3,7 2 9 1 5 4 2 10 5 4 2 11 3,5 2,5 1,5 12 5 3,5 2 13 3 1,5 1 14 3,5 1,8 1 15 2 1 0,5 16 3 1,3 0,5 17 2 1,1 0,4 18 2 1,5 0,3 19 3 1,6 0,2 20—25 13,8 (2,3) 6,2 (1) 1,2 (0,2) Durchschnittliche Ringbreite: 3,7 mm. Die Ringgrenzen sind ziemlich scharf ausgebildet. Der erste Jahresring ist verhältnismäßig außerordentlich breit. Die äußersten Ringe laufen an manchen Stellen so dicht zusammengedrängt neben- einander, daß man, wie bei den drei vorhergehenden Hölzern, den Verlauf der Grenzen makroskopisch kaum verfolgen kann. Unter dem Mikroskope dagegen lassen sich an diesen Stellen die einzelnen Jahresgrenzen noch deutlich voneinander unterscheiden. 11 XII (25jährig). Größter Radius der Querscheibe: 5,5 cm. Kleinster 4,5 Numijier der Ringbreite in mm Jahresgrenzen Maximum Mittel Minimum 1 2 3 9 9 4 7 6,5 2,5 5 5 1 568 Fritz Geiger, Nummer der Ringbreite in mm ■ Jahresringe Maximum Mittel Minimum 4 5 6 7 8 9 10 11 12 13 14 15 — 25 4 2 7 5 5 6 5 4 3 4 3 8 (0,7) 2,5 1,4 4 4,5 3,5 3,3 3,2 1,4 1,7 2 1,1 4,5 f0,4) 1 1 2 3 2 1 2 0,5 0,5 0,5 0,5 1 (0,1) Durchschnittliche Ringbreite: 2,0 mm. Die Jahresringe werden durch makroskopisch deuthch hervor- tretende Linien begrenzt. Auch hier fließen die äußeren Grenzen so sehr ineinander, daß selbst unter dem Mikroskope nichts mehr von einer Grenze wahrgenommen werden kann. Gefäße (Wanddicke: 5—20 ^). Nummer der Anzahl der Gefäße auf 1,8 mm Querdurchmesser in f^ Jahresgrenzen Maximum Mittel Minimum 1 12 155 75 10 5 16 150 80 10 10 17 225 95 10 15 16 240 110 15 20 10 205 90 25 Nummer der Anzahl der Gefäße Q uerdurchmesser in H- Jahresringe auf 1 qmm Maximum Mittel Minimum 2 9 95 70 35 ] 6 12 140 110 40 N 11 11 165 115 70 •^ 16 8 235 140 85 ^ 21 9 215 135 25 2 12 110 60 10 1 6 15 110 65 15 11 13 95 50 10 ■ 6p 16 12 105 45 10 H 21 15 75 55 10 Anatom. Untersuchungen über die Jahresringbildung von Tectona grandis. 569 Pa.Bci Die Gefäße bilden im Parenchymband der Grenzen meist kleinere Gruppen, sonst stehen sie vorzugsweise isoliert. Die Quer- schnittsform der vereinzelt vorkommenden Gefäße ist gewöhnlich ein Kreis. Parenchym. Das Parenchymband ist 3^12 Zellen breit. Letztere haben eine mittlere Lumenweite von 27 ix\ die Wanddicke schwankt zwischen 2 und 4 (X. Die axiale Streckung ist sehr stark und variiert zwischen 45 und 125//. Die in der Um- gebung der Gefäße be- findlichen Parenchym- zellen besitzen nur ge- ringe axiale Ausdeh- nung. Ersatzfasern. Durchschnittl. Lumen- weite im Weitholz: 20 jfi, Wanddicke: 3-4^. Durchschnittl. Lumen- weite im Engholz: 10 ju, Wanddicke: 3,5—6 fi. Einreihige radiale Zü- ge weitlumiger Ersatz- fasern kommen häufig vor. Markstrahlen. Die Markstrahlen sind 5-86 (43) Zellen hoch und 1—5 (4) Zellen breit. Fig. 16. Tectona grandis : Mittel' Java R XII. Querschnitt; im Markstrahl an einer Stelle statt Parenchj'm Ersatzfasern. Vergr. 163 fach. Jahrb. f. wiss. Botanik. LV. 15 G> Nummer der Jahres- grenzen Anzahl der Markstrahlen auf 1,8 mm 1-, 2- Markstrahlen , 3-, 4-, 5 reihige 1 8 2 2 4 5 20 1 2 2 4 1 10 9 1 2 3 3 15 10 2 3 1 4 20 10 1 3 1 3 2 37 570 Fritz Geiger, Eine ganz vereinzelte Erscheinung gibt Fig. 16 wieder. Die linke Zellenreihe des 3 reihigen Maikstrahles geht nahe der 15. Grenze in eine kurze Reihe weitlumiger Ersatzfasern über. An der Grenze selbst setzt sich diese Reihe in eine Reihe von Parenchymzellen fort, die durch ihre außerordentliche Lumenweite sich sehr augen- fällig von der angrenzenden Parenchymschicht abheben. Aber kurz nach dem Übertritte des Markstrahls aus dem Parenchymband in die Weitholzschicht verwandelt sich die Reihe der weitlichtigen Parenchymzellen in eine Markstrahlzellenreihe, und der Markstrahl läuft dann wieder 3 reihig weitei*. Kurze Zusammenfassung der an den R- Hölzern gemachten Beobachtungen. Auf allen Querscheiben sind die Jahresringe im großen und ganzen als scharf und deutlich abgegrenzte Zonen zu sehen. Nur die peripherischen Ringe gehen an manchen Stellen so eng neben- Fig. 17. Tectona grandis : Mittel-Java; links: R XI, rechts: E, VIII. Beide 25jährig; R XI auf gutem, R VIII auf sclilechtem Boden gewachsen. V9 natürl. Gr. einander her, daß es makroskopisch kaum mehr möglich ist, jeden einzelnen Ring genau zu verfolgen. Manchmal läßt sich auch selbst unter dem Mikroskope keine Grenze mehr erkennen. Die ersten Anatom. Untersuchungen über die Jahresringbildung von Tectona grandis. 571 Ringe sind gewöhnlich breit; sonst haben die Jahresringe eine äußerst geringe durchschnittliche Breite. Wie sehr die Ausbildung der Ringe von der Beschaffenheit des Bodens abhängt, zeigt Fig. 17, in der die Querschnitte zweier gleich alter Hölzer abgebildet sind. Es sind dies die oben beschriebenen Querscheiben R XI und R VIII, von denen erstere auf gutem, letztere aber auf schlechtem, kalkhaltigem Lehmboden gewachsen ist. Die verschiedene Qualität des Bodens kommt in der Ringbildung dadurch zum Ausdrucke, daß die durchschnittliche Ringbreite bei R XI 3,7 mm, bei R VIII dagegen nur 1,3 mm beträgt. Auch im anatomischen Bau machen sich die Unterschiede in der Beschaffenheit des Bodens bemerkbar. Während der Gefäßdurchmesser bei R VIII 145 ^a beträgt, wird er bei R III 220 ^ und bei R XII 245 //, groß. Das Parenchym- band wird bei dem auf gutem Boden gewachsenen R XII bedeutend breiter als bei R VIII. Die Markstrahlen werden bei R XII bis 85 Zellen, bei R III sogar bis 105 Zeilen hoch, bei R VIII be- trägt das Maximum nur 37 Zellen. Die nun zu besprechenden, in der Liste mit P bezeichneten Hölzer zeigen teilweise große Ähnlichkeit mit denen der vorher- gehenden Abteilung (111" östl. Länge von Greenwich, Ost-Java als Mittel-Java bezeichnet). P 8 (24jährig). Größter Radius der Querscheibe: 8,5 cm. Kleinster „ „ „ 4,6 „ Nummer der Ringbreite in mm Jahresringe Maximum Mittel Minimum 1 2 3 4 5 6 7 8 9 8 5 8 5 5 7 6 5 8 7 4 6 3,7 4 5,6 4,7 4,3 5 5 2 4 2 2 3 3 3 5 37 = 572 Fritz Geiger, Nummer der Ringbreite in mm Jahresringe Maximum Mittel Minimum 10 5 4 3 11 5 3 2 12 3 2 1 13 3 2,3 1 14 5 3,4 2 15 3 2 1 16—25 10(1,0) 7,6 (0,8) 4 (0,4) Durchschnittliche Ringbreite: 2,8 mm. Alle Grenzen sind sehr scharf ausgebildet. P 11 (25 jährig). — (Fig. 18, rechts.) Größter Radius der Querscheibe: 7,5 cm, Kleinster „ „ „ 4,U „ Nummer der Ringbreite in mm Jahresringe Maximum Mittel Minimum 1 2 3 4 5 6 7 8 9 10 11 12 13 14 15 16 — 25 .7 3 5 5 5 3 2 1 2 3 3,5 5 5 4 5 21 (2,1) 6 2,3 3,6 4 3 2,8 2 1 0,8 J 2 2 2,4 1,8 2,8 13,5 (1,3) 5 2 2 3 1 1 1 0,3 0,2 0,2 4 (0,4) Durchschnittliche Ringbreite: 2,2 mm. Die Jahresgrenzen sind makroskopisch gut zu erkennen. Nur an der Peripherie verlaufen einige wenige Ringe so dicht neben- einander, daß sie wie zu einem einzigen Ringe verschmolzen zu sein scheinen. Anatom. Untersuchungen über die Jahresringbildung von Tedona grandis. 573 Fig. 18. Tedona grandis; Mittel- Java. Links: P 12, 27 jährig; rechts: P 11, 25 jährig. */g natürl. Gr. P 12 (2 7 jährig). — (Fig. 18, links.) Größter Radius der Querscheibe: 10,5 cm, Kleinster „ „ „ 5,8 „ Nummer der Ringbreite in mm Jahresringe Maximum Mittel Minimum 1 12 11 10 2 13 9 6 3 8 4,5 2 4 13 9 4 5 10 8 5 6 10 8 6 7 8 6 3 8 5 4 3 9 4 4 2 10 3 2 1 11 3 1,6 1 12 3 2 1 13—27 23 (1,5) 13,5 (0,9) 4 (0,3) Durchschnittliche Ringbreite: 3,00 mm. 574 Fritz Geiger, Alle Grenzen zeichnen sich durch große Schärfe aus. Selbst an denjenigen Stellen, wo die äußeren Ringe ganz eng zusammen- gedrängt sind, lassen sich bei scharfer Beobachtung die Grenzen noch gut auseinander halten. Unter dem Mikroskope kann man, Fig. 19. Tectona grandis; Mittel- Java P 12. Querschnitt; sehr schmale Jahresringe. Die gestrichelten Linien geben die äußere Grenze des Parenchynibandes mit Gefiißen (Weit- holz) an; Engholz ganz schmal aus Ersatzfasern. Vergr. 40 fach. im Gegensatz zu R VIII, jeden einzelnen Ring deutlich verfolgen (Fig. 19). Bei den sehr schmalen Ringen ist das Engholz auf eine nur wenige Zellen breite Zone tangential stark abgeplatteter Er- satzfasern beschränkt. Gefäße (Wanddicke : 3-28^). Nummer der Anzahl der Gefäße auf 1,8 mm Querdurchmesser in f^ Jahresgrenzen Maximum Mittel Minimum 2 5 10 13 11 14 290 285 270 220 195 180 180 70 95 Anatom. Untersuchungen über die Jahresringbildung von Tectona grandis. 575 Nummer der Anzahl der Gefäße Querdurchmesser in P- Jahresgrenzen auf 1,8 mm Maximum Mittel Minimum •15 10 280 210 125 20 13 305 200 90 25 9 280 175 45 Nummer der Anzahl der Gefäße Querdurchmesser in V- Jahresringe auf 1 qmm Maximum Mittel Minimum 3 7 215 175 110] 6 6 270 205 40 11 6 255 190 130 Sl 16 5 260 220 135 ^ 21 7 245 195 120 3 42 70 30 10 6 24 90 40 10 ^ 11 23 80 45 10 16 17 120 40 10 W 21 22 95 30 10 Parenchym. Das Parenchym band ist im Durchschnitt 8 Zellen breit, kann aber bisweilen die enorme Mächtigkeit von 18 Zellen erreichen. Ersatzfasern. Durchschnittliche Lumenweite im Weitholz: 32 ^u, Wanddicke: 2,5 — 4,5 (x. „ „ „ Engholz: 18 ^, Wanddicke: 4 — 5 ß. Markstrahlen. Die Markstrahlen sind 7— 42 (22) Zellen hoch und 2— 4 (3) Zellen breit, erreichen also im Vergleich zu den auf gutem Boden gewachsenen B,- und P-Hölzern eine sehr geringe vertikale Ausdehnung. Nummer der Jahresgrenzen Anzahl der Markstrahlen auf 1,8 mm 1-, Markstralilen 2-, 3-, 4 reihige 2 9 2 1 1 3 5 7 1 1 4 1 10 7 2 3 2 15 9 1 4 3 1 20 8 1 5 2 25 9 1 1 4 3 576 Fritz Geiger, P 17 (25jährig). Größter Radius der Querscheibe: 10,0 cm. Kleinster J5 ); n 7,0 „ Nummer der Eingbreite in mm Jahresringe Maximum Mittel Minimum 1 7 5,2 4 2 8 5,2 4 3 10 6,5 2 4 9 6,8 5 5 14 7 2,5 6 10 7,4 4 7 9 6,8 3 8 7,5 5,8 2,5 9 7 4 2 10 3,2 2,5 1,3 11 2,6 2,2 0,7 12 2,3 1,8 1 13 3 1 2,2 14 6,5 3,2 5 15 4,5 3,2 2,5 16 2,7 1,8 1,2 17 4,8 3,6 2,4 18 4,5 3,8 2,3 19 4 3,1 2,2 20 4 3,2 2,1 21 3 1,6 1 22 3,4 2,1 1,2 23 2,3 1,6 1 24 3,3 2,2 1,2 25 4 2,4 1,5 Durchschnittliche Ringbreite: 3,7 mm. Der Querschnitt zeigt scharf markierte Ringe. Auf die 1. und 12. Grenze folgt im Abstand von ca. 1 mm je eine feine Kreislinie mit deutlicher Abgrenzung. Diese beiden schmalen Zonen ent- sprechen aber jedenfalls keinen jährlichen Zuwachsperioden. Wanddicke: 3 — 30 fi. Gefäße. Nummer der Jahresgrenzen Anzahl der Gefäße Querdurchmesser in l^ auf 1,8 mm Maximum Mittel Minimum 5 6 215 160 105 10 7 190 145 110 15 6 195 165 100 20 6 195 150 110 24 5 210 170 115 Anatom. Untersuchungen über die Jahresringbildung von Tedona grandis. 577 Nummer der Anzahl der Gefäße Q .uerdurchmesser in H- Jahresringe auf 1 qmm Maximum Mittel Minimum 6 5 180 135 90] N 11 4 205 150 110 O 16 4 195 165 105 ^ 21 6 235 180 145 6 16 65 35 20l 11 12 90 45 15 o 16 10 110 90 10 1 ^ 21 7 120 70 30i w Zahl und Größe der Gefäße unterliegen in den verschiedenen Ringen keinen großen Schwankungen. Parenchym. Das Parenchymband ist 1 — 6 (3) Zellen breit, an manchen Stellen oft auch ganz unterdrückt. Ersatzfasern. Durchschnittliche Lumenweite im Weitholz: 24 /i, Wanddicke: 3 — 4,5 ß. „ „ „ Engholz: 15 //, Wanddicke: 4 — 5 ß. Markstrahlen. Die Markstrahlen werden 8 — 36 (20) Zellen hoch und 1—4 (3) Zellen breit. P 18 (6jährig). Größter Radius der Querscheibe: 6,0 cm, Kleinster „ „ „ 4,0 „ Nummer der Ringbreite in mm Jahresringe Maximum ■ Mittel Minimum 1 6 5 4 2—3 33 (16,5) 23 (11,5) 18(9) 4 18 10 7 5 10 6 3 6 6 3,6 1,5 Durchschnittliche Ringbreite: 8,0 mm. 578 Fritz Geiger, Die 1., 4., 5. und 6. Grenze sind als deutliche Linien sicht- bar. Die 3. Grenze ist auf einem kleineren Teil des ümfanges verschwommen. Die 2. Grenze kam überhaupt nicht zur Ausbildung. Eine größere Anzahl mehr oder weniger ver- waschener Farbenringe erinnert an die bei den W- Hölzern so häu6g vorhandenen ringförmigen, dunklen Streifen. P 19 (6jährig). Größter Radius der Querscheibe: 6,3 cm, Kleinster 2.8 Nummer der Ringbreite in mm Jahresringe Maximum Mittel Minimum 1 2—5 6 14 37 (9,2) 14 12 26,3 (8,8) 7,3 10 10 (2,5) 2 Durchschnittliche Ringbreite: 7,6 mm. Nur die 1., 5. und 6. Grenze sind scharf ausgebildet. In dem Ringe von der 1. bis zur 5. Grenze sieht man fünf feine, unvoll- ständige Kreislinien verlaufen, von denen drei etwas stärker hervor- treten als die beiden anderen. Ferner bemerkt man noch einige undeutliche Farbenzonen. P 20 (5^ ährig). Größter Radius der Querscheibe 8,2 cm, Kleinster „ „ „ 4,0 „ Nummer der Eingbreite in mm Jahresringe Maximum Mittel Minimum 1 11 9 7 2 27 20 13 3 30 19 9 4 20 12 4 5 7 5 3 Durchschnittliche Ringbreite: 13,0 mm. Der Ringbau tritt deutlich hervor. Verschwommene, voll- ständige und unvollständige, dunkle Zonen sind in jedem Ringe wahrzunehmen. Anatom. Untersuchungen über die Jahresringbildung von Tectona grandis. 579 Gefäße. Wanddicke: 4—28 ^i • Nummer der Anzahl der Gefäße auf 1,8 mm Querdurchmesser in M- Jahresgrenzen Maximum Mittel Minimum 2 4 7 4 185 210 165 155 95 140 Nummer der Anzahl der Gefäße auf 1 qmm Querdurchmesser in f^ Jahresringe Maximum Mittel Minimum 3 5 6 5 180 215 145 160 o o Weit- holz 3 5 14 15 120 115 90 105 20jw- Parenchym. Das Parenchymband ist 1 — 5 Schichten breit. Auf großen Strecken der 2. und 3. Grenze unterbleibt die Parenchymbildung vollständig, und die Grenzen werden dann durch den Gegensatz enger, dickwandiger und weiter, dünnwandiger Ersatzfasern markiert. Ersatzfasern. Durchschnittliche Lumenweite im Weiiholz: 30 jU, Wanddicke: 3 in. „ „ ,, Bngholz: 22 f.i, Wanddicke: 3 — 4,5 fj,. Markstrahlen. Die Markstrahlen werden 3—84 (40) Zellen hoch und 1 — 7 (5) Zellen breit. Nummer der Jahresgrenzen Anzahl der Markstrahlen auf 1,8 mm 1-, 2-, Markstrahlen 3-, 4-, 5-, 6 reihige 2 4 10 9 2 2 6 1 3 • 1 3 1 580 Fritz Geiger, P 27 (27jährig). Größter Radius der Querscheibe: 10,0 cm, Kleinster „ „ „ 4,5 „ Nummer der Kingbreite in mm Jahresringe Maximum Mittel Minimum 1 2 3 5 6 7 8 9 10 11 12 13 14 15 16—27 ' 10 5 4 6 5 10 8 4 4 4 4 5 4 4 4 32 (2,7) 7,5 3,3 3,5 3,6 3,7 6 5,3 3 3 3 2,5 3 3 2,5 2 13 (1,1) 6 3 3 2 2 3 3 2 2 1 0,5 0,5 1 1 1 4 (0,3) Durchschnittliche Ringbreite: 2,6 mm. Die Jahresringe sind scharf abgegrenzt. Die äußeren Grenzen verlaufen an manchen Stellen so nahe nebeneinander, daß man sie makroskopisch nicht sofort erkennen kann. Kurze Zusaramenfassimg- der an den P-Hölzern gemachten Beobachtungen. Fast bei allen Jahresringen ist die Abgrenzung außerordent- lich scharf und deutlich. Nur bei P 18 und P 19 können die Grenzen sehr stark verwischt werden. Ringförmige, verwaschene Streifen finden sich nur bei P 18, P 19 und P 20. Diese auf ziemlich gutem Boden gewachsenen Hölzer besitzen auch die größten durchschnittlichen Ringbreiten und die höchsten und breitesten Markstrahlen. Die übrigen Hölzer sind in ihren mitt- leren Ringbreiten nur wenig voneinander verschieden. Das auf schlechtem Boden gewachsene P 17 steht mit 3,7 mm merkwürdiger- Anatom. Untersuchungen über die Jahresringbildung von Tectona grandis. 581 weise vor P 12, trotzdem dieses auf besserem Boden gestanden hatte. Was dagegen die Zahl und Größe der Gefäße und die Breite der Parenchymschicht anbelangt, so übertrifft P 12 die anderen P- Hölzer weitaus. Werfen wir nun noch einen kurzen Überblick über die an den W-, R- und P- Hölzern festgestellten Tatsachen, so ergeben sich folgende Resultate: Alle drei Gruppen besitzen Jahresringe in Form von ge- schlossenen, scharf markierten Zonen. Die Schärfe der Abgren- zung ist aber nicht überall gleichmäßig; sie variiert nicht nur in den verschiedenen Gruppen, sondern selbst an einem und dem- selben Exemplare. Man kann sagen, daß die Deutlichkeit der Zonengrenzen wesentlich abhängt von der Breite des Parenchym- bandes, der Anzahl und Größe der von denselben eingehüllten Gefäße und von dem Grade der radialen Verkürzung der Engholz- elemente. Bei den W- Hölzern können die Grenzen manchmal ganz oder teilweise undeutlich oder verschwommen werden. Diese Erschei- nung kommt bei den R-Hölzern gar nicht, bei den P-Hölzern nur bei P 18 und P 19 vor. Bei der W- Gruppe sind alle Grenzen immer in makroskopisch deutlich merkbaren Abständen voneinander entfernt. Niemals verlaufen sie so eng beisammen wie bei einem Teile der R- und P- Hölzer. Hier ist es bei den peripherischen Ringen stellenweise fast unmöglich, mit bloßem Auge die einzelnen Grenzen noch deutlich zu erkennen. Bei der R- Gruppe kann sogar eine vollständige Verschmelzung der Zonen eintreten, so daß selbst unter dem Mikroskope nichts mehr von einem Ringbaue wahrzunehmen ist (Fig. 14). Außer den Jahresringen sind bei den W- Hölzern kleinere oder größere, unvollständig abgegrenzte Zuwachszonen vorhanden. In unmittelbarer Nähe der Grenzen beobachtet man auch sehr häufig feine, zarte Linien, die meist ohne Unterbrechung über die ganze Querscheibe verlaufen. Bei den R- und P- Gruppen finden sich diese Linien nur ganz vereinzelt. Ringförmige, dunkle, mehr oder weniger verwaschene Streifen sind besonders für die W-Hölzer charakteristisch, bei denen sie in jedem Exemplare zahl- reich vertreten sind. Der R- Gruppe gehen diese Farbenringe, 582 Fritz Geiger, mit Ausnahme von R III, vollständig ab; bei der P- Gruppe sind nur P 18, P 19 und P 20 mit jenen verschwommenen, konzentrischen Zonen versehen. Die anatomische Untersuchung der schmalen, ganz dunkeln Streifen, die gegen die angrenzenden Schichten etwas deuthcher abgesetzt sind, läßt typisches Engholz erkennen. Was die Anatomie der verschiedenen Hölzer betrifft, so sind die Größenverhältnisse der Elementarorgane aus den verschiedenen Fig. 20. Tectona grandis; Mittel -Java E VIII, schlechter Boden. Tan- gentialer Schnitt. Vergr. 50 fach. Tabellen zu ersehen. Bestimmte Gesetzmäßigkeiten lassen sich nicht aufstellen. Nur in der Verteilung und den Größenverhält- nissen der Gefäße zeigt sich bei den auf ungefähr gleichwertigen Böden gewachsenen Hölzern eine gewisse Übereinstimmung, Durch- mustert man die in den Tabellen aufgeführten Zahlen, so findet man, daß die Hölzer mit besserem Standort diejenigen mit ungünstigem Boden an Zahl und Größe der Gefäße im Verhältnis weit übertreffen [W 4 (S. 538), W 22 (S. 554), R XII (S. 567), P 12 (S. 574) gut; R VIII (S. 563) schlecht.] Anatom. Untersuchungen über die Jahresringbildung von Tedona grandis. 583 Auch zeichnen sich die Jahresgrenzen der auf gutem oder feuchtem Boden gewachsenen Bäume stellenweise durch enorme Verbreiterungen des Parenchymbandes aus (W 4, Fig. 5). Die höchsten Markstrahlen besitzt die W- Gruppe. Die in den Fig. 20 und 21 abgebildeten Tangentialschnitte zeigen den auf- fallenden Unterschied, wie er in der Höhe der Markstrahlen zweier auf verschiedenem Boden gewachsenen Hölzern zum Aus- druck kommt. Fig. 21. Tedona grandis; Mittel- Java W 4, guter fruchtbarer Boden. Tangentialer Schnitt. Vergr. 