(20) DEE urn. De ee } b; € Je Bi; lg) JAHRBUCH DER KAISERLICH-KÖNIGLICHEN bULÜGISEHEN REICHSANSTAL u m ec AD EE Ze me [ÄUEVS VUATIS DCH bs, Zus; FIT wre: RS IL LIX. BAND 1909. Mit 23 Tafeln. 9 .5\ —-9Iın n Geologische Sudien im subbeskidischen Vorland. 9 Hilber) beobachteten Blöcke nicht mehr gesehen, so zum Beispiel die Blöcke bei Schloß Miendzyswiec und auch die von Hohenegger fixierten in der Umgebung von Orlau. Dafür können wir von einer großen Zahl von neuen Vorhommnissen von sowohl einzelnen erratischen Blöcken, wie auch von größeren erratischen Blockanhäufungen berichten. Man weiß jetzt allgemein, daß diese großen erratischen Blöcke von dem gewaltigen skandinavischen Inlandeis stammen, das nahe dem Fuß der Karpathen abschmolz. Es sind daher vor allem die roten schwedischen Granite sehr charakteristisch, Pegmatitgranite, Biotitgranite und Aplitgranite wurden gefunden, rote Gneise mit verschiedenen Varietäten, chloritische Gneise, granulitähnliche Gneise, Muskovitgneise, Felsitphorphyre, dichte Amphibolite, gothländische silurische Kalke mit Bryozoen und Crinoiden, schwarze Iyditähnliche Kieselschiefer, bläuliche, rote, grüne Quarzite, rötliche und gelbe quarzitische Sand- steine, rote und grünliche Feuersteine. Eine eingehende Bearbeitung des erratischen Materials folgt bei späterer Gelegenheit. Die Blöcke sind oft sehr groß (bis über 2 m im Durchmesser), zuweilen schön geglättet. Besonders die erst kürzlich aus dem umgebenden lehmig- sandigen Material ausgehobenen Blöcke weisen sehr schöne Glättungen auf. Eine kartographische Zusammenstellung der neu gefundenen erratischen Blöcke ist in Vorbereitung; ein Vergleich dieser Karte mit der älteren Zusammenstellung wird ergeben, wie reich an erratischen Vorkommnissen das östliche Schlesien ist. Die Lokalitäten alle aufzu- zählen, müssen wir uns versagen. Besonders schöne und zahlreiche Funde haben wir zwischen Radwanitz— Peterswald, bei Schumbarg, insbesondere bei Peterswald, Orlau, Lazy, Dombrau und Karwin, sowie bei Zablaez und Skrzeczon, Dittmannsdorf, in der nordöstlichen Sektion des Blattes hauptsächlich bei Piersna und Niederseibersdorf gemacht, während in der SE-Sektion E von der Olsa der Reichtum an großen erratischen Blöcken ganz entschieden reduziert ist. Schließlich fand sich noch bei Teschen, wie noch beschrieben wird, erratisches Material. Die Zahl der erratischen Blöcke stellt eine Art Projektion des Eises auf die Unterlage dar: je mächtiger das Eis an der betreffenden Stelle war, umso zahlreie her werden unter sonst gleichen Umständen die erratischen Blöcke ausschmelzen. Es ist auch klar, d daß der „Niederschlag* der erratischen Blöcke aus dem Eis, wenn ich mich so ausdrücken darf, um so dichter sein wird, je länger das Eis an derselben Stelle verweilt. Da sich die Zone mit vielen erratischen Blöcken in einiger Entfernung von der Landstufe des Teschener Hügellandes hält, dieser aber unge- fähr parallel zu verlaufen scheint, so gewinnt schon aus diesem Grunde die Annahme an Wahrscheinlichkeit, daß das Eis längere Zeit eine dem WSW--ENE gerichteten Abfall des Teschener Hügellandes parallele Lage inne hatte. Die bloß einzelnen erratischen Blöcke SE von dieser Linie mochten während einer bloß vorübergehenden Übereisung dieser Gegend zum Niederschlag gebracht worden sein. Diese Vermutung hat sich, wie wir bemerken, auf Grund von anderen Beobachtungen und Überlegungen als sehr wahrscheinlich erwiesen. II. Die erratischen Blöcke sind teils lose, ausgewaschen aus anderen Ablagerungen — also Abtragungs- und Erosionsresidua —- teils aber noch Jahrbuch d. k.k. geol. Reiensanstalt, 1909, 59. Band, 1. Heft. (G. Götzinger.) 2 10 Dr. Gustav Götzinger. [10] eingelagert in Geschiebelehmen oder Moränensand. Nur im Geschiebelehm und zuweilen noch im Moränensand haben sich die glazial geglätteten Flächen erhalten, während in den geschwemmten Sanden und Schottern natürlich die olazialen Glättungen und selbstverständlich auch die Kritzungen verloren gegangen sind. Einer der hervorragendsten Aufschlüsse, ein wahres Erratikablockfeld, ist wohl die Ziegelgrube SE vom Bahnhof Orlau in der Nähe der Fahrstraße von Lazy nach Orlau-Bahnhof, die ich mit Herrn Berginspektor Jestrabek besuchte (verg]. Tafel I, Fig. 1). Unter zirka 3 m mächtigem Löß lagert, mit wenig Sanden gemengt, eine Unzahl von rundlichen bis 1!/, m großen erratischen Blöcken ; darunter kommt der bläuliche Mergelschiefer, sicher Tertiär, bis zu zirka 2 m Tiefe gestaucht und gefaltet zutage. Daß hier über den Moränenblöcken gleich Löß folgt und die sanst stets vorhandenen Sande fehlen, hat nichts zu sagen, da der Aufschluß am Fuße eines sehr verflachten Talgehänges liegt, wo die früher hangenden Schichten schon ganz, vielleicht auch schon vor der Lößzeit, abgetragen sind. Fig. 2. Schleppungen und Stauchungen des Tegels unter Moränen in der Ziegelei SE Bahnhof Orlau. (Schematisch.) In dem bereits abgebauten Teil der Ziegelei liegen nun sicher mehr als 100 große erratische Blöcke von den verschiedensten Dimensionen (bis 2 m Länge), welche alle aus dem unmittelbaren Hangenden der Mergelschiefer stammen. Im äußerten SE der Grube erscheint, wie die Textfigur 2 zeigt, der Tegel unter einer Lage von Sanden und Lehmen mit erratischen Geschieben in der Richtung nach SE gestaucht, was also auf eine Bewegungsrichtung des Eises etwa nach SE hinweist. In der Nach- barschaft ist es gar zu einer Wechsellagerung von Tegel mit glazialem Geschiebelehm und Moränensanden gekommen, die sich durch Schleppung des Tegels durch das Eis und Überlagerung dieser Tegelschwänze durch erratisches Material erklärt. Wir haben hier die alte Gletscher- sohle noch gut erhalten und es verdient erwähnt zu werden, daß der Tegel hier unregelmäßig unter dem Diluvium lagert; er ist hier, wo die Moränenblöcke darauf lagern, nicht so regelmäßig abgeebnet, wie unter den geschwemmten fluviatilen oder fluvioglazialen Schottern und Sanden. Die Grube ist aber auch noch aus einem anderen Grunde [11] ‘ Geologische Studien im subbeskidischen Vorland. dl von Interesse, da hier zwischen dem erratischen Material in einer torfartigen Schicht ein Zlephas primigenius Blumb. (Mammut) gefunden wurde, der von Herrn Bergdirektor Bergrat Mladek in Orlau aufgestellt worden ist. Typischer Geschiebelehm ist in einer Grube bei Peterswald zu beobachten; er ist bald mehr sandig, bald mehr lekmig, führt kleinere nordische Geschiebe, aber auch einige größere Erratika. Als Geschiebelehm ist zum Beispiel der bläuliche, offenbar gepreßte Ton mit einzelnen Geschieben und zwei groben erratischen Blöcken auf- zufassen, der in einer Sandgrube am rechten Talgehänge des Nord— Süd gerichteten Tälchens zwischen Mittelhof nnd Niederhof unterhalb Peterswald aufgeschlossen ist (Fig. 3). Fig. 3. ee Grube unterhalb Peterswald. I = weiße Sande mit vereinzelten Schnüren von Kies. — II = bläuliche Lehme und Tone mit kleineren Quarzgeschieben und zwei großen erratischen Blöcken. — III = blauer Ton. — IV=N fallende rostbraun verwitterte Sandsteinschotter. Zirka 400 m NE davon erscheinen in einer frischen Grube ge- staucht aussehende 3 »n mächtige Lehme mit wenigen in und einem etwa zwei kindskopfgroßen erratischen Block über 0'3 bis 0:5 m gestauchtem bläulichem Ton, der auf zirka 30° nach NW fallenden Karpathenschottern aufruht (vergl. Fig. 4). Hilbers Geschiebelehm (Bezeichnung auf seiner handkolorierten geologischen Karte, Zone 6, Kol. XIX, SW) von der Sandgrube zwischen dem Tiefbau- und Johann-Schacht in Karwin ist dagegen nur als „Pseudomoräne“ anzusprechen. Uber dem Kohlensandstein lagert dort bis 11/; m mächtiger Sandsteinschutt, vermengt mit einzelnen Quarz- kiesen und einigen Splittern von Feuerstein. Wir denken hier weniger an eine „Lokalmoräne“ als an eine Vermengung der hangenden, gelegentlich nordische Geschiebe führenden Sande mit Sandsteinkriech- schutt, die bei einem Herabkriechen der lockeren Bildungen am Gehänge zustande kam. 12 Dr. Gustav Götzinger. [12] Nur selten ist der Geschiebelehm intakt erhalten und die Ge- schiebe stecken nur an wenigen Stellen, wie wir bisher beobachtet haben, im primären Geschiebelehm. Da über den Geschiebelehmen und Moränenblöcken, wie zum Beispiel auch die Grube bei Peterswald lehrt, zumeist geschwemmte Sande lagern, so ist es leicht begreiflich, daß wir nur an wenigen Stellen Geschiebelehme und Moränen unter den Sanden noch intakt, das heißt nicht sekundär umgelagert vorfinden. Daher sind so häufig Moränenblöcke und nordische Geschiebe vor allem zwischen geschichtete Sande eingeschaltet, die wir als fluvio- glaziale Bildungen zu deuten haben !). Eine umgelagerte Moräne konnten wir zum Beispiel auch bei Teschen feststellen. Gleich E von Fig. 4. Grube unterhalb Peterswald, NE von der vorigen. I = Humuserde. — II=Lehm mit einigen kleinen nordischen Geschieben und einem großen erratischen Block. — III= bläulicher Ton (gestaucht). — IV = NW-fallende Sandsteinschotter. Teschen, in der Ziegelei im Bobertal. finden sich über schwach geschich- tetem, zirka 4 m mächtigem Lehm, der über Teschener Schiefer lagert, 1/, bis 1 m mächtige Kiese und Schotterschmitzen mit einem zirka kindskopfgroßen Granitblock, der neben prächtigen geschliffenen Flächen auch einige Kritzen aufweist und nur ein glazial bearbeitetes Geschiebe sein kann. Er selbst ist hierher nicht von den die Kiese und Schotter ablagernden Gewässern transportiert worden, er ist viel- mehr aus dem Eis in situ ausgeschmolzen; wir können also am besten die ganze Ablagerung als eine subglazial verschwemmte Moräne ') Sehr häufig trafen wir als Liegendstes Moräuenblöcke in Sanden, darüber Sande mit wenigen Blöcken, meist nur kleineren Geschieben, an, zum Beispiel bei Piersna, Karwin usw. [13] > Geologische Studien im subbeskidischen Vorland. 13 bezeichnen. Darüber lagert 1—1!/; m mächtiger klüftiger Löß. Mit diesem Fund glauben wir auch nachgewiesen zu haben, daß selbst derBoden von Teschen eine wenn auch nur kurze Vereisung erfahren hat. Die Lokalität hat eine Höhe von zirka 275 m), Ill. Die Seltenheit der typischen Geschiebelehme kann angesichts des stellenweise doch großen Reichtums an erratischen Blöcken nur in der späteren Zerstörung der Geschiebelehme durch die Schmelzwässer des Eises ihre Ursache haben. Nur in kleineren Einsenkungen des tertiären Untergrundes mochten sich Moränen oder Geschiebelehme einigermaßen erhalten haben (vergl. die Orlauer Ziegelgrube), sonst wurden sie zerstört und nur die größeren nordischen Blöcke blieben in situ liegen, nunmehr eingebettet in geschichtete Sande oder Schotter. Das viel häufigere Schichtglied ist uns also durch Fig. 5. 2 ZEOIOLTOIAOT TO OTTO “u Grube zwischen Piersna und Petrowitz, I = Horizontrale Kiese und Sande. — II = Sande und Tone mit Deltaschichtung. — III = Sande mit Deltaschichtung. — IV — Moränenblöcke und Sand. — V=gepreßte eisenschüssige Tone. dieSande mit Moränenblöcken repräsentiert. Die vereinzelten, bis 40 cm großen nordischen Blöcke zum Beispiel in einer Grube bei Piersna nahe der preußischen Grenze (NW Petrowitz) liegen (Fig. 5) vor- wiegend in den tieferen Lagen geschichteter Quarzsande, die, ihrer Zusammensetzung nach aus Moränengrus, Zerreibsel von Moränen- geschieben, bestehend, in der nächsten Nähe des Eises zur Ablagerung gekommen sein mußten, da mit diesem Sand unter einer Art von Delta- schichtung kleine Löcher zugeschüttet wurden, die ohne Zweifel an der !) Nach einer gütigen Mitteilung des Herrn Prof. Uhlig findet sich noch bei Schibitz ein erratischer Block. Roemer, a. a. O., Blatt Nr. 11 (Loslau), gibt diese Gegend als frei von nordischen Geschieben an. Der Eisrand der Haupt- vergletscherung scheint also gerade im Olsatal am weitesten nach N gerückt gewesen zu sein, während das Eis W und E davon in die Friedländer Bucht und in den Weichseltrichter hineinreichte (Hanslik, a. a. O., pag. 314 und 318). 14 Dr. Gustav Götzinger. [14] Stelle von abschmelzenden Eisresten übrig blieben. Ein gerundeter roter Granitblock von etwa 1 m Durchmesser liegt vor dem Eingang in diese Sandgrube. Eine 6—7 m tiefe Sandgrube auf einem Talsporn des Struschka- tales bei Poremba erschließt besonders schön die Vergesellschaftung von größeren erratischen Blöcken mit verschiedenen eisenschüssigen, roten, grauen und weißen Sanden und Schottern. Zur Zeit unseres Besuches wurde dort gerade ein gerundeter roter Granit von etwa S0 cm Länge und 70 cm Breite aus den geschichteten Sanden heraus- gehoben. Auch ein großer roter Granit von etwa 15 m Durchmesser lag im Sommer 1908 in der Nähe der Neuanlage der Berg- und Hütten- gesellschaft in Karwin gerade zwischen verschieden gefärbten, ge- schichteten, eisenschüssigen Sanden und Tonen und einzelnen karpa- thischen Schottern. Wie es auch sonst der Fall zu sein scheint, nehmen hier die Sande mit den Moränenblöcken die tieferen Partien des Diluviums über dem Tegel ein. Zwei weitere, zirka 3/), m im Durchmesser haltende rote Granite fanden wir in den Sanden zwischen dem Hohenegger-Schacht und der Neuanlage der Berg- und Hüttengesellschaft. IV. Eine noch größere Häufigkeit als die Sande mit großen Moränen- blöcken haben die Sande mit kleineren nordischen Ge- schieben; Übergänge zwischen diesen beiden Schichtgliedern sind naturgemäß sehr häufig. Lehrreich sind in dieser Beziehung die Sand- gruben E der Neuanlage der Berg- und Hüttengesellschaft im Solza- tal in Karwin, zahlreiche Gruben zwischen Peterswald, Orlau, Poremba und Reichwaldau. Auch um den Dombrauberg haben wir solche Sande mit zahlreichen nordischen Geschieben in großer Verbreitung nachge- wiesen; sie sind schon von Hilber!) aui seiner Karte notiert worden. Ziemlich vollständige Aufschlüsse trifft man ferner zwischen dem Dombrauberg und Dittmaunsdorf, sowie S von Zablacz und E vom Meierhof Skrzeczon, bei Piersna nahe der preußischen Grenze. V. Durch Übergänge sind diese Sande mit kleineren nordischen Geschieben mit den reinen weißen Quarzsanden mit sehr zurücktretenden Geschieben verbunden. Sie sind fein- bis mittelkörnig; das Korn scheint gegen Nord hin abzunehmen, wie aus einigen Beobachtungen hervorgeht. Sie zeigen sehr häufig Kreuz- schichtung, in manchen Fällen Deltaschichtung, die zumeist nach NW bis NE weist. Besonders schön ist dieses NW-Fallen (unter 15 bis 39°) in einer Sandgrube bei Niederkatschitz, E vom Royer Berg, zu sehen. Die Sande nelımen den Raum nordwestlich etwa von der Luöina— Solza—Roy?) in überwiegender Mächtigkeit im Vergleich zu den anderen diluvialen Schichtgliedern ein. Doch sind auch da die Sande nicht stets durchlaufend. Es können sich ihnen Mergelschiefer, Lehme und Tone ab und zu einschalten, welche dann sekundäre !) A. a. O., pag. 353. *) Die weitere Grenze gegen die Schotter im SE in der Richtung nach E ist noch im nächsten Jahr festzustellen. [15] » Geologisehe Studien im subbeskidischen Vorland. 15 Quellhorizonte im Sande verursachen können, wie zum Beispiel am Royer Berg oder bei Piersna; N vom Meierhof oberhalb des Schlosses zwischen Piersna und Petrowitz kommen in den Sanden wasserdichte Einlagerungen vor, unten ein selir zäher fetter Ton, der Quellen verursacht und Rutschungen auslöst, oben ein bläulicher Mergelschiefer, der sich durch einen sekundären Quellhorizont verrät. Es können aber die Sande auch in der Horizontalen faziell in Tegel und Lehm übergehen wie die große Chroboksche Grube bei Petrowitz zeigte und besonders eine Grube bei Skrzeczon lehrte: über dunkelblauem, wahrscheinlich schon tertiärem Tegel finden sich weiße Quarzsande mit Schnüren von Sandsteinschotter und Quarzgeröllen, welche gegen S plötzlich an einem hellblauen Letten abschneiden, den wir als eine fazielle Ausbildung ansprechen möchten. Das Hangende bildet Löß- lehm, dessen Mächtigkeit von 2—-3 m gegen Süd hin bedeutend zu- nimnit. In der Ziegelei beim Meierhof Skrzeczon sieht man über weißen Quarzsanden einen diluvialen Tegel und darüber Löß; in der Ziegelei im Ort, etwa !/, km NNE davon entfernt, sind an Stelle des Tegels Schotter und Kies getreten. Es ist also jedenfalls der den Sanden eingeschaltete Tegel und Ton als lokale Bildung, wahrschein- lich als Ablagerung im ruhigen Wasser aufzufassen. Auch in einem der vollständigsten Aufschlüsse meines Arbeits- - gebietes im Diluvium, in der Ziegelei E von der Veverkakolonie Lazy (NW vom Lazäw), dominieren die Sande nicht durchaus; die dortige Schichtfolge von oben nach unten ist: 8 m: sandige Lehme mit sandigen Linsen, zu unterst Tone und weiße Sande mit einem 1!/, m großen erratischen roten Granit; 3 m: bläuliche Tone mit kohligen Partien, besonders an der Grenzschicht gegen oben; 2 m: Sande mit Brauneisenstein; nicht sehr tief darunter der tertiäre Tegel. Es ist uns bisher nicht gelungen, nachzuweisen, daß die Tone bestimmte Niveaus zwischen den Sanden einnehmen. Wir deuten sie als fazielle Ablagerungen in ruhigem Wasser zwischen den fluviatilen, respektive fluvioglazialen Aufschüttungsflächen der weißen Sande. Besonders charakteristisch sind aus dieser Schichtgruppe der Sande die sehr eisenschüssigen Sande, Brauneisensteinsande, die durch gelegentliche eisenschüssige Tegelschmitzen ganz in eisenschüssige Tone übergehen können. Bald ist der sonst meist weißliche Sand vollständig durch und durch rot gefärbt, wie zum Beispiel eine gemeinsam mit Herrn Dr. Beck gemachte Beob- achtung bei Haslach ergab, bald durchziehen nur rostbraune Schnüre den Sand, zum Beispiel im Aufschluß zwischen dem Albrecht-Schacht und Peterswald am rechten Talgehänge. In der Regel nehmen diese Eisensande die tieferen Partien der ganzen Diluvialablagerungen ein; sie finden sich nicht weit über dem Tegelausbiß, so daß es den An- schein hat, als ob der Gehalt der Sande an Brauneisenstein erst eine Folge späterer Infiltration durch Sickerwässer ist, welche nur bis zur wasserdichten Unterlage des Tegels zirkulieren können. Eisensande 16 Dr. Gustav Götzinger. [16] haben wir wiederholt beobachtet, vergesellschaftet mit sehr eisen- schüssigen Tonen; eisenschüssige Tone mit schiefriger Struktur unter und neben Sanden mit großen nordischen Blöcken bemerkten wir zum Beispiel in der Sandgrube zwischen dem Piersnaberg (2638 m) und Kote 263 m SW Piersna (vergl. Fig. 5). Manchmal finden sich in diesen Sanden Stauchungen, zum Beispiel bei Zablacz und vor allem in der Skulinagrube bei Skrzeczon, wo sie bis 5 nm Tiefe unter die Oberfläche reichen. Da diese Stauchungen bei dem Mangel einer Uberdeckung durch Moränen nicht durch Gletscherdruck erklärt werden können, noch auch etwa infolge eines späteren Zusammenrutschens oder Zusammensackens entstanden, so könnten sie als Wirkungen etwa von Eisstößen auf den Schmelzwässern gedeutet werden, wie solche zum Beispiel für die in der weiteren Umgebung von Wien gelegenen Stauchungen bei Deutsch-Wagram !) und Pottenbrunn ?2) wahrscheinlich gemacht worden sind. Wie die früher erwähnten Sande je nach ihrem größeren oder geringeren Gehalt an erratischen Blöcken und Geschieben als mehr oder minder gletschernahe fluvioglaziale Bildungen zu erklären sind, so kann man auch die Sande mit zurücktretenden nordischen Geschieben als „fluvioglazial“ betrachten, das heißt sie sind von den dem Eis entströmenden Schmelzwässern abgelagert worden. Denn sie können nicht allein von den karpathischen Flüssen aufgeschüttet sein, da sonst eine starke Mengung mit karpathischem Material nachgewiesen werden müßte, wenn letztere auch nicht fehlt, wie sich später zeigen wird. Wo die weißen Quarzsande, fremd den karpathischen Gerinnen, kein karpathisches Material enthalten, muB sefolgert werden, daß diese Schmelzwässer keine Verstärkung durch karpathische Wässer erhalten haben; man kann die Sande dann nur als die Umschwemmungsprodukte des durch das Eis herbeigebrachten und aus dem Eis ausgeschmolzenen glazialen Detritus verstehen. Ihre Aufschüttung über die vielleicht präquartäre, wie wir sahen, nach N bis NW fallende, Abebnungsfläche und die wiederholt beobachtete, auf eine Strömung nach N hinweisende Kreuzschichtung verraten, daß dieSchmelzwässer im allgemeinen ein Gefälle vom Gebirge hinaus hatten. In den Alpen, respektive in deren Vorland bilden die fluvioglazialen Aufschüttungen zumeist einen flachen Kegel, den sogenannten Übergangskegel, die Sandrfläche, die von den Moränen ausgeht; hier hingegen sehen wir die Sandrflächen an Stelle der fast gänzlich zerstörten Moränen sich einstellen und mit in bezug auf die frühere Eisstromrichtung inversem Gefälle aus- gestattet; es scheinen die Sandrflächen förmlich unter das Eis, das wir uns hoch aufgewölbt zu denken haben, einzufallen. VI. Weitere wichtige typische quartäre Schichtglieder sind die sogenannten Mischschotter und die Karpathenschotter, je nach- dem ob wir die fluvioglazialen, nordisches Material führenden Sande mit karpathischem Material schwach gemengt vorfinden oder letzteres in ') Penck und Brückner, Die Alpen im Eiszeitalter, Heft 1, pag. 105, ?) Ebenda, pag. 106. 7] > Geologische Studien im subbeskidischen Vorland, 17 den Aufschüttungen gänzlich vorherrscht. Besonders die kartographische Ausscheidung der Mischschotter ist wegen der zahllosen Übergänge bald zu den Sanden mit nordischem Material, bald zu den Karpathen- schottern sehr erschwert. Die Mischschotter sind überall dort anzu- treffen, wo die Schmelzwässer des Eises sich mit den karpathischen Flüssen vereinigten. Wir werden später ausführen, daß die Wahır- scheinlichkeit besteht, daß während einer Phase der Vereisung unserer Gegend die Karpathenflüsse ihren Lauf unterhalb der NE gerichteten Landstufe des Teeschener Hügellandes nahmen, während im Norden davon das Eis lag, weshalb es in der Nähe desselben zur Ablagerung von Mischschottern kommen mußte. Ein ziemlich vollständiger Auf- schluß zum Beispiel hinter der Fasanerie am Südgehänge des Grabens zwischen dem Meierhof Pudlau und dem Gendarmeriehaus Groß- Kuntschitz läßt uns schließen, daß die Gegend zunächst von fluvio- slazialen Schmelzwässern überschüttet wurde, worauf ein karpathischer Fluß darüber seinen Schotter häufte. Die Schichtfolge ist dort von oben nach unten folgende: zu oberst Löß, 4 m Karpathenschotter mit einigem nordischen Material, horizontal geschichtet, 3 m horizontal geschiehtete Sande. VI. Was nun die diluvialen Karpathenschotter anlangtd), so dominieren dieselben SE der früher erwähnten Linie: obere Lu&ina—Solza—Roy. Die Verfolgung der über die heutigen Alluvial- flächen sich erhebenden älteren Karpathenschotter?) gewährt uns Anhaltspunkte über die Richtungen der Karpathenflüsse während der Vereisung und ihrer einzelnen Phasen. Für die Ermittelung dieser Richtungen sind mehrere Kriterien maßgebend, zum Beispiel die Mächtigkeitsverhältnisse der Schotter, das Korn derselben und vor allem der Verlauf der aus diesen Schottern zusammengesetzten Terrassen. Die Karpathenschotter nehmen in unserem Gebiet ver- schiedene Niveaus ein: 1. Am augenfälligsten ist zunächst die mächtige Terrassenfläche, welche die Olsa begleitet. Sie beginnt oberhalb Jablunkau (Jablunka- paßB 550°6 m hoch), ist sehr deutlich unterhalb Jablunkau in zirka 420 m Höhe entwickelt und fällt zunächst ziemlich rasch bis Teschen 1) Neben gelegentlichen, sckundär zwischen die Schotter geratenen nordischen Geschieben kommen auch andere kristalline Gesteine als Gerölle vor, die aber als Exotika zu deuten sind. Sie sind aus der Zerstörung von karpathischen Gesteinen entstanden, welche exotikaführend sind (zum Beispiel die Grudeker Schichten); man muß diese Exotika von den Erratika zu unterscheiden wissen, um eine scharfe Trennung zwischen Karpathenschotter und Mischschotter durchzuführen, Einer gütigen Mitteilung von Professor Uhlig zufolge enthalten die Terrassenschotter der Olsa sehr viele Exotika. 2) Von den Karpathenschottern im Bereich der Alluvien der größeren Flüsse, wie Olsa und Weichsel, die der Niederterrassenzeit und der Postglazialzeit ange- hören, schen wir hier natürlich ganz alı. Jahrbuch d.k. k. geol. Reichsanstalt, 1909, #9. Banıl, 1. IIeft. (G. Götzinger,) 5 18 Dr. Gustav Götzinger. [15] bis auf 300 m; sie endigt bei Steinau-Darkau in etwas über 270 m Höhe. Die breite Terrassenfliche N von Freistadt, die sich von 240 m gegen NW auf 230 m senkt, läßt sich aber mit ihr nicht in Verbindung bringen; sie gehört einer jüngeren Erosionsphase an. Es scheint die Terrassenfläche von Steinau-Darkau überhaupt keine Fortsetzung gegen N gehabt zu haben; wahrscheinlich keilten die Schotter hier vor dem Eisrand aus, der, nach dem massenhaften Vorkommen von Erratika in dieser Zone und NW davon und nach der Verbreitung der Karpathenschotter einerseits und der weißen Quarzsande ander- ‚seits zu schließen, in dieser Gegend einen Halt eingenommen haben dürfte. Dem Gefälle der Terrasse nach N entsprechen auch die Ab- nahme des Korns der Gerölle von S nach N und die Mächtigkeits- verhältnisse der Schotter. Die Lößbedeckung der Terrasse ist schon S von Teschen eine große, wie ich zum Beispiel in der Matterschen Grube bei der Eisenbalınstation Roppitz und E von der Station Konskau beobachten konnte. In der Ziegelei, gleich W von Brandeis, an der Straße von Teschen nach Ober-Tierlitzko, ist der sich an den Gehängeabfall oberhalb der Terrasse anlelnende Lößlehm gut 8 m mächtig. Nieht sehr altersverschieden davon kann die mächtige lößbedeckte Schotterfläche sein, welche die Gegend zwischen der Landstufe des Teschener Hügellandes und den aus weißen Quarzsanden gebildeten Anhöhen in der weiteren Umgebung von Freistadt (Royer Berg 305 m, Kote 294 m bei Gr.-Kuntschitz) einnimmt und eine durelisehnittliche Höhe von 275—285 m hat; ihr Gefälle weist nach NE. Auch die zum Teil von Lößlehm bedeckte Aufschüttungsfläche von Suchau— Schumbarg mit einer ungefähren Höhe von 285—290 m gehört hierher. Ihr sind gegen N Hügel vorgelagert, welche die Aufschüttungsfläche nur wenig überragen, aber vorwiegend aus Sanden mit vereinzelten Moränenblöcken bestehen (Gegend von Peterswald—Albrecht-Schacht). Eine eingehende Untersuchung dieser Schotterflächen folgt im nächsten Sommer; es sei nur erwähnt, daß auch Hanslik (a. a. O., pag. 315 ff.) diese Terrassenflächen beobachtet hat und geneigt ist, in ihnen die Beweise für eine seitliche randliche Entwässerung der Karpathenflüsse während eines Standes des Inlandeises zu sehen, was mit unseren Anschauungen durchaus übereinstimmt. 2. Ein olıne Zweifel höheres und daher auch etwas älteres Niveau stellen die Schotter dar, die nieht mehr deutliche Terrassen- reste bilden und zum Beispiel in Fetzen W von Teschen, NE von kotty zwischen der Zukauer und Stanislowitzer Straße vorkommen. Sie sind zuweilen schräg nach N geschichtet. In ihr Niveau (320, höchstens 330 »n) fallen auch die Mischschotter unterhalb des jüdischen Friedhofes in der Freistädter Vorstadt, NE Teschen, worunter ich auch ein schwach gekritztes Kalkgeschiebe fand. Deren Mengung mit nordischen Geschieben, Deltaschichtung und Einfallen nacı NW unter zirka 40° macht ihre Bildung in einem Stausee inder Nähe des Eises wahrscheinlich. Da aber die bereits erwähnte umgelagerte Moräne in der Ziegelei Bobrek ein tieferes Niveau (zirka 275 m) als diese Mischschotter ein- nimmt, muß geschlossen werden, daß die nächste Umgebung von [19] Geologische Studien im subbeskidischen Vorland. 19 Teschen zunächst südlicher vergletschert war, das Eis sich hierauf weiter nördlich zurückzog, worauf erst die Mischschotter mit Delta- schichtung in einem kleinen Stausee abgelagert wurden. Noch weiter östlich, S von Krasna, liegen, wie auch schon Professor Uhlig beobaelıtete !), Karpathenschotter gleichfalls in zirka 320 m Höhe auf einem 4 m tief aufgeschlossenen gelben Quarzsand, der mit Deltaschichtung unter zirka 30% gegen NW einfällt. W davon am gegenüberliegenden Gehänge steht der Teschener Schiefer durch- aus bis zum Talboden an; es ist also wohl ein Kolk innerhalb der Teschener Schiefer zunächst von den Schmelzwässern des Eises mit Moränengrus verschüttet worden, worauf erst ein karpathischer Fluß frei wurde und seine Schotter — in übereinstimmender Höhe mit den Schottern bei Teschen — ablagern konnte. So gelangen wir zur Annahme einer früheren Vereisung auch dieser Gegend und eines darauf folgenden Rückzuges des Eises, worauf erst die hochgelegenen Karpathenschotter in 320 m Höhe aufgeschüttet werden konnten. Wie weit diese maximale Ver- gletscherung gegen S reichte, haben wir noch nicht sicher fest- gestellt; der von Professor Uhlig gefundene Block bei Schibitz ist wohl das südlichste erratische Vorkommen im Olsagebiet. Diese hochgelegenen, eine noch über der Olsaterrasse gelegene, höhere Aufschüttungsfläche voraussetzenden Schotter kann man jedoch, wie es scheint, nicht in das subbeskidische Vorland verfolgen ?). Ihr Abschneiden gegen N mag durch einen Stand des Gletschers gleich N von Teschen bewirkt worden sein, zumal die Schotter eine Mengung mit nordischen, glazialen Geschieben und Sanden er- fahren haben. Erst nach dem weiteren Rückgang des Eises weiter nach N konnte die früher erwähnte Hauptschotterterrasse in die hochgelegenen Schotter eingeschnitten worden sein und die Olsa mit ihrem Durchbruch durch das Teschener Hügelland ist zum erstenmal in ihrem heuticen Verlaufe zumindest von Jablunkau bis Darkau nach- weisbar. Der Rückgang dürfte ziemlich rasch erfolgt sein, wie man dies aus dem Zurücktreten von fluvioglazialen Sanden und erratischen Blöcken zwischen dem Abfall des Teschener Hügellandes bis zur Linie Ludina—Darkau—Roy schließen möchte. Der in der letzterwähnten Gegend erfolgte Halt muß aber länger angedauert haben, da, abge- sehen von der massenhaften Ausstreuung der Erratika nahe dem Eis- rand, die Karpathenschotter der Olsa in solcher Mächtigkeit und bis über Jablunkau hinaus zurückgestaut wurden. Auch die durch die Verfolgung der mächtigen karpathischen Aufschüttungsflächen von der oberen Luäina in der Richtung nach ENE wahrscheinlich gemachte Entwässerung entlang des damaligen Eisrandes würde in dieselbe Zeit fallen. Während dieser Zeit konnte das Vorland mit Karpathenschottern überschüttet werden, während in der nächsten Nähe des Eises umge- 1) Vergl. Hanslik, a. a. O., pag. 324. 2) Höchstens die Karpathenschotter, die in einem kleinen Fetzen am Grund- gebirge bei der Militärschießstätte bei Teschen in etwa 300 m Höhe erhalten sind, könnten noch mit den Schottern von 320 m bei Teschen in ein Niveau gebracht werder., 20 Dr. Gustav Götzinger. [20] lagerte Moränen und fluvioglaziale Sande zum Absatz kamen, die nach dem endgültigen Rückzug des Eises weiter gegen N naclı Frei- werden der enormen Schmelzwässer des Eises den Grenzsaum der österreichischen Oder-Weichsel-Platte bedecken konnten. Wir müssen auf diese Entwicklung aus der früher erwähnten Grenze zwischen den Schottergebieten im SE und dem Sandterrain im NW schließen. 3. Diese auf Grund von Beobachtungen versuchte Synthese der Entwicklungsgeschichte unserer Gegend während der Eiszeit erfährt eine weitere Ergänzung durch die Konstatierung, daß auch unter den zumeist zu unterst liegenden Geschiebelehmen und Moränen- sanden Karpathenschotter mit Deltaschichtung vorkommen. Es ist dies also das tiefste Niveau der Karpathenschotter überhaupt. In einer Sandgrube am rechten Talgehänge des kleinen Tälchens, das zwischen Mittelhof und Niederhof bei Peterswald ins Haupttal mündet, 7: EN 5 EEE Grube bei Peterswald. I= Lehmiger Sand mit kleinen nordischen Geschieben. — II=Blaue Toue. — III —= Gestauchte Tone mit Sandnestern. — IV = N-fallende Sandsteinschotter. liegt unter bläulichem, von weißen 2—6 m mächtigen Sanden be- decktem Ton mit kleineren Geschieben und mit zwei großen erratischen Blöcken (in 2—5 m Mächtigkeit) rostbraun verwitterter Sandstein- schotter, unter zirka 15° nach N einfallend (verel. Fig. 3). Südlich davon sind auch nach N fallende Karpathenschotter horizontal abge- schnitten von Tonen mit prächtigen, nach S gerichteten glazialen Stau- chungen mit weißen Sandnestern dazwischen; zu oberst folgen blaue Tone (1!/,; m) und darüber Sande mit einzelnen kleineren erratischen Geschieben (vergl. Fig. 6 und Tafel I, Fig. 2). Auch in einer zirka 400 m NE von der erstgenannten im Haupt- tal gelegenen neuen Sandgrube liest Geschiebelehm, mit gestauchtem blauem Ton darunter, auf zirka 30° nach NW fallendem Karpathen- schotter (vergl. Fig. 4). [21] Geologische Studien im subbeskidischen Vorland. > - Wie weit gegen N diese Karpathenschotter unter den Geschiebe- lehmen .und Moränensanden durchlaufen, können wir vorderhand nur vermuten; denn beim Eugen- und Graf Deym-Schacht oder bei Orlau und Poremba kommen über dem Grundgebirge gleich Moränenblöcke und Sande vor. Da die erwälnten Schotter in Anbetracht ihrer Größe und deltaartigen Ablagerung den Charakter von Stauschottern haben, so können wir nur schließen, daß das Eis einen solchen Stau abgab. Es mag damals etwa in der Gegend des heutigen Struschka- baches geendet haben; in die vor dem Eis wohl entstandenen kleinen Stauseen haben die zurückgestauten Karpathenflüsse ihren Schotter in Deltaschichtung (Gruben bei Peterswald) abgelagert; dann erst stieß das Eis weiter gegen S vor,. die Karpathenschotter wurden mit Geschiebelehm und Grundmoränenblöcken bedeckt und Partien. des Geschiebelehmes und Tones gestaucht und verquetscht. Das Eis stieß zum maximalen Stand vor; dann spielte sich die oben erörterte Entwicklung weiter ab. Es wird noch Aufgabe detaillierter Untersuchungen sein, die Verbreitung der Karpathenschotter unter den Geschiebelehmen und Moränensanden auf dem Kartenblatt festzustellen. Freilich sind die Chancen für die vollständige Rekonstruktion des Karpathenflußsystems knapp vor dem Hauptvorstoß nicht groß, da einerseits die Kar- pathenschotter vom vorstoßenden Eis teilweise ausgeschürft und ver- schleppt worden sein können, wie auch anderseits die liegenden Kar- pathenschotter nach dem Rückzug des Eises von dem maximalen Stand gegen N von den Schmelzwässern und frei gewordenen Kar- pathenflüssen, ebenso wie wir es bei den Moränen und Geschiebe- lehmen kennen gelernt haben, eine Umlagerung erfahren haben . mochten. Wir haben keinerlei Beweise, die bisher besprochenen diluvialen Schichtglieder mehreren Eiszeiten zuzuweisen; die einzelnen festge- stellten Phasen sind alle wohl in die Riß-Eiszeit einzustellen; denn die karpathischen Schotterterrassen und die weiten Sandflächen sind zumeist von Löß oder Lößlehm bedeckt, dessen Akkumulation nach dem endgültigen Rückgang des Eises in der Nähe der Inundations- gebiete der Flüsse erfolgte. Auf Grund von morphologischen UÜber- legungen und von Analogien mit alpinen Verhältnissen wären also die fluvioglazialen und fluviatilen Bildungen der Riß-Eiszeit zuzuweisen. Auf die Entwicklung des Lößes, seine Verbreitung und Kartierung, ebenso wie auf die nicht uninteressante Entwicklung unserer Land- schaft in der Postlößzeit, können wir hier nicht näher eingehen. Nach den im Sommer 1908 angestellten Beobachtungen, haupt- sächlich bloß im Olsagebiet, ist schon ein recht komplizierter Gang der Ereignisse im subbeskidischen Vorland während der Vereisung der Gegend anzunehmen. Wir versuchten, ver- schiedene Stände des Eises, Oszillationen des Eisrandes zu fixieren, denen bestimmte Ablagerungs- und Stauerscheinungen von seiten der karpathischen Flüsse entsprechen. Aber auch noch in anderen Profilen, so zum Beispiel im Ostrawitza-, Oder- und Weichselprofil, würden eingehende Studien nötig sein, um zu prüfen, ob die im Olsagebiet wahrscheinlich gemachte Entwicklungs- 22 Dr. Gustav Götziuger. [22] geschichte auch für die anderen Profile, überhaupt für den mährisch- schlesischen Lappen des großen skandinavischen Inlandeises, gilt; nur so, durch systematische Aufnahmen entlang desalten Eisrandes, wird es möglich sein, die zweifellos vorhandenen Schwan- kungen des Eises und die dadurch bedingten Veränderungen in der subkarpathischen Hydrographie in den Hauptpunkten regional fest- zulegen. Erklärung zu Tafel I. Fig. 1. Grube bei Orlau. Unter dem Löß Sande mit großen erratischen Blöcken, darunter gestauchter tertiärer Mergelschiefer; vorn, im abgeräumten Teil der Grube, zahllose erratische Blöcke. Fig. 2. Grube bei Peterswald. Gestauchte Tone mit Sandnestern unter glazialen Tonen, darüber Sande mit kleinen erratischen Geschieben. Die Kremsmünsterer weisse Nagelfluh und der ältere Deckenschotter. Von Prof. P. Leonhard Angerer in Kremsmünster. Mit einer Zinkotypie im Text. A. Penck sagt in „Glazialexkursion in die Ostalpen“ im Jahre 1903 folgendes: „Sie (Dr. A. E. Forsters Untersuchungen) bestä- tigen meine Vermutung, daB auf der Traun-Enns-Platte älterer und jüngerer Deckenschotter nebeneinander vorkommen. Der erstere charakterisiert sich längs der Traun (wegen der Nachbarschaft des oberösterreichischen Quarzgerölles) sowie längs der aus den Zentral- alpen kommenden Enns durch das häufige Auftreten von Quarz- und Urgebirgsgeröllen. In der Mitte des Gebietes aber besteht der ältere Deckenschotter ausschließlich aus Kalkgeröllen, die zu einer festen, weißen Nagelfluh verkittet sind, der Kremsmünsterer Nagelfluh, welche ich (in ‚Die Alpen im Eiszeitalter‘ pag. 221) nur mit einem ? zum älteren Deckenschotter zu stellen wagte. Dr. Forsters Karte läßt erkennen, daß diese weiße Nagelfluh von den aus dem Almtale kom- menden Gewässern abgelagert ist. Von diesem Tale geht sie aus und zieht sich in nordwestlicher Richtung bis über Kremsmünster hinaus“. (pag. 26). Im Sommer und Herbst 1908 wurde unsere weiße Nagelflul au zwei Stellen nahe dem Schlierhorizont angebrochen und dadurch die Untersuchung des untersten Teiles derselben ermöglicht. Zuerst wurde an der „Nußleithen“ neben der Quelle der Stiftsbrunnen ein Haus gebaut und hinter demselben auf der Bergseite ein Brunnen gegraben. Die losgebrochenen Steine zeisten audere Zusammensetzung als die gewöhnliche weiße Nagelfluh unserer Steinbrüche, sie enthielten ziemlich reichliche Mengen von Quarz, Glimmerschiefer und Ilorn- blendeschiefer. Diese Urgebirgsgeschiebe dürften nach nachträglicher Schätzung 1/,, aller Geschiebestücke betragen. Diese untere Lage der Nagelfluh ist etwa 2 m mächtige. Diese Brunnennische wurde durch Ummauerung wieder ge- schlossen, doch fand ich etwa 50 m westlich davon an Stücken anste- henden Konglomerats, die in die Stützmauer der Nußleitlien auf- genommen sind, ebenfalls mehr Quarzstücke als sonst in der weißen Nagelfluh vorkommen. Später wurde mit dem Bau einer Straße auf den Gustermayrberg begonnen, die Wand des Grabens in der „Kreuzleithen” ange- schnitten und ein alter Steinbruch neben dem Bauernhause Jahrbuch d. k. k. geol. Reichsunstalt. 1909. 59. Band 1. Ileft (P. L. Angerer.) 24 P. Leonhard Angerer. [2] Hainzing wieder in Betrieb gesetzt. An der Wand des Grabens wurde Schlier angetroffen, darauf liegt grober Schotter mit vielen Urgebirgsgeschieben. Auch der Steinbruch reicht bis auf den Schlier herab, wie das viele Wasser auf dem Boden desselben verrät. Auch hier sind zwei Lagen von Stein zu unterscheiden. Die obere Lage ist 3 m mächtig und zeigt die normale Zusammensetzung der weißen Nagelfluh aus Kalkgeschieben. An der oberen Grenze liegt ungewöhnlich feiner und fester Sandstein von 0:5 m Mächtigkeit, darüber liegt die Rißmoräne des Gustermayrberges, manche Stellen der Nagelfluh sind rostfarben. Die untere Lage von 12 m Mächtigkeit erschien den Leuten früher : nicht abbauwürdig, sie war nur an: wenigen Stellen als srobkörniges, weniger festes Konglomerat in horizontalen, unter- brochenen Krusten zu sehen. Sie enthält wieder viel Quarz, Horn- blendeschiefer und andere Urgebirgsstücke und zeigt auch häufig die rostrote Färbung der Geschiebe wie im älteren Deckenschotter am Abhange des Schwarzholzes. Die zentralalpinen Stücke dürften auch hier ?/; bis !/;, aller Geschiebe ausmachen. Der Übergang der beiden Steinlagen ist ein ziemlich rascher. Gegenwärtig wird auch die untere Lage in dem Steinbruche abgebaut, um mit diesem Schotter die neue Straße von 2037 m Länge zu belegen. Auch westlich vom Steinbruche ist durch die neue Straße die untere Lage auf einer langen Strecke aufgeschlossen. Das lockere Konglomerat enthält an manchen Stellen zur Hälfte Urgebirgs- geschiebe, an anderen fast nur Kalk; ziemlich große Kugeln von rotfleckigem Marmor liegen eingestreut. Ahnlieh liegen die Konglomerate im Wollmersgraben auf dem Nordabhange von Kirchberg. Der Bach hat den Schlier etwa 20 m tief erodiert. Die Wand des Tales wurde beim Balınbau 1891 terrassenförmig abgegraben und das Material zum Eisenbahndamm aufgeschüttet, so daß gegenwärtig zwei Terrassen aus Schlier bestehen. Darüber liegt eine 12 m mächtige Schicht von grobkörnigem, lockerem Konglomerat, einzelne Krusten stehen vor, große Blöcke (1m X05m x 05m) sind losgebrochen und liegen auf den Schlierterrassen. Die Zusammensetzung ist dieselbe wie in der unteren Steinlage im Hainzinger Steinbruche, rostrote Urgebirgsgeschiebe sind in den Krusten und Blöcken, auf dem Fußwege und auf dem Rasen reichlich anzutreffen. Über diesem lockeren und grobkörnigen Konglomerat liegt schöne weiße Nagelfluh von 5 rn Mächtiekeit. Durch den Bahnbau wurde auch die Ost- und Südostseite des Kirchberges angeschnitten. An der Ostseite sieht man deutlich den Ubergang der oberen festen weißen Nagelfluh in die untere gröbere und weniger feste Schicht. Beide Konglomerate sind ziemlich scharf gesondert und ohne Zwischenglied unmittelbar verkittet. An der Südostseite ist der Übergang weniger deutlich. Mit diesen Vorkommnissen stimmt auch der Bau des Stein- bruches nördlich vom Stifte. Die oberste Lage bildet die Mindelmoräne, sie ist an dieser Stelle, wie Penck schon 1903 angab, mit ihrem Schotter, dem [3] Die Kremsmünsterer weiße Nagelfluh und der ältere Deckenschotter. 25 „Jüngeren Deckenschotter“, verzahnt; dieser flyschreiche Schotter ist bei uns zu „grauer Nagelfluh“ verfestigt, seine Mächtigkeit beträgt T m. Unter demselben liegt eine»0'1 m dicke Lehmschicht, welche 1908 auch im nahen Orgelsteinbruche zu Wolfgangstein wieder an- getroffen wurde, unter dieser eine etwa 5 m starke Bank guten Steines, die „weiße Nagelfluh“*, deren Oberfläche grubig verwittert ist. Die Geschiebe derselben sind fast ausschließlich Kalk, sehr wenige Kiesel und Hornblerdeschiefer sind eingestreut, die Stücke sind durch- schnittlich haselnußgroß. Nur diese Lage von 5m Dicke ist gut verfestigt. Unter der- selben beginnen die „Sandlassen“, Lagen von feinem Kies, welche nicht durchaus von Kalk verkittet sind, sondern nur von schrägen Balken verfestigten Steines durchzogen werden. Hier wird seit langer Zeit Sand gewonnen. Häufig werden in dieser Lage abgerundete Find- linge von weißem und rotfleckigem Marmor — die Kugeln haben Durchmesser bis 1 m —, Flyschbrocken, stark verwitterte, bröckelige Gneise und „Feuerkitzlinge“, wie unsere Steinbrecher die abgerundeten Quarzstücke nennen, gefunden. Auch Mergelstücke von grünlichgrauer Farbe — „Steinleber* unserer Maurer — finden sich hier und erinnern an Schlierbrocken. Die Lettenmayrhöhle (vergl v. Hochstetter in Sitzungsber. der math.-naturw. Klasse der k. Akademie der Wiss., Wien 1882, pag. 84) liegt in diesen Sandlassen. Die Lage von etwa 10 m Mächtigkeit, welche zwischen den „Sand- lassen“ und dem Schlier liegt, wird auch an dieser Stelle nicht mehr abgebaut, weil brauchbarer Stein nicht mehr zu erwarten ist. Aber im „Katzengraben“ nahe der reichen Quelle am „Ursprung“ hat das Wasser diese Schicht zufgeschlossen, die Wände dieses Grabens zeigen auch wieder etliche vorspringende Konglomeratbänke mit lockeren Zwischen- lagen. Obwohl die Wände vom Moos überwachsen sind, kann man doch Quarze in größerer Zahl finden, als sonst unserem Stein eigen sind. Auch die Revision des Orgelsteinbruches zu Wolfgang- stein ergab ähnliche Lagerung. Zu oberst liegen die Ausläufer der Mindelmoräne, darunter ist beiläufig 7 m dicke graue Nagelfluh, dann folgt stellenweise die 0-1 m dicke Lehmschicht, endlich etwa 8 m fester Stein. Die Lage zwischen dem festen Stein und dem Schlier wird auch an dieser Stelle nicht mehr abgebaut, weil sie zu wenig verfestigt ist. Trichterförmige, mitunter verzweigte geologische Orgeln durchziehen die graue Nagel- fluh, das Lehmband und einen Teil des festen Steines. Eine frische Bruchfläche im festen Stein läßt gegenwärtig zwei Steinschichten er- kennen; die obere von 1'5 m Mächtigkeit besteht aus verkittetem grobem Kalksand, die untere enthält zum größeren Teile gleichen Stein, umschließt aber auch Lagen von ebenso stark verfestigtem sröberem Schotter mit Kiesel, Horblendeschiefer, violettrotem Quarzit und anderen Urgebirgsgesteinen. Die Bruchfläche erscheint an diesen Stellen breccienartig. Einige Stellen nebenan zeigen überdies disKordante Lagerung. Der untere Teil ist in deutlichen Schichten gelagert, die nach NO um etwa 30° von der Horizontalen abfallen. Diese Schichtung fehlt im Jahrbuch d. k. k. geol. Reichsanstalt, 1909, 59. Band, 1. Heft. (P. L. Angerer.) 4 P. Leonhard Angerer. 26 S. N u Guster Ar Gustermayr Wollmers 2 2 graben Kirchberg Profil Gustermayrberg— Stift Kremsmünster—Kirchberg nach Penck, Forster und Abel. Die Terrasse von Kremsegg ist etwas nach Ost verschoben zu denken. Maßstab: horizontal 1:15.624, vertikal 1:2500. s;, — älterer Deckenschotter. — nr = weiße Nagelfluh. —- s, — graue Nagelfluh. — m, — Mindelmoräne. — s, = Hochterrasse. m. = Rißmoräne. Ss [5] Die Kremsmünsterer weiße Nagelfluh und der ältere Deckenschotter, Be oberen Teile, die Grenzschicht ist beiläufig O'1 m diek. Prof. Abel fand den älteren Deckenschotter einige hundert Meter nordöstlich bei Wolfgangstein oberflächlich beginnend, nach meiner Beobachtung im Örgelsteinbruch liegt er auch hier bis zum Wollmersgraben in einer beiläufig 10 m dicken Schicht. Die weiße Nagelfluh dagegen isthier ander Grenze ihrer Verbreitung und darum nur mehr 15m dick. Der ältere Deckenschotter mit seinen Sandlassen ist bier infolge des Wasserreichtunis zur Zeit der Bildung der geologischen Orgeln so stark verfestigt wie die weiße Nagelfluh und täuscht an älteren Bruchflächen dieselbe vor. Aus diesen Beobachtungen glaube ich folgern zu dürfen, daß an diesen Stellen die weiße Nagelfluh Pencks aus zwei Teilen besteht: einer oberen 5 m mächtigen Steinbank, welche fast ausschließlich aus Kalkgeschieben besteht, zu festem Stein von Kalk verkittet ist und in vielen Steinbrüchen aufgeschlossen ist, und einer unteren 10—12 m mächtigen Lage von grobkörnigem und wenig verfestigem Schotter, welcher neben vielen Kalkgeschieben auch beträchtliche Mengen von Urgebirgsstücken enthält. Dieser Schotter gleicht nach seiner petro- sraphischen Zusammensetzung dem älteren Deckenschotter. Ich glaube darum, daß der ältere Deckenschotter Pencks, welcher im Gebiete der Kremsmünsterer weißen Nagel- fluh von der Oberfläche verschwindet, mit dieser unteren Schotterlage identisch ist, während der Name „weiße Nagelfluh von Kremsmünster“ auf die obere Steinbank einzuschränken sein dürfte. Einer Anregung O.Ampferers (Verhandl. d. k. k. geol. R.-A. 1908, 97) folgend, will ich die zentralalpinen Geschiebe, welche ich im Hainzinger Steinbruch, im Wollmersgeraben und in der Sandhöhle im Steinbruche nördlich vom Stifte aufgelesen habe, ferner die Stücke, die ich in den letzten Jahren aus unserem llochterrassenschotter gesammelt habe, aufzählen; nach Prof. OÖ. Abel (Verhandl. d. k. k. geol. R.-A. 1908, 22) stammen ja auch diese Urgebirgsstücke aus der im Süden aufgearbeiteten alten Decke. P. R. Handmann S. J. hat diese Stücke bestimmt. In dem älteren Deckenschotter des Hainzinger Steinbruches fand ich nebst vielen Kalken und Dolomiten: Gmeis, Diabas, Diorit, Porphyrit, Quarz, Amphibolite, Granit, Granulitgneis, Quarzschiefer, Quarzit, Quarzit mit verschiedenen Einschlüssen, kalkhältigen Quarzit- fels, rötlichvioletten Quarzit? Chloritschiefer? Diabas? gebänderten Diorit? und zwei dünne Lagen stark verwitterten Diorit ?. In der Sandhöhle des Steinbruches fand Prof. ©. Abel 1908 bröckelig verwitterten Granit und gefalteten Hornblendeschiefer, später wurden Kiesel, ein bröckelig verwitterter Gneis und ein Quarz- seschiebestück mit Kalzit und einem verwitterten kohlensauren Kisen- manganerz (Ankerit?) ausgegraben. In der Hochterrasse sammelte ich: Hornblendeschiefer mit Granat, Amphibolit, Amphibolit mit Epidot, cordierithornfelsähnliches Gestein, rötlichvioletten Quarzit, eisen- schüssigen Quarzit, gabbroartiges, erzhältiges Oligoklasgestein, Diabas, Quarz, Quarz mit 1 cm? großen Kaliumglimmerblättchen. A® 28 P. Leouhard Angerer. [6] Auch in der Sandhöhle des Steinbruches und in der Hochterrasse besteht der Schotter zum größten Teile aus Kalk und Dolomit. Viele zentralalpine Geschiebestücke dieses älteren Decken- schotters sind verwittert, so daß die Bestimmung derselben unsicher blieb, zwei einige Zentimeter dieke und 0'5 m breite Lagen einer breiig-tonigen Masse, die P.R. Handmann als „verwitterten Diorit ?“ bestimmte, und zwei Stücke von bröckelig verwittertem Granit und Gneis seien besonders hervorgehoben. Die weiße Nagelfluh sensu strieto enthält nach den vieljährigen Beobachtungen des Prof. P. Franz Schwab und nach meiner Er- fahrung — allerdings in der nächsten Umgebung von Kremsmünster -— nur wohlabgerundete Geschiebestücke und ist mit raschem Über- gange unmittelbar dem älteren Deckenschotter aufgel agert. Sie dürfte als fluviatile Ablagerung aus dem Almtale der Glazialaufschüttung der Günzeiszeit, dem älteren Deckenschotter, unmittelbar- gefolgt sein; später erfolgte ihre Verfestigung zu Stein, die grubige Verwitterung der oberen Grenzfläche und die Überlagerung mit der 0'1 m dicken Lehmlage. Das Profil Gustermayrberg — Stift Kremsmünster — Kirchberg möge über den Aufbau des Krenstales orientieren. Der Schlier reicht zu beiden Seiten des Tales bis zu etwa 385 m Höhe, darüber liegt im Norden und Süden 10—12 m mächtiger älterer Deckenschotter und 5 m weiße Nagelfluh. Beide sind im Süden im Hainzinger Stein- bruch und im Graben der Kreuzleithen aufgeschlossen, im Norden an den Abhängen des Kirchberges; an der Nordseite des Wollmersgrabens konnte ich nur kleine Aufschlüsse im westlichen Teile des Grabens und im Küchengarten des Goldbichler Hauses finden. Diese zeigen einen lockeren, von der weißen Nagelfluh verschiedenen Schotter, zentralalpine Geschiebe fand ich im Bachbett und auf dem Wege, diese Stücke können allerdings auch von der Moräne auf dem Wind- feld hereingekommen sein. Die weiße Nagelfluh ist auch auf dieser Seite deutlich bloßgelegt. Im nahen Orgelsteinbruche und im Stein- bruche nördlich vom Stifte liegt auf der weißen Nagelfluh die dünne Lehmschicht und darüber 7 m graue Nagelfluh mit der zugehörigen Mindelmoräne. Im Süden liegt die graue Nagelfluh ein Stück berg- einwärts am oberen Ende des Weges durch die Kreuzleithen. Prof. OÖ. Abel fand sie im nahen Sommersdorfer Graben an einer Stelle, welche von der Talwand beiläufig gleichen Abstand hat wie das obere Ende der Kreuzleithen. Fs scheint, daß hier die Mindelmoräne mit der grauen Nagelfluh von der nachfolgenden Rißvergletscherung weggefeilt wurde, schon Dr. A. E. Forster hat diese Vermutung bei Betrach- tung der oberen glatten Endfläche der weißen Nagelfluh im kleinen Steinbruche westlich vom Hainzinger Steinbruche ausgesprochen. Der Gustermayrberg erhielt eine dritte Aufschüttung durch die Rißmoräne, welche im Südwesten zu beiden Seiten des Kremstales liest und die Hochterrasse (Stifts- und Kremsegger Terrasse) aufgebaut hat. Schließlich statte ich Herrn Prof. OÖ. Abel und P. R. Hand- mann S. J.. meinen herzlichen Dank für die freundschaftliche För- derung meiner kleinen Arbeit ab. Über die Schichtfolge und den Bau der Kalkalpen im unteren Enns- und Ybbstale. Von G. Geyer. Mit einer Profiltafel (Nr. II) und 3 Zinkotypien im Text. Nachstehende Übersicht der geologischen Verhältnisse des unteren Enns- und Ybbsgebietes basiert auf den während der Aufnahme des Blattes Weyer in den Jahren 1903—1907 gewonnenen Erfahrungen. Dieses gegenwärtig für den Farbendruck vorbereitete Blatt wird nach seinem Erscheinen namentlich zur Erläuterung der den tektonischen Verhältnissen geltenden Schlußbetrachtungen dienen. Das auf dem Blatte Weyer (Zone 14, Kol. XI) dargestellte Terrain zählt zu den verhältnismäßig frühzeitig und wiederholt durch- forschten Abschnitten der Nordalpen. Gestützt auf die ältesten kartographischen Zusammenstellungen von A. Bou&, R. J. Murchison, W. Haidinger und A. v. Morlot hatte K. Ehrlich schon in den Jahren 1848-49 als Kommissär des Geognostisch-montanistischen Vereines für Innerösterreich und das Land ob der Enns einen großen Teil des Landes bereist und darüber in seinem Werke: Uber die nordöstlichen Alpen, Linz 1850, berichtet. Anschließend an diese Arbeiten beteiligte sich K. Ehrlich unmittel- bar darauf an den durch die Herren F. v. Hauer und J. Rossiwall angestellten, jenes Terrain umfassenden Studien bezüglich mehrerer geologischer „Durchschnitte* zwischen Steyr und Eisenerz. Die ersten Berichte hierüber sind im I. Bande des Jahrbuches der k. k. geolog. Reichsanstalt, pag. 372, 628 und 646 publiziert worden. Als erste zusammenfassende Arbeit ist F.v. Hauers Mitteilung über die geognostischen Verhältnisse der nordöstlichen Alpen zwischen Wien und Salzburg (Jahrbuch, Band I, pag. 17) zu bezeichnen, worin auch die ältere Literatur zusammengestellt wurde. Eine zweite Periode geologischer Aufnahmen dieses Gebietes fällt in das Jahr 1852. Um diese Zeit haben F. Kudernatsch das Terrain östlich vom unteren Ennstal, besonders die Umgebungen von Waidhofen, und J. CZ2jZek die Umgebungen von Weyer untersucht und hierüber im Jahrbuch, Band III, Heft 1, pag. 99, Heft 2, pag. 44, Heft 4, pag. 62, ferner Band IV, pag. 421, berichtet, während F. v. Hauer in der Arbeit über die Gliederung der Trias-, Lias- und Juragebilde in den nordöstlichen Alpen, Band IV, pag. 715, wieder eine zusammenfassende Darstellung der Schichtfolge gegeben hat. Jahrbuch d. k. k. geol. Reichsanstalt, 1909, 59. Band, 1. Heft. (G. Geyer.) 30 G. Geyer. [2] Einer dritten Periode gehören die unter M. Lipolds Leitung durchgeführten Spezialuntersuchungen der Kohlenterrains in den ober- und niederösterreichischen Kalkalpen an, welche hier in unserem engeren Gebiete von G. v. Sternbach, F. Rachoj und A. Stelzner durchgeführt wurden; vergleiche hierüber Jahrbuch XIII, pag. 60, 72; XIV, Verhandlungen, pag. 27, 85, 112, 128; ferner XV, Verhand- lungen, pag. 63, und die zusammenfassende Arbeit von M. Lipold, Band XV, pag. 1. Über die bisherigen Resultate der jüngsten Aufnahmsperiode endlich berichteten A. Bittner (Verhandlungen 1898, pag. 277; 1900, pag. 322; 1901, pag. 250) und der Verfasser (Jahrbuch, LIlI. Band, pag. 423; Verhandlungen 1905, pag. 363; 1907, pag. 55). Unter den jüngsten, einzelne Teile dieses Terrains behandelnden Arbeiten sei hier die Mitteilung von F. Trauth (Die Grestener Schiehten der österreichischen Voralpen und ihre Fauna, I. Teil, in „Beiträge zur Paläontologie und Geologie Osterreich-Ungarns etc.*, Band XXII, Wien 1909) angeführt. Bezüglich der älteren Literatur bis 1900 muß hier besonders auf H. Commendas verdienstvolle Arbeit: Materialien zur Geognosie Oberösterreichs, 58. Jahresbericht des Museums Franeisco-Carolinum, Linz 1900, hingewiesen werden. Stratigraphische Verhältnisse. Im nachfolgenden soll zunächst die Schichtreihe besprochen werden, welche bis zum Muschelkalk hinabreicht, während die Wer- fener Schichten im Bereich dieses Blattes nirgends an der Oberfläche beobachtet werden konnten und erst weiter südlich im Ennstal bei Weißenbach sichtbar werden. Muschelkalk. Diese Schichtreihe wird hier durch Gutensteiner und Reiflinger Kalke gebildet. Erstere erscheinen in der Form un- deutlich geschichteter oder doch nur in mächtigen Bänken geglie- derter, grauer, splitteriger, weiß geäderter Kalkmassen, welche nach oben hin allmählich dünnbankiger werden und dabei uxumerklich in bläulich- oder bräunlichgraue dünnplattige Reiflinger Kalke übergehen, deren wellig-knotige Schichtflächen meist von dunklen unregelmäßigen Hornsteinlinsen und -wülsten bedeckt werden. Diese Überlagerung ist an mehreren Stellen zu beobachten, so im Wentgraben südlich von Hollenstein, im Durchbruchstal der Ybbs zwischen Opponitz und Gaissulz, im Schrabachauergraben östlich von Kleinreifling, am Gfallnauerberg westlich über Reichraming, sowie auch im Mooralpengraben östlich von Molln. An wenigen Punkten, so am Seekopf und Hochbrand im Schleifenbachgraben südlich von Klein- reifling, zeigt sich eine Wechsellagerung der blaugrauen Knollenkalke mit hellgrauem breceiösem Dolomit oder auch mit weißem Kalk. [3] Kalkalpen im unteren Enns- und Ybbstale. 31 Zumeist stellen sich in den obersten Lagen der Reiflinger Kalke zwischen den einzelnen Platten Zwischenlagen von grünlichgrauen oder schwarzen Mergelschiefern ein, welche durch ihre Fossilführung als Partnachschichten charakterisiert werden. Solche Zwischenlagen in den obersten Hangendbänken der Reiflinger Kalke treten im Stampf- graben und Gasselgraben bei Weyer, im Kleinreiflinger Hammergraben unter den Klaushäusern, im Ybbstal nächst der Mündung des Ofen- berggrabens und in der Gegend westlich von Reichraming ein, wo sie sowohl am Gfallnauerberg, als auch nahe dem rechten Ennsufer westlich unterhalb Arzberg nachgewiesen werden konnten. Im allgemeinen sind die anisischen Bildungen der Gegend sehr fossilarm. Aus den grauen, splitterigen, löcherigen, rostgelb gefleckten Gutensteiner Kalken des Schrabachauergrabens und des Hirngrabens (ersterer östlich, letzterer südwestlich von Kleinreifling) liegen vor: Terebratula vulgaris Schlot. Natica cf. Stanensis Pichl. Enerinus liliiformis Schlot. Aus den hornsteinführenden Knollenkalken (Reiflinger Kalken): Ter. vulgaris Schlot. ; Aulacothıyris angusta Schlot. sp., vom Ofenberg nördlich Opponitz, vom Südabhang des Seekopfes, vom Gfallnauerberg ; Rhynchonella cf. alteplecta Boeckh., vom Wentgraben bei Hollenstein; Rh. trinodosi Bitt., vom nördlichen Abhang des Königsberges am Haus- berg oberhalb Entenschlag ; Spiriferina Mentzeli Dkr., westlich über Küpfern; Ptychites sp. aus der Gruppe der Pfychites flexuosii v. Mojs., Steinbruch beim Ortbauer in Reichraming. Verbreitung. Entsprechend seiner Position als das tiefste in diesem Terrain aufgeschlossene Schichtglied taucht der Muschelkalk nur in einzelnen Antiklinalzonen empor. Unter diesen Verbreitungs- gebieten ist zunächst der nördliche Abfall des Königsberges bei Hollen- stein zu erwähnen, wo der Muschelkalk als das überkippte Liegende der Oisbergsynklinale zutage tritt und im Süden von Neokom über- schoben wird. (Siehe Prof. II, auf Taf. I.) Ein zweites Gebiet wird durch die Muschelkalkantiklinale des Ybbsdurchbruches unterhalb Opponitz gebildet, mit welcher zweifellos der kleine Aufschluß von Reiflinger Kalk bei Geierspichl im Seebach- tal, südlich von Waidhofen, zusammenhängt. Ein drittes, sehr ausgedehntes Verbreitungsgebiet zieht sich vom Hochbrand (NW von Altenmarkt a. E.) quer über den Schleifengraben auf den Sonnrißberg und durch den Hirngraben in das Ennstal, das er bei Kleinreifling übersetzt. Dieser Zug streicht von Kleinreifling weiterhin über den Loibner- sattel in das Gaflenztal bei Weyer hinüber, tritt dort im Stampfgraben und nördlich des Gaflenzbaches im Gasselgraben an die Oberfläche und setzt sich als schmaler Aufbruch über einen Sattel zwischen dem 32 G. Geyer. [4] Stubauberg und Widberg nordöstlich in den Neudorfer Graben fort. Die letzte Spur dieses hier an einer weitreichenden Störung, der Weyrer Linie, einseitig an den Tag kommenden Muschelkalkzuges findet sich bei Lugerreit im Lugergraben südlich von Waidhofen. Eine vierte Verbreitungszone tritt unter dem Wettersteinkalk des Ennsberges hervor und erscheint hier bei der Jägeralpe, bei den Klaushäusern im Kleinreiflingtal, unter der Pleschentalalpe und bei der Stallburgalpe, namentlich aber im Hammergraben SW von Küpfern, wo der Reiflinger Kalk in der Grabensohle als Kern eines Gewölbes zutage tritt, und zwar beiderseits bedeckt von Partnachmergeln und Wettersteinkalk. Schließlich erscheint der Muschelkalk noch bei Reichraming im unteren Ennstal in großer Flächenausdehnung aufgeschlossen. Er bildet hier einerseits in einem langen, von Reichraming westlich über den Mösersattel gegen Molln reichenden Zuge das Liegende der großen Hauptdolomitmulde des Schneeberges und der Kalblsau, anderseits aber im Rohrbachgraben eine antiklinale Aufwölbung, welche sich östlich über die Enns in das Massiv des Schiefersteines fortsetzt und teils von Wettersteinkalk, teils unmittelbar von Lunzer Sandstein be- deckt wird. Partnachschichten. Mit den obersten Bänken der blaugrauen, knolligen, hornstein- führenden Reiflinger Kalke wechsellagern an mehreren Stellen dieses Terrains schwärzlich- oder grünlichgraue Mergelschiefer mit Halobien aus dem Formenkreise der Halobia intermedia Mojs., während in den Kalkbänken selbst sehr oft das Vorkommen von Koninckina Leonhardi Wiss. beobachtet werden kann. Dort nun, wo diese schwärzlichen, zumeist bactryllienführenden Mergelschiefer endlich eine derartige Mächtigkeit erreichen, daß sie für sich im Gelände eine deutlich wahrnembare Stufe bilden, wurden dieselben auf der Karte als Partnachschichten besonders ausgeschieden. Die dunklen Mergelschiefer zeigen nicht selten linsenförmige Einschaltungen eines rotgelb ver- witternden brecciösen Kalkes, an dessen verwitterter Oberfläche einzelne Kalkfragmente knöllchenförmig hervortreten, wodurch das Gestein an die Cardita-Ooolite der Raibler Schichten erinnert. Solche Gesteine wurden aus dem Hammergraben und dem Hirngraben bei Kleinreifling, bei Küpfern und nächst der Stallburgalpe am Almkogel beobachtet. An der zuletzt erwähnten Lokalität entwickeln sich aus diesen Partnachschichten nach oben dünnplattige Dolomite und Kalke, welche die Basis des Wettersteinkalks darstellen. In jener Region dagegen, wo die Wettersteinkalke als oberer Abschluß der Mitteltrias über- haupt fehlen, liegen über den Partnachschichten unmittelbar die Lunzer Schichten. Als Beispiel hierfür können aus diesem Gebiet die Verhältnisse entlang der Weyrer Linie angeführt werden, wo von Lunzer Sandstein unmittelbar überlagerte Partnachmergel aus dem Gassel- und Stampfgraben bei Weyer, vom Abhang südlich unter dem Loibnersattel bei Kleinreifling und aus dem Hirngraben am Südost- fube des Sonnrißzuges bekannt sind. Diesen Lagerungsverhältnissen sind jene gegenüberzustellen, wo über den Partnachmergeln erst [5] Kalkalpen im unteren Enns- und Ybbstale. 33 2—300 m mächtige Wettersteinkalke und dann erst der Lunzer Sandstein liegen, wie zum Beispiel im Gebiete des Ennsberges. Als Übergang jener beiden Lagerungstypen erscheinen Grenzzonen, wo die Mächtigkeitsabnahme und schließlich auch das Auskeilen der Wettersteinkalklinsen der Beobachtung zugänglich sind, wie auf dem Abhang westlich von Küpfern an der Enns oder auf dem Gehänge unter dem Jagdhaus Mayerhoftal im Hammergraben SW Kleinreifling. Aus dieser Schichtfolge bekannt gewordene Fossilreste weisen auf die ladinische Stufe hin; es sind: Bactryllium sp.; Koninckina Leonhardi Wissm. ... Ennsbergmauern und Feilbach bei Küpfern, Stallburgalpe, Stampfgraben, Gfallnauerberg bei Reich- raming etc.; Amphiclina sp. ; Rhynchonella bajuvarica Bittn. ... . Gasselgraben ; Spirigera indistineta Beyr. ... . Stallburgalpe ; Cruratula cf. Eudora Laube sp... .. Gasselgraben, Stallburgalpe; Spiriferina sp. aff. Sp. Mentzeli Dkr. ... . Stallburgalpe ; Halobia cf. intermedia v. Mojs. (Daonella Parthanensis Schafh.) .... Klaus- häuser im Hammergraben. Verbreitung. Die zur Ausscheidung gebrachten, etwas mächtigeren Absätze von Partnachschichten beschränken sich auf wenige Teile dieses Blattes, so auf das Gebiet des Feilbaches und Küpferner Hammergrabens, auf die Umgebung der Klaushäuser im Kleinreiflinger Hammergraben und auf einen Zug, der sich vom Sonnrißsattel durch den Hirngraben gegen Kleinreifling im Ennstal nordöstlich hinabzieht und wohl auch noch am rechten Ennsufer über das Prandnergut und den Loibnersattel eine Fortsetzung gegen den Weyrer Stampfgraben findet. Wettersteinkalk. Zwischen dem Reiflinger Kalk, beziehungsweise den mit dessen obersten Bänken wechsellagernden Partnachmergeln im Liegenden und den Lunzer Schichten im Hangenden schalten sich lokal oft einige hundert Meter mächtige Massen von weißgrauen oder gelblichweißen, wachsartig dichten Kalken ein, welche stellenweise als Diploporen- kalke, stellenweise wieder als Korallenkalke entwickelt sind. Diese hellen Kalkmassen keilen randlich linsenförmig aus, so daß die sie überlagernden Lunzer Sandsteine sodann unmittelbar über den Reiflinger Kalken mit ihren Partnachmergeln zu liegen kommen (Fig. 1). Auf diese Weise hat man hier zweierlei Regionen zu unterscheiden, nämlich auf der einen Seite jene Region vom Lunzer Typus, wo die sanze Mitteltrias durch dünnschichtige dunkle Gesteine gebildet wird, und auf der anderen Seite jene Entwicklungsgebiete, wo in der Mitteltrias noch mächtige Massen heller Kalke gebirgsbildend auf- treten. Mitunter erscheinen zusammen mit den lichten Diploporen- oder Korallenkalken aschfarbene brecciöse, dünnplattige Dolomite, Jahrbuch d. k. k. geol. Reichsanstalt, 1909, 59. Band, 1. Heft. (G. Geyer.) 5 34 G. Geyer. [6] so im Küpferner Hammergraben, südlich unter der Mayralpe des Sengsengebirges (N Windischgarsten) oder im Schleifenbach- (Kreisten-) Graben am linken Ennsufer oberhalb Kleinreifling, Gesteine, welche petrographisch dem Reiflinger Dolomit von D. Stur oder dem Ramsaudolomitvon E. Böse nahestehen und wie diese der unter den Lunzer Schichten rulienden Mitteltrias angehören. Die Wettersteinkalke sind im allgemeinen arm an bestimm- baren fossilen Einschlüssen: außer Diploporen und stockförmig auf- tretenden Korallen vom Typus Thecosmilia findet man meist nur größere Gastropodendurchschnitte, letztere besonders häufig unter der Pooralpe am Ostabhang des Ennsbergzuges und am östlichen Gehänge der Dirn bei Losenstein unter dem Gehöft Hamberger. Nahe unter dieser zuletzt erwähnten Lokalität, nämlich am Wege unter dem Klausberger, erweisen sich die zu Hecken aufgehäuften Lesesteine von Wettersteinkalk verhältnismäßig reicher an organischen Resten. Fig..1. HD = Hauptdolomit. — 0 = ÖOpponitzer Kalk. -—- ZL —= Lunzer Sandstein. W = Wettersteinkalk. — P — Partnachschichten. — R — Reiflinger Kalk. Es kommt hier ein lichter, bräunlicher, spätiger Diploporen- kalk vor, in welchem auch Cephalopoden erscheinen, worunter Ceratites cf. bavaricus Reis mit sichelförmig geschwungenen Rippen Gymnites div. sp. Orthoceras sp. Atractites sp. Außerdem ein glatter Pecten, zahlreiche große gekörnte Cidariten- keulen und lange glatte Cidaris-Stacheln, sowie endlich jene finger- förmigen, im Bruch strukturlosen, röhrenförmigen, an Korallenstöcke erinnernden Gebilde, welche A. Bittner und ich mehrfach aus Wettersteinkalken nachgewiesen haben und welche dem von A. Stoppani (Petrif. d’Esino, Pl. XXX, Fig. 8) als Hippalimus Villae beschriebenen spongienartigen Gebilde nahestehen dürften. Verbreitung. Die Wettersteinkalke treten hier fast nur in mächtigen, einseitig gebauten Antiklinalen zwischen den breiten 7] Kalkalpen im unteren Enns- und Ybbstale. 35 Hauptdolomitmulden dieses Teiles der Nordalpen hervor, den sie als die dominierenden Gebirgsrücken überragen. Sie bilden gewisser- maßen das Gerippe der Landschaft und markieren so die Grundzüge der Tektonik. Auf diese Weise ragt im Südwesten des Blattes die einseitig gegen Norden blickende Antiklinale des Sengsengebirges als mächtiger, ostwestlich streichender Hochgebirgswall empor. Diese Antiklinale findet im Quellgebiete des Großen Baches südlich von Reichraming einen regelmäßigen Abschluß, indem sie allseits unter Hauptdolomit hinabsinkt. Als ihre mehrfach unterbrochene und verschobene Fortsetzung gegen Osten können die Wettersteinkalkzüge des Maierecks bei St. Gallen und des Gamssteins bei Palfau aufgefaßt werden. Weiter nördlich taucht im Almkogelzug die einseitig nach Westen blickende Antiklinale des Ennsberges bei Kleinreifling empor, deren Streichen von Süden nach Norden gerichtet ist. Diese Antiklinale beginnt im Schleifen- bach und sinkt nördlich von Küpfern am rechten Ennsufer unter dem Hauptdolomit hinab. Gewissermaßen als Gegenflügel dieses Sattels tritt endlich auf der Großen Dirn bei Losenstein ein dritter Wettersteinkalksattel zutage, welcher auf der Nordabdachung jenes Berges über steilstehenden Falten von Hauptdolomit und Jura auf- geschoben ist, im Westen vom Wendbach tief angeschnitten wird und sodann unter dem Hauptdolomit des Schobersteins untertaucht. Schon am Gaisberg bei Molln tritt diese Antiklinale neuerdings an die Oberfläche, verquert das Steyrtal bei Leonstein und wird sodann vom Flysch der Kirchdorfer Bucht abgeschnitten. Lunzer Schichten. Über dem Reiflinger Kalk, beziehungsweise den mit dessen ober- sten Bänken alternierenden Partnachmergeln oder aber im Hangenden des Wettersteinkalkes folgt ein Komplex dunkler, sandig-schiefriger, vorwiegend klastischer Bildungen, deren Material von dem der Unter- lage sichtlich abweicht und augenscheinlich von benachbarten Fest- landsmassen her eingeschwemmt wurde. Es sind durchweg Seichtwasserbildungen und die darin einge- schlossenen Kohlenflöze mit Landpflanzenresten deuten wohl un- zweifelhaft auf sumpfige Niederungen hin, die sich entlang der Küste erstreckt haben mochten. Das Vorherrschen von Quarzkörnern und Glimmerschuppen sowie der reichliche Tongehalt weisen darauf hin, daß es hauptsächlich kristallinisches Festland war, vor dem jene Ästuarien sich ausdehnten. Daß jenes Festland einem Teil der böh- mischen Masse entsprach, kann als sicher angenommen werden, wie schon D. Stur nachgewiesen hat. Zu tiefst erscheinen in der Regel schwarze mergelige, nach der Verwitterung blätterig zerfallende, Sphärosideritlinsen umschließende Schiefertone. Diese durch Halobia rugosa Gümb. charakterisierten, von D. Stur als Reingrabener Schiefer bezeichneten Schichten gehen nach oben durch Wechsellagerung mit dünnen Sandsteinleisten in den Lunzer Sandstein über, einen mehr oder minder dünnbankigen, srünlichgrauen, tiefbraun verwitternden, meist undeutliche kohlige 5* 36 G. Geyer. [8] Pflanzenspreu führenden glimmerigen Quarzsandstein, welcher immer wieder von Schiefertonbändern durchsetzt wird. Dort, wo diese Ablagerungen eine bedeutendere Mächtigkeit er- reichen, wie inder Gegend südlich von Groß-Hollenstein, in der Schneibb und am Nordabhang des Königsberges, wechsellagern die Sandsteine auch mit Sandsteinschiefern und etwas mächtigeren Lagen von schwärz- lichem bituminösem Schieferton (Kohlenschiefer), worin die bezeich- nenden Reste der Lunzer Flora gefunden werden. Zusammen mit den Kohlenschiefern treten dann in der Regel mehrere, wenn auch meist geringmächtige Kohlenflöze auf, die hier seinerzeit in der Schneibb und im Wentbach abgebaut wurden, während sie z. B. im Sulzbach SW von Reichraming, in der Lindau bei Weyer etc. nur zu Schürfungen Anlaß boten. Über diese Kohlenflöze berichtete F. Rachoj im XV. Bande des Jahrbuches. Die Lunzer Schichten der fraglichen Gegend haben an ver- schiedenen Punkten Fossilreste geliefert. So wird von D. Stur (Geo- logie der Steiermark, pag. 245), aus dem Reingrabener Schiefer das Vorkommen von Halobia Haweri = H. rugosa Gümb. erwähnt, von Kälberreit südlich von Waidhofen, aus der Schneibb bei Groß-Hollen- stein, an der Roseneckalpe östlich von Molln. Aus dem Sphärosiderit führenden, mit dem Lunzer Sandstein eng verknüpften Kohlenschiefer werden von demselben folgende Tierreste angeführt: Estheria minuta Goldf., Reitbauergraben bei Molln. Myoconcha Curioni v. Hau., Sulzbach. r minor Stur, Reitbauergraben. Cardinia brevis Schaur., Sulzbach. Aus dem im Hangenden der Lunzer Sandsteine folgenden rot- gelben Cardita-Oolith der Schneibb: Cardita crenata Mstr. Myophoria lineata Mstr. In der Mühlein südlich von Weyer wurde noch vor wenigen Jahren ein Schurfstollen auf ein ungefähr einen Meter mächtiges Kohlenflöz getrieben. A. Bittner sammelte hier auf der Halde in einem Kohlenschmitzen führenden, von einem gelben Harz durch- spickten Muschelmergel: (Verhandl. 1898, pag. 278) Myophoricardium lineatum Woehrm. Pecten Hallensis Woehrm. Gervilleea Bouei v. Hau. Carnites floridus Wulf. Aus demselben Haldenmaterial liegen mir noch außerdem vor: Anoplophora recta Gümb. Myoconcha Curioni v. Hau. Östrea sp., kleine, auf größeren Muschelschalen aufsitzende müuzenförmige Scheibchen. ? Glyptochrysalis plicata Kok. Estheria minuta Goldf. auf einem tiefsamt- schwarzen bituminösen Kalk. [9] Kalkalpen im unteren Enns- und Ybbstale. 37 An Pflanzenresten aus dem Kohlenschiefer des Lunzer Sand- steines führt D. Stur von Schneibb an: Equisetites arenaceus Jaeg. sp. Calamites Meriani Brot. sp. Clathropteris reticulata Kurz. Pterophyllum Haidingeri Goep. R Jaegeri Brgt. € Riegeri Stur. Außerdem noch Pflanzenreste vom Öfenberg N. Opponitz und vom Sulzbachgraben bei Reichraming (Geologie der Steiermark, pag. 251). Ein vortrefflicher Aufschluß der Lunzer Schichten, und zwar in jener Region, in welcher in deren Liegendem der Wettersteinkalk er- scheint, findet sich im oberen Hetzgraben südlich von Reichraming, Fig. 2. W = Wettersteinkalk. — RS = Reingrabener Schiefer. — L — Lunzer Sandstein mit Kohlenflöz. — O0 = Opponitzer Kalk. — HD — Hauptdolomit. dort, wo die unter Hauptdolomit untertauchende Wettersteinkalkanti- klinale des Sengsengebirges von jenem Zufluß des Großen Baches in einer engen Felsschlucht angeschnitten wird. Der obere Teil des Hetzgrabens verläuft in südnördlicher Richtung gerade an der Grenze des Wettersteinkalkes gegen den Hauptdolomit und ist derart in die steil stehenden Lunzer Schichten eingewaschen, daß die Schichtköpfe der letzteren deutlich bloßgelegt erscheinen. (Fig. 2.) Zunächst bemerkt man an der steil nach Osten, also gegen den Hetzgraben einfallenden obersten Schichtfläche des Wettersteinkalkes große schüsselförmige Vertiefungen oder Korrosionsmulden, welche, wabenförmig angeordnet, über die ganze bloßliegende Schichtfläche des Kalkes verteilt sind. In diesen schüsselförmigen Vertiefungen, deren wechselnder Durchmesser etwa 20-40 cm erreicht, sind die schwarzen Rein- grabener Schiefer eingelagert, und zwar zunächst mit einer brecciösen Erzkruste, die sich fest an den Kalkuntergrund anlegt. In den steil- 38 | G. Geyer. [10] stehenden, vom Bach in runden Buckeln und Höckern ausgewaschenen schwarzen Schiefern bemerkt man zahlreiche knopfartig vorspringende Sphärosideritlinsen. Weiter im Hangenden wechsellagert in dem meist trocken liegenden felsigen Flußbett der schwarze Schiefer mit Leisten und Bänken von grauem, rostig verwitterndem Lunzer Sandstein, der hier ein etwa handbreites Kohlenflötz einschließt. Darüber folgt dann, schon das rechte Ufer bildend, nahe unter der Sitzenbachhütte bräunlicher, mergeliger, fossilführender Opponitzer Kalk mit Corbis Mellingi Hau., Cardita crenata Gümb., Ostrea montis caprilis Klipst. ete. Endlich legt sich der Hauptdolomit der auf- gelassenen Plöschlalpe darüber. In der typischen Lunzer Region, wo die Lunzer Schichten un- mittelbar auf dem Reiflinger Kalk liegen, sind derartige gute Auf- schlüsse seltener, da hier außerdem die Verwitterung zumeist einen für die üppige Entfaltung der Vegetation günstigen Boden geschaffen hat. Die besten Aufschließungen dieser Art finden sich noch südlich von Groß-Hollenstein im Wentgraben und in der Schneibb, wo auch der Johannisstollen quer auf das Streichen getrieben ist (vergl. Jahrb. L11I. Bd. 1904, pag. 430), sowie im oberen Teil des Moor- alpengrabens unterhalb der Alpe Mayeröd (westl. Reichraming, südl. Trattenbach). Ein besonderes stratigraphisches Interesse dürfen jene Grenz- zonen beanspruchen, wo die Gebiete mit Wettersteinkalkentwicklung an die typische Lunzer Region stoßen. Es sind dies namentlich die östliche Abdachung des Almkogelzuges gegen das Ennstal, nämlich im Mayerhoftal, SW von Kleinreifling und im Hammer- und Feil- bachgraben bei Küpfern, ferner die Gegend des Ennsdurchbruches unterhalb Reichraming mit dem im Süden der Großen Dirn einge- schnittenen Rohrbachgraben, wo diesbezügliche Aufschlüsse beobachtet werden können. Der Ubergang zwischen beiden Ablagerungstypen vollzieht sich hier auf sehr schmalem Raum, und zwar auf die Art, daß der in Wandstufen aufgeschlossene lichte Wettersteinkalk in der Richtung quer auf das Streichen verhältnismäßig rasch auskeilt. Dieses Ver- hältnis zeigt sich besonders deutlich entlang der von den Klaus- häusern im Kleinreiflinger Tal gegen das Jagdhaus Mayerhoftal auf- steigenden Fahrstraße. Während bier der Wettersteinkalk auf der linken Talseite im Zwieselbachgraben eine Mächtigkeit von einigen hundert Metern erreicht, schrumpft derselbe unter dem Jagdhaus auf eine niedere Mauerstufe zusammen, welche die tiefer unten durchstreichenden Hornsteinkalke (Reiflinger Kalk) mit ihren Hangendmergeln (Partnachschichten) von dem nahe dem Jagdhause anstehenden Lunzer Sandstein und Opponitzer Kalk trennt. Dasselbe Verhältnis besteht auch westlich von Küpfern auf dem Rücken zwischen dem Feilbach und dem Hammerbach, wo zwischen den Partnachmergeln mit Kon. Leonhardi Wissm. und dem Lunzer Sandstein mit kohligen Pflanzenresten eine nur wenige Meter mäch- tige, aber mit der Hauptkalkmasse zusammenhängende Stufe von weißem Wettersteinkalk sich einschiebt. [11] Kalkalpen im unteren Enns- und Ybbstale. 39 In beiden Fällen scheint der Lunzer Sandstein derart überzu- greifen, daß derselbe im Osten (Lunzer Gebiet) auf den durch Part- nachfossilien bezeichneten Hangendmergeln des Reiflinger Kalkes liegt, während er im Westen (Wettersteinkalkgebiet) über dem hellen Wettersteinkalk abgelagert wurde, der ebenfalls das Hangende von Partnachschichten bildet. Dieses Verhältnis ließe sich etwa durch das auf pag. 34 wieder- gegebene Schema (Fig. 1) illustrieren. Wie dort angedeutet wird, zeigt sich die Mächtigkeit der Lunzer Schichten im Hangenden des Wettersteinkalkes bedeutend reduziert. Der auskeilende Saum der Wettersteinkalklinse ist sehr oft als Korallenkalk entwickelt, doch zeigen sich keine Grenzerscheinungen, wie etwa gegenseitige Verzahnungen, welche auf eine Vertretung eines tieferen Teiles der Lunzer Schichten durch jenen Korallenkalk hindeuten würden. Im Gegenteil läßt sich nachweisen, daß auch die basalen (Reingrabener Schiefer) Straten, wenn auch in reduzierter Mächtigkeit, vorhanden sind, wie dies im Hetzgraben der Fall ist. Anderseits spricht das vollständige Fehlen von Konglomeraten oder Breccien mit Brocken von Wettersteinkalk, welche in diesen dunklen Basalbildungen auffallen und irgendwo beobachtet worden sein müßten, gegen die Annahme einer Zerstörung der Wettersteinkalke vor Ablagerung der Lunzer Schichten. | Man wird aber immerhin aus diesen Verhältnissen auf einen einschneidenden Wechsel in der Sedimentation durch die Einfuhr fremdartigen Materials (Sande, Glimmer und Tone als Denudations- produkte eines kristallinischen Hinterlandes) schließen müssen, wobei es in der hier beobachteten Küstenregion allerdings noch zu keiner längeren Trockenlegung der linsenförmig auskeilenden Wetterstein- kalklage gekommen ist. Im Rohrbachgraben NW von Reichraming beobachtet man über dem Reiflinger Kalk Denudationsreste von Wettersteinkalk, welcher auf der Großen Dirn eine liegende Antiklinale bildet. Während der Lunzer Sandstein dort über dem Wettersteinkalk ruht, liegt derselbe im Rohrbachgraben unmittelbar auf dem Reiflinger Kalk auf. Nahe südlich streicht zwischen Reichraming und Molln mit südlichem Einfallen als Unterlage des angrenzenden Hauptdolomits (Schneeberg) ein neuer Muschelkalkzug durch, dessen Koninckinen- mergel führende Hangendbänke abermals direkt von den Lunzer Schichten der Möser, der Gfallnaueralpe und des Sulzbaches über- lagert werden, ohne Spur einer Zwischenlagerung von Wettersteinkalk. Verbreitung. Südlich von Hollenstein bilden die Lunzer Schichten am Fuße des Königsberges und der Voralpe einen mächtigen, durch untergeordnete Störungen allerdings mehrfach zerstückten Zug. In dem verhältnismäßig flach gelagerten Hauptdolomitgebiet des „Hinterberges“ zwischen dem Ybbs- und dem Gaflenztal treten sie teils in tief einschneidenden Talmulden oder Gräben unter dem Opponitzer Kalk hervor, wie in der Mühlein, in den Seitengräben südöstlich von Gaflenz und im Seebach, teils bilden sie das Hangende des Muschel- kalkes im Ybbsdurehbruch unterhalb Opponitz. 40 G. Geyer. 112] Ein dritter Zug kommt unter dem Hauptdolomit des Kuhberges bei Kleinreifling, des Rapoldeck, des Weyrer Kreuzberges und der Sonnbergkette bei Gaflenz an die Oberfläche und zieht sich vom Schleifenbach an ununterbrochen über Kleinreifling bis in den Neu- dorfer Graben nördlich von Weyer. Weiterhin tritt der Lunzer Sand- stein an der Weyrer Linie nur mehr in vielfach unterbrochenen Aufschlüssen zutage, so bei den alten Kohlenschürfen im Lindauer- eraben und im Sattelgebiete zwischen dem Klein-Gschnaid- und dem Lugergraben südlich von Waidhofen. Alle diese mächtigeren Züge liegen unmittelbar über Reiflinger Kalk. Weiter westlich im Gebiete des Almkogels und des Sengsen- gebirges bilden die Lunzer Schichten nur geringmächtige Züge, welche die Wettersteinkalksättel als schmale Bänder umsäumen und vom Hauptdolomit scheiden. Wir haben bereits gesehen, daß bei Reich- raming und Losenstein ein ähnlicher Gegensatz zu beobachten ist, nämlich einerseits das breite Band von Lunzer Schichten zwischen Reichraming und Molln im Hangenden von Reiflinger Kalk, anderseits aber eine schmale Sandsteinlage am Saume des Wettersteinkalkes der Großen Dirn bei Losenstein. Opponitzer Kalk. Über dem Lunzer Sandstein, beziehungsweise den in ihrem Hangenden auftretenden Cardita-Dolithen folgt nach A. Bittner völlig konkordant eine sehr oft mit mächtigen Rauhwacken begin- nende kalkige Stufe, welche sich meist in Form einer niederen Wand- flucht aus dem Abhang hervorhebt. Es sind fast durchweg dünnplattige, im Bruche blaugraue, außen gelblich anwitternde, splitterige oder auch etwas flaserige, nur sehr selten Hornstein einschließende Kalke, die recht oft ein löcheriges Gefüge zeigen und deren mit tonigen Belegen versehene Schicht- flächen mitunter zäpfchenförmige Erhabenheiten aufweisen. Es treten aber auch dünnschiefrige bläuliche Mergel mit rostiger Verwitterung auf und an manchen Orten sind dickbankige oder fast massige, splitterige, helle Kalke eingeschaltet. Inmitten dieser Kalkstufe erscheint zumeist eine dunkle mergelig-schiefrige Zwischenlage, die durch ihren Fossilreichtum aus- gezeichnet ist und eine Anzahl charakteristischer Bivalvenreste einzu- schließen pflegt. Hier treten auch dünne, gelbgraue, tonige Scherben einer an Ähnliche rhätische Gesteine erinnernden, zumeist aus Pecten filosus v. Hau. bestehenden Mnschelbreecie auf. Oder es erscheinen in dunklen Mergelkalken die in den Raibler Schiehten häufig vor- kommenden weißen Bivalvenschalen. Dies ist gewissermaßen die nor- male Entwicklung der Opponitzer Kalke. In gewissen Strichen werden aber diese Gesteine dolomitisch, dann tritt der Fossilreichtum zurück und die Wandstufenbildung im Terrain prägt sich minder deutlich aus. Da die Lunzer Schichten fast undurchlässig sind, so bilden die Rauhwacken der ÖOpponitzer Kalke einen ausgezeichneten Quellen- horizont. Den sehr ausgedehnten im Hauptdolomit liegenden Grund- wasserreservoirs entsprechend, sind es meist außerordentlich be- [13] Kalkalpen im unteren Enns- und Ybbstale. 41 ständige und daher für größere Wasserversorgungen geeignete Quellen, welche in diesem Niveau entspringen. Die öffentlichen Trinkwasser- anlagen von Weyer und zum Teil auch von Waidhofen basieren auf derartigen Quellen. Unter den aus diesem Gebiete bekannt gewordenen Fossilresten. der mergeligen Opponitzer Kalke seien hier angeführt: Ostrea montis caprilis Klip. Placunopsis fissistriata Winkl. Gervilleia Bouei v. Hau. Corbula Rosthorni Boue Corbis Mellingi v. Hau. Cardita cerenata Goldf. Pecten filosus v. Hau. „ Hallensis Woehrm. Hinnites cf. obliquus Mstr. Myophoria inaequicostata Mstr. chenopus Laube. R fissidentata Woehrm. Hörnesia Sturii Woehrm. Macrocheilus variabilis Klip. » Als Hauptfundstellen von Fossilien des Opponitzer Kalkes sind hier zu nennen die Gehänge des Ybbstales nahe unter Opponitz, die Steinbrüche an der Hollensteiner Straße südöstlich von Weyer, die Gräben am Nordfuße des Königsberges und der Voralpe bei Hollen- stein, dann im Sengsengebirge das obere Rettenbachtal nördlich von Windischgarsten, der obere Hetzgraben unter der Sitzenbachhütte. Außerdem erscheinen fossilführende Opponitzer Kalke in der Um- gebung von Reichraming, nämlich im Orte selbst hinter der Messing- fabrik, dann am rechten Ennsufer knapp oberhalb der Eisenbrücke, endlich iın Sulzbachgraben am Fuße der Kalblsau. Hauptdolomit. Die Gesteine dieser mächtigen Schichtgruppe sind hier immer deutlich geschichtet, selten dünn geplattet, sondern in der Regel nach Art des Dachsteinkalkes in 1—2 m starken Bänken abgesetzt. Es scheint, daB der Magnesiagehalt des Hauptdolomits gegen das Innere der Kalkalpen allmählich abnimmt, so daß sich der fazielle Ubergang in den im südlichen Teil der Nordkalkalpen herrschenden Dachsteinkalk sanz unmerklich vollzieht. Als gut aufgeschlossenes Beispiel des Ineinandergreifens von Hauptdolomit und Dachsteinkalk und der Un- durchführbarkeit einer scharfen Trennung der betreffenden Ablagerungs- räume kann hier das Gebiet der Warscheneck-Hochmölbing-Gruppe südlich von Windischgarsten angeführt werden. ; Der Hauptdolomit ist zumeist bräunlichgrau, bituminös, grobklüftig und zerfällt splitterig, im Gegensatz zu den oft rein weißen, brecciösen, kurzklüftigen und daher sandig zerfallenden Reiflinger-, oder auch Ramsaudolomiten. Dieser Unterschied gilt jedoch nur im allgemeinen, Jahrbuch d. k. k. geol. Reichsanstalt, 1909, 59. Band, 1. Heft. (G. Geyer.) 6 42 G. Geyer. | [14] das heißt bezüglich der Hauptmasse und wird so häufig lokal von Aus- nahmen aufgehoben, daß derselbe bei der Kartierung im Felde für sich allein nicht ausreicht, um stets eine sichere Scheidung zu er- möglichen. Bezeichnend für diese Stufe sind dagegen die allerdings nur streckenweise zwischen den mächtigen Dolomitbänken erscheinenden dünnen Zwischenlagen von grünlichgrauen oder rötlichen Mergelschiefern. Der Hauptdolomit geht nach oben in dünnere Bänke eines dunkelgrauen, außen hell anwitternden, kalkigen Dolomits über, dessen milchig-porzellanartig aussehenden Schichtflächen gitterförmig von seichten Furchen durchkreuzt werden. Sodann stellen sich hellgraue, ebenflächig brechende Kalke ein, welche mit jenen gegitterten Dolomiten zunächst noch wechsellagern, mit diesen zusammen vermöge ihrer srößeren Widerstandskraft in steileren Gehängeformen abwittern und über den gleichmäßig geböschten Hauptdolomitlehnen wandartig aufragen. Diese gewöhnlich als Plattenkalk bezeichneten, durch die zierlichen Auswitterungen von ARissoa alpina Gümb. und anderen Gastropoden charakterisierten Gesteine bilden erst die Unterlage des Rhät und fallen sohin noch den norischen Bildungen der Obertrias zu. Verbreitung. Der Hauptdolomit erlangt als das mächtigste Schichtglied in diesem Abschnitt der Nordalpen auch die größte Oberflächenverbreitung. Er setzt, mehrfach gefaltet und wohl auch in Schuppen zerlegt, welche letzteren allerdings nur dort nachweisbar werden, wo jüngere Auflagerungen einen Anhaltspunkt abgeben, für sich allein ganze Gebirgszüge zusammen. Seine Mächtigkeit nimmt gegen den Außenrand der Kalkalpen augenscheinlich ab. Bezeichnend sind seine gleichmäßig geböschten Abhänge mit ihren geradlinigen Konturen und die pyramidenförmigen Gipfel der Hauptdolomitberge im Gegensatz zu den vielfach gebrochenen Ab- füllen und eckigen Umrissen der Kalkhöhen. Dagegen zeigt sich in der Dolomitregion überall die Erscheinung der engen, schluchtartigen Täler mit felsiger Sohle nnd zahlreichen radial zusammenlaufenden Seitengräben, welche durch schmale, in Schutt zerfallende Felsrippen getrennt werden, Rhätkalk (oberer Dachsteinkalk) und Kössener Schichten. Diese beiden Schichtglieder, welehe auf Grund ihrer sehr ab- weichenden petrographischen Beschaffenheit getrennt ausgeschieden werden konnten, liegen im Bereiche dieses Abschnittes wohl aus- schließlich über Hauptdolomit, doch scheinen sie verschiedene Glieder des letzteren zu bedecken, da sie sich zum Teil schon über dem diekbankigen mittleren Stockwerk des Hauptdolomits gelagert finden, teils erst über den dünnplattigen Rissoenkalken erscheinen, welche sicher einer jüngeren Abteilung der Hauptdolomitserie entsprechen. Die Entwicklung der Rhätbildungen zeigt hier insofern erhebliche Verschiedenheiten, als sie im südlichen Teile hauptsächlich durch Kalke vertreten werden, während weiter nördlich gegen den Außen- rand vorwiegend tonigmergelige Gesteine erscheinen. So besteht das Rhät auf den Gebirgen südlich von Hollenstein aus diekbankigen, [15] ’ Kalkalpen im unteren Enns- und Ybbstale. 43 dichten, lichtgrauen Kalken, welche stellenweise von Korallenstöcken durchsetzt werden und nur selten einzelne Durchschnitte von großen Bivalven (Megalodonten) zeigen. Teils an deren Basis, teils weiter im Hangenden in Form nur wenige Meter mächtiger linsenförmiger Einschaltungen, schieben sich zwischen diesen reinen Kalken dunkel-: graue, gelblich verwitternde Mergel mit Rhätfossilien und den bekannten gestreiften Muschelbreccien ein. Dieser Typus ist für den Königsberg bezeichnend und herrscht auch in den Zügen des Ois- berges und Weyrer Högerberges. Auf der gegenüberliegenden Voralpe treten jene mächtigen hellen Kalkstufen noch in Verbindung mit einer sehr charakteristischen Wechsellagerung, bestehend aus dunkelgrauen knolligen Plattenkalken und Korallenkalken und dazwischen eingeschalteten gelbgrauen schiefrigen Bactryllienmergeln. Zugleich erscheinen auch sehr fossil- reiche, gelbgraue, tonige Mergelkalke mit den Leitformen des Rhät. Aus solchen Kalken stammen die von Stur (Geologie d. Steiermark, pag. 425) angeführten zahlreichen Rhätformen der Voralpe. Die Wechsel- lagerung der Korallenkalkbänke mit den tief ausgewitterten Mergel- schieferzwischenlagen bildet in den steil aufgerichteten Schichten am Kamme zwischen der Stumpfmauer und der Voralpe ein auffallendes Landschaftsbild. Weiter nördlich treten die rein kalkigen, etwa als oberer Daehsteinkalk zu bezeichnenden Bänke immer mehr zurück, die tonig-mergeligen Sedimente nehmen überhand und bilden typische Kössener Schichten, bestehend aus einem vielfachen Wechsel von dunkelgrauen, gelblich anwitternden, fossilreichen Mergelkalkbänken mit. dunklen, dünnblätterigen Schieferzwischenlagen. Es treten aber auch hier noch, und zwar selbst schon nahe der Flyschzone, einzelne reine helle Kalklagen auf, teils völlig durchwachsen mit Korallenstöcken, teils erfüllt von Brachiopoden, und zwar zumeist mit Terebratula gregaria Suess. An der Straße nördlich unter dem Hahnlreitsattel am Schnabel- berg bei Waidhofen fanden sich in einem bräunlichgrauen, Ostrea Haidingeriana Em. führenden Mergelkalk einzelne Saurierwirbel, wo- durch das Gestein an H. Zugmeyers Bonebed von Waldegg erinnert. Unter den im Bereiche des Blattes Weyer an zahlreichen Punkten aufgesammelten Fossilresten erscheinen als die häufigsten: Terebratula gregarıa Suess Cardita austriaca v. Hau. 3 pyriformis Duess Plicatula intusstriata Em. Waldheimia norica Suess Ostrea Haidingeriana Em. Bhynch. fissicostata Suess » Pietetiana Mort. Spiriferina uneinata Schafh. Gervilleia inflata Schafh. Megalodus sp. Anomia alpina Winkt. Pecten acuteauritus Schafh. Schizodus cloaeinus Quenst. Verbreitung. Die hellen Rhätkalke oder oberen Dachsteinkalke erscheinen hauptsächlich auf dem Königsberg und auf der Voralpe, dann weiter nördlich am Oisberg und Weyrer Högerbergzuge als niedere Mauer über dem Hauptdolomit. In ähnlicher Entwicklung bilden sie auch einen relativ breiten Zug zwischen Kaltenbrunn im 6* 44 G. Geyer. [16] Bodinggraben und dem Hochkogl im Tal des Großen Baches südlich von Reichraming. In einer noch weiter nördlich gelegenen Zone erscheinen die Kössener Schichten in zahlreichen Zügen zwischen dem Hauptdolomit und den Liasfleckenmergeln, von denen sie schwer abzutrennen sind. In der Gegend von Kastenreit und Weyer muB die Ablagerung der Kössener Schichten als eine sehr unregelmäßige bezeichnet werden. Es liegen hier nämlich die an ihrer Basis brecciös ausgebildeten Hierlatzkalke vielfach unmittelbar auf dem Hauptdolomit, während knapp daneben, wie in der Menau (NW Weyer) und auf der Ostseite des Stubauberges, wieder fossilführende, ziemlich mächtige Kössener Mergelkalke vorhanden sind und anscheinend zwischen dem Hierlatzkalk und dem liegenden Hauptdolomit auskeilen. Grestener Schichten. Unter dieser Bezeichnung wurden 1865 von M.Lipold speziell die zumeist mit Kohlenflöze und ‘Landpflanzenreste einschließenden Schiefertonen in Verbindung stehenden unterliasischen Sand- steine zusammengefaßt, welche im Pechgraben, in der Großau und am Arzberg, sowie in Hinterholz bei Waidhofen, dann aber auch weiterhin bei Gresten, Bernreut und St. Veit bei Wien an der Grenze der Kalk- alpen gegen den Wiener Sandstein nachgewiesen wurden. Obschon, wie wir sehen werden, auch die über den Grestener Schichten folgenden jurassischen Ablagerungen dieser Region eine von den gleichalterigen inneralpinen Sedimenten abweichende tonreiche und slimmerige, also unter dem Einfluß von Einschwemmungen gebildete ufernahe Fazies zeigen, so sollte die Bezeichnung als Grestener Schichten aus historischen Gründen doch auf den tief liasischen Anteil jener Schichtreihe beschränkt bleiben, das heißt auf die kohlenführenden Sandsteine und Schiefertone und die sie unmittelbar überlagernden sandig-glimmerigen Kalke mit der bekannten Grestener Fauna. In der älteren Literatur werden vielfach auch noch bereits innerhalb der Kalkalpen zwischen dem Rhät und den Fleckenmergeln auftretende dunkle mergelige Kalke als Grestener Kalke bezeichnet, wie zum Beispiel von L. Hertle (Lilienfeld—Bayerbach, Jahrb. 1865, Bd. XV, pag. 536), doch wird es sich empfehlen, diesen Namen aus historischen Gründen nur für die typischen kohlenführenden Sand- steinbildungen zu verwenden. L Hertle unterschied also außer den eigentlichen kohlenführenden Grestener Schichten noch „Grestener Kalke*; ‘es bleibt aber fraglich, ob er darunter nur die sandig- glimmerigen, konglomeratischen Kalke mit Grestener Brachiopoden verstand, welche von Stur und nun auch von Trauth besonders hervorgehoben werden, ‘oder ob er unter diesem Namen nur gewisse dunkle Hangendkalke der Kössener Schichten begriff, deren Alter paläontologisch nicht hinreichend festgestellt erscheint. Die Grestener Schichten mit ihren basalen, offenbar aus Granit- zerreibsel bestehenden groben Arkosen stellen unzweifelhaft eine echte Strandbildung dar. Auch die zunächst darüberliegenden tonigen Mergelschiefer und Schiefertone mit Landpflanzenabdrücken und mehreren Kohlenflözen zeigen noch deutlich den Charakter ufernaher 117] Kalkalpen im unteren Enns- und Ybbstale. 45 Absätze. Darüber stellen sich an Bivalven reiche, tonige Mergelschiefer und von Brachiopodenschalen völlig erfüllte, dunkelrostbraun ver- witternde, sandig-konglomeratische Kalkbänke ein, deren Reste noch immer den tieferen Zonen des Unterlias angehören. Nach den Untersuchungen von F. Trauth (vergl. die vorläufige Mitteilung im „Anzeiger“ der kais. Akademie vom 5 Juli 1906, ferner die Arbeit: Über die Tektonik der Grestener Schichten in Bd. I der Mitt. d. k. k. geol. Gesellschaft in Wien, 1908) entsprechen die an der Dasis liegenden kohlenführenden Schiefertone, Sandsteine und Arkosen wahrscheinlich der Planorbis-Zone, die darüber folgenden Grestener Schiefer mit ihrer reichen Bivalvenfauna dem Hettangien und zwar insbesondere der Angulatus-Zone und vielleicht einem Teile der Buklandi-Zone, während die nächst höheren Schichten, nämlich die Grestener Kalke, dem oberen Teil der Buklandi-Zone und der Tuberculatus-Zone angehören dürften. Dieser Autor führt auch das Vorkommen von A. margaritatus Montf. aus einem dunklen kalkig-sandigen Schieferton von Hinterholz als Beweis dafür an, daß hier die „typischen“ Grestener ‚Schichten bis in den Mittellias emporreichen. Da dieselbe subalpine Strandfazies aber auch noch in höhere Juraniveaus emporreicht, wird man wohl gut tun, die Bezeichnung Grestener Schichten nur für die mit den kohlen- führenden Sandsteinen innig zusammenhängenden tieferen liasischen Komplexe beizubehalten. Das Liegende der Grestener Schichten ist hier nirgends deutlich aufgeschlossen. Wie ich in den Verhandl. d. k. k. geol. R.-A. 1905, pag. 366, nachzuweisen versuchte, dürfte die Granitklippe des Buch- denkmales im Pechgraben einer solchen Stelle entsprechen, wo der Untergrund der Grestener Konglomerate und Arkosen zutage tritt. Seither habe ich in der Nähe, das heißt etwa 200 m nordöstlich vom Buchdenkmal auf einer jenseits des hier herunterkommenden seichten Grabens ansteigenden Weide eine zweite Stelle aufgefunden, wo von Konglomerat überkrusteter Granituntergrund zutage schaut. Es ist dagegen in dieser Gegend kein Aufschluß bekannt, wo- selbst die Grestener Schichten etwa auf Rhät oder auf Hauptdolomit, das heißt auf mariner Trias gelagert beobachtet werden könnten. Wahrscheinlich liegen dieselben vorwiegend unmittelbar auf kristal- linischem Untergrund, dem auch der Granit des Buchdenkmales angehört. Das Hangende der tiefliasischen Grestener Schichten bilden zum Teil Fleckenmergel, wie im Pechgraben und in der Grobau, von wo bezeichnende Fossilreste bekannt sind. Zum Teil aber dürften die höheren Liashorizonte in jener „subalpinen“ Fazies entwickelt sein, welche hier entlang der Flysch- zone auch noch höhere Juraniveaus, so namentlich das der Posido- nomya alpina mit umfaßt und durch dunkle sandig-glimmerige Mergel und Schieferbildungen charakterisiert wird. Darauf deutet das oben erwähnte Vorkommen von A. margaritatus in einem dunklen kalkig- sandigen Schieferton von Hinterholz hin. Schon nahe südlich von Hinterholz dagegen, in Steinmühl, herrschen bereits die alpinen Fleckenmergei, wie ein mir von dort vorliegendes typisches Stück mit Harpoceras cf. Aalense Ziet. beweist. EEE 46 G. Geyer. [18] Übrigens liegen in unserer Sammlung auch aus dem Pechgraben H. Murchisonae Sow. und H. opalinum Rein. in schwarzen glimmerigen Mergeln, also in Gesteinen vor, die faziell von den Fleckenmergeln abweichen und zu den „subalpin* ausgebildeten Absätzen der Jurassischen Uferzone gestellt werden müssen. Die floristischen Einschlüsse der Grestener Schichten weisen nach D. Stur (Geologie der Steiermark, pag. 304) teils auf Lias teils auf Rhät. In jüngster Zeit hat F. Krasser die Hauptergebnisse seiner Studien über die Grestener Flora in der Wiesner-Festschrift, Wien 1908 (Ref. in Verhandl. 1908, pag. 304) niedergelegt, wobei unter anderen die Vorkommen aus dem Pechgraben, der Großau und von Hinterholz berücksichtigt werden. Der Autor behält sich vor, die Beziehungen dieser Floren zu den bekannten altersgleichen oder älteren Floren in einer in Aussicht gestellten Studie näher zu erörtern. Bezüglich der Fauna kann hier auf die umfassende Monographie von F. Trauth: „Die Grestener Schichten der österreichischen Vor- alpen und ihre Fauna“ hingewiesen werden, deren erster Teil kürzlich in Heft 1 des XXI. Bandes der „Beiträge zur Paläontologie und Geo- logie Osterreich-Ungarns und des Orients“ erschienen ist. Verbreitung. Ein großer Teil der bisher überhaupt nach- gewiesenen Grestener Schichten fällt auf das Gebiet des Blattes Weyer, auf dem sie jn ziemlicher Ausdehnung im Pechgraben sowie in der Großau zutage treten und außerdem noch auf den niederen Höhen des Zeller Arzberges östlich von Waidhofen in zwei größeren Partien die Verbindung mit dem nahen Vorkommen von Hinterholz herstellen. Die Aufschlüsse sind durchweg sehr unbedeutend. Im Pech- graben treten die Arkosen, Sandsteine und Mergelschiefer dieser Schichten am rechten Ufer des Baches etwa zwischen dem Schul- gebäude und der Gegend jenseits des Buchdenkmales, dann unter dem Gehöft Groß-Krenn am rechten Ufer des von Streichenhof herabkommenden Seitenbächleins zutage. Die größte Verbreitung erreichen sie jedoch am linken Ufer, und zwar zwischen dem Buch- denkmal und dem Gehöft Haumüller am Abhang des Hechenberges, woselbst man entlang des eben verlaufenden Fahrweges auch Kohlen- ausbisse beobachten kann. In der Großau sind die Aufschlüsse noch mangelhafter und beschränken sich zumeist auf die tief eingeschnittenen Ursprunsggräben des Urlbaches, sowie auf den Abhang unter dem Krenn-Gut. Östlich von Waidhofen finden sich spärliche Aufschlüsse in dem am Südabhang des Arzberges eingeschnittenen, bei Grünbichl aus- mündenden Seitengraben. In diesem Graben sieht man auf einer alten Halde noch Kohlenreste. Grestener Sandstein tritt ferner in einer Sandgrube südlich unter dem Loosbichler, nördlich von Gstadt zutage. Endlich beobachtet man einen anstehenden Zug, welcher unterhalb Grub den Neuhauser Graben westöstlich verquert, wo eben- falls alte Halden von alten Kohlenschürfungen Zeugnis geben. Offenbar in der östlichen Fortsetzung dieses Faltenzuges erscheinen die Grestener Schichten von Hinterholz, deren Kohlenflöze noch heute abgebaut werden. Weitere Details über diese Vorkommen [19] Kalkalpen im unteren Enns- und Ybbstale. 47 wurden jüngst von F. Trauth mitgeteilt in dessen Arbeit „Uber die Tektonik der subalpinen Grestener Schichten Österreichs“ (Mitt. der Geolog. Gesellschaft in Wien, I. Bd., 1908). Die dürftigen Aufschließungen dieses Niveaus beruhen zum Teil auf dessen geringer Widerstandskraft gegenüber der Denudation, zum Teil aber auf dessen unmittelbare Überlagerung durch faziell ähnliche Gesteine des Jura, der Unterkreide und des Oberkreideflysches, mit denen zusammen sie überdies einem ihrer Plastizität entsprechenden energischen Faltungsprozeß unterworfen waren. Die reichliche Über- wucherung durch üppig sprießende Vegetation verhüllt endlich auch sehr bald die letzten Spuren von Aufschlüssen, welche ab und zu durch Auswaschungen an den Bachrändern neu entstehen mögen. Aus diesen Gründen beschränken sich nnsere Kenntnisse der Schichtreihe selbst zum großen Teil auf die einst durch Kohlenbaue im Pechgraben und in der Großau erschlossenen Detailprofile, über welche G. v. Sternbach (Jahrbuch, XIV. Bd., Verh., pag. 27, und XV. Bd., pag 46—54) berichtet hat. Hierlatzkalk. Die den Liasfleckenmergeln im Alter zum Teil entsprechenden tonfreien, rein kalkigen Absätze des jüngeren Unterlias verbreiten sich südlich von den Fleckenmergeln, also weiter im Inneren der Kalkalpen, wo sie teils noch auf Kössener Schichten, zum eroßen Teil jedoch ohne Intervention des Rhät unmittelbar auf Hauptdolomit gelagert sind. Es sind durchwegs lichte, grauweiße oder rötlich gefärbte, oft breceiös ausgebildete Kalke, welche fast immer eingestreute Crinoidenstielgiieder führen, ja sehr häufig eine förmliche Crinoiden- breccie darstellen. Dort, wo diese lichten Kalke unmittelbar auf dem Hauptdolomit aufruhen, bestehen ihre basalen Partien nicht selten aus groben Breccienkalken, gebildet durch dunkle, von weißem spätigem Material eingeschlossene Kalk- und Dolomittrümmer oder zusammengesetzt aus verschiedenen grauen, gelblichen oder grünlichen dichten Kalkstücken. Wie man in dem Steinbruch hinter dem Bahn- hof Kastenreith sieht, gehen nun jene Breccienkalke seitlich ohne scharfe Grenze in Pentacrinitenkalke mit bezeichnenden Hierlatzfossilien über, so daß an deren Zugehörigkeit zum unteren Lias nicht gezweifelt werden kann. Die Art der Zusammensetzung dieser Breccien gestattet nicht, an eine tektonische Entstehung derselben zu denken, da deren Ele- mente vielfach aus den verschiedensten älteren Gesteinen bestehen. Eine andere Gesteinsfazies findet sich auf dem Schieferstein und im Pechgraben bei Groß-Raming. Es erscheinen hier rote, fein weiß- geäderte Kalke, die sich von den herrschenden Typen der dichten glatt muschelig brechenden, roten Jurakalke durch rauhes Gefüge und splitterigen Bruch unterscheiden und durch das Vorkommen von Spiriferinen sicher horizontiert sind. In der Enge des Pechgrabens gehen diese roten Kalke durch buntrot gefiammte in rein weibe Spiriferinenkalke über, welche wieder den hellen Liaskalken von Kastenreith nahestehen. Mit diesen weißen Spiriferinenkalken sind endlich jene weißen Liaskalke nahe verwandt, welche am Alpstein- 48 G. Geyer. [20] zuge südlich der Ebenforstalpe mächtige Massen bilden und sich hie und da als wahre Lumachellen aus großen Exemplaren der Terebratula punctata Sow., var. Andleri Opp. darstellen. Der Ubergang der wohl erhaltene Exemplare führenden Muschelbreccien in eine schiefrige kristallinische Lumachelle und endlich in dichten, weißen, scheinbar fossilfreien Kalk ist ein so allmählicher, daß man sich die Entstehung des letzteren kaum anders vorstellen kann als durch einen Umwandlungs- prozeß jenes Haufwerkes von Schalenresten. Nur an wenigen Stellen des Gebietes, wie im Bodinggraben der Krummen Steyrling und am Ostabhang des Ennsberges kommen Hierlatzkalke und Fieckenmergel räumlich zusammen vor, wobei die letzteren die Hangendlage einnehmen. Am Mieseck nördlich der Ebenforstalpe und am Rapoldeck bei Weyer, wo über dem Hierlatz- kalk rote Kieselkalke folgen, erscheinen noch in den fossilführenden Partien des rötlichen Liaskalkes rote Hornsteinlagen, woraus gefolgert werden kann, daß die vorwiegend im mittleren und oberen Jura auf- tretende Radiolaritfazies auch schon im Lias erscheinen kann. Die Ablagerungsgebiete der Hierlatzkalke und der Liasflecken- mergel scheinen ohne breitere Ubergangszone hart aneinander zu grenzen. Bezeichnend dafür ist, daß beide Fazies am Westabhang des Almkogels einander in einem und demselben Faltenzuge ablösen, so daß sich in einem und demselben Faltenelement der Reihe nach Hierlatz- kalk (Ennsdurchbruch an der Mündung des Innbaches), Fleckenmergel (am Westhang des Almkogels selbst) und wieder Hierlatzkalk (weiter südlich gegen den Hochzöbel) als Absätze des unteren Lias vertreten. Die am Fuße des Rettensteins zwischen Kasten und Kleinreifling über Hauptdolomit lagernden und auf der Höhe von Jura bedeckten grauen, plattigen Kalke mit Gitterfurchen auf der angewitterten Ober- fläche und gelegentlich eingeschalteten Zwischenmitteln aus grünlichem Tonmergelschiefer entsprechen vielleicht einem petrographischen Ubergang zwischen der Hierlatz- und Fleckenmergelfazies. Als Hauptfundorte für Hierlatzfossilien sind zu nennen die Gegend von Kastenreith an der Enns, der Steinbruch am rechten Ennsufer oberhalb der Mündung des Innbaches, die Große Klause und der Rabenbach südlich von Reichraming, der Kamm des Schiefersteins, die Enge des Pechgrabens unterhalb der ehemaligen Aschaalpe. Darunter finden sich: Arietites Hierlatzicus Hau. Lima densicosta Qu. 2 semilaevis Hau. Carpenteria pectiniformis Desl. Aegoceras abnorme Hau. Inoceramus ventricosus Bow. Ithacophyllites Stella Sow. Perten palosus Stol. Phylloceras Partschi Stur „.. ‚subretieulatus Stol. Uhemnitzia margaritacea Stol. „ verticillus Stol. Discohelix orbis Stol. Opis clathrata Stol. Pleurotomaria Swuessi Hörn. Uypricardia Partschi Stol. Avieula inaequicostata Dow, Arca caprina Stol. Lima Deslongehampsi Stol. Arca aviculina Stol. Alle vorstehenden Arten vom alten Steinbruch an der Straße südlich vom Innbach. [21] Kalkalpen im unteren Enns- und Ybbstale. 49 Spiriferina alpina Opp. Waldheimia Ewaldi Opp. , obtusa Opp. Ichynchonella Briseis Gem. ß angulata Opp. r Alberti Opp. n brevirostris Opp. 7 Gümbeli Opp. pinguis Ziet. - Greppini Opp. Ter ebratula punctata Sow. i polyptycha Opp. var. Andleri Opp. x plicatissima (Qu. Waldheimia mutabilis Opp. Verbreitung. Die lichten Kalke dieser Stufe erreichen eine Mächtigkeit von über 200 m, zeigen aber in dem fraglichen Gebiete eine ziemlich eng begrenzte Verbreitung. Das Hauptvorkommen liegt am Ennsknie bei Kastenreith, von wo sie nördlich über den Fiuß auf den Stubauberg streichen, um sodann vor der Mündung des Inn- bachgrabens wieder auf das linke Ennsufer überzusetzen und gegen das Katzenhirn aufzusteigen. In der südlichen Fortsetzung dieses Zuges streichen sie dann noch über den Dürrensteig, einerseits gegen den Hochzöbel und den Bodenwiesberg, anderseits gegen den Roß- lackenbach im Quellgebiet des Kleinreiflinger Tales. Ein zweites Ver- breitungsgebiet verquert die Täler der Krummen Steyrling und des Reichramingbaches nächst Bodinggraben und Große Klause und findet einen südlichen Gegenflügel im Zuge vom Trempelberg bis zum Hoch- kogel. Das dritte Verbreitungsgebiet erstreckt sich über den Kamm des Schiefersteins bis in den Pechgraben. Liasfleckenmergel. Während die Absätze des Lias in den inneren Teilen dieser Kalkalpenregion meist durch aus klaren Wässern abgesetzte, reine, weiße oder rötliche Crinoidenkalke gebildet werden, deren Brachio- podenfauna sicher auf Äquivalenz mit den Hierlatzschichten, das heißt vorwiegend jüngeren Unterlias hinweist, erscheinen an deren Stelle im äußeren Teil des Kalkgebirges durch Cephalopodenreste verschiedener Zonen des unteren, mittleren und selbst oberen Lias charakterisierte Fleckenmergel. Diese tonreichen Gesteine sind zweifellos unter dem Einfluß schlammiger Einschwemmungen entstanden, welche eine rand- liche Trübung des Liasmeeres bewirkt haben. Das Vorkommen von Algen und anderen pflanzlichen Resten, deren bituminösen Residua die dunklen Flecken des muschelig brechenden, gelblich- oder grünlichgrauen, dichten Mergelgesteines bedingen dürften, weist ebenfalls auf abweichende Absatzverhältnisse hin. Wenn man bedenkt, daß die Fleckenmergel fast ausnahmslos auf Kössener Mergel liegen, während die Hierlatzkalke zumeist auf reinem Kalk- oder Dolomituntergrund abgelagert wurden, so zeigt sich, daß schon in der rhätischen Zeit ähnliche Küstenverhältnisse bestanden haben müssen. Die Fleckenmergel erscheinen meist als dünnbankige bläulich-, gelblich- oder lichtgrünlichgraue, stellenweise rostig anwitternde, überaus dichte, muschelig brechende, unregelmäßig dunkel gefleckte, tonige Kalke im Wechsel mit grauen Mergelschiefern; selten bilden ” 4 Jahrbuch d. k. k. geol. Reichsanstalt, 1909, 59. Band, 1. Heft, (G. Geyer. 50 G. Geyer. [22] sie eine gleichförmige Folge bräunlich- oder gelblichgrauer schiefriger Mergel. Ihre Geschiebe bilden zumeist faust- bis kopfgroße, kugel- förmige Massen, welche beim Zerschlagen mit dem Hammer sehr leicht nach den glatten, muscheligen Bruchflächen springen. Meist erscheinen Kössener Schichten, am Außenrande auch Grestener Schichten als ihre Unterlage, viel seltener Crinoidenkalke der Hierlatzschichten. Da die Mächtigkeit dieser Schichtserie oft hundert Meter über- steigt, so bilden dieselben im Vereine mit den in ähnlichen weichen Terrainformen abwitternden Kössener Schichten häufig eine sanft ge- böschte Stufe zwischen dem liegenden Steilhang des Hauptdolomits und den hangenden Jurakalkmauern. Hie und da finden sich Durchwachsungen mit Hornstein, doch treten kieselige Lagen und Hornsteinknollen lang nicht so häufig auf, wie in den oft täuschend ähnlichen, wenn auch in der Regel weicheren und milderen Neokomfleckenmergeln. An wenigen Stellen, wie beim Gehöfte Wehrer im Neustifter Graben, dann unter dem Baumgartnergut (nördlich Rameisengut, SO Ternberg an der Enns) gehen die grauen Liasfleckenmergel in rote flaserige Mergelkalke mit weiß auswitternden Cephalopoden- resten über, worunter meist Arieten und Belemniten. Es ist dies ein Gestein, welches nach Alter und Fazies am besten zum Adnether Kalk gestellt werden könnte. Die Liasfleckenmergel führen nicht selten Chondritenreste. Unter den tierischen Einschlüssen walten in der Regel Cephalopoden vor, und zwar weisen die vertretenen Formen auf fast sämtliche Zonen des Lias hin. Aus der Gegend von Wehrer nächst Erlach- sölde am rechten Gehänge des Neustifter Tales und von verschiedenen anderen Lokalitäten dieses Gebietes sind mir nachstehende Formen bekannt geworden: Arietites raricostatus Ziet. g cf. Conybeari Sow. : geometricus Opp. (Stiedelsbach) 2 bavarıcus Boese 1 cf. Hungaricus v. Hau. u semilaevis v. Hau. (Hinterholztal) Harpoceras Boscense Reyn. (Neustiftgraben) b Normannianum d Orb. 5 cf. Aalense Ziet. Aegoceras Jamesoni Dow. r Davoei Sow. Amaltheus margaritatus Montf. 5 spinatus Brug. Lytoceras fimbriatum Sow. Phylloceras div. sp. vhacophyllites lariensis Gem. Belemnites div. sp. ; Im Deschengraben südöstlich von Waidhofen dominieren in den Fleckenmergeln statt der Cephalopoden kleine Brachiopoden, unter [23] Kalkalpen im unteren Enns- und Ybbstale., 51 welchen neben ‚einer Zwergform der Spiriferina alpina Opp.? noch Waldheimia Ewaldi Opp. und W. Finkelsteini Boese vorherrschen. In dieser selben Gegend treten in den Liegendpartien der Lias- tleckenmergel, also gegen die am Abhang östlich unter Grasberg aufge- schlossenen Kössener Schichten, blaugraue spätige rauhe Kalke mit verkieselten Brachiopoden auf, welche an dieGarlandschichten der bayrischen Voralpen erinnern. Die zierlich ausgewitterten, ge- wöhnlich etwa erbsengroßen Formen zeigen oft auf ihrer Schale spirale Kieselsäureausscheidungen und gehören einem der Rhynchonella plicatissima Qu. nahestehenden Formenkreise an. An solchen Stellen ist es nicht leicht, die untere Liasgrenze festzuhalten, da die Liegend- partie der liasischen Schichtreihe nicht mehr durch typische Flecken- mergel gebildet wird. Hierher gehören wohl auch die von D. Stur?!) am rechten Ybbs- ufer unterhalb Paistenau, und zwar zwischen Kössener Schichten und arietenführenden Fleckenmergeln entdeckten dunklen Mergel mit typischen Exemplaren der Gryphrea arcuata Lam., deren Wieder- auffindung allerdings weder A. Bittner noch dem Verfasser glücken wollte. Verbreitung der Fleckenmergel. Die roten Kalke des Schiefersteins mit Spiriferina alpina Opp. und Äh. Briseis Gem. bilden bei Reichraming und Losenstein eine Unterbrechung der breiten Fleckenmergelzone, welche sich einerseits vom Ennsknie bei Ternberg zum Pechgraben und anderseits weiter südlich vom Schneeberg über den Fahrenberg in das Plaissatal ziehen, wo sie dann an den langen Zug anschließen, der am westlichen Abhang des Almkogels, zum Teil mit Hierlatzfazies alternierend, beginnt, das Ennstal bei Großraming übersetzt und sich, vielfach unterbrochen, bis über Waidhofen hinaus verfolgen läßt. Im Süden wird diese Zone mergeliger Liasentwicklung von der Verbreitung des Hierlatzkalkes bei Kastenreith (in dessen Hangendem hie und da noch obere Fleckenmergel auftreten) durch ein Gebiet getrennt, in welchem der Lias überhaupt fehlt und Jura unmittelbar auf der Trias abgelagert wurde. Erst ostwärte von Waidhofen erscheinen unter dem Jura abermals die Fleckenmergel des Lias. Oberliasschiefer. Hier muß noch eine weitere, nur die Oberstufe dieser Schicht- reihe umfassende Liasfazies erwähnt werden, welche in unserer älteren Aufsammlung aus der Gegend von Trattenbach in zahlreichen Stücken vertreten ist, jedoch leider nicht mehr anstehend beobachtet werden kann, da die Lokalität „westlich der Einmündung des Wendbaches“ in die Enns mittlerweile durch den Eisenbahn- körper verbaut worden ist. 1) D. Stur, Einige Bemerkungen über die an der Grenze des Keupers gegen den Lias vorkommenden Ablagerungen. Jahrb. d. k. k. geol. R.-A., XIV, Wien 1864, pag. 399. 7* 52 G. Geyer. [24] Es ist ein bräunlichgrauer, ebenflächiger, papierdünn spaltender und dadurch an den Aonschiefer erinnernder Mergelschiefer, welcher neben spärlichen Fischresten auch zarte Abdrücke von Cephalo- poden aufweist. Darunter erscheinen: Coeloveras commune Sow. Sp. Harpoceras serpentinum Rein. sp. e Lythenense Y. u. B. R discoides Ziet. sp. (A. capellinus Qu.) sp. ind. aff. Lioceras opalinum Sow. sp. „ Außerdem auch: Anodonta cf. Bollensis Qu. Inoceramus dubius Sow. (Mytilus gryphoides Schlot.) beide Arten häufige Begleitformen der Posidonomia Bronni Goldf. Fazies und Fauna weisen entschieden auf die bekannten Posidonomienschiefer von Boll in Schwaben hin. Es muß hier hervorgehoben werden, daß dieses Vorkommen noch im Bereich der alpin entwickelten Jurabildungen des Ennstales gelegen ist. Ähnliche papierdünne Schiefer mit flachen, runden, zart konzentrisch gerippten, der Posid. Bronni Goldf. sicher recht nahe stehenden Bivalven treten, wie später dargelegt werden soll, am Fuchsbühel südlich von Waidhofen und anderen Stellen der subalpinen Voralpenzone auf und lagern dort wahrscheinlich über den Grestener Schichten. Klauskalk. Auf dem Oisberg und Högerberg nördlich von Hollenstein liegt unmittelbar über dem Plattenkalk und dem durch fossilführende, mergelige Zwischenlagen charakterisierten Rhätkalk (oberem Dach- steinkalk) eine 25—30 m mächtige Stufe von ziegelroten oder braunen, etwas knolligen, von schwärzlichen Erzäderchen (Manganerz) durch- kreuzten und dadurch brecciös aussehenden Kalken, welche ich in meinem ersten Aufnahmsbericht !) mit gebotenem Vorbehalt, das heißt bis zur Auffindung etwa anders entscheidender Fossilbelege in den Lias gestellt hatte. Durch ein im Nachlasse A. Bittners mittlerweile aufgefundenes, aus der Gegend von Füstelwag nächst dem Bahnhofe in Groß-Hollen- stein stammendes, im Schutt eines vom Oisberg herunterkommenden Grabens gesammeltes Material auf die jurassische Natur dieses Vor- kommens aufmerksam gemacht, gelang es mir nachträglich, das An- stehende des letzteren am Westabfalle des Oisberges festzustellen und die Aufsammlung einer weiteren Suite zu veranlassen, welche sich zum allergrößten Teil im Besitz des k. k. Naturhistorischen Hof- museums befindet und demnächst zusammen mit anderen Materialien aus der weiteren Umgebung von Waidhofen an der Ybbs durch ') G. Geyer, Über die Umgebung von Hollenstein in Niederösterreich. Jahrb. der k. k. geolog. R.-A., Bd. LIII, 1904, pag. 423. | | [25] Kalkalpen im unteren Enns- und Ybbstale. 53 Herrn Dr. Blaschke bearbeitet werden soll, worauf schon hier hin- gewiesen sein möge. Das solcherart ergänzte paläontologische Material weist sowohl hinsichtlich der Cephalopoden als auch der Brachiopoden bestimmt auf die Macrocephalenschichten des Brieltales in der Gosau hin, mit denen auch das Gestein vollständig übereinstimmt. Die Überkrustung der Schalen durch Manganrinden ist auch hier die Regel. Es liegen mir folgende Arten vor: Phyll. mediterraneum Neum. Oppelia sp. af. fusca Qu. „ .disputabile Zitt. Aptychus sp. „ euphylium Neum. Belemnites sp. „ haloricum v. Hau. Posidonomya alpina Gras. Lyt. sp. Perna mytiloides Qu. Haploceras sp. Terebratuwla Gerda Opp. Stephanoceras rectelobatum Rhynch. eurviconcha Opp. v. Hau. R defluwa Opp. Perisphinctes patina Neum. 5 brentoniaca Opp. > cf. evolutus Neum. A cf. Ehningensis Qu. Oppelia Mariorae Popov. Uber dieser Stufe ziegelroter knollig-breceiöser Klauskalke liegen zunächst blutrote Kieselkalke und sodann braune, violette oder srünliche dichte, muschelig brechende Radiolarienmergel, auf welche endlich helle dichte Neokomaptychenkalke mit Aptychus Didayi Cogqu. folgen. Die Cephalopodenreste wurden durchaus aus Blöcken gesammelt, doch konnte ich mich davon überzeugen, daß die 25—30 m mächtige Kalkstufe vom Liegenden bis in das Hangende aus demselben Gestein besteht und in ihrer ganzen Mächtigkeit Ammonitenreste führt, welche letzteren allerdings nur dort losgelöst werden können, wo jene schwarze Erzrinde vorhanden ist. Die über den Klauskalken liegenden, auffallend rot gefärbten Kieselkalke und braunen oder violetten Radiolarienmergel gehören vielleicht: schon dem Tithon an. Zwischen dem Klauskalk und jenem Komplex roter Kieselkalke und brauner Radiolarienmergel, die am Oisberg und Weyrer Höger- bergzug einen weit hinziehenden, quellenreichen und daher dureh üppigen Graswuchs ausgezeichneten Horizont bilden, dürfte eine strati- graphische Lücke sein. Dagegen scheinen diese Gesteine nach oben in den hellroten, flaserig-wulstigen Diphyenkalk überzugehen, welcher sich am westlichen Abhange des Högerberges gegen das Ennstal in der Fortsetzung desselben Synklinalzuges zwischen dem Kieselkalk und dem Neokomaptychenkalk einschaltet. Schon hier mag darauf hingewiesen werden, daß in der sub- alpinen Voralpenzone an Stelle der ziegelroten Klauskalke lichtgraue Mergelkalke mit Posidonomya alpina Gras. und einer ganz ähnlichen Kellowayfauna erscheinen. 54 G. Geyer. [26] Jurassische Hornstein- und Kieselkalke. Über dem Liasfleckenmergel folgen in den äußeren Ketten der Voralpen rostbraune oder dunkelgrüne Hornsteinbänke und dam etwa 100 m mächtige dunkeleraue, eine deutliche Wandstufe bildende kieselreiche Plattenkalke, welche nach oben mit weißen Orinoidenkalkbänken wechsellagern und schließlich vom Vilser Kalk überlagert werden. Dieses Verhältnis ist zunächst nicht nur in der oberen klammar tigen Enge des Pechgrabens (oberhalb der alten Aschaalpe bei Einmündung des Hölleitenbaches) zu sehen, in deren Fortsetzung die schroffe Wolkenmauer aufragt, sondern auch im Ennstal oberhalb Großraming, und zwar sowohl an der Schartenmauer am rechten, als auch entlang des felsigen Bahnanschnittes knapp unterhalb der Einmündung des Oberplaissagrabens am linken Ufer des Flusses. Dasselbe gilt ebenso auch für die Gebirgsgruppen des Schnee- berges und Fahrenberges bei Reichraming, wovon die letztere im Rodelsbachgraben entlang dem Bachlauf schöne Aufschlüsse der mit weißen, grünlich gefleckten, kieseligen Crinoidenkalken wechsel- lagernden Hornstein- und Kieselkalke darbietet. Weiter gegen das Innere der Kalkalpen am Stubauberg und Almkogel bei Weyer, dann im Gebiete der Großen Klause südlich von teichraming, sowie der westlich davon gegen das Tal der Krummen Steyrling aufragenden Höhen, nämlich am Trempl und Mieseck, lagern petrographisch völlig analoge Hornsteinkalke über dem Hierlatzkalk, wobei die tieferen Partien durch rote Kieselkalke gebildet werden. Endlich zeigt sich am Königsberg und auf der Voralpe südlich von Hollenstein, daß die Hornsteinbänke und die sie begleitenden Kieselkalke mit zackig auswitternden Hornsteinausscheidungen teils unmittelbar auf Rhätkaik, teils anscheinend selbst auf Hauptdolomit gelagert sind. Da jene Verhältnisse über breite Landstriche herrschen und somit für gewisse Terrainabschnitte als Lagerungstypen bezeichnend sind, wird man nicht daran denken können, jene stratigraphischen Lücken durch tektonische Störungen zu erklären, es sei denn, man wollte an den Zufall glauben, daß durch dieselben gerade immer bestimmte Schichtglieder in der unserer Beobachtung unzugänglichen Tiefe zurückgehalten worden wären. Diese Vorkommen entsprechen vielmehr in ganz einfacher und natürlicher Weise der Annahme, daß die Hornsteinkalke schon ursprünglich in transgredierender Lagerung über den älteren Grund- gebilden abgesetzt worden sind. Abgesehen von ausgewitterten Spongiennadeln, den in Dünn- schliffen sichtbar werdenden, fast in allen jurassischen Kieselkalken wiederkehrenden Radiolarien und einzelnen wenig charakteristischen Funden von Belemnitenkeulen liegen mir aus dem Kiesel- und Horn- steinkaikniveau keine Fossilien vor, so daß auf diesem Wege nicht einmal die Frage beantwortet werden kann, ob die petrographisch wohl übereinstimmenden, aber so verschiedenartig gelagerten Gesteine wirklich ein bestimmtes Niveau einnehmen. Um so weniger kann auf [27] Kalkalpen im unteren Enns- und Ybbstale. 55 Grund des so spärlichen paläontologischen Befundes die genaue stratigraphische Stellung der Hornsteinkalke ermittelt werden. Das bereits erwähnte Auftreten von roten Kieselkalklagen in den roten Hierlatzkalken mit Sperif. alpina Opp. vom Mieseck südlich Reichraming beweist, daß diese Fazies schon im Lias vertreten war. Aus ‘der Wechsellagerung mit den weißen Crinoidenkalken an der Basis des Vilser Kalkes dagegen könnte auf eine Vertretung der Jura- formation geschlossen werden. Sicher ist, daß die Hauptmasse dieser Hornsteinkalke zwischen den teilweise auch noch den oberen Lias umfassenden Liasfleckenmergeln und dem Vilser Kalk, also etwa dem mittleren Kelloway, gelegen ist. Man wird daher nicht weit fehl gehen, wenn man in denselben ungefähr ein Aquivalent des Doggers er- blickt, solange nicht entscheidendere Fossilfunde die Zuweisung an eine oder einige bestimmte Jurazonen erlauben werden. | Daß solche Kieselkalke mit Radiolarien oder auch in deren Begleitung auftretende Hornsteinkalke übrigens im allgemeinen nicht an ein bestimmtes Niveau gebunden sind, ergibt sich nicht nur aus deren Zusammenvorkommen mit Liasfossilien, sondern auch aus ihrem Auftreten im ‚Hangenden der Klauskalke vom Oisberg, welche hier besprochen wurden. Die Verbreitung der Hornsteinkalke im Hangenden des Lias- fleckenmergels ergibt sich aus dem Vorkommen des letzteren in den äußeren Regionen der Voralpen. Die Hornsteinkalke über Hierlatzkalk treten in einer Zone zwischen Rothgsoll (NW. Bodinggraben) Ebenforst- alpe und Hochkogel, dann am Ostabhang des Ennsberges gegen Klein- reifling und Kasten auf. Unmittelbar auf Triasgrund übergreifendend erscheinen die Kieselkalke auf der Voralpe und am Königsberg. Die zu einem scharfkantigen, unter dem Fuße knirschenden Kieselschutt zerfallenden Hornsteinkalke liefern durch ihre Verwitterung einen fruchtbaren Boden und bilden sanfte Böschungen und Terrassen zwischen den steileren Abfällen der Triasdolomite und der Oberjurakalke. Vilser Kalk. Über den jurassischen Hornsteinkalken, mit welchen bereits einzelne lichte Crinoidenkalkbänke wechsellagern, treten mächtigere Massen von weißen, blaßroten oder roten, gelb gesprenkelten Orinoiden- kalken auf, welche an mehreren Stellen des Terrains die bezeichnenden Brachiopoden dieser Kalkstufe führen, in der Regel aber sehr fossil- arm sind. Nicht selten sind die Crinoidenkalke kieselig entwickelt und zeigen dann auf ihrer rauhen Oberfläche einzelne kräftig hervor- tretende Partien von kieselreichen Auswitterungen oder der Kiesel- säuregehalt bezieht sich hauptsächlich auf die Schalen der in diesem Falle schön herauswitternden Brachiopoden. Derartige Vorkommen liegen mir aus dem Gebiete des Schobersteins N. Molln und von der Aschaalpe beim Durchbruch des Hölleitenbaches unter der Wolken- mauer (Pechgraben) vor. Das Hangende der im Gelände meist in deutlichen Mauerstufen 56 G. Geyer. [28] hervortretenden Vilser Kalke, welche übrigens nicht immer als Crinoidengestein entwickelt sind, sondern vielfach in dichte weiße oder liehtrötliche Kalke oder in Breccienkalke (Steinbruch gegenüber der Zementbrücke in Großraming) übergehen, wird meist durch den roten Tithonflaserkalk oder Diphyenkalk gebildet. Ihre große petrographische Ähnlichkeit mit den Hierlatzerinoiden- kalken bot wohl öfters Anlaß zu. Verwechslungen. Außer der in den Hierlatzkalken selten versagenden Fossilführung entscheidet hier meist die Unterlagerung durch Hornsteinkalke und Liasfleckenmergel. Daher erweisen sich die im Gebiete der Voralpenregion, woselbst Kössener Schichten und Fleckenmergel mächtig entwickelt sind, auftretenden liehtroten Crinoidenkalke in der Regel als Vilser Kalk. Brachiopodenreste liegen von mehreren Fundorten vor, so vom Steinbauer am linken Ennsufer gegenüber Losenstein, vom Schloß- berge in Losenstein, vom Hintsteinsattel westlich über Losenstein, von der Wolkenmauer und ehemaligen Aschaalpe in der Hölleiten (Pechgraben), aus der Gegend südlich von Großau zwischen Groisbauer und Kindslehen (Felshügel im Sattel südlich Fürstenöd der Spezial- karte), von der Südkante des Freithofberges, von der „Kanzel“ am Fuße des Schnabelberges bei Waidhofen, vom Schoberstein (oberhalb der Krakowitzerquelle) zwischen Trattenbach und Molln usw. Von der Lokalität Steinbauer (SW. Losenstein) allein bewahrt unser Museum folgende Arten: Terebratula ovalis Lam. R antiplecta Buch : bifrons Opp. R Vilsensis Opp. e inversa Opp. subcanaliculata Opp. Hemithyris myriacantha Desl. Ihynchonella Vilsensis Opp. 5 trigona Qu. Nach A. Rothpletz (Geolog.-paläont. Monographie d. Vilser Alpen, Palaeontographica, XXXIM. Bd., Stuttgart 1886—1887, pag. 36) entspricht der Vilser Kalk der namengebenden Lokalität ver- schiedenen Zonen des von dem Autor als oberer Dogger be- zeichneten Kelloway, während die dortigen Posidonomya alpina Gras. führenden weißen Kalke mit Terebratula curviconcha Opp. (Klauskalke) einem etwas tieferen Niveau, nämlich „mittlerem Dogger“ zugeteilt werden. Im Pechgraben bei Großraming liegen über den lichten Vilser Crinoidenkalken mehrfach noch intensiv rote, von feinen weißen Spatäderchen durchkreuzte, dickbankige oder massige Kalke, über denen dann erst die roten Tithonflaserkalke aufruhen. Aus einem kleinen Bruch im Pechgraben an der Straßenecke nördlich des alten Säge- werkes (etwa 1’5 km oberhalb der Mündung des Neustiftbaches) liegen ar zwei größere Ammonitenreste vor, welche mit Simoceras torcalense Kilian oder auch mit Sim. contortum Neum. aus den Acanthicus- schichten ziemlich nahe übereinstimmen; man könnte also hier eben- [29] Kalkalpen im unteren Enns- und Ybbstale. 57 falls an ein in der Fazies roter Kalke entwickeltes „quivalent der nur in der subalpinen Voralpenzone dieses Gebietes, und zwar in Form breceiöser oder konglomeratischer, etwas toniger Kalke vorkommenden Acanthieus-Scehichten denken. An vielen Stellen erscheint unter den blaßroten oder weißlichen diekbankigen oder unter den crinoidenreichen, braunroten, dünn- bankigen Tithonkalken mit 7. diphya Col. und verschiedeuen Aptychen eine Wandstufe heller fossilleerer Kalke. Zum Teil sind es weiße oder lichtrötliche Kalke, sehr ähnlich jenen, welche mit den Vilser Crinoidenkalken in engem Zusammenhang stehen, zum Teil aber eher dünnbankige, etwas kieselige, dunkler grau gefärbte Kalke, welche wieder den Gesteinen der oben besprochenen oberjurassischen Hornsteinkalke nahe stehen und mitunter ebenfalls Belemnitenkeulen führen (Rettenstein bei Weyer). Diese Kalke wurden auf der Karte als Oberjurakalke nicht näher bestimmten Alters, und zwar mit der Farbe des Vilser Kalkes, dem sie stratigraphisch sicher nahe stehen, ausgeschieden. Roter Tithonflaserkalk (rote Aptychenkalke). In der Regel erscheint der Tithonkalk über einer Stufe lichter Oberjurakalke in Form von braunroten, ziegelroten, auch licht fleisch- roten oder selbst weißlichen, dunkler geflaserten, sehr häufig flach- knolligen, tonigen Kalken, welche mehr weniger dünnbankig oder selbst schiefrig entwickelt sind und dann nach oben ganz allmählich in die Neokomaptychenkalke übergehen. Die Mächtigkeit dieser dem Südtiroler Diphyenkalk überaus ähnlichen Gesteine beträgt hier in der Regel nur einige Meter. Von mehreren Stellen dieses Terrains ist das Vorkommen der Terebratula diphya Col. bekannt geworden, sonst führen sie meist nur stark ab- gerollte Steinkerne von Ammoniten und gleichen in dieser Hinsicht abermals ihren Südtiroler Aquivalenten. Auf dem Rettenstein bei Weyer und in dessen Umgebung finden sich innig verknüpft mit diesen roten Gesteinen und zwar haupt- sächlich in deren Liegendem weißliche, von braungrünen tonigen Häutchen flaserig durchwobene und im Bruch oft zackigwellig ge- bänderte Kalke, die stellenweise unter Druck kristallinische Struktur angenommen haben. An anderen Stellen, wie im Pechgraben und in der weiteren Umgebung von Großraming, liegen unmittelbar unter den braunroten, dünner geschichteten Knollen- und Flaserkalken etwas diekbankigere, dichte, blutrote, fein weißgeäderte Kalke, aus welchen der bereits erwähnte, anscheinend auf Acanthicus-Schichten hin- weisende Fund von Simoceras cf. torcalense Kilian. vorliegt. Sonst zeigen sich die unter dem Tithon liegenden, mit ihren Schichtköpfen meist als eine lange Mauerstufe hinziehenden, meist kieselreichen Oberjurakalke sehr oft in Form von rötlichen Crinoiden- kalken entwickelt, welche auch mit bunten Breecienkalken in Ver- bindung stehen und hie und da durch ihre Brachiopodenführung sicher als Vilser Kalke bezeichnet werden dürfen. Diese Über- lagerungsverhältnisse beobachtet man unter der „Kanzel“ am Schnabel- Jahrbuch d. k. k. geol. Reichsanstalt, 1909, 59. Band, 1. Heft. (G. Geyer.) 8 \ \ 58 G. Geyer. [30] bergwege bei Waidhofen, am Schloßberg zu Losenstein, an der Wolkenmauer im Hölleitengraben (Pechgraben), auf der Lindaumauer N. Weyer und noch an mehreren anderen Orten. Nur an wenigen Stellen, zum Beispiel am Mühlberg SO von Waidhofen, ist auch das gerade hier durch häufiges Vorkommen von Ter. diphya ausgezeichnete Tithon als roter Crinoidenkalk entwickelt, welcher petrographisch von ähnlichen Hierlatzkalken oder Vilser Kalken kaum zu unterscheiden ist. Am Abhang des Weyrer Högerberges gegen das Ennstal liegen die Tithonflaserkalke über roten Kieselkalken, die das Hangende von Klausschichten ausmachen, während am Oisberg, also in der direkten streichenden Fortsetzung nach Nordosten, an Stelle jener roten Tithonflaserkalke bloß geringmächtige braune flaserige Mergel zu sehen sind. Im Pechgraben erscheint das Tithon, wie weiter unten gezeigt werden soll, auch noch in Form brauner, etwas glimmeriger, in ihrem äußeren Ansehen etwas an gewisse Werfener Schiefer erinnernde schiefriger Mergel, deren Fauna diese Horizontierung sichert. Diese braunen Mergel liegen hier in der äußersten Voralpenzone auf kon- glomeratischen Malmkalken (Acanthieus-Kalken). Die roten Tithonkalke sind in der Regel sehr fossilarm und führen außer Crinoidenstielgliedern und abgerollten Steinkernen von Ammoniten meist nur Aptychenreste, weshalb sie in der älteren Literatur vielfach als „rote Aptychenkalke“ angeführt wurden. Den größten Fossilreichtum in diesem Gebiete zeigten bisher die Lokalität Mühlberg SO von Waidhofen (Steinbruch im Walde, etwas NW. vom Buchstaben M von Mühlberg der Spezialkarte) und der alte Arracher Steinbruch hinter der „Steinmühle“* am Aus- gang des Hinterholzgrabens östlich von Waidhofen. Das im k. k. Naturhistorischen Hofmuseum von dort vorliegende Material wird ebenfalls von Herrn Dr. Blaschke bearbeitet. Die Lokalität Mühlberg lieferte in einem hellroten Crinoidenkalk zahlreiche typische Exemplare von Ter. diphya Col. Diese überaus variable Art ist hier außerdem noch vom Halsergut S. Neustift, vom Klausriegler S. Trattenbach, aus der Gegend des Zulehnergütels im Neustifter Tal, vom Arracher Steinbruch und vom Losensteiner Schloß- berg bekannt geworden. Schlecht erhaltene Ammonitenreste (meist große Steinkerne von Aspidoceras sp., Lytoceras quadrisulcatum, Phylloceras sp.) finden sich nicht selten auf der Südwestseite des Rettensteins gegen das Enns- tal, nördlich vom Bahnhof in Kleinreifling, auf der Ostseite des Enns- berges, am Schnabelberg bei Waidhofen, auf der Schartenmauer bei Großraming und nächst der alten Fürstensäge im Pechgraben. Vom Solstein nördlich vom Klausrieglergut (S. von Trattenbach a. E.) liegen ın unserem Museum: Phylloceras ptychoicum Qu. R sp. Lytoceras quadrisulcatum Orb. jr montanum Opp. [31] Kalkalpen im unteren Enns- und Ybbstale. 59 Perisphinctes sp. Simoceras cf. Volanense Opp. Aspidoceras eyclotum Opp. Vom Arracher Steinbruch u. a.: Lytoceras montanum Opp. $ quadrisuleatum Orb. Perisphinctes div. sp. Aspidoceras iphicerus Opp. Die gesamte Lias- und Juraserie im Liegenden des Tithons scheint umso vollständiger vorhanden zu sein, je mehr man sich von Süden her dem Flyschrande nähert. Nördlich von Weyer und Gaflenz ruhen die das Tithon un- mittelbar unterlagernden Jurakalke, ja die Diphyenkalke selbst oft unmittelbar auf dem Rhät oder sogar auf Hauptdolomit. Je weiter man von hier gegen außen fortschreitet, um so mehr ältere Schicht- glieder schalten sich unter dem Tithon ein, erst die Vilser Kalke und Hornsteinkalke, dann die Fleckenmergel, welche auf den in dieser Richtung ebenfalls an Mächtigkeit zunehmenden Kössener Schichten liegen. Es findet sonach anscheinend umgekehrt von Norden nach Süden ein UÜbergreifen immer jüngerer Glieder statt, bis endlich das Tithon völlig selbstständig auf Trias gelagert ist. Übersicht der subalpinen Lias- und Jurafazies. Den bisher besprochenen rein kalkigen oder kalkig-kieseligen, in klarem, tieferem Wasser zum Absatz gelangten Jurabildungen entsprechen als Altersäquivalente am nördlichen Rande der Kalkalpen gegen die Flyschzone eine Reihe von meist glimmerführenden sandig- tonigen Mergelsedimenten, die sich offenbar nahe der Küste am südlichen Saume einer archäischen Masse unter dem Einfluß fluviatiler Einschwemmung und der Küstenzerstörung eines kristallinischen Fest- landes abgesetzt haben und vermöge ihres Materials gewissermaßen eineArtFlyschfazies desLias und Jura repräsentieren. Diese aus relativ nachgiebigen Gesteinen bestehenden und daher stärker zusammengefalteten „subalpinen“ Jurasedimente werden sehr oft unmittelbar vom Kreideflysch überlagert und erscheinen dann gelegentlich in tieferen Auswaschungen der kretazischen Sandstein- decke, wobei deren Abscheidung wegen der zum Teil ähnlichen Fazies, der tiefergreifenden Umwandlung und Verwitterung sowie der reich- lichen Bedeckung mit Gehängeschutt und Vegetation, das heißt kurz gesagt der schlechten Aufschlüsse oft mit Schwierigkeiten verbunden ist. Schon im Rhät zeigt sich gegen den Außenrand der Kalkalpen das Vorherrschen tonig-schlammiger Absätze, welche auch noch im Lias fortdauern, was die Abgrenzung gegen den Liasfleckenmergel erschwert. Es mögen nun der Reihe nach die verschiedenen innerhalb des liasisch-jurassischen Litoralsaumes zwischen dem Pechgraben und Waid- hofen unterscheidbaren Schichtreihen kurz besprochen werden. 8* 60 G. Geyer. [32] 1. Die den tiefsten Liaszonen angehörigen Grestener Sehiehten mit ihren zum Teil aus Granitgeröllen bestehenden Konglomeraten, den aus Granitgrus zusammengeschwenmten Arkosen, Sandsteinen, Landpflanzenreste und Kohlenflöze führenden bituminösen Schiefertonen wurden bereits früher (pag. 44) beschrieben. 2. Darüber folgen im Pechgraben, in der Großau und im Neuhauser Graben (nördlich von Gstadt bei Waidhofen) zunächst Fleckenmergel, welche der oberen Abteilung des Unterlias (A. raricostatus Ziet., A. Nodotianus d’Orb.), dem Mittellias (Amalth. margaritatus Montf., nach F. Trauth aus Hinterholz, dann A. spinatus Brng. vom Groisbauer südlich der Großau) angehören und sogar auch noch in den oberen Lias emporreichen können (Harp. cf. Aalense Ziet. sp. von Hinterholz). Diese Vorkommen stammen tatsächlich aus der Grestener Sehiehten führenden Litoralzone. Doch liegen in unserem Museum vom Pechgraben, der Großau und anderen weiter östlich gelegenen Fundpunkten auch schwarze, etwas glimmerige Mergel mit Harpoceras Murchisonae Sow. und Harp. opalinum Sow. vor, die vom Fleckenmergeltypus erheblich abweichen, so daß mindestens für den obersten Lias wieder eine von der Fleckenmergelfazies verschiedene Küstenausbildung anzunehmen wäre. 3. Die auf pag. 52 beschriebenen papierdünnen Mergelschiefer „westlich der Mündung des Wendbaches in die Enns“, welche petro- graphisch und faunistisch dem Posidonomyenschiefer von Boll ent- sprechen, scheinen in der subalpinen Litoralzone ebenfalls entwickelt zu sein. Hierher wären schwarze mergelige Schiefertone mit Posid. cf. Bronni Goldf. zu rechnen, welche G. v. Sternbach auf den Halden der Liaskohlengruben im Pechgraben für unser Museum aufge- sammelt hat. Zu Posidonomya Bronni Goldf. gehören wahrscheinlich auch die zuerst von Professor V. Uhlig entdeckten flachen, fein konzentrisch gerippten Posidonomyen aus den schwarzen Schiefern am Fuße des Fuchsbühels südlich Waidhofen. Hierher möchte ich auch schwarze Schiefer mit Posidonomyen rechnen, die mir aus dem Hinterholzer Bergbau vorliegen. Die dunklen Posidonomyenschiefer, welche ich an dem Sträßchen fand, das sich aus dem Sattel im Norden des Naglergutes auf der Pechgrabenseite in den kleinen Mühlengraben hinabsenkt, könnten ebenfalls hierher- gestellt werden, desgleichen auch ähnliche schwarze Schiefer an der Straße von Neustift gegen Kleinraming, und zwar etwa SW vom Ge- höft Tanzlehen. 4. Opalinus- und Murchisonae-Schichten. In unserem Museum werden mehrere Stücke von schwarzen, offenbar bituminösen, glimme- rigen Schiefertonen und Mergeln mit Harpoceras opalinum Sow. und Harp. Murchisonae Sow. aufbewahrt, welche eine Vertretung der be- treffenden Zonen erweisen. 5. Humphriesianus-Schichten. Desgleichen liegen dort auch mehrere Stücke schwarzer Mergel mit Stephanoceras Humphriesianum Dow, aus einem alten Schacht in der Umgebung von Gresten. 6. Subalpine Klausschichten. Meist dünnplattige graue sandige Kalke mit dunklen Mergelschieferzwischenlagen, welche durch [33] Kalkalpen im unteren Enns- und Ybbstale. 61 Cephalopodenreste der Makrocephalenschichten und durch Posidono- mya alpina Gras. charakterisiert werden. Durchaus bezeichnend für diese flyschähnlichen Gesteine ist die Einstreuung von Glimmer- schüppchen. Dieser Schichtfolge gehören auch die von M. Neumayr ent- deckten, von diesem!) und von E. Jüssen?) näher beschriebenen aschgrauen, lauchgrün gefleckten Klauskalke an. Dieselben ziehen sich vom Ybbsbett gegenüber dem Waidhofener Elektrizitätswerk (das neue Zementwehr fußt großenteils auf den Schichtköpfen dieser Serie, welche hier sonach völlig verdeckt wird) östlich über den Rotenbichl empor und sind auch noch im schluchtartigen unteren Teil des Raingrubergrabens aufgeschlossen. Wie die spärlichen Aufschlüsse in dem Hohlwege am Rücken des Rotenbichls zeigen, wo ich selbst Posidonomya alpina Gras. zu- sammen mit Cephalopodenresten sammeln konnte, handelt es sich hier offenbar um dieselbe Schichtfolge, in welcher E. Jüssen, aller- dings in einem größtenteils aus Blöcken aufgesammelten Material, neben Formen des unteren Callovien auch solche des Bathonien und selbst des jüngeren Bajocien nachwies. ‚Die etwas kalkigere Ausbildung an dieser Stelle könnte wohl den Übergang in die inneralpine Ausbildung andeuten. Diese Posidonomya alpina führenden dünnplattigen, grauen, san- digen Kalke mit dunklen Mergelzwischenlagen wurden bisher in fol- sender Ausdehnung nachgewiesen. Im Rettenbachtal bei Waidhofen vom Gehöfte Bibersberg am Nordabhang der Spindeleben über Hof bis Vorderholz; eine kleine isolierte Partie kommt im Sulzgraben östlich unterhalb Konradsheim im Liegenden von Neokommergeln zum Vor- schein. Am rechten Ufer des Rettenbaches, und zwar unterhalb der Mündung des von Hof herabkommenden Bächleins fand der Samnler A. Legthaler (zurzeit Bergmann in Hinterholz) eine ziemlich er- siebige Fossilfundstelle in einem aschgrauen Mergelkalk. Es liegen mir von dort außer Posidonomya alpina Gras., welche stellenweise sehr häufig auftritt, nachstehende Cephalopoden vor: Sphaeroceras (Macrocephalites) macrocephalus Schlot. sp. E 2 pilula Par. Oppelia propefusca Par. „.. ef. subeostaria Opp. Phylloceras viator Orb. sp. , haloricum Hau. sp. In unmittelbarer Nähe dieser grauen mergeligen Klauskalke stehen jedoch auch sehr ähnliche Neokomgesteine an, aus welchen ein gut erhaltenes Exemplar von Hoplites cf. angulicostatus Orb. sp. stammt. Südlich von Waidhofen bilden diese Schichten im Hangenden der schwarzen Oberliasschiefer des Fuchsbühels den von Promenade- !) M. Neumayr, Verhandl. d. k. k. geol. R.-A. 1886, pag. 349. 2) E. Jüssen, Beiträge zur Kenntnis der Klausschichten in den Nordalpen. Jahrb. d. k. k. geol. R.-A., Bd. XL, Wien 1890, pag. 381. 62 G. Geyer. [34] wegen durchzogenen waldigen Vorberg des Buchenberges und ziehen sich, von einzelnen Gräben durchschnitten, südöstlich bis in die Gegend der bei der Gastwirtschaft „zur Henne“ herunterkommenden Sattelgräben hin. Bei der „unteren Kapelle“ schalten sich in diesen Mergel- schiefern den jurassischen Kieselkalkschiefern des inneralpinen Jura sehr ähnlich sehende dichte, muschelig brechende, braune Kiesel- kalke ein. Anschließend werden die subalpinen Juraschichten am Ostabhang des Buchenberges im unteren Teil der Sattelgräben von Liasfleckenmergeln und dann von Rhät unterteuft, das bei Kreilhof wieder auf Hauptdolomit liegt; es wäre dies also eine Stelle, wo jene Litoralfazies des oberen Jura im Hangenden alpiner Trias lagern würde, was einem räumlich verknüpfenden Übergang beider Fazies oleichkäme. Es ist indes auch möglich, daß hier zwischen den Flecken- mergeln und den Posidonomyenschichten eine Störung verläuft. Am Zeller Arzberg erscheinen die mergeligen Jurabildungen außer am Rücken des Rotenbichls noch im Raingrubergraben, welcher am rechten Ybbsufer gegenüber dem Elektrizitätswerk ausmündet, ferner im oberen Teil des östlich Marienhof herabkommenden Seiten- tälchens, dann im unteren Teil des bei Gstadt mündenden Neuhauser Grabens, wo sie von Neokomaptychenkalk überlagert werden. Außer- dem treten sie im Hangenden der in jenem Graben unterhalb Grub anstehenden Grestener Schichten auf und streichen von hier unter der Flyschdecke in den Hinterholzgraben östlich weiter, woselbst ich (südlich unter Sonnleiten, Östlich unter Kleinbichl) in einem waldigen Graben selbst Posidonomyenkalke fand. Daß auch in der subalpin entwickelten jurassischen Schichtfolge Unterbrechungen vorliegen, scheinen mir gewisse graue crinoiden- reiche Breccienkalke mit eingeschlossenen schwarzen Kalk- und Mergel- trümmern darzutun, welche man in den Gräben am Nordabhang der Spindeleben gegen Bibersberg und das Rettenbachtal antrifft. 7. Acanthicus-Kalke. Es sind dies weiße konglomeratische oder breceiöse Oberjurakalke, welche im Pechgraben, in der Großau und in Konradsheim klippenförmige Felszüge aufbauen. Helle Acun- thieus-Kalke werden von Neumayr und Jüssen auch vom Roten- bichl bei Waidhofen angeführt, konnten aber nicht anstehend naclı- gewiesen werden; die Aufsammlungen aus diesem Niveau erfolgten zumeist aus im Raingrubergraben aufgelesenen Blöcken. Zwischen dem Pechgraben und Waidhofen an der Flyschgrenze bestehen fast alle bloßliegenden Felsmassen aus jenen lichtgrauen oder weißen konglomeratischen Kalken, in denen sehr oft kleine Einschlüsse einer lebhaft grünen Mineralmasse erscheinen. Solche Kalke treten auf am Straßensattel nördlich von Neustift (östlich Tanzlehen), am Krennkogel (664 m), in derjGroßau, am Pechler- kogel, Hochkogel, auf dem alten Schloßberg von Konradsheim, in einem kleinen Steinbruch am linken Ufer des Rettenbaches bei Erlach. Außerdem bilden die konglomeratischen Malmkalke mehrere Züge im Pechgraben, so am Abhang des Wiesberges (östlich vom Krestenberg), von wo sie bei Kote 441 in einer Felsenge noch über den Bach auf das linke Ufer des Talbaches hinübersetzen, dann auf dem Hechen- [35] Kalkalpen im unteren Enns- und Ybbstale. 63 berg und Arthofberg entlang der Wasserscheide zwischen dem Pech- graben und dem Neustifter Tale. Außer ziemlich häufigen Belemnitenkeulen und Aptychen führen die konglomeratischen Jurakalke hie und da auch Ammonitenreste. So liest in unserem Museum eine kleine Suite vom Krenn- kogel (664 m) in der Großau vor mit nachstehenden Bestimmungen: Phylloceras polyolcum Ben. cf. saxonicum Neum. Lı ytocen as polycyclum Neum. Oppelia trachynota Opp. Perisphinctes sp. Aspidoceras acanthicum Opp. Von der Lokalität Listelbauer (Großau): Oppelia trachynota Opp. Perisph. cf. hosper Neum. Perisph. sp. Aptychus sp. Belemnites sp. Aus dem Pechgraben: Perisphinctes cf. subpunctatus Neum. cf. selectus Neum. Oppelia cf. compsa Opp. Aspidoceras acanthieum Opp. in zwei großen Exemplaren. In einem kleinen Steinbruch östlich unter Konradsheim sowie in dem Bruche am Straßensattel nördlich von Neustift (östlich Tanzlehen) sammelte ich einzelne Stücke von Perisphincten. Unter zugeführten Bausteinen fand sich bei Eben östlich von Waidhofen eine nach einer freundlichen Bestimmung durch Herrn Hofrat F. Toula Aspidoceras binodum Opp. sehr nahe stehende Form. Die hier beschriebenen weißlichen, konglomeratischen oder auch breceiösen Malmkalke gehören petrographisch einem anderen Typus an als die Acanthieus-Schichten vom Vösendorfer Wald- berge bei Gießhübl, deren Fauna von -F. Toula im XVI. Bd. der Ab- handlungen der k. k. geol. R.-A., Wien 1907, dargestellt wurde. Es handelt sich dort um graue oder rötlichgraue Knollenkalke aus Knollen sehr verschiedener Größe, wobei die einzelnen Knollen durch helle rotbraune Überzüge und Zwischenmittel eine auffällige Färbung erhalten (F. Toula in Verhandl. 1907, pag. 300). Diese konglomeratischen Kalke wurden bei der Einreihung in unser Museum schon von D. Stur als den Acanthieus-Schichten an- gehörig erkannt. Für diese Deutung sprechen außer der Fossilführung auch die Lagerungsverhältnisse, indem die fraglichen Kalke stellen- weise von den Posidonomyenkalken unterlagert und zum Teil von Tithon (im Pechgraben, siehe gleich unten), zum Teil aber auch unmittelbar vom Neokomaptychenkalk überlagert werden (Steinbruch beim Wirts- haus „zum Buchdenkmal‘). 64 G. Geyer. [36] 8. Rotbraune schieferige Tithonmergelkalke. Am rechten Ufer des Pechgrabenbaches ungefähr gegenüber dem Holz- bauer, also zwischen der Brücke nächst dem Buchdenkmal und der Kote 448, tritt eine Partie von rotbraunem tonig-glimmerigem Mergel- kalk mit Tithonfossilien, angelehnt an eine steilstehende Masse von konglomeratischem Malmkalk, zutage. Die vorhandenen Reste: Perisphinctes Senex Opp. Haploceras sp. Simoceras sp. Phylloceras sp. Lytoceras Sp. Terebratula diphya Col. zeigen, daß hier Tithon in einer von den weiter südlich herr- schenden Tithonflaserkalken etwas abweichenden, mehr tonig-mer- seligen, ein wenig glimmerigen Fazies vorhanden ist. Trotz der gestörten Lagerung wird man annehmen müssen, aaß dasselbe sich im Hangenden der weißen konglomeratischen Oberjura- kalke befindet, welche scheinbar daran angelehnt sind. Das vorliegende Exemplar von Ter. (Pygope) diphya ist ungelocht und gleicht in seinen Umrissen eher der von F. Pictet in dessen Melanges pal&ontologiques Tome I, Pl. XXXIV, Fig. 3, abgebildeten Ter. triangulus Lam., also einer Berriasform. In dem reichen Material der Ter. diphya vom Arracher Bruch kommen nun auch solche Varietäten vor, durch Übergänge mit der typischen Form verbunden, so daß die gewählte Bezeichnung mit wücksicht auf die übrigen Funde wohl gelten darf. Das Gestein erinnert auch an das weiter unten bei Besprechung des Neokoms erwähnte Vorkommen von Anzenbach, worin ebenfalls eine Berriasform, nämlich Ter. (Pygope) Euganeensis Pictet, gefunden wurde. 9. Stramberger Kalk. Im Museum liegen unter dieser Be- zeichnung aus dem Pechgraben mehrere Stücke von schneeweißem Kalk mit großen Exemplaren von Pecten sp. und Astarte sp., welche auch tatsächlich in ihrem äußeren Ansehen lebhaft an die bekannte Stramberger Fossilerhaltung erinnern. Ich selbst konnte dergleichen nirgends im Bereiche des Pechgrabens wiederfinden. Diese subalpinen vorwiegend mergelig - glimmerigen Litoral- bildungen wurden von Hinterholz nach Westen über Waidhofen, Großau und Neustift bis in den Pechgraben verfolst. Westlich vom Pechgraben springt der Kalkalpenrand wieder nach Norden vor mit einer Störung, entlang deren der Hauptdolomit mit seinen Rauhwacken unmittelbar an den Kreideflysch grenzt. Wohl erscheint noch westlich vom Pechgraben eine Partie von Neokom- aptychenkalk (nördlich vom Dorfe Laussa mit Belemnites sp.) an der Grenze des Hauptdolomits gegen den Kreideflysch, von den Jura- mergeln jedoch ist im Westen des Pechgrabens nichts mehr zu sehen. BE; [37] Kalkalpen im unteren Enns- und Ybbstale. 65 Neokom. Wo die Neokombildungen sich konkordant über dem roten flase- rigen Tithonkalk entwickeln, pflegen über dem letzteren zunächst in einer Mächtigkeit von nur wenigen Metern braune oder violettrote, etwas schieferige, kieselige Mergelkalke zu folgen, in welchen außer Aptychen nur undeutliche Cephalopodenreste gefunden wurden. In unserem Museum liegen vom Rapoldsbach östlich Fockenau (Klein- reifling S) mehrere Stücke mit Lytoceras sp., Aptychus depressus? Voltz und Belemnites conophorus Opp., welche diesen Grenzschichten ange- hören dürften und völlig übereinstimmen mit analogen Bildungen, die ich im Bereiche des Kleinreiflinger Bahnhofes auf der westseitigen Böschung hinter dem Maschinenhause beobachtet habe. In einem sehr ähnlichen, nach oben alsbald in typischen weißen Neokomaptychenkalk übergehenden, braunen schieferigen Mergelkalk, der in dem Graben hinter dem Försterhaus von Anzenbach am Bache ansteht, fand sich ein größeres, mit starken Anwachsstreifen versehenes Exemplar von Pygope Euganeensis Pictet!), also eine Berriasform, was mit der angedeuteten Zwischenstellung jener braunen Mergelkalke zwischen den lichtroten Tithonkalken und den weißen Neokomkalken übereinstimmen würde ?). Uber diesen meist noch zum Tithon gerechneten Grenzschichten liegt die Hauptmasse des lichten Neokomaptychenkalkes, nämlich dem Biancone gleichende, teils rein weiße, teils gelbliche oder lichtgraue, bei der Verwitterung stark bleichende überaus dichte, muschelig brechende und mitunter dunkle Hornsteinknollen führende Kalke mit Aptychus. Didayi Cogu. und Belemniten. Diese hellen Aptychenkalke gehen nach oben zunächst in hornsteinreichere Fleckenmergel mit rostigen Flecken über. Dann erst folgen schieferige, bräunlich- sraue, seltener rötlich gefärbte, in gestörten Lagen arg zerknitterte Mergelschiefer, in deren hangenden Partien sich endlich auch noch schmale Leisten von lichtgrauem Sandstein einschalten. Solche Sandsteineinlagerungen wurden im Neustifter Gebiet, im Großgschnaidgraben, in Brunnbach, am NO-Abhang des Schiefersteins, nördlich von Losenstein, im Rettenbachtal bei Waidhofen, inner- halb der Hangendpartien der vom Öberkreidekonglomerat nach oben gut abgegrenzten Neokombildungen sicher konstatiert. In der Unterkreideserie kann man daher dort, wo dieselbe voll- ständig entwickelt ist, von unten nach oben helle Aptychenkalke, horsteinführende Fleckenmergel und schließlich graue Mergelschiefer mit Sandsteinbänken zwischen ihren höchsten Lagen unterscheiden. An mehreren Stellen, wie östlich von Waidhofen im Bahn- einschnitt bei der „Henne“ vor der Haltestelle Kreilhof, schalten sich schon zwischen den Bänken der hellen Aptychenkalke graue, grün- !) Melanges pal&ontologiques, Tome I, Paris 1863--1868, pag. 182, P]. XXXIV, Fig.,o. ?) Hier mag darauf hingewiesen sein, daß A. Stelzner im Jahrbuch der k.K. ygeol..R.-A., 1865, pag. 439, das Vorkommen von Ter. diphyoides d’Orb. in den neokomen Fleckenkalken der Umgebung von Gresten anführt. Jahrbuch d. k. k. geol. Reichsanstalt, 1909, 59. Band, 1. Heft. (G. Geyer.) 19) 66 G. Geyer. [38] liche oder violette schieferige Tonmergel ein, zwischen denen die Kalkschichten linsenförmig auskeilen, so daß die Tonmergel dann für sich allein dieses Niveau repräsentieren. Außer den genannten Haupttypen trifft man aber lokal noch einige andere Arten von Gesteinsausbildung der Unterkreide. So stehen oberhalb Waidhofen am rechten Ybbsufer, also auf der Zeller Seite gegenüber dem Elektrizitätswerk, auffallend grünliche sandige Mergelkalke mit Kon- kretionen in Verbindung mit schwärzlichgrauen Mergeln, sowie mit braunen Hornstein- oder” Jaspisbänken als das Hangende der durch das Wasserwehr verbauten Jurakalke an. Aus dem orünlichen Mergel- kalk liegen unter anderem sichere Neokomfossilien vor, worunter Hoplites div. sp., Aptychus latus Voltz, A. Didayi Cogqu., sowie eine Pygope aus der Diphya-Gruppe, ähnlich T. triangulıs Lam., welche von Pictet als Berriasform angeführt wird. Reicheres Material dieser Lokalität liegt im k. k. Naturhistorischen Hofmuseum. Mit diesen grünlichen Mergelkalken zusammen treten hier braune Hornsteinbänke auf; ähnliche grünliche, braune oder selbst schwarze Hornsteine finden sich an der Grenze des Neokoms gegen den Haupt- dolomit in der Gegend von Neustift, Großau und Konradsheim, dann im Draxlgraben südlich von Brunnbach. Mehrfach treten hier in sichergestellten Unterkreidebildungen rote oder grünliche, plattig-schiefrige, dichte, muschlig brechende zum Teil auch chondritenführende Tonmergel auf, also Gesteine, welche in der oberen Kreide (Kreideflysch, Gosau- und Nierentaler Sehiehten ?) und selbst im Eocän wiederkehren und stets durch die Rotfärbung des Grundes eine auffällige Erscheinung bilden. Solche durch Überlagerung mit Gos aukonglomerat als Neokom charakterisierte Vorkommen roter Tonmergelschiefer finden sich zum Beispiel bei Krottenbach am Plaissabach unterhalb Brunnbach, dann in dem knapp unter der Kothmühle mündenden Seitengraben am Nordgehänge des Neustifter Tales (NO. Großraming). Hier ist also mit Sicherheit das Erscheinen roter Mergelschiefer auch im Neokom er- wiesen. Damit soll freilich nicht gesagt sein, daß alle derartigen Vorkommen der Unterkreide angehören. Endlich wären noch gewisse dunkle, schwärzliche, in größeren Platten und Tafeln spaltende Mergelschiefer, welche zum Beispiel an der Mündung des Hornbachtales in das Ennstal anstehen und hier spärliche Bivalvenreste führen, als abweichende Gesteinsausbildung des Neokoms zu nennen. Erinnern diese großen Unterschiede der das Neokom vertretenden Absätze zum Teil schon an die Gosausedimente, so zeigt sich auch in der Lagerungsweise ein Anklang an die becken- ausfüllende Oberkreide. Wie schon durch A. Bittner und auch durch V. Uhlig!) ausgesprochen wurde, tritt die Unterkreide näm- lich auch übergreifend über älteren Bildungen auf. Die konkordant über dem Tithon lagernden Neokomabsätze greifen nämlich über den Verbreitungsbezirk des Tithons und des oberen Juras weit hinaus, was ') V. Uhlig, Zur Kenntnis der Cephalopoden der Roßfeldschichten. Jahr- buch der k. k. geol. R.-A., Wien 1882, XXXII. Bd., pag. 374. [39] Kalkalpen im unteren Enns- und Ybbstale. 67 [4 sich schon aus ihrer unverhältnismäßig größeren Flächenausdehnung im Gelände ergibt. Diese größere Verbreitung ist um so auffallender, als es sich ja im Gegensatz zu den festen Jura- und Tithonkalken um leichter zerstörbare Mergelschiefer handelt. So. sehen wir die Neokommergel in größeren Abschnitten unmittelbar auf Hauptdolomit gelagert und beobachten auch an manchen Orten, wie an der Großen Klause (S Reichraming) unzweifelhafte Basalbrececien. Es muß hier bemerkt werden, daß die Annahme tektonischer Komplikationen zur Erklärung jener Verhältnisse, wo größere Neokomreste unmittelbar auf Triasgrund lagern, nicht hinreicht, weil das nachweisbare Fehlen aller zwischenliegenden jurassischen, liasischen und rhätischen Sedi- mente auf diese Art kaum denkbar wäre, es sei denn, wir wollten zu der Vorstellung greifen, daß gerade diese und genau nur diese Zwischenbildungen durch die betreffenden Störungen unterdrückt worden seien. Nach V. Uhlig (loe. eit.) weisen die in unserem Museum liegenden Suiten von der Großen Klause und von Anzenbach südlich von Reichraming ungefähr auf die Hauterivestufe oder das Mittelneokom s. str. hin, dem auch die meisten bisher bekannt gewordenen Formen der Roßfeldschichten und des in diesem engeren Gebiet aufgesammelten Neokommaterials angehören. ; Die bier beschriebenen Unterkreidebildungen dürften daher im allgemeinen den Roßfeldschichten zeitlich entsprechen. Da jedoch die Fazies der letzteren durch das Vorwalten von dünnplattigen, sandigen, schwärzlichen Kalken immerhin von den hier herrschenden neokomen Gesteinstypen abweicht, so schien es mir doch geboten, die Verwendung jener Bezeichnung hier zu unterlassen. Der Nachweis von Mittelneokom in den eine mittlere Partie der Mächtigkeit einnehmenden Fleckenmergeln (Anzbach, Große Klause), welche nach unten durch die Aptychenkalke konkordant mit dem Tithon verbunden sind, gestattet die Annahme, daß auch das Valanginien und Berriasien vorhanden sind und etwa durch die Aptychenkalke vertreten werde. Darauf scheint auch das Vorkommen der erwähnten TZerebr. (Pygope) Kuganeensis Pict. hinzuweisen. Äquivalente des Barr&mien, welches nach V. Uhlig durch die Roßfeldschichten der Weitenau repräsentiert wird, konnten im Gebiete von Weyer nicht nachgewiesen werden. An Fossilien aus dem hier beobachteten Neokom liegen mir folgende Arten vor: Hoplites eryptoceras Orb. sp., Anzenbach, Ebenforstalpe. angulicostatus Orb. sp., Rettenbach bei Waidhofen. e heliacus Orb. sp., Pechgraben. s sp., Zell bei Waidhofen. Olcostephanus (Astierda) Astierianus Orb. sp., Große Klause, Eßling. Holeodisceus incertus Orb. sp., Holzwegergut, Raingruber Graben, 1 Hugii Oost., Große Klause. Haploceras Grasianum Orb. sp., Große Klause. Phylloceras infundibulum Orb. sp., Pechgraben, Anzenbach, Kotenauer Alpe. ” 9* 68 G. Geyer. [40] Phylloceras Thetys Orb. sp., Pechgraben, Klausriegler bei Trattenbach. Lytoceras intermedium Orb. sp., Holzwegergut. Crioceras Quenstedti Oost., Anzenbach. Belemnites dilatatus Blainv., Waidhofen. x div. sp., häufig. Aptychus Didayi Cogqu., häufig. rectecostatus Pet., SW Rabenreiter, Pechgraben. undatocostatus Pet., Rapoldsbach, Anzenbach, Große Klause. Aptychus striatopunctatus Em., Fürstensäg im Pechgraben, Retten- stein, Bodinggraben. Aptychus angulicostatus Pet., Waidhofen, Anzenbach. aplanatus Pet., Pechgraben. | depressus Voltz, Neu Rapoldsbach. latus Voltz, Konradsheim. Terebratula Huganeensis Pict., Anzenbach. Terebratulina auriculata Orb., südlich Losenstein am linken Enns- ufer. N $)] ” ” Anläßlich der Besprechung der Neokombildungen dieses Gebietes müssen hier auch die seinerzeit von C. M. Paul (Verhandlungen d. k. k. geol. R.-A. 1898, pag. 276, und 1899, pag. 282), welcher die Auf- nahme der Flyschzone dieses Blattes in Angriff genommen hatte, aber nicht mehr zu beendigen in der Lage war, als Neokomflysch usgeschiedenen Schichten erwähnt werden. Nach Paul soliten die- selben aus einer .Wechsellagerung von echten hieroglyphenführenden, meist sehr harten Flyschsandsteinen mit fossilführenden hellen Neokom- aptychenkalken bestehen, eine Auffassung, die ihre besondere Stütze durch den Nachweis eines in den Sandsteinen am Südgehänge des Eekholzberges östlich von Waidhofen aufgefundenen Aptychus finden sollte. Da ich mir im Verlaufe der geologischen Aufnahme dieses Terrains die Überzeugung nicht verschaffen konnte, daß wirklich eine Wechsellagerung von Sandsteinen des Flyschtypus mit sicher- sestelltem Neokom stattfindet und da auch das Vorkommen irgend- eines Aptychenrestes noch kaum hinreicht, um die Vertretung von Unterkreide zu beweisen, so mußte die wohl anfänglich von mir noch festgehaltene Anschauung, daß hier regional wirklich eine besondere Flyschfazies des Neokoms auftritt, mit Rücksicht auf die beobach- teten Fakten schließlich fallen gelassen werden. Der Neokomflyschgürtel Pauls, welcher beiläufig an der Grenze zwischen den Kalkalpen und dem Kreideflysch verlaufen sollte, löste sich denn auch bei näherer Untersuchung in einzelne altersverschiedene Bildungen auf, unter denen die beschriebenen mergeligen subalpinen Juraabsätze, ferner wirklich neokome Aptychenkalke, Fleckenmergel und dünne Sandsteinleisten führende Mergelschiefer, endlich im Han- senden typische Inoceramenschichten der Oberkreide vorherrschen. Sämtliche Schichtgruppen befinden sich hier in stark gestörter Lage- rung, wodurch noch mit Rücksicht auf die sehr ähnlich aussehenden [41] Kalkalpen im unteren Enns- und Ybbstale. 69 Abwitterungsprodukte und die mangelhaften Aufschlüsse infolge Be- deckung mit Gekriech und Gehängelehm sowie Verkleidung durch üppige Voralpenvegetation die ursprüngliche Zusammenfassung C. Pauls begreiflich wird. Diese komplizierten Verhältnisse bringen es mit sich, daß eine völlig einwandfreie Kartierung dieser Vorlandstriche auch heute noch mit den größten Schwierigkeiten verbunden bleibt und daß neue Fossilfunde immer noch Änderungen im Kartenbild hervorrufen können. Verbreitung. Die Absätze der Unterkreide nehmen auf der Karte in den nördlichen Abschnitten des Terrains einen weit größeren Raum ein als in den südlichen, wo die Trias- und Jurabildungen die großen Flächen ausmachen und das Neokom zumeist nur als jüngste Auflagerung, als innerster Kern der Synklinalen oder entlang jener Störungen erhalten blieb, an denen im Süden wieder ältere Glieder angrenzen. So ziehen sich schmale Neokomzüge vom Rotgsoll am Nord- abfall des Sengsengebirges über den Bodinggraben auf die Ebenforst- alpe und von hier bis über die Große Klause hin. Weitere Züge sind der vom Kleinen Weißenbach über Anzenbach, quer über den Plaissagraben bis auf den Reitpfadkogel, ferner der lange südnördlich verlaufende Zug, der das Brunnbachtal und den Lumpelsraben südlich von Großraming begleitet; die vielfach unterbrochenen Synklinalkerne in den Falten am Westabfall des Almkogels; die am Weyrer Bruch sitzenden Neokomstreifen, welche aus dem Kleinreiflingtal über den Rettenstein und Stubauberg nordwärts streichen; der Neokomkern der Synklinale Högerbergzug—Oisberg zwischen Altenmarkt a. d. Enns und ÖOpponitz, endlich der schmale Neokomstreifen am Königsberg- hang, Wentstein und der Voralpe bei Groß-Hollenstein. Unter den viel breiteren, meist noch Kreideflyschkerne um- schließenden Neokomsynklinalen der Nordhälfte dieses Blattes sind zu nennen: die Neokomzüge, welche sich aus dem Trattenbachgraben südlich von Steyr über den Hintsteinsattel nach Losenstein und dann über den Krestenbergsattel in den Pechgraben ziehen, die von Jura- klippen unterbrochene breite Zone der Neokommergel zwischen dem Pechgraben, Neustift und der Gegend von Konradsheim, südlich deren dann noch mehrere Synklinalzüge sich anschließen, erst noch breite, mit lang zusammenhängenden Flyschkernen, sodann schmälere, schuppenförmig zerstückte mit isolierten Flyschauflagerungen. Der innerste Zug endlich streicht als Fortsetzung der Neokom- kerne am Westabfall des Almkogls aus dem Innbach an der Enns über den hinteren Neudorfer Graben, die Lindaumauer, den Grob- gschnaidgraben und die Spindeleben, verquert den Seebach südlıch Waidhofen und reicht dann über den Grasbergsattel nach Mühlberg und bis Paistenau im Ybbstal hinüber. Gault? In unserem Museum liegen vom Stiedelsbach bei Losenstein auf einem .schwärzlichen blätterigen Schieferton erhalten, einige Arten von Cephalopoden, welche V. Uhlig (Jahrbuch 1882, pag. 378) 70 G. Geyer. [42] ; um so eher für Gaultformen halten mochte, als auch die Fazies mit der des in der Umgebung von Vils und in der Arva bekannt gewor- denen Gault übereinstimmt. Es waren; Lytoceras? sp. 4 cf. Duvalianum Orb. Phylloceras Veledae Orb. auch eine Alaria sp. Nun habe ich selbst im Stiedelsbach, und zwar am linken Ufer etwa 2 km oberhalb der Mündung in einer Abrutschung, cephalopoden- reiche, schwarze, ebenflächig brechende, großblätterige Schiefertone aufgefunden, deren Schichtflächen geradezu bedeckt sind mit undeut- lich erhaltenen Resten einer Art, welche nach einer freundlichen Mitteilung des Herrn Professors V. Uhlig dem Hoplites tardefurcatus Orb. sehr nahe steht. Außerdem erscheint noch eine weiter genabelte elatte Form, die wohl auf Haploceras zurückgeführt werden darf. Dieser Fund bestätigt ohne Zweifel die oben ausgesprochene Ver- mutung und es ist wahrscheinlich, daß die von den übrigen hier bekannten Neokomvorkommen beträchtlich abweichende Fazies auf eine besondere Kreidestufe deutet. Am ehesten wären damit noch die gleichfalls dunklen und ebenflächig brechenden Mergelschiefer von der Mündung des Hornbaches in die Enns zu vergleichen. Gosauschichten. Während die Oberkreidebildungen von Gosaufazies in der Regel nur im Innern des Gebirges als Buchtenausfüllungen erscheinen im Gegensatz zum Kreideflysch, der zumeist die Vorlandzone der Kalkalpen aufbaut, tritt in dem hier behandelten Gebiete vielfach eine räumliche Verknüpfung dieser beiden Bildungen ein. Echte Flyschabsätze dringen hier nämlich weit in das Innere des Gebirges ein und überlagern dort das alte Relief auskleidende Gosauschichten. Anderseits reichen Aquivalente der Grundkonglo- merate dieser letzteren nach außen bis in die Flyschzone, wo sie in gleicher Weise die Basis der Oberkreide repräsentieren. An der Zusammensetzung der Gosauschichten nehmen entsprechend der Vielgestaltigkeit ihrer Bildungsräume sehr ver- schiedene Absätze teil. l. Schon die basalen Sedimente bestehen nach Maßgabe des angrenzenden Grundgebirges aus verschiedenen durchweg grob- klastischen Sedimenten. Dort wo Hauptdolomit die Umrahmung des Ablagerungsbeckens bildet, leiten gröbere oder feinkörnigere, fast ausschließlich aus Dolomitbrocken oder -geröllen bestehende lichte Breccien und Konglomerate die Gosauschichten ein. Mächtige Vorkommen der- artiger Breceien finden sich im Ennstal unterhalb Großraming am Fuße des Hieselberges, Fahrenberges und Auberges, im Lumpelgraben am Abhang des Hieselberges, beim Gallenhäusl in Rodelsbach, sowie im Gebiete des Großen Baches südlich von Reichraming, nämlich am Prefingkogel und seiner Umgebung. [43] Kalkalpen im unteren Enns- und Ybbstale. 711 In der Gegend von Buchmeister und Unterweißwasser im Schwarzbachgraben treten in engsten Kontakt mit diesen groben Breccien graue, klotzige Felsmassen bildende brecceiöse Rudisten- kalke mit großen Hippuriten; die nach diesen Vorkommen benannte „Hörnerwand* am südlichen Fuße des Sonnberges NW. unterhalb Buchmeister war schon C. Ehrlich bekannt. In unserem Museum liegen von dieser Lokalität und von der nahen (aufgelassenen) Aschaalpe: Sphaerulites styriacus Zitt. Hippurites sp. Actaeonella gigantea Sow. Am Rücken des Prefingkogls und oberhalb der Schwarzahütte erscheinen in geringer Ausdehnung unter diesen Breccien unmittelbar auf dem Hauptdolomituntergrund Bohnerze und oolithische Beauxite. Eine besondere Ausbildung dieser Basalbildungen repräsentieren grobe braunrote, sehr glimmerreiche, eckige Brocken von kristalli- nischen Gesteinen umschließende Breccien, welche zusammen mit bunten Konglomeraten hinter dem Taucherhäusl in einem südlichen Seitengraben des Pechgrabens das Liegende der Oberkreide bilden und auf Neokommergel ruhen. Statt dieser Dolomitbreccien oder mit ihnen auch wechsellagernd (Bahneinschnitt W. unterhalb der Station Großraming) oder auch im Hangenden der ersteren (Blahbergalpe, Seigrinnenbach) erscheinen auch häufig die bekannten bunten Kalkkonglomerate der Gosau, vorherrschend aus Geröllen von lichten Triaskalken und Dolomiten, aus roten, mitunter auch kieseligen Lias- und Jurakalken, aus Horn- steinen oder gelblichen Neokomaptychenkalken bestehend. Derartige bunte, weiß, rot und gelb gefleckte Kalkkonglomerate finden sich in der Gegend der beiden Reitpfadkogeln im Plaissatal (S Reichraming), im unteren Teil des Rodelsbachgrabens, im Ennstal unterhalb Großraming, im Lumpelgraben (bei Dernbauer-Sölden und am Hieselberghang), in Brunnbach beim Forsthaus Hechenberg, west- lich unterhalb der Lackenkeusche am Sonnberg und an vielen anderen Punkten; eine ganz isolierte Partie bunter Gosaukonglomerate fand ich unterhalb Heizmann an der Nordlehne des Rabischbachgrabens südlich von Kleinreifling. Je weiter gegen den Außenrand der Kalkalpen desto mehr Gerölle von Quarz, kristallinischen oder Fruptivgesteinen stellen sich in diesen Konglomeraten ein und verdrängen allmälich die Kalkgerölle. Zugleich treten nach dieser Richtung die typischen fossilführenden Gosauschichten zurück und es erscheint über dem nur wenige Meter mächtigen Konglomerat nur mehr die einförmige Flyschsandsteinfazies der Oberkreide. Doch finden sich immerhin noch einige Stellen, wo die bereits reichlich Quarzgerölle führenden Konglomerate noch Gosau- fazies unterlagern, wie zum Beispiel am Ennsufer in Losenstein und auf der Hochstufe am Nordhang des Schnabelberges SW. Waidhofen. beim Hochpöchl und Nachbarreith. Hier wären auch die einzelne große, eiförmige Gerölle von Quarz, Kieselschiefer und Porpliyr einschließenden Schiefertone zu 12 ’ - 6. Geyer. | [44] erwähnen, die bei Losenstein und im Stiedelsbach, dann im untersten Teil des Hinterholzgrabens (nördlich Steinmühl) an der Basis der Oberkreide entwickelt sind. Dort, wo Neokommergel den Untergrund der Gosau oder auch des Kreidefiysches bildet, erscheinen häufig an der Basis kleinkörnige, rauhe, gelb anwitternde, durch einzelne gelbliche, srüne oder dunkle Fragmente scheckig gefleckte Kalkbrececien, welche auch direkt in die sandig- breceiösen Örbitoidenkalke der Gosau über- sehen. Diese gelbscheckigen Breceien finden sich hauptsächlich am westlichen Abhang des Plaissaberges gegen den Großen Bach, auf dem Sattel Brennhöhe (601 m) und in Anzenbach, im Lumpelgraben am Gehänge des et beim Marbachler E Brunnbach, am west- lichen Gehänge des Almkogels, am nördlichen Fuße der Lindau- mauer bei Weyer, am Glatzberg bei Waidhofen und auf dem Zeller Arzberg östlich vom Neuhauser Graben bei Gstadt. Auf der Ebenforst- alpe führen diese Breceien auch Korallenreste und Bivalvenschalen, wodurch die Annäherung an die Gosaufazies bedingt erscheint. 2, Über den Basalbildungen der Gosauschichten folgen in einem beschränkten Gebiet, nämlich in der Gegend von Weißwasser N), auf den Hängen des Prefingkogels und der Blahbergalpe, dann südöstlich der Mooshöhe bei der Königbaueralpe graubraun ebituminöse Mergel- schiefer und Schiefertone mit Kohlenschmitzen und weißschalig auswitternden Bivalven und Gastropoden, meist Nafica und Melania, besonders häufig Melania Beyrichi Zek., dann auch Lumachellen von Avicula caudigera Zitt. Im Hangenden dieser brackischen Schichten, welche auf der Königbaueralpe SW. Mooshöhe auch ein kleines Kohlenflöz um- schließen, liegt am Rücken der Blahbergalpe noch ein weißer, dicht rot geäderter, dem Untersbergmarmor ähnlicher Kalkstein. 3. Über den eben oeschilderten, offenbar als Äquivalente der petrographisch überaus ähnlich ausgebildeten Brackwasserbildun- gen von Grünbach, Miesenbachtal, Strobl am Wolfgangsee etc. anzu- sehenden. dunklen bituminösen Mergeln folgen in der Gegend von Weißwasser erst dünnschichtige, sandig-glimmerige Mergel und graue tonige Sandsteine (Gosaumergel und Gosausandstein), dann aber eine Wechsellagerung von dickbankigem Kalksandstein mit einzelnen Straten von schiefrigen, grauen oder auch rötlichen Hieroglyphen- mergeln, deren stratigraphische Position im Verein mit der Faziesaus- bildung die Bezeichnung als Oberkreideflysch völlig rechtfertigt. Zwischen Buchmeister (der Spezialkarte) und Weißengütl sind diese Schichten mit nordsüdlichem Streichen und nach Osten gerich- tetem Einfallen (vergl. das Profil in Verhandl. d. k..k. geol. R.-A. 1907, pag. 59) aufgeschlossen und geben hier ein deutliches Bild des Über- sanges der hangenden Gosausandsteine in die charakteristische Gesteinsreihe des Kreideflysches, in welcher unweit von hier, nämlich am Nordostgehänge des Plaissaberges gegen Brunnbach, das Vorkommen von Inoceramus Cripsii Mant. nachgewiesen werden konnte. !, Vergl. G. Geyer, Über die Gosaubildungen des unteren Ennstales und ihre Beziehungen zum Kreideflysch. Verhandl. d. k. k. geol, R.-A. 1907, page. 57. [45] Kalkalpen im unteren Enns- und Ybbstale. 13 Dort wo jene brackischen Zwischenbildungen fehlen, liegen die srauen Gosaumergel und Sandsteine unmittelbar über den bunten Basalkonglomeraten oder -breccien wie am Plaissaberg, oberhalb der Mündung des Rodelsbaches in die Enns, am Fuße des Auberges unter Großraming (hier mit Omphalia sp., Pholadomya granulosa Zitt., Phol. rostrata Math.), am Ausgang des Pechgrabens (mit Korallen- resten) und an verschiedenen anderen Punkten. Entsprechend der transgressiven Lagerung grenzen verschiedene Stufen der Gosauschichten an den älteren Untergrund. Am Ennsufer bei Losenstein, wo über dem auf Neokommergel laeernden Grundkonglomerat zuerst graue Mergel mit Orbitolina concava Lam. und gleich darüber ähnliche graue Mergel mit spärlich eingestreuten Quarz- und Porphyrgeröllen und einer kleinen Gosaufauna (vergl. hier Verhandl. 1907, pag. 66-67) folgen, reicht offenbar die Oberkreide bis in die Cenomanstufe hinab. Dieses Vorkommen und das häufige Auftreten von Dolomitbreccien an der Basis erinnert an die Cenomanvorkommen der bayrischen Alpen und zugleich an mehrere Punkte der nordöstlichen Kalkalpen, wo durch F. Toula und A. Bittner Örbitolinenmergel in Gesellschaft sandiger Kalkbreccien nachgewiesen worden sind !). Die auffallende Ubereinstimmung in der Gliederung dieser Gosauschichten des Ennsgebietes mit den bekannten fossilreicheren Gosaubuchten legt wohl die Annahme nahe, daß die Hauptmasse der Gosau auch bier der Turonstufe entspricht, während die han- senden Sandsteine mit dem Kreideflysch in das Senon emporreichen dürften. Das Kohlenvorkommen in den brackischen Mergeln der Königbaueralpe nördlich Laussa wurde bereits erwähnt. Hier mag noch auf ein weiteres, bezüglich seiner Lagerungsverhältnisse minder klares unbedeutendes Kohlenflöz hingewiesen werden, das nächst dem Gehöfte Trauner südöstlich oberhalb Trattenbach an der Enns in Gosau- schichten erschürft wurde, Verbreitung. Durch ihre Fazies und Fossilführung als Gosau- bildungen kenntliche Oberkreideabsätze finden sich innerhalb dieses Terrains in größerer Mächtiekeit und Ausdehnung nur im Gebiete des Großen Baches südlich von Reichraming. Sie ziehen sich dort von der Blahbergalpe an der Wasserscheide gegen das steirische Laussatal über den Prefinskogel und Unterweißwasser, dann über den Hirschkogelsattel- einerseits in das Plaissatal hinüber, wo man sie über Hechenberg bis gegen Brunnbach verfolgen kann. Anderseits bilden sie in einem langen Zuge am Westhang des Plaissaberges das Liegende des Kreideflysches jenes Rückens und reichen über den Gschwend- bauersattel in den Lumpelgraben hinüber bis Großraming, wo ihre Absätze in der ganzen Talweitung und in den hier einmündenden Seitengräben nachgewiesen werden konnten. ') Verhandl. 1882, pag. 194, und 1897, pag. 216. Jahrbuch d. k. k. geol. Reichsanstalt, 1909, 59. Band, 1. Heft. (G. Geyer. 10 74 G. Geyer. [46] Ein zweites, weiter nördlich vorgeschobenes Verbreitungsgebiet findet sich bei Losenstein im Ennstal. Auch hier gehen die fossil- führenden Gosauschichten nach oben in Kreideflysch über, welcher in zwei schmalen Synklinalzonen aus dem Pechgraben über den Sattel nördlich vom Schieferstein nach Losenstein reicht und von hier iiber den Hintsteinsattel und den \Wendbach auf die südlich vom Trattenbachgraben in halber Höhe des Schobersteins durchziehende niedere Sattelregion des Klausriegler zustreicht. Wie eingangs erwähnt, reichen die Basalkonglomerate der Gosau nordwärts bis in die Flyschregion, wo sie immer mehr Gerölle aus Quarz, Eruptivgesteinen und kristallinen Schiefern aufnehmen. Diese Konglomerate wurden aber ihrer geringen Mächtigkeit wegen nicht besonders ausgeschieden, zumal dieselben auch entlang der Liegendgrenze des Fiysches gegen die ältere Unterlage nirgends fehlen. Es ist dies besonders in der breiten Faltenzone zwischen Großraming, Neustift und Waidhofen der Fall. Auf der Terrasse von Hochpöchl nördlich vom Schnabelberg, SW. Waidhofen, erscheinen zunächst über den Grundkonglomeraten auch noch Mergel vom Gosau- typus, über welchen erst im Kern einer liegenden Mulde der Sand- stein folgt. Kreideflysch, Inoceramenschichten. Wie sich aus den Lagerungsverhältnissen im Quellgebiet des Großen Baches ergibt, welche oben erwähnt und von mir bereits in einer früheren Arbeit!) beschrieben wurden, bestehen zwischen dem Kreideflysch und den Gosauschichten insofern enge Beziehungen, als die Hangendsandsteine der Gosau nach oben hin in jene bezeichnende Aufeinanderfolge von Kalksandsteinbänken und Schiefermergellagen übergehen, welche das typische Bild der Kreideflyschfazies zur Schau tragen. Die mit grauen oder auch roten, durch Fucoidenabdrücke und die bekannten Hieroglyphen ausgezeichneten Schiefermergel oder auch mit Mergelkalk und Ruinenmarmor alternierenden Sandsteinbänke schwanken in ihrer Mächtigkeit von 05 bis 10 m und darüber und zeigen bei näherer Untersuchung trotz der sehr ähnlichen Verwitterungs- formen mitunter eine ziemlich abweichende Beschaffenheit. Doch scheinen in der Voralpenzone zwischen Steyr und Waidhofen alle denkbaren Übergänge zwischen blaugrauen, gelblich anwitternden, slimmerigen, durch ein kalkiges Bindemittel zementierten Quarz- sandsteinen und reichlich von Spatadern durchzogenen, rostbraun anwitternden, grauen sandigen Kalken zu bestehen. Dabei werden die mehr feinkörnigen Varietäten oft so dünnplattig, daß Übergänge zu Sandsteinschiefer sich herausbilden. Anderseits erscheinen nicht selten grobe Varietäten, welche fast schon als kleinkörnige Kon- glomerate oder Breccien angesprochen werden könnten und unter deren Bestandteilen außer den vorherrschenden Quarzkörnern auch sröbere Stückchen von hellen oder roten Kalken und einzelne Frag- mente von kristallinischen Schiefern zu sehen sind. !) Verh. 1907, Nr. 2—3, pag. 55. [47] Kalkalpen im unteren Enns- und Ybbstale. 75 Einzelne ebenplattig abgesonderte Sandsteine mit großen hellen Glimmerschuppen zeigen auf den Schichtflächen oft reichlich schwarze kohlige Pflanzenspreu. Aus dieser Schichtfolge, und zwar aus einem gelbgrauen sandigen Kalk vom Ostablang des Plaissaberges gegen Brunnbach liegt mir ein Exemplar von Jnoceramus Cripsii Mant. vor. Außer diesen für die llauptmasse der Inoceramenschichten be- zeichnenden Gesteinen treten, wie es scheint, in einem relativ tiefen Niveau der Oberkreide auch noch dunkle, mit roten Mergelschiefern wechselnde Sandsteine auf, welche C.M. Paul!) als unteren Wiener Sandstein ausschied und auf Grund ihrer Beziehungen zu den Neokom- aptychenkalken sowie des Fundes eines Aptychus?) in die untere Kreide stellte. Es sind dies meist grünlichschwarze kieselige, glau- konitische Sandsteine mit scharfrandigem muscheligem Bruch, dann schwarze, an der angewitterten Oberfläche von tiefen Rissen und Furchen durchkreuzte, kalkige Sandsteinplatten mit oft fingerdicken, weißen Spatadern, welche nicht selten mit roten Mergelschieferbänken wechsellagern. Ich fand genau dieselben Gesteine auch im Gosaubecken von Windischgarsten, und zwar in unmittelbarer Nähe des Grundkonglo- merats, wie im Rettenbachtal am Wege zwischen Schröckenstein und der Hülinerstiege oder zwischen den basalen Rudisten- und Korallen- kalken und den höher oben folgenden, fucoiden- und helminthoiden- führenden Mergeln am Südabhang des Wuhrbauerkogels, welche Letzteren dann erst vom Gosausandstein bedeckt werden. Das Vorkommen typischer Flyschgesteine in dem Gosaubecken von Windischgarsten, das ja’weit im Innern der Kalkalpen gelegen ist und über den Paß Pylırn hinweg?) selbst mit den im Ennstal, also schon am Nordrande der Zentralalpen liegenden Gosauschichten von Liezen und Wörschach zusammenhängt, bildet mit einen Beweis, daß Flysch und Gosau im selben Ablagerungsraume ent- stehen konnten. Es werden dadurch jene Schlüsse hinfällig, mittels deren aus dem anscheinend so bedeutenden Faziesunterschied zwischen Gosau und Kreideflysch voneinander weit entfernte Bildungsräume abgeleitet werden, welche ihrerseits wieder zur Annahme einer decken- förmigen Überschiebung des Flysches durch Gosaureste tragende Kalk- alpen zu berechtigen scheinen. Wie schon bei Besprechung der Gosauschichten erwähnt wurde, sreifen die Grundkonglomerate der letzteren über die Region typischer Entwicklung dieser Oberkreidefazies hinaus und erscheinen innerhalb der Wiener Sandsteinzone in l’orm von Basiskonglomeraten des Kreide- fiysches. In dem breiten Strich zwischen Losenstein und Großraming an der Enns, Neustift, Großau und Waidhofen an der Ybbs, wo von 1) C. M. Paul, Der Wiener Wald. Jahrb. d.k.k. geol. R.-A., Bd. XLVIII, Wien 1898, pag. 174. 2) C. M. Paul, Aufnahmsberichte in Verhandl. 1598, pag. 277, und 1899, pag. 283. 3) G. Geyer, Die Aufschließungen des Bosrucktunnels und deren Bedeutung für den Bau des Gebirges. LXXXII. Bd. der Denkschriften der kais. Akademie d. Wissenschaften. Wien 1907, pag. 14 und 36—37. o 10* 76 G. Geyer. [48] Osten her mehrere Flyschmulden in die Kalkalpen eingreifen und die bogenförmige Drehung des Streichens der letzteren erst gegen Süd- west und endlich nach Süd mitmachen, beobachtet man fast überall an der Basis der eingeklemmten Flyschsynklinalen eine wenige Meter breite Konglomeratbank, an deren Zusammensetzung sich außer Kalk- alpengeröllen verschiedenartige, anscheinend ortsfremde Geschiebe beteiligen. Unter diesen letzteren erscheinen neben dominierenden Quarzgeröllen solche aus verschiedenen Eruptivgesteinen, wie 2. B. rötlichem Granit, rotbraunen Felsitporphyren, grünlichen Porphyriten, Diabasporphyriten vom Aussehen des Verde antico, Mandelsteinen usw.; dann wieder aus kristallinischen Schiefern, darunter Glimmerschiefern und Hornblendegneisen, endlich auch Quarziten und roten quarzitischen Sandsteinen und Konglomeraten, welche sicher dem Rotliegenden ent- stammen. In den analogen, von Prof. OÖ. Abel entdeckten oberkretazischen Basalkonglomeraten am Nordfuß des Schabenreitsteines bei Kirchdorf (Jahresberichte in den Verhandl. d. k. k. geol. R.-A., Wien 1907, pag. 20; 1908, pag. 21, dann auch 1909, pag. 18) erlangen der- artige exotische Gerölle Kopf-, und selbst über Kürbisgröße. Eine besondere Ausbildung zeigt ein grobsandiges Konglomerat vonGroßbichl (auf der Karte 1:25.000 Geiersbichl) SW vom Pechler- kogel in der Großau, das in einer Sandsteingrundmasse außer vor- herrschenden Glimmerschiefergeröllen auch einzelne lichte Kalk- seschiebe zeigt. Aus dem Zerfall solcher Konglomerate bilden sich die Anhäufungen loser ortsfremder kristallinischer Erratika, die man hinter dem Gehöfte Königsberg in der Großau am Fuße des Steilnanges unterhalb Fürstenöd massenhaft aufsammeln kann. Überhaupt bilden in der Gegend südlich von Neustift diese herausgewitterten, auf den Wegen liegenden fremden Gerölle einen Anhaltspunkt, um den Verlauf der Konglomeratbank und daher auch der Grenze zwischen dem Kreide- fiysch und dem unterlagernden älteren Gebirge zu verfolgen. An Stelle dieser Konglomerate erscheinen an anderen Punkten der Innenseite des Flyschgürtels auch die sonst für Gosauschichten bezeichnenden feinen, bunt gesprenkelten, sandigen scheckigen Kalkbreccien, so am Glatzbergsattel südöstlich von Waidhofen, dann in der Gegend nördlich von Gstadt auf der gegen Hinterholz aufragenden Höhe. Verbreitung. Während der Flysch im westlichen Abschnitt des Blattes, also etwa südlich von Steyr, durch eine Störungslinie vom Hauptdolomit der Kalkalpen scharf abgeschnitten wird und hier anscheinend südlich unter die Grenzrauhwacken hinabtaucht, zeigt sich im Bereiche des Pechgrabens eine Flyschbucht mit normaler Auf- lagerung des Kreideflysches über den älteren Schichtreihen. In diesem Gebiet, wo auch die Grestener Schichten unmittelbar auf dem Granit des Buchdenkmales lagern, ruht der Kreideflysch des Spadenberges und Glasenberges mit nördlichem Einfallen auf den die Grestener Schichten zum Teil überkleidenden Neokommergeln von Streichenhof auf. Dieses Auflagerungsverbältnis kommt ebenso deutlich zum Aus- druck in den von Osten her aus der Gegend von Waidhofen nach W, [49] Kalkalpen im unteren Enns- und Ybbstale. 77 SW und dann nach S in die Kalkfalten eindringenden Flysch- synklinalen, auf die zuerst A. Bittner hingewiesen hat (Verhandl. 1907, pag 251) und welche von mir schon einmal (Verhandl. 1907, pag. 68) näher beschrieben worden sind. Es wurden dort im Ganzen fünf solche Züge angeführt, welche zum Teil nur aus einer Aneinander- reihung von im Streichen liegenden Synklinalresten bestehen. Die meisten dieser Züge setzen oberhalb Großraming quer über das Ennstal auf die Abdachung des Almkogels fort, wo sie in Form von schmalen Sandsteinkernen innerhalb der aus Neokommergel und Jurakalk bestehenden, einseitig nach Osten einfallenden Synklinalen über den Abhang südwärts streichen. Der von mir (Verhandl. 1907, pag. 75) so benannte „Neustifter Zug“ weist in seinem Verlaufe nach Südwest unmittelbar auf die Gosauschichten an der Mündung des Neustifter Grabens in den Pech- sraben hin. Hier in der tief gelegenen Gegend des Ennsdurch- bruches sind hauptsächlich die basalen, in Gosaufazies entwickelten Reste der Oberkreide erhalten, sie bilden jenseits am linken Enns- ufer zumeist in Form von Konglomeraten die Abhänge des Hiesel- berges und ziehen ununterbrochen am linken Gehänge des Lumpel- grabens über Sulzbauer bis auf die Marbachler Höhen, wo die Denudation wieder mächtige, breite Massen von hangendem Flysch- sandstein verschont hat. Hier haben wir aber auch schon das Nord- ende jenes breiten Flyschfjordes erreicht, der, von basalen Gosau- gesteinen umsäumt, zwischen den meridional streichenden Kalkalpen weit nach Süden reicht und durch den Sattel Mooshöhe mit den Kreidebildungen der Laussa verbunden erscheint. ‚Wie aus den Auf- nahmen A. Bittners hervorgeht, stehen aber die Kreidesandsteine der Laussa in einem ununterbrochenen streichenden Zusammenhang mit jenen des Spitzenbachgrabens bei St. Gallen, welche durch ein- zelne Denudationsreste ihrerseits wieder mit dem großen Gosauvor- kommen von Lainbach-Gams verknüpft werden. Hier mag noch darauf hingewiesen werden, dab eine weitere Gliederung der geschlossenen Flyschzone zwischen Ternberg-Sand im Ennstal und Waidhofen-Sonntagsberg im Ybbstal nicht durchgeführt werden konnte. Wie sich aus den vortrefflichen. mehrere Kilometer quer auf das Streichen verlaufenden Felsaufschlüssen längs der Bach- läufe der beiden Kollergräben (SO. von Steyr) ergab, wo die Flysch- serie wirklich Bank für Bank untersucht werden kann, gestattet der hundertfache Wechsel von einzelnen Sandsteinbänken mit Mergel- schieferlagen im Maßstabe 1:25.000 keine besondere Ausscheidung. Dazu kommt der Umstand, daß das Terrain schon in geringer Ent- fernung von den felsigen Bachufern hoch mit Hängeschutt, Gekriech und Verwitterungslehm bedeckt ist, so dab man in den weiten Strecken zwischen jenen Bachaufschlüssen fast gar keine Anhaltspunkte für Ausscheidungen zu gewinnen in der Lage wäre; nicht einmal die rücken bieten durchlaufende Aufschließungen. Wollte man daher die entlang gewisser Gräben allerdings mög- liche (wenn auch unter das Maß fallende) Detailgliederung auf diesen weiten aufschlußarmen Strecken durchführen, so würden die Grenzen allzu unsicher sein und niemand könnte das Kartenbild verantworten. 78 G. Geyer. [50] Es käme sohin bloß eine Gliederung nach größeren Komplexen in Betracht, wie eine solche von “ M. Paul für den Wiener Wald durch- geführt worden ist (Jahrb. d. k. k. geol. R.-A. 1898, Bd. XLVI). Diesbezüglich kann zunächst ni bereits früher (pag. 68) vorgebrachte Einwände bezüglich Pauls Neokomflysch hingewiesen werden. Sodann aber bestünde noch die Möglichkeit, daß mächtigere Zonen des Flysch- sürtels dem Alttertiär angehören. In dieser Hinsicht ergaben sich, wie in dem folgenden Kapitel ausgeführt werden soll, allerdings mehrfache Anhaltspunkte, welche aber leider nicht hinreichen, um eine durchweg begründete Abgrenzung auf der Karte durchzuführen. Eoeän. Unter den sicheren Anzeichen des Auftretens alttertiärer Bildungen im Gebiete des Blattes Weyer ist zunächst ein schon in der älteren Literatur erwähntes Vorkommen von Nummulitenkalk am Ostabhang des Pechgrabens zu nennen. Diese Entdeckung J. CäjeZeks wurde von F. v. Hauer (Jahrb. 1858, IX. Bd., pag. 115) veröffentlicht, konnte aber von mir leider, trotz genauer Lokalisierung auf einer alten Aufnahmskarte i. M. zirka 1:20.000, nicht wieder be- stätigt werden. An der betreffenden Stelle, die am linken oder südlichen Abhang des auf der Spezialkarte südlich vom „Gratschergut* eingetragenen Grabens, etwa gegenüber dem Haumüllerhäusl, gelegen ist, verhindert heute dichter Graswuchs jedes Urteil über den anstehenden Unter- grund. Der im Graben nahe unterhalb angeschlagene alte Kohlenstollen wurde jedenfalls in Grestener Schichten vorgetrieben. Hier ist auch ein aus sehr verschiedenen Elementen, unter anderen auch aus Blöcken von Flyschsandstein bestehendes Riesen- konglomerat zu erwähnen, das nahe (westlich) vom Gehöfte Haider am hiücken unterhalb Konradsheim in einer Schottergrube ansteht. Diese Schottererube befindet sich südlich unterhalb des dem Höhen- rücken folgenden Weges, etwa an der auf der Spezialkarte durechı das obere Ende des Buchstabens „h“ von „Konradsheim“ bezeichneten Stelle (W. Waidhofen). Jenes Riesenkonglomerat umschließt einerseits kaum gerundete, sroße Blöcke im Ausmaße von einigen Kubikmetern und geht anderseits durch Abnahme der Größe seiner Bestandteile in ein mittelkörniges IKonglomerat, ja fast in einen groben elimmerigen Quarzsandstein über. Dabei bildet das Material des letzteren auch das Zement der srößeren Gerölle und Blöcke. Unter den in Blockform auftretenden Gesteinen finden sich zunächst grobe, etwas flaserig struierte Gra- nite mit rotem Feldspat, genau übereinstimmend mit dem rötlichen Granit des Buchdenkmales sowohl, als mit jenem der exotischen Blöcke von Neustift, Gmunden, Gschliefgraben ete. Wie gleich bemerkt werden soll, liegen mir aus dem Museum in Linz völlig identische rote Granite vom Mayerhoferberg bei Aschach an der Donau, von Neufelden im Mühltal, von Prandegg an der Aist, also sichere Granite des böhmischen Massivs zum Vergleiche vor. Außer diesem roten Granit erscheinen insbesondere dunkelgrüne [51] Kalkalpen im unteren Enns- und Ybbstale. 79 oder grünlichgraue Diabasporphyrite, dann aber auch Sand- steine in der Form größerer Blöcke. Dieses grobe Haufwerk wird durch ein sandiges Konglomerat verbundeu, welches auch seitlich davon für sich allein anstehend beobachtet wurde und hier außer Quarzgeröllen auch Gerölle von Trias und Jurakalken oder von gelblichem Neokomkalk einschließt. Ein besonderes Interesse beansprucht ein großer Block von slimmerreichem Quarzsandstein, dessen petrographische Beschaffenheit weder auf Lunzer Sandstein noch auf Grestener Sandstein, sondern mit großer Wahrscheinlichkeit auf Kreideflyschsandstein hindeutet, und zwar dies um so mehr, als derselbe auch noch einzelne Brocken von diechtem gelbem Mergelkalk umschließt, welcher den Neokom- kalken der Gegend überaus ähnlich sieht. Der Umstand, daß das besprochene Riesenkonglomerat Blöcke von Kreidesandstein einschließt, führt uns zu dem Schlusse, daß hier eine alttertiäre Strandbildung vorliegt. Leider suchte ich in den groben Sandsteinen vergebens nach Nummuliten oder anderen bezeichnenden Fossilien. Auch gestatten die dürftigen Aufschlüsse der Umgebung dieser Schottergrube nicht einmal, das stratigraphische Verhältnis des Riesenkonglomerats zu dem benachbarten Flyschterrain festzustellen. R Andere Ablagerungen durften auf Grund ihrer petrographischen Ubereinstimmung mit dem Greifensteiner Sandstein und ihrer Unter- lagerung durch Kreideflysch wenigstens mit einiger Wahrscheimlichkeit als Eocän kartiert werden. So erscheinen auf dem Glasenberg und Spadenberg, dann weiter westlich im Steyrtal am Damberg und bei Dürrnbach im Hangenden des Kreideflysches graue, gelb verwitternde Sandsteine, welche auf der Karte besonders hervorgehoben und mit Vorbehalt in das Eocän gestellt wurden. Auf dem Glasenberg ist die Lagerung des liegenden Kreideflysches eine flach muldenförmige, so daß die Auflagerung des dem Greifensteiner Vorkommen sehr ähnlichen Sandsteines eine evidente ist. Die Gesteine führen nur ganz untergeordnete Mergelzwischen- lagen und vor allem fehlen ihnen die für die Kreide bezeichnenden festen Bänke von teils als Kalksandstein, teils vielleicht besser sogar als sandige Kalke zu bezeichnenden, also die kalkreichen Gesteine, dagegen beobachtet man auch hier nicht selten die im Greifensteiner Sandstein so oft erscheinenden Tongallen. Fossile Anhaltspunkte liegen allerdings auch hier nicht vor und es konnte sohin nur die Lagerung und die petrographische Ahnlichkeit für die Zuweisung zum Alttertiär maßgebend sein. Bezeichnend für diese Sandsteine sind auch deren Verwitterungs- produkte. Während im Kreideflyschterrain immer wieder feste kalkige Bänke vorkommen, deren Geschiebe, zum Beispiel auf den Wegen, in Form vielartiger härterer, kantiger Brocken herumliegen, indessen die Mergelschiefer zu Ton zerfallen und wasserundurchlässige, sumpfige Stellen bedingen, herrscht im verwitterten Sandsteinterraiu ein auf- fällig sandiger Boden vor, auf dem meist nur größere, stark gerundete gelbe Sandsteingerölle und Blöcke verstreut sind. Ähnliche Sandsteine erscheinen wohl nun auch an anderen Stellen 80 G. Geyer. - [52] der Fiyschzone, und zwar in viele Meter mächtigen Stufen. Ihre strati- graphische Verknüpfung mit sicherem Kreideflysch legt uns ‚aber meist die Annahme näher, daß sie noch zur kretazischen Serie gehören. Dies gilt zum Beispiel von den mächtigen Sandsteinbänken im Ybbs- tal unterhalb Waidhofen, welche bei Böhlerwerk für die Mühlen- industrie nutzbar gemacht werden. Diluviale (glaziale) Schotter und Moränen. Unter den eiszeitlichen Schottermassen nehmen im unteren Enns- und Ybbstale die Nieder- und Hochterrassenschotter weitaus den größten Raum ein, nachdem hier die Reste der älteren Deckenschotter wohl zum großen Teil bereits durch die Frosion wieder entfernt worden sind. Die Terrassenschotter treten fast durch- weg als Talausfüllung jener beiden llaupttäler auf, wobei sich die Niederterrasse in einer Rinne der Hochterrasse eingelagert zeigt. Während die in der Regel fester konglomerierte Hochterrasse zumeist nur in Resten erhalten blieb, deren Wandabfälle von Nischen unterhöhlt werden, bildet die Niederterrasse fast immer die eigentliche Tal- ebene, in welcher die heutigen Flüsse sich in engen steilwandigen Schluchten einschneiden. An wenigen Stellen, wie im Ybbstal unterhalb Kleinhollenstein, fließt der Fluß heute annähernd im Niveau der jüngeren Schotter und die konglomerierten älteren Schotter bedecken einzelne entlang der Gehänge erhalten gebliebene Stufenreste. Einlagerungen von abge- stürzten Konglomeratbrocken der Hochterrasse innerhalb der jüngeren Schotter konnten hier nirgends nachgewiesen werden. Doch zeigt sich die Einlagerung der Niederterrassenschotter im alten Relief der Hoch- terrasse an mehreren Punkten ganz deutlich. So im Tal der Krummen Steyrling beim Jaidhaus in Inner-Breitenau, oberhalb Hollenstein im Seebach, bei Opponitz und auch bei Waidhofen im Ybbsgebiet, ferner bei Großraming, Reichraming, Trattenbach und Sand im Ennsbereiche. Die Hochterrassenagelfluh über Opponitz "besteht zum großen Teil aus Dolomitgeröllen mit einzelnen Geschieben von rotem Jura- kalk; am Gehänge nördlich von Opponitz zeigt die Nagelfluh eine Einlagerung von Lehm. Die durch spätere Auswaschungen in beliebig viele Unterstufen zerlegten Niederterrassenschotter im Gaflenztal bei Weyer bestehen fast ausschließlich aus kaum gerundeten Dolomitbrocken und stammen ohne Zweifel aus den schuttreichen Hauptdolomitgräben der Umgebung von Gaflenz und Oberland, deren Murkegel allmälich in den Beginn der Niederterrasse übergehen. Schwieriger ist die Trennung der beiden Terrassenschotter im Gebiete des bei Weyer ausmündenden Dürrenbaches, wo, abgesehen von der abweichenden Höhenlage, nur die weiter fortgeschrittene Verfestigung der Hochterrasse für die Trennung maßgebend sein konnte. Am Abhang des Lehnerberges SO. Weyer beobachtete ich nächst Kote 562 m im Hangenden der Nagelfluh eine alte Moräne mit auffallend vielen Geröllen aus Lunzer Sandstein [53] Kalkalpen im unteren Enns- und Ybbstale. 81 Die-zuletzt von O. Abel im Steyr-, Enns- und Ybbsgebiet des Vorlandes in großer Ausdehnung nachgewiesenen Deckenschotter, welche in rundlich verwaschenen flachen Hügelformen die Wasser- scheiden zwischen jenen großen Nebenflüssen bilden, konnten inner- halb der Alpentäler nur an wenigen Stellen und in beschränktem Umfange nachgewiesen werden. Hierher zählen höher gelegene Schottermassen im Flyschterrain südlich von Steyr, nämlich westlich von Sand am linken, dann auf den Abhängen der Gemeinde Öber- Dambach am rechten Ennsufer; weiter oben am linken Ennsufer am Gehänge des Ebenbodens und über dem Bichlergut NW. von Ternberg. Die Schotter der Hochstufe von Oberau östlich von Reichraming werden von A. Penck und E. Brückner!) ebenfalls dem Decken- schotter beigezählt; über dem Gehöfte findet sich noch anstehendes Konglomerat. Südöstlich hoch über Losenstein traf ich bei dem obersten Gehöfte auf dem Absenker des Schiefersteins in ca. 500 m Meeres- höhe (auf der Spezialkarte etwas unter dem mittleren „n“ im Worte Losenstein) eine Anhäufung von über kopfgroßen Geröllen, die wohl auch einem Deckenrest entstammen dürften. In weit größerer Ausdehnung beteiligen sich Grundmoränen an der Zusammensetzung der diluvialen Absätze dieser Gegend. Es sind nach Penck und Brückner hier hauptsächlich die alten Moränen der Rißeiszeit, welche im unteren und ‚mittleren Enns- und Ybbstale im Zusammenhang mit den Hochterrassenschottern auftreten. Während A. v. Böhm das untere Ende seines alten Ennsgletschers etwa in der Gegend von Kleinreifling annahm, verlegte A. Penck den Stirnrand des Rißgletschers etwas weiter abwärts in die Talweite von Großraming. Ich selbst konnte noch weiter talab mächtige Mo- ränenreste bis in die Umgebung von Reichraming verfolgen. Dieselben liegen hier auf beiden Talseiten (östlich von Forster und westlich von Habichler) zum Teil über der Hochterrasse. Die lehmigen Schotter dieser Rißmoränen standen offenbar in Zusammenhang mit von mir nachgewiesenen mächtigen Moränenmassen im Unterlauf des Großen Baches südlich von Reichraming, welche talauf zusammenhängend bis zum Großweißenbachgraben verfolgt werden können. Ihre Aquivalente im westlich benachbarten Tal der Krummen Steyrling bedecken die konglomerierten Hochterrassenschotter des Plateaus „In Santen“ von Inner-Breitenau, woselbst sieh überhaupt ein schönes Modell der alten Glaziallandschaft studieren läßt. Der- selben Epoche dürften die Moränenreste der Terrasse von Anger nördlich von Kastenreith, dann die ausgedehnten Moränenablagerungen angehören, die sich im oberen Teil des Dürrenbachgrabens bei Weyer auf der Wasserscheide des Saurüssels 553 m zwischen dem Enns- und dem Ybbsgebiet befinden und von da auf der Terrasse gegen Geyersbichl hinziehen. Mit den Moränenablagerungen erscheinen hier sehr häufig für Ziegelschläge verwendbare Bändertone und Lehmlager, in welchen man hie und da einzelne Gerölle von kristallinischen Tauerngesteinen ein- !) Die Alpen im Eiszeitalter, pag. 224. Jahrbuch d. k.k. geol. Reicnsanstalt, 1909, 59. Band, 1. Heft. (G. Geyer.) 11 89 G. Geyer. [54] geschlossen findet. So liegen mir von der Bachbauerschen Ziegelei am Gemerk (Saurüsselsattel 553 »n) Gerölle von Hornblendegneisen vor. Dieses Vorkommen bekräftigt die Annahme von A. Penck, daß der alte Ennsgletscher hier in das Ybbsgebiet übergeflossen ist )). Daß dies auch auf der Wasserscheide von Oberland zwischen Gaflenz und Waidhofen der Fall war, bezeugen ebenfalls Hornblende- omeisgerölle, die ich in einer Moräne nördlich von Lindau nächst Gaflenz und auf einem Rundhöcker SW von Oberland aufgesammelt habe. Wie schon durch A. Penck bemerkt wurde, kommen zentral- alpine Gerölle auch in den Hochterrassenschottern in der Nähe des Bahnhofes von Waidhofen vor. Auch in diesem Falle handelt es sich um Reste des Rißgletschers, der sich bei Kastenreith gabelte. Die Glazialreste auf den Wasserscheiden des Saurüssels und von Oberland finden gewissernaßen eine Verbindung durch die mäch- tige, auf dem Sattel der Breitenau 552 m südlich vom Heiligenstein vor der Abtragung bewahrt gebliebene Moränenablagerung. In den höheren Karen des Gebirges trifft man an vielen Stellen eingelagerte Reste von weit jüngeren Moränen aus den Rück- zussperioden. So namentlich auf der Ostseite des Almkogels bei der Stallburgalpe, im Arzkar, auf der Pleschentalalpe und Pooralpe, auf der Menaualpe unter dem Bodenwiesberg, auf der Terrasse mit dem Jagdhaus Mayerhoftal, oberhalb der Klaushäuser und beim Stroh- meyer im Kleinreiflinger Graben. Derartige jüngere Moränen wurden aber auch noch weiter geren den Außenrand der Kalkalpen beob- achtet, wie am Nordabhang des Schobersteins nächst dem Klaus- riegler südlich von Trattenbach. Hierher zählen auch die von R. Michael?) nachgewiesenen jüngeren Moränen der Voralpe in der Gegend von Hollenstein. Auch die Verbreitung der vielfach beobachteten erratischen Blöcke gestattet vielfach die Ermittlung der alten Gletscherstände. Im Enns- tal wurden solche Zeugen in Form von Geröllen kristallinischer Ge- steine an sehr verschiedenen Stellen aufgefunden. So auf der Schütt- baueralpe (Glimmerschieferblock in 1050 m Seehöhe) am SO-Abhang des Bodenwiesberges, auf der Sattelhackeralpe und am Fockenauer- brand des Högerbergzuges am rechten Ennsufer. Besonders häufig erscheinen solche Zeugen im Gebiete des Großen Baches südlich von Reichraming; vor allem muß hier seiner Position wegen ein großer Block von Granatglimmerschiefer erwähnt werden, den ich auf dem Zöbelboden bei 920 m aufgefunden habe. Am Rotheerdsattel nord- westlich vom Plaissaberg und bei der Großen Klause wurden Blöcke von granatführendem Amphibolit gefunden. Glimmerschieferblöcke fand ich an der Mündung des Schwarzabaches (auf der Karte als Weißwasser) in den Großen Bach südlich unter der Anerlbaueralpe. ei der Sitzenbachhütte im obersten Teile des Hetzgrabens fand sich ein größerer Block von Blahbergkonglomerat, dessen Herstammung 1) Eoc, dit. pag. 225. °) Die Vergletscherung der Lassingalpen. XVI. Ber. d. Ver. d. Geographen, Wien 1890. [55] Kalkalpen im unteren Enns- und Ybbstale. 3 aus den permischen Basalbildungen von Liezen und Admont als sicher angenommen werden kann. Diese Funde im Gebiete des bei Reichraming mündenden Großen Baches weisen wohl auf einen Seitenarm des Ennsgletschers hin, welcher den Sattel der Mooshöhe 849 m zwischen Laussa und Weißwasser überschritten haben mochte. Daß die Eishöhe in dieser Gegend dazu hinreichte, beweist der Glimmerschieferblock bei 1050 m nächst der Schüttbaueralpe im Laussatal. Man könnte wohl auch an eine Verbindung über den Pyhrn- paßB 945 m!) und das Windischgarstener Becken denken, doch scheint mir die Höhe der tiefsten Einsattlung in dem zweiten Kamme, den das Eis von dieser Seite noch passiert haben müßte, nämlich des Haslersgattern mit 1166 m, dagegen zu sprechen. Dieser Gletscherarm dürfte bei Reichraming nahe an die Zunge des Ennsgletschers herangereicht haben, da er am Zöbelboden noch 920 m überfloß und nahe südlich Reichraming mächtige Moränenreste deponierte. Granit des Buchdenkmales. Die aus den umhüllenden Liaskonglomeraten und Arkosen der Grestener Schichten des Pechgrabens hervorragende Klippe mit dem Buchdenkmal (vergl. Verhandl. d. k. k. geol. R.-A. 1904, pag. 363 wird nach einer seinerzeit von meinem verehrten Kollegen Professor A. Rosiwal vorgenommenen Untersuchung durch einen grobkörnigen Biotitgranit mit starker Kataklasstruktur gebildet. Derselbe wird von hellen rötlichen pegmatitischen Schlieren mit einzelnen großen Feld- spatkristallen durchzogen, und zwar derart, daß diese Schlieren sich von dem herrschenden, ebenfalls durch rötlichen Feldspat gefärbten Hauptgestein kaum schärfer abheben. Etwa 200 m von dieser Stelle entfernt, und zwar in nordöst- licher Richtung, findet sich jenseits des dort herabkommenden Wasser- srabens am Wiesengehänge ein zweiter, weit kleinerer, aber auch von Konglomerat überkrusteter Aufschluß desselben Granitvorkommens. Es ist bekannt, daß überaus ähnliche rote Granite an der inneren Flyschgrenze dieses Voralpenstriches vielfach als exotische Blöcke sefunden werden, so in der Gegend von Gmunden und nördlich bei Neustift. Blöcke desselben Granits konnten auch in dem alttertiären Riesenkonglomerat bei Konradsheim (pag. 28) nachgewiesen werden. Hat ein genauer Kenner der Granitlandschaft des Mühlviertels, F. v. Hochstetter (vergl. F. Toula in Verhandl. 1905, pag. 89), zuerst (1869) die Ansicht ausgesprochen, daß der oberflächlich in Blockmassen zerfallende Granit des Buchdenkmales einer anstehenden, aus der jüngeren sedimentären Bedeckung (Grestener Schichten) auf- ragenden Granitkuppe angehört, so wird damit zugleich auf die nächst- liegenden Beziehungen der letzteren hingewiesen. 1) Vergl. A. v. Böhm, Die alten Gletscher der Enns und Steyr. Jahrb. d. k. k. geol. R.-A., Bd. XXXV, pag. 457. 112 84 G. Geyer. [56] Es liegt mir nunmehr aus dem Museum Franeisco-Carolinum in Linz, dank einer freundlichen Vermittlung seitens des Herrn Real- schuldirektors H. Commenda, eine Reihe von Handstücken roter Granite aus dem oberösterreichischen Anteil der böhmischen Masse vor, von welchen mehrere mit dem Pechgrabengranit völlig überein- stimmen. Dies gilt besonders von einem rötlichen, flaserig struierten Granit vom Mayerhoferberg (westlich von Aschach a. d. Donau), während die im Pechgraben ebenfalls vertretenen porphyrischen Granite mit großen rosenroten Feldspatindividuen, wie ich mich seit- her selbst überzeugen konnte, im Mühltal unterhalb Neufelden in großen Massen anstehen. Es liegt um so näher, unser Granitvorkommen mit jenen Granit- varietäten der böhmischen Masse zu vergleichen, als analoge Gesteine in diesem Meridian der Ostalpen meines Wissens überhaupt nicht bekannt wurden. Wenn ich sohin dieses Vorkommen als das letzte sichtbare süd- liche Auftauchen der in den Donau- und Steyrebenen unter Schlier und in den Vorbergen auch noch unter Flysch begrabenen kristallini- schen Masse ansehe, so entspricht dies einer zwar keineswegs neuen, aber sicher ungezwungenen Deutung der gegebenen Verhältnisse. Serpentin von Gstadt. Der oberhalb Waidhofen am rechten Ybbsufer in der Klippen- region der Flyschzone nördlich von Gstadt auftretende Serpentin- stock war schon Ami Bou& bekannt (Journal de G£&ologie, Vol. I, pag. 66, Paris 1830). Derselbe grenzt in NW-Richtung, wie es scheint, unmittelbar an die knapp unter dem Gehöft Loosbichl anstehende, von hier etwa einen Kilometer westlich ziehenden Grestener Arkosen an, wird aber sonst wohl allseits von Flyschgesteinen umhüllt. An keiner Stelle konnten bisher sichere Kontakterscheinungen an einer vom Serpentin durchbrochenen älteren Schichtfolge nachgewiesen werden. Wohl aber finden sich in dem Flyschterrain hart über dem rechten Ufer des Flusses und unterhalb des in aufgelassenen alten Brüchen bloßgelegten Serpentins einzelne klippenförmig hervorragende Massen einer intensiv, rotbraunen, von grobspätigen weißen Kalzit- adern durchschwärmten Kalkbreccie, welche zum größten Teil aus Trümmern von roten und gelblichen Jurakalken dieser Gegend zu bestehen scheint, dabei aber auch mehr oder weniger veränderte Serpentinbrocken einschließt. Wie mir Herr Dr. Ohnesorge freund- liehst mitteilt, zeigte die mikroskopische Untersuchung mehrerer Schliffe, daß das Material der Breccie vielfach aus einem dichten, an Eisenoxyd reichen Kalk besteht, welcher zahlreiche Splitter von Serpentin umschließt, woraus geschlossen werden müsse, daß der Serpentin älter sei als das Bindemittel und somit auch als diese Breccie selbst. Es scheint mir demnach nicht unwahrscheinlich, daß hier basale Oberkreidebreccien vorliegen, welche ja den bekannten bunten Kalkbreccien der Gosauschichten petrographisch sehr nahe stehen würden. [57] Kalkalpen im unteren Enns- und Ybbstale. 85 Obschon der Serpentin von Gstadt, auch insofern heute noch frischere Stücke zu haben sind, ziemlich stark zersetzt ist, zeigt derselbe im Dünnschliffe deutlich Maschenstruktur, so daß man den- selben als einen umgewandelten Peridotit bezeichnen muß. Ältere Karten verzeichnen noch ein zweites Serpentinvorkommen in dieser Gegend, nämlich westlich von Waidhofen auf dem Sattel von Öd zwischen dem Hirschberg und Hochkogel; ich konnte dort nur einzelne Serpentingerölle auffinden. Tektonische Züge. Der tektonische Aufbau der Kalkalpen im Unterlaufe der Ybbs und Enns tritt im geologischen Nartenbilde !) dieser Gegend besonders deutlich hervor. Auch bringt dieses Bild sehr klar jene eigentümliche Unterbrechung im Streichen zum Ausdruck, welche in der Gegend südlich von Steyr eintritt und schon auf jeder geologischen Übersichts- karte auffällt. Man erkennt diese Diskontinuität hier an dem Ein- dringen von Kreideantiklinalen der Flyschzone in die Kalkalpen und an dem Umschwenken aller Falten in Viertelkreisbögen nach Südwesten und endlich nach Süden, an welchen Bögen die von Westen heran- streichenden Falten abstoßen, so daß es den Anschein hat, als ob die letzteren hier unter die Bogenfalten hinabtauchen würden. Diese anscheinend regelmäßige Gestaltung mag bei Anhängern der Deckfaltentheorie auf den ersten Blick vielleicht den Eindruck hervorrufen, daß hier eine breite Rindenpartie von Südosten her über ihrer Unterlage gegen Nordwesten vorgeglitten sei. Wenn man die Verhältnisse näher betrachtet, gelangt man jedoch, wie wir sehen werden, zu dem Schlusse, daß in dieser ganzen Region allerdings eine starke Zusammenfaltung erfolgt sei, welche an vielen Stellen auch zu UÜberschiebungen einzelner innerer Partien über die äußeren geführt hat, daß sich jedoch jene nachweisbaren Störungen in der Hauptsache auf die äußersten Ketten beschränken. Während nämlich die inneren Faltenbögen in der Regel aus steilstehenden Anti- klinalen und nach oben weit geöffneten Synklinalen bestehen (Voralpe und Königsberg, Profil II auf Taf. II), nehmen schon die nach außen zunächst anschließenden Falten eine einseitig nach innen »n E = ShOVerS. E\ E\ RR a Pr s en DENT HE. tarstot ® = m DIL “nbach o)JL. Gallen Zur Erläuterung der Profile auf Tafel II. Die Kämme sind durch gestrichelte Linien, die Hauptstörungen (a—/!) durch dicke Striche, die Lage der Profile (I—VI) durch Strichpunktlinien bezeichnet. a — Altenmarkt—Hinterbrühler Linie. b — Störung in der Schneibb. c = St. Gallener Querbruch (Sattelhackbruch). d — Weyrer Linie. e — Fortsetzung derselben in der Laussa. f = Brunnbachlinie und Spindelebenbruch. 9 = Windischgarsten— Mariazell—Puchberger Linie. h = Aufbruch im Steyerlingtal. i = Bruchlinie Molln—Reichraming. k — Überschiebung auf der Großen Dirn. ! = Störung an der Flyschgrenze bei Ternberg. [59] Kalkalpen im unteren Enns- und Ybbstale. 87 Dazu kommt noch der Umstand, daß diese Überschiebungen in ihrem Streichen (also nach Westen und Osten, oder, wie mit Rücksicht auf die Bogenform besser ausgedrückt werden könnte, nach links und rechts) oft schon auf kurze Strecken wiederausgleichen, so daß, gewöhnlich zugleich mit etwas steilerer Schichtenstellung, wieder der normale Faltenbau erreicht wird. Daraus kann aber zunächst einmal gefolgert werden, daß der ‘Gesamtbetrag der tatsächlichen horizontalen Verschiebung dieser sefalteten Schiehtmassen weit hinter dem Ausmaße zurückbleibt, den die Anhänger der Deckentheorie da und dort aus dem Kartenbilde herauslesen könnten. Ist es an sich schon ‚untunlich, die Horizontal- verlagerungen einzelner schuppenförmiger Überschiebungen zu sum- mieren und als das Ausmaß des’ Vorschreitens einer „Decke“ anzu- sehen, so kommt nach dem oben Gesagten also noch der erschwerende Umstand hinzu, daß die konstatierten Überschiebungen im Streichen meist nicht weit anhalten, das heißt, daß bei entsprechend starker Überfaltung: wohl einzelne lappenförmig vorgreifende Überschiebungen eintreten, nie aber eine ganze Zone über ihr Vorland hinaustritt. Als Beispiel mag hier die Überschiebung einer steil gestellten eingefalteten Jurasynklinale durch die flacher lagernde Wetterstein- kalkantiklinale der Großen Dirn bei Losenstein (Taf. II, Profil VI) angeführt werden. Diese Antiklinale stellt sich nämlich in ihrem westlichen Fortstreichen über den Wendbach alsbald steiler auf und reiht, sich zugleich normal in den allgemeinen Faltenbau ein, womit die Uberschiebung gegen Westen ein Ende erreicht. Nach Osten dagegen findet dieser Wettersteinkalkzug sehr bald seinen Abschluß durch eine am Abhange des Schiefersteins durch- laufende Diagonal- oder Querstörung, entlang deren dieselbe Haupt- dolomitzone hoch neben dem Wettersteinkalk aufragt, von dem sie am linken Ennsufer deutlich überschoben wird. Wer sein Profil also genau über den Gipfel der Großen Dirn legt, könnte die hier zweifellos bestehende UÜberschiebung etwa im Sinne einer Decke oder mindestens einer Teildecke deuten. Wer aber die nur wenige Kilometer west- lich oder östlich verlaufenden Durchschnitte betrachtet, wird sehen, daß schon dort von einer Überschiebung des Jüngeren durch das Ältere nicht mehr die Rede sein kann, so daß das supponierte Deck- sebilde seiner realen Form entkleidet erscheint, da es weder naclı Westen noch nach Osten weiterhin eine Fortsetzung findet. Gegen die Überschiebung des westlichen Abschnittes durch das östliche Gebiet der Bogenfalten spricht aber auch die große Überein- stimmung der beiden Terrains sowohl mit Bezug auf die fazielle Aus- bildung und den stratigraphischen Aufbau, als auch hinsichtlich der Struktur. Zum mindesten bestehen keineswegs so erhebliche Differenzen, daß wir genötigt wären, hier zwei von entlegenen Bildungsräumen her übereinandergeschobene Ablagerungstypen anzunehmen. Ziehen wir zunächst die östliche Blatthälfte mit ihren Bogen- zügen in Betracht, so zeigt sich, daß die Zentren dieser einzelnen Faltenbögen nicht in einen Punkt fallen (siehe Fig. 3), daß es sich also um exzentrische Bögen handelt. Die äußeren Bögen zeigen einen kleineren Radius als die inneren und der Mittelpunkt dieser Wölbungen liegt 88 G. Geyer. . ar [60] also weiter nach außen gerückt. Die, inneren Bögen sind dagegen flacher gekrümmt und ihr bezügliches Zentrum weicht daher nach innen (das heißt, hier also nach Südost) zurück, bis endlich in der Region des Königsberges (Fig. 3) bei Hollenstein von einem bogenförmigen Verlauf überhaupt nicht mehr die Rede ist, da hier das Streichen, entsprechend dem Schichtverlauf von Lunz und des Gamssteines, einfach von NO nach SW gerichtet ist. Jeder einzelne unter den deutlich zum Ausdruck kommenden Faltenbögen hat also seinen eigenen Mittelpunkt, durch den alle wahren, das heißt senkrecht auf das Streichen geführten Profile ge- zogen werden müßten. Ist es aus diesem Grunde nicht möglich, ein völlig einwandfreies Profil quer durch sämtliche Bögen zu legen, da verschiedene Zentren bestehen, so werden doch die mit Bezug auf die äußeren Bögen radial geführten Profile auch den Schichtverlauf der inneren Bögen wenigstens annähernd senkrecht schneiden, wodurch die Verzerrung keine allzugroße werden kann, vorausgesetzt, daß man das Profil nicht zu weit gegen das Innere der Kalkalpen, also gegen die Südostecke des Blattes verlängert. Aus den radial auseinderlaufenden Profilen der Faltenbögen um Weyer (vergl. Tafel II) ergibt sich nun, daß in den einzeinen Radialschnitten korrespondierende tektonische Bewegungen wieder- kehren, wenn auch bei gleicher Tendenz der Betrag der Verschiebungen wechselt. Wenn also z. B. in den Nordsüdprofilen (etwa durch Waidhofen) nach Norden gerichtete Überfaltung vorherrscht, so zeigt sich in dem Nord- west-Südostprofil (etwa durch Weyer) die Überfaltung gegen Nordwest, endlich in dem Westostprofil (etwa durch Kleinreifling) eine UÜber- faltung gegen Westen. Das Hinausdräugen der Falten gegen außen ist somit in allen diesen Radialprofilen herrschend, wobei allerdings die Intensität der Verschiebungen entlang (dem Streichen jeder ein- zelnen Bogenfalte bald stärker ist, bald schwächer. Nun ist es klar, daß dabei unmöglich das gesamte Gebiet ge- wissermaßen nach außen abgeflossen sein kann, weil sonst angenommen werden müßte, daß alles Material von einem Punkt, nämlich aus dem Zentrum eines jeden Bogens, herstamme und bei seiner Wanderung nach außen hin in maßloser, den sichtbaren Verhältnissen wider- sprechender Weise auseinandergezerrt worden wäre. Die betreffenden Falten zeigen also wohl eine bogenförmige Krümmung, aber die Horizontalverlagerung jeder einzelnen Partie braucht dabei nicht größer zu sein, als einer schiefen Faltenstellung oder der aus einer solchen hervorgegangenen schuppenförmigen Über- schiebung in der Horizontalprojektion gerade entspricht. Es geht eben nicht an, die Maße der einzelnen Verlagerungen innerhalb jener Faltenbögen einfach zu summieren und daraus einen erheblicheren (sesamtbetrag der Rindenbewegung herauszurechnen, um welchen diese gefaltete Schichtplatte in ihrer ganzen Breite vorgerückt sei. Gegen eine Gesamtüberschiebung des westöstlich streichenden Faltensystems durch die Faltenbögen spricht auch noch das Verhalten der äußersten Kalkketten im Pechgraben. Es schließt nämlich die evidente Zusammengehörigkeit der nächsten, die Granitklippe mit dem [61] Kalkalpen im unteren Enns- und Ybbstale. 89 Buchdenkmal im Süden umkreisenden Züge von konglomeratischem Jurakalk (mit Südoststreichen am Kressenberg und Nordoststreichen am Hechenberg) die Annahme völlig aus, daß hier zwei verschiedene Faltensysteme von weiter her übereinandergeschoben worden sind. Hier liegt eben nichts anderes vor als eine immerhin auffallende Kniekung im Streichen von Falten, welche in der Richtung gegen Norden zusammengestaucht wurden und in jenem Meridian eine Hemmung erfuhren. | Aus dem bogenförmigen Verlauf der tektonischen Leitlinien allein wird es sohin kaum gelingen, den Beweis für die Decken- struktur in diesem Teile der Nordalpen zu erbringen. Ebensowenig scheinen mir die faziellen Verhältnisse diesbezügliche Anhaltspunkte darzubieten. Zum mindesten gestattet die große Übereinstimmung des aus Bogenfalten zusammengesetzten östlichen Abschnittes mit dem darunter scheinbar untertauchenden westlichen Faltengebiet auf keinen Fall die Annahme, daß hier Ablagerungsreihen aus verschiedenen entlegenen Bildungsstätten einander erheblich genähert wurden. Auch hat sich, wie mehrfach hervorgehoben werden konnte, die Unabhängigkeit der Falten und der Bruchzonen sowohl von bedeutenden Faziesdifferenzen (Hierlatzkalk, Fleckenmergel), als auch von strati- graphischen Abweichungen (Wettersteinkalk- und Lunzer Typus der Trias) oder Lücken (Juratransgressionen) in vielen Fällen deutlich gezeigt. f Daß der schon seit langem betonte Gegensatz zwischen der Gosaufazies und Flyschfazies der Oberkreide ebensowenig für jene Auffassung ins Treffen geführt werden kann, folgt aus der innigen Verflößung dieser beiden Typen, worauf hier schon wiederholt hin- gewiesen wurde. Triftiger sind anscheinend die Gründe, welche aus dem Vor- handensein einer den Kalkalpen vorgelagerten Zone „subalpin“ ent- wickelter Jurasedimente abgeleitet werden könnten, eine Erscheinung, die kürzlich bereits von F. Trauth!) mit der Deckentheorie in Verbindung gebracht wurde. Es läßt sich nämlich in einigen Profilen zwischen dem Pech- sraben und Waidhofen zeigen, dab die „alpinen“ Jurakalke mit ihrem Hauptdolomitsockel zum Teil über den subalpin entwickelten Jura- mergeln aufgeschoben sind. ” Wenn man das horizontale Ausmaß dieser Überschiebung ins Auge faßt, so zeigt sich allerdings, daß die Verlagerung keine beträchtliche ist. Die vorhandenen Quertäler erweisen nämlich, daß die Störungsfläche sehr steil steht, so daß der Horizontalverschub weit unter dem Ausmaß zurückbleibt, das uns berechtigen würde, von einer Decke im Sinne der Nappisten zu sprechen. Der Einwand einer nachträglichen Steilerstellung dieser Verschiebungsfläche könnte wohl nur dann ernstlich in Betrac ht gezogen werden, wenn hier auch nur irgendwo eine Partie nachzuweisen wäre, an welcher noch die ursprüngliche flache Überschiebung oder Überfaltung zu konstatieren ist. 1) Anzeiger d. kais. Akademie 1906, Nr. XVIIT — Mitt. d. geol. Gesellschaft in Wien 1908, Bd. I Jahrbuch d. k. k. geol. Reichsanstalt, 1909, 59. Band, 1. Heft. (G. Geyer.) 12 90 G. Geyer. [62 ] Die gegebene Erscheinung läßt sich, soweit dieselbe überhaupt unserer Beobachtung zugänglich ist, wie ich glaube, weit einfacher und ungezwungener durch die Annahme erklären, daß hier nachträglich stark zusammengefaltete Uferbildungen am Südfuße oder Südrande des böhmischen Massivs vorliegen, in dem Sinne, den schon E. Suess!) seinerzeit bezüglich der Grestener Schichten angedeutet hat, etwa bloß mit der Ausdehnung dieser Vorstellung auch auf die höheren Juraniveaus. Dafür spricht auch die nachweisliche Mächtigkeitsabnahme sämtlicher nordalpiner mesozoischer Absätze mit der Annäherung an das während jener Epoche trocken gebliebene Massiv, dafür kann ferner der litorale Charakter der meisten in Betracht kommenden Absätze (Grestener Schichten, glimmerreiche Juramergel- schiefer, konglomeratische Oberjurakalke) dieser Zone ins Treffen geführt werden. Nun erscheint es sehr begreiflich, daß bei dem Zusammenstau der Nordalpenfalten der relativ starre, mächtige Hauptdolomit samt seiner Jurakalkplatte in der äußersten Kette streckenweise über den nach- siebigeren Litoralmergeln aufgeschoben oder zum mindesten höher aufgefaltet wurde. Diese Annahme scheint mir den beobachteten Tat- sachen zu genügen und völlig auszureichen, um die Erscheinung zu erklären, daß hier auf kurze Strecken über den subalpinen mergeligen Juraabsätzen der von alpinen Jurakalken bedeckte Hauptdolomit auf- zulagern scheint. Wenn im folgenden die tektonischen Hauptzüge der Kalkalpen des unteren Enns- und Ybbsgebietes kurz besprochen werden sollen, so möge zunächst auf die im Bd. LUII des Jahrbuches d. k.k. geol. R.-A. Wien 1904, pag. 423 veröffentlichte Beschreibung dieser Verhältnisse in der Umgebung von Hollenstein hingewiesen werden, worin der Zu- sammenhang jenes Gebietes mit dem bekannten Profil von Lunz näher erörtert worden ist. Es ergab sich daraus, daß der Königsberg und die Voralpe die Fortsetzung der hier allerdings mächtig verbreiterten Synklinale von Lunz bilden, während der am Nordabhang des Königsberges quer über das Seebachtal in die Schneibb streichende Triaszug dem Nordflügel der Lunzer Sulzbachantiklinale entspricht. Der Südfiügel dieser Antiklinale dagegen wird durch zwei am Ab- hang des Königsberges durchziehende Überschiebungen abgeschnitten (vergl. Jahrbuch Bd LII, Taf. XX, Fig. 2 und 3, und diese Arbeit Taf. I, Prof. II), so daß er zum Teil unter dem Königsberg in der Tiefe zurückbleibt und nur mit dem Reiflinger Kalk an die Oberfläche emporreicht. Die an diese Antiklinale nach Norden anschließende nächste Mulde bildet gewissermaßen wieder eine weithin verfolgbare tekto- nische Einheit. Sie zeigt sich am Oisberg und Weyrer Högerbergzug als ein gegen Norden überkippter Synklinalkern von Jura und Kreide (vergl. loc..cit. Profil auf pag. 437 und diese Arbeit Profil II auf Taf. Il), der im Rabischbachgraben südöstlich von Kleinreifling erst durch unter- !) E. Suess, Über die Brachiopoden der Kössener Schichten, 1853, Sitzungs- berichte d, kais. Akademie, Bd. X, Heft 3, pag. 287. [63] Kalkalpen im unteren Enns- und Ybbstale. 9] geordnete Störungen zerstückt und dann nach außen hin gegen den Hauptdolomit des Ennstales durch einen mit der Überschiebung von Weyer und Kleinreifling parallel verlaufenden, sehr markanten Bruch (ce) scharf abgeschnitten wird. Wenn man von Sattelhack im Ennstal in den sich bald darauf gabelnden Kühbachgraben eindringt, so er- weist sich diese den Dolomit des Falkensteines und Pfaffensteines vom weichen Neokommergelterrain jener Gräben senkrecht abschnei- dende Verwerfung in voller Deutlichkeit. Dieselbe setzt unterhalb Altenmarkt über die Enns, schneidet den Sattel der Mandlalpe, passiert den unteren Teil des Laussatales und setzt sich bis in den Spitzenbachgraben fort, wose!bst sie mit der Störung von Weißwasser — Mooshöhe—Pfarralpe annähernd zusammentriftt. Es ist also A. Bittners südnördlich verlaufende Querstörung von St. Gallen— Altenmarkt, welche noch in dem zerstückten Terrain des Rabischbachgrabeus SO von Kleinreifling zum Ausdruck kommt, aber weiterhin in der regelmäßigen liegenden Synklinale des Weyrer Högerberges (Wasserkopf) durch Ausgleichung der Verschiebung zu Ende geht. Auf die Mulde des Oisberges und Weyrer Högerberges folgt nach Norden eine breite Hauptdolomitzone mit flach gewölbeförmigem Bau, worauf schon A. Bittner (Verhandlungen 1898, pag. 297) hin- gewiesen hat, indem er in der Gegend von Weyer „eine sehr weit gespannte flache Wölbung von Opponitzer Kalk und Rauhwacke“ nachwies. (Vergl. Profil II, Taf. II, Breitenauer Berg.) Durch Erosionsfurchen wird hie und da der Kern jener flachen Aufwölbung sichtbar. So kommt der liegende Muschelkalk im Ybbs- tale unterhalb Opponitz und bei Geierspichl im Seetal südlich von Waidhofen zum Vorschein, so erscheinen auch die Lunzer Schichten am Ofenberg im Ybbstal, im Seebach und Kleinglbach sowie bei Mühlein nächst Weyer bedeckt von dem hier besonders mächtigen Opponitzer Kalk. Das Hangende dieser Hauptdolomitzone wird durch die Rhät-, Lias- und Jurareste des Rapoldecks, Kühberges und Hochbrands gebildet. Nach außen, das heißt nach W, NW und N wird diese flache Hauptdolomitaufwölbung durch eine überaus deutliche Störung ab- geschnitten, entlang deren der Rand der Hauptdolomitzone aufgebogen ist, so daß fast überall die Liegendschichten sichtbar werden. Diese Störung mag hier als Weyrer Linie (d) bezeichnet werden. Wenn wir den Verlauf dieser Bruchlinie verfolgen, so sehen wir sie, im Osten beginnend, (das Ybbstal südlich von Gstadt über- setzen, wo bei Paistenau ein schmaler Zug von Lunzer Schichten im Liegenden der Opponitzer Kalke von Gaissulz, also auch der südlich anschließenden breiten Hauptdolomitwölbung zutage tritt. Die Störung zieht nun über die Hochstufe von Mühlberg nach Westen, über den Deschengraben auf den Grasbergsattel und sodann in das Seebachtal südlich von Waidhofen hinüber. Am Mühlberg schneidet sie Jura und Neokom der nördlichen Nachbarzone vom Hauptdolomit des Eibenberges ab. Am Grasbergsattel treten Komplikationen ein, indem hier auf der Südseite, also schon der breiten Hauptdolomitregion angehörig, ein steil gestellter Jurarest als Südflügel einer zerbrochenen Mulde er- 12* 92 G. Geyer. [64] halten blieb, deren Nordflügel durch den Grasbergsattel selbst streicht und hier auch noch Kreideflysch und Gosau umfaßt. Es zeigt sich also hier, daß auch diese Störung aus einer Faltung hervorgegangen ist und daß das Ausmaß der Verschiebung wieder ein bescheidenes ist, da beide Flügel der Mulde einander noch so weit genähert sind. Außerdem erkennt man noch, daß der Neigungswinkel der hier ein- getretenen Überschiebung steil ist, da sonst in den von Norden nach Süden eingeschnittenen Quergräben: Seebach, Deschengraben, Ybbs- tal die Außenscholle weit nach Süden vorgreifen müßte und jene Seitentäler nicht bloß quer überschneiden dürfte. Aus dem Seebachtal südlich von Waidhofen folgen wir unserer Störung gegen Westen zunächst durch den Luegergraben, dann über den Sattel von Luegerreit in den Kleingschnaidgraben hinüber, wo fast überall der Lunzer Sandstein im Liegenden des südwärts an- schließenden Hauptdolomits hervorkommt, dann über den Lunzer Sand- steinaufbruch im Lindaugraben auf den Sattel zwischen dem Stubau- berg und dem vorgelagerten Mühlegg. Angefangen vom Neudorfer- sraben tritt unter diesem Lunzer Sandstein auch noch der Reiflinger Kalk hervor, der durch den Gasselgraben gegen Weyer hinab und von hier durch den Stampfgraben gegen den Loibnersattel wieder emporzieht. Der Weyrer Bruch ist hier besonders deutlich ausgeprägt und zieht sich zwischen dem Rettenstein und „Am Kogel“ über den Loibnersattel (vergl. Profil IV auf Tafel II) gegen den Bahnhof von Kleinreifling hinab. A. Bittner hat auf die in die Augen springende Bedeutung dieser das Ennstal bei Kleinreifling schräg überschneidende Verwerfung hingewiesen. Südlich vom Loibnersattel kommt der Reiflinger Kalk wieder zutage, setzt beim Prandnergut auf die linke Talseite hinüber und zieht sich am Sonnrißkamm empor. 4 Hier nimmt die Störung entschieden den Charakter einer Über- schiebung an, indem der Reiflinger Kalk am Bärenkogel (Bauern- kogel d. Spezialkarte) über die von Rhät, Jura und Neokom bedeckte Hauptdolomitzone von Mayerhoftal aufgeschoben ist. Auf der Südab- dachung des PBärenkogels nächst der im Schleifenbach liegenden Gießkogelalpe gleicht sich diese große Störung anscheinend aus und verliert sich in dem oberhalb des Borsees mit Nordsüdstreichen durch- ziehenden antiklinal gebauten Muschelkalkterrain, von dem weiter unten noch die Rede sein wird. In der Fortsetzung der Weyrer Linie schneidet nach kurzer Unterbrechung durch den Menauersattel in dem jenseits zur Laussa abdachenden Schüttbauergraben eine ganz ähnlich gebaute, den Haupt- dolomit des Bodenwiesberges begrenzende Störung ein, an welcher wieder der Reiflinger Kalk zum Vorschein kommt. Die breite Hauptdolomitzone zwischen dem Weyrer Bruch und Sattelhackbruch streicht aber, am Kühberg und Hochbrand von jüngeren Jurassischen und kretazischen Resten bedeckt, quer über den Schleifen- bach in das Laussatal hinüber und jenseits auf das Hocheck (1071 m). Damit sind wir in die Gegend von Altenmarkt gelangt, wo von Osten her die große Störungszone Brühl— Altenmarkt (a) mit ihren Aufbrüchen von Werfener Schiefer an der nördlich in den Sattel- hackbruch auslaufenden St. Gallener Querstörung (c) endigt. [65] Kalkalpen im unteren Enns- und Ybbstale. 