PR) ar sam RN ANA NN S N eh Ark ELRRER) OCHRICH £) EURK .. CCK, X PORRN Aura RE ya DIEENEIEIRENT an Kar ) * Da RER “ Ya DEI KA u. IKICERRUN) ün aaa RE RELCHNG N NORE LAL CIE) . Kar (F} 1, Aa H AN DOKN ER ET IEIE SH DIL KIT, Ray 4 “ K% “ he are uk N va en area NEE. ai arms Ö RER HRK or red A Ka in ary ER « wars ERSTE TARA ER RE ER NRNLRLGENN ae NR vr“, {ei} ER Kr » ‘ Senn RL RER ir‘ PN nr rannte rare. ER een Du wrhnhıne ehe mann n EHRE ir rd oh u Nnech RR ERENEEREREREN AN RN EURE OERK VEHETTTÄ TA AL URS RUN DRAN RECHNER RU * DICKE Are ERKHNK IA ERICE WEN DCHEN N) DE 5 Van - DIR RR $ GC} Ken ware he ra .. REN EN Arten IN Re % I Bon nennen Mh an a RR NT RN Na .“ % INN) DREHTE NE UN En CH " KERRY DRTH ASCHE wahl: Bgm Bir.» ECHT RR ERSENN br RE ne nl RENNEN 1 DR ren N BIC LE ..r Eraenm n. yariık BER, n ea es VRR en ehe u eibe RER HR Asıbın NER Khme DER h EN: wa 03 PCR ES RA NN en LLC KUR IE Ei RR) “r . Neues RAR ATS ER AT WEH. AAN Ey nF KO RIER SE Ex Sana 1 * vr ER NA FRRURSESENRT IKK UUEHN Wr RRURR 5 NSS [3 {2 * “an Ir Ri ” ar N 3 x TEEN vun SRRNER Sahrebeenehs nm x N NERERREN KENN AT REESES am ch Inde REN ran ne wars are RR EN ie wi Rare Ak x ieneehs Eis a A De KERN ne A a. A EN a ee nenn ESEL NEE ARENERRT E ae 0 BeN ROLLER re RA RER REN ER REN RM Nn ann N Ra NER KARA! RN ER Brava: ee Rn 1) \ x N NR AR EINBRER PerN EUR RE N NE UNE N Ferien Se RE Ar H A Uran 033 $ Sr Ya ich, BEN N ACH ET ZN Re DNS Mae DER RER BEINE EIER SER a ET Wh wa un R NN: } KEN h en DIR) A Eu, ER At, FRI EI TU ARRCCH DEE 0% ar" Ki Br ER Kara! BR KT Jahrbuch der Hamburgischen Wissenschaftlichen Anstalten. XIlI. Jahrgang. 189. Iinhatt; I. Jahresberichte der Wissenschaftlichen Anstalten für das Jahr 1895. II. Uebersicht der von Ostern 1895 bis Ostern 1896 gehaltenen Vorlesungen. III. Wissenschaftliche Abhandlungen: A. Prof. Dr. Adolf Wohlwill: Zur Geschichte des €. Mittheilung aus dem Physikalischen Staats- Gottorper Vergleichs vom 27. Mai 1768. 42 Seiten. Laboratorium. A. Voller. Mittheilungen über einige im Physikal, Staats-Laboratorium ausgeführte Versuche mit B. Mittheilung aus dem Museum für Kunst und Gewerbe, Röntgenstrahlen. 17 Seiten mit 7 Tafeln, Dr. Justus Brinckmann, Beiträge zur Geschichte der Töpferkunst in Deutschland (1. Königsberg in Preussen, 2. Durlach in Baden). 35 Seiten. Hamburg 1896. Commissions-Verlag von Lucas Gräfe & Sillem. Die bisher erschienenen Hefte des Jahrbuches der Hamburgischen Wissenschaftlichen Anstalten enthalten ausser den Jahresberichten derselben folgende Arbeiten: I. Jahrgang. Dr. J. G. Fischer. Ueber einige afrikanische Reptilien, Amphibien und Fische des Natur- historischen Museums. 40 S. und 3 Tafeln. Prof. Dr. A. Gerstäcker (Greifswald). Bestimmung der von Dr. G. A. Fischer während seiner Reise nach d, Massai-Land gesammelten Coleopteren, 238, Dr. 0. Mügge. Ueber die Zwillingsbildung des Kryolith, 12:S. und .6 Holzschn, II. Jahrgang. Prof. Dr. Pagenstecher. Die Vögel Süd-Georgiens, nach der Ausbeute der Deutschen Polarstation in 1832 und 1833, 278. und 1 Tafel. Prof. Dr. Pagenstecher. Die von Dr. G. A, Fischer auf der im Auftrage der Geographischen Gesellschaft in Hamburg unternommenen Reise in das Massai-Land gesammelten Säugethiere. 18 S. und ı Tafel. Prof Dr. Pagenstecher. Megaloglossus Woermanni, eineneueForm makroglosserFledermäuse, 7S.u.1 Taf. Dr. J. G. Fischer. Ichthyologische und herpeto- logische Bemerkungen. 75S. und 4 Tafeln. III. Jahrgang. Dr. J. G. Fischer. Ueber zwei neue Eidechsen des Naturbistorischen Museums zu Hamburg. 88, und 1 Tafel, Dr. Kurt Lampert (Stuttgart). Die Holothurien von Süd-Georgien, nach der Ausbeute der Deutschen Polarstation in 1832 und 1353. 14S. und I Tafel. Prof Dr. Eduard von Martens (Berlin) und Dr. Georg Pfeffer. Die Mollusken von Süd-Georgien, nach der Ausbeute der Deutschen Station 1852 und 1883. 73 S. und 4 Tafeln, IV. Jahrgang. Dr. L. Prochownik. Messungen an Südseeskeleten mit besonderer Berücksichtigung des Beckens. 40 S, und 4 Tafeln. Dr. Georg Pfeffer. Die Krebse von Süd-Georgien, V. Jahrgang. Dr. J. G. Fischer. 52 S. und 4 Tafeln. Dr. W. Michaelsen. Die Oligochaeten von Süd- Georgien, nach der Ausbeute der Deutschen Station von 1332—83, 21 S, und 2 Tafeln. Herpetologische Mitteilungen. VI. Jahrgang. 1883. Dr. E. Rautenberg. Bericht über ein Hügelgrab bei Wandsbeck-Tonndorf. 138. und 2 Tafeln. Prof. Dr. R. Sadebeck. Untersuchungen über die Pilzgattung Exoascus und die durch dieselbe um Hamburg hervorgerufenen Baumkrankheiten. 34 5. und 4 Tafeln, 1884. Dr. F. Karsch. Verzeichniss der von Dr. @. A. Fischer auf der im Auftrage der Geographischen Gesellschaft in Hamburg unternommenen Reise in das Massai-Land gesammelten Myriopoden und Arachnoiden, 98. und 1 Tafel, Prof. Dr. Th. Studer (Bern). Die Seesterne Süd- Georgiens, nach der Ausbeute der Deutschen Polarstation in 1832 und 1853. 26S. und 2 Tafeln. Dr. E. Rautenberg. Ein Urnenfriedhof in Alten- walde. 35 S. mit 16 Abb, und ı Tafel, 1885. Dr. Georg Pfeffer. Mollusken, Krebse und Echino- dermen von Cumberland-Sund, nach d, Ausbeute d. Deutsch, Nordpol-Expedition 1832 u. 1383.288.u.1 Taf, Dr. Georg Pfeffer. Neue Pennatuliden des Ham- burger Naturhistorischen Museums. 118. Dr. E. Rautenberg. Neue Funde von Altenwalde, 8S. und 1 Tafel. i Dr. E. Rautenberg. Ueber Urnenhügel mit La Töne» Geräten an der Elbmündung. 30 $S. mit 5 Abb und 3 Tafeln. 18886. nach der Ausbeute der Deutschen Station 1333/83, 110 S,. und 7 Tafeln. & Dr. E. Rantenberg. Römische und germanische Altertümer aus dem Amte Ritzebüttel und aus Altenwalde. ı4 S. und 2 Tafeln. 1887. Dr. Georg Pfeffer. Die Krebse von Süd-Georgien, nach der Ausbeute der Deutschen Station 1332— 1833. 2. Teil, Die Amphipoden, 63 S. und 3 Tafeln, 1888, Erste Hälfte. Dr. W. Michaelsen. Oligochaeten des Naturlisto- rischen Museums in Hamburg. I. 17:8. und ı Tafel, €, W. Lüders. Der grosse Goldfund in Chiriqui im Jahre 1859, 7S. und 6 Tafeln. Zweite Hälfte. Dr. Georg Pfeffer. Übersicht der von Herın Dr, Franz Stuhlmann in Ägypten, auf Sansibar und dem gegenüberliesenden Festlande gesammelten Reptilien, Amphibien, Fische, Mollusken und Krebse. 36 8. Dr Georg Pfeffer. Zur Fauna von Süd-Georgien. 198. Dr W. Michaelsen. Oligochaeten des Naturhisto- rischen Museums in Hamburg. II. 13 S. u. 1 Taf. Dı W.Michaelsen. Die Gephyreen von Süd-Georgien, nach der Ausbeute der Deutschen Station von 1352—83. 13 S. und 1 Farbentafel. Dr. A, Voigt. Localisirung des ätherischen Oeles in den Geweben der Allium-Arten. 18 8 Dr. €. Brick. Beitrag zur Kenntnis und Unter- scheidung einiger Rothölzer, insbesondere der- le von Bahia nitida Afz,, Pterocarpus santa- inoides L’Her. und Pt. santalinus L. f. 9 S. Dr. Johannes Classen. Beobachtungen über die spezifische Wärme des flüssigen Schwefels. 23 8. und 2 Tafeln, Dr. €. Gottsche. Kreide und Tertiär bei Hemmoor in Nord-Hannover. 128. | G.-Gercke. Vorläufige Nachricht über die Fliegen Süd-Georgiens, nach der Ausbeute der Deutschen Station 1832—83. 28. e Jahrbuch Hamburgischen Wissenschaftlichen Anstalten. XII. Jahrgang. 1895. Hamburg 1896. rüipsr. Commissions-Verlag von Lucas Gräfe & Stıllemi"--n - m} AZ — 32410 C. Inhaltsverzeiehniss. I. Jahresberichte der Hamburgischen Wissen- schaftlichen Anstalten für das Jahr 1895. Stadtbibliothek .. Sternwarte Physikalisches Staats-Laboratorium..................-- Chemisches Staats-Laboratorium . Botanischer Garten Botanisches Museum und Laboratorium für Waarenkunde.... Naturhistorisches Museum..... Museum für Völkerkunde Sammlung vorgeschichtlicher Alterthümer Sammlung Hamburgischer Alterthümer Museum für Kunst und Gewerbe Uebersicht der von Ostern 1895 bis Ostern 1896 gehaltenen Vorlesungen IM. Prof. Dr. Adolf Wohlwill. Wissenschaftliche Abhandlungen. Mittheilung aus dem Musenm für Kunst und Gewerbe. Dr. Justus Brinckmann. Deutschland (1. Königsberg in Preussen, 2. Durlach in Baden) Mittheilung aus dem Physikalischen Staats-Laboratorium. 4A. Voller. Mittheilungen über einige Seite III IV — VII IX — XI xXI— XXV XXVI— XXX XXX— XL XLIV— LI LIV — LV LVI— LIX LX— LXX LXXI — CXVII CXXI— CXXVI Zur Geschichte des Gotterper Vergleichs VOTUM AL OSE RE ER an eenetelennele or Se nguae were D ee re Beiträge zur Geschichte der Töpferkunst in im Physikalischen Staats- Laboratorium ausgeführte Versuche mit Röntgenstrahlen. Mit‘ 7 Tafeln Seite 1— 42 ne eat 43 — 17 79 — 9 Jahresberichte der Hamburgischen Wissenschaftlichen Anstalten für das Jahr 1895. 1. Stadtbibliothek. Bericht des Direktors Professors Dr. Eyssenhardt. In das Personal der Stadtbibliothek trat am 15. Januar 1895 Herr Dr. L. Schleker als Hülfsarbeiter ein. Der Bücherbestand wurde, abgesehen von den Zeitschriften, aus den budgetmässigen Mitteln, sowie durch zahlreiche und werthvolle Geschenke von Behörden, Vereinen, Instituten und Privatpersonen, um 6086 Nummern vermehrt. Im Lesesaale wurden 17 060 Bände von 4492 Personen benutzt. Im Journalsaale sahen 1535 Personen 7411 Hefte der ausliegenden Zeitschriften ein. Ausgeliehen wurden 8723 Bände an 637 Personen, darunter 31 Hand- schriften; von diesen gingen 9 nach Rossla a/H., 7 nach Leipzig, 5 nach Berlin, je 2 nach Cassel, Leiden und Zürich, je 1 nach Breslau, Mainz, München und Oldesloe. Ausserdem wurden nach 41 auswärtigen Orten 323 Bände versandt. Das Neubinden des alten Bücherbestandes wurde für die Abtheilungen OA, OB, 0C, PA-PC erledigt. Die neben den laufenden Katalogisirungsarbeiten hergehende Ein- tragung der Standortsbezeichnungen nach dem Realkataloge in den Nominalkatalog wurde in der Weise gefördert, dass ein weiterer Theil der im Kartenschranke aufbewahrten geographischen Karten, der letzte Theil von EE I, sowie MG und MH, endlich ein Theil von PB I über- tragen wurden. Ausserdem wurde die Uebertragung, beziehungsweise Neubearbeitung der Abtheilung KD fortgesetzt. I. Personal. II. Instrumente. IlI. Bibliothek. LV. Publi- kationen. IV Sternwarte. 2. Sternwarte. Bericht des Direktors Professor George Rümker. Im Personal der Sternwarte ist im Jahre 1895 keine Veränderung eingetreten. Eine wesentliche Vermehrung des Instrumentenbestandes hat im ver- flossenen Jahre insofern in Aussicht genommen werden können, als der Sternwarte die Mittel zur Beschaffung emes transportablen Durchgangs- Instruments mit Repsold’schem Registriermikrometer und Horrebow’scher Niveaueinrichtung bewillist worden sind. Die Ausführung des betreffenden Instrumentes ist von der Firma A. Repsold Söhne hier übernommen worden und wird voraussichtlich im Sommer 1896 vollendet werden. Ausser diesem grösseren Instrument ist im vergangenen Jahre ‚eine Rechenmaschine, (System Brunsviga), ein Richard’scher Barograph und Thermograph, ein Präeisisions-Polarplanimeter, sowie ein polarisiertes Relais von A. Kittel im Altona (Originalkonstruktion) angeschafft worden. Das Uhrwerk des Aequatoreals wurde im Frühjahr einer umfassenden Reparatur unterzogen. Die Bibliothek hat gleichfalls im vergangenen Jahr eine erhebliche Zu- nahme um 370 Bände erfahren, hauptsächlich infolge zahlreicher Geschenke von wissenschaftlichen Instituten und Gesellschaften, für welche an dieser Stelle den Gebern der verbindlichste Dank abgestattet wird. Auch wurde eine umfassende Ergänzung bezw. Erneuerung der Büchereinbände aus- geführt. Am Schlusse des Jahres betrug der Bestand der Bibliothek 7726 Bände. Näheren Aufschluss über die Zunahme gewährt der im Lese- saale der Stadtbibliothek aufgestellte Bibliothekskatalog der Sternwarte, der bis zu diesem Zeitpunkte ergänzt wurde. Die im vorjährigen Berichte bereits angeführten, im Jahrgang XI des „Jahrbuchs der Hamburgischen wissenschaftlichen Anstalten“ erschienenen Abhandlungen: „Positionsbestimmungen von Nebelflecken und Sternhaufen, ausgeführt auf der Hamburger Sternwarte in den Jahren 1871—80 von Professor G. Rümker“, und „Bahnbestimmung des Planeten (258) Tyche von Dr. €. Stechert“, wurden separat als „Mittheilungen der Hamburger Sternwarte No. 1 und 2“ veröffentlicht und gelangten an die mit der Sternwarte. V Sternwarte in Schriftenaustausch stehenden Institute und Gesellschaften zur Versendung. Auch wurden die im vergangenen Jahre am Aequatoreal erhaltenen Kometenbeobachtungen sofort in den „Astronomischen Nach- richten“ veröffentlicht, um für erste Bahnbestimmungen verwendet werden zu können. Am Meridiankreise wurden die für den Zeitdienst der Sternwarte erforderlichen Zeitbestimmungen entweder von Herrn Observator Dr. Schorr oder in dessen Vertretung von Herrn Dr. Hänig ausgeführt. Ende Mai begann Herr Dr. Schorr am Meridiankreise, zur Vervollständigung der bereits früher hier mehrfach beobachteten Sterne aus der Zone SO—S1 Grad nördlicher Deklination, eine Ergänzungs-Beobachtungsreihe, da beabsichtigt wird von jedem Sterne dieser Zone bis zur 9,5 Grösse mindestens zwei voll- ständige Bestimmungen zu erhalten. Infolge der ausserordentlich ungünstigen Witterung konnten jedoch während der letzten Monate des vergangenen Jahres nur wenige Abende für diese Beobachtungen verwendet werden. Im Ganzen wurde am Meridiankreise in 110 Nächten beobachtet. Am Aequatoreal wurden in den ersten Monaten des Jahres 1895 eime Reihe von Anschlussbestimmungen von schwächeren Sternen ausgeführt, die bei den in „Mittheilung No. 1“ veröffentlichten Nebelbeobachtungen als Vereleichsterne benutzt worden waren, für welche aber genaue Meridian- Beobachtungen nicht vorlagen. Die aus diesen Bestimmungen abgeleiteten Sternörter sind in der erwähnten Publikation aufgeführt worden. Auch wurde eine Anzahl von Nebeln beobachtet, insbesondere solche, bei denen gelegentlich der Bearbeitung der früheren Beobachtungen Zweifel aufgetaucht waren. Die Mehrzahl dieser Messungen finden sich unter den Bemerkungen in „Mittheilung No. 1* angegeben. Von neuen Kometen wurden im Jahre 1895 folgende entdeckt: Komet 1895 II (Swift) am 20. August in Echo Mountain, Californien, Komet 1895 IH (Brooks) am 21. November in Geneva, New-York, und Komet 1595 IV (Perrine) am 16. Novemher auf der Lick Sternwarte, Californien. Von diesen ist der erste Komet (Swift) ein periodischer mit 7 Jahren Umlaufs- zeit, während die beiden anderen sich in parabolischen Bahnen zu bewegen scheinen. Ferner wurde der periodische Komet Faye (mit 72 Jahren Umlaufszeit), am 26. September von Herrn Javelle in Nizza wieder auf- gefunden, war aber infolge seiner Lichtschwäche hier nicht zu sehen. Auch der Komet 1895 III (Brooks) konnte hier nur an einem Abend in einer Wolkenlücke kurze Zeit wahrgenommen werden, eine genaue Messung war nicht möglich. Die Zahl der kleinen Planeten der Gruppe zwischen Mars und Jupiter ist im Jahre 1595 durch die auf photographischem Wege semachten Entdeckungen der Herren Charlois in Nizza und Wolf in Heidelberg von 18 neuen auf 416 gestiegen. Von Kometen und kleinen Planeten wurden hier durch Herrn Dr. Schorr folgende Beobachtungen erhalten: V. Beob- achtungen am Meridiankreise. VI. Beob- achtungen am Aequatoreal. VII. Beobach- tungen an den kleineren Instrumenten. VII. Chrono- meter-Prü- fungs-Institut. IX. Zeitdienst. VI Sternwarte, Komet 1895 II (Swift) 1 Beob. 5.221895 F1V.