50 fach. Wir wenden uns nun zur Besprechung der aus West-Java stammenden, in Tabelle II verzeichneten Hölzer. Auf der bei- gelegten Karte (Fig. 22) kann man die hauptsächlichsten in der Liste angegebenen Orte wiederfinden. Während in Ost-Java, abgesehen von verschwindenden Aus- nahmen, bei allen Hölzern die Jahresringe als vollständige, ge- schlossene Zonen scharf ausgebildet sind, so begegnen wir bei den 584 Fritz Geiger, Tabelle IL Nummer Name und Lage d er Dj ati - Anpflanzung der Djati- Scheiben Name Dorf (Desha) Bezirk Abteilung 1 Paselcon Selaawi Goenangparang Soekaboemi 2 3 1 Tjipetir Semplak Paiaboehan desgl. 4 Tjihoerang Tjikanjere Tjipoetri Tjiandjoer 9 10 11 ( Fasir Rasamala 12 desgl. desgl. desgl. X Pasir Sindoek Tjidjedil desgl. desgl 13 14 , 15 j Paloembonkidoel Tjitamiang Tjikalong desgl. 16 1 17 1 Tjiramaewoh desgl. desgl. desgl. 18 1 1) Wenig zuverlässig. Anatom. Untersuchungen über die Jahresringbildung von Tectona gvandis. 585 Tabelle IL Alter ^) Grund- und Bodenbeschaffenheit Nächste Warte für Kegen- Höhe Abfall der Blätter über dem Meere Beobachtung 840 m 54 Jahre vulkanisch, gute Quali- tät, Boden wellig; (Vulkanisch, Andesit, Basalt) Soekaboemi Abfallen der Blätter allmählich in den Monaten Juli bis Mitte Oktober 770 „ 54 „ vulkanisch, steinig, wenig fruchtbar, Boden hüge- lig; (Vulkanisch, Andesit, Basalt) desgl. desgl. 800 „ 55 „ Breccien- Schicht, kalk- haltig, wenig Humus, fruchtbar, Boden wel- lig; (Jungtertiär, Breccienetage) desgl. desgl. 1000 „ 50 „ desgleichen desgl. desgl. 700 „ 58 „ vulkanisch, gute Quali- tät, Boden wellig; (Vulkanisch, Andesit, Basalt) zwischen Gede und Tjiandjoer desgl. 280 „ 45 „ wie oben, steinig; (Vulkanisch, Andesit, Basalt) Paloembon Blattfall allmählich, beginnt früher, von Juni bis Mitte Sep- tember 200 „ 34 „ Breccien-Schicht, frucht- bar, steinig, Boden wellig desgl. desgl. Jahrb. f. wiss. Botanik. LV. 38 586 Fritz Geiger, Hölzern aus West- Java allen möglichen Übergängen zwischen ganzen, deutlich begrenzten Jahresringen und unvollständigen, ver- schwommenen Zuwachszonen. Ein Blick auf die Fig. 23, 26 und 27 belehrt, welche große Unregelmäßigkeiten in der Zonenbildung bestehen. Wir beginnen zunächst mit Nr. 1 (54jährig). Größter Radius der Querscheibe: 23,5 cm, Mittlerer „ „ „ 18,2 „ Kleinster „ „ „ 9,5 „ Durchschnittliche Ringbreite: 3,7 mm. WEST- JAVA a,ivi,l07-.5....... Fig. 22. Karte eines Teiles von West -Java (Preanger), 107° östl. Länge von Greenwich; die kleine Karte speziell die Gegend von Soekaboemi ^/g verkleinert. Die Zonengrenzen sind im allgemeinen deutlich ausgebildet. Die Zuwachszonen sind entweder vollständige, ununterbrochene, scharf abgegrenzte Jahresringe oder unvollständige Bruchstücke von solchen mit deutlicher oder verschwommener Abgrenzung. Die äußeren Ringe verlaufen als geschlossene Zonen über den ganzen Querschnitt; die inneren Ringe dagegen haben einen so unregel- mäßigen Verlauf, daß es sehr schwierig ist, einen einzigen Ring Anatom. Untersuchungen über die Jahresringbildung von Tedona grandis. 587 genau zu verfolgen. Am besten gibt hierüber die Fig. 23 Auf- schluß. Die gestrichelten Linien bedeuten die dunkeln, verwaschenen Streifen, in welche die scharf markierten Grenzen allmählich über- gehen können. Die erste Grenze bildet eine vollständig geschlossene Linie, die zweite ist nur eine kleine Strecke weit sehr deutlich; nach der Fig. 2.S. Tedona grandis: West -Java Nr. 1 (54 jährig). Querschnitt des inneren Stammes (17 Jahre). % natürl. Gr. einen Seite wird sie verschwommen, nach der anderen löst sie sich in drei äußerst feine, zarte, kleine Linien auf, wird dann ver- waschen und läuft allmählich aus. Die 3. Grenze wird durch einen halbkreisförmigen, verschwommenen Streifen angedeutet. Die vierte Grenze ist teils scharf, teils verwischt. Die 5. Grenze zeigt neben ihrer Unvollständigkeit alle Abstufungen in der Deutlichkeit der Begrenzung. Vom 6. Ring an wird der Verlauf der Grenzen äußerst kompliziert und unregelmäßig, da benachbarte Grenzen an ver- 38* 588 Fritz Geiger, schiedenen Stellen sich miteinander vereinigen. Erst vom 17. Ringe ab treten die Zonen wieder ohne Unterbrechung auf. Gefäße. Wanddicke: 4—18 fx. Nummer der Anzahl der Gefäße auf 1,8 mm Querdurchmesser ir F- Jahresgrenzen Maximum Mittel Minimum 7 8 195 170 135 19 3 — 7 280 255 220 29 6 255 205 125 39 5 265 220 140 49 5 — 6 340 325 310 Nummer der Anzahl der Gefäße auf 1 qmm Querdurchmesser in a Jahresringe Maximum Mittel Minimum 8 9 190 140 95 1 20 9 260 215 145 N 30 8 255 205 120 ■ "2 40 10 240 185 80 ^ 50 10 270 210 90 8 8 135 105 30 20 20 130 100 35 N 30 12 110 90 45 fco 40 9 160 125 70 W 50 21 125 85 30 Die Gefäße stehen meist einzeln und haben elliptische Quer- schnittsform mit radial gestellter großer Achse. Parenchym. Die tangentiale Parenchymschicht ist 3 — 12 Zellen breit und an einem und demselben Ringe oft von verschiedener Mächtigkeit. Das paratracheale Parenchym umhüllt die Gefäße gewöhnlich in Form eines einschichtigen Mantels. Es kann aber auch in größeren, vorwaltend radial zugespitzten, seitlichen Komplexen den Gefäßen angelagert sein (Fig. 24). Auf Tangentialschnitten lassen sich diese parenchymatischen Lagen leichter erkennen. Weniger häufig sind einreihige radiale Züge weitlumiger Parenchymzellen, die längs der Markstrahlen oder frei im Grundgewebe verlaufen (Fig. 24 Pr). Anatom. Untersuchungen über die Jahresringbildung von Tedona grandis. 589 Ersatzfasern. Durchschnittliche Lumenweite im Weitholz: 32 jtt, Wanddicke: 2,5—6 fi. „ „ „ Engholz: 18 ^, Wanddicke: 3 — 6,5 ^tt. Fig. 24. Tedona grandis: West-Java Nr. 1. Querschnitt; Er = radiale Reihe von Ersatzfasern, Pr = Parenchymzellen. Vergr. 25 fach. Die Unterschiede in den Streckungsverhältnissen der Ersatz- fasern und in deren Wandverdickungen sind oft an derselben Zu- wachsgrenze sehr variabel. Je stärker diese Unterschiede ausge- prägt sind, desto schärfer wird die betreffende Stelle markiert. Weitlumige Ersatzfasern sind nicht nur in Form einreihiger, radialer Züge vertreten, sondern finden sich auch in kleineren oder größeren Gruppen da und dort zerstreut vor (Fig. 24). 590 Fritz Geiger, Markstrahlen. Die Markstrahlen sind 4 — 34 (18) Zellen hoch und 1 — 6 (4) Zellen breit. Die Breite der Markstrahlzellen unterliegt großen Schwankungen (Fig. 24). Die Wand kann bis 3 fx dick werden. Nummer Jahresgre der Dzen Anzahl der Markstrahlen auf 1,8 mm 1-, 2-, Markstrahlen 8-, 4-, 5-, 6 reiliige 7 7 2 2 3 19 7 1 1 3 2 29 8 2 2 2 2 39 8 2 3 2 1 49 8 2 1 3 1 1 Im Engholz sind die Markstrahlzellen gewöhnlich radial ver- kürzt. Ein Markstrahl kann sowohl breite als auch schmale Zellen - reihen enthalten (Fig. 24). Nr. 2 (54jährig). Größter Radius der Querscheibe: 22 cm, Mittlerer „ „ „ 19 „ Kleinster „ „ „ 14 „ Durchschnittliche Ringbreite: 3,7 mm. Im Verlauf der 24 ersten Ringe gleicht Scheibe Nr. 2 voll- kommen der Scheibe Nr, 1. Der Übergang scharf abgegrenzter Zonen in undeutliche, verwaschene Streifen tritt bei Nr. 2 sogar noch viel häufiger in die Erscheinung. An einer Stelle fließen 12 Ringe (der 13.— 24.) fast bis zur völligen Verschmelzung zusammen; der Abstand der 12. Grenze von der 24. beträgt an dieser Stelle nur 2,5 mm. Die auf die 24. Grenze folgenden Ringe sind von ziemlich gleichmäßiger Breite, nur wenige Ringe erreichen manchmal eine über den Durchschnitt weit hinausragende Breite. So wird z. B. der 36. Ring an einer bestimmten Stelle 19 mm breit. Nr. 3 (64jährig). Größter Radius der Querscheibe: 19 cm. Mittlerer „ „ „ 16 „ Kleinster „ „ „ 11 „ Durchschnittliche Ringbreite: 3,2 mm. Anatom. Untersuchungen über die Jahresringbildung von Tectoiia grandis. 591 Die ersten 20 Ringe bilden größtenteils unvollständige, deut- liche oder verschwommene Zonen. Etwa vom 20. Ringe an werden die Abgrenzungen allgemein scharf. Die Grenzen zweier Ringe vereinigen sich manchmal eine Strecke weit zu einer einzigen, so daß an den Vereinigungspunkten die vorhergehende Grenze den Eindruck macht, als ob sie sich gegabelt hätte. Die Größenverhältnisse und Anordnungsweise der Elementar- organe zeigen eine ziemliche Über- einstimmung mit Nr. 1. Dann und wann treten im anatomi- schen Bau mancher Stellen ge- wisse Unregelmäßigkeiten auf, von denen ich einen Fall hervorheben möchte. In Fig. 25 bemerkt man, wie der rechte, 3 reihige Markstrahl in eine kurze Reihe äußerst weitlumiger Parenchym- zellen übergeht, welche dann weiter nach außen hin durch Weitlumige Ersatzfasern vertreten Parenchym übergehend. Vergr. 25 fach werden. Fig. 25. Tectona grandis ; West-Java Nr. 2. Quer- schnitt; Markstrahlzelle in weitluniiges Nr. 4 (54jährig). Größter Radius der Querscheibe: 26 cm. Mittlerer „ „ „ 20 „ Kleinster „ „ „ 12 „ Durchschnittliche Ringbreite: 3,7 mm. Von außen nach innen lassen sich deutlich 44 scharf abge- grenzte Jahresringe zählen. Die folgenden zentralen Zonen (10 Jahren entsprechend) zeigen nur noch Andeutungen von Ringbildungen. Nr. 10 (wahrscheinlich 44jährig). (Nr. 9 soll erst nach Nr. 10 besprochen werden.) Auf verschiedenen Radien schwankt die Anzahl der Zonen zwischen 41 und 47; als vermutliches Alter darf man jedenfalls 44 Jahre annehmen. 592 Fritz Geiger, Größter Radius der Querscheibe: 16,5 cm, Mittlerer „ „ „ 12 „ Kleinster „ „ „ 7,5 „ Durchschnittliche Ringbreite: 3,8 mm. Den Verlauf der inneren Ringe ersieht man am besten aus der Fig. 26. Die zentralen Grenzen sind feine, deutliche Linien, die in engen Abständen aufeinander folgen und häufig ineinander übergehen. Daneben finden sich auch kleinere, unvollständige Zonen. Die 17 äußeren Ringe bilden vollständig geschlossene Jahreszonen. ZZGren-e Fig. 26. Tedona grandis; West-Java Nr. 10 (ca. 44jährig). Querschnitt des inneren Stammes (27 Jahre). % natürl. Gr. Nr. 9 (wahrscheinlich 44jährig). Größter Radius der Querscheibe: 16 cm. Mittlerer „ „ „ 12 „ Kleinster „ „ „ J8 „ Durchschnittliche Ringbreite: 3,8 mm. Anatom. Untersuchungen über die Jahresringbildung von Tectona grandls. 593 Die äußeren 21 Ringe sind als geschlossene, ununterbrochene Zonen sichtbar. Zählt man nun die Grenzen nach innen weiter, so ergeben sich für die ganze Querscheibe höchstens 33 Ringe. Der Zuwachs von der Breite a (Fig. 27) müßte demnach in einer 3jährigen Periode gebildet worden sein. Das ist jedenfalls sehr unwahrscheinhch, wenn man in Betracht zieht, daß Nr. 9 die- selben Dimensionen hat wie Nr. 10. Da beide Hölzer auf dem- Fig. 27. Tectona (jvandis: West -Java Nr. 9 (ca. 44 jährig). Querschnitt des inneren Stammes (24 Jahre). Va natürl. Gr. selben Boden gewachsen sind und in der Tabelle auch als gleich- alterig angegeben werden, so wird man wohl nicht zu weit gehen, wenn man für Nr. 9 dasselbe Alter annimmt wie für Nr. 10. Es würde hiernach der Zuwachs a einer Wachstumsperiode von 13 Jahren entsprechen. Man erhält dann auch dieselbe durchschnittliche Ringbreite (3,8 mm) wie bei Nr. 10. 594 Fritz Geiger, In anatomischer Hinsicht sei noch bemerkt, daß die radiale Streckung der Ersatzfasern des Weitholzes an manchen Ringen äußerst gering sein kann. So betrug an einigen Stellen die mittlere Lumenweite nicht mehr als 12 jtt. Im Engholz einzelner Ringe habe ich Ersatzfasern gemessen, deren Wanddicke bis zu 7 ^ anstieg. Nr. 11 (wahrscheinlich 42jährig). Größter Radius der Querscheibe: 22,5 cm, Mittlerer „ „ „ 17 „ Kleinster „ „ „ 9 „ Durchschnittliche Ringbreite: 4,0 mm. Die ersten beiden Grenzen sind größtenteils verwaschen. Die folgenden 40 Ringe sind alle scharf markiert. Ein Ineinanderfließen der Grenzen findet nicht statt, ebensowenig sind verschwommene Zonenbildungen wahrzunehmen. Gefäße. Wanddicke: 3—25 /n. Nummer der Anzahl der Gefäße Querdurchmesser in fJ. Jahresgrenzen auf 1,8 mm Maximum Mittel Minimum 4 6 210 165 120 14 4 295 235 150 29\ 2 240 — 225 29i 14 270 110 35 39 6 230 155 50 Nummer der Anzahl der Gefäße Querdurchmesser in [j. Jahresringe aur l qmm Maximum Mittel Minimum 5 15 30 40 4 8 5 11 220 140 200 185 195 70 180 140 1201 ^ 55 1 110 "S 2o)^ 5 15 30 40 10 13 16 12 110 90 90 95 50 50 45 40 10 10 15 15 Anatom. Untersuchungen über die Jahresringbildung von Tedona [/randis. 595 Parenchym. Das tangentiale Parenchymband ist 1 — 7 Zellen breit. Para- tracheales Parenchym findet sich bisweilen in größeren Gruppen den Gefäßen angelagert. Ersatzfasern. Durchschnittliche Lumenweite im Weitholz: 24 u, Wanddicke: 2.5 — 5 /i. „ „ „ Engholz: 16 ^, Wanddicke: 3,5—5 /li. Markstrahlen. Die Markstrahlen werden 3-34 (14) Zellen hoch und 1 — 5 (3) Zellen breit. Nummer der Jahresgrenzen Anzahl der Markstrahlen auf 1,8 mm 1-, 2-, Markstrahlen 3-, 4-, 5 reihige 4 10 1 5 3 1 14 10 2 4 4 29 9 3 4 1 1 39 10 2 5 3 Nr. 12 (wahrscheinlich 42jährig). Größter Radius der Querscheibe: 17,5 cm, Mittlerer „ „ „ 14 „ Kleinster „ „ „ 11 „ Durchschnittliche Ringbreite: 3,7 mm. Mit Ausnahme der fünf ersten Ringe sind alle Zuwachszonen mit deutlichen Grenzen versehen. Die Breite der meist vollständig geschlossenen Jahresringe schwankt ungleichmäßig auf und ab. Kleinere unvollkommene Zonen mit ziemlich scharfer Abgrenzung sind spärlich entwickelt. Nr. 13 (ca. 40 jährig). Siehe Fig. 28. Größter Radius der Querscheibe: 15 cm, Mittlerer „ „ „ 12,6 „ Kleinster „ „ „ 8 „ Durchschnittliche Ringbreite: 3,2 mm. 59 g Fritz Geiger, Der Ringbau ist äußerst unregelmäßig und weist alle möglichen Formen der Zonenbildung auf: 1. vollständig geschlossene Jahresringe mit deutlich sichtbarer Begrenzung; 2. unvollständige Jahresringe mit scharf markierten Grenzen; 3. ringförmige Zonen mit teils scharfer, teils verschwommener Abgrenzung; Fig. 28. Tedona (jrandis: West-Java Nr. 13 (40jährig). Staminquerschnitt. */o natürl. Gr. 4. unvollständige Zonen mit teils scharfer, teils verschwomme- ner Abgrenzung und 5. vollständig verschwommene, ringförmige Zonen. Obwohl die Zuwachsgrenzen meist von haarscharfer Feinheit sind, so kann man die bedeutenden Schwankungen in der Ringbreite auf dem abgebildeten Querschnitte (Fig. 28) doch noch gut wahr- nehmen. Anatom. Untersuchungen über die Jahresringbildung von Tectona grandis. 597 Nr. 14 (35jährig). Größter Radius der Querscheibe: 9,7 cm, Mittlerer „ „ „ 7,1 „ Kleinster „ „ „ 3,5 „ Durchschnittliche Ringhreite: 2,0 mm. Das Holz ist äußerst engringig; die Grenzen verschmelzen daher sehr häufig miteinander. Nr. 15 (45 jährig). Größter Radius der Querscheibe: 17,5 cm. Mittlerer „ „ „ 15 „ Kleinster „ „ „ 10,5 „ Durchschnittliche Ringbreite: 3,3 mm. Bis auf geringe Ausnahmen sind die Ringe scharf und deut- lich gezont. Nr. 16 (45 jährig). Größter Radius der Querscheibe: 15,5 cm. Mittlerer „ „ „ 11,7 „ Kleinster „ „ „ 7 „ • Durchschnittliche Ringbreite: 2,6 mm. Auf dem breitesten Radius lassen sich nur 33 deutliche Linien zählen, die den spezifischen Bau einer Jahresgrenze besitzen. Die äußerst eng nebeneinander verlaufenden Grenzen des 24. — 31. Ringes konnten nur unter dem Mikroskop genau festgestellt werden. Auf dem größeren Teile der Querscheibe ist die Zonenbildung nur in Gestalt einiger ringförmiger, verschwommener Streifen angedeutet. Nimmt man nun für Nr. 16 dasselbe Alter an wie für Nr. 15, also 45 Jahre, so ergibt sich, daß der Gesamtflächenzuwachs von der ersten bis zur nächsten deutlichen Jahresgrenze einer 12jährigen Wachstumsperiode entspricht. In ihr müssen die äußeren Bedingungen für den Baum höchst gleichmäßig ge- wesen sein. Nr. 17 (27 jährig). Größter Radius der Querscheibe: 17 cm. Mittlerer „ „ „ 13 „ Kleinster „ „ „ 7 „ Durchschnittliche Ringbreite: 4,7 mm. 598 Fritz Geiger, Die Jahresringe verlaufen als geschlossene, scharf markierte Zonen über den ganzen Querschnitt. Nur die 8. Grenze ist teil- weise undeutlich. Sie geht auf einem größeren Teile des Umfanges in einen hellen, verwaschenen Streifen über, der sich mikroskopisch als eine lichte Zone weitlumiger, dünnwandiger Ersatzfasern zu er- kennen gibt. Nach außen wird diese Schicht durch eine schmale Zone nicht sehr stark gestreckter, tangential gelagerter Gefäße begrenzt. Gefäße. Wanddicke: 4 — 18 fi. Nummer der Anzahl der Gefäße Querdurchmesser ir i M- Jahresgrenzen auf 1,8 mm Maximum Mittel Minimum 3 10 310 205 70 9 5 285 260 220 17 6 260 220 110 21 3 245 230 85 Nummer der Anzahl der Gefäße auf 1 qmm Querdurchmesser in fi Jahresringe Maximum Mittel Minimum 4 10 18 25 4 4 5 5 285 280 225 215 180 205 165 180 140 130 125 140 "o 'S 4 10 18 25 9 8 8 15 95 140 105 110 80 100 80 75 10 15 15 15 ,2 ho a P4 Diese Gefäße stehen meist isoliert und neigen stark zu ellip- tischer Streckung. Parenchym. Das Parenchymband ist 2 — 8 (5) Zellschichten breit. Ersatzfasern. Durchschnittliche Lumenweite im Weitholz: 22 /n, Wanddicke: 2,5 — 5 /n. n n H Engholz: 15 /x, Wanddicke: 3 — 5 ß. Anatom. Untersuchungen über die Jahresringbildung von Tectona grandis. 599 In vielen Ringen zeigen die Ersatzfasern keine Unterschiede in der Wandverdickung. Markstrahlen. Die Markstrahlen werden 7—52 (38) Zellen hoch und 1 — 6 (4) Zellen breit. Nummer der Jabresgrenzen Anzahl der Markstrablen auf 1,8 mm 1-, 2-, Markstrahlen 3-, 4-, 5-, 6 reihige 3 8 2 1 3 2 9 7 1 3 3 17 7 1 2 3 1 24 8 1 2 4 1 • Nr, 18 (28jährig, stark exzentrisch). Größter Radius der Querscheibe: 30,5 cm, Mittlerer „ „ „ 18,3 „ Kleinster „ „ „ 8 „ Durchschnittliche Ringbreite: 6,5 mm. Sämtliche Jahresringe sind außerordentlich scharf markiert. Undeutliche oder verschwommene Streifen sind nirgends vorhanden. Kurze Zusammenfassung der Beobachtungen, die an den aus West -Java stammenden Hölzern gemacht wurden. Bei den meisten Hölzern finden sich alle Übergänge zwischen scharf abgegrenzten Jahresringen und undeutlichen, verwaschenen Zonen. Bei den Scheiben Nr. 11, 15, 17 und 18 stellt jede Zu- wachszone einen Jahresring mit deutlich markierter Abgrenzung dar. Bei den übrigen Hölzern, ausgenommen von Nr. 14, sind vollständige Ringe nur auf den äußeren Teilen der Querschnitte vertreten, während die jüngsten Zonen meist unvollständig und verschwommen sind. Ja in ganz extremen Fällen (Nr. 9 und 16) kann die Zonenbildung innerhalb zahlreicher Jahre überhaupt ganz unterdrückt sein. Was den anatomischen Bau der Grenze anbelangt, so ist der- selbe nicht nur unter den einzelnen Hölzern, sondern selbst an einem und demselben Holzmuster sehr verschieden. Diese Unter- ^00 ^"*^ Geiger, schiede machen sich hauptsächhch in der Breite der tangentialen Parenchymbinden und in der Zahl und Größe der Gefäße bemerk- bar. Für die Vergleichung derjenigen Grenzen aber, an denen keine Parenchymschichten vorhanden sind, kommen in erster Linie die Streckungsungleichheiten der Ersatzfasern des Weit- und Eng- holzes in Betracht. Die Markstrahlen erreichen keine große vertikale Ausdehnung. Nr. 17 steht mit einem Maximum von 52 Zellen an der Spitze, was etwa den mittleren Höhen bei den W-Hölzern entspricht. Resultate. Die Zuwachszonen von Tectona grandis treten auf den ge- glätteten Querscheiben im allgemeinen als geschlossene, scharf begrenzte und deutlich voneinander abgesetzte Jahresringe hervor. Die Grenzen der letzteren können aber auch ganz oder teilweise unscharf oder verschwommen werden und sind dann nur noch als dunkelgefärbte, ringförmige Streifen zu erkennen. Außer den ganzen, ununterbrochen über den Querschnitt verlaufenden Ringen kommen auch unvollständige Jahresringe vor. Der anatomische Bau der makroskopisch als helle, scharf markierte Linien sichtbaren Jahres- grenzen ist charakterisiert durch ein im Durchschnitt 6 schichtiges Parenchymband, in welchem die tangential gelagerten ersten „Weit- holzgefäße" eingebettet sind. Die Breite des Parenchymbandes unterliegt oft an einer und derselben Grenze großen Schwankungen. So kann es von der enormen Mächtigkeit von 20 und mehr Zellen auf eine schmale, nur wenige Zellen breite Schicht herabsinken, ja häufig sogar ganz unterdrückt sein. Im letzteren Falle ist das Parenchym nur noch als einschichtiger Mantel auf die Umgebung der Gefäße beschränkt, so daß die Markierung der Grenzen wesent- hch durch die Streckungsungleichheiten der Ersatzfasern des Eng- und Weitholzes bedingt wird. Ist die Grenze völlig verwischt, so läßt sich auch mikroskopisch gewöhnlich nichts mehr von den spezifischen Merkmalen einer Jahresgrenze erkennen. Hinsichtlich der Streckungsverhältnisse der Elenientarorgane kann man in einem Jahresringe drei verschiedene Schichten unter- scheiden: 1. Weitholz-Schicht. Sie beginnt in der Regel mit dem für die Grenze charakte- ristischen tangentialen Parenchymband. Dasselbe kann unterbrochen Anatom. Untersuchungen über die .lahresringbildung von Tectona grandis. 