93 Das nächste tektonische Element, das uns am Außenrande der beschriebenen Haupdolomitzone von Weyer -—-Kleinreifling entgegen- tritt und von dieser Zone durch den Weyrer Bruch getrennt wird, ist die Antiklinale des Ennsberges. Der aus Reiflinger Kalk und Partnachmergeln bestehende Kern dieser Antiklinale kommt im Hammergraben bei Küpfern (Profil IV), dann aber auch noch in zwei staffelförmig gegen Südost zurücktretenden Aufbrüchen derselben Ge- steine nächst der Bobischalpe und im Mayerhoftal bei den Klaushäusern zutage. Darüber wölbt sich vom Seekogel bis an das rechte Ennsufer unterhalb Küpfern die mit ihrem Scheitel nach W, also nach aus- wärts blickende Wettersteinkalkantiklinale des Ennsberges empor und taucht dann, beiderseits von einem schmalen Streifen Lunzer Sandstein eingefaßt, nach W und nach O unter Hauptdolomit hinab (Profil V). Der östlich angrenzende Hauptdolomitstreifen neigt östlich gegen das Ennstal und trägt hier eine mehrfach zerbrochene Auflage- rung von Rhät, Lias, Jura, Tithon und Neokom, welche unterhalb Klein- reifling vom Ennstal durchschnitten wird und am Rettenstein bei Weyer deutlich Schuppenstruktur der jüngeren Auflagerungen zeigt. Damit stoßt der östliche Hangendflügel der Ennsbergantiklinale mit der oben beschriebenen Linie von Weyer an dem östlich folgenden, flach gelagerten Hauptdolomitterrain ab und findet somit eine scharfe östliche Be- srenzung. Der Hauptdolomit des Ennsberghanges samt seiner Jura- und Kreideauflagerung findet seine Fortsetzung nach Norden über Kasten- reith hinaus jenseits des Ennsflusses im Stubauberg, wo durch die flache Lagerung auf dem Plateau dieses Berges ein Umschwenken und der Übergang in den westlichen Hauptdolomitflügel des Enns- berges eingeleitet wird. Dieser westliche Flügel streicht unterhalb Küpfern über den Ennsfluß auf dessen linkes Ufer zurück und bildet dann den langen, nach Süden streichenden Kamm des Katzenhirns, Almkogels und Bodenwiesberges, wo er sich nächst der Menaualpe mit dem öst- lichen Flügel vereinigt, indem die trennende Wettersteinkalkantiklinale noch vor dem Hochbrandberge allseits unter dem Hauptdolomit in die Tiefe taucht. Gleichwie der östliche Hauptdolomitflügel bei Kleinreifling wird auch der westliche im Almkogelzug von Rhät, Lias, Jura und Neokom bedeckt, nur gestalten sich hier die Verhältnisse komplizierter als am Östabhange. Verfolgt man das Profil (V) vom Almkogel westlich quer auf das Streichen gegen Brunnbach und das Plaissatal, so zeigen sich sowohl der Hauptdolomit selbst, als auch seine Jüngeren Auf- lagerungen in schmale, vielfach von lokalen Überschiebungen zer- schnittene Falten gelegt, welche, eng aneinandergepreßt, mit nord- südlichem Streichen den ganzen hohen Westabfall des Almkogels einnehmen. Dies gilt besonders von den höheren Teilen des Profils nahe urter der Kammhöhe, wo die einzelnen Schichtzonen in Form schmaler Bänder fast in den Isohypsen über diesen Abhang streichen. In den unteren Partien desselben Abhanges, wo von Brunnbach her mehrere 94 G. Geyer. [66] Quergräben einschneiden, wird der größte Teil der Oberfläche vom Hauptdolomit eingenommen, während die Hangendbildungen am (Brunn- bacher) Hechenberg, Gamsstein und Rotenstein pur mehr als isolierte Synklinalreste aufsitzen. Dabei ist zu bemerken, daß im Hechenberg- zuge die jüngeren Auflagerungen aus Rhät, Liasfleckenmergel, Jura, Titon und Neokom bestehen, während in der dem Almkogel zunächst liegenden Zone das Rhät nur stellenweise vorhanden, der Lias aber teils in Hierlatzfazies, teils ebenfalls als Fleckenmergel entwickelt ist, so daß sich hier die Unabhängigkeit der Faltenbildungen von den Faziesgrenzen zeigt. Den westlichen Abschluß dieser Faltenzone am Abhang des Almkogels bildet etwa entlang dem Plaissabachke und Lumpelgraben wieder eine weithin verfolgbare Störung, die man etwa als Brunn- bachlinie (f) bezeichnen könnte und entlang deren ler in Rauh- wacken umgewandelte Hauptdolomitsaum des Almkogels an dem Kreidefjord von Brunnbach abstoßt. Dadurch findet die Ennsberg- antiklinale einen westlichen Abschluß, gleichwie dieselbe im Osten durch die Weyrer Linie begrenzt wird. So gestalten sich die Verhältnisse im Querprofil des: Almkogel- gipfels. Verfolet man nun die Fortsetzung dieser ganzen Faltenzüge gegen Norden, so zeigt sich alsbald die oft erwähnte Drehung im Streichen nach NO und dann nach ©. Die am Almkogelhang eng aneinandergepreßten Falten treten nach dieser Richtung immer weiter auseinander, breiten sich, nachdem sie das Ennstal oberhalb Großraming überquert haben, garben- oder girlandenförmig aus und bilden jene weit ausgedehnten, zum Teil durch Überschiebungen zerlegten Falten, welche sowohl auf der Karte als auf den Profilen (II und III) deutlich zum Ausdruck gelangen. In dem Maße, als sich die einzelnen Synklinalen derart öffnen, sind in ihnen noch Kerne von Oberkreide erhalten, deren Fazies ihre Bezeichnung als Kreideflysch rechtfertigt. Während also diese Flysch- kerne gegen Süden immer enger zusammengepreßt erscheinen, so daß sie im Kleinen Plaissatal und Restental (SO von Großraming) nur mehr auskeilende schmale Linsen darstellen und noch weiter südlich völlig verschwinden, nehmen sie in der Richtung gegen N und NÖ in dem Maße als auch die Juraflügel auseinandertreten zum Teil eine erhebliche Breite an. Die widerstandsfähigen Jurakalkflügel bilden hier. das feste Gerippe und setzen die Bergkämme. zusammen, während die Täler in den Dolomitsätteln oder auch in den der Erosion leichter zum Opfer fallenden Kreideflyschmulden eingewaschen sind. Man kann nämlich hier in dem Gebiete NO von Großraming drei aus Jura-Tithonkalk bestehende, weit durchstreichende Hauptzüge und Rücken unterscheiden (Profil III), wovon der erste (äußere) und zweite (mittlere) eine schief liegende, nach SO neigende -Synklinale bilden, mit einem breiten Kern von Neokommergeln und Flyschsand- stein. Zwischen dem zweiten und dritten Jurakalkzug verläuft eine Antiklinalregion, in welcher südlich vom Hippberg „auf der Platte“ eine Sekundärmulde eingebuchtet ist. [67] Kalkalpen im unteren Enns- und Ybbstale. 95 Ein schon vielfach zerstückter vierter Jurakalkzug endlich scheint mit dem dritten wieder eine Synklinale zu bilden, in der außer Neokommergeln im Innbach ebenfalls Flyschkernreste erhalten blieben. Der Zusammenhang dieser Faltenflügel wird noch klarer, wenn man die Fortsetzung derselben Region südlich von Waidhofen in Betracht zieht. Hier zeigt sich am Schnabelberg und Redenberg (Profil I) eine vollständig erhaltene, eng zusammengepreßte und nur wenig verschobene Synklinale mit Flyschkern und südlich davon im Sattel von Niedersulz am Redenberg (Profil I) wieder eine breiter ausladende Mulde von Tithon und übergreifendem Neokom, in welcher abermals ein Flyschsandsteinkern steckt. Diesem Vorkommen von Niedersulz entspricht offenbar östlich vom Seebachtal die zerbrochene Synklinale im Grasbergsattel, durch die der Weyrer Bruch einschneidet. Noch weiter östlich gegen den Deschengraben und Ybbsdurchbruch bei Gstadt verschwindet der am Glatzberg noch vorhandene Südflügel jener Synklinale in der Tiefe, indem dort der Hauptdolomit der südlich angrenzenden Region im Weyrer Bruch über die Muldenzone auf- geschoben ist. An dieser Stelle kann wieder auf die Tatsache hingewiesen werden, daß hier Kreideflysch als das Hangende alpiner Jura und Triaskalke in Form von Synklinalkernen aus dem Flyschterritorium bei Waidhofen in das Innere der Kalkalpen (von Großraming, Brunn- bach, Weißwasser, Mooshöhe, Laussa) einschwenkt und dort auf das innigste mit Gosaukreide verschweißt ist, daß also Flyschfazies und Gosaufazies in einem und demselben Bildungsraume zum Absatz gelangt sein können. Wenn also die Gosaufazies, als einzige und aus- schließliche Form der Öberkreide innerhalb der Alpen, der ab- weichenden Flyschfazies außerhalb des Alpenrandes gegenübergestellt wird, um daraus eine regionale Uberdeckung des Kreideflysches durch die Kalkalpen abzuleiten, so widerspricht dies den angeführten Er- fahrungen. In dem beschriebenen Faltenterrain zwischen Großraming und Waidhofen, welches aus evident zusammenhängenden Synklinalen und Antiklinalen einer und derselben Schichtplatte besteht, beobachtet man in der Richtung quer auf das Streichen einen mehr- fachen Wechsel, und zwar teils mit Bezug auf Faziesgegensätze, teils hinsichtlich der stratigraphischen Lücken zwischen den Juragliedern. Wir sehen zum Beispiel, wie die Liasfleckenmergel nach innen zu völlig verschwinden, so daß der obere Jura unmittelbar auf Rhät oder sogar Hauptdolomit gelagert ist, während anderseits in der inneren Region mächtige Hierlatzkalke deren Stellung einnehmen. Aber es zeigt sich auch, daß dieselben Hierlatzkalke nicht bloß in der Richtung quer auf das Streichen jener Falten, sondern auch in der Faltenrichtung selbst auskeilen. Wenn wir nochmals den Stubau- berg bei Weyer betrachten, sehen wir diesbezüglich, daß in kurzer Entfernung gegen NO wieder die Lagerungsform Jura auf Rhät herr- schend wird. Während in der entgegengesetzten. Streichungsrichtung nach SW innerhalb derselben Faltenzone ein wiederholter. Fazies- wechsel zu beobachten ist, das heißt am Katzenhirn Hierlatzkalk, 96 G. Geyer. [68] westlich unter dem Almkogel Fleckenmergel, endlich am Hochzöbel und beim Meisterhaus im oberen Kleinreiflingtal abermals Hierlatzkalk. Mit Rücksicht auf die evidente Zusammengehörigkeit dieser ein- zelnen Züge als Flügel eines und desselben Faltensystems dürfen wir also hier weder den Fazieswechsel noch die stratigraphischen Lücken, noch auch beide Kriterien zum Beweise heranziehen, daß hier mehrere Schichtpakete vorliegen, welche in ursprünglich voneinander weit abgelegenen Bildungsräumen entstanden sind. Im Gegenteil zeigt der tektonische Verband dieser Gegend, daß die Bedingungen zur Bildung abweichender Fazies und des Entstehens stratigraphischer Lücken räumlich nahe aneinandergrenzen können, gerade so wie es auch heute noch an gegliederten Meeresküsten der Fall ist. Zu demselben Resultat gelangen wir durch Berücksichtigung der Triasbildungen dieses Gebietes. Hier wäre es das regionale Auf- treten der mächtigen Massen von Wettersteinkalk im Gegensatz zum Lunzer Typus der Schichtreihe, wo solche helle Kalkmassen voll- ständig fehlen, welches zur Annahme führen könnte, daß in dieser Gegend die Absätze zweier Ablagerungssysteme aus verschiedenen Bildungsstätten übereinandergefaltet liegen. Allein die oben mitge- teilten Beobachtungen über die Art des seitlichen Auskeilens jener Wettersteinkalklinsen und die dadurch bedingte räumliche Verkettung beider Entwicklungsgebiete schließt eine derartige Vorstellung aus, indem die liegenden Reiflinger Kalke beiden Gebieten gemeinsam sind und ohne einen völlig unmotivierten Schnitt nicht gegenseitig abgesrenzt werden können. Die schmale Außenzone sandig-glimmeriger Mergelschiefer und -kalke, welche als subalpin entwickelter Jura den alpinen jurassischen Kalken gegenübergestellt wurde, ist samt dem sie teilweise bedecken- den Flysch in der Region zwischen dem Pechgraben und Waidhofen in hohem Maße gestört worden, da ihre leichter verschiebbaren, nirgends durch Kalkplatten versteiften Absätze der Faltung nur einen relativ geringen Widerstand entgegenzusetzen vermochten. Ihre Grenze gegen «ie eigentlichen Kalkalpen ist eine ziemlich scharfe. Es ist auch begreiflich, daß die südlich angrenzenden, weit weniger nachgiebigen Hauptdolomitwellen mit den Jurakalken jene Voralpenzone vielfach überfaltet haben und zum Teil über die letztere auch aufgeschoben wurden, wie dies am Spindelebenzuge !) SW von Waidhofen der Fall war (Profil I). Doch scheint mir, daß der in den Aufschlüssen der Quertäler meßbare Betrag der Horizontalverlagerung gegen außen noch lange nicht ausreicht, um hier von einer Überlagerung in Deckenform sprechen zu können. Westlich vom Pechgraben springt das Hauptdolomitgebiet weit nach Nordwesten vor, um dann jenseits des Ennstales bei Ternberg wieder staffelweise nach Süden zurückzuweichen in die Bucht von Kirch- ‘) Diese am Nordabhang der Spindeleben, des Schnabelberges and Buchen- berges bei Waidhofen durchlaufende Störung liegt nur annähernd in der Fort- setzung der Brunnbachlinie (f). - [69] Kalkalpen im unteren Enns- und Ybbstale. 97 dorf im Kremstal. Dieses ganze westliche Gebiet zeigt, abgesehen von einer unbedeutenden gegen Südosten gerichteten Umbiegung des Streichens zwischen dem Schieferstein und dem Pechgraben annähernd ostwestliches Streichen im Gegensatz zu den Bogenfalten von Weyer. Vergleicht man dieses Terrain im Westen des Ennsflusses mit der Region der Bogenfalten, so ergeben sich derartige Analogien, daß man sich versucht fühlt, die miteinander in der Fazies, Schicht- folge und Struktur korrespondierenden Zonen gegenüberzustellen. Bei näherer Vergleichung und der Betrachtung des von A. Bittner sorgfältig aufgenommenen, südlich anschließenden Terrains auf dem Blatte Admont und Hieflau zeigt sich dann allerdings die Schwierigkeit einer genauen Parallelisierung sämtlicher beiderseitigen Faltenzüge. Trotzdem kann das östliche Bogengebiet nur als die wenn auch in ihrem Streichen in der Gegend von Altenmarkt ge- knickte Fortsetzung der von Westen aus dem Steyrtal gegen die Ennsfurche heranstreichenden Falten angesehe ‘ werden. Wenn man die Wettersteinkalkantiklinale des Sengsen- sebirges als eine Art Gege flügel des Gamssteines bei Palfau ansieht, würde der Wettersteinkalksattel des Ennsberges sein Pendant im Zug der Großen Dirn bei Losenstein finden. Die Wettersteinkalkantiklinalen des Ennsberges und der Großen Dirn werden beide an ihrem Innenrande von je einem, in beiden Abschnitten korrespondierenden Aufbruch von Reiflinger Kalk mit direkt auflagerndem Lunzer Sandstein begleitet, wo also der Wettersteinkalk fehlt. In beiden Fällen schließen sich anderseits nach außen Haupt- dolomitterrains an, wo der Antiklinale zunächst Hierlatzkalk und dann erst weiter gegen außen zu Liasfleckenmergel entwickelt sind. Bei noch weiterer Verfolgung solcher Analogien ergeben sich aber alsbald Widersprüche. So grenzt nördlich an den Gamsstein am Königsberg und Oisberg eine Zone an, wo Lias fehlt und oberer Jura direkt über dem Rhät folgt, während im Norden des Sengsengebirges der Hierlatzkalk mächtig ausgebildet ist. Betrachten wir einen Querschnitt durch den westlichen Ab- schnitt des Blattes (Prof. VI), so zeigt sich anschließend an die nach Norden steil abfallende oder sogar überkippte Antiklinale des Sengsengebirgees eine breite Hauptdolomitzone, in welcher mehrere Synklinalen jüngerer Gesteine eingefaltet sind. Die erste, einseitig nach Süden geneigte Synklinale bei der Ebenforstalpe setzt sich aus Rhät, Hierlatzkalk, Hornsteinjura, Titlion und Neokom zusammen und schließt am Nordabhang des Trempels noch einen Oberkreidekern ein. Diese Synklinale findet ihre westliche Fortsetzung auf dem Sattel der Feichtaualpe unter dem Hohen Nock und reicht anderseits östlich bis zur Großen Klause im Reichraminger-Tal. Nördlich von dieser ersten Synklinale folgt am Groß-Alterstein ein tiefer Aufbruch (Ah) von Lunzer Sandstein und Opponitzer Kalk, welcher im Messerergraben unter (em Hauptdolomit der Schreindl- mauer verschwindet. Es folst dann eine durch Erosion schon vielfach zerstückte Synklinale auf dem Hollerkogel, deren östliche Fortsetzung erst im Anzenbachgraben breiter ausladet. Jahrbuch ıd. k. k. geol. Reichsanstalt, 1909, 59. Band, 1. Heft. (G. Geyer.) 15 98 G. Geyer. [70] | Die nächste Synklinale wird durch den Schneeberg und dessen östliche Fortsetzung durch den Fahrenberg bei Reichraming gebildet, woselbst der Lias schon in Fleckenmergelfazies entwickelt ist. Alle diese Falten werden im Osten ungleichmäßig überdeckt durch die von Flysch überlagerten Gosauschichten des Plaissaberges. Nördlich vom Schneeberg folgt der mächtige Aufbruch von Reiflinger Kalk und Lunzer Sandstein, der sich aus der Gegend von Molln über die „Möser“ bis Arzberg an der Enns herüberzieht (an der Störung (ö) des Über- sichtskärtehens) und im benachbarten Rohrbachgraben von einer zweiten Aufwölbung von Untertrias begleitet wird. Es liest sehr nahe, diesen alten Aufbruch (£) mit dem an der Weyrer Linie (d) bei Kleinreifling — Weyer — Lindau abschneidenden Muschelkalkzug der Bogenfalten zu vergleichen. Nun reiht sich das Massiv der Großen Dirn bei Losenstein an. Diese den Wendbach verquerende, einseitig nach SO geneigte Anti- klinale von Wettersteinkalk erscheint am Gipfel der Großen Dirn nördlich über die anschließende Jura-Kreidemulde lappenförmig vor- und aufgeschoben, was besonders am Obstabhang gegen Losenstein deutlich hervortritt, wo unter der flach südlich fallenden Wetterstein- platte die steil aufgerichteten Züge des Südflügels jener Mulde sicht- bar sind. Die nördliche Grenze dieses Wettersteinkalkes ist also eine Dislokationsgrenze (A), welche nach Osten das Ennstal übersetzt, auf den Abhang des Schiefersteins hinübergreift und hier die Liasfalten dieses Berges schräg abschneidet. Nach Westen dagegen verliert sich (die Störung sehr bald, indem sich der Wettersteinkalk rasch steiler aufstellt und in die vom Wendbach schön aufgeschlossene, am Gais- hörndl völlig untertauchende Antiklinale einfügt. In der letzten Profilstrecke zwischen jenem Wettersteinkalk und dem Flyschrande bei Ternberg folgt auf die den Wettersteinkalk der Großen Dirn nördlich begrenzende Überschiebung (%) im Hintstein- sattel eine Jura-Neokommulde mit Einschluß von Flyschsandstein, hierauf aber die Antiklinale des Grillenberges und Reidlerkogels, welche im unteren Teile des Wendbachgrabens schön aufgeschlossen ist und gegen Norden abermals durch eine Störung von noch am südlichen Ennsufer steil bloßliegenden älteren Bildungen abgeschnitten wird. Diese durch Verwerfungen schuppenförmig zerlegten, südlich einfallenden Falten wiederholen sich auch noch am nördlichen Enns- ufer bis zur Flyscherenze. Auf dieser stark denudierten Strecke herrscht der Hauptdolomit vor, in welchem hauptsächlich zwei Syn- klinalen von Rhät und Lias erkennbar sind. Die Grenze der Haupt- dolomitrauhwacke gegen den Flysch fällt hier sicher mit einer Störung zusammen (!). Noch komplizierter gestaltet sich ein weiter westlich über Trattenbach und den Schoberstein gelestes Profil. Südlich einer bei Trattenbach im Ennstal ausstreichenden, sehr regelmäßigen Synklinale (Rhät, Fleckenmergel, Hornsteinjura, Vilser Kalk) folgen hier in dem . Profilstück vom Trattenbachgraben aufwärts bis zum Schoberstein nicht weniger als vier schmale Faltenzüge aus Jura- und Tithonkalken mit Neokomkernen; zwei dieser Falten klemmen auch noch Ober- kreidereste (in Flyschfazies) ein. Diese vier Falten sind aber nur zum [71] Kalkalpen im unteren Enns- und Ybbstale. 99 Teil ganz’ erhalten, vielmehr großenteils durch südlich neigende Ver- werfungen in Schuppen zerlegt, so daß gelegentlich steilgestellte Neokommergel neben steilgestelltem Hauptdolomit zu sehen sind (an der Straße zum Hofe Wagnereben). Dieses Faltenbündel südlich vom Trattenbach vereinigt sich gegen Osten schon im Wendbachgraben und streicht dann einheitlich über den Hintsteinsattel nach Losenstein, wo neuerdings eine Gabelung in zwei Falten eintritt, welche durch den Stiedelsbachgraben südöstlich bis in den Pechgraben verfolgt werden kann. Auf diese Art gehen ziemlich einfache Faltungserscheinungen im Streichen oft in weit kompliziertere über und umgekehrt. Wie immer der Zusammenhang der westlichen Falten mit den östlichen Bögen dieses Gebietes aufgefaßt werden mag, so bildet die anscheinend bestimmende Lage der Granitklippe mit dem Buchdenkmal im Pechgraben in bezug auf die hier auseinanderlaufenden Streichungs- richtungen in allen Fällen eine bemerkenswerte, mit dem nach Süden schwenkenden Kreidefjord eng verbundene Erscheinung. Wenn dieses Granitvorkommen als eine aus dem Liasuntergrunde aufragende echte Klippe des unter der Schlier- und Fiyschdecke bis daher fortsetzenden böhmischen Massivs angesehen werden darf, wofür triftige Gründe beizubringen sind, so liegt es auch nahe, in diesem Meridian das Vorhandensein einer etwa nordsüälich verlaufenden kristallinischen Untergrundrippe anzunehmen, welche schon bei der Anlagerung der mesozoischen Sedimente für das Streichen der Ufer- bildungen maßgebend wurde und in den späteren Faltungsphasen stets wieder als stauendes Hindernis wirkte, an dem sich die Gebirgsfalten ähnlich anordnen mußten wie Festons an den Befestigungspunkten einer Draperie. 100 G. Geyer. [72] Inhaltsverzeiehnis. Seite N 2 A FOR Br I Eu ee ee 29 Stratigraphische’Verhältnisse- 7. ....... 2 27 . 30 Muschelkalk en. .n. 2.0. ie en re ee 30 Partnachschiehten.. '. .. u... a, Wettersteinkalk... ..«. 2. eur... 6 U ee Re: Lunzer Schichten 4. .. .. Wei „u 2 a 35 OnpponitzeriKale I. zu 7... ru Wera, RE NR: a RO |) Hanptdolamib 2, usa ®. „5. Ans ne ee ee er Rhätkalk (oberer Dachsteinkalk) und Kkacnen Schichten: 1.5.) su Grestener Sebichten!.). „7. 2.20. ul. es 44 Hierlatzkalk... .. ar... 2ER. kn Liasfleckenmergel . . .. .. ne ae. Oberliasschiefer. ven 22. 5 Sehe: 1. 2a Ve na N: Klanskalk . #...., . TE 2 I art. 5 5% Walser Kalkı 0080.00, u de We BE 1 0b Roter Tithonflaserkalk (roter Kr eakaik) 20 ee Sara era er: A ee Übersicht der subalpinen Lias- und Jurafazis . ..... Beben nee en Nepkom me. en ne Ban se a 2 EN er, FE es EEE Fi FE Han u Gosauschichten vr: Ze... see ..ı: a ES Kreideiysch, Inoceramenschichten? Ze . =... „er a Ye SE ee 2 ee > LE RS Diluviale (glaziale) Sehotfen al Moränen A re Granit"des’Buchdenkmales Ps Re. "We 2 ae Serpentin'von Gstadt %.”... . meer 7 7 Een ae Tektonische Züge . .. . . man. 85 Zur Kenntnis der fossilen Flora der Lunzer Schichten. Von Dr. Fridolin Krasser a. 0. Prof. d. Botanik a. d. k.k. deutschen Technischen Hochschule in Prag. 1. Seit Dionysius Stur die Abhandlung: Die Lunzer (Lettenkohlen-) Flora in den „older Mesozoice beds of the Coal-Field of Eastern Virginia“ !) publiziert hat, ist die „Lunzer Flora“ nur gelegentlich in wissenschaftlicher Diskussion gestanden. Es sei in dieser Beziehung insbesondere auf die Bemerkungen hingewiesen, die Lester F. Ward?) zum Gegenstande machte und auch der Äußerungen nicht vergessen, die wir E.W. Benecke?°) über das geologische Alter der pflanzen- führenden Lunzer Schichten verdanken. Schließlich sei erwähnt, daß die neuerdings von Nathorst*, wieder in das Interesse der Phytopaläontologen gerückte histologische Untersuchung kutinisierter fossiler Pflanzenreste von dem um die Entwicklung der Phytopaläon- tologie so hoch verdienten Forscher auch an Lunzer Pflanzen mit Erfolg erprobt wurde, so daß selbst in dieser Hinsicht eine Erforschung der Lunzer Flora sehr aussichtsreich erscheint. Schon Stur°) hat in seiner bereits vor fast einem Viertel- Jahrhundert erschienenen Übersicht nachdrücklich auf die engen Be- ziehungen der Lunzer Flora zu der von Heer) beschriebenen fossilen Flora der „Neuen Welt“ (Neuewelt) an der Birs bei Basel hingewiesen. Heute noch muß jede Bearbeitung der Lunzer Flora von diesen Arbeiten von Stur und Heer unter Zugrundelegung der teils in der k. k. geologischen Reichsanstalt in Wien, teils im k. k. Naturhistorischen Hofmuseum (geologisch-paläontologische Ab- teilung) befindlichen Originale ihren Ausgang nehmen. Vor wenigen Jahren, 1903—1904, ist zudem eine Neubearbeitung der Keuperflora von Neuewelt bei Basel von Dr. Leuthardt’) !) Stur (88). 2) Ward (00), (05). 3) Benecke (98), (06). *) Nathorst (08), 4, pag. 7, 8, Tab. I, Fig. 8—12. 5) Stur (8). Ein Namenverzeichnis der bis 1871 sichergestellten Arten findet sich bereits bei Stur (71), pag. 250. 6) Heer (76), pag. 63 ff und Tab. XXIV— XXXVIL ), Leuthardt (03), (04). Jahrbuch d. k.k. geol. Beichsanstalt, 1909, 59. Band, 1. Heft. (Dr. F. Krasser.) 102 Dr. Fridolin Krasser. [2] durchgeführt worden. Es ist somit die ausführliche Bearbeitung der Lunzer Flora geradezu eine Notwendigkeit geworden, die im natur- gemäßen Fortschreiten der Entwicklung der wissenschaftlichen Phyto- paläontologie begründet ist. Von Sturs Hand ist dank der Fürsorge des Herrn Bergrates Dr. Teller glücklicherweise ein Manuskript erhalten, das die Beschreibungen fast aller Farnarten enthält, die der genannte Forscher innerhalb der Gattungen Coniopteeris Brongn. emend. Schenk, Speirocarpus Stur, Oligocarpia Göpp., Asterotheca Presl, Bernoullia Heer, Danaeopsis Heer, Taeniopteris Brongn. und Laccopteris Presl unterschied !). Uber alle anderen Filices, über die Calamiten, Equiseten, Cycadophyten und die noch fraglichen Coniferenreste sind keine schriftlichen Aufzeichnungen Sturs vorhanden. Seit mehr als zehn Jahren habe ich mich in den allerdings spärlich bemessenen freien Stunden viel mit dem Studium der mesozoischen Floren befaßt und speziell nicht nur das in den Wiener Sammlungen befindliche Lunzer Material kennen gelernt, sondern auch — schon vor Jahren — ein umfangreiches Material von Lunz aus dem Nachlasse von Constantin von Ettingshausen für die Sammlungen des Joanneums in Graz selbst präpariert und dann provisorisch determiniert. Im verflossenen Sommer (1908) habe ich die Sturschen Originale zum größten Teil nachuntersuchen können, da nicht nur die Direktion der k. k. geologischen Reichsanstalt meine Bestrebungen in liberalster Weise ermöglichte, sondern auch alle Herren, bei denen ich in dieser Angelegenheit vorsprach, meine Arbeit wohlwollend förderten. So schulde ich den verbindlichsten Dank nicht nur Herrn Hofrat Dr. Tietze, Vizedirektor Vacek und Bergrat Dr. Teller, sondern nicht zum geringsten auch den Herren Bergrat Dr. Dreger, Reichsgeologen Dr. Fritz Kerner Ritter von Marilaun und kais. Rat Dr. Matosch in Wien, sowie Herrn Kustos Dr. von Marcktanner-Turneretscher in Graz, der mich, da ich von Wien nicht abkommen konnte, mit den Photo- graphien wichtiger Stücke der Grazer Sammlung versah. Gleichwohl wird die Durchführung der monographischen Bearbeitung der fossilen Flora der Lunzer Schichten schon wegen Herstellung der Tafeln auch bei Anspannung aller Kräfte noch viel Zeit in Anspruch nehmen. Es erscheint somit geraten, eine vor- läufige Übersicht über wichtigere Ergebnisse schon jetzt zu publizieren, dann soll das entsprechend umgearbeitete Manuskript von Stur als erste Abhandlung zur Flora fossilis Lunzensis die monographische Abhandlung eröffnen. Als eine der Vorarbeiten zu dieser Monographie und zum Zwecke der möglichsten Konservierung der von Stur gewählten Bezeichnung der neuen Arten (bislang fast ausschließlich nomina nuda!) habe ich unter Zugrundelegung von lateinischen Diagnosen nach dem erwähnten Manuskript und nach eingehendem Studium der Originale sowie der einschlägigen botanischen und phytopaläontologischen Literatur bei der kaiserl. Akademie der Wissenschaften in Wien (Sitzung vom 7. Jänner 1909) eine Abhandlung eingereicht, betitelt: „Die Diagnosen ') Dieses Manuskript wird bereits bei Vacek (94), pag. 10, erwähnt. [3] Zur Kenntnis der fossilen Flora der Lunzer Schichten. 103 der von Dionysius Stur in der obertriadischen Flora der Lunzer Schichten als Marattiaceenarten unterschiedenen Farne“ !). Sie ist nun im Druck vollendet und ihre Ergebnisse sind bereits aus (dem „Akademischen Anzeiger“, Sitzung vom 7. Jänner 19092), in Form einer Übersicht über die Marattiaceen der Lunzer Flora zu entnehmen. Il. Durch die vorliegende Arbeit soll festgestellt werden, was über die fossile Flora der Lunzer Schichten bis jetzt sicher bekannt ist und in welcher Richtung die monographische Bearbeitung sich wird bewegen müssen, zugleich wird sichergestellt, inwieweit die Stursche Nomenklatur der Lunzer Flora gegenwärtig noch haltbar ist, respektive welche von den „nomina nuda“ der Sturschen Enumeratio durch die Literatur bereits unverwendbar geworden sind. Die möglichste Konser- vierung der Sturschen Namen ist keineswegs ein bloßer Akt der Pietät gegenüber dem verdienten Gelehrten, sondern sie empfiehlt sich schon aus dem Grunde, weil diese Namen zum Teil in die Literatur Eingang gefunden haben und weil mit den Sturschen Namen ver- sehene Kollektionen (leg. Haberfelner) in verschiedenen Museen vorhanden sind. Von einer Darstellung der einzelnen Lokalfloren der Lunzer Schichten, sowie der genauen bibliographischen Zitationen bei den einzelnen Arten wird hier mit Absicht schon deswegen abgesehen, weil dies naturgemäß der vorbereiteten Monographie zufällt. Im folgenden wird die Lunzer Flora nicht in der Anordnung der Sturschen Enumeratio von 1885) vorgeführt, sondern in einer den heutigen Anforderungen der Paläobotanik entsprechenden syste- matischen Übersicht. Es wird häufig auf Sturs Arbeit: „Die Lunzer (Lettenkohlen- ) Flora in den older Mesozoic beds of the Coal-Field of Eastern Virginia“ #) reflektiert werden müssen, daher möge von vornherein bemerkt sein, daß lediglich die in dieser Abhandlung enthaltenen tatsächlichen Feststellungen Sturs über die Indentität von Arten der Lunzer Flora und der amerikanischen Trias zum Ausgangspunkte nomenklatorischer Berichtigungen im Sinne einer konservativen Prioritätsnomenklatur dienen können. Von diesem Gesichtspunkte aus muß auch das pag. 210 der zitierten Abhandlung enhaltene „Verzeichnis der fossilen Pflanzenarten aus Cloven Hill... und deren Synonymie“ beurteilt werden’). ı) Krasser (09). 2) Krasser 09 A). 3, Stur (85), pag. 96—99. 4) Stur (88). 5) Vergleiche zum Gegenstande auch die Bemerkungen bei Krasser (09), pag. 8. 104 Dr. Fridolin Krasser. [4] 11. Systematische Übersicht über die Lunzer Flora und kritische sowie deskriptive Bemerkungen. A. Pteridophyta. a) Equisetinae. x») Calamariales. Neocalamites. 1908. Halle, Th. G., Zur Kenntnis der mesozoischen Equwisetales Schwedens. Kungl. Svenska Vetenskapsakad. Handl., Bd. 43, Nr. 1. pag. 6, 1908. Neocalamites Meriani (Brongn.) Halle‘). Synon.: Calamites Meriani Stur (85), pag. 98, (88); pag. 207. Das reiche Material der Wiener Sammlungen repräsentiert ver- schiedene Entwicklungs- und Erhaltungszustände, so daß die morpho- logischen Verhältnisse, sowie durch Untersuchung der reichlich vor- handenen Kohlebeläge zum Teil auch die histologischen Merkmale, respektive Verhältnisse sich werden klar stellen lassen. Es zeigt sich, daß unsere Triaspflanze und N. hoerensis (Hisinger) Halle (Synon.: Schizoneura hoerensis Schimper) aus dem Rhät sehr nahe verwandt sind. N. Üarreri (Zeiler) Halle aus dem Rhät von Tonkin schließt sich an. Aus dem Umstande, daß Stur die in Rede stelıende Pflanze, die von Brongniart nach einem von der Moderhalde am Pratteler- horn stammenden Abdruck als Kquisetum-Art aufgestellt worden war, als Oalamites-Art bezeichnet — ungeachtet dessen, daß Heer?), der sie ursprünglich auch als solche (in seiner „Urwelt der Schweiz“ 1865) betrachtet hatte, sie in der Folge im Anschluß an Schimper als Schizoneura-Art führte — läßt sich folgern, daß er den Gefäßbündel- verlauf und die Beblätterung genau studierte. Es sind jedoch weder diesbezügliche Aufzeichnungen vorhanden, noch Hinweise in seinen Publikationen über Calamiten. Schizoneura virgiziensis Font. (03), pag. 17, Tab. I, Fig. 4--6, aus der Triasflora Virginiens zielt Stur (88), pag. 207, hierher. £) Equisetales. Equisetites. 1833. Sternberg, Versuch einer geognostisch-botanischen Darstellung der Flora der Vorwelt, Fasc. V u. VI, 1833, pag. 483. Nicht weniger als neun Zgquisetum-Arten unterscheidet Stur3), von E. arenaceum Jaeg. und dem bereits von Ettingshausen aus ‘) Halle (08), pag. 6. °®) Heer (76), Schimper (69), pag. 82. ®) Stur (85), pag. 98. 65] Zur Kenntnis der fossilen Flora der Lunzer Schichten. 105 den Lunzer Schichten von Gaming beschriebenen Zquisetites gamin- gianus*) abgesehen, also sieben neue Arten. Tatsache ist, daß sich eine solche Zahl unterscheidbarer Typen festlegen läßt, doch ist gerade hier noch eine umfassende Untersuchung des gesamten Materials erforderlich, da die Vermutung nicht abzu- weisen ist, daß manche davon lediglich heteromorphe Verzweigungen darstellen. Stur?) selbst hat ursprünglich neben Kquisetites arenaceus und gamingianus nur zwei neue Arten unterschieden: „Fquisetites brevivaginatus n. sp. und E. nervosovaginatus n. sp.“, aber nirgends beschrieben, späterhin auch die beiden nomina nuda nicht mehr verwendet. A im Sinne einer Kritik der Arten ist bereits eine Außerung von Thore G. Halle von Interesse. Bei diesem Autor?) beißt es an einer Stelle: „In einer Sammlung aus den triassischen Ablagerungen bei Lunz in Österreich, welche von der paläobotanischen Abteilung des Naturhistorischen Reichsmuseums zu Stockholm erworben wurde, findet sich ein Exemplar des nicht beschriebenen Zquwisetum majus Stur. (die Bestimmung beruht auf einer Angabe des Bergbauleiters Haberfelner). Dieses Exemplar erinnert stark an E. laevis, nur daß es größer ist, mit breiteren, gut erhaltenen Blättern in der Scheide. Anderseits scheint es doch noch mehr mit Z, platyodon übereinzustimmen.“ Gleiches gilt, wie ich hinzufügen kann, auch für im Museum der k. k. geolog. Reichsanstalt in Wien als %. majus bezeichnete Stücke, die ich für die Sturschen Originale halte. Als sicherstehend kann des weiteren vermerkt werden, daß die Lunzer Schichten sowohl dem Typus Zquisetites arenaceus als dem Typus #. platyodon entsprechende Arten aufweisen. Es wird sich jedenfalls empfehlen, in Würdigung der Untersuchungsergebnisse, die Halle bei den mesozoischen Jquwisetales Schwedens erzielte, die Lunzer Spezimina nicht als Zgquisetum sondern als Zuquisetites, zu be- zeichnen. Mehrfach sind auch Abdrücke von Sporophyliständen, teils isoliert, teils im Zusammenhange mit vegetativen Stammteilen vorhanden. Unter den Sporophyliständen lassen sich mehrere Typen unterscheiden, unter anderen auch einer, der dem Zquisetites (Equisetostachys) swecicus (Nath) Halle sehr nahe kommt. b) Filicinae. Von den Filieinae eusporangiatae sind in der Farnflora der Lunzer Schichten die Marattiales, von den Filicinae leptosporangiatae nur isospore Farne vertreten, und zwar durch die Familien Matonia- ceen und Dipteridiaceen. Es ist aber nicht ausgeschlossen, daß spätere eingehende Unter- suchungen an geeigneten Erhaltungszuständen ergeben, es sei besser, !) Ettingshausen (5l). ?) Star (71), pag. 250. ») Halle (08), pag. 14. Jahrbuch d. k. k. geol. Reichsanstalt, 1909, 59. Band, 1. Heft. (Dr. F. Krasser.) 14 106 Dr. Fridolin Krasser. [6] die hier unter den Marattiales angeführten Gattungen Oligocarpia Goepp. und Speirocarpus Stur als Vertreter der Gleicheniaceen und der Ösmundaceen anzusehen. Gegenwärtig ist jedoch diese Frage noch diskutabel. Für die Oligocarpia Goepp. wird allerdings die Zugehörig- keit zu den Gleicheniaceen von Zeiller speziell auch für die Lunzer Vorkommnisse angegeben !). «) Marattiales. Da ich bereits andernorts?) sowohl die Diagnosen der von Stur als Marattiaceenarten in der Lunzer Flora betrachteten Farne, als auch die nötigen Zitate zur Begründung der hier in Betracht kommenden Gattungen und Arten mitgeteilt habe, beschränke ich mich hier in bezug auf die Begründung der Nomenklatur auf die Zitation der erwähnten Abhandlung und auf kurze Bemerkungen über die wiehtigsten Arten. Coniopteris Brongn. Schenk emend. Krasser (09), pag. 9. ©. lunzensis Stur. Krasser (09), pag. 10. Die einzige Art der Lunzer Schichten schließt sich an Coni- opteris Braunii Brongn. des fränkischen Rhät an. Die basalen Fiederchen von ©. Lunzensis hat Stur?) früher Speirocarpus dentiger genannt. Speirocarpus Stur. Krasser (09), pag. 10. 1. Sp. virginiensis (Font.) Stur. Krasser (09), pag. 10. Synon.: Sp. Haberfelneri Stur nom. nud. Lonchopteris virginiensis Font. Pecopteris (Lonchopteris) reticulata Leuth 2. Sp. Neuberi Stur. Krasser (09), pag. 11. 3. Sp. auriculatus Stur. Krasser (09), pag. 12. 4. Sp. tenwifolius (Emmons) Krasser. Krasser (09), pag. 13. Synon.: Speirocarpus lunzensis Stur nom. nud. Acrostichides rhombifolius Font. Odontopteris tenuifolius Emmons. Sp. pusilus Stur und Sp. dentiger Stur (nomina nuda!) sind zu streichen. Sp. pusillus ist die Blattspitze von Oligocarpia distans (F'ont.) ') Zeiller (07), pag. 185. Vergl. zur Frage auch Potonie (97), pag. 102. ®) Krasser (09). °) Stur (85), pag. 97, nomen nudum! [7] Zur Kenntnis der fossilen Flora der Lunzer Schichten. 107 Stur. Sp. dentiger die basalen Fiederchen von Coniopteris lunzensis. Der von Stur gelegentlich erwähnte Sp. microphyllus!) = Acrosti- chides microphyllus Font. ist noch aufzuklären. Sp. tenuifolius ist eine wichtige Leitpflanze der Lunzer Schichten, Er besitzt basalkatadrome Sekundärabschnitte von ohrläppchenförmiger Gestalt. Er ist nach Stur ein Vorläufer des Acrostichites Goeppertanus Schenk des Rhät und der Pecopteris Williamsoni Brongn. des Obolith. Seward?) bringt diese Farnarten in Beziehung zur rezenten Gattung Todea Willd., also zu den Osmundaceen. Ich halte es für sehr wahr- scheinlich, daß wenigstens Speirocarpus tenuifolius sich als Todites im Sinne Sewards herausstellen wird, gedenke aber, obleich ich bereits selbst auf das Vorkommen von Todites Williamsoni im alpinen Unterlias (Grestener Schichten) mit Beziehung auf Stursche Speiro- carpus-Arten (Musealnamen!) andernorts?) hingewiesen habe, diese Frage erst in der Monographie der Lunzer Flora eingehend zu be- handeln. Bei Sp. auriculatus finden sich am Grunde der Primärabschnitte aphlebiaartige basalkatadrome Sekundärabschnitte. Im übrigen steht diese Art dem Sp. tenuifolius am nächsten. Speirocarpus virginiensis ist durch die Woodwardia-Nervation auf- fällig. Oligocarpia Goepp. Krasser (09), pag. 16. 1. O. distans (Font.) Stur. Krasser (09), pag. 16. Synon.: O. Iunzensis Stur nom. nud. Mertensides distans Font. 2. O. bullata (Bunb.) Stur. Krasser (09), pag. 18. Synon.: O. robustior Stur nom. nud. Mertensides bullatus Font. 3. O0. coriacea Stur. Krasser (09), pag. 18. Von diesen Arten zeichnet sich ©. bullata« durch die unregel- mäßige Placierung ihrer Sori aus. Gewöhnlich sind zahlreiche Sori- srübehen wahrzunehmen. Gegenüber 0. distans ist dieses Merkmal im Verein mit den linealen Primärabschnitten und linealen Sekundär- abschnitten besonders hervorzuheben. Die 0. coriacea ist durch die starke Hauptspindel, stramme kräftige Primärspindel, lederartige unverwachsene Sekundärabschnitte von allen Oligocarpien leicht zu unterscheiden. 1) Stur (88), pag. 207. 2) Seward anıl Ford (03), pag. 253. 3) Krasser (08), pag. 444. 14* 108 Dr. Fridolin Krasser. [8] Asterotheca Presl. Krasser (09), pag. 19. A. Meriani (Brongn.) Stur. Krasser (09), pag. 20. Synon.: Asterocarpus Meriani Heer. virginiensis Font. platyrhachis Font. . penticarpus Font. Merianopteris angusta Heer. Nur die allerwichtigsten Synonyma ad hier angeführt. Die in den Lunzer Schichten zahlreich vorkommenden Reste dieses für die obere Trias außerordentlich charakteristischen Farnes ermöglichen eine senaue Rekonstruktion der sehr großen Blätter dieser Art, sowohl in sterilem als in fertilem Zustande. A. lacera und intermedia (nomina nuda) der Sturschen Liste ?) sind zu streichen. Nach Sturs eigenen Feststellungen erwies sich lacera als die Blattspitze, intermedia als Mittelpartie des Meriani-Blattes. Zur Gattung Asterotheca Presi (Prioritätsname gegenüber Astero- carpus Goepp.) ist nach Zeiller!) und Potonie?) wahrscheinlich auch die Stursche Gattung Haıilea einzuziehen, die weiter nichts als Asterotheca in einem Reifestadium repräsentiert, in dem die Spo- rangien des Synangiums bereits auseinanderklaffen und sich stern- förmig ausbreiten, um die bauchständige Offnungsspalte des Sporangiums freizulegen. Ob Hawlea Stur mit Hawlea Corda jedoch identisch ist, muß nach Potonie?) unentschieden bleiben. n n Bernoullia Heer. Krasser (09), pag. 21. B. lunzensis Stur. Krasser (09), pag. 21. Die Art der Lunzer Schichten ist in allen Beziehungen robuster als die D.’helvetica Heer. Insbesondere gilt dies für die Primärab- schnitte, sowohl in steriler, wie in fertiler Entwicklung. Pseudodanaeopsis Font. Krasser emend. Krasser (09), pag. 22 1. Ps. plana (Emmons) Font. Krasser (09), pag. 24. Synon.: Ps. reticulata Font. Danaeopsis lunzensis Stur nom. nud. Heeria lunzensis Stwr nomen. !) Zeiller (83). ®) Potonie (97), pag. 95. 3), Potomue, )e c. 1%. Zur Kenntnis der fossilen Flora der Lunzer Schichten. 109 2. Ps. marantacea (Presl) Krasser. Krasser (09), pag. 25. Synon.: Danaeopsis marantacea Heer. Von den beiden Arten liegt Ps. marantaceas nur in einem Stück von wenig guter Erhaltung vor. Die Ps. plana ist durch ein gut aus- gebildetes Randnetz von Nervillen charakterisiert. Die Synonymie und Gattungsnomenklatur ist bei Krasser (09), pag. 22 squ., erörtert. Macrotaeniopteris Schimp. Krasser (09), pag. 25. a) Macrotaeniopterides verae Krasser. Krasser (09), pag. 26. 1. M. simplex Krasser. Krasser (09), 26. Synon.: Taeniopteris simplex Stur nom. nud. Maerotaeniopteris magnifolia Font. ex parte. Taeniopteris siliquosa Leuth. 2. M. latior Krasser. Krasser (09), pag. 27. Synon.: Taeniopteris latior Stur nom. nud. Macrotaeniopteris magnifolia Font. ex part. 3. M. angustior Krasser. Krasser (09), pag. 27. Synon.: Taeniopteris angustior Stur nom. nud. b) Macrotaeniopterides pterophylliformes Kırasser. Krasser (09), pag. 28. 1. M. Haidingeri Krasser. Krasser (09), pag. 28. Synon.: Taeniopteris Haidingeri Stur nom. nud. M. lunzensis Krasser. Krasser (09), pag. 29. Synon.: Taeniopteris lunzensis Stur nom. nud. Zur Unterscheidung der Arten möge die nachstehende Über- sicht dienen: Blätter einfach, ungelappt . . l Blätter durch Lappung der Spreite breitfiederigen Pter ophyllum Amten@ähnlich mi un). Ar - EDER 1. a) Sterile Blätter: Spreite 40 cm ee 45 cm Blatt- stiel bis 9 cm lang. Fertile Blätter: hülsenartig zusammengeklappt, 4—9 cm lang, 2 cm breit. M. simplew. 110 Dr. Fridolin Krasser. [10] b) Sterile Blätter: Spreite bis 40 cm lang und 11 cm breit, Blattstiel zirka 6 cm lang und 1 cm breit. Fertile Blätter: hülsenartig zusammengeklappt, bis 17cm lang und 3 cm breit. M. latior. c) Sterile Blätter: Spreite 50 cm lang und 3'5 cm breit, Blattstiel 2—3 cm lang. Die fertilen Blätter sind zurzeit un- bekannt. : M. angustior. 2. a) Ansehnliche gelappte Blätter von lanzettlichem Umriß, 25—50 cm lang und 6—13 cm breit. Blattstiel bis 8cm lang und 1:5 cm breit. M. Haidingeri. b) Umriß linealisch verkehrt eiförmig, bis 15 cm lang und 6.cm breit. M. lunzensis. Ich habe mich für die Gattung Macrotaeniopteris Schimp. ent- schieden, da mir diese Gattung präzis umgrenzt zu sein scheint gegenüber der vieldeutigen und mehrfach emendierten Tweniopteris der Autoren, zu deren Synonymen auch p- Taeniopteris Potonie!) gehört. Ich benütze die Gelegenheit, um meiner Meinung über das Vorzeichen p- zum Ausdruck zu bringen. Bezüglich der Anwendung des Zeichens „p-“ schließe ich mich Potonies?) Ausführungen vollkommen an. Es scheint mir in der Tat die Vorsetzung des p- vollkommen zu genügen in Fällen, wo es sich darum handelt, eine eingelebte Nomenklatur ohne Rücksicht auf Prioritätsfragen so lange als es wünschenswert ist, zu erhalten. Das p- mag man wie Potonie bereits treffend bemerkte, „je nach Umständen sich im Gedanken zu palä-, paläo-, prä, pro- oder proto- ergänzen“. Ich halte diesen nomenklatorischen „Verlegenheitsausweg“ in den angedeuteten Fällen für nm so gangbarer, als es sich zumeist um provisorische oder Sammelgattungen im Sinne der wissenschaftlichen Paläophytologie handelt. Sobald eine zugehörige nach ihren Merkmalen einer scharf umgrenzten fossilen oder einer rezenten Gattung zugeteilt werden muß, bleibt doch die Sammelgattung als erwünschtes Reservoir für die noch nicht aufgeklärten Reste aufrecht. Im übrigen möcht ich in allgemeiner Beziehung auf meine „Bemerkungen zur Nomenklaturfrage*“ %) ver- weisen, 6) Matoniaceae. Laccopteris Presl. Laccopteris lunzensis Stur*) ist eine Art, die der rezenten Matonia Br. nahe verwandt ist?). Von M. Münsteri Schenk, der Art des Rhät, ist sie verschieden. L. lunzensis Stur besitzt, wie Stur ') Potonie (E), Lief. 204 (1900), pag. 500. 2) Potonie (00), IX, und (03), Nr. 13, Anm. ®) Krasser (05), pag. 592. *) Stur (85), pag. 98, nom. nud. 5) Uber Matonia vergl. Krasser (96), pag. 117 squ, Seward (99), Potonie (97), pag. 88, Zeiller (07), pag. 184. [11] Zur Kenntnis der fossilen Flora der Lunzer Schichten. 111 selbst notierte (Manuskript!), behaarte Segmentspindeln und behaarte Basen der Primärmedianen, ferner weiter auseinanderstehende Primär- abschnitte und Sori, die, namhaft voneinander entfernt, in ununter- brochenen Reihen stehen; während L. Münsteri Schenk unbehaarte Spindeln und Medianen zeigt, des weiteren nahe aneinander gerückte, an der Basis oft zusammengewachsene Primärabschnitte und dicht gestellte, oft sich berührende Sori besitzt. Es scheint, daß die Haupt- segmente der Lunzer Art an sich größer und breiter gewesen sind als bei L. Münsteri Schenk. ) Dipteridiaceae. Olathropteris Brongn. Es liegen sehr schöne Reste, teils Fragmente von Blättern, teils sanze Blätter vor. Nach dem Schnitt der Lappen müssen sie von Clathropteris meniscoides Brongn. getrennt werden, mit welcher Art, wie Nathorst!) gezeigt hat, Olathropteris platyphylla Göpp. identisch ist. Jn der Sammlung von Lunzer Pflanzen der Reichsanstalt schied Stur drei Typen aus, von denen er den einen Typus mit Cl. reticulat«a Kurr ?) identifizierte, die beiden anderen neu benannte. Die von Sturals Ol. repanda?) ausgeschiedenen Reste stehen der Cl. meniscoides Brongn. am nächsten. Die Blätter sind aber, wie die Betrachtung der Originale lehrt, weitaus kleiner und nähern sich der rezenten Dipteris viel mehr. Die Cl. lunzensis Stur hingegen besitzt die typische Olathropteris-Nervatur, aber wenige und am Grunde durch ausgerundete Buchten getrennte Lappen. Auch fertile Blätter sind aus den Lunzer Schichten zutage gefördert worden ®). Dicetyophyllum L. et H. Subgenus: Camptopteris Presi emend. Nath. 1838. Presl apud Sternberg, Versuch einer geognost-botanischen Darstellung der Flora der Vorwelt, Band II, pag. 168. 1878 et 1856. Nathorst, Floran vid Bjuf, pag. 33 et pag. 117. 1906. Nathorst, Kungl. svenska vetenskapsakademiens Handlinger, B. 41, Nr. 5. Der von Stur?) als Camptopteris lunzensis bezeichnete Farn ist ein typischer Repräsentant dieser erst durch Nathorsts Unter- suchungen genau bekannt gewordenen Untergattung Camptopteris. In seiner höchst wichtigen Arbeit über „Dietyophyllum und Camptopteris spiralis“ hat Nathorst®) erst vor wenigen Jahren sich auch über das in Rede stehende Fossil von Lunz in folgender Weise geäußert: ı) Nathorst (06), 2. 2) Heer (76), pag. 73, Tab. XXV, Fig. 4-8. 3) O1. repanda von Lunz ist yon Potonie (97), pag. 112 (und in anderen Abhandlungen desselben Autors reproduziert) abgebildet worden. 4) Als wichtigste Dipteridiaceenliteratur sei namhaft gemacht: Potonie (06), XI, Seward and Dale (01), Zeiller (02), (03) und (07), Krasser (96), pag. 122, 123. 5) Stur (85), pag. 98, nomen nudum. 6) Nathorst (96) 5, pag. 17. 112 Dr. Fridolin Krasser. [12] „Die Angabe von dem Vorkommen ganzrandiger Fiedern bei Camptopteris bezieht ‘sieh auf die noch nicht. beschriebene Camptopteris lunzensis Stur (nomen tantum) aus den Lunzer Schichten, die älteste bisher bekannte Art der Gattung. Wie schon in ‚Floran vid Bjuf‘ erwähnt wurde, ist mir seinerzeit von Stur mitgeteilt worden, daß ihm eine Camptopteris von Lunz bekannt sei, deren Bau mit Camptopteris spiralis vollständig übereinstimme, obschon die Fiedern ganzrandig seien. Exemplare dieser Art, die ich seinerzeit von Herrn Bergbauleiter J. Haberfelner für das hiesige Museum erworben habe, bestätigen vollends die Richtigkeit von Sturs Angabe. Die linealen ganzrandigen Fiedern liegen in bis 1 cm breiten Fragmenten vor, deren Nervatur vertrefflich erhalten ist. Da ich den österreichischen Paläontologen nicht vorgreifen will, beschränke ich mich auf diese Andeutungen.“ Die im vorstehenden erwähnte Camptopteris spiralis aus dem Rhät hat Nathorst zuerst in Floran vid Bjuf abgebildet und dann schon 1893 in seiner Jordans historia (Erdgeschichte) ein restauriertes Blatt dargestellt. Diese Abbildung findet sich dann auch in desselben Autors Sveriges geologi (1894), pag. 169, ferner in der früher zitierten Abhandlung „Über Dictyophyllum und Camptopteris spiralis“ 1) und wurde jüngst erst von Zeiller?) reproduziert. Dieses Habitusbild vermittelt zurzeit zugleich die De Vor- stellung von der Camptopteris lunzensis Stur. Man braucht sich die linealen Fiedern nur etwas breiter und ganzrandig — statt mit ent- fernt gesägtem Rand und nach der Blattspitze gerichteten Zähnen — vorzustellen. Der Rand der Fiedern ist wie bei ©. spiralis Nath. umgebogen. Auch C. lunzensis besitzt einen langen Blattstiel, der sich in zwei parallele Gabeläste teilt, die sich in derselben Ebene fort- setzen und dicht gedrängte, einseitig gestellte Fiedern tragen, die wegen der Auswärtsdrehung des Gabelastes eine schraubige Stellung um denselben erhalten. Die schraubige Drehung der Aste setzt sich weiter fort, so daß bis zu seiner äußersten Spitze die Fiedern stets mehrere Schrauben beschreiben. Es ist nicht beabsichtigt, an dieser Stelle eine ausführliche Be- schreibung mitzuteilen, dies bleibe der Publikation der monographischen Bearbeitung vorbehalten, da nur dort die nötigen Abbildungen geboten werden können. Thaumatopteris Goepp. Diese Gattung ist nur durch eine einzige Art in der Lunzer Flora vertreten, die von Stur als T’haumatopteris lunzensis?) be- zeichnet wurde. Es ist eine genügende Anzahl von Exemplaren vorhanden, so daß derselbe charakteristische morphologische Aufbau der ansehnlichen Wedel, wie er vor nicht langer Zeit von Nathorst®) für Thauma- vw Schenkii Nath. geschildert wurde, konstatiert werden konnte. ') Nathorst (06), 5, pag. 15. ?) Zeiller (07), pag. 188. ®) Stur (85), pag. 98, nom. nud. ‘) Nathorst (07). 1 [13] Zur Kenntnis der fossilen Flora der Lunzer Schichten. 113 Die Thaumatopteris lunzensis besitzt ziemlich kurze Fieder- segmente, die in geringem Maße anadrom orientiert sind, sie sind parallelwandig, an der Spitze abgerundet, am Grunde hängen sie zu- sammen. Von den basalen und apikalen abgesehen, sind sie meist viermal so lang als breit (gewöhnlich 4 mm Breite, 16 mm Länge). Die Nerven treten scharf hervor. Der Mittelnerv der Segmente hebt sich — ungeachtet dessen, daß er nicht kräftiger als die netzbildenden Sekundärnerven ist — deutlich ab, geht aber in der Spitze in das Sekundärnervennetz über, das sich beiderseits vom Mittelnerv in je zwei Reihen aufbaut. Im Zusammenhalt mit den Fiedersegmenten erscheint die 2 mm breite Spindel recht kräftig. Auch fruktifizierende Exemplare mit den in den Nervenmaschen der Spreitenunterseite stehenden Sori sind zum Vorschein gekommen. 9) Incertae sedis. Ctenis L. et H. 1834. Lindley and Hutton, The fossil Flora of Great Britain, Vol. II, Tab. CIII, 1834. Lindley und Hutton schlagen vor, der Gattung Ütenis alle Blätter unterzuordnen, welche „Cycadeencharakter“ besitzen, aber dazu Nerven, die durch Gabelungen oder transversale Nervenver- zweigungen verbunden sind. Otenis gehört sicher zu den Farnen. Das kann, seit Raciborski)) die fertilen Blätter beobachtete, nicht mehr bezweifelt werden. Von den beiden von Stur?) angeführten Arten fand ich bisher nur Originale zu Ütenis lunzensis Stur, die auf den Etiketten als Otenophyllum lunzense Stur bezeichnet sind. Stur hat hierbei sicher- lich nieht an Ctenophyllum Schimp. gedacht, wie ohne weiteres einzu- sehen ist. Unter den bekannten Ütenis-Arten kommt die Ütenis lunzensis der Ütenis suleicaulis (Phil) Ward?) der Juraflora von Douglas County, Oreg. und somit auch den von Seward®) als Ütenis falcata L. et H. bezeichneten Blättern aus dem Inferior Oolith der Yorkshire Coast, nähert sich aber im eleganteren Schnitt der Spreite der Ütenis Potocki Racib. aus dem Rhät von Grojee und der Ütenis asplenioides Ett, aus dem Unterlias von Steierdorf, wie sie in der Sammlung der k. k. geol. R.-A. vorliegen. Otenis lunzensis repräsentiert jedenfalls den ältesten Typus der mesolithischen Otenis-Arten ). ı) Raciborski (94\. Siehe auch Zeiller (00), pag. 115. 2) Stur (85), pag. 98: Ctenis lunzensis und angustior Stur, nom. nuda. Deacd (05), pse. 113, Tab, XXV, Pig. 9, Tab. XXVI. *) Seward (00), pag. 235, Tab. VIII, Fig. 2. 5) Eine monographische Zusammenstellung der bis 1896 bekannten Ütenis- Arten gibt Staub (96). Jahrbuch d. k. k. gcol. Reichsanstalt, 1909, 59. Band, 1. Heft. (Dr. F. Krasser.) 15 114 Dr. Fridolin Krasser. | [14] B. Cycadophpyta. Als Cyeadophyta fassen wir mit Nathorst!) „die Cycadeen und alle anderen Pflanzen zusammen, die sich denselben am meisten an- schließen“, also in erster Linie die COycadales und Bennettitales. Stur?) fülırt zwarnur Vertreter der Gattungen „Dioonites Bornem.“ und „Pterophyllum Brongn.“ an, die er den damaligen (1885!) An- sehauungen entsprechend als „Cycadeae“, also als echte Cycadeen betrachtete. In der Sammlung von Lunzer Pflanzen der Reichsanstalt finden sich jedoch verschiedene Reste, die teils mit Sicherheit den Bennettitales zugewiesen werden können, teils als Cycadophytenreste schlechtweg betrachtet werden müssen. Es handelt sich in allen diesen Fällen um Reste der fertilen Region. Ich konnte konstatieren von Bennettitaceen eine neue Art von WMWilliamsonia Carr., den Fruchtstand repräsentierend, auch die Samen, ferner die Abdrücke von Pollen- blättern, wie sie erst durch Wieland?) bekannt geworden sind, enälich 8 Cyeadophytenzapfen vom Typus Androstrobus Schimp. mit sehr gut erhaltenen Pollensäcken, von Uycadospadix Schimp. eine neue Art, und Beania Carr. Die Blattreste, auf die allein die Sturschen Namen sich be- ziehen, sind am richtigsten als Gycadophytenblätter zu bezeichnen. Zum Teil gehören sie zweifellos Bennettitaceen an. Direkt den Cycadeen kann nicht einmal Dioonites zugewiesen werden. Wir müssen uns da insbesondere die Entdeckung von „Antherangien* dureh Nathorst®) bei Dioonites spectabilis Nath. vor Augen halten, ein Umstand, der es rechtfertigen würde, innerhalb der Cycadophyten, wie der genannte Forscher mit echt bemerkt, die — eben durch den Besitz von Antherangien charakterisierten — Dioonitales auszuscheiden. Das Pterophyllum Lipoldi Stur (Tl) nom. nud. = Pterophyllum ? Lipoldi Stur (85) hat später Stur [(88), pag. 211] selbst in die Gattung Palissya Endl. gestellt. Dioonites Miqu.’). „Dioonites cf. pennaeformis Schenk“. Stur (71), .pag. 251°); Stur.(83% par. 98 In meinen älteren Notizen von 1899 finde ich die Bemerkung, es sei in der „Ladensammlung“ von Lunzer Pflanzen des k. k. Natur- historischen Hofmuseums (geol.-paläont. Abt.) ein als Dioonites bezeich- neter Abdruck einer Blattbasis vorhanden. Meine Skizze zeigt einen über 30 mm langen Blattstiel, der sich vom Abbruchende bis zur Insertion der ersten Fiedern von 7 auf 5 mm verjüngt. Die Fiedern, ) Nathorst (02), page. 1. ”) Stur (85), pag. 98/9. ®) Wieland (06). *) Nathorst (02), pag. 18 squ., png. 23. °) Autor von Dioonites ist nicht Bornemann, wie vielfach zitiert wird, sondern Miquel. Siehe Bornemann, pag. 56. °) Daselbst wird als zu vergleichende Abbildung angegeben: Bamberger, Ber., VII. Bd., Taf. VI, Fig. 3. [15] Zur Kenntnis der fossilen Flora der Lunzer Schichten. 115 von denen am Abdruck die sieben untersten Paare an einem von 5 auf3 mm Breite sich verjüngenden Spindelfragment erhalten sind, sind scharf zugespitzt und dem Typus Dioonites entsprechend schwach bogig auf- wärts gekrümmt. Die Fiederbasis mißt 2—3 mm, die Länge der Fiedern 19—21 mm. Ob das Exemplar des Hofmuseums etwa das Stursche Original repräsentiert, vermag ich zurzeit nicht zu entscheiden. Ich bezweifle es aber. Pterophyllum Brongn. sens. ampl. Stur selbst hat die von ihm aufgezählten und zu „Pferophyllum Brongn.“ *) gestellten Arten später?) zum Teil kritisiert, respektive mit schon beschriebenen identifiziert. Er schreibt diesbezüglich ®): „Das Pterophylium Braunianum Goepp. Font. hätte ich nach den Abbildungen, die Fontaine gegeben hat, kaum erkannt und mit dem Pterophyllum Riegeri von Lunz identifizieren können, wenn Professor Fontaine nicht die Güte gehabt hätte, mir ein Exemplar dieser Art in natura zu senden. Das Stück dieser Art aus Cloven Hill mit einem Stück aus Lunz verglichen, zeigt eine so völlige Identität in Dimension und Erhaltung, daß man dieselben verwechseln kann.“ Auf diese Ausführungen Sturs hin kann Pferophyllum Riegeri Stur als publiziert gelten. Der Stursche Name hat an die Stelle des von Fontaine?) seiner ausführlichen Diagnose vorgesetzten „Üteno- phyllum Braunianum var. « Goepp.“ zu treten. Mit Otenophyllum Braunianum Goepp. hat die amerikanische Pflanze nichts zu tun. Fontaine selbst hat übrigens in der sehr genauen Beschreibung die Unterschiede hervorgehoben. Im „Verzeichnis der fossilen Pflanzenarten aus Cloven Hill... und deren Synonymie*°) steht unter „Oloven Hill* : Otenophyllum grandifolium Font., unter „Lunzer Schichten* : Pterophyllum Haueri Stur. Daraus müßte man schließen, Stur habe sein Pterophyllum Haweri mit Ctenophyllum grandifolium Font. identifiziert. In Wahrheit ist es aber nicht der Fall, denn im Text®) heißt es: „Von ÜUtenophyllum grandifolium habe ich leider aus Cloven Hill nur ein sehr unvollständiges Exemplar erhalten ; dagegen ist Pterophyllum Haueri aus Pramreutli ein sehr vollkommen erhaltener Rest, dessen viele erhaltene Charaktere am Ütenophyllum grandifolium, das mir in natura vorliegt, nicht zu ersehen sind.“ Diese Außerung Sturs ist zweifellos die maßgebende. Naclı meiner Meinung -—- ich kann allerdinss nur die Abbildungen in Fontaines Monographie mit den Sturschen Originalen vergleichen — sind Otenophyllum grandifolium Font. und Pterophyllum Haueri Stur ver- schiedene Arten. Pterophyllum Haueri Stwr ist schon durch seine ver- gleichsweise dünne Spindel von Ütenophyllum grandifolium Font. zu unterscheiden, es hat auch durchaus alternierende, voneinander ent- !) Stur (71), pag. 250, und Stur (85), pag. 93, 99. °) Stur (88), pag. 209— 211. 3) Stur (88), pag. 209. *#) Fontaine (83), pag. 69. ’) Stur (88), pag. 210. 6) Stur (88), pag. 209. 116 Dr. Fridolin Krasser. [16] fernte Fiedern, die am Grunde ein wenig verbreitert sind, gegen ihre Spitze sich etwas verjüngen und zugespitzt abgerundet enden; voll- ständige Fiedern der mittleren Blattpartie messen 19 cm X 1 cm Länge, respektive Breite und sind von 16 bis 18 parallelen Nerven durchzogen. Das Otenophyllum grandifolium Font. möchte ich vielmehr mit Pterophyllum Neuberi Stur identifizieren, während das ähnliche Piero- phyllum Gümbeli Stur nach meiner Meinung mit jenen Resten artgleich ist, die Fontaine!) unter dem Namen Pferophyllum affine Nath. beschreibt und abbildet, die aber, wie auch aus dem Text Fontaines selbst zu entnehmen ist, mit der Nathorstschen Art nichts zu tun haben. Ich schlage daher vor, den Sturschen Artnamen, der freilich lege lediglich nomen tantum ist, zu verwenden, da ich durch den Vergleich des Sturschen Originals mit der Diagnose und den Ab- bildungen Fontaines die Identität erhärten konnte. Es wäre somit Pterophyllum Gümbelü Stur in der Schreibung Pferöphyllum Gümbelii Stur et Krasser ein gültiger Artname mit der Diagnose bei Fontaine. Das Ctenophyllum taxinum (L. et H. sub Zamia) Font. hat Stur?) selbst mit seinem Pferophyllum eteniforme?) identifiziert und somit mit Pterophyllum taxinum (L. et H.) Goepp.*®). Zur Klärung der Sturschen Pferophyllum-Arten trägt schließlich auch noch die im nachstehenden wiedergegebene Stelle bei. Sie bedarf allerdings gewisser Interpretationen. Also läßt sich da Stur) ver- nehmen: „Ich habe kein Pierophylium von Cloven Hill erhalten, aber die Abbildungen Fontaines, die er auf der Tafel XXXVI von Piero- phyllum inaequale Font. und auf Tafel XLII in Fig. 2 von Ptero- phyllum decussatum Emmons gegeben hat, berechtigen zu der Meinung, daß diese fossilen Reste sämtlich dem Pterophyllum longifolium Jaeg. entsprechen, welches in Hunderten der mir vorliegenden Exemplare so sehr variiert, daß man dessen Formen nur auf einer großen Zahl von Tafeln vollständig darstellen könnte. Die kleinsten Blätter dieser Art neigen zu Pterophylium brevipenne Kurr, die mit langen breiten Abschnitten zu Pterophyllum inaequale Font. und zu Pferophyllum macrophyllum Kurr, die mit kürzeren breiteren Abschnitten zu Ptero- phyllam irregulare Stur, die mit schmalen langen Abschnitten zu Pterophyllum approximatum Stur. Kurz bei dieser Art herrscht eine so große Variabilität in der Gestaltung der Blattspreite, daß es fast unmöglich ist, besondere Arten zu unterscheiden und man die Neigung gewinnt, alle diese genannten Formen, die bei extremer Gestaltung sehr verschieden aussehen, zu einer Art zu fassen.“ Bevor wir in eine nähere Erörterung eingehen, ist noch not- wendig — in Erinnerung daran, daß die in Rede stehenden Ptero- phylium-Typen von Brongniart auf die von Peter Merian (Basel) in der Lokalität Neuewelt aufgefundenen Exemplare begründet sind — die von Oswald Heer in dieser Keuperflora (Schilfsandstein !) unter- ') Fontaine (83), pag. 66, Tab. XXXII, Fig. 2—4. 2 Sbur (88), paer 21: Fontaine (83), pag. 67, Tab. XXXIII, Fig. 2—4. ®) Stur (85), page. 99, nom. uud. *) Goeppert (44), pag. 153. °) Stur (88), pag. 211. 117) Zur Kenntnis der fossilen Flora der Lunzer Schichten. 117 schiedenen Pterophyllum-Arten und die daran von Dr. F. Leuthardt geübte Kritik zu besprechen. Heer hat die Pterophyllen sowohl in seiner „Urwelt, der Schweiz“), wie insbesondere in der „Flora fossilis Helvetiae*“ (2. Lieferung?) eingehend und unter Beibringung zahlreicher Ab- bildungen beschrieben. Auch die sorgfältigen Untersuchungen von Leuthardt?°) sind von einer Fülle von Abbildungen begleitet, so daß es möglich ist, sich ein selbständiges Urteil in dieser Frage zu bilden. Heer beschreibt und bildet ab: Pterophyllum Jaegeri Brongn. 1 longifolium Brongn. i brevipenne Kurr a Meriani Brongn. recte Heer ! 5 Greppini Heer x pulchellum Heer Bei Leuthardt finden wir: Pterophyllum Jaegeri Brongn. longilolium Brongn. brevipenne Kurr ” ” Leuthardt begründet diese drei Arten noch schärfer, indem er auch neue Unterscheidungsmerkmale beibringt. Für Pterophyllum pulchellum Heer zeigt Leuthardt, daß es aus den „Jugendformen“ von Pterophyllum Jaegeri und Pterophyllum longifolium besteht. Pterophyllum Meriani und Pt. Greppini sind nach Leuthardt (05), pag. 20, „zweifelhafte Arten“, er kommt jedoch in seiner „Keuper- flora von Neuewelt“ nicht mehr darauf zurück. Nach Schimper) repräsentiert Pterophyllum Meriani Bronyn. die Blätter einer jungen Pflanze, entweder von Pterophyllum Jaegeri Brongn. (inkl. longifolium Brongn.!) oder Pt. graciie Kurr manuser. Da aber Schimper) selbst in der Folge Pt. gracile als zur Gattung 'Ötenophyllum Schimp. gehörig bezeichnet, so bleibt, da Pt. Meriani Brongn. Heer ein Pterophyllum ist und Pt. Jaegeri als die typische Art dieser Gattung von Schimper hingestellt wird, die Anschauung, daß Pt. Meriani entweder zu Pt. Jaegeri oder longifolium gehöre oder doch diesen zunächst stehe. Das von Stur‘) angeführte Pterophyllum Meriani Heer mit dem Beisatze: Abbildungen zum Ver- gleich „Heer, Urwelt III, 3° ist damit auch aufgeklärt. Die zitierte Abbildung Heers mit dem Bildtext: „Pterophyllum Meriani var.“ gehört nämlich nach der späteren Erklärung Heers’) zu Pt. pul- !) Heer (65) und (79). ®) Heer (76). 3) Leuthardt (03). #) Schimper (70—72), pag. 134. 5) Schimper in Schenk und Schimper, pag. 223. %) Stur (71), pag. 250. ”) Heer (76), pag. 83. 118 Dr. Fridolin Krasser. [18] chellum Heer.. Letzteres aber, wie schon früher erwälnt, nach Leuthardt zu Pt. Jaegeri und Pt. longifolium. | Später hat Stur, wie aus der Etikettierung der Originale zu entnehmen, dieselben Stücke als Pt. rectum aufgestellt. Es kaun also auch das Pt. rectum Stur!) als die Bezeichnung eines Formelements von Pt. longifolium oder Jaegeri eingezogen werden. Von dem Pt. Greppini Heer sagt Heer?) selbst, daß es dem Pt. Jaegeri nahe stehe. | Die wichtigsten Pterophyllum-Arten der Keuperflora sind ‘also die folgenden: 1. Pt. Jaegeri Brongn., 2. Pt. longifolium Brongn., 3. Pt. brevipenne Kurr. Selbst von diesen drei Arten ist eine, nämlich Pt. brevipenne nicht ganz außer Verdacht auf „Jugendzustände“ von Pterophyllum longifolium Brongn. gegründet zu sein. Leuthardt?), der diese Möglichkeit ausspricht, fügt jedoch hinzu: „Doch spricht hauptsächlich ihre relative Häufigkeit für eine selbständige Art, die sich in typischen Stücken ziemlich leicht von den übrigen unter- scheiden läßt, obschon es an intermediären Stücken keineswegs fehlt.“ Nach dem Vorgange von Leuthardt wird man, um die Arten von Pterophyllum herauszufinden, die Umrißform des Blattes in Zusammenhang mit den Merkmalen der Fiedern (Segmente) und der Rhachis berücksichtigen müßten. Bei den Fiedern hat sich als ein wertvolles Merkmal bei den erwachsenen Exemplaren der „Breiten- index“ erwiesen, das heißt der Quotient aus der Länge eines Seg- mentes durch die größte Breite ®). Man wird also über die Berechtigung der zahlreichen von Stur in der Lunzer Flora unterschiedenen Pterophyllum-Arten von ähn- lichem Habitus durch die Untersuchung möglichst vollständiger Exemplare im Verein mit Messungen und mit der mikroskopischen Untersuchung des Kohlebelages ein sicheres Urteil gewinnen können. Speziell die Sammlung fossiler Pflanzen des k k. Naturhistorischen Hofmuseums (geolog.-paläontologische Abt.) ist so reich an vollstän- digen Exemplaren, daß eine Monographie der Lunzer Pterophyllum- Arten ersprießlich nur auf Grund des Materials dieser kaiserlichen Sammlung geschrieben werden kann. Gegenwärtig dürfte über die in der Aufzählung von 1885?) enthaltenen Pterophyllum-Arten folgendes als feststehend gelten. Die Einteilung der Arten in die drei Gruppen: «a) Taeniopteri- diformia, b) Pterophylla vera, c) Zamitiformia ist nicht ganz haltbar. Die Gruppe Zamitiformia entfällt, da Pterophyllum Lipoldi zu oder doch in die Verwandtschaft von Palissya Endl. gehört. Die Gruppe Zueniopteridiformia trägt zwar einen den Habitus der Fossile sehr bezeichnenden Namen, es ist jedoch diskutabel, ob !) Stur (85), pag. 99, nomen nud. ?) Heer (76), pag. 83. ®) Leuthardt (03), pag. 19. *) Die Schwierigkeiten der Artumgrenzung sind jedoch groß. Auch Leut- hardt beschreibt, l. ce. (03), pag. 18 auf Tab. VII, Fig. 1, 2, unter Pterophyllum longifolium Brongn. eine „eigentümliche Varietät (vielleicht selbständige Art ?)“. Schmale Rhachis und verhältnismäßig breite, weit auseinanderstehende, etwas nach oben aufgebogene Fiedern charakterisieren sie. °®) Stur (85), pag. 98—99. [19] Zur Kenntnis der fossilen Flora der Lunzer Schichten. 119 nicht sowohl Pterophyllum lunzensis als auch Pf. Pichleri, so wie das in die Gruppe Pterophylla vera gestellte Pteroph. irregulare die ersteren besser als Anomozamites, die letzteren als Nilssonia zu be- trachten sind. Vor Jahren notierte ich mir, daß in der Lunzer Samm- lung des Hofmuseums sich als Pterophyllum Biegeri Stur bezeichnete Stücke befinden, die im Habitus und den erkennbaren Merkmalen mit gewissen Formen der Nilssonia mediana Fox-Strangw. des groß- britannischen Inferior oolith übereinstimmen. Aus den damals von mir angefertigten Skizzen kann ien nun durch Vergleich mit dem Sturschen Original der Reichsanstalt konstatieren, daß es sich in Wahrheit um Pt. irregulare Stur handelt. Es ist also auch die Gruppe Plerophylla vera revisionsbedürftig. Gegenwärtig läßt sich die folgende Zusammenfassung geben !). Provisorische Übersicht über die von Stur als Arten von Pterophyllium bezeichneten Cycadophyten der Lunzer Flora. A. Die breiten, mit ganzem Grunde ansitzenden, opponierten Fiedern sind von fast quadratischer bis rechteckiger Form mit abge- rundeten Kanten, von zahlreichen einfachen parallelen Nerven durch- zogen. Breite zur Länge der Fiedern = 1: 11%,—3. Pt. Lunzense 2 Piohler? B. Die schmalen opponierten, seitlich ansitzenden, linealen Fiedern sind am Grunde verjüngt, an ihrer Spitze verbreitert und abgerundet oder mehr minder abgestutzt. Die Nervation ist deutlich gabelig. Pt. longifolium BDrongn. Jaegeri Bronga. brevipenne Kurr „ pulchellum Heer Haberfelneri Stur ?, „ rectum Stur macrophyllum Kurr approximatum Stur taxinum (L. et H.) Goepp. Pt. Haberfelneri und rectum sind vermutlich Formelemente von Pteroplyllum longifolium oder genauer von Pf. brevipenne Kurı Pt. macrophyllum Kurr und approximatum können als Formelemente von Pt. longifolium Brongn. gelten. Pf. eteniforme ist nach Font. dem Pt. Meriani Heer sehr ähnlich. C. Die langen und ziemlich breiten (S—12 mm) alternierenden Fiedern sitzen mit breiten oder ? eingezogenem Grunde einer kräl- ı) Das bei Stur (85), pag. 99, erwähnte Pr. pectiniforme habe ich bis jetzt nicht aufgefunden, kann es also auch nicht einreihen. 2) Die Abbildung eines „Pterophyllum“ aus dem Lunzer Sandstein bei Potonie (98), pag. 281, Fig. 277, stellt Pt. Haberfelneri Stwr dar. 120 Dr. Fridolin Krasser. [20] tigen bis dicken Spindel in einer Mittellinie oder seitlich an, Nerven zahlreich, einfach oder höchstens vom Ursprung aus gegabelt. Pt. Haueri, Fiedern mit etwas verjüngter, stumpf abgerundeter Spitze, mit breitem Grunde, auf einer Mittellinie der kräftigen Spindel ansitzend. Pt. grandifolium (Font.) Krasser'‘). (Otenophyllum grandifolium Font., Pterophyllum Neuberi Stur nomen nud. !) Fiedern mit ? eingezogenem?) Grunde, einer Mittellinie an- sitzend. Pt. Gümbelii. Fiedern seitlich einer dicken Spindel ansitzend, durch einen schmalen Flügelsaum miteinander verbunden. D. Die schmalen opponierten, auf einer Mittellinie der breiten Spindel ansitzenden linealischen Fiedern verjüngen sich vom breiten Grunde zur stumpf abgerundeten Spitze um mehr weniger ein Drittel der Basisbreite. Nerven einfach. Pt.. Riegeri Stur. E, Die Fiedern sind an derselben Spindel von wechselnder Breite, breit bis linealisch, teils alternierend, teils opponiert, an ihrer Spitze aufsteigend abgerundet, an einer Mittellinie ansitzend. Spindel kräftig hervortretend. Nerven einfach, zahlreich. Nilssonia Sturi Krasser n. sp. Synon.: Pt. irregulare Stur (85), pag. 99, nom. nud. Vom Typus der XNilssonia mediana Fox-Strangw., aber durchaus von größeren Dimensionen. _ Im Anschlusse an diese Übersicht der Lunzer Pterophyllen sei eine kurze Erörterung über die Gattung Pterophyllum Brongn. gestattet. Brongniart gründete die Gattung Pterophyllum, wie Nathorst?) schon vor langer Zeit nachgewiesen hat, ursprünglich auf Pterophyllum minus und majus*), die gegenwärtig allgemein als Typus von 4no- mozamites Schimp. betrachtet werden. Später hat dann Schimper’) die Gattung Pterophyllum, welche schon durch Brongniart®) selbst und durch Ungers’) Genera plantarum fossilium nach dem Beispiel ') Die Umtaufung mußte erfolgen, weil keine Art von Ctenophyllum Schimp. ”) Vielleicht nur durch den Erhaltungszustand bedingt. ®) Nathorst (75), pag. 19, Anm. *) Brongniart (25), pag. 219, Tab. XII, Fig. 7 (majus), 8 (minus). °) Sechimper (70—72), pag. 127 sqın., „Clavis generum“, und Schimper in Schenk und Schimper, page. 223 squ. mit Verbesserungen. °%) Brongniart (28), pag. 95. ”) Unger (50). [21] Zur Kenntnis der fossilen Flora der Lunzer Schichten. 121 von Goeppert!) einen sehr weiten Umfang angenommen hatte, in mehrere Gattungen zerlegt, deren theoretische Berechtigung zweifellos ist, die in praxi jedoch nicht immer auseinander gehalten werden können. Wenn wir im Geiste Schimpers die Lunzer Pterophyllen betrachten, so finden wir in Gruppe A (unserer provisorischen Übersicht): Anomozamites Schimp.; Gruppe Bund Ü: Pterophyllum Brongn. emend. Schimp.; Gruppe D: Dioonites Miqu.,;, Gruppe E: Nilssonia Brongn. Nicht vertreten ist Ctenophyllum Schimp. Dies muß besonders hervorgehoben werden, denn es widerspricht scheinbar gewissen im vorhergehenden mitgeteilten Tatsachen über die Gleichheit gewisser Pterophyllum-Arten der Lunzer Flora mit Ütenophyllum-Arten der Triasflora Amerikas. Die „Ctenophyllum“ der amerikanischen Trias gehören eben nicht zu ÜOtenophyllum Schimp., denn es trifft für sie nicht die Diagnose Schimpers zu, die sich aus dem Zusammen- halt von Traite II, pag. 145, und Paläophytologie ?) ergibt. Erklärlich ist die Bezeichnung der betreffenden amerikanischen Arten als Otenophyllum dadurch, daß Schimper ursprünglich das Pterophyllum Braunianum Goepp. als ein Otenophyllum bezeichnete, was er jedoch am zweitzitierten Orte, pag. 223 sub *), mit den Worten widerrief: „Ich habe früher (Traite de Pal. veg.) mit Unrecht Pferophyllum Draunianum hierher gezogen.“ C. Cordaitales. Noeggerathiopsis sp. Zusammen mit Pterophyllum longifolium, respektive mit Asterotheca Meriani im anderen Falle fand ich Abdrücke von Fragmenten eines Blattes, das in Umriß und Nervatur außerordentlich der Noeggerathi- opsis Hislopi (Bunb.) Feistm. aus der Permotrias von Indien und Südafrika, aus den rhätischen Schichten von Tonkin gleicht und von Kurtz auch für die Rhätflora von Argentinien angegeben wird. Ich möchte hier nur auf Zeiller?), Flore foss. des gites de charbon du Tonkin, pag. 150, und Tab. XL, insbesondere Fig. 3, 4, hinweisen. Die Art der Lunzer Schichten ist von N. Hislopi verschieden, da nach den leider spärlichen, bisher mir bekannt gewordenen Resten die Blattspitze des Lunzer Fossils gegenüber N. Hislopi jedenfalls verschmälert ist und überdies nicht abgerundet zu sein scheint. Stur hat diese Art allem Anschein nach unter der Fülle der neuen Arten der Lunzer Flora nicht beachtet, da sich weder in seinen Publi- kationen, noch sonst ein Hinweis darauf vorfindet. !) Goeppert (44). 2) Schimper in Schenk-Schimper, pag. 223. 3) Zeiller (02), (03). Jahrbuch d. k. k. geol. Reichsanstalt, 1909, 59. Band, 1. Heft. (Dr. F. Krasser.) 16 122 Dr. Fridolin Krasser. [22] Olathrophyllum Heer. Stur!) führt ein „Clathrophyllum lunzense* an, über dessen Aussehen nur die in einem Separatabdruck von Stur (85) dem Artnamen beigefügste Bemerkung „bandf.* (bandförmig), welche von Sturs Hand hinzugefügt scheint, einen Fingerzeig gibt. Es kam mir weder ein so bezeichnetes Fossil zu Gesicht, noch fand ich über- haupt einen Abdruck vor, der an Clathrophyllum Meriani Heer ?) anklingt. Clathrophyllum lunzense muß also vorläufig als verschollen gelten. ’ Nach Zeiller?) nähert sich COlathrophyllum Heer durch seine erkennbaren Merkmale den Cordaiteen. D. ? Coniferae. Palissya Endl. Endlicher, Synopsis Coniferarum Sangalli 1847. P. Lipoldi. Stur (88), pag. 211, nomen. Synon: Pterophyllum Lipoldi Stur (71), pag. 250, nom. nud. Pterophyllum ? Lipoldi Stur (85), pag. 99, nom. nud. Stur äußerte sich über diese Art folgendermaßen: „...nur mit großer Reserve habe ich bisher das Pterophyllum Lipoldi Stur in Lunz zu Pterophyllum gezogen. Die Abbildung der Palissya Braunii Emmons, die Fontaine auf seiner Tafel L gibt, eröffnet die Mög- lichkeit, daß die genannte Pflanzenart in Lunz abgefallene Astchen einer Gymnosperme darstellt und eigentlich Palissya Lipoldi genannt werden sollte.“ Hierzu muß ich mir die Bemerkung erlauben, daß es eine Palissya Brauni Emmons nicht gibt, sondern daß Emmons die später von Fontaine in der Tafelerklärung als „Palissya Braunü“ repro- duzierten Reste zuerst als Walchia longifolius in seiner Aınerican Geology, Part VI (1857), pag. 105, 106, Fig. 72, 73, Pl. IV «a bekannt- gemacht hat. Es ist also aus der Ausdrucksweise Sturs „Palissya Draundi Emmons“, die sich ungezwungen aus der Erklärung zu Taf. L und LI bei Fontaine, Older Mesozoic Flora of Virginia, erklärt), zu schließen, daß er die Palissya Braunii Endl.$) für verschieden ) Stur (85), pag. 97. ?) Heer (76), pag. 73, Tab. XXV, Fig. 7. ®) Zeiller (00), pag. 287. *) Stur (88), pag. 211. °) Daselbst heißt es einfach „Plate L: Fig. 1, 2, Palissya Braunii, Page 106; Emmons, ‚Am. Geol‘ .. .“ °) In seiner Paläobotan. Mitteil. 7 (1908), in der Nathorst wichtige Auf- klärungen über den Bau des Zapfens von Palissya bringt, diskutiert er auch den Prioritätsnamen für Palissya Braunii Endl. und begründet, daß als solcher P. sphenolepis Braun sp. anzunehmen ist. Ich möchte hinzufügen, daß diese Kom- bination bereits Brongniart, Tableau des genres des vegetaux fossiles consideres [23] Zur Kenntnis der fossilen Flora der Lunzer Schichten. 123 von den bei Fontaine als Palissya Braunii abgebildeten Resten an- sah und auch letztere von der Lunzer Pflanze schied. Aus den Lunzer Schichten sind bisher Palissya-Zapfen nicht bekannt geworden, es ist daher streng genommen die Zugehörigkeit der in Rede stehenden Art zu Palissya keineswegs schon erwiesen. Ich halte die Möglichkeit nicht für ausgeschlossen, daß sich die Palissya Lipoldi schließlich als eine Stachyotaxus-Art oder als Ver- treter einer neuen Gattung entpuppt. Auf alle Fälle handelt es sich um einen sehr interessanten Pflanzentypus, dessen genaue Untersuchung und Verfolgung geboten ist. Ich erinnere daran, daB Nathorst!) jüngst erst gezeigt hat, daß Palissya mindestens „als eine ziemlich isolierte Gymnospermen- gattung“ zu betrachten ist, wenn nicht als Angehörige einer „aus- sestorbenen Sippe der Gymnospermen“, ferner daß Lignier?) in Palissya gewissermaßen einen Urtypus der Angiospermen erblickt. Nicht minder interessant ist Stachyotaxus Nath. Der genannte Forscher faßt diese Gattung zwar als Conifere auf, fügt aber hinzu: „Wenngleich dies wohl am wahrscheinlichsten ist, so muß doch ander- seits eingeräumt werden, daß man auch hier an eine ausgestorbene Gymnospermensippe -- und zwar zwischen den Coniferen und den Cycadophyten — denken könnte, die Frucht von Stachyotaxus mit ihren zweisamigen Fruchtblättern bietet ja eine gewisse Analogie mit den Früchten der Zamieae, insbesondere mit denjenigen von Dioon und Zncephalartos dar, obschon die Stellung der Samen allerdings etwas abweichend ist. Wenn man einen solchen Vergleich auch auf Palissya anwenden wollte, dann könnte man sagen, daß die mehr- samigen Fruchtblätter derselben sich zu den zweisamigen von Stachyo- taxus gewissermaßen ähnlich verhalten, wie die Fruchtblätter der Cycadeae zu denjenigen der Zamieae* >). sous le point de vue de leur classifikation botanigne et de leur distribution geo- logique (Diet. univ. d’hist. nat. XTII), 1849, pag. 68, gebraucht und auch Ward (00), pag. 249, „Palissya sphenolepis (Friedrich Braun) Brongniart“ als Prioritäts- namen für P. Brauni Endl. verwendet. 1), Nathorst (08), 7, pag. 10. ®) Lignier (08), pag. 15, Anm. 2: „On peut se demander si, malgre le port coniferien des appareils vegetatifs qui les accompagnent et qui peuvent resulter d’une adaptation speciale, les evnes rhetiens connues sur le nom de Palissya ne montrent pas une survivance modifide de la phase pteridostrobile unisexude & tendence angiospermique. Les feuilles seminiferes y semblent en effet inserdes directement sur l’axe du strobile et ressemblent & des carpelles dejäa carenes, mais encore ouverts, qui porteraient une rangee d’ovules libres et dresses sur chacune de leurs marges.* 3) Nathorst (08), 7, pag. 15, Anm. 1. 16* 124 Dr. Fridolin Krasser. [24] IV. Bibliographisches Verzeichnis der zitierten Werke. Benecke, E. W. (066). — Die Stellung der pflanzenführenden Schichten von Neuewelt bei Basel. — Zentralblatt für Min., Geol. und Paläontol. 1906, Nr. 1. — (98). — Lettenkohlengruppe und Lunzer Schichten. — Bericht d. Naturforsch. Gesellsch. zu Freiburg i. B., Bd. X, 1898. Bornemann, J. @. (56). — Die organischen Reste der Lettenkohlengruppe Thüringens. (Fossile Cycadeen.) Jweipzig 1856. Brongniart, A. (25). — Observations sur les vegetaux fossiles renfermes dans le gres de Hör en Scanie. — Annales des sciences naturelles, T. IV, 1825, pag. 200 squ. — (28). — Prodrome d’une histoire des vegetaux fossiles. (Dietion. des sciences natur. LVII.) Paris 1828. 8°. — Histoire des vegetanx fossiles. Paris, Tome I, 1828—1837; Tome II (un- vollendet!), 1837 —38. — (49). — Tableau de genres des vegetaux fossiles, consideres sous le point de vue de leur classifieation botaniqae et de leur distribution g&ologique. — Dict. univ. d’hist. nat., XIII, pag. 52, Paris 1849. Endlicher, St. (47). Synopsis Coniferarum. San Galli 1847. Ettingshausen, C. v. (51). — Beiträge zur Flora der Vorwelt. II.: Monographia Calamariarum fossilium. — Haidingers Naturw. Abh., IV. Bd., I. Abt., Wien 1851. Fontaine, W. M. (83.. — Contributions to the knowledge of the older m=sozoic Flora of Virginia. — U. S. G. S. Monogr. VI. Waslington 1883. Geinitz, H.B. (55). — Die Versteinerungen der Steinkohlenformation in Sachsen. Leipzig 1855. Germar, E. F. (44). — Die Versteinerungen des Steinkohlengebirges von Wettin und Löbejün. Haile 1814. Goeppert, H. R. (44). — Über die fossilen Cycadeen überhaupt, mit Rücksicht auf die in Schlesien vorkommenden Arten. — Übersicht der Arbeiten und Ver- änderungen der Schlesischen Gesellschaft zu Breslau. 1844. Halle, Th. G. (08). — Zur Kenntnis der mesozoischen Egnisetales Schwedens. — Kungl. Svenska. Vetenskapsakad. Handl., Bd, 43, Nr. 1. (1908.) Heer, O. (65). — Die Urwelt der Schweiz. 1. Aufl. Zürich 1865. — (79). — Die Urwelt der Schweiz. Zweite umgearbeitete und vermehrte Auflage. Zürich 1879. — (76). — Flora fossilis Helvetiae. Die vorweltlicbe Flora der Schweiz. Zürich 1876—77. — Die zweite Lieferung erschien nach Malloizel Osw. Heer, Bibliographie, pag. 42, Stockholm 1887, gleich der ersten Lieferung bereits 1876. Am Umschlag der zweiten Lielerung steht 1877. Krasser, F. (08). — Kritische Bemerkungen und Übersicht über die bisher zutage geförderte fossile Flora des unteren Lias der österreichischen Voralpen. — Wiesner-Festschrift, Wien 1908. — (09). — Die Diagnosen der von Dionysius Stur in der obertriadischen Flora der Lunzer Schichten als Marattiaceenarten unterschiedenen Farne. — Sitzungs- bericht d. kais. Akad. d. Wissensch. in Wien, mathem.-naturw. Kl., Bd. CXVIII, Abt. I, Jänner 1909. — (09 A). — Übersicht über die Marattiaceen der Lunzer Flora. — Akadem. Anzeiger, Wien, Sitzung der mathem..naturw. Kl. vom 7. Jänner 1909. — (05). — Fossile Päanzen aus Transbaikalien, der Mongolei und Mandschurei. — Denkschr. d. kais. Akad. d. Wissensch. Wien, mathem.-naturw. Kl., Bd. LXXVIII, 1905. — (96). — Beiträge zur Kenntnis der fossilen Kreideflora von Kunstadt in Mähren. — Beiträge zur Paläontologie und Geologie Österreich-Ungarns und des Orients. Bd. X, Heft 3. Wien und Leipzig 1896. Leuthardt, F. (03). — Die Keuperflora von Neuewelt bei Basel. I. Teil. (Phanero- gamen.) — Abh. d. Schweizer. Paläontol. Gesellsch., Vol. XXX, 1903. Zürich 1903. — (04). -— II. Teil. (Kryptogamen.) — Ibid. Vol. XXXI, 1904. Zürich 1904. Lignier, OÖ. (08). — Le fruit des Bennettitdes et l’ascendence des Angiospermes. — Bull. Soc. botan. de France, T. 55, Mem. 13. Paris 1908. [25] Zur Kenntnis der fossilen Flora der Lunzer Schichten. 125 i. Lindley, J. and Hutton, W.(34). — The fossil Flora of Great Britain. Vol. II. London 1834. Nathorst, A. G. (78). -- Beiträge zur fossilen Flora Schwedens. Stuttgart 1878. — Deutsche (vermehrte) Ausgabe von Nathorst (75): Bidrag till Sveriges fossila Flora. — Kung]. Sv. Vetensk. Akad. Handl. XIV, Nr. 3. Stockholm 1875. — (0°). — Beiträge zur Kenntnis einiger mesoroischer Cycadopbyten. — Kungl. Svenska Vetenskapsakad. Handl., Bd. XXXVI Nr. 4, 1902. — (06) 2. — Bemerkungen über Clathropteris meniscoides Brongn. — Ibid., Bd. XLT, Nr. 2. 1906. — (06) 5. — Pictyophyllum und Camptopteris spiralis. — Ibid., Bd. XLT, Nr. 5. 1906. — (07). — Über Thaumatopteris Schenkii Nath. — Ibid., Bd. XLIL, Nr. 3. 1907. — (Bj). — Om Floran i Skänes kolförande Bildningar. I. Floran vid Bjuf. Sver. Geolog. Undersökn., ser. C. Afh. och upps. Nr. 27, 33, 85. Stockholm 1878— 1886. — (08). 4. — Paläobotanische Mitteilungen. 4. — Kungl. Svensk. Vetenskapsakad. Handl., Bd. XLIII, Nr. 6. 1908. ie — (08). 7. — Paläobotan., Mitteilungen 7. Uber Palissya, Stachyotaxus und Palaeo- taxus. — Ibid., Bd. XLIII, Nr. 7. 1908. Potonie, II. (97—99). — Lehrbuch der Pflanzenpaläontologie mit besonderer Rücksicht aut die Bedürfnisse der Geologen. — „Die erste Lieferung (S. 1—112) erschien im Febrvar, die zweite (113—208) im Auzust 1897, die dritte (209— 288) im April 1898 und die Schlußlieferung im September 1899.“ — IE). — Fossile Filicales in Engler-Prantl, Natürliche Pflanzenfamilien, J. Teil, IV, Abt. — (00), IX. — Zur Nomenklatur der Fossilien. — Naturwissensch. Wochenschrift, Bd. XV. 1900. — (C0). XI. Nr. 27. — Mit der rezenten Polypodiaceengattung Dipteris verwandte oder generisch idente mesozoische Reste. Ibid. — (03). — Abbildungen und Beschreibungen fossiler Pflanzen. Lief. I. Berlin 1903. Raciborski, M. (94). — Flora kopalna ogniotrwalych glinek Krakowskich, — Czesc I. Pamietnik Wydz. mat. przyr. Akad. Umiej, XVIII. 1894. Schenk, A. (67). — Die fossile Flora der Grenzschichten des Kenpers und Lias Frinkens. Wiesbaden 1867. Schenk, A. und Schimper, W. Ph. — Paläophytologie. München und Leipzig 1879—1890. (IS. A. Zittel, Handbuch der Paläontologie, II. Abt.) Schimper, W. Ph. Trait@ de paleontologie vegetale. 3 Vol. und Atlas. Paris 1844— 18574. (69). — Vol. I. (70-72). — Vol. II. (74). — Vol. II. (74 A). — Atlas. Schumann, RK. (94). — Lehrbuch der systematischen Botanik, Phytopaläontologie und Pbytogeographie. Stuttgart 1894. Seward, A. C. (9). — On the structure and affinities of Matonia pectinata R. Br. with notes on the geological history of the Matonineae, — Philos. Transact. of the Roy. Soc. of London, Ser. B, Vol. 191. London 1899. — (10). — Catalosue of the mesozoie plants in the department of geology. British Museum (Natural history). The Jurassic Flora. I. The Yorkshire coast. London 1900. Seward, A. C. and Dale, E. (01). — On the structure and affinities of Dipteris, with notes on the geological history of the Dipteridinae. — Philos. Transact. of the Roy. Soc. of London, Ser. B, Vol. 194. 1901. Seward, A. C. and Ford, S. O. (03). 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Ihre ausführliche Besprechung bleibt einer besonderen, späteren Publikation vorbehalten. Wie schon im Titel angedeutet, stammt der erste, der geologisch- petrographische Teil, zu dessen Erläuterung die Tafeln III und IV dienen sollen, von Dr. K. Hinterlechner. Der zweite, der chemische Teil und alle dazu gehörigen Tabellen und Tafel V sind dagegen von ©. v. John ausgearbeitet worden. Die Tafel III ist Hinterlechners Arbeit: „Geologische Verhältnisse im Gebiete des Kartenblattes Deutsch- brod“ (Jahrbuch der k. k. geol. R.-A. 1907, Bd. LVII, pag. 115—574) entnommen, auf welche Publikation auch insofern verwiesen sein möge, als dort Angaben vorkommen, die hier nicht reproduziert werden sollen, um unnötigen Wiederholungen vorzubeugen, auf welch erstere indessen mehrfach verwiesen werden wird. Geologisch-petrographischer Teil. I. Granite. Ihrer Natur nach können wir bei den Graniten zwei größere Gruppen unterscheiden. Die eine soll jene Felsarten umfassen, die früher als ,„roter Zweiglimmer(granit)gneis mit lokal Jahrbuch d.k. k. geol. Reichsanst., 1909, 59. Bd., 1. IIft. (Hinterlechner u, v .‚John.) 128 Dr. Karl Hinterlechner und C. v. John. [2] herrschendem Biotit“'!), beziehungsweise als „roter amphi- bolführender Biotitgranitgneis mit wechselnden Mengen von Muskovit“?°) bezeichnet wurden; die Vertreter der zweiten Gruppe wollen wir dagegen vorläufig ganz allgemein als „Nassaberger Granite“ benennen. Sofern unser Aufnahmsgebiet allein in Betracht kommt, ist die letztere Gruppe nur auf das Territorium des Kartenblattes Caslau und Chrudim beschränkt; die erstangeführte ist dagegen in diesem und im Gebiete des Blattes Deutschbrod vertreten. Dabei herrscht beidenorts der rote Zweiglimmergranitgneis über den roten amphibolführenden Biotitgranitgneis weit vor. Besonders oilt das Gesagte für das Gebiet des Caslau-Chrudimer Blattes, in welch letzterem dieser geradezu untergeordnete Bedeutung besitzt. Die gegenständlichen beiderlei Gebilde aus dem Bereiche des Kartenblattes Deutschbrod wurden bereits in der angeführten Arbeit geologisch abgegrenzt und ausführlich beschrieben. Deshalb ist in diesem Hinblicke nicht nur nichts mehr zu erwähnen, sondern es kann sogar dem dort in makro- sowie mikroskopischer Hinsicht Gesagten hier auch für die Gesteine des nördlichen Blattes volle Geltung eingeräumt werden. Im Wesen bleiben sich nämlich die in Rede stehenden zwei Felsarten in beiden Landgebieten völlig gleich. Im einzelnen ist zwar der rote Zweiglimmergranitgneis in den nörd- lichen (Caslau-Chrudimer) Gebieten etwas körniger, das heißt weniger schiefrig und vielleicht etwas häufiger aplitisch entwickelt als im Süden, allein das ist nieht das Charakteristische daran; beides kommt auch im südlichen Distrikt, nur etwas seltener vor. Im Hinblicke auf die aplitische Ausbildung ist es indessen auch möglich, daß dort nur etwas öfter wirkliche Aplite auftreten, die man jedoch bei der vorhandenen Waldbedeckung nicht sehen kann. Wegen dieser Sachlage haben wir unseren älteren Angaben über diese Felsarten hier hauptsächlich nur noch: 1. die Abgrenzung der (beiden) roten Granitgneise im Gebiete des Blattes Oaslau und Chrudim, 2. einige nachträgliche Bemerkungen .und 3. die Be- sprechung der bezüglichen chemischen Analysen hinzuzufügen. Die nachträglichen Bemerkungen beziehen sich auf eine gewisse Ausbildung des roten amphibolführenden Biotitgranitgneises aus dem Gebiete des Kartenblattes Deutschbrod allein. I. Roter Zweiglimmergranitgneis mit lokal herrschendem Biotit. „Das Hauptverbreitungsgebiet dieser Felsart ist im Territorium des Caslau-Chrudimer Blattes in dessen südöstlicher Sektion zu suchen, wo sie auf der Strecke zwischen der Anhöhe Vöstec, K. 666, und der Lokalität „zu Kocourov“ mit den gleichen Gebilden aus dem Gebiete des Kartenblattes Deutschbrod zusammenhängt. Von der Anhöhe Vestec, K. 666, am südlichen Blattrande, bis etwa zum Parallelkreise von Bestvin (nicht ganz) ist dieser 1) Pag. 139— 158. 2) Pag. 159 —163. - [3] Über Eruptivgesteine aus dem Eisengebirge in Böhmen. 129 Granit mit ganz untergeordneten Ausnahmen das einzige Gestein, aus dem der hier für böhmische Terrainverhältnisse steile Rand des sogenannten Eisengebirges aufgebaut ist. In westlicher Richtung grenzt er auf der angegebenen Strecke ausnahmslos nur an Sedimente des Kreidemeeres. Erst östlich Bestvin keilen sich zwischen den Granit und die Kreide ältere Gebilde ein als es die letztere ist. Es sind dies alte Grauwacken und Kalke. Für die Tatsache, daß sich der gegenständliche Granit auch am Aufbaue der Kaikova hora beteiligen muß, spricht der Umstand, daß auf deren beiden Lehnen Schutt davon nachweisbar vorkommt. Die bezüglichen später erfolgenden kartographischen Ausscheidungen sind indessen nur schematischer Natur. Aufgeschlossen kann das angeführte Gestein (in nördl. Richtung fortschreitend) erst im romantischen Hedwigstale, also in der äußersten NW-Ecke der SO-Sektion, angetroffen werden, wo es größtenteils die beiden Tallehnen bildet und nördlich und südlich an alte Schiefer, im Westen zum Teil an gleiche Gebilde, zum Teil an die Kreide und im Osten an Sedimente des Rotliegenden angrenzt. Dieses Vorkommen breitet sich über Podhrad einerseits bis nördlich von Zbyslavec und anderseits (vermutlich) bis Chvalovic (-Zleber) aus, welche Ortschaften schon insgesamt in den beiden nördlichen Sektionen gelegen sind. Die Granitterritorien von Zbyslavec und Chvalovic werden im Krkankakamme durch Grauwackenschiefer voneinander geschieden. Ihre östliche, beziehungsweise westliche Grenze wird relativ von Lehm, beziehungsweise Lehm, Schotter und Schutt gebildet. Das Auftreten der genannten Schiefer bietet dem Erscheinen des Granits auch gegen Nord die Grenze. Ganz untergeordnete Vor- kommen wurden an einer Stelle nördlich Chvalovie (in Gangform) und nördlich Podhoran (Lesesteine) vorgefunden. Am westlichen Rande des Eisengebirges werden hierher gehörige Gebilde weiters an einer Stelle im Walde nördlich SemtesS, K. 337 (im LitoSicer Revier), konstatiert. Das Gestein grenzt hier durch- sehends nur an lockere Sande (offenbar zerfallene Kreidesandsteine). Erwähnen wir noch ein größeres, von Nord zungenförmig in unser Gebiet hereinragendes Vorkommen östlich HoruSic, bezie- hungsweise unmittelbar am nördlichen Blattrande, das in südlicher Richtung fast bis K. 323 reicht, so ist damit die Abgrenzung gegen West auf der ganzen Linie erfolgt. Auch die soeben angeführte Aus- scheidung grenzt in unserem Aufnahmsgebiete nur an lockere Sande. Die östliche Grenze des roten Granitgneises verläuft im Anschlusse an das südliche Kartenblatt östlich von der Straße Zdireece—Kamenic-Trehov, beziehungsweise westlich von den Ort- schaften Jan&our und Drevikov zur östlichen Blattgrenze bei „zu Freihammer“. Von hier an greifen auf der Strecke über Kamenic-Trehov, Kamenitek und Travny verschiedene Granite ineinander ein, wie dies folgende Betrachtungen lehren. Iı der südöstlichen, östlichen und nordöstlichen Umgebung von K. 604, nordöstlich Kamenic-Trehov findet man allgemein noch Jahrbuch d.k.k. geol. Reichsanst., 1909, 59. Bd., 1. Hft. (Hinterlechner u. v. John.) 17 130 Dr. Karl Hinterlechner und C. v. John. [4] Lesesteine und Blöcke von rotem Granitit, der verschieden deutliche Spuren schiefrigen Gefüges aufweist. Das klein- bis mittel- körnige Gestein wird zum Teil ganz aplitisch. Ähnliche Verhältnisse herrschen auch um K. 561. Zwischen dieser Stelle und K. 604 begegnet man dagegen auch Blöcken eines später zu besprechenden Amphi- bolgranitits, der insofern schon hier besondere Beachtung verdient, weil er ausnahmslos an die Grenze zwischen dem roten Granitgneis und einem erst zu schildernden grauen Granitit, beziehungsweise zumindest an die nächste Nachbarschaft dieser Grenze gebunden ist. Verfolgen wir nun die neue!) Straße, die von Kamenic- Trehov am rechten Chrudimkaufer nach Bradlo führt. Gleich hinter Kamenic hatte man es mit einem Lehm und mit dem roten Biotitgranitgneis zu tun. Manchmal war dieser stark aplitisch. Lokal (zweimal) fand man indessen auch Blöcke eines grauen Granitits. Ob der letztere schon hier ansteht, ist fraglich; weiter nördlich ist dies der Fall. Daß wir uns indessen an der besagten Stelle nicht weit von der Grenze des roten Granit- sneises befinden, dafür spricht folgende Beobachtung. Am Ende des Hohlweges, der von der Anhöhe „v Krizich“ herabkommt, wurde anstehender, grauer Amphibolgranitit angetroffen, der an einigen Stellen von einem roten Aplit durchadert wird. Ferner wurde im Hohlwege unmittelbar hinter der Wegverzweigung (wenn man von Kamenic kommt) ein ganz verwitterter Biotitgneis mit einem Amphibolit beobachtet, der in h 10 streicht und nach h 4 verflächt; Fallwinkel ca. 50°. Bis zur westlich folgenden Depression stehen dann mit einer Aus- nahme an der Straße graue Amphibolgranititblöcke an. Zwei davon waren auch hier von rötlichen Aplitadern durchquert. Die erwähnte Ausnahme bildet eine Stelle, an der roter Granitgneis anstehend gefunden wurde. Manchmal wird er auch hier ganz aplitisch — wenn dies nicht echte Aplite sind. Einzelnen Blöcken fehlt übrigens die Schieferung. Auf dem weiteren Wege hatte man es fast bis zur Weg- abzweigung südlich Kamenitek nur mit dem roten Granit- gneis zu tun. Erst einige Schritte vor dem angeführten Punkte erscheint abermals der graue Amphibolgranitit, und zwar in Blockform. Dieser ist besonders an dem gegen Süd führenden Karren- wege in großen Blöcken anzutreffen, wohin er offenbar von den Feldern zusammengeführt wurde. An einem Blocke wurde hier eine Erscheinung beobachtet, die eventuell dafür spräche, daß der rote Granititgneis im grauen Amphibolgranitit als Einschluß auftritt: vom ersteren haftet eine Partie am zweiten. Ganz sicher ist indessen diese Erklärung nicht, da die ins Auge gefaßte Partie auch von der Grenze beider stammen könnte, so daß am grauen Granitit nur eine Spur des roten bei ihrer Trennung erhalten geblieben wäre. ‘) Ist im Jahre 1907 noch als neu deutbar gewesen. [5] Über Eruptivgesteine aus dem Eisengebirge in Böhmen. 131 In teilweisem Gegensatze zu den Verhältnissen an der Straße findet man am Karrenwege, der nach Kamenitek führt, zahlreiche hellgraue, zumeist jedoch hellblaßrötliche Biotitgranitblöcke. Knapp westlich bei der Wegverzweigung herrscht auch noch der graue Amphibolgranitit, um erst nach etwa 30 Schritten ganz zu verschwinden, weil der rote Granitgneis mit teilweise aplitischen Formen wieder erscheint; er bildet da verschieden große Blöcke. Lokal war dagegen hier im Straßengraben grauer Granitit aufgeschlossen. Betreffs des Verbandes beider Gesteine kann nichts Genaueres angeführt werden. Denselben grauen Granitit findet man übrigens auch nördlich vom besagten Distrikt und im Dorfe Kamenitdek selbst. Letzteres nur mit dem Unter- schiede, daß manche Blöcke derart hell gefärbt sind, daß man es sich überlegt sie ohne Vorbehalt als graue Granitite anzusprechen. Vor der Depression, die von Kamenidek herabkommt, herrscht abermals nur der graue Amphibolgranitit. Dieser tritt in Form sroßer Blöcke auf, wobei er zu einem dunkelbraunen, lockeren Material verwittert. Auch hier wird das Gestein mehrmals von hellen Apliten durchquert, welche gut aufgeschlossen als Gänge von einer Mächtigkeit, die zwischen etlichen Zentimetern bis 3m schwankt, beobachtet wurden. Die letzteren werden manchmal in ihrer Aus- bildung dem roten Granititgneis sehr ähnlich. Eine Tatsache, die mit Rücksicht auf das Altersverhältnis des Granits beachtenswert ist, besteht in folgendem. Im roten Gesteine treten eckige Bruchstücke des grauen Amphibolgranitits auf. Mehr darüber später. In der aufgeschlossenen weiteren Straßenböschung fand man bis zum Meridian, der durch die Brücke bei Kubatka gelegt werden kann, ebenfalls nur grauen Granitit. Seine ganze Masse muß indessen nicht von hier sein. Westlich von der eben angeführten Brücke hatte man es wieder nur mit einem roten Gesteine zu tun. Lokal war es schiefrig, beziehungsweise auch aplitisch entwickelt. Erst südwestlich K. 545 (und nordöstlich davon) findet man wieder Blöcke, die vom grauen Amphibolgranitit herstammen; sie sind deutlich schiefrig. Das herrschende Gestein ist indessen auch hier rot gefärbt. Westlich und nordwestlich K. 545 tritt roter Granitit auf, der manchmal ganz hellgrau wird, also keine Spur einer roten Farbe zeigt; lokal ist er schiefrig, beziehungsweise aplitisch. Auf dem weiteren Wege herrscht bis zur Straße Brädlo— Nassaberg mit Ausschluß von einer Stelle roter Granitit- (gneis). Die eine Ausnahme bildet die Gegend in der Mitte des halb- mondförmig gekrümmten Dorfes Travny, wo der graue Amphi- bolgranitit (an der Straße) gefunden wurde. Bezüglich der Grenzbestimmung auf der angeführten Strecke wollen wir uns nun noch folgendes vor Augen halten. Das linke Chrudimkaufer besteht ganz allgemein nur aus dem roten Granitgneis. In dem südlichen Teile der Waldungen des Plässenberges findet man dagegen verschiedene Ausbildungen des 128 132 Dr. Karl Hinterlechner und C. v. John. [6] grauen Granitits. Aufschlüsse fehlen hier völlig. Dasselbe gilt für den bezüglichen südlichen Waldrand. Wie rasch die Verhältnisse am rechten Chrudimkaufer wechseln, das zeigt die voranstehende Schilderung der Strecke Kamenic—Bradlo. — Aus diesen Tat- sachen folgt, daß die spätere, detaillierte, graphische Abgrenzung des roten Granitgneises im besagten Landstriche fast bestimmt ver- schieden wird aufgefaßt werden können. Letzteres auch deshalb, weil man oft nicht einmal den roten Granit von einem eventuellen ebensolchen Aplit sicher zu trennen imstande ist. Zumindest vor- läufig wollen wir uns jedoch die Grenze als nördlich Kamenitek und Travny zu K. 572 (südlich Javorny) verlaufend denken. Der weitere Grenzverlauf ist folgender: südwestlich Kräsny (Ort und K. 614), südlich, westlich, beziehungsweise nördlich Polanka, Chrudimkatal, nördlich Chlum und südlich Mezi- sv6t. Von Mezisvöt angefangen nimmt nun die Grenze wieder einen sanz unregelmäßigen Verlauf. Einige Angaben folgen später (Diorite des Chrudimkatales); hier genüge folgendes. Von der genannten Ortschaft verläuft die Grenze beiläufig über Krizanovic und Slavic in die Gegend östlich Hradist, über- setzt den Debernybach etwa in der Mitte seines Laufes und zieht sich durch den nördlichen Teil von Nassaberg zum Dorfe Bratranov, knapp am östlichen Blattrande. Von hier verläuft sie weiter um Voboric und Drahotic fast bis VejSsonin, wobei sie mehrmals die Blattgrenze quert. Als vom Hauptstocke losgerissene Inseln, die im grauen Granitit förmlich schwimmen, können die auf Grund von Lesesteinen konstatierten Vorkommen von nordwestlich Kräsny, südwestlich beziehungsweise südöstlich Böhm.-Lhotie und südwestlich Bra- tranov aufgefaßt werden. Soll schon für diese Funde gleich hier auch noch die Möglichkeit ins Auge gefaßt werden, daß man es viel- leicht mit roten aplitischen Gebilden zu tun habe, so gilt dies in einem nur noch größeren Maße für alle sonst im Verbreitungs- gebiete des grauen Granitits eventuell wo angetroffenen Lese- steine oder vereinzelte Blöcke. Fassen wir schließlich die nördliche Grenze des gegenständlichen (esteines ins Auge, so können wir selbe (im Osten anfangend) durch folgende Punkte ziehen: Gegend südlich Vejsonin und Pratov, Lieiborie, Petrfikov, Rthein, Gegend südlich von (Kalk) Podol, Anhöhe „Bucina“, K. 602, beziehungsweise östlich und südöstlich Kraskov. Bis auf die kleinen Vorkommen aus der Umgebung von Pod- horan und auf jenes nördlich Chvalovic, welch letzteres sichere Gangform besitzt, zeigen alle übrigen zumindest scheinbar den geologischen Charakter von Stöcken, deren Dimensionen indessen ziemlich großen Schwankungen unterworfen sind. Ohne den Tatsachen unrecht zu tun glauben wir übrigens, daß all die vereinzelten kleineren Granitinseln nur Ausläufer eines und desselben großen, zum Teil noch durch verschiedene andere, auch kontaktmetamorphe Gesteine ver- hüllten Granits vorstellen. Dieser letztere wird an zahlreichen Stellen [7] Über Eruptivgesteine aus dem Eisengebirge in Böhmen. 133 teils von jüngeren, und zwar basischeren Graniten, teils von Dioriten und noch basischeren Gesteinen durchbrochen. Über das Verhältnis derselben zueinander und zum Granit folgt mehr später. Zu den Lagerungsverhältnissen im Gebiete am nörd- lichen Rande des Blattes Deutschbrod wurde bereits anderenorts !) Stellung genommen. Im Zusammenhang mit jenen Angaben sei betreffs der Kreidesedimente am südlichen Rande des Kartenblattes Caslau und Chrudim hier kurz bemerkt, daß sich der Bruch von Libie auch gegen Sucha bestimmt fortsetzt. Wie es damit noch weiter gegen Nordost, also im Verbreitungsterritorium des roten Granit- gneises selbst bestellt ist, das wolle nun aus Folgendem entnommen werden. Genau nördlich Horni Lhotka (nördlich Male£) streicht der rote Granitgneis und das dortige Hornblendegestein ostwestlich und verflächt nördlich, Fallwinkel 40—50° Auch an der Straße, die von Male& in nördlicher Richtung (nach Modletin) führt, und zwar am dortigen südlichen Waldrande, sehen wir den Granitgneis noch in Stunde 9 streichen und nordöstlich verflächen. Uber die Verhältnisse östlich von dieser Stelle bis zum Graben, der sich von Chloumek gegen Pfedbor senkt, liegen keine bezüglichen Beobachtungen vor. Im angeführten Graben selbst streicht dagegen der Granitgneis in Stunde 2 und verflächt entsprechend östlich; Fallwinkel 40—50°., Dieselben Verhältnisse sehen wir dann unmittelbar südlich von Groß-Striter sowie sogar noch auf der Strecke zwischen Unter- und Ober-Bradlo, an welch letzter Stelle die Gesteine h 12—15 streichen und dementsprechend östlich einfallen. Weiter gegen Nord kann man von einem Streichen überhaupt nicht mehr reden, weil man es mit zu wenig schiefrigen Felsarten zu tun hat. Fassen wir nun die Gegend östlich vom genannten Chloumeker Graben ins Auge. Hier sehen wir den Granitgneis schon im Graben östlich Nehodovka schräg zur früheren Richtung, nach h 10—11, streichen und ostnordöstlich einfallen; Winkel 30°. Auf Grund dieser Tatsachen halten wir uns zu der Annahme berechtigt, daß sich die im Kreidegebiete Libic—Sucha konstatierte Dislokation auch weiterhin gegen Nordost fortsetzt. Sehen wir von dieser einen Störungszone ab, eine genaue Linie ist es ja bei der Sachlage untunlich zu verzeichnen, dann ist die Lagerung des Granitgeneises sonst als relativ ungestört aufzufassen. Das Verflächen zeigt nämlich stets eine östliche, beziehungsweise nordöstliche Richtung ohne sprungweise Änderungen zu verraten. Das Verhältnis des Granitgneises zur Schieferhülle soll in einer besonderen Arbeit ‚beleuchtet werden; einiges folgt übrigens am Schlusse dieses Teiles der vorliegenden Arbeit. ı) K. Hinterlechner, „Vorläufige Bemerkungen über die tektonischen Verhältnisse am Südwestrande des Eisengebirges auf der Strecke Zdirec— Licomöfic“. Verhandlungen der k. k. geol. R-A. 1906, pag. 403 und „Geolo- gische Verhältnisse im Gebiete des Kartenblattes Deutschbrod ete.* Jahrbuch der k. k. geol. R.-A. 1907, pag. 157, 314--315. 134 Dr. Karl Hinterlechner und C. v. John. [8] 2. Roter amphibolführender Biotitgranitgneis mit wechselnden Mengen von Muskovit. Die hier speziell noch anzuführenden Funde beschränken sich auf das Gebiet in der äußersten SO-Ecke des Kartenblattes Caslau und Chrudim, also auf die Umgebung von Jancour, Drevikov und „zu Freihammer“. In der Regel hat man es nur mit Lese- steinen und mit kleinen Blöcken (zwischen Jandour und Drevikov) zu tun. Die vorhandene Lehmdecke verschleiert ungemein die tat- sächlichen Verhältnisse. In einem Aufschlusse nördlich bei „zu Freihammer“ war die Amphibolverteilung ganz unregelmäßig. Da dieses Mineral auch sanz fehlt, deshalb kann man gegenständliche Felsart eventuell nur als eine fazielle Ausbildung der an erster Stelle beschriebenen auf- fassen, wogegen übrigens auch die Erfahrungen aus dem südlichen Gebiete in keiner Weise sprechen. Nachtrag zu den Angaben über den roten amphibolführenden Biotitgrauitgneis mit wechselnden Mengen von Muskovit aus dem Gebiete des Karten- blattes Deutschbrod!). „Im Gebiete“ der Kohoutau-VSeradover Partie „wurde knapp am Kartenrande, nordöstlich K. 594 der großen Karte eine hierher gehörige Probe gefunden, die gar keinen Glimmer sondern nur dunkelgraue Hornblende führt. Diese letztere kann in kleineren Nestern oder: einzeln auftreten” (l. c. pag. 161). Die=,Nesier- können wir vorläufig als „basische Schlieren“, ihre Umgebung als „Hauptgestein“ auffassen. x“) Hauptgestein. Dieses ist sehr reich an fettglänzendem Quarz. Hinter demselben steht der weiße bis hellgraue, bei der Verwitterung der Felsart sich schwach bräunlich färbende Feldspat weit zurück. Untergeordnet bildet der letztere Einsprenglinge. Noch weniger ist von der dunkelgerauen Hornblende vorhanden. Selbe bildet kurze, feine Nädelchen. Diese treten einzeln auf oder in ganz kleinen Gruppen. Schließlich fallen schon dem unbewaffneten Auge auch gewisse kleinwinzige Gebilde durch ihre rote Farbe und durch sehr starken Glanz auf; es sind Zirkonkörnchen. U. d. M. entpuppt sich das Gestein als aus denselben Elementen bestehend; auch die Mengenverhältnisse bleiben die gleichen. Er- sgänzend dazu sei deshalb nur folgendes bemerkt. Der Feldspat ist fast regelmäßig zwillinggestreift (Albitgesetz); dazu kommt auffallend häufig eine weitere Verzwillingung nach dem Periklingesetz, Ungestreifte Feldspäte gehören zu den Seltenheiten. Die Existenz des Orthoklases konnte deshalb optisch nicht nach- gewiesen werden. Dies gilt ebenso für die Feldspäte der Grundmasse wie für die Einsprenglinge. Die Natur der letzteren erhellt aus fol- genden Bestimmungen. 1) Cf. l. c. pag. 159—163. a [9] Über Eruptivgesteine aus dem Eisengebirge in Böhmen, 135 1. Quarz-Feldspat-Bestimmung nach Becke. Kreuzstellung:: [4 nr o>Y Bi folglich: Albit... Ab — Ab, An.. 2. Symmetrische Zone; Auslöschungsschiefenmaximum mit Bezug auf die Albitzwillingsgrenze: 10° Wahrscheinlich auch ein Hinweis auf den Albit. 3. Die symmetrischen Auslöschungsschiefen sind ausnahmslos nur sehr klein. Dies gilt auch für die Einsprenglinge, an denen gewöhn- lieh die Fläche M stark entwickelt ist. Sind die Feldspäte nicht zu sehr zersetzt, so kann man sie wegen dem Fehlen von Lichtbrechungsunterschieden gegenüber dem Quarz von diesem nicht gut und leicht trennen. Deshalb kann sich der Albit auch schon sehr stark der Oligoklaszusammensetzung nähern. Der Albit ist stets mehr oder weniger kaolinisiert; auch ein Mineral der Zoisit-Epidot-Gruppe entsteht aus ihm. Nach dem Feldspat interessiert uns vornehmlich nur noch der Amphibol, betreffs dessen (l. ec. pag. 162) folgendes bemerkt wurde. „Die Form ist stets unregelmäßig, die ‘Schnitte sind meist leisten- oder nadelförmig nach der kristallographischen c-Achse gestreckt. Nur ganz seltene Schnitte zeigen die Trassen der Flächen (110). Die diesen Flächen entsprechende Spaltbarkeit war stets sehr deutlich ausgebildet. Im durchfallenden Lichte waren die Schnitte verschieden grün oder gelb gefärbt. Eine vollkommen sichere Be- stimmung der Achsenfarben war vorläufig nicht durchführbar. Annäherungsweise fand ich jedoch a hellgelb, b grasgrün mit einem Stich ins Bräunliche und c blaugrün. Die Absorption war in derlei Schnitten c>b>a. Die Auslöschungsschiefe betrug mit Bezug auf die prismatische Spaltbarkeit 16 bis 179,“ Zirkonkörner können lokal angehäuft in ziemlicher Menge zur Entwicklung gelangen. In der Regel sind ihre Dimensionen nur sehr gering. Leistenförmige Gestalten mit einer Längsspaltung der- selben kommen nur ausnahmsweise vor. Der Pleochroismus war deutlich und zwar hellolivengrün und fast farblos. Dem Apatit könnte ein nur einmal beobachtetes, - quer- segliedertes, sehr schwach doppelbrechendes Leistchen angehören. Der Menge nach ist davon nur sehr wenig verschieden der Magnetit. Seine Körner sind winzig klein. In ein paar Fällen wurde ein zersetztes Element vorgefunden, das noch am ehesten von einem Biotit herstammen könnte. Wie die Menge, so war auch die Größe der Einzelindividuen ganz un- bedeutend. ß) „Basische Schlieren.“ Während im Hauptgestein die hellen Elemente über die farbigen weit vorherrschen, sehen wir hier das Gegenteil davon: die grüne Hornblende ist nahezu ganz allein zur Ausbildung gelangt. Ihre Dimensionen sind dabei so klein, dab 136 Dr. Karl Hinterlechner und €. v. John. [10] das Gefüge sehr feinkörnig wird. Feldspat kommt nur untergeordnet vor. Der Quarz war nicht sicher nachweisbar. U. d. M. verriet die Hornblende dieselben Merkmale wie im Hauptgestein. An der ganzen Erscheinung wäre im Grunde weiter nichts Besonderes, falls man von der später zu besprechenden Analyse des Hauptgesteines ganz absehen könnte. Im letzteren Fall würde man die dunklen Partien (des Gesamtgesteines), wie oben angeführt 1), kurz als basische Schlieren deuten, die in einem (größtenteils) graniti- schen Magma zur Ausbildung gelangt sind. Möglich ist jedoch auf Grund der Analyse noch eine andere, und zwar diametral entgegen- gesetzte Auffassung. Weitere Angaben folgen diesbezüglich in der nachstehenden Diskussion der chemischen Analysen. Ih, IT: III. 04:..1an WA) 16°26 76:10 AO. Vocal 13:06 13:40 TR DUB Sa se) 1:00 0:87 VE) VRR Mal 126 0:89 UN. Bu un. E_ DO ed 124 3:56 U 030: 2 017 0-41 KO >. 00 231 0.32 Wa... 4.29) 679 3:67] 998 3.581 30 DER 2 0:13 0:33 2:0. 10 ROTE 015 0:96 Glühverlust . 0'536 0:56 0-50 Summe . 10103 99-81 10092 I. Roter Granit vom linken Bachufer südwestlich Hut; II. Amphibolgranitit aus der Gegend bei Hut (westlich davon) am rechten Bachufer; ö5 Ill. Hauptgestein nordöstlich Zdireec, am Blattrande und süd- westlich K. 559. Von den voranstehenden drei Analysen wollen wir zuerst nur die beiden ersten ins Auge fassen. Auf den hohen 8i0,-Gehalt ist die Ausscheidung der Kiesel- säure als Quarz zurückzuführen. Weil vom F&0O,; und FeO ein relativ beträchtlicher Teil als Erz (Magnetit) zur Ausscheidung kam, deshalb ist es sehr wohl erklärlich, warum diese Gesteine so oft. derart arm an farbigen Elementen sind. Als letztere erscheinen in sehr geringer Menge Biotit und (in II) neben diesem spurenweise eine grüne Hornblende. Von dem ohnedies nicht sehr bedeu- tenden K, O-Gehalte entfällt ein aliquoter Teil auf den Magnesia- slimmer. Die Menge des letzteren ist wohl am deutlichsten durch den minimalen Mg O-Gehalt des Gesteines charakterisiert, obschon 3) Pug. 194. [11] Über Eruptivgesteine aus dem Eisengebirge in Böhmen. 137 sich diese ihrerseits im Falle II neben dem Eisen, Kalk und bedingungsweise Na, 0 auch an dem Aufbaue des Amphibols be- teiligt. Der X, O-Gehalt kann demnach nicht in seiner Gänze an der Zusammensetzung des Orthoklas und das ÖaO nicht nur an jener des Plagioklas partizipieren. Im Hinblick auf diese Erkenntnis stimmt demnach die mikro- skopische Bestimmung des Plagioklas (Albit und Oligoklas) gut mit dem chemischen Resultat überein. Betreffs seiner Menge im Verhältnis zum Orthoklas kommt ein Prävalieren des triklinen Feldspates zum Ausdrucke. Konstant ist letzteres freilich nicht. Vom Na, O0 der ll. Analyse könnte sehr leicht etwas in der Hornblende untergebracht sein, so daß dadurch bei sonst gleichbleibenden Ver- hältnissen die Plagioklasmenge etwas ab-, jene des Orthoklas hin- gegen zunehmen könnte. Betreffs der Kieselsäure, Tonerde, MgO, F&O, und FeO ver- raten sich in der dritten Analyse keine (oder keine wesentlichen) Abweichungen gegenüber den beiden ersten. Im Hinblick auf diese kann man deshalb das III. Gestein mit dem I. und II. erfolgreich vergleichen und insofern als Granit auffassen. Differenzen ergeben sich dagegen betreffs des CaO und der Summe der Alkalien. Der Kalkgehalt ist im Vergleiche zu den beiden ersten Analysen- werten fast verdreifacht; die Summe der Alkalien dagegen gleich- zeitig relativ stark vermindert. Dabei verhalten sich K,O und Na, O nicht gleich. Die Menge des Na, 0 bleibt fast konstant. Dies nament- lich im Vergleiche zu jener, welche dıe II. Analyse anzeigt; die X, O- Menge sinkt dagegen auffallend herab. Weil das Gestein gut erhalten ist, muß angenommen werden, daß ein merklicher Verlust an Alkalien nicht erfolgt sein kann durch einen Zersetzungsprozed. Eben deshalb ergibt sich nun aus dem Ver- gleiche der gegenständlichen Analyse mit anderen Granitanalysen die Erkenntnis, daß die Alkaliensumme, besonders jedoch die K, O- Menge an und für sich sehr gering und für ein granitisches Gestein geradezu abnormal ist. Das ÜaO erreicht hingegen fast die äußerste Maximalgrenze des Kalkgehaltes in Graniten }). Nimmt man an, daß das gesamte Kali dem Orthoklas angehört, so ergibt sich durch die Rechnung ein 1'89 prozentiger Orthoklas- sehalt des Gesteines. Eine Rechnung, zu der wir vielleicht berechtigt sind, da das K,O sonst theoretisch kaum wo vorkommen sollte. Eine derart kleine Orthoklas menge ist aber zumindest auffallend für eine granitische Felsart. Will man bezüglich der Orthoklasquantität noch sicherer gehen, so tut man gut auch mit folgender Tatsache zu rechnen. In sehr wenigen kleinen Schnitten lag, wie gesagt, ein zersetztes Mineral vor, das man nur für einen chloritisierten Biotit halten kann. Ist dieser in dem analysierten Pulver in gleicher oder eventuell gar in einer größeren Menge vorhanden gewesen, dann wäre er imstande obige, ohnedies geringe Orthokljasmenge noch um einen aliquoten (zwar sehr kleinen) Teil herabzudrücken. Unter Umständen könnte 1) Ct. Analysen in Rosenbusch’ „Elemente ete.*, T. Aufl., pag. 78. Jahrbuch d. k. k. geol. Reichsanst., 1909, 59. Bd., 1. Hft. (Hinterlechner u. v. John.) 18 138 Dr. Karl Hinterlechner und C. v. John. [12] also vorstehende Berechnung für den Kalifeldspat noch ungünstiger ausfallen. Zu nieder ist seine Menge sicher nicht berechnet. Aus all dem Vorgebrachten folgt mithin zumindest, daß unser „Hauptgestein“ kaum als ein ganz normaler Granit zu deuten ist. Deshalb wäre es auch möglich, daß dieses irgendeine aplitische, das heißt, sehr saure und dann (eventuell lokal) schlierenförmig auf- tretende Ausbildung jenes Gesteinstypus vorstellt, den ich später als besondere Art der Gabbrodiorite (cf. unten) besprechen werde. Die vermeintlichen (dunklen) „Schlieren* wären in dem Falle nur kleine Partien dieser Felsart — also das eigentliche „Hauptgestein“ — mit dem sie ohnedies viele gemeinsame Merkmale besitzen. Wegen dem zu großen Mangel an Aufschlüssen ist eine definitive Lösung dieser Frage indessen unmöglich. 3. Grauer Granitit. Als grauer Granitit kann der weitaus größte Teil der vorn pag. 128 allgemein als Gruppe der Nassaberger Granite zusammengefaßten Felsarten bezeichnet werden. Seinem Auftreten nach beschränkt er sich nur auf die südöst- liche Sektion des Blattes Caslau und Chrudim, in der er in zwei ausgebreiteteren und mehreren kleineren, getrennten Territorien naclı- weisbar vorkommt. Der größere hierher gehörige Granitstock liegt in unserem Aufnahmsgebiete beiläufig im Lokalitätendreiecke: Kame- nic-Trcehov, Nassaberg und Polanka. Dabei ist mit unserer östlichen Blattgrenze noch nicht die entsprechende Gesteinsgrenze erreicht; diese liegt im östlichen Nachbarblatte. Von. der älteren Nomenklatur teilweise abweichend wollen wir im weiteren nur (dieses Gestein der Kürze halber als Nassaberger Granit benennen. Das kleinere Vorkommen zeigt im Großen ebenfalls Dreiecksumrisse. Dabei bildet die südliche, kürzeste, als Basis aufgefaßte Seite eine Tangente des großen Chrudimkabogens unterhalb Sec. Die beiden anderen Seiten sind fast gleich lang; der Scheitel des Dreieckes liegt nicht ganz bei Kraskov. Nach dem größten in diesem Vor- kommen gelegenen Orte wollen wir es der Kürze halber im weiteren als Seder Granit bezeichnen. Ganz untergeordnete Vorkommen wurden nördlich, nordwestlich und westlich von Nassaberg konstatiert. Übrigens vergleiche man auch die Angaben pag. 130. Der Nassaberger Granit wird in der Natur durch herum- liegende Blöcke charakterisiert, die lokal weder der Menge noch der Größe nach vieles zu wünschen übrig lassen. Dadurch bekommen die dortigen großen, fürstlich Auerspergschen Waldungen örtlich mehr oder weniger Merkmale von Granitlandschaften. — Der Rede werte Aufschlüsse fand man gar nicht. Dies zwecks Beurteilung der folgenden Angaben betrefis der Grenzverhältnisse. Nordnordöstlich Kamenic-Trehov grenzt das Blockterritorium des grauen Granitits, wie schon andernorts bemerkt, an Blöcke und Lesesteine des eingangs besprochenen roten Granitgneises. u Pe VOEIEERNUN: [13] Über Eruptivgesteine aus dem Eisengebirge in Böhmen 139 Im Grenzgebiete beider wurden zudem östlich K. 601 Blöcke eines dioritischen Gesteines konstatiert. Im Dorfe Rohozna sowie in dessen Umgebung wurden die vorhandenen Blöcke als grauer Granitit gedeutet; dasselbe gilt auch noch für die Umgebung der Kote 601 südwestlich vom genannten Orte und für das Gestein an der Straße Rohozna—Kamenie bis etwa zur Straßenbiegung (in der Mitte der genannten Strecke). Weiter südlich nimmt der Granitit einen dunklen Amphibol auf und macht auf diese Weise einem Amphibolgranitit den Platz. Eben dasselbe sehen wir sich vollziehen auf der Anhöhe südöstlich Rohozna, beziehungsweise östlich K. 562. Ohne jede andere Merkmalsänderung nehmen hier einige der vorhandenen Granititblöcke dasselbe Mineral auf. Die Verhältnisse auf der Strecke Kamenic-Trehov, Kame- nicek, Travny und fast bis Bradlo wurden bereits vorn beleuchtet; da greifen bekanntlich vornehmlich der rote Granit- sneis oder Aplite, die ihm nahe stehen und ein grauer Amphibolgranitit sehr kompliziert ineinander. Amphibolfreier, grauer Granitit kommt hier nur sporadisch vor (cf. pag. 130). Wesentlich anders verhält sich die Umgebung von Javorny. Hier herrscht der amphibolfreie, graue Granitit; allein dies mit der Einschränkung, daß auf dem Wege (über den Plässenberg) nach Kamenic-Trehov neben demselben zahlreiche Proben gefunden werden, die als hellgrauer, grau bis hellgrauer, als grauer Biotit- sranit mit schwachem Stiche ins Rötliche oder sonst irgendwie der- artig bezeichnet werden müssen. Die Verhältnisse zwischen den Ort- schaften Kamenic-Trehov, Travny und Javorny entziehen sich unseren Angaben wegen dem dortigen Waldbestande vollkommen. Infolgedessen muß die entsprechende Abgrenzung des grauen Granitits von vornherein als unsicher bezeichnet werden. Verfolgt man den Weg, der von Javorny über Kräsny (Lok.) und östlich von der gleichnamigen K. 614 nach Polanka führt, so bewest man sich mit Ausschluß von zwei Stellen im geschlossenen Gebiete des grauen Granitits. Die vermeintlichen Ausnahmen bilden die Gegenden um den Schnittpunkt der Karrenwege westnord- westlich vom Dorfe Kräsny und die Wegstrecke südsüdöstlich K. 578 (südöstlich Polanka). An der erstgenannten Stelle geht der graue Granitit durch Amphibolaufnalme in einen Amphibolgranitit über; an der zweiten wurden dagegen Spuren des roten Granit- gneises vorgefunden. Weichen wir von dem angeführten Wege nach links, also gegen Süden, beziehungsweise Südwesten ab, so treffen wir besonders in der Gegend bei Kräsny ganz ausnahmslos recht bald auf Funde, die für die Existenz des roten Granitgneises in der dortigen Gegend sprechen. Dabei verlauft die gegenseitige Grenze beider Felsarten mehr oder weniger dem angegebenen Wege parallel. Südwestiich Polanka wurde die Grenze als durch K. 540 ver- laufend aufgefaßt, von welchem Punkte sie sich in einem unregel- mäßigen Bogen westlich um die genannte Ortschaft zum Ohrudimka- flusse hinabzieht. Westlich Polanka und nördlich davon, beziehungs- 18* 140 Dr. Karl Hinterlechner und C. v. John. [14] weise westlich Chlum liegen auf dem grauen Granit metamorpho- sierte Kalke. Wie an der Südgrenze des grauen Granitits so scheint sich auch im Norden ganz allgemein zwischen diesen und den roten. Granitgneis eine Zone des Amphibolgranitits, beziehungs- weise amphibolführenden grauen Granitits einzuschieben. Südlich Novy mlyn bis Spaleniste sehen wir nämlich mit einer einzigen kleinen Ausnahme am rechten Ufer der Chrudimka den grauen Granit allein anstehen; das linke bildet dagegen der rote Granitgneis und basische Gesteine. In ihrer Gesellschaft steht nun nordnordwestlich von der Brücke auch der erwähnte Amphibolgranitit wieder an; östlich Spaleniste kommt er Hand in Hand mit dem roten Granitgneis auf das linke Fluß- ufer. Dasselbe sehen wir weiter gegen Ost, nur mit dem Unterschiede, daß man dort statt mit Aufschlüssen nur mit Lesesteinen- dieser Felsarten zu operieren hat. In diesem Sinne waren wir bemüßigt das Terri- torium nördlich, zum Teil auch westlich und besonders nordöstlich und östlich Lipkov, beziehungsweise südlich Kopacov, zwischen Vedralka und Böhm.-Lhotie, nördlich bei Hodonin und bei Kve&tinsky zu deuten. Eine Ausnahme bildet nur die Gegend zwischen den beiden letztgenannten Ortschaften, beziehungsweise südlich Nassaberg. Hier übernimmt die Rolle des roten Granit- gsneises ein Diorit. Gleichzeitig mit dem Auftreten dieser Felsart wird der Amphibolgranitit besonders mächtig, was ein stärkeres Zurückdrängen des grauen Granitits verursacht. Seine Grenzlinie bekommt deshalb dort die Form eines von Hodonin durch den „Bukova“-Wald über Neudorf und über K. 508 zur östlichen Blattgrenze verlaufenden, gegen Nord unregelmäßig konkaven Bogens. Das nächstkleinere Vorkommen grauen Granitits haben wir vorn als Secer Granit benannt. Seine östliche Grenze quert diese Ort- schaft so, daß der größere Teil davon noch im Gebiete des gegen- ständlichen Gesteines liegt. Um das nordwestliche Dorf Zdäree zieht sich die Grenze in einem Bogen herum. Sie erreicht dabei noch K. 476 und den Wald nördlich davon. Wie nahe sie an Kraskov herankommt, ist nicht eruierbar. Hier verhüllen das Gestein vielleicht permische Ablagerungen. Dasselbe gilt für die westliche Grenze, und zwar dort mit Bezug auf die langgestreckte Gemeinde Potatky (Dolnf und Hornt) (= Unter- und Ober-Potatky). Die Grenzlinie zieht zwischen dieser und K. 481, auf der Lehne, fast genau in süd- licher Richtung zur Straße, die von Sec gegen SW führt, ohne jedoch K. 535 zu erreichen. Von hier verläuft die südliche Grenze in einer sehr schwach gebogenen Linie bei Oheb vorüber in die Gegend unmittelbar südlich von Se&ö. In dem derart abgegrenzten, dreieckförmigen Gebiete sind neben demin Rede stehenden Gesteine nur noch zwei größere Amphibolgranitit-Vorkommen konstatiert worden; das eine (vielleicht sind es übrigens zwei getrennte: ein größeres und ein kleineres) westlich Oheb, um K. 500 und das zweite (größere) nordwestlich (unmittelbar) bei Sec. In geologischer Hinsicht ist über das gegenseitige Verhältnis dieser Felsarten nichts Genaueres bekannt geworden. [15] Über Eruptivgesteine aus dem Eisengebirge in Böhmen. 141 Ganz untergeordnete Vorkommen von grauem Granitit wurden noch konstatiert: am Wege von Nassaberg nach Böhm.- Lhotie (zweimal), nördlich Nassaberg, beziehungsweise an der Chrudimka bei der Peklo M., südöstlich bei Slavic, auf dem Plateau am liuken Chrudimkaufer und schließlich nordöstlich von Hradist. Einige 'sporadische Vorkommen werden vorne pag. 130 angeführt. Im Tale, das der Weg von Nassaberg nach Böhm.-Lhotie passiert, wurde an diesen: das in Rede stehende Gestein anstehend angetroffen. Eine Partie davon war so schiefrig, daß sie eigentlich nur als Gneis zu bezeichnen wäre; eine andere vom selben Felsen vollkommen körnig. Hornblende war darin keine vorhanden. Ein benachbarter Fels zeigte dagegen auch Hornblendebestandteile. Eine geologische Trennung der beiden Felsarten war dabei ganz un- möglich. Das zweite Vorkommen am Wege zwischen Nassaberg und Böhm -Lhotic ist knapp östlich beim letztgenannten Dorfe zu suchen. Charakterisiert wird es durch Lesesteine und einzelne Blöcke. Ob selbe dort auch anstehen, ist ebenso unsicher wie für die Funde, die ostnordöstlich HradisSt gemacht wurden. Kommt man nach Hradist von Süd, so findet man übrigens im Graben beim ersten Hause ein braunes Verwitterungsprodukt, das kaum von etwas anderem herstammen dürfte als vom grauen Granitit. Als ein bestimmt vorhandenes Granitvorkommen muß jenes von der Peklo M. aufgefaßt werden- Am Karrenwege, der von dieser über K. 422 zur Straße Nassaberg-Chrudim führt, fand man ilın nämlich anstehend vor, während sein Vorhandensein südwestlich von der angegebenen Lokalität durch zahlreiche Blöcke dokumen- tiert wird. In der ostsüdöstlichen Umgebung von Slavic wurden Blöcke des in Rede stehenden Gesteines angetroffen. Aus der Namengebung allein folgt, daß das Gestein von Nassaberg im frischen Zustande grau erscheint, was durch die Mineralkombination: weißer bis hellgrauer Feldspat, grauer Quarz und schwarzbrauner Biotit bedingt ist. Bei typischer Entwicklung und in gutem Erhaltungszustande kann höchstens der Feldspat davon abweichen; er bekommt dann einen Stich ins Fleischrote. Dies ist indessen nur ein seltener Fall: zum Beispiel nördlich Lipkov, beziehungsweise nordöstlich K. 518, einzelne Blöcke an der Straße. Vielleicht ist dies übrigens nur ein allererstes Verwitterungsstadium des Gesteines. Gewöhnlich wird es durch diesen Prozeß verschieden braun gefärbt. Einmal, beim Peklo mlyn, war der Quarz blau. Manchmal bemerkt man im Gesteine übrigens auch Pyritkörner. Nach der Größe der Elemente ist der graue Granitit mittel- körnig. Grobe und sehr kleinkörnige Ausbildungen sind selten, kommen jedoch auch vor. Ein starkes Vorlerrschen der Größe irgendeines Elements im Hinblicke auf jene der übrigen kommt nicht vor, obschon etwas srößere Biotitschuppen nicht zu den Seltenheiten gehören. Den 142 Dr. Karl Hinterlechner und ©. v. John. [16] Charakter von Einsprenglingen haben selbe demnach noch nicht. Eine ganz gleiche Rolle fällt lokal dem Feldspat zu. Verfolgt man den Karrenweg von Javorny über K. 598 bis Kamenic-Trehov, so findet man namentlich östlich von der erst- genannten Ortschaft Blöcke eines Granitits, der in zweifacher Hin- sicht von dem normalen Typus des grauen Granitits abweicht. Erstens ist seine Biotitmenge im Vergleiche zu jener des letzteren viel geringer; infolgedessen auch die Farbe bedeutend heller. Ferner kommt eben deshalb eine durch den Verwitterungsprozeß verursachte blaßrötliche Färbung deutlicher zum Ausdrucke. Beides Erscheinungen, durch die dergraue GranititdemrotenGranitit- gneis sehr nahe rückt. Letzteres namentlich dann, wenn die gegen- ständliche Ausbildung des grauen Granitits die entsprechend deutlichen Spuren einer Schieferung verrät, welches Phänomen im allgemeinen auch an dieser Felsart zu beobachten ist, obschon ‚seltener als an der erstgenannten. Zudem kommt noch der mißliche Umstand, daß lokal auch der rote Granitgneis nicht seine Farbe beibehält, so daß man es dann nicht weiß: liegt im speziellen Falle ein grauer „roter Granitgneis“ vor oder hat man es mit einem versprengten Ausläufer des wirklichen, schiefrigen, grauen Granitits im geschlossenen Gebiete des roten Granitgneises zu tun. Solche Beobachtungen machte man nordwestlich Hluboka und westlich Kremenic, wo schon Krejcı und Helmhacker _ tatsächlich grauen Granit kartierten. Die Struktur des grauen Granitits von Nassaberg ist durchgehends typisch körnig-granitisch. Wo Spuren einer Schieferung bemerkt werden, dort zeigen alle Elemente, besonders der Quarz, Merkmale, die auf einen wirksam gewesenen Druck hinweisen. Wesentliche Elemente sind selbstverständlich ungestreifter Feldspat, vom gestreiften ist wenig vorhanden, Quarz und Biotit; akzessorisch treten auf Muskovit, äußerst untergeordnet ein Amphibol und Titanit; Nebengemengteile sind Magnetit, Zirkon und Apatit; sekundäre Bildungen vertreten: Kaolin und ganz lokal Serizit in den Feldspäten, Chlorit und Rutilnädelchen im Biotit, ganz untergeordnet erscheint der Epidot im letzteren; im Gesteine aus der Gegend nördlich Lipkov, beziehungsweise nordöstlich K. 518 fand man im Schliffe auch ein Karbonat als Zersetzungsprodukt. Im speziellen ist der Feldspat, wie bemerkt, vorherrschend un- gestreifter Orthoklas. Für die Natur des Plagioklas sind folgende Merkmale charakteristisch. 1. Die Auslöschungsschiefen sind stets sehr gering; 2. drei Resultate nach der Becekeschen Quarz - Feldspat- Bestimmungsmethode ergaben: 0) Kreuzstellung (zweimal); RR 4 %) Parallelstellung, Quarz _ c getroffen; a >. 117] Über Eruptivgesteine aus dem Eisengebirge in Böhmen. 143 Der Plagioklas kann mithin als Albit gedeutet werden. Der Orthoklas zeigt so wie der Albit unregelmäßige oder nach M kurz leistenförmig gestreckte Durchschnitte; die terminalen Endigungen waren nicht ganz sicher deutbar. Die Verzwillingung erfolgt fast stets nach dem Albitgesetze; das Periklingesetz wurde zwar beobachtet allein sehr selten. Der Biotit ist im Schliffe in der Regel braun gefärbt; braun- grüne Schnitte scheinen bereits in Umwandlung begriffen zu sein. Der Achsenwinkel ist sehr klein; das Mineral erscheint fast einachsig. Einmal war der Biotit mit einem ganz vereinzelten Hornblendedurch- schnitte verwachsen. Die chemische Analyse des Amphibolgranitits aus dem folgenden Abschnitt kann auch hier Geltung haben, da die analysierte Probe nur sehr wenig Amphibol führt und in der Mitte zwischen einem reinen Granitit und einem nicht sehr amphibolreichen steht, wie es unser später zu beschreibendes Gestein eben ist. Besser erhaltenes Material des Secer Granitits zeigt zu- mindest keine wesentlichen Unterschiede gegenüber dem eben be- sprochenen. Leider hat man es jedoch nur selten mit solchem zu tun. Zumeist zeigt nämlich das Gestein deutliche Folgeerscheinungen seitlichen Druckes. Dies gilt ganz besonders für die Felsart nörd- lich K. 481 (östlich Horni Pocatky). In kleineren Partien kann es hier fast breccienartig zertrümmert erscheinen. Dabei werden die sonst stets leicht erkennbaren Biotitschuppen ihrer makroskopischen Existenz fast völlig verlustig. Aus ihnen geht eine dunkelgraue Masse hervor, aus der nur der Feldspat deutlich hervorsticht. Winzige Schüppchen und glänzende Häute verraten den Chlorit. Heller Glimmer wird dabei häufiger, der Feldspat wird rot gefärbt und das Gestein zeigt zahlreiche Kluftflächen mit Limonitüberzügen. Durch die dynamischen Prozesse wurden den Atmosphärilien auch sonst die Wege derart geebnet, daß alles hierher gehörige Gesteinsmaterial braun bis rotbraun gefärbt erscheint. Eine Probe aus der Gegend nordnordwestlich K. 481, östlich ITorni Po&@atky, erscheint u. d. M. buchstäblich in eine Breccie umgewandelt. Einzelne größere Splitter von Feldspat und in zweiter Linie solche von Quarz liegen in einer grüngrauen, chloritischen Masse, «durch die sich lokal schwarze, unregelmäßig wolkige Streifen eines Erzes (?Magnetit) ziehen. Der Glimmer ist da nur noch dureh den Muskovit vertreten, von dem es indessen nicht immer sicher ist, ob er eine primäre Bildung vorstellt. So das stärkst zerdrückte Material. Das entgegengesetzte Extrem ist dagegen kongruent mit dem Nassaberger Granitit. Nur der Biotit lag öfter chloritisiert vor und der Feldspat verriet eine schmutziggelbbraungraue Farbe. In den Zwischenstadien zwischen diesen Extremen verhält sich der Feldspat entweder so, wie eben angegeben, oder es siedelt sich auf den entstandenen Sprüngen und Rissen Limonit an in Form von Adern und Häuten, von denen aus dann auch der Rest des Minerals damit pigmentiert erscheint. 144 Dr. Karl Hinterlechner und C. v. John. ei [18] Die Rotfärbung der Feldspäte ist mithin. hier ein nachweisbar völlig sekundäres Phänomen; dies im Gegensatze zur Farbe des Feldspates im „roten Granitgneis“. Ihrer Natur nach können wir wie früher den Orthoklas und den Albit unterscheiden. Für den letzteren spricht folgendes Resultat, das nach der Beckeschen Quarz-Feldspat-Bestimmungs- methode erzielt wurde; Kreuzstellung: e>«’ und © > y'. 4. Amphibolgranitit. Das Wesentliche über das Verbreitungsgebiet der hierher ge- hörigen Felsart wurde bereits vorn gelegentlich der Besprechung des Grenzverlaufes beim roten Granitgneis!), beziehungsweise des grauen Granitits?) vorgebracht. Um nicht denselben Gegenstand zu wiederholen, soll deshalb hier kurz auf die bezüglichen Stellen verwiesen werden. Ein bisher noch nicht angeführtes Amphibolgranitit- vorkommen wurde nur südöstlich Sec, beziehungsweise an der Chru- dimka knapp bei Horelec nachgewiesen. Wie sonst in der Regel, so verriet sich die gegenständliche Felsart auch hier nur durch herum- liegende, mäßig große Blöcke. Die wesentlichen makro- und mikroskopischen Züge des srauen Granitits kommen auch am Ampibolgranitit zur Ausbildung. Aus diesem Grunde können wir uns hier kürzer fassen. Mit freiem Auge erkennt man außer den wesentlichen Elementen des Granitits nur noch den dunkelgrauen bis schwarzen Amphibol. Er bildet unregelmäßige Körner oder kurze, gedrungene Säulchen, beziehungsweise Nadeln, die manchmal die Flächen (110) erkennen lassen. Die Menge der Hornblende ist keineswegs konstant. Sie kann ein wesentlicher Bestandteil des Gesteines. sein; anderseits nimmt jedoch ihre Quantität auch derart ab, daß man kaum Spuren davon im Gestein nachweisen kann. Durch letzteren Umstand kommt eine natürliche Reihe von Übergängen vom grauen Granitit bis zum grauen Amphibolgranitit mit relativ viel Hornblende zur Ausbildung. Im Hinblick auf diese Tatsache ist es sogar möglich den Amphibolgranitit nur als eine (lokale) Grenzfazies des grauen Granitits aufzufassen. Porphyrische Anklänge zeigt die Struktur des Amphibol- granitits relativ häufiger. als jene des grauen Granitits. Als Einsprenglinge treten auf ein Plagioklas und der dunkle Glimmer. Sonst war im Vergleiche zum grauen Granitit im Am- phibolgranitit nur noch etwas mehr Titanit mit freiem Auge zu erkennen. Seine Farbe war rotbraun, die Dimensionen der Körner sehr klein. !) Pag. 130—131. 2, Pag. 138 bis 140. N [ 19] Über Eruptivgesteine aus dem Eisengebirge in Böhmen, 145 Die mikroskopische Untersuchung des Plagioklases wurde in 10 Fällen durchgeführt und zwar mit folgendem Resultat: a) In Schnitten senkrecht zu M und P betrugen die ent- scheidenden Auslöschungsschiefen + 13°30‘, + 17° (2 mal), + 20° (3 mal), +23° und +23030'. Der Chemismus dieses Elements schwankt mit- hin zwischen den Werten: Ab 69 bis 58%, Ab 63°/,\ im Durch- An3l „ 42 2) bezw. um w: 370), schnitte. Die Natur dieser Plagioklase entspricht also der Zusammen- setzung eines sehr bis mittelsauren Andesins. b) Nach der Beckeschen Quarz-Feldspat- Bestimmungs- methode erhielt man: Kreuzstellung e> a’, > yf, was auf einen Albit hinwiese., c) In einem Spaltblättchen nach P betrug die Auslöschungs- schiefe 30; demnach wäre der Plagioklas ein Oligoklasalbit bis höchstens mittelsaurer Andesin. Vielleicht gehen wir auf Grund all dieser Angaben nicht fehl, wenn wir die Plagioklasmischung kurz als zwischen Albit und einem sehr sauren Andesin liegend auffassen. Zumindest in der Mehr- zahl der Fälle dürfte dies dann den Tatsachen entsprechen. Als Zwillingsgesetze treten auf: am Orthoklas (Bestimmung an Spaltblättchen) das Karlsbader Gesetz, am Plagioklas vornehmlich das Albitgesetz. Isomorphe Schiehtung wurde hier öfter beobachtet als im grauen Granitit. Die Hornblende erscheint verschieden grün gefärbt. Als Achsenfarben verraten sich (zumindest nahezu) für: a gelbgrün b sattgrün c schwach bräunlichgrün. In einem Durchschnitt, der nahezu der Fläche (010) parallel lag, betrug die Auslöschungsschiefe 20% 10’. In der Prismenzone war das Mineral häufig kristallographisch (110, 010) begrenzt; die terminalen Endigungen waren dagegen zumeist unregelmäßig. Ganz vereinzelt finden sich hie und da unregelmäßige Quer- schnitte eines blaßgrünen Pyroxens: charakteristische prismatische Spaltbarkeit und viel stärkere Doppelbrechung als es in der Horn- blende der Fall ist. Sonst waren keine genaueren Beobachtungen möglich. Einmal war dieses Element mit der Hornblende parallel verwachsen. Die chemische Zusammensetzung eines Amphibol- sranitits aus der Gegend südöstlich Nassaberg, beziehungsweise östlich Neudorf, nahe am Kartenrande südlich von der dortigen Straße soll nachstehende Analyse zeigen, die uns gleichzeitig auch die beiläufige chemische Zusammensetzung des grauen Granitits Jahrbuch d.k.k. geol. Reichsanst., 1909, 59. Bd., 1. Hft. (Hinterlechner u. v. John.) 19 146 - Dr. Karl Hinterlechner und C. v. John. j [20] vor Augen führen kann. Das analysierte Material wurde nämlich so gewählt, daß es nur mäßige Hornblendemengen führt und ein Zwischenglied zwischen beiden Felsarten vorstellen kann ohne sich von irgendeiner besonders zu entfernen. , Prozent BO a A050: Ma. FenO5) Ti. en 2 RO. 1:1 a al Man Oi 2 SEN NINA HS DIE I N TR DET MO. . ae ne B,.0.'-.; sulası Mr Pe N%0.. r WE A $) 2% A iR Dr BR. MEER, KEINER Glühwerlust Me, 27 Wan Summe '.::42400:58 Der Si 0,-Gehalt sinkt demnach eben minimal „unter das nor- male Minimum von etwa 66°/,* der Granite. Die vorhandene Ca O- Menge beteiligt sich naturgemäß außer an der Zusammensetzung des Plagioklases auch an jener der Hornblende; ein (zwar kleiner) Teil des Kalkes muß zudem auch im Titanit untergebracht sein. Umgekehrt ist das Na,O theoretisch (fast) nur im Plagioklas vor- handen, obwohl es schon an und für sich fast um ein Drittel der ganzen ÜaÖ-Menge größer ist. ITeDiore Die dioritischen Felsarten wollen wir territoriell in zwei Gruppen trennen: a) Diorite aus dem Gebiete des Kartenblattes Deutsch- brod und b) Diorite aus dem Territorium des Kartenblattes Öaslau und Chrudim. Diese Scheidung soll nur aus arbeitstechnischen Gründen erfolgen. Die erste Gruppe ist nämlich bereits in der Arbeit über das Blatt Deutschbrod ziemlich ausführlich besprochen worden. Eine neuer- liche Schilderung würde nur eine zu weitgehende Wiederholung älterer Forschungsresultate vorstellen. Auf die gegenständliche Ge- steinsgruppe soll deshalb hier nur insofern Rücksicht genommen werden, als sich wegen den Analysen dafür ein Grund bietet. [21] Über Eruptivgesteine aus dem Eisengebirge in Böhmen, 147 ıl. Diorite aus dem Gebiete des Kartenblattes Deutschbrod. 1. Das zur Analyse I (pag. 149) gehörige Gestein aus dem Tale südwestlich Hu& zeigt nachstehende Merkmale. „Dem freien Auge“ verriet es „als wesentliche Gemensteile dunkelgrüne (fast schwarze) Hornblende von mehr oder weniger leistenförmiger Gestaltausbildung, Biotitschüppchen und grauen bis weißen Feldspat; ferner beobachtete man etwas Quarz, der auch ganz fehlen kann, und vereinzelte rötlichbraune, kaum hirse- korngroße (?) Zirkone. Das Gefüge des Gesteines steht in der Mitte zwischen einem mittelgrobkörnigen und einem feinkörnigen, nähert sich jedoch schon sehr dem letzteren Charakter. Porphyrische Ausbildung wurde nicht beobachtet. Die Farbe ist grau bis dunkel- grau“ (l. e. pag. 164). U. d. M. erkannte man folgende Tatsachen. In manchen Schliffen entpuppte sich als wesentlicher Gemeng- teil nur ein Plagioklas und dieHornblende. Der Biotit und der Quarz treten bis zum Verschwinden zurück; ebenso spielen Magnetit, Titanit und Zirkon keine bedeutende Rolle. Anderes Gesteinsmaterial, und so speziell das der chemischen Analyse zugeführte, besteht dagegen im Wesen aus Plagioklas, Hornblende und aus Biotit; den Platz eines fast wesentlichen Elements kann ferner der Quarz einnehmen. Außerdem war schließlich auch viel Magnetit im Schliffe vorhanden. Nur betreffs des Titanits und Zirkons ändert sich demnach nichts. Die Formen aller Elemente sind stets unregelmäßig; manchmal lehnen sich jedoch die Durchschnitte an bekannte Gestalten etwas an. Die Hornblende kann dann nach der Prismenzone gestreckt vor- liegen; der Plagioklas zeigt eine deutliche Entwicklung der Fläche M ohne daß irgendeine Richtung bei der Ausbildung stärker be- sünstigt worden wäre; der Magnetit nimmt (unregelmäßige) Würfel- formen an. Der Plagioklas verriet in einem Schnitte aus der symmetrischen Zone mit Bezug auf die Albitzwillingsgrenze eine sehr kleine Aus- löschungsschiefe. Zumeist ist dieses Element verzwillingt nach dem Albitgesetze. Das Periklingesetz kommt auch vor, allein bei weitem seltener als in den später zu besprechenden Gabbrogesteinen. Durch die Plagioklaszersetzung entstehen ein Karbonat und Kaolin; wahrscheinlich stekt damit auch die Epidotbildung in irgendeinem Zusammenhange. Die Hornblende lag in Gestalt einfacher Individuen vor; Zwillinge nach (100) sind selten. Die Farbe schwankt zwischen fol- genden Achsenfarben: a hellgelb, b grün mit Stich ins Braune, Zr DPI „ 4° Bläuliche. 19* 148 Dr. Karl Hinterlechner und €. v. John. [22] Die Auslöschungsschiefe betrug in einem Schnitte, dessen Lage sich der Fläche (010) näherte, 14—16° (mehrere Messungen); in gewissen Stellungen war nämlich ein Teil eines Achsenbalkens sichtbar. Einen gleichen Amphibol wie hier werden wir später unten in den Hornblende-Gabbro-Gesteinen des Ransker Reviers kennen lernen. Der braune Glimmer bildet unregelmäßige Lappen oder Leistehen. Durch die Zersetzung wird er grün und verliert den Pleochroismus. Einzelne unregelmäßig begrenzte Durchschnitte mit folgenden Eigenschaften wurden für Epidot gehalten: kräftige Licht- und Doppelbrechung, Farbe gelbgrün bis schwach gelblichgrau. Am Titanit und Magnetit wurde nichts Besonderes be- obachtet. 2. Das zur Analyse I gehörige Gestein aus dem Revier Sopot, südöstlich Huti ist u. d. M. eigentlich eine getreue Kopie des Gesteines sub 1. Im Vergleich zur analysierten Substanz I ist es nur auffallenderweise weniger frisch und der Feldspat zeigt eine schmutzigrote Färbung. Da auch das Gestein sub 1 in verschiedenen Proben verschieden gut erhalten vorlag, deshalb könnte es ja möglicherweise auch hier in der analysierten Partie doch besser erhalten gewesen sein. Feldspatbestimmung. Untersuchungsgang: Beckesche Quarz- Feldspat-Methode. Parallelstellung: 2 ar folglich Gruppe I oder II; zweimal beobachtet. Kreuzstellung: folglich Gruppe I... Albit... näherungsweise Ab— Ab, An.. a>y' Sr Man vergleiche diesbezüglich auch meine Angaben betreffs des Diorits ostsüdöstlich Stikova (l. e. pag. 168) und das Geologische hinsichtlich des Ineinandergreifens des Diorits und des roten, amphibolführenden Granitits, pag. 169—171. Dioritanalysen. „Eigentliche Diorite wechseln bekanntlich zwischen 55 °%/, und 60°, St Os, lokal aber nimmt der Kieselsäuregehalt bis gegen 50°), ab“, wenn „sich durch Vorherrschen des basischen Minerals oder eines kalkreichen Plagioklases Übergänge zum Gabbro ent- wickeln‘. Kali tritt „stets gegen das Natron zurück, in normalen Gesteinen im Verhältnis von 1:2, respektive 1:3, und beide zu- sammen erreichen im allgemeinen nicht den Gehalt an Kalk, welch letzterer durchschnittlich zwischen 5 und 8°/, variiert“. „Um vieles höher ist dieser naturgemäß bei den gabbroiden Gesteinen“ (ibidem). ') BE. Weinschenk, „Spezielle Gesteinskunde“, II. Aufl., 1907, pag. 82. [23] - Über Eruptivgesteine aus dem Eisengebirge in Böhmen. 149 1. II. Se ihn. *B6:00 56:68 Oak rir.: 11784 18:00 Be 5 4:46 10) Te BER ER DEREN 1 4:60 BEE A I ti 008 = a: DO 5.30 HAN Ha ann | 25 2:92 Bene a et 2-81 ER En CHE TR Ra LATE RE 07 | Spur N DES ANESRASHEUITPRIERE 1315) 0:65 Glühverlust:.: '.° 1:40 0:70 Summe...’ 10024 101:03 I. Im Tale südwestlich Huc. Il. Revier Sopot, südöstlich Huti, südwestlich Neu-Ransko nordwestlich K. 560. Daß die 8 O,-Mengen in den zwei voranstehenden Analysen dem von normalen Dioritmagmen geforderten Kieselsäurequantum entsprechen, liegt klar am Tage. In diesen ist auch das gegenseitige Quantitätsverhältnis der Alkalien im allgemeinen normal. Die Ab- weichung ihrer Summe mit Bezug auf den Kalk ist von dem nach Öbigen zu erwartenden Betrage im Hinblick auf die I. Analyse minimal; für die II. ist sie vielleicht nicht als groß aufzufassen. Der Kalk selbst hält sich zudem in den beiden ersten Fällen in normaldioritischen Grenzen. Das Gleiche dürfte wegen den Al, O;-, Fe, O;-, FeO- und NMgO-Mengen behauptet werden können. Die angeführten zwei Analysen stammen demnach sicher von normal- dioritischen Gesteinen her; dies auch abgesehen von allen petro- graphischen Gesteinsmerkmalen, mit denen die chemischen Resultate im Einklang stehen. 2. Diorite aus dem Territorium des Kartenblattes Caslau und Chrudim. Geologische Übersicht. Bei der Beurteilung der Rollen der in diesem Abschnitte zu- sammengefaßten Gesteine als geologische Körper können wir im Wesen zwei größere Gruppen unterscheiden, wobei wir jedoch von der gleichzeitigen Rücksichtnahme auf bedeutend basischere Felsarten als es die Diorite sind, nicht absehen können. Für eine Gruppe kann ein auffallendes Anpassen der Form der einzelnen Gesteinskörper an die tektonischen Verhältnisse im Nachbargebiete konstatiert werden; für die Vertreter der zweiten Gruppe ist dagegen dies zumindest nicht immer ganz sicher. Die erstere können wir territoriell wie folgt teilen. Das Haupt- verbreitungsgebiet liegt zwischen Kraskov im Westen und Nassa- berg im Osten, beziehungsweise der dortigen östlichen Blattgrenze. Untergeordnete Territorien zweigen von diesem gegen Südost, be- 150 Dr. Karl Hinterlechner und C. v. John. [24] ziehungsweise gegen Nordwest ab. Der südöstlich verlaufende Ast trennt sich vom Hauptgebiet in der Gegend südlich von Bojanov an der Chrudimka ab, um (südwestlich) bei MoZd&nie vorüber zu dem Verbreitungsgebiet der verwandten Gesteine in dem Bereiche des Kartenblattes Deutschbrod!) zu gravitieren. Die nordwestliche Abzweigung kann in teilweisem Gegensatz dazu -auch als eine direkte nordwestliche Fortsetzung des Hauptverbreitungsterritoriums aufge- faßt werden. Ihre Abgrenzung soll sich aus den späteren Angaben ergeben. r | # Um vor der Publikation der Neuaufnahme des Blattes Caslau und Chrudim nicht irrige Meinungen aufkommen zu lassen, sei gleich hier bemerkt, daß auch bei gleichzeitiger Berücksichtigung der basischeren Gesteine weder das „Hauptverbreitungsgebiet“ noch die beiden „Abzweigungen“* geschlossene Territorien vorstellen. In allen drei Fällen handelt es sich vielmehr um die Zusammenfassung kleinerer Gesteinskörper zu Gruppen. Auf der derzeitigen Oberfläche hängen also erstere gar nicht zusammen, sondern werden durch den roten Granitgneis von einander getrennt. Die Form, in der die Diorite etc. auftreten, ist keine konstante. Bald bilden sie relativ große, unregelmäßige Stöcke, bald verschieden mächtige Gänge und riesige, gangförmige Gebilde. Der Quarz-Dioritstock zwischen Kraskov, Se& und Kovafov, beziehungsweise Hrbokov ist bedeutend stärker in ost- westlicher als in nordsüdlicher Richtung entwickelt. Ungefähr aus der Gegend bei K. 425 östlich bei Kraskov reicht er nämlich schein- bar?) fast bis zur Straße Hrbokov—Kovarov, während die Süd- grenze nur um weniges die Verbindungslinie der K. 476 und 529 überschreitet und die nördliche Grenze sogar den Zlaty potok nur auf eine kurze Strecke hin übersetzt, sonst aber nicht einmal erreicht. fi Zum Teil ganz analoge Verhältnisse findet man bei Nassaberg. Östlich davon, bei Bratranov, tritt in unser Gebiet ein etwa /, km breiter Diorit, der sich über die Anhöhe Vochoz und über den südlichen Teil von Nassaberg bis zum Debernybach in nahezu gleichbleibender Mächtigkeit verfolgen läßt; also auch hier ein fast ostwestlich gestreckter, länglicher, gangartiger Stock. Viel undeutlicher wie bis zur angeführten Depression war im Terrain die Form dieses Diorits westlich vom Debernybach. Da hier übrigens noch andere Faktoren in Rechnung zu setzen sind, deshalb wolle die weitere Begrenzung des dortigen Diorits später erfolgen. Betrachten wir die Ausbreitung der beiden bisher erwähnten Diorite gleichzeitig mit der Lagerung der ihnen zunächst auf- tretenden Schiefer oder schiefrigen Granite, so sehen wir, daß die Diorite ihrer Länge nach auffallend dem Streichen der Schiefer parallel liegen. !) Krej&i und Helmhacker: „Erläuterungen zur geolog. Karte des Eisengeb.“, pag. 38 u. 39, ..,°) Man vergleiche auch die Angaben betreffs der Abgrenzung gegen den Olivingabbro westsüdwestlich Hrbokov, bezw. nordnordöstlich Set, mit dem der Diorit hier provisorisch zusammengezogen erscheint. [25] Über Eruptivgesteine aus dem Eisengebirge in Böhmen. 151 Eine weitere hier zu registrierende Tatsache ist es, daß beide erwähnten Diorite ganz unvermittelt oder zumindest sehr nahe an der nördlichen Grenze des grauen Granitits vorkommen. Eine analoge Rolle besitzt der länglichgestreckte Gabbrodiorit- stock, der vom Plateau westlich Kräsny, beziehungsweise östlich VrSov kommend bei Bradlo in das Chrudimkatal herabsteist, um dort zu enden. Bei einer Länge von etwa 3 km hat er eine fast konstante Breite, die indessen nie 1 km sondern fast stets nur eine solche von etwa (höchstens) °/, km aufweist. Wie in den beiden ersten Fällen, so sehen wir auch hier das basische Gestein parallel zur Grenze !) des grauen Granitits verlaufen, denn zwischen diesen und die gegenständliche, basische Felsart schiebt sich nur ein ganz schmaler Streifen roten Granititgneises ein, falls die dafür gehaltenen Feldlesesteine keine Aplite sind. Mit Bezug auf die Lagerung sei schließlich erwähnt, daß auch hier die Längsrichtung des Stockes mit dem generellen Streichen der Umgebung vorzüglich übereinstimmt Dem vom Hauptverbreitungsgebiete bei Bojanov in südöstlicher Richtung abzweigenden Aste dürfte vielleicht auch der Gabbro- diorit vom Polomberge und jener von Hluboka beigezählt werden. Sicher gehört indessen dazu jener aus der Gegend südwestlich bei MoZd&nic, wenn die Lagerungsverhältnisse wie bei der vom angedeuteten, gruppenweisen Einteilung. berücksichtigt werden dürfen. Die Berechtigung dieser Deutung erblicken wir in der Harmonie der Längserstreckung des bezüglichen Gesteinskörpers mit dem Streichen, das westlich vom Kaprovy(teiche) beobachtet wurde; es war nordnordöstlich— südsüdwestlich. Diese Auffassung wird von der Tatsache nicht berührt, daß der gegenständliche Gabbrodiorit seine Längsrichtung mit dem Gabbrodioritgangstocke von VrSov- Bradlo gar nicht gleichgerichtet hat. Wir dürfen nämlich nicht vergessen, das aus der Gegend bei Libie (am nördlichen Rande des Deutschbroder Blattes) eine Dislokation in unser gegenständliches Terrain eintritt, so daß das Gebiet von MoZd£&nie nicht kurzerhand mit jenem bei VrS$o v-Bradlo vergleichbar ist. Zumindest auf ähnliche Verhältnisse wie in den beiden erst- angeführten Fällen stoßen wir schließlich auch im Gebiete des nord- westlichen „Astes“, beziehungsweise in der nordwestlichen Fortsetzung des „Hauptvorkommens“. Der ungefähr 1 km lange und an seiner breitesten Stelle kaum 1/, km messende (auf Grund von Lesesteinen Konstatierte) Diorit knapp westlich bei Zbyslavec liegt auch hier der Länge nach dem Streichen der benachbarten Schiefer parallel. Das nämliche Gesetz gilt ferner für den Amphibolit, der von (Zleber) Chvalovie gegen Südost zieht, sowie diesem System von basischen Gesteinen auch der Amphibolit der ViSnovka, unmittelbar bei Podhoran, angehört. Soviel über die größeren Dioritkörper, Gabbrodiorite und die eben genannten Amphibolite. 1) Krej@i und Helmhacker, ]. c., pag. 38. 152 Dr. Karl Hinterlechner und C. v. John. [26] Von den kleineren in diese Gruppe gehörigen Funden wollen wir nur jene speziell anführen, die hinlänglich aufgeschlossen waren. Am nördlichen Gehänge von K. 556, nordöstlich bei Sec, sah man an einer Stelle zwei aufgeschlossene Dioritgänge (im aplitischen roten Granitit) den dortigen Karrenweg, der von der Buiina kommt, queren. Der eine davon war etwa 1 dm, der andere fast 3m mächtig. Beide gehören demnach in jene Kategorie von Eruptionen, wie sie der nördliche große Dioritstock vorstellt. Am Waldrande südlich K. 495, südlich Deutsch-Lhotic, querte ein Dioritgang in ostwestlicher Richtung den gegen Süd führenden Karrenweg; also wie die beiden voranstehenden. Darf man Amphibolite an dieser Stelle nochmals als Beweis dafür anführen, daß in der besagten Gegend basische Eruptionen auf ostwestlich gestreckten Spalten erfolgt sind, dann könnte man eventuell auch auf folgende Beobachtung hinweisen. Südsüdöstlich Se& ist am Wege zur Chrudimka auffallend das Auftreten von unzähligen, manchmal fast papierdünnen, dann aber wieder auch I—2 dm mächtigen Amphiboliten und deren Kon- kordanz mit dem dort anstehenden grauen Biotitgneis, der h 8 streicht und h 2 unter einem Winkel von 40—80° einfällt. Mit Vorbehalt können wir vielleicht hierher ferner die zahlreichen Dioritgänge stellen, die nordwestlich bei Bojanov, am Karrenwege östlich von der dortigen Straßenserpentine anstehen. Auf Grund der graphischen Darstellung wird man in diese Kategorie von Eruptionen im Gebiete des Hauptverbreitungsgebietes der Diorite noch diesen und jenen hier nicht speziell angeführten Gesteinskörper einreihen wollen. Davor sei jedoch ausdrücklich gewarnt. Manche Eintragungen erfolgten nur auf Grund von Lesesteinen oder von minder sicheren Beobachtungen. Solehe Ausscheidungen sprechen deshalb nur dafür, daß an derlei Stellen Diorite oder denen ver- wandte Gesteine vorkommen; wie sie eigentlich auftreten, bleibt der- zeit eine offene Frage. Aus dem Verbreitungsgebiet der basischen Gesteine, die dem südöstlichen Aste beigezählt werden, können keine sicheren Beob- achtungen über kleinere, hierher gehörige Eruptionsspalten angeführt werden, es sei denn, daß man eines Amphibolits nördlich Horni Ehotka, beziehungsweise nördlich Maleö im Doubravatale Erwähnung tun darf. In besagter Gegend wurde nämlich ein Amphibolitlager konstatiert, das dem roten Granitgneis konkordant eingeschaltet erscheint und etwa in h 6—7 streicht bei entsprechend nördlichem Einfallen unter einem Winkel von 40—50°. Selbstverständlich kann indessen die lagerartige Gestalt auch als eine Folgeerscheinung seitlichen Druckes etc. aufgefaßt werden. Im LitoSicer Revier kann man nahe beim westlichen Rande des Eisengebirges gewisse basische Gebilde (ef. Diabas- sabbro) als in einer dem benachbarten Schieferkomplex parallel ver- laufenden Spalte oder an einem solchen Spaltensystem gelegen deuten. Eine gewisse Vorsicht ist jedoch dabei jedenfalls geboten, denn Aufschlüsse fehlen; der lockere Sand und der dortige Waldbestand = “ ER [27] Über Eruptivgesteine aus dem Eisengebirge in Böhmen. 153 verhüllten fast: alles und die Eintragungen erfolgten überhaupt nur auf Grund einzelner Blöcke oder kleiner Gruppen. Im Hohlwege, der nördlich Licom&ric bergauf zu K. 426 führt, findet man am Waldrande einen etwa 1 »» mächtigen Gang eines für Amphibolit (beziehungsweise Diabas) gehaltenen Gesteines in einer Art Tonschiefer anstehend. Beide Felsarten streichen in nordsüdlicher Richtung; der Schiefer verflächt östlich; der Winkel schwankt zwischen 70 bis 80°, Zu ganz kurzen Reihen kann man eruptive basische Gebilde !) auch im Gebiete zwischen Sobolusk, Bukovina, Urbanic, Lipoltie und LitoSic zusammenfassen, ohne daß es zwischen der. Haupt- richtung dieser Reihen und dem Generalstreichen der benachbarten Schiefer zu besonderen Differenzen käme. Falls gewisse Amphibolite des nordwestlichen Territoriums, wie schon angedeutet, keine umgewandelten Tuffe oder gar andere Sedimente vorstellen, dann könnten wir noch eine ganze Serie von hierher gehörigen Funden anführen. Am westlichen Rande des Eisen- gebirges ziehen sich nämlich schmale Amphibolite mit Unter- brechungen von der nördlichen Blattgrenze fast bis zum Hauptver- breitungsgebiete unserer Diorite, und zwar stets den Schiefern konkordant eingeschaltet. Recht lehrreiche hierher gehörige Stellen fand man nach einem Wolkenbruche, der (im Jahre 1908) den Weg von (Zleber) Chvalovie nach Zbyslavec rein gewaschen hatte, ober der erstgenannten Ortschaft. In der oberen Partie der Lehne standen zwei Amphibolit- lager (den dortigen metamorphen Schiefern konkordant eingeschaltet) an: Streichen nordsüdlich, Verflächen östlich (genauer h 4), Winkel etwa 50°. Vielleicht wird man nicht fehl gehen, wenn man diese Felsart von Chvalovic mit dem dortigen Diorit in einen ursächlichen Zusammenhang bringt, denn auch der ist bereits teilweise schiefrig. Möglicherweise gehört hierher indessen auch einAmphib.olit, der unterhalb Podhrad, auf der Lehne, die sich gegen Tremosnie hinabsenkt, lagerartig aufgeschlossen angetroffen wurde sowie ein Amphibolit vom südlichen Fuße der ViSnovka bei Podhoran. Die Amphibolite vom nördlichen Blattrande bis zum Parallel- kreise von SemteS zeigen zwar analoge Lagerungen wie die voran- stehenden allein sonst kein weiteres Beweismoment. Ganz gleichsinnig gelagerte Ampibolite fand man schließlich nordöstlich bei Bestvin, westsüdwestlich Hgh.-K. 495. Das letztere Vorkommen kann übrigens als Verbindungsglied des nordwestlichen mit dem südöstlichen Aste unserer Eruptionsspalten aufgefaßt werden. Wenden wir unsere Aufmerksamkeit nun jener Gruppe dioritischer und verwandter Gebilde zu, deren Umrisse und Anordnung mit den tektonischen Verhältnissen nicht oder nur schwer in Einklang zu bringen sind. :) Diese kommen, wie in der Einleitung bemerkt wurde, in einer besonderen Arbeit zur Sprache. Jahrbuch d. k. k. geol. Reichsanst., 1909, 59, Bd., 1. Hit. Hinterlechner u. v. John.) 20 154 Dr. Karl Hinterlechner und C. v. John. [28] Im südöstlichen Dioritgebiete haben wir es in dieser Hinsicht fast uur mit kontroversen Fragen zu tun. Die Gabbrodiorite südlich und westnordwestlich vom Dörfehen Hluboka (fast westlichKamenic- Trehov) beweisen durelı ihre Form nichts; betreffs desselben Gesteines von Moädönic verweisen wir aber auf die Angaben auf Seite 151. Noch weniger hierher gehörige Beobachtungen liegen aus dem Bereiche des nordwestlichen Territoriums vor. Vielleicht gehört hierher das Vorkommen von K. 320 im LitoSicer Revier, nahe am nördlichen Kartenrande. Ganz sicher ist indessen nicht einmal dies. Fast alle Vertreter dieser Gruppe findet man im Hauptver- breitungsgebiete unserer Diorite, und zwar vornehmlich im Chru- dimkatal unterhalb Sec, beziehungsweise Horeleec. Dazu werden gezählt: 1. Fin Vorkommen zwischen K. 502 und 534, östlich Sec; 2. ein Stock bei K. 470, oberhalb Bojanov; 3. gleiche Gebilde unter demselben Dorfe, beziehungsweise besonders südlich Petrkau; 4. die ganze Dioritserie aus dem Chrudimkatale von Novy mlyn bis zum Meridian von Nassaberg; 5. der Stock nördlich, beziehungsweise nordöstlich Nassaberg; 6. Diabase nördlich Liban und 7. alle kleineren hier oder im weiteren Text nicht speziell angeführten, weil zu geringfügigen Vorkommen, die eben aus diesem Grunde nichts Sicheres erkennen lassen. Was die stockförwigen, eben angeführten Vorkommen betrifft, hätten wir hier nichts Besonderes hinzuzufügen; mehr Interesse ver- dienen dagegen die Gesteine, welche wir im Voranstehenden sub 3, 4 und 6 angeben. Knapp unterhalb Bojanov steht ein Diorit an, der sich allem Anschein nach in nördlicher Richtung ausdehnt und demnach eine nordsüdlich gerichtete Spaltenausfüllung vorzustellen scheint, denn dasselbe Gestein tritt auch knapp westlich Hürka auf. Vorn wurde bereits erwähnt (pag. 150), daß ein gangstockartiger Diorit vom östlichen Kartenrande bei Bratranov über Vochoz und Nassaberg zur Depression des Deberny baches, also ost- westlich streicht. Dort wurde auch bereits gesagt, daß im Vergleiche zum östlichen Verlaufe desselben seine westliche Fortsetzung (zwischen Böhmisch- Lhotie, Hradist und Kopa&ov) bedeutend unklarer und vielleicht komplizierter ist. In der besagten Gegend hat man es nämlich mit einem bunten Mosaik von Lesesteinen und manchmal mit Blöcken zu tun, die dem roten Granitgneis (? aplitische Gebilde), dem Diorit, Hornblendeschiefern, ferner dem grauen Granitit und schließlich untergeordnet auch dem Ampbibolgranitit an- gehören können. Zudem fehlen Aufschlüsse so gut wie völlig. Angesichts dieser Sachlage dürfen wir vielleicht bei der Beurteilung der in Rede stehenden Gegend ohne besonders Gefalır zu laufen fehl zu gehen jenen Maßstab gebrauchen, den wir im Chrudimkatale auf der Strecke unter den Ortlichkeiten KriZan o- vic—Slavic, also knapp nördlich von der Linie Hradist—Kopacov sofort kennen lernen werden. Unmittelbar südlich KfiZanovie standen mehrfach abwechselnd Diorite und roter Granititgneisan. Beim Chrudimkaknie (=) I e'.. E F [29] Über Eruptivgesteine aus dem Eisengebirge in Böhmen. 155 südöstlich von der genannten Ortschaft steht nur der Diorit an; wenig unter der dortigen Flußbiegung war dagegen eine schmale Partie roten Granititgneises vorhanden. Der etwas flachere Flußbogen nördlich Kopatov ist im Diorit gelegen; in der Gegend bei der Häusergruppe (im Chrudimkatale) nordnordöstlich Kopacov steht dagegen wieder ein schmales Gebilde von rotem Granitit- gneis an, um bei der scharfen Biegung nordwestlich Iradist ganz dem Diorit Platz zu machen. Etwa bei K. 379 hatte man es abermals mit dem roten Granitit zu tun; lange hält jedoch auch dieser nicht an, denn bevor man die Brücke erreicht, bewegt man sich schon wieder in einem Dioritgebiete. Unmittelbar bei dieser steht an beiden Ufern der rote Granititgneis an. Am linken wird er von zahlreichen Dioriten durchschwärmt. Am rechten Ufer konnte man ihn fast bis zur scharfen nördlichen Flußbiegung verfolgen, denn - erst nahe beim Scheitel der dortigen Kurve tritt abermals ein Diorit auf ohne jedoch lange anzuhalten; der rote Granit aus der Gegend bei der vorerwähnten Brücke verdrängt ihn, um seinerseits, etwa dort wo die Chrudimka den Winkel von 90° bildet, abermals vom Diorit abgelöst zu werden. Dieser hält im Tale bis nördlich Hradist an, mit einer Unterbrechung durch roten Granit nordnordwestlich K. 462. Erst abwärts von der Gegend nordnordöstlich Hradist wird im Chrudimkatale der rote Granit herrschend. Vorstehende Angaben dürften hinreichen, um zu erkennen, welch reiche geologische Gliederung in der nächsten Umgebung von Böhm.- Lhotic, beziehungsweise Hradist und Kopacov dort anzutreffen ist, wo die Verhältnisse klar zutage liegen; dies namentlich dann, wenn wir berücksichtigen, daß im Debernybache (westlich Nassaberg und an der Mündung oberhalb Peklo) auch der graue Granitit anstelend beobachtet wurde. Bei dieser Sachlage ist es einerseits klar, daß im Distrikt nord- westlich Nassaberg die wirklichen Verhältnisse im Hinblicke auf die Art des Auftretens der dortigen Gesteine nur schematisch dar- vestellt werden dürfen, anderseits sehen wir aber doch auch, dab der Dioritgangstock, der bei Bratranov—Nassaberg ostwestlich streicht, dies bei Böhm.-Lhotie nicht mehr zu tun scheint. Im Chrudimkatale zwischen Mezisve&t und Peklo M. scheinen übrigens zumindest die dort anstehend beobachteten Felsarten auf mehr oder minder nordsüdlich gerichteten Spalten zur Ausbildung sekommen zu sein. Eine Erklärung, die auch bei Böhm.-Lhotic nicht kurzweg von der Hand zu weisen ist. Daß übrigens tatsächlich Spalten von beiläufig nordsüdlichem Verlaufe in unserem gegenständlichen Gebiete existieren, dafür spricht folgende Beobachtung aus der Gegend von Stradov nordnordwestlich von Liban. Unter der Ruine Stradov fand man im Chrudimkatale am linken Ufer derselben einen Diabas, der den dortigen roten Granitit gangförmig durchbricht. Ein analoger Fund aus dem Tälchen, das von Liban herab- kommt, wurde mit Bezug auf den ersten südöstlich davon angetroffen. PA) 156 Dr. Karl Hinterlechner und C. v. John. [30] Als drittes hierher gehöriges Vorkommen sei schließlich jenes von der Straße nördlich Libaä angeführt. Alle diese drei Vorkommen dürften ein und demselben nord- westlich— südöstlich verlaufenden Gesteinskörper angehören. Berücksichtigen wir dies gleichzeitig mit der Tatsache, daß die zunächst gelegenen, nördlichen, schiefrigen Felsarten nordöstlich bis südwestlich streichen und südöstlich einfallen, so ergäbe dies eine Eruptionsspalte, die quer zum zunächst benachbarten Streichen ver- läuft. Eine Konklusion, die zu den bei der ersten Gruppe angeführten Tatsachen gewiß im Gegensatz steht. Vielleicht gehört hierher auch eine Spaltenausfüllung bei der Chrudimka-Biegung (nord) östlich vom Peklo mlyn (= P. Mühle). Soviel über die Art des Auftretens, die Verbreitung und, sofern es die Verhältnisse zuließen, auch über die Grenzen der Diorite und der verwandten, basischen Gesteine aus dem -Territorium des Kartenblattes „Caslau und Chrudim“. Petrographische Schilderung. 1. Quarzdiorit von Kraskov— Se&—Hrbokov. Ganz analog wie schon von Krejöi und Helmhacker das Vorkommen basischer Eruptivgesteine zwischen Kraskov, Se& und Kovarov, beziehungsweise Hrbokov in einen Diorit und einen Corsit geschieden wurde, so müssen auch wir den gegenständlichen Eruptivstock in einen Diorit und in einen Gabbro!) trennen. Der letztere bildet nördlich K. 537, beziehungsweise südlich K. 565, am südlichen Fuße der Bucina eine ostwestlich gestreckte Schwelle, die kaum Y, km breit und zirka 2 km lang ist. Unsere ursprüngliche Auffassung betreffs der ostwestlichen Streckung des Diorits wird dadurch nicht tangiert. Im Gegenteil; durch die Abgliederung eines zweiten, gleichfalls ostwestlich gestreckten Gesteinskörpers wird sie sogar bestätigt. Der Gabbro kann nämlich sowohl als Fazies des Diorits als auch als selbständige Eruption stets in das ganze ostwestlich gestreckte Eruptionssystem sehr gut eingegliedert werden. In einen teilweise wesentlichen Gegensatz zur Krej@i-Helm- hackerschen Deutung kommen wir östlich von Zdärec, wo die Genannten einen Syenit verzeichneten, dessen südliche Grenze indessen mit unserer südlichen Dioritgrenze fast genau zusammen- fällt, denn die Neuaufnahme dieses Landstriches sowie der Gegend nördlich Zdärec zeigte, daß der Syenit der älteren Forscher nur als Diorit aufgefaßt werden kann. Die in Rede stehende dioritische Felsart ist durchgehends als Quarzdiorit zu bezeichnen, denn der Quarz fehlt dem Gesteine nie, obschon er vielfach erst mikroskopisch nachweisbar ist. Letzteres nicht wegen seiner geringen Mengen, sondern vor allem wegen den kleinen Dimensionen dieses Elements. ') Die petrographische Beschreibung desselben folgt in der Gruppe der Olivingabbro-Gesteine. 1 [31] Über Eruptivgesteine aus dem Eisengebirge in Böhmen. 157 Im relativ unveränderten Gesteinsmaterial fällt sonst die Rolle wesentlicher Elemente noch einem Plagioklas und einem grünen Amphibolvertreter zu. Außer diesen Bestandteilen sind erkennbar Biotitund Titanit. Im Hinblick auf die Größe der wesentlichen Bestandteile ist das Gefüge etwa als mittelkörnig aufzufassen, wobei es mehr und öfter zum kleinkörnigen hinneigt als zum groben Korn. Frisches Gestein weist Farben auf, die verschieden graugrüne Variationen erkennen lassen. Außer den eben angeführten Elementen kann man mit freiem Auge auch das Vorhandensein von Zoisit-Epidot-Mineralen kon- statieren ohne jedoch in der Regel einzelne Körner unterscheiden zu können (Zlaty potok, beim Stollen, etwa nördlich K 425). Hand in Hand mit dieser Folgeerscheinung der Gesteinsumwandlung wird das Gefüge (zumeist) dicht und die Farbe verschieden olivengrün bis dunkelgraugrün. Im Zusammenhang mit der Gesteinsverwitterung wird oft der Plagioklas durch Infiltration rot gefärbt. Vermutlich ist aus diesem Grunde einst ein Teil des Diorits für Syenit gehalten worden. Die mikroskopischen Merkmale können wir wie folgt zusammen- fassen. Plagioklas-Bestimmungen wurden an Schnitten senkrecht zu M und P siebenmal durchgeführt; die einzelnen Fälle verteilen sich gleichmäßig auf den ganzen in Rede stehenden Dioritkörper und ergaben: 60 1.0: a Mr sauren Oligoklas. unsicher. weil Sehnitt- wahrscheinlich auch Oligo- e k ‘ klas; zumindest saurer Plagio- a . 2. 2 N, | lage nicht genau J klas. Diese beiden Bestimmungen wurden am selben Material vor- genommen: Gestein aus dem Dorfe Zdäree. ano on. J Ab 61%/, \ Andesin; Lokalität östl.Zdärec, 3. + 200 30 er 390/, | nordöstlich K. 476, an der Straße. j 930 Ab 58%/, \ Andesin; Lokalität östlich Zdäree, . 1280... An 42°/, | nordwestlich K. 476, an der Straße. 30 BZ... Da ve! Mndösinsendrdieh Bes Eat 0 b 539 Due. . 7, m: Andesin; ebendort. 0 R10/ a or a Andesin; nördl. Set, südöstl. K. 505. Weiters wurde der Feldspat nach der Beckeschen Quarz- Feldspat-Methode viermal bestimmt: a) Parallelstellung: > ' Gruppe I + II, beziehungsweise > 3 Albit oder Oligoklas. Material dasselbe wie oben sub 1 und 2. 158 Dr. Karl Hinterlechner und C. v. John. [32] b) zweimal in Parallelstellung und einmal in Kreuzstellung. o> „'\ mithin nicht saurer als höchstens Andesin. De 4." Be Die Beobachtung in Kreuzstellung wurde am selben Material, wie sub 3 angeführt, vorgenommen; jene in Parallelstellung beziehen sich auf den Plagioklas sub 7, beziehungsweise auf einen aus dem Ge- steine aus der Butina, nördlich Se&, nordöstlich K. 505. Zusammenfassend dürfen wir mithin den Plagioklas unseres gegen- ständlichen Diorits für einen Andesin erklären; lokal wird er indessen auch etwas saurer: Oligoklas. Der Andesin hat im allgemeinen das Bestreben parallei zur Albitzwillingsgrenze gestreckte Durchschnitte zu zeigen, die makro- skopisch 2—5 mm lang werden; deshalb ist nicht gerade selten die Trasse der M-Fläche (010) zur Ausbildung gelangt. Terminale Endigungen kommen zwar auch vor, sind jedoch nıcht ganz sicher definierbar. Selbstverständlich treten auch ganz unregelmäßige Formen auf. Isomorphe Schichtung kommt zwar nicht selten vor; häufig ist sie indessen auch nicht. Durch die Zersetzung des Andesins bildet sich der Kaolin und lokal Karbonate. Die angegriffensten Proben wurden nördlich und nordöstlich K. 425 (westliches Ende des Stockes) konstatiert; sonst ist dieses Element relativ sehr gut erhalten. Auffallend ist das Erscheinen des Epidot im Andesin. Mit besonderer Vorliebe bildet er ganz unregelmäßige Gruppen, eine Art fremden Kernes im Plagioklas.. Außerdem kann seine Anordnung Kranzform annehmen; dabei gruppieren sich die Epidotkörner so, daß sie geschlossene Reihen bilden, die jeweils parallel zur isomorphen Schichtung verlaufen. Da die Epidote ganz scharf, manchmal sogar geradlinig, wenn auch unregelmäßig begrenzt erscheinen, und da der sie einschließende Andesin gleichzeitig vollkommen intakt sein kann, desbalb muß man manchmal unwillkürlich daran denken, daß der Epidot vielleicht doch nicht stets und überall nur als sekundäres Element zu deuten ist, als was er sicher auch auftritt. Der herrschende Amphibol ist eine durch blaugrüne bis gelb- (braun)grüne Farbentöne charakterisiertte Hornblende von bald unregelmäßigen Querschnitten, bald mehr nach der c- Achse gestreckter Leistenform. Letztere können zirka 3 mm lang werden. Terminale Endi- gungen sind in diesen Fällen selten und nicht ganz sicher deutbar. Spaltbarkeiten zeigt dieses Mineral die allgemein charakteristischen. Die Zwillingsbildung erfolgt nach (100); Auslöschungsschiefe c:c 16°, Die Hornblende beherbergt manchmal eine dunkle, erzähnliche Substanz. Die winzigen Partikelchen derselben sind zu Reihen ge- ordnet oder auch ganz unregelmäßig wolkig verteilt. Mit Magnetit sind sie nicht kurzweg zu identifizieren, obschon er daneben (primär) vorkommt. Im Gegensatze zu der bisher besprochenen, stark pleochroitischen Hornblendeist der zweite Vertreterder Amphibolgruppe durch einen auffallenden Mangel dieser Eigenschaft ausgezeichnet. Blau wird er nie. Sicher ist seine Bildung aus einem Pyroxen, und Te Sr Mi [33] Über Eruptivgesteine aus dem Eisengebirge in Böhmen. 159 zwar durch Zersetzung (nordwestlich Se£, nordwestlich K. 542). Wegen der blaßgrünen Farbe, die übrigens ganz verloren gehen kann, könnte man diesen Amphibol für einen Aktinolith halten. Der Quarz wurde vornehmlich als Interstitialfüllmasse und sonst in Form unregelmäßiger Gebilde erkannt. Auf die Namensgebung des Diorits muß ihm wegen seiner relativ großen Konstanz ein Einfluß eingeräumt werden, obschon er nicht stets in sehr großen Mengen vorlag. Der Pyroxen ist nur einmal, und zwar an der oben angeführten Stelle angetroffen worden. Er war fast farblos und durch die Diallag- spaltbarkeit ausgezeichnet. Viel war davon nicht vorhanden. Der Titanit bildet in der Regel ganz unregelmäßige Körner. Bald fehlt er ganz, bald ist relativ viel davon vorhanden. Der Biotit lag in Form kleiner Schuppen vor. Mit Vorliebe war er lokal angehäuft. Ganz frisch ist er so gut wie nirgends mehr. Manchmal ist er sogar dermaßen chloritisiert, daß man einen sicheren Beweis für seine Präexistenz nur an der Hand von Spuren führen kann. Als Quarz-Glimmer-Diorit ist das Gestein kaum zu be- zeichnen; dafür ist die Menge des Biotit überhaupt stets zu ge- ring gewesen. Der Magnetit zeigt ebenso wie besonders die sekundären Gebilde fast nur unregelmäßige Formen. Wie schon angedeutet, treten als sekundäre Gebilde am reichlichsten Vertreter der Zoisit-Epidot-Gruppe auf, unter denen der Epidot herrscht. Ferner erscheinen chloritische Ge- bilde, zu denen der allergrößte Teil des Biotit geworden ist, Kaolin, als Zersetzungsprodukt des Plagioklases, lokal Karbonate, zumindest scheinbar und wie erwähnt zum Teil die Horndlende und ein opakes, schwarzes Element, das in Amphibol beobachtet wurde ohne jedoch sicher definiert werden zu können; es dürfte ein Erz sein. 2. Nassaberger Diorit. Wie schon vorn (pag. 150) bemerkt wurde, wird dieser Gesteins- körper als vom östlichen Blattrande bis zur Depression des Deberny- baches reichend hier aufgefaßt. In seiner Ausbildung ist er nicht ganz einheitlich. Wir können eine herrschende nichtporphyrische und eine porphyrische Form unterscheiden. Die letztere ist nur lokal und zwar im west- lichen Teile des Gebietes angetroffen worden, von wo sie möglicher- weise noch in die Gegend bei und westlich von Böhm.-Lhotie reichen könnte. Stets wird sie nur durch einzelne Lesesteine verraten, so daß darüber nichts Genaueres angegeben werden kann. Läßt man unter unseren Gesteinen die Existenz eimes Malchites gelten, so muß man die porphyrische Ausbildung wohl zu diesem stellen. Durch eine solche Abtrennung wird die nichtporphyrische Ausbildung einheitlich. Der nichtporphyrische, gegenständliche Diorit ist fast stets durch makroskopisch erkennbare Plagioklase und durch eine dunkelgraugrüne bis fast schwarze Hornblende charakterisiert. 160 Dr. Karl Hinterlechner und C. v. John. [34] Der Biotit ist zwar vorhanden, allein dessen Menge wird nie irgendwie auffallend. In der Regel bildet der Plagioklas und die Hornblende unregelmäßige Körner. Speziell die letztere kann jedoch auch eine ausgesprochene Nadelform aufweisen (Karrenweg südöstlich K. 519, „Vochoz“, ostsüdöstlich Nassaberg). Die Nadeln werden selten über lmm breit; lang sind sie dabei 3—6 mm. Wo dies nicht der Fall ist, kann besonders der Plagioklas sowie manchmal auch die Horn- blende bis 5 xX5 mm große Bruchflächen verraten. Ein solches Gestein wurde zum Beispiel bei Bratranov (fast bei K. 466) und westlich Kvötinsky, südöstlich Nassaberg, dann westlich Nassaberg usw. in Blockform konstatiert. Durch ihre blatternarbigen Oberflächen be- kommen die Blöcke auf den ersten Blick ein Aussehen, wie es sonst unsere Gabbro zu zeigen pflegen. Stets wolle man sich indessen vor Augen halten, daß die Korngröße auch bedeutend geringer werden kann. Westsüdwestliich Nassaberg, beziehungsweise nordöstlich Hodonin, etwa in der Mitte zwischen beiden ÖOrtlichkeiten war zum Beispiel in einem künstlichen Aufschlusse ein bedeutend kleiner- körniges, amphibolitisch aussehendes Gestein angetroffen worden; die Elemente erkannte man zwar noch gut, das Gefüge war jedoch klein- körnig. Etwas nordwestlich von der eben genannten Lokalität war der Diorit quarz- und besonders biotitführend. Durch solche Aus- bildungen kommen Übergänge {durcli den grauen Amphibolgranitit) zum grauen Granitit der bezüglichen Gegend zustande. Westnordwestlich Nassaberg, beziehungsweise südwestlich K. 501 war der Diorit sogar schon ganz feinkörnig. Sein Feldspat wird manchmal durch den Verwitterungsprozeß hellbräunlich, das Gestein braungrau(grün) gefärbt. Betrefis der Hornblende braucht in mikroskopischer Hinsicht nicht viel erwähnt zu werden; es sei denn, daß sie westlich Nassaberg, beziehungsweise südsüdwestlich K. 501 mit einem Pyroxen parallel so verwachsen vorlag, daß sie sich gegenseitig durchdrangen. Mit dem letzteren werden wir uns anderenorts ausführlicher beschäftigen. Im Gesteine südöstlich bei K 519, Vfochoz bei Nassabersg, sah man parallel und quer zur Spaltbarkeit Ketten winzig kleiner Erzpartikelchen verlaufen, für die es nicht ganz sicher ist, ob sie primären oder sekundären Ursprunges seien. Da die ganze Anordnung zum Teil wenigstens an gewisse Bilder bei der Serpentinbildung erinnert, deshalb wäre es vielleicht nicht ausgeschlossen, daß da ein allererstes Stadium dieses Prozesses (?) vorliegt. Achsenfarben an solchem Material: b grün, c blaß(grau)blau. Der Plagioklas ließ folgende Bestimmungen zu: 1. a) Schnitt parallel M; Auslöschungsschiefe — 32°... basischer Bytownit. b) Spaltblättchen aus demselben Material. Der Plagioklas verriet die Flächen P, T und !. Auslöschungsschiefe auf M... 398 IE. Bytownit—Anorthit. Lokalität: fast bei K. 466 bei Bratranov. [35] Über Eruptivgesteine aus dem Eisengebirge in Böhmen. 161 2. Schnitte senkrecht zu M und P; zweimal und zwar: 47 a) +29. rs en 58 j basischer Andesin; b) + 45; weil Lage nicht genau: basischer Pol der ganzen Reihe. Lokalität: südöstlich Nassaberg und Kv£&tinsky. 3.a) Schnitt senkrechtzu Mund P; Resultat wie voranstehend sub a. b)Quarz-Feldspat-Methode nach Becke; Parallelstellung: oa c bestimmt. Die Lichtbrechung ist im Pyroxen für b größer als in der Amphibolsubstanz. Gegen die Bezeichnung dieses Pyroxens als Diallag wird mit Rücksicht auf obige Beobachtungen kaum etwas einzuwenden sein. b) Der Einheitlichkeit des Diallag steht hier die Aggregat- natur der Amphibolsubstanz gegenüber (im Bilde verschiedene Nuancen von Grau); am deutlichsten ist dies im Bilde zu sehen links von und links ober der schwarzen Stelle im Diallag, die nahe am unteren Bildrande erscheint. Der sonst erkennbare schmale Hornblendestreifen löscht (fast) völlig einheitlich aus. Die Hornblendepartie im Bilde links und rechts zeigt deutlich die prismatische Spaltbarkeit nach (110). Parallel zur Symmetrale dieses Spaltungswinkels liegt die Ebene der optischen Achsen und a; senkrecht dazu also b. Der Spaltungswinkel betrug 123° 30°. Der Schnitt traf mithin die in Rede stehende Spaltbarkeit nahezu senkrecht. ı, Im Bilde von links oben nach rechts unten verlaufend. 184 Dr. Karl Hinterlechner. und C, v, John. ) [58] Pleochroismus: a = sehr hellgelb (fast farblos), b = grün. Absorption: b>.a. Mit Rücksicht auf den Diallag ist es beachtenswert, daß die Symmetrieebenen in beiden Mineralen die gleiche Lage aufweisen, denn b im Diallag ist parallelb im Amphibol und c im ersteren lag in derselben Ebene wie a in der Hornblende. Ein Teil der Hornblende hat mithin in diesem Falle mit dem Diallag die Prismenzone vollkommen (oder wenigstens nahezu vollkommen) ge- meinsam. Ob derartige Vereinigungen der gegenständlichen Minerale ein primäres Phänomen vorstellen, oder ob diese Erscheinung doch nur eine Folge der Diallagumwandlung ist, diese Frage soll mit Bezug auf einzelne Stellen offen belassen werden. Möglich wäre es näm- lich auch, daß lokal eine primäre, mit dem Pyroxen parallel ver- wachsene (?braune) Hornblende gleichzeitig mit dem Diallag einer Umwandlung anheimgefallen ist, und daß infolgedessen das End- produkt der beiden an und für sich verschiedenen Prozesse eine scheinbar stets gleiche, grüne Hornblende wäre. Die (zumindest schein- bar) parallele Verwachsung des Diallag mit der Hornblende und die oben, pag. 180, geschilderte Umwandlung der braunen Hornblende in grüne würden in dem Falle für das Vorhandensein eines primären Amphibolvertreters sprechen, während die Aggregatnatur der Horn- blende und ein erkennbarer Diallag in diesem Aggregat dafür Zeugen- schaft abzulegen scheinen, daß der Amphibol, sofern er grün ist, dochı ein Zersetzungsprodukt des Diallag wäre. Ein Querschnitt parallel (010) ließ folgende Beobachtungen zu. a) Form des Diallagkornes kurz leistenförmig; Erhaltungszu- stand sieht mehr sehr frisch, weil fleckige Farbenverteilung zwischen gekreuzten Nicoln; Diallagfaserung (Spaltbarkeit) sehr gut erkennbar; Auslöschungsschiefe mit Bezug auf diese 37° 45’; Farbe im durch- fallenden Lichte grünlichgrau ; Pleochroismus keiner; Absorptionsunter- schiede unmerklich. b) Der Diallag mit vorstehenden Merkmalen zeigt in seinem Innern an einigen wenigen Stellen eine grüne, mutmaßlich sekundär gebildete Hornblende; ihre Dimensionen sind stets sehr klein. Weiters findet man am Rande des Pyroxens dünne Amphibollamellen, ohne daß diese eine sicher nachweisbar geschlossene Haut um den Diallag erzeugen; scheinen will es indessen. Das Beachtenswerte dieses Amphibolüberzuges besteht nun in Folgendem: 1. löscht er nicht .einbeitlich aus, auch zeigt er verschie- dene Interferenzfarben an verschiedenen Stellen, und 2. ist seine optische Orientierung mit Bezug auf den Diallag zu berücksichtigen. Die erstangeführten Beobachtungen sprechen auch hier für die Aggregatnatur des Amphibolüberzuges. Als Erläuterung zur zweiten Angabe diene folgendes. Eine dünne Hornblendelamelle, die ganz in der Zone (100): (010) des Diallags zu liegen schien, verriet mit Bezug auf ihre Längskante, die übrigens der Diallagspaltbarkeit parallel lag, eine Auslöschungsschiefe von [59] Über Eruptivgesteine aus dem Eisengebirge in Böhmen. 185 14° 30‘. Diesen Winkel schloß die genannte Richtung mit c ein. Quer zu c lag a. Der Pleochroismus war nicht sehr auffallend: a blaßgrün, c grün. Daraus folgt, daß die Elastizitätsachse b im Diallag dieselbe oder (bei Berücksichtigung der mikroskopischen Fehlergrenze in einem solchen Falle) nahezu die gleiche Lage hat wie in der Hornblende- lamelle. Die Achsenebenen in beiden Mineralen scheinen mithin zumindest untereinander parallel zu sein. Mit Bezug auf die usuelle Aufstellung von Pyroxen, beziehungsweise Amphibolkristallen wäre jedoch zu bemerken, daß ein Mineral gegen das andere um 180° ver- wendet ist. Diese Drehung können wir uns am einfachsten um die Elastizitätsachse D, die gemeinsame optische Normale, erfolgt denken. Ob der gegenständliche Amphibol übrigens eine unanfechtbare grüne Hornblende vorstellt, muß unentschieden gelassen werden. Die Achsenfarbe für c rückt den Gedanken in den Bereich der Möglichkeit, man habe es mit einem Aktinolith zu tun. Da die pag. 179 angeführte (grünlich)blaue Achsenfarbe (für c) auch sonst in den hierher zu stellenden Amphibolgebilden fehlt, deshalb dürfte man obige Ansicht sogar verallgemeinern und einen größeren Teil des Amphibols in der Weise deuten. Dieser farblose, beziehungs- weise fast farblose bis hellgrüäne Amphibol bildet in der Regel ganz unregelmäßig gestaltete, parallel- oder vollkommen wirrfaserige Aggregate. Einiges über den Amphibol folgt noch später. Zum monoklinen Pyroxen zurückkehrend möge noch nach- stehendes Aufnahme finden. Eine Zwillingsbildung kommt nach (100) zur Ausbildung. In einem hierher gehörigen Schnitte parallel (010) betrug die Auslöschungs- schiefe in den beiden Lamellen bezüglich der prismatischen Spalt- barkeit 35°, beziehungsweise 39°. Außer der angeführten Umwandlung in Amphibol kann der Diallag auch der Chloritisierung und Serpentinisierung anheimfallen. Schließlich sei bemerkt, daß nicht aller monokline Pyroxen die bezeichnende Diallagspaltbarkeit erkennen läßt, obschon ‚die Merk- male derartiger Schnitte mit jenen desDiallag sonst große Ahnlichkeit aufweisen. Ihre Farbe ist hellgrün bis helleraugrün oder sie sind fast farblos. Zwischen gekreuzten Nicoln löschen sie völlig aus. Vielleicht aarf man sie für einen Diopsid halten. Manchmal findet man diesen als Einschluß in dem nachstehenden rhombischen Pyroxen, Die Form des rhombischenPyroxens ist stets unregelmäßig (Fig. 4, Taf. IV). Man beachte die graue Partie, die sich aus der unteren, rechten Ecke gegen die Mitte des Bildes erstreckt. In der linken oberen erscheint ein Diopsid. In einem hierher gehörigen Schnitte waren vier Systeme von Spaltrissen vorhanden. Bei flüchtiger Betrachtung glaubt man annehmen zu dürfen, daß selbe paarweise aufeinander senkrecht stehen. Bei einem Systempaar war dies nicht absolut zutreffend. Mit Bezug auf das zweite Paar löschte der Schnitt zwischen gekreuzten Nicoln völlig und gerade aus. Im Hinblick auf die Güte der vier Spaltsysteme kann nicht leicht ein Unterschied erkannt werden. Dessenungeachtet Jahrbuch d.k. k. geol. Reichsanst., 1909, 59. Bd.,1. Hft. (Hinterlechner u, v. John.) 24 186 Dr. Karl Hinterlechner und C, v. John. [60] darf ein Systempaar als zu (110) und das andere als zu (100), be- ziehungsweise (010) parallel aufgefaßt werden. Zu einem der letzt- erwähnten Systeme liegt die Achsenebene und a parallel, quer dazu mithin b; der Schnitt ist also (fast) L zu c, denn man merkt noch eine Lamellierung am Rande, wo der Schnitt besonders dünn war. Diese Lamellen lagen senkrecht zur Achsenebene und mithin parallel zu einem Spaltsystem (nach 010). Pleochroismus ist keiner merkbar; Die Farben variieren in Grau. Die Absorption war b > a. Ein weiterer, unregelmäßiger Querschnitt ließ ein System paralleler Spaltrisse erkennen. Schief dazu verliefen einige wenige rohe Risse, die kaum sicher als eine Spaltbarkeit angesehen werden dürften; zumindest wäre sie sehr schlecht. Mit Bezug auf die voll- kommene Spaltbarkeit löschte der Schnitt zwischen gekreuzten Nicoln gerade aus. Parallel zu ihr liegt die Ebene der optischen Achsen und c, senkrecht dazu mithin b. Der Schnitt war also L a getroffen. Der Pleochroismus war merklich für b = rötlichbraun und c = sehr hellgraugrün. Die Dispersion war in einem Falle og < v. Denken wir uns all diese Merkmale vereint, dann ist ein derartiger Pyroxen sicher als rhombisch und zwar als Bronzit auf- zufassen. Bei der Umwandlung des Bronzit entsteht ein graues, faseriges Aggregat; im Bilde 4 rechts oben die ganze Ecke. Man beachte den fleckigen, dunkelgrauen Ton. Es sind stellenweise noch unzersetzte Reste erhalten geblieben. Manchmal sieht er wie stark staubig aus. Als Einschlüsse findet man im Bronzit ein Erz (? Magnetit), den monoklinen Pyroxen und hie und da einen Plagioklas, also alle (älteren) Gesteinselemente. In manchen Schnitten des monoklinen Pyroxens beobachtet man eine tropfenförmig begrenzte, braune Substanz. Absorptionsunterschiede sind merkliche vorhanden, allein eine Orientierung ist nicht möglich wegen absolutem Mangel an sicheren Anhaltspunkten. Deshalb muB es unentschieden bleiben, ob in derlei Fällen eine braune Horn- blende oder ein braundurchsichtiger rhombischer Pyroxen vorlag. Der meiste Bronzitgehalt wurde in den Proben von folgenden Lokalitäten nachgewiesen: 1. Schneise 23, südlich vom dortigen Eisenerzvorkommen im Gebiete des „Gabbro und Olivingabbro“ des beigegebenen Kärtchens (Tafel II); 2. Wirtschaftsstreifen lit. L zwischer Schneisse 21 und 22; 3. südöstlich vom Schnittpunkte der Schneise 25 mit dem Wirtschaftsstreifen lit. / sowie untergeordnet noch an einigen weiteren Stellen. Alle diese Funde sind im Kärtchen noch nieht verzeichnet, da sie erst beim genauen petrographischen Studium des Materials konstatiert wurden. Daß ein gewisser Teil des Amphibolminerals seine Existenz der Umwandlung des Pyroxens verdankt, dürfte aus dem Voraus- geschickten hinlänglich klar hervorgehen. Ebenso sicher wie dies darf jedoch behauptet werden, daß ein aliquoter Teil dieses Minerals [61] Über Eruptivgesteine aus dem Eisengebirge in Böhmen. 187 auch primären Ursprunges ist, oder besser gesagt, es einmal war. Von der wirklich primären Hornblende liegen nämlich derzeit nur noch Spuren vor. Auch diese ist durch einen Umwandlungsprozeß fast immer grün geworden und zeigt nur mehr fleckenweise braun(grün)e Farben. Die Umgrenzung der wenigen, hierher gehörigen Schnitte ist stets unregelmäßig. Die braune Farbe ist mit der grünen durch alle möglichen Übergänge verknüpft. In einem Falle sah man eine grün- lich verblassende, nur noch lokal braune Hornblende mit einem Pyroxen (? parallel) verwachsen (Bild 5, Tafel IV). Die braune Hornblende erscheint im Bilde an dem nordwestlich—südöstlich verlaufenden Sprunge als ein viereckiges Stück mit nordöstlicher Längsrichtung. Von dieser Stelle gegen SO ist ein Teil des Bildes heller grau ge- färbt; dies ist der diopsidische Pyroxen. In der Mitte des Bildes tritt die sekundäre Hornblende nordöstlich-südwestlich gestreckt auf. In der nordöstlichen Ecke verrät sich die Aggregatnatur derselben durch verschieden graue Farben im Bilde. Ein grüner Querschnitt zeigte, als Einschluß in einem Diallag, die Trassen von (110) und (100) sowie die Spaltbarkeit nach dem Prisma (110). Ist das Gestein geodynamischen Prozessen ausgesetzt gewesen, so wird natürlich alles mehr oder weniger zermalmt. An einer derartigen Probe aus dem Wirtschaftsstreifen lit. J, zwischen Schneise 19 und 20, fand man, daß randliche Amphibolzonen der Pyroxenschnitte manchmal von den letzteren wie „abgestreift“ vorlagen; ähnlich wie ein von der Hand abgestreifter Handschuh. Diese Amphibolzonen — stark in die Länge gezogen, wie sie sind — können jedoch oft auch derart gedeutet werden, als ob sie bei der Zerdrückung durch diese, und zwar direkt aus dem Pyroxen hervorgingen. Das Bild 6, Tafel IV, zeigt uns eine Partie eines Pyroxens, der durch seitlichen Druck in zwei (am oberen und unteren Bildrande liegende, dunkelgrau wiedergegebene) Teile ausgewalzt wurde. Da wo die Pyroxenteile voneinander abgeschnürt sind, sehen wir einen relativ mächtigen, hellergrauen Verbindungsstrang, der aus Hornblendeleisten besteht, die zwischen beiden senkrecht zur Druckrichtung die im Bilde ost-westlich angenommen wird, liegen. Bei Beurteilung der ganzen Erscheinung ist es schwer sich hier einen anderen Prozeb vorzustellen als den vom direkten Übergang des Pyroxens in den Amphibol, und zwar wahrscheinlich infolge eines seitlich wirksam gewesenen Druckes. In der Nachbarschaft von manchen Amphibolschnitten findet man im Plagioklas Einschlüsse des ersteren Minerals, die sich durch ihre Kleinheit. Farblosigkeit oder blaßgrüne Färbung und durch eine scheinbar kristallographische Begrenzung auszeichnen. Beim Schnittpunkt der Schneise 23 mit dem Wirtschaftsstreifen lit. M wurde in einem scheinbaren Amphibolgabbro, dessen Horn- blende sich lokal indessen als nur sekundären Ursprunges erwies, ein größerer, unregelmäßig begrenzter, grüner Spinell erkannt. Der- selbe war ganz unregelmäßig von einem anderen nichtgrünen, stark 24* 1883 Dr. Karl Hinterlechner und C. v. John. [62] licht- und doppelbrechenden Bestandteil durchwachsen, den man mut- maßlich für Zirkon halten darf. Sonst war noch ein Erz (Magnetit) in Form unregelmäßiger Körner vorgelegen. Analysendiskussion, Auf Seite 176 wurde bemerkt, daß in der Gruppe der olivin- freien Gabbrotypen die Rolle des Pyroxens, beziehungsweise des Amphibolminerals von Wichtigkeit ist. Ersterer kann ganz fehlen "oder auch ganz allein vorhanden sein. Genau dasselbe gilt für den Amphibol. Im weiteren wurde dann betont, daß in der Wirklicheit diese Scheidung nicht streng durch- führbar ist. Zwischen dem Pyroxen, beziehungsweise Hornblende- gabbro bestehen alle möglichen Übergänge im Hinblick auf die jedesmalige mineralogische Zusammensetzung. Zur Illustration dieser Relationen dienen nachstehende vier Analysen. Analysen von olivinfreien Gabbrotypen. I 1I III IV a 46:26 46:92 47-36 Al,Os... 2456 19:18 20:36 14-06 10, 2 2:72 2:12 3:23 %90....1..1.828 6:38 5:02 6-07 Ca0 ... 16:00, 18601: 5.55 ABA MO 9. 4:54 204 7.19) 2079 7.06, 2250 1148} 2428 E02... 0300 Se. 1 BR a a Na,0... 1a 81 975) 40 1) 315 150 279 DemBPer 0:09 Spur. 0.09 0:09 BIO EISEN OR 0:26 0:38 0:40 Glühverlust 080 1:86 0:82 1:56 Summe . 100:76 101:50 10136 99-84 I. Revier Ransko, östlich Schneise 25, südlich Wirtschaftsstreifen lit. Z und nördlich lit. J. II. Revier Ransko, Wirtschaftsstreifen lit. Z, zwischen Schneise 21 und 22. III. Revier Ransko, beim westlichen Ende des Wirtschafts- streifens lit. L. IV. Revier Ransko, nahe beim südlichen Ende der SchHeise 19. Fassen wir davon zunächst die I. und IV. ins Auge. Die erste Analyse ist das Bild der chemischen Zusammensetzung eines Pyroxengabbro (Norit), in dem zumindest keine primäre Hornblende vorhanden ist. Sekundärer Amphibol kann im besten Falle vielleicht in Spurenform erkannt werden. Die vierte Analyse ist insofern ein Gegenstück dazu, weil in dem betreffenden Gestein nur grüne Hornblende nebst einer grün verblassenden, braunen vorlag. [63] Über Eruptivgesteine aus dem Eisengebirge in Böhmen. 189 Vom Plagioklas wird dabei in beiden Fällen vorläufig ganz ab- gesehen. Bezüglich der Natur ist er ohnedies ganz gleich. Der Menge nach ist er indessen im I. sicher größer als im IV. Gestein. Aus dem Vergleich der beiden Analysen resultiert nun folgendes. Si 0, ist in diesen zwei Fällen gleich. Al, O0; nimmt (fast) um 10 Prozent im Amphibolgabbro gegen.den Norit ab; F& OÖ; bleibt nur fast gleich; Fe O steigt in IV gegen I fast um das Doppelte; Ca O nimmt rund um ein Viertel von I in IV ab; MgyO steigt dagegen mehr als auf das Doppelte an; die Alkaliensumme kann vielleicht als nur beiläufig gleich aufgefaßt werden. | Es braucht wohl kaum betont zu werden, daß diese zwei Ge- steine mithin weder vom mineralogischen noch vom chemischen Stand- punkte aus kurzweg identifiziert werden dürfen. Dies wäre das trennende chemische Moment bei der Beurteilung der beiden olivin- freien Unterabteilungen dieses Abschnittes. Die Differenzen bezüglich Al, 0, und Ca0 geben sich mine- ralogisch durch die verschiedenen Plagioklasmengen zu erkennen. Dagegen spiegelt sich das Ansteigen des F'e- und Mg-Gehaltes be- sonders in dem starken Anwachsen der Amphibolquantität gegen- über jener des Bronzit. Der auffallende Gegensatz der beiden eben besprochenen Ana- lyseu wird bedeutend gemildert, sobald wir die Analysenresultate sub U und III interpolieren. Auch das Gestein sub II ist ein Pyroxengabbro, und zwar auch ein Norit. In diesem findet man indessen bestimmt grüne, sekundäre Hornblende (Aktinolith) und Spuren eines braunen Amphibolvertreters. Auch zersetzter Diallag darf angenommen werden. Mineralogisch nähert sich also das Gestein sub II etwas jenem sub IV und ist gleichzeitig dem I. verwandt. Das gleiche Verhältnis kann in chemischer. Hinsicht konstatiert werden. Die Analyse sub III sollte eigentlich zwischen I und II ein- gereiht seih, sofern wir nur den Chemismus ins Auge fassen. Sie nimmt dort eine Mittelstellung zwischen beiden in der Weise ein, daß sie ein Bindeglied zwischen beiden vorstellt. Mineralogisch steht jedoch das Gestein sub III jenem sub IV viel näher. Das herrschende „farbige Silikat“ ist nämlich hier wie dort grüne Hornblende. Das Gestein sub III führt auch nur noch wenig monoklinen Pyroxen, welcher der IV. Probe, wie gesagt, gänzlich fehlt. Die voranstehenden vier Analysen repräsentieren demnach bei gleichzeitiger Beurteilung aller mineralischen und chemischen Momente eigentlich nicht eine, sondern zwei Reihen: L Il: ar — IV. 2. T — HR SV; Das Gestein II ist ein chemisches Bindeglied zwischen I und IV, wobei es sich mineralogisch an I anlehnt, ohne dem IV. fremd zu sein. Die Probe III ist dasselbe in chemischer Hinsicht, nur lehnt 190 Dr. Karl Hinterlechner und C. v. John. [64] es sich mineralisch an IV innig an; dem I. Gesteine ist es dagegen nur verwandt. Betreffs der Verwandtschaft der Gesteine II und III unter- einander braucht man nach dem Gesagten wohl kaum noch ein Wort zu verlieren. Faßt man nun gegenständliche vier Gesteine bei Beurteilung obiger chemisch-mineralischer Momente gleichzeitig ins Auge, dann wird man wohl kaum eine gewichtige Einwendung vorbringen können gegen die Vereinigung der Diorite aus dem Ransker Revier älterer Autoren!) mit unseren Gabbrogesteinen. Beurteilt man unsere vorn im Anschlusse an die Diorite be- sprochenen Gabbrodiorite unter demselben Gesichtswiukel, so folgt wohl nahezu von selbst, daß auch selbe hier angeführt werden können, wie dies schon vorn, pag. 176 bemerkt wurde. b) Olivinführende Gabbro. 1. Gesteine aus dem Revier Ransko. Das gemeinsame Merkmal aller hier eingereihten Funde ist ein größerer oder geringerer Olivingehalt. Zumindest in Spuren lag er (fast) stets und sicher vor. Alle gegenständlichen Proben führen ferner ausnahmslos einen Plagioklas. Dieser ist immer ein wesentliches Gesteinselement. In einigen seltenen Ausnahmsfällen, die man indessen nur mit Vor- behalt hier einreihen darf, kommt er sogar ganz allein zur Aus- bildung, also auch ohne Olivin. Im (teilweisen) Gegensatze zum Plagioklas findet man die sonstigen Bestandteile dem Olivin vollkommen unregelmäßig bei- gesellt. Manchmal hat man es fast ausschließlich mit rhombischem, in anderen Fälien wieder so gut wie nur mit monoklinem Pyroxen zu tun. Untergeordnet erscheint ein Amphibol. Daraus ergibt sich folgende Dreiteilung der gegenständlichen Gesteinsvertreter: ; 1.:Olivinnoritreike; 2.0livingabbro mit untergeordneten Mengen von Amphibol und eventuell 3. Anorthositreihe mit manchmal verschiedenen Mengen von Olivin. Die fallweise auftretenden, gleichen Elemente zeigen stets gleiche Eigenschaften wie in den oben besprochenen olivinfreien Typen unserer Gabbro (cf. pag. 176 bis 190), beziehungsweise in den unten erst zu schildernden Peridotiten. Wesentlich verschieden kann nur ihre Menge werden. Eine neue Gesteinskomponente tritt nicht hinzu. Aus dem Gesamtkomplex der Merkmale der vorstehenden drei Reihen ergab sich deshalb, daß diese Felsarten Bindeglieder zwischen den olivinfreien Gabbro und den Peridotiten vorstellen. Aus diesem Grunde können wir uns hier ganz kurz fassen und nur ein- zelne wichtigere Momente speziell herausgreifen. ') Cf. Fußnote 1, pag. 177. u [65] Über Eruptivgesteine aus dem Eisengebirge in Böhmen. 191 o) Olivinnorit. Gefunden wurde dieser dort, wo es die Kartenbeilage ersicht- lich macht. Die Farbe ist grau mit verschieden brauner Sprenkelung. Der graue Grundton rührt vom vorhandenen Plagioklas her, dessen schön spiegelnde Spaltflächen nicht gar selten zu sehen sind. Vollkommen braune Flecke können in ursächlichem Zusammenhange stehen mit dem (zersetzten) Olivin, graubraune mit dem Bronzit. Die größten Elemente bildet der Plagioklas: bis 5X 3 mm im Querschnitte. Zumeist bleibt indessen auch dieser sowie besonders alle anderen Gesteinsbestandteile hinter diesen Dimensionen (weit) zurück. Durch die Verwitterung der Fehaltigen Gesteinselemente bekommen die Blöcke eine nur etliche Millimeter mächtige, braune Verwitte- rungskruste. Im Plagioklas wurde das Maximum der Auslöschungsschiefe mit Bezug auf die Albitzwillingsgrenze bestimmt und ergab: 92) 50% Der trikline Feldspat kann demnach nicht saurer als ein Bytownit-Anorthit sein; ob es dieser oder ein Anorthit ist, bleibt in Schwebe. Der Plagioklas ist mitunter voll von orientiert gelagerten, nicht erkennbaren Elementen. Am Olivin ist die bekannte kelyphitische Struktur zu be- obachten. In den randlichen Schalen erscheint dabei eine grüne Hornblende. Der Olivin liegt fast regelmäßig in einem Aggregat von Bronzit. Braune, pleochroitische Stellen im letzteren können vielleicht als Hornblendeeinschlüsse aufgefaßt werden. In dem Falle hätten wir es schon hier mit zumindest zweierlei Amphibolen zu tun. Durch die Umwandlung des Bronzit könnte indessen eventuell noch ein weiterer Vertreter dieser Gruppe entstehen. In einem Falle fand man nämlich folgende Verhältnisse. Ein mit Bezug auf ein Spaltsystem gerade auslöschender, un- regelmäßiger, nicht scharf gegen die Umgebung abgegrenzter Bronzit- durchschnitt lag in einem gleich unregelmäßig umgrenzten, grünen Mineral, das mit Beziehung auf ein Spaltsystem ebenfalls gerade aus- löschte. Die Spaltbarkeit des letzteren war zwar weniger deutlich, allein ebenso wie jene im Bronzit ziemlich vollkommen. Speziell im rhombischen Pyroxen ist parallel zu ihr eine Faserung konstatier- bar. Zwischen gekreuzten Nicoln kommt diese auch im grünen Mineral zum Ausdruck. Die Fasern setzen aus dem Bronzit direkt in dieses über. Die Farbenverteilung war in den beiden et zwischen gekreuzten Nicoln keine regelmäßig einheitliche, sie war indessen auch nicht derart wie in einem Aggregat. Das Verhi ntnne des Bronzit zum umgebenden Medium ist nämlich dasjenige eines in Zersetzung begriffenen Minerals zu dessen Umwandlungsprodukten, Es bilden sich Farbenübergänge heraus, die nur in einer chemischen Verwandtschaft ihren Grund haben können. 192 Dr. Karl Hinterlechner und C. v. John. [66] In der Schnittebene des Bronzit lagen b und c; dieses Mineral war demnach senkrecht zu a getroffen. Die Achsenebene und c lagen parallel zur Faserung. Als Achsenfaren erkannte man für: b hellrötlichbraun, c grünlichgrau. Der Achsenwinkel war sehr groß, die Doppelbrechung (sehr) stark, allein nicht mehr an allen Stellen gleich. Gegen den Rand verblaßten die intensiven Farben. Die grüne Substanz zeigt folgende optische Orientierung gegen- über dem Bronzit. Parallel zur Faserung, beziehungsweise zur Achsenebene im Bronzit lag die letztere auch hier; b im Amphibol war der Achse b im Bronzit, c des ersteren dem c des letzteren parallel. Der Achsenwinkel war kleiner wie im Pyroxen. Der Pleochroismus war deutlich, und zwar für: b grün, c grün mit Stich ins Bläuliche. Bei dieser Amphibolitisierung (an Serpentin ist wegen den erscheinenden Interferenzfarben nicht zu denken) sind höchstwahr- scheinlich gleichzeitig noch andere Flemente sekundär gebildet worden: ein fragliches Erz, zum Teil limonitisiert und hellgraue, winzig kleine, nicht diagnostische Elemente (? Leukoxen). Ist diese Hornblende mit jener in den kelyphitischen Schalen (pag. 191) nicht identisch, dann muß sie wohl als fernere Form der Amphibolsubstanz aufgefaßt werden. Außer der Umwandlung in diesen grünen Amphibollagen noch zweierlei Sekundärgebilde vor: Serpentin und ein faseriges, braun- grünes Aggregat. Vielleicht ist das letztere Bastit (?). Betrefis der chemischen Merkmale dieses Gesteines sei auf die Analyse I auf pag. 197 verwiesen. ß) Olivingabbro mit untergeordneten Mengen von Amphibol. Als Verbreitungsgebiete des Olivingabbro sind im allge- meinen jene Distrikte aufzufassen, die in der beiliegenden Karten- skizze als solche gekennzeichnet werden. Außerdem wurde ein Olivingabbro einerseits am Kreuzungspunkte des Wirtschafts- streifens lit. 7 und der Schneise 20, also mitten im Gebiete des Hornblendegabbro konstatiert, und anderseits erkannte die genauere Untersuchung einen Olivingabbro auch in einer Probe aus dem Peridotitgebiet, Schneise 22, beim Schnittpunkt mit dem Wirtschaftsstreifen lit. 7. Der Grundton der Farbe der gegenständlichen Gesteine ist stets grau. Dabei wird sie bald etwas heller, bald etwas dunkler. Dies hängt von der Menge des vorhandenen Plagioklases ab. Eine braune Sprenkelung verursachen zersetzte Olivindurchschnitte. Relativ un- zersetzte sind dagegen dunkelolivengrün mit schwachem Stich ins [67] Über Eruptivgesteine aus dem Eisengebirge in Böhmen. 193 Bräunliche; manchmal sind sie freilich auch ziemlich hellolivengrün gefärbt. Der monokline Pyroxen ist dunkelgrün. Seine Menge ist nicht konstant. Von der grünen Hornblende können keine makro- skopischen Merkmale angeführt werden. In geradezu minimalen Mengen und winzigen Dimensionen findet man (wie auch sonst in unseren Gabbrogesteinen) lJampritische Gebilde eingesprengt. Die Korndimensionen sind durchschnittlich als mittelgroß zu bezeichnen. Wie makroskopisch, so erkennt man auch auf mikroskopischem Wege als charakteristische Elemente der Proben dieser Reihe: den Plagio- klas, monoklinen Pyroxen und den Olivin. Untergeordnet treten Bronzit- und Amphibolvertreter auf. Von dem gleichen Gedanken wie beim Olivinnorit wollen wir uns auch bei der Besprechung der Proben dieser Reihe leiten lassen. Vom Pyroxengabbro (oder Gabbro schlechtweg) unter- scheidet sich nämlich das Gestein dieses Abschnittes im Wesen nur durch seine Olivinführung. Hier sollen deshalb nur die Abweichungen von den verwandten Reihen oder besonders auffallend ausgebildete Merkmale speziell angeführt werden. Die Plagioklasbestimmungen ergaben (schliffweise geordnet) fol- sende Resultate: 1. Maximum der Auslöschungsschiefe mit Bezug auf die Albit- zwillingsgrenze in Schnitten senkrecht zur Zwillingsebene 28° ..., nicht saurer als Labrador; ausgeschlossen jedoch auch Anorthit; also Labrador oder Bytownit. 2. Schnittlage wie sub 1. Auslöschungsschiefenmaximum + 52° 30°... Anorthit. 3. Schnittlage wie sub 1. Auslöschungsmaximum + 36°... nicht saurer als Bytownit; + 390 30°... nicht saurer als (saurer) Labrador, also basischer Labrador bis Anorthit; + 50° nur Anorthit. 4. a) Schnittlage wie sub 1. Auslöschungsmaximum + 36040’... basischer als saurer Labrador; d) Schnitt (beiläufig) senkrecht zu. M und P...-+45°... Anorthit (nicht absolut sichere Bestimmung). 5. Schnittlage wie sub 1. Auslöschungsmaximum + 42°... Bytownit oderAnorthit. 6. Schnittlage wie sub ]. Auslöschungsmaximum + 51° 40°... Anorthit; +30%°... basischer als Ab,, An,, (saurer) Labrador, ausgeschlossen jedoch der Anorthit; also basischer Labrador oder Bytownit. 7. Schnittlage wie sub 1. Auslöschungsmaximum + 30% 45° . . . ausgeschlossen alle sauren Mischungen bis zum Bytownit sowie der Anorthit. Jahrbuch d. k. k. geol. Reichsanst., 1909, 59. Bd.,1. Hft. (Hinterlechner u. v. John.) 25 194 Dr. Karl Hinterlechner und C. v. John. [68] Fassen wir obige Resultate kurz zusammen, so sprechen: 4 Beobachtungen nur für den Anorthit, 2 Beobachtungen schließen diesen aus und weisen gleichzeitig auf Labrador oder Bytownit hin, und 5 Beobachtungen lassen die Frage insofern offen, als die Natur des Plagioklases zwischen Labrador (Bytownit) und Anorthit schwanken kann. In einem Falle waren zwei Albitzwillingssysteme nach einem weiteren Zwillingsgesetze verbunden. Für die Bestimmung der Natur dieses letzteren konnten keine sicheren Beobachtungen gemacht werden. Vermutlich war es indessen das Bavenoer Gesetz. Für die Definition des monoklinen Pyroxens waren in einem Falle folgende Merkmale ausschlaggebend. Form unregelmäßig, Farbe blaßgrün, Vorhandensein von drei verschiedenen Spaltbarkeiten und außer diesen von einer Faserung. Zwei Spaltsysteme waren der Qualität nach gleichwertig; sie ent- sprechen der prismatischen Spaltbarkeit nach (110), denn sie schneiden sich unter dem dafür charakteristischen Winkel. Die beiden weiteren sind davon sehr verschieden. Ein System ist nur durch einzelne kurze Risse, nach (010), angedeutet, das andere ist dagegen noch viel vollkommener ausgebildet (zahlreiche, streng parallele. lange anhaltende Spaltrisse) als die prismatische Spaltbarkeit und wurde als parallel (100) aufgefaßt. Parallel zu (010) lag die Ebene der optischen Achsen. Eine Achse trat im ce. p. L. in der Mitte des Gesichtsfeldes auf. Alles charakteristische Eigenschaften eines Diallaege. In einem Zwillinge nach (100), der zwar nicht vollkommen parallel (010) getroffen war, weil ein Achsenaustritt am Rande des Gesichtsfeldes gesehen wurde, betrug die Auslöschungsschiefe 33° 15°, beziehungsweise 330 30°. Die Auslöschung erfolgte zwischen gekreuzten Nicoln vollkommen. Der rhombische Pyroxen tritt als Bronzit ausgebildet, manchmal lokal angereichert auf. Auch parallele Verwachsungen mit Diallag kommen ganz untergeordnet vor. Für den Olivin gelten die auch anderen Orts angeführten Merkmale. Wie in den verwandten Gesteinen, so ist auch hier dem Amphibol nicht stets die gleiche Rolle zuzuschreiben. Trügen nicht alle Anzeichen, so hat man es nämlich zumindest mit zwei Vertretern dieser Gruppe zu tun: mit einem primären und mit Umwandlungs- produkten. Primärer Amphibol wurde gefunden in den Proben der Gesteine: vom Wirtschaftsstreifen lit. X zwischen den Schneisen 19 und 20; Wirtschaftsstreifen lit. L, östlich von der Schneise 22; östlich von der Schneise 25 und nördlich vom Wirtschaftsstreifen lit. /, beziehungsweise schließlich auch im Olivingabbro aus dem Gebiete, das die beigegebene Kartenskizze als Hornblende- gabbro darstellt, oder genauer, in der Probe vom Schnittpunkte der Schneise 20 mit dem Wirtschaftsstreifen lit. A. Due en u 7 A U ER ER Zee [69] Über Eruptivgesteine aus dem Fisengebirge in Böhmen. 195 Die Erscheinungsweise dieses Elements ist eine doppelte: 1. in Form selbständiger Gebilde und 2. als Umrandung des mono- klinen Pyroxens. Die Eigenschaften sind in beiden Fällen gleich. Die Menge ist nie groß, die Form stets unregelmäßig, die Grenzen gegen die ebenfalls unregelmäßigen Pyroxeneinschlüsse sehr scharf, die Amphibolsubstanz löscht vollkommen einheitlich aus, die Interferenzfarben zeigen keine Unregelmäßigkeit in ihrer Verteilung, manchmal löscht der Amphibol gleichzeitig mit dem Pyroxen aus, was auf eine parallele Verwachsung schließen ließe. Der Pleo- chroismus war sehr deutlich und wesentlich verschieden von jenem der sekundären hierher gehörigen Gebilde. Die Schnitte zeigen, ohne daß. eine genaue Bestimmung durchführbar gewesen wäre folgende Farben: hellgelb, braun mit Stich ins Grüne, braungrün oder grün mit einem Stich ins Schmutzigbraune. In einem besonderen Falle lag ein unregelmäßig rund begrenzter Olivin in einem ebensolchen Bronzit und dieser selbst in einer sleichgeformten, grün, beziehungsweise braun durchsichtigen Horn- blende. Die letztgenannte umschließt die ersteren Minerale sowie besonders den Diallag auch einzeln für sich. Deshalb können wir sie als allerjüngstes Ausscheidungsprodukt auffassen. Erwiesen sekundäre Amphibolsubstanz zeigt keine der oben an- geführten Farben. Ihre Aggregate sind im durchfallenden Lichte nur farblos oder sie sind im besten Falle blaßgrün gefärbt (Strahlstein). Am augenfälligsten wird deshalb die doppelte Natur des Amphibols dann, wenn beiderlei Schnitte nahe bei einander liegen. Dies ist zwar ein nicht häufiger Fall, er kommt jedoch auch vor. Manchmal findet man den Amphibol auf den Spaltrissen des Pyroxen. In einzelnen Fällen konnte man sich nicht vor dem Gedanken verschließen, man habe es vielleicht mit einer grün verblaßten (ver- blassenden) braunen Hornblende zu tun. Kommt es zur Ausbildung der kelyphitischen Struktur, so kann auch in den bezüglichen Säumen um die Olivine ein grüner Am- phibol erscheinen. Ob er da primären oder sekundären Ursprunges ist, kann nicht entschieden werden. Hier kann er übrigens leicht mit einem gleich auftretenden, grünen Spinell verwechselt werden. Die Menge der sonstigen Elemente (Magnetit, Titanit ?) ist stets sehr gering. y) Anorthositreihe (mit manchmal verschiedenen Mengen von Olivin, Forellensteine). Als hierher gehörig wurden die Funde von folgenden vier Lokali- täten aufgefaßt: 1. Schnittpunkt der Schneise 25 und Wirtschafts- streifen lit. J; 2. aus derselben Schneise nördlich vom Wirtschafts- streifen lit. Z; 3. Schneise 23, wo die beifolgende Kartenskizze auch einen Olivingabbro angibt, und schließlich 4. südlich beim Schnitt- punkt der Schneise 22 mit dem Wirtschaftsstreifen lit. /7. — Daraus folgt, daß derlei Gebilde sowohl im Verbreitungsterritorium derP erido- tite als auch der saureren (Gabbro) Olivingabbro vorkommen OAKk 25 196 Dr. Karl Hinterlechner und C. v. John. [70] können. Ausgeschlossen ist es übrigens gar nicht, daß sie auch noch an weiteren Stellen: auffindbar wären, denn sie stellen doch wahr- scheinlich nichts weiter vor als lokale Ausbildungen der verschiedenen benachbarten Gesteine, denen der Gehalt an farbigen Elementen mehr oder weniger, oder auch absolut fehlt. Deshalb sind indessen vom chemischen Standpunkt gerade diese Gesteinsformen nicht uninter- essant. Genaueres folgt darüber später. Die Farbe der in Rede stehenden Gesteine ist hell- bis dunkel- oerau. Sie kann nebenbei auch einen verschieden starken Stich ins Blaue aufweisen. Rostbraune Flecke stammen nur vom vollkommen, braungraue vom partiell zersetzten und dunkelolivengrüne vom fast unzersetzten Olivin her. Die Menge desselben ist sehr variabel. Sie kann auf Null sinken (Anorthosite); man findet jedoch in, den Forellensteinen auch soviel davon, daß dadurch direkte Über- sänge zu den Peridotiten zustande kommen (cf. Analysendiskussion). Das Gestein aus der Schneise 23 ist noch im Handstücke an einer Stelle sehr arm an Olivin, während es davon an einer anderen Stelle sehr viel enthält. Die Anordnung des Olivin ist dann streifen- artig. Diese Probe weist übrigens darauf hin, daß das Gestein dieser Gegend dynamischen Prozessen ausgesetzt gewesen sein muß. Im Schliffe bemerkt man schon mit unbewaffnetem Auge ein System nahezu paralleler Sprünge, Risse und Klüfte. Für die Natur der Feldspäte aus reinem Anorthosit sind folgende Merkmale bezeichnend. Schnitte aus der Zone senkrecht zu M (010) oder aus der symmetrischen Zone; Auslöschungsschiefenmaximum mit Bezug auf die Albitzwillingsgrenze: 25° —'... Labrador oder Bytownit, da nicht saurer wie ersterer und nicht mehr Anorthit; 32° 25°... basischer als saurer Labrador; 36° —'.,..basischer als saurer Labrador; 390 30°... basischer als saurer Labrador. Die Form der Schnitte ist unregelmäßig; einzelne Körner zeigen indessen die Tendenz die Fläche M stark zu entwickeln. Manchmal erscheinen auch Trassen der Polflächen. Die Plagioklasbestimmung einer anderen Probe, die etwas serpen- tinisierten Olivin führt, ergab nach derselben Methode, wie vor- stehend angeführt, folgendes Resultat; Auslöschungsschiefe: 39° 52°... also basischer wie saurer Labrador. Durchs Gestein gehen Quetschzonen mit Neubildungen aus der Epidotgruppe. Manchmal tritt zum Plagioklas sehr untergeordnet Olivin hin- zu; noch in kleineren Mengen (eigentlich nur in Form größerer Spuren) gesellt sich zu diesen ein diopsidischer Augit (Diallag); einzelne Durchschnitte stammen von einem grünen Spinell her, andere sind Magnetit. Der Olivin ist serpentinisiert oder er er- scheint in Limonit umgewandelt. Der Plagioklas dieser Probe (ef. auch Analyse III auf pag. 197) ist basischer als ein saurer Labrador, kann jedoch nicht mehr einem Anorthit entsprechen; nach der [71] Über Eruptivgesteine aus dem Eisengebirge in Böhmen. 197 oben angeführten Bestimmungsmethode erhielt man nämlich den Winkelwert: 30° 30°. Das letzte Glied dieser Reihe ist sicher kein Anorthosit; streng genommen ist es indessen auch kein Forellenstein mehr, denn es enthält selbst für einen solchen zuviel Olivin. Zu den Peridotiten kann es wegen dem dafür doch zu großen Plagioklas- gehalte nicht gut gestellt werden. Als Olivingabbro kurzweg ist es dagegen deshalb schwer zu bezeichnen, weil es einen diopsidischen Augit nur lokal und auch da nur untergeordnet verriet. Wie später gezeigt werden soll, ist es am naturgemäßesten, diese Felsart hier einzuordnen, falls wir uns vor Augen halten, daß sie ein Übergangs- glied zu den Peridotiten vorstellt (ef. Analyse IV). Der Plagioklas dieses Gesteines ist basischer als ein saurer Labrador. Nach der Methode wie oben sub 1 angegeben, fand man als Schiefenmaxima die Werte: 34° 10° und 37° 35°. Analysen von Olivin-Gabbrogesteinen. Ile IT: Ill. IV. SO, ... 459 44-28 42-16 41:25 0... 28-34 29-10 28-20 18:02 B0,... 14 2-39 1:22 3-44 FO.... 319 3-35 9-14 3-97 Bao... n E= — — ao ET BAR lust RBB M0 ... ns 1942 94] 2484 a u 1 55 a ET ar 0 NW 1.3, 170 050 | ee ee ns a 277 a 0:02 Spur 0-07 0:08 B0...,..00 0:67 0:20 0:06 Glühverlust 094 2:96 3:10 6:00 Summe 10014 10122 9952 101:09 I. Sopoter Revier, Wirtschaftsstreifen lit. J östlich von dessen Schnittpunkt mit der Schneise 20. II. Revier Ransko, östlich Schneise 25, beziehungsweise öst- lieh von der Straße Borau—Ransko und nördlich Wirtschafts- streifen lit. 7. III. Revier Ransko, Schnittpunkt von Schneise 25 und Wirt- schaftsstreifen lit. J. IV. Revier Ransko, Schneise 25, etwas nördlich vom Wirt- schaftsstreifen lit. 7. Vorstehende Analysen sind die zahlenmäßigen Ausdrücke für die chemische Zusammensetzung von je einem I. Olivin-Norit (pag. 197); ll. Olivin-Gabbro (pag. 192); 198 Dr. Karl Hinterlechner und C. v. John. [72] III. anorthositartigen Forellenstein mit nicht viel Olivin und IV. eines sehr olivinreiehen Forellensteines, der eigentlich einen Übergang zu den Peridotiten vorstellt. Der Anforderung, die an Gabbroanalysen gestellt wird, und wonach die „Oxyde von der Formel RO“ prävalieren „gegenüber denen vom Typus %s O0, unter we!chen wiederum das Na, O die ent- schiedene Vorberrschaft hat“ !), genügen wohl alle vier. Im einzelnen steht der Ohemismus mit der- mineralischen Zusammensetzung wie folgt im Zusammenhange. Dem höheren Tonerdegehalt der drei ersten Analysen gegen- über jenem der vierten entspricht eine bedeutend größere Feldspat- menge in den drei ersten Fällen. Letztere steht auch mit der größeren Quantität des CaO in den drei ersten Analysen im Zusammenhange. Dagegen begünstigt der höhere Fe- und Mg-Gehalt der vierten Analyse gegenüber den drei ersten (und betreffs des Fe besonders gegenüber der dritten) ein starkes Prävalieren des Olivin im Ver- gleiche zu allen anderen Elementen. Der relativ hohe Gehalt an Alkalien in der vierten Analyse kann schwer anders als durch die Annahme einer entsprechend sauren Mischung des Plagioklases seine Erklärung finden. Außer es ist etwas vom Na, O im Pyroxen untergebracht. 2. (Olivin-)Gabbro von Oudavy. „Im Felde verriet sich dieses Vorkommen durch das Auftreten vieler, großer, dunkler, blatternarbiger Blöcke. Im Osten und Süden grenzt gegenständliches Gestein an alluviale Bildungen; sonst findet man in dessen Nachbarschaft Lesesteine von rotem Granit“?). Die Farbe zeigt im Einzelfalle verschiedene Nuancen von Dunkel- grüngrau. Mit freiem Auge erkennt man stets sehr dunkel(grau)grüne Hornblende und graue Plagioklasleistchen; ein nicht sehr dunkelgrau(grünes) Mineral, das einen Pyroxen vorstellt und (ein- zelne) olivengrüne Körnchen, die dem Olivin angehören, werden nicht in allen Fällen angetroffen. Sonst dürften mit unbewaffnetem Auge nur noch lampritische Gebilde (Pyrit) beobachtet werden können. Die Korndimensionen sind nicht stets gleich. Manchmal wird das Gestein ziemlich kleinkörnig. Man findet indessen zuch Proben, in denen der Amphibol Spaltflächen von zirka 5 mm? und darüber verrät; dann ist das Gestein ausgesprochen grobkörnig. In der letzteren Ausbildung forscht man nach dem Olivin mitunter vergeblich. Wie makroskopisch, so fehlt der Olivin auch mikroskopisch manchen Proben völlig. Eine Trennung der beiden Typen ist jedoch hier untunlich. Daran hindert uns einerseits die Kleinheit und ander- seits die Erscheinungsweise des ganzen Vorkommens. ‘) Rosenbusch, „Elemente“ etc., I. Aufl., pag. 150. ”) Hinterlechner, „Geolog. Verhältnisse im Gebiete des Kartenblattes Deutschbrod“. Jahrb. d. k. k. geolog. R.-A. 1907, pag. 177. FL [73] Über Eruptivgesteine aus dem Eisengebirge in Böhmen. 199 Als primäre wesentliche Gemengteile sind mit Sicherheit nur der Plagioklas und ein diopsidischer Augit (Diallag) er- kannt worden. Der Olivin fehlt oft, wie gesagt, vollkommen. Die Rolle des Amphibols ist auch hier im allgemeinen keine stets gleiche. Man trifft Schnitte, die absolut sicher sekundären Ursprunges sind. Zumindest außerordentlich wahrscheinlich ist es indessen, daß der Amphibol teilweise auch als primäres Element aufzufassen ist. In dieser Hinsicht wiederholen sich da die Verhältnisse, wie sie vorn bei der Besprechung der Gabbro aus dem Ransker Revier ge- schildert wurden. Im speziellen mögen deshalb folgende kurze Bemerkungen genügen. Die Bestimmung des Plagioklases aus einer olivinfreien Probe ergab nachstehendes Resultat. Bestimmungsmethede: Schnitte senkrecht zu ?P und M. Werte: =, SR A Abs; Angs bis Ab3g Ang, beziehungsweise i 36° kr Abss ANgg bis Abgg Anz; der Plagioklas entspricht also entweder einem sehr basischen Labra- dorit oder einem recht sauren Bytownit. Der Plagioklas einer olivinführenden Probe scheint etwas basischer zu sein. Nach der gleichen Methode fand man folgenden Wert: + 400,., Abs; Ang,, beziehungsweise Ab,, Angs ... sehr basischer Bytownit. Der Pyroxen zeigt dieselben Merkmale wie in allen früheren, analogen Fällen und wurde deshalb auch hier als Diallag gedeutet. In Spuren lag ein grüner Spinell vor. Ein einziger Querschnitt, und zwar aus einem Olivingabbro, wies auf einen rhombischen Pyroxen (Bronzit) hin. Das primäre Erz wurde als Magnetit aufgefaßt. Im Olivin- sabbro war dieser gern an den Olivin, in den olivinfreien Gabbro- typen hingegen an eine (als primär aufgefaßte) verschieden braungrün sefürbte Hornblende gebunden. Betont sei jedoch, daß er auch außerhalb dieser beobachtet wurde. Daß aller Magnetit aus dem Olivin und aus der Horn- blende absolut sicher primären Ursprunges wäre, darf indessen aus ÖObigem nicht mit voller Bestimmtheit abgeleitet werden. Beide haben bereits ein gewisses Umwandlungsstadium erreicht. Als sekundär ver- ddächtig ist deshalb im Olivin jenes Erz, das auf den Sprüngen und Rissen desselben beobachtet wurde. Aus der Hornblende gehört hierher jene Erzausscheidung, die das genannte Mineral förmlich imprägniert. Es lag darin in Form eines feinen Staubes vor. Betrefis dieser Hornblende sei nur noch folgende Bemerkung erlaubt. Ihre braune Farbe wurde bereits verdrängt oder ist zumindest im Begritle serünbraunen Nuancen oder einer grünen Färbung den Platz zu räumen. Charakteristisch ist es schließlich, daß eine derartige Erzimprägnation den Durchschnitten des strahlsteinartigen Amphibols, der sicher als Umwandlungsprodukt des Diallag gelten darf, ausnahmslos fehlt. Dort wo dies auf den ersten Blick nicht zu stimmen scheint, muß noch keine Ausnahme davon vorliegen. Derartige Gebilde scheinen 200 Dr. Karl Hinterlechner und ©. v. John. [74] nämlich Umwandlungsprodukte der braunen, mit dem Pyroxen parallel verwachsen gewesenen Hornblende vorzustellen. Betreffs der sonstigen Merkmale liegen Homologien mit den ent- sprechenden Gabbrogesteinen des Reviers Ransko vor. 3. (Olivin-)Gabbro westsüdwestlich von Hrbokov. Des Olivingabbro westsüdwestlich von Hrbokov, be- ziehungsweisenordnordöstlich von Se6 wurde bereits gelegent- lich der Besprechung des dioritischen Gangstockes nördlich von Set Er- wähnung getan (ef. pag. 156). Außerdem wurde das in Rede stehende Gestein sehr ausführlich schon von Krejtti und Helmhacker (l. e. pag. 155 bis 158) beschrieben. Da die gegenständliche Felsart übrigens makroskopisch mit bestem Erfolg mit unseren Gabbro- dioriten, (ausschließlich Nr. 11, pag. 174 ff.) und Gabbrogesteinen ohne Olivin verglichen werden kann, deshalb können wir uns um so mehr nur auf einige Ergänzungen, beziehungsweise auch Richtig- stellungen der älteren Angaben beschränken, die auf mikroskopischen Beobachtungen beruhen. Der Olivingehalt ist nicht gleichmäßig; sichergestellt wurde er nur in der äußersten, östlichen Partie, wo er in einer fast feld- spatfreien bis -armen Modifikation sehr zahlreich angetroffen wurde. Krej@i und Helmhacker scheint dies nicht bekannt gewesen zu sein, sonst hätten sie nicht auf Grund von zwei Analysen (Gestein und Plagioklas) die Amphibolzusammensetzung zu berechnen gesucht. Sie erwähnen übrigens auch den Olivin gar nicht. Die Form des Olivin ist unregelmäßig, nähert sich indessen nach der e-Achse gestreckten Körnern; der Erhaltungszustand ist gut. Besonderes war daran nichts zu konstatieren. Einmal wurde ein größerer, grüner Spinelldurchschnitt vor- gefunden. Alle sonstigen Beobachtungen beziehen sich auf die Pyroxen- Amphibol-Gruppe. Der Pyroxen ist fast farblos und diopsidiseh (vollkommene Auslöschung). Wie in den sonstigen hierher gehörigen Fällen ist er auch da in Aggregate eines fast farblosen bis blaßgrünen Amphibols gern umgewandelt. Aus diesem Grunde ist es bei wie zerfressen aus- sehenden Pyroxenen, in deren Lücken ein Amphibol erscheint, bei gleichzeitigem Auslöschen alles Pyroxens in demselben Schnitt nicht sicher, ob nicht manchmal auch parallele Verwachsungen von Diopsid und Hornblende ursprünglich vorgelegen waren. Dies namentlich deshalb, weil allem Anschein nach hier dreierlei Amphibol- vertreter vorkommen: 1. jener farblose, der aus dem diopsidischen Pyroxen hervorgegangen sein soll (Aktinolith); 2. der blaue Amphibol, der gegen den farblosen scharf absetzt. Außer diesen haben wir es hier 5. noch mit einem grünen manchmal zu tun, der einen mehr oder weniger deutlichen Stich ins Braune oder zumindest ins Braangrüne zu bekommen pflegt. In manchen Fällen war der letztere vom blauen so umrandet, daß man von vornherein an zwei Eventualitäten denken sollte: «) beide [75] Über Eruptivgesteine aus dem Eisengebirge in Böhmen. 201 wären primär und der Gegensatz ist der sichtbare Ausdruck schon ursprünglich bei der Verfestigung eingetretenen Substanzunterschiedes oder b) es wäre möglich, daß auch die blaue Hornblende kein eigen- tlich ursprüngliches Element vorstellt. Vielleicht ist sie nämlich aus einer primär als brauner Amphibol ausgeschiedenen Substanz hervorgegangen, so daß die Schnitte mit braungrünen Farben nur Zwischenstadien, also letzte Reste des ursprünglichen Amphibols vorzustellen haben. Die letztere Auffassung bekommt dadurch die beste Stütze, daß erstens die braungrüne manchmal in eine blaue überzugehen scheint, und ferner, weil hier auch die blaue Hornblende Asgregate bilden kann. Um auf den Ausgangspunkt zurückzukommen, muß also der Gedanke zum Ausdruck gebracht werden, daß bei Beurteilung der ganzen Sachlage der Pyroxen auch mit einer ursprünglichen, braunen Hornblende parallel verwachsen gewesen sein kann und der derzeitige Zustand wäre demnach ein Resultat sehr kom- plizierter Pyroxen- und Amphibol-Umwandlungen, wie solche auch aus dem Gebiet des Ransker Reviers angegeben worden sind (cf. pag. 178 ff. und 194). Betreffs des Plagioklases dürfte die von Krej&i und Helm- hacker angeführte Analyse !) (pag. 157) genügen, um sich ein Urteil über dessen Natur — es ist ein an den Anorthit angrenzender Bytownit — zu machen. Mitunter ist er zerbrochen und es sind farblose Amphibole in Form kleiner Nadeln zwischen seine Bruchstücke hineingepreßt. Manchmal ist er überhaupt in ein Aggregat kleiner Plagioklaskörner zerdrückt. Wo der Bytownit-Anorthit der Zersetzung anheim- gefallen ist, da bildet sich Kaolin und Minerale der Zoisit-Epidot- Gruppe. Der ganze Erzgehalt (Magnetit) ist scheinbar an das Auftreten von Olivin gebunden. Sonst findet man kaum Spuren. IV. Peridotite. (Mehr oder weniger, auch vollkommen, in Serpentin umgewandelt.) „Folgt man der Straße, die vom alten Eisenwerk Ransko durch das Revier Ransko zwischen K. 628 und K. 608 hindurch fast über K. 664, 632 und 644 nach RadosStin (östliches Nachbar- blatt) führt, so durchquert man drei Peridotitvorkommen“ 2). Nur ein viertes und letztes, ganz kleines, nördlichstes, hierher gehöriges Gebilde bleibt dabei rechts abseits liegen. Während drei davon ganz dem Gebiete des Kartenblattes „Deutschbrod“ angehören, ist dies bei einem, dem größten, nur teil- weise der Fall. 1) Si O, 4284, Al, O, 35'21, Ca O 17:07, Mg O Spur, Glühverlust und un- bestimmte Alkalien 4 88, Summe 100'00. 2) Hinterlechner, ]. ce. pag. 177. Jahrbuch d.k. k. geol. Reichsaust., 1909, 59. Bd., 1. Hft. (Hinterlechner u, v. John.) 26 909 ‘Dr, Karl Hinterlechner und €. v. John. [76] Das gegenständliche Vorkommen greift nämlich über die öst- liche Blattgrenze noch auf das Gebiet des Blattes „Policka-Neu- stadtl“ hinweg. Der eben angeführte Peridotitstock reicht deshalb vom östlichen Blattrande bis ins Sopoter Revier. Dabei erreicht er dort eben noch den Schnittpunkt von Schneise 20 und Wirtschaftsstreifen lit. I. „In nördlicher Richtung überschreitet seine Grenze zweimal den eben genannten Wirtschaftsstreifen lit. Z, und zwar in den Schneisen Nr. 21, 22 und 23. Die südliche Grenze hat einen nortwestlich-süd- östlichen Verlauf und berührt nahezu die Schnittpunkte von Schneise Nr. 22 und Wirtschaftsstreifen lit. Z, Schneise Nr. 23 und Wirtschafts- streifen lit. K und schließlich Schneise Nr. 23 und Wirtschafts- streifen lit. L. Letzterer Punkt liegt jedoch schon etwas südwestlich von der Gesteinsgrenze* (l. ec. pag. 178). Südlich von dem eben begrenzten Peridotitterritorium durchquert die Straße Alt-Ransko—Borau das zweitgrößte, hierher gehörige Gebilde. Dieses erreicht in westlicher Richtung nicht mehr den Schnitt- punkt von Schneise 20 und Wirtschaftsstreifen lit. M. Im Norden dehnt es sich zwischen Schneise 20 und 21 noch etwas über den Wirtschaftsstreifen lit. L aus. Im Osten erreicht es zwar nicht mehr den Schnittpunkt von Schneise 22 und Wirtschaftsstreifen lit. M, kommt ihm jedoch sehr nahe. Die südliche Grenze schneidet schließlich die Schneise 21 etwa im Halbierungspunkt ihrer zwischen den Wirtschaftsstreifen lit. M und N gelegenen Teilstrecke. Das dritte und südlichste Vorkommen wurde bei K. 644 oder um den Schnittpunkt der Schneise 22 mit dem früher erwähnten Wege, der vom Eisenwerk Ransko nach RadoStin führt, konstatiert. Als viertes, wie bemerkt, kleinstes und letztes Vorkommen von Peridotit sei schließlich jenes vom nördlichen Waldrande an- geführt. Der Fundpunkt liegt südlich vom Eisenwerk Ransko, und zwar fast an der Stelle, wo der Wirtschaftsstreifen lit. 7 und die Schneise 25 zusammentreffen. Während bei den drei kleineren Stöcken mit Bezug auf ihre Flächenausdehnung keine Unterbrechung ihrer Kontinuität angenommen zu werden braucht, trifft dies für das größte Territorium nicht ganz zu. Wir sehen dabei von jeglichen Verwitterungsprodukten vorläufig noch ab. In der als Balylon benannten Gegend wurde nämlich im Peridotitgebiet einerseits ein Gabbro, und anderseits (am Schnitt- punkt von Schneise 25 und Wirtschaftsstreifen lit. J) einanorthosit- artiger Forellenstein konstatiert (cf. oben, pag. 19). Weil die Serpentine und Eisenerze hier als Produkte der Umwandlung der Peridotitsubstanz gedeutet werden, deshalb liegt es auf der Hand, daß sie irgendwelchen magmatischen Bildungen nicht gleichwertig an die Seite zu stellen sind. Darum erfolgte ihre Besprechung im Gegensatze zu den gabbroiden Einschlüssen teils gleichzeitig mit den Peridotiten, teils in einem Anhange zu diesen. Speziell bezüglich der Serpentinisierung: glauben wir kurz a en JE Ban 1 u ee ru u u u [77] Über Eruptivgesteine aus dem Eisengebirge in Böhmen. 203 auf die Besprechung der Olivinzersetzung verweisen zu dürfen. Sonst sei bemerkt (Karte), daB unter Peridotitserpentin ein aus einem Peridotit hervorgegangener Serpentin zu verstehen ist. Der Grad der Umwandlung kann dabei lokal verschieden sein. Allen hierher gehörigen Funden ist ihre dunkle Farbe gemein- schaftlich, die zwischen dunkelgrau (fast schwarz) und dunkelbraun- (grau) zu schwanken pflegt. Die braunen Farben scheinen (mit Aus- schluB gewisser, erzähnlicher Vorkommen) den besser, die fast schwarzen den sehr schlecht erhaltenen (serpentinisierten) Proben anzugehören. Guter Frhaltungszustand kann überhaupt nicht ange- geben werden (cf. Analysen). | Stark umgewandeltes Gestein ist dicht, denn man erkennt darin einzelne Elemente so gut wie gar nicht mehr. Wo der Grad der Umwandlung eine Diagnose auf verschiedene Gesteinsbestandteile überhaupt noch zuläßt, da kann man es indessen als mittelkörnig auffassen. In derlei Fällen wurden nämlich an einer Gesteinskomponente sehr vollkommen ausgebildete Spaltflächen konstatiert, die das Vor- handensein eines Pyroxen vermuten und dessen Umrisse, also auch Größen erkennen ließen. Einmal maß eine solche Spaltfläche etwa 1 cm?. Die Umgrenzung war unregelmäßig. Der Gesamtcharakter derselben kann als skelettförmig bezeichnet werden; sie war also wie durchlocht. In den Lücken fand man die das Mineral umgebende braune Masse. In der Regel sind dagegen die Gebilde mit schön spiegelnden Spaltflächen bedeutend kleiner oder gar mikroskopisch. Die Dimensionen eines zweiten, für Olivin gehaltenen Elements bewegen sich beiläufig in denselben Grenzen wie beim Pyroxen. Das Pyroxenmineral kann im Gestein derart verteilt sein, daß dessen Körner wie eine Art Kitt um den manchmal rotbraun zersetzten Olivin bilden. Durch die Zersetzung des Pyroxen geht aus diesem eine schmutziggraugrüne Substanz hervor, die man für Chlorit halten kann. Weil Hand in Hand mit der Zersetzung des Pyroxen den ursprünglichen Spaltflächen die Spiegelung abhanden kommt und als Folgewirkung dessen die scharfen Grenzen der Pyroxenindividuen verloren gehen, deshalb erscheint das verwitterte Gestein nicht selten unregelmäßig grün gefleckt. Von Fall zu Fall findet man »eben dem Chlorit natürlich auch noch andere sekundäre Minerale (Limonit) und schneeweißen Magnesit. Ihre Dimensionen sind stets klein bis mikroskopisch bei unregelmäßiger Formbegrenzung. An stark serpentinisierten Gesteinsstücken findet man Partien glattpolierter Oberfläche, die auf gewisse Druckerscheinungen hin- weisen. Das mikroskopische Studium des Gesteines enthüllt fol- sende Verhältnisse. Erwiesen primäre Gesteinsbestandteile sind Olivin, ein monokliner Pyroxen, Magnetit, (?) Chromit und ein grüner Spinell. In gewissen Verbindungsgliedern der Peridotite mit den feldspatarmen Olivingabbro tritt ganz untergeordnet, also im besten Falle spurenweise auch ein Plagioklas auf. 26* 204 Dr. Karl Hinterlechner und C. v. John. [78] Der Olivin allein ist stets wesentlicher Gemengteil. Die Rolle des monoklinen Pyroxen ist eine wechselnde. Manchmal tritt auch er als wesentlicher Bestandteil auf; im Gegensatze dazu kann in- dessen seine Menge auch bis auf einzelne Spuren abnehmen. Alle sonst als Gesteinselemente angeführten Bestandteile bleiben hinter dem Olivin (und Pyroxen) stets weit zurück. In zwar nicht absolut, wohl aber relativ sehr großer Menge ist der grüne Spinell vorgelegen. Formen von Kristalldurchschnitten zeigen eigentlich nur die opaken Elemente und (in sehr beschränktem Maße) der Spinell. Die Olivindurchschnitte nähern sich zwar auch manchmal regel- mäßigen Formen (Trassen von Prismenflächen mit spitzer Endigung). Mit Rücksicht auf die Menge desselben und wegen dessen zahlreicheren, unregelmäßigen oder runden, wie korrodierten Querschnitten treten sie jedoch sehr wenig hervor. Der Pyroxen ist so gut wie nur unregelmäßig konturiert, was die Bestimmung seiner Natur auf mikroskopischem Wege erheblich erschwert, wenn in vielen Fällen nicht überhaupt unmöglich macht. Mit optischen Hilfsmitteln wurde sonst noch folgendes erkannt, und zwar am Olivin. Das Mineral ist farblos und verrät hohe Licht- und starke Doppelbrechung. Parallel zur Längsrichtung der Schnitte aus der Prismenzone lag ein, quer dazu ein zweites System von Spalt- rissen. In sehr vielen Fällen sind von all diesen Merkmalen nur Spuren vorhanden oder es ist überhaupt nichts mehr zu merken. Das Mineral ist nämlich ungemein stark oder auch vollkommen serpen- tinisiert. Maschenstruktur. Wo es durch die Zersetzung der Gesteinselemente zur Fe- Ausscheidung in welcher Form immer kommt, da scheint das Eisen nur vom Olivin abzustammen. Im Wesen können wir zwei hierher gehörige Prozesse. unter- scheiden. In einem Falle bildet sich bei gesetzloser Verteilung Limonit; im anderen ein schwarzes Element, das nur in Form winzig kleiner, schwarzer Körner (? Magnetit) vorlag. Die letztere Erscheinung verdient vielleicht aus folgendem Grunde eine gewisse Beachtung. Die Verteilung der Zersetzungsprodukte sollte im Prinzip gewiß eine mehr oder weniger unregelmäßige sein und die ganze Fläche (des Durchschnittes) in gleicher Weise betreffen. Dies ist hier nicht stets der Fall. In einzelnen, total zersetzten Querschnitten wurden nämlich folgende Beobachtungen gemacht. Manche Schnitte waren vollkommen serpentinisiert. Dabei unter- schied man an ihnen die erste Serpentinbildung, die „Maschen“, und dann die später zersetzten Partien zwischen diesen. Daß es bei der Anlage der „Maschen“ zur Ausscheidung von Erzen kam, ist schließ- lich nichts Auffallendes. Anders verhält es sich dagegen mit den später zersetzten Partien in den „Maschen“. Manche „Masche“ (eigentlich besser gesagt „Kammer*) war vollkommen frei, eine andere, daneben liegende dagegen vielleicht vollkommen voll von [79] Über Eruptivgesteine aus dem Eisengebirge in Böhmen. 