(Eerrne)ipeser Planet (6) Hebe 2 5 (68) Leto 3 5 (92) Undina j „ (118) Peitho 3 „ (211) Isolda 2 » (225) Henrietta 1 » (258) Tyche 1, „ (288) Glauke 3 »„ (306) Unitas 2 » (349) Dembowska 2 „ (72) 1893 AH 5 „ (899) 1894 BP 1 Im Ganzen wurde am Aequatoreal in 34 Nächten beobachtet. An dem auf einem Pfeiler unter einem fahrbaren Häuschen im Garten aufgestellten fünffüßigen Fraunhofer’schen Refractor hat Herr Dr. Hänig in 45 Nächten hauptsächlich eine Reihe von veränderlichen Sternen beobachtet. Am Kometensucher und an den anderen kleineren Fern- rohren wurde eime Anzahl von Bedeckungen von Sternen durch den Mond beobachtet. Eine Zusammenstellung der in den letzten Jahren hier beobachteten Sternbedeckungen und Finsternisse wird gegenwärtig zur Veröffentlichung m den „Astronomischen Nachrichten“ vorbereitet. Im Ganzen wurde hier im vergangenem Jahre in 140 Nächten beobachtet; diese Nächte verteilten sich auf die einzelnen Monate wie folgt: Januar 13 Nächte, Februar 10, März 13, April 12, Mai 14, Juni 12, Juli 10, August 14, September 12, Oktober 10, November 13, Dezember 7. Die Thätigkeit des der Direktion der Sternwarte unterstellten Chrono- meter-Prüfungs-Instituts der deutschen Seewarte, Abteilung IV derselben, war auch dieses Mal eine recht ausgedehnte. Auch wurde die Hülfe der Abteilung von wissenschaftlichen Anstalten und geographischen Forschungs-Expeditionen sehr erheblich in Anspruch genommen. Ueber die Ergebnisse der letzten 18. Konkurrenzprüfung ist im Septemberhefte des Jahrgangs 1895 der „Annalen der Hydrographie und maritimen Meteo- rologie“ ein eingehender Bericht veröffentlicht worden. Von den 30 geprüften Chronometern wurden 7 seitens der Kaiserlichen Admiralität prämiert und außerdem 6 von dieser und 2 von der Handelsmarine angekauft. Die tägliche elektrische Vergleichung der auf den beiden Reichs-Zeitball- Stationen in Cuxhaven und Bremerhaven aufgestellten Pendeluhren mit den Normaluhren der Sternwarte, sowie die Abgabe eines täglichen Zeit- signals an die Zentrale der hiesigen Polizei- und Feuerwachen und ” ” Sternwarte. VII die tägliche Auslösung des hiesigen Zeitballs wurde wie bisher von Herrn Dr. Schorr und vertretungsweise von Herrn Dr. Hänig ausgeführt. Von den 365 Signalen des auf dem Turm des Quaispeichers im Hafen auf- gestellten Zeitballs konnten 353 richtig erfolgen, während an 9 Tagen der Ball wegen Versagens des mechanischen Apparats und an 3 Tagen wegen Leitungsstörung nicht fallen konnte. Von den 730 Zeitball- Signalen in Cuxhaven konnten 7 wegen Reparaturen am Apparat nicht gegeben werden, außerdem sind 2 Fehlsignale vorgekommen. In Bremer- haven ist der Ball 728 mal richtig gefallen, nur 2 Signale mußten wegen Reparaturen unterbleiben. Die beiden zur genauen öffentlichen Zeitangabe dienenden elektrisch- sympathetischen Uhren an der Börse und am Eingange zum Ostflügel der Sternwarte sind während des ganzen Jahres in Uebereinstimmung mit der ihren Gang kontrollierenden Uhr auf der Sternwarte gewesen, die mittlere Abweichung derselben von der richtigen Zeit hat 0,4 Sekunden, die größte 1,9 Sekunden betragen. Eine Zusammenstellung der Abweichungen erscheint jetzt halbjährlich im „Öffentlichen Anzeiger“. Die Gänge der für den Zeitdienst benutzten beiden Normaluhren der Sternwarte, Kittel 25 und Tiede 375 sind im verflossenen Jahr sehr befriedigende gewesen, nur bei der letzteren Uhr, welche unter einem luftdiehten Gehäuse aufgestellt ist, hat sich seit ihrer Reinigung im Früh- jahr 1893 eine ziemlich erhebliche, aber gleichmäßig verlaufende Acceleration gezeigt. Eine Diskussion der bisherigen Gänge der Normaluhr Tiede wird zur Zeit vorbereitet. Von der Firma J. Neher Söhne in München wurde der Sternwarte eine Pendeluhr mit Riefler’schem Echappement und Riefler’schem Pendel zur Untersuchung zugestellt. Die Ablesungen an den meteorologischen Apparaten, um 9 Uhr Morgens und 6 Uhr Abends, wurden in der bisherigen Weise fortgeführt und täglich in den „Hamburger Nachrichten“ veröffentlicht. Im Frühjahr wurde mit einer vollständig neuen Reduktion der von dem Direktor und den früheren Observatoren in den Jahren 1867 —S0 am Meridiankreise und Passageninstrument angestellten, bereits oben erwähnten Positionsbestimmungen der Sterne der Zone 80—81 Grad nördlicher Deklination begonnen, und zunächst die Berechnung der scheinbaren Örter der in den Jahren 1867 bis 1874 beobachteten Sterne in Angriff genommen. Mit der Herausgabe dieser Beobachtungen, nach den Jahren geordnet, wird in nächster Zeit vorgegangen werden. Die Anzahl der vorliegenden Sternpositionen beträgt etwas über 2400. Die uns durch die Herren Geheimrath Auwers in Berlin, Professor Kreutz in Kiel und Dr. Schröter in Christiania gewordene Mittheilung einer größeren Anzahl Abweichungen zwischen den Zonen-Katalogen der X. Meteorolo- gischer Dienst. XI. Andere Arbeiten. VII Sternwarte. „Astronomischen Gesellschaft“ und den beiden auf hiesigen Beobachtungen am Meridiankreise beruhenden Sternkatalogen von @. Rümker, hat Anlaß zu einer Durchsicht der Originalbeobachtungsbücher und zu einer teilweisen Neuberechnung der betreffenden Beobachtungen gegeben. Diese Arbeit hat in vielen Fällen zu nicht unwesentlichen Berichtigungen in den Angaben der Rümker’schen Kataloge geführt. Bei der großen Bedeutung, welche diese Kataloge namentlich für die Bestimmung der Eigenbewegungen der Sterne haben, ist eine Veröffentlichung der gefundenen Verbesserungen, als „Mittheilung 3 der Hamburger Sternwarte“ in Aussicht genommen worden. Im Laufe des Wintersemesters 1895—1896 wurde von dem Observator der Sternwarte, Herrn Dr. Schorr, ein Cyclus von Vorlesungen über „Allgemeine Astronomie, Theil I“, mit gelegentlichen Demonstrationen gehalten, die Theilnahme an diesen Vorlesungen war sehr gross. Physikalisches Staats-Laboratorium. IX 3. Physikalisches Staats-Laboratorium. Bericht des Direktors Professor Dr. A. Voller. Für das Jahr 1895 ist über die Thätiekeit des physikalischen Staats- Laboratoriums Folgendes zu berichten: 1. Die amtliche Lehrthätigkeit erfuhr insofern eine Erweiterung, als in Folge der durch die I. Sektion der Oberschulbehörde herbeigeführten Neuordnung des gesammten öffentlichen Vorlesungswesens Herr Assistent Dr. Classen einen Theil der im Laboratorium zu haltenden Vorlesungen übernommen hat. Es ist der gesammte Vorlesungsstoff so geordnet und vertheilt worden, dass in Zukunft über die Hauptabschnitte der reinen Physik wie auch über einzelne physikalisch-technische Gebiete im Laufe 3 jähriger Curse Vorlesungen in geordneter und sich wiederholender Reihenfolge stattfinden werden. Hierbei hat der Berichterstatter die Lehre von der Wärme und Wärmetechnik sowie die Elektrieitätslehre nebst Elektrotechnik übernommen, während Herr Dr. Classen die allgememe Mechanik, Akustik und Optik vortragen wird. Die z. T. schon auf Grund der erwähnten Neuordnung im Berichts- jahre gehaltenen Vorlesungen umfassten folgende Themata: Im Sommer 1895: Prof. Voller: Ausgewählte Abschnitte aus der Elektrieitätslehre (im Anschlusse an die Vor- lesungen des Winters 1894/95). Freitags Abends. Im Winter 1895/96: Prof. Voller: Die Wärme, ihr Wesen und ihre Wirkungen. Freitags Abends. Dr. Classen: Das Licht und seine Wirkungen. Dienstags Abends. Der Besuch aller Vorlesungen war ein sehr guter; im Winter konnten wie gewöhnlich, des beschränkten Raumes wegen, nicht alle Meldungen berücksichtigt werden. 2. Die Benutzung der täglichen Sprechstunden des Bericht- erstatters wie auch der Bibliothek unseres Institutes war auch im letzten Jahre eine rege. In 92 Fällen wurden Bücher ausgeliehen. 3. Von hamburgischen und z. Th. auch auswärtigen Behörden wurden während des Berichtsjahres in folgenden Angelegenheiten Gutachten ein- geholt oder in anderer Weise die Mitwirkung des Berichterstatters in Anspruch genommen. X Physikalisches Staats-Laboratorium. Auf Veranlassung der Polizeibehörde sowie der Deputation für dasFeuerlöschwesen wurden, theilweise gemeinsam mit Beamten der kaiserl. Telegraphenverwaltung, eingehende Untersuchungen ausgeführt über die Schutzwirkung verschiedener Einrichtungen, welche das Eindringen starker elektrischer Ströme insbesondere von den Leitungen der elektrischen Strassenbahnen in Telegraphen-, Telephon- und Feuertelegraphenleitungen zu verhüten bestimmt sind. Für die Baupolizeibehörde wie auch die Baudeputation wurden mehrfach Gutachten über Blitzableiter-Anlagen, namentlich der Ausstellung „Italien in Hamburg“, auf enem Naphtalager- platze bei Gross-Ericus und auf den Petroleumtanks am Petroleumhafen erstattet, ferner neue Vorrichtungen für den Anschluss von Blitzableitern an Wasserrohren begutachtet, sowie bei der Begutachtung der neuen Turmuhren der Michaeliskirche und des Rathhauses wie auch der neuen elektrischen Beleuchtung der Stadtbibliothek mitgewirkt. Die Medicinal- behörde veranlasste eine eingehende Untersuchung der Beleuchtungs- verhältnisse in den verschiedenen Klassenzimmern der Seminarmädchenschule. Eine seit längerer Zeit durch den Berichterstatter gemeinsam mit Herrn Bauinspektor Olshausen als Vertreter der Baupolizei-Behörde und den Herren Himmelheber und Lühmann als Vertretern der Feuercasse vorbereitete Angelegenheit, die Ausarbeitung von Vorschriften für die Herstellung von Blitzableitern für das städtische wie für das Landgebiet wurde soweit zum Abschluss gebracht, dass der Erlass dieser Vorschriften der Beschlussfassung der genannten Behörden unterbreitet werden konnte. Die Zahl der im Berichtsjahre von der Feuercasse zur Anmeldung gebrachten Blitzschläge war eine ganz ungewöhnlich grosse; sie betrug 46. Es war aus Mangel an Zeit unmöglich, alle diese Fälle zu untersuchen, da die Mehrzahl derselben sich in den Vororten bezw. auf dem Landgebiete ereignete; wo es möglich war, wurden die näheren Umstände der Blitz- schläge festgestellt. Auf Wunsch des Magistrates unserer Nachbarstadt Altona nahm der Berichterstatter als Sachverständiger an einer Reise nach Hagen Theil, welche zum Zwecke der Beurtheilung eimes dort eingerichteten elektrischen Strassenbahnbetriebes mit neuen Accumulatoren unternommen wurde; ein in dieser Angelegenheit erstattetes Gutachten wurde auch dem Masgistrate von Nürnberg auf dessen Wunsch zur Verfügung gestellt. Die Anwendung von Accumulatoren zum Betriebe der Strassenbahnen konnte auf Grund der gemachten Beobachtungen zur Zeit noch nicht angerathen werden. Für die Verwaltung der Christuskirche in Eimsbüttel wurden die an der dortigen Orgel durch die Einwirkung des Leuchtgases vorgekommenen Beschädigungen sowie die Pläne einer elektrischen Beleuchtungsanlage begutachtet. Physikalisches Staats-Laboratorium. al 4. Die tägliche Ermittelung des Grundwasserstandes und der Grund- wassertemperatur in 27 verschiedenen Beobachtungsbrunnen wurde in gewohnter Weise fortgeführt. Die Resultate sind in dem betreffenden Beiheft des vorliegenden Jahrbuchs veröffentlicht. 5. Für Private wurden in 73 Fällen Prüfungen ausgeführt. Dieselben betrafen in 12 Fällen elektrische Untersuchungen verschiedener Art, 17 ,„ photometrische Messungen von Glühkörpern u. derel., 5 ,„ Prüfungen von Araeometern zu verschiedenen technischen Zwecken, „39 ,„ Prüfungen von Thermometern, worunter sich 36 Fälle auf zusammen 566 ärztliche Thermometer bezogen. 6. Die schon im Vorjahre näher studirten Störungen unserer Instrumente durch die elektrischen Strassenbahnen bezw. die Mittel zur Beseitigung dieser Störungen beschäftigten uns auch im laufenden Jahre vielfach; in Veranlassung dieser Untersuchungen nahm der Berichterstatter zweimal an Conferenzen Theil, welche zur Erörterung dieser Angelegenheit von den dabei interessirten deutschen Physikern und Elektrotechnikern in Berlin abgehalten wurden. — Eine mehrwöchentliche Reise zur Besichtigung neuerer Laboratoriumsgebäude wurde von dem Berichterstatter im Herbste semeinsam mit den Herren Prof. Dr. Dennstedt und Prof. Dr. Dunbar ausgeführt. 7. Für die Vervollständigung des Instrumentenbestandes und der Bibliothek sowie für sonstige Ausgaben wissenschaftlicher Natur stand budgetmässig ein Betrag von .