601 sein oder auch ganz fehlen. "Weitlumige Gefäße und weitlumige Ersatzfasern besitzen den Hauptanteil an der Bildung des Weit- holzes. 2. Mittelschicht. Diese vermittelt den Übergang zwischen der vorhergehenden und der folgenden Schicht. 3. Engholz-Schicht. Diese enthält englumige Gefäße und englumige Ersatzfasern. Die Wände der Ersatzfasern des Engholzes sind gewöhnlich stärker verdickt als die des Weitholzes. Innerhalb der Jahresringe selbst können alle möglichen Zwischenzonen vorkommen: 1. Vollständig geschlossene, feine, kreisförmige Linien, die gewöhnlich nahe innerhalb oder außerhalb der Jahresgrenzen ver- laufen. Ihr anatomischer Bau zeigt außer ringförmig gelagerten, kleineren Gefäßen entweder ein schmales, häufig unterbrochenes Parenchymband oder einen deutlich ausgeprägten Gegensatz zwischen eng- und weitlumigen Ersatzfasern. 2. Unvollständig geschlossene Linien, die einen kleineren oder größeren Teil des Ringumfanges einnehmen; sie verschmelzen meist mit den Jahresgrenzen, können aber auch verschwommen werden und dann im Ring auslaufen. Ihre anatomische Beschaffenheit ist entweder wie bei 1. oder stimmt mit der der Jahresringgrenzen überein. 3. Mehr oder weniger verwaschene, dunkelgefärbte Streifen, die sich zu Farbenringen zusammenschließen und einen Jahresring oft in mehrere Zonen zerlegen. In den stark verschwommenen Zonen läßt sich unter dem Mikroskope soviel wie nichts von einer anatomischen Differenzierung gegenüber den angrenzenden Schichten feststellen, während die ganz dunkeln, weniger verwischten Farben- zonen eine deutlich wahrnehmbare Verkürzung in radialer Richtung aufweisen. Fassen wir nun noch einmal die verschiedenen Zonenbildungen kurz zusammen, so ergeben sich folgende drei Hauptformen: 1. Vollständig geschlossene Jahresringe, 2. Unvollständig geschlossene Jahresringe, 3. Zwischenzonen (Zwischenringe). Jahrb. f. wIsb. Botanik. LV. 39 602 Fritz Geiger, Bei diesen unterscheidet man: a) Vollständig geschlossene Zwischenzonen, b) Unvollständig geschlossene Zwischenzonen, c) Farbenringe, von denen die dunkler gefärbten Teile typische Engholzbildung zeigen. Die stärker verschwom- menen Farbenringe sind ohne anatomische Differenzierung. Der anatomische Bau der Zonengrenzen kann charakteri- siert sein: 1. Durch das („metatracheale") tangentiale Parenchymband mit den von letzterem eingehüllten, ringförmig gelagerten Gefäßen; 2. durch das tangentiale Parenchymband allein; 3. durch ringförmig gelagerte Gefäße ohne Vorhandensein eines tangentialen Parenchymbandes. In diesem Falle sind die Gefäße ganz oder teilweise nur von „paratrachealem" Parenchym umgeben; 4. durch Streckungsungleichheiten der Ersatzfasern des Eng- und Weitholzes. Unterschiede in der Wandverdickung der Ersatzfasern kommen für die Charakterisierung der Zuwachsgrenzen nur in untergeord- netem Maße in Betracht. In der Einleitung wurde schon die Tatsache hervorgehoben, daß beim Übergang von Ost- nach West -Java die Zonenschärfe bezw. die Regelmäßigkeit in der Ausbildung der Jahresringe im großen und ganzen abnimmt. Wir haben aber gesehen, daß auch Ausnahmen von dieser Regel vorkommen können. Es kann näm- lich einerseits in Ost -Java bei einigen wenigen Exemplaren die Abgrenzung der Ringe teilweise oder ganz ausbleiben (Petoeng Nr. 4, Fig. 2, P 18, 19), was allerdings nur für die allerersten Jahre zutrifft, in denen die Bäume vielleicht infolge ständiger Be- laubung eine gleichmäßige Zufuhr von Wasser und Nährsalzen ge- habt haben; andererseits haben wir unter den aus West -Java stammenden Hölzern Exemplare (Nr. 15, 17, 18) mit fast lauter vollständig geschlossenen Jahresringen kennen gelernt. Die schönste und regelmäßigste Ausbildung der Jahresringe besitzen unstreitig die Querscheiben Nr. 3 und 4 (Fig. 2) der An- pflanzung Petoeng (äußerstes Ost- Java, 113" östl. Länge von Green- wich, mit ausgeprägtestem periodischen Klima), bei denen auch die Schwankungen in der Ringbreite ganz unbedeutend sind im Vergleiche Anatom. Untersuchungen über die Jaliresringbildung von Tecf.ona f/rnndia. 603 ZU allen übrigen Hölzern. Die Scheiben der auf den vulkanischen Ausläufern desLawoe (Ost- resp. Mittel- Java, 1 1 Pöstl.L. v. Greenw.) erwachsenen Bäume (W- Hölzer) zeigen ebenfalls deutlich hervor- tretende Jahresgrenzen. Es treten hier zum ersten Male innerhalb der einzelnen geschlossenen Jahresringe ganze oder unvollständige, mehr oder weniger scharf begrenzte Zwischenzonen auf. Das augen- fälligste Merkmal bilden aber die in großer Menge vorhandenen ring- förmigen Farbenzonen. Die dem Mergelgebiet nördlich von Ngawi (Ost- resp. Mittel- Java, 111'' östl. L. v. Greenw.) entstammenden, mit R und P bezeichneten Hölzer sind sich im Ringbau ziemlich ähnlich ; Zuwachszonen und dunkelgefärbte, ringförmige Streifen innerhalb der scharf markierten Jahresringe sind äußerst selten. Besonders merkwürdig ist hier, daß an der Peripherie der Querscheiben die Ringe enggedrängt nebeneinander verlaufen. Bei den R-Hölzern tritt stellenweise sogar völlige Verschmelzung der Grenzen ein, so daß selbst unter dem Mikroskope kaum noch eine Spur von einem Ringbau zu erkennen ist. Das Wachstum muß daher in den späteren Jahren sehr abgenommen haben, obwohl das Alter bei weitem nicht so hoch ist, als bei den Hölzern aus West-Java (mit ziemlich gleichmäßigem Klima, 107° östl. L. v. Greenw.). Bei diesen sind die Ringe am unregelmäßigsten ausgebildet, und zwar be- schränken sich diese'Unregelmäßigkeiten fast durchgehends auf die inneren und mittleren Zonen, während mit steigendem Alter die (äußeren) Ringe normale^Verhältnisse zeigen. Die außerordentliche Mannigfaltigkeit in der unregelmäßigen, oft wunderlichen Beschaffen- heit der Zonen, ^kann ich hier nur andeuten. Ein Blick auf die Fig. 21, 24,^25''und''26'wird ohne weiteres die auffallenden Ver- schiedenheiten in^der^^Ringbildung verständlich machen. Aus obigem geht hervor, daß die Zonenbildung in'West- Java (107Vö8tl.^L. V. Greenw.) der Hauptsache nach sich wesentlich von derjenigen Ost- resp. Mittel-Javas (111 — 113" östl. L. von Greenwich) unterscheidet: Während in Ost -Java die Ringe im allgemeinen ziemlich gleichmäßig ausgebildetj^sind und ein Ausbleiben der Ab- grenzung'eines jährlichen Zuwachses nur in seltenen Fällen vorkommt, so ist in West- Java die Ausbildung und der Verlauf der Zonen meist äußerst unregelmäßig. Letzteres gilt nament- lich für die inneren und mittleren Ringe. Für die meisten Hölzer aus West- Java ist aber vor allem die Tatsache sehr bezeichnend, daß die Ausbildung deutlich begrenzter, jährlicher Zu wachs - 39* 604 ^''''^' öeiger, Zonen während eines Zeitraumes von mehreren Jahren (bis zu 12 und 13 Jahren) unterdrückt sein kann. Was den Gang der Ringbreite betrifft, so ist dieselbe bei den Holzscheiben von Petoeng keinen großen Schwankungen unterworfen, und so können wir den für Nr. 4 (Fig. 2) ermittelten Durchschnitts- wert von 6,8 mm als normales Maß für die Breite eines Jahres- ringes annehmen. Im Vergleich hierzu besitzen die W- Hölzer mit ca. 9 mm durchschnittlicher Ringbreite die breitesten Ringe. Die übrigen Hölzer (einschließlich derjenigen West- Javas) haben im Durchschnitt eine mittlere Ringbreite von 2— 4 mm; die minimalsten Werte zeigt die R- Gruppe. Die jungen Hölzer (R III, P 18, 20) weisen größere Ringbreiten auf, wie überhaupt die innersten Ringe gegenüber den mittleren und peripherischen sich durch größere Durchmesser auszeichnen. Was die nähere anatomische Untersuchung der verschiedenen Querschnitte anbelangt, so lassen sich eine Reihe von Unterschieden feststellen. Dieselben machen sich am fühlbarsten in der Vertei- lungsweise und den Größenverhältnissen der Gefäße; ferner konnten vor allem im anatomischen Bau der Zonengrenzen oft große Diffe- renzen nachgewiesen werden. Dann waren auch in den Streckungs- verhältnissen der Ersatzfasern wie in dem Verlaufe der Höhe und Breite der Markstrahlen nennenswerte Verschiedenheiten zu erkennen. Die gleichmäßigste Ausbildung und Anordnung der Elementar- organe zeigt wieder die Scheibe Nr. 4 von Petoeng. Bei den andern Gruppen der aus Ost -Java stammenden Hölzern machen sich schon mehr oder minder große Unregelmäßigkeiten im ana- tomischen Aufbau bemerkbar, die aber bei den Querscheiben von West-Java ganz besonders stark und in allen möglichen Variationen hervortreten. Vergleicht man die bei den verschiedenen Hölzern für die Größenverhältnisse gefundenen Werte miteinander, so er- gibt sich, daß die auf gutem oder feuchtem Boden er- wachsenen Hölzer die relativ zahlreichsten und weitesten Gefäße und die reichlichste Entwicklung des Holzparen- chyms aufweisen. Auch für die Höhe der Markstrahlen scheint die Qualität des Bodens von Bedeutung zu sein. In nebenstehender Tabelle sind die Grenzen der Variationen der für die Größenverhältnisse der Elementarorgane gefundenen Werte angegeben, wobei immer die Extreme für Ost- und West- Java einander gegenübergestellt sind. Anatom. Untersuchungen über die Jahresringbildung von Tedona granclis. 605 Ost- Java West- Java 11.3- 111° 107» Maximum Minimum Maximum Minimum Gefäße. 1 Querdurchmesser im "Weitholz .... 305 \i. 10 fi. 340 (J. 20 |). „ „ Engholz .... 135 „ 10 „ 160 „ 10 „ Wanddicke 30 „ 3 „ 25 „ 3 „ Anzahl der Gefäße pro qmm im Weitholn: a) mit mittl. Durchni. v. unter 160 jJi 23(45}!)') 8(50|A)') 8(wi>.y) 8(70|J.)') b) „ „ „ „ 100-200 IX. 11 (160 fi) 4(150(1) 10(185|J.) 4(180(J.) c) „ „ „ „ über 200 fi 6 (205 „) 5(220 „) 10(210,,) 4(205 „) Anzahl der Gefäße pro quim im Engholz : a) mit mittl. Durchm. v. unter 100 |x 42 ( 30 „) 9 ( 40 „) 211- 85 J 8( 80 „) b) „ „ „ „ über 100 |j. 15(105„) 15(105,,) 20(100 „) 8(100„) Metatracheales Parenchym. Breite des Parenchymbandes (in Zellen ausgedrückt) 27 0 12 0 Breite der Parenchymzellen .... 45 |x 20 |Ji 48 [). 15 [A Höhe „ „ (= axiale Länge) 165 „ 35 „ 150 „ 30 „ Wanddicke 2,5 „ 1,5 „ 3,5 „ 2 . Paratracheales Parenchym. Breite der Parenchymzellen .... 45 fi 15 |JL 40 fJ. 20 fx Höhe „ „ (= axiale Länge) 90 „ 25 „ 115 „ 30 „ Wanddicke 4 „ 2 „ 3 „ 1,5 „ Ersatzfasern. Mittlere Lumenweite im Weitholz 32 |J. 18 fi. 32 fJ. 12 fi. „ Engholz . . . 22 „ 10 „ 18 „ 15 „ Wanddicke im Weitholz 5 „ 2 „ 6 „ 1,5 „ „ „ Engholz 8 „ 3 „ 7 . 3 „ Markstrahlen. Breite (in Zellen ausgedrückt) .... 11 1 6 1 Höhe der Markstrahlen 145 |Ji 3 }t 52 [J. 3 fi. Breite „ „ 30 „ 5 „ 35 „ 10 „ Radiale Länge der Markstrahlen . . . 120 „ 20 „ 105 „ 15 „ Wanddicke 2,5 „ 1 « 4 „ 1 n 1) Die eingeklammerten Zahlen bedeuten die mittleren Gefäßdurchmesser. 606 ^'■'*^ Geiger, Es drängt sich uns nun die Frage auf: Wie erklären sich die vielen Verschiedenheiten in den anatomischen Verhältnissen bei den verschiedenen Hölzern der gleichen Art? Auf diese Frage läßt sich an der Hand der obigen Untersuchungen eine befriedigende Ant- wort nicht geben. Für die Ausbildung eines Jahresringes wird man jedenfalls die gesamten, von den wechselnden äußeren Bedingungen abhängigen Ernährungsverhältnisse verantwortlich machen müssen (vgl. Klebs, 1914, S. 88). Daß aber von den äußeren Faktoren neben dem Wechsel des Klimas und besonders der Feuchtigkeit die geologische Beschaffenheit und Güte des Bodens sicherlich von großem Einfluß auf die Jahresringbildung ist, dürfte aus den in vorliegender Arbeit über Tectona grandis festgestellten Tatsachen unzweifelhaft hervorgehen. Die vorliegende Arbeit wurde im Botanischen Institut der Universität Heidelberg ausgeführt. Es sei mir an dieser Stelle gestattet, meinem hochverehrten Lehrer, Herrn Professor Dr. Klebs, für sein Wohlwollen und Interesse, das er dieser Arbeit schenkte, sowie für die freundliche Unterstützung und wertvollen Ratschläge, die er mir stets in reichlichstem Maße zuteil werden ließ, meinen besten Dank auszusprechen. Literatur-Verzeichnis. Dingler, H., Versuche über die Periodizität einiger Holzgewächse in den Tropen. Sitzungs- ber. d. Akad. München, 1911. Gamble, I. S., A Manual of Indian Timbers. Kalkutta 1881. Hartig, E., Lehrbuch der Anatomie und Physiologie der Pflanzen. 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Moeller, J., Beiträge zur vergleichenden Anatomie des Holzes. 1876. Sanio, C, Vergleichende Untersuchungen über die Zusammensetzung des Holzkörpers. Bot. Zeitg., 1863. Sachs, J., Vorlesungen über Pflanzenphysiologie. Leipzig 1882. Schwarz, F., Physiologische Untersuchungen über Dickenwachstum und Holzqualität von Pinus silvestris. Bei'lin 1899. Simon, S.V., Studien über die Periodizität der Lebensprozesse der in dauernd feuchten Tropengebieten heimischen Bäume. Jahrb. f. wiss. Bot., Bd. 54, 1914. Solereder, H., Systematische Anatomie der Dikotyledonen. Stuttgart 1899. Strasburger, E., Über den Bau und die Verrichtungen der Leitungsbahnen in den Pflanzen. Jena 1891. Ursprung, A., Beiträge zur Anatomie und Jahresringbildung tropischer Holzarten. Dissertation. 1900. — — , Zur Periodizität des Dickenwachstums in den Tropen. Bot. Zeitg., 1904. Verbeek, R. D. M, et Fennema, R., Description g^ologique de Java et Madoura. 1896. 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Bei Gelegenheit der Untersuchungen über die Wirkung der schwefeligen Säure auf die Lebensfunktionen der Bäume (Neger und Lakon, 1914) war die Beobachtung gemacht worden, daß sich die einzelnen Nadelhölzer, wenn sie gasförmiger bezw. wässe- riger schwefeliger Säure ausgesetzt waren, hinsichtlich des Nadel- falles sehr verschieden verhalten. So mußte vor allem auffallen, daß die Douglastanne nach der Einwirkung der schwefeligen Säure ihre Nadeln bei der geringsten Berührung verliert, auch wenn Zweige und Nadeln noch wasser- reich sind, während die Fichte noch wochen- und monatelang nach der Räucherung ihre Nadeln behält, sofern nur dafür gesorgt wird, daß der Wassergehalt nicht unter ein gewisses Maß herabsinkt. Eine Zwischenstellung nehmen andere, wie Tsiiga und Abies, ein. Diese und einige andere Erfahrungen legten den Gedanken nahe, die Mechanik des Nadelfalles bei den verschiedenen Nadel- hölzern näher zu untersuchen, um so mehr als — wie sich bei näherem Zusehen erwies — über diese Verhältnisse bis jetzt recht wenig bekannt ist. So bringt das neueste, hierfür in Betracht kommende Werk: „Kirchner-Löw-Schröters, Lebensgeschichte der Blütenpflanzen Mitteleuropas" nur äußerst dürftige Angaben über die feineren anatomisch-physiologischen Vorgänge des Nadel- falls der Koniferen. Die einzige Holzart, für welche nähere — wenn auch keines- wegs erschöpfende — Mitteilungen gemacht werden, ist die Fichte; alle diesbezüglichen Angaben stützen sich auf die sorgfältige Unter- suchung von Behrens (1886), welche auch die meisten anderen Untersuchungen über den Nadelfall der Koniferen. 609 Nadelhölzer mit Rücksicht auf den Nadelfall behandelt. Die hier zweifellos bestehende Lücke möglichst auszufüllen, ist der Zweck des ersten Teiles der nachstehenden Abhandlung. In logischem Zusammenhang hiermit, sowie mit den oben zitierten Untersuchungen über die Wirkung der Abgase auf die Nadelhölzer stand, die Faktoren zu ermitteln, welche jene eigen- tümliche Rotfärbung der Nadeln vieler Koniferen verursachen, die unter den verschiedensten äußeren Bedingungen auftritt, am häufig- sten in der Zeit des Überganges vom Winter zum Frühling, und in der Regel den Nadelfall zur Folge hat. Die Versuche, diese Erscheinung zu erklären, sind zahlreich; keiner kann voll befriedigen. Alle entbehren bis jetzt noch der Sicherstellung durch das Experiment. Was dieser Rotfärbung der Nadeln aber noch ein besonderes Interesse verleiht, ist der Um- stand, daß sie große Ähnlichkeit besitzt mit jenen Nadelverfärbungen, die als Folge der Wirkung saurer Gase beobachtet werden, und daher sehr häufig mit diesen verwechselt wird. Vom Standpunkt der Rauchexpertise ist es aber unbedingt notwendig, daß einmal der experimentelle Nachweis geliefert wird, daß nicht nur saure Gase, sondern auch andere äußere Faktoren jene charakteristische Nadelverfärbung zu bewirken vermögen, sowie daß ermittelt wird, welche Faktoren dies sind. Man bezeichnet die fragliche Erschei- nung in der Regel mit dem Namen: Frosttrocknis (eventuell auch „Frostschütte"), wobei man von der Vorstellung ausgeht, daß Frost sowie Vertrocknung der Nadeln eine Hauptrolle spielen. Die Erscheinung der „Frosttrocknis" experimentell klar zu legen, wird also die Aufgabe des zweiten Teiles dieser Abhand- lung sein. I. Kapitel. Die Mechanik des Nadelfalles der Koniferen. a) Allgemeine Betrachtungen über die Ursachen des Blattfalls überhaupt. Wiesner hat in einer Reihe von Untersuchungen die äußeren und inneren Ursachen des Blattfalles zu erforschen gesucht. Er unterscheidet neben den bekannten Erscheinungen des Herbst-, des Frostlaubfalles und des Laubfalles infolge von Altersschwäche Jahrb. f. wiBs. Botanik. LV. 40 gJO F. W. Neger und J. Fuchs, noch einen Treiblaubfall, einen Sommer- und Hitzelaubfall, sowie einen Laubfall infolge erhöhter Luftfeuchtigkeit. Es sei zunächst der Versuch gemacht zu entscheiden, inwie- weit die genannten Typen von Laubfall ijir die Nadelhölzer in Be- tracht kommen. Dem Herbstlaubfall — (vgl. Wiesner, 1871) dem stets zeitlich mit dem Eintritt der kalten Jahreszeit zusammenfallenden Blattfall unserer sommergrünen Holzgewächse — sind nur die Gattungen Larix, Pseudolarix, Glyptostrobus und Taxodium unter- worfen. Es liegt nicht im Rahmen dieser Arbeit, die kausalen Be- ziehungen des herbstlichen Laubfalles zu erörtern. Bekanntlich ist dies ein äußerst schwieriges Problem, das trotz sorgfältigen Unter- suchungen noch immer nicht als gelöst betrachtet werden kann, indem zwei einander diametral gegenüberstehende Anschauungen sich zurzeit bekämpfen. Die Hauptvertreter derselben sind einer- seits Klebs (1911), andererseits Volkens (1911). Als Frostlaubfall bezeichnet Wiesner (1905) die vorzeitige Entlaubung unter dem Einfluß inframinimaler Temperatur, und zwar unterscheidet Wiesner hier zwei Möglichkeiten: „Entweder die Trennungsschicht erfriert und der eigentliche Blattkörper bleibt in- takt, oder die Blattspreite erfriert ganz oder teilweise und die Trennungsschicht bleibt unberührt. Im ersteren Fall folgt der Blatt- fall unmittelbar der Frostwirkung, im letzteren Fall ist ein längerer Zeitraum erforderlich, bis auf die Frostwirkung die Laubablösung folgt." Bei den Laubhölzern kommen nach Wiesner beide MögHch- keiten in Betracht. Alle Anzeichen sprechen dafür, daß bei den Koniferen — außer etwa bei der Eibe — nur die letztere Art von Frostlaubfall vorkommt. Im zweiten Teil dieser Arbeit soll auf die Vorgänge des Frost- laubfalls zurückgegriffen werden. Der Blattfall infolge natürlichen Todes (Altersschwäche) ist charaktaristisch für die älteren, d. h. mehr als einjährigen Assimilationsorgane sog. immergrüner Holzpflanzen und somit ins- besondere der immergrünen Nadelhölzer. Nach den Beobach- tungen von Wiesner können zwar auch die einjährigen Nadeln fast aller Koniferen nach Abschluß der ersten Vegetationsperiode abgeworfen werden; in der Regel aber erfolgt der Nadelfall erst viel später, z. B. nach 3 (Kiefer), nach 6 (Fichte), nach Untersuchungen über den Nadelfall der Koniferen. 