205 sekundären Erzpartikeln. Und doch war das ursprüngliche Mineral sicher in seinem ganzen Umfange gleich oder zumindest nicht derart (regelmäßig) fleckig gebaut. Beide Erscheinungen kommen übrigens in demselben Präparat vor. Als Einschlüsse findet man im Olivwin: viereckige und un- regelmäßig begrenzte Gebilde von Magnetit und gesetzlos geformte Spinelle. Die Zeit der Olivinausscheidung fällt mithin ohne Zweifel in die erste Phase der Gesteinsverfestigung, sofern wir von den genann- ten Gebilden teilweise absehen. Diese Tatsache erhellt am besten aus der Erkenntnis der Ver- bandverhältnisse des Olivin mit dem Pyroxen. Während der Olivin oft derart geschlossene Gruppen bildet, daß zwischen mehreren Körnern eine Art miarolithischer Hohlraum entsteht, in den die Körner hineinwachsen, ist das Erscheinen des Pyroxen, lokal auch des Spinells, sehr gern eben an solche Stellen gebunden. Speziell der erstere füllt fast nur den zwischen den Olivinkörnern freigebliebenen Raum aus. Infolgedessen repräsen- tiert er eigentlich eine Art Interstitiafüllmasse. Nur ganz ausnahmsweise finden sich Körneraggregate von Pyroxen. In solchen Fällen sinken die Dimensionen der Einzel- individuen unter die Durchschnittsgröße. Gleichzeitig kommt die Leistenform mehr oder weniger zum Ausdruck. Derlei Gebilde dürfen indessen nicht mit sekundären Produkten verwechselt werden. Sonstige auf optischem Wege ermittelte Eigenschaften des Pyroxen: Vorhandensein der Spaltbarkeit nach (110), fraglich ist jene nach (100) und (001); Mangel von Pleochroismus; Farbe blaß(grünlich) bis hellgrau; Zwillingsbildung nach (100) selten vorhanden; die Aus- löschungsschiefe in Schnitten, deren Lage sich jener von (OLO) nähert, betrug (beiläufige Bestimmung) 48°; zwischen gekreuzten Nicoln wurden bei der Beobachtung im Tageslicht in den entsprechenden Stellungen alle Schnitte vollkommen dunkel; eine starke Bisektrizendispersion kann mithin nicht vorhanden sein. Nach Rosenbusch!) brächte mithin schon obige Eigenschaft allein unseren Pyroxen in einen gewissen Gegensatz zu den nicht- diopsidischen Vertretern der genannten Gruppe. Dazu kommt die weitere Tatsache, daß er jenem, der in den Pyroxeniten nachge- wiesen wurde, so gut wie gleich ist. Vielleicht gehen wir aus all den angeführten Gründen nicht weit fehl, falls wir auch den in Rede stehenden Pyroxen für einen diallagähnlichen Diopsid erklären. Zersetzt ist der Pyroxen bedeutend seltener und weniger als der Olivin. Der möglichen Umwandlungen gibt es indessen hier mehrere wie dort. Als verbreitetste dürfte die Chloritisierung angesehen werden. Bei dieser zerfällt das Mineral in ein Aggregat von Nadeln, !) Physiographie d. Min., IV. Aufl., pag. 203. 206 Dr. Karl Hinterlechner und C. v. John. [80] das zwischen gekreuzten Nicoln bald eine regelmäßige, bald eine un- regelmäßige Lichtverteilung erkennen läßt; dem entsprechen gitter- und eisblumenähnliche Anordnungen der Leisten. Der Chloritisierung scheint manchmal ein Zerfall in feine Fasern vorauszugehen. Entspräche diese Interpretation nicht den Tatsachen, so wäre die Faserung nur ein sicherer Hinweis auf die Diallagnatur des Pyroxen. Gar nicht selten war der Pyroxen auch in Serpentin um- sewandelt. Hierher gehören vielleicht auch jene Fälle, in denen der Pyroxen bei erhaltener, prismatischer Spaltbarkeit in eine hell- (grünlich)gelbe Substanz überführt vorlag. Diese letztere blieb bei sekreuzten Nicoln fast völlig dunkel. In einem weiteren Falle kam es bei der Zersetzung des Pyroxen zur Ausbildung eines leistenförmig begrenzten, hellgrauweiß durch- sichtigen, fast farblosen, sehr schwach doppelbrechenden Minerals, das als ein Glied der Epidotreihe aufgefaßt werden kann. Als letzte Zersetzungsmöglichkeit sei schließlich die Karbonat- bildung angeführt. Dabei kann das Mineral ganz unregelmäßig oder von gewissen Sprüngen aus, die eventuell eine Spaltbarkeit nach (001) vorstellen, angegriffen werden. Braune, von Fe herrührende Farben wurden an den Sekundär- produkten, die sich aus dem Pyroxen zu bilden scheinen, nie beobachtet. Vielleicht ist auch dies ein Kennzeichen einer an Fe armen Natur des Pyroxen, Die Pyroxenbildung fällt unanfechtbar in die Schlußphase der Magmaerstarrung (ef. pag. 205). Unregelmäßig begrenzte, grüne, sehr frische Spinelldurch- schnitte waren in allen Schliffen außerordentlich häufig angetroffen worden. Auf den unregelmäßig verlaufenden Sprüngen siedelte sich manchmal eine gelbgrüne Substanz an. Vermutlich ist sie Serpentin. Daß jedoch dieser (partim) aus dem Spinell hervorgegangen wäre, das scheint mehr als zweifelhaft. Eher dürfte gegenständliche Substanz, die den Spinell übrigens ganz zu zersprengen imstande ist, vom Olivin herstammen. Die Zeit der Spinellausscheidung deckt sich nahezu voll- kommen mit der ganzen Magmaerstarrungsepoche Der Spinell bildet nämlich sowohl im Olivin als auch in Pyroxen Einschlüsse. Er tritt aber auch selbständig auf. In einem speziellen Falle füllte dieser sogar den zwischen mehreren, rundlichen Olivinkörnern übrig- gebliebenen Raum ganz aus. Hier wäre er also (analog dem Pyroxen anderer Stellen) die jüngste Magmaausscheidung. Bezüglich der Erze vergleiche man die Angaben vorn und die Analysendiskussion. Feldspatdurchschnitte wurden nur in einer (makroskopisch) als Peridotit aufgefaßten Probe angetroffen. Diese stammt aus der Schneise Nr. 23 und zwar von ihrer zwischen den Wirtschaftsstreifen lit. J und K gelegenen Teilstrecke. Die Menge dieses Minerals ist indessen selbst in diesem einzigen Falle nur spurenhaft. [81] Über Eruptivgesteine aus dem Eisengebirge in Böhmen. 207 Alle Feldspäte sind polysynthetische Zwillinge, also Plagioklase. Das Auftreten derselben ist ganz gleich jenem des Pyroxen. Sie füllen nur Lücken zwischen den älteren Elementen aus. Die Formen seiner Durchschnitte haben mithin mit Kristallgestalten gar nichts gemeinsam. Wie beim Pyroxen die Schnittlagen für eine genaue Be- stimmung ungünstig waren, ebenso waren sie beim Plagioklas ange- sichts ihrer geringen Menge relativ außerordentlich brauchbar. Fast jeder Schnitt ließ irgendeine Beobachtung zu. Die symmetrische Auslöschungsschiefe betrug in Albitzwillings- lamellen mit Bezug auf die Zwillingsgrenze einmal 40° 20‘ und ein anderesmal gar 56° 25‘. Ersterer Schnitt könnte also einem basischeren Plagioklas angehören als es ein Labradorit ist, während der zweite kurzweg als Anorthit zu bezeichnen wäre. Ersterer nähert sich übrigens auch schon ungemein dem für die Bytownite charakte- ristischen Maximum. Viel verschieden von einem Bytownit oder Anorthit sind mithin diese Schnitte nicht. Zwei weitere Bestimmungen wurden an Schnitten, die beiläufig senkrecht zu P und M lagen, vorgenommen. Keiner davon erfüllte nämlich alle theoretisch geforderten Bedingungen vollkommen. Die Auslöschungsschiefen betrugen 38°10‘ beziehungsweise 425‘. Die bezüglichen Beträge entsprächen mithin sehr basischen Mischungen. (Ab, Anz;, respektive Abj, Angg, das heißt einem Bytownit oder Bytownit-Anorthit.) An dritter und letzter Stelle seien schließlich noch die Resultate angeführt, die an einem Schnitt mit folgenden Eigentümlichkeiten gewonnen wurden. a) Form unregelmäßig; ein System von Spaltrissen war sehr vollkommen ausgebildet und wurde als || (001) aufgefaßt; quer dazu verliefen zwei weniger vollkommene, die indessen auch nicht gleich- wertig zu sein schienen; ein System von diesen beiden kann man parallel /(110) oder 7'(110), das andere parallel (111) deuten; die gemessenen Winkel der Spaltrisse betrugen in gleicher Reihenfolge auf (001) bezogen 64030‘ (hier 7’ und ! zusammen ins Auge gefaßt) und 59°. Ganz parallel ist also der Schnitt zu M auch nicht; gewiß nähert er sich jedoch dieser Lage sehr bedeutend. Die Auslöschungs- schiefe betrug nun — 28° 10‘, welcher Winkel für einen sehr basischen Labradorit oder wahrscheinlicher für ein saures Glied der Bytownitreihe spräche, was mit den vorausgeschickten Bestimmungen wohl gut übereinstimmt. Dazu kommt hier noch folgendes. b) Quer zu den Spaltrissen parallei (001) lagen ein paar dünne Zwillingslamellen interpoliert. Als geltendes Zwillingsgesetz wurde das Periklingesetz aufgefaßt. Die Trasse dieser Zwillingslamellen schloß mit den Spaltrissen nach (001) den Winkel 1540 ein, was auch auf einen recht basischen Plagioklas (basischer wie Bytownit, obschon saurer wie Anorthit), also etwa auf einen Bytownit- Anorthit hinweist. 208 Dr. Karl Hinterlechner und C, v. John. [82] Fassen wir die Resultate all der vorgebrachten Beobachtungen gleichzeitig ins Auge, so dürfen wir wohl mit sehr viel Berechtigung unseren Plagioklas kurz als Bytownit-Anorthit oder zumindest als Bytownit ansprechen. Auch der Feldspat kann einer Zersetzung (Kaolinisierung g) an- heimfallen. Als Peridotite werden bekanntlich. ganz leer feldspat- freie Grenzformen von Gabbrogesteinen gedeutet. Aus dem Gesagten. folgt demnach, daß obige Definition für alle hier zusammengefaßten Gebilde vollkommen uneingeschränkte Gültig- keit besitzt. Bei strenger Festhaltung „an dem Buchstaben des Gesetzes“ könnte man zwar die Peridotitnennung des in Spuren Feldspat führenden Gesteines aus der Schneise Nr. 23 (zwischen Wirtschaftsstreifen lit. J und K) beanständen. Ob mit Recht, das wäre eine andere Frage. Wir werden später auf diesen Gegenstand zurückkommen. Mit Rücksicht auf die jeweilige, den Gesteinscharakter bestim- mende Mineralkombination (ob neben dem Olivin ein Pyroxen vorlag oder nicht) und im Hinblick auf die allgemein übliche Ein- teilung der Peridotite!) kann man mithin im Weiteren die aller- meisten der hierher gehörigen Funde als den Wehrliten gleich zu- sammengesetzt betrachten. Im teilweisen Gegensatz dazu dürfen noch die wesentlich nur aus Olivin bestehenden Gesteine als Analoga der Dunite gedeutet werden. Das Fehlen des Chromit verhindert jedoch eine völlige Gleichheit mit diesen. Eine graphische oder auch nur textliche Trennung der Wehr- lite und Dunite scheint indessen mit Rücksicht auf die Aufschluß- verhältnisse nicht ratsam, da es sehr fraglich wäre, ob sie den Tat- sachen entspräche. Vielleicht darf man höchstens die Serpentine als vornehmlich an die Dunite gebunden auffassen. Woliten wir die oben erwähnte feldspatführende Probe von den Peridotiten trennen, um selbe mit den Gesteinen der voraus- geschickten Familie (Gabbro) zu vereinigen, so würden wir makro- skopisch Gleiches zerreißen, damit wir mikroskopisch Nichtgleiches, wenn auch nicht Verschiedenes (Gabbro), ver- einigen möchten, denn der Kalknatronfeldspat gehört doch in der Familie der Gabbrogesteine zur herrschenden Mineralkombination. In dem bezüglichen Falle lag er indessen, um es nochmals zu betonen, nur in Spuren vor. Peridotitanalysen. Sehen wir von dem gewiß geringen Si 0,-Gehalt, der sich namentlich in dem Gestein aus der Schneise 22 (Analyse II) schon dem Minimum von 34°/, nähert, ab, so können wir einen besonders beachtenswerten Charakterzug unserer hierher gehörigen Felsarten in dem unanfechtbar sehr großen Mg O-Gehalt erblicken. ') Rosenbusch, Physiographie etc., II. Bd., 1. Hälfte (4. Aufl.), pag. 453. [83] Über Eruptivgesteine aus dem Eisengebirge in Böhmen. 209 I. M. Ba lol) inni 2a AR 3716 BRD DE Arlau ar all. 5.38 10:06 "ste REF RIPARE EEE 6:61 7.53 Behräe.s s 649 6:69 BREI N. 94. _ _ N 410 1:84 eisernen saiaBll:Uß 23:04 ELCH ELEFEN GErTEREEN 0241 0-42 N. 5 SRERTIE FR Be FR 0:39 0:66 Beide. n.. -2u Lla: 0-04 0-11 ea, 0:06 0:06 Glanhrenlustaniao las den; 680 870 SUMME 2... AOLST 101'27 I. Revier Ransko; Schnittpunkt von Schneise 20 und Wirtschafts- streifen 1. I. Revier Ransko; Schneise 22 zwischen Wirtschaftsstreifen N und O0, beziehungsweise am Wege. Auch die Tonerde liegt in nur geringen Quantitäten vor. Wie die Analysenresultate zeigen, kann diese ziemlich stark wechseln. Die Angaben bezüglich ihrer Menge sind übrigens in dem Sinne zu rektifizieren, daß dem A/, OÖ, Spuren von Ür, O0, anhaften können. In einem speziellen Falle war dessen Menge gar nicht meßbar. Ob ein Chromeisenerz überhaupt vorliegt, ist mithin sehr zweifelhaft. Spuren von Chrom können ja bekanntlich auch im Pyroxen oder im Spinell enthalten sein. Bei nicht geringen Fe-Mengen scheint dieses Element durch eine ziemliche Konstanz ausgezeichnet zu sein. Das gerade Gegenteil kommt in letztangeführter Hinsicht durch die Analysen bezüglich des Ca O0 zum Ausdrucke. Während der Al, O;-Gehalt in der Analyse I nur rund 53°, der Tonerde der Analyse II beträgt, sehen wir die Ca O-Menge der I. Analyse gegen- über jener der Analyse II um mehr als das Doppelte anwachsen. Also ein umgekehrtes Verhältnis von Al, O0, zu Ca 0. Die Menge der Alkalien ist selbstverständlich sehr gering. Der hohe Wassergehalt ist durch die Serpentinisierung bedingt. Es stimmt mithin auch der chemische Charakter unserer Gesteine vollkommen mit jenem der Peridotite überein. Anhang. a) Erze. Fisenerze findet man, wie es die beifolgende Karte (Tafel III) zur Darstellung bringt, in vier voneinander geschiedenen Gebieten. Das ausgebreitetste Territorium ist um den Schnittpunkt der Schneise 21 mit dem Wirtschaftsstreifen lit. M zu suchen. Dieses Jahrbuch d. k. k. geol. Reichsanst., 1909, 59. Bd., 1. Hft. (Hinterlechner u. v. John.) 27 210 Dr. Karl Hinterlechner und C. v. John. [84] dürfte man nach Krejöf-Helmhackers!) Angaben wahrscheinlich mit den „Borauer Gruben“ identifizieren. Das nächstkleinere quert die Schneise 23 nördlich und südlich vom Wirtschaftsstreifen lit. X (Josefi-Gruben!). Nicht viel kleiner als dieses ist (schätzungsweise) jenes, welches an der Schneise 25 zwischen den Wirtschaftsstreifen lit. K und L gelegen ist (Nikolai-Gruben!). Als kleinstes und letztes Eisenerzterritorium mag schließlich das Gebiet südlich von der Ortschaft Alt-Ransko, wo einst alle diese und noch mehrere andere?) Erze verhüttet wurden, angeführt werden (Ransker, ob auch Pelles- und Gabriela-Gruben ist fraglich !). Bis auf das letztangeführte Vorkommen liegen also alle in Peridotitterritorien. Da eine genaue Schilderung der Eisenerzvorkommen aus dem Ransker Revier bereits in der Krejöif-Helmhackerschen Arbeit?) über das Eisengebirge vorliegt, deshalb können wir von einer detaillierten Besprechung dieses Gegenstandes hier absehen. Dies kann um so leichter deshalb geschehen, weil jene Forscher die gegenständ- lichen Gebiete zu einer Zeit begangen haben mußten, in der die „Erze“ noch abgebaut und verhüttet wurden, während es wir nur mit be- wachsenen, beziehungsweise unter Wasser stehenden Resten der einstigen Baue zu tun hatten. Ja, dieser Umstand zwingt uns geradezu, einige ihrer Angaben hier zu reproduzieren. So fanden die Genannten, daß „an vielen Orten, sowohl am Corsit, Troktolit, als auch am Serpentin“ „entweder horizontale oder schwach geneigte Lagerstätten, das ist Decken von Limonit“ vor- handen sind. e Weil dieser „im Liegenden durch Übergänge mit beiden Ge- steinen verbunden ist“ und „in Ausläufern und Klüften in dieselben eingreift, sowie“ weil er „auch noch unzersetzte Kerne derselben ein- hüllt“, deshalb wurde er als „aus der Zersetzung des Corsits oder Serpentins hervorgegangen“ aufgefaßt. Für die Vermutung, „daß bloß Gewässer die Zersetzung der Gesteine bewirkt oder doch unterstützt haben mögen“, erblicken die Genannten eine besondere Stütze darin, „daß sich in der Nähe solcher Limonitdecken auf der Serpentinkuppe noch schwache Reste von zu sandigen Letten umgewandelten, untercenomanen Schiefertonen (Perucer Schichten) vorfinden“. Es sei gleich bemerkt, daß von all den Decken in obiger Form derzeit nichts mehr nachweisbar war. Auch die Perucer Schichten wurden derzeit nicht angetroffen. Die Behauptung, daß für den Limonit der Peridotit als Muttergestein zu gelten hat, können wir indessen auch derzeit (durch die beifolgenden alten Gesteinsanalysen sowie) durch die Tatsache stützen, daß wir vom lockersten, ocherigen Material bis hin zu den ') J. Krej£iund R. Helmhacker, „Erläuterungen zur geologischen Karte des Eisengebirges“, Archiv f. Landesdurchforschung, Prag 1882, pag. 194—1%. ?) Hinterlechner, ]. c. pag. 179—180. ®) Pag. 194— 196. [85] Über Eruptivgesteine aus dem Eisengebirge in Böhmen. > ersten Spuren einer Braunfärbung des festen Gesteines alle Über- gänge in der Natur beobachten konnten. Analysen der Ransker Eisensteine. Gr upper x Diorit-4) | Serpentin- Pseudomorphosen Brauneisenstein der Alt- | Neu- Ransker Te Josefi- Nikolai- Borauer Zeche BE0, . 26'242 | 24-410 | 34'369 | 23'859 25680 Me, IE 44'267 45'345 38'588 " 47'437 42-880 Al, O,. 12'033 13'808 9:625 8730 15°400 (OL OER 0'132 0'312 0'277 0'200 0'377 MO. 1'198 0'212 3'863 ol = + 0%. 14'786 15754 13'764 17'293 15040 Verlust 1'342 0'159 — 0'760 1'600 Die obigen Eisenoxydprozente geben auf regulinisches Eisen berechnet | 30,698 | 3141 | 26'756 | 27-405 ° |‘ 29738 Wie richtig es indessen auch ist, daß der Löwenanteil der Ransker Eisenerze einfach als ein Zersetzungsprodukt von basischen Eruptivgesteinen aufgefaßt werden darf, ebenso sicher ist diese Annahme nicht kurzweg und allgemein zulässig. Mitten im größten Fisenerzterritorium fand ich nämlich knapp westlich vom Schnittpunkt der Schneise 21 mit dem Wirtschafts- streifen lit. M Lesesteine, die für die dortige Existenz eines Oolithes sprechen. Diesen kann man natürlich nicht als das unmittelbare Ergebnis der Peridotit- (ete.) Zersetzung auffassen. Obige Tatsache ist übrigens auch Krejti und Helmhacker in demselben Eisenerzterritorium (Borovä-Grube) nicht entgangen, denn „ausnahmsweise“ wurde auch von diesen „an einigen Orten im Lager ein oolithischer, tonigerLimonit mit bis hanfkorn- und erbsengroßen, entfernt voneinander stehenden, kugelrunden Volithen“ konstatiert (pag. 196). Für das freie Auge ist der Limonit, sofern er als ein un- mittelbares Zersetzungsprodukt der basischen Felsarten aufgefaßt wird, wie es ebenfalls schon die beiden genannten Forscher anführen, „entweder ocherig oder halbfest, auch ziemlich fest mit Rinden von 1) Bezeichnung unserer Peridotite im Originalgutachten (cf, meine Deutsch- broder Arbeit pag. 179). Diese Analysen stammen aus dem Laboratorium des k. k. General-Land- und Hauptmünzprobieramtes in Wien, und zwar aus dem Jahre 1843. 27* 212 Dr. Karl Hinterlechner und €. v. John. [86] diehtem, festerem Erz, wohl auch mit Geoden durchsetzt. Gegen das Liegende zu wird das erdige Erz schwach grünlich (etwa wie Seladonit), mit schwachen Adern von Kalzit durchzogen, was den Übergang in festeren oder bröckeligen aufgelösten Corsit vermittelt. Solche, den Übergang bildende faule Gesteine sind mit Erzadern durchflochten, durch ein grünes, chloritähnliches Mineral grün gefärbt, einem Diorittuff nicht unähnlich, zugleich bröckelig und kalkreich, schmutzigdunkelgrün, rotbraun angelaufen, mit erdigen Kernen“ (pag. 195). Resultate der mikroskopischen Untersuchung. Den allerersten Ansatz zur Limonitbildung haben wir in limonitisch zersetzten, einzelnen Mineraldurchschnitten unserer Peridotite zu suchen (pag. 204). In den günstigsten Fällen sehen wir da den Olivin ganz allein das Material für die Limonitsubstanz liefern. In einem weiteren Umwandlungsstadium verrät uns das Mikroskop zwar auch noch limonitisch zersetzte Mineraldurchschnitte, deren Gestalten auf Olivin hinweisen; außer derlei Formen liegt indessen in den untersuchten Schliffen von den primären Elementen auch nicht eine Spur vor. Alles ist in ein formloses Aggregat von Quarz, Chlorit und Limonit verwandelte Der Quarz bildet dabei gern Adern. Die am stärksten umgewandelten Proben zeigen schließlich nicht einmal derlei Durchschnitte. Hie und da findet man zwar eckige Gebilde, die aus Limonit und Chlorit bestehen, die Formen lassen jedoch auf die Natur des ursprünglichen Materials keinen Schluß zu. Hervorgehoben sei ausdrücklich, daß in den hierher gehörigen Funden auch nicht einmal Spuren eines klastischen Materials nach- weisbar vorhanden sind. Die oolithischen Proben verraten sich im Gegensatze dazu ent- schieden als Sedimente. In ihnen findet man nämlich als Zeugen ihrer Herkunft kleine, farblose, eckige Splitter, die man für Quarz halten mag. Die Quarzbruchstücke erscheinen auch in den einzelnen kugelförmigen, dunkelbraun gefärbten Gebilden, aus denen der Oolith besteht. Sonst ist noch ein chloritisches Mineral vorhanden. Welches Alter diesem Oolith zukommt, lassen wir dahingestellt. Ausgeschlossen ist es bei der ganzen Sachlage und dem Auftreten cenomaner Gebilde in der nächsten Nachbarschaft durchaus nicht, daß man es vielleicht mit kretazischen Sedimenten auch hier zu tun haben kann. b) Serpentin. A Sehen wir von zwei Funden aus dem Gebiete des Kartenblattes Oaslau und Chrudim ab, so sind alle unsere Serpentine an Peridotit- vorkommen des Reviers Ransko gebunden. Über die Verbreitung der letzteren brauchen wir deshalb im allgemeinen kaum etwas hinzuzufügen. Beachtenswert erscheint nur folgende Tatsache zu sein. [87] Über Eruptivgesteine aus dem Eisengebirge in Böhmen. 213 Im Territorium unseres größten Peridotits besteht mit Bezug auf den Serpentin ein auffallender Gegensatz zwischen dessen östlichem und westlichem Teil. Aller Serpentin ist nämlich auf das Gebiet der östlichen Hälfte beschränkt. Im Westen suchen wir ihn vergeblich; zumindest große Ausdehnung verrät er hier nicht. Im Territorium des Kartenblattes Caslau und Chrudim fand man (zwei) anstehende Serpentine unmittelbar südwestlich bei Spalava (westsüdwestlich Kamenic-Trchov), bezienungsweise auch ostnordöstlich von demselben Orte. Der erstere grenzt zum Teil an den roten Granitgneis und teilweise an einen grauen Biotit- gneis; das zweite Vorkommen ist ringsherum von rotem Granit umschlossen ; das ursprüngliche Gestein hat ihn demnach durchbrochen. V. Pyroxenite. a) Pyroxenit aus dem südwestlichen Teile des Reviers Ransko, südlich vom westlichen Ende des Wirtschaftsstreifens (mit Durchhau) lit. P. Das feinkörnige Gestein ist dunkel(oliven)grün gefärbt. Mit freiem Auge glaubt man nur ein Mineral als Gesteinsbestandteil an- nehmen zu können. Auf Grund der glänzenden Spaltflächen geurteilt, möchte man auf eine sehr vollkommene Spaltbarkeit desselben schließen und es für einen Pyroxen erklären. Diese Diagnose wird durch das Mikroskop fast vollinhaltlich bestätigt. Wesentliches Gesteinselement ist nämlich nur ein Pyroxen. Zu diesem tritt in ganz unbedeutenden Mengen, zumeist in Form einer Interstitialfüllmasse, ein grüner Amphibol. Sonst ist überhaupt nichts vorhanden. Das Pyroxenmaterial lag nur in Körnerform ausgebildet vor. Beachtenswerte Größendifferenzen waren daran nicht zu ermitteln. Für die genauere Bestimmung waren folgende Merkmale maß- sebend. Vorhandensein der Pyroxenspaltbarkeit nach (110), ferner nach (100) und in Spuren jene nach (001). Mangel von pleochroitischen Merkmalen überhaupt. Die Farbe war sehr blaßgrünlich. Manchmal wurde eine Zwillingsbildung konstatiert. Diese kam durch die Ein- schaltung (lokal sehr) schmaler Lamellen parallel (100) zum Ausdruck, wodurch derlei Schnitte Diallagähnlichkeit verrieten. Die Auslöschungs- schiefe c:c in den als || (010) angenommenen Schnitten schwankte um 46 bis 47°, Vollkommen parallel zu der Fläche (010) war keines der diesbezüglich untersuchten Körner. Man wird wahrscheinlich nicht sehr fehlgehen, falls man den Pyroxenvertreter für einen (diallagähnlichen) Diopsid erklärt. Dies mit dem speziellen Hinweis, daß alle Schnitte zwischen gekreuzten Nicoln vollkommen dunkel werden. Eine starke Bisektrizendispersion ist also nicht vorhanden. Die diopsidische Natur kann übrigens Hand in Hand mit den mikroskopischen Resultaten auch aus der Analyse herausgelesen werden, wie dies später zu zeigen sein wird. Das Amphibolmineral, das, wie bemerkt, vornehmlich als Inter- stitialfüllmasse auftritt, ist in manchen Schliffpartien gar nicht nach- 914 Dr. Karl Hinterlechner und C. v. John. [88] weisbar. Die Durchschnitte zeigen zumeist Körnerform. Kurze Leisten sind verhältnismäßig selten. Die Diagnose stützt sich auf folgende Beobachtungen. Die prismatische Spaltbarkeit | (110) der Amphibolminerale und die pleochroitischen Eigentümlichkeiten dieser Gruppe sind sehr deut- lich ausgebildet. Die beiläufige Bestimmung der Achsenfarben ergab grünlichgelb, olivengrün, blaugrün (Karinthin). Eine genaue Orientierung war nicht durchführbar. Die Auslöschungsschiefe c:c schwankte um 12° 30° auf (010). Dabei war der Schnitt zu (010) nicht. ganz genau parallel. Diese Beobachtungen dürften uns berechtigen den Amphibol als gemeine Hornblende bezeichnen zu können. Hie und da ist jene gesetzmäßige Verwachsung der Hornblende mit dem Diopsid erkennbar, bei der beide Minerale die vertikale Achse gemeinsam haben. Die Grenzen beider sind dabei scharf; der Gedanke an eine Umwandlung ist nicht statthaft. Analysendiskussion. Wie voranstehend bemerkt wurde, beteiligt sich die Horn- blende an der Zusammensetzung mancher Gesteinspartien fast gar nicht; groß ist die ihr zufallende Rolle indessen überhaupt nicht. Daraus sind theoretisch zwei Möglichkeiten ableitbar. Erstens ist es denkbar, daß die beifolgende Analyse Prozent a ee a SO ec 1 AR u he a lese 1.2, 22,0 MR re en 0 ERNLIE N RR DERR U. 1 Ga BEN ee MER FREATEO Mg 0 Re A E, 227 Mn:0.:..,.2 ee Zn NO, ee «1:49 KO. NR TE er 0085 0 ,RLRRE I 03 P9:O5 2.0 (ku, Glühverlust =. 2A Ze Na Summe . . . 100.24 die chemische Natur des Pyroxenminerals allein verrät; ferner muß jedoch auch damit gerechnet werden, daß dieses Bild durch unkontrollierbare Mengen der beigemengten Hornblende mehr oder weniger verschleiert wird. Ganz verdecken kann die letztere die Ver- hältnisse im Pyroxen nicht. Vergleichen wir deshalb unsere Analyse mit bekannten Pyroxen- analysen in Hintzes „Handbuch der Mineralogie“, so sehen wir eine relative Ähnlichkeit der ersteren mit den Analysenresultaten, [89] Über Eruptivgesteine aus dem Eisengebirge in Böhmen. 915 die bei der neline eines Hedenbergit!) (l. ec. pag. 1109, sub Nr. CXCVII) erzielt wurden. Die Differenzen legen in diesem Falle von selbst den Gedanken nahe, daß unser analysiertes Material nicht ganz reiner Pyroxen gewesen ist. In diesem Falle kann man es so gut wie als sicher annehmen, daß zumindest ein großer Teil der Sesquioxyde (sowie auch der Alkalien) von der Hornblende herstammen. Dadurch wird natür- lich unser Pyroxen noch ärmer daran und dessen abgeleitete Natur selbstverständlich noch diopsidischer. Die vorn vertretene Ansicht, wir hätten es im gegenständlichen Falle mit einem Gliede der Diopsid- reihe zu tun, bekommt also durch obige Überlegung eine wertvolle Bestätigung. b) Pyroxenit aus der Schneise (mit Durchhau) Nr. 22, fast südlich von ihrem Schnittpunkte mit dem Wirtschaftsstreifen Q. Mit freiem Auge betrachtet gleicht dieses Gestein so gut wie vollkommen dem voranstehend beschriebenen. Vielleicht darf man nur die olivengrüne Farbe desselben etwas mehr betonen. U.d.M. verrät sich auch hier als wesentlicher Bestandteil nur ein Pyroxen. Zweierlei farblose Elemente kommen daneben ganz untergeordnet vor. Die Bestimmung des Pyroxen stützt sich auf folgende Merk- male. Vorhandensein der prismatischen Spaltbarkeit. In einem spe- ziellen Falle beobachtete man an einem Querschnitte diese und die Flächentrassen von (100) und (110). Sonst waren die Körner nur ganz unregelmäßig begrenzt. Außer der prismatischen Spaltbarkeit erscheint gerade im eben angeführten Querschnitte sehr deutlich jene nach (100) und (010) ausgebildet. Die vollkommene Teilbarkeit nach (100) macht das Mineral (lokal) diallagähnlich. Die Farbe des Pyroxen ist im allgemeinen blaßgrün. Brechungsvermögen und Doppelbrechung sind stark. Die vollkommene Auslöschung läßt auf eine sehr geringe Bisektrizendis- persion schließen, was nach Rosenbusch’ Angaben (Physiographie, IV. Aufl., pag. 203) auch hier auf einen diopsidischen Pyroxen hinwiese. Der Pleochroismus ist wohl sehr schwach, immerhin indessen zumindest in Schnitten L zur Prismenzone erkennbar und zwar er- scheinen Farben zwischen hellgelb und blaßgrün. Schon auf Grund dieser Eigentümlichkeiten können wir an- nehmen, daß der Pyroxen monoklin und von einem Diopsid (mit lokalem Diallageinschlage) nicht viel verschieden sein kann. Mehr darüber gelegentlich der Analysendiskussion. Von den farblosen Elementen lagen beide in Form unregel- mäßiger Körner vor. Das eine Mineral verriet undulöse Auslöschung, sehr geringen Brechungsquotienten, optisch einachsigen Charakter und war optisch positiv. Derlei Durchschnitte wurden für Quarz gehalten. 1) SiO, 48:29, Fe 0 2401, Ca 0 17:69. Mg O 2:83, Mn 0 647, Na, O und A, 0 0:22 (sonst nichts vorhanden); Summe 9951. 216 Dr. Karl Hinterlechner und C. v. John. ° |90] Ist schon die Menge des Quarzes nicht groß, so ist jene des zweiten Elements geradezu verschwindend klein. Dieses ist deutlich zwillingsgestreift und kaolinisiert. Auf den ersten Blick erkennt man darin einen Plagioklas ohne dessen Natur genauer bestimmen zu können. Analysendiskussion. Beim Vergleiche der folgenden Analyse mit jener des erst- angeführten Pyroxenits fällt vor allem eine relativ geringe Zu- nahme der Kieselsäure (Auftreten des Quarzes) und die relativ sowie absolut große Abnahme der Tonerde (Ausbleiben des Amphibols) auf. Große Übereinstimmung erblickt man im Fe O-, CaO- und Mg O- Gehalte beider Gesteine. Berücksichtigen wir die Tatsache, daß das Gestein außer aus dem Pyroxenmineral nur aus sehr unbedeutenden Mengen von Quarz und Feldspat besteht, so muß dies auch hier ein Streif- licht auf die Natur des Pyroxen!) werfen. Prozent I O Feier alte De Al, Os; ar: 1:65 Fe, O3 1:23 K0) 2270 Mn oO — CaO 19:15 Mg oO 1:65 Ks 0 1:08 Na, O 1'25 DEV EEE Are Si rn EOS PRO: ; 5 Ss Terre Glührenlusten HAT Summe. 7101721 Denken wir uns vom derzeitigen Gesteinsbestande etwas weniges vom 5:0, (die Quarzmenge) subtrahiert, so bekäme man beiläufig denselben Betrag für das SO, des Pyroxen wie im erst- besprochenen Pyroxenit. Alle übrigen für einen Pyroxen wesent- lichen Mineralbestandteile sind, wie gesagt, ohnedies in beiläufig gleichen Mengen in beiden Gesteinen vorhanden. Bei der oben ge- schilderten Sachlage dürfte daher der Schluß nicht unerlaubt sein, daB auch hier der Pyroxen ein Diopsid (mit diallagischem Ein- » schlag) ist, denn sesquioxydarm ist er ja sicher. Die Alkalien können teilweise vielleicht auch dem Pyroxen noch angehören. Natürlicher ist es jedoch, selbe im ganzen als Be- standteile des Feldspates aufzufassen. Von den geringen Abweichungen der mineralogischen Zusammen- setzung beider Pyroxenite (Hornblende: Quarz + Plagioklas) ab- ‘) Man vergleiche diese Analyse mit der Hedenbergitanalyse pag. 215, FuB- note 1], [91] Über Eruptivgesteine aus dem Eisengebirge in Böhmen. 317 gesehen können wir also nicht nur beiderlei Gesteine sondern sogar ihre Pyroxene als (chemisch) identisch erklären. Im übrigen verweise ich hier auf die Angaben im zweiten Teile der vorliegenden Arbeit und auf die zu demselben gehörige Tafel V. VI. Anhang. I. Diabasgabbro. Das Verbreitungsgebiet dieser Zwischenglieder zwischen Gabbro und Diabasgesteinen ist ganz auf das Territorium des LitoSicer Reviers, also auf die Gegend nordwestlich SemteS beschränkt. Die sonstige Ortsangabe siehe vorn pag. 152. Die Farbe der hierher gehörigen Felsarten ist durchgehends grau bis schmutziggraugrün. Nach der Korngröße sind sie kleinkörnig bis höchstens mittelkörnig. Mit freiem Auge erkennt man schmutzig- graue Plagioklase, in ganz vereinzelten Fällen hie und da braune, metallisch glänzende Biotitschüppchen und dann ist ein Mineral vorhanden, das man nur mit einer gewissen Reserve dem Amphi- bol zuteilt. U. d. M. erweisen sich als wesentliche Gemengteile Plagio- klas und ein in Zersetzung begriffener Diallag; der letztere ist zum allergrößten Teil in einen Amphibol umgewandelt, der also ein sekundäres Gebilde vorstellt. Biotit ist nur sehr wenig vorgelegen. Das vorhandene Erz ist wahrscheinlich als titanhältiger Magnetit zu deuten, denn es ist regelmäßig von einem Leukoxenkranze um- säumt. In einem Schliffe des Materials nördlich Franziska Hain, beziehungsweise südwestlich K. 309 wurde der Rest eines einzigen, zum Teil schon zersetzten Olivindurchschnittes konstatiert. Einzelne quer gegliederte Leistchen gehören dem Apatit an; lokal lag Titanit vor. Sonst sind noch Zoisit, Epidot, chloritische Elemente als Zersetzungsprodukte des Biotit und in den Plagioklasen vereinzelte serizitische Gebilde angetroffen worden. Die Struktur ist typisch diabasisch-körnig im Sinne von Rosenbuseh!). Dieses Moment und das Vorhandensein der sekundären Horn- blende(manchmal schon ganz analog wie in gewissen Diabasschiefern etc.) und die gabbroide Mineralkombination sind es, die die Bezeichnung Diabasgabbro rechtfertigen sollen. Von dieser Gruppe führen übrigens Übergänge zu den Amphiboliten (ef. unten), zu denen jene Felsarten gestellt werden sollen, die schon keine Spur von Diallag erkennen lassen. Im einzelnen waren an den Bestandteilen folgende Beobachtungen möglich. Plagioklas. Aus der Art der Struktur folgt schon, daß dieser fast nur in Leistenform, gestreckt nach M, vorlag. Zwillingsbildung erfolgt überwiegend nach dem Albitgesetz; das Periklingesetz ist 1) Elemente, I. Aufl., pag. 311. Jahrbuch d. k. k. geol. Reichsanst., 1909,59. Bd., 1. IIft. (Hinterlechner u. v. John.) 28 218 Dr. Karl Hinterlechner und C. v. John. L [92] seltener. Mit Bezug auf die Zwillingsgrenze betrug die symmetrische Auslöschungsschiefe in vier Fällen: 220, 27030‘, 29030‘, beziehungsweise 320 30° ; daraus folgt, daß man es mit Labrador-Bytownit, beziehungs- weise mit Bytownitmischungen zu tun hat. Isomorphe Schichtung kommt vor, allein nieht allzuhäufig. Der Plagioklas fällt nicht selten der Saussuritisierung anheim. Auffallenderweise schneidet dieser Prozeß sehr oft ganz scharf an einer Linie ab, die den äußeren Umrissen konform ist. Der Pyroxen war hellbraun durchsichtig und wie zerhackt, also unregelmäßig begrenzt. Neben dem braunen tritt auch ein farb- loser auf. Manchmal waren sie sogar. so miteinander vereint, dab sie entlang einer scharfen Linie aneinander stießen, gleichzeitig aus- löschten und ohne den Farbengegensatz überhaupt keinen Unterschied eıkennen ließen. Das farblose Element scheint dabei das ältere zu sein; man findet es als Einschluß im braunen. Immer dürften indessen diese: Relationen nicht bestehen. Der braune Pyroxen (Diallag) wird lokal hellbraun und schließlich fast farblos; dabei kann er wie bestaubt aussehen. Ortlich geht er sogar in eisblumenähnliche Gebilde über. Mit diesem Zersetzungsphänomen wollen wir uns später be- schäftigen. Außer der charakteristischen Pyroxenspaltbarkeit lagen noch zwei (verschieden) gut entwickelte Systeme vor. Senkrecht zum voll- kommeneren (100) lag die Achsenebene [ein Achsenbild im Schnitte senkrecht zur Zone (110)]. Die Achsenfarben sind fast stets gleich braun; im farblosen fehlen sie selbstverständlich ganz. Speziell der helle Pyroxen (Diopsid oder heller Diallag) verriet die Zwillingsbildung nach (100); im braunen wurde sie gar nicht beobachtet. Amphibol. Gegen den Rand zu kann der Diallag blaß- srünlich werden, ohne daß eine scharfe Grenze vorhanden wäre; manchmal wird er auch farblos. Besonders bei grünlicher Färbung seht die Substanz in Fasern über, die sogar lange Strähne bilden können. Die blaßgrüne bis farblose Substanz wurde als Aktinolith aufgefaßt. Er scheint ganz aus dem braunen Diallag hervorzugehen. Im gewöhnlichen Lichte glaubt man es manchmal mit einheit- lichen Individuen zu tun zu haben; zwischen gekreuzten Nicoln zer- fallen sie dagegen in Aggregate (eisblumenähnlich). Am Rande des Diallag ist der Amphibol auch bläulichgrün sefärbt, während er gleichzeitig im Innern farblos sein kann. Seine Aggregate bestehen demnach nicht an allen Stellen aus genau dem- selben Amphibol; beide mischen sich jedoch sogar in demselben Aggregat. An Chlorit ist bei den farblosen Schnitten wegen der starken Doppelbrechung im allgemeinen nicht zu denken. Soviel über den sekundären Amphibol. In einem einzigen Schnitt lag ferner eine braune Horn- blende vor. Am Rande war sie von einem Saume grüner Horn- blende umgeben. Die Spaltrisse lagen in beiden Partien gleich. Ob die optische Orientierung in dem grünen Saume durchgehends ein- [93] Über Eruptivgesteire aus dem Eisengebirge in Böhmen. 219 heitlich war, ist nicht sicher wegen einer eventuellen Unterlagerung am Rande durch einen Plagioklas. Aus dem Gesagten folgt mithin, daß auch hier dreierlei Amphibolvertreter vorliegen; genau so wie in den vorn beschriebenen Gabbrogesteinen, denen sie mit sehr gutem Recht angegliedert werden dürften. In dem Fall würden sie das Schlußglied der olivinfreien Typen, das heißt eine Übergangsform zu den olivinführenden Ausbildungen vorzustellen haben. Sonst bilden sie die Verbindung mit den Diabasen, beziehungsweise wegen ihrer Umwandlung mit den Amphiboliten. 2. Diabase. Durch das Vorkommen anstehender Diabase im Gebiete des roten Granits (Granitgneises) nordnordwestlich Liban sehen wir uns zwar bemüßigt einige Worte auch dieser Gesteinsgruppe zu widmen, ausdräcklich sei indessen nochmals bemerkt, daß dadurch nur ein ganz untergeordneter Bruchteil dieser Felsart hier zur Sprache gebracht wird. Die Bearbeitung der Diabase aus dem Gebiete des Kartenblattes Caslau und Chrudim soll einer speziellen Publikation vorbehalten bleiben. Unter der Ruine Stradov (nordnordwestlich Liban) steht am linken Chrudimkaufer ein Diabasgang von etwa 10 m Mächtigkeit an; dann folgt flußabwärts auf etwa 2—3 m roter Granitit (auch an- stehend), um vor der dortigen Flußbiegung abermals einem Diabas Platz zu machen. Die Mächtiskeit dieser zweiten Partie konnte nicht geschätzt werden, weil es der Wasserstand und der dortige Wald verhinderten. Beim ersterwähnten Gange bemerkt man den Gesteinswechsel — rote und dunkelgraue Farbe — schon von der dortigen, eisernen Brücke aus. Die Grenzen gegen den Granit sind, sofern man es vom rechten Ufer zu beurteilen imstande ist, scharf. Der zweite Fund der hierher gehörigen Gesteine wurde im Seitentälchen, das von Libah herabkommend bei der genannten Ruine in die Chrudimka einmündet, gemacht. In einer Ausbildung lag hier genau dasselbe, dichte, dunkel- sraugrüne Gestein vor wie im Haupttale; in der zweiten Varietät war dagegen das Gestein kleinkörnig und ließ schon mit dem freien Auge als wesentliche Elemente einen dunklen Amphibol und einen Feldspat erkennen. In den dichten Modifikationen sind kleinwinzige Pyritkriställchen eingesprengt. U. d. M. lassen als wesentliche Elemente alle Proben grüne Hornblende und einen Plagioklas erkennen. Sonst wurde beobachtet: a) am dichten Gesteine aus dem Haupt- und aus dem Seitentale folgendes. In winzigen Schüppchen beteiligt sich an der Gesteinszusammen- setzung ohne ein wesentliches Element zu werden ein brauner Glimmer; das primäre Erz wurde als Magnetit aufgefaßt. Die blaugrün gefärbte Hornblende wird ganz untergeordnet sehr blaß, Sie zeigt nur die Form unregelmäßig begrenzter Leisten 28* 220 Dr. Karl Hinterlechner und C. v. John. [94] (nach c) und ist nicht selten zum Teil zu Strängen geordnet. Auf- fallend häufig sind besonders die größeren Schnitte mit einer scheinbar kaolinartigen Masse erfüllt, die sich indessen bei hinreichender Dünne des Schliffes als Epidot entpuppt. An den Enden sind die Leistehen nicht selten zerfasert; ver- einzelte sind sogar in Nadeln zerfranst. b) Das kleinkörnige Gestein aus dem Seitentale ist mineralogisch sanz gleich dem ersteren zusammengesetzt. Der wesentlichste Unter- schied liegt nur in dem größeren Korn. Dieses bringt es mit sich, daß hier die Zerfaserung der Horn- blende am Ende bedeutend deutlicher zum Ausdruck kommt. Von der fraglichen, kaolinartigen Masse ist hier im Amphibol nichts zu sehen; dafür tritt Epidot in größeren Mengen bei kleinen Dimen- sionen auf. Deshalb ist es so gut wie sicher, daß auch im ersteren Falle winzig kleine, sich überlagernde Vertreter der (Zoisit-) Epidot-Gruppe vorhanden sind. Vom Epidot ist auch im Pla- sioklas sehr viel vorhanden. Der letztere bildet ganz unregelmäßige Körner oder unregel- mäßig begrenzte Leisten, die das Albitzwillingsgesetz erkennen lassen, sonst jedoch stark getrübt und ganz mit Amphibolnadeln erfüllt vorlagen. Die kleinkörnige Modifikation Jarf nur als lokale Ausbildung der dichten (sub a) angesehen werden. 3. Amphibolite. a) Aus der Gegend von Zbyslavee—Chvaloviec. Die Gruppe der Amphibolite umfaßt in genetischer Hinsicht fast bestimmt verschiedene Glieder. Die einen kann man als ursprüng- liche Diabase (Grünschiefer), die anderen als körnige, manchmal sogar augengneisartig struierte, basische Gesteine gabbroider oder zum Teil vielleicht dioritischer Herkunft deuten. In eine dritte Gruppe gehören, vielleicht gewisse „Einschlüsse“ in den Graniten. Der erstere Typus wurde angetroffen nordöstlich bei Chva- lovic, beziehungsweise auf der Lehne südöstlich Zbyslavec; nord- westlich von der letztgenannten Ortschaft, beziehungsweise südsüd- östlich K. 458 und im Hohlwege nördlich Licom&ric, beziehungsweise westlich K. 426. —- Augengneisähnlich aussehende Amphibolite wurden dagegen auf der Strecke zwischen Lhuta und Chvalovie konstatiert. In besagter Gegend kommen übrigens auch am häufigsten körnige Modifikationen vor. Im Wesen sind zwar alle hierher gehörigen Felsarten aus einem Plagioklas und einem dunkelgrünen Amphibol zusammengesetzt, allein nicht immer; daher ihre dunkle, dunkelgraue oder dunkelgrau- grüne Farbe. Es gibt auch Ausbildungen, in denen ein Granat und andere, in denen der Epidot mit oder ohne Zoisit herrschend wird und den Plagioklas sowie den Amphibol ganz zu verdrängen imstande ist. Die diesbezüglichen Funde rotbrauner oder graugrüner Farbe wurden teils auf den Halden, teils in der Nähe der alten Stollen- mundlöcher bei Chvalovic gemacht. u ce) re ee [95] Über Eruptivgesteine aus dem Eisengebirge in Böhmen. 221 Körnige Ausbildungen bestehen aus Elementen von mittlerer Größe; die schiefrigen sind bedeutend kleinerkörnig; an Diabase erinnernde Gebilde sind aber sogar teilweise fast dicht. Sogenannte „Augen“ bildet der weiße Plagioklas, der mitunter, bei vermindertem Glanze und wenn keine Spaltbarkeit erkennbar ist, etwas quarzähnlich aussehen kann. Diese Linsen zeigen im Quer- bruche eine Länge, die 4—5 mm und eine Mächtigkeit, die 2—3 mm erreichen kann. In relativ unverändert körnigen Gesteinen waren Spaltungsflächen von 5x8 mm beobachtet worden. Gerade an einem Funde mit einem Plagioklas von den letzt- genannten Dimensionen war übrigens zu sehen, daß die Felsart nur teilweise schiefrig, jenseits einer ganz scharfen Grenze indessen völlig körnig struiert war. Epidotreiche Felsarten zeigen untergeordnet Pyritimprä- gnationen oder sie sind durchadert mit diesem Mineral. An eine technische Bedeutung ist dabei — auf Grund des derzeit Gesehenen — nicht zu denken). U. d. M. erweist sich der Amphibolit als aus Plagioklas und Amphibol im wesentlichen zusammengesetzt. Sonst fand man, und zwar als primäre Elemente: Biotit, Titanit, (?) Apatit, Magnetit und Granat; als sicher sekundäre Elemente treten auf: Zoisit, Epidot und chloritische Gebilde nach Biotit. In die Gruppe der sekundären Bildungen gehört übrigens allem Anscheine nach auch der Amphibol, der teils als Aktinolith, teils als gemeine grüne Hornblende angesprochen wurde. Betreffs des ersteren kann nichts Bestimmtes bezüglich der Ab- stammung gesagt werden. Die grüne Hornblende dagegen könnte aus einer bereits früher vorhanden gewesenen, braunen hervorge- sangen sein. Sie zeigt nämlich jenen braunen Stich, wie er solchen Hornblenden eigen ist, von denen wir bereits mehrfach bemerkten, daß ihre Substanz schon primär als Amphibol vorgelegen sein soll. Ihre Form ist stets unregelmäßig wie bein Aktinolith, nie wird sie dagegen so klein (Durchschnittswert!) wie dieser. Dazu kommt die auffallende Erscheinung, daß die Hornblende mit dem Stich in das Braune in körnigen oder höchstens spurenweise schiefrigen Modifikationen auftritt, der Aktinolith beziehungsweise der grüne Amphibol ohne den braunen Stich dagegen in den Schiefern. In Gesellschaft der in Rede stehenden (relativ primären) Horn- blende erscheinen die Plagioklase mitunter idiomorph; manchmal mit den M-Flächen. Die Leisten können indessen sogar beiderseits kristallographisch endigen (? T und )). In einem Falle wurde ein ‚solches Spaltblättchen nach P optisch untersucht. Die Auslöschung betrug darin — 36°, was auf einen dem Anorthit sehr nahestehenden Plagioklas hinweist. Im übrigen sei noch erwähnt, daß selbst in deutlich schiefrigen Ausbildungen lokal und undeutlich Spuren körniger Struktur durch das Auftreten von Resten größerer Plagioklase zum Ausdrucke kommen. ') Die Gruben sind auch nicht mehr im Betriebe, seitdem in der besagten Gegend das Holz im Werte gestiegen ist durch den Bau der entsprechenden Bahnen. 232 Dr. Karl Hinterlechner und C. v. John. [96] Der Biotit lag nur in kleinen Mengen vor. Zum Teil unregel- mäßige Gruppen und teilweise Streifen bildend. Der Granat war zum Teil farblos; in den daran sehr reichen Modifikationen ist er dagegen (rot)braun gefärbt. Diese Ausbildung ist übrigens auch ziemlich magnetitreich. b) Amphibolit von Brezoves (bei Vochoz, Nassaberg). Bei Brezoves (östlich Vochoz) findet man an den dortigen Wegen Blöcke und Lesesteine von bald körniger, bald schiefriger Struktur, die aus einer schwarzen Hornblende und aus Feldspat bestehen. Die erstere Ausbildung kann mittelkörnig werden, die schiefrige ist dagegen sehr kleinkörnig. Wegen des bedeutenden Vorherrschens des Amphibols ist die Farbe des Gesteines dunkelgrau- (grün) bis fast schwarz. In kleinen Partien ist der Pyrit hie und da eingesprengt. U. d. M. bestehen beide Varietäten aus grüner (blaugrüner) Hornblende und ausFedspat als wesentlichen Elementen. Speziell die schiefrige zeigt alle Merkmale typischer Amphibolite. Nur an ganz vereinzelten Stellen findet man noch unregelmäßige Plagioklas- durchschnitte, die es durch ihre Form und Kaolinisierung verraten, daß sie nicht kurzweg mit den sonst frischen, kleinen Querschnitten deses Minerals vergleichbar sein dürften, sondern ältere Feldspatreste vorstellen. Die körnige Ausbildung läßt dagegen mit aller Sicherheit die Deutung zu, daß in ihr ein nur teilweise umgewandeltes Eruptiv- gestein vorliegt, in dem die Hornblende sowie der Plagioklas noch in größeren Querschnitten vorliegen, die auf chemischem Wege eine Veränderung ihrer Natur erlangt haben, während an ihnen dynamische Prozesse erst in zweiter Linie zur Geltung kommen. Während die Hornblende in den schiefrigen Ausbildungen nur ganz ausnahmsweise zu Aggregaten zusammengeballt erscheint, ist dies in der körnigen nahezu Gesetz. Man sieht es, daß einzelne, srößere, präexistierende Individuen in eine Anzahl kleinerer zerfallen oder sich zerfasern. Letztere liegen ganz unregelmäßig, so wie dies auch sonst in dieser Arbeit mehrfach angegeben wurde, wo von sekundären Amphibolgebilden gesprochen wird. Außer den im allgemeinen blaugrünen Farben sehen wir da auch hieckige, blaßgrüne (Strahlstein)-Durchschnitte. An ein paar Stellen war zudem die grüne Hornblende derart mit einem opaken Element bestaubt, wie es bereits angegeben erscheint. In minimalen Spuren sehen wir da ferner den sonst so oft angegebenen, braunen Stich zur Ausbildung gelangen. Auch der Plagioklas tritt in größeren Durchschnitten auf, die stark kaolinisiert erscheinen, im übrigen aber am besten und am kürzesten als Ruinen größerer Gebilde bezeichnet werden können ; besonders randlich sind sie völlig zertrümmert und im ganzen verbogen und zerbrochen. Das primäre Erz ist als Magnetit aufgefaßt worden. [97 Über Eruptivgesteine aus dem Eisengebirge in Böhmen. 2925 ec) Amphibolite von Kamenie-Trehov. Die Amphibolite vonKamenic sollen in der kartographischen Darstellung nicht zur Ausscheidung gelangen. Sie bilden nämlich mit Ausnahme eines (sicheren) Falles (nordwestlichKamenic), der indessen auch sehr unbedeutend ist, keine geologischen Körper, sondern wurden nur als eckige Einschlüsse in Graniten angetroffen. 1. Ostsüdöstlich Kamenic, beziehungsweise südöstlich K. 578 wurden Amphibol-Granitit-Blöcke vorgefunden, in denen fast ganz ausnahmslos eckig begrenzte Brocken eines feinkörnigen, dunkel- grauen Amphibolits eingeschlossen waren. Ihre Größe entsprach fast jener einer Faust; nach unten waren den Dimensionen keine Grenzen gesetzt. 2. Dieselbe Erscheinung wurde südlich bei Drevikov konstatiert, allein mit dem Unterschied, daß das einschließende Gestein ein sehr schwach rötlich gefärbter Amphibol-Granitit- Gneis war. In der Gegend südwestlich vom genannten Orte findet man übrigens auf allen Wegen ein kleinkörniges, an Amphibol reiches Gestein, von dem man wegen dessen ganz allgemeiner Verbreitung und da man als anstehendes Gestein nur den roten Amphibol- Granitit-Gneis auffassen muß nicht weiß, woher es eigentlich ist. 3. Nicht minder verschleiert ist ein Fund vom nordöstlichen Ende vonKamenic. Am westlichen Fuße von K. 575 hatte man gleich | hinter den letzten Häusern des Ortes im Graben, der unter der dortigen Straße durchführt, einen Granit aufgeschlossen. Dieser war sanz verwittert. Im allgemeinen darf man wegen dem vielen Quarz auf einen großen S5/ O,-Reichtum schließen. In diesem Granit lag nun ein amphibolreiches Gestein als ein eckig begrenztes Element von etwa 1 m Länge und etwas über 0°5 m Breite. Das Amphibol- sestein wird bestimmt von kleinen, selten bis 0'5 dın breiten Granit- adern durchzogen. Diese letzteren gleichen ganz der granitischen Umgebung. Ob der Amphibolit eine Fortsetzung nach der Tiefe hat, ist un- entschieden zu lassen. Die Farbe des gegenständlichen Amphibolits ist grau; durch einzelne größere (2X3 mm) Feldspäte wird das Gestein weiß sesprenkelt. Sehen wir von diesen Gebilden ab, so ist es feinkörnig struiert, sonst erscheint es porphyrisch. Wie in gewissen Kontakt- produkten gneisiger Natur aus dem Gebiete des Blattes Deutsch- brod, so sehen wir auch hier den Verband der einzelnen Bestand- teile wenig fest. Beim Angreifen frischer Bruchflächen, wobei man nicht stark anzudrücken braucht, bröselt sich ein sehr feines Material ab, das aus einzelnen Hornblende- und frischen leldspatkörnern besteht. 4. Ein makroskopisch ähnliches, allein festeres Material wurde ferner nordnordöstlich von der besagten Stelle, beziehungsweise östlich K. 561 teils anstehend, teils als Lesestein vorgefunden. Der anstehende Fund durchbrieht im Gegensatz zu Jen voranstehenden Vorkommen den dortigen roten Granitgneis; danach wäre also hier 224 Dr. Karl Hinterlechner und C. v. John. [98] die amphibolreiche Felsart als jünger wie der Granit zu deuten. Deshalb ist es nun durchaus nicht ausgeschlossen, daß an letzterer Stelle überhaupt gar nicht ein Amphibolit sondern ein gabbroides Gestein (cf. pag. 174—176) vorliegt. Ohne bessere und zahlreichere Aufschlüsse ist jedoch diese Frage nicht lösbar. 5. Nordwestlich Kamenic, beziehungsweise westlich K. 561 existiert ein tief eingeschnittener Hohlweg, in dem ein grauer Biotitgneis ansteht, wie er im Gebiete des Kartenblattes Deutsch- brod als Kontaktprodukt gedeutet wurde und wie er gerade in dem Gebiete des Blattes Caslau—Chrudim noch besonders unzweifel- haft in größeren Territorien vorkommt. In diesem „grauen Gneis“, der in h 10 streicht und nordöstlich unter einem Winkel von 50° einfällt, kommt nun auch ein, und zwar der einzige sichere Amphibolit als geologischer Körper (anstehend) vor. Ist dieser „Gneis* älter wie der dortige Granit, so kann es auch der Amphibolit sein. Entspräche nun diese Deutung den Tat- sachen, dann kann auch die Natur der „Einschlüsse“ ziemlich natür- lich gedeutet werden ohne den späteren Konklusionen betreffs der Eruptionsfolge in unserem ganzen Territorium im Wege zu stehen. Während nämlich die „Einschlüsse* in den Graniten eingebröckelte Bruchstücke von Amphiboliten der ursprünglichen Decke wären, könnte man die amphibolitischen Lesesteine von Drevikov als ebensolche, nur nicht eingebrockte oder bereits ausgewitterte, gleiche Gebilde auf- “fassen. Sei dem schließlich wie ihm wolle, das eine ist sicher: die in Rede stehenden „Einschlüsse“ sind keine einwandfreien Beweise dafür, daß hier vor der Bildung des Granits basische Eruptionen stattgefunden hätten, die mit letzteren zeitlich eng ver- bunden gewesen wären; cf. sub 4. U. d. M. entpuppten sich die Einschlüsse aus dem Granit ostsüdöstlich Kamenic, beziehungsweise südöstlich K. 578 als ein typischer, schiefriger Amphibolit, der in Spuren Biotit führt. Wesentliche Elemente sind nämlich grüne Hornblende und Plagio- klas; sonst sind vorhanden Titanit, Apatit und ein Erz (Magnetit). Bildungsfolge kommt keine bestimmte zum Ausdrucke. Beide wesentliche Elemente zeigen die Tendenz, geradlinige oder schwach gebogene Grenzlinien anzunehmen. Die wenigen Einschlüsse aus dem Amphibol sind tropfenförmig rund. Die symmetrische Auslöschungsschiefe mit Bezug auf die Albit- zwillingsgrenze war im Plagioklas klein. Der Erhaltungszustand ist gut (teilweise Kaolinisierung). Sehr selten lagen große, als Einspreng- linge aufzufassende Elemente vor. In solchen kommt deutlich die Serizitbildung zum Ausdrucke. Das geschilderte, mikroskopische Bild entspricht im Wesen auch den Verhältnissen in den amphibolitischen Einschlüssen vom östlichen Ende von Kamenic. Die hauptsächlichste Abweichung ist die Tat- sache, daß der Plagioklas oft wie zersprungen aussieht; es bilden sich nämlich unregelmäßige Risse, die indessen erst zwischen ge- kreuzten Nie. zum Ausdrucke kamen. Sehen wir von der Genesis der Amphibolite ab, so ist es für das Gestein aus dem Hohlwege nordwestlich von Kamenie, be- [99] Über Eruptivgesteine aus dem Eisengebirge in Böhmen. 925 ziehungsweise westlich K. 561 sicher, daß es in der derzeitigen Form gewiß nicht als Eruptivgestein gelten kann. Es stellt eine mit Feldspatsubstanz durchtränkte Hornblendemasse vor, in der nur noch Biotit und etwas weniges Erz (Magnetit) mit Bestimmtheit erkannt werden kann. Die grüne Hornblende war zumeist in Tropfen- oder Wurmform vorgelegen. Lokal können diese gleich orientiert sein, so daß man es mit sehr lückenhaften Hornblendedurchschnitten zu tun hat. Betreffs des sub 4 angeführten Gesteines wurde bereits bemerkt, daB dessen Deutung als Amphibolit durchaus nicht ganz einwand- frei ist; höchstwahrscheinlich ist es ein basisches Eruptivgestein, das nur scheinbar in die Gruppe der Amphibolite gehört. Neben der grünen Hornblende, die in kleinen Körnern vorlag, ist ein sehr basischer Vertreter der Plagioklasreihe wesentliches Gesteinselement, denn der Brechungsquotient ist schätzungsweise so groß, daß man ein dem Anorthit sehr nahes Glied zu erkennen glaubt. Beachtenswert ist der Plagioklas wegen seiner Zersetzung. Auf den Klüften und Sprüngen siedelt sich eine (vielleicht sind es mehrere) farblose Substanz an. Stets bildet sie Aggregate; manchmal sind es winzige Sphärolithe, die indessen erst mit stärkster Vergrößerung er- kannt werden. Die Lichtbrechung ist stets sehr gering. Liegt nur eine Substanz vor, dann ist sie nur in manchen Schnitten stark doppel- brechend im allgemeinen jedoch nicht. Deshalb könnte man die stärker doppelbrechenden Partikelchen auch für etwas anderes halten wie die Hauptmasse, welche vielleicht ein Hydrargillit ist; Kaolin war gar nicht vorhanden. Die Struktur wird eben durch den Plagioklas porphyrisch; die Einsprenglinge sind manchmal ganz erfüllt mit Hornblendemikrolithen. VII. Eruptionsfolge und Alter der Tiefengesteine. Um zu einer wissenschaftlich begründeten Vorstellung der Eruptionsfolge unserer in den vorausgeschickten Abschnitten be- schriebenen Tiefengesteine zu gelangen, wollen wir diese in drei größere Gruppen teilen. Die erste davon soll die verschiedenen als rote Granitgneise bezeichneten Felsarten umfassen; der zweiten gehört der graue Granitit mit Einschluß des grauen Amphibolgranitits an, der ohnedies wahrscheinlich nur eine lokale Ausbildung des ersteren vorstellt; alle restlichen Plutonite wollen wir kurz als basische Eruptionen deuten ohne an der Stelle spezielle Unterschiede zu machen. Mit welchem Rechte ich diese Dreiteilung vornehme, geht einer- seits aus den Angaben in meiner Deutschbroder Arbeit und ander- seits aus diesen Zeilen hervor. Sehen wir vom hierher gehörigen Territorium des BlattesDeutsch- brod vorläufig ab, so dürfen wir nämlich allgemein an der Tatsache festhalten, daß der rote Granitgneis es ist, der von den basischen Eruptionen und vom grauen Granitit (cf. pag. 138—141) durchbrochen wurde. Alle Funde, die dagegen zu sprechen Jahrbuch d. k. k. geol. Reichsanst., 1909, 59. Bd., 1. Hft. (Hinterlechner u, v. John.) 29 2326 Dr. Karl Hinterlechner und €. v. John. | [100] scheinen, sind, wie schon bemerkt, nicht beweiskräftig?), weil nicht einwandfrei. Betreffs des grauen Granitits stützen wir uns dabei be- sonders auf folgende Vorkommen: 1. Nassaberger, 2. Seiser Granit, 3. die kleineren Vorkommen in der Umgebung von Nassa- berg und 4. auf jene aus dem Chrudimka-Tale zwischen Kamenic- Trehov und Bradlo. Im Hinblicke auf die basischen Gesteine sprechen aber für das höhere Alter der roten Granite namentlich folgende Stellen. a) Aus der Südostsektion: 1. die Serpentine aus der Um- gebung von Spalava; 2. die gabbroiden Felsarten auf der Strecke zwischen Bradlo (a. d. Chrudimka) und Mo2Zdönic; 3. der Diorit östlich Rohozna und 4. die verschiedenen, basischen Eruptivkörper aus der Depression der Chrudimka, beziehungsweise aus deren Nähe unterhalb See. b) Aus der nordwestlichen Blattsektion dürfen hier besonders angeführt werden: 1. der Diorit von Zbyslavee und 2. die basischen Gebilde aus dem LitoSicer Revier. | Genau in demselben Sinne meine ich indessen auch die aller- meisten basischen Felsarten der Nordostsektion des Blattes Deutsch- brod interpretieren zu dürfen; besonders jene: 1. aus der Um- sebung von Oudavy und 2. aus dem östlichen Teile des lang- gestreckten Dorfes Studenec. Eine einzige Ausnahme sollte nach der folgenden Interpretation aus meiner Deutschbroder Arbeit (pag. 356) das als Diorit von Stikova bezeichnete Gestein vorstellen. „Der Stikovadiorit dürfte etwas älter sein als der rote Granit, denn sonst wären die sicher beobachteten gangartigen Apophysen des letzteren im Gebiete des ersteren nicht leicht erklärlich. Falls man jedoch dieser Deutung den Gedanken entgegenstellt, daß ja nach den Einzeichnungen in der Karte auch der Diorit Arme in das Granitterritorium entsendet, so dürfen wir uns vor allem nicht verhehlen, daß der Dioritarm bei Rovne nur auf Grund von Lesesteinen eingezeichnet wurde, während die Granitapophysen anstehend gefunden werden, und dann sind erstere in einer bunten Gesellschaft angetroffen worden, welche aus rotem Granit, gneis- artigen Gebilden und Dioritbrocken besteht“ (l. e. pag. 356). Auf Grund der zahlreichen im Gebiete des Kartenblattes Caslau und Chrudim gesammelten diesbezüglichen Erfahrungen möchte ich nun betreffs der voranstehenden, von allem Anfange an hypo- thetiısch aufgefaßten Stellungnahme folgendes bemerken. Kommt es in irgendeinem Gebiete zu einem Tiefenerguß, so weiß man es von unzähligen Fällen, daß das ältere Gestein zerklüftet und zerbrochen wird. Bruchstücke davon schwimmen im jüngeren Magma. Nach oben zu kennen wir für die Dimensionen solcher „Bruchstücke“ keine Grenzen. Im Verbreitungsgebiete des Nassaberger Granitits mußten derlei Absplitterungen von Bruchstücken auch tatsächlich angenommen werden. Diese Umstände 1). Cf. pag. 130, 131, 223 und 22%. SE [101] Über Eruptivgesteine aus dem Eisengebirge in Böhmen. 237 sprechen deshalb zumindest dafür, daß die seinerzeit von mir ange- führten Tatsachen auch eine andere Deutung zulassen. Das basische Gestein kann doch auf mehreren benachbarten Spalten emporgedrungen sein; der Granit bildete dann nicht Apophysen, sondern zersplitterte Partien und die scheinbare Ausnahmsstellung des Stikovadiorits ist auch in der Weise ganz natürlich und so erklärt, daß sie in keinem Gegensatze zu allen restlichen, hierher gehörigen Eruptionen mehr steht. Von selbst folgt deshalb weiter daraus, daß es durchaus nicht angeht den Stikovadiorit als sicheren Zeugen für die Auffassung anzuführen, als ob es auch ältere, und dann basische Eruptionen gegeben hätte,.wie sie der rote Granit in unserem Gebiete vorstellt. Betreffs einiger, eckiger, fremder Einschlüsse aus dem Granit wurde schon vorn (Ampbibolite) das Wichtigste angeführt. Im Hinblicke auf die sonstigen Tatsachen und auf diese Schluß- folgerung meine ich berechtigt zu sein die vorn vertretene Ansicht hier zu verallgemeineren und auch für das bezügliche Territorium des Blattes Deutschbrod zum Ausdrucke bringen zu dürfen. Die roten Granitgneise wären demnach in meinem Aufnahmsgebiete im Eisengebirge ganz allgemein als dasälteste, existierende Tiefengestein aufzufassen. Als Beweis dafür, daß es auch im Gebiete des grauen Granitits basische Eruptionen gegeben haben kann, die jünger sind wie der graue Granitit selbst, darf das Vorkommen östlich Rohozna angeführt werden, obschon dieser Diorit auch zur folgenden Gruppe gehören könnte. Wie wir im vorausgeschickten Text bereits erwähnten, haben schon Krejti und Helmhacker gewisse basische Eruptivkörper als Gangstöcke angesprochen. Als typisches, derartiges Gebilde haben wir mit jenen den Gabbrodiorit von Krasny und Bradlo aufgefaßt. Außerdem stelle ich hierher noch den Diorit von Nassaberg (Bratranov) und eventuell auch das eben erwähnte Vorkommen aus der Gegend östlich von Rohozna. Das auf den ersten Blick in die Augen springende Moment ist daran ausnahmslos die Tatsache, daß alle diese drei Eruptionen an die unmittelbare Grenze zwischen dem roten, älteren und dem denselben mehrfach durchbrechenden grauen Granit gebunden erscheinen. Die beiden erstangeführten Eruptivkörper ziehen sich also an der Grenze beider Granite derart entlang, daß sie kurz als riesige Grenzspaltenausfüllungen aufgefaßt werden müssen. Aus diesem Grunde dürfen wir den Schluß ableiten, daß auch der sraue Granit auf seinem jetzigen Platze gewesen sein muß, als es zu den bezüglichen basischeren Tiefenergüssen gekommen war. In welcher Weise man die sonstigen dioritischen Felsarten für jünger wie beiderlei Granite halten wird, hängt davon ab, welche Bedeutung, beziehungsweise Erklärung man den vorn pag. 149156 angeführten Tatsachen beimessen wird. Jene basischen Ergüsse, die mit den tektonischen Verhältnissen im Eisengebirge in die vorn angeführte Harmonie gebracht werden können, halte ich durch- gehends für jünger wie irgendeinen der zwei Granite. Den Beweis 29* 298 Dr. Karl Hinterlechner und C. v. John. [102] dafür erblicke ich darin, daß es zu dieser Harmonie sonst eben nicht hätte kommen können ; ausgenommen wäre der Fall gewaltsamer, späterer Störungen. Dafür kann indessen kein Beweis erbracht werden. Bezüglich jener basischen Ergüsse, deren Formen mit den herrschenden, tektonischen Verhältnissen nicht oder nicht ganz sicher in Einklang zu bringen sind, sei zwar auf die Tatsache verwiesen, daß sie jünger wie der rote Granit sind. Sonst kann nichts Be- stimmtes angegeben werden. Namentlich will ich sie nicht kurzweg mit den sonstigen basischen Eruptionen dem Alter nach absolut indentifizieren. Kurz zusammengefaßt können wir also sagen: Das älteste eruptive Gebilde ist der rote Granit, diesen durchbricht der graue und noch in eine spätere Phase des Eruptionsprozesses im Eisen- gebirge fällt die Entstehung der basischen Gebilde. Die letzteren müssen nicht alle gleichalterig sein. Soviel über die Eruptions- folge. An diesem Punkte angelangt können wir uns erst mit der Frage beschäftigen, welches Alterden gegenständlichen Tiefengesteinen zukommt? Dabei sind wir bemüßigt auf die Schieferhülle unserer Plutonite und auf dem Alter nach bestimmbare Sedimente gleich- zeitig teilweise Bücksicht zu nehmen. Wie ich es in meinem Referat für den Jahresbericht (pro 1908) des Herrn Hofrates Tietze!) bereits bemerkt habe, fand ich „aus der Gegend vonHermanmöstec in der Richtung auf Kalk-Podol fortschreitend* und „mit dem Liegenden der Tremosnakonglo- merate anfangend speziell an der dortigen Lokalbahn immer jüngere Gebilde, bis man bei der letztgenannten Ortschaft die Äquivalente der westbömischen Etage Foder den Kon&epruser Kalkstein (fs) erreicht. Mit gewissen Einschränkungen gilt dasselbe — nur in um- gekehrter Reihenfolge — für die Schiefer weiter südlich und nord- westlich. Der ganze Komplex der hierher gehörigen Schiefer bildet mithin eine mehr oder weniger ostwestlich, beziehungsweise nordwestlich—südöstlichgestreckteMulde, die jedoch nicht überall dieselben Merkmale aufweist. In westlicher, beziehungsweise nordwestlicher Richtung sind die Schenkel derselben eng aneinander geprebt; gegen Ost wird sie dagegen (allem Anscheine nach) bedeutend flacher. Die Elemente derselben sind nicht mehr derart steil aufge- richtet und liegen lokal relativ ruhig“. Sonst genügt es betreffs der Lagerung zu bemerken, daß die nachstehend zu berücksichtigenden Schichten in der Butina und nördlich sowie nordwestlich davon teils saiger stehen, teils sehr steil in südlicher Richtung einfallen. Schon Krejti und Helmhacker haben ferner in ihrer Original-Aufnahmskarte des Eisengebirges am südlichen Ge- hänge der Bucina (südlich Kalk-Podol) einen Quarzit verzeichnet, dem sie untersilurisches Alter (Dd,=Dräbover Schichten) zu- schrieben. Der gegenständlichen Deutung des bezüglichen Gesteines schließe ich mich in dem Sinne vollinhaltlich an. !) Verhandl. d. k. k. geol. R.-A. 1909, pag. 9. [103] Über Eruptivgesteine aus dem Eisengebirge in Böhmen. 2929 Das Liegende sowohl wie das Hangende der d,-Quarzite bezeichneten Krej&i und Helmhacker als Ottrelitschiefer. Der kartographischen Darstellung !) setzten sie in der handschriftlichen Zeichenerklärung binzu: „Dd;, Dd,.“ Das nach meiner Auffassung Ältere als die d,-Quarzite, also das derzeitige Hangende, braucht uns vorläufig gar nicht zu interessieren; ich verstehe darunter das Schicht- paket südlich, beziehungsweise südwestlich vom Quarzit. Der Schwerpunkt liegt nämlich im derzeit Liegenden davon, in der jüngeren Serie untersilurischer Gebilde (überkippte Lagerung). Diese Erkenntnisse müssen den Ausgangspunkt für alle unsere weiteren Deduktionen bilden. Verfolgt? man die Krejöf-Helmhackerschen Ottrelit- schiefer (oder Ottrelitphyllite) genau in ihrer Streichungsrichtung gegen West, so findet man, daß sie allmählich inschwarze Ton- schiefer übergehen. Eine Tatsache, die auch die Genannten mit folgenden Worten (l. c. p. 102) konstatiert hatten: „Da beide Zonen Dd, und Dd, ursprünglich aus petrographisch nicht unterscheidbaren, glimmerigen, schwarzen Tonschiefern (Grauwackenschiefern) bestanden, so ist die Metamorphose derselben in ein gleiches Ottrelitphyllitgestein erklärlich.“ Dieselben Horizonte sind demnach derzeit an verschiedenen Stellen ganz verschieden: im Westen als klastisches Gestein, im Osten als kristalliner Schiefer entwickelt. Suchen wir nach einer Erklärung dafür, so ist es seibstver- ständlich, daß wir vor die Frage gestellt werden, was die Umwandlung des Sediments in den kristallinen Schiefer verursacht haben soll: der Druck oder irgendein anderes Moment. Mit der Theorie vom Dynamometamorphismus kommen wir zu keiner annehmbaren Frklärung, denn im Westen, wo das Gestein am stärksten zusammengepreßt worden sein muß (ef. die Angaben betrefis der Muldenmerkmale pag. 228), ist die Umwandlung am schwächsten oder sie fehlt überhaupt. Im Osten, wo die Mulde weit flachere, also ruhigere Lagerungs- merkmale aufweist, wo also der Druck unbedingt geringer war, gerade da ist dagegen die Kristallinität am höchsten. Forschen wir im Hinblicke auf diese Sachlage nach einer anderen Erklärungsursache, so sehen wir uns unbedingt gezwungen mit der Kontaktmetamorphose, das heißt mit der Eruption des roten Granits zu einer Zeit zu rechnen, wo die Sedimente bereits existierten. Daraus folgt naturnotwendig der logisch bindende Schluß, daß der rote Granit zumindest jünger !) In den „Erläuterungen“ haben dieselben wie folgt dazu Stellung genommen: „Die liegenden Ottrelitphyllite, also die Nordost vom (Quarzitzuge- gelegenen dürften der Zone Dd,, die Südwest vom Quarzitzuge bis zur Granitgrenze streichenden aber der Zone Dd, angehören“ (l. c. p. 102). — Die Differenz dieser Interpretationen im Vergleiche zu meiner Auffassung folet aus dem Vergleiche dieses Zitats mit meiner obigen Angabe: Ich deute das d, und d, an der Haud beweiskräftiger Beobachtungen gerade ent- gegengesetzt. 230 Dr. Karl Hinterlechner und C. v. John. [104] ist, alses jene schwarzen Tonschiefer sind, deren Bil- dungsphase in die Zeit nach der Sedimentation des Quarzits d, fällt. Mit anderen Worten: Der rote Granit ist zumindest jünger wie die jüngeren Sedimente des Untersilurs. Ohne voranstehende Konsequenz gezogen zu haben nahmen übrigens schon Krejöf und Helmhacker betreffs der Metamor- phose der Sedimente wie folgt Stellung (l. ec. pag. 102): „Die Öttrelitschiefer sind Kontaktmetamorphosen der schwarzen Tonschiefer mit Granit; die Metamorphose reicht bis 1 km weit, in horizontaler Richtung gemessen, von der Granitgrenze in die Tonschieferschichten hinein...“ — „Der Ottrelitphyllit übergeht in der Entfernung von mehr als 1 kn von der Graniterenze allmählich in den schwarzen Tonschiefer.“ Inwiefern das Untersilur die untere Zeitgrenze für die Eruption des roten Granits vorstellt, damit wollen wir uns später beschäftigen. Vorläufig folge die Abgrenzung nach oben. In dem langgestreckten Dorfe Polätky wurden von mir dyasische Gebilde konstatiert, die übrigens auch schon Krejli und Helmhacker bekannt waren. Sie sprachen dieselben als „wenig nach Nord geneigte Schichten“ an. „Zwischen Po&ätky, Kraskov, Skoranov, Star&e Dvory bis Rudov liegen die ganz flach gelagerten Permschichten teils auf rotem Granit, teils auf Gneis“ (l. c. pag. 68). Dieses-Perm ist ganz unverändert. Da der Granit auf dasselbe nicht eingewirkt hat, deshalb leite ich den weiteren Schluß ab, daß der Granit älter wie das Rotliegende der besagten Gegend ist. Nach all dem bis jetzt Vorgebrachten fällt mit- hin seine Bildungsperiode in die Zeit zwischen das Untersilur und das Perm, oder mit anderen Worten ins Obersilur, Devon oder Karbon. Auf Grund nachstehender Überlegung dürfen wir in- dessen die bezügliche Zeitepoche eventuell noch kürzer fassen. Aller rote Granit ist einheitlich. Für zeitlich verschiedene Gebilde desselben liegen keine Beweise vor. Außer dem Liegenden und dem Hangenden des d,- Quarzits der Bußina hat der Granit seine sedimentäre Hülle auch anderen Orts metamorphosiert. Geradezu klassische hierher gehörige Beispiele bietet in dieser Hinsicht das Gelände von SemteS bis Chvalovic. Besonders ist die Aus- bildung der kristallinen Schiefer zwischen der Umgebung von Pod- horan und Licome&fic interessant. In der Nähe des roten Granits liegen (bei Podhoran) Knotenschiefer vor. Entfernt man sich von den Graniten gegen Südsüdosten, so verlieren sich die Knoten. Das Gestein geht in eine Felsart über, bei deren Studium man im Terrain unzähligemal in Verlegenheit ist. Ein Gneis ist selbe nicht mehr; eine Grauwacke oder etwas Ähnliches ebenso nicht. E. Tietzet) hat solche Gesteine als „Wackengneise“ bezeichnet; selbe erinnern an „in Metamorphose begriffene* Grauwacken. Interessant ist es, daß unsere gegenständlichen Gebilde noch weiter !) E. Tietze, „Die geognostischen Verhältnisse der Gegend von Lands kron und Gewitsch“. Jahrb. d. k. k. geol. R.-A. 1901 (pag. 656). N | [105] Über Eruptivgesteine aus dem Eisengebirge in Böhmen. 931 südöstlich tatsächlich in wirkliche Grauwacken und in verwandte Gebilde übergehen, denen sogar Kalke eingelagert sind. Das letztere in einer entsprechenden #ntfernung vom Granit. Einen Granatknotenschiefer habe ich ferner in meiner Deutschbroder Arbeit (pag. 236—238) aus der Gegend von Vöstee beschrieben. Schon diese Tatsachen beweisen deshalb, daß der rote Granit auch sonst in unserem Gebiete ganz allgemein auf seine Umgebung 'kontaktmetamorphosierend eingewirkt haben muß. Wäre dies letztere vor der Faltung der alten Sedimente des Eisengebirges erfolgt, so möchte ich meinen, daß diese Erscheinungen derzeit nicht mehr so klar am Tage liegen würden. Der gebirgs- bildende Druck hätte derartige Strukturfeinheiten höchstwahrscheinlich vernichtet. Aus ihrer noch derzeitigen Existenz leite ich deshalb den Wahrscheinlichkeitsschluß ab, daß die Kontaktmetamor- phose nicht vor der Faltung des sedimentären Systems erfolgt sein kann. Damit wird nun die untere Altersgrenze des roten Granits um ein Stück nach aufwärts verschoben. Die f,-Kalke von Podol bilden doch nach der Angabe auf pag. 228 das derzeitig jüngste Gebilde im Muldensystem des Eisengebirges. Sollten diese Deutungen den Tatsachen entsprechen, dann käme demnach dem roten Granit ein Alter zu, das jünger wie das Unterdevon unseres Gebietes wäre. Das Silur wäre also aus der Diskussion ausgeschaltet und die Bildungszeit des Granits würde demnach ins (Mittel-, beziehungsweise Ober-)Devon oder ins Karbon gehören. In beiläufig denselben Zeitraum muß — da das Perm bei Skoranov auf saiger stehendem Silur liegt — auch die Faltung der Sedimente des Eisengebirges fallen oder mit anderen Worten: Zwischen die Faltungs- und Eruptionsepoche kann kein besonders langer Zeitabschnitt in begründeter Weise interpoliert werden. Diese Ableitung ist es nun, die eine ganz andere Tatsache hier in den Bereich der vorliegenden Diskussion stellt. Gelegentlich der Besprechung der Diorite (pag. 146 ff.) wurde auf die Tatsache verwiesen, daß einige davon, beziehungsweise dab einige der denselben verwandten Gesteine im Hinblicke auf ihre Erscheinungsform eine gewisse Harmonie mit den Grundzügen des geologischen Aufbaues des Eisengebirges erkennen lassen. Ferner wurde in demselben Abschnitte des öfteren bemerkt, daß Phänomene vorliegen, die für jenen Prozeß, den Weinschenk als Piezo- kristallisation bezeichnet, zumindest zu sprechen scheinen. Aus der Beurteilung der chemischen Merkmale unserer Gesteine wird schließlich mit einer gewissen Leichtigkeit ein verwandtschaftlicher Zug aller herausgelesen werden können. Hier verweise ich nur auf die konstant große Menge des Natriums. Berücksichtigen wir diese Momente gleichzeitig unter dem Gesichtswinkel, den uns die Alters- deutung des roten Granits eröffnet, dann dürfen wir weiter in folgender Weise schließen. Beiläufig in denselben geologischen Zeitabschnitt, in welchem die Faltung im Fisengebirge erfolgt ist, fallen auch alle Eruptionen, die basischer sind als der rote Granit (chemische Verwandtschaft). 2393 Dr. Karl Hinterlechner und €. v. John. [106] Da selbe dem Alter nach jünger sein müssen als es der rote Granit ist, muß eine relativ längere Eruptionsepoche dortselbst angenommen werden. Von selbst folgt daraus weiter, daB die Faltung nicht plötzlich stattgefunden haben kann. Für beide Prozesse, Eruption und Faltung — die sich Hand in Hand gehend abgespielt haben müssen — sind wir gezwungen eine gewisse Dauer — eine geologische Evolution anzunehmen. Dieser ganze Prozeß hat sich vielleicht zur selben Zeit ab- gespielt, als auch sonst im Gebiete der böhmischen Masse gewaltige geologische Erscheinungen sich abgewickelt haben (Interkarbon). II. Chemischer Teil. In der auf pag. 234 und 235 befindlichen Tabelle sind die chemischen Analysen der hier behandelten Gesteine zusammengestellt. Berechnung nach Osann. Die in der Tabelle I angeführten chemischen Analysen wurden nach den Osannschen Methoden !) umgerechnet, und zwar zuerst die Molekularprozente, wobei die Phosphorsäure zur Kieselsäure gezogen wurde, dann aber auch die Atomzahlen, um Vergleiche mit von anderen Autoren gegebenen Werten, besonders auch mit den von Becke?) berechneten Zahlen für die Si-Ordinaten der Mittelgebirgs- und Andesgesteine, die in Atomzahlen gegeben wurden, direkt vor- nehmen zu können. Bei der Berechnung der Gruppenwerte wurde nach Osann vorgegangen, jedoch wurden noch nach Grubenmann?) die Werte: M für den zu F untergebrachten CaO, der nicht mehr durch 4l,O,; gebunden erscheint, und T für den Tonerderest, der nach Sättigung der Alkalien und des Kalkes mit Tonerde (im Verhältnis 1:1) noch übrigbleibt, also den Tonerdeüberschuß angibt, hinzugefügt. Außerdem wurde der Osannsche Wert SAN; ur 6GA+T20-+F !, A. Osann, Versuch einer chemischen Klassifikation der Eruptivgesteine. I. Die Tiefengesteine. Mineralogische und petrographische Mitteilungen, XIX. Bd., pag. 351 u. f. ?) F. Becke, Die Eruptivgebiete des böhmischen Mittelgebirges und der amerikanischen Andes. Mineralogische und petrographische Mitteilungen, XXII. Band, pag. 209 u. f. ®) Dr. A. Grubenmann, Die kristallinen Schiefer, II., Spezieller Teil, Berlin 1907, pag. 13 und 14. [107] Über Eruptivgesteine aus dem Eisengebirge in Böhmen. 233 welcher das Verhältnis der Kieselsäure zu den Oxyden gibt, sowie - die Verhältniszahl n, welche das Verhältnis von Natron zu Kali dar- stellt, bei jedem Gestein berechnet. Endlich wurde noch die direkte aus den Werten a, c und f berechnete Si-Sättigungsgrenze als Atom- zahl gegeben nach der Formel!) Gert2chT 00 5027 | In den auf pag. 236 befindlichen Tabellen II und III sind die Molekularprozente und Atomzahlen zusammengestellt. Tabelle IV auf pag. 237 enthält die Gruppenwerte. Wenn wir nun nach dem Vorgange Osanns für jedes einzeine Gestein die sogenannte Typenformel aufstellen, um diese Gesteine in das Osannsche System einzureihen, wobei auch zugleich die Reihe ?) angegeben wird, in welche dasselbe hineingehört, so finden wir. I. Rote Granitgneise. Nr. 1. Roter Granitgneis vom linken Bachufer, südwestlich von Hu£& (siehe pag. 136 und Tabellenerklärung pag. 234 sub 1). Typenformel: Dei. Sg2:5 dı2 (3 Js R stimmt am besten mit der Typenformel des Granits von Hauzenberg Reihe Ss15 412 (2 Fs $ von welchem es sich nur durch seinen höheren Natrongehalt unter- scheidet. Im vorliegenden Gestein ist n 71, während beim Typus Hauzenberg n im Mittel nur 3°6 beträgt. Nr. 2. Roter Granitgneis vom rechten Bachufer westlich bei Hu&@ (siehe pag. 136). Typenformel: Reihe Ssı Aırs (25 fs ß Auch diese Typenformel stimmt, sowie die des obigen Gesteines, am besten überein mit der des Typus Hauzenberg, wobei die oben gemachte Bemerkung über den Wert n auch hier gilt. n ist bei dem vorliegenden Gestein 7:2, während es beim Typus Hauzenberg im Mittel nur 3°6 beträgt. 1, C, v. John und Franz Suess, Die Gauverwandtschaft der Gesteine der Brünner Intrusivmasse. Jahrb. der k. k. geol. R.-A., Band LVIII, 1908, pag. 250. ?) Es sei hier angeführt, daß Osann die Reihen naclı dem Werte n bildet, und zwar: Reihe « Gesteine deren n > T7'5 ist n zwischen N n a f n < als 2:5 ist. 2 pP n Y ” & [0] e 4 $ = Van er ) 3 A liegt € n = n n Jahrbuch d. k. k. geol. Reichsanst., 1909, 59. Bd., 1. Hft. (Hinterlechner u. v. John.) 30 234 Dr. Karl Hinterlechner und C. v. John. [108] Tabelle I | DERREN N eHm | | & Olivinfreie = = 2 ren 0 2 o 258 .— 5 © - ee r ae Rote Granitgneise So Diorite = #8 | .90 53 = | &5|8°, = | ® ern | So = © SE E86 << | - IH) SiO, .. .|| 7626 | 7540 | 76:10 | 65°06 | 56°90 | 56 68 | 4714 | 47°22 | 4626 Al,0,.. . .1, 1306) 13 307 1340| 17:01 | 1754 18:00) 19342 24567 mare Feen 2: 1:00 1:351020:87 149| 551| 446| 402| 240] 272 2.20 U 126| 209] 0:89| 2850| 5923| 460| 6'12| 3:24| 6:38 MnO .. .|| Spur | Spur | Spur | Spur | 0:08| Spar | Spur | Spur | Spur OO ren 1:24 134| 3:56| 3:60] 520| 5:30 | 13:68 | 16'C0 | 13:60 NMONORER 017| 020| 041| 09| 225| 292) 606| 4354| 719 AO, 2.31) 250170532] 419] 126| 281.12 017,086 m Nail 2..,; 3671 A A756] 427 AIL 1:61 145 | 2:73 Se 0:13) 0:02| 0:33) 0'01| 0'21| Spur 0:10| 0:09| Spur Ne 015/| 0'18| 0'96| 0:09| 059| 065 | Spur 010| 026 Glühverlust. || 055| 0:36] 050| 0:60| 140| 0770| 2:00| 0'80| 1:86 Summe. 99:81 |101'03 110092 |100°58 |100°24 | 101'03 |100'24 [10076 [10150 1. Linkes Bachufer südwestlich Hu& (pag. 136 hier, bezw. 162 u. 170, Blatt Deutschbrod). 2. Rechtes Bachufer westlich bei Hu& (pag. 162 ibidem). 3. Nordöstlich Zdiree, beziehungsweise südwestlich K. 559 (Hauptgestein pag. 134 u. 137). 4. Südöstlich Nassaberg, beziehungsweise östlich Neudorf 144. 5. Im Tal südwestlich Hu& (pag. 170 Blatt Deutschbrod u. hier pag. 147). 6. Revier Sopot, südöstlich Huti, beziehungsweise südwestlich Neu- Ransko und nordwestlich K. 560 (pag. 164 Blatt Deutschbrod und hier pag. 148). 7. Östlich Zdirec, beziehungsweise nördlich 556; Gesteine von teilweise dioritischem Habitus und chemisch (ganz) gabbroider Eigenart (pag. 174 bis 176). Cf. Analyse 9. 8. Revier Ransko, östlich Schneise 25, südlich Wirtschaftsstreifen lit. / und nördlich lit. J (pag. 181 u. 188). 9. Revier Ransko, Wirtschaftsstreifen lit. Z, zwischen Schneise 21 und 22 (pag. 181 u. 189). 10. Revier Ransko, beim westlichen Ende des Wirtschaftsstreifens lit. Z (pag. 177 u. 189). [109] Über Eruptivgesteine aus dem Eisengebirge in Böhmen. 235 zu pag. 232.” | 10 | 11 12 | ıs “|| 16 | ım | es | on Gabbrotypen Olivingabbro mit 7 —— = : (relativ idoti | R (relativ) da a Peridotite 5: E viel Feldspat Feldsp. si, 35 = Ze 0 = 3 205 5= = 5 Pyroxenite eu l.atal a5 spinell- 3 | mit relativ = 'z sea = 6 vn = = . - = Te führend 3,8 | viel Spinell E =) 17} 4692 47:36 45:98 | 4423| 42:16 4125 4024 | 37°16 | 4311| 52°01 2036 14:06 28:34 | 22:10 | 2520 | 1802| 5838| 1006| 540| 1:65 2:12 3:23 141 2:39) 1221 344| ’6:61 | 7533| 0'54 | 123 502 6:07 319 335! 2114| 3:97 |> 6-49 6:69 | 23:01 | 22:70 Spur Spur Spur | Spur | Spur | Spur | Spur | Spur | Spur | Spur 1544 12:80 1470 | 1670 | 15'40| 1035| 410| 1'84| 17'80| 19:15 706 1148 472 814| 605| 1419| 31°05 | 2804| 2:27 | 1:65 137 1'25 0.32 0183| 017| 065| o2ı! 042| 083| 18 178 1:54 1:38 9:50 |. .0:81)-72712| 039: 0:66.) -1.49.1.125 0:09 0:09 0-62 | Spur | 0°07| 0:08| 0:04| 011) 0:08| 0:08 0:38 040 0:09 067 | 020] 0:06] 0:06] 0:06| 0'26| 0-41 082 1:56 0:94 2936| 3110| 6'00| 680) S70| 045 — 101°36 99:84 | 10109 |101'22 | 99:52 |100°14 110137 |161°27 |11.0°24 |101'21 11. RevierRansko,nahe beim südlichen Ende der Schneise 19 (pag. 177 u.188). 12. Sopoter Revier, Wirtschaftsstreifen lit. J, östlich von dessen Schnitt- punkt mit Schneise 20 (pag. 191). 13. Ransker Revier, Schneise 25, etwas nördlich vom Wirtschaftsstreifen lit. 2 (pag. 192). 14. Ransker Revier, östlich Schneise 25, beziehungsweise östlich von der Straße Borau—Ransko und nördlich Wirtschafisstreifen lit. / (pag. 195). 15. Ransker Revier, Schnittpunkt von Schneise 25 und Wirtschafts- streifen lit. J (pag. 197). 16, Ransker Revier, Schneise 22 zwischen Wirtschaftsstreifen lit. N und O, beziehungsweise am Wege (pag. 201 ff.). 17. Ransker Revier, Schnittpunkt von Schneise 20 mit Wirtschafts- streifen lit. I (pag. 201 f#f.). 18. Ransker Revier, westliche Grenze, südlich Wirtschaftsstreifen lit. P und südlich vom Waldwege (pag. 213). 19. Ransker Revier, Schneise 22, südlich beim Wirtschaftsstreifen lit. @ (pag. 215). 30* ee EEEEEEEIIEEREEEEEEREEEREEETEEEEERERSEERSESTIEERSERRREEIEEREREIIETEEEETEEEREEEETEEETEEEE Dr. Karl Hinterlechner und C. v. John. 236 0 007 Tea lorten 0 00T, 0-001 0.007] 0-001| 0-00T| 0-00T| 0-00T, 0-001| 0.60T 0-00T bu ı LT 80 108 41 IE |87 |97% |08 |88 |6L 198 199 9u 190 150 20 |%0 GI |9I 10 |%0 |78 |41 |67 1970 785 | 166 | 127 | 608 | 9-8 L6 166 |89 |28 107 |&8 |&T 9-0 0-61 16-T |1-7 19-01 | 281 6-91 14-81 16-91 | 681954 189 |45 |LE 9.61 18-01 |4.6 [9-4 196 te Baar 125 ae 23: u 10277 Au IE 5 De IE Si > a u 3 89 |IGIT |89 10.03 |7-.18 0:55 | 8-05 | L-9G | 1-IG |G-61 | 4-61 |9-81 |6-PL I sr 10.08 |6-98 | 1-66 | 0-07 G.55 | L-GP 8.67 | 8-77 | 0-59 | 9-79 | 1-09 | 9.04 2 sl LI gl GI yL OL 6 8 L 9 G 1% & -"U9JyEZULOLV “III PI9A8&L 0-00T| 0-001) 0:00T| 0-00 0-001| 0-00T| 0.001 0.007 0-00L| 0-.00T| 0-00T| 0-001| 0.001, 0.001] 0.001 1 |90 70 |%5 |60 SI Sean a Gerd 48 &0 180 |TO |70 |1T.O 60 160 |80 110 |0% 160 166 |%0 9.8 |9.C7 |0-97 10.85 | 801 “IL |S-IIı |FrL |66 |87 |86 191 |L0O 0:03 10:6 |%7 10-61 |8-81 8.L1 |9-91 | 1-81 |691 | I |%7 |17 9.05 |8IIT 166 1979 |1-8 19 |8L |6R 188 164 |46 |LE |41 se 109 10.8 |T7-I1 |881 251 | 0.51 | 4-SI |9.5ı |9-IT | HI |0-I1 |9-8 L.09 |F.L18 |6-88 |9-T7 | 0-87 8.67 767 | 2.14 |G.19 |8-69 |9.89 |G-IL | 9-18 sı ZI >) GI FL 028 6 8 L I G v 8 HYU9ZoLdIe[nNPToN nt 1 ————— 237 in Böhmen. irge in Über Eruptivgesteine aus dem Eisengeb 6.09 8.19 G.61 0.0 0 7.67 6:98 0.61 1.87 1.68 8.67 007 0-IL 67 6:17 9.61 0.L L-PV GC 0-TI 5-87 9.67 9.67 109 | 8-87 G.8T | G-OL 7 1948 0% 0-1 9.4 |8-8 80 160 gL 84 9.95 |T-LT 88 6-61 LE |81 7.67 4-19 T.Ly sr7 0-81 0.9 0.98 G.09 GPL 8-09 9.79 1.99 | 6.79 1.09 |9:8L 9.2: 9 ae |0.8 06 |4L v9 9.6 SL 76 —E 70 I |ı - 9 23 08 |1F 0.8 16-8 9.12 |7-18 3zua18sdunsngeRg-ig IX .k -u9]yUezwoIYy Zu wugso yru 9419Asuoryyoloıq Fr en 6 »1aamuaddurm PD Mu9ddnıg "AI 2II9q8L 238 Dr. Karl Hinterlechner und C. v. John. [112] Nr. 3. Roter Granitgneis nordöstlich von Zdiree (Hauptgestein pag. 154 und 137). Typenformel: Reihe Sgı5 Ars Cs fas 0 Diese Typenformel stimmt genau mit keiner der von Osann ge- gebenen Formeln. Am ehesten schließt sie sich noch der Typenformel Melibocus an: Reihe S76 Ay5 65 Js 5 0. Betreffs der Abweichung dieser Felsart von. den beiden ersten, hierhergehörigen Proben beachte man übrigens die Lage des Punktes >». auf Tafel V. 1I. Grauer Amphibolgranitit. Nr. 4. Grauer Amphibolgranitit südöstlich von Nassaberg (siehe pag. 144). Typenformel: Reihe 571.5 49 Cy-5 5 ß stimmt recht gut überein mit dem Typus Katzenfels: Reihe 574 G35 (35 Ss 9. speziell mit dem Gestein von Lake Tenaya, welches zu diesem Typus gehört: Reihe S73 Ass (4 Jt5 ß Der Wert für n ist beim vorliegenden und bei den Gesteinen von Lake Tenaya übereinstimmend 64. III. Diorite. Nr. 5. Diorit aus dem Tale südwestlich Hu& (siehe pag. 147). Typenformel: Reihe 5635 das C45 fu 0. stimmt am besten mit der Typenformel des Granodiorits von Butte: Reihe Ser As Cs J105 B nur ist der Quarzgehalt jedenfalls bei dem vorliegenden Gestein etwas geringer. Man beachte diesbezüglich auch die Eintragung auf Tafel V. Berechnet man den Feldspat aus den Werten A und C, so findet man etwa das Mischungsverhältnis Ad, An, entsprechend einem basischen Oligoklas, der schon dem Andesin sehr nahe steht. 3 [113] Über Eruptivgesteine aus dem Eisengebirge in Böhmen. 239 Nr. 6. Diorit aus dem Revier Sopot, südöstlich Huti (siehe pag. 148). | Typenformel: Reihe S25 Ass C5 fu PB die sich ebenso wie bei dem obigen Gestein der des Gesteines von , Butte anschließt. Das über den Quarzgehalt Gesagte gilt auch da (ef. Tafel V). Berechnet man auch hier aus den Werten A und © direkt den Feldspat, so findet man etwa Ab, An, entsprechend einem Oligoklas. Der Feldspat ist also hier saurer als in dem obigen Gestein. 1V. Gabbrodiorit. Nr. 7. Gabbrodiorit östlich von Zdiree (siehe pag. 174—176). Typenformel: Reihe S51 dı 6 Fıs 0. welche recht gut mit der Typenformel des Gabbro von Keewenaw: Reihe 51 dı 65 Fi 0. übereinstimmt. Berechnet man den Feldspat aus den Werten A und C, so findet man Ab, An,, was einem Bytownit entspricht. Auch hier sei speziell auf die Lage des Punktes 7 der Tafel V hingewiesen, gleichzeitig berufen wir uns indessen auf das im ersten Teile über den Gegenstand Angeführte. V. Gabbro. a) Olivinfreie Gabbro. Nr. 8. Gabbro aus dem Revier Ransko (siehe pag. 181 u. 185). Typenformel: Reihe 515 dı (35 Fıo5 0. stimmt am besten mit dem Gestein von Langenlois: Reihe Ss 5 dı C7 fıs 0. Der Feldspat berechnet sich zu Ab, An,, also einem Bytownit. Nr. 9. Gabbro aus dem Revier Ransko (siehe pag. 181 u. 189). Typenformel: veihe Sı9,5 Ag Cys J135 0. u VE { j ( 240 Dr. Karl Hinterlechner und C. v. John. [114] entspricht dem Typus Sulitelma: Reihe S525 A25 (a5 Fıs 0. Der Feldspat berechnet sich beiläufig zu Ab, An,, entspricht also einem Labradorit. Nr. 10. Gabbro aus dem Revier Ransko (siehe pag. 177 u. 189). Typenformel: Reihe S5o Aı5 (55 Fıs R entspricht beiläufig dem Typus Keewenaw: Reihe Sı Aı 65 fıa 0. Der Feldspat berechnet sich etwa zu Ab, An,, also dem basischesten Glied der Labradorreihe. Nr. 11. Gabbro aus dem Revier Ransko (siehe pag. 177 u. 188). Typenformel: Reihe Sıo5 dı 3 fu AR entspricht am besten dem Typus Molkenhaus Reihe Sı65 Aı Ca Fir % Der Feldspat berechnet sich als etwa Abd, An;, entsprechend einem Labrador. Bei entsprechender Berücksichtigung der Werte für die Fels- arten S—11 auf Tafel V (Si-Atomzahlen) ist auch aus der Zeichnung dasselbe zu ersehen, was im I. Teile pag. 189 (2 Reihen) auf Grund des Mineralismus gesagt wurde. b) Olivinführende Gabbro. Nr. 12. Olivinnorit von der Grenze des Sopoter und Ransker Reviers (siehe pag. 191). Typenformel: Reihe 551 dı Cıı Js % Diese Formel stimmt mit keiner der angegebenen Typen; am ehesten mit der des Typus Langenlois: Reihe 53:5 Aı Cr fıa 2 jedoch ist e im vorliegenden Gestein viel höher und s viel geringer. Es nähert sich das Gestein den Anorthositen, jedoch ist da wieder a zu klein, da bei den Anorthositen c > a > f sein soll. Der Feldspat berechnet sich zu Ab, An,, was einem basischen Bytownit entsprechen würde. [115] Über Eruptivgesteine aus dem Eisengebirge in Böhmen. 241 Nr. 13. Olivingabbro (spinellführend) aus dem Revier Ransko (siehe pag. 192). Typenformel: Reihe Ss Go-s C7 Fız5 % entspricht etwa dem Typus Langenlois: Reihe Ssg:5 Aı Cz Fıa % nur ist s hier viel zu niedrig. Der Feldspat aus den Gesteinen von Langenlois ist ein Bytownit, während er sich hier nach der Berechnung zu Ab, An,,, also als ein Anorthit herausstellt. Nr. 14. Olivingabbro (spinellführend) aus dem Revier Ransko (siehe pag. 195). Typenformel: Reihe S4s Ay Cı1 JSss & welche nach dem Verhältnis von @:c:f noch am ehesten dem Typus Langenlois Reihe S5g5 Aı C7 Fıs 4 entspricht. Das bei dem Olivinnorit Nr. 12 Gesagte gilt auch hier. Der Feldspat würde nach der Berechnung einem Anorthit (Ab, Any) entsprechen. Das Gestein ist leider schon ziemlich zersetzt, wie dies aus dem Glühverlust von 310%, hervorgeht. Nr. 15. Olivingabbro (spinellreich) aus dem Revier Ransko (siehe pag. 197). Typenformel: Reihe 5445 Aı (4 Fıs % nähert sich den Typen Bagley Creek: Reihe 5495 90:5 (45 Fıs a und Typus Molkenhaus: Reihe 8465 Qı (02 Fir % Der Wert für s ist hier etwas geringer. Der Feldspat berechnet sich zu Ab, Anz, entspricht also einem Labrador. Jahrbuch. d. K k. geol. Reichsanst., 1909, 59. Bd., 1. Hft. (Hinterlechner u, v. John.) 31 942 Dr. Karl Hinterlechner und C. v. John. [116] VI. Peridotite. Nr. 16. Peridotit (mit ziemlich viel Spinell) aus dem Keriät Ransko (siehe pag. 201). Typenformel: Perhe S33 do Cı Fıs % Diese Formel nähert sich der des Hornblendeperidotit von North Meadow Creek: Reihe 544 Ao Cı Fıs 0. Das Verhältnis von @:c:/f ist vollkommen gleich, nur s ist hier geringer. Das Gestein ist leider schon stark zersetzt. Nr. 17. Peridotit (mit viel Spinell) aus dem Revier Ransko (siehe pag. 201). Typenformel: Reha 837.5 dos Co'5 Fıs ß stimmt am besten mit der des Dunits von Dun Mts. in Neuseeland S35 @o Co Feo. Es ist zu bemerken, daß a bei dem vorliegenden Gestein nur 03 beträgt und erst durch die Abrundung auf 0'5 steigt. Der Wert für e ist unabgerundet 0'7 und erklärt sich durch das Vorhanden- sein von geringen Mengen von Feldspat und Pyroxen. Das Gestein ist leider schon stark zersetzt. VN. Pyroxenite. Nr. 18. Pyroxenit aus dem Revier Ransko (siehe pag. 213). Typenformel: Reihe S50:5 Aı Cos fıss schließt sich dem Typus Webster: Reihe Syg-5 Ao Cos fs‘ @ Am. Nr. 19. Pyroxenit aus dem Revier Ransko (siehe pag. 215). Typenformel 53:5 @o5 Co fıss stimmt ebenfalls mit dem Typus Webster, nur ist s bei dem vorliegenden Gestein etwas höher, da dasselbe, wenn auch nur in sehr geringen Mengen, Quarz führt. Man vergl. die Lage dieses Punktes mit jener von 18 auf Tafel V und beachte das vom Quarzgehalte hier und im I. Teile Gesagte (pag. 215). Aus den vorstehenden Zusammenstellungen ergibt sich, daß die ganze Gesteinsserie, mit Ausschluß der granitischen Felsarten, sehr kieselsäurearm ist, so daß der Wert %k fast durchgehends unter 1 bleibt und daher auch die Atomzahl für die Kieselsäuresättigungs- grenze fast immer größer ist als die direkte Atomzahl für Kieselsäure. Auffallend ist derrelativ hohe Natrongehalt der ganzen Gesteinsserie mit Einschluß der Granite, so daß alle Gesteine in die Osannschen Reihen «& oder /# fallen. 1 yz [117] Über Eruptivgesteine aus dem Eisengebirge in Böhmen. 243 Inhaltsverzeiehnis. or Ge Seite leiter es 127 1. Geologisch-petrographischer Teil 127—232 I. Granite . . . 127—146 1. Roter Zuialmnergraniigneis v mit Iokal oreehenden! Biotit . . 128—133 2. Roter amphiboilführender Biotitgranitgneis mit wechselnden Mengen von Muskovit 5 nr A Nachtrag . 134— 138 3. Grauer Granitit . 188— 144 4. Amphibolgranitit > . 144— 146 11. Diorite 5 .. . 146-176 1. Diorite aus dem Gebiete den Kartenbiäftes Datsthbro@. .. ..147—149 23. Diorite aus dem Gebiete des Kartenblattes Caslau und Chrudim 149176 Geologische Übersicht . 149— 156 Petrographische Schilderung £ . 156 —176 1. Quarzdiorit von Kraskov— Sed— -Hrbokov : . 156 — 159 2. Nassaberger Diorit . B . 159— 163 3. Diorit von Zbyslavec 3 : 163 4. Diorit von Vobofic.. ; . 163 -— 165 5. Diorite des Chrudimkatales . . 165— 168 6. Diorit östlich von Rohozna . . R i 168 7. Gabbrodiorit zwischen Kräsny und Bradlo . 168— 172 8. Gabbrodiorit vom Berge Polom Y Ar 17 9. Gabbrodiorit von Hluboka ..172—173 10. Gabbrodiorit südöstlich MoZd£nie . 173— 174 11. Gabbrodiorit von Zdirec N . 174—176 III. Gabbro .. i . 176— 201 a) Oliviufreie Gabbro ; . 176 — 190 Gabbro aus dem Reviere Ransko . 176—190 b) Olivinführerde Gabbro . 190— 201 1. Gabbro aus dem Reviere Ransko . 190 — 198 2. (Olivin-)Gabbro von Oudavy . . 198— 200 3. (Olivin-)Gabbro von Hrbokov . 200 - 201 1V. Peridotite . 291—213 Anhang . . 209— 213 a) Erze . 209— 212 b) Serpentin . 212 —213 V. Pyroxenite . . 218— 217 VI. Anhang . . 217—225 1. Diabasgahhıro, . 217— 219 . Diabase . 219 - 220 Fi Amphibolite . : se 220—225 a) Amphibolit von Zbyslavec—Chvalovic 220 — 222 b) Amphibolit von Biezoves Ä Ä 222 c) Amphibolit von Kamenic- Trehov . \ . 223— 225 VII. Eruptionsfolge und Alter der Tiefengesteine . . 225— 232 . 232—242 Chemischer Teil R: RR Als Beilagen Tafel III—V m]. 244 Dr. Karl Hinterlechner und C, v, John [118] G. Götzinger: Subbeskidisches Vorland. Tafel 1. ar Zus re Erklärung zu Tafel IV. u ee R Bild 1. Umwandlung eines Diallag in ein Amphibolaggregat. Ausführliche Erläuterung cf. pag. 179 und 180. Vergrößerung 27'dfach, linear. Bild 2. Wie Bild 1; nur bei gekreuzten Nicoln. Bild 3 zeigt einen sechsseitigen Pyroxen, der rundherum von der Amphibol- substanz umgeben ist. Text siehe pag. 183. Vergrößerung 55 fach, linear. Bild 4. Rhombischer und monokliner Pyroxen. Text siehe pag. 185—186. Vergrößerung 55 fach, linear. , , Bild 5. Umwandlung der braunen Hornhlende in einen grünen Amphibol. Text siehe pag. 187. Vergrößerung 55 fach, linear. Bild 6. Ein aus einem Pyroxen entstandener, grüner Amphibol. Text siehe pag. 187. Vergrößerung 55fach, linear. Fig. 2. Gesellschafts-Buchdruckerei Brüder Hollinek, Wien Ill. Erdbergstraße 3. ; Jahrbuch der k. k. Geologischen Reichsanstalt, Band LIX, 1909. Verlag der k. k. Geologischen Reichsanstalt, Wien III. Rasumofskygasse 23. G. Geyer: Kalkalpen des Unteren Enns- und Ybbstales. ; E Tafel II Profil II. Profil I. Profil 111. ul Profil V. - Profil IV. alklig ds Profil VI. Maßstab: 1:75.000. Länge — Höhe. R. = Reiflinger Kalk. L. — Lunzer Sandstein. Rh. = Rhät. Hi. — Hierlatzkalk. Js. = subalpine Juramergel. N. = Neokom. . P. = Partnachschichten. 0. = Opponitzer Kalk. G. = Grestener Schichten. Ho. — Jura-Hornsteinkalk. Je. = Konglomeratischer Jurakalk. Fy. — Kreideflysch. W. — Wettersteinkalk. HD. — Hauptdolomit. F. — Lias-Fleckenmergel. J. = Jura im Allgemeinen. Ti. = Tithon. B. — Granit des Buchdenkmales. Jahrbuch der k. k. Geologischen Reichsanstalt, Band LIX, 1909. Verlag der k. k. Geologischen Reichsanstalt, Wien III. Rasumofskygasse 23. Be Rn u RE 3 2 a2 zz in Böhmen. irge geb Isen esteine aus dem Ei ivg Erupt | Jinterlechn er er R nm C Ge aan de \ N SION SI N NN TTIRÜITIN, IN DIA, WG H++rt+ +] Ptab 1:30.000 la Dr. Karl Hinterlechner: Eruptivgesteine aus dem Eisengebirge. Taf. IV Phot. H. Hinterberger. Lichtdruck v. Max Jafle, Wien Jahrbuch der k. k. geologischen Reichsanstalt, Bd. LIX, 1909. Verlag der k. k. geologischen Reichsanstalt, Wien. III., Rasumoffskygasse 23, Fi ee PER nn en. % Ir > | E Ä ve ee nn se Ten, - Ss; - | = “ Bu } 1 = ‚ en -Atomzahl Si-Sältigungsarenze (Atamzahl') Zinie der Si -Ammzahlen Linie dar Si- Sättigungsprenze Es » BZ 2, = Ss Er 4 a —— = m. ' E | 2 — Ku a u E; a ET We BP “ \ mm [0002000 nn ‚Die Kreinitmilahlerer ER Nor Re ve ältere Prof. P.: Leonhard Auen in Kremsmünste Mit e im Te, ER N BL ‚Me % Zur Kenstik ‚der fossilen Flora der: Br a Krasser, a. o. Prof. 2 d. &,; k. deutschen Te In Prag tern Rn RSS: - Über Eruptivgesteine aus dem Eisengebirge in:B petrographischer Teil. Von Dr. Kaıl Hinter . Teil. Von c. v. Jo MR Mit drei, rn {Nr Ausgegeben am 15. Angust 1908. HRBUCH RES DER en SS RAISERLICH-KÖNIGLICHEN We f 4 x S (| ’ e 2 Heft. o2 eo, R 26% EA ao | £ or >) Ä Wien, 1909. ‘Verlag der k. k. Geologischen Reichsanstalt. | Kommission bei R. Lechner (Wilh. Müller), k. u. k. Hofbuchhandlung ö I. Graben 31: a Be ei Haan dr er ar Die miocäne Säugetierfauna von Leoben. > a Von A. Zdarsky (Leoben). Mit drei Lichtdrucktafeln (Nr. VI [D—VIN [III]) und einer Zinkotypie im Text, Seit dem Jahre 1904, in welchem ich im Vereine mit Hof- mann eine Arbeit über die von .mir in. den Versatzbrüchen der hiesigen Kohlenbergbaue aufgesammelten Säugerreste veröffentlichte, ist mir manches wertvolle Material von hier zugegangen. Der Blick über diese Fauna hat sich seither bedeutend erweitert. Manches, was damals noch nicht mit voller Sicherheit zu bestimmen war, kann heute auf Grund der. neueren Funde bestätigt werden und bisher unserer Lokalität fremde Arten kommen zu den bekannten, zum Teil auch solche, die in den Miocänablagerungen Steiermarks überhaupt noch nicht konstatiert wurden. Wie. es im Laufe dieser zusammenfassenden Darlegung ersichtlich werden wird, stellt so unsere Fauna ein Bild dar, das sich teils durch die Art, teils -durch -die Fülle -einzelner Formen wohl abhebt gegen die Bilder, die uns Göriach, Eibiswald usw. in ihrer tertiären Säugetierwelt bieten, das sich aber ihnen im großen und ganzen doch harmonisch einfügt. | Eine solche zusammenfassende Darstellung einer Lokalfauna würde unvollständig sein, würden die bisher über sie erlangten Kennt- nisse, welche uns durch die Literatur vermittelt werden, nicht auch hierin einbezogen. Ich werde daher im Laufe dieser Arbeit öfter Gelegenheit nehmen, auf bereits durch die Literatur Bekanntes zurück-. zukommen; deshalb setze ich zunächst ein Verzeichnis der ein- schlägigen Abhandlungen voraus. Hernach suche ich kurz den Leser über die Beschaffenheit unserer Lagerstätte zu orientieren, wobei ich zugleich andere Fossilien, die sich in ihr vorfanden, erwähne. Der- Hauptteil der Arbeit soll der paläontologischen Beschreibung des mir vorliegenden Materials an Säugerresten gewidmet sein, während die am Schlusse angefügte Tabelle über die bisher hier verzeichneten Arten Anlaß gibt, einige stratigraphisch-vergleichende Bemerkungen einzuflechten. . Bevor ich jedoch auf das Thema eingehe, erlaube ich mir für die freundliche Unterstützung, welche mir durch Überlassung von Literaturbehelfen und durch die Erlaubnis zur Benützung der Samm- lungen sowie auch durch manche wertvolle Winke und Ratschläge zuteil wurde, meinen ergebensten Dank abzustatten, und zwar den Herren Professor Rothpletz und Dr. Schlosser in München, Dr. Stehlin in Basel, Medizinalrat Dr. Roger in Augsburg, Pro- Jahrbuch d. k. k. geol. Reichsanstalt, 1909, 59. Band, 2. Heft. (A. Zdarsky.) 32 246 A. Zdarsky. [2] fessor Hörnes, Professor Hilber und Dr. Bach in Graz sowie im besonderen Professor Hofmann in Pfibram, dem ich auch mehrere Photographien für die Abbildungen verdanke. Verzeichnis der Literatur über die Säugetierfauna von Leoben. 11] 1863. Rachoy J., Darstellung des kohleführenden Tertiärbeckens von Leoben, Verhandl. d. k. k. geol. R.-A., pag. 136. [2] 1864. Stur D., Über die neogenen Ablagerungen im Gebiete der Mürz und Mur in Obersteiermark. Jahrb. d. k. k. geol. R.-A., pag. 218. [3] 1869. Rachoy J., Fossilreste aus den Tertiärschichten von Leoben. Verhandl. d. k. k. geol. R.-A., pag. 173. [4] 1898. Redlich K. A., Eine Wirbeltierfauna aus dem Tertiär von Leoben. Sitzungsber. d. kais. Akad. d. Wissensch. in Wien, math.-naturw. Klasse, Bd. CVII, pag. 444—460, mit 2 Tafeln. [5] 1904. Hofmann A.und Zdarsky A., Beitrag zur Säugetierfauna von Leoben. Jahrb. d. k. k. geol. R.-A., pag. 577-594, mit 3 Tafeln. [6] 1906. Redlich K. A., Neue Beiträge zur Kenntnis der tertiären und dilu- vialen Wirbeltierfauna von Leoben. Verhandl. d. k. k. geol. R.-A., pag. 167—174. [7] 1908. Bach F., Die tertiären Landsäugetiere der Steiermark. Mitteilungen d. Naturw. Vereines f. Steiermark, pag. 60—127. Die Leobener Tertiärablagerung ?), im Norden der Stadt gelegen, erstreckt sich in ihrer Längsrichtung, welche auch im allgemeinen dem Streichen ihrer Schichten entspricht, westöstlich von Donawitz bis Proleb in einer Länge von ungefähr 5 km. Ihre maximale Breite erlangt sie mit etwa 3 km in der Richtung des Seegrabens, der sich in annähernd nordsüdlichem Verlaufe tief ihren Schichten eingräbt und so mit der im Westen benachbarten Mulde des Münzenberges die hauptsächlichsten natürlichen Aufschlüsse schafft. Vom Murtal ist die Ablagerung durch einen schmalen, klippenartig auftauchenden Rücken des Grundgebirges getrennt. Die Schichten zeigen ein generelles Fallen nach Süden unter etwa 20°. Ihr Aufbau ist kurz folgender. Uber dem das Liegende der Formation bildenden paläozoischen Phyllit breitet sich ein Braunkohlenflöz, das im Seegraben eine maximale Mächtigkeit von 18 m erreicht, aber sowohl nach Osten gegen Proleb wie auch nach Westen an Mächtigkeit und in der Qualität der Kohle abnimmt. Durch zahlreiche Einbaue am Münzen- berg, im Beegraben und dem bei Proleb gelegenen Prentgraben ist ) zu eingehenderen Orientierung hierüber möge folgender Literatur- hinweis dienen: H. Höfer, Das Miocänbecken bei Leoben. Führer zum IX. internationalen Geologenkongreß. Wien 1903. Die Mineralkohlen Österreichs. Herausgegeben vom Komitee des Allgemeinen Bergmannstages, Wien 1903, pag. 62. G. Ryba, Die Abbaumethoden des Leobener Braunkohlenreviers, Sonder- abdruck aus der „Berg- und Hüttenmännischen Rundschau“, 1907. [3] Die miocäne Säugetierfauna von Leoben. 247 das Flöz der bergmännischen Tätigkeit erschlossen. Darüber folst ein Schieferton, an vielen Stellen bituminös und dann brandgefährlich — Brandschiefer — der die Reste einer reichen Flora 1) und seltener Fischreste (von Meletta styriaca Steind., nach [1]) birgt. Über diesem Schieferton liegt ein mächtiger Komplex von Sandsteinen und Kalk- konglomeraten, worauf ein grüner mergeliger Sandstein folgt, der an einigen Stellen noch von einer weiteren Konglomeratschicht über- lagert” wird. Nachdem sich dieser mergelige „Hangendsandstein“ vortrefilich als Versatz für die abgebauten Grubenräume eignet, so wird er in zwei Brüchen, am Münzenberg und nächst dem verstürzten Tunnerschacht im Seegraben, gewonnen, wodurch diese Gesteins- schicht in vorzüglicher Weise aufgeschlossen ist. Sie ist es, welche jene Säugerreste lieferte, die Gegenstand vorliegender Arbeit sind. Außer diesen finden sich auch hier häuflg Reste von Gastropoden. Von Stur und Tausch werden von Leoben erwähnt: Helix argillacea Fer.?) Limnaeus Hofmanni Tausch?) Meine gelegentlichen Aufsammlungen dieser Reste ergeben fol- gende Liste ®): Gastropoda: Oyclostoma consobrinum May. Eym. Glandina inflata Bronn. Helix inflexa Klein Helix sylvana Klein Helix involuta Thom. var. scabiosa Sandb. Helix Zelli Klein Helix sp. (? coarctata Klein) Archaeozonites costatus Sandb. Olausilia grandis Klein Olausilia sp. Pupa sp. Lamellibranchiata : Unio flabellatus Goldf. Ferner wurde aus dieser Schicht auch ein Rest von Trionyx styriacus Peters durch Redlich (nach [#]) bekannt gemacht. Die Ablagerung ist vielfach durch Verwerfungen gestört, nament- lich in ihrem nördlichen Teile der hierdurch eine separate Mulde im Tollinggraben bildet. 1) Konst. F. v. Ettingshausen, Die fossile Flora von Leoben in Steier- mark, Denkschriften der math.-naturw. Klasse der kais. Akademie der Wissen- schaften, Wien 1888. 2) D. Stur, Geologie der Steiermark, pag. 581. ah >) L. v. Tausch, Über einige nichtmarine Conchylien des steirischen Miocäns. Verhandlungen der k. k. geol. Reichsanstalt 1889, pag. 157. 5 #) Diese Bestimmungen verdanke ich Herrn Dr. Schlosser in München. 32* 948 A. Zdarsky. [4] Das vornehmste Interesse an: den hier gefundenen Fossilien erregen die Säugetierreste, deren Beschreibung ich nun folgen lasse. Ich bemerke noch, daß sie ausnahmslos in den oben IWAuUED Ver- satzbrüchen aufgesammelt wurden. Perissodactyla. Equidae. Anchitherium aurelianense Ouv. sp. Taf. VI (D, Fig. 1 u. 2. Reste dieser Art sind bereits aus einigen Miocänablagerungen Steiermarks, so aus Eibiswald und Göriach bekannt. Nunmehr kommt auch unsere Lokalität dazu. Zufälligerweise sind bis jetzt nur Unterkieferreste in meinen Besitz gelangt, die jedoch durchweg eine ausreichende UÜberein- stimmung mit den Resten dieser Art von anderen Fundorten, wie Georgensgmünd, Steinheim, Sansan usw. zeigen. Der Grund, warum ich trotzdem den: einen dieser Unterkiefer auf Taf. VI (D) in Fig. 1 abbilde, ist der, daß an ihm der Eckzahn in situ unverletzt erhalten ist, eine Seltenheit, die diesen Rest auszeichnet. Dieser Zahn gleicht vollkommen jenem, den Kowalevsky in seiner Monographie!) auf Pl. III, Fig. 67 abbildet, nur sind seine -Abmessungen etwas geringer, wie denn überhaupt die vorliegenden Zähne insgesamt eine geringere Größe zeigen als jene von Sansan, Steinheim usw. und sich am besten in dieser Hinsicht den von H. v. Meyer?) abgebildeten anschließen. Erwähnenswert scheint mir zu sein, daß an dem abgebildeten Exemplar der Basalwulst, der die Prämolaren und Molaren außen um- zieht, kräftig entwickelt ist, an den übrigen Resten hingegen fehlt, trotzdem sie sonst völlig miteinander übereinstimmen und die weniger abgekauten Zähne auch keinen Zweifel an der Richtigkeit ihrer Be- stimmung aufkommen lassen. Von einer eingehenderen Beschreibung dieser Reste glaube ich im Hinblicke auf die ausführlichen Schilderungen, welche diese Spezies bereits sehr genau bekannt machten, absehen zu können, zumal ich nach dem oben Gesagten kaum mehr etwas Bemerkenswertes sagen könnte, was nicht bereits durch die Literatur bekannt ist. Rhinocerotidae. Wenn auch Reste von Rhinocerotiden in unserer Ablagerung nicht gerade selten sind, so sind leider zumeist nur vereinzelte Zähne und Bruchstücke davon zu erhalten; größere Reste scheinen über: haupt spärlich vorzukommen, und wenn schon dies einmal der Fall ist, daß auch Knochenreste im Vereine mit Zähnen gefunden werden, ') W. Kowalevsky, Sur ?’Anchitherium aurelianense Cuv. et sur l’histoire paleontologique des chevaux; Memoires de l’Academie imperiale des sciences de St. Petersbourg, VII® serie, 1873. = a)’H.y. Meyer Die fossilen Zähne und Knochen und ihre Ablagerung in der Gegend von Georgensemünd in Bayern, 1834. [5] Die miocäne Säugetierfauna von Leoben. 249 so sind ‚sie. zu wenig. widerstandsfähig, um sich. nach ihrer Auffindung durch ‘die Versatzarbeiter ohne Präparation bis zu ihrer Einlieferung zu erhalten. Es scheint mir der Bemerkung wert zu sein, daß der Versatz- bruch in Münzenberg, .der, von dem Seegrabener etwa ®/, km weit entfernt ist, weitaus mehr Reste von Rhinocerotiden und, wie ich gleich hier hinzufügen will, auch von Suiden lieferte als der andere. Ii der vorliegenden Darlegung folge ich Osborns grund- legendem Werke über die Phylogenie der europäischen Rhinocerotiden ! ). rung dceratherium tetradactylum Lartet. Taf. VI (I), Fig. 3. | Ein Unterkieferzahn dieser Art wurde von Hofmann und mir [5] bereits beschrieben und abgebildet und seither ist ein Oberkiefer- zahn — M;: — gefunden worden, den ich hierher stelle. Diesen halte ich für sehr typisch, nachdem er vollkommen der Osbornschen Charakteristik entspricht. Das Anteerochet ist nur schwach angedeutet, hingegen das Crochet sehr stark entwickelt und mit einem weiteren kleinen Sporn, der sich nach innen richtet, verziert. Die Crista ist noch deutlich sichtbar, wenn auch nicht besonders groß. Denkt man sich die Abkauung an diesem Zahn weiter vorgeschritten, so würde das Antecrochet und die Crista verschwinden, das Crochet würde mit dem Ectoloph nahezu verschmelzen und eine Grube, die Medifossette, bilden. Dadurch würde sich das Aussehen des Zahnes wesentlich ändern, das Quertal würde sich einfacher darstellen. Um den Proto- loph schlingt sich ein Cingulum an der Innenseite herum, das in dem weiten Ausgange des Quertales zu einem Höckerchen von dreieckiger Form anschwillt; aus diesem zieht sich noch der Ansatz eines Cin- gulums gegen den Metaloph, das aber nur mehr im Quertale zur Entwicklung gelangt, dann aber vor der Biegung sein Ende erreicht, Der rückwärtige Teil des Zahnes ist arg defekt, über dessen Be- schaffenheit läßt sich kaum etwas entnehmen. Der Zahnschmelz ist mit sehr feinen Runzeln bedeckt, die vertikal gestellt sind; eine horizontale Streifung fehlt vollkommen. Die Länge des Zahnes, an der Außenwand gemessen, beträgt 52 mm, die größte Breite ebenso- viel. Er gleicht in Größe und Gestalt ganz dem analogen Zahn in einer Zahnreihe von Georgensgmünd, die mir im Abgusse vorliegt und welche Osborn als Vorlage der Figur 9 auf Seite 246 gedient haben dürfte. Das Original liegt in München. Nur das Basalband ist an dem Georgensgmünder Exemplar stärker ausgebildet als bei dem vorliegenden. Andere Funde, die mit Sicherheit . dieser Art zugeteilt werden könnten, wurden seit der erwähnten Publikation nicht gemacht. Doch lagen damals bereits verschiedene Reste von Rhinocerotiden vor, ı) H. F. Osborn, Phylogeny of the Rhinoceroses of Europe; Bulletin of the American Museum of Natural History, Vol. XIII, 1900. 950 A. Zdarsky. 16] welche die Existenz anderer Arten an unserer Lokalität verrieten und nur auf Vervollständigung warteten, um ihre Artbestimmung sicherer vornehmen zu können. Teleoceras brachypus Lartet sp. Taf. VI (I), Fig. 4. Diese Spezies, die in Steinheim, im Dinotheriensande der schwäbisch-bayrischen Hochebene sowie im französischen Miocän nicht selten ist, wurde bisher in Steiermark nur an einer Lokalität, und zwar in Mantscha bei Graz konstatiert. Hörnes!) gibt von diesem Funde zuerst genaueren Bericht; Osborn?) reiht diesen Rest mit anderen obermiocänen, vordem als „ZAhinoceros Goldfussi“ bezeichneten an das durch Deperet von Grive-St.-Alban°?) bekannte „Ahinoceros brachypus“ an und gibt dem Altersunterschiede beider Formen speziellen Ausdruck. Allerdings dürften sie in einem sehr engen phylogenetischen Zusammenhange stehen; Schlosser) schreibt hierüber: „Teleoceras, im Mittelmiocän“ (nach Osborn im Untermiocän) „mit auwrelianense beginnend, ist nicht nur durch diese, sondern auch durch seine ober- miocäne — brachypus — und seine unterpliocäne Form — Goldfussi —* (in den süddeutschen Böhnerzen) „repräsentiert, die sich eigentlich nur durch die etwas beträchtlichere Größe des letzteren voneinander unterscheiden. Auch scheint bei diesem Komplikation der oberen M durch Auftreten von sekundären Vorsprüngen im Quertal stattgefunden zu haben.“ Bezüglich der stratigraphischen Stellung dieser Art sei noch bemerkt, daß Osborn sie auch (l. e. pag. 251) im Mittelmiocän konstatiert, was für die Beurteilung unserer Lokalität von Wichtig- keit ist. Von anderen Miocänablagerungen der Steiermark sind von diesen Rhinocerotiden bisher keine Reste bekannt. Nun reihen sich dem Funde in Mantscha auch einige von hier an. Es sind solche dreier Individuen. Auf Taf. VI (I) in Fig. 4 sind die zwei vorderen Molaren des Öberkiefers von einem älteren Individuum dargestellt. Die Zähne sind fast schon bis zum Grunde des Quertales abgekaut, besonders M,. Leider sind beide stark beschädigt; am M, ist die Außenwand zur Gänze, am M, ihr vorderer Teil abgeschlagen. Eine kleine Crista scheint vorhanden gewesen zu sein; am M, tritt an ihrer Stelle ein unbedeutender Sporn aus dem Zahnschmelz hervor, bei geringerer Abkauung mag er deutlicher gewesen sein. Crochet und Antecrochet sind bei diesem Stadium der Abnützung ‘) R. Hörnes, Vorlage von Säugetierresten aus den Braunkohlenablage- rungen der Steiermark. Verhandl. d. k. k. geol. R.-A. 1881, pag. 338. 2). A, 3.0, pap, 253: ®) Ch. Deperet, Recherches sur la succession des faunes de vertebres miocenes de la vallde du Rhone. Archives du Museum d’histoire naturelle de Lyon, T. IV, 1887, pag. 222, Pl. XXIII, aa: *) M. Schlosser, Beiträge zur Kenntnis der Säugetierreste aus den süd- deutschen Bohnerzen. Geol. und paläontol. Abhandl. von Koken, Bd. V (IX), Heft 3, pag. 128. [7] Die miocäne Säugetierfauna von Leoben, 951 ziemlich verschwunden. Das Tal ist nach innen weit offen. Am M legt sich um den Metaloph ein kräftiges Cingulum innen herum das sich wahrscheinlich auch um den Protoloph geschlungen hat doch läßt dies die Beschädigung dieses Joches nicht mit Sicherheit konsta- tieren. Hingegen unterbricht M, sein Cingulum an der Umbieeunes- stelle bei beiden Jochen auf einige Millimeter. Deperet betont daß sein Exemplar das Cingulum um die ganze Zahnbasis geschlungen hat und- Osborn wiederholt diesen Umstand, indem er zweierlei Typen aufstellt: den südlichen Typus, der stets das Basalband um beide Joche trägt, und den nördlichen, dessen Cingulum nur den Protoloph umzieht. Zu ersterem wäre das Dep&retsche Original von Grive-St. Alban, zu letzterem die Steinheimer Reste dieser Art zu rechnen. Der vorliegende M, zeigt dadurch, daß er auch am Protoloph das übrigens kräftig entwickelte Cingulum etwas unter- bricht, gegenüber den beiden Typen eine gewisse Verschiedenheit der ich jedoch keine weitere Bedeutung beimessen möchte. Denn nach anderen Rhinocerotiden zu schließen, scheint die mehr oder minder ausgeprägte Entwicklung des Basalbandes bei sonst gleichen Formverhältnissen nur individueller oder lokaler Natur zu sein, Die Dimensionen der beiden Zähne, soweit meßbar, sind folgende: GG — di GE: Dinotherium- Millimeter Leoben St. Alban ') Steinheim ?) sand bei Augsburg ?) Mm Länge ? 48 52 | 51 40 1 Breite 58 (rück w.) ? | 38 56 u f Fänge | 53 | 56 | 55 49 2 Breite | ? ? | 38 56 Ein Vergleich mit Resten anderer Lokalitäten zeigt nach dieser Aufstellung eine befriedigende Übereinstimmung. Auffallend an diesen Zähnen ist die glatte Oberfläche des Zahnschmelzes, die nur an wenigen Stellen eine Spur von Fältelung zeigt. Diese Eigenschaft zeigt auch ein Prämolar eines alten Indivi- duums, der bereits vollständig bis zum Basalbande niedergekaut ist. Seine Größe dürfte mit dem P, von Grive-St. Alban nahezu genau übereinstimmen. Details lassen sich diesem Zahne infolge der stark vorgeschrittenen Usur nicht entnehmen. Zwei Unterkieferzähine — M,, M, — die sich durch auffallende Größe auszeichnen, stelle ich auch hierher. Der Basalwulst ist an M, außen deutlich, wenn auch nur schwach entwickelt, an-My fehlt er gänzlich. Sonst wüßte ich nichts der Beschreibung, die uns Roger (a. a. O. pag. 12 und 13) von diesen Zähnen eines im Dinotherium- 1) Nach der Abbildung bei Dep6ret, ]. ec. Taf. XXI, Fig. 1 und la. 2) 0. Roger, Über Khinoceros Goldfussi Kaup. und die anderen gleich- zeitigen Rhinocerosarten; 34. Bericht des Naturwissenschaftlichen Vereines für Schwaben und Neuburg, 1900, pag. 14, bezw. 4. 252 A. Zdarsky. [8] sand gefundenen Unterkiefers gibt, hinzuzufügen, da die vorliegenden Molaren jenen vollkommen zu gleichen scheinen. Auch die Maße stimmen in befriedigender Weise überein: Millimeter Leoben Dinotheriumsand Eee ih $ 61 M, ?! Breite . . HS ESS 54 Höhe am Vorjoch RAIL Ver Ci! 45 ones sa N 0 60 MM... Breite:t . >: et 31 Höhe am Vorjoch Bun SA FAGN 9 — Durch vorliegende Funde sowie den von Mantscha wird nunmehr das Verbreitungsgebiet!) dieser Art auch auf Steiermark ausgedehnt. Doch ist es von Interesse zu bemerken, daß den bisher am besten durchforschten steirischen Braunkohlenablagerungen, wie Göriach und Wies-Eibiswald, diese Form zu fehlen scheint; wenigstens wurde sie hier noch nicht konstatiert. Ob dies zufällig ist, ob die Verschieden- heit der Existenzbedingungen da und dort, die jedenfalls bestanden hat, die Ursache bietet, oder aber ob ein größerer Altersunterschied dieser Ablagerungen, der ja zum Teil behauptet wird, diese ungleiche Verbreitung in einem so eng begrenzten Gebiete bewirkt, ist schwer zu entscheiden. Rhinoceros (Ceratorhinus) sansaniensis Lartet. Taf. VI (T), Fig. 5—9. Von dieser Art liegen relativ viele Reste vor. Den vollständig- sten, eine Zahnreihe des Oberkiefers, der nur der erste Prämolar fehlt, bilde ich ab, um einen Vergleich mit solchen anderer Lokalitäten zu ermöglichen. Leider stammen diese Zähne von einem älteren In- dividuum und sind ziemlich stark abgekaut, so daß manche Details des Zahnbaues bereits verwischt sind. Eine genauere Beschreibung dieses Restes zu geben, erscheint mir überflüssig, da diese Art durch die einschlägige Literatur ?2) so weit bekannt ist, daß ich dem nichts Neues hinzuzufügen wüßte. Was mich bestimmt, vorliegende Zähne zu dieser Spezies zu stellen, ist vor allem die einfache Gestaltung des Quertales, das, ausgenommen ein vom Metaioph hereinragendes Crochet von mäßiger Größe, keiner- lei Vorsprünge aufnimmt. Das Tal ist an seinem Ausgange sehr eng, wodurch bei stärkerer Abkauung zwischen den beiden Jochen eine Brücke, die .es sperrt, entsteht. Das Vorjoch des P, ist mit der Außenwand -bereits verbunden; der frische Zahn dürfte dem von I) Siehe Roger ]. c. pag. 29. :2) OÖ. Roger, Literatur der fossilen Rhinocerotiden (in „Wirbeltierreste aus dem Obermiocän der bayrisch-schwäbischen Hochebene‘). 35. Bericht des Natur- wissenschaftlichen Vereines für Schwaben und Neuburg, 1902, pag. 25, und |. e. 1900, pag. 49. Pe wir? i £} [9] Die miocane Säugetierfauna von Leoben. 253 Peters!) (Taf. II, Fig. 7) abgebildeten Zahn von Rh. austriacus (= ? sansaniensis) geglichen haben. Die Trennung des Protolophs von der Außenwand war jedenfalls vorhanden. Die von Fraas?) für diese Spezies als charakteristisch erwähnte Abschnürung des Protocons am Vorjoch ist auch hier ausgeprägt, doch bemerkt Roger |. c. in zutreffender Weise, daß dieses Merkmal in gleich markanter Weise auch andere Arten zeigen. Hingegen ist anzuführen, daß einige der vorliegenden Prämolare einen deutlichen, gegen den Metaloph ansteigenden Basalwulst zeigen, wie der der abgebildeten Zahnreihe, während den zugehörigen Molaren ein solches Innenband mangelt. An anderen Prämolaren fehlt dieses gänzlich oder ist nur durch eine Knospe am Ausgange des Quertales angedeutet (Fig. 6). Es scheint daher der Mangel dieses Bandes kein so wichtiges Charakteristikum zu sein, als manche Autoren angeben. ; Die Dimensionen der einzelnen Zähne des abgebildeten Ober- kieferrestes sind folgende: Oberkiefer Millimeter > TER | > M, M, M, Ceratorhinus Länge der sansaniensis Lart. Außenwand 26 31 36 |238 41 35 Hat. VL(N), Fig. 5 Breite am Leoben Vorderjoch | 30 39 43 45. 47 40 Die Länge P,—M, mißt 188 mm, ist also nahezu gleich der von Osborn, l. e. pag. 257, mit 190 mm angegebenen Länge. An losen Unterkieferzähnen liegen mir Reste von etwa drei Individuen vor, welche ich hierher stelle. Sie passen in ihrer Größe sehr gut zu dem eben erwähnten Oberkieferrest; die von Schlosser?) hervorgehobene scharfe Umbiegung der Joche läßt sich an weniger abgenützten Zähnen deutlich beobachten (Fig. 7), bei stärkerer Ab- kauung wird dieses Merkmal undeutlich. Der auf Taf. VI (I) in Fig. 8 abgebildete Eckzahn gehört wohl ebenfalls hierher. Er ist, von der Spitze bis zum Wurzelende gemessen, 100 mm lang, sein Längsdurchmesser am Zahnhals mißt 27 mm bei nahezu eiförmigem Querschnitt. Der Zahn erinnert sehr an den analogen Canin, den Peters l.c. auf Taf. Il in Fig. 9a und 9 dar- stellt, nur scheint dieser noch etwas schlanker zu sein. Unsicher ist die Bestimmung eines oberen Schneidezahnes, der zudem nur fragmentarisch erhalten ist. Er gleicht dem Zahn, den H. v. Meyer a. a. O. in Fig. 24, Taf. III, abbildet, soweit ein 1) K. F. Peters, Zur Kenntnis der Wirbeltiere aus den Miocänschichten von Eibiswald in Steiermark. Denkschriften der kais. Akademie der Wissenschaften, Wien, 1870. ®) O. Fraas, Die Fauna von Steinheim, 1870, pag. 189. ®) Bohnerze, 1902, pag. 106. Jahrbuch d. k. k. geol. Reichsanstalt, 1909, 59. Band., 2. Heft. (A. Zdarsky.) 33 254 A. Zdarsky. [10] Vergleich überhaupt möglich ist, nur ist er etwas stärker als dieser. Es ist daher nicht unwahrscheinlich, daß er zu Aceratherium tetra- dactylum gehören könnte. In Fig. 9 der Taf. VI (T) bilde ich eine Prämolarreihe aus dem Oberkiefer ab, über deren Bestimmung ich nicht im klaren bin. Ich stelle den Rest vorläufig zu dieser Art und bemerke hierzu, daß es sich hier vielleicht um ein in der Zahnbildung abnorm entwickeltes Individuum handeln dürfte. Die sonderbare Ausbildung des P, scheint darauf hinzuweisen. Sein Quertal ist durch einen vom Metaloph aus vorgeschobenen Hügel vollkommen geschlossen und ein in das Tal bogenförmig eingreifender Sporn verbindet diesen an der Stelle einer Basalknospe stehenden Hügel nochmals mit dem Nachjoch. Sowohl an diesem Zahn wie auch am P, sind ein deutlich entwickeltes Crochet wie auch Inneneingula vorhanden. Alle drei Zähne zeigen eine horizontale Streifung des Schmelzbleches. Ob die Zuteilung dieses Restes zu Ceratorhinus sansaniensis auf- recht zu erhalten sein wird, vermag ich vorläufig nicht zu ent- scheiden. Jedenfalls scheint er der Erwähnung wert zu sein und vielleicht finden sich anderswo analoge Reste. Es ist ziemlich gewiß, daß bei den Rhinocerotiden gewisse Variationen derselben Art im Zahnbau auftreten, zum Beispiel in der Entwicklung des Basalbandes, in der Gestaltung des Quertales und so fort, welche ja auch die Be- stimmungen sehr erschweren; zumal noch durch ein verschiedenes Abkauungsstadium das Aussehen auch gleichartiger Zähne wesentlich beeinflußt wird. Rhinoceros (Ceratorhinus) steinheimensis Jäger. Taf. (VI) I, Fig. 10. Nach Roger’) und Osborn?) kann es als sicher angenommen werden, daß in der Anchitherium-Fauna auch eine kleinere Rhinocero- tidenart existiert hat. Roger weist auch demgemäß unter anderen die von Hofmann aus Göriach berichteten Zähne des „Aceratherium minutum“ dieser aus Steinheim bekannten kleineren Art zu, sofern die Göriacher Reste keine Milchzähne darstellen. Mir liegt nun aus unserer Lokalität ein Zahn vor, welcher den von Hofmann. c. ab- gebildeten sehr ähnlich zu sein scheint und auch in seiner Größe sich vollkommen anschließt. Ich stelle ihn daher ebenfalls hierher; es ist jedoch nicht ausgeschlossen, daß der vorliegende Zahn, wie vielleicht auch die Göriacher Reste, nicht etwa einem Aceratherium tetradactylum, dem er im Bau recht ähnelt, im Milchgebisse angehört habe. Das ziemlich dünne Schmelzblech würde für diese Deutung sprechen. Vielleicht bringen noch weitere Reste einen klareren Einblick. Länge der Außenwand 34 (Göriach M, 30, M, 25) mm. Breite des Nachjoches 33 (Göriach M, 28, M, 28) mm. 1): :c., 1900, PaR. 31. 2)! .@, Pag. 1259: [11] Die miocäne Säugetierfauna von Leoben. 255 Artiodactyla. Suidae. Seit der im Jahre 1904 erfolgten Publikation [5], in welcher die ersten Suidenreste unserer Lokalität signalisiert wurden, sind mir einige bedeutendere Reste von verschiedenen Suiden zugekommen. Sie setzen mich in die Lage, einerseits die damals gegebene Be- stimmung eines Unterkieferrestes als „Hyotherium Soemmeringi H.v. M.*“ zu bestätigen, anderseits auch die Anwesenheit anderer Suiden — vornehmlich Choerotherien — in unserer Ablagerung darzutun. Letztere Reste involvieren, abgesehen davon, daß Choerotherienreste überhaupt nicht häufig sind !), insofern ein erhöhtes Interesse, als sie die ersten srößeren Funde dieses Genus in Österreich sind. Allerdings erwähnt Hofmann in seiner „Fauna von Göriach“ ?) einen etwas dürftigen Rest von „Cebochoerus suillus Fraas“ (Syn. von Choerotherium pygmaeum Dep., vergl. Stehlin, l. c. pag. 14) und ein in der Universitäts- sammlung in Graz befindlicher, in der Literatur noch nicht erwähnter Unterkieferrest mit P,, M,), Ms, von Göriach bestätigt dieses Vor- kommen. Die bei weitem reicheren Reste, die sich von diesem Genus an unserer Lokalität vorfanden, zeigen jedoch, daß ihr Vorkommen in Steiermark nicht nur ein vereinzeltes war und sie verleihen durch ihre nicht allzu große Seltenheit der Leobener Miocänfauna ein eigen- artiges Gepräge. Hyotherium Soemmeringi H. v. M. Taf. VII (ID, Fig. 1—11. Neben einigen losen Zähnen und Zahnfragmenten liegen von dieser bereits von Leoben gemeldeten Art nunmehr größere Reste von etwa sechs Individuen vor, im Verhältnis zur Zahl der übrigen Funde ein Beweis, daß dieses Tier hier nicht selten vorzukommen pflegte. Im Einklang damit steht der Umstand, daß diese Art aus nahezu allen miocänen Lokalitäten Steiermarks bekannt ist, aus- senommen Göriach, wo sie durch Hyotherium simorrense Lart sp. ver- treten wird. Von den vorliegenden Resten erheischt einer besonderes Interesse, da er die zusammengehörige Ober- und Unterkieferbezahnung eines Individuums zeigt, wenn sie auch nicht vollkommen ist und zumeist nur in losen Zähnen besteht. Dazu muß bemerkt werden, daß die Identifizierung zusammengehöriger Reste sich infolge ihres gleich- artigen Erhaltungszustandes unschwer durchführen läßt, zumal wenn in sorgfältiger Weise auf die Usur und die Berührungsflächen der Zähne Rücksicht genommen wird. ÖObschon diese so häufig beschriebene Suidenspezies im all- gemeinen in ihrer Bezahnung ziemlich genau bekannt ist, so erscheint 1) H.G.Stehlin, „Über die Geschichte des Suiden-Gebisses“. Abhandlungen der Schweizerischen Paläontologischen Gesellschaft, Vol. XXVI, 1899, pag. 78. ?, A. Hofmann, „Die Fauna von Göriach“. Abhandlungen der k. k. geol. R.-A., Band XV, 1893. 33* 256 A, Zdarsky. [12] es mir doch nicht uninteressant, vorliegende Reste, insbesondere was die OÖberkieferbezahnung anbetrifft, in nähere Untersuchung zu ziehen, da ich glaube, einiges Bemerkenswertes hierüber erwähnen zu können. An Schneidezähnen des Oberkiefers sind bisher nur wenige beschrieben worden !). Unter den Zähnen des eben erwähnten Restes, der sich als sicher zu dieser Art gehörig bestimmen läßt, befinden sich neben der nahezu vollständig erhaltenen Molarreihe und den teilweise vorhandenen Prämolaren auch Inzisive des ÖOber- und Unterkiefers. Der auf Taf. VII (II) in Fig. 1 und 2 abgebildete kräftige J, sup. linker Seite ist ziemlich stark abgenützt, so daß die ur- sprüngliche Dreiecksform verloren gegangen ist. Die Krone geht nicht direkt in den Wurzelhals über, sondern ist an der Basis merklich aufgetrieben. An der Hinterseite, innen, besitzt er eine Kerbe, ähnlich wie sie Stehlin ]. c. auf Taf. V in Fig. 21 bei dem gleichen Zahne von Palaeochoerus anführt, welchem Zahne der vorliegende sowohl der Abbildung als auch der pag. 310 gegebenen Beschreibung nach sehr ähnlich zu sein scheint, sofern man das vorgerücktere Abkauungs- stadium in Rücksicht zieht. Die kräftige Wurzel ist einfach, weist aber eine an der Außenseite besonders ausgeprägte Rille auf, welche vom Zahnhals bis zur Spitze verläuft, so daß hier die Verwachsung mit großer Deutlichkeit markiert ist. In seiner Größe bleibt unser Zahn gegenüber den von Hof- mann |]. c. bekannt gemachten analogen Zähnen aus Göriach von Hyotherium simorrense bedeutend zurück, auch scheint er den Ab- bildungen nach relativ schlanker zu sein als diese. Der obere Eckzahn (Taf. VII [I], Fig. 3) — 9 — liegt nur als Fragment vor, und zwar die Krone mit einem Bruchstücke der Wurzel; durch eine an deren Außenseite befindliche tiefe Rille gewinnt der Zahn nahezu ein zweiwurzeliges Aussehen. Doch zeigt die Bruchfläche deutlich, daß beide Wurzelkanäle bereits zu einer gemeinschaftlichen Höhle verschmolzen sind. Die Krone ist durch die Usur vorn und rückwärts stark abgeflacht. Die Abnützung an der Vorderseite ist leicht erklärlich, durch das Eingreifen der Vorder- seite von Ü sup. an die Hinterseite von C inf.; die größere, nach innen gewendete Abkauungsfläche an der Rückseite muß offenbar durch P, inf. gebildet worden sein, woraus folgt, daß das Diastema zwischen C inf. und P, inf. nicht groß gewesen sein kann. Der einem bedeutend jüngeren Individuum angehörige Eckzahn (Taf. VII [II] Fig. 7) — 9 — ist jenem ähnlich, den Peters?) auf Taf.I in Fig. 2 abbildet, sowohl was Ausbildung der Krone wie auch der Wurzel betrifft; insbesondere ist die Zweiteilung der Wurzel an unserem Exemplar deutlich ausgeprägt, so daß die Wurzelspitzen in zwei wohlgetrennte Äste zerfallen. A Stehlin,. Ic par. ‘512: 2) Eibiswald 1869. [13] Die miocäne Säugetierfauna von Leoben. 257 Caninen aus dem Oberkiefer von männlichen Individuen wurden bisher nicht gefunden. Von den oberen Prämolaren sind uns P,—FP, beider Zahnreihen eines Individuums erhalten; eine hiervon ist auf Taf. VII (ID) in Fig. 8 dargestellt. Die Bildung der Zahnkronen entspricht nahezu vollkommen den Beschreibungen, wie sie uns Peters (a.a. O., pag. 205) und Stehlin (pag. 136) geliefert haben. Am P, ist die Spaltung an der Vorderkante des Schneidehügels am Zahne der linken Seite viel ausgeprägter als an jenem der rechten, an welchem dieser Charakter mehr oder weniger nur angedeutet ist. Die rückwärtige Kante fällt von der Spitze steiler ab und verläuft dann leicht gekerbt, horizontal. Ihr Innenabhang bildet an der Basis einen kleinen grubigen Talon, der von einem der Zahnkante ange- hängten Cingulum umschlossen wird. Leider sind hier beide Zähne etwas beschädigt. Länge 135 mm, Breite unter der Spitze 6 mm. Die Länge des dritten Prämolars ist nahezu der des zweiten gleich, die Breite hingegen beträchtlich größer; dadurch und durch die massive Bildung der Krone ist der Zahn von plumpem Aussehen. Allerdings ist er noch wesentlich schlanker als der analoge Zahn von H. simorrense, wie ihn etwa Stehlin Il. c. nach einer Zeichnung H. v. Meyers in Fig. 23, Taf. II, abbildet, oder aber von dem Göriacher Exemplar, das Hofmann Il. c. auf Taf. XVII, Fig. 1 und 9 bringt. Hingegen ähnelt er dem Petersschen von Eibiswald in hohem Maße. Die beiden Formen sind durch diesen Zahn scharf unterschieden, wie Stehlin dies prägnant 1. c. pag. 137 hervorhebt. Die Vorderkante dieses Zahnes weist ähnlich wie P, eine Teilung auf, doch ist sie hier nicht so deutlich. Das innere Rippchen ist zwar noch kräftiger entwickelt, doch das äußere erscheint fast ausgeglättet. Die Hinterkante entwickelt auch hier innen einen Talon, der sich bis unter die Hauptspitze zieht, wo er durch eine herab- laufende Verdickung unterbrochen wird. Nur ein kaum merkliches Wülstchen setzt zu dem vorderen Cingulum fort. Der Talon ist nicht so breit als der an dem Petersschen Zahn, weshalb unser Prämolar gestreckter aussieht. Der äußere Basalwulst, der an dem Petersschen Exemplar sehr kräftig zu sein scheint, fehlt unserem gänzlich. Leider ist auch dieser Zahn (an beiden Reihen) rückwärts beschädigt. Länge 14 mm, Breite unter der Spitze 9 mm. Der letzte Prämolar — P, — liegt in vier Exemplaren vor, und zwar von den beiden Zahnreihen der zwei erwähnten Individuen. Dieser Zahn stimmt völlig mit dem von Peters geschilderten überein; erwähnt sei nur, daß der Basalwulst, den Peters so kräftig zeichnet, an vorliegenden Resten an der Außenseite gar nicht und an der Innen- seite nur wenig angedeutet ist. Die ausgeprägte Form des Doppel- gipfels bringt unsere Abbildung klar zum Ausdruck. Länge 11'2 mm, Breite 15 mm (Fig. 8) und 10, beziehungsweise 11 mm. Alle Prämolaren haben knapp aneinander gefolgt, wie die vor- handenen Berührungsflächen zeigen. Die Oberkiefermolare des alten Individuums (zu dem Fig. 1—6 gehören) sind durch die weit vorgeschrittene Usur nicht mehr geeignet, 258 A. Zdarsky. [14] in Erörterung gezogen zu werden; es liegt da schon ein Abkauungs- stadium vor, bei welchem der Zahn aller Sekundärelemente entledigt nur mehr die nackte Grundform zeigt. Fig. 5 stellt hingegen die rechte Molarreihe eines bedeutend jüngeren Tieres dar. Schon ohne jede Messung ist die Längenzunahme von M, zu M, wahrnehmbar. Die merklich höheren Außenhügel sind den Innenhügeln gegenüber deutlich vorgeschoben. Die rückwärtigen Außenhügel des M, und M, werden von einem krenelierten Basal- wulst umsäumt, der bis zur Basis des Vorderhügels läuft; bei dem Eibiswalder Exemplar zieht sich dieser Wulst um beide Hügel herum, jedenfalls nur individuelle Verschiedenheiten. Der Talon des M,; ist kurz und von einer eigenen kräftigen, nach rückwärts gespreizten Wurzel gestützt; im übrigen gleicht der Zahn seinen Vorgängern. Die Abmessungen dieser Zähne sind folgende: Oberkiefer Millimeter iM M, M, Altes Bange. 2... =.4m 145 16°5 19 Individuum Breite (am Vorder- Leoben loben). er. 14 15°5 15 Original zu I As ed 14°5 17°5 195 Taf. VIL(II), Fig. 9|| Breite (am Vorder- Leoben loben) Rule 14 16°5 16°5 Auch diese Maße sind um einige Millimeter kleiner als die ent- sprechenden an den Eibiswalder Resten. Unterkieferbezahnung. Unterkieferreste sind in relativ größerer Menge und zum Teil in recht gutem Erhaltungszustande vorhanden. Von dem vorerwähnten alten Individuum sind an Schneidezähnen des Unterkiefers die beiden mittleren J, (Fig. 4) und J; (Fig. 5) erhalten. Von einem anderen liegen J, links bis J, rechts in dem Fragment eines Schnauzenstückes vor (Fig. 9). Schließlich wurde noch ein J, lose gefunden, der zu dem in Fig. 11 derselben Tafel abgebildeten Unterkieferreste gehört: dieser Zahn war noch nicht in Gebrauch getreten. Die Form dieser Inzisive stimmt mit jener der Petersschen Originale und mit der, welche die schöne Mandibel vom Labitsch- berg!) an diesen Zähnen zeigt, recht gut überein, sofern man die verschiedenen Abkauungsstadien berücksichtigt. Die Krone reicht vorne und rückwärts gleich weit herab und ist am Wurzelhalse deutlich abgesetzt. Die am J, 27 mm, am Js 22 mm langen Wurzeln sind seitlich stark abgeflacht. ‘) A. Hofmann, Beiträge zur Säugetierfauna der Braunkohle des Labitsch- berges bei Gamlitz in Steiermark. Jahrbuch der k.k. geol. R.-A. 1888, pag. 558, Taf. X. [15] Die miocäne Säugetierfauna von Leoben. 259: An Abmessungen können folgende angegeben werden: 3. Exemplar Ptilimeter Gemessen am Taf. Be, Taf. VIL(M), Fig. 9 Wurzelhalse Fig. 7 Länge . ) | 9-5 9:5 ı Breite . 6 | 65 6 J Läuse» Sr = ”.9 En 2 Breite: 0, — 5'5 — Weiters liegt ein einwurzeliges Zähnchen (Fig. 5 auf Taf. VII [II]) vor, dessen Deutung einiger Schwierigkeit unterworfen ist. Nach meinem Dafürhalten ist es der J, des linken Unterkieferastes, dem er in der Form der Krone und in ihrer Stellung zur Wurzel gleicht. Nur auffallend ist die geringe Größe; die Länge der Kaufläche ist 75 mm, ihre größte Breite 4 mm; ziehen wir diesen Zahn in Vergleich zu dem, welchen Peters a. a. O. auf Taf. II, Fig. 1 und 3, abbildet, so ergeben sich relativ bedeutende ‚Differenzen: hier beträgt die Länge 109 mm, die Breite 5 mm. Ahnlich diesen sind auch die Abmessungen des Labitschberger Restes. An Eckzähnen des Unterkiefers liegen von männlichen Individuen nur drei Fragmente vor. Ich bilde auf Taf. VII (II) in Fig. 10 ein solches ab, um den Querschnitt desselben zu zeigen. Derselbe ist ausgesprochen skrofisch und entspricht den Beschreibungen Stehlins (l. e. pag. 238) vollkommen. Zufriedenstellender als diese Zähne ist ein Canin aus dem Unterkiefer einer Bache erhalten; er gehört dem in Fig. 1—6 auf Taf. VII (II) zum Teil dargestellten Reste an. Seine Krone verläuft ohne Anschwellung in den Wurzelhals und ist stark abgenützt. Der Schmelz- belag ist bereits bis auf das Dentin durchgewetzt. Dieser Zahn ist um ein weniges schwächer als der, den Peters von Eibiswald be- schreibt und auf Taf. II in Fig. 3 abbildet. Hingegen scheint er dem analogen Zahn der Mandibel vom Labitschberg genauestens zu gleichen. Wie bei näherer Betrachtung des in Fig. 9 (Taf. VII [I]) dar- gestellten Restes zu entnehmen ist, folgte knapp nach dem Canin der erste Prämolar, wie auch den Alveolen nach die Prämolarreihe dicht geschlossen war. In einem der vorliegenden Unterkieferäste ist der letzte Prämolar eben im Herausschieben begriffen, während die vorderen noch im Kiefer stecken; dieser Zahn, der noch nicht in Benützung war, läßt ganz besonders schön seine Elemente erkennen, weshalb ich das Stück auf Taf. VII (II) in Fig. 11 zur Abbildung bringe. Derselbe zeigt auch die ersten zwei Molare in wenig ursiertem Zustande, der dritte steckt noch im Kiefer. Andere Unterkieferreste oder lose Zähne, die in den ver- schiedensten Stadien der Abkauung vorliegen, außer dem eben er- wähnten, noch abzubilden, sowie auf eine nähere Beschreibung dieser Zähne einzugehen, halte ich für überflüssig. In ihrer Form decken 260 A. Zdarsky. [16] sie sich durchaus mit den von H. v. Meyer, Peters, Hofmann und Stehlin angeführten Resten; nur bezüglich ihrer Größe wäre zu bemerken, daß sie fast durchweg etwas schwächer sind als die der anderen Lokalitäten. Die vollständige Molarreihe mißt bei dem größten Exemplar 62 mm, bei dem kleinsten beiläufig 55 mm. Choerotherium sansaniense Lartet. Taf. VIL (II), Fig. 12—17. Wie früher erwähnt, wurde dieses Genus bereits von Hof- mann aus Göriach auf Grund eines Unterkieferzahnes in unseren steirischen Miocänablagerungen konstatiert und ein weiterer in Göriach gemachter Fund eines vollständigeren Unterkieferrestes, der in Graz aufbewahrt wird, vermochte dieses Vorkommen zu bestätigen. Stehlin unterscheidet bei der Revision der bekanntgewordenen Choerotherien- reste zwei Arten dieser Gattung (l. c. pag. 80), wovon die eine, die größere, etwa durch die Reste von Sansan !), die zweite kleinere durch solche von Grive-St. Alban?) oder Steinheim ?) repräsentiert erscheint. Der von Hofmann erwähnte Rest wird von jenem Autor zu letzterer, dem Choerotherium pygmaeum Dep., gestellt. Sofern diese spezifische Trennung aufrecht erhalten wird, unterliegt es keinem Zweifel, daß die meisten der vorliegenden Reste der größeren Art, dem Choerotherium sansaniense Lart., zugeteilt werden müssen, da sie, wie unten ausführlicher gezeigt wird, mit dem Material von Sansan übereinstimmen. Nur bei dem auf Taf. VII (II) in Fig. 12 dargestellten Rest kann einiger Zweifel obwalten, ob er nicht etwa der kleineren Spezies angehört. Da aber nach Stehlins Urteil ein sroßer Wert auf diese Speziesunterscheidung nicht zu legen ist, so stelle ich ihn vorläufig ebenfalls hierher, zugleich aber nehme ich bei der folgenden Beschreibung Veranlassung, auf den Unterschied auf- merksam zu machen, den dieser Rest gegenüber denen von Sansan zeigt. Die mir vorliegenden Choerotherienreste stammen von fünf Individuen. Eines ist allerdings nur durch einen etwas beschädigten Unterkiefermolar repräsentiert, doch läßt er seine Zugehörigkeit hierher noch erkennen. Von einem zweiten sind —M; . M,— des Oberkiefers, von einem anderen —M; . M,;— des Unterkiefers vorhanden. Das beste Fundstück ist das zweier zusammengehöriger Unterkieferäste, welches in Taf. VII (I) durch Fig. 16 und 17 dargestellt wird. Dieses Stück erinnert außerordentlich an jenes, welches von Filhol l. ec. auf Pl. XIX in Fig. 8 und 9 abgebildet wird. Schließlich ist noch der früher erwähnte kleinere Oberkieferrest anzuführen !) M. H. Filhol, Etudes sur les Mammiferes fossiles de Sansan. Annales des sciences geologiques, Tome XXI, 1891, pag. 219, Pl. XIX, Fig. 1-11, PL XLIV, Fig. ]. ?) Ch. Depe@ret, La faune de Mammiferes miocenes de la Grive-St. Alban (Isere); Archives du Museum d’histoire naturelle de Lyon, Tome V, 1892, pag. 87, Pl. I, Fig. 32—34. ®») OÖ. Fraas, Beiträge zur Fauna von Steinheim. Jahreshefte des Vereines A vaterländische Naturkunde in Württemberg, 41. Jahrgang, 1885, pag. 323, Ta, Meorn. [17] Die miocäne Säugetierfauna von Leoben. 261 (Taf. VII[1I], Fig. 12), der einem alten Tier angehört und aus beiden Molarreihen und zwei Prämolaren besteht. Die beiden vorderen Molare sind fast zur Gänze abgekaut, der letzte ist noch soweit erhalten, daß er mit Sicherheit eine Bestimmung zuläßt. Die Oberkieferbezahnung läßt sich daher zum Teil aus diesem, zum Teil aus dem in Fig. 15 dargestellten Rest entnehmen. Der P,, rechtsseitig, stellt in der Seitenansicht ein Dreieck dar, dessen Spitze etwas vor der Basismitte gelegen ist. Die rückwärtige Kante ist durch die Usur zu einer Ebene abgeschliffen; ganz rück- wärts am Wurzelhalse ist der Zahnschmelz etwas abgebrochen, läßt aber wohl noch das Cingulum erkennen, das sich von der innen gelegenen talonartigen Erweiterung an der Zahnbasis nach vorn gegen die Spitze zieht und ein kleines Knöspchen einschließt. Der vordere Zahnabfall ist ebenfalls durch die Abnützung abgeschrägt. Um die Außenseite des Zähnchens schlinst sich ein deutliches Basalband. Der P, ist in der Daraufsicht fast quadratisch mit abgerundeten Ecken; die Zahnelemente sind an der stark ursierten Krone kaum mehr kenntlich, doch dürfte er mit der Beschreibung, die uns Stehlin auf pag. 129 gibt, übereinstimmen, sofern man die verschiedenen Abnützungsstadien berücksichtigt (vgl. die Abbildung bei Stehlin, l. e. Taf. I, Fig. 18, oder Filhol, Pl. XIX, Fig. 7, welchen beiden dasselbe Original vorlag). Nur ein unter dem Haupthügel an der Zahn- basis gelegenes Wülstchen, das im weiteren Verlauf von außen nach vorn einbiegt, scheint unseren Zahn von dem in Vergleich gezogenen zu unterscheiden. Auch ist seine Größe geringer; in der folgenden Tabelle bringe ich die Größenverhältnisse dieser Prämolaren, ver- glichen mit denjenigen des Restes von Sansan: Oberkiefer Millimeter P, r Choerotherium sansaniense Lart. ange. 0a. 95 7 Leoben 3 de (Taf. Vli [IT], Fig. 12) Breiternarirzr 55 7 Desgleichen anbeee 10 8 Sansan : Re (Filhol,l.c.pag. 225,Pl. XIX, Fig.7) | Preite...... 6°5 8 Die vorderen Molare dieses Restes sind bereits sehr stark aus- gekaut; außer den Umrissen und den Größenverhältnissen läßt sich ihnen kaum etwas entnehmen; M; hingegen ist etwas besser erhalten. In Fig. 15 (Taf. VII [II]) ist die Abbildung eines jüngeren Restes gegeben, von dem aber nur —M,. M,— vorliegt. Der erstere Rest unterscheidet sich sowohl von dem letzteren wie auch von dem aus Sansan durch seine auffallend geringere Größe, stimmt aber mit diesen in den Kronumrissen vollkommen überein. Ob daher in diesem Indi- viduum nur ein schwächeres Exemplar, vielleicht ein Weibchen, vor- liest, oder ob auf Grund der Größenunterschiede dieser Rest von den anderen vorliegenden Choerotherienresten abzutrennen und zu Jahrbuch d. k. k. geol. Reichsanstalt, 1909, 59. Band, 2. Heft. (A. Zdarsky.) 34 262 A. Zdarsky. [18] der kleineren Art, zu Choerotherium pygmaeum, zu stellen sei, ist, wie bereits oben erwähnt, fraglich. Im folgenden gebe ich die Maßzahlen der vorliegenden Zähne im Vergleich mit solchen anderer Lokalitäten: Oberkiefer Millimeter, M, M, M | M—M, Choerotherium sansaniense Lart. | Länge... . _ 12 13 — Leoben Breite... = 11 10°5 — (Tarı VII], Fig. 15) (am Vorderiobus) Da (altes Indiv.) Länge .,... 8 9 11 29 eoben ; (Taf. VII [II], Fig. 12) Breite... | 8 88 | N ae Mängel «9 11 -| 115 315 ansan E (nach Filhol], ]. c. pag. 295) | Breite ...| 8 9 9 x Choerotherium pygmaeum Dep. ee länge s...|..10 | 10 | ale asa (Nach der Abbildung in Fraas, | Breite . ... 8 9 g us 1..c. Tat, y., Be 2) \ Desgleichen Länge ... —_ 9 12 — Grive-St. Alban u (nach Dep6ret, ]. c. pag. 87) | Breite... | — ?7 7 ”7 Aus dieser Tabelle ersieht man, daß es schwierig erscheint, diese beiden Arten voneinander abzugrenzen. Es muß zwar erwähnt werden, daß als unbedingt verläßlich diese Zahlen nicht gelten können, da ich sie zum Beispiel von dem Steinheimer Rest durch Abmessen an der zitierten Abbildung und durch annähernde Reduktion dieser Maße auf die natürliche Größe nach einer im Text enthaltenen An- deutung erhalten habe. Auch die von Filhol im Text angegebenen Dimensionen, die ich hier einsetzte, stimmen nicht mit seiner „in Naturgröße“ ausgeführten Abbildung. Aber nichtsdestoweniger glaube ich doch aus diesem Vergleiche den Schluß ziehen zu können, daß es natürlicher ist, bei so geringfügigen Differenzen auch den kleineren der vorliegenden Reste, der ja auch ohne Zweifel in seinen Maßzahlen mit Ch. pygmaeum Übereinstimmung zeigt, zu dieser Art zu ziehen, als anzunehmen, es haben beide Arten hier nebeneinander existiert. Zudem, wie oben erwähnt, ist dieser Speziesunterscheidung kaum großer Wert beizulegen :und, meinem Dafürhalten nach, könnten beide recht gut unter der Bezeichnung Ch. sansaniense vereinigt werden. Sieht man diese Maßzahlen im einzelnen an, so zeigt sich, wie es auch die Abbildung angibt, an M, ein vollkommen quadratischer Umriß, also ein Längenbreitenindex von 1, ein Verhältnis, das für Choerotherien ungewöhnlich ist. Man mag jedoch hierbei berücksich- tigen, daß dieser Zahn bis zur Wurzel hinab ausgekaut ist und daher ein etwas verändertes Aussehen in seiner Kontur erhalten hat. Die our Dir ZA en an te [19] Die miocäne Säugetierfauna von Leoben. 263 beiden anderen Molare weisen den gestreckten Umriß auf, wie er von Stehlin, l. c. pag. 80, erwähnt wird. Das in Fig. 16 (Taf. VII [II]) abgebildete jüngere Individuum läßt auch deren Zahnelemente sehr deutlich erkennen. Die Innenhügel zeigen bei näherer Betrachtung an der Vorderseite einen von der Spitze gegen das Zahninnere ver- laufenden Schmelzkamm, der im Zahntal zu einer kleinen zungen- artigen Knospe anschwillt und einerseits mit dem kräftig ausgebildeten Vordercingulum verschmilzt, anderseits im Zahntal einen kleinen Zentralhügel bildet. Vom rückwärtigen Innenhügel verläuft ein ähn- liches, doch noch schwächeres Fältchen gegen das Schlußeingulum, um sich an der Basis mit diesem zu vereinigen. Am M, ist kaum von einem eigentlichen Talon zu sprechen, es ist an seiner Stelle nur ein gekerbter Wulst vorhanden. Der rückwärtige Außenhügel ist gegenüber seinen Nachbarn etwas reduziert, was dem Zahn das be- kannte unsymmetrische Aussehen gibt. Die Außenhügel sind auch hier wie am M, gegenüber den inneren etwas vorgeschoben. An dem zweiten Exemplar ist der Talon etwas deutlicher ausgeprägt. Eine Verwachsung der Innenwurzeln kann ich in keinem Fall konstatieren. An Resten des Unterkiefers liegen mir zwei gut erhaltene Äste eines Individuums, außerdem einige Backenzähne anderer vor. Sämtliche stimmen in ihrer Größe mit Choerotherium sansaniense von Sansan sehr gut überein und zeigen untereinander nur geringfügige Differenzen. Ich bilde den einen (rechten) Unterkieferast auf Taf. VII (ID in Fig. 16 und 17 ab, glaube aber von einer eingehenderen Beschreibung dieser Reste ab- sehen zu können, da sie sich nicht wesentlich von den bereits aus der Literatur bekannten unterscheiden. Nur bezüglich des Talons am M, möchte ich bemerken, daß derselbe außerordentlich einfach gebaut ist und der von Filhol l.c. auf Taf. XIX, Fig. 8, gegebenen Abbildung sowohl in der Größe wie in der Form genauestens zu gleichen scheint. Von einer derartigen Komplikation, wie sie der Talon von dem wohl mit Recht nunmehr zu unserer Art gezogenen „Choerotherium mamillatum“ aufweist, ist hier kaum eine Andeutung in dem etwas zerkerbten Innenrand zu finden. Ich glaube dies mit Rücksicht auf die Erörterung Stehlins, ]l. ec. pag. 81, besonders bemerken zu müssen. In dem linken Mandibelaste ist noch ein Bruchstück des Canins erhalten, und zwar das unterste in der Alveole stehende Ende. Eine Untersuchung des Fragments zeigte, daß der Zahn nahezu gänzlich geschlossen ist, daß also die Hypselodontie des Canins unserer Art diesem Reste nach zu schließen sicher keine unbedingte zu nennen ist. Dieses archäistische Merkmal setzt das Tier unserer Lokalität in einen gewissen Gegensatz zu dem, was Stehlin in seinem schon so oft zitierten Werke auf pag. 275 über die Choerotheriencanine sagt. Ich glaube aber nicht, daß dieser Umstand berechtigt, weittragende Schlüsse daraus zu ziehen, es dürfte sich hierbei wohl um kaum mehr als eine lokale Retention in dem zweifellosen Bestreben nach voll- kommener Hypselodontie der Canine, das dieser Gattung eigen ist, 34* 264 A. Zdarsky. [20] handeln. Der Querschnitt an der Bruchstelle ist skrofisch und stimmt hierin mit den analogen Abbildungen Stehlins, Taf. VII, Fig. 33—35, genügend überein. Ein Schmelzbelag ist an diesem Fragment nicht vorhanden. Es bleibt mir noch übrig, einige Maße anzuführen: Unterkiefer Millimeter P; Ir M, | M, M, | N Be Länge 19 105 10-5 19 16 Taf. VII (ID), Fig. 17 Kae Tooben Breite 5:5 6. I) 35 9 Desgleichen Länge | - — — 13 16°5 Leoben | Breite | —_ — — 9 9:3 Xenochoerus leobensis nov. gen. nov. Sp. Taf. VII (I), Fig. 18—21, Die in paläontologischer Hinsicht weitaus interessantesten Fund- stücke unserer Lokalität, die in meinen Besitz gelangten, sind ein Mandibelfragment und eine Zahnreihe der linken Oberkieferhälfte, welche zwar in einem Intervall von vier Jahren, aber doch in dem- selben Versatzbruche im Seegraben gefunden wurden und welche offenbar nicht nur derselben Art, sondern sogar — dem Erhaltungs- zustande, der Größe und dem Abkauungsstadium nach — einem In- dividuum angehören dürften. Das Mandibelstück lag mir bereits vor, als ich im Vereine mitHofmann [5] die damaligen Resultate meiner Aufsammlungen am hiesigen Orte mitteilte; bei der Unsicherheit aber, aus einem noch dazu fragmentarisch erhaltenen Stück auf die Existenz eines neuen Genus schließen zu müssen, sahen wir damals davon ab, diesen Rest zu publizieren und zuzuwarten, ob sich nicht noch etwas fände, das mehr Klarheit verschaffen könne. Nun ist seitdem eine Oberkieferzahnreihe zum Vorschein gekommen, und wenn ich nun auch wünschen würde, dieser Rest wäre etwas vollständiger in meinen Besitz gelangt — es scheinen die Oberkiefer- knochen weggeschlagen worden zu sein — so genügen doch die beiden Fundstücke, zu ersehen, daß wir es hier mit einer völlig neuen Gattung zu tun haben. Es scheint mir kein Zweifel daran obwalten zu können, daß diese Gattung ein Suide ist. Der bunodonte Charakter der Molaren ist zu deutlich ausgeprägt, ihre Ahnlichkeit mit anderen Suiden- molaren im Aufbau ist unverkennbar, wie es im folgenden weiter ersichtlich werden wird. Ja ich glaube, es wäre nicht untunlich gewesen, falls zufällig nur die Molare gefunden worden wären, diesen Rest in einer der bekannten Suidengenera einzuteilen, etwa als Palaeochoerus, in welcher Gattung er vielleicht nur eine spezifisch [21] Die miocäne Säugetierfauna von Leoben. 265 gesonderte Stellung eingenommen hätte. Die Annahme, ein Paläochoeride habe neben Choerotherium und ZHyotherium noch im Obermiocän existiert, hätte ja wohl kaum einen grundsätzlichen Widerspruch in sich geschlossen. Der entscheidende Unterschied dieses Restes von anderen Suiden liegt nicht in den Molaren, er liegt im Prämolargebiß. Und er ist so groß, daß von vornherein der Gedanke nicht aufkommen konnte, eine solche Deutung anzustreben. Allerdings war anfänglich die Vermutung nicht abzuweisen, man habe es hier mit einem Milch- gebißb einer bekannten Gattung zu tun, jedoch kann dieselbe nicht ernster in Betracht gezogen werden. Denn abgesehen davon, daß unter den in Rücksicht zu ziehenden Zähnen keine Ersatzzähne gefunden wurden, ist M, bereits nicht unwesentlich ursiert, ein Um- stand, der die Anwesenheit von Milchzähnen erfahrungsgemäß aus- schließt (siehe Stehlin, 1. ec. pag. 204). Auch sind die Wurzeln dieser Zähne für Milchzähne zu wenig gespreizt. Eine Umschau nun, mit welcher der bekannten Suidengenera der vorliegende Rest am besten vergleichbar wäre, läßt erkennen, daß wir es hier mit einem selbständigen, neuen Genus zu tun haben. Das hervorstehendste Charakteristikum an diesem ist die Molarisierung des Prämolargebisses, und hierin bieten allein die Dicotyliden eine Analogie. Gleich hier aber sei betont, wie es sich auch im Laufe der Darlegung ergeben wird, daß Gründe dagegen sprechen, das Tier von vornherein als einen Dicotyliden anzusehen. So befremdlich und zur vorsichtigen Erwägung mahnend es ist, in einem in seiner Säugetierfauna so gut durchforschten Horizont, als es der von Sansan ist, dem die Leobener Ablagerung entspricht, ein neues Genus zu entdecken, so überzeugend ist der Rest hierfür. Sein Name soll diesem Gedanken Ausdruck verleihen. Ich gehe zunächst daran, die Bezahnung des OÖberkiefers näher zu schildern. Von diesem sind vorhanden P%,—F, und M—M; der linken und P, der rechten Oberkieferhälfte. Die Molare haben, sofern man vom Talon des M, absieht, einen nahezu quadratischen Umriß; es erinnert dies auffallend an Suiden älterer Horizonte, etwa an Paläochoeriden, unten denen Palaeochoerus typus ihnen in der Größe gleichkommt. Die Struktur dieser Zähne ist an allen drei Molaren die gleiche: auf der Zahn- basis erheben sich vier Hügel in nahezu symmetrischer Anordnung. Von den Innenhügeln laufen gegen die Zahnmitte am Vorderabhange besondere Schmelzfalten, welche an M, und M, infolge der Abkauung zu zungenförmigen Usurringen werden, die sich vom ursierten Hügel nach vorn schieben. In dem Zahntal bildet das rückwärtige Wülst- chen ein kleines Hügelchen, das wie auch der rückwärtige Abfall der Innenhügel durch einige Kerben und eine ähnliche, aber schwächere Falte gegliedert ist. Es läßt sich daraus unschwer ableiten, daß der unausgekaute Hügel einigermaßen an die Halbmondform des seleno- donten Zahnes erinnern muß. Die Außenhügel erhalten durch kleine 966 A. Zdarsky. [22] Kämme und Kerben ein etwas unregelmäßiges Aussehen gegenüber den drehrunden Hügeln anderer Suiden, obgleich sie diese Grundform nicht verkennen lassen. Besonders tief reicht an der Vorderseite dieser Kegel eine Kerbe, welche ihre Arme nach vorn gegen außen öffnet. Vorne und rückwärts befinden sich Basaleingula; am M, ist das letztere zu einem mäßigen Talon ausgebildet, der im flachen Bogen den Zahn abschließt und, wie auch die die Außenseite der Molare umziehenden kräftigen Basalwülste, eine reiche Gliederung durch zahlreiche Rillen und Kerben zeigt. Kaum wahrnehmbar erscheinen diese Hügel gegenüber den inneren vorgeschoben, welches Merkmal bei fortschreitender Abkauung gänzlich verloren geht. Es ist dies natürlich leicht bei Betrachtung von M, nach M, zu be- obachten. Die : Innenwurzeln scheinen nicht verwachsen zu sein, mit Sicherheit läßt sich dies jedoch nicht konstatieren, ohne das Stück zu gefährden. Schwieriger ist es, eine Schilderung der Prämolare zu geben. Wie bereits erwähnt, fällt an ihnen vor allem zuerst ihr gänz- liches Abweichen von dem Bauplan der übrigen Suidenprämolare auf, ausgenommen dem der Dicotyliden. Wie diese zeigen sie ebenfalls die Tendenz zur Molarisation, und wenn sie auch ihr Endziel noch nicht in der Vollkommenheit erreicht haben, wie es ja bei vielen homö- odonten Perissodactylen der Fall ist, so läßt sich doch dieser Zug an keinem dieser Zähne verkennen und prägt ihnen wenigstens in ihrem Bauplan ganz charakteristische Merkmale auf. Um die Beschreibung zu erleichtern, scheint es notwendig, neben der Abbildung dieser Zähne, welche in Fig. 18 gegeben wird, eine Skizze .beizugeben (Textfigur 1), um einiges hervorheben zu können, was am Bilde weniger auffällt. Leider hat die Usur manches Detail bereits verwischt, so daß einige Unklarheiten nicht vermieden werden können. Textfigur 1. Prämolarreihe des Oberkiefers, zweimal vergrößert. Am deutlichsten haben sich die Zahnelemente noch am hintersten Prämolar erhalten, da er sie offenbar am ausgeprägtesten besessen hat. Die zwei Außenhügel der Molare sind hier, wie übrigens auch an P, und P;, in voller Deutlichkeit erhalten und in sehr prägnanter Weise ebenso mit denselben Kerben versehen, wie bereits bei den Molaren geschildert. Auch P, ist außen von dem gleichen, mannigfach durch Rillchen verzierten Basalwulst umschlungen, während bei P; derselbe kaum mehr angedeutet ist und bei P, vollkommen ver- schwindet. Schwieriger ist die Innenseite des Zahnes zu definieren. ) [23] Die miocäne Säugetierfauna von Leoben. 267 Sie wird-von zwei Innenhügeln gebildet, die jedoch etwas kleiner sind und einander näher stehen als die äußeren. Sie sind durch den nahezu jochartig geformten unteren Gegenzahn in eigentümlicher Weise abgekaut, so daß sie im Vereine mit den im Zahninnern liegenden Schmelzwülstchen zwei parallele Kämme bilden, die sich schief über den Zahn zu den Außenhöckern ziehen. Diese Schmelz- wülstehen nun, welche sich zwischen Außen- und Innenhöcker sowohl im Vorder- wie Hinterlobus einschieben und in diesem Usur- stadium dem Innenhöcker an Größe gleichkommen, scheinen nichts anderes zu sein als rückwärts das Zentralhügelchen der Molare, vorn das am Cingulum angeheftete Schmelzfältchen des vorderen Innenhügels. Am Vorderlobus läßt sich dieser Zusammenhang ohne weiteres ersehen, während am Hinterlobus zahlreiche Kerben diese Verbindung zergliedern, ohne sie jedoch gänzlich zu zerspalten. Ver- slichen mit dem am wenigst ausgekauten M, tritt die Molarähnlichkeit auffallend hervor, sofern man die Usureigentümlichkeiten in Rück- sicht zieht. In analoger Weise sind P, und P, aufgebaut. Am Hinterlobus lassen sich deutlich drei Usurringe unterscheiden, welche den hinteren Außen- und Innenhöckern sowie dem als Zentralhügel an- gesprochenen Mittelhöcker entsprechen. Der Vorderlobus trägt zwei Usurringe, wovon der innere ähnlich wie bei den Innenhöckern der Molare zungenförmig gegen das Vorderceingulum geflammt erscheint. Während der Hinterlobus an allen drei Prämolaren die analoge Gestalt besitzt, wird der Vorderlobus durch Streckung seiner kon- vergierenden Elemente gedehnter, je weiter vorn der Zahn liegt, so daß er am P, die Form eines Dreieckes erreichte. Die Abmessungen der einzelnen Zähne sind folgende: | Oberkiefer (Millimeter) PR BEI BEP N BER | SEE HE | Arazımale. Länge .....2 2...“ .. .,- 75 5 9 10 11:5 13 | Breite (des Vorderlobus) . . . . . 5'5 7 95 10 11 12 | Vom Unterkiefer liegt ein Mandibelfragment der rechten Seite mit P,, M,, M, und der Vorderhälfte von M, vor. Die Molare verhalten sich zu den Oberkiefermolaren wie bei den übrigen Suiden. Sie zeigen denselben Bauplan bei wesentlicher Dehnung der Umrisse. Vornehmlich ausgeprägt sind die vier Hügel, mannigfach zerschlitzt und gekerbt, doch läßt sich selbst in der Kerbung dieselbe Anordnung beobachten wie bei den Maxillar- backenzähnen, nur daß die analogen Kerben sich jetzt an der Rück- seite der Höcker befinden. Die halbmondförmigen Schmelzfalten der Außenhügel, welche sich gegen das Zahninnere öffnen, sind auch hier deutlich erhalten. Das Zentralknöspchen des hinteren Außenhügels tritt im Quertal als eine Anschwellung des vorderen Armes hervor, 268 A. Zdarsky. [24] während derselbe Arm des vorderen Außenhügels gegen das Vorder- cingulum verläuft. Außen ist der Zahn von einem kräftigen, mit vertikalen Rillen gezierten Basalwulst umschlungen, während innen eine solche Zahnverstärkung fehlt. Die Außenhügel erscheinen gegen- über den inneren etwas vorgeschoben. Am M, ist fatalerweise die Hinterhälfte abgebrochen, so daß über die Beschaffenheit seines Talons nichts berichtet werden kann. Die Größe der Streckung, welche ziemlich bedeutend ist, erhellt am besten aus den nachher gegebenen Maßen. Wie die Oberkieferbezahnung bereits vermuten läßt, liegt auch in der Dentition des Unterkiefers das charakteristische Moment im Prämolargebiß. Hiervon ist nur der hinterste Prämolar vorhanden. Sieht man von einem höchst merkwürdigen talonartigen Vor- sprung an der Vorderseite des Zahnes ab, so gleicht er eigentlich ziemlich vollständig seinem Vorgänger M,. Natürlich ist er weniger ausgekaut als dieser. Die Abbildung (Taf. VII [II], Fig. 19—21) zeigt an diesem Zahn manches nicht der Wirklichkeit entsprechend. Da er nämlich .von Quer- und Längssprüngen, die zementiert sind, durchsetzt wird, so läßt das Bild die Charaktere nicht ge- nügend gegenüber diesen Störungen hervortreten. Im Hinterlobus spielt der Außenhügel das herrschende Element, dem der Innen- hügel an Größe nachsteht ; ähnliche Schmelzfalten wie bei den Molaren strecken sich auch hier von diesem Höcker nach innen, ohne jedoch deren Entwicklung zu erlangen. Im Vorderlobus erreichen beide Hügel ungefähr dieselbe Größe; in ihrem rückwärtigen, dem Quertal zugekehrten Abhange verfließen sie in diesem Usurstadium durch einer vom Außenhügel hierher gestreckten Schmelzwulst mit- einander. Der analoge vordere Arm dieses Höckers hat eine beson- dere Ausbildung erlangt: er bildet einen Schmelzwulst, der ungefähr in der Mitte der vorderen Seite dieses Zahnes zu einer talonartigen, kräftigen Knospe anschwillt, die aber vom Innenhügel durch eine starke Kerbe getrennt bleibt. Dadurch wird der Zahn in seiner Kontur stark gestreckt und erreicht einige Ähnlichkeit mit einem dreilobigen Milchzahn. Durch eine eigentümliche Drehung des Zahnes im Kiefer gegen innen sind in beiden Loben beide Hügel auf dieselbe Höhe abgekaut und, da sie ohnehin nahe aneinander und ohne jede Vor- schiebung der Außenhügel transversal einander gegenüber stehen, erscheint der Zahn fast jochartig, allerdings nur für eine ganz ober- flächliche Betrachtung. Von einer Jochbildung im geläufigen Sinne dieses Wortes ist natürlich hier ganz und gar nicht die Rede. Wie bereits früher erwähnt, hat dieser Umstand auch eine analoge Ab- kauung bei dem im OÖberkiefer liegenden Gegenzahn zur Folge, übrigens eine Erscheinung, die jedenfalls nur individueller Natur ist. Leider besitze ich nur dieses eine Exemplar, . doch dürfte es an anderen Prämolaren, die eine normale Lage im Kiefer haben, zu einer ähnlichen Usur gekommen sein wie bei den Molaren, wodurch die Ähnlichkeit mit diesen noch erhöht sein dürfte. Die Wurzeln dieses Zahnes, welche zur Untersuchung durch einen Kieferbruch zugänglich sind, sind sehr kräftig, beinahe parallel und gegen den Wurzelhals zu miteinander verwachsen. [25] Die miocäne Säugetierfauna von Leoben. 269 Die Abmessungen der Zähne des Unterkiefers sind folgende: Unterkiefer (Millimeter) | Pl | M, | M, M, Re Br u Fe a 6 a 5, 12 — Breite ar. 30% ;; Re 6°5 65 8 9 | Von besonderem Interesse ist die eigentümliche Streckung dieses Prämolars und diese ist es, welche besonders Veranlassung gibt, dieses Tier nicht mit den Dicotyliden in unmittelbaren Zusammen- hang zu bringen, obwohl diese ja infolge ihres molarisierten Prämolar- gebisses die naheliegendste Analogie bieten. Nach einer gütigen Mitteilung des Herrn Dr. Stehlin wurde eine derartige relative Stärke des ?P}Ä — länger als M& — an Dieotyliden bisher nicht beobachtet. Es scheint daher eher anzunehmen zu sein, daß wir es hier mit einem Endgliede einer Reihe zu tun haben, welche die Ent- wicklung ihrer Bezahnung in der Molarisierung der Prämolare suchte, ähnlich den Dicotyliden, die dabei aber in der Bildung ihrer Molare auf einer älteren Stufe stehen blieb, woran besonders die an den selenodonten Typus erinnernde Form jener, die oben mehrfach er- wähnt wurde, mahnt. Ihre Ähnlichkeit mit Paläochoeriden läßt den Gedanken auftauchen, eine gemeinsame Stammform beiden Formen zuzuschreiben, wobei zunächst an den unteroligocänen Propalaechoerus zu denken wäre Ob aber dieses Genus bereits als die Stammform zu betrachten wäre, oder aber ob diese in den eocänen Choeromoriden zu suchen ist, muß der Beurteilung aus einem größeren Material überlassen werden. Die letztere Annahme ist wohl wahrscheinlicher. Leider ist von den Schneidezähnen und Eckzähnen nichts vor- handen, so außerordentlich die Beschaffenheit dieser Zähne interessieren würde; vielleicht können weitere glückliche Funde uns eine um- fassendere Kenntnis dieses merkwürdigen Tieres verschaffen. Traqgulidae. Dorcatherium (Hyaemoschus) Peneckei Hofm. TEA V HIRTEN, Eie:il. In der unter [5] eingangs zitierten Publikation berichteten wir über das Vorkommen von H yaemoschus-Resten, welche in ihrer Größe zwischen H. crassus und H. Peneckei stehen. Wir ließen damals die Frage offen, ob diese einer neuen Art angehören oder ob sie einer der bereits festgestellten Spezies zuzuteilen seien und verwiesen be- trefis einer entgültigen Entscheidnng dieser Frage auf weitere Funde. Deren wurden nur einige wenige gemacht. Inzwischen aber erschien eine Arbeit Hofmanns!) über Säugetierreste aus Bosnien, in welcher er die Existenz einer solchen Hyaemoschus-Art auf Grund eines etwas vollständigeren Materials dartut und hierfür die Speziesbezeichnung »„H. Rogeri“ wählt. !) Sarajevo, 1906; der Text ist mir leider nicht verständlich. Jahrbuch d. k. k. geol. Reichsanstalt, 1909, 59. Band, 2. Heft. (A. Zdarsky.) 35 2709 A. Zdarsky. [26] Zunächst war nun daran zu denken, die Reste unserer Lokalität zu dieser neuen Art zu stellen. Wie die folgende Tabelle aber erkennen läßt, stehen sie in ihren Größenverhältnissen doch Hyaemoschus Peneckei näher, wenn sie auch die vollständige Größe dieses nicht erlangen. Es scheint mir daher richtiger, sie hierher zu ziehen, zumal, wie es in der Folge besprochen werden wird, hier auch Reste von Hwyaemoschus crassus vorkommen, die H. Rogeri an Größe nur wenig nach- stehen, die aber, mit denen der in Rede stehenden Spezies zusammen- gehalten, ganz erheblich bereits beim bloßen Anblick differieren. Außer den bereits im Jahre 1904 bekannt gemachten Zähnen (P,, M,, M, des Oberkiefers) sind mir noch ein M, des Oberkiefers und ein letzter Molar des Unterkiefers (Tafel VIII [III], Fig. 1) zugegangen. In ihrer Struktur gleichen sie vollkommen denen der bekannten Hyaemoschiden und bieten keinen Anlaß zu weiterer Erörterung. Im folgenden stelle ich ihre Abmessungen in Vergleich mit Resten anderer Lokalitäten zusammen: Oberkiefer m. kiefer Millimeter = P, M, M, M, M, Dorcatherium (Hyae- it ne 7 „r A e Hofm. Breite, vorn | 133.1. 17:5 —_ — = 125 (l. c. Taf. I, Fig. 3—6) „ten. | 14 15 RN 34 Dorcatherium (Hyae- moschus) Peneckei Hofm. | Länge . .. . — _ 16 175 = Stätzling (Roger, 1902, Wirbel- |) Breite, vorn .| — — 19 20 —_ tierreste der bayrisch- schwäbischen Hochebene, „ Ihme.| — _ 18 175 _ pag. 7, Taf. I, Fig. 6) Desgleichen Länger... “lest 145 | 15°5 — — Leoben (Hofmannu.Zdarsky,|| Breite, vorn | 16°1 er) — — 1904, 1. c. pag. 12, Taf. XV, 135 Fig. 12—14) „ hinten. | 16. | ı7 ei Hyaemoschus Peneckei Hofm. Lange; ..... m] — — — _ 24 Stallhofen (Hofmann, 1892, Beitr. || Breite, vom .| — _ — _ 13°8 zur miocänen Säugetier- fauna der Steiermark, „ hinten.| — er _ _ 129 pag. 10, Taf. II, Fig. 4 u. 5) Dorcatherium (Hyae- Dane.) 2... m —_ —_ 23°5 moschus) Peneckei Hofm. Brei Beoden reite, vorn — — — — 11 (Ts6r IT, Pie. I) n hinten. | — _ — — 11 TEE WE [27] Die miocäne Säugetierfauna von Leoben. 271 Dorcatherium (Hyaemoschus) erassum Lartet. Taf. VIII (III), Fig. 2. Von dieser Art liegen mir nunmehr eine größere Anzahl von Resten sowohl aus der Oberkieferbezahnung wie der des Unterkiefers vor. Die meisten derselben sind ungewöhnlich kräftig und, wie ich bereits vorhin erwähnte, reichen sie in einigen Exemplaren in ihren Dimensionen an Dorcatherium Rogeri Hofm. heran. Ich halte sie jedoch nieht für ident mit dieser neuen Spezies, da auch Reste von kleineren Abmessungen mit vorkommen, welche die wohl kaum aufechtbare Vermutung nahe legen, es seien nur Reste individuell oder, wahr- scheinlicher, sexuell verschiedener Individuen. In ihrem Baue stimmen sie vollkommen mit den Beschreibungen überein, die uns bereits auch in neuerer Zeit mehrfach, so von Fraas (Steinheim), Filhol (Sansan), Hofmann (Göriach) und Roger (Stätzling) mehr oder minder ein- sehend gegeben wurden. Ich glaube daher, davon absehen zu können, die einzelnen Fundstücke aufzuzählen — es sind deren von etwa zehn Individuen vorhanden — und zu beschreiben, bilde aber in Fig. 2 auf Tafel VIII (III) ein Milchgebiß des Oberkiefers ab, da mir bei Durchsicht der Literatur auffällt, daß hiervon keine guten Abbildungen existieren. Leider fehlt an unserem Exemplar der vorderste Milchzahn. D, stimmt mit der von Fraas gegebenen Abbildung, der einzigen, die ich von diesem Zahne finde, nicht gut überein. Er ist aus zwei Teilen zusammengesetzt; der rückwärtige Teil gleicht der Hinterhälfte eines Molars vollkommen, während der vorausgehende Teil nahezu das Aussehen eines Prämolars besitzt. D, ist nach dem Typus der Molare gebaut, von diesen jedoch leicht durch die von Fraas erwähnte „vordere Schmelzfalte am Außenblech des ersten Jochs“ zu unterscheiden. Im folgenden stelle ich in einer Tabelle die Abmessungen einiger Reste meiner Kollektion zusammen, aus der auch zu entnehmen ist, wie nahe die stärkeren Exemplare dem erwähnten Dorcatherium Rogeri (siehe oben bei D. Peneckei) kommen. Zum Vergleiche füge ich analog genommene Abmessungen von Ober- und Unterkieferzahnreihen zweier meiner Sammlung angehöriger Reste aus Feisternitz bei Eibiswald bei, die mit den durch die Literatur bekannt gemachten Abmessungen völlig übereinstimmen und so geeignet sind, einen Maßstab zu bilden. Im übrigen sind Tabellen zu weiteren Vergleichen in Hofmanns „Fauna von Göriach“, pag. 75 und 76, gegeben. Oberkiefer Millimeter DD, 1.1 PP, Mar Are er Dorecatherium erassum | | Lart. länge... .1162|12 | — | — | — | 25/15 — IL SEE 2) Breite, vorn | — |12 | — | — | — |14.|15°5| - Nr.1 „ hinten | 921125] — | — | — [145/155 — (M, im Herausschieben) | 272 A. Zdarsky. [28] Oberkiefer | Millimeter |D,| D,|\ PB | pP, 22 ME |, Dorcatherium erassum 1 Lart. Länge...’ — |10 I|—- | — | — | 15/13 |14 {Tar. LI, F2, 2) . M RN N A N" =. Leoben Breite, vorn 11'5 14. ‚15 | 15:5 Nr. 2 „hinten | — |12 | — | - 114) 7 5 (M, im Herausschieben) Nr. 8 Breite, vorn | — | — |.2) 9 er 13:5 155 -- (älteres Iudividuum) st sch ee pe | 13 1a Desgleichen Länge B Kr 2. 7 Gsr ar a3 14 11 ur Nr. 4; Breite, vorn — | — | — | — | -— /13 |135| — (älteres Individuum) a inte] N Dorcatherium erassum |Länge. . .| — | — | — |125| 910 |12°5| 12-5 Lart. i - di ö Forxtemnitz Breite,vorn — | — | — | 5 Iıı 12514, 14:5 (im Besitze des Verfassers) | „ hinten —ı — | -— i 125| 14.18 Unterkiefer ') | Millimeter A, | 2, | PR I M|I|M|M\R—-%M, Doreatherium erassum || Länge. . .|145| 14 |12'5'125|14 2 Lart. Breite, woman) o.| — 7-28 | Team 88 Leoben „= schrntensdlj,® 6.687,95 01212 j || t Desgleichen Länge. -.| — | 13 |12°5 12-5| 12 |19 Feisternitz Breite, vn | —- |— | — | 75 9 | 95 81?) (im Besitze des Verfassers) | „ hinten | — B44:6.4158/429:51 JO | | | Nicht unerwähnt will ich lassen, daß ein mir vorliegender Eck- zahn des Oberkiefers, den ich hierher stelle, ebenfalls um ein Geringes stärker ist als die durch die Literatur bekannten analogen Zähne, was mit Obigem im Einklang steht. : An Extremitätenknochen wurden außer einem Bruchstück mit dem Unterende des rechten Humerus und einem Astragalus, welche mit den von Fraas (Steinheim) gegebenen Darstellungen recht wohl übereinstimmen, nichts gefunden, was mit einiger Sicherheit hierher zu ziehen wäre. 1) Siehe hierzu auch [5] pag. 587 (11). °) Mit Berücksichtigung der Alveole von P,. ee nd a Be re Te ee [29] Die miocäne Säugetierfauna von Leoben. 213 Dorcatherium (Hyaemoschus) Guntianum H. v. M. Von dieser Art liegen mir drei Unterkieferfragmente vor, von denen zwei bereits in dem im Jahre 1904 erfolgten Berichte erwähnt und abgebildet wurden. Das neu erworbene Stück zeigt. in frag- mentarischer Erhaltung M, und M, gerade zur Genüge, um eine sichere Bestimmung zu ermöglichen. Cervicornia. | Palaromery& Kaupi H. v. M. "Taf. VOL (ID), Fig. 3 u. 4. . Nur einige dürftige Reste sind es, die von dieser Art vorliegen: ein Fragment eines Molars aus dem Oberkiefer, ein Prämolar des Unter- kiefers sowie ein Astragalus, der jedoch teilweise Beschädigungen zeigt. Der Molar — M, links oben — den ich in Fig. 3 der Taf. VIII (III) abbilde, ist leider arg beschädigt; es fehlt an ihm die sanze Außenwand. Doch läßt sich dem Fragment ganz: gut entnehmen, daß er dem von Schlosser aus Tuchorschitz !) bekannt gemachten analogen Zahn (pag. 11, Taf. I, Fig. 5) von Palaeomeryx cfr. Kaupi ziemlich ähnlich sieht. Nur scheinen die Dimensionen unseres Zahnes um ein Geringes größer zu sein. Der Sporn der Marke am rück- wärtigen Innenmond ist noch deutlich erkennbar, während die ähnliche Bildung am Vordermond bereits ursiert ist. Dimensionen anzugeben ist der Beschädigungen wegen nicht gut möglich. Die: Dimensionen des Prämolars, P, links, sind erheblich kleiner als jene eines analogen Zahnes aus einem Unterkiefer von Feisternitz?), stimmen aber mit einem gleichen Zahn aus Tuchorschitz (nach Schlosser, 1. c. pag. 10, Taf. I, Fig. 9) nahezu genau überein. Für Dicrocerus elegans Lart. ist er zu groß. Seine Abmes- sungen, verglichen mit denen anderer Lokalitäten, sind: Leoben Georgensgmünd .Tuchorschitz Feisternitz p Baus 2. 2. 15 EEE ii 15:6 a] ErBrefte ... . 3 95 10 ee Bezüglich seiner Form verweise ich auf die auf Taf. VIII (III), Fig. 4, gegebene Abbildung, sie bietet kaum etwas besonders Her- vorzuhebendes. Vielleicht wäre hierher auch der von Redlich [6] gemeldete P, des Oberkiefers von Palaeomeryx Bojani H. v. M. zu ziehen; leider fehlen diesem Berichte sowohl Abbildungen wie auch Angaben der Dimensionen, so daß ein Vergleich nicht möglich erscheint. 1) M. Schlosser, Zur Kenntnis der Säugetierfauna der böhmischen Braun- kohlenformation, Prag 1901. ?) A. Zdarsky, Zur Säugetierfauna der Eibiswalder Schichten. Jahrbuch der k. k. geol. Reichsanstalt 1907, pag. 443, Taf. IX, Fig. 9. 374 A. Zdarsky. [30] Lagomeryxz Meyeri Hofm. sp. Taf. VIII (III), Fig. 5. Diese Spezies wurde bereits [5] auf Grund zweier fragmentarisch erhaltener Unterkieferäste signalisiert; seither kam noch ein M, des Öberkiefers hinzu, welcher hierher zu stellen ist. Derselbe entspricht vollkommen der Beschreibung Hofmanns!) und auch die Maßzahlen, welche er angibt, gelten für unseren Zahn. Die Marke, welche der rückwärtige Innenmond in die seichte Marke entsendet, ist deutlich entwickelt und trotz der vorgeschrittenen Abkauung noch zu konstatieren. Schlosser?) hebt mit Recht hervor, daß die bisher unter dem Genusnamen „Palaeomeryx“ vereinigten Formen generisch zu trennen seien und Roger?) schlägt daher für die kleinen Formen den Gattungsnamen Lagomeryx vor. Nachdem dieser Vorschlag nur zu billigen ist und auf wohl begründeten Voraussetzungen fußt, so habe ich nunmehr die bei uns vorkommende Art mit dem neuen Genus- namen versehen. Dierocerus elegans Lartet. Von dieser von hier bereits bekannten Art liegen mir nur Unter- kiefermolare vor, welche die Zugehörigkeit zu dieser Art in keiner Weise verkennen lassen. Sie stimmen ganz zu den Beschreibungen, die bereits mehrfach gegeben wurden. Es scheint, daß Tiere dieser Spezies gerade nicht häufig hier vorkamen, denn die Reste, die mir vorliegen, stammen nur von drei Individuen. Einer hiervon zeigt: Länge von M, 28, Breite 10°5 mm s u MD ae KD Diese Maße, verglichen mit jenen der Reste von Göriach (nach Hofmann), zeigen nur unbedeutende Verschiedenheiten. Weit zahlreicher scheint Dicrocerus furcatus Hensel Taf. VIII (III), Fig. 6-9 hier verbreitet gewesen zu sein, wie die mir vorliegenden Relikte von etwa 8 bis 10 Individuen zeigen. In Fig. 6 auf Taf. III bilde ich einen Öberkieferrest dieser Art mit der Milchbezahnung, in Fig. 7 ein Unterkieferfragmentmit D,—M, ab. Alle Zähne zeigen ganz aus- gesprochen den Charakter dieses den Paläomeryciden nahestehenden Genus, besonders natürlich jene, welche noch wenig in Benützung gestanden sind, wie die abgebildeten. !) L. c., Göriach, pag. 61. 2) L. e., Bohnerze, pag. 125. 3) O.Roger, Wirbeltierreste aus dem Obermiocän der bayrisch-schwäbischen Hochebene. 36. Bericht des Naturwissenschaftlichen Vereines für Schwaben und Neuburg, 1904, pag, 18. [31] Die miocäne Säugetierfauna von Leoben. 275 Die. Oberkiefermolare weisen eine sehr kräftige Entwicklung der Sporne in den Innenmonden auf, die Außenwand zeigt die typischen Falten dieser Form. An den Unterkiefermolaren ist der be- kannte Palaeomeryx-Wulst neben den übrigen charakteristischen Merk- malen wohl entwickelt. Die Milchzähne stimmen mit den Abbildungen und der Beschreibung von Fraas (Steinheim) vollkommen überein. Nur in einem Punkte unterscheiden sich die Reste unseres Dierocerus von denen aus Steinheim, sie sind nämlich durchweg etwas schwächer, wie Vergleiche sowohl nach der Literatur als auch nach verschiedenen in den Sammlungen vorgefundenen Resten ergeben haben. Mit dem vorerwähnten Lagomeryx Meyeri Hofm. sind sie jedoch nicht zu vereinigen, da sie für diese Art zu groß erscheinen, abge- sehen davon, daß sie in typischer Weise die von Schlosser geltend gemachten Merkmale des Dicrocerus-Genus tragen. Nachdem aber Hofmann vom Labitschberg!) ähnliche Reste von nahezu gleichen Dimensionen beschreibt, so scheinen diese Unterschiede tatsächlich nur lokaler Natur zu sein. Die Angabe einiger Maße möge dies erläutern. Oberkiefer Millimeter D, | D, M, | M, M, Dier B . 1 Pan catus Länge (der ; | (Taf. HT; Fig. 6) Au enwand) . tal 1 11 13 = Leoben h “ 2 3 RR (junges Individuum) Breite (größte) 75| 105) 13 13°5 ! Länge (der | Desgleichen Außenwand) — _ 10 ? 12 (altes Individuum) | Breite (größte) | — — 12 14 13°5 Unterkiefer Millimeter DI’ BA1lB: Al 3). 1 6 Dierocerus furcatus Hensel Lange. 22.7 ae (Taf. III, Fig. 7) Breite 2...) 59 el —| 7 )— T.—- Leoben | : ä ..:..1-|—-|-—-)|- | - |115| 16 Desgleichen en re . äng ee er es, = > le ce ae | | - 1) L. c. pag. 552% 976 A. Zdarsky. [32] Auf Taf. VIII (III) in den Fig. 8 und 9 sind zwei Geweihreste abgebildet, die ich hierher zu’ stellen für richtig halte. Das eine gleicht sehr dem von Fraas]. c. auf Taf. XI, Fig. 1, dargestellten Spießgeweih, wahrend das andere deutlich den von Roger‘) charak- terisierten Furcatus-Typus zeigt. Die Querschnitte der Bruchflächen habe ich den Abbildungen beigefügt, denen auch unschwer die be- treffenden Dimensionen entnommen werden können. Cavicornia. Antilope cristata Biedermann. Taf. VIII (ID), Fig. 10--20. Über diese Art berichteten wir schon [5] ausführlicher. Bereits damals konnten wir hervorheben, daß weitaus die meisten Funde an unserer Lokalität dieser Antipolenart angehören und so blieb es bis jetzt. Es liegen mir daher nun außer den Originalien der erwähnten. Arbeit, eingerechnet den schönen Schädelrest, etwa zwei Dutzend mehr oder minder gut erhaltene Unterkieferreste, etwa zehn Stück solcher des Oberkiefers vor, dazu noch etwa fünf Dutzend loser Zähne von oben und unten. Dies zeigt genügend, welch hervorragenden Anteil diese Art an der Zusammensetzung unserer Fauna nimmt, ja sie drückt ihr dadurch ein ganz charakteristisches Gepräge auf, das sie scharf von den Faunen der anderen steirischen Lokalitäten unter- scheidet. Nur die Kohle vom Labitschberge lieferte auch einige Reste von Antilopen. Bezüglich der Struktur der Zähne selbst kann ich trotz des reichen vorliegenden Materials kaum etwas sagen, was nicht schon von früher‘ 5) bekannt wäre. Zur Ergänzung der damaligen Ausführungen bilde ich in Fig. 10—13 der Taf. VIII (IT) einige Zahnreihen ab. Auch der Ähnlichkeit, wenn nicht Identität, unserer Form mit Antilope clavata Gerv. wurde damals bereits gedacht. Die Dimensionen einzelner Exemplare sowohl der Oberkiefer- bezahnung wie auch der des Unterkiefers haben wir (1. c. pag. 591—595) im Vergleiche mit Biedermanns Originalien und mit Antilopenarten aus Sansan schon gegeben. In Hinsicht auf die Menge des neueren Materials glaube ich aber, daß es von Interesse sei, hier noch die Grenzwerte anzugeben, zwischen welchen sich diese Zahnreihen bewegen. Sie sind folgende: | Unterkiefer Mi P,IB BR \ArzI I EM Re Antilope eristataBied.| Länge .|9 101118, 308 | 10:5) 12-3| 18-5| 40 ‘1 Leoben || Größte (das größte Exempl.) || Breite, |4'8| 6| 65 | — 82,910 ,— = !) L.: c. (1900) 'pag. 63. : 217L..:c,.[b], pae.c591, Schlosser, Bohnerze, pag. 83. Hofmann, Labitschberg, pag. 548, mit weiterer Literaturangabe. n [33] Die miocäne Säugetierfauna von Leoben. 277 Unterkiefer | (2er B-Prlm| m; m m-mRm Antilope eristata Bied.| __ | a Leoben Länge .„|65]9| 9 |235 [11 |12 |168 41 65 | (die kleinsten Exp].) || Größte a) Prämolarreihe .!| Breite. 455155 — 731. Bas ee _ Länge . —|9| 98|245')| 95/1051 16 | 355 | 60%) db) Molarreihe. . Größte Breite | —|5|6 — 7.5) 85 8 —_ —_ Wie aus dieser Tabelle zu entnehmen ist, sind die Größen- unterschiede ziemlich bedeutende und betragen etwa 15°/, der größten Zahnreihe. Von großem Interesse ist hierbei ein Vergleich des ersten und zweiten Exemplars; bei fast gleicher Molarreihenlänge ist der Unterschied in der Prämolarreihe ein ganz erstaunlicher. Hieran ist wohl besonders die verschiedene Ausbildung des vordersten Prämolars schuld, welcher bei dem zweiten Rest nahezu verkümmert gegenüber dem ersten erscheint. Da aber ein anderer Rest einen ähnlichen kleinen Prämolar besitzt, so kann dies wohl kaum als ein individuelles Merkmal bezeichnet werden, vielleicht eher eines sexuellen Unter- schiedes. Hierfür würde auch der kräftige Bau der erstangeführten Zähne sprechen, der deutlich in dem Verhältnis zwischen Länge und Breite der Molare zum Ausdrucke kommt. Von ganz besonderem Werte für die Artbestimmung war der Fund einiger Hornzapfen. Wenn wir auf Grund des l. c. beschriebenen Schädelrestes mit ziemlicher Sicherheit auf eine nach rückwärts geneigte Lage der Hörner schließen konnten, so erfährt nun diese Diagnose eine schöne Bestätigung durch die neuen Funde. Ich bilde hiervon einen auf Taf. VIII (III) in Fig. 14 und 15 ab und zeichne auch den Querschnitt des Zapfens dazu. Von den Extremitätenknochen kamen zu den bereits beschriebenen Knochen eine größere Anzahl sowohl des Hinter- wie des Vorder- fußes dazu, von denen ich eine Auswahl auf Taf. VII (ID in natürlicher Größe abbilde. Eine Identifizierung unserer Art mit dem Cervus lunatus H. v. M. ist nach den vorliegenden Resten ausgeschlossen, wenn auch hierbei betont werden muß, ‘daß ohne den Fund des erwähnten Schädelrestes und der Hornzapfen eine Unterscheidung beider Arten kaum durchzuführen wäre. Denn die Zähne unserer Art erinnern auffallend an Cervidenzähne, im besonderen wenn sie bereits etwas abgekaut sind. Beachtenswert ist es, daß sich an ihnen nicht nur in der Größe, wie bereits l. c. [5] erwähnt, sondern auch in der Aus- bildung der Basalpfeilerchen, der Schmelzfältchen u. dgl. Differenzen zeigen, die aber durch allerlei Zwischenformen innig miteinander ver- bunden sind. Wollte man daher annehmen, daß diese beiden Arten hier nebeneinander gelebt hätten, so wäre es schwierig, wenn nicht gar unmöglich, unter den die geringfügigen Unterschiede vermittelnden !) Mit Alveole von P.. Jahrbuch d. k. k. geol. Reichsanstalt, 1909, 59. Band, 2. Heit. (A. Zdarsky.) 36 278 A. Zdarsky. [34] Zwischenformen die entscheidende Grenze zu finden. Da jedoch für diese Annahme jede Grundlage fehlt ziehe ich daher es vor, alle Reste zu der hier sicher erwiesenen Antilope cristata zu ziehen. Schlosser!) macht die Existenzberechtigung des Cervus lunatus durch die Beobachtung wahrscheinlich, daß im Dinotheriensande von Günzburg zwar Zähne dieser Art keineswegs selten, dagegen Horn- zapfen bisher nicht gefunden wurden. Es ist dies jedenfalls merk- würdig, bietet aber natürlich noch nicht einen Beweis, daß diese Reste nicht doch zu unserer Antilope gehören, die jedenfalls mit der gleichen Bezahnung als erwiesen gelten muß. Danach scheint es, als wäre der „Cervus lunatus“ überhaupt fallen zu lassen und die so bezeichneten Reste hierher zu stellen. Antilope sp. indet. Einen Hornzapfen, den ich auf Taf. VIII (III) in Fig. 21 und 22 darstelle, der jedoch sicher nicht zu oben erwähnter Art gehört, schalte ich vorläufig noch aus der näheren Erörterung aus, da diese sich kaum auf mehr als Vermutungen erstrecken könnte. Er scheint, die Anwesenheit einer anderen, neuen Antilopenart hier anzuzeigen; es wäre auch nicht ausgeschlossen, daß einzelne bisher noch zur Anti- lope cristata gerechnete Bezahnungsreste hierher gehören könnten. Ich behalte mir vor, darüber weiteren Bericht zu erstatten, sobald das Material hierfür genügend vollständig erscheint. Proboseidia. Mastodon angustidens Cuv. Zahnreste dieses nahezu in allen steirischen Ablagerungen ver- tretenen Elephantiden finden sich auch hier nicht gerade selten, doch gut erhaltene Zähne hiervon kommen nicht häufig vor. Was mir vor- liegt, sind meist Bruchstücke und einige stark ausgekaute Zähne, über welche bereits kurz Bericht [5] erstattet wurde; neu kommt ein Milchzahn hinzu. Einen schöneren Rest beschreibt Redlich [6]; das Original seiner Arbeit wird in der paläontologischen Sammlung der hiesigen Montanistischen Hochschule aufbewahrt. Dinothertum bavaricum H. v. M. Eine ziemlich vollständige Bezahnung dieser Spezies konnten wir bereits l. c. [5] beschreiben und abbilden; seither ist mir nur ein Zahn dieser Art mehr zugegangen, der wenig bietet, was ihn einer weiteren Erörterung wert zeigen würde Es ist ein P, (der hinterste Prämolar) des linken Unterkieferastes; seine Form stimmt mit der gegebenen Beschreibung (pag. 582) vollkommen überein, nur ist er etwas größer. Die Dimensionen dieses Zahnes sind folgende: ) L. c., Bohnerze, pag. 8$. [35] Die miocäne Säugetierfauna von Leoben. 279 Länge 52, Breite vorn 45, hinten 45 mm (vgl. hierzu die Tabelle l. ec. pag. 583; die Breitendimensionen daselbst sind infolge eines unliebsamen Druckfehlers mit 48 statt 40 mm angegeben). Rodentia. Steneofiber (Chalicomys) Juegeri Kaup sp. Taf. VI (D, Fig. 11. Die vielen Funde dieser Art von Untersteiermark, von Voits- berg!) usw., die so manches schöne Stück geliefert haben, werden von dem vorliegenden an Vollständigkeit weit übertroffen. Es sind deren zwei; ein Schädelrest und ein Unterkieferast. Besonderes Interesse erweckt der erstere. Es muß der vollständige Schädel allerdings in verdrücktem Zu- stande vorhanden gewesen sein; bei der Auffindung desselben jedoch durch die Arbeiter ist der größte Teil der Schädelknochen in Verlust gekommen. An der Oberseite ist noch im Sandstein der Abdruck des ziemlich breiten Großhirnes ersichtlich, leider sind die Begrenzungen abgerissen. Auch zeigen sich hier Fragmente des Jochbeines und des Schädeldaches. Die Unterseite bietet die Gaumenansicht des Ober- kiefers mit beiden kompletten Zahnreihen dar. In dieser Ansicht wurde ‘ das Stück auf Taf. I in Fig. 11 abgebildet. Die Gaumenplatte ist mehr- fach gebrochen, Nähte der einzelnen Knochen nicht wahrnehmbar. Die ganze Zahnreihe vom Prämolar bis zum letzten Molar mißt 22 mm, ist somit dem Reste von Voitsberg gleich. Die Dimensionen der einzelnen Zähne sind wie folgt: Oberkiefer | P | m, | u, | m, | P-M, eo a wer, 1: 45 5 5 22 Eee 82 7 6°3 6 _ | Schlosser?) lagen keine vollständigen Oberkieferzahnreihen vor. Die Gaumenplatte trägt in ihrer Mittellinie eine starke Rippe; rückwärts ist das Gaumenbein S-förmig ausgeschnitten. Der Ober- kieferknochen reicht an der Außenseite hoch an die Zahnkrone, innen erhebt er sich hingegen nur wenig über die Ebene der Gaumenplatte. Die Zahnreihen divergieren stark nach hinten, die Breite zwischen den Prämolaren beträgt 13, zwischen den letzten Molaren zirka 19 mm. Der Unterkieferast scheint von einem älteren Tiere zu stammen; an ihm sind nur drei Zähne erhalten, der vierte ist abgebrochen, M, stark beschädigt. Es erscheint dieser Rest daher kaum für eine Abbildung geeignet, zumal Unterkieferreste dieser Art ja ohnehin nicht selten sind und oftmals in der Literatur erwähnt werden. !) A.Hofmann, Über einige Säugetierreste aus der Braunkohle von Voitsberg und Steieregg bei Wies, Steiermark. Jahrb. d. k. k. geol. R.-A. 1887. 2) M. Schlosser, Die Nager des europäischen Tertiärs nebst Betrach- tungen über die Organisation and die geschichtliche Entwicklung der Nager über- haupt. Palaeontographica, XXXI. Bd. 36 280 A. Zdarsky. [36] Inseetivora. Galerix ewilis Blainv. (Parasorex socialis H. v. M.). Tai. 9 L.(I), Fig: 12. Reste dieser Art erwähnt Hofmann aus Göriach und unter „Parasorex sp.“ berichtet Redlich [4] von einem Funde an unserer Lokalität, der wohl auch hierher zu ziehen ist. An anderen steirischen Miocänablagerungen wurden bisher noch. keine Reste dieses Insekten- fressers gefunden; es ist jedoch nicht wahrscheinlich, daß es dort keine zu finden gibt, sondern daß derlei zarte Reste in Kohlengruben, denen nicht eine systematische Überwachung zuteil wird, allzuleicht übersehen werden, zumal ja Funde solch kleiner Tierreste überhaupt hier eigentlich nur Zufälligkeiten sind. Es liegt mir von dieser Art nur der Rest eines einzigen Indi- viduums vor; dieser allerdings in sehr schöner Vollkommenheit. Vom Oberkiefer sind Zähne beider Reihen vorhanden, der rechte Unter- kieferast ist teilweise, der linke komplett erhalten. Das Tier scheint nicht alt gewesen zu sein, die Abkauung läßt die Charaktere der Bezahnung noch sehr deutlich erkennen. Diese wurden bereits an der Hand eines reichhaltigen Materials aus Steinheim von Fraas a.a.0. pag. 153 beschrieben und es ist nur wenig, was ich dieser Be- schreibung hinzufügen möchte. Die Schneidezähne des Unterkiefers, von bekannter Form, stehen in unterbrochener Reihe schief nach innen gewendet im Kiefer, der dritte ist bedeutend kleiner als seine Vorgänger. Der Eckzahn, der von Schlosser!) als schwach geschildert wird, ist sehr kräftig, stiftförmig und ragt senkrecht aus dem Kiefer beinahe 4 mm heraus. Hierauf folgen vier Prämolare, wovon der erste einwurzelig war, wie aus der Alveole ersichtlich ist. P, und P, sind klein, P, hingegen sehr entwickelt; er trägt an der Basis seiner Vorderschneide sowie auch hinten innen kleine Nebenzacken. Die Molare nehmen von M, nach M, beträchtlich an Größe ab. Was Fraas veranlaßte, die sonderbare Zahnformel 3.1.4.3 2.2.4.3 zu konstruieren, ist mir unklar, jedenfalls ist die, welche Schlosser a. a. OÖ. gibt, die richtige. Den letzten Inzisiv als einen zweiten Eck- zahn anzusprechen, fehlt jeder Grund. Vom Oberkiefer liegen die Zahnreihen beider Häften vor, jedoch beiderseits unvollständig. Den einschlägigen Beschreibungen, die Fraas und Schlosser geben, ist nichts hinzuzufügen. Zwei kleine lose Zähnchen dieses Restes sind vielleicht als Inzisive des Oberkiefers zu deuten, es könnten dies aber — mit größerer Wahrscheinlichkeit — die vordersten Prämolare der beiden Unterkieferäste sein. ) M. Schlosser, Die Affen, Lemuren, Chiropteren, Insectivoren, Mar- supialier, Creodonten und Carnivoren des europäischen Tertiärs, Wien 1890. EURER [37] Die miocäne Säugetierfauna von Leoben. 381 In seinen Größenverhältnissen scheint der Rest am besten mit jenem zu stimmen, den Deperet!) von Grive-St. Alban beschreibt; jedenfalls ist der vorliegende der größte dieser Art, der bisher be- kannt wurde. Die Länge der Zahnreihe des Unterkiefers von PA—M; beträgt 15, von P,—P, 65, von M,—M, 85 mm, wozu allerdings bemerkt werden muß, daß die Prämolare nicht satt aufeinanderfolgen, sondern kleine Lücken dazwischen lassen. Ich bilde zum Vergleiche den Kiefer auf Taf. VI (D, Fig. 12 ab, mache jedoch zur Beurteilung der Form und Größe des Kieferkörpers aufmerksam, daß der Rest etwas verquetscht ist. Die Größenverhältnisse lassen jedenfalls keine auffallenden Unter- schiede gegenüber den Exemplaren von Steinheim, Grive-St. Alban etc. erkennen; gegenüber dem Reste von Göriach aber, den Hofmann beschreibt, besteht eine derart bedeutende Differenz, daß ich geneigt wäre, den bereits von Hofmann geäußerten Zweifel bezüglich der Bestimmung des Göriacher Restes zu dieser Art zu teilen. Weitere Reste von Insectivoren liegen mir nicht vor. Redlich erwähnt noch [4] einen Unterkieferast von Talpa minuta Blainv. aus unserer Lokalität; obwohl ich aus meinem Material diese Art nicht hier konstatieren kann, führe ich sie der Vollständigkeit wegen an. Der Rest wird in der geologischen Sammlung der hiesigen Mon- tanistischen Hochschule aufbewahrt. Carnivora. Reste von Carnivoren sind in unserer Ablagerung außerordent- lich selten; und die bis jetzt zutage gefördert wurden, sind meist so schlecht erhalten, daß eine präzise Bestimmung derselben sehr erschwert wird. Aus der Literatur sind von hier bisher bekannt geworden ein Unterkieferast von Plesictis leobensis Redl., eine neue Plesictis-Art, zu welcher Redlich [4] den von Deperet?) signalisierten Oberkieferrest von Grive-St. Alban zieht, ferner zwei Zähne von Amphicyon cf. steinheimensis Fraas [6], und ein Prämolar von Ursavus brevirhinus Hofm. |6). Den Berichten das Verfassers nach liegen diese Reste in der geol.- paläontologischen Sammlung der hiesigen Montanistischen Hochschule. Meine Aufsammlungen lieferten ebenfalls nur spärliche Carnivoren- reste, und zwar sind es deren vier, die mir vorliegen. Von diesen ist 1) L. e. pag. 41, Pl. I, Fig. 22—23. 2) L. c., Grive-St. Alban, pag. 30, Pl. I, Fig. 13, 13a. 282 A. Zdarsky. [38] jedoch einer, bestehend aus zwei sehr kleinen losen Zähnchen, einem Inzisiv und einem Prämolar, kaum bestimmbar. Die übrigen sind folgende: Martes (Mustela) cf. Filholi Dep. Tacyı (l), Vie, 13, Auf Taf, VI (D m Fig. 13 bilde ich das Fragment eines rechten Unterkieferastes ab, das noch den Reißzahn M, unverletzt trägt; hinter demselben ist es abgerissen. Von den Prämolaren sind nur dürftige Scherben vorhanden. Der Reißzahn zeigt den Charakter der Musteliden; die Innen- spitze des vorderen Zahnteiles ist gegenüber der äußeren Hauptspitze zurückgeschoben und bedeutend reduziert, übrigens auch stark ab- genützt. Der Talon ist sehr groß, grubig und überaus einfach gestaltet. Der ganze Zahn besitzt eine Länge von 8 mm gegenüber 87 mm an Unterkiefern aus den Günzburger Sanden (nach Schlosser); die Länge von P,—P;, den Alveolen nach gemessen, beträgt 10°5 gegen 115 mm der Schlosserschen Angabe. Leider ist M, abgebrochen und auch die Alveole dieses so wichtigen Zahnes nicht vorhanden. Nachdem gegenüber den Günzburger Exemplaren eine gewisse Größenverschiedenheit besteht, so bin ich nicht sicher, ob unser Rest tatsächlich dieser Art angehört. Jedoch scheint mir, soweit die Dürftig- keit des Restes eine Beurteilung zuläßt, daß diese zunächst zum Ver- gleiche heranzuziehen seien. Viverra sp. Taf. VI (I), Fig. 14. An dem auf Taf. VI (I), Fig. 14 dargestellten Unterkiefer ist nur der P, vorhanden. M, und M, sind durch Wurzelfragmente an- gedeutet, vor dem P, ist der Kiefer abgebrochen. Der Prämolar trägt vorn ein ausgeprägtes Basalknöspchen, hinten ist er erweitert, von einem kräftigen Basalwulst umsäumt und mit einem schon etwas abgeschliffenen Höcker an dem Hinterabfall des Hauptzackens verziert. M, fehlt. Bezüglich der Beschaffenheit von M, läßt sich konstatieren, daß er einwurzelig war, die Wurzel ist in der Kieferrichtung oval gestreckt. Nach diesen allerdings spärlichen Merkmalen dürfte der Rest mit einiger Sicherheit in den Formenkreis der Viverriden zu ziehen sein. Er würde vielleicht mit Fiverra sansaniensis zu vereinigen sein, von welcher uns durch Gervais?) und Filhol?) Beschreibungen und Abbildungen eines Mandibelfragments gegeben werden, da die Größenverhältnisse gut zusammenstimmen. 1) L. c., Die Affen etc., pag. 139 (363), Taf. VIII, Fig. 25—27. ?) P. Gervais, Zoologie et Pal&eontologie francaises, II. Ed., 1859, pag. 222, pP]. XXI OH 1; 2) L. c., Sansan, pag. 118, Pl. V, Fig. 10—12. [39] Die miocäne Säugetierfauna von Leoben, 283 Millimeter | E M, M, Sansan (nach Filhol) Kansa nr: ||,8 10 | 25% Breite‘, \..; 3 43| — Leoben (Taf. I, Fig. 14) Länge. .. 8 10.1),3%) Breite. ı ..: | $8 — — | Jedoch bezweifelt Schlosser?) die Existenzberechtigung dieser Art; nachdem „der entscheidende M, vollständig fehlt, ist es daher bei der Schlankheit der P und M überaus zweifelhaft, ob wir es hier mit einer Vierra zu tun haben“. Mit Viverra leptorhyncha Filh. von Grive-St. Alban, welche Art auch in Göriach nach Hofmann?°) und Schlosser‘) vertreten war, wäre unser Rest ebenfalls in Vergleich zu ziehen. Da jedoch an dem von Filhol und Deperet?) erwähnten Exemplar unser Zahn fehlt, ist eine Diagnose schwierig. Im Einklang mit diesem Vergleich steht die Erörterung Schlossers über die allenfallsige Identität dieser Art mit Oynodictis (Elocyon?) göriachensis Toula ®). Sollte dieser letztere Rest, den Toula ]. c. beschreibt, zu Viverra leptorhyncha Filh. zu ziehen sein, dann wäre auch der vorliegende Kiefer dazu zu rechnen, da beide Prämolare in Größe und Form recht gut übereinstimmen. Allerdings ist an dem Exemplar von Göriach über die Beschaffenheit des M, (bezw. M,?) nichts bekannt. Gehört jedoch dieser Rest zu Cynodon, wie Schlosser]. c. unter gewissen Voraussetzungen meint, dann hat natürlich unser Rest mit diesem keine Beziehung. Ich belasse daher vorläufig diesen Rest ohne nähere Spezies- bezeichnung und stelle weiteren Funden die Entscheidung anheim. Felis tetraodon Blainv, Taf. VI (T), Fig. 15. Ein einziger Zahn, und zwar der zweite Prämolar der linken Oberkieferhälfte zeigt die Anwesenheit dieser Katzenart an unserer Lokalität. Ich bilde denselben auf Taf. VI (I) in Fig. 15 ab. Er stimmt mit den von Filhol publizierten analogen Resten von Pseudo- elurus quadridentatus Gerv. aus Sansan’?) sehr gut überein, ja die Maßzahlen dieser Zähne decken sich vollkommen mit Ausnahme der Zahnhöhe; unser Zahn ist etwas niedriger. Nachdem auch aus Göriach !) Der Alveole nach gemessen. ?) L. c,, Die Affen ete., pag. 10 (396). ®) L. c., Göriach, pag. 36, Taf. II, Fig. 2—5. *) I, e., Die Affen etc., pag. 9 (395) und pag. 37 (261). 5) L. c., Grive-St. Alban, pag. 33. °) F. Toula, Über einige Säugetierreste von Göriach bei Turnau. Jahrb. der k. k. geol. Reichsanstalt, 1884, pag. 386, Taf. VIII, Fig. 1—10. ?) L. c., Sansan, pag. 73, Pl. IV, Fig. 1--10. 84 A. Zdarsky. [40] ein etwas vollständigerer Rest dieser Art bekannt ist, so kann ihr Vorkommen an unserer Lokalität nicht befremden. Allerdings sind diese zwei Funde bisher die einzigen eines größeren Feliden in den steirischen Kohlenablagerungen. Der Hauptzacken des Zahnes trägt an der Basis seines Vorder- abfalles ein kleines Hügelchen, die rückwärtige Schneide ist etwas konvex gekrümmt und trägt in dem Basalwulst, der gegen innen sich zu einem kleinen Innentalon erweitert, einen ansehnlichen Nebenzacken. Die talonartige Innenseite des Zahnes wird separat von einer Ver- stärkung des hinteren Wurzelastes gestützt. Die Länge des Zahnes ist 12, seine größte Breite 6 mm, gleich dem oben zitierten Reste aus Sansan. Um einen Vergleich der Leobener Fauna zunächst mit Faunen der anderen steirischen Lokalitäten zu ermöglichen, stelle ich auf pag. 2585 eine Übersichtstabelle zusammen. Hierzu bemerke ich, daß ich die ver- schiedenen Fundstellen des Wies-Eibiswalder Reviers unter einem zusammenfasse, also Wies, Feisternitz, Eibiswald, Vordersdorf, Kalk- grub, Steieregg, Schönegg und Gaisseregg, da sie sämtlich in gleich- alterigen Schichten und örtlich so nahe aneinander liegen, daß eine solche Zusammenfassung natürlich ist. Aus dem gleichen Grunde nehme ich die Stellen des Köflach -Voitsberger Beckens, an denen Funde von Säugerresten gemacht wurden, zusammen, wie Stallhofen, Voits- berg, Tregist, Oberdorf, Rosental, Schaflos, Lankowitz und Piberstein. Damit hoffe, ich die Tabelle übersichtlicher zu gestalten und sie auch dem mit den Ortlichkeiten nicht so Vertrauten brauchbarer zu machen. Die Angaben, die ich bezüglich dieser beiden Lokalitäten mache, habe ich zumeist der von Bach [7] gemachten analogen Zusammen- stellung entnommen, aus der die Verteilung auf die einzelnen Fund- stellen selbst entnommen werden kann. Es ist von Interesse, an der Hand dieser Tabelle Vergleiche der einzelnen Faunen zu ziehen. Die größte Übereinstimmung zeigt unsere Fauna mit jener des Wies-Eibiswalder Beckens. Sehen wir von den Insectivoren und Carnivoren ab, welche hier wie dort nur spärliche Reste meist generell verschiedener Formen hinterließen und so kaum einen ver- läßlichen Anhaltspunkt für Vergleichszwecke bilden, dann bemerken wir, daß beiden Ablagerungen ein großer Teil der übrigen Arten gemeinsam ist; natürlich vorzugsweise solcher Tiere, die vermutlich herden- oder rudelweise lebten und welche daher besonders geeignet sind, bei stratigraphischen Vergleichen herangezogen zu werden, da ja Funde von Resten solcher Tiere weniger vom Zufalle abhängen, als solcher, die einzeln zu leben gewohnt sind. Insbesondere ist Gewicht zu legen auf folgende gemeinsamen Formen: Anchitherium aurelianense, Aceratherium tetradactylum (= Rh. austriacus pP. P.), Ceratorhinus sansaniensis, Hyotherium Soemmeringi, Dorcatherium crassum, Mastodon angustidens und Steneofiber Jaegeri. Die Gemeinsamkeit dieser Tiergesellschaft scheint deutlich auf ein gleichesAlter beiderAblagerungen hinzuweisen. Es darf aber nicht unterlassen werden, darauf hinzuweisen,. daß die hier so häufig vorkommende Antilope im Wies-Eibiswalder [41] Die miocäne Säugetierfauna von Leoben. 985 a = R EPD en ie mn a ro 61: z = I12-|&ä»| 5 | 2855] © | ‚a sssr 8 oe |Be |83| 3 Be os ISazE 7 ar 3 IR3le2| 8 | 8a8| ® | 29 Eaael a E a 5.2 RZ} PL S «4 SIT f2| :ö er SR = | $o8 & KB > =) > BE >| © ade) 2 es Marnsal 2 > 8 oo 9% a o=8 an „A De aaa Cuv. k Aceratherium tetradacty- lum Lart. . Ceratorhinus sansaniensis Miırt, ‘sp. % » $ Teleoceras brachypus der t. DELL mine mr Rhinoceros steinheimensis Jaeger +1-|-|- _— N Hyotherium Soemmeringi A | = Choerotherium ee Bert... . — |-|-|-| — |+ Xenochoerus leobensis nov. gen. nov. SP... .I|- |-|1-|1-| -- I|- | -—- Dorcatherium Peneckei Home 0. Dorcatherium crassumLart. guntianum H. v. M. : £ Palaeomeryx Kaupi H. v.M. (Palaeomerys BojaniH.v.M.) Lugomeryx Meyeri Hofm.sp. Dierocerus elegans Lart. 4 Furcatus Hensel Antilope cristata Biederm. Antilope sp. indet. . Mastodon angustidens Ouv. Dinotherium bavaricum H,w. M. . Steneofiber Jaegeri Kaup.. Galerixz exilis Blainv. (Talpa minuta Blainv.) (Plesictis leobensis Redl.) . (Amphicyon cf. steinheimen- sis Fraas)s wow a (Ursavus brevirhinusHofm.) Mustela cf. Filholi NEE Vverrusn.n... .n. Felis tetraodon ; + + + = re Se IE I + H | ar + | Zt Mantscha | — ++ | | | | #+ 444 | Anchitherium aurelianense | En | K++++H+ | | En. ER DIE, Se] | Isle | IHHHH HH ++ | a ES Ele TkeeN » © no II++1 es IH | + +44 I++4++ | | | | | | | + +1 +1 | | | | +] ++1+ ı) Die Namen jener Arten, von denen dem Verfasser keine Reste vorliegen, sondern die ihm nur durch die Publikationen Redlichs ([4] und [6]) von hier bekannt sind, sind eingeklammert. 2) Nach Hofmann, ]l. c. pag. 86, beziehungsweise pag. 561. 5, Nach Bach [7], pag. 107 —110. *# Nach Filholll. c. 5) Nach Deperet, Grive-St. Alban, pag. 3. °) Nach Schlosser, Bohnerze, pag. 135. ?) Nach Fraas |. c. ) Nach Osborn, l. ce. pag. 246. ®, Nach Schlosser, Die Affen etec., pag. (464) u. ff. Jahrbuch d. k. k. geol. Reichsanstalt, 1909, 59. Band, 2. Heft. (A. Zdarsky.) 37 986 | A. Zdarsky. [42] Becken fehlt. Ziehen wir jedoch das benachbarte Vorkommen des Labitschberges hierher, das ja wohl ohne Zweifel gleichalterig ist, so schwindet auch dieses Bedenken und die Ähnlichkeit mit unserer Lokalität wächst noch mehr, da ja zu obigen Formen noch Antilope eristata und Dierocerus furcatus kommen. Daß diese Zusammenziehung gerechtfertigt ist, zeigt folgende Beobachtung. Wie eingangs erwähnt, wurden die mir vorliegenden Reste an zwei örtlich verschiedenen, etwa einen Kilometer voneinander getrennten Lokalitäten gefunden. Es kann als vollkommen sicher gelten, daß beide Fundstellen, absolut gleichalterig sind. Die eine am sogenannten Münzenberge lieferte aber zum großen Teil andere Reste als die andere im Seegraben, und zwar erstere hauptsächlich von Anchitherium aurelianense, Rhinocerotiden, ausgenommen Teleoceras brachypus, Choerotherium sansaniense und vorwiegend Hyotherium Soemmeringt; die letztere fast ausschließlich die zahlreichen Reste der Antilope cristata, ferner Dierocerus furcatus und elegans, Dind- therium bavaricum, Teleoceras br achypus mit nur wenigen Resten anderer Rhinocerotiden, Mastodon angustidens und Steneofiber Jaegeri. Wollte man also Fossillisten der beiden so nahe aneinander gelegenen Örtlichkeiten aufstellen, so würde manch’ integrierender Teil der einen der anderen fehlen. | Ich meine dies als Beweis anführen zu können, daß es wohl angängig ist, örtlich nicht entfernte Ablagerungen in Bezug auf ihre Tiergesellschaft zusammenzutun, um bei solchen Vergleichen einen größeren Überblick zu bekommen, natürlich sofern dies nicht schon eo ipso durch widersprechende Arten oder durch Lagerungsverhältnisse ausgeschlossen erscheint und sofern eine Anzahl charakteristischer Formen dies Vorgehen rechtfertigt. Der Mangel selbst wichtiger und an einer bestimmten Stelle häufiger Arten kann dann nicht als Beweis gegen eine Altersidentifizierung angeführt werden. Zur Erklärung der eben geschilderten. Beobachtung mag es genügen zu bemerken, daß es sich hier wohl um Tränk- und Tummel- plätze der verschiedenen Tiere in kleinen Buchten eines Süßwasser- sees handeln dürfte. ' Von unterscheidender Bedeutung bleibt der Mangel vorzugsweise an Resten von Dinotherium bnvaricum und Choerotherium sansaniense in den Eibiswalder Ablagerungen gegenüber unserer Lokalität. Bedeutend weniger Anhaltspunkte für einen Vergleich bietet uns die Säugerfauna des Köflach-Voitsberger Beckens. Da jedoch seine Ablagerungen den Eibiswald-Wieser Schichten mit Recht gleich - gestellt werden, so liegt kein Bedenken vor, sie nicht auch als gleichalterig mit der Leobener Braunkohle anzusehen. Großes Interesse bietet ein Vergleich mit Göriach, das bisher die reichste Säugerfauna unter den steirischen Miocänlokalitäten auf- weist; wohl auch deshalb, weil es am besten durchforscht ist. Unter Weglassung der Carnivoren und Insectivoren stellt unsere Liste neun gemeinsame Arten fest, darunter Anchitherium aurelianense, Aceratherium tetradactylum, Dorcatherium crassum, 'Dierocerus furcatus, Steneofiber Jaegeri. An bemerkenswerten Formen fehlen dort Cerato- vhinus sansaniensis, Antilope cristata und Dinotherium bavaricum. 2.14 AS AS [43] Die miocäne Säugetierfauna von Leoben. 237 Ferner werden Hyotherium Soemmeringi durch H. simorrense, Ohoero- therium sansaniense durch Ch. pygmaeum und Mastodon angustidens durch M. tapiroides vertreten. Unserer Ablagerung fehlt hingegen das für Göriach charakteristiche Vorkommen von Hylobates antiguus, Tapirus Telleri und Ceratorhinus simorrensis!) neben einer größeren Zahl anderer Formen. Von geringerer Bedeutung ist die Beobachtung, daß in Göriach die Cerviden weitaus mehr vorwiegen als hier, wo sie durch die Antilopen nahezu verdrängt sind. Faßt man die Ergebnisse dieses Vergleiches zusammen, so ge- langt man zur Vermutung, daß Göriach nicht in das gleiche Alter mit unserer Ablagerung zu stellen sei, wenn sich auch viele Be- ziehungen in den beiden Faunen finden, so daß der Altersunterschied kein großer sein kann. Vergleichen wir hierzu die Fossillisten Filhols (Sansan), Deperets (Grive-St. Alban) und Hofmanns (Göriach), so scheint ersichtlich zu werden, daß Leoben mehr Anklänge an Sansan, Göriach an Grive-St. Alban zeigt. Allerdings herrscht natürlich eine völlige Übereinstimmung weder dort noch da. Die obige Tabelle bringt dies nicht klar zur Anschauung, insbesondere den Vergleich von Göriach und Grive-St. Alban, da ihr ja viele Formen dieser Lokalitäten fehlen. R Eine nahezu völlige Ubereinstimmung zeigt unsere Fauna mit jener des bayrisch-schwäbischen Flinzes, das heißt nahezu alle unsere Formen sind in jenem vertreten, doch nicht umgekehrt. Eine Altersbeurteilung unserer Ablagerung im Sinne der Depe&retschen Einteilung des Miocäns, beziehungsweise der des Wiener Beckens?) läßt nach dem Vorhergesasten erkennen, daß Leoben neben Eibiswald in das Helvetien (Grunder Stufe), Göriach in das Tortonien (Leithakalk) neben den Flinz der bayrisch-schwäbischen Hochebene und Grive-St. Alban zu stellen sein würde. Es scheint jedoch auf Grund der Säugetierreste allein nicht ungerechtfertigt zu sein, beide Stufen in eine zusammenzuziehen, dem Vindobonien Deperets, da jedenfalls die Unterschiede in den Säugerfaunen dieser Ablagerungen keine großen Altersdifferenzen voraussetzen, be- ziehungsweise die Persistenz vieler Formen durch beide Epochen ihnen ein einheitliches Gepräge gibt. Folgt man der von Schlosser vertretenen Einteilung des Miocäns, so ist jedenfalls unsere Ablagerung in sein Obermiocän zu stellen, welches dem Leithakalk und der sarmatischen Stufe ent- sprechen dürfte, und damit würde ihr ein geringeres Alter zugeschrieben. Es ist jedoch nicht zu übersehen, daß gegen diese Altersbestimmung Hilber°) Bedenken geltend macht, die zwar nur für die unter- und mittelsteirischen Lokalitäten ihre strikte Berechtigung haben, aber !, F, Bach, Zur Kenntnis der Öberkieferbezahnung obermiocäner Rhi- nocerotiden. Mitteilungen des Deutschen Naturwissenschaftlichen Vereines beider Hochschulen in Graz, 1909. 2, Ch. Deperet, Sur la classification et les parallelismes du Systeme miocene, (Referat im Neuen Jahrbuch für Mineralogie etc., 1894, pag. 491, von v. Koenen.) 3) V, Hilber, Das Alter der steirischen Braunkohlen. Mitteilungen der Geologischen Gesellschaft in Wien, I. Bd., 1908, pag. 71. Sl 288 A. Zdarsky. [44] nach dem oben Gesagten auch für die obersteirische Braunkohle von Wichtigkeit sind. Gestützt wird die Ansicht Schlossers durch die eingangs gegebene Liste der hier gefundenen Gastropodenfauna, deren Beurteilung aber über den Rahmen dieser Arbeit geht, wie es auch hier nicht beabsichtigt sein kann, in eine nähere Diskussion dieser divergierenden Anschauungen über das Alter der steirischen Braunkohlenablagerungen einzutreten. Inhaltsübersicht. are Seite Pinlenmne ik © von en at rang RE BIN ae, en a Eee Rn Zu en 245 [1] Verzeichnis der Literatur über die Säugetierfauna von Leoben . . . „246 [2] Die Leobener Tertiärablagerung und ihre Fossilienführung . . .... 246 [2] Spezielle Beschreibung der hier aufgefundenen Säugetierreste . . .. . 248 [4] Schlußbemerkungen mit einer Übersichtstabele . .. 2. 2.2.2.2... 284 [40] Über exotische Gerölle in der Gosau und verwandten Ablagerungen der tirolischen Nordalpen. Von ©. Ampferer und Th. Ohnesorge. Mit 28 Zeichnungen im Text. Einleitung. Die vorliegende Untersuchung ist das Werk von Feldaufnahmen und Studien, welche sich schon über mehrere Jahre ausdehnen und noch keineswegs abgeschlossen sind. Die Ziele der Forschung haben sich während der Arbeiten von selbst stetig verschoben und ganz allmählich trat. die Überzeugung hervor, daß die Lösung der vielen mit der Entstehung der Alpen engstens verbundenen Gosauprobleme nur durch eine möglichst umfassende Untersuchung angestrebt werden kann. Insbesondere schien die Ausdehnung der Geröllaufsammlungen auf alle wichtigeren Gosaureste der Ostalpen und Karpathen. sowie der Vergleich der exotischen Gerölle mit den Gesteinen der Grau- wackenzone notwendig. Ich habe mich zu diesen Zwecken mit meinen Freunden R. Folgner und Th. Ohnesorge zu gemeinsamer Arbeit ver- bunden. Ersterer hat die Bearbeitung der karpathischen Vorkommen, letzterer die petrographischen Untersuchungen und Vergleichungen übernommen. Die hier angefügten petrographischen Mitteilungen sind von Th. Ohnesorge beigesteuert. Während in dieser vorläufigen Abhandlung von mir nur Gosau- reste der tirolischen Nordalpen berücksichtigt wurden, hat Th. Ohne- sorge auch schon mehrere weiter östlich gelegene Gosaufundstätten in seine Untersuchungen einbezogen. _ Das Material dieser letzteren Örtlichkeiten entstammt Auf- sammlungen von O. Abel und G. Geyer, denen für die Überlassung der Gesteine unser herzlicher Dank gebührt. In den tirolischen Kalkalpen sind nördlich des Inns in drei getrennten Bereichen Gosauablagerungen erhalten. Es sind dies von Osten gegen Westen der Schwarm von Gosau- resten der Brandenberger Gegend, dann das alleinstehende Vorkommen des Muttekopfes und endlich die tief eingefalteten und überschobenen, Jahrbuch. d, k k. geol. Reichsanst., 1909, 59, Bd,, 2, Hft, (Ampferer u, Ohnesorge.) 290 OÖ. Ampferer und Th. Ohnesorge. [2] erst in neuester Zeit erkannten Streifen von Gosauschichten in den Allgäuer Alpen. Diese drei räumlich weit getrennten Bezirke erweisen sich bei genauerer Erforschung als ganz verschiedenartige Ablagerungstypen. Die Gosaubucht von Brandenberg und ihre kleinen Nachbarreste erinnern in vielen Einzelheiten an die östlicheren Gosaulokalitäten, zum Beispiel an jene des Salzkammergutes. Sie sind überaus reich an meist gut erhaltenen Versteinerungen. Die Mannigfaltigkeit der Schichten und die rasche Veränderung der einzelnen Horizonte ist ganz erstaunlich. Diese Gosaureste nehmen großenteils eine sehr tiefe Lage. ein und unterteufen den Grund der heutigen Täler. Ihre Höhenlage ist etwa zwischen 500--1700 m anzusetzen. Entsprechend dieser tiefen Lage ist auch die Erosionsbasis ihrer Unterlage eine tief eingeschnittene, welche vom Neokom bis zum Wettersteinkalk hinuntergreift. Im Gegensatz zu diesem Gosautypus sind die westlicheren Gosauablagerungen außerordentlich fossilarm. Aus der mächtigen Schichtfolge des Muttekopf-Gufelsee-Gebietes sind nur spärliche Hippuritenreste und ein verschollener Fischwirbel, aus den Allgäuer Gosauzonen Hippuritenbruchstücke und einige Gastropoden bekannt geworden’ Die Muttekopfgosau stellt eine sehr mächtige Ansammlung von Sandsteinen, Mergeln, Breccien und Konglomeraten dar, welche einen sehr häufigen Wechsel von Vergröberungen und Verfeinerungen zeigen. Die Erosionsbasis ist ausschließlich in ein mächtiges, steil gefaltetes Hauptdolomitmassiv eingesenkt. Die Höhenlage der Gosau schwankt zwischen 1700 bis nahe an 2800 m. Der ganze Oberteil des stattlichen Muttekopfes, welcher 2777 m Höhe erreicht, besteht aus Gosausedlimenten. Die Faltung dieser Gosauablagerungen ist ebenso wie jene der Brandenberger Gegend nicht besonders intensiv. Sehr verschieden von diesen beiden Arten ist dann die Form der Gosauserien in den Allgäuer Alpen. Dieselben sind äußerst arm an Fossilien und meistens nicht gerade mächtig. Sie bestehen aus Sandsteinen, Mergeln, Breccien und bunten Konglomeraten. Trotz ihrer oft beschränkten Mächtigkeit von nur wenigen Metern besitzen diese Reste im Streichen eine sehr bedeutende Ausdehnung. Sie sind von der intensivsten Faltung betroffen und liegen sämtliche entweder am Rande oder unterhalb von Schubmassen, so daß es den Anschein hat, als ob sie der Bedeckung durch die Schubmassen ihre Erhaltung zu verdanken hätten. Die Erosionsbasis ihrer Unterlage schneidet nur in die Aptychen- kalke oder in die liassischen Fleckenmergel hinein. Die Höhenlage ihrer Einordnung schwankt zwischen 860— 2450 m. [3] Über exotische Gerölle in der Gosau. 29] Gosau von Brandenberg. Mit dem Gosaubecken von Brandenberg steht das von Krumm- bach—Nachbergalpe nahezu in geschlossener Verbindung, während die benachbarten kleineren Reste des Sonnwendgebirges (Pletzach, Schichthals) und von Zöttbach davon vollständig getrennt sind. Ich ziehe hier nur das Brandenberger Becken und jenes von Krummbach—Nachberg in die Betrachtung herein. Die Brandenberger Gosauablagerungen sind einer Mulde von Hauptdolomit eingelagert, von deren einstigem Kerne nur schmale Zonen von Kössener Schichten, Lithodendronkalk und Liaskalken er- halten sind. Auch diese klippenartigen Gesteinszüge weisen eine dem Mulden- bau genau entsprechende Anordnung auf. Fig. 1a. Dolomitischer Kalk mit Versteinerungsdurchschnitten (Plattenkalk). Zerdrückter Dolomit. a Mergel, dunkle Kalke, helle Kalke, Muschelbreccie (Kössener Schichten). Konglomerat aus wohlgeglätteten Kalkgeröllen, Kohlengerölle. Fester, heller bis rötlicher Kalk, Terebrateln, Korallen, Crinoidenbreceie. Blaugrauer, fester, dickbankiger Sandstein, stellenweise feines Konglomerat mit Kohlengeröllen. Terrassensedimente, I DDr uud Die Mulde selbst besitzt keine vollkommen regelmäßige Gestalt, sondern erscheint im Westen etwa entlang der Brandenberger Ache durch eine Überschiebung stark verändert. ‘Wir treffen in der Klamm unter dem südfallenden Hauptdolomit. Plattenkalk, zerdrückten Dolomit, endlich einen Rest von Kössener Schichten. Gehen wir im Streichen gegen Westen weiter, so finden wir von den Kössener Schichten keine Spur mehr. Die Hauptdolomit- schichten legen sich mit geringen Verschiedenheiten im ‚Streichen übereinander. Die Mulde ist nicht mehr zu erkennen. Leider verhüllen gerade hier westlich der Klamm Gosausandsteine und Terrassensedimente die Einsicht in diesen bedeutsamen Struktur- wechsel der Brandenberger Mulde. Entlang der Klamm ist auch die Einfüllung der Gosauschichten am besten aufgeschlossen. 292 O. Ampferer und Th. Ohnesorge. [4] Das Auftreten des kräftig überkippten und vorgeschobenen Südflügels der Grundgebirgsmulde ist schon teilweise beschrieben worden. Innerhalb der Kössener Schichten (Fig. 1«@) begegnen wir einem Konglomerat der Gosau, das aus fein gerundeten Kalkgeröllen besteht. Dieses. schmiegt sich an eine stolze Klippe von hellen, rötlichen Liaskalken. Die Liaskalkklippe wird von einem festen, dickbankigen, oft massigen, im frischen Bruch blaugrauen, bräunlich verwitternden Sandstein zum großen Teil fest ummauert. Diese Sandsteine bilden dann klammeinwärts in flachwellig ver- bogenen Lagen meistens das Liegende des Acheneinschnittes. Während sie aber noch im Grunde des hier fast genau nordsüdlich verlaufenden Klammstückes eine so flache Lagerung einhalten, streben sie gleich Fig. 1b. 1 = Plattenkalk. —= Graue, weiche Mergel, kohlige Mergel mit massenhaften Gastropoden, lehmige Lage mit vielen Gastropoden, schmale Lage von bituminösem Sandstein voller Gastropoden ... Pechkoble, dunkelgrauer, diekbankiger Sandstein. Breceie eines gelblichen Kalkes. Fester, gelblicher bis rötlicher Liaskalk (Terebrateln .. .). Gelblicher Kalk, netzartig von Adern von blaugrauem Gosausand- stein durchzogen. Stellenweise dunkelrot gefärbt. Gosaukonglomerat, vorzüglich aus Liaskalken. Blaugraue Sandstembänke. Grundmoräne. Gosau II Gosau [0 on We) a pw | III westlich davon ungefähr in Gehängeneigung (Fig. 2) bis zum Sattel von Wildmoos (1096 m) empor. Bei Mösl erscheinen über den blau- grauen Sandsteinen (Fig. 3) eine dicke Bank von gelblichem Kalk und graue Mergel, die ziemlich viele verdrückte Echinodermenreste enthalten. Die Echinodermenreste, welche ich nur an dieser Stelle entdeckte, sind am besten im Bett der Ache selbst erschlossen, aber nur bei niedrigem Wasserstande zugänglich. Der Nordflügel unserer Mulde ist ebenfalls in der Klammtiefe (Fig. 15) am klarsten erschlossen. Wir sehen, wie die flach gewellten Sandsteinlagen mit Ein- schaltung eines größtenteils aus Liaskalken bestehenden Konglomerats wieder an eine Klippe von Liaskalken grenzen. Diese etwas breitere ee [5] Über exotische Gerölle in der Gosau. 293 Klippe besteht aus einem Kern von gelblichrötlichen festen Kalken, an welchen sich beiderseits Zonen anschmiegen, wo dieses Gestein zu Breccien aufgelöst erscheint. Innerhalb dieser Klippenzone sind die weichen Kössener Schichten hier ganz entfernt. In der Hohlform lagern muldenartig verbogen Fig. 2 2 FARZ, um VRZZ ZI Tr Sattel rom Hiilamoos 7° RRE ae NHF AUTOR SO = : ofrbacı schau ? mn 125.000. 1 —= Hauptdolomit. SUR [ 2 — Dankelgrauer, blaugrauer Sandstein. 4 — Rudistenkalkbreceie. Glazial 3 = Terrassenschotter, stellenweise mit einer Grundmoränendecke., Kohlenmergel, Tone, Muschelbrececien, Pechkohlenlagen . ... In den kohligen Mergeln sind zahlreiche weißschalige Gastropoden einge- bettet. In früherer Zeit bestand an dieser Stelle ein kleiner Kohlen- schurf. Fig. 3. ran denberger. Ar 09oo ©. 00000 0000,27 0° © 1 = Fester, blaugrauer Sandstein. 2 — Dicke Bank von gelblichem, festem Kalk. G — Grauer, scherbig-schalig springender, fester Mergel mit osau Sn Echinodermen. 4 Weicher, ziegelroter Mergel. 5 — Weiche Sandsteine und Mergel. — Achenschotter. — Bänderton. Der Anschluß der Gosau an den von Plattenkalken gebildeten Nordschenkel der Mulde ist hier von Grundmoränen verhüllt. Steigt man aber etwas bergan, so sieht man die schon erwähnten Sandsteine, welche so ziemlich die Hauptmasse der Brandenberger Gosau aus- machen, direkt den Plattenkalken aufruhen. Jahrbuch d. k. k. geol. Reichsanst., 1909, 59. Bd., 2. Hft. (Ampferer u, Ohnesorge.) 38 294 O. Ampferer und Th. Ohnesorge. [6] Faßt man diese Aufschlußreihe gemeinsam ins Auge, so wird sofort klar, daß die Gosauschichten einer Muldenform einlagern, wo- bei sie den durch Erosion bis auf wenige härtere Klippen ausge- nagten Muldenkern vollständig umhüllen. Gegen Westen grenzt diese Mulde an geschlossene Haupt- dolomitberge. Gegen Osten läßt sie sich bis jenseits des Jochersattels südlich vom Heuberg verfolgen, wo sie offen hoch über dem Inntal endigt. Das ganze Mittelstück der Mulde, das von den Brandenberger Terrassen eingenommen wird, ist tief von Gosausandsteinen und Mergeln erfüllt, welche in allen tieferen Einrissen unter den mächtigen Terrassensedimenten zutage gehen. Erst am Ostende der Brandenberger Bucht finden wir wieder Andeutungen des alten Muldenkernes. Hier stellen sich über den Plattenkalken des Nordschenkels bei Pumphaus Kössener Kalke, Muschel- breccien sowie helle, diekbankige oder schichtungslose graue Kalke ein, die wahrscheinlich auch zum Rhät gehören (Lithodendronkalk, oberer Dachsteinkalk?). Diese Kalkzone umgürtet das Ostende der Brandenberger Mulde im Norden und Süden (Fig. 4). Nördlich von Kink ist im Walde eine schmale Lage dieses grauen Kalkes erschlossen, über der wieder rote Hierlatzkalke, Crinoidenkalke, Kalke mit Manganbutzen lagern. Das Streichen dieser zirka 300 m langen Klippe entspricht genau der Muldenlage. Diese Gesteine werden von Gosauablagerungen umschlossen. Weiter nordwestlich treten in der tiefen Schlucht westlich von Atzl gefaltete, gelblichgraue Kalke (Plattenkalke) hervor, welche in einzelnen höheren Lagen Schalenbreccien enthalten. Auch diese Insel älterer Gesteine ist ganz von Gosau umgeben. Während sich die bisher aufgezählten Reste von liassischen Kalken streng dem Muldengesetz einordnen, tritt uns westlich vom Dorfe Brandenberg eine viel ausgedehntere Masse von rötlichen und weißen Kalken und Crinoidenbreccien entgegen, welche ohne Unter- lage von Kössener Schichten unmittelbar diskordant den steil auf- gerichteten Schichtköpfen des Hauptdolomits aufruhen. Diese Hierlatzkalke, welche keine Schichtung zeigen, tragen deutliche glaziale Furchung zur Schau. Sie sind nicht mehr von Gosau bedeckt, sondern nur in geringem Ausmaße von glazialem Schutte. Wir erkennen aus dieser sehr klar aufgeschlossenen Lagerung das teilweise transgressive Übergreifen des Hierlatzlias. Die Gosauablagerungen haben nun die zugrundeliegende Mulden- form allseitig, besonders stark aber gegen Norden hin übergriffen. Wir können dort in der Gegend von Wildmoos, Arzberg, Breit- moos aus dem Brandenberger Tale nahezu ununterbrochen über Gosauschichten zu der zwischen dem Heubergkamm und dem Hohen Nock liegenden Krummbachalpe hinüber wandern. Hier erfüllen Reste von Gosaubildungen eine lange, schmale, von dieser Alpe über die Nachbergalpe gegen Osten streichende Bucht. LTE [7] Über exotische Gerölle in der Gosau. 295 Fig. 4. N IS JocherbergR 27 Locher Maroedie TER IR Zn Unsohl: ; kn: £ Jo00 m EA Ah aa 1:17.000. 1 = Ungeschichteter Hauptdolomit. 2 — Plattenkalk. 3 — Muschelbreceien, Kalke der Kössener Schichten. 4 — Heller, grauer Kalk, zerfällt in große Blöcke. (Lithodendronkalk ?) 5 — Weiße, rote Crinoidenkalke (Hierlatz), rote Kalke mit Mangan- butzen. | 6 — Blaugrauer Sandstein mit Konglomeraten. Gosau \ 7 — Sandstein mit Actaeonellenbank. 8 — Weiche, graue Sandsteine. 9 — Mergel mit einzelnen dünnen Kalklagen und Sandsteinen mit Tertiär Kohlenspuren. | — Gröbere Sandsteine bis zu grobem Konglomerat. 11 = Wechsel von Sandsteinen und Konglomeraten. 296 . 0. Ampferer und Th. Ohnesorge. [8] Die Einlagerung folgt dabei in deutlicher Weise einer älteren Erosionsfurche zwischen dem Hauptdolomit des Heuberges und dem nördlich streckenweise ohne Zwischenschaltung von Raibler Schichten darunter einfallenden Wettersteinkalk und Dolomit. Der Aufbau der Gosauserie des Brandenberger Beckens wird vor allem von den schon mehrfach erwähnten Sandsteinen besorgt. Neben diesen Sandsteinen treten stellenweise sehr mächtige hell- graue, oft weiße, rötliche, gelbliche Kalke mit Rudistenbreccien auf. Sie sind in bemerkenswerter Weise allenthalben an die Ränder der Bucht geknüpft. Ihr Hauptverbreitungsgebiet ist der Nord- und Südhang des Voldeppberges (Fig. 5). TRENNT RER x Da Slgral des NGES Voldeppoberges DER Ihn " Drandlenberg 922 m Terrassenschotter mit Grundmoränendecke. Blockwerk. Torflager des Ober-Angerberges. A Joom 1 = Hauptdolomit. G 2 = Zone von Kalk- und Dolomitbreccien. Ran [ 3 — Gelblichgraue, hellgraue massige Kalke, an der Nordseite des Voldeppberges stellenweise Rudistenbreccien führend. Tertiär J & Weiche Sandsteine. 5 Konglomerat aus Inntalgeröllen. 6 7 8 Nu Hier treten sie in stattlichen, lang hinstreichenden Felswänden hervor. Weit kleiner sind die übrigen Reste von Rudistenbreccien, wie solche noch bei Wildmoos (Fig. 2) und dann bei Haidach Fig. 6) sich einstellen. In der letztgenannten Gegend finden sich mehrere kleinere Zonen von Rudistenkalkbreceien. In dem schönsten und inhaltsreichsten Gosauprofil der Brandenberger Gegend (Fig. 6) von der Haidach- Säge zum Kreuthmahd empor begegnen wir nicht weniger als vier getrennten Lagen von Rudistenbreccien. Dann bilden noch Konglomerate und Breceien einen wesent- lichen Schichtbestandteil. Die meisten Gerölle und Bruchstücke sind benachbarten kalk- alpinen Formationen entnommen. Besonders häufig sind Hauptdolomitgerölle, dann solche aus Wettersteinkalk und Dolomit oder aus Liaskalken, Hornsteinen .. . Daneben treten aber auch vielerorts und oft in beträchtlichen Mengen exotische Gerölle dazu. [9] Über exotische Gerölle in der Gosau. 297 Es sind typische rote Quarzporphyre, blaßrote, blaßrötliche Felsitfelse, helle, grünlich-weißliche Felsophyre, Metafelsophyre, licht- grünlich grauliche Quarzporphyre, typische graue Felsitporphyre, ferner eisenoxydführende jaspisartige Quarzite.... i Diese Gerölle sind stets stark gerollt und wohlgeglättet. Meistens haben sie eiförmige Gestalt. Da sie aus ungemein dichten und sehr harten Gesteinen bestehen, bleiben sie beim Zerfall der umschließen- den Gosauschichten liegen. So überziehen solche Gerölle in dichter Saat den .breiten. Hauptdolomitrücken des westlichen Heubergaus- Fig. 6. 1:11.090. — Hauptdolomit. Breccie aus oloa Konglomerat aus Hauptdolomit und bunten Geröllen. Schwarzgraue Sandsteine, kohlige, weiße Muschelbreccie, Pech- kohlenlagen. Sandsteine mit Nerineen und Actaeonellen. Braune Sandsteine, wechselnd mit Bänken bunter Gerölle. Bituminöse Kalke mit Pflanzenresten. Rudistenbreccie, kohlige Mergel. Nerineenkalkbank, 8—10 m. Braungraue Sandsteine mit einer Lage dunkelgrauen, muschelig brechenden, bituminösen Kalkes. = Braungraue Sandsteine mit Rudistenbreeccien. II Gosau oSovoaunı PpPopbr 1-1 I \ -— mn m —— N —— am ei iR läufers. Breccien und Konglomerate mit lokalem Material sind fast in allen größeren Aufschlüssen am Bau der Gosauserie mitbeteiligt: Dagegen scheinen die bunten Konglomerate (mit exotischen Geröllen) auf- jene Gosaustreifen beschränkt zu Sein, welche dem Heubergkamm im Norden und. Westen und Süden angelagert sind. Besonders reichlich sind sie im Kreuthgraben, am Kreuthmahd, bei Breitmoos und in. den Gräben unter der Nachberg- und Ascher- alpe entwickelt. Sie besitzen im Durchschnitt nicht Hühnereigröße. Selten findet man: größere und nie ist mir trotz langen Suchens hier ein exotisches Gerölle von. Kopfgröße untergekommen. 298 O. Ampferer und Th. Ohnesorge. [10] Die relativ größten Gerölle stammen aus dem Krummbachgebiet im Norden des Heuberges (37 cm Längs-, 23 cm Querumfang). Ein sehr eigenartiges Auftreten zeigen die bunten exotischen Gerölle in den Aufschlüssen des Grabens westlich und unterhalb der Nachberg- alpe (Fig. 7 u. 8). Wir sehen hier in weichen grauen bis schwarzen Mergeln zahl- reiche fein erhaltene, weißschalige Schnecken und Muscheln einge- bettet und dazwischen in reichlicher Fülle glatt gerollte, exotische Gerölle, ganz besonders häufig rote, schwärzliche, grüne, weißliche Felsophyre und Quarzporphyre eingefügt. Die Versteinerungen zeigen schön erhaltenes Schalenornament und haben nach ihrem Aussehen sicher keine Abrollung erlitten. Im Gegensatz zu dieser Art des Zu- sammenseins von exotischen Geröllen und feinschaligen Versteinerun- gen sind an vielen Stellen in gröberen Konglomeraten abgerollte Actaeonellen nicht selten zu erkennen. 1 = Konglomerat aus kleineren Dolomitgeröllen. 2 — Dunkelgraue Mergel und Sandsteine. RB Sandsteine mit Nerineen. 4 = Schwarze Mergel voll loser Nerineen und Actaeonellen, vermengt mit bunten Geröllen. 5 — Sandsteinbänke mit Actaeonellen und Nerineen. Die exotischen Gerölle sind in einzelnen Konglomeratbänken und in den Mergeln des Nachberggrabens oft in großen Mengen an- gereichert. Viele von diesen Geröllen sind ausgezeichnet kantengerundet, so daB man sehr an glaziale Geschiebe erinnert wird. Das gilt sowohl für die kleinen als die größeren Gerölle. Die meisten zeigen aber sehr voilkommen eirunden Zuschlift. Scharfkantige exotische Stücke sind nirgends beigeschlossen. Diese auffallende Konzentration auserlesen harter, weit gewan- derter exotischer Gerölle in den Gosauablagerungen ist streng auf diese Schichtgruppe beschränkt, Sie sind sowohl in den benachbarten tertiären als auch in den interglazialen Geröllablagerungen nur mehr als große Seltenheiten eingeschlossen. Ich habe trotz vielen Herumsuchens an zahlreichen Stellen in den jüngeren Geröllserien fast nie die für die Gosau charakteristi- schen Exotika angetroffen. Wir erkennen daraus, daß durch den Zerfall der Konglomerate und Mergel bei der späteren Verschleppung der Gerölle eine so [11] Über exotische Gerölle in der Gosau, 299 gewaltige „Vermischung und Zerstreuung stattfindet, daß man abseits der ursprünglichen Lagerstätte nur selten diesen Gesteinen wieder begegnet. Bei der Zerstörung des Muttergesteines bleiben sie außerdem in vielen Fällen als schwerst angreifbare Bestandteile in der Nähe des alten Lagerplatzes liegen. Das Vorkommen dieser Gerölle war schon seit langer Zeit be- kannt und Adolf Pichler hat darüber in Verbindung mit J. Blaas inTschermaks Mineralogischen Mitteilungen 1882, IV. Bd., pag. 270 berichtet. Nach seiner Meinung sollen die von ihm als Porphyre bezeich- neten Gesteine von Eruptivgängen abstammen, welche unter den spärlichen Gosauresten des Heuberges verborgen liegen. Fig. 8. 1 = Feste, bräunlichgraue Sandsteine. 2 — Sandstein mit Lagen des bunten Konglomerats. ‚(In diesem Actaeonellen und Nerineen.) 3 — Grüngrauer Sandstein, weich, mit schmalen Geröllzonen und ein- zelnen Geröllen, Gosau / 4 — Aschgraue Mergel mit weißschaligen Versteinerungen. 5 — Bituminöser Kalk mit Pechkohlenlagen. 6 — Mergel mit bunten Geröllen und zahlreichen losen, gut erhaltenen Versteinerungen. 7 = Feste Bänke von Sandstein und buntem Gerölle, Sandsteine mit Actaeonellen .. . wechsellagernd. (je znnlhepmen un Seal] nenne mu Diese Erklärung ist neben ihrer inneren Unwahrscheinlichkeit auch aus mechanischen Gründen vollständig verfehlt. Das ausschließliche Vorkommen stark gerollter Gerölle beweist, daß die Heimat dieser selten widerstandsfähigen Gesteine weit von ihrer Gosaulagerstätte entfernt gewesen sein muß. Außerdem hat die petrographische Durchforschung ergeben, daß die mannigfaltigen Felsophyre, Quarzporphyre, Felsitfelse, Felsitporphyre ... nicht von Gängen, sondern von Deckenergüssen abzuleiten sind. Noch unbegreiflicher sind die Anschauungen, zu denen Blaas bei seiner petrographischen Prüfung dieser Gesteine verführt wurde. Danach sollte es sich um Gesteine von porphyrischem Aussehen handeln, welche aber wahrscheinlich nur eigentümlich umgewandelte klastische Gesteine darstellen würden. 