# 7500 zur Verfügung, von dem etwa 4 1500 für die Bibliothek verwendet wurden. Von den übrigen # 6000 wurde namentlich die letzte Vervollständisung unserer elektrischen Mess- und Vorlesungs-Einrichtungen von Schuckert & Co. in Nürnberg, eine Anzahl Hitzdraht-Amperemeter und -Voltmeter von Hartmann & Braun in Bockenheim, ein Zickler’sches Universal - Elektrodynamometer von Paul Böhme in Brünn, sowie eine Reihe von Vorlesungsapparaten von Ernecke in Berlin, ferner eine neue Bunge’sche Wage mit Schalenwechsel- Einrichtung nach Dr. Classen’s System, verschiedene optische Instrumente von Zeiss in Jena und Krüss im Hamburg u. s. w. angeschaflt. Allgemeine Verwaltung. Bauliches. Neu- anschaffungen. ” Xu Chemisches Staats-Laboratorium. 4. Chemisches Staats - Laboratorium. Bericht des Direktors Professor Dr. M. Dennstedt. Durch Beschluss der Oberschulbehörde (1. Section) vom 21. März 1895 ist die neu in den Etat des chemischen Staats-Laboratoriums aufgenommene Assistentenstelle 1. Gehaltsklasse dem bisherigen Privatdocenten an der Universität Berlin Herrn Dr. Martin Schöpff übertragen worden. Er hat am 1. April das Amt angetreten. Die Vervollkommnung der wissenschaftlichen Photographie und ihre stets zunehmende Anwendung zur Lösung wissenschaftlicher und praktischer Fragen machte ihre Einführung in das Arbeitsgebiet des Chemischen Staats - Laboratoriums zum unabweisbaren Bedürfnis. Die nöthigen Einrichtungen konnten mit Benutzung des noch vorhandenen Raums im optischen Zimmer und im einem der Sammlungsräume provisorisch unter- gebracht werden. Obwohl naturgemäss weder für die erste Einrichtung, noch für die laufenden Arbeiten besondere Mittel vorläufig zur Verfügung standen, konnte doch durch Ersparnisse an anderer Stelle die Eimrichtung so weit gefördert werden, dass gerichtliche Aufträge über Urkunden- fälschung u. dgl., die zum grössten Theil nur auf photographischem Wege nachzuweisen sind, nicht mehr abgelehnt zu werden brauchten. Es kann mit Genugthuung festgestellt werden, dass die getroffenen Eimrichtungen bereits in mehreren Fällen werthvolle Dienste geleistet haben. Von sonstigen baulichen Veränderungen wurde, da jetzt der Neubau des Instituts endgültig feststeht, nach Möglichkeit Abstand genommen. Die dem Institut zur Verfügung stehenden (Geldmittel fanden, die wichtigeren Ausgaben anlangend, folgende Verwendung: Für Apparate, Geräthe u. s. w. 1. zu allgemem-chemischen Arbeiten ..........4 449,99 2. zu physikalisch-chemischen Arbeiten ....... „ 203,05 3. für die chemische Analyse im Allgemeinen „ 79,90 47 Küursserichtliche Analysers ern se 39,80 5. für Gasanalyse... Ser a Aleykish) 6. für die Untersuchung von Zollsachen er 45,— 7. fürsdie Photoeraphie ...... Re N) 8. für bacteriologische Untersuchungen a lerekan 9. für Vervollständigung der Bibliothek ....... „ 1441,97 10-2 \erschiedenese 22... en, 77,65 4 2928,81 N — Chemisches Staats-Laboratorium. XIH An Geschenken, für die hiemit der verbindlichste Dank des Institutes ausgesprochen wird, gingen ein: 1. Für die Bibliothek: Ausser den m den früheren Jahresberichten erwähnten periodisch erscheinenden Schriften; A few notes on Varnish and Fossil Resins von Herren @ebr. Mankiewiez & Co.; Hamburgisches Börsen-Handbuch: von Herrn Dr. Jürgens, Secretair der Handelskammer. 2. Für die Sammlungen, eine Reihe von 36 der organischen Chemie angehörenden Farbstoffen aus der Färberei von J. C. Karstadt, durch Herrn Dr. M. Richter. Die Gesammtthätigkeit der Anstalt ergiebt sich aus der umstehenden, nach dem Ausgang-Journal zusammengestellten Uebersicht. Gegen das Vorjahr zeigt sich eine erhebliche Zunahme der Thätigkeit, 584 Nummern gegen 459 im Vorjahre; nur durch Anspannung aller Kräfte konnten Stockungen im Geschäftbetriebe vermieden werden. Geschenke. Thätigkeit im Allgemeinen. Uebersicht. XIV Chemisches Staats-Laboratorium. Uebersicht über die vom Chemischen Staats-Laboratorium im Jahre 1895 ausgeführten Untersuchungen, abgestatteten Gutachten, Berichte u. s. w. II. II. VIE vn. VIII. [er] Allgemeine Verwaltung: Motivirte Eingaben, Berichte u. 8. W..........u...cooonelere.. Untersuchungen und Gutachten für Gerichte: Mord, Körperverletzung, Sittenverbrechen, verdächtige Todesursachen (Gifte, Flecken u. 8. W.).........22-200. 22 Brandstiftung, Explosionen u. 8. w. .. „2.2.2022 220eenren “) Medieinalpfuscherei, Nahrungsmittelverfälschung, Betrug, Schriftvergleichung, Sachbeschädigung, u. s. w........- 28 Verhandlungen vor den Gerichten............- BSR damit verbundene Untersuchungen, Ausgrabungen, Seetionen und Correspondenz U. S. W.enereeeeeneeeenelenene Untersuchungen, Gutachten und Berichte für Medieinal- bureau, Polizei- und andere Behörden: Verdächtige Todesursache, fragliche Vergiftung u. s. w.| 10 Nahrungsmittel und Gebrauchsgegenstände .............. 108 Fabriken und gewerbliche Anlagen...........-.e.er.... 19 Allgemeine sanitäre Untersuchungen... ......-neneerene. 1 Verschiedene andere Untersuchungen und Gutachten..... 58 Untersuchungen, Gutachten u. s. w. in Zoll-Sachen ...... 35 Besichtigungen von Fabriken, gewerblichen Anlagen u. s. w.|..... Gonferenzen und Commissionen mit anderen Behörden ......|..... Untersuchungen aus eigenem Antriebe. .....-.---r- rer seele... Zusammen gegen 459 Nummern im Jahre 1894. 177 59 21 59 Ib Journal. No. 22, 178, 210, 283, 313, 346, 359, 363, 399. Nahrungs-, Genuss- £)) 75, m Chemisches Staats-Laboratorium. a Untersuchungen und Gutachten für Gerichte. (Uebersicht unter I.) mittel und Gebrauchsgegenstände. Beurtheiluug von Wein- essig. Untersuchung zweier Proben Tapioka auf Verfälschung mit Kartoffelmehl, zweier Schmalzproben auf Fremdfette und dreier Sodaproben auf einen Gehalt an Glaubersalz. Begutachtung der Zulässigkeit künstlicher Färbung von Wurst und Fleischwaaren mit Carmin; Berurtheilung zweier Süssweine, sogen. Medieinal- Ungar-Weine und umfangreiche Uutersuchung verschiedener Proben sogen. flüssiger Citrone. 61, 229, 369. Betrug. Untersuchung von Briefmarken auf Veränderung der Papierfaser, des Farbstoffs u. s. w. 163. Diebstahl. Vergleich und Untersuchung zweier Schmalz- proben; Untersuchung einer schwarzen Farbe, und Vergleich einer an verschiedenen Schablonen haftenden grau-schwarzen und einer auf mehreren Holzstücken befindlichen Farbe. 231, 264, 350, 410, 414, 443, 569. Fragliche und erwiesene Vergiftungen. Untersuchung von Leichentheilen auf Cyan- verbindungen und Phosphor; eines in einer Flasche befindlichen Restes einer wässrigen Flüssigkeit; einer m einem Wasserglase noch vorhandenen und Spuren einer an einem Esslöffel haftenden körnig-krystallinischen Masse. (Gefunden Carbolsäure und Salı- pyrin). Versuche über die Zersetzlickkeit von Quecksilbersulfat bei Gegenwart von Kochsalz und organischen Substanzen, wie Leguminosen, während des Kochens bei der Bereitung vergifteter Speisen. Prüfung von Brustbonbons auf giftige Bestandtheile und eines Topfes darauf, ob er dem $ 1, Abs. 2, des Ges. vom 25. Juni 1887 entspricht. Untersuchung dreier Wasserproben auf Blei und einer andern auf Gifte überhaupt. (Gefunden Quecksilberchlorid). Zur Ermittlung der Todesursache eines Kindes: Feststellung des Inhaltes einer Flasche, Prüfung von Farbstofflösungen, Milch und Medicamenten auf giftige Substanzen. Untersuchung des Kropf- und Mageninhalts zweier Tauben auf Gift. 238, 334, 349, 568. Sittenverbrechen. Untersuchung des Inhaltes verschiedener Flaschen, angeblich Abortivmittel enthaltend, und einer Anzahl von Wäsche- und Kleidungstücken auf Spermatozoen. XVI Journal. No. 101, 478, 570. Civilklagen. Feststellung der Ursachen von 130, 175, Chemisches Staats-Laboratorium. Beschädigungen der im eimem überseeischen Platze aus einem Segelschiff gelöschten Schwefelsäurebehälter. Untersuchung einer condensirten Milch. Begutachtung von durchlochten Kupfer- Nickelblechen. 134, 224, 235, 292, 466, 468. Mord und Körperverletzung. Untersuchung einer Reihe von Asservaten auf Blut und Sperma- tozoen, von verschiedenen Kleidungstücken, Messern ‘und eines Schlagringes auf Blut. Versuche darüber, ob in einem schon eingetrockneten Blute Menschen- oder Thierblut vorliege. 157, 164, 186, 204, 249, 254, 409, 423, Brandstiftung. Untersuchung von Papier, Holzbrettern, -Spähnen und -Leisten verschiedener DBett- und Wäschegegenstände, sowie einer Kokosmatte auf Tränkung mit Petroleum. Identifizierung von an einem Bunde Stroh befindlichem Theer mit dem Inhalt eines Eimers. Vergleich zweier Seifenproben. Zolldefraude. Begutachtung von Olivenölen. 180, 209. Sachbeschädigung. Untersuchung von Kleidung- stücken eines Kindes auf Beschädigung durch ätzende Säuren. Gutachten über die Ursachen einer Benzinexplosion und dadurch verursachte Beschädigungen. Nachweis von Salpetersäure an einem Mantel und einer Jacke. 282, 311, 497. Urkundenfälschung. Feststellung auf photographischem Wege, ob Name oder Stempelabdruck zuerst auf eine Urkunde gesetzt worden seien, ob und auf welche Weise die ursprüngliche Schrift auf einem Pfandschein entfernt sei. Untersuchung einer Urkunde, um festzustellen, ob radiert, ob eine Zahl mit anderer Tinte hineingeschrieben und ob die Unterschrift mit derselben Tinte geschrieben sei wie der Text der Urkunde. Feststellung, ob auf drei übersandten Couverts ursprünglich andere Briefmarken sich befunden haben, die abgelöst und durch neue ersetzt worden sind, und Ermittelung, ob und welche Aenderungen an dem Postannahme- und -Ausgabe- stempel vorgekommen seien. . Kurpfuscherei. Untersuchung der Apotheker Richard Brandt- schen Schweizerpillen. . Beraubung von Postsendungen. Ermittelung, ob anscheinend von unberufener Hand geöffnete und sodann wieder verklebte Couverts mit demselben Klebstoff wieder geschlossen seien, wie er in einem beigegebenen Fläschehen enthalten war. Chemisches Staats-Laboratorium. XVII 3. Untersuchungen und Gutachten für andere Behörden und Verwaltungen. (Uebersicht unter V.) Von folgenden Behörden gingen Aufträge ein: Oberschulbehörde, Medicinal- Collegium, Polizei-Behörde, Baupolizei, Finanz -Deputation, Be- rathungsbehörde für das Zollwesen, Bau-Deputation, Deputation für das Feuerlöschwesen, Handelskammer und Direction der Gaswerke. Journal. No. 34, 85, 106, 133, 166, 167, 168, 177, 195, 196, 221, 243, 287, 315, 336, 353, 375, 444, 498, 522, 565. Analysen der in der Abdeckerei gewonnenen Düngerpulver. „ 36, 416. Untersuchung und Begutachtung von Petroleum und Angabe über die bei Lieferungen zu stellenden Forderungen. „ 44, 45, 79, 73, 113, 114, 153, 154, 213, 214, 252, 253, 297, 298, 345, 348, 582, 391, 445, 446, 491, 493, 550, 553. Monatlich aus- geführte Bestimmungen des Gehaltes des hiesigen Leuchtgases an Gesammt-Schwefel und Kohlensäure. „ 62, Untersuchung einer Füllmasse für Gasmesser. 67, 69, 81, 97, 181, 199, 233, 262, 284, 285, 291, 293, 309, 365, 381, 412, 455, 469, 545, 548, 554. Feuer, fragliche Brand- stiftung, Selbstentzündung etc. Gutachten über die Be- förderung gefährlicher Güter in Kauffahrteischiffen; über den $ 7 des Entwurfs einer Verordnung betr. Verhütung von Feuer- gefahr, über die Verladung von Feuerwerkkörpern im hiesigen Hafen, über die Zulassung der Lagerung von Asphalt, Rohwolle, chlorsaurem Kali etc. am Quai und über die Aufnahme rauch- schwachen Pulvers in die Gruppe der in der Bekanntmachung des Reichskanzlers vom 16. April 1891 erwähnten Sprengstoffe. Untersuchung von Feuerwerkkörpern und Feuerlöschmitteln. Prüfung einer bei einem Brande aufgefundenen grünen, bröckligen Masse und Ermittelung, woher ein gelegentlich desselben Brandes entnommener Mörtel stammt. Begutachtung der Explosionsgefahr bei Lagerung von in Stahlflaschen comprimirter Kohlensäure in einem Miethhause. Feststellung der Ursachen der Selbst- entzündlichkeit eines als Badelaken benutzten Gewebes; Feuer- gefährlichkeit sogen. Pump- oder Leckpetroleums. XVII Journal. Node „ 156. „ 268, „809 Die Chemisches Staats-Laboratorium. Angabe eines Verfahrens zur Reinigung einer zum Druck von Briefmarken benutzten Kupferplatte. Gutachten über das Salzstreuen auf den Geleisen der Strassenbahn. Begutachtung des zum Speisen der Dampfkessel in der Abdeckerei gebrauchten Wassers. 141. Fraglicher Mord. Untersuchung einer mit Blut durch- tränkten Erdprobe und einer schaumigen blutigen Masse und Feststellung, ob das gefundene Blut Menschen- oder Thierblut sei. Begutachtung, ob an einem Hemde befindliches Blut von der Entbindung herrühre. Untersuchung der auf den Drähten der Orgel der Christuskirche in Eimsbüttel befindlichen Oxydschicht und muthmassliche Ursache ihrer Entstehung. 219, 279, 320, 433, 477, 508. Vergiftungen. Untersuchung zweier Brote auf Giftstoffe oder fremde Beimengungen; einer von einem Schiffe eingelieferten Wasserprobe; einer Knackwurst, sowie einiger Reste von Wursthaut, verschiedener Speisereste und zweier Hühnermagen auf giftige Bestandtheile. 280, 321. Farben. Untersuchung des blasig gewordenen Farb- anstrichs und der darauf befindlichen Auswitterungen an einem Holzdache und Begutachtung verschiedener zum Schutz von Eisentheilen anzuwendender Farbmischungen. 319. Untersuchung von je 4 Roggen- und Weizenmehlproben auf Güte, Preiswürdigkeit und Backfähigkeit. . Untersuchung einer Steinkohlenprobe auf ihren Gehalt an Schwefelkies oder Markasit. . Bericht über den Schwefelgehalt im Hamburger Leuchtgase. . Spirituosen. Prüfung, ob ein eingeliefertes Getränk als Sherry oder Spirituose anzusehen sei. in Zollsachen ausgeführten Untersuchungen und abgegebenen Gutachten bezogen sich auf folgende Gegenstände und Fragen: Journal. No, 18, »„ 56, 57, 58, 271, 302, 335, 356, 357, 395, 398, 435, 480, 499, 530 Brantwein-Denaturirungsmittel: Holzgeist, Pyridinbasen, Rosmarinöl. 