611 10 — 12 Jahren (Tanne)'). Weiteres über diese Art von Blatt- fall s. u. Der von Wiesner sog. Treiblaubfall ist dadurch gekenn- zeichnet, daß er zeitlich zusammenfällt mit der Entwicklung des neuen Laubes, und kommt gleichfalls vorwiegend bei immergrünen Holzgewächsen vor. Nur bei einigen sommergrünen Bäumen kann mit einer ge- wisser Einschränkung von Treiblaubfall gesprochen werden, z. B. bei einigen Eichenarten, deren im Herbst absterbende, aber im Winter noch hängen bleibende Blätter erst dann vollzählig abge- worfen werden, wenn das neue Laub zur Entwicklung kommt. Wiesner (1904) sagt über den Treiblaubfall: „Die immer- grünen Holzirewächse reagieren wenig auf die äußeren Einflüsse, welche bei sommergrünen rasch zur Entlaubung führen. Ihre Ent- laubung ist also verhältnismäßig wenig von äußeren Einflüssen ab- hängig und sie besitzen in einem angeborenen Wechselverhältnis zwischen dem Treiben der Laubknospen und dem Abfall der Blätter das Hauptmittel, um das überflüssige Laub zu entfernen." Wiesner beobachtete namentlich bei Eibe und Fichte^) starken Nadelfall während der Zeit des Treibens. Der oben erwähnte Treiblaubfall der Eiche, Buche, Hainbuche wird namentlich an Heckenpflanzen und geschneitelten Bäumen beobachtet, d. h. dann wenn die Blätter verhältnismäßig spät zur 1) Das Alter, welches die Nadeln unserer immergrünen Koniferen, wie Abies, Picea, Pinus usw., im günstigsten Fall erreichen, hängt außer von inneren durch Ver- erbung festgelegten Faktoren auch von äußeren Umständen, z. B. Lichtgenuß, "Wasser- versorgung, Feuchtigkeitsgehalt der Luft ab. So ist bekannt, daß die Kiefernnadeln auf dürren Standorten kaum 3 Jahre, auf frischem Boden 3 — 4 Jahre alt werden, ferner daß das Alter der Tannennadeln in reiner, feuchter Hochgebirgsluft (z. B. Korsika, Alpen) 10 — 12 Jahre und mehr beträgt, während es in trockener, unreiner Luft kaum 8 Jahre oder weniger erreicht. Näheres über das Alter, das die Assimilationsorgane wintergrüner Laub- und Nadel- hölzer erreichen können, siehe bei U. Kraus (1880). 2) Ob der erhöhte Nadelfall der Fichte im ersten Frühjahr wirklich als Treibfall zu bezeichnen ist, kann angezweifelt werden. Möglicherweise ist derselbe so zu erklären, daß die im Laufe des Winters aus irgendwelchen Gründen abgestorbenen, älteren Nadeln erst im Frühjahr zum Abfall gelangen, weil erst dann infolge der höheren Temperatur ein derartiger Wasserverlust eintritt, daß der Ablösungsmechanismus der Fichtennadel zur Geltung kommt. Fichtennadeln können nämlich, wenn sie längst abgestorben sind, noch Wochen- und monatelang am Polster festhaften, wenn infolge tiefer Temperatur die Wasserabgabe unterbunden ist, wie man namentlich im Winter an zu Deckmaterial ver- wendeten Fichtenzweigen beobachten kann (s. Neger, 1911). 40* g 1 2 F. W. Neger und J. Fuchs, Entwicklung kommen. Nach Dingler (1905) ist das physiologische Alter eines Blattes maßgebend für den Zeitpunkt des Abfalls. Spät gebildetes Laub kann durch Frühfröste überrascht werden, ehe das normale Alter erreicht ist, und wird dann am Abfall ge- hindert, trotzdem die Trennungsschicht schon ausgebildet ist^). Als Sommerlaubfall bezeichnet Wiesner den fast unmerklich einsetzenden Blattfall bei Abnahme des absoluten Lichtgenusses, nachdem die Sonne ihren höchsten Stand erreicht hat. Für die Nadelhölzer, namentlich die immergrünen, kommt diese Art von Laubfall, nach Wiesner und Molisch (1886), nicht in Betracht. Was schließlich den Hitzelaubfall anlangt, der nach Wiesner auf supramaximaler Erwärmung durch die direkten Sonnenstrahlen beruht, wobei die im Innern der Krone befindlichen Assimilations- organe infolge geringerer Wärmestrahlung besonders gefährdet sind, so dürfte auch dieser Typus von Blattfall bei den Nadelhölzern keine allzugroße Rolle spielen; denn wie Wiesner selbst nachwies (1908), sind kleine nadeiförmige Assimilationsorgane der Gefahr supra- maximaler Erwärmung in viel geringerem Grade ausgesetzt als große breite Laubblätter. Wiesner ermittelte die Zeit, welche ver- streicht, bis Blattgebilde von annähernd gleicher Konsistenz, aber verschiedener Größe, in den Brennpunkt einer der Sonne ausgesetzten 1) Lakon (1915) sucht das Hängenbleiben der Blätter von Eiche, Buche usw. im Winter so zu erklären, daß die spätentwickelten (physiologisch jungen) Blätter vom Frost überrascht werden, ehe noch eine Trennungsschicht gebildet worden ist, und des- halb nicht abfallen können. Offenbar hat Lakon bei seiner Beobachtung unterlassen, die Blätter auf die Anwesenheit einer Trennungsschicht hin zu untersuchen. Im Januar 1915 wurden Zweige von Buche und Eiche, deren Blätter noch fest saßen, ins warme Zimmer gebracht, und zwar wurde die eine Hälfte (jeder Art) trocken gehalten, während die übrigen mit der Schnittfläche ins Wasser eintauchten. Eine Trennungsschicht war an allen in normaler Weise ausgebildet. Nach ca. 2 Monaten trat Blattfall ein (bei Buche früher als bei Eiche), aber nur an jenen Zweigen, welche in Wasser tauchten ; die mikroskopische Untersuchung zeigte, daß jetzt unter der Trennungs- zone eine Korkschicht entstanden war, durch welche erst der Blattfall eingeleitet wurde. Offenbar stand die Bildung dieser Korkschicht mit dem beginnenden Treiben in Be- ziehung und insofern ist der Abfall der überwinterten Blätter von Buche, Eiche usw. im Frühjahr ein echter Treiblaubfall. Andererseits scheinen diese Tatsachen darauf hinzuweisen, daß für das Zustande- kommen des Blattfalles im Herbst außer der Anwesenheit einer Trennungsschicht noch andere — uns zunächst unbekannte — Bedingungen verwirklicht sein müssen, vielleicht, wie Bin gier meint, ein gewisses Lebensalter, was dann allerdings, entgegen der Ansicht von Klebs, dafür spräche, daß innere (vererbte) Anlagen die Periodizität mit be- stimmen. N. Untersuchungen über den Nadelfall der Koniferen. 613 Linse gebracht, anfangen zu brennen. So fand er, daß Phyllodien einer Acaeia- Art schon nach 9 Sekunden, Blätter einer Erica- Art erst nach 40 — 60 Sekunden Feuer fingen, und leitet hieraus den Satz ab, daß eine weitgehende Laubzerteilung, bezw. kleindimen- sionale Ausbildung der Assimilationsorgane infolge der durch die relativ große Oberfläche gegebenen raschen Wärmeableitung — ver- bunden mit außerordentlich leichter Durchstrahlbarkeit — einen weitgehenden Wärmeschutz sichert. Die Kleinblättrigkeit vieler Pflanzen der südeuropäischen Macchie (Asparagus, Erica, viele La- biaten, Caryophyllaceen u. a.) kann in diesem Zusammenhang er- wähnt werden. Offenbar sind auch die meisten Nadelhölzer durch die Form und Kleinheit ihrer Assimilationsorgane gegen die Gefahr einer supramaximalen Erwärmung vorzüglich geschützt, so daß der Hitze- laubfall für sie kaum jemals in Betracht kommt. Wiesner glaubt gleichwohl Fälle von Hitzelaubfall hei Finus- Arten beobachtet zu haben, fand aber gleichzeitig, daß die jüngeren Nadeln gegen übermäßige Erwärmung weit resistenter sind als ältere, vermutlich deshalb, weil erstere infolge besserer Wasserver- sorgung die Temperaturregelung leichter durchzuführen vermögen als letztere. Eine besondere Behandlung beansprucht der Laubfall infolge erhöhter Luftfeuchtigkeit. Es ist bekannt, daß die Sprosse vieler Laubhölzer, wenn sie in einen dauernd feuchten Raum ge- bracht werden, ihre Blätter fallen lassen. Anscheinend ist die Unterbindung der Transpiration der wirksame Faktor für die Ab- lösung der Blätter und es liegt nahe, auch den natürlichen herbst- lichen Laubfall der sommergrünen Holzgewächse mit einer Stockung der Transpirationstätigkeit in kausale Beziehung zu bringen^). Welcher Faktor auch den Blattfall im dauernd feuchten Raum herbeiführen möge (ob Transpirationshemmung oder andere Stö- 1) Wiesners Versuch — künstliche Entfernung der Blattspreite, in deren Folge sich dann die Blattstiele von selbst ablösen — scheint für diese Auffassung zu sprechen. Wiesner selbst hat später nach einer anderen Erklärung gesucht und glaubte eine solche in der Anhäufung von COg im abgeschlossenen Raum gefunden zu haben. Dagegen sprechen aber die Erfahrungen von Furlani (1906) und H. Fischer (1912), die zeigen, daß alle Stoffwechselvorgänge durch eine Erhöhung des CO.^- Gehaltes angeregt werden und denen zufolge die Ablösung der Blätter infolge von CO2- Anreicherung schwer ver- ständlich wäre, sowie die Tatsache, daß, wie Pfeffer (1904) mitteilt, Entziehung von CO2 den Blattfall zur Folge haben kann. Q[4: F. W. Neger und J. Fuchs, rungen des Stoffwechselprozesses), jedenfalls sind die immergrünen Nadelhölzer gegen derartige Einflüsse ziemlich unempfindlich, wobei ihnen nicht zum wenigsten die derbe Beschaffenheit der Cuticula und die Gewohnheit mit ihrem Wasserkapital hauszuhalten, sowie vielleicht auch die Eigentümlichkeit, eine innere Atmosphäre') zu besitzen, welche sie bis zu einem gewissen Grad von der umgebenden unabhängig macht, zugut kommen mag. Wenn die Blätter immergrüner Holzgewächse also wenig oder gar nicht auf äußere Störungen der Stoffwechselvorgänge reagieren, so wird man sich fragen müssen: welche Umstände sind es dann, die den normalen Blattfall ^) herbeiführen. Wiesner hat gezeigt, daß der Blattfall sowohl bei Laub- als auch bei Nadelhölzer mit steigendem Alter zunimmt. Mit dem Altern der Blätter sind dieselben Vorgänge verbunden, die wir auch sonst an alternden Organen beobachten, nämlich ein allmähliches Sinken des Wassergehaltes, wie man leicht beobachten kann, wenn man den Wassergehalt der einzelnen Nadeljahrgänge eines mehrjährigen Nadelholztriebes bestimmt (z. B. bei Tanne: 1 jährig 57,34 Vo, 2 jährig 56,92 7o, 3 jährig 56,17 7o, 4 — 5 jährig 66,29 "/o usw. •^)). Demgemäß wird die Saugkraft, bezw. die Ver- dunstungsgeschwindigkeit der jüngeren Blätter größer sein als die der älteren, und es wird sehr bald von selbst ein Wettkampf der einzelnen Nadeljahrgänge einstellen, bei dem die älteren sich im Nachteil befinden. Dies wird aber anderweitige Störungen des Stoffwechsels zur Folge haben, m. a. W. : auch bei den immergrünen Holzgewächsen, deren Blätter, wie wir gesehen haben, nahezu unempfindlich sind gegen äußere Schwankungen der Lebensfaktoren, sind es im letzten Ende Stoffwechselvorgänge, welche den Blattfall vorbereiten, welche aber ihre Ursache in den Altern der Zellen^) haben. 1) Sog. homobarische Blätter (s. Neger, 1912). 2) Den wir oben kurzweg als Blattfall infolge von Altersschwäche bezeichnet haben. 3) Diese Bestimmung des Wassergehalts ist im Winter ausgeführt worden. 4) Wobei das Alter der einzelnen Nadeljahrgänge allerdings keine absolut feste Zahl ist, sondern entsprechend den äußeren Lebensbedingungen innerhalb gewisser Grenzen schwankt (s. S. 611). Die dem Blattfall vorangehenden Stoffwechselstörungen wurden schon frühzeitig erkannt, namentlich von Ebermayer (1876), Weber u. a. Nachdem dann Wehmer (1892) darauf aufmerksam gemacht hatte, daß infolge falscher Interpretierung der Ana- lysenresultate die Abwanderung der Mineralstoffe aus absterbenden Blättern nicht als einwandfrei erwiesen gelten kann, wurde die ganze Frage erneut von Ramann (1912) Untersuchungen über den Nadelfall der Koniferen. 615 Man wird also, wie dies schon Dingler tat, dem physiolo- gischen Alter eines immergrünen Blattes für den Zeitpunkt des Falles «ine nicht geringe Bedeutung beimessen müssen. Schwere Störungen des normalen Lebensganges durch mächtig wirkenden Faktoren sind es schließlich auch, wenn infolge der Ein- wirkungen giftiger Gase wie SO2, HCl, HF, SiF4 u. a. die Nadeln der immergrünen Koniferen frühzeitig zu Boden fallen. Wie an anderer Stelle (1914) ausgeführt wurde, beeinflussen giftige Gase sowohl den Assimilations- wie den Transpirationsvorgung in sehr ungünstigem Sinn, den letzteren derart, daß zunächst die Wasser- abgabe gesteigert, die Wasserbewegung im Innern der Achse aber herabgesetzt wird, was dann früher oder später zu einer Vertrock- nung der Blätter — und in der weiteren Folge zum Abfall — führt. Wenn somit die physiologische Ursache des Blattfalles in den meisten Fällen in einer Herabsetzung bzw. Störung der Stoffwechsel- vorgänge zu suchen sein wird, so ist damit noch nicht der Ort bestimmt, an welchem die Ablösung erfolgt, d. h. es bedarf hiezu eines besonderen anatomischen Vorganges. Bei den ältesten Autoren, von welchen hier nur Schacht ge- nannt sein möge (18.56), finden wir die Ansicht vertreten, daß die Blätter durch eine Korkschicht abgetrennt würden, und diese Vor- stellung behielt ihre Geltung — selbst Th. Hartig schloß sich ihr <1878) noch an — trotzdem daß schon im Jahr 1860 H. v. Mohl ihre Unrichtigkeit nachgewiesen hatte. 1879 bestätigte Bretfeld die Ausführungen H. v. Mohls; er erkannte, daß die Korkbildung nicht die primäre, sondern eine für den Blattlösungsvorgang selbst un- wesentliche sekundäre Erscheinung ist. Bei den baumartigen Mono- kotylen, Aroideen, Orchideen usw. fand Bretfeld die Trennungs- zone, längs der die Ablösung erfolgt, schon im Jugendzustand aus- gebildet. Weitere Beiträge in dieser Richtung wurden geliefert von Fouilly (1899), Tison (1900), Löwi (1906), Lee (1911) u. a. Die anatomischen Verhältnisse des Blattabfalles der Nadelhölzer waren, von der oben zitierten B ehren sschen Abhandlung abgesehen, noch wenig berücksichtigt worden. -und Swart (1914) untersucht und dabei die Richtigkeit der alten Theorie von der Rückwanderung der Aschenbestandteile aus ablebenden Blättern definitiv bewiesen. 1) Eine kurze Übersicht über die geschichtliche Entwicklung dieser Frage gibt H. V. Mohl in der zitierten Arbeit. gjg F. W. Neger und J. Fuchs, Es soll nun im folgenden versucht werden, die Vorgänge des Blattabfalles dieser Pflanzengruppe nach ihrer physiologischen und anatomischen Seite hin vergleichend zu betrachten. b) Eigene Untersuchungen über den Nadelfall der Koniferen. 1. Physiologische Ursachen des Nadelfalles. Daß Wasserverlust in den meisten Fällen dem Nadelfall voraus- geht, ergab sich aus einer Reihe von Wasserbestimmungen. Nadeln, welche zum Abfallen reif waren — oft genügte ein schwacher Stoß — , waren durchweg wasserärmer als benachbarte festhaftende; z. B. bei einem Exemplar von Ahies magnifica des forstbotanischen Gartens, das durch Frost gelitten hatte, wurden die "Werte 57 Vo bezw. 47 7o (als Wassergehalt) ermittelt. Besonders leicht lassen Picea und Tsuga ihre Nadeln beim Austrocknen fallen. Um zu ermitteln, wie weit der Wassergehalt gesunken sein muß, damit dieser Vorgang eintritt, wurden im Winter 1913/14 frische, gesunde Triebe zum Trocknen ins warme Zimmer gebracht. Sowie die ersten Nadeln sich zum Abfall an- schickten, wurde der Wassergehalt derselben festgestellt und folgende Werte gefunden: Picea .... 20,3 Vo, Tsuga . . . . 32,8 „ Der Wassergehalt frischer Nadeln (gleiches Alter, vom gleichen Sproß) betrug: Picea .... 62,2 7o, Tsuga .... 65,2 „ Es bedarf also eines Wasserverlustes von 41,9% (bei Picea) und 32,4 "/o (bei Tsuga), damit die Nadeln zum Abfall kommen. Daß die Nadeln der Fichte selbst im abgestorbenen Zustand bis zu einem gewissen Grad von der noch lebenden Achse her mit Wasser versorgt werden und daher nicht sofort abfallen, sofern der Wasserverlust nicht sehr schnell erfolgt, geht aus folgendem kleinen Versuch hervor. Einige Triebe einer Fichtentopfpflanze wurden einer mäßigen Wirkung des Föhnapparats ^) ausgesetzt, bis die vom warmen Luft- 1) Bei intensiver "Wirkung des Föhnapparats fallen die Nadeln natürlich sogleich ab. Untersuchungen über den Nadelfall der Koniferen. 617 Strom getroffenen Nadeln getötet waren, was an einer nachträglich sich einstellenden schwachen Rötung erkennbar war. Der Wasser- gehalt war dabei auf 45%) gesunken, befand sich also noch weit über dem oben ermittelten kritischen Punkt (von 20,3 Vo)- Die Pflanze stand dann, gut bewässert, noch wochenlang im geheizten Zimmer an einem sonnigen Fenster, ohne daß an den getöteten Trieben Nadelfall eintrat. "Wenn dagegen ein solcher Sproß ab- geschnitten wurde, so fielen die abgestorbenen Nadeln schon nach 1 — 2 Stunden bei der geringsten Berührung ab. Es kann nach diesem Versuch kein Zweifel darüber bestehen, daß getötete Fichtennadeln in geringem Maße aus der noch leben- den Achse Wasser nachziehen. Starker lokaler Wasserverlust wurde auch dadurch erzielt, daß die Nadeln eines Teiles der Spreite beraubt wurden*). Die Versuche wurden teils an Topfpflanzen ausgeführt — die, zwar noch in Winterruhe, aber im geheizten Zimmer standen — , teils an Bäumen im Freien (im Botanischen Garten), vorwiegend zur Zeit des Treibens, teils mit abgeschnittenen Zweigen (gleich- falls zur Zeit des Treibens), und zwar mit folgenden Pflanzen: Taxus haccata, Picea excelsa, Tsuga canadensis, Abies Nordman- niana, Pseudotsuga Douglasii, Larix europaca, Cedrus Deodara und Pinus strobus. Das Ergebnis der ersten Versuchsreihe (Topfpflanzen) war im allgemeinen ein baldiges Abfallen der austrocknenden (ange- schnittenen) Nadeln. Eine Ausnahme machte nur Abies. Die Nadelstümpfe wurden 5 — 6 Wochen lang nicht abgeworfen, bis Anfang April Saftsteigen eintrat; nun fielen sie sämtlich innerhalb 14 Tagen ab. Der Abfall ist also bei Abies offenbar nicht auf Rechnung der Austrocknung, sondern des Treibens zu setzen. 