300. O0. Ampferer und Th Ohnesorge. [12] Das erscheint gänzlich ausgeschlossen. Das ausgezeichnet erhaltene mannigfaltige Felsophyr-, Quarz- porphyr-, Felsitfels-, Felsitporphyrmaterial kann nicht als klastisch gedeutet werden. Außerdem wissen wir heute, daß gerade diese charakteristischen Gesteine nicht auf die Gosau von Brandenberg beschränkt sind, sondern vielmehr von den Allgäuer Alpen bis gegen Wien fast in allen Gosauresten wiederkehren und in mancher Hinsicht geradezu als Leitgerölle dieser Formation zu bezeichnen sind. "Nach den Konglomeraten und Breccien treten im Schiehtbestand noch ausgedehnte und bis 10 m mächtige Bänke hervor, welche zum größten Teil von Actaeonellen- und Nerineenschalen aufgebaut werden. Eine weit geringere Bedeutung für den Gosaubesitzstand haben dann kohlenführende Mergel, Pechkohlenlagen, Muschelbreeccien, bituminöse Kalke mit Pflanzenresten. Nur an einer Stelle im Klammbett bei Mösl (Fig. 3) konnte ich einen geringmächtigen Mergelhorizont mit Echinodermenresten entdecken. Die gegenseitige Lagerung dieser verschiedenen Glieder der Gosauschichten der Brandenberger Bucht ist am besten aus den mit- geteilten Profilen und Ansichten zu entnehmen, welche alle besonders charakteristischen Typen der Gesteinsserien aufzeigen. Die gesamte tektonische Umbildung, welche diese Gosauzb- lagerungen seit ihrem Absatz erlitten haben, kann man als eine schüssel- förmige Zusammenfaltung bezeichnen. Von der in der Klamm bei zirka 600 m Tiefe noch nicht an- geschnittenen Schüsselsohle steigen die Ränder nach allen Seiten steil bergan. Am schroffsten ist der Anstieg gegen Norden und Westen, weniger steil gegen Süden, am flachsten gegen Osten. Die höchsten Enden der Brandenberger Gosau liegen heute im Westen auf dem Wildmoossattel 1096 m, nördlich von Burgstall bei 950 m, im Süden am Nordhange des Voldeppberges bei 1312 m, im Osten am Sattel von Joch etwas über 1200 m, im Norden oberhalb des Kreuthmahdes bei 1478 m, bei Breitmooös über 1300 m. Daraus erkennen wir, daß die im einzelnen unregelmäßige Schüsselform auch noch stark einseitig gebaut ist. - Die Zusammenpressung ist merkwürdigerweise in der Richtung von S—N nicht wesentlich kräftiger als in jener von O—W. Der Gosaustreifen nördlich des Heuberges, welcher infolge starker Abtragung und weitgreifender Verschüttung keine großen Entblößungen bietet, zeigt ebenfalls Aufrichtungen, welche von Süden gegen Norden! und von Osten gegen Westen einfallen. Er ist .einer älteren Talfurche eingelagert, welche sich ungefähr parallel mit dem Inntal und hoch darüber erhaben’ von der’ Krumm- bachalpe bis in die Gegend des Pendlings verfolgen läßt. Mehrfach ist diese Furche gegen das Inntal geöffnet, doch fließen: alle ihre Wasseradern in schroffen Durchbruchstälern nach Norden ab, obwohl ihre Quellen oft nur durch ganz niedrige, schmale Sättel vom! jJähen Abbruch ins Inntal geschieden sind. a pe. er [13] Über exotische Gerölle in der Gosau, 301 Die Höhenverhältnisse dieses Furchenzuges sind durch folgende Angaben ungefähr festgelegt: Krummbachsattel 1329 m, Nachberg- alpe 1472 m, Hasaboden 1113 m, Hundsalpe 1440 m, Kegelalpe 1340 m, Höllensteinalpe 1229 m. Die offenbar zur Gosauzeit noch einheitliche Furche ist heute durch Quertaleinschnitte vielfach zerstückelt und gesattelt, Außer dieser allgemeinen ringförmigen Zusammenpressung der Brandenberger Gosaubucht treten noch mehrfach kleinere lokale - Störungen auf. Am deutlichsten kommt dies an den Gosauresten von Prama und Arzberg (Fig. 9) im Nordteil unserer Bucht zum Ausdruck. Wir erkennen, daß hier eine Wiederholung der Gosauschichten vorliegt, welche durch eine mit den Begrenzungsflächen des Hauptdolomitzackens ungefähr parallele Verschiebung herbeigeführt wurde. Ansicht von Westen. Hauptdolomit, vielfach stark zerdrückt. Plattenkalk. Rote Mergel und Sandsteine. Weißschalige Muschelbreccie. Sandstein mit Dolomitgeröllen und buntem Konglomerat. Bräunlichgraue Sandsteine. Rudistenbreccie. Sandstein mit Actaeonellen. Gosau am ID O PO — Wir werden ganz ähnliche Fälle auch in der Muttekopfgosau kennen lernen. Da die Gosauschichten meistens reich von Vegetation bedeckt sind, ist eine Verfolgung dieser vielen kleinen Einzelstörungen so ziemlich ausgeschlossen. 4 Während wir in der großen, einheitlichen Gosaubucht die wichtigeren Züge der Tektonik klar zu umfassen vermochten, sind die anderen benachbarten Reste meist nicht genügend ausgedehnt erschlossen, um gleich sichere Einblicke zu gewähren. Die lange, schmale Mulde nördlich vom Heuberg ist schon ge- schildert worden. Dringen wir vom Brandenberger Gosaubecken entlang der Klamm weiter einwärts, so begegnen wir nach Durchschreitung der inter- glazialen Bucht vom Kaiserhaus und der schönen Wettersteinkalk- schlucht der Kaiserklamm wieder Gosauresten. Jahrbuch d. k.k. geol. Reichsanst., 1909, 59. Bd., 2. Hft. (Ampferer u, Ohnesorge.) 39 302 . 0. Ampferer und Th. Ohnesorge. [14] Es sind vorzüglich Sandsteine und bunte Konglomerate mit fein- seschliffenen Geröllen, welche beim Trauersteg (760 m) die Klamm- sohle unterteufen. Die Gosaureste des Sonnwendgebirges (die höchstgelegenen dieses Bereiches) sind zwischen 1200 und über 1700 m eingeschaltet. Dabei lagern die weichen Mergel, Tone .. . Kohlenmergel, Rudistenkalke der Pletzachalpe in ca. 1240 m Höhe ungestört horizontal, wogegen die Gosausandsteine und bunten Konglomerate des Schichthalses von Osten gegen Westen ein Gefälle von 1700 auf 1200 m zeigen. Der tiefstgelegene Aufschluß (Senonmergel ...) be- findet sich in dem Einschnitt der Weißach am Ostende der Häringer Terrasse. Hier stehen die steil aufgerichteten, mannigfach verbogenen Schichten, welche zur Zementerzeugung gebrochen werden, in ca. 560—540 m Tiefe an und unterteufen das Bachbett. Sie lagern hier transgressiv mit lokalen Basalkonglomeraten und Breccien liassischen Fleckenmergeln auf und kommen in der Weißach- klamm sogar mit Muschelkalk in Berührung. Diese kurze Übersicht der Höhenverhältnisse der Unterinntaler Gosaureste zeigt sofort, daß diese ursprünglich zusammengehörigen Talrinnen nicht nur durch südnördliche, sondern auch ostwestliche Bewegungen in sehr verschiedene Niveaus gehoben oder gesenkt wurden. Mit den Ablagerungen der Häringer Tertiärbucht kommt die Gosau nirgends unmittelbar in Berührung. Trotzdem zwingen die gegenseitigen Lagerungsverhältnisse zu der Annahme, daß die Gosau von den Tertiärablagerungen strecken- weise überlagert wurde. Das gilt insbesondere für die Aufschlüsse an der Südseite des Voldeppberges, für den Jocher Sattel und die Senonmergel an der Weißach. Am Südabhange des Voldeppberges und am Jocher Sattel müssen die tertiären Sandsteine, Mergel und Konglomerate die Gosauschichten (Fig. 4 u. 5) übergriffen haben. Die heutige Trennung der beiden Ablagerungen ist sicherlich nur eine Wirkung der Erosion, Eine Störungslinie zwischen diesen beiden Ablagerungsbereichen durchzuziehen, ist nach den vorliegenden Verhältnissen äußerst un- wahrscheinlich. Die tertiären Ablagerungen bestehen besonders in dem zunächst liegenden Abschnitt, dem Oberangerberg, zum größten Teil aus Sand- steinen- und Konglomeraten. Die Konglomerate sind aus wohlgerun- deten Flußgeröllen gebildet. Die Zusammensetzung der Geröll- komponenten der tertiären Konglomerate ist so ziemlich dieselbe wie jene der benachbarten Innschotterfelder. Wenn die tertiären Konglomerate zerfallen, so sind sie lediglich an der stärkeren Verwitterung und dem häufigen Vorkommen von zersprungenen und eingedrückten Geröllen von den interglazialen und alluvialen Inntalschottern dieser Gegend zu scheiden. Die für die Gosau bezeichnenden Exotika haben weder ich noch Ohnesorge in ihnen angetroffen. [15] Über exotische Gerölle in der Gosau. 308: Diese Beobachtungen sind insofern wichtig, als sie zeigen, daß zwisehen der Verschüttung der Gosau- und der Tertiärbucht eine bedeutende Verschiebung im Schuttströmungsnetz eingeschaltet war, während vom -Tertiär bis heute ins Unterinntal so ziemlich dieselben Geröllsorten verfrachtet werden. Die Tektonik der Unterinntaler Tertiärbucht hat manche Ähn- lichkeit mit jener der Brandenberger Gosaubucht. Die Ränder sind entlang den Wänden des breiten Inntaltroges steil aufgerichtet, wogegen die tief eingesenkten, mittleren Teile flach gewellte Lagerungen einhalten. x | Auch hier finden sich. wenngleich nicht in -so kräftiger Betonung wie in der Brandenberger Gosau, Schichtverbiegungen in ostwestlicher Richtung parallel dem Inntal. . © Sie sind besonders deutlich am Innanbruch der Unteranger- berger Terrasse (Fig. 10) zu erkennen. Fig. 10. "Ansicht des Häringer Tertiärs an der Innprallstelle oberhalb von St. Angath. 1 — Innschotter, — 2 — Weiche Mehlsandsteine mit einzelnen festeren Bänken und Kohlenspuren. Der Untergrund der Tertiäreinlagerung ist recht unregelmäßig gestaltet. Mehrfach tauchen auf der Häringer Terrasse, am Unteranger- berg, am Grattenbergl ... Felskuppen des Untergrundes empor. Vielfach sind die Felskuppen von innerlich zu: Breecien zerdrückten Gesteinen gebildet. Das Auftreten dieser Vorragungen älterer Gesteine (Muschelkalk- Hauptdolomit) ist nicht wie bei den Gosauklippen von Brandenberg durch eine lokale Breccien- oder Konglomeratfazies der benachbarten Tertiärschichten ausgezeichnet. Es macht den Eindruck, daß diese Klippen ähnlich wie jene von Prama und Arzberg (Fig. 9) erst bei späteren tektonischen Bewegungen vorgeschoben wurden. Einzelne dieser Einschaltungen können mög-' licherweise auch von den Triasrändern der Tertiärbucht her’ auf die Tertiärmulde hereingeglitten sein. Aus der großen Verschiedenheit im Geröllbesitz der Gosau- und’ Tertiärkonglomerate und ihrer gegenseitigen Lagerung geht her- vor, daß die Zusammenpressung dieser beiden Verschüttungsserien nicht als gleichzeitig aufgefaßt werden kann. 39* 304 OÖ. Ampferer una Th. Ohnesorge. [16] Die Gosauschichten waren zur Zeit der Einschüttung der tertiären Bucht schon gefaltet und großenteils wieder abgetragen. Wenn wir den schematischen Querschnitt (Fig. 11) betrachten, so nehmen wir viele deutlich getrennte Vorgänge wahr. Erosion vor der Gosau, Einschüttung der Gosau, Faltung derselben, Erosion, Ein- schüttung des Tertiärs, Faltung, Erosion, Einschüttung der inter- glazialen Terrassensedimente und der glazialen Grundmoränen. Wir wissen aus dem Studium der Terrassensedimente, daß auch sie einer vertikalen Bewegung die Entstehung verdanken. Diese Be- wegung war aber keine dauernde, sondern nur eine zeitweilige Ver- biegung des Gebirges. Schematischer Querschnitt. 1 = Gosaueinlagerung. — 2 — Tertiäreinlagerung. — 3 — Glazialeinlagerung. 4 — Alluvialeinlagerung. Die Gosaueinlagerungen werden stellenweise von den Tertiäreinlagerungen, beide vielfach von glazialen Sedimenten überdeckt. Jede dieser Einlagerungen wird von eigenen tektonischen Bewegungen und Erosionsschnitten begrenzt. Bei einer beträchtlichen Verlängerung des Querschnittes (Fig. 11) gegen Norden würde sich hinter der Bucht des Kaiserhauses die Gosaubucht von Zöttbach einfügen. Hier wird die Gosaueinlage von Terrassensedimenten überdeckt. Noch weiter nördlich würde die Bucht der Erzherzog-Johann- Klause geschnitten, welche von Terrassensedimenten besetzt wird. Alle diese verschiedenen Buchten werden heute von der in gewaltigen Klammschritten quer durchbrechenden Brandenberger Ache aufs deutlichste erschlossen. Gosau von Muttekopf-Gufelsee. Einen wesentlich anderen Besitzstand zeigt die Muttekopfgosau. Sie stellt sich als eine ziemlich schmale, langgestreckte und hocherhobene Bucht dar, welche von der Gegend des Gufelsees im Westen bis zum Südgehänge der östlichen Platteinspitze streicht und vorzüglich von Breccien, Konglomeraten, Sandsteinen und Mergeln erfüllt wird. In der Gegend der Hanauer Hütte hat die Erosion den Zu- sammenhang der Gosauablagerungen auf eine kurze Strecke hin schon durchbrochen. N, WC [117] Über exotische Gerölle in der Gosau. 305 Da diese Ablagerungen fast überall erst oberhalb der Holz- grenze eintreten, so ist ihr Aufbau aufs beste erschlossen. Während in der Brandenberger Gosau großenteils reiche Fossil- reste eingebettet liegen und grobklastische Ablagerungen gänzlich fehlen, herrschen hier feine bis grobe Breccien, Konglomerate, Riesenblocklagen .... vor und Versteinerungen sind nur äußerst selten. Fig. 12. JP266R m S y Alp eu S d (S N \ fur N SE N . NRZ \\ © SE 7 FD ESS Kom... 1: 17.000. 1 = Hauptdolomit. 2 — Feinkörniges Konglomerat aus gutgerundeten Hauptdolomitgeröllen, | geht nach oben in eine Hauptdolomitbreccie über. 3 — Schmutzig gelblich graue Mergel mit muscheligem Bruch (viele Konkretionen). 4 — Durch gelblich graue Sandsteine (dunkler als die Mergel) Über- gang zu Konglomeraten (fast ausschließlich kalkalpines Material). J) 5 — Einschaltungen dunkelgrauer, dünnschichtiger Mergel und Sandsteine. | 6 = Feiner, gelb-blaugrauer Mergel. 7 = 20—40 m mächtige, äußerst grobblockige Konglomeratzone. 8 — Folge von gelbgrauen Mergein, braunen Sandsteinen und fein- körnigen Konglomeraten. 9 — Meist grobkörniges Konglomerat von vorherrschend rötlicher Farbe (sehr viel roter Sandstein, Verrucano, Quarzphyllite, kristalline Bänderkalke .. .). 10 = Gelbgrünliche Mergel. Hand in Hand mit der auffallenden Vergröberung des Zu- schüttungsmaterials geht auch die weit größere Mächtigkeit der Absätze. Noch heute, trotz der in den Gipfelregionen überaus lebhaften Abwitterung und den vielfach weichen, leicht zerstörbaren Schichten, erreichen die Gosauserien im Muttekopfgebiet stellenweise gegen 600 m Mächtigkeit. Ihr Aufbau ist aus den beistehenden Profilen am bequemsten abzulesen. 306: .:0. Ampferer und Th. Ohnesorge. [18] .-Vorherrschend sind gelblichgraue bis dunkelgraue ‘Mergel, Sand- steine und Konglomerate, welche häufig in vielfältigen Vergröberungs- und Verfeinerungsserien übereinander wechseln. "Im Liegenden stellen sich über dem Hauptdolomit feinere Kon- glomerate und Breceien. ein, die fast ausschließlich aus Hauptdolomit- gesteinen aufgebaut werden. Diese Basalkonglomerate aus Haupt- dolomit zeigen hier wie auch vielfach in Brandenberg auffallend schön gerundete Gerölle von Erbsen- bis Kirschengröße. Die obersten Bänke des Hauptdolomits sind oft (Fig. 12) in eine Breccie oder ein Konglomerat aufgelöst und mit Teupuleleuze zerreibsel wieder verkittet. Die höheren Konglomerate enthalten außer Hauptdolomit noch viele andere kalkalpine Gerölle und Brocken aus grauen, schwarzen, hellgrauen Kalken, schwarzen Mergeln, roten, grünen, schwarzen Hornsteinkalken, roten Liaskalken, verschiedenen Kössener Kalken... In ziemlich hoher Lage treten dann (Fig. 12) Riesenkonglomerate auf. Diese 20—40 m mächtige Blocklage umschließt Klötze bis zu 10 m Durchmesser. Es sind ebenfalls vor allem kalkalpine Gesteine, die zu diesem Riesenblockwerk verarbeitet wurden. Doch kommen hier auch schon Verrucanoblöcke vor. Noch höher ist südwestlich vom Gipfel des Muttekopfes bei Punkt 2663 der Originalaufnahme eine beckenförmig verbogene Schichtzone von mittel- bis grobkörnigen Konglomeraten von rötlicher Farbe eingeschaltet. Die Färbung kommt von dem Reichtum an roten Buntsandstein- und Verrucanogeröllen. Diesen sind hier Quarzphyllite, kristalline Bänderkalke, Grauwacken, metamorphe Diabase (leukoxen- reicher Plagioklas-Chloritschiefer, gepreßt) in geringer Menge beigesellt. Exotische Gerölle, wie sie in den meisten anderen Gosau- bereichen häufig sind, habe ich hier bisher nicht entdecken können. Sehr bemerkenswert ist trotz der Nachbarschaft des Otztaler Massivs das vollständige Fehlen von Amphiboliten, Gneissen ..'. unter den Geröllkomponenten. Die gewaltigste Entfaltung gewinnen grobe Breccien und. Kon- glomerate am Südwestabfall der Kogelseespitze (Fig. 15). Hier.bilden sie jähe, ungemein schroffe und rauhe Abbrüche. Es ist eine bei 600 m mächtige Anhäufung von meist eckigem Trümmer- werk, das vorzüglich aus Hauptdolomit besteht. Am Südostgrat dieses Berges, welcher zum Gufelseejoch niederleitet, sind die feinen Sand- steine und Mergellagen besonders schön zutage liegend. Auf den Schichtflächen sind häufig prachtvoll erhaltene Wellen- furchen zu sehen. Die Mergel neigen zu schaligen Absonderungsformen. Der ganze Berghang ist mit. Scherben und Scheiben bedeckt und der Tritt des Bergsteigers klappert auf den Sandsteinplatten, von denen Tausende herumliegen. Hier wurde angeblich von.Münchener Studenten ein Fischwirbel gefunden, der indessen in München wieder verloren ging. Außer Mergeln, Sandsteinen, Konglomeraten, Breccien... sind am Aufbau der Muttekopfgosau : einzelne Bänke eines ‘grauen: Kalkes mitbeteiligt. Wir treffen diese Kalkzone gewöhnlich im unteren Teil der: Gosau-: [19] Über exotische Gerölle in.der Gosau. 307 serie (Fig. 13). Sie bildet vom Muttekopf 'bis zum Gufelsee ein ziemlich regelmäßiges, weit streichendes Schichtglied, an dem man die Verbiegungen der Ablagerungen besonders deutlich verfolgen kann. Fig. 13. Ko gelsce Rn, = 2 000m. Nach den Aufschlüssen der Westseite. 1: 17.000. 1 = Hauptdolomit. 2 — Konglomeratische Zone des Hauptdolomits. | 3 — Breceie und Konglomerat aus Hauptdolomit. 4 — Zone eines grauen, dickbankigen Kalkes, Gosau 5 — Feine Sandsteine und Mergel, ausgezeichnete Wellenspuren auf den Zone wurde ein Fischwirbel gefunden. | Schichtflächen, großschalige Mergelkonkretionen. In dieser 6 Sandsteine und feinere Konglomeratlagen aus kalkalpinen Gesteinen, | Fig. 14. ne I) III JH Arstall 5; pP 7 >» Yarzın 2 Bufele) MuesläRA 437 no: 5 Mom 1:50.000. Hauptdolomit. Kössener Schichten. Dunkelgraue Hornsteinkalke, Fleckenmergelkalke. Grüne Hornsteinkalke. Blutrote Hornsteinkalke. Rote mergelige Kalke, hellgraue Kalke, gehen nach oben in weiche grüngraue Mergel über. Neokom. Gosaubreceien, Konglomerate, Sandsteine, Mergel und Kalke. | j IA. I ouywve ao II Neben dieser weithin streichenden Kalkzone sind aber meistens in. höheren Horizonten zwischen Mergeln, Sandsteinen und Kon- glomeraten häufig große, linsen- bis blockförmige, ungeschichtete Kalkmassen' eingefügt, deren Natur noch nicht genügend erforscht werden konnte. 308 O. Ampferer und Th. Ohnesorge. [20] Sie lagern anscheinend wie riesenhafte Blöcke (20--40 m Durch- messer) inmitten von Mergeln und Sandsteinen. Ich hoffe, im heurigen Sommer diese interessante Erscheinung in der Umgebung der Muttekopfhütte genauer studieren zu können. Der Gebirgsgrund, auf welchem die Gosauserie zur Ablagerung gelangte, besteht aus enggefalteten Hauptdolomitschichten. Es ist die westliche Fortsetzung der Mieminger Mulde, welche sich hier im Norden an den letzten Ausläufer des mächtigen Wettersteinkalkzuges der Heiterwand anlehnt. Der Querschnitt Fig. 14 gibt ein Bild der intensiven Zusammen- faltung dieses Gebirgskörpers. Der Schnitt setzt im westlichsten Teil der Gosaubucht durch. Hier grenzt im Norden des Hauptdolomit- Fig. 15. 1:17.000. Hauptdolomit. Einschaltung von Gosaumergeln und Sandsteinen. Serie von gelblichgrauen Mergeln und Sandsteinen. Serie von gröberen Sandsteinen und Konglomeraten. Grobblockiges Konglomerat (verschiedene Kalke... Verrucano ...). 2 E Ve re sPpPov-m II sebirges unmittelbar eine neue Schichtfolge an, welche weiter östlich erst hinter dem Wettersteinkalkzug der Heiterwand eingeordnet ist. Dieser Zug endet bei Boden und westwärts berühren sich das südliche Hauptdolomitgebirge und die junge Schichtzone, welche am Gramaiser Sattele (Fig. 14) als Hangendstes Neokommergel mit Aptychus Didayi Cogu. und Hopliten enthält. Die heftige, engbogige Zusammenpressung zeigt auch sehr klar Profil Fig. 15. Die Lagerung der Gosauserie ist deutlich transgressiv. Das ist besonders schön an der Nordseite des Gebirges im Kübelkar, an den Osthängen des inneren Angerletales und in der Umgebung des Gufel- sees zu erkennen. Die Gosausedimente stellen sich als Verschüttungen einer älteren Erosionsfurche dar. M u il vv In er [21] Über exotische Gerölle in der Gosau. 309 Die “Abtragung des Gebirges war hier vor der Einfüllung der Gosau schon sehr tief eingedrungen. Der Erosionsschnitt reichte vom Neokom bis tief in den Hauptdolomit nieder. Von den meisten der hier abgetragenen Sedimente sind größere Trümmer und Blöcke in den Breccien und Konglomeraten reichlich eingestreut, die nach Größe und Scharfkantigkeit keinen weiten Weg gemacht haben können. Die Zuschüttung dieser Erosionsfurche wurde fast ausschließlich von lokalem, kalkalpinem Schuttwerk besorgt und auch die fremden Fig. 16. A Ansicht von Südosten. — Hauptdolomit. Gelblichgraue Mergel, um eine Hauptdolomitklippe herumgeknäuelt. Serie von dunkelgrauen Mergeln, Sandsteinen und Konglomeraten. Kalklager. Serie von Mergeln, Sandsteinen und Konglomeraten. p$omND — I Gosau | Einschlüsse (Verrucano, Quarzphyllit, Diabas, Grauwacken, kristalline Bänderkalke....) sind nicht aus großer Ferne. Die Tektonik der Gosauserie ist eine ziemlich einfache. Wir begegnen wieder steilen, manchmal seigeren oder leicht überkippten Aufrichtungen an den Muldenrändern, im Innern dagegen ziemlich flachen Lagerungen. Die größte Breite erreicht die Mulde zwischen dem Nordostgrat des Muttekopfes und dem Odkarleskopf mit zirka 3 km. Auch in ostwestlicher Richtung sind stärkere Verbiegungen, zum Beispiel an der Ostseite des Galtseitjoches erschlossen. Hier bilden die Gosauschichten zwischen Reichspitze, Schlenkerspitze und Fundeisalpe einen nur gegen Osten offenen kleinen Trichter. Jahrbuch d. k. k. geol. Reichsanst., 1909. 59. Bd., 2. Hft. (Ampferer u, Ohnesorge.) 40 310 O0. Ampferer und Th. Ohnesorge. [22] Neben dieser Gesamtverbiegung der Schichten treten ähnlich wie im Brandenberger Tal kleinere Verschiebungen des Untergrundes auf, wodurch Schichtwiederholungen entstehen. Solche sind in großartiger Weise am Nord- (Fig. 15) und Nord- ostgrat des Muttekopfes und am Östgehänge der Reichspitze Fig. 16 zu sehen. Auf den ersten Blick könnte man an Klippen denken, welche von den Gosausedimenten umlagert wurden. Bei genauerem Zusehen aber wird deutlich, daß diese Haupt- dolomitzacken erst bei späteren Gebirgsverschiebungen so aufgestellt wurden. Denkt man sich nämlich die Gosaumulde wieder ausgeglättet, so würden die Gosauschichten hinter den Klippen unter diese zu liegen kommen und könnten nur als Einlagerungen in Höhlen verstanden werden. Das ist bei der Ausdehnung dieser Einschaltungen ganz unmöglich. Es handelt sich hier um Verschiebungen ungefähr parallel zu dem äußeren Klippenrand, wodurch diese Wiederholungen zustande- kommen. Bei der Klippe am Osthange der Reichspitze Fig. 16 ersieht man schon aus den feineren Schichtverbiegungen das spätere tek- tonische Hereindrängen des Hauptdolomitzackens. Die Sohle der Gosauserie liegt heute am Gufelsee bei zirka 2000 m, bei der Hanauer Hütte bei zirka 2000 m, im Fundeistal bei zirka 1900 m, bei der Marktalpe ober Imst bei zirka 1700 m. Es ist also ein ziemlich kräftiges Gefälle von West gegen Ost vorhanden, obwohl dasselbe wegen Einschaltung von Verbiegungen nicht einheitlich ist. Die Muttekopfgosau ist allseitig isoliert. Obwohl sich also nach keiner Richtung unmittelbare Fortsetzungen finden, hegt der Verfasser die Vermutung, daß westwärts in den Lechtaler Alpen an vielen Stellen zum Teil recht mächtige Mergel-, Schiefer- und Sandsteinmassen mit Lagen feinerer, bunter Konglomerate ebenfalls zur Oberkreide zu zählen sind. Genauere Mitteilungen darüber sollen erst gegeben werden, wenn die Untersuchungen im Felde zum Abschluß gekommen sind. Gosaureste der Allgäuer Alpen. Ganz verschieden von den bisher beschriebenen Gosaubuchten sind in den Allgäuer Alpen westwärts von Reutte schmale, lang hinstreichende Zonen von Mergeln, Sandsteinen, bunten Konglomeraten, Breccien, Hornsteinbreceien... dem Gebirge eingeschaltet, welche, soweit sie überhaupt bekannt waren, als Flysch beschrieben sind. Durch den Einschluß der charakteristischen exotischen Gerölle und durch die Entdeckung fossilführender Gosaureste zwischen Hohem Licht und Peischelkopf von C. A. Haniel ist es nunmehr ziemlich wahrschein- lich geworden, daß alle diese, meist über Aptychenkalken transgressiv auftretenden klastischen Bildungen zur Oberkreide zu ziehen sind. 1 [23] Über exotische Gerölle in der Gosau. 311 Die Einschaltung dieser Schichten beginnt östlich von Reutte im Lechtale an der Schwelle des kleinen Urisees. Von hier an lassen sich diese charakteristischen bunten Kon- glomerate... in zwei Streifen weit gegen Westen hin nachweisen, wo ihr Ende gegenwärtig noch nicht erforscht ist. Der eine nördlichere Streifen folgt dem Südabfall der Tann- heimer Kette und des Einsteines, der andere, südlichere erscheint am Nordrande jener mächtigen Schubmasse angeordnet, deren Eckpunkte von Gachtspitze, Krinnespitze, Litnisschrofen, Sulzspitze, Schochen- spitze, Lachenspitze, Kastenkopf, Lahnerkopf besetzt werden. Es ist ungefähr die Nordgrenze der von Rothpletz als Lech- taler Schubmasse bezeichneten Gebirgsmasse. Fig. 17. 1 — Aptychenkalke, oberhalb von 2 heftig zerpreßt und zerschiefert. 2 — Konglomerat mit exotischen Geröllen, wechsellagernd mit feinerem Gosau? | Sandstein und schwarzgrauen, braunen Mergeln, die einge- streute Gerölle enthalten. 3 — Gelbe Rauhwacke. 4 — Weißlicher Kalk. 5 — Grundmoräne mit sehr grobem Blockwerk. Die Nordgrenze dieser im einzelnen sehr kompliziert gebauten Schubmasse ist vielfach in diesem Abschnitte durch die Führung von kleineren und größeren Schubfetzen ausgezeichnet, an deren Bestand sich verschiedenartige Gesteine bis hinab zum Muschelkalk beteiligen. Diese Erscheinung tritt ja auch entlang der Grenze des von Rothpletz als Allgäuer Schubmasse bezeichneten Systems hervor, wo auch noch Buntsandstein und wie zum Beispiel im Rettenschwanger Tale sogar wahrscheinlich paläozoische Gesteine (granatführende Glimmerschiefer, Amphibolite) als Schubmitgift erscheinen. Auch der nördliche Gosauzug lagert ganz analog in der unmittel- baren Nachbarschaft einer großen Schubfläche, welche am Südabsturz der Tannheimer Kette und des Einsteines durchschneidet. Der Aufbau der hier als Gosaubildungen zusammengefaßten Schichten, die möglicherweise teilweise noch zum Cenoman gehören können und wie bei Gerstruben im Oytal nach G. Schulze flysch- artigen Charakter zeigen, ist ein ziemlich einförmiger. 40* 312 OÖ. Ampferer und Th. Obnesorge. [24] Graue, gelbliche bis schwarze Mergel oft mit eingestreuten feineren Breccien aus kalkalpinen Gesteinen oder größeren, wohlgerundeten, bunten Geröllen, dann verschiedenartige Sandsteine, feste, bunte Kon- glomerate (vorzüglich kalkalpin) mit einzelnen exotischen Geröllen, Mergel und Sandsteine mit zahlreichen exotischen Geröllen, endlich schwärzliche, rauhe Hornsteinbreccien machen die Hauptglieder aus. An der einzigen Stelle, wo bisher Fossilien entdeckt wurden, ist nach Mitteilung von C. A. Haniel der Aufbau folgendermaßen: Diskordant über Liasfleckenmergeln liegt ein Konglomerat, das aus teils eckigen, teils gerundeten erbsen- bis faustgroßen Stücken von Kalk, rotem und grünem Hornstein besteht. Nach oben geht es in einen sandigen, dunklen Kalk (mit Hippuritentrümmern) über, der rötlich Fig. 18. VBIRTA 1: 7000. Aptychenkalke. Schiefer, Sandsteine, Konglomerate (exotische Gerölle). Gosau ? Rote und grüne Hornsteinkalke, Rote Kalke und Mergel. Triasdolomit. po — I N verwittert. Darüber folgt eine mächtige Serie von lichten Mergeln, die reich an Versteinerungen sind. Es ist bemerkenswert, daß dieses zuerst von G. Schulze ent- deckte Vorkommen nicht an der Nordgrenze der Lechtaler Schub- masse, sondern an einer kleineren, südlicheren Überschiebung auftritt, welche sich nördlich von Holzgau in die Hinterhornbacher Kette einschaltet. Wie ich schon angedeutet habe, gehören aller Wahrscheinlich- keit nach viele lithologisch ähnlich gebaute Vorkommen der westlichen Lechtaler Alpen ebenfalls zur transgressiven Oberkreide. Die Schichtfolgen im einzelnen sind mit den Profilen und An- sichten am raschesten zu überschauen. Das östlichste Vorkommen an der Schwelle des Urisees gestattet keine genaueren Einblicke. Die Reste von bunten Konglomeraten [25] Über exotische Gerölle in der, Gosau. 313 lagern auf. Raibler Sandsteinen und ganz zerwürgten Aptychenschichten. Ebenfalls keine weitere Einsicht gewähren Konglomeratreste östlich vom Hornbergl und in dem Graben unter der Gervalpe. Dagegen bietet ein Aufschluß (Fig. 17) im Hirschbachgraben südlich der Schönpachtelalpe (nordöstlich von Hornbergl) charakte- ristische Erscheinungen. Wenn wir durch. die schwer zugängliche Fig. 19. 1:10.000. 1 —= Aptychenkalke. 9 — Sandsteine und Konglomerate. 2 — Rote Kalke und Mergel. 10 — Rote und grüne Hornsteinkalke. 3 — Schwarze Schiefer, werden gegen 11 = Dicke Kalkbänke. oben sandig. 12 — Schwarze Schiefer. 4 — Sandsteine und Konglomerate. 13 — Helle Kalke und Dolomite. 5 — Stark zerschuppte Aptychenkalke. 14 — Sandsteine. 6 = Rotgrünes Quarzkonglomerat. 15 — Blaugrauer Ton. 7 = Grobes Konglomerat mit vielen 16 — Gelbliche Rauhwacke. kalkalpinen (bis kopfgroßen) 17 — Gelblichgrauer Dolomit. Geröllen. 18 — Graue Rauhwacke. 8 — Grauschwarze Schiefer mit Kon- 19 —= Wettersteinkalk. glomerat wechselnd. 3, 168.708, 9 Gasaur Hirschbachschlucht über die Aptychenkalkstufen emporklettern, so begegnen wir plötzlich einem Konglomerat, das diskordant den Schicht- köpfen der Aptychenkalke aufruht. Es bildet abgerundete Felsen und enthält neben kalkalpinen Geröllen viele Kiesel und exotische Gerölle. Es wechselt‘ mit einzelnen Lagen feineren Sandsteines oder schwarzgrauen Mergels, in welchem viele glatte, bis faustgroße exotische Gerölle eingebettet liegen. 314 ‘OÖ. Ampferer und Tlı. Ohnesorge. [26] Das Konglomerat ruht mit ziemlich glatter Fläche auf den steil gefalteten Aptychenkalken. Im Bachbett fand sich hier ein Block, der beinahe ausschließ- lich aus feinen, klaren, kleinen Kieseln besteht, welche mit Kupfer- kies verbunden sind. Uber dem Konglomerat sind zunächst ganz zerknüllte Aptychen- schiefer, dann gelbliche Rauhwacken eingeschaltet. Auf den Rauhwacken Fig. 20. 1: 10.000. Rote Hornsteinkalke. Aptychenkalke. Grüne Hornsteinkalke. Unten blaßrote, gegen oben rote Kalke. Schwarze Hornsteinbreecien mit sandigen Mergeln. Graue, braune, schwarze Mergel mit eingestreuten Kieseln. Mergel mit Konglomerat. Grobes Konglomerat (kopfgroße Gerölle). Sandsteine und buntes Konglomerat (exotische Gerölle). Grobes Konglomerat mit vielen exotischen Geröllen. Hellgrauer Dolomit (Wettersteindolomit). Gelbliche Rauhwacke. Gelblichgrauer Dolomit (Hauptdolomit). Wettersteinkalk. Gosau ? er soo Sm pw» INN 1 lagert ein von vielen Sprüngen zerrissener weißlicher Kalk (Wetter- steinkalk), den eine Grundmoräne mit sehr grobem Blockschutt über- deckt. Dieser eigenartigen Überschiebung der Gosau durch Rauhwacken und Triaskalke werden wir noch öfter begegnen. Am Westabhange des Verbindungskammes zwischen Gachtspitze und Tannheimer Kette habe ich an drei Stellen, im Warpsbachgraben und am Westhang der Gachtspitze hierher gehörige bunte Konglomerate [27] Über exotische Gerölle in der Gosau. 315 in kleineren Resten anstehend entdeckt. Der kleine Rest an der Nordseite des Warpsbaches ist den Fleckenmergeln eingeschaltet, die beiden größeren am Abfall der Gachtspitze lagern auf Aptychenkalken. Genauere Lagebeziehungen sind hier nicht zu erkennen. Der tiefe Einschnitt des Gachtpasses und Tannheimer Tales scheidet westwärts die beiden Gosaustreifen in energischer Weise, Der nördliche Zug verläuft am Südabhange der Tannheimer Berge und schlingt sich dann um den Einstein. Die wilden Schluchten der Tannheimer Kette zwischen Nessel- wängle und Haldensee erschließen hier die Lagerungsverhältnisse der Gosaustreifen aufs klarste. Im Föllegraben (Fig. 18) sehen wir nur einen Komplex von Schiefern, Sandsteinen und Konglomeraten mit exotischen Geröllen Fig. 21. Graben nördlich von der Strindenbergalpe. Sandsteine mit Konglomeratlagen wechselnd. Gosau ? Gelbliche Rauhwacke, Aptychenkalke. Rote Mergel und Kalke. Triaskalk. po.» III zwischen jurassische Schichten eingeschaltet, welche von mächtigen Triasdolomiten überschoben werden. Viel großartiger sind die Aufschlüsse der nächsten tiefen Tobel, deren Durchkletterung dem Alpengeologen feine Freude bereitet. Hier begegnen wir (Fig. 19, 20) einem vielfältigen Wechsel von Gosauschichten mit schräg gebogenen, heftig gefalteten Keilen von Aptychenkalken. Diese letzteren zeigen alle Anzeichen heftiger tektonischer Überanstrengung. Uber dieser innigen Verfaltungszone von Gosauschichten und Aptychenkalken thront dann in gewaltigen Burgen die Triasschubmasse der Tannheimer Kette. Die höchst mannigfaltigen Schichtglieder und Schichtstellungen können an der Hand der Zeichnungen verfolgt werden. Die Konglomerate des auf Fig. 20 dargestellten Grabens sind besonders reich an nuß- bis faustgroßen, schön gedrechselten exotischen Geröllen. Ich habe in diesem Graben typische rote Quarzporphyre, 316 OÖ. Ampferer und Th. Ohnesorge. [28] blaßrote Felsitfelse, Porphyrite, jaspisartigen, eisenoxydführenden Quarzit, quarzigen Quarzkörnersandstein, turmalinigen Quarsandstein gesammelt. ‚Das Anstehende dieser Mergel, Sandsteine, Konglomerate wurde zuerst von Prof. Rothpletz bei seiner Aufnahme der Vilser Alpen kartiert und als flyschartige Bildung beschrieben. Seine Darstellung ist schematisch und entspricht nicht dem viel- fältigen, tektonisch höchst lebendigen Auftreten dieser Schichtstreifen. Aufschlüsse mit ähnlichen Verhältnissen finden sich endlich weiter westwärts in der Umgebung der Gessenwangalpe, am Südhange des Einsteines nördlich von Tannheim. f Fig. 22. N 77 ss J Kamm wesil d ? Pry90 Üssern Ale T 1 T— 1 7 < r = Ri : 7 f 2 / = 7 I = Hoom PP 1: 12.500. 1 — Hauptdolomit. 2 — Kössener Schichten. 3 — Fleckenmergelserie. 4 — Blaßrote Kalke. 5 — Rote und grüne Hornsteinkalke. 6 — Aptychenkalke. 7 — Schwarzgraue Schiefer und Sandsteine. Goa? 8 — Grobes Konglomerat mit vielen bis kopfgroßen Kalkbrocken. 9 — Mergelsandsteine, Konglomerate mit Kalkgeröllen. 10 — Serie von schwärzlichen Schiefern, Mergeln, Sandsteinen, -Kon- glomeraten. 11 = Scholle von Hauptdolomit. Der südliche, viel weiter streichende Gesteinszug ist viel häufiger und in weit größeren Beständen erschlossen. | Am Nordabhange der Krinnespitze kommen kleine Reste des bunten Konglomerats auf Liasschiefern vor. Größere Ausdehnung gewinnen diese Schichtreste dann westlich des Strindenbachtales. Hier ruhen ‘zwischen diesem und dem Vilstal (Vilsalpsee) auf einem Gewölbe von Hauptdolomit, Kössener Schichten, Fleckenmergeln und Aptychenschichten zahlreiche kleinere und größere Deckschollen aus Muschelkalk, Wettersteinkalk und Dolomit, Rauhwacken, Haupt- dolomit.... Zwischen diesen dem Nordrande der Lechtaler Schubmasse vor- und untergelagerten Schollen und dem erwähnten Gewölbe sind [29] Über exotische Gerölle in der Gosau. 317 nun teils in großen Massen, teils in schmalen Zungen wieder Mergel, Sandsteine, Breccien, bunte Konglomerate, Hornsteinbreccien . eingeschaltet. Sie überlagern also Fleckenmergel oder Aptychenschichten und werden ihrerseits von den Schubmassen bedeckt, Fig. 23. Werdenle ’> der Sub 2000 77 1500m N1 JO 1:70.0. Fleckenmergelserie. Aptychenkalke. Rote Kalke und Mergel. Rote Hornsteinkalke. Schwärzlichgraue Schiefer, Sandsteine und Mergel. Quarzkonglomerat. Trümmerzone, Rauhwacke. Muschelkalk mit Encrinitenbank. Trümmerzone. Hauptdolomit. Gosau ? N INN SODÄITDTOt DD — je Die Deckschollenlandschaft in der Umgebung der Strindenberg- und Ussernalpe zeigt ganz den Grundtypus wie diejenige zwischen Gachtspitze und Tannheimer Kette. Man vergleiche die charakteristischen Aufschlüsse Fig. 17 und Fig. 21. Stellenweise haben auch hier sehr intensive Verknetungen und Verfaltungen zwischen Aptychenkalken und Gosauschichten statt- gefunden, Fig. 22 gibt einen nordsüdlichen Schnitt durch den westlichen Teil der Deckschollenlandschaft der Ussernalpe. Jahrbuch d. k. k. geol. Reichsanst., 1909, 59. Bd., 2. Hft. (Ampferer u. Ohnesorge.) 4] 318 OÖ. Ampferer und Th. Ohnesorge. [30] Wir erkennen hier an dem kleinen Kamme westlich dieser Alpe eine ausgezeichnet aufgeschlossene, mehrfältige Verknüpfung von Aptychenkalken mit Gosauschichten. Noch in weit großzügigeren Verhältnissen ist etwas südlicher in dem riesenhaften, schaurig düsteren ‚Sulzgraben diese Verfaltung (Fig. 23) enthüllt. Von etwa 1400 m Höhe bis zum Gipfel der 2080 m hohen Sulzspitze reichen die nackten Bergrisse empor, deren Begehung zu den schwierigsten Aufgaben der Alpengeologie gehören dürfte. Die hier die Gosauverfaltungen krönende Schubdecke gehört schon dem Hauptkörper der Lechtaler Schubmasse an. Fig. 24. < on SL N \ I 2015 7m 2069 20 RT NW 1: 25.000. 1 — Hauptdolomit. 2 — Kössener Schichten. 3 — Serie der Fleckenmergel. 4 = Rote Hornsteinkalke. 5 — Aptychenkalke. 6 — Schwärzliche Schiefer, Mergel, Sandsteine, Quarz- konglomerate, Hornsteinbreccien. Gosau? 7 = Gelblichgraue Rauhwacke. 8 — Gehängeschutt. Weiter westwärts bieten- die gegen Norden vorspringenden Querkämme prächtige Einblicke in die Einschaltung der Gosauserien. An den steilen Abbrüchen der Schochenspitze (Fig. 24) gegen den Traualp- und Vilsalpsee ist die Uberschiebung der Hauptdolomit- krone der Spitze mit einer Zwischenfuge von Rauhwacken sehr schön zu erkennen. Die Gosauserie lagert über Aptychenkalken und ist selbst von einem Keil von Aptychenkalken überschoben. Es schaltet sich hier streckenweise dem Stirnrande der Lechtaler Schubmasse ein sekundärer, von ihr überwältigter Schubkörper vor. Dieser zeigt am nächsten Quergrat (Fig. 25) an der Rotspitze die Struktur einer teilweise verzerrten Falte. Diese Falte legt sich auf eine hier ziemlich mächtige Serie von schwärzlichen Mergeln, Sandsteinen, Kalkbreccien, Hornsteinbreceien, bunten Konglomeraten. a. [31] - Über exotische Gerölle in der Gosau. 319 . Gosau? S >) Ss = oO or. BR = Sg 7} 2: 3:8 un.o rn. SEEN 8% = a3 .28 SHou2%2 an > — rn 73 je, 5 © nm sau Ser 5 99,8, aAR2ZSHEn oe 9,8 8 2sHtfisa en ro SS mo .da © gs a ?P2 5% > © Je: >} o°© Sant be) Ss oo © © 102) ASNa [6.0 Ho ma nm 1:17.000. 4 — Serie von Fleckenmergeln und Kalken. © fe | MM © .@ = [>) sa co = .— MM Eon u RUE ange | Ei enaraasıE 3 sr äma a = = 7} De [771 m— [+] Ko) oo © A jan os I I I III - csın I) SD I» 41* 320 ; OÖ. Ampferer und Th. Ohnesorge. [32] In den Mergeln ist an der Westwand dieses kühn himmelwärts erhobenen Felshornes eine kleine Scholle von Aptychenkalken ein- gepreßt. Wie am Schochen thront auch hier über der sekundären liegenden Falte aus Aptychenkalken (Kern von roten Hornsteinkalken) eine kleine Scholle von Hauptdolomit. Im Hangenden der liegenden Falte stellen sich wieder Gosau- schichten ein. Uber diese greift dann erst die Lechtaler Schub- masse vor. Der nächste Querkamm ist die mit schönen, aussichtsreichen Bergen gezierte Hochschneide vom Kastenkopf zum Gaishorn. An ihr zieht der herrliche Jubiläumsweg von der Prinz-Luitpold-Hütte gegen Norden. Fig. 26. WE & / An vol, £ R 5% MI a - Ba S 1:11.000. Hauptdolomit. Kössener Schichten. Fleckenmergel. Schwarze Hornsteinkalke. Grauer, oolithischer Kalk. Rote Hornsteinkalke. Aptychenkalke, gegen oben grüne und rote weiche Mergel. Mergelsandsteine, Mergel mit bunten Geröllen, Quarzkonglomerate. Serie von grauen Hornsteinbreccien, schwarze Kalke mit grauen Hornsteinschratten, schwärzliche, sandige Mergel ... Wettersteinkalk. Zerdrückter Dolomit. N Gosau? je een Ze) SO PD -— | Hr En Fig. 26 zeigt das Auftreten der Gosauserie, welche hier wiederum mehrere schmale Keile von Aptychenkalken enthält. Interessant ist die Einschaltung einer schmalen Zone von Wetter- steinkalk, welche am Überschiebungsrand im Norden des Kastenkopfes beginnt und eine gute Strecke, stellenweise verbunden mit Raibler Schichten, westwärts hinstreicht. Ziemlich ähnliche Verhältnisse bietet der westlich des bayrischen Schrecksees aufragende Querkamm Lahnerkopf— Alpelekopf— Auf dem Falken (Fig. 27). Die Gosauserie ist hier besonders reich ‚an exotischen Geröllen. Ich sammelte in der Scharte südlich von Apelekopf rote typische Quarzporphyre, Metafelsophyre, Porphyrite, Diabase, Diabasporphyrite, quarzigen Quarzkörnersandstein, turmalinigen Quarzit. [33] Über exotische Gerölle in der Gosau, 321 Es kommen einzelne überfaustgroße Gerölle vor, Die Mehrzahl bleibt unter dieser Größe, Nächst den Aufschlüssen bei der Gessen- wangalpe an der Südseite der Tannbeimer Kette (Fig. 20) sind hier am Apelekopf und in der Umgebung der Erzbergalpe die reichsten Fundstätten der Allgäuer Alpen für exotische Gerölle. Die weiter westlich im Norden der Lechtaler Schubmasse noch vorhandenen Reste solcher Ablagerungen habe ich bisher noch nicht studieren können. Fig. 27. Lahnerköygf * “ N) % ZZ 1:17:080. Havptdolomit. Kössener Schichten. Oberer Dachsteinkalk. Rote Liaskalke. Fleckenmergelserie. Grauer Oolithkalk mit grünen Hornsteinkalken wechsellagernd. Rote Hornsteinkalke. Aptychenkalke. Mergel, Sandsteine und bunte Konglomerate (exotische Gerölle). Serie von schwarzen Schiefern, Sandsteinen, grauen Mergelkalken, grauen schnppigen Kalken, schwarzen Hornsteinbänken ... . sooo Psovm- III Gosau ? 11 11 = Wettersteinkaik. 12 = Zerdrückter Dolomit und Rauhwacke. 13 = Gelblichgraue Mergel (Raibler Schichten). Das von G. Schulze bei Gerstruben im Oytal beschriebene Vorkommen von Konglomeraten, Breccien.... dürfte seiner Lage nach auch dazu gehören. Auffallend ist jedoch, daß nach den Angaben von G. Schulze Flyschfucoiden vorkommen, welche in allen anderen Fundstellen nicht gefunden wurden. Auch scheinen dort exotische Gerölle nicht vorzukommen. Ich höffe bei der Fortführung der Untersuchungen darüber später ge- nauere Angaben liefern zu können. 322 0. Ampferer und Th. Ohnesorge. [34] Gesteinsbeschreibung. Porphyrgesteine. Von Geröllen ortsfremder Gesteine sind in den 'Gosaubildungen (Allgäu, Brandenberg etc.) ‚solche von Porphyren:am zahlreichsten vertreten. Wie sich deren Arten auf die einzelnen Gosauablagerungen verteilen oder beschränken, wurde wenigstens für das Brandenberger Tal und die Allgäuer Alpen zum Teil angegeben. Das ganze Porphyrmaterial ohne Rücksicht auf Fundort, nur nach dem Gesteinscharakter zusammengestellt und geordnet, repräsen- tiert sich als eine Verwandtschaft mit in solcher Menge durch Zwischen- formen verbundenen petrographisch diametralsten Gliedern, daß der Grad ler Abweichung zweier aufeinanderfolgender ein außerordentlich geringer ist. Deshalb sollen die Porphyrgesteine hauptsächlich unter Ver- wertung der Verwandtschaftsverhältnisse näher charakterisiert und Angaben bezüglich beschränkter Verbreitung gewisser Typen bei deren Beschreibung gelegentlich eingeschaltet werden. Zunächst von allgemeinen Eigenschaften der gesammelten Por- phyre. Die Abgrenzung von den sie begleitenden, allerdings spärlich vertretenen Graniten und Porphyriten ist eine mehr oder weniger willkürliche und künstliche. Alle Arten sind wenigstens teilweise Kıakaärnge immer führen sie Serizit, dessen Entstehung nach dem. Vorkommen gewisser zur Bänderung transversal schuppiger Qualitäten, nach dem von Serizit- pseudomorphosen und nach der inhomogenen Verteilung in sonst homo- genen Grundmassen genügend als sekundäre und nicht in die Zeit der Bildung der Quarz-Feldspat-Strukturen fallende gekennzeichnet wird. Die Orthoklase sind in den wenigeren Fällen erhalten und ent- weder fleckenweise oder vollständig durch Albit mit Serizit und Karbonat oder den beiden ersteren allein ersetzt. Die „erhalten“ ge- nannten Orthoklase zeigen eine ziemlich starke Bestäubung durch Flüssigkeitseinschlüsse. Die Einsprenglinge (Quarz und Örthoklas) sind durchweg klein — ihr Durchmesser geht kaum je über 3'mm — und eher spärlich als zahlreich. Biotit als primärer Gemengteil wird nur in wenigen Porphyriten sich nähernden Formen und auch hier ganz vereinzelt angetroffen.. Die Grundmassen — stets: holokristallin, wenn auch mikro- sköpisch: schon äußerst feinkristallin — weisen im Mineralbestand — Alkalifeldspat, Quarz und Serizit sind beständig, Eisenoxyd, Pyrit, Titaneisen, Zirkon, der mit Vorliebe an letzterem sitzt, dann Biotit und Karbonat mehr beschränkt — sehr wenig, dagegen in bezug auf Mengenverhältnis und besonders Gefüge große Unterschiede auf. Unter diesem Material sind auch sechs turmalinführende Porphyre; es liegt so wohl der Schluß nahe, daß die Porphyre und die sie be- gleitenden turmalinigen Sandsteine aus demselben Aufbereitungsgebiet stammen. [35] Über exotische Gerölle in der Gosau. 3923 Auck bezüglich der Herkunft der daneben vorkommenden Gerölle von jaspisartigem Quarzit und eines bräunlichen quarzitartigen Quarz- sphärolithits scheinen die Porphyre einen gewissen Anhaltspunkt zu liefern. Zwei Porphyrgerölle werden nämlich von Quarzsphärokristall- Beerezaten durchtrümert. A. Blaßrote und blaßrötlichgraue und liche Quarzporphyre mit sehr wenig Einsprenglingen. Das Grundgewebe ist eine von einzelnen wie von aggregierten Serizitschüppchen und von Quarz durchbrochene, bald mehr zer- fressen, bald mehr zerhackt aussehende Feldspatmasse. Qualitäten mit bestäubten Orthoklaseinsprenglingen führen in demselben viel, solche mit albitisierten Einsprenglingen weniger und meist randlich in kleinste Partikel aufgehenden und zum Teil geradezu staubartigen Grundmasse- feldspat (Albit). Serizit ist teils zu Zügen gesammelt, teils gleichmäßig verteilt. Diese Formen — es sind im allgemeinen die an Grundmasse- feldspat reichsten ‚aller Porphyre —., führen keine Bestandmassen (Spaltungsprodukte). =; Brandenberg (4)!), Allgäu (2). B.Rote;braunrote oder dunkelviolettrote Porphyre. Der ' Grundmassefeldspat erscheint als ein bald mehr, bald minder deutliches zartes Netzwerk — wie die Zellwände von Waben — mit von. Quarz. erfüllten Maschen (Maschenweite 0:01—0:002 mm). In den feldspatreicheren Qualitäten schließen sich vielerorts die Maschen (Ubergang zur vorigen Qualität). Hie und da sieht man sehr schmale, nach oben und unten sezähnte Feldspatstreifen übereinandergeordnet und zwischen. diesen Reihen aneinanderschließender Quarzperlen liegen. Anscheinend hat vor der Erstarrung eine Scheidung in Lamellen verschiedener Sub- Stanzen stattgefunden — ein Vorgang, wie ihn auch das streifenweise Auftreten von Oxydstaub anzunehmen erfordert. Bei einigen dieser (BD) Porphyre, und zwar bei solchen, die Streifen mit viel und relativ gröberem Eisenoxyd führen und die weiters eine teilweise, von einem als solchen nicht sichtbaren Ader- system aus erfolgte Serizitisierung durchgemacht haben, ist dadurch eine annähernd breceiöse Struktur zustandegekommen. Nämlich an den Stellen der Serizitbildung verschwindet?) das Oxyd — es geht in die Serizitverbindung ein — und so begegnen uns nebeneinander einer- seits scheinbar unveränderte, hellere, im durchfallenden Licht streifig schwarz bestäubte, anderseits reichlich serizitdurchsäte, grünlich- graue, schlecht lichtdurchlässige, oxydfreie, viel dicker erscheinende Grundmassepartien. Die aus solchen Fällen entstehende Vermutung, daB intensiv dunkel gefärbte Porphyre arm an neugebildetem. Serizit seien,.erwies sich durchgehends als richtig. ‘ Windischgarsten (5), Rax (1). ’) Anzahl der von den einzelnen Fundorten mikroskopisch untersuchten Geröllen. ?) Lücken in Oxydstaubstreifen sind nicht selten durch gleichbreite Serizit- partikelreihen überbrückt. 3924 O0. Ampferer und Tl. Ohnesorge. [36] ©. Rote und violettliche Porphyre mit einem größten- teils mikroskopisch äußerst dichten, sich gerade nur noch bei Be- nützung der Lichtbrechungsunterschiede als ein Gemenge verschieden- artiger Krümelchen zu erkennen gebenden Grundgewebe. Gegen Bestandmassen (Quarz mit Feldspatleisten) hin entwickeln sich aus solchen krümeligen — in dickeren Schliffteilen bräunlichen — Massen spärolithische Gebilde: außerordentlich feine Feldspatstrahlen erfüllen ein erst im polarisierten Licht als optisch einheitlich erkennbares Quarzkorn oder auch zu Kügelchen sich ergänzende Quarzsektoren. Quarzeinsprenglinge sind vom sogenannten Aureolenquarz (von Feld- spatstrahlengarben durchwachsenen, mit dem Einsprengling verdun- kelnden einheitlichen Quarzrinden) umgeben. Die häufigen Unter- brechungen des eigentlichen Grundgewebes durch noch selbständig auftretende Aureolenquarze, durch die genannten spärolithischen Ge- bilde, durch Quarzpartien mit Feldspatleisten und der wolkig und als Geäder auftretende Serizit machen das Schliffbild sehr unruhig. Brandenberg (4), Allgäu (2), Windischgarsten (1). D. Sehr lichte weißliche und grüngelbliche, hell- graue und rote (von diesen beiden je ein Fall), quarzit- oder auch kalkähnliche, zum Teil außerordentlich fein quarzlamel- lierte Porphyre mit sehr wenig Einsprenglingen. In diesen Porphyrqualitäten oder Geröllen liegt ein Material vor, wie man es untergeordnet in Gestalt kleiner, nur Millimeter dicker Lamellen, Schmitzen, Linsen oder Dreispitzen u. dgl. in den sub B und (€, besonders aber unter © vorgeführten Qualitäten begegnet, ein Umstand, der uns über diese Gesteinsentwicklung relativ viel zur Kenntnis bringt, Gleich granophyrischen Grundmassen setzt sich auch ihr Grund- gewebe aus Einheiten höherer Ordnung zusammen, Solche sind: 1. Die genannten Quarzkörner mit einem eingewachsenen Büschel von Feldspatfasern; Aureolenquarz im weiteren Sinne. 2. Quarzkörner mit geschlossen ralialstrahligen Feldspatfasern, von Pseudosphärolithen (im Sinne Rosenbusch’s) durch die Einheit- lichkeit des Quarzanteiles verschieden. Wegen ihrer Mittelstellung zwischen granophyrischen Verwachsungen und Pseudosphärolithen nennt man diese Gebilde wohl am besten Sphärogranophyre. Davon gibt es wieder zweierleiSpezies : solche mit sich gegen außen verdünnenden Feldspatstrahlen — Sonnenquarze, und solche mit gegen innen sich verjüngenden und das Zentrum freilassenden, meist mit Flächen- begrenzung außen abschließenden Strahlen — Septenquarze!), In mehreren der hier eingereihten Porphyrarten schweben in den ein- zelnen Quarzkörnern viele solcher Ringe von Feldspatstacheln, 3. Körner, die sich von gleich großen Quarz-Feldspat-Grund- massepartien durch die Einheitlichkeit der Quarzbeimengung, also nur erst im polarisierten Licht unterscheiden — Unterlagsquarze, !, Dem Zentrum nicht zu nahe gehende Tangentialschnitte durch solche spbärische Gebilde zeigen öfters ein Feldspatmaschennetz mit Quarzfüllung; was also in Hauptschnitten als Feldspatstrahlen erscheint, sind unter Umständen Schnitt- flächen der Rinden oder hohler Individuen von Feldspat. [37] Über exotische Gerölle in der Gosau. 325 — So zum Beispiel Quarzindividuen mit einem netzigen Gewebe von Feldspat (Schwammquarz). Grundmassen, aus Aggregaten solcher Körner bestehend, entsprechen bis auf die fleckenweise Einheitlich- keit des Quarzes solchen der Porphyre B. — Quarzkörner mit leistenförmigen, etwas schlecht idiomorphen Feldspatindividuen (trachytisch struierte Grundmassepartien mit ein- heitlichem Quarz). — Körner, denen der Feldspat in dicht stehenden, den Wechsel- flächen (es sind Bandporphyre) parallelen Fäden (also Blätter!) ein- gelagert erscheint. Bei einem Teil des durch größere Grundmassequarze charakteri- sierten Materials finden sich die verschiedenen Einheiten in Kom- bination — so besonders l, 2 und 3 oder 1 und 2 — bei einem anderen Teil wiederum machen Unterlagsquarze allein die Grundmasse aus. Von diesem letzteren Teil liegen je ein Geröll mit Unterlags- quarzen der beiden zuletzt angeführten Arten und mehrere mit Schwammquarzen und unter diesen wieder solche mit verschiedener Korngröße und solche mit unregelmäßig eckigen und mehr rundlichen (ovalen) Quarzkörnern vor. Metafelsitfelse oder stark metamorphe einsprenglingsfreie Porphyre mit Unterlagsquarzen (3 Proben) sehen mikroskopisch kieseligen Sandsteinen sehr ähnlich. Sie setzen sich aus trüben, von Flüssigkeitseinschlüssen, Serizitschüppchen und wenig Feldspat- partikelchen durchsäten Quarzkörnern (mit 0°5 mm im Durchmesser) zusammen und im Gemenge der trüben Quarze kommen einzelne gegenüber jenen auffallend helle Quarzkörper, die ursprünglichen Ausscheidungen, vor. Die Porphyrarten mit den Einheiten 1 und 2 kann man mit den Porphyren © unter „Felsophyre* zusammenfassen, wenigstens aus dem Grunde, weil es weder Granophyre noch mikrogranitische Porphyre sind und in ihnen sphärolithartige Gebilde vorwalten. Mikrofelsit, wie ihn Rosenbusch definiert, ist in ihnen allerdings nicht vorhanden. Einige derselben (der zu D gestellten) sind in folgender Weise gebaut: Zwischen sehr schmalen Reihen (manchmal nur einkörnig) von Unterlagsquarzen liegen zunächst symmetrisch Streifen mit Septen- quarzen oder in anderen Fällen von senkrecht zu den Reihen ge- streckten Aureolenquarzen und die letzte Füllung zwischen diesen Zonen ist auf größere Flächen hin einheitlicher Quarz mit regellos gestellten Feldspatleisten (trüber Orthoklas). Solche Kombinierte Streifen folgen in unbegrenzter Zahl übereinander. Die letzte Quarz- füllung tritt oft auch makrokopisch als zarte Lamelle hervor. Ein Gerölle (gebändert) aus der Gosau vom Allgäu — es ist einer jener oft genannten Felsophyre, bei welchen bei der Bildung der sektorenförmigen Aureolenquarze nicht im geringsten eine Störung der Öxydstaubreihen eintrat — ist reich an kleinen (02 mm im Durch- messer) stellenweise angehäuften Quarzeiern (stark resorbierte Ein- sprenglinge). Nachdem solche Gesteinsarten (D) — von den größeren wie den untergeordneten Massen gilt das gleiche — Einsprenglinge führen und Jahrbuch d. k. k. geol, Reichsanst., 1909, 59. Bd., 2. Hft. (Ampferer u. Ohnesorge.) 42 326 O0. Ampferer und Th. Ohnesorge. [38] regelmäßig deutliche Fluidalstruktur besitzen — und iin dieser letzteren Erscheinung liegt wieder ein Unterschied gegenüber den sub A, B und © vorgeführten Arten, welch letztere nicht so deutliche streifen- weise Anreicherung von Oxyd zeigen — aus diesen Gründen sind sie offenbar keine sekretionären Bildungen, sondern echte — die in ihnen enthaltenen, oft sehr zahlreichen Quarzausscheidungen in Betracht gezogen — gegenüber ihrer Umgebung $:0, reichere Er- starrungsmassen. Die Gestalt kleinerer derartiger Bildungen aber ist die von Sekretionen. Dies wiederum und das Umgebensein kleiner Quarzausscheidungen von Aureolenquarzen scheint diese Qualitäten (D) als relativ unter geringerem Druck kristallisierte Massen zu kennzeichnen. Sie sind homolog den schriftgranitischen Umrandlungen von Hohl- räumen in Graniten. Die ausgezeichnete Fluidalstruktur und das Aufsitzen der Wurzeln der Feldspatstrahlenbüschel auf Grundmassen vom Typus A, Bund © stellt sie, wie es ja eigentlich auch schon das Vorhergehende erfordert, als relativ später kristallisierte Massen hin. Brandenberg (7), Allgäu (2), Schabenreithenstein 1. * * * Den lichtgrünen, graugrünen, grauen, auch schwärzlichen Por- phyren kommt die Reihe der feldspatnetzigen - mikrogranitischen be- ziehungsweise granophyrischen Grundgewebe (die Endglieder mit- inbegriffen) zu. An Abspaltungsmassen (D) sind sie — wenn nicht überhaupt davon frei — weit ärmer als die roten Porphyre und die Pseudosphärogranophyre der letzteren sind in ihnen durch Pseudo- sphärolithe ersetzt. Streifige oder homogene Oxydbestäubung fehlt ihnen, hingegen ist Pyrit ein ziemlich konstanter Gemengteil. Er bedingt die schwärzliche Farbe mancher Formen und tritt bald homogen verteilt, bald den- dritisch auf. E. Alles was davon typischer Quarzporphyr ist — makro- skopisch lichtgrün oder graugrün, mit vielen Einsprenglingen und sehr fein feldspatnetzigem Grundgewebe — deckt sich petrographisch vollständig mit dem Quarzporphyr vom Fuße des Erzberges hinter Eisenerz oder mit solchem vom Wildseeloder bei Fieberbrunn (Kitzbühler Alpen). Gosau von Schabenreithenstein (2). F. In den makroskopisch recht gut charakterisierten Felsit- porphyren — mehr dunkelgrau, sehr wenig ins Grünliche gehend, ohne Quarz-, aber mit viel Orthoklaseinsprenglingen (in den ver- schiedenen Proben verschieden stark umgewandelt) — tritt regelmäßig etwas brauner Glimmer lokal für Serizit (gleichmäßig verteilt, streifen- wolkig, als Netzwerk) ein. Außer undeutlich feldspatnetzigen, stellenweise etwas gezerrten und, was Serizit anbelangt, gewöhnlich parallelschuppigen Grundmassen gibt es typische feldspatnetzige mit annähernd vier- und sechsseitigen m [39] Über exotische Gerölle in der Gosau. 397 Quarzdurchschnitten. In anderen wieder sind die Quarzdurchschnitte relativ größer und dichter gedrängt, sie enthalten dann Feldspateinschlüsse in einer Art, daß man bald mehr von poikilitischen, bald mehr von granophyrischen Grundmassen sprechen kann. Die Grundmasse eines Felsitporphyrs enthält unter anderem auch radialstrahlig geordnete granophyrische Verwachsungen, also Sphärolithe von parallelstengeligen Quarz-Feldspat-Verwachsungen. Brandenberstal (15). @. Es fanden sich endlich drei Gerölle — ein Felsitporphyr und zwei Felsitfelse— mitausSchwammquarzkörnern (zirka 04 mm im Durchmesser, in einem Fall eckig, im anderen rundlich) aufgebautem Gewebe. | Diese Qualitäten sind reich mit Kies imprägniert und durchadert, beinahe schwarz und kalkähnlich. Windischgarsten (1), Brandenberg (2). Grauer Porphyrporphyrit. Orthoklas und Plagioklas, der letztere stark verglimmert, treten nebeneinander als zahlreiche Einsprenglinge (4 mm Länge) und in der untergeordneten Grundmasse auf. Schabenreithenstein (1). Dunkelgraue Quarzporphyrite. Viele im Stück schlecht hervortretende, von Serizitfasern durch- wobene, 2 mm lange Plagioklaskristalle, wenige und kleine Pseudomorphosen von Serpentin, wahrscheinlich nach Olivin, Leukoxen- pseudomorphosen nach schaligen Titaneisenindividuen sind Aus- scheidungen. Im Grundgewebe ist die Bewegung der ziemlich dicht sedrängten, 0'05 mm langen Plagioklasleisten gut festgehalten, wenn schon die Abgrenzung derselben gegen den Quarzgrund — auch der Quarz ist wie bei vorhin beschriebenen Gesteinen fleckenweise ein- heitlich — infolge fein eingemengten Chlorits undeutlich ist. Apatit. Gosau des Allgäu (3). Dunkelgrauer Porphyrit. Diabasporphyriten verwandt. Plagioklaseinsprenglinge klein und in der Größe sehr schwankend. Im trachytisch struierten Grundgewebe liegen zwischen den Feldspatleisten Quarz, Chlorit, vereinzelter Biotit und Leukoxenkörperchen. Stellenweise fein von Kies durchtrümert. Schabenreithenstein (1). Großporphyrischer Diabasporphyrit. Die vollständig verglimmerten und mit Vorliebe knäuelig aggregierten Plagioklase erreichen eine Länge von 5 cm, die Feldspat- leisten der Grundmasse wie die Durchschnitte der gleichmäßig verteilten zahlreichen Titaneisenblättchen (nun Leukoxen) eine solche 42* 328 OÖ. Ampferer und Th. Ohnesorge. [40] von 0:3 mm. Zwischen den Feldspatleistchen liegt Chlorit, Karbonat und Epidot und ganz vereinzelt Quarz. Schabenreithenstein. Kleinporphyrische Diabasporphyrite. Dunkelgraugrün, stark metamorph. Die zirka 0'02mm langen durch Karbonat und Chlorit verbundenen Grundmassefeldspatleisten sind annähernd zu welligen Zügen geordnet. Allgäu (2), Schabenreithenstein (2). Feinkörniger, fast dichter Diabas. Divergentstrahlig-körnig. Zwischen den an Chloritpartikeln reichen Plagioklasleisten liegt wieder Chlorit mit Karbonat und Titan- eisen und Leukoxen. Allgäu (2). Granitit. Zum Teil granodioritverwandt, rötlich, grünlich und grau, schwach zu porphyrischer Entwicklung neigend, kleinkörnig, ohne Kataklase, sehr glimmer(biotit)arm wie die Porphyre, lokal mikroskopisch. von Kies sesprenkelt. Orthoklas oft bestaubt, Plagioklas stark verglimmert. Schabenreithenstein- (5), Allgäu (1). Melaphyr (Navittypus). Makroskopisch dunkelrotbraun, mit strohgelben Spaltungsflächen der Plagioklaseinsprenglinge und mit Mandeln. Die Feldspatleisten des Grundgewebes sind durch Eisenoxyd verkittet. Schabenreithenstein (2). Quarzsphärolithit. Makroskopisch bräunlich, feinkörnig und glänzend, von gewöhn- lichem quarzitischem Habitus. Da sind einmal Blüten unter das Mikroskop gestreut. Nebenein- ander liegen Sphärolithe von Quarz mit zum Teil elliptischen breiteren Strahlen und in der Mitte der Sterne sitzt wie ein Fruchtboden eine Gruppe winziger, von einem Netz opalartiger Substanz (oder Opal selbst ?) getrennter Quarzkörnchen. Windischgarsten. Roter Jaspisartiger Eisenkiesel (Eisenoxydquarzit). a) Partikel und Partien derber Eisenoxydmasse werden durch ein wasserhelles zierliches Mosaik kleiner Quarzkörner verkittet. b) Eine eisenoxydbestäubte und obendrein eisenoxydfleckige Quarz- körnermasse wird von farblosen Quarzadern (Körnchen) durchzogen. [41] Über exotische Gerölle in der Gosau. 329 c) Mikroskopisch der Hauptsache nach ein Aggregat äußerst feinfaseriger (Quarzsphärolithe (unter anderen auch axiolithartige Sphärolithe), die schalenweise frei, arm oder reich an Eisenoxyd- staub sind. Man könnte von einem mikroskopischen Eisenkieseloolith sprechen. In den Lücken zwischen den oolithischen Körnern ist stellenweise Eisenoxyd zusammengedrängt. Der Durchmesser solcher Sphärolithe beträgt zwischen 0'2 und 03 mm. Allgäu (2), Brandenberg (1). Turmalinhornfels. Schwärzlichgrün, dicht, mittlere Korngröße ist 0:05 mm, setzt sich aus blaugrünem Turmalin (!/; der Masse), Quarz, Chlorit und wenig Muskovit zusammen. Akzessorisch sind Pyrit und Rutil. Allgäu. Grauwackensandsteine und Grauwackenkonglomerat. Bezüglich der im folgenden als Sandsteine geführten Gesteine ist zu bemerken, daß diese Bezeichnung hauptsächlich den miskroskopischen Strukturen Rechnung trägt. Der makroskopische Habitus ist, weil das Bindemittel entweder fehlt oder so sehr zurücktritt, daß es im Stück nicht bemerkbar ist, eher der eines sehr feinkörnigen Quarzits. Die Körner sind immer wohlgerundet und in einem Gesteinsstück von gleicher Größe. Nach dem Aussehen dieser Gesteine möchte man auf gar vielerlei Formen schließen, doch sind im wesentlichen nur zwei und dies wohl charakteristische Arten « und b vorhanden. Die eine derselben (a) hat als Körner Quarz und Quarzit und teilt sich wieder in turmalinisierte und nicht turmalinisierte Qualitäten ; — die andere (b) hat als Körner Quarz und Feldspat. a) läßt nach dem Bindemittel die Unterscheidung zu in: rein turmaliniges turmalinig serizitisches Quarzbrocken- Quarzit-Konglomerat. turmalinig chloritisches rein turmaliniger 2 ; : S | Quarz-Quarzit (Quarzitschiefer-) turmalinig serizitischer 5 5 Sandstein. turmalinig chloritischer Quarzig-chloritisches Quarz-Quarzit-Konglomerat, gleich 5 von oben, nur fehlt Turmalin. Allgäu. — 8 Serizitisch-quarziger Quarz-Quarzit-Sandstein, weiß, gleich 5 von oben, nur ohne Turmalin. Schabenreithenstein. Allgäu (6) und zwar 1,5, 6, 7; Schabenreithenstein (2), und zwar 3 und 4; Kronkogler (1), und zwar 4; Losenstein (1), und zwar 3; Landsberg (1), und zwar 2. 1, 2 und 3 sind, abgesehen von den rötlichen, bis 3 cm dicken Quarzbrocken, dunkelbraun; 4, 6 und 7 sind bräunlichgrau und glänzend. 5 ist grünlichweiß und kalksilikatfelsähnlich (bläulicher Turmalin). | AIOVUPVOD- 330 ‘0. Ampferer und Th. ÖOhnesorge. [42] Turmalin neben Serizit oder Chlorit oder allein zieht sich als feines, oft unterbrochenes, ungleichmäßig anschwellendes, braunes Netz- werk zwischen den Körnern hin. Er zeigt sich nur als äußerst feine, zu Büscheln oder Rosetten vereinigte Nadeln. Sehr häufig sieht man Turmalienadelbüschel auch in den Quarzitkörnern. Der klastische Bestand beschränkt sich ganz auf Körner von Quarz und solche von Quarzit, beziehungsweise serizitschuppigen Quarzit. Die letzteren sind äußerst feinkristallin. Vereinzelt kommen noch vor: leukoxenbestaubte Muskovitpseudomorphosen, wahrschein- lich nach Biotit, und klastischer Zirkon und Turmalin. 4 enthält einige Turmalinpseudomorphosen nach Karbonat. b) — Quarzige Quarzfeldspatsandsteine. Zwei Gerölle führen außer Quarz- und Feldspatkörnern noch wenige Blättchen von Biotit und Muskovit (klastisch). Wenn man das zerstreut und untergeordnet, aber konstant auftretende Karbonat nicht als Zement anspricht, so fehlt solches überhaupt. Zweien Proben ist nur eine Art von Feldspatkörnern — hier Orthoklas und Mikroklin, dort Plagioklas — eigen. In einer Qualität kehrt Feldspat dem Quarz, obwohl dieser noch deutliche Geröllform besitzt, immer konvexe Flächen zu. Akzessorisch sind Turmalin (klastisch), Zirkon und Rutil, schwarzes Erz und Eisen- hydroxyd; erwähnt seien noch Chloritpseudomorphosen nach Karbonat (1 Probe). Allgäu (6), Schabenreithenstein 1. c) — Quarziger Quarzsandstein, rötlichbraun. Allgäu. Zusammenfassung. Aus der Betrachtung der hier vorgeführten Gosauablagerungen seht vor allem in deutlicher Weise die Trennung in Erosions- und Sedimentationsphase hervor. Die Basis der Gosauschichten stellt sich als ein sehr verschieden tief eingeschnittenes Relief des bereits kräftig tektonisch umgestalteten Untergrundes dar. Die Erosionsfurchen und Flächen, welche dieses Relief erzeugten, verloren später durch Senkungen und Eindringen des Meeres große Stücke ihrer Transportbahnen. In diese gesenkten, vielfach vom Meere eroberten Räume luden nun Flüsse und Bäche ihre Schuttfrachten ab. Das Verhältnis von Land und Meer wurde dabei durch ver- tikale Schwankungen häufig verschoben, so daß stellenweise, in reichem Wechsel Ablagerungen des Meeres und solche von Bächen und Flüssen sich übereinanderlegen konnten. Den weitaus größten Beitrag zur Verschüttung dieser abge- storbenen Erosionsfurchen lieferte das nächstliegende Seitenland und die Brandung. [43] Über exotische Gerölle in der Gosan. 331 Es fehlen aber auch nirgends die hier besonders hervorgehobenen exotischen Gerölle, welche uns beweisen, daß auch von einem ent- fernten Hinterlande her wesentliche Zuschüsse beigesteuert wurden. Vom Allgäu bis gegen Wien dürfte kaum in einer der zahlreichen Gosaubuchten der nördlichen ÖOstalpen die mehrfach beschriebene sehr charakteristische Gesellschaft von exotischen Geröllen nicht zu finden sein. Aus der petrographischen Untersuchung des weit verbreiteten Porphyrmaterials ist die Erkenntnis entsprungen, daß dasselbe nicht von Gängen oder Randzonen intrusiver Massen, sondern von Decken- ergüssen abstammen muß. Die Häufigkeit der Fluidalstruktur sowie oft zu bemerkende Resorption der Quarzeinsprenglinge deuten darauf hin. Die exotischen Gesteine sind durchgehends wenig oder gar nicht mechanisch deformiert. Gesteine aus den hochkristallinen Zentralmassivzonen tiefer als Quarzphyllite (Granite, Gneisse, Eklogite, Amphibolite, Granatglimmer- schiefer...) wurden in den hier betrachteten Gosauablagerungen nirgends entdeckt. Sehr charakteristisch sind des weiteren viele Anzeichen kräftiger Kontaktmetamorphose und das häufige Vorkommen turmaliniger Quarzite und Quarzbrockenkonglomerate. Das Porphyrmaterial der ostalpinen Gosauablagerungen ist dem- pach höchstwahrscheinlich von einem großen, wenig gestörten, jung- paläozoischen Ergußdeckensystem abzuleiten. Es sind vermutlich Porphyr- und Porphyritergüsse, zu denen vielleicht einige Reste in der nördlichen Grauwackenzone der Alpen (im Brixental zwischen Hopfgarten und Fieberbrunn, bei Eisenerz...) gehören. Zwischen manchem Geröllmaterial und Porphyren, wie sie zum Beispiel in der Umgebung von Fieberbrunn am Wildseeloder an- stehen, besteht die beste petrographische Übereinstimmung (metaso- matische Erscheinungen inbegriffen). Auch bei Fieberbrunn begegnen wir demselben Zusammenvor- kommen von Porphyren und Porphyriten. In der nördlichen Grauwackenzone finden sich weiters ebenfalls neben den vorherrschenden lichtgrünen auch rote Porphyre. Die weite gleichmäßige Verbreitung, die starke Abrollung und geringe Größe der meisten exotischen Gerölle, welche eine strenge Auslese harter oder zäher Gesteine vorstellen, verbieten eine direkte Herleitung von den heute in der nordalpinen Grauwackenzone auftretenden Porphyr- und Porphyritdecken. Ob diese weitverbreiteten und stets in höchst charakteristischer Gesellschaft auftretenden exotischen Gerölle von Decken stammen, die heute vielleicht in der Tiefe unter den nördlichen Kalkalpen lagern oder sich im Süden oder Norden derselben befinden, soll vorderhand nicht weiter besprochen werden, da von dem Fortschritt der Untersuchungen eine genauere Einsicht zu erwarten ist. Da diese exotischen Gerölle jedenfalls lange Wege beschrieben haben müssen, so gelangen wir zu der Vorstellung, daß zwischen den 333 OÖ. Ampferer und Th. Ohnesorge. [44] Ablagerungsstätten am Gosaumeere und dem weit zurückliegenden paläozoischen Deckenland eine breite Vorlandszone eingeschaltet war. Eine ähnliche Einlagerung in versenkte Erosionsfurchen und ein Zusammenspiel von Meer- und Flußsedimenten zeigen uns die eng benachbarten Häringer Tertiärschichten. Trotzdem ist zwischen diese beiden Verschüttungsserien eine großartige Veränderung der ganzen Schuttzuströmung eingeschaltet. Die Konglomerate der Tertiärschichten (besonders der Anger- bergterrassen) weisen uns schon ungefähr jene reiche Verbindung ver- schiedenartiger, vorzüglich zentralalpiner Gerölle, wie sie auch für das heutige Einzugsgebiet des Inns charakteristisch ist. Die Anlage der interglazialen Terrassensedimente des Inntales ist ebenfalls wieder durch vertikale Schwankungen vorgezeichnet worden. Zum Unterschiede gegen die Gosau- und Tertiärverschüttungen war hier aber das Meer nicht mehr mitbeteiligt. Dafür kamen vielerorts Anstauungen von kleineren und größeren Seen zustande, so daß am Aufbau der Terrassensedimente neben den weitaus vorherrschenden Bach- und Flußschuttmassen auch lakustre Bändertone mit kleinen Kohlenflözen Anteil nahmen. Die Tektonik der Nordtiroler Gosauschichten ist eine sehr ver- schiedenartige. Die Intensität der Faltungen nnd Schiebungen ist im Nordwesten bedeutend größer als im Osten. Während die Allgäuer Gosaureste von ausgedehnten Schubmassen überlagert und mit ihren Basisschichten (Aptychenschichten, Lias- fleckenmergel) aufs innigste verfaltet sind, begegnen wir im Muttekopf- und Brandenberggebiete nur schüsselförmigen Zusammenpressungen und steil aufgestoßenen Klippen. Dabei ist aber wohl zu beachten, daß die Allgäuer Gosaureste auf weichen elastischen Schichtsystemen ruhen, wogegen jene des Muttekopfes und von Brandenberg vorzüglich mächtigen starren Haupt- dolomitmassiven auflagern. So ist wohl die verschiedenartige Tektonik wenigstens teilweise eine Abbildung der sehr verschieden beweglichen Unterlagen. In der Brandenberger Gosau ist des weiteren der Gegensatz von Erosions- klippen (durch Gosausedimente umlagert) und tektonischen Klippen sehr schön erschlossen. Noch großartiger sind tektonische Klippen in der Muttekopf- gosau entwickelt. Im Brandenberg- und teilweise auch im Muttekopfgebiet zeigen die Gosauschichten eine schüssel- bis trichterförmige Zusammen- pressung, was auf mehrseitige Druckwirkungen schließen läßt. Das Häringer Tertiär hat eine der Brandenberggosau vielfach ähnliche Tektonik. Die Terrassensedimente zeigen nur mehr vertikale Bewegungen an. Jungtertiäre Trionyxreste aus Mittelsteiermark. Von Dr. Franz Heritsch. Mit drei Lichtdrucktafeln (Nr. IX [I—XI [III]) und zwei Zinkotypien im Text. Aus den Schichten von Eibiswald und Wies besitzt die Samm- lung des geologischen Instituts der k. k. Universität Graz und auch das steiermärkische Landesmuseum Joaneum in Graz eine Reihe von mehr oder weniger gut erhaltenen Trionyx-Resten, die in den folgenden Zeilen einer Erörterung unterzogen werden sollen. Bevor ich aber auf den Gegenstand selbst eingehe, erscheint mir die Besprechung von einigen nicht unwichtigen Fragen notwendig. Ich will zuerst eine Übersicht über die bisher bekannten Arten geben, welche ich mit den mir vorliegenden verglichen habe. Aus den Schichten von Eibiswald und Wies hat zuerst Peters Reste eines Trionyciden unter dem Namen Trionyx styriacus beschrieben und auch abgebildet). R. Hoernes hat später den Nachweis geführt, daß Peters zwei wesentlich verschiedene Arten unter einem Namen zusammengefaßt hat?) und trennt eine derselben ab als Trionyx Petersi; der Hauptunterschied zwischen den beiden genannten Arten besteht darin, daß bei der ersteren eine Neuralplatte obliteriert erscheint. In einer kurzen Notiz hat dann Hoernes noch Mitteilung gemacht über zwei neue Arten, die er Trionyx Hilberi?) und Trionyx septemcostatus*) nennt; diese beiden Trionyeiden werden im folgenden einer genauen Erörterung unterzogen. Zu diesen vier bisher bekannten kommen dann vier neue Arten dazu, nämlich die von mir ı) K. F. Peters, Schildkrötenreste aus den österreichischen Tertiär- ablagerungen. Denkschriften d. mathem.-naturwiss. Klasse d. kais. Akademie der Wissenschaften in Wien, IX. Bd., 1855. K. F. Peters, Beiträge zur Kenntnis der Schildkrötenreste aus den österreichischen Tertiärablagerungen. Hauers Beiträge zur Paläontographie, Bd. I, Heft 2. K. F. Peters, Zur Kenntnis der Wirbeltiere aus den Miocänschichten von Eibiswald in Steiermark. Denkschriften d. mathem.-naturwiss. Klasse d. kais. Akademie d. Wissenschaften in Wien, XXIX. Bd., 1868. ?) R. Hoernes, Zur Kenntnis der mittelmiocänen Trionyx-Formen Steier- marks. Jahrb. d. k. k. geol. R.-A. 1881, pag. 478 ff. ») R. Hoernes, Neue Scehildkrötenreste aus den steirischen Tertiärabla- gerungen. Verhandl. d. k. k. geol. R.-A. 1892, pag. 242. *) R. Hoernes, Zur Kenntnis der mittelmiocänen Trionyx-Formen. Jahrb. d. k. k. geol. R.-A. 1881, pag. 481. Jahrbuch d. k. k. geol. Reichsanstalt, 1909, 59. Band, 2. Heft. (Dr. F. Heritsch.) 43 334 Dr. Franz Heritsch. , [2] beschriebenen: Trionyx Hoernesi, Trionyx Siegeri, Trionyx Peneckei und Trionyx Sophiae. Die österreichischen Jungtertiärablagerungen haben auch an anderen Stellen Schildkröten und besonders Trionyciden geliefert. So ist aus dem Leithakalk von Loreto am nordwestlichen Gehänge des Leithagebirges der Trionyx Partschi Fitzinger !) bekannt geworden und ebenfalls aus dem Leithakalk, von Au am Leithagebirge, hat G. von Arthaber den Triony& rostratus beschrieben ?). In den Congerien- schichten von Hernals wurden der Rückenschild und Bauchschild eines Trionyeiden gefunden, den Peters Trionyx vindobonensis benannt hat?). Mit diesen drei Arten sind die bisher im Wiener Becken gefundenen Arten aufgezählt. Aber auch die böhmische Braunkohlen- formation hat Trionyciden geliefert. Laube hat von Brüx und Dux einen großen, schön erhaltenen Schild als Trionyx Pontanus be- schrieben *) und später noch zwei andere Arten, Trionyx preschenensis und Trionyx aspidiformiıs, namhaft gemacht’). Alle diese Spezies kommen mit den steirischen zum Vergleich. Dies ist noch bei einigen aus anderen Gegenden beschriebenen Formen der Falle. Aus der aquitanischen unteren Süßwassermolasse der Schweiz hat Portis drei neue Arten als Trionyx Lorvoli, Trionyx valdensis und Trionyx Rocchettianus beschrieben ®). Aus der oberen Süßwassermolasse von ÖOningen in der Schweiz stammt der Trionyec Tayleri Winkler”), leider war mir die Abhandlung, in der diese Spezies beschrieben ist, nicht zugänglich gewesen, doch scheint der Verlust kein großer zu sein, da der Rückenschild, wie Reinach angibt, nur durch Rippenfragmente vertreten ist und daher ein Vergleich ja so wie so illusorisch wäre. Aus dem Mainzer Becken sind mehrere Trionyciden bekannt geworden und haben in einer großen Monographie von Reinach ihre Beschreibung gefunden. In dem mitteloligocänen Meeressand von Alzey wurde der Trionyz Boutengeri Reinach®) gefunden, aus der untermiocänen Schieferkohle von Messel stammt der Trionyx messelianus Reinach), aus dem miocänen Litorinellenkalk von Hochheim der ı) K. F. Peters, Schildkrötenreste aus den österreichischen Tertiär- ablagerungen. Denkschriften, IX. Bd. ?) @. v. Arthaber, Über Trionyx rostratus nov. spec. von Au am Leitha- gebirge. Beiträge zur Geologie und Paläontologie Österreich-Ungarns und des Orients, Bd. XI, 1898, pag. 179 ff. s) K. F. Peters, Schildkrötenreste aus den österreichischen Tertiär- ablagerungen. Denkschriften, IX. Bd. #) G.C. Laube, Schildkrötenreste aus der böhmischen Braunkohlenformation. Abhandlungen d. Deutschen Naturwiss.-medizin. Vereines für Böhmen „Lotos“, Bd. I, Heft 1. 1896. 5) @. C. Laube, Neue Schildkröten und Fische aus der böhmischen Braun- kohlenformation, ebenda, Bd. II, Heft 2. 6) Al. Portis, Les cheloniens de la molasse vaudoise. Abhandlungen der Schweizerischen Paläontologischen Gesellschaft, Bd. IX, 1882. ?) Archives du Musee Teyler, Vol. II, pag. 71. 8) A. v. Reinach, Schildkrötenreste im Mainzer Becken und in benach- barten ungefähr gleichalterigen Ablagerungen. Abhandlungen der Senckenberg. Naturforsch. Gesellsch., Bd. XXVII, pag. 104 ff. ®) A, v. Reinach, ebenda, pag. 118. A 2 [3] Jungtertiäre Trionyx-Reste aus Mittelsteiermark. 335 Triony& Gergensü H.v. Meyer‘) und aus den Sanden von Eppelsheim der Trionyo Oweni Kaup?). Die französischen Trionyx-Reste, Trionyx parisiensis v. Meyer, Trionyc Monoiri und Laurillardi Cuvier, sowie Trionyx aquitanicus Delfortrie konnte ich zum Vergleich nicht heranziehen; auch hier ist, wie Reinach angibt, das Material zu unvollständig. Aus dem italienischen Tertiär ist eine ganze Reihe von Spezies von Trionyeiden bekannt, die zum Teil für einen Vergleich in Betracht kommen, wobei ich von den eocänen Formen ganz absehen will. Aus dem Untermiocän von Nuceto ist Trionyx antracotheriorum von Portis beschrieben worden); derselbe Autor beschreibt aus dem Mittelmiocän und dem Unterplioeän (Schichten von Ceva und St. Stefano di Rovero) eine andere Art, Trionyx pedemontanus Portis ®). Über Trionyceiden aus Venetien hat Negri eine umfassende und sehr schöne Abhandlung veröffentlicht’); von den da beschriebenen Arten kommen diejenigen aus dem Eocän des Monte Bolea, Trionix Gemmella- roi Negri, Trionya Capellint Negri und Trionyw affinis Negri, für den Vergleich mit den steirischen Formen des Altersunterschiedes wegen nicht in Betracht; dies ist aber wohl der Fall bei Trionyx Capellini var, Montevialensis Negri®) aus den aquitanischen Ligniten von Monte- viale (mit Anthracotherium magnum Cuwv.) und bei dem von demselben Fundort stammenden Trionyx Schaurothianus Negri?). Zu nennen wäre bier noch der Trionyx cf. Capellini Negri var. conjungeus Sacco >). Von italienischen Trionyciden wären dann anzuführen die von Ristori aus den Ligniten von Montebamboli beschriebenen Trionyz bamboli kist., Trionys senensis Rist., Triony®e Portisi Rist. und Trionyx propringwus Rist?). Aus dem Miocän von Malta ist von Lydekker der Trionyx melitensis bekannt gemacht worden !0); er kommt für unsere Arten zum Vergleich gar nicht in Betracht, da er das charakteristische doppelte erste Neurale der indischen Trionyciden zeigt und sich dadurch auf das beste von allen bisher bekannten europäischen Arten unterscheidet. I) A. v. Reinach, ebenda, pag. 115, und Neues Jahrbuch für Mineralogie 1844, pag. 565. ?) A. v. Reinach, ebenda, pag. 124. 3) Al. Portis, Nuovi chelonii fossili del Piemonte. Reale Accad. delle Scienze Torino, Ser. II, Tome XXXV, 1883, pag. 9. 4) Al. Portis, Di aleuni fossili terziarii del Piemonte ete., ebende, Ser. II, Tome XXXTI, 1879, pag. 125. 5) Art. Negri, Trioniei eocenici ed oligocenici del Veneto. Societa Italiana delle Scienze, Bd. VIII, Ser. 3, 1892. 6) Art. Negri, ebenda. ?) Art. Negri, Nuove osservazioni sopra i trionici delle ligniti di Monte- viale, Padua 1893. °») F. Saeco, Trioniei di M, Bolca. Atti della R. Accademia delle Scienze di Torino, Vol. XXIX, 1894. °) G@. Ristori, Cheloniani fassili. Publicazioni del R. Istituto di Studi... Florenz 1895. Leider war mir trotz monatelanger Suche diese Arbeit nicht zu- gänglich. 10) Quaterly Journal, 47, 1891, pag. 38. {3* 336 Dr. Franz Heritsch. \ [4] Um bei den Mittelmeerländern zu bleiben, möchte ich noch den Trionyx senckenbergianus Reinach !) aus dem Untermioeän von Moghara in Ägypten und den Trionyx pliocaenicus Reinach?) aus dem Wadi Natrün in Ägypten nennen. Wegen des bedeutenden Altersunterschiedes sind die von Owen aus dem englischen Obereocän beschriebenen Arten nicht so sehr heranzuziehen ?); diese sind: Trionyx rivosus, Trionyx planus, T'rionyx Henrici, Trionyx Barbarae, Trionyx incrassatus, Triony& marginatus und Trronyx eircumsulcatus. Dasselbe trifft für Trionyx guttatus Leidy *) aus dem Obereocän von Wyoming in Amerika, für Triony& wintaensis Leidy 5), ferner für Trionyx heteroglyptus Cope®) und Trionys concen- triceus Cope?) (die drei letzten aus dem ÖObereocän der Vereinigten Staaten von Nordamerika) zu. Uberhaupt gar nicht in Vergleich gezogen habe ich die mittel- eocänen und noch ältere Arten. Leider ist es mir nicht möglich gewesen, alle oligocänen und neogenen Spezies zu vergleichen, da mir die Literatur nicht immer zugänglich war; dies war. neben den früher genannten Abhandlungen der Fall bei Trion y& italicus Schauroth aus Monteviale, ferner bei Trionyx Buiei Cope und Trionyx lima Leidy aus dem Pliocän der Vereinigten Staaten von Nordamerika. Eine wichtige Frage für jeden, der an die Arbeit mit Trionyeiden herantritt, ist die, was man als Artunterschiede, als spezitische Merk- male gelten lassen soll und was als individuelle oder Geschlechts- merkmale anzusehen ist. Rütimeyer°) saet über die individuellen Abweichungen bei lebenden Schildkröten: „Man wird innerhalb der- selben Spezies nicht leicht vier Individuen finden, die sich ganz gleich verhalten.* Und v. Reinach setzt dazu): „Leider fehlen indessen heute noch für einen großen Teil der Schildkröten ausgiebige Studien über die Grenzen der individuellen Variation bei denselben, sowie über deren Ursachen. Es ist daher heute noch nicht mit Bestimmt- heit zu sagen, wieweit sich die individuelle Abweichung erstrecken kann und darf und wo bei häufigerem Vorkommen der gleichen Ab- weichung die Aufstellung einer neuen Spezies geboten ist.“ Bei den rezenten Trionyciden lassen sich nach Siebenrock!P) die verschiedenen Spezies trennen durch die Form des Plastrons und !) A. v. Reinach, Schildkrötenreste aus dem ägyptischen Tertiär. Ab- handlungen der Senckenberg. Naturforsch. Gesellsch., Bd. XXIX, Heft 1, pag. 53. 2) A. v. Reinach, ebenda, pag. 55. >) Owen u. Bell, Monograph of the fossil Reptilia of the London Clay, London 1849—58. +) J. Leidy, Contributions of the extinet Vertebrate Fauna of the western territories. Report of the United States geological survey of the territories, Washington 1873. 5) J. Leidy, ebenda. 6%) E. Cope, The vertebrata of the tertiary formations. Ebenda, 1884. ?) E. Cope, ebenda. ®) L. Rütimeyer, Die fossilen Schildkröten von Solothurn. Neue Denk- schriften d. Allg. Schweiz. G. f. d. ges. Naturwiss., Bd. XXV. 1873, pag. 9. °) v. Reinach, Schildkröten im Mainzer Tertiärbecken, pag. 126. 1%) F. Siebenrock, Zur Systematik der Schildkrötenfamilie Trionychidae Bell. Sitzungsberichte d. mathem,-naturwiss. Klasse d. kais. Akad. d. Wissensch. in Wien CXI. Bd., Abt. I, Jahrg. 1902, pag. 807 ff. [5] Jungtertiäre Trionyx-Reste aus Mittelsteiermark. 337 durch die Verbindungsweise der einzelnen Teile desselben aneinander. Es ist wohl klar, daß dieser Weg bei der Bestimmung der fossilen Trionyeiden nicht gangbar ist, denn in den meisten Fällen hat man nur den Rückenschild oder dessen Bruchstücke vorliegen, während die Bauchschilde relativ selten sind. Man muß daher den Rücken- schild allein in Betracht ziehen bei der Aufstellung von neuen Arten und da ergibt sich schon die Schwierigkeit, daß man nicht weiß, wie weit bei der verschiedenen Gestaltung des Schildes und seiner ein- zelnen Platten individuelle oder geschlechtliche Differenzen gehen können. Die einzelnen Schilde sind einander oft sehr ähnlich und doch finden sich bei genauer Betrachtung Unterschiede im Bau der einzelnen Platten; diese Verschiedenheiten zu bewerten, ist nicht möglich. Es müßte einmal, was meines Wissens bisher noch nicht geschehen ist, eine Untersuchung eines großen Materials von einer rezenten Art feststellen, wie weit sich der Bau der Platten des Rücken- schildes bei dem zunehmenden Alter des Tieres ändert und wie weit geschlechtliche und individuelle Unterschiede gehen können. Es ist ja gewiß merkwürdig, daß aus einem so kleinen Gebiet und aus einer doch im wesentlichen gleichalterigen Ablagerung, wie es Wies-Eibis- wald darstellt, so viele verschiedene Formen vorkommen; wahrschein- lich ist es, daß man es mit den Variationen im Schilde von einer oder doch nur von zwei Spezies zu tun hat. Solange man aber über die Verschiedenheiten im Rückenschild bei den rezenten Formen nichts weiß, muß man diese verschiedenen Rückenschilde als solche verschiedener Arten gelten lassen. Laube hat den Versuch gemacht ), bei seinem Trionyx Pontanus zwei etwas verschiedene Schilde als geschlechtsverschieden darzustellen ; es ist ja möglich, daß er recht hat, beweisen läßt sich weder dies noch das Gegenteil. Als spezifische Unterschiede müssen alle bedeutenderen Ver- schiedenheiten im Bau der einzelnen Platten des Rückenschildes und in dem Umriß des letzteren angesehen werden; und in diesem Sinne wurde auch bei der folgenden Beschreibung vorgegangen. Wenig oder gar kein Gewicht ist auf die Ausbildung der Skulptur zu legen. Siebenrock?°) hat, wie schon früher erwähnt worden ist, für die verschiedenen rezenten Trionyeidenspezies die Form des Plastrons festgestellt. Es fragt sich nun, in welche Reihe unsere steirischen Vorkommnisse gehören. Nach v. Reinach?) gehört Trionyx Petersi R. Hoernes sicher, Trionyx styriacus Peters vielleicht in die Reihe des Trionyx protriunguis. Von Trionyx styriacus Peters scheint mir nach den Abbildungen von einzelnen Teilen des Plastrons wohl die Zugehörigkeit zur Reihe des Trionyx triunguis sicher. Für Triony® Petersi R. Hoernes dagegen kann man es nicht mit unbedingter Sicherheit sagen, denn mir liegt kein Rest des Bauchschildes vor; doch ist es sehr wahrscheinlich. Mit Bestimmtheit dagegen läßt sich feststellen, daß der mit Trionyx !) G. Laube, Schildkröten aus der böhm. Braunkohlenformation, pag. 14, 15. 2) Siebenrock, |. c. 3) v. Reinach, Schildkrötenreste aus dem Mainzer Tertiärbecken, pag. 113. 338 Dr. Franz Heritsch. [6] Petersi nahe verwandte und von mir dann später genau beschriebene Trionyx Hoernesi zur Protriunguis-Reihe gehört; von ihm sind in relativ guter Erhaltung einzelne Stücke des Plastrons vorhanden, die eine weitgehende Übereinstimmung mit denjenigen von Trionyx triunguis Jorsk. zeigen. Trionyaz Peneckei spec. nov., der auch im folgenden beschrieben wird, zeigt in den erhaltenen Teilen des Bauchschildes, Hyoplastrons und 'Hypoplastrons von der linken Seite, eine vollständige Überein- stimmung mit Triony® triunguis, so daß man ihn mit Bestimmtheit in die Reihe des Protriunguis stellen kann. Aus Eibiswald ist auch ein Schild eines Trionyx bekannt, der nur sieben Kostalplatten besitzt, Z’rionyx septemeostatus I. Hoernes. Der Bauchschild zeigt, daß dieses Tier nicht in die Reihe der Pro- triungwis gehört. Früher habe ich schon hervorgehoben, daß man einen Teil der Schildkröten von Eibiswald-Wies wohl als Variationen auffassen muß. Besonders interessant ist das Verhältnis von Trionyx .styriacus Pet. zu Trionyx Petersi R. Hoernes und Trionyx Hoernesi mihi. Die beiden letztgenannten Arten stehen einander sehr nahe und durch die Obl- terierung einer Neuralplatte steht ihnen Trionyx styriacus Peters fremd gegenüber. Und doch sind alle durch Übergangsformen eng miteinander verbunden. Der später zur Beschreibung ge- langende T’rionyx Sophiae mihi zeigt folgende Verhältnisse der beiden letzten Neuralplatten: Die sechste Neuralplatte verjüngt sich sehr rasch nach hinten zu, so daß sie mit der kleinen siebenten nur mehr wenig zusammenhängt. Es ist dies der Anfang zur Obliterierung der siebenten Neuralplatte. Bei Trionyx Siegeri mihi ist der Zusammenhang zwischen den beiden letzten Neuralplatten bereits aufgehoben; die sechste Neural- platte fängt an, die Formen der letzten zu bekommen und die siebente ist bereits vollständig von den Kostalplatten umschlossen. Es ist ein weiteres StadiumderObliterierungder letzten Neural- platte. Also nicht die sechste Neuralplatte, wie Art- haber meint), sondern die siebente wird obliteriert. Trionyx Petersi R. Hoernes zeigt auch in einem mir vorliegenden Schilde bemerkenswerte Anklänge an Trionyx Pontanus Laube, so daß man an eine Zwischenform glauben könnte. Es lassen sich die Be- ziehungen der einzelnen Schilde derartig feststellen: Trionyx styriacus Peters Triony& Siegeri spec. nov. Trionyx Sophiae spec. nov. | Trionyx Pontanus Laube (as Trionyx Petersi R. Bu nes. — Trionyx Hoernesi spec. nov. 1) G. vw. Arthaber, Über Trionyx rostratus, pag. 188. 3 E } 5 \ B E = | 7 Jungtertiäre Trionyx-Reste aus Mittelsteiermark. 539 Alle von mir im folgenden beschriebenen Schildkröten stammen aus dem Revier von Eibiswald-Wies. Um die Altersfrage der Schichten zu erledigen, genügt die Anführung einiger Zeilen, die Hilber kürz- lich geschrieben hat: „Die Eibiswald-Wieser Schichten... sind nicht jünger als die Grunder Schichten und älter als der mittelsteirische Sehlier“ "), Trionyx Hilberi R. Hoernes. A. Erhalten ist von dieser Spezies aus den Hangendmergeln des Kohlenflözes von Wies der Rückenschild, der im Geologischen In- stitut der k. k. Universität Graz aufbewahrt wird; es ist ein sehr gut erhaltenes Stück, 26°8 cm lang, 26°5 cm breit. Die größte Breite erreicht der Schild an der Mitte der dritten Kostalplatte;, an der ‚sechsten Kostalplatte gemessen beträgt die Breite 23°6 cm. „Der Schild gehört einem alten Tiere an, denn es ragen keine freien Rippenenden über die eckig ausgebogenen Außenränder der Kostal- platten vor“ ?). Der vorliegende Rückenschild ®) ist auf der linken Seite mit Aus- nahme eines kleinen, ‚unbedeutend ausgebrochenen Eckes zwischen der Nuchalplatte und der ersten Kostalplatte vollständig erhalten, auf der rechten Seite sind mit Ausnahme der Nuchalplatte und der ersten Kostalplatte die Ränder aller Kostalplatten abgebrochen. Der Umriß des Schildes ist, wie R. Hoernes sagt‘), ein herz- förmiger, vorn breit und nach hinten sich langsam verjüngend. Die Kostalplatten zeigen teilweise stumpfwinkelige Ausbiegungen über den Rippen, und zwar die zweite bis fünfte Kostalplatte, während dies bei der ersten, sechsten und siebenten Kostalplatte nicht der Fall ist. Der Vorderrand des Schildes ist bis zur Mitte der zweiten Kostal- platte fast halbkreisförmig. Von da an verläuft der Umriß bis zur sechsten Kostalplatte inklusive flach bogenförmig, in der siebenten Kostalplatte tritt eine jähe Knickung auf, so daß von da an eine die siebente Kostalplatte zum Teil und die achte Platte begrenzende serade Linie den Hinterrand des Rückenschildes bildet. Der Rückenschild ist flach gewölbt; die Abdachung ist nach vorn und hinten schwächer als gegen den seitlichen Rand zu, was daher kommt, 1) V. Hilber, Mitteilungen der Geologischen Gesellschaft in Wien, Bd. ], pag. 76. ?) R. Hoernes, Verhandl. d. k. k. geolog. R.-A. 1892, pag. 243. Die oben zitierten Worte von Hoernes zeigen, daß er das Fehlen von vorstehenden Rippen als Altersmerkmal ansieht. Dem steht Arthabers Ansicht entgegen, der das gerade Gegenteil behauptet. Laube sagt dazu, daß die von ihm beschriebenen Schilde von Trionyx Pontanus vermöge ikrer bedeutenden Größe gewiß nicht als Jugendformen angesehen werden können, obwohl die freien Rippenenden weit über den Schildrand vorsteken. Es kann der von Hoernes hervorgehobene Umstand wohl nicht als Altersmerkmal gelten, ‚da auch bei dem von mir später beschriebenen großen Trionyx Hoernesi Rippenenden vorstehen. Doch ist hervorzuheben, daß die Rippenenden bei sicheren Jugendexemplaren (Trionyx Peneckei nov. spec., Triony.x Sophiae nov. spec.) viel weiter vorstehen, als dies bei den älteren der Fall ist. Die Frage ist nicht als abgeschlossen anzusehen, ich fand auch in der Literatur keine weiteren Angaben darüber. ®) Siehe Tafel IX (N), Figur 1. #4) R. Hoernes, ]. c. pag. 243, 340 Dr. Franz Heritsch. [8] daß die Region der Neuralplatten eingesenkt ist und die zweite bis sechste Kostalplatte eine mediane Aufwölbung von zirka 1 cm Höhe gegen die Neuralplatten aufweist, während die erste, siebente und achte Kostalplatte keine Aufwölbung oder doch nur Spuren einer solchen zeigt. Die Nuchalplatte hat vorn eine bogenförmige Begrenzung; sie ist 13°7 cm breit und 3°7 cm hoch. Die Grenze gegen das erste Kostalplattenpaar und gegen die erste Neuralplatte verläuft in der- selben Weise bogenförmig; die Gleichmäßigkeit dieser Linie erleidet nur dort eine Störung, wo die Kostal-, Nuchal- und Neuralplatte zu- sammenstoßt; die Neuralplatte tritt etwas zurück und so springt die Nuchalplatte beiderseits etwas stumpfwinkelig vor. Bildet die Naht zwischen der Kostalplatte und der Nuchalplatte einen zur letzteren konkaven Bogen, so ist bei der Grenze zwischen der letzteren und der Neuralplatte gerade das Umgekehrte der Fall. Nach vorn ist der Außenrand der Nuchalplatte bogenförmig, mit Ausnahme des mittleren Teiles, der schwach nach rückwärts einspringt. Die Oberfläche ist stark granuliert; eine Verschiedenheit in der Stärke der Granulation ist nicht zu bemerken; es ist auch keine gesetzmäßige Anordnung der wurmförmigen Leisten zu sehen; die Granulation geht bis an den Rand mit gleicher Stärke hinaus. Von den sieben Neuralplatten überrast die erste die fol- senden ganz bedeutend an Größe. Die Grenze gegen die Nuchalplatte ist eine schwach bogenförmige Linie, gegen das erste Kostalplatten- paar aber ziemlich gerade. Ihr hinterer Teil ist viereckig; die beiden vorderen Ecken entstehen am Vereinigungspunkt der Neural- und der ersten und zweiten Kostalplatte, zwischen den beiden hinteren Ecken liegt die gerade Naht der ersten und zweiten Neuralplatte. Daraus ergibt sich, daß die erste Neuralplatte eine sechseckige Form hat. Die Granulation ist schwer mit Worten wiederzugeben; ein Blick auf die Tafel gibt eine bessere Vorstellung, als es viele Worte vermöchten. Die zweite Neuralplatte zeigt, wie alle folgenden, dieselbe Art der Granulation wie die erste, ist aber bedeutend kleiner. Sie hat einen sechseckigen Umriß. Bei ihr tritt ganz scharf ihre nach vorn sich verjüngende Gestalt hervor im Gegensatz zur ersten Platte, deren Breite vorn und hinten ziemlich gleich bleibt. Die dritte Neuralplatte gleicht in Form und Umriß ziemlich der zweiten; sie ist ebenfalls vorn schmäler als hinten, nur ist sie etwas länger. Die vierte Neuralplatte weicht in ihrer Gestalt dadurch ab, dab sie eine weit geringere Verbreiterung nach hinten aufweist als die vorderen Platten. In ihrer Länge stimmt sie mit der dritten gut überein. Die fünfte Neuralplatte zeigt keine Verbreiterung nach hinten; ihr ist aber eine Besonderheit eigen, die wohl nur individuell und kein Artmerkmal ist. Während die Grenze gegen die vordere Neural- platte ganz gleich, wie bei den früheren Platten, verläuft, tritt im hinteren Teile der fünften Neuralplatte eine Verschiebung in der gegenseitigen Stellung von Kostalplatten und Neuralplatten ein. Bisher war das gegenseitige Verhältnis zwischen zwei Kostalplattenpaaren und den dazugehörigen Neuralplatten derartig, daß die Neuralplatten [9] Jungtertiäre Trionyx-Reste aus Mittelsteiermark. 341 etwas nach rückwärts verschoben waren und dadurch die Grenze der aufeinanderfolgenden Neuralplatten nicht zusammenrfiel mit derjenigen der dazu Sehörigen Kostalplattenpaare. So grenzte der hintere Teil der vierten Neuralplatte auf ein kurzes Stück auf die fünfte Kostal- platte; die Neuralplatten hatten hinten eine viereckige Umgrenzung. Die fünfte Neuralplatte zeigt nun dahin eine Abweichung, daß sie nicht wie die vierte eine trapezförmige hintere Begrenzung hat, sondern einen dreieckigen Umriß. So bleibt auf der rechten Seite des Schildes das früher zu beobachtende Verhältnis zwischen der fünften und sechsten Neuralplatte und der fünften und sechsten Kostalplatte be- stehen, auf der linken Seite tritt eine Veränderung in der Weise ein, daß die sechste Kostalplatte überhaupt nicht an die fünfte Neural- platte angrenzt oder in Berührung kommt. Dadurch ist die fünfte Neuralplatte auf der rechten Seite gegen vorn verschoben, geradeso wie die sechste, während auf der linken Hälfte das frühere Verhältnis bestehen bleibt. Daraus resultiert eine Schiefstellung der fünften Neuralplatte, eine Ungleichmäßigkeit der zugehörigen Kostalplatten, also eine Asymmetrie der beiden Körperhälften. Die erste bis vierte Neuralplatte steht hinter der Verbindungslinie der dazugehörigen Kostal- nähte, die sechste und siebente vor derselben; daher nimmt die fünfte die vermittelnde Stellung ein. Die sechste Neuralplatte hat so wie die fünfte einen fünfeckigen Umriß; sie zeigt keine Verbreiterung, eher eine Verschmälerung nach hinten zu, sie ist auch kleiner als die ihr vorangehende. Der Anschluß an die Kostalplatten geschieht bei Vertauschung der Seiten in ähnlicher Weise wie bei dieser. Die siebente Neuralplätte ist gegen die Verbindungslinie der zugehörigen Kostalnähte nach vorn verschoben; sie ist sehr klein, nur zirka ein Viertel der ersten Platte groß und zeigt einen siebeneckigen Umriß. Sie wird von dem siebenten Kostalplattenpaar seitlich und rück- wärts umschlossen, und zwar so, daß die beiden Kostalen noch auf einer 08 cm langen zackigen Naht in der Mittellinie aneinanderstoßen. Die Größe der Neuralplatten zeigen folgende Zahlen: Neuralplatte Länge Breite vorn Breite hinten Er 3:1 18 22 2 30 1-1 20 6 2:9 1:05 17 4. 3.0 122 145 I: 2:95 10 15 Or, 22 2 1:0 m 14 _— — Trionye Hilberi hat acht Kostalplattenpaare. Das erste Kostalplattenpaar erreicht seine größte Breite in der Nähe der Neural- platte, 37 cm, und verschmälert sich gegen außen auf 3°4 cm. Die Länge beträgt an der Vordernaht 7:55 cm, auf der Hinternaht 99 cn. Die Maße verdeutlichen dierasche Verbreiterung des Schildes nach hinten. Die Granulation ist im ersten Drittel der Platte von innen unregelmäßig wurmförmig, von da nach außen parallel mit dem Rande des Schildes, also schiefwinkelig auf die Grenzen der Kostalplatte. Die Naht gegen Jahrbuch d. k. k. geol. Reichsanstalt 1909, 59. Band, 2. Heft. (Dr. P. Heritsch.) 44 349 Dr. Franz Heritsch. - [10] die Nuchalplatte ist schwach bogenförmig gekrümmt, die gegen die zweite Kostale stark nach rückwärts ausgebogen. Die zweite Kostalplatte hat in der Nähe der Neuralregion eine Breite von 3'1 cm, erfährt dann nach außen hin eine Kinengung auf 2-96 cm und mißt am Rande 5°9 cm. Wir sehen zuerst eine Ver- schmälerung und dann eine rasche Verbreiterung der Platte. Die Länge beträgt an der zweiten Kostalnaht 125 cm. Am Außenrande der Platte befindet sich ein Rippenvorsprung; von einem Vortreten der Rippe aber ist nichts zu sehen. Der Umriß der Kostalen gegen die Neuralplatten ist durch die Form der letzteren gegeben. Die Granulation ist auf der inneren Hälfte der Platte unregelmäßig, auf dem anderen Teil leistenförmig, parallel dem Außenrande. Die Maße der dritten Kostalplatte sind folgende: Breite in der Nähe der Neuralplatten 3'15 cm, Breite auf der Höhe der Wölbung 326 cm, Breite am Außenrand 41 cm, Länge in der Mitte der Platte 133 cm, Länge an der dritten Kostalnaht 12-6 cm. Der Schild erreicht in der Mitte der dritten Kostalplatte seine größte Breite, wobei bei der oben angegebenen Zahl der Rippenvorsprung mitge- messen wurde. Die Kostalnähte sind geradlinig. Der Rippenvorsprung befindet sich nicht in der Mitte des Kostalplattenrandes, sondern etwas vor derselben. Die Granulation gleicht derjenigen der zweiten Kostal- platte; sie setzt über die Kostalnähte ohne jede Störung hinwee. Die Breite der vierten Kostalplatte beträgt in der Nähe der Neuralregion 32 cm, auf der Höhe der Wölbung der Kostalplatte 3'2 cm und am Außenrande 41 cm, die Länge auf der vierten Oostalnaht 12:1 cm. Die Platte zeigt also eine schwache Verbreiterung gegen den Rand des Schildes. Die Kostalnähte sind ganz geradlinig. Die Granulation ist im innersten Viertel unregelmäßig, von da nach außen herrschen am Rand parallele Leisten vor. Besonders in den Raıd- partien ziehen sich einige sehr gut markierte Leisten über die Kostal- platten hin. Das fünfte Kostalplattenpaar ist unsymmetrisch, was schon früher hervorgehoben wurde; die Asymmetrie wird am deutlichsten, wenn man die Maße der beiden Platten einander gegenüber stellt. Rechte Platte Linke Platte Zentimeter Zentimeter Breite an den. Neuralplattens, ., me 75: 3:1 Breite auf der Höhe der Wölbung . . . 35 2:9 Breite am Rand des SchildesC4 . „27 73 4:2 Länge an der. fünften Kostalnahtt . . . . 112 {12 Diese Unregelmäßigkeit wird bedingt durch die Form der ent- sprechenden Neuralplatten. Während sich die rechte Kostalplatte gleichmäßig nach außen verbreitert, erleidet die linke auf der Höhe der Wölbung eine nicht unbedeutende Einengung, wird aber dann rasch breiter, so daß beide Platten am Außenrand gemessen gleich breit sind. Die fünfte Kostalnaht jst innen schwach konkav nach rückwärts und verläuft dann ganz gerade nach außen hin. Der Rippenvorsprung ATi 11] Jungtertiäre Trionyx-Reste aus Mittelsteiermark. 343 befindet sich in der Mitte des Außenrandes. Die Granulation gleicht der der anderen Platten. In ihrer Gestalt, in der Verbreiterung nach außen gleicht sich das dritte, vierte und fünfte Kostalplattenpaar ; bedeutend weicht in der Form das sechste Kostalplattenpaar ab, das der zweiten Kostalplatte nahesteht. Auch beim sechsten Kostalplattenpaar ist durch die in Betracht kommenden Neuralplatten ein asymmetrischer Bau hervor- gerufen, was durch folgende Zahlen ersichtlich wird. Rechte Platte Linke Platte Zentimeter Zentimeter Breite an der Neuralplatte . . . N 24 Breite 2 cm von der Neuralplatte weg Gemessen a A 2-5 Breite am Außenrand . . Ka DE 45 Länge an der sechsten Kostalnaht Zi a 9-3 Die Platten verbreitern sich rasch gegen den Rand zu; die sechste Kostalnaht ist im inneren Teile konkav gegen hinten, dann verläuft sie gerade gegen den Rand zu. Die Granulation ist in der inneren Hälfte unregelmäßig, in dem anderen Teil treten sehr regelmäßig dem Außenrande parallele Leisten auf, wie bei den vorderen Platten. Der Rand der Platte hat einen kaum merklichen Rippenvorsprung. Die siebende Kostalplatte ist innen sehr schmal, erfährt aber dann eine rasche Verbreiterung nach außen hin; diese Platte nimmt schon teil an der rückwärtigen geraden Begrenzung des Schildes; sie umschließt, wie schon früher erwähnt wurde, die siebente Neural- platte in ihrem rückwärtigen Teile. Die Maße der Platten sind fol- sende: Breite innen 2°5 cm, Breite außen 44 cm, Die starke Ver- breiterung wird durch den Umriß des Schildes bedingt. Die Granulation ist auf der ganzen Platte unregelmäßig. Zwischen das achte Kostalplattenpaar schiebt sich, wie aus dem früher Gesagten hervorgeht, keine Neuralplatte mehr ein. Die beiden Platten grenzen unmittelbar aneinander, doch liegt die Naht nicht genau in der Mittellinie des Schildes, sie ist etwas gegen links ver- schoben ; dadurch wird hervorgerufen, daß die rechte Kostalplatte etwas sröber ist als die linke. Die Länge der Naht zwischen beiden Platten beträgt 26 cm, die größte Höhe der rechten Kostalplatte 2:85 cm, der linken 2°9 cm, die Breite der linken Platte am Hinterrande 5'25 cm, der rechten ebenda 5’4 cm. Die siebente Kostalnaht hat die Form einer Parabel; sie verläuft ähnlich wie bei Trionyx Petersi R. Hoernes. „In bezug auf die Skulptur wäre zu bemerken, daß die Neural- platten und die größere Partie der Kostalplatten, welche sich an die ersteren anschließt, jene grubig netzartige Skulptur zeigen, wie sie bei dem von Peters... beschriebenen Exemplar des Tirionyx styriacus auftritt, während das andere Drittel der Kostalplatten eine Skulptur aufweist, die durch die Entwicklung von dem Außenrande des Schildes parallelen Leisten mehr an Trionyx Petersi erinnert.“ B. Ich habe den Triony& Hilberi mit einer Reihe von anderen aus dem Junstertiir bekannten Formen verglichen und dabei ge- 44* 344 Dr. Franz Heritsch. [12] funden, daß er von diesen mehr oder weniger große Abweichungen aufweist. 1rionyx styriacus Peters kann zum Vergleich überhaupt nicht herangezogen werden, da er sich von der in Erörterung stehenden und von den anderen aus den Wies-Eibiswalder Schichten stam- menden Resten dadurch unterscheidet, daß bei ihm eine Neuralplatte obliteriert ist. Von Trionyx Petersi R. Hoernes unterscheidet sich unsere Form dadurch, daß sie die größte Breite im vorderen Drittel des Schildes erreicht. Dadurch wird ein ganz verschiedener Umriß bei den beiden Spezies hervorgerufen. Ferner liegt ein Unterschied in dem Verlaufe der Naht zwischen der ersten Neuralplatte und der Nuchalplatte; bei Trionyx Petersi springt die Neuralplatte mit einem stumpfen Winkel vor und dringt so gleichsam in die Nuchalplatte ein; bei Trionyx Hilberi aber ist der Vorderrand der Neuralplatte flachbogenförmig. Einen weiteren Unterschied läßt die Form der vierten und sechsten Neuralplatte erkennen; bei der erstgenannten Art wachsen diese an Breite gegen vorn, beziehungsweise hinten, während bei Trionyx Hilberi beide sowie die vermittelnde fünfte Neurale eine fast rechteckige Gestalt haben; auch nimmt bei dieser Art zum Teil noch das siebente Kostal- plattenpaar an der rückwärtigen geraden Begrenzung des Schildes teil, was bei Triony& FPetersi nicht der Fall ist. Auch in den Kostal- platten finden sich Verschiedenheiten, was bei dem nicht gleichen Umriß der beiden Schilder wohl selbstverständlich ist; darauf, wie auf die Unterschiede der Skulptur, soll nicht weiter eingegangen werden; ich verweise im übrigen auf die Abbildungen von Trionyx Petersi auf Tafel XI (II). Von Trionyx Partschü Fitzinger ist zu wenig erhalten, um einen Vergleich zu ermöglichen. Aus den österreichischen Jungtertiärablagerungen kommt ferner noch der von Arthaber beschriebene Trionyx rostratus in Betracht; er weist kaum einen gemeinsamen Zug mit Trionyx Hilberi auf. Schon da- durch, daß der erstere einen ovalen Umriß, der letztere aber vorn weniger, dafür aber hinten um so mehr eine geradlinige Begrenzung aufweist, unterscheiden sich die beiden sehr energisch ; daß dadurch natürlich auch die Form der Kostalplatten eine ganz verschiedene ist, braucht nicht erst hervorgehoben zu werden. Auffallend ist auch die Verschiedenheit in den Umrissen der Neuralplatten; so springt bei Trionyx rostratus die zweite bis vierte Neuralplatte, ganz abge- sehen von der nach hinten zunehmenden Breite, vorn in eine scharfe Ecke vor, während bei Trionyx Hilberi dies nicht der Fall ist. Es ließe sich noch eine ganze Reihe von Unterschieden feststellen; es dürften aber die angegebenen genügen, um zu zeigen, daß man es mit zwei verschiedenen Spezies zu tun hat. Auch Trionyx vindobonensis Peters erreicht im Gegensatze zu Trionyx Hilberi erst nach dem dritten Kostalplattenpaar seine größte Breite. Auch sonst finden sich Verschiedenheiten, so in der Gestalt der fünften Neuralplatte, die bei der in Rede stehenden Art vorn eine vor- springende Ecke aufweist. Eine Ahnlichkeit mit unserer steirischen Art liegt in der hinteren geradlinigen Begrenzung, die bei beiden auftritt. en. [13] Jungtertiäre Trionyx Reste aus Mittelsteiermark. 345 Laubes Trionye Pontanus hat eine fast kreisrunde Gestalt und unterscheidet sich schon dadurch lebhaft von Triony® Hilberi ; aber nicht nur im Umriß liegen Unterschiede, sondern auch in der Form der Platten; ganz besonders gut ist dies zum Teil bei den Neuralplatten festzustellen; so verbreitert sich bei der böhmischen Art die vierte und sechste Neurale nach hinten, bezw. nach vorn und steht dadurch im Gegensatz zu der steirischen Spezies. Große Verschiedenheiten zeigt auch zum Beispiel die siebente Kostalplatte, die bei Trionyx Pontanus gedrungen, bei Trionyx Hilberi aber ganz schmal gebaut ist. Mit Trionyx Preschenensis Laube hat unsere steirische‘ Art die Eigenschaft gemeinsam, daß die größte Breite des Schildes in das vordere Drittel fällt. Unterschiede liegen, wie schon Laube hervorhebt, in der Größe beider und in der wechselnden Skulptur der Kostalplatten (worauf ich kein Gewicht lege), besonders aber im Bau der Nuchalplatte, die bei Trionye Preschenensis nach Art eines breiten, stumpfen Kragens vorsteht. Laube hat aus der böhmischen Braunkohlenformation eine dritte Trionyx-Spezies als Triony® aspidiformis beschrieben. Leider läßt es die Abbildung bei Laube nicht zu, genau den Schild zu prüfen. Ich muß mich daher mit der Anführung von Laubes Worten begnügen: „Mit einer bisher bekannt gewordenen Art kann das Stück seiner Gestalt nach nicht übereinstimmend, nicht einmal ähnlich gefunden werden; diese Schildkröte hat also... als eine neue zu gelten.“ Daher fällt wohl die Notwendigkeit eines Ver- gleiches weg. Triony® Rocchettianus Portis kann zu einem Vergleich mit der in Erörterung stehenden mittelsteirischen Art nicht in Betracht ge- zogen werden, denn bei ihm ist erst die sechste Neuralplatte die vermittelnde; dadurch ist ein genügend scharfer Unterschied fest- gestellt. Trionye Valdensis Portis hat, sowie der im folgenden be- schriebene Trionyx septemecostatus R. Hoernes nur sieben Kostalplatten- paare und kann daher nur mit dieser Spezies in Vergleich gesetzt werden. Triony& Lorioli Portis, der dem Trionyx Pontanus Laube nahe- steht, unterscheidet sich einerseits durch die Gestalt, anderseits durch die Form einiger Teile des Panzers, so zum Beispiel der Nuchalplatte und der fünften und sechsten Neuralplatte, die bei der Schweizer Art sehr kurz sind. Von den vier durch Reinach aus dem Mainzer Becken be- kannt gemachten Arten zeigt Triony» Boulengeri eine mehr gedrungene Gestalt als Trionyxz Hilberi. Weitere Unterschiede liegen in der Form der ersten Neuralplatte, die bei der erstgenannten Art spitzwinkelig einspringt, dann in der Gestalt der vierten bis sechsten Neuralplatte, welche im Gegensatz zu Trionyx Hilberi stark keilförmig, bezw. etwas rundiich (vermittelnde Platte) sind. Ferner nimmt bei der Mainzer Form der Rand des siebenten Kostalplattenpaares an der geraden hinteren Begrenzung des Schildes vollständig teil. 346 Dr. Franz Heritsch. [14] Von Trionyx gergensit H. v. M. aus dem Mainzer Becken sind nur spärliche Reste des Rückenschildes vorhanden. Reinach bildet Teile der Nuchalplatte ab und es geht aus der Figur hervor, daß diese Art vorn viel mehr gerundet sein mußte, als es bei unserer mittelsteirischen der Fall ist. Trionyx messelianus Reinach zeigt nur sechs Neuralplatten und gleicht in dieser Eigenschaft unserem Trionyx styriacus Peters, ohne, wie Reinach hervorhebt, weiter mit ihm verwandt zu sein. Da durch das Fehlen einer Neuralplatte zu Trionyx Hilberi ein tiefgehender Unterschied vorhanden ist, braucht wohl nicht näher auf die zahl- reichen anderen Unterschiede eingegangen werden. Trionyc Oweni Kaup ist zu schlecht erhalten, als daß sich ein Vergleich mit unserer Form durchführen lassen würde. Triony® anthracotherium Portis ist so mangelhaft erhalten, daß ein näherer Vergleich nicht gut durchführbar ist. Im übrigen gibt Portisan, daß er dem Trionyx austriacus Peters aus dem eocänen Lignit von Siverich in Dalmatien nahesteht und daraus ergibt sich schon die Verschiedenheit dem Triony& Hilberi gegenüber. Trionye Pedemontanus Portis hat einen ganz runden Umriß und unterscheidet sich schon dadurch lebhaft von unserer Art; daß damit auch ein ganz verschiedener Bau der Kostalplatten sich ergeben muß, ist wohl ganz klar und braucht nicht erst näher ausgeführt werden. Auch in der Gestalt der Neuralplatte finden sich auffallende Unter- schiede; so hat die erste Neuralplatte bei der von Portis be- schriebenen Art eine sich nach vorn gleichsam keulenförmig verbrei- ternde Gestalt. Aus allem resultiert die spezifische Verschiedenheit von Trionyx Hilbert. Trionyxs Capellini var. Montevialensis Negri zeigt in mancher Hinsicht Anklänge an Trionyx Hilberi, so zum Beispiel im Umriß, unterscheidet sich aber durch den Umstand, daß das achte Kostal- plattenpaar eine sehr bedeutende Höhe hat und daß an der hinteren geraden Begrenzung des Rückenschildes das siebente Kostalplatten- paar keinen Anteil mehr hat; ferner ist die Nuchalplatte viel weniger breit, dafür aber höher als bei Trionyxe Hilberi. Die drei eben genannten Eigenschaften trennen auch, wenn wir von der verschiedenen Form ganz absehen, den Trionyx Schau- rothianus Negri von unserer mittelsteirischen Art ab, so daß auch hier keine bedeutendere Alnlichkeit besteht. Trionyx Sencken- bergianus Reinach und Trionyx pliocenicus Reinach sind nur in Bruch- stücken erhalten und können nicht in Vergleich gezogen werden. Die eocänen Arten habe ich zum Vergleich überhaupt nicht herangezogen, dies ist um so mehr berechtigt, als meist schon eine kurze Betrachtung tiefgreifende Unterschiede erkennen ließ. Aus allem aber geht wohl mit genügender Sicherheit hervor, daB Trionyx Hülberi R. Hoernes als gute Spezies zu betrachten ist. Triony& septemcostatus R. Hoernes. A. Neben Trionyx styriacus Peters und Trionyx Petersi R. Hoernes und der eben beschriebenen Form kommt in den Hangendschiefern u [15] Jungtertiäre Trionyx-Reste aus Mittelsteiermark. 347 des Wies-Eibiswalder Flözes noch eine vierte Art vor, der R. Hoernes den Namen Trionyx septemcostatus gegeben hat!). Das in der Samm- lung des” geologischen Instituts der Universität Graz liegende Exemplar besteht aus einem ziemlich gut erhaltenen Rückenschilde, „an dessen Bauchseite Fragmente des Bauchschildes und der Ex- tremitätsknochen, die sich durch ungewöhnliche Stärke auszeichnen, sichtbar sind“ 2). Von allen anderen aus dem österreichischen Jung- tertiär bekannten Trionyx-Formen unterscheidet sich das in Er- örterung stehende Stück dadurch, daß es nur sieben Kostal- plattenpaare hat; „jene Elemente, denen bei Trionyx styriacus und Trionyx Petersi die siebente und achte Kostalplatte entspricht, sind jederseits zu einem einzigen Schildstück verwachsen“). Den Unterschied zeigen schlagend die Figuren, die R. Hoernes gibt‘). Der Rückenschild ist nicht vollständig erhalten, die Nuchalplatte ist vorn schadhaft; die fünfte und sechste rechte Kostalplatte ist teilweise zerbrochen; auf der linken Seite sind sämtliche Kostal- platten zerbrochen, nur die dritte, vierte und füntte und ein ganz kleiner Teil der zweiten Kostalplatte sind in einem vom Haupt- exemplar getrennten Bruchstücke erhalten. Der Schild hat eine Länge von 23 cm und eine Breite von 20 cm; die größte Breite erreicht er zwischen der vierten und fünften Kostalplatte. Er zeigt in der Neuralregion eine Einsenkung; auf beiden Seiten wölben sich dann die Kostalplatten auf; diese Wölbung lauft zwischen der ersten und zweiten Kostalplatte gegen den Rand hinaus. Vor dieser Wölbung liegt eine Einsenkung, welche die erste Kostalplatte und den hinteren Teil der ersten Neuralplatte trifft. Vor dieser Einsenkung wölbt sich der Vorderteil der ersten Neuralplatte und die Nuchalplatte auf, so daß letztere gegen vorn einen steilen Abfall aufweist. Einen Artcharakter möchte ich in dieser eigentümlichen Erscheinung ebensowenig sehen wie in dem Umstande, dab sich die Wölbungen der Kostalplatten auf der letzten Platte vereinigen und so die neurale Senkungszone nach rückwärts mit einem Hügel abschließen; zu bemerken ist, daß zwischen der fünften und sechsten Kostalplatte eine schwach angedeutete Senkung in der Wölbung durchläuft, welche die pygale Aufbiegung um so deutlicher hervortreten läßt. Trionyx septemcostatus weist im Ver- gleich zu dem viel größeren Triony® Hilberi genommen eine stärkere Wölbung auf, die Randpartien sind gegen die Horizontale mehr ge- neigt als bei dem letzteren. Hervorzuheben wäre noch, daß der Schild mehrere schon zu Lebzeiten des Tieres erhaltene Beschädi- sungen aufweist. Von allen anderen aus dem österreichischen Jungtertiär bekannten Formen unterscheidet sich unser Trionyx dadurch, daß er nur sieben Kostalplatten hat, darin gleicht er dem von Portis beschriebenen Triony& Valdensis. !), Jahrbuch der k. k. geol. R.-A. 1881, pag. 481. Siehe Tafel IX (I), Figur 2. ?) L. c. pag. 481. 3) L. c. pag. 481. *) L. c. pag. 482. 348 Dr. Franz Heritsch. - [16] Die Nuchalplatte bildet in der oben erwähnten Aufwölbung eine beulenförmige Auftreibung; nach vorn und nach den Seiten zu senkt sich die Wölbung zuerst rasch, dann langsamer, so daß der Eindruck einer Beule horvoıgerufen wird. Die Länge der Platte ist nicht zu bestimmen, da sie an ihrem vorderen Rand recht schadhaft ist; annähernd kann man sie auf 355 cm schätzen. Die Breite ist 9:4 cm. Die Grenze zwischen der Nuchalplatte und dem zugehörigen Kostalplattenpaar ist schwach bogenförmig gekrümmt; die Naht gegen die erste Neuralplatte zu liegt genau in der Verlängerung der Naht gegen die Kostalplatten, nur sendet dort, wo Kostal-, Nuchal- und Neuralplatte zusammenstoßen, die Nackenplatte einen dreieckigen Zipfel gegen die Neuralplatte vor. Die Granulation der Nuchalplatte ist in dem gewölbten Teil ganz unregelmäßig wurmförmig, in den äußeren Partien ziehen sich kleine Wülste parallel dem Außenrand hin. Die Granulation hat an den Nähten gegen das erste Kostal- plattenpaar zu ein Ende, ein kleiner, der Grenze paralleler Wulst schneidet die Leisten ab. Von den Neuralplatten überwiegt die erste die folgenden weitaus an Größe; sie ist 3°6 cm lang, vorn 1°6 cm, hinten 1'95 cm breit; aus diesen Zahlen ergibt sich die schwach nach vorn sich verjüngende Gestalt. Die Naht gegen die Nuchalplatte ist gegen diese etwas vorspringend. Am hinteren Ende zeigt die erste Neural- platte dieselben Umrißformen, wie sie bei Trionyx Hilberi beschrieben wurden; sie ist gegen die zugehörigen Kostalplattenpaare nach rück- wärts gestellt, so daß die Fortsetzung der Kostalnähte nicht zu- sammenfällt mit der Naht zwischen der ersten und zweiten Neural- platte. Die Granulation ist wurmförmig und nicht besonders kräftig. Die zweite Neuralplatte stimmt im Bau mit der ersten gut überein, nur ist sie bedeutend kleiner, wie die erste vorn schmäler als hinten, doch ist diese Verjüngung etwas stärker als bei der ersten Platte. Die Stellung der Kostalplatten ist dieselbe wie bei der ersten. Die Granulation ist nicht so dicht, dafür aber kräftiger; es sind zum Teil unregelmäßige Knoten, dann aber auch Leisten, die eine Er- streckung in der Längsrichtung haben. Die Maße sind folgende: Länge 2'8 cm, Breite vorne 0'8 cm, Breite hinten 14 cm. Die dritte Neuralplatte gleicht in ihrem Außeren und in ihrer Stellung zu den Kostalen ganz ihrer Vorgängerin. Ihre Dimensionen zeigen folgende Zahlen: Länge 26cm, Breite von 0'8cm, Breite hinten 1’5 cm. Zu bemerken ist noch, daß die Naht gegen die vierte Neuralplatte eine schärfere Ausbiegung gegen vorn hat, so daß man es nicht mehr mit einer schwach bogenförmigen Grenze zu tun hat, sondern mit einer stumpfwinklig nach vorn dringenden Spitze. Die fünfte Neuralplatte nimmt gegenüber den vorderen und den folgenden eine vermittelnde Stellung ein. Reichen die vorderen über die Verbindungslinie der Kostalnähte der zugehörigen Kostalplatten- paare nach rückwärts, so nehmen die beiden letzten Platten die umgekehrte Stellung ein; genau wie bei Trionyx Hilberi vermittelt die fünfte Neuralplatte. Die vierte und fünfte Platte ist wie bei Trionyx Hilberi asymmetrisch. Während auf der linken Seite die vierte Kostalplatte genau dieselbe Stellung zu den Neuralplatten einnimmt [17] Jungtertiäre Trionyx-Reste aus Mittelsteiermark. 349 wie die vorderen, grenzt sie auf der rechten Seite nur an die vierte Neuralplatte an und ebenso grenzt die fünfte Kostalplatte links nur an die fünfte Neuralplatte, Ein Blick auf die Tafel wird dies klar machen und zugleich zeigen, daß sowohl diese Kostalplatten als auch die Neuralplatten unsymmetrisch gebaut sind. Die sechste Neuralplatte kommt mit ihrem vorderen Teil vor die Verbindunglinie der Nähte der fünften und sechsten Kostalplatte zu stehen. Sie verjüngt sich im Gegensatz zu den ersten drei Neural- platten nach hinten. Sie ist 195 cm lang, vorn 1'25 cm, hinten 0:70 cm breit. Auch bei dieser Platte ist eine geringe Asymmetrie zu bemerken, sie steht etwas schief zur Mittellinie; die Granulation ist grobknotig. Die sehr kleine siebente Neuralplatte ist ebenfalls etwas un- symmetrisch gestellt, was mit einer Ungleichheit des sechsten Kostal- plattenpaares Hand in Hand geht. Diese letzte Neuralplatte hat einen fünfeckigen Umriß; zirka ein Drittel der Platte steht vor der Ver- bindungslinie der zugehörigen Kostalplattennähte. Die Platte ist gerade so lang wie breit und wird vom siebenten, dem letzten Kostalplattenpaar seitlich und hinten umschlossen. Die Granulation ist körnig. Von den Kostalplatten ist die erste schr breit, in der Nähe der Neuralplatten 31 cm, am Außenrand 3°9 cm. Die Länge beträgt an der vorderen Naht 4'4 cm, an der hinteren 6°1 cm. Die Platte hat eine nach rückwärts flach bogenförmige Gestalt. Die Granu- lation besteht an der Vordernaht aus Leisten parallel zu dieser, im hinteren inneren Winkel der Platte ist sie unregelmäßig wurmförmig und geht nach außen in dem Außenrande parallele Leisten über. Zwischen diesen letzteren und den der Vordernaht parallelen besteht eine fast scharfe Grenze. Die Form der zweiten Kostalplatte ist in ihrem inneren Teile bestimmt durch die Umrisse des hinteren Teiles der ersten und durch die zweite Neuralplatte. Wenn man davon ab- sieht, kann man sagen, daß sie eine nach außen sich verbreiternde Gestalt hat. Die Maße der Platte sind folgende: Breite au der Naht gegen die zweite Neuralplatte 22 cm, größte Breite in der Nähe der Neuralplatte 29 cm, Breite am Außenrande 3°8 cm, Länge an der zweiten Kostalnaht 8'2 cm. Die zweite Kostalnaht verläuft von der innersten Vorbiegung abgesehen ganz gerade. Die Granulation ist im innersten Drittel deutlich wurmförmig, gegen außen hin sind dem Rande parallel Leisten vorhanden. An der Grenze gegen die vordere und hintere Kostalplatte ist eine wulstartige Aufbiegung vor- handen, so daß die Region der Naht eingesenkt ist. Die Granulation geht bis an den Rand hinaus; dort befindet sich auch ein schwacher Rippenvorsprung. Merkwürdig ist, daß in der Mitte dieser Kostalplatte und auch bei der dritten und vierten von der Höhe der Wölbung eine schwache Einsenkung nach außen abgeht; diese Einsenkung aber erniedrigt die Wölbungshöhe nicht, wie das bei der obenerwähnten Senkung zwischen der fünften und sechsten Kostalplatte der Fall ist. Die dritte Kostalplatte verjüngt sich nach innen und wird von zwei fast geraden Kostalnähten begrenzt; der Umriß bei den Neural- platten gleicht vollkommen dem der vorderen Platte. Die dritte Jahrbuch d. k. k. geol. Reichsanstalt, 1909, 59. Band, 2. Heft. (Dr. Fr. Heritsch.) 45 350 Dr. Franz Heritsch. . [18] Kostale ist in der Nähe der Neuralregion 2:7 cm breit, am Außenrand 3'8 cm breit und hat eine Länge von 8'8 cm an der dritten Kostal- naht, Im übrigen gleicht sie ganz ihrer Vorgängerin. Die parallelen Leisten der Granulation gehen nur scheinbar nicht mit dem Außen- rande parallel, was durch die Schadhaftigkeit des Schildes be- dingt wird. Beim vierten Kostalplattenpaar sind die beiden Platten nicht symmetrisch, was ja nach dem über die betreffenden Neuralplatten Gesagten ganz selbstverständlich ist. Größe und Gestalt sind der dritten Kostalen gleich. Die Maße des Paares sind folgende: Rechte Platte Linke Platte Zentimeter Zentimeter Breite innen . . Yin ie ern 27 “Breite auf der Höhe der Wolbung are _— Breite am Außenrande . er Mean 4-1 Länge an der vierten Kostalnaht . AD —_ Es besteht zwischen den beiden Platten eine bedeutende Asymmetrie, wie aus den Zahlen und aus der Abbildung hervorgeht. Die linke Platte verbreitert sich viel stärker als die rechte; leider sind auf der linken Seite manche Maße nicht abzunehmen, da ein großer Teil der linken Platte nur in einem vom eigentlichen Schild- rest abgetrennten Bruchstücke erhalten ist. Die Granulation ist nur im innersten Teile unregelmäßig wurmförmig, von da nach außen gibt es nur, wie bei den anderen Platten, leistenförmige Skulptur, die parallel dem Schildrande verläuft. Die Ränder der Kostalnähte sind wulstartig erhöht, so daß die Granulationsleisten nicht direkt von einer Platte in die benachbarte sich fortsetzen können. Das fünfte und sechste Kostalplattenpaar ist auf der linken Seite nur in einem Bruchstücke erhalten, während auf der rechten Seite zwar der Erhaltungszustand ein besserer ist, aber doch auch ein Sprung den ganzen Schild durchsetzt; es ist daher nicht möglich, wenigstens für das fünfte Plattenpaar, das dazu noch unsymmetrisch ist, genaue Maße anzugeben. Die fünfte Kostale gleicht in ihrem Umriß den vorderen Platten; sie verbreitert sich nach außen. Die sechste Kostalplatte hat eine ganz andere Gestalt, sie verbreitert sich auch nach außen, aber in viel stärkerem Maße als die anderen Platten. Gegen die fünfte Platte ist die Naht viel schwächer gekrümmt, gegen die siebente aber ist sie stark bogenförmig. Auffallend ist die Zu- nahme in der Stärke der Granulation; diese wird von der vierten Kostalplatte an immer gröber und bleibt auch auf der siebenten Kostalen sehr grob. Bei der siebenten Kostalplatte handelt es sich darum, ob sie eine einheitliche Platte darstellt oder sie aus der Verwachsung von zwei Platten entstanden ist. Von einer Naht ist auf der Platte nichts zu entdecken; einige feine Linien ziehen wohl über sie hin, doch lehrt ein Vergleich der beiden Hälften, daß sie immer nur auf einer Platte auftreten und auf der anderen kein Aquivalent haben. Daher glaube ich, daß die siebente Kostalplatte nicht aus der innigen Jungtertiäre Trionyx-Reste aus Mittelsteiermark. 351 Verwachsung zweier Platten hervorgegangen ist. Dadurch stellt _Trionyx _septemcostatus einen ganz besonderen Typus unter den 'tertiären österreichischen Trionyciden dar. Die Granulation ist im inneren Teile der Platten wurmförmig-knotig, in den äußeren Partien dem Außenrande parallel leistenförmig. Mit dem Hinterrande des Schildes laufen zwei große Leisten parallel, an welchen die sonst leistenförmige Granulation zum Teil mit einem schiefen Winke abstoßt. “ 5 % L 4 Fragmente des Bauchpanzers und einiger Knochen von Trionyx septem- costatus Hoernes. D + euer Der Schild ließ sich aus dem ihm anhaftenden Gestein heraus- präparieren; von der Unterseite des Rückenschildes ist nichts zu sehen, wohl aber sind Bruchstücke des Bauchschildes und einzelne Knochen erhalten, die sich, wie R. Hoernes hervor- hebt, durch eine ungewöhnliche Stärke auszeichnen. Es sind Wirbel, auf die nicht weiter eingegangen werden soll. Vom Bauchpanzer sind fünf Stücke erhalten, die aber stark zerworfen sind. Auf einem vom Schildrest abgetrennten Bruchstück sind Reste des linken 45* 3592 Dr. Franz Heritsch. [20] Hyoplastrons und des Hypoplastrons erhalten, durch eine gezackte Naht miteinander verbunden; es liegen die äußeren Teile beider vor, der Rand ist zum Teil stark beschädigt, so daß nur ein- zelne Knochenstrahlen unter dem Schildteil zum Vorschein kommen. Die Granulation ist kräftig. Quer über den inneren Teil des Schildes liegt das Hypo- plastron der rechten Seite; es ist ziemlich gut erhalten, zeigt aber keine vorstehenden Knochenstrahlen. Der innere Teil ist gegen- über dem äußeren ganz unverhältnismäßig breit; der breite äußere Teil ist nach oben etwas aufgebogen, während der innere etwas auf- gebogene Ränder hat. Die Granulation ist ebenfalls stark. Es sind ferner vom Plastron noch zwei Stücke des Xiphi- plastrons erhalten, und zwar ein Bruchstück des rückwärtigen Teiles des rechten Xiphiplastrons und eines des vorderen Teiles des linken Xiphiplastrons; beide zeigen Knochenstrahlen als Verlängerung. Die Granulation ist beim ersteren knotig, beim letzteren, soweit es das kleine Bruchstück erkennen läßt, wurmförmig ‚konzentrisch. B. Zum Vergleich des Schildes unserer Trionyx mit den übrigen aus dem europäischen Jungtertiär bekannten Arten kommt nur der von Portis beschriebene Trionyx Valdensis in Betracht, der auch nur sieben Kostalplatten besitzt, aber viel größer ist als unsere Spe- zies. Die Ähnlichkeit im Bau der Kostalplatten und der Neuralplatten ist groß, ebenso in der Stellung der Platten zueinander. Ein be- deutender Unterschied liegt in dem Umstande, daß Trionyx Valdensis breiter als lang ist im Gegensatze zu unserer Art; folgende Zahlen zeigen dies: Trionyx Valdensis . . -. . 28 cm lang 34 cm breit Trionyx septemeostatus . . . 23 2025 Dadurch trennt sich Tironyx septemecostatus als gute Art von der anderen Art ab. » ” N” Triony& Hoernesi spec. nov. A. Peters hat in den Denkschriften der kaiserlichen Akademie der Wissenschaften in Wien (IX. Band) neben anderen Arten aus den österreichischen neogenen Ablagerungen den Trionyx styriacus be- schrieben. Zu dieser Spezies zählt er einen Schildkrötenrest, den er später aus den kohlenführenden Schichten von Eibiswald einer Er- örterung unterzogen hat!) und auch abgebildet hat?). R. Hoernes hat den Nachweis erbracht®), daß es sich bei dem von Peters in den Beiträgen zur Paläontographie beschriebenen Schild nicht um Trionyx styriacus Pet. handle, sondern um eine neue Art, die R. Hoernes Trionyx Petersi nennt. Für Trionyx Petersi R. Hoernes ist also die Abbildung in den Beiträgen zur Paläonto- sraphie, Taf. II, maßgebend, für Trionyx styriacus Peters die !) Peters, Beiträge zur Paläontograpbie, Bd. I, Heft 2. ?) Peters, ebenda, Taf. II. ®) R. Hoernes, Jahrb. d. k. k. geol. R.-A. 1881, pag. 479, 480. [21] Jungtertiäre Trionyx-Reste aus Mittelsteiermark. 353 Abbildungen imIX. Band der Denkschriften der kaiser- lichen Akademie der Wissenschaften in Wien. Die Unterschiede zwischen Triony® styriacus und Trionyx Petersi lassen sich kurz in foluender Weise andeuten, daß bei der ersten Art eine Neuralplatte obliteriert ist und daß daher bei den beiden Spezies das Verhältnis der letzten Neuralplatten zu den Kostalplatten ein grundverschiedenes ist; während bei Trionyx styriacus die siebente Neuralplatte von dem sechsten Kostalplattenpaar rückwarts umschlossen wird, nimmt bei Trionyx Petersi noch das siebente Kostalplatten- paar an der Umgrenzung der Neuralplatte teil. Eine ganz verschiedene Anlage des Schildes trennt somit die beiden Arten voneinander. R. Hoernes hat zu der von ihm aufgestellten Spezies Trionyx Petersi einen in Bruchstücken erhaltenen Rückenschild von Feisternitz von Eibiswald zugerechnet), den das Geologische Institut der Grazer Universität Herrn Bergdirektor v. Radimsky und Herrn Direktor F. Knaffl verdankt. Vergleicht man diesen Schild, soweit es seine eben nicht sehr gute Erhaltung zuläßt, mit dem Bilde des Trionyx Petersi in den Beiträgen zur Paläontographie, so sieht man, daß es sich nicht un- wesentlich von diesem unterscheidet. Der Hauptunterschied, der am ersten in die Augen springt, liegt in der Form des hinteren Teiles des Schildes. Während Trionyx Petersi am Hinterrande des Schildes nur ein kurzes Stück gerade Begrenzung hat, ist diese bei der neuen Form, der ich den Namen Trionyx Hoernesi ge- seben habe, sehr scharf ausgeprägt. Im Gegensatz zu Trionyx Petersi nimmt an der hinteren geraden Begrenzung des Schildes nicht nur das achte, sondern auch das siebente Kostalplattenpaar teil. Das mir vorliegende Rückenschild von Trionye Hoernesi stammt aus den Schichten von Eibiswald und besteht zum größten Teil aus kleinen Bruchstücken, die Prof. Hoernes, soweit es eben sing, zusammengesetzt hat. Der Schild sitzt einer Mergelplatte auf, die zum Teil den inneren Abdruck des Schildes zeigt. Triony& Hoernesi?) ist sehr groß, einer der größten aus dem Eibiswalder Revier bekannten Trionyciden. Leider lassen sich die Maße des Schildes nicht genau feststellen, da der Rest nur in Frag- menten erhalten ist und überdies auch auf der linken, besser er- haltenen Seite gepreßt und etwas verdrückt ist. Der Hinterrand ist gut erhalten, während von der Nuchalplatte nur kleine Bruchstücke vorhanden sind und vom Vorderrand gar nichts zu sehen ist. Der Schild ist in seinem jetzigen Zustand 34 cm lang, was darauf schließen läßt, daß er im ganzen früher wohl mehr als 35 cm Länge hatte. Die Breite des Schildes dürfte mehr als 50 cm betragen haben. Der mir vorliegende sehr große Schild gehört wohl einem alten Tiere an, obwohl Abdrücke von freien Rippenenden über den Außen- rand hinausragen. Bei einer am Rand gebrochenen Kostalplatte (sechste Platte links) sieht man einen, schwachen Abdruck einer Rippe auf dem Mergel, der den Schild trägt. Das Ende dieser Rippe liegt so, daß es von der Kostalplatte nicht ganz überdeckt gewesen !) R. Hoernes, ebenda, pag. 479. ?) Siehe Tafel IX (I), Figur 4. 354 Dr. Franz Heritsch. ? [22] sein mußte und daß diese letztere über das Rippenende hinausgereicht haben mußte. Der Umriß des Rückenschildes ist ein ovaler, wobei zu be- merken ist, daß am Hinterrand eine auffallende gerade Begrenzung vorhanden ist; daher erscheint der Schild rückwärts geradezu ab- gestutzt. Die Wölbung des Schildes ist; eine ganz schwache ; in der Neuralregion dürfte eine Einsenkung vorhanden gewesen sein, viel- leicht auch eine quer über den Schild verlaufende in der Mitte, in der Region der dritten bis fünften Kostalplattenpaare. Alles dies läßt sich wegen des Erhaltungszustandes des Schildes nicht apodiktisch gewiß sagen. Von der Nuchalplatte ist nur ein ganz kümmerliches Frag- ment erhalten, gerade so viel, daß man etwas über die Granulation sagen kann; diese ist im vorderen Teil rein knotig, so daß die ein- zelnen Knötchen miteinander nicht durch kleine Wülste in Verbin- dung treten, was in dem hinteren Teil der Nuchalplatte wohl der Fall ist; dort entsteht dadurch eine netzförmige Skulptur. Die Grenz- linie der Nuchalplatte gegen das erste Kostalplattenpaar scheint gerade zu verlaufen, die Granulation übersetzt nicht die Grenze. Über die Linie, welche die erste Neuralplatte von der Nuchalplatte trennt, lassen sich nur Vermutungen äußern. Das eine scheint mir sicher zu sein, daß dort, wo die Nuchal-, Neural- und Kostalplatte zusammen- stoßen, die erstere eine stumpfwinkelige Ecke nach rückwärts gehabt haben muß. Von den sieben Neuralplatten zeichnet sich die erste durch ganz besonders hervorragende Größe aus. Ihre Größenmaße sind: Länge in der Mittellinie 47 cm, Breite vorn 1'4 cm, Breite hinten (zwischen den ersten Kostalnähten) 24 cm. Die erste Neurale ver- breitert sich von vorn nach hinten bis zu jener Stelle, wo die Nähte zwischen dem ersten und zweiten Kostalplattenpaar an die Neural- platte herantreten; von da aber verschmälert sie sich rasch, so daß ihre Breite an der Grenze zur zweiten Neuralplatte nur mehr 1'6 cm beträgt. Aus dem eben gesagten ergibt sich aber auch mit Klarheit die Form der ersten Neuralplatte und der Umstand, daß an sie auch das zweite Kostalplattenpaar angrenzt. Die Granulation ist sehr scharf ausgeprägt und als wurmförmig-knotig zu bezeichnen. Die zweite Neuralplatte ist der ersten vollkommen ähnlich, aber bedeutend kleiner. Leider lassen sich die Maße teilweise nicht fest- stellen, da von dem hinteren Teile ein Stück ausgebrochen ist und fehlt. Es läßt nur die Länge angeben; diese beträgt 3°9 cm. Die Granulation gleicht vollkommen derjenigen der ersten Platte. Uber die Form der dritten Neuralplatte läßt sieh ihres Erhal- tungszustandes halber nicht viel sagen. Sie ist, wie die ihr voran- sehenden vorn schmäler und verbreitert sich nach rückwärts. Über den hinteren Umriß der Platte läßt sich gar nichts sagen, da sie hier gebrochen ist. Bezüglich der Granulation ist festzustellen, daß diese mit den anderen Platten übereinstimmt. Von der vierten und fünften Neuralen sind nicht einmal Bruch- stücke vorhanden, sie fehlen vollständige. ee Me De u u ee hen ke ui ee re eh er u - E Ki A m [23] Jungtertiäre Trionyx-Reste aus Mittelsteiermark. 355 Dagegen ist von der sechsten Platte besonders der hintere Teil ganz gut erhalten, während der vordere stark beschädigt ist. Im Gegensatz zu den ersten Neuralplatten, die sich nach rückwärts ver- breitern, verjüngt sich die vorletzte Neurale in dieser Richtung. Ihr Verhältnis zu den Kostalplatten ist ein derartiges, daß auf der rechten Seite die fünfte und sechste Kostale an sie angrenzen, während auf der linken Seite nur die letztere an sie anstoßt. Daraus ergibt sich eine unsymmetrische Stellung der Neuralplatte, die in der Granulation ganz den anderen gleicht. Die siebente Neuralplatte ist vollständig erhalten; sie ist natur- gemäß die kleinste aller. Ihre Form weicht sehr von den anderen ab und wird bedingt durch ihr Verhältnis zu den Kostalplatten. An der Naht gegen die sechste Neuralplatte ist sie ziemlich schmal, 0:9 cm lang. In dem ersten Drittel ihrer Länge, die im ganzen 1'9 cn beträgt, verbreitert sie sich stark nach hinten zu und erreicht ihre größte Breite, 1'7 cm, dort, wo die Nähte zwischen dem sechsten und siebenten Kostalplattenpaar und der siebenten Neuralplatte zu- sammenstoßen. Von da an verjüngt sie sich rasch nach rückwärts und wird ganz vom siebenten Kostalplattenpaar umschlossen, und zwar so, daß zwischen ihrem hintersten Ende und dem achten Paar der Kostalen eine Strecke von ca. 1 cm liegt. Die Granulation ist wie bei den vorderen Platten sehr scharf ausgeprägt und setzt zum Teil über die Nähte hinweg. Von den acht Kostalpattenpaaren sind im allgemeinen die- jenigen der linken Seite viel besser erhalten, wenn sie auch am Rand verdrückt sind. Auf der rechten Seite ist dies zwar nicht der Fall, aber der Erhaltungszustand ist dafür ein ganz ungleich schlechterer, da überhaupt nur kleine Bruchstücke vorhanden sind. Ich werde mich in der folgenden Erörterung wesentlich auf die linke Seite be- schränken. Alle Kostalplatten, die letzte natürlich ausgenommen, ver- breitern sich mehr oder minder stark nach außen hin; besonders stark ist dies bei der zweiten, dritten, sechsten und siebenten der Fall. Die Granulation ist bei allen ziemlich gleich, im inneren Viertel wirrknotig, gegen außen zu aber regelmäßige parallele Knotenreihen, die nur wenig durch Unregelmäßigkeiten gestört werden. Die erste Kostalplatte verbreitert sich schwach gegen den Rand zu. Die Nähte gegen die anderen Platten sind gerade oder nur schwach gebogene Linien; eine Störung tritt nur dort ein, wo die Nähte der ersten und zweiten Kostalen und der ersten Neuralplatte zusammentreffen, indem da die zweite Kostalplatte gegen die erste etwas vorspringt. Der Außenrand der Platte zeigt eine schwache Aus- biegung über der Rippe, die, wie schon erwähnt wurde, etwas über den Rand des Schildes vorsteht. Bezüglich der Granulation wäre nur zu bemerken, daß die Knotenreihen gegen den Rand zu immer gröber werden. Nicht so vortrefflich ist die zweite Kostalplatte erhalten; sie zeigt, abgesehen von einigen zerbrochenen Stellen, im Inneren eine starke Beschädigung am Außenrand. Wie erwähnt, hat diese Platte in der Nähe der Neuralplatten einen kleinen Vorsprung gegen vorn, der durch die Form dieser letzteren bedingt wird. Abgesehen davon 356 Dr. Franz Heritsch. . [24] verbreitert sich die zweite Kostalplatte langsam gegen außen hin. Am besten zeigen dies die Maße der Platte im Vergleiche zur ersten Kostalen: l. Kostale an der Neuralplatte ca. 3°9 cm, 2cm von den Neural- platten entfernt 42 cm, am Außenrand 5°5 cm; 2. Kostale an der Neuralplatte 4:0 cm von den Neuralplatten entfernt 3°9 cm, am Außenrand ca. 5°6 cm. Die Zahlen zeigen uns, daß sich beide Platten beiläufig in gleicher Weise nach außen hin verbreitern; bei der ersten erfolgt diese Verbreiterung stetig zunehmend, die zweite weist eine kleine Ein- schnürung auf, was durch den eben erwähnten Vorsprung und die dadurch bewirkte Verbreiterung in der Nähe der Neuralplatten be- wirkt wird. Über die Granulation ist nichts Bemerkenswertes zu sagen, sie gleicht vollständig derjenigen der ersten Platte. Was nun die Länge der Kostalen betrifft, so beträgt diese an der ersten Kostal- naht ca. 11'2 cm; andere Maße sind des schlechten Erhaltungszu- standes wegen nicht zu gewinnnen. Von der dritten Kostalplatte sind nur etwa zwei Drittel vor- handen, nur der innere Teil ist erhalten und auch dieser weist manche Lücken auf. In der Form und der Granulation schließt sich diese Platte vollständig an die vorige an, auch die Größenverhältnisse sind, soweit eine Angabe möglich ist, ähnlich. An den Neuralplatten gemessen beträgt die Breite 41 cm, ca. 2 cm davon entfernt 3°9 cm; nach außen hin verbreitert sie sich immer mehr und mehr, so dab am Rand wohl eine Breite von mehr als 5!/, cm erreicht wurde. Die vierte Kostalplatte ist nur in einzelnen Bruchstücken er- halten, zwischen denen weite Lücken gähnen. Es läßt sich daher über diese Platte nicht gerade viel sagen; nur das eine erscheint sicher, daß sie sich viel weniger stark nach außen hin verbreitert. Während sich die drei vorderen Platten nach vorn biegen, ist bei der vierten in geringem Maße das Gegenteil der Fall. Viel stärker ist schon die fünfte Kostalplatte nach rückwärts gebogen; sie ist auch bedeutend besser erhalten. In der Nähe der Neuralregion läßt sich ihre Form mehr ahnen als wirklich beobachten; doch scheint sie sieh diesbezüglich an die zweite Kostalplatte anzu- schließen. Sie verbreitert sich langsam, aber stetig nach außen hin, wie folgende Zahlen zeigen: Breite in der Nähe der Breite in der Breite am Neuralplatten Mitte Außenrand 37T cm 4-1 cm 45 cm Die Granulation ist besonders im äußeren Teile der Platte sehr kräftig, ganz am Rand jedoch nimmt ihre Stärke ab. Die erhaltenen inneren Dreiviertel der sechsten Kostalplatte zeigen schon die gänzlich abweichende Form derselben von den vorderen. Die Platte ist stark nach hinten gerichtet und zeigt eine sehr rasche Zunahme der Breite nach außen hin, doch wird durch die Form der Neuralplatten bedingt, daß bei der linken Platte vom innersten Teile der Kostalen an zuerst eine Einengung und dann erst die Verbreiterung u a [25] Jungtertiäre Trionyx-Reste aus Mittelsteiermark. 357 eintritt, während bei der rechten Platte diese Form nicht so scharf ausgeprägt ist; diese letztere verbreitert sich mehr gleichmäßig nach außen. Von der Anführung der Maße will ich absehen, da ja doch der Erhaltungszustand dieses Plattenpaares ein nicht sehr guter ist. Vom siebenten Kostalplattenpaar ist nur die linke Platte halb- wegs gut erhalten. Auch diese verbreitert sich sehr stark gegen den Rand zu, noch energischer als die vorangehende Platte. Besonders bemerkenswert ist es, daß sie auch mit ihrem Außenrand bereits an dem geraden Hinterrande des Schildes teilnimmt, wodurch ihre Form sich von allen anderen Kostalen unterscheidet. Hervorzuheben ist noch, daß das siebente Kostalplattenpaar im Gegensatz zum sechsten symmetrisch ist, was ja durch die Neuralplatten bedingt wird. Die Art und Weise der Granulation schließt sich ganz an jene der anderen Platten an, nur verlaufen die Knotenreihen am Außenrand diesem nicht parallel, eine Folge des vielleicht etwas eckigen Umrisses der siebenten Kostalplatte. Das achte Kostalplattenpaar ist naturgemäß das kleinste. Die Naht zwischen beiden Platten verläuft nicht genau in der Mitte und, da sie auch nicht in der geraden Fortsetzung der Trennungsnaht zwischen dem vorhergehenden Paar ist, so entsteht eine Asymmetrie zwischen den beiden achten Platten. Die Granulation ist im inneren Teil so stark wie bei anderen Platten, außen scheint sie infolge der Abnützung schwächer zu sein. Die Maße der Platten sind folgende: Länge des Hinter- Länge der Naht Größte Breite randes zwischen den Platten Zentimeter Zentimeter Zentimeter Linke Platte . . 57 42 7 Rechte Platte. . 5'6 45 _ Von Trionyx Hoernesi sind auch einige Reste des Bauch- schildes erhalten, und zwar ausschließlich Hyo- und Hypoplastra; von diesen sind Bruchstücke von beiden Seiten erhalten, so daß sie ein ganz anschauliches Bild geben. Das Hyoplastron der rechten Seite ist bis auf einige fehlende Teile ganz gut erhalten; es zeigt eine von außen nach innen sich verbreiternde Gestalt; die Granulation ist kräftig und es scheinen die Knoten und Wülste, soweit es sich beurteilen läßt, dem Auben- rand parallel zu gehen. Vom linken Hyoplastron ist nur ein kleiner Teil des äußeren Schildstückes erhalten, der ein Spiegelbild des anderen ist. Das rechte Hypoplastron ist ungleich besser erhalten als das linke. Es stoßt mit einer sanft nach hinten geschwungenen Linie an das Hyoplastron an. Über die Form gibt am besten die umstehende Abbildung Figur 2 Auskunft. Die Granulation ist in den verschiedenen Teilen des Hypoplastrons verschieden; so ist sie in der Mitte un- regelmäßig wurmförmig, im äußeren Teil stark knotig, im breiten inneren Teile treten zum Teil parallele Knotenreihen auf, zum Teil aber sind unregelmäßige Wülste vorhanden. Jahrbuch d. k. k. geol. Reichsanstalt, 1909, 59. Band, 2. ITeft. (Dr. F'r. Heritsch.) 46 358. Dr. Franz Heritsch. « [26] Erhalten ist ferner ein Teil des Schädels, und zwar der Ge- sichtsteil; weder die Okzipital- noch die Parietalknochen sind vor- handen; im übrigen muß ich bezüglich des Schädels auf die Dar- stellung verweisen, die R. Hoernes im Jahrbuch der k. k. geol. Fig. 2. Hyoplastron und Hypoplastron (rechte Seite) von Trionyx Hoernesi spec. nov. R.-A. 1883 gegeben hat; dort findet sich auch eine Skizze des Schädels. B. Triony& Hoernesi ist noch in einem zweiten Exemplar!) vorhanden; dieses ebenfalls in der Sammlung des Geologischen In- 1) Tafel IX (T), Figur 3. [27] Jungtertiäre Trionyx-Reste aus Mittelsteiermark. 359 stitutes der Grazer Universität aufbewahrte Stück stammt von Schönegg bei Wies; erhalten ist der Abdruck der Oberseite des Rückenschildes, der von den wenigen anhaftenden Schildbruchstücken sanz befreit werden konnte. Über den Erhaltungszustand brauche ich nicht viel zu sagen, da die Tafel dies am besten zeigt; die Nuchal- platte, das erste Kostalplattenpaar, ferner die erste und fast die ganze zweite Neuralplatte fehlen vollständig; auch die anderen Platten sind zum Teil schadhaft und nur auf der rechten Seite besser erhalten. Der so im Bruchstück erhaltene Schild gehörte gewiß einem alten Tiere an, denn die Größe des Schildes ist eine bedeutende (Länge zirka 25 cm, größte Breite zirka 22 cm, soweit natürlich eine Schätzung eine annähernd richtige Zahl liefern kann). Was nun den Bau der einzelnen Platten und ihr gegenseitiges Verhältnis betrifft, so läßt sich darüber, sowie über die Skulptur nur sagen, daB alles fast genau mit Triony& Hoernesi übereinstimmt. Nur in zweierlei Beziehung finden sich Abweichungen, die sich aber nur als individuelle und nicht als Artmerkmale erkennen lassen. Ganz außer Frage muß es stehen, daß die unsymmetrische Ent- wicklung und Stellung der vierten und fünften Neuralplatte und die dadurch bedingte Asymmetrie der zugehörigen Kostalplattenpaare nur eine individuelle, zufällige Eigenschaft unseres Schildes ist. Die dritte Neurale zeigt jene Form, wie sie bei dem anderen Exemplar die zweite und dritte aufweist; sie ist also hinten abgestutzt und zeist da einen viereckigen Umriß. Ganz anders die vierte! Diese zeigt nur auf der rechten Seite die Abstutzung; die fünfte, die ver- mittelnde Neurale weicht von der gewöhnlichen Form ab und ist so wie die sechste, aber abweichend von dieser, nur auf der linken Seite vorne abgestutzt. Dadurch wird selbstverständlich auch der Umriß der inneren Teile der zugehörigen Kostalplatten geändert. Die zweite wohl auch nur individuelle Verschiedenheit liegt in der Gestaltung der sechsten Kostalnaht. Diese ist bei dem vorher beschriebenen Exemplar von Trionyx Hoernesi mehr nach rückwärts gebogen und im inneren Teil etwas gekrümmt. Bei dem Schild von Schönegg aber ist diese innere Biegung nur ganz schwach angedeutet und die ganze Naht ist nicht so stark nach hinten gebogen. Daraus resultiert eine Verschmälerung der sechsten und eine Verbreiterung der siebenten Kostalplatte im äußeren Teile. Im übrigen aber stimmen beide Schilde genau miteinander überein. C. Was nun den Vergleich der neuen Art mit den anderen bekannten Trionyeiden betrifft, so ist darüber folgendes zu bemerken. Daß sich Trionyxz Höernesi von Trionyx Petersi R. Hoernes und Trionyx styriacus Peters unterscheidet und nicht mit ihnen zusammengeworfen werden darf, wurde bereits in den einleitenden Worten hervor- gehoben. Trionyc Hilberi R. Hoernes erreicht [seine größte Breite im ersten Drittel des Schildes; daher ist der Umriß ein anderer als bei der neuen Spezies. Unterschiede liegen ferner im Bau der Platten. So verschmälert sich bei Trionyx Hilberi die erste Kostalplatte nach 46* 360 Dr. Franz Heritsch. € [28] außen, bei Trionya Hoernesi aber ist gerade das Gegenteil der Fall. Auch die Form der zweiten Kostalplatte zeigt Verschiedenheiten. Der Hauptunterschied aber liegt im Bau der sechsten und siebenten Kostalplatte, die sich bei Trionyx Heilberi nicht so stark gegen den Rand zu verbreitern und auch nicht so stark nach rückwärts gebogen sind wie bei der neuen Form. In bezug auf die letzte Kostalplatte und auf die Beteiligung der siebenten und achten, Kostale am ge- raden Hinterrand herrscht bei beiden Schildern Übereinstimmung. Auch die Form der Yeuralplatten ist eine ganz andere bei Trionyx Hilberi, indem die erste sich nicht nach hinten verbreitert, was bei Triony& Hoernesi wohl der Fall ist. Ferner hat bei der erstgenannten Form die sechste Neuralplatte eine ganz ausgesprochen parallele Be- srenzung gegen die Kostalplatten, verbreitert sich daher nicht nach rückwärts, während dies bei der letztgenannten Art einen ganz anderen Umriß bedingt. Leider lassen sich infoige der schlechten Erhaltung des T’rionyx Hoernesi die Unterschiede nicht überall durchführen. Trionyx septemcostatus R. Hoernes kommt beim Vergleich über- haupt nicht in Betracht. Bei dem Vergleich mit dem von Peters beschriebenen Trionyx vindobonensis ergeben sich bei manchen Alhınlichkeiten starke Ver- schiedenheiten in der Form der fünften und sechsten Kostalplatte. Bei Triony& vindobonensis überragt die erste Kostale die dritte be- deutend an Breite, ferner verschmälert sich die erste Neuralplatte nach hinten zu, auch nimmt die siebente Kostalplatte nicht mehr so stark am geraden Hinterrande Anteil, wie dies bei 7rionyx Hoernesi der Fall ist. Von Trionyse Partschi Fitzinger wurde schon früher erwähnt, daß er für einen Vergleich zu rudimentär erhalten ist. Der dritte aus dem Wiener Becken beschriebene Trionyx, Arthabers Trionyx rostratus, braucht gar nicht weiter abgehandelt zu werden, da er durch seine runde Gestalt sich sehr augenfällig von T’rionyx Hoernesi unter- scheidet. In derselben Eigenschaft liegt auch der Hauptunterschied zwischen unserer steirischen Art und dem Trionyx Pontanus Laube; dazu kommen noch Unterschiede in der Form der einzelnen Platten; so ist bei der böhmischen Art das achte Kostalplattenpaar sehr klein, die erste Neuralplatte ist von fast parallelen Seitennähten be- grenzt usw., alles Merkmale, die nicht bei dem Trionyx Hoernesi vorhanden sind. Die beiden anderen böhmischen Spezies, Trionyx Preschenensis Laube und Trionyx aspidiformis Laube, weichen in ihrer Form so sehr von Trionyx Hoernesi ab, daß über einen Vergleich keine Worte weiter verloren werden können. Triony® Lorioli Portis unterscheidet sich durch einen mehr ovalen Umriß von unserer Art, ferner durch Form der ersten Neural- platte, die der des Trionyx Pontanus ähnlich ist; dann ist bei ihr- die sechste Neuralplatte auffallend kurz und es sind auch die hinteren Kostalplatten nicht so stark nach rückwärts gebogen, wie dies bei Triony® Hoernesi wohl der Fall ist. Triony& Rochettianus Port. unter- scheidet sich durch den schon bei Triony® Hilberi angegebenen Um- stand von den steirischen Spezies. [29] Jungtertiäre Trionyx-Beste aus Mittelsteiermark. 361 Trionyx Boulengeri Reinach hat mit Trionyx Hoernesi den ge- _ raden Hinterrand gemeinsam, doch beteiligt sich bei der erst- genannten Art das siebente Kostalplattenpaar ganz am geraden Hinterrand des Schildes. Ein anderer Unterschied liegt in der ge- - ringen Höhe des achten Kostalplattenpaares bei Triony® Boulengeri, woraus sich die weniger scharfe Rückbiegung der siebenten Kostal- platten ergibt. Weitere Unterschiede liegen ferner in der Form der vorderen Kostalplatten und der ersten Neuralplatte. Auf die drei anderen aus dem Mainzer Becken bekannten Arten braucht aus den früher gesagten Umständen nicht weiter eingegangen werden. Ebenso fällt bei Trionye Pedemontanus Portis der Vergleich wegen dem ganz anderen Umriß vollständig weg. Trionyx Capellini var. Montevialensis Negri unterscheidet sich durch seine Form, dann durch den ganz anders aussehenden hinteren Teil des Schildes und durch seine erste Neuralplatte, die annähernd rechteckig gestaltet ist, von Trionyx Hoernesi; ganz dasselbe ist bei Trionyx Schaurothianus Negri der Fall. Bezüglich der übrigen Arten muß ich auf das bei Trionyx Hilberi Gesagte verweisen. Alles in allem glaube ich dargetan zu haben, daß sich Tivonyx Hoernesi mihi als eine neue Art von den anderen bisher bekannten Spezies wohl abtrennt; das kann natürlich nur mit den in der Einleitung hervorgehobenen Bedenken gegen die Bewertung von spezifischen Merkmalen gelten. Trionyx Petersi R, Hoernes. A. Für Trionyx Petersi R. Hoernes ist, wie schon hervorgehoben wurde, die Abbildung in Hauers Beiträgen zur Paläontographie Bd. I, Heft 2, Taf. II maßgebend. Ein mit dieser ganz überein- stimmender Abdruck der Oberseite des Rückenschildes wird von Vordersdorf im geologischen Institut der k. k. Universität Graz auf- bewahrt). Es ist ein Rest von ziemlich gutem Erhaltungszustand, bei dem wenigstens die rechte Seite ganz vorhanden ist; leider aber fehlt die Nuchalplatte fast vollständig. Es läßt sich daher die Länge des Schildes nur approximativ mit zirka 23°5 em angeben; die größte Breite wird in dem vierten Kostalplattenpaar mit 24 cm erreicht. Der Schild hat in der Nähe der Neuralresion eine Aufbuckelung, diese selbst ist etwas eingesenkt. Die Granulation ist durchaus kräftig; die Rippen stehen nur wenig über den Schildrand vor, so daß es sich wohl um ein älteres Tier handelt. Der Umriß des Schildes ist rund- lich; nur am Hinterrand befindet sich eine gerade Umgrenzung, au der das aclhıte und ein kleiner Teil des siebenten Kostalplattenpaares teil hat. Uber die Nuchalplatte läßt sich leider nichts sagen, da nur ein ganz kleines Fragment derselben erhalten ist; und bedaueriicher- weise kommt noch der Umstand dazu, daß auch bei dem von Peters abgebildeten Exemplar die Nackenplatte fehit. Die Naht der Nuchal- platte gegen das erste Kostalplattenpaar verläuft in fast gerader 1) Tafel XI (III), Figur 1. 362 Dr. Franz Heritsch. 2 [30] Richtung; eine Biegung nach hinten ist kaum wahrnehmbar. Wie sich die erste Nuchalplatte zur Nackenplatte stellt, läßt sich eben- falls nicht angeben. Die erste Neuralplatte ist leider vorne nicht erhalten. In ihrer Form weicht sie ganz wenig von dem bei Peters abgebildeten Exemplar ab; sie nähert sich etwas in den Umrissen der von Trionyx Hoernesi. Hinten ist die Platte abgestutzt und hat dort einen vier- eckigen Umriß. Die Skulptur ist kräftig wurmförmig ausgebildet. Be- sonders schön, jedenfalls viel schöner als auf dem Schilde selbst, sind auf dem Abdruck die Nähte in ihrem vielfach gezackten Lauf nicht nur bei dieser Platte, sondern auch bei vielen anderen zu sehen. Von Maßen ließen sich bei dieser und bei allen anderen Neuralplatten nur die Zahlen für die Länge angeben, da auf der linken Seite gerade dort, wo die Neuralen an die Kostalen anstoßen, der Schild gebrochen ist, was sich natürlich auch auf seinen Abdruck übertragen hat. Die zweite der sieben Neuralplatten stimmt in ihrer Form und in der Skulptur vollständig mit der Abbildung bei Peters überein; sie nimmt an Breite nach hinten zu und ist dort sowie die veran- gehende abgestutzt; sie ist ganz bedeutend kleiner als die erste Platte; ihr Vorder- und ihr Hinterrand ist nach vorne flach bogen- förmig ausge weitet. Auch die dritte Neuralplatte folgt in allen ihren Eigenschaften den vorangehenden; sie ist nur etwas kleiner als die zweite. Im all- gemeinen kann man dies auch von der vierten sagen; diese ist schlanker als die vorangehenden und nimmt an Breite etwas rascher nach hinten zu; sonst finden sich keine Unterschiede. Die fünfte Neuralplatte nimmt die vermittelnde Stellung ein. Sie hat einen annähernd rechteckigen Umriß; leider ist bei ihr wie bei der folgenden der Erhaltungszustand gerade kein hervorragend guter. Die Naht gegen die vordere Platte ist ziemlich stark nach vorne ausgeweitet und scheint etwas schief zu stehen. Die Granu- lation ist wie bei allen anderen wurmförmig und recht kräftig aus- geprägt. Die nur schlecht erhaltene sechste Neuralplatte nimmt die umgekehrte Stellung ein wie die ersten vier; sie verschmälert sich sehr stark von vorne nach hinten zu und ist vorne abgestutzt, so daß sie vorne denselben Umriß aufweist wie die vorderen Platten hinten. Außerdem scheint sie eine ganz geringe Asymetrie auf- zuweisen. Die sehr kleine siebente Neuralplatte hat eine derartige Form, daß sie dort, wo sie von dem sechsten Kostalplattenpaar und der sechsten Neuralen umschlossen wird, einen viereckigen, nach vorne zu sich verjüngenden Umriß hat, während sie hinten, vom siebenten Kostalplattenpaar umschlossen, spitz zuläuft; daraus resultiert im ganzen ein fünfeckiger Umriß der Platte, die eine grobe Granu- lation hat. Von den acht Kostalplattenpaaren ist nur die linke Seite gut erhalten, was allerdings durch die obenerwähnte Zer- brechung neben den Neuralplatten etwas beeinträchtigt wird; daher eFPR BZ ee 5 [31) Jungtertiäre Trionyx-Reste aus Mittelsteiermark. 363 sind auch die Längenangaben nicht ganz verläßlich. In ihrem Aus- sehen und in ihrer Form stimmen sie bis auf die schon erwähnte Abweichung der Kostalplatten mit der Abbildung bei Peters überein. Die Gestalt der ersten Kostalplatte wird dadurch bestimmt, daß sie nur an die zugehörige Neuralplatte angrenzt und daß die Naht gegen die Nuchalplatte fast gerade, diejenige gegen die folgende Kostale aber in ihrem inneren Teile nach hinten gebogen ist; daher ist diese Platte innen breiter als außen. Bezüglich der Nähte sowohl der Kostalplatten untereinander, als auch gegen die Neuralplatten wäre hervorzuheben, daß sie etwas eingesenkt sind und daß die Granulation über die Nähte hinwegsetzt; dieses letztere ist bei dem von Peters abgebildeten Exemplar nicht der Fall. Die Granulation ist nur im innersten Teile der Platte wurmförmig unregeimäßig, in dem größeren Teile aber sind regelmäßige Reihen von Wülsten vor- handen. Die Maße der Platte sind folgende !): Breite innen 3°2 cm; Breite in der Mitte 3°3 cm; Breite am Außenrand gemessen 2'S cm; Länge der Naht gegen die Nuchalplatte 5’1 cm(?); Länge der ersten Kostalnaht (als Bogensehne gemessen) 7'9 cm. Die beiden letzten Zahlen zeigen die rasche Zunahme der Breite des Schildes. Die zweite Kostalplatte hat der Form der angrenzenden Neural- platten entsprechend ein stumpf vorspringendes Eck; wenn man von diesem absieht, so verbreitert sich die Platte sehr stark nach außen hin, was dadurch hervorgerufen wird, daß die zweite Kostalnaht ge- rade gegen den Schildrand hinzieht, währen die erste nach vorne gebogen ist. Die ungemein kräftige Granulation ist hier wie bei den folgenden Platten gerade so entwickelt wie auf der ersten Kostalen; sie geht nicht bis an den Schildrand hinan. Am Schildrand befindet sich über dem Rippenvorsprung eine flache Ausbiegung. Die Größe der Platte zeigen folgende Zahlen: Breite an der zweiten Neuralplatte 2:3 cm; größte Breite innen 2'9 cm; Breite am Außenrand gemessen 4-25 cm; Länge der zweiten Kostalnaht 10°3 cm. Die dritte Kostalplatte folgt in ihrem inneren Teile ganz der Form der zweiten; sie wird von zwei fast ganz geraden Kostalnähten begrenzt und zeigt daher eine sich gleichmäßig gegen den Schild- rand zu sich verbreiternde Gestalt; am Schildrand findet sich eine kaum merkliche Ausbiegung über der Rippe. Ihre Maße sind folgende: Breite an der dritten Neuralplatte 23 cm; größte Breite innen 2:75 cm; Breite am Schildrand 4) cm; Länge der dritten Kostal- naht 110 cm (?). Ganz denselben Umriß zeigt auch die vierte Kostalplatte; am Schildrand hat sie eine stärkere Ausbiegung über der Rippe. Die Größe geben folgende Zahlen: Breite an der vierten Neuralplatte 22 cm; größte Breite innen 27 cm; Breite am Schildrand #1 cm; Länge der vierten Kostalnaht 10°5 cm (?). Die Gestalt der fünften Kostalplatte wird durch den Umstand bestimmt, daß sie an die vermittelnde Neuraiplatte und an die dieser vorangehende und nachfolgende anstößt; sie hat daher im innersten !) Die unsicheren Zahlen sind mit einem Fragezeichen versehen. 3064 Dr. Franz Heritsch. R [32] Teile ein nach vorne und ein nach hinten gerichtetes stumpfes Eck. Die Platte ist schon etwas nach hinten gerichtet und wird von zwei fast ganz geraden Kostalnähten begrenzt; sie verbreitert sich nach außen gleichmäßig; der Rippenvorsprung ist schwach. Die Maße sind folgende: größte Breite innen 2°4 cm; Breite am Schildrand 40 cm; Länge der fünften Kostalnaht 9:8 cm (?). Die sechste Kostalplatte ist sehr merklich nach hinten gerichtet; sie hat im innersten Teil nur ein stumpfes Eck und dieses ist gemäß der Stellung zu den Neuralplatten nach hinten gerichtet. Von den Kostalnähten ist die vordere unmerklich, die hintere stärker nach hinten gebogen ; gegen den Rand zu verbreitert sich die Platte ganz gleichmäßig. Folgende Zahlen geben die Größe: größte Breite innen 2:1 cm; Breite am Schildrand 3°9 cm; Länge der sechsten Kostal- naht 87 cm(?). Das siebente Kostalplattenpaar ist derartig stark nach rückwärts sedreht, daß es das folgende ganz an den Hinterrand drängt. Hervor- zuheben ist, daß die beiden Platten wie bei dem von Peters abge- bildeten Exemplar und auch im selben Sinne unsymmetrisch sind, indem die Naht zwischen den beiderseitigen letzten Kostalen nicht als Gerade verläuft, sondern zweimal gebrochen ist; dadurch wird die linke Platte größer und hat auch eine andere Form; abgesehen davon verbreitern sich die Platten langsam gegen den Schildrand zu. Be- züglich der Skulptur gilt noch das für die ersten Platten Gesaste. Die Größenverhältnisse geben folgende Zahlen: Größte Breite Breite am Länge der siebeuten innen Schildrand Kostalnaht Zentimeter Zentimeter Zentimeter Rechte «Blatte “Am r2 18 36 55 Linke Platte 7272720 — 56 Die Asymmetrie des siebenten Kostalplattenpaares bedingt eine solche des achten, da auch hier die Naht zwischen beiden Platten gebrochen ist; hier ist die rechte Platte größer. Im allge- meinen haben die Kostalen des achten Paares eine etwa dreieckige Form; bei dem von Peters abgebildeten Exemplar befindet sich am geraden Hinterrand, der nnr von den Platten des letzten Paares ge- bildet wird, in der Mitte eine Einbiegung; bei dem mir vorliegenden Abdruck ist diese zwar vorhanden, aber sie ist doch nicht ganz gut zu sehen. Die Granulation ist derartig, daß im innersten Drittel un- regelmäßige wurmförmige Wülste vorhanden sind, während der übrige Teil von Leisten, die dem Hinterrand parallel laufen, eingenommen wird. Von den Maßen wäre nur die Zahl anzugeben, wie groß von der die beiden Platten trennenden gezackten Naht die äußeren Ecken der Platten abstehen; bei der linken Platte ergibt sich 47 cm, bei der rechten ebensoviel, so daß die Länge des geraden Hinterrandes 9-4 cm beträgt. Außer einigen undeutbaren Resten des Bauchschildes ist sonst nichts von dem Tier erhalten. [33] Jungtertiäre Trionyx-Reste aus Mittelsteiermark. 365 B. Das steiermärkische Landesmuseum Joaneum in Graz be- wahrt einen fast vollständigen, wunderschön erhaltenen Rückenschild (Oberseite) auf, der in Schönegg bei Wies gefunden wurde!). Der Schild stimmt nicht genau überein mit der von Peters segebenen Abbildung, doch schienen mir die Unterschiede allzu gering, um eine neue Art aufzustellen; die Teile des Schildes, ‚die nicht Trionyx Petersi übereinstimmen, zeigen eine auf- fallende Ahnlichkeit mit den diesbezüglichen von Trionyx Pontanus Laube, so daß man ihn als eine Übergangsform zwischen beide stellen könnte. Der Umriß des Schildes ist so wie bei Trionyx Petersi gestaltet; er ist rundlich und von dieser Form weicht nur die vordere und die hintere Begrenzung ab, welche gerade verläuft. Der Schild erreicht seine größte Breite von 246 cm zwischen der dritten und vierten Kostalplatte und wird 247 cm lang; er ist also beinahe so breit wie lang. Die Skulptur ist annähernd so ausgebildet wie bei dem von Peters abgebildeten Exemplar; sie ist in den inneren Teilen netz- artig, in den äußeren treten parallele Leisten auf; doch ist bei dem in Erörterung stehenden Exemplar die parallele Granulation nicht so scharf ausgedildet, sie ist mehr auf den Rand beschränkt. Am Schild- rand befinden sich kleine Rippenvorsprünge über den nur wenig vor- stehenden Rippen. In der Neuralregion befindet sich eine schwache Einsenkung in dem nur wenig gewölbten Schild. Von einer genauen Beschreibung des Schildes soll abgesehen werden, da Wiederholungen vermieden werden sollen. Nur jene Teile des Schildes, die etwas Bemerkenswertes bieten, sollen einer Erör- terung unterzogen werden. Da ist zuerst die Nuchalplatte zu nennen, die noch von keinem Schild von Triony& Petersi bekannt ist; auch hier ist sie in drei Teilen zerbrochen und der rechte Flügel ist nicht ganz er- halten. Am Vorderrande ist sie fast ganz gerade, nur eine unbe- deutende Einbiegung ist in der Mitte vorhanden. Die Grenze gegen die erste Kostalplatte ist zuerst schwach nach hinten gebogen, im innersten Teile tritt das Umgekehrte ein; da die erste Neuralplatte mit einem flachen Bogen nach vorn vorspringt, so ist dort die Naht der Nuchalen dementsprechend nach vorn gebogen. Die Nuchalplatte ist vorn von einem Band von Knochenstrahlen umgeben, die unter der Platte heraustauchen. Die Granulation ist kräftig wurmförmig. In der Mittellinie ist die Nuchalplatte 30 cm hoch; ihre Breite beträgt zwischen den seitlichen Spitzen gemessen 6'1 cm. Von den Neuralplatten weicht nur die erste stark von der Abbildung bei Peters ab; sie entspricht vollständig derjenigen von Triony& Pontanus Laube. Sie ist hinten abgestutzt, hat also trapez- förmigen Umriß und verschmälert sich zuerst nach vorn, um sich sofort wieder zu verbreitern, so daß im allgemeinen ihre Breite vorn und hinten wenig verschieden ist. Die Naht gegen die Nuchalplatte ist flach bogenförmig nach vorn gestaltet. Die übrigen Neuralplatten 1) Tafel XI (ID), Figur 2. Jahrbuch d. k. k. geol. Reichsanstalt, 1909, 59. Band, 2. Heft. (Dr. Fr. Heritsch.) 47 366 Dr. Franz Heritsch. R [34] stimmen in ihrer Form und ihrer Stellung zu den Kostalen mit der Abbildung bei Peters überein. Von den Kostalplatten wäre in erster Linie hervorzuheben, daß sich die Umrisse und: die Gestaltung der ersten sechs Paare ganz an Trionyx Petersi anschließen; die beiden letzten Platten zeigen Anklänge an Trionyx Hoernesi und Trionyx Pontanus. Die siebente Platte verbreitert sich gegen den Rand zu sehr stark und drängt das achte Paar sehr stark an den Hinterrand, wie man das besonders bei Trionyx Pontanus sieht. Die folgenden Maßangaben sollen die kurze Erörterung ab- schließen: Länge (Höhe) Breite vorn Größte Breite hinten Zentimeter Zentimeter Zentimeter 1. Neuralplatte . . 2. 88 1:55 19 2. 5 N Me BZ 1:05 15 d: ah 2.8 ER 15 4. ; ee. Knih, Mae 09 | 1:5 5. » (vermittelnde) 2'45 0.8 0:7 Größte Breite vorn Breite hinten 6 ; 22 14 0-5 „ 1.45 wı am) Länge Größte Breite innen a Zentimeter Zentimeter Zentimeter 1. Kostalplatte. . 5'8 ander Nuchalnaht 34 36 1. n RB ee Kostalnanit — —_ 2 5 1134: 13, Wo: N 29 45 Di a 116 EA: 5 2-9 41 4, R 11'190 ga Ad 5 2-8 40 B: ” 9:95. : 4: BB: n 2-85 3:68 6. . 8:6. .%, Mid % 24 3.9 1. “ 2.1 en DE Ti ” 20 4-5 8. s . . 445 am Hinterrand — — C. Eine Erörterung des Vergleiches von Trionyx Petersi R. Hoernes mit den anderen Spezies kann füglich unterbleiben, da dies ja nur eine Wiederholung der von den anderen Autoren schon her- vorgehobenen Unterschiede wäre. Trionyz Peneckei nov. spec. A. Von Schönegg bei Wies stammt ein gewaltsam zerworfenes Exemplar eines Trionyx, das ebenfalls in der Sammlung des Geolo- gischen Instituts der Universität Graz aufbewahrt wird. Wie die Tafel X (II) zeigt, ist eine ganze Reihe von Stücken des Rückenschildes und des Bauchpanzers vorhanden. Ein Blick auf die Tafel macht es aber auch klar, daß es sich wohl um ein junges Exemplar handelt, denn die Rippen stehen über die Kostalplatten sehr weit vor. Damit [35] Jungtertiäre Trionyx-Reste aus Mittelsteiermark. 367 ist aber auch schon die Schwierigkeit der Artbestimmung gegeben, denn, wie in der Einleitung hervorgehoben wurde, man hat keinen Anhaltspunkt, die Entwicklung des Baues des Rückenschildes in den verschiedenen Stadien des Alters zu beurteilen. Daher kann man es nicht feststellen, ob der vorliegende Rest ein Jugendexemplar etwa von Trionyx Petersi oder von einer anderen Art ist oder nicht. Da er aber von allen bekannten miocänen Formen abweicht, so muß er als eine neue Spezies beschrieben werden. In den folgenden Zeilen soll, bevor auf eine Beschreibung eingegangen werden kann, der Vergleich mit anderen Arten erörtert werden. Nehmen wir zuerst den Trionyx styriacus Peters vor und ver- gleichen die Abbildung bei Peters mit dem hinteren Teile des Schildes unserer Jugendform, so wird man den tiefgreifenden Unter- schied auf den ersten Blick erfassen und dahin formulieren können, daß bei Trionyx styriacus die siebente Neurale von dem sechsten, bei unserer Art aber von dem siebenten Kostalplattenpaar umschlossen wird. Das ist eine so tiefgreifende Verschiedenheit, daß man wohl nicht unsere Form als Jugendexemplar von Trionye styriacus hin- stellen kann. Schwieriger liegt die Sache schon beim Vergleiche mit Trionyx Petersi. Es bestehen da in mancher Hinsicht bedeutende Ähnlich- keiten, doch sind auch wieder die Unterschiede nicht zu übersehen. Verschieden ist der Bau der ersten Neuralplatte, des ersten Kostal- plattenpaares und besonders der Umriß des hinteren Teiles des Schildes; bei Trionyx Petersi ist der Hinterrand des Schildes gerade, bei dem in Erörterung stehenden Exemplar aber ist er abgerundet; daher ist auch die Form der letzten Kostalplattenpaare eine von Trionyx Petersi abweichende. Immerhin ist es aber bemerkenswert, daß die Ähnlichkeit eine nicht unbedeutende ist. Ob man berechtigt ist, unsere Form als Jugendexemplar von Trionyx Petersi aufzustellen, läßt sich bei dem heutigen Stande der Kenntnisse der Veränderungen des Schildes nicht entscheiden. In ganz analoger Weise trennt sich unser Jugendexemplar auch von Trionyx Hoernesi ab. Die Hauptverschiedenheit liegt in der Form des hinteren Teiles des Schildes, der bei dieser letzteren eine lange gerade Begrenzung hat. Einige bemerkenswerte Anklänge zeigt unser T’rionyx Peneckei zu dem von Arthaber beschriebenen Triony& rostratus. Die Nucnal- platte, die erste Neurale und die dazugehörigen Kostalplatten zeigen eine fast auffallende Ähnlichkeit; auch das scharf einspringende Eck am Hinterrand der zweiten Neuralplatte bei Trionyx rostratus findet sich bei unserer Form wieder. Daneben gibt es aber doch nicht zu übersehende Verschiedenheiten zum Beispiel in der Form der sechsten und siebenten Kostalplatte. Ferner ist der Rückenschild bei T’rionyx rostratus flach gewölbt, während der von Trionyx Peneckei ganz eben ist. Wir sehen so, daß unser Jugendexemplar an verschiedene Arten Anklänge aufweist, daß man es aber nicht mit Sicherheit als die juvenile Form einer bestimmten Art ansprechen kann. Daher muß man es als eine neue Art bezeichnen. 368 Dr. Franz Heritsch. h [36] Ich werde nun zuerst die Reste des Rückenschildes in Erörterung ziehen. Von diesem sind allerdings in getrennten Resten folgende Teile erhalten: die Nuchalplatte, die zwei ersten Kostal- plattenpaare und die dazugehörigen Neuralplatten, ein Bruchstück des hinteren Teiles des Schildes von der fünften Kostalplatte an, eine Kostalplatte (vierte?) und ein kleines Stück von einer Kostalen. Man sieht auf der Tafel, daß es doch möglich ist, sich eine gute Rekonstruktion des Schildes zu machen, da nur von einem Kostal- plattenpaar kein Stück vorhanden ist. Im allgemeinen ist über den Rückenschild zu sagen, daß er sanz flach ist. An den Rändern stehen die Rippen sehr weit vor; der Umriß des Schildes ist ein ovaler, nirgends ist eine gerade Begren- zung vorhanden. Die Granulation tritt entsprechend der Jugendlich- keit des Schildes wenig stark hervor; in den inneren Teilen ist sie netzartig grubig, während an den Rändern parallele Knotenreihen auftreten, die fast bis an den Rand des Schildes hinausgehen. Die Größenverhältnisse des Schildes lassen sich infolge des mangelhaften Erhaltungszustandes nicht genau festlegen. Die Länge des Schildes ohne die Knochenstrahlen der Nuchalplatte dürfte in der Mittellinie gemessen 10 cm betragen, die größte Breite beiläufig ebensoviel; diese letztere dürfte in der vierten Kostalplatte erreicht worden sein. Die Nuchalplatte wird durch einen Sprung in zwei Teile zertrennt und weist auch sonst noch kleinere Beschädigungen auf. Über ihren Rand reichen weit Knochenstrahlen hinaus. Die Granu- lation ist eine zart netzförmige, nur gegen den Außenrand zu treten Andeutungen von paralleler Granulation auf. Die Größenverhältnisse sind entsprechend dem Schild überhaupt sehr mäßige; die größte Breite beträgt 5°7 cm, ihre größte Höhe aber nur O5 cm. Der Vorder- rand ist flachbogenförmig gekrümmt, gegen die Seiten zu etwas stärker als vorn. Der Hinterrand ist gegen die Kostalplatten zu ganz schwach nach hinten, gegen die erste Neuralplatte zu ebenso schwach nach vorn gekrümmt; wo die beiden in entgegengesetzten Linien mitein- ander zusammentreffen, da entsteht an dem Treffpunkt von Nuchal-, Kostal- und Neuralplatte ein nach rückwärts vorspringendes Eck der ersteren. Von den Neuralplatten ist die erste ganz ausgezeichnet er- halten ; sie zeigt Anklänge an diejenige von Trionyx Pontanus Laube, ist aber sehr gut verschieden von jener bei Trionyx Petersi R. Hoernes. Die sehr schwache Granulation ist netzförmig-grubig und geht nicht über die Nähte hinweg. Die Form der ersten Neuralen ist derartig, daß sie sich schwach nach hinten verjüngt. Der Rand gegen die Nuchalplatte zu ist, wie schon aus dem früher Gesagten hervorgeht, nach vorn ge- bogen; derjenige gegen das erste Kostalplattenpaar ist fast ganz gerade. Die erste Neurale ist so gestellt, daß auch das zweite Kostalplatten- paar an sie angrenzt; wo dies der Fall ist, verjüngt sie sich nach hinten zu, so daß dieser Teil der Neuralen eine gut trapezartig aus- geprägte Form hat. Die Maße dieser Platte sind folgende: Breite vorn 1'5 cm; Breite hinten 0'8 cm; Länge in der Mittellinie 2 cm. ‚ ‚Die zweite Neuralplatte ist ebenso vortrefflich erhalten wie die ihr vorangehende, zeigt aber eine ganz andere Gestalt, da sie von [37 ] Jungtertiäre Trionyx-Reste aus Mittelsteiermark. 369 hinten nach vorn sich verschmälert, und zwar relativ intensiver als die erste, Die Granulation ist ebenfalls ganz schwach und in der- selben Weise ausgebildet wie bei der vorigen. Die Naht gegen die erste Platte ist zu dieser schwach gekrümmt, die gegen die Kostalen fast gerade, während die Grenze gegen den die folgende einen schwach einspringenden Winkel bildet; dieser ist stärker bei Trionyx Petersi, aber schwächer als bei Trionyx rostratus. Im allgemeinen zeigt die Platte dieselbe Form wie dies bei der ersten der Fall ist. Sie hat also im hinteren Teile dieselbe trapezförmige Gestalt. Ihre Maße sind: Breite vorn 0'S cm; Breite ninten 0'7 cm; Länge in der Mittellinie 165 cm. Von der dritten und vierten Neuralplatte ist auch nicht das ge- ringste Restchen erhalten; von der ersteren kann man aus dem Umriß der vorangehenden nur schließen, daß ihr Vorderrand eine vorspringende Ecke gehabt haben muß, von der letzteren muß man aus dem Vorderrand der folgenden die Überzeugung gewinnen, daß sie den Kostalplatten gegenüber dieselbe Stellung einnehmen wie die zweite. Die fünfte Neurale nimmt die vermittelnde Stellung. Diese Platte ist sehr gut auf dem zweiten großen Bruchstück des Schildes er- halten. Ihrer Stellung entsprechend grenzt sie an den Seiten nur an das fünfte Kostalplattenpaar. Ihre Gestalt weicht von derjenigen der vorangehenden Platten ab, sie behält immer ziemlich dieselbe Breite. Am Vorderrand hat sie einen schwachen Vorsprung, wie die ihr vor- angehenden Neuralen, der Hinterrand verläuft gerade und nur die Ecken sind etwas abgerundet. Die Platte ist vorn 0'7 cm, hinten 0:8 cm breit und in der Mittellinie 1'’3 cm lang. Die Granulation ist srubig, aber viel stärker als bei den ersten Platten; sie setzt nicht über die Naht hinweg. Die sechste Neuralplatte ist annähernd das Spiegelbild der zweiten; daraus ergibt sich bereits ihre sich nach hinten verjüngende Form, wobei zu bemerken ist, daß der Vorderrand nicht eingebogen ist, sondern gerade verläuft. Die Granulation ist gröber als auf der vorhergehenden und in derselben Weise ausgebildet. Die Größenver- hältnisse ergeben folgende Zahlen: Breite vorn 0'8 cm; Breite hinten 0:55 cm; größte Breite 09 cm; Länge in der Mittellinie 1'2 cm. Die siebente Neuralplatte ist die kleinste und hat wie bei allen anderen Trionyciden eine von den vorhergehenden vollständig abwei- chende Gestalt; hier ist sie siebeneckig, wobei einzelne Ecken ab- gerundet sind. Sie grenzt noch an das fünfte Kostalplattenpaar und wird vom sechsten ganz umschlossen. Die Nähte sind annähernd gerade, die Granulation ist kräftig. Länge und Breite betragen 07 cm. Von den Kostalplatten befinden sich die ersten zwei Paar wohlerhalten auf dem einen Bruchstück des Schildes; auf dem anderen großen Bruchstück sind die vier letzten Paare zum Teil vorhanden; von diesen Platten sind die linken Platten besser konserviert. Ferner liegen noch eine einzelne Kostalplatte und ein Fragment einer solchen vor. Das erste Kostalplattenpaar ist vorzüglich erhalten. Es zeigen diese Schildteile eine ganz eigentümliche Form; sie verbreitern sich 370 Dr. Franz Heritsch. i [38] anfangs von innen nach außen, dann aber verschmälern sie sich immer mehr; dies wird durch den Umstand hervorgerufen, daß die Naht gegen die Nuchale ganz schwach nach hinten zu gekrümmt ist, während bei der ersten Kostalnaht dies viel intensiver der Fall ist. Diese Verschmälerung der ersten Kostalen gegen den Außenrand zu hat unsere Form gemein mit Trionyx Hilberi. Folgende Zahlen sollen eine Vorstellung der Größenverhältnisse und der Form der Platte ermöglichen. Länge der Nuchalnaht 22 cm, Breite an der Neuralen 1'7 cm, größte Breite 20 cm, Breite am Außenrand 1'6 cm. Die Granulation ist wie überhaupt am vorderen Teil des Schildes sehr wenig scharf ausgeprägt; sie ist grubig-netzartig, nur am Rand befinden sich An- deutungen von Knotenreihen. Von dem zweiten Kostalplattenpaar ist die Platte der linken Seite sehr gut erhalten, während auf der anderen Seite durch die- selbe zwei Sprünge durchgehen. Steht über die erste Kostale die Rippe schen mehr als 1!/, cm vor, so ist dies bei der zweiten Kostalen noch mehr der Fall, da die Rippe den Rand um 21/, cm überragt. Die Granulation der zweiten Platte ist ähnlich wie diejenigen der vorangehenden, nur drücken sich die parallelen Knotenreihen in der Nähe des Aubßenrandes schärfer aus, Die Form der zweiten Kostalen ist eine von der ersten wesentlich verschiedene. Die erste Kostalnaht ist im inneren Teil stark nach rückwärts gebogen, während die zweite Kostalnaht fast gerade verläuft; durch der Form der Neural- platten wird ein schief vorwärts springendes Eck unserer Kostalplatte bedingt, was wieder eine Ähnlichkeit mit Trionyx Hilbert bedeutet, dem auch diese Platte sonst recht gleicht. Die Form der Platte ist daher derartig, daß sie sich von den Neuralen aus im ersten inneren Viertel verschmälert und dann gegen den Rand zu wieder breiter wird; im folgenden seien die Maße der linken Platte angeführt: Breite bei den Neuralen 1'6 cm, Breite 1 cm weit davon entfernt 1'4 cm, Breite am Schildrand 2 cm, Länge der ersten Kostalnaht (als Bogensehne gemessen) 3°9 cm, Länge an der zweiten Kostalnaht (ebenso) 49 cm. Ä Damit wäre nun das eine Bruchstück des Rückenschildes er- örtert; das zweite große Bruchstück umfaßt die letzten vier Kostal- platten. Von den dazwischen liegenden Kostalplattenpaaren ist einmal ein kleiner Rest erhalten, der wahrscheinlich dem innersten Teil der vierten rechten Kostalen angehört. Ferner ist eine gut erhaltene Kostalplatte vorhanden, die vollständig abgetrennt von den beiden Schildbruchstücken ist; ein sorgfältiger Vergleich der Umrisse und der Längen der Region der Nähte ergab, daß man es mit der linken Platte des vierten Kostalplattenpaares zu tun hat. Wie die zweite Kostale hat auch diese Platte das durch die Neuralplatten bedingte vorspringende Eck; sonst aber ist ihre Form, da die Kostalnähte eine vollständig gerade Linie bilden, dadurch charakterisiert, daß sie sich ganz schwach nach außen hin verbreitert; die folgenden Zahlen zeigen dies: Breite innen 1'0 cm, Breite außen 2 cm. Dazu mögen noch die Längen der Kostalnähte kommen: Vordere Naht 5 cm, hintere Naht 49 cm. Auch bei dieser Platte steht die Rippe weit über den [39] Jungtertiäre Trionyx-Reste aus Mittelsteiermark. 371 Rand vor (mehr als 2 cm). Die Granulation ist im allgemeinen so wie bei den anderen, nur sind die äußeren Knotenreihen etwas stärker und kräffiger. Im zweiten großen Bruchstück des Schildes sind die letzten vier Kostalplatten vorhanden und sie sind bis auf die letzte ungleich besser auf der linken Seite als auf der rechten. Im fünften Kostal- plattenpaar läßt sich eine ganz winzige Asymetrie zwischen den beiden Platten beobachten, die durch eine kaum merkliche Asymetrie der von ihnen eingeschlossenen Neuralplatte hervorgerufen wird; doch kann diese geringe Ungleichmäßigkeit ganz vernachlässigt werden. Was die Granulation betrifft, so schließt sie sich vollständig an die vorige an. Die Form der in Erörterung stehenden Kostalen ist der- artie, daß sie sich abgesehen vom innersten Teile langsam nach außen hin verbreitert und zugleich ganz sanft nach rückwärts gebogen ist; der Umriß des innersten Teiles wird bedingt durch denjenigen der in Betracht kommenden Neuralplatten, denn es ist zu bedenken, daß von diesem Kostalplattenpaar die vermittelnde Neurale umschlossen wird; daher grenzt es an die vierte, fünfte und sechste Neuralplatte an und weist ein vorspringendes Eck nicht nur nach vorne, sondern auch nach hinten auf, was die Tafel X (II) sehr gut zeigt. Die Größen- verhältnisse drücken folgende Zahlen aus: Breite !/, cm, von der Naht zur fünften Neuralplatte gemessen 1’4 cm, Breite am Schildrand 2 cm, Länge der fünften Kostalnaht 5 cm, Länge der sechsten Kostalnaht (in Bogen gemessen) 43 cm. Die sechste Kostalplatte weist nur ein nach hinten einsprin- gendes stumpfes Eck an den Neuralen auf; sie ist im inneren Teile sanft nach rückwärts gebogen und verbreitert sich mäßig gegen den Rand zu. Etwas besonders Bemerkenswertes ist über diese Platte nicht zu sagen, denn auch in der Skulptur folgt sie ganz den anderen. Schließlich seien nur die Maße angegeben: Breite innen 1'2 cm, Breite am Schildrand 2'0 cm, Länge der sechsten Kostalnaht (als Bogensehne gemessen) 3'8 cm. Die siebente Konstalplatte unterscheidet sich von den vorher- gehenden hauptsächlich durch ihre Form in ihrem inneren Teile‘ und durch den Umstand, daß sie sich nur ganz schwach gegen den Rand zu verbreitert. Der Umriß in dem innersten Teile der Platte, in der Nähe der Neuralplatten wird durch die Tatsache hervorgerufen, dab die letzte derselben derartig von dem in Erörterung stehenden Kostalplattenpaar umschlossen wird, daß der vordere Teil der Kostaien nur an die siebente Neurale angrenzt, während beide Kostalen im hinteren Teil aneinander grenzen; daraus ergibt sich aber auch schon die Form der inneren Teile der Kostalplatten, die hinter der Neu- ralen in der Mittellinie zusammenschließen. Zu bemerken wäre ferner, daß die reihenweise knotige Granulation nicht mit dem Schildrand parallel geht und in unserer Platte am Rand ausläuft, so daß einer- seits der größte Teil derselben jene schon öfter hervorgehobene netzartig-grubige Skulptur zeigt, sie dann auch ganz die folgende Platte beherrscht. Was nun die gleich folgenden Größenangaben der Platte betrifft, so ist hervorzuheben, daß man wohl zu unterscheiden hat zwischen der Breite der Kostalen am Außenrand und der Länge 372 Dr. Franz Heritsch. . [40] dieser letzteren selbst, da er ja die Platte schief abschneidet; die Maße selbst sind folgende: Breite innen 1'l cm, Breite außen 125 cm, Länge des Außenrandes 1'7 cm, Länge der siebenten Kostalnaht (als Bogensehne gemessen) 2 cm. Die achte Kostalplatte ist nur in seinem Bruchstück auf der linken Seite erhalten, gerade noch derartig, daß man den Umriß des Schildes rekonstruieren kann. Etwas Bemerkenswertes ist über diese Kostale nicht mitzuteilen, auch können keine Maße angegeben werden, da der Erhaltungszustand ein zu fragmentärer ist. Die Art der Gra- nulation wurde schon früher erwähnt. Von dem Bauchpanzer unserer Spezies sind einige kleine Reste erhalten. Links vom hinteren Bruchstück des Rückenschildes liegt ein ziemlich gut erhaltenes Hypoplastron von der linken Seite; dieses Stück läßt sich von der Mergelpatte abheben und man sieht auf dieser teilweise den Abdruck der Unterseite; auf Tafel X (II) ist es gesondert dargestellt. Die Oberseite zeigt den kräftigen Knochen und die von ihm ausgehenden, zum Teil abgebrochenen Knochen- strahlen. Auf der Unterseite sieht man, wie über die Platte die Knochenstrahlen vorstehen; die Granulation ist eine grubige, gegen den Rand zu mit Andeutungen von paralleler Anordnung. Uber die Form gibt die Abbildung am besten Aufklärung; ein Vergleich um dem linken Hypoplastron von Trionyx styriacus Peters und Trionyx vindobonensis Peters zeigt das abgesehen von der Granulation auch in der Form mannigfache Unterschiede bestehen. Von dem Plastron ist in der linken unteren Ecke der Mergel- platte ein Fragment der Oberseite des linken Hypoplastrons und auch zum Teil ein Abdruck der Unterseite desselben vorhanden, Auch hier standen über die Platte die Knochenstrahlen weit vor; die Granulation scheint ebenfalls grubig gewesen zu sein. Ferner ist am rechten vorspringenden Eck noch das Fragment der Unterseite des rechten Hypoplastrons vorhanden. Außer einigen undeutbaren Abdrücken von Knochen ist ein etwas besser erhaltenes, aber auch noch ganz schlechtes Fragment eines Knochens in der Ecke zwischen der Nuchalplatte und dem Bruchstück des vorderen Rückenschildes erhalten, der vielleicht zum Unterkiefer gehört. Was nun die mehr oder weniger bedeutenden Beziehungen unserer neuen Art zu anderen aus dem Neogen bekannten betrifft, so wurde einiges und damit das Wichtigste schon oben bemerkt. Bei dem Vergleich mit den anderen Arten fallen alle jene Spezies weg, welche einen nicht ganz ovalen Umriß haben; das sind folgende Arten !): Trionyx vindobonensis, Trionyx Hülberi, Trionyx Boulengeri, Trionyx messelianus, Trionyz Capellini var. Montevialensis, Trionyx Schaurothianus. Trionyx Pontanus Laube hat zwar eine fast runde Gestalt, zeigt aber doch eine gerade hintere Begrenzung, die aber bei weitem nicht so stark ist als bei den eben aufgezählten Spezies. Im Bau der '!) Abgesehen von den schlecht erhaltenen Spezies. ni [41] Jungtertiäre Trionyx-Reste aus Mittelsteiermark. 373 Neuralplatten zeigt sich eine nicht zu verkennende Ähnlichkeit mit Trionyx Feneckei, nur in der ersten liegt eine Verschiedenheit, indem sie sich bei der letztgenannten Art nach vorne keulenförmig ver- breiter. Ganz verschieden ist auch die erste Kostalplatte gebaut; bei Triony® Pontanus verbreitert sie sich gleichmäßig gegen den Schildrand zu, bei Trionyx Peneckei ist das Gegenteil der Fall, wie die Abbildung zeigt. Bei der erstgenannten Spezies hindert die stark nach hinten gebogene siebente Kostalplatte die Größenentwicklung des achten Paares, während dies bei der steirischen Form nicht eintritt. Trionyx preschenensis Laube unterscheidet sich durch sein kragen- artig vorspringendes Nuchale ganz scharf von Trionyx Peneckei, so wie Trionyx aspidiformis Laube durch seine eigentümliche Gestalt ver- schieden ist. Triony& Lorioli Portis ist breiter als lang und unter- scheidet sich schon dadurch von unserer schlanken steirischen Form; daneben gehen noch Verschiedenheiten im Bau der einzelnen Platten einher, so besonders im hinteren Teile des Schildes. Trionyx Rochettianus Portis unterscheidet sich durch seine rechteckige erste und die sehr gedrungene zweite Neurale, dann durch die Form der ersten und zweiten Kostalplatte; leider gestattet die nicht ganz gute Erhaltung die Durchführung des Vergleiches, nicht. Eine nicht zu übersehende Ahnlichkeit unserer Ar: besteht mit Trionyx pedemontanus Portis. Beide Spezies haben die nach vorne sich verbreiternde erste Neurale, das nach außen sich verschmälernde erste Kostalplattenpaar. Unterschiede liegen darin, daß bei der italienischen Art doch die innen sich verbreiternde Form der ersten Kostalplatte nicht so scharf ausgeprägt ist und daß daher die zweite Kostalplatte nicht in ihrer Gestalt mit derjenigen von Trionyx Peneckei überein- stimmt. Auch im hinteren Teile des Schildes stimmen beide Spezies nicht miteinander überein. Trionya Peneckei mihi ist als eine neue Art anzusehen, wobei ich wieder an den in der Einleitung gemachten Vorbehalt erinnere. Trionyx Sophiae nov. spec. A. Aus den Hangendschiefern des Kohlenflözes von Eibiswald besitzt das Geologische Institut der Universität Graz den ziemlich gut erhaltenen Rückenschild eines jungen Trionyx, der mit den anderen Formen verglichen so bedeutende Abweichungen zeigte, daß man ihn als eine neue Art betrachten muß; doch ist zu bemerken, daß auch hier die in der Einleitung gemachten Bemerkungen bezüglich der Aufstellung neuer Spezies natürlich für diese gelten. Das mir vor- liegende Exemplar ist soweit gut erhalten, als keine Platte fehlt oder in schwererem Maße zerbrochen ist, wenn auch im vorderen Teile des Schildes einige recht kräftige Sprünge vorhanden sind. Uber den Rand des Schildes, der von der Mergelplatte nicht abzulösen ist, stehen fast bis 2 cm weit die Rippen vor, ein Hinweis, daß man es wohl mit einem jungen Tier zu tun hat. Der Schild hat, wie die Tafel XI (III) zeigt, eine mehr lang- gestreckte als rundliche Form und zeichnet sich durch ein ganz geringes Jahrbuch d. k. k. geol. Reichsanstalt, 1909, 59. Rand, 2, Heft. (Dr. F. Heritsch.) 48 374 Dr. Franz Heritsch. [42] Ma der Wölbung aus. Seine Länge beträgt in der Mittellinie gemessen 14'3 cm; dazu ist allerdings zu bemerken, daß gerade diese Zahl auf absolute Zuverlässigkeit keinen Anspruch erheben kann, da die Mitte der Nuchalplatte zerbrochen ist und dies ja die Exaktheit der Messung stört. Die größte Breite erreicht der Schild in der Gegend der dritten und vierten Kostalplatte mit zirka 115 cm. Der Schild weist sieben Neuralplatten und acht Kostalplattenpaare auf. Die Nuchalplatte ist etwas zerworfen, was eine Angabe von Maßen etwas behindert. Ziemlich weit sind über den Rand der Platte Knochenstrahlen vorgestanden, die auf der linken Seite zwar nicht gut erhalten, aber doch hinreichend gut angedeutet sind. Uber den Vorderrand der Platte ist nicht viel zu sagen; er zeigt die übliche flachbogenförmige Begrenzung. Bemerkenswert ist dagegen der Hinter- rand; er ist fast gerade, und dort, wo die Nuchale an die erste Neurale angrenzt, dort springt diese letztere etwas vor gegen die erstere; wenn auch gerade hier sich der Zustand der Platten, ihre Zerworfenheit, etwas unangenehm bemerkbar macht, so kann doch diese Stellung der ersten Neurale gegenüber der Nuchalplatte nicht übersehen werden. Was nun die Granulation betrifft, so ist anzu- führen, daß sie recht stark ausgeprägt ist im Verhältnis zu der Jugendlichkeit des Schildes; sie ist als netzartig-grubig zu bezeichnen, und besonders bemerkenswert ist es, daß sie nicht nur in den ver- schiedenen Teilen der Platte Unterschiede zeigt, sondern auch asymmetrisch ausgebildet ist; in dem mittleren Teil ist sie ziemlich fein, in den äußeren aber viel kräftiger und gröber, und zwar auf der rechten Seite mehr als auf der linken. Die Maße der Platte können nicht genau angegeben werden, da sie zu sehr gebrochen ist; die folgenden Zahlen sind daher nicht ganz zuverlässig; die Länge beträgt zirka 6°5 cm, die größte Breite zirka 4°8 cm. Von den sieben Neuralplatten ist die erste die größte. Soweit sich ihre Form erkennen läßt, folgt sie nicht derjenigen von Trionyx Peneckei, sondern eher der von Trionyx Hoernesi beziehungsweise Trionyx Petersi; nur ist sie schlanker gebaut. Sie verjüngt sich nach vorne und ist wie bei Trionyx Petersi hinten schief abgestutzt, so daß sie dort einen trapezförmigen Umriß hat. Vorne ist sie gegen die Nuchalplatte nicht durch eine gerade Linie abgegrenzt, sondern sie springt mit einem stumpfen Winkel vor, so daß sie im ganzen eine siebeneckige Form hat. Die Granulation ist nur schwach ausgeprägt und folgt in ihrer Ausbildung derjenigen des mittleren Teiles der Nuchalplatte. Da die in Erörterung stehende Neurale gut erhalten, wenn auch durch die Zerbrechung des Schildes nur in losem Zusammenhang mit den an- srenzenden Platten steht, so sind die Größenverhältnisse wohl durch Zahlen ausdrückbar; diese sind folgende: größte Breite hinten 1'06 cm; Breite vorne 0'8 cm; Länge in der Mittellinie gemessen 205 cm, Die zweite Neuralplatte folgt in ihrer Form fast ganz der ersten; auch sie befindet sich nicht mehr in dem ursprünglichen Zu- sammenhang mit den zugehörigen Kostalplatten, da sie, sowie die folgende Neurale eine kleine Verschiebung nach vorne erlitten hat, die den normalen Zusammenhang mit den Kostalplatten zum Teil etwas stört; auch weist sie einige Bruchstellen auf. Die Form, ihr Er [43] Jungtertiäre Trionyx-Reste aus Mittelsteiermark. 375 Umriß gleicht im hinteren Teile vollkommen der ersten Platte; im vorderen Stück der Platte ist insofern ein Unterschied vorhanden, als die Grenze nicht mehr in einem stumpfen Winkel vorspringt, sondern eine flache bogenförmige Krümmung nach vorne aufweist. Die Granulationsart folgt ganz derjenigen der ersten Neuralen. Die Maße der Platte sind folgende: Breite vorne 07 cm; größte Breite hinten zirka 1 cm; Länge in der Meridianlinie gemessen 1'65 cm... In den beiden ersten Zahlen drückt sich die Vergüngung der Platte nach vorne gut aus. Die dritte Neuralplatte ist bis auf einen geringen Fehler gut erhalten und stimmt in Form und Granulation vollkommen mit der vorhergehenden überein, so daß ich darüber weiter keine Worte zu verlieren brauche. Im folgenden seien nur die Maße angegeben: Breite vorn 0°65 cm; größte Breite hinten 0°95 cm; Länge in der Mittellinie gemessen 1'6 cm. Aus diesen Zahlen geht hervor, daß auch in der Größe der Piatte die bedeutendste Analogie zur vorigen besteht. Auch die vierte Neuralplatte schließt sich in ihrer Form und Ausbildung ganz an die vorigen an. Nur die Granulation ist etwas kräftiger und es ist auch zu beobachten, daß an den Nähten gegen die Kostalplatten eine kleine wulstförmige Erhöhung sich hinzieht. Sonst ist nichts hervorzuheben, was diese Platte von der vorher- gehenden unterscheiden würde; auch die Größenverhältnisse sind, wie aus den folgenden Zahlen hervorgeht, recht ähnlich: Breite vorn 0:65 cm; größte Breite hinten 0°9 cm; Länge 1'55 cm. Die fünfte Neuralplatte nimmt die vermittelnde Stellung ein und weicht daher in ihrer Form ganz von den vorhergehenden und den nachfolgenden Platten ab. Leider ist sie, wenn auch nur in geringem Maße, gebrochen und zeigt daher eine scheinbare unsymmetrische Gestalt. Im allgemeinen läßt sich ihre Form dahin charakterisieren, daß sie einem Rechteck gleicht, von dem sie nur vorn durch eine schwache, nach vorwärts gerichtete Ausbiegung etwas abweicht. Die Granulation stimmt mit derjenigen der vorigen Platte in jeder Weise überein; auch eine kleine wulstartige Erhöhung ist an den Nähten gegen die Kostalplatten vorhanden. Die Größenverhältnisse zeigen folgende Zahlen: Breite vorn 05 cm; Breite hinten 05 cm; Länge 15 cm. Die sechste Neuralplatte hat eine ganz eigentümliche Form; ab- gesehen davon, daß sie sich im Gegensatz zu den vier ersten Neuralen nach hinten verjüngt, wird ihre auffallende Gestalt dadurch hervor- gerufen, daß sie in einer rapid raschen Weise nach rückwärts zu schmäler wird; dadurch unterscheidet sie sich sehr gut von allen anderen bisher betrachteten Trionyx-Formen. In ihrem vorderen Teile zeigt sie dieselben Umrisse wie die vorderen Platten in ihrem hinteren Teile. Die Granulation gleicht derjenigen der vorangehenden Neuralen; hervorzuheben ist nur noch, daß hier an der gezackt verlaufenden Naht gegen die Kostalen kein Wulst vorhanden ist. Die folgenden Zahlen zeigen die Größe und die eigentümliche Form der Platte: größte Breite vorn 0'8 cm; Breite ninten 0'2 cm; Länge 1’2 cm. Die siebente Neuralplatte ist sehr klein. In ihrer Form folgt sie im vorderen Teile der vorangehenden Platte; dasselbe ist bei der 48* 376 Dr. Franz Heritsch. [44] Skulptur der Fall. Sie grenzt noch an das sechste Kostalplattenpaar an und wird vom siebenten ganz umschlossen. Von den Kostalplatten zeichnet sich das erste Paar durch eine auffallende Breite aus, durch die es alle anderen weitaus über- trifft; leider gestattet es der nicht ganz gute Erhaltungszustand nicht, überall genaue Maße anzugeben. Die Naht gegen die Nuchalplatte ist fast gerade, während der Hinterrand flach nach hinten ausgebogen ist. Der Außenrand schneidet die Platte schief ab, so daß die erste Kostalnaht viel länger ist als die Naht gegen die Nuchalplatte. Die Granulation ist in den inneren Teilen netzartig grubig, in der Nähe des Außenrandes sind diesem parallele Knotenreihen vorhanden; die Granulation geht von einer Platte ohne Unterbrechung auf die andere über. Die Maße der Platte sind folgende: Länge der Nuchalnaht ca. 3 cm, Länge der ersten Kostalnaht ca. 45 cm, Breite innen 1'8cm. Das zweite Kostalplattenpaar zeigt eine ganz andere Form; es kann sich einerseits nicht an Breite mit dem ersten messen, ander- seits verbreitert es sich nicht nach außen zu, sondern es verschmälert sich ganz bedeutend in dieser Richtung; die Umrisse des innersten Teiles werden durch jene der zugehörigen Neuralplatten bedingt. In bezug auf die Granulation herrscht mit der ersten Übereinstimmung. Die Größenverhältnisse der Platte zeigen folgende Zahlen: Größte Breite innen ca. 2°8 cm, Breite außen ca. 1'35 cm, Länge der zweiten Kostalnaht 5°1 cm. Das dritte Kostalplattenpaar zeigt wieder eine andere Gestaltung, indem es sich im Gegensatz zum zweiten nach außen hin verbreitert. Über den Rand steht eine Rippe weit vor (ca. 2 cm), ohne daß jedoch über der Rippe ein Vorsprung des Randes der Platte vorhanden wäre. Die Skulptur ist dieselbe wie bei den anderen Platten. Der Umriß im innersten Teil folgt ebenfalls der vorhergehenden Platte. Die Maße sind folgende: Größte Breite innen 1'6 cm, Breite an der dritten Neuralplatte 1’4 cm, Breite außen 2 cm, Länge der dritten Kostal- naht 5°7 cm. Während bei der vierten Kostalplatte der Vorderrand so wie bei den vorhergehenden nach vorwärts gebogen ist, geht der Hinter- rand (vierte Kostalnaht) genau unter einem rechten Winkel von der Mittellinie weg; daraus ergibt sich die Form der Platte, die in der inneren Hälfte gleich breit bleibt, dann sich aber gegen den Außen- rand stark verbreitert. Im übrigen gleicht sie ganz den anderen schon erörterten. Die nachfolgenden Zahlen geben die Größenverhältnisse: Breite innen 1'6cm, Breite in der Mitte 1'6 cm, Breite außen 1'9.cm, Länge der vierten Kostalnaht 5°3 cm. Die fünfte Kostalplatte ist bereits nach hinten gebogen; an- nähernd ist sie das Spiegelbild der vorhergehenden Platte, der sie im übrigen gleicht. Wie bei dieser finden sich ganz leichte Aus- buchtungen des Außenrandes über dem Rippenvorsprung. Auch in der Größe sind beide Platten sehr ähnlich: Breite innen 1’5 cm, Breite in der Mitte 1’5 cm, Breite außen 1'9 cm, Länge der fünften Kostal- naht. ca. 52 cm. In noch weit stärkerem Maße ist die sechste Kostalplatte nach hinten gebogen. Sie verbreitert sich auch ziemlich energisch gegen ae ar [45] Jungtertiäre Trionyx-Reste aus Mittelsteiermark. 377 den Außenrand, und zwar hauptsächlich in den beiden äußeren Dritteln. In dem innersten Teile, in der Nähe der Neuralregion wird der Um- riß der Platte bedingt durch die oben erörterte Form der sechsten Neuralplatte. Von der Granulation wäre hervorzuheben, daß sie in den hinteren Platten im inneren netzartig skulptierten Teile gröber wird, nicht aber weitmaschiger; die Knotenreihen im äußeren Teile sind bei der in Rede stehenden Platte ziemlich unscharf ausgeprägt, so daß ein Ubergang in die ganz maschig-netzartige Skulptur der letzten Platten stattfindet. Die Maße der Platte sind folgende: Breite innen 14 cm, Breite außen 2 cm, Länge der sechsten Kostalnaht (als Bogensehne gemessen) 415 cm. Die siebente Kostalplatte ist sehr stark nach hinten gebogen, behält aber dabei ihre Breite so ziemlich bei, so daß die beiden sie begrenzenden Kostalnähte fast parallel verlaufen, Die Granulation ist im ganzen netzartig-grubig, von dem Vorhandensein der parallelen Knotenreihen, wie sie die vorderen Platten ausweisen, finden sich nur schwache Andeutungen. Zu erwähnen wäre noch, daß dieses Plattenpaar die letzte Neuralplatte umschließt; dies geschieht der- artig, daß die beiderseitigen Kostalen noch ein gutes Stück unmittel- bar aneinander grenzen. Die folgenden Zahlen geben die Größen- verhältnisse der Platte: Länge der Naht zwischen den Kostalplatten 0:6 cm, Breite innen 1'2cm, Breite außen 1’5 cm, Länge der siebenten Kostalnaht 3°2 cm. Durch die starke Rückbiegung des vorletzten Kostalplattenpaares wird die Gestalt des letzten bedingt; da aber die beiden siebenten Kostalplatten im innersten Teil hinten eine kleine Asymmetrie (wie bei Trionyx Petersi) zeigen, so ist es klar, daß sich diese auch auf das achte Kostalplattenpaar übertragen muß. Besonderes wäre über dieses Paar nicht zu berichten, seine Gestalt zeigt am besten die Tafel. Zu erwähnen wären nur noch einige Maße: Breite (Höhe) an der Naht zwischen den Platten gemessen 1'5 cm, beziehungsweise 1'7 cm, größte Länge 5 cm. Auf der Mergelplatte, die auch den Rückenschild trägt, sind ferner noch einige ganz schlecht erhaltene Reste des Plastrons er- halten, und zwar ein Bruchstück eines Hyoplastrons der linken Seite und damit zusammenhängend ein solches des Hypoplastrons derselben Seite, ferner ein undeutbarer Rest vom Bauchschild (Hypoplastron rechts ?). Uber diese Bruchstücke ist kein Wort zu verlieren, sie sind zu schlecht erhalten. B. Trionyx Sophiae ist eine jener Schildkröten, deren Rücken- schild eine fast ganz runde Gestalt hat; am Hinterrand findet sich eine nur ganz kurze gerade Begrenzung. Dadurch würden für den Vergleich schon eine ganze Reihe der anderen bekannten Arten weg- fallen. Durch das eigenartige und schon früher erwähnte Verhalten der sechsten Neuralpatte unterscheidet er sich aber von allen anderen bekannten Trionyciden; dazu kommen noch viele andere Unterschiede, so daß keine bekannte Form der in Rede stehenden gleicht; eine genaue Anführung der Verschiedenheiten kann ich mir ersparen, da Ja das Verhalten der sechsten Neuralplatte eine scharfe Schranke aufstellt. 378 Dr. Franz Heritsch. ; [46] In Vergleich soll nur Trionyx Petersi R. Hoernes gezogen werden, und zwar nicht nur die bei Peters befindliche Abbildung, sondern auch die von mir oben beschriebenen Schildreste. In der Gestalt herrscht nicht vollständige Ubereinstimmung. Der von Peters ab- gebildete Rückenschild (A) ist länger als breit, der von mir be- schriebene Abdruck (5b) hat eine gleich große Länge wie Breite; auch bei dem aus dem Joaneum stammenden Exemplar (©) ist dies der Fall, während Triony® Sophiae mihi (D) relativ viel länger als breit ist!). Wenn ich den letzteren in die Nähe von Trionyx Petersi und damit auch in die des nahe verwandten Trionyx Hoernesi stelle, so geschieht dies wegen der unleugbaren Ähnlichkeit des Schildes mit den eben genannten Arten. Noch ein Umstand kommt dazu. Niemand kann leugnen, daß Trionyx styriacus und Trionyx Petersi nahe miteinander verwandt sind. Da nun die neue Art mit der einen eben erwähnten nahe verwandt ist, so können ihre engen Beziehungen zur anderen nicht fraglich sein, um so mehr, als sie ein Zwischenglied zwischen beiden darstellt. Im Detail ergibt der Vergleich folgendes: Die Nuchalplatte (nur bei © und D bekannt) ist gleich entwickelt. Die erste Neuralplatte stimmt in ihrer Form bei den Stücken A, B (?) und D überein, Ü weicht, wie schon früher erwähnt wurde ab. Die folgenden Neuralen bieten keinen Anlaß zu irgendwelchen Bemer- kungen; bei allen vier Stücken ist die fünfte die vermittelnde. In der sechsten und siebenten finden sich bei D die schon früher hervor- gehobenen Eigenschaften. Bei den Kostalplatten wäre zu bemerken, daß die erste bei D relativ breiter ist als dies bei den anderen Exemplaren der Fall ist. Nur über den hinteren Teil sind noch einige Bemerkungen notwendig. Bei A ist das sechste Kostalplattenpaar mäßig stark nach hinten gedreht, bei B und © ist dies schon stärker der Fall. Bei D, also bei Zrionyx Sophiae, ist aber das sechste Kostalplattenpaar so wenig nach rückwärts gebogen, daß es gar nicht in die Nähe des geraden Hinterrandes kommt, denn dieser wird so ausschließlich von dem achten Paar gebildet, daß dieses noch an der gekrümmten seitlichen Begrenzung teilnimmt. Trionyx Sophiae mihi ist als eine neue Art zu betrachten, aber in die Nähe von Trionyx Petersi zu stellen. Trionyx Siegeri spec. nov. A. Die neuen Spezies, für welche ich den obigen Namen vor- schlage, ist eine ganz merkwürdige Form, die zu einigen Trionyx- Arten von Eibiswald-Wies sehr interessante Beziehungen aufweist. Der ziemlich schön erhaltene Abdruck der Oberseite des Rücken- schildes stammt aus Vordersdorf bei Wies und gehört der Sammlung des geologischen Instituts der Universität Graz an. Ursprünglich war auch der Rückenschild selbst zum Teil erhalten und zeigte auf der Innenseite nicht das mindeste Bemerkenswerte; unter ihm schaute an vielen Stellen der schöne Abdruck der Oberseite heraus, und ich !) Im folgenden der Kürze halber Benennung der einzelnen Reste mit A,B,0,D. [47] Jungtertiäre Trionyx-Reste aus Mittelsteiermark. 379 habe daher den eigentlichen Schild weggesprengt, wobei er in Trümmer ging, und erhielt so den prächtigen Abdruck, der, wie die Tafel XI (III) zeigt, zwar nicht ganz einwandfrei ist, aber immerhin sehr gut erhalten ist. Die Spuren von Hammer und Meißel zeigt ja auch die Abbildung. Was nun diesen Rest so ungemein interessant macht, ist der Umstand, daß hier der Anfang zur Obliterierung einer Neuralplatte gegeben ist. In der Form und in der Ausbildung der einzelnen Platten weist unsere Art weitgehende Ähnlichkeiten auf mit Trionyx styriacus Pet. und Trionyx Petersi R. Hoernes bezw. mit Trionyx Hoernesi. Trionyx& styriacus unterscheidet sich von Trionyx Petersi hauptsächlich dadurch, daß beim erstgenannten eine Neuralplatte obliteriert ist. Unsere neue Form zeigt nun die Eigenschaften, den Bau des Rücken- schildes von Trionyx Petersi, dabei aber wird der Zusammenhang der Neuralplatten untereinander unterbrochen und es löst sich die siebente von den vorderen ab; dies ist der Anfang zur Obliterierung der letzten Neuralen. Trionyx Siegeri ist daher eine Zwischenform; im übrigen verweise ich auf das in der Einleitung Gesagte. Der Schild hat einen rundlichen Umriß, dessen Größe allerdings nicht genau angegeben werden kann (Länge zirka 26 cm, größte Breite auf der dritten Kostalplatte zirka 23 cm). In der Neuralregion befindet sich, soweit es der gerade etwas zu wünschen übrig lassende Er- haltungszustand zu schließen erlaubt, eine nicht unbedeutende Ein- senkung. Die Granulation ist recht kräftig und sieht der von Trionyx Petersi recht ähnlich. Die Nuchalplatte ist nur zum Teil sichtbar, d. h. sie ist eben teilweise noch unter den nicht wegsprengbaren Stücken des Rücken- schildes begraben; ich muß daher erinnern, daß man es mit einem Abdruck eines Rückenschildes zu tun hat. Die Nuchalplatte hat dort, wo sie an die Kostalen und die erste Neuralplatte anstoßt, eine kleine zipfelartige Rückbiegung, während die Neurale mit einem stumpfen Winkel in der Mitte vorspringt. Daher hat die Nuchalplatte unserer Form dieselbe Gestalt wie bei Trionyx Petersi und Tirionyx Hoernesi. Die Skulptur ist, soweit sie eben zu sehen ist, unregel- mäßig grubig und sehr kräftig ausgeprägt. Über die Größe der Platte oder über sonstige Eigenschaften läßt sich nichts Sicheres angeben. Von den Neuralplatten befinden sich die ersten sechs in Zusammenhang, während die siebente von den anderen abgetrennt ist. Die erste Neuralplatte, die natürlich auch die größte ist, zeichnet sich dadurch aus, daß sie sich nach hinten fast gar nicht verbreitert. Mit gut ausgeprägten, etwas eingesenkten Nähten setzt sie gegen die anderen Platten ab; die Granulation ist wulstartig. Bezüglich ihrer Form ist zu bemerken, daß sie am Vorderrande mit einem stumpfen Eck vorspringt und am rückwärtigen Ende solche Umrisse aufweist, wie Trionyx Petersi und Trionyx Hoernesi, indem sie nämlich ab- gestumpft ist. Die Größenverhältnisse sind folgende: Länge 32 cm; Breite vorne 1'3 cm; größte Breite hinten 1'’4 cm; Breite an der Naht zur zweiten Neuralen 0°9 cm. Auch die zweite Neuralplatte ist gut erhalten; sie gleicht in der Form ihres Umrisses und in ihrer Skulptur ganz der voran- gehenden, tmterscheidet sich aber von ihr dadurch, daß sie etwas 380 Dr. Franz Heritsch. [48] schmäler ist; auch bei ihr findet nur eine ganz schwache Verbreiterung nach hinten statt, was ebenfalls ein unterscheidendes Merkmal von Triony® Petersi ist, vielleicht hat unsere Art dies mit Trionyx styriacus gemeinsam, was durch eine Abbildung bei Peters (Tafel IV) angedeutet ist. Die Maße der Platte sind folgende: Länge 28 cm; Breite vorne 1'0 cm; größte Breite hinten 1'2 cm; Breite an der Naht zur folgenden Neuralplatte 0°9 cm. Der Erhaltungszustand der dritten Neuralplatte läßt zu wünschen übrig, da quer durch sie ein großer Sprung geht. Sie stimmt in allem mit den vorhergehenden Platten überein, nur ist die Verbreiterung nach hinten eine stärkere, was durch die beiden folgenden Zahlen erhärtet werden soll: Breite vorne 0'9 cm; größte Breite hinten 1°4 cm. Die vierte Neuralplatte ist gegen die dritte verschoben; sie gleicht in ihrer Granulation und in dem Umriß des vorderen Teiles sanz der vorhergehenden; auch die Abstutzung des hinteren Teiles hat sie mit dieser gemeinsam, dagegen aber zeigt die Naht zur folgenden Neuralplatte nicht ein so scharf einspringendes Eck wie das bei den anderen der Fall ist. Die Größe der Platte zeigen die folgenden Zahlen: Länge 2°9 cm; Breite vorne 0'7 cm; größte Breite hinten 1'15 cm; Breite an der Naht zur fünften Neuralplatte 0'6 cm. Die fünfte Neuralplatte hat jene Stellung, die Peters die ver- mittelnde nennt. Daraus ergibt sich schon ihre Stellung zn den Kostal- platten; während die vorderen vier Neuralen derartig zu den Kostalen stehen, daß sie über eine Verbindungslinie der Kostainähte nach rück- wärts hinausragen, grenzt die vermittelnde Platte nur an das zu- gehörige Kostalplattenpaar an, die folgenden Neuralen nehmen die umgekehrte Stellung zu den Kostalen an, wie die vor der vermitteln- den stehenden. Die in Erörterung stehende Neurale hat einen fast rechteckigen Umriß; die Skulptur ist so wie bei den anderen ent- wickelt; folgende Zahlen geben über die Größe eine Vorstellung: Länge 2'3 cm; Breite vorne 0°6 cm; Breite hinten 0'7 cm. Die sechste Neuralplatte zeigt dieselbe Form, wie sie bei Trionyx Petersi die sechste hat. Auch sie wird vom sechsten Kostal- plattenpaar derart umschlossen, daß die beiden zugehörigen Kostal- platten noch zusammenstoßen; sie nimmt daher die Stellung einer letzten Neuralplatte ein und ist von der kleinen siebenten ganz getrennt. Sie ist im Gegensatze zu den vier vorderen Neuralen vorn abgestumpft und läuft nach rückwärts spitz zusammen; die grobe Skulptur folgt ganz derjenigen der vorderen Platten. Die Maße sind folgende: Länge 1'5 cm; Breite an der Naht zur vorderen Platte 07 cm; größte Breite vorn 10 cm. Die sehr kleine siebente Neurälplatte steht ohne Zusammenhang mit den anderen; sie wird vorn von dem sechsten, im übrigen aber von dem siebenten Kostalplattenpaar umschlossen und hat einen vier- eckigen Umriß, wobei die längere Diagonale des Viereckes mit der Mittellinie zusammenfällt. Die Längen der beiden Diagonalen sind 09 cm und 0'°8 cm. K Im Bau der acht Kostalplatten finden sich mannigfache Ahnlichkeiten mit Trionyx Petersi; darauf soll später bei dem Ver- gleich mit den anderen Arten eingegangen werden. [49] Jungtertiäre Trionyx-Reste aus Mittelsteiermark. 381 Die erste Kostalplatte ist zu den Neuralen derartig gestellt, daß sie nur an die erste derselben angrenzt. Die Naht gegen die Nuchalplatte verläuft flach bogenförmig nach hinten, was auch bei der ersten Kostalnaht der Fall ist; nur ist diese letztere infolge des vorspringenden stumpfen Eckes der zweiten Kostalplatte im innersten Teil nach vorn gebogen, was auch bei Trionyx Petersi der Fall ist. Die Granulation ist bei der ersten Platte wie bei den nächstfolgenden im inneren Teil unregelmäßig wulstig, während sich gegen den Rand zu parallele Wülste einstellen. Genaue Maßangaben können infolge des Erhaltungszustandes der Platten nicht gemacht werden; hervor- zuheben ist nur, daß sich die Platte nach außen zu nicht oder doch nur ganz unmerklich verbreitert. Die zweite Kostalplatte verbreitert sich, wenn man von dem vorerwähnten stumpfen Eck absieht, allmählich nach außen hin; die vordere Naht, die erste Kostalnaht ist nach vorn gerichtet, während die zweite Kostalnaht rechtwinkelig von der Mittellinie weg sich zum Rand erstreckt. Die Form der Platte in der Nähe der Neuralregion wird durch den Umriß und die Stellung der Neuralplatten bedingt. Die Skulptur folgt derjenigen der ersten Platte; besonders scharf ist die parallele Granulation im äußeren Teil der Platte ausgeprägt. Am Außenrand befindet sich ein leichter Vorsprung über der Rippe, die aber nicht oder nur ganz schwach den Schild überragt hat. Mit den Zahlenangaben ist es auch hier nicht gut bestellt, geradeso wie bei den folgenden Platten. Die dritte Kostalplatte gleicht in Form und Umriß der zweiten, nur verbreitert sie sich nicht so stark wie diese gegen den Rand zu. Besser als bei den vorderen Platten ist zum Teil die Kostalnaht zu sehen; sie ist etwas in die Platte eingesenkt und bildet eine fein gezackte Linie. Von dem vierten Kostalplattenpaar sind nur Bruchstücke er- halten. Diese Platten sind schon etwas nach hinten gebogen und ver- breitern sich langsam gegen den Schildrand. Der Umriß im inneren Teil und die Skulptur stimmt mit der vorhergehenden überein. In demselben nicht guten Erhaltungszustand liegt das fünfte Kostalplattenpaar vor. In dem innersten Teil ist der Umriß derartig, daß nicht nur nach vorn, sondern auch nach hinten ein stumpfer Vorsprung in der Ecke zwischen den in Betracht kommenden Neural- platten vorhanden ist; dies wird dadurch bedingt, daß dieses Platten- paar an die vermittelnde Neurale grenzt und auch die vierte und sechste Neuralplatte anstoßt. Die Platte, die schon stark nach rück- wärts gewendet ist, nimmt an Breite rasch nach außen zu. Das sechste Kostalplattenpaar umschließt die sechste Neural- platte und grenzt daher, wie schon oben hervorgehoben wurde, an- einander an; dadurch wird auch der Umriß des innersten Teiles der beiden Platten bestimmt, wozu noch dazu kommt, daß dieses Paar hinten nicht nur an die beiden folgenden Kostalen angrenzt, sondern auch an die abgetrennte siebente Neuralplatte. Die Platte, die schon stark nach rückwärts gebogen ist, zeigt eine den übrigen analoge, aber viel sröbere Granulation. Das siebente Kostalplattenpaar zeichnet sich dadurch aus, daß es sowie bei Trionyx Petersi asymmetrisch ist, was sich auch auf Jahrbuch d. k. k. geol. Reichsanstalt, 1909, 59. Band, 2. Heft. (Dr. F. Heritsch.) 49 382 Dr. Franz Heritsch. I [50] das achte Paar überträgt; diese Asymmetrie der beiden Plattenpaare resultiert daraus, daß die Naht zwischen den rechten und linken Platten nicht in der Mittellinie verläuft, sondern dort, wo die vier Platten zusammenstoßen, nach rechts ausspringt. Daher ist die Form der Platten des siebenten Paares im inneren Teil nicht gleich. Zwischen den beiden Platten liegt auch noch die kleine siebente Neurale; sie sind so stark nach hinten gebogen, daß sie fast noch an der hinteren geraden Begrenzung des Schildes teilnimmt. In der Skulptur gleicht die Platte der vorhergehenden, nur ist sie nicht so grob granuliert. Das kleine achte Kostalplattenpaar ist ganz an den Hinterrand des Schildes gedrängt; dieser ist ganz gerade, ob er aber in der Mitte jene Einbiegung hat wie Trionyx Petersi, läßt sich nicht sagen, da gerade dieser Teil der Platten fehlt. Die siebente Kostalnaht ist etwas eingesenkt, dagegen ist die Naht zwischen den beiden Platten selbst erhoben und mit ihr parallel verlaufen zwei starke Wülste. Die Granulation ist bis auf die parallelen Reihen in der Nähe des Hinter- randes unregelmäßig. Außer dem somit beschriebenen Abdruck des Rückenschildes ist von dieser Spezies nichts vorhanden. Ein Vergleich unserer Art mit den anderen "Trionyeiden ist unnotwendig, denn durch das weitere Stadium zur Öbliterierung der siebenten Neuralplatte unterscheidet sie sich von allen anderen. Nur ist noch hervorzuheben, daß die in Erörterung stehende Art sich wohl mit Trionyx Petersi und auch mit Trionyx styriacus vergleichen läßt. Die Form, die Ausbildung der einzelnen Platten erinnert sehr an die erstgenannte Art; doch auch zur letzteren sind wichtige Be- ziehungen vorhanden. Der hintere Teil des Schildes ist dem von Triony& styriacus sehr ähnlich, indem die siebente Kostalplatte fast schon an der Begrenzung des geraden Hinterrandes teilnimmt; auch besitzt sie bereits die schmale Form wie dort. So stellt sich uns Triony& Siegeri nov. spec. als Übergangsform zwischen Trionyx Petersi und Trionyx styriacus dar. Im Geologischen Institut der Universität Graz und im steier- märkischen Landesmuseum Joaneum befinden sich noch eine Reihe von schlechter erhaltenen Trionyx-Resten. Ich habe auf ihre Be- schreibung verzichtet, da die Erörterung sehr unvollständiger Reste wenig Bedeutung haben kann, wie aus der Literatur zu ersehen ist. Zum Schluß erlaubte ich mir Herrn Professor Dr. R. Hoernes und Herrn Professor Dr. V. Hilber für die gütige Überlassung des Materials bestens zu danken. Zu herzlichem Dank bin ich ferner Herrn Professor Dr. R. Hoernes und Herrn Professor Dr. K. A. Pe- necke für die freundliche Unterstützung und für viele gute Rat- schläge bei meiner Arbeit verpflichtet. Graz, Geologisches Institut der k. k. Universität, im Februar 1909. 2 7 u Zeit | Schichten mit Gervilleia (,Perna“) Bouei v. Hauer, am Gaumannmüllerkogel an der Weissenbacher Strasse. (Im Randgebirge der Wienerbucht.) Von Franz Toula. Mit einer Tafel (Nr. XIl), zwei Zinkotypien und zwei Profilen im Text. In meinem Berichte über die Exkursionen im Gebiete des Mödling- und des Liesingbaches (Jahrb. d. k.k. geol. R.-A., Bd. LV, 1905) habe ich ein Profil gezeichnet vom Schweizerberg über den Gau- mannmüllerkogel zum Weißenbachkogel (l. ec. pag. 305, Fig. 24), welches hier wiederholt abgedruckt werden soll (Fig. 1). Fig. 1. Gauermann muller Schweizerben Weisserbad Kogel Kogel 360m 360m Weıssenbach Mödling ; i m Bach (4 l SS {ir Rt x 1 x ER Sp, h <> DD N PER ERS INraS ee N S- III 2 3X f Di: 2% N EN Es NE H Ra RE: SI ER Sr I G 2 < ale WE EEE 2 RR a Westlicher Talabschluss der Hinterbrühl 1. Werfener Schiefer. — 2. Gutensteiner-(Reichenhaller-)Kalk. — 3. Reiflinger Kalk. — 4. Lunzer Sandstein. — 5. Opponitzer Kalk (?). — 6. Dolomitische Kalke und Dolomitbreccien. Im vorigen Sommer (1908) gelang es mir nun in dem Auf- schlusse an der neuen Weißenbacher Straße, gegenüber den Häusern Nr. 23—31, in den Hangendpartien des Lunzer Sandsteines Fossilien aufzufinden. In dem dort befindlichen kleinen Steinbruche werden die im südlichen Teile desselben anstehenden dickbankig geschich- teten hellen Kalke gebrochen, welche gegen sandig-schiefrige bräun- liche Sandsteine abstoßen. Die Verhältnisse soll die umstehende Profilskizze (Fig. 2) zur Darstellung bringen. Der Steinbruch wurde des im SO-Teile auftretenden hellgrau gefärbten dichten Kalkes wegen angelegt, der an Sandstein mit schiefrig-sandigen Partien abstoßt. Er ist teilweise in der Nähe des Jahrbuch d. k. k. geol. Reichsanstalt, 1909, 59. Band, 2. Heft. (F. Toula.) 19* 384 Franz Toula. > [2] Abstoßes in der Form von hellbräunlichen Zellenkalken entwickelt. Im SO-Teile ist er zum Teil massig und undeutlich geschichtet entwickelt und enthält kaum Spuren von Versteinerungen. An abgewitterten Brocken fand ich nur vereinzelte winzige hochgewundene Schnecken, wie man sie manchmal in den oberen grauweißen Opponitzer Kalken oder im Dachsteinkalk findet; man wird dabei etwa an Holopella („Rissoa“) alpina Gümb. erinnert. Im NW-Teile des Aufschlusses stehen vornehmlich bräunlich gefärbte mürbe Sandsteine zum Teil in sandig-schiefriger Entwicklung an, welche zu oberst von Kalkstein- N Aufschlaß gegenüber den Häusern Nr. 23—31 an der Weißenbacher Straße. Am 23. Mai 1908. 1 und 2 — Fossilienfundstellen in gelbbräunlichen mürben Sandsteinen. la — dünnschiefrige Sandsteine, Spuren von Fossilien. 3 — Hauptfundstelle in einem grauen zu mürbem, kalkfreien Sandstein ver- wittertertem, kalkreichen Sandstein; frisch wie Kalkstein aussehend. 3a = feste Kalkbank. 4 — bräunliche Zellenkalke. 5 — Öbertriaskalk, zum Teil vertikal zerklüftet. Alles auf der NW-Seite sandig, frisch grau, verwittert bräunlich. Hangend- schichten der Lunzer Sandsteine. Im SO feste, undeutlich geschichtete helle Kalke (5), abstoßend gegen die Lunzer Sandsteine. Hangendbildungen. brockenwerk bedeckt sind. Bei 1 war es, wo ich bei einem Besuche mit meinen Zuhörern eine Anzahl wenig deutlicher Bivalven fand, die mich veranlaßten, später allein den Bruch aufzusuchen. Bei dieser Gelegenheit fand ich dieselben Fossilien auch bei 2 und 5 des Profils. Bei 2 fand sich zum Beispiel auch @ervilleia Bouei. Bei 3 fand. ich die im nachstehenden geschilderte reiche Fauna, und zwar im frischen festen Gestein, das wie ein sandiger Kalkstein aussieht, der jedoch an den Schichtflächen mit einer braunen sandigen Kruste be- deckt erscheint, die ganz das Aussehen der mürben braunen Sand- steine bei 1 und 2 besitzt. Eine kleine Lösungsprobe ergab, daß das [3] Schichten mit @Gervilleia („Perna“) Bouei v. Hauer. 3835 Gestein nichts anderes ist als ein Quarzsandstein mit reichlichem kalkigem Bindemittel, das etwa ein Fünftel der Gesamtmasse des in Lösung gebrachten Materials ausmacht. Auch die braunen lockerigen und mürben Sandsteine sind offenbar nichts anderes als ausgelaugte, weitgehend und durch und durch verwitterte dünnergeschichtete Kalksandsteine; es ist dies eine Umwandlung, welche gar nicht so selten auftritt. Ich erinnere mich zum Beispiel eines Vorkommens recht ähnlicher brauner Sandsteine aus der Nähe des Teichhauses im Lainzer Tiergarten, in welchen ich das Vorkommen von Hohl- formen von unterliassischen Ammoniten konstatieren konnte, auch da war der Kalk vollkommen weggeführt worden. Das Gestein bei 3, eine etwa 30 cm mächtige bankige Lage, ist über und über voll von Fossilien. Unter diesen Bänken treten hellgraue Mergel auf, in welchen ich keine Fossilreste fand; sie sind von geringer Mächtigkeit; darunter folgen dann die braunen mürben Sandsteine, die bei 1, und zwar im Hangenden undeutliche Pflanzen- reste führen, ähnlich so wie sie im Flyschsandstein zuweilen auf- treten, zerrissene und zerriebene Fetzen, ein Pflanzendetritus. Die bei 3 in Fig. 1 (Fig. 24 in „Exkursionen... .*, pag. 305) als fraglich bezeichneten Reiflinger Kalke konnte ich außer Frage stellen. Es fanden sich darin die so auffallenden kieseligen, schwarz gefärbten Kügelchen („Kugelkalke*), wie sie sich beim Weißen Kreuz und am benachbarten Hundskogel (Exkursionen pag. 306) hie und dä beobachten lassen. Bei Lösungsproben in Salzsäure erwies sich dieser Kalk als stark tonig. Die Kügelchen widerstanden der kalten Säure fast vollständig. Es gelang mir aus diesem Gestein die im nachfolgenden be- sprochenen Arten herauszubringen. Cidaris sp. ind. (cfr. Cidaris dorsata Braun). Es liegen mir mehrere Querschnitte einer kräftigen Keule vor, welche etwa 10 mm (genauer 9:10 mm) im Durchmesser besitzt und bei einem Stücke in der Form von ungleichmäßig verteilten kleinen Vorsprüngen auf das Vorhandensein von rundlichen Knötchen an der Oberfläche schließen läßt, so daß man vielleicht an Cidaris dorsata Braun (Laube, St. Cassian, I, pag. 63, Taf. IX, Fig. 12) denken könnte (man vergleiche auch v. Wöhrmann, Jahrb. d. k. k. geol. R.-A. 1889, pag. 193, Taf. V, Fig. 13, 14). Aus einem Kalkstein er- hielt ich beim Zerschlagen eine Keule im Längsdurchschnitt, welcher erkennen läßt, daß sie von ansehnlicher Größe (über 22 mm lang) war und in der Tat keulenförmig nach unten sich in einen Hals ver- schmälert. Aus (den östlichen Ostalpen führt Stur das Vorkommen von Cidaris dorsata im Wandaukalk im Klostertale bei Gutenstein an (Geol. d. Steiermark, pag. 246). Lose schwarze „Crinoidenkalke“ gibt Al. Bittner (Hernstein, pag. 101) nahe der Straße im Klostertale an. D. Stur (Geol. d. Steiermark, pag. 283) gibt Cidaris dorsata Braun auch aus dem ÖOpponitzer Kalk am Ausfluß des Lunzer Sees an. 386 Franz Toula. A [4] Spiriferina Lipoldi Bittn. Taf. XI, Fig. 1. Brachiopoden spielen in meiner kleinen Fauna gar keine Rolle. Nur ein einziges winziges Stückchen liegt mir vor. Es ist eine große Klappe, freilich nur 7 mm breit und 6 mm hoch. Ein niederes mitt- leres Rippchen und auf jedem Flügel 5 scharfe Rippen treten auf, der Wirbel ist schön gekrümmt. Es obwaltet kaum ein Zweifel, daß ich es dabei mit der von Al. Bittner (Abhandl. d.k.k. geol. R.-A., XIV, 1890, pag. 139, Taf. XXVII, Fig. 20, 21) von Spiriferina gregaria Suess abgetrennten kleinen Art zu tun habe; sie entspricht auf das beste der Beschreibung und Abbildung der vom Hoch-Obir stammenden hübschen Stückchen. Bittner gibt sie aus den Blei- berger Schichten, vom Krainzbach im Joukouzgebirge, aus der Gegend von Eisenkappel, von Eberstein-Pölling in Kärnten, von Raibl usw. an. Aus den Nordalpen erwähnt sie Bittner nur vom Hochanger bei Seewiesen (Hochschwabgebiet). v. Wöhrmann hält es für ratsamer, diese Art als Varietät der Spiriferina gregaria zu betrachten (Jahrb. d. k. k. geol. R.-A. 1893, pag. 646). Terquemia (?) spec. (wohl eine neue Form) cf. T. obliqua Mnst. sp. Tai) Il, ‚Fig. 2. Mir liegt nur ein Schalenbruchstück mit erhaltener Schalen- oberfläche vor, welche in der Wirbelgegend aufgewölbt, gegen die Ränder hin flach und sogar leicht vertieft erscheint. Die Oberfläche zeigt konzentrische Runzeln, gegen den Stirnrand treten Andeutungen von Faltungen auf, wie sie bei gewissen Ostreen oder Plicatula-Arten auftreten. Am Schloßrande eine fast flügelartige Verbreiterung. Ich kann das fragliche Stückchen nur mit der angeführten Art in Vergleich bringen, welche von Laube (St. Cassian, Il, pag. 75) als (?) Hinnites obliquus Mnst. sp. bezeichnet und von Bittner (Lamell. d. alp. Trias, Taf. XXIII, Fig. 2—7) als Terquemia obliqua Münst. sp. von St. Cassian beschrieben und abgebildet wurde. Mein Stückchen ist zu unvollständig, um weitere Ausführungen daran zu knüpfen und etwaige Vergleiche mit Dimyodon anzustellen. Fecten Hallensis Wöhrm. var. Weissenbachensis n. var. Tab XL, Fie. Zu den häufigsten Formen (32 Stücke) meines Fundortes gehört ein ansehnlich großer, ungerippter, nur mit konzentrischen Anwachs- linien versehener Pecten, der zumeist nur in Bruchstücken von Stein- kernabdrücken vorliegt, aber sehr wohl charakterisiert erscheint, durch die eigenartigen, an Pecten discites Hehl erinnernden Furchen. Gold- fuß (Petr. germ., pag. 69, Taf. XCVIII, Fig. 10) schreibt, „daß auf der inneren Fläche an beiden Seiten des Wirbels eine erhabene Leiste ausläuft, die auf dem Steinkern einen Eindruck hinterläßt, welcher die mehr erhabene Rückenfläche von der flacheren seitlichen [5] Schichten mit Gervilleia („Perna“) Bouei v. Hauer. 387 Ausbreitung abschneidet“. Es stimmt dies Wort für Wort, nur kommt noch dazu, daß jene Leisten an ihrem Ende knotig anschwellen und damit kommt man zu dem von S. v. Wöhrmann (Jahrb. d. k. k. geol. -R.-A., XXXIX, 1889, pag. 203, Taf. VI, Fig. 12 u. 13) be- schriebenen und abgebildeten Peeten Hallensis Wöhrm. Die von Wöhrmann über die Schalenoberfläche gemachten Angaben kann ich an meinen beschalten Stücken nicht in allen Punkten auffinden. Ich finde die Schale an meinen Stücken etwas breiter, Breite und Höhe sind fast gleich und überwiegt sogar die Breite, während bei Wöhrmanns Stück (einer linken Klappe) die Höhe vorwiegt; die seitlichen Ausbreitungen sind etwas breiter als bei Wöhrmanns Stück (l. ec. Taf. VI, Fig. 13). Die linke Klappe hat ziemlich gleich große Ohren. Das größte meiner Stücke (linke Klappe) ist 41'6 mm breit und 38 mm hoch. Die linke Klappe eines anderen Individuums ist 35°4 mm breit und 36°4 mm hoch. Ein kleines Individuum ist nur 28 mm breit. Mir liegen 15 Stücke solcher Steinkerne, zum Teil nur Bruch- stücke verschiedener Individuen vor, neben 17 Stücken mit teilweise oder fast ganz erhaltener Schale. Ein etwas fragliches kleines Stück zeigt deutliche, aber sehr feine Radiallinien. v. Wöhrmann hebt bei seiner Art (Jahrb. d. k. k. geol. R-A. 1893, pag. 654) hervor, daß dieselbe ausschließlich an den sandig-kalkigen Horizont gebunden sei, was für den neuen Fundort vollständig stimmt. Nicht unerwähnt möchte ich lassen, daB M. Healy (Mem. Geol. Surv. of. Ind. Palaeont. Ind. N. S. I, 4, 1908, Taf. VII, Fig. 4, 7, 9, 10) aus dem Rhät von Upper Burma Steinkerne und Schalenstücke eines Pecten (Synclyclonema) quotidianus abbildet, und zwar von Kyankkyan, NW von Napeng, welcher, obwohl etwas schmäler gebaut, doch ganz dieselben Innenrippen aufzuweisen scheint, die am Ende nur leicht verdickt erscheinen (l. e. Fig. 4 u. 9). Er scheint, was die Oberflächenskulptur anbelangt, etwas stark veränderlich zu sein, indem Schalen (l. e. Fig. 30) nur mit Anwachslinien und Formen (l. ec. Fig. 5, 6a, Ta) mit ausgesprochener radialer Streifung gezeichnet werden; die ersteren würden sich dem Pecten Hallensis v. Wöhrm. sehr annähern, während die letzteren in der Tat an Peecten filosus v. Hauer erinnern, indem sie (l. ec. Fig 11a) Andeutungen der Zick- zackstreifen zeigen. Bei der Anführung von Emmerichs Peecten Hellii („pag. 3:4*) scheint wohl eine Verwechslung vorgekommen zu sein. Emmerich bespricht pag. 376 (Jahrb. d. k. k. geol. R.-A. 1853) eine der „neun“ Pecten-Arten, eine glatte Form, und bezeichnet wohl mit voller Berechtigung Peeten discites Schl. als seinen nächsten Ver- wandten und führt den Namen Pecten Hellii ein. Alex. Bittner hat damit eine rhätische Art von Kärolyhäza im Bakonyer Walde identi- fiziert (Trias-Lamell. d. Bakony, 1901, Taf. VIII, Fig. 37). Durchwegs Formen, die mit der älteren von Weißenbach und aus den Nordtiroler Cardita-Schichten verwandt sein dürften. Wöhrmanns Abhandlung wird von Healy nicht zitiert. 388 Franz Toula. 4 [6] Pecten sp. ind. Von einem glatten Pecten liest mir ein Stück vor mit dem Byssuseinschnitt. Von den Leisten ist keine Spur vorhanden, wohl aber erkennt man leichte Andeutungen von radialen Streifen. Der Schloßrand und der Wirbel sind leider abgebrochen. Das erhaltene Byssusohr dürfte verhältnismäßig groß und breit gewesen sein. Pecten (2) Alberti Gldf. var, Weissenbachensis n. var. Taf. XII, Fig. 4. Es liegen mir mehrere (8) Stückchen vor, die durch ihre ziem- lich hoch gewölbte Schale, mit „fast gar nicht abgesetzten Ohren“ und die auffallend ungleich gerippte Oberfläche lebhaft an die zum Ver- gleich herbeigezogene Form erinnern, nur sind die Anwachslinien viel deutlicher entwickelt, als es Goldfuß bei Pecten inaequistriatus Mnst. (Pet. Germ., pag. 40, Taf. LXXXIX, Fig. 1) und bei der damit vereinigten Monotis Alberti Gldf. (1. e. Taf. CXX, Fig. 6) beschrieb und zeichnen ließ. Bei meinen Stückchen sind sie so stark, daß die Oberfläche beinahe gegittert erscheint. Al. Bittner (Lam. d. Trias des Bakonyer Waldes, pag. 84, Taf. VIII, Fig. 34) brachte ein sehr kleines Schälchen von Gelemer zur Abbildung, wobei er anführte, daß diese Formen allenthalben auch in jüngere Trias- ablagerungen aufsteigen. Eine ähnliche Rippung zeigt Wöhrmanns Peeten subalternans d’Orb., doch ist die Schale gegen den Wirbel zu verjüngt und sind die Ohren scharf abgesetzt. Bittner gibt von Hudiklaneec in Krain (Jahrb. d. k. k. geol. R.-A., LI, Taf. VII, Fig. 13) eine Pseudomonotis illyrica n. sp. an, welche in der linken Klappe in bezug auf die all- gemeine Form und Rippurg manche Ähnlichkeit besitzt. Die Formen von Pecten ex af. Alberti Goldf., welche Bittner aus Ostsibirien abbildete (Mem. Com. Geol. VII, 1899, Taf. II, Fig. 1—10) sind meinem Stückchen nicht ähnlich, was die Rippung anbelangt, während die Pseudomonotis-Formen (zum Beispiel Pseudomonotis multiformis), Fig. 11—12, manche Ähnlichkeit besitzen. Noetling (Zeitschr. d. Deutsch. Geol. Ges. 1880, pag. 323, Taf. XVI, Fig. 1—4) hat vier verschiedene Formen aus dem Rhät, dem Wellenkalk, Schaumkalk und dem oberen Muschelkalk unter- schieden, keine davon entspricht der Ausbildung der Formen der Cardita-Schichten und des Lunzer Sandsteines, wie sie hier vorliegt. P. v. Wittenburg (N. 'dJahrb. f. Min. et 79097 7 932775 Taf. III, Fig. 4) hat einige kleine Pectiniden aus der Salt-Range abgebildet, darunter Peeten Alberti Goldf. sp. var. sibirica (in der Überschrift als var. virgalensis n. var. bezeichnet), welche er in die 5. Zone des Prionolobus rotundatus Waugen stellt. Das abgebildete Exemplar scheint mir noch feiner gerippt als es meine Stücke sind. Die von demselben Autor abgebildete Pseudomonitis saxonum Witten- burg aus der Flemingites-Zone ist in der Schloßrandgegend nur un- vollkommen erhalten. Sie zeigt eine Rippung, die, obwohl etwas gröber, an jene der Weißenbacher Form erinnert. [7] Schichten mit @ervilleia („Perna“) Bouei v. Hauer. 389 Pecten sp. ind. cf. Pecten Veszprimiensis Bittner. Mir „liegt noch ein Abdruckbruchstück vor, das ganz flach ist und zahlreiche Rippen besitzt, welche nicht ganz gleich stark sind und von sehr feinen Anwachslinien überquert werden. Zwischen zwei stärkeren Rippen zähle ich fünf schwächere, von welchen eine wieder etwas stärker erscheint als die übrigen. Es erinnert dieses Verhalten an das Verhalten von Bittners Pecten Veszprimiensis (Lam. d. Trias des Bakonyer Waldes, pag. 51, Taf. VI, Fig. 7), einer Art, von der Bittner (l. c. pag. 53) anführt, daß sie in den alpinen „sogenannten Cardita-Schichten* große Verbreitung besitzt. Mein Stückchen könnte von einer flachen rechten Klappe stammen. Die von Gajine in Bosnien abgebildete Klappe (Bittner, Jahrb. d. k. k. geol. R.