237. Untersuchung von Abfallfett (destillirtem Wollfett) und abschliessendes Gutachten über die Zollfrage. — Ur 1 Journal. No. 92, 126. 149. 306. 413. 457, 526. 570. Chemisches Staats-Laboratorium. IER 380, 492. Tarifirung als Asphaltbrei und als Goudron epure (weicher Asphaltbrei) declarirter Waaren. Tarifirung von 5 Schmierfetten. Begutachtung von Glasstäbchen, ob es sich um Hartglas oder Weichglas handele und welche äußeren Merkmale für die Unter- scheidung von Weichglas und Hartglas als maaßgebend zu erachten seien. 555, 564. Tarifirung von Olivenölen. Tarifirung zweier als Black Varnish bezeichneter Waarenproben. Prüfung, ob ein aus Essigätherrückständen gewonnenes Erzeugniß eventuell nach vorangehender Verarbeitung zu Genusszwecken, oder nur zu technischen Zwecken verwendbar sei. Prüfung einer Branntweinprobe darauf, ob die darin enthaltenen Stoffe den Branntwein zum menschlichen Genuss vollständig untauglich machen und ob es ohne Schwierigkeiten möglich sei, den Branntwein von diesen Stoffen zu befreien. Gutachten betreftend den Entwurf einer neuen Instruction für die zolltechnische Unterscheidung des Schmalzes, der schmalzartigen Fette und der Kerzenstoffe und ferner einer Instruction für die Denaturirung schmalzartiger Fette. 543. Tarifirung von Häfteln und Oesen aus unedlem Metall und Stecknadeln aus Messing. Gutachten über die Consistenz mineralischer Schmieröle. Prüfung dreier Proben Einfettungsöle. RX Chemisches Staats-Laboratorium. Die amtliche Petroleum-Controlle im Jahre 1895. Die amtliche Petroleum-Controlle im Jahre 1895 lieferte folgendes Ergebniss: 1. Getestet wurden im Laboratorium 1885 861 Proben in 1715 Bestimmungen 1886 1982 ee 3936 887, 307 Mamas A050 : 1888. 1970, er ae E 1889.,0.1083 era ni 18904 SE 105 x 1801.% ass a eur h 1892 509 966 1893 0 5 1894 7: OU, AMT 1805. IB ee %. Aus Tanks waren entnommen 1889 111 Proben = 10,9 % 1890. 138° 7,180, 18917) 1aoıı ger ars, TE a Bo 1893 111 „ —=594 ,„ ” 1894. .095,, 0, 9 18054 2301, Pose 3. Unter den Proben befanden sich Russisches Petroleum 1885 10 mal = 1,2 % 1886 Br 1887 19002069 1888 ee! 1889 SR, 1890 180 ea 1891 Bee 1892 Be. 1893 37,00 1894 DE —E— ee 1895 en. 4. Bei den Testungen zeigte sich eine Differenz der Einzelbeob- achtungen: ann Chemisches Staats-Laboratorium. NOXT f von 'a°C. ‘1885 bei 116 Proben = 13,5 % 1856 ,„ 273 nn — 513.8 1SS EA, n =...) 18885 „ 84 ” = 188920777226 ” — { 189077, 723 Rn = 9, ES or, 19 2 — Lullg Ne) = 1893272726 e, = 0% 1SgAE 773% r —E 0 SED) 7 69 “ — 100 von 1°C. und mehr 1885—1895 keinmal. 5. Von den 416 Proben des Jahres 1895 hatten Reduc. Entflammungspunkt Specif. Gewicht bei 15 °C. One u bis, 199270382 91, Be a ie 27,95, 150,800: 0.2.2.0. gu 58, euoalu m, 85, 30, N0R0OL. ... er BÜNDE a nah BR gl Fr 58 = 13,01,..10,803 el: Bu e Vi-aRjo) la N Br re re ee SV eedaruber. 44 10,61,5 | 0,809. nr 2 ee Ko 100,00 ee ee us | OT dee Ben 0,508: 1 Smehna 9 —e 23 Unbestimmt......—— —,„ 416 = 100,0 % 6. Mithin wurden mindertestige, d. h. unter 21° C. entflammbare, Proben gefunden: SSH 9 mala = 1K 0,0 185 6 EmalF —=0,572/0 188917 =7, =04, 188-4, = 02%, 1889 8, =08, 0-9, =18, ar 4, -.09,, 18 3,.—06, 83-0, = —-,„ 14-3, =12, 35-0, =— ,„ Die gemäss dem Gebühren-Tarif ($ 9) des neuen Petroleum-Regulativs dem Chemischen Staats-Laboratorium zufallenden und ihm von der Haupt- staatscasse gutzuschreibenden Gebühren betrugen im Jahre 1895 904 4, wobei zu bemerken ist, dass laut Beschluss von Senat und Bürgerschaft vom 4. December 1895 die Gebühren für aus Tanks entnommene Proben von 2 auf 10 .% erhöht worden sind. XXI Chemisches Staats-Laboratorium. Die in der Art der Petroleum-Einfuhr in den letzten Jahren ein- getretenen Aenderungen haben Veranlassung gegeben, die seit dem Jahre 1895 in der öffentlichen Petroleumcontrolle bis jetzt erhaltenen Zahlen für den redueirten Entflammungspunkt und die spezifischen Gewichte gesondert für das in Fässern und das in Tankschiffen eingeführte Petroleum in den folgenden Tabellen zusammenzustellen. Redueirte Entflammungspunkte. I. Fassproben. | 21 22 23 24 95 300 Gesammt- | unter E $ 5 : h a | 2 bis bis bis bis bis und Behr aproben A Er 21,90 | 22,90 | 23,90 | 24,90 | 29,90 | darüber Zahl | % |zahı| 0% Zahl| 0% Zahl 0 Zabl| % Zahl 09 |Zanı) Vo |zanı) % 1885 | 850 | 100) 9 1,0 | 218 | 25,6 1 280 | 33,0 [179 21,1] 68| 8,0| 90 10,6 6! 0, 1886 | 1976 | 100 | 11 0,5 | 244 | 12,4 |] 907 | 46,0 | 360 18,2 | 196 | 9,8209 110,6 | 49| 2 1887 | 2053 | 99,7 | 7 /0,3 | 220 | 10,7 | 761 | 37,1 349 17,0 243 111,8] 338 [116,5 [135 | 6,6 1888 | 1898 | 97,6 | 4 0,2 1292| 15,4 | 580 | 30,5 | 430 122,6 160 | 8,6|348 1184| 83 | 4,3 1889| 912 91,01 8 0,9] 139 15,2] 180 | 19,7 | 185 120,3 128 114,0] 196 [?1,5| 76| 8,3 1890 | 570 | 81,5 9 |1,6) 97|17,1|141|24,8|115 20,1| 40| 7,0| 41| 7,2 1127 | 22,2 2 3 1891| 332 | 73,5 12| 21| 6,3| 44|13,2| 62 18,7| 67 20,2] 66 19,9| 68 | 20,5 ıs92| 388 |vr,3| 3 0,8| 38| 9,7| so|20,r| 60 15,4| aa ıı,6l109 er,9| 54 | 13,9 1893| 151|49,7) — |—| 19|18,6| 30|19,9| 15] 9,9| 9 6,0| 47 [sı,1| 31|20,5 1892| 2Bl es ol em ee = gi — | 22 10,0 1895| 115 BE —| -1 -| —| a|35| 39|34,0| 42 |36,7| 30 |26,8 I. Tankproben. | el ee ee, =) — _ — (| — ee el elle) =) elle ee, — ser ae ee lo = ==) || el =) = 1888| 48 | A eg re ed le | — 1889| 90| 9,01 — |—| 28|125,6| 49/544| 18%0,0| —| = | — = | | — 1890 120 | 26,5 Blaze ale | = | — | = 1891| 129 1185| — |—| 29 22,5| 82|63,6] 15 11,7| — | — Bas 2 1892| 115 |22,7.! — |—| 28|244| 48 |41,7| 16 14,1| 201174| 3| 26] —| — 1893| 153 |50,3| — |—| 14| 9,1| 24|15,7| 76 1497| 33 1216|] 6| 39] —| — 1894| 225 |91,1| 3 |1,3| 56 24,8| 92 |40,9| 55 4,8] 14| 62| 5| 22| —| — 1895 292 |71,7 | — |— [116 |39,9| s5 29,1] 45 15,4| 18 | 6,1| 2|75| 6| 30 Chemisches Staats-Laboratorium, XXI Speeifische Gewichte bei 15° C. I. Fassproben. 0,781 | 0,785 | 0,790 | 0,795 | 0,800 | 0,805 | _ nicht bis bis bis bis Dis vo über 3 0,784 | 0,789 | 0,794 | 0,799 | 0,804 | 0,806 | 9806 [stimmt is Jahr | 0,780 | IA y I} er Zanı| Yo |zanı| %0 |zanı| %o [zanı) % [zanı| % [zanı | % Zahl, %/o |Zahl| %0 |zanı) 9% l | ser 1| 0,1] 3| 0,3 80,85 31 3,6| 316,37,25| 374 44,0] 109112,8| 8| 0,9 1886| — | —| 24| 1,2| 25 | 1,2] 62] 3,3| 7213,65| 1138|57,6 [518 26,3] 98! 5,0| 35 | 1,7 1887 | 11.0,6| 19, 1,0| 63 | 3,1] 3911,85| 72) 3,4| 1560/76,05[259 12,6| 25 1,2| 5, 0,2 1888| 90,5| 32) 1,6] 68| 3,5| 127) 6,7] 163) 8,7] 1117158,8 [358 18,0] 21] 1,1] 4 02 1889| — -[42 4,6| 71) 7,8| 32 3,5| 24 2,6| 365140,0 [375412] 3) 031 —| — 1890 | — || 96 |16,9| 26 | 4,5] 14 2,5[134/23,6| 29651,9 | 2lo,35| — —| 20,35 1891| — || 45 13,6| 3| 0,9| 28] 8,4] 186155,9| esaoa| —| -| —| -| 2| 0,6 1892| 10,3] 15 | 3,8| 30| 1,sl 102 26,2[216555]| 257 | — — - 2105 1893| — —|alıs0l —| —| ıslızal saissel 151 9a | — —| ass | — 1894| — | — 19 86,4 2| 91 — | A I DE Friend: REN Bao 8 ol 22 102 91 ah re —| 1. I 2 | II. Tankproben. | | 1885 = —. Ze Re ee aa u a en m | = | ee ee ee ehe — = Se el ee EI re ee En in) en a ee ea ısgg| — ana = el Elena ee ee = 1889| — —| — - 6| 6,7) 60] 66,6| 24126,7] —ı —| | — Be 6 Al 385 So | | | = Be er 7758| 9618001. 17) 1a = |] 1 1892 = 8 6911049051 3] 2361 —| | —| —1 - | — 1893| — x de 1465| 704,7] 12) 78] —| -| -| -] -| — 1894 = _ 66 29,4] 159 70,6 ee) ltr Te ae ee ee 1895| - || — —| 5 20] 541185[207/70,8| 25) 8,6 = = = XXIV Chemisches Staats-Laboratorium. 3. Die Unterrichtsthätigkeit. An Vorträgen wurden gehalten: im Sommersemester: 1) Experimental-Chemie (Organischer Theil). 2 Stunden wöchentlich, Prof. Dr. Dennstedt. | 2) Einführung in die chemisch-technische Analyse. 1 Stunde wöchentlich, Dr. Enngelbrecht. 3) Ueber Nahrungs- und Genussmittel und ihre Verfälschungen. 1 Stunde wöchentlich, Dr. Voigtländer. 4) Analytische Chemie. (Qualitative Analyse.) 1 Stunde wöchentlich, Dr. Ahrens. im Wintersemester: 1) Experimental-Chemie. (Anorganischer Theil). 2 Stunden wöchentlich, Prof. Dr. Dennstedt. 2) Einführung in die gerichtliche Chemie. 1 Stunde wöchentlich, Dr. Engelbrecht. 3) Einführung in die Photographie. 1 Stunde wöchentlich, Dr. Schöpff. 4) Untersuchung und Beurtheilung von Nahrungs- und Genussmitteln, 1 Stunde wöchentlich, Dr. Voigtländer. 5) Analytische Chemie. (Qualitative Analyse). 1 Stunde wöchentlich. Dr. Ahrens. Ausserdem fanden die practischen Uebungen im Laboratorium (12—40 Stunden wöchentlich) statt. Die Zahl der Theilnehmer an den Vorträgen betrug 98. Im Laboratorium arbeiteten: Januar-Ostern Sommer Nee ne bis ult. Dee. überhaupt 14 15 13 24 Ühemikersr. Rue Pre 11 Medieiner Mer 2 Anotheker at. re 1 Jehrer. u... 4. er 2? Ingenieure 7. nm ee fer 1 Kaufleute... see 4 Bolızeibeamtere m er ee 3 24 Die Gesammtzahl der bisherigen Practicanten beträgt 213. An Honorar, Gebühren u. s. w. wurden im Jahre 1895 vereinnahmt 1510,57 .4 gegen 1252 70 4 im Vorjahre. 3 Practicanten waren auf Grund des $ 14 der Statuten von der Honorarzahlung befreit. u ine Chemisches Staats-Laboratorium. AXV 4. Die Ausführung von Untersuchungen aus eigenem Antriebe. (Uebersicht unter VII.) 1) Eine neue Methode zur quantitativen Bestimmung der Stärke, (Fort- setzung) veröffentlicht in den Forschungsberichten über Lebensmittel und ihre Beziehungen zur Hygiene u. s. w. Jahrgang 1895, S. 173. 2) Ueber Zusammensetzung und Beurtheilung der einzelnen Mahlproducte des Weizens, (Fortsetzung) veröffentlicht in den Forschungsberichten über Lebensmittel und ihre Beziehungen zur Hygiene u. s. w. Jahr- gang 1895. S. 228. 3) Ueber die Einwirkung von salpetriger Säure auf Inden und Cumaron, veröffentlicht in den Berichten der Deutschen chemischen Gesellschaft. Jahrgang 28. S. 1331. 4) Untersuchung eines angeblichen Haarerzeugungmittels. 5) Vergleichende Untersuchungen über Methoden zur Bestimmung des . Schwefels im Leuchtgase. 6) Untersuchung einer grösseren Reihe amerikanischer Petroleumproben. XXVI Botanischer Garten. 5. Botanischer Garten. Bericht des Prof. Dr. Zacharias. Die im vorigen Berichtsjahre in Angriff genommenen Anlagen für Wasser-, Moor-, Sumpf- und Heidepflanzen sind im Frühjahr 1895 vollendet worden und bepflanzt. Dabei wurde vorzugsweise auf die Beschaffung solcher Pflanzen, welche für die Flora unserer heimischen Gewässer, Moore und Heiden charakteristisch sind, bedacht genommen. Von selteneren derartigen Pflanzen mag Cornus suecica erwähnt werden. Diese im Gebiete unserer Flora nur auf wenige Standorte beschränkte, im nördlicheren Europa häufigere Pflanze wurde auf emer Sammelexcursion unter Führung des Herrn Lehrer Miller zwischen Harsefeld und Zeven für den Garten er- worben. Zu ganz besonderem Danke ist der Garten Herrn Dr. Sonder in Oldesloe verpflichtet, dessen schöne Sendungen von Sumpf- und Wasser- pflanzen wesentlich zur Vervollständigung der Anlage beigetragen haben. Infolge des Vorhandenseins der neuen größeren Wasseranlage konnte das bisher für die Cultur einheimischer Wasserpflanzen verwendete kleine Bassin vor dem Vicetorienhause anderen Zwecken dienstbar gemacht werden. Das Bassin wurde mit eimer Heizemrichtung versehen, so daß die Cultur exotischer Wasserpflanzen aus wärmeren Florengebieten möglich wurde. Insbesondere erresten die sehr gut gedeihenden rot, blau und gelb blühenden Nymphaea-Arten das Interesse des Publikums. Eine erhebliche Bereicherung erfuhr die unter der allen Besuchern des Gartens bekannten Taxodien-Gruppe befindliche Schattenpartie, welche bestimmt ist die Vegetation des Waldes zur Anschauung zu bringen. Hier wurde unter Anderm auch eine Anzahl kräftiger Exemplare von Cypripedium Calceolus (Geschenk des Herrn Dr. H. Gilbert) ausgepflanzt. Diese Orchidee gehört vermöge der eigentümlichen Gestaltung ihrer Blüte auch für den Laien zu den auffallendsten Erscheinungen der deutschen Flora, ein Umstand, der dazu beigetragen hat, ihr Vorkommen mehr und mehr einzuschränken. Schon im vorigen Berichtsjahre erhielt der Garten eine größere Anzahl von Alpenpflanzen. Die Sammlung wurde in Töpfen überwintert, und im Frühjahr 95 durch Geschenke von Frau Dr. Bülau und Herrn Dr. A. N. Zacharias sowie durch Kauf derartig vermehrt, daß sie ein ausreichendes Material für die Bepflanzung der oberhalb des Stadtgrabens vor dem Kalthause hergestellten Alpenanlage darbot. Botanischer Garten. XXVI Am Schlusse des Berichtsjahres gab die Erbauung eines Hörsaales neben dem Gärtnerhause und die hierdurch bedingte Entfernung eines Gebüsches Veranlassung, die nunmehr neben dem Hörsaal vorhandene freie, bisher teilweise als Rasenplatz behandelte Fläche für die Cultur von Medicinalpflanzen in Aussicht zu nehmen. Im nächsten Frühjahre werden hier die bei uns im Freien ceultivirbaren Medicinalpflanzen in systematischer Anordnung ausgepflanzt werden. Die Lehrthätigkeit im Garten beschränkte sich im Berichtsjahre auf die Sommermonate, da im Winter noch keine Vortragsräume zur Verfügung standen. Im Sommer wurden vom Berichterstatter im großen Kalthause Vorlesungen über die Systematik der Monocotyledonen gehalten. Im Anschluss an die Vorlesungen fanden Demonstrationen blühender Gewächse in den Gewächshäusern und im Freien statt. Die Benutzung der Pflanzen des Gartens zu Unterrichts- und Studienzwecken gestaltete sich im Uebrigen folgendermaßen: Für den botanischen Unterricht in den hamburgischen Schulen, als Vorlagen für den Unterricht im Zeichnen und Malen sowie an Besitzer von Herbarien wurden 319 601 Pflanzen, respektive Pflanzen- teile verabfolgt. (Im Jahre 1894: 257 448). Material für wissenschaftliche Untersuchnngen wurde gesendet an die Herren Prof. Dr. Graf zu Solms- Laubach in Straßburg im Elsaß, Geheimrat Prof. Dr. Schwendener in Berlin, Dr. Lazniewski in München und Prof. Dr. Schmz im Zürich. Auf Grund von Untersuchungen, welche im Garten ausgeführt worden sind, wurden folgende Arbeiten veröffentlicht: 1) Klebahn, Dr. H. Kulturversuche mit heteroecischen Rostpilzen. IV. Bericht. Zeitschrift für Pflanzenkrankheiten. V. Band. 5. Heft. 2) E. Zacharias. Ueber das Verhalten des Zellkerns in wachsenden Zellen. Flora oder allgemeine botanische Zeitung. Ergänzungsband. 