1) Um zu ermitteln, welche Rolle dabei etwa der Wundreiz spielen könnte, wurden die Versuche zunächst in der Weise angestellt, daß die obere Schnittwunde durch eine Wachs -Kolophoniummischung wieder geschlossen wurde (in diesem Fall wäre also der Wundreiz allein tätig, während bei Weglassung dieses Verschlusses Wundreiz und Wasser- verlust zusammen wirkten). Es zeigte sich, daß Nadelfall nicht eintrat, wenn etwa nur die obere Hälfte der Nadel beseitigt und die Wunde luftdicht abgeschlossen wurde. Wenn dagegen die Nadel bis auf ein wenige Millimeter langes Stück der Basis entfernt wurde, dann fiel dieser Stummel nach kurzer Zeit ab, auch wenn die Wund- fläche verklebt war. Die Versuche wurden deshalb — um den Wundreiz auszuschließen — in der Weise angestellt, daß stets nur die obere Nadelhälfte oder nur die Spitze abgeschnitten wurde. 618 F. W. Neger tind J. Fuchs, Die zweite Versuchsreihe im Freien an treibenden Pflanzen hatte das Resultat, daß die Nadelstümpfe von Picea, Tsuga, Larix, Cedrus, Taxus wochenlang gesund blieben und nicht abfielen. Anders verhielt sich auch hier wieder Äbies (eine Mittelstellung nahm Pseudotsuga ein); bei ersterer Gattung wurden die Stümpfe ausnahmslos bald abgeworfen. Dieser auffallende Gegensatz ist nicht leicht zu erklären. Es hat den Anschein, als ob die Nadelstümpfe der erstgenannten Gat- Fig. 1. Abies peetinata. Links in "Wasser stehend, starker Nadelfall; rechts trocken, kein Nadelfall. tungen (Picea, Cedrus usw.), die, wie wir gesehen haben, im Winter- zustand infolge von Austrocknung (am reichlichsten die angeschnit- tenen und daher der Vertrocknung preisgegebenen) leicht abfallen, an treibenden Pflanzen von der Achse her gut mit Wasser versorgt und so am Abfallen gehindert wurden. Bei der Tanne dagegen (z. T. auch Pseudotsuga), deren Tren- nungsschicht aus toten Zellen besteht, die sehr viel Luft enthalten (s. u.), scheint die Wasserversorgung von der Achse her auf Untersuchungen über den Nadelfall der Koniferen. 619 Schwierigkeiten zu stoßen und demgemäß wird die Nadel abge- stoßen, wobei — im Zusammenhang mit dem Treiben — ein unter der Trennungsschicht entstehendes Korkgewebe sein übriges tut. Besonders interessant war das Ergebnis der dritten Versuchs- reihe mit abgeschnittenen Zweigen, die teils in Wasser tauchten, teils von unten her der Vertrocknung preisgegeben waren. Es läßt sich am anschaulichsten in einer Tabelle veranschaulichen. Fig. 2. Picea excelsa. Links trocken, starker Nadelfall: rechts in Wasser, kein Nadelfall. Nadelfall: -f, kein Nadelfall: — in Wasser tauchend trocken Abies Picea Tsuga Cedrus Larix Taxus Pseudotsuga . + + + + + + + 620 F. W. Neger und J. Fuchs, (Bildlich sind hier nur Ahies, Pseudotsuga, Picea und Taxus dargestellt, Fig. 1—4.) Auch dieser Versuch spricht dafür, daß die Nadeln von Picea, Tsuga usw. — auch die angeschnittenen — von der Achse her mit Wasser versorgt werden (wo solches zur Verfügung steht) und daher nicht abfallen, daß dagegen die Wasserversorgung der Tannennadeln erschwert ist (lufthaltige Trennungsschicht?). Daß an den trocken gehaltenen Tannenzweigen die Nadeln^) so sehr fest haften, ist vermutlich darauf zurückzuführen, daß die oberhalb und unterhalb der Trennungsschicht befindlichen Gewebe •VJ * k 1 \^ - kd / ü p 'U -^^ ' ^ --• ^ 1 Fig. 5. Pseudotsuga Douglasii. Nach Vortrocknung in Wasser gelegt; die jüngsten Nadeln (1913) fallen ab, während die älteren (1912, 1911 usw.) haften bleiben. Wenn abgeschnittene Zweige von Ps. Douglasii mit etwa sechs Nadeljahrgängen an der Luft Hegen bleiben, dann lösen sich vorwiegend die Nadeln der älteren Jahrgänge (3 — 12 jährig) ab, während die jüngeren (1 — 3 jährig) noch lange Zeit fest haften. Wenn aber vorgetrocknete Zweige, deren ältere Nadeln noch größtenteils fest sitzen, in Wasser gelegt werden, dann findet eine glatte Ablösung vorwiegend der jüngeren Nadeln statt, während nur die älteren am Zweig sitzen bleiben (Fig. 5). Untersuchungen übei' den Nadelfall der Koniferen. 623 Eine Erklärung für dieses merkwürdige verschiedene Verhalten zu geben, wird nicht leicht sein. Noch auffallender ist der Nadelfall der Douglastanne, zuweilen auch der Weißtanne, nach Einwirkung wässeriger oder auch gas- förmiger schwefeliger Säure. In beiden Fällen ist der Zusammen- hang zwischen Nadel und Achse derart gelockert, daß trotz unge- minderten Wassergehalts die Nadeln bei der geringsten Berührung abfallen. Dieses Verhalten steht in bemerkenswertem Gegensatz zu dem der Pichte, bei welcher nach Abtötung durch SO2 niemals Nadel- fall eintritt, sofern der Wassergehalt der Nadeln unverändert bleibt. Es verdient erwähnt zu werden, daß bei Einwirkung eines alkalischen Giftes (z.B. NH3), an Stelle der SO2, der Nadelfall der Douglastanne ausbleibt, ebenso, wenn die mit SOo behandelten Zweige nachträglich in NHs-Dampf gebracht werden. Man wird nicht fehl gehen, hieraus den Schluß zu ziehen, daß die schwefelige Säure in irgend einer Weise eine mazerierende Wirkung auf die Zellen der Trennungsschicht auszuüben vermag. 2. Die Anatomie des Nadelfalles. Behrens, der die anatomischen Vorgänge beim Nadelfall der Koniferen zuerst eingehender studiert hat (1886), unterscheidet folgende Arten des Blattabwurfs: a) Abwurf infolge einer sekundär angelegten Trennungsschicht im Blattstiel: alle Taxaceen (mit Ausnahme von Dacrydium). ß) Abwurf durch den Korkmantel der Achse: Cupressaceen, Taxodiaceen, Araucariaceen. y) Abwurf durch eine schon frühzeitig — vor der fertigen Ausbildung des Blattes — angelegte Trennungsschicht: die meisten Abietaceen (außer Pinus). Nach Behrens bildet Ahies den Übergang vom zweiten zum dritten Typus, indem angeblich die zwar vorhandene Trennungs- schicht an dem Zustandekommen des Blattabfalls nicht beteiligt wäre, dieser vielmehr durch eine unter der Trennungsschicht ent- stehende Lentizelle erfolgt. Wir können die Auffassung von Behrens nicht teilen, wie später gezeigt werden soll. a) Nadelfall der Taxaceen. Wir haben von dieser Familie hauptsächHch Taxus unter- sucht. Ergänzend zu den Angaben von Behrens sei bemerkt, 624 F. W. Neger und J. Fuchs, daß die Ablösung ebenso wie bei den Dikotylen durch ein kurz vor dem Nadelfall entstehendes Folgemeristem erfolgt, daß aber kein Auseinandertreten der Zellen mit intakten Wänden aus dem Verband stattfindet. Die Trennungsschicht besteht aus Zellen mit ungemein dünnen, zarten Wänden, die quer zur Längsachse der Nadel verlaufen (Fig, 6). Ferner ist hervorzuheben, daß das Absterben der Blätter bei der Eibe durchaus nicht immer eine Ablösung zur Folge haben muß. Man kann sehr häufig beobachten, daß die Nadeln ganzer Fig. 6. Taxus baccata. Trennungsschicht aus sehr zarten, meristematisch bleibenden Zellen bestehend, welche den Treiblaubfall verursacht. Vergr. 53 '/z- Triebe abgestorben sind, ohne daß ein Abfall eintritt; sie haften im Gegenteil sehr fest und beim Versuch, die Nadeln abzulösen, brechen sie an einer beliebigen Stelle des Blattstiels oder der Spreite ab. Dies hat darin seinen Grund, daß dann keine Tren- nungsschicht gebildet wurde; gewöhnlich ist in diesem Fall auch die Achse abgestorben. In dem oben beschriebenen Fall der Bildung einer Trennungs- schicht — man beobachtet diese namentlich in der Zeit des Treibens und insofern hat der normale (in der Natur besonders im Früh- Untersuchungen über den Nadelfall der Koniferen. 625 Jahr sich abspielende) Nadelfall der Eibe durchaus den Charakter eines Treiblaubfalles — gehen der Entstehung des Folgemeristems eigentümliche Umänderungen in den nahe dem Blattstiel liegenden Mesophyllzellen voraus. Der Inhalt der letzteren färbt sich braun, es entstehen offenbar Degenerationsprodukte und reichlich fettes Ol. Auch in dem Gefäßbündel sind solche Inhaltsveränderungen nachweisbar. Allem Anschein nach wird der Zusammenhang des Blattes mit der Achse nicht — wie bei den Dikotylen — durch ein einfaches Zerreißen, sondern durch eine Art Mazeration unter- brochen. Außer dieser Art von Nadelfall — wir dürfen sie wohl als die normale bezeichnen — kommt bei der Eibe noch eine zweite vor. Wenn im Winterzustand — an Topfpflanzen — die obere Hälfte der Nadel abgeschnitten wird, so erfolgt in Kürze — sei €s infolge von Austrocknung, sei es durch den Wundreiz — eine spontane Ablösung des Nadelstumpfes, und zwar genau an der gleichen Stelle, wo sonst das Folgemeristem sich bildet, merk- würdigerweise ohne daß auch nur eine Spur einer sekundär ge- bildeten Trennungsschicht zu erkennen wäre. Es muß dahingestellt bleiben, wie zu erklären ist, daß trotz des Mangels einer Trennungsschicht die Ablösung stets an der gleichen scharf umschriebenen Stelle des Blattstiels erfolgt. ß) Nadelfall der Cupressaceen und Taxodlaceen. Von Cupressaceen wurde Juniperus chinensis, als Vertreter der Sektion Sahina, und J. alpina, als Vertreter der Sektion Oxy- cedrus, untersucht, von Taxodiaceen Taxodium distichum, Sequoia sempervirens und Cryptomeria japonica. Die Nadeln der beiden Juniperus- A.xiew werden durch Peri- dermbildung abgeworfen, doch besteht hinsichtlich des Zeitpunktes und der Art der Bildung ein wesentlicher Unterschied. Bei Juni- perus alpina besitzen die zweijährigen Sproßabschnitte schon Peri- derra, die Ablösung der Nadeln erfolgt jedoch erst nach 4 — 5 Jahren. Inzwischen stirbt wohl die eine oder andere Nadel ab und wird auf die von Behrens geschilderte Weise abgetrennt (Fig. 7). An den Sprossen von J. chinensis tritt Peridermbildung erst nach 3 — 4 Jahren ein und gleichzeitig damit erfolgt Abschnürung aller Nadeln. Dieselben bleiben aber noch lange Zeit haften. Jahrb. f. wiss. Botunik. LV. 41 626 F. W. Neger und J. Fuchs, Cß CO 3 flH CS 's i^ - aj s Untersuchungen über den Nadelfall der Koniferen. 627 Wenn es vorkommt, was nicht selten ist, daß schon im 1., 2. oder 3. Jahr die eine oder andere Nadel abstirbt, so wird sie durch ein „tief im Innern der Rinde aus der dem Phloem angrenzenden Paren- chymschicht entstehendes Phellogen" ') abgegliedert (Fig. 8). Diesen anatomischen Unterschieden gemäß spielt sich der Nadelfall beim Austrockenen eines Zweiges verschieden ab. Beim Typus Oxycedrus genügt, entsprechend der schmalen Ansatzstelle der Nadel, schon eine schwache Berührung, um die Ablösung her- beizuführen. Die mit breiter Fläche der Achse aufsitzenden Nadeln der *Sa&ma-Arten dagegen bleiben haften. Vermutlich spielt bei Oxycedrus ein Antagonismus zwischen austrocknendem Blattgewebe und frischem, wasserreichem Rindengewebe eine Rolle; bei Sahina dagegen fehlt dieser Antagonismus, denn sowohl das Blatt wie das äußere Rindengewebe sind wasserarm geworden. Bezüglich der Abschnürung der Nadeln bei Sequoia, Crypto- meria und Taxodium können wir den Angaben von Behrens nichts hinzufügen. y) Nadelfall der Abletaceen. Von Abietaceen wurden untersucht Picea excelsa, P. Omorica, Äbies Nordmanniana, Ä. pinsapo, Ä. pedinata, Keteleeria Forfunei, Pseudotsuga Douglasii, Tsuga canadensis, Cedrus Deodara, C. Lihani, Larix europaea, Pseudolarix Kämpfen, Pinus silvestris, P. flexilis, P. strohus. Alle diese Abietaceen besitzen eine schon früh ausgebildete Trennungsschicht, ähnlich wie sie Bretfeld (1879) bei den baum- artigen Monokotylen usw. beschrieben hat. Wie bei diesen wird auch bei den genannten Abietaceen (mit Ausnahme der Gattung Pinus) die Trennungsschicht schon zu einer Zeit angelegt, in welcher das Gewebe der Nadel noch nicht diffe- renziert ist. In vielen Fällen erfolgt die Abtrennung der Nadel an der Grenze einer Hart- und Zartschicht. Als Hartschicht ist die eigenthche Trennungsschicht aufzufassen, die in der Regel am Blattpolster haften bleibt, als Zartschicht die nadelwärts angren- zenden Zellen mit oft ungemein zarten Wänden. 1) Wie schon Behrens ausführt. 41' g28 ^- ^' Neger und J. Fuchs, Picea excelsa. Behrens (a. a. O.) hat den Aufbau der Nadel und des Blatt- kissens bei Picea excelsa genau beschrieben. Was er nicht erwähnt hat, ist, daß auf die kleinzellige Sklerenchymschicht nadelwärts nicht sofort die großzellige, sog. hyaline Schicht folgt, sondern erst eine Reihe dreieckiger zahnförmiger Zellen mit z. T. äußerst zarten Wänden (s. Fig. 9). Es ist ohne weiteres verständlich, daß diese zarte Zellschicht bei der Abtrennung der Nadel eine wesentliche Rolle spielt. Einschaltungsweise sei hier ein Punkt kurz behandelt, der für das allgemeine Ver- ständnis der Morphologie der Koniferennadel von Wichtigkeit ist. Behrens drückt sich aus: „Der Peridernimantel der Achse setzt sich in die Nadel- hasis his zur Trennungsschicht fort." Gleich anderen Autoren faßt also Behrens das Gewebe unter der Trennungsschicht noch als zur Nadel gehörig auf. Er findet hei Picea, Tsuga, Larix, Cedrus die Tren- nungsschicht in der Mitte des Stiels. Will man an dieser Auffassung festhalten, dann liegt der ungewöhnliche Fall vor, daß bei diesen Abietaceen die eine Hälfte des Nadel- stieles abgeworfen wird, die andere aber stehen bleibt. Faßt man andererseits bei Picea, Larix und Ced>-us nur den Teil von der Rinde bis zur Trennungsschicht als Stiel auf, so muß man dies folgerichtig auch bei Tsioga und Pseudotsuga tun. Das geht aber insofern nicht an, als bei diesen, besonders bei Tsitga, eine deutlich gestielte Spreite ab- geworfen wird. Um einen Ausweg in diesen Widersprüchen zu finden, empfiehlt es sich, die Nadel bezw. den Nadelstiel, wo ein solcher vorhanden ist, da beginnen zu lassen, wo die Trennungsschicht sich findet, bis zu welcher sich ja auch das Periderm der Achse fort- setzt. Der Teil unter der Trennungsschicht ist dann als Polster aufzufassen. Bei Tsuga ist, wie schon erwähnt, ein deutlicher Stiel ausgebildet, bei Picea, Larix, Cedrus fehlt ein solcher; Pseudotsuga und einige A&ies- Arten nehmen eine Mittelstellung ein. Die Trennungsschicht von Picea wird schon sehr früh angelegt. Untersucht man vom Austreiben der Knospen an die jungen Nadeln von Zeit zu Zeit, so findet man, daß die Stelle der späteren Trennungsschicht als primäres Meristem erhalten bleibt, während das benachbarte Gewebe eine weitergehende Differenzierung erfährt. Allmählich wird auch die Trennungsschicht ausgebildet, zuerst, etwa nach 3 Wochen, die kleinzelHge Sklerenchymplatte, dann nach 6 — 7 Wochen die großzellige, sog. hyaline Schicht (Fig. 9). Hand in Hand mit der Ausbildung der letzteren geht die Ent- stehung des Peridenns der Achse. Nun erst kann ein Nadelfall eintreten. Ein einfacher Versuch beweist dies. Läßt man abge- trennte, einerseits 3 Wochen, anderseits ca. 7 Wochen alte Triebe der Fichte austrocknen, dann tritt nur bei den letzteren Nadelfall ein, nicht aber bei ersteren. Es kann also kein Zweifel darüber Untersuchungen über den Nadelfall der Koniferen. 629 bestehen, daß die kleinzellige Sklerenchymschicht nicht ausreicht, um den Nadelfall herbeizuführen, vielmehr ist dazu das Vorhanden- sein der hyalinen Schicht und des Rindenperiderms nötig. Daß auch das letztere eine wichtige Rolle beim Nadelfall spielt, läßt sich aus dem Umstand schließen, daß bei Tsuga, Larix und Cedrus, wo nur eine Trennungsschicht vorhanden ist, der Nadelfall gleichfalls erst nach der Bildung des Periderms erfolgt. Die Rolle des letzteren wird darin bestehen, daß es die Ver- trocknung, und damit die Volumenabnahme des Polsters verzögert Fig. 9. Picea excelsa. Dickwandige Trennungsschicht, darüber hyaline Schicht, zwischen beiden zartwandige, zahnförmige Zellen, Nadel einjährig (d.h. einmal überwintert). Vergr. 115. oder verhindert, während die Nadel, welche eines solches Schutzes entbehrt, namentlich in der hyalinen Schicht, eine starke Kontrak- tion erfährt, die dann früher oder später zum Nadelfall führt ^). Ergänzend sei erwähnt, daß hinsichtlich der Ausbildung der Trennungsschicht kein Unterschied besteht zwischen den beiden 1) Es sei hier noch einmal an die früher von mir (1911) geraachte Beobachtung erinnert, daß der Nadelfall der Fichte unterbleibt an von Lophodermium macrospoi-um infizierten Nadeln. Das Mycel dieses Pilzes hat die Eigentümlichkeit, die Zellen der hyalinen Schicht auszufüllen und sie so an der Kontraktion zu hindern. N. 630 F. W. Neger und J. Fuchs, Sektionen von Picea: Eupicea und Omorica, wie eine Untersuchung der Nadeln von P. Omorica lehrte. Abies. Die Trennungsschicht von Ahies ist zuerst von Sanio (1860) und dann von Stahl (1873) beschrieben worden. Als Zeit- Fig. 10. Abies Nordmanniana. Dickwandige Trennungsschicht, reich an Kristallen. Bemerkenswert sind die an der Trennungsstelle dünnwandigen Epidermiszellen, das unter der Epidermis befindliche Peri- derm und das noch tiefer liegende Kollenchym. Vergr. 75. punkt ihrer Entstehung gibt Stahl den ersten Sommer an. Hierzu wäre zu bemerken, daß nach unseren Beobachtungen ihre Bildung schon etwa 8 Tage nach dem Aufbrechen der Knospen beginnt; Untersuchungen über den Nadelfall der Koniferen. 631 nach 3 — 4 Wochen ist sie von, dem übrigen Gewebe deutlich unter- schieden, wenn auch noch nicht voll ausgebildet'). Unterschiede zwischen den einzelnen Arten scheinen in dieser Hinsicht nicht zu bestehen. Wenigstens verläuft der Vorgang bei Abies pinsapo und A. Nordmanniana genau ebenso wie bei unserer Weißtanne. Die Peridermbildung der Achse beginnt nach etwa 7 Wochen und damit auch die Anlage eines Peridermwulstes unterhalb der Trennungsschicht. Infolge der stärkeren Tätigkeit des Kambiums gerade unter dem Rande der Blattbasis wölbt sich die Epidermis bogenförmig vor. Das so entstandene höckerige Gebilde drückt schließlich gegen den Rand der Blattbasis, was jedenfalls zur Ab- stoßung der Nadel wesentlich beiträgt. Unter der Stelle starker Peridermbildung befindet sich ein breites Kollenchymband, dessen Aufgabe vermutlich ist, ein festes Widerlager für den oben be- schriebenen Peridermhöcker zu bilden. Nicht ganz bedeutungslos dürfte ferner sein, daß die Innenwand der Epidermiszellen in der Höhe der Trennungsschicht — zuweilen auch die betr. Außen- wand — unverdickt bleibt. Füllzellen werden nicht gebildet, auch Interzellularen fehlen vollkommen, Teilungen „in der unter der Trennungsschicht liegen- den Parenchymzellreihe" (vgl. Behrens a. a. o. S. 34) treten nicht auf (Fig. 10). Die Darstellung, welche Stahl und Behrens von der Ent- stehung der „Lentizelle" geben, ist für Pseudotsuga zutreffend, nicht aber für Äbies-Arien^). Keteleeria. Diese der Gattung Abies systematisch nahe stehende Gattung zeichnet sich vor ihr hinsichtlich der Art des Blattfalles dadurch aus, daß ein abgeschnittener Sproß beim Ver- trocknen die Nadeln ebenso leicht fallen läßt wie ein Fichtensproß. 