-A., LII, Taf. XXVI, Fig. 33) ist sehr flach und noch feiner gerippt. Avicula cf. Hallensis v. Wöhrm. Nur ein Stück (Steinkern) liegt mir vor, das unter allen mir bekannt gewordenen Formen der Avicula Hallensis v. Wöhrmann (Jahrb. 1889, Taf. VII, Fig. 9) am ähnlichsten zu sein scheint. Siehe auch Bittner, Lamellibr. d. alp. Trias I, Abhandl. d. k. k. geol. R.-A., XVIII, Taf. VIII, Fig. 19—20. Leider sind beide Ohren beschädigt, so daß eine sichere Zustellung nicht möglich ist. Avicula Weissenbachensis n. f. aff. Avicula Hallensis v. Wöhrm. Taf. XII, Fig. 5. Mir gelang es, zwei leider nicht vollkommene Stücke einer Avicula herauszupräparieren, welche sich an die Avicula Hallensis Wöhrm. (Cardita- und Raibler Schichten, Jahrb. d. k. k. geol. R.-A. 1889, pag. 205, Taf. VII, Fig. 9) anschließen dürfte. Al. Bittner hat (Abhandl. d. k. k. geol. R.-A., XVIII, 1895) das Originalexemplar nochmals zur genaueren Abbildung gebracht (l. c. Taf. VIII, Fig. 19). Meinen beiden, ebenfalls ansehnlich großen Exemplaren fehlt leider die Wirbelresion. Das eine vollständigere hat am Schloßrande eine Breite von mehr als 53 mm bei einer größten Höhe (Abstand des Schloßrandes vom Stirnrande) von 21 mm. Die Schale ist stark sewölbt und mit kräftigen Anwachslinien bedeckt. Das vordere Ohr ist breit gebaut und von der Schale nicht scharf abgesetzt. Der hintere Flügel ist im Verhältnis zu der Haller Form viel breiter und verläuft in der Schalenoberfläche ohne schärferen Absatz. In diesem Verhältnis liegt der Unterschied von der Haller Form. Die Anwachs- streifen stehen auf beiden Ohren gedrängt. An meinem zweiten Stücke sieht man das spitze Ende des hinteren ÖOhres sehr gut. Avicula Hallensis v. Wöhrmann wird (Jahrb. d. k. k. geol. R.-A. 1893, pag. 656) außer vom Ries am Wechsel in Nordtirol und vom Haller Salzberg noch angeführt von Acquate im Gebiete von Lecco (Lombardei), wobei sich die Bemerkung findet, daß ein Exemplar aus der Stoppanischen Sammlung als Gervilleia Stoppanu bestimmt worden sei. Jahrbuch d. k. k. geol. Reichsanstalt, 1909, 59. Band, 2. Heft. (Franz Toula.) 50 30 . Franz Toula. 5 [8] Cassianella cf. angusta Bittner. Taf. XII, Fig. 6. Zwei kleine Stückchen würden in Form und Größe der ange- führten, von Al. Bittner aufgestellten Art am nächsten entsprechen und nur die Unmöglichkeit, die „sehr reduzierten Flügel“ heraus- zubekommen, verhindert mich, die Bestimmung mit voller Sicherheit vorzunehmen. Auffallend ist die Verschiedenheit der sehr stark seit- lich komprimierten Stücke in bezug auf die Verbreiterung gegen den Stirnrand, eine Verschiedenheit, die Bittner in seiner Beschreibung (Abhandl. d. k. k. geol. R.-A., XVIII, 1895, pag. 60) scharf hervor- hebt und (l. c. Taf. V, Fig. 24 u. 25) zur Abbildung gebracht hat. Meine Stücke sind 14 und mehr als 16 mm lang und vielleicht ein wenig stärker gekrümmt. Bittner führt diese Art an von St. Cassian, aus dem Cardita-Oolith des Segengottesstollen bei Klein- zell in Niederösterreich, aus dem Jutentale bei Ober-Mieming in den Nordtiroler Cardita-Schichten und von Cortina d’Ampezzo. Außer- dem von Balia in Kleinasien. Gervilleia (Perna, Odontoperna ?) Bouei v. Hauer sp. var. Weissenbachensis n. var. (Zwei Text-Illustrationen, Fig. 3 und 4.) Eine der auffälligsten Arten in dem neuen Fundort liest mir in 9 Schalenstücken und zwei Bruchstücken mit wohlerhaltenen Bandgruben vor. Von dem typischen Original v. Hauers sind meine Stücke immerhin etwas verschieden, vor allem in bezug auf die Um- srenzung der von den stumpfen Wirbein abziehenden mehr weniger stark aufgewölbten mittleren Schalenpartie, welche auch bei von Hauers Zeichnung (Fauna d. Raibler Sch., Sitzungsber. d. Wiener Akad., XXIV, 1857, Taf. V, Fig. 1) in der Wirbelregion durch scharfe Absätze von den Flügeln abgegrenzt erscheinen. Bei S. v. Wöhrmanns Exemplar ist diese scharfe Abgrenzung nur gegen das vordere „rudimentäre* Ohr deutlich ausgeprägt (Jahrb. d. k. k. geol. R.-A. 1889, pag.ı 207. Tat... VII, Fig., 16). vw. Wolse manns ÖOriginalexemplar zeigt den Schloßrand am hinteren Ohre oder Flügel leicht bogig gekrümmt, was ich bei keinem meiner Stücke wahrnehme, welche durchwegs einen ganz geraden Rand erkennen lassen. Von der dünnen faserigen Schichte kann ich nichts bemerken, die Schale ist durchwegs zur blätterigen Absonderung seneigt, an der Oberfläche perlmutterglänzend. Das Auslaufen des hinteren Ohres kann ich an einem meiner Stücke gut beobachten, es ist das Ende schön gerundet und sind alle Anwachslinien gegen den geraden Schloßrand hinaufgezogen ähnlich so, wie es v. Hauer zeichnen ließ. Nur eines meiner Stücke (eine rechte Klappe) ist so flach ge- wölbt mit steilem vorderen Abfall, wie es v. Hauer und v. Wöhr- mann zeichnen, alle übrigen scheinen stärker aufgewölbt. Von der Gegenwart eines Zahnes konnte ich nichts wahrnehmen. , Schichten mit Gervilleia („Perna“) Bouei v. Hauer. 391 Das größte meiner Stücke, wie zumeist, eine linke Klappe, _ dürfte an.der Schloßkante 65 mm breit gewesen sein, das erwähnte flache Stück (rechte Klappe) ist viel kleiner. Ein kleineres Bruchstück, an welchem auch einige der Band- gruben erhalten sind, zeigt das vordere Ohr in guter Erhaltung von Der Wirbel und das vordere Ohr nach einem anderen Steinkern ergänzt. breit dreieckigem Umriß, größer als bei Hauers Original: es scheint jedoch eine weniger schräge Schale anzudeuten und wird wohl als eine der Varietäten aufzufassen sein (Fig. 4). Gervilleia cf. Bouei v. Hauer. 50* 392 Franz Toula. [10] Unter meinen Stücken befindet sich eines, welches beide Klappenim Zusammenhange beobachten läßt und zeigt, daß die beiden Klappen in der Tat, was ihre Wölbung anbelangt, kaum eine Verschiedenheit aufweisen, wie vv. Wöhrmann |. c. 1893, pag. 657, mit Recht angenommen hat. Bei einem weiteren Stücke (eine linke Klappe), das ich hier anreihen möchte, erscheint das vordere Ohr unter dem Wirbel durch eine breite Furche des Steinkernes wie ab- seschnürt. (Man vergl. die Wirbelpartie von Fig. 3.) Es ist eine gegen den Stirnrand verbreiterte Form, welche vielleicht bei reich- licherem Material von Gervilleia Bouei abzutrennen sein wird. Wöhrmann (Die Raibler Sch., Jahrb. d. k. k. geol. R.-A. 1893, pag. 659) gibt Gervilleia Bouei an: häufig in den Nordalpen, in Raibl etc. (Kärnten), Heiligenkreuz (Südtirol), Dogna, Rio del Ferro, Rio Lavaz (Friaul), aus der Lombardei (?); von St. Cassian ein vorderes Bruchstück (Ostrea marshiformis Mnst.). G. K. Laube hat dieses Stück mit Hoernesia Joannis Austriae in mögliche Verbindung gebracht. Auch aus dem „Bakonyer Walde“ von Jeruzsälemhegy hat Al. Bittner (1901) Gervilleia Bouei in einer von der typischen Raibler Form F. v. Hauers abweichenden Gestaltung beschrieben und abgebildet (pag. 30, Taf. V, Fig. 7, 8), sie hat mit meiner Varietät den Abgang der scharfen Abgrenzung des hinteren Ohres gemein, ist jedoch viel weniger breit und flach gebaut als diese, welche mich mehr an die Form erinnert, welche in der Sammlung meiner Lehr- kanzel aus dem unmittelbaren Hangenden des Lunzer Flözes liegt. D. Stur (Steiermark, pag. 282 u. 283) gibt Perna Bouei v. Hauer an: von Hammer (Rohr), von Ramsau, Lilienfeld, aus dem Soisgraben, bei Gr.-Hollenstein, aus der Gegend v. Opponitz und Reichraming. Modiola (Myalina ?) Weissenbachensis n. f. Tat., XII, Fig. 7. Ein Steinkern mit Schalenüberresten, von dreieckigem Umriß, sroßem rückwärtigen Flügel und einer mitteren, breiten, bogig ge- krümmten Erhebung, die zur rückwärtigen unteren Ecke verläuft. Die Schalenoberfläche mit zarter. aber scharf ausgeprägter Anwachs- streifung, welche gegen den Schloßrand zu nach vorne gerichtet ist. Der Wirbel nahezu endständig, etwa so wie bei Modiola. Unter dem Wirbel am Steinkern eine dem Schloßrande parallel verlaufende, ziemlich tiefe Furche (Bandfläche). Unter allen Formen, die ich zum Vergleiche herbeigezogen, habe ich keine ähnlichere gefunden als die fast gleich große Myalina Schamarae Bittner (Trias d. Ussurigebietes, 1899, Mem. Com. Geol. VII, #, pag. 19, Taf. IV, Fig. 23), nur erscheint der Vorder- rand schräger gestellt und gegen die hintere, unten gerundete Ecke etwas eingezogen, was eine Ähnlichkeit mit dem Verhalten bei Modiola bedingt. Von Bittners Modiola-Arten könnte vielleicht Modiola Paronai (Lamellibr. d. alp. Trias, Abhandl. XVII, Taf. V, Fig. 19) zum Vergleiche herbeigezogen werden. (Aus den lombardischen Raibler Schichten.) Eine viel schlankere Form. [11] Schichten mit Gervilleia („Perna“) Bouedi v. Hauer. 393 Länge des Schloß- oder Flügelrandes 205 mm, größte Länge in der Diagonale (Wirbel-, hintere Unterecke) 27 mm, größte Höhe 20 mm. Myoconcha cf. parvula v. Wöhrmann. Taf. XIL, Fig. 8. Nur einen Steinkern erhielt ich, den ich zu Myoconcha stellen möchte. Es ist ein Stück von 34 mm Breite, also etwas größer als das von Broili (Palaeontogr. L, 1903, pag. 196, Taf. XXI, Fig. 17—22) gezeichnete. Broili gibt diese Art außer vom Schlern- plateau (v. Wöhrmann) auch aus den oberen „Cassianer Schichten“ von Cortina an. In der Form hat ‚mein Stück mit dem von Broili (1. e. Fig. 19) abgebildeten große Ahnlichkeit. Die von L. Waagen (Al. Bittners hinterlassene Schrift über die Pachycardientuffe, Abhandl. d. k. k. geol. R.-A., Bd. XVII, Taf. XXXII, Fig. 6 und 7) als Pleurophorus Curioni v. Hauer zur Abbildung gebrachte Schale aus den Raibler Schichten von Col di Zambla (Mus. d. Straßburger Universität) hat gewiß mit meinem Stücke viele Ahnlichkeit, wenn- gleich ich es nicht gewagt hätte, sie mit den v. Hauerschen Abbil- dungen zu identifizieren (in den Sitzungsber. d. Wiener Akad. d. Wiss. 1857, Taf. VI, Fig. 7—12, als Myoconcha beschrieben und ab- gebildet). Da ich vom Schloßbau nichts aufzuschließen vermochte, bleibt meine Bestimmung immerhin fraglich. Myoconcha Weissenbachensis nov. sp. (af. M. Curioni v. Hauer). Taf. XII, Fig. 9. Zu Myoconcha möchte ich auch ein Stück aus der sandigen Entwicklung in der mittleren Partie des Steinbruches stellen. Während die vorhergehend besprochene Form eine auffallendere Verbreiterung nach rückwärts zeigt, ist bei diesem Stücke die rückwärtige Schalen- partie kaum merklich verbreitert, was an die von Broili(l. e. Taf. XXIH, Fig. 23) als Myoconcha cf. Curioni v. Hauer bezeichnete Form erinnert. Mein Steinkern fällt, durch die Steinkernfurche vor dem Wirbel und durch die scharf ausgeprägte, gegen die Stirnrandmitte ver- laufende seichte und breite Mulde auf. Anodontophora (Myaecites) sp. cf. An. Canalensis Cat. sp. Taf. XII, Fig. 10. Nur ein auf der Hinterseite unvollkommenes Stückchen mit wohlausgeprägter Anwachsstreifung. Vorne gerundet, rückwärts mit einer ganz stumpfen Kante. Wirbel vorragend. Bittners Art (Ussurigebiet, Mem. Com. Geol. VIi, 4, 1899, pag. 23, Taf. III, Fig. 34—38) erscheint in der einen Form (Fig. 37) recht ähnlich. Aus den Docks von Wladiwostok, „mit einzelnen Cephalopoden, mit Pecten ex af. Alberti ete.“ 994 Franz Toula. [112] Laube führt aus den Oassianer Schichten nur „Anoplophora“ Münsteri Wissmann an (l. ec. II, pag. 35, Taf. XVI, Fig. 13), eine Form mit weit nach vorne gerücktem Wirbel, die sich schon dadurch unterscheidet. Dasselbe dürfte auch von „Anoplophora* recta Gümb. (v. Wöhrmann 1889, Taf. IX, Fig. 7”—9) gelten, wenngleich die (l. ec. Fig. 9) gezeichnete Art aus Nordtirol eine Form mit etwas länger werdender Vorderseite sein dürfte. v. Wöhrmann (l.c.pag.217) bezeichnet diese Art als in der Mitte „zwischen A. Münsteri und A. lettica* stehend. Man vergl. auch Bittners Abbildung von A. Münsteri 1895, Taf. I, Fig. 22—25. — Von meinem Stückchen sei noch angeführt, daß der vordere Teil des Schloßrandes eine mit dem Rande parallel verlaufende Kante erkennen läßt. Der Erhaltungs- zustand ist jedoch zu schlecht, um dies genauer feststellen zu können. (Ich habe zuerst in der Tat an Cuccullae gedacht, etwa an Ouccullaea rugosa Mnst. sp., Laube, II, Taf. XVIII, Fig. 7.) Anoplophora Weissenbachensis n. f. af An. Münsteri Wissm. Ta£+/X1],.Fie:. 11. Aus meinem großen Material gewann ich nur zwei Schalen, welche ich zu Anoplophora stellen zu sollen glaube; das eine ist eine gute rechte Klappe, im ganzen Umriß gut erhalten, das zweite ist ein vollständiger Steinkern mit Teilen der dünnen Schalen, die beiden Klappen in innigem Verbande. Das erste Stück ist 26:5 mm breit und 14 mm hoch. In Vergleich zu bringen wären etwa Anoplophora recta Gümb., wie sie von S. vv. Wöhrmann (Jahrb. d. k. k. geol. R.-A. 1889, Taf. IX, Fig. 7—9) abgebildet wurde und Anoplophora Münsteri Wissmann (A. Bittner, Abhandl. d. k.k. geol. R.-A. XVIII, pag. 9, Taf. I, Fig. 22—24). Die erstere Art ist viel gedrungener und bleibt deshalb außer Betracht. Die letztere zeigt ähnliche Größenverhält- nisse, der Hinterrand ist aber viel schmäler und bildet mit dem Stirnrand einen spitzen Winkel. Bei meinem ersten Exemplar ist der Hinterrand kürzer und verläuft in einem Bogen zum Stirnrande. Nach dem beschalten Stücke Bittners von St. Cassian scheint ein recht deutlicher „diagonaler* Kiel gezeichnet, während im Texte sesagt wird, er sei nur durch Schattenwirkung markiert. An meinen Stücken kann man von einem Kiel nicht sprechen, obgleich die Wöl- bung der Schale auf der hinteren Seite etwas steiler nach rückwärts abfällt. Die Oberfläche der Schale trägt die bezeichnende feine, etwas ungleiche konzentrische Streifung. Laubes Zeichnung (St. Cassian III, Taf. Zn Fig. 15) bringt ein viel kleineres Exemplar zur Anschauung. Alyophoriopsis carinata Bütner. Taf. XII, Fig. 12. Unter der Unmasse kleiner Bivalven (vorwiegend ist darunter das Myophoricardium lineatum v. Wöhrmann) fand sich außer schlecht kenntlichen Stücken eines, welches ich zu Myophoriopsis stelle. 1 3] Schichten mit @Gervilleia {„Perna“) Boudi v. Hauer. 395 Die mir vorliegende rechte Klappe hat eine Breite von 134 mm und eine Höhe von 12'6 mm, sie ist also im Verhältnis etwas höher als das vön Laube (St. Cassian, Il, pag. 69, Taf. XVII, Fig. 7) abgebildete Originalexemplar von NMyophoria lineata Mnstr. Vom Wirbel zieht sich ein scharfer, kräftiger Kiel gegen rückwärts, der von der vorderen Partie der Schale durch eine deutliche Furche ge- schieden ist. Dieser vordere Teil ist mit scharfen, engstehenden kon- zentrischen Anwachslinien bedeckt, die über den hinteren Teil zum Schloßrande schräg nach vorne ziehen. Dieses hintere Feld ist durch eine wenig aufragende stumpfe Erhöhung in zwei Teile geschieden. Radiale Linien kann ich nicht wahrnehmen. Laube erwähnt bei Myophoria lineata ganz bestimmt die Einbuchtung am Rande des Kieles, dieser wird jedoch als eine scharfe Kante gezeichnet. Die Verschiedenheit des Kieles hat Bittner veranlaßt, die neue Art aufzustellen: Myophoriopsis carinata. Wöhrmanns Abbildungen (Jahrb. 1889, Taf. IX, Fig. 17—19) seiner Myophoriopsis lineata Mnst. sp. von Kienberg und vom Haller Salzberg sind kleiner und zeigen (Fig. 19) eine scharfe Trennungslinie auf dem hinteren Felde. Der Kiel meines Stückes ragt auch über den Stirnrand vor, wie es Bitt- ner (Lamellibranch. d. alp. Trias, Taf. XII, Fig. 7—9) zeichnen ließ. Nur ist die erwähnte Furche meines Stückes noch tiefer aus- sehöhlt als bei dem sonst sehr ähnlichen Stücke aus den Nordtiroler Cardita-Schichten von Jutental bei Mieming. Bittner führt diese Art außerdem noch an aus den Opponitzer Kalken der nordöstlichen Kalkalpen (Groß-Hollenstein an der Ybbs, Nättersbach im Pielachgebiete, Raisenmarkt im Schwechattale), aus den Bleiberger Schichten, von Heiligenkreuz bei St. Leonhard (Heiligenkreuzer Schichten), von St. Cassian und besonders große Exemplare von Cortina d’Ampezzo. Megalodon (Pachyrisma) cf. rimosus Mnstr. sp. (Bittner). Taf. XII, Fig. 12. Nur ein kleines Steinkernchen der linken Klappe, 15 mm breit, 16°3 mm hoch, liegt mir vor, welches mir mit der von Bittner (Abbandl. XVIII, 1, 1895, Taf. II, Fig. 1—5, paez. 19) zur Abbildung gebrachten Art in naher Übereinstimmung zu stehen scheint, nur die die größere Höhe stimmt nicht ganz. Die tiefe Einbuchtung vorne unter dem kräftigen Wirbel und die von diesem nach rückwärts ab- ziehenden Radialrippen sind deutlich sichtbar. Vom Schloß konnte ich nichts freimachen. Vor dem randlichen Kiel zieht eine deutliche Furche nach rückwärts, was in der Tat an das Verhalten bei vielen Lucinen (zum Beispiel der neogenen Lucina columbella Lam.) erinnert. Die Beschreibung, welche G. K. Laube (St. Cassian, II, pag. 40, Taf. XV, Fig. 9% von Pachyrisma rimosum Mnst. sp. gibt, stimmt sehr gut. Laube hat schon das Verhältnis zu Megalodon und Pachy- megalodon Gümb. erörtert und die Zugehörigkeit von Pachyrisma zu NMegalodon angenommen. Auch die Verhältnisse von Breite und Höhe stimmen so ziemlich gut (193 mm : 20:3 mm). 396 Franz Toula. [ 1 4] Gonodon (Gonodus, Corbis, Fimbria, Sphaeriola, Schafhäutlia) cf. Mellingi v. Hauer und astartiformis Mnst. sp. Taf. XII, Fig. 13, 14 a, b. Eine der häufigeren Formen des neuen Fundortes bildet eine hochgewölbte Form mit regelmäßig gekrümmtem Stirnrand und kräftigem mittelständigen Wirbel. Zumeist in Steinkernen vorliegend fand ich Abdrücke der ziemlich dickblätterigen Schale. Ein Stück läßt einen Teil der Schalenoberfläche erkennen, welche ziemlich kräftige und etwas verdickte konzentrische Anwachslinien erkennen läßt, die nur etwas weniger erhaben sind. Ein anderes Stück aus der sandigen Ausbildung des Gesteins läßt die Andeutung des Zahnes erkennen (Fig. 145). Es ist dies jene Form, welche man früher als Corbis Mellingi v. Hauer (Sitzungsber. 1857, pag. 549) zu bezeichnen pflegte und welche jetzt unter den oben angeführten Gattungsnamen ange- führt wird. Broili hat (Palaeontographica L, 1903, pag. 219, Taf. XXVII, Fig. 32) ein ähnliches Stück aus den Pachycardientuffen von der Seisser Alpe abgebildet und die Verwandtschaft mit St. Cassianer Arten erörtert, vor allem mit Gonodon astartiformis Mnst. sp. Die von S. v. Wöhrmann (Jahrb. d. k. k. geol. R.-A. 1889, Taf. X, Fig. 8) abgebildete Innenseite eines Stückes (rechte Klappe) von Riß am Wechsel in Nordtirol, zeigt die größte Ahnlichkeit mit dem oben erwähnten Stücke mit dem Schlosse. Laubes Originalexemplar ist eine kleinere Form. Das größte meiner Exemplare hat 34 mm Breite, 29 mm Höhe und zirka 29 mm Dicke. (Die eine Klappe 145 mm.) Das kleinere, etwas weniger dicke, an @. astartiformis erinnernde Stück ist 29 mm breit und 28°5 mm hoch. Zwei später herauspräparierte Stücke zeigen ganz gut die seit- lichen, breiten, sanft und tlach gerundeten Säume am Vorder- und Hinterrande, welche v. Hauer (l. ce. Taf. Ill, Fig. 1) so deutlich zeichnet und (pag. 549) beschreibt. Mehrere meiner Stücke fallen durch die Abblätterung der Schale auf (Fig. 14). Andeutung der von Hauer geschilderten „Punktierung* der Innenseite der Schale zeigt nur eines meiner Stücke. Zu Gonodon möchte ich auch zwei kleinere Stückchen stellen. Das eine stimmt mit Gonodon Mellingi v. Hauer sp. in der Form recht gut überein, nur ist der Steinkern gegen den Stirnrand hin mit ziemlich kräftigen konzentrischen Runzeln bedeckt, während in der Wirbelgegend feinere konzentrische Linien auftreten. Hier ist auch eine leichte Andeutung zweier radialer Linien vorhanden, was übrigens Al. Bittner (Bak. W. 1901, pag. 7) auch bei Gonodon Mellingi erwähnt. Höhe und Breite ziemlich gleich (zirka 14 mm). Dieses Stückchen dürfte sich sonach anstandslos mit G@onodon Mellingi v. Hauer als Varietät vereinigen lassen. Etwas anders verhält es sich mit einem ganz kleinen, recht wohl erhaltenen Steinkern (7'3 mm breit und 6'3 mm hoch, bei einer Dicke von 2:7 mm). Es ist eine linke Klappe mit besonders kräftigem Pe MI. f Aus — — [15] Schichten mit @ervilleia („Perna“) Bouei v. Hauer. 397 Wirbel, der weit über den Schloßrand vorragt, etwa so, wie es Bittner (Bak. W. 1901; Taf. VO, Fig. 13) bei Gonodon efr. eingu- latus Stöpp. sp. aus dem grauen Tridentinus-Kalk von Hidegküt („Hallstätter Kalk der ladinischen Stufe“) zeichnen ließ. Die Ober- tlächenbeschaffenheit ist recht ähnlich der des vorher besprochenen Stückes. Das viel größere Stück von Hidegküt zeigt Breite und Höhe gleich groß. Broili (Palaeontogr., L, 1903, pag. 218, Taf. XXVL, Fig. 30—31) zeichnet eine kleine Form von Gonodon astartiformis Mnst. sp., welche sich durch den fast kreisförmigen Verlauf des Stirnrandes unterscheiden dürfte. Es ist immerhin noch fast doppelt so groß (12:10°7 mm). Ich will das hübsche Stückchen von Weißenbach festhalten als Gonodon Mellingi v. Hauer var. minimus n. var. Taf. XII, Fie. 15. „Corbis Mellingi v. H.“ gibt D. Stur von 14 verschiedenen Stellen in der Fauna des Opponitzer Kalkes an. Myophoricardium lineatum Wöhrmann. Taf. XII, Fig. 16. Das häufigste Fossil meines neuen Fundortes ist eine kleine Muschel von dreiseitigem Umriß mit scharfem Kiel am hinteren Teile der Schale. Mir liegen davon 85 bloße Steinkerne und etwa 20 Steinkerne mit Schalenüberresten vor. Ich dachte zunächst an die kleine Myophoriopsis („Corbula“) Rosthorni Boue, bis ich Schalen- stücke erhielt. Die Schale ist verhältnismäßig dick und trägt auf der Oberfläche eine sehr feine ungleichmäßige Streifung. Dies und der Umstand, daß die steil abfallende Schalenoberfläche, die „hintere Area“, einfach muldenförmig vertieft ist, ohne Andeutung einer mitt- leren die Lunula begrenzenden Kante, wie sie Bittner (Abhandl. d. k. k. geol. R.-A. XVIII, 1895, Taf. XIII, Fig. 13, dem Hauerschen Original) zeichnet, zwangen mich, an Myphoricardium lineatum v. Wöhrmann zu denken, wie diese Art bei Bittner (l. c. Taf. XIII, Fig. 18—20) abgebildet wird. Wöhrmanns Abbildung (Jahrb. d. k. k. geol. R.-A. 1889, pag. 227, Taf. X, Fig. 10—14) ist weniger gelungen. Wöhr- mann führt viele Fundpunkte aus der Gegend von Partenkirchen, vom Haller Salzberg, Riß, Judenbach bei Miemingen, vom Wilden Kaiser, Kienberg, Staufen etc. an. Bittner (l. e. pag. 117) führt das Vorkommen dieser Art auch im Bleiberger Lagerschiefer (Niveau d. Halobia rugosa u. d. Oarnites floridus) an und wollte „bei späterer Gelegenheit“ auf die Verbreitung dieser Art eingehender zurück- kommen. Die Größen meiner Stücke variieren sehr von S mm Breite und 6 mm Höhe bis 16 mm Breite und 15 mm Höhe. Ein Stückchen mit kräftigeren Anwachslinien könnte vielleicht an Myophoriopsis (Corbula) Rosthorni v. Hauer angeschlossen werden; es ist jedoch zu schlecht erhalten, um eine sichere Bestimmung vorzu- nehmen. Ob gewisse durch Gruppierung der feinen Streifen wie Jahrbuch d. k. k. geol. Reichsanstalt, 1909, 59. Band, 2. Heft. (F. Toula.) 5] 398 Franz Toula. ? [16] gerunzelt erscheinende Stücke nicht unterschieden werden sollten, lasse ich des wenig guten Erhaltungszustandes wegen dahingestellt sein. Fragliche Stücke. l. Mir liegen sechs Steinkerne mit Schalenteilen vor, welche einen wohlausgebildeten Wirbel besitzen und nach rückwärts schräg gebaut sind. Vom Wirbel zieht am Steinkern eine scharf ausgeprägte Rippe gegen den Hinterrand, die nach vorne von einer schmalen, tiefen, nach rückwärts von einer breiten, seichten Furche begrenzt ist. Bei einem Stücke (Wirbelgegend) zieht aber auch nach vorne eine Rippe ab. Die Oberfläche der Schale scheint vollkommen glatt gewesen zu Sein. Bei diesem Stücke wurde ich geradezu auf das Verhalten der Versteifungen der Schale bei Pecten Hallensis erinnert, wogegen jedoch die starke Aufwölbung spricht. Alex. Bittner gibt übrigens bei einer Myophoria praeorbicularis eine Furche vor dem Wirbel an, die der Stützlehne des vorderen Muskels entsprechen soli (Bakonyer Wald, 1901, pag. 86, Taf. IX, Fig. 3—9). Myophoria praeorbicularis ist eine ältere (Buntsandstein-) Art. Eine endgiltige Entscheidung muß bei diesen Stücken offen bleiben. Taf. XII, Fig. 17. 2. Nur ein Bruchstück einer ziemlich großen, der Quere nach ungemein stark verlängerten Bivalve, die der Form nach an ein Solen-ähnliches Fossil denken läßt. Die Schale erscheint nach am Steinkern haftenden Resten von brauner Farbe, ist ziemlich diek und aus schräg zur Oberfläche verlaufenden, fein prismatischen Fasern aufgebaut. Die Oberfläche des Steinkernes ist mit Anwachsrunzeln bedeckt, welche von einzelnen schräg gegen vorne verlaufenden feinen Linien durchschnitten erscheinen. Die Höhe des langgestreckten Fossils ist fast 13 mm, die Länge des Bruchstückes etwa 40 mm. Der Schloßrand verläuft geradlinig, der Stirnrand erscheint dazu fast parallel. Es ließe dieses Verhalten an Solen denken, wogegen die Dicke und so eigenartig gebaute Schale sprechen. Chemnitzia? sp. ind. Taf. XII, Fig. 18. Zwei seitliche Durchschnitte eines ziemlich großen Gastropoden (der Durchmesser zirka 16 mm) mit spitzem Gehäuse, das verhältnis- mäßig niedere Umgänge und eine ziemlich eben verlaufende Außen- fläche besaß. Eine irgendwie nähere Bestimmung scheint mir aus- geschlossen. Spirostylus aff. subcolumnaris Mnst. sp. Taf. XII, Fig. 19. Nur ein Bruchstückehen einer sehr hoch gewundenen kleinen Schnecke liegt mir vor, welche wohl einen noch kleineren Schalen- [17] Schichten mit Gervilleia („Perna“) Bouei v. Hauer, 399 winkel besessen haben dürfte als die Form von St. Cassian (Laube, St. Cassian, IV, Taf. XXHI, Fig. 21: Chemnitzia subcolumnaris Mnst., E. Kitt], St. Cassian, III, pag. 217 [198], Taf. VII [XVI], Fig. 1, 2, 4—7, VIIL [XVII], Fig. 28: Spirostylus subcolumnaris Mnst.). E. Kittls Beschreibung (l. c.) stimmt recht gut, nur erscheint mein kleines Stückchen (ein Steinkern mit spärlich anhaftenden Schalenresten) wie gesagt noch etwas spitzer gewesen zu sein als die abgebildeten Formen. Aus den Pachycardientuffen hat F. Broili (Palaeontogr. 1907, LIV, pag. 116, Taf. X, Fig. 52—54) etwas größere Stücke derselben Art zur Abbildung gebracht. F. Blaschkes Stückchen aus den Pachy- cardientuffen (Beiträge z. Geol. Ost.-Ung. u. d. Orients 1904 [1905], Taf. XX, Fig. 25), ein ganz ebenso hochgewundenes, spitzwinkeliges Individuum, scheint mir recht gut zu stimmen. D. Häberle (Gastr. v. Predazzo, Heidelberg, Verh, naturh.-mediz. Ver. 1908, Taf. V, Fig. 26, 27, pag. 400) bildet kleine Schalen von Spirostylus cfr. subeolumnaris Mnst. ab, welche zu den stumpferen Formen mit geringerer Umgangshöhe gehören, während mein Stückchen nur mit den ganz schlanken, steilgewundenen Formen verglichen werden kann. Häberle bildet einen ähnlich so hochgewundenen Steinkern als Euthystylus (Orthostylus) sp. ab (l. e. pag. 501, Taf. V, Fig. 29), der auf eine ähnlich so steil gefundene Form deutet, jedoch eine ganz flache Oberfläche aufweist. Ptychomphalina Weissenbachensis n. f. Taf. XII, Fig. 20. Nur bei einem Stücke gelang es mir, es soweit freizumachen und herauszupräparieren, daß ich eine vergleichende Betrachtung anzu- stellen vermag. Die Schale ist kreiselförmig, der Schalenwinkel zirka 77°. Der letzte und vorletzte Umgang wurden entblößt, leider ist die Schale vielfach abgeblättert. Der Umgang ist unten schön gerundet und um- gibt einen ziemlich weiten trichterförmigen Nabel, auf der Seite geht er in eine scharf ausgeprägte Spiralkante über, an der Oberseite ist er etwas aufgetrieben. Außer dem seitlichen Kiel ist noch ein an der Unterseite gelegener Spiralwulst deutlich, der aber gegen die Mündung zu abflacht und bei der älteren Windung an die tiefe Naht zu liegen kommt. Die Schale ist glänzend und ziemlich deutlich blätterig gebaut, was man an den Anwachslinien deutlich erkennt. Diese An- wachslinien verlaufen schräg nach rückwärts, sind sehr fein mit ein- zelnen kräftigeren Stellen. Sie biegen sich am Rande des schmalen Kieles scharf nach rückwärts. Zuerst verglich ich meine Schale mit Scalites Protei Mnst. sp. nach G. K. Laubes Abbildung (St. Cassian, III, Taf. XXVI, Fig. 7), einer kleineren Form. Als es mir gelang, durch vorhergehende Zertrümmerung den Nabel frei zu bekommen, ergab sich, auch außer der vielbedeutenderen Größe, eine bestimmte Ver- schiedenheit. Die von E. Kittl (Esinokalke, 1899, pag. 7, 8, Taf. I, Fig. 3—5) zur Abbildung gebrachten Arten: Ptychomphalina conovan« Kittl n. f. und Ptychomphalina Moscardiü Stopp. sp. sind gleichfalls etwas kleinere Arten von etwas anderem Windungsquerschnitt, be- bl* 400 Franz Toula. . [1 8] sitzen jedoch jede einen offenen Nabel, stehen somit meiner Form, die etwas stärker aufgebläht ist, jedenfalls sehr nahe. Der Form nach erinnerte mich auch Kokens Lepidotrochus cancellatus (Hallstätter Sch., Taf. XI, Fig. 8) etwas an meine viel stumpfere und weitnabelige Form. Der größte Durchmesser meines Stückes beträgt 19'3 mm, die Höhe 13:5 mm, die Nabelweite 3°5 mm. Actaeonina Weissenbachensts n. sp., verwandt mit A. scalaris Münster. Taf. XII, Fig. 21. Nur ein Stückchen habe ich bei der Suche aus dem Gesteine erhalten, an dem die drei letzten Umgänge beobachtet werden können. Es ist, verglichen mit den Abbildungen bei G.K. Laube (St. Cassian III, Taf, XXIII, Fig. 6—8) und bei E. Kittl (Ann. d. Hofmus., Taf. XI, 2, Fig. 24—3]J), auffallend groß zu nennen. Die drei Windungen haben eine Länge (Höhe) von 11 mm, wovon 7’5 mm auf den letzten Umgang entfallen, bei einer Dicke von 6°3 mm. Leider iehlen meinem Stückchen die Anfangswindungen. Nach den Maßangaben Laubes ist mein Stück fast doppelt so groß, aber etwas schlanker gebaut, da bei Laube die Höhe des letzten Umganges zur Breite 4:4, bei meinem Stücke 75:63 beträgt. Unter der scharf ausgeprägten serundeten Randkante verläuft bei meinem Stücke eine zarte, aber deutliche Furche, was an die von Kittl (l. c. Taf. XI, Fig. 26) gezeichnete Form erinnert, nur ist die Furche bei meinem Stücke ganz schmal und trotzdem als scharfe Rinne ausgebildet; auf dem zur Naht steil abfallenden Schalenteile zieht eine ganz ähnliche zarte aber scharfe Rinne am Nahtrande neben einer leichten Auf- wölbung hin. Das Verhalten ist sonach etwas anders, als es von Kittl bei der typischen Actaeonina scalaris (l. ec. pag. 243 [261]) beschrieben wurde. Im übrigen ist die feine Anwachsstreifung der Schale ganz ähnlich wie bei der in Vergleich gebrachten Art nach E. Kittls Zeichnung. Auch die Faltenlosigkeit und die Schwiele an der Spindel ist ganz ähnlich. Nur die Größe und die geschilderten beiden feinen Rinnen unterscheiden. Nautilus (Pleuronautilus) aff. planilateratus Fr. v. Hauer. Taf. XI, Fig..22. Bei der Suche nach Fossilresten in dem gesammelten Material erhielt ich ein Bruchstück des Steinkernes mit gut erkennbaren Loben- linien und Teilen der Schale, welche die Dornung am Steinkerne recht gut erkennen läßt. Nahe dem Rande der ganz flach gewölbten Externseite erheben sich deutlich erkennbare stumpfhöckerige Knoten, eine zweite solche, nur etwas schwächere Knotenreihe steht nahe dem steilen Abfalle der ebenen Flanken gegen den weiten Nabel. Die dritte Knotenreihe in der Mitte der Flanken ist noch weniger gut ausgeprägt, aber immerhin noch deutlich zu erkennen. [19] Schichten mit Gervilleia („Perna“) Bouei v. Hauer. 401 Da die Schalenoberfläche sowohl die feine, etwas runzelige Spiral- streifung als auch die auf der Außenseite nach rückwärts gekrümmten Querlinien "erkennen läßt, so sind eigentlich alle Eigenschaften der von Fr. v. Hauer (Sitzungsber. XLI, 1860, Taf. If, Fig. i—4) zur Abbildung gebrachten Art vorhanden. Als Fundort wird für das in Vergleich gezogene Stück Teltschen bei Aussee genannt. Mojsisovics hat diese Art auch aus den Kalken mit Trachyceras Aonoides des Raschberges angeführt (Abhandl. d. k. k. geol. R.-A. VI, 1. Suppl., Taf. IX, Fig. 3), zur Abbildung gebracht und mit seinen: Nautilus Fischeri, Gaudryi, Wulfeni und anderen zu Pleuronautilus gestellt, welche neue Gattung auch im Muschelkalk Bosniens (v. Hauer) und von Reifling (v. Arthaber) vorkommt (Mojsisovics |. c. pag. 237). Keine der vielen Arten steht meinem Stückchen näher als die v. Hauersche Art. Zunächst ähnlich wäre Pleuronautilus Wulfeni E. v. Mojs. (l. ec. pag. 243, Taf. X, Fig. 1), welche Art nur deshalb noch genannt wird, weil sie auch aus den Schiefertonen „mit Carnites floridus* von Bleiberg nnd aus den gleich alten dunklen Kalken von Wandau bei Hieflau (?) angeführt wird. Der kleine Nautilus erinnert sicherlich auch an gewisse Formen der Reiflinger Kalke, zum Beispiel an die inneren Umgänge von. Nautilus (Pleuronautilus) furcatus v. Arth. (Reifl. Kalke, 1895, Taf. II, Fig. 3). Lecanites (?) Weissenbachensis n. sp. Fat XII! Big. 23. Ein zweites, noch kleineres Stückchen liegt mir vor. Durchmesser 8'3 mm, Höhe des letzten Umganges 37 mm, größte ‚Dicke 2:9 mm, Nabeiweite 1'9 mm. Die Außenseite ist gerundet und geht ohne jede Randkante in die Flanken über, welche bis an den Nabelrand gleichmäßig leicht gewölbt verlaufen. So klein das Stückchen ist, so läßt es doch die Lobenlinie auf das beste vom Nabelrande an verfolgen. Auf den Flanken liegen zwei Loben, der innere kleiner und seichter, der äußere tiefer und breiter, der am Rande der Außenseite liegende Sattel ist dem auf der Mitte der Flanken stehenden in Form und Größe gleich. In der Mittellinie der Außenseite läßt sich deutlich die Siphonalunterbrechung erkennen. Es ist dies ein Verhalten, wie es ähnlich so bei Laubes Clydonites Frisei Mnst. sp. (St. Cassian, V, 1869, pag. 17, Taf XXXVII, Fig. 5) gezeichnet und beschrieben wird, nur sind die Loben und Sättel etwas kürzer und um je einen Lappen zahlreicher, zeigen also in der Zahl etwas Übereinstimmung mit der von Laube als Ammonites glaucus Mnst. gezeichneten viel flacheren Form von St. Cassian (1. ec. Taf. XXXVI, Fig. 9). Von einer Zackung an den Loben ist keine Spur zu erkennen. Olydonites Frisei Mnst. (Laube, XXXVIL, Fig. 5) hat Mojsisovics (Mediterr. Trias-. prov., pag. 211, Taf. XXVII, Fig. 15—17) mit. Nannites spuwrius Mnst. vereinigt, den Ammonites glaucus Laube aber zu seinem Geschlechte Lecanites gestellt. Wenn ich die von demselben Autor (Geb. v. Hall- statt, pag. 155) gegebene Schilderung der Loben des Geschlechtes 402 Franz Toula. ö [20] Lobites vergleiche, so müßte ich mein Stückchen dazu stellen. An der Außenseite zeigt sich der Siphonallobus in meinem Stückchen, so wie es der „viel berufenen“ Siphonaldute entsprecheu würde, sie ähnelt in der Tat auf das auffallendste der Siphonaldute etwa bei Goniatites (Anarcestes) plebejus Barr., wie sie zum Beispiel Zittel (Paläontologie, II, pag. 417, Fig. 568) gezeichnet hat. Von einer Einschnürung und einem kapuzen- oder helmförmigem Wohnkammervorsprung, wie er für Lobites-Olydonites so bezeichnend ist, ist an meinem Stückchen nichts wahrzunehmen. Auch scheint mir die flache Schalenform Zweifel erregend. Die Lobenlinie bei Lecanites glaucus Mnst. sp. bei Mojsisovics (Mediterr. Triasprov. Taf. LI, Fig. 14) unterscheidet sich von der Laubeschen Zeichnung durch die größere Anzahl der Loben auf das bestimmteste; die letztere Zeichnung verhält sich, wie erwähnt, ganz analog wie bei meinem Stückchen. Die Nannites-Formen, welche Mojsisovics beschrieben und abgebildet hat, sind durchweg stark aufgeblähte, sehr engnabelige Formen, was ja auch für Laubes Clydonites Frisei (l. c.) stimmt, während mein Stückchen flach und der Nabel so weit ist, daß er zwei innere Windungen erkennen läßt. Auch die ähnlichste, der Art nach nicht bestimmte Lobites-Form bei Mojsisovics — alle anderen sind aufgeblähte Arten — (Mediter. Triasprov. Taf. XXXIX, Fig. 12) hat eine größere Anzahl viel schmäler gebaute Loben. Ich bin nach allem genötigt, den sicheren Gattungsnamen offen zu lassen und bezeichne mein Stück als Lecanites (?) Weissenbachensis n. sp. Ammonites glaucus Mnst. wird auch von Raibl und Corfara (Fauna des Wengener Schiefers) angegeben. Carnites (?) spec. ind. (aff. florıdus Wulfen sp.). Taf. XII, Fig. 23. Nur ein kleines Stückchen liegt mir vor, welches von den in E. v. Mojsisovics’ Cephalopoden der mediterranen Triasprovinz (Abhandl. d. k. k. geol. R.-A., X, 1882) enthaltenen Formen vor allem an die als Subfamilie Peychitinae zusammengefaßte Pinacoceratiden- familie angeschlossen werden muß. Es ist ein flaches Scheibchen von 11:6 mm größtem Durchmesser, bei einer Höhe des letzten Umganges von 63 mm und der Dicke von 3'5 mm. Die Nabelweite beträgt 1’9 mm. An der flachen und nur 1'2 mm breiten Außenseite treten zwei scharfe Randkanten auf, zwischen welchen sich eine streckenweise (gegen vorn) deutliche, wenn auch nicht sehr bestimmt ausgeprägte Mittelkante erhebt. An den sehr flach gewölbten Flanken glaube ich unter der Lupe leichte Andeutungen von geschwungenen zarten Linien wahrnehmen zu können, auch glaube ich nahe dem vorderen Bruchrande einen Wulst zu erkennen. Eine irgendwie klare Vorstellung über den Bau der Lobenlinie zu erhalten, ist mir trotz vieler Bemühung nicht gelungen, doch glaube ich nach einigen Andeutungen auf einen zer- schlitzten Charakter derselben schließen zu dürfen. Da E. v. Moj- sisovics (l. ec. 227) erwähnt, daß die meisten der bisher mit Carnites floridus verglichenen Formen zu Meekoceras und Hungarites gehören, R [21] Schichten mit Gervilleia („Perna“) Bouei v. Hauer. 403 habe ich natürlich nicht unterlassen, die von demselben Autor ange- führten Arten dieser Gattungen in Vergleich zu bringen. Ich habe jedoch ein” sonst ähnliches Stück mit Randkanten an der Außenseite nicht finden können, mit Ausnahme etwa der Norites-Formen, zum Beispiel bei Norites gondola Mojs. (Mediterr. Triasprov., Taf. LII, Fig. 5—8) aus dem Schreyeralmkalke. Auch die diskusartigen Formen aus dem bosnischen Muschelkalke (Fr. v. Hauer, Denkschr. d. Wr. Ak. d. Wiss. 1896, LXIII, Taf. XIII, Fig. 1—8), baben zwar die scharfen Randkanten, jedoch keine Spur eines Mediankieles. Die Be- stimmung bleibt somit fraglich, bis sich etwa ein besseres Fundstück ergibt, ein Stück, welches die Lobenlinie erkennen läßt. Norites hat übrigens keine Andeutung einer mittleren Kante. Dasselbe gilt für die Sageceras-Formen. D. Stur (Steiermark, pag. 283) gibt das Vorkommen von Ammonites floridus auch in der Fauna des Hallstätter Kalkes an, und zwar von Teltschen (Aussee OÖ), vom Raschberg (Goisern) und von M. CGlapsovon (Ampezzo W), Al. Bittner (Hernstein, pag. 95) aus Halobienschiefern und aus der Gegend von Kleinzell (l. e. pag. 97). Fauna von Weissenbach-Hinterbrühl. 1. Cidaris sp. ind. (cfr. ©. dorsata Bronn.). Einige Durchschnitte. 2. Spiriferina Lipoldi Bittner. Nur ein Stückchen. 3. Terguemia (?) spec. (Wohl eine neue Form cfr. T. obligua Mnst. sp.) Nur ein Stückchen. 4. Pecten Hallensis Wöhrm. var. Weissenbachensis n. var. Viele Stücke. 5. Pecten sp. ind. 6. Pecten (?) cf. Alberti Gldf. (vielleicht neue Form). Mehrere Stücke. 7. Pecten sp. ind. cf. Pecten Veszprimiensis Bittner. Nur ein Abdruck. 8. Avicula cf. Hallensis v. Wöhrm. Nur ein Stück. 9. ” Weissenbachensis n. f. af. A. Hallensis v. Wöhrm. Zwei Stückchen. 10. Cassianella cf. angusta Bittn. Zwei kleine Stückchen. 11. Gervilleia (Perna, -Odontoperna) Bouei v. Hauer sp. var. Weissen- bachensis n. var. Viele Stücke. 12. Modiola (Myalina?) Weissenbachensis n. f. Nur ein Stückchen. 13. Myoconcha cfr. parvula v. Wöhrmann. Nur ein Steinkern. 14. A Weissenbachensis n. sp. 15. Anodontophora (Myacites) sp. cfr. An. Canalensis Cat. (Bittner). Nur ein Bruchstück. 16. Anoplophora Weissenbachensis n. f. af. Anopl. Münsteri Wissm. Zwei Stücke. 17. Myophoriopsis carinata Bittner. Nur ein Stückchen. 18. (?) Megalodon (Pachyrisma) rimosus Mnst. sp. (Bittner). Ein Stückchen. 19. Gonodon (Corbis, Fimbria,Sphaeriola, Schafhäutlia) Mellingi v. Hauer. 20. Vielleicht Gonodon astartiformis Mnst. sp. Viele Stücke. 21. Gonodon Mellingi v. Hauer var. minimus n. var. Nur ein Stückchen. 22. Myophoricardium lineatum v. Wöhrm. Häufigste Art. 23, 24. Zwei fragliche Stücke. 404 Franz Toula. s [22] 25. Chemnitzia (?) sp. ind. Zwei zusammengehörige Durchschnitte. 26. Spirostylus subcolumnaris Mnst. sp. Nur ein Bruchstück. 27. Ptychomphalina Weissenbachensis n. f. Nur ein Stückchen. 28. Actaeonina Weissenbachensis n. sp. af. A. scalaris Mnst. sp. Nur ein Stückchen. 29. Nautilus (Pleuronautilus) af. planilateratus F. v. H. Nur ein Stück. 30. Lecanites (?) Weissenbachensis n. sp. Nur ein Stückchen. 31. Carnites (?) sp. ind. af. Carnites floridus Wulfen sp. Alex. Bittner hat in seinem ausgezeichneten Werke: „Die geo- logischen Verhältnisse von Hernstein in Niederösterreich“ (Wien 1882) bei der Besprechung der Lunzer Schichten im Gutenstein-Furter Zuge (pag. 109) ein Vorkommen von schwarzen Mergelschiefern erwähnt (bei Sieding) mit Actaeonina af. alpina Klipst., Euchrysalis sp. ?, Posidonomya Wengensis Wissm.?, Gervillia af. angusta Münst., Avicula af. Gea d’Orb., Modiola af. gracilis Klipst., Modiola sp., Macrodon sp., Nucula af. lineata Münst., Nucula sp., Leda af. Zelima Orb., Cidaris sp., Enerinus sp. — Ein ähnliches Vorkommen erwähnt er am Abhange der Raxalpe gegen das Reibtal, hier mit Halobia rugosa. — Von der Hohen Wand werden fossilführende Kalkmergel, den Raingrabener Schiefern entsprechend (am Placklesberge) angeführt, von wo genannt werden: Chemnitzia oder Loxonema sp., Modiola af. dimidiala Mnst., Avieula af. Gea d’Orb., Nucula af. lineata Mnst.?, Nucula af. ewpansa Wissm. Schon L. Hertle (Jahrb. d. k. k. geol. R.-A., XV, 1856, pag. 490 ') hat in den Lunzer Schichten der Voralpen (Bittner ].c. pag. 39) unterschieden: 1. Mergelschiefer und Schiefertone mit MHalobia rugosa Gümb.; 2. graue feinkörnige Sandsteine und Sandsteinschiefer mit Einlage- rungen der Halobienschiefertone (die letzteren — den Raingrabener Schiefern nach CZijZek, Stur und Bittner); 3. schwarze und dunkelgraue Sandsteine. mit Pflanzenresten und Kohlen; 4. Sandsteine, meist von dunkler Farbe, sehr fest und dicht und kalkhaltig mit Einlagerungen von Petrefakten, die ihnen und dem nächsthöheren Horizont der Opponitzer Kalke größtenteils gemein- sam sind. Diesem Einlagerungen führenden obersten Lunzer Sandstein, dem „Hangendsandstein“*, dürften die Vor- kommnisse meines Fundortes entsprechen. !) L. Hertle (l. ec. pag. 498 fi.) hat die Lunzer Schichten nach der Art ihres Auftretens unterschieden, a) in solche, wo sie innerhalb des Dolomits auftreten, b) in solche, welche an das Auftreten der die Werfener Schichten nordseits be- egleitenden „Gößlinger Schichten“, nach D. Stur = Reiflinger Schichten, gebunden sind und c) in die Lunzer Schichten im Vorgebirge, wovon die beiden ersten Vor- kommen ganz wohl aufrechterhalten werden können, während die letztere Art des Auftretens den beiden zuerst angeführten Fällen zufällt. Das Weißenvacher Vorkommen gehört sicher in die zweitgenannte Art des Auftretens. bene 4 u nn [23] Schichten mit Gervilleia („Perna“) Bouei v,. Hauer. 405 Gerade in den oberen Raingrabener Schiefern (die unteren [1.] enthalten die „Halobia rugosa allein“), stellt sich, „da wo die Sandsteinzwischenlagen beginnen“, das Vorkommen von Carnites floridus ein. | Die Wandaukalke Sturs unter dem Hauptsandstein (4.) (Geo- logie der Steiermark 1871, pag. 245), von Wandau bei Hieflau und von der Hammerschmiede bei Türnitz, enthalten: Nautilus haloricus Mojs., Ammonites floridus Wulf. sp., Lima subpunctata d’Orb., Cassianella florida Laube, Halobia Haueri Stur, Hinnites denticostatus Klpst., Spiriferina gregaria Sw. und KEnerinus granulosus Mnst. Es ist dies eine Fauna, welche im Charakter der Weißenbacher Fauna recht ähnlich ist, doch fehlen in dieser die Halobien, in den Wandaukalken aber die Gervilleia Bouei. Die Hangendsandsteineinlagerungen hat D. Stur (l. c. pag. 252) unterschieden in: 1. die Cardita-Schichten, welche an die St. Cassianer Schichten in oolithischer Ausbildung erinnern, 2. die schiefrigen Mergel mit Leda sulcella und Pecten filosus v. Hauer, 3. die Mergel mit Solen caudatus v. Hauer und 4. die Mergelkalke mit Perna Bouei v. Hauer und Myophoria Kefersteini Mnst. 2—4 erinnern an die Raibler Schichten. Wenn ich D. Sturs Angaben über das Auftreten dieser Bildungen vergleiche (l. c. pag. 254), so wird das Cardita-Gestein bei Kleinzell (N.-O.) teils innerhalb der Hangendsandsteine, teils diese Sandsteine überlagernd angetroffen; ähnlich so verhalten sich auch die übrigen Ausbildungen, nur die Solen-Schicht wird speziell aus dem Liegenden der Opponitzer Schichten angegeben. Was das Auf- treten der Wandaukalke nördlich von Hieflau am linken Ufer der Enns anbelangt, so liegen sie über Raingrabener Schiefern, die nach oben mit einem grauen Sandstein und mit dem petrefaktenreichen zähen Wandaukalk verbunden sind. — Der Sandstein enthält den Nautilus haloricus Mojs. ebenfalls. Perna Bouei v. Hauer, Corbis Mellingi v. Hauer und Hauptformen des Opponitzer Kalkes in den Österreichischen Voralpen „unmittelbar über den Lunzer Sandsteinen“ (Lipold, Stur, Bittner) treten neben Pecten filosus auf, in Schichten, welche nach D. Stur „aus den Hangendsandsteinen des Lunzer Komplexes durch Wechsel- lagerung sich entwickeln“ (Bittner, Hernstein, pag. 110). Während mit Gervilleia Bouei und Astarte Rosthorni in den „Torer Schichten“, welche gewiß eine große fazielle Ähnlichkeit mit den „Perna Bouei-Schichten“ von Weißenbach besitzen, die Ostre«a montis caprilis und Pecten filosus zusammen genannt werden (man vergl. S. v. Wöhrmann: Die Raibler Schichten, Jahrb. d. k. k. geol. R.-A. 1893, pag. 617) und während die genannte Osfrea ganz nahe dem neuen Fundorte in einem der obersten Aufschlüsse auf der rechten Seite des Mödlingbaches in reinen Kalken neben Gonodon („Corbis“) Mellingi angetroffen wird, fehlen die beiden Arten an dem neuen Fundorte vollständig, Die neue Fauna würde durch die Art ihres Vorkommens das Wiederaufleben der Annahme Alex. Bittners, Sturs Bezeichnung Jahrbuch d. k.k. geol. Reicnsanstalt, 1909, 59. Band, 2. Heft. (F. Toula.) 52 406 Franz Toula. - [24] „Lettenkohlengruppe“ für Raibler Schichten anzuwenden, unterstützen, da sie in Gesteinseinlagerungen im obersten Teile der Lunzer Sandsteine auftritt. Anderseits ist das so häufige Vorkommen von Formen vom Charakter jener der Schichten von St. Cassian auffallend genug. Hier müssen wohl bei der Art des Auftretens die Formen der jüngeren Stufe entscheidend sein. Die fossilen Gephalopodengebisse. III. Folge. Von Dr. Alfred Till. Mit einer Lichtdrucktafel (Nr. XIII) und einer Zinkotypie im Text. Die hiermit veröffentlichte Rhyncholithenstudie ist eine Fortsetzung folgender Arbeiten des Autors: Die Cephalopodengebisse aus dem schlesischen Neokom. (Versuch einer Monographie der Rhyncholithen.) Jahrb. d. k. k. geol. R.-A. 1906, pag. 89 —154. Die fossilen Cephalopodengebisse. Jahrb. d. k. k. geol. R.-A. 1907, pag. 555 —682., Die fossilen Cephalopodengebisse. Jahrb. d. k. k. geol. R.-A. 1908, pag. 574 -608. Diese neue Folge enthält die Beschreibung zahlreicher neuer Arten der Gattung Hadrocheilus aus der unteren Kreide Südfrank- reichs und einer neuen Hadrocheilus-Art aus der Kreide von Naekolam, ferner sind mir zahlreiche Stücke schon früher beschriebener Hadro- cheilus- und Akidocheilus-Arten auch diesmal vorgelegen. Mit Ausnahme des H. Kossmati verdanke ich das neue, interessante Material der besonderen Aufmerksamkeit des Herrn Professors Kilian und des Herrn Paul Rebout von der Universität Grenoble, wofür ich hier- mit meinen besten Dank ausspreche. Die hiermit fortgesetzten Studien haben die frühere Annahme bestätigt, dab die Gattung Hadrocheilus sich besonders auffällig von allen übrigen Gattungen unterscheide, und zwar nicht nur durch auf- fallende morphologische Merkmale, sondern auch durch den außer- ordentlichen Artenreichtum und durch die Tatsache, daß die Hadro- cheilus-Schnäbel fast ausnahmslos vereinzelt oder höchstens zu je zwei Stücken vorgefunden wurden, wogegen von den übrigen Gattungen stets viele Exemplare beisammen liegen. Die Begründung neuer Arten ist mit größtmöglicher Vor- sicht geschehen, wie dies im Jahrbuch 1907 und 1908 des näheren auseinandergesetzt wurde. Viele sonst gut erhaltene Stücke sind nicht mit spezifischen Namen belegt worden, weil nicht alle charakteristischen Merkmale bestimmbar waren. Besonders sorgfältige Beobachtung und Uberlegung erfordert bei Rhyncholithenbestimmungen die Unter- scheidung von morphologischen Merkmalen und solchen des Er- Jahrbuch d. k.k. geol. Reichsanstalt, 1909, 59. Band, 2. Heft. (Dr. A. Till.) 59* 408 Dr. Alfred Till. [2] haltungszustandes. Daraus erklärt es sich, daß bei einem mehr flüchtigen Vergleich aller vom Autor begründeten Arten oft sehr ähnliche getrennt und sehr unähnliche vereinigt erscheinen. Die an- gedeutete stete Verwechselung von Art- und Erhaltungscharakter war auch Ursache, warum fast gar keine der früher begründeten Arten aufrecht erhalten werden konnte. Da es also für Rhyncholithenbestimmungen notwendig ist, die so verschiedenartigen Modifikationen des Erhaltungs- zustandes zu kennen, seien diese angeführt: Man muß vor allem eine unvollständige und eine schlechte Erhaltung voneinander trennen. Verschiedene Grade der Voll- ständigkeit eines Cephalopodengebisses, die jeweils ein ganz anderes Aussehen ein und derselben Art bedingen, sind etwa folgende: 1. Ganz vollständige Erhaltung. (Bsp. Jahrb. 1906, Taf. V, Fig. 53.) 2. Rhyncholith und Flügelfortsätze vollständig, es fehlt aber die Deckschicht auf dem Flügel. (Bsp. Nautilus, Jahrb. 1906, Taf. V, Fig. 67.) 3. Rhyncholith samt Deckschicht, aber die Flügel teilweise ver- broehen. (Bsp. Jahrb. ‘1906, "Taf. IV, Fig.’ 21 7.22) 4. Rhyncholith samt Deckschicht, aber die Flügel nur zum kleinsten Teil erhalten. (Bsp. Jahrb. 1907, Taf. XII, Fig. 6« und Jahrb. 1908, Taf. XIX, Fig. 11a.) 5. Rhyncholith vollständig, von Deckschicht und Flügeln nur Rudimente erhalten. (Bsp. Jahrb. 1907, Taf. XII, Fig. 4a u. 25a.) 6. Rhyneholith vollständig, aber nur wenige Reste eines Flügels. (Bsp. Jahrb. -1907, Taf. XII, Fig. 12a.) 7. Rhyneholith fast vollständig, aber keine Spur der hornigen Flügel. (Bsp. Jahrb. 1909, Textfig. 1 u. 2.) 8. Rhyncholith selbst in verschiedenster Weise verbrochen. Den Unterschied ein und desselben Kieferstückes mit und ohne Flügelreste vergleiche man auf Taf. XIJI, Fig. 1 u. 2 dieser Arbeit. Den Unterschied eines vollständigen und verbrochenen Rhyn- cholithen selbst vergleiche man durch Jahrb. 1906, Taf. V: Fig. 53, Gonatocheilus, vollständiger Rhyncholith samt Deckschicht. Fig. 46, ein ähnlicher Gonatocheilus, vollständiger Rhyncholith, aber Deckschicht über dem Schafte verbrochen. R Fig. 47, ein ähnlicher Gonatocheilus, aber mit stark verbrochenem Rhyncholith und fast ohne Deckschicht. Ein Erhaltungsunterschied ist zum Beispiel auch die glatte oder wellige Streifung des Schaftes. Letztere ist durch die Lamellen, aus denen der Schaft besteht, bedingt und kommt eben nur zum Vor- scheine, wenn die glänzend glatte Deckschicht erodiert ist. (Vgl. Jahrb. 1908, Taf. XIX, Fig 20a und Fig. 22a.) Welchen Unterschied es macht, ob die Deckschicht über die Kapuze hinaus noch erhalten ist oder nicht, zeigen die beiden sehr ähnlichen Arten im Jahrb. 1908, Taf. XX, Fig. 25a u. 26a. Wie der Schnabel verändert aussieht, wenn die Spitze ab- gebrochen ist, zeigt ein Vergleich der beiden wahrscheinlich iden- tischen Formen im Jahrb. 1908, Taf. XX, Fig. 1la u. 12a oder ebendort Fig. 20a und 22a. _ a ————_— nn m u en men € [3] Die fossilen -Cephalopodengebisse. 409 An Rhyncholithen, die eine Dorsalfurche besitzen, bricht leicht die Kapuze in der Nahtgegend ein und zeigt dann eine auffällige Skulptur, "die eben nur in der mangelhaften Erhaltung ihren Grund hat, wie Jahrb. 1907, Taf. XII, Fig. 10«, oder mehrere diesmal ab- gebildete Hadrocheilus erkennen lassen. Dieses Beispiel zeigt übrigens, wie man gelegentlich von Er- haltungsmängeln auf ursprünglich vorhanden gewesene Merkmale schließen kann. Hierzu ein weiteres Beispiel: Die Hinterkanten der Kapuze sind fast stets verbrochen aber aus dem Verlauf der Seiten- kanten kann man dennoch auf die Tiefe der &chancrure schließen. Aus der Tiefe des Sillons erhellt die ursprüngliche Form und Dicke des hornigen Mittelflügels usf. Kurz es läßt sich auch bei Rhyn- cholithen oft ein gewisses Gesetz der Korrelation anwenden. Viel schwerer gelingt eine Rekonstruktion des Gebisses, wenn der vielleicht ziemlich vollständige Rhyncholith, wie ich mich oben ausgedrückt, schlecht erhalten ist, das heißt wenn er durch den FossilisationsprozeB in seiner Gänze oder auf einer oder mehreren Seiten „erodiert“ ist, wie dies Fig. 15a—c auf Taf. XII, Jahrb. 1907, dargestellt. Da oft einander fernstehende Arten auf einer Seite (zum Bei- spiel von oben gesehen) gleich aussehen, ist es fast stets untunlich, auf Exemplare, die nicht vollständig klar aus dem Gestein ausgelöst sind, eigene Arten zu gründen. (Bsp. Jahrb. 1907, Taf. X, Fig. 30.) Wenn man überlegt, daß die festen Kalkstücke der Cephalo- podengebisse (Rhyncholithen) naturgemäß und erfahrungsgemäß sich weit weniger voneinander unterscheiden als die Tiere selbst, zu denen sie gehören, daß aber eben diese Kalkstücke infolge ihrer Festigkeit eine Menge charakteristischer Merkmale enthalten una erhalten haben, so erkennt man leicht, daß sich die Rhyncholithen zu subtilen Unterabteilungen, zu „Artabtrennungen“* zweifellos eignen. Wenn man ferner bedenkt, daß die Tiere, zu denen die Nicht- Nautilus-Schnäbel gehörten, die vom Lias bis in die Unterkreide lebten, gewiß in sehr zahlreiche Arten zerspalten waren, daß aber die Rhyn- cholithen sehr seltene Fossilien sind, so erscheint es nur natürlich, daB die Zahl der Arten im Verhältnis zur Zahl der bekannten Stücke sehr groß ist. Man beachte übrigens diesbezüglich das charakteristische ungleiche Verhalten von Hadrocheilus und den übrigen problematischen Gattungen. Ich glaubte dies deshalb hervorheben zu müssen, um dem bei flüchtigem Überblicke leicht auftauchenden Einwande, diese Mono- graphie zerspalte die Nicht-Nautilus-Rhyncholithen in zu zahlreiche Arten, zu begegnen. In den nachfolgenden Tabellen I und II auf pag. 410 und 411 sind die Maßzahlen der hier besprochenen Gattungen angegeben. cor | 0'8). Die Zuwachsstreifung ist sehr deutlich, sie konvergiert an der Dorsalkante unter einem ziemlich spitzen Winkel. Schaft sehr groß, die Kapuze an Länge und Breite über- treffend (vergl. !4/lo, b}/ba); Schaftfurche schmal, aber tief, nicht ganz zentral verlaufend, Grenzkanten des Schaftes nahe der Naht scharf, segen rückwärts gut zugerundet. Hinterrand breit gerundet. Unterseite im Profil ziemlich stark konvex, aber ohne einen Höcker zu bilden. Basallinie (nicht gut erhalten) dachförmig, gleichmäßig vom Scheitel zum Hinterrand entwickelt, die Unterseite symmetrisch teilend. Scheitel vollständig geradlinig auslaufend, stark, aber gut zugespitzt (am vorliegenden Stück ein wenig verbrochen). Keine quin- quecarinate Skulptur. Scheitelwinkel und Profilkrämmungswinkel mäßig groß. Das Stück zeigt (Taf. XIII, Fig. 1a und e) von den hornigen Flügel- fortsätzen ein großes Stück des Mittelflügels und des rechten Seiten- flügels prächtig erhalten. Man sieht, wie beide getrennte Stücke bilden, die längs der Schaftkanten an einer Art Naht aneinandergrenzen; im charakteristischen Gegensatz zum Nautilus-Schnabel, wo nur ein untrennbarer Flügel vorhanden ist, der sich rund um den Schaft legt. (Man vergl. Taf. XIII, Fig. 1a—c, mit der schematischen Zeichnung im Jahrb. 1907, pag. 659, Fig. 8A und B, und Jahrb. 1906, pag. 104, Fig. 3a und b.) Der rechte Seitenflügel läßt noch die Zuwachsstreifung und die diese kreuzende feine Runzelung erkennen, also genau die- jenige charakteristische Zeichnung, die wir am Flügel des rezenten Nautilus-Schnabels sehen (vergl. Jahrb. 1906, Taf. V, Fig. 65). Die Unterschiede dieser Art von ähnlichen allen Formen sind so auffallende, daß genauere Vergleiche wohl nicht gegeben werden brauchen. Fundschicht: Gargasien von Lesches, serre Chaitien, 1 Exemplar. 2. Hadrocheilus Juliensis nov. sp. Taf. XIII, Fig. 5a—c. Kapuze an den Flanken deutlich eingedrückt (comprime), beiderseits steil abfallend, Dorsalkante der Länge nach mäßig ge- bogen, im Querschnitt flach gerundet. An der Naht ist die Kapuze verbrochen, was auf das Vorhandensein einer Dorsalfurche zu deuten scheint. Die Tiefe des Ausschnittes ist, da die Zipfel der Kapuze ab- gebrochen sind, nicht sicher zu messen. = Bc* = vie : [7] Die fossilen Cephalopodengebisse. 413 Schaft bedeutend größer als die Kapuze (vergl. I,/ls, b}/bs). Schaftfurche flachmuldenförmig, Schaftkanten nach innen und außen deutlich abgerundet, Hinterrand wellig gebuchtet. Unterseite im Profil flachwellig. Basallinie die Unterseite symmetrisch teilend, vom Scheitel zum Hinterrand gleichmäßig entwickelt, als zarte Leiste (Längsfältchen der äußeren Schicht des Schnabels). Scheitel an der Unterseite deutlich quinquecarinat, wobei die Nebenrippchen bis gegen den Hinterrand zu parallel mit der zentralen Basallinie deutlich sind. Die Spitze des Scheitels ist sehr mäßig zugespitzt und ganz leicht nach abwärts gebogen. Scheitel- winkel infolge der Kompression der Kapuze sehr klein. Diese Art ist von dem nächstähnlichen 7. Tauriensis durch die mehr langgestreckte Gesamtform und die im Profil zum Teil konkave Unterseite abtrennbar. Die Maßzahlen der Tabelle I (Kol. 2) beziehen sich auf das ab- gebildete Stück. Fundschicht: Valanginien inf. von St. Julien, 1 Exemplar (das abgebildete); Valanginien sup. von Veynes, 1 Exemplar. 3. Hadrocheilus Berriasiensis nov. sp. Taf. XIII, Fig. 9«a—c und Fig. 10 a—c. Kapuze deutlich seitlich zusammengedrückt. Dorsalkante der Länge nach stark gebogen, im Querschnitt gerundet. An der Naht ist die Kapuze verbrochen, was auf eine Dorsalfurche zu deuten scheint. Ausschnitt seicht (a/s =0'8). Seitenkanten der Kapuze konkav ausgehöhlt. Schaft der Kapuze an Größe gleich. Schaftfurche tief mulden- förmig. Grenzkanten des Schaftes im Querschnitt unter einem rechten Winkel abgeknickt. Hinterrand flach zweispitzig. Unterseite im Profil konkav. Basallinie symmetrisch teilend und gleichmäßig als zarte Leiste entwickelt. Scheitel unten deutlich quinquecarinat, mäßig zugespitzt, flach abwärts gebogen. Scheitelwinkel sehr klein. Das Charakteristische der Art scheint in dem fast rüsselförmig sich ausdünnenden Scheitel und der flachmuldigen &chancrure zu bestehen. Die beiden abgebildeten Exemplare lassen die morphologischen Veränderungen während des Wachstums gut erkennen. Sie bestehen in einer deutlicheren Abwärtsbiegung der Scheitelregion, der Ver- breiterung der Schaftfurche und Abrundung der Schaftkanten. Die nächstähnliche Art ist H. Berri-siensis (vergl. die folgende Artbeschreibung). Die Maßzahlen der Tabelle I (Kol. 3 und 5) gelten für die beiden abgebildeten Exemplare, Kol. 4 betrifft das hier nicht abgebildete Stück. Fundort: Berriasien von La Taurie, 3 Exemplare. Jahrbuch d. k. k. geol. Reichsanstalt, 1909, 59. Banı, 2. Heft. (Dr. A. Till.) 53 414 Dr. Alfred Till. 4%. Hadrocheilus Tauriensis nov. sp. Taf. XIH, Fig. 11a—c. Kapuze seitlich deutlich zusammengedrückt, Dorsalkante der Länge nach stark gewölbt, im Querschnitt steil gerundet. Dorsalfurche ähnlich wie bei A. Schlosseri (s. Jahrb. 1907, Taf. XII, Fig. 4a) zu vermuten. Ausschnitt ziemlich tief. Seitenkanten der Kapuze konkav. Schaft kürzer und schmäler als die Kapuze (I, < 1, b, < bs). Schaftfurche sehr breit muldenförmig, ein wenig gerundet. Hinterrand abgestutzt. Unterseite im Profil ganz wenig konkav, fast geradlinig. Basallinie symmetrisch teilend und gleichmäßig als dünnes zartes Leistehen entwickelt. Scheitel andeutungsweise quinquecarinat, mäßig zugespitzt und fast geradlinig auslaufend, nur sehr wenig abwärts gebogen. X « ziemlich klein. h Diese Art hat die größte Ähnlichkeit mit dem eben beschrie- benen H. Berriasiensis und unterscheidet sich von diesem durch die relativ kürzere Kapuze (vergl. die Profilansichten), die breitere Schaft- furche (vergl. a/s), den etwas größeren Scheitelwinkel und die relativ kürzere Gesamtform (vergl. D/L). Vergleich mit H. Juliensis siehe bei dessen Beschreibung. In deutlicherer Weise ist HM. Tauriensis von H. cf. costatus und H. Valanginiensis abtrennbar, wie ein Vergleich mit Jahrb. 1907, Taf. XII, Fig. 2«—e und Fig. 3a—c, sowie mit der Tabelle im Jahrb. 1907, pag. 566 (zweite und dritte Kolonne) mit der Figur und den Maßzahlen dieser neuen Art ohne weiteres erkennen läßt. Fundschicht: Valanginien inf. von La Taurie, 1 Exemplar. 5. Hadrocheilus cf. Tauriensis nov. sp. Taf. XIII, Fig. 12 a—c. Ein Stück der gleichen Fundschicht wie die eben beschriebene Art ist von dieser durch die etwas flachere Gesamtform (vergl. H/B) und die relativ längere Kapuze und niedrigere Gesamtform (vergl. Tabelle) unterschieden. Dieses Stück nähert sich morphologisch dem H. Derriasiensis, ist aber von diesem durch die breite Schaftfurche, die bedeutendere relative Breite (vergl. B/L) und den etwas größeren Scheitelwinkel immerhin gut abtrennbar. Fundschieht: Valanginien inf. von La Taurie, 1 Exemplar. 6. Hadrocheilus hamatoides nov. sp. Taf. XII, Fig. 13a -e. Kapuze ein wenig lateral komprimiert. Dorsalkante im Profil stark gewölbt, im Querschnitt steil gerundet. Kleine Dorsalfurche an der Naht. Ausschnitt mäßig tief. Es ist zu beachten, daß infolge der ziemlich vollständigen Erhaltung des Schnabels noch Fragmente der harten, glatten Deckschicht (s. Jahrb. 1907) vorhanden sind, die 9 Die fossilen Cephalopodengebisse. 9 415 besonders auf der rechten Seite den Verlauf der Hinterkanten der Kapuze verdecken und die Kapuze überhaupt größer erscheinen lassen, als sie wirklich ist. Schaft an Größe der Kapuze ziemlich gleich. Schaftfurche tief muldenförmig. Hinterrand in der Mitte gebuchtet, zweilappig. Unterseite im Profil gewellt. Basallinie als zarte, aber scharfe, stehende Falte vom Scheitel bis zum letzten Drittel der Länge entwickelt, im letzten Drittel verwischt. Die apikale Region der Unterseite deutlich quinquecarinat. Scheitel ziemlich spitz, ein klein wenig rüsselförmig ver- längert und nach abwärts gebogen. Zwischen Kapuze und Schaft stecken noch kleine Reste der hornigen Flügelfortsätze. Da diese Art zu den mehr indifferenten Formen gehört, ist ihre sichere Abtennung nur nach einem so gut erhaltenen Exemplar, wie das vorliegende, möglich. H. hamatoides unterscheidet sich von H. Tauriensis durch die rüsselförmige Zuspitzung und Abbiegung des Scheitels, die geringere seitliche Kompression der Kapuze und im Zusammenhange damit auch den größeren Scheitelwinkel (6u° gegen 50°), die tiefer eingesenkte Schaftfurche in Verbindung mit dem zwei- lappigen Hinterrand und durch den relativ kleineren Schaft (vergl. I,/!; und b,/b,), von H. Berriasiensis insbesondere durch die relativ kürzere und breitere Kapuze und deren viel geringere Kompression. Sehr ähnliche Arten sind auch H. costatus, cf. costatus, Schlosseri, Oosteri und hamatus (Jahrb. 1907, Taf. XII und Tabelle pag. 566). H. hamatoides kann sicher unterschieden werden: von H. costatus (Jahrb. 1907, Taf. XI, Fig. 1la—c und pag. 574) durch flachere Gesamtform (vergl. H/Bb), die gewölbte Dorsalkante, die muldenförmige Schaftfurchke und den relativ schmäleren Schaft (vergl. bı/b»); von H. cf. costatus (Jahrb. 1907, Taf. XII, Fig. 24—c und pag. 575) durch all dies und den besser ausgedünnten Scheitel; von H. Schlosseri (Jahrb. 1907, Taf. XII, Fig. 4a--c und pag. 580) durch die geringere Kompression der Kapuze, die bessere Krümmung der Dorsalkante und das wellig gebogene Profil der Unterseite; von H. Oosteri (Jahrb. 1907, Taf. XII, Fig. 5a—c und pag. 597) durch die gleichmäßige und stark gewölbte Dorsalkante und den relativ schmäleren Schaft. Die nächstähnliche Art des H. hamatoides ist, wie der Name besagt, H. hamatus (Jahrb. 1907, Taf. XII, Fig. 6a—c und pag. 578), der einzige ziemlich beträchtliche Unterschied besteht in der flacheren Gesamtform der hier zu beschreibenden Art (H/B 06 gegen 07). Die Maßzahlen der Tabelle I (Kol. 8) beziehen sich auf das ab- gebildete Exemplar. Fundschicht: Valanginien sup. von Veynes, 2 Exemplare. Ir 416 Dr. Alfred Till. [10] 7. Hadrocheilus cf. hamatoides nov. sp. Taf. XIII, Fig. 141 a—.c. Ein drittes Stück aus der gleichen Fundschicht wie der eben beschriebene H. hamatoides unterscheidet sich von der für typisch angenommenen Art durch eine breit muldenförmige Schaftfurche. Da sich damit ein zweites, sicher unterscheidendes Merkmal nicht ver- bindet, wurde kein eigener Artname gegeben. Fundschicht: Valanginien sup. von Veynes, 1 Exemplar. 8. Hadrocheilus latohasta nov. sp. Taf. XIII, Fig. 15 a«—c. Kapuze beiderseits dachförmig mit flachen Flanken abfallend, Dorsalkante im Querschnitt vermutlich steil gerundet (an dem vor- liegenden Stück stark erodiert), der Länge nach flach gebogen. Tiefe des Ausschnittes nicht genau meßbar, da die Hinterkanten der Kapuze stark verbrochen sind. Schaft viel größer als die Kapuze (I, rechter Unterkieferast von oben. .i derselbe von außen. Xenochoerus leobensis nov. gen. nov. sp.; P,—M, der linken Oberkiefer- hälfte von unten. Xenochoerus leobensis nov. gen. nov. sp.; Fragment des rechten Unter. kiefers mit P,Ä,—M, von oben. Xenochoerus leobensis nov. gen. nov. sp.; dasselbe von außen. - dasselbe von innen. Die Abbildungen zeigen die natürliche Größe. Sämtliche Originale befinden sich in meinem Privatbesitze. Zdarsky, A.: Die miocäne Säugctierfauna von Leoben. Taf. VII. (IT,) Lichtdruck v. Max Jalfe, Wien, Jahrbuch der k. k. geologischen Reichsanstalt, Bd. LIX, 1909. Verlag der k. k. geologischen Reichsanstalt, Wien, III, Rasumoffskygasse 23, u he BT WE % a al; ei EN Ce” RR En San For, az € 7a wi E\$ Ar er Te 1 Ei 21 Pine Be a ah 2 | } En AL. Vz NIT Era 2 ee = Iph- 3 PR: N DAryı ei: el Rai, zus RR 09 BUT RN AETT, una von Leoben. P RE, = En fi en PR: > rar Er ERTRT Be TIER BERR Role J £ MW =. Pr Ba N. r a Akut r Pur ta ” Fr h u wi KR: ER . % g5: IE Fr 4 u 3 o au i | | | i Es welt MT ; EIER sa ve Ir TREE ar ) El F Er Bee Trek ; GR Y ze De T en R IE 3 . > . L } k ser a Fr a Dee er) Chan EZ. 3 Lig 9 1 N : .. & : N 55* Fig. Fig. Fig. Fig. Fig. Fig. Fig. Fig. Fig. Fig. Fig. Fig. Fig. Fig. Fig. Fig. Fig. Fig. Fig. Fig. Fig. Fig. 13. Erklärung zu Tafel VIII (III). Dorcatherium Peneckei Hofm.; M, des linken Unterkieferastes von oben. Dorcatherium erassum Lart.; D,.D,.M,.M, der linken Oberkieferhälfte von unten. Palaeomeryx Kaupi H. v. M.; ement des M, links oben von unten. 4 P, links unten von oben. Lagomeryx Meyeri Hofm. sp.; M, rechts oben von unten. Dierocerus furcatus Hensel; D,.D,.M,.M, der linken Oberkieferhälfte von unten. Dicrocerus furcatus Hensel; D,.M, in einem Fragment des rechten Unterkieferastes von oben. Dierocerus furcatus Hensel; Geweihrest und Abwurffläche. Geweihrest und Bruchfläche. log: en Biedermann; linker Unterkieferast von oben. ° derselbe von außen. = linker Unterkieferast eines alten Indi- viduums von oben. Antilope cristata Biedermann; linke Oberkieferzahnreihe von unten. E Hornzapfen von vorn. 4 derselbe von außen und sein Querschnitt. a distales Ende eines Humerus von vorn. = distales Ende eines Femur von hinten. a Astragalus rechts von hinten. b: proximales Ende eines Metatarsale von vorn. 5 Phalange von vorn. Antilope sp.ind.; Hornzapfen von vorn mit dem Querschnitt der Bruchfläche. a derselbe von außen. Die Abbildungen zeigen die natürliche Größe. Sämtliche Originale befinden sich in meinem Privatbesitze. Zdarsky, A.: Die miocäne Säugetierfauna von Leoben. Taf. VIII. (tr) Jahrbuch der k. k. geologischen Reichsanstalt, Bd. LIX, 1909. Licntdruck v. Max Ja7e, Wien Verlag der k, k. geologischen Reichsanstalt, Wien, IIf., Rasumoffskygasse 23. Tafel IX (Il). Jungtertiäre Trionyxreste aus Mittelsteiermark Erklärung zu Tafel IX (I). Fig. 1. Trionyx Hilberi R Hoernes. , ‚Wien. 3 &s .r il. ws ] Fig. 2. Trionyx ne R. Hoernes. Eibiswald, Fig. 3. Ponys Hoernesi ' spee. mov. - Schönegg beiWie. 0" Fig. 4. Trionyx Hoernesi spec nov. Feisternitz bei Eibiswald. Dr. Franz Heritsch: Trionyxreste aus Mittelsteiermark. Tat. IX. (1) Lichtdruck v. Max Jaffe, Wien. Jahrbuch der k. k. geologischen Reichsanstalt, Bd. LIX, 1909. Verlag der k, k. geologischen Reichsanstalt, Wien, III., Rasumoffskygasse 23, e 200° 2% ae] T Pi4) r' Tafel X (I). Jungtertiäre Trionyxreste aus Mittelsteiermark. Erklärung zu Tafel X (I. 14 / [21 Fig. 1. Trionyx Peneckei spec. nov. Fig: 2. Linkes Hypoplastron von Triony& Peneckei spec. Schönegg bei Wies. Nov, Dr. Franz Heritsch: Trionyxreste aus Mittelsteiermark. TarL %.(3 Lichtdruck v. Max Jaffe, Wien. Jahrbuch der k. k. geologischen Reichsanstalt, Bd. LIX, 1909. Verlag der k, k. geologischen Reichsanstalt, Wien, III, Rasumoffskygasse 23. er re Trionyxreste aus Mittelsteiermark. y Al DE » ‚Jahrbuch d. k. k, geol. Reichsanstalt, 1909, 59. Band, 2. Heft. Fig. 1. Fig. 2. Fig. 3. Fig. 4. Erklärung zu Tafel XI (III). Trionyx Petersi R. Hoernes. Vordersdorf. Trionyx Petersi R. Hoernes. Schönegg bei Wies. Trionyx Sophiae spec. nov. Eibiswald. Triony& Siegeri spec, nov. Vordersdorf. Dr. Franz Heritsch: Trionyxreste aus Mittelsteiermark. Taf. XI. cur) Lichtdruck v. Max Jafie, Wien. Jahrbuch der k, k. geologischen Reichsanstalt, Bd. LIX, 1909. Verlag der k. k. geologischen Reichsanstalt, Wien, IIl., Rasumoffskygasse 23, 8 8 8 y& a Hauer. ı® Fig. Fig. Fig. Fig. [e} Fig. Fig. lie. lieg. lig. Fig. Fig. Fig. Fig. Fig. Fig. Fig. Fig. Fig. Fig. Fig. Fig. Fig. Fig. Fig. Fig. Fig. Erklärung zu Tafel XII. Spiriferina Lipoldi Bittn. Große Klappe. Zweimalige Vergrößerung, von rückwärts und von der Seite. Terquemia (?) sp. (vielleicht eine neue Form), cf. T. obligqua Mnst. sp. Pecten Hallensis Wöhrm. var. Weissenbachensis n. var. Pecten (?) Alberti Gldf. var. Weissenbachensis n. var, In natürlicher Größe, in zweimaliger Vergrößerung und die Schalenoberfläche in drei- maliger Vergrößerung. Avicula Weissenbachensis n. f. af. Av. Hallensis v. Wöhrm. Cassianella cf. angusta Bittn. Modiola (Myalina?) Weissenbachensis n. f. Myoconcha cf. parvula v. Wöhrm n Weissenbachensis n. sp. «ff. NM. Curioni v Hau. Anodontophora (Myacites) sp. cf. An. Canalensis Cat. sp. Anoplophora Weissenbackensis n. f. af. An. Münsteri Wissm. Myophoriopsis carinata Bittn. Megalodon (Pachyrisnia) ef. rimosus Mnstr. (Bittn.) Gonodon (Gonodus, Corbis, Fimbria, Sphaeriola, Schafhäutlia) Mellingi sp. v. Hau. Zweites Stück. Schloßregion. Gonodon Mellingi v. Hauer sp. var. minimus n. var. Myophoricardium lineatum v. Wöhrm. Fragliches Stück (vielleicht Solen ?). Chemnitzia ? spec. ind. Spirostylus af. subcolumnaris Mnst. sp. Ptychomphalia Weissenbachensis n. f. Actaeonina Weissenbachensis n. sp. Verwandt mit Act. scalaris Mnst. Nautilus (Pleuronautilus) af. planilateratus v. Hau. Lecanites (2) Weissenbachensis n. sp. Carnites ? sp. ind. (af. Carn. floridus Wulfen sp.) u F. Toula: Schichten mit @ervilleia Bouei. 12:80. 19% Jahrbuch der k. k. Geologischen Reichsanstalt, Band LIX, 1909, Verlag der k. k. Geologischen Reichsanstalt, Wien III. Rasumofskygasse 23. Fig. 1. Hadrocheilus Gargasiensis n. sp. Fig. 2. Dasselbe Stück ohne hornige Flügelfortsätze. Fig. 3. Hadrocheilus asper n. sp. Größeres Exemplar. Fig. 4. F asper n. sp. Kleineres Exemplar. Fig. 5. 5 Juliensis n. sp. Fig. 6. E Leschesensis n. Sp. Fig. 7. » Veynesensis n. Sp, Fie. 8. Bevousensis n. SP. Fig. -9. > Berriasiensis n. sp. Größeres Exemplar. Fig. 10. E Berriasiensis n. sp. Kleineres Exemplar. Fig. 11. e Tauriensis n. sp. Fig. 12. cf. Tauriensis n. sp. Fig. 13. 5 hamatoides n. sp. Fig. 14. Br cf. hamatoides n. Sp. Fig. 15. ” latohasta n. sp. Fig. 16. : nov. sp. indef. Fig. 17. " inaequalis n. sp. Fig. 18. ß Rebouli n. sp. Fig. 19. P cf. Rebouli n. sp. Fig. 20. A cordis n. sp. Fig. 21. a triangulatus n. sp. Kleineres Exemplar. Fig. 22. 4 triangulatus n. sp. Größeres Exemplar. Fig. 23. 2 gibberlongus n. sp. Fig. 24. 4 sp. ind. (affin. gibberlongus Till). Fig. 25. a gibberiformis Till 1907. rig. 26. a gibber Till 1907. Fig. 27. n duplogibber n. sp. @ = Ansicht von oben (Rückansicht, Kapuze und Schaft). I — Erklärung zu Tafel XII. Ansicht von unten (Basis oder Unterseite des Schnabels). ce — Profilansicht (jeweils die besser erhaltene Seite). Alfred Till: Cephalopodengebisse. Taf. XIII. 20 a 23a 24 a 25a 26a 26 c Phot. u. Lichtdruck v, Max Jafife, Wien. Jahrbuch der k. k. geologischen a Bd. LIX, 1909. N FE ER ee ER 2 6 1 Me LEE ‚ RS ] 4 nr | ie Er “ Ä Ber ne ihrer hun von ran WoRyz 2a. arı { Text a . 2 Re Nie TE ES Sn exotische Geroile in der Gosau und x verwan | Schichten mit Gervilleia („Pernas) Ban vo. iu am Eller ul En Die fossilen Gephälopodengebisse. mr. ‚Folge. Von Dr Alfred Ti 1. mm. Die Autoren allein sind für. ‘den Inhält et 2 Heft, drei Lichtärhektafeln (Sr. vI Rt wu ud e ei ” el m a dien. en „im Text, an der Weißenbacher Straße. (Im Randgebirge der Wienerbucht.)- Franz Toula Mit einer Eh (Nr. IL), zwei Fe und Profilen im Text . Er ee U ET 9 Fr - e . we Fe ‚einer ‚Lichtdrucktafel (Nr, Ei und eier” ZURSDE im Text > - ihrer Aufsätze verantwortlich. a Es a REM RR Me Fa U EL mA oT u Gesellschafts- Buchdruckerei Brüder Bollinek, ‘Wien III. Fırdbergstraße, % y Ausgegeben Ende Jänner 1910. a - HN er | KAISERLICH KÖNIGLICH EN eek Kae EIN . JAHRGANG 1909. LIX. BAND. 3. und 4. Heft. EN ET FE RE FE AR } Wien, 1910. | Verlag der k. k, Geologischen Reichsanstalt. | - In om een bei R. Lechner (Wilh.: Müller), k. u. k. Hofbuchhandlung E-. I. Graben 81. Be ir i N 7m Die kristallinen Schiefer des nördlichen Adlergebirges. Von W. Petrascheck. Mit einer Tafel (Nr. XIV) und fünf Zinkotypien im Text. Die nachfolgenden Blätter sind der Mitteilung der Beobach- tungen gewidmet, die ich in den Jahren 1903, 1904 und 1905 gelegent- lich der Kartierung von Blatt Josefstadt—Nachod in den «kristallinen Schiefern des Nordendes des Adlergebirges gemacht habe, sowie der Mitteilung der Beobachtungen, die sich in den folgenden Jahren bei der näheren Untersuchung der aufgesammelten Materialien ergeben haben. Meine Aufgabe beschränkte sich auf die geologische Neuaufnahme des genannten Kartenblattes. Ich schloß an dieselbe jedoch einige Exkursionen in die angrenzenden, auf die Meßtisch- blätter Lewin und Reinerz fallenden Anteile von Preußisch- Schlesien, sowie Exkursionen in das östlich angrenzende Kartenblatt Kronstadt an der Adler an. Nach Süden zu gehen, hatte ich keine Ursache, denn über das hier anschließende Gebiet liegen ‚bereits Mitteilungen über eine neue geologische Aufnahme von Hinterlechner!) vor, zum Teil sind solche zu erwarten, da der ganze übrige Teil des Adlergebirges von Rosiwal bereits begangen worden ist. Die Literatur über die kristallinen Schiefer dieses Gebietes ist keine umfangreiche. Die wichtigsten Arbeiten sind diejenigen von H. Wolf?) und die von Roth verfaßten „Erläuterungen zur geo- gnostischen Karte vom Niederschlesischen Gebirge“ ?), welche für das uns interessierende Gebiet wesentlich auf den geologischen Aufnahmen Beyrichs beruhen. In diesem Buche findet man auch die ganze ältere das Gebiet betreffende Literatur aufgezählt. Die neuere Lite- ratur ist von Gürich*) in den Erläuterungen zu seiner geologischen Übersichtskarte von Schlesien zusammengestellt worden. Von den neuesten Arbeiten ist vor allem die schon erwähnte Mitteilung Hinterlechners von Wichtigkeit. Was sonst noch in Betracht kommt, wird hier fallweise zitiert werden. !) Beitr. z. Kenntnis d. geol. Verh. Ostböhmens. I. Das kristallinische Ge- biet bei Reichenau a. d. Kn. Jahrb. d. k. k. geol. R.-A: Bd. 54 (1904), pag. 595. ?) Bericht über die geologische Aufnahme im östl. Böhmen. Jahrb. d. k. k. geol. R.-A., Bd. 14 (1864), pag. 463. 3) Berlin 1867. *) Breslau 1890. Jahrbuch d. k. k. geol. Reichsanstalt, 1909, 59. Bd., 3. u. 4. Hft. (W. Petrascheck.) 57 498 W. Petrascheck. [2] Wie ich schon im Titel dieser Arbeit hervorhebe, beschäftige ich mich hier bloß mit den kristallinen Schiefern. Das Deckgebirge, das den Schiefern in einigen Resten auflagert, wird in einer späteren Publikation eingehend behandelt werden. In derselben werde ich auch (relegenheit nehmen, auf die isolierten Vorkommnisse kristalliner Schiefer zu sprechen zu kommen, die in dem Kartenblatte Josef- stadt—Nachod da und dort zutage treten, oder die unter dem Deck- gebirge konstatiert werden konnten. Die geologische Karte, welche das Lesen der vorliegenden Arbeit sehr erleichtern kann, wird noch in diesem Jahre in Druck genommen werden. Es muß darum vorläufig auf die älteren geologischen Aufnahmen verwiesen werden, die von Wolf und von Beyrich be- arbeitet wurden. Die erstere Karte ist in der Zahl der vorhandenen Ausscheidungen detaillierter, die letztere aber hinsichtlich der ein- getragenen Grenzen verläßlicher gearbeitet. Zur Übersicht kann auch die Skizze Tafel XIV dienen. Topographische und tektonische Verhältnisse. Der Einfluß des Deckgebirges. Wie soeben betont, sehe ich hier von einer näheren Besprechung der über das Gebiet verstreuten Erosions- und Denudationsreste permi- scher, kretazischer und diluvialer Bildungen ab. Ich erwähne nur, daß das Perm ausschließlich aus den kleinstückigen Konglomeraten des Oberrotliegenden besteht, die als Appendizes des bei Nachod in ansehnlicher Mächtigkeit und ausgedehnter Verbreitung anstehenden Oberrotliegenden zu betrachten sind. Dieses selbst ist das am weitesten nach Süd und Südwest übergreifende Randgebilde der jungpaläo- zoischen mittelsudetischen Mulde. Eine große Zahl der Grenzen, an denen die kristallinen Schiefer und die Oberrotliegendkonglomerate aneinanderstoßen, ist tektonischen Ursprunges. Auch das Vorhanden- sein der Lappen von Rotliegendem, die bei Dobran und Rowney dem Phyllit auflagern, ist kein zufälliges oder nur durch die Frosion bedingtes, denn diese Depots liegen in der südlichen Verlängerung der aus der Gegend von Lewin südwärts streichenden, teils auf Brüchen eingesenkten, teils flache Einfaltungen darstellenden Rot- liegenschichten. Diese Lappen sind von NS verlaufenden Brüchen durchzogen oder begrenzt und darf man sich vorstellen, daß sie ihre Erhaltung der Einsenkung in die Zone kristalliner Schiefer ver- danken und daß sie die Reste einer einst weiter verbreiteten permi- schen Decke sind. Wie weit gegen S und OÖ sich einst das Rot- liegende über das Gebiet verbreitet haben mag, ist aber heute nur mehr schwer zu sagen. Schichten, die vermutlich permischen Alters sind, treten nach Hinterlechner!) auch noch weiter im Süden auf. Der Umstand, daß in den Rotliegendkonglomeraten bei Rowney Gerölle von Muskovitgneis gefunden werden, die anscheinend aus ') Jahrb. d. k. k. geol. R.-A., Bd. 54 (1904), pag. 595. [3] Die kristallinen Schiefer des nördlichen Adlergebirges. 429 dem Mensegebirge stammen, läßt die Vermutung aufkommen, daß dieses zur Rotliegendzeit unbedeckt von Sedimenten war. Dahingegen ist es wahrscheinlich, daß das Kreidemeer das ganze Mense- und Adlergebirge überflutete. Nördlich von der Schnappe bei Gießhübel (Blatt Kronstadta.d. Adler) liegen an der Reichsgrenze in einer Seehöhe von 805 m cenomane Pläner- sandsteine. Jenseits des böhmischen Kammes bildet die Kreide einen schmalen, fjordähnlichen Streifen, der an einem weithin strei- chenden Bruche abgesunken ist. Bemerkenswerterweise ist hierselbst die Fazies die gleiche wie im übrigen Glatz— Wekelsdorfer Gebiete. Freilich sind die heutigen Höhenlagen nur ‚das Resultat mannisfaltiger postkretazischer Dislokationen, sodaß die Seehöhe, welche die Basis der Kreidesedimente heute erreicht, noch keinen Maßstab für die einstige Überflutung bildet. Von Pribislau über Jestreby, Blaschkov, Domaschin, Podbrezi verläuft die durch Erosionstäler mannigfach zerschnittene Kreidegrenze in südsüdöstlicher Richtung, um dann weit gegen Ost bis südlich Hlinei vorzuspringen und hierauf wieder südliche Richtung einzuschlagen. Östlich dieser Linie, die also die Westgrenze der kristallinen Schiefer bildet, lagern noch einzelne Erosionslappen von Kreide. Manche derselben sind an einem sie im Westen be- srenzenden Bruche eingesunken. Außerdem sind schmale Graben- einsenkungen von Pläner vorhanden. Den deutlichsten Beweis dafür, daß die Kreide über die letzten Relikte gegen Ost hinausgriff, bietet die Oberflächenform des Gebietes. Unverkennbar schließt sich an die Kreidegrenze eine Einebnungsfläche an, die dem transgredierenden Kreidemeere ihren Ursprung verdankt. Gegen Ost an- steigend läßt sich diese alte Abrasionsfläche bis an eine Höhen- stufe verfolgen, die überall dort, wo nicht Talungen stören, recht deutlich ist. Zwischen Jestfeby und Sendrasch bei Neustadta.d. Mett. erreicht diese Abrasionsfläche etwa 470 m Seehöhe, dann er- hebt sich auf einmal das Gelände steiler und steigt auf 525 m im Orte Sendrasch an. Deutlich zieht diese bei zirka 500 m liegende Höhenstufe nach SO über Mezlesi hinüber. Bei Bidlo und Rokol ist sie weniger leicht zu erkennen. Sie hält sich hier an die Höhen, die das Olesnicatal begleiten, vielleicht sogar liegt sie erst östlich dieses Tales, woselbst sich das Gelände rasch auf 570 und 580 m erhebt. Rings um Bohdaschin ist die Einebnung un- verkennbar. Erst östlich von Tys und östlich von Janov steigt das Terrain stärker an. Die Grenze verläuft also hier in mehr südlicher Richtung. Zwischen Janov und Ohnischov verliert die Landschaft den Charakter eines Plateaus; sie ist von drei parallelen Tälern zerschnitten. Auf den Rücken zwischen denselben liegen Reste von Cenomanquader in einer Seehöhe von 500 m. Es ist das die größte Höhe, welche die Kreide hier an der Westseite des nördlichen Adlergebirges erreicht. Wenig unter 700 m bleibt sie hingegen im südlichen Adlergebirge zwischen Roketnitz und Nesselfleck. Daß sie auch hier im Norden noch weiter an den Hängen hinauf fe 430 W. Petrascheck. [#] reichte, beweisen alte Schotter, die in Bistrey in zirka 550 m an- stehen, denn sie enthalten in einem dicht an der nach Gießhübel führenden Straße liegenden Aufschlusse Plänerfragmente. Die Höhenstufe verläuft von Bistrey nach Süden auf Kounov. Sehr deutlich trägt westlich dieses Ortes zwischen Sudin, Bacetin und Ohnischov die Landschaft den Charakter der Abrasionsfläche zur Schau. Fast unmerklich verlaufen zwischen den beiden zuletzt genannten Orten die Denudationsrelikte des Plänersandsteines. Er liegt hier transgredierend, denn der Quader fehlt unter ihm und bildet anscheinend eine so dünne Haut, daß das Grundgebirge unter ihm mitunter zum Vorschein kommt. Nicht anders ist es wohl zu verstehen, daß man in den Feldern südlich Ohnischov so oft neben solchem des Plänersandsteines Lesesteine von Grünschiefern findet. Weithin sichtbar erhebt sich über die ausgedehnte Plateaulandschaft die Plänerscholle des Taborberges bei Horni Spalenischt. Südlich von Kounov tritt die Höhenstufe auf das linke (öst- liche) Goldbachufer über. Sie erreicht hier eine Seehöhe von nahezu 500 m und ist wieder sehr schön und deutlich zu erkennen. Man passiert sie auf den Wegen von Kamenitz nach Rowney etwa 1 km nordöstlich Kamenitz. Ungefähr 1 km östlich von Dobrey steigt die Deschneyer Straße über die Stufe empor. Von dort aus verfolgt man dieselbe in südöstlicher Richtung, östlich von Hlinei vorüber auf Proloch, südlich Woschetnitz, zu. Hier endeten meine Begehungen, es setzt das Arbeitsgebiet des Herrn Hinter- lechner und dann dasjenige des Herrn Rosiwal ein. | Es fragt sich nun, welche Bedeutung dieser eigentümlichen und oft so deutlich ausgesprochenen Höhenstufe innewohnt.. Bis an sie heran reicht die Abrasionsfläche des Kreidemeeres. Östlich davon ist das Terrain bergig und zeigt nicht mehr die Spuren einer solchen Abrasion. Es liegt darum nahe, in dieser Linie ein Kliff zu suchen. Dies würde aber zu der weiteren Annahme führen, daß sich die höheren Teile des Adlergebirges als Insel aus dem Kreidemeere er- hoben haben, eine Annahme, die durch andere Wahrnehmungen :nicht gestützt werden kann. Der Verlauf dieser Linie, insbesondere sein Umbiegen aus der Südost- in die Südrichtung, läßt auch noch eine andere Erklärung diskutabel erscheinen. Man könnte in dieser Linie eine postkretazische Verwerfung vermuten, für welchen Fall aber das Fehlen von Abrasions- erscheinungen im Osten schwerer verständlich ist. Es müßte für diesen Fall angenommen werden, daß auf dem östlichen, also höher liegenden Teile die Kreidedecke sehr viel früher abgetragen worden ist, so daß die Abrasionsfläche derart zertalt wurde, daß sie ihren Charakter eingebüßt hat. Das Phyllitgebiet zwischen Nachod und Neustadt. Den westlichsten und sonach hangendsten Teil der Serie kristalliner Schiefergesteine des Adlergebirges nehmen Serizitphyllite ein. Im Westen tauchen sie in der Gegend von Neustadt a. d. Mettau und Nachod unter die Decken von Rotliegendem und von [5] Die kristallinen Schiefer des nördlichen Adlergebirges. 431 Pläner. Diese sind teils durch Brüche, teils durch tiefe Frosionstäler stark zerschnitten und infolgedessen vor dem Rande der geschlossenen Sedimentdecke in eine Anzahl von Lappen aufgelöst, welche auf den Höhen die. Phyllite vielfach verdecken. Die Täler aber, namentlich das landschaftlich überaus reizvolle Mettautal zwischen Nachod und Neustadt, bergen in großer Zahl schöne Aufschlüsse und felsige Entblößungen in dem allerdings ziemlich monotonen Gesteine. Gegen Osten folgen auf die Serizitphyllite dunkle Phyllite, der Biotitphyllit. Die Grenze ist unscharf, da der Ubergang vom Serizit- phyllit in den Biotitphyllit kein unvermittelter ist. Sie verläuft in der Richtung Nachod—Lippi—Jestfeby—Blaschkov—Zakravi. Aber auch innerhalb des Verbreitungsgebietes des Biotitphyllits findet man, allerdings der erwähnten Grenze genähert, noch einzelne En- klaven grauen Serizitphyllits. Solche Enklaven wurden nördlich und südlich von Slavonov und bei Lippi angetroffen. Auch das um- sekehrte Verhältnis ist zu verzeichnen. Es sind Einschaltungen des dunklen Phyllits im Serizitphyllit zu vermerken, die namentlich im Klopotovtale solche Dimensionen erreichen, daß sie in der Karte Darstellung finden konnten. Schon in den Eisenbahneinschnitten zwischen Nachod und Wysokov begegnet man dem an einer Verwerfung in das Niveau der Rotliegendkonglomerate emporgebrachten Phyllit. Seine grauen, nur feine Runzelung zeigenden Stücke glänzen lebhaft in der Sonne. Die sehr feinen Schüppchen des weißen Glimmers werden hie und da schon dem bloßen Auge erkennbar, und man könnte in Zweifel kommen, ob man die Gesteine noch als Phyllit oder schon als Glimmerschiefer bezeichnen soll. Würden sie nicht einem Gesteins- zuge angehören, der an anderen Orten ganz das Gepräge des normalen Phyllits hat, so könnte man glauben Übergangsglieder vor sich zu haben, wie man sie beispielsweise im Erzgebirge an der Grenze von Glimmerschiefer und Phyllit des öfteren antrifft. Die Lagerung des Phyllits ist dort .eine ziemlich ruhige mit unter 50° nordwärts gerichtetem Einfallen. Weiter im Süden, am Posdenu Kopee und unterhalb BraZetz, macht sich bereits eine Faltung des Phyllits bemerkbar. Überhaupt wechselt stärkere und schwächere Faltung im Phyllit wiederholt, wovon man sich sehr gut überzeugen kann, wenn man das Mettautal entlang wandert. Demzufolge ist auch das Einfallen der Bänke, wenn es auch meist gegen West ge- richtet ist, nicht immer gleich. Feinschuppigen, glimmerschieferähnlichen Phyllit trifft man auch an, wenn man vom Rande des Mettautales südlich Nachod durch die leichte Einsenkung zu den Rozkos genannten einzelnen Häusern hinaufsteigt. Er ‘kommt hier unter dem Rotliegendkonglomerat hervor und hat bei N—S-Streichen ein Einfallen von 300 gegen West. Auf den Schichtflächen macht sich eine. etwas gröbere gleichmäßige Runzelung bemerkbar. Diese Runzelung, die beim Anblick der Schichtflächen an die Streckung zum Beispiel mancher Gneise erinnert, verläuft N 20° O. Dem Phyllit eingelagert findet man quarzreichere Bänke, die nicht die Runzelung haben und ebenplattig brechen. Mitunter sind diese von rötlicher Farbe. Auch einen graubräunlichen, stark verwitterten 432 W. Petrascheck. [6] Grünschiefer bemerkt man hier. An der Wegkreuzung unter den Häusern ist das Streichen N50 W bei einem Einfallen von 50° W. Etwas weiter den Weg verfolgend kommt man schon in die dunklen Phyllite. Grünschiefer, aber auch Quarzitschiefer sind wiederholt dem Serizitschiefer eingeschaltet. Die Grünschiefer gleichen durchaus denen, die im Biotitphyllit zahlreiche lentikuläre Einlagerungen bilden und sind auf Diabase zurückzuführen, was später des näheren ausgeführt werden wird. Im Mettautale sowie in den vom Dobroschov und von Lippi zur Mettau hinabführenden Tälern steht der Phyllit oft in felsigen Klippen an. Namentlich oberhalb BraZetz stürzt er in steileren Felspartien zum Flusse ab. Uberall ist hier das Einfallen unter zirka 300 westwärts gerichtet. Südlich Lippi dagegen bemerkt man amı Mettauufer ein flaches Einfallen gegen Ost, das Streichen ist N40°W. Eine sehr starke Zusammenstauchung und Fältelung der Phyllite ist in Neustadt a. d. Mettau nahe der eisernen Brücke am Beginn der Wege gegen Jestreby und gegen Rezek zu beob- achten. Kaum 1 km südöstlich davon an der Mündung des Klopotov- baches in die Mettau ist am äußersten Ende des nördlichen Ge- hängevorsprunges die Lagerung wieder eine ruhige mit südwestlichem Einfallen. Einige hundert Meter weiter östlich, an dem Hohlwege, welcher von der Kapelle oben auf dem erwähnten Vorsprunge im Bogen abwärts führt, liegt der Phyllit undulös mit nordöstlichem Ein- fallen (N 55° W, 45° N), das beim Verfolgen des Klopotovbaches talaufwärts bald einem östlichen, dann einem nördlichen weicht, um später, in dem Vochmanka genannten Waldrevier wieder dem regulären westlichen zu weichen. Das herrschende Gestein ist hier in der Umgebung von Neustadt überall der normale graue oder graugrüne Serizitphyllit, der seiner zarten Cleavage den Seidenglanz verdankt. Er ist dünnschiefrig und blättert leicht auf. Hie und da enthält er aber auch dickere, weniger leicht spaltbare Bänke. Zuweilen auch, wie im Kolopotovtale, unweit der Stelle wo der Fußweg von den Villen bei Rezek herunterkommt, bemerkt man, daß der diekschiefrige Phyllit undulös und maschenartig durchwoben ist von dem feinschiefrigen. normalen Serizitphyllit. Schon oben wurde erwähnt, daß Blöcke von Diabasschiefer unterhalb der Rozkos genannten Häuser südlich von Nachod auf das Vorhandensein einer Einschaltung dieses Gesteins hindeuten. Solche Blöcke findet man auch im Tale unterhalb Lippi. Beide Vorkommnisse liegen dicht an der Region, wo der Serizitphyllit in den Biotitphyllit übergeht. In derselben Position stehen weiter südlich Diabasschiefer im Mettautale 700 m oberhalb der oberen Mühle zu Peklo an. Innerhalb des Biotitphyllits liegen dortselbst noch einige Lager solchen Gesteins. Sie sind aufgeschlossen auf den Wegen nach Lippi, nach Pribislau und nach Sendrasch. Auch im Kolopotov- Tale sind Einlagerungen von Diabasschiefer zu bemerken. Hierselbst trifft man überdies in der Nähe der als „mertova dira* bezeich- neten Gegend einen schmalen Zug von Serizitquarzit an, wie er ganz [7] Die kristallinen Schiefer des nördlichen Adlergebirges. 433 ähnlich auch zwischen BraZetz und Altstadt über das Mettautal hinwegstreicht, so daß er an diesen Hängen mehrfach anzutreffen ist. Im großen ganzen halten die Serizitphyllite Nordsüdstreichen ein, mit. geringer Abweichung gegen SSO, was sowohl der Gesamt- verlauf dieser Gesteinsart, wie eine große Zahl einzelner Aufschlüsse erkennen lassen. Dieses NS- bis NNW-—-SSO-Streichen wiederholt sich auch im östlich angrenzenden Biotitphyllit. Deutlich kommt es in den weithin verfolgbaren Einlagerungen von Diabasschiefer und Serizitquarzit zum Ausdruck, die zwischen Jestreby, Lipichin, Sendrasch und Mezlesi aufsetzen. An Aufschlüssen, in denen man die Lagerung des Phyllits abnehmen könnte, fehlt es hier freilich sehr. Solche finden sich zahlreich im Mettautale, sowie im Tale der Olesnica, die in Peklo in die Mettau mündet. Im Mettautale nördlich Jestreby zeigt auch der Biotitphyllit intensive Fältelung. Selbst südlich von Peklo ist die Lagerung noch keine ganz ruhige, denn wenn das Einfallen auch vorherrschend gegen West gerichtet ist, so geht es doch lokal noch gegen Ost. Oben am Talrande südlich Jizbitz beobachtete ich das Streichen N 10° O und N 10° W, bei einem unter 40° gegen W gerichteten Einfallen. Die Felsklippen, die auf der kahlen, aussichtsreichen Höhe des Dobroschov, sowie auf dem westlich gegen Nachod abfallenden Rücken anstehen und die Aufschlüsse im Dorfe Dobroschov zeigen ein Einfallen nach SW. Dicht nördlich vom Dobroschov-Berge ist beiden Amerika genannten Häusern an der Straße Nachod-Dobroschov ein Stein- bruch in einem Gange von Granitporphyr angesetzt. Das Eruptiv- gestein ist dem Phyllit konkordant eingelagert und dieser zeigt am Kontakt keinerlei Veränderung. Die Lagerung ist N 15° O, 30° W. Es hat also bereits ein Umbiegen in die NO-Richtung stattgefunden, die sicham Malinowa hora südlich Bielowes, wenn auch noch nicht in allen Aufschlüssen, bemerkbar macht. Es liegt nahe, dieses Umbiegen mit der Granitmasse von Germa in Zusammenhang zu bringen. Da der Phyllit im Norden von dem Granite nach allen Seiten wegfällt, könnte man glauben, daß hier eine Aufwölbung der Schichten bei der Intrusion des Granites stattgefunden hat. Noch will ich hier hervorheben, daß die Schieferung der phyllitischen Gesteine überall in dem von mir begangenen Gebiete der ursprünglichen Schichtung entsprechen muß, denn überall be- merkt man, daß die mannigfachen Einschaltungen, seien sie nun eruptiven oder sedimentären Ursprunges, dem Phyllit völlig parallel eingelagert sind. Lediglich einzelne Porphyr- und Aplitgänge machen hiervon eine Ausnahme. Die Granitmasse von Cerma und ihre Umrandung. 3 Ein ausgedehntes Waldgebiet bedeckt die Granitmasse von Cerma. Sie hat einen langgestreckt fünfeckigen Umriß von 7 km Länge und 2 km durchschnittlicher Breite. Der Granitit ist meist tief- sründig zu Grus zersetzt. Steinbrüche sind in ihm niergends an- gelest. Man gräbt lediglich den Grus in Sandgruben. Solchen be- 434 | . W. Petrascheck. et [8] gegnet man nordwestlich von Dobroschow, an der Straßenbiegung und in Neu-Hradek. In ersterer ist ein schmaler, etwa einen halben Meter breiter Streifen von steil gegen W fallenden biotit- reichem Phyllit bemerkenswert. Er ist anscheinend infolge von Ver- werfungen eingesunken. Der Granitit besitzt hier gneisartige Parallel- struktur, bewirkt durch Pressung, die unter dem Mikroskope durch Kataklasstruktur nachweisbar ist. Infolge Abschlämmung des Kaolins aus dem verwitterten Granitit und Ablagerung in flachen Mulden bilden sich für Wasser undurch- lässige Bodenschichten, die südlich Cerma zur Moorbildung Ver- anlassung gaben. Die Schichte des Moores ist hier bis 1m dick. Sie enthält oft Holzstrünke und findet zur Bereitung von Bädern in Cudowa und Bielowes Verwendung. Mit. teilweise sogar größeren Granitblöcken ist die Oberfläche westlich von Borowa und im Kapca-Walde ziemlich reichlich bedeckt. Seiner Beschaffenheit nach ist der Granitit der Öermaer Masse recht einheitlich. Gelegentlich zeigt er stärkere Pressungen, was später im petrographischen Teile dieser Arbeit noch erwähnt werden soll. Hier sei nur darauf hingewiesen, daß eine etwas kleinkörnigere und zugleich biotitreichere und flaserige Abart inmitten der Masse an der Waldstraße zwischen den Koten 563 und 473 angetroffen wird. Erwähnen muß ich auch, daß ich auf dem von Böhmisch- Öerma nach Potoki führenden Wege bald nach dem Betreten des Waldes Quarzblöcke fand. Der Westrand der Granitmasse vom Malinowa hora südwärts bis ins Olesnikatal südlich vom Ziegenkamm ist ein steil stehender Bruch. Hierauf deutet die starke Druckflaserung am West- rande ebensowohl, wie der vertikal über die Abhänge weggehende Verlauf der Granit-Phyllitgrenze hin. Zwischen Jizbitz und Potoki befindet sich in dem von Dobroschov herabkommenden Tälchen ein kleiner Aufschluß, in welchem man den Phyllit an dem stark zerklüfteten Granit abstoßen sieht. Der Phyllit unmittelbar am Ver- wurf zeigt in den Quarzkörnern undulöse Auslöschung. Proben, die 5—6 m vom Verwurfe entfernt entnommen wurden, ließen nur Beus geringe Beeinflussung durch Eruptivkontakt erkennen. Am Nordhange des Ziegenkammes sitzt auf dem Verwal ein mächtiger Quarzeang auf, dessen Blöcke den Abhang übersäen. Die Schichten des Phyllits werden an dieser Westgrenze vom Verwurf in spitzem Winkel abgeschnitten oder sie streichen ihm parallel. Ich nalım folgendes Streichen und Fallen ab: Am Mali- nowa hora am Wege, der von Bielowes heraufkommt, ehe er die Höhe erreicht, N 20° W, 20° W, östlich vom Dorfe Dobroschov an den Klippen, die am Abhange dicht an der Granitgrenze anstehen, N 30° W, 40° W und N 20° W, 40° W, an den, in mächtigen Klippen- zügen zu Tale steigenden Schichtenköpfen am NW-Hang des Ziegen- kammes N 20° W, 450 W. Am Ziegenkamme beginnend, findet man im Olesnikatale viele und bequem zugängliche Aufschlüsse an der Granit-Phyllitgrenze vor. Diese nimmt eine fast genau nach [9] Die kristallinen Schiefer des nördlichen Adlergebirges. 435 SW verlaufende Richtung an, während der Phyllit das NS-Streichen beibehält. Häufig bietet sich im Olesnikatale Gelegenheit, das Streichen des Phyllits als zwischen N—S und N 20° W, das west- wärts gerichtete Einfallen als zwischen 40% und 60° liegend zu be- stimmen. Der Phyllit, der an dem Granitkontakte auftritt, unter- scheidet sich von dem sonst verbreiteten Biotitphyllit durch seine Dickschiefrigkeit und höheren Feldspatgehalt. Er wird später unter dem Namen Gneisphyllit eingehender besprochen werden. War die Trennungsfläche zwischen Granit und Phyllit an dem bisher verfolgten Bruche eine sehr steile, so wird sie nunmehr, weiter südwärts, geneigt. Bei der Ortschaft Krahuletz nördlich von Neu- lIradek fällt der Granit-Phyllitkontakt unter ziemlich flachem Winkel nach SW ein. Oben bei Krahuletz findet man neben Gneisphyllit auf der Kammhöhe auch Lesesteine von einem Albitphyllit mit kleinen runden Feldspatknötchen. Die Grenze gegen den Granit ist im Ge- lände leicht zu erkennen. Auf der Straße talabwärts bewegt man sich erst über Phyllit, auf den unten der Granit folgt. Dieser ist tlaserig und stark gerötet, was auch schon oben auf der Höhe in den Feldern auffällig ist. Auf die Anhöhe östlich von Krahuletz und nördlich von Neu-Hradek greift eine Zunge von Phyllit in der, wie übrigens auch bei Krahuletz schmale Aplitgänge und Porphyroid in Lesesteinen nachzuweisen sind, weit hinauf, bis in die Felder hinaus. Im Tale rechts und links dagegen steht bis ans Ende des, diese Anhöhe bildenden, Rückens Granit an. Steigt man aus dem Tale südlich Krahuletz durch den Wald zu dem Rücken zwischen N eu- Hradek und der Frimburg auf, so findet man unten stark ge- preßten Granit. An der nahe dem oberen Waldrande gelegenen Granitgrenze liegen Quarzblöcke umher. Nimmt man von den im Tale südöstlich von Krahuletz liegenden untersten Häusern von Neu- Hradek seinen Weg nach Osten über den Abhangsrücken hinauf, so trifft man auf Granit, der ganz schiefrig ist. Seine Schieferung verläuft unter N 20° W und fällt unter 20° nach W ein. Ein Teil von Neu-Hradek steht auf dem Granit. Er ist bei den letzten Häusern an der gegen Gießhübel führenden Straße in einer Sand- srube aufgeschlossen, zeigt hier starke Zersetzung und wird von einem zersetzten roten Gestein überlagert, bei dem es nicht ganz sicher ist, ob es ebenfalls aus Granit hervorgegangen ist. In Neu- Hradek spitzt sich die Eruptivmasse sehr rasch im Phyllite aus. In der Gegend der letzten Häuser an der Straße nach Sneznei findet man weißen, stark geschieferten Granit, die letzten Stücke der hier endenden Masse. Der Phyllit, der dieses Südende der Granitmasse umgibt, zeigt durchwegs NW-Streichen und nach SW gerichtetes Einfallen, wie an zahlreichen Aufschlüssen zu erkennen ist. Er läßt bei dem Wäldchen nächst Krahuletz ein Einfallen von 35° erkennen, fällt also steiler ein als die Grenzfläche zum Granit. Auch an der Ostseite der Masse hat der Gneisphyllit, wie an den Aufschlüssen an und neben der Gießhübler Straße zu bemerken ist, ein Streichen von N 30 bis 400 W und ein Einfallen von 45° W. Er fällt also auf den Granit zu und wird schräg zum Streichen von ihm abgeschnitten, Jahrbuch d. k. k. geol. Reichsanstalt, 1909, 59. Bd., 3. u. 4. Hft. (W. Petrascheck.) 58 436 Wı Petrascheck. [ 10] denn die Granitgrenze verläuft, an der Geländeform !) leicht ver- folgbar, in ungefähr nördlicher Richtung bis an die Bezirksgrenze. Hier biegt die Granitgrenze nach NW um und behält diese Richtung bis nach Bresovie bei. Dabei treten wiederholt Grünschiefer un- mittelbar an den Granit heran. Die Aktinolithschiefer, flaserigen Zoisitamphibolschiefer, Hornblendeschiefer und Grünschiefer, die an der Granitgrenze angetroffen werden, unterscheiden sich aber in keiner Weise von den gleichen Gesteinsarten, die weit abseits von jedem Granitkontakte auftreten. Meist aber setzt zwischen den Grünschiefern und dem Granite ein schmaler Zug von Gneisphyllit auf, der ebenfalls nur schwache Andeutungen von Kontaktmetamor- phose erkennen läßt, worauf später des näheren eingegangen werden wird. Im nördlichen Teile von Böhmisch-CGerma lest sich zwischen diesen Phyllit und den Granit noch ein schmaler Zug von Graphit- schiefer. Grünschiefer und Phyllit fallen hier nach Ost und Nordost, fallen also vom Granite ab. Tiefere Taieinschnitte, die geeignet wären, Auskunft über das Einfallen der Granit-Phyllitgrenze zu geben, fehlen an der Ostseite der Masse. Nirgends konnten Beobachtungen gemächt werden, die auf das Vorhandensein eines Verwurfes auch an dieser Seite schließen lassen. Phänomene der Gesteinspressung treten am Granit hier stark zurück. Nur lokal wie unterhalb Borowa sind solche wahrzunehmen. Schlägt man hier den an der Südseite des Urtes entlang führenden Weg waldeinwärts ein, so trifft man, bald nachdem man das Granitgebiet betreten hat, einen kleinen Steinbruch, der Phyllit aufschließt. Die Lagerung desselben ist N 70° W, 45° 8. Es handelt sich hier um eine Scholle, die im Granite schwimmt. Im Anschluß an die Besprechung des Granites ist noch der Eruptivgänge zu gedenken, die rings um den GCermaer Granit in den Schiefergesteinen auftreten und die zweifellos eine Begleiterscheinung der granitischen Intrusion sind. Es sind Gänge von Granitporphyr und Aplit. Schon oben erwähnte ich den Steinbruch, der in einem solchen Porphyrgange nördlich von Dobroschov angelegt ist. Andere solche Gänge trifft man bei Jisbitz, namentlich aber bei Bielowes. Ihre Verbreitung hierselbst ergibt sich aus der Kartenskizze, die ich meiner Arbeit über die Säuerlinge bei Nachod beigelegt habe?). Als langen, schmalen, fast dem Schichtenstreichen folgenden Gang findet man den Granitporphyr östlich von Böhmisch- Cerma. Beachtenswert ist das Verhalten des Granitporphyrs am Galgenberge bei Neu-Hradek. An der von Borowa kommenden Straße ist er leicht an den Lesesteinen aufzufinden und deutlich am Hange abwärts bis an die Granitgrenze zu verfolgen. Unten in der Mulde, in der der Granit bloßgelegt ist, sind wohl vereinzelte, vom Hange herabgerollte Stücke des Porphyrs auffindbar, aber viel zu wenig, als daß man behaupten könne, daß der Gang auch hier im Granite durchstreiche. !) Der Phyllit ist steiler geböscht als der Granit. ®) Jahrb. d. k. k. geol. R.-A., Bd. 53 (1903), pag. 465. [11] Die kristallinen Schiefer des nördlichen Adlergebirges. 437 Dahingegen trifft man auf der anderen Seite, oben auf der Höhe, die den erodierten Phyllitlappen trägt, im Phyllitgebiet Brocken eines Porphyroides. Man kann also in den Porphyrgängen Granit- porphysen vermuten. Das Gebiet zwischen dem Granit von Cerma und der Rot- liegendmulde von Gießhübel. Gelegentlich der, vorangehenden Besprechung der Umrandung der Granitmasse von Cerma wurde schon erwähnt, daß an ihrer Ostseite Grünschiefer auftreten. Diese Grünschiefer bilden aber nicht Einlagerungen von geringer Mächtigkeit, wie wir solche in der Gegend zwischen Nachod und Neustadt kennen lernten, sondern einen mächtigen, geschlossenen Gesteinszug, von mehr als 1 km Breite. Die Schiefer dieses Zuges, wie aller noch zu besprechenden Grünschieferzüge sind ungemein mannigfaltiger Art, sodaß es schwer fällt, sie anders als unter der einheitlichen Bezeichnung als Grün- schiefer zu kartieren. Ich habe mich bemüht, auf Grund der Be- obachtungen im Felde und auf Grund des mikroskopischen Studiums der Gesteine gewisse Typen herauszugreifen und detailliertere Unter- scheidungen zu machen. Die Übergänge zwischen den einzelnen Typen, die man im Handstück leicht unterscheiden kann, sind aber derart häufig und verschiedenartig und die Gesteinsarten wechseln so rasch mit einander ab, daß es nicht anders möglich war, als einen Sammel- begriff „Grünschiefer“ auch in der Karte anzuwenden und innerhalb dieser Grünschiefer spezielle Ausscheidungen nur dort eintreten zu lassen, wo ein hinreichend zu charakterisierender Gesteinstypus in srößerer Ausdehnung auftritt. Die Umgebung des Dorfes Böhmisch-Cerma ist recht ge- eignet, sich ein Bild von einem solchen Grünschieferzuge zu machen, denn eine ganze Anzahl von Feldwegen laufen quer zum Streichen der Gesteine über die ganze Breite des Zuges weg und bieten eine Menge, wenn auch kleiner, Aufschlüsse dar. Es ist ziemlich gleich- giltig, welchen dieser Feldwege man einschlägt, sie sind sich hin- sichtlich der Qualität der Aufschlüsse alle annähernd gleichwertig. Um ein Beispiel zu geben, sei das Profil am Wege von Cerma zum Waldreviere Sezawa (der Name steht auf der Karte 1:25000) kurz beschrieben. Der Weg beginnt direkt bei dem Bildstocke, der an der Ostlisiere des Dorfes steht. Hier findet man den Graphitschiefer, der sich an den Granit anlegt. Wo sich der Weg in die Mulde senkt, steht Aktinolithschiefer an; er steht saiger und streicht N 50° W, auf ihn folgt ein ziemlich frischer, aber nur undeutlich flaseriger Zoisitamphibolschiefer in gleicher Schichtenstellung. Am jenseitigen Anstiege ist wieder Aktinolithschiefer anzutreffen. Er ist dick- schiefriger und weist größere Amphibolkristalle auf. Sein Streichen ist N 55° O, das Fällen unter 40% gegen Nord gerichtet. Uber den Rücken schreitend, passiert man einen dünnschiefrigen Aktinolith- schiefer, er streicht zirka N 800 W und fällt unter 409 gegen N. In der nun folgenden kleinen Mulde steht Graphitschiefer an. In ihm war zur Zeit meiner Anwesenheit ein Loch aufgegraben. 58* 438 W. Petrascheck. [1 2] Hierauf folgen wieder Aktinolithschiefer, die an der Krümmung des Weges schön aufgeschlossen sind, zum Teil haben sie lichte Farben, sind wohl auch durch Verwitterung gebleicht. Sie weisen starke Klüftung auf (Streichen N 60° O, Fallen 30° N). Es folgt eine Bank pbhyllitähnlichen, zersetzten Grünschiefers, dann am Talrande lichter, weißlicher Aktinolithschiefer, dann ein dunkler, tonschiefer- ähnlicher Hornblendegrünschiefer und wiederum lichter Aktinolith- schiefer. Am Gehänge des Tales findet man nochmals einen phyllit- ähnlichen Grünschiefer anstehend, hierauf zirka 2 m Aktinolith- schiefer, dann steht man auf einem Gange von Granitporphyr. Jenseits des Baches ansteigend, bemerken wir zuerst wieder den Aktinolithschiefer, bald aber steht (N 40° O, 40° W) ein fein- körniger, schwarzgrüner Schiefer an, an dem man schon mit bloßem Auge erkennt, daß er viel sehr kleine Chloritschüppchen enthält (Amphibol ist in diesem Grünschiefer gar nicht vorhanden, er besteht nur noch aus Quarz, Albit, Zoisit und Epidot). An der Wegkrümmung deuten zahlreiche Stücke von Granitporphyr darauf hin, daß hier wieder ein derartiger Gang aufsetzt. Über den Rücken schreitend, findet man Aktinolithschiefer, bis man am Waldrande auf einen phyllitähnlichen, chloritreichen Grünschiefer stößt. Das ganze hier besprochene Profil hat eine Länge von 1006 m. Es herrschen in dem- selben, wie überhaupt bei Böhmisch-Germa, die Aktinolithschiefer vor. Zufall ist es, daß auf diesem Wege nur wenig von den flaserigen bis körnigen Amphibolziositgesteinen angetroffen wird. Schlägt man hingegen den von Cerma nach NÖ (in der Richtung auf Kote 462) führenden Feldweg ein, oder geht man längs der Gemeindegrenze zwischen Germa und Borowa, von der beide Orte verbindenden Straße in der Richtung auf den Kohouti Kopec zu, so wird man eine reiche Auswahl solcher körniger und flaseriger Typen finden. Namentlich auf der zuletzt genannten Gemeindegrenze fallen auch große gabbroide Blöcke auf, die sich durch bedeutende Zähigkeit auszeichnen, wenn man sie zu zerschlagen versucht. Hier fand ich auch einen Block, der lebhaft an ein Konglomerat aus Quarz und Grünschieferbrocken erinnerte, die durch Grünschiefer verkittet zu sein scheinen. Eine genauere Untersuchung, namentlich das Anschleifen des Handstückes, überzeugten mich, daß eine Breccie, das heißt ein stark zerklüfteter und wieder verheilter Grünschiefer, vorlag. Am Südrande des Kartenblattes, zwischen Woschetnitz und Beranetz stieß ich ebenfalls auf ein ähnliches, ein Konglomerat vortäuschendes Gestein. Ich hebe das hervor, weil Wolf!) ein Konglomerat im Grünschiefer gefunden zu haben angibt, einen Fund, den Hinter- lechner?) zu bestätigen nicht in der Lage war. | Im Osten grenzt an den Grünschiefer von Cerma das Rot- liegende, dessen Grenze von Bfesovie zum Kohouti Kopee streicht und dessen Konglomerate über die Reichsgrenze hinüber bis in die Niederungen von Lewin reichen. Am Straänice kommt jedoch jenseits dieses Rotliegenden der Biotitphyllit wieder zum !) Jahrb. d. k. k. geol. R.-A., 1864, pag. 481. ?) Jahrb. d. k. k. geol. R.-A., 1904, pag. 606. [13] Die kristallinen Schiefer des nördlichen Adlergebirges. 439 Vorschein. Dieses selbst bildet an seinem Hange nur mehr einen sehr schmalen Streifen, welcher sich bei Dlouhei nochmals ver- breitert und dann endet. Der Phyllit, der auf dem hohen Rücken des Straänice eine Anzahl von Felsklippen bildet, fällt gegen West ein, hat also dieselbe Lagerung, wie der östliche Teil der Grüpschiefer, die wir auf dem oben geschilderten Wege beobachten konnten. Da wir aber westlich von dem Grünschieferzuge am Granit ebenfalls Phyllit hervorkommen sahen, so scheint es, als ob die Schiefer an der Ostseite des CGer- maer Granits eine Mulde bilden. Freilich sprechen nur die Lagerungs- verhältnisse für einen solchen Muldenbau. Von einer symmetrischen Anordnung der einzelnen Gesteinstypen im Grünschieferzuge konnte ich nichts bemerken. Verfolgen wir den Grünschieferzug weiter gegen Süden, so ist auch von solchen muldenförmigen Lagerungsverhältnissen nichts mehr zu sehen. Die Schichten fallen vielmehr gleichmäßig gegen W ein. Auch die Gesteinsführung ändert sich etwas. Schon unweit des ge- schilderten Profils treten Schiefer auf, die ich als Hornblendegrün- schiefer bezeichne; zuweilen würden sie unbedenklich als Hornblende- schiefer kartiert werden können. Solche stehen beispielsweise in Borowa bei der Schule und bei dem ersten Kreuze an der Straße gegen Cerma oder an der Straße Gießhübel—Neu-Hradek östlich von der Höhe Dlouhei an. Auch treten immer häufiger an Stelle der linear texturierten Aktinolithschiefer phyllitähnliche Aktinolith-Chloritschiefer auf. Beim Baue der Straße von Gieß- hübel im Olesnicatale abwärts wurden zahlreiche Aufschlüsse in den Grünschiefern geschaffen. Das umstehende Profil Fig. 1 gibt ‘ ein Bild von dem Wechsel der verschiedenen Gesteinsarten. Die Straße schneidet das Schichtstreichen in schrägem Winkel. Das Bild der Aufschlüsse wurde in einen Profilschnitt projiziert. also verkürzt. Die von dieser Straße angeschnittenen Gesteine lassen sich noch bis nach Sneznei verfolgen, wo der breite Grünschieferzug un- vermittelt endet. Das gleiche plötzliche Abschneiden der Grünschiefer- züge werden wir noch wiederholt zu erwähnen haben. Östlich von dem Grünschieferzuge treffen wir bis zu der über Gießhübel streichenden Mulde von Rotliegendkonglomeraten nur Biotitphyllite, die öfters Einlagerungen von Grünschiefer, auch von geschieferten Diabasen und Granitporphyr zeigen. Bei der Tassauer Mühle ist ein Steinbruch in solchem Phyllit angesetzt. Die Schichten fallen überall nach SW. Das südlich von Neu-Hradek liegende Gebiet zwischen der Kreide im Westen und dem Satteler Grünschieferzuge im Osten. Ich wende mich nun gleich der Besprechung des ganzen übrigen Schiefergebirges auf dem Kartenblatte Josefstadt—Nachod zu und lasse bloß den im Osten über Sattel streichenden Zug von Grünschiefern, in denen auch der Deschneyer Spitzberg liegt, außer Betracht. W. Petrascheck, 440 HPTTTESEN 2 02 / Ih a8 DOSWISEHS AS MAUS Fi ÖMMESHAFM AS Ws EHS| Ph ba Ph € n: = En Aufschlüsse an der Straße im Olesnicatale bei Rzy. Ph = Biotitphyllit, AS — phyllitähnlicher Aktinolithschiefer. SEPh = Serizitphyllit. AZS — flaseriger, oder porphyroblastischer SWPh = schwarzer Phyllit. Amphibolzoisitschiefer. GpS — Graphitschiefer. KAZS = körniger Amphibolzoisitschiefer. CIS — Chloritschiefer. HS — Hornblendegrünschiefer. [15] Die kristallinen Schiefer des nördlichen Adlergebirges. 441 Einen sehr großen Teil des hier zu behandelnden Gebietes bildet die eingangs erwähnte Abrasionsfläche. Die weiten, eingeebneten Flächen sind vielfach dem Ackerbau nutzbar. Waldbestände erhält man vornehmlich nur an den Gehängen der zu geringer Tiefe ein- geschnittenen Täler. Große Flächen sind arm an Aufschüssen und man ist bei der Kartierung meist auf die in Feld und Wald umherliegenden Steine angewiesen. Bei Besprechung der Umrandung des Germaer Granites ver- ließen wir im Olesnicatale Biotitphyllite und Gneisphyllite, die ein regelmäßiges N--S-Streichen (N—S bis N 10° W) und westliches Einfallen aufwiesen. In dem an Aufschlüssen reichen Gebiete zwischen Krahuletz, Neu-Hradek und der Frimburg bei Neu-Hradek weicht dieses Streichen einem solchen nach NW mit südwestlichem Einfallen, aber schon bei der Mühle Smalkowna stellt sich die vorher erwähnte Lagerung wieder ein. Steigt man von der Dupacka- Mühle unter Neu-Hradek auf der Straße gegen Bidlo hinauf, so bemerkt man bei der Biegung am Phyllit östliches Einfallen, ebenso am Grünschiefer, der daselbst deutliche Schichtung aufweist. Aber schon oben auf der Höhe ist das Fallen wieder gegen W gerichtet. Am Wege gegen Slawonow findet man dicht vor dem Meierhofe Bidlo erst Gneisphyllit, dann aber Graphitschiefer. Auch am Wege gegen Mezles steht solcher zweimal an, erst dort, wo der Weg noch änsteigt, etwa °/, m mächtig in Phyllit eingelagert, dann noch- mals neben schwarzem Phyllit bei dem Kreuze östlich vom Dorfe. Es fällt nicht schwer, diese beiden Graphitschiefer, so wenig mächtig sie auch sind, gegen SSO zu verfolgen. Auf der Höhe zwischen Bohdaschin und Mezles verdeckt sie wohl gelegentlich eine Ablagerung älterer Diluvialschotter, der westliche beider Graphit- schiefer ist aber leicht wieder aufzufinden und nördlich der Ein- mündung der Hradeker Straße nach Bohdaschin in einem Feldwege wieder gut aufgeschlossen. Auch auf, dem an der Südseite des zuletzt genannten Dorfes entlang führenden Wege ist der Graphitschiefer der Beobachtung gut zugänglich. - Der Schotter ist in Sandgruben 5 m mächtig aufgeschlossen. Er bildet Linsen und Schmitze in sehr feinen und groben schichtigen Sanden.‘ Viel Öermaer Granit, außerdem aber auch sroße Brocken von Pläner, Glaukonitpläner und Cenomanquader sind in ihm enthalten, Die Sande ziehen sich hinunter nach Rokol, woselbst unter ihnen eine Quelle hervortritt. Diese Schotter und Sande sind von größerem Interesse, denn sie sind Depots eines alten nach Süden gerichteten Flußlaufes, der älter als das tief eingeschnittene Olesnicatal ist, denn sonst könnte nicht der Cermaer Granit in dem Schotter enthalten sein. Am Wege nach Tys findet man noch zwei Depots dieser Schotter und Sande. Weitere sind in Bistrey und endlich bei Sudin vor- handen, woselbst darin eine große Sandgrube angelegt ist. Außer der völligen Unabhängigkeit von dem heutigen Talsystem deutet auch die Verwitterung dieser Schotter auf ihr hohes Alter hin. 442 W. Petrascheck. [16] Dicht bei Rokol sollen, wie ich erst nach Beendigung meiner Aufnahmen erfuhr, Spuren alter Bergbaue vorhanden sein. Von einem alten Stollen wurde mir ein Stück Minette gezeigt, wie ich sie selbst dort nicht auffand. Worauf diese Bergbauversuche umgegangen sind, das ist heute nicht mehr zu erfahren. Graphit oder Eisen kommen in Frage. Der Phyllit wie auch der Grünschiefer sind wohl gelegent- lich eisenhältig. Gerade zwischen Rokol und Bidlo bemerkt man an der Bezirksstraße wiederholt gerötete Phyllite. Hie und da be- gegnete ich auch an anderen Orten solchem roten Phyllit, so nahe am Rotliegenden auf der Nordseite des Dobroschov, an dem öst- lich der Kirche abzweigenden Feldwege von Ohnischov nach Bistrey dort, wo er sich durch den Wald in das Tälchen senkt, ferner im Tälchen nördlich na Zamky bei Hlinei und anderen Orten. Kleine Brocken quarzreicher Eisenerze (Hämatit und Limonit) las ich westlich Kote 564 am Westfuße des Kohouti Kopec bei Böhmisch-Germa, ferner an der Waldecke östlich Dlouhei auf. Auch sei hier gleich auf dem ehemaligen Eisenerzbau von Dobrey hingewiesen. Südlich von der Kapelle und Häusergruppe Rokol erhebt sich ein kleiner Hügei, auf dem Biotitphyllit in saigerer Stellung und mit dem ungewöhnlichen Streichen N 60° W ansteht. Geht man von dem erwähnten östlich von Mezles stehenden Kreuze an der Südseite des Ortes entlang nach West, so bewegt man sich nur über Phyllit. Mit der gleichen Wahrnehmung kann man auch noch weiter südlich des Ortes die Felder verqueren. Aber schon in dem O—W verlaufenden Tälchen noch etwas weiter im Süden bemerkt man Grünschiefer und Aktinolithschiefer und verquert man das Streichen wiederum etwas südlicher, so überzeugt man sich, daß sich plötzlich ein 700 m breiter Zug von Grünschiefern ein- gestellt hat. Er reicht im Osten bis an Bohdaschin heran und kann gut auf den von diesem Orte nach W führenden Wegen ver- quert werden. Besonders zu empfehlen ist der Feldweg, der an der Südseite des von Bohdaschin nach W gehenden Tälchens entlang führt, da man hier (nördlich von der kleinen Waldparzelle) kata- klastische Grünschiefer von grobem Korn antrifft, die lebhaft an die Flasergabbros von Roßwein erinnern. Überhaupt herrschen in diesem Grünschieferzuge Aktinolithschiefer und flaserige Zoisitamphibolschiefer vor und man kann zwischen Bohdaschin und Slawonow, sowie zwischen Bohdaschin und Wanowka die verschiedensten Textur- formen dieser Schiefer sammeln. Manche sind schön flaserig oder haben Augen von Hornblende. Auch liegen größere Blöcke mit großen schwarzen zerbrochenen Hornblenden umher. Vereinzelt begegnet man mittelkörnigen Grünsteinen, die sich durch auffallende Zähigkeit aus- zeichnen. Viele der Gesteine tragen eine weiße Verwitterungsrinde. Stellenweise verwittern sie wohl auch zu einem weißlichen Ton, der wegen seiner geringen Wasserdurchlässigkeit Drainagen notwendig macht. Auffallend ist, daß am Westende von Bohdaschin, am Be- ginn der Straße von Slawonow, so viele große Quarzblöcke an den Gärten und Grasplätzen aufgeschlichtet sind. Wohl sind Quarzlinsen [17] Die kristallinen Schiefer des nördlichen Adlergebirges. 443 in dem Phyllit eine ganz gewöhnliche Erscheinung, auch im Grün- schiefer fehlen sie nicht, wenngleich sie in ihm nicht in solcher Zahl wie im Phyllit auftreten. Diese Linsen bleiben in ihrer Größe aber meist weit unter derjenigen der erwähnten Quarzblöcke zurück. So ist es denn wohl wahrscheinlicher, daß hier in der Nähe ein Quarzgang aufgefunden worden war, dessen Blöcke zusammengetragen wurden. Auffallend ist auch, daß bei dem generellen Südstreichen, das zu Bohdaschin noch zu bemerken ist, auf der von diesem Orte nach Ohnischov führenden Straße doch nur Phyllite angetroffen werden, Phyllite, die vor Ohnischov ein Einfallen nach NO er- kennen lassen. Der Grünschiefer zieht sich mehr gegen West, er ist inmitten des Dorfes Wanovka anstehend zu beobachten. Auch am Spiebache südlich Wanovka steht er an und zeigt hier süd- westliches Einfallen. Zwischen Ohnischov und Janov zeigt sich wiederum das unvermittelt und mächtige Einsetzen der Grünschiefer: Geht man auf dem schmalen Rücken von Ohnischov nach Janov, so be- wegt man sich nur über Phyllit, der zwei kleine Einlagerungen von Graphitschiefer aufweist. Unten beim Weiher südlich Janov streichen saiger stehende Serizitquarzite aus. Nordwestlich von diesem Orte, das ist in ihrem Streichen, tauchen sie nochmals in breiterer Masse empor und bilden eine kleine, sterile Kuppe. Im Tale südlich des er- wähnten Rückens steht an der Nordlehne noch Phyllit an, in den nur gelegentlich Grünschiefer hinüberreicht. Oben auf der Höhe südlich des Tales aber bilden die Grünschiefer bereits einen 2 km breiten geschlossenen Zug. Man wäre geneigt, eine Verwerfung zu suchen, die den Grünschiefer abschneidet und in der Tat scheint mir eine solche Erklärung dieses plötzlichen Endes sehr diskutabel (vgl. pag. 513). Es ist dabei aber doch auffallend, daß man in dem Grünschiefer eine Einlagerung von Graphitschiefer findet, die ihrer Lage nach genau dem westlichen der beiden Graphitschiefer im Phyllit des vorerwähnten Rückens entspricht. Flaserige Aktinolith-Zoisitschiefer und Aktinolithschiefer herr- schen zwischen Bistrey und Ohnischov vor, daneben finden sich öfters auch phyllitähnliche Grünschiefer. Wohl sind noch einige Ein- schaltungen von Biotitphyllit vorhanden, sie haben aber nur un- bedeutenden - Umfang. Als Schotterstein bricht man in der bewaldeten Kuppe nordwestlich Bistrey einen feinkörnigen bis dichten licht- sraugrünen Aktinolithschiefer, der sich durch ansehnliche Festigkeit auszeichnet. Je weiter wir nach Süden gehen, um so mehr nehmen in den an Aufschlüssen überaus armen Gegenden die grauen Grün- schiefer vom Typus des Dobreyer Grünschiefers an Menge zu. Aber auch dort, wo diese anstehen, sind die Aufschlüsse oft nicht gut genug, um festzustellen, ob eine bestimmte Schieferungsrichtung an den im Handstück oft nur versteckt schiefrig bis körnig erscheinenden Gesteinen wahrzunehmen ist. Wo aber solche Beobachtungen möglich sind, nimmt man immer ein nur wenig von der N—S-Richtung gegen Ost oder West abweichendes Streichen und ein gegen West ge- richtetes Einfallen wahr. Um so auffallender ist es, zu bemerken, daß Jahrbuch d. Kk. geol. Reichsanstalt, 1909, 59. Bd., 3. u. 4. Hft. (W. Petrascheck.) 59 444 W. Petrascheck. [18] von Bacetin an das Verbreitungsgebiet des Grünschiefers auf ein- mal ganz außerordentlich weit nach Ost übergreift (vgl. die Karten- skizze Tafel XIV). Man kann die Grünschiefer von Bacetin nach Kounov ver- folgen. Steigt man dort am Wege gegen Wolsin zur Höhe, so findet man sehr bald ungewöhnlich dickflaserige Amphibol-Zoisitschiefer, die außerordentlich viel saussuritisierte Feldspatknoten enthalten. Ahnliche Gesteine werden östlich von Domaschin zu Straßenschotter gebrochen. UnweitKounov verschwindet die Phyllit-Grünschiefergrenze unter dem Rotliegenden. Die Grenze zu diesem Rotliegenden ver- läuft neben der Mulde, die beim Südende von Kounov vom Hange im Osten herabkommt, steil aufwärts. Sie ist durch einen Bruch bedingt. Die Schichten des Rotliegenden sind unterhalb Kounov neben dem Bache gut aufgeschlossen und zeigen leichte Neigung gegen S. Bei Rozkos liegen sie dem Grünschiefer auf, der hier zum Teil eine verwaschene, körnige oder flaserige Textur hat und den Eindruck eines veränderten Diabasgesteines macht. Die alte von H. Wolf herrührende geologische Aufnahme ver- zeichnet in einem Tälchen südlich Rozkos Granit.. Es ist mir un- verständlich worauf sich diese Ausscheidung stützt, denn ich fand ringsum nur Grünschiefer, der gerade an dem für den Granit an- gegebenen Orte die versteckt flaserige Textur des Dobreyer Grün- schiefers zeigt. Noch eine andere Ausscheidung von Granit ist in der Wolf- schen Karte enthalten, die ich ebenfalls zu bestätigen nicht in der Lage war, nämlich bei Bistrey. Nahe am Weiher im Tale südlich Janov fand ich im Walde wohl einige Stücke von Aplit, die auf einen Gang hindeuten. Sonst aber steht in dem Verbreitungsgebiete des angeblichen Granites ausschließlich Grünschiefer an. Ich begegnete zwar in dem Tälchen, das beim Wirtshause Krahuletz, in der Straßen- gabelung zwischen Bistrey und Sneznei beginnt und südlich von Janov vorüberzieht, am Hange südlich 564 einem kopfgroßen, runden Blocke von mittelkörnigem Biotitgranit. Da es sich aber um ein ein- ziges Stück handelt, zweifle ich nicht, daß dieses vielleicht aus dem Diluvialschotter verschleppt war. Wandert man von Rozkos das Goldbachtal abwärts, so trifft man Aufschlüsse im Grünschiefer in großer Zahl, denn dieser steht häufig in Form kleiner Felsklippen beiderseits an. Näher auf die Gesteinsbeschaffenheit einzugehen, würde eine Menge ziemlich wertloser Detailangaben nötig machen. Es sei nur wiederholt, daß überall dort, wo ein deutliches Streichen und Fallen abzunehmen ist, das erstere annähernd nord—südlich verläuft, das letztere unter 30--55° gegen West gerichtet ist, Mitunter auch zeigen die Schichten noch flachere Lagerung. Das auffallendste ist, daß die Gesteine hier im Süden, also im Verbreitungsgebiete des Dobreyer Grünschiefers, im Handstücke den Eindruck geringerer Umwandlung machen als die Grünschiefer der breiten Grünschieferzüge. Sehr viel seltener trifft man flaserige Zoisitamphibolschiefer. Lediglich zwischen Woschetnitz und Lom, sowie bei Rowney sind diese noch etwas reichlicher vorhanden. Der gestreckte Akti- J a [19] Die kristallinen Schiefer des nördlichen Adlergebirges. 445 nolithschiefer fehlt ganz. Häufig dagegen begegnet man dem phyllit- ähnlichen Chloritaktinolithschiefer, vor allem aber immer noch ver- schiedenartigen Formen des Dobreyer Grünschiefers. Gar häufig machen diese ganz den Eindruck diabasischer Gesteine, wenngleich das Mikroskop zeigt, daß der Mineralbestand trotzdem bedeutende Veränderungen erfahren hat. Einzelne Täler, wie das nördlich an Dobrey vorbeiziehende Quertal, machen mit ihren Felsklippen, Schutthalden, Hutweiden und ihrer braunen Ackerkrume ganz den Eindruck der Täler im Diabasgebiete des mittelböhmischen Paläo- zoikum, des Frankenwaldes etc. Es kommen übrigens auch Diabasporphyrite im Gebiete vor. Solcher steht im Goldbachtale zu Polom bei Masti an. Dort, wo das Tal am südlichen Kartenrande aus der Nord-Süd- in die Ost- Westrichtung umbiegt, ist das Gestein zur Schottergewinnung in einem Steinbruch aufgeschlossen, dessen Besuch zum Studium der Grünschiefer sehr zu empfehlen ist. Als massiges Gestein liegt hier der als solcher noch leicht zu erkennende Diabasporphyrit. UÜber- lagert wird er von schichtigem Dobreyer Grünschiefer und dichten Grünschiefern mit Kalzitadern. Auf diesen folgt wieder massiges und körniges Gestein, das wiederum von Grünschiefer bedeckt wird. Den Eindruck geringerer Metamorphose machen auch die ton- schieferähnlichen Phyllite, die südöstlich von Hlinei auftreten und die dort am Talrande in einem Steinbruche aufgeschlossen sind. Am Wege gegen Woschetnitz setzt in ihnen eine kleine Linse silikat- reichen Kalkes oder kalkreichen Grünschiefers auf. Da und dort finden sich im Grünschiefer Einlagerungen eines schwarzen oder dunkelgrauen Tonschiefers, der durchaus nicht immer den Eindruck eines kristallinen Schiefers macht. Bei ihm würde man viel eher an ein Schichtenglied des Paläozoikums glauben. Ich habe zwar eifrig, aber doch vergeblich in derartigen Gesteinen nach Fossilien Umschau gehalten. Solche Schiefer stehen im südlichen Teile von Dobrey an. Gut aufgeschlossen sind sie am Wege von der Panskymühle (westlich Hlinei) bergauf nach Masti. Bei der oberkalb der Panskymühle im Goldbachtale liegenden Beckmühle sind ähnliche schwarze Schiefer beiderseits am Ge- hänge nachweisbar. Die am östlichen Hange anstehenden, mit leichtem Seidenglanz versehenen Schiefer sind leicht auf einige hundert Meter Entfernung zu verfolgen. Eine kleine Einlagerung solcher Schiefer steht auch am Nordende von Lhota bei Podbrezi dicht neben der Straße in einem Feldwege an. Hier am Nordende von Lhota bildet die Straße noch einen anderen bemerkenswerten, wenn auch nur kleinen Aufschluß. Der Straßengraben entblößt zwischen anstehenden Grünschiefern auf etwa 20—30 m Länge einen roten Ton, in dem zersetzte Grünschiefer- brocken stecken. In dem roten Ton liegt ein ebenfalls stark zer- setzter Melaphyrmandelstein. Auf ein zweites räumlich überaus be- schränktes Vorkommnis von Melaphyrmandelstein gelangt man, wenn man den von Skutina nach Masti führenden Feldweg verläßt und den diesem Wege zugekehrten Rand des Wäldchens südlich vom Wege absucht. Auch hier findet man den Ausstrich von rotem Ton 59* 446 W. Petrascheck. [20] und zugleich Brocken des Mandelsteines. Ob man in diesen Resten von Melaphyr und rotem Ton etwa Spuren des Rotliegenden er- blicken soll, darüber kann man kaum diskutieren, denn’ es fehlt an den nötigen Anhaltspunkten. Es sei nur bemerkt, daß sich auf 4 Meilen Entfernung im Norden im Rotliegenden keine Tone vorfinden und daß nirgends im ganzen Kartenblatte im Rotliegenden ein Melaphyr gefunden wurde. Die nächsten Melaphyrvorkommnisse liegen alle im Karbon. Erst im Braunauer Lande und bei Trautenau gibt es permische Melaphyre. Der zuletzt genannte Melaphyr bei Masti kommt hart am Rande eines Kreidelappens hervor. Dicht neben dem Melaphyr streicht der Cenomanquader aus. In der Gegend von Chmelist, Sekyrka und Hinter-Lom gibt es außerordentlich wenig Aufschlüsse, die über die Lagerung der Grünschiefer Auskunft geben. Nur bei Chmelist fand ich solche vor. Sie ließen ein Streichen nach N 20° W und ein Einfallen von 15° nach W erkennen. Aber trotz dieses Streichens stehen nur wenig weiter nördlich phyllitische Gesteine mit gleichem Streichen aber etwas steilerem Einfallen an. Wie schon die Karte W olfs andeutete, verläuft hier die Grenze zwischen Phyllit und Grünschiefer quer auf das Streichen in NNW- bis SSO-Richtung. Zahlreiche Aufschlüsse enthält jedoch der äußerste Südosten. des begangenen Gebietes in dem tief eingeschnittenen, landschaftlich überaus anziehenden, leider aber sehr abgelegenen Albatale. Hier kommt unter den Grünschiefern der Biotitphyllit wieder zum Vor- schein. Man kann die Grenze zwischen beiden, die wiederholt vom Tale verquert wird, deutlich in ungefähr nordsüdlicher Richtung verfolgen. Um dieselbe Richtung schwankt das Streichen der kri- stallinen Schiefer. Etwa 500 m oberhalb der oberen Kleckamühle ist die Grenze zwischen Phyllit und Grünschiefer gut entblößt. Zwei breitere und ein ganz schmaler Aplitgang setzen hier im Phyllit auf. An den Grünschiefer grenzt Gneisphyllit von steilerer Schichtenstellung als sie der erstere hat. Dieser schneidet den Gneis- phyllit schräge ab. Es liegt hier ein Verwurf vor. Im Grünschiefer setzt nahe an dieser Grenze noch eine Einlagerung von Phyllit auf. Wie weit der erwähnte Bruch reichen mag, war nicht festzustellen, da auf der Höhe sowie im Seitentale südlich dieses Punktes Auf- schlüsse an der Phyllitgrenze fehlen. Dort, wo weiter talaufwärts die Straße die Grenze unterhalb Antonital wieder passiert, ist sie ebenfalls nicht entblößt. Es streicht aber hierselbst der Biotitphyllit quer zu der Richtung, welche diese Grenze haben muß. Von Antonital aus greifen die Grünschiefer in einem ur- sprünglich etwa 800 m breiten, sich aber allmählich verschmälernden Zuge gegen NNO in das Gebiet des Biotitphyllits ein. Dieser Zug endet auf Blatt Kronstadt kurz vor der Dobrey— Deschneyer Straße. Es ist bemerkenswert, daß die Schieferung in diesem Grün- schieferzuge wesentlich steiler steht, als weiter im Süden und im Westen, wo der Grünschiefer in großer Breite auftritt. Unter den Grünschiefern treten solche mit phyllitähnlichem Habitus häufiger auf. [21] Die kristallinen Schiefer des nördlichen Adlergebirges. 447 In das ausgedehnte Grünschiefergebiet, das wir besprochen haben, greift von Norden her der Biotitphyllit ein. Sein Areal bietet nur zu wenigen Bemerkungen Anlaß. Dem Phyllit lagern bei Dobran, auf der Zlatenkahöhe und bei Lom einige Lappen von Rot- liegendkonglomerat auf. Als Einschaltungen im Phyllit sind einige schmale Züge von diversen Grünschiefern und von Biotitquarzit zu nennen. An ihnen kann man verfolgen, daß das Streichen des Phyllites von NNW nach SSO gerichtet ist. Dasselbe nimmt man verschiedenen Orts an den Aufschlüssen wahr, die zu gleicher Zeit ein mittleres Einfallen gegen WSW erkennen lassen. Diese regelmäßige Lagerung bemerkten wir schon unterhalb Gießhübel und läßt sich von dort aus in einem mehrere Kilometer breiten, an den im Osten liegenden Satteler Grünschieferzug angrenzenden, Phyllitstreifen verfolgen. Zwischen Pollom und Sneznei zeigt sich lokal eine bald näher zu besprechende Abweichung, aber schon an den beiderseitigen Hängen des Tales unterhalb Sattel bemerken wir wieder dasselbe Einfallen. Ununterbrochen bleibt die Richtung bestehen bis nach Michovy, woselbst in den Phyllit der zuletzt erwähnte Grünschiefer- zug eingreift. Westlich dieses Streifens liegt aber ein Gebiet, in dem der Biotitphyllit wesentlich andere Lagerungsverhältnisse aufweist. Wenn man von Schedivy das Tal des Hlukybaches abwärts verfolgt, so passiert man viele Entblößungen, in denen die Schieferung des Phyllites zu erkennen ist und die erst ein steiles südöstliches Ein- fallen, dann aber auf eine längere Strecke intensive Fältelungen er- kennen lassen. Unterhalb der Hlukymühle tritt der Bach in den Graben von ‚Rotliegendkonglomerat ein, woselbst sich das Tal beträchtlich verbreitert. Steigt man nach N über die aus Rotliegendem bestehenden Hänge in die Höhe, so bietet ein über Volsin führender Weg ver- schiedene Aufschlüsse in den kristallinen Schiefern dar. Der Biotit- phyllit läßt zwei Einlagerungen von Grünschiefern erkennen. Die Schichten zeigen steiles, nach OSO gerichtetes Einfallen. Ein zwischen Süd und Südost schwankendes Einfallen zeigen auch alle Aufschlüsse bei Kounov und - Nedwez, woselbst sich namentlich im Goldbachtale gute Entblößungen vorfinden. Be- merkenswert ist daselbst auch eine große Einlagerung von Grün- schiefern, die im untersten Teile von Nedwez aufgeschlossen sind. Steigt man im Dorfe Nedwez oder auf dem Rücken südlich des- selben in die Höhe, ‚so wird man nahe an der Grenze zum Phyllit Blöcke von amphibolitisiertem Diabas bemerken, die sich durch außerordentliche Zähigkeit auszeichnen. Einen Graphitschiefer, wie er an der Nordseite der Grünschieferlinse zu sehen ist, konnte ich hier nicht auffinden. Es ist also auch hier nicht möglich nachzuweisen, daß der Grünschiefer eine in den Phyllit eingesenkte muldenförmige Einlagerung bildet. . Der erwähnte Graphitschiefer ist auf dem von Bistrey nach Nedwez herabkommenden Wege gut zu beobachten. Auf ihn folgt ein chloritischer Serizitschiefer, der im Wege schön aufgeschlossen ist. | | Im Goldbachtale oberhalb von Nedwez und nördlich von 448 W. Petrascheck. [22] Dobran findet man am Phyllit wieder westliches bis südwestliches Einfallen. Gute und frische Anbrüche liegen namentlich an der Sattler-Straße dicht westlich vom Wirtshause Krahulec. Es setzt hier, dem Phyllit gleichförmig eingelagert, ein Aplitgang auf. Aber schon auf der Anhöhe dicht nördlich der Straße Krahulec— Snez- nei steht Biotitphyllit an, der N 40° O streicht und unter 45° nach NW fällt. Und genau dieselbe Lagerung weisen die Phyllitklippen bei Hinter-Pollom, seitlich derselben nach Gießhübel führenden Straße auf. Da in diese Streichungsrichtung das Abbrechen des Grün- schiefers bei Sneznei und das Ansetzen des Grünschiefers zwischen Ohnischov und Janov fällt, liegt es nahe, hier auf eine Störung zu schließen, welche durch dieses plötzlich geänderte Streichen mar- kiert wird. Es soll später (pag. 513) noch hiervon gesprochen werden. Die &egend zwischen Gießhübel, Sattel und Deschney. Zur Besprechung der kristallinen Schiefer des Kartenblattes Josefstadt—Nachod fehlt nunmehr nur noch eine Schilderung des östlichsten Teiles, der aus Amphiboliten und Grünschiefern besteht, die unmittelbar an den Glimmerschiefer anschließen. Dem generellen SSO-Streichen der Gebirgsformationen zufolge treten sie nördlich von Gießhübel in das zu untersuchende Gebiet ein und verlassen es bei dem Deschneyer Spitzberge. Um die Umgebung dieses durch seinen Gabbro bekannten Spitzberges genügend kennen zu lernen, dehnte ich meine Begehungen bis nach dem Orte Deschney auf Blatt Kronstadt an der Adler aus. Die Gegend von Gießhübel und Sattel gewinnt besonderes Interesse durch den dort aufsetzenden Cudowaer Granit und seine Injektionen in die ihn umgebenden Schiefer. Der Cudowaer Granit bildet östlich von Cudowa eine aus- gedehnte Masse, die nördlich dieses Ortes auf österreichischem Gebiete nicht mehr anstehend zu finden ist, sondern unter dem transgredierenden Cenoman verborgen bleibt. Nur an einem etliche Meter diesseits der Reichsgrenze bei Kote 556 (1:25.000) nächst Mokriny ge- legenen Punkte kommen unter dem Quader die roten Verwitterungs- produkte des Granits zum Vorschein. Ganz nahe an der Reichsgrenze aber ist der Granit in dem nach Tscherbenei gehenden Tale entblößt. Er grenzt im Nordosten an den Glimmerschiefer, der auch bei Mokriny zwischen Karbon und Kreide ausstreicht. Die Heu- scheuer-Straße zwischen Cudowa und Karlsberg durch- schneidet die Granitmasse, die hier große Breite besitzt. Wie schon die Beyrichsche Karte zeigt, verschmälert sich die Eruptivmasse bei Hallatsch unweit Lewin beträchtlich. Sie greift, eine Breite von 500—1000 m besitzend, südwärts weit in die Schiefer ein und reicht fast bis nach Sattel, wobei sie sich immer mehr an die Grenze des Glimmerschiefers hält. . In Gießhübel ist der Granit wiederholt anstehend zu finden. Östlich vom Stenkaberge und am Steinberge bei Pollom bildet er ausgedehnte Blockbestreuungen. Wenn auch der Granit in- [23) Die kristallineu Schiefer des nördlichen Adlergebirges. 449 folge der Verwitterungsformen überall deutlich von den ihn umgebenden Schiefern abgegrenzt ist, so ist er doch durch zahlreiche Injektionen mit diesen verknüpft. Massenhaft treten diese in dem westlich angren- zenden Amphibolit auf. Von Gießhübel über Pollom, Sattel bis nach Dörfel nördlich Deschney verfolgt man schwarze kristalline Amphibolite, mit denen zusammen man in Feld und Wald immer wieder und in großer Menge Brocken granitischer und gneisähnlicher Gesteine findet. Alle nur denkbaren Übergänge von mehr körnigen zu porphyrischen, flaserigen Typen, zu feinschichtigen, an Lagergneise erinnernden, zu aplitischen und granulitäbnlichen Typen sind vor- handen. Es ist ganz undenkbar nach der relativen Häufigkeit von Amphibolit und von granitischen Derivaten unter den Lesesteinen der Felder Sonderungen in der Karte vorzunehmen. Es mußte für diese Zone eine einheitliche Bezeichnung: Amphibolit mit Granit- injektionen, gewählt werden und nur zwei kleinere Partien, in denen diese Injektionen nicht gefunden werden konnten, wurden getrennt Fig. 2. N 77 „ N Granitinjektionen (weiß) im Amphibolit (schraffiert). Steinbruch in Pollom bei Sattel. zur Darstellung gebracht. Wie notwendig es ist, den Amphibolit mit seinen Injektionen als eine Einheit zu behandeln, lehrt aufs beste ein kleiner Steinbruch in Pollom. Er befindet sich noch innerhalb der verstreut stehenden Häuser bei dem kleinen Wäldchen östlich von dem Wege, der von Pollom, westlich vom Stenkaberge vorüber, nach Gießhübel führt. Hier ist ein vielfacher und rascher Wechsel von Amphibolit und granitischen Gesteinen aufgeschlossen (Fig. 2). An den mächtigeren Gängen ist deutlich zu erkennen, wie sich das Gefüge von der Mitte des Ganges gegen das Salband zu ändert. Die Schichten fallen unter 55° nach Nord. Gegenüber von dem Steinbruch ist hinter dem Hause mit dem roten Ziegelanbau ein anderer Aufschluß, der ebenfalls Granitinjek- tionen im Amphibolit zeigt. Hier sind jedoch die Schichten stark gestaucht und die Intrusionen wiederholt verquetscht (Fig. 3). Am Westhange des Pansker bildet der Granit mächtigere Gänge im Glimmerschiefer, die eine Darstellung in der Karte noch 450 W, Petrascheck. [24] ermöglichten. Weiter im Norden, auf preußischem Gebiete, kann man wiederholt auch deutliche Injektionen im Glimmerschiefer finden. Auf Tafel II, Fig. 1 und 2, in Roths Erläuterungen zur geognostischen Karte vom Niederschlesischen Gebirge, bildet Beyrich solche In- jektionen aus der Umgebung von Lewin ab. Auffallend ist, daß der unmittelbar am Granitkontakt im Steinbruch an der Lewin— Reinerzer Straße entnommene dunkle, kleinschuppige Glimmer- schiefer viel mehr Albit als Quarz enthält, also füglich als Gneis bezeichnet werden könnte. Ob hier eine Feldspatisierung vorliegt, möchte ich dahingestellt sein lassen. Ich will nur gleich bemerken, daß auch diese Schiefer recht wenig von einer Veränderung durch Eruptivkontakt zeigen. Typische Kontaktgesteine konnte ich nirgends auffinden. Wenn der Glimmerschiefer am Kontakt in diesem Stein- bruche kleinschuppig ist, so ist das wohl auch nur eine lokale Ab- änderung. In den ausgezeichneten Aufschlüssen, die beim Eisenbahn- Fig. 3. Granitinjektionen (weiß) im Amphibolit (schraffiert). Pollom bei Sattel. bau zwischen Lewin und Reinerz geschaffen wurden, fand ich wiederholt im Bereich der Granitinjektionen Glimmerschiefer, - die sich nicht von solchen weitab von jedem Fruptivkontakt unterschieden. Übrigens schuf dieser Eisenbahnbau eine Reihe vortrefflicher Auf- schlüsse solcher Injektionen. In einem derselben überwiegt das Erup- tivgestein bedeutend über den Schiefer, der in nur dünnen auf- gerichteten und gestauchten Lagen in dem vergrusten Granit steckt. Ungefähr südlich von der Färberei in Gießhübel findet man im Amphibolit eine kleine Einlagerung von -Biotitplagioklasgneis. Sie ist in dem kleinen Gebüsch in einem kleinen Steinbruch auf- geschlossen. Der Gneis ist unten quarzreich. Nach oben nimmt der Biotitgehalt zu. Es besteht keine scharfe Grenze gegen den hangenden Amphibolit. Ein weißer Aplitgang mit dunklem Salbande durchsetzt die Schichten quer. Östlich dieses Steinbruches befindet sich nördlich von dem dort stehenden Hause an der Steillehne eine kleine Klippe, die ebenfalls aus einem allerdings dunkleren und feinkörnigeren Biotitplagioklasgneis besteht. [25] Die kristallinen Schiefer des nördlichen Adlergebirges. 451 Nördlich und südlich von Gießhübel grenzt westlich an den Amphibolit das Rotliegende. Unter diesem kommen bei Pollom Grünschiefer zum Vorschein, die in ruhigem Streichen weithin nach SO zu verfolgen sind. Den Westrand dieser Grünschiefer bilden Hornbtiendegrünschiefer und Hornblendeschiefer. Im breitesten Teil des Grünschieferzuges herrschen aber phyllitähnliche Schiefer (ich beschreibe sie unten als phyllitähnliche Aktinolith-Zoisitschiefer) vor. Da diese ein wenig widerstandsfähiges Gestein sind, bildet ihr Aus- strich eine breite, leichte Depression, die nahezu ausschließlich dem Ackerbau dient. Bei Sattel setzen darin grauwackenwähnliche Quarzite (Satteler Quarzit) auf, die über Plaßnitz hinaus ver- folgt werden können. Sie würden sich für Straßenschotter eignen. Mit ihnen zusammen treten Grünschiefer auf, die bei der Unter- suchung unter dem Mikroskop allenthalben Spuren der Kataklase erkennen ließen. Die von den phyllitähnlichen Aktinolith-Zoisitschiefern gebildete Depression reicht bis nach Deschney. Im Osten derselben erheben sich die Glimmerschiefer zu dem waldreichen, über 1000 m hohen Rücken der Hohen Mense. Im Westen überragt sie erst der aus Biotitphyllit bestehende langgestreckte Leichenbuschberg und dann, nach dem Quertale des von Plaßnitz kommenden Hluky- baches, ein aus Hornblendegrünschiefern bestehender Rücken, dem die waldige Kuppe des Deschneyer Spitzberges aufsitzt. Die nachstehende Kartenskizze, Fig. 4, gibt ein Bild von der Ver- breitung der Gesteinsarten am und um den Spitzberg. Der Gabbro durchbricht die ihn umgebenden Schiefer als ein mächtiger Gangstock, der an seiner Südwestseite einige Apophysen in die angrenzenden Schiefer zu entsenden scheint. Ich muß „scheint“ sagen, denn es ist sehr schwer, auf Grund der an den steilen Lehnen umherliegenden Blöcke und Lesesteine ein immer verläßliches Urteil über die Gesteinsgrenzen zu fällen. Anstehend trifft man den Gabbro im Walde an und gegenüber von der Straße Deschney—Skuhrov, ferner auf der Ostseite des Spitzberges und auf der Kuppe nordwestlich vom Hegerhause. Mächtige Blockhalden liegen am Nordabbruche des Spitzberges und an der Westseite der die Kote 833 (1:25.000) tragenden Süd- kuppe. Aber auch weit um das anstehende Gestein verbreitet findet man teilweise selbst große verrollte Blöcke. Daß solche Blöcke noch bei der Brandmühle und beim Orte Deschney liegen, ist nicht verwunderlich, denn wir stehen hier am Fuße des steilen Hanges. Auffallender ist, daß Gabbroblöcke an der viel sanfteren West- abdachung bis zur Kapelle an der Straße in Ober-Schedivy, ja sogar in den Wiesen südlich vom Walde zwischen Stiefwinkel und der Schedivy—Rowneyer Straße in großer Zahl verstreut liegen. Ich kann aber nicht glauben, daß hier Gabbrogänge ausstreichen, denn nirgends deutet die Geländeform auf die Anwesenheit eines solchen Ganges hin. Einen Aufschluß, an dem der Gabbro in Kontakt mit dem Nebengestein zu beobachten wäre, konnte ich nirgends entdecken. Jedoch fand ich drei Blöcke von solchen Kontakten auf, die keinerlei Jahrbuch d. k. k. geol. Reichsanstalt, 1909, 59. Bd., 3. u. 4. Hft. (W. Petrascheck.), 60 452 W. Petrascheck. Geologische Skizze des Gebietes vom Deschneyer Spitzberg Maßstab: 1:40.000. Zeichenerklärung: Sr Gabbro. Phyllit. Hornblende-Grünschiefer. Grünschiefer. Phyllitähnliche Aktinolith-Chlorit- schiefer. Körniger Amphibolit. Quarzit. Quarzglimmerdiorit. [26] [277 Die kristallinen Schiefer des nördlichen Adlergebirges. 453 Veränderung des Nebengesteines erkennen ließen. An einer Mauer in der Nähe der Deschneyer Kirche lag eine große Quarzknauer, wie sie im Phyllit vorzukommen pflegen. In ihr bemerkte ich eine dünne (4 cm) Gabbroapophyse. Beim Hegerhause Ober-Schedivy findet man den später noch zu besprechenden körnigen Amphibolit. Ein Block, Kontaktstück zwischen diesem Amphibolit und Gabbro, liegt dort am südlichen Waldrande. Am Hange zwischen dem Spitz- berge und der Brandmühle hob ich ein Kontaktstück zwischen einem phyllitähnlichen Grünschiefer und Gabbro auf. Allerdings ist es möglich, daß dieser vermeintliche Grünschiefer nichts anderes als ein sehr feines Zerreibungsprodukt des mit ihm ein Handstück bildenden und ebenfalls Spuren der Kataklase tragenden Gabbros ist. Auch Spuren eines endogenen Kontakts konnte ich an diesen Blöcken nirgends bemerken und ebensowenig fand ich dergleichen durch Vergleich der aus der Mitte und am Rande des Gangstockes entnommenen Proben. Ganz dünne, grobkörnige, gabbroide Gänge findet man im Gabbro beim Hegerhause. Sie zeichnen sich letzterem gegenüber durch höheren Gehalt an Plagioklas aus, dessen Individuen in der Größe weit hinter denen des Gabbros zurückbleiben. Sehr auffallend ist, daß der Gabbro an der Nordseite des Spitz- berges plötzlich endet und daß auf derselben Linie nördlich vom Hegerhause Gabbro aufsitzt, eine Bergkuppe bildet und sich dann nach Nord auskeilt. Die Vermutung, daß hier eine durch einen Bruch bedingte Verschiebung in dem Gangstocke vorliegt, wird noch dadurch bestärkt, daß sich in der Blockhalde an der Nordseite des Spitz- berges, also dort, wo der Hauptteil des Gabbros abbricht, Gabbro- blöcke mit Harnischen vorfinden. Wenn ich nichts von einer solchen Verwerfung in den angrenzenden Schiefern nachweisen konnte, so kann ich deshalb die Existenz des Bruches noch nicht in Abrede stellen, denn meine Kartierungen gingen hierfür nicht genügend ins Detail. In der Verlängerung des am Spitzberg zu vermutenden Bruches liegt eine analoge Verschiebung des Rotliegendgrabens zwischen Kounov und Rowney. Auf der südlichen, die Höhenkote 833 tragenden Kuppe des Spitzberges findet man nicht Gabbro, sondern zahlreiche Blöcke eines mittel- bis feinkörnigen, jeder Schieferungsrichtung entbehrenden Amphibolits. Sie bleiben an der Ostseite das allein herrschende Gestein und sind bis in die Felder zu verfolgen, die bei dem einzeln stehenden Hause tiefin den Wald nach Nord eingreifen. Oft bemerkt man in den Blöcken einschlußreiche Trümer von rötlichgrauem bis fleischrotem Quarzglimmerdiorit. Die dünnen Trümer lassen etwa einen Milli- meter breite Salbänder, in denen dunkle Gemengteile ganz fehlen, erkennen. Wenn ich im Gabbro wiederholt dünne rötliche Aplitgänge auf- fand, so kann kein Zweifel sein, daß diese mit dem Quarzglimmer- diorit in Beziehung zu bringen sind. Diesen selbst fasse ich, wie ich später (pag. 518) begründen werde, als eine Fazies des Oudowaer Granits auf. Er wäre sonach jünger als der Gabbro. 60* 454 W. Petrascheck. [28] Dieselben Amphibolite werden auch beim Hegerhause und am Waldrande zwischen Pfitzendörfel und dem Wirtshause zum Roß sichtbar. Es ist also evident, daß sie vom Gabbro durchbrochen wer- den und die Kartenskizze läßt keinen Zweifel darüber, daß auch die zusammen mit dem Amphibolit auftretenden Grünschiefer vom Gabbro durchsetzt werden. Die Gesteine. Serizitphyllit. Unter dem Mikroskop erweisen sich die Serizitphyllite zusam- mengesetzt aus Quarz, Plagioklasen, Serizit und meist etwas Chlorit. Der Quarz bildet unregelmäßig, jedoch meist etwas eckig begrenzte Körner verschiedener Größe. Die Beeinflussung durch Gebirgsdruck ist an ihm oft deutlich zu erkennen und äußert sich nicht nur in undulöser Auslöschung, sondern auch in der Zerdrückung einzelner größerer Körner. Gelegentlich ist der Quarz zu Sand oder feinstem Staub zerrieben und liegen diese Zerreibsel als lentikuläre Massen in der Schichtung. Diese letztere wird hauptsächlich durch den farb- losen bis lichtgrünlichen Glimmer hervorgerufen, wenngleich die zu Linsen und Strähnen ausgewalzten Quarze auch zur Schiefrigkeit des Gesteines beitragen. Der mit lichtgrüner Farbe durchsichtige Chlorit von schwacher anomaler Doppelbrechung ist nur in geringer Menge vorhanden. Er fehlt ganz in den glimmerschieferähnlichen Phylliten, wie sie aus der Nähe Nachods (pag. 431) erwähnt wurden. Die Plagio- klase bilden kleine oder größere Körner. Letztere sind meist nach dem Albitgesetz verzwillingt. Bei den ersteren hingegen fehlt die Lamellierung oft. Durch Vergleich ihrer Lichtbrechung mit der des Quarzes nach der von Becke angegebenen Methode lassen sich die Plagioklase als zu den sauersten Typen ihrer Reihe gehörig erkennen. Schnitte, die senkrecht M und P getroffen waren, ergaben bei einem Gestein 15° bei einem anderen 16° als mittlere Auslöschungsschiefe, immer im stumpfen Winkel gemessen. Es liegen also reine Albite vor. Auch an der Zerdrückung der meist rundlichen Feldspatkörner, an der Stauchung und Verbiegung ihrer Zwillingslamellen und an der Einpressung von feinstem Quarzmosaik in offene Klüfte der Plagioklase kommt die Wirkung des Gebirgsdruckes zum Ausdruck. Vereinzelt nur sind Körner von Perthit wahrzunehmen. Dic Menge des Plagioklases ist in verschiedenen untersuchten Proben verschieden. Kleine Turmalinkörner sind ein seltener akzessorischer Bestandteil. Feine opake Erzpartikelchen und etwas Eisenglanz sind die färbenden Bestandteile. Auf letztere ist die schwache Rötung, die diese Serizit- phyllite mitunter zeigen, zurückzuführen. Ist die Struktur auch im wesentlichen eine kristalloblastische, so sind doch, wie bereits erwähnt, die Spuren der Kataklase unver- kennbar. Die sehr feinschiefrigen Phyllite, wie sie bei Neustadt an der Mettau herrschen, lassen aber auch diese kaum mehr er- kennen. Andere Vorkommnisse aber, namentlich die diekbankigen Ein- [29] Die kristallinen Schiefer des nördlichen Adlergebirges. 455 lagerungen auch der feinschiefrigen Phyllite von Neustadt, verraten ihren sedimentären Ursprung auf das deutlichste an den klastischen Reliktstrukturen. Eine solche dickschiefrige Einlagerung, die in dem Hohlwege geschlagen wurde, der von der Kapelle südöstlich Neustadt hinunter ins untere Klopotovtal führt, sowie ein glimmerschieferähnlicher Phyllit, der am Mettauufer südöstlich Alt- stadt bei Nachod ansteht, zeigten diese Reliktstrukturen besonders deutlich. Biotitphyllit. Wenn im Gegensatz zu der vorher erwähnten ersten Gruppe phyllitischer Gesteine die zweite als Biotitphyllit bezeichnet wird, so muß von vornherein hervorgehoben werden, daß nicht in allen unter diesem Namen zusammengefaßten Vorkommnissen der Biotit als Gemengteil nachweisbar ist. Von diesem Gesichtspunkte aus wäre es vielleicht zweckmäßiger, von dunklen oder von schwarzen Phylliten zu sprechen. Es ist in solchen Fällen der Chlorit das Mineral, das die dunkle Färbung dieser Gesteine bewirkt. Da es aber anderseits leicht möglich, ja sogar bis zu einem gewissen Grade wahrscheinlich ist, daß dieser Chlorit aus Biotit durch die bekannte und oft zu be- obachtende Umwandlung hervorgegangen ist und da anderseits eben der Biotit ein sehr weit verbreiteter, in größeren Arealen nie fehlender charakteristischer Bestandteil der erwähnten Phyllite ist, wurde der Bezeichnung Biotitphyllit der Vorzug gegeben. Der Biotitphyllit ist ein Gestein von schwarzer bis grauschwarzer Farbe, das durch den Glimmer- und Chloritgehalt sowohl wie durch die Cleavage den Seidenglanz phyllitischer Gesteine erhält. So wie man in jedem Handstück desselben dünne Quarzlinsen und Quarz- lagen bemerkt, so beobachtet man auch in jedem Aufschluß Linsen und Knauern, die als Exsudate von Quarz zu betrachten sind. Durch die Quarzlinsen sowohl, wie durch eine feine Fältelung erhält das Gestein einen flaserigen Querbruch und eine runzelige bis schulpige _ Beschaffenheit der Schichtflächen. Nirgends bemerkte ich ebene Schichtflächen und dünnschichtige, leicht spaltbare Gesteine, wie sie der Phyllit doch so häufig liefert. Das Gestein ist vielmehr meist diekschiefrig oder aber es hat infolge der Stauchung und Flaserung seine Schieferung überhaupt eingebüßt und bricht dann in dickeren oder flacheren Brocken und Schalen. Der Hauptgemengteil des Biotitphyllits ist Quarz, der meist undulöse Auslöschung zeigt. Die Lagen dieses Minerals sind in der Richtung der Schieferung gestreckt. Die Begrenzung der einzelnen Individuen ist teils unregelmäßig mit aus- und eingebuchteten Kon- turen, teils aber auch diejenige annähernd isometrischer Körner, deren mehr oder weniger geradlinige Umgrenzung an die Pflaster- struktur der Kontaktgesteine erinnert, wenngleich (zum Beispiel dicht nördlich Mezles an der Straße gegen Sendrasch) Phänomene des Eruptivkontaktes ausgeschlossen sind. Häufig auch ist der Quarz zu einem feinen Staub zerrieben, der in einzelnen unregelmäßigen Massen auftritt, nicht in Streifen und Bändern wie in normalen Myloniten. Dieses Quarzzerreibsel findet man in den Gesteinen mit 456 W. Petrascheck. [30] lappig umgrenztem Quarz. Dort, wo dieser eine Art Pflasterstruktur zeigt, hat offenbar eine weitergehende Umkristallisierung statt- gefunden, bei der sich das Mehl wieder zu Körnern aggregiert hat. Es ist namentlich die undulöse Auslöschung des Quarzes, an der die Spuren des Gebirgsdruckes, der bei der Gesteinsumbildung gewirkt hat, noch zur Erkennung kommen. Die’Körner des Plagioklases lassen kaum deutliche Spuren einer Kataklase erkennen. Feldspat ist immer, wenn auch in sehr wechselnden Mengen vorhanden. Er bildet sowohl einen Bestandteil des sehr feinkörnigen, wesentlich aus Quarz be- stehenden Mosaiks, welches ja die Hauptmasse des Gesteins darsteilt, als auch etwas größere Körner, die als solche allerdings erst bei stärkerer (etwa 100facher) Vergrößerung deutlich hervortreten. An ihnen schneiden die Lagen von Chlorit und Biotit, ebenso wie die in der Schieferungsrichtung gestreckten Quarze ab, oder sie schmiegen sich denselben an. Diese Plagioklase liegen demnach oft wie kleine Fremdkörper in der kristalloblastischen Masse, sie sind klastische Reste in den meist stärker umkristallisierten Gesteinen. Zwillings- lamellen nach dem Albitgesetz sind an diesen größeren Körnern in der Regel zu beobachten, während der Plagioklas des Grundgewebes selten verzwillingt ist. Läßt bei dem letzteren nur der Grad der Licht- brechung erkennen, daß die sauersten Typen der Plagioklasreihe vorliegen, so war an den erwähnten Relikten die Natur des Plagio- klases mitunter genauer zu bestimmen. An Schnitten, die zu M und P senkrecht getroffen waren, wurden Auslöschungsschiefen von —15°, —12°%, —15° und --15° an verschiedenen Handstücken konstatiert. Es liegen also meist reine Albite oder Albite mit sehr geringem (4°/,) Anorthitgehalt vor. In einem Falle, bei einem Phyllit, der im Olesnikatale östlich Neu-Hradek von der im Jahre 1905 er- bauten Talstraße frisch angeschnitten war, wurde am Plagioklas ge- legentlich eine leichte Zonarstruktur mit nach außen größer werdender Auslöschungsschiefe wahrgenommen, die nach Becke ein Kriterium für die Kristallisationsschieferung ist. Auffallend ist endlich, daß die Plagioklaskörner mitunter sehr reichlich feinsten schwarzen | Erzstaub enthalten. Dieser Staub erinnert an die bestäubten Plagio- klase verschiedener Gabbros, nur ist er etwas gröber. Da der Plagio- klas ein Bestandteil des ursprünglichen Gesteines ist, fehlt er den oft dünnen und in großer Zahl eingeschalteten Quarzlinsen und Lamellen, deren sekundäre Natur meist außer Zweifel bleibt. Der Plagioklasgehalt des Biotitphyllits schwankt in weiten Grenzen, wo- durch ein Übergang zu dem noch zu besprechenden Gneisphyllit ge- schaffen ist. Minerale der Glimmergruppe und Chlorite sind die Kompo- nenten, die den wesentlichsten Anteil an der Erzeugung schiefriger Textur nehmen. Nur in den frischesten Gesteinen ist der Biotit noch reichlich vorhanden. Sein Pleochroismus ist kräftig, wenngleich keine sehr dunklen Farbentöne auftreten: c—=b mahagonibraun oder grünlich- braun, a sehr lichtbräunlich oder sehr lichthellgrün. Mit dem Babinet- schen Kompensator wurde y—« —= 0'045 bestimmt. Meist zeigt der Biotit beginnende Chloritisierung, indem er lamellar vom Chlorit durch- wachsen wird oder sich randlich in diesen umwandelt. Der Chlorit Zt u ‘ [31] Die kristallinen Schiefer des nördlichen Adlergebirges. 457 besitzt keinen starken Pleochroismus und weist parallel wie senkrecht zur Basis lichtgrüne Farbentöne auf. Seine schwache anomale Doppel- brechung erzeugt nur graue, höchstens blaugraue Farben. Basale Schnitte geben ein nur undeutliches Achsenbild. Nach alledem dürfte ein Pennin vorliegen. Neben dem Chlorit trifft man in den meisten Schnitten noch Muskovit als ein Mineral ebenfalls sekundärer Entstehung. Auch er ist zusammen mit dem Chlorit lamellar mit dem Biotit verwachsen. Der Achsenwinkel konnte nicht mit Sicherheit gemessen werden, ist aber auf jeden Fall groß (über 60°), so daß eine Verwechslung mit gebleichtem Biotit ausgeschlossen ist, für welchen letzteren Zschimmer 2 E bis zu 30° angibt. Die sekundäre Entstehung von Muskovit aus Biotit ist nichts Neues mehr, sie wurde von Milch aus den Graniten des Riesengebirges be- schrieben. Chlorit aber ist ein sehr gewöhnliches Umwandlungsprodukt des Biotits. Auf jeden Fall ist die Entstehung des Muskovits beachtenswert, weil die sehr eingehenden Untersuchungen, die Zschimmer!) über die Verwitterungsprodukte des Magnesiaglimmers angestellt hat, ergeben haben, daß die beiden Komponenten, die nach der Annahme Tschermaks die Biotite bilden und deren einer Muskovit ist, untereinander inniger gebunden sind als in sich. Fast immer ist übrigens die Muskovitbildung von einer Abscheidung von Fe&0, in Gestalt kleiner Eisenglanzblättchen begleitet gewesen. Apatit und Turmalin sind seltenere akzessorische Bestandteile. Nur vereinzelt wurde im Phyllit vom Zeinerloch Zoisit und im Phyllit von Stiefwinkel Epidot als seltener akzessorischer Gemeng- teil gefunden. Reichlich ist in vielen Vorkommnissen feiner, opaker Erzstaub vorhanden. Da er durch starkes Glühen nicht zu beseitigen ist, ist eine Verwechslung mit Kohle ausgeschlossen. Im Handstück würde man gar leicht manche Varietäten des Biotitphyllits unterscheiden können, Varietäten, deren karto- graphische Darstellung selbst bei der auffälligsten Abart, dem Gneis- phyllit, sich als nicht durchführbar erwies. Schon eingangs wurde erwähnt, daß nicht überall der Biotit als Gemengteil zu beobachten ist. So wie es Gesteine gibt, in denen man infolge der erwähnten Zersetzung außer Chlorit und Muskovit nur noch minimale Reste des Magnesiaglimmers vorfindet, so gibt es auch Gesteine, in denen dieser gänzlich geschwunden ist. Sind diese Gesteine sehr reich an den beiden zuerst erwähnten Mineralen, so wird man im Zweifel sein können, ob man sie besser bei den Grün- schiefern oder bei den Phylliten unterbringen soll. Ein derartiges Gestein trifft man in dem Bemles genannten Walde an, wenn man von Rozkos bei Nachod den Weg gegen den Dobroschov ein- schlägt. In dicken Bänken steht es, ehe man den Wald verläßt, vor einer Gehängestufe an. Die Farbe ist, wo nicht Verwitterung das Gestein gebräunt hat, graugrün. In großer Menge erglänzen darin die zahlreichen zum Teil quergestellten Muskovitblättchen. Das Fehlen von Plagioklas und von Zoisit, beziehungsweise Epidot, welch letztere in Grünschiefern häufig aus dem Plagioklas hervorgegangen sind, 1) Jenaische Zeitschrift für Naturwissenschaft, Bd. 32 (1898), pag 588. 458 W. Petrascheck. [32] veranlassen mich, dieses Gestein nicht als Grünschiefer’ in der Karte darzustellen. Dichte seidenglänzende Gesteine gleicher mineralogischer Zusammensetzung trifft man am Mettauufer, 5 km unterhalb Peklo. Graue seidenglänzende Phyllite ohne Biotit stehen auch am Wege von Peklo bergauf gegen Sendrasch an. Sie bilden im normalen schwarzen Phyllit eine Einlagerung, die sich durch schwachen Kalkgehalt auszeichnet. Einen nahezu farblosen Chlorit von so schwacher Doppelbrechung, daß er unter gekreuzten Nicols fast gleichmäßig schwarz erscheint (mit nur ganz leichter bläulicher Auf- hellung des Gesichtsfeldes), führt neben reichlichem Muskovit der Phyllit, welcher am Dobroschov den Gang von Granitporphyr ein- schließt. Hier sei noch eines Phyllites Erwähnung getan, der auf dem Blatte Kronstadt ansteht. Nördlich von der Straße, die von Deschney steil bergauf nach Schedivy führt, liegen einige Häuser, die auf der Originalkarte 1:25.000 die Höhenkote 710 haben. Nördlich der- selben trifft man am Waldrande Stücke eines sehr feinkörnigen, dickschiefrigen, phyllitischen Gesteines, das viele dünne Lagen von Quarz, aber auch Plagioklas enthält, das aber keinen Glimmer, sondern ausschließlich sehr feinschuppigen Chlorit führt. Im allgemeinen ist der biotitführende Phyllit schwarz oder schwarzgrau, während sich ein reichlicherer Chloritgehalt durch einen Stich ins Grünliche, durch schwarzgrüne oder graugrüne Farbe bemerkbar macht. Zersetzung unter reichlicher Erzabscheidung kann ebenfalls schwärzliche Farbentöne hervorrufen. Bei geringem Chlorit- gehalt ist die Gesteinsfarbe lichtgrau und der Querbruch streifig, wie man im oberen Teil von Bohdaschin bemerken kann. Dahingegen kann man in den Enklaven von dunklem Phyllit, die im Serizitphyllit- gebiete des Klopotov-Tales bei Neustadt auftreten, Gesteine von recht dunkler bis fast schwarzer Farbe bemerken, ohne daß diese Biotit enthalten. Es ist in diesen letzteren oft reichlicher, als man es dem makroskopischen Habitus nach erwarten sollte, Serizit und überdies Chlorit vorhanden. In geringerer Menge bemerkt man zwischen dem Muskovit und dem oft mit ihm verwobenen Chlorit noch schwarze Erzpartikelchen. Weitere Vorkommnisse derartiger Gesteinsabänderungen anzuführen, erscheint mir überflüssig, zumal im ersten Teil gelegentliche Anmerkungen gemacht wurden. Nur untergeordnet treten lokal Gesteine von mehr oder weniger stumpf grauer Farbe auf, die im Querbruch ganz dicht erscheinen und die einige Ahnlichkeit mit sehr feinkörnigen Grauwacken besitzen. Ein solches Gestein steht ebenfalls !/, km unterhalb Peklo an der Mettau an. Ahnliche, wenngleich deutlicher schiefrige Stücke hob ich an der Straße Bacetin—Bistrey im Walde auf. Es ist an diesen Gesteinen die klastische Struktur jedoch keineswegs besser erhalten als an anderen. Vielmehr läßt der Dünnschliff, der von dem zuerst erwähnten Vorkommnis gemacht wurde, erkennen, daß nach der Kristallisationsschieferung starke mechanische Beeinflussungen das Gestein deformiert haben. Im östlichsten Teile des vom Biotitphyllit eingenommenen Areals. nähert sich dieser mitunter dem Glimmerschiefer. Daher kommt es, daB Wolf die Grenze des Glimmerschiefers weiter gegen West ver- [33] Die kristallinen Schiefer des nördlichen Adlergebirges. 459 legte, als ich es für richtig halte. Beispielsweise begegnet man auf der Hochstraße zwischen dem Tänzerwald und Stiefwinkel bei Kote 735 dunkle biotitreiche Gesteine, die mancher vielleicht bereits als Glimmerschiefer zu bezeichnen geneigt sein könnte, wenn sie siöh nicht zusammen mit Gesteinen vorfinden würden, die nur zum Phyllit gestellt werden können. Auch kommt für ein solches Vorgehen noch der Umstand in Betracht, daß auf dem Abhange, über den der Weg von Stiefwinkel hinunter nach Deschney führt, ebenso wie im Albatale zwischen Deschney und Tanndorf typischer Biotitphyllit ansteht, obwohl man hier sich im Liegenden des oben erwähnten Gesteinsvorkommnisses befindet. Es enthält dieser slimmerschieferähnliche Phyllit von Stiefwinkel als seltenen Ge- mengteil Körner von grobgeflammten Perthit. Gneisphyllit. Als Gnmeisphyllit bezeichne ich solche sich dem Biotitphyllit anschließende und ihm eingelagert vorkommende phyllitische Ge- steine, die sich durch größeren Feldspatgehalt aus- zeichnen. Makroskopisch unterscheidet sich der Gneisphyllit vom Biotitphyllit durch geringere Schiefrigkeit. Der Querbruch ähnelt dem eines dichten Gneises. Auf dem Hauptbruch ist der feinschuppige Glimmer noch zu erkennen. Infolge der Dickschiefrigkeit ist die Textur weniger flaserig und die Schichten weniger gefältelt als beim Phyllit. Der Typus geht aber derart in normalen Biotitphyllit über, daß nicht selten Zweifel entstehen, ob ein Gesteinsvorkommnis als Biotitphyllit oder besser als Gneisphyllit zu bezeichnen ist, ein Grund, der die Ausscheidung in der Karte so sehr von subjektiven Auf- fassungen abhängig machte, daß von einer Einzeichnung des Gneis- pbyllites abgesehen werden mußte, um so mehr als das Studium der Dünnschliffe die im Anstehenden und im Handstück erkennbaren Unterschiede nur verwischte. Der Name Gneisphyllit erschien mir noch als der relativ passendste, obwohl vielleicht mancher eine andere Vorstellung mit dem Namen zu verknüpfen geneigt sein dürfte. Es liegt ein Phyllit vor, weshalb ich nicht auf die Bezeichnung Wackengneis zurückgriff, obwohl diese erst in neuerer Zeit durch Tietze!) und von Bu- kowski? auf dieselben Gesteine angewendet wurde, Es besteht hingegen keine Identität, mit dem was Sandtner?) in jüngster Zeit vom Nordrande der Brixener Masse als Wackengneis beschrieb, denn dies sind durch dicke Feldspatkörner flaserig erscheinende Ge- steine, die ihre Struktur unverkennbar auf Kataklase zurückführen lassen. Auch die, Staches Vorgehen folgend, von den alpinen Geologen als Phyllitgneis zusammengefaßten Gesteine sind etwas an- deres. Hierbei handelt es sich um ein zwar feldspatreiches, habituell aber dem Glimmerschiefer näher stehendes Gestein von konstanter 1!) Jahrb. d. k. k. geol. R.-A., Bd. 51 (1901), pag. 656. ®) Erläut. zu Blatt M.-Neustadt— Schönberg, pag. 15. 5) Jahrb. d. k. k. geol. R.-A., Bd. 56 1906, pag. 716. Jahrbuch d. k. k. geol. Reichsanstalt, 1909, 59. Bd., 3. u. 4, ft, (W. Petrascheck.) 61 460 W. Petrascheck. [34] stratigraphischer Position (zwischen Gneis und Glimmerschiefer). End- lich ist auch der Gneisphyllit der sächsischen Geelogen ein anderes Gestein, nämlich ein dünnschiefriger, mit etwa stecknadelkopfgroßen Albiten gespickter Phyllit. Der Gneisphyllit ist in schönster und bester Ausbildung am Westrande der Cermaer Granitmasse zu beobachten. Er begleitet die letztere derart, daß ich lange Zeit in ihm ein allerdings in nur geringem Grade metamorphosiertes Kontaktprodukt suchen zu müssen glaubte. Als schmaler, 100 —200 m breiter Zug zieht er sich an diesem Westrande vom Malinowa hora im Norden bis nach Neu-Hradek hin. Das gleiche Gestein fehlt auch nicht im Osten der Masse. Aber gerade bei Neu-Hradek, wo das tief eingeschnittene Olesnica- tal und seine Seitentäler gute Aufschlüsse in der Umrandung des Granits sowohl, wie in den Phylliten seitlich derselben erzeugt, kann man beobachten, daß der Gneisphyllit Einlagerungen im Biotitphyllit bildet. Genau denselben Gneisphyllit, wie er bei der Ruine Frim- burg ansteht und wie er zwischen der Ruine und dem Städtchen kleine Klippen bildet, kann man auch südlich der Frimburg im Ölesnicatale zwischen Dupacka und Smalkowna finden. Zwischen diesem Vorkommnis aber und demjenigen am Rande der Granitmasse liegt ganz normaler Biotitphyllit. Auf der Ostseite der Granitmasse trifft man den Gmneisphyllit westlich von der Ortschaft Dlouhei. Es sind nur Lesesteine, die man hier im Walde zerstreut ebenso wie am Galgenberge und auf der südlichen Verlängerung dieser Höhe trifft. An der West- seite des Galgenberges steht er an der Gießhübler-Straße an. Auch in der Nähe der Tassauer-Mühle und zwischen dieser und Unter-Gießhübel findet sich das Gestein, weitab von einer Granitmasse, man wollte denn eine solche unter den Sedimenten des Rotliegenden versteckt supponieren, was aber kaum berechtigt wäre. Felssprengungen, die man zur Zeit meiner Anwesenheit im Walde bei Michovy für eine von Michovy nach Lom zu bauende Straße machte, entblößten ebenfalls Gneisphyllit. Solcher bildet ferner felsige Partien in dem Jankov genannten, unweit Rowny gelegenen Walde unmittelbar bei dem in der Minette angelegten Steinbruche. Auch nördlich von Kounov findet man bei der Einmündung des von Bistrey kommenden Baches einen O—W streichenden Zug von Gneisphyllit. Graue, zum Gneisphyllit zu stellende Gesteine kommen ferner zwischen Bistrey und Janov vor. Endlich steht im Klopotov- Tal südlich von Blazkow, beim unteren Ende der Wiese, die dort die Talsohle bildet, ein Gneisphyllit an. Es sind sonach Gesteine des erwähnten Typus über das Gebiet zerstreut, ohne an die Nähe von Eruptivgesteinen gebunden zu sein. Nur ganz geringe Veränderungen wurden an ihnen hie und da dureh den Eruptivkontakt erzeugt. Diese werden im Anschluß an den Granit von Germa Besprechung finden. Wie gleich eingangs hervorgehoben wurde, unterscheidet ein erhöhter Feldspatgehalt den Gneisphyllit vom Biotitphyllit. Die Quan- tität dieses Feldspates erreicht mitunter diejenige des Quarzes, übertrifft sie sogar in einzelnen Fällen noch um ein geringes. Der [35] Die kristallinen Schiefer des nördlichen Adlergebirges, 461 Feldspat liegt zwischen den mehr oder weniger isometrischen und teils mehr oder weniger unregelmäßig verzahnten, teils der Pflaster- struktur ähnlichen polygonalen Quarzkörnern. In den biotitreichen Lagen ist die Menge des Feldspates ge- wöhnlieh größer als in den biotitarmen. In der Regel ist dieser Feld- spat unverzwillingt, nur an einzelnen Gesteinsproben zeigt er die Zwillingsstreifung nach dem Albitgesetz. Einzelne, gewöhnlich eckige, um ein geringes größere Körner sind dagegen meist verzwillingt, mit- unter überdies reich an sehr feinem Erzstaub. Sie machen den Ein- druck von klastischen Relikten, während die anderen bei der Umkristallisierung des Gesteines entstandene Neubildungen sind. Eine feine, leichte Trübung und die im Vergleich zum Quarz geringe Lichtbrechung verursachen, daß sich Quarz und Feldspat in dem Mosaik des Grundgewebes deutlich voneinander abheben. Orthoklas konnte ich nicht nachweisen, so daß ich allen unverzwillingten Feld- spat für Plagioklas halten muß. Obwohl die Trübung ganze Körner desselben betraf und nicht wie beim Cordierit einzelne RKlüfte und Streifen in den Körnern bevorzugte, hielt ich in den nahe am Granit seschlagenen Gesteinen die Anwesenheit des Cordierit doch nicht für ausgeschlossen. Die Bofickysche Reaktion ließ aber nur Natrium neben Aluminium erkennen, keine Magnesia, die den ÜOordierit ver- raten würden. Albit, wie er nach dieser Reaktion zu erwarten war und wie er durch Vergleich der Lichtbrechung mit der des Quarzes durch die von Becke angegebenen Methode auch nachgewiesen wurde, scheint aber nicht der einzige Plagioklas des Gesteins zu sein. Der optische negative Charakter einzelner Durchschnitte im Vereine mit einem an 90° genäherten Achsenwinkel lassen ‚die Anwesenheit von Oligoklas in manchen Handstücken vermuten. Schnitte, die zu Mund P senkrecht waren, ergaben Auslöschungsschiefen von — 12%, —9%, — 11°, —15° und —15°, was nach der von Becke mitgeteilten Tabelle auf Albite mit einem Anorthitgehalt von 0—8°/, schließen läßt. Bei einer Probe zeigten manche Plagioklase deutliche Zonarstruktur mit nach außen größer werdender Auslöschungsschiefe. Nicht selten haben sich in den (ungestreiften wie gestreiften) Plagioklasen feine Serizit- schüppchen angesiedelt. Wie im Biotitphyllit sind auch im Ga hie und da meist wohl ebenfalls als Relikte aufzufassende Körner von Mikro- perthit zu bemerken. Kräftig pleochrotischer Biotit ist in allen untersuchten Proben reichlich vorhanden. Die Doppelbrechung, mit dem Babinet gemessen, ist „-0—= 055, c=b ist braun, a ist sehr lichtbräunlich bis sehr licehtölgrün. Der Biotit zeigt auch hier die erwähnten unter Chlorit- und Muskovitbildung bei Abscheidung von Eisenglanz sich vollziehenden Zersetzungserscheinungen. Muskovit mit einem Achsenwinkel von 43° ist zuweilen reichlich vorhanden und bildet gelegentlich auch zur Schiehtung quergestellte Blättchen. Apatit und Turmalin sind hier ebenfalls als akzessorische Be- standteile vorhanden. Auch der feine opake Erzstaub fehlt den dunkleren Gesteinen nicht als färbende Substanz. Auf ein Vorkommnis unter den Gneisphylliten muß besonders 61* 462 W. Petrascheck. [36] aufmerksam gemacht werden. Es ist ein grauer feinschuppiger Gneis- phyllit, der durch etwa hirsekorngroße Plagioklasporphyroblasten aus- gezeichnet ist. Die Zwillingsstreifung dieser letzteren ist schon dem bloßen Auge erkennbar. Es handelt sich auch hierbei um Plagioklase der Albitreihe, deren rundliche Körner an die allerdings zahlreicheren Körner der Albitphyllite, zum Beispiel des Erzgebirges, erinnern. Man trifft das Gestein in der Nähe von Jisbice, und zwar auf der Höhe gegenüber der Ausmündung der Räuberschlucht. Ein wenig unter dem Waldrande liegt es in losen Blöcken im Walde umher. Tonschieferähnlicher Phyllit. Der tonschieferähnliche Phyllit, der in der Gegend von Hlinei beschränkte Verbreitung besitzt und der unweit der Bezirksstraße an der Nordseite des Goldbachtales in einem Steinbruch auf- geschlossen ist, unterscheidet sich von den bisher besprochenen Phylliten schon von weitem durch seine ebenflächige Schichtung und gute Spaltbarkeit. Er ist aber nicht genügend dünnschiefrig und die Schichtflächen nicht genügend glatt, um als Dachschiefer Verwendung finden zu können. Er enthält reichlich sehr feinschuppigen Serizit und ein wenig Chlorit. Feiner Erzstaub erzeugt seine graue Farbe. Schwarze und dunkelbraune Tonschiefer. Weiche, Tonschiefer bis schiefertonähnliche, dichte Gesteine treten hie und da als schwache Einlagerungen im Dobreyer Grünschiefer auf. Es sind kastische Gesteine, die zum Teil sicher auch Eruptiv- material enthalten, denn sie enthalten Feldspat, Epidot, Titanit und Chlorit. Serizitquarzit und Biotitquarzit. Durch Zunahme des Quarzgehaltes bei gleichzeitiger Abnahme des Glimmers entwickeln sich aus den Pbylliten Gesteine, die schon als Quarzitschiefer bezeichnet werden können, wenngleich sie stofflich den Phylliten näher stehen als dem reinen Quarzit. Je nachdem Serizit oder Biotit an der Gesteinsbildung teilnimmt, kann man Serizitquarzit und Biotitquarzit unterscheiden. Diese Quarzite bilden lentikulare Einlagerungen oder auch schmale lange Züge im Phyllit. Serizitquarzit begegnet man bei BraZec im Mettautale, dann zwischen Lipichin, Sendraz und Mezles, ferner im Klopotovtale, zwischen Bohdaschin, Janov und Bistrey und endlich am Wege von Kounov zum Paulu Kopec. Der Biotitquarzit bildet eine längere über den Tänzerwald streichende Einlagerung bei Scheding. Im Gelände heben sich diese Quarzite in Gestalt von sanften, meist bewaldeten Erhebungen und Rücken hervor. Wo sie an Gehängen auftreten, bilden sie steilere Böschungen als der sie begleitende Phyllit. Da der Quarzitschiefer schwerer als der Phyllit verwittert, ist sein Aus- strich auch reichlicher mit Lesesteinen überschottert. Meist sind diese Quarzite dickbankig gelagert und lassen sich nur schlecht in der Richtung der Schieferung spalten. Die Farbe der 2 [37] Die kristallinen Schiefer des nördlichen Adlergebirges. 463 feinkörnigen Gesteine ist stumpfaschgrau, beim Biotitquarzit dunkel- grau. Infolge des geringen Glimmergehaltes ist ein nur schwacher Seidenglanz vorhanden. Der Mineralbestand ist derselbe wie beim Phyllit, aus dem der Quarzitschiefer durch weit stärkeres Überwiegen des Quarzes hervor- geht. Feldspat, wohl nur Albit, ist in nicht unbeträchtlicher Menge in Gestalt von meist eckigen, das Durchschnittsmaß der übrigen Gesteins- komponenten etwas übertreffenden Körnern vorhanden. Überdies bemerkt man Serizit, Chlorit, Biotit (im Biotitquarzit), sowie etwas Apatit und Eisenglanz. Meist ist die klastische Struktur der Gesteine noch sehr deutlich erhalten. Sie ist im Quarzit- schiefer besser konserviert worden als im Phyllit. Satteler Quarzit. Dem Grünschiefer eingelagert trifft man zwischen Sattel und Deschney Quarzite an, die sich feinkörnigen Grauwacken habituell oft außerordentlich nähern. In der Tat zeichnet sich die Mehrzahl dieser Vorkommnisse durch ihre in größter Deutlichkeit er- halten gebliebene klastische Struktur aus. Es sind graue oder grünlichgraue, feinkörnige bis dichte Gesteine mit sehr geringer Schiefrigkeit. Undulös auslöschender Quarz herrscht weitaus unter den Bestandteilen vor. Am Plagioklas, der in einzelnen Körnern mit Zwillingsstreifung nach dem Albitgesetz vorhanden ist, wurde an Schnitten, die zu M und P senkrecht getroffen waren, Auslöschungs- schiefern von — 12° und von —14° gemessen. Es liegen sonach auch. hier Albite vor. Chlorit ist in einem Gesteine in etwas größerer Menge vorhanden. Biotit, grüne Hornblende, Titanit und farbloser Granat sind in nur ganz geringen Quantitäten zu bemerken. Durch das, wenn auch ganz sporadische, Auftreten von Hornblende und Epidot zeigt sich eine Annäherung an die den Satteler Quarzit umgebenden Grünschiefer. Die ausgezeichnet erhalten gebliebene klastische Struktur ist eine der wesentlichen Eigentümlichkeiten der Quarzite von Sattel, Bei einzelnen Vorkommnissen ist diese allerdings verloren gegangen. So wurde zwischen Plaßnitz und Sattel zusammen mit deutlich klastischem Quarzit ein Quarzit gefunden, bei dem der Quarz sowohl wie der getrübte unverzwillingte Feldspat nach Art vieler kristalliner Schiefer stark und unregelmäßig untereinander verzahnt waren. Ein anderer Quarzit, der zwischen Deschney und dem Spitzberge nördlich Kote 710 am Waldrande getroffen wurde, führte reichlicher Chlorit, auch Kalzit und zeigte eine der Kristallisationsschieferung nicht unähnliche Schieferung. Graphitschiefer. In nur sehr schmalen, aber meist langgestreckten Zügen, die Einlagerungen im Phyllit, gelegentlich auch im Grünschtefer bilden, setzt der Graphitschiefer auf. Man bemerkt ihn im nördlichen Teile von Böhm.-Cerna unmittelbar an den Granitit grenzend, aber auch 464 W. Petrascheck. [38] in einigen Einlagerungen östlich davon im Grünschiefer. Zwischen Mezles, Bohdaschin und Bistrey bildet er lange Züge im Phyllit. Schön aufgeschlossen ist er am Wege von Bistrey nach Nedwez. Kleine Einlagerungen stehen noch an der Poststraße unter- halb Sattel, im Goldbachtale unterhalb der Zelenkamühle bei Gießhübel und am Westende von Bacetin an. Alle Graphitschiefer sind ungemein quarzreich. Unter dem Mikroskop bemerkt man sehr kleine Blättchen und Körnchen von Graphit mit etwas Serizit vergesellschaftet. Eine technische Bedeutung kann diesen sehr quarzreichen Schiefern nirgends beigelegt werden. Silikatreicher Kalkstein. Westlich von Hlinei erhebt sich neben dem Feldwege, der über Kote 460 nach Woschetnitz führt, östlich von dieser Kote in den Feldern inmitten des Verbreitungsgebietes tonschieferähnlicher Phyllite eine ganz leichte Anhöhe, die nur wenige Meter Durchmesser hat. Sie besteht aus unreinen Kalken, die hier zusammen mit Grün- schiefern aufsitzen. Im Wege stehen diese Gesteine an. Der Kalk ist so voll von den Mineralen des Grünschiefers, daß er, in Salzsäure gelegt, nicht zerfällt. Zum Teil bildet er nur ganz dünne graue, fein kristalline Schichtenbänder im Grünschiefer. Dieser letztere ist teils ein feinschiefriger Aktinolith-Zoisit Chlorit-Grün- schiefer, teils ein vorwiegend aus Plagioklasleisten bestehendes, mit feinen Aktinolithnädelchen durchspicktes Gestein. Glimmerschiefer. Alle Glimmerschiefer des Terrains enthalten außer Muskovit auch Biotit. Selbst wenn Muskovitschiefer vorzuliegen scheinen, findet man bei genauerer Untersuchung doch auch noch Blättchen des dunklen Glimmers. In manchen dunklen Glimmerschiefern überwiegt unter den Glimmern der Biotit. Eine Trennung heller und dunkler Glimmerschiefer auf der Karte war nicht durchführbar. Der dunkle Glimmerschiefer, der der gewöhn- lichere ist, ist beispielsweise in dem Steinbruch nördl. Kote 671 beim Gemeindewald von Gießhübel oder in dem Steinbruch auf der Straße Grunwald—Grenzdorf (Blatt Kronstadt) aufgeschlossen. Heller Glimmerschiefer steht unter anderem bei den obersten Häusern von Gießhübel.an der Straße (zirka 800 m westlich der Schnappe) an. In allen Präparaten bemerkt man einen Feldspat, der nur selten Zwillingslamellen aufweist. Ein zu M und P senkrecht orientierter Schnitt zeigte —15°5° Auslöschung. Es liegt also reiner Albit vor. Dasselbe konnte durch Vergleich der Lichtbrechung mit derjenigen des Quarzes nach dem von Becke angegebenen Verfahren festge- stellt werden. Häufig zeigen diese sonst wasserklaren Plagioklase untereinander ziemlich parallele Strähne schwarzer Mikrolithen, etwa derart, wie se Kalkowsky!) aus den Grünschiefern Niederschlesiens ') Tschermaks Mitteilungen, 1876, Taf. VIII, Fig. 3 und 4. [39] Die kristallinen Schiefer des nördlichen Adlergebirges. 465 abbildet. Diese Strähne liegen nicht in der Richtung der Schieferung. ‚Zin Teil der Mikrolithen besteht aus schwarzen Partikelchen (Erz), die durch Glühen nicht verändert wurden. Außerdem sind aber noch sehr dünne farblose Stäbchen vorhanden, die infolge geringerer Licht- brechufg dunkel erscheinen. Sie löschen gerade aus. Ihre Natur konnte nicht bestimmt werden. Mitunter sind die runden Albitknötchen schon mit bloßem Auge zu erkennen. Derartige Albitglimmerschiefer trifft man auf Blatt Kronstadt am Nordwestabhange des Mittelberges, im Graben am Nordhange der Hohen Mense, in dem erwähnten Stein- bruch an der Straße Grunwald—Grenzdorf, auf Blatt Josef- stadt—Nachod bei Kote 685 (1:25.000) unweit vom Gießhübler Gemeindewalde und an anderen Orten an. Farbloser Granat ist in den gewöhnlichen Glimmerschiefern ein seltener Übergemengteil, doch findet man am Pansker bei Gieß- hübel auch Granatglimmerschiefer. Östlich vom Pansker, an der Grenze bei Kote 784 führt der Glimmerschiefer kleine, aber doch mit bloßem Auge leicht erkennbare schwarze Turmaline. Am Pans- kergipfel kommt auch ein Zweiglimmerschiefer mit größeren u.d.M. schön grün durchsichtigen Chloritblättchen vor. Quarzitschiefer. Durch starkes Zurücktreten des Glimmers entsteht aus dem Glimmerschiefer der Quarzitschiefer, der am Pansker bei Gieß- hübel sowie an der Grenze nordwestlich der Schnappe Einlage- rungen im Glimmerschiefer bildet. Es sind plattige bis ebenschiefrige Gesteine. In ihnen ist nur der helle Glimmer vorhanden. Mitunter führen auch diese Albit in den Quarzlagen. Am Pansker enthalten sie bis 1 cm lange dünne Turmalinsäulen. Biotitplagioklasgneis. Schon oben (pag. 450) wurde der kleinen Einlagerungen von Gneisen im Amphibolit am Abhange südlich von Gießhübel ge- dacht. Eine dieser Einlagerungen ist in dem kleinen Steinbruch in den Gebüschen aufgeschlossen. Die andere bildet östlich davon kleine Felsklippen, die hart an der Granitgrenze, an der oberen Talkante des Mühlgrundes, anstehen. Diese Felsklippen bestehen aus einem feinkörnigen dunkel- bräunlichgrauen Gestein von großer Festigkeit. Im Habitus erinnert es an einen Kontaktquarzit oder an die Kontaktgneise von Radeberg in Sachsen. Ich konnte darin aber durchaus nichts von Kontakt- mineralen oder Struktureigentümlichkeiten, die auf eine Kontaktbildung am Granit schließen lassen würden, erkennen. Es liegt vielmehr ein einfacher Biotitplagioklasgneis vor. Der Biotit desselben bildet zarte Schüppchen von der in Gneisen gewöhnlichen Begrenzung. Er ist deutlich pleochroitisch, weist aber keine sehr tiefen Farbentöne auf. Trotz der dunklen Ge- steinsfarbe ist seine Menge doch nur relativ unbedeutend. Der Quarz zeigt etwas undulöse Auslöschung. Der Plagioklas ist meist leicht . 466 W. Petrascheck. [40] getrübt. Nur selten ist er zwillingsgestreift. Einzelne Seiner. Körner sind etwas größer als die übrigen Gemengteile, doch lange nicht der- maßen, daß man von porphyroblastischer Struktur reden könnte. Nach der Liehtbrechung ( oundo>a,c>y) zu urteilen, liegt ein Oligoklas vor. Kleine Körner von Epidot oder von Orthit, der einen Epidotsaum aufweist, treten. gern in Verbindung mit dem Biotit auf. Apatit ist in einzelnen Kriställchen vorhanden. In dem zweiten Aufschlusse, dem kleinen Steinbruche, findet man denselben Gneis, außerdem stehen aber etwas gröbere Gneise an. Dem Handstücke nach würde man diese als gemeinen grauen Gneis ansprechen. Unter dem Mikroskop findet man außer dem Biotit, und zwar oft in Verwachsung mit diesem, grüne Hornblende (a liehtgelblichgrün, D grün, c grün bis bläulichgrün, e:c = 13°). Ein zu M parallel geschnittener, zonar struierter Plagioklas zeigte in dem ziemlich scharf begrenzten Kern eine Auslöschung von + 10°, 18°), An, in der Hülle eine solche von + 2°, d. i. 28°), An. Der Oligoklas besitzt also die umgekehrte Zonen- struktur, wie sie in Gesteinen mit Kristallisationsschieferung des öfteren beobachtet werden kann. Als akzessorischer Bestandteil tritt hier auch noch farbloser Granat auf. Dieser Gneis ist nicht ident mit den gneisartigen Gesteinen, wie sie v. John!) aus Nordmähren als Monzonitgneis beschrieben hat. Grannlitgneis. Nahe an der Granulitgrenze findet man unweit vom Gießhübler Gemeindewalde an dem östlich von Kote 685 (1: 25.000) vorbei- führenden Feldwege im Glimmerschiefergebiete Lesesteine eines fein- körnigen, lichtrötlichgrauen Gesteines, das aus Orthoklas und Mikroklin, Quarz und sehr wenig kleinen Biotitschüppchen besteht. Plagioklas konnte ich nicht nachweisen, doch sind als Seltenheit kurze Myrmekitzapfen zu bemerken, so daß wenigstens darin Albit vorhanden ist. Da Granat so gut wie fehlend ist (nur hie und da ist ein kleines Korn von farblosem Granat zu bemerken), liegt nur ein granulitähn- liches Gestein vor. Der Granitit von Cudowa. Der Granitit ist ein mittelkörniges Gestein von grauer oder rötlicher Farbe. Der Biotitreichtum verleiht ihm dunklere Farben- töne. Das Gestein gleicht vollkommen den Granitvorkommnissen von Nekof, Bredau und Kunwald in den weiter südlich auf Blatt Senftenberg gelegenen Teilen des Adlergebirges. Es ist jedoch durehaus verschieden von der nahen ÜÖermaer Granitmasse und von den Graniten des Riesengebirges. Es fehlen ihm die großen Feldspäte, die in letzterem hervor- treten, und die idiomorphen Biotitblättechen des Hirschberger Granits. Das Gefüge ist vielmehr ein gleichmäßig körniges.. Die Feldspate erreichen höchstens die Größe einer Erbse. Nur ganz untergeordnet 2) Werk: der k. k, geol. R.-A. 1897, pag. 189. B- 1] Die kristallinen Schiefer des nördlichen Adlergebirges. 467 trifft man im Gießhübler Gemeindewalde Granite, in denen einzelne _kristallographisch begrenzte Orthoklase an Größe etwas mehr hervor- treten. Plagioklas, Orthoklas, Quarz und Biotit sind die herrschenden Bestandteile. Dabei überwiegt meist der Natronfeldspat. Nur in den rötlich gefärbten Abänderungen, die übrigens an Masse gegen die srauen zurücktreten, kommt die Menge des Kalifeldspates der des Natronfeldspates so ziemlich gleich. Der Quarz tritt an Menge im Vergleich zu den Feldspäten bedeutend zurück. Die Plagioklase zeigen meist schöne Zonenstruktur, an welcher die mehr weniger idiomorphe Gestalt seiner Körner auch dort noch zum Ausdruck gebracht wird, wo, was übrigens meist der Fall ist, der Umriß der Wirkung des Gebirgsdruckes bereits teilweise zum Opfer gefallen ist. Schnitte senkrecht zu M und P ergaben, daß das Innere der Plagioklaskörner aus Oligoklas besteht und daß sie gegen die Peripherie in Albitoligoklas und Albit übergehen. Polysynthetische Zwillingstruktur mit meist sehr dünnen Lamellen ist in der Regel vorhanden. Auch Periklinlamellen sind oft zu bemerken, Doppelzwillinge nach dem Karlsbader Gesetz dagegen seltener. Mitunter auch trifft man Plagioklase ohne Zwillingstreifung an, die dann, wenn sie dem Albitoligoklas und Albit angehören, schwer vom Orthoklas zu unterscheiden sind, wenn nicht der optisch positive Charakter Auf- klärung gibt. Auch der Orthoklas läßt häufig eine zonare Struktur erkennen, die durch Verschiedenheit in der Trübung, welche in den frischen Gesteinen nicht bedeutend ist, hervorgebracht wird. Perthitische Flammung ist nur selten, Mikroklin hingegen öfters zu bemerken. Zwischen den Orthoklaskörnern und als Umrandung von Plagio- klas dort, wo er an Kalifeldspat grenzt, trifit man oft reichliche Myrmekitbildung. Die Quarzstengel des Myrmekits sind recht zart. Sein Plagioklas ist reiner Albit, da ee, y. —o—=0:026 sind als Tremolit anzusprechen. Eine grüne, strahlsteinähnliche Hornblende, die aus brauner. Hornblende durch Ausbleichung hervorgegangen war, zeigte, ebenfalls mit Hilfe des Babinetschen Kompensators bestimmt, eine Doppelbrechung Y—x= 0'022. Bei der intensiv braunen Hornblende, mit der diese grüne verwachsen war, wurde —a—0'11 gemessen. Die Auslöschungsschiefe dieser braunen Hornblende war 21° der srünen 22°, Ein Teil des Aktinoliths, und zwar solcher von nur schwach- srüner Färbung tritt in wirren Haufwerken auf, die, worauf Herr Prof. Dr. Beecke mich aufmerksam zu ınachen die Güte hatte, mit dem ident sind, was er!) als Pilit bezeichnet und als eine Pseudo- morphose nach Olivin angesprochen hat. In der Tat konnte an einem derartigen, in braune Hornblende eingewachsenen Pilit un- schwer noch die Kristallform des Olivins erkannt werden. Es folgt daraus, daß in dem Gabbro von Deschney ursprünglich ein Olivingabbro vorlag. Alle diese Hornblenden sind sekundärer Natur. Man erkennt dies sehr deutlich am Pyroxen, wenn er seitlich von feinen Rissen und auch randlich in Aktinolith umgewandelt ist. Die Pilitpseudo- morphosen zeigen dies ebenfalls an. Auch die primäre braune Horn- blende erleidet eine Umwandlung in einen strahlsteinähnlichen Am- phibol, wie es des öfteren an klaffenden Querrissen längs feiner Spalten und auch am Rande der Körner zu bemerken ist. Vielfach schießen die kleinen Amphibolnadeln, indem sie einen Saum bilden,auf der Oberfläche von Pilit, Pyroxen, brauner Hornblende und Titaneisen an. Diese Nadeln, deren Enden frei in den Plagioklas hineinragen und die Zwillingslamellen desselben durchwachsen, stellen sich gern senkrecht zur Oberfläche des Kornes, dem sie aufsitzen. Gewöhnlich hat gerade dieser Aktinolith eine schön grüne Färbung und wäre als Smaragdit zu bezeichnen In manchen Präparaten macht sich parallel c eine deutlich blaugrüne Färbung bemerkbar. Scharf setzen die Nadeln dieser- Säume an ihrer Basis ab. Man kann braune Hornblenden bemerken, die am Rande bald scharf, bald ver- waschener in grüne übergehen, mit deutlicher Grenzlinie aber sitzen dieser grünen Hornblende die erwähnten Aktinolithnadeln auf. Pilit- körner, die im Zentrum einen sehr feinen, mitunter auch bei starker Vergrößerung nicht auflösbaren Filz darstellen, haben eine randliche Zone mit deutlich erkennbaren, sehr licht gefärbten Aktinolithen, zwischen denen kleine, verhältnismäßig lichtgefärbte Biotitblättchen sitzen. Diese endet an einer mitunter stumpfwinkelig gebogenen Linie, der die blaugrüne Hornblende oder der Smaragdit aufsitzt. Bemerkenswert ist, daß diese Aktinolitsäume am Pilit breiter als am Pyroxen sind. Hie und da läßt sich.am Aktinolith, nicht aber am Smaragdit und an der en Hornblende die Crosssche Streifung erkennen. 1) Eee maks Mitt., Bd. 4 (1882), page. 450, und Bd. 5 (1883), pag. 163. A u u nn a a a © [59] Die kristallinen Schiefer des nördlichen Adlergebirges. 485 Von den übrigen Mineralen sekundärer Entstehung wurde des Biotits bereits Erwähnung getan. Der Chlorit ist nur schwach srün gefärbt und zeigt entweder tiefblaue oder sehr dunkelgrau- braune anomale Polarisationsfarben. Quarz ist nur in manchen Präparaten und auch hier nur in äußerst geringer Menge zu bemerken. Seine kleinen, ganz klaren Körner füllen entweder winzige miaro- lithische Hohlräume aus oder sie liegen in engen Spaltausfüllungen. Kalzit wurde nur einmal bemerkt. Ich habe eingehend die verschiedenen Mineralbestandteile des Gabbros und die Art ihres Auftretens geschildert und gehe nun daran, aus den vorstehenden Beobachtungen die Schlüsse zu ziehen, die ein Licht auf die Ursachen der Gesteinsumwandlung werfen könnten. Es muß rekapituliert werden, daß der Plagioklas und der in Pilit umgewandelte Olivin die nächst dem Apatit und vielleicht auch dem Titaneisen älteste Mineralgeneration sind. Auf ihre Ausscheidung erfolgte erst diejenige des Pyroxens und der primären, braunen Hornblende. Strahlstein, Biotit, Chlorit, Quarz und Zoisit sind Minerale sekundärer Entstehung. Die Form des Olivins, der von brauner Hornblende umwachsen wird, und des Plagioklases, der in wohlumgrenzten Leisten in den Pyroxen und die Hornblende einschneidet, sprechen untrüglich für diese Ausscheidungsfolge. Auch der Umstand, daß man mitunter an größeren Blöcken die Plagioklastafeln infolge von Fluidalerscheinungen zu Strähnen angeordnet sieht, weist darauf hin, daß der Feldspat zu den älteren Ausscheidungen gehört. In der Regel faßte man bisher die Minerale der Strahlstein- gruppe in den Gabbros als sekundäre Bildungen auf. Dahingegen propagierte Joh. Uhlig!) in neuester Zeit die magmatische Ent- stehung der grünen Hornblenden im Flasergabbro des sächsischen Mittelgebirges. Auch beim Gabbro von Deschney könnte man auf diesen Gedanken kommen, wenn man die Aktinolithnadeln frei in den Plagioklas hineinragen sieht. Es liegen aber hier die Verhältnisse anders als beim sächsischen Flasergabbro. Bei diesem sind Amphibol und Pyroxen ältere Generationen als der Plagioklas, der, nach Uhlig, in seiner Kristallisation gestört wurde und sich infolgedessen als Mosaik ausschied. Beim Gabbro von Deschney wurde der Plagio- klas vor dem Amphibol und dem Pyroxen ausgeschieden. Die Akti- nolithnadeln mußten demnach in den bereits auskristallisierten Plagio- klas hineinwachsen. Dieser letztere erfährt keine Veränderung, was bei den Implikationen, die Martin?) beschreibt, der Fall ist. DieAktinolithsäume verdankenihreEntstehung einer ReaktionzwischendemangrenzendenMineral(Andesin) und dem von dem Saum umgebenen Mineral (Pyroxen, t) Zeitschr. d. Deutschen Geol. Gesellsch. 1907, pag. 33 u. 35. ?) Die Gabbrogesteine in der Umgebung von Ronsperg. Tscherm. Mitt. Bd. 16 (1896), pag. 111. 64* 486 W. Petrascheck. [60] Olivin). Bei solchen Reaktionen wurden natürlich auch gewisse Stoffe, beziehungsweise Verbindungen frei. Denken wir an Olivin und Andesin, so bleibt ein Überschuß an Albitsubstanz, Tonerde und Kieselsäure, der fortgeführt wird, um teils in Albitadern wieder zu erscheinen, teils an der Bildung von Zoisit und von tonerdehältigen Amphibolen (Smaragdit) teilzunehmen. Gerade der Umstand, daß die Hornblende- säume am (selbst umgewandelten) Olivin breiter sind als am Pyroxen, läßt darauf schließen, daß die Säume ihre Existenz derartigen Reak- tionen verdanken, denn der Olivin konnte für die Reaktion, die sich ja nur an der Berührungsfläche vollzog, mehr Magnesia zur Amphibol- bildung zur Verfügung stellen als der Pyroxen. Möglich wäre es auch, die Erscheinung, daß der Amphibolsaum in den Plagioklas hineinwächst, während er an seiner Basis mehr oder weniger scharf begrenzt ist, wenigstens zum Teil dadurch zu erklären, daß vom Andesin eine größere Substanzmenge in Reaktion tritt, als vom Olivin. Daß die, aus Mineralen der Strahlsteingruppe bestehenden, Säume oft mit recht scharfer Grenze dem Pilit oder der umgewandelten, braunen Horn- blende aufsitzen, scheint auch darauf hinzudeuten, daß diese Umwand- lungsvorgänge nicht gleichzeitig mit der Bildung der Säume stattfanden. Wenn man berücksichtigt, daß der Pyroxen von feinen Rissen aus sich in Strahlstein umwandelt, daß es Strahlsteinkörner gibt, die an der Bestäubung ihre Entstehung aus Pyroxen noch deutlich verraten und daß es aber auch Körner von strahlsteinähnlicher, grüner Horn- blende gibt, die an ihren Rissen und den darin liegenden Einschlüssen deutlich erkennen lassen, daß sie aus der braunen Hornblende hervor- gegangen sind, so muß man zugeben, daß sich sekundär aus dem Pyroxen Amphibol gebildet hat und daß sich auch an der braunen Hornblende ein analoger Prozeß vollzogen hat. Man pflegt vielfach die Amphibolitisierung des Pyroxens auf dynamometamorphe Einflüsse zurückzuführen. Es ist begreiflich, daß bei einem Gesteine, das 3 —4 cm lange und nur 2—3 mm dicke Plagioklastafeln besitzt, die nicht eine Spur von Zerbrechungen und Stauchungen zeigen, von einer mecha- nischen Einwirkung des Gebirgsdruckes nicht gut die Rede sein kann. Lokal gibt es in der Masse des Gabbros allerdings Gesteine, die solehe mechanische Beeinflussungen auf das allerdeutlichste zeigen und an ihnen läßt sich diese Einwirkung vortrefflich studieren. Gepreßter Gabbro steht östlich vom höchsten Gipfel des Spitzberges an der Grenze der beiden Waldreviere (Herrschaft Opo&no und Herrschaft Reichenau) an. In Lesesteinen findet man ihn auch im Walde, wenn man von Brand gegen Kote 716 hinaufsteigt. Der gepreßte Gabbro ist als solcher schon mit dem bloßen Auge zu erkennen. Er hat seine Großkörnigkeit verloren und zeigt Parallelstruktur. Aus den Strähnen zertrümmerten Feldspates treten einzelne, etwas größere, Fragmente desselben Minerals hervor. Unter dem Mikroskope enthüllt der gepreßte Gabbro das Musterbild einer typischen Kataklasstruktur, das nicht näher beschrieben zu werden braucht. Uns interessiert hier vor allem, daß jede Spur von Pyroxen verschwunden ist. Grüne Hornblende und Strahlstein sind an seine Stelle getreten. Die braune Hornblende zeigt sich durch- woben von grünen Maschen. In den Lesesteinen, die bereits An- [61] Die kristallinen Schiefer des nördlichen Adlergebirges. 487 deutungen einer Kristallisationsschieferung zeigen, fehlt sie gänzlich. Die. größeren Fragmente des zertrümmerten Feldspates haben die Zusammensetzung des Gabbro-Plagioklases behalten... In dem Mosaik und dem feinsten Trümmerwerk konnten optische Bestimmungen nicht gemacht werden. In dem Mosaik ist etwas Quarz vorhanden. Zoisit findet sich in nur sehr geringer Menge. Das Titaneisen ist ebenfalls zerdrückt und verrieben und zeigt nicht selten die Umwandlung in Leukoxen. Man sieht, daß der gepreßte Gabbro bei inten- sivermechanischer Beeinflussungnur wenigmolekulare Umänderungen erkennen läßt; diese letzteren äußern sich vor allem in der Amphibolitisierung des Pyroxens. Die Herausbildung von Myloniten aus dem Gabbro ist eine nur lokale Erscheinung. Leichte Spuren einer schwachen mechanischen Beeinflussung sind aber noch hie und da am Gabbro zu bemerken, Sie äußern sich in sehr feinen Adern, die den Plagioklas mancher Präparate durchtrümern. Es ist dieselbe Aderung, die Becke!) vom Plagioklas des Tonalits vom Rieserferner beschreibt. Ihrer, im Vergleich zum Andesin geringeren Lichtbrechung wegen, gehören diese Adern einem sauren Plagioklas an, dessen Natur aber nicht genauer bestimmt werden konnte. Diese Aderung aber, ebenso wie die Bildung von Zoisit beweist, daß auch der Feldspat an den chemischen Umlagerusgen teil nahm. Es ist nun wohl möglich, daß auch die Amphibolitisierung des Pyroxens auf diese schwache mecha- nische Beeinflussung zurückgeführt werden kann, freilich unter der Vor- aussetzung, daß diese Dynamometamorphose sich weniger in mecha- nischer Zertrümmerung, als in der Auslösung molekularer Vorgänge äußert, derart, wie es von Becke?°) in eingehender Weise klargelegt wurde. Es mag sein, daß außerdem noch bis zu einem gewissen Grade bei der Amphibolbildung die Faktoren (Verhältnis in der Abnahme von Druck und von Temperatur während der Erstarrung des Magmas) mit- gewirkt haben, die Becke?°) des näheren erörtert und die auch Uhlig für den Gabbro des sächsischen Mittelgebirges heranzieht. Beide Faktoren können nacheinander gewirkt haben, so daß es daher nicht möglich ist, im einzelnen genau zu sagen, wann die Amphiboli- tisierung begonnen hat. Es wurden diese Fragen hier umständlich erörtert, weil sie für die Betrachtung der Grünschiefer des Adlergebirges von Wichtigkeit sind. Rekapitulieren wir die hier gewonnenen Anschauungen, so müssen wir betonen, daß derGabbro vonDeschneydynamo- metamorphen Beeinflussungen unterlag, daß diese sich jedoch nicht oder nur sehr wenig (Albitadern)in mechanischen Zerstörungen, als vielmehr in der Ein- leitung chemischer Reaktionen äußerten. Die bruch- lose Umformung, die durch die Dynamometamorphose eingeleitet wurde. wurde jedoch in ihren Anfängen !) Tschermaks Mitteilungen, Bd. 13 (1893), pag. 392. 2) Über Mineralbestand und Struktur der kristallinischen Schiefer. Denkschr. d. k. Akad. Wien. Bd. 73. 3) Tschermaks Mitteilungen, Bd. XVI (1896), pag. 327. 488 1 W. Petrascheck. [62] unterbrochen, so daß sie nur die labilsten Mineralkonm- ponenten betraf und der Gabbro mit kaum veränderter Struktur erhalten blieb. Unabhängig und wahrschein- lich nach dieser Beeinflussung unterlagen einzelne Teile des Gangstockes der Einwirkung des stress, der einen Mylonit erzeugte. Wir werden später sehen, daß bei den Grünschiefern die Tmkristallisation unter dem Einfluß der Dynamo- metamorphose und teils nach vorhergehender Einwirkung des stress eine sehr viel weitgehendere war. Es wurde bisher der Mineralbestand und die Struktur des Gab- bros eingehend erörtert, onne auf seinen chemischen Allgemeincharakter einzugehen. Zur Analyse wurde ein Gestein verwendet, das bei dem schon einmal erwähnten Wäldchen an der Abzweigung der im Jahre 1905 im Bau begriffenen Straße gegen Tanndorf geschlagen wurde. Es war ein frisches Gestein mit ziemlich reichlichen Pyroxen- resten. Das Mengenverhältnis zwischen dem Plagioklas und den melanokraten Gemengteilen war das normale. Die Analyse wurde auf meine Bitte von Herrn Regierungsrat v. John im chemischen Laboratorium der Geologischen Reichsanstalt ausgeführt. Es sei auch hier Herrn v. John für dieses liebenswürdige Entgegenkommen mein verbindlichster Dank ausgesprochen. Die Analyse ergab: Prozent Dr re Al Bla nl Pt RR BEE a RR 2.0 DER 2 EEE RR © () ©\ MIO la DRS BD OT Ne Pe Fr De . 25 R Glühverlust.. - 28.120 Summe . . .100:09 Mangan und Titansäure in Spuren. In Molekularprozenten ausgedrückt stellt sich die Zusammen- setzung wie folgt dar: N U Pe Pe 5) A nl ei 1ER "RAU RNE U PERERER 31.0: Gar 2. ie un - ‚ee BE Ni... Oo TEEN RE Tor ©: Summe ... 9999 [63] Die kristallinen Schiefer des nördlichen Adlergebirges. 489 Hieraus berechnen sich auf Grund der: von Osann angegebenen Gruppierung folgende Werte: Als Typenformel ergäbe sich demnach Sag As C55 fıurs das heißt, der Gabbro des Deschneyer Spitzberges kommt dem Typus Sulitelma am nächsten. Was hier noch interessieren könnte, ist, ob eine chemische Ver- wandtschaft zu der nächstgelegenen Gabbromasse, das ist derjenigen von Volpersdorf bei Neurode, besteht. Es ist dies nicht der Fall, denn der dortige Gabbro enthält weit weniger Alkalien. Dahin- gegen ist bei Lewin gelegentlich des Baues der Eisenbahn ein Gabbro aufgeschlossen und von Flegel!) erwähnt worden, der nach Proben, die Herr Professor Dr. Mileh mir zu übersenden die Güte hatte, völlig mit dem Deschneyer übereinstimmt. Amphibolitisierter Diabas (Uralitdiabas). Bei Dobrey, bei Janov, Nedwez und beiÜerma kommen lichtgrüne oder graugrüne, deutlich körnige Gesteine vor, die man ohne Schwierigkeit schon im Handstück als etwas veränderte Diabase erkennt. Das Mikroskop lehrt, daß dieser Veränderung namentlich der Augit verfallen ist, von dem nicht einmal kleine Überreste vor- handen blieben. Wohl aber ist hie und da an dem Querschnitt des jetzt vorliegenden Amphibols zu erkennen, daß er die Stelle eines Augits einnimmt. Der Amphibol hat lichtgrüne bis sehr lichtgrüne Farben und demnach nur schwachen Pleochroismus. Die Auslöschungs- schiefe beträgt 15%. Dünne Säulen lassen oft Quergliederung erkennen. Es liegt offenbar ein Strahlstein vor. Größere Individuen löschen nicht immer ganz einheitlich aus. Nicht selten bemerkt man in ihrem Innern Partien mit anderer optischer Orientierung und zuweilen büscheliger Anordnung. Die randlichen Teile sind dabei meist klar, das Innere aber getrübt, zum Teil durch sehr kleine, farblose, stark lichtbrechende Einschlüsse. Häufig ist das Innere solcher getrübter Amphibole von lichtgelblichbrauner Farbe und ohne Pleochroismus. An Gesteinen, die schon etwas stärker umgewandelt sind, bemerkt man, daß die Amphibole namentlich in der Richtung der Längsachse durch Ansatz kleiner Nadeln weiter wachsen. Man findet dann um einen scharf konturierten, leicht getrübten Kern einen dünnen spitzzackigen Saum sehr licht gefärbten, klaren Amphibols. Im Gegensatz zum Augit ist der Feldspät wenig verändert. Er wurde in einzelnen Durchschnitten als basischer Labrador, ’) Zeitsch. d. Deutschen geol. Ges. 1905, pag. 78. 490 W. Petrascheck. [64] in anderen aber als Oligoklasandesin erkannt. "In dem am besten erhaltenen Gesteine, das ist demjenigen von Janov, zeigen die Plagioklastafeln nur Zerbrechungen. Allein in dem feineren Zer- trümmerungsmaterial zwischen den größeren Plagioklas- und Amphibol- körnern haben sich Chlorit und Zoisit reichlicher angesiedelt. Wiederholt offenbaren die Gesteine eine noch sehr deutlich erhaltene Ophitstruktur. Diese kann auch dann noch wohl er- kennbar sein, wenn der ursprüngliche Plagioklas schon stark zerstört ist. Man bemerkt dann, daß von allen Seiten in die scharf konturierten Feldspatleisten Säume und Nadeln von Amphibol einschießen und den Plagioklas verdrängen. Gelegentlich findet man nur kleine Relikte des zwillinggestreiften Feldspates in einem Filz dünner Aktinolithnädelchen und feiner Chloritschüppchen, zwischen denen noch Körner von Zoisit und etwas klarer Quarz, wohl auch Kalzit liegen. Titaneisen ist in seinen charakteristischen Formen und dem ihm eigentümlichen, Leukoxen genannten Umwandlungsprodukt in allen Präparaten be- merkbar. Steinbrüche sind in diesem Gesteine bisher nirgends angelegt worden. Da es sich durch große Zähigkeit auszeichnet, würde es sich aber gewiß lohnen, es zur Beschotterung stark befahrener Straßen heranzuziehen. Diabasschiefer (Epidiabas). Während man die als Uralitdiabas bezeichneten Gesteine ohne Schwierigkeit schon im Handstück als Diabase erkennt, gelingt dies bei den als Diabasschiefer bezeichneten Einlagerungen erst durch die Zuhilfenahme der mikroskopischen Untersuchung. Beim Uralit- diabas ist der Augit in Hornblende umgewandelt, der Plagioklas aber noch ziemlich intakt, bei den Diabas- schiefern ist auch er durch Neubildungen ersetzt. Eine Folge dieser stärkeren Veränderungen ist, daß nur selten noch die körnige Struktur erhalten ist. Meist haben die Gesteine ein versteckt schiefriges Gefüge angenommen. Veranlassung, den Diabasschiefer getrennt von den später noch zu besprechenden „Grünschiefern* zu behandeln, gibt einerseits eine schon im Handstück erkenntliche Verschiedenheit des Aussehens, die oft von strukturellen Verschieden- heiten begleitet wird, andererseits die Besonderheit des geologischen Auftretens. Diese letztere besteht darin, daß der Diabasschiefer immer ‘nur in Gestalt relativ schmaler Einlagerungen in den Phylliten beobachtet wurde, Einlagerungen, die auch an Längenerstreckung weit hinter den mächtigen Zügen zurückbleiben, welche die als Grünschiefer schlechthin bezeichneten Gesteine bilden. Solche Ein- schaltungen von Diabasschiefer wurden südlich Bielowes und Nachod (bei Rozkos), bei Lipi, ferner im Mettautale oberhalb Peklo und bei Sendrasch bemerkt. Alle diese Vorkommnisse liegen nicht gar weit von ‘der Grenze zwischen Biotitphyllit und Serizitphyllit, also in einer bestimmten, wenn auch breiten Zone der Phyllite. Eine andere Gruppe gleicher Einschaltungen bemerkt man unterhalb Gießhübel zwischen der Tassauer-Mühle und der Zelinka-Mühle. [65] Die kristaliinen Schiefer des nördlieben Adlergebirges. 491 Alle die als Diabasschiefer zusammengefaßten Gesteine haben eine dunkelgrünlichgraue Gesamtfarbe, die im verwitterten Zustande einem schmutzigbraunen Farbenton weicht. An Gesteinen etwas gröberen Kornes, wie sie im Graben dicht unterhalb des durch kupfer- erzführende Klüfte ausgezeichneten Porphyrsteinbruches südlich Bie- lowes, aber auch oberhalb der Villa des genannten Bades anstehen, bemerkt man die Hornblende schon mit bloßem Auge. Sonst aber ist das Gestein meist so feinkörnig, daß es schwer fällt, einzelne Minerale im Handstück deutlich zu erkennen. Charakteristisch ist ein feiner Schimmer, der, namentlich im Sonnenlicht gut erkenntlich, sich auf den frischen Bruchflächen bemerkbar macht. Er wird hervorgerufen durch die zahllosen, glänzenden Spaltflächen der reichlich vorhandenen, winzigen Chloritschüppchen. Die Mineralzusammensetzung ist analog derjenigen des oben beschriebenen Uralitdiabases, nur zeigt sich überall die weitergehende Umwandlung. Es sind demnach von dem Augit ebensowenig Reste erhalten wie im Uralitdiabas. Dickere Hornblendesäulen zeigen öfters Kerne von bräunlicher Farbe, die durch feine, farblose Einschlüsse getrübt sind. Sie werden von sehr lichtgrünen Säumen umgeben. Bei diesen bräunlichen Hornblendekernen ist a gelblichbraun und b=c lichtgelblich, die Auslöschungsschiefe 14%. An dem blaßgrünen Am- phibol eines anderen Vorkommnisses wurde die Auslöschungsschiefe mit 17° gemessen. Mitunter zeigen die Enden der Hornblendesäulen die feine Zerfaserung des Uralits. Oft auch sind ausschließlich dünne, sehr lichtgrüne Aktinolithnädelchen vorhanden. Vom primären Plagioklas sind nur in einzelnen Gesteinen kleine Reste vorhanden, in der Mehrzahl der Schliffe ist er gänzlicher Umwandlung unterlegen. Albite mit einem Anorthitgehalt von 5%/,. wie er einer Auslöschung von —10° auf Schnitten senkrecht zu M und ? entspricht, sind unveränderten Diabasen fremd und nur als Neubildung aufzufassen, zumal sie nicht die Gestalt normaler Diabas- feldspäte besitzen, sondern, zwar in der Richtung der O10-Fläche ver- längerte, im ganzen aber doch unregelmäßig begrenzte Durchschnitte bilden. Reichlich vorhandener Zoisit, Chlorit und Quarz sowie etwas Kalzit und Titanit deuten auf die Molekularumlagerungen, die sich in dem Gestein vollzogen haben, hin. Der als Klinochlor anzusprechende, optisch positive Chlorit wird mit sehr blassen Farben durchsichtig (a und b sehr lichtgrün, c fast farblos). An den Blättchen, die abnormale graue Interferenzfarben zeigen, sind Zwillingsbildungen sehr verbreitet. Haufwerke kleiner Titanitkörner sind auf Ilmenit zurück- zuführen. Zoisit, Chlorit und Quarz, hie und da auch etwas Kalzit siedeln sich zusammen mit neugebildetem Plagioklas an Stelle der ursgrüng- lichen Diabasfeldspäte an. Während aber die Säulchen und Körner des Zoisits, vermöge der diesem Mineral innewohnenden größeren Kristallisationskraft, auch durch Feldspatleisten hindurchwachsen, finden sich Chlorit und Quarz mit Vorliebe in den Zwickeln zwischen den unregelmäßig umgrenzten Plagioklasen und den Amphibolsäulen und -nadeln. Mitunter besitzen die Reliktfeldspäte schöne Zonar- struktur mit nach außen abnehmender Basizität. Da ist es nun be- Jahrbuch d. k. k. geol. Reichsanstait, 1909, 59. Bd., 3. u. 4. Uft. (W. Petrascheck.) 65 492 W. Petrascheck. [66] merkenswert, daß die Kerne und inneren Zonen dieser Feldspäte durch Chlorit ersetzt sind. Nur die dem Albit in der Zusammen- setzung nahestehenden Hüllen blieben erhalten. Trotz dieser weitgehenden Veränderung, die der ursprüngliche Mineralbestand der Gesteine erfahren hat, ist es doch unzweifelhaft, daß veränderte Diabase vorliegen, denn in verschiedenen Gesteinen sind Spuren der Ophitstruktur unverkennbar erhalten geblieben. Daß die als Diabasschiefer bezeichneten Gesteine nicht ganz gleichmäßig ausgebildet sind, wurde schon bemerkt. Insbesondere soll hier noch betont werden, daß einzelne Vorkommnisse im Handstück die Schieferung nicht erkennen lassen. Dies gilt namentlich für das schöne, mittel- bis grobkörnige Gestein, das südlich von Bielowes unter dem Porphyrbruche, westlich von Malinova hora in dem Graben ansteht, begleiiet von einem sehr stark geschieferten Ge- steine, das wegen seiner nematoblastischen Struktur, wegen des Über- wiegens dünner Strahlsteinfasern und des Zurücktretens von Chlorit sich ganz an die später zu behandelnden „Grünschiefer* anschließt. Ein diesem körnigen Diabasschiefer gleichendes Gestein trifft man nordöstlich der Kote 579 der 25.000 teiligen Karte, auf dem Abhangs- rücken, über den der Fußsteig von Bielowes gegen Dobroschov (Dorf) hinaufführt. Mittelkörnige, im Handstück der Schieferung ent- behrende Diabasschiefer begegnet man auch südlich von Nachod, am Wege gegen Rozkos, und zwar, in einzelnen Blöcken umherliegend, dicht östlich von der Stelle, wo der Fußweg Nachod—Lipi den Fahrweg Altstädter Mühle—Rozkos kreuzt. Feinkörnige, hier zu erwähnende Gesteine trifft man auch im Mettautale unterhalb Peklo, von wo sie sich weit südwärts verfolgen lassen. Chloritschiefer. Phyllitähnliche, weiche oder feinschuppige, graugrüne Gesteine, die als Einlagerungen innerhalb der Phyllitserie auftreten, bezeichne ich als Chloritschiefer, weil Chlorit ihr charakteristischer, oft auch an Menge alle anderen überwiegender Gemengteil ist. Freilich darf man, wenn hier von Chloritschiefer gesprochen wird, nicht an die Typen denken, die aus dem Zillertale etc. bekannt sind. Es handelt sich eher um chloritreiche phyllitische Gesteine, für die auch der Name Chloritphyllite am Platze wäre. Nur wenige Vorkommnisse dieser Art wurden beobachtet. Zwei derselben liegen im Mettautale, das eine südlich von Pribislav, das zweite östlich der Landvorstadt von Neustadt. Das erste wurde nur nach Lesesteinen konstatiert, das zweite ist anstehend zu beobachten, und zwar an dem Fußwege, der von der genannten Land- vorstadt über das im Walde, oben am Hange gelegene, kleine Wirtshaus hinunter zu dem Stege über die Mettau führt, um dann auf den nach Peklo gehenden Waldweg zu stoßen. Nahe an dieser Brücke steht der Chloritschiefer an. Die Schiefer dieser beiden im Mettautale befindlichen Vorkommnisse enthalten massenhaft kleine braune Flecken und Stigmen. An dem in der Nähe der [67] Die kristallinen Schiefer des nördlichen Adlergebirges. 493 Mettaubrücke anstehenden Gesteine erkennt mau, daß sie oft die Form eines Würfels von weniger als 1 mm Kantenlänge haben. Es sind das zu Brauneisen zersetzte Pyriteinsprenglinge. Ein lichtgraugrüner, sehr chloritreicher Schiefer steht zwischen Rezek und Neustadt a. M. am Bache an, einen schmutziggrünen Chloritschiefer trifft man endlich noch im Dorfe Slavonov neben der Straße anstehend. Der Chlorit hat sehr blasse Farben (lichtgrün und licht- selblichgrün) und sehr schwache Doppelbrechung. Meist zeigt er dunkelgraue, öfters auch die charakteristische, tiefblaue Interferenz- farbe. Querschnitte besitzen parallele Auslöschung und keine Zwillings- lamellen. Es liegt also der in Chloritschiefern seltener auftretende Pennin vor. Neben dem etwa 50—60°/, des Gesteines ausmachenden Chlorit ist ein Quarz-Feldspat-Mosaik vorhanden. Der Feldspat desselben zeigt nicht immer Zwillingsstreifung, weshalb seine klaren Körner mitunter nicht leicht vom Quarz zu unterscheiden sind. Nach der Lichtbrechung zu urteilen liegen saure, dem Albit nahestehende Plagioklase vor. Als akzessorischer Bestand- teil ist noch Rutil und Muskovit zu erwähnen, von denen der letztere in manchen Gesteinen feine, in der Schieferung liegende Schüppchen, in anderen aber (Hölle) größere, quergestellte Blättchen bildet, durch welche dünne Strähne von Erzstaub, der Schieferung entspre- chend, ungestört hindurchziehen. Es ist schwer sich ein Bild über die Genesis dieser Chlorit- schiefer zu machen. Man könnte vielleicht der Meinung sein, daß sie aus den Diabasschiefern hervorgegangen seien, die selbst schon reich- lich einen Chlorit führen. Da aber keinerlei Zoisit, keinerlei Aktinolith und auch kein Kalzit zu bemerken ist, müßte hier eine vollständige Entfernung des Kalkes stattgefunden haben. Ohne Analyse ist es ziemlich aussichtslos, den Ursprung dieser Gesteine zu diskutieren. Auf jeden Fall scheinen mir die Gesteine getrennt gehalten werden zu müssen von den Chloritphylliten, deren ich gelegentlich der Be- sprechung des Biotitphyllits Erwähnung tat. In diesen letzteren war der Chlorit, der übrigens in geringerer Menge auftrat, von dem Biotit des Biotitphyllits abzuleiten, was für den Chlorit des Chlorit- schiefers nicht zu erweisen ist. Grünschiefer. Strukturell und texturell außerordentlich verschiedenartig sind die Gesteine, die als Grünschiefer schlechthin bezeichnet werden müssen. Ich verweise auf die oben bei Erwähnung der Grünschiefer- züge von Üerma, von Slavonov und von Rzy niedergelegten Schilderungen, die zeigen sollten, daß es meist nicht möglich ist, die in guten Aufschlüssen rasch miteinander wechselnden, verschiedenen - Grünschiefertypen kartographisch zur Ausscheidung zu bringen. Und wenn es noch möglich ist, das Bild guter Aufschlüsse in einer Profil- skizze festzuhalten und an ihr die Art des Auftretens der einzelnen Gesteinstypen zu erläutern, so versagt diese Möglichkeit doch bei den breitesten Teilen der aus Grünschiefer bestehenden Gebiete, 65* 494 W. Petrascheck. |68] bei den ausgedehnten Acker- und Waldlandschaften des behandelten Landstriches. Hier liegen auf den Lesesteinhaufen die verschiedensten Typen in bunter und oft reichhaltiger Mustersammlung beisammen. Hie und da freilich dominiert einer derim Folgenden zu besprechenden Typen. In solchen Fällen habe ich das betreffende Gestein auch in der Karte ‘besonders zur Darstellung gebracht. Wenn ich also bei Sattel phyllitähnliche Aktinolith-Chloritschiefer oder bei Pollom und Rzy Hornblendegrünschiefer usw. verzeichne, so soll damit nicht gesagt sein, daß diese Typen nur dort anzutreffen sind, wo sie in der Karte eingetragen wurden. Man kann vielmehr genau denselben Typen in dem ganzen als Grünschiefer bezeichneten Areale begegnen ; nur treten sie darin zusammen mit anderen Typen derselben Ge- steinsfamilie auf. Verschiedenartig wie das Aussehen der als Grünschiefer zu- sammengefaßten Gesteine ist auch ihr Ursprung. Diabase und Gabbro sind es hauptsächlich, die uns heute als Grünschiefer vor- liegen. Bei Masti und zwischen Michovy und Buschdörfel am Westrand vom Blatt Kronstadt ist im Grünschiefer ein Diabasporphyrit noch deutlich zuerkennen. Ob und wie weit etwa auch Diabastuffe an der Bildung der. Gesteine beteiligt waren, läßt sich ohne zahlreiche Analysen, über die ich nicht verfüge, nicht sagen. Man könnte geneigt sein, in den feinschiefrigen bis plattigen, dichten, oft ziemlich viel Kalk enthaltenden Aktinolith- Chloritschiefern, die namentlich in der Gegend von Dobrey, Hlinei und Woschetnitz zusammen mit oft noch körnigen Uralitdiabasen vorkommen, nach Diabastuffen suchen zu wollen. Immerhin ist aber zu bedenken, daß auch aus körnigen Eruptivgesteinen derartige Schiefer entstehen können. Manche Grünschiefer haben schon die Eigentümlichkeiten einer tieferen Zone der Gesteinsmetameorphose als die Phyllite, in denen sie auftreten. Sie leiten aus dem Gebiete, in dem die Kataklase vorherr- schend war, hinüber in das Gebiet der Kristallisationsschieferung. So kommt es, daß man diese beiden Stadien der Metamorphose an ihnen beobachtet. In den Grünschieferzügen herrscht die Kristallisations- schieferung bei weitem vor. Die Erscheinungen der Kataklase sind vor allem dort erhalten geblieben, wo das Korn dieser kataklastischen Gesteine ein gröberes war. Schon dem bloßen Auge ist bei einer Gruppe von Gesteinen, die sich mitunter in ihrer Verbreitung kar- tieren ließe, zu erkennen, daß ihre Struktur durch Kataklase bedingt ist. Diese Grünschiefer mit Kataklasstruktur sind mittel- bis grobkörnige Gesteine, bei denen dunkle Amphibol- körner von einer lichtgraugrünen oder auch weißlichen, dichten Masse umgeben werden. Hinsichtlich ihrer mineralogischen Zusammensetzung - zeigt sich keine wesentliche Abweichung im Vergleich zu den noch zu besprechenden Grünschiefern und zu den schon erwähnten Diabasen und dem Gabbro. Es ist derselbe lichtgrüne Amphibol vorhanden, der im Zentrum dickerer Körner mitunter noch bräunliche Färbung [69] Die kristallinen Sch’efer des nördlichen Adlergebirges 495 aufweist. Zuweilen besteht ein den Umrissen nach: einheitliches Amphibolkorn aus: büschelförmigen Aggregaten, wie solche schon vom Deschneyer Gabbro erwähnt wurden. | In anderen Handstücken wieder ‚bemerkt man-die uns schon bekannten, fast farblosen und farblosen (e:c = 16°) strahlstein- ähnlichen Hornblenden, deren Enden oft zerfasert sind und die zu- gleich einen Filz dünner Nädelchen bilden. Dazwischen liegen Schüpp- chen des uns ebenfalls schon bekannten Chlorits von sehr schwacher, anormaler Doppelbrechung. Ein klarer unverzwillingter, wohl dem Albit nahestehender Plagioklas bildet. mit wenig Quarz und mit Zoisit- kriställchen ein Mosaik. Hie und da ist etwas Titaneisen, . häufiger Strähne von Leukoxen zu beobachten. Nur ausnahmsweise blieben Körnerdesursprünglichen Plagioklases vorhanden. Die fast stets zwillingsgestreiften Reste zeigen zu M und P senkrecht ge- schnitten eine Auslöschung von 21° gehören also einem Andesin an. Feine Muskovitschüppchen wurden in einem Gesteine angetroffen. Zusammen mit massenhaften Aktinolithnädelchen und dünnen Zoisit- säulchen haben sie sich im Innern von Reliktfeldspäten ange- siedelt. Die Struktur ist eine ausgesprochen kataklastische, die am deutlichsten in den grobkörnigen Gesteinen erhalten ist. Im Hand- stück zeigen auch diese unverkennbare Schieferung. Diese letztere wird um so deutlicher, je feiner das Korn der Gesteine wird und Hand in Hand damit erhält das Gefüge ein immer mehr verwaschenes Aussehen. Die Kristallisationsschieferung nimmt an solchen Gesteinen schon starken Anteil. Immerhin lassen sie auch dann noch die kata- klastische Reliktstruktur nicht verkennen. Alle diese kataklastischen Grünschiefer zeichnen sich . beim Zerschlagen durch ziemlich bedeutende Zähigkeit aus, die auf den Filz feiner Aktinolitnadeln zurückzuführen ist. Für gewöhnlich sind die Blöcke von einer weißlichen Verwitterungsrinde überzogen. Die Mehrzahl der hier erwähnten kataklastischen Grünschiefer dürfte auf Gabbros zurückzuführen sein, und zwar können es Gabbros sein, die demjenigen von Deschney nahestehen. Deuten schon die relativ dicken Amphibolkörner auf eine Entstehung aus grobkörnigen Gesteinen hin, so überzeugen besonders vereinzelte Vorkommnisse sabbroid großkörniger Gesteine von einem derartigen Ursprung. Wenn man von Bohdaschin den westwärts am südlichen Rande des Tales sich hinziehenden Weg verfolgt, so bemerkt man ungefähr nördlich von dem Wäldchen, das mit der Höhenkote 448 bezeichnet ist, reichlich großkörnige Blöcke eines amphibolitähnlichen Gesteines, das lebhaft an den Gabbro von Roßwein erinnert. Zwischen den trübgrünen Amphibolitsträhnen liegt eine porzellan- weiße, sehr feinkörnige Masse. Es ist das der Plagioklas, der eine völlige molekulare Umlagerung erfahren hat. Er ist dermaßen von winzigen Zoisitkriställchen erfüllt, daß er auch im Dünnschliffe mit- unter nur trübdurchsichtig erscheint, Wo an günstigeren Stellen die Plagioklassubstanz dazwischen noch die Zwillingsstreifung erkennen läßt, zeigt sie die Auslöschungsschiefe ‚eines Albits mit 4°/, An-Ge- 496 W. Petrascheck. [70] halt. Diese Gesteine sind auch noch südlich des erwähnten Wäld- chens anzutreffen. Uberall finden sie sich in Begleitung von Zoisitamphibolschiefern. Ebenfalls leicht als druckschiefrige Gabbros zu erkennende Gesteine liegen zum Teil in großen Blöcken zwischen Böhmisch- Germa und Borowa. Man findet sie am leichtesten, wenn man die Straße, welche beide Orte verbindet, an der Biegung, wo sie aus dem Walde heraustritt, verläßt und den an der Gemeindegrenze entlang über den mit der Kote 601 bezeichneten Punkt gegen den Kohouti Kopeec führenden Weg einschlägt. An diesem Wege sind in einer Entfernung von 100—200 m von der erwähnten Straße Blöcke aufgeschlichtet worden, die aus den angrenzenden Feldern ausgeackert wurden. Neben lichtgrünen Amphibolschiefern und flase- rigen Zoisitamphibolschiefern bemerkt man auch große dunkle Blöcke des erwähnten geschieferten Gabbros. Grobkörnige, in ihrem Habitus an Diorit erinnernde, hier zu er- wähnende Gesteine mit großen Amphibolkörnern trifft man westlich von Hlinei auf dem, in der Spezialkarte nicht verzeichneten, nach „Na Borowe“ führenden Wege. Ein ebensolches Gestein ist nahe am Südrande der Karte zwischen Woschetnitz und Beranetz am Rande des Tälchens verbreitet. Zwischen Sattel und Plaßnitz verzeichnet die geologische Karte schmale Grünschieferzüge. Sie bestehen vorwiegend aus mittel- körnigen Gesteinen, nur lokal sind sie grobkörnig, zum Beispiel am Wege, der südlich der Satteler Kirche am Talrande bergan führt. Diese schmalen Grünschieferzüge bestehen durchweg aus Grün- schiefer mit Kataklasstruktur. Herr Regierungsrat v. John hatte die Güte, eine beim Wirtshaus „zum Roß“ am Ostende von Plaßnitz geschlagene Probe zu analysieren. Er fand folgende Zusammen- setzung: Prozent Kieselsäure”. »; . ." "46:75 Tonerde 77%. ; .. 2 u 0: Hisenoxgdlne s.;,.0. 5:09 Eisenoxyaul- ..... 971 Kalk... ou: re 870 Magnesia ‚avi 7:82 Kalte 2 0:75 Rome 11% Nelson sans A 2:80 Phosphorsäure . . . 0.37 Schwefel . . hr: 0:02 Glühverlust . . . . 2:20 Summe 3 ©’: 10055 [71] Die kristallinen Schiefer des nördlichen Adlergebirges. 497 Auf Molekularprozente umgerechnet ergibt sich: N sn Ba es ir re - Ba a ne BA AN N OR PR ER 10:05 ren nt 26h Ki rt 0-81 Mi er ren 2:93 Summe . . 99:99 Daraus berechnen sich nach Osann und Grubenmann folgende Gruppenwerte, beziehungsweise Typenformeln: Grünschiefer Gabbro von von Plaßnitz Deschney Ber Alte 5420 nr Lie: 374 Sa ar ie 6:36 S'02 PARTEIEN ARE | 1.4593, 18:27 Mae. ii 0 Bet itergiera O 0:06 Blister 0° S;0.6 A3 C45 Fız-5 Sst2 A3 (55 Furs Der Grünschiefer nähert sich also hinsichtlich seiner Zu- sammensetzung sehr dem Deschneyer Gabbro. Die Gehalte an Ton- erde, Kalk, Magnesia und Natron zeigen allein bemerkenswerte Unter-- schiede. Sie sind aber unbedeutend zu nennen, wenn wir bedenken, daß kleine Anderungen im Mengenverhältnis der Mineralkomponenten sich in der gleichen Weise äußern können und wenn wir uns erinnern, daß dieses Mengenverhältnis im Deschneyer Gabbro nicht immer das gleiche ist. Auch wissen wir aus den Untersuchungen Reinisch’!), daß Hand in Hand mit kataklastischen Umformungen kleine Veı- änderungen des chemischen Bestandes gehen, die allerdings nach seinen Erfahrungen nicht immer in der hier zu beobachtenden Richtung verlaufen. Wir sind also auch nach dem Analysenbefund berechtigt, den kataklastischen Grünschiefer von Plaßnitz auf einen Gabbro zu- rückzuführen. Flaserige und körnige Zoisitamphibolschiefer. Es gibt alle Übergänge zwischen den flaserigen und den kör- nigen Zoisitamphibolschiefern. Immerhin ist zu bemerken, daß im Gehalte an Amphibol und Chlorit eine gewisse Anlehnung an die Textur erfolgt. Die flaserigen Zoisitamphibolschiefer, die, wie gleich 1!) Druckprodukte aus Lausitzer Biotitgranit und seinen Diabasgängen. Leipzig 1002. 498 W. Petrascheck. [72] hier erwähnt werden soll, den geschieferten Gabbro häufig begleiten, enthalten Aktinolith, nieht aber die sehr lichtgrüne strahlsteinähnliche Hornblende des körnigen Grünschiefers. Je mehr aber die schiefrige Textur die flaserige verdrängt, um so mehr tritt neben Aktinolith der Chlorit in den Vordergrund. Bei den flaserigen Zoisitamphibolschiefern fallen die weißen Saussuritkörner schon im Handstück auf. Die Menge dieser Saussuritkörner ist sehr verschieden. Es gibt Gesteine, in denen die über erbsengroßen Saussuritkörner an Menge der sie umgebenden sraugrünen Gesteinsmasse gleichkommen, während sie in anderen Gesteinen nur sparsam eingesprengt sind. Diese Saussuritkörner be- stehen aus einem, mitunter nur bei starker Vergrößerung auflösbaren, Gemenge wasserklarer, unverzwillingter Plagioklaskörner und Zoisit- körner. Der Lichtbrechung nach handelt es sich um sehr sauere Typen aus der Plagioklasreihe. Quarz konnte sowohl in den Saussurit- körnern wie auch in den übrigen Gesteinspartien weder optisch noch durch die von Becke angegebene Tinktion des Feldspates nach- gewiesen werden. Die sehr lichtgrüne Hornblende besitzt mitunter im Innern Partien, die durch ganz feine Einschlüsse getrübt sind. Es scheint mir als ob diese Einschlüsse aus Titanit bestehen. Uber die Mineralkomponenten ist sonst nichts zu sagen. Der Aktinolith, der Amphibol und der Chlorit haben die bei Besprechung von Gabbro und Diabasschiefer schon erwähnten Eigenschaften. Als akzessorische Bestandteile sind noch kleine Titanitkörnchen und in manchen Gesteinen vereinzelte lichtbraune Biotitschüppchen zu er- wähnen. Selten ist etwas Kalzit in geringster Menge vorhanden. Bemerkenswert ist, daß der Zoisit hie und da in überwiegender Menge auftreten kann. Wenn derartige Gesteine gleichzeitig dichte Struktur und splitterigen Bruch ohne irgendwie ausgesprochene Schieferung haben, so ist man versucht, sie als Kalksilikatfelse an- zusprechen. Nur ganz selten bemerkt man in den stets unscharf begrenzten Saussuritkörnern Reste eines anscheinend primären unverzwillingten Plagioklases. Alle anderen Bestandteile sind entschieden Neubildungen. Es haben die ‘Gesteine demnach eine völlige Um- kristallisation erfahren. Die Struktur ist überall kristallo- blastisch, selbst in den sehr feinkörnigen, in ihrem Habitus an Diorit erinnernden Gesteinen. Eine bestäubte, lichtgrüne Hornblende, welche diese letzteren enthalten, ist gewiß kein primärer Rest, sondern wahr- scheinlich auf einen Pyroxen zurückzuführen. Dobreyer Grünschiefer. Auch die übrigen, noch als Grünschiefer bezeichneten Gesteine sind verschiedenartig. Sie sind mittelkörnig oder feinkörnig bis dicht. Im ersteren Falle ist ihre Textur versteckt schiefrig. Die feinkörnigen Gesteine sind meist deutlich schiefrig.. Nur manche sehr feinkörnige Handstücke entbehren fast jeder: Schieferung und gleichen dann im Aussehen nahezu völlig dem Uralitdiabas. Die Mikrostruktur aber [73] Die kristallinen Schiefer des nördlichen Adlergebirges. 499 unterscheidet beide G@esteinstypen, denn in den hier zu besprechenden Grünschiefern fehlt die Reliktstruktur des Erstarrungsgesteines, die Ophitstruktur, welche die Uralitdiabase noch als Abkömmlinge der Diabase erkennen läßt. Als Reliktstruktur istin den Grün- schiefern die Kataklasstruktur zu bemerken. Die Spuren derselben sind namentlich an den zerbrochenen Amphibolen zu er- kennen. Es ist aber keine reine Kataklasstruktur mehr verhanden, vielmehr sind die Produkte der Kataklase, das feine Zertrümmerungs- mehl, in der Neugestaltung begriffen, so daß eine verwaschene, un- deutliche Begrenzung aller Gesteinselemente schon bei Betrachtung im Handstück auffällt. y Lediglich der blaßgrüne Amphibol und der Plagioklas bilden größere Körner. Die des letzteren sind allerdings erfüllt von zahl- losen kleinen Einschlüssen, unter denen der Zoisit überwiegt, unter denen sich aber auch kleine farblose Amphiholnädelchen .oder sehr lichtgrüne Chlorite vorfinden. Diese Plagioklase, die einzelne Zwillings- lamellen nach dem Albitgesetze aufweisen, bilden unregelmäßig be- srenzte, leistenförmige Durchschnitte. Stets gehört der Plagioklas den sauren Typen seiner Reihe an. Ein zu M und P senkrecht getroffener Schnitt zeigte —13° Auslöschung, läßt also auf Albit schließen. Plagioklas, reichlich vorhandener Zoisit, Aktinolithnädelchen, wechselnde Mengen lichtgrünen Chlorites, Epidot, Ilmenit und Leu- koxen bilden das Grundgewebe des Gesteines. Davon ist der Ilmenit nur in manchen Präparaten nachweisbar. Dahingegen ist sein, unter dem Namen Leukoxen bekanntes, stark doppelbrechendes Zersetzungs- produkt fast überall, oft sogar reichlich vorhanden. Mitunter ist der- selbe deutlich als Titanit erkennbar. Quarz scheint in ein- zelnen Proben vorhanden zu sein, inanderen konnte ich ihn auch durch Anwendung der Tinktion desPlagio- klases nicht neben diesem nachweisen. Bemerkenswert im Vergleich zu den vorher erwähnten Schiefern ist das Auftreten von Kalzit, in den hier zu besprechenden Gesteinen. Der Kalkgehalt macht sich auch durch ein sehr schwaches Brausen beim Betupfen des Gesteines mit Salzsäure bemerkbar. Gerade dieser Grünschiefertypus ist in dem südlichen Teile des untersuchten Gebietes außerordentlich verbreitet. Südlich der Linie Bacetin-Kounov-—Rowney ist er das herrschende Ge- stein. Weil er in charakteristischer Weise und gut aufgeschlossen in der Umgebung von Dobrey auftritt, nenne ich ihn, der Eindeutigkeit wegen, kurz Dobreyer Grünschiefer. Sehr charakteristisch für ihn ist, daß er stets hellgraugrüne oder hellgraue Farbe hat, daß er sehr häufig mit Salzsäure braust und daß er oft Trümer und Adern von Kalzit enthält. Gute Aufschlüsse solcher Gesteine bieten die Felsklippen des Tales ober- und unterhalb Zakowetz, sowie die Dobreyer Straße bei Kamenitz. Werden die Gesteine feinkörnig bis dicht und zugleich deutlicher schiefrig, so nähern sie sich dem, was anschließend als Aktinolith- schiefer beschrieben wird, nur daß die lineare Textur dieses letzteren fehlt und der Gehalt an Aktinolith geringer ist. Unter anderem findet Jalırbuch d. k. k. geol. Reichsanstalt, 1909, 59. Bd., 3. u. 4. Ili". (W, Petrascheck.) 