81. Band. 2. Heft. Die Vermehrung der Pflanzensammlungen durch Kauf und Tausch erfolgte nach den im vorjährigen Bericht angedeuteten Grundsätzen. Wie in früheren Jahren bildeten die im Vermehrungshause aus Samen heran- gezogenen jungen Pflanzen der Victoria regia ein wertvolles Tauschobjekt. Im Berichtsjahre wurden’ solche Pflanzen an die botanischen Gärten zu Breslau, Leiden und Amsterdam abgegeben. Durch Tausch wurde u. a. die Cacteen-Sammlung wesentlich vermehrt, welcher hier wie an anderen Orten von Seiten des Publikums ein besonderes Interesse entgegen gebracht zu werden pflest. Von den durch Tausch erworbenen Pflanzen mögen llex parguayensis und Cinchona succirubra als Stammpflanzen von Mate und Chinarinde, sowie eine schöne Sammlung von Himalaya - Rhododendren hervorgehoben werden. Gekauft wurden u. a.: Landolphia Watsoniana und Isonandra Gutta (bei van Houtte in Gent) von welchen die erstere zu den Kautschuk liefernden Pflanzen gehört, die zweite als Stammpflanze der xXxVII Botanischer Garten. Gutta-Percha bekannt ist; ferner einige Theesträucher im der Gärtnerei von J. Makoy in Lüttich, einer der wenigen größeren Gärtnereien, welche sich nicht ausschliesslich der Massenanzucht von wenigen gut verkäuflichen Arten widmen, sondern noch eine größere Auswahl mteressanterer exotischer Pflanzen kultiviren. An Geschenken erhielt der Garten außer den schon in diesem Bericht erwähnten die folgenden: 1) Sämereien, Knollen und Zwiebeln vom Botanischen Museum, und von den Herren Dr. Bolau, Brieger, T'heod. Friesel, Dr. H. Gölbert, W. J. Goverts (Eine reichhaltige und wertvolle Sammlung sieben- bürgischer Zwiebeln), Grossmann (Eine größere Anzahl exotischer Sämereien), #. Kerck, Baron F. von Müller in Melbourne, L. Ritz, H. Ramseger, Strebel, O. L. Tesdorpf, E. Teske in Lagos, Veitch, Westphal. 2) Pflanzen von den Herren Christiansen (Orchideen), J. A. v. d. Decken (Persea), Dr. Carlos Roth (Orchideen), Zaban (verschiedene ein- heimische Wasserpflanzen), Levy (Melocactus, sowie auf Spitzbergen gesammelte Pflanzen), Mayer (Moose), Freiherr v. Ohlendorff (Orchideen aus Paraguay). Baumeister Ohrt (verschiedene Weasser- pflanzen), Rüppel (eme blühende Agave filifera), Capt. Saggan (Persea), Capt. A. Schmidt (eine Anzahl wertvoller Pflanzen aus Westindien, unter welchen namentlich ein schönes Exemplar von Catasetum tridentatum, emer durch ihre merkwürdigen Be- stäubungseinrichtungen ausgezeichneten Orchidee, hervorzuheben ist. Die Pflanze ist im Garten zur Blüthe gelangt), Stüwe (Wasser- pflanzen), Capt. Schultz (verschiedene Warmhauspflanzen), @. Spiegeler (Orchideen), Witt & Büsch (verschiedene Warmhauspflanzen, darunter Keimpflanzen der Cocos-Palme). 3) Sammlungsobjekte von den Herren Donat, Goepel, W. J. Goverts, Klussmann, Oberingenieur Andr. Meyer, L. Ritz, J. Schmidt, Prof. Dr. Ad. v. Wenckstern. Die Königlich Württembergische landwirtschaftliche Akademie zu Hohenheim schenkte ein Aehrensortiment von 181 Getreide-Rassen. Die Bibliothek erhielt verschiedene Bücher vom botanischen Museum, Herrn Dr. Bilau, Herrn Obergehilfen Widmaier und vom Berichterstatter. Von Interesse für die Geschichte der Botanik in Hamburg ist die kleine von .Herın Dr. Bülau geschenkte Schrift: Plan zur Anlegung eimes botanischen Gartens nahe bey Hamburg, von Dr. Flügge, Hamburg 1810. Die Schrift befürwortet die Verwandlung des „vormaligen Buekischen ') !) Das vom botanischen Garten aufbewahrte Buekische Herbar enthält noch eine Anzahl gut konservirter Pflanzen, welche dem oben genannten Garten entstammen. RE Botanischer Garten XXIX Alster außerhalb des Dammthors zu Ende der großen Alle en) Gartens“ in einen botanischen Garten. Wie dieser Plan dann hlich zur Ausführung gelangte, wird von Flügge selbst in seiner graphie, deren Manuskript die Bibliothek unseres Gartens besitzt, lich geschildert. Dem Manuskript ist noch eine kurze Notiz der _Flügge’s beigeheftet. Derzufolge „starb Flügge (im Jahre 1816) im 11. Jahre seines Lebens, dessen letzte Jahre ihm durch die während der loc ckade Hamburgs geschehene gänzliche Zerstörung des von ihm angelegten schen Gartens aufs schmerzlichste verbittert wurden“. Es ist wohl Eröffnung. Eintheilung der Räumlich- keiten. Besuch. Erwerbungen. RR Botanisches Museum und Laboratorium für Waarenkunde. 6. Botanisches Museum und Laboratorium für Waarenkunde. Bericht des Direktors Professor Dr. Sadebeck. Am 20. Juni wurde die Aufstellung der Schau-Sammlungen in dem neuen Hause beendist und das Museum dem Besuche des grösseren Publikums wieder geöffnet. Die Schau - Sammlungen sind in 11 Sälen und den angrenzenden Corridoren aufgestellt, die Herbarien und die anderen Theile der wissen- schaftlichen Sammlungen wurden in 2 Sälen und den Corridoren, welche von den Schausammlungen nicht benutzt werden, untergebracht. Ausser dem Direktor-Zimmer und dem Auditorium verbleiben für wissenschaftliche Arbeiten 2 Laboratoriumszimmer, für die Bibliothek 1 Zimmer und für die Samencontrolstation 1 Saal nebst einem kleinen Arbeitszimmer des Leiters der Station. 2 Zimmer in der 2. Etage werden für die pharma- ceutische Lehranstalt reservirt. Der Besuch der Schausammlungen ist ein bedeutend zahlreicherer gewesen, als m den früheren Räumen, namentlich auch an den Wochentagen. A. Sammlungen. Von neuen Erwerbungen sind (chronologisch geordnet) folgende anzuführen: Geschenke überwiesen: 1) Herr Hofapotheker Müller (f): 53 Nr. afrikanischer Pflanzen, und zwar 21 Nr. von Kiboscho (1350 m), 20 Nr. aus der Massai-Steppe (1150 m), 12 Nr. aus der Kilimandjaro-Steppe. — 2) Naturhistorisches Museum zu Hamburg: 28 Nr. Algen in Alkohol, 4 Nr. Algen (trocken) aus verschiedenen Gegenden, 1 Holz, 1 Hymenaea-Frucht. — 5) Herr Joh. Marth-Wladiwostock: Phanerogamen, Algen und Flechten aus Ostsibirien. — 4) Herr C. W. Lüders: 4 kleine (Oueurbitaceen-Fruchtgehäuse) Trink- becher aus Paraguay, 1 Fächer, bestehend aus 2 verflochtenen Fächerblättern von Copernicia cerifera, 1 Bastgürtel aus Samoa, bestehend aus Brachychiton- Bast, verflochten mit Davallia Fijensis. — 5) Herr Kapitän P. v. Holten: 39 Nr. Holzproben aus Brasilien und 1 Frucht von Leeythis. — 6) Herr Joh. Marth-Wladiwostock: Eine zweite Sendung von Phanerogamen, Farnen und Algen aus Ostsibirien. — 7) Herr E. Niemeyer: Ein 3 umfangreiches Herbar chilenischer Pflanzen von mehr als 1000 Nr. — 8) Herr Jaap: Eine Collektion grösserer Hutpilze aus der Umgegend von Hamburg (Polyporus fomentarius, P. igniarius, P. betulinus, P. applanatus, Daedalea quercina, Lenzütes betulina). — 9) Herr Marth- Wladiwostock: Dritte Sendung von Algen, Farnen und Phanerogamen aus Ost-Sibirien im Ganzen 37 Nr. — 10) Herr Professor Dr. Conwentz, Direktor des West- preuss. Provinzial-Museums in Danzig: Ein subfossiles Eibenstück aus dem Steller Moor bei Hannover, Früchte von Pörus lorminalis aus Westpreussen und eine Abbildung von Picea excelsa Lam. var. pendula Jacq. & Her. (Trauerfichte). — 11) Herr R. Nelles: Ein Herbar australischer Pflanzen. — 12) Herr Jaap: Eine Collektion Laubmoose aus der Umgegend von Hamburg. — 13) Herr Ernst Zwanck: Die wichtigsten Theesorten des Handels in reichlichen Proben. — 14) Der Direktor: Eine Sammlung neuseeländischer Hölzer. — 15) 279 Nr. (Phanerogamen, Pteridophyten, Pilze, Muscineen), welche der Direktor auf Reisen und Excursionen gesammelt hatte, wurden dem Institute überwiesen. — 16) Herr Th. Kayser: Eine grünblüthige Rose (Rosa chinensis Jacgq.). — 17) Herr Dr. Weinstein: Früchte, Samen, Pflanze und Photographie von Manihot Glaziovii Müll. Arge. und Pflanze von Manihot utilissima Pohl vom Congo. — 18) Herr Dencker: Samen von Pentaclethra macrophylla Bth. — 19) Herr Botanisches Museum und Laboratorium für Waarenkunde. RERERUT Marth-Wladiwostock: Verschiedene Farne aus Singapore. — 20) Herr Prof. Dr. Zacharias: 1 Stück Cocobolo-Holz. — 21) Herr Garteningenieur Ferber: Zeichnungen von Farnen. — 22) Herr Baron Dr. F.v. Müller: Kino von Eucalyptus calophylla R. Br. aus Westaustralien. — 23) Herr Stender: Cardamine pratensis mit Adventivpflänzchen an den Fieder- blättehen. — 24) Herr Rodig: Leucojum vernum mit Botrytis cinerea. — 25) Herr Kayser: Kropf- und Maserbildung an jungen Apfelbaumwurzeln. — 26) Herr Moje: Ein Stück „Vogeltrittholz“, sog. Amboina-Maser von Pterocarpus indieus. — 27) Herr Baumeister Glückstadt: Bretter mit dem Mycel von Polyporus vaporarius. — 28) Herr Dencker: Chilenische, an der Sonne gedörrte Kartoffeln. — 29) Herr C. Steffen: Fruchtkörper des Hausschwammes, sowie Holzdielen, welche von demselben zerstört worden sind. — 30) Herr Kapitän L. Jerrmann: Holz’ (Palo santo) von Bulnesia Sarmienti Lorentz aus Paraguay. — 31) Herr Direktor Dr. Bolau: Grosse Maniokwurzeln aus Westafrika. — 32) Herr Commerzienrath Haensel in Pirna: Ein Stück Champaca-Holz (Bulnesia Sarmienti Lortz.) — 33) Herr Dr. Brick: Pflanzen aus der Umgegend von Hamburg. — 34) Herr L. v. Poeppinghausen: Frische Hepatica triloba und Actaea spicata aus Ratzeburg. — 35) Herr Marth-Wladiwostock: Algen und Tremella aus Ost-Sibirien. — 36) Herr Dr. Eichelbaum: 4 Nr. Pilze aus der sächsischen Schweiz. — 37) Herr Dr. von Raciborski- München: Frische Früchte von Momordica. — u RORKUT Botanisches Museum und Laboratorium für Waarenkunde. 38) G. Fischer, Verlags-Buchhandlung in Jena: Die colorirte Tafel von Dictyophora phalloidea (Schleierdame) aus Brasilien. — 39) Herr Dencker: Tuber Chinae (von Smilax China L.) aus China. — 40) Herr Strebel: Eine Verbänderung von Carlina vulgaris aus Gramsach, Innthal. — 41) Jaluit-Gesellschaft: Parinarium-Früchte und Holz von Ochroma Lagopus Sw. von den Marschallsinsen. — 42) Herr Dr. Eichelbaum 3 Hutpilze (trocken conservirt). — 43) Herr Dencker: Chinarinde und Früchte von Cassia Fistula L. aus Westafrika. — 44) Herr Dr. Eichel- baum: Pilze aus der Umgegend von Hamburg und Harburg. — 45) Herr L. von Poeppinghausen: Agobeam branches (Palmblätter) aus West- afrika. — 46) Herr E. Schuster: Knollen von Helianthus tuberosus. — 47) Herr Dr. Stuhlmann: 2 Früchte von Intsia africana. — 48) Herr J. H. Driehaus: Black wattle bark (von Acacia mollissima) aus Transvaal. — 49) Herr M. Beyle: 2 Fruchtstände von Funkia spec. — 50) Herr Dr. Noack-Alzey: Eschenkrebs (durch Bakterien hervorgerufen) aus dem Öberwald m den Vogelsbergen und vom Donnersberge in der Hardt. — 5l) Frau v. Eicken: Eine eigenthümliche Kartoffelsorte (genannt „Knabbrige Mäuse“), welche in der Umgegend von Mühlheim eultivirt wird. 52) Herr Stobbe: Dünne Holzfourniere, zum Belegen von Cartons. — 53) Herr Oberzollrevisor Schöning: Pistazienkerne. — 54) Herr Jaap: Ein grosses Exemplar von Polyporus squamosus und Exemplare von Daedalea wnicolor. — 55) Herr Dr. Eichelbaum: Einige Pilze aus der Umgegend von Hamburg. — 56) Herr Hardinges: Einen Stamm von Xanthoxylon mit stacheligen Emergenzen aus Manna (Süd- afrika). — 57) Herr Dr. Schober: Eine kleine Coll. Pflanzen aus Tyrol. — 58) Herr Dr. P. Graebner-Berlin: Einen grossen, durch Aecidium magelhanicum erzeugten Hexenbesen von Berberis vulgaris aus Südtyrol. 1. Durch Ankauf fand folgende Vermehrung der Sammlungen statt: 1) J. Bornmüller, Jter persico-tureicum 1892/93 U. Serie, 229 Nr. 2) Ostecentralafrikanische Pflanzen durch ©. Weigel in Leipzig, 500 Nr. — 3) 1 Coll. botanischer Präparate m Alkohol von Dr. V. Schiffner. — 4) 1 Coll. des Exsiceaten-Werkes: Tropische Cultur- und Heilpflanzen von Dr. V. Schiffner. — 5) 18 Nr. tropische Culturpflanzen von Dr. V. Schiffner. — 6) 157 Nr. Phalloideen, einschliesslich Protubera, 1891—93 in Brasilien gesammelt von Dr. A. Moeller. — 7) Uurtiss Second distribution of plants of the Southern United States (Florida). 400 Nr. — 8) 1 Coll. zu Demonstrationszwecken dienende Lichenen. — 9) 1 Coll. Süsswasseralgen in authentischen Exemplaren von Dr. Bornet- Paris und Prof. Flahault-Montpellier. — 10) 1 Coll. Meeresalgen von Californien und Nordwestamerika. — 11) 1 Coll. Meeresalgen von West- australien. — 12) Einige neuere und seltenere Meeresalgen der Ostsee. eh = Botanisches Museum und Laboratorium für Waarenkunde. XXXII 13) 13 Nr. Skelette von Baumfarnen aus Japan. — 14) Romell, Fungi exsicc. praec. scand. Genturie I. — 15) W. Krieger: Fungi saxoniei Fase. 21 und 22. — 16) Getrocknete Exemplare von Odontospermum pygmacum Cass. und Anastatica hierochuntica L. — 17) 7 Tafeln Vegetationsbilder von Schimper. III. Durch Tausch wurden erworben: 1) Vom Königl. Botanischen Museum in Berlin: 18 Nr. Pilze in Alkohol. 2) Vom U. S. Department of Agriculture, Division of Botany, in Washington: 158 Nr. nordamerikanischer Pflanzen von Black Hills, 237 Nr. South-Dakota-Pflanzen, 446 Nr. Ourtiss-Florida-Coll. 3) Von Herrn Dr. Becker-Grahamstown: 57 Nr. Algen. 4) Von Herrn Prof. Dr. P. Magnus in Berlin: 179 Nr. Pilze. 5) Von Herrn Prof. Dr. Palacky-Prag: 57 Nr. Herbarptlanzen aus Griechenland. Tauschverbindungen wurden ausserdem mit dem Kgl. Colonialmuseum in Haarlem und mit dem neuen Museum in Philadelphia angeknüptft. Dagegen wurden im Tausch abgegeben: 1) An das Königl. Botanische Museum in Berlin: 8 Nr. brasilianischer Phalloödeen, 1 Nr. Ascomyceten. 3) Herrn Prof. Dr. P. Magnus in Berlm: 11 Nr. Pilze (namentlich aus Tyrol), 1 Nr. Platycerium alcicorne u. 1 Nr. Protubera Maracuja. 3) An die Königl. Biologischen Anstalt in Helgoland: 30 Nr. Algen. 