1) Im fertig ausgebildeten Zustand ist diese Trennungsschicht auffallend lufthaltig. Der Luftgehalt scheint allerdings mit zunehmendem Alter zu steigen und ist schließlich derartig, daß es an Schnitten mit keinem Mittel möglich ist, die Luft vollkommen daraus zu entfernen. Es wurde schon früher darauf hingewiesen, daß damit vielleicht gewisse Erscheinungen des Nadelfalls zusammenhängen (S. 618). Außerdem enthalten die Zellen der Trennungsschicht auffallend viel Oxalsäuren Kalk in Form kleiner Kristalle. 2) Man erhält daher den Eindruck, als ob Stahl bei der Untersuchung und Be- schreibung der „Lentizellenbildung" unter der Trennungsschicht nicht eine Ahies-Kri, sondern Pseudotsuga unter den Händen gehabt habe (was wohl nicht ausgeschlossen ist, da die Psewc^o^sw^a - Arten früher als zu Abies gehörig betrachtet wurden). 632 F. W. Neger und J. Fuchs, Fig. 11. Keteleeria Fortund. Vorgebildete dickwandige Trennungsschicht (Hartschicht), darüber dünnwandiges Gewebe (Zartschichtj. Vergr. 107. In anatomischer Hin- sicht — was die Tren- nungsschicht anlangt — erinnert Keteleeria aber weit mehr an Ahies als an Picea. Auffallend ist aber besonders das aus überaus zarten Zellen bestehende Gewebe der Blattbasis da, wo diese an die Trennungsschicht grenzt. Man könnte es mit den zartwandigen zahnförmigen Zellen bei Picea vergleichen. Hier erfolgt auch die Tren- nung, wenn die Nadel abfällt; in bezug auf den Peridermhöcker des Nadelkissens, der gegen einen ähnlichen Höcker an der Blattbasis drückt, erinnern die Verhältnisse bei Keteleeria an Abies (Fig. 11). Pseudotsi((fa. Bei dieser Gattung behält, wie bei Picea, das Gewebe der späteren Trennungsschicht verhältnismäßig lange einen meristematischen Charakter. Die Sklerotisierung beginnt etwa 4 — 5 Wochen nach dem Aufbrechen der Knospen und zwar im Gewebe der Unterseite. Merkwürdigerweise wird nicht eine sich ganz hindurch ziehende Schicht von Sklerenchymzellen gebildet. Denn bei der ausgewachsenen Nadel zieht sich die aus dickwan- digen Zellen gebildete Trennungsschicht von unten her bis an das Gefäßbündel, oberhalb des Gefäßbündels setzt sie aus und erst etwa 4 — 6 Zellreihen vom Gefäß bündel entfernt tritt die Trennungsschicht wieder auf, um von hier bis zum oberen Rand der Nadel — auch wieder 4—6 Zellen breit — sich hinzuziehen. Diese eigentümlichen Verhältnisse sind in den Fig. 12 und 13 dargestellt. Untersuchungen über den Nadelfall der Koniferen. 633 a ^ ^ ;S =^ 'S M ^ t« =S t^ rj -O ^ "^ . q .2 fao ^ 5 » ^ "^ "S _^ O _o "Jo i, 'S IS -ö P^ Ä s w X «3 5? -^ 3 ;„ rt OJ 03 — 5 bo "S ^ i-t & «9 ^ H S :=? :<) 'rs ^3^ F. "W. Neger und J. Fuchs, Gerade an der Stelle, an welcher die Trennungsschicht nicht ausgebildet ist, setzt in dem darunter liegenden Gewebe eine be- sonders lebhafte Zellteilung und Korkbildung ein. Man hat den Eindruck, als ob dieses im ausgebildeten Zustand besonders dichte Korkgewebe dazu bestimmt wäre, die fehlende Trennungsschicht zu ersetzen. Die Innenwände der Epidermiszellen bleiben genau in der Höhe der Trennungsschicht unverdickt. Die Zellwände der Zartschicht sind auch hier sehr dünn. Das Lumen der Zellen der Trennungs- schicht ist bei Pseudotsuga — wie bei Äbies — mit kleinen Kalk- oxalatkristallen erfüllt. Etwa 4—5 Wochen nach der Fertigausgestaltung der Trennungs- schicht beginnen auch Zellen unterhalb der Trennungsschicht sich zu teilen und damit scheint der Vorgang seinen Anfang zu nehmen, den Stahl und Behrens als Lentizellenbildung (für Äbies) be- schrieben haben. Diese „Lentizelle" ist 3—4 Monate nach dem Austreiben der Knospen fertig; ihre Zellen stehen in unmittelbarem Zusammenhang mit dem oben erwähnten, die Lücke der Trennungs- schicht ausfüllenden Korkgewebe. Für die eigentümlichen im vorigen Kapitel geschilderten Vor- gänge des Nadelfalles bei Pseudotsuga, z. B. die Ablösung der jüngsten Nadeln in Wasser nach Vortrocknung, läßt sich auf Grund der Blattanatomie kaum eine Deutung geben. Tsuga. Zu der eingehenden Beschreibung, die Behrens von den Verhältnissen bei Tsuga canadensis gegeben hat, ist nur wenig hinzuzufügen. Die Trennungsschicht wird auch hier sehr früh, etwa 2 — 3 Wochen nach dem Beginn des Treibens, angelegt. Die braunen Inhalts- stoffe in den oberen Zellen der Trennungsschicht fehlen noch, werden aber schon in den nächsten Wochen ausgeschieden. Wie Behrens hervorhebt, ist bei Tsuga auch die Epidermis an der Trennungsschicht beteiligt (Fig. 14); dagegen erwähnt er nicht, daß unterhalb der Zellreihe mit braunem Inhalt noch eine Reihe ver- dickter Zellen vorhanden ist, die einen wesentlichen Bestandteil der Trennungsschicht ausmachen. Eine aktive Rolle beim Nadelfall scheinen die eigentümlich gestalteten Epidermiszellen, direkt unter der Trennungsschicht, mit ihren zur Längsachse schief gerichteten Querwänden zu spielen. Tlntersuchiingen über den Nadelfall der Koniferen. 635 Auffallend ist, daß nach dem Nadelfall die Oberfläche des Polsters stets eine konkave Wölbung erkennen läßt, die darauf hindeutet, daß hier eine Kontraktion des Gewebes stattgefunden hat. Die Oberfläche der gewölbten Blattnarbe ist von den stark verdickten Zellen gebildet, während die mit braunem Inhalt ver- sehenen Zellen gleichzeitig mit der Nadel abgestoßen werden. Die Peridermbildung der Achse beginnt etwa 4 — 5 Wochen nach der Triebentwicklung, also etwa Anfang Juli. Fig. 14. Tsuija canadensis. Nadel zweijährig. Zellen der Trennungsschicht mit braunen Massen erfüllt, darunter dickwandige Zellen und subepidernmles Korkgewebe, e = Epidermiszellen mit schiefen Wänden. Vergr. 140. CedruSf Larix^ JPseudolarioc. Bei Cedrus und Larix wird die Trennungsschicht schon sehr früh, nämlich etwa 2—3 Wochen nach dem Beginn des Treibens, fertig ausgebildet. Sie besteht bei beiden Gattungen aus skierotisierten Zellen, die deutliche Korkreaktion geben. Bei Cedrus sind sie denen der Trennungsplatte von Picea sehr ähnlich und wie diese getüpfelt. Bei Larix sind sie teils klein-, teils großlumig, weniger stark ver- dickt und weniger getüpfelt. Ein Unterschied zwischen Primär- 636 F. W. Neger und .1. Fuchs, nadeln und Kurztriebnadeln hinsichtlich der Trennungsschicht be- steht weder bei Larix noch bei Cedrus. Man ist wohl berechtigt — angesichts der verschiedenen Lebens- dauer der Nadeln bei Larix und Cedrus, erstere sommergrün, letztere immergrün — Unterschiede in der Ausbildung der Tren- nungsschicht zu erwarten. Nun bestehen solche zweifellos, aber sie sind eigentlich nicht derart, daß sie das verschiedene Verhalten zu erklären vermöchten. Bei Larix zieht sich die Trennungsschicht durch die ganze Nadel hindurch, d. h. sie erstreckt sich bis in die Epidermis; bei Cedrus bleibt die Epidermis un- verändert, d. h. die Tren- nungsschicht erstreckt sich nur bis an die Epidermis; bei Larix ist die Tren- nungsschicht von dem nach oben sich anschließenden Gewebe der Nadelbasis nicht scharf abgegrenzt, weshalb man zuweilen über die Mächtigkeit der Tren- nungsschicht im Zweifel sein kann; bei Cedrus grenzt die Trennungs- schicht äußerst scharf an eine aus sehr dünnwan- digen Zellen bestehende Zartschicht (Fig. 15 und 16). Das Auswachsen der Kurztriebe zu Langtrieben erfolgt sowohl bei Cedrus wie bei Larix etwa 4—5 Wochen nach der Entwick- lung der Maitriebe. Gleichzeitig tritt Peridermbildung an der Achse ein und dann besteht die Möglichkeit des Blattfalles. Über die Art der Ablösung bei der Lärche liegen Beobach- tungen von Mayr und Behrens vor, die sich aber bis zu einem gewissen Grad widersprechen. "Während Behrens die Sache so darstellt, daß der Abfall der Nadeln „durch ungleichmäßige Kontraktion im Gewebe des Blatt- Fig. 15. Cedims Deodara. 6 Wochen alte Nadel. Über der dickwandigen Tren- nungsschicht zartwandige Zellen. Das subepidermale Psriderm im Blattpolster läßt einen den Zentralstrang einhüllenden Parenchynizylinder übrig. Vergr. 105. Untersuchungen über den Nadelfall der Koniferen. 637 grundes" — also ähnlich wie bei Picea — zustande kommt, be- hauptet Mayr, daß der Abwurf die Folge der Bildung eines zweiten, innerhalb des Nadelkissens entstehenden Korkgewebes sei, welches „nach rückwärts und unter dem ins Blatt ausbiegenden Gefäßbündel entlang sich fortsetzt und das Gefäßbündel gewissermaßen unterbindet". Was die Behrens sehe Auffassung betrifft, so ist einzuwenden, daß bei Larix nicht nur die für Picea charakteristische hyaline Schicht oberhalb der skierotisierten Trennungsschicht fehlt, son- dern auch die zwischen beiden Schichten befindlichen zarten, zahn- förmigen Zellen, welche für den Nadelfall be- sonders große Bedeu- tung zu haben schei- nen, daß also auch der Nadelfall von Larix dem von Picea kaum an die Seite gestellt werden kann. In der Tat haften die Nadeln der Lärchen (Lang-, noch besser Kurztriebe) beträcht- lich besser als die der Picea -Arten (vgl. Her- barmaterial). Die Gat- tung Cedrus, deren Nadeln ähnlich leicht abfallen wie Fichten- nadeln, besitzt zwar auch keine hyaline Schicht, wohl aber, wie oben ausgeführt wurde, eine Schicht äußerst zartwandiger Zellen oberhalb der eigentlichen Trennungsschicht. Andererseits hat die wiederholte Untersuchung von Lärchen- nadeln bei Beginn des Abfalles (August 1914) ergeben, daß die Mayrsche Darstellung zu Recht besteht, d. h., daß noch vor dem Abfall ein zweites, im Nadelkissen verlaufendes Periderm entsteht^). 1) Nach Behrens (a. a. 0.) entstünde dieses zweite Periderm erst im Frühjahr nach dem Nadelfall. Fig. 16. Larix europaea. Primärnadel. Zustand in der grünen, noch nicht dem Abfall geweihten Nadel. Das subepidermale Periderm dringt nahe der Trennungsschicht bis an den Zentral- strang vor. Vergr. 105. 538 ^- ^- ^eger und J. Fuchs, Die Ablösung der Nadeln selbst erfolgt dann allerdings längs der vorgebildeten Trennungsschicht ^). Ob der weiterhin bestehende Unterschied zwischen Cedrus und Larix, daß bei letzterer Gattung das bald nach der Ausbildung des Blattes entstehende Periderra (des Polsters) sich bis an das Gefäßbündel unmittelbar unter die Trennungsschicht erstreckt (Fig. 16), während bei Cedrus ein den Zentralstrang umhüllender Grundgewebezylinder erhalten bleibt (Fig. 15), zu dem verschiedenen Verhalten der beiden Gattungen hinsichtlich des Blattfalles in irgend einer Beziehung steht, muß dahingestellt bleiben. Dagegen bereitet das abweichende Verhalten der Lärchen- primärnadeln, die bekanntlich überwintern und erst im Laufe des zweiten Jahres abfallen, der Erklärung keine Schwierigkeiten. Der anatomische Bau dieser Primärnadelu stimmt vollkommen überein mit demjenigen der später entstehenden sommergrünen Langtrieb- nadeln; aber das zweite — offenbar den Abfall bewirkende — Peri- derm entsteht hier eben verspätet, d. h. im Laufe des zweiten Jahres. So dürfte also der normale Nadelfall bei Cedrus hauptsächlich durch den Antagonismus zweier Zellschichten, der von Larix durch die Bildung des zweiten Periderms bestimmt werden. Nur beim vorzeitigen Nadelfall, z. B. nach dem Zustutzen der Nadelspreiten der Lärche, kommt Ablösung der Nadeln, ohne vorherige Bildung eines zweiten Periderms, längs der Trennungsschicht zustande, ebenso — wie selbstverständlich — an abgeschnittenen und ver- trocknenden Sprossen. Demnach wären bei der Lärche strenggenommen, zwei Arten von Nadelfall zu unterscheinen, nämlich ein solcher, der durch Peri der mbildung veranlaßt wird und ein solcher, der auch ohne Korkbildung vor sich geht. Dem durch Larix vertretenen Typus schließt sich die Gattung Pseudolarix, deren Nadeln gleichfalls sommergrün sind, im großen und ganzen an. Als auffallende anatomische Unterschiede können folgende er- wähnt werden: An die Trennungsschicht schließt sich nach unten eine Reihe von verdickten, deutlich getüpfelten Zellen an; nach 1) In den Zellen zwischen der ersten und zweiten Korkschicht entstehen jetzt nekrotische Massen von bräunlicher Färbung. Untersuchungen über den Nadelfall der Koniferen. 639 oben grenzen an die Trennungsschicht sehr zartwandige Zellen, so- wie ein das Gefäßbündel umhüllender Hohlzylinder von langge- streckten, getüpfelten, stark verdickten Zellen (Fig. 17). Das bald nach der Ausbildung der Nadel') entstehende pri- märe Periderm erstreckt sich aber bei Pseudolarix nicht bis an die Trennungsschicht, im Gegensatz zu Larix wo es sich bis an die Trennungsplatte fortsetzt (s. o.). Aber auch bei Pseudolarix wird der Nadelfall — wie bei Larix — durch ein unter dem primären Periderm auftretendes Fig. 17. Pseudolarix Kämpfen. Junge Nadel mit fertig ausgebildeter Trennungsschicht. Korkgewebe im Blattpolster noch nicht ausgebildet. Vergr. 100. neues Phellogen eingeleitet, welches einen Teil des Polsters samt dem Gefäßbündel abschnürt. (Diese beiden Korkgewebe sind in der beigegebenen Figur nicht dargestellt.) JPintfS. Wie die verwandten Gattungen Larix und Pseudo- larix nehmen auch die Pinus- Alten unter den Abietaceen eine Sonderstellung ein. Denn auch hier erfolgt die Ablösung durch Peridermbildung, allerdings bei den Primärnadeln und Kurztrieb- nadeln in verschiedener Weise. 1) Wenn auch etwas später als bei Larix. 640 Y. W. Neger und J. Fuchs, Untersuchungen über den Nadelfall der Koniferen. 641 Nur für letztere hat Behrens den Modus des Nadelfalles be- schrieben, von ersteren spricht er nicht. Die Ablösung der Primärnadeln wurde bei Pinus flexilis^) untersucht. Sie erfolgt in der Weise, daß das von unten nach oben fortschreitende Periderm der Achse sich zunächst in die Unterseite der Nadel fortsetzt (Fig. 18). In dem Maß, als sich das Achsenperiderm weiter gegen die Sproßspitze hin entwickelt, dringt dann auch von oben Periderm in die Nadel vor (Fig. 19). Schließlich vereinigen sich die beiden Korkgewebe in der Nadel und es kommt zur Abtrennung derselben. Fig. 20. Pinus silvestris. Kurztrieb. Abtrennung durch eine schmale Zone dünnwandiger Korkzellen an der ver- jüngten Insertionsstelle. Vergr. 40. Der Abwurf der Kurztriebe ist von Behrens bei F. sfrohus und von Höhnel (1878) bei F. Laricio, F. silvestris und F. pumi- lio untersucht worden. Beide Autoren fanden als Ursache der Ab- lösung in allen Fällen die Entstehung einer schmalen, dünnwandigen Korkschicht, genau an der Grenze von Kurz- und Langtrieb. Wir haben dem nichts hinzuzufügen, geben aber der Voll- ständigkeit halber eine bildliche Darstellung des Vorganges (Fig. 20). 1) Diese Art eignet sich hierfür besonders gut, weil sie sehr lang Primärnadeln «ntwickelt. Jahrb. f. wiss. Botanik. LV. 42 g^2 F- W- Neger und J. Fuchs, 3. Die Vernarbung. Ergänzend sei mit einigen Worten der Vorgang des Wund- schlusses an den Blattnarben gestreift. Derselbe erfolgt bei den Koniferen ebenso wie bei den Dikotylen durch Peridermbildung. Staby (1886) sagt hierüber: „Die Art und Weise den Blattnarben nach dem Abfall der Blätter den nötigen Verschluß zu geben, ist bei den Cycadeen, Koniferen und Dikotylen gleich " Nach unseren Beobachtungen erfolgt bei Picea, Cedrus, Tsuga^ Pseudotsuga Peridermbildung schon bald (meist 2—6 Wochen) nach dem Nadelfall. In einigen Fällen, z. B. bei Taxus, konnte schon nach 10 Tagen der Beginn der Peridermentwicklung beobachtet werden. Das zu- Fig. 21. Taxus baccata. Wundkorkbildung an der Nadelnarbe, 14 Tage nach der Abtrennung der Nadel. Vergr. 75» gehörige Kambium entstand regelmäßig in der 3.-4. Zellreihe unter der Narbenoberfläche; zum Schluß wird, wie schon Behrens bemerkt, auch dieses Gewebe durch den Korkmantel der Achse abgetrennt. Etwas abweichend verläuft die Wundkorkbildung bei Pseudo- tsuga. Das Kambium dringt von den Narbenrändern schief nach innen vor, so daß ein kegelförmiger Ausschnitt entsteht, dessen Spitze die Stelle bildet, an der das Gefäßbündel vom Korkgewebe abgeschnürt wird (ca. Vs — V2 mm von der Narbe entfernt). In diesem wie in den ähnlichen Fällen von Picea, Abies usw. schließt das Vernarbungsperiderm an das vorhandene Achsen- periderm an. Untersuchungen über den Nadelfall der Koniferen. 643 Bemerkenswert ist auch das Verhalten der Nadeln nach "Ver- wundung durch Abschneiden eines Teiles der Spreite. Der Wund- schluß erfolgt durch Ausscheidung von Wundgummi und durch Wundkork, letzteres namentlich nur bei hoher Luftfeuchtigkeit. Während der Winterruhe unterbleibt die Wundkorkbildung ganz, die Wundgummiausscheidung ist spärlich. Der Wundkork an den Nadeln der Eibe entsteht nicht wie sonst an Blättern in Form von Kallus (s. Küster, Pathol. Ana- tomie, 1903), sondern etwas unterhalb der Wunde als Phellogen, das nach außen Korkzellen bildet (Fig. 21). Zusammenfassung des I. Kapitels. In weitaus den meisten Fällen wird der Nadelfall durch Wasser- verlust — sei es infolge direkter äußerer Einflüsse, sei es infolge von Altersschwäche — veranlaßt. In einzelnen Fällen sind besondere Faktoren wirksam, z. B. Mazeration (bei Pseudotsuga), in anderen Fällen unterbleibt der Nadelfall ganz, mangels einer Trennungsschicht (Eibe z. T.), oder wenn das Gewebe des Blattpolsters und der Nadelbasis infolge Vertrocknung gleichmäßig schwinden (Ahies). Eine Trennungsschicht wird entweder nachträglich angelegt (Taxus) oder schon bei der Entwicklung der Nadeln (die meisten Abietaceen, außer Pinus). Am vollkommensten ist die Einrich- tung des Nadelabwurfs bei Picea: etwas einfacher bei Cedrus und Tsuga. Ahies und Keteleeria haben eine Trennungsschicht, deren Zellen reich sind an Luft und Kalziumoxalat. Bei Pseudotsuga ist die Trennungsschicht unterbrochen. Bei Larix und Pseudolarix erfolgt der Nadelfall durch ein sekundär entstehendes zweites Hypoderm, aber entlang der Trennungsschicht. Bei allen übrigen Nadelhölzern (Taxodiaceen , Cupressaceen usw., sowie bei Pinus) wird ein Periderm zur Abstoßung der Nadeln angelegt. 