66 500 W. Petrascheck. [74] 'man solche Gesteine zwischen Bistrey und Ohnischov. Auf der ‚Höhe nordwestlich von Bistrey befindet sich in dem Wäldchen ein kleiner Steinbruch, der in solchem Schiefer angelegt ist. Er zeichnet sich daselbst durch sehr feinfaserigen Aktinolith aus. Kalkreiche hieher gehörende Schiefer stehen westlich Dobrey bei der Mühle im Goldbachtale an. Dicht südlich dieser Mühle bilden unterhalb der Straße, am rechten Ufer, beinahe nephritisch dichte, graugrüne Schiefer eine Felsklippe. Wo, wie das beispielsweise südöstlich von Woschetnitz, sanz am Südrande des Kartenblattes Josefstadt—Nachod, bei dem Wäldchen südlich Kote 519 der Fall ist, das Gestein ein mehr körniges Aussehen annimmt, erinnert es im Handstück ganz af Diabase. Auch bei Dobrey meint man öfters die Gesteine nur als Umwandlungsprodukte diabasischer Gesteine ansprechen zu dürfen. Analysen, die den bestimmten Nachweis dafür erbringen könnten, fehlen aber derzeit noch. Nur aus älterer Zeit liegt eine von Laube ausgeführte, allerdings unvollständige Analyse vor!), die ergeben hat: Prozent Kieselsäure .. 1. 2.2137 Tonerde Ai: Mad HER Bisenoxydalocı ). 50..9r-13'2 Kalle ih: Zah eisen Magnbsiahsll Wu... nahrnbid Glühwerlistes.ne. ten: FRE Summe . . 1004 Spezifisches Gewicht. . 279 Wenn aus dieser Analyse überhaupt etwas zu entnehmen ist, so kann man nur sagen, daß sich die Zusammensetzung mehr der- jenigen eines Gabbros als derjenigen eines Diabases nähert. Daß tatsächlich Gesteine der Diabasfamilie an den Grünschiefern beteiligt sind, beweist der Steinbruch, der zu Polom bei Masti unmittelbar am Südrande des Kartenblattes Josefstadt--Nachod an der Biegung des Goldbachtales angelegt ist. Daselbst steht ein Gestein an, das deutlich noch als Diabasporphyrit zu er- ‚kennen ist, obwohl aller Pyroxen verschwunden und auch der Plagio- klas unter Bildung von Zoisit, Muskovit, aber auch von Chlorit um- gebildet worden ist. Ihre Gestalt haben aber die idiomorphen Feldspat- einsprenglinge noch behalten. Nur haben sich in ihrem Inneren die erwähnten Minerale, vor allem der Zoisit, reichlich angesiedelt. Im Hangenden dieses Diabasporphyrites steht noch in demselben Stein- bruche ein Grünschiefer vom Habitus der Dobreyer Grünschiefer an, ‚der, wie das Dünnschliftbild zeigt, augenscheinlich aus dem Diabas- porphyrit hervorgegangen ist. Eigentümlicherweise ist in diesem ‚Grünschiefer der Plagioklas besser erhalten als im Porphyrit. Zum Teil konnte er noch als Oligoklas bestimmt werden. Der Kalzitgehalt ') Vgl. Wolf, Jahrb. d. k. k. geol. R.-A. 1861, pag. 479. [75] Die kristallinen Schiefer des nördlichen Adlergebirges. 501 deutet darauf hin, daß noch basischere Plagioklase ursprünglich vor- handen waren. Ein zweites Vorkommen von Diabasporphyrit erwähnte ich schon westlich der Straße Deschney—Michovy, zwischen Michovy und Buschdörfel. Der Plagioklas ist hier nach Form uud Substanz besser erhalten. Er liegt aber in einem sehr dichten Grundgewebe, das aus feinen Aktinolithnädelchen, Zoisit und Plagioklas besteht. Ver- folgt man die erwähnte Straße weiter, so findet man zwischen Mi- chovy und Woschetnitz südwestlich vom Antonital und genau westlich von Kote 583 (1:25000) ebenfalls einen feinkörnigen Grün- stein mit wohlumgrenzten Plagioklaseinsprenglingen. In allen Fällen handelt es sich um sehr untergeordnete Ein- lagerungen im Grünschiefer, so daß ich sie nicht in der Karte her- vorhob. Hier ist noch einiger eigenartiger Grünschiefer Erwähnung zu tun, die nur lokales Auftreten besitzen. Westlich an den Gabbro des Spitzberges grenzt ein Zug von Grünschiefern, die feinkörnig sind und lichtgraue Farbe haben. Da an den Stücken keinerlei Schieferung zu bemerken ist, erinnern sie in ihrem Aussehen an einen fein- körnigen Diorit. Brocken dieses Gesteines trifft man am Rande des Spitzbergwaldes nördlich von Ober-Schedivy. Auch an der von senanntem Orte nach Pfitzendörfel führenden Straße ist zwischen der Ecke, die diese Straße bildet, und dem Walde das Gestein leicht zu finden. Unter dem Mikroskop sieht man nur Büschel und Garben von ganz farblosen dünnen Aktinolithnadeln, dazwischen einen farb- losen Chlorit von so schwacher, anormaler Doppelbrechung. daß er bei gekreuzten Nicols fast gleichmäßig schwarz erscheint. Überdies sind noch feine Serizitschüppehen reichlich vorhanden. In ganz ge- ringer Menge erscheint noch etwas opakes Erz (Magnetit‘. Wegen des völligen Fehlens von Feldspat und Quarz fällt dieses Gestein ganz aus der Reihe der übrigen Grünschiefer heraus. Der Grünschieferzug, der am ÖOstrande der Üermaer Granit- masse entlang streicht, weist alle Übergänge von körnig-flaserigen zu flaserigen und von diesen zu gestreckten Grünschiefern auf. In den weisen Augen der körnig bis flaserigen Schiefer gelingt es nicht selten noch mit freiem Auge Plagioklas-Porphyroblasten zu erkennen, die in den deutlich fiaserigen Typen bereits fehlen. Das Mengen- verhältnis von Chlorit und Aktinolith ist zuweilen sehr verschieden, denn es finden sich selten Gesteine, in denen Chlorit fast ausschließ- lich vorkommt, öfters aber solche, in denen dieser fehlt. Die Regel ist, daß weit mehr Aktinolith als Chlorit vorhanden ist. Gelegentlich beobachtet man Chloritporphyroblasten, die von feinen, in der Schieferungsrichtung liegenden Aktinolithnadeln durchwachsen werden. Diese Aktinolith-Zoisitschiefer und Grünschiefer von Öerma und Borowa besitzen häufig ausgezeichnete Pflasterstruktur, indem polygonal begrenzte, wasserhelle Quarze und wasserhelle, unver- zwillingte Plagioklase aneinandergrenzen. Man könnte hier an die Struktur der Kontaktgesteine glauben. Tatsächlich war ich auch ur- sprünglich, ehe ich die Grünschieferzüge weiter gegen Süden verfolgt 66* 502 W. Petrascheck. [76] hatte, der Meinung, daß in den Aktinolithschiefern von Öerma Kon- taktgesteine des Cermaer Granites vorliegen ?). Aktinolithschiefer. Aus dem an Aktinolith reichen, linear textierten Grünschiefer entwickelt sich der Aktinolithschiefer durch Zurücktreten der anderen Gemengteile, namentlich des Chlorits und Zoisits auf Kosten des Aktinoliths. Dem Habitus nach sind es Hornblendeschiefer von licht- srüner oder lichtgraugrüner Farbe. Der Aktinolith derselben bildet dünne, quergegliederte Prismen. Er ist mit sehr lichter Farbe durch- sichtig und nur schwach, zuweilen auch kaum merkbar pleochroitisch (a fast farblos, b und c lichtgrünlich). Quarz und Plagioklas bilden eine Art Grundgewebe, mit häufig pflastersteinähnlicher Struktur. Der erstere zeigt oft undulöse Ausiöschung. Der letztere bildet unver- zwillingte, klare Körner, deren Lichtbrechung der des Quarzes nahe kommt. Diese Schiefer sind also nicht ident mit dem, was man für ge- wöhnlich als Aktinolithschiefer zu bezeichnen pflegt, es sind viel- mehr nur aktinolithreiche Grünschiefer. Am meisten verbreitet ist der Aktinolithschiefer östlich von Böhmisch-Cerma. Am Wege zum Grenzstein II oder auf dem Wege zum Walde Sezawa, beziehungsweise am Wege nach Bresovie steht er verschiedentlich, oft allerdings stark verwittert, an. Er wechsel- lagert mit flaserigen Zoisitamphibolschiefern. Eine Ausscheidung auf der Karte schien mir nicht recht durchführbar. Gegen Süd, in der Richtung auf Borowa zu, nehmen dunklere Hornblendeschiefer auf Kosten des Aktinolithschiefers an Menge zu. Auch in den Grün- schieferzügen zwischen Bohdaschin und Slavonov sowie zwischen Bistrey und Ohnischov sind solche Aktinolithschiefer verbreitet, dahingegen fehlen sie im Gebiete der Grünschiefer von D obrey. Im Bereiche der Grünschiefer zwischen Pollom, Sattel und Plaß- nitz sind sie wieder anzutreffen. Während ich beim Kartieren alle die bisher aufgezählten Grün- schieferarten zusammenfassen mußte, bilden die nun noch zu er- wähnenden Grünschiefer geschlossene Depots, die groß genug waren, um in der Karte besonders hervorgehoben werden zu können. Auch stellen sie Gesteine dar, die hinreichend leicht zu charakterisieren sind, so daß sie auch im Handstück sofort zu erkennen sind. Phyllitähnliche Aktinolith-Chloritschiefer. Eng an die Grünschiefer schließen sich dichte, graugrüne Ge- steine an, die infolge ihrer ebenflächigen Schieferung und infolge des Seidenglanzes ihrer Schichtflächen ganz den Charakter eines Phyllits haben. Was sie vom Phyllit unterscheidet, ist lediglich ihre Mineralzusammensetzung, welche ident mit derjenigen des Grün- !) Vgl. Verh. d. k. k. geol. R.-A. 1903, pag. 14. [77] Die kristallinen Schiefer des nördlichen Adlergebirges. 503 schiefers ist, mit dem Unterschiede, daß der Chlorit meist viel reich- licher vorhanden ist. Der Aktinolith tritt nur in dünnen Nädelchen auf. Größere Plagioklasrelikte fehlen. Dahingegen ist ein Grund- gewebe aus Quarz und saurem Plagioklas sehr verbreitet, wie über- haupt Quarz in diesen Gesteinen eher nachweisbar ist als im Do- breyer Grünschiefer. Am Plagioklas wurden senkrecht zu M und P Auslöschungsschiefen von —11, —15 und —16° gemessen, womit reine Albite festgestellt sind. Die Zusammensetzung dieser Schiefer spricht dafür, daß sie auf dieselben ursprünglichen Gesteine zurückzuführen sind wie die Dobreyer Grünschiefer, daß jedoch in ihnen die Schieferung und demnach der Zerfall und die Umlagerung der ursprünglichen Gemeng- teile ein Maximum erreicht hat. In besonders charakteristischer Weise sind die hier erwähnten Schiefer in der Umgebung von Sattel entwickelt. In einem breiten, von Pollom über Sattel, Plaßnitz nach Deschney streichenden Zuge bilden sie das allein herrschende Gestein, so daß dieser Ge- steinszug auch in der Karte Darstellung finden konnte. Wenn man die von Sattel nach Gießhübel führende Straße oder auch die- jenige nach Deschney einschlägt, so findet man allerwärts Stücke dieses Schiefers und auch Aufschlüsse, in denen er ansteht. Aber auch im Gebiete des Dobreyer Grünschiefers sowie in den breiten, dem Biotitphyllit eingelagerten Grünschieferzügen ist derartiger Schiefer anzutreffen. Am Ostende von Bacetin ist in solchen phyllitähnlichen Schiefern ein Steinbruch angelegt. Felsklippen bilden sie im Gold- bachtale wenig unterhalb des Wirtshauses Rozkosch beiKounov. Südöstliceh Rowney steht der Schiefer am Wege an, der zum Jankov- Walde führend, nördlich der Farsky- Mühle das Tal ver- quert. Zur Zeit meiner Aufnahme (1905) war von Michovy eine Straße nach Lom im Bau, die an der Ostseite des aus dem TuleSova- walde kommenden Tales entlang führt. Unweit nördlich Michovy schloB dieselbe hierher gehörige Schiefer auf, die aber statt des Chlorites einen schmutzigbraungrünen Biotit enthalten. Südlich von Michovy sind im Albatale, dicht am Östrande des Kartenblattes Josefstadt—Nachod ebenfalls solche phyllitähnliche Schiefer auf- geschlossen. Weiter talabwärts kommen sie bei der unteren Kleckamühle im Albatale wieder zum Vorschein. Es scheint sich aber hier doch nur um lentikuläre, im Streichen aufeinander- folgende Einlagerungen zu handeln. Mitten ins Verbreitungsgebiet der Dobreyer Grünschiefer fallen die Aufschlüsse der Straße Masti— Skutina, die dicht nordöstlich von dem letztgenannten Orte, auf der Höhe des Hügels, einen Einschnitt hat. Östlich von Dobrey in den Feldern finden sich hierher zu zählende Gesteine, die reicher an Chlorit sind. Das Profil Fig 1 auf Seite 440 zeigt das Auftreten der- selben Schiefer im Grünschieferzuge von Rzy westlich Neu-Hradek. Weithin läßt sich in diesem Zuge der Schiefer verfolgen. Schon auf dem Wege von Böhmisch-Oerma zum Vogelherd stößt man, ehe man zum Rotliegenden kommt, auf solche Einlagerungen, die hier Fältelung aufweisen. Das normale, ebenflächig schiefrige Ge- stein steht zwischen Borowa und Dlouhei neben der Bezirks- 504 W. Petrascheck. [7 8] straße am: Waldrande an und läßt sich, am Galgenberge vorüber, immer nahe an der östlichen Phyllitgrenze entlang ins Olesnica- tal, wo es mehrfache Einlagerungen bildet, und von hier bis nach Sneznei verfolgen. Hornblendegrünschiefer. Es ist eine häufig zu beobachtende und unter anderen von Gümbel betonte: Tatsache, daß die Hornblende der Amphibolite um so dunklere Farben aufweist, je älter oder je höher metamorph die Schichten sind, in denen die Amphibolite aufsetzen. Zum Unter- schiede von. den schwarzen, typischen Amphiboliten, die an der Grenze zum Glimmerschiefer auftreten, bezeichne ich die Hornblende- schiefer, welche im Phyllitgebiete in der Regel in engster Ver- knüpfung mit Grünschiefern vorkommen, als Hornblendegrün- schiefer. Nach Kalkowsky (Lithologie) sind Hornblendegrün- schiefer solche Grünschiefer, in denen unter den farbigen Gemeng- teilen die Hornblende vorherrscht. Neben dieser finden sich auch die übrigen Gemengteile der Grünschiefer, insbesondere häufig kleine Epidotkörner, ferner größere, dicke, undeutlich prismatische, stark rissige Zoisite mit der anormalen, allerwärts bei den Grünschiefern zu. bemerkenden Doppelbrechung. Kleine, scharenweise auftretende Titanitkörnchen sind wohl auf einen ursprünglichen Gehalt an Titan- eisen zurückzuführen, von dem sich noch Reste in Gestalt von Titano- morphit vorfinden. Quarz und Plagioklas bilden wie in den Grün- schiefern ein Mosaik.. Chlorit ist selten und in geringer Menge vor- handen. Ein beim Bau der neuen Straße Michovy—Lom gewonnener sehr dichter Hornblendeschiefer enthält statt des Chlorits lichtbraunen Biotit. Die Hornblende weist nur lichte Farben auf. Sie ist deutlich pleochroitisch, a sehr lichtgelblichgrün, b und c hellgrün, oft mit einem Stich ins Bläuliche. Die Auslöschungsschiefe, auf der Symmetrie- ebene gemessen, beträgt 12°, die Doppelbrechung ist mittels des Babinets gemessen —x — 0'026. In manchen Handstücken zeigt die Hornblende die Zerfaserung des Uralits. Das Aussehen der Gesteine im Handstück ist ganz genau das- jenige der Hornblendeschiefer, wie sie beispielsweise in der Phyllit- formation des Erzgebirges auftreten. Es sind deutlich schiefrige, feinkörnige Gesteine von grüner Farbe. Gewöhnlich sind sie linear texturiert, nur in seltenen Ausnahmen sind sie körnig. In diesem Falle bilden die Amphibole nicht schlanke Säulen, wie sie den nema- toblastischen Typen eigentümlich sind, sondern dicke, kurze Säulen, die ausgefaserte Enden aufweisen und wirr durcheinander liegen. Das Korn ist verschieden groß, es sinkt von mittlerer Größe, welche die gewöhnliche ist, auf diejenige sehr feinkörniger bis dichter Gesteine herunter. Hie und da bemerkt man in solchen dichten und sehr dunkel. gefärbten Gesteinen quer zur Schieferung stehende Chloritporphyroblasten. U.d. M. gewahrt man, daß in der Rich- tung der Schieferung liegende Strähne von kleinen Erzpartikelchen unverändert durch diese Porphyroblasten hindurchziehen. Solche Gesteine, die im Habitus ganz an die bekannten Ottrelitschiefer er- an [79] Die kristallinen Schiefer des nördlichen Adlergebirges. 50 innern, findet man bei Böhmisch-Öerma westlich vom Kohouti Kopec in dem Seitentälchen nordwestlich Kote 601 der Spezial- ‚karte. Ähnliche, jedoch weniger charakteristische, sehr feinkörnige Aktinolithschiefer liegen am Wege Böhmisch-Üerma—Borowa, vor der erwähnten Kote. Ein richtungslos körniges Hornblendegestein mit analogen Chloritporphyroblasten ist nordwestlich vom Kohouti Kopec an der Reichsgrenze zwischen Kote 564 und Grenzstein II (Karte 1:25000) zu finden. Im übrigen zeigen die Hornblendegrünschiefer in der Struktur manche Anklänge an die Grünschiefer, mit denen sie im Konnex stehen. Durch Zunahme des Plagioklas- und Quarzgehaltes und völliges Verschwinden von Epidot und Zoisit gehen sie in Hornblende- sneis über, wie solcher am Wege Böhmisch-Cerma— Grenzstein II (nördlich Kohouti Kopec), vor der Krümmung ansteht, mit der der Weg sich ins Tal hinabsenkt. Auch im westlichen Teile von Plaßnitz und beim Forsthause Michovy sind Hornblendegneise an- zutreffen. Die Verbreitung der :Hornblendegrünschiefer ist aus der geo- logischen Karte zu ersehen, so daß es genügt, hier darauf hinzu- weisen, daß Hornblendegrünschiefer sowohl in dem Grünschieferzuge östlich von Slavonvov, wie in demjenigen, der von Böhmisch- Cerma über Borowa, Dlouhei nach Sneznei streicht, linsen- förmige Einlagerungen bildet. An der Grenze von Phyllit und phyllit- ähnlichem Grünschiefer tritt der ‚Hornblendegrünschiefer in einem mehrere hundert Meter breiten, von Pollom über das untere Ende von Sattel, dann über das Westende von Plaßnitz, westlich am Spitzberge vorüberstreichenden Zuge auf. Unterhalb Sattel und nahe dem Jägerhause Miechovy liegen auch im Phyllit schmale Züge hieher gehöriger Gesteine. Je mehr man gegen Ost, also ‘gegen das Verbreitungsgebiet des Glimmerschiefers vorschreitet, um :so mehr macht sich am Hornblendegrünschiefer eine schwarzgrüne Gesteins- farbe bemerkbar, die durch kräftiger gefärbte Hornblende hervor- gerufen wird. Die Mehrzahl der unter der Bezeichnung Hornblende- grünschiefer zusammengefaßten Gesteine können unbedenklich als Hornblendeschiefer angesprochen werden, wenn man diesen Namen nicht auf ausschließlich aus Hornblende, sondern auch auf die weit häufigeren, zugleich Quarz und Feldspat enthaltenden Typen anwendet. Ich wiederhole, daß es namentlich das geologisch gesonderte Auftreten dieser Gesteine war, was mich bewog sie als Hornblendegrünschiefer von ‘den gleich zu erwähnenden Amphiboliten zu trennen. Freilich gesellt sich zu diesem gesonderten Auftreten auch ein petro- graphisches Merkmal. Der Amphibol der Hornblendegrünschiefer, die unseren Amphiboliten habituell am nächsten stehen, ist eine uralit- ähnliche Hornblende, während die Amphibolite die gewöhnliche grüne Hornblende führen. Dichte, grüne Hornblendegrünschiefer findet man beispielsweise in Borowa bei der Schule, sowie in dem kleinen Steinbruch ‘(Kote 481 der Karte 1:25000) am Wege Slavonov—Bidlo, sowie end- lich auch nördlich vom Westende von Bobdaschin in den Feldern anstehend. Dichte, feinschiefrige Gesteine mit dunkler Hornblende 506 ' W. Petrascheck. [80] streichen östlich Sattel am Waldrande nördlich Kote 723 oder auch bei Borowa, südwestlich vom Kohouti Kopee, in dem Tälchen östlich 601 und nördlich 616 (1:25000) aus. Dunklere ‚ Schiefer von mittlerem Korn, die ganz den Habitus von Amphi- boliten tragen, stehen auf der Höhe nördlich Sneznei bei Kote 638, sowie im Walde östlich vom Cihadlo-Berge, ferner an der Straße GieBhübel—Neu-Hradek bei dem einzelnen Hause an der Biegung südlich Dlouhei, dann zwischen Böhmisch-Germa und Borowa am Wege, der längs des Walarandes führt und zwar dort, wo er sich nahe der Waldecke in eine Mulde senkt.u. a. O. an. Amphibolith. Ich habe schon beim Hornblendegrünschiefer auf die Unter- schiede hingewiesen, die zwischen diesem und dem Amphibolith be- stehen : das geologische Auftreten und das Vorhandensein einer an- deren, uralitähnlichen Hornblende. Der Amphibolit bildet schwarzgrüne, im Volke Eisenstein ge- nannte Gesteine von grobem Korn. Die Hornblende, Erz und ein auf den Schichtflächen liegender, wahrscheinlich sekundärer Biotit sınd schon mit freiem Auge wahrnehmbar. Daneben tritt in mehr oder weniger großer Menge ein weißer, feldspatähnlicher, feinkörniger bis dichter Bestandteil auf, der u. d. M. als Gemenge von Plagioklas, Quarz, Zoisit und Epidot zu erkennen ist. Die Hornblende bildet dicksäulenförmige Körner. Sie besitzt kräftiggrüne Farben und deutlichen Pleochroismus: a sehr licht- gelblichgrün, b lichtgrün,.c grün. Selten spielen die grünen Farben- töne etwas ins Blaue. Die Doppelbrechung, mittels des Babinets be- stimmt, ist. y— a = 0025. Die Auslöschungsschiefe c:c wurde mit 12° und 13° gemessen. Der Plagioklas ist selten nach dem Albitgesetz verzwillingt und weist dann nur kleine Auslöschungsschiefen auf. Meist bildet er zu- sammen mit dem Quarz, Zoisit und Epidot ein Mosaik klarer Körner. Durch Vergleich der Lichtbrechung mit Quarz, in der von Becke angegebenen Weise, wurde der Plagioklas als saurer Oligoklas bestimmt, es war e>a‘, oy, o>a«‘. Akzessorische Bestandteile sind Titanit, Granat, Ilmenit und Biotit. Außer kleinen Titanitkörnchen treten in manchen Gesteinen noch größere Titanitkörner von kräftig gelber Farbe auf. Meist um- gibt sie ein anscheinend ebenfalls aus Titanit bestehender Saum von weißem Leukoxen, der wechselnde Breite besitzt. In einzelnen Hand- stücken aber weisen diese gelben Titanite einen doppelten Saum auf, nämlich einen inneren, der aus opakem Erz (Ilmenit) gebildet wird und einen äußeren, aus Leukoxen bestehenden Saum. Farbloser Granat ist nur in manchen Proben vorhanden und ist zuweilen auf einem Netz von Sprüngen in Chlorit umgewandelt. Auch der Biotit tritt nur, in einzelnen Gesteinen und in nur geringer Menge auf. Er weist nur lichtbraune Farbentöne auf. Hinsichtlich des Mengenverhältnisses der weißen zu den farbigen Gemengteilen bestehen alle Übergänge vom reinen, granat- [81] Die kristallinen Schiefer des nördlichen Adlergebirges. 507 führenden Hornblendeschiefer zuepidotischen Zoisit- amphiboliten. Auch die Textur ist sehr wechselnd und zeigt alle Übergänge von ziemlich feinschiefrigen zu grobflaserigen Typen, bei denen sich breite weiße Strähne um dunkelgrüne, nur aus Horn- blende bestehende Linsen und Flatschen ziehen. Die Amphibolite wiederholen alle die mannigfachen Struktur. und Texturformen der Grünschiefer. Obwohl sie aber durchwegs Kristallisationsschieferung aufweisen, sind an manchen flaserigen Typen die Spuren ehemaliger Kata- klase unverkennbar. Um einzelne, etwas größere Bruchstücke von Hornblende, um größere, eckige Playioklasfragmente zwängen sich Strähne des Grundgewebes. In diesen Feldspatfragmenten liegen wohlbegrenzte Kriställchen von Hornblende, Zoisit und Plagioklas. Die Hornblende erinnert manchmal an diejenige des Gabbros von Deschney: größere Körner derselben weisen nicht selten einen stark bestäubten Kern auf. Mit- unter erkennt man, daß ein einheitliches Korn eine dünne äußere Zone besitzt, die einen minimalen Unterschied in der Färbung auf- weist, die aber daran leicht zu erkennen ist, daß ihr die zahlreichen ovalen, in der Richtung der c-Achse liegenden Einschlüsse (Titanit, Plagioklas, auch Quarz?) fehlen. Es ist das ein Anwachssaum, der an die Smaragditsäume im Deschneyer Gabbro erinnert. Daß der Amphibolit von gabbroiden, dem Deschneyer Gabbro ähnlichen Ge- steinen abzuleiten ist, ‘wird endlich noch dadurch wahrscheinlich ge- macht, daß in grobflaserigen Typen vereinzelt Hornblenden zu finden sind, die noch Reste der Ophitstruktur aufweisen. Einheitlich auslöschende, große Hornblenden sind von schmalen Leisten zer- schnitten, innerhalb deren Plagioklas, Quarz und Zoisit ein körniges Grundgewebe bilden. Bezüglich der Verbreitung des Amphibolites wurde schon mehr- fach hervorgehoben, daß er sich an die Grenze von Phyllit und Glimmerschiefer hält, mit dem er am Pansker nördlich GieB- hübel noch in Wechsellagerung steht. Im Amphibolit setzt der Granit von Cudowa mit seinen Injektionen auf. Wie schon die Beyrichsche Karte darstellt, scheint sich der Amphibolit in der Gegend von Deschney auszukeilen. Östlich von der Gabelmühle im Albatale fand ich ihn auf Blatt Kronstadt wieder und zwar als reinen Amphibolschiefer entwickelt. Dieser Teil des Adler- gebirges, der auf Blatt Kronstadt liegt, harrt noch der geo- logischen Aufnahme, so daß ich den Amphibolit hier weiter zu studieren nicht Gelegenheit hatte. Ich will nur erwähnen, daß ganz in der Südwestecke des genannten Kartenblattes, zwischen der nach Padol führenden Straße und dem Albatale, bei Klein-Auer- schin neben Grünschiefer auch ein Amphibolit vorkommt, der kleine weißliche Flecke enthält, die unter dem Mikroskop als umgewandelte Plagioklase zu erkennen sind. Es scheinen hier die Feldspat- einsprenglinge eines Porphyrites vorzuliegen. In diesen Einspreng- lingen sind reichlich grüne Hornblendenadeln vorhanden. Man erkennt aber, daß die Entstehung dieser mit einer Stofizufuhr aus dem um- gebenden Grundgewebe verbunden war, denn gar manche dieser Jahrbuch d.k. k. geol. Reichsanstalt, 1909, 59. Bd., 3. u. 4. Hft. (W. Petrascheck.) 67 508 W. Petrascheck. [82] Nadeln sind von der Außenseite des ehemaligen Plagioklasindividuums in dieses hineingewachsen. Es kommt vor, daß unmittelbar am Rande oder vermittels eines dünnen Hornblendekristalls stielartig am Rande aufgewachsene Büschel feiner Hornblendenadeln in. den Plagioklas hineinwachsen und sich nach dem Inneren zu divergierend ausbreiten. Noch schöner ist dies an manchen phyllitähnlichen Gesteinen zu beob- achten, die Hornblende und Biotit als typomorphe Gemengteile führen und die dicht östlich von der Gabelmühle (Blatt Kronstadt) das Albatal entlang streichen. Körniger Amphibolit. Richtungslos körnige Amphibolite, die in der Nähe des Deschneyer Gabbros auftreten, gehören zu den eigentümlichsten Gesteinen des Gebirges. Es sind dunkle Gesteine von mittlerem bis feinem Korn. Sie bestehen vorwiegend aus Plagioklas und Horn- blende, nur einzelne kleine Quarzkörner' sind außerdem in jedem Präparat zu finden. Epidot oder Zoisit sind nur in manchen Hand- stücken vorhanden. Das gleiche gilt für Chlorit und einen licht- braunen Biotit, der nur seltene, kleine Schüppchen bildet. Häufiger sind Ilmenit, zuweilen mit Leukoxensaum und größere Titanit- kriställchen. Der Plagioklas, der in größeren, unregelmäßig begrenzten, häufig zwillingslamellierten Körnern mit der Hornblende ein ziemlich gleichkörniges Gefüge bildet, ist ein Oligoklasandesin. Schnitte, die zu M und P senkrecht waren, wiesen Auslöschungsschiefen von 17°, 185° und 19° auf. Die braune Hornblende bildet kurz- gedrungene Säulen, die in der Prismenzöne meist sehr gut ausgebildet sind und die gegen einander und gegen den Plagioklas mehr oder weniger geradlinig und polygonal begrenzt sind. Bei deutlichem Pleo- chroismus sind die Farben doch nur wenig kräftig, a lichtgelblich bis fast farblos, b und c bräunlich oder schmutzigbräunlichgrün. Schnitte, die der Symmetrieebene noch nicht ganz parallel waren, zeigten 14° und 15° Auslöschung. An einem derartigen Schnitte wurde die Doppelbrechung mit 0'012 bestimmt. Wenn diese Zahl für y—a sicher zu klein ist, so zeigt sie doch, was auch aus den niedrigen Interferenzfarben hervorgeht, daß die Doppelbrechung dieser braunen Hornblende auffallend gering ist. In der Mehrzahl der Präparate ist: die braune Hornblende von mitunter breiten Säumen, grüner, smaragditähnlicher Hornblende umwachsen. Die braune Hornblende ist gegen diesen Saum scharf und einfach begrenzt. In der Prismenzone er- gänzt die grüne Hornblende oft die Isristallform, an den Enden ragt sie in kurzen Nadeln hervor. Auch um einzelne Erzpartikelchen haben sich kleine, divergentstrahlige Säume solcher Hornblende angesiedelt. Endlich finden sich als Seltenheit auch rundliche Anhäufungen eines farblosen Chlorits, die ebenfalls von einem derartigen Saume um- geben sind. Diese letzteren Gebilde erinnern lebhaft an. die Pilit- pseudomorphosen des Gabbros von Deschney. A [83] Die kristallinen Schiefer des nördlichen Adlergebirges. 509 Auffallend ist ein im Handstück gleichmäßiges und feinkörniges Gestein, das unter dem Mikroskop einen lagenweisen Wechsel von Schichten verschiedener Zusammensetzung erkennen läßt. Einzelne Lagen bestehen fast nur aus brauner Hornblende, in anderen herrscht der Plagiaklas, zuweilen tritt neben ihm noch lichtgrüne Hornblende auf. Auch der Zoisit wiegt in einzelnen Bändern vor. Erinnern wir' uns, daß sich im Plagioklas mancher Grünschiefer Hornblende und Zoisitkriställchen bildeten, so erscheint es als wahrscheinlich, daß hier eine granoblastische Umformung eines ursprüng- lich flaserigen, grünschieferähnlichen Gesteines vor- Meet. Die Verbreitung dieser körnigen Amphibolite beschränkt sich nur auf die nächste Umgebung des Deschneyer Gabbros. Am leich- testen findet man das Gestein in zahlreichen Blöcken auf der süd- lichsten, die Höhenkote 833 tragenden Kuppe des Deschneyer Spitzberges. Auch östlich von diesem Orte liegen bei der Feld- enklave im Walde, in der ein Haus steht (Blatt Kronstadt südlich 816), zahlreiche Brocken solcher Gesteine. Im übrigen kann hin-., sichtlich des Vorkommens dieser Amphibolite auf die Kartenskizze vom Deschneyer Spitzberge (Fig. 4, pag. 452) verwiesen werden. Melaphyr. Im Schiefergebiete existieren nur zwei, ganz kleine Vorkomm- nisse von Melaphyr, welche stark zersetzte schokoladebraune Mandel- steine bergen. Mikroskopisch habe ich dieselben, wegen der weit vor- geschrittenen Zersetzung, nicht untersucht. Ich verweise deshab auf die von Hinterlechner!) an ganz analogen Gesteinen gemachten Wahrnehmungen. Erze. Schon oben (pag. 442) erwähnte ich das sporadische Vorkommen unreiner Eisenerze und eisenschüssiger Phyllite. Sie dürften wohl dünne Kluftausfüllungen, Gänge und Imprägnationen darstellen, wie sie beim Eisenbahnbau Lewin- Reinerz wiederholt sehr schön aufgeschlossen wurden. Von dem alten Roteisensteinbergbau bei Dobrey sind nur mehr unbedeutende Halden sichtbar, auf denen man von Erz im- prägnierte, quarzige Gangart und Schiefer auflesen kann. Ich konnte keinerlei neue Daten über diese Erzvorkommnisse erheben und muß mich deshalb darauf beschränken auf die eingehenderen diesbezüg- lichen Mitteilungen H. W olfs?) zu verweisen. Ich wiederhole aus seinen Angaben nur, daß das Lager in einem Falle mit 14 Zoll, in einem anderen mit 4 Fuß Stärke angefahren worden sein soll. Von den Roteisensteinfunden, die Wolf von Hlinei, Woschet- nitz und Hluky erwähnt, ist heute ebensowenig etwas zu sehen, wie von dem Brauneisenstein, den er von Rowney nennt. 1/1. €. pag. 600. TC: Da. 482. 67* 510 W. Petrascheck. [84] Im Orte Gießhübel wurde einst Eisen verschmolzen, wie die Schlacken andeuten, welche dort gefunden werden. Woher das Erz stammte, daran kann sich niemand erinnern. Es wäre ja denk- bar, daß im Amphibolit Magneteisenerz erschürft worden war. Vielleicht auch hat man in der Nähe der Schnappe Eisenerz ge- funden, denn hier bemerkte ich rote, eisenschüssige Glimmerschiefer. Schließlich können solche arme Erzvorkommnisse, wie sie bei Lewin in der Nähe der Granitinjektionen aufgeschlossen sind, auch hier bei Gießhübel vorhanden sein. Von alten Pingen oder Stollen ist mir nichts bekannt geworden. Das Aufsetzen von Kupfererzen (Malachit und Kupferglanz) in den Klüften des Granitporphyrs von Bielowes beschrieb ich schon bei anderer Gelegenheit !). In neuerer Zeit scheinen hier etwas bessere Funde gemacht worden zu sein, denn Rosicky?°) erwähnt, daß er bis 10 cm dicke Erzstücke erhalten habe. Genannter Autor fand hier auch noch Cuprit, Tirolit und Olivenit, von welchen Mineralen ich die beiden ersten inzwischen ebenfalls dort gesammelt habe. Zersetzten Phyllit mit Malachit fand ich auch im Dorfe Ohnischov an einer Böschung am Bache unweit der Kirche. Rückblick auf die geologischen Verhältnisse der kristallinen Schiefer. Nachdem in den vorangehenden beiden Kapiteln die Einzel- beobachtungen angeführt wurden, erübrigt sich noch das wichtigste dieser Beobachtungen kurz zusammenzufassen und daraus die sich er- gebenden Schlüsse abzuleiten, zu gleicher Zeit aber auch die Ab- schweifungen in die von mir nicht kartierten Nachbargebiete zu machen, die notwendig sind, um das im Detail behandelte Gebiet richtig zu beurteilen. Im Zentrum des Adlergebirges treten Gneise auf, von denen flaserige oder gestreckte Gneise, wie sie bei Hinterwinkel oder bei der Eisenschmelze nächst Reinerz gefunden werden, sicherlich als Orthogneise gelten müssen. Es ist das der „rote Gneis“ H. Wolfs. den scho” dieser Autor als einen, den Zentralgneisen der Alpen analogen, Eruptivgneis auffaßte®). Wolf hat auch bereits beobachtet, daß in diesem roten Gneis Einschaltungen von grauem Gneis, Glimmerschiefer und Kalk auftreten. Gegen West abfallend, legt sich an die zentrale Gneiszone ein breiter Mantel von Glimmerschiefer und auf diesen ein noch breiterer Mantel von phyllitischen Gesteinen. Wir sahen, daß der östliche Teil des Phyllitgebietes aus Biotitphyllit, der westlichste, bei Neustadt unter der Kreide verschwindende Teil aber aus Serizitphyllit besteht. !) Die Mineralquellen bei Nachod und Cudoya, Jahrb. d. k. k. geol. R.-A. 1903, pag. 471; vergl. auch Verh. d. k. k. geol. R.-A. 1909, Nr. 13: Über per- mische Kupfererze Nordostböhmens. 2) Bull. intern. ac. d. sc. de Boh&me 1906. ®) Jahrb. d. k. k. geoi. R.-A. 1864, pag. 471. [85] Die kristallinen Schiefer des nördlichen Adlergebirges. 511 Die Grenze zwischen beiden Phyllitarten ist unscharf. Das Einfallen aller Schiefergesteine ist, von geringfügigen Ausnahmen abgesehen, gegen West gerichtet. Im Phyllit treten mannigfache Einlagerungen auf. Von den breiten Grünschieferzügen wollen wir zunächst noch abseherr. Diese, dem Schichtenstreichen des Phyllits parallelen Ein- lagerungen bestehen aus Serizitquarzit, Biotitquarzit, Graphitschiefer, Diabasschiefer, Uralitdiabas, Chloritschiefer, Hornblendegrünschiefer, phylütähnlichem Aktinolith-Chloritschiefer und Grünschiefern mit Kataklasstruktur, also eine Mannigfaltigkeit von Grünschiefern, von denen ein Teil nachweislich auf Diabase zurückzuführen ist, daneben gewiß aber auch Gesteine von sedimentärem Ursprung. Als zu kristallinen Schiefern umgewandelte Sedimente sind die Phyllite zu betrachten, da in ihnen klastische Reliktstrukturen nachzuweisen sind. Wenn nun auch Glimmerschiefer und Phyllit als eine mächtige, gleichsinnig einfallende Schichtfolge erscheinen, ist es doch möglich, daß sie ein vielleicht vielfach, aber wesentlich monoklinal gefaltetes Schichtensystem darstellen, daß also die gewaltige, nach Kilometern messende Mächtigkeit eine nur scheinbare, durch Wiederholung der- selben Schichten bedingte ist. Anhaltspunkte für oder wider diese Annahme konnten nicht gefunden werden. Es muß also die bloße Möglichkeit eines derartigen Verhältnisses zugestanden werden. Die Hauptmasse des Phyllites ist Biotitphyllit und die Haupt- masse des Glimmerschiefers ist Zweiglimmerschiefer. Beide sind sedimentogene, magnesiahältige Gesteine. Wir dürfen sie aber doch nicht bloß als verschiedene Metamorphosierungsstadien ein und des- selben Schichtensystems betrachten. Im Phyllitgebiete finden wir zahlreiche Einschaltungen von Grünschiefern, aber keinen Kalk. Um- gekehrt sind im Glimmerschiefergebiete Grünschiefer fehlend oder äußerst selten!), dahingegen sind Finlagerungen von Kalk und Cipollin häufig. Es besteht also eine ursprüngliche Ver- schiedenheit zwischen den uns heute als Glimmer- schiefer und als Phyllit erscheinenden Gesteinszonen und so sind wir berechtigt, hier von einer Glimmerschiefer- und von einer Phyllitformation zu sprechen. Außer den schon erwähnten Einlagerungen treten in der Phyllit- formation breite Züge von Grünschiefern auf, die plötzlich abzubrechen scheinen. Wir verfolgten einen solchen Zug am Ost- rande der Granitmasse von Cerma bis nach Sneznei. Ein zweiter setzt südlich Mezles ein und verschwindet unter der Kreide zwischen Ohnischov und Wall. Ein neuer solcher Zug stellt sich zwischen Ohnischov und Janov ein und streicht gegen Süden. Bei Bacetin verbreitert er sich außerordentlich gegen Ost. Aller- dings haben dort die Schiefer eine andere Lagerung als gewöhnlich. Der Phyllit streicht O—W bis NO—SW und fällt nach Süd unter den Grünschiefer ein. Weiter im Osten aber, stellt sich das generelle NS- Streichen der Schiefer wieder ein. Es ist am Phyllit wie am Grünschiefer wahrzunehmen. Aber trotzdem greift der Grünschiefer bei Chmelist !) Hie und da, aber nur ganz selten, bemerkte ich Einschaltungen von Chloritschiefer. 512 "W. Petrascheck. [86] und Lom weit nach Ost über. Er greift mit einer über Michovy nach Nordost verlaufenden Zunge noch weiter in das Gebiet des Phyllites ein, obwohl dicht daneben im Albatal der Phyllit O—W- Streichen erkennen läßt. Diese Verbreitung der Gesteine spricht dafür, daß in dem großen Grünschieferareale eine eigene Gesteinsserie, eine Grünschieferformation vorliegt, diediskordant zur Phyllitformationliegt. Man vergleiche die alles Detail vernachlässigende Karte der Tafelbeilage. Der breite Grünschieferzug zwischen Ohnischov und Bistrey steht in unmittelbarem Zusammenhang mit dem weiten Grünschiefer- areale von Dobrey. Er ist als eine schmälere Einfaltung dieser sich im Süden deckenartig ausbreitenden Grünschieferformation auf- zufassen. In gleicher Weise betrachte ich auch die anderen Grün- schieferzüge als solche Einfaltungen. Eine weitere solche Einfaltung wäre der Zug von Grünschiefern, der an der Grenze von Glimmerschiefer und Phyllit aufsetzt und über Sattel nach Deschney streicht. Der Grünschiefer und der in Verbindung mit ihm auftretende Amphibolit enden anscheinend eben- falls unvermittelt bei Deschney. (Ich habe nicht Gelegenheit ge- funden, dieses Ende näher zu untersuchen.) Ein Analogon zu den Grünschiefereinfaltungen im Phyllit stellen vielleicht die Phyllite im Grünschiefer dar, wie solche bei Dobrey und bei Woschetnitz in der Karte verzeichnet wurden. Für solche Einfaltungen, gar wenn sie Schichten betreffen, die zueinander im Verhältnis diskordanter Auflagerung stehen, ist das unvermittelte Enden durchaus nicht verwunderlich, ja im Gegenteil leicht zu verstehen. Ich kann aber doch eine Erörterung der Frage nicht außer acht lassen, ob hierbei nicht auch Verwerfungen in Be- tracht kommen können. Den Grünschieferzug Mezles—Wanovka etwa als ein verworfenes Bindeglied der bei Sneznei und zwischen Öhnischov und Janov endenden Grünschieferzüge aufzufassen, geht nicht an. Für das Nordende der Grünschiefer bei Mezles läßt sich kein Bruch auffinden. Dahingegen ist es doch auffallend, daß das unter der Kreide verborgene Südende dieses Zuges, ferner das Nordende zwischen Ohnischov und Janov und endlich das Süd- ende bei Sneznei auf einer NO—SW verlaufenden Linie liegen. Eine Querstörung mit einer Verschiebung um beiläufig 3 km könnte die beiden nördlichen Grünschieferzüge von den beiden südlichen abgetrennt haben. Es ist auffallend, daß gerade auf dieser Linie am Phyllit bei Sneznei und Hinter-Pollom eine’von der Umgebung abweichende Lagerung vorhanden ist. Man könnte das nach NO—SW gehende Streichen mit seinem nach NW gerichteten Fallen als die Folge einer Schleppung an dem gewaltigen Bruche oder vielleicht als eine hier auftretende Transversalschieferung auf- fassen. Man könnte weiter ‚zugunsten der Annahme eines solchen Bruches darauf hinweisen, daß der bei Sneznei endende "Grün- schieferzug im wesentlichen ‘aus phyllitähnlichen Aktinolith-Chlorit- schiefern besteht, an deren Westseite Hornblendegrünschiefer auf- treten und daß der Grünschieferzug zwischen Pollom—Sattel und Deschney dieselbe Zusammensetzung hat. Auch das wäre zu 'be- [87] Die kristallinen Schiefer des nördlichen Adlergebirges. 513 merken, daß -man zwischen Bohdaschin, Wanovka und Wall sowohl, wie zwischen Ohnischov und Bistrey—Janov viel flaserigen Amphibol-Zoisitschiefer antrifft. Eine derartige NO—SW verlaufende Querstörung würde im Rahmeır des hier erörterten Gebietes gar nicht ohne Analogon sein. Ich verweise hier auf die wahrscheinlich auf einen NO—SW - Bruch zurückführende Verschiebung im Gabbro des Deschneyer Spitz- berges, die schon oben (pag. 453) besprochen wurde und erwähne auch, daß ich diese für das Gebiet ungewöhnlich erscheinende Bruch- richtung auch an den postkretazischen Brüchen der Adersbach- Wekelsdorfer Mulde feststellen konnte. Trotzdem also eine Anzahl gewichtiger Gründe für die Annahme einer alten, sehr bedeutenden, über Sneznei streichenden, NO—SW verlaufenden Quer- störung sprechen, muß ich die Frage nach der Existenz dieses Bruches zum mindesten offen lassen, eher aber verneinen. Der über Sattel nach Pollom streichende Grün- schieferzug verschwindet dort unter dem Oberrotliegenden. Es läßt sich also nicht sagen, ob er dort endet, wie es die Annahme eines solchen Bruches .erforden würde. Zwischen diesem Grünschieferzuge und dem Glimmerschiefer lagert der Amphibolit, in dem die Cudo- waer Granitmasse aufsetzt. . Die Grenzen dieser Gesteine zeigen nichts von einer Ver- schiebung, wie sie einem derartig gewaltigen Bruche entsprechen müßte. Man kann aber doch schwerlich annehmen, daß ein solcher Bruch, der sich der veränderten Streichrichtung der Gesteine nach bis in den Hornblendegrünschiefer von Pollom hinein verfolgen läßt, hier plötzlich ganz endet. Man müßte geradezu eine unvermittelte Richtungsänderung, ein. Umspringen in einen streichenden Bruch an- ‚nehmen,, welcher. infolge der Rotliegendbedeckung der Beobachtung entzogen ist. Gerade der Umstand, daß sich der Amphibolit von Pollom unbeirrt gegen N fortsetzt, spricht mir dafür, daß das gleiche auch beim Grünschiefer der Fall ist, denn der Amphibolit scheint mir seiner ‚Entstehung nach untrennbar mit dem Grünschiefer ver- bunden werden zu müssen. Er wiederholt alle die mannigfachen Strukturformen dieses letzteren und scheint nur eine andere Um- wandlungsstufe derselben Gesteinsserie zu verkörpern. Noch eine andere Tatsache nimmt auf die hier erörterte Frage Bezug. Auf dem Wege von Janov nach Ohnischov, der über ‚Phyllit führt, trifft man; bei Kote 518 (1:25.000) eine Einlagerung von Graphitschiefer. Dem Schichtenstreichen nach dieser genau ent- sprechend, findet man 500 m südlich davon auf dem Höhenrücken wiederum Graphitschiefer, der aber schon in dem Grünschieferzuge liest. Im Tale, zwischen diesen beiden Fundpunkten müßte der Graphitschiefer bei der Mühle durchziehen. Hier konnte ich ihn nicht nachweisen, Sollten beide Graphitvorkommnisse unzweifelhaft in Zu- sammenhang gebracht werden können, so würde dies nicht nur gegen die Annahme einer Verwerfung sprechen, es. würde auch die Er- klärung des Grünschieferzuges als eine Einfaltung im Phyllit sehr erschweren. Allerdings müßte unter anderem gleichzeitig der Nach- 514 W. Petrascheck. [88] weis erbracht werden, daß der Graphit sedimentärer Herkunft sei. Klarheit über alle die Fragen kann nur eine speziellere Kartierung schaffen, als durchzuführen es mir die Zeit erlaubte. Das Alter der Grünschieferformation im Vergleich zu dem der Phyllitformation festzustellen, ist auf Grund der Lagerungsverhältnisse in einwandfreier Weise nicht möglich. Wohl sahen wir, daß bei Böhmisch-Cerma der Biotitphyllit im Osten und Westen gegen den Grünschiefer einfällt, wir sahen, daß bei Ohnischov und Bacetin derselbe Phyllit nach Ost gegen den Grünschiefer einfällt. Auch bei Kounov und im Albatale fallen die Phyllite unter die Grünschiefer. Wir können aber bei Slavonov, bei Rzy, bei Sneznei u. a. O. genug Punkte mit der umgekehrten Lagerungsart finden und sonach wäre es ebenso gut denkbar, daß die Grünschiefer- züge in den Phyllit eingesenkte, jüngere Mulden bilden, wie es denk- bar wäre, daß sie Aufbrüche älterer Gesteine bilden. Die Gesteine der Grünschieferformation lassen aber einen gerin- seren Grad der Metamorphose und geringeren Grad der Faltung erkennen als diejenigen der Phyllitfor- mation. Zur Stützung dieser Anschauung verweise ich auf den tonschiefer- ähnlichen Phyllit von Hlinei mit seiner flachen Lagerung, ich ver- weise auf die schwarzen und dunkelbraunen und grünen Tonschiefer, die zwischen Dobrey und Lhota dem Grünschiefer eingelagert sind und auf den geringeren Grad von Faltung, den diese Grün- schiefer der dortigen Gegend erkennen lassen (zum Beispiel an den Aufschlüssen im ganzen Goldbachtale von Kounov bis Polom und bis Podbrezi, ferner denjenigen bei Zivina und Hlinei). Wohl zeigen fast alle Grünschiefer die Spuren weitgehender Um- wandlung. Aber man darf eben nicht den Grünschiefer mit dem Phyllit auf den Grad der Gesteinsumwandlung vergleichen, man muß vielmehr den Vergleich auf gleichartige Gesteine beschränken. Man vergleiche den Tonschiefer der Grünschieferformation mit dem Biotit- phyllit und dem Serizitphyllit, den grauwackenähnlichen Satteler Quarzit mit dem Biotitquarzit und Serizitquarzit. Zwischen den kleinen Einlagerungen von Grünschiefern des Phyllitgebietes und den Grün- schiefern des weiten Grünschieferareales sind durchgehende Unter- schiede nicht zu bemerken. Wenn aber die Grünschiefer, wie ich oben (pag. 494) hervorhob, im Gegenteil häufig den Übergang zu einem höheren Grad der Metamorphose als die Phyllite erkennen lassen, so braucht das nicht dafür zu sprechen, daß die ganze Grünschiefer- formation in einer tieferen Umwandlungszone oder stärker wirkenden metamorphosierenden Agenzien ausgesetzt war als die Phyllitformation, denn überall in gefalteten Gebirgen bemerkt man, daß die basischen Eruptivgesteine, also das Urmaterial der Grünschiefer, viel labiler, also leichter umwandelbar sind als klastische Gesteine. Die aufmerksame Lektüre der beiden ersten Kapitel dürfte aber zeigen, daß zudem noch ein beachtenswerter Unterschied besteht in der Zusammensetzung der eingefalteten Grünschieferzüge im Norden ‘und dem breit ausgedehnten Grünschieferareale im Südteile des von mir aufgenommenen Kartenblattes. Dort findet man viel mehr [89] Die kristallinen Schiefer des nördlichen Adlergebirges. 515 Linear- und Flasertextur als hier im Süden. In den Grünschiefer- zügen herrscht die Kristallisationsschieferung. Sie waren weitergehender Metamorphosierung ausgesetzt als das weite Grünschieferarealim Süden. Dies entspricht aber auch den Lagerungsverhältnissen, unter denen uns heute diese Schieferzüge erscheinen. Der Gesteinszusammensetzung nach ist die Grünschieferformation überaus mannigfaltig. Ich unterschied: Dobreyer Grünschiefer, Grün- schiefer mit Kataklasstruktur, Aktinolithschiefer, flaserige Zoisit- Aktinolithschiefer, phyllitähnliche Zoisit-Chloritschiefer und Hornblende- grünschiefer. Nur in selteneren Fällen war es möglich, einzelne dieser Typen in der Karte auszuscheiden. Die im ersten Kapitel gegebenen Profile und Beschreibungen zeigten, daß diese Gesteine in so viel- fachem und raschem Wechsel aufeinanderfolgen, daß die Karte meist nur den Sammelbegriff Grünschiefer enthalten kann. Ich er- wähnte ebenfalls früher schon, daß ich leider nicht über die chemischen Untersuchungen verfüge, die notwendig sind, um zu entscheiden, ob in den Grünschiefern außer Eruptivgesteinen auch noch umgewandelte Sedimente (Tuffe) stecken. Diabas und Diabasporphyrit waren unter den Grünschiefern nachweisbar. Es wäre aber sehr wohl denkbar, daß die mit diesen körnigen Gesteinen wechselnden, phyllitähnlichen Schiefer auf Schalsteine zurückzuführen wären. Ich muß hervorheben, daß Kalzitklüfte, die oft zu bemerken sind, auf einen ansehnlichen Kalkgehalt schließen lassen und daß die zweifellose Einlagerung der schwarzen und grünen Tonschiefer zwischen die umgewandelten Eruptivmassen auch ein Beweis für das Vorhandensein von Sedi- menten ist. | Ohne die Konstatierung dieser Sedimenteinlagerungen und ohne die Konstatierung der Fffusivgesteine wäre es naheliegend, in der Grünschieferformation eine mächtige, in die umgebenden Phyllite ein- sreifende, geschieferte Eruptivmasse eines gabbroiden Tiefengesteines zu suchen, wodurch die Diskordanz zwischen Phyllit und Grün- schiefer leicht aufgeklärt wäre. Da die oben angeführte Analyse des Grünschiefers von Plaßnitz auf einen Gabbro hinweist, da zweifellos auf Gabbro zurückzuführende Grünschiefer bei Hlinei, bei Bohdaschin undzwischen Böhmisch- Cerma und Borowa angetroffen wurden, muß allerdings auch zu- gegeben werden, daß neben Fffusivgesteinen und Sedimenten auch Tiefengesteine in der Grünschieferformation ent- halten sind. Ich rekapituliere aus den voranstehenden Auseinandersetzungen: Die diskordant zur Phyllitformation liegende Grün- schieferformation entstand aus Sedimenten (Ton- schiefer, Quarzit, tonschieferähnlichem Phpyllit), Effusivgesteinen (Diabas und Diabasporphyrit) und Tiefengesteinen (Gabbro). In dem ausgedehnten Grün- Schieferareale im Südteile des Kartenblattes Josef- stadt—Nachod läßt die Grünschieferformation gerin- sere Faltung und geringere Metamorphose ihrer kla- stischen Einlagerungen erkennen als die Phyllit- Jahrbuch d. k. k. geol. Reichsanstalt, 1909, 59. Bd., 3. u. 4. Hft. (W. Petrascheck.) 68 516 W. Petrascheck. [90] formation. Die Grünschieferformation ist also wahr- scheinlich jünger als die Phyllitformation. Die nach N ins Gebiet des Biotitphyllits eingreifenden Grün- schieferzüge scheinen Einfaltungen der Grünschiefer- formation zu sein. An diesen Einfaltungen macht sich häufig Kristallisationsschieferung bemerkbar. Drei bedeutendere Eruptivmassen sind im Gebiete vorhanden: der Granit von Böhmisch-Cerma, der von Cudowa und der Gabbro von Deschney. Letzterer bildet einen Gangstock, der die Grünschiefer durchsetzt. Da er nur geringe Spuren von Beeinflussung durch Gebirgsdruck erkennen läßt, muß er nach Abschluß der Faltung der Grünschieferformation hervorgedrungen sein. Die Granitmasse von Cerma ist im Westen durch eine Vert werfung begrenzt. Im Süden bei Neu-Hradek fällt der Grani- flach unter den Phyllit ein. Auch dort, wo dieser in Primärkontakt mit dem Granite steht, zeigt er nur ganz geringe Metamorphose. In der Umgebung der Granitmasse setzen Gänge von Granitporphyr auf, die zum Granit gehören. Das Alter der Eruption ist unbekannt. Ge- rölle von Granit und Granitporphyr sind im ÖOberrotliegenden vor- handen. Die Granitmasse von Cudowa injiziert die sie umgebenden Schiefergesteine. Namentlich der Amphibolit enthält eine Menge von dünnen und dickeren granitischen Injektionen (vergl. Profil pag. 449), welche die mannigfachsten strukturellen Abänderungen erkennen lassen. Auch der Amphibolit (viel Zolsitamphibolit) ist wenigstens zum Teil auf einen Gabbro zurückzuführen, denn er ist wiederholt flaserig und dabei grob- bis großkörnig und zeigt dabei Reste von Ophit- struktur. Da der Amphibolit die männigfaltigen texturellen und struk- turellen Abänderungen des Grünschiefers wiederholt, da er dort (an- scheinend auf Kosten des Grünschiefers) mächtig und breit entwickelt ist, wo der Granit noch mächtig ist und ihn in einer breiten Injek- tionszone durchschwärmt und da sich der Amphibolit mit Entfernung vom Granite auskeilt, habe ich lange erwogen, ob ich ihn nicht als ein Produkt des Eruptivkontaktes am Grünschiefer betrachten soll. Es ist aber eine alte Erfahrung, daß die Amphibolite im Glimmerschiefer eine dunklere Farbe haben als diejenigen im Phyllit und die dunkle Farbe der Hornblende ist ja oft der einzige Unter- schied zwischen dem, was ich Hornblendegrünschiefer und dem, was ich Amphibolit genannt habe. Nachdem sich der Amphibolit bei Deschney ausgekeilt hat, stellt sich solcher in derselben strati- graphischen Position, nämlich zwischen Glimmerschiefer und Phyllit, bei Hüttendorf wieder ein. Hier fand ich aber nichts von grani- tischen Injektionen. Und da dieser Amphibolit nach den geologischen Karten im Adlergebiete noch weithin streicht, ohne daß Granite neben ihm nachweisbar wären, halte ich es für richtiger den Amphi- bolit als Erzeugnis der Zone der Kristallisationsschieferung, in der der Glimmerschiefer entstanden zu denken ist, zu betrachten. Wenn ich auch oben hervorhob, daß die Glimmerschieferformation von Anfang an verschieden von der Phyllitformation war, so braucht des- [91] Die kristallinen Schiefer des nördlichen Adlergebirges. 517 halb nicht bezweifelt zu werden, daß die Umwandlung zum Glimmer- schiefer in einer anderen Tiefenzone erfolgt ist als diejenige zum Phyllit. Was den Granit von Gudowa besonders interessant macht, ist, daß er eine Intrusion eines Magmas darstellt, das im Streichen des Adlergebirges noch wiederholt anzutreffen ist. Schon die Granitmasse von Cudowa fügt sich, wenn auch nicht genau, als langgestreckter Gesteinszug in das Schichtenstreichen des Adlergebirges ein. Ihre Injektionen greifen noch weiter streichend gegen Süden vor. In derselbeu Position liegen die ganz ähnlichen Granitite von Kunwald bei Rokitnitz und von Nekor und Bredau bei Geiersberg. Auch bei ihnen herrscht die graue Farbe vor. Seltener sind rote Varietäten. Alle sind reich an Ma- gnesiaglimmer, neben dem mitunter sich auch etwas Hornblende ein- stellt. Auch die neuerlich von Hinterlechner!) beschriebenen Granite von Lukawitz und Studanka können in Betracht kommen. Beyrich?) bezeichnet sie freilich als verschieden vom Granit von Cudowa und dies ist wegen des Gehaltes an Hornblende berechtigt. Auf jeden Fall liegen die zuletzt genannten beiden Vorkommnisse nicht in derselben Position, nämlich zwischen Phyllit und Glimmer- schiefer. Ziemlich basische, biotitreiche und Amphibol führende Granitite treten aber in großer Ausdehnung auf den Kartenblättern Landskron—Mährisch-Trübau und Mährisch-Neustadt— Schönberg auf. Wie in dem von mir begangenen Gebiete setzen diese Granite da- selbst zwischen Biotitphyllit (hier als Wackengneis bezeichnet) und Glimmerschiefer auf. Der Karte nach liegen in diesem Granit Züge von Amphibolit. Von Tietze wurde der Granit als Hornblende- gneis, von v. Bukowski richtiger als Amphibolgranitit bezeichnet. Stärker geflaserte Partien dieses Granites hat v. Bukowski besonders unter der Bezeichnung Perlgneis ausgeschieden. Der Karte nach zu urteilen scheinen diese mit dem ident zu sein, was Tietze „Gneis im allgemeinen“ nennt. Es läßt sich in diesem Gebiete nach v. Bukowski keine streng karto- graphische Scheidung der Gesteine durchführen. Neben Amphibol- granitit gibt es nach diesem Autor (Verh. 1897, pag. 190) noch granatführende Muskovitgneise, dünnplattige Gneise, die mit Amphi- bolit wechsellagern, bei welchen Gneisen einmal Biotit, das andere- mal Feldspat und hie und da Hornblende vorwalten, endlich auch typische feinkörnige, gebänderte Hornblendeschiefer. Auf einer in das Gebiet unternommenen Exkursion überzeugte ich mich von der Über- einstimmung mit dem Granite von Cudowa und von dem Vorhanden- sein den dortigen ganz ähnlicher Injektionen, welche durch die für die Karten gewählte Darstellungsart nicht ganz zum Ausdruck kommen. Aus diesem Granitgebiet beschreibt und analysiert von John?) von Chudoba südw. Schildberg und v. Hackelsdorf ein Gestein, das er als Monzonit anspricht. Wenn es auch ganz richtig ist, daß 1) Jahrb. d. k. k. geol. R.-A. Bd. 54 (1904), pag. 598 und 599. ?) Roth, Erläuterungen, pag. 248. 3) Verh. d. k.k. geol. R.-A. 1897, pag. 189. 68* 518 W. Petrascheck. [92] dieses Gestein als Feldspat wesentlich nur Plagioklas enthält, so kann man ein Gestein, das immerhin nicht wenig Quarz führt, nicht wohl als Monzonit bezeichnen. Der Plagioklas ist ein Andesin mit schöner Zonenstruktur. Außer Biotit und grüner Hornblende ist auch ein sehr lichtgrüner Pyroxen vorhanden. Es liegt also ein Tonalit vor. Auch Rosenbusch!) bezeichnet auf Grund der Analysen die Gesteine als Quarzdiorit. Dab der Granit von Cudowa in dieselbe Gesteins- reihe gehört, geht aus dem schon oben erwähnten Reichtum an. Biotit, aus dem UÜberwiegen von Plagioklas über Orthoklas und aus, den zonaren Aufbau dieser Plagioklase hervor. Die Amphibol- granitmasse neigt also zu Differenzierungen. Wir fanden aber schmale Gänge von Quarzglimmerdiorit am Deschneyer Spitzberg und dürfen wohl auch diese als Spaltungsprodukte des Cudowaer Granites auf- fassen. Das genauere Alter des Granites von Cudowa war, ebenfalls nicht festzustellen. Auch er ist älter als das Rotliegende, das ihn überlagert. Er ist aber jünger als der Gabbro des Deschneyer Spitzberges. Der Volpersdorfer Gabbro ist nach Dathe?) und Tannhäuser°) oberdevonischh wir dürfen aber das Alter des dortigen Gabbros nicht zum Vergleich heranziehen, weil nicht un- wesentliche Unterschiede zwischen beiden Gesteinen bestehen. Das Alter der Schiefergesteine. Es erübrigt uns noch in die Besprechung des Alters der kri- stallinen Schiefergesteine des Adlergebirges einzugehen. Wohl erkannten wir an den Phylliten, daß sie uns eine alte Sedimentär- formation darstellen, aber wir konnten weder in ihnen Fossilien finden, noch gelang es sie mit ihrem Alter nach identifizierten Ge- steinen in Beziehung zu bringen. Wolf und Beyrich gehen nicht näher auf die Altersfrage ein. Gürich‘) stellt die Phyllite seiner untersten Zone des niederschlesischen Schiefergebirges, die er als kambrisch betrachtet, gleich. Wenn Lepsius in seiner Übersichts- karte des Deutschen Reiches den Phyllit des Adlergebirges ebenfalls als Kambrium bezeichnet, so ist dies wohl vor allem darauf zurück- zuführen, daß dieser Autor alle Phyllite der mitteldeutschen Gebirge als Kambrium verzeichnet. Die Gesteine des Adlergebirges lassen sich nach SO bis zum Marchtale verfolgen. Wenn sie auch lokal durch Kreide- ablagerungen verdeckt sind, so ist doch dieselbe Aufeinanderfolge der gleichen Gesteinszüge unverkennbar. Weithin ununterbrochen verfolgbar streicht allein die zentraie Zone roter Gneise. Auf sie folgt gegen Süd der Glimmerschiefer, dann der Biotitphyllit. An der Grenze beider liegen die schon erwähnten Intrusionen von Horn- blendegranitit. Was Tietze auf dem Kartenblatte Landskron und !) Mikrosk. Physiographie, Bd. II, 1, pag. 285. ?2) Jahrb. d. k. preuß. geol. Landesanstalt, 1900, pag. 223. 3) Zeitschr. d. Deutsch. geol. Ges., 1907, pag. 296. *) Erläut. zur geol. Übersichtskarte von Schlesien. Breslau 189). [93] Die kristallinen Schiefer des nördlichen Adlergebirges. 519 nach ihm v. Bukowski auf dem Kartenblatte Schönberg als Wackengneis bezeichnete, ist nichts anderes als unser Biotitphyllit, der. hier nochmals in breiter Entwicklung entblößt ist und der auch hier Einlagerungen von Amphibolgesteinen, Uralitdiabas und Biotit- quarzit ‘(die beiden letzteren von Kretschmer!) nachgewiesen) enthält. Am Marchbruche stoßt die ganze Schichtenfolge gegen die Gesteine des Altvatergebirges ab. Dort lagert das Unterdevon dis- kordant und transgressiv auf dem eigentümlichen Chloritgneis, der nach den neuesten Forschungen Beckes ein Diaphthorit ist. Das Gebiet zwischen Mährisch-Trübau und Müglitz ist das einzige, in dem auf Grund der Lagerungsverhältnisse das Alter der -Phyllitformation erkannt werden könnte. Gerade hier aber ist infolge der schlechten Aufschlüsse noch nicht alles aufgeklärt. Kretschmer?) stellt unsere Phyllitformation, den „Wackengneis“ ins Unterdevon. Seine Gründe sind aber keineswegs stichhaltig. Wenn Kretschmer Diabas und Diabastuffe im Gebiet des Wackengneises nachweisen konnte, sc folgte daraus noch nicht das Alter der be- treffenden Schiefer, denn als Leitfossil für Unterdevon können die Diabase doch nicht betrachtet werden. Auch die Übereinstimmung im Gesteinshabitus dieser Diabase und Grünschiefer und derer des Unterdevons im Gesenke ist kein Beweis. Unsere Grünschiefer gleichen vielfach vollkommen denjenigen des Bober-Katzbachgebirges, viele Typen. aber auch denen des Semmeringgebietes und der Bün- dener Schiefer der Schweizeralpen. Es beweist dies nur, daß hier gleichartige Umwandlungen an den betreffenden Eruptivgesteinen eingetreten sind. So wie das Unterdevon des Gesenkes diskordant am Chloritgneis liegt, so meint Kretschmer liege der „Wackengneis“ diskordant auf dem Hornblendegneis. Auch dies ist aber unrichtig, denn der „Hornblendegneis“ bildet Injektionen in den Schiefergesteinen, er ist ein jüngeres Eruptivgestein als diese. Es bliebe also zugunsten des unterdevonischen Alters der Phyllitformation nur die Tatsache be- stehen, daß manche devonische Schiefer, wie diejenigen der Hohen Vibich, (im Handstück) nicht von manchen Biotitphylliten unter- schieden werden können. Dagegen, daß unsere Phyllitformation zum Unterdevon gehöre, spricht das vollständige Fehlen der höchst. charakteristischen Quarz- konglomerate des Unterdevons. Diese unverkennbaren, durch eine sehr weitgehende Härteaufbereitung gekennzeichneten Gesteine haben im Unterdevon des Niederen Gesenkes sehr weite Verbreitung. Sie gehen aber auch über die March nach Westen hinüber. Auf Blatt Olmütz beobachtete ich sie zusammen mit schwarzen (devo- nischen) Schiefern bei Kladek°). Dieselben Konglomerate bilden den Baby lom unfern Adamstal, ja selbst bei Hödnitz östlich !) Jahıb. d. k. k. geol. Reichsanstalt, Bd. 52 (1902). pag, 353. ?) Die nutzbaren Minerallagerstätten der archäischen und devonischen Inseln Westmährens. Jahrb. d. k. k. geol. R.-A. 1903, pag. 353. 5) Der Phyllit von Kladek ist kein Biotitphyllit, er unterscheidet sich auch von dem Serizitphyllit von Neustadt a. d. Mettau, ähnelt aber manchen bei Nachod vorkommenden Serizitphylliten. 520 W. Petrascheck. [94] Znaim traf ich sie noch an. Bei dieser sich fast über ganz Mähren erstreckenden Verbreitung des Quarzkonglomerates ist es aber un- denkbar, daß (man vergleiche die Karte v. Bukowskis) östlich der March eine Menge ‘solcher Konglomeratzüge nachweisbar sein sollen, westlich aber auf einmal fehlen sollen. Ich sehe mich darum veranlaßt, die Annahme Kretschmers, daß der „Wackengneis“, also der Biotitphyllit, Unterdevon sei, abzulehnen. Da das Oberdevon, soweit solches im Bereiche der Südsudeten durch Fossile nachgewiesen worden ist, wesentlich aus Kalken besteht, da oberdevonische Kalke auch bei Ebersdorf und Freiburg in Schlesien anstehen, kann ich nicht annehmen, daß die Phyllite etwa dem Oberdevon angehören sollen. Ich muß vielmehr voraussetzen, daß der Biotitphyllitälter als Devon ist. Oben erwähnte ich, daß die zur Phyllitformation diskordant liegende Grünschieferformation jünger als die erste sein dürfte. Diese Diskordanz gibt uns die Möglichkeit nach analogen Lagerungs- verhältnissen in benachbarten altpaläozoischen Gebieten Umschau zu halten. Aber auch dies liefert keinen eindeutigen: Anhaltspunkt für die Altersverhältnisse. Das an Diabasen und Schalsteinen reiche Unterdevon des Alt- vatergebirges liegt nach übereinstimmenden Berichten Beckes und Schusters sowie v. Bukowskis diskordant auf älteren Schiefern. Ist die Grünschieferformation Unterdevon, so wäre der Biotitphyllit älter, was wir bereits wissen. Die Grünschieferformation könnte. aber ebenso gut dem transgredierenden!) Untersilur (d; ß, Komoraner Schichten) Mittelböhmens entsprechen, für welchen Fall die Phyllitformation höchstens kambrisch sein könnte. Gegen das silurische Alter der Phyllite läßt sich anführen, daß sich selbst in den metamorphen Gesteinen etwas von den Tiefseesedimenten des Obersilurs nachweisen lassen müßte. Auch das Untersilur müßte sich durch größere Häufigkeit sandiger und quarzitischer Einlagerungen, als sie die Phyllitformation aufweist, erkennen lassen. Die Funde J. Jahns?) in der Semtiner Basaltbreceie er- weisen für die Niederungen von Pardubitz das Vorhandensein der- selben paläozoischen Schichtfolge, die er im benachbarten Eisen- gsebirge nachweisen konnte und es wäre sehr wohl denkbar, daß diese altpaläozoischen Schichten am Rande des Adler- gebirges einen Gegenflügel besitzen. Die im Liegenden des Silurs zutage tretenden, als Kambrium betrachteten Schichten des Eisen- sebirges sind aber ganz vorwiegend grobklastisch. Grauwacken, die mit Tonschiefern und grünlichen Schiefern wechseln, fand ich auch am Switschinrücken bei Königinhof. Sie ähneln außer- ordentlich den Grauwacken, die bei Kosteletz unweit Herman- mestetz verbreitet sind und die nach J. Jahn als kambrisch zu betrachten sind. Es scheint demnach, daß selbst die tieferen Hori- 1) Vgl. insbesondere Katzer, Über die Grenze zwischen Kambrium und Silur in Mittelböhmen. Sitzb. d. k. böhm. Ges. d. Wiss. 1900. ?) Verhandl. d. k. k. geol. R.-A, 1896, pag. 441. [95] Die kristallinen Schiefer des nördlichen Adlergebirges. 521 zonte des Altpaläozoikums beträchtlich weiter im Inneren Böhmens gesucht werden müssen. Somit führt auch der Vergleich mit den benachbarten als paläozoisch erkannten Sedi- menten zu keinem präziseren Resultat als dem, daßdie Phyllite des Adlergebirges älter als Devon, wahr- scheinlich auch älter als Silur, vielleicht sogar vor- kambrisch sind. Ortsregister. (Die beistehenden Ziffern geben die Seitenzahl an, wo der Ort erwähnt wird.) Adamstal 519 Albatal 446, 459, 476, 479, 508, 507 Altstadt 433 Bacetin 444, 458, 503 Bemles 457 Beranetz 438, 496 Bidlo 429, 441, 442 Bielowes 436, 474, 490, 492, 510 Bistrey 430, 441, 443, 444, 458, 464, 476, 500, 502 Blaschkow 423, 431 Bohdaschin 429, 441—443, 458, 463, 495, 502, 505 Böhm.- Cerma 433, 436, 437, 463, 472, 474, 476, 489, 496, 501, 502--566 Borowa 434, 436, 439, 472, 474, 476, 496, 502, 505 Brand 481, 486 Brazetz 432, 433, 462 Bredau 466, 517 Bfesowie 436, 473, 502 - Buschdörfel 494, 501 Chmelist 446 Chudoba 517 Cihadlo-Berg 506 Cudowa 448, 517 Deschney 451, 458, 463, 503, 512 Deschneyer Spitzberg 451—453, 479—489, 509, 518 Dlouhei 439, 442, 460, 503, 505 Dobran 428, 447 Dobrey 442, 445, 489, 494, 499, 500, 509 Dobroschov 432, 433, 442, 458, 473, 474 477, Domaschin 429 Dörfel 449 Frimburg 435, 441 Galgenberg 436, 504 Gießhübel 439, 447, 448, 449, 450, 460, 464, 465, 466, 467, 468, 490, 516 Goldbachtal 444, 445, 500, 503 Grenzdorf 464 Grunwald 464 Hackelsdorf 517 Hallatsch 448 Hinter-Pollom 418 Hinterwinkel 510 Hlinei 429, 442, 445, 462, 464, 494, 496 Hlukybach 447, 451 Hödnitz 519 Hohe Mense 465 Hüttendorf 516 Jankow-Wald 460, 477— 478 Janov 429, 443, 460, 462, 429, 490, 512 Jestreby 429, 431, 433, 478 Jisbitz 433, 434, 436, 462, 474 Kamenitz 430, 499 Kapca-Wald 434 Kladek 519 / Klein-Auerschin 507 Klopotovtal 431, 455, 458, 460, 462 Kohouti Kopec 438, 442, 496, 505 Kosteletz 520 Kounov 430, 444, 447, 460, 503 Krahulec 448, 471, 472, 476 Krahuletz 435, 441 Kunwald 466 522 Leichenbuschberg 451, 476 Lewin 428, 450, 489, 510 I,hota 445 Lipichin 433, 462 Lippi 451, 432, 490 Lom 444, 447, 503, 504 Lukawitz 517 Mähr.-Trübau 519 Malinova hora 433, 434, 460. 474, 492 Masti 445, 494, 503 Mezles 429, 431, 441, 442, 455, 462, 512 Michovy 447, 460, 494, 501, 505 Mokriny 443 Müglitz 519 Nachod 431 Nedwez 447, 464, 476, 489 Nekor 466, 517 Nesselfleck 429 Neu-Hradek 435, 436, 441, 460, 471, 472 Neustadt 431, 432, 454, 492 Niederes Gesenke 519 Ohnischov 429, 430, 442, 443, 476, 50), 510, 512 Olesnicatal 429, 435, 439, 441, 456, 460, 472, 504 Pansker 449, 465, 468 Paulu Kopec 462, 476 Peklo 432, 458, 477, 478, 490, 492 Pfitzendörfel 454, 481, 501 Plaßnitz 463, 496, 502, 5u5 Podbrezi 429 Pollom 447—449, 451, 468, 494, 502, 505,513 Polom bei Masti 445, 590, 514 Posdenu Kopee 431 Potoki 434 Pribislau 429, 492 W. Petrascheck. [96] Reinerz 510 Rezek 493 Rokitnitz 429, 517 Rokol 429, 441, 442 Rowney 429, 430, 444, 460, 503 Rozkos 431, 432, 457, 490, 492 Rzy 494, 503 Sattel 447—449, 451, 463, 464, 494, 496, 502, 505 Schedivy 447, 451, 481, 501 Schnappe 429, 465 Sendrasch 433, 462, 490 Sezawa 437, 502 Skutina 503 Slavonov 431, 493, 502, 505 Sneznei 439, 447, 504, 505, 513 Spiebach 443 Steinberg 448, 468 Stiefwinkel 451, 457, 459 Stenkaberg 448, 468 StraZnice 438, 439 Studanka 517 Sudin 430, 441 Switschin 520 Tanndorf 480, 488 Tänzerwald 459, 462 Tassauer Mühle 439, 460, 490 Tscherbeney 448 | Tys 441 Volsin 444, 447 Wanovka 442, 443 | si Woschetnitz 438, 444, 494. 496, 500, 501 Zakowetz 499 Zakravi 431 Zeinerloch 457 Ziegenkamm 434, 472 Zlatenkahöhe 447 [97] Die kristallinen Schiefer des nördlichen Adlergebirges. Inhaltsverzeichnis. Topographische und tektonische Verhältnisse Ber Binink. des, Deckgenngess PERL NN ee Das Phyllitgebiet zwischen Nachod se Neustadt ee Aea y7 Die Granitmasse von Öerma und ihre Umrandung Das Gebiet zwischen dem Granit von Öerma und der Rotligendmulde von KieBhühel:. . . ev... Das südlich von Neu-Hradek He Gebiet Eelkchen ir Kreide im Werten und dem Satteler Grünschieferzuge im Osten. . . .. . 3 Die Gegend zwischen Gießhübel, Sattel und Deschney . ...... Bier bosteine . .... u. ET RERNT. TEu ci 1 SEEN ee tr EN a RAN EE NEN EN RS, Gneisphyllit . , Tonschieferähnlicher Phyllit. Ä Schwarze und dunkelbraune Tonachtefön Serizitquarzit und Biotitquarzit ..... ER ER EL STWONEE NER Entkeler Qmarzik 2a. a nee a Rare Graphitschiefer .. . .;- .... Be Eee ae a ot Silikatreicher Kalkstein Glimmerschiefer . . Quarzitschiefer UT EEE 5 a BR EUER Brotitplagioklasgneis. . ... Aa Aalen ae ae ee Branulitgneis) 9:...04 4. > DR Eee Pe SR Or EAN ENG DerGvanıtit von Cudowa . - 2... ..» . en A BE Die Injektionen des Cudowaer Granitits Der Granitit von Öerma Kontakterscheinungen am Gage Granis an Granitporphyr . . . « . Porphyroid Aplit ; .. eh ae order. ee A IE Minette . E En Be nlendeporphyrit.. a en Gabbro . . Be ME > en elikisierter Diabas Koralidiabes) re: Ar ya) Diabasschiefer (Epidiabas) Chloritschiefer Grünschiefer s x Grünschjefer mit Kerken $ Flaserige und körnige Zn uphibolschiefer N an Jahrbuch d. k. k. geol. Reichsanstalt, 1909. 59. Bd., 3. u. 4. Hft. (W. Petrascheck.) 69 524 W. Petrascheck. „' Dobreyer Grünschiefer . ....... EL BR. Aktinolitbschiefer 3, „Eee 2 Se er. Phyllitäbnlicher Aktinolith-Chloritschiefer . . . ... 22 22.2. Hornblendegrünschiefer . . a en Amphibolitı 2,9, I a ee ER RT RE VERDE ARR RE A, ion ae a Fr Körniger Amphibolit . . Melaphyr . ET TB © m en a Ne. Rückblick auf die geologischen Verhältnisse der kristallinen Schiefer Das Alter der Schiefergesteine . a ET Sr a er da Ortsregister .. . 0... 2.0 ARRBNM ” Zur Geologie des Unterinntals. Von M. Sehlosser in München. Das Hochwasser, welches im Jahre 1899 der Gemeinde Kiefers- felden bedeutenden Schaden zufüste, indem es unter anderem die Dämme der Kiefer zwischen der Koblstatt und der Landesgrenze und hier sogar kurz vor Wachtl auch die Straße teilweise 'wegriß, brachte wenigstens für die Geologie einigen Gewinn, weil für die Material- beschaffung zum Damm- und Straßenbau ein neuer Steinbruch angelegt und ein schon längere Zeit bestehender jetzt viel intensiver als früher ausgebeutet wurde. Diesem Umstand ist es zu verdanken, daß ein neuer bisher nicht vermuteter Liasfundplatz entdeckt und Schichten, die früher als Eöcän galten, jetzt als Gosaukreide erkannt werden konnten. Lias. Die Wiederherstellung der Dämme gelangte erst vor etwa einem Jahre zum Abschluß. Als Baumaterial diente hauptsächlich der röt- liche Hierlatzkalk aus dem neuen Steinbruch bei dem auflässigen Zementwerk gegenüber der Einmündung des Gießenbaches in die Kiefer. Die v. Gümbelsche geologische Karte!) gibt hier zwar die früher zur Zementfabrikation verwendeten Neokommergel richtig an, dagegen verzeichnet sie einen breiten Streifen Quartär, wo in Wirk- lichkeit hohe Felswände vorhanden sind, die man wegen ihrer hell- grauen bis schwarzgrauen Farbe am ehesten für Kössener Kalk halten würde. Der neue durch den Steinbruch gewonnene Aufschluß zeigt jedoch, daß diese graue Farbe nur durch die Verwitterung hervor- gerufen war, denn die abgebauten Schichten sind sämtlich mehr oder weniger rot gefärbt. Das Gestein ist ein spätiger Liaskalk in der Fazies des Hierlatzlias. Solche rote Felsen stehen nun allerdings auch weiter östlich, am rechten Ufer der Kiefer zwischen der Kohlstatt und der Brücke vor dem Marmorwerk an und waren wohl auch die Ursache, weshalb die v. Gümbelsche geologische Karte dort einen schmalen Streifen von Lias angibt. In Wirklichkeit haben wir es jedoch hier mit einem bunten Kössener Kalk zu tun, der oft eine marmorähnliche aus roten und gelben Stücken bestehende Reibungs- breceie bildet. Die zwischen den festen Kalkbänken eingelagerten srauen Mergel enthalten nämlich ausgewitterte. typische Kössener 1) Neben dem Quartär verzeichnet die geologische Karte hier auch „obere Nummulitenschichten“, die aber hier überhaupt nicht existieren, Jahrbuch d. k. k. geol. Reichsanstalt, 1909, 69. Bd., 3. u. 4. Hit. (M. Schlosser.) 69* 596 M. Schlosser. [2] Versteinerungen !), während jene aus dem neuen Steinbruch gegen- über des Gießenbaches sich schon beim ersten Anblick als solche des Hierlatzlias erweisen. So häufig nun auch in diesem Liaskalk die Brachiopoden sind, so schwierig gestaltete sich anfangs ihre Bestimmung, denn es herrschen hier kleine, wenig charakteristische Formen vor, so daß ich lange im Zweifel war, in welchen Horizont ‘des Lias ich diesen Hier- latzkalk einfügen sollte. Da in nicht allzu großer Entfernung bei Gschwendt und beim Unterhauser seitwärts von der Straße von Vorder- nach Hinterthiersee mittlerer Lias in der Hierlatzfazies ansteht, welcher seinerseits wieder die Fortsetzung des Lias von Kramsach ?) darstellt, so lag es nahe, auch diese neue Scholle von Hierlatzkalk für mitt- leren Lias anzusprechen. Aber erst die vielfachen bis vor kurzem fortgesetzten Aufsammlungen, bei welchen mich auch die Herren Weinberger. Bauer und Bachler in Kufstein eifrigst unter- stützten, lieferten genügendes Material namentlich von größeren und besser erhaltenen Exemplaren, um mit Aussicht auf Erfolg an die Bestimmung gehen zu können. Ich konnte jetzt folgende Arten nachweisen: Terebratula aspasia Men. Ichynchonella af. vectifrons Opp. a punctata Sow.* - af. salisburgensis 3 ascia (Girardi) Böse* Neum. Waldheimia Fuggeri Böse* Ichynchonella sublatifrons Böse* . cornuta Sow.* : af. palmata Opp. y Waterhousi Sow. y af. polyptycha Opp. 3 subnummismalis Dav. r variabilis Schloth.* P cfr. mutabilis Opp. ; n.sp. af. FraasiOpp.* ; sarthacensis Desi.* Spiriferina rostrata Schloth.* e af. stapia Opp* von welchen die mit * notierten für mittleren Lias charakteristisch sind und teils im Lias von Amberg, teils indem von Kramsach und vom Schafberg vorkommen. Terebratula punctata findet sich ausschließlich als jene gestreckte und gewölbte Varietät, welche auf den mittleren Lias beschränkt ist !) Ich konnte dank dem Sammeleifer des Herrn Weinberger hier fol- gende Fossilien nachweisen: Coelostylina sp. Pecten Schafhäutli Winkl. Neritopsis paueicosta Dittm. „ acuteauritus Schafh. Trochus sp. Lima praecursor Quenst. Mysidia aequilateralis Stopp. sp. Dimyodon intusstriatum Emm. Protocardium rhaeticum Mer. sp. Waldheimia norica Suess Avicula contorta Portl. Terebratula sp. juv. Wenn auch der Erhaltungszustand nicht der beste ist, so verdient dieses Vor- kommen doch insofern größeres Interesse, als die sonst so seltenen Gastropoden und der sonst keineswegs häufige Pecten Schafhäutli sowie Lima praecursor hier in relativ zahlreichen Individuen vertreten sind. ?) Ick habe denselben bereits früher besprochen. Zur Geologie von Nord- tirol. Verhandl. der k. k. geol. R.-A. 1895, pag. 354. [3] Zur Geologie des Unterinntals. 527 und Waldheimia Fuggeri. af. stapia und Rhynchonella n. sp. af. Fraasi fand ich vor einigen Jahren auch in vielen Exemplaren in einem Block fleischroten Liaskalkes von Kramsach, der außerdem auch eine Menge Exemplare von Terebratula ascia und Spiriferina cordiformis enthielt und folglich für mittleren Lias angesprochen werden mußte, weshalb auch der neue Lias unbedenklich als mittlerer Lias bestimmt werden darf. Bei dem Vorwiegen der für den mittleren Lias bezeich- nenden Arten fallen die übrigen eigentlich aus dem unteren Lias beschriebenen Spezies nicht weiter ins Gewicht, zumal da sie ja fast sämtlich auch im mittleren Lias von Kramsach beobachtet worden sind. Sofern der neuentdeckte Lias überhaupt jemals mit dem von Thiersee direkt zusammenhing, wäre das jetzt fehlende Verbindungs- stück auf eine ziemlich beträchtliche Strecke in die Tiefe gesunken. Auch ist die neue Liasscholle gegen die von Thiersee ziemlich weit nach Norden verschoben und zugleich um etwa 90° gedreht, denn sie streicht Süd—Nord, die letztere aber West— Ost. Eine eigentümliche Ausbildung des Lias konnte ich am Erler Berg zwischen den Bauernhöfen Moser und Halbpoint am Wege zum Spitzstein konstatieren. Es stehen hier dunkelgraue, etwas san- dige, in dünne, aber große Platten zerfallende Mergel an, die an- scheinend zum Teil auf roten Liaskalken, zum Teil aber auch auf srauen Kieselkalken des Lias liegen. Über das Alter dieser Schichten war ich lange Zeit im ungewissen, denn ein ähnliches Gestein war mir sonst aus den Nordalpen nicht bekannt. Erst jetzt, nach viel- fachen Besuchen dieser Lokalität glückte es mir, Fossilien aufzufinden. Es sind dies eine kleine Posidonomga Bronni und zahlreiche Jugend- exemplare von Harpoceras Iythense Y. s. b. Wir haben es also mit Lias e zu tun, und zwar in ganz ähnlicher Ausbildung wie sie die Posidonienschiefer in Schwaben und Franken aufweisen. Diese Analogie wird um so größer durch die Einschlüsse von Fischschuppen, die freilich keine Bestimmung erlauben. Neokom. In einer früheren Mitteilung!) habe ich ein Verzeichnis der Fossilien aus dem Berriasien von Sebi und aus dem Barremien von Hinterthiersee gegeben. Von dieser letzteren Lokalität habe ich seit- dem kein weiteres Material mehr erhalten, weshalb ich mich mit dem Hinweis auf jene Fossilliste begnügen kann. Dagegen möchte ich die Fauna von Sebi nicht unerwähnt lassen, weil meine damaligen Be- stimmungen oder richtiger die des kürzlich verstorbenen Herrn v. Sutner von seiten G. Sayns?) einige Anderungen erfahren haben und außerdem auch einige Arten, darunter auch Hoplites pexiptychus Uhlig, von Kilian nachgewiesen, inzwischen hinzugekommen sind. ») Geologische Notizen aus dem bayrischen Alpenvorland und dem Inntal, Verhandl. der k. k. geol. R.-A. 1893, pag. 196. Die v. Gümbelsche Karte gibt bei Sebi (Sebs!) nur obere Nummulitenschichten an. ?) Observations sur quelques gisements des Alpes suisses et du Tyrol, Gre- noble 1894, pag. 14. 528 M. Schlosser. [4] Von den Änderungen, welche Sayn vorschlug, nehme ich die von Holcostephanus Negreli Math. in polytroptychus Uhl. und von ducalis Math. in Astieri d’Orb. var. gerne an, dagegen kann ich unter dem großen mir zu Gebote stehenden Material absolut nichts finden, was etwa als Hoplites af. Thurmanni Pict. und af. neocomiensis d’Orb. zu bestimmen wäre. Sollten aber die von mir mit H. oceitanicus Pict. identifizierten Formen damit gemeint sein, so könnte ich mich nimmer- mehr zu dieser Namensänderung verstehen. Die Fauna setzt sich zusammen aus: Duvalia lata Blainv. sp. Haploceras grasianum d’Orb. Belemnites conicus Blainv. Holcostephanus sp. cfr. Astieri d’ Orb. 4 bipartitus Blainv. h sp., engnabelig, fein- Aptychus sp. rippig Orioceras aff. Puzosianum d’Orb. Holcostephanus polytroptychus Uhl. Heteroceras af. obligquatum d’Orb. Hoplites Boissieri Pict. Hamites sp. 5 occitanicus Piect. Lytoceras quadrisulcatum d’Orb. „.. pexiptychus Uhl. h af. sutile Opp. » . privasensis Pict. } Honnorati d’Orb. N Malbosi Pict. Phylloceras semisulcatum d’Orb. x Euthymi Pict. h Calypso d’Orb.. Inoceramus neocomiensis d’Orb. : af. picturatum d’Orb. Pygope euganeensis Cat. R Tethys d’Orb. Oollyrites Derriasiensis Pict. ' Die nämliche Fauna, obschon scheinbar ärmer an Arten und Individuen findet sich auch in den Zementmergeln von Wachtl — Fabrik Egger — jedoch ist der Erhaltungszustand viel ungünstiger als bei Sebi. Er gleicht jenem der Versteinerungen in den aufge- lassenen Brüchen bei der Einmündung des Gießenbaches in die Kiefer sowie in jenen bei der Tristlmühle bei Öberaudorf. Die beiden letzteren Fundpunkte haben nur insofern Bedeutung, als sie einiger- maßen die Verbindung herstellen zwischen dem Neokom von Wachtl und dem von Sebi. Anstatt daß jedoch diese Fundplätze in einer geraden Linie lägen, sind sie durch NS verlaufende Brüche aus- einandergeschoben und das jetzt fehlende Glied zwischen der Tristl- mühle und Sebi!) ist sogar in die Tiefe gesunken oder der Erosion zum Opfer gefallen. Cenoman. Diese Kreidestufe tritt im Inntal in zweifacher Ausbildung auf. Das nördlichste Vorkommen am linken Innufer ist das vom Riesen- kopf bei Fischbach und die hiervon durch eine Längsverwerfung ge- trennte und zugleich um fast 300 m abgesunkene Scholle beim Bauer 1) Richtiger wäre es zu sagen, zwischen Tristlmühle und Niederndorf, denn das Neokom beginnt hier bereits etwa einen Kilometer westlich von Sebi, es steht bereits am Fuße des Niederndorfer Berges an, jedoch reicht es nicht so weit nach Westen, wie die v. Gümbelsche Karte angibt, denn die vor Hölzelsau — die Karte verzeichnet den Namen Hiltzenbau — anstehenden Mergel sind Cenoman. [5] Zur Geologie des Unterinntals, 529 am Berg südlich vom Petersberg, welche bereits v. Schafhäutl richtig erkannt, v. Gümbel aber, ebenso wie den Cenomanzug südlich vom Riesenkopf vollständig ignoriert hat. Die weiter südlich, am Nordfluß des Wildbarrn gelegene Cenomanmulde ist zwar auf der geologischen Karte eingetragen, aber keineswegs so weit nach Westen ausgedehnt, als dies in Wirklichkeit der Fall ist, denn sie wird nicht etwa durch den Kessel der Regauer Alm begrenzt, sie greift viel- mehr sogar noch ein wenig in das Wendelsteingebiet hinüber. Wir finden an dessen Fuß an der Straße zwischen Brannenburg und dem Tatzelwurm noch die Cenomanbreccie; die Mergel mit Orbitolina concava beginnen freilich erst oberhalb des Forsthauses in der Regau. Am Riesenkopf, beim Bauer am Berg fehlt die Cenomanbreeccie, die meist aus winzigen Trümmern von Hauptdolomit besteht, wahrschein- lich vollständig, weil hier die Orbitolinenschichten nicht auf Trias, sondern teils auf Aptychenschichten, teils auf leicht zerreiblichen Doggerkalken liegen. In der Mulde nördlich vom Wildbarrn sind die Orbitolinenschichten sehr mächtig entwickelt, aber außer ihnen treten hier im Einbachgraben auch Mergel mit Cephalopoden, Gastropoden, Bivalven etc, auf. Leider sind die Fossilien in der Regel klein und auch stark verdrückt und daher nur teilweise bestimmbar, zumal da unsere Kenntnis der alpinen Cenomanfauna überhaupt noch ziemlich mangelhaft ist. Immerhin konnte ich doch die Anwesenheit von fol- genden Arten feststellen: Acanthoceras Mantelli Sow. Desmoceras cfr. latidorsatum Mich. ? Cueullaea cfr. costellata Sow. ursulaviensis Söhle Turrilites tuberceulatus Bow. ‘Turritella granulosa Sow. Cardium cfr. productum Bow. Protocardium hillanum Sow. Crassatella macrodonta Sow. Gervilleia solenoides Defr. Pecten orbicularıs Sow. Janira aequicostata Lam. » quadricostata Sow. Plicatula inflata Sow. Serpula rotula Goldf. Anorthopygus orbieularis Cott. Limopsis calvus Sow. Arca tricarinata Gein. Dagegen gestatten die so häufigen Oyprinen und Cythereen, sowie die etwas selteneren Pectuneulus, die Gastropoden, mit Aus- nahme von Turritella, und ein Hemiaster keine nähere Bestimmung. Vom rechten Innufer sind mir nur zwei sichere Fundpunkte von Orbitolinenschichten bekannt, Der eine ist die vom Gipfel des Heuberg gegen die Schlucht der „Hölle* herabziehende Mulde, welche aus Kössener Kalk, Liashornstein, Dogger, Aptychenschichten, Neokom und Cenoman besteht, der andere liegt zu beiden Seiten der 'Fahrstraße von Erl nach Niederndorf, bei Hölzelsau, gerade dort, wo die vv. Gümbelsche Karte Neokom angibt. Trotz der vielen Auf- schlüsse findet man hier nur selten Orbitolinen. Während die eben behandelten Cenomanablagerungen mit Aus- nahme der basalen, hauptsächlich aus aufgearbeitetem Hauptdolomit bestehenden Breccie augenscheinlich Absätze aus relativ beträchtlicher Meerestiefe sind, erweisen sich die noch zu besprechenden CGenoman- schichten als unzweifelhafte Ablagerungen in seichterem Wasser, 530 M. Schlosser. [6] sehr nahe der Küste. Ihr Gestein ist ein sandiger, undeutlich ge- schichteter, an der Oberfläche graubrauner, im Innern aber schwarz- blauer Kalk oder richtiger ein durch kalkiges Bindemittel verfestigter Kalksandstein. Die hier so häufige Exogyra columba Lam. bildet eine förmliche Breceie, dagegen scheinen die übrigen sonst noch be- obachteten Versteinerungen — Turritella sp., Caprina adversa d’Orb., Janira aegqwicostata Lam. und Pecten asper Lam. — nur sporadisch aufzutreten. Diese Kalke setzen am rechten Innufer den ganzen Hechenberg und. den Kirchenhügel bei Niederndorf zusammen, am linken Innufer findet man zwar in der Mühlau bei Oberaudorf auf einem jetzt abgeholzten Ausläufer des Mühlbacher Berges ebenfalls die braungrauen, im Innern bläulichen Kalke von Exogyra columba, jedoch sind es immer nur kopfgroße gerundete Rollstücke, die aller- dings in Reihen abgelagert sind und eine Anzahl Bänke in den dortigen, die Nummulitenschichten überlagernden Konglomeraten bilden. Sicher hat also auch hier ein Zug von cenomanem Exogyrenkalk existiert, der auch das Material zu den dortigen Nummulitenschichten geliefert hat. Während der Ablagerung der Konglomerate ist dann auch der letzte Rest dieses Riffs der Brandung zum Opfer gefallen und seine abgerollten Trümmer wurden schichtenweise in den Kon- glomeraten eingebettet. Von dem Cenoman vom Hechenberg muß dieser Zug schon mindestens zu Beginn der Tertiärzeit durch eine NS verlaufende Bruchlinie getrennt worden sein, denn sein Detritus wurde im Obereocän als Nummulitenschichten nördlich vom Cenoman wieder abgesetzt, während der Detritus des Cenomans vom Hechen- berg südlich hiervon gegen die Trias des Kaisergebirges als Nummulitenschichten von St. Nikolaus zur Ablagerung gelangte. An allen genannten Stellen verzeichnet die geologische Karte oberste Nummuliten- — Häringerschichten — und v. Gümbel bespricht auch in seinem ersten großen Werk!) die geologischen Verhältnisse sehr ausführlich, wenn auch sehr wenig zutreffend. In „Geologie von Bayern“ ?) hat er dagegen seine frühere Angabe, daß am Hechenberg außer der Gryphaea columba ähnlichen Gryphaea Brongniarti auch kugelige Nummuliten vorkommen in der Weise verbessert, daß er, wohl durch v. Zittel veranlaßt, diese Gryphaea Exogyra af. columba nennt und die dort überhaupt nicht vorkommenden Nummuliten ganz todtschweigt. Nichtsdestoweniger spricht jedoch Dreger?°) neuerdings von dem Vorkommen der Gryphaea Brongniarti bei Niederndorf und Oberaudorf, natürlich ohne selbst dort beobachtet oder die betreffenden Exemplare in der Münchner Sammlung gesehen zu haben. Auf das ehemalige Cenoman im Dufttal zwischen Gfallermühle und Mühlau bezieht sich die Angabe v. Gümbels*), daß in den Konglomeraten an der Duftschmiede sich häufig Rollstücke des Gesteines von Niederndorf mit Exogyra af. columba fänden. 1) Geognostische Beschreibung des bayrischen Alpengebirges, pag. 640. 2) Bd, II, pag. 175. 3) Die Lammellibranchiaten von Häring. Jahrbuch d. k. k. geol. Reichs- anstalt 1903, pag. 255. *) Geologie von Bayern. Bd. II, pag. 175. [7] Zur Geologie des Unterinntals, 531 Die außerordentliche Ähnlichkeit der Fauna von Niederndorf mit der Cenomanfauna von Regensburg läßt sich nur dadurch er- klären, daß beide an den Küsten ein und desselben Meeres ge- lebt haben, und zwar unter sehr ähnlichen Existenzbedingungen. Weiter südlich gibt es im Inntal kein Cenoman mehr, wenigstens existiert daselbst keine Ablagerung, welche auf Grund ihrer Fossilien für Ceno- man angesprochen werden müßte. Gosaukreide. In dem jetzt intensiver betriebenen Steinbruch von Breitenau, westlich von Kiefersfelden, aus welchem ich vor einigen Jahren einen Ammoniten und Trigonia sowieInoceramen zitierthabe 1) brachte ich im Laufe des letzten Winters mit Hilfe der Herren Weinberger und Bauer eine reiche Fauna zusammen, über deren Alter jetzt kein Zweifel mehr bestehen kann. Das Gestein ist ein feinkörniger sandiger, diekbankiger Kalk von blaugrauer bis grünlicher Farbe, der steil nach NW einfällt und ungefähr SW—NO streicht. Eine genauere Angabe der Lagerungsverhältnisse ist bei der undeutlichen Schichtung ausgeschlossen. Nach Westen und Norden grenzt er an Breccien, die aus stecknadelkopf- bis erbsengroßen, meist wohlgerundeten Trümmern von Hauptdolomit und vielen kleinen Quarzkörnchen bestehen und ihrerseits auf Hauptdolomit liegen. Auch in den Kalken kommen dünne Bänder von kleinen Kalk- und Quarzgeröllen vor, sowie ver- einzelte Kohlenstückchen. Die basalen Breccien vertreten unzweifel- haft das Gosaukonglomerat, das sich nahe der damaligen felsigen Küste gebildet hat. Aber auch bei der Ablagerung der Kalke kann die Küste noch nicht sehr weit entfernt gewesen sein, wie die Ein- schlüsse von Kohlenpartikeln und von Quarzkörnern zeigen. Weiter nach Osten, an der Südseite des Nusselberges, werden die Kalke mehr tonig und besitzen infolge der Verwitterung gelbbraune Farbe. Auch hier sind sie von der Trias durch eine Zone von Gosaubreccie getrennt. Was die weitere Verbreitung der Gosauschichten nach Osten betrifft, so finden sie sich auch noch an der Südostecke des Nusselbergs und greifen vielleicht auch noch über die Straße von Kiefersfelden nach Oberaudorf bei Köhln hinüber, jedoch haben die hier anstehenden grauen Mergel bisher noch keine Fossilien geliefert. An allen diesen Punkten gibt die geologische Karte obere Nummu- liten-Häringerschichten an. Bei Breitenau konnte ich bis jetzt dank dem Sammeleifer der Herren Weinberger und Bauer folgende Arten feststellen: Nautilus gosawieus Redt. Gaudryceras mite v. Hau. Hauericeras n. sp. ?) Pachydiscus efr. isculensis v. Hau. 1) Neue Funde von Versteinerungen der oberen Kreide in den Nordalpen. Zentralblatt für Miner. etc. 19')4, pag. 657. 2) Hat viereckigen Querschnitt wie postremum, Redtenbacher, pag. 115, Taf. 2, Fig. 3, aber deutlichen Kiel und mindestens drei Einschnürungen auf jedem Umgang. Das ebenfalls nahestehende Hauericeras obscurum Schlüter-Cepha- lopoden der oberen deutschen Kreide, Palaeontograph. Bd. 21, pag. 70, Taf. 22, Fig. 9, 10, ist viel engnabeliger und ohne Einschnürungen. Jahrbuch d. k.k. geol. Reichsanstalt, 1909, 59. Bd., 3. u. 4. Hft. (M. Schlosser.) 70 532 Peroniceras subtricarinatum d’Orb. Gauthiericeros bajuvaricum Redt.* Mortoniceras Zeilleri Gross. N aff. Bourgeosi Gross, Meuniericeras af. LapparentiGross. Anisoceras armatum Sow. Scaphites binodosus Röm. }) Alaria granulata Sow. Voluta carinata Zek. »„ dongata d’Orb. Actaeonella conica Münst.?) Turritella Hagenowi Reuss. Natica lyrata Sow.* „ eretacea d’Orb.* Trochus plicatogranulosus Münst. Pleurotomaria cfr. granulifera Münst. 3) Olavagella exigua Zitt.? Siliqua Petersi Zitt. Pholadomya granulosa Zitt.* 5 rostrata Math. Goniomya *) Anatina producta Zitt. : Royana d’ Orb.* Panopaea rustica Zitt. Liopistha frequens Zitt. Icanotia impar Zitt. Tellina semiradiata Zitt.” Tapes fragilis Zitt.* »„ Martiniana Math. Öytherea polymorpha Zitt. Uyprimeria discus Math. Dosinia cretacea Zitt.? Oyprina crassidentata Zitt. k bifida Zitt. » cycladiformis Zitt. Isocardia planidorsata Zitt. Cardium productum Sow.* n Reussi Zitt.” Fimbria coarctata Zitt. M. Schlosser. [8] Sphaerulites angeiodes Lay.) Orassatella macrodonta Sow. Oypricardia testacea Zitt. Astarte laticostata Desh. Trigonia limbata d’Orb. n scabra Dow. Nucula redempta Zitt. Limopsis calvus Sow.* Pectunculus sp. Arca inaequidentatu Zitt. gosaviensis Zitt. „ Lommeli Zitt. Cueullaea norica Zitt. N bifasciculata Zitt.* Lithodomus alpinus Zitt. Modiola ornata Münst. typica Forb. siliqua Math. x aequalis Sow. capitata Zitt. B radiata Münst. Pinna ceretacea Schloth. Perna accuminata Zitt. Gervilleia solenoides Defr.* Inoceramus regularis d’Orb.* n n. sp. °) Avieula caudigera Zitt. Vulsella turonensis Zitt. Lima striatissima Reuss. „ Haidingeri Zitt. „ marticensis Math. „ decussata Reuss Janira quadricostata Sow. Gryphaea acutirostris Nilss. Östrea Matheroniana d’Orb. Terebratula tornacensis d’ Arch. BRhynchonella difformis d’Orb. ” plicatilis Sow. ? Parasmilia ?7 n ’) Stimmt genau mit der norddeutschen Form überein. ?) Nur ein einziges, aber großes, dickes Exemplar. >) Hat ein viel höheres Gewinde als die Exemplare aus Norddeutschland. *) Eine anscheinend neue Art, die genau in der nämlichen Erhaltung auch am Nussensee vorkommt. 5) Nur ein vollständiges Exemplar und einige Bruchstücke. 6) Kleine aber sehr hohe Form, mit vielen konzentrischen gleichmäßigen feinen Wülsten. ”) Nur ein einziges kleines, nicht näher bestimmbares Stück. [9] Zur Geologie des Unterinntals. 533 Mit Ausnahme der mit * bezeichneten sind die hier genannten Arten zwar bloß durch wenige Stücke oder gar nur durch ein ein- ziges Exemplar vertreten, jedoch genügen schon diese wenigen, um das Vorhandensein der betreffenden Art sicherzustellen. Petrographisch lassen Sich diese Schichten am besten mit den Gosauschichten vom Nussensee zwischen Strobl— Weißenbach und Ischl vergleichen. Auch die Fossilien haben in ihrem Erhaltungszustand, weiße, kreidige Schalenreste, große Ahnlichkeit mit denen von der eben genannten Lokalität im Salzkammergut, die auch außerdem gerade durch das Vorkommen von Goniomya und Anatına ausgezeichnet ist. Am Nusselberg haben vier Stellen Versteinerungen geliefert. Von diesen hat nur die am Weg vom Kurzenwirt zu der auf dem Plateau des Nusselbergs gelegenen Einsiedelei eine größere Anzahl Arten aufzuweisen. Die Herren Weinberger und Bachler sammelten hier: Mortoniceras Zeilleri Gross Nucula redempta Zitt. Pachydiscus af. Drandti Redt. Cucullaea bifascieulata Zitt. Puzosia corbarica Gross. Inoceramus regularis d’Orb. Turritella cfr. columna Zek. Gervilleia solenoides Defr. Pholadomya rostrata Math. Lima decussata Münst. Tapes Martiniana Math. Pecten cfr. orbicularis Sow. Cyprimeria concentrica Zitt. Janira quadricostata Sow. Isocardia planidorsata Zitt. Gryphaea acutirostris Nilss. Cardium Reussi Zitt. Östrea Matheroniana d’ Orb. Astarte laticostata Desh. Am westlichen Fundpunkt, nördlich vom Bauernhof Kreil, konnte ich von Versteinerungen nachweisen: Natica Iyrata Sow. Janira quadricostata Sow. Inoceramus regularis d’Orb. Gryphaea acutirostris Nülss. Gervilleia solenoides Defr. Die Schichten streichen hier von SW nach NO und fallen mit 30° nach Süden ein, weiter östlich, am Weg zur Einsiedelei sind sie durch mehrere Verwerfungen in Schollen geteilt, von denen die östlichste bis zum Plateau des Nusselbergs reicht und bei senkrechter Stellung WO streicht. Am Ostfuß des Nusselberges am Weg vom Schwaighof zur Einsiedelei fand Herr Bauer ein kleines, aber sehr charakteristisches Exemplar von Gaudryceras mite Hauer. Die übrigen sonst noch gesammelten Versteinerungen gestatten leider keine nähere Bestimmung. Dies gilt auch von einer großen tapesähnlichen Muschel, die ich etwas weiter nördlich am Ostfuß des Nusselberges bei Ober- köhln gefunden habe. Von den obengenannten Fossilien von Breitenau und vom Nussel- berg eignen sich besonders die Cephalopoden zur genaueren Alters- bestimmung. Es sind zumeist Arten, welche nach de Grossouvre dem Coniacien, dem Untersenon angehören. Nur Gaudryceras mite und Pachydiscus isculensis sollen eigentlich aus dem Santonien stammen und Pachydiscus Brandti wäre überhaupt auf das Santonien beschränkt. 70* 534 M. Schlosser. [10] Es könnte sich jedoch bei diesem Stück vielleicht auch um eine be- sondere neue Art handeln, denn es ist weiter genabelt als die typischen Exemplare und seine Rippen scheinen sich nicht zu spalten. Die Häufigkeit der Inoceramen und die Anwesenheit relativ zahlreicher Ammoniten einerseits, die Seltenheit von Actaeonella und von Rudisten sowie von großen Austern und die Abwesenheit von Nerineen und Stockkorallen andrerseits sprechen entschieden dafür, daß die Gosauschichten von Breitenau und vom Nusselberg nicht direkt an der Küste sondern in einiger Entfernung davon und vor allem in relativ beträchtlicher Tiefe abgesetzt worden sein müssen, in einer Bucht, deren Ufer und Boden aus Hauptdolomit bestand. Südlich von diesem Zug echt mariner Gosauschichten und durch den vertikal gestellten Kössener Kalk des Buchberges, zwischen der Brücke von Kiefersfelden und dem Egelsee, von ihnen getrennt, treffen wir nun abermals Gosauschichten, aber in ganz abweichender Ausbildung. Es fehlen zwar auch hier marine Schichten nicht voll- ständig, aber sie haben sehr geringe Mächtigkeit und ihre Fauna ist sehr arm an Arten, die überdies auch nur durch. Jugendexemplare vertreten sind. Soweit sich diese spärlichen Reste bestimmen lassen, konnte ich hier nachweisen: Ampullina bulbiformis Sow. Modiola typica Forb. Astralium muricatum Zek. Perna? Cerithium cfr. Simonyi Zek. Avicula caudigera Zitt. Icanotia impar Zitt. Trochosmilia sp. Cardium Reussi Zitt. Diese marinen Schichten scheinen das jüngste Glied der Gosau- bildungen zu sein. Sie gehen allmählich in die schwärzlichen kohligen Steinmergel über. welche sich durch die Häufigkeit von Pyrgulifera Pichleri Hörn. auszeichnen. Dagegen sind die sonst mit dieser Art vergesellschafteten Melania Beyrichi Zek. und Melanopsis dubia Stol., sowie Cerithium Simonyi Zek. hier überaus selten. Die wenigen schlecht erhaltenen Bivalven aus diesem Mergel dürfen wohl als Cyprina bifidia Zitt. bestimmt werden. Einige lose Blöcke entbielten ziemlich viele Exemplare von Uyprina cyeladiformis Zitt. Das mächtigste Glied dieser Gosauablagerungen sind offenbar die dunkelgrauen Kalke mit Aectaeonellen nnd Nerineen, allein sie sind leider nicht an- stehend zu beobachten, man ist vielmehr darauf angewiesen, diese Fossilien in dem Graben zu sammeln, der sich von dem bewaldeten Hang östlich von Guglberg zum Meßnerwirt in Kiefersfelden herab- zieht. Bei der Häufigkeit dieser Fossilien ist die Möglichkeit gänz- lich ausgeschlossen, daß wir es nur mit erratischen Vorkommnissen zu tun haben. Außer Gastropoden kamen hier auch einige Rudisten zum Vorschein. Bis jetzt liegen mir von dieser Fund- stelle vor: Actaeonella. gigantea Sow. Plagioptychus Aguilloniü d’ Orb. Nerinea nobilis Münst. Hippurites sulcatus Defr. Nerinea plicata Zek. Sphaerulites angeiodes Lap. Cerithium articulatum Zek. Crassatella macrodonta Sow. [11] Zur Geologie des Unterinntals. 535 Sehr gut aufgeschlossen ist das Liegende, das Gosaukonglomerat. Es besteht zwar in der Hauptsache aus erbsen- bis nußgroßen eckigen Brocken von Hauptdolomit, bei genauerem Zusehen findet man jedoch auch geglättete, wohlgerundete Gerölle von dunklem Kalk sowie von Jurahornstein und Bröckchen von Wildschönauer Schiefern. Einige Lagen zeichnen sich auch durch die Anwesenheit von faustgroßen Brocken eines roten Sandsteins aus, die möglicherweise aus dem im folgenden erwähnten roten Sandstein stammen, welcher zwischen Egel- und Hechtsee ansteht, diskordant auf Hauptdolomit liegt und den tiefsten Lagen der Gosauschichten angehört. Der ganze Schichtenkomplex, dessen ältestes Glied die Kon- slomerate und dessen jüngstes Glied die sandigen grauen Mergel mit mariner Fauna darstellen, streicht WO und fällt mit etwa 45° Süd. Das Verdienst, diese Gosauschichten durch Fossilfunde entdeckt zu haben, gebührt Herrn Bauer in Kufstein, der hier schon vor mehreren Jahren einige der lose im Bachbett liegenden Nerineen ge- sammelt hatte. Solange ich nur diese vereinzelnten Funde kannte, war freilich die Möglichkeit nicht ausgeschlossen, daß es sich doch nur um Exemplare handeln dürfte, die aus einem verwitterten erratischen Block von Nerineenkalk ausgewaschen waren, allein die wiederholten Begehungen dieses Grabens erbrachten kürzlich den unumstößlichen Nachweis, daß die Schichten mit Pyrgulifera Pichleri und die über diesen liegenden marinen Mergel tatsächlich anstehen, so daß also nur noch ein Ausbiß der zwischen diesen Schichten und dem Gosaukonglomerat liegenden Nerineen- und Actaeonellen- kalke aufzufinden wäre. Das Gosaukonglomerat tritt zwischen Hinter- guslberg und dem Hechtsee wieder zutage, wo es in einem Steinbruch zur Schottergewinnung abgebaut wird. Auf der Höhe zwischen dem Hechtsee und der Kiefer treffen wir einen roten fein- körnigen plattigen Kalksandstein, welcher in Kufstein eine Zeitlang als Trottoirstein verwendet wurde und daher in mehreren Brüchen abgebaut wurde. Er liegt nahezu horizontal und diskordant auf steil- gestelltem Hauptdolomit und erweist sich also schon hiedurch als ein jüngeres Gebilde, allein bei dem Mangel an Fossilien blieb es immer- hin unentschieden, ob wir es hier mit Cenoman oder mit einer der Gosau- ablagerungen zu tun hätten. Vor kurzem fand ich nun im Branden- berger Tal zwischen Kaiserhaus und der Erzherzog-Johann-Klause eine mächtige Ablagerung von ganz gleicher Ausbildung als unzweifelhaftes Glied der dortigen Gosauschichten, weshalb auch für den roten Sand- stein vom Hechtsee das gleiche Alter überaus wahrscheinlich wird. Ich möchte hier nicht unerwähnt lassen, daß auch in der Nähe der Thierbergburg möglicherweise Gosauschichten vorhanden sind, die hier allerdings nur durch Gosaukonglomerate vertreten wären. Als solche betrachte ich nämlich die bunten breceiösen Kalke, welche zwischen der Thierbergburg und der Straße nach Thiersee in zwei Brüchen aufgeschlossen sind. Eine sichere Altersbestimmung ist frei- lich erst dann möglich, wenn es glücken sollte, hier Rudisten oder Nerineen und Actaeonellen in diesen Kalken nachzuweisen. Erratische Blöcke und Rollstücke von sandigen dunklen Kalken, auf welchen Nerineen oder Actaeonellen als Längs- oder Quer- 536 M. Schlosser. [12] schnitte zum Vorschein kommen, sind im Inntal keineswegs selten. Ein sehr großer derartiger Block fand sich in der Moräne über den Zementmergeln bei Wachtl, auch aus dem Bett des Aubaches bei Oberaudorf und der Kiefer bei Kohlstatt, sowie aus dem Lugstein- wald kenne ich solche Gerölle. Sie stammen ohne Zweifel von der Nordseite des Pendling und des Kegelhörndls. Ich bekam von dort wiederholt Actaeonellen, Nerineen und Rudisten, aber erst vor kurzem war es mir möglich, diese Lokalität aus eigener An- Anschauung kennen zu lernen. Diesen Gosauschichten gehört auch schon das vermeintliche Eocän am Ostufer des Thiersees an, welches auf der v. Gümbelschen Karte verzeichnet ist, ja schon am höchsten Punkt der Straße über den Thierberg, der Marmlinger Höhe könnte ein Fetzen von Gosauschichten erhalten geblieben sein, wenigstens erhielt ich von dort ein Gesteinstück mit Actaeonellen, das der Finder aus dem Anstehenden losgebrochen haben will. Größere Mächtigkeit gewinnen die Gosauschichten jedoch erst auf der Nordseite des Pendling in einer Höhe von etwa 1200 m Höhe. Die Aufschlüsse sind aber, soviel ich mich erinnern kann — mein Besuch dieser Stelle liest fast 20 Jahre zurück — sehr mangelhaft. Das Vorkommen beschränkt sich in der Hauptsache auf zerstreute Blöcke mit Rudisten und Actaeonellen. Gleichwohl ist es mir sehr wahrscheinlich, daß die Gosauschichten von hier an nach Westen zu, von Verwerfungen und wegerodierten Partien abgesehen einen geschlossenen Zug bilden, was freilich bei der reichen Waldbedeckung und Wegearmut des Terrains schwer nachzuweisen wäre. Um so besser aufgeschlossen sind hingegen die Gosauschichten am Nordfuß des Kegelhörndls am südlichen Plateaurand der Kegelalm. Ich werde später noch auf die dortigen Verhältnisse zu sprechen kommen. In faunistischer Hinsicht bilden die Gosauschichten zwischen Guglberg und Kiefersfelden einen scharfen Gegensatz zu jenen von Breitenau und vom Nusselberg. Sie haben in dieser Beziehung die größte Ähnlichkeit mit den Gosauschichten des Brandenberger Tales und allenfalls auch mit jenen vom Sonnwendjoch bei Rattenberg!). Während bei Breitenau und am Nusselberg unmittelbar nach Ab- lagerung des noch dazu sehr wenig mächtigen Gosaukonglomerates die Bildung echt mariner Schichten erfolgte, ausgezeichnet durch die Anwesenheit von relativ zahlreichen Cephalopoden und Ino- ceramen und das nahezu vollkommene Fehlen von Gastropoden, Rudisten und Korallen, bildeten sich an allen jenen südlicher gelegenen Lokalitäten zuerst die Schichten mit Nerineen und Actaeonellen, sowie solche mit Rudisten und Korallen. Dann scheinen sogar die ohnehin seichten Buchten brackisch geworden, wenn 1) Wie die von mir — Zur Geologie von Nordtirol, Verh. d. k. k. geol. Reichsanst. 1895, pag. 356 — gegebene Fossilliste ersehen läßt, hat die Fauna vom Sonnwendjoch eine ganz andere Zusammensetzung, die nur durch abweichende Tiefenverhältnisse und die Nähe der Küste zu erklären ist. Sie besteht haupt- sächlich aus Gastropoden und zahlreichen, wenn auch kleinen Korallen, dagegen fehlen Cephalopoden und Inoceramen vollständig. Die noch weiter westlich gelegenen Gosauschichten oberhalb Eben stellen möglicherweise überhaupt nur den obersten Horizont von jenen zwischen Ladoi und Pletzachalm dar. [13] Zur Geologie des Unterinntals. 537 nicht gänzlich ausgesüßt worden zu sein, es bildeten sich die Mergel mit Pyrgulifera Pichleri und Melania Beyrichi, ja häufig kam es sogar zur Entstehung eines Kohlenflözes, wie am Sonnwendjoch zwischen Pletzachalm und Ladoi und bei Unterberg, nahe an der Brücke über die Brandenberger Ache und weit nördlich davon an der Mündung des Wernbaches in die Ache. Erst später fand auch im südlichen Bezirk die Ablagerung rein mariner Schichten statt am Guglberg bei Kiefersfelden und am Sonnwendjoch — hier mit reicher Konchylien- und Korallenfauna, während im Brandenbergertal dieser Teil der Gosauschichten nur durch die zwar sehr mächtigen, aber sehr fossilarmen grauen, sandigen Kalke repräsentiert wird. Im Ge- sensatz hierzu zeigen die Gosauschichten von der Breitenau und vom Nusselberg einen einheitlichen Charakter. Es sind echt marine Bildungen, die eine relativ beträchtliche Meerestiefe bedingen. Wir haben also im Inntal auch während der Ablagerungen der Gosauschichten genau wie während des Cenomans im nördlichen Bezirk stets nur rein marine Bildungen in größerer Tiefe, im süd- lichen hingegen Ablagerungen in seichtem und sogar brackischem Wasser. Erst später, gegen Ende des Mittelsenons scheint das Meer hier weiter vorgedrungen zu sein und eine etwas beträchtlichere Tiefe erreicht zu haben. Auch weiter im Östen, in der Nähe von Salzburg und im Salzkammergut, finden wir eine ähnliche Verteilung der Ablagerungen aus tieferem und seichterem Wasser. Auch hier sind nämlich die Gosauschichten mit Ammoniten stets jenen mit Rudisten, Korallen und Brackwassermollusken nördlich vorgelagert, so den typischen Gosauschichten vom Untersberg die ammonitenführenden Mergel von Glanegg, und den Gosauschichten von Abtenau, Rußbach und Gosau die ammonitenführenden Mergel vom Nussensee und von der Schmolnauer Alm bei Strobl— Weißenbach. Nur im Tiefengraben bei Gosau und im Nefgraben bei Rußbach haben sich einige wenige Exemplare von Mortoniceras texanum, Puzosia cor- barıca und Nautilus gosavicus gefunden, eine Ausnahme, welche gegenüber dem Formen- und Individuenreichtum der nördlicheren, dem Alpenrand näheren Lokalitäten keine Rolle spielt. Wir haben also auch bei Salzburg und im Salzkammergut im Norden immer die Ablagerungen in tieferen, mit dem bayrisch-böhmischen Kreidemeer inniger verbundenen Meeresbuchten, im Süden dagegen solche in seichteren, ziemlich abgeschlossenen Becken. Daß diese Verhältnisse sehr wenig für die neueste Hypothese, nach welcher die ostalpine Decke von Süden her überschoben wäre, sprechen, brauche ich hier kaum weiter auseinanderzusetzen. Auch Felix!) hat kürzlich bei der Schilderung der Gosaubildungen im Salzkammergut gewichtige Gründe für die bisherige Anschauung beigebracht, nach welcher diese Ab- lagerungen im wesentlichen an ihrer jetzigen Stelle entstanden sind. Ich möchte hier noch einiges über die Ausbildung der Gosau- schichten vom Kegelhörndl und über neuere Beobachtungen im Bran- denberger Tal einfügen. 1) Studien über die Schichten der oberen Kreideformation in den Alpen und den Mediterrangebieten. Palaeontographica 1908, Bd. LVI, pag. 320. 538 M. Schlosser. [14] Am Kegelhörndl oder richtiger am südlichen Plateaurande der Kegelalm läßt sich ein scheinbarer allmählicher Übergang des weißen Wettersteinkalkes in die blaugrauen, beim Verwittern braun werdenden Actäonellenschichten konstatieren, welche bier zugleich den Abschluß der Gosaubildungen darstellen. Eigentlich marine Schichten . mit Bivalven und Gastropoden und Einzelkorallen aus tieferem Wasser waren hier bis jetzt nicht nachweisbar und ebensowenig die brackischen und kohligen Schichten mit Melania und Pyrgulifera. Die Reihenfolge der SW-—-NO streichenden und mit etwa 40° NW fallenden Schichten ist hier von oben nach unten: Sandiger blaugrauer, beim Verwittern brauner Kalk mit Actaeonella conica Lam. ; | Breccie von weißen und grauen Brocken von Triaskalken mit ziemlich viel bräunlich sandiger Ausfüllungsmasse mit Nerinea nobilis GFoldf., Bronni Goldf., Sphaerulites angeiodes Lap. und Hippu- rites inaequicostatus Münst.; Breccie von weißen und grauen Brocken von Triaskalken mit wenig bräunlicher in Adern auftretender Ausfüllungsmasse und Sphaerulites angeiodes ; Breccie von weißen und grauen Brocken von Triaskalken ohne Aus- füllungsmasse ; intakter Triaskalk. Es geht hieraus hervor, daß zu Beginn der Gosauablagerungen die Meereswogen an eine aus Wettersteinkalk bestehende Felsen- küste brandeten und daß zuerst nur die festgewachsenen Rudisten daselbst existieren konnten. Erst als das Meer etwas tiefer wurde und fremdes feingeriebenes sandiges Material zum Absatz gelangte, . waren auch Existenzbedingungen für dickschalige Schnecken gegeben, und zwar lebten zuerst, als noch lose Brocken von Wettersteinkalk den Boden bedeckten, die Nerineen und später, als der Boden nur mehr aus sandigem Detritus bestand, die Actaeonellen. Die meisten Versteinerungen findet man ausgewittert und ver- schwemmt in den seichten Wasserrinnen westlich von den Almhütten, jedoch ist die Fauna sehr artenarm, denn von den genannten Neri- neen und von Sphaerulites und Actaeonella abgesehen, konnte ich bisher nur Hippurites inaequicostatus Münst. und Heliastraea corollaris Reuss. an dieser Lokalität nachweisen. Westlich vom Kegelhörndl scheint sich der Zug der Gosau- schichten zu gabeln, wenigstens treten sie im Brandenberger Tal als zwei getrennte Partien auf. Der südlichen gehören vermutlich die Fundplätze südwestlich von Riedenberg an. Als besonders fossilreich wurden mir genannt die Lokalitäten Kienbrand, Riedbergwies und Krumbach, die ich allerdings noch nicht aus eigener Anschauung kenne. Wahrscheinlich ist die Ausbildung der Gosauschichten hier eine ganz ähnliche wie auf der Südwestseite des Hainbergs — die Karten geben Heuberg an — wo sie eigentlich nur ein Haufwerk von Rudisten und Nerineen mit vereinzelten Stockkorallen dar- stellen. Der nördliche Zug scheint auf die Nähe der Erzherzog- 115] Zur Geologie des Unterinntals. 539 Johann-Klause beschränkt zu sein, wo ich zwar selber die Gosau- schichten noch nicht anstehend finden konnte, allein ihre Anwesenheit kann deshalb nicht ernstlich bezweifelt werden, weil vor kurzem die ‚Münchener geolog.-paläont. Sammlung von dort eine Menge Fossilien erhielt, die sich ‚freilich nur auf wenige Arten verteilen, unter welchen Hippurites sulcatus Defr., Sphaerulites angeiodes Lap., Nerinea Buchi Kef. und nobilis Goldf. sowie Actaeonella conica Sow. ungemein häufig sind, während Cerithium furcatum Zek. und Plagioptychus Aguillonii d’Orb. nur durch je drei Exemplare und die Korallen Thamnaraea, Phyllocoenia exsculpta Reuss., Ph. pediculata M. E. et H., Heterocoenia Reussi M. E. und Placocoenia irregularis Reuss. nur durch je ein oder höchstens zwei Stücke vertreten sind. Das Gestein, welches diesen Fossilien anhaftet, ist ein graubrauner sandiger Kalk mit ziemlich viel Glaukonit. Erst vor wenigen Tagen erfuhr ich, daß diese Versteinerungen aus dem Weissenbachtal stammen, wo bereits die v. Gümbelsche geologische Karte Gosauschichten angibt. Aber auch in nächster Nähe der Erzherzog-Johann-Klause sollen Gosauschichten anstehen. Ich vermute, daß sie hier zwischen Neokom und Hauptdolomit eingefaltet sind. Die auf der v. Gümbelschen Karte angegebene normale Schichtenfolge existiert hier auf keinen Fall, sie tritt erst am Nordflügel dieser von Achental bis Wachtl ziehenden Mulde am Wege nach Valepp zutage, der Südflügel hingegen hat hier im Tal der Brandenberger Ache zweifellos Störungen erlitten. Durch die Anlage des Triftsteigs, der etwa eine halbe Stunde hinter Mariatal beginnt und bis zur Erzherzog-Johann-Klause reicht, wurden eine Anzahl prächtiger Aufschlüsse zugänglich gemacht, denn dieser fünfstündige Weg führt mindestens zwei Stunden lang durch Klammen. In der ersten Klamm wurde unterhalb des Weilers Tiefen- bach die Grenze von Trias, Plattenkalk und Gosauschichten ange- schnitten, die hier mit roten groben Kalkbreccien beginnen und dann als graue, aber leider fossilleere sandige Mergel entwickelt sind und in dieser Ausbildung bis in die zweite Klamm — nördlich der Branden- berger Brücke — bei Unterberg fortsetzen. An den Grenzen gegen die Gosaubreccie enthalten sie selbst noch Lagen von nuß- bis faust- sroßen eckigen Brocken von hellem Kössener Kalk, manchmal aber auch Lagen von erbsen- bis nußgroßen wohlgerundeten und geglätteten Geröllen von schwärzlichem und dunkelbraunem Quarz und Kalk, deren Herkunft nicht näher zu ermitteln ist!). Solche Gerölle treffen wir auch am Wege von Brandenberg nach Oberberg, wo sie nicht selten _ auch in den dortigen Nerineenbänken ganze Lagen bilden. Die grauen kalkigen Gosauschichten streichen an der Ache ziemlich genau NS und fallen mit etwa 50° nach Osten ein. Sie sind auch in gleicher Ausbildung höher oben am Fahrweg von Aschau nach Kramsach bis zum Weiler Tiefenbach hin aufgeschlossen und ziehen sich östlich !) Ampferer, Über exotische Gerölle in der Gosau (Jahrb. d. k. k. geol. Reichsanust. 1909, pag. 331), beobachtete jedoch ähnliche Gesteine bei Hopfgarten und Fieberbrunn. Jahrbuch d. k. k. geol. Reichsanstalt, 1909, 59. Bd., 3. u. 4. Hft. (M. Schlosser.) 71 540 M. Schlosser. [16] der Ache bis zur Säge bei Oberberg hinauf, wo sie an die Actaeo- nellen- und Nerineenbänke angrenzen. Nur hier am ÖOstrand des Beckens enthalten diese grauen Kalke Versteinerungen in größerer Menge !), und zwar ist es die sonst so seltene Avicula caudigera Zitt., mit deren Schalen manche Blöcke ganz erfüllt sind. Außerdem fand sich nur ein kleines Exemplar von /noceramus regularis d’Orb. Ein zweiter solcher Block, den ich weiter oben im Mühlbachgraben antraf, enthielt außer Avicula ein großes Exemplar von Oerithium Haidingeri Zek. nebst einer Orassatella macrodonta Sow. und einer nicht näher bestimmbaren Bauchpanzerplatte eines Crocodiliers. In dem Wald oberhalb Oberberg am Weg zur Einkehralm und zum Hainberg sind die Gosauschichten bis an die Grenze gegen den Hauptdolomit durch ein förmliches Haufwerk von Nerinea Buchi und nobilis und Actaeonella conica und Rudistenbänke repräsentiert, welch letztere vorwiegend aus Hippurites sulcatus Defr.?), seltener aus Sphaerulites angeiodes Lap. und Hippurites inaequicostatus Münst. bestehen, neben welchen zuweilen auch Stöcke von Placocoenia Orbignyana Reuss. vorkommen. Auf die grauen sandigen Kalke folgt am Triftsteig in der Klamm nördlich von Unterberg brecceiöser Kössener Kalk, nur einige Meter mächtig, dann sehen wir einige Bänke der grauen kalkigen Gosau- schichten mit vereinzelten Linsen teils von eckigen hellen Kalkbrocken, teils von dunklen erbsen- bis nußgroßen Quarzgeröllen, hernach steil aufgerichtete rote und zuletzt helle Breccien von nuß- bis faustgroßen Kalkbrocken, an welche die kohligen Schichten mit Pyrgulifera Pichleri und Melania Beyrichi diskordant angelagert sind. Diese letzteren bilden eine Mulde von höchstens 8 m Durchmesser, deren Nordflügel mit etwa 25° nach SO einfällt, während der Südflügel etwas steiler aufgerichtet ist. Die Mächtigkeit dieser Schichten, deren oberste ein ziemlich reines Kohlenflöz darstellt, beträgt scheinbar nicht mehr als 1!/, m. Sie werden konkordant von grauen fossilleeren sandigen Mergeln überlagert. Die Mulde zieht sich ziemlich steil am Gehänge empor, jedoch halte ich ihr baldiges Auskeilen für ziemlich wahrscheinlich. Vor Errichtung des Triftsteiges waren diese kohlen- führenden Schichten nur unten an der Ache aufgeschlossen, ein Auf- schluß, der aber jetzt wegen des dortigen Rutschterrains durch Damm- bauten zum größten Teil verdeckt wird. Vor 15 Jahren fand ich dort eine reiche Fauna, worüber ich. bereits früher berichtet habe °). Der neue Aufschluß lieferte bis jetzt viel weniger Arten, nämlich: Actaeonella Lamarki Sow. sp. Pyrgulifera Pichleri Hörn. Cerithium Simonyi Zek. Dejanira bicarinata Stol. Nerinea Buchi Kef. Nerita sp. Melania Beyrichi Zek. Glauconia Kefersteini Münst. sp. !) Sonst fand ich nur an zwei Stellen in halber Höhe des Berges Versteine- rungen, nämlich ein Fragment eines Cerithiums und ein charakteristisches Exemplar von Cucullaea norica Zitt. 2) Als sulcatus und inaequicostatus hat Douvill& die Hippuriten be- stimmt, welche ich ihm vor Jahren von dieser Lokalität zur Ansicht geschickt hatte. 3) Zur Geologie von Nordtirol, Verhandl. der k. k. geol. R.-A. 1895, pag. 358. [17] Zur Geologie des Unterinntals. 541 und ziemlich große, aber nicht näher bestimmbare Bivalven, viel- leicht Cyrenen oder Cyprina bifida Zitt. Unter den Gastropoden ist hier im Gegensatz zu dem früheren Aufschluß Glauconia Kefersteini bei weitem am häufigsten, was wohl in der mehr kohligen Ausbildung der Schichten begründet sein dürfte. Der folgende Teil der Klamm verläuft nur in Kössener Kalk und Hauptdolomit, an welchen sich dann bei Pinegg Wettersteinkalk anschließt. Dieses Gestein bildet dann auch die Felswände der prächtigen dritten Klamm, der Kaiserklamm, nördlich vom Kaiserhaus. Es fällt ziemlich steil gegen NW. Hieran schließt sich am Ausgang der Klamm, allmählich verflachend, die rote kalkige Gosaubreccie, die am jenseitigen Ufer der Ache noch bis fast zur Einmündung des Wernbaches ansteht. Hier treffen wir nun wieder einen Ausbiß der kohligen Gosauschichten, die hier in einer Höhe von 3 m aufgeschlossen sind und sehr flach, ziemlich genau nach W, einfallen. Die oberste Lage bildet ein fast reines Kohlenflöz, die unteren sind grau und feinkörnig-sandig mit etwas Beimengung von Glaukonit. Der ganze Komplex wird zweifellos von roter Kalkbreceie überlagert, hingegen ist das Liegende nicht aufgeschlossen. Scheinbar taucht zwar die rote Breccie vom Ausgang der Kaiserklamm unter diese Kohlenschichten hinab, allein es ist auch nicht ausgeschlossen, daß sie hier nur auf einer Verwerfung um einen geringen Betrag abgesunken ist. Dagegen besteht kein Zweifel darüber, daß diese kohligen Schichten früher vor der Erosion durch die Ache mit jenen Schichten mit Pyrgulifera Pichleri zusammen- hingen, welche oben im Walde am Wege vom Kaiserhans zum Guffert zutage treten. Von Versteinerungen kommen am Wernbach vor: Bulla n. sp. Pyrgulifera Pichleri Hörn. sp. Volvulina laevis Sow. Neritina n. sp. Oerithium provinciale d’Orb. ? Oyrena solitaria Zitt. Melania dubia Stol. Diese letztere Art ist hier durch zahlreiche ziemlich große und ungewöhnlich gut erhaltene Exemplare vertreten. Besonders erwähnens- wert erscheint auch das Vorhandensein einer neuen Art von Bulla und einer Neritina, welch letztere in der Färbung an N. semiplicata Sandb. aus dem Miocän von Vargyas in Siebenbürgen erinnert und die Größe der N. crenulata Klein von Kirchberg an der Iller besitzt. Die roten Breccien bilden weiter westlich bei der Brücke die beiden Ufer der Ache, dann folgt ein Konglomerat von wohlgerundeten grauen meist haselnußgroßen Kalkgeröllen und an diese schließen sich rotbraune sandige Kalke an, mit welchen dann hier die Gosauschichten ihren Abschluß finden. Sie fallen mit ungefähr 50° nach W ein und srenzen diskordant an Hauptdolomit, in welchen sich auch die dann bald beginnende vierte Klamm eingeschnitten hat. In der Nähe der Erzherzog-Johann-Klause scheinen außer den schon oben erwähnten Schichten mit Rudisten, Nerineen und Actaeonellen auch die Schichten mit Pyrgulifera Pichleri vorhanden zu sein, jedoch haben sie hier eine andere Ausbildung, anstatt kohlig sind sie als braungelbe sandige Mergel entwickelt. Pyrgulifera Pichleri 71% 542 M. Schlosser. [18] wird hier ungewöhnlich groß und ihre Gesellschaft besteht nur aus Cerithium articulatum und Actaeonella Lamarcki, Lagen mit Glauconia Kefersteini, Ampullina bulbiformis und ziemlich großen Cyrenen be- finden sich wahrscheinlich in nächster Nähe. Mittelsenon. Diese Abteilung der oberen Kreide ist im Inntal nur durch die Zementmergel von Eiberg vertreten, welche ich bereits vor einigen Jahren besprochen habe. Die jetzt von Herrn Weinberger fort- gesetzten Aufsammlungen haben mir so viel neues Material geliefert, daß eine Revision meiner früher gegebenen Fossilliste keineswegs überflüssig erscheinen dürfte. Ich verhehle mir jedoch keineswegs, daß auch das folgende neueste Verzeichnis noch lange keinen An- spruch auf Vollständigkeit machen kann. Es liegen bis jetzt von Eiberg vor: Osmeroides n. sp. Uypricardia trapezoidalis Röm. Callianassa cfr. Faujasi Desm. sp. 5 testacea. Zitt. Nautilus patens Kner. Cardium asperum Münst. Heteroceras Schloenbachi köm. Lueina sp. Orassatella arcacea Zitt. Pectunculus Geinitzi d’Orb. Arca Galieni d’Orb. Öucullaes Matheroniana d’Orb, Inoceramus af. undulatoplicatus Röm. Hauericeras aff. Welschi Gross.“ Gaudryceras cfr. Sacya Stol. Pachydiscus Cayeuxi Gross.“ R af. Linderi Gross. Sonneratia Daubrei Gross.* a Savinü Gross.“ Mortoniceras texanum BRöm.“ Inoceramus Crispi Mant. Anisoceras armatum: Sow. af. hungaricus Palfy pseudoarmatum Schlüt. 2 sp Volutilithes semilineatus Münst. sp. Lispodesthes magnifica J. Böhm j cfr. Schlotheimi Röm. sp. Fusus aequicostatus Reis Cerithium ? Turritella sexlineata Röm. Natica Iyrata d’Orb. Bulla sp. Strophostoma cfr. Reussi Stol. Tapes faba Sow. Pinna reticulata Höningh. Gervilleia cfr. solenoides Defr. Spondylus spinosus Sow. Micraster sp. Öyeloseris af. provincialis M, H. Oredneria integerrima Zenk. Quercus (Drymeia) cfr. Langeana Heer Laurus sp. Gen. et sp. ind. Dicotyledonum. Was das genauere geologische Alter dieser Schichten betrifft. so kommt hierfür Santonien in Betracht, wenigstens sind die mit * versehenen Ammonitenarten nach de Grossouvre bezeichnend für das Santonien, das Mittelsenon. Pachydiscus Linderi wäre allerdings dem Coniacien eigen, jedoch handelt es sich in dem Falle überhaupt nur um ein einziges Exemplar, welches noch am ehesten mit dieser Art vergleichbar, aber keineswegs damit identisch ist. Hauericeras Welschi unterscheidet sich von dem echten Welschih durch seine dickeren Windungen, auch scheinen Einschnürungen vollständig zu [19] Zur Geologie des Unterinntals., 543 fehlen. Gaudryceras stimmt genau mit dem Redtenbacherschen Ammonites sp. indef. cfr. Sacya Forbes — Taf. XXX, Fig. 4 — von Glanegg überein. Mortoniceras ist die typische ziemlich flache Form. Von den Lamellibranchiaten ist Peetunculus Geinitzi bei weitem am häufigsten. Meistens haben die Zweischaler starke Verdrückung er- litten, aber keineswegs in höherem Grade als etwa jene von Haldem und von Lüneburg, weshalb auch diese Deformierung nicht als Beweis für einen Transport der Schichten angesehen werden kann, denn man müßte dann auch für jene Kreideschichten von Norddeutschland einen solchen Transport annehmen. Von Jnoceramus af. undulatopli- catus liegt bis jetzt nur ein einziges Exemplar vor, in der Mitte- rerschen Sammlung in Häring befindlich. Einen ganz ähnlichen Iro- ceramus besitzt die Münchener geolog.-paläontol. Sammlung aus der Gosau. Die übrigen Inoceramen hat Petrascheck teils mit der Haldemer, bisher als Crispi bestimmten Art vereinigt, teils hat er sie mit hungaricus verglichen, teils aber auch für neu erklärt. Von den Pflanzen ist ein großes, Frcus ähnliches Blatt, weil nur als Bruchstück erhalten, leider nicht bestimmbar, jedoch liefert die Anwesenheit von vier verschiedenen Dicotyledonenarten auf alle Fälle den unum- stößlichen Beweis, daß in der jüngeren Kreidezeit festes Land in der Nähe existiert haben muß. Auch ist der keineswegs ungünstige Er- haltungszustand dieser Blätter durchaus unvereinbar mit der Annahme, daß die Eiberger Senonschichten in Trias eingeschlossen, einen weiten Transport erlitten hätten. Ganz besonders aber spricht gegen eine solche Annahme der Erhaltungszustand des vor kurzem gefundenen zweiten Fisches, der im Gegensatz zu dem schon früher erwähnten, an dessen Kopf die Vorderpartie fehlt, sehr gut bestimmbar ist. Der Kopf ist hier noch körperlich erhalten und seine Operkularplatten, sowie die Schuppen lassen noch die feinste Skulptur und Struktur erkennen und wären vorzüglich geeignet zur Anfertigung mikro- skopischer Präparate. Wie hingegen Fische aussehen müssen, welche in fossilem Zustand in Schichten eingeschlossen einen Transport und tektonische Ereignisse mitgemacht haben, zeigen uns die Glarner Fische. Die Größe dieses Fisches ist die von Osmeroides levis 8. W. — Aulolepsis typus Ag. — jedoch erinnern die Verzierungen der Schädelknochen an jene von Osmeroides lewesianus Mant., während die Schuppen sich hiervon durch die ausgesprochen konzentrischen Streifen unterscheiden. Der Erhaltungszustand gleicht abgesehen von dem Gestein vollkommen jenem aus der oberen Kreide von England. Eoeän. Nach v. Gümbel spielt das Eocän, wenigstens die Häringer Schichten und die mit ihnen scheinbar innig zusammenhängenden Reut im Winkler Schichten — von dem älteren Eocän von Neu- beuren können wir hier vollständig absehen — im Inntal eine her- vorragende Rolle, denn sie finden sich nach ihm fast allenthalben in der Niederung von Niederndorf an bis Rattenberg. In Wirklichkeit fallen jedoch die Exogyrenschichten von Niederndorf, weil zum Cenoman und die Schichten von Breitenau und vom Nusselberg bei 544 M. Schlosser, [20] Kiefersfelden, weil zur Gosaukreide gehörig, weg und das vermeint- liche Eocän am Ostfuß des Thierberges bei der Klause, sowie die weit ausgedehnten molasseähnlichen Schichten vom Angerberg zwischen Mariastein und Kramsach müssen ebenfalls hiervon ausgeschlossen werden, weil sie wie wir sehen werden zur oligocänen Molasse ge- zählt werden müssen. Das auf der Karte angegebene Eocän westlich vom Hechtsee ist nichts anderes als eine Hauptdolomitbreccie, die vielleicht dem Gosaukonglomerat entspricht und die kleine angebliche Eocänpartie östlich vom Thiersee ist sicher ein sandiger Actaeonellen- kalk, also eine Gosaubildung. Dagegen könnte die als Eocän ver- merkte Partie beim Sagwald in der Mühlau dem Alter nach richtig bestimmt sein, denn auch die an der gegenüberliegenden Seite des Talkessels bei Dörfl anstehenden granitmarmorähnlichen Kalke sind entschieden richtig gedeutet. Es verbleiben daher als Eocän, obere Nummulitenschichten, am linken Innufer nur die braungrauen sandigen Nummulitenkalke und allenfalls auch noch die offenbar darüberliegenden Konglomerate an der Straße vom Weber an der Wand, in der Mühlau, die bei der Gfallermühl auch noch über die Straße herübergreifen, sowie die Kalke im Graben bei Dörfl, am rechten Innufer aber die Nummuliten- schiehten von St. Nikolaus zwischen Sebi und dem Fuß des Zahmen Kaisers, die sich dann ziemlich weit nach Osten fortsetzen, sowie die tieferen Häringerschichten vom Duxerköpfl und von Häring. Diese Vorkommnisse am rechten Innufer werde ich jedoch nur soweit be- rücksichtigen, als sie in Beziehung stehen zu den molasseähnlichen Ablagerungen zwischen der Landesgrenze am Thierberg und Kramsach und soweit neue Fossilien daselbst nachgewiesen werden konnten. Die Nummulitenschichten beim Weber an der Wand und bei der Gfallermühle sind als graubraune sandige Kalke entwickelt, welche sich von den cenomanen Exogyrenkalken nur durch ihre hellere Farbe und durch ihre geringere Festigkeit unterscheiden. Sie sind augenscheinlich aus aufgearbeitetem Material, dem Detritus, dieser letzteren entstanden. Die Nummuliten kommen fast nur in den tieferen Lagen und auch da nur nesterweise vor. Die kleinen haben einen größten Durchmesser von 3—4 mm und scheinen ziemlich dick zu Sein, die größeren, die auch nicht viel mehr als 5 mm im Durch- messer erreichen, sind flacher. v. Gümbel hat sie als N. variolaria und Lucasana bestimmt. Die erstere Art dürfte wohl durch die kleineren und dickeren Exemplare vertreten sein. Dagegen finde ich keine solchen, welche ich als Lucasana bestimmen möchte. Die größere flachere Form erinnert, abgesehen von ihrer relativen Kleinheit, am ehesten an N. intermedia d’Arch, die auch in den Priabonaschichten vorkommt. Die Nummuliten scheinen, wie oben bemerkt, nahezu auf die untere Hälfte dieser graubraunen sandigen Kalke beschränkt zu sein, die obere enthält nur in gewissen Lagen Fossilien, und zwar entweder massenhaft einen Seeigel, Maretia Desmoulinsi Cott. oder Bivalven und Gastropoden, die aber wegen ihrer schlechten Erhaltung nur selten eine nähere Bestimmung zulassen. Am Westfuß des Mühlbachberges, wo die geologische Karte fälschlich Haupt- dolomit angibt, am Wege von Hocheck nach Ramsau fand ich einen [21] Zur Geologie des Unterinntals. 545 Block ganz erfüllt mit Oytherea trigonula Desh, die in Frankreich auch noch in den Sables moyens von Fayel vorkommt, außerdem ent- hielt er Borsonia sp. und eine Anzahl Seeigel, Maretia Desmoulinsi Cott. Herr Weinberger brachte mir kürzlich von dort: Rimella fissurella Lam. Cardium granulosum Lam. Solarium cfr. plicatum So. s Bouei Desh. Solen crassilis Desh. Lucına cfr. elegans Desh. Cytherea trigonula Desh. Chama calcarata Lam. Cardium sp.') Maretia Desmoulinsi Oott. z obliguum Lam. Echinanthus sp. Beim Weber an der Wand sammelte Herr Weinberger folgende Arten: Rimella fissurella Lam. Lueina sp. Cerithium efr. semen Oppenh. Cardita cfr. intermedia Broce. Teredo Pecten corneus Sour. Cytherca sp. „. „efr. Favrei d’ Arch. Cardium cfr. artum Schafh. „.. efr. venetorum Oppenh. 5 obligquum Lam. Fast alle diese Konchylienarten gehören dem Pariser Grob- kalk an, gehen aber auch noch in die Sables moyens hinauf, so daß es kaum zweifelhaft bleibt, daß wir es entschieden eher mit Eocän als mit Oligocän zu tun haben. | Am besten sind die Seeigel zu bestimmen, denn sie zeigen, soweit sie aus dem Gestein ausgewittert sind, alle Merkmale aufs genaueste, während der noch darin befindliche Teil mit dem Stein so fest verwachsen ist, daß alle Präparationsversuche scheitern. Noch näher gegen die Konglomerate zu stellen sich auch Pflanzenreste ein, die man aber nur als Häcksel bezeichnen und daher auch nicht be- stimmen kann. Heer identifizierte zwar ein ihm v. Gümbel ge- schicktes Blatt mit Dyospyros haeringiana Ett., jedoch möchte ich sehr bezweifeln, ob der Fundort „Oberaudorf“ richtig ist. Übrigens ist diese Art auch in Häring überaus selten und auch schon bezüglich des Genus sehr zweifelhaft und daher wenig geeignet zur Fixierung des geologischen Alters. Die Konglomerate bilden ungefähr das oberste Drittel des ganzen Schichtenkomplexes. Sie bestehen vorwiegend aus Rollstücken von Hauptdolomit und Kössener Kalk, nur ausnahmsweise kommen darin auch Quarzgerölle vor. Die Größe der einzelnen Gerölle, die in der Regel sehr vollständig abgerundet erscheinen, wechselt von Erbsen- bis zu Faustgröße. In den tieferen Schichten des Konglomerates, so- wohl südlich der Gfallermühle, als auch an der Südseite, etwa in halber Höhe des Mühlbachberges, trifft man mehr als kopfgroße Roll- stücke von Cenoman mit Exogyra columba, welche förmlich Bänke bilden und offenbar einem ehemals in der Nähe befindlichen und ı) Es ist eine ziemlich große, niedrige Form mit zahlreichen kräftigen Rippen, die auch im Eocän von Istrien vorkommt und wohl den Vorläufer von Cardium tirolense vorstellt. 546 M. Schlosser. [22] gegen finde des Eocän von den anprallenden Wogen zerstörten Riff entstammen, dessen feinerer Detritus vorher das Material für die Schichten mit Nummuliten und Maretia geliefert hatte. Haupt- sächlich nach der Entstehung dieser Geröllbänke fiel dann auch der südlich anstehende Hauptdolomit und der im Norden angrenzende Kössener Kalk teilweise der Zerstörung durch die Brandung anheim und lieferte so das Material für die Konglomerate. Außer den Rollstücken mit Exogyra columba enthalten die tiefsten Lagen der Konglomerate auch solche, welche ganz erfüllt sind mit Einzelkorallen, wahrscheinlich T’rochocyathus Gümbeli Reis und Tr. laterocristatus M. E. et Haime'), die vermutlich auf jenem Riff gelebt hatten, bevor dies zusammengebrochen war. Bemerkenswert sind die zahlreichen mehr oder weniger senkrechten Rutschflächen, welche diese Konglomeratbänke durchsetzen. Auch in den Kalken mit Num- muliten und Maretia lassen sich zahlreiche vertikale Verwerfungen konstatieren, welche in den höheren Partien des Mühlbacherberges auch die Entstehung mehrerer sehr deutlicher Treppenbrüche ver- ursacht haben. Im ganzen stellen die Kalke und Konglomerate eine von SW nach NO streichende Mulde?) dar, deren Nordflügel den Mühlbacherberg und den Lugsteinwald bildet, die Straße nur weit hinten in der Mühlau überschreitet und mit nicht viel mehr als 30° nach Südost einfällt, während der Südflügel auf die Höhe, auf welcher die ') Die Korallen der Reiterschichten. Geognostische Jahreshefte, II. Jahr- gang 1889, pag. 156, Taf. IV, Fig. 3—6, pag. 157, Taf. IV, Fig. 12. ?) Ganz unverständlich sind mir die Profile, welche v. Gümbel — geognostische Beschreibung des bayrischen Alpengebirges, Taf. XXXVIII, Fig. 281 und 282 — gibt. Die orographische Darstellung von Fig. 282, pag. 639 ließe sich vielleicht noch in der Weise deuten, daß mit dem höchsten Punkt, über welchem das Wort „Dufttal“ steht, der Mühlbachberg gemeint wäre, die kleine namenlose Kuppe wäre dann der Hügel südlich der Sensenschmiede, auf welchem die Gfallermühlwirtschaft liegt und die dritte Höhe wäre der Nusselberg, was auch insofern zuträfe, als an der Nordseite dieses Berges wirklich wie in dem Profil Hauptdolomit ansteht. Allein dann ist wieder nicht recht einzusehen, warım darüber der Name Wirtsbühel gesetzt wurde. Freilich paßt auch das Wort Dufttal nicht auf einen Berg, über welchen es hier eingetragen erscheint. Aber gänzlich falsch ist nun die Lagerung der Schichten dargestellt, die nach dieser Zeichnung an dem Mühlbacherberg nach Norden einfallen und südlich der Gfaller- mühle eine Mulde bilden würden, was aber mit den Tatsachen im direktesten Widerspruch steht. Profil 281, pag. 640 „an einer benachbarten Stelle in der Nähe der Mühle“ scheint ein Teil der Mulde der kleinen Kuppe von Fig. 282 zu sein, jedoch zeigt dieses Profil als Liegendes Hauptdolomit, der in dem ersteren Profil erst südlich von den Eocänschichten auftritt. Die Gliederung der fünf Schichten, in der Zeichnung sind deren sechs unterschieden, läßt sich für diesen Teil allenfalls noch durchführen, dagegen ist eine Abteilung in zehn Schichten absolut unhaltbar, denn z. B. die Mergel und Tone bilden nur ganz lokale linsen- artige Einlagerungen von wenigen Metern in seitlicher Ausdehnung. Zumeist handelt es sich hierbei überhaupt nur um Ausfüllung der zahlreichen vorhandenen Klüfte durch nachträgliche Einschwemmung von tonigem Material. Daß natürlich da und dort wenigstens in den Konglomeratbänken Linsen von Mergeln und Tonen bereits ursprünglich eingelagert waren, soll keineswegs in Abrede gestellt werden, für Profile kommen sie jedoch auf keinen Fall in Betracht. Man kann vielmehr streng genommen nur drei annähernd gleich mächtige Horizonte unterscheiden, einen Kalk mit Nummuliten, einen zweiten lokal mit Maretia und die Kon- glomerate. Zwischen den zweiten Kalk und die Konglomerate schieben sich die ganz geringmächtigen Lagen mit Pflanzenspuren ein, Kohlenputzen habe ich noch nie beobachtet. [23] Zur Geologie des Unterinntals. 547 Gfallermühl steht, beschränkt ist und mit etwa 40° nach Nordwest ein- fällt. Der größte Teil dieses Südflügels ist der Erosion zum Opfer gefallen, jedoch gehören ihm wahrscheinlich auch noch die dürftigen Reste der Nummulitenschichten beim Weber an der Wand an, welche dem Kössener Kalk innig angelagert sind und anscheinend. sogar in Vertiefungen desselben eingreifen. Zum größten Teil ist das Eocän hier aber nur mehr durch lose, allseitig gerundete, im Ge- hängeschutt und spärlichem Moränenmaterial eingebettete Blöcke repräsentiert. Im Gegensatz zu diesem stark reduzierten Südflügel hat der Nordflügel bedeutende Ausdehnung, denn auch die Strecke, auf welcher die geologische Karte am Mühlbacherberg Hauptdolomit angibt, besteht mindestens zum allergrößten Teil nur aus Nummuliten- kalk. Insofern der das Liegende bildende Kössener Kalk jetzt vertikal: steht, der Nummulitenkalk aber mit 30% nach Südost fällt, haben wir scheinbar auch einen gewissen Anhaltspunkt für die Neigung des Kössener Kalkes zu jener Zeit, als der Nummulitenkalk natürlich horizontal in der damaligen Meeresbucht abgesetzt wurde. Schon damals dürfte der Kössener Kalk nicht mehr horizontale Lagerung besessen haben, er muß scheinbar bereits eine Platte von 60° Neigung gebildet haben. Daß die Neigung indes wirklich so be- deutend war, möchte ich doch bezweifeln, denn der Fallwinkel der Nummulitenkalke beträgt nicht konstant 30%, er ist in den ver- schiedenen Querschnitten keineswegs gleich und kann selbst bis zu 450 erreichen. Das eine ist jedoch nicht unwahrscheinlich, daß der Kössener Kalk bereits aus seiner ursprünglichen horizontalen Lage ge- bracht war, als sich auf ihm, dem damaligen Meeresboden die Nummulitenschichten ablagerten, denn sie greifen zu innig in die Oberfläche des Kössener Kalkes ein. Was das geologische Alter des Nummulitenkalkes betrifft, so ist es jedenfalls das nämliche, wie jenes der tieferen Häringer- schichten im eigentlichen Becken von Häring, da auch die letzteren die nämlichen Nummuliten enthalten. Der Horizont mit Maretia könnte vielleicht ein Aquivalent der Häringer Zementmergel sein, insofern auch in diesen ein sehr ähnlicher Seeigel vorkommt. Dagegen haben die so mächtigen Konglomerate kein direkt nachweisbares Äquivalent im Becken von Häring, denn die einzige von Gümbel erwähnte, die Häringerschichten nach oben abschließende Konglomeratbank kann doch kaum die mindestens 50 m mächtigen Oberaudorfer Konglomerate ersetzen. Wegen der großen Vorschiedenheit der marinen Fauna von Öberaudorf und jener von Häring ist es mir jedoch wahrscheinlicher, daß wir etwa folgende Homologisierung vorzunehmen haben: OÖberaudorf Häring Unteroligocän . . . tiefes Meer marine Zementmergel. ohne Sedimentierung? Ob Konglomerate Pflanzenschichten und Kohlen eT- } Kalke mit Maretia Mergel mit Aporrhais und Actaeon Kalke mit Nummuliten. Kalke mit Nummuliten, Korallen, Konglomerate. Jahrbuch d.k. k. geol. Reichsanstalt, 1909, 59. Bd., 3. u. 4. Hft. (M. Schlosser.) 72 548 M. Schlosser. [24] Diese Parallelisierung gewinnt auch an Wahrscheinlichkeit durch einige neuere Funde in den Häringerschichten bei Ebbs und beim Duxerköpfl. Durch den Staßenbau nach Vorderdux wurden nämlich eine Menge loser Blöcke aufgedeckt, welche aus den anstehenden Häringerschichten von Hinterdux stammen und außer zahllosen Blättern zum Teil auch Cyrenen und Limnaeus enthalten. Unter den Pflanzenresten konnte ich alle häufigeren Häringer Arten nach- weisen mit Ausnahme von Sabal major. Dafür sind aber die als Eucalyptus bestimmten Früchte hier unvergleichlich häufiger als in in den Häringer Bergwerken. Einige Gesteinsproben waren ganz er- füllt mit kleinen elliptischen Cyrenen, die noch am ehesten mit der eocänen ÜUyrena breviuscula Desh. sowie mit cycladiformis Desh. sich vergleichen lassen. Vielleicht handelt es sich um Oyreia gregaria May. Eym et v. Gümbel‘), die aber doch kleiner zu sein scheint und überdies auch ganz ungenügend beschrieben ist. Von einer größeren Art liegen zwei aufgeklappte, die Innenseite aufweisende Exemplare vor, welche in ihrem Umriß und durch ihre Flachheit an Cyrena angustidens Mel. aus dem Untereocän erinnern. Eine dritte Art ist nur durch ein einziges, aber sehr gut erhaltenes Exemplar vertreten. Es hat mit Cyrena cuneiformis Fer, aus dem Untereocän große Ähn- lichkeit. Wenn es auch natürlich nicht angeht, diese Cyrenen mit den obengenannten Arten aus dem Pariser Eocän zu identifizieren, so spricht ihre Ähnlichkeit mit diesen eocänen Arten und ihre Ver- schiedenheit von allen wirklich oligocänen Arten doch sehr dafür, daß die betreffenden Glieder des Häringer Schichtenkomplexes noch viel eher in das Eocän als in das Oligocän gehören. Noch bessere Beweise für das eocäne Alter liefern jedoch die beiden neuen Gastropodenarten, ein Limnaeus und ein Helix. Die zahlreichen Steinkerne des Limnaeus erfüllen einen großen Block eines weißen Süßwasserkalkes. Sie stimmen sowohl in der Form als auch in der Größe sehr gut mit Limnaeus marginatus Sandb., wie ihn Andreaet) darstellt, überein. Diese Art war bisher nur aus den Melanienkalken von Kleinkembs in Baden und von Brunnstatt und Altkirch in Ober- elsaß bekannt, welche von Sandberger bereits in das Oligocän, von Andreae jedoch wegen der Anwesenheit von Palaeotherium medium mit vollem Recht noch in das Obereocän gestellt werden. Aus dem wieder aufgelassenen Versuchsstollen bei Ebbs erhielt ich einige verdrückte, aber noch mit Schale und Mundrand versehene Exemplare von Helix, welche mit Helix politula Boissy aus den obereocänen Schichten mit Planorbis pseudoammonius von Castres, Dep. Aude, überaus große Ahnlichkeit besitzen. Sowohl diese Schnecken als auch die Cyrenen sprechen somit aufs deutlichste für das eocäne Alter der tieferen Häringer Schichten. Das nämliche gilt übrigens auch für die Helix und Melanopsis aus den Kohlen und Stinksteinen des eigentlichen Häringer !) J. Dreger, Die Lammelibranchiaten von Häring. Jahrbach d. k. k. geol. Reichsanstalt, Bd. 53, 1903, pag. 274. Übrigens liegt mir ein Gesteinsstück aus dem Barbarastollen von Häring vor, welches die nämliche Art von Cyrenen enthält wie die Proben vom Duxerköpfl. ») Ein Beitrag zur Kenntnis des Elsässer Tertiärs, Abhandlung zur geo). Spezialkarte von Elsaß-Lothringen, Bd. II, 1834, pag. 78, Taf. III, Fig. 7. [25] Zur Geologie des Unterinntals. 549 Beckens. Die großen Helix lassen sich am besten mit Nanina intri- cata Noulet aus den obereocänen Kalken von Villeneuve, Dep. Aude, vergleichen und die Melanopsis gehört in die Verwandtschaft von M. buceinoides Fer. und socialis Desh. aus dem älteren Eocän. Nach v. Gümbel hätten die Häringer Schichten bereits oligo- cänes und nicht, wie Ettingshausen aus der Flora gefolgert hatte, eocänes Alter. Da er sie jedoch dem Gips von Montmartre, also dem Ludien der neuesten, auf den Säugetierfaunen basierenden Strati- graphie gleichstellt, das Ludien aber unzweifelhaft noch Eocän ist, so muß eben auch mindestens ein Teil der Häringer und andere mit ihnen gleichzeitige marine Bildungen zum Beispiel im Vicentin noch in das Eocän eingereiht werden. Das wirkliche Oligocän be- ginnt erst mit dem Sannoisien, welchem wahrscheinlich die Häringer Zementmergel, im Oberaudorfer Becken hingegen höchstens die Konglomerate, also das Hangende der Nummuliten- und Maretien- schichten angehören. Es liegt mir jedoch durchaus fern, dieser Alters- frage allzugroße Bedeutung beizulegen. Oligocän. Als Häringer Schichten deutet v. Gümbel auch die Kon- glomerate, welche neben der Eisenbahn nahezu halbwegs zwischen Kiefersfelden und Kufstein, an der Hermannsquelle sowie in dem nahe bei dem Bahnwärterhaus ausmündenden Graben aufgeschlossen sind. In seinem ersten Werk !) gibt er für diese Schichten als Streichen in St. 8 und als Fallen 35° S an, in „Geologie von Bayern“ ?) als Streichen St. 9 und als Fallen 30° NW an, was unmöglich richtig sein kann, da die Schichten deutlich gegen den Inn zu, also gegen SO geneist sind. Auch die Angabe beim Zollhaus ist sehr schlecht sewählt, da dieser Aufschluß schon beinahe 1 km von der Landes- grenze und vom Zollhaus mehr als 1 km entfernt ist. Was die An- wesenheit von Nummuliten betrifft, so muß ich sie aufs aller- bestimmteste in Abrede stellen, denn die Konglomerate und Sand- steine sind augenscheinlich eine Süßwasserablagerung und noch dazu vermutlich nur eine alte Deltabildung. Nummuliten können also un- möglich darin enthalten sein. Die betreffende Angabe beruht daher entweder auf ganz ungenügender Beobachtung oder auf Verwechslung von Gesteinsproben. Das Liegende dieser Konglomerate bildet Haupt- dolomit und Kössener Kalk, die sehr häufig so brecciös werden, daß es mich nicht wundern sollte, wenn sie sich wenigstens zum Teil einmal durch Funde von Rudisten, Actaeonellen oder Korallen als Gosaukonglomerat erweisen sollten, zumal da sie scheinbar ganz allmählich in die tiefsten Schichten der Gosau- bildungen von Kiefersfelden übergehen und praktisch kaum hiervon !) Geognostische Beschreibung des bayrischen Alpengebirges, pag. 642. 2) Geologie von Bayern, 11. Bd., pag. 175, schreibt v. Gümbel: „Von hier — Mühlau — lassen sich Spuren der Häringer Schichten — talaufwärts bis zur Landesgrenze verfolgen, wo beim Zollhaus an der Straße nach Kufstein Kon- glomeratbänke voll kleiner Nummuliten der genannten Art — nämlich striata und contorta — in St. 9 mit 30° NW einfallend mit sandig-kalkige Pflanzentrümmer einschließenden Schichten wechseln.“ , 79* 550 M. Schlosser. [26] zu unterscheiden sind. Um so größer ist hingegen der Unterschied der unzweifelhaft dem Tertiär angehörigen Konglomerate der Her- mannsquelle von dem bereits besprochenen Gosaukonglomerat von Kiefersfelden. Während dieses Letztere zum allergrößten Teil aus einer eckigen Kalkbreccie besteht, in welcher gerundete Gerölle von Quarz, dunklen Kaiken oder Schiefergesteinen eine ganz geringe Rolle spielen, setzen sich die Konglomerate an der Hermannsquelle ausschließlich aus wohlgerundeten Rollstücken zusammen, deren Größe in der Regel zwischen Linsen- und Wallnußgröße wechselt. Die fast immer ganz flachen Kalkgerölle haben in den meisten Fällen dunkelgraue Farbe, es können also nur solche von Muschel- kalk und Myophorienschichten sein, sie bleiben aber der Menge nach hinter den Geröllen von Schiefer und Urgebirgsgesteinen weit zurück, selbst Rollstücke von Buntsandstein sind nicht viel seltener als die von Kalken. Rollstücke von Gneis sind ziemlich häufig, bei weitem vorherrschend sind jedoch Gerölle ven Wildschönauer Schiefern so- wie reine Quarzgerölle. Durch diese Zusammensetzung unterscheiden sich die Konglomerate aber auch wesentlich von jenen, welche in der Mühlau, bei der Gfallermühle, vorkommen und das Hangende der dortigen Nummuliten- und Maretia-Schichten bilden, denn diese letzteren Konglomerate bestehen, wie erwähnt, fast ausschließlich aus Rollstücken von Trias- und Liaskalken, während Quarzgerölle darin höchst selten sind. Sollten also wirklich die Konglomerate der Her- mannsquelle ebenso alt sein wie jene der Gfallermühle, was sich jedoch keineswegs beweisen läßt, so müßten sie doch mindestens in einer besonderen Bucht abgelagert worden sein, denn sie erweisen sich als fluviatile Bildung, deren Material nur von Süden ge- kommen sein kann und zerstörten älteren Triaskalken, Buntsandstein, Wildschönauer Schiefern und Urgebirgsgesteinen entnommen wurde, während die Konglomerate der Gfallermühle marinen Ursprunges und durch Zerstörung von direkt angrenzenden Felsriffen entstanden sind. Die Konglomerate der Hermannsquelle wechsellagern mit un- gleich mächtigen grauen Sandsteinbänken, in welchen ebenfalls Kohlen- brocken, ursprünglich verdrückte Aste und Baumstämme, vorkommen. Sie werden überlagert von weichem, bald sandigem, bald lettigem Mergel von grünlichgrauer, auf den Spaltflächen aber von rostbrauner Farbe. Glimmerschüppchen sind in reichlicher Menge vorhanden. Tierische Einschlüsse fehlen zwar vollständig, dagegen sind manche Lagen ganz erfüllt mit prächtig erhaltenen, ganz unverdrückten Pflanzenresten. Die Blätter zeigen nicht nur die Sekundär-, sondern sogar noch die Tertiärnerven. Ich konnte folgende Arten nachweisen: Alnus gracilis Ung.') Quercus cfr. lonchitis Ung.?) !) Nach Heer, Tertiäre Flora der Schweiz, Bd. III, Tabelle, auch im Agqni- tanien vom Hohen Rhonen und von Rivaz, ın der Mainzer Stufe von Eriz, Dels- berg, im Helvetien von Petit Mont, im Untermiocän von Aix, in den Bonner Kohlen und im Westerwald und im Mittelmiocän von Bilin. ?) Ibidem: im Agqnitanien vom Hohen Rhonen, in der Mainzer Stufe von La Borde, in der Oninger-Stufe von Locle, im Untermiocän von Sotzka, Sieblos und den Bonner Kohlen sowie von Speebach und Menat und im Mittelmiocän von Radobo). [27] Zur Geologie des Unterinntals. Hol (Quercus furcinervis Rossm. sp.!) Fieus lanceolata Web. sp. ?) khamnus Decheni Web. ?) Cornus rhamnifolia Web.) Apeibopsis Deloesi Heer.) Sowohl in der Zusammensetzung dieser neuen Flora als auch in dem petrographischen Habitus weichen diese Schichten fundamental ab von den Häringer Schichten, mit welchen sie v. Gümbel identi- fiziert hat. Keine einzige der in Häring vorkommenden Arten konnte hier nachgewiesen werden und auch die Mergel und Konglomerate von Häring sind total verschieden von jenen unserer Lokalität, denn die Häringer Mergel sind stets vollkommen erhärtet und braun ge- färbt und enthalten höchstens Spuren von Glimmer und die Kon- glomerate bestehen nur aus Kalkgeröllen und erweisen sich durch die Einschlüsse von Korallen sofort als marine Bildungen. Dagegen erinnern unsere Schichten schon durch das Vorhandensein von Alnus- Früchten und Blättern von Quercus fureinervis an die oberbayrische Molasse und die Gesteine haben in dieser ebenfalls vielfache Analoga. Sie müssen daher entschieden jünger sein als die Häringer Schichten und zum mindesten dem Aquitanien, wenn nicht schon dem Unter- miocän angehören. Diese Annahme wird nun auch durch die son- stige Verbreitung der neuentdeckten Pflanzenarten auf das ent- schiedenste bestätigt. Es sind durchweg Arten, welche in den ver- schiedenen Stufen der Schweizer Molasse und zum Teil auch in den Bonner Kohlen. im Westerwald, in Schlesien, in der Rhön oder in Steiermark gefunden wurden. Da außerdem unsere Konglomerate und Pflanzenmergel, selbst wenn sie in der Tiefe des Inntals mit echten Häringer Schichten zusammenträfen, diese unbedingt diskordant !) Ibidem: im Aquitanien von Ralligen und Schwarzachtobel, im Unter- miocän von Sotzka, Altsattel, Westerwald, Lauchstedt, Stedten. ?) Ibidem: im Aquitanien von Monod und vom Hohen Rhonen, in der Mainzer Stufe von Eriz, im Helvetien von Petit Mont, im Untermiocän der Bonner Kohlen, im Mittelmiocän von Eibiswald und im Obermiocän von Öningen und Swoszowice. Die Kufsteiner Exemplare stimmen sehr gut mit dem von Weber als „Apocynophyllum“ lanceolatum abgebildeten Stücke von Rott. Palaeontograpbica, Bd. II, 1852, pag. 188, Taf. XXI, Fig. 1. ») Ibidem: in der Mainzer Stufe von Eriz, Mönzlen und Teufen, im Unter- miocän der Bonner Kohlen, im Mittelmiocän der Rhön und von Kempten, im Obermiocän von Albis, Bischofsheim und Heiligenkreuz. * Ibidem: im Aquitanien von Monod, in der Mainzer Stufe von Eriz, Delsberg und Mönzlen, im Helvetien von St. Gallen und in der Öninger Stufe von Albis. °) Ibidem: im Aquitanien von Rivaz und in der Mainzer Stufe von Eriz. Sehr große Ähnlichkeit haben diese Blätter mit Ziraea dombryopsifolia Andrae aus der Molasse von Thalheim in Siebenbürgen. Abhandlungen der k. k. geol. Reichs- anstalt, Bd. III, Part. IV, pag. 22, Taf. V, Fig. 1. Diese so charakteristische und vermutlich mit Apeibopsis Deloesi identische Form wird von Heer vollkommen ignoriert. Natürlich sind einige dieser Heerschen Alters estimmungen sehr an- fechtbar, so muß Sotzka wohl doch eher in das Oligocän, Eibiswald sowie Bilin in das Obermiocän gestellt werden, allein das Gesamtresultat, daß unsere neue Flora in das Aquitanien, wenn nicht gar schon ins Untermiocän gehört, erleidet hierdurch keine Änderung. 502 M. Schlosser. [28] überlagern müßten, so kann nicht der leiseste Zweifel darüber be- stehen, daß ihnen ein entschieden geringeres geologisches Alter zu- kommt, daß sie also bereits einer der verschiedenen Stufen der bayrischen und Schweizer Molasse entsprechen, jedoch muß von einer ganz präzisen Altersbestimmung vorläufig abgesehen werden, es dürfte sich noch am ehesten um jüngeres Oligocän handeln. Eine ähnliche Flora wie bei der Hermannsquelle oberhalb der Straße von Kiefersfelden nach Kufstein findet sich auch im Becken von Reut im Winkel, und zwar sind diese Sandsteine und Mergel die jüngsten Tertiärschichten der dortigen Ablagerungen. „Die Gesteins- beschaffenheit dieses Sandsteines ist jener der Molasse ähnlich und auch die Pflanzen nähern sich mehr mitteltertiären Formen !). Gegen Kössen zu herrschen Schiefer und kohlige Sandsteine vor. In diesen Schichten wurden neulich bei einem Versuchsbau auf Braunkohle sehr schöne Blätter von Quercus furcinervis und eine Melania (elegans Mayer) gefunden.“ Heer?) bestimmte die Pflanzen von Reut im Winkel. In seiner Liste führte er auch solche Lokalitäten an, an welchen diese Arten außerdem gefunden wurden. Er nennt folgende Arten: Quercus furcinervis Rossm., Ralligen, Altsattel, Bregenzer Wald: Juglans Ungeri Heer, Altsattel, Bregenzer Wald; Rhus cassiaeformis Ett., Häring; „ Juglandogene Ett., Häring ; Eugenia haeringiana Ung., Häring, Ralligen (Sotzka nach Unger); Cinnamomum polymorphum Rossm., Altsattel obere Molasse; Scheuchzeri Heer, St. Gallener Findling bei Oningen; Rossmässleri Heer, Lausanne, St. Gallen, Wangen; ” ” n lanceolatum Heer, Häring, St. Gallener Findling, Sotzka, Bonn; r- Cassia phaseolites Ung., Sotzka, Monod, Ralligen, Oningen ; „. Berenices Ung., - „. =» Oningen ; khamnus Eridani Ung., Sotzka; Myrtus Diıinae Heer, Oningen ; Ficus Jyn& Ung., Sotzka, Häring, Monte Promina ; Flabellaria sp. ; Cornus paucinervis Heer. In diesem Verzeichnis finden wir nun zwar auch einige Arten, welche ursprünglich aus Häring beschrieben wurden, allein sie spielen schon der Zahl nach, kaum ein Drittel aller Formen, eine ziemlich unbedeutende Rolle, die beiden Arten von ZRhus fallen als wenig charakteristisch oder richtiger als zweifelhaft kaum ins Gewicht und Uinnamomum lanceolatum sowie Ficus Jynx und Eugenia haeringiana !) v. Gümbel, Geognostische Beschreibung des bayrischen Alpengebirges, pag. 641. ”) Ibidem, pag. 606. Die in Heers Verzeichnis ebenfalls mit angeführte Diospyros haeringiana von Oberaudort habe ich hier weggelassen, da sie nicht nur von einer anderen Lokalität, sondern auch tatsächlich aus älteren Schichten stammt. [29] Zur Geologie des Unterinntals. 955 sind keineswegs auf Häring beschränkt, sondern kommen auch bei Sotzka und Ralligen, beziehungsweise in noch jüngeren Ablagerungen vor. Von Fiscus Jynx sagt Heer selbst!), daß die Häringer Form verschieden sei von der. von Sotzka. Wir dürfen uns daher dem genannten Forscher rückhaltlos anschließen, wenn er die Pflanzen- schichten von Reut im Winkel für jünger erklärt als die dortigen marinen Schichten und die Pflanzenschichten von Häring. Er stellt. sie mit Recht in das oberoligocäne (untermiocäne) Aquitanien auf Grund der Flora, weil sie sich aufs engste an jene aus der Schweizer Molasse anschließt. v. Gümbel?) ist freilich anderer An- sicht; nach ihm wären diese Pflanzenschichten gleichalterig mit jenen von Häring, jedoch erscheint es überflüssig, diese Ansicht eingehend zu widerlegen, da sowohl die Zusammensetzung der Flora, als auch die Lagerung und der petrographische Habitus der Reut im Winkler Pflanzenschichten mit aller Entschiedenheit für die Heersche Alters- bestimmung sprechen. Der Umstand, daß mit den Pflanzenschichten das Tertiär im Becken von Reut im Winkel abschließt, ist noch lange kein Grund, ihnen das nämliche geologische Alter zuzuschreiben wie ihren Liegendschichten. Während diesen letzteren unzweifelhaft noch ein obereocänes, eventuell unteroligocänes- Alter zukommt — die Fixierung der Grenze zwischen Eocän und Oligocän ist mehr oder weniger individuelle Geschmacksache — müssen die ersteren unbe- dingt bereits in die Molasse eingereiht werden, wenn schon die genauere Angabe des Horizonts fast unmöglich sein dürfte. Es wäre immerhin nicht ausgeschlossen, daß sie zeitlich ein Aquivalent der unteren Meeresmolasse des Alpenvorlandes repräsentieren, denn wir können uns recht wohl denken, daß zur Zeit, als am Nordrande des !) Heer, Die tertiäre Flora der Schweiz, Il. Bd., pag. 63. ?) Wie v. Gümbel trotz dieser so klar liegenden Verhältnisse unmittelbar nach diesen Bemerkungen Heers schreiben konnte: „Vorerst ist nach der Liste der oben angeführten Pflanzen von Reut im Winkel als sicher anzunehmen, daß die pflanzenführenden Schichten von Reut im Winkel und von Häring unzweifelbar als gleichalterige Bildungen anzusehen sind. Das Alter der Pfianzenschichten von Reut im Winkel wird demnach am zuverlässigsten bestimmt durch die Feststellung des Alters der organischen Überresten viel reicheren Schichten von Häring“, ist mir durchaus unbegreiflich. Seine weitere Bemerkung, pag. 608: „Weder die Fauna noch auch die Flora von Reut im Winkel und Häring besitzen jedoch irgend eine Übereinstimmung mit den in der Nähe reichlich entwickelten unter- oligocänen Meeresschichten von Tölz, Traunstein, Miesbach, daher denn auch die Gleichstellung unserer Pflanzenschichten mit dieser oligocänen Schichtergruppe sicherlich nicht begründet ist“, hat nur insofern eine Berechtigung, als die Häringer Schichten insgesamt, sowohl die dortigen Meeresablagerungen als auch die Pflanzenschichten und von den Schichten von Reut im Winkel die marinen Schichten wirklich älter sind als die Molasse des Alpenvorlandes. Es ist aber durchaus ungerechtfertigt, die Pflanzenschichten von Reut im Winkel mit jenen von Häring zu identifizieren, da sie mit diesen nur ganz wenige und noch dazu mehr oder weniger problematische Arten gemein haben, während die häufigsten und sicher bestimmbaren Arten gerade für die Molasse und die mit ihr gleich- altrigen Ablagerungen charakteristich sind. Ich zweifie übrigens auch nicht daran, daß im Reut im Winkler Becken viel mehr Horizonte vertreten sind, als es nach den Angaben Deningers — „Molluskenfauna der Tertiärbildungen von Reut im Winkel und Reichenhall“, Geognostische Jahreshefte 1901, 14. Jahrgang — den An- schein hat. Es wird sich auch hier echtes Obereocän ermitteln lassen, wie das auch jetzt von Daque für das Reichenhaller Becken sichergestellt ist. 554 M, SHBöhsen. [30] jungen Alpengebirges die Meereswogen brandeten, die Bucht von Reut im Winkel bereits in einen Süßwassersee verwandelt war, der aber durch die Zufuhr von Sand und Schlamm bald vollkommen trocken gelegt wurde. Mit diesem Gesteinsmaterial, das wohl zum größeren Teil zerstörten marinen Eoeänschichten entnommen wurde, gelangten auch zahllose Blätter, welche der Wind von den angrenzenden Höhen herabwehte, zur Ablagerung. Die Konglomerate und Sandsteine an der Hermannsquelle haben zwar heutzutage keine direkte Fortsetzung mehr nach Süden, aber es kann gleichwohl kein Zweifel darüber bestehen, daß die petrographisch so ähnlichen Schichten vom Angerberg, zwischen Anger bei Wörgl und Voldöp bei Rattenberg, auch dem Alter nach mit ihnen identisch sind. Ich habe mich schon früher mit diesen Tertiärschichten beschäftigt und sie mit aller Bestimmtheit für jünger erklärt als die Schichten von Häring, mit welchen sie v. Gümbel irrigerweise identifiziert hatte. Petrographisch erinnern die Sandsteine und Konglomerate am ehesten an gewisse Schichten in der ober- bayrischen Molasse, ja der braune Sandstein von Moosen, westlich von Breitenbach, sieht einem Sandstein aus dem Leitzachtal zum Ver- wechseln ähnlich und enthält auch wie dieser Spuren von Pflanzen. Bestimmbare Versteinerungen waren freilich bisher vom Angerberg nicht bekannt. Vor kurzem nun erhielt Herr Prof. Blaas aus einem Steinbruch bei Breitenbach einen Säugetierknochen, den er mir zur Bestimmung übersandte. Durch diesen Fund wird meine Ansicht, daß die Angerbergschichten bereits der Molasse entsprechen, vollkommen bestätigt, denn es ist der rechte Radius eines primitiven Rhino- cerotiden, welche, von dem kleinen Prohyracodon!) aus dem Eocän von Siebenbürgen abgesehen, erst im Oligocän erscheinen, und zwar als Gattung Ronzotherium?). Der Größe nach paßt dieser Knochen zu R. cadibonense, welches in den Braunkohlen von Cadibona in Piemont mit Anthracotherium magnum zusammen gefunden wird. Da nun letz- teres für das Aquitanien so ungemein charakteristisch ist, so kann es keinem Zweifel unterliegen, daß auch die molasseähnlichen Schichten vom Angerberg bereits in das Aquitanien gestellt werden !) A. Koch, Prohyracodon orientalis, ein neues Ursäugetier aus den mittel- eocänen Schichten von Siebenbürgen. E. Museo nationali hungarico, Budapest, Vol. XX, 1897, pag. 481—500, Taf. XI, XIII. ?2) Wenn auch von dieser stets ziemlicb seltenen Form bisher noch keine Knochen und folglich auch der Radius noch nicht beschrieben worden ist, so brauchen wir doch kein Bedenken zu tragen, den vorliegenden Radius zu konzo- therium zu stellen, denn er bildet morphologisch den Übergang zwischen dem schlanken Radius von Prohyracodon und Hyrachyus und dem schon wesentlich plumperen von Aceratherium, dem Nachkommen der Gattung Ronzotherium; mit dem von Diceratherium Croizeti aus dem Untermiocän von Ulm hat er ziemlich große Ähnlichkeit. Da er überdies auch nur wenig größer ist als der von Croizeti, so können wir auch aus den Dimensionen ungefähr ermitteln, welche von den bis jetzt bekannten Arten von Ronzotherium hier in Betracht kommt. Es ist dies IR. cadibonense Roger sp. aus den Braunkohlen von Cadibona in Piemont, welche außerdem auch häufig Reste von Anthracotherium magnum enthalten, also gerade jener Art, welche für das Aquitanien so überaus charakteristisch ist. Auch in den älteren böhmischen Braunkohlen habe ich Ronzotherium nachgewiesen. [31] Zur Geologie des Unterinntals, 555 müssen, womit natürlich auch die Tatsache, daß sie diskordant auf Häringer Schichten liegen, sehr gut in Einklang steht. Mit dem Aquitanien, dessen Schichten hier, wie erwähnt, offenbar als Delta des in einem Süßwassersee einmündenden „Prä“-Inn abge- setzt wurden und später, bei der letzten Gebirgsbildung nur mehr geringe Faltung erfuhren, schließt im Inntal die Reihe der vorplei- stocänen Bildungen ab. Pleistocän. Was das Pleistocän betrifft, so kann ich mich sehr kurz fassen. Ich möchte nur ein paar Punkte berühren. Trotz der überzeugenden Ausführungen Ampfererst), nach welchen es kein Bühlstadium im Sinne von Penck gegeben hätte, bin ich doch fast geneigt, für das Unterinntal ein nochmaliges Vordringen der Gletscher nach der Würmeiszeit anzunehmen. Es existiert nämlich zu beiden Seiten des Inns, sowohl auf der Terrasse von Fischbäch als auch bei Berg am Fuße des Heuberges typischer Löß, der bei Fischbach sogar 3 m mächtig wird und hier auf Flußschottern liegt, während er bei Berg einen Gletscherschliff auf Kössener Kalk bedeckt. Daß dieser Löß jünger als die Würmeiszeit, also streng genommen postglazial sein muß, bedarf keines eingehenderen Beweises. Da aber Lößablagerungen in die Zeit zwischen zwei Vorstößen der Gletscher fallen, so liegt die Annahme sehr nahe, daß auch nach der Entstehung dieses Lösses ein solcher Vorstoß der Gletscher im Inntal stattgefunden haben dürfte. Als die Zeit dieses Gletschervorstoßes käme dann am ehesten das Bühlstadium in Betracht, dessen Moränen ja von diesem Löß nicht allzuweit entfernt sind. Ich habe jedoch keinen Anlaß, mich mit dieser Frage eingehender zu befassen, ich möchte nur auf ein Löß- vorkommen hingewiesen haben, welches Penck ganz und gar ignoriert hat. Es läßt sich gar nicht leugnen, daß auch heutzutage in diesem Abschnitt des Inntales der als „Erler“ ?) bekannte heftige von Süden kommende Lokalwind große Mengen Staub absetzt, so daß im Winter der Schnee zahlreiche braune Staublagen aufweist. Allein dies findet immer nur an den windgeschützten Stellen statt, während der er- wähnte Löß gerade da am mächtigsten ist, wo der „Erler“ die größte Stoßkraft ausübt. Es muß also die Bildung dieses Lösses zu einer Zeit erfolgt sein, in welcher eine von der jetzigen durchaus ver- schiedene, und zwar eine nördliche Windströmung vorherrschend war, also in einer Periode, welche klimatisch von der jetzigen wesentlich verschieden war, denn der Löß ist gerade an der Südseite des Pla- teaus am mächtigsten. Es ist dies vielleicht jene Periode, in welcher im außeralpinen Gebiet die Steppenfauna — Cuniculus torgquatus, Arvicoliden, Lagomys pusillus und die zahlreichen Schnee- hühner — lebte, die mit dem Magdalenien zeitlich sehr eng ver- 1) Zeitschrift für Gletscherkunde, Auszug in Sitzungsberichte der k. k. geol. R.-A. 1907, page. 367. 2) Nach dem Dorf Erl am Südfuß des Kranzhorns genannt. Nördlich von diesem Ort bei der Verengerung des Inntals, beginnt dieser Wind, der aber schon etwas hinter Raubling erheblich abflaut. Jahrbuch d. k. k. geol. Reichsanstalt, 1909, 59. Bd., 3. u. 4. Hft. (M. Schlosser.) 73 556 M. Schlosser. [32] bunden ist. Der alte Rosenheimer See hatte damals wenigstens im Süden natürlich schon erheblich an Umfang eingebüßt, allein es ist keineswegs notwendig anzunehmen, daß er schon vollständig ent- wässert war. Wenn ich mich also bezüglich des Bühlstadiums eher anPenck als an Ampferer anschließe, so bin ich in einem anderen Punkt um so entschiedener gegenteiliger Meinung. Penck!) bält nämlich die zwischen Riesenkopf und Heuberg einerseits und dem Wildbarrn und Kranzhorn anderseits wohl er- kennbaren Treppenbrüche sowie die Stufen zwischen dem Brünnstein und dem Oberaudorfer Florianiberg für einfache Erosionsstufen. Hätte er das Gebiet allenthalben begangen und sich nicht, wie es fast den Anschein hat, mit dem Studium der topographischen Karten begnügt, so hätte er wohl doch die vielfach vorhandenen Rutschflächen und Querbrüche sehen müssen, auch wäre es ihm dann wohl nicht ent- gangen, daß am linken Innufer zwischen Riesenkopf und Wildbarrn — am rechten Innufer, am Kranzhorn, bilden die Schichten einen Sattel — von kleinen Aufwölbungen und Faltungen abgesehen, horizontale Lagerung der Triasschichten vorherrscht und nicht, wie er angibt, die Schichten steilgestellt sind 2). Die steile Schiehtenstellung beschränkt sich vielmehr auf die nördliche, bedeutend schmälere Zone, Riesen- kopf mit seinen Ausläufern und Heuberg. Von der südlichen Zone, Brünnstein—Florianiberg, können wir wegen ihrer geringen Breite überhaupt ganz absehen. Daß das Inntal in seiner heutigen Form aus- schließlich durch tektonische Vorgänge gebildet worden wäre und hierdurch seine jetzige Breite und Tiefe erhalten hätte, habe auch ich keineswegs behauptet. Ein bereits sehr tiefes präglaziales Inntal anzunehmen, ist aber auch Penck offenbar genötigt, wie aus Fig. 49, pag. 259, hervorgeht, welche das Querprofil dieses Tales unterhalb Kufstein darstellt und worin der präglaziale Talboden auch bereits nur mehr eine Seehöhe von 800 m besitzt. Wir dürfen daher für die uns interessierende, um 9 bis 14 km nördlicher gelegene Zone die Meereshöhe am Ende des Pliocäns wohl um 50 m niedriger, also auf etwa 750 m veranschlagen. Daß sich das jetzt in ungefähr 460 m Seehöhe gelegene Tal während des gesamten Pleistocäns um 290 bis 300 m vertieft hat, will ich nicht nur nicht leugnen, es ist mir dies vielmehr sogar überaus wahrscheinlich. Aber hierdurch wird meine Behauptung, daß das Inntal tektonischen Ursachen seine erste Anlage verdankt, nicht widerlegt. Ohne das Absinken der Fels- massen zu beiden Seiten des jetzigen Tales hätte das jetzt fehlende Stück wie die Gipfel selbst eine Höhe von 1300 bis 1400 m, also !) Die Alpen im Eiszeitalter, pag. 146. Penck schreibt hier: „Wir sehen nicht die Notwendigkeit ein, hieraus auf Treppenbrüche zu schließen. Es sind in beiden Fällen steilgestellte Schichtenbänke vom Tale durchschnitten und zeigen dabei jene stufenförmigen Absätze, wie sie an Talgehängen so häufig sind und die wir gewohnt sind als Erosionsstufen zu deuten.“ ?) Die horizontale Lagerung ist hier allerdings oft verdeckt, indem die ab- gebrochenen Schollen beim Herabsinken umkippten und in steiler Lagerung liegen blieben, allein sie fallen nicht gegen Norden oder Süden, sondern nach Osten, gegen den Inn, und zeigen somit sehr deutlich, daß meine Auffassung, wonach das Inntal hier durch Treppenbrüche entstanden ist, die richtige ist. [33] Zur Geologie des Unterinntals. 557 von mindestens 800 bis 900 m über der jetzigen Talsohle besessen, und diese durchschnittlich 800 m hohe, 1000 bis 1500 m breite und mindestens 6000 m lange Felsmasse wegzuschaffen wären die während des ganzen Pleistocäns wirksamen Kräfte wohl schwerlich imstande gewesen, da sie ja, wie aus Pencks Darstellung, pag. 159, Fig. 49, hervorgeht, das Inntal bei Kufstein nur um etwa 300 m zu vertiefen vermochten, wo noch dazu im Gegensatz zu unserem Abschnitt dieses Tales nicht ausschließlich festes Gestein, sondern auch lockere und weiche, also leicht zerstörbare Schichten, wie die aquitanischen bei der Hermannsquelle, vorhanden waren, die natürlich ursprünglich die ganze Breite des Tales einnahmen. Es müßte also ein sehr erheblicher Be- trag der Vertiefung, um etwa 500 bis 600 m, bereits in das Pliocän verlegt werden. Da nun aber, wie das aus faunistischen Gründen wahrscheinlich wird, das Pliocän zwar vielleicht doppelt so lange währte als das Pleistocän, die die Talvertiefung bewirkenden Faktoren aber entweder ganz fehlten, wie das Gletschereis mit eingefrorenen Reibsteinen, oder doch erheblich schwächer waren — der Wasser- reichtum der Flüsse und ihre Geschiebeführung muß ziemlich gering gewesen sein im Vergleich zu den Verhältnissen im Pleistocän — so dürfen wir von diesem Zeitraum nicht allzuviel verlangen. Auch wenn wir annehmen, daß die Talbildung durch Erosion schon im Miocän sofort nach der letzten Faltung des Gebirges begonnen hat und also Zeit gegeben war, um mehrere hundert Meter mächtige Gesteinsmassen wegzuführen, so ist damit doch nicht viel gewonnen, denn wir müssen berücksichtigen, daß damals auch die Gipfel und folglich auch das Pencksche hypothetische Zwischenstück zwischen Wildbarrn — Riesenkopf und Kranzhorn— Heuberg wesentlich höher war. Es wird daher doch wohl am besten sein, die Anlage der Täler in festem Fels, welche mehr oder weniger senkrecht zur Streich- richtung der Schichten verlaufen, auf tektonische Ursachen, im vor- liegenden Falle auf Treppenbrüche zurückzuführen. Ich kann hier die Bemerkung nicht unterdrücken, daß es mir fast so vorkommt, als ob die extremen Anhänger der Erosionstheorie nicht genügend zwischen festem Gestein und lockerem Material, wie Sanden, Lehmen, Geröllen zu unterscheiden verstünden. In das Pleistocän fällt auch die Entstehung der Tischofer Höhle im Kaisertal und ihr Besuch durch gewisse Säugetierarten, welche heutzutage nicht mehr existieren. Ich ziehe es jedoch vor, die Resul- tate, welche sich bei der Untersuchung dieser Höhle ergeben haben, anhangsweise in einem besonderen Abschnitte zu behandeln. Rückblick. Werfen wir nun noch einmal einen Blick auf die Verbreitung der verschiedenen Kreide- und Tertiärablagerungen des Unterinntals, auf die Verhältnisse, unter welchen sie entstanden sind und auf die Beziehungen ihrer Faunen und Floren zu jenen in außeralpinen Ge- bieten, so gelangen wir zu folgenden Ergebnissen: 73* 558 M. Schlosser. [34] Das Neokom bildet einen langen Zug, der sich nach Westen zu fast kontinuierlich, und nur durch seitliche Verschiebungen gestört, bis in das Karwendelgebirge fortsetzt. Nach Osten zu verschwindet es freilich schon in geringer Entfernung vom Inn, bereits bei Sebi, um dann erst wieder im Becken von Wessen und in dem von Ruhpolding größere Bedeutung zu erlangen. Alle Neokomschichten erweisen sich durch ihre petrographische Ausbildung — als Mergel sowie durch ihre Fauna — Häufigkeit der Ammoniten, hingegen Abwesenheit von Schnecken, Zweischalern — außer Inoceramen und Pecten — und Korallen als Absätze in einem verhältnismäßig tiefen Meere. Tektonisch stellen sie wegen ihrer konkordanten Lagerung auf Trias und Jura unzweifelhaft ein Glied der ostalpinen Schichtenfolge dar. Die Fauna zeigt weder nennenswerte Unterschiede gegenüber der Neokomfauna in den Westalpen noch auch gegenüber jener der Ost- alpen und der Karpathen. Dagegen hat sie fast keine Beziehungen zum norddeutschen Neokom. Von den zeitlich zwischen dem Neokom und dem Cenoman stehenden Ablagerungen des Gault hat das Inntal nicht die leiseste Spur. aufzuweisen. Erst bei Hohenaschau finden sich Absätze aus dieser Periode, welche dann in der Ruhpoldinger Gegend ziemliche Verbreitung erlangen, während sie westlich erst bei Schliersee auf- treten. Um so größere Bedeutung hat hingegen für das Inntal das Cenoman. Dem Neokom gegenüber bildet es einen scharfen Kon- trast sowohl hinsichtlich des Charakters seiner Fauna, als auch tektonisch in seinen Lagerurgsbeziehungen zu den geologisch älteren Schichten. Was die Lagerungsverhältnisse betrifft, so besteht auch hier deutliche Transgression, denn das Cenoman liegt im nördlichen Zug auf Jura und zum Teil auch auf Neokom — Heuberg — im süd- lichen aber auf Trias — Einbach bis Regau oder auf Neokom — Hechenberg. Es müssen also bereits vor dem Cenoman Hebungen und Senkungen und wohl auch bereits Erosion der trocken gelegten älteren Gesteinsmassen stattgefunden haben, welche dann vom Cenomanmeer wieder überflutet wurden. Dieses Meer, respektive der in das Inntalgebiet eingreifende Meerbusen hatte im Süden geringere Tiefe als im Norden, wie die Zusammensetzung der Faunen ersehen läßt, denn wir haben im Süden nur eine Strandfauna, bestehend aus Austern, Exogyra columba und Caprina und der auch anderwärts so häufig mit dieser Exogyra vergesellschafteten Janira aequicostata, im Norden aber Cephalopoden, Gastropoden, eine Anzahl Bi- valven aus tieferem Wasser, Arciden, Öyprinen etc. und OÖrbitolinen. | Über die Herkunft der Strandfauna kann nun kein Zweifel bestehen, denn sie schließt. sich, abgesehen von Caprina, aufs innigste an die Cenomanfauna von Regensburg an, welche ihrerseits wieder mit jener des sächsich-böhmischen Kreidebeckens zusammen- hängt. Die Fauna des tieferen Wassers besteht, von den Orbitolinen abgesehen, aus Arten, welche auch dem ganzen außeralpinen mittel- europäischen Cenoman eigen sind, dagegen fehlen alle Beziehungen zu dem südeuropäischen Cenoman. Die Orbitolinen und die _ [za [35] Zur Geologie des Unterinntals. 559 Caprina sind entweder südfranzösischen Ursprungs oder sie stammen, was noch wahrscheinlicher ist, von den schon im Urgonien in den Alpen, und zwar in der helvetischen Fazies vorkommenden Orbitolina conica resp. von Requienien ab. Auch ihre Heimat darf daher nicht jenseits der Alpen gesucht werden. Im Untersenon, in der Zeit der Gosaubildungen, rückte das Meer etwas weiter nach Süden vor als im Cenoman, aber auch jetzt finden wir die eigentliche Meeresfauna, die nur in relativ beträcht- licherer Tiefe leben konnte, darunter sogar auffallend viele Cephalo- poden in der nördlichen, dem Alpenrand näheren Zone, in der südlichen hingegen die küstenbewohnenden Rudisten, Nerineen Actaeonellen, ja vorübergehend kam es hier sogar zur Bildung von Kohlen und von DBrackwasserablagerungen mit Pyrgulifera, Melanien etc. Dann aber scheint sich das Meer in westlicher Richtung etwas weiter ausgedehnt zu haben, dern auf den Kohlen der Pletzachalm liegen rein marine Schichten, die jedoch, wie das Fehlen der Cephalopoden und die Häufigkeit von Korallen zeist, in geringerer Tiefe abgelagert wurden als jene von Breitenau. Bei diesem Vordringen überflutete das Meer zuletzt im Südwesten ein Gebiet, an der Südseite des Sonnwendgebirges, neben der Kirch- dachspitze, wo bis dahin überhaupt noch keine Gosauschichten, nicht einmal die basale Breccie zum Absatz gelangt war, ein Gebiet, das also bis dahin ganz trocken gelegen war. Die unmittelbare Nähe der Küste sowohl im Cenomanals auch im Unter- senon geht auch daraus hervor, daß beide Stufen der Kreide überall mit Breccien beginnen, deren Material den unmittelbar angrenzenden Gesteinen der Trias und lokal auch des Jura entnommen wurde. Was die Her- kunft der eigentlich marinen Fauna betrifft, so hat sie sich wohl zum größeren Teil direkt aus jener des nordalpinen Cenomans ent- wickelt, mit der sie ohnehin schon eine Anzahl von Arten gemein hat, nur die jetzt viel formenreicheren Cephalopoden sowie die Inoceramen dürften eingewandert sein, und zwar die ersteren aus Südfrankreich ?). Mit der gleichalterigen Fauna der Südalpen — Dinariden — hat sie nichts zu tun, wie namentlich die Verschieden- heit der Inoceramen von jenen der Scaglia zeigt. Die Rudisten?) sind vermutlich in dem Gebiet des heutigen Alpenrandes entstanden, wobei vielleicht zwei Entwicklungszentren, Südfrankreich einerseits und Steiermark anderseits, in Betracht kommen. Die Actaeonellen, Glauconien und andere Gosaugastropoden endlich wurzeln an- scheinend im Cenoman von Syrien-Libanon. Es haben also die !) Es finden sich zwar einige der oben angeführten Ammonitenarten, wie Pervinquietre gezeigt hat, auch in der algerisch-tunesischen Kreide, aber es geht doch kaum an, deshalb die Entstehung dieser Arten so weit nach Süden zu verlegen. 2) Eine reiche Rudistenfauna, welche zugleich auch Nerineen und Actaeonellen enthält, ist in den Südalpen nur von Lago di Santa Croce be- kannt, jedoch spricht die relativ geringe Entfernung von den steirischen Fund- orten eher dafür, daß sie eben von hier eingewandert ist, als daß sie von Süden stammt und sich dann den ganzen Alpenrand entlang verbreitet hätte. 560 M. Schlosser. [36] Dinariden auch zu den Gosaufaunen keinen oder kaum einen nennens- werten Beitrag geliefert. Dagegen ist die Ähnlichkeit der echt marinen Gosaufauna mit der Fauna der oberen Kreide von Ortenburg in Niederbayern, die ihrerseits selbst wieder nur den südlichen Aus- läufer der böhmischen Kreidefauna darstellt, recht in die Augen springend, zumal: da auch die petrographische Ausbildung der nieder- bayr'schen Kreide der alpinen von Breitenau etc,, recht ähnlich ist. Wäre zur Zeit der Bearbeitung der Gosaufauna die böhmisch- sächsische Kreide besser beschrieben gewesen und umgekehrt bei der späteren Neubearbeitung der böhmischen Kreide die Gosau- fauna mehr berücksichtigt worden, so wären sicher viel mehr ge- meinsame Arten konstatiert worden als die jetzt vorliegenden Fossil- listen enthalten. Im Obersenon hat sich zwar im südlichen Teil des Gebietes das Meer noch weiter nach Süden ausgedehnt und zugleich auch srößere Tiefe erlangt, aber westlich reichte es viel weniger weit als die Gosauschichten, denn es ist ganz und gar auf die kleine Bucht von Eiberg beschränkt. Es scheint also, als ob lokal eine nicht unbeträchtliche Senkung, jedenfalls um einige hundert Meter, stattgefunden hätte, die aber mit einer Hebung der westlich an- grenzenden Schollen verbunden war, wodurch letztere trocken gelegt wurden, um dann, auch im Tertiär, stets Festland zu bleiben. Die unmittelbare Nähe des Festlandes geht auch schon daraus hervor, daß die Eiberger Mergel Blätter von nicht weniger als min- destens vier Gattungen von Laubbäumen enthalten, darunter Credneria, die bisher nur aus der norddeutschen und böhmischen Kreide bekannt war. Auch das Vorkommen einer Süßwasserschnecke,. Strophostoma bedingt die Nähe des Festlandes. Die Cephalo- poden-, Gastropoden- und Bivalvenarten lassen sich, soweit sie nicht wenigstens teilweise aus Arten der Gosaubildungen sich entwickelt haben, nur mit französischen und vorddeutschen Formen. identifizieren, und die Fische schließen sich aufs engste an solche des englischen Senons an, ja der eine von ihnen hat sogar einen ganz ähnlichen Erhaltungszustand wie die Fische der englischen Kreide, wie auch die Konchylien nicht stärker deformiert sind als jene von Haldem und Lüneburg, welch letztere doch gewiß keine nachträglichen Veränderungen durch tektonische Vorgänge erlitten haben. Daß sich weiter nördlich keine den Senonmergeln von Eiberg ähnlichen Schichten finden, erklärt sich wohl daraus, daß die Meereswogen durch einen engen Kanal, der ungefähr die Richtung des heutigen Inntals von Kufstein ab hatte, mit solcher Gewalt hereinbrandeten, daß sich kein Gesteinsmaterial absetzen konnte. Erst seitlich davon, am jetzigen. Nordfuß des Wendelsteins bei Feilnbach und dann wieder bei Neu- beuren konnten sich Senonmergel ablagern. Bei diesem Herein- stürmen dürften die Meereswogen eine Barriere von Neokommergeln zerstört haben, welche dann das Material zu den Eiberger Senon- mergeln lieferten. Alteocäne Ablagerungen sind im eigentlichen Inntal nicht anzutreffen, abgesehen etwa von den flyschartigen Mergeln im Bett des Jenbach bei Sebi. Sie sind anscheinend älter als die benach- [37] Zur Geologie des Unterinntals. 561 barten Nummulitenschichten von St. Nikolaus. Es ist daher nicht unwahrscheinlich, daß das für uns in Betracht kommende Gebiet zu dieser Zeit Festland geworden war. Gegen Ende des Eocäns muß neuerdings Senkung erfolgt sein, denn nur hierdurch wurde es er- möglicht, daß die Meereswogen wieder in. der Richtung des heutigen Inntals von Norden her eindringen konnten. Das Material zu diesen in die Stufe des Bartonien gehörigen Eocänschichten lieferte im ÖOberaudorf-Ebbser Becken vorwiegend der Detribus von zerstörten cenomanen Exogyrenkalken. Am jetzigen rechten Innufer blieb hiervon freilich ein nicht unbeträchtlicher Teil erhalten, dagegen stürzte auf der Oberaudorfer Seite zuletzt auch der letzte Rest dieses mit Korallen bewachsenen Cenomanriffes zusammen. Seine Trümmer wurden als Rollstücke schichtenweise in den obersten Lagen des marinen Eocän eingebettet und dann von Konglomeraten bedeckt, deren Material den südlich angrenzenden aus Trias und Jura bestehenden Felsenküsten entnommen wurde. Die Anwesenheit zahlreicher Pflanzenreste in den obersten marinen Schichten liefert jedoch den Beweis, daß auch schon damals in nächster Nähe be- waldetes Festland existiert haben muß, das wir uns jedoch nicht etwa als ein ausgedehntes, aus horizontal liegenden mesozoischen Schichten gebildetes Plateau, sondern eher als ein in flache Falten gelegtes Hügelland vorstellen müssen, denn das Kocän, dessen Ab- lagerung im Meere doch natürlich horizontal vor sich ging, ruht hier auf Triasschichten, welche schon damals nach Süden geneigt gewesen sein müssen. Die diskordante Lagerung der Kreideschichten vom Cenoman beginnend, sowie die der älteren Tertiärschichten läßt sich in unserem Gebiete zwar überall deutlich beobachten, aber gerade dieses Beispiel ist besonders überzeugend. Weiter: im Süden, im Häringer Becken, kam es anfangs zur Bildung von Konglomeraten. Dann wurde jedoch die Brandung geringer, so daß sich eine ziem- lich reiche Korallenfauna ansiedeln konnte. Hernach muß eine Hebung erfolgt sein, denn die jetzt folgenden Kohlen bedingten die Anwesenheit eines flachen Süßwassersees, dessen Existenz auch durch die Anwesenheit von Melanopsis und Planorbis und sogar von eingeschwemmten Helix erwiesen ist. Auf, den angren- zenden Höhen gedieh eine üppige Flora, deren Überreste uns im Hangenden der Kohle überliefert sind. Zum Schluß hat jedoch im Häringer Becken eine nicht unbeträchtliche Senkung stattgefunden, welche nicht bloß ein erneutes Eindringen des Meeres, sondern auch die Entwicklung einer reichen marinen Tierwelt ermöglichte. Da aber, abgesehen vom Kössen-Reut im Winkeler Becken, nirgends östlich oder westlich vom Häringer Becken und von dem ihm vor- gelagerten, aber jedenfalls mit ihm zusammenhängenden Duxer Becken, Spuren der Kohlen oder der Pflanzen oder der marinen Schichten aufzufinden sind, so muß auch zu dieser Zeit in nächster Nähe Festland gewesen sein, was ja übrigens auch schon aus der Anwesenheit der Helix und der vielen Landpflanzen her- vorgeht. Nördlich von Häring und Dux, also im Becken von Oberaudorf, scheint es weder zur Ablagerung von eigentlichen marinen Sedimenten 562 M.. Schlosser. [38] noch auch von Süßwasserbildungen gekommen zu sein. Während der Entstehung der Häringer Kchlen- und Tflanzenschichten dürfte hier nur Abtragung und Konglomeratbildung erfolgt sein, und für die Häringer Zementmergel haben wir hier kein auch nur einiger- maßen sicheres Aquivalent. Dagegen dürfte in dem Gebiet östlich vom heutigen Inntal, also von Sebi bis gegen Reut im Winkel, eine ununterbrochene Ablagerung von Schichten mit organischen Über- resten stattgefunden haben, die sich jedoch sowohl petrographisch als auch durch die Fossilien wesentlich von dem Häringer Schichten- komplex unterscheiden und nur die Anwesenheit von Kohlen mit ihm gemein haben. Den Schluß machen hier Mergel und Sandsteine, welche bereits eine echt aquitanische Flora enthalten und nur als Ablagerungen in einem seichten Süßwassersee gedeutet werden können. Eine sehr ähnliche und offenbar gleichalterige Flora fanden wir auch ganz nahe bei Kufstein. Sowohl die Mergel, welche diese Blätter einschließen, als auch die sie unterlagernden Konglomerate und Sandsteine liegen zweifellos diskordant auf den Häringer Schichten, sie sind also unbedingt jünger als diese, was übrigens auch schon aus der Zusammensetzung ihrer Flora hervorgeht. Bevor sich diese Konglomerate, Sandsteine und Mergel bildeten, hat nicht nur das Meer definitiv das Gebiet des heutigen Inntals verlassen, es müssen vielmehr auch schon bedeutende tektonische Vorgänge erfolgt sein, durch welche Terrainverhältnisse geschaffen wurden, welche den heutigen wenigstens in den gröbsten Zügen schon ziemlich ähnlich waren, aber freilich einen noch größeren Raum einnahmen, denn die aquitanischen Schichten zeigen nur mehr einfache Aufbiegung. Von höchster Wichtigkeit ist aber der Umstand, daß die Konglomerate vorwiegend aus Quarzgeröllen und Brocken von Wildscehönauer Schiefern bestehen und die Mergel und Sandsteine ungemein viel Glimmer enthalten, denn hierdurch ist der sichere Nachweis geliefert, daß damals schon das Schiefergebirge und wohl auch die Zentralalpen mindestens teilweise freigelegt waren und ein Fluß aus dieser Richtung in die Talsenke zwischen Ratten- berg und Kufstein mündete, der seine Geschiebe hier als Delta ab- setzte. Im Norden war dieses freilich damals noch viel breitere, aber dafür noch weniger tiefe Tal durch die Felsmassen der bayrischen, im Süden aber durch jene der Salzburger Triasfazies begrenzt. Unter den organischen Uberresten, welche in den aquitanischen Schichten überliefert sind, verdient besonderes Interesse der Unter- armknochen eines altertümlichen Rhinoceroten, Ronzotherium, denn sein, von der Abrollung abgesehen, ausgezeichneter Erhaltungszustand, keine Spur von Verdrückung, ist nur dadurch zu erklären, daß die Sandsteine, in welchen der Knochen eingebettet war, seit ihrer Trockenlegung keinen nennenswerten Druck mehr zu erleiden hatten. Die Flora unterscheidet sich fundamental von der benachbarten Häringer Pflanzenwelt nicht bloß durch ihre Zusammensetzung, sondern auch dadurch, daß sie eine weite geographische Verbreitung in Mitteleuropa besitzt. Sämtliche Arten finden sich nämlich auch in der älteren Schweizer Molasse, zum Teil auch in der Molasse des bayrischen Alpenvorlandes, dann aber auch in den Braunkohlen am Rhein und [39] Zur Geologie des Unterinntals. 563 im Westerwald und zum Teil auch in denen der Rhön und von Alt- sattel in Schlesien. Die Flora von Häring ist zwar viel artenreicher, aber nur ein geringer Teil der Arten konnte bisher außerhalb des Häringer Beckens wieder nachgewiesen werden. Sie scheint also autochthon zu sein, während die aquitanische entschieden von Norden eingewandert ist. Mit dem Aquitanien schließt die Reihe der Ablagerungen des Tertiärs im Inntal. Von da an haben sich hier bloß mehr tektonische Vorgänge abgespielt, die im Miocän mit dem letzten Zusammenschub und dadurch bedingter Aufrichtung der Kalkalpen ihren Abschluß fanden, wobei auch die bisher mehr oder weniger horizontal liegenden Eoeän- und Oligoeänschichten lokal steiler aufgerichtet und zum Teil auch gefaltet wurden, und zwar fand in dem Gebiet nördlich von Kufstein Faltung statt in der Richtung Südwest— Nordost, in dem süd- lichen aber mehr in der Richtung von Ost nach West. Jedoch war die Wirkung in diesem letzteren Gebiet viel geringer. Sie äußerte sich nur in Schrägstellung der Häringer und in leichteren Biegungen der aquitanischen Schichten. _ Die oben geschilderten Vorgänge lassen sich in der auf nächster Seite befindlichen tabellarischen Übersicht zusammenfassen. Wir treffen also im Unterinntal seit dem Cenoman die mannig- faltigsten geologischen und biologischen Vorgänge, nämlich Hebung der Gesteinsmassen über den Meeresspiegel, Zerspaltung derselben in Schollen und Absinken verschiedener solcher Schollen, dann wieder- holtes Eindringen des Meeres von Norden her durch einen engen Fjord und Wiederzurückweichen des Meeres nach Norden, ferner wiederholte Einwanderungen mariner Faunen, wobei im nördlichen Revier stets die Formen des tieferen Wassers, im südlichen dagegen die Bewohner des Seichtwassers und der Riffe oder gar des Brack- und Süßwassers lebten, sodann die Besiedelung des zumeist trocken gelegten Gebietes durch eine üppige Waldvegetation und zuletzt sogar durch Landsäugetiere und schließlich die Ausfüllung eines oligocänen Süßwassersees durch die Geschiebe eines Flusses, der praktisch mit dem heutigen Inn identisch war, und alle diese Vorgänge hätten sich, sofern die jetzt so be- liebte Deckentheorie auch für dieses Gebiet!) zuträfe, nicht etwa im ' wesentlichen da abgespielt, wo wir heutzutage ihre Resultate wahr- nehmen, sondern weit hiervon entfernt im Süden, und das Ganze wäre dann als ein in vielen Teilen bereits nahezu fertig modelliertes Relief !) Nach Steinmann, Geologische Probleme des Alpengebirges, Zeitschrift des Deutschen und Österreichischen Alpenvereines 1906, pag. 38, wären die bayri- schen Kalkalpen des Chiemgaues in der Gegend des heutigen Lienz im Drautale entstanden, vom nördlichen Alpenrand 120 km entfernt. Würde man also alle Falten glätten und die einzelnen übereinandergeschobenen Sctollen nebeneinander legen, so ergäbe sich eine Tafel, deren Durchmesser vielleicht das Doppelte oder Dreifache beträgt von der Distanz zwischen dem heutigen Nordrand der Kalk- alpen und ihrer Grenze gegen das Schiefergebirge. Diese Distanz ist etwa 30 km im Gebiete des Unterinutals; durch die Ausbreitung würde sich also ein Abstand von 60 oder höchstens 90 km ergeben, aber sicher nicht die 120 km, welche Steinmann annimmt. Jahrbuch d. k.k. geol. Reichsanstalt, 1909, 59. Bd. 3. u. 4. Hft. (M. Schlosser.) 74 564 M. Schlosser. [40] Zerteilung der mesozoischen Schichten in Schollen, verbunden mit teilweiser Senkung. Cenoman. Nördliche Zone. Südliche Zone. Tieferes Meer. Seichtwasser. Küstenbildung. Vorrücken des Meeres nach Süden. Untersenon (Gosauschichten). Tieferes Meer. Seichtwasser-und Küstenbildungen, Kohle und DBrackwasserablage- rungen, Weiteres Vordringen des Meeres Marine Ablagerungen in tieferem nach Südwesten. Wasser. Weiteres Vorrücken des ziemlich tiefen Meeres nach Süden in ein relativ schmales, seitlich von waldbedeckten Höhen begrenztes Becken. OÖbersenon. Eiberger Zementmergel. Zurückweichen des Meeres bis an den Alpenrand. Unter- und Mitteleocän. Trockenlegung des Gebietes und mäßige Aufrichtung einzelner Schollen. "Eindringen und Vorrücken des Meeres nach Süden. OÖbereoeän. Nördliche Zone. Südliche Zone. Marine Ablagerungen. Konglomerat und marine Schichten. Zurückweichen des Meeres. Konglomeratbildung an der Küste. AussüßungdesBeckens, Ablagerung der Kohle und der Pflanzen- schichten. Senkung des Gebietes. Unteroligoeän. Tiefes Meer ohne Sedimentierung. Marine Schichten (Zementmergel). Definitive Trockenlegung des ganzen Gebietes. Mittel- und Oberoligocän. Entblößung des Schiefergebirges und der Zentralalpen. Deltabildung in einem See durch einen von Südwesten kommenden Fluß. Miocän. Faltung der Kalkalpen. il [41] Zur Geologie des Unterinntals. 565 fein behutsam an seinen nunmehrigen Platz transportiert worden, wobei selbst so zerbrechliche Objekte wie der Fisch aus dem Senon von Eiberg und der Rhinocerotenknochen aus dem Oligocän von Angerberg) keine stärkere Beschädigung erlitten haben als die Fische aus der doch sicher ungestörten Kreide von England und die Knochen aus dem Dinotherium-Sand. Ich kann es füglich den extremen Anhängern der modernen Deckentheorie überlassen, die oben aufgezählten unbestreitbaren Tat- sachen mit ihren Anschauungen in Einklang zu bringen. Mir ist es viel wahrscheinlicher, daß bereits seit der mittleren Kreide unser Gebiet bis auf ziemlich schmale Längs- und Querkanäle durch Hebung, respektive Senkung sowie Aufrichtung größerer Schollen Festland geworden war. Nach dem Oligocän oder während desselben gesellte sich zu jenen Vertikalbewegungen auch Faltung, welche etwa in der Mitte des Miocäns die Gebirgsbildung zum Abschluß brachte. Im Gebiet des Unterinntales bestand, wie wir gesehen haben, schon seit der mittleren Kreide ein mannigfach gegliedertes Festland- relief, das man doch, streng genommen, kaum mehr als Decke be- zeichnen kann. Nördlich von unserem Abschnitt der Kalkalpen befindet sich freilich eine Decke, nämlich die helvetische, aber sie hat hier eine sehr geringe Breite und war auch vor ihrer Faltung und Aufrich- tung schwerlich viel breiter als etwa 10 km. Bei ihrem steilen Abfall nach Süden erscheint es ganz ausgeschlossen; daß sie die Kalkalpenzone auf eine nennenswerte Strecke unterlagert. Die im Süden an unser Gebiet angrenzende Triaszone endlich, welche die für das Salzkammer- sut und die Berchtesgadener Alpen charakteristische Ausbildung auf- weist, ist so schmal, daß man kaum von einer Decke sprechen kann, zumal da sie wahrscheinlich mit nahezu senkrechtem Abfall in die Tiefe setzt. Sie ist unserer Kalkalpenzone bloß angelagert, keine von beiden dürfte wirklich über die andere übergreifen. Selbstver- ständlich liegt es mir fern, die Existenz von Decken überhaupt zu bestreiten, allein über die Quantität solcher Überschiebungen wird man doch verschiedener Ansicht sein dürfen. In den meisten Fällen, wenigstens in diesem Teil der Östalpen, wird es sich herausstellen, daß nur die Ränder zweier Decken übereinander zu liegen kommen. Eine Reaktion gegen die jetzt modern gewordenen Anschauungen wird daher wohl schwerlich ausbleiben. Die Tischofer- oder Bärenhöhle im Kaisertal bei Kufstein. Wenn ich hier einen Überblick über die Resultate gebe, welche ich durch die Untersuchung dieser Höhle und ihres Inhaltes gewonnen habe, so bestimmt mich hierzu der Umstand, daß diese Höhle in ı) Hoffentlich wird Steinmann und seine Schule mich nicht über die Be- dingungen für den günstigen Erhaltungszustand fossiler Wirbeltiere belehren wollen. Am wenigsten möchte ich ihm dies jetzt empfehlen, nach seinen neuesten höchst fragwürdigen Leistungen in Wirbeltierpaläontologie. 74% s 4 566 M. Schlosser. [42] einem ehemals vergletscherten Gebiete liegt und selbst eine Schicht enthält, welche offenbar glazialen Ursprungs ist. Die Geschichte dieser Höhle bietet daher ein viel größeres Interesse als jene der Höhlen in den nicht vergletscherten Gebieten in Franken, Mähren etec., denn die geologischen Verhältnisse der Kufsteiner Höhle sind für die Stratigraphie des Pleistocäns direkt verwendbar. Zugleich ergaben sich auch gewisse Anhaltspunkte für die Ermittlung des Zeitraumes, welcher erforderlich war, um das Bachbett bis zu seinem jetzigen Niveau einzusenken, also für die Dauer der Erosion in festem Fels. Die Tischofer- oder Bärenhöhle, wie sie früher genannt wurde, liegt an dem steilen Abgang des Kaisertales, zwischen dem ersten und dem zweiten Kaiserhof, dem „Ruppen“ und dem „Zotten“, etwa 80 m über dem Bachbett. Schon Adolf v. Pichler hatte hier ge- graben und eine Anzahl Knoehen und Kiefer der Höhlenbären gesammelt. Dann aber geriet die Höhle wieder nahezu in Vergessen- heit, bis im Frühsommer 1906 Herr Steuerkontrolor Josef Hoff- mann neuerdings Grabungen unternahm. Seine Erfolge bestimmten ihn, das Eigentumsrecht der Höhle zu erwerben und es dem Histori- schen Verein, jetzt „Verein für Heimatkunde in Kufstein‘, abzu- treten, welcher mir den angenehmen Auftrag erteilte, die systemati- sche Erforschung dieser Höhle zu unternehmen, wofür ich diesem so rührigen jungen Vereine auch an dieser Stelle meinen herzlichsten Dank aussprechen möchte. Die Höhle liegt, wie bereits erwähnt, SO m über dem Bachbett des Kaisertales. Sie bildet eine prächtige, geräumige, wohlbelichtete Halle, deren Wände aus Hauptdolomit bestehen. Ihre Länge beträgt im Maximum 40 m, die größte Breite 19 m, die Höhe vorn 85 m. Nach hinten zu nimmt Höhe und Breite allmählich ab. Die hinterste Kammer hat noch einen Durchmesser von 7 m, jedoch war sie vor ihrer Ausräumung so niedrig, daß man nur in der Mitte aufrecht stehen konnte. Der Boden steigt nach hinten ziemlich steil an, während die Decke, von Einbuchtungen abgesehen, nahezu horizontal verläuft. Die beiden Höhlenwände stoßen hinten unter einem spitzen Winkel zusammen. Jede von ihnen repräsentiert eine ehemalige Spalte, an deren Schnittpunkt natürlich das Gesteinsgefüge gelockert und folg- lich für die Höhlenbildung viel günstiger beschaffen war als im Nach- bargestein. Parallel zu jeder der beiden Höhlenwände verlaufen in den Felsmassen, welche die Höhle einschließen, deutlich sichtbare Spalten, wodurch wohl jeder Zweifel beseitigt wird, daß die erste Anlage der Höhle ausschließlich auf tektonische Ursachen zurückgeführt werden muß. Erst die Freilegung des Einganges und die Entfernung der lockeren Gesteinstrümmer im Innern der ursprünglichen Höhle er- folgte durch die Erosion des Wassers, als nämlich der Bach des Kaisertals noch im Niveau der Höhle floß. Die Erweiterung der Höhle endlich wurde verursacht durch die immer weitergreifende Verwitterung der Höhlenwände und der Höhlendecke. Das herab- gsefallene Gesteinsmaterial bildete zweierlei Schichten, von denen nur die tiefere, und auch diese bloß im vorderen Drittel der Höhle durch die Tätigkeit des Wassers teilweise wieder weggespült wurde. Innerhalb der Höhle können wir folgende Ablagerungen unterscheiden: [43] Zur Geologie des Unterinntals. 567 1. Die lockere Steinchenschicht, bestehend aus erbsen- bis nußgroßen eckigen Stücken von Hauptdolomit, die sich von der Decke und den Wänden abgelöst haben. Sie reicht nicht viel weiter als bis zur Mitte der Höhle und hat in der Regel, das heißt wo sie frei von Tier- und Menschenresten ist, nur eine Mächtigkeit von 20 bis 30cm. Ihre Bildung fällt zumeist in die jüngere Stein- und in die ältere Bronzezeit, jedoch dürfte sie schon gleich nach dem Ab- schmelzen des würmeiszeitlichen Gletschers begonnen haben !). 2.Die Kalksinterschicht. Sie überzieht sowohl die Seiten- wand als auch den Boden in beiden Kammern im letzten Drittel der Hälfte. Sie schließt ebenfalls Haustier-, meist Schaf, und Menschen- knochen ein und besitzt auch ungefähr das nämliche Alter wie die Steinchenschicht. Durch ihr lockeres mehliges Gefüge unterscheidet sie sich wesentlich von den durchscheinenden kristallinischen Sinter- decken, welche in fränkischen Höhlen den Höhlenlehm überziehen und zweifellos der Zeit der letzten Vergletscherung — der Würmeis- zeit entsprechen — denn auf ihnen liegt, sofern sie überhaupt vor- handen ist, stets frei und lose die postplaziale Nagerschicht mit Myodes (cuniculus) torquatus, Lagomys pusillus und Schnee- huhnknochen. 3. Der graue Letten, 10—20 cm mächtig, bildet eine gleich- mäßige Decke in allen Teilen der Höhle. Im Gegensatz zu den beiden genannten Schichten und dem ihn unterlagernden Höhlenlehm ist er kein Verwitterungs- oder Zersetzungsprodukt der Höhlenwände und des Nachbargesteines, sondern der Absatz aus den Schmelz- wässern, welche am Ende der Würmeiszeit durch den ins Kaiser- tal eingedrungenen Gletscherarm in der Höhle angestaut wurden. Tierische Überreste fehlen in diesem Letten vollständig. 4. Der Höhlenlehm, im Minimum !/, im Maximum fast 3 m mächtig, unterscheidet sich zwar von dem echten Höhlenlehm in Franken durch die Anwesenheit zahlloser erbsengroßer, stark zer- setzter Hauptdolomitbröckelchen, aber er verdient doch insofern diesen Namen, als er mit ihm nicht nur das Alter und die Ent- stehungsweise (durch Verwitterung der Höhlendecke und Höhlenwände) gemein hat, sondern auch wie dieser zahlreiche Knochen von teil- weise ausgestorbenen Säugetierarten, namentlich vom Höhlenbär einschließt. Außer den Steinchen enthält dieser sandige gelbe Lehm auch ein eigentümliches dunkelbraunes mulmiges Material, welches papierdünne Lamellen bildet, die in Anschnitten der Lehmmasse als feine Streifen erscheinen. Ich halte dieses Material für das Ver- wesungsprodukt der Algenrasen, welche massenhaft an der Decke wuchern und auch wohl schon zur Zeit des Höhlenbären daselbst existiert haben. Die Oberfläche des Höhlenlehms ist in der hinteren Hälfte der Höhle nahezu eben, nach vorn böscht sie sich rasch ab und in der Nähe des Einganges hat sich der Lehm nur in Vertiefungen des Höhlenbodens erhalten. Es hat also offenbar Wegschwemmung !) In der jüngeren Stein- und Bronzezeit wurde die Verwitterung und Ab- bröckelung der Höhlendecke und der Wände beschleunigt durch den beim Feuer- brennen erzeugten Rauch. 568 M. Schlosser. [44] von Höhlenlehm stattgefunden, und zwar vermutlich zu Beginn der letzten Vergletscherung, als der vom Inntal her vordringende Gletscher den Bach wieder bis zum Niveau der Höhle anstaute, jedoch erstreckt sich diese Wegschwemmung von Höhlenlehm höchstens auf die vor- dere Hälfte der Höhle. Schon früher muß aber bereits der Bach im Niveau der Höhle geflossen sein, denn in den tiefsten Lagen des Höhlenlehms, höchstens 10—20 cm über dem Felsboden, fand sich im mittleren Teil der Höhle eine fast geschlossene Schicht von meist faustgroßen Bachgeröllen, „Bachkugeln“. Mit einer einzigen Ausnahme, einem geglätteten und gekritzten Stück Wettersteinkalk, der nur aus einer Moräne der Rißeiszeit ausgewaschen sein kann, sind es ledig- lich Rollstücke von Hauptdolomit. Von diesen vier Schichten, denen noch allenfalls eine fünfte, aus einer bloßen Anhäufung von Geschirrscherben und Haustierknochen bestehend, anzufügen wäre, sind jedoch meist nur drei in einem Profil enthalten. Wir finden entweder: Steinchenschicht oder Kalksinter oder Kulturschicht grauer Letten grauer Letten oder Höhlenlehm Höhlenlehm - Höhlenlehm Felsboden Felsboden Felsboden Was die Menschenreste betrifft, so stammen sie zumeist aus der Bronzezeit. Sie gehören zum größten Teil Weibern und Kindern an. Die einzelnen Knochen waren regellos zerstreut und bunt mit Haustierknochen, besonders solchen vom Schaf vermengt. Von Haustieren wurden gefunden Rind, Schaf, Schwein und Hund. Der letztere hat die Größe des Bronzehundes. Das Schwein ist eine Domestikationsforrm des europäischen Wild- schweines, von welchem übrigens natürlich auch das Torfschwein der Pfahlbauten abgeleitet werden muß: Das Schaf gehört einer ziegenhörnigen Rasse an, wie sie Rütimeyer lebend noch in Grau- bünden angetroffen hat. Vom Rind liegen bedauerlicherweise weder vollständigere Hornzapfen noch auch größere Schädelteile vor, allein die auffallende Größe der Zähne, selbst der Milchzähne läßt keinen Zweifel darüber aufkommen, daß wir es mit einer sehr großen Rasse und folglich eher mit einem Primigenius- als mit einem Drachyceros- Rind zu tun haben. Auf einer Felsplatte lagen zahlreiche Knochen von Schnee- huhn und Steindohle, welche möglicherweise die postglaziale Nagerfauna von Schweizersbild und anderen Orten vertreten. Der Höhlenlehm enthielt Reste von folgenden Arten: Ursus spelaeus Vulpes vulgaris Ibex priscus Hyaena spelaea Felis leo Rangifer tarandus Lupus vulgaris Capella rupicapra Cervus elaphus. Die Hyäne ist allerdings nur durch zwei Kiefer und eine Tibia, der Höhlenlöwe nur durch eine Anzahl Knochen, darunter Meta- podien vertreten, die aber so charakteristisch sind, daß über die An- wesenheit dieses Tieres kein Zweifel bestehen kann. Das nämliche gilt auch von den hier gefundenen Renntierresten. Von Steinbock [45] Zur Geologie des Unterinntals. 569 liegen ziemlich viele Kiefer und Extremitätenknochen vor. Der weit- aus größte Teil aller Säugetierreste gehört jedoch dem Höhlen- bären an. Seine Reste verteilen sich auf mindestens 200 erwachsene und ebensoviele jugendliche Individuen. Die Kiefer der letzteren bieten insofern besonderes Interesse, als sie zeigen, daß im Milch- gebiß des Höhlenbären. welches in allen Entwicklungsstadien vorliegt, auch noch jene Zähne vertreten sind, welche beim Ahnen des Höhlenbären, bei Ursus Deningeri Reichenau aus dem Alt- pleistocän von Mosbach noch im definitiven Gebiß enthalten waren, beim Höhlenbären aber verschwunden sind. Ja wir finden hier nicht nur als Repräsentanten des oberen und unteren P, und des oberen P, von Ursus Deningeri die entsprechenden oberen D, und D, und den unteren D,, sondern sogar noch einen unteren D,, für welchen bei dieser älteren Art kein korrespondierender P, mehr vorhanden ist. Die Bären der Tischoferhöhle erreichten eine ungewöhnliche Größe. Die aufrechtstehend montierten Skelette besitzen eine Höhe von 245 m, von der Fußsohle bis zum Oceipitalkamm gemessen. Die Zähne der größten Exemplare sind meist bis auf die Wurzeln abgekaut. Daß die Höhlenbären gesellig gelebt hätten, halte ich für gänzlich ausgeschlossen. Was wir hier finden sind vielmehr einerseits ganz alte Männchen, die sich hierher zurückgezogen hatten, um zu verenden, und andrerseits Weibchen und Junge. Die Weibchen suchten die Höhle auf, um hier zu wölfen, und manche von ihnen dürften bei oder bald nach diesem Vorgang verendet sein, was natürlich den Hungertod der Jungen zur Folge hatte. Was Gaudry „ÜUrsus spelaeus lasse minor“ nannte, ist selbstverständlich keine Rasse, es handelt sich vielmehr zumeist um Weibchen und überhaupt um schwache Individuen. Das reiche Material gestattete genaue Statistik über die Größ:n- schwankungen bei ein und demselben Knochen. Sie betragen, wie ich auch schon früher bei vielen rezenten wildlebenden Arten kon- statiert habe, bis zu 30°/, zwischen Maximum und Minimum, was ge- wisse Paläontologen beherzigen sollten, welche ledig- lich auf Grund geringer Maßdifferenzen neue Spezies machen. Die Anwesenheit der vielen Höhlenbärenreste ist auch offenbar dem neolithischen Menschen nicht entgangen, denn er trug als Schmuck außer Schweins- und Hundezähnen auch durchlochte fossilisierte Schneidezähne der Höhlenbären. Bearbeitete Über- reste einer ausgestorbenen Säugetierart sind also noch lange kein Beweis, daß dieselbe auch bereits mit dem Menschen zusammen gelebt hat. Die übrigen Raubtiere bieten kein besonderes Interesse, da- gegen ist die Häufigkeit der Steinbockreste nicht unwichtig, auch zeichnet sich die hier gefundene Steinbockform durch auffallend komprimierte Hornzapfen aus. Das Vorhandensein von Ren verdient besondere Erwähnung. Man ist nämlich gewohnt, die Anwesenheit des Ren als Zeichen eines kalten Klimas zu betrachten. Ich kann mich freilich mit dieser Anschauung nicht befreunden, ich glaube vielmehr, daß das Ren sich erst sehr spät einem kalten Klima an- gepaßt hat, und zwar erst während der letzten Eiszeit. Gemse, Steinbock und Murmeltier waren ursprünglich noch keine 570 M. Schlosser. [46] Gebirgsbewohner, sie sind es erst nach der letzten Eiszeit ge- worden. Die ausführliche Beschreibung der Höhle und ihres Inhaltes wird an anderer Stelle erfolgen. Was dieser Lokalität besondere Wichtig- keit verleiht, ist der Umstand, daß aus gewissen Daten sich Anhalts- punkte ergeben für die Berechnung des Zeitraumes, welcher erforder- lich war, um das Bachbett bis zu seinem jetzigen Niveau in den festen Fels einzusenken, mithin also auch für die Berechnung des Betrages der Erosion innerhalb eines Jahres. Kurz vor oder zu Beginn der Zeit des Höhlenbären, also zu Beginn der zweiten Phase der Rißwürm-Interglazialzeit Pencks, floß, wie erwähnt, der Bach noch im Niveau der Höhle, wie die Anwesen- heit der „Bachkugel“schicht an der Basis des Höhlenlehms unwider- leglich beweist. Heutzutage liegt das Bett des Kaiserbaches um 80 ın tiefer. Da nun die Zeit des Höhlenbären, die zweite Phase der Rißwürm-Interglazialzeit, deren Gesamtdauer, also beider Phasen, zusammen von Pilgrimm !) auf 130.000 Jahre geschätzt wird, etwa 50.000— 80.006 Jahre betrug, während der Würmeiszeit eine Ver- tiefung des Tales, also Erosion, wahrscheinlich überhaupt nicht statt- fand und die Postglazialzeit, die Zeit nach dem Verschwinden des Gletschers bis zur Gegenwart, nach den Ergebnissen beim Schweizer- bild auf 24.000-—29.000 Jahre taxiert wird, so stehen im Minimum 50.000 + 24.000 = 74.000 Jahre, Maximum 80.000 + 29.000 = 109.000 !) Versuch einer rechnerischen Behandlung des Eiszeitproblems, Jahreshefte des Vereines für vaterländische Naturkunde in Württemb-rg 1904, pag. 26—117. Seine Berechnungen beruhen auf den Beziehungen zwischen glazialen, meteorolo- gischen und astronomischen Verhältnissen, welch letzrere auf die Verschiebung der Schneegrenze, teils durch Niederschlags-, teils durch Temperaturänderung von Einfluß sind. Auch wurde die Einwirkung des Inlandeises — ein solches existierte auch im Alpengebiet — in Betracht gezogen. Ich würde den hierbei gefundenen Zahlenwerten. weniger Wert beilegen, wenn sie nicht im Ein- verständnisse mit Penck gewonnen worden wären und zugleich jenen sehr nahe kämen, welche letzterer selbst auf anderem Wege erzielt hat. Pilgrimm, ]l. c. pag. 50—51, fand für die vier Eis- und die drei Inter- glazialzeiten folgende Zahlen: Günzeiszeit G 300.000 Jahre, Günzmindelinterglazialzeit GM 80.000 Jahre Mindeleiszeit M 170.000 „ Mindelrißinterglazialzeit MR 190.000 „ Rißeiszeit % 230.000. - , Rißwürminterglazialzeit RW 130.000 „ Würmeiszeit W 190.000 „ Diesen Zahlen liegt die Annahme zugrunde, daß die Postwürmzeit (PW) eine Dauer von 30.000--40.000 Jahren hat und die Schätzung, welche Penck aus Erosions-, Ablagerungs- und Verwitterungserscheinungen ableitet, nämlich: PW = 30.000 bis 40.000 Jahre. PR=PW+-W-APW=5PW-- W = 150.000 bis 200.000 + W. PM=PW-W-+A4APW-+-R+6PW=11PW-+ W-+ R = 330.000 bis 440.000 W HR. RW=4APW. MR =6PW. Hieraus berechnet Pilgrimm: G=10PW=16W=13R=1'85M und GM =27PW. M=57PW=09W =074R MR =63 PW =1'5RW. R=77PW=12W RW=43PW. Wes8rW: [47] Zur Geologie des Unterinntals. 571 zur -Verfügung, um das Bachbett um 80 m tiefer in den Hauptdolomit einzugraben. Da jedoch das Inntal erst etwas später eisfrei geworden war als die Gegend von Schaffhausen, so wird es sich empfehlen, die Dauer der Postglazialzeit hier auf nur 20.000 Jahre zu veranschlagen. Während dieser Zeit hat sich durch Verwitterung der Höhlendecke die 20—30 cm mächtige lockere Steinchenschicht gebildet. In der letzten Interglazialzeit ist ebenfalls durch Verwitterung der Höhlendecke der Höhlenlehm entstanden, dessen Mächtigkeit 50 bis 250, im Durch- schnitt aber 150 cm beträgt. Die Zeit der Entstehung des Höhlen- lehms war also sieben- oder doch mindestens fünfmal so lang wie die Postglazialzeit, und nach Jahren 140.000 oder doch 100.000 Jahre. Die von Pilgrimm auf 130.000 berechnete Dauer der Rißwürm- interglazialzeit gewinnt hierdurch entschieden an Wahrscheinlichkeit, wobei aber noch zu berücksichtigen ist, daß für uns nur die zweite Phase dieser Interglazialzeit, die Zeit der Höhlenbären, des Rhinoceros antiqwitatis, des Mammuts und des ältesten Renntiers in Betracht kommt, während in der ersten Phase dieser Inter- olazialzeit, der Zeit des ÜUrsus arctos, KBhinoceros Mercki und Elephas antigquus der Bach überhaupt noch in einem höheren Niveau dahinfloß und erst etwa am Ende dieser Periode den Rand der Höhle anschnitt. Die von Pilgrimm gefundenen Werte bleiben zwar hinter jenen, welche sich aus der Mächtigkeit der Steinchen-, respektive Höhlenlehmschichten ergeben, ziemlich weit zurück, allein ich stehe nicht an, ihnen den Vorzug zu geben, denn auch sie sind schon ge- nügend für den Beweis, daß die Erosion in festem Fels viel lang- samer verläuft als man in der Regel annimmt. Und das zu zeigen ist mir die Hauptsache. Denn es trifft selbst dann noch, wenn wir nur die Hälfte der auf 130.000 Jahre geschätzten Rißwürminter- slazialzeit, also etwa 50.000 bis 70.000 Jahre + 20.000 Jahre Postglazial- zeit annehmen, in Summa also 70.000 bis 90.000 Jahre für die Erosion in Betracht ziehen, nur zirka ein Millimeter pro Jahr als BetragderErosioninfestemFelsundinengerSchlucht. In einem auch nur mäßig breiten Tal, in welchem der Bach sein Bett verlegen kann, wird aber diese Vertiefung wahrscheinlich noch viel langsamer vor sich gehen. Bei Schluchten und Klammen hin- gegen, wie das Kaisertal unterhalb unserer Höhle eine ist, könnten diese Daten allenfalls ein Hilfsmittel gewähren, um den Zeitraum zu ermitteln, welcher zur Entstehung solcher Schluchten erforderlich war. Die Menschenreste aus der neolithischen Periode, deren Vor- handensein durch Funde von polierten Steinwerkzeugen vollkommen sichergestellt ist und welcher auch ein großer Teil der Keramik an- gehört, waren anscheinend bestattet, während jene aus der Bronzezeit regellos verstreut herumlagen. In dieser jüngeren Periode hatte ein Metallarbeiter die Höhle als Werkstatt benützt und aus Brixlegger oder Schwazer Erzen — Malachit und Kupferlasur — Bronze hergestellt, wie die Funde von Erzen, Schlacken, Kohlen, Gußtrichtern und ver- schiedenen Bronzegeräten zeigen. Der auffallend hohe Zinngehalt der Bronzen ist vielleicht dadurch zu erklären, daß allenfalls auch die Fahlerze von St. Gertraudi und vom Reuterkogl bei Brixlegg verwendet wurden. DER 1. Jahrbuch d. k.k. geol. Reichsanstalt, 1909, 59. Bd., 3. u. 4. Hft. (M. Schlosser.) 75 572 M. Schlosser. [48] En Die relative Dauer der vier Stufen des Tertiärs. Ich kann es mir nicht versagen, hier noch einige Bemerkungen über die relative Dauer des Pleistocäns und der einzelnen Abschnitte der Tertiärzeit beizufügen, da dieses Thema in jüngster Zeit von Penck behandelt wurde, wozu ich doch einiges bemerken möchte: Wir haben oben gesehen, daß Pilgrimm die Gesamtdauer des Pleistocäns mit vier Eiszeiten und mit drei Interglazialzeiten auf rund 1,300.000 (genau 1,290.000) Jahre berechnet hat. Wenn ich nun auch weit davon entfernt bin, dieses Resultat für gesichert zu halten, so muß ich mich doch wundern, daß Penck!) kürzlich die Dauer des Pleistocäns nur auf 1/, bis 1 Million Jahre schätzt, obwohl Pilgrimm seine Berechnungen doch im Einverständnis mit ihm und unter Zugrundelegung seiner Daten gemacht hat. Immerhin dürfte 1 Million Jahre für das Pleistocän reichlich genügen. Dem Pliocän schreibt nun Penck eine drei- bis vierfach längere Dauer als zu dem Pleistocän und dem Miocän wieder die doppelte Dauer des Pliocäns. Das Miocän beginnt für ihn nach dem Auf- treten von Anchithereum und mit dem vermeintlichen Aussterben von Hipparion, denn daß Hipparion auch noch in der Roussillonfauna existiert hat, die er unbedingt, wenn auch unbewußt mit Recht zum Piocän zählt, wird ihm freilich nicht bekannt sein. Für mich aber besinnt, wie ich kaum näher zu begründen brauche ?), das Pliocän mit dem Auftreten von Ilipparion, das Miocän hingegen endet mit dem Erlöschen von Anchitherium. Es beginnt mit den älteren Ulmer Süßwasserschichten mit Helix rugulosa und Aceratherium lemanense, über die Penck sich zwar nicht äußert, aber implizite schon zum Oligocän zählt. Als‘ Beweis für die lange Dauer führt er unter anderem an: „Man denke nur an die außerordentlich mächtigen miocänen Ab- lagerungen, welche den Nordsaum der Alpen bekleiden und die Geosynklinale des Alpenvorlandes in einer Mächtigkeit von stellen- weise über 1000 m erfüllen“ 3). Außer etwa in der Bregenzer Gegend sind im bayrıschen Alpenvorlande diese 1000 » schwerlich zu sehen. Für die Beurteilung der Mächtigkeit des Miocäns stehen mir hier fol- sende Daten zu Gebote: Das Bohrloch der Münchener Löwen- brauerei endet bei zirka 200 m in einem wasserführenden Sand mit Kohklenspuren. Wir werden kaum fehlgehen, wenn wir annehmen, daß damit das allenthalben an der Basis des Flinz vorhandene Kohlenflöz erreicht wurde, das auch im Habichtgraben bei Beuerberg etwa 100 m unter den höchsten Partien des Flinz ®) liegt. Dieses Kohlenflötz wurde auch am Ratzingerberg bei Prien durchfahren und daselbst der Nachweis erbracht, daß unter ihm die 10 m mächtigen brackischen Unterkirchberger Schichten liegen, unter welchen dann unmittelbar ') Das Alter des Menschengeschlechtes. Zeitschrift für Ethnologie, Berlin 1908, ag. 402. 2 ?2) Über Säugetiere nnd Süßwassergastropoden aus Pliocänablagerungen Spaniens-und die natürliche Grenze von Miocän und Pliocän. Neues Jahrbuch für Mineralogie 1907, Bd. II, pag. 40. ®) L. c. pag. 404. *) Es ist natürlich nicht ausgeschlossen, daß der Flinz an beiden Stellen durch Erosion 100 oder mehr Meter an Mächtigkeit eingebüßt hat. [49] Zur Geologie des Unterinntals. 575 im Liegenden die marinen Schichten mit Ostrea crassissima, die mio- cäne Meeresmolasse angefahren wurde. Die letztere liegt am Ratzinger- berg horizontal, aber wahrscheinlich diskordant auf der brackischen . oligocänen Molasse, weshaib hier ihre wirkliche Mächtigkeit kaum zu ermitteln ist, gleichwohl darf sie auf etwa 200—500 m im allgemeinen taxiert werden, im Kaltenbachgraben ist sie vielleicht noch bedeu- tender. Zwischen der Meeresmolasse und der brackischen oligocänen Molasse schalten sich zeitlich die untermiocänen Schichten mit Helix rugulosa ein, allein ihre Mächtigkeit ist sehr gering — nach Weithofer beim Müller am Baum an der Mangfall anscheinend nur etwa 25 m — und überdies grenzen sie nirgends direkt an die miocäne Meeresmolasse und sind daher nicht verwertbar für die Schätzung der Mächtigkeit des gesamten Miocäns im Alpenvorlande. Es ist mir daher nicht ganz klar, wie sich hierfür 1000 m Mächtigkeit ergeben sollen. Eher läßt sich die Mächtigkeit des Miocäns in Schwaben ermitteln. Kranz!) gibt hier für die obere Süßwassermolasse und Deckgebirge 276, für die Meeresmolasse 207 und für die untere Süßwassermolasse 253 m an. Übrigens bekommen wir auch in diesem Fall keine genaueren Anhaltspunkte für die Schätzung der Gesamt- dauer des Miocäns. Besser eignet sich hierfür die Zahl der ver- schiedenen diesem Zeitraum eigenen Säugetierfaunen, deren sich übrigens auch Penck bedient, um einen Maßstab für die Dauer von Pleistocän, Pliocän und Miocän zu gewinnen. Ich kann seine Ausfüh- rungen gewissermaßen durch folgende Tatsachen ergänzen. Wir treffen: Im Pleistocän Höhlen- und Lößfauna : drei Taubach u. eine Konchylien- Säugetierfaunen Mosbach, Mauer, Forestbed fauna. Im Pliocän Val d’Arno, Perrier ner drei Montpellier, Roussillon E I nrarichT Säugetierfaunen Pikermi, Eppelsheim ete. Zune Meeresmolasse, Tuchorschitz, Dinotherium-Sand,Sansan etc. Im Mioeän | u. zwei Konchylien- drei Orleanais ee Säugetierfaunen | Ulm, St. Gerand le Puy, | Be Mainz Hierbei ist jedoch zu bemerken, daß sich die einzelnen Säuge- tierfaunen sowohl des Miocäns als auch des Pliocäns weit schärfer gegenüberstehen als die älteste und die mittlere des Pleistocäns und daß man im Pliocän wohl doch die Faunen von Montpellier und Roussillon auseinanderhalten muß, so daß für diese Stufe vier Säuge- tierfaunen gegeben wären. Auch im Miocän ist vielleicht die mittlere Fauna in zwei zu teilen, so daß wir also auch hier vier Faunen zu unterscheiden hätten. Von den drei Pleistocänfaunen enthält die älteste noch einen stattlichen Prozentsatz oberpliocäner Arten, während die übrigen zumeist auch der Taubacher Fauna eigen sind, so daß also den drei Pliocänfaunen keineswegs auch drei gleich- !) Bemerkungen zar 7. Auflage der geologischen Übersichtskarte von Württemberg. Zentralblatt für Mineralogie etc. 1908, pag. 560. 75* 574 M. Schlosser. [50] wertige Faunen im Pleistocän gegenüberstehen, vielmehr verschiebt sich praktisch die Grenze zwischen beiden Zeitabschnitten zu- ungunsten des Pleistocäns. Anderseits ist aber die jüngere Kon- chylienfauna des Pliocäns praktisch identisch mit jener des Pleistocäns und besteht eigentlich nur aus noch lebenden Arten, wie eben die Konchylienfaunen überhaupt eine längere Lebensdauer haben als die Säugetierfaunen. Es hat also den Anschein, als ob Pleistocän und Oberpliocän zusammen ungefähr gleich wären dem übrigen Pliocän. Miocän und Pliocän hingegen scheinen einander ziemlich gleichwertig zu sein. Wenn wir diese Verhältnisse gegeneinander abwägen und Pleistocän gleich 1 setzen, so ergibt sich ungefähr Pleistocän + Pliocän + Mio- cän — 5 Pleistocän oder, die Dauer des Pleistocän zu 1 Million Jahren angenommen, 5 Millionen Jahre, wobei also auf Pliocän und Miocän je 2 Millionen Jahre treffen würden. Wenn wir weiter im Tertiär hinabsteigen, werden die Schätzungen bedeutend schwieriger, weil namentlich im Oligocän die wirkliche Zahl der Säugetierfaunen nicht leicht zu ermitteln ist. Es kommen hier mindestens zwei in Betracht, eine Jüngere mit Anthracotherium magnum und eine ältere, die Fauna von Ronzon und der Ulmer Bohnerze, dabei erscheint es jedoch sehr fraglich, ob diese letztere wirklich den ganzen Zeitraum repräsentiert, in welchem an anderen Lokalitäten die wäch- tigen marinen Ablagerungen zustande kamen. Es ist daher nicht un- berechtigt, auch für das Oligocän einen ebenso langen Zeitraum an- zunehmen wie für das Miocän, also ebenfalls zwei Millionen Jahre. Das Eocän endlich mit seinen mindestens vier Säugetierfaunen (Ludien, Bartonien, Lutetien, Sparnacien), denen aber möglicherweise noch die des Ageen und höchstwahrscheinlich die des Carnaysien an- gereiht werden muß, repräsentiert jedenfalls einen viel längeren Zeitraum als etwa das Miocän. Wir dürfen daher statt der zwei Millionen, die wir für letztere Stufe angenommen haben, mindestens drei, wenn nicht vier Millionen Jahre in Rechnung bringen. Es ergeben sich also für Pleistocän und Tertiär zusammen etwa zehn Millionen Jahre unter der Voraussetzung, daß das Pleistocän eine Million Jahre gedauert hat. Sollte ihm jedoch nur eine Dauer von einer halben Million Jahre zukommen, so würden sich für das gesamte Tertiär fünf Millionen Jahre ergeben, was ich doch für zu wenig halten möchte. Penck war es bei seinen Betrachtungen darum zu tun, auf Grund der vorhandenen wirklichen oder vermeintlichen Werkzeuge das Alter des Menschengeschlechtes, beziehungsweise seiner Vor- fahren zu ermitteln, aber er trägt doch Bedenken, die bis in das Oligocän zurückreichenden Eolithe sämtlich als sichere Beweise für die Anwesenheit des Menschen oder seiner Vorläufer gelten zu lassen. Ich werde bei einer nicht allzu fernen Gelegenheit zeigen, wie groß die Vorläufer des Menschen im Oligocän, Miocän und Pliocän waren, woraus sich dann leicht die Frage beantworten lassen wird, ob die Eolithen aus diesen Stufen des Tertiärs von den Ahnen des Menschen herrühren oder nieht. Für den Nachweis des alt- pleistocänen Menschen sind Eolithe jetzt durch den Fund der Unter- kiefer bei Heidelberg ohnehin glücklicherweise überflüssig geworden. Diluviale Säugetierreste vom Gesprengberg, Kronstadt in Siebenbürgen. Von Franz Toula. Mit zwei Lichtdrucktafeln (Nr. XV—XVI) und 12 Textillustrationen. Der ringsum kahle zweikuppige Hügel erhebt sich auf der linken Seite der nordwärts bis an die Bartholomäuskirche ver- laufenden Langen Gasse. Auf der höheren nördlichen Kuppe befindet sich eine Schanze und hier werden wohl schon in der jüngeren Steinzeit und während der Bronzeperiode Ansiedlungen bestanden haben. Von hier stammen die Artefakte, welche sich in dem kleinen, aber sehr sauber gehaltenen „Museum der Kronstädter Sammler“ be- finden und von Herrn Fabrikant Julius Teutsch zusammengebracht worden sind. Auf der Westseite der südlichen niedrigeren Kuppe ist nahe dem Fuße derselben ein kleiner Steinbruch eröffnet, in dessen Hinter- grund sich links eine kleine Höhle öffnet, die von den Sammlern vielfach ausgebeutet worden ist. Von hier stammen auch die Reste, welche Herr Professor am Honterus-Gymnasium Friedrich Lexenu an Herrn Regierungsrat Prof. Dr. Fritz Berwerth gesendet und auf die mich Herr Prof. Ernst Kittl aufmerksam gemacht hat. Später kamen mir auch eine Anzahl von Stücken zu, welche Herr Franz Podek und zuletzt solche, welche Herr Ing. Gustav Treiber in Kronstadt sammelten. Ich versuchte auch die übrigen von hier stammenden Knochen- reste zu erhalten. Solche befinden sich an der königlich ungarischen Realschule, ein Unterkieferstück mit den beiden vordersten Prämo- laren, welches mir Herr Direktor Szeprethy zu zeigen die Freund- lichkeit hatte. Einiges befindet sich auch in Budapest und Herr Direktor der königlich Ungarischen geologischen Reichsanstalt Prof. Dr. L.v. Löczy nannte mir unter anderem ein „leider sehr gebrech- liches“ Unterkieferstück Endlich ist eine größere Anzahl von Knochenstücken an das Museum von Hermannstadt, beziehungsweise an Herrn Mauritius v. Kimakowicz gesendet worden und wurde kurz darüber in den Verhandl. und Mitteil. des Siebenbürgischen Vereines f. Naturw. in Hermannstadt, LI. Bd., 1901 (1902), pag. XXXIII, berichtet. Er führt auch das Vorkommen von Equus caballus L, Capra hireus L. aus der jungneolithischen Zeit vom Gesprengberg an, also aus viel Jüngeren Ablagerungen. Jahrbuch d. k.k. geol. Reicnsanstalt, 1909, 59. Bd., 3. u. 4. Hit. (F. Toula.) 576 Franz Toula. [2 Aus einem Schreiben des Herrn M. v. Kimakowicz an Herrn Julius Teutsch vom 21. November 1901, welches mir der letztere freundlich zur Verfügung stellte, entnehme ich zur Vervollständigung folgende Angaben: Eine neue Arvicola-Art wurde als Arv. coronensis M. v. Kim. bezeichnet. Von @lis einzelne Zähnchen, die „unbedingt auch einem noch nicht beschriebenen Tiere angehören (vielleicht sogar zwei Tieren)“. SER Weiters: Megaceros eurycerus Aldr., Cervus antiquus Pohl., Rhino- ceros, Bos, Equus (unter meinem reichen Material fand sich nichts, was ich hätte auf Equus beziehen können). „Ein Bär, eine Gemse, ein Reh, ein Hase, ein Marder, ein Maulwurf, eine Maus, zwei Wühlmäuse, zwei Fledermäuse und ein Schläfer, im ganzen 21 Arten.“ Auch Schlangenwirbel, unter welchen mindestens vier Arten vertreten sein sollen. Endlich führt er 13 Arten von Mollusken an, darunter fünf Clausilien, welche in „einer Spalte sich vorfanden, die mit einer kreideweißen Masse (Bergmilch) ausgefüllt war“, und einer viel jüngeren Zeit angehören sollen. Die von mir Herrn Dr. E. Wüst zur Bestimmung gesandten Schneckenschalen entstammen dagegen durchweg dem braunen löß- ähnlichen Ausfüllungslehm der Höhle. Es ist gewiß sehr bedauerlich, daß Herr M. v. Kimakowicz sein Vorhaben, die Fauna zu beschreiben, nicht zur Ausführung ge- bracht hat. Es wäre mir natürlich sehr lieb gewesen auch diese Dinge zu sehen. Bei meinem Aufenthalt in Kronstadt wurde mir mitgeteilt, man wisse nicht, wo sie sich eigentlich befinden. Auf eine Anfrage an Herrn Prof. Otto Phleps in Hermannstadt wurde mir die Antwort, daß sie sich bei Herrn M. v. Kimakowicz befinden. Eine Anfrage bei diesem Herrn hat mir leider keine Antwort eingebracht. Von Rhino- ceros sollen sich nur Unterkieferzähne darunter befinden. Da ich die Art des Vorkommens kennen lernen wollte, scheute ich die weite Reise nicht und besuchte in den ersten Tagen des Juni 1909 die Fundstätte, wobei Herr Prof. Lexen mein liebens- würdiger Führer war, der auch die Arbeiter verschaffte, um: Aus- srabungen vornehmen zu können. Das nach einer photographischen Aufnahme, welche Herr Dr. med. Gusbeth vom Kronstädter Spital anzufertigen die Güte hatte, hergestellte Bild (Fig. 1) läßt die Lage am Hange der südlichen Kuppe ganz gut erkennen. Man sieht die eigenartige Zerstückelung des srauen Kalkes des Gesprengberges und erkennt die Harnischfläche einer der Absonderungen der großen Trümmer an der rechten Seite des Höhleneinganges, sowie auch die dazu parallel verlaufenden kleineren Klüfte, welche zum Teil aus dem Höhlenraume zur Oberfläche hinauf führen. Aus einer dieser zutage gehenden Klüfte (links im Bilde) wurden die im nachfolgenden zu beschreibenden, stark abgekauten Zähne eines linken Unterkieferastes herausgebracht, die in dem, zwischen dem groben Kalkbrockenmaterial liegenden Lehm, von löb- artigem Charakter (von oben her eingeschwemmter Löß) und zwischen den Kalkbrocken lagen. [3] Diluviale Säugetierreste vom Gesprengberg, Kronstadt in Siebenbürgen. 577 Diese Klüfte verlaufen nach h 2, also nach NNO, und konnten ‚bei Grabungen an der Oberfläche an zwei Stellen nachgewiesen werden. Auf dem zweiten Bilde (Figur 2, pag. 578 [4]) ist der ausgeräumte Höhleneingang deutlicher sichtbar. Uber dem Steinhaufen sieht man die erwähnte mit Kalkbrocken und Lehmzwischenmittel ausgefüllte Kluft sehr gut. Diese Kluft verspricht noch mehr Knochentrümmer zu liefern. Auch die kleinen Klüfte, rechts vom Eingange, lieferten viele Knochen: aus einer derselben hat Herr Podek die Wirbel von Capreolus herausgebracht, die später besprochen werden sollen. Fig. 1. Die Höhle war ganz mit Kalktrümmerwerk und lehmigem Material erfüllt, und ist wie der Schutthaufen vor dem Eingange zeigt, allmählich ausgegraben worden. Die Brustwand, die in meiner Gegenwart bloB- gelegt wurde, zeigte die Art der Füllung ganz gut. Im Niveau der leicht ansteigenden Arbeitssohle liegt eine größere bräunliche Lehm- masse mit zahlreichen Helix-Schalen ?), welche die Mittelfuß- und Zehen- knochen, sowie Beckenbruchstücke von Bären geliefert hat. Erstere in verschiedener Größe, also von verschiedenen Individuen herrührend, lagen nicht etwa in einer Schicht nebeneinander, sondern hier und dortim 1) Die Helix-Schalen und andere habe ich Herrn Dr. E. Wüst in Halle a. d. Saale gesendet, der mir eine Mitteilung über seine Untersuchungsresultate in Aussicht stellte. Diese Mitteilung findet sich am Schlusse. 578 Franz Toula. [4] Lehm eingebettet. Auch Knochen kleinerer Säuger wurden angetroffen. Die Seitenwandfelsen sind vielfach übersintert. Über dem Lehm folgt dann eine Breccie aus verschieden großen, zum Teil übersinterten Kalkblöcken und Kalkschutt, mit einigen kleineren Lehmeinlagerungen. Eine solche nahe an der Decke ist wieder von etwas größerer Aus- dehnung. Ich ließ die Ausgrabung so vornehmen, daß man im Höhlenraume halbwegs stehen konnte. Die Ausgrabung wird noch weiter fortgesetzt und etwas mehr in die Tiefe gerückt werden müssen. Die Breceienlehmbrustwand läßt eine weitere Erstreckung berg- wärts vermuten. Herr Dr. Freudenberg hat in dem Material von Kleintieren folgende Formen vorgefunden: | Batrachier. Drei verschiedene Formen. Schlange. Kiefer und Wirbel (wohl eine „Natter“), Anser sp. (wohl Graugans), Coracoid. Vespertilio sp. Ein Kiefer- und Flügelknochen. Erinaceus europaeus L. Unterkiefer und Beinknochen (Humerus). Arvicola. Zwei Arten von Feldmäusen. Myoxus glis Pallas. Siebenschläfer. Schneidezähne. Lepus sp. Ziemlich viele Reste, zum Teil mit der Bezeichnurg Lepus europaeus. — nn [5] Diluviale Säugetierreste vom Gesprengberg, Kronstadt in Siebenbürgen. 579 Oricetus phaeus Pallas. Zwerghamster. Zwei Unterkiefer. Oricetus frumentarius. Ein Femur. Felis catus L. Wildkatze. Ein Calcaneus. Canis aureus L. Schakal. Metapodien und eine Tibia. Capreolus caprea Gray. Reh. „Die Fauna!) ist, wie die von Hundsheim, rein mediterran und kann nur interglaziales oder präglaziales Alter haben. Wahrscheinlich ist sie ein zeitliches Aquivalent des ‚älteren Löß‘, das heißt des Mindel-Riß-Interglazials.“ In Hundsheim fanden sich nach Dr. Freudenberg die Nager- kiefer nur als Gewölle von Raubvögeln, während die zahlreichen Fruchtkerne (Dr. Freudenberg bestimmt sie als von Celtis australis stammend), offenbar von den Siebenschläfern in die Höhle geschleppt, es möglich erscheinen lassen, daß diese in der Höhle hausten. Der Kalk des Gesprengberges ist von hellgrauer bis weißer Farbe und sieht ganz so aus wie die bisher als Tithon bezeichneten übrigen Kalkvorkommnisse des Kronstädter Gebietes. Mir ist es nicht gelungen, irgendwie deutlichere Fossilien aufzufinden, wenngleich viele gesammelte Stücke geradezu aus organischem Material zusammen- gesetzt erscheinen, darunter undeutliche kleine Gastropoden. Viele rundliche Querschnitte erinnern an das Aussehen von gewissen Dactyloporen. ‘ ..Der Kalk mit den vielen undeutlichen Einschlüssen erinnert lebhaftest an die Kalke, welche Herr Podek bei Zernesti (Kron- stadt SW) im Bachschutte gesammelt hat, die offenbar von den im Süden und Südwesten davon auftretenden Kalkschollen herstammen, und welche vollkommen gut erkennbare Stücke von Ellipsactinia um- schließen, die ganz jenen von Capri gleichen (Öppenhzeim, Zeitschr. d. Deutsch. Geol. Ges. 1889, 442 ff.). Herr Professor Dr. Anton Koch, derzeit in Budapest, damals in Klausenburg, hat in einem Berichte über die Versorgung Kronstadts mit Trinkwasser die Umgebung der Stadt geologisch geschildert. Er erwähnt unter anderem, daß am Gesprengberg unten weithin mächtiger Löß entblößt sei und daß sich außer diesem Terrassenlehm des Diluviums Gesteinsgerölle und lehmiger Schutt in großer Menge abgelagert habe. Der Gesprengberg (604 m Meereshöhe), über die 560 m hoch liegende Ebene nur 44 m aufragend, wird als der Rand einer Jura- kalkmulde aufgefaßt, über welcher Kreidekonglomerate lagern (M. T. Ak. Ezt. Term. Tud. Köreböl 1887, XVII 3). Der Gesprengberg wird auch bei Bespreehung der Gesprengquelle, einer Spaltquelle, erwähnt, die auf einer Verwerfungsquerspalte aufsteigt, aber bei niederem Wasserstande zeitweilig ausbleibt. Zur Zeit meines Besuches lag sie vollkommen trocken. Die Versumpfung der im Westen an- srenzenden Fläche besteht aber fort. !) Zu den genannten 13 Arten nach Dr. W. Freudenbergs Bestimmung gesellen sich noch die im nachfolgenden besprochenen fünf (beziehungsweise neun) Typen, so daß in dem mir zugegangenen Material Reste von 18 (beziehungsweise 22) Arten enthalten waren. Jahrbuch d. k. k. geol, Reichsanstalt, 1909, 59. Bd., 3. u. 4. Hft. (F. Toula.) 76 ‚580 ; Franz Toula. [6] Im nachfolgenden will ich einige der von Herrn Prof. Lexen und von Herrn Fr. Podek gesammelten Säugetierreste besprechen, vor allem die Reste von Rhinoceros. 1. Rhinoceros Kronstadtensis n. f£. aus der Formenreihe Rhinoceros etruscus Fale.— Rhinoceros Mercki (Jäg.) Schroeder. Tafel XV und XVI. Von Kronstadt („Gesprengberg“) liegen mir zwei Oberkieferzahn- reihen vor, und zwar von der linken Seite mit fünf, von der rechten mit vier Zähnen. Erhaltungszustand, Abkauverhältnisse und Größe stimmen so gut überein, daß es zweifellos Stücke von einem und demselben Individuum sind. Beide Zahnreihen waren mit einer fast gleichmäßig über die ganzen Zahnkronen ausgedehnten festen Sinter- kruste überdeckt, welche sich glücklicherweise, wenn auch nicht ohne erheblichen Aufwand von Zeit und Geduld, entfernen ließ, so daß nun die Kauflächen und Zahnkronen und auch große Teile der Zahnwurzeln - frei und nur wenig verletzt vorliegen. Dielinke Zahnreihe besteht aus ms, ms, m;, Pmz(ı, und pms, die miteinander, in der Wurzelpartie, noch mit Resten des Kiefer- knochens verbunden sind. Gesammtlänge 234 mm. Von der rechtsseitigen Zahnreihe liegen vor m;, m; und m; und der daran anschließende pn3 .ı,. Diese vier Zähne haben ‚eine Gesamtlänge von 197 mm, die gleichnamigen Zähne der linken ‚Zahnreihe in gleicher Weise gemessen (vom inneren und hinteren Knorren des m; bis zum Vorderrande der Außenwand) stimmen damit auf das vollkommenste überein (197 mm). Wenn ich diese Maße vergleiche, so ergibt sich, daß sie betragen: bei Arhinoceros Hundsheimensis Toula (vollständige Zahnreihen des zweiten Individuums, Abh. d. k. k. geol. R.-A. XX, 2.. 1906. Taf. I, Fig. 2) 182 mm links und 178 mm rechts. Bei Ahinoceros etruscus Falc. (Schroeder) von Mosbach (Abh. d. k. pr. geol. L.