4) Herrn Dr. Becker-Grahamstown: 60 Nr. Algen. 5) Herrn Geheimrath Prof. Dr. Cohn-Breslau: 27 Nr. Algen. B. Instrumente und Apparate. Die Vermehrung und Ergänzung der Instrumente und Apparate erfolgte durch folgende Anschaffungen: 1) Ein Stativ mit festem Objekttische, Charnier zum Umlegen, grober Einstellung mit Trieb und feiner Einstellung mit Mikrometer- schraube (#4 97,50). 2) Ein System A von Zeiss (#4 24). 3) Ein System D von Zeiss (4 42). 4) 2 Huyghens’sche Okulare von Zeiss (.# 14). 5) Ein System CC von Zeiss (#4 48). 6) Ein Beleuchtungsapparat mit Iris und Iriscylinderblendung (4 41). 7) Ein Polarisator (4 18). 8) Umänderung und Verbesserung eines Spektroskopes (.# 90). 9) Ein Tubus von Zeiss (# 3). 10) Ein Condensor und kleine Irisblende von Zeiss (# 22). Tausch- verkehr. Vermehrung und Ergänzung der Instrumente und Apparate. Anschaffungen durch Kauf. Tausch- verkehr. Geschenke. REXTV Botanisches Museum und Laboratorium für Waarenkunde. 11) 2 Revolver No. 24b des Cataloges von Zeiss (#4 54). 12) Ein System-Kasten für 6 Objektive und 8 Okulare von Zeiss (4 153). 13) Ein Objektiv No. 2 von Hartnack («4 16). 14) Ein Kästchen für 5 Objektive von Hartnack (# 3). 15) 2 Okulare von Hartnack («4 16). 16) 1 Iriscylinderblende (4 15). 17) Ein System B gegen ein System A eingetauscht (# 6). Ü. Bibliothek. Von den bisher gehaltenen Zeitschriften wurde das Archiv für Pharmacie aufgegeben, dagegen wurde auf das Notizblatt des Botanischen Gartens zu Berlin, auf die naturwissenschaftliche Wochenschrift und auf das Kew-Bulletin neu abomnirt. Ausser dem Werke Engler, die Pflanzenwelt Ostafrikas, wurden nur kleinere Broschüren neu angeschafft. Im Tauschverkehr erhielten wir: 1) Hooker, Icones Plantarum. -Vol. I. 4, Vol. I. 1—4, Vol. III. 1—4, Vol. IV. 1—2, Vol. IX. 1—3. 2) M.Gresshoff,Mededeelingen uit’Slands Plantentum, T.X, Batavial893. 3) Bulletin van het Kolonial-Museum te Haarlem. 1894, Maart, Mei, Juli; 1895, Maart, Juli. 4) Kolonial-Museum, Haarlem. Bericht und Führer, 1893. 5) K. W. van Gorkom, Ueber Kaffee. 6) —, über Tabak (5 und 6 in den Arbeiten des Kolonial-Museums zu Haarlem). Geschenke: 1) Die Gesellschaft für Botanik überwies der Biblithek folgende Eingänge: a) Dambergis, Les tabacs et toubekis grecs au point de vue chimique. Athenes 1894. b) Schriften der naturforschenden Gesellschaft zu Danzig, VII, 3 und 4, Danzig 1894. c) Abhandlungen, herausgegeben vom natur wissenschaftlichen Verein zu Bremen, XII, 1 und 2, Bremen 1895; XV, 1, Bremen 1895. d) Anzeiger der Akademie der Wissenschaften in Krakau, Jahrgang 1895. e) H. Conwentz, Beobachtungen über seltene Waldbäume- in Westpreussen, (aus: Abh. zur Landeskunde der Provinz West- preussen), Danzig 1895. f) Rostrup, O., Jahresbericht der Danske Frokontrol, Kopen- hagen 1894. u Botanisches Museum und Laboratorium für Waarenkunde. XXXV g) Jönsson, Bericht der landwirthschaftlichen Versuchsstation zu Lund 1894. h) Smithsonian Report, 1893. 2) Vom United States Department of Agriculture, Experiment Station Record 1894 und 1895. 3) — 10 kleinere Publikationen, Washington 1892/1895. 4) Von Dr. C. Brick, Jahresbericht des Sonderausschusses für Pflanzen- schutz für 1893 und 1894. Berlin 1894 und 1895. 5) Der Direktor überwies die Separata seiner in den Jahresberichten für 1594 und 1895 namhaft gemachten Abhandlungen dem Institut. D. Wissenschaftlieche Arbeiten. Veröffentlicht wurden im Laufe des Berichtsjahres folgende Arbeiten: 1) Brick, C., Bericht über die Fortschritte auf dem Gebiete der forstlichen Botanik im Jahre 1894 (Alle. Forst- und Jagdzeitung 1895). 2) — Repetitorium der Pteridophyten für 1893. (Just’s Botanischer Jahresbericht. Berlin 1895). 3) Reinbold, Th., Glorothamnion Schmitzianum n. sp. (In Hedwigia, Bd. XXXIV, 1895). 4) — Chloropliyceae, Phaeophycecae und Dictyotales in Engler, die Pflanzenwelt Ostafrikas. Berlin 1895. 5) Sadebeck, R., Neue Beobachtungen und kritische Bemerkungen über die Eiroascaceae, Mit 1 Tafel. (Berichte der Deutschen Botanischen Gesellschaft, Berlin). 6) —, Ueber den Bast von Sechium edule (Chou-Chou) und dessen industrielle Verwerthung (Deutsches Kolonialblatt, Berlin). 7) —, Beobachtungen und Bemerkungen über die durch Hemileia vestatrix Berk. verursachte Blatttleckenkrankheit der Kaffeebäume (Forstl.-naturwissenschaftliche Zeitschrift, München). In den Sitzungen der Gesellschaft für Botanik wurden Theile der Sammlungen, namentlich die neuen Erwerbungen demonstrirt und die für die Bibliothek des Museums eingegangene neuere Litteratur ausgelegt und besprochen. Die Betheiligung an den Excursionen und an dem Practicum war dieselbe, wie in früheren Jahren; ausserdem arbeiteten in dem Institut 7 Herren längere oder kürzere ‘Zeit (z. Th. während des ganzen Jahres). Die Vorlesungen des Direktors „über tropische Nutz- und Cultur- pflanzen, ihren Plantagenbetrieb und ihre Erzeugnisse“ wurden von 40—60 Zuhörern besucht, von denen sich 46 eingeschrieben hatten. Im Laufe des Berichtsjahres gelangten an das Institut 273 Anfragen (gegen 164 im Jahre 1894), von denen sich 133 auf tropische Nutz- und Culturpflanzen und ihre Schädlinge, 41 auf Pflanzenkrankheiten in den gemässigteren Ländern und 99 auf die anderen Theile der Botanik bezogen. c' OD Botanisches Museum und Laboratorium für Waarenkunde. In 6 Fällen wendete sich die Kolonial-Abtheilung des auswärtigen Amtes in Berlin — unter Vermittelung Eines Hohen Senates — an den Direktor mit dem Ersuchen um Auskunft über tropische Nutz- und Cultur- pflanzen, insbesondere über Erzeugnisse und Schädlinge derselben. Ausserdem wurde der Direktor in der Frage bez. der Bekämpfungsmittel der Schäd- linge tropischer Nutzpflanzen am 29. Mai zu einer Conferenz im auswärtigen Amte in Berlin hinzugezogen. Betretfs der Thätigkeit der Samencontrolstation wird auf den Separat- bericht verwiesen. Die Revision und Bearbeitung der Algen hat in dankenswerther Weise der bekannte Algenforscher Herr Major a. D. Th. Reinbold über- nommen. In der Vertheilung der anderen wissenschaftlichen Arbeiten ist eine Aenderung nicht eingetreten, Mehr oder weniger umfangreiche Theile der Sammlungen wurden in 85 Fällen an auswärtige Botaniker behufs wissenschaftlicher Arbeiten ausgeliehen; für 6 Vorträge, welche ausserhalb des Museumsgebäudes in Hamburg gehalten wurden, lieferten die Sammlungen des Botanischen Museums das nöthige Demonstrationsmaterial. An Ort und Stelle wurden die Sammlungen und die Bibliothek von Botanikern und Gelehrten, welche dem Institut nicht angehören, täglich benutzt. ” Dritter Bericht über die Thätigkeit der Abtheilung für Sameneontrole. XXXVII Dritter Bericht über die Thätigkeit der Abtheilung für Samencontrole (für die Zeit vom 1. Juli 1894 bis 30. Juni 1895) (IV. Geschäftsjahr) von Dr. A. Voigt. In dem verflossenen Berichtsjahre ') wurden 595 Proben untersucht, es sandten ein 21 Firmen Hamburgs .. 524 Muster 7 ns des übrigen Dantschland KON 2, 2 R Danemarkseee SR: Zur eigenen Information wurden ner 58 e Zusammen . 595 Muster Dieselben vertheilen sich auf die Monate des Jahres 1894. | 1895. | Transporterer 209 Jill, 2 08 DE San ar ee . 89 ENDOUSt. ...u..0- REN EINIG DMEN See Aa ER aeı Mare rer 5 BENTBIDDELZET N. nad. 23, DAL ZA ee ee ee 89 WRIODene ee: teens BI FADTI ee 50 Nioxkennl daR 16 no EURE Ba IM N ee 7 December ......... RER, EN A ee IR RER 8 Proben zur eigenen Information ...... 58 Mransport...... 209 595 Für diese 595 Muster wurden 686 Einzeluntersuchungen beantragt, und zwar vertheilen sich dieselben auf die einzelnen Samenarten, wie umstehende Tabelle zeigt: I) Der Saison des Samenmarktes entsprechend umfasst dieser Bericht gleich denen der anderen Stationen die Zeit von Anfang Juli bis Ende Juni des nächsten Jahres, um so ein einheitliches Bild der auf dem Markt erscheinenden Ernte eines Jahres zu bringen. XXXVOI Dritter Bericht über die Thätigkeit der Abtheilung für Samencontrole. = | Untersucht auf | = 5, 2 en - F E 2|2|%8|85 == SS Samenart Se s|3|3|8139|8> 8° e|2/4)4|81E3|90 = | sl&l®lös Siss SU > 1 aus an Rs 7 1 | Rothklee (Trifolium pratense L.)............ 301 [262] 22| 1520| 14 | 333 % | Weissklee (Trifolium repens L.) ............ 34 |19 —| 5188| — | 4 3 | Bastardklee (Trifolium hybridum L.) ........ 44 | 20|— | 10)26| — | 56 4 | Wundklee (Anthyllis vulneraria L.) ......... 3 1—| 1 2| — 4 5 | Diuzerne (Medicago satwa D.) .......eun..n. 29 |28 | 3 2| — | 3_ 6 | Gelbklee (Medicago lupulina L.) ............ 7 1—|—/16| — 7 7 | Serradella (Ornithopus sativus L.) ........... 8 ı—-I-| 2 8| — | 10 82 Kümmel (Garum Oo TE): 1|—|-|—| 1| — 1 9 | Sesam- od. Gingellysaat (Sesamum indieum DC.) 9gI—|-| 9—| — 9 10 | Canariensaat (Phalaris canariensis L.)....... 3|I|-|1—-| 3 —| — 3 IS ind or(INdigajera) ee 1|1-/—|—| 1 — 1 12 | Engl. Raygras (Lolium perenne L.).......... 5 —-ı 2325| — 7 13 | Italien. Raygras (Lolium: italicum A. Br.).... 4-1 —-| 2% 4 — 6 14 | Franz. Raygras (Arrhenatherum elatius Mert. EURO) Re EEE sIi—|—| 46| — 10 15 | Knaulgras (Dactylis glomerata L.).........:. 29 |— | 1) 20,201 — | 41 16 | Timothee (Phleum pratense L.).........-.... 20 5 —| 6161| — 27 17 | Honiggras (Holeus lanatus L.) .............. 10 | —|— |— 110 — 10 18 | Wiesen -Fuchsschwanz (Alopecurus pratensis L.) 42 |— | —| 14| — 42 19 | Gemeimes Rispengras (Poa trivialis L.)....... 2? I —-|—| 12| — 3 20 | Wiesenrispengras (Poa pratensis L.) ........ NZ 2 — 4 21 | Platthalm-Rispengras (Poa compressa L.)...... 14 |—|— | 4110| — 14 22 | Ackertrespe (Bromus arvensis L.)..........- 1|—|-|—-| 1| — 1 23 ı Weiche Trespe (Bromus mollis L.).......... 1|1—1—i—-! 1— 1 24 | Ruchgras (Anthoxanthum Puelü Lec. et Lam.) 1|—!-!—| 1| — 1 25 | Schafschwingel (Festuca ovina L.)........... 9gı—-—I|—| 2} 9 — | 1 26 | Wiesenschwingel(Festuca pratensis Huds.)...... 6 I-—/|—| 3) 6| — 9 2a a lafers Aventesanna al) lee). | = 1 Summe...... | 595 |335|23 | 95|219| 14 | 686 Es wurden demnach ausgeführt: Feststellungen des Kleeseidegehalts .................... 33D, ” der. Herkunft 1: „naar ae 23. Ermittelungen der. Reinheit. 2 95. ® .. Keimkräft.. se Eee 219. Bestimmungen des Gewichts von 1000 Körmnern.......... 14. 656. u Dritter Bericht über die Thätigkeit der Abtheilune für Sameneontrole. XKXXIX Die Untersuchungen auf Kleeseide gaben die folgenden Resultate: Es wurden gefunden | bei Rothklee Weiss- | Bastard- Luzerne ‚Wund- Gelbklee| Timo: klee klee klee | thee von Proben 262 le 70 28 1 1 5 seidehaltig 155 4 3 21 - —_ _ Ä oder in 0% 59,2 22 15 75 —_ | — — : i I Fr .= ; STE @ gegen das | | MON) + a us || — | — | 6% = I 3 Von den auf Seide geprüften Rothkleemustern enthielten in 100 gr eine Frucht der Kleeseide 19 Proben oder rund .. 7,2 % f z 2 Zar a 0, h weniger wiel Korn ‚, ‚, Nas e ehe ' 19,8 °% 7 3 ® Q USKore 2leE> ” en 80 . mehrswienl,, 0, Aa, n re Be 1D. ) | mehrere Früchte der ,, 23m; RR SE 8.8 \ 39,4 %o Körner u. Früchte ‚, ,, SOME “ Adler, | der auf Seide untersuchten Muster. | Der Höchstgehalt an Seide betrug beim Rothklee ...... .... .4300 Körner in 100 gr Ma Weissklee......e co ; SEE, j „ Schwed. Klee....... : a NT bei der Luzerne. ... ..... Ne: EM: | Hervorgehoben zu werden verdient noch, dass das Vorkommen der Früchte der Kleeseide (sog. Kapselseide) in diesem Jahre für 31% (gegen | 21% im Vorjahre) der auf Seide untersuchten Muster festgestellt wurde. Die Herkunftsanalysen wurden für 20 Proben auf ev. Beimischung | amerikanischer Saat unter europäische ausgeführt und ergaben in 10 Fällen den mehr oder minder sichern Verdacht einer solchen, für 2 Muster war die Feststellung italienischer Provenienz resp. Anmischung verlangt worden. Eine Knaulgrasprobe von angeblich französischer Herkunft zeigte sich auf | Grund der botanischen Analyse ihrer Bestandtheile stark mit neuseeländischer Saat versetzt. XL Für die Reinheit und Keimfähigkeit ergaben Dritter Bericht über die Thätigkeit der Abtheilung für Sameneontrole. sich in der jerichtszeit die auf nachstehender Tabelle zusammengestellten Minimal-, Maximal- und Mittelwerthe. G & Reinheit Keimkraft ne a Br Samenart -2| 8 | g | al” Me = 2 Rein- | Keim- - = Se ee lea ® E 3 heit | kraft Sale al = =: 32 El 2 a| a ae r = : ee 15 | 93,2| 98,4| 96,7 | 20 |63+37| 97+3 | 90,5+7| 98,5 |s0+8,5| —ı,8| +0,5 Weissklee........ 5| 88,7 | 98,35! 93,2| 13 |72+19 92-7 |s4+11 | 96,4 | 76+22| —3,3| +8 Bastardklee ...... 10 | 95,45| 98,75| 96,5 | 26 |70-+30| s6+3|s5t11 | 9ı | 83+tı11] +5,5| +aı Wundklee......| ı| — | — |906| 2| 12 | 18.F4119,5-20| er,ı |e5459]| ao Gelbklee ........ | — | — | — | 6|83-12) 98-+1| s8+8 |87,1*%)| 4648 | — | +42 Luzerne .........| 3|96,85] 98,5 | 97.9| 2 97+13), 99 |95-+1,5 |98,25*)|76-+23*)| —0,35)| +22 Serradella........ 2| 93 |94,9593,98| 8| 51 oo | = |908! 6 (+3,18 +14 Kümmel........ | —- | — | _ l - - 0 gIaT 81,5 —_ — Indisopeser -—|-|- | -— 1| — — 135450 | — = _ Canariensaat.. ...| 3| 93,7| 95,9| 94,5 | — _ —_ _ 94,6 —_ -0,1| — SER N 9| 9957| 98a mıl | — & ee Engl. Raygras ... 2, 97,4 |98,5397,96 | 5 35 92 59 9545| 88,5 |-+2,51) +0,5 Ital. Raygras......| 83] 96,9199,18| 984| 4) 9 86 s3 1 93,8*) | 69,9%) | +5,04 413,1 Franz. Raygras . 4|77,12| 95,4| 85,5] 6| 50 89 66 193,8*) 32 —8,5| +34 Knaulgras........| 20| 51,3 | 93,8 | 75,6| 20| 65 91 vu 2 ee Timothee . .. ...| 6|95,25| 97,31 96,6| ı6| 51 | 9a | 83 | ssı| "vı [-15| +12 Honiggras..... — | | || 80 67 54*) i6 _ —9 Fuchsschwanz ..:.[ 1) — | — | 60,3] 41 0 90 38 80*) 37 |—198 +1 Wiesenrispengras .| 2| 89,2 89,35 89,28] 2| 60 63 61,5 | 94,5 32 | —5,22| +29,5 Platthalm - Rispen- EEG te Ge 4| 84,2| 91,1) 837,4] 10| 72 93 87 _ 86 _ +1 Gemeines Rispen- ra 10% — [9B:5B1 21% 80 55 | A = ee Schafschwingel ...| 2165,05! 