42* g44 F. W. Neger und J. Fuchs, II. Kapitel. Die Frosttrocknis (oder Frostschütte) der Fichte (und anderer Nadelhölzer). Es ist oben davon die Rede gewesen, daß einer der vorberei- tenden bezw. auslösenden Faktoren des Nadelfalles der Frost sein kann: Frostlaubfall. Wiesner, der die Bezeichnung Frostlaubfall geprägt hat (1905), denkt allerdings hauptsächlich an verfrühten herbstlichen Laubfall infolge von Frühfrost und behandelt vorwiegend den Frostlaubfall der Laubhölzer. Weit häufiger aber als bei Laubhölzern und als im Spätherbst macht sich der Frostlaubfall geltend an vielen Nadelhölzern und in der Zeit der frühjährlichen Kälterückschläge, also bei Spätfrösten. Man bezeichnet diesen Vorgang gern auch — wegen der Massenhaftigkeit der abgeworfenen Nadeln — als Schütte (Frost- schütte) oder auch, weil die betreffenden Organe den Eindruck der Vertrocknung machen, als: Frosttrocknis. Dabei ist zu beachten, daß sehr ähnliche Erscheinungen auch durch Pilze — Lophodermium -Avten — veranlaßt werden. Von diesen letzteren soll hier natürlich nicht die Rede sein. Vielmehr wird uns im folgenden nur jener Vorgang beschäftigen, für welchen Parasiten nicht verantwortlich zu machen sind. Die Ansichten über die Ursachen der Frostschütte (Frost- trocknis) sind zurzeit nicht geklärt. Der Name drückt allerdings ohne weiteres aus, daß Frost in irgend einer Weise daran be- teiligt sei. Wie aber im einzelnen der ganze Vorgang sich abspielt, das ist keineswegs sicher entschieden. Es sind verschiedene Versuche zur Erklärung dieses Phänomens gemacht worden. Die am meisten in Aufnahme gekommene Deutung stammt von Ebermayer (1873). Sie geht im wesentlichen dahin, daß im ersten Frühjahr, wenn der Boden noch gefroren ist, die ober- irdischen Organe (Nadeln) aber schon einer sehr starken Insolation unterliegen, ein Mißverhältnis zwischen Wasseraufnahme und Wasser- abgabe entsteht, welches schließlich zu einer Vertrocknung der Nadeln führt. Die im gefrorenen Boden befindlichen Wurzeln sind noch nicht fähig Wasser aufzunehmen, während in den Nadeln — unter dem Einfluß starker Insolation — eine der- Untersuchungen über den Nadelfall der Koniferen. 645 artige Verdunstung stattfindet, daß die letzteren erkranken und absterben ^). Die Ebermay ersehe Hypothese klingt namentlich überzeugend für den Fall, daß an mehrjährigen Trieben gerade die jüngsten, d. h. einmal überwinterten Nadeln absterben , die ein Jahr älteren nahezu gesund und die noch älteren vollkommen gesund bleiben. Man könnte sich vorstellen, daß die Nadeln um so mehr der Vertrocknung (bei gefrorenem Boden) ausgesetzt seien, je jünger sie sind. Gegen die von Ebermayer vertretene Auffassung, die vieles für sich hat**), wandte sich H. Mayr (1909) mit einer anderen Erklärung, deren Kernpunkt ist, daß infolge von Kältestarre die Chlorophyllkörper nicht die Schutzstellung annehmen können und daher durch Insolation getötet werden^). Die Mayr sehe Hypothese^) klingt a priori wenig überzeugend, insbesondere wenn es sich darum handelt, zu erklären, warum — wie oben ausgeführt wurde — die jüngeren Nadeln häufiger und leichter der Frosttrocknis erliegen als die älteren (des gleichen Triebes). Eine experimentelle Prüfung hat die Frage der Nadelschütte der Koniferen vor kurzem von Hausrath (1913) erfahren; aller- dings kann dabei höchstens von einem orientierenden Versuch, nicht aber von einer entscheidenden Untersuchung die Rede sein. 1) In ähnlicher "Weise wird die in Nordamerika häufig auftretende frühjährliche Blattdürre der Koniferen zu erklären gesucht (s. Zeitschr. f. Pflanzenkrankh., 1908). 2) Mit Recht wandte allerdings schon Holzner (1877) dagegen ein, daß, wenn es sich um eine einfache Vertrocknung der Kiefernnadeln handelte, nicht einzusehen ist, wie die Rötung in so kurzer Zeit (oft nach 2 — 3 Tagen) zustande kommen kann. Holzner hält daher eine direkte Frostwirkung, d. h. plötzlichen Frosttod, für die Ursache der — nicht parasitären — Nadelschütte, eine Auffassung, welche durch den Erfolg unserer Versuche sehr gestützt wird. 3) Daß Chlorophyllkörper durch eine supramaximale Lichtintensität getötet werden können, ist zweifellos. Allem Anschein nach ist das Chlorophyll in dieser Hinsicht sogar weit empfindlicher als das übrige Zellplasma (vgl. Pringsheim, 1879). Ob aber in den überaus derben, mit einer dicken Epidermis und Cuticula ver- sehenen Nadeln der Fichte jemals eine derartig intensive Lichtwirkung zustande kommen kann, daß die Chloroplasten geschädigt oder gar getötet werden — selbst wenn sie zu- fällig die Flächenstellung einnehmen — , kann als fraglich gelten. 4) An einer anderen (älteren) Stelle (1903) vertritt Mayr allerdings die Ansicht, „daß es weder eine Frost- noch eine Vertrocknungsschütte gebe", sondern alle Schütte- erkrankungen — wenigstens bei der Kiefer — auf Pilzinfektion zurückzuführen seien. Mit dieser Auffassung wird Mayr wohl nicht viel Beifall finden. ß^g F. W. Neger und J. Fuchs, Hausrath stellte sich die Aufgabe, zu ermitteln, welcher von den beiden oben genannten Erklärungsversuchen — der Eber- raayersche oder der Mayrsche — mehr Anspruch auf Glaub- würdigkeit habe. Der Versuch wurde in der Weise angestellt, daß eingetopfte Fichten (dreijährig) und Kiefern (einjährig) durch starke Belich- tung in den Zustand der Profilstellung der Chlorophyllkörner ge- bracht worden (so daß die von Mayr ins Auge gefaßte Tötung der Chlorophyllkörner überhaupt nicht eintreten konnte), dann die Pflanzen in Gefrierkisten versetzt und schließlich der Zimmer- temperatur (16 '^ C) ausgesetzt wurden. Kontrollpflanzen (Fichte und Kiefer) befanden sich unter gleichen Verhältnissen, nur daß der Boden nicht gefroren und überdies regelmäßig bewässert wurde. Der Erfolg war ungleich. Während die Fichten keinerlei Schädi- gung erkennen ließen, trat an der in der Gefrierkiste befindlichen Kiefer Frostschütte ein, wohingegen die Kontrollkiefer gesund blieb. Es wäre gewagt, aus diesen wenigen und nicht genügend lang ausgedehnten Versuchen allgemeine Schlüsse zu ziehen. Für die Fichte, mit welcher wir uns hauptsächlich beschäftigt haben, können wir den Befund Hausraths nur bestätigen, wie aus folgendem hervorgeht. Eigene Versuche, die Frosttrocknis bei der Fichte künstlich zu erzeugen. Es wurde dabei zuerst versucht, die Frosttrocknis nach den von Ebermayer bezw. Mayr gegebenen Erklärungsweisen zu be- wirken. 1. Verdunstung der Triebe bei gefrorenem Boden. Im gut geheizten Vegetationshaus wurden Fichtentopfpflanzen mit dem Topf in eine Kältemischung gesetzt, während gleichzeitig die Luft des Versuchshauses durch Ventilatoren andauernd in Be- wegung gehalten wurde. Dieser Versuch wurde tage-, z. T. sogar wochenlang fortgesetzt, ohne jegUchen Erfolg. Trotzdem daß im Boden andauernd sehr niedrige Temperatur herrschte (zeitweise mehrere Grade unter 0, bis höchstens -\- 1 '^ C), trat keine Nadel- schütte ein^). 1) Bei einem anderen Versuch, der gleichfalls vollkommen ergebnislos verlief, wurde durch ein mit gespannten Wasserdämpfen gefülltes Röhrensystem eine starke Er- Untersuchungen über den Nadelfall der Koniferen. 647 Es wurden dann neue Versuche in folgender Modifikation an- gestellt: Die Versuchspflanzen befanden sich wieder in Gefrierkisten (bei 2— 3*^ Kälte), während auf die oberirdischen Organe mittels des Föhnapparates ein warmer Luftstrom gelenkt wurde. Wenn die Temperatur unter 35** blieb, trat kein Absterben der Nadeln ein. Bei höherer Temperatur allerdings (40 — 50° C) wurde Ab- sterben der Nadeln beobachtet — aber offenbar infolge supra- maxiraaler Erwärmung. Denn Kontrollfichten, d. h. Pflanzen, deren Wurzelsystem nicht gefroren war, sondern Zimmertemperatur hatte und begossen wurde, zeigten die auf Tötung hinweisende Nadel- verfärbung bei der gleichen Temperatur. Demnach dürfte die Ebermayersche Erklärung der Nadel- schütte nicht oder nur in extremen Fällen zutreffen. Eigentlich war uns dieses Resultat nicht überraschend. Die Voraussetzung für die Richtigkeit der Ebermayerschen Hypothese ist — wie oben ausgeführt wurde — , daß an einem mehrere Nadel- jahrgänge umfassenden Trieb die jüngsten, d. h. einmal überwinter- ten Nadeln bei Wassernot schneller austrocknen als die älteren. Dies ist aber nicht der Fall. Wie in einer früheren im hiesigen Institut ausgeführten Arbeit (1914) dargelegt wurde, ist bei Wassernot die Wasserabgabe um so geringer, je jünger eine Fichtennadel ist. Um dies durch einige Zahlen zu belegen, seien jener Arbeit folgende Angaben entnommen. (Die Wasserabgabe ist dabei nicht auf das Gewicht der Zweige bezogen, sondern auf das in denselben überhaupt enthaltene Wasser, d. h. von dem vorhandenen Wasser- gehalt sind in bestimmten Zeiten so und so viel Gramm Wasser abgegeben worden; diese Zahl wurde als spezifische Transpiration bezeichnet. Über die Methode, die bei der Ermittelung dieser Zahlen verfolgt wurde, siehe die zitierte Abhandlung.) Fichte (21. XII. 1911). Spezifische Transpiration nach 24 Stunden . . . «48 „ ... Triebe mit 1 jährigen 2jährigen Nadeln 8,73 Vo 11,27 Vo 2,02 „ 17,56 „ wärmung der die oberirdischen Teile umgebenden Luft erzielt. Allerdings krankte dieser Versuch auch daran, daß das Wurzelsystem nur schwer auf tiefer Temperatur zu halten war. Triebe mit 1 jährigen 2jährigen 3 jähr. Nadeln . 9,45 7o 11,68 % 12,84% . 12,93 „ 16,27 „ 17,58 „ ß43 F. W. Xeger und J. Fuchs, Fichte (11. I. 1912). Spezifische Transpiration nach 24 Stunden . „ 48 Ähnliche Unterschiede (in der spezifischen Transpiration) wurden für die verschiedenen Nadeljahrgänge bei der Tanne, Eibe, Kiefer und anderen Nadelhölzern gefunden. Die Erklärung für diese auf den ersten Blick etwas über- raschende Tatsache, daß die älteren (meist derberen) Nadeln mehr Wasser verlieren sollen als die jüngeren, etwas zarteren, ist ein- fach in der geringeren Beweglichkeit des Spaltöffnungsapparates der älteren Nadeln zu suchen. Mit Hilfe der Evakuation- Infiltrationsmethode (Neger, 1912) läßt sich nämlich leicht nachweisen, daß die Beweglichkeit der Stomata mit zunehmendem Nadelalter abnimmt, d. h. ein voll- kommener Spaltöffnungsschluß findet bei Wassermangel nur an den jüngsten Nadeln (der Tanne, Fichte, Eibe) statt, während ältere Nadeln bei Wassernot ihre Stomata nicht mehr vollkommen schlie- ßen können. Aus alledem geht hervor, daß die Ebermayersche Hypothese der Frostschütte für den speziellen Fall, in welchem die jüngsten (einjährigen) Nadeln vertrocknen, während die älteren grün bleiben, der physiologisch- anatomischen Grundlage entbehrt, und wir dürfen uns nicht wundern, wenn diesbezügliche Versuche, die Frostschütte nach Ebermayer künstlich zu erzeugen, erfolglos bleiben. 2. Versuche, die Frostschütte entsprechend der Mayr- schen Hypothese (s. o.) künstlich hervorzurufen. Auch hier wurde hauptsächlich mit Fichte operiert. Einge- topfte Pflanzen wurden einige Wochen in einem mäßig kühlen Raum bei gedämpfter Beleuchtung gehalten, damit die Chlorophyllkörner die Schattenstellung annehmen. Hierauf wurden sie bei tiefer Wintertemperatur ins Freie gestellt und zwar so, daß sie niemals von direktem Sonnenlicht getroffen werden konnten. Nachdem so die Kältestarre erreicht war, wurden die Pflanzen an einem klaren, verhältnismäßig warmen Wintertag den direkten Sonnenstrahlen ausgesetzt. Untersuchungen über den Nadelfall der Koniferen. 649 In keinem einzigen Fall trat die für Frosttrocknis charakte- ristische Erscheinung des Absterbens der jüngeren Nadeljahrgänge ein, was ja auch a priori kaum zu erwarten war (s. o.). Dieselben blieben ebenso gesund und grün Avie die älteren. Es kann somit die Mayrsche Hypothese über das Zustande- kommen der Frosttrocknis als nicht zutreffend bezeichnet werden. 3. Tatsächliche Ursache der Frostschütte. Den ersten Anlaß zur Ermittelung der wahren Ursache der Frostschütte gab eine Beobachtung, die früher im Rauchversuch- haus zu Tharandt gemacht worden war. Im Frühjahr 1913 wurden Fichten (in Töpfen) ins geheizte Zimmer gebracht und dann, wenn sich das Leben in den Trieben eben zu regen begann, einer sehr verdünnten Atmosphäre von SO2 ausgesetzt. Es zeigte sich nun, daß nur die jüngsten Nadeljahrgänge durch SO2 geschädigt wurden, während die älteren durchaus gesund blieben. Ausgehend von der Erkenntnis, daß die schwefelige Säure auf ruhende Organe weit geringeren schädlichen Einfluß hat, als auf in Assimilationstätigkeit befindliche') (vgl. die a. a. 0. be- schriebenen Versuche mit Elodea mnadensis), dürfte obiger Be- fund so gedeutet werden, daß die jüngeren Nadeljahrgänge früher zur Lebenstätigkeit erwachen und eben deshalb gegen SOa emp- findlicher seien als die älteren. Wenn dies wirklich zutrifft, so mußte auch anderen lebensfeind- lichen Faktoren gegenüber ein ähnlich verschiedenes Verhalten nachzuweisen sein. Es wurden daher abgeschnittene, aber noch nicht ausgetriebene Zweige von Fichten, welche den Zustand des Erwachens zur Vege- tation dadurch dokumentierten, daß einzelne Knospen schon aus- schlugen, einer Kältemischung von — (8 — 10*^) C mehrere Tage lang ausgesetzt. Nach dem Herausnehmen der Zweige wurden die einzelnen Nadeljahrgänge mittels Plasmolyse untersucht und gefunden, daß die Schädigung durch Frost am intensivsten war bei den jüngsten, d. h. einmal überwinterten Nadeln, während mit zunehmendem Alter ein immer geringerer Grad von Störung der Lebensfähigkeit nach- zuweisen war. 1) Daß also die schwefelige Säure gewissermaßen ein überaus empfindliches Re- agens auf Assimilationstätigkeit darstellt. gKA F. "W. Neger und J. Fuchs, "Wenn die so behandelten Zweige nun dem Liebt ausgesetzt wurden, dann färbte sich der jüngste Nadeljahrgang fuchsrot, die zweijährigen Nadeln nahmen eine bräunliche Farbe an, während die noch älteren Nadeln grün blieben. Es war somit auf künstlichem Wege das gleiche erreicht worden, was bei der sog. Frostschütte regelmäßig auftritt, nämUch Fig. 22. Fichtenzweig, im Mai 1914 (vor dem Austreiben) einer Kälte- niischung von — 8 — 19 "C ausgesetzt. Die Nadeln von 1913 größtenteils erfroren, weniger die von 1912, am wenigsten die von 1911. eine Tötung der jüngsten (einmal überwinterten) Nadeln, bei ge- ringer oder ausbleibender Schädigung der älteren. Da sich dieser Unterschied direkt nur mittels Farbenphoto- graphie zum Ausdruck bringen ließe, so wurde so lange gewartet, bis die abgestorbenen Nadeln zum Abfallen reif waren, und dann der betreffende Zweig mittels gewöhnlicher Photographie zur An- schauung gebracht (Fig. 22). Untersuchungen übei- den Nadelfall der Koniferen. 651 Was sich aus diesen Versuchen, die mit gleichem Erfolg mehr- fach wiederholt wurden, mit einiger Sicherheit ergibt, ist folgendes: 1. Das Erwachen zur Lebenstätigkeit erfolgt in den einzelnen Nadeljahrgängen verschieden früh, zuerst in den vorjährigen Nadeln, dann in den 2-, 3- usw., n-jährigen Nadeln. Dem- entsprechend werden durch Spätfröste am intensivsten die jüngeren Nadeljahrgänge, weniger oder gar nicht die — noch nicht erwachten — älteren geschädigt. 2. Die Erscheinung der Frostschütte ist keine Folge von übermäßiger Verdunstung der jüngsten Nadeln — bei ge- frorenem Boden — , auch nicht die Folge der Tötung von Chlorophyll durch zu intensives Licht — bei Unfähigkeit die Profilstellung anzunehmen — , sondern eine besondere Form von Spätfrostwirkung, die sich vorwiegend (zuweilen sogar ausschließlich) auf die jüngeren Nadeljahrgänge er- streckt^). Es ist hier der Platz, einer Untersuchung zu gedenken, die vor kurzem von Winkler (1913) im Pfefferschen Laboratorium ausgeführt worden ist. In dieser Arbeit versucht der Verfasser — ebenso wie wir — die Widerstands- fähigkeit der einzelnen Nadeljahrgänge gegen Frost zu ermitteln. Merkwürdigerweise kommt er zu Kesultaten, die unter sich sehr wenig Übereinstimmung zeigen. So findet "Winkler bei seinem Versuch vom 20. Juni, daß die einjährigen (d. h. neugebildeten) Nadeln von Pinus pumilio , F. laricio und Picea pungens bei — 4 " C getötet werden, während in dem 6 Tage später angestellten Versuch (26. Juni) die neugebildeten Nadeln der drei genannten Holzarten bei einer Temperatur von — 6" C lebend geblieben sein sollen, die 3jährigen Nadeln aber getötet worden wären. Unter Nichtberücksichtigung der Kesultate des Versuches vom 20. Juni zieht "Wink 1er dann aus dem Versuch vom 26. Juni den Schluß, daß einjährige (d. h. dies- 1) Unter dieser Voraussetzung wird auch das lokale und zeitliche Auftreten der Frostschütte der Nadelhölzer (bes. Fichte) durchaus verständlich. Bekanntlich sind es namentlich Süd- und Westlagen, an welchen die Nadelschütte beobachtet wird, fast niemals Nordlagen. Ferner zeigt sich die Erscheinung am stärksten in trockenen Frühjahren, wenn März und April durch helle, warme Tage und darauf- folgende kalte Nächte ausgezeichnet sind. Unter diesen örtlichen und jahreszeitlichen Verhältnissen erwachen die jüngsten Jahrestriehe schneller zur Lebenstätigkeit als die älteren, die länger in der "Winterruhe verharren. Die erste Frostnacht schädigt dann nur die jüngsten, läßt dagegen die älteren Nadeln unberührt. Die scharfe Scheidung zwischen getöteten und lebend gebliebenen Jahrestrieben, wie sie häufig zu beobachten ist, kann auf andere als die angegebene "Weise kaum erklärt werden. gg2 F. W. Neger und J. Fuchs, jährige) Nadeln von Bergkiefer, Schwarzkiefer und Stechfichte kälteresistenter seien als mehrjährige. Zwischen den einzelnen Jahrgängen der überwinterten Nadeln, d. h. zwischen vorjährigen und noch älteren Jahrgängen fand Winkler überhaupt keinen Unterschied^). Die Resultate Winklers sind nicht entscheidend. Abgesehen davon, daß sie durch den Mangel an Übereinstimmung untereinander mit Mißtrauen erfüllen müssen, stehen sie z. T. in direktem Gegen- satz mit unseren Erfahrungen. Auch bei einigen unserer Versuche war ein Teil der Fichten- triebe schon ausgeschlagen und deutlich zeigte sich, daß die jüngsten, d. h. diesjährigen, Nadeln durch den Frost stark beschädigt waren, desgleichen die Nadeln des vorigen Jahrgangs, die älteren aber um so weniger, je höheres Alter sie hatten. Von den diesjährigen Trieben (Maitrieben) waren am wenigsten jene beschädigt, welche noch fast in der Knospe steckten oder wenigstens nur wenig weit ausgetrieben hatten, während diejenigen, welche schon eine beträchtliche Länge erreicht hatten, ausnahms- los getötet waren. Wir können deshalb die Ansicht Winklers, nach welcher die jüngeren Blätter der Immergrünen kälteresistenter seien als die älteren, in keiner Weise teilen. Dies ist auch schon insofern unwahrscheinlich, als die Kälte- resistenz mit dem Wassergehalt in einer gewissen Beziehung stehen dürfte, derart, daß die wasserärmsten Organe auch die kälte- resistentesten sind. Der Wassergehalt der Koniferennadeln nimmt aber mit dem Alter ab^). So ergaben eine Reihe von zu verschiedenen Jahres- zeiten angestellten Wasserbestimmungen folgende Werte: Fichte (I, 1912). Mittelwerte aus zwei Versuchsreihen: Ijährig 57,0 7o, 2jährig 55,22 „ 3 jährig 5:3,8 „ Tanne (I, 1912). Desgl.: 2jährig 56,92 %, Sjährig 56,17 „ 4— Sjährig 55,29 „ 1) Nur in dem Versuch Tab. XI (2. März) werden Unterschiede im Verhalten der einzelnen Nadeljahrgänge (von mehr als 1 Jahr) festgestellt. Indessen sind die Ergeb- nisse dieses Versuches wenig geeignet, um daraus allgemeine Schlüsse ziehen zu lassen, indem bald die älteren, z. B. dreijährigen (Pmws- Arten), bald die jüngeren (Torreya, Taxus) Nadeln größere Frosthärte an den Tag legten. 2) Vgl. auch die Ausführungen Wiesners (1905) u. a. hierüber. Untersuchungen über den Nadelfall der Koniferen. 