-A., Hft. XVII, 1903, Taf. X), am Gipsabguß gemessen, in ganz gleicher Weise: 192 mm. Bei Rhinoceros etruscus Falconer, Original zu Pal. Mem. II (1868), Taf. XXIX, von Bologna und Prof. G. Capellini (Bologna 1894, Mem. IV, Taf. II, Fig. 7) von Barberino del Mugello, am Gipsabguß gemessen: rechts 1744 mm, links 176 mm. Bei dem schönen Originalschädel des Münchener paläont. Staatsmuseums, den ich in München vergleichen konnte, fand ich für die rechte Oberkieferzahnreihe m;— pm, 198 mm. Die rechte Oberkieferzahnreihe (m,—pms) des schönen, von Schroeder (Taf. VI, Fig. 1) abgebildeten Restes von Mosbach mißt am Gipsabguß 214 mm, dieselben fünf Zähne des schon erwähnten zweiten Mosbacher Stückes (l. ec. Taf. X) messen 228 mm, kommen sonach dem Kronstädter Stücke (mit 234 mın) recht nahe. Wenn ich die vier erhaltenen Zähne von Rhinoceros Mercki Jäger damit in Ver- gleich bringe, so messen diese bei dem Mosbacher Stücke (Schroeder l. e. Taf. VII, Fig. 2) mehr als 217 mın (da », im hinteren Teil be- schädigt ist), gegen 197 mm des Kronstädter und zirka 180 mm des [7 Diluviale Säugetierreste vom Gesprengberg, Kronstadt in Siebenbürgen. 581 Hundsheimer Nashorns. Das Oberkieferstück des Heiligenstädter Rhin. Mercki Jäg. var. Vindobonensis Toula mißt von m,;—pmz (1, 216 mm. Rhinoceros Mercki v. brachycephala H. v. Meyer (Schroeder |. ce. Taf. III, Fig. 1) ergibt für dieselben vier Zähne links 1944 mm, rechts 185 mın. (Wenn ich die Messung an H.v. Meyers Abbildung [Palaeontogr. XI, Taf. XXXVI] vornehme, so komme ich auf 190 mm für die linke, auf 181 mm für die rechte Hälfte.) Auf jeden Fall kommen diese Maße jenen der Kronstädter Stücke sehr nahe. Die Formen der Abkauflächen lassen sich nicht gut vergleichen, da die Zähne des KRhinoceros von Daxlanden bei Karlsruhe viel tiefer abgekaut sind als jene von Kronstadt, was im weiteren Verlaufe der Auseinandersetzungen erörtert werden soll. In der auf pag. 582 und 583 befindlichen Tabelle sollen zunächst die Größenverhältnisse der einzelnen Zähne einiger Typen zusammen- gestellt werden. Nach den Längenmaßen der Backenzähne würde das Nashorn von Kronstadt zwischen ZRhinoceros etruscus Falconer und Rhinoceros Mercki Jäger (H. Schroeder) zu stehen kommen, und zwar würde das Nashorn von Daxlanden am nächsten stehen, es dürfte sonach ein Tier von ähnlicher Größe gewesen sein wie das Rhinoceros Mercki vor, brachycephala H. Schroeder. Dabei fällt aber doch sofort beim Vergleiche der Zahnlängen auf, daß die Molaren der beiden Formen in den Längen wohl in guter Übereinstimmung zu stehen scheinen, daß dagegen die Prämolaren von Kronstadt länger sind als jene von Daxlanden. Etwas anders gestaltet sich die Sache, wenn man die Zahnbreiten in Betracht zieht. In dieser Beziehung ergeben sich folgende Zahlenwerte: Die Breite übertrifft die Länge in Millimetern bei: | in mm || Kronstadt | Daxlanden | Bologna | Mosbach | u | Mosbach | Ze | | er Dr | | ih | | | | 5 TI EAFON Na. 885, DE 25 15, | 6. — ZIOE | \ 85 (9:0) Ba — 74 — _ Ei. 0:97 1870 30 — 2:0 = 2 || 07 (3:0) —- _ 25 69 = 21 —— = Er eeyrz2Be 2, a a Er Ber 82 ie) 58 = _ 3:8 = | 0 | (96) — 79 34 42 = = Wen 9:9 (142) 15 iu 13°9 14 3 — I? s3 (168) —| 107 | 124 105 — 20-8 | Be se RE Be. NE | | pm — (17:.8)-— 11'7 — 81 — u PM, 56 |(154) — 96 106 97 _ 134 | | 1) Nach der Abbildung bei H. v. Meyer gemessen, wo II. Schroeder keine Maßverhältnisse angibt. 76* Franz Toula. 'uOSS9W>d UaUUT sojspnM sap apuey we pun uagne opuwızjswgosugez uaIsyun WE UANIIT IC] "WI9J9WIIIIA UT OSsIuggydoAgeM 80, — | 8.28 0.99 ı 9.29 y.68 T-99e22 "=. sleig (8.02) = (8.01) (7.51) (8-91) (8:8) 8.67 | 8.67 I | 817 Kerr ° (aaggne) adug] :syurf er = 8:09 1.19 > 1.89 9.29 ° * (au10A) Opaıg ud > (8-F1) (6-91) = (8-FT) (6:6) = 0:97 6.67 — == 7.88 (uagne) aduer] :8Iy991 9.89 = 9.99 8.99 3:89 0.59 ae... > r (6-9) (9.8) (9.6) (0.9) er = 6-18 7.09 | 8.09 v.95 ° (uaggne) due :syurf Bu Fr 1:69 9.86 = ı 9.99 9:79 ° * (au10A) oylaıgq = (8-8) Sfr = (9-L1) (7-8) = 6-89 — — | 8069 8.89 (uagne) oduer] :syyoau | | 7.69 = 1:69 r.L9 6.14 0.19 " * * (@u1I0A) Olaıg (1.2) > (6-9) (4.2) (0.8) (2.0) 819 = 6.44 6-99 oa 0.79 ° (aagne) adurg :syur au = 179 == = 0.99 0.19 * (au10A) oyIaıg 7 (0.8) = = (86) | (6-0) 2.09 = 5 08% 81€ (uaggne) aduer] :sIq99A1 G.99 = 8:69 G.8G 88% 0.19 a " oyleaıg (1-9) nu (2.2) (8-9) (0:6) | (9.8) ».09 = 9.5 6-87 0.L# 0.86 ° (uayun) odug] :syulf 8, ” = G.89 = 8.39 8.69 0.99 (au10A) aaıgq 89g019) u = = (H#-T1) = (0.6) (s. (0-4) — = 1-78 — 7.95 8.04 (usaur) Odu@] :SI499A1 | | 7 (1 (z („ıpeıs (s y98qso (. wiagspun veqso eus (z(, uopueixe h er 3 4 W (ureyspung | (4 = Daun alt 5 [Xeq jpegsuoay "1 983 Diluviale Säugetierreste vom Gesprengberg, Kronstaat in Siebenbürgen. [9] 9m your ZunneygqYy “(eudtıg sıurpjpeden pun S1I9UO9LR I) "wg snosn.ga "wıyy UOA gudgesdın up IPBISUOAY 19q OIM UASSHWad asıaay AOy9la]3 ur ‘Bunppiqqy stokom ‘A 'H 5 "DU "IIA [OJRL 9Pa0Aay9g "wbnf 1990 "yıy 0A gudgesdır) wop "uoyplag9sad1oA 10719M [IA Sunnuyqy "wnnpIApuf ‘II wnoz sısuomayspunzp "ya 0A gusgesdın wop 'oylaagp pun oduy] uOLUOSIMZz POITosIoluf (g »pnoL sısuauogopug "wa wobpf 19a "yıy UA gudgesdın wop YORM (5 DB = hl— Pr = 0.0810 — 9.65% {eie) (9:6) — 00% = 6.6# gg (2-11) 588 — L:9P Ypegsuoay Toq om yaruyqy Sunneyqy 'X [Je], “T9P90 LUIS "mw snosn.«a "yyy uoa gasqesdın wap gun bo URN (« TIRN (r | ‘IpeIsuo1y] 199 (T) Sud—ene SYULL MEMd- su SIqDAA (9.9) (au.10A) ayloıg * (uogne) odun] :syurf (OTIOA) OyLaıg] — (uagJuR) adawr] :syy9aı WORN (k N (e | uapa0.ıyaS mpwydoohyanıq "wa 1yotom so00ouyg "uaqeäuy SAOP90AU9g 'H URN (} | (odueqyuau -wesnZ m) \osuspussen (@) uud 584 Franz Toula. 10] Der dritte Molar von Kronstadt ergibt keine auffallenden Verhältnisse. Der zweite Molar ist dagegen auffallend genug von allen übrigen Formen unterschieden, unterscheidet sich auch von dem von Daxlanden und Hundsheim am meisten, während Daxlanden und Hunds- heim einander sich sehr nahe stehen dürften. Der erste Molar zeigt keinen ausschlaggebenden Unterschied von dem vom Mosbacher Rh. etruscus und dem vom Mosbacher Rh. Mercki. Der letzte Prämolar nähert sich am meisten jenem von Bologna und unterscheidet sich am meisten von jenen von Daxlanden, Mosbach und Heiligenstadt. Der zweite Prämolar ist noch weniger breit als jener von Hundsheim. | Nur die Prämolaren ergeben also weitergehende Annäherung an jene von Bologna und Hundsheim. Der zweite Molar ist ganz ab- sonderlich in seinen Verhältnissen. Aus den angegebenen Verhältnissen würde sich auch die ab- sonderliche Stellung des Daxlandener Nashorns dem Khinoceros Mercki Jäger (Schroeder) gegenüber ergeben, besonders in bezug auf die Verhältnisse der Molaren, während in den Prämolaren eine An- näherung eintritt. Ahnlich so stellt sich das Hundsheimer Nashorn als jenem von Daxlanden näher stehend dar, mit Ausnahme der Ver- hältnisse des zweiten Prämolaren, der sich jenem bei Äihinoceros etruscus Falc. annähert, und sich am meisten von dem typischen Zhin. Mercki (Jäger-Schroeder) unterscheidet. Auch in bezug auf den ersten und zweiten Prämolar erscheint das Hundsheimer Nashorn dem Mos- bacher Ahinoceros etruscus viel ähnlicher als dem typischen Khin. Merchi Jäger (Schroeder). Besonders m, entspricht in den Verhält- nissen mehr dem Daxlandener Nashorn. Dieses unterscheidet sich von KRhinoceros Mercki in den Verhältnissen von m, und m; auffallend genug, so daß ich zu der Meinung kommen würde, daß die Bestim- mung als Varietät von Rh. Mercki Jäger nicht stichhältig sein dürfte, wenngleich ich auch der Annahme, der prächtige Schädel gehöre zu Rh. etruscus Falc. („Lartet, Forsyth Major ete.“, beiSchroeder l. e. pag. 127), gleichfalls nicht beizustimmen vermöchte. Das gleiche silt für mein Arhinoceros Hundsheimensis, das ich weder an das so viel srößere Rhinoceros Merchki anschließen möchte, noch an das etwa ähnlich so große Rhinoceros etruscus Falc. Auch das Nashorn von Kronstadt läßt sich mit keiner der beiden Typen vereinigen. Doch bevor ich darauf weiter eingehe, müssen noch die Zähne in ihren Abkau- und Wulstverhältnissen näher in Betracht und Vergleich ge- bracht werden. Die Oberkieferbackenzähne des Kronstädter Nashornes. Taf. XV. Ms. Er ist wenig tief abgekaut, ähnlich so wie jener von Rhin. etruscus Schroeder (Taf. X, Fig. 1b). Der Sporn beginnt am linken m, erst in der Tiefe (6 mm unter der Abkauung) und erscheint EEE EURE [11] Diluviale Säugetierreste vom Gesprengberg, Kronstadt in Siebenbürgen. 585 .am ÖOberrande zierlich gekörnelt. Auf der Hinterseite erheben sich zwei kräftige spitze Emailwulsthöcker. Am Ausgange des Tales steht ‚beiderseits je ein stumpfer Schmelzhöcker, der vordere mit mehreren stumpfen Höckerchen, die auch unten am Innenrande des vorderen Schmelzhügels schwach entwickelt sind. Der Wulst am Vorderrande ist überaus kräftig, bis 35 mm weit vorspringend, mit einem scharfen -Oberrande, der am rechten m, zierlich gekörnelt erscheint und einen - gekörnelten Höcker gegen die Innenseite vorgeschoben hat. Die Außenfalte (Parystylfalte) ist noch nicht angekaut. Von einer Crista ist keine Andeutung vorhanden, auch nicht in der Tiefe der Grube. Mo. Die Kaufläche mit den Emailplatten gleicht auf das über- raschendste jener beidem Mosbacher m, (Schroeder, Taf. X, Fig. 1b) und jener bei dem Rhin. etruscus von Bologna, dem Original zu Fal- coners Typus, besonders was die Form der Mittelgrube, den schlank gebauten (nach vorn spitz zulaufenden) Sporn und den Hinterlappen anbelangt; nur der stumpfe Winkel zwischen diesem und dem Sporn ist noch etwas größer. Im Grunde des A a sich mehrere Höcker, von denen einer, an dem Fuße des hinteren Hügels, besonders kräftig ist. Am Talausgange stehen mehrere (etwa 6) kleine Schmelz- höckerchen nebeneinander und zum Teil auch auf der Außenseite des großen Höckers. Der Schmelzwulst an der Vorderseite ist auffallend breit (bis 4 mm). Die hintere Grube ist ganz ähnlich wie bei Fhin. etruscus Schroeder , ebenso die vordere Außenfalte (Parystylfalte). Die breite und flache Oberfläche des vorderen Schmelzwulstes ist recht ähnlich jenem bei ARhin: Mercki Schroeder (l. c. Taf. VII, Fig. 2). m;. Auch bei diesem Zahn stimmen die Abkaulinien mit jenen bei dem zum Vergleiche herbeigezogenen Exemplar von Mosbach ‚(Taf. X bei Schroeder) überein. Der Sporn ist weit gegen vorn und außen vorgezogen. Vor dem Häupttal erhebt sich, besonders beim Zahn der linken Kieferhälfte, ein breiter, aber niederer und stumpfer -Schmelzhöcker. Der vordere Schmelzwulst ist auch bei diesem Zahn sehr breit (bis über 4 mm) und oben flach, was wieder mehr an das Verhalten bei dem gleichen Zahne von hin. Mercki Schroeder (1. e.) erinnert, während die Oberfläche des Schmelzwulstes bei demselben Zahn des Bologna-Oberkiefers von Rhin. etruscus Falc. außen etwas höher aufragt. Der innere Schmelzhöcker der hinteren Grube ist aufgekaut. n pmz. Der hintere Prämolar zeigt gleichfalls große Ahnlichkeit mit dem Mosbacher Rhin. etruscus (Schroeder, Taf. X), doch zeigt die mittlere Grube keine Ausbuchtung gegen die Parystylfalte hin, sie ist hier einfach gerundet, dagegen hat der Sporn wieder einen ähnlichen Bau. Bei dem Zahn der rechten Seite ist der nach rück- wärts gewendete Teil durch zwei Falten buchtartig begrenzt, ohne daß es zu einem umschiossenen Grübchen käme, wie bei dem gleich- namigen Zahne von #hin. etruscus: Falc. von Bologna. Der Sporn ist nach vorn vorgezogen. Das Haupttal ist nach innen abgeschlossen. Die hintere Grube ist weit und tief. Der basale Schmelzwulst um- zieht die beiden Schmelzhügel mit stumpfen Höckern am Öberrande, die besonders am Rande des hinteren Hügels etwas hinaufreichen, ähnlich so wie bei dem gleichnamigen Zahne von FAhin. etruscus 586 Franz Toula. [12] Falconer et Schroeder (l. e. Taf. X). Von der Kammfalte (Crista) ist am linken Zahne kaum eine ganz leichte Andeutung zu sehen, am gleichnamigen Zahne der rechten Seite aber ist diese Falte schon etwas deutlicher zu erkennen. pms. Der mittlere Prämolar liegt nur von der linken Kieferhälfte vor. Die mittlere Grube ist groß und läßt an ihrer Außenwand die Entwicklung einer Crista sehr wohl erkennen. Innerhalb des Spornes befindet sich eine zweite Schmelzfalte wie eine Wiederholung der Spornfalte und auch gegen die Außenseite tritt eine spitze Falte auf. Es erinnert das an das Verhalten bei dem gleichnamigen Zahne von Rhin. etruscus von Mosbach (Schroeder, Taf. X), nur daß bei diesem die nach der Außenseite gerichtete spornartige Spitze nicht auftritt, während bei dem letzten Prämolar von Mosbach diese äußere Falte entwickelt ist und die nach einwärts gelegene dritte nur ganz leicht angedeutet ist. Die hintere Grube von pm, ist kleiner (der Zahn stärker abgekaut), der Schmelzwulst an der Basis ist überaus kräftig und an der vorderen Seite bis über 3 mm breit, ein Verhal- ten, wieder ganz ähnlich wie an dem Mosbacher pm, (Schroeder, Taf. X). Wenn ich die im vorstehenden gemachten Darlegungen zusam- menfasse, so komme ich zu folgenden Schlußfolgerungen: 1. Nach den Größenverhältnissen habe ich geschlossen, daß das Nashorn von Kronstadt zwischen #hinoceros etruscus Falc. und Rthinoceros Mercki Jäger (Schroeder) zu stehen kommt. Es war etwas größer als das Nashorn von Hundsheim. (Nach den Maßen des mittleren Mittelhandknochens [Metacarpus Ill] dürfte der Größen- unterschied jedoch nur unbeträchtlich gewesen sein.) 2. Was die Zahndimensionen anbelangt, so zeigt sich bei m; und m; große Annäherung an Rhin. Mercki (Schroeder), während ns ganz abweichend dimensioniert ist und die letzten Prämolaren sich mehr dem F#hin. etruscus Falconer (Bologna) und etwas weniger dem Rhin. Hundsheimensis annähern. Der zweite Prämolar entfernt sich am weitesten von Daxlanden und Heiligenstadt und steht jenem des Hundsheimer Nashorns am nächsten. 3. Was endlich die Verhältnisse der Abkauflächen anbelangt, so stehen ms, m; und m, in naher Übereinstimmung mit jenen bei Rhinoceros etruscus Schroeder (l. ec. Taf. X), nur der Basalwulst der Vorderseite ist breiter, aber ganz flach und dadurch jenem bei Ithinoceros Mercki (Schroeder, Taf. VII, Fig. 2) nicht unähnlich. Die Prämolaren stehen jenen der beiden Ztruscus-Formen (Bologna— Mosbach) viel näher als jenen von Rhin. Mercki Jäger, wenn sich auch Unterschiede genug ergeben. Ich glaube nach meiner Auffassung der Sachlage bei den ZAhinoceros-Formen (Abh. d. k. k. geol. R.-A., XX. Bd., Hft. 2, 1906) annehmen zu sollen, daß wir es bei diesem Vorkommen mit einer neuen Zwischenform zwischen dem kleineren Rhinoceros etruscus Falc. und dem größeren typischen Rhin. Mercki Jäger zu tun haben, die ich als Bhin. Kronstadtensis n. f. bezeichnen will, ähnlich so wie dies auch für mein Rhinoceros Hunds- heimensis der Fall wäre und wohl auch bei dem Daxlandener Schädel, der durch Scehroeders Bezeichnung schon unterschieden wurde. [13] Diluviale Säugetierreste vom Gesprengberg, Kronstadt in Siebenbürgen. 587 In der Größe nähert sich Rhin. Kronstadtensis dem Rhin. Mercki Jäg. in einem gewissen Grade an, in bezug auf die Zahnverhältnisse aber mehr dem Rhin. etruscus Falc. Rhinoceros Hundsheimensis kommt in bezug auf die Zahndimensionen dem Rhin. etruscus Schroeder von Mosbach” (Nr. 4 der Vergleichungstabelle) sehr nahe, während die Abkaulinien durch die kräftig entwickelte Crista der Prämolaren gewissermaßen an das so viel größere Rhin. Mercki Jäg. var. brachy- cephala Schroeder erinnern könnten. Es direkt als Rasse von Rhin. Mercki Jäger zu bezeichnen, wie Dr. W. Freudenberg will, würde ich von meinem Standpunkte aus nicht wagen. Die Beschaffenheit der Prämelaren kommt übrigens jener bei Rhinoceros leptorhinus Ouv. — Rh. megarhinus Falconer von Lyon und der von Deperet von Roussillon unter demselben Namen beschriebenen Form am nächsten. (Man betrachte die Vergleichungstafel in meiner zitierten Arbeit vom Jahre 1906.) Wenn ich Jägers Originalzähne von Kirchberg an der Jagst vergleiche, so besteht sicherlich, abgesehen von der geringen Größe der Kronstädter Zähne, in den Hauptzügen eine nicht abzu- streitende Ähnlichkeit. m, fällt nur dureh die ganz auffallende Ver- schmelzung des Spornes mit dem Lappen des vorderen Hügels auf, während der Sporn bei den Kronstädter Zähnen bis in die Tiefe frei bleibt, m, durch die nicht nach vorn und auswärts gerichtete Spitze des Spornes, durch nur einen Schmelzböcker am Talausgange und durch das ganz verschiedene Verhalten der Umrandung der hinteren Grube, die bei den Kronstädter Zähnen einen bis in die Mitte dieser Gruben- umrandung verlaufenden Schwelzwulst am hinteren Hügel besitzt, der bis an den Fortsatz des Außenlappens (Ectoloph) reicht, so daß ein mittlerer Ausgang oder Schlitz entsteht, ähnlich jenem, wie ihn H. Schroeder (l. ec. Taf. VII, Fig. 4) bei m, des als fraglich be- zeichneten Zh. etruscus von Mosbach zeichnete. Freilich ist auch bei dem Mosbacher Rhin. Mercki Schroeder (l. e. Taf. VII, Fig. 2) ein sanz ähnliches Verhalten zu bemerken, so daß dieses Merkmal allein zu keiner Unterscheidung führen könnte. Die Zahnreihen von ZRhin. hemitoechus Falconer (P. M. II, Taf. XVI u. XVII) lassen sich, was ihre Schmelzlinien anbelangt, mit den Zähnen von Kronstadt nicht gut vergleichen, schon der ganz anders gestaltete Sporn unterscheidet, der bei den Formen von „Minchin Hole“ durch seine vordere Verbreiterung auffällt, während er an den Kronstädter Zähnen spitz zuläuft. Am ähnlichsten ist sonst noch, abgesehen von diesem Merkmal, mg. Auch die Faltenbildung der Prämolaren ist eine ganz andere, und zwar auch wenn ich mir die Kronstädter Zähne ähnlich so tief abgekaut vorstelle. Ich glaube nach wie vor recht zu tun, wenn ich Rhinoceros hemitoechus als vom typischen ZRhin. Mercki (etwa das Taubacher Nashorn) unterscheidbar betrachte, und daher vorziehen würde, es nicht ohne weiteres mit Mercki zu vereinigen. Dabei will ich durchaus Schroeders Auffassung nicht entgegentreten, der übrigens selbst gewisse Figentümlichkeiten der Prämolaren von hemitoechus hervorhebt (l. e. pag. 104 unter ad 2). R: Lydekker (Pal. Ind. Ser. X, Vol. II, 1884, pag. X), welcher Rhinoceros Mercki (l. e. pag. 5, 6) mit Rhinoceros leptorhinus Jahrbuch d. k k. geol. Reichsanstaält. 1909, 59. Bd., 3. u. 4. Hft. (F. Toula.) hr 588 Freie Toula. [14] Owen vereinigte, betont an der ersteren Stelle, daB H. v. Meyers Rhin. Mercki, es ist wohl der Darmstädter Schädel gemeint, mit Jägers Rhinoceros Mercki nicht derselben Spezies angehöre. Den von Brandt als Ahinoceros Mercki ‚Jäger bezeichneten Schädel stellt er zu Rhinoceros etruscus Fale. Herm. v. Meyer führt (Palaeontogr. XI, 1878, pag. 149) an, daß von Brandt die großen Unterschiede, die zwischen dem Dax- landener Schädel und jenem von Irkutsk bestehen, bestimmt hervor- gehoben worden seien, wodurch H. v. Meyer zur Aufstellung seiner drei Mercki-Rassen gelangte, wobei die Zusammenlegung des Irkutsk- und des Clacton-Schädels, wie ich glaube, auffallend genug ist. Wenn Portis (Palaeontogr. XXV, pag. 149) Brandts An- schauung, daß Rhinoceros Mercki Jäg. (Rh. Kirchbergensis, Rh. hemi- toechus) ünd Khinoceros etruscus Fale. eine einzige Art seien, zuzu- stimmen scheint, indem er die beiden Formen nur als verschiedene Rassen gelten lassen will, eine südwestliche: Zhinoceros etruscus, eine zentraleuropäische (Deutschland, Frankreich) vom Typus des Rhin. Mercki Jäg. var. brachycephala Schroeder und eine dritte, west- und nordwestasiatische, die auch im SO und NO Europas lebte, aber auch in England und Frankreich, deren Typen die Schädel von Irkutsk und Clacton seien, so ist dies gewiß eine sehr berücksichtigungs- würdige Anschauung, doch wird man sie, wie ich glaube, mit Vor- sicht zu behandeln haben, da Brandts Vereinigung der Formen in eine und dieselbe Art gewiß verfrüht gewesen ist. Rhin. etruscus und Rhin. Mercki hat Schroeder auf das bestimmteste auseinander- gehalten und wohl mit vollem Rechte; ein Zusammenwerfen der Formen in eine Art würde ja die Möglichkeit, die mir gerade hier nahe zu liegen scheint, zu einer Entwicklungsreihe von Rhin. etruscus zu Rhin. Mercki zu gelangen, erschweren. Ebenso halte ich das Zu- sammenlegen so vieler Formen zu einer Art: Rhin. Mercki, für nicht empfehlenswert. — Ich wiederhole, daß dies nur eine Anschauungs- verschiedenheit bedeutet, die jede Spitze gegen die andere An- schauung vermeiden will, da ich die Frage noch nicht für vollkom- men spruchreif halte. Es wird mir aber wohl, ohne besonderen An- stoß zu erregen, gestattet sein, die Meinung zu vertreten, daß Rhin. etruscus und Khin. Mercki mit ihren verschiedenen „Rassen“ sich als eine Entwicklungsreihe ergeben könnten; einen Polymorphismus der Mercki-Gruppe (wenn unsere Erkenntnis schließlich dazu käme, müßte es auch hingenommen werden), möchte ich, vorerst, als das weniger befriedigend Erscheinende betrachten. Freilich wird es schon schwer sein, den Typus Rhinoceros Mercki Jäger mit Sicherheit aufzustellen, da ja die zwei Originalzähne von Kirchheim, auf welche Jäger seine Art begründete, doch ein recht dürftiges Material sind und zum Beispiel mit dem Prachtschädel von H. v. Meyers „Ihinoceros Mercki* von Daxlanden bei Karlsruhe kaum in Übereinstimmung zu bringen sind. Die schöne Zahnreihe von Mosbach, welche H. Schroeder (I. e. Taf. VI, Fig. 1 u. 2) zur Abbildung gebracht hat, stimmt für m, noch am besten überein und könnte, trotz kleiner Abweichungen in den Einzelheiten, als Typus angenommen werden, während die Zahnreihe von Jerxheim N rn Yu a GA ne A u he 2 [1 5] Diluviale Säugetierreste vom Gesprengberg, Kronstadt in Siebenbürgen. 589 aus der Aachener Sammlung mir weiter abzustehen scheint und durch die Bildung der Kammfalte (Crista) bei m, auffallend ab- weicht, während Sporn und Gegensporn an die Verschmelzung beim Kirehberger Rhinoceros erinnern könnten, mit seiner Brücke zwischen beiden ‚Jochen. Erst weitere Vergleiche der Zähne von bestimmt derselben Art angehörenden Individuen könnten über die Zweifel hinweghelfen. Ich habe die individuellen Verschiedenheiten bei Oberkieferzahn- reihen von elf Khinoceros sumatrensis Ouv.-Schädeln dargetan (l. e. 1902, pag. 22 u. 23). Vielleicht reicht auch diese Darstellung noch nicht hin, doch glaube ich, trotz mehrfacher Verschiedenheiten, je nach dem Alter und dem Grade der Abkauung, gewisse Schluß- folgerungen ziehen zu dürfen und diese sind es, welche mich veran- laßt haben, von einer Vereinigung bei weiter gehenden Ver- schiedenheiten abzusehen, was ich besonders in meiner zweiten Arbeit über die Hundsheimer Gebisse (l. ec. 1906, man vergl. die Taf. II) dargelegt habe. Es obwaltet ja kein Zweifel, daB es nur eine Auffassungs- verschiedenheit ist, wenn mein freundlicher Arbeitsgenosse Dr. W.Freu- denberg (Jahrb. d. k. k. geol. R.-A. 1908, pag. 221) sagt, es werde „das Hundsheimer Rhinoceros als Rhinoceros Mercki var. Hundsheimensis als eine interessante Lokalrasse, offenbar im Sinne Deperets, oder bestenfalls als eine Subspezies von Rhinoceros Mercki zu betrachten sein“. Ich werde die Arbeit über „die Variabilität des Äh. Mercki und seiner Rassen“ mit Freude begrüßen und abwarten, was sich dabei für Resultate ergeben werden. Meine Darlegungen über das Kronstädter Nashorn werden das Material dieser dankenswerten Ar- beit der Zukunft um eine Form vermehren und vielleicht als eine kleine Vorarbeit dienen können. Ob für diese Formenreihe nicht auch Mutationen in Frage kommen werden, wird gleichfalls abzuwarten sein, freilich wird dem erst eine jeden Zweifel ausschließende Sicherstellung der Gleich- oder Ungleichzeitigkeit der verschiedenen Fundstätten diluvialer Säugetierfaunen vorausgehen müssen. Mir kommt vor, daß wir uns, was die Gliederung des Diluviums anbelangt, erst in einem Anfangs- stadium befinden und es scheint mir noch nicht an der Zeit, die vier oder fünf Vereisungsperioden der alpinen Region mit jenen an- derer Gebiete in zweifellosen Vergleich zu bringen. Dabei ist es nicht mit einem Machtwort getan: es ist so! Denn „kein Auge sieht wie das andere, jeder sieht in den Dingen, die da sind, nicht wie es ist, sondern wie es ihm dünkt“, wie W. Alexis im Wehrwolf sagt, und dies gilt auch, wenigstens bis zu einem gewissen Grade, bei vielen der großen geologischen Fragen, die uns heute bewegen und es hat, wir wissen es ja alle, auch bei dem steten Wandel der Anschauungen in der Vergangenheit gegolten, was M. Depe&ret in seinem so hochinteressanten Werke „Trans- formations du monde animal“ so klar dargelegt hat. Man wird es mir hoffentlich nicht verübeln, wenn ich meiner Hoffnung Ausdruck gebe, daß es vielleicht doch zur Aufstellung einer mm [Ki 590 Franz Toula. [16] Übergangsreihe von Rhinoceros etruscus (Typus der Schädel im Mu- | seum von Bologna und die Zahnreihe von Mosbach, Schroeder, Taf. VI, Fig. 1) und Rhinoceros Mercki (Zahnreihe von Mosbach, Schroeder, Taf. VI, Fig. 2) kommen werde. Als zwei Glieder dieser Reihe würde ich dermalen auch Rhinoceros Hundsheimensis Toula und Rhinoceros Kronstadtensis Toula betrachten. Aber auch das Nashorn von Daxlanden möchte ich für eine solche Zwischenform halten, was die Verschiedenartigkeit der Deutung, welche dieser außerordentlich schöne Rest im Laufe der Zeit gefunden hat, begreiflich erscheinen läßt. H. Schroeder (1905, pag. 127) hat dies schon hervorgehoben, und in einer genauen Be- schreibung der Zahnreihen hat er die Beziehungen zu Rhin. Mercki und Khin. etruscus genau dargelegt und gezeigt, daß die Daxlandener Zähne hauptsächlich Merkmale der erstgenannten Form aufweisen, obgleich es an Anklängen an KRhin. etruscus nicht fehle. Aus den kraniologischen Merkmalen ergibt sich eine gewisse Ähnlichkeit mit Rhin. etruscus,;, und Schroeder kommt zu dem Ausspruche, daß es nahe liege, das Individuum von Daxlanden „für ein Bindeglied der beiden Formen zu halten“ und er schlägt daher vor, eine neue Be- zeichnung einzuführen: Bhinoceros Mercki var. brachycephala. H. Schroeder kommt daher zu einem Ergebnisse, dem ich von meinem Standpunkte aus beipflichte, nur hätte die Namengebung vielleicht anders ausfallen und die direkte Verbindung mit Rhin. Mercki vermieden werden sollen. Die Vollständigkeit des Schädels macht ihn förmlich zu einem Typus, der auch einen neuen Namen hätte ertragen können. Dies ist jedoch nebensächlich und schon die Feststellung als eine Zwischenform dankenswert. Ohne mich auf die Zahnreihen von Jerxheim (Aachen) und Heggen (Sauerland) wieder- holt einzulassen (man vergl. das von mir 1906, pag. 3# ff., Gesagte), will ich nur die Verhältnisse der Nashörner von Hundsheim und Kronstadt mit den beiden vorne genannten Typen in übersichtlichen Vergleich bringen. Was zuerst Zrhinoceros Hundsheimensis anbelangt, so ist es, was seine Größe anbelangt, fast übereinstimmend mit Ahin. etruscus Fale. (Bologna, Mosbach), auch die Form der Zähne ist sehr ähnlich und der innere Basalwulst (inneres Cingulum) der Prämolaren ist ganz ähnlich so entwickelt. Auch die Knoten an der Hinterseite vom m, sind ganz ähnlich entwickelt. Freilich zeigt auch der Kirchberger m, eine ähnliche Knorrenbildung. m; hat auch nicht eine Andeutung einer Crista. Was die Schmelzlinien der Kauflächen anbelangt, so ist die wohl entwickelte Crista der Prämolaren auffallend, ohne damit auf eine unbedingte Annäherung an ZRhinoceros Mercki schließen zu lassen, eher könnte man dadurch an die Leptorhinus- (Megarhinus-) Formen etwa von Lyon und Roussillon erinnert werden. Auf Grund dieser Verhältnisse halte ich die Vereinigung des Hundsheimer Nas- hornes mit Rhin. Mercki Jäg. nicht für zulässig und glaube annehmen zu sollen, daß die Anklänge an ältere Formen vorwalten und daß man das Hundsheimer Nashorn zunächst als eine neue Form festhalten sollte, um so mehr als die Erhaltung gerade dieser Form, sie so recht geeignet erscheinen läßt, als Vergleichsobjekt 2 wer [17] Diluviale Säugetierreste vom Gesprengberg, Kronstadt in Siebenbürgen. 591 von, ich möchte sagen, einzig dastehender Vollständigkeit zu dienen !). Das Nahorn von Kronstadt hat größere Zähne; die Länge der Zahnreihe übertrifft, wie gezeigt wurde, etwas jene des Mos- bacher Zthinoceros etruscus, noch mehr aber jene der Bologna-Form, ohne aber die Größe von Rhin. Mercki zu erreichen, wobei ich das unter Umständen Nebensächliche der Größenverhältnisse durchaus nicht verkennen will. pm; und pm, haben einen inneren Basalwulst wie Rhin. etruscus Fale. Bei pin; ıy der Mosbacher Mercki-Zahnreihe ist, wie angeführt wurde, freilich auch ein innerer Basalwulst entwickelt. der sich auch bei dem Heiligenstädter Oberkiefer von Rlhinoceros Mercki Jäg. var. Vindobonensis Toula (Jahrb. 1907) wieder findet. Auch bei dem hintersten Prämolar pmz .ı, von Daxlanden führt Schroeder ein inneres Cingulum uicht an, wohl aber. bei pn». Der Verlauf des inneren Basalwulstes von pm; (, von Mühlhausen (Thüringen) ist ein ganz verschiedener, ebenso bei pm, von Taubach (Schroeder 1903, Taf. XIII, Fig. 2a u. 3). Schroeder betont die Verschiedenartigkeit der Schmelzwulstbildungen bei „ZAltinoceros Mercki“ ganz besonders (l. ec. pag. 139). Bei m, und m, treten am Mitteltalausgang Schmelzhöcker auf, ähnlich so wie bei Rhin. etruscus; m, hat nicht die leiseste Andeutung einer Außenfalte (Crista) und besitzt rückwärts Schmelzhöcker. Durchweg Etruscus-Erscheinungen. Was die Schmelzlinien der Ab- kauflächen anbelangt, so gleicht m; recht sehr jenem von Rh. etruscus Fale. und jenem des Hundsheimer Nashornes. Dasselbe gilt von ms mit seinem langen Sporn und der weit nach rückwärts gezogenen Mittelgrube, eine Gestaltung ganz wie bei dem Mosbacher etruscus. nn, hat am hinteren Hügel an der Innenseite kräftige Schmelzwulst- bildungen. Die Spornbildungen von pm, und pm, sind gezackt und gefaltet, ganz in der Weise wie bei pmz .ı, von Ahinoceros etruscus (Fale.) Schroeder von Mosbach. Wenn ich das Gesagte noch mehr zu- sammenfasse, muß ich gestehen, daß die Ähnlichkeit des Baues der Zähne mit dem genannten Vergleichungsstück weit größer ist als jene mit dem Bau der Zähne von Khinoceros Mercki (Jäg.) Schroeder. Nur bei pm; der linken Zahnreibe von Kronstadt ist eine Crista wahrnehmbar, etwa so wie bei den gleichnamigen Zähnen des Hunds- heimer Nashornes (1906) oder bei pm, des Nashornes von Daxlanden. Trotz der Größe der Zähne würde sich auch die Kronstädter Form dem Rhinoceros etruscus Falc. mehr annähern als dem Khinoceros Mercki (Jäger) Schroeder, ohne daß ich es wagen möchte, die Be- stimmung als Rhinoceros etruscus vorzunehmen und es daher vorziehe, auch diese Form vorerst nach ihrem Fundorte ZAhinoceros Kron- stadtensis n. f. zu nennen. Wenn man die Abbildungen des ms, auf welchen, nebst dem M;, Rhinsceros Mercki begründet wurde, vergleicht, wie sie von !) Nur nebenbei möchte ich bemerken, daß meine ganze Hundsheimer Fauna in den Besitz des k. k. naturhistorischen Hofmuseums (geologisch-paläontologische Abteilung) übergegangen ist. 5992 Franz Toula. [18] Jäger (Foss. Säuget. 1839, Taf. XVI, Fig. 31), Faleoner (Pal. Mem. 1868, II, Taf. XXXII, Fig. 1) und zuletzt von H. Schroeder (Abh., 1903, Taf. IX, Fig. 2) abgebildet wurden, so muß man es beinahe verwunderlich finden, wie darauf überhaupt die Art begrün- det werden konnte. Nach Jägers Abbildung würde man auf das Vorhandensein einer ausgesprochenen Kammfalte (Crista) schließen, während Falconer die Mittelgrube dreilappig umgrenzt. An Schroeders Abbildung erkennt man jedoch, daß gerade dieser Teil der Abkaufläche arg beschädigt ist. Unterkiefer, Taf. XVI. Mir liegen im Prof. Lexenschen Material zwei Unterkieferäste vor. Der eine, rechte Unterkieferast reicht vom »n, bis an die Symphyse, doch ist das Vorderende abge- brochen. Das zweite Stück der linken Seite stamınt aus dem hinteren Teile bis zum aufsteigenden Aste, enthält jedoch nur m, und ms sowie Teile des ersten Molars. Die Knochen sind stark versintert, die Zalnkronen habe ich von der Sinterkruste sorgfältig freigemacht. (Das vordere Bruchende des linken Unterkiefers ist auf der Innen- seite durch Druck etwas deformiert.) In der Form und Stärke ist der Unterkiefer recht ähnlich einem Gipsabgusse des schönen Unterkiefers von „Zhinoceros leptorhinus Cuv.“, dessen Original sich im Museum zu Parma befindet und welches Cortese (Saggi geologici, Taf. V, Fig. 5) schon 1819 zur Abbildung gebracht hat. Ich verdanke es Herrn Professor Capellini in Bologna. (Man vergl. Falconer, Paläont. Mem. II, pag, 393.) Auch den schönen Unterkiefer aus dem Museum von Imola (Falconer, |. ce. pag. 396) konnte ich in Vergleich bringen. Beide Unterkieferreste stammen von älteren Tieren her. Die Zähne sind bei beiden in voller Abkauung und gleichmäßig tief abgekaut. Beim ersteren haben die vorderen fünf Zähne eine Länge von 1843 mm, beim letzteren nur 170°5 mm, während bei dem Kronstädter Nas- horn diese Länge 199 mm beträgt. Dieses viel jüngere Tier war also etwas größer als jenes von Parma. Die Form des Unterkiefers würde sich mehr jener von Rhin. Mercki (Schroeder, Mosbach, Taf. XI, Fig. 2) annähern, indem die Außenseite sich etwas nach außen biegt, als jener des Äh. etruscus (Schroeder, Mosbach, Taf. XI, Fig. 1). Die Zahnreihe m,— pm; bei dem ersteren würde (in gleicher Weise an der Abbildung gemessen) 176 mm, bei dem letzteren zirka 216 mm messen. Auch diese beiden Kiefer tragen gleichmäßig und tiefer abgekaute Zähne. (M. vergl. auch Schroeder, 1.62 Tab R, Eie. 2 005930) Der rechte Unterkiefer zeigt den vollkommen wohlaus- gebildeten, aber unabgekauten ersten, vordersten Prämolar (pm;), hinter dem der zweite Prämolar (pm,) gleichfalls unaufgekaut noch in der Tiefe sich befindet; der hinterste Prämolar (pm3) scheint in die Kauebene gerückt, ist jedoch auf der Kaufläche beschädigt. Auf- fallend ist seine geringe Kronenhöhe, wenn man diese mit m, ver- sleicht; sie beträgt am Hinterrande etwa 19 mm, gegenüber der Höhe von »n, am Hinterrande: 33 6 mm. — Dieser pın, ist am stärksten abgekaut, während m, nur ganz schmale Aufkauungshalbmonde zeigt. er 2. [19] Diluviale Säugetierreste vom Gesprengberg, Kronstadt in Siebenbürgen. 593 Die Länge der Zahnreihe von ma — pm, beträgt 199 mm. Davon ent- fallen auf: d Millimeter Millimeter Mg ... 473. Die größte Zahnhöhe beträgt ca... . .. 330 Minis; da „ . . (außen SEmlassem)y ‚Ice. age inıde) 336 pm; .. 8392. Die größte Zahnhöhe beträgt... ... 19:0 Pa und . .- a erde = BO 2 srack: .+'S . " Ba 1 BZ a le 320 Der linke Unterkieferrest. Die beiden Zähne haben eine Länge von 99 mm. Davon entfallen auf: Millimeter a Be A 48:5 Mania rege 48°5 Der unabgekaute erste (vorderste)Prämolar rechtspm, » hat einen dreiseitigen Umriß an der Basis. Er ist, wie gesagt, 32’1 mm lang und rückwärts 145 mm, vorne 95 mm breit. An der Außenseite legt sich der hintere Halbmond so an die Hinterwand des vorderen Hügels, daß eine scharfe Furche entsteht. Der vordere Hügel hat einen vorne niederen Kamm und ist nach rückwärts viel höher und zweikuppig. Die vordere Partie ist durch eine tiefe Furche von der höheren hinteren geschieden. Die Verjüngung nach vorne scheint bei Rhin. etruscus (Schroeder, Mosbach, Taf. XI, Fig. 1) ähnlich so zu sein, aber auch bei einem gleichnamigen Zahne eines Rhinoceros- Unterkiefers, den ich in dem Belvederesand gesammelt habe, ist dieses Verhältnis ein ganz ähnliches. Der mittlere Prämolar (pms) steht, wie gesagt, unabgekaut in der Tiefe, der vordere Halbmond scheint größer zu sein als der hintere. Der dritte hinterste Prämolar (pm;) ist stark abgekaut und oben beschädigt. Der vordere Molar m, und der mittlere m, zeigen keine weiteren bestimmten Merkmale. Sie stimmen mit jenen des linken Astes recht gut überein, und an diesen kann man den basalen Schmelzwulst (Burrelet, Cingulum) deutlicher wahrnehmen. Derselbe ist an der Hinterseite von ms, etwa bis zur halben Kronenhöhe hinaufreichend, gut erhalten, bleibt aber auf die mittlere Partie der Hinterseite beschränkt, während er an der Vorderseite bis über zwei Drittel der Kronenhöhe hinaufreicht und auf der Außenseite schräg hinabzieht, ohne den unteren Rand der Krone zu erreichen, ähnlich so wie es bei dem Kieferreste von Khin. etruscus (Schroeder, Mosbach, Taf. XI, Fig. 1) beim zweiten und dritten Molar der Fall ist. 594 Franz Toula. [20] Der erste Prämolar besitzt in der mittleren Furche außen und innen ein ganz kleines Schmelzzäpfehen. Eine sichere Entscheidung über die Zugehörigkeit zu treffen, ist trotz des nicht schlechten Er- haltungszustandes „unmöglich. Die schöne Übereinstimmung mit den Hundsheimer Unterkieferzähnen läßt mich auch in diesem Falle an eine der Zwischenformen zwischen Phinoceros etruscus Falc. und dem so verschieden gedeuteten Zhinoceros Mercki Jäger denken, und zwar an eine Form, die sich dem KAhin. Hundsheimensis nähern dürfte. „Die Unterscheidung der Unterkieferzähne beider Arten, Rh. etruscus und Mercki, ist schwierig oder fast unmöglich.* Bei Rh. etruscus Schroeder von Mosbach (Il. ec. Taf. XII, Fig. 1) sind die beiden vor- deren Prämolaren im Bereiche der Sympbhyse. Unter dem Material, das ich von Herrn Verwalter Podek er- hielt, befindet sich ein »n, des rechten Kieferastes eines älteren Rhinoceros mit weit vorgeschrittener Abkauung. der jedoch so un- vollkommen ist, daß er sichere Vergleiche nicht zuläßt. Die Ab- kauung reicht bis über das obere Ende des Cingulums hinab, das ähnlich so entwickelt ist wie bei den oben geschilderten Unter- kieferresten. Der erste Prämolar (pm;), welchen H. v. Meyer (Palaeont. XI, Taf. XL, Fig. 1) von Mauer abbildet, ist vorne viel derber gebaut. Der Molar aus dem Nausas bei Daxlanden (l. e. pag. 262, Taf. XXXIX, Fig. 5) zeigt von einem vorderen Basalwulst, wie ich ihn oben an den Zähnen des jungen Tieres von Kronstadt beobachtet habe, keine Spur, ebensowenig ist davon an den Prämolaren von Mauer etwas wahrzunehmen. Vor dem ersten (vordersten) Prämolar des rechten Unterkiefers glaube ich eine Grube im Unterkieferknochen zu bemerken, was an die mit v bezeichnete Grube an dem Unterkiefer von Olacton (Owen, Mamnmals etc. 1846, pag. 361, Fig. 133) erinnert, dessen Symphyse einen ähnlichen Bau besitzt, wie am Kronstädter Unterkiefer. Owen verglich diese Ausbildung mit jener von Rhinoceros leptorhinus (Oss. foss. II, Taf. IX, Fig. 9) und hat die Grube als „Dentalkanal* ge- deutet. Der vorderste Prämolar des Ahinoceros von Taubach. (Portis, Palaeont. XXV, Taf. XIX, Fig. 3) hat gewiß große Ahnlichkeit mit jenem von Kronstadt, er steht jedoch ganz vor der Verwachsungs- stelle der beiden Kieferäste auf dem Symphysenanteil, während der Kronstädter hinter der Symphysenmulde steht. Vor dem Taubacher pm, findet sich gleichfalls ein kleines Grübcehen. Der Zahn mißt nach der Abbildung 34°6 mm in der Länge bei einer größten Breite (rückwärts) von 19:6 mm. Der Kronstädter vorderste Prämolar ist also etwas kleiner. Die übrigen Unterkieferzähne von Taubach lassen von einem so weit hinanreichenden Cingulum an der Vorder- und Rückseite (]. c. XIX, Fig. 5) nichts erkennen. Die Zahnreihe dieses schönen Stückes mißt von pm, bis mo, 191 mm, würde also etwas kürzer sein wie jene von Kronstadt. pm, und pm, ‚stehen auf dem Symphysenanteil des Kieferastes. ur Bu Zen TEE [21] Diluviale Säugetierreste vom Gesprengberg, Kronstadt in Siebenbürgen. 595 Die Unterkieferzähne von Leimersheim (H. v. M., Palaeont. XI, Taf. XL, Fig. 4 u. 5) sind nicht viel größer als die von Kronstadt. Die Wulstbildungen sind wohl entwickelt und ähnlich jenen an den Kronstädter Zähnen. (H. v. Meyer, |. c. pag. 260.) In meinem Beisein wurde in der Spaltenausfüllung, die aus dem Höhlenraum zur Oberfläche das Hanges hinaufzieht, ein linker Unter- kieferast mit fünf wohlerhaltenen Zähnen mühsam herausgegraben (Fig. 3). Vorhanden sind die drei Molaren und von den Prämolaren der zweite und erste (vorderste). Von der rechten Kieferhälfte fand sich nur der vorderste (pm,) in guter Erhaltung. Die Zahnkronen sind durchweg stark abgekaut, so daß wir dabei auf ein erwachsenes Individuum schließen müssen. Die fünf Zähne des im vorstehenden beschriebenen Unterkiefers eines jungen Tieres messen 199 mm, jene des aiten etwas kleineren Tieres nur zirka 180 mm. Die Abkauung ist etwas weniger weiter gediehen wie bei der Unterkieferzahnreihe von #hinoceros Hundsheimensis (Toula, II. Abh., XX. Bd. d. Abh. d.k.k. geol. R.-A., Taf. I, Fig. 1, pag. 10), welche eine Gesamtlänge von mehr als 250 mm besitzt. Der mir in wohlgelungenen Gipsabgüssen vorliegende Unter- kiefer von Rhinoceros leptorhinus Cuv. (= megarhinus Chr.) aus dem Museum von Parma zeigt eine Zahnreihenlänge von 256 mm und größte Ähnlichkeit der Abkauflächen; während bei dieser Form jedoch noch der mittlere Prämolar zur Hälfte auf der Symphyse steht, steht bei dem Kronstädter Tier derselbe Zahn schon ganz auf dem linken Aste. Der vorderste Prämolar dieses Stückes ist auf die Symphyse vorgerückt, ähnlich so wie bei dem Unterkiefer von Khinoceros lepto- rhinus Cuv. aus dem Imola-Museum, der mir dank der Freundlich- keit Capellinis gleichfalls im Gipsabgusse vorliegt. Der Schmelz- wulst an der Außenseite ist nur beim letzten Molar an der Vorder- seite deutlich entwickelt, beim vorletzten ist er ganz nach aufwärts gerückt. Der Zwischenraum für den letzten Prämolar ist bei der Zu- sammensetzung der Bruchstücke um etwas über I mm zu weit aus- gefallen. Der zweite Prämolar hat am Wurzelhalse etwa 35 mm Länge. — Die Namengebung Rhinoceros Kronstadtensis kann nur auf die Oberkieferzähne mit Sicherheit bezogen werden, denn es ist zweifel- los, daß Reste von mehreren Individuen vorliegen, was besonders nach den häufigeren Unterkieferresten zu schließen ist, die sich an verschiedenen Orten finden. Die mir vorliegenden beiden Unterkiefer könnten an zwei verschiedene Formen denken lassen. Linkes Schulterblatt (Scapula). Vom linken Schulterblatte liest mir ein Teil des Gelenkendes vor. Die Gelenkfläche hat eine größte Breite von 687 mm. Dieselbe Dimension bei der Scapula von #rhinoceros Hundsheimensis beträgt etwa 71 mm. Auf der vorderen Innenseite fallen zwei kräftige Gefäb- Jahrbuch d. k. k. geol. Reichsanstalt, 1909, 59. Bd., 3. u. 4. Hft. (F- Toula.) 73 [22] Franz Toula. 596 Unterkieferrest von Rhinoceros aus der Spalte oberhalb des Höhleneinganges. u [23] Diluviale Säugetierreste vom Gesprengberz, Kronstadt in Siebenbürgen. 597 löcher auf, die an dem Hundsheimer nicht vorhanden sind. (Abh. d. k. k. geol. R.-A. XIX, 1902, Taf. VI, Fig. 15.) Die kleinen Grübchen nahe dem Unterrande sind am hinteren Teile besonders deutlich, erscheinen aber etwas weiter hinaufgerückt. Speiche (Radius). Unter den mir von Herrn Fr. Podek zugesendeten Stücken befindet sich das obere Gelenkende eines rechtsseitigen Radius. Die Breite der Gelenktlächen beträgt 94 mm, die größte Dicke zirka 57 cm. Die Rauhigkeiten an der oberen Vorderseite wie bei Khin. Hundsheimensis (Abh. XIX, 1902, Taf. VII, Fig. 15): rechts ein stärkerer * Knorren. In meinem Beisein wurden von einem Radius der rechten Ex- tremität mehrere Bruchstücke gewonnen, die sich zum Teil recht gut zusammenfügen ließen. Das obere Gelenk ist gut erhalten und stimmt in seinen Dimensionen annähernd und in der Form der knorrigen Bildungen und der Gelenkflächen recht gut mit jenem von Rhinoceros Hundsheimensis überein. Die größte Breite des oberen Ge- lenkes beträgt 955 mm gegen 1035 mm, die größte Dicke oben 596 mm gegen 675 des Vergleichungsstückes. Das erhaltene Stück ist 161 mm lang. Von einem Radius der rechten Seite eines großen jungen Tieres (obne Epiphysen) liegt mir aus einer Knochenbreccie ein ansehnliches Stück vor. Die Breite an der Epiphysenansatzfläche mißt 95 mm. Elle (Ulna). Während meiner Anwesenheit gelang es, viele Stücke eines srößeren Knochens zu erhalten, aus denen es mir gelang, einen sroßen Teil der rechten Elle zusammenzusetzen, die in der Größe etwa der besprochenen Speiche entspricht. Beide stammen von einem Tiere, das kleiner war als jenes von Hundsheim. Das obere Ende des Olecranon ist etwas stark beschädigt. Die Ansatzfläche für die Speiche ist wohl erhalten. Das ganze Stück hat eine Länge von etwas über 30 cm, es sind also etwa zwei Drittel der ganzen Länge erhalten. Die größte Breite der Olecranonfläche dürfte 85 mm betragen haben gegen 96 mm bei Rh. Hundsheimensis. Metacarpus Il. Unter den mir von Herrn Prof. Lexen übersendeten Stücken befindet sich auch ein mittlerer Mittelhandknochen (Metacarpus Ill) der rechten Extremität, der in der Form jenem des Rhinoceros Hunds- heimensis (Abh. d. k. k. geol. R.-A. 1902, pag. 51, Taf. VIII, Fig. 1) überaus ähnlich ist. In einer kleinen Tabelle auf pag. 598 stelle ich die Maße beider gleichnamigen Knochen nebeneinander. Die obere Breite läßt sich leichter Beschädigungen wegen nicht sicher messen. Die Maße deuten auf ein Tier von recht ähnlicher Größe wie das Nashorn von Hundsheim, nur die „Dicke“ der Knochen scheint etwas geringer gewesen zu sein. -o% io 598 Franz Toula. [24] Kronstadt Hundsheim em cm Größte Länge . In DA 21:5 2 Breite (Gelenkfläche oben). _— 62 » Dicke (Gelenkfläche Ber: 4:96 52 „. ‚Breite, Dre 3): 8:25 „ Dicke, Mile 275. 2-17 2:4 „ untere Breite (Gelenkfläche) 5:08 5:05 »„ Dicke (untere Gelenkfläche) 474 Di Das betreffende Stück zeigt einen etwas anderen Erhaltungs- zustand wie die übrigen Reste, es erscheint weiß, stark kalziniert, besaß aber auch eine, wenn auch schwache Sinterkruste. Fr. Sacco hat von dem Nashorn von Dusino (Arch. Mus. de Lyon VI, 1895, Taf. IV, Fig. 15) eine Mittelhand zur Abbildung ge- bracht. Derselbe Knochen dürfte bei einer Länge von zirka 15 cm eine größte Breite (in der Mitte) von 5’4 cm besitzen, ist also im Verhältnisse weit gedrungener; das Kronstädter Stück müßte bei gleichen Verhältnissen eine Breite von 7'8 cm besitzen. Der Metacarpus III von Taubach (l. c. Taf. XX, Fig. 15.) ist leider nur punktiert gezeichnet, seine Länge wird mit 2246 mm ver- mutet, wäre also nur wenig orößer. E= Vom Metacarpus II (?) liegt die untere Hälfte mit der ziemlich gut erhaltenen Gelenkfläche vor. Die größte Breite dürfte mit jener an dem Hundsheimer gleichnamigen Knochenstück etwa gleich groß gewesen sein. Der Außenknorren ist leider beschädigt, so daß sich kein genaues Maß abnehmen läßt. Der gleichnamige Knochen des Taubacher Rh. Mercki Portis (l.c. XXV, Taf. XX, Fig. 15h) hat eine oben schmal zulaufende Gelenkfläche, ist aber sonst recht ähnlich. Linker Oberschenkel (Femur). Vom linken Oberschenkel liegt der mittlere Teil der linken Seite vor, mit dem am Ende abgebrochenen Trochanter III. Wenn ich das Stück mit dem Oberschenkel von KRhinoceros Hundsheimensis Toula, Rhin. etruscus Fale. von Leiden und Äh. etruscus var. Astensis Sacco vergleiche (man siehe meine Abh. XIX, 1902, Taf. X, Fig. 1 und 9), so ergibt sich die größte Ähnlichkeit mit jenem des Leidener Oberschenkels von Rhin. etruscus Falc. in bezug auf die Verjüngung des unteren Teiles. Die Breite des Knochens oberhalb des Trochanter III beträgt normal auf die Achse 89 mm, jene unterhalb bis 63 mm. Der Winkel des Trochanter III oben scheint etwas größer als 900 gewesen zu sein. Diese Dimensionen betragen bei frhinoceros Hundsheimensis bei gleicher Abmessung: oberhalb 88, unterhalb aber 74 mm. Von Rhin. etruscus var. Astensis Sacco unterscheidet der Mangel der starken Ausladung auf der oberen Hälfte, welche mehr die Verhältnisse bei Rhinoceros Hwundsheimensis wiedergibt, sowie auch der allgemeine [25] Diluviale Säugetierreste vom Gesprengberg, Kronstadt in Siebenbürgen. 599 Verlauf der Knochenlängserstreckung; ähnlich ist nur die Einschnürung unten und bedingt die Ahnlichkeit mit Saccos Form. Rhinoceros Mercki (Jäg., H. Meyer) Simonelli von Lodesana (Pal. Ital. III, Taf. XVI, Fig. 53 u. 4) habe ich natürlich gleichfalls in Vergleich gezogen. Die beiden Maße ergeben sich bei gleicher Abmessung (an der Abbildung) mit 70'8 und 46°5 mm, also eine im Verhältnis noch weiter gehende Ver- jüngung der unteren Hälfte, welche, auf dieselbe Länge bezogen, etwa 7 mm beträgt. Rhinoceros Mercki Simonelli ist sonach noch schlanker gebaut, womit auch die Verhältnisse der Mittelfußknochen überein- stimmen würden, wenngleich beide Knochen von einem für Rhin. Mercki auffallend kleinen Individuum herstammen. — Von den Rippen liegen nur vereinzelte Bruchstücke vor, darunter ein Stück mit dem Gelenkende, mit wohl erhaltenem Tuberculum, während das Köpfchen (Capitulum) abgebrochen ist. Die Dimensionen dieses Stückes erscheinen wesentlich kleiner. als bei den Rippen von Rhinoceros Hundsheimensis (l. ec. Taf. V, Fig. 7). An der Einschnürung unterhalb der beiden Köpfchen hat die Rippe einen Durchmesser von etwas über 25 mm, während die Hundsheimer Rippe an der gleichen Stelle über 32 mm mißt. Kommt in Form und Größe etwa der dritten rechten Rippe von Zguus nahe. Nur der Stamm unter dem Tuberculum ist etwas breiter gebaut. 2. Hirsche. In großer Zahl liegen Knochenbruchstücke und auch ziemlich wohlerhaltene Knochen und Kieferreste vor, welche teils zu Capreolus sp., teils zu Cervus cf. elaphus und zu einer dritten Form, in der Größe zwischen Capreolus und Cervus elaphus, gehören. Eine mittlere Phalange deutet auf ein viel größeres Tier hin, bei dem man an Cervus (Mega- ceros) eurycerus Aldr. denken könnte. Der Knochen hat etwa die Größe des gleichen bei dem schönen Exemplar eines Riesenhirsches aus dem irländischen Torfmoor, das sich im Hofmuseum aufgestellt findet. Capreolus cf. caprea L. Herr Ingenieur Gust. Treiber in Kronstadt hat eine größere Menge von Knochenresten gesammelt, von welchen es mir gelang, eine Anzahl von Stücken recht befriedigend zusammenzusetzen, unter anderen einen fast vollständigen Unterkiefer, bei dem nur die rechte Gelenkkopfpartie und die Schneidezähne fehlen, deren Alveolen wohl umgrenzt vorhanden sind. Auch die beiden Zahnreihen der beiden Öberkieferhälften sind von demselben Individuum vorhanden, ebenso einige Knochenbruchstücke der Schädelkapsel, darunter ein Stück mit der seichten Gelenkgrube für den Gelenkkopf des Unterkiefers. Die stark abgekauten Unterkieferzähne entsprechen aufs beste jenen eines Rehs. Die ganze Zahnreihe des vollständigen rechten Astes hat eine Länge von Tl mm gegen 62 mm eines jugendlichen Vergleichstieres (Nr. 1305) der analytisch-osteologischen Sammlung 600 Franz Toula. [26] des k. k Naturhistorischen Hofmuseums (zool. Abt.!). Die Abkauung der Zähne ist bei dem Kronstädter Tier weitgehend, so daß nur bei Mn, und m, die äußeren basalen Zäpfchen noch vollkommen isoliert sind, während jene des m; bereits innerhalb der Außenwand zu liegen kommen. Bei diesem Zahn ist die Krone bis auf etwa 0'5 mm der Schmelzlamellen abgekaut, was auch bei m, und pm, der Ober- kieferzahnreihen zutrifft. Die ganze Oberkieferzahnreihe mißt 61 mm gegen 59 mm des Vergleichstieres. Leider bin ich nicht in der Lage, einen groß zu nennenden Rehbock in Vergleich zu bringen, indem auch das als Skelett aufgestellte Individuum des Hofmuseums, wenn auch ausge- wachsen, von geringerer Größe ist. In der Sammlung des Herrn Ing. Treiber befinden sich auch Bruchstücke von Schulterblättern, darunter eines, das an jenes von Capreolus erinnert und nur etwas kräftiger gebaut ist, also von einem älteren Tiere herstammen dürfte. Die Breite an der Basis der Crista mißt 22:5 mm gegen 16 mm bei dem jungen Capreolus (Nr. 1305) und 28 nm bei ©. elaphus (Nr. 1499 derselben Sammlung). Von Oberarmknochen liegen mir zwei Bruchstücke mit Gelenk- köpfen vor. Der linke Humerus läßt auf ein Tier etwas größer als das junge Vergleichungsstück von Capreolus caprea L. schließen. Die größte Breite beträgt bei dem besser erhaltenen Stück 41°6 mm gegen 32 mm bei Nr. 1305. Auch zwei untere Gelenkstücke wohl von demselben Knochen liegen mir vor, sie haben eine größte Rollenbreite von 324 und 3l mm gegen 26 mm bei dem jüngeren Vergleichungsstücke. Von Ulna und Radius liegt nur der Stamm vor, an dem die Ulna innig an dem Radius aufliegt, ja im oberen Teile damit innig verschmolzen ist, was wieder für ein älteres Tier spricht. Die Breite an derselben Stelle gemessen ist 20 mm gegen 14 mm von Capreolus (Nr. 1305). Es wäre möglich, daß dieses Stück zu der erwähnten Hirschform mittlerer Größe gehört. Wohl derselben Art dürften zwei untere Gelenkstücke des Radius angehören, eines rechten und eines linken, der letztere im Verbande mit einem größeren Stück des Stammes. Die Übereinstim- mung der Gelenkoberfläche mit jener von Cervus ist eine voll- kommene. Die größten Breiten des Gelenkes betragen 32 mm und 31 mm gegen 244 mm bei Capreolus (Nr. 1305) und 45°3 mm von Cervus elaphus (Nr. 1499). Von Handwurzelknochen liegen mir mehrere Stücke aus der Sammlung des Herrn Ing. Treiber vor, die ich zu Capreolus stellen möchte. Zwei Stücke, das äußere und mittlere der oberen Reihe der linken Seite, verkittet miteinander, (Scaphoideum und Lunare) und !) Herr Dr. Toldt jun. hat sich durch die Herstellung dieser Sammlung wirklich verdient gemacht und es ist nur wünschenswert, daß dieselbe noch ver- größert und vor allem auch durch die Kleinsäuger ergänzt werden möchte. Tee au a nn [27] Diluviale Säugetierreste vom Gesprengberg, Kronstadt in Siebenbürgen. 601 der äußere (Scaphoideum) der rechten Extremität. Der mittlere Knochen ist 20 mm lang gegen 31 mm von Ü. elaphus. Auch ein Bruchstück des Hauptknochens (Cuboideum) der Fußwurzel liegt mir vor, der zu denselben Größen passen dürfte. Ein Astragalus und ein Calcaneus der rechten Extremität. Die größte Breite der Hinterseite des ersteren beträgt 21 mm gegen 19 mm des Vergleichstieres (Nr. 1305), was wieder für Capreolus spricht. Desgleichen auch ein unteres Ende eines Mittelfußknochens, dessen unteres Ende eine größte Breite von 25'1 mm besitzt gegen 218 mm bei Cervus capreolus (Nr. 1503) und von 35 mm bei Cervus elaphus L. Zwei erste Phalangenglieder, das eine ohne obere Epiphyse, dürften dazu gehören. In der Sammlung des Herrn Ing. Treiber liegen ferner zwei Sprungbeine (Astragali) von derselben linken Seite und von ganz sleicher Größe vor, die in der Form vollkommen mit jenen von Capreolus übereinstimmen. Die größte Länge beträgt 34 mm gegen 29 mm des jungen Vergleichstieres (Nr. 1305) und 45 mm bei ©. elaphus (Nr. 1499). Auch ein oberes Bruchstück eines Mittelfußknochens (hintere Extremität) mit der Gelenkfläche gegen die Fußwurzel liegt vor. Länge der Gelenkfläche 22 mm, gegen 16°5 mm des Vergleichs- tieres (Nr. 1505). Nicht unerwähnt soll bleiben, daß sich auch zwei Afterklauen- stücke vorgefunden haben, ganz so wie sie bei der vorderen Extremi- tät meines jungen Vergleichstieres von Capreolus (Nr. 1305) auftreten. Das eine ein ziemlich großes Bruchstück (Gelenkhälfte) des säbel- artigen Knochens, und ein oberstes Glied einer dreigliedrigen After- klaue. Das letztere Stück hat eine Länge von 18 mm gegen 13 mm des jungen Vergleichstieres (Nr. 1305). Von Knochenstücken, bei welchen es mir nicht möglich ist, der Größenverhältnisse wegen, eine sichere Entscheidung, ob sie etwa von einem sehr kräftigen Exemplar von Capreolus caprea oder von einer Hirschart, größer als Capreolus und kleiner als Cervus elaphus stammen, zu treffen, fanden sich außer den schon erwähnten noch ziemlich viele Stücke vor. Nach den Größenverhältnissen, wie sie sich aus dem Vergleiche mit den Afterklauenstücken, die in der Form vollkommen mit den gleichen Stücken von Capreolus caprea übereinstimmen, ergeben, könnten manche derselben in der Tat starken Individuen dieser Art entstammen. Ein Atlas der Ing. Gust. Treiberschen Sammlung stimmt in seiner Form am besten mit jener von Capreolus, ist aber viel größer. Dasselbe gilt von dem dazugehörigen Epistropheus der- selben Sammlung. Die Weite der Gruben für die Hinterhauptgeienkköpfe mißt 415 mm gegen 33 mm des im gleichen Sinne gemessenen Ver- gleichsstückes (Nr. 1305). Die größte Länge des Epistropheus, wieder im gleichen Sinne gemessen, beträgt 76 mm gegen Dl mm des Vergleichs- tieres (Nr. 1305) und gegen 102 mm bei Cervus elaphus (Nr. 1499). Außerdem liegen noch drei Brustwirbel vor. 602 Franz Toula. [28] Der eine könnte, nach der Form der Gelenkfläche für die Rippe, etwa dem dreizehnten Wirbel (sechsten Brustwirbel) entsprechen. Die Länge des Wirbelkörpers mißt 265 mm, gegen 17 mm des Vergleichsstückes. Die beiden anderen Stücke, eines ist stark be- schädigt, gehören gleichfalls zu den rippentragenden Wirbeln. Aus der Sammlung des Herrn Podek liegen /mir auch drei Wirbel vor, die gleichfalls größer sind als die gleichnamigen von Cervus capreolus und kleiner als jene von Cervus elaph. Der vierte Brustwirbel hat eine untere Länge des Wirbelkörpers von 28'8 mm gegen 20°8 mm bei ©. capreolus und B7’5 mm von Ü, elaph. Der neunte Brustwirbel mißt 29 mm gegen 207 und 33°8 mm derselben Ver- gleichstiere. Ein Lendenwirbel (vielleicht der zweite) mißt 39:5 mm gegen 400 mm bei Cervus elaph. (Derselhe Wirbel bei dem Vergleichs- stücke von ©. capreolus entbehrt der Epiphysen.) Der Ausschnitt an der Basis des Dornfortsatzes, vorn, ist auf- fallend eng. In Prof. Lexens Sammlung fanden sich: der letzte oder vor- letzte Lendenwirbel und der erste Kreuzbeinwirbel. Letz- terer zeigt die beiden an das Becken anschließenden Flächen. Die größte Breite dieses letzteren beträgt 587 mm, die Länge des Wir- belkörpers ohne die rückwärtige Epiphyse 26 mm. (Die vordere ist vorhanden.) Der Lendenwirbel hat eine Länge des Wirbelkörpers (mit beiden Epiphysen) von 30°5 mın. In der Sammlung des Herrn Ing. Treiber fand sich auch das untere Gelenkende des Oberschenkels und das dazugehörige obere Gelenkende des Schienbeines, welche wieder mit Capreolus gut übereinstimmen, aber in der Größe zwischen meinen beiden Ver- gleichstieren (Nr. 1305 und 1499) zu stehen kommen. Die größte Breite des ersteren beträgt 46 mm gegen 36 mm (Nr. 1305) und 60 mm (Nr. 1499), jene der Tibia zirka 50 mm gegen 39 mm (Nr. 1505) und 62 mm (Nr. 1499). Eine Patella (Podeks Sammlung) der linken Seite stimmt in ihrer Form recht gut mit jener von Capreolus caprea überein, nur ist sie beträchtlich größer. Ihre größte Länge beträgt 33 mm gegen 25°4 mm von Ü. capreolus (Nr. 1305) und 43 mm von C. elaph. (Nr. 1499). Die größte Breite beträgt 232 mm gegen 15 mm von (©. capreolus und 34 mm von 0. elaph. Der innere obere Knorren springt weiter vor als bei Capreolus caprea und ist jenem von C. elaph. ganz ähnlich. Ein unteres Gelenkstück einer linken Tibia könnte von dem- selben Cervus, etwas größer als Capreolus (Nr. 1305) herstammen; wenn es auch bei diesem Knochen schwer ist, Caprea, Ovis und Cervus (Capreolus) zu unterscheiden, so ist doch Form und Anordnung der kleinen inneren randständigen Gelenkflächen jenen von Cervus (Capreolus) so ähnlich, daß ich an der Zustellung nicht zweifeln möchte. Die größte Breite des Gelenkes beträgt 30°6 mm gegen 247 mm bei dem Vergleichsstücke von Capreolus caprea (Nr. 1305). [29 Diluviale Säugetierreste vom Gesprengberg, Kronstadt in Siebenbürgen. 603 Die Breite des Knochenstammes beträgt 204 mm gegen 14 mm des Vergleichsstückes. In der Sammlung des Herrn Ing. Treiber liegen zwei vordere Mittelfußknochen, die in der Größe wieder zwischen (©. caprea und €. elaphus liegen; in der Form der Gelenkfläche für die Hand- wurzelknochen schließen sie sich ganz den beiden Vergleichsstücken (Nr. 1305 und 1499) an. Die tiefe und breite Furche der Hinterseite des Stammes ist recht ähnlich jener von 0. elaphus. Die größte Länge des vollständigen Stückes beträgt zirka 193 mm gegen 137 mm (Nr. 1305) und 250 mm (Nr. 1499). In der Podekschen Sammlung befinden sich auch zwei vor- derste Zehenglieder (Klauenbeine), welche beide der inneren vorderen Zehe entsprechen. Zu einem derselben ist auch das mittlere Phalangenglied vorhanden. Die größte Länge mißt 32 mm und 33 mm gegen 20:5 mm bei Capreolus und 42:5 mm bei C. elaphus. Die Ausbildung der drei Flächen ist ganz jener von (©. elaphus entsprechend. Das mittlere Phalangenglied hat eine größte Länge von 30°5 mm gegen 250 mm bei Capreolus und 36°4 mm bei Ü. elaphus. In der Sammlung des Herrn Ing. Treiber liegen einige Phalangen der vorderen und der hinteren Extremität und zwei Hufbeine, ein kleines, zirka 22 mm lang, von einem kleinen Capreolus, und ein großes, 45°5 mm lang (unten gemessen), von Cervus sp. Cervus cf. elaphus L. Auch Stücke eines Geweihes liegen vor, darunter eines mit der „Rose“, welches einen Durchmesser von mehr als 65 mm besessen haben dürfte. Ein Sproß, vielleicht der Augensproß, mit schön nach aufwärts gekrümmtem Ende besitzt einen Durchmesser von 24 mm und eine ziemlich grob gekörnelte Oberfläche. Es dürfte sich dabei (nach der Unterfläche der Rose) um ein abgeworfenes Geweih handeln. Von größeren Cerviden liegen mir einige Knochenstücke vor, so ein unteres Gelenkstück des Humerus der rechten Seite. Die Breite der Rolle beträgt über 55 mm gegen 45°6 mm des Vergleichsstückes von Cervus elaphus L. (Nr. 1499 des Hofmuseums.) Dieses Stück könnte von einem großen Exemplar von Cervus elaphus L. herstammen. Cervus spec. Prof. Lexen besitzt in seiner Sammlung auch den unteren Teil eines Radius mit ziemlich wohl erhaltenen Gelenkflächen. Die größte Breite beträgt 54:3 mm. Die Länge des Stückes 136 mın. Die Größe liegt zwischen Cervus elaphus L. und Cervus alces L., so zwar, daß man auch hier an der Zugehörigkeit zu dem größeren Cervus der Kronstädter Fauna nicht zweifeln kann. Von einem rechten Metacarpus liegt das obere und untere Ende mit unvollkommen verschmolzenen Epiphysen vor. Das obere Ende des rechten Metacarpus hat eine Breite der Gelenkfläche von Jahrbuch d. k. k. geol. Reichsanstalt, 1909, 59. Bd., 3. u. 4. Hft. (F. Toula.) 79 604 Franz Toula. [30] mehr als 37 mm, gegen 29:6 mm bei Cervus elaphus (Nr. 1499). Das untere Ende mißt 43°5 mm ober den Epiphysen gegen 34 mm des (weib- lichen) Cervus elaphus (Nr. 1499). Ein oberes Ende einer Tibia des rechten Hinterbeines mit noch nicht vollkommen verschmolzener Epiphyse dürfte gleichfalls zu Cervus zu stellen sein. Die größte Breite des Gelenkes mißt etwa 85 mm. Das. Stück wird zu der größeren Cervus-Form der Kron- städter Fauna gehören. Von einem Unterschenkel liegt das untere Ende vor. Es stammt von einem jüngeren, sehr großen Tiere, bei dem die Epiphysen noch nicht mit dem Röhrenknochen verschmolzen waren. Das Bruchstück mißt der Breite nach 48’4 mm. Derselbe Knochen von einem weib- lichen Alces machlis Ogilby hat an derselben Stelle eine Breite von 47 mm. Endlich liegt noch ein mittlerer äußerer Phalangenknochen in guter Erhaltung vor. Die größte Länge mißt 491] mm gegen 33°5 mm vom Üervus elaphus (Nr. 1499). Gehirnabguß eines Ruminanten. Im lichtbräunlichen Höhlenlehm fand sich ein Stück, welches aussieht wie der Abguß der Innenfläche eines Schädeldaches, und zwar der Seitenwand. Eine nähere Bestimmung vorzunehmen ist mir nieht möglich. Die Gehirnwindungen sind übrigens stellenweise recht deutlich. [Bos sp. (?) Nur ein Unterkieferzahn liegt vor (Samml. Podek), und zwar der vorletzte Backenzahn der linken Kieferhälfte, bei dem nur die Schmelzwände erhalten sind, welche aber die Abkaulinien gut verfolgen lassen. Zement- und Dentinsubstanz sind nur, letztere in der Tiefe der Schmelzsäcke, erstere an der Wurzel erhalten. Die Länge des Zahnes beträgt 28 mm, die größte Breite 17 mm. Der Erhaltungszustand scheint mir von jenem der anderen Fundstücke verschieden zu sein, unter welchen sich keinerlei auf Bos zu beziehende Reste befinden, so daß mir dieses Stück frag- würdig erscheint./ 3. Canis Kronstadtensis n, £. Fig. 4a, b, ce und Fig.6 a, b, c. In der Aufsammlung des Herrn Prof. Lexen vom Gespreng- berge bei Kronstadt liegt ein Stück eines linken Unterkieferastes mit drei Zähnen vor. Es enthält pm, (nur teilweise), m, (Reißzahn) und ms (Fig. 4a, b, c), von welchen nur die beiden Molaren wirklich gut er- halten sind. Außerdem ist auch der Reißzahn des linken Oberkiefers, und zwar in recht guter Erhaltung vorhanden (Fig. 6). [31] Diluviale Säugetierreste vom Gesprengberg, Kronstadt in Siebenbürgen. 605 Die Ähnlichkeit mit der rechten Mandibel von Hundsheim (man ‚vergl. Fig. 5a, b,c) ist eine große, doch stammen die Kron- städter Reste von einem etwas kleineren Individuum her. Maßverhältnisse des Kronstädter und Hundsheimer Hundes RE) und von Canis lupus (zool. Sammlung der k. k. Techn. Hochschule), und zwar: Fig. 4a. Fig. 4b. Fig. 4c. Canis Kronstadtensis n. f. Linker Unterkieferast. a. Außenseite. — 5. Innenseite. — c. Von oben. Kronstädter Hundsheimer . R Hund Hund Canis lupus 5 Millimeter Höhe des Unterkiefers unter dem Reißzahn, innen gemessen . . 230 22:8 273 ae de ce Aa: Sta 12-4 11-9 — Länge des m, (Reißzahnes) . . . 217 235 29:5 | 2320 2 er Re a ee 83 8:9 12°0 Beuhmien .. -. . 20..... 78 S'6 108 nee des, Ma 4.0 een 87 10:5 11:6 een idee 64 74 91 Breite rückwärts ar. ın.c0. nm. 56 6:5 7:0 | Länge des pm, des Oberkiefers . 19:0 -- 260 | ') Canis cf. Neschersensis (Croizet) de Blainville, W. Freudenberg, Die Fauna von Hundsheim in Niederösterreich (Jahrb. d. k. k. geol. R.-A. 1908, pag. 210). 79* 606 Franz Toula. [32] Nach diesen Maßverhältnissen ergeben sich immerhin einige Verschiedenheiten. Die Mandibel von Hundsheim ist sicherlich, etwas schlanker als jene von Kronstadt, die auch im Verhältnisse etwas höher ist als jene bei meinem Vergleichsstücke von Canis lupus. Die Dicke dagegen ist bei dem Kronstädter Stück geringer (10'3 mm) als bei dem Hundsheimer Stück (12:6 mm). Fig. 5. Canis cf. Neschersensis (Croizet) W, Freudenberg. Rechter Unterkieferast. a. Von außen. — 5b. Von innen. — ce. Von oben. my. Die Hundsheimer Mandibel zeigt am rückwärtigen inneren Grubenraunde einen deutlichen kräftigen Höcker, von dem man an der Kronstädter nichts wahrnimmt, ebensowenig wie bei Canis lupus. Der Höcker an der gegenüberliegenden (Außen-)Seite ist ähn- lich entwickelt. Die beiden seitlichen Haupthöcker der hinteren Hälfte stehen bei dem Kronstädter Stück schräg gegenüber, das heißt der der Außenseite ist etwas mehr nach vorne gerückt. Die Ahnlichkeit > [33] Diluviale Säugetierreste vom Gesprengberg, Kronstadt in Siebenbürgen. 607 der beiden m, ist groß, doch stehen am Kronstädter der vordere und innere Haupthöcker weiter vorn, der hintere Außenrand ist höher und der Zahn im ganzen sonach ähnlicher jenem von Canis lupus, als dem von Hundsheim. Der m, war sehr klein, es ist nur die kleine Zahngrube zu erkennen, Vom Oberkiefer liegt, wie gesagt, nur der vierte Prämolar der linken Seite, der obere Reißzahn (pm,) vor (Fig. 6). Derselbe hat wieder ganz und gar den Bau wie bei Canis. Wenn ich die Größe mit jener von Canis lupus vergleiche, so ergibt sich die Länge mit 20:3 mm gegen 27:1 mm bei Canis lupus, die größte Breite an der Basis vorn mit 97 mm gegen 13'1 mm bei Canis lupus. Die Verhältnisse sind sonach sehr ähnlich. Ein Formunterschied un sich nur aus dem etwas spitzer aufragenden vorderen Innen- öcker. Fig. 6c von oben. Canis Kronstadtensis n. f. pm, des linken Öberkiefers. In der Hundeschädelsammlung Jeitteles im k. k. Natur- historischen Hofmuseum habe ich den einen Öberkieferreißzahn mit jenen des Torfhundes nach Gipsabgüssen in Vergleich gebracht. Seine Länge beträgt 203 mm, jene der drei Schädel des Torf- hundes: Modena 164mm, Modena 187 mm, Würzburg 167 mm. Der Kronstädter Hund war also etwas größer. Das größere der zwei Modena-Individuen läßt auch die Zahnumrisse erkennen und zeigt eine vordere größte Breite von 13 mm gegen zirka 1lO mm beim Kron- städter Oberkieferreißzahn; derselbe ist sonach viel schmäler gebaut. Canis familiaris Jeitteles von Kairo, @ C. 4698, hat einen Reiß- zahn von fast ganz gleicher Länge und Breite: 20°0 : 98 mm. Der Unterkiefer dieses Individuums hat einen Reißzahn von 22:37 mın Länge gegen 22:18 mm des Kronstädter und 24 mm des Hundsheimer Hundes. 608 - Franz Toula. [34] Ein zweiter Hund von Kairo, 2 (©. 4699, hat einen Unterkiefer- reißzahn von 22°6 ınm Länge. Er gleicht dem Hundsheimer Hunde in der Daraufsicht recht sehr, nur die Grube hinter den hinteren Höckern ist viel enger. Die beiden rückwärtigen Höcker stehen sich geradeso gegenüber wie bei dem Hundsheimer Individuum. Ein Nachrück wärts- rücken des inneren hinteren Höckers kann ich wahrnehmen bei Unter- kiefern des Neufundländers (Jeitteles’ Sammlung 4726 und 1052), wenn auch nicht in demselben Grade. Auch die rückwärtige Grube ist vorhanden, sowohl beim Neufundländer als auch bei der dänischen Dogge (Jeitteles’ Sammlung 1046), nur viel weniger deutlich aus- geprägt, und ohne den nach vorne befindlichen niederen Kamm, der von einem der rückwärtigen Höcker zum gegenüberliegenden führt. Eine Unterscheidung ergibt sich auch aus der anderen Aus- bildung des dahinterstehenden Molars, der sich bei den beiden fossilen Unterkiefern durch die gleichmäßigere Ausbildung der beiden vorderen Höcker, mit der vorderen Grube zwischen beiden, von den in Vergleich gebrachten Hunden unterscheidet. Wenn ich die Abbildung Blainvilles von Canis Neschersensis genauer vergleiche (Canis, Taf. XII), so ergibt sich für den Reiß- zahn die denkbar größte Ahnlichkeit mit dem Hundsheimer Canıs, während der Kronstädter nur ein kleines Höckerchen zwischen dem vorderen Haupthöcker und dem niederen rückwärtigen besitzt, was ja von geringer Bedeutung sein mag; der dahinterstehende Molar dagegen zeigt, bei aller Ähnlichkeit der seitlichen Ansicht, in der Daraufsicht den Abgang der erwähnten vorderen grubigen Vertiefung zwischen den vorderen Höckern. Auch ist er viel breiter gebaut. Seine Länge verhält sich zur vorderen Breite wie 10:75, während dieses Verhältnis bei dem Hundsheimer Zahn 11:75 und bei jenem von Kronstadt 9:6°5 beträgt. Dazu kommt noch, daß bei Canis Neschersensis der Zahn nach rückwärts sich auffallend verschmälert (75 :5'3), während bei meinen Stücken die vordere zur rückwärtigen Breite sich verhält wie 65:57 (Kronstadt) und 7'3:6'7 (Hundsheim). Ich habe es nicht unterlassen, auch Canis aureus, den Schakal, in Vergleich zu ziehen. In der Jeitteles-Sammlung fand ich ein d Nr. 4759. Bei Herrn Prof. Dr. Lorenz v. Liburnau (zool. Abt. d.k. k. Naturh. Hofmuseums) konnte ich viele Schädel in Vergleich ziehen. Ich nahm Abmessungen an fünf Stücken vor, und zwar: Canis aureus typicus (Nr. 1350) aus dem Kaukasus, Canis aureus (Nr. 1101) aus Dalmatien (Curzola), Nr. 1102 aus der Menagerie in Schönbrunn, außerdem zwei neue Stücke (1907) von Curzola, Dalmatien. Der Reißzahn des Oberkiefers zeigt Längen zwischen 159 und 18 mm und eine größte Breite zwischen 7°6 und 9'8 mm. Der Innen- höcker der Oberkieferreißzähne erscheint bei den Schakalen mehr oder weniger weit nach vorn gezogen, was bei dem m, von Kron- stadt nicht der Fall ist. Die untersuchten Exemplare von Canis aureus sind sonach durchwegs kleiner als der Hund von Kronstadt. m; und mo des Unterkiefers messen in der Länge zwischen 255 mm und 275 mm; das erößte Maß, 282 mm, zeigte ein Exem- plar von Ourzola (Dalmatien), ein 9, das als eine „Bastardform“ be- zeichnet wird. [35] Diluviale Säugetierreste vom Gesprengberg, Kronstadt in Siebenbürgen. 609 Ein Hundeschädelder Jeitteles-Sammlung von Abydos, Nr. 4810 („Canis sp. Jeitt.*) zeigte eine Reißzahnlänge von 26'6 mm bei einer vorderen Breite von 87 mm. Der Kronstädter Zahn ist also breiter gebaut. m; -und m, des Unterkiefers messen 26°6 mm (Nr. 4810) und 291 mm (Nr. 4809). Bei dem zweiten Exemplar (Nr. 4809) ist der Reißzahn des Oberkiefers leider zerbrochen. Ein als Canis lupaster (Hencke und Ehrenberg!) bezeichneter Schädel aus Agypten hat eine Oberkieferreißzahnlänge von 18°7 mm und eine Breite vorn von 10 mm, ist sonach auffallend breit. Bei Canis familiaris matris optimae Jeitt. (Nr. 4834?) ist der Oberkieferreißzahn 29 mm lang und 10 mm breit. W. v. Reichenau (Abhandl. d. hess. geol. Landesanst., Darm- stadt, IV, 1906, pag. 189) hat in seiner Arbeit über die Carnivoren aus den Sanden von Mauer und Mosbach auch Reste von Canis Neschersensis (drei Unterkiefer und einen oberen Reißzahn pm,) be- schrieben und als dem Pyrenäenwolf sehr ähnlich bezeichnet. Auch der von Fors. Major als Canis etruscus bezeichnete Canide von Penioli soll damit übereinstimmen. _ Die Sande werden in die erste Interglazialzeit gestellt und als Ubergangsstufe vom Pliocän zum Pleistocän aufgefaßt. Eine vergleichende Beobachtung ergibt immerhin auffallende Verschiedenheiten. Der Oberkieferreißzahn (l. ce. Taf. IX, Fig. S) hat einen schwächeren Innenhöcker, die Kronenzacken er- scheinen gedrängter als bei dem Kronstädter Hund. Der Schmelzwulst ist kräftiger entwickelt. Die Unterkiefer (l. c. Taf. X, Fig. 2, 3, $ erscheinen noch schlanker gebaut als selbst der Unterkiefer von Hundsheim. Aber auch die Zackenbildung der Kronen zeigt manche Verschiedenheiter, die sich beim-Nebeneinanderstellen der in beiden Fällen photographisch hergestellten Abbildungen ergeben. Ein kleiner linker, nur wenig beschädigter Calecaneus stimmt in der Form und in der Ausbildung der Gelenkflächen recht gut mit jenem von Canis vulpes (Vulpes alopex L Nr. 1309) überein, ist je- doch etwas größer. Seine größte Länge beträgt 38°2 mm gegen 315 des Vergleichstieres, die größte Breite 15'7 mm gegen 13°8. 4. Ursus spec. (2 Formen). / Von Bären liegen mir vor: ein Stück des rechten Unter- kiefers mit dem vorderen Teile der Zahnkrone des zweiten Molars, das obere Gelenkstück der linken Speiche (Radius) und das untere Ende der Elle (Ulna) der rechten Seite, mehrere Mittel- fußknochen und ein Zehenglied. Während meiner Anwesenheit am Fundorte wurden im Höhlenlehm zwei Bruchstücke eines Beckens !) Der große Schakal, von dem der heutige Straßenhund des Orients ab- stammen soll. :) Der größere Hund der Bronzezeit, der „Bronzehund“. Von ihm sollen nach Jeitteles alle größeren Jagdhunde und die Schäferhunde abstammen. 610 Franz Toula. [36] gefunden, das ich hierher stelle. Sie ließen sich gut zusammenfügen. Es ergab sich die Gelenkpfanne und der Anfang des Darmbeines der rechten Beckenhälfte, dieses mit dem zum Kreuzbein ziehenden Fortsatze. Der Durchmesser der Pfanne mißt 72 mm gegen 52 mm des in Vergleich gezogenen Ursus arctos (Nr. 1312) und gegen 71 mm eines Beckens aus der Kireteiner Bärenhöhle. Die größte Breite oberhalb der Pfanne beträgt bei dem Bruchstücke 65 mm gegen 63'3 des Kireteiner Beckens. Aus den Fundstücken von Ursus sp. von Kronstadt geht hervor, daß sie von verschiedenen Individuen herrühren. Von Öberkieferzähnen liegt nur noch ein stark abgekauter linker innerer Schneidezahn vor. Größte Breite der Krone 69 mm, größte Länge 8'9 mm. Der m, hat eine Länge von 28°5 mm bei einer größten Breite rückwärts von 17'1 mm und von 13'8 mm vorne. Wenn ich diese drei Zahlen mit den gleichen Zähnen des mir vorliegenden Schädels eines mäßigen Ursus arctos Lin. vergleiche, so ergeben sich bei diesem: 23°8:15°5::13°9. Der Kronstädter Bär war sonach nicht nur größer, sondern hatte auch einen nach vorne etwas stärker verjüngten Zahn. Die Zackung des Kronstädter Zahnes am Innenrande ist ganz ähnlich wie bei Ursus arctos, nur die vor der Hauptspitze liegende Zacke ist etwas kräftiger entwickelt. Eine rückwärtige linke Rippe mit auf langem Stiele stehenden Köpfchen (Capitulum) und mit dahinter stehendem Tuberculum könnte etwa der 7. oder 8. Rippe von Ursus entsprechen. Das obere Gelenksende des linken Radius hat eine größte Breite an der Außenseite von 32'8 mm gegen 343 mm bei meinem Skelette von Ursus arctos L., würde also auf ein etwas kleineres In- dividuum schließen lassen. Bei dem Radius meines Skelettes von Ursus spelaeus Blmb. aus der Kireteiner Höhle in Mähren beträgt dasselbe Maß 50 mm. Das untere Gelenksende der rechten Ulna mißt außen (von vorn nach rückwärts gemessen) über 41 mm gegenüber demselben Maße an meinem ÜUrsus arctos L. von 36°8 ımm, bei dem Höhlenbären von Kiretein erreicht es aber fast 60 mm. Zu erwähnen bleibt noch, daß bei dem Kronstädter Stücke die Epiphyse mit dem Knochen vollkommen verschmolzen ist. Mittelhandknochen. Metacarpus III, links. Viel gedrungener als der von Ursus arctos (Nr. 1312 der zoologischen Sammlung des Hofmuseums. Ursus spelaeus Kronstadt Ursus arctos aus der Kireteiner Höhle M 1417 71 mJe ter Großie Hansa ut MIT 29H 80:0 85.0 Breite in der Mitte . . . . 134 102 19:0 Größte Breite am hinteren Ge- lenkt 16°8 16:0 DIA Größte Breite au we En lenk. 1. ua; 2b 20 a ee 178 778 [37] Diluviale Säugetierreste vom Gesprengberg, Kronstadt in Siebenbürgen. 611 Ein zweites Stück desselben Knochens stammt von einem viel größeren Individuum. Die größte Breite am hinteren Gelenk 23:5 mm, die größte Höhe daselbst 340 mm gegen 221 mm von Nr. 1312. Dieses Stück ist also noch etwas größer als das Vergleichsstück aus der Kireteiner Höhle, ist aber schlanker gebaut als das letztere. Mittleres Fingerglied III, der rechten Seite. Größte Länge 341 mm gegen 313 von Ursus arctos;, größte Breite am rückwärtigen Gelenk 183 mm gegen 150 mm von ÜUrsus arctos. Mittelfußknochen. Metatarsus I, links. Kronstadt Ursus arctos Ursus spelaeus MeRllı meeter Größte Länge . . . 62:1 627 58-4 Breite am vorderen Gelenk : 19:0 153 19:0 Breite, Mitte . . . 12:6 98 135 Größte Breite am yückwärtisen 3 21 ale er ee a 263 209 25'6 Metatarsus III, rechts. Die vordere Epiphyse fehlt. Größte Breite am rückwärtigen Gelenk 26°2 mm gegen 25:0 mm bei Ursus arctos und 34-1 mm bei Ursus spelaeus. Metatarsus V, rechts. . Kronstadt Ursus aretos Ursus spelaeus Millimeter Größte Länge . . . 79-4 88-2 85-3 Größte Breite am Ab PRRL ee a ET 216 18:5 223 Größte Breite, Mitte . . . . 13:0 115 114 Größte Breite am hinteren Ge- a 24-0 22:0 263 5. Lepus timidus L. Von dieser Gattung liegt mir nur die obere Hälfte der Tibia vor, welche mit jener der rezenten von Lepus timidus (Nr. 1504 der zool. Sammlung des k. k. Naturh. Hofmuseums) gut übereinstimmt, sowohl in der Form als auch in der Gröbe. Die bezeichnende kurze kräftige vordere Kante ist wohl erhalten. Jahrbuch d. k. k. geol. Reichsanstalt, 1909, 59. Bd., 3. u. 4. Hft. (F. Toula.) 80 612 Franz Toula. [3 8] Nachschrift. Kurz vor Abschluß der Drucklegung erhielt ich von Herrn Dr. E. Wüst die nachfolgenden Blätter mit Bemerkungen über die Schneckenschalen vom Gesprengbersg, so daß dadurch die Bearbeitung des Materials von Kronstadt zum Abschlusse gebracht erscheint, wofür ich mich Herrn Dr. E. Wüst zu ganz besonderem Danke verpflichtet fühle. 1. Hyalinia (Vitrea) plutonia Kıimak. Es liegen mir 17, zum Teil unvollständige oder unausgewachsene Stücke vor, welche zu Hyalinia (Vitrea) plutonia Kimak. zu stellen sind. Diese heute ausschließlich in Siebenbürgen lebende Art wurde von M. v. Kimakowicz im Jahre 1890 im II. Nachtrage zu seinem Beitrage zur Molluskenfauna Siebenbürgens (Verhandlungen und Mit- teilungen des Siebenbürgischen Vereines für Naturwissenschaften zu Hermannstadt, 40. Jahrgang, pag. 1—115), pag. 40—42, beschrieben. Obgleich der Beschreibung keine Abbildung beigegeben ist und mir auch kein Vergleichsmaterial zur Verfügung steht, bin ich doch voll- kommen sicher, daß die vorliegenden Stücke zu Hyalinia plutonia ge- hören, weil sie auf das vollkommenste mit M. v. Kimakowicz’ sehr anschaulicher Beschreibung übereinstimmen. Nur erreicht das größte mir vorliegende Stück einen größten Durchmesser von 6 mm, während M. v. Kimakowicz nur 5'3 mm angibt. M. v. Kimakowicez sagt, daß er lange geschwankt habe, ob er seine HAyalinia plutonia als neue Art beschreiben oder aber zu Hyalinia (Vitrea) opinata Ulieny ap. less. stellen solle. Diese bisher nur aus Galizien und Mähren sicher bekannte Art hat Clessin in seiner Molluskenfauna Osterreich-Ungarns und der Schweiz (Nürn- berg 1887), pag. 89—90, beschrieben und pag. 89, Fig. 29, roh ab- gebildet. Clessin gibt hier nur 41/, Umgänge und 4 mm Durchmesser an, während die größten der mir vorliegenden Stücke 5 Umgänge und bis 6 mm Durchmesser besitzen. Dazu kommt, daß auf Clessins Ab- bildung der Hyalinia opinata von unten der untere Mündungsrand als leicht konkav verlaufende Linie erscheint, während er an den mir vorliegenden Stücken, soweit er an denselben gut erhalten ist, wie bei Hyalinia plutonia leicht konvex verläuft. M. v. Kimakowicz hat es wahrscheinlich gemacht, daß seine Hyalinia plutonia tief unterirdisch lebt. Der daraus ableitbare Ver- dacht, daß die Stücke von Kronstadt nicht fossil, sondern rezent seien, findet in dem Frhaltungszustande dieser Stücke keinerlei Stütze. 2. Helix (Trigonostoma) diodonta Mühlf. ap. Rossm. Diese leicht kenntliche, heute nur im Banat in der Gegend von Mehadia lebende Art liegt mir in zwei wohlerhaltenen aus- gewachsenen Stücken vor. ZZ U U Us. 220 793 [39] Diluviale Säugetierreste vom Gesprengberg, Kronstadt in Siebenbürgen. 613 3. Helix (Euomphalia) strigella Drap. var. agapeta Bot. Es liegen mir nur vier unausgewachsene oder unvollständig er- haltene, zum Teil fest im Gestein steckende Stücke vor. Gleichwohl ist mit aller Bestimmtheit festzustellen, daß es sich um eine große, flache Form der Helix strigella handelt, welche am besten mit der meines Wissens rezent nur aus der Gegend von Kronstadt und aus dem Trencsin bekannten var. agapeta Bgt. übereinstimmt. Besonders auf dem letzten Umgange finde ich eine sehr dichte und deutliche Spiralskulptur, wie sie Westerlund in seiner Fauna der in der palä- arktischen Region lebenden Binnenkonchylien, Band II, Berlin 1389, pag. 95, gerade von Exemplaren der var. agapeta Bgt. von Kronstadt beschreibt und wie ich sie auch an einem rezenten Exemplar dieser Varietät vom Tömöszypasse im Komitat Kronstadt, das ich in meiner Sammlung habe, bemerke. #. Helix (Campylaea) faustina Zgl. ap. Rossm. Von dieser Art liegen mir 6 Stücke, darunter + ausgewachsene und im wesentlichen vollständig erhaltene, vor. Die vollständigen und ausgewachsenen Stücke haben einen größten Durchmesser von 14 bis 16 mm. Alle Stücke lassen ein dunkles Band und eine darunter ge- legene helle Binde erkennen. Das Gewinde der Stücke ist recht ver- schieden stark erhoben und der Oberrand der Mündung ist bei einem Teil der Stücke umgebogen, bei einem anderen hingegen nicht um- gebogen. Zu einer genaueren Vergleichung mit den rezenten Varie- täten, von denen namentlich diejenigen Siebenbürgens in Betracht kämen, über die M. v. Kimakowicz (a. a. O., pag. 56—59) wert- volle Untersuchungen veröffentlicht hat, ist das vorliegende fossile Material zu dürftig. 5. Helix (Eulota) fruticum Müll, Diese Art scheint die häufigste der Diluvialablagerung von Kronstadt zu sein, denn sie liegt mir in nicht weniger als 26, aller- dings fast durchweg unausgewachsenen oder unvollständig erhaltenen Stücken vor. Mehrere der Stücke lassen ein dunkles Band erkennen. 6. Helix (Xerophila) cereoflava M. Bielz. Vier sehr jugendliche Gehäuse gehören zu dieser schon 1551 von M. Bielz aufgestellten, dann meist mit anderen Arten identifizierten und erst 1890 von M. v. Kimakowiez (a. a. O., pag. 75—83) rehabilitierten und ausführlich behandelten Art. Leider vereitelt die allzugroße Jugendlichkeit der vorliegenden Stücke eine genauere Ver- sleichung mit den verschiedenen Varietäten der ausschließlich sieben- bürgischen Helix cereoflava. * u 614 Franz Toula. |40] 7. Helix (Pomatia) pomatia Lin. Es liegen mir 6, teils junge, teils stark verletzte Stücke vor. Ein sehr unvollständig erhaltenes ausgewachsenes Stück von mindestens 50 mm größtem Durchmesser zeigt ebenso wie ein wohlerhaltenes junges Stück von etwas mehr als 4 Umgängen einen völlig bedeckten Nabel. Leider gestattet die Unvollkommenheit des vorliegenden Materials keine genauere Vergleichung mit den zahlreichen südost- europäischen Varietäten der Helix pomatia. 8. Olausilia (Clausiliastra) marginata KRossm. Diese leicht kenntliche, nur im südlichen Siebenbürgen und im Banat lebende Art ist durch ein wohlerhaltenes ausgewachsenes Stück vertreten. Dasselbe hat bei 12 Umgängen eine Höhe von 19 mm und eine größte Breite von 4 mm und damit einen Umgang mehr und etwas beträchtlichere Dimensionen als die in der Literatur beschriebenen und die in meiner Sammlung vorhandenen rezenten siebenbürgischen Stücke. Rezente Stücke, welche in den besprochenen Punkten voll- ständig mit dem fossilen von Kronstadt übereinstimmen, habe ich aus dem Banat in meiner Sammlung, Soweit man nach einem Konchylienbestande von nur acht Arten urteilen kann, schließt sich die diluviale Molluskenfauna von Kronstadt in einer so innigen Weise an die rezente der Gegend an, wie das für eine Fauna aus den Zeiten der Rhinozeroten aus der Verwandtschaft von Rhinoceros etruscus Falc. und Merckii Jäg. ganz ungewöhnlich und sehr merkwürdig ist. Sämtliche acht im Diluvium von Kronstadt nachgewiesene Arten leben noch heute im südlichen Siebenbürgen nebst dem Banat und nicht weniger als vier von diesen Arten, also genau die Hälfte, sind heute auf Siebenbürgen nebst dem Banat beschränkt. Diese vier Arten sind: Hyalinia (Vitrea) plutonia Kimak. Helix (Trigonostoma) diodonta Mühlf. ap. Kossm. Helix (Xerophila) cereoflava M. Bielz Olausilia (Clausiliastra) marginata Rossm. J Ihnen könnte man noch Helix (Euomphalia) strigella Drap. an- schließen, welche im Diluvium von Kronstadt nur in der var. agapeta Bgt. mit Spiralskulptur, wie sie mit Sicherheit rezent nur aus der Gegend von Kronstadt bekannt ist, nachgewiesen ist. Zur Fucoidenfrage. Von Otto M. Reis. Hierzu Tafel XVII. Auf mehreren Reisen in die an kleinen Petroleum-, Gas- und Gasschlammquellen reichen Gegenden des Apennins südwestlich und südöstlich von Bologna zwischen dem Samoggia- und dem Sillarotale, in die hochliegenden, zerrissenen Gebirgsgebiete von Pietramala N von Florenz hatte ich reichlich Gelegenheit, die große Gleichheit der Gesteinsarten der dortigen sog. oberen Kreide und des Eocäns mit jenen unseres nordalpinen Flysches im Feld kennen zu lernen. Nur das örtliche Uberwiegen einzelner Flyschgesteine und das Zurücktreten anderer schafft Unterschiede. Sofern diese mehrwöchentlichen Wan- derungen innerhalb der gekennzeichneten Gegenden eine Übersicht zu bieten geeignet waren, scheinen mir hier größere Extreme im Kalk- sehalt der Flyschgesteine bei ihrer Gegensätzlichkeit in auffällig naher Vergesellschaftung vorzuliegen. Ungeheure Massen schwarzer und graugrüner Tone zeigen geringe innere Konsistenz und können durch die verhältnismäßig spärliche Einschaltung dünner und wenig trag- fähiger, härterer Bänkchen gering gestützt werden. Zudem macht das Gebirge den Eindruck, als ob es schon vor jener an alpine Verhält- nisse erinnernden Zusammenfaltung, also bald oder gar unmittelbar nach einer raschen und gehäuften Anschwemmung in wechselnden Auf- und Abbewegungen recht große Gleichgewichtstörungen erlitten und innere Bewegungen ausgeführt habe, so daß sein so wirres Ge- füge nunmehr zu den ungeheuren, die Kartierung und die Formations- diagnose erschwerenden Gehängerutschungen und Gehängeschuttbil- dungen den nächsten inneren Anlaß bot). Stellenweise schwellen allerdings die oft blendendweißen Kalk- einschaltungen unregelmäßig an und zeigen die weitgehendste wieder- verheilte Kleinzerklüftung des Ruinenmarmors: dieser Alberese ist ein verhältnismäßig gering tonhältiges Gestein von oft rein muscheligem Bruch; der tonige Rückstand enthält kleine unlösliche Partikelchen von gelblicher bis rein weißlicher Farbe, wohl kaolinisierte Feldspat- reste, welche man auch unter starker Vergrößerung bei auffallendem Licht an den Gesteinsstücken selbst sehen kann. !) Eine kurze anschauliche Schilderung der Gebiete der „argille scagliose“ gibt Th. Fuchs in seiner „Kritischen Besprechung einiger Arbeiten über Fucoiden‘, Jahrb. d. k. k. geol. R.-A. 54, 1901. Jahrbuch d. k. k. geol. Reichsanstalt, 1909, 59. Bd., 3. u. 4. Hft, (O.M. Reis.) 616 OÖ. M. Reis. [2] Selten sind Mergel, im Übergang zu den schwarzen Tonen, also wie dunkelfarbige Fucoidenmergel, deren ich keine auf meinen Touren antraf. Lokal fand ich im Samoggiatal in den Letten schichtartige Faser- kalke bis zu 3 cm Dicke mit dem gerundet treppenartigen Relief der Tutenkalke. Ebenso in der Minderzahl waren dünnplattige harte Sandsteine, die auf einer Seite die Hieroglyphenerhebungen als Abdrücke von Kriech- ete. Spuren in den darunter liegenden Tonen erkennen ließen. „Fucoidenreste“ fand ich in typischer Form nur im Al- berese; der Erhaltungszustand dieser unten systematisch näher charakterisierten, entweder schmalen und wohl verzweigten, oder breiteren und in etwaigen Verzweigungen weniger deutlichen Reste ist, ganz im allgemeinen gesprochen, der gewöhnliche. Der Zug dieser Einschlüsse ist bezeichnet durch einen grünlichgrauen bis fast schwarzen Ton im Innern des oft blendend weißen Gesteines. Diese Tonsubstanz stimmt mit den Tonen im Hangenden und Liegenden, sowie auch mit den schwachen Lagereinschaltungen im Innern des Alberese überein (ich habe hier hauptsächlich einen Fund zwischen Monterenzo und Imola bei S. Clemente [bezw. Sassuno], südöstlich von Bologna in einem Seitentale des Sillaro im Auge). Dieser Tonkörper der „Fucoiden“* bildet nun immer die Grenze gegen das Gestein, auch in den Fällen, wo, wie wir sehen werden, bei der größeren von zweien in der gleichen Platte liegenden Arten einer Gattung ein innerer, gelegentlich dicker Kern zu beobachten ist, der dann aus einem mehr oder weniger unreinen Alberesematerial besteht. Letztere Füllung kann eigentlich nur als Ein- schwemmung von oben, das heißt von dem Raum: der fortdauern- den Sedimentation her gedeutet werden. Es liegt somit nahe, auch den Ton als von diesem Raum abstammend anzusehen; diese zweite Fül- lung zeigt auch, daß dann die Tonsedimentation unterbrochen gewesen sein mußte, ja daß eine vielleicht schwache Tonbedeckung überhaupt wieder mehr oder weniger ganz verschwemmt worden ist. Es machen in der Tat die größeren flachliegenden Einschlüsse der gesammelten Platte den Eindruck, als ob sie nach oben (bezw. unten) abge- schlossen im Gestein lägen, wie anderseits auch der anstehende Alberese selbst ganz dünne horizontale Schlieren schwarzen Tones enthälf, die entweder nur bald unterbrochene Anfänge beginnender Tonsedimentation oder Reste der intensiveren Umlagerung einer stärkeren sind. Derartiges ist bei alternierenden, besonders mit Aus- keilungen verbundenen Schichtbildungen sehr häufig; auch macht Th. Fuchs ]. e. 1904, pag. 372, ausdrücklich im gleichen Sinne darauf aufmerksam. Ich kann daher mit Fuchs entschiedenst feststellen, daß die mit dem Alberese verbundenen Tone (argille scagliose) die gleiche Farbe, tonige Konsistenz und Kalkarmut wie die „Fucoiden“ besitzen;- Fuchs betont dies für viele Flyschvorkommen und glaubt auch unter voller Anerkennung der wissenschaftlich hochwichtigen und ernsten Resultate von A. Rothpletz, welcher z. B. die „Fucoiden“ der Boller Schiefer zu den Schwämmen rechnete, darauf bestehen zu müssen, daß diese Gebilde von den sonst sogenannten Fucoiden nicht wesentlich ver- nn [3] Zur Fucoidenfrage. 617 schieden seien, trotzdem ihre Versteinerungsmasse nicht aus kohligem Ton, sondern aus weißem, reichlich organische Skeletreste enthaltendem Detritus besteht. In letzterer Hinsicht möchte ich zuerst auf ein nordalpines Vorkommen aufmerksam machen; es liegt einerseits in enger örtlicher Verbindung mit der bekannten neokomen Ablagerung bei Sebi im Jenbach!) aufgeschlossen, anderseits in näherer fazieller Beziehung mit den auf diesen‘ Fundort zustreichenden Schichten der jüngeren Kreide, den Schichten mit Exogyra columba var. und Orbitulina concava, welche schon v. Gümbel vom Kirchberg des unweit davon gelegenen Dorfes Niederndorf erwähnt. In beiden Fällen handelt es sich neben plattigen sandigen Mergeln von hellgrauer Farbe auch um sandige grün bis braun ge- färbte, zum Teil auch sehr feste und massige "Bänke. Diese Pflanzen- fragmente führenden kalkigen Sandsteine ähneln in beiden Vorkommen einander sehr; doch lassen sich bei Sebi keine Petrefakten finden. Leuchs ‚hat daher (Zeitschrift des Ferdinandeums für Tirol und Vorarlberg III, 51. Heft, 1907) dieses Vorkommen als Flysch kurz- weg eingetragen. Die Sehichten sind gewiß flyschartig; die Flysch- diagnose dürfte besonders aber auf die fucoidenartigen Einschlüsse gegründet sein, welche schon v. Gümbel erwähnt. Diese waren Gümbel zur Bezeichnung Flysch nicht maßgebend genug. Algen- artige Einschlüsse kommen an vielen Stellen mit kretazischen Ab- lagerungen vor, die man auch Flysch zu nennen sich hüten würde. Gümbel hat selbst in Geogn. Beschreibung d. bayr. Alpengebirges, pag. 553—554 ein Profil oberkretazischer Schichten vom Muottekopf bei Imst in Tirol dargelegt, in denen mehrere Lagen mit solchen Alsenresten vorkommen; diese Schichten sind vielleicht gleichalterig mit jenen von Sebi. Die Vorkommen bei Sebi im Jenbach erheischen aber eine ein- geheudere Betrachtung; die Hauptmasse des sich zu seiten des Baches hinziehenden Aufschlusses besteht aus einem Wechsel hellweißgrauer, sehr feinkörniger, feinsandiger Mergel und dunkelgraugrüner gröber- sandiger Lagen in ziemlich regelmäßigem, fast plattigem Bankwechsel ohne irgendwelche andere Zwischenlagen. Die gröbersandigen Schichten zeigen an ihrer Unterseite die Abgüsse von Kriechfurchen in Wülsten, Beiderlei Schichten zeigen verzweigte Einschlüsse von einer dem Körper der Schicht selbst grundverschiedenen Substanz, und zwar weist die Substanz der Einschlüsse immer auf die Ablagerungsmasse des Gesamtkörpers der anderen alternierenden Schicht hin, das heißt in den dunkelgrau- srünen grobsandigen Bänken sind die Einschlüsse sehr feinkörnig und lichtgrüngrau; sie sind in letzteren von zweierlei Art: sind breit (5 mm) und zeigen schwächere Verzweigungstendenz oder sie sind schmal (2 mm) und reichlicher verzweigt; beiderlei Arten sind stark ı) v. Gümbel hat, Geogn. Jahreshefte II, pag. 170, erwähnt, daß sich diese Schichten in Jenbach mit der den Neokomschichten angelagerten Dolomitbrecei ie, welche nach Buchauer Inoceramen vom Typus des Inoe. Brongniarti einschließen, „verbinde“; ein unmittelbarer Zusammenhang besteht nicht, jedoch lassen sich die beiden Schichtkomplexe miteinander in nahe Beziehung bringen. 618 0. M. Reis. [4] komprimiert. Die Verzweigungen, das heißt die Einschlüsse selbst halten sich n der oberen Region der Bänke und verlaufen meist schief flach in denselben. In dem lichten, höchst feinkörnigen Mergel fehlen die feinen Zweigchen fast ganz; dagegen sind hier die breiten außer- ordentlich häufig und stehen zum größten Teil senkrecht; sie sind dabei körperlich rund erhalten und mit reichlicherer Füllmasse versetzt ; die flacher verlaufenden sind komprimiert und zeigen weniger starke Füllmasse. Sehr merkwürdig erscheint nun, daß an einigen Quer- schnitten das Innere der Füllmasse feinkörniger gemischt erscheint; an einem Querschnitt überwiegt die hell gewordene feinkörnige Masse im Innern und ist gegen eine ganz schmale Rinde des gröberkörnigen Materials ziemlich scharf abgesetzt! Es ist eine Merkwürdigkeit, für die wir schon oben einen analogen Fall unter verschiedenen Ablagerungsverhält- nissen vorläufig erklärend besprachen, was hier seine volle Gültigkeit haben wird (vergl. pag. 616). In beiden Fällen ist die Füllungsmasse kalkhaltig wie die des sie umschließenden Schichtkörpers. In dem körnigen Sandmergel finden sich reichlich verkohlte, nur mit der Lupe erkennbare fein- und dichtverteilte Pflanzenfragmentchen, die natürlich auch in den gröber- körnigen Füllungen der Verzweigungen des feinen hellen Mergels wiederkehren, den hellen Verzweigungen aber völlig fehlen !). Wenn wir diese Gebilde nach den Auffassungen von A. Roth- pletz bezüglich der Boller Fucoiden als Hornschwämme deuten würden, so könnte dies wohl nur in der Einschränkung geschehen, welche Th. Fuchs |]. c. gegeben hat, daß es nämlich bohrende Schwämme gewesen sein mußten, deren Bohrraum, wie dies nach einer Darstellung Quenstedts über das Hangende der Boller Schiefer wahrscheinlich gemacht wird, von oben her erfüllt worden sei. Th. Fuchs macht diesen Vorgang auch für ein weiteres Vorkommen weißer Fucoiden im Miocän von Port Cheri auf Zante wahrscheinlich. Ganz unvereinbar mit dieser Spongienannahme scheint mir in unserem Fall das gelegentliche Vorkommen einer gröbersandigen Rinden- zone und einer inneren feinkörnigen Füllung. Eine sehr merkwürdige Erscheinung zeigt sich aber auch in der Umgebung der körnigen Füllungen, nämlich die nicht seltene Bildung eines ringartigen Hofes von auffälliger dunkler Färbung; bei einem schiefen Durchschnitt von ungefähr 45° beträgt der Durchmesser der Füllung 6 mm, jener des Hofes 20 mm, die Breite des Hofringes 5—4 mm. Diese Imprägnation von der Röhrenhöhlung her kann nur ein Organismus geschaffen haben, der in der Höhlung nach abge- schlossener Ablagerung der Schicht gelebt hat und fähig war, chemisch auf seine Umgebung einzuwirken; er kann nicht von dem eingefüllten Sediment herstammen, sonst müßte das grauschwarze Band auch aus der oberen Schichtgrenze nach dem hangenden Sediment auftreten (vergl. Taf. XVII, Fig. 10). !) Kohlige Hüllen fehlen den Verzweigungsgestaltungen völlig; die Kohlen- teilchen im Innern sind lediglich. Detritus. [5] Zur Fucoidenfrage. 619 In Ubereinstimmung mit den Anschauungen von Th. Fuchs deute ich die Befunde bei Sebi vorläufig folgendermaßen: Die SubstanzderEinschlüssestammt jeaus dem Hangenden der verschiedenen Schichten und ist eine Hohlraumer- füllun& während derAblagerung jeweils der untersten Zone der Hangendschicht; die Röhren waren unmittel- bar vorher dauernd bewohnt, undzwar vonEinwohnern, deren Ausscheidungen auf die Umgebung chemisch ein- wirken konnten; in die Substanz der gröberen Schicht drangen die Einwohner nur in die Hangendregion ein und verbreiteten sich von da in der Fläche; von dem hangenden feineren Mergel konnten auch recht zarte Röhrchen vorhandener Verzweigungen ausgefüllt werden, sie wurden aber trotzdem stark komprimiert. In den Körper der feinen Mergel drangen dagegen die Röhren senkrechter und tiefer ein, blieben so. auch, von dem groben Material erfüllt, körperlich erhalten. In etwaige feinere Verzweigungen konnte hier aber das gröbere, an großen Glimmerplättchen reiche Ma- terial nicht weit eindringen; ihre Höhlungen schlossen sich daher wohl, ohne deutliche Spuren zu hinter- lassen. Wir schreiten nun zu den (pag. 616) verschiedenen Fucoiden aus dem italienischen Alberese, zuerst zu einer kurzen morpholo- sischen und systematischen Charakterisierung der ein- zelnen Fundstücke, beziehungsweise ihrer Einschlüsse: 1. Fundstück bei S. Clemente. In einem mürben, sehr fein- sandigen, kleinglimmerigen Mergel von lichtgraubräunlicher Farbe zeigen sich wie pflanzenartige Verzweigungsgebilde, jedoch ohne jede kohlige Rinde und (unter der Lupe) ohne kohlige Beimengungen ; sie sind erfüllt von einer viel weniger feinkörnigen, mit großen Glimmerplättchen gespickten graugrünen Masse, welche im Innern einen einseitig gelagerten, strangartigen Limonitkern zeigt. Die Masse ist offenbar stratisch zusammengedrückt, 4—5 mm dick und 75 bis 9 mm breit. Gesteine und Füllung der Verzweigungsgebilde erinnern auffällig an die erwähnten Funde bei Sebi (N v. Kufstein). 2. Fundstück bei C. Pianelli im Samoggiatale. Weißlichgrüngrauer Alberese mit Resten von Granularia!) spec. und mit zwei Bändern von Keckia (Taenidium); diese Gebilde liegen auf der Schichtfläche, welche eine grünlichgelbgraue schiefrige Tonsubstanz bedeckt; es ist dies die Substanz, aus der auch die in den Alberese einge- schlossenen Reste von Granularia zu bestehen scheinen. Die Gebilde sind schwach in den Kalk eingesenkt, ihre Hauptwölbung ist aber der Tonauflagerung zugekehrt. Die beiden, leider nicht in ganzer Länge erhaltenen Körper überkreuzen sich; sie sind wurmförmig ge- wellt, 4—5 mm breit, zeigen dichtgedrängte Einschnürungen, welche 1) Ich versuche hier die Gebilde nach der von A. Rothpletz gegebenen Systematik anzuführen. Jahrbuch d. k. k. geol. Reichsanstalt, 1909, 59. Bd., 3. u. 4.Hft. (O0. M. Reis.) sl 620 0. M. Reis. [6] von der erwähnten tonigen Substanz gebildet sind. Merkwürdigerweise besteht der innere Kern aus typischem Alberesematerial; nach A. Rothpletz’ Versuch, Fucoiden und Nichtfucoiden lediglich durch das Fossilisationsmaterial des Körpers zu unterscheiden, dürften diese Gebilde nicht zu den sogenannten Fucoiden gerechnet werden. Es ist beizufügen, daß die FEinschnürungen nicht in ganzer Länge auftreten, daß die Gebilde auch, wenigstens streckenweise, auf einer Seite glatt werden. 3. Heller Alberese bei Sassuno. a) Wurmartige Körper von gleichbleibender Breite (7'5 mm), welche ohne Verzweigungsmerkmale schwer systematisch unterzubringen sind. Am ehesten könnten sie mit den scheinbar ganz glatt gewordenen Teilen der oben als Keckia (Taenidium) spec. angeführten Versteinerung verglichen werden. Anderseits erinnern diese Gebilde an die nach Th. Fuchs im Flysch von Muntigl häufigen glatten unverzweigten und ungegliederten Bänder, die gewöhnlich einen wellenförmigen Verlauf zeigen und oft mit dem Namen Halymenites belegt sind (vergl. 1904, 1. c. pag. 364). Die Versteinerungsmasse ist ein ganz flachgepreßter grüngrauer Ton, dessen Oberfläche vielleicht glatt genannt werden könnte. Es zeigen sich aber doch quergestellte ganz flache Wülstchen, welche fast wie Querbrüche aussehen. Da aber die Masse nicht halbiert ist, sondern reine Oberfläche zeigt, so sollte man doch von einer Skulptur reden. Dabei zeigt sich auch die Eigenschaft, daß sich diese flachen Wulstplättchen, aus dem Tonkörper hervortretend, alle nach einer Seite fladig verdünnen und nach dieser Seite die folgende Tonmasse schuppig zu überdecken scheinen. Ich möchte daher doch glauben, daß es sich um etwas Regelmäßiges handle, etwa der allerdings ge- bogenen, schwachen Querskulptur vergleichbar, welche OÖ. Heer bei seiner Münsteria Hoessi, Fl. foss. helv. Taf. LXVIU, Fig. 3, darstellt. b) Aus demselben hellgrüngrauen Ton bestehen die zahlreichen in der gleichen Platte vorkommenden typischen Reste von Granularia lumbricoides. 4. Hauptplatte von S. Clemente, welche von ungefähr 2 dm? Um- fang und zirka 5cm Dicke eine ganze Anzahl sogenannter Fucoiden enthält; es ist ein teils ganz weißer Alberese, von dessen Grundfarbe sich die teils ganz schwarzen „Fucoiden“reste scharf abheben. a) Granularia lumbricoides. Stämmehen in großer Zahl mit den etwas sparsamen, spitzwinkelig abgesetzten Verzweigungen, mit dem manchmal gerade gestreckten, manchmal schwachwelligen Verlauf der Zweige; die Breite der Zweige ist etwas größer als die jener von A. Rothpletz abgebildeten Exemplare, etwas weniger breit als die bei OÖ. Heer abgebildeten. Die Körnelskulptur ist so dicht gesetzt, wie sie Heer darstellt, und es zeigt sich auch das von ihm erwähnte Kennzeichen: „Wärzchen, in die Breite gezogen“, das heißt die längsovalen Körnchen sind deutlichst mit ihrer Längsachse quer zur Längsachse der einzelnen Zweigchen gestellt (vergl. Taf. XV, Fig. 1). b) Granularia cf. arcuata SCHIMPER. Es liegen eine Anzahl leider nicht zusammenhängender, säbelklingenartig gebogener Zweige bis zu 15 cm Länge und 15 mm Breite vor, von denen wenigstens mehrere nach einem Punkt möglicher Verzweigung konvergieren. Die Zweige Ag 17 Zur Fucoidenfrage. 621 sind zum Teil ganz flachgedrückt, zum Teil sind sie körperlicher erhalten, jedoch nicht zylindrisch. Die Granulationen sind ebenso dicht gesetzt wie bei Granularia lumbricoides, jedoch sind die Körn- chen nicht größer; sie zeigen auch oft die Tendenz zu einer Quer- stellung, "jedoch ist die Anordnung etwas mehr regellos. An einzelnen Stellen zeigt sich eine allmähliche, recht starke Verringerung der Korngröße, die sogar zu vollständig glatter Oberfläche führt. Die Granulation ist daher zwar eine charakteristische, aber keine notwendige Erscheinung, ebenso wie ich dies oben für die unter Keckia angeführten Gebilde bezüglich der ring- artigen Skulptur anzunehmen genötigt war (vergl. Taf. XVII, Fig. 2—4). c) Gyrophyllites spec. Die hierzu gerechneten Zweiglein haben eine nicht sehr geradlinige Seitenbegrenzung und verhältnismäßig kurzzügige gedrungene Verzweigung von 1'5—2 mm Breite. Charak- teristisch ist für sie eine Skulptur, welche in nach den Zweigenden stark konvex gebogenen Querstreifchen besteht. Solche Querstreifchen finde ich von Th. Fuchs 1895, Taf. VIII, Fig. 7, von einem Gyro- phyllites von Muntigl abgebildet (vergl. Th. Fuchs l. ce. 1904, pag. 369); anderseits bildet sie OÖ. Heer von Münsteria (Granularia) Hoessi in viel größerem Maßstabe ab. Die Verzweigungen selbst stehen, wie wenigstens an einem Querbruch zu erkennen ist, dicht übereinander gedrängt. Die Tonfüllung der Zweige ist makroskopisch genau gleich jener der oben behandelten Fucoiden (vergl. Taf. XVII, Fig. 6). d) Squamularıa spec. (Halymenites zum Teil). Es sind dies mehrere lange Fruchtzapfen-artige, zum Teil körperlich erhaltene, zum Teil flachgedrückte, unverzweigte Gebilde, deren „Schuppen“ dicht gedrängt und auch freier vorragend sind; sie gleichen Formen, wie sie, auch ohne zentralen Strang, im nordalpinen Flysch in ähn- licher Breite (von 12 mm) nicht selten sind. Die Schuppen liegen auch hier und da wie zusammenhanglos neben- und hintereinander. Die Tonfülluug ist bei einzelnen der hierher zu zählenden Gebilde völlig jener der übrigen Fucoiden gleich, das heißt ein schwarzer, noch unter der Lupe höchst feinkörnigerv Ton; bei anderen zeigen ‚sich eingestreute Körnchen und endlich auch ein ganz tonarmes, völlig körniges Gefüge von brauner Farbe, offenbar von Erzkörnchen (vergl. Taf. XVII, Fig. 5 und pag. 622). Es darf wohl nach alledem keinem Zweifel unter- liegen, daß man in den Einschlüssen dieseseinem sonst ganz versteinerungsleeren Schichtenkomplex von ziemlich typischem Flyscheharakter angehörigen Kalkes morphologisch und systematisch ein völliges Homologon zu den „Fuecoideneinschlüssen* des nord- alpinen Flysches vor sich hat, welche in erster Linie als Untersuchungsmaterial für ihre Deutungals Algen maßgebend waren. Es wurde erwähnt, daß der Fossilationsstoff dieser „Fucoiden“ des Apenninenflysches auch ein schwarzer feinkörnigster Ton sei, der im großen und ganzen kalkfrei oder höchst kalkarm ist, 8l* 622 0. M. Reis. [8] also zum umgebenden Gestein in größtem Gegensatz steht. Betrachtet man nun die schwarze Tonmasse im auffallenden Licht mit dem Mikroskop, so erkennt man in allen den erwähnten Einschlüssen zwar nicht gleichmäßig stark, aber doch überall und gleichartig folgendes: Die Tonmasse ist wie gespickt mit kleinen weißlichen oder auch bräunlichen bis hellockergelben Fragmentchen, welche in ähnlicher Weise, aber lange nicht in gleicher Häufigkeit in den Gesteinen selbst vorkommen und sich auch aus dem Kalk mit Säure, wohl als kaolinisierte Feldspatteilchen zu deuten, nebst anderem feinsten Ton- residuum auslösen lassen (pag. 615). Daneben finden sich besonders in den Tonfüllungen der Granu- laria cf. arcuata größere Erzkörnchen in wechselnder Anhäufung und vereinzelt Glaukonit. Ganz Gleiches zeigen die Squamularia-Stücke ; dabei sieht man aber bei zwei Stücken auch kleinste Diatomeen-artige Schälchen mit feinster Gitterung und mit völliger Vererzungsfüllung des Schalenlumens, welche auch an vielen die Skulptur zerstört hat; an einem Exemplar ist die Füllung mit solchen kleinen Erzkörnchen so stark, daß man von tonigen Beimengungen fast nicht reden kann. Das Vorhandensein der verschiedenfarbigen kaolinisierten Par- tikel in dem schwarzen Ton und zugleich in dem Kalk könnte nun für jene Ansicht ins Feld geführt werden, welche den Ton aus einer Auflösung von Bestandteilen des Nebengesteines bezieht; es können aber dabei keine unlöslichen Partikelchen des erwähnten Formats mechanisch in das von dem hypothetischen pflanzlichen Körper eingenommene Lumen herein- seschwemmt werden; auch eine etwaige völlige Auflösung der peripheren Nachbarregion der Pflanze selbst, welcher Annahme aber die gute Erhaltung der Algenform entgegenstände, könnte die große Masse dieser Teilchen in einer Füllung nicht erklären, welche ganz wesentlich und völlig eine Ausscheidung aus Lösung sein soll. Man müßte dann annehmen, wie dies A. Rothpletz für die „Phyllothallen“ des lithographischen Schiefers annimmt, daß nämlich die Algenkörper mit kleinsten Organismen wie inkrustiert seien und so sich zwischen letzteren auch anorganischer Detritus gelegentlich an- - häufen könne. Joh. Walther bezweifelt die Richtigkeit jener Deutung von Rothpletz und hält die Urkörper dieser Phyllothallen für Ceraospongieen (vergl. Haeckel-Festschrift 1904, pag. 159—60). Diese Deutung können wir aber morphologisch weder für unsere Squamularia-Formen annehmen, noch für die mit ihnen vergesell- schafteten, jedenfalls homogenetischen übrigen „Fucoiden“. Kann ein porenreicher Hornschwammkörper — ein solcher käme allein in Betracht — mit filziger Oberfläche so scharf begrenzte glatte Ab- drücke im Gestein erzeugen!); wo sind in dieser gut erhaltenen glatten dichten Oberfläche die Porenöffnungen; was hätte an einer solchen eine Warzenskulptur, wie die von Granularia, für eine Be- deutung? Wo sind die Spuren der Oscula? !) Vergl. hierüber auch Th. Fuchs, ]. c. 1904, pag. 377. Bin. [9} Zur Fucoidenfrage. 623 Diese Deutungen hinterlassen daher einen Rest nicht leicht zu hebender Bedenken; näher liegt mir die von Fuchs vertretene Auffassung, daß es sich hier nicht um -die Fossilisation eines organi- schen Körpers, sondern um irgendeine Art Hohlraumausfüllung handle. | Hierfür sprechen noch folgende Tatsachen, welche an der Granularia cf.arcuata zu beobachten sind: Die tonige Substanz entspricht nämlich nicht dem ganzen Körper des Fossils, sondern bildet bei einzelnen Exemplaren so- zusagen nur eine verhältnismäßig geringe Hülle um einen gesteinsartigen Kern, der selbst wieder nur als ein mehr oder weniger unreiner Alberese zu bezeichnen ist; dies ist dann der Fall, wenn, wie oben erwähnt, das Fossil halb körperlich erhalten ist. Wir haben also dann eine Füllung, wie sie oben bei dem Fund von Keckia (Taenidium) spec. ausdrücklich dargestellt wurde (vergl. auch Ähnliches bei den Einschlüssen von Sebi, pag. 618). Wenn man nun in völliger, meiner Ansicht nach hier nicht be- rechtister Absehung der morphologischen, systematischen und auch stratigraphischen Gesichtspunkte sagen sollte, diese Gebilde seien eben nach diesem Befund gar keine Fucoiden, denn diese müssen einen kalkfreien, tonigen Versteinerungskörper haben, so wäre die Frage zu erledigen, können denn diese Gebilde etwas anderes, vielleicht Spongien sein, vielleicht Hornschwämme? Damit wäre aber die Differenzierung in einen oft fast ganz reinen albereseartigen Kern und eine schwarze tonige Hülle, die fast gar keinen Kalk ent- hält, völlig unvereinbar. Auch nicht, wenn man erstere etwa auf eine Ausfüllung einer höchst starken Zentralhöhlung von dem Osculum eines Schwammes aus zurückführen wollte. Wie entsteht die unverhältnis- mäßig schmälere, wenn auch oft nicht unbeträchtlich dicke, in typischer Weise das Versteinerungsmaterial der typischen „Fucoiden“ nach- ahmende Tonhülle mitten in einem blendendweißen, an Erz und orga- nischer Substanz sowie an Diatomeen-Einschlüssen freien oder fast freien Kalkmergel ? Die tonige Hülle der Granularien hat nun eine Skulptur eigentümlicher Wärzchen; wie erwähnt, ist diese Skulptur wohl höchst merkwürdig, wenn sie auch offenbar nicht an einem und demselben Stock konstant ist; sie verkleinert sich sogar allmählich bis zu einer undeutlich rauhen Öberfläche, an ihre Stelle tritt an einzelnen Teilen eine Längsrunzelung wit schiefen Anastomosen, wie man sie von den Alectoruriden kennt, wie sie aber auch Rothpletz an Phycopsis vereinzelt beobachtet hat. Trotz dieser Veränderlichkeit ist diese Skulptur etwas so Merk- würdiges, daß man Th. Fuchs recht geben muß), wenn er ihr eine höhere Bedeutung beimißt (vergl. Jahrb. d. k. k. geol. R.-A. 1904, pag. 577). In besonderer Schönheit tritt an unseren Stücken der Ab- ı) Th. Fuchs stellt sie auch von Gr. arcuata, 1. c. Taf. IX, Fig. la, ebenso OÖ. Heer, Taf. LXVI, Fig. 11—12, von Gr. lumbricoides etwas, schema- tisch dar. 624 0. M. Reis. [10] druck der Skulptur im Alberese selbst hervor. Die ovalrundlichen Wölbungen der Warzen, die öfters wie durch Zusammendrängung polygonal-eckigen Umriß erhalten, sind durch recht scharfe und ziem- lich tiefe Zwischenfurchen getrennt, welche von dem Albereseschiamm ebenso scharf und glatt abgegossen sind wie die Wölbungen selbst. Man kennt solche Schärfe des Abdruckes sonst nur von Hartgebilden oder von Weichteilen, die völlig verhornt oder durch dichtere Er- füllung mit anorganischen Stoffen sehr versteift sind. Man möchte die Ansicht vertreten, daß, wenn diese Warzen pflanzliche Papillen wären, nicht eine späte, sondern eine sehr baldige Petrifikation vor Erhärtung der Umgebung eingetreten sein müßte. Uber die physiologische Bedeutung eines solchen dichtgedrängten Mosaiks von Warzenfeldehen klar zu werden, wird auch seine Schwierigkeit haben. Am ehesten kommt das Bild dem einer dichten Schutzhülle von einzelnen Plättchen, das aber bei solchen Organismen nicht zur Anwendung kommen darf, bei denen die Ober- fläche des Körpers selbst zur Nahrungsaufnahme, zum Gasaustausch etc. ganz oder zum Teil zu dienen hätte. Die Wärzchen bestehen völlig aus demselben Tongemisch wie der Körper selbst; ja bei @r. lumbricoides hat man den überzeugenden Eindruck, daß die beiderseitigen recht hohen Warzen eigentlich ganz überwiegend die Masse des Tonkörpers dieser Fucoiden ausmachen, daß innerhalb von ihnen nur eine recht geringe verbindende Tonlage vorhanden sei, welche nur die Kontinuität herstelle. Im Querbruch hat man sogar den Eindruck, als ob nur drei oder vier Tonwärzchen innen schwach zu- sammenfließen und den eigentlichen Tonkörper bilden. Bei Granularia cf. arcuata erwähnte ich oben eine innere Füllung innerhalb der oft nur verhältnismäßig dünnen Tonhülle; da ist es nun merkwürdig festzustellen, daß die Wärzchen, dasheißt ihre Tonmasse, auch gelegentlich nach innen einen ebenso geformten und ebenso scharfen Abdruck hinter- lassen haben wie nach außen, so daß man zu der Ansicht kommen kann, die Wärzchen seien hier und dort nur die inneren und äußeren konvexen Oberflächen von mit ihren peripheren Rändern oftkaumzusammenstoßenden ovoiden Tonkörperchen!). An vielen anderen Stellen verhält sich der Abdruck der inneren Oberfläche der Tonhülle so wie auch gelegentlich an dem der Außenfläche, er ist unregelmäßig rauhflächig. Ich kann diese an den apenninischen Fucoiden gewonnene Anschauung mit keiner der bis jetzt über die sogenannten Fucoiden seäußerten Hypothesen in Einklang bringen, obwohl die Erscheinung der Granulation bei diesen Fossilien nicht nur auf Granularia be- schränkt ist. Th. Fuchs erwähnt (l. e. 1904, pag. 377 —378), daß er die Wärzchen bei einem Spirophyton „von außergewöhnlich guter !) Ich möchte hier auch an die bei Rothpletz, ]. c. 1896, Taf, XXII, Fig. 6, gegebene Abbildung von Granularia Hoessi erinnern, woselbst eine aus mehreren Lagen zum Teil gereihter selbständiger Tonkörperchen bestehende Hülle deutlich eine gewisse Trennung von einer einheitlichen Innenfüllung aufweist. u [ 1 1] Zur Fucoidenfrage. 625 Erhaltung der zärteren Details“ beobachtet habe. Bei einem Halimedides cf. Fuggeri LoRENZ, den Bergamtsassessor Dr. W. Fink in München am Tegernsee sammelte, dessen Photographie er mir gütigst überließ (Taf. XVII, Fig. 9), sehe ich, daß die dünne tonige Masse an mehreren Stellen aus kleinen ovalen Tonplättchen zusammen- gesetzt ist, die, obwohl sehr dünn, doch ein Homologon der Warzen- körperchen bilden. Es hat daher den Anschein, als ob diese Ton- körperchen sich bald zusammenschließen können, bald getrennt bleiben, was zur Beurteilung ihrer wahren Bedeutung von Wichtigkeit ist, vielleicht auch den Schlüssel zu anderen „Skulpturen“ der Fucoiden bietet. Ich möchte im folgenden eine Ansicht über die Natur der Tonkörperchen vertreten, welche meines Wissens ebenso wie die Auffassung ihrer Selbständigkeit wohl völlig neu ist, aber doch ange- regt und beeinflußt ist durch die Anschauungen und sachlichen Dar- legungen von Th. Fuchs, dem umsichtigen und unbeirrten Beur- teiler der Fucoidenfrage. Er hält bekanntlich diese für Tonfüllungen von nach unten gekehrten Gängen; Fuchs dachte zwar vorwiegend an solche für Laichbänder von Schnecken, zieht aber auch die Röhren von Anneliden !) (vergl. 1. ec. 1893 und 1905), bohrende Schwämme, Algen etc. in Betracht. Das war aber auch zuerst nicht vordringend zu entscheiden; wichtiger war das Bestreben, über die Stellung der Verzweigungen im Gestein sowie über die Enstehung der seltsamen Versteinerungssubstanzen Klarheit zu schaffen und hierin fand Fuchs eine Bestätigung seiner Ansicht in sorgfältigen Beobachtungen E. Zimmermanns über Dictyodora und Chondrites Göpperti, welcher hier auch feststellte, daß der Verzweigungsvorgang nach unten gerichtet, also „wurzelartig“ sei. Unter den Deutungen, welche Fuchs verschiedenen Vor- kommnissen von fucoidenartigen Gestaltungen gibt, ist die von Buthotrephis ramulosus MILLER aus dem Untersilur von Cinecinnati- Ohio als einer Wurmröhre mit einer Hülle von Muschelschälchen mir wichtig gewesen; er vergleicht sie mit der Röhre tubicoler Anneliden, zum Beispiel der Terebella conchilega. Mich erinnerte dies an Gebilde, welche ich aus der Binnenfauna der Fischschiefer vom Witim und von der Turga studierte, beschrieb und abbildete ?). Es sind ziemlich breite, röhrenartige Gebilde, zum Teil ganz und gar aus Fragmenten von Muschelschälchen gebildet, zum Teil aber auch gemischt aus Muschelfragmenten, Östracodenschälchen, petrifizierten Holzstückchen, kleinen, flachen Mergelbröckchen und größeren Glimmerplättchen. Ich hielt diese Röhren für Phryganidenröhren, hauptsächlich, weil auch Larven von Ephemeriden und andere Insekten- !) Verg]. pag. 630 Anmerkung 1 und pag. 636. 2) Die nunmehr erfolgte Veröffentlichung dieser Studie in den Explor. geol- et min. Je long du chemin de fer de Siberie, Livr. XXIX, 1909, hat leider eine jahrelange Verzögerung erfahren, so daß die Literatur seit Anfang 1906 nicht mehr berücksichtigt werden konnte; ich möchte hier auf Taf. V, Fig. 2 hinweisen, somit auch auf den möglichen Erhaltungszustand von feinsten Fadenalgen. 626 O. M. Reis. [12] reste in den gleichen Ablagerungen vorkommen). Ich "möchte aber nunmehr glauben, daß es sich um Wurmröhren handelt; abgesehen davon, daß die Fremdkörperchen noch mit feinem Tonschlamm verkittet sind, zeigt nämlich die in Taf. XVII, Fig. 7 wiedergegebene Röhre eine eigentümliche Anordnung aller agglutinierten Teilchen mit ihrer Längsachse quer zur Längsachse der Röhre selbst. Für eine Larve, welche im Wasser am Boden wandert, ist aber jeden- falls eine Tendeuz zur Längsanordnung der agglutinierten Gebilde vorteilhafter als eine quere, welche mit den dann unvermeidlichen seitlichen Vorragungen die Bewegung hemmen muß. Für seßhafte Tubicolen dürfte aber der Bau mit quergestellten und längsgeformten Bausteinchen, wie dies tatsächlich abgebildet wird, sicherer, zweck- mäßiger, aber auch mechanisch leichter zu bewerkstelligen sein; man muß dabei bedenken, daß den Tubicolen mit ihren zurückgebildeten Augen, ihren wenig entwickelten Extremitäten sehr geringe Hilfsmittel zu Gebote stehen, die etwa langen, hochkantig gestellten Muschel- reste und andere „Bausteinchen“ zu halten und zu führen etc. Die quere Stellung der Tonkörperchen unserer „Fucoiden“, welche auch ©. Heer und Th. Fuchs wiedergeben, erinnert in auf- fallender Weise an die gegebene Abbildung der russischen (?) Anne- lidenröhre. Zur näheren Orientierung über diesen Vergleich dürfte eine kurze Übersicht über die Verschiedenartigkeit des Röhren- baues bei lebenden Anneliden am Platze sein. Die strand- liebenden Hermelliden bauen Röhren mit Sandkörnchen und füllen den Zwischenraum der Röhren benachbarter Bewohner mit Sand aus, den sie durch eine von ihnen ausgeschiedene und die Körnchen durchdringende Klebemasse festigen; die Röhren liegen flach auf dem Boden und bilden zusammenhängende Fladen. Die meisten Terebelliden graben aber tief, das frei vorragende Vorderende der Röhre, der Vorbau, ist mit Fäden befestigt; im Aquarium liegen aber nach Ehlers die Röhren in ganzer Länge frei, wobei auch das Hinter- ende mit Fäden befestigt wird. Es scheint daraus hervorzugehen, daß mit der steilstehenden, tiefgehenden Röhrenbohrung auch die Festigkeit des indasBohrloch gefügten Wohn- baues bezweckt ist (vergl. unten). Der „Vorbau“ agglutiniert ver- schiedenartige größere Fragmente, der eingegrabene Teil (Innenbau) zeigt aber feines Korn in der eingefügten Röhrenwand; der Vorbau wird oft nachträglich noch verlängert. Sabella und Verwandte bohren in hartes Gestein und kleiden die Wandung mit einer glatten, dünnen, aber festen organischen Röhre aus; in den Vorbau werden aber kleinere Körnchen zur Festigung der Wandung aufgenommen. Spirographis baut Röhren aus mehreren Lagen organischer Ausscheidung, in deren äußerste sie Schlamm einbaut; Branchiomma nimmt in die äußerste Hülle Kieselchen auf. Myzxicola bildet Röhren lediglich aus Gallerte, von denen sich eine Anzahl zu einem Klumpen zusammenschließen, was, wie die erwähnten Hermellidenfladen der Sicherung der Röhren dient. !) Andererseits kommen am Fundorte Witim auch wurmförmig gebogene, mit feinmulmigem Ocker erfüllte, flachliegende Röhrendurchbohrungen der Schiefer vor. [13] Zur Fucoidenfrage. 697 Terebella nebulosa baut nur hinfällige, laubenartige Gänge unter Steinen zu vorübergehendem Aufenthalt. Chaetopterus baut U-förmig gestaltete Röhren mit zwei Öffnungen nach außen; sie sind mit mehreren Lagen pergamentartiger Substanz tapeziert; Chaet. versichert außerdem diese Röhren durch Befestigung an festliegenden Steinen und Muscheln (vergl. pag. 634). Aus dieser allgemeinen Übersicht geht besonders eine Diffe- renzierung in der Verwendung des Baumaterials her- vor, welche nicht nur zwischen den einzelnen Gruppen besteht, sondern auch zwischen dem Vorbau und Innenbau einer Röhre, zu demin verständlicher Weise nur feinstes Material ausgelesen wird. Außer- dem zeigt sich unverkennbar ein großes Befestigungsbedürf- nis der Bauten, das sich besonders auch am freien Ende des Vorbaues äußert, wenn die Röhre nicht durch Tieflegung gesichert ist. Der wichtige „Vorbau“, der die Röhrenöffnungen vor Ver- schlämmung schützt, ist auch am meisten allen Zerrungen ausgesetzt, in Litoralregionen nicht nur starken Wasserbewegungen; von ihm aus kann der Wurm auch von seinen Feinden (Seeigeln, Tintenfischen, Nereiden, Gastropoden, Fischen etc.) am sichersten erhascht und aus seinem Versteck gezogen werden. Wird doch auch durch die Agglutination von kleinen Muscheln ete. zugleich in einer Art Schutz- färbung des Vorbaues und in Anpassung an die Umgebung die Vor- täuschung eines harmlosen Muschelverstecks bezweckt. Bezüglich des Vorbaus muß hier an eine Feststellung von Joh. Walther über Wurmröhren im Kambrium am Ufer des Loch Assynt (vergl. Zeitschr. d. Deutsch. geol. Ges., Bd. 61, 1909, pag. 290) er- innert werden, welche fast 2 m lang im Sand angelegt, an ihrem oberen Ende in ihrem trompetenförmig erweiterten Kontur durch Hyolithes-Schälchen markiert sind, so daß man den Eindruck gewinnt, als ob die Besiedler sich davon genährt und die unverdaulichen Teile wieder von sich gegeben hätten; es handelt sich aber offenbar um einen während der schnellen Sedimentation mehrfachen verlängerten Vorbau, der, wie bei Terebelliden öfter eine unregelmäßig trichter- förmige Erweiterung (sogar mit Verästelungen) vorkommt, auch hier, ähnlich gestaltet, hauptsächlich die aufgesammelten Schälchen agglu- tiniert zeigt. Wenn der mit dem Vorbau fest zusammenhängende Innenbau die starke Reibung des Körpers!) an den Wänden verhindern soll, so ist anderseits zu bedenken, daß ohne diese Reibung die Eigen- bewegung des Wurmkörpers in der Röhre gar nicht möglich ist! Heftigere Bewegungen verlangen daher einen gefesteten Einbau, der besonders gegen einen Längsschub gesichert sein muß, dann auch gegen einen Zug sowohl von der Mündung als auch vom unteren Ende her, das bei der Tieferlegung der Röhre stets erst zerrissen und durchbrochen werden muß. !) Jede Bewegung verlangt ein aufblähendes Anpressen des Körpers an die Wände: der Röhre. Diese Reibung wird stark bei flüchtenden Zurückziehen, zum Beispiel beim Winden und Drehen des mit Schleimausscheidungen aus der Um- fassung des Feindes ausglitschenden vorderen Körpers; daraus ist die Notwendig- keit der Kontinuität und Festigkeit des Einbaues zu folgern. Jahrbuch d. k. k. geol. Reichsanstalt 1909, 59. Bd., 3. u. 4, Hft. (0. M. Reis.) 82 628 O0. M. Reis. [14] Was die Tiefe der Röhre betrifft, so ist sie nätürlich vom Wachstum des Tieres selbst in gewissem Maße abhängig; doch wird auch eine Raumvermehrung in physiologischer Hinsicht von Vorteil sein, wie von Chaetopterus die Ansicht ausgesprochen wird, daß seine geräumige Röhre auch beim Zurücktreten des Meeres zur ununterbrochenen Fortsetzung seiner Atmung mit Wasser gefüllt bleibe; analoge Zwecke könnten auch hinsichtlich der Ernährung und sogar Ausscheidung !) angenommen werden (vergl. unten). Unsere obigen Darlegungen über die Tonkörperchen in der Rinde der erwähnten Fucoiden verpflichten uns nun, die Art des substantiellen Hüllenaufbaues von vorgegrabenen Röhren bei tubicolen Anneliden näher zu verfolgen. Da ist nun mit Nachdruck hervorzu- heben, daß zum Beispiel Terebella figulus, die „Töpferin“, ihre Röhrenwände auch mit Schlamm ausbaut. Nach Rymer-Jones werden die meist schlammigen Baumaterialien zuerst verschluckt, nachdem sie durch die Fühlfäden an den Mund herangebracht sind. Nach queren Aufblähungen und Längszusammenziehungen des Körpers erscheinen am Munde eine Anzahl gekneteter Partikelchen des Bau- materials, die dann an den peripheren Rand der Röhre angehängt werden; sie werden daselbst von der Unterlippe noch geglättet und mit jenen der übrigen Röhre zusammengeleimt. Mit solchen gekneteten Baukörperchen von Terebella figulus möchte ich nun die Tonbällchen oder -plättchen der granulierten „Fucoiden* vergleichen; es wären dies aus Tonschlamm gebildete Körperchen, welche offenbar mit einem rascher erhärtenden organischen Schleim verarbeitet oder umhüllt worden sind, so daß sie mit den Nachbarkörperchen nicht wie sonst leicht verstrichen werden könnten; je nach der Plastizität der Masse mußte vielleicht mehr oder weniger Klebstoff zugefügt werden, was dann wieder auf das Verschmelzen der Bällchen einen hindernden oder fördernden Einfluß ausübte; auch mögen längere Pausen zwischen dem Aufsetzen des einen und des anderen Teilchens gelegentlich oder zufällig die Separierung bewirken, beziehungsweise erhalten. So charakteristisch daher auch solche geknetete Körperchen sein können, so leicht können sie aber auch bei größeren und weiteren Röhrenbauten, wobei es vielleicht auf notgedrungenes, rascheres Bauen und festeren Zusammenhalt ankommen kann, in der Größe und in dem Maße der ausgleichenden Verbindung wechseln, deren Extrem 1. die grobe Körnelung, 2. die glatte Hülle ist (vergl. unsere Röhren von Gr. cf. arcuata). Von der Ausbildung von querverlängerten Körnchen (Granularia) bis zu kleinen schuppigen Plättchen (Squamularia) oder zu schuppigen Wülsten (Halimenites) oder zu nach innen konvexen, sichelförmigen ') Die Kotausfahr bei Sabelliden urd Serpuliden veranlaßt eigenartige Rinnen auf der Bauchseite, die zum Teil nur in der hinteren Körperhälfte ausge- bildet sind, zum Teil sich auch auf den Rücken umbiegen, in welchen Flimmer- bewegungen die Exkremente nach vorne treiben, sogenannte „Kotstraßen“. Die sessile Lebensweise in Röhren bedingt so mancherlei groteske Eigenheiten. [15] Zur Fucoidenfrage. 629 Halbringen (Gyrophyllites) oder zu völligen Ringen Keckia (Taenidium) ist kein großer Schritt. Weiterhin ist kein großer Schritt mit der Annahme getan, daß diese Körperchen auch in der Wandung des tieferen Innenbaues an- gebracht werden; es könnte sogar der Gedanke vertreten werden, daß diese Baukörperchen in den recht weichen Bodenschlamm nach außen eingepreßt und von innen durch eine gemeinsame Lage ver- bunden, dadurch auch noch zur Befestigung des Röhreneinbaues im Boden dienen könnten. Endlich könnten auch je nach Umständen mehrere Lagen Bau- körperchen übereinander geschichtet werden !); besonders dürfte beim Weiterbau nach unten die neue Wand oder ein schuppiger Wand- körper auch noch eine Lagenfortsetzung auf der Innenseite der älteren haben. Aus dem Angeführten geht hervor, daß man nach dieser Ansicht einen großen Teil der Tonfüllung der soge- nannten Fucoiden nicht auf passive Ausfüllung einer sebohrten Röhre, sondern auf die spontan angelegte Bauwand zu beziehen hätte. Da wo die Röhrenhöhlung so groß ist, wie bei unseren Exemplaren von Gr. cf. arcuata, werden zwar auch die horizontaler getriebenen Höhlen nachträglich mit eingeschwemmtem Sediment erfüllt werden ; sonst scheinen aber nur die senkrechter stehenden breiteren Stammröhren von oben erfüllt zu sein, während die von ihnen abzweigenden Seitenröhren von gerin- gserem Lumen nicht mehr zugeschlämmt werden können, sei es, daß sich schon vorher der Hauptzugang verstopft, sei es, daß nach Ver- lassen der Röhre durch das vertikale Zusammensitzen des Schlammes diese Seitengänge stratisch zusammengedrückt sind, welche Bewegung aber an den vertikalen Gängen nur deren Länge verkürzt. So glaube ich auch aus meinem Material folgern zu können, daß zum größten Teil der bekanntesten Vorkommen der Tonkörper der Fucoiden dem eigentlichen Röhrenbau selbst angehört und nicht lediglich der Einschwemmung von oben zu verdanken ist, wenn auch das Material daher entnommen wurde; die Lebenstätigkeit des Einwohners besorgt zur Wandauskleidung die sorgfältig auswählende Auslese zum Beispiel des feinsten Tonmaterials. Dieses Material kann der Wurm aus dem am Boden angetriebenen Schlamm ent- nehmen, also aus der fortdauernd anwachsenden Schicht, in der die Röhren eingegraben sind; alsdann dürfte eine spätere Einfüllung mit gleichem Material und eine Zusammenpressung der noch bestehenden Hohlräume wenig. deutlich Erkennbares, vielfach Ubersehenes und schwer zu Deutendes in den Schichten überlieiern, wenn nicht an- zunehmen wäre, daß die erwähnte Auslese doch schwache Differen- zierungen in der Hülle erhalten mußte. In schärfster Form werden aber die Wurmröhren erhalten sein, wenn die Wohnschicht, in welche die Röhren eingesenkt sind, in ihrem Wachstum schon abgeschlossen war oder eine Unterbrechung erlitten hat; da dürfte zum Beispiel über einem Kalkschlamm eine 1) Vergl. A. Rothpletz, Granularia Hoessi, ]. c. 1906, Taf. XXII, Fig. 6. 82* 630 0. M. Reis. [16] Anschwemmung von an faulenden pflanzlichen Resten reichem, nach der Fossilisation oft tiefschwarzem Ton zugleich die Gelegenheit und Zeitdauer bezeichnen, in welcher biologisch eine Tubicolenfauna zu reicher Entfaltung kommen konnte, zumal wenn andere, zugleich diesen feindliche Tiergruppen völlig fehlten. Eine Wiederkehr reiner Kalkablagerung, die zum Beispiel den pflanzenliebenden Tubicolen wenig Nahrung bot, konnte nun leer gewordene Baue wieder mit Schlamm füllen. Man hat dann, wie in unserem Fall, im Kalk Röhren mit tonigen Baukörperchen, beziehungsweise mit einer Tonhülle und mit kalkerfülltem Lumen des Wohnraumes. Wir haben bis jetzt lediglich diejenigen Fucoiden im Auge ge- habt, welche regelrechte Verzweigungen besitzen; ohne auf letzteren Punkt vorerst näher einzugehen, wollen wir kurz die zweite Haupt- gruppe der sogenannten Fucoiden kurz berühren, die Alectoruriden; ihnen fehlen die reichen Verzweigungen, beziehungsweise Verzweigungen überhaupt, sie haben breitlappige, U-förmig gestaltete, mit ziemlich gleichartig laufenden Streifen versehene Ausbreitungen. Ob bei diesen Formen auch die Baukörperchen eine Rolle spielen ? Wir haben schon oben erwähnt, daß Fuchs bei Spirophyton die Granulationen beobachtet hat; Abbildungen, wie die bei Fischer- Ooster (Protoz. Helv. 1869, Taf. V, VI u. VII, Vergrößerungen von Zoophycus flabelliformis und jene bei OÖ. Heer, Flora foss. Helv, Taf. XLVII, von Taonaurus procerus oder auch von 7. Marioni Saporta), lassen dies schon mit großer Sicherheit vermuten. Ich gebe zur vorläufigen Erweiterung dieser bildlichen Dar- stellungen in Taf. XVII, Fig. 8 ein Bild von Rhizocorallium jenense aus dem Muschelkalk von Bayreuth, das mir Herr Bergamtsassessor Dr. W. Fink in München zur Verfügung stellte; es ist über und über besät mit länglich ovoiden, ziemlich stark vorragenden Wärzchen, Seit Jahren bin ich bemüht gewesen, bei den amtlichen Aufnahmen in der Trias Unterfrankens gutes Material von ZRhizocorallium aufzu- bringen; ich habe den Auftrag, es demnächst mit Tafelbeigaben aus- führlich zu veröffentlichen. Ich kann zür Abrundung des Mitgeteilten anführen, daß man es auch hier in der Tat mit einem wirklichen Röhrenaufbau, nicht lediglich mit einer röhrenartigen Aushöhlung zu tun hat; ein Aufbau, in dessen mehrlagiger Hülle ringsum freie Baukörperchen in Form von ovoiden Kalkknöllchen die Hauptbestand- teile sind; eine völlig befriedigende Erklärung des ganzen Gebildes in allen Einzelheiten der Erhaltung wird gegeben werden können), um so leichter, als hier im kalkigen Material die Trennung der Baukörperehen besser erhalten bleiben konnte als im tonigen. !) Aus einer kurzen Notiz in den Mitth. der geolog. Gesellschaft in Wien, 1909, II. Bd., Heft 2, pag. 131 geht hervor, daß Th. Fuchs neuerdings in einer Sitzung demonstriert habe, daß Rhizocorallium und Spirophyton der Bauthätigkeit der Würmer zuzuschreiben sei (vergl. unten Nachtrag). [17] Zur Fucoidenfrage. 631 Wir haben im obigen ausschließlich angenommen, daß die Röhrenbohrung in recht weichem Schlamm geschehe; wo alsbald zur Sicherung der Höhlung eine mit gekneteten anorganischen Stoffen gefestete Hülle eingebaut wird, da wird der Einwohner mit seinen Absonderungen nicht auf den umgebenden Schlamm einwirken: im anderen Falle wird eine solche Einwirkung nicht von der Hand zu weisen sein. Eine solche illustriert die Taf. XVII, Fig. 10 dargestellte Hofbildung um eine Röhre aus den Schichten von Sebi (vergl. oben pag. 618). Ahnliches habe ich aus der Unterlage des Schaumkalkes (Geogn. Jahreshefte 1901, XIV, pag. 45, Taf. I, Fig. 2, pag. 121) beschrieben; ich kann bemerken, daß solche Dinge im Wellenkalk Unterfrankens recht verbreitet sind und werde sie in angekündigter Abhandlung eingehendst besprechen. Daneben gibt es aber auch Röhrenvorkommen, wo keine eingebaute Hülle vorhanden gewesen zu sein scheint, aber auch kein Wohnraumshof zu erkennen ist; hier wird die Erhärtung der Wohnschicht schon zu weit vorgeschritten sein, als daß chemische Einwirkungen von jener Art noch möglich waren; zugleich waren hier Einbauten zur Sicherung nicht notwendig, es genügte eine einfache organische Auskleidung zur Glättung des Röhrenlaufes. Um zu entscheiden, inwieweit die fossilen Einschlüsse, die man Fueoiden nennt, in Gesamtheit von tubicolen Würmern verursacht sein können, muß man auch schließlich die Morphologie dieser Organismen oder Scheinorganismen wohl berücksichtigen. Wenn A. Rothpletz (l.c. pag. 856) sagt: „Th. Fuchs hat sich überzeugt, daß die Regelmäßigkeit der Fucoidenkörper sich mit der Zufälligkeit, die bei der Entstehung tierischer Gänge obwaltet, nicht verträgt“, so ist zu betonen, daß dies wohl in gewissem Maße für die oberfläch- lichen Gänge und die einfachen Röhrenhöhlungen gelten kann, welche sich zum Beispiel manche Nereiden zu vorübergehendem Auf- enthalt als Zufluchtsstätten ohne Bestand wühlen. Es gilt dies aber nicht für die ständigen Röhrenbauten der sedentären Tubicolen; von den Serpuliden mit charakteristischer Schalenröhre führt Sabella zu den übrigen, nie ohne organische Ausscheidungen agglutinierenden Tubicolen,- und es ist nun anzunehmen, daß auch bei ihren Bauten eine gewisse Regelmäßigkeit und Planmäßigkeit, eine deutliche Be- ziehung einzelner Teile zum Ganzen herrsche. Unsere hier vorge- tragene Ansicht scheint mir aber in besserem Sinne eine Erklärung für die in ihren Extremen von A. Rothpletz aufgedeckte Unregel- mäßigkeit der anorganischen Fossilisationssubstanz zu geben, welche die mit und ohne Mikroskop arbeitende Systematik veranlaßt hat, die in Rede stehenden Einschlüsse bald zu den Algen, bald zu den Schwämmen zu stellen, sie bald als Wurzeln, bald als Kriechspuren zu betrachten, und endlich auch rein mechanische Vorgänge zu ihrer Erklärung zu Hilfe zu rufen. Die gegebene Vorstellung von der Genesis der „Fucoiden* läßt auch verstehen, warum trotz der unverkennbaren Regelmäßigkeit in der Form doch große systematische Schwierigkeiten bestehen, wenn 632 0. M. Reis. [18] man Arten bestimmen will; sogar scheinen die sogenannten Gattungen unbestimmt begrenzt und so übergängig, daB man bei manchen Funden nicht weiß, wohin damit. Ich glaube auch, daß man aus dem Vergleich der fossilen Röhrenbauten mit jenen der lebenden nicht viel Nutzen ziehen wird; ich halte die verschiedenen Formen der Röhrenbauten mehr für mechanisch-biologische Typen, die keinen leichten Rückschluß auf systematische Verwandtschaft gestatten. Die beiden Hauptgruppen oder „Familien* der sogenannten Fucoiden unterscheiden sich aber nun doch morphologisch dadurch, daß die eine schmale und längere bandförmige Körper enthält, welche sich reichlich verzweigen, die andere aber breitlappige, meist U-förmig gestaltete Formen aufweist, die bei recht geringer Neigung zur Verzweigung eine größere zu schraubenförmiger, spira- liger Anordnung Bun: Drehung der in die Tiefe gehenden Haupt- lappen zeigt. Was sollten nun etwa die Wurmröhrenbildner, diese einfachen rundlichen Tierkörper zu Verzweigungen ihrer Röhre veranlassen, was (die nicht verzweigten zu spiraliger Drehung? Ich glaube, daß die Ant- wort auf diese Anfrage weniger vom Standpunkt des Bohrvorganges und der Körperform der Tiere selbst gegeben werden kann, als von dem der in die Wohnröhre geschaffenen Bauhülle! Wir haben oben ausgeführt wie unverkennbar ein großes Befestigungsbedürfnis!) im Allgemeinen und in Einzelheiten der eingegrabenen gesamten Wohnröhren- anlage zum Ausdruck komme. Dieses Befestigungsbedürfnis könnte aber in hohem Maße durch Verzweigung erfüllt werden; die Wurzelform begegnet allen auf das Tier und seine zu kontinuierlichem Zusammenhalt angelegte Bauhülle gerichteten Zerrungen wit der natürlichsten Gegenwirkung der Zug- verteilung und Festigkeitsvermehrung. Daß mit ihr auch eine Wohn- raumvergrößerung und damit auch andere Vorteile für Ernährung und Atmung etc. verbunden sein mögen, das sei nur angedeutet. Ganz den gleichen Zwecken der Sicherung des Baues gegen Zerrungen kann aber auch die U-förmige, hakenartige und daneben noch außerdem schrauben- förmige Gestaltung des Röhrenstockes als ausreichend dienstbar (vergl. unten) erachtet werden. Übrigens bestehen auch merkwürdige Übergangsanomalien zwischen beiden Bautypen; Th. Fuchs erwähnt eine typische Phycopsis Targioni (I. ec. 1895, pag. 58, Texttig. 6), an dem ein Zweig die Alectoruriden- form und -streifung hat; auch gibt es typische Alectoruriden mit Verzweigung, anderseits Stammbildungen, wie bei Phycopsiden ledig- lich mit Zweigquirlen nach Art der Alectoruriden. Es wurde oben auch erwähnt, daß die Röhren verschiedener nachbarlich wohnender Anneliden zu einem einheitlichen, allerdings Ian oder fladenartigen Bau sich zusammenschließen?); ich | Min vergleiche das Folgende mit der völlig freien Lage der in ihrem Röhrenbau durch starke Kalkausscheidungen und feste Anwachsung sich schützenden und sich sichernden Serpuliden. °) Für manche Vorkommen eigentümlicher Aushöhlungen dürfte dies, wie ich an anderer Stelle zeigen werde, vorbildlich sein. 19) Zur ‚Fueoidenfrage. 655 glaube nicht, daß etwas Ähnliches etwa der „Verzweigung“ zugrunde liegt, welche dann als Röhrenkolonie zu betrachten wäre; der einheitliche Ausbau spräche dagegen, wenn man auch sagen könnte, daß die Festigung eines von mehreren Individuen bewohnten Baues gerade möglichste Einheitlichkeit verlange. Auch glaube ich nicht, daß die bei Anneliden auch beobachtete Fortpflanzung durch Knospung vielleicht bei solchen einheitlichen Bauanlagen mitspielen könnte. Dieser Vorgang ist bei vielen kleinen, leicht- und freibeweglichen Anneliden bekannt; von tubicolen Anneliden wird er von Filigrana implexa erwähnt, einer Serpulide, welche ganze Röhrenbündel bildet; weiter erwähnte auch Clarapede bei Chaetopterus junge, wahr- scheinlich in Knospung abgelöste Individuen im hinteren Teile der Röhre, so daß das ältere Tier sie hinderte, sich ins Freie vorzu- strecken! Wie gesagt, ich glaube nicht, daß derartige, die Koloniebildung begünstigende Tatsachen für die Erklärung der Verzweigung von Wurm- röhren maßgebend sein werden, obwohl gerade dann die von mir in erster Linie herangezogene Forderung der Festigung des Bau- komplexes in erhöhter Weise ihre Geltung haben müßte. Die Ver- zweigung bei einem einzigen, meist nicht sehr erweiterten Ausgang würde auch dadurch nicht viel verständlicher sein, da es ebenso gut denkbar wäre, daß, wenn mehrere Einwohner in einem solchen Bau sich befänden, eher eine Erweiterung der Röhre die Folge sein müßte oder mehrere Ausgänge gesucht würden. Wenn die Verzweigung der Wohnröhre als eine Befestigung des wegen der weichen Umgebung notwendigen Einbaues betrachtet werden darf, so bringt ihre erste Anlage in dem feuchten Schlamm auch eine Art Entwässerung mit sich, welche wohl zu weiteren diagenetischen Prozessen Anlaß geben kann. Andererseits ist nicht zu verkennen, daß bei gewissen flachliegenden Verzweigungen fucoidenartiger Gebilde auch eine Art Substruktion des Wohngrundes!) geschaffen wird. Wie ich an anderer Stelle ausführen werde, zeigen sich gelegent- lich nicht nur in der Art der Verzweigung, sondern auch in Eigen- heiten des Querschnittes derartige mechanische Momente zum Aus- druck gebracht. Wie nun Nathorst bei Goniada maculata von einer Röhren- öffnung ausgehende verzweigte Kriechgänge als natürliche Folge der Nahrungssuche eines Tieres beobachten konnte, so könnten bei ein- gesessenen Innenbauten neben der Festigung auch die Unterbringung des Nahrungsvorrates, die Abfuhr der Ausscheidungsstoffe (vergl. pag- 628, Anmerkung 1) und die Erfüllung mit Atemwasser noch maßgebend sein (vergl. die merkwürdigen Säcke von Jalimedides) In der Ver- zweigung wird eine Raumvergrößerung mit der größt- möglichen Festigung vereinigt. Die beiden letzterwähnten physiologischen Momente könnten besonders an Ortlichkeiten in ganz flachen Anschwemmungsgebieten von Wichtigkeit sein, wo das Wasser in großer Flächenausdehnung zeitweise zurücktritt, woselbst dann '!) Es sei an die bei den Sandröhrenfladen über den Bereich der Einzel- röhren hinausgehende künstliche Sicherung der gesamten Umgebung erinnert, 634 0.M. Reis. [20] andere Geschöpfe als sich einbohrende und — wie dies ‘von Chaetop- terus erwähnt wird — Atemwasser in Reserve haltende gar nicht existieren können. Mit diesem Umstand der Festigung kommt noch ein weiteres wichtiges Verhältnis überein. Herr Prof. Th. Fuchs machte mich auf die Abhandlung von M. Intosh: On the boaring of certain Annelids (Ann. Mag. Nat. Hist. 1868) aufmerksam, aus der hervorgeht, daß die hier behandelten, selbst in festesten Granitfels und Sandstein bohrenden Würmer ihre Bohrungen doch reihenweise nach den weicheren Zügen im Gesteine anlegen; es ist dies natürlich, gibt aber den tatsächlichen Anlaß zu folgender Gedankenskizzierung. In festes Gestein bohrende Anneliden bedürfen keines die Höhle festigenden Einbaues; dieses bedürfen nur im Schlamm bohrende. Um über den jüngsten weichsten Teil des Schlammes rasch hinauszukommen, dazu dient zunächst die vertikale Tiefenbohrung in erster Linie; sie erlaubt auch den Einbau ohne beträchtlichere störende Druckwirkung von obeu vorzunehmen. Der Meeresschlamm härtet sich aber schon in geringerer Tiefe, und zwar offenbar je nach wechselnden Lagen; es kann daher die vertikale Weiterbohrung an der Spitze verlassen und eine weichere Schicht in geringerer Tiefe angebohrt werden, das heißt es entsteht ein Zweig. Schlammbohrer werden mit ihren Haken nicht so gut ausgestattet sein wie Granitbohrer; es wird hier, wie überall, Fähig- keit und Zweck ein gewisses Bewältigungsverhältnis haben. Auch im eben diagenetisch sich festigenden Schlamm stehen die horizontal gelagerten Teilchen der Abhebung durch die vertikale Bohrung nicht so günstig entgegen wie bei seitlichem Angriff der Bohrtätigkeit; bei so stetiger Seitenablenkung resultiert unter mög- lichster BeibehaltungderVertikalendieSpiralbohrung, bei unterbrochener aber die Verzweigung. Es begegnen sich also Festigkeit des Baues und Erleichterung der Bohrtätigkeit in der Hervorbringung des gleichen morphologi- schen Verhaltens des Baues. Noch eines weiteren Umstandes ist zu gedenken ; es gibt Anneliden, deren Röhren in der Tiefe blind enden, also nur eine Offnung nach außen haben, andere, zum Beispiel Chaetopterus und die von Intosh behandelten Gattungen, deren Röhren zwei Öffnungen haben, die sich also wieder nach außen umbiegen; die Öffnungen sind nicht streng als anale und orale zu bezeichnen, da die Tierchen sich häufigst im Innern wenden und ihre Fühler bald zu der einen, bald zu der anderen Öffnung hervorzüngeln sollen. In diesen U-förmigen Bauen ist also eine größere Beweglichkeit möglich und ein unverkennbarer Vorteil für den Einwohner gegeben. Ich glaube nun, daß es leicht verständlich sein dürfte, daß in dieser Hinsicht die blind endigenden Baue eben in der „Verzweigung“ irgend ein Äquivalent für das Fehlen der zweiten Offuung besitzen. Die Gruppe des Chaetopterus vertieft ihren Bau dadurch, daß sie die U-förmige Umbiegung der Röhre, die „Brücke“ der beiden gestreckten Ausfuhrgänge, welche von beiden Öffnungen gleich weit entfernt ist, auf der konvexen Seite weiter einsenkt, wobei die Bohrhaken einer großen Anzahl von Segmenten bald dieser und jener Körperseite gleichartig arbeiten mögen. Welche Vorteile liegen [21] Zur Fucoidenfrage., 635 bei dieser Bauform schon allein bezüglich der Beförderung des Bohr- materials vor, soweit es nicht zur Ausfüllung der vorhandenen älteren Wohnraumabteils verbraucht wird! Wie anders bei den Röhren mit nur einer Offnung; hier muß der gesamte Aushub des offenbar nur mit dem hinteren Körperende vorbohrenden Tieres rückwärts durch die Röhre befördert werden, die das Tier selbst durch seine ganze Länge verstopft. Verzweigungen aller Art bis zu den seitlichen Aussackungen von Halimedides ermöglichen aber innerhalb der Röhre eine oral-anale Umdrehung des Körpers, die zur Beförderung des Bohrschmandes ebenso wichtig sein mag, wie sie absolut notwendig beim Austapezieren der Röhrenwände, beim „Einbau“ ist, der durch die vorderen Körper- segmente geschaffen wird. Als erstes äußeres Agens zur Anlage von weiten Seitenzweigen mag uranfänglich auch die so naheliegende Verengerung eines vor- handenen nicht ganz vertikalen Ganges durch den Vertikaldruck ge- wesen sein; es ist ganz natürlich, daß die Umstände, welche die Notwendigkeit eines möglichst harten Einbaues in die Röhre zur Erhaltung des Lumens verursachten, auch in anfänglicher Zeit unregel- mäßige Verengerungen der Röhre erzeugten, welche dann auch gleich- zeitig zu Verzweigungsanlagen Anlaß geben konnten (vergl. pag. 633). Die hiermit abgeschlossene Studie steht in scharfem Gegensatz zu den Auffassungen einer: großen Zahl ausgezeichneter Kenner der Pflanzenwelt und eingehendster Detailuntersuchungen (vergl. besonders A. Rothpletz’ viel zitierte Abhandlung) und drängt sich ihrer kritischen Durchsicht auf. Der Gegensatz ist groß und eine kurze Abweisung könnte naheliegen, da die Frage schon fast als abgetan gelten konnte; als sein ihm ergebener Schüler weiß ich aus persön- lichen Fällen, daß Prof. Rothpletz auch bei ganz widersprechenden - Anschauungen zu jeder entgegenkommenden Prüfung bereit ist, wenn sie nur eine gute Förderung einer noch problematischen Sache ver- bürgt und neue Tatsachen neudurchdacht verarbeitet. Es kann dies um so mehr geschehen, als die obigen Auseinandersetzungen geradezu eine Bedingung zu erfüllen bestrebt sind, welche A. Rothpletz, der nachdrücklichste Vertreter der Pflanzenhypothese, als Vorbedin- gung einer etwaigen Begründung der entgegenstehenden Auffassung aufstellte, nämlich jene, mit den Anschauungen von Th. Fuchs auch die höchst eigenartige und unverkennbar gesetzmäßige äußere Gestal- tung der sogenannten Fucoiden in Übereinstimmung zu bringen. Nachtrag. Als Neuling in der Literatur der Fucoiden wurde ich auf Be- fragen von Herrn Prof. Th. Fuchs auf zwei in den letzten Jahren erschienene Abhandlungen über Taonurus und verwandte Gegenstände aufmerksam gemacht, dieeinevonHenriDouvill&!) über Perforations d’Annelides, die andere von Clifton J. Sarle?) über „Arthrophyeus 1) Bulletin de la Soc. g&ol. de France, IV. Ser, 7, 1907, pag. 361—370. 2) Proc. of the Rochester Ac. of Sc., Vol. IV, 1906, pag. 203—214. Jahrbuch d. k. k. geol. Reichsanstalt, 29. Bd., 3. u. 4. Hit. (0. M. Reis,) 83 636 «..04-M. Reis. [22] and Daedalus of burrow- origm“,. welche leider. in: der Münchener Staatsbibliothek nicht vorhanden ist; da sie aber von Douville kurz referiert wurde, kann ich ‘mich hier auf letztere Arbeit beziehen. Douville macht hier auf einige ihm durch Choffat bekannt gewordene Durchbohrungen jurassischer Felsen in Portugal, in deren Hangendem Miocän liegt, aufmerksam, welche mit ganz ähnlichen in paläozoischen Quarziten von Peru nach Lisson verglichen werden. Gleichzeitig beobachtete Douville solche Durchbohrungen bei Ostre«a edulis. Zoologen wie Giard und St. Joseph verglichen die über- sandten, zwischen 1 und 2 mm im Querschnitt langen Durchbohrungen mit jenen der lebenden Polydora ciliata und hoplura. Sowohl die fossilen Funde als die Herrn Douville noch zur Verfügung gestellten rezenten Röhren zeigen U-förmigen Gang der zwei Öffnungen nach außen besitzenden Röhre, deren gemeinsame Mitte durch konvexe Streifen einer Ansammlung des ausgebohrten Materials als’ „Traverse“ (Spreite) erfüllt ist. h Mit diesen sehr erheblich kleineren Gebilden vergleicht nun Douville die französischen, durch Saporta besonders bekannt gewordenen Vorkommen von Taonurus, welche zum Teil wahre Riesen dagegen sind; es gibt aber wohl unter ihnen auch kleinere, ebenso wie Douville auch eine 14cm lange Polydora erwähnt. Die Größen- unterschiede dürften also mit Recht unbeachtet bleiben. Die fossilen Taonurus haben aber den gleichen Querschnitt, zwei Wülste, die als Röhrenausfüllung, und eine „Traverse“, welche eine der U-Röhre gleichartige konvexe Struktur zeigt, sie haben eine höchst eigenartige Streifung, welche als Kratzstreifen bei der Bohrung gedeutet werden; außerdem kommen sie an der Grenze von Kreideablagerungen vor und sind durch Materialien einer gelegentlich viel höheren tertiären Schicht erfüllt. Douville berücksichtigt auch den von Lomnicki beschriebenen Glossifungites saxicava, welcher in ganz ähnlicher Weise als von Miocänmaterial ausgefüllte Höhlen der Kreide festgestellt sind. Auch hier spielen noch der Querschnitt und die Kratzspuren eine große, die einzige Rolle zur Feststellung der anzuerkennenden Ähnlich- keiten. Es ist zu bedauern, daß Douville die schon 1895 veröffentlichte Arbeit von Th. Fuchs, die im besten Sinne grundlegend genannt werden muß, nicht gekannt hat. Dieser Forscher vergleicht schon damals, im Anschluß an seine einheitliche Auffassung sämtlicher „Fucoiden* als Ausfüllungen von Hohlräumen bohrender Meerestiere, die U-Form vieler fossiler Vorkommen sogleich mit den bei Anneliden, zum Beispiel Chaetopterus, bekannten Röhren, gewisse Höhlungen (vergl. l.c. pag. 58) unmittelbar auf sie beziehend. Die Taonurus-Vor- kommen, welche Saporta unrichtig deutete, erklärt Fuchs richtig für homologe Erscheinungen; es sind U-förmige Höhlungen, welche zur Tertiärzeit in transgredierte Kreideschichten von tertiären Meeres- tieren gebohrt, durch tertiären Detritus ausgefüllt sind; desgleichen widmet Fuchs hierbei auch dem Glossifungites eine ausgedehnte und zutreffende Besprechung, bestreitet u. a. die Möglichkeit, dab es Bohrschwämme sein könnten, welche sie gegraben hätten und erklärt die Streifenskulptur aller dieser Gebilde richtig für Folge des [23] Zur Fucoidenfrage. 637 Bohrvorganges, für Kratz- und Scharrstreifen; er stellt dabei auch die Beziehungen zu Khizocorallium fest!). Er würde zweifellos auch diese letzteren Gebilde für Annelidenwerke erklärt haben, wenn ihn nicht der. Zusammenhang von Rhizocorallium etc. mit den übrigen komplizierteren Alectoruriden und endlich den sogenannten Fucoiden im eigentlichen Sinn daran verhindert und ihn veranlaßt hätte, andere Möglichkeiten bei würmartigen, bohrenden Organismen zum vorläufigen Vergleich heranzuziehen (vergl. oben pag. 630, Anm. 1). Immerhin hat die zu begrüßende Publikation von H. Douville den Vorstellungen von Fuchs im allgemeinen und im besonderen eine wichtige Stütze zugefügt, aber auch gezeigt, was noch zu tun ist; es wäre irrig und nicht ausreichend, die Fucoidenfrage nur nach den Bohrvorgängen im festen Gesteinsboden behandeln zu wollen. Erklärung zu Tafel XVII. Fig. 1. Granularia lumbricoides Heer zeigt in 1 — zirka !/, natürlicher Größe den Abdruck der Tonpartikel im Alberese,; die Tonmasse der Partikel ist schwarz mit nur mikroskopisch sichtbaren körnigen Beimengungen. Fig. 2. Granularia ef. arcuata Schimp. zeigt das gleiche wie Fig. 1 in 1 + zirka '/, natürlicher, Größe. Fig. 3. Granularia cf. arcuata Schimp. in 1 — !/, natürlicher Größe; die Abdrücke zeigen, daß die Tonpartikelchen auch in ihrer seitlichen Rundung um- hüllt wurder, daher frei und stark vorragend waren. Fig. 4. Granularia ef. arcuata Schimp. in 1 + '/, natürlicher Größe, zeigt außerdem den Übergang aus großteiligem Pflaster der Tonkörperchen in unregel- mäßig körnige Oberfläche; oben ist die glatte duukle Fläche nur innere Bruch- fläche durch die schwarze Tonfüllung. Rechts unten zeigt einen Rest von Syua- mularia spec. mit stärkerer körniger Füllung. Fig. 5. Squamularia spec. Abdruck der frei nach außen vorstehenden Schuppen, zum @yrophyllites-Typus überleitend; an einigen Stellen ist der schwarze tonige Körper erhalten, in welchem Erzkörnchen, Diaiomeenschälchen enthalten sind; letztere zeigen sich auch vereinzelt in dem sonst völlig glatten Abdruck des Tonkörpers im Gestein. (Ina 1 + !/, natürlicher Größe.) Fig. 6. Gyrophyllites spec. (1 —- '/, natürlicher Größe) zeigt den Abdruck der ziemlich stark erhabenen, nach den Spitzen konvexen Skulptur der Ton- masse im Alberese. Fig. 7. Vorderende einer vom Verf. früher für eine Phryganidenröhre, jetzt aber für eine Annelidenröhre gehaltenen Röhrenhülle (vergl. Rech. geol. et min. le long du chem. de fer de Siberie, Livr. 29, 1909, Taf. II, Fig. 23). Neben verschiedenartigen unregelmäßigen Baukörperchen, welche durch ein toniges Zement zusammengehalten sind, zeigen sich auch ebenfalls quer zur Längsachse der Röhre gestellte Tonkörperchen, welche ihrer Form nach für Steinkerne von Östracoden gehalten wurden, die ich aber jetzt als den Tonkörperchen der granulierten Fucoiden homologe Bildungen erkläre. (Natürliche Größe, Kopie.) !) Seine Vorstellung über den Wachstumsvorgang von KRhizocorallium ist völlig richtig (pag. 60), seine Abbildung, Taf. VII, Fig. 5, läßt schließen, daß beim Fortwachsen immer die Hinterwand einer Röhre zerstört wird, die Vorderwand in nach innen konkaven Streifen des Querschnittes zum Teil bestehen bleibt. 53* 638 O0. M. Reis. [24] Fig. 8. Rhizocorallium jenense (1 + zirka '/, natürlicher Größe) zeigt die nach Art von Ostracodensteinkernchen gestalteten Baukörperchen in der äußeren Rinde des Steinkörpers. Muschelkalk von Bayreuth. Fig. 9. Halimedides spec. aus dem Flysch von Tegernsee (1 —+ '/, natür- licher Größe) zeigt keine quere Gliederung in dem äußerst feinen tonigen Körper; mit der Lupe erkennt man dessen Zusammensetzung aus kleinen tonigen Plättchen ; an einer Stelle zeigt sich im mittleren Innern der Aussackungen eine Anhäufung von Körnchen, die nicht näher untersucht werden konnten; auffällig ist die knopf- artige Verdickung am unteren Ende. Fig. 10. Schiefer Querbruch durch eine mit gröberem Sand erfüllte Röhre in einem höchst feinkörnigen Mergel von Sebi, N Kufstein (fast in natürlicher Größe); merkwürdig ist eine hofartige Schwärzung des Gesteines in der Umgebung der Röhre, wie dies auch an einem anderen Exemplar aus dem typischen Flysch beobachtet wurde. Es ist dies ein Ring größerer Widerstandsfähigkeit gegen zer- setzende Wirkungen. Die Röhrenfüllungen haben bis 8 mm im reinen Durchmesser und zeigen zumeist kürzere Seitenstümpfe, wie Ansätze zu größeren Verzweigungen ; es läßt sich öfters auch bei gleichmäßiger Füllung eine Rinde stärkeren Zusammen- halts und geregelterer Kornstruktur erkennen. Versuch einer Charakteristik der Ganyontäler. Von Walery Ritter v. Lozinski. Mit 4 Abbildungen im Text. I. Der Begriff eines Canyons. Seit den klassischen Monographien von Powell (1875) und Dutton (1882) ist der Canyon des Colorado zu einem allgemein bekannten und in allen Lehrbüchern wiederkehrenden Vorbilde eines Canyontales geworden, welches den Ausgangspunkt einer jeden vergleichenden Betrachtung der Canyontäler bilden muß. Die Bedingungen der Canyonbildung des Colorado hat Dutton!) in folgenden Punkten zusammengefaßt: 1. Die große Höhenlage des Gebietes, 2. Die horizontale Schichtenlagerung. 3. Die Gleichartigkeit der Schichten in horizontaler Erstreckung und die ungleiche Widerstandsfähigkeit der aufeinanderfolgenden Schiehtenkomplexe in vertikaler Richtung. 4, Das trockene Klima. Ohne Zweifel hat das Zusammentreffen aller genannten Be- dingungen die eigenartige und einzig dastehende Szenerie des Coloradocanyons hervorgebracht. Wenn man aber die großartige Erosion und ihre Leistungen ins Auge fabt, so ist die erste Be- dingung, das heißt die große Höhenlage des Gebietes oder — richtiger gesagt — der große Betrag der Hebung von der aller- srößten Bedeutung. Die übrigen dagegen, von Dutton genannten Bedingungen haben den Verlauf der Erosion wesentlich nicht beeinflußt und nur dazu beigetragen, ihren Leistungen die un- vergleichliche Großzügigkeit und Schärfe zu verleihen. Sieht man aber von diesen äußeren Zügen ab, welche die Szenerie des Coloradocanyons der flachen Lagerung der Schichtenkomplexe, dem vertikalen Wechsel ihrer Widerstandsfähigkeit und der Trockenheit des Klimas zu verdanken hat, so wird man den Canyontypus der Täler nicht alleinig auf den Colorado beschränken, sondern dieselbe Art der Talbildung auch in anderen Gebieten wiederfinden. Es bleibt nur ein quantitativer Unterschied übrig, indem der vertikale ) Dutton, Tertiary History of the Grand Canyon Distriet. Monographs of the Un. St. Geol. Survey, Band II, Washington 1882, pag. 245. Jahrbuch d.k.k. geol. Reichsanstalt, 1909, 59. Bd., 3. u. 4. Hit. (R. v. Lozinski.) 640 Walery Ritter v. Lozinski. [2] Betrag der Hebung und somit auch der Tiefenerosion sonst weit hinter dem Coloradocanyon zurückbleibt. Es kommt jedoch nicht auf den absoluten Betrag der Hebung, sondern in erster Linie darauf an, daß die Hebung des betreffenden Gebietes und dement- sprechend auch die Tieferlegung seines Wassernetzes mit relativ sroßer Geschwindigkeit, somit in kurzer Zeit erfolge. Die flache Schichtenlagerung ist für die Canyonbildung nicht unerläßlich. Unter Bedingungen, auf die ich im VI.- Abschnitte ein- gehen werde, können Canyontäler auch bei gefaltetem Schichtenbau herausgearbeitet werden, wie die Canyons der Maas in den Ardennen und der Mosel im Rheinischen Schiefergebirge. Wo Canyons in flachgelagerten und nicht gleichartigen Schiehtenkomplexen eingeschnitten werden, muß dabei ihre ungleiche Widerstandsfähigkeit in vertikaler Richtung zum Ausdrucke kommen, indem härtere Schichten die Entstehung von gesimsartigen Leisten an den Gehängen veranlassen. Nur im Coloradocanyon wird die Skulptur der Gehänge durch die Bildung von Stufen infolge des Wechsels der Gesteinsbeschaffenheit in größerem Maße beeinflußt. In anderen Fällen dagegen springen härtere Schichten nur als ganz schmale, häufig unterbrochene Leisten. hervor, welche für den Gesamtcharakter eines Canyons keine Bedeutung haben, wie zum Beispiel die devonischen oder cenomanen Sandsteinbänke in den podolischen Oanyons. Es gibt aber echte Canyontäler auch in solchen Gebieten, wo der geologische Bau überhaupt keine drasti- schen Unterschiede der Widerstandsfähigkeit in vertikaler Richtung aufweist. Man kann daher den Wechsel der Gesteinsbeschaffenheit in vertikaler Richtung nicht zu den Bedingungen der Canyonbildung rechnen, noch als ein wesentliches Merkmal der Canyontäler hin- stellen. Die Beeinflussung der Gehänge durch die ungleiche Ge- steinshärte ist eine sekundäre Begleiterscheinung, die mehr oder weniger zur Geltung kommt, soweit sie im Schichtenbau überhaupt vorhanden ist. Ein Wechsel der Gesteinsbeschaffenheit in horizontaler Richtung kommt in Betracht, wenn wir mit einem Gebiete zu tun haben, welches gefaltet und dabei aus Schichtenkomplexen von sehr un- gleicher Widerstandsfähigkeit aufgebaut ist. Am besten zeigt dies der Rheinlauf im Rheinischen Schiefergebirge, welcher je nach der Beschaffenheit der durchquerten Schichtenkomplexe in vier Abschnitte zerfällt!). Im Zusammenhange damit trägt die Querfurche des Rheins im Rheinischen Schiefergebirge keinen so einheitlichen und so durchgängigen Canyoncharakter zur Schau, wie die Längsfurche der Mosel. | An letzter Stelle hat Dutton auch der Trockenheit des Klimas einen Einfluß auf die Gestaltung des Coloradocanyons zugeschrieben. Das trockene Klima spielt jedoch nur insoweit eine gewisse Rolle, als es den Mangel einer Verwitterungsdecke und des Pflanzenwuchses mit sich bringt, wodurch jede Einzelheit der Erosion mit beispielloser !\ Holzapfel, Das Rheintal. Abhandl. d. kgl. Preuß. Geolog. Landesanstalt, N. Fett. 15, [3]: Versuch einer Charakteristik der’ Canyontäler. 641 Schärfe hervortritt. Wir brauchen nicht eine weitergehende Bedeutung: der Trockenheit des Klimas zu widerlegen und Beispiele von Canyontälern aus regenreichen Gegenden anzuführen, da Dütton selbst schon ein Jahr später (1583), nachdem er die Canyons im subtropischen Klima der Hawaii-Inseln kennen gelernt hat, seine frühere Annahme eines Einflusses des’ trockenen Klimas auf die. Entstehung des Coloradocanyons vollauf zurückzog !). Nichtsdesto- weniger hat sich die irrtümliche Ansicht, daß die Bildung von Canyons durch die Trockenheit des Klimas bedingt wird, ja daß Canyons eine spezifische Talform des trockenen Klimas’ darstellen, bis in die modernsten Lehrbücher verbreitet. Die Annahme eines Zusammenhanges der Canyonbildung mit dem Klima ist auch folgenderweise formuliert worden: „Bedingung. der Canyonbildung ist ein niederschlagsreiches Hochgebirge, das seine Gewässer unter bedeutendem Gefälle durch ein regenloses Gebiet entsendet“ ?). Freilich ist es bei manchen Canyons, wie beim: Dniestrcanyon, . der Fall, daß der Fluß von einem gebirgigen und im Verhältnisse zur höheren Lage niederschlagsreicheren Gebiet kommt. Niemand wird aber das podolische Plateau regenarm, geschweige denn .regenlos nennen. Übrigens tragen auch die Zuflüsse, deren Quellengebiete innerhalb des Plateaus selbst liegen, denselben echten Canyontypus zur Schau. Der Umstand, daß das Quellengebiet in einem Gebirge liegt, konnte nur bei der Entstehung. von solchen Canyons gewissermaßen zur Geltung kommen, die hauptsächlich während der älteren Diluvialzeit eingeschnitten wurden, da in diesem Falle die Vermehrung der Wassermenge, die wir im nieder- schlagsreichen Klima der älteren Diluvialzeit vorauszusetzen haben, noch bedeutender war. Wenn man den Rand des Dniestrtales in Podolien oder des Moseltales im Rheinischen Schiefergebirge betritt, so fällt sofort ihr eigenartiger, den meisten Flußtälern fremder Charakter auf. Unschwer erkennt man, daß hier in viel kleinerem Maßstabe derselbe Taltypus vorliegt, als dessen Vorbild der Coloradocanyon genannt wird. Ob- wohl die Eigenart der Canyontäler schon auf den ersten Blick in die Augen springt, so ist es doch keine leichte Aufgabe, alle spezifischen Merkmale eines Canyons zu fassen und zu präzisieren. In landes- kundlichen Lokaldarstellungen wird die Bezeichnung eines Uanyons oft ganz willkürlich angewendet, je nach der Bewanderung des Be- obachters und dem subjektiven Eindrucke, welchen die Enge und die Tiefe eines Tales machen. Ebensowenig findet man in den vornehm- lichsten Lehr- und Handbüchern den Begriff eines Canyontales scharf definiert. Oft ist nnr vom Colorado die Rede, als wäre er das einzige Canyontal in der Welt, oder werden im weitesten Sinne alle !) Dutton, Hawaiian Volcanoes. 4. Ann. Report Un. St. Geol. Survey, Washington 1883, pag. 87 und 88. — Bald darauf hat Diener (Libanon, Wien 1886, pag. 137--138) irgendeinen. Einfluß des trockenen Klimas auf die Canyonbildung entschieden in Abrede gestellt. ®) K. Zöppritz im Geograph. Jahrb. Bd. ıX, 1884, Anm. 137 auf pag. 24. — Was das bedeutende Gefälle anbelangt, so fällt diese Bedingung mit einer relativ rasch sich vollziehenden Hebung zusammen. 642 Walery Ritter v. Kozinski. [4] genug engen und tiefen Flußtäler mit steilen Gehängen als Canyons bezeichnet und sogar letztere mit Klammen zusammengeworfen. Auch wird ein V-förmiger Querschnitt als charakteristisches Merkmal her- vorgehoben !), wogegen sofort bemerkt werden mag, daß echte Canyon- täler, wie zum Beispiel der Dniestrcanyon in Podolien, ebensogut einen ausgesprochen U-förmigen Querschnitt zeigen. Anderseits gibt es Taltypen, die trotz ihres V-förmigen Querschnittes keine Canyons sind. Dutton hat die Canyons als „long, narrow, profound trenchesin therocks, with inaccessible walls“) definiert. Die Länge ist gewiß ein nicht zu vernachlässigendes Merkmal, welches die Canyontäler von kürzeren und oft nur temporär wasserführenden Schluchten des feuchten, sowie von Wadis des trockenen Klimas unter- scheiden läßt. Die Canyons dagegen werden von genug langen und beständigen, wenn auch nicht immer ergiebigen Wassersträngen durch- messen. Wollte man den Canyontypus nach der Breite und der Tiefe abgrenzen, so müßte man ein bestimmtes Grenzverhältnis dieser beiden Dimensionen aufstellen. In der Wirklichkeit aber läßt sich ein solches nicht durchführen, da das Verhältnis der Breite zur Tiefe schon an ein und demselben Canyon kein bestimmtes ist, vielmehr innerhalb sehr weiter Grenzen schwanken kann, wie zum Beispiel beim Canyon des Colorado. Im Kaibab ist die Breite oben etwa vier- bis siebenmal so groß wie die Tiefe °), wogegen deren Verhältnis bei der inneren Chasm in den anderen Plateauteilen kaum 1'2:1 bis 1'3:1 beträgt ®). Ein ähnliches, ja sogar noch schärferes Verhältnis kommt vielfach bei Talengen im Gebirge vor, so daß wir auch dadurch zu keiner genauen Abgrenzung des Canyontypus gelangen können. Eine Einteilung der Oberflächenformen naclı ziffermäßigen Ver- hältnissen, die von lokalen Bedingungen abhängig sind und oft bei grundverschiedenen Typen wiederkehren können, ist unzulässig. Ebenso wäre auch eine quantitative Abgrenzung der Canyons von anderen Taltypen nicht möglich. An Stelle starrer, nichtssagender Zahlenver- hältnisse müssen charakteristische morphologische Züge in ihrer genetischen Begründung in den Vordergrund treten. Ein solches soll in den folgenden Abschnitten für die Canyontäler versucht werden. ı) Penck, Morphol. d. Erdoberfläche, Bd. II, pag. 109. — Brückner, ‚Die feste Erdrinde, pag. 321—322. — Nur im Lehrbuche von Supan (Grundzüge d. phys. Erdkunde, 4. Aufl., 1908, pag. 603) heißt es mit vollem Recht, daß die Canyons ebensogut einen V- wie einen U-förmigen Querschnitt haben können. ®) Dutton, Phys. Geol. of the Grand Canyon District. 2. Ann. Report Un. St. Geol. Survey, Washington 1882, pag. 53. 53) Nach den Zahlenangaben bei Dutton, Phys. Geol. of Gr. Canyon, pag. 144 und 148. *) Ibid. pag. 112. — Übrigens bekommt man ein viel größeres Verhältnis, wenn man — wie es manchmal geschieht — nicht die Breite der eigentlichen Chasm, sondern diejenige der oberen, ebenen Esplanade in Betracht zieht. Vgl. Chamberlain-Salisbury, Geology; Bd. I, 1904, pag. 91. [5] Versuch einer Charakteristik der Canyontäler. 643 II. Die Gestaltung der Canyons. Die. Mehrzahl der Talbildungen entbehren einer scharf aus- geprägten oberen Grenze. In einem Mittelgebirge, wo die wasser- scheidenden Rücken gewöhnlich die Gestalt von breiten, flachen Wölbungen haben, ist es unmöglich, den oberen Rand eines Tales zu fixieren. Die Gehänge steigen mit wechselnder, bald kleinerer, bald srößerer Neigung an, wobei allerdings im oberen Teile gegen die Wasserscheide zu der Böschungswinkel im allgemeinen abnimmt !). Wendet man sich von der Wasserscheide gegen ein Tal zu, so er- weitert sich der Einblick mit jedem Schritt und bald kann man das Talinnerste mit aller Genauigkeit überblicken. Das Gegenteil ist bei den Canyons der Fall. Ihr auffallendstes Merkmal, welches schon beim ersten Anblick in die Augen springt und den Eindruck der Tiefe weit über das wirkliche Maß hinaus steigert, besteht darin, daß sie sich ganz plötzlich und unvermittelt vor uns Öffnen. Man wandert auf der ebenen oder flachwelligen Oberfläche eines Plateaus, ohne einen Canyon zu ahnen, den man erst dann erblickt, wenn man in die un- mittelbare Nähe seines Randes kommt’). Diese Eigentümlichkeit der Canyons rührt davon her, daß sie immer in Plateaus eingesenkt sind, deren beinahe ebene Oberfläche sich mit den zur Tiefe abfallenden Canyongehängen in einer deutlichen, manchmal sogar so scharfen Kante verschneidet, als wenn sie mit dem Messer gezogen wäre. Da- durch wird der Eindruck der Enge gesteigert, wenn man am Rande eines Canyons steht. So berichtet Hassert?) von den Öanyons in Monte- negro, daß die Eingeborenen sich durch Rufe von einem Rande zum segenüberliegenden verständigen können. Mit vollem Recht wurden die Canyons oft als eine spezifische Talbildung von Plateaus erwähnt *). Tatsächlich ist der echte Canyon- typus auf solche Gebiete beschränkt, die eine beinahe ebene und um einen namhaften Betrag gehobene Oberfläche besitzen, mag es ein Schichten- oder Destruktionsplateau’) sein. Die Plateaufläche ist oft vollkommen eingeebnet, so daß sie dem Ideal einer Davisschen Fast- ebene am nächsten kommt, wie zum Beispiel die Hochflächen der Vorder- !) Vgl. die lehrreichen schematischen Querschnitte bei Penck, Morphol. d. Erdoberfläche, Bd. II, pag. 143. ?) Die innere Chasm des Coloradocanyons im Toroweap soll erst dann sichtbar sein, wenn man sich ihrem Rande auf einige wenige Meter nähert. Vgl. Dutton, Phys. Geo). of Grand Canyon, 2. Ann. Rep. Un. St. Geol. Survey, 1882, pag. 112. -— Das gleiche ist bei den Canyons in Montenegro der Fall, die „messer- scharf....in die Hochebene eingeschnitten“ sind. Vgl. Hassert, Beitr. z. phys. Geogr. von Montenegro. Peterm. Mitteil., Erg.-Heft Nr. 115, pag. 112. A A7 2:0. #) Vgl. Löwl, Über Talbildung, pag. 122. 5) Ich vermeide den von Löw] (l. c.) angewendeten Ausdruck Abrasions- plateau, um über den Faktor der Einebnung nicht von vornherein zu entscheiden, zumal die bekanntesten Canyons in Gebieten auftreten, die durch subaärische Ab- tragung verebnet wurden. Jahrbuch d, k. k. geol, Reichsanstalt, 1909, 59. Bd., 3. u. 4. Hft. (R. v. Lozinski,) 54 644 Walery Ritter v. Lozinski, / [6] eifel !) oder der Ardennen ?), in denen die Canyons der unteren Mosel, beziehungsweise der Maas eingesenkt sind. Der eigentliche Reiz der Canyons, wie zum Beispiel derjenigen des Dniestr oder der Dupa in Podolien, liegt gerade in dem schroffen Gegensatz der alten, einge- ebneten Destruktionsfläche®) des Plateaus und der jugendlichen, steilwandigen Erosionsfurchen. Nicht immer aber verschneiden sich die Gehänge eines Canyons unmittelbar mit der Plateaufläche. In manchen Fällen sind die Canyons in ein altes, hochgehobenes Tal mit breitem und vollkommen einge- ebnetem Boden eingesenkt, den ich mit Dutton nach dem schönsten Beispiele des Coloradocanyons im Toroweap die Esplanade nennen möchte *). Wo aber auch ein solches der Fall ist, so wird dadurch der morphologische Charakter eines Canyons nicht im geringsten be- einflußt, da der Gegensatz seiner Gehänge gegenüber der ebenen Esplanade und ihr Verschneiden ebenso scharf sind, als wenn der Canyon unmittelbar in die Plateaufläche eingeschnitten wäre. Übrigens ist die Esplanade in der Regel so breit, daß sie als eine selbständige langgezogene Plateaufläche betrachtet werden darf. Fig. 1. I I m Alle Canyons zeichnen sich durch einen deutlichen oberen Rand aus, so daß im Querschnitt die Stelle ganz genau fixiert werden kann, wo die wasserscheidende Plateaufläche endet und das mehr oder weniger steil hinabschießende Canyongehänge einsetzt. In weniger widerstandsfähigen Gesteinen ist der obere Rand eines Canyons zugerundet (Fig. 1, I und II), immerhin aber ganz deutlich. Wenn dagegen der oberste Teil der Canyongehänge von einem harten 1) OQestreich, Oberflächengestalt des Rhein. Schiefergebirges. Peterm. Mitteil., Bd. LIV, 1908, pag. 73. Davis, La Seine, la Meuse et la Moselle. Annales de Geographie, Bd. V, pag. 28. ®) Ar ctowski, Relief de ’Ardenne. Bull. Soc. Belge de G&o]., Bd. XI, 1897, Proc. verb., pag. 119. Davis, l. c., pag. 48—49, 2) Ich ziehe die von Philippson (Peterm. Mitteil. Bd. XLV, 1899, pag. 270) vorgeschlagene „Destruktionsfläche“ anderen Benennungen gleichen Sinnes vor. Als Gegensatz einer Destruktionsfläche ist auch eine Konstruktionsfläche, zum Beispiel die Oberfläche einer ausgedehnten Lavadecke denkbar. 4) Die ältere Ansicht von Dutton (Phys. Geol. of Gr. Canyon, pag. 121), wonach die Esplanade des Coloradocanyons ein altes Erosionsniveau darstellt, ist viel wahrscheinlicher und ungezwungener als die spätere Auffassung der Esplanade durch W. M. Davis (Exeursion to Gr. Canyon of Colorado. Bull. Mus. of Comp. Zool, at Harvard Coll, Bd. XXXVIIJ, Nr. 4, pag. 181 ff.). u BE - Pr rn Pr “ nl ne Er ve IE Tr En [7] Versuch einer Charakteristik der Canyontäler. 045 Schichtenkomplex aufgebaut wird, wie zum Beispiel beim Dupa- Canyon in Podolien, wo zu oberst eine Bank sehr harten Kreide- sandsteines liegt (@« in Fig. 1, III), in solchen Fällen ist die obere Kante des Canyons sehr scharf, wie mit dem Messer gezogen }). Es gehört zu den Eigentümlichkeiten der Canyons, daß die Ge- hänge vom oberen Rande bis zur Sohle in einer Flucht abfallen. Wird auch der Verlauf der Gehängefläche nicht selten durch das Hervorspringen widerstandsfähigerer Gesteinsschichten ?) unterbrochen, so hat dieses für das Gesamtbild eines Canyons keine weitergehende Bedeutung. Es gehört vielmehr zur Eigenart der Canyons, daß härtere Gesteinsbänke leistenförmig hervortreten, während in einem Mittel- gebirge, wie Götzinger gezeigt hat, das Hervorspringen widerstands- fähigerer Schichten auf den Talgehängen durch Schuttkriechen ver- hüllt wird®). In den meisten Fällen senkt sich die Gehängefläche eines Canyons gleichmäßig, unter demselben Böschungswinkel, wobei die obere Kante entweder abgerundet (Fig. 1, ID), wie beim Dniestr- canyon, oder sehr scharf (Fig. 1, II) ist, wie beim Dupacanyon in Podolien. Es kommt aber auch nicht selten vor, daß die Gehänge- fläche flach konvex ist (Fig. 1, I), wofür der Unterlauf der Strypa in Podolien ein Beispiel bietet. Aber selbst in diesem Falle nimmt der Böschungswinkel des Gehänges nur innerhalb sehr enger Grenzen nach unten zu. Wir können daher als ein Merkmal der Canyons her- vorheben, daß ihre Gehänge sich vom oberen Rande in einer Flucht und ohne bedeutende Änderungen des Böschungswinkels t) senken. Böschungsknieke kommen überhaupt sehr selten vor und sind so un- bedeutend, daß sie nur in wenigen ‚besonders günstigen Ausnahms- fällen beobachtet werden’). Das Gesamtbild eines Canyons ist hauptsächlich, fast ausschließ- lich durch die Erosion bestimmt. Bei eingesenkten Mäandern müssen wir zwischen der schief abhobelnden Erosion auf der konkaven und der unterminierenden Erosion auf der konvexen Seite unter- scheiden ®). Die vielfachen Vorgänge der Abtragung dagegen, denen die gewöhnlichen Flubßtäler die Gestaltung ihrer Gehäuge zum größten Teil verdanken, treten an den Gehängen eines Oanyons ganz in den !) Vgl. die Abbildungen des Dupacanyons in Koziäski, Doliny rzek, Lemberg 1905, Taf. III. ?) In den podolischen Cauyons wird der Gehängeverlauf lokal auch dadurch gestört, daß an den (Quellenaustritten sich Kalktuflabsätze reichlich anhäufen, welche den Eindruck von riesigen, hie und da an eine steile Canyonwand ge- klebten Blöcken machen. 3) Götzinger, Beiträge zur Entstehung der Bergrückenformen. Geograph. Abhandl.. hrg. von Penck, Bd. IX, Heft I, pag. 104. *) In der Beschreibung der Canyons des Libanon betont Diener (l. c. pag. 133) „die Konstanz, mit welcher die Steilheit der Gehänge auf ihre ganze Erstreckung bin sich gleich bleibt“. Dieses ist aber nur dann möglich, wenn die eingesenkten Mäander keinen Gegensatz der Gehängeneigung aufweisen. Ist dagegen letzteres der Fall, so zeigt dasselbe Canyongehänge in seiner Längenerstreckung einen häufigen Wechsel des Böschungswinkels, je nachdem es in rascher Aut- einanderfolge bald an die Außen-, bald an die Innenseite der Krümmungen herantritt. 5) v. Kozinski, Die Übertiefung der Täler in Podolien. Bull. Soc. Geogr. de la Hongrie, Bd. XXXVI, 1908, pag. 100—101. 6) Darüber ausführlicher im nächsten Abschnitt. 54* 546 Walery Ritter v. Bozinski. [8] Hintergrund. In den Canyons Podoliens beschränkt sich die Abspülung hauptsächlich nur darauf, in steilen Gehängen parallele Rillen einzu- graben (s:. den Anhang). Wie großartig auf den ersten Blick das Abgleiten riesiger Blöcke des Kreidesandsteines, dessen Bank infolge der Ab- spülung von unterlagernden silurischen Tonschiefern abbricht, auf den Gehängen des Dupacanyons in Podolien !) auch vorkommen mag, so wird dadurch das allgemeine Erosionsbild dieses Canyons nicht im gering- sten verändert. Ebenso sind Massenverschiebungen, Rutschungen und dergleichen an den Canyongehängen verhältnismäßig so unbedeutend, daß sie das durch die Erosion bestimmte Gesamtbild eines Canyons nicht erheblich beeinträchtigen. Die Tiefenerosion war genug kräftig, um das beim Einschneiden eines Mäanders auf seiner Außenseite reichlich abstürzende Gesteinsmaterial durch die Wasserströmung gänzlich fortzuschaffen, so daß am Fuße der Gehänge Schutthalden in größerem Umfange fehlen. Nur in sehr wenigen und kurzen Strecken des podolischen Dniestreanyons findet man die von steilen Gehängen abgestürzten Gesteinsmassen zu einer schmalen, niedrigen Terrasse angehäuft. Wo immer an den Gehängen Massenverschiebun- gen erfolgen, wie die Rutschungen im Canyon der unteren Mosel, wodurch stellenweise sein oberer Rand erniedrigt wurde), handelt es sich nur um untergeordnete Erscheinungen, welche das durch die Tiefenerosion bestimmte Gesamtbild eines Canyons nicht wesentlich beeinflussen. Im allgemeinen können wir die Canyongehänge als reine Erosionsgehänge den Abtragungsgehängen anderer Talarten gegenüberstellen ?). Der Umstand, daß die abtragenden Vorgänge, welche für die Gestaltung der Talgehänge sonst von ausschlaggebender Be- deutung sind, in den Canyons so wenig zur Geltung kommen, wird meistens durch die relativ rasche Tiefenerosion der Canyonflüsse begründet). Ohne Zweifel erfolgte das Einschneiden eines jeden Canyons mit verhältnismäßig bedeutender Geschwindigkeit°). Folglich vollzog sich die Ausfurchung in relativ so kurzer Zeit, daß die Ab- tragung nicht imstande war, parallel mit der Tieferlegung der Sohle die Gehänge umzugestalten. Anderseits muß man jedoch bedenken, daß die Erosionsphase der meisten Canyons nicht in die allerjüngste Vergangenheit fällt. Die UÜberkleidung der flacheren Canyongehänge in Podolien durch echten jungdiluvialen Löß bis zur Sohle herab !) Loziüski, Doliny rzek, Tat. ill. 2) Oestreich, ]. c. pag. 73. ®) Den Gegensatz von Erosions- und Abtragungsböschungen hat G. Götzinger (l. e. pag. 11) betont. Erosionsgehänge aber muß man in etwas weiterem Sinne auffassen, als Erosionsböschungen. Erstere sind erst dann vorhanden, wenn ein Talgehänge von der Sohle bis zum obersten Rande nur durch die vertikale oder bei eingesenkten Mäandern schief abhobelnde Tiefenerosion aus- gestaltet wurde. *) Penck, Morphol. d. Erdoberfläche, Bd. II, pag. 109. °) Das relativ rasche Einschneiden der Canyons war zunächst durch die schnelle Emporhebung des betreffenden Gebietes bedingt. Bei solchen Canyons, welche größtenteils zur älteren Diluvialzeit ausgefurcht wurden, wie die podolischen Canpyons, kommt für die Beschleunigung der Tiefenerosion noch die Vermehrung der Wassermenge im niecerschlagsreichen Klima der älteren Diluvialzeit in Betracht. u IT I ee E — [9] Versuch einer Charakteristik der Canyontäler. 647 zeugt, daß hier die Canyons bereits vor der Jungdiluvialzeit bis zum gegenwärtigen Niveau eingeschnitten waren; ihre Austiefung vollzog sich hauptsächlich in der älteren Diluvialzeit, zum Teil sogar vielleicht am Schlusse der Pliocänzeit!). Etwa zur selben Zeit erfolgte die Ausfurchung der Canyons des Rheins und der Mosel im Rheinischen Schiefergebirge ?). Wenn also all die abtragenden Vorgänge seit dieser Zeit keine weitgehende Umgestaltung der Gehänge herbeizuführen vermochten, so darf dieses nicht in erster Linie mit der ehemaligen raschen Vertiefung in Zusammenhang gebracht werden. Der Haupt- grund liegt vielmehr in dem geologischen Schichtenbau, zu welchem das Auftreten von Canyons enge Beziehungen aufweist). Durch die besprochene Eigenart der Gehängegestaltung unter- scheiden sich die Canyons von anderen Taltypen in auffälliger Weise. Betrachtet man ein Mittelgebirge, so sieht man, daß nur die steilsten Talengen den reinen Erosionscharakter, wie er der Aus- gestaltung der Talfurche vornehmlich durch die Tiefenerosion des Flusses entspricht, unverkennbar zur Schau tragen. Wo hingegen der Talboden breit wird, die Gehänge verflachen und weit auseinander- treten, da fällt zunächst auf die weit vorgeschrittene Umgestaltung der Gehänge durch die Abspülung und die Massenverschiebungen, deren morphologische Bedeutung in immer größerem Umfange fest- gestellt wird*). Die Rolle des Flusses, welcher kaum einen Bruchteil der breiten Sohle einnimmt und nur stellenweise unmittelbar an das Gehänge herantritt, ist hauptsächlich darauf beschränkt, daß er das untere Niveau der Gehängeabtragung regelt, ihre Produkte ver- arbeitet und allmählich hinausträgt. Wenn man das Bild eines solchen Tales, welches übrigens in den meisten Mittelgebirgen so weit vor- herrscht, daß kurze Talengen mit reinem Erosionscharakter eigentlich zu einer Ausnahme werden, vor den Augen hat, so wird man nicht ohne Zagen einen Canyon überhaupt ein Tal nennen. Im Gegensatze dazu kommt uns ein Canyon eher wie ein riesiges, ins Unendliche ver- größertes Flußbett vor. Tatsächlich geben die Cayons in großem Stile senau die Gestalt eines Flußbettes wieder, das im anstehenden Gestein oder im Aufschüttungsboden einer breiten Tahlsohle einige Meter tief eingeschnitten ist und, wie die Canyons, einen scharfen oberen Rand, vielfache Windungen mit dem Gegensatze steiler und flacherer Ufer usw. zeigt. Diese Ähnlichkeit wird noch größer, wenn ein Canyon in den breiten, gehobenen Boden eines alten Tales (Esplanade) eingesenkt ist. In dieser Übereinstimmung der Gestalt der Canyons mit einem Flußbette kommt ihr reiner Erosionscharakter, !) Lozinski, Doliny rzek. pag. 30 ff. ?) Philippson, Entwicklungsgesch. des Rhein. Schiefergebirges. Sitz.-Ber. d. Niederrhein. Ges. f. Naturkunde zu Bonn, Jg. 1899, pag. 49. — E. Kaiser, Die Entstehung des Rheintals. Verhandl. d. Ges. deutsch. Naturf, u. Ärzte, 50. Vers., 1908, Teil I, pag. 181. °) Vgl. den V. Abschnitt. *) @. Braun, Über Bodenbewegungen. XI. Jahresber. d. Geograph. Ges. zu Greifswald 1908. — Götzinger, Beiträge zur Entstehung der Bergrückenformen. Ausführliches Referat von G@. Braun in der Geograph. Zeitschr., Bd. XIII, 1907, pag. 448 ff. 648 Walery Ritter v. bozinski. [10] welcher durch eine tiefgreifende Abtragung der Gehänge* nicht ver- wischt wurde, am deutlichsten zum Ausdrucke. Der Vergleich der Gestalt: von Canyons mit einem Flußbette wird noch dadurch verstärkt, daß in den Canyons die ganze Breite der Sohle, wie mit vollem Recht oft hervorgehoben wird !), nur für den Fluß Raum bietet. Bei vielen Canyons trifft dieses ganz genau zu. Die Sohle des podolischen Dniestreanyons, welche auf der konvexen Seite der Schlingen durch eine steile Wand, auf der konkaven dagegen von der niedrigen Kante eines sanft abfallenden Gehänges begrenzt ist?), wird nur vom Fluß und den an seinen Ufern emportauchenden Schotterstreifen eingenommen, die bei hohem Wasserstande überflutet werden. Auf dem schmalen Boden der montenegrinischen Canyons bleibt, wie Hassert®) betont, höchstens noch der Raum für einen Pfad übrig. Die Bedingung, daß der schmale Boden der Canyons nur für den Fluß Raum biete, mag jedoch nicht immer mit der mathematischen Genauigkeit erfüllt sein. Der typische Charakter des Dupacanyons in Podolien wird dadurch nicht im geringsten eingeschränkt, daß der Wasserfaden nur einen kleinen Teil der Sohle einnimmt. Die Hauptsache ist, daß die Sohle im Verhältnis zur Tiefe des Canyons nicht allzu breit sei und dabei keine Erweiterungen erfahre. Ich würde daher die Talfurche des unteren Seret in Podolien nicht mehr zu den echten Canyons rechnen, da ihre Sohle erhebliche, mit terrassierten Aufschüttungen ausgekleidete Erweiterungen *) zeigt. Wenn die Breite des Canyonbodens in seiner ganzen Länge annähernd konstant bleibt und keine Ausweitungen erfährt, so hängt dieses nicht in erster Linie mit der von Dutton für die Canyonbildung verlangten Gleichartigkeit des Schichtenbaues in horizontaler Er- streckung zusammen. Freilich entstehen in einem gefalteten Mittel- sebirge beckenartige Ausweitungen nur in solchen Talstrecken, wo der Fluß weichere Schichtenkomplexe durchschneidet. Es werden jedoch durch die relativ geringere Widerstandsfähigkeit von Schichtenkomplexen die Talweitungen nur prädisponiert, aber nicht hervorgebracht. Die eigentliche Ursache der Bildung von Talweitungen liegt darin, daß kräftige Zuflüsse an ihren Mündungen ausgedehnte Schotterabsätze anhäufen, wodurch die Wasserrinnen immer weiter auseinanderge- drängt und zur ausweitenden Seitenerosion gezwungen werden. Diese Grundbedingung der Entstehung von Ausweitungen ist bei den Canyons nie gegeben. Wie im IV. Abschnitt dargetan werden soll, zeichnen sich die Canyonzuflüsse dadurch aus, daß sie mit einer bedeutenden Zunahme des Gefälles einmüuden. Infolgedessen sind die Mündungen von Seitenzuflüssen eng und findet in denselben keine weitergehende Akkumulation statt, welche ein Auseinandertreten und ') Ratzel, Die Erde und das Leben, Bd. Il, pag. 88. — Supan, Grundzüge der pbys. Erdkunde, 4. Aufl., 1908, pag. 511. 2) Vergl. die Abbildung des Dniestrcanyons auf pag. 126 meines Lehrbuches: Ziemia i jej budowa; Lemberg 1907. », Hassert, ]l. c..pag. ‚113. #) Zum Beispiel bei Czortkow. Vergl. Blatt 9—XII der Spezialkarte. 4 1 1] Versuch einer Charakteristik der Canyontäler. 649 die damit verbundene, beckenartige Ausweitungen erzeugende Seiten- erosion der Wassergerinne veranlassen würde '!). Die geringe und in der ganzen Länge eines Canyons annähernd gleichmäßige Breite der Sohle hängt mit dem bereits betonten Um- stand zusammen, daß die Vertiefung von Canyons mit relativ großer Geschwindigkeit, somit in kurzer Zeit erfolgte. In Mittelgebirgstälern finden wir eine schmale Sohle nur in solchen Talstrecken, wo der Fluß sehr widerstandsfähige Gesteinskomplexe durchschneidet und durch ihre Härte gehindert war, während der Vertiefung seine Lage in horizontaler Richtung zu verschieben und den Boden auszuweiten. Die Canyons dagegen haben immer eine schmale Sohle, selbst in einem am wenigsten widerstandsfähigen Schichtenbau, als welchen wir zum Beispiel das paläozoische Gerüst des Canyongebietes von Podolien im großen und ganzen bezeichnen dürfen. Bei den Canyons ist die geringe Breite der Sohle eine Folge der relativ großen Geschwindig- keit des Einschneidens, welche gleichzeitige Verschiebungen des Flusses in horizontaler Richtung ausschloß. Infolgedessen war jeder‘ in rascher Tieferlegung begriffene Canyonfluß genau in derselben vertikalen oder schief geneigten Fläche wie eine gespannte Säge festgehalten, so daß sein ursprünglicher Lauf auf der jetzt gehobenen Plateaufläche mit allen Einzelheiten eingesenkt wurde, als wenn er auf das gegenwärtige Erosionsniveau mit geometrischer Genauigkeit projiziert wäre?). Die Fläche, in welcher die Tieferlegung erfolgte, konnte aber nur in geradlinigen Strecken vertikal sein. Bei Krümmungen dagegen war diese Fläche geneigt unter einem Winkel, welcher durch die Richtung der jeweiligen Resultante von zwei Komponenten, das heißt der vertikalen Tiefenerosion und der horizontal wirkenden Fliehkraft bestimmt wurde. III. Die eingesenkten Mäander. Der Lauf der Flüsse, welche ihre Canyons tief in ein Plateau hinein vertieft haben, befand sich ursprünglich auf der verebneten, gegenwärtig gehobenen Hochfläche. Auf solchen eingeebneten Flächen haben die Flüsse in der Regel einen stark gewundenen Lauf. Bei dem relativ raschen Einschneiden der Uanyons haben nun die Flüsse ihren ursprünglichen Lauf ganz genau beibehalten und mit allen Einzelheiten tief in das Plateau hineingesenkt. Es zeichnen sich daher die meisten Canyons durch zahllose eingesenkte Mäander (entrenched meanders, me&eandres encaisses) aus, so dab der Lauf höchstens nur auf kurze Strecken hin annähernd geradlinig bleibt. Den gewundenen Lauf hat Powell mit Recht als ein Merkmal 1) Eine allmähliche Erweiterung des Canyonbodens tritt erst dann ein, wenn nach vollständigem Erlahmen der Tiefenerosion die an den Krümmungen entstehende Fliehkraft allein zur Geltung kommt und die im stationären Niveau untergrabende Seitenerosion einleitet. Darüber vergl. den III. Abschnitt. 2) Im VII. Abschnitte soll an dem Beispiele des podolischen Dniestr gezeirt werden, wie treu ein Canyonfluß alle Details seines Laufes auf der nunmehr gehobenen Plateaufläche bewahrt. 650 Walery Ritter'v. Loziäski. [12] der Canyons hervorgehoben !;. Es sind jedoch die eingesenkten Mäander keine ausschließliche Eigenschaft der Canyons, da sie auch bei anderen Taltypen vorkommen können, wie zum Beispiel in einzelnen Strecken von Mittelgebirgstälern ?).. Immerhin aber sind eingesenkte Mäander sonst nirgends mit solcher genau geometrischen Regel- mäßigkeit der Formen ausgebildet wie bei den Canyons. Beim Einschneiden von Flußschlingen kommt neben der Tiefen- erosion auch die Fliehkraft zur Geltung und infolgedessen erfolgte das Einsenken der Mäander nicht in einer vertikalen, sondern längs einer mehr oder weniger steil geneigten Fläche. Dabei bildete sich der Gegensatz der steilen konkaven und der schief abgehobelten konvexen Canyongehänge heraus. Es fällt aber auf, daß dieser Gegensatz bei verschiedenen Oanyons nicht in demselben Grade hervortritt. Dieses läßt sich erklären, wenn man bedenkt, daß die Geschwindigkeit der Hebung nicht für alle Canyongebiete dieselbe sein mußte. Vielmehr ist anzunehmen, daß einzelne Canyongebiete mit verschiedener Geschwindigkeit emporgehoben wurden. Ging auch im allgemeinen das Einschneiden von Canyons verhältnismäßig rasch vor sich, so war doch die Geschwindigkeit der Tieferlegung in jedem einzelnen Canyongebiete selbstverständlich eine andere. Nehmen wir an, daß bei den drei Flußschlingen, deren Quer- schnitte (I—III) in Abbildung 2 dargestellt sind, die Fliehkraft gleich sroB ist und dem Abschnitte AB entspricht. Die Geschwindigkeit der Vertiefung dagegen, durch vertikale Abschnitte ausgedrückt, sei in jedem von diesen drei Fällen eine andere, sodaß die vertikalen Abschnitte AC:AE:AG sich zueinander wie 3:2:1 verhalten. Nach dem Satze vom Parallelogramm der Kräfte erhalten wir nun die Neigung der Flächen, längs welcher das Einschneiden einer Schlinge erfolgt. Die Neigung dieser Fläche wird für jeden der drei be- ‘) Powell, Exploration of the Colorado River. Washington 1875, pag. 4. ?) Ich möchte daher nicht mit Penck (Morphol. d. Erdoberfläche, Bd. U, pag. 73) einen besonderen Typus von Mäandertälern unterscheiden, da wir unter einem solchen Begriffe neben Canyons auch Mittelgebirgstäler zusammen- werfen müßten, soweit letztere in kürzeren oder längeren Strecken aus eingesenkten Mäandern bestehen, wie zum Beispiel die Tä’er des San, des Dunajec u.a. in den Karpaten. a m a a 0 Ze 13] Versuch einer Charakteristik der Canyontäler. 651 trachteten Fälle durch die Richtungen der Resultanten AD, AF und AH angegeben. Aus der Konstruktion ersieht man ohne weiteres, daß bei verschiedener Geschwindigkeit der Vertiefung das konvexe, abgehobelte Gehänge eines eingesenkten Mäanders mehr oder weniger steil ist. Das konkave Gehänge dagegen, welches nur durch die fortwährende Untergrabung bestimmt wird, bleibt in allen Fällen gleich steil. Bei der größten Geschwindigkeit der Vertiefung (Fall I in Abbildung 2) ist das Gehänge auf der Innenseite eines eingesenkten Mäanders ungefähr ebenso steil wie auf der Außenseite. Ein solches kommt beim Canyon des Colorado vor, dessen Windungen keinen siehtbaren Unterschied des Böschungswinkels der Gehänge auf der konvexen und konkaven Seite aufweisen. Ist die Geschwindigkeit des Einschneidens etwas kleiner (Fall II), so kommt der Gegensatz der konvexen und der konkaven Gehänge schon ganz scharf zum Aus- drucke. Der Fall II dürfte etwa den Gegensatz der Gehänge an den. eingesenkten Mäandern der unteren Mosel wiedergeben; im Innern einer Schlinge fällt das Gehänge nach allen Seiten wie der Mantel eines Kegelstumpfes ab und ist oben von einem schmalen, lang- gezogenen Ausläufer der Plateaufläche („die Rippe“ von Dechens!) gekrönt, welcher sich in die Schlinge hineinzieht?). Bei kleinster Geschwindigkeit der Vertiefung (Fall III) endlich ist der Unterschied des Böschungswinkels der Gehänge an einem eingesenkten Mäander am größten, wie wir es in der Natur im podolischen Dniestreanyon finden. Die Plateaufläche sendet nicht mehr einen schmalen Ausläufer in die Schlinge hinein, sondern endet schon in der engen Ansatz- stelle einer 2-ähnlichen Flußhalbinsel. Von dieser Ansatzstelle bis zur Sohle des Canyons senkt sich das Gehänge wie der Mantel eines Kegels und ist ziemlich flach. Anderseits aber kann es auch vorkommen, daß in ein und demselben Canyongebiete, innerhalb dessen wir überall etwa dieselbe Geschwindigkeit der Vertiefung voraussetzen dürfen, der Gegensatz der Gehängeneigung bei den eingesenkten Mäandern in sehr un- gleichem Grade zum Ausdrucke kommt. In diesem Falle hängt der Unterschied der Gehängeneigung zu beiden Seiten eines eingesenkten Mäanders in erster Linie von der Größe der Fliehkraft ab, die ihrerseits bei gleichem Radius der Krümmung und bei gleichem Gefälle (beziehungsweise Geschwindigkeit der Wasserströmung) von der Wassermenge abhängig ist. Nehmen wir an, daß zwei Fluß- schlingen, deren Querschnitte Abbildung 3 zeigt, mit derselben Geschwindigkeit (KM) eingesenkt werden. Die Größe der Fliehkraft dagegen sei in beiden Fällen (IV—V) verschieden, indem die be- treffenden horizontalen Abschnitte KL und KP sich zueinander wie 4:1 verhalten. Aus der Konstruktion nach dem Satze vom Parallelo- gramm der Kräfte ergibt sich ein bedeutender Unterschied im 1) K. Sehneider, Studien über Talbildung aus der Vordereifel. Zeitschr. der Gesellschaft für Erdkunde zu Berlin, Bd. XVIII, 1883, pag. 42. 2) Vergl. die Abbildung eines eingesenkten Mäanders der Mosel bei Frech, Aus der Vorzeit der Erde, 2. Aufl., T. III, pag. 31. Jahrbuch d. k. k. geol. Reichsanstalt, 1909, 59. Bd., 3. u. 4. Hft. (R. v. Loziniski.) 35 659 Walery Ritter v. Lozinski. 1 4] Böschungswinkel (durch die Richtungen der Resultanten KN und KR angegeben) der konvexen, abgehobelten Gehänge, je nach der Größe der Fliehkraft. Während das konkave, durch Untergrabung bestimmte Gehänge eines eingesenkten Mäanders immer gleich steil ist, wird das Gehänge auf der konvexen Seite mit wachsender Größe der Fliehkraft flacher. Einen trefflichen Beleg hierzu bietet das podo- lische Canyongebiet. Der Canyon der untersten Dupa ist nur durch einen schmalen Plateaustreifen vom Dniestreanyon getrennt. Der Canyon des Dniestr, an dessen Krümmungen die Fliehkraft dank der bedeutenden Wassermenge groß ist, zeigt einen ebenso scharfen Unterschied der Gehängeböschung auf beiden Seiten seiner einge- senkten Mäander, wie etwa der in Abbildung 3 dargestellte Fall IV. Beim Canyon der untersten Dupa dagegen, welcher von einem unbedeutenden Wasserstrange durchmessen wird, sind die Gehänge — wie im Fall V — auf beiden Seiten der Krümmungen ungefähr gleich steil. Wenn die Tieferlegung eines Canyons zum Stillstande kommt und die vertikale Komponente gleich Null wird, dann tritt die all- Fig. 3. mähliche Umbildung der eingesenkten Mäander unter dem Einfluß der Fliehkraft ein, welche die untergrabende Seitenerosion ins Leben ruft. Indem die halbinselartigen Plateauausläufer im Innern der eingesenkten Mäander allmählich eingeschmälert und in der engsten Ansatzstelle abgeschnitten werden !), erweitert sich die Sohle immer mehr und die Erosionsfurche, welche ursprünglich alle Merk- male eines echten Canyons zur Schau trug, rückt mit der Zeit in ein vorgeschritteneres Entwicklungsstadium. Sind auch die durch Untergrabung bestimmten Gehänge der Erosionsfurche noch immer ebenso steil, so gehen nunmehr zwei Grundbedingungen der echten Canyongestalt, die schmale Sohle und das jugendliche Aussehen, ab. Es scheint jedoch, daß die erlahmende Tiefenerosion nicht un- mittelbar durch die Seitenerosion abgelöst wird. Der podolische Dniestreanyon ist seit der älteren Diluvialzeit nicht mehr vertieft worden. Dennoch hat seine Sohle bisher keine Erweiterung erfahren ?), 1) Diese Vorgänge sind von Davis (Physical Geography, 1900, pag. 241 und 253—254) trefflich veranschaulicht worden. 2) Die einzige Stelle, wo ich Anzeichen der einsetzenden Untergrabung be- obachten konnte, ist der nordwestliche Abfall des schmalen Halses der Halbinsel [15] Versuch einer Charakteristik der Canyontäler. 653 so daß sie noch gegenwärtig nur vom Flusse und den ihn begleitenden schmalen Schotterstreifen eingenommen wird. Ob die Umgestaltung eines Canyons durch die Seitenerosion nach erlahmter Tiefenerosion früher oder später erfolgt, hängt ceteris paribus zunächst von seiner Tiefe ab: Je höher die Canyongehänge, desto größeren Widerstand bieten sie der Seitenerosion und desto größer ist das Volumen der Abbruchmassen, die der Wasserstrom zu entfernen hat. Auch hat die Gesteinsbeschaffenheit einen gewissen Einfluß auf das Fortschreiten der Seitenerosion. Das Elbtal im Quadersandsteingebiet bietet das beste Beispiel, wie schnell der Canyoncharakter verwischt wird, wenn das Gestein infolge der vertikalen Klüftung zum Abbrechen unter dem Einfluß der untergrabenden Seitenerosion prädisponiert ist. IV. Die Mündungen der Zuflüsse in den Canyons. Bei der überwiegenden Mehrzahl der Täler ist es die Regel, daß die Zuflüsse mit einem normalen Gefälle einmünden, indem jeder Nebenfluß den Hauptfluß mit allmählich abnehmendem, an den letz- teren angepaßtem Gefälle erreicht. Wenn ein Zufluß unter erheblicher Gefällszunahme oder über eine Stufe mündet, so ist es nur eine lokale Abweichung, die durch verschiedenartige, örtlich wirkende Ur- sachen hervorgebracht wird !). Es gibt aber zwei Taltypen, in denen die Mündungen der Zuflüsse durchweg Stufen bilden oder eine be- deutende Gefällszunahme aufweisen. Diese zwei Taltypen sind die Trogtäler und die Canyons. An jedem Wasserlaufe des podolischen Canyongebietes, von den kleinen Bächen bis zu den großen meridionalen Dniestrzuflüssen kehrt die Erscheinung wieder, daß im Unterlaufe das Gefälle nachabwärtszunimmt?°). Wir brauchen nicht erst die Spezialkarte nachzuschlagen, um diesen eigentümlichen Verlauf des Gefälles, welchen ich nach Philippson?°) „gebrochenes Gefälle“ nennen werde, festzustellen. In der Regel können wir ihn schon dem Charakter der Erosionsfurchen anmerken. Im Oberlauf sind die Tal- gehänge sanft geneigt und kommt der träge Abfluß der Gewässer in der Versumpfung des breiten Talbodens zum Ausdrucke. Die ebene Talsohle ist ein Schauplatz fortwährender Akkumulation der feinsten Sedimente, deren Ablagerung an den flachen und niedrigen Ufern durch eine üppige Sumpfvegetation gefördert wird. Zahllose langge- von Luka (Bez. Horodenka, Blatt 10—XII der Spezialkarte). Hier wird das Dniestrufer von einer schmalen und kurzen Terrasse überragt, die aus Abbruch- massen besteht. Danach scheint der Dniestr an dieser Stelle schon an das Ab- schneiden der Halbinsel gegangen zu sein. ı) Vgl. Russell, Hanging valleys. Ref. in Peterm. Mitteil. 1907, Nr. 381. — Blanckenhorn in Zeitschr. d. Deutsch. Geol. Ges. 1909, Monatsber. pag 134. — Kilian, Sur les „vallees glaciaires*, Comptes rendus Assoc. Frang. pour l’Avanc. des Sciences, Clermont-Ferrand, 1908, pag. 439 —440. " ?) Vgl. die genauen Zahlenangaben: Kozifski, Doliny rzek, pag. 8. Die Übertiefung der Täler in Podolien, pag. 98. 3) Philippson, Ein Beitrag zur Krosionstheorie. Peterm. Mitteil., Ba. XXXII, 1886, pag. 79. 85* 654 Walery Ritter v. Lozinski. [16] streckte Teiche sind ein charakteristisches Merkmal der Landschaft. Im Unterlauf dagegen nimmt das Gefälle gegen die Mündung immer mehr zu und springen die Leistungen der Erosion in die Augen. Die Furchen, in denen die Gewässer mit wachsender Geschwindigkeit dahinfließen, nehmen den Charakter von engen und steilen Canyons an. Ein ähnlicher Gegensatz des Ober- und Unterlaufes kehrt im Wassernetze der Eifel wieder). Die Mündungen der Rheinzuflüsse im Rheinischen Schiefergebirge befinden sich zwar — wie Philippson hervorhebt — im Niveau der Haupttäler, ohne Stufen zu bilden), sie zeigen aber eine auffallende Gefällszunahme, wie zum Beispiel die untersten Strecken der Mosel?) oder der Lahn). Ebenfalls ein gebrochenes Gefälle hat Arctowski an einem kleinen Zuflusse der Maas in den Ardennen vor die Augen geführt); das Gefälle nimmt ebenso stufenförmig zu, wie ich an einem Dniestrzufluß zeigen konnte ®). Das gebrochene Gefälle wiederholt sich auch in anderen Canyon- gebieten. Einige Beobachtungen von Gilbert”) lassen ein Ähnliches im Coloradogebiete vermuten; von Dutton?®) werden echte Hänge- täler erwähnt. Am schärfsten aber ist die Erscheinung in den Canyons von. Montenegro ausgeprägt, wo „die Zuflüsse in schroffen Fels- klammen und unter Zuhilfenahme von Wasserfällen“ ®) in den Haupt- strom münden. Das gebrochene Gefälle haben die Canyons mit den Trogtälern in ehedem vergletscherten Gebirgen gemeinsam, wo diese Erscheinung von MeGee!P) und von Penck!!) als Regel gewürdigt wurde. Wenn von dem Standpunkte der reinen Gletschererosion die Analogie des gebrochenen Gefälles bei den Trogtälern und bei den Canyons ge- leugnet wird !?), so sei bemerkt, daß kein Geringerer als v. Richt- hofen diese auffallende Analogie bereits erkannt hat, wobei.er als gleichwertige Beispiele einer im Unterlaufe der Nebentäler bedeutend gesteigerten Tiefenerosion das Coloradoplateau, die Tauern und die skandinavischen Fjorde unter einem anführte 13). Freilich erreicht die Gefällszunahme im Unterlaufe von Canyonzuflüssen bei weitem nicht das Maß der alpinen Stufenmündungen mit ihren Klammen und Wasserfällen, indem bei den ersteren zumeist Mündungsstufen fehlen !) K.Schneider, ]. c. pag. 49. — Allerdings zeigen die Zuflüsse der unteren Mosel zum Teil bereits einen normalen Verlauf des Gefälle. Vgl. O. Münch, Erosionstäler im unteren Moselgebiet. Diss. Giessen 1905. X ?, Philippson, Zur Morphol. d. Rhein. Schiefergeb. Verhandl.d. 14. Deutsch. ‘ Geogr.-Tages, 1903, pag. 199. ®) Der Rheinstrom und seine wichtigsten Nebenflüsse, Berlin 1889, pag. 86. *) Ibid. pag. 99. 5) Aretowski, L’erosion dans le Plateau Ardennais. Bull. Soc. Geol. de France, 1895, Fıg. 1 auf pag. 5. 6) Lozinski, Die UÜbertiefung der Täler in Podolien, par. 99. ”) Teste Davis (Excursion to Gr. Canyon, pag. 170—17]). ®) Dutton, Tert. Hist. of the Gr. Canyon District, pag. 227. °) Hassert, 1. c. pag. 111. 10) Me. Gee, Glacial Canyons, Journal of Geology, Bd. II, 1894, pag. 359—360. .!Y) Penck, Die Übertiefung der Alpentäler, Verhandl. d. VII. Internat. Geogr.- Kongresses, '1899, T. II, pag. 232 ft. 12) Davis, Excursion to Gr. Canyon, pag. 169—170. 13) v. Richthofen, China, Bd. II, pag. 579—580. Re nt ec RN [17] Versuch einer Charakteristik der Canyontäler. 655 und nur die Gefällskurve des Unterlaufes eine konvexe ist. Dieses bedeutet jedoch nur einen quantitativen Unterschied, das Wesen der Erscheinung bleibt aber dasselbe und besteht darin, daß die Ver- tiefung der Haupttäler rascher erfolgte als die Tieferlegung der Seitentäler Schritt halten konnte. Sowohl bei den Canyons, wie bei den Trogtälern hängt die mit Rücksicht auf die Zuflüsse zu schnelle Tieferlegung der Haupttäler mit der Erosion durch das Wasser zu- sammen; bei den Canyons war es die rein fluviatile Erosion, bei den Trogtälern dagegen — wie wir mit Brunhes, Frech und Kilian anzunehmen haben — die Erosion der eiszeitlichen Schmelzwässer und der subglazialen Wasserströme. Das gebrochene Gefälle der Canyonzuflüsse gehört mithin auch zu den Folgen des bereits gewürdigten Umstandes, daß ihre Ver- tiefung mit relativ rascher Geschwindigkeit erfolgte. Wie das gebrochene Gefälle dadurch entsteht, daß bei einer raschen Tieferlegung der Erosionsbasis das Einsetzen der Tiefenerosion sich von den FluB- mündungen allmählich immer weiter nach aufwärts fortpflanzt, ist von Philippson!t) erörtert worden. In derselben Weise muß auch das gebrochene Gefälle bei den Zuflüssen eines rasch einschneidenden Canyons zustande kommen. Weil aber, wie v. Richthofen mit Recht bemerkt, das Fortschreiten der Tiefenerosion nach rückwärts äußerst langsam erfolgt?), kann das gebrochene Gefälle auf sehr lange Zeit hin bestehen, ohne in ein normales Gefälle ausgeglichen zu werden. Die Gefällszunahme im Unterlaufe eines Zuflusses tritt selbst- verständlich um so stärker hervor, je geringer die Wassermenge des letzteren gegenüber dem Hauptflusse ist. Im podolischen Dniestr- canyon zeigen kleine Seitenbäche, welche unmittelbar in denselben münden, die größte Gefällszunahme. Das gebrochene Gefälle der Zuflüsse trägt zur Eigenart der Canyons bei, indem es eine von den meisten Talbildungen abweichende Gestaltung der Mündungen der Nebenflüsse zur Folge hat. Wenn die Zuflüsse, wie es bei anderen Talbildungen die Regel ist, den Haupt- fluß mit einem normalen, nach abwärts immer mehr abnehmenden Gefälle erreichen, so findet an den Mündungen eine reichliche Akkumulation statt. Durch die fortschreitende Ausbreitung der Schotter- kegel, welche den Wasserstrom seitwärts drängen und zur ausweiten- den Seitenerosion zwingen, werden die Mündungen trompetenförmig erweitert. Infolgedessen wird das Gehänge des Haupttales an Stellen, !) Philippson, Ein Beitrag zur Erosionstheorie. Peterm. Mitteil., Bd.XX XII, 1886, pag. 77—79. 2) v. Richthofen, Führer für Forschungsreisende, pag. 162. — Allerdings zieht v. Richthofen nur einen steilen Plateaurand in Betracht. Dasselbe muß aber auch der Fall sein, wenn ein Canyon im raschen Einschneiden begriffen ist. Dann kann man seine beiderseitigen Gehange als Plateauränder auffassen, von denen die Tiefenerosion an jedem Zuflusse von der Mündung an allmählich nach rückwärts fortschreitet. Ein solches trifft insbesondere in solchen Fällen zu, wenn der Canyon von einem Flusse durchmessen wird, welcher — wie der podolische Dniestr — aus einem außerhalb des Canyongebietes und höher gelegenen Gebiete kommt. Denn in diesem Falle wird der Canyon des Hauptflusses bei einer Hebung in seiner ganzen Lärge gleich schnell und tief eingeschnitten, wodurch eine all- gemeine Erniedrigung der Erosionsbasis aller Zuflüsse gleichzeitig erfolgt. 656 Walery Ritter v. Lozifski. [18] wo wasserreichere Zuflüsse einmünden, auf eine längere Strecke hin unterbrochen. Im Bereiche leicht zerstörbarer Gesteine können am Zusammenflusse mit der Zeit geräumige Becken ausgeweitet werden, auf deren Boden der Haupt- und Nebenfluß, durch Schotterabsätze allmählich auseinandergedrängt, manchmal kilometerweit nebeneinander fließen. Dabei treten die Gehänge des Haupttales soweit auseinander, daß sein Erosionscharakter verloren geht. Bei den Canyons dagegen fehlen all diese Vorgänge an den Mündungen der Zuflüsse fast sänzlich. Letztere münden mit zunehmendem Gefälle und steigendem Transportvermögen ein. Infolgedessen kann an den Mündungen eine Akkumulation in größerem Umfange nicht stattfinden. Höchstens wird nur soviel Gesteinsmaterial abgelagert, daß im Hauptflusse veränderliche Sandbänke auftauchen oder — wie im Canyon des Colorado — Schottererhebungen angehäuft werden, welche der Fluß mit Strom- schnellen überwindet). Der Mangel einer weitergehenden, dauernden Akkumulation an den Mündungen hat zur Folge, daß weder der Haupt- noch der Nebenfluß den Canyonboden durch seitliche Erosion ausweiten. Der Canyon eines Zuflusses ist an seiner Mündung ebenso schmal wie weiter aufwärts. Infolgedessen wird das Gehänge eines Canyons dort, wo ein Zufluß einmündet, nie auf eine längere Strecke hin unterbrochen. Die Mündungen selbst der stärksten Zuflüsse bilden nur enge und steile Breschen im Gehänge des Hauptcanyons. Im podolischen Dniestrcanyon sind die Mündungen der größten Zu- flüsse, wie Strypa oder Seret, unten nur etwa 150—200 m, oben kaum 500— 800 m breit. V. Zusammenfassung der charakteristischen Merkmale. Fassen wir nun die Eigentümlichkeiten der Canyons zusammen, die in den vorhergehenden Abschnitten besprochen wurden, so ergibt sich die folgende Charakteristik: Die Canyons sind lange und im Verhältnisse zu ihrer Tiefe enge Erosionsfurchen, die in Plateaus mit fast vollkommen verebneter Hochfläche eingeschnitten wurden und alle Merkmale eines jungen Entwicklungs- stadiums zur Schau tragen. Die Vertiefung der Canyons erfolgte mit relativ großer Geschwindigkeit, so daß der Wasserstrom in einer vertikalen oder (bei Krüm- mungen) geneigten Fläche ohne weitergehende Ver- schiebungen in horizontaler Richtung in das Plateau eingesenkt wurde. Die Gehänge der Canyons sind oben, wo sie mit der Plateaufläche (beziehungsweise einer Esplanade) verschneiden, voneinem mehr oder weniger scharfen Rande begrenzt. Von diesem oberen Rande bis zur Sohle hin senken sich die Canyongehänge in einer Flucht ohne größere Anderungen des Böschungs- winkels. Die Gestaltung der Gehänge ist hauptsächlich !) Davis, Excursion, pag. 168—169. [19] Versuch einer Charakteristik der Canyontäler. 657 dureh die Erosion bestimmt, wogegen andere Vorgänge der Abtragung in den Hintergrund treten und das Ge- samtbild eines Canyons wesentlich nicht beeinflussen. Die Sohle ist schmal, wobei ihre Breite in der ganzen Canyonlänge keine namhaften Änderungen aufweist. Zahlreiche eingesenkte Mäandersindeinesehrhäufige Erscheinung, wobei die Neigung des Gehänges auf der konvexen Seite einer Schlinge durch das Verhältnis der Fliehkraft und der Tiefenerosion zueinander be- stimmt wird. DieZuflüsse derCanyons zeigen durchweg ein gebrochenes Gefälle Die steigende Zunahme des Gefälles und damit auch des Erosionsvermögens im Unterlaufe hat zur Folge, daß die Mündungen der Zu- flüsse nicht erweitert sind und eine Akkumulation in größerem Umfange nicht aufweisen. Nur das Zusammentreffen aller genannten Merkmale ist für den Canyontypus bezeichnend. Einzelne von diesen Merkmalen kommen auch an anderen Taltypen vor, wodurch äußerlich eine größere oder geringere Ähnlichkeit mit den Canyons hervortreten kann. Wenn aber andere Merkmale abgehen, so ist es immerhin nicht schwer, den Canyontypus genau abzugrenzen !). Die größte Ähnlichkeit mit den Canyons zeigen die alpinen Trogtäler, welehe durch subglaziale Wasserströme #. Brunhes) und die Schmelzwässer (Frech, Kilian) der eiszeitlichen Gletscher ausgefurcht wurden. Augenscheinlich ist die Ähnlichkeit beider Tal- typen so groß, daß die Trogtäler von Me Gee°) „glaziale Canyons“ genannt wurden. Mit den Canyons haben die Trogtäler den scharfen oberen Rand und die steilen Wände gemeinsam. Ihre Ähnlichkeit wird noch durch den Umstand vergrößert, daß viele Canyons den- selben U-förmigen Querschnitt zeigen wie die Trogtäler, wobei auch die Art, wie die Seitentäler einmünden ?), an die Trogtäler erinnert. Indes gibt es in anderen Punkten einen wesentlichen Unterschied, welcher vollkommen ausreicht, um die Canyons und die Trogtäler als grundverschiedene Taltypen auseinanderzuhalten. Über den Schultern eines Trogtales erhebt sich eine Mittelgebirgsland- schaft wit eingearbeiteten Glazialformen, wobei das Trogtal sich scharf von der darüber liegenden Landschaft abhebt (zum Beispiel Fjord- und Fjeldlandschaft in Norwegen). Nie aber ist dieser Gegen- satz so schroff wie bei den Canyons, die in eine eingeebnete Plateaufläche eingesenkt sind. Auch vermissen wir bei den Trog- tälern den stark gewundenen Lauf und die eingesenkten Mäander, welche zu den charakteristischen Zügen der Canyons gehören. UÜber- dies ist bei den Trogtälern der Boden im Verhältnis zum Wasserlauf sehr breit. !) Ich kann Powell nicht beipflichten, wenn er behauptet, daß es zwischen Canyons und anderen Talbildungen keine scharfe Grenze gibt (l. c. pag. 161). 2) Journal of Geology, Bd. II, 1894, pag. 350. ®) Vgl. den IV. Abschnitt. *) Ed. Richter, Geomorphol. Beob. aus Norwegen. Sitzungsber. d. kais. Akad. d. Wiss. in Wien, math.-naturw. Kl., Bd. CV, Abt. I, pag. 149 und 176 ft. 658 Walery Ritter v. Lozifiski. [20] Es kommt nicht selten vor, daß zwischen Canyons und Klammen kein scharfer Unterschied gemacht wird. Indes bietet schon der Umstand, daß die Klammen — ebenso wie die Trogtäler, an welche sie sich anschließen — in eine Mittelgebirgslandschaft mit einge- arbeiteter Glazialskulptur vertieft sind, ein ausreichendes Kennzeichen, um diese beiden Erosionstypen scharf auseinanderzuhalten. Übrigens zeichnen sich die Klammen — wie Ratzel trefflich betont hat — dadurch aus, daß sie „die Spuren des stürzenden, anprallenden und zurückgeworfenen Wassers in ihren langen, gerundeten, schleier- und nischenförmigen Skulpturen tragen“ !). Ein Ahnliches ist bei den Canyons nie der Fall. Wo immer die Bedingungen einer relativ raschen Vertiefung gegeben waren, konnten Erosionsfurchen entstehen, welche mehr oder weniger gemeinsame Züge mit den Canyons haben?) Zu solchen sind die jugendlichen Abflußrinnen zu rechnen, welche stellenweise in der Umrandung des diluvialen nordischen Inlandeises im Zusammenhang mit seiner Maximalausbreitung eingeschnitten wurden, am häufigsten durch Überfließen von eisgestauten Seen, wie die sogenannten „Overflow channels“ in England), seltener infolge einer Ablenkung des Wasserlaufes durch Eiszungen, wie der Fürsten- steiner und der Salzgrund bei Salzbrunn in den Westsudeten ®%). Von steilen Gehängen eingeschlossen, haben sie je nach den lokalen Um- ständen eine schmale oder breite Sohle; demgemäß ist auch der Querschnitt V- oder U-förmig. In manchen Fällen sind auch einge- senkte Mäander vorhanden. Derartige, im Zusammenhange mit der Invasion des nordischen Inlandeises entstandene Abflußkanäle unter- scheiden sich von den echten Canyons schon dadurch, .daß ihre Länge unbedeutend ist und höchstens kaum einige Kilometer beträgt. Soweit sie überhaupt noch von einem Wasserlaufe benützt werden, zeichnen sich solche Abflußkanäle schon auf den ersten Blick dadurch aus, daß sie in das allgemeine Entwässerungssystem des betreffenden Gebietes nicht hineinpassen und als eine hydrographische Anomalie vorkommen. Nach dem Beispiele von Hettner°’) werden die Täler des böhmisch-sächsischen Quadersandsteingebietes, insbesondere das EIb- tal, von vielen Autoren zu den Canyons gerechnet. In der Wirklich- keit aber kommt dem Elbtal nur eine canyonmäßige Anlage zu, indem es ohne Zweifel mit relativ großer Geschwindigkeit — wie die !) Ratzel, Die Erde und das Leben, Bd. I, pag. 587. 2) Es sei an den „embryonalen* (wie sich B. Doss ausdrückt), aber ganz typischen Canyon erinnert, welcher im Frühjahr 1900 durch das Stauhochwasser eines kleinen Baches in Kurland binnen 34 Stunden ausgefurcht wurde. Vgl. Doss, Über einen bemerkenswerten Fall von Erosion. Zeitschr. d. Deutsch. Geolog. Ges., Bd. LIV, 1902, pag. 5 ff. ®) Kendall A., System of Glacier Lakes in the Cleveland Hills. Quart. Journ. of the Geol. Soc., Bd. LVII], 1902, pag. 480 - 484. Harmer, Origin! of certain canyonlike valleys. Daselbst, Bd. LXIII, 1907, pag. 470 ft. #) v. Loziäski, Glazialerscheinungen am Rande der nord. Vereisung. Mitteil. d. Geolog. Ges. in Wien, Bd. II, 1909, pag. 199 —200. 5) Hettner, Gebirgsbau und Oberflächengestaltung. der Sächs. Schweiz. Forsch. z. deutsch. Landes- u. Volkskunde, Bd. II,.pag. 328-329. “ ] [ [21] Versuch einer Charakteristik der Canryontäler. 659 Canyons — vertieft wurde; darauf deutet hin die von Hettner!) gewürdigte Gefällszunahme der Elbzuflüsse gegen ihre Mündungen zu 2). Mag auch die Elbschlinge bei Königstein gewisse Anklänge an die Canyons erkennen lassen, so muß dennoch ein weitergehender Ver- gleich mit den Canyons zurückgewiesen werden, weil eine der Grund- bedingungen, daß die Gehänge hauptsächlich durch die Erosion ausgestaltet seien, nicht erfüllt ist. Im Gegenteil ist die Gestalt der Gehänge im Elbsandsteingebiet nicht durch die primäre Erosion, sondern durch das nachträgliche Abstürzen des Quadersandsteines an vertikalen Klüften bestimmt (oben senkrechte Felswände, unten schief zum Talboden abfallende Trümmermassen). Selbst bei den engsten „Gründen“ werden die senkrechten Wände durch Kluftflächen bestimmt, an denen die Tiefenerosion einsetzte. Eine der wenigen Ausnahmen, wo wir im Elbsandsteingebiete auf kurzen Strecken dem ausgesprochenen Canyoncharakter begegnen, ist die tiefe und enge Laubeschlucht bei Tetschen, deren steile Gehänge vornehmlich durch die Tiefenerosion ausgestaltet wurden. Ebensowenig dürfen die Schluchten der Lößgebiete zum Canyon- typus gerechnet werden, wie auch der Gegensatz ihrer steilen Wände und der fast ebenen Oberfläche, in diesem Falle einer Aufschüttungs- fläche, an die Canyonlandschaft erinnern mag. Denn die steilen Wände der Lößschluchten sind — ebenso wie die Talgehänge in Quadersandsteingebieten — durch das vertikale Abbrechen bedingt. Übrigens sind die meisten Lößschluchten trocken und werden nur nach atmosphärischen Niederschlägen von vorübergehenden Wasser- strömen benützt, wogegen mit einem Canyon der Begriff einer beständigen Entwässerungsrinne verknüpft ist. VI. Die Abhängigkeit der Canyonbildung vom geologischen Bau. Seitdem die Erosionsfurchen des FElbsandsteingebietes mit Unrecht als, Vertreter des Canyontypus bezeichnet wurden, hat sich auch die irrtümliche Ansicht eingebürgert, die Canyonbildung sei nur in einem permeablen Schichtenkomplex möglich. Wenn von dem Zusammenhange der Canyonbildung mit dem geologischen Aufbau die Rede ist, so kehrt am häufigsten die Meinung wieder, daß die Durchlässigkeit der Schichten zu den Bedingungen der Canyon- bildung gehört. Freilich sind viele Canyons in wasserdurchlässigen Schichtenkomplexen eingeschnitten. Anderseits aber kann man - mindestens ebensoviele Beispiele von Canyons vorführen, deren Ge- hänge aus undurchlässigen Schichten aufgebaut sind. Die podolischen 1) A. a. O., pag. 318 f. 2) Sehr plastisch tritt dieses auf dem geologischen Relief (1:25.000) des Königreiches Sachsen von Dr. Otto Barth hervor, welches im kgl. Mineralogisch- geologischen Museum im Dresdener Zwinger aufgestellt ist. — Eine ähnliche Gefällszunahme weisen auch die Mündungen der Elbzuflüsse im böhmischen Mittel- eebirge auf. Vgl. Hibsch, Geolog. Karte d. böhm. Mittelgebirges, Blatt IV, Tschermaks Mineralog. u. petrograph. Mitteil., Bd. XXIII, pag. 306 —307. Jahrbuch d. k k. geol. Reichsanstalt, 1909, 69. Bd., 3. u. 4. Hft. (R. v. Lozinski.) 36 660 Walery Ritter v. Lozinski. [22] Canyons sind mindestens zu zwei Dritteln ihrer Tiefe in die hauptsächlich tonigen und vollkommen impermeablen paläozoischen Ablagerungen eingesenkt, welche nur im obersten Teil der Gehänge von durchlässigem Kreidesandstein oder Lithothamnienkalk überlagert werden '. Es muß somit die Ansicht, daß die Durchlässigkeit allein für die Canyonbildung maßgebend sei, in Abrede gestellt werden. Die Grundwasserführung der Schichtenkomplexe, in welche eine Erosionsfurche versenkt ist, kann für die Gestaltung der Gebänge nur insoweit in Betracht kommen, als sie unter Umständen deren Umbildung durch Massenbewegungen bedingt. Ebensowenig kann ich beipflichten, wenn Diener die vertikale Gesteinszerklüftung für eine Hauptbedingung der Canyonbildung betrachtet?). Im Gegenteil wird der Canyoncharakter durch die vertikale Abklüftung verwischt, weil die Gestaltung der Gehänge nicht mehr durch die Erosion, sondern durch das Abstürzen und Zerfallen von Gesteinsmassen an vertikalen Klüften bestimmt ist. Das Elbtal im Quadersandsteingebiete bietet das beste Beispiel, wie eine Erosionsfurche trotz ihrer canyonmäßigen Anlage dennoch infolge der vertikalen Abklüftung keinen echten Canyoncharakter zur Schau trägt). Indem Hassert für die Canyons der montenegrinischen -Kalk- sebiete die Möglichkeit einer Entstehung aus unterirdischen Wasser- läufen durch Deckeneinstürze zugibt *), wird dadurch die prinzipielle Frage aufgerollt, inwieweit überhaupt offene Talfurchen aus unter- irdischen Höhlungen hervorgegangen sein können. Daß in Kalk- gebieten durch Einsturz von unterirdischen Wasserläufen sich offene Talfurchen °?) herausbilden können, unterliegt keinem Zweifel. Es scheint jedoch, daß eine solche Entstehungsweise immer nur für kurze, vereinzelte Talstrecken, nie aber für eine längere, ober- flächliche Entwässerungsrinne in ihrer ganzen Ausdehnung zutrifft. An dem Beispiele des überaus höhlenreichen Krakauer Jurakalk- sebietes konnte ich zeigen, daß nur ein einziges kurzes Neben- tälchen durch den Einbruch. unterirdischer Hohlräume prädisponiert ist, während sonst im ganzen Gebiete die steilwandigen Täler, welche nur durch ihre im Verhältnis zur Tiefe breiten Sohlen sich vom Canyontypus abheben, durch oberflächliche, rein mechanische Erosion in die höchstwahrscheinlich zur älteren Tertiärzeit verebnete Ober- fläche des Jurakalkes eingesenkt wurden; die häufigen Höhlen, deren Öffnungen man in den Talwänden sieht, haben die mechanische Erosion nicht im geringsten beeinflußt, sie sind nur durch die ) v. Lozinski, Hydrogeol. Unters. im Bez. Horodenka. Verhandl. d. k. k. | geol. R.-A. 1905, pag. 90. 2) Diener, l. c. pag. 138 und 142. ») Vergl. den V. Abschnitt. *) Hassert, l.c. pag. 114. — Oestreich (Makedonien. Geograph. Zeitschr. Bd. X, pag. 515 und 5°0) hat ebenfalls die Enstehung aus Höhlenfiüssen, aber in etwas beschränkterem Umfange angenommen. °2) ‚Subimposed“ nach .der Bezeichnung von Russell, Rivers of N. America, pag. 246. [23] Versuch einer Charakteristik der Canyontäler. 661 letztere angeschnitten und ans Tageslicht gelegt worden !). Auch im allgemeinen darf man annehmen, daß nur kurze Schluchten oder kleine vereinzelte Strecken längerer Täler durch das Zusammen- brechen von Hohlräumen entstehen können. Wenn eine längere Ent- wässerundsrinne in einem Kalkgebiete stellenweise von Näturbrücken überspannt ist, die als Deckenreste des ehemaligen unterirdischen Wasserlaufes aufzufassen sind, so sollte man eher nur lokale, durch spätere Vertiefung bloßgelegte Flußschwinden als die Entstehung des ganzen Talzuges durch Einsturz voraussetzen. Die Versuche, ganze Talzüge oder Talsysteme in Kalkgebieten durch Höhlen- einsturz entstehen zu lassen, sind nicht begründet. Im Gegensatz zu Hassert würde ich am allerwenigsten für die Canyons in Montenegro eine derartige Entstehung voraussetzen. Es wurde schon eingangs im Gegensatze zu Dutton betont, daß die Canyonbildung nicht allein bei flacher Schichtenlagerung, sondern ebensogut auch in einem gefalteten Gebiete möglich ist. Die Canyons der Maas in den Ardennen oder der Mosel im Rheinischen Schiefergebirge sind gerade in diejenigen Teile des variszischen Bogens eingesenkt worden, wo die Faltung am intensivsten war. Ein weiteres, ungemein lehrreiches Beispiel tritt uns im südwestlichen Böhmen, und zwar im Gebiete der präkambrischen, sehr steil oder senkrecht aufgerichteten Phyilite?) zwischen Tuschkau und Mies (westlich von Pilsen) entgegen. In ihre weit und breit mit seltener Vollkommenheit eingeebnete Oberfläche ist die Erosionsfurche des Miesflusses eingeschnitten. Trotz der geringen Tiefe, die kaum etwa 30—40 m beträgt, bietet die Erosionsfurche der Mies gleichsam eine Miniaturausgabe des echten Canyontypus mit allen charakteristischen Eigenschaften, so daß man ein Modell des podolischen Dniestreanvons zu sehen glaubt. Aus den angeführten Beispielen darf jedoch noch nicht ohne weiteres gefolgert werden, daß die Canyonbildung auch bei gefaltetem Schiehtenbau unbedingt möglich sei: denn es fehlt anderseits nicht an Beispielen, wonach der gefaltete Schichtenbau die Heraus- bildung von Canyons ausschließt. Vergleicht man zum Beispiel die Canyons des paläozoischen Gebietes von Galizisch-Podolien mit den Tälern des benachbarten Mittelgebirges der Karpathen, so sieht man sofort ein, daß in diesem Falle die Bildung von Canyons durch die im großen und ganzen fast horizontale Schichtenlagerung des po- dolischen Plateaus begünstigt war. Insbesondere lassen dieses die eingesenkten Mäander erkennen. Wo in den Karpathen eingesenkte Mäander herausgebildet wurden, wie zum Beispiel in einzelnen Strecken des Santales, kommt bei weitem keine solche Regel- mäßigkeit der Gehängegestaltung vor wie auf der konvexen und konkaven Seite der podolischen Dniestrschlingen. Der obige Vergleich der Karpathen und Podoliens ist besonders lehrreich, weil er uns am deutlichsten vor die Augen führt, unter !) Lozihski in Sprawozd. Kom. Fizyograf, Bd. XLIII, Abt. III, pag. 51 —54. Autoreferat im Geolog. Zentralblatt, Bd. XI, Nr. 1379. ?) Herzynische Phyllitformation v. Gümbel's, 662 Walery Ritter v. Bozinski. [24] welchen Umständen in einem gefalteten Gebiete echte Canyons nicht herausgebildet werden können. Der Gebirgsbau der Flyschkarpathen zeichnet sich durch einen überaus häufigen Wechsel von undurchlässigen, tonigen Ablagerungen und permeablen Sandsteinbänken aus, wodurch die Möglichkeit von gleitenden und rutschenden Massenverschiebungen gegeben ist, sobald die Kontinuität eines Schichtenkomplexes durch die Erosion durchschnitten wird. Infolgedessen werden durch jede Tieferlegung einer Erosionsfurche auch Gleit- und Rutschbewegungen angeregt, welche die Talgehänge derart verunstalten, daß reine Erosionsgehänge, die wir als einen charakteristischen Zug der Canyons erkannt haben !), nie vorhanden sind. Das paläozoische Gebiet Podoliens ist zum nicht geringen Teil aus unterdevonischen Ablagerungen auf- gebaut, die einen ganz ähnlichen Wechsel von tonigen Bildungen und eingelagerten Sandsteinlinsen zur Schau tragen. Da aber die Schicht- srenzen mit Ausnahme der schmalen Randgebiete horizontal ver- laufen und infolgedessen keine Neigung zu gleitenden oder rutschenden Bewegungen besteht, konnten typische Canyons ausgefurcht und ihre Erosionsgehänge in unverletzter Gestalt auf die Dauer erhalten werden. Im allgemeinen darf man sagen, dab in einem gefalteten Gebiete die Bildung vonCanyons nur dann möglich ist, wenn die Beschaffenheit der Schichtenkomplexe keine ausgesprochene Neigung zu gleitenden oder rutschen- den Bewegungen im Zusammenhange mit der unter- irdischen Wasserführung zur Folge hat. Bei flacher Schiehtenlagerung dagegen ist die Bildung von Canvons immer möglich, wie auch die Beschaffenheit und die Wasserführung der Schichten- komplexe sein mögen, da die Grenzflächen der durchlässigen und undurchlässigen Komplexe horizontal verlaufen und demgemäb selbst naclı dem Durchschneiden durch die Erosion auf lange Zeit hin stabil bleiben können. Wenn wir als den wichtigsten morphologischen Zug der Canyons bezeichnet haben, daß ihre Gehänge die reine Erosionsgestaltung be- wahren und oben von einem scharfen Rande begrenzt sind ?), so ist dazu eine weitgehende Stabilität der Gehänge erforderlich. Die Bildung von Canyons ist somit nur bei einem solchen Schichtenbau möglich, welcher die Stabilität der Ge- hänge auf längere Zeit hin gewährleistet. Tiifft letzteres für ein gefaltetes Gebiet zu, so können auch in diesem Fall bei einer relativ schnell vor sich gehenden Hebung echte Canyons ausgefurcht werden. Ein weiteres Merkmal der Canyons, die schmale Sohle, kann ebenfalls nur bei stabilen Gehängen bestehen, da sonst die Massen- verschiebungen auf den Gehängen den Wasserstrom verlegen und dadurch die ausweitende Seitenerosion einleiten würden. Die Bedeutung der Schichtenaufrichtung ist nicht darauf be- schränkt, daß die Schichtflächen, auf welchen Massenverschiebungen erfolgen können, in eine geneigte Lage versetzt werden. Durchlässige Schiehten inmitten eines gefalteten und darauf durch die Abtragung !) Vergl. den 1]. Abschnitt. 2) Vergl. den II. Abschnitt. [25] Versuch einer Charakteristik der Canyontäler. 665 schräg abgeschnittenen Komplexes verschneiden mit der Erdoberfläche viel häufiger und werden infolgedessen auch viel reichlicher mit Wasser gespeist, als in solchen Fällen, wo sie in einem flachgelagerten Komplex eingeschaltet sind. Die devonischen Sandsteinbänke, die auf den’ Gehängen der podolischen Canyons ans Tageslicht treten, sind oft ganz wasserlos oder weisen höchstens eine spärliche Wasser- führung auf), weil sie von wasserdichten Tonen umhüllt werden und infolge der flachen Lagerung die Plateaufläche nicht erreichen. Auf diese Weise wird bei einer flachen Schichtenlagerung die Stabilität der Gehänge auf lange Zeit hin noch mehr gesichert. VII. Die Anfänge der Canyonbildung. Die erste Bedingung der Canyonbildung ist ein eingeebnetes Gebiet, welches durch Emporhebung zu einem Plateau wird. Wie schon früher hervorgehoben wurde, erfolgte das rasche Einschneiden der Canyonflüsse ohne horizontale Verschiebungen, so daß ihr gegen wärtiger, tief eingesenkter Lauf alle Details des ursprünglichen Laufes auf der nunmehr gehobenen Plateaufläche treu bewahrt. Es ist daher für das Verständnis der Canyongestalt unerläßlich, den ursprünglichen Lauf eines Canyonflusses auf der jetzt gehobenen Plateaufläche rekonstruieren zu können. Zum Schlusse meiner Ausführungen über die Charakteristik der Canyons möchte ich ein solches an dem schönen Beispiele des podolischen Dniestreanyons versuchen. Die Hochfläche des paläozoischen Gebietes von Galizisch-Podo- lien stellt einen westlichen Ausläufer der südrussischen Destruktions- fläche dar, deren Erkenntnis ein Verdienst von Philippson?) ist. Wie bereits Philippson?) angedeutet und unlängst Romer*) aus- geführt hat, fand eine Hebung und ein gleichzeitiges Einschneiden zur älteren Diluvialzeit statt. Angesichts der Tatsache, daß der jung- diluviale, echt äolische Löß die flacheren Canyongehänge im Innern der Dniestrschlingen bis zur Sohle hinab überzieht, ist irgendeine !) Kozinski in Kosmos, Bd. XXX, Lemberg 1905, pag. 347—349. ®) Philippson, Geogr. Reiseskizzen aus Rußland. Zeitschr. d. Ges. f. Erdkunde zu Berlin, Bd. XXXIIl, 1898, pag. 40 ff. — Zur Morphol. d. europ. Rußland. Peterm. Mitteil., Bd. XLV, 1599, pag. 270. , ®) Die diesbezügliche sehr wichtige Außerung von Philippson lautet: „Der Hauptpunkt, auf den ich hinweisen wollte, war,... daß der größte Teil von Rußland. sagen wir kurz: angefähr die Stromgebiete des Kaspischen und Schwarzen Meeres, von einer großen, fast ebenen Hochfläche von 200—300 m Meereshöhe ein- genommen wird... In diese große Fläche haben die Flüsse ihre Täler einge- schnitten... ihre Eingrabung muß durch ein Neuerwachen der Tiefenerosion, also durch eine Hebung der Fläche über das Endgefälle der Flüsse eingeleitet worden sein... Tatsachen führen mich zu dem Schluß, daß dieganze Plateaufläche in ihrer heutigen Gestalt nicht älter als die ältere Vereisung Rußlands, die Täler und Strombecken aber jüngerals diese seien* (Peterm. Mitteil., Bd. XLV, 1899, pag. 270). Inähnlichem Sinne hatsich Philippson auch in seinen Reiseskizzen geäußert und dabei die Hebungs-, beziehungsweise Erosionsphase noch bestimmter in die „Glazialperiode* versetzt (Zeitschr. d. Ges. f. Erdkunde zu Berlin, Bd. XXXIII, 1898, pag. 42). *) Mitteil. d. Geograph. Ges. in Wien, Bd. L, 1907, pag. 282 ff. 664 Walery Ritter v. Kozinski. [26] Vertiefung seit der älteren Diluvialzeit ausgeschlossen. Höchst- wahrscheinlich war die Intensität der paläodiluvialen Tiefenerosion durch den größeren Wasserreichtum im damaligen niederschlags- reicheren Klima erheblich gefördert). Längs des Randes des Dniestreanyons ist die Hochfläche von einem breiten Streifen einer Kiesablagerung bedeckt, die unter der Lößdecke oft zutage tritt. Ihr Alter läßt sich nicht genau fixieren, ich glaube aber, daß sie größtenteils pliocänen, zum Teii vielleicht noch altdiluvialen Alters ist. Prüft man die Verbreitung dieser Kies- ablagerung, so fallen folgende Tatsachen auf?): 1. Sie tritt hauptsächlich auf der linken Seite des Dniestr- canyons auf, wo gegenwärtig die meisten und bedeutendsten Zuflüsse einmünden. Auf der rechten Seite dagegen, wo der Dniestreanyon nur spärliche und geringfügige Zuflüsse empfängt, kommt auch die Kiesablagerung in sehr beschränktem Umfange vor. 2. In einigen Fällen enthalten die Kiese Rollstücke von solchen (resteinen, die keinesfalls vom Dniestr herbeigetragen wurden, da die betreffenden Horizonte des Paläozoikums sich im Dniestreanyon nach aufwärts senken und schließlich unter seiner Sohle verschwinden. Mann kann ihre Herkunft nur in nördlicher gelegenen Teilen des paläozoischen Gebietes vermuten. wo die betreffenden Gesteinsarten in einer höheren Lage anstehen °). 3. Die hypsometrische Lage der Kiesablagerung über der gegenwärtigen Sohle des Dniestreanyons — auch wenn man nur die sicher primären Vorkommnisse in Betracht zieht — ist einem der- artigen Wechsel unterwörfen, daß sich daraus kein normales Längs- profil des Urdniestr rekonstruieren läßt. Unter solchen Umständen ist es nicht möglich, die Kiese als einen unmittelbaren Absatz des Urdniestr anzusprechen *). Die hervor- gehobenen Eigentümlichkeiten ihrer Verbreitung kann man nur durch die Annahme erklären, daß sie von den damaligen Dniestrzuflüssen aus dem übrigen Gebiete Podoliens herbeigetragen wurden. Freilich muß es befremden, wie bei dem geringen Gefälle der Flüsse auf der verebneten und damals tiefer gelegenen Oberfläche Podoliens noch Kiese verfrachtet und abgelagert werden konnten. Wie aber Teisseyre gezeigt hat, wurde gegen das Ende der Miocänzeit der den Nord- rand Podoliens krönende Höhenzug emporgehoben und im Zusammen- hange damit erhielt das podolische Plateau seine gegenwärtige, nach SO gerichtete Neigung’). Höchstwahrscheinlich wurde infolgedessen das Gefälle der südwärts zum Urdniestr fließenden Gewässer ver- srößert, so daß sie auch Kiese fortführen und ablagern konnten. Daß die Ausfurchung der Täler im Kreidegebiete des nördlichen Podolien mit jener jungtertiären Hebungsphase zusammenhängt, dafür spricht !) Lozinski, Doliny rzek, pag. 26 —27. ?) Ibidem, pag. 46-49. ®) Vgl. meine Bemerkungen in Bull. Soe. Polon. pour l’avancement des sciences, V, 1905, pag. 73, Anm. ]. *) Die ältere Ansicht, diese Kiese seien karpathischen Ursprungs, ist petro- graphisch nicht begründet. 5) Atlas geolog. Galicyi, Heft VIII, pag. 284. [27] Versuch einer Charakteristik der Canyontäler. 665 ihr gegenüber den Canyons des südwärts anstoßenden paläozoischen Gebietes weit vorgeschritteneres Entwicklungsstadium, welches in den muldenförmigen, breiten und zumeist versumpften Talböden zum Aus- druck kommt. Die vorstehende Betrachtung der Kiesablagerung wirft einiges Licht auf den ursprünglichen Dniestrlauf auf der jetzt gehobenen Hochfläche Podoliens. Der träge Dniestrlauf wurde durch die Kies- ablagerungen der von Norden her einmündenden Gewässer immer weiter in südlicher Richtung gedrängt. Infolgedessen breiten sich die Kiesablagerungen zum größten Teil auf der linken (nördlichen) Seite des Dniestr aus, wogegen auf der rechten (südlichen) Seite die Zu- flüsse bis auf wenige und kurze Wasserläufe reduziert wurden. Ein Fig. 4. 7 : 300.000 überraschend analoges Bild bietet gegenwärtig die Theiß in der Großen Alföld, welche in derselben Weise durch die Schuttablagerungen ihrer ostkarpathischen Zuflüsse allmählich nach Westen verschoben wird und ein einseitiges Einzugsgebiet besitzt. Unter dem Einflusse der einseitigen Ablagerung von Kiesen wurde der ursprüngliche Dniestrlauf ein immer mehr gewundener. Damit stimmt auch die merkwürdige Tatsache überein, daß die Mündungen der meisten Zu- flüsse des Dniestr mit den stärksten Windungen seines Laufes zu- sammenfallen. Außerdem wurden die Zuflüsse durch ihre fortschreitende Kiesablagerung allmählich auseinandergedrängt und vom Urdniestr ab- gelenkt. Während der darauffolgenden Hebungsphase, die wir — wie bereits bemerkt — mit Philippson und Romer annehmen dürfen, hat der Dniestr mit relativ großer Geschwindigkeit und ohne beträcht- liche horizontale Verschiebungen seinen tiefen Canyon eingeschnitten. 666 Walery Ritter v. Loziuski. [28] Infolgedessen bewahrt der Dniestrcanyon alle Eigentümlichkeiten seines ursprünglichen Laufes auf der Hochfläche, und zwar die zahl- losen Windungen, die Verbreitung der Kiesablagerung hauptsächlich auf der linken Seite und den auffallenden Mangel von größeren Zu- flüssen auf der rechten Seite. Ebenfalls rühren von dem ursprüng- lichen Dniestrlauf her die hydrographischen Anomalien, welche an den Mündungen mancher Dniestrzuflüsse ins Auge springen (Fig. 4). Oft erreichen die Zuflüsse den Dniestreanyon nicht auf kürzestem nnd natürlichstem Wege, sondern auf unmöglichsten Umwegen. So zum Beispiel mündet die Dupa nicht direkt in den Dniestr ein, son- dern wendet sich von ihm in der Entfernung von kaum !/, km ost- wärts ab und fließt, durch eine hohe und schmale Scheidewand von dem parallelen Dniestreanyon getrennt, dem Seret zu. Solche Anomalien können nur als eine Folge von allmählichen Mündungsverlagerungen gedeutet werden, die sich unter dem Einflusse der fortschreitenden Ablagerung von Kiesen noch zu jener Zeit vollzogen, als der Ur- dniestr auf der jetzt gehobenen Plateaufläche Podoliens floß. Nachdem wir an dem Beispiele des Dniestr den ursprünglichen Zustand eines Canyonflusses durchblickt haben, drängt sich zum Schluß die Frage auf, welche von den heutigen Wasserläufen bestimmt wären, bei einer eventuellen raschen Hebung einen Canyon auszu- furchen. In dieser Hinsicht muß an erster Stelle auf das bereits erwähnte Beispiel der Theiß in der Großen Alföld hingewiesen werden. Wenn man sich diesen Teil der Ebene der Großen Alföld um den vertikalen Betrag von etwa 200 m rasch gehoben denkt, so würde der Lauf der Theiß mit dem Unterlaufe ihrer ostkarpathischen Zuflüsse in ein vollkommen ähnliches Canyongebiet verwandelt werden, wie das paläozoische Gebiet von Podolien. Anhang. Über Gehängefurchen und Gehängerippen. Im Anschlusse an meine Ausführungen über die Gestalt der Canyons (im II. Abschnitte) möchte ich noch eine besondere Art von Gehängeskulptur würdigen, welche zwar nicht zum Wesen der Canyons gehört, aber auf ihren Gehängen stellenweise sehr schön ausgebildet ist. Während die flächenhaft wirkenden Abtragungsvorgänge, die auf rutschenden oder gleitenden Massenverschiebungen beruhen, auf den Canyongehängen keine umgestaltende Rolle spielen, werden die Ge- hänge der podolischen Canyons stellenweise durch die linear tätige Abspülung in eigentümlicher Weise modelliert. Das abfließende Regen- wasser gräbt parallele Rillen dicht nebeneinander ein, wodurch manches steile Gehänge ein kanneliertes Aussehen bekommt. Derartige Erosions- furchen, wenn sie gesellig auftreten, zerteilen die glatte Gehängefläche in eine Reihe von breiteren oder manchmal ganz schmalen Rippen. Im podolischen Canyongebiete konnte ich eine solche Zerfurchung von Gehängen insbesondere im Paläozoikum am Seret!) und am !) Vergl. die Abbildung in Kozinski, Doliny rzek, Taf. IB. [29] Versuch einer Charakteristik der Canyontäler. 667 Dzuryn zwischen Czerwonogrod und Uscieczko beobachten. Da diese Art der Gehängeskulptur am großartigsten in Trockengebieten, wie in den Bad Lands!) (hier die ganze Landschaft beherrschend) oder im Coloradogebiete ?), ferner auch im mediterranen Klima, und zwar im Apennin®) und in Istrien?) ausgebildet ist, erwuchs die Annahme, es wäre diese Erscheinung nur an bestimmte klimatische Verhältnisse gebunden. Indessen habe ich dieselbe Art der Gehängeskulptur auch noch außerhalb der eigentlichen Canyonregion, im Kreidegebiete des nördlichen Podolien®) und neuerdings an einigen Stellen des Sando- mierz-Opatower Lößplateaus®) gefunden. Es ist danach die Heraus- bildung von dichten Gehängefurchen unter allen klimatischen Ver- hältnissen möglich, soweit nur das Gehänge genug steil ist und das Gestein entweder ganz nackt zutage tritt oder höchstens mit einer zwar zusammenhängenden, aber relativ dünnen Rasendecke bedeckt ist. Auch gehört eine petrographische Veranlagung dazu, indem die Gehängefurchen mit besonderer Vorliebe in sandig-tonigen, schiefrigen Gebilden auftreten. Nicht an letzter Stelle kommen die orographischen Bedingungen in Betracht. Wenn das Regenwasser im Gehänge eine Furche einkerben soll, so muß sich letzteres in einer Flucht senken und keine weitergehenden Abstufungen aufweisen, welche die herab- rieselnden Wasserfäden ablenken würden. Die günstigste orographische Vorbedingung liegt vor, wenn das Gehänge — wie es nicht selten auch bei den Canyons der Fall ist — im Querschnitt schwach konvex ist (Fig. 1, D), weil dann die Wasserfäden in sehnurgerader Richtung, mit nach unten zunehmender Geschwindigkeit und Erosionsfähigkeit hinabschießen. Die Tatsache, daß auf steilen Gehängen im podolischen Canyongebiete die Erosionsfurchen schon am obersten Rande einsetzen und demselben ein schartiges Aussehen verleihen, führt zum Schlusse, daß Erosionsfurchen nicht allein durch das auf ein Gehänge fallende Regenwasser, sondern zunächst durch das von der Hochfläche her zuströmende atmosphärische Wasser herausmodelliert werden. Infolge- dessen muß auch die Gestaltung der Hochfläche über dem oberen Rande des Gehänges eine nicht unbedeutende Rolle spielen. Wenn — wie es bei Canyongehängen am genauesten zutrifft — die Hochfläche über denselben fast eben ist, so kann das atmosphärische Wasser in zahllosen getrennten Fäden den oberen Rand eines steilen Gehänges erreichen und nachher beim plötzlichen Hinabschießen Furchen. dicht nebeneinander einkerben. Im Gegenteil, wenn die Hochfläche nicht eben ist, wird der Abfluß des atmosphärischen Wassers gegen den oberen Rand eines Hanges zu in vereinzelte stärkere Wasserstränge konzentriert, welche hie und da eine steile und rückschreitende Schlucht !) Darton, Geology of Nebraska. Prof. Papers Un. St. Geol. Survey, Nr. 17, Washington 1903, Taf. XXIX ff. ?) Davis, Excursion to the Grand Üanyon, pag. 134—135. ®) G. Braun, Erosionsfiguren aus dem nördlichen Apennin. Schriften d. Phys.- ökon. Ges. zu Königsberg i. Pr., Bd. XLVIII, 1907, pag. 43. *) Götzinger, ]l. c. pag. 161 ff. 5) In Olchowiec bei Brzezany, am linken Steilgehänge des gleichnamigen Baches, welches durch einige großartige Furchen zerrissen ist. 6)y, Loziäski, Das Sandomierz-Opatower Lößplateau, Globus, Bd. XCVI, 1909, Jahrbuch d.k.k. geol. Reichsanstalt, 1909, 59. Bd., 3. u. 4. Hft. (R. v. Kozinski.) 87 668 Walery Ritter v. Lozinski. [30] im Gehänge einschneiden, aber nie eine feinere, dichte Zerfurchung erzeugen können. Es ist wohl denkbar und manchmal auch tatsächlich der Fall, daß aus der Erweiterung und Vereinigung von Gehängefurchen mit der Zeit eine tiefe, rückschreitende Bresche entsteht. In der Regel aber möchte ich einen anderen Entwicklungsgang der Gehängefurchen voraussetzen. Jede Erosionsfurche für sich ist im Vertiefen begriffen, wobei auch die trennenden Rippen — in derselben Weise wie ein wasserscheidender Rücken zwischen zwei Tälern — abgetragen und allmählich zugerundet?!), seltener (im Apennin) in messerscharfe Grate zugespitzt werden. Die fortschreitende Vertiefung von Erosions- furchen und gleichzeitige Abtragung der Rippen stellt einen von den- jenigen Abtragungsvorgängen dar, welche beim Zurücktreten von Canyongehängen, beziehungsweise Plateaurändern in Betracht kommen. Das Endergebnis ist in den meisten Fällen nicht die Herausbildung einer oder mehrerer größerer Erosionsbreschen, vielmehr aber ein allmähliches, gleichmäßiges Zurücktreten des von der Zerfurchung betroffenen Gehänges. Tatsächlich kommt im podolischen Canyongebiete die dichte Zerfurchung nur an solchen steilen Gehängen vor, die nicht unmittelbar zu einem Wasserlaufe abfallen, sondern von ihm durch einen Streifen niedriger Alluvial- terrasse getrennt, somit im gleichmäßigen Zurücktreten begriffen sind. Ein weiteres Eingehen auf diese Erscheinungen muß ich hier unterlassen, zumal die Gehängerippen durch Übergänge mit Erd- pyramiden auf das innigste verbunden sind ?), deren Entstehung aber nicht mehr im Rahmen einer Betrachtung der Canyongestalt liegt. Lemberg, Anfang Oktober 1909. Inhalt. Seite 1.iDer Begriff‘ eines Dauyoası Tre. ET RER EERIBI 200 9 BEE 11, Die Gestaltung; der :Cauyons ag 2rn. 1... TNTRRBERLTEN A NE RE IE IIL Die eingesenkten Mäander .... . > Sunli n aEEE 649 IV. Die Mündungen der Zuflüsse in den Garyons REEL NZ FR. EEE V. Zusammenfassung der charakteristischen Merkmale . . . 2.2.2... .656 VI. Die Abhängigkeit der Canyonbildung vom geologischen Bau. .... 659 VII. Die Anfänge der Canyonbildung ... . ca PERLE ar IRRE Anhang: Über Gehängefurchen und Gehiiigan ibn. Bert re re RER 1) Vergl. auch die Bemerknngen von Gilbert, The convexity of hilltops. Journal of Geology, Bd. XVII, 1909, pag. 346 ff. 2) Vergl. Günther, Erdpyramiden, Sitzungsber. d. math.-phys. K].d. Bayer, Akad. d. Wiss., Bd. XXXIV, 1904, pag. 399 ff. Die Gneiszone des südlichen Schnalser Tales in Tirol. Von Guido Hradil in Innsbruck. Mit zwei Tafeln (Nr. XVIIL—XIX) und einer Textfigar, Literatur: Blaas, J. Geologischer Führer durch die Tiroler und Vorarlberger Alpen. Innsbruck 1902. Cathrein, A. Mineralogisch-petrographische Skizze des Vinschgaues. Plant’s Führer durch Vinschgan. Meran 1907. Dittrich, M. Anleitung zur Gesteinsanalyse. Leipzig 1905. Fuchs, C. W.C. Die Umgebung von Meran. Neues Jahrbuch für Mineralogie etc. 1875. Futterer, K. Die Ganggranite von Großsachsen und die Quarzporphyre von Thal im Thüringer Wald. Inauguraldissertation Heidelberg 1890. 48 S. Referat im Neuen Jahrbuch für Mineralogie etc. 1891. Futterer, F. Über Granitporphyr von der Griesscharte in den Zillertaler Alpen. Ein Beitrag zur Keuntnis dynamometamorpher Strukturen. Neues Jahrbuch für Mineralogie etc. 1894, 1895, IX. Beilageband, pag. 509—553. Grubenmann, Ü. Über einige Ganggesteine aus der Gefolgscnaft der Tonalite. Tschermak’s Mineralogisch-petrographische Mitteilungen, Bd. XVI, Heft 3—4 (1897). 2 Grubenmann, U. Über den Tonalitkern des Iffinger bei Meran. Vierteljahrsschrift der Naturforschenden Gesellschaft Zürich, 41. (1896.) Hammer, W. Die kristallinen Alpen des Ultentales. Jahrb d. k. k. geol. R.-A., Wien 1904. Hammer, W. Über die Aufnahme des Blattes Bormio—Tonale. Jahrb. d. k. k. geol. R.-A.. Wien 1905. Künzli, E. Die Kontaktzone um die Ulten-Iffinger Masse bei Meran. Tschermak’s Mineralogisch-petrographische Mitteilungen 18. (1899.) Öhnesorge, Th. Der Schwazer Augengneis. Jahrb. A k. k. geol. R.-A., Wien 1903. Petrascheck, W. 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Jahrbuch d. k. k. geol. Reichsanstalt, 1909, 59. Bd., 3. u. 4. Hft. (G. Hradil.) 87* 670 Guido Hradil. [2] Vorwort. ' Die nachstehende Arbeit verdankt ihre Entstehung einer Anre- gung von Herrn Professor Dr. U. Grubenmann, der gelegentlich einer Bereisung der Otztaler Alpen meine Aufmerksamkeit auf jene auffallenden, wohlentwickelten Augengneise südlich von Alt-Ratteis im Schnalser Tale lenkte und eine eingehendere Untersuchung der- selben von petrographischen und geologischen Gesichtspunkten als wünschenswert und dankbar bezeichnete. In des Genannten che- mischem Laboratorium zu Zürich habe ich auch die drei der Arbeit beigegebenen Analysen ausgeführt und mich dabei der Unterstützung der Assistentin, Frl. Dr. L. Hezner zu erfreuen gehabt. Herrn Professor Grubenmann für seine mannigfache Förderung und Unterstützung, sowie Frl. Dr. Hezner für ihr Mühewalten an dieser Stelle herzlich zu danken, ist mir eine angenehme Ehrenpflicht. Die mikroskopische und geologische Behandlung des Stoffes habe ich in Innsbruck ausgeführt, woselbst es mir auch unter An- leitung und nach Weisung von Herrn Professor Dr. A. Cathrein gelang, die vervollständigten Resultate der Detailuntersuchungen zu einem einheitlichen Ganzen zu vereinigen und mit dem vorliegenden Gesamtbilde abzuschließen. Es möge mir gestattet sein, Herrn Professor Cathrein für seine Hilfe hiebei geziemend zu danken; überdies bin ich ihm dafür, daß er meine Arbeit als Dissertation genehmigte, zu besonderem Danke verpflichtet. Mineralogisch-petrographisches Institut der k. k. Universität Innsbruck. Im Juli 1909. Einleitung. Der Südrand der kristallinen Zentralmassive in den Östalpen weist vielerorts Vorkommnisse von mehr oder minder veränderten Gesteinen teilweise wohl eruptiver Herkunft auf, welche von verschiedenen Beobachtern erwähnt und in ihren Einzelheiten beschrieben worden sind. In die Reihe dieser Vorkommnisse gehört auch das Gebiet, dem die nachfolgenden Zeilen gewidmet sind, und welches, wenn auch nicht unmittelbar an der Grenze der kristallinen Zentralzone gegen den südlichen Sedimentärgürtel gelegen, in ge- netischer Beziehung doch mit viel Berechtigung zu jenen gerechnet werden dürfte. Am Südausgange des bei Staben in das Etschtal mündenden Schnalser Tales stehen Augengneise an, welche durch die bedeutende Größe ihrer Einsprenglinge schon bei flüchtiger Begehung des von Staben nach Neu-Ratteis führenden Fahrweges, der überall gute Aufschlüsse zeigt, auffallen und mit dem hier sonst allenthalben herrschenden Glimmerschiefer kontrastieren. Cathrein!) erwähnt !) L. e. (nach Tagebuch 1593) pag. 98 und 99. a1 [3] Die Gneiszone des südlichen Schnalser Tales in Tirol. ol diese Gesteine und die auffallenden Orthoklaskristalle in denselben von diesen und anderen Lokalitäten des Vintschgaus. In dem Raume Staben—Alt-Ratteis kann man wiederholt be- obachten, daß Gneis und Glimmerschiefer in der Richtung N—S mehrfach wechsellagern, so daß man schon hier den Eindruck ge- winnt, es handle sich um mehrere ostwestlich streichende Züge von Augengneis, die dem Glimmerschiefer eingelagert sind. Lagerungsverhältnisse des Augengneises. Längs des Fahrweges von Staben nach Neu-Ratteis beobachtet man nachstehende Profilverhältnisse (Zahlenangaben in Schritten & 75 cm): (Siehe Kartenskizze Taf. XV!II.) 0* Südausgang des Talweges: Augengneis NW 75° SO; F.: 60° NO. 130* Gehängeschutt. 490* Augengneis mit großen Feldspäten. 658* Glimmerschiefer mit lagenförmigen Ausscheidungen von Quarz. 678” Gneis, weniger grobporphyrisch struiert; am Kontakt mit dem südlich anstehenden Glimmerschiefer schöne Faltungs- erscheinungen. 690* Glimmerschiefer mit dünnen Feldspateinlagerungen. 856* Glimmerschiefer, scharfe Grenze gegen den südlich an- stehenden Gneis. 1016* Glimmerschiefer. 1456” (Scharfer Kontakt) Gneis, grobporphyrisch 2556” Glimmerschiefer. Dessen Grenze gegen den südlich anstehenden Gneis hier nicht scharf, sondern allmählicher Ubergang von Gneis in Glimmerschiefer. 2556* Bis zur Mühle nordwestlich Ladurns Moränen; soweit unter denselben anstehendes Gestein zutage tritt, ist es überall Glimmerschiefer. 0* Von der Ladurner Mühle bis 220* Glimmerschiefer; hier zeigt derselbe stellenweise Spuren von Feldspateinlagerungen. Im weiteren Verlaufe gegen N stellt sich wieder Augengneis vom Typus des am Südausgange des Tales anstehenden ein. Südlich der Säge von Alt-Ratteis, das ist 1300* von der Ladurner Mühle, treten teils Moränen, teils Bergsturz- und Gehängeschuttmassen an den Bach heran, das Anstehende verhüllend. Weiter nördlich gegen Neu-Ratteis zu überall Glimmerschiefer anstehend mit Ausnahme einer Einlagerung von Amphibolit südlich der Gehöfte „Hof am Wasser“. Steigt man einige hundert Schritte westlich von Kompatsch, etwa bei dem Gemeindeschießstand, über die mit kleinen Weingärten bedeckte Anhöhe gegen Norden an, so trifft man über dem mit Gletscherschliffen und Moränenresten bedeckten Glimmerschiefer als- bald auf anstehenden Augengneis und kann an dieser Stelle beobachten, daß man eine östlich auskeilende, gegen Westen mächtiger werdende 672 Guido Hradil. [4] Linse dieses Gesteines vor sich hat !), deren scharfe Begrehzung gegen den liegenden und hangenden Glimmerschiefer gut aufgeschlossen ist. Durch Glimmerschiefer nördlich ansteigend, trifft man nordwestlich etwa 100 m über dieser Stelle auf eine zweite von W gegen O aus- keilende Linse von Augengneis; ihr Kontakt gegen den liegenden Glimmerschiefer ist nicht aufgeschlossen, während im Hangenden vielfach Schiefer mit dünnen Quarzfeldspateinlagerungen den Über- sang zwischen Augengneis und Glimmerschiefer vermitteln. Das Aus- keilen einer dritten Gneislinse ist genau nördlich jenem der ersten Linse in ca. 740 m (Aneroid) aufgeschlossen und es zeigt sich auch hier die Erscheinung, daß schmale Zonen von Übergangsschiefern (Gneisschiefern) zwischen dem Augengneis und dem unveränderten Glimmerschiefer eingeschaltet sind. Das Charakteristische dieser Zonen ist das Auftreten schmaler Lagen von Feldspatsubstanz, stellenweise auch von kleinen, augenförmigen Feldspateinsprenglingen, die mit der Entfernung von der Gneislinse an Häufigkeit abnehmen und einen Übergangstypus zwischen Augengneis und Glimmerschiefer dar- stellen. Im allgemeinen treten diese Zonen an den hangenden Grenzen der Gneislinsen häufiger auf als an den liegenden, welche, soweit aufgeschlossen, fast durchweg einen scharfen Kontakt gegen völlig unveränderten Glimmerschiefer zeigen. Eine vierte Gneislinse streicht nördlich der dritten in westöstlicher Richtung und keilt vermutlich in der Nähe des Bildstockes nordwestlich von Bichl auf dem Fußsteige nach Sonnenberg aus, da östlich dieser Stelle überall Glimmerschiefer ansteht. Das Ausgehende dieser Linse ist nicht aufgeschlossen. Im Aufstiege von Naturns gegen Sonnenberg auf dem Fußsteige, der westlich des Kirchbachgrabens im unteren Teile über mächtige Moränen führt, trifft man in einer Höhe von 1470 m anstehenden Glimmer- schiefer (etwa bei Farnell © 1051 der Karte) NO 35° SW streichend, 30° NW fallend, etwas weiter gegen Sonnenberg dasselbe Gestein, NO 75° SW streichend, 62° NW fallend. Die Höfe auf dem Sonnen- berg: Höfl, Unterstell, Grub, Lind, Patteid liegen auf Glimmerschiefer, während Augengneis erst unmittelbar südlich des Gehöftes Inner-Unter- stell (1574 m) beobachtet werden konnte; es ist dies die liegende Grenze einer fünften, sehr mächtigen Gneislinse, welch’ erstere den Lahnbachgraben durchsetzt und in 1350 m Höhe in einem südlichen Seitenast dieses Grabens einen scharfen Kontakt zwischen Augengneis und Glimmerschiefer, NO 850 SW streichend, 45° NW fallend, zeigt. Die Fußsteige von hier über die Gehöfte Latschraun und Rofen, so- wie jener über Falkstein nach Naturns, ferner auch jener über Platz und Unterrain nach Rabland verbleiben durchweg im Glimmerschiefer ; doch deuten zahlreiche im Gehänge- und Bachschutt vorkommende Stücke von Augengneis darauf, daß jene fünfte Gneislinse sich noch weiter in den Südgehängen der Lahnbachspitze gegen Osten fortsetzt. Steigt man von dem im Schnalser Tale liegenden Gehöfte Ladurns (809 m) auf dem schmalen, oft völlig verschwindenden Steige gegen Inner-Unterstell, so beobachtet man, sobald man den Bereich der Grundmoränen von Ladurns verlassen, überall Glimmerschiefer. Bei !) Siehe Kartenskizze auf Taf. XVII. [5] Die Gneiszone des südlichen Schnalser Tales in Tirol. 673 ca. 980 m (Aneroid) steht Augengneis an, der bis 1280 m anhält. Daselbst folgt auf eine schmale Zone nahezu aplitähnlichen Übergangs- schiefers eine ebenso geringmächtige Zone gewöhnlichen Glimmer- schiefers und auf letzteren abermals Augengneis, der bis zum west- lichsten Hause von Inner-Unterstell (1457 m) anhält, wo nach einer etwa 1 m mächtigen UÜbergangszone von Gneisschiefern ein scharfer Kontakt gegen Glimmerschiefer aufgeschlossen erscheint. Auf dem Wege gegen den Hof Wald fortschreitend, stößt man alsbald wieder auf Augengneis, welcher hart an der Gabelung der Steige gegen St. Katharinaberg einerseits und Wasant anderseits (unmittelbar nord- westlich des bei Wald herabkommenden Tälchens) mit scharfem Kontakt auf Glimmerschiefer trifft; in letzterem liegen die obere Mahralpe, die Dickeralpe (2048 m), der Abstieg über Ober- und Unter-Wasant nach Alt-Ratteis, sowie der Weg von Wald nach St. Katha- rinaberg. Westlich des Taleinschnittes des Schnalser Baches verläuft die hangende Grenze der südlichsten (ersten) Gneislinse in einer Höhe von ca. 660 m; das Auskeilen der letzteren gegen Westen kann im Raume zwischen Staben und der Brücke über den Schnalser Bach in der angegebenen Höhe beobachtet werden; der Felskopf, der die Ruinen des Schlosses Iufahl trägt, zeigt an seinem südlichen Gehänge einen scharfen Kontakt zwischen Glimmerschiefer im Liegen- den und Augengneis im Hangenden, welch’ letzterer der zweiten Linse angehört. Die Lagerungsverhältnisse der übrigen Gneislinsen gegen N und NW sind hier mangels günstiger Aufschlüsse in dem mit Wald bedeckten Gelände nicht mit Sicherheit festzustellen. Weitere Vorkommnisse von Augengneis bei Mittel-Iufahl und südlich (Unter-)Iufahl (1256 m) scheinen einer selbständigen, mit den geschilderten Vorkommnissen östlich des Schnalser Tales nicht zu- sammenhängenden Linse von geringerer Mächtigkeit anzugehören. Auch der Verlauf der westlichen und nördlichen Begrenzungslinien der mächtigen, nördlichsten Augengneislinse ist nicht mit Sicherheit zu konstatieren; doch konnten um Neu-Ratteis und weiter nördlich davon keinerlei Anzeichen dafür angetroffen werden, daß sich diese Vorkommnisse bis hierher erstrecken. Weitere für die Beurteilung der Lagerungsverhältnisse der hier in Frage kommenden Gesteine sehr wichtige Aufschlüsse wurden durch den Zuleitungs- und Druckstollen des eben im Bau begriftenen Elektrizitätswerkes geschaffen, welches im Auftrage der Gesellschaft „Etschwerke“ von der Bauunternehmung Ing. Josef Riehl in Inns- bruck ausgeführt wird. Dank dem Entgegenkommen der letzteren sowie insbesondere des bauleitenden Ingenieurs Herrn v. Kleiner, welcher dem Verfasser den Besuch der Stollen gestattete, war es möglich, die durch diese Anlage neu gewonnenen geologischen Profile den vorliegenden Untersuchungsresultaten beizufügen, wodurch das Gesamtbild der geologischen Lagerung eine wertvolle Ergänzung erfuhr. Es sei hiefür an dieser Stelle sowohl der Unternehmung als auch deren bauleitendem Ingenieur der beste Dank ausgesprochen. Der erwähnte Stollen beginnt im östlichen Gehänge des Schnalser Tales in einer Höhe von 861 m nordöstlich der Gehöfte 674 Guido Hradil. [6] Walchhof, durchfährt nahezu geradlinig mit schwachem "Gefälle das Talgehänge bis oberhalb des Südausganges, von wo er als Druck- stollen mit starkem Gefälle in das Niveau des Etschflusses unmittel- bar östlich des Hotels „Schnalser Tal“ niederleitet. Auf diese Weise erscheint der ganze Gesteinskomplex innerhalb der angeführten Grenzen erschlossen. Die von der k. k. geologischen Reichsanstalt in Wien heraus- gegebene geologische Karte 1:75.000 (Blatt Meran, Zone 19, Kol. IV; aufgenommen von F. Teller 1878) bezeichnet den Augengneis nächst Naturns als solchen, während in der Hauer’schen Karte bloß die fünfte Linse, in der Karte des geognost.-montan. Vereins von Tirol keine derselben verzeichnet erscheint. Chemische und mikroskopische Untersuchung der Gneisvorkommnisse. Bemerkungen über den ang der Analysen. Bei den drei nachfolgend mitgeteilten Analysen wurde in der Weise verfahren, daß die Werte für die Oxyde 7iO,, Fe, O;, AlgO:, Mg0, CaO aus je zwei Aufschlüssen, einem Aufschluß in der Kali- Natron-Schmelze und einem Fiußsäureaufschluß bestimmt wurden, wobei stets 7V O, kolorimetrisch aus der Summe der Oxyde (TiO, + F&0;, + Al, 0,} nach dem Grade der Gelbfärbung mit Wasserstoffsuperoxyd im Vergleich zu einer Indikatorlösung von bekanntem 7% O,-Gehalt ermittelt wurde; das Eisenoxyd /& 0, wurde ebenfalls aus dieser Summe durch Titration mit Kaliumpermanganat nach vorheriger Reduktion zu FeO, das Tonerdeoxyd Al, O, gleich- falls aus jener Summe gewichtsanalytisch, und zwar durch Rechnung aus der Differenz des Summengewichtes { TiO, + F&0, + 41,0, } und den beiden ersten Faktoren gewonnen; beim Aufschluß in der Schmelze wurden die bei S8i0, befindlichen Reste von F& 0; + 4,0, und TiO, durch Vertreibung der Kieselsäure mit Fluß- säure nach Wägung der ersteren gewonnen und mit der Hauptmenge vereinigt. Mg O wurde durch Natriumphosphat als MA NH, PO,.4H,0 gefällt und als Mg, P, O, bestimmt; beim Flußsäureaufschluß wurde das Magnesium, nachdem Fe, Al, Ti durch Ammoniak, der Kalk durch Ammoniumoxalat gefällt worden waren, nach Verjagen der Ammonsalze durch Abdampfen mit Quecksilberoxyd, wie beim Soda- aufschluß bestimmt, doch mußten vor der Magnesiaabscheidung die Sulfate in Chloride umgewandelt werden. Der Wert für CaO wurde in der üblichen Weise durch Fällung des Kalkgehaltes mit oxal- saurem Ammon und durch starkes Glühen des Niederschlages er- mittelt. Die Kieselsäure wurde aus dem Schmelzaufschlusse nach dem bekannten Verfahren bestimmt, die Alkalien aus dem Flußsäureauf- schluß, und zwar K,O aus K, Pt Ol,, Na, 0 aus Na, 805. Für die Bestimmung von Fe O0 wurde eine eigene Portion Substanz mit Fluß- und Schwefelsäure im CO,-Strome aufgeschlossen und in der Lösung [7] Die Gneiszone des südlichen Schnalser Tales in Tirol. 675 FeO titrimetrisch durch Kaliumpermanganat ermittelt. Der Wasser- gehalt wurde, um hygroskopisches und Konstitutionswasser auseinander- halten zu können, stets in zwei Fraktionen, «) unter 110°C. (Minus) und 5b) über 110°C. (Plus), erstere als hygroskopisches Wasser, letztere als Glühverlust, in eigener Portion gewogen. Das spezifische Gewicht der Gesteine wurde durch die hydrostatische Wage ermittelt, beim Feldspat wurde sowohl die Pyknometermethode benützt, als auch das spezifische Gewicht der Thoulet’schen Lösung, in welche die Mineral- substanz eingetragen worden war, nach der letzten Verdünnung pyknometrisch bestimmt. % Beide Methoden lieferten übereinstimmende Resultate. Überdies wurden nahezu bei allen Analysen Kontrollaufschlüsse nach Lawrence Smith!) vorgenommen, wobei das Gesteinspulver (beziehungsweise Mineralpulver) mit viel Kalziumkarbonat und etwas Chlorammonium geschmolzen, in dem wässerigen Auszug der Schmelze das lösliche Kalzium durch Ammoniumkarbonat entfernt und die in dem Filtrat als Chloride enthaltenen Alkalien nach den üblichen und oben an- sedeuteten Methoden bestimmt wurden. Das für die Analysen der beiden Gesteine erforderliche Material wurde in der Weise gewonnen, daß von den betreffenden Ortlichkeiten sroße Handstücke geschlagen, diese alsdann zerkleinert und intensiv gemischt wurden; von diesem Durchschnittsmaterial wurde ein Teil pulverisiert und für die Analysen verwendet. Tabelle Ia. Augengneis vom Südausgang des Schnalser Tales. Spezifisches Gewicht: 2:74. | | | ; Molekular- | | Mittelwerte e Auf 100 Molekular- | Prozente Reduktion gerechnet eis prozente | | tionen a et, A) Br 6646 | 11077 7244 N. 081 = tr le en A 142 = = | => = | Al,O, > 1485 1483 | 15-41 1510 | 9:88 FeO 323 4-51 468 680 | 4'25 MgO age 178 | 1:85 463 | 3:03 CaO 2:38 2:38 247 450 | 294 | K,0 52 5:92 6:16 660 | 432 | Na, O 2-85 2:85 2:97 4-80 314 | H,0 — 0:72 _ re ae DEF a 2 H,O + 182 | _ — | — | Summe 99-20 9632 100°00 152°90 | 100:00 Werte nach Osann-Grubenmann: Dr 60 s— 120 M = 0:52 Ar =1A6 BES En 7 Or 2r40, Cr 278 Sa — 20:0 F= 780 = 8832 f nn 95 Fr > Typenformel: n = 430 $73 5 4, Cg Sg 1) Am. Journ. of Science, 2. series, Vol. L, pag. 269 (1871); und Annalen der Chemie und Pharmazie 159, pag. 82 (1871). Jahrbuch d. k. k. geol. Reichsanstalt 1909, 59. Bd.. 3. u. 4. Hft. (G. Hradil.) 38 676 Guido ‘Hradil. : [8] | "Tabelle Ib. Analysenresultate des Augengneises nach amerikanischem System verrechnet, ra | [>| Je ET Be 1 ae D a Pe} NL ES n = a © © FEN wei = © ze & s® “= Slee Foren © B--| Pe} Pi Oo a -_ Fa “ Ha See ‘ = = sı.a = > {= ] 2320| 3 SE = [>) 3 per 2,|@2ı > ei ei < Br Be Zn on > 5 © Pe ur = = Bolsa sewsells)ı a 12 18181272 Si al 22|8|28 2|& :|-/315|°|7| a f ! 1 ) = | SiO, ... \\63:44163:44| 65°63 |10938| — 38402880) 760] — |140 400113112787) — 110, . .| si Wal are IF Eee TEE Al,O, .|14-8311483| 15:34 | 1500| — | 640| 480| 380) -— | — || — | — Fe,0, .\ 1-42) 142] 147| 90 90) — FeO ...|) 3:23) 323] 334: 460 90 — 1 191001 701200), = 12 Mg90 ...|| 1:78| 1-78) .1-85| 462| — 2/2201 92 Hoya Ca0 . .|| 2'388) 2381| 2-46:| 450| — =. 9802-1 70.2 2 Mae KO. ;18:'92| 592] bI2 | 64] 640 are ee ge Na,0 || 285] 2855| 2955| 4801 —| = | 4890| — I — | —- | 1-1 |.— H,0 —..|0724..— 2. Sl il ne a 1 a en 4,0+4+.|182 —| — | — I-]|- | —-|-|]-/-| | —| Summe . 99'20,96°66 100°00 15120|180)5120/3840. 1520 200 200 800 39312787 15120 kat u. et SO, 2 2.2. 2.60% 2787 = 16.722 19 | K,O Al, 0, 6 SiO, .55'6% 640 — 35.584 or Sul Na,0 41,0, 6 SiO, .524%X 480 — 25.152 ab = Ca O0 Al,O, 6 SiO, .278X 380 — 10'564 an BED. Pe, 0,2 a 902.088 al He O.TMO, .: . wr32972100 — .1.520 ahT M90.58i0, . ....100%X:200— 2.000 Ay (ren 04'0.810, ar: 1 ODE TI 2 | Fe0.Si0,.....132%X TO—= 924 2 490.530, ...140X 292— 3.668 10 ZA} Sal = 88 02 H= 72:08 Tr #452 ud: 2 P— 596 Fem=12'53 0267 Summe: 100°5 Class: Order: Rang: Subrang: 1. Persalane 4. Britannare 2. Domalkalic 3. Sodipotassie Sal M) N! KO Na,0 |K,0 3 a 7 \o @, 2 ; =-792>—- -—083< u Fem ex em; 5 = 7 CaO Na, 0... erh 4-12 | 1 a) 3 "; Toseanose. | [3] Feldspat aus den großen Einsprenglingen des Augengneises, anstehend beim Die Gneiszone des südlichen Schnalser Tales in Tirol. 577 Tabelle Ec. Südausgang des Schnalser Tales. Spezifisches Gewicht: 258. Soda- Flußsäure- Mittel- re Molekular- aufschluß | aufschluß werte on prozente SiO, 62:78 — 62 78 103 94 DIN, TiO, E _ — ._ _ Fe, O, 1:51 147 149 a4 = Al,0,. 18:58 18:90 13:74 18'33- 1309 FeO — _ — _ — MgO 0:05 0:06 0:06 — _- CaO 0:28 0:41 0:34 061 43 K,O — 12:33 1233 13:07 928 Na,O - 3:08 3-08 495 351 20% n= = 0-40 = — H,0 +3) ar > 071 Er Summe — — 99:93 — — Formel: 1 CaAl, Si, 0, 16 NaAl Si, 0. | bei einem Mangel von 7 Molekülen 8: 0,). 43 K Al Si,0, Zur Verrechnung der Analysenresultate nach dem von Osann angegebenen Verfahren wurden die Gewichtsprozente der Analyse derart reduziert, daß 7i 0, zu SiO,, Fe O, zu FeO gezogen und der Wassergehalt vernachlässigt wurde. Die so erhaltenen Werte wurden hierauf auf die Gesamtsumme 100 umgerechnet und aus diesen Zahlen zuerst Molekularproportionen und dann Molekularprozente ermittelt. Aus den letzteren erhält man nach Osann’s Angabe die Werte: S = Menge des vorhandenen 5 05; A= die Summe der Alkalien, die Tonerde gebunden wird; O=die Menge von CaO, die im Verhältnis von 1:1 durch Ton- erde gebunden wird; F=Summe von FeO und MgO. im Verhältnis von: 1:1 durch Falls die Tonerde nicht alles Ca O im angegebenen Verhältnis zu binden vermag, so wird der restierende Betrag an Üa 0 zu F' geschlagen. Außer den genannten Osannschen ‚Werten wurden noch ‚die Ergänzungswerte Grubenmann’s?) berechnet, nämlich: !) Unter 110° C. 2) Über 110° C. 3) U. Grubenmann, Die kristallinen Schiefer, II, pag. 13, Berlin 1907. 88r 678 Guido Hradil. [10] M= der in F untergebrachte eventuelle Rest von (a 0; T= der Tonerderest, welcher nach der Sättigung der Alkalien und des CaO mit Al, O, (im Verhältnis 1:1) noch übrig bleiben kann; K= die Menge des vorhandenen $0,, im Verhältnis zu den übrigen Oxyden, entsprechend dem Quotienten von Osann: S 6AF+2C+F Aus den vorstehend erläuterten Gruppeuwerten wurden die Projektionswerte, und zwar: Beh ab 200 Er N 4+ CHR BO a AR gerechnet, die, als Indizes zu den betreffenden Buchstaben gesetzt, die Typenformel ergaben, die als Grundlage der Dreiecksprojektion gedient hat. s gibt den Wert von S wieder, m bedeutet den Quotienten: 10X (MgO + FeO) F n den Quotienten: 10X Na, 0 A Eine Diskussion der Analysenresultate dieses Gneises im Sinne der Grubenmann’schen Theorie führt zu dem Ergebnis, daß dieselben vollständig innerhalb jener für die I. Gruppe seiner kristallinen Schiefer, der Alkalifeldspatgneise, angegebenen Grenzen gelegen sind, während der Mangel an den speziell tonerdehältigen Mineralkomponenten, Granat, Disthen, Sillimanit, das Phänomen der Kataklase (randlichen Zertrümmerung), welches an einzelnen der Einsprenglinge beobachtet wurde — von den geologischen Lagerungs- verhältnissen vorerst noch ganz abgesehen — wohl für eruptive Herkunft des Materials dieses Gesteines sprechen. Die chemische Konstitution deutet auf ein granitisches Magma, die texturellen und strukturellen Verhältnisse darauf, daß das Gestein in der mittleren Zone hauptsächlich unter dem Einflusse des dort wirksamen einseitig orientierten Druckes (Streß) entstanden ist. Im Sinne Gruben- mann’s müßte es demnach als ein Meso-Glimmeralkalifeldspatgneis (Zweiglimmergneis) angesprochen werden. Der Projektionswert des Augengneises im Osann’schen!) Drei- eck (siehe pag. 683) würde in den dritten Sextanten fallen und somit in den Bereich der granitischen Magmen sowie auch in jenen der Gesteine der Grubenmann’schen?) I. Gruppe kristalliner Schiefer. !) Osann, Versuch einer chemischen Klassifikation der Eruptivgesteine. Tschermak’s Mineralogisch-petrographische Mitteilungen 1900 ft. ?) U. Grubenmann, Die kristallinen Schiefer, Berlin 1907. [1 1] Die Gneiszone des südlichen Schnalser Tales in Tirol. 679 Die Einordnung des Gesteines in das amerikanische System !) zeigt die in diesem Sinne durchgeführte Verrechnung. Aus den Molekularproportionen wurden die „standard minerals“ Magnetit, Orthoklas, Albit, Anorthit, Ilmenit, Diopsid, Hypersthen, Olivin, Quarz gerechnet, ungeachtet ihres tatsächlichen oder nur supponierten Vorkommens im Gestein. Die genannten Mineralien wurden alsdann in charakteristische Gruppen zusammengefaßt wie Sal (das ist Quarz und Feldspäte) und Fem (das ist die Summe aller eisen- und magnesiahältigen Komponenten), deren Verhältnis zuein- ander die Klasse im System bestimmt, während die drei weiteren Unterabteilungen durch die aus der Tabelle ersichtlichen Quotienten gegeben erscheinen. Der Augengneis vom Südausgang des Schnalser Tales. Der makroskopische Befund dieses Gneises sowie aller Vor- kommnisse innerhalb der Gneislinsen ist derjenige eines typischen Augengneises, bei schwankender Ausbildung der Feldspataugen. Von besonderer Größe sind jene des am Südausgang des Tales am rechten Bachufer anstehenden Gesteines, wo durch einen kleinen Bergsturz frisches Material bloßgelegt ist. Von dieser Stelle stammt das Stück, das chemisch analysiert wurde. Unter dem Mikroskop beobachtet man große, einsprenglings- artig entwickelte Augen, die stellenweise Zwillingsbildung nach dem Karlsbader Gesetz zeigen. Diese Augen werden von Biotitblättchen und -lagen bandförmig umgeben, wobei sich die letzteren, ‚eng geschart, an dieselben anschmiegen. Diese Einsprenglinge sind vor- wiegend als Orthoklase kenntlich; sie haben niedrige Licht- und niedrige Doppeibrechung (lavendelgrau und graublau der Newtonschen Skala) und zeigen nirgends eine erkennbare Zwillingsstreifung. Die sehr stark vorgeschrittene Umwandlung in Muskovit, welches Mineral in kleinen, sehr hoch doppelbrechenden, stark glänzenden, gerade auslöschenden Schüppchen alle Individuen des Feldspates durchsetzt, sowie in Kaolin, in Form von matten, erdigen Körnchen, erschweren eine weitere Bestimmung des Feldspates. An einzelnen Individuen desselben wurde eine Spaltbarkeit beobachtet, deren enggescharte feine Risse wahrscheinlich der Spaltung nach ?/ (001) und (010) entsprechen dürften. Daneben beobachtet man stellenweise, nament- lich am Rande einiger der großen Einsprenglinge, eine Andeutung von Zwillingsriefung, die meist sehr schwach und undeutlich, aber immerhin erkennbar, trotz der starken Umwandlung, hindurchleuchtet. Die größeren dieser Feldspäte sind reichlich mit Schnüren von Quarz durchwachsen. Neben diesen Feldspäten ist noch ein anderer, meist wasserklarer, mit schwach gelblichen Tönen polarisierender vorhanden, der meist undulöse Auslöschung zeigt. Dieser letztere Umstand bringt es mit sich, daß die Untersuchung dieser Körner im konvergenten Licht behufs Unterscheidung von Quarz- und Feldspat !) Whitman Cross, J. P. Iddings, L. V. Pirsson, H. S. Washing- ton, Quantitative Classification of Igneous Rocks. (The University of Chicago 1903.) 680 Guido :Hradil. [12] nicht mit ‘voller Zuverlässigkeit durchgeführt werden känn, da die undulöse Auslöschung häufig von optisch anomaler Zweiachsiekeit begleitet zu sein pflegt. Doch deutet der erwähnte, eigenartig hell- gelbliche Ton der Doppelbrechung, der für den Albit so überaus charakteristisch zu sein pflegt, darauf, daß man es mit Körnern dieses Minerals zu tun habe. Der Biotit, mit schokoladebraunen und hellgelblichen Tönen stark dichroitisch, bildet Lagen, welche die Feldspataugen umfließen. Ein glasglänzendes, hellgrünes Mineral, das in körnchenförmigen Aggregaten und Haufenformen im Gestein ziemlich reichlich eingestreut ist, ist zufolge sehr hoher Licht- und hoher Doppelbrechung als Epidot kenntlich, während Titanit, in harzartig glänzenden, grünlichgelben körnigen Aggregaten von sehr hoher Licht- und Doppelbrechung in auffallender Menge im Gestein vorhanden ist. Magnetit ist verhältnismäßig selten. Der Quarz bildet mit den Albitkörnern Lagen zwischen den Glimmerhäuten, das ge- samte räumliche Gefüge der Gemengteile zeigt allenthalben Kri- stallisationsschieferung (Parallelanordnung der Gemensteile nach breiten Flächen). Einzelne größere wasserklare Prismen, teils mit, teils ohne Endflächen, von hoher Lichtbrechung (Brechungsexponent schätzungsweise 16 bis 1:7) mit gerader Auslöschung und sehr niedriger Doppelbrechung (etwa 0'002) sind als Zoisit kenntlich, doch erscheint dieser Gemengteil im’ Gestein sehr spärlich verteilt. Die Struktur des Gesteines ist: eine grobe Einsprenglingsstruktur (por- phyroblastisch nach Grubenmann), die Textur eine schon makro- skopisch gut wahrnehmbare Paralleltextur. Für die Feldspatuntersuchung wurde Material verwendet, welches durch Zertrümmerung einer größeren Anzahl von Feldspataugen aus dem Gneis von obiger Lokalität gewonnen wurde. Sämtliche Feld- späte zeigten intensive Durchwachsung mit Glimmer (Biotit) und Quarz; durch fraktioniertes Absieben und Abschlämmen des zer- kleinerten Materials wurden Körner von gleicher Größe gewonnen, die alsdann der Behandlung mit Thoulet’scher Lösung unterworfen wurden, um auf diesem Wege möglichst reines Feldspatmaterial von gleicher Dichte zu erhalten. Die einzelnen, nach jedesmaliger tropfenweiser Verdünnung der Flüssigkeit im Scheidetrichter ge- fällten Fraktionen wurden stets mikroskopisch untersucht und dieses Verfahren solange fortgesetzt, bis das Material anscheinend frei von Glimmer- und Quarzbeimengungen war und nur noch aus Feldspat- körnern gleicher Dichte bestand, welch’ letztere, wie oben bemerkt, bestimmt wurde. Unter dem Mikroskop zeigt der Feldspat im Dünnschliff eine äußerst starke Durchwachsung mit Glimmerleistehen und -blättchen, die parallel orientiert erscheinen; neben diesen aus farblosem Glimmer bestehenden Einwachsungen sind noch größere Individuen von schoko- ladebraunem Biotit vorhanden, rings eingeschlossen von einem Kranze farbloser Glimmerleistchen;; diese Glimmereinschlüsse erreichen stellen- weise beträchtliche Größe. An einzelnen Stellen zeigt der Feldspat überdies mikroperthitische Einwachsung von Plagioklaslamellen, die durch ihre hellere Interferenzfarbe auffallen. Nester und haufenförmige Gebilde von Glimmer und feinkörnigem Quarz (Sandquarz) sind ziem- [13] Die Gneiszone des südlichen Schnalser Tales in Tirol. 681 lich häufig und es durchsetzen das Mineral zahlreiche feine Spalten und Risse,: die mit den beiden letztgenannten Mineralien vollständig ausgefüllt sind. Zufolge dieser intensiven Durchwachsung des Feld- spates mit Glimmer liegt die Vermutung nahe, daß trotz des oben geschilderten Trennungsverfahrens noch Teilchen dieses Minerals in dem zur Analyse verwendeten Pulver vorhanden waren, welcher Um- stand mit Rücksicht auf den .bedeutend geringeren Kieselsäuregehalt des Glimmers gegenüber dem Feldspat wohl ein Herabdrücken des Wertes für &0, zur Folge gehabt haben dürfte; der Mangel an 7 Molekülen Si 0, bei Berechnung der Feidspatformel ließe sich auf diese Weise erklären. Die mikroperthitischen Einwachsungen von Plagio- klaslamellen (Albit oder Kalknatronfeldspat) haben zweifelsohne den für Orthoklas relativ hohen Betrag von Na, 0 sowie die geringe Bei- mengung von Ca0 bedinst, so daß man von der Annahme einer isomorphen Beimischung des Moleküls Na AlSi, OÖ, und Ca Als Sig Og zur Orthoklassubstanz absehen kann. Der Eisen- und geringe Magnesium- gehalt, den die Analyse angibt, stammen zweifellos von den erwähnten Biotiteinwachsungen. Aplitähnlicher 6neis von Kompatsch. Steigt man westlich von dem Weiler Kompatsch, etwa bei Kote © 541 (Karte 1:25.000) an der. Straße Staben—Naturns gegen Norden an, so trifft man unmittelbar am südlichen Rande der ersten Gneislinse auf ein Gestein, welches, nur auf einen engen Raum be- schränkt, den Übergang von Augengneis zum Glimmerschiefer im Liegenden der Gneislinse bildet und sich wesentlich von den übrigen Erscheinungsformen des Glimmerschiefers in der Nähe des Augen- gneises unterscheidet, namentlich auch von jenen, die im vorstehenden unter der Bezeichnung „UÜbergangsschiefer“ zusammengefaßt worden sind..Es ist ein vollkommen schiefriges, nahezu völlig weißes Gestein, das in seiner Hauptmasse aus Feldspatsubstanz besteht, die in Lagen angeordnet erscheint, welch’ letztere mit dünnschichtigen Zügen von Muskovit alternieren, wodurch eine vollkommene Schieferung zustande kommt. An anderen Punkten dieses nur wenig mächtigen Vorkomm- nisses erscheint dasselbe Gestein in etwas anderer Ausbildung, führt mehr Glimmer in den Zwischenlagen, die hier noch dünnschiefriger sind, auch tritt neben dem hellen Glimmer Biotit auf, wodurch das Gestein eine dunklere Färbung erhält; zwischen diesen beiden Extremen treten alle möglichen Zwischenstufen auf, in Farbe sowohl als in den Quantitäts- verhältnissen der angeführten Mineralien wechselnd. Unter dem Mikro- skop beobachtet man, daß die Hauptmasse des Gesteines vom Feldspat gebildet wird, der, mit Quarzkörnern gemischt, eine feinkörnige Struktur bedinst. Einer von den größeren, einsprenglingsartig entwickelten Feldspäten zeigt deutliche Zwillingslamellierung und bei symmetrischer Auslöschungslage der letzteren eine Auslöschungsschiefe von 17°. Außer diesen zwillingsgestreiften Feldspatindividuen sind noch andere, mattgrau polarisierende, in Form von Körnern und läng- lichen Kristallfragmenten entwickelte vorhanden, von denen einzelne in der Längsrichtung eine feine, gute Spaltbarkeit besitzen; eine 682 Guido Hradil. [14] nähere Bestimmung dieser letzteren ist zufolge ihrer Kleinheit nicht. ausführbar. Überdies jst Quarz in kleinen Körnern vorhanden, welche im Vereine mit den Feldspatkörnern eine ausgezeichnete Kristallisations- schieferung zeigen, indem die genannten Gemengteile kristallographisch regelrecht orientiert sind, ihre größten, mittleren und kleinsten Durch- messer ungefähr in derselben Richtung haben. Der farblose Glimmer, möglicherweise aus dem Biotit zufolge des bekannten Prozesses der Ausbleichung hervorgegangen (durch Auslaugung und Abfuhr des Eisen- gehaltes), zeigt Glasglanz, besitzt mittlere Lichtbrechung (schätzungs- weise zirka 1'5), sehr hohe Doppelbrechung in den an dem Vorhanden- sein von Spaltrissen kenntlichen Durchschnitten senkrecht zur Basis (mit Polarisationsfarben der 3. und 4. Ordnung) sowie niedrige Doppel- brechung in basischen Spaltblättchen. Alle diese Merkmale sprechen für Muskovit. Der Biotit scheint auch das Ausgangsprodukt gewesen zu sein für den ziemlich reichlich vorhandenen Chlorit; dieser zeigt niedrige Doppelbrechung bei positivem Charakter und einer starken Achsendispersion Bu 35 was den optisehen Eigenschaften des Klinochlors entspricht. Epidot (Pistazit) ist in einigen Körnern, Titanit in zahlreichen kleinen, walzen- förmigen Individuen vorhanden, die manchenorts die charakteristische Rlhombenform erkennen lassen und stellenweise zu Haufen geschart erscheinen. Überdies sind isotrope, stark lichtbrechende Splitterchen von Granat im Gestein, wenn auch nur vereinzelt, vorhanden. Die Struktur des Gesteines ist durch eine außerordentlich intensive, feine, das ganze Gewebe durchsetzende Fältelung gekennzeichnet, welche auf dem Querbruche auch schon makroskopisch wahrgenommen werden kann. Über die chemische Konstitution des Gesteines gibt nachfolgende Analyse Aufschluß: Aplitischer Gneis, anstehend NW vom Schießstand von Kompatsch. Spezifisches Gewicht: 2:73. | Soda- Flußsäure- Mittel- Molekular- aufschluß | aufschluß werte propor- en ar prozente Ey Gewichtsprozente tionen DEI ELBEN N, 5818 _ 58:18 9696 6673 74.0, 0:77 0:83 080 1:00 0:69 Bes Oyg 196 1:87 1:92 1:26 0:87 Al, O0, 2045 20:42 20-43 20:02 13:82 FeO — — 1:39 1'983 133 MgO 2:06 1:66 1'86 465 321 CaO 1:60 1:58 1:59 2:83 1’95 O4 _ 398 3-98 4-23 2:92 Nn,0,;. En 743 743 1199 8:28 H,0 —' —. _ 0'45 _ — A,OFESNE he 2 1:87 se ei | Summe _ — 99:90 — — | !) Unter 110° C (bygroskopisches Wasser). ?) Über 110° C (Glühverlust). [15] Die Gneiszone des südlichen Schnalser Tales in Tirol. 683 Werte nach Osann-Grubenmann: 8 —.66'93' m. —=.100 2= 120 n—"78 BZ Ta NG Typenformel: a Sa. = 200 \ K—= 08. f= 32 Ser; Ag &9 I; 2 4'061. 5: — 640 0 Projektion nach Osann. Nr. 1. Augengneis vom Südausgang des Schnalser Tale . Nr. 2. Aplitischer Gneis von Kompatsch. Der verhältnismäßig niedere Betrag von &0,, der den Wert 5 = 67 bedingt, sowie das Ansteigsen des an Tonerde gebundenen Alkalibetrages a auf Kosten der Werte c und f deuten an, daß es sich um ein sehr basisches Gestein der I. Gruppe Grubenmann’s (Alkalifeldspatgneise) handelt; nach dem mineralogischen Bestande ist es wahrscheinlich, daß dasselbe als ein Muskovitalbitgneis (Serizit- albitgneis der Grubenmann’schen Systematik) zu bezeichnen ist. Ob es sich um ein umgewandeltes, sedimentogenes Ausgangsmaterial oder ein solches eruptiver Herkunft handle, ist im vorliegenden Falle nicht mit Sicherheit zu entscheiden, da sichere Anhaltspunkte für die eine oder andere Annahme weder im mineralogischen Bestande noch Jahrbuch d. k. k. geol. Reichsanstalt, 1909, 59. Bd., 3. u. 4. IIft. (G. Hradil.) 89 684 Guido Hradil. [16] in den Strukturverhältnissen vorhanden sind (Mangel an Relikt- strukturen). Der Projektionspunkt im Osann’schen Dreiecke fällt in den II. Sextanten (granitische und syenitische Magmen und gewisse chemisch ähnliche Sedimente). Möglicherweise ist die Annahme be- rechtigt, daß es sich um ein Kontaktprodukt zwischen dem eruptiven Augengneis und dem sedimentogenen Schiefer handle, an welchem Bildungsprozeß dann auch der die Eruption des Magmas begleitenden Pneumatolyse eine wichtige Rolle zugesprochen werden dürfte. Durch nachträgliche Vorgänge der Gebirgsauffaltung würde es in den Bereich der in höheren Zonen wirksamen Kräfte versetzt worden sein, hätte daselbst den Prozeß der Metamorphose durchgemacht und die geschilderten charakteristischen Eigenschaften der Gesteine jener obersten Bildungszonen kristalliner Schiefer erhalten. Glimmerschiefer und Amphibolite. Der Glimmerschiefer, der im Untersuchungsgebiete das Haupt- gestein bildet, erscheint fast durchweg in der gleichen, petrographisch wenig wechselnden Ausbildung. Es sind Gesteine von ebenschiefriger Textur, die fast ausschließlich aus Quarz und Biotit bestehen, zu welchen Mineralien stellenweise spärlicher Feldspat als Ubergemens- teil hinzutritt, in anderen Ausbildungstypen ist Biotit und Muskovit gemengt, wodurch die Schiefer eine etwas hellere Färbung erhalten; nur an einer einzigen Lokalität, unmittelbar hinter dem westlich Staben gelegenen Bad Kochenmoos, stehen Glimmerschiefer an, die durch die starke Chloritisierung des Biotits und damit verbundene starke Auflockerung des Gesteinsgefüges auffallen. Auch granat- führende Glimmerschiefer wurden an einigen wenigen Stellen beob- achtet, die meist außerhalb des engeren Untersuchungsgebietes gelegen sind (so zum Beispiel im Penaudtale westlich Karthaus). Die in der Kartenskizze an zwei Lokalitäten des Straßenzuges Staben—Neu-Ratteis vermerkten Amphibolitvorkommnisse sind Gesteine vom gewöhnlichen Typus der Hornblendeschiefer. Sie sind sehr fein- körnig, nahezu dicht und schieferungslos, von dunkelgrüner, stellen- weise dunkelgraugrüner Färbung. Die Textur des Gesteines erscheint massig; unter dem Mikroskop beobachtet man ein feinkörniges Grund- sewebe aus Hornblendeindividuen mit dazwischengelagerten Plagio- klaskörnchen, in welchem größere, einsprenglingsartig entwickelte Hornblende- und Biotitkristalle eingestreut sind, von denen die ersteren stellenweise gänzlich in Chlorit umgewandelt erscheinen. Auch an einzelnen der Biotitkristalle ist die Umwandlung in Chlorit deutlich zu sehen; die Biotitsubstanz geht am Rande in ein anderes, niedrig lichtbrechendes, mit grünen Tönen dichroitisches Mineral über, das sehr niedrige Interferenzfarbe zeigt (eisengrau der Skala). An anderen Stellen zeigt dieses Mineral die eigenartige indigoblaue Interferenzfarbe, die einzelnen Chloriten besonders eigen ist. In reichlichem Maße erscheinen Kalzitmassen in das Grundgewebe ein- gestreut, an ihrem überaus hohen Doppelbrechungsvermögen sowie der bezeichnenden Riefung kenntlich, welche durch die Spaltbarkeit und polysynthetische Zwillingsbildung nach — !/ R (0112), vielleicht auch Be ri ee 117] Die Gneiszone des südlichen Schnalser Tales in Tirol. 685 nach o R (0001) hervorgerufen wird. Einige Körner von Granat sowie von Zirkon sind vorhanden, von welch’ letzterem Mineral einzelne Körner und säulenförmige Individuen den prismatischen Habitus der Kristalle und deren terminale Begrenzung durch Pyramidenflächen noch durch die eiförmig gerundeten Formen hindurch erkennen lassen. Sie besitzen hohen Diamantglanz, schwache lichtgelbliche Färbung bei sehr hoher Licht- und ebensolcher Doppelbrechung (o—z ungefähr — (009). Titanit ist in ziemlich großer Menge vertreten, teils in einzelnen walzenförmigen Körnern, teils in Kornaggregaten, Magnetit in opaken, graumetallglänzenden Massen vorhanden. Die Hornblende besitzt einen Pleochroismus mit: a = gelblichgrün, b = grün, c = olivengrün, mit leicht grünblauer Tönung; die Absorption ist c>b>a; die Auslöschungsschiefe auf einem Schnitte ungefähr nach (010) wurde mit c:c= 14° bestimmt. An einer Stelle desselben Vorkommnisses, und zwar an dessen südöstlichem Rand gehen die geschilderten Amphibolite in Zoisit- amphibolite über; der Zoisit erscheint in einzelnen, stellenweise büschelförmig gescharten Stengeln, welche wasserhell durchsichtig sind, hohes Relief besitzen (Exponent zirka 1'7) und deren rhombisches Kristallsystem an der stets geraden Auslöschung kenntlich ist. Die Doppelbrechung ist überaus niedrig und beträgt ungefähr 0'001 bis 0:007 (Interferenzfarbe: mattgrau der Newton’schen Skala). Auch etwas Quarz ist vorhanden, der durch seine Einachsigkeit von den zahlreichen ähnlichen wasserklaren Feldspatpartikeln zu unterscheiden ist. Der Zwischenraum zwischen den Zoisitsäulchen und -büscheln und den Hornblenden wird von dem teils fein-, teils gröbergekörnten Grundgewebe aus Orthoklas und Quarz eingenommen; überdies er- scheint der Quarz im Gestein in einigen mikroskopischen Nestern und Linsen. . Gangähnliche Einlagerungen. Bei Begehung des dem Etschtale zugewendeten steilen Gehänges östlich von der Mündung des Schnalser Baches stößt man wiederholt auf gangartige Einlagerungen eines dunkel- bis lauchgrünen dichten Gesteins von vollkommen massigem Gefüge; dasselbe ist manchmal sehr fest und hart, manchmal mürbe und leicht zerbröckelnd und zeigt in letzterem Falle die Spuren starker Umwandlung und Zersetzung. Diese Vorkommnisse haben teils den Charakter echter, Schiefer und Gneis unabhängig von der Schieferung durchsetzender, diskordanter Kluftausfüllungen, teils den von konkordanten Einlagerungen (Lager- gängen) bei sehr wechselnder Mächtigkeit, die zwischen einigen Dezi- metern und etwa fünf Metern schwankt. Von dem am Ausgange des Schnalser Tales befindlichen Hotel gerade gegen Norden ansteigend trifft man bei Benützung des kleinen, von der Bauunternehmung des Elektrizitätswerkes angelegten Steiges, der in zahlreichen Serpentinen gegen Osten ausholend, zum südlichen Ende des Zuleitungsstollens 89* 686 Guido Hradil. [18] führt, wiederholt in verschiedener Höhe und an mehreren Punkten des Steiges auf jene Einlagerungen, die im Zustande starker Ver- witterung oit von den rostfarbig verwitternden Glimmerschiefern und Augengneisen schwer zu unterscheiden sind; sie durchsetzen beide letztgenannten Gesteine. Unter dem Mikroskop sieht man, daß das Gestein aus einem gleichmäßigkörnigen Aggregat von Hornblende besteht, in welchem spärliche, aber ziemlich große Aggregate von Chlorit eingestreut sind; auch in kleinen Blättchen zwischen den Hornblendeindividuen ist er vorhanden. An einigen wenigen Stellen des Dünnschliffes sieht man eine geringe Anhäufung von Feldspat- körnern (Orthoklas), der im übrigen Gestein völlig fehlt. Im Gestein reichlich eingestreut ist Rutil, der an den diamantglänzenden, im durchfallenden Lichte honiggelben, gerade auslöschenden, stark licht- brechenden (zirka 2°5) Körnern mit sehr hoher Doppelbrechung kenntlich ist. Diesen Habitus hat das Gestein an allen Lokalitäten, von welchen Proben im Dünnschliff untersucht wurden; das einzig Schwankende ist die Korngröße der Hornblenden, die in einem Gangvorkommnis an dem vorerwähnten Steige in zirka 650 m Höhe viel feiner als in den Gesteinen der übrigen Vorkommnisse gefunden wurde; an derselben Lokalität führt das Gestein auch etwas Quarz, der teils in kleinen Körnern, jedoch nur stellenweise und sehr unregelmäßig, teils in einigen wenigen, stark zertrümmerten (kataklastischen) Linsen eingesprengt erscheint. Die Hornblende zeigt stengelförmige und leistenförmige Anordnung ohne Entwicklung terminaler Flächen und meist richtungs- lose Anordnung der Stengel und Leisten, die sich ohne Zwischenräume eng zusammenfügen. Sie zeigt den Pleochroismus: e= grün, — olivengrün, a = farblos, mit schwach gelblichgrünem Ton. Absorptin:c > b > a. Die Auslöschungsschiefe auf Schnitten ungefähr nach (010), die im konvergenten Lichte das Bild der optischen Normalen zeigen, beträgt: c:c= 14° (gemeine Hornblende), bei anderen Individuen nimmt sie höhere Werte an und erreicht in einem Falle den Betrag: c:c = 25° (Katophorit?). Bemerkenswert erscheint, daß die Hornblende kein Uralit ist. Der Chlorit, in großen Blättern und divergentstrahligen, stellen- weise rosettenförmigen Aggregaten angeordnet, besitzt niedrige Licht- brechung und zeigt eine Interferenzfarbe, welche, bei einer Schliffdicke von 0:03 mm, dem Lavendelgrau (Gangunterschied 97) der Newton’schen Skala und somit einer Doppelbrechung von 0'003 entsprechen würde. Die nach Art der Glimmer sehr vollkommene Spaltung nach (001) gestattet eine genaue Beobachtung des Pleochroismus, welcher zwar sehr schwach, jedoch unverkennbar zeigt: E= gelblichgrün, O = schwach grünlich, fast farblos. 19] Die Gneiszone des südlichen Schnalser Tales in Tirol. 687 Der optische Charakter ist positiv (» > e), der Achsenwinkel nahe- zu 0°. Die geschilderten Verhältnisse charakterisieren den Chlorit als Klinochlor, seine Bildung aus ursprünglichem Biotit ist wahrscheinlich. Das Gestein dürfte eine stark metamorphosierte Einlagerung eines Amphibolits darstellen. Das reichliche Vorkommen von Rutil sowie der ganze an Strahlsteinschiefer erinnernde Habitus des Gesteines gemahnt an jene Vorkommnisse, wie sie von F. Becke im Waldviertel und von R. Schäfer im Allalingebiet beschrieben worden und auch von anderen Orten bekannt sind. Analogien zur Genesis des Augengneises. Zur Deutung der genetischen Verhältnisse des Augengneises könnte allenfalls nachfolgender Versuch einer Erklärung des Zusammen- hanges der erwähnten Gesteinsvorkommnisse herangezogen werden: Ein granitisches Magma ist vor erfolgter Auffaltung des Gebirges in den Komplex sedimentogener, teilweise schon kristallinisch gewordener Schiefer eingedrungen und hat denselben in bald mehr, bald weniger mächtigen, der Schichtung konkordanten, linsenförmigen Einlagerungen durchsetzt und seine Umgebung teilweise unter Mithilfe der die Eruption begleitenden Pneumatolyse beeinflußt; die von einzelnen Stellen des Kontakts erwähnten, unter der Bezeichnung „Übergangsschiefer“ zusammengefaßten Umwandlungsprodukte, das Gneisvorkommnis sowie auch die eigenartigen basischen Einlagerungen von Kompatsch wären Zeugen dieses Prozesses. Durch die nachfolgend einsetzende Gebirgsauffaltung in ge- ringere Tiefen versetzt, wurden diese Gesteine der Einwirkung der dort wirksamen metamorphosierenden Kräfte (namentlich des „Streß*) ausgesetzt. Dieser komplexe Vorgang der Umbildung hat jene Produkte teils eruptiver, teils sedimentärer Herkunft in gleicher Weise ergriffen und selbe zu den kristallinen Schiefern umgewandelt, als welche sie heute vorliegen. Die mächtigen Zertrümmerungszonen, die am Kontakt von Augengneis mit Glimmerschiefer überall auftreten, von welchen beiden namentlich der letztere diese Erscheinung in besonders hohem Grade zeigt (und die beim Baue des Werkstollens beispiels- weise „als druckhafte Stellen“ zu besonderen Maßnahmen zwangen), sind Zeugen für die Auffaltung nach erfolgter Injektion und Intrusion des eruptiven Materials, da sie Stauungs- und Pressungserscheinungen darstellen, wie solche überall da auftreten, wo ein hinsichtlich seiner Plastizität und Zähigkeit so verschiedenartig gebauter Komplex von Gesteinen einer Auffaltung unterworfen worden ist. Der Erklärungsversuch der eruptiven Entstehungsweise des Augengneises mit Zuhilfenahme der Pneumatolyse sowie die Erscheinung der Injektion eines Teiles der Schiefer in der Nähe der Gneiszüge erscheint mit der allgemeinen Auffassung von der Fntstehungsweise der kristallinen Schiefer nieht unvereinbar; nach Michel Levy!) vollzieht sich dieser Vorgang, der eine innige Durchdringung — „une pene- tration intime“ — von sedimentärem mit eruptivem Material bedeutet, !) Michel Levy, Bull. Soc. geol. (3), XVI, 1887, pag. 106. 688 Guido Hradil. [20] im Wege einer Injektion, während Ch. Barrois!) denselben Vor- gang, nämlich die Durchsetzung von Glimmerschiefer mit Feldspat- substanz, als einen sich langsam und sehr ruhig, „comme une lente imbibition“, abspielenden betrachtet wissen möchte. Nach Weinschenk’s Theorie?) über Entstehung kristalliner Schiefer stellen Augengneise nichts anderes als schiefrige Äquivaleute von Granitporphyren dar, die ihre Entstehung der „Piezokristallisation“ und „Piezokontaktimetamorphose* verdanken sollen, jenen hypothe- tischen und unscharf gefaßten Begriffen, deren Wirkungsweise zur Annahme so fernliegender Agenzien, wie der verborgenen, doch an- geblich überaus häufig vorhandenen Eruptivkerne zwingt. Auch die Auffassung des Genannten, durch tektonische Störungen sei das Magma heraufgepreßt worden und hätte sich aktiv an der Empor- stauung der Zentralketten beteiligt, während welcher es „einer lang- samen Kristallisation unter erhöhtem Druck“ anheimgefallen sei, ist eine Ansicht, die mit modernen tektonischen Anschauungen schwer vereinbar ist, und die Entstehung kristalliner Schiefer, ihrer minera- logischen und strukturellen Eigenschaften in befriedigender Weise kaum zu erklären vermag. Was die kontaktliche Beeinflussung der Schieferhülle eines Erup- tivkernes anbelangt, so kommt Grubenmann?) zu der Ansicht, daß die Kontaktprodukte „mit der Art der betroffenen Gesteine und der Masse des intrusiven Magmas mehrfach wechseln“ und daß die Spuren der Kontaktmetamorphose oft verwischt werden und „neben sie, zum Teil auch an ihre Stelle die Produkte der Dynamometamorphose treten“. Insbesondere sei dies in den äußeren Zonen von Kontakt- höfen der Fall, wo diese Verwischung häufig eine gänzliche werde. Ahnliche Vorkommnisse wie die Augengneise des südlichen Schnalser Tales sind in neuerer Zeit mehrfach beschrieben worden, so eines von F. Futterer (l. c.,) aus den Zillertaler Alpen. Das geologische Auftreten jener Gesteine — der Granitporphyr von der Griesscharte — ist dasjenige von Lagergängen, die nach Auffassung des Genannten in zweifellosem Zusammenhang stehen mit dem Granit- kern der Zentralalpen. Die makroskopische Beschreibung dieses Gesteines ist diejenige von grobkörnigen Augengneisen, über deren Genesis der Autor die Auffassung Becke’s teilt, daß man nämlich nicht in der mechanischen Beeinflussung des Gesteines die einzige Ursache für die zahlreich vorhandenen Neubildungen sehen darf, daß diese vielmehr auf Kosten von zirkulierenden Lösungen, welche die Umsetzung ermöglichten, zu setzen sind, wobei der mechanischen Beeinflussung des Gesteines nur die Rolle zufällt, die Zirkulation jener Lösungen ermöglicht zu haben. Ein weiteres analoges Vorkommnis ist der Augengneis vom Keller-Joch bei Schwaz in Nordtirol, das zufolge seiner Ausbildung als Augengneis mit dem vorstehend "beschriebenen am meisten Ähn- ı) Vergl. F. Zirkel, Lehrbuch der Petrographie, 2. Aufl. 1894, III, pag. 183. 2) Vergl. l. ce. I. Teil, pag. 105 und 141. 3) Über den Tonalitkern des Iffinger bei Meran (I. c.) [21} Die Gneiszone des südlichen Schnalser Tales in Tirol. 689 lichkeit zu besitzen scheint. A. Pichler!) hat jenes Gestein für den Gneis des Tonglimmerschiefers gehalten, F. E. Suess?) für ein Sedi- ment, seltsamerweise mit klastischer Entstehungsweise von Orthoklas und Quarz, Becke?°) erkennt es als dynamometamorphes Eruptiv- gestein‘ dieser Auffassung schließt sich auch Ohnesorge*#) an, der das Gestein für eine „stark hydrochemisch und dynamisch veränderte Granitmasse mit sekundär gebildeter Schieferung“ hält, und zwar für einen umgewandelten Granit oder Granitporphyr; jedoch ist er im Gegensatz zu Becke der Ansicht, daß dasselbe zwar eruptiv, aber nicht intrusiv sei, sondern daß ihm die gleiche Orogenese wie dem Glimmerschiefer zukomme, der dem Augengneis angelagert ist; Granit und Schiefer seien also gleichzeitig aufgefaltet worden. In letzterer Beziehung deckt sich also Ohnesorge’s Ansicht mit der im vorstehenden entwickelten Auffassung über die genetischen Verhältnisse des Schnalsertaler Gneises, wenngleich der Auseinander- haltung der Begriffe „eruptiv“ und „intrusiv“ nicht jene Bedeutung zugemessen werden konnte, die ihr Ohnesorge widmet. Vielmehr erschien es wichtiger und vorerst notwendiger, die Eruptivität des Gneises überhaupt zu beweisen und nach Möglichkeit durch über- zeugende Argumente darzutun, was aus den chemischen und minera- logisch-strukturellen Eigenschaften des Gesteines abzuleiten versucht worden ist. Was insbesondere die tektonischen Verhältnisse der Schnalser- taler Gesteine anbelangt, so gehören dieselben zu dem südlichen Teil der Ötztaler Masse, die nach moderner Auffassung einen Teil jenes großartigen Systems von Überschiebungs- und Überfaltungsdecken bildet, dem die westtirolischen und ostschweizerischen Zentralalpen in gleicher Weise zugehören und das durch wurzelloses Schwimmen älterer Gesteine auf den autochthonen jüngeren gekennzeichnet ist, die in einzelnen „Fenstern“ zutage treten. Ob nun der ganze Komplex, bestehend aus dem ursprünglichen Eruptivgestein und den von ihm durchbrochenen sedimentären Schichten, für sich ungestört in der überschobenen Masse lagert, oder ob nicht vielmehr gerade diese Erscheinungen ein Argument für autochthone Auffassung des betreffenden Gebirgsteiles überhaupt zu bilden geeignet wären, ist eine Frage, deren Entscheidung über den Rahmen dieser Arbeit hinausgeht. !) A. Pichler, Beiträge zur Geognosie Tirols. Jahrb. d. k. k. geol. R.-A., Wien 1868, pag. 46. 2) F. E. Suess, Das Gebiet der Triasfalten im Nordosten der Brennerlinie. Jahrb. d. k. k. geol. R.-A., Wien 1894, pag. 629. 3) F. Becke, Bericht über die Aufnahme in den Zentralalpen. Akademischer Anzeiger 1898, Nr. 1. *) Der Schwazer Augengneis (l. c.). 690 Guido Hradil. [22] Zusammenfassung der Ergebnisse. Bei einem Rückblick auf das Untersuchungsgebiet an Hand der geschilderten geologischen und petrographischen Verhältnisse können nachfolgende Hauptergebnisse der Untersuchung hervor- sehoben werden: 1. Der Komplex von Glimmerschiefer, der in ziemlich ein- förmiger petrographischer Ausbildungsweise das Nordgehänge des Etschtales bei Naturns bildet, erscheint in dem ganzen Raume seiner westöstlichen Erstreckung von Gneisen durchzogen, welche zufolge ihrer Ausbildung als grobstruierte Augengneise mit dem vorer- wähnten Schiefer in besonders auffallender Weise kontrastieren. Die Gneiszüge, dem Schieferkomplex konkordant eingefügt, fallen gleich diesem gegen Norden und sind allenthalben von sehr mächtigen rand- lichen Zerträmmerungszonen umgeben. Das petrographische Aussehen des Augengneises ist, wie zu zeigen versucht wurde, das eines durch Metamorphose umgewandelten Eruptivgesteines; einzelne gangähnliche Vorkommnisse von basischen Gesteinen, die den gesamten Schichtenkomplex durchsetzen, können entweder als metamorphosierte Amphibolite oder als ursprüngliche magmatische Differentiationsprodukte gedeutet werden. Gneis und Glimmerschiefer zeigen überall Spuren von starker dynamischer Inanspruchnahme (Auffaltung). 2. Der Augengneis der erwähnten Lokalität kann als Meso- alkalifeldspatgneis (der Grubenmann’schen Systematik) aufgefaßt werden. 3. Der aplitähnliche Gneis von Kompatsch kann als Serizitalbit- ‚gneis bezeichnet werden. 4, Der Feldspat, der die großen Einsprenglinge im Augengneis des südlichen Schnalser Tales bildet, ist ein Orthoklas. 5. Amphibolite und Zoisitamphibolite sind weiter nördlich im Tale dem Gneis-Glimmerschiefer-Komplex in lokal wenig mächtigen Einlagerungen eingeschaltet. 6. Der Glimmerschiefer, der in seiner petrographischen Aus- bildung wenig wechselt, zeigt an vielen Stellen in der Nähe des Gneises die Erscheinung der Injektion mit Feldspatsubstanz, welches, als Injektionsschiefer zu bezeichnendes Gestein, den UÜber- gang zwischen Augengneis und Glimmerschiefer bildet. Augengneise und verwandte Gesteine aus dem oberen Vintschgau. I. Geologisch-petrographischer Teil. Von W. Hammer. II. Chemischer Teil. Von €. v. John. Mit drei Tafeln (Nr. XX—XXII) und drei Zinkotypien im Text. . I. Geologisch-petrographischer Teil. Die neueren Untersuchungen in verschiedenen kristallinen Gebieten haben gelehrt, daß viele der in den älteren Bearbeitungen als Paragneise angesprochenen Gesteine als metamorphe Eruptiv- gesteine aufzufassen sind, daB also die Eruptivgesteine, und zwar besonders die granitischen eine weit größere Ausbreitung im Urgebirge besitzen als früher angenommen wurde. Zu demselben Ergebnis führte auch die geologische Neuaufnahme an der oberen Etsch und ihren Quelltälern. Auf der handbemalten Karte von G. Stache sind in allen Teilen des Kartenblattes Glurns— Örtler der österreichischen Spezialkarte Bänder von „Wackengneis (Serizitknotengneis)* und „porphyrischem Augengneis“ eingezeichnet, welch ersterem von Stache eine bestimmte stratigraphische Stellung im System der kristallinen Schiefer zugewiesen wurde. Auf der neu aufgenommenen Karte nehmen diese Gesteine nun sicher den doppelten Flächenraum ein, so daß neben den zahlreichen mächtigen pegmatitischen Intrusionen die Ausbreitung granitischer und granodioritischer Gesteine als eine unerwartet starke erscheint. Während die Pegmatite ihre ursprüngliche Struktur und Mineral- bestand als Eruptivgesteine noch unverändert bewahrt haben und dadurch einen verhältnismäßig jugendlichen Eindruck machen, heben sich die hier behandelten Gesteine alle durch ihren mehr oder weniger meta- morphen Charakter davon ab, der in ihrer Bezeichnung als Gneise seinen Ausdruck findet. Am mächtigsten entfalten sich derartige Gesteine an der oberen Etsch im Bereich des unteren Münstertales. Von Münster bis zur Mündung in die Etsch bei Glurns verläuft das Münstertal durch ein Massiv von Augengneis, welches sich gegen Norden bis Jahrbuch d.k.k. geol. Reichsanstalt, 1909, 59. Bd., 3. u. 4. Hit. (Hammer u. John.) 90 692 W. Hammer und C. v. John. [2] Scarl, bis ins oberste Uinatal und ins Schlinigtal erstreckt, während es im Süden unter den kristallinen Schiefern des Glurnserkopfes durch bis an den Ausgang des Trafoiertales sich verfolgen läßt, und so eine Ausdehnung erreicht, welche etwa jener der bekannten Brixener Granitmasse entspricht. Bei früherer Gelegenheit wurde für sie der Name Münstertaler Gneismasse gewählt. Eine andere besonders starke Ansammlung derartiger Gesteine ist in der Laaser Gruppe er- schlossen, wo ein System mächtiger und ausgedehnter Lagermassen die Gebirgsgruppe des Hohen Angelus aufbaut („Ängelusaugen- gneis“). Zwischen ihm und der Münstertaler Gneismasse durchziehen weitgestreckte und teilweise beträchtlich mächtige Lager den Ciava- latschkamm und verschwinden am Umbrailkamm unter der Bedeckung mit triadischen Schichten. Zwischen Ciavalatschkamm und Angelus liegt der durch seinen besonderen petrographischen Charakter sich abhebende Gomagoier Granodiorit, der aber auch in enger Beziehung zum Augengneis steht. Auch an der linken Seite der Etsch finden die Augengneise hervorragende Verbreitung. Von Spondinig bis über Schlanders hinaus besteht der Fuß des Gebirges aus einem mehr als 15 km langen Lager und von Schlanders abwärts bis in-die Texelgruppe erstrecken sich zahlreiche Lager verwandter Gneise. Im obersten Quellgebiet der Etsch ist eine bedeutende, in der Art ihres Auftretens der Münstertaler ähnliche Gneismasse im Plawener Tal angeschnitten, welche sich noch in die nördlich davon liegenden Täler (Vivanital, Rieglbachtal) hinüberzieht. Auch in der gegenüberliegenden Zwölferspitzgruppe treten noch größere Lager von Granitgneisen auf und ebenso zahlreiche kleinere im Matscher Tal, welche auch noch innerhalb des Untersuchungsgebietes liegen. Die Münstertaler Gneismasse ist aus einer Anzahl verschiedener Gneisarten zusammengesetzt, wogegen bei den anderen Vorkommen jedes für sich eine mehr einheitliche Gesteinsart besitzt, doch treten bei den größeren derselben immerhin noch verschiedene strukturell und oft in ihrem Mineralbestand verschiedene Abarten auf; besonders ist dies in der Angelusgruppe und in Plawen der Fall. Aus der Gesamtheit aller lassen sich eine Anzahl Hauptformen herausheben, welche durch Übergänge zu einer Reihe aneinander- geordnet sind. G. Stache hat schon 1877 auf die Mannigfaltigkeit in der Ausbildung der Gneise aufmerksam gemacht und verschiedene Typen unterschieden, deren Beschreibung ein weiterer seiner in Gemeinschaft mit ©. v. John herausgegebenen „Geologischen und petro- graphischen Beiträge zur Kenntnis der älteren Eruptiv- und Massen- gesteine der Mittel- und Ostalpen“ gewidmet sein sollte, aber nicht mehr zur Ausführung gelangte. Als Nachfolger im tirolischen Aufnahmsgebiete Staches ver- suche ich hier eine Darstellung und Ordnung dieser Gneise zu geben und habe mich dabei desselben Mitarbeiters für die chemische Untersuchung der Gesteine zu erfreuen, der seinerzeit Stache zur Seite stand als Petrograph und Chemiker, Herrn Regierungsrat C.v. John; im I. Teil der Arbeit sind die Ergebnisse seiner chemischen Untersuchungen niedergelegt. TR en 1? [3] Augengneise und verwandte Gesteine aus dem oberen Vintschgau. 693 A. Petrographische Beschreibung und Verbreitung. Augen- und Flasergneise. Der größte Teil der Vintschgauer Orthogneise ist unter diesem Sammelnamen einzureihen und infolgedessen sind innerhalb der Gruppe wieder feinere Abteilungen voneinander noch zu unterscheiden. Gemeinsam ist allen eine mehr oder weniger ausgeprägte lenti- kuläre Textur, hervorgerufen durch die zahlreichen großen augenartig heraustretenden Alkalifeldspate; in der Zusammen- setzung stimmen sie in diesen meist nach dem Karlsbader Gesetz ver- zwillingten Feldspaten sowie in dem Vorwalten des Muskovits gegen- über dem Biotit überein mit Ausnahme der Biotitaugengneise des Schnalstales. Auf den Schieferungsflächen erblickt man fast bei allen Abarten Flecken oder Flasern von Serizit und daneben einzelne größere Blättchen von Muskovit und seltener solche von Biotit. In der Struktur sind alle Abstufungen von nahezu richtungslos körnigen, schwach ge- schieferten bis zu solchen mit feinster Kristallisationsschieferung innerhalb jeder ausgebreiteteren Abart anzutreffen. U. d. M. wurden die Alkalifeldspate manchmal als Orthoklas, weit öfter aber als Mikroklin und besonders Mikroklinperthit bestimmt. Außer ihm ist stets noch ein saures Glied der Kalknatron- Feldspatreihe (Albit-Oligeklas) vorhanden. Quarz ist in allen Arten in bedeutender Menge enthalten. Die großen Mikrokline, beziehungsweise Orthoklase zeigen selten noch Kristallformen, meist sind sie linsen- förmig; eine strenge Scheidung von Einsprenglingen und Grundgewebe ist in der Regel nicht vorhanden. a) Augengneis der Laaser Gruppe (Angelusaugengneis) und des Ciavalatschkammes. Das im großen massig brechende Gestein besitzt eine ausge- prägt schiefrig-Naserige Textur. Die großen Alkalifeldspäte drängen sich so, daß man eher von grober Flaserung als von Augenstruktur sprechen kann, doch fehlen auch nicht solche, welche durch die geringere Menge des Feldspats und ein feineres Korn des Grund- gewebes eine sehr deutliche Augengneisstruktur besitzen. Die Feld- spataugen erreichen Längen bis zu 2 cm, noch größere sind selten. Von den grobflaserigen leiten alle Übergänge “über bis zu fein- schiefrigen, in denen die Feldspataugen fast gänzlich verschwinden, das Korn des ganzen Gesteines ein feines ist. In dem Mineralbestand entsprechen die Angelusgneise der oben als Typus der ganzen Augengneise angegebenen Kombination. Auf dem Hauptbruch sieht man kleine Muskovitschuppen, einzelne Biotittäfelchen und überdies meist einen fleckenweisen Überzug von Serizit; im Querbruch herrschen die großen Feldspate, welche nur selten ihre idiomorphe Entwicklung bewahrt haben, und das grob- körnige, in der Regel nur undeutlich von den „Einsprenglingen“ sich abhebende Gemenge von Feldspat und Quarz. U. d. M. erscheint als 90* 694 W, Hammer und C. v. John. [4] Hauptbestandteil Mikroklin, sehr oft mit perthitischer Durchwachsung, daneben Oligoklas. Das Gestein ist sehr reich an Feldspat, doch ist, wie schon aus dem Überschuß an 8/0, in der Analyse ersichtlich ist, ein starker Gehalt an Quarz daneben vorhanden. Die Einspreng- lingsfeldspate zeigen auch im Mikroskop keine Eigenformen, Mikroklin- sitterung und daneben oft noch die perthitische Durchäderung. Außer den Einsprenglingen ist auch ein großer Teil der Feldspate des Grundgewebes, das, wie bereits oben bemerkt, durch Übergänge mit den ersteren verbunden, Mikroklin, der Rest des Feldspats Oligoklas. Der Glimmer erscheint erößtenteils als Muskovit. Kleine klare Muskovittäfelchen kommen auch als Einschlüsse in den Plagioklasen vor. Die Menge des Glimmers ist im allgemeinen eine geringe. Als Seltenheit sind Myrmekitkörner zu erwähnen; Apatit und Zirkon sind als Ubergemengteile dort und da eingestreut. Die Gneislager des Ciavalatschkammes und des Muranzatales entbehren besonders im südlichen Teil der Augengneisstruktur auf weite Strecken fast ganz und nähern sich rücksichtlich des Glimmers den reinen Muskovitflasergneisen, während die Lager in der Laaser Gruppe fast durchweg den Biotit deutlich hervortreten lassen. Ein- zelne Zwischenlagen biotitfreier Muskovitgneise beobachtete ich auch in der Argelusgruppe, zum Beispiel am Ostkamm der Tschengelser Hochwand. Auf die Erscheinung der Kataklase und der Druckschieferung wird weiter unten noch zurückgekommen werden. Als Vertreter dieser Unterabteilung der Augengneise wurde eine Gesteinsprobe aus den Blockhalden des Vertainspitz und des Angelus ober Sulden zur chemischen Untersuchung ausgewählt: Analyse Nr. 1 des II. Teiles dieser Arbeit. Um den Vergleich mit der petrographischen Beschreibuug zu erleichtern, sollen die ein- schlägigen Analysen jeweils auch dem entsprechenden Abschnitt des 1. Teiles beigefügt werden. Prozent Or Ts AL On a 3:48 MI BEE N 6100 RE 2... 21598 O0 Far.) 2088 MgyO nn Mnle K,.0: Wahre). SEN Na, OR SL. m RD D EN: EN Glühverlust . OB 10060 Der geringe Betrag des MgO bestätigt, daß Biotit nur in unter- geordnetem Grade an der Zusammensetzung des Gesteines beteiligt ist. Die Zahl von K,O wird nur noch im Sesvennagranit übertroffen. Die zahlreichen großen Mikrokline und der Kaliglimmer partizipieren [5] Augengneise und verwandte Gesteine aus dem oberen Vintschgau. 695 daran; der Plagioklas muß den sauren Endgliedern der‘ Reihe nahe stehen und ist auch an Menge zurücktretend. P,0- entspricht dem akzessorischen Apatit. . b) Schlanderser Gneis. Mehr in der Analyse als beim Anblick des Gesteines tritt die enge Verwandtschaft der Laaser Gesteine mit dem mächtigen, lang- gedehnten Gneislager hervor, welches den Fuß des Gebirges von Spondinig bis Schlanders einnimmt. Es ist ein weißer oder lichtgrauer, stark schiefriger Gneis, bei dem die Augenstruktur meistens fast ganz verschwindet, und wo größere Feldspate einge- sprengt sind, sind sie verdrückt, zu Flasern ausgequetscht und heben sich wenig von dem feinen Quarzfeldspataggregat des Gesteines ab. Dagegen trifft man in dem sonst gleichgearteten höheren Muskovit- sneishorizont, der unter dem Zerminigerspitz durch ins Penauder Tal hinüberstreicht, die Augenstruktur wieder deutlicher ausgeprägt. In dem Spondinig-Schlanderser Gneislager herrscht durchweg ausge- prägteste Schieferung bis zu phyllitähnlichen Schieferungsformen; dabei sind die Schieferungsflächen von sehr feinen in Serizit übergehenden Muskovitschüppchen bedeckt. Wo die Muskovitblättchen größer werden, zeigen sie gern einen leicht grünlichen Schimmer. Biotit ist nur ganz selten mit freiem Auge zu sehen. U. d. M. zeigt das Gestein die stärkst ausgebildetste Kristallisationsschieferung. In der Zusammensetzung entspricht auch dieses sowie die begleitenden kleineren Lager (Gadria, Zerminiger) dem oben für die ganze Gesteinsgruppe aufgestellten: Mikroklin, Perthit, wobei der Alkali- feldspat auch in den makroskopisch kaum mehr als Augengneis zu bezeichnenden Ausbildungsformen durch seine Größe aus allen anderen Bestandteilen hervortritt; daneben enthalten sie meist mehr Plagioklas (Albit-Oligoklas) als die anderen Typen und dieser ist manchmal gleich wie der Mikroklin durch Größe hervortretend. Ein- geschlossen in ihm sind ebenso wie bei manchen Proben aus der Laaser Gruppe zahlreiche kleine, gut ausgebildete Muskovittäfelchen. Der Glimmer, welcher die Schieferungsflächen bedeckt, besitzt einen Pleochroismus von sehr Blaßrötlichgelb zu Blaßgrün und zeigt, im Spaltblättchen untersucht, den großen Achsenwinkel des Muskovits. Nur in vereinzelten Fällen trifft man noch Biotit, beziehungsweisa dessen chloritisches Umwandlungsprodukt in einzelnen Lagen des Gneises. Im ganzen tragen sie die Tracht eines Muskovitgneises an sich, die stärkst geschieferten Partien aber völlig die eines Muskovit- phyllits, so daß sie an dem Gelände des Eyerser Sonnenberges, wo daneben auch die Serizitphyllite des Verrucano auftreten, mehrfach von diesen nicht mehr zu unterscheiden sind. Infolge ihrer vom Tallauf abweichenden Streichungsrichtung verlassen sie östlich von Schlanders den Fuß des Gebirges und ziehen in die Kammregion empor, wo sie an den Marzollspitzen ober Kastelbeli eine mächtige Entfaltung erreichen. Als Typus der Schlanderser Gneise wurde das Gestein des Steinbruches ober dem Dorf Schlanders zur chemischen Prüfung ausgewählt: Analyse Nr. 2 des chemischen Teiles. 696 W. Hammer und C. v. John. [6] Prozent SO Al NE re»: OER AL Opisub. uno. 1998, Ra Ossisee Mann. OR PO SIR E U; 0 .) MO EN ea FOSDA Klee.) ea Nas 0) ö : 5 r 3 2:15 TEN ER N) | BO rer Glühyerliust:.. .. Snlald 10028 Der Wert von MgO ist noch kleiner als bei An. 1; Biotit tritt ganz zurück. Der Plagioklas muß, da er doch in beträchtlicher Menge vorhanden ist, eine dem Albit nahekommende Zusammensetzung haben, da der Ca O noch niederer ist als bei l und nur im Plawener Gestein noch tiefer sinkt. Der Verminderung der K-Feldspate geht eine solche der K, O parallel. c) Gneis mit rotem Feldspat. Hier kann eine Abart der Augengneise angereiht werden, welche im Mineralbestand und Struktur den Laaser Gneisen entsprechend, doch durch ein paar Merkmale sich auffällig abhebt. Es ist ein Augen- gneis von ausgeprägt flaserig-lentikulärer Textur, dessen Feldspat- augen hellrot (menningrot) gefärbt sind, während die Schichtflächen mit lebhaft grünem Serizit überzogen sind. Aus der Serizithaut leuchten einzelne größere Muskovitblättchen hervor; die Größe der Feldspat- augen entspricht ungefähr der der Angelusaugengneise. Eine zweite Eigenheit dieser Gesteine, für welche eine Erklärung schwer zu geben ist, liegt darin, daß sie mit Ausnahme eines Vor- kommens am Fernerspitz (Sesvennastock) stets von Verrucano über- lagert werden, sie also stets an der Transgressionsfläche liegen. So begleiten sie den Verrucano von Dörfl bei St. Valentin a. d. Heide über den Kamm der Pleisköpfe bis ins Vivanital, und in gleicher Gesellschaft treten sie im mittleren Schlinigtal (linke Talseite), am Rimsspitz (südlich Schlinigpaß), ferner am Mot del hom im Sesvennatal und am Ostkamm des Piz Plazer auf. Verfolgt man die Verrucanozone im Vivanital, so hat man auf der linken Talseite unter dem Verru- cano diese Gneise, jenseits der Talalluvionen aber, an der rechten Talseite erscheint in derselben Lage ein grobkörniger Muskovitgranit, der durch die Größe seiner Bestandteile, sowohl des Feldspats and Quarzes als auch der Muskovittafeln stellenweise ganz den Charakter eines Pegmatits annimmt, dabei sind aber die Feldspate eben so lichtrot gefärbt wie in dem Augengneis. Der pegmatitische Charakter und die Färbung des Feldspats verliert sich gegen den Kamm (des Hengst) hinauf rasch gänzlich und das Gestein trägt in der weiteren Erstreckung den Charakter eines Muskovitgranits von der Art des klein- [7] Augengneise und verwandte Gesteine aus dem oberen Vintschgau. 697 körnigen Granits des Avignatales, der weiter unten zur Beschreibung kommt. Am Pleiskopf geht der Gneis mit rotem Feldspat rasch in einen Augengneis über, welcher zwischen Laaser und Münstertaler Typus schwankt; an der anderen Talseite trennt ein Streifen Paragneis den Granit von dem Kagenal welch letzterer am Rande auch noch rötlich gefärbte Feldspate enthält. . Bei Dörfl enthält der Gneis lokal Eisenglanz in großer Menge und hat dadurch Anlaß zu alten Schürfversuchen gegeben. U. d. M. ordnet er sich völlig dem Bilde des Augengneises ein: Mikroklin und Orthoklas in großen Körnern ohne Eigen- form, mit oft sehr schön ausgebildeter Perthitbildung, viele kleine Plagioklase (Albit-Oligoklas), Quarz in kataklastischen Aggregaten, Serizitsträhne, Muskovit und auch etwas Biotit. Die Färbung des Feldspats verschwindet im Dünnschliff Zur Analyse wurde ein Handstück von Dörfl (von an makro- skopisch eisenglanzfreien Partien) gewählt: Analyse Nr. 3: Prozent al ae rk 1 be) Al, O; REN. DEM 2 2 a 9 kai EL 0 2 a a NE ORTE NONE. NR PIERRE TE 2 a er u a BIPIL NE OR URL BERGER TE URNE P, 0; = P . = . 025 Glühverlust . . . 094 10049 Die Analyse zeigt die nahe Verwandtschaft dieses Gesteines mit den vorhergehenden Gneisarten. Es ist etwas quarzreicher (siehe den Wert von K bei An. 3 im II. Teil). Da der Gehalt an MyO der kleinste ist, der bei allen diesen Gneisen beobachtet wurde, ander- seit der Eisengehalt ein etwas höherer als bei 1 und 2, so ist ent- weder der wenige Biotit sehr eisenreich oder es ist vielleicht die Färbung der Feldspate auf Fe und dazu gerechnete Spuren von Mn zurückzuführen. d) Grauer Gneis des Münstertales und von Plawen. Der östliche Teil der Münstertaler Gneismasse wird von einer Abart zusammengesetzt, welche zunächst durch ihre gleichmäßig ziemlich dunkelgraue Farbe von dem südlicheren Gneisvorkommen sich abhebt. Das grobkörnige Gestein ist fast immer geschiefert oder geflasert, selten nur ohne deutliche Schieferung und meistens treten große graue Karlsbader Zwillinge (bis zu 2 cm Länge) mit mehr weniger linsenförmigem Umriß und blinkenden Spaitflächen vereinzelt eingestreut auf. Ein schwacher dunkelgrüngrauer serizitischer Belag 698 W. Hammer und C. v. John, [8] ist fleckenweise an den Flaserflächen zu sehen, aus dem sich kleine Muskovitschüppchen herauslösen, daneben sind in beträchtlicher Menge, manchmal mehr als Muskovit, kleine Biotittäfelchen im Gestein ver- streut. U. d. M. betrachtet erscheint die Menge des Biotits oft noch bedeutend größer, als man mit freiem Auge erwartet; er ist häufig in Chlorit übergeführt ‚und auch mit Muskovit parallel verwachsen. Im allgemeinen überwiegt aber doch noch der Kaliglimmer. Der Alkalifeldspat zeigt ziemlich selten die Mikroklingitterung — am besten ausgebildet traf ich sie in stark gequetschten Partien — ebenso ist Durch- wachsung mit Albit nicht häufig. Neben den Augenmikroklinen treten auch kleine Mikroklinkörner im Grundgewebe auf. Auch in den Teilen, welche makroskopisch nicht als eigentliche Augengneise bezeichnet werden können, ist der Orthoklas in größeren Individuen entwickelt als der an Menge sehr zurücktretende Albit oder Albit-Oligoklas. Manche Proben sind durch einen sehr hohen Quarzgehalt ausgezeichnet und nehmen bei gleichzeitiger starker Kristallisationsschieferung den Habitus eines quarzreichen Muskovitglimmerschiefers an, zum Beispiel bei Schleis. U. d.M. zeigt das Schleiser Gestein Flasern und Lagen zer- trümmerter Quarze, Flasern von Serizit und Quarz, dazwischen größere Muskovite und einzelne grobe Feldspatkörner. Die typischen Formen der grauen Gneise nehmen die tieferen Teile des großen Gneis- gewölbes ein, in welches die Münstertaler Gneismasse aufgebogen ist, also besonders die Mündung des Münstertales bei Glurns und Laatsch ; in den hangenden Teilen treten einerseits Annäherungen an die Laaser Gneise, bei Taufers und am Tellakopf aber Übergänge in die geschieferten Teile der feinkörnigen Muskovitgranites von Krippen- land ein. Mit diesem besitzen sie auch in den typischen Formen in der Mikrostruktur Ähnlichkeit durch die innige Durchwachsung der farblosen Bestandteile. Das Analysenmaterial entstammt den typischen grauen Gneisen ober Laatsch. Analyse Nr. 4: Prozent N a) BASS a ER. 2 He >. OO Be TB 00 BET. ee Fi Mo OT ee a RO ne Ve NO er. © 7 ra Tee 7,0: ET AL =. Glühverlust:. BET 100:12 Im chemischen Bestand tritt der Unterschied gegenüber den Laaser und Schlanderser Gneisen fast stärker hervor als, in dem Mineralbestand. Ubereinstimmend mit der Zunahme des Biotits ist der [9] Augengneise und verwandte Gesteine aus dem oberen Vintschgau 699 größere Wert der femischen Bestandteile und ebenso entspricht der gerinzeren Menge von Feldspataugen ein Sinken der Alkalienwerte in der Analyse. Dagegen ist der hohe Betrag von CaO schwerer aus dem petrographischen Befund zu erklären, doch läßt das Vorhandensein von neu&ebildetem Kalzit, das auch am hohen Glühverlust erkenntlich ist, darauf schließen, daß ein basischer Plagioklas in Albit und Kalzit zerfallen ist. Ein zweites Verbreitungsgebiet „grauer Gneise“ liegt östlich der Malser Heide und ist vor allem im Plawenertal gut auf- geschlossen, dessen beiderseitige Berghänge fast ausschließlich von im aufgebaut werden. Dieses Massiv erstreckt sich aber noch weiter nach Norden; ihm gehört das Großhorn mit seinen westlichen Seiten- kämmen und der Habicherkopf an; das Verrucano-Triasgebiet des Jaggl (beziehungsweise das Band von Gneis mit rotem Feldspat) überlagert ihn im Norden; im Süden und Osten wird es am Kamm gegen das Planailtal von sedimentogenen Zweiglimmer- gneisen überdeckt. Auch hier halten sich die typischen grauen Gneise an den inneren Teil, während in den oberen Teilen und besonders im Nordosten, am Habicherkopf, Ubergänge zur Art der Laaser Gneise sich herausbilden. Sie teilen mit dem Münstertaler Gneis die graue Färbung des ganzen Gesteines, wie auch die der fast immer als Karlsbader Zwillinge gestalteten Feldspateinsprenglinge; die Textur und Struktur wechselt öfter als dort, neben stark geschieferten Streifen, in denen die Feld- spate ganz verdrückt sind und viel Glimmer und Serizit sich gebildet hat, stehen sehr oft Lagen an. die nur ganz wenig geflasert sind und dicht erfüllt von großen schönen Feldspatkristallen bis zu 4cm Länge, kreuz und quer gestellt; der Glimmer ist dann in Nester verteilt. An dem Felsrücken, an welchem die Plawener Alpe liegt, und an dem SO-Kamm des Großhorns, nordwestlich der Alpe, erscheinen ganz richtungslos struierte derartige Gesteine, welche daher ebenso zu der unten angeführten Gruppe der Porphyrgranite gestellt werden können und auch chemisch von den grauen Gneisen — sofern man für die der Plawener Masse eine gleiche Zusammensetzung mangels einer be- sonderen Analyse aus der petrographischen Übereinstimmung an- nehmen kann — verschieden und mehr dem Porphyrgranit des Ses- venna nahestehend sind. Sie sind aber nur ganz undeutlich abgegrenzt von den grauen Plawener Gneisen und bilden mit diesen eine ein- heitliche Masse, deren Mitte sie einnehmen. Selten sind dünnschieferige Lagen mit vollständigem Verlust der Feldspateinsprenglinge; so steht in dem Kar unter dem Großhorn, nördlich der Plawener Alpe, ein dünnschiefriger Serizitgneis an, der hierher zu stellen ist. Im Dünnschliff sind noch die Reste der Kali- feldspate in dem Serizitflaserwerk zu sehen und Spuren des Biotits. Hierher dürfte auch der phyllitische Schiefer, rechts am Eingang in den südlichen Talaiwaldgraben, südlich Dörfl, gehören. Die schiefrig-flaserigen Zonen weisen im Dünnschliff einen geringeren Gehalt an Mikroklin auf. Man trifft alle Abstufungen von soJehen, welche noch große Feldspateinsprenglinge und daneben eine Generation kleiner Mikrokline neben dem Plagioklas enthalten, bis zu Jahrbuch d. k.k. geol. Reichsanstalt, 1909, 59. Bd., 3. u. 4. Hft. (Hammer u. John.) 9] 700 W. Hammer und C. v. John. [10] solchen, wo der Kalifeldspat fast ganz verschwindet und nur der Oligoklas in größerer Menge übrig bleibt. Der Oligoklas enthält auch hier zahlreiche Einschlüsse kleiner Muskovittäfelchen. Daneben treten sehr quarzreiche Lagen auf, welche des Feldspats überhaupt fast vänzlich entbehren. Unter den Glimmerarten überwiegt stets der Muskovit weitaus, abgesehen von Serizitflasern, welche den Schliff durchziehen; kleine Nester von Biotit, der oft gebleicht ist, liegen meist auch vor. Der Gehalt an Erzen, der bei Dörfl in den Eisen- glanzvorkommen sich konzentriert, ist im Dünnschliff durch alle Gneise dieser Region zu finden (Eisenglanz, Pyrit) und steht teilweise mit der Bleichung der Biotite im Zusammenhang. Auf die porphyrisch richtungslos struierten Arten wird in einem späteren Kapitel zurückgekommen werden. Die Plawener Gneismasse wird von R. Lachmann!) in seiner Arbeit über den Jackel beschrieben. Er zerteilt sie in mehrere ungleiche Teile: ein Quarzdioritstock (1) als Kern des Ganzen im Plawental, darüber ein quarzdioritischer Glimmerplagioklasgneis (2) als metamorpher peripherer Teil des ersteren, dann nördlich davon ein sedimentogener Alkalifeldspatgneis (3), die ganze Masse des Großhorns und Habicherkopfes umfassend, und endlich am Nordrand der sranitporphvrische Muskovitgneis (4) intrusiver Entstehung. 1 ent- spricht dem Porphyrgranit von der Plawener Alpe, der, wie aus der obigen Gesteinsbeschreibung und mit vollster Deutlichkeit auch aus der Analyse (Analyse 5) hervorgeht, keinesfalls als Diorit bezeichnet werden kann, 2 und 3 entsprechen den Augen- und Flasergneisen (graue Gneise der Plawener Masse) und 4 endlich dem Gneis mit den roten Feldspataugen. Alle zusammen bilden geologisch ein untrennbares Ganzes, das auch petrographisch sich als Einheit darstellt. Alle Über- vgänge verbinden die nur durch sehr geringe Unterschiede voneinander setrennten Glieder, deren Verschiedenartigkeit auf ungleich starke und ungleich entwickelte Metamorphose sich zurückführt, nur der Porphyr- sranit nimmt chemisch eine selbständigere Stellung ein. Lachmann trennt hier auch die phyllitischen Gesteine am Bergeck südlich Dörfl als Epigesteine von den anderen Mesogesteinen ab und dasselbe müßte man auch mit dem Serizitgneis unter dem Großhorn tun; geologisch sind diese beiden nur Zonen, besonders starken Druckes, welche die Plawener Gneismasse hier durchschneiden. So wenig ein Geologe eine srößere einheitliche Dolomitmasse des gleichen Horizonts, je nach dem Grade ihrer Zertrümmung oder nach dem wechselnden Grade ihrer Kristallinität in eine Anzahl verschiedener Gesteine ausein- andertrennen würde, so wenig ist eine Aufteilung, wie sie Lach- mann hier vornimmt, vom geologischen Standpunkt aus empfehlens- wert. Die Einteilung der kristallinen Schiefer, welche Grubenmann aufstellt und der Lachmann folst, hat zweifellos für die Erkenntnis und für die weitere petrographische und genetische Erforschung der kristallinen Schiefer hohen Wert, kann aber wohl nicht ohne weiteres schematisch auf geologisch-topographische Arbeiten angewendet werden, ir 1) Der Bau des Jackel im Obervintschgau. Beiträge zur Paläont. u. Geologie Österreich-Ungarns und des Orients, Bd. XXI, 1908, pag. 1 u. f. [11] Augengneise und verwandte Gesteine aus dem oberen Vintschgau. 701 sondern es wird bei diesen auf die geologischen Gesichtspunkte, wie zum Beispiel die in dieser Hinsicht besonders wichtige Unterscheidung eruptiver und sedimentogener Gesteine und der daraus sich ergebenden größeren geologischen Einheiten, entsprechend Rücksicht genommen werden "müssen, wenn für den Geologen befriedigende Ergebnisse daraus hervorgehen sollen. e) Biotitaugengneise des mittleren (und unteren) Vintschgaues. Bereits am Rand und noch mehr auch außerhalb des hier in Betracht gezogenen Teiles des Vintschgaues stehen Augengneise an, bei denen der Biotit als charakteristische Glimmerart sich vordrängt. Es wurde oben erwähnt, daß die Schlanderser Gneise östlich dieses Ortes den Fuß des Gebirges verlassen und, dem nordöstlichen Streichen folgend, rasch die Bergkämme zwischen Schnalstal und der Etsch erreichen. Weiter talab tauchen gegenüber Latsch bei Gold- rain neue mächtige Lager schöner Augengneise aus der Talsohle auf und streichen, langsam am Berghang sich emporhebend, zum unteren Teil des Schnalstales hinüber und werden hier noch von mehreren anderen Augengneislagern begleitet, welche die Schlucht des Schnals- tales überqueren. Sie besitzen typische Augengneisstruktur von der Art wie die Angelusgneise mit großen linsenförmig verdrückten Feldspaten als „Augen“. Die Flaserungsflächen tragen einen Belag von Aggregaten feinster Glimmerschüppchen, daneben treten einzeln stehende größere Biotitblättchen porphyroblastisch hervor. Im Dünnschliff sieht man Flasern klarer (nicht kataklastischer) Quarzaggregate wechseln mit solchen aus kleinen Glimmern und Feld- spatkörnern; dazwischen stecken als „Augen“ die großen Kalifeldspate, welche keine Mikroklingitterung zeigen, größenteils in gut verzahnte, aber nicht undulös auslöschende oder sonst kataklastische Aggregate aufgelöst sind und kleine Glimmerschüppchen enthalten. Die Glimmer der Glimmerfeldspatflasern sind Biotit und auch Muskovit, die Feld- spatkörner hauptsächlich Oligoklase. Daneben nun erscheinen grobe, manchmal kurzsäulige Biotite, im allgemeinen der Flaserung ent- sprechend, dann und wann aber auch quer dazu gestellt. Auch in die Feldspataggregate dringen sie ein oder sind auch ganz in ihnen . eingeschlossen. Sie wandeln sich in Chlorit um unter Abscheidung eines Sagenitgewebes. Einen Übergang zu den Laaser Gneisen stellt der Gneis vom Scheibenkopf bei Sulden dar; während die Augengneise an der linken Seite des Suldentales sich sonst völlig dem Typus der Angelus- gneise anschließen, tritt an diesem Kopf ein starkes Gneislager auf, das stark geschiefert mit wenigen kleinen Feldspataugen von jenem sich dadurch unterscheidet, daß auf den mit feinsten Glimmerschüppchen und Serizit dicht überzogenen Schichtflächen große rundliche Biotit- tafeln verstreut sind. Der Augengneis aus dem Steinbruch östlich von Tiß bei Latsch besteht aus: 91* 702 W. Hammer und C. v. John. [12] Prozent BE. em ae STR a1, U, en, ae De U), 3 SO RZATR PONTE BITTEN NT OZEN 8 2 0 EB RE A BE >; 11 EA 126 a EZ. RR NOS u I ED 2 Ale Ara a 3 Gamers . 718 10041 Die Vorherrschaft des Biotits findet ihre Bestätigung im er- höhten Wert der femischen Bestandteile. Die Plagioklase treten durch die Größe von Ca O stärker hervor, die Menge der Alkalien ist kleiner als in irgendeinem der Augengneise. Der Charakter des Gesteines ist so weit basisch, daß die Typenformel — wie im 2. Teil ersichtlich — sich bereits stark der von Tonaliten nähert. In der Schar von Augengneisen, welche die Schlucht des Schnalstales so vorzüglich aufschließt, gehen dann noch andere biotit- reichere Typen von Flaser- und Augengneisen hervor. Sie haben gleichzeitig mit dieser Arbeit in G. Hradil einen Bearbeiter ge- funden, dessen Untersuchungen in diesem Jahrbuch 1909, Heft 3 und 4, pag. 669, erschienen sind. Hradil bestimmte den Augenfeldspat auf chemischem Wege als Orthoklas; daneben tritt Albit auf. Biotit umgibt in dichten Flasern die Feldspataugen. Hradils chemische Analyse des Gesteines zeigt die Zusammengehörigkeit dieses und des Latscher Gneises, indem der Augengneis vom Schnalstal die Typen- formel $73 Ag cz f9 besitzt, was mit Ausnahme des kleineren s gut mit der des Latscher Gneises übereinstimmt. Das Schnalser Gestein ist quarzärmer (K = 1'25 gegenüber K = 1'77 bei Latsch). Biotitaugengneise erscheinen auch im obersten Etschtale wieder in der Zwölferspitzgruppe westlich des Haider Sees. So streicht über den Kamm zwischen Elfer und Seebödenspitz ein starkes Gneislager, dessen Glimmer größtenteils Biotit ist, der in winzigen Schüppchen streifen- und schlierenweise das Gestein durchschwärmt. Er führt einzelne große Mikroklinaugen, meist aber sind diese in ein Aggregat von Körnern aufgelöst. Ein anderes Lager in dieser Gruppe, das nördlich der Craist’alta, hat nur eine biotitreiche Randzone, schließt sich im übrigen aber eher an die kleinkörnigen Muskovitgranite des Avignatales an. Die Lager der Zwölferspitzgruppe gehören in ihrer Gesamtheit nicht mehr zu den Biotitaugengneisen, sondern zu den muskovitischen Typen. [13] Augengneise und verwandte Gesteine aus dem oberen Vintschgau. 7103 Die Gneise, welche in den vorangehenden Unterabschnitten ge- sondert beschrieben wurden, lassen ohne weiteres ihre enge Zusam- mengehörigkeit sowohl aus den übereinstimmenden Merkmalen von Struktur und Mineralbestand als auch durch die mehrfach betonten Übergänge erkennen. Überblickt man sie im großen, so scharen sie sich in zwei Gruppen. Der einen derselben gehören an: die Gneise des Ciavalatschkammes und des Muranzatales, die Angelusgneise und die Schlanderser. Erstere sind unmittelbar übereinstimmend und auch geologisch-topographisch vereint; in der Laaser Gruppe mischen sich aber auch Formen vom Schlanderser Typus ein, während anderseits die Gneise zwischen Spondinig und Schlanders in den begleitenden Lagern Formen von der Art der vom Angelus führen. Dieser ersten Gruppe ist helle Färbung (weiße Feldspate) und Vorwiegen des Muskovits bei sehr starkem Zurücktreten, manchmal auch völligem Mangel des Biotits gemeinsam. Ihre Zusammengehörigkeit drückt sich deutlich in den Analysen aus: die Gruppenwerte dieser Gneise (Analyse 1, 2) entsprechen dem gleichen Osannschen Granittypus Hauzenberg. Chemisch schließt sich ihm der Gneis mit rotem Feld- spat an, der auch zum Typus Hauzenberg zu stellen ist, während er petrographisch und geologisch von jenem getrennt ist; er begleitet die Gneise der zweiten Gruppe und nimmt petrographisch beiden gegenüber eine selbständige Stellung ein. Als zweite Gruppe schließen sich Münstertaler und Plawener Gneis zusammen, denen die graue Färbung (rauchgraue Feldspate) und der gegenüber der ersten Gruppe bedeutendere Biotitgehalt eigen ist. Ihnen schließen sich die eigentlichen Biotitaugengneise an, besonders auch durch die Ähnlichkeit des Chemismus. Der Gruppenwert dieser Abteilung gehört einem etwas basischeren Granittypus an als der der ersten Gruppe (Typus Katzenfels), die jiotitaugengneise rücken noch mehr basischeren Typen nahe; der Gneis von Latsch nähert sich bereits dem Tonalittypus Brixen. Porphyroidgneis. Ah Weg von Schlanders nach dem Berghof Talatsch am Schlanderser Sonnenberg ist das große Flasergneislager durch eine Zwischenlage sedimentärer Schiefer An zwei Lager geteilt; am unteren Rande des oberen derselben steht in geringer Mächtigkeit ein Porphyroidgneis an. Ebenso wird am Sarnestabach gegenüber von Taufers im Münstertal der Rand der Granitgneismasse im Hangenden in gleich geringer Ausdehnung von einem ähnlichen Gestein gebildet. Das Gestein von Talatsch hat die Tracht eines stark geschie- ferten Gneises mit feiner Lagenstruktur, die Schieferungsflächen sind mit allerkleinsten Muskovitschüppchen übersät. Aus der weiblichen feinkörnigen Grundmasse des Gesteines treten hanfkorngroße, glas- slänzende, muschelig brechende, dunkel erscheinende Quarze und runde graue Feldspatkörner. bis zu Erbsengröße mit glänzenden Spaltflächen hervor. In dem porphyroiden Schiefer vom Sarnestabach sieht man dagegen nur die gleichen Quarze (bis zu Erbsengröße), keine Feldspate. Sein Grundgewebe ist dicht, das Gestein grüngrau, 704 W. Hammer und €. v. John. [14] sehr fein geschiefert und auf der Schieferungsfläche niit dichtem, talkähnlich aussehendem Serizitbelag überzogen. U. d. M. beobachtet man, daß die Quarze Dihexaederform (oft mit Korrosionseinbuchtungen) besitzen, sofern sie nicht primär zersprengt oder kataklastisch sind (s. Tafel XXI, Bild 1). Auch die Feldspate im Talatschgneis sind stark kataklastisch und durch zahllose winzige Flüssigkeitseinschlüsse getrübt; an einigen ist feine Mikroklingitterung zu sehen, sonst be- sitzen sie eine feinfaserige Struktur (Kryptoperthit?). Das feinkörnige Grundgewebe ist sehr quarzreich, enthält aber auch Feldspat und Flasern gröberer Aggregate von Quarz, selten von Feldspat als Um- formungen früherer Einsprenglinge durchflasert, sowie von Serizit- flasern, neben denen noch einzelne Glimmerblättchen, und zwar Mus- kovit und Biotit im Gestein, sich verteilt finden. Im Sarnestabachgestein ist die Grundmasse äußerst feinkörnig und weit weniger deutlich parallel texturiert, indem nur die schlieren- weise hervortretenden feinen Serizitschüppchen und Flasern solche Textur hervorrufen. Die porphyrische Struktur ist hier weniger um- seändert, entgegen dem makroskopischen Aussehen. Das Bild 1 auf Tafel XXI ist nach einem Dünnschliff des Sar- nestabachgesteines gezeichnet. Man sieht die Mineralform des Quarzes mit abgerundeten Kanten und Korrosionseinbuchtungen und ferner auch, daß die Quarze schon vor der Erstarrung der Grundmasse zer- sprangen und Absprengungen randlicher Teile erlitten, da die Grund- masse sich in diese Risse und zwischen die zusammengehörigen Teile eindrängt; verschieden davon ist die Wirkung der späteren Kataklase, welcher undulöse Auslöschung und randliche Zerbröckelung als Zeugen zufallen. U. d. M. findet man auch im Gestein vom Sarnestabach Reste von Feldspateinsprenglingen, und zwar von Plagioklas. Sekundär gebildeter Kalzit findet sich in beiden, in dem einen auch Epidot. Am Tellakopf ober Taufers kommt ebenfalls ein Schiefer mit den gleichen Porphyrquarzen vor; derselbe ist aber so klastisch, daß es unentschieden bleibt, ob er noch Porphyroidgneis oder ein die Verrucanotransgression einleitendes Umlagerungsprodukt eines solchen ist. Zwei weitere Vorkommen sicherer Porphyroidgneise sind im Gebirge nördlich von Eyers. Zwischen der einzeln stehenden Kirche St. Peter und dem Hof Galministein begleitet den Muskovitgranit- gneis eine Zone eines lichtgrauen, fein parallel texturierten Gneises, dessen Schieferflächen mit feinsten Muskovitaggregaten überstreut sind, während im Querbruch aus dem äußerst feinkörnigen Quarzfeldspat- semenge sehr kleine rundliche graue Quarzeinsprenglinge hervor- treten, in spärlicher Menge. Sie zeigen auch im Dünnschliff keine deutlichen Kristallformen mehr und löschen undulös aus, in UÜber- einstimmung mit der starken Druckschieferung, welche das ganze Gestein beherrscht. Ein zweiter Fundort ist an der Ostseite des Rauschecks, am Weg von Platzlfair nach Strimmhof, wo am Südrande des dort mulden- förmig zusammengefalteten Flasergneislagers (Schlanderser Typus) [15] Augengneise und verwandte Gesteine aus dem oberen Vintschgan. 705 Lagen von Porphyroidgneis anstehen. Er ist dem von St. Peter ob Eyers ähnlich, stark schiefrig-flaserig, die Flaserungsflächen mit Glimmeraggregaten, die in Serizit übergehen, überzogen; die grauen, muschelig brechenden glasigen, Quarzeinsprenglinge sind etwas größer als bei jenem; es zeigt unter dem Mikroskop heftigste Zerdrückung und Umwandlung; auch die Quarzeinsprenglinge haben stark darunter gelitten, neben ihnen sind aber auch noch Reste von Feldspatein- sprenglingen erhalten. Die Grundmasse ist in ein feinkörniges flaseriges Aggregat von Quarz, Serizit, Kalzit verwandelt. Schließlich wäre noch ein Porphyroidgneis von makroskopisch ähnlichem Aussehen wie der von Eyers von der Ostseite des Agumser Berges (Ciavalatschkamm) zu erwähnen, der mikroskopisch nicht unter- sucht wurde. Auch dieses liest wie alle anderen am Rande von größeren Lagern von Augen- oder Flasergneis und besitzt ebenso wie jene nur seringe Mächtigkeit. Es ist mir kein Vorkommen bekannt, wo der Porphyroidgneis allein ohne begleitendem Augengneis zwischen den sedimentogenen Schiefern läge, so daß er also stets die Rolle einer Randfazies spielt. Zur chemischen Charakteristik wurde das Gestein von Talatsch ober Schlanders verwendet. Analyse Nr. 7: Prozent >>. A u Pla aa ER ER 1. BR RER ZAEZO N a 1 BE A AT (IH Bee RA, 6 EEE TER, 75,204 IR 112,1. Nash Zi 0.356 BE 0 een.) 021 Glühverlust . . . 170 100-32 Es ist ersichtlich, daß der Porphyroidgneis sich in seiner Zusammen- setzung an die erste Gruppe der Augengneise völlig anschließt, was besonders in der im zweiten Teil angegebenen Typenformel deutlich wird, durch welche er demselben Granittypus Hauzenberg zufällt, wie jene Augengneise. Im einzelnen bestehen kleine Differenzen im Ver- hältnisse der Alkalien, welches sich beim Porphyroidgneis zugunsten von Na, O verschiebt, welches in nahezu gleicher Menge wie K, 0) vorhanden ist und in der Menge der Tonerde. Porphyrgranit. Der oberste Felskopf des Piz Sesvenna wird von einem Gestein gebildet, welches in den Südwänden des Gipfelkopfes richtungslos struiert ist. am Gipfel selbst etwas Flaserung annimmt. Es ist dieht 706 W. Hammer und ©. v. John. n ee erfüllt von regellos gerichteten Feldspateinsprenglingen, welche meist Zwillinge nach dem Karlsbader Gesetz sind, eine Höhe von 4 cm er- reichen und nicht selten blaßrötlich gefärbt sind. Das grobkörnige Quarzfeldspatgemenge des Grundgewebes ist nur undeutlich von ihnen seschieden zufolge von Übergängen in der Größe der Feldspate; der Glimmer ist in Nester vereint und größtenteils Biotit neben wenig Muskovit. Ein Gestein gleicher Art nimmt die Höhe des Scharljöchl (Cruschetta) ein. Die Färbung der eingesprengten Kalifeldspate ist weiß bis grau, manchmal fleckig. Hier wie dort sind deutliche Kristall- flächen als Umgrenzung derselben selten, wenn auch die Form meist eine länglich prismatische, beziehungsweise tafelige ist. Die Struktur kann als holokristallin-porphyrisch bezeichnet werden. Unter dem Mikroskop erscheint die Struktur als richtungslos körnig,. allotriomorph, mit einzelnen nicht idiomorphen großen Feld- spateinsprenglingen. Diese sind die gleichen wie in den Augengneisen und sind meistens perthitisch von Albit durchwachsen. An ihrem Rande beobachtet man nicht selten Körner mit myrmekitischer Durchdringung von Quarz und Feldspat. Die Generation der kleinen Feldspate besteht aus feinzwillingsiamelliertem Oligoklas und Albit. Letzterer zeigt in dem Gestein von Sesvenna die als Antiperthit bekannte Durchwachsung mit Orthoklasfasern. In diesem Gestein besitzen die Plagioklase vielfach einen einfachen zonaren Aufbau, der durch die Verglimmerung des Randes oder des Kernes deutlich wird; die Randzone besitzt einen sehr wenig größeren Auslöschungswinkel als der Kern. In beiden Gesteinen scharen sich Quarz und Feldspat je in kleine Gruppen zusammen; das gleiche gilt vom Glimmer, der zum größten Teil zum Biotit gehört — das Gestein vom Scharljöchl ist reicher an Muskovit als jenes von Sesvenna — und Umsetzung in Chlorit eingeht. Apatit findet sich im Scharljöchlgestein, einige Körner von Granat im anderen Vorkommen. An der rechten Seite des Schlinigtales zwischen dem Dorf und den Alpen trifft man auch ein sehr verwandtes Gestein, das schon etwas mehr Schieferung und feine serizitische Muskovitaggregate auf den Schieferungsflächen besitzt. Bei der Beschreibung der grauen Gneise von Plawen wurde schon bemerkt, daß ein Teil derselben infolge seiner Struktur eben- sogut oder besser zu den Porphyrgraniten gestellt werden könnte. Das Gestein bei der Plawener Alpe und am Großhorn hebt sich ebenso wie jene Sesvennagranite durch den sehr geringen Grad oder Mangel der Schieferung und die massenhaften, regellos, gestellten, großen makro- skopisch schwach idiomorphen Feldspateinsprenglinge von den Augen- und Flasergneisen ab. Die Einsprenglinge sind nach Karlsbader Gesetz verzwillingte Mikrokline und Mikroklinperthit. Hier finden sich auch im Grundgewebe kleine Mikrokline, wodurch die Ähnlich- keit mit einem Porphyr erhöht wird; die Mehrzahl der Grund- gewebefeldspate sind aber saure Plagioklase. Auch hier treffen wir in dem grobkörnigen Grundgewebe eine nesterweise Anhäufung der einzelnen Bestandteile, besonders des Glimmers, der aber in der [17] Augengneise und verwandte Gesteine aus dem oberen Vintschgau. 707 Mehrzahl der Proben mehr Muskovit ist als Biotit (meist gebleicht oder chloritisiert). Es ist sehr quarzreich. Stache bezeichnete alle diese porphyrischen Typen als Gigantgneis, Theobald das Sesvennagestein als Maipitschgranit (Maipitsch oder Monpitschen ist ein Gipfel des Sesvennastockes). Die chemische Zusammensetzung des Gesteines vom Piz Ses- venna gibt Analyse Nr. 8: Prozent SO ah 417384 ANSOARENEN: 21360 BES ENT ET BORN AT HOPE 334616 100 MORE ee 043 KOM Bank: m D25 DO he 256 Beer. 00 FO gi nr; 022 Glühverlust . . . 0:90 10038 Die geringe Menge des MgO und des Eisens bestätigen, daß Biotit nur an zweiter Stelle neben dem Muskovit als Glimmer in Betracht kommt. Auch die Menge und die Azidität der Plagioklase ist eine geringe — niederes ÜaO — gegenüber der Übermacht der K-Feldspate. Der in keinem der Augengneise fehlende akzessorische Apatit äußert sich in einem stets vorhandenen sehr geringen Betrag von P5 O,. ; Die Zusammensetzung des Sesvennagranits ist in weitgehender Übereinstimmung mit der des Angelusgneises, die Gleichheit der beteiligten Feldspate und Glimmer, der annähernd gleiche Quarzgehalt spiegeln sich in den Analysen wieder; der Unterschied ist ein struktureller. Die Analyse des zweiten Vorkommens, an einem Stück von dem Felsrücken neben der Plawener Alphütte ausgeführt, ergab folgendes: r Analyse Nr. 5: Prozent De (vi O RA... 2n.. °.., 11866 1 1 DRS PEPMENEE RER 56) \>; De. 0 SE Ban 4.07. AO BONS... — (AU 1 Ole PT >). Ne Er 3 er 1 A BA 111 el a lee Glühverlust . . . 042 10087 Jahrbuch d. k.k. geol. Reichsanstalt, 1909, 59. Bd., 3. u. 4. Hft. (Hammer u. John.) 99% 708 W. Hammer und C. v. John. [18] An der Zusammensetzung dieses Gesteines fällt der’ besonders geringe Gehalt an CaO auf, der besonders in der Typenformel in dem kleinen ce gegenüber den anderen hervorsticht und anderseits die Höhe des Na, O-Gehaltes, im Verhältnis zu K,0, beides zusammen Eigenschaften, welche in Verbindung mit dem Kieselsäuregehalt das Gestein den Alkaligneisen näher rückt. Die Typenformel (siehe II. Teil) steht auch der des Aikaligranittypus Quincy bei Osann am nächsten, nur ist / kleiner als bei diesem, weil die dunklen Bestandteile geringer an Menge sind. Der Plagioklas des Plawener Granits muß Albit oder Albitoligoklas sein, die großen Feldspateinsprenglinge sind größtenteils mit Albit durchwachsen und im Grundgewebe treten neben den Plagioklasen noch Mikrokline auf: eine Gruppierung, die in der Analyse ihre Bestätigung findet. Die Menge des Biotits muß nach den Zahlen der Analyse eine geringe sein, die Dünnschliffe zeigen ein Über- wiegen des Muskovits bei im ganzen mäßigem Glimmergehalt. Trotz der obigen Typenzuteilung ist das Gestein doch wegen seines engen Verbandes mit den anderen alkalikalkgranitischen Gesteinen jedenfalls doch zu diesen und nicht zu den Alkaligraniten zu stellen, zudem ja auch unter ersteren solche -mit ähnlichen chemischen Proportionen bestehen. In der vorliegenden Gesteinsfolge gliedert es sich am nächsten an die vom Typus Hauzenberg an, was insofern auffällig ist, da es petrographisch und geologisch aufs engste mit den grauen Gneisen von Plawen verknüpft ist. Tonalitische Gesteine der Münstertaler Gneismasse. Die am weitesten von den gewöhnlichen Augengneisen sich ent- fernende Gesteinsart innerhalb der Münstertaler Gneismasse stellen einige kleine Bereiche von tonalitischem Charakter dar, welche nach Art großer Schlieren dem Gesamtkörper der Gneise eingefügt sind. Im obersten Avignatal, am Gehänge des Valdaschlikopfes gegen die Probirteralm sind die mächtigsten derselben als linsenförmige Massen im Gneis aufgeschlossen. Die höchstgelegenen setzen sich gegen Osten unter dem Piz Koschteras durch ins Arundatal fort und dürften so eine größte Länge von 2 km erreichen. Mehrere kleine derartige Linsen (von je ein paar hundert Meter Länge und geringer Breite) kommen an den beiderseitigen Abhängen des Spundenecks (zwischen Arundatal und Schlinig) und eine weitere bei Lutaschg im Schlinigtal zutage. Makroskopisch sind es gleichmäßig mittelkörnige, dioritähnlich aus- sehende Gesteine, weißlich oder grau mit grünen und braunen Sprenkeln. Massige Textur ist neben schiefriger und allen Übergängen beider vorhanden. In dem lichten Quarzfeldspatgewebe liegen Flecken von Hornblende und Biotitschuppen gleichmäßig verteilt; je mehr schiefriger das Gestein, desto mehr Glimmer ist da, es ergeben sich Biotitgneise und endlich auch Zweiglimmergneise. In einzelnen massigen Formen bemerkt man rote Körnchen von Granat bis zu Erbsengröße. Aus- nahmsweise ist das Korn des Gesteines auch ein grobes; gegenüber dem Dorf Schlinig zeigt dies eine granatreiche Abart und im Graben, [19] Augengneise und verwandte Gesteine aus dem oberen Vintschgau. 709 der vom Koschteras zur Probirteralm herabschneidet, erreicht die Hornblende einzelner Stellen 1cm Länge. U. d. M. lösen sich als Bestandteile auseinander: Oligoklas, Quarz, grüne Hornblende, Biotit, Granat, Titanit, Titaneisen, Apatit, nach ihrer Menge in den typischen massigen Formen geordnet. Quarz führen die schiefrigen Formen mehr, ebenso Biotit, dagegen wenig Hornblende. Außerdem kommt bei diesen noch in den abgelegensten Arten Muskovit dazu und einzelne Körner von Orthoklas. Die Plagio- klase sind zum größten Teil in Glimmer und Zoisit umgesetzt, welch letzterer sich in Büscheln (Zoisitbesen) sammelt. Die Struktur ist eine poikiloblastische: Hornblende und Feldspat, seltener der Biotit besitzen Siebstruktur, indem sie in Menge Quarzkörner einschließen (Taf. XXI, Fig. 2). Während die Feldspate jeder Eigenform entbehren und bei quarzreichen Arten nur mehr wie eine Zwischenklemmungsmasse zwischen den Quarz- körnern erscheinen, besitzt die Hornblende prismatische Formen ohne Endflächen und ist im Querschnitt manchmal noch von {110} und [010} deutlich umgrenzt. Die Färbung der Hornblende im Dünnschliff ist für a hellauchgrün, b und c blaßstrohgelb. Der Pleochroismus des Biotits geht von Lichtrotbraun zu Strohgelb. Die dunklen Bestand- teile scharen sich gern zusammen. Auch beim Granat trifft man aus- geprägte Siebstruktur; diese Struktur bleibt auch bei schiefriger Textur erhalten. An einer Stelle am Gehänge des Valdaschlikopfes beobachtete ich rund umgrenzt besonders hornblerdereiche Stellen im Gestein als basische Konkretionen. Die Gewinnung eines Stückes zur mikro- skopischen Untersuchung war nicht möglich. Zur Feststellung des chemischen Charakters wurde ein Stück der nicht geschieferten hornblende- und biotitführenden Art vom Ge- hänge des Valdaschlikopfes ausgewählt. Analyse Nr. 9: Prozent Bro 7 %.. 0100 Al, O3, 16:70 Fe, O, 200 FeO. 558 CaO. 5°52 MgO 2-70 K,0. 301 Nas 0) 2-21 N ke 1 RE Glühverlust .r .... 3:16 10049 Dem Gehalt an K, O nach dürfte auch in den nicht schiefrigen Vertretern etwas Kalifeldspat enthalten sein oder Muskovit. Die übrigen Analysenzahlen stehen unmittelbar im Einklang mit dem früher angegebenen Mineralbestand. 92* 710 W. Hammer und C. v. John. [20] | Wie aus der Zusammenstellung im II. Teil ersichtlich ist, stimmt die Typenformel des Gesteines am besten mit Granodioriten überein. Petrographisch sind Granodiorite und Tonalite kaum von- einander unterschieden, mit welch letzteren man das Gestein nach seinem petrographischen Außeren leicht identifizieren könnte. Das K;,0 oder Vorkommen von Orthoklas, wenn auch in ganz unter- geordneter Menge, stellt ihn an die Grenze ‚gegen die Granite. Hierher zu stellen ist vielleicht ein Gestein, welches innerhalb des mächtigen Gmneislagers Spondinig-Schlanders, am Weg von Eyers nach Tannas aufgeschlossen ist. Es ist richtungslos körnig, grün und weiß gesprenkelt, von kleinem Korn und besteht bei Untersuchung im Dünnschliff aus sehr viel Albit (Albit-Oligoklas), der Neigung zu Idiomorphie besitzt und einfach zonaren Bau, sehr wenig Quarz in kleinkörnigen Aggregaten als Zwischenklemmungsmasse und in myr- mekitischer und mikropegmatitischer Verwachsung mit dem Feldspat, ferner Chlorit, der teilweise seine Herkunft aus Biotit noch erkennen läßt, Leukoxen und Titaneisenresten und sekundärem Kalzit. Das Gestein stimmt also dem Mineralbestand nach mit manchen Arten der tonalitischen Gesteine ziemlich überein, ist aber strukturell ver- schieden. Möglicherweise könnte es auch ein eigenes dioritiscnes Ganggestein sein, ähnlich dem Dioritgang am Eingang ins Schlandrauntal (im Phyllitgneis). Gomagoier Granodiorit. Der Berg, welcher in der Gabelung des Trafoier und des Suldentales sich erhebt, besteht zum Teil aus einem dem Angelus- gneis gleichenden Augengneis, zum Teil aus einem anders struierten granitähnlichen Gestein, das von Stache wegen der Farbe der Quarze als blauer Trafoier Granit bezeichnet wurde. Ich habe im LVIll. Band dieser Jahrbücher eine Beschreibung desselben gegeben unter der Namensänderung Gomagoier Granit, welche hier teilweise wiederholt, zum Teil aber ergänzt und berichtigt werden kann infolge neuer Begehung und petrographischer Untersuchung. Das Gestein, das in der früheren Beschreibung als der „typische Gomagoier Granit“ angegeben wurde, ist nicht die ursprünglichste Form desselben, sondern bereits umgewandelt, geflasert. Ein voll- ständig ungeschieferter, granitisch-körniger Kern der ganzen Masse ist an dem Felsaufbruch östlich ober der Straße Gomagoi—Trafoi zwischen der ersten und zweiten Brücke und den umgebenden Fels- partien erhalten. Dieser Teil hat die Struktur eines grobkörnigen Granits mit nur ganz schwacher Andeutung einer Art von por- phyrischem Charakter, wenn man die bessere Ausbildung der Feld- spate gegenüber den anderen Bestandteilen so nennen darf (bei Stache als haplophyrisch bezeichnet). Man unterscheidet deutlich weiße, un- deutlich umgrenzte Feldspate mit Andeutung von Eigenformen, viele auffallend bläulichgraue, muschelig brechende Quarze mit stumpfem slasigen Glanz, graugrüne unregelmäßige Sprenkeln und Nester von Hornblendeaggregaten und meistens an diese gebunden, seltener außerhalb derselben dunkle glänzende Biotittäfelchen; alle diese Be- standteile sind gleichmäßig miteinander gemischt, ohne Orientierung [21] Augengneise und verwandte Gesteine aus dem oberen Vintschgau. 711 in einer Richtung. Diese Gesteinsart zeigen auch die Handstücke Staches in der Sammlung der Reichsanstalt. Außerhalb dieses engbeschränkten Teiles nimmt das Gestein gleich etwas Schieferung oder Flaserung an und entspricht dann der Beschrei- bung vo 1908; gleichzeitig mit der Paralleltextur bildet sich eine deut- liche porphyrische Struktur heraus: schwach idiomorphe (größere) Feld- spate von einerins Grünliche spielenden Färbung treten hervor und weichen mit ihren Längsachsen oft beträchtlich von der Paralleltextur ab; die Quarze bilden lauggestreckte Körner oder Flasern. Auf den Schieferungs- nächen stellen sich serizitische Flecken ein, die Biotittäfelchen richten sich zum Teil parallel, zum Teil sind sie auch quer zur Textur orientiert. Eine vollständig schuppig-schiefrige Textur, stellenweise auch in lineare übergehend, mit einzelnen kleinen linsenförmig hervor- tretenden Feldspaten trifft man am oberen südlichen Rand der Granit- masse. Sie ist bedeutend reicher an Biotit und auch an Hornblende als die anderen und stellt also wohl eine basischere Randfazies dar, wie solche häufig an Granit- und Tonalitstöcken beobachtet wird. U. d. M. treten in der oben genannten Kernmasse die Feld- spate aus den anderen Gemengteilen durch ihre u. d. M. besser sichtbare Idiomorphie hervor; es sind Kristalle von mehreren Milli- metern Länge, welche dicht erfüllt sind von Zoisit und Glimmer; soweit bestimmbar, gehört er zum Albitoligoklas und kann vielleicht als Umwandlung aus einem basischeren Feldspat in Albit, Zoisit und Glimmer angesehen werden. Daneben erscheinen Körner. von Mikroklin. Der Quarz ist in Nester geschart. Biotit erscheint in großen, dicken Schuppen mit Übergang in Chlorit. Die Hornblende (Pleochroismus sehr blaßlauchgrün zu dunkellauchgrün mit Stich ins Moosgrüne) ist prisma- tisch ohne Endflächen und an Menge gegen den Biotit zurückstehend. In den flaserigen Teilen treten die Feldspate durch ihre Idio- morphie und auch durch ihre Größe hervor; dabei ist mehr Kali- feldspat (Perthit) zu sehen als in dem eben beschriebenen, der Plagioklas dürfte etwas basischer sein (Oligoklas-Andesin), soweit bei der dichten Erfüllung mit Zoisit, Epidot und Glimmer eine Bestim- mung durchführbar ist. Die Quarzaggregate schieben sich nach Art einer Zwischenklemmungsmasse zwischen die Feldspate. Von den dunklen Bestandteilen ist nur der Biotit vertreten. Bei stark schiefrigen Formen ergibt sich dann eine Verteilung der Bestandteile in Strähne und Flasern von kleinkörnigen Aggregaten. Die Randfazies führt wieder in beträchtlicher Menge Hornblende (von der gleichen Art wie oben angegeben) und sehr viel Biotit, wie bereits erzählt, ferner in beträchtlicher Menge Titanit in kleineren, weckenförmigen Kriställchen. Schon in der früheren Beschreibung wurde angeführt, daß Stache ein durch Reichtum an Hornblende und Biotit ausgezeichnetes Gestein fand, das als basische Konkretion gedeutet wurde. Ich habe nun auch selbst in der mehrfach genannten Kernmasse eine solche gefunden: ein unregelmäßig umgrenzter Fleck von Faustgröße. der durch die An- reicherung der dunklen Bestandteile, besonders der Hornblende, sich vom anderen Gestein abhebt. Das unregelmäßige Ineinandergreifen der Bestandteile an der Grenze von Ausscheidung und Hauptgestein, 218 W. Hammer und (C. v. John. [22] sowie das Auftreten der gleichen bläulichen Quarze und der gleichen Biotittäfelehen unterscheiden sie von den eckigen, besser abgegrenzten Einschlüssen eines Biotitschiefers, welche außerdem gefunden wurden. Die flaserigen Formen, welche in der früheren Beschreibung von 1908 als typischer Gomagoier Granit bezeichnet wurden, stehen am Weg von Gomagoi zur Payer-Hütte und über und unter demselben an. Nach unten zu geht er in einen biotitführenden Augengneis über und denselben trifft man auch in den Felsklammen, welche die Nord- hänge des Zumpanelı durchfurchen, im oberen Teil derselben. Es sind stark schiefrig-flaserige Gneise mit den schönen kleinen Biotit- täfelchen auf den mit serizitischen Aggregaten überzogenen Flaser- flächen. Stellenweise haben auch noch die Quarzkörner die blaugraue Färbung des Gomagoier Granits. An der Suldener Seite nähern sie sich schon sehr stark den Angelusaugengneisen. Im Hangenden er- scheinen am oberen Nordhang des Zumpanell grüngraue dichte Gesteine, welche unter dem Mikroskop als sehr verquetschte und zerdrückte Gneise mit Quarzflasern und Schollen von Quarzaggregaten, Serizitflasern und Zoisit, Kalzitnester und Plagioklas sich erweisen; alles sehr stark kataklastisch, so daß nicht mehr sicher zu entscheiden ist, welchem Gneistypus diese Zone ursprünglich angehörte. Jedenfalls besteht zwischen allen am Zumpanell anstehenden Gneisarten keine scharfe Grenze: von dem granitisch-körnigen „blauen Trafoier Granit“ bis zu den Angelusgneisen sind alle Über- gangsstufen vorhanden. Dabei besteht aber, wie aus der Gesteins- beschreibung und ebenso deutlich aus der chemischen Analyse zu ersehen ist, ein beträchtlicher Unterschied zwischen den Endgliedern dieser Reihe: während die letzteren Granite in ihrem chemischen Bestand ent- sprechen, ist der Gomagoier „Granit“ dem Tonalit des Adamello sehr nahestehend. Es dürfte am besten den Verhältnissen entsprechen, das Gestein als Gomagoier Granodiorit zu bezeichnen wegen seiner dioritisch-tonalitischen Zusammensetzung einerseits und dem Zusammen- hang mit den Graniten anderseits und diese Bezeichnung einzuschränken auf das granitisch-körnige Gestein über der Gomagoier Straße, die UÜbergangsformen aber bereits den Augengneisen anzugliedern. Analyse 10 gibt die Zusammensetzung nach einem von G. Stache im Museum der Reichsanstalt hinterlegten Stück des typischen Gomagoier Granodiorits: Prozent SU Oo a) A (Br ao 1a LE BR 9 RR RR 1 Se OR EIER RE URN MO Hude 1:68 RERDERDFERL TEEN 2:40 Na, ann ns FR 2 025 Po rt, 0:26 GlühverBist.. x. ;- 124 [23] Augengneise und verwandte Gesteine aus dem oberen Vintschgau. 713 Die Typenformel im II. Teil der Arbeit zeigt, daß das Gomagoier Gestein sehr gut mit dem Granodiorittypus Dognacka Osann’s zu- sammenstimmt, daß also die oben aus petrographisch - geologischen Gründen vorgeschlagene Bezeichnung des Gesteines durch die chemi- sche Konstitution bekräftigt wird. Es ist auch die nahe Beziehung zu dem Gestein vom Valdaschlikopf ohne weiteres ersichtlich. Der kleine Betrag der femischen Bestandteile entspricht der viel geringeren Menge dunkler Gemengteile im Gomagoier Gestein, dessen mehr salischer Charakter auch in dem größeren Kieselsäuregehalt und besonders der freien Kieselsäure wieder erscheint. Kleinkörniger Muskovitgranit und -granitgneis. Der Bergkamm vom Tellajoch ober Taufers im Münstertal bis zum Joch zwischen Arundakopf und Piz Koschteras sowie die Basis des Sterlexer Kammes auf der gegenüberliegenden Seite desAvigna- tales sind aus dieser Gesteinsart aufgebaut. Sie besitzt in ihrer typischen Form richtungslos-körnige Textur, ist kleinkörnig und von weißer Farbe und läßt mit freiem Auge die wenigen Bestandteile erkennen: weißen Feldspat, Quarz und Muskovit, der in kleinen glänzenden Täfelchen gleichmäßig durch das Gestein verteilt ist. Als Ubergemengteile findet man dort und da feinste Schüppchen von Eisenglanz. U.d. 4. sieht man, daß die Bestandteile sehr innig miteinander verwachsen und verzahnt sind, ohne aber die poikiloblastische Struktur der oben beschriebenen tonalitischen Gesteine auszubilden. Zum Teil beruht die Verzahnung auch auf der fast stets vorhandenen Kataklase. Der Feldspat ist größtenteils Orthoklas, selten mit Perthit- spindeln, während der Plagioklas, ein Albit-Oligoklas, stark zurücktritt. Ersterer ist durch zahllose feinste, nicht mehr auflösbare Einschlüsse (Flüssigkeitseinschlüsse ?) bräunlich getrübt. Muskovit tritt in großen starken Tafeln auf, manchmal ganz blaßgrünlich gefärbt. Der Eisenglanz ist neben einzelnen Körnchen Apatit der einzige Übergemensteil. Der kleinkörnige Granit besitzt eine oft undeutliche Bankung in dieken Bänken. An den Randzonen, und zwar in den Gehängen von Taufers über Sammhof zum Tellakopf und von dort zur Laatscher Alm, sowie an der Basis des Sterlexkammes geht der Granit in einen vollkommen schiefrigen Muskovitgneis über, der durch seine Zusammensetzung, die innige Verzahnung der Bestandteile die braun gefärbten Feldspate und den Muskovit und den Gehalt an Eisenglanz dem Granit sich zuordnet, aber einen allmählichen Über- sang zu den Augengneisen des Münstertales bildet. Mit der Schiefrig- keit steigt infolge Neubildung der Muskovitgehalt, bis zur Ausbildung von Muskovit-Serizitgneisen (Arundatal, Laatscher Alm) oder von feldspatführendem Muskovitglimmerschiefer, wie er in der Basis des Sterlexkammes im südlichen Teil anzutreffen ist. Im nordwestlichen Teile der Münstertaler Gueismasse, das heißt am Kamme, der vom Piz Plazer (westlich des Piz Sesvenna) zur Sesvennaalpe zieht, stehen gut geschieferte Muskovitgranitgneise an, welche den Randzonen ober Taufers ähnlich sind, durch Aufnahme von 714 W. Hammer und €. v. Jolın. . „Augenstruktur“ anderseits sich aber auch den Schianderser Gneisen nähern. Der Ostgipfel des Piz Plazer besteht aus Muskovitgneis, der am Kamm gegen den Sesvenna in kleinkörnige, sehr muskovitarme Aplit- gneise mit wenig ausgeprägter Schieferung übergeht und jedenfalls den kleinkörnigen Gneisen des Avignatales gleichzustellen ist. Er findet seine Fortsetzung in einer Zone von Muskovitgneis, welche von hier unter dem Sesvenna auch gegen Osten bis ins oberste Arundatal fortstreicht. Petrographisch schließen sich dem Avignagranit ferner mehrere einzelne kleinere Lagen in verschiedenen Teilen des oberen Vintsch- gaus an. So am Schafspitz (Tschengelser Tal, Laaser Gruppe), ein Lager eines schuppig struierten feinkörnigen Gneises, dessen Glimmer in Gestalt einzelner kleiner Muskovittäfelchen gleichmäßig und parallel im Quarzfeldspatgemenge eingeordnet ist; nahe dabei schalten sich am Tschengelser Jöchl und östlich unterhalb desselben geringmächtige dünnplattige Lagen von aplitischem Charakter in die Phyllite ein. Sie besitzen außer den Bestandteilen des Avignagranit noch kleine Kriställ- chen von Rutil und Turmalin. Im Matscher Tal gehören das Muskovitgneislager an der Süd- seite des Portlesspitz sowie die kleinen Lager am Nordkamm des Opikopfes in diese Gneisgruppe. Bei Besprechung der Gneise mit roten Feldspaten wurde be- schrieben, daß ihr Streichen fortsetzend an der rechten Seite des Vivanitales eiu Muskovitgranit von teilweise pegmatitischem Habitus auftritt und an diesen Stellen auch mit rötlicher Färbung des Feld- spats. Jenseits des Bergrückens, an dem er ansteht, sind kleinkörnige Muskovitgranite seine Fortsetzung, welche völlig den typischen Gesteinen des Avignatales entsprechen, sowohl makro- als mikroskopisch. Sie streichen östlich der Grenze des Verrucano durch das Poschental bis Pedross im Langtauferstal hinab und erscheinen weiter östlich im Rieglbachtal am Ochsenberg in mehreren einzelnen Lagern. Die Muskovitgranite im Rieglbachtal erwähnt auch Lachmann in der oben angeführten Arbeit über den Jackel. Er beobachtete sehr schmale, an Biotit und Hornblende reiche Apophysen derselben und eine aplitische feinkörnige Randfazies unmittelbar am Salband. Alinliche Muskovitgranite finden sich ferner noch am Grauner- berg und in der Rojenerberggruppe. Eine Probe vom Gehänge des Krippenland-Arundakopf-Kammes im Avignatal wurde analysiert. Analyse Nr. 11: _ Erazend Sto, Os ib ach Al, Os ea Pe et Saf Ken re GO et a MO ai rle BO nn Na oh ER Si Ps ie - OR Glühverlust . . 0:93 0084 [25] Augengneise und verwandte Gesteine aus dem oberen Vintschgau. 715 Wie man sieht, stimmt der Avignagranit in der Zusammen- setzung weitgehend überein mit den Augengneisen der ersten Gruppe. Auffallend ist, daß auch hier bei diesem wenig metamorphen Gestein K 2-01 (siehe Il. Teil) beträgt. B. Über Ursprung und Umwandlung. Bei den im vorstehenden beschriebenen Gesteinen lassen mehr- fache Anzeichen auf einen magmatischen Ursprung derselben schließen. Ein solches ist zunächst der chemische Bestand. Alle lassen sich unmittelbar Eruptivgesteinen in ihrer Zusammensetzung gleich- stellen und zeigen dieselbe Konstanz und Gesetzmäßigkeit der Zu- sammensetzung gegenüber dem schwankenden chemischen Charakter (und dem ebenfalls hier nicht vorhandenen übermäßigen Tonerdegehalt) sedimentogener Gesteine. Ein weiteres Zeichen jenes Ursprungs liegt in der- Struktur. Mehrere der behandelten Gesteine zeigen deutlich die Struktur von porphyrischen Gesteinen (Ausbildung der Bestand- teile in zwei Generationen). Auch das Auftreten basischer Konkre- tionen (Valdaschlikopf, Gomagoier Granodiorit) ist eine Eigenheit erup- tiver Gesteine. Zum größten Teil haben sie aber ihre ursprüngliche Struktur verloren und sind zu „kristallinen Schiefern“ geworden. In dem Porphyroidgneis vom Sarnestabach ist dieporphyrische Struktur des Eruptivgesteines noch nahezu unverändert erhalten und in diesem Gestein sowie dem von Talatsch zeigen die Dihexaeder des Quarzes, daß auch Mineralien der Ausgangsgesteine noch unverändert vorliegen. Nur die Grundmasse ist besonders bei dem Talatscher Gestein zu einem kristalloblastischen Grundgewebe geworden. Auch bei den granitporphyrähnlichen Gesteinen vom Piz Sesvenna und von Plawen ist die Struktur eines Eruptivgesteines noch wenig ver- ändert. Doch sind Einsprenglinge und Grundmasse hier weit undeut- licher geschieden als dort. Sowohl in ihnen als in den herrschenden Augengneisen sind die großen Feldspäte als erhalten gebliebene Ein- sprenglinge eines porphyrisch struierten Gesteines zu deuten, welche auch in manchen Fällen ihre Idiomorphie bewahrt haben, zum Beispiel beim Gomagoier Granit, Gestein von Plawen, Sesvennagranit, das heißt bei denjenigen, welche keine oder nur geringe Schieferung an- senommen haben, während sie bei den geschieferten in die „Augen“ umgeformt wurden. Die Struktur dieser Gesteine, besonders der massigen, wird also nach der neueren petrographischen Benennungs- weise als blastoporphyrische zu bezeichnen sein. Daß ander- seits eine teilweise Unkristallisierung eingetreten ist, äußert sich in dem Verlust der den Eruptivgesteinen eigenen Ausscheidungsreihe der Bestandteile, welche einer gleichzeitigen Auskristallisierung der- selben Platz gemacht und zu Strukturen geführt hat, welche für kristalline Schiefer bezeichnend sind. Schon im Muskovitgranit des Avignatales durchdringen und umgreifen sich die Bestandteile besonders innig; noch mehr kommt dies bei den tonalitähnlichen Jahrbuch d.k. k. geol. Reichsanstalt, 1909, 59. Bd., 3. u. 4. Hft. (Hammer u. John.) 93 716 W. Hammer und C. v. John. [26] Gesteinen der Münstertalermasse zum Ausdruck, welche eine als poikiloblastisch zu benennende Struktur zeigen. | Die Einwirkung des Druckes tritt durch mechanische Defor- mation und mineralische Umbildung in Erscheinung. Die massigen Formen, wie das Sesvennagestein, besitzen schwache Druckspuren, bald nur in einer welligen Auslöschung des Quarzes bestehend, in anderen Fällen aber bis zur Ausbildung von Mörtelstruktur sich verstärkend (Plawener Porphyrgranit). Bei den stärker geschieferten Augengneisen ist die Kataklase fast immer deutlich sichtbar und geht bis zur völligen Zertrümmerung der Einsprenglinge. Dabei setzt aber gleichzeitig schon eine mineralische Umlagerung ein; Flasern neugebildeter Quarzaggre- gate, Neubildung von Muskovit erscheinen. Das am meisten geschieferte Granitgneislager zwischen Spondinig und Schlanders, welches am Eyerser Sonnenberg so stark geschiefert ist, daß seine Abtrennung von den jün- geren Serizitphylliten dem Feldgeologen manchenorts kaum möglich ist, zeigt unter dem Mikroskop keine Kataklase; der hohe Druck, Tempe- ratur und Durchtränkung führt hier zur Umkristallisation. Das Gestein zeigt nicht mehr Kataklase, sondern eine feine Kristallisationsschieferung unter beginnender lagenweiser Sonderung der Gemengteile. Der Glimmer- gehalt hat sich auf Kosten der Kalifeldspate erhöht, dem Zerfall der Plagioklase entsprechen manchmal kleine Kriställchen von Kalzit. Der Glimmer ist fast ausschließlich ein schwach grünlicher Muskowit, wo noch etwas Biotit vorhanden ist, ist er chloritisiert. Glimmersäulchen schalten sich gelegentlich mit der Spaltrichtung senkrecht zur Schieferung zwischen die Schieferungslagen ein. Die Gneismasse zwischen Plawen, St. Valentin und Langtaufers steht wieder ganz unter dem Zeichen starker Kataklase. Schon die granitporpbyrähnlichen Arten der Plawener Alpe sind kataklastisch bis zur Ausbildung von mäßiger Mörtelstruktur. Die sie umgebenden Augengneise zeigen letztere Struktur noch stärker, die Feldspate werden zerdrückt und der Schieferung angepaßt. Gegen NW zu ver- liert sich die Augenstruktur mehr und es bilden sich des öfteren Lage heraus vom Aussehen eines glimmerreichen Schuppengneises oder eines Serizitgneises. U. d. M. sieht man die Menge des Mikroklins immer abnehmen bis zu Formen ohne Kalifeldspat, dagegen enthalten sie mehr Plagio- klase (Albit-Oligoklas) und unter den Glimmern überwiegt bei weitem der Muskovit, während in den Plawener Gesteinen viel Biotit bei- gemengt ist, Serizitlasern bilden sich aus und der Quarzgehalt nimmt zu. Die Kataklase ist in diesen Schieferformen eher geringer als in den schwächer schiefrigen oder massigen. Einzelne besonders dünn- schiefrige Lagen besitzen aber die ausgeprägteste Zermalmungsstruktur. In den Analysen drückt sich der Gang der Metamorphose darin aus, daß der Wert der Osann-Grubenmannschen Konstante K, in welcher die Menge der freien Kieselsäure zum Ausdruck kommt, bei den Augengneisen über 2 heraufrückt, eine Größe, welche er nach Osann bei unveränderten Eruptivgesteinen nie erreicht. Der Gang der Metamorphose geht in der Richtung auf Muskovit-Quarz- reiche Gesteine mit immer mehr abnehmendem Feldspatgehalt. Ahnlich hohe Werte für K führen zum Beispiel auch Hinterlechner und [27] Augengneise und verwandte Gesteine aus dem oberen Vintschgau. 717 John!) für rote Granitgneise aus Böhmen an. Auch der Mittelwert 16, den Grubenmann für K der Alkalifeldspatgneise angibt, deutet darauf, daß viele dieser eine ähnliche Höhe von K zeigen müssen. Innerhalb der vorliegenden Gesteinsreihe ist der Wert von K am höchsten beim Schlanderser Gneis, was mit dem mineralogischen Befund rücksichtlich besonders starker Umwandlung übereinstimmt. Auf Rechnung der Metamorphose ist es wohl auch zu setzen, daß fast immer Mikroklin als Kalifeldspat angetroffen wurde, während sowohl in den Graniten als auch besonders in Quarzporphyren der Orthoklas die übliche Form des Kalifeldspats ist. Der größere Biotitgehalt der porphyrähnlichen Formen gegen- über dem Muskovitreichtum (Serizitgehalt) der Augengneise ist all- semein. Nur in der Laaser Gruppe treten auch einzelne stark schiefrige biotitreiche Lagen auf. In diesem Grade und der verschiedenen Art der Umwandlung ist die erste Ursache für die Unterschiede der oben aufgeführten Formen gegeben. Daneben sind aber, wie aus den Analysen ersichtlich, auch solche der ursprünglichen Zusammensetzung und außerdem solche der Struktur vorhanden. Chemisch lassen sich im wesentlichen nur drei Abteilungen auf- stellen: 1. Die Augengneise der Laaser Gruppe (und Ciavalatsch), Schlanders, der Gneis mit. rotem Feldspat, die Porphyroidgneise und die Porphyrgranite (von denen allerdings Plawen etwas mehr abweicht), 2. die grauen Münstertaler Gneise und die Biotitaugengneise (Latsch), und 3. die Granodiorite. Jede dieser drei Abteile kann (mit Ausnahme des Plawener Porphyrgranits, der aber den anderen sehr nahe steht) einem Osannschen Typus eingeordnet werden und gerade bei der 1. Ab- teilung fällt dadurch der Einfluß der Metamorphose auf die Gestaltung eines ursprünglich gleichförmigen Magmagesteines besonders in die Augen. Kleinere Differenzen des Chemismus, wie sie sich zum Beispiel in den oben angeführten biotitreichen Schiefergneisen in den Laaser Gruppen ergeben, entziehen sich natürlich einem relativ so weit- maschigen Analysennetz. Strukturell sind “die Porphyroidgneise jedenfalls in ihrem Ursprungszustand verschieden von den anderen gewesen, während die Porphyrgranite nur die am wenigsten metamorphen unter den Augengneisen sind. Bei einer Einordnung in das System der kristallinen Schiefer von Grubenmann sind nach Mineralbestand und Struktur die Augen- und Flasergneise, die Porphyrgranite, die Porphyroide und die Muskovitgranite — sofern man letztere überhaupt noch zu den kristallinen Schiefern stellen könnte —- in die Gruppe der Meso- slimmeralkalifeldspatgneise zu stellen, die Granodiorite zu den Mesohornblendebiotitplagioklasgneisen, wobei eigent- lich vorauszuschicken wäre, im Sinne Grubenmanns, daß der 1) Über Eruptivgesteine aus dem Eisengebirge in Böhmen. Jahrbuch der k. k. geol. R.-A. 1909, pag. 237. 98* 718 W. Hammer und C. v. John. [28] Chemismus die ersteren zu den Alkalifeldspatgneisen, die” letzteren zu den Plagioklasgneisen reiht, worüber im II. Teil des nähern an der Hand der Typenformeln und Gruppenwerte erläutert wird. Schon bei der vorhergehenden Beschreibung wurde mehrmals auf die unscharfe Abgrenzung der einzelnen Formen hingewiesen. Besonders gilt dies natärlich für die Schwankungen in Zusammen- setzung und Struktur der Augen- und Flasergneise. Aber auch der kleinkörnige Muskovitgranit des Avignatales ist durch eine Zone von Muskovitgneis mit den Flasergneisen so innig verwachsen, daß die Abgrenzung auf der Karte nur eine annähernde, aus Abschätzung im großen entspringende ist. Das gleiche gilt auch für die granit- porphyrischen Formen; besonders am Scharljöchl und im Schlinigtal und ebenso auch im Plawental, beziehungsweise den Talaigräben sind Granitporphyre und Augengneise durch eine Übergangszone verknüpft. Etwas rascher ist der Übergang am Fuß des Sesvenna. Am deutlich- sten heben sieh die tonalitischen Gesteine ab, nicht nur wegen ihres am meisten abweichenden mineralischen Bestandes, sondern es sind auch keine Übergangszonen vorhanden; wenn auch nicht immer eine scharfe Grenzfläche sie umgrenzt, so ist doch der Gesteinswechsel auf weniger als Meterbreite ein völliger. Nur dort, wo sie stark geschiefert sind und der Glimmergehalt zugleich zunimmt, ist natur- semäß die Abtrennung von den Gneisen keine so deutliche. Die tona- litischen Schlieren sind als stock- oder flachlinsenförmige Körper in die Augen- und Flasergneise eingebettet und in eine von der Probirter- alm im Avignatal zum Dorf Schlinig verlaufende Zone gesammelt. Am Spundenek — Nordseite — wechsellagern dünne schiefrige tonalitische Gesteine mit stark geschiefertem Flasergneis mehrmals. Das beigegebene Kartengerippe (Taf. XX) veranschaulicht die Ver- breitung der einzelnen Formen. Die Einzeichnung der Lager ist, dem Maßstab entsprechend, etwas schematisiert; manche kleinen beglei- tenden Lager wurden fortgelassen, Reihen dicht übereinanderfolgender Lager auf zwei oder drei zurückgeführt. Die genaue Darstellung wird auf dem Blatt Glurns—Ortler der geologischen Spezialkarte in Bälde folgen; hier handelte es sich mehr um den Überblick. Die Grenzlinie des Gneises am Westrand im Scarltal entspricht nicht eigenen Beob- achtungen, sondern wurden den Angaben von Theobald, Stache und Schiller und freundlichen mündlichen Mitteilungen von Herrn Dr. Spitz entnommen. Im Scarltal habe ich nur die Strecke Cru- schetta—Scarl und den Kamm des Piz Plazer begangen und muß daher in dem Talzug Scarl-Chiampatsch auf Einzeichnung der ein- zelnen Gneisarten verzichten. Sie wurden nach den obigen Angaben mit der Schraffe für Augen- und Flasergneise überdeckt. Uberblickt man nun das Kärtchen, so fällt gleich auf, daß einer- seits eine große geschlossene Gneismasse, jene des Münstertales, vor- liegt, der gegenüber sich die anderen Vorkommen als ausgedehnte, mehrfach übereinander wiederholte Lager kennzeichnen. Innerhalb der Münstertaler Gneismasse nimmt der Muskovitgranit des Avigna- tales die Mitte ein und wird von den Augengneisen umschlossen. Im Norden wird die eben genannte Gneismasse durch eine Störungslinie (Schliniger Überschiebung) abgegrenzt, im Westen taucht 719 Augengneise und verwandte Gesteine aus dem oberen Vintschgan. 129] "SULLL =,Z — 'onWdumMaA = 4 — 'sIEuBILÄUT —=s — 'auloysa NOS BuUO] = pH — SIONFIUBADNAONSNN = st — IBISNAONSHN = MW — ‚stousproakgdaog — Nr uwasılgdıog = 94 — 'siausuose],f pun -uoßny — n» "OSSTWSIOUN AOTLIIOISUNT OIP UOANP o]yoag ET IT RETTET rl ET TEE TE: Tune TEE EEE EEEEEAREe mas aeoREeunG unmanmarn 0 EEE u ? € 3 - BR r os HANN - WwWwren ta 050% TUR seh N | 1% EN SS te | P} . en L us nyNr. DS YSJPJPARD JPOISUNF ISREN a CAR SW os m ? Ar ÄN\ Ba ERIE ee ago} e NE Rs ar, gu I: Ze en ge deesihhr PRAMNC DUUSASK EIE E oyzosuaun?g 720 W. Hammer und C. v. John. 130] sie unter die transgredierenden Jüngeren Sedimente (Verrucano-Trias), welche auch in größeren Lappen ihrer Mitte aufruhen; im Osten fußt der Gneis in dem Schutt des Etschtales und nur der Südrand gibt Aufschluß über das Hangende der Gneise; hier überlagert der Phyllitgneis in konkordanter Stellung denselben und in ihm sind noch kleinere Lager gleicher Gneise konform eingeschaltet. Auch an den seltenen Stellen, wo im Innern der Gneismasse kleine Schollen von kristallinen Schiefern eingebettet sind, stehen diese in Konkor- danz mit den Augengneisen (Valdaschlikopf, Fernerspitz). Ebenso besteht zwischen den einzelnen Gneisarten, im besonderen auch zwischen den Tonalitschiefern und den Augengneisen, Übereinstim- mung in der Lage der Schieferung. Fig 1 gibt zwei Schnitte durch die Münstertaler Gneismasse. Der östliche Teil der Augengneise ist zu einem ONO streichenden Sattel aufgewölbt (oberes Profil), welchem sich im Schlinigtal eine flache Einmuldung angliedert. Der Sattel südlich Rimsspitze ist eine nörd- Fig. 2. ‚Schöneck Stilfser drücke Profil durch die Laaseraugengneise. Signatur für die Augengneise gleich wie in Fig. 1. lichere Antiklinale. Zwischen Taufers und der Laatscher Alpe sind die Gneise in eine NS streichende Synklinale eingebogen, in deren Kern ein ausgebreiteter Rest von Verrucano erhalten geblieben ist (Tellajoch). Diese Synkline liegt gerade an der Grenze von Augen- gneis und Muskovitgranit; das Profil geht am Nordgehänge des Münstertales infolge jener flach zum Streichen. Im Norden wird der Muskovitgranit von einer das obere Avignatal überquerenden Bruchlinie abgeschnitten, an welcher die Tonalite des Valdaschlikopfs im Norden anstoßen. Die Augengneise und eine schmale Zone von Paragneis schmiegen sich weiter gegen Norden in Verbiegungen an die tonalitischen Linsen an. Bei den Gneislagern der Angelusgruppe und des Ciavalatsch- kammes wurde schon bei anderer Gelegenheit die konkordante Ein- lagerung in die Schiefer hervorgehoben (Profil 2 und 3). Nur am SW- Gehänge des Vertainspitz konnte an einer Stelle eine durchgreifende Lagerung mit Sicherheit beobachtet werden. Dieselbe Flanke zeigt auch eine an die pegmatitischen Durchaderungen des Tonalegebietes er- innernde Durchtränkung des Schiefers mit granitischem Material. Im [31] Augengneise und verwandte Gesteine aus dem oberen Vintschgau. 7121 Ciavalatschkamm ist im Furkeltal eine durchgreifende Lagerung an einer Stelle zu sehen, es ist aber möglich, daß eine kleine Ver- werfung mit im Spiele ist. Die Lager der Laaser Gruppe zeichnen sich nicht so sehr durch Länge und Ausdehnung als durch Mächtigkeit und mehrfache Wiederholung übereinander aus mit seitlichem Aus- keilen im Phyllit. Dieselbe konkordante Einordnung in die angren- zenden Schiefer beobachtet man durchweg an den Schlanderser Lager- sneisen und das gleiche gilt für den Ostrand der Plawener Gneis- masse; der Westrand dieser ist teils durch Verrucanotransgression, teils durch Störungslinien gegeben. Alle die vereinzelten kleineren Lager beiderseits der oberen Etsch liegen völlig konkordant zu den umschließenden Schiefern. Irgendwelche Zeichen von Kontaktmetamorphose wurden weder an der Münstertaler Masse noch an den anderen Lagern beobachtet. Fig. 3. -f) i Icrwarze Wand .,D» 5 5 Stier . = Jkanz en IE S NS BR _>> Ar ; i I 15 1:75000 1200° N Profil durch die Augengneislager im Südteil des Ciavalatschkammes. Abdruck aus Jahrbuch 1908, pag. 172 (Hammer, ÖOrtlergruppe). Mgr — Flasergneis. — pg = Phyllitgneis. Einschlüsse fremder Gesteine wurden nur in dem Gomagoier Granodiorit sowie in einem Lager von Augengneis am vorderen Schön- taufspitz (Sulden) gefunden. Die letzteren sind Trümmer eines benach- barten Amphibolits. Granitische Massen von der Art der hier behandelten werden seit dem Bekanntwerden der amerikanischen Lakkolithen und der daran schließenden Untersuchungen ähnlich gebauter europäischer Eruptivmassen in der Regel als Intrusionen lakkolithischer Natur gedeutet, einerseits in Rücksicht auf die konkordante Einlagerung in die umgebenden Schichten und das Auskeilen zwischen denselben, anderseits wegen der den jungen Ergüssen fremden granitischen Gesteinsart. In älteren Arbeiten werden sie als Lagergneise, Lagergranite und ähnlichen Benennungen von den anderen granitisch - dioritischen Massen abgetrennt. DieAugengneise des Vintschgaus stimmen in ihrem Chemismus mit granitischen Magmen überein. Zieht man die Unterschiede 122 W. Hammer und C. v. John. [32] . der Tiefen- und der Ergußformen solcher heran, so läßt sich mit Be- nützung von Osanns diesbezüglichen Aufstellungen von den Vintsch- sauer Gesteinen (mit Ausnahme der Granodiorite) sagen, daß ihr stets nahe oder über 80 Mol. Proz. liegender Kieselsäuregehalt mehr für die liparitische Reihe (Quarzporphyre, Liparite) spricht, während anderseits der Wert von a bei mehr als der Hälfte aller Liparit- analysen über 14, bei den Augengneisen aber stets darunter liegt, in zwei Fällen sogar unter 10 sinkt, was nach Osann bei Lipariten, beziehungsweise Quarzporphyren sehr selten ist. Ebenso entspricht der Wert / eher der granitischen als der liparitischen Reihe. K ist bei der Liparitreihe im Durchschnitt höher als bei der granitischen, kann aber hier infolge der Beeinflussung durch die Metamorphose nicht zur Unterscheidung herargezogen werden. Die Struktur ist nur bei dem kleinkörnigen Muskovitgranit von Avigna eine eigentlich granitische, bei allen anderen sind Über- gänge in die porphyrische bis zu deutlich porphyrischer bei den Porphyroiden vorhanden. Wie aus der Litteratur zu erfahren ist, sind bei Granitmassiven derartige Übergänge und auch porphyrische Rand- fazies des öfteren beobachtet worden und daher kein. Hindernis zur Annahme einer granitischen Intrusion. Anderseits ergeben sich auch bei den sogenannten Kristallporphyren (Nevaditen) Übergänge zu Ge- steinen solcher Struktur und bei den Porphyroiden wurde oben auf die Zersprengung der Quarzeinsprenglinge vor der endgültigen Ver- festigung des Gesteines und getrennt von der nachträglichen Kataklase aufmerksam gemacht, eine Erscheinung, welche nach Rosenbusch (II.,2, 749) niemals bei Tiefengesteinen beobachtet wurde. Die Deutung der Struktur wird allerdings durch die teilweise beträchtliche Umwandlung der Gesteine erschwert; doch sind einerseits die genannten Anzeichen einer Struktur effusiver Gesteine vorhanden und anderseits ist auch eine granitische Struktur kein unüberwindliches Hindernis für die Annahme effusiver Entstehung, wenn man sich der von verschiedenen Forschern ausgesprochenen Anschauung anschließt, daß Tiefseeergüsse infolge des hohen Druckes, unter welchem sie stehen, und der lang- samen Abkühlung granitisch erstarren können. Kontakterscheinungen und Apophysen fehlen, ein Mangel, der zwar nicht gegen die Intrusion, aber eher für Erguß spricht. Einer Deutung als sto ck- oder gangförmige Bildungen wider- sprechen die Lagerverhältnisse völlig, so daß eine Zuordnung zu deu Granitporphyren außer Frage kommt. Wie aus dem Obigen hervorgeht, kann aus dem Chemismus und der Struktur dieser Gesteine kein entscheidender, zwingender Schluß auf die Genesis gezogen werden; ersterer spricht mehr für Granite, wobei aber die Möglichkeit submariner Bildung solcher in Ergüssen in Frage kommt, letztere spricht eher für Ergußgesteine. Es scheinen mir nun, wie ich schon bei der Beschreibung der Laaser Augengneise ausgesprochen habe, die Lagerungsverhältnisse bei der Abwägung der beiden Möglichkeiten den Ausschlag nach der Seite der Ergüsse zu geben. Der Überblick über alle Vintschgauer Vorkommen zeigt, daß wir einerseits eine geschlossene Masse mit schalenförmiger Anordnung [33] Augengneise und verwandte Gesteine aus dem oberen Vintschgau. 793 der Gesteinsarten vor uns haben, anderseits Systeme übereinander- liegender mächtiger flachlinsenförmiger Massen und weiters einzel- stehende Lager von einer im Verhältnis zur Mächtigkeit sehr großen Längenerstreckung (bis zu 15 km bei 100—400 m Mächtigkeit); die Bildung derartiger Lager auf intrusivem Wege ist mechanisch wohl schwer vorstellbar. Bei der Münstertaler Masse dürfte vielleicht eine Entstehung durch Verbindung von Erguß und Intrusion die beste Erklärung bieten, in dem Sinne etwa, wie Reyer sich größere derartige Massen entstanden denkt; die Augengneise vertreten auch hier die Ergüsse, welche sich hier in besonderer Masse über dem Eruptions- herd aufgehäuft haben, während der Avignagranit den jüngeren, intrusiv in der älteren Granitmasse entstandenen Nachschub darstellt, teilweise auch höher in die Hülle hinaufstieg und vielleicht auch noch iokal zum Erguß kam, wodurch die höheren Lager von Muskovit- granit am Piz Plazer erklärt werden könnten. Vielleicht deutet die Häufung der Gneise in der Angelusgruppe auf einen zweiten Eruptionsherd in diesem Gebiet und der Gomagoier Granodiorit könnte hier ebenfalls als späterer intrusiver Nachschub gedeutet werden. Daß dieser Nachschub und die durchbrochenen Gesteine keine strenge Abgrenzung gegeneinander besitzen, kann teils auf eine Verschmelzung der randlichen Partien bei der Intrusion — vielleicht war die Basis der Münstertaler Ergüsse noch nicht ganz erstarrt — mehr aber auf die nachträgliche Umwandlung und Kataklase zurück- geführt werden. Auch bei. den Plawener Massen wäre vielleicht noch an eine selbständige Eruptionsstelle zu denken, alle anderen Lager aber wären als von diesen Zentren ausgegangene Decken und Ströme zu begreifen. Das Verbreitungsfeld dieser Gesteine, weit über den Vintschgau hinaus, bietet das Bild eines Eruptivdeckensystems, welches dem des bekannten Bozener Quarzporphyrs gleichkommt oder es vielleicht noch übertrifft. Schon Stache hat die Augengneise mit diesem verglichen und die neueren Untersuchungen des Porphyrs von Trener und von Wolff zeigen den Bozener Quarzporphyr als ein System von ungleich verteilten Strömen und Decken verschiedenartiger Porphyre mit Zwischenlagerungen von Tuffen und Sedimenten von mehreren Zentren ausströmend, welches in vielem analoge Erscheinungen zeigt wie die Vintschgauer Augengneise. Wenn hier auch keineswegs ein Beweis für eine derartige Ent- stehung der behandelten Gesteine gegeben werden konnte, so lassen sich doch die Verhältnisse insoweit zugunsten einer derartigen Betrachtungsweise deuten, daß sie an Stelle einer schematischen Anlehnung an eingelebte Gewohnheitsansichten treten und dadurch die Anregung geben können, diese und ähnliche Vorkommen nach dieser Richtung hin zu prüfen. Da die Münstertaler Gneismasse von den Arkosen des Verru- eano transgrediert wird und dieser aus dem Zerfalle jener sein Material bezogen hat. muß ihr ein vorpermisches Alter zugesprochen werden. (Will man diese in dem Engadin-Ortler-Gebiet auftretenden Arkosen und Serizitschiefer, wie es Böse tut, dem Buntsandstein zurechnen, Jahrbuch d. k. k. geol. Reichsanstalt, 1909, 59. Bd., 3. u. 4. Hft. (Hammer u. John.) 94 724 W. Hammer und C. v. John. [34] so erweitert sich die Altersbestimmung auf vortriadisch.) In der Laaser Gruppe liegen die Augengneise an der Grenzzone von Phyllit- gneis, beziehungsweise Laaser Glimmerschiefer und dem Quarzphyllit, im Ciavalatschkamm zwischen den obersten Horizonten des Phyllitgneises; auch die Phyllitgneise im Hangenden der Münstertaler Gneise werden bald darüber vom Phyllit des Glurnserköpfls überlagert. Die Einord- nung des Spondinig-Schlanderser Gneislagers in die Reihe der kristal- linen Schiefer des engeren Gebietes ist infolge tektonischer Verwick- lungen nicht sicher zu geben; im westlichen Teil wird es vom Phyllit überlagert. Im Matsch-Planailer Kamm und mittleren Matschertal liegen sie an der Grenze von Phyllitgneis und den Staurolith- und granat- führenden Glimmerschiefern des oberen Matschertales; auch die Pla- wenermasse wird von solchen überlagert. Das Lager an der Südseite des Portlesspitz liegt in ihnen. Die in der „geologischen Beschreibung der Laaser Gruppe“ gegebene Horizontierung der Augengneise als zwischen Phyllitgneis und Quarzphyllit liegend ist also dahin zu erweitern, daß sie nach oben und unten diese Grenze überschreiten, aber doch stets in ihrer Nähe sind, ein Umstand, der ebenfalls für die Deutung dieser Gneise als Ergüsse innerhalb dieses nicht allzuweit schwankenden Niveaus in der Schichtfolge des Vintschgaus spricht. Am Nordrand der Ötztaler Gruppe hat Ohnesorge!) das Auf- treten von Augengneis (Biotitgranitgneis) in einer zwischen Quarzphyllit: und Glimmergneisen eingeschalteten Glimmerschieferzone beobachtet, also in ähnlicher Stellung wie ein Vintschgau. Der Schwazer-Augengneis besitzt nach den von demselben Geologen durchgeführten Unter- suchungen ?) eine Erstreckung über die ganzen westlichen Kitzbühler Alpen in stets gleich bleibender stratigraphischer Orientierung, welche wohl dazu zwingt, ihn als Decke aufzufassen; er ist aber hier über dem Quarzphyllit, an der Basis der Wildschönauer Schiefer, ausgebreitet. Ein Gneismassiv, welches petrographisch viele Vergleichspunkte bietet, ist dasRofnagestein ?) (Graubünden). Die Art des Auftretens in einem aus mehreren teils durch Verschiedenheit des Ursprungsgesteines, teils durch verschieden starke Metamorphose unterschiedenen Gesteins- arten zusammengesetzten Massiv, das einerseits mit kristallinen Schie- fern in Konkordanz steht, anderseits von untertriadischen Sedimenten überdeckt und mit ihnen verfaltet ist, erinnert sofort an die gleichen Umstände bei der Münstertaler Gneismasse. Auch im Rofnagebiet tritt neben einer wenig verbreiteten holokristallin-porphyrischen Art (Rofna- porphyr) hauptsächlich verschieden stark geschieferter „Granitporphyr- gneis“ und Granitporyphyrschiefer auf — den Augengneisen entspre- chend — bei denen mit zunehmender Schieferung Biotit und Ä-Feldspat abnehmen, Quarz und Muskovitsich vermehren, ferner „basische Schiefer“, welche den tonalitischen Gesteinen im Münstertaler Massiv verglichen werden können, und aplitartige Gesteine auf, welche etwa dem Avigna- granit parallelisiert werden könnten. Im einzelnen ergeben sich allerdings !, Die vorderen Kühtbaierberge. Verh. d. k: k. geol. R.-A. 1905, pag. 175. ?) Uber Gneise des Kellerjochgebietes und der westlichen Hälfte der Kitz- bühler Alpen. Verh. d. k. k. geol. R.-A. 1908, pag. 119. 3) G. Ruetschi, Zur Kenntnis des Rofnagesteines Eclogae geolog. Helv. VIII, 1903, pag. 1 u. £. [35] Augengneise und verwandte Gesteine aus dem oberen Vintschgau 725 mehrfach starke Unterschiede: zum Beispiel führt der Rofnaporphyr große Einsprenglinge von Quarz und Feldspat in einer feinkörnigen bis dichten Grundmasse, ist also eher den Porphyroiden als dem Ses- vennaporphyrgranit ähnlich. Die basischen Schiefer sind Lamprophyre. Das Rofnagestein ist ein Granitporphyr und wird von Ruetschi als stockförmige Gangbildung bezeichnet, während frühere Untersucher (Heim, Rolle) ihm porphyrischen Ergußcharakter zusprachen. Die Typenformel des Rofnaporphyrs ist (nach Ruetschi) Sıy dies Cy5 Ja Es steht also auch chemisch den hier behandelten Gesteinen nahe: am meisten dem Porphyroidgneis. Im allgemeinen ist bei den Vintschgauer Gesteinen / etwas höher, c etwas niedriger, während die Menge der Kieselsäure und der Alkalien und das gegenseitige Ver- hältnis der letzteren gut zusammen stimmen. Il. Chemischer Teil. Ein Teil der beschriebenen Gesteine wurde einer chemischen Analyse unterzogen und die Resultate dieser Untersuchungen in Tabellen zusammengestellt. Die Tabelle I enthält die prozentische Zusammensetzung der Gesteine. Berechnung nach Osann!). Die in der Tabelle I gegebenen chemischen Analysen wurden nach den Osannschen Methoden umgerechnet, und zwar wurden zuerst die Molekularprozente gerechnet, wobei natürlich die in den Gesteinen vorhandene Phosphorsäure zur Kieselsäure gezogen wurde. Diese Molekularprozente wurden in der Tabelle II zusammengestellt. Um Vergleiche mit den Berechnungen mancher Forscher leicht zu ermöglichen, wurden auch die Atomzahlen bestimmt und besonders die Kieselsäureatomzahl und die Kieselsäuresättigungsgrenze in Atom- zahlen gegeben. Die Atomzahlen sind in Tabelle III zusammengestellt. Bei der Berechnung der Gruppenwerte, die in Tabelle IV zu- sammengestellt erscheinen, wurde im allgemeinen nach Osann vor- gegangen, jedoch auch die Werte M und T nach Grubenmann?) angeführt. Die Werte X, n und m nach Osann wurden ebenfalls be- rechnet. m war bei den hier behandelten Gesteinen fast immer 10, und nur in einem Falle (in dem es sehr nahe an 10 war) mußte es direkt berechnet werden. !) A. Ösann, Versuch einer chemischen Klassifikation der Eruptivgesteine. Min. u. petrogr. Mitteilungen, XIX. Bd., pag. 351 u. f. 2) Dr. A. Grubenmann, Die kristallinen Schiefer. II. Spezieller Teil, Berlin 1907, pag. 13 und 14. 94* W. Hammer und C. v. John. 00.001 0-00T ı 95 9.5 re L-I 80 865 T-I 8.4 1-6 4.9 6-8 9.01 9.18 8:69 "II SIPqeL 79-001 85-001 | 86-0 Fo. 10.0 9.0 840 0 876 9.5 08.7 07-5 81.0 89T 16-0 76+ 20-1 08#7 ey.l L1G 08-81 09-91 Gh-VL 01.89 eyeusıay | TO3BUoR) woA UOA yuw.ı3 Y1LOLP -JIAONSNN -OUBIN II N OT "IN "I ?II9A®L 0.001 6r-001 9T-I 760 10-0 13.6 108 0L:6 64-9 84.4 00-6 02-91 98 19 7do -1[UOSBPIE A wOA STIAUSFLIOIP -OUBAY) 6 "IN 0.001 g L L C 9 8 8 SOovNona :08 88.001 06-0 66.0 70-0 91% 15-8 7-0 00-7 Lr-1 Lr-L 09-81 v8.8L vUUdAsag zId S3P URLS -ı£qydıod 8 ıN 0.001 0.001 0:601 0.001 | 0.001 0:001 | 00.001 cr 1-8 38 6:3 6-1 8-3 0.8 4.3 7.3 3-8 3.8 6:3 28 9.8 8.0 La 9.0 FT 2.0 80 9.0 el 0.3 9.0 8:5 L-T 8:0 0-1 81 GH 4.5 1-8 8:3 g.t 0-3 8:6 9:8 EL | 1-11 HL 0:6 9.8 9:64 &-LL 6:38 9.9, 2:88 6:38 5.18 "HYUIZO.LLIBInYPJoR 38-001 17:00 | 28-001 2LO0T | 6F.001 | 8G-00T | 09.007 |‘ * ‘ owmung 0r-1 81-1 37.0 9L I 76-0 Pe 39-0 ° * gSnLABAagun]e) 12-0 78.0 18:0 18:0 93.0 83-0 88-0 en 20-0 — 50-0 10.0 9.0 300 10.0 ar re 99.8 96-3 01-8 89.8 88-1 91.8 38-3 0 %»N 69-8 8r.g »9.7 19.7 HI-r #0.F 0.9 ET 67:0 95-1 09.0 98.0 F1:0 610 98.0 om 90.1 12 97.0 787 06-0 0..0 880 0% 96-0 19:3 a1 91-1 9L 1 IR. gE. 1 02H I 12-3 st-T 08-1 #41 78-0 60-1 ur, co a4 0c-@1 FE£l 99-11 08-91 #911 6.81 sr.EL | ERROR 09:34 06 0L 9%-LL 08:19 08-14 87.44 Bar nis yosyeIeL yasyer] adıy yasyew’] Boa sIopurjyog | SnJPSuy UA UOA aaUSAud UOA ayısqo | qpeqaoqo | usyoy u1oA sous sous ey sous sous sraug sIOUS -pioaiydiog| -Uaony -uadny -uoonYy -ua3nvy -uo3ny -u9sny A IN 9 IN G IN G “IN 1 IN -ZUNZYASUAWWLESNZ, YYISIFU9ZOIT 127 Augengneise und verwandte Gesteine aus dem oberen Vintschgau. [37] [= Lig 9.18 F.19 c.19 L-LG 9.99 v.8G 949 1.19 1.89 0.89 1-1} 8:09 8-89 r.0L 889 9.19 6.Ch 7.79 9.7, v.CL G-OL 0.9 0.6 c.ol 0.9 0-9 G.6 09 0-L 9.9 Gy 0.9 GG 0-9 G.9 G6 GG 0:8 0.1 0-7 G.8 0:3 0-6 G.51 GP 0-7 Gl G.G1 GL 0.81 0.6 0-II G.81 IST 0-01 0.01 1.6 0.01 001 0:01 0-01 0-01 0-01 0:01 0-01 3 2 09 84 8-8 8-9 9.9 0.9 8-7 0.F feaa 7 G.7 10-G 6P- 1 s$-L F6-1 GL.l LET G6-L 69-1 97.7 83:G rl s-I G0 => 9.1 8-1 T-I 0 6:6 G.1 1.6 0-1 _— — ed — _— — — — — _— — r.G 9.6 T-Il 0.8 9.5 Sy) 8-5 G.7 0-8 81 9.5 T-I 8-9 6.9 Gl &1 0-6 9.0 8-5 T-I 8.0 0-I 0.9 2 GH 09 L9 G.9 7.9 1-9 87 G.G 9.9 9-18 8-69 6.19 8-08 9.62 &-LL 6.68 9.GL 1.88 6-08 6-18 "AI PIIPqRL »yoAuoddnıg 0.001 0-90L 0-001 0-001 0.001 0-001 0 001 0.001 0001 0.001 0.001 G7 GH Gh 0-F GL 7-4 94 6-7 v5 0-F G.G 6-4 0.8 98 G.9 87 er 9.9 G-9 6.4 9.7 8-9 GN 7.6 s$ 9.0 20 6-1 G0 GI a) 20) Go 0-1 0-4 1.9 0-1 T-I 8-1 g.0 1.6 6-0 L-0 6-0 | 8-1 8-4 8.6 66 91 6-8 0-6 LG GG &1 LI <.91 G.81 9.81 8-91 8-91 e-GI 6-01 6-81 GEl L-SI 6-1 T-IL 8:09 8-84 r-04 8-89 9.19 6-64 r.99 9.74 1207 G.0L teygustay | ToSrwon don BUuDAsOg | YosyeIuL os] odıv yosyer Bıoaq sıopurjyog | snje8uy UIOA 2 ea -HYOBTDIEA| za sop uoA uoA AQUA BIT UOA areqıogo | qmyasqo | usyoy woA - WOA a9p UOA > yLuw.ı3 AOID STOUSILIOID yrawız sus sıaus sıaug sus sus sous sıaus -MAONSNW | -ouRıg "-ouwi) | -ı4ydaog |-pioaäydıog | -uadny -ua8ny -uo8ny -u9snYy -uoSny -uasny IL IN OL IN 6 IN ge N NG 9 "IN G ıN FIN A u g “N BEIN "III OT Oq®L "U9JYEZULOFYV I2U91ISFUNSNIYRS-ıS De an er ua[gBzwuoIYy :UUBSOQ ydeu 9719 1suolyyoloıd 128 W. Hammer und C. v. John. [38] Die Kieselsäuresättigungsgrenze als Atomzahl wurde’ nach der | Formel %) | Ba T2cHy 1lat5c+f berechnet. Berechnet man aus vorstehenden Tabellen die Osannschen Typenformeln, so ergeben sich die weiter unten folgenden Werte. Wir bemerken dabei, daß bei den Gneisen, die, wie schon früher auseinandergesetzt wurde, durchweg Orthogneise sind und daher mit den Typenformeln der Eruptivgesteine verglichen werden können, zur näheren Charakteristik derselben die von Osann angegebenen Typen- formeln. für granitische oder quarzporphyrische Gesteine zum Ver- sleich herangezogen wurden. Nr. 1. Augengneis vom Hohen Angelus. Die Typenformel ist 3 Reihe ER. Sı ws X Dieselbe stimmt recht gut mit dem Granittypus Hauzenberg Reihe Ssı5 dia Ca fe ö oder noch besser mit dem liparitischen Typus Kastel sgı.s @ı3 Ca fs. Nr. 2. Augengeis oberhalb Schlanders. Typenformel: Reihe Ss; dis Ca Sas ö Auch dieses Gestein steht dem Granittypus Hauzenberg Reihe Sgı5 Aıg Ca fs ö ziemlich nahe und stimmt noch besser mit dem liparitischen Typus Kastel ssı.5 4ıs ca fs überein. Nr. 3. Augengneis oberhalb Dörfl. Typenformel: Reihe Ss83:5 @ıı (25 Fs5 h) stimmt ziemlich gut mit dem Granittypus Hauzenberg Reihe Ssı5; (dı2 (a Fs h) und dem Liparittypus Kastel sgı-s @ı3 C2 f>. ı) ©. vw. John und Franz Suess, Die Gauverwandtschaft der Gesteine der Brünner Intrusivmasse. Jahrb. d. k. k. geol. R.-A., Band LVIII, 1908, pag. 250. [39] Augengneise und verwandte Gesteine aus dem oberen Vintschgau. 729 Nr. 4 Augengneis von Laatsch. Typenformel: Reihe Sı55 As 4 fı R | entspricht am besten dem Granittypus Katzenfels 5.4 ag; C3; fs. Aus der Gruppe der liparitischen Gesteine würde es am besten - mit dem zwischen den Typen Crater Lake s7s «10-5 C3-; fs und Peogoup Pass s745 @7-5 (5; fx stehenden Quarzhypersthenporphyrit von Eibin- gerode S77 Ag Cy5 frs - - . Ns übereinstimmen. Die Übereinstimmung ist natürlich nur eine chemische. Der Vergleich erhält noch dadurch besondere Berechtigung, dab dieses von Lossen als Porphyrit be- zeichnete Gestein von Osann als Anhang zu den liparitischen, auch die Quarzporphyre enthaltenden Gesteinen eingereiht wird. Nr. 5. Augengneis von der Plawener Alpe. Typenformel: y Reihe Sg; dız Cı Se Y entspricht ganz gut dem Granittypus Quincy Ssı @ı3 Co-s fs5. Bei diesem Typus ist » meist ziemlich groß (5'1—9). Von den von Osann unter dem Typus Quiney angeführten Gesteinen würde die chemische Zusammensetzung am besten mit der des Granits von Albany N. H. übereinstimmen (n» — 5'1l) oder auch mit dem Lithiongranit von Eibenstock (n = 5'3). Die meisten Gesteine des Quinceytypus sind an Tonerde ungesättigt, während dies beson- ders bei dem Albanygranit, aber auch bei dem Lithiongranit von Eibenstock, sowie bei dem vorliegenden Gestein nicht der Fall ist. Will man das Gestein auch mit liparitischen Gesteinen ver- gleichen, so könnte man es am besten mit dem Gesteinstypus Cerro de las Navajas sg1ı-5 Gıys Cı fa; tun. Nr. 6. Augengneis von Latsch. Typenformel: Reihe ® S71.5 Ars C3 Js ee en entspricht ziemlich gut dem Granittypus Katzenfels 5, @s5s €3-5 fs Sehr nahe steht er dem Tonalittypus Brixen S775 47 C45 Js5 re K — 1:80. Auch mit dem bei Nr. 4 erwähnten Gestein von Elbingerode 77 Ag Cy5 frs zeigt es in der chemischen Zusammensetzung viel Ahn- lichkeit. Nr. 7. Porphyroidgneis von Talatsch. Typenformel: Reihe 8795 Ges (a5 Js w entspricht so ziemlich dem Granittypus Hauzenberg Ssı-s @ı2 C2 Js, oder fast noch besser dem liparitischen Typus Kastel ss1.5 «3 «2 f;- 730 W. Hammer und C. v. John. EUR Nr. 8. Porphyrgranit des Piz Sesvenna. Typenformel: v Reihe h Sgı Yırs a5 Je 9 die sich wieder dem Granittypus Hauzenberg ssı:5 @ıs c, f, anschließt und auch mit dem liparitischen Typus Kastel sgı.5 @ı3 co fs gut stimmt. Nr. 9. Granodioritgneis vom Valdaschlikopf. Typenformel: ST % 55 fir; RK — 1:33 stimmt am besten mit den zu den Quarzdioriten gehörigen Typen der Granodioritreihe Butte seg @ C35 fırs K = 125 und Brush Creek Se55 Ass Cys5 fıo K= 15, Mit den Typen der ersten Tonalitreihe, zum Beispiel Aviosee Star Ass Ca Jos K — 165 stimmt das Gestein nicht so gut überein, da die Tonalite vor allem einen höheren Kieselsäuregehalt haben, so daß K = 1'58—1'80 beträgt. Nr. 10. Granodiorit von Gomag»i. Typenformel: S7o Ass Ce Js pe 149, n —= 60 stimmt am besten mit dem Granodiorittypus Dognacska Seo5 a fa K=140, n=85 sehr nahe steht es auch dem Tonalittypus Aviosee S725 Ass Co Is 1:66 speziell dem Biotitgranit von Rowlandville Cecil Co. Md. s725 445 ce fos n = 66 mit dem es besonders wegen des ziemlich gleichen n chemisch ähn- lich zusammengesetzt erscheint. Nr. 11. Muskovitgranit vom Avignatal. Typenformel: Ser; (dı2» (25 F5 K=-201 n=43 stimmt sehr gut mit der Typenformel des Granittypus Hauzenberg Sgı5 Qı2 Ca fs. Da der größte Teil der hier behandelten Gesteine Gneise sind, so seien im folgenden die Resultate der Osannschen Berechnungen, besonders die gefundenen Typenformeln, mit den von Grubenmann gegebenen Formeln der von ihm unterschiedenen verschiedenen Gruppen der kristallinischen Schiefer verglichen. [41] Augengneise und verwandte Gesteine aus dem oberen Vintschgau. 731 Die Augengneise Nr. 1—6 fügen sich sehr gut in die von Grubenmann aufgestellte I. Gruppe „Alkalifeldspatgneise* ein. Grubenmann gibt für dieselben folgende Mittelwerte: S=165 Ass Ca F;ı M=0 T=1'0K =1'6, ferner as; Ca; fe. Vergleichen wir die von Grubenmann angegebenen Grenz- werte, so stimmen dieselben sehr gut mit den unserigen. A nach Grubenmann von 5—10, bei uns 4+3—6'6 C n n n 0—8 ” n 0.6— 2:8 f._ Ir " „ 0-2 »„ » Immer O T mas... . er Ta ä ai, „ „rain Die Übereinstimmung ist also eine vollständige. Das Gestein Nr. 7, Porphyroidgneis von Talatsch, gehört auch in die Gruppe der Alkalifeldspatgneise. Das Gestein Nr. 8, Porphyrgranit des Piz Sesvenna, ist ein nicht gneisartig struiertes Eruptivgestein, welches daher wohl chemisch mit der Gruppe der Alkalifeldspatgneise übereinstimmt, aber doch wohl nur in die Granite (Typus Hauzenberg) eingereiht werden kann. Die Gesteine Nr. 9 und 10 stimmen chemisch mit der IlI. Gruppe der kristallinischen Schiefer Grubenmanns „Kalknatronfeldspat- gneise (Plagioklasgneise)“ überein. Grubenmann gibt für diese Gruppe folgende Mittelwerte: B= 67 As Co-4 Fj1-s My-s T=-0 K- 14, ferner d4 C55 Sıs- Diese Werte stimmen sehr gut mit den von uns gefundenen. Das Gestein Nr. 9 kann also ganz gut hier eingereiht werden, während Nr. 10 wohl am besten zu den Eruptivgesteinen gestellt wird. Das Gestein Nr. 11 ist ein echter Granit (Typus Hauzenberg) und die feingeschieferten Teile würden sich ganz gut zu den Alkali- feldspatgneisen einreihen lassen. Jahrbuch d. K, k. geol. Reichsanstalt, 1909, 59. Bd., 3. u. 4. Hft. (Hammer u. John.) 95 132 9 W. Hammer und C. v. John. j er £ [42] } Erklärung zu Tafel XXI. Fig. 1. Porphyroidgneis vom Sarnestabach (Münstertal) gekreuzte Nikols. Quarzeinsprenglinge mit Korrosionsformen und abgesprengten Randteilen in der feinkörnigen, mäßig geschieferten Grundmasse. Fig. 2. Tonalitisches Gestein (Granodiorit) vom Valdaschlikopf (Sesvenna- gruppe). Siebstruktur. Weiß — Quarz, lichtgrau — Feldspat, grau — Hornblende und Biotit, dunkelgrau = Zoisit, schwarz — Erz (Titaneisen), links oben und unten am Rand ein Granat. Vom Autor nach der Natur gezeichnet. Einige Anthracosiiden aus den Ostrauer Schichten. Von Dr. Axel Schmidt in Stuttgart. Mit einer Lichtdrucktafel (Nr. XXIII) und vier Zinkotypien im Text. Aus den Sammlungen der k. k. geologischen Reichsanstalt sind mir durch Vermittlung des Herrn k.k. Sektionsgeologen Dr. W. Petra- scheck, dem ich an dieser Stelle meinen herzlichsten Dank aus- sprechen möchte, einige Zweischaler aus dem Karbon von Mährisch- Ostrau und Hruschau zur Bearbeitung gütiest überlassen worden. Zur Ergänzung des Materials ist mir aus den Beständen des Breslauer Universitätsmuseums und des Museum regni Bohemiae in Prag durch die Vorstände, die Herren Professoren Frech und Fri, denen ich auch an dieser Stelle nochmals gehorsamst danken möchte, einiges zur Verfügung gestellt worden. Es handelt sich im wesentlichen um Vertreter der Familie der Anthracosiiden, die Genera Anthracomya und Carbonicola (Anthracosia) sowie das zahnlose Genus Najndites. Drei Solenomyen, die sich auch noch in dem Material vorgefunden haben, mögen als Anhang besprochen werden, da die Bestimmung ergeben hat, daß es sich um Spezies handelt, von denen bisher nur die eine aus dem dortigen Karbon beschrieben ist. Die Bearbeitung dieser Anthracosiiden habe ich um so lieber übernommen, weil mir bei meinen früheren Untersuchungen nur die Vertreter dieser Familie aus wesentlich höheren Schichten vorgelegen haben. Meine Hoffnung, daß mir die jetzt zur Untersuchung über- lassenen Suiten einigen Einblick in die Entwicklungsgeschichte dieser Zweischaler gestatten würden, hat sich bestätigt, und es möge mir daher gestattet sein, am Schlusse der Besprechung der ein- zelnen Spezies einige Worte dieser Frage zu widmen. Bei der Einreihung der einzelnen Formen in die in Betracht kommenden Genera hat der Hauptwert auf den äußeren Schalenumriß gelegt werden müssen. Denn nur selten ist die Erhaltung eine so günstige gewesen, daß auch die Bezahnung hat mit zur Bestimmung herangezogen werden können. Zwar bin ich mir wohl bewußt, daß bei diesem Vorgehen Formen von verschiedenem Zahnbau in demselben Genus zusammengefaßt sein können. Indessen wird jeder, der sich mit Anthracosiiden oder ähnlichen, jüngeren. Formen beschäftigt hat, wissen, daß es außerordentlich schwer hält, brauchbare Schloß- oder Zahnpräparate zu erzielen, auch bei solchen Jahrbuch &. k.k. geol. Beichsanstalt, 1909, 59. Bd. 3. u. 4. Hft. (A. Schmidt.) 95* 734 Dr. Axel Schmidt. [2] Stücken, die äußerlich einigen Erfolg versprechen. Auch habe ich mir durch die fremdem Material gegenüber gebotene Schonung einige Zu- rückhaltung in diesem Punkte auferlegen müssen. Es scheint mir aber der Fehler oder die Ungenauigkeit, die ich dadurch begangen habe, nicht besonders schlimm zu sein. Denn man hat sich doch bei der Bearbeitung dieser Zweischaler stets zu vergegenwärtigen, daß es sich um solche Formen handelt, die ursprünglich Meeresbewohner gewesen sind und sich allmählich an das Leben im brackischen und süßen Wasser angepaßt haben und daß dabei eine Reduktion ihres schizodonten Schlosses stattgefunden hat, dergestalt, daß die ursprüng- lich vorhandenen drei Zähne an Deutlichkeit verlieren, entweder gleichzeitig oder nacheinander, und daß wir als Endergebnis dieser Anpassung an das Leben im ausgesüßten Wasser, einer rück- schreitenden Entwicklung, schließlich die Formen erhalten, bei denen die Rückbildung der Schloßelemente ihr Ende erreicht hat, also völlig zahnlose Formen entstanden sind. Daß sich die Rückbildung nicht immer in der gleichen Weise, auf dem gleichen Wege vollzieht, das lehrt die Entwicklungsreihe, wie sie Amalitzky gibt!), und daß sich die Rückbildung nicht bei allen Formen gleich schnell voll- zieht, das habe ich in meiner kleinen Arbeit über diese Zweischaler aus dem Gebiet der Saar und Nahe gezeigt und das beweisen auch meine nachfolgenden Untersuchungen, aus denen hervorgeht, daß wir bereits in den Ostrauer Schichten zahnlose Muscheln haben. Es bleibe daher spezieller Forschung, die sich auf reichlicheres und besser erhaltenes Material stützt, als das, welches mir früher vorgelegen hat und jetzt vorliegt, überlassen, auf Grund eines sorg- fältigen Studiums des Schloßapparats die Zuteilung der einzelnen Spezies zu weiteren auf die Verschiedenheit des Schloßbaues begrün- deten Genera eventuell durchzuführen ?). Für das vorliegende Material kommen die drei Genera: Anthracomya, Oarbonicola (Anthracosia), Najadites und sonst noch Palaeanodonta in Betracht, die ich kurz nach der Form ihres Schalen- umrisses charakterisieren möchte, Die beigefügten Zinkotypien sollen ein allgemeines Bild von der Verschiedenheit des Schalenumrisses der Genera geben. Sie stellen daher nicht eine einzelne Spezies dar. A. Bezahnte Formen. 1. Anthracomya Salter (1862). Umriß trapezförmig oder unregelmäßig viereckig, indem der Unterrand sich nach hinten zu erheblich senkt. Wirbel weit vorn, Schloßrand gerade, Vorderrand halbkreisförmig oder bogig zum Unter- ı) W, P, Amalitzky in Palaeontographica, Bd. XXXIX, pag. 212. ®) W. Hind urteilt darüber in seiner Monographie (conf,. Paleontographical Society 1894—46) folgendermaßen (pag. 41 unten): Considering the great variation of hinge-strukture, which obtains in a single species of Carbonicola... I think it very unwise to rely on minute differences of this strukture for the differentiation of genera, for, if this were to obtain, it would be necessary to divide one or two species in several genera. [3] Einige Anthracosiiden aus den Ostrauer Schichten. 135 rande verlaufend und meist ohne deutliche Ecke in diesen über- gehend, Unterrand meist gerade, selten etwas einwärts gebogen. Hintere Ecke gerundet, Unter- und Hinterrand bilden einen spitzen Winkel. Hinter- und Schloßrand stoßen meist in einer scharfen Ecke unter ziemlich stumpfem Winkel zusammen. Der Wirbel überragt den Anthracomya Salter. Schloßrand kaum und ist nicht sehr aufgebläht. Von ihm verläuft ein meist deutlicher Kiel nach der hinteren Ecke des Unterrandes. Anwachsstreifen und -wülste vorhanden, sie biegen auf dem Kiel spitzwinkelig nach oben um. Der hinter dem Kiel liegende Teil mehr oder weniger eingesenkt, Schalenverzierung nicht wahrnehmbar. Wirbel nicht selten korrodiert. Typus: A. modiolaris Sowerby. 2. Carbonicola‘) M’Coy (1855), W. Hind (189496), Umriß allseitig ziemlich gerundet, oval, häufig in die Länge gezogen. Wirbel den Schloßrand selten oder nie überragend und wenig gewölbt Schloßrand gerade oder im Wirbel in sehr stumpfem Winkel geknickt. Vorderrand gerundet, unmerklich in den meist aus- arbonicola M’Coy. wärts gekrümmten Unterrand übergehend, Hinterrand gerundet oder stumpf abgestutzt. Kiel vorhanden, aber nicht immer gleich deut- lich. Wirbel fast immer, allerdings oft nur schwach korrodiert. Typus: Ü. carbonaria Bronn?). 1!) Carbonicola M’Coy — Antracosia King (1856). Vergl. dazu W. Hind, pag. 38 ff. 2) Verg]. hierzu das unten auf pag. 745 [13] Gesagte. 736 3 | Dr. Axel Schmidt. [4] B. Zahnlose Formen. | 3. Najadites Dawson (1860), W. Hind (1894—96 ?). Umriß breit beilförmig-dreieckig. Wirbel kräftig, weit vorn liegend. Schloßrand gerade, oft sehr gekürzt. Vorderrand sehr kurz, gerundet, oft nur die Vorderecke bildend, an der so der Unterrand mit dem Schloßrand in spitzem Winkel zusammenstoßen. Unterrand schief abwärts geneigt, so daß die größte Höhe der Muschel die Senkrechte Fig. 3. Najadites Dawson. ist, die vom hinteren Ende des Unterrandes auf die Verlängerung des Schloßrandes gefällt ist. Unterrand gerade oder leicht aus- oder einwärts gebogen. Hinterrand schief aufsteigend und mit dem Schloß- rand einen stumpfen Winkel bildend. Kiel als eine sehr kräftige An- schwellung vom Wirbel zum hinteren Ende des Unterrandes verlaufend. Typus: Carlotae F. Römer (N. elongata W. Hind). 4. Palaeanodonta Amalitzky (1893). Umriß gerundet oval, häufig in die Länge gezogen, selten durch besondes scharfes Hervortreten des hinteren Endes des Unterrandes gerundet trapezförmig. Schloßrand meist kurz, gerade oder selten im Palaeanodonta Amalitzky. ı) Die Auffassung W. Hinds, die Gattung Najadites zu den Mytiliden zu stellen, hat zwar bei Betrachtung des äußeren Umrisses und wohl auch durch das Verkümmern des vorderen Adduktor etwas Bestechendes. Solange man aber das Genus auf das jüngere Paläolithikum beschränkt, scheinen mir, wie ich weiter unten zeigen werde, entwicklungsgeschichtliche Erscheinungen für eine Zurech- nung zu den Anthracosiiden zu sprechen.. [5] Einige Anthracosiiden aus den Ostrauer Schichten. 137 Schloß leicht geknickt. Wirbel wenig kräftig, kaum hervortretend, nie weit vorn liegend. Vorderrand bogig verlaufend und ohne deut- liche Ecke in den Unterrand übergehend, der gerade oder auswärts geschwungen ist. Hinterrand verschieden gestaltet, oft rund, seltener schief abgestutzt. Kiel vorhanden oder fehlend. Typus: P. Castor Amal. Über das Vorkommen der zu behandelnden Zweischaler und das Alter der Schichten sei folgendes bemerkt. Sie stammen alle aus dem unteren produktiven oder Oberkarbon, der sudetischen Stufe Frechs!), und sind meist schon vor mehr als 25 Jahren in die betreffenden Sammlungen gelangt. Ich werde im folgenden stets die Fundorte nach den Etiketten bei den einzelnen Spezies angeben. In- wieweit die hier zu behandelnden Formen als Leitformen zu betrachten sind, kann ich nicht entscheiden, da genaue geologische Horizontbestimmungen fast durchweg fehlen und, soweit sie vorhanden sind, ich zur Zeit nicht in der Lage bin, aus den Fundorts- und Flöz- bezeichnungen diese zusammenzustellen. Es würde diese Arbeit auch dann erst Zweck haben, wenn man Material aus Westfalen zur Verfügung hätte und eine allgemein anerkannte Parallelisierung der deutschen paralischen Karbonvorkommen mit den nordfranzösisch-beigischen und vor allem mit den englischen durchgeführt ist, eine Arbeit, die sich in erster Linie wohl auf die Floren zu stützen hätte. Für Westfalen, Belgien, Nordfrankeich dürfte zu dieser recht verdienstvollen Zusammen- stellung wohl schon das uns durch R. Zeiller und durch die Dis- sertation von L. Cremer gebotene Material ziemlich ausreichen. Leider fehlt aber meines Wissens eine solche neuere Zusammen- stellung für England noch immer. Hinsichtlich der Literatur über diese Zweischaler darf ich wohl auf die Notizen verweisen, die in meinen beiden früheren Aufsätzen ?) enthalten sind. Außerdem sind noch besonders benützt worden: 1834—40. A. Goldfuß, Petrefacta Germaniae, Bonn. 1842—44. L. de Koninck, De6scription des animaux fossiles, qui se trouvent dans le terrain carbonifere de Belgique, Liege. 1850. W. King, Monograph of the permian fossils of England, London, Paleon- tograghical Society. 1863. F. Römer, Über eine marine Konchylienfauna im produktiven Steinkohlen- gebirge Oberschlesiens. Zeitschr. d. Deutsch. Geol. Ges., Bd. XV, pag. 567 ff. 1865. F. Römer, Über das Vorkommen von Rhizodus Hibberti in den Schiefer- tonen des Steinkohlengebirges von Volpersdorf. Zeitschr. d. Deutsch. Geol. Ges., XVII, pag. 272. 1865. H. B. Geinitz, Über einige seltenere Versteinerungen aus der unteren Dyas und der Steinkoblenformation. Neues Jahrbuch für Mineralogie ete., XXXVI, pag. 385. 1865. Bon Koenen, Protokollnotiz. Zeitschr. d. Deutsch. Geol. Ges., XVII, pag. 428 (Über Karbonfossilien aus Westfalen). 1) Dieser Bezeichnung gebührt das Prioritätsrecht vor der von Michael vorgeschlagenen Bezeichnung „schlesische Stufe*. 2) „Die Zweischaler des niederschlesischen und böhmischen Rotliegenden‘. Neues Jahrbuch für Mineralogie etc. 1905, Bd. I, pag. 44 ff. und: „Oberkarbonische und permische Zweischaler aus dem Gebiet der Saar und Nahe*. Geognostische Jahreshefte XIX, 1906, pag. 119 ff. 738 Dr. Axel Schmidt. [6] 1866. F. Römer, Neuere Beobachtungen über das Vorkommen mariner IXonchylien in dem oberschlesisch-polnischen Steinkohlengebirge. Zeitschr. d. Deutsch. Geol. Ges., XVIII, pag. 663. 1870. F. Römer, Geologie von Oberschlesien. 1874. R. Helmhacker, Einige Beiträge zur Kenntnis der Flora des Südrandes der oberschlesisch-polnischen Steinkohlenformation. Berg- und Hütten- männisches Jahrbuch d. k. k. Bergakademien zu Leoben und Przibram, XXII, pag. 23. 1875. D. Stur, Vorkommnisse mariner Petrefakten in den Ostrauer Schichten in der Umgebung von Mähr.-Ostrau. Verhandl. d.k. k. geol. R.-A., Jahrg. 1875, pag. 153. 187577. D. Stur, Beiträge zur Kenrtnis der Flora der Vorwelt, die Kulmflora. Abhandl. d. k.k. geol. R.-A., VIII, 1 und 2. 1904. F. Frech, Neue Zweischaler und Brachiopoden aus der Bakonyer Trias, in: Resultate der wissenschaftlichen Erforschung des Balatonsees, I, 1. Zur Bestimmung wurden neben den schon in den früheren Ver- öffentlichungen genannten Werken benützt: 1592. W. P. Amalitzky, Antlıracosien der Permformation Rußlands, Palaeon- tographica XXXIX. 1894—96. W. Hind, Monograph on Carbonicola, Anthracomya and Najadites, Paleo:tographical Society. Für die entwickiungsgeschichtlichen Fragen sind ferner noch herangezogen worden: 1880. H. Pohlig, Maritime Unionen, Palaeontographica, N. F., VII. 1889. M. Neumayr, Über die Herkunft der Unioniden. Sitzungsber. der Wiener Akad. d. Wissensch., math.-naturw. Kl., Bd. XCVIII, pag. 5 ff. 1893. S. Freiherr von Wöhrmann, Über die systematische Stellung der Trigoniden und die Abstammung der Najaden. Jabrb. d. k.k. geol. R.-A., Bd. XLIII, pag. 1 ff. 1909. G. Steinmann!), Die geologischen Grundlagen der Entwicklungeschichte, pag. 105 ff. Eine kritische Würdigung der älteren Literatur ist schon durch W. Hind gegeben worden. Ich habe daher nur auf diese zu ver- weisen. In der neueren Literatur sind fast nur Neubeschreibungen einzelner Spezies enthalten und das wenige, was ich in meinen kleinen Aufsätzen gesagt habe, sowie die Bemerkungen darauf von Herrn Geheimrat von Koenen?). Ich beginne daher jetzt mit der Besprechung der einzelnen Spezies. I. Genus Anthracomya. Anthracomya modiolaris Sowerby. Tafel XXIII, Fig 2. Dionys Stur hat im zweiten Teil seiner Kulmflora (Ostrauer Schichten 1877, pag. 325, beziehungsweise 430) seinerseits zum ersten- mal eine A. Schlehani genannt, die 1874 schon von Helmhacker !) Über die Steinmannschen Anschauungen vergleiche pag. 753 [21] dieses Aufsatzes. $ 2) Zentralblatt für Mineralogie etc. 1908, Nr. 3, pag. 65—66 und „Über Anthracosia und Palaeanodonta“, ebendort 1908, Nr. 8, pag. 239—242. [7 Einige Anthracosiiden aus den Ostrauer Schichten. 1739 kurz erwähnt wird („Die bedeutende Größe ist das Charakteristische dieser einzig dastehenden Art“), hat aber nie eine Beschreibung gegeben. Bei der Vergleichung der Sturschen Originale ist mir aufgefallen, daß mit diesem Namen zwei oder drei wesentlich ver- schiedene Spezies bezeichnet sind, so daß es nicht möglich ist, die Stursche Manuskriptbezeichnung beizubehalten. Die eine davon gehört zur obigen Spezies von Sowerby, teste W. Hind, Tafel XIV, Fig. 4, und Taf. XVI, Fig. 49, 53. Es liegen einige doppelklappige Exemplare vor. Die großen Tiere sind leidlich günstig erhalten und gestatten daher eine genaue Beschreibung. Der außerordentlich kräftige Wirbel, der deutliche Spuren der Korrosion erkennen läßt, liegt zwischen dem ersten Viertel und Drittel der gesamten Länge. Er überragt den Schloß- rand um etwa 2 mm. Der Schloßrand ist gerade, vielleicht im Wirbel in sehr stumpfem Winkel nach außen (oder oben) geknickt, so daß die hintere Ecke des Schloßrandes mit dem Wirbel in einer Höhe liest. Der Vorderrand verläuft, an der oberen Ecke abgerundet, in einem Viertelbogen zum Unterrand, der erst ziemlich unter dem Wirbel beginnt und geradlinig, dem Schloßrand nicht parallel, sich nach hinten etwas senkt. Die hintere Ecke ist verhältnismäßig scharf. Der gerade Hinterrand bildet mit dem Unterrand einen Winkel von etwa 80°, mit dem Schloßrand einen solchen von etwa 110—120°. Auffallend ist die Dicke der Muschel, die am unteren Teil des Vorder- randes nahezu ebenso stark ist wie unter dem Wirbel. Unregel- mäßige, den Rändern parallele Anwachsstreifen sind namentlich hinten vorhanden, aber wenig hervortretend; Anwachswülste scheinen zu fehlen. Ein kräftiger Kiel läuft sanft geschwungen zunächst etwas nach unten, bieet dann um und endet an der hinteren Ecke. Der wenig deutliche Eindruck des vorderen Adduktor liegt ziemlich rand- lich, der hintere im Winkel des Schloß- und Hinterrandes. Kardinal- und hinterer Seitenzahn vorhanden. Abmessungen: Zentimeter Länge . 69 58 38 Höhe ’.”. 3°8 36 37 Schloßrand 4-8 — == Wirbelabstand >47 1:8 3t Dicke 2-0 1°9 15 Vorkommen: unteres Oberkarbon: Salmschacht bei „Mährisch- Ostrau, Flöz IV. Petrzkowitz, Reiche-Flöz-Erbstollen. Anthracomya Adamsii Salter. Tafel XXIII, Fig. 6. 1894. W. Hind, A. Adamsii Salter, pag. 89, Tafel XII, Fig. 1—19. 1863. F. Römer, Anthracosia spec., Tafel XV, Fig. 7. Auch diese Spezies ist als A. Schlehani bezeichnet gewesen. Die Muschel erscheint allseitig gerundet, der Umriß ist etwa dreieckig- oval. Der Schloßrand ist im Wirbel leicht geknickt. Die Hindschen Jahrbuch d. k. k. geol. Reichsanstalt, 1909, 59. Bd., 3. u. 4. Hft. (A. Schmidt.) 96 740 Dr. Axel Schmidt. [8] Figuren, Tafel XII, Fig. 11 und 12, entsprechen am meisten den mir vorliegenden Exemplaren, bei denen ich mit Rücksicht auf die mangel- hafte und durch Verdrückung verzerrte Erhaltung von einer genaueren Beschreibung absehen muß. Abmessungen: Zentimeter Länge . il De 38 40 53 31 Höhe u era 28 30 > 24 Schloßrand „1...29:— _ _ DB 14 Wirbelabstand . 25 12 — 1'8 1:1 Vorkommen: unteres Oberkarbon: Salmschacht bei Mährisch- Östrau, Flöz IV. Liegende Flöze bei Golonog (Polen), Museum Breslau. Anthracomya conf. Adamsii Salter. W. Hind, Tafel XIT, Fig. 14. Mit Vorbehalt stelle ich ein Stück zu dieser Form, da es am meisten der Hindschen obigen Abbildung entspricht, die in der Tafelerklärung als „very joung form“ bezeichnet ist. Indessen könnte auch dies Stück zu A. MWilliamsoni gestellt werden. Gerade die jungen Formen unserer Zweischaler weichen in den Verhältnissen ihrer Länge und Höhe häufig außerordentlich von den alten Individuen derselben Spezies beträchtlich ab, wenn auch die Umrißformen sich wenig oder gar nicht ändern. So ist das Verhältnis zwischen Länge und Höhe bei der rezenten Anodonta cygnea, var. cellensis, subvar. fragilissima im Jugendstadium 36:21, im Alter aber 157:78%). Von A. Williamsoni kommen die Figuren 25 und besonders 28 auf Tafel XIV in Betracht. Da gerade der Vorderrand nicht ganz erhalten ist, so kann ich nicht entscheiden, zu welcher Spezies sie sicher gehört, zumal da auch der Hinterrand durch einen Harnisch verdrückt ist. Abmessungen: Millimeter Länder ET zirka 119 Hohen 2 27ER). 4 8:5 Schloßrand . . . > Wirbelabstand . . BEMERL..c Vorkommen: unteres Oberkarbon: Petrzkowitz, Reiche-Flöz-Erb- stollen. Anthracomya Wardi Salter. Der gerade Unterrand und der einwärts gekrümmte Hinterrand eines sonst sehr schlecht und auch nur hälftig erhaltenen, stark ver- drückten Stückes veranlassen mich, es zu A. Wardi Salter zu stellen, zumal da auch das von W. Hind für diese Spezies als charakteristisch ) Nach Buchner, Beiträge zur Formenkenntnis der einheimischen Anodonten in den „Jahresheften des Vereines für vaterländische Naturkunde in Württem- berg 1900. [9] Einige Anthracosiiden aus den Ostrauer Schichten. 741 angegebeneVerschwinden der Anwachsstreifen auf dem hinteren Schalen- teil, die auf dem vorderen Teil außerordentlich deutlich sind, klar zu beobachten ist. Immerhin läßt aber die ungünstige Erhaltung die Be- stimmung nicht mit völliger Sicherheit zu. Vorkommen: unteres Oberkarbon: Salmschacht bei Mährisch- Ostrau, Hugoflöz. Anthracomya minima Ludwig. W. Hind, Tafel XVI, Fig. 25 und 34. Eine kleine Muschel, die nur in einem einzigen Exemplar vor- liegt, entspricht so vollkommen den Figuren, die W. Hind von dieser Spezies gibt, daß ich sie ohne Bedenken zu dieser stelle. Der Umriß ist schief-dreieckig und allerseits gerundet, Der Wirbel liegt sehr weit vorn. Der Schloßrand ist gerade. Der Vorderrand verläuft in einem Halbkreis zum Unterrand, der sich unmerklich auswärts ge- schwungen nach hinten zu schnell senkt. Von der hinteren abgerundeten Ecke steigt der leicht einwärts gebogene Hinterrand zum Schloßrande empor und bildet mit diesem einen Winkel von 140° Ein Kiel ist vorhanden, jedoch infolge der flachen Erhaltung nicht als deutliche Anschwellung erkennbar. Feine, den Rändern parallele Anwachs- streifen bedecken die Schale und sind besonders auf deın Kiel deutlich, auf dem hinteren Ende divergieren sie ein wenig. Der Eindruck des vorderen Adduktors hat die normale Lage, der hintere ist nicht sichtbar. Abmessungen: Zentimeter ENTE Vi ©) | Hohes... „u... 0 Schloßrand . ...; . :0:57 Wirbelabstand . . 0:14 Vorkommen: unteres Oberkarbon: Petrzkowitz, Reiche-Flöz-Erb- stollen, Laurahütte, Gräfin-Laura-Grube, 6 m unterhalb „Glückflöz®. Anthracomya conf. pulchra W. Hind. W. Hind, Tafel XV, Fig. 37. Dieser Zweischaler erinnert durch sein von der Norm ab- weichendes Verhältnis zwischen Länge und Höhe sehr an die Car- bonicola thuringensis H. B. Geinitz, weicht aber durch den weit vorn liegenden Wirbel ab, so daß ich ihn mit Vorbehalt zu der neuen Hindschen Spezies stelle. Schloßrand und Unterrand sind fast gerade und einander parallel, der Vorderrand ist gerundet, der Hinterrand, soweit sichtbar, schief abgestutzt. Der Wirbel liegt weit vorn. Die Schalen sind stark gewölbt, so daß die Muschel fast zylindrisch wird. Ein Kiel scheint zu fehlen. Feine Anwachsstreifen sind vorhanden, 96* 742 Dr. Axel Schmidt. [10] Abmessungen: Millimeter Längewisun., Why .: 120 _ Höhe . Mir sy Igor 39 30 Schloßrend; sa, Bde: 59 56 Wirbelabstand. "7 27... .2:0 19 Vorkommen: unteres Oberkarbon: Peterswald, Eugenschacht. Mächtiges Flöz, und Petrzkowitz, Reiche-Flöz-Erbstollen. Anthracomya subcentralis Salter. W. Hind, Tafel XVII, Fig. 3 u. 5. Auch diese Spezies habe ich mit ziemlicher Wahrscheinlichkeit bestimmen können, soweit es an nicht vollständigen Stücken möglich ist. Daher sehe ich auch von einer Beschreibung ab und verweise auf Hind, dessen oben angegebenen Abbildungen die vorliegenden Exemplare am meisten entsprechen. Auch die sonstigen Eigenschaften stimmen mit der Beschreibung von Hind, soweit festzustellen ist, überein. Infolge unvollständiger Erhaltung kann ich keine Maße an- geben, mit Ausnahme der Höhe, die 3 mm beträgt. Vorkommen: unteres Oberkarbon: Petrzkowitz im Reiche-Flöz- Erbstollen. Anthracomya minima, var. carinata W. Hind. W. Hind, Tafel XVI, Fig. 35 u. 39. Eine Muschel, die in einem ausgewachsenern Individuum und mehreren jugendlichen Exemplaren vorliegt, stelle ich zu dieser von W. Hind neu aufgestellten Varietät. Das Auffallende an den Tieren ist der mächtige Kiel, der vom Wirbel nach unten und hinten verläuft und von dem nach oben und unten sich die Schale außerordentlich schnell senkt, so daß die Ränder fast messerschneidenartig zugeschärft erscheinen. Vorder- und Hinterrand sind gerundet, Schloßrand gerade, ebenso der fast parallele Unterrand, der nur unmerklich auswärts gekrümmt erscheint. Der wenig hervortretende Wirbel liegt sehr weit vorn. Feine, zarte Anwachsstreifen sind reichlich vorhanden, sie wenden sich auf der Anschwellung des Kieles auf- und vorwärts. Abmessungen: Millimeter Lange’... Sur 54 87 6°9 Höhe „1... see 3:7 2:6 Schloßrand .5 47.26.292:310-7 e 4:3 Wirbelabstand. 7..2:3 r3 16 Vorkommen: unteres Oberkarbon (Sattelflözschichten) : Königs- grube bei Königshütte. [11] Einige Authracosiiden aus den Östrauer Schichten. 743 Anthracomya Phillipsii Williamson. W. Hind, Tafel XVI, Fig. 12. W. Hind beginnt die Diagnose mit den Worten: „Shell trans- versely obliquely oval, modioliform, elongated in a diagonal direction.“ Diese Worte charakterisieren die Form trefflich. Der gerade Schloß- rand wird von dem mäßig kräftig entwickelten Wirbel etwas überragt. Der nicht ganz vollständig erhaltene Vorderrand verläuft bogig zum Unterrand, der mäßig auswärts gekrümmt ist und sich nach der hinteren Ecke zu ziemlich senkt. Die hintere Ecke ist gerundet und von ihr steigt der Hinterrand nach vorn geneigt zum Schloßrand empor. Die Ecke, die Hinterrand und Schloßrand miteinander bilden, ist scharf. Ein eigentlicher Kiel ist nicht vorhanden, dafür erscheint der vordere Teil der Schale gewölbt. Feine konzentrische Anwachs- streifen und -wülste sind vorhanden und stehen ziemlich eng zu- sammen. Abmessungen: Millimeter Kanes 202107 Babe er az Schloßrand . :.....: 80 Wirbelabstand . . 23 Vorkommen: unteres Oberkarbon: Ferdinandgrube bei Kattowitz. Anthracomya laevis, var. scotica Dawson. W. Hind, Tafel XVI, Fig. 42. Der beil- bis eiförmige Umriß dieser Varietät ist ziemlich auf- fallend. Der Schloßrand ist im Wirbel, der ihn nicht überragt, leicht geknickt. Der kurze Vorderrand erscheint als ein halber Bogen, an den sich der fast gerade, nach hinten sich senkende Unterrand an- schließt. Der Hinterrand ist sanft geschwungen und steigt zum Schloß- rand derart empor, daß die untere Ecke nur wenig hinter der Schloß- randecke liegt. Die Schale ist kaum gewölbt und mit äußerst feinen zarten Anwachsstreifen bedeckt, die nach hinten zu undeutlich werden und schließlich sich ganz verlieren. Abmessungen: Millimeter Dane ann 7 re LA 10°0 a 3, De De 6°9 SchlaBrand #7 . 1. 4:7 6r6 Wirbelabstand . . . 34 3.0 Vorkommen : unteres Oberkarbon: Ferdinandsgrube bei Kattowitz. 144 Dr. Axel Schmidt. [12] II. Genus Carbonicola. Carbonicola nucularis W. Hind. Tafel XXIII, Fig. 8. W. Hind, Tafel VII, Fig. 33, 39, 42. Von dieser Form liegen von den verschiedensten Fundorten zahlreiche Exemplare vor, die meist günstig erhalten sind. Der Schloß- rand, den die meist korrodierten Wirbel etwasüberragen, ist gerade, seine Länge ist etwa — zwei Drittel der Gesamtlänge der Schale. Der Vorder- rand senkt sich zunächst, macht dann einen ziemlich deutlichen Knick und geht in einem Viertelkreis zum Unterrand über. Der Unterrand selbst ist mehr oder minder auswärts gekrümmt, und zwar so, daß die größte Ausbiegung etwas hinter dem Wirbel liegt und die Schale nach hinten zu verhältnismäßig stark an Breite (Höhe) verliert. Der Hinterrand ist meist schief abgestutzt, seltener un- regelmäßig zugerundet Von der sonst ähnlichen ©. aquilina unter- scheidet sich diese Spezies leicht durch das Zurückliegen des Wirbels, der bei ©. aguilina fast an der vorderen Ecke der Schale liegt. Kardinalzahn vorhanden, aber nicht immer gut sichtbar. Hinterer Seitenzahn ziemlich lang und meist deutlich. Eine als Kiel auf- zufassende Anschwellung, nicht immer deutlich vorhanden, läuft vom Wirbel, unter dem die Muschel die größte Dicke erreicht, etwa zur Mitte des Hinterrandes. Zarte Anwachsstreifen und unregelmäßige An- wachswülste bedecken die Schale. Muskeleindrücke normal. Abmessungen : Millimeter Länge... ver >20 256 27 20:6 Hone. 2 W748 157 120 107 Schloßrand 7 2: 16°7 12:8 122 Wirbelabstand . 96 1:2 64 54 Vorkommen: unteres Oberkarbon: Hruschau; Petrzkowitz, Reiche- Flöz-Erbstollen ; Königshütte, Königsgrube; Kattowitz, Ferdinandsgrube. Carbonicola aquilina Sowerby. Tafel XXIIL, Fig. 7 und 9. W. Hind, Tafel V, Fig. 2; Tafel IX, Fig. 1—10 u. 12-—-37; Tafel X, Fig. 1—42; Tafel XI, Fig. 31—33. Der vorigen Spezies steht diese verhältnismäßig nahe, unter- scheidet sich aber doch einigermaßen, vor allem durch den weit vorn liegenden Wirbel. Schloß und Vorderrand sowie der Unterrand sind bei dieser und der vorigen Spezies gleich gestaltet. Der Hinter- rand ist unter einem etwas spitzeren Winkel abgestutzt, so daß sich am Hinterende meist eine scharfe Ecke ausbildet. Der Wirbel liegt ziemlich weit vorn. Von ihm läuft ein deutlicher Kiel nach der eben genannten hinteren Ecke. Zarte Anwachsstreifen sind vorhanden und [13] Einige Anthracosiiden aus den Ostrauer Schichten. 745 namentlich auf randlichen Partien deutlich, Anwachswülste scheinen zu fehlen. Abmessungen: Millimeter nee Pan 12 23°4 108 Bonema 1 2. eu rss 13°5 4:9 Senloßrand, N lt... 123 = 57 Wirbelabstand .....,.52 6-0 16 Vorkommen: unteres ÖOberkarbon: Petrzkowitz, Reiche-Flöz- Erbstollen; Tencezynek, Stollenschacht; Königshütte, Königsgrube. Carbonicola carbonaria Bronn!). Endlich ist auch noch diese Spezies vorhanden. Vorkommen: Unterkarbon: Rotwaltersdorf bei Glatz und unteres Oberkarbon: Hruschau, Petrzkowitz, Reiche-Flöz-Erbstollen und Königs- hütte, Königsgrube. Die Unterschiede zwischen diesen eben genannten drei Spezies sind häufig nicht leicht herauszufinden, besonders wenn, wie üblich, die Erhaltung der Stücke nicht eine zu gute ist. Aber auch bei vor- züglich erhaltenen Stücken kann man manchmal im Zweifel sein, zu welcher Spezies man das Stück zu stellen hat. Dieses wird noch erschwert durch die Abbildungen, die die Autoren von den einzelnen Spezies geben. Man vergleiche — von älteren Werken abgesehen — die Abbildungen, die Amalitzky, Tafel XIX, Fig. 4, und W. Hind, Tafel VII, Fig. 38, und Tafel X, Fig. 32, 38, 39, geben, die jede eine der drei Spezies darstellen soll, und man wird die Schwierigkeit der exakten Bestimmung wohl einsehen, Es erscheint mir daher wohl zweckmäßig zu sein, diese drei Spezies in eine zusammenzuziehen. Inwieweit dies unter Berücksichtigung der Diagnosen der Autoren möglich ist, darüber werde ich mich nächstens äußern. Denn der verschieden große Abstand des Wirbels vom Vorderrande scheint mir zur Begründung einer selbständigen Spezies allein kaum ausreichend, ganz abgesehen davon, daß in den einzelnen Altersstadien sich eine Verschiebung meist derart vollzieht, daß der Wirbel allmählich nach vorn wandert, wie es die Hindschen Figuren wiederholt zeigen, Carbonicola acuta Sowerby. W. Hind, Tafel III, Fig. 1 und 4—12; Tafel 1V, Fig. 8—17. Zu dieser Spezies stelle ich einige schlecht erhaltene Stücke. die, sich teilweise überdeckend, auf einer Platte von Ludwigsdorf bei Glatz vereinigt sind. Da die Erhaltung eine sehr mangelhafte ist, so sehe ich von einer Beschreibung und Abbildung ab. Vorkommen: unteres Öberkarbon (Waldenburger Schichten): Ludwigsdorf bei Glatz. 1) Unio carbonarius von Schlotheim entstammt viel jüngeren Schichten. 746 Dr. Axel Schmidt. [14] III. Genus: Najadites. Najadites (elongata W. Hind) Carlotae F. Römer. Tafel XXIII, Fig. 1. Im gleichen Jahre 1865 werden von F. Römer in der Zeit- schrift der Deutschen Geologischen Gesellschaft und von H.B Geinitz in Leonhards „Neuem Jahrbuch für Mineralogie“ etc. von der Rudolph- srube bei Volpersdorf Zweischaler genannt und abgebildet. Während Römer sie als Modiola spec. bezeichnet und auch 1870 in seiner Geologie von Oberschlesien die Zusammengehörigkeit seiner Stücke von Niederschlesien mit der Modiola Carlotae, die ihm schon seit 1862 aus Oberschlesien zugegangen war, nur für wahrscheinlich hält, bezeichnet Geinitz die Form sofort als Anthracomya elongata Salter. Später zieht dann Hind diese Form zu Anthracomya minima. Ich kann mich dieser Ansicht nicht anschließen. Wenn Hind äußer:, daß die Unterscheidung der beiden Arten nur an vorzüglich erhaltenen Exemplaren erfolgen kann, so stimme ich ihm bei, g’aube aber, daß ihm keine guten Exemplare vorgelegen haben. Denn dann wäre ihm wahrscheinlich aufgefallen, daß die von ihm als einziges charakteristisches Unterscheidungsmerkmal angegebene leichte Ungleichklappigkeit tat- sächlich vorhanden ist, indem die linke Klappe gewölbter ist. Der Umriß der Schale ist schief-eiförmig. Der gerade Schlob- rand wird von den Wirbeln eben überragt. Vor dem Wirbel ist vielleicht noch ein kleiner Flügel vorhanden. Der Vorderrand ist kurz und gerundet und geht unmerklich in den Unterrand über, der so mit dem Schloß- rand etwa unter einem Winkel von 40° zusammenstößt. Der Hinter- rand steigt in unregelmäßiger Krümmung zum Schloßrand empor. Der Wirbel liegt nicht ganz an der vorderen Ecke der Schale. An- wachsstreifen und -wülste vorhanden. Eine kräftige Anschwellung zieht vom Wirbel, den Unterrand begleitend, zur hinteren Ecke, manchmal leicht nach aufwärts eingebogen. Abmessungen: Millimeter lsange-. Era an 2 104 Höhe !: DER 5 12 Schloßrand DATE er 4, 53559 46 Wirbelabstand Se 22 2 a] 19 Dicke ee... Ve) BaYI Vorkommen: unteres Oberkarbon: in Ober- und Niederschlesien an zahlreichen Stellen. Najadıtes obesa Etheridge. W. Hind, Tafel XIX, Fie. 15. Ein ebenfalls als Modiola Carlotae bezeichnetes Stück gehört mit großer Wahrscheinlichkeit zu dieser Spezies; denn die Anschwellung zieht diagonal quer durch die Muschel, so zwei ziemlich gleiche ab- [15] Einige Anthracosiiden aus den Ostrauer Schichten. 747 geflachte randliche Teile entstehen lassend. Auch erscheint der vordere Flügel etwas deutlicher als bei der vorigen Spezies. Abmessungen: > Millimeter ee 5, rate ae See IN ei Pl ER RER AN 0: der: en ie ie ea (len. zu last ea Shane lee en rl Vorkommen: unteres ÖOberkarbon: Fugeniensglückgrube bei Kattowitz. Ich füge hier die Beschreibung der schon oben erwähnten Stücke aus der Gattung Solenomya Lamark ein, ehe ich auf die Entwicklung der soeben besprochenen Zwei- schaler eingehe. Von dieser sonst nicht häufigen Gattung liegen mir drei deut- lich voneinander verschiedene Spezies aus dem unteren produktiven Karbon vor. Solenomya Gürichi Frech. Frech, Neue Zweischaler und Brachiopoden aus der Bakonyer Trias in: Resultate der wissenschaftlichen Erforschung des Balatonsees, I., 1., pag. 18, Text- figur 19. Diese kleine zierliche Solenomya unterscheidet sich von den anderen Formen durch das Verhältnis der Länge zur Höhe, das nach Messungen am Original 19'7:6'2 beträgt. Die zu zweien gruppierten Radialstreifen treten auf dem Original nicht so deutlich hervor, wie sie die Zeichnung angibt. Im übrigen sei auf ihre erste Veröffent- lichung in der Frechschen Arbeit verwiesen. Abmessungen : Millimeter Dane nd ni a7 Höher; „102 ri um Schloßrand . . . — Wirbelabstand . . 52 Vorkommen: unteres produktives (Ober)karbon. Paulinenschacht der Hohenlohe-Hütte (Museum Breslau) und von Hruschau (Museum Prag). Solenomya Puzosiana de Koninck. Tafel XXIII, Fig. 5. de Koninck, Description des animaux fossiles, Liege 1842—1844, pag. 60—61, Tafel V, Fig. 2. Von dieser Koninckschen Spezies liegen zwei nicht ganz voll- ständige Stücke vor, die aber die Zugehörigkeit zur $. Puzosiana ein- Jahrbuch d. k. k. geol. Reichsanstalt, 1909, 59. Bd., 3. u. 4. Hft. (A. Schmidt.) 97 748 Dr. Axel Schmidt. [16] wandfrei festzustellen gestatten. Das eine weniger vollständige Stück, eine Doppelklappe in einem grauen Tonschiefer erhalten, läßt die Radialstreifen infolge ihrer dunkleren Färbung deutlich hervortreten. Das andere Stück, eine bis auf den Hinterrand vollständige linke Klappe zeigt die Radialstreifen ebenfalls, und zwar als deutliche er- habene Streifen, die, am Wirbel beginnend, nach dem Rande an Deut- lichkeit und Erhabenheit zunehmen. Leider läßt dies Stück infolge seiner in Pyrit umgewandelten Schalenschicht, die schon teilweise Verwitterungserscheinungen zeigt, die Befürchtung völliger Vernichtung in nahe Aussicht stellen. Schloßrand, Vorderrand, Unterrand stimmen vollständig mit der Koninckschen Abbildung überein. Der unvollständige Hinter- und Unterrand der linken Klappe läßt die Verbreiterung nach hinten wenigstens etwas erkennen, so daß ich die Muscheln zu der Koninck- schen Spezies stelle. Vollständige Stücke können allein die Richtig- keit dieser Bestimmung bestätigen. Eine Zugehörigkeit zu Typus Janeia primaeva Phillips scheint weder für diese, noch die anderen beiden oberschlesischen Spezies zu bestehen, da an den mir vorliegenden Stücken die nach Beushausen für Janeia!) charakteristische Un- gleichklappigkeit nicht vorhanden ist. Abmessungen: Millimeter Länge . . . etwa 450 etwa 50-0 Höhere AWR.27A03.17°0 194 Wirbelabstaud . . 116 137 Vorkommen: unteres produktives (Ober-)karbon: Gräfin-Laura- Grube bei Laurahütte (Königshütte), die eine vom Richterschacht, 10 m unter dem Karolinenflöz. Solenomya Böhmi Stur mser., emend. Axel Schmidt. Tafel XXIII, Fig. 3 und 4. Die von Stur mit dem Manuskriptnamen 8. Böhmi belegte, auch in seiner „Kulmflora der Ostrauer und Waldenburger Schichten“ unter diesem Namen angeführte Form, der dann auch in andere Literatur übergegangen ist, ist von Stur nie beschrieben und abge- bildet worden. Da sie sich als eine neue Spezies darstellt, so sei ihre Beschreibung und Abbildung hier nachgeholt; den Manuskriptnamen Sturs halte ich bei. Dieser zierliche Zweischaler ist als Doppel- klappensteinkern in einem dunkelgrauen Schieferton so vorzüglich er- halten, daß sämtliche Feinheiten der Skulptierung vortreftlich erkenn- bar sind. Schloß- und Unterrand, dieser kaum merklich auswärts ge- krümmt, divergieren nach hinten etwas. Der Hinterrand verläuft bogig vom Unter- zum Schloßrande, ohne deutlich abgesetzt zu sein. Der Vorderrand ist ebenfalls gerundet, vom Wirbel bis zur oberen Hälfte des Vorderrandes ist die Schale deutlich eingesenkt. Die Muschel 1) Beushausen, Lamellibranchiaten des rheinischen Devon. Abhandl. zur geol. Spezialkarte von Preußen. N. F., Heft 17, Berlin 1895. [17] Einige Anthracosiiden aus den Ostrauer Schichten. 749 erscheint im Gegensatz zu den eben genannten weniger stark ge- wölbt. Feine Radialstreifen, die nur auf dem Ausschnitt fehlen, der vom Wirbel zum Mittelpunkt des Unterrandes diagonal nach hinten über die Schale hinweggeht, sind vorhanden, sie divergieren nach außen. Die Streifen zum Hinterrande beginnen nicht am Wirbel, sondern etwa da, wo der Schloßrand eine leichte Abknickung erkennen läßt. Sie sind auch an dem jungen Exemplar sehr deutlich. Anwachs- wülste, konzentrisch verlaufend, sind ebenfalls erkennbar. Der Wirbel liegt etwa im ersten Fünftel der Gesamtschalenlänge. Abmessungen (junges Exemplar): Millimeter Tanee -..:.: 1202, 16rH 83 Höhe: +. 1 20784:0. huudh 44 Schloßrand . 62 _ — 37 Wirbelabstand 32. — IH Vorkommen: unteresproduktives (OÖber)karbon, Ostrauer Schichten: Ida-Schicht bei Hruschau, Österreichisch-Schlesien, ein etwas stark verdrücktes Exemplar von Peterswald, 5. Flöz, und zwei Stücke von Hruschau. Während diese Solenomyen mit den sonst aus Oberschlesien und den angrenzenden außerpreußischen Karbongebieten bekannt gewordenen Meeresfossilien zusammen vorkommen, sind die Anthra- eosien und Anthracomyen fast stets in anderen Schichten enthalten. F. Römer und D. Stur erwähnen ihr Vorkommen an vielen Stellen, nennen sie aber fast nie in den Fossillisten, in denen die bekannten marinen Formen des „Römer-Horizonts“ zusammengestellt sind. Wir dürfen daher ein nach Schichten getrenntes Vorkommen der das süße Wasser bewohnenden Anthracosien und der marinen Mollusken in Oberschlesien als sicher voraussetzen. Die Einlagerungen mit marinen Vertretern werden für Oberschlesien als Sedimente zeitweiliger UÜberflutungen !) durch das Meer von allen Forschern anerkannt, die anthracosienführenden Bänke hingegen sind als Bildungen aus Binnen- gewässern in den tlachen Niederungen hinter der Küste aufzufassen, die der Aussüßung ?) entweder schon ganz anheimgefallen oder doch höchstens nur noch außerordentlich schwach brackisch gewesen sind. Denn alle Geologen und Paläontologen fassen die Anthracosien als Süßwassertiere auf oder nehmen höchstens ein schwach brackisches Lebensmedium für diese Zweischaler in Anspruch. Die einzig gegenteilige Ansicht vertritt Herr Geheimrat v. Koenen, der zu dieser durch das gemeinsame Vorkommen von Anthracosien mit-echt marinen Formen in einigen Gruben Westfalens geführt worden ist. Die gleiche Erscheinung ist auch in England beobachtet worden. Hier wird aber diese sonderbare Vergesellschaftung durch Ein- schwemmung erklärt, eine Deutung, die auf Westfalen auch !) Vergleiche F. Römer, Geologie von Oberschlesien, pag. 93. ?) Ibidem, pag. 76, 92, sowie F. Römer, Zeitschr. d. Deutsch. Geol. Ges., XV, 1863, pag. 595 —97, 97° 750 Dr. Axel Schmidt. [18] ohne weiteres anwendbar ist; denn beide Konlenvorkommen ge- hören dem gleichen paralischen Entwicklungstyp an. Ich habe oben gesagt, daß die Anthracosien „fast“ stets getrennt von den sonstigen marinen Fossilien in Oberschlesien vorkommen. Nur an zwei Stellen wird in der Literatur ihr gemeinsames Vor- kommen genannt. Römer!) beschreibt je ein vereinzeltes und ver- drücktes Stück von der Ferdinands- und Königsgrube. Gegenüber dem ‚Vorkommen der sonst zahlreich vertretenen und vorzüglich erhaltenen marinen Fossilien kann das Auftreten eines einzelnen un- vollständigen oder verdrückten Exemplars nicht auf ein Zusammen- leben beider hinweisen, sondern nur durch eine äußere Zufälligkeit, wie zum Beispiel durch das Hereinschwemmen eines Bruchstückes oder eines toten Tieres, erklärt werden. Die Angaben D. Sturs?) über das Vorkommen von Anthracosien und marinen Formen sind nie so exakt, als daß man brauchbare Schlüsse aus ihnen ziehen könnte. Denn wo er die Formen als zusammen in einer Schieht vorkommend nennt, da gibt er gleichzeitig auch Pflanzenreste an. Während in Oberschlesien die Einschwemmung oder das Hereinspülen von Pflanzenresten und Süßwassertieren in marine Schichten die Regel zu sein scheint, könnte man an anderen Stellen auch den anderen Vorgang erwarten: in sonst als Süßwasser- ablagerung aufzufassenden Schichten finden sich einzelne Meeres- fossilien, die durch eine plötzlich hereinbrechende, eben so schnell aber wieder zurückebbende Hochflut in diese Binnengewässer gelangt sind, die, ursprünglich brackisch, in der Aussüßung schon so weit fortgeschritten waren, daß eine einzelne, nur kurze Zeit dauernde Flut, vielleicht sogar nur ein paar Wellen den Charakter des Ge- wässers als eines in der Aussüßung begriffenen kaum oder gar nicht beeinflussen konnten. Das Zusammenvorkommen von einzelnen Anthracosien mit marinen Formen in marinen Ablagerungen oder das Auftreten von vereinzel- ten marinen Formen in als Süßwasserbildungen zu deutenden Schichten mit Anthracosien kann und ist niemals von der überwiegenden Mehr- zahl der Forscher dahin gedeutet worden, daß die Anthracosien als marine Tiere anzusprechen wären. Vielmehr werden sie allgemein als Lebewesen des süßen oder höchstens des schwach brackischen Wassers gedeutet. Ich verlasse diesen Punkt endgültig, um noch zum Schluß mit wenigen Sätzen auf entwicklungsgeschichtliche Fragen einzugehen. Bemerkungen zur Entwicklungeschichte der permo- karbonischen Anthracosiiden. In seiner bekannten geistvollen Weise hat Neumayr?°) auf die Bedeutung hingewiesen, die das Bivalvenschloß für die Systematik !) Zeitschrift der Deutschen Geol. Gesellsch. XV, 1863, pag. 584, 585. ?) Kulmflora d. Ostrauer und Waldenburger Schichten, pag. 322 fi., beziehung#- weise 428. ®) Wiener Akademie der Wissenschaften, Sitzungsberichte. Band LXXXVIII (1883), I, pag. 385 u. 98 (1889), I, pag. 5. [19] Einige Anthracosiiden aus den Ostrauer Schichten. 751 und Entwicklungsgeschichte der Zweischaler hat. Es zeigen aber auch seine Untersuchungen gleichzeitig, daß man bei isolierten Gruppen kein zu großes Gewicht auf den Schloßbau legen darf, wenn man sich vor Irrtümern sicher bewahren will. Wir haben nun in den jungpaläozoischen Süßwasser- zweischalern wohl die ähnlich oder gleich organisierten Vor- läufer unserer heutigen Unioniden zu erblicken, nicht die Vorfahren, wie ich im Gegensatz zu King, M’Coy, Whiteaves und Amalitzky schon jetzt betonen möchte. Dort wie hier ist die Variabilität des Schlosses eine so außerordentlich große. Dazu sagt S. von Wöhrmann!), daß bei der Anpassung an das Süßwasserleben „die ursprüngliche Regelmäßigkeit im Bau der Zähne verloren geht und ganz abnorme Bildungen Platz greifen können“. Wir haben daher bei einer so isolierten Gruppe, über deren Vorfahren und Nachkommen noch die Meinungen geteilt sind, mit den Schlüssen, die der Bau des allerdings nur allzu selten mit wünschenswerter Deutlichkeit erhaltenen Schlosses zuläßt, außerordentlich vorsichtig zu sein. Andere für die Abstammung noch in Frage kommende Punkte, die Lage der Muskel- eindrücke, sowie das äußerliche amphidete oder opisthodete Band weisen gemeinsam mit dem heterodonten (oder schizodonten) Charakter der ältesten Formen darauf hin, daß wir die Vorfahren dieser jung- paläozoischen Süßwasserzweischaler unter den älteren devonischen marinen Muscheln mit heterodontem Schloßtypus zu suchen haben. Die beiden einzigen dann in Betracht kommenden Familien, die Trigoniiden und Astartiden, „zeigen aber große Uberein- stimmung“ ?) ihrer ältesten Vertreter. Es ist daher nicht leicht zu entscheiden, von welcher dieser beiden Familien wir sie abzuleiten haben. Ich neige dazu, die Astartiden als Vorfahrenin Anspruch zu nehmen. Die geringe Skulptierung der Schale, die Muskeleindrücke und vor allem der leistenförmige hintere Seitenzahn, der sich bei den Anthracosiiden — abgesehen von dem Genus Palaeomutela und den schließlich zahnlos gewordenen Formen — am längsten und beständigsten als einziger Zahn erhält, machen mir diese Abstammung wahrschein- licher als die von den Trigoniiden, wenigstens für den Formenkreis der Anthracomyen. Auch für den Formenkreis der Carbonicola- Gruppe glaube ich diese Abstammung voraussetzen zu dürfen. Die Formen der Najaditen, wie Hind will, von den Mytiliden (oder Modiola speziell) abzuleiten, erscheint mir eher möglich, besonders da Modiola an sich schon ziemlich schwach bezahnt ist. Die Tatsache aber, daß die Najaditen etwas, allerdings nicht viel später auftreten als die Anthracomyen — und Carbonicola — liebe auch den Schluß zu, sie auf die Anthracomyen zurückzuführen. Die einzige Schwierig- keit, den gesamten Kreis jungpaläozoischer Süßwasserzweischaler auf ähnliche Stammformen zurückzuführen, besteht nur darin, die Gattung Palaeomutela mit ihrem taxodonten Schloß auch auf den heterodonten Typus zurückzuführen. Hierzu lehren die Untersuchungen Neumayrs?) !) Jahrb. d. k. k. geol. Reichsanstalt, Band XLIII (1893), pag. 19 (1—28). ?) Zittel, Grundzüge, 1903, Band I, pag. 303. ®) L. c., Band IIC. 1889, pag. 15. 152 Dr. Axel Schmidt. [20] über die mit einem Arca-gleichen, also taxodonten Schloß ausgerüstete rezente Gattung Pleiodon, daß es sich nicht um ein echt tax- odontes, sondern nur um pseudotaxodontes Schloß handelt, das „entstanden ist durch Verlängerung und Abflachung der schizodonten (beziehungsweise heterodonten) Zähne, deren Riefung nach der Obli- teration des Zahnes auf der Oberfläche erhalten blieb“. Den gleichen Gedanken spricht auch Amalitzky!), der Begründer der Gattung, aus, ohne sich speziell dabei auf Neumayr zu berufen. Unter diesen Gesichtspunkten besteht also für mich kein Bedenken, das Schloß der Palaeomutela ebenfalls für pseudotaxodont zu erklären und das Genus an Carbonicola anzuschließen. Wir hätten dementsprechend etwa folgende Entwicklungsreihe anzunehmen: Palaeanodonta EU Palaeomutela Najadites er j FR = x \ \ \ \ Carbonieola | ? Y N va IR ? \ Anthracomya \ / ER (Modiola) Trigoniidae Astartidae Mytilidae Wir sehen also das artenreiche Geschlecht der jungpaläozoischen Süßwasserzweischaler, das ebenso wie die heutigen Unioniden in sich Vertreter der verschiedensten Bezahnung enthält, allmählich aus sich heraus immer weniger differenzierte zahnlose Formen entwickeln und dem Untergang langsam entgegengehen. Mit dem Schluß des Paläozoikum verschwinden sie auch vollkommen. Denn das Persistieren der ihr Lebenselement bildenden Süßwasserbecken durch längere geologische Zeiträume ist außerordentlich unwahrscheinlich. Wir haben vielmehr in mesozoischen Zeiten durch den gleichen Vorgang der Aussüßung von Meeresteilen, wie er im jüngeren Paläozoikum statt- gefunden hat, auch die gleiche Entwicklung von meeresbewohnenden Zweischalern zu Süßwassermuscheln als wahrscheinlicher vorauszu- setzen, wie das Persistieren. Daß dann die Ausgangsform eine andere gewesen ist, die wahrscheinlich nicht einmal der gleichen Familie angehört hat, bedarf keiner weiteren Ausführung. Jedenfalls erscheint mir die zuletzt von Amalitzky verfochtene Ansicht, die heutigen Süßwasserzweischaler auf die Anthracosiiden zurückführen zu wollen, aus den vorher angegebenen rein geologischen Gründen unwahrschein- lich. Ebenso spricht dagegen, daß diese Gruppe, die am Ende des Paläozoikum schon so überaus einförmig geworden ist, noch im- stande gewesen sein sollte, zu neuer Entwicklung zu gelangen und so zahlreiche bezahnte Formen hervorbringen zu können, nachdem !) Palaeontographica, Band XXXIX, 1892, pag. 202. [21] Einige Anthracosiiden aus den Ostrauer Schichten. ° 153 bei ihr bereits die Reduktion der Bezahnung bis zur völligen Zahnlosigkeit zum größten Teile vorgeschritten war. Die Entstehung äußerlich gleicher Formen aus verschieden organisierten Stämmen, die durch Anpassung an gleiche Lebens- bedingungen herbeigeführt oder bedingt wird, ist ja bekannt, wenn sie auch nicht zu den häufigsten Erscheinungen gehört. Ich erinnere an die Nachahmung der Korallenform durch das Brachiopod Richt- hofenia und später durch die pachyodonten Rudisten und Hip- puriten, bervorgebracht durch das Leben auf Riffen, sowie die Ent- stehung äußerst ähnlicher Formen bei den Terebrateln in verschie- denen geologischen Zeiten. Die Entstehung formengleicher, innerlich aber vielleicht abweichend organisierter Zweischaler aus verschiedenen Stammformen dar? daher nicht wundernehmen. Auch das zeitlich gleiche oder nur wenig verschiedene Auf- treten von Süßwasserzweischalern im Perm an so verschiedenen Orten, wie Rußland, Deutschland, Süd- und Zentralafrika und Nord- amerika, habe ich in meiner letzten Arbeit ganz in diesem Sinne gedeutet, daß nämlich bei eintretender Aussüßung Meeresmuscheln sich adaptierten, ihr Schloß reduzierten und daB als Endresultat dieser Anpassung verschiedener Formen an das Süßwasserleben in ihrem Äußeren ununterscheidbare Süßwassertiere hervorgegangen sind. Denn an weltweite!) Wanderungen von Süßwasserformen kann bei dem Vorhandensein von großen, den Wohnortswechsel derartiger Tiere unterbindender Ozeane nicht gedacht werden. Vielmehr kann es sich eben in der Dyas nur um eine Entstehung von schließlich äußerlich formengleichen, schwachbezahnten oder zahnlosen Zwei- schalern aus ursprünglich wahrscheinlich nahe verwandten meeres- bewohnenden Muscheln handeln, bei der infolge der Einwirkung der gleichen äußeren Umstände, nämlich der allmählichen Aussüßung der Gewässer, schließlich gleiche Endformen hervorgegangen sind. Diesen Gedanken spricht auch Steinmann in seinem in der letzten Zeit so viel genannten Werke?) aus, und ich muß mich in diesem einen Punkt ihm durchaus anschließen. ') Wie sie zur Erklärung des Vorkommens der dyadischen Anthracosien in den verschiedenen Kontinenten notwendig sind. ?) G. Steinmann, Geologische Grundlagen der Abstammungslehre, pag. 105 und 118—119. 754 Dr Axel Schmidt. [22] Erklärung zu Tafel XXIII. Fig. 1. Najadites Carlotae F. Römer (= Najadites elongata W. Hind) Unteres Oberkarbon, Sattelflözschichten. Ferdinandgrube bei Kattowitz. Museum Breslau. Fig. 2. Anthracomya modiolaris Sowerby. Unteres Oberkarbon, Ostrauer Schichten. Salmschacht bei Polnisch-Ostrau, IV. Flöz. Museum Wien. Fig. 3. Solenomya Böhmi Stur mser., emend. Axel Schmidt. Unteres Ober- karbon, Ostrauer Schichten. Jdaschacht bei Hruschau, 64 Klafter. Museum Wien. Fig. 4. Solenomya Böhmi Stur mser., emend. Axel Schmidt. Unteres Ober- karbon, Östrauer Schichten. Peterswald, V. Flöz. Museum Wien. Etwas verdrückt. Fig. 5. Solenomya Puzosiana de Koninck. Unteres Oberkarbon, Sattelflöz- schichten. Gräfin-Laura-Grube bei Königshütte. Museum Breslau. Fig. 6. Anthracomya Adamsii Salter. Unteres Oberkarbon. Golonog, liegende Flözpartie. Museum Breslau. Fig. 7. Carbonicola aquilina W. Hind. Unteres Oberkarbon, Ostrauer Schichten. Tenezynek bei Krzeszowice, Stollenschacht. Museum Wien. Doppelklappe. Fig. 8. Carbonicola nueularis W. Hind. Unteres Oberkarbon, Ostrauer Schichten. Petrzkowitz. Reiche Flöz-Erbstollen, flözreicher Teil. Museum Wien. Fig. 9. Carbonicola aqwilina W. Hind. Unteres Oberkarbon, Ostrauer Schichten. Tenczynek bei Krzeszowice, Stollenschacht. Museum Wien. Doppel- klappe, die Klappen etwas übereinander geschoben. Alle Figuren etwa in 5/, der natürlichen Größe. Nach Photographien des Verfassers. Gesellschafts-Buchdruckerei Brüder Hollinek, Wien III. Erdbergstraße 3. #7 ur ” A w | IR. ü, ji .. ey % I | \ | x | i f | " k h > 5 \J Do »r| 3 r Ei 2 = NE B — .. ro [=] » a > r = 2 A ke = DS} = S x 8, = S = j en = 3 3 „ fe] 2 8 FE $ o E g= ZSPE> =] Ei S Saas © 2 = 5 See = < 5 SS ° = ei = : = nasse 3 © 8 ® Peer = , N © “ ee £ I . N 3 Be Me NS a Z 5 = > SEEN = - 2 = ee ae == E en SE ee GEF ZN TI Ze De a ee een + { F Jahrbuch der k. k. Geologischen Reichsanstalt, Band LIX, 1909. Verlag der k. k. Geologischen Reichsanstalt, Wien III. Rasumofskygasse 23, (} U U a 0 Dr. W. Peirascheck: Adlergebirge. Are Erklärung zu Tafel XV (D. Oberkieferbackenzähne von Ithinoceros Kronstadtensis n. f. Rechts die linke, links die rechte Zahnreihe. F. Toula: Säugetierreste von Kronstadt. Tat: XV. (l). Lichtdruck v. Max Jafle, Wien. Jahrbuch der k. k. geologischen Reichsanstalt, Bd. LIX. 1909. Verlag der k, k. geologischen Reichsanstalt, Wien, JII,, Rasumoffskygasse 23, Tafel XVI (Il). Diluviale Säugetierreste vom Gesprengberg, Kronstadt in Siebenbürgen. 98* Erklärung zu Tafel XVI (ID. Unterkieferreste von Ihinoceros Kronstadtensis n. f. Rechts der rechte, links der linke Unterkieferast. F. Toula: Säugetierreste von Kronstadt, Taf. XVI. (O). Li>htdruck v. Max Jafle, Wien. Jahrbuch der k. k. geologischen Reichsanstalt, Bd. LIX, 1909. Verlag der k. k. geologischen Reichsanstalt, Wien, Ill, Rasumoffskygasse 23, TE | . m 4 4 ”, 2 « r y = r ae 2 ENT er A a nal ’ “ Deu u Otto M. Reis: Zur Fucoidenfrage. Taf. XVII Autor phot. Jahrbuch der k. k. geologischen Reichsanstalt, Bd. LIX, 1909. Lichtdruck v. Max Jaile, Wien. Verlag der k. k. geologischen Reichsanstalt, Wien. III., Rasumoffskygasse 23, G. Hradil: Gneisszone des südlichen Schnalsertales. | ii nl | A ldeht | Zeichenerklärung: N | Je | Aa I) uukseE ehe Frl Am P 22 “ ” A j Zc Ir NR e Flußalluvionen,recente Schutikegel. N a la HH IUHPIND, BHRDACZ La S Bi TEUER En re EN EL IT ||) Er Ne Amphibolite. N „| 7 ba4d we ° Bene Ge eo a az sl ® re Buih 1 KL sand j m en Er Fe en De er A| IM Glimmerschiefer ee | ig N Sy U a 5 or We: Er Er es : Mena ee En le Pi An R Be r 0 & >» Ser ae 5 “. .. A Ze} DET TREE Br 194 h T el DEANARE D . B-; ER Dr Nur are a ee ee . "Gallmei: | Arche i E33] zusengneig. RI , 2 D A: wi .' = Die or ee te ’ ER ANANAS ORE: ob Aız n 5 er al wraur ein Y OT Br ... Ei - .. ons I erBteR AB IN Ex BO ne 1 Birhele | rerterisich EEE} Morönen, - BR Br ® Der h I Ro ZERHEN er MADEN BubRz; REN | St Y | 3p hi 2, Bi j Y er 10 RER EE L| HE sn Tun EBE ug l berbirkal Ai eb PM" gletscherschli; > 2 Je TR IP 3 03 _s ’ : N 4 i Annel { Ay: et ah Ss aRr ea N IT 71 Sonkbhberg 14 ||| ||| 05 \= | aa = 2” Re Ganyartigelinlagerungen/ $-12h nn: = = sn Tadlarm ei dh r Tara TRTas ® = 4 > Nele oe, 7 EN 7 ı Arzkelslbi | BL)» [2 Ir el] b1Aunfachl INK: 58 It b Dan | : ; li u j = N e IN N I \ 9 N £ Er = 'B Se Fe Mapstab-1:30000 © 400 500 4 B 3Kkm. Jahrbuch der k. k. Geologischen Reichsanstalt, Band LIX, 1909. Verlag der k. k. Geologischen Reichsanstalt, Wien [II, Rasumofskygasse 23. Tafel XIX. Die Gneiszone des südlichen Schnalser Tales in Tirol. Erklärung zu Tafel XIX. Nr. 1. Augengneis vom Südausgang des Schnalser Tales; Strukturbild, die porphyroblastische Entwicklung zeigend. Nicols X, Vergr. 42. Nr. ia. Dasselbe Gestein; senkrecht zur Schieferung. Nicols X, Vergr. 42. Nr. 2 und 2a. Gneis von Kompatsch; die Parallelanordnung der stengel- förmigen Gemengteile durch helieitische Fältelung teilweise gestört; senkrecht zur Schieferung. Nicols X, Vergr. 42. Nr. 3. Dasselbe Gestein in etwas feinkörnigerer Ausbildung, deutliche Kristallisationsschieferung. Nicols X, Vergr. 42. Photographie von Dr. Robert Beder, Zürich. Nr. 4. Gangartig vorkommendes Hornblendegestein, anstehend an dem Steige nördlich des „Hotel Schnalstal“, Kristallisationsschieferung zeigend. Nicols ||, Vergr. etwa 93. Photographie von Hinterberger, Wien. G. Hradil: Gneisszone des südl. Schnalsertales, Zar ALX, Jahrbuch der k. k. geologischen Reichsanstalt, Bd. LIX, 1909. Verlag der k, k. geologischen Reichsanstalt, Wien, III., Rasumoffskygasse 23. Lichtdruck v. Max Jaffe, Wien. “2 W. Hammer und C. v. John. Augengneise und verwandte Gesteine aus dem oberen Vintschgau — Be > - () Su 9/7 27 a | [I y \ { sun x 4 I p A | \ \ T T 4 \ und L Il S N an Mi» A / 7) N \ N ea eh = N \ 4 \ fr N £ . FR; 2 Ss N S N > 2 „2 # # ’ all (4 Tumurff) _ Talalscht m N u E ÖLaas 1 $ C nl Dan ‚sul, annsnaßz, m em Jahrbuch der k. k, geologischen Reichsanstalt, Band LIX, 1909 ’ ’ 4 Verlag der k. k. geologischen Reichsanstalt, Wien, III. Rasumofskygasse 2} \ rar \ \ N = Zum wa Von Sa ze WITRSIU. „% Qg \ 1% a „s SL [ a u Taf. XX. Zeichenerklärung IM Muskovit-Augen- und Flasergneise., ZweiglimmerigeAugen- und Flasergneise / Be: R CIDIIIITOTD , % SIND» | \ SS N | Iene UN) Augengneis mit rotem \ Feldspat. \ er } eldspa 2 6 { (O H > N ee) = Zi a #5 n] = IE Augengneis mit Biotit- S £ 7 1 = S porphyroblasten. 7 u 9 N ee x ax Ä h = ! \ 0% \ Er e Zerminigehön z } > o” il \ NUT () MEN N KuusHlli) j) raiglla \l Porphyroidgneis. 1) Porphyrgranit. Hz Tonalitische Gesteine der Münstertaler Gneismasse. MITA Granodiorit von Go magoi. Kleinkörniger Musko vitgranit und Mus- kovitgranitgneis Martellergranit (Peg: matit). Dislokationslinien W. Hammer und C.v. John. Augengneise etc. Taf. XXI. W. Hammer del. Fig. 9 Jahrbuch der k. k. geologischen Reichsanstalt, Band LIX, 1909. Verlag der k, k. geologischen Reichsanstalt, Wien III. Rasumofskygasse 23. FERN DR a N IX zZ DIDI See) RO A ARAA ST VONATRTNASTENANANEEN SIENA AAN ARE III SEIN LIE TEEN eG 3 er Ordinatensystem: . k — Liparittypus Kastel Burn, Volle Punkte Si O,-Atomz a 9 — Granittypus Quincy Geringelte Punkte SiO,-Sättigungsgre nze (Atomzahl). Be Hauzenberg Dreieckspro je ektio K= n Katzenfels 1—8 — Augengneise und verwandte 4 BC = Granodiorittypus Brush Creek Gesteine un „den, - I — Den nacka u 9—10 = Granodiorite | Vintse zen. A — Tonalit Ben s Aviose u Z—rAyvigenagunit : 77 Fr ERATR Dr. Axel-Schmidt: Anthracosiiden. Taf. XXII. Autor phot. Lichtdruck v. Max Jaffe, Wien. Jahrbuch der k. k. geologischen Reichsanstalt, Bd. LIX, 1909. Verlag der k. k. geologischen Reichsanstalt, Wien, III., Rasumoffskygasse 23, ‚Zur Fucoidenfrage, Von Otto ) M. Reis. a einer Ibographinchen. Tafel) "Die Gneiszone des südlichen Schnalser Tales in Tirol. Wan Galler Hradil: ‚Augengneise und verwandte Gesteine aus dem. oberen Vintsch gau. I. Geolo- = 4 Re 8 % y 3 - a A KK Adias N . = Rn ’ er yo. 4.3 En RR ‘ P= „ Pe a8: DE urn ; Aug = \ r VD El; 4 - w r “; „ A - R ag ’4 u s un © re ur , %, 7 ’ P2 ” q ron, “4 ne ı u PN er E B 7 Br e . ? L Fuer nn oh a A — 2 . “ EM ro x Wr t f 5 DR u .' ur > h “7 = a { a A a 3, da. Het. a Die kristallinen Bohtefär des'nördlichen. Kalssianiekr Von. W. Petra Bi scheek. Mit einer Tafel (Nr. XIV) und fünf Zinkotypien ‚im! Be 427 ; Zur"Geologie des Unterinntals. Von M. Schlosser in "München a 805 nr. Diluviale Säugetierreste vom Gesprengberg, Kronstadt in Siebenbürgen. a Be B; Von Franz Toula. Mit zwei og BANN und zwölf. A Textillustrationen "=, DE Ar N er BR "4; 575 Ne. KVEO) u San aa Be ee 2618. Versuch einer. Charakteristik der Gauson len ‘Von Walery Ritter. v 7 Lozihski. Mit vier Abbildungen im Text. le er OR ia Innsbruck. Mit zwei Tafeln (Nr. ZVII XIX) und einer Vextfigur . 669 | 1 ‚gisch-petrographischer Teil. Von W. Hammer. II. Chemischer Teil. R Von C. v. John. Mit drei Tafeln (Nr. N und drei URRD: \ typien ih Texb 1 a erben: EITHER Über Anthracosiiden aus. den Ostrauer Schichten. Von Dr, Axel‘ Sehimidt: Mit ı einer. Lichtdrucktafel (Nr. ae, und. vier Gag edge im Text. :788 NB. Die Autoren alldia sind für . den inhalt ‚und die Form ihrer Aufsätze verantwortlich. Gesellschafts-Buchdruckerei Brüder Hollinek, Wien III. Erdbergstraße 3. a our ei i I] I 1853 10004 7021