74,7 69,881 9| 79 94 33 177,9*) 75 | —8,02! 13 Wiesenschwingel..| 3[95,35) 97 | 96,51 6 3 99 79,5 | 96,55] 98,5 | —0,05| —19,2 Geruchgras....... —| — —_—| — 1 _ En sb 70*) 36 — | +50 Ackertrespe ...... —| — - — 1 _ _ 96 _ 73 = +23 Weiche Trespe ...| — | — _ _ 1 _ — 32 —_ = 2 En Hafer re: —|| — — — 1 ws ar s0 == er Et: En *) Mittel der Jahre 1891— 93. Dritter Bericht über die Thätigkeit der Abtheilung für Samencontrole. REIT Unter den Kleearten zeigte von den zur Untersuchung gelangten Mustern vornehmlich der Schwedische Klee eine nicht unbeträchtliche Aufbesserung in der Reinheit; für die Keimfähigkeit ist das Zurückgehen der harten Körner beim Weissklee von 22 auf 11 und bei der Luzerne von 23 auf 1,5 im Durchschnitt besonders erwähnenswerth. Der Procentgehalt an harten Körnern betrug: beim im Maximum im Minimum im Mittel gegen 1893/94 Rothklee ByI 3 1 — 15 Schwedklee 30 3 11 + 0 Weissklee 19 7 11 — 11 Serradella ergab mit Ausnahme einer Probe, die nur 51 % Keim- fähigkeit erzielte, gute Keimprocente, die Hälfte der untersuchten Muster keimte zwischen 80 und 90 ®o. Die Indigosaat war für tropische Kulturversuche bestimmt, zeigte aber das wenig erfreuliche Resultat von rund 50° harten Körnern, 25 % keimten, der Rest faulte. Die Reinheit der Sesamsaaten hob sich im Durchschnitt um 0,9 ®». Für Knaulgräser und Französische Raygräser französischer Provenienz wurde die von Zürich eimgeführte Untersuchungsmethode angenommen; der Durchschnitt der vorgenommenen Analysen ergab folgende Zusammensetzung: 1. Französische Knaulgräser: reneeSaater ee 0A Wiesenschwingel ........ 16,0 „ | gute Gräser französisches Raygras.. . 0,7, 078.1.%0 Goldhafer, Poa....... 11408, IBrESDen. Alert, 0,8, Engl. Raygras, Honiggras 6,5 „ Unkranterse re ER SDLEUMI ER Au ee 1254 100. Der starke Gehalt eines Musters an Englischem Raygras (17,6%) hat den Durchschnittsgehalt an Wiesenschwingel und somit auch den Procent- satz guter Gräser für dieses Jahr nicht unerheblich herabgedrückt. Die durchschnittliche Reinheit neuseeländischer Knaulgräser berechnet sich auf 79,8%. ö ABI Dritter Bericht über die Thätigkeit der Abtheilung für Samencontrole. Französische Raygräser (Fromental) RENERSAA I 78,4 IKuauleeasane re il) | gute Gräser Wiesenschwingel .......... N 82,6 Boa, @oldhafer.r ze. ner 1058 Trespenwtuti A 6 Engl. Raygras, Honiggras.. 2,4 Unkräutere re 0,2 SPrREUCR Pe. 8.6 Sand... eu sen et 0,1 100,0 Wiesenfuchsschwanz kam in 41 Mustern auf Keimkraft zur Untersuchung. Einige Proben, die überhaupt nicht keimten, sind die Ursache des niedrigen Durchschnitts von 38%. Mehrere Proben waren in starkem Procentsatz von Cecidomyia befallen. Die Gewichtsbestimmungen ergaben für den Rothklee im Maximum 2,126 gr. für 1000 Körner gegen 2,091 in 1893/94 im Minimum 1,730 „ ,„ ei “ 520: r im Mittel Een 5 n ol cr R Wie schon im vorjährigen Berichte Erwähnung fand, ist die Abtheilung nunmehr auch im Besitz des für die nothwendigen Kulturversuche erforder- lichen freien Landes. Allerdings konnten dieselben wegen später Fertie- stellung der Erdarbeiten nach dem Umzuge (Ende Mai) noch nicht in dem Umfange angestellt werden, wie dies wünschenswerth ist. Zu Belehrungszwecken wurden die gebräuchlicheren Klee- und Gras- arten auf ca. 12 [m grossen Parzellen angebaut. Besondere Anbauversuche wurden vorgenommen mit (Carthamus tinctorius, Lespedeza striata, Poa arachnifera „Texas blue grass“, Euehlaena mexicana Schrad. (luxurians D. et Asch.), „Teosinte“ Sesamum indicum, sowie mit den verschiedensten für amerikanische Herkunft von Rotlıklee- saaten characteristischen Unkräutern. Hervorgehoben sei, dass sich für Lespedeza striata die schon viel- seitig bestätigte Erfolglosigkeit des Anbaus in unseren Breiten ebenfalls herausstellte. Auch die Unkräuter aus amerikanischem Rothklee gelangten im freien Lande nur ganz vereinzelt zur Entwickelung. Zur nachträglichen Prüfung der Untersuchungen auf Provenienz wurden 30 Rothkleemuster auf 2 [Jm grossen Parzellen angesät. In allen Fällen, in denen der Verdacht auf amerikanische Beimischung ausgesprochen war, bestätigte der Anbauversuch das Laboratoriumsresultat. Dritter Bericht über die Thätigkeit der Abtheilung für Sameneontrole. XLII 4 Muster, deren botanische Analyse keinen Anhalt für fremde Beimischungen bot, zeigten dennoch angebaut zur Hälfte stark behaarte Pflanzen. Eine Luzerne, deren Probe zur Begutachtung über den Ausfall des Blühens vorlag, bestätigte cultivirt die Vermuthung des Blaublühens. Seinen diesjährigen Sommerurlaub benutzte der Leiter der Abtheilung „um die Kopenhagener Controlstation eingehend zu besichtigen. a ee, LE 2a na Museums- Kommission. Personal, Bibliothek. XLIV Naturhistorisches Museum. ‘. Naturhistorisches Museum. Bericht des Direktors Professor Dr. Kraepelin. Den Vorsitz in der Commission für das Naturhistorische Museum führte, wie im Vorjahre, Herr Syndiecus Dr. von Melle. Im Uebrigen bestand die Commission aus den Herren Direktor Dr. H. Bolau, Dr. jur. O0. Dehm, G. H. Martens, Dr. med. W. Oehrens, Dr. H. Traun und dem Direktor. Im Personal der Museumsbeamten sind grössere Veränderungen nicht vorgekommen. Der wissenschaftliche Hülfsarbeiter Herr Dr. Bohls verliess uns Ende Juni, um eine neue Forschungsreise nach Paraguay zu unter- nehmen. — Wie im Vorjahre war Herr Dr. O, Schmiedeknecht-Blankenburg mit der Bestimmung weiterer Abteilungen unserer Hymenopterensammlung beauftragt. Durch freiwillige Hülfsarbeit erfreuten uns die Herren @. H. Martens und Dr. @. Duncker. Die Bibliothek des Museums hat im Laufe des Jahres um 949 Nummern zugenommen, von denen 328 durch Kauf, 624 durch Tausch oder Geschenk erworben wurden. Der Wert der gekauften Bücher beziffert sich auf rund ‚4 2530.—, wovon ein grosser Teil für laufende Zeitschriften und Lieferungswerke verausgabt werden mußte. Der Wert der durch Tausch oder Geschenk erhaltenen Werke beträgt # 4212.—. Unter den Geschenken ist ein vollständiger Satz der „Rösultats des Campagnes scientifiques“ von Sr. Hoheit dem Fürsten Albert I. von Monaco als besonders wertvoll hervorzuheben. Ein Schriftenaustausch ist neu vereinbart mit dem Museum zu Rio de Janeiro, dem Museum Paraäönse zu Para, dem Mus6e d’Histoire naturelle in Genf, dem Museum in Tring, dem American Museum in New York, dem Deutschen Seefischerei- Verein m Hannover, der Kgl. Gesellschaft der Wissenschaften in Berlin, der Royal Society in Edinburgh, der Kongel. norske Videnskabernes Selbskab in Throndhjem, der Academy of Sciences in San Francisco, der South African Philosophical Society in Capetown, der Societ& Linnegenne du Nord de la France in Amiens, der Societe Royale Linneenne de Bruxelles, der Societe des Sciences naturelles de l’Ouest de la France in Nantes, der Societä dei Naturaliste di Modena, dem Institut Naturhistorisches Museum. XLV of Jamaica in Kingston, der Marine Biological Association in Plymouth. — Die Senckenbergische Naturforschende Gesell- schaft in Frankfurt a. M. hat für die Zukunft auch die Zusendung ihrer Abhandlungen zugesagt. Ausser der üblichen Ergänzung an anatomischen Instrumenten, Werk- zeugen und Lupen wurden 2 neue Demonstrationsmikroskope mit rotierender Scheibe für die Besucher der Schausammlung, sowie 2 gewöhnliche Demonstrationsmikroskope angeschafft. In der Zoologischen Abteilung ist ein Gesamtzuwachs von 15411 Nummern in etwa 46 200 Exemplaren zu verzeichnen. Der weitaus grössere Teil — 12 855 Nummern in rund 38900 Exemplaren — ist dem Museum als Geschenk im Werte von mehr als 4 15 000 zugegangen. 2198 Nummern wurden durch Kauf, 555 durch Tausch erworben. Der Gesamtwert der Zoologischen Emgänge beziffert sich auf nahezu «4 20 000. Auf die einzelnen Abteilungen verteilt sich der Zuwachs in folgender Weise: eSauzetieree ran... 124 Nummern, 170 Exemplare 2. Vögel, Nester etc. .... 135 R 146 r 3. Reptilien, Amphibien .. 258 & 506 r ABOENSCHEWE neue. 190 n 607 „ 5. Mollusken ....... al, ıL 13 287 hs belnsekvenken. er on. 10 373 55 26 870 ” TDSDINN ET en. 525 r 1 622 8. Myriopoden.......... 99 = 403 z GEE@rustaceene rn. 17.2 n 480 ” 10. Würmer, Molluscoiden. 301 = 1 820 N 11. Echinodermen ..... 46 eo 120 Mi 12. Coelenteraten ........ 71 n 169 ; 15 411 Nummern, 46 200 Exemplare. Von größeren Ankäufen seien erwähnt die Doubletten der Säugetiere, Mollusken, Insekten (z. Teil), Crustaceen der Fea’schen Sammlungen aus Birma, Fische und Orthopteren der Bohls’schen Reiseausbeute aus Paraguay, 28 Kästen insektenbiologischer Präparate (meist Gallimsekten und deren Erzeugnisse) von ©. Rübsaamen-Berlin, eine Sammlung einheimischer Hyme- nopteren von Dr. A. Brauns, ferner verschiedene Colleetionen von Reptilien, Örthopteren, Mollusken, Brasilianischen Insecten etc. Aus der Zahl der durch Tausch erworbenen Objekte ist namentlich eine Collection Reptilien aus dem Museum zu Frankfurt a. M. und eine Reihe von Tiefsee-Echinodermen aus dem Museum zu Lyon hervorzuheben. Unter den Geschenken sind in erster Linie zwei größere Sammlungen namhaft zu machen, nämlich eine 2 700 Nummern umfassende Mollusken- Instrumente. Vermehrung der Sammlungen, XLVI Naturhistorisches Museum. sammlung aus dem Nachlasse des Herrn F. Filby und die etwa 5 000 Arten in mehr als 12000 Exemplaren zählende Käfersammlung des Herrn Architekt R. Stuhlmann, die namentlich durch ihren Reichtum an seltenen Exoten bemerkenswert ist. Aus der Fülle der sonstigen Geschenke, für welche in den Tages- blättern bereits der gebührende Dank abgestattet wurde, mögen wenigstens die wichtigsten hier kurz erwähnt werden: Von Herrn Max Augustin 5 Affenschädel, verschiedene Schlangen, 111 Insekten etc. aus Bolivien; von Herrn Kapitän P. P. Bendixen Krokodil, Haifisch und Krebs von der Ostküste Madagaskars; von Herrn Kapitän von Binzer Sammelausbeute seiner Reise nach Hongkong und Tokyo; von Sr. Durchlaucht dem Fürsten von Bismarck 6 junge Wild- schweime aus dem Sachsenwalde; von Herrn Ingenieur Ch. Bock Korallen und Muscheln von Mona b. Portorico; von Herrn Dr. H. Brauns eine Sammlung von Haartflügel-Käfern (Triehopterygiden) in S0O0 Exemplaren, zahlreiche einheimische Insekten, Spinnen ete.; von Herrn W. Burchard wertvolle und reiche Sammelausbeute vom Toba-Meer, Sumatra; von Herrn Dr. MY. von Brunn 170 Libellen von Ceylon, einheimische Insekten und biologische Präparate; von Herrn €. Callwood zwei interessante Sammel- ausbeuten von St. Thomas; von Herrn Dr. Delphin Würmer und 250 Käfer von Chile; von Herrn €. Dittmer 116 japanische Schmetterlinge; von Herrn F. Dömmling einheimische Spinnen, Myriopoden und Insekten; von Herrn J. Ehlers desgleichen; von Herrn 4A. Fockelmann Krebse und Echeneis sp. von Amerika; von Herrn P. Frey Sammelausbeute von Nossibe bei Madagaskar; von Herrn HZ. Freyschmidt 128 Insekten und Tanagra aus Südbrasilien; von Herrn Z. Graeser 113 Schmetterlinge von den Liukiu-Inseln, einheimische Gliederfüßer; von Herrn Professor Dr. L. von Graf eine Anzahl Regenwürmer von Java; von Herrn Maschinist H. Groth verschiedene Wespen- und Termitenbauten aus Brasilien; von Herrn €. Hagenbeck Känguruh und Muntjak; von Herrn Dr. H. J. Hansen Dänische Phalangiden und Chernetiden; von Herrn €. @. de Haseth zahl- reiche Wabenkröten aus Guyana, 2 werthvolle Sammelausbeuten -von Curacao; von Hermm Dr. Hönneberg 57 ausgeblasene Raupen einheimischer Kleinschmetterlinge, Spinnen, Reptilien, Fische; von Frau W. Hinze Spinnen, Tausendfüße und Insekten aus dem Riesengebirge; von Herrn ©. A. Hoöft Säugetiere, Nester, Spinnen, Tausendfüße, Insekten ete. aus der Umgegend; von Herrn .J. Horstmann 3 Fische aus dem atlantischen Ozean; von Herrn H. Kalbe S5 einheimische Schlupfwespen und Schmarotzerfliegen; von Herrn W. Kedenburg Landschnecken und Schlange von der Insel Banguey nördl. Borneo; von Herrn Fr. Koch Schlange, Termiten und 50 andere Insekten von Ceylon; von Herrn }Y. Koltze Enchytraeiden, Asseln, Tausendfüße und zahlreiche einheimische Insekten; von Herrn Professor E. Kraepelin Naturhistorisches Museum. XLVII 180 Insekten, Myriopoden etc. von Korfu und Griechenland; von Herrn Professor X. Kraepelin Sammelausbeute aus der Schweiz; von Herrn Professor A. Krause 40 Mollusken von den canarischen Inseln; von Herrn Stabsarzt Dr. Krause 20 Skorpione von Samoa; von Herrn Kapitän Krech Sammelausbeute seiner Reise nach Westindien; von Herrn Professor W. Kükenthal Lumbrieiden von den Sundainseln, 80 Hydroiden von Spitz- bergen; von Herrn Oberförster Lange einheimische Käfer, Larven, Fraß- stücke und Insektennester; von Herrn 7. Lenz Spinnen, Insekten ete. von Kobe in Japan; von Herım L. Levisohn 30 Käfer von Portland, Oregon; von Herrn Schiffsoffizier May niedere Seetiere von Mexico und Chile; von Herrn Ingenieur J. Metz 115 Insekten von Santos; von Herrn John 4. Meyer ein Thunfischskelett; von Herın Werner Meyer ein sehr schöner Wespenbau von Rio; von Herrn Dr. $. Möller Sammelausbeute seiner Reise nach Delagoabay; von Herrn R. Nelles Eidechsen und Insecten von Mexico und den Salomons-Inseln; von Herrn Schiffsoffizier A. Nepperschmidt wert- volle Ausbeuten seiner Reise nach Westindien; von Herrn .