653 Eibe (I, 1912). Mittelwerte aus drei Versuchsreihen: 1 jährig 62,2 %, 2 jährig 61,28 „ Kiefer (XI, 1911) Desgl.: 1 jährig 57,44%, 2jähng 57,02 „ Ahnliche Unterschiede wurden für verschiedenalte rige Blätter immergrüner Laubbäume gefunden (z. B. Hex aquifolium). Mittel- werte aus zwei Versuchsreihen: Ijährig 60,0%, 2jährig 58,4 „ Es ist aber klar, daß die Konzentration des Zellsaftes um so größer sein wird, je wasserärmer die betreffenden Organe sind. Demnach muß die Konzentration des Zellsaftes in älteren Nadeln größer sein als in jüngeren*) — abgesehen davon, daß die ersteren auch absolut reicher sind an Salzen — - und dementsprechend sind erstere bei gleichen Kältegraden weniger gefährdet (durch Eis- bildung im Innern der Zellen) als letztere. Nach den neuesten Untersuchungen von Maximow (1914) darf ja wohl als sicher angenommen werden, daß die Pflanze nicht von der niedrigen Temperatur an sich — nicht vom spezifischen Temperaturminimum — abgetötet wird, sondern von den physiko- chemischen Veränderungen, welche im Plasma unter dem Einfluß des sich bildenden Eises eintreten, indem letzteres nicht nur eine wasserentziehende, sondern auch eine mechanisch -koagulierende Wirkung auf die Plasmakolloide ausübt. Die Rotfärbung der Koniferennadein. Nachdem so festgestellt war, daß die einzelnen Nadel- jahrgänge — namentlich in der Zeit des Erwachens zur Lebens- tätigkeit — einen verschiedenen Grad von Empfindlichkeit gegen- über der Abkühlung unter O*' zeigen, wurde noch untersucht, auf welche Faktoren die eigentümliche fuchsrote Färbung zurückzu- führen sei, welche unter Umständen bei verschiedenen Nadelhölzern auftritt. 1) Solange noch keine Kückwanderung der Salze aus den Nadeln in die Achse stattgefunden hat. 654 F- ^- Neger und J. Fuchs, Der Umstand, daß sich dieselbe nicht immer, sondern nur unter ganz bestimmten Verhältnissen einstellt, ließ die Vermutung aufkommen, daß jene Färbung von der Art der Todesursache ab- hänge. Besonders auffallend und häufig wird sie (außer bei Frost- trocknis) auch bei der Einwirkung heißer Luft auf die Fichten bezw. Tannennadeln — z. B. in der Nähe von Lagerfeuern im Wald — beobachtet. Alle Versuche, die intensive Nadelrötung mit bestimmten Todesursachen in Beziehung zu bringen, erwiesen sich als trüge- risch. Sie kann nämlich nach jeder beliebigen Todesursache ein- treten, vorausgesetzt, daß folgende Bedingungen verwirklicht sind: Intensive Lichtwirkung. Anwesenheit von Wasser und Sauerstoff, Die Nadelrötung ist ein postmortaler Vorgang, der mit der Todesursache in keiner Beziehung steht. Es ergibt sich dies aus folgenden Versuchen: a) Versuche mit Frost. Eben austreibende Zweige von Fichte, Tanne und Douglas- tanne wurden, nachdem sie 6 Tage einer Kältemischung von — 6 — 8*' ausgesetzt waren, in Wasser eintauchend teils der Sonne ausgesetzt, teils in einen Dunkelraum gebracht. Von Fichte und Tanne wurden außerdem je ein Zweig trocken (d. h. nicht in Wasser eintauchend dem Licht, bezw. der Dunkelheit ausgesetzt). (18. V.) Am 20. V., also nach 2 Tagen, hatten die der Sonne ausge- setzten Triebe von Tanne, Fichte und Douglastanne eine fuchsrote Färbung angenommen, die sich im Laufe der nächsten Tagen noch steigerte und annähernd gleich stark war, bei den in Wasser ein- tauchenden wie bei den trockenstehenden Trieben. Hingegen hatten die im Dunkeln befindlichen Zweige ihre fahl gelbgrüne Farbe beibehalten und änderten dieselbe auch nicht, so- lange sie im Dunkelraum blieben. Wenn dann nachträglich (d. h. nach 5 Tagen) die bis dahin dunkelgehaltenen Zweige dem Sonnen- licht ausgesetzt wurden, trat die fuchsrote Färbung ein, soweit die Nadeln noch Wasser enthielten (d. h. bei den in Wasser eintau- chenden). Wo hingegen schon vollkommene Eintrockung der Nadeln und Triebe stattgefunden hatte, da bheben die ersteren auch bei voller Sonnenbestrahlung dauernd fahlgrün und fielen schheßlich ab. Untersuchungen über den Nadelfall der Koniferen. 655 Dieser Versuch zeigt, daß die durch die Frostwirkung getöteten Nadeln (Tod durch Plasmolyse nachgewiesen) sich nur röten, wo sie — unter Anwesenheit von Wasser — dem direkten Sonnenlicht ausgesetzt sind. b) Versuch mit Föhnapparat. Am 22, V. 1914 wurden abgeschnittene Fichtentriebe in eine weite Glasröhre (Lampenzylinder) gebracht und durch diese Röhre der heiße Luftstrom eines Föhnapparates geleitet (60 — 70*^), etwa 1 — 2 Minuten lang. Infolge dieser Behandlung war in den meisten Nadeln augenblicklich der Tod eingetreten (Plasmolysereaktion). Die Zweige wurden dann teils in Wasser tauchend, teils trocken dem Licht, bezw. vollkommener Dunkelheit ausgesetzt. Erfolg wie bei a., d. h.: Die dem Licht ausgesetzten Nadeln wurden fuchsrot und zwar um so intensiver, je wasserreicher die Triebe waren und je länger die Lichtwirkung andauerte. Die im Dunkelraum befindlichen Triebe blieben immer grün. Aber auch diese färbten sich rot, wenn sie nachträglich dem Licht ausgesetzt wurden, aber nur insoweit sie wasserhaltig waren. Die im Dunkelraum vollkommen ausgetrock- neten Triebe behielten nun auch im vollen SonnenHcht ihre grüne Färbung bei. c) Diese Versuche wurden, mehr oder weniger modifiziert, viel- fach wiederholt und stets mit demselben Erfolg. So wurde als Todesursache Brühen in kochendem Wasser (1 — 2 Minuten) oder in überhitztem Wasserdampf (1 — 2 Minuten), ferner verschiedene giftige Gase, namentlich SO2, angewendet. Auch wurde der Versuch mit dem Föhnapparat in der Weise angestellt, daß der Föhnluftstrom auf einzelne Zweige lebender be- wurzelten Pflanzen (nicht abgeschnittene Triebe) gerichtet war (Fichte, Tanne, Eibe, Douglastanne, Tsuga, Zeder). Dann wurden einzelne der so getöteten Zweige in eine Düte aus schwarzem Papier gebunden, die anderen unverändert gelassen und die Pflanzen in die Sonne gesetzt. In allen Fällen trat intensive Rötung an den dem Licht ex- ponierten Zweigen ein, während die verdunkelten dauernd fahlgrün blieben^). Wenn dann die schwarzen Düten weggenommen wurden, so 1) An diesen wurde nur Rötung der Schliei3zellen (mikroskopisch) nachgewiesen. g56 F. W. Neger und J. Fuchs, trat auch an den bisher verdunkelten Trieben Rotfärbung ein, so- fern die Triebe mit der Pflanze in Verbindung blieben d. h. von dort her noch andauernd — wenn auch schwach — mit "Wasser versorgt wurden. Wurden dagegen verdunkelte Zweige nachträglich abgeschnitten, so daß die ohnehin schon wasserarm gewordenen Nadeln von der weiteren Wasserzufuhr abgeschnitten wurden und demgemäß schnell vertrockneten, so blieb auch die Rotfärbung aus. Daß zur Rötung abgestorbener Koniferennadeln schließlich auch Sauerstoüf nötig ist, ging aus folgendem Versuch hervor: Durch Föhn (60 — 70", 1 Minute) getötete Fichtenzweige wurden in ein Glasgefäß gebracht, welches zur Hälfte mit Wasser gefüllt war, so daß nur ein Teil der Zweige in Wasser eintauchte, während der obere Teil herausragte, aber von einer mit Wasser- dampf gesättigten Atmosphäre ungeben war. Das Gefäß wurde dann ins Sonnenlicht gestellt. Nach einigen Tagen hatte sich der aus dem Wasser heraus- ragende Teil der Fichtentriebe fuchsrot gefärbt, während die Farbe der untergetauchten Nadeln (fahlgrün) nur wenig verändert war. Offenbar hatte das umgebende Wasser, in welchem — infolge der Entwicklung einer Mikroorganismenwelt — bald Sauerstoffmangel eintrat, die Nadeln vor der Einwirkung des Sauerstoffs geschützt und daher die Rötung verhindert, obwohl die beiden anderen da- für erforderlichen Faktoren, Feuchtigkeit und Licht, vorhanden waren. All diese im Laboratorium gemachten Erfahrungen stehen in Einklang mit den verschiedenen Beobachtungen, die in der Natur gemacht werden können. Am auffallendsten ist die fuchsrote Färbung der Fichtennadeln (und anderer Koniferen) wenn die Todesursache ein plötzlich wir- kender Faktor ist — Frost, Überhitzung durch Feuerbrand, mecha- nische Verletzung — . In diesem Falle sind die Nadeln noch ver- hältnismäßig wasserreich und die Rötung kann am Licht eintreten. Offenbar ist die Wasserversorgung selbst abgetöteter Zweige vom gesunden Teil einer bewurzelten Pflanze her nicht unbeträchtlich, so daß also das zur Entstehung der Rötung nötige Wasser zur Ver- fügung steht. Dies ging aus dem S. 15 beschriebenen Nebenver- such hervor. Anders verhalten sich Fichtentriebe, welche eines langsamen Todes sterben, z. B. infolge von Wassernot (Dürre). Dieselben verlieren während des „Auslebens" so viel Wasser, daß, wenn der Untersuchungen über den Nadelfall der Koniferen. 657 Tod schließlich eingetreten ist, das zur Rötung nötige Wasser nicht mehr ausreicht. Daß Herbarpflanzen (Fichte, Tanne usw.) niemals jene leuch- tend rote Färbung zeigen, mag teils auf den Wassermangel, teils auf das Fehlen der Lichtwirkung zurückzuführen sein. Umgekehrt erklärt sich die Erfahrung, daß gerade im Winter an abgeschnittenen Fichtenzweigen die Lichtseite oft leuchtend -rot gefärbt ist, auf einfache Weise dadurch, daß infolge der niedrigen Temperatur die Wasserabgabe sehr langsam erfolgt^). Wenn im Sommer bei hoher Temperatur Fichtenzweige abgeschnitten und der Vertrockung (im Licht) preisgegeben werden, so erfolgt sehr bald Nadelfall (starker Wasserverlust), aber die Rötung bleibt in der Regel aus oder ist jedenfalls lange nicht so intensiv wie im Winter. Daß ferner bei akuter Rauchvergiftung die Rotfärbung der Tannen-, Fichten- und Kiefernnadeln besonders intensiv ist, leuchtet nach dem oben Ausgeführten ohne weiteres ein. Durch das giftige Gas erfolgt eine plötzliche Tötung der Nadeln, die bei wenig herabgesetztem Wassergehalt nun dem vollen Tageslicht ausgesetzt sind und sich in der bekannten Weise ver- färben. Welche Zeit nötig ist, um die grelle, leuchtend -rote Färbung, die wir in der Natur häufig beobachten, herbeizuführen, hängt ganz von der Intensität der Beleuchtung ab. Unter günstigen Umständen genügen 1 — 2 Tage. Wenn oben der Nachweis geliefert wurde, daß die Rotfärbung der Koniferennadeln am Licht ein postmortaler Vorgang ist, so ist damit auch schon zum Ausdruck gebracht, daß dieser Vorgang und die herbstUche Rotfärbung der Laubblätter zwei grundverschiedene Prozesse sind. Denn nach Tswett (1908) kann als sicher ange- genommen werden, daß die herbstliche Verfärbung des Laubes keine postmortale Zersetzung der Zellinhaltstoffe, sondern ein phy- siologischer Prozeß ist. Welche Stoffe es sind, die die leuchtend-rote Farbe der durch Frost, Hitze, Gifte getöteten und dann im Licht sich verfärbenden Koniferennadeln bedingen, das wird erst eine weitere sorgfältige Untersuchung lehren müssen. 1) Sehr häufig — aber durchaus nicht immer — geht mit der makroskopisch sichtbaren Rotfärbung der Nadeln Hand in Hand eine Rötung der Schließzellen. Jahrb. f. wiss. Botanik. LV. 4o ß58 ^- ^- Neger und J. Fuchs, Daß ein Zersetzungsprodukt des Chlorophylls einen wesent- lichen Anteil an der Nadelrötung hat, ist sehr wahrscheinlich; denn bei Nadeln von dorsiventralem Bau — mit deutlicher Diffe- renzierung von Assimilations- und Durchlüftungsgewebe (Tanne, Douglasie), ist es namentlich das erstere, welches den roten Farb- stoff in großer Menge enthält. Wir schließen das zweite Kapitel dieser Abhandlung mit fol- genden zusammenfassenden Sätzen: a) Die Frosttrocknis (Frostschütte) vieler wintergrüner Nadel- hölzer (Tanne, Fichte u. a.) — insbesondere jene Form, bei welcher die einzelnen (überwinterten) Nadeljahrgänge verschieden betroffen werden — ist ein spezieller Fall von Spätfrost und hat seine Ursache in dem ungleichen Er- wachen der einzelnen Nadeljahrgänge zur Assimilations- tätigkeit im ersten Frühjahr (jüngere Nadeln früher als ältere). b) Die bei der Frosttrocknis so häufig beobachtete fuchsrote Färbung der Nadeln ist ein postmortaler Vorgang, der mit der Art der Todesursache nichts zu tun hat. Sie tritt ein, wenn die getöteten Nadeln bei verhält- nismäßig hohem Wassergehalt und Sauerstoffzutritt dem vollen Sonnenlicht ausgesetzt sind. Sie unterbleibt, wenn einer dieser Faktoren fehlt, z. B. bei Lichtabschluß oder wenn die Nadeln erst nach vollkommener Austrocknung dem Licht ausgesetzt werden, usw. Literatur -Verzeichnis. 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Winkler, Über den Einfluß der Außenbedingungen auf die Kälteresistenz ausdauernder Gewächse. Jahrb. f. wiss. Bot., 1913 (Bd. LH), S. 467. Inhalt des vorliegenden 4. Heftes, Band LT. Seite Fritz Greig'er. Anatomische Untersuchungen über die Jahresringbildung von Tec- tona grandis. Mit 28 Textfiguren 521 Hölzer aus Ost -Java: Querscheibe Nr. 4 529 Querscheibe Nr. 3 (15 jährig) 534 Querscheibe Nr. 1 (10 jährig) 534 Querscheibe Nr. 2 (5jährig) 536 Hölzer aus dem westl. Ost -Java (Mittel -Java): Querscheibe W 4 (löjährig) 537 Querscheibe W 2 (13 jährig) 544 Querscheibe W 3 (15 jährig) 544 Querscheibe W 5 (lOjährig) 546 Querscheibe W 6 (lOjährig) 546 Querscheibe W 7 (17jährig) 547 Querscheibe W 10 (5jährig) 548 Querscheibe W 15 (öjährig) 548 Querscheibe W 16 (5 jährig) 549 Querscheibe W 17 (12jährig) 551 Querscheibe W 18 (11?- jährig) 552 Querscheibe W 19 (12?-jährig) 552 Querscheibe W 20 (ll?-jährig) 553 Querscheibe W 21 (7 jährig) 553 Querscheibe W 22 (7jährig) 554 Kurze Zusammenfassung der an den W-Hölzern gemachten Beobach- tungen 556 Querscheibe R III (Sjährig) 557 Querscheibe R IV 560 Querscheibe R VII (25jährig) 560 Querscheibe R VIII (25jährig) 561 Querscheibe R IX (25jährig) 565 Querscheibe R X (25jährig 566 Querscheibe R XI (25jährig) 567 Querscheibe R XII (25jährig) 567 Kurze Zusammenfassung der an den R- Hölzern gemachten Beobach- tungen 570 Querscheibe P8 (24 jährig) 571 ■ Querscheibe P 11 (25 jährig) 572 - Querscheibe P 12 (27jährig) 573 Querscheibe P 17 (25jährig) 576 Inhalt. Seite Querscheibe P 18 (6 jährig) 577 Querscheibe P 19 (6 jährig) 578 Querscheibe P 20 (5 jährig) 578 Querscheibe P 27 (27jährig) 580 Kurze Zusammenfassung der an den P- Hölzern gemachten Beobach- tungen 580 Hölzer aus West -Java: Querscheibe Nr. 1 (54jährig) 586 Querscheibe Nr. 2 (54 jährig) 590 Querscheibe Nr. 3 (54 jährig) 590 Querscheibe Nr. 4 (54jährig) 591 Querscheibe Nr. 10 (wahrscheinlich 44 jährig) 591 Querscheibe Nr. 9 (wahrscheinlich 44jährig) 592 Quer.scheibe Nr. 11 (wahrscheinlich 42 jährig) 594 Querscheibe Nr. 12 (wahrscheinlich 42 jährig) 595 Querscheibe Nr. 1.3 (ca. 40 jährig) 595 Querscheibe Nr. 14 (35jährig) 597 Querscheibe Nr. 15 (45jährig) 597 Querscheibe Nr. 16 (45 jährig) 597 Querscheibe Nr. 17 (2 7 jährig) 597 Querscheibe Nr. 18 (28 jährig, stark exzentrisch) 599 Kurze Zusammenfassung der Beobachtungen, die an den aus West- Java stammenden Hölzern gemacht wurden 599 Resultate 600 Literatur-Verzeichnis 606 F. W. Negier und J. Fachs. Untersuchungen über den Nadelfall der Koniferen. Mit 22 Textfiguren 608 Einleitung 608 I. Kapitel. Die Mechanik des Nadelfalles der Koniferen 609 a) Allgemeine Betrachtungen über die Ursachen des Blattfalls überhaupt 609 b) Eigene Untersuchungen über den Nadelfall der Koniferen . . . . 616 1. Physiologische Ursachen des Nadelfalles 616 2. Die Anatomie des Nadelfalles 623 '■/) Nadelfall der Taxaceen 623 [j) Nadelfall der Cupressaceen und Taxodiaceen 625 •f) Nadelfall der Abietaceen 627 3. Die Vernarbung 642 Zusammenfassung des I. Kapitels 643 II. Kapitel. Die Frosttrocknis (oder Frostsehütte) der Fichte (und anderer Nadelhölzer) 644 Eigene Versuche, die Frosttrocknis bei der Fichte künstlich zu erzeugen 646 1. Verdunstung der Triebe bei gefrorenem Boden 646 2. Versuche, die Frostschütte entsprechend der Mayrschen Hypothese künstlich hervorzurufen 648 3. Tatsächliche Ursache der Frostschütte 649 Die Rotfärbung der Koniferennadeln . 653 Literatur-Verzeichnis 658 Verlag von Gebrüder Borntraeger in Berlin W 35 Sammlung naturwissenschaftlicher Praktika Bd.I: Mikroskopisches Praktikum für syste- matische Botanik (l: Angiospermae) von Prof. Dr. M. Möbius. Mit 150 Textabb. Gebunden 6 Mk. 80 Pf. Bd. II: Petrographisches Praktikum von pmf. Dr. R. Reinisch. I. Teil: Gesteinbildende Mineralien. Dritte erweiterte Auflage. Mit 95 Textfiguren und 5 Tabellen, Gebunden 5 Mk. Bd. III: Petrographisches Praktikum von Dr. Rein- hold Reinisch, a. o. Professor an der Universität Leipzig. II. Teil: Gesteine. Zweite, umgearbeitete Auflage. Mit 49 Textfiguren. Gebunden 7 Mk7 60 Pf. Bd. IV: Praktikum der chemischen, biologi- schen und bakteriologischenWasser- UnterSUChung von Prof. Dr. O. Emmerling, wissen- schaftlichem Mitarbeiter an der Kgl. Landesanstalt für Wasser- hygiene. Mit 171 Abbildungen im Text. Geb. 7 Mk. 20 Pf. Bd.v: Praktikum der Zellenlehre von Dr.Paui Buch- ner, Privatdozenten an der Universität München. I. Teil: Allgemeine Zellen- und Befruchtungslehre. Mit 160 z.T. bunten Abbildungen. Gebunden 18 Mk. Bd. VI: Mikroskopisches Praktikum für syste- matische Botanik (ll: Kryptogamen und Gymno- spermen) von Prof. Dr. M. Möbius, Direktor des Bota- nischen Institutes der Universität Frankfurt a. M. Mit 123 Textabbildungen. Gebunden 9 Mk. 50 Pf. Praktikum derSüßwasserbiologie.i:Tiere und Pflanzen der fließenden Gewässer von Dr. Paul Stein- mann, Professor- an der Kantonschule Aarau. Mit Bei- trägen von Dr. Siegrist und 'Dr. H. Garns. Mit 118 Text- abbildungen. Gebunden 7 Mk. 60 Pf. Ausführliche Verlagsverzeichnisse kostenfrei Verlag von Gebrüder Borntraeger in Berlin W35 Lehrbuch der ökologischen Pflanzengeo- Qra.phie von Professor Dr. Eug. Warming und Professor Dr. P. Graebner. Dritte gänzlich umgearbeitete und stark vermehrte Auflage. Mit zahlreichen Tafeln und Textabbildungen. 1. u. 2. Lieferung. Subskriptionspreis 12 Mk. Warming-Johannsen, Lehrbuch der allge- meinen Botanik. Nach der 4. dänischen Ausgabe übersetzt u. herausgegeben von Dr. E. P. Meinecke. Mit 610 Text- abbildungen. Gebunden 18 Mk. Handbuch der systematischen Botanik von Professor Dr. Eug. Warming. Deutsche Ausgabe. Dritte Auflage von Professor Dr. M. Möbius, Direktor des Bo- tanischen Gartens in Frankfurt a. M. Mit 616 Textabbildungen und einer lithographischen Tafel. In Leinen gebunden 10 Mk. Botanisches mikroskopisches Praktikum für Anfänger von Prof. Dr. M. Möbius. Zweite veränderte Auf- lage. Mit 15 Abbildungen. Gebunden 3 Mk. 20 Pf. Mikroskopisches Praktikum für systematische Botanik von Prof. Dr. M. Möbius. I: Angiospermen. Mit 150 Textabbildungen. Geb. 6 Mk. 80 Pf. II: Kryptogamen und Gymnospermen. Mit 123 Textabbil- dungen. Gebunden 9 Mk. 50 Pf. Berliner Botaniker in der Geschichte der Pflanzenphysiologie. Rede bei der Einweihung des Pflanzenphysiologischen Institutes der Kgl. Friedrich -Wilhelms- Universität Berlin am 22. Mai 1914 gehalten von G. Haber- landt. Geheftet 1 Mk. Ausführliche Verlagsverzeichnisse kostenfrei New York Botanical Garden Librar 3 5185 00262 8400 •(?'^ ^mmm: »vv:,s ,. 7..-,, ■..'.. n sVV>_; V.M' ^■'iU:^. 1 -.rv^V.wK"^ V, V.K, t^>:.;; ^. . \'' v *