‚J. Nibbe 3 grosse einheimische Fische; von Herrn 9. O’Swald zahlreiche Reptilien, Amphibien, Süßwasserfische, Insekten ete. von Tamatave und aus dem Innern Mada- gaskars; von Herrn Max Oswald Sammelausbeute von Nossibe bei Madagaskar; von Herrn Schifisarzt Dr. J. Pfeffer Sammelausbeute seiner Reise nach Westafrika; von Herrn Professor Philippi seltene Languste (Palinurus frontalis) von Chile; von Herrn Obermaschinisten Phins 6 Schlangen von Venezuela; von Herrn Kapitän €. Pöhl Sammelausbeute einer Reise nach den Azoren; von Herrn Dr. Reincke Sammelausbeute seines zwei- jährigen Aufenthaltes auf Samoa; von Herrn ©. Rodig 7 wertvolle mikros- kopische Präparate; von Frau M. Rubini 2 Alpenhasen; von Herrn Dr. W. Runge Eidechsen, Schlangen und Termiten aus Ostafrika; von Herrn A. Sauber zahlreiche einheimische Microlepidopteren, Hymenopteren und andere Insekten, Spinnen und Tausendfüsse; von Herrn Dr. Z. Schütt Insekten und niedere Tiere von Paestum und Capri; von Herr €. Schulz eim- heimische Insekten, Spinnen und Tausendfüsse; von Herrn @. Semper 57 Präparate von Schmetterlingsflügeln; von Frau (€. W. Siemssen 30 Heuschrecken und verschiedene Regenwürmer von Nebraska; von Herrn Ingenieur Sonntag 308 Insekten aus Ostafrika; von Herrn A, Speyer verschiedene biologische Präparate; von Herru J. Z. Statıam Mollusken von Helgoland; von Fräulein W. Stehle exotische Stubenvögel und zahlreiche Eier derselben; von Herrn E. Stender exotische Reptilien, einheimische Spinnen, Myriopoden und Insekten; von Herrn H. Sfrebel 11 Vogel- bälge aus Guatemala; von Herrn Schiffsoffizier P, Strussenberg Sammel- ausbeute seiner Reise nach der Westküste Südamerikas; von Herrn Fr. Stuck äusserst reichhaltige und wertvolle Sammelausbeute (über 2000 Exemplare) von Bendjermasin, S. O. Borneo; von Herrn KR. Tunere 392 Insekten von Mineralogische Sammlung. Inventar. XLVII Naturhistorisches Museum. Issyk-Kul, Centralasien; von Herrn Max Thiel Reptilien, Amphibien, Fische, Krebse, Würmer und 500 Insekten etc. von Matupi, Neu-Britannien; von Herrn Dr. R. Timm 55 mikroskopische Präparate von Copepoden, zahlreiche Würmer, Bammelausbeute vom Gardasee; von Herrn Dr. H. Traun Reptilien, Amphibien, Insekten und Tausendfüsse von Bissao, Portg. Guinea; von Herrn E. Ulex Vogelnester aus Costarica; von Herrn W. Weimar zwei sehr schöne Korallen, eine Anzahl Reptilien von Ostafrika; von Herrn Inspektor Wichmann Schmetterlinge von Klein-Batanga; von Herrn Ernesto Witt eine Anzahl seltener und z. T. neuer Arten verschiedener Klassen von Loja, Ecuador; von Herren Moltereck und Robertson ein grosser Schädel vom Entenwal; von der Zoologischen Gesellschaft durch Herrn Direktor Dr. Dolau 40 Säugetiere, 45 Vögel, 12 Reptilien, 1 Fisch, verschiedene Eier von Vögeln, Krebse, Federlinge und Eingeweidewürmer. Die Mineralogische Abteilung weist einen Gesamtzuwachs von 2463 Nummern auf, von denen 416 gekauft, 102 gesammelt, 1945 geschenkt wurden. Der Wert dieser Zugänge beziffert sich auf # 3504.—, von denen „4 2483.— auf die Geschenke entfallen. In der Reihe der Geschenke nimmt das reiche Material, welches Herr Otto Semper im Laufe des Jahres zur Ergänzung der „Collection Semper“ in Italien sammelte 1023 Nummern im Werte von etwa #4 1100 — die erste Stelle ein. Von sonstigen Geschenken seien hervorgehoben: Von Herren Boldt und Vogel Proben aus Tiefbohrungen von Elmshorn und Schwartau; von Herrn Ch. Buhbe 25 z. T. seltene Geschiebe; von Herrn @. B. Diercks-Pisagua zahlreiche Salpeterproben von Tarapaca; von Herrn Dr. Hansen-Lägerdorf seltene Kreideversteinerungen; von Herrn Dr. Königs- Crefeld 60 Versteinerungen aus dem dortigen Oberoligoeän; von Herrn Direktor Lange-Reinbeck einige 30 Cetaceen-Wirbel, sowie Rippen aus dem dortigen Miocän; von Herrn Sachar Sachs-Jelabuga 9 Mammuthzähne und -knochen aus dem Ischim; von Herrn Pastor Schroeder-Itzehoe 50 erlesene Versteinerungen von Itzehoe und Lägerdorf; von Herrn J. H. Statham seine reiche Sammlung (146 Arten in mehr als S00 Exemplaren) fossiler Seeisel; von Herrn € Stelling eine grössere Anzahl von Mineralien aus Missouri; von Herrn Dr. Struck-Lübeck einige seltene Geschiebe von Travemünde; von Herrn P. Trummer 33 seltene hiesige Geschiebe sowie zahlreiche Versteinerungen aus dem Miocän von Langenfelde; von Herrn Erwin Ulex-Port Limon ein Toxodonschädel aus Costarica. Die Vermehrung der Sammlung ist zum Zwecke der Feuerversicherung wie folst geschätzt: 1. Zoologische Sammlung ............ Wert #4 18 831,— 2. Mineralogische Sammlung ......... 02,304, — 3. Bibliothek Bert 2». »..6742,— 4. Instrumente, sonstiges Inventar 527, — HEaMobIharE er. ee a Naturhistorisches Museum. XLIX Die Zahl der. Besucher des Museums während der einzelnen Monate des Berichterstattungsjahres ergiebt sich aus folgender Übersicht: Januar 7744 Personen Juli 9735 Personen Februar 6 185 5 August 10 285 ” März 11 255 1 September 10 000 2 April 18 690 R Oktober 117225 “ Mai 5735 % November 9 960 5 Juni 15 205 n Dezember 7 950 “ Summe 123 944 Personen Von 64 auswärtigen Gelehrten, welche im Laufe des Jahres das Museum besuchten, benutzten 15 die Sammlungen zu besonderen Studien- zwecken, studierten. Der hiesigen Gewerbeschule wurde, wie früher, an Sonntagen die Benutzung des klemen Hörsaales und der Museumsobjekte für den Zeichen- unterricht gestattet. Verschiedene Maler erhielten die Erlaubnis geeignete Objekte des Museums zu ihren Studien zu verwerten. Von zahlreichen einheimischen Gelehrten wurde die Bibliothek zu Rate gezogen. Drei hiesige Herren benutzten Arbeitsplätze des Museums für längere Zeit zu zoologischen oder anatomischen Studien. yährend 4 andere vorwiegend die Einrichtungen des Museums Außerdem sind die Hörsäle — abgesehen von den gesetzlichen Vorlesungen der Beamten — dem Naturwissenschaftlichen Verein für seine allgemeinen und Gruppensitzungen, sowie dem Hamburger Bezirksverein der deutschen Gesellschaft für angewandte Chemie für seine wissenschaftlichen Sitzungen unentgeltlich zur Verfügung gestellt. Eine Benutzung seitens anderer Körperschaften geschah zu verschiedenen Malen unter Zugrundelegsung des für die Dar- leihung der Hörsäle seitens der Oberschulbehörde festgesetzten Tarifs. Den Herren Dr. Graf Attems-Wien, Stadtbaurat Becker - Liegnitz, W. Boesenberg-Pforzheim, Oberlehrer Breddin-Magdeburg, Dr. Giglio-Toss- Turin, Dr. Hansen-Kopenhagen, Professor Helgendorf-Berlin, Dr. Jordan- San Francisco, Dr. Z. Koch-Nürnberg, Dr. Krauss- Tübingen, Professor Kulezynsky-Krakau, Professor de Man-Jerseke, Custos P. Matschie - Berlin, Professor @eo. Mivart-London, Dr. Roemer-Jena, ©. Rübsaamen - Berlin, Dr. Soerensen-Kopenhagen, Dr. Tornier-Berlin, Dr. Zenneck-Straßburg wie dem Britischen oder zu Museum wurden Sammlungsteile zur Bestimmung wissenschaftlichen Arbeiten Viele bereits wieder an das Museum zurück gelangt; ebenso die bereits im Vorjahre abgegangenen Sendungen von Herrn Professor Latzel-Klagenfurt, Dr. Lenz-Lübeck und Professor Spengel-Gießen. übersandt. derselben sind Boesenberg - Pforzheim, Zur Bestimmung oder zum Vergleich ging dem hiesigen Museum Material en von den Museen zu Berlin, Breslau, Frankfurt a/M., Fi I d Benutzung des Museunis Verkehr mit fremden Instituten und Gelehrten. Arbeiten im Museum. 1% Naturhistorisches Museum. Göttingen, Kiel, Kopenhagen, Lübeck, München, St. Peters- burg, Stockholm, Stuttgart, Upsala, vom Deutschen Fischerei- verein, sowie von den Herren Dr Vanhoeffen-Kiel, Dr. L. Koch-Nürnberg, Professor Kükenthal-Jena, Pfarrer Schmitz-Funchal. Im Tauschverkehr standen wir mit den Museen zu Lyon, Lübeck und Frankfurt a/M. Wissenschaftliches Material wurde Herrn Professor H. Verchow-Berlin zur Untersuchung überlassen. Doubletten wurden abgegeben an verschiedene hiesige Schulen. Einen ausgedehnten Briefwechsel erforderte die Gewinnung von Mit- arbeitern für die Bearbeitung des durch die Hamburger Magal- haensische Sammelreise gewonnenen wissenschaftlichen Materials, deren Redaktion den Beamten des Museums seitens des Comite übertragen wurde. Bis jetzt haben etwa 35 Herren die Bearbeitung eimzelner Teile der Sammelausbeute zugesagt und das betreffende Material größtenteils bereits in Empfang genommen. Sammelkisten sind neu ausgegeben an die Herren M. Augustin- Iquitos, Oh. Bock-Tunis, ©. Callwood-St. Thomas, Inspektor Zggert-St. Thomas, P. Frey-Nossibe, H. O’Swald-Tamatave, Dr. von Ohlendorff- Chinchas- inseln, Kapitän Pöhl-Azoren, ©. Prencke-Potosi, Dr. Rauch-Port au Prince, O. Puttfarcken-Sumatra, Waldemar Scholz-Manaos, E. Siemssen-Sumatra, Schreckenbach-Bissao, H. Soyaux-Bom Retiro, Fr. Suck-S. O. Borneo, Max Thiel-Matupi, Erwin Ulex-Port Limon, wie an die Herren Kapitäne, Schiffsoffiziere und Schiffsärzte Dr. Gassmann, Kpt. Krech, Dr. Möller, M. Oswald, R. Paessler, W. Staben, Dr. Wichmann. In der Schausammlung gelangten zunächst zwei weitere Demonstrationsmikroskope mit rotierender Scheibe und je 12 Präparaten zur Aufstellung, welche den histiologischen Bau des Wirbeltierkörpers veranschaulichen sollen. Fertige Skizzen der einzelnen Präparate, seitlich daneben angebracht, dienen zur näheren Erläuterung. Die Sammlung der Säugetiere ist durch 40, der ausgestopften Vögel um 13, der Skelette um 12 vermehrt worden. Ein neuer Schauschrank wurde für Schädel, Fledermäuse und Insektivoren eingerichtet, eine Gruppe von Halbaffen durch eine Orang-Utangruppe (Männchen, Weibchen, 2 Junge) in möglichst naturgetreuer Umgebung ersetzt. In der Abteilung der Vögel ist die geographische Verbreitung der Vogelfamilien durch Aufstellung von etwa 100 geographischen Kärtchen zur Anschauung gebracht. Die Nester der Haus- und der Dorfschwalbe, ferner eine Gruppe von Riesenschlangen gelangten zur Aufstellung. In der allgemeinen Typensammlung der Tiere konnten die geschriebenen Etiketten fast durchweg durch gedruckte ersetzt werden; auch wurde dieselbe allgemein mit gedruckten Charakteristiken der Typen, Klassen und Ordnungeu zur Belehrung des Publikums versehen. Etwa 30 biologische Präparate, zahlreiche anatomische und systematische Naturhistorisches Museum. LI Ergänzungen sind der Schausammlung einverleibt, etwa 100 Präparate neu montiert. Von einheimischen Tieren sind namentlich die Klassen der Spinnen und Tausendfüße in einer Reihe von Repräsentanten zur An- schauung gebracht, während die Aufstellung der etwa 2000 Arten um- fassenden Hymenopterenfauna des Niederelbgebietes noch nicht völlig abgeschlossen werden konnte. — Der „Führer durch das Museum“ erschien im September des Jahres in 4. Auflage. An Etiketten, Karten und Formularen wurden im Ganzen 142257 Exemplare im Laufe des Jahres hergestellt. In der Wissenschaftlichen Hauptsammlung ist die Sammlung der menschlichen Skelette und Schädel (120 Nummern) neu geordnet und katalogisiert, ebenso die Sammlung der Affen (104 Spezies in 187 Exemplaren), der Affenskelette und -schädel (256 Nummern), womit eine Revision der Bestimmungen dieser Gruppen verbunden war. In der Vogelsammlung wurden die Familien der Rallen und Kraniche (244 Exemplare) auf Grund des XXIII. Bandes des Britischen Kataloges neu durchbestimmt und katalogisiert; ebenso 139 Nummern Eingänge. Die Eiersammlung ist durchgehends in ihren Bestimmungen revidirt worden. Von niederen Wirbeltieren — Reptilien, Amphibien, Fischen — sind 473 Nummern neu bestimmt, katalogisiert und der Hauptsammlung eingeordnet. Zur Benutzung der 9 Bände des Britischen Reptilien- und Amphibienkataloges wurde ein faunistischer Schlüssel gefertigt, ebenso ein vollständiges Verzeichnis der Litteratur über afrikanische Süsswasserfische. Die Familie der Syngnathiden erfuhr eine Revision ihrer Bestimmungen. In der Molluskensammlung ist mit der Reinigung, Sichtung und vorläufigen Ordnung der großen Conchylieneingänge der letzten Jahre, welche 8 Schränke füllen, der erste Anfang gemacht. Der Inhalt von 60 Schubladen wurden geremigt, z. T. in Glastuben gesetzt und mit neuen Fundortsetiketten versehen, die Muriciden, Purpuraceen, Buceiniden und Nassiden geordnet, 200 Nummern in die Hauptsammlung eingereiht. Die Sammlung der oegopsiden Tintenfische ist gleichzeitig mit der Bearbeitung des Materiales der Planktonexpedition einer eingehenden Revision unterzogen. In der Entomologischen Abteilung sind weitere 61 Schiebladen mit Lepidopteren in die Normalaufstellung gebracht, und durch Einordnung sämmtlicher Vorräthe — mehrere Tausend Nummern — unter gleich- zeitiger Anbringung von Individuenetiketten die Ordnung dieser Tiergruppe bis auf die noch ausstehende Katalogisierung nach vierjähriger Arbeit zum vorläufigen Abschluß gebracht. Die Doubletten der Schmetterlinge — 44 Kästen — wurden in einer besonderen Collection zusammengestellt. Neu gespießt und gespannt wurden 6250 Insekten. Aus der Gruppe der Orthopteren sind die Forfieuliden, Blattiden und Mantiden — insgesammt ar LI Naturhistorisches Museum. 72 Schiebladen — in die Normalaufstellung gebracht. In der Hymenopteren- sammlung und ebenso in der Rhynchotensammlung, welche bisher der Hauptsache nach aus völlig ungeordneten und unbestimmten Eingängen bestanden, sind umfangreiche Vorarbeiten bezüglich Reinigung und Gruppierung nach Familien vorgenommen, auch die Formen der heimischen Fauna herausgezogen und für die Schausammlung systematisch zusammen- gestellt. Von Tausendfüßen wurden 200 Nummern bis zur Gattung bestimmt, etikettiert und in die Hauptsammlung eingereiht, von Spinnen 140 einheimische und zahlreiche exotische bestimmt, ebenso die Neu- eingänge an Skorpionen, Phryniden und Thelyphoniden. Die Gesammt- sammlung der über 4000 Nummern umfassenden Spinnensammlung wurde nach Simons Histoire naturelle des Araignees II. Edit. geordnet. Die Eingänge an Krebsen und Echinodermen — 218 Nummern — sind durchgehends bestimmt und in die Sammlung eingeordnet. Des Ferneren ist das gesammte Material an Echiniden und Asteriden — 1980 Num- mern — zugleich mit den Ausbeuten Stuhlmanns und Kükenthals in seinen Bestimmungen revidiert worden. Von Würmern sind die Neuemgänge an Oligochaeten und Polychaeten erledigt, die noch restierendenSpongien — rund 800 Nummern — bis zur Gattung bestimmt und in die Kataloge eingetragen. Von Korallen konnten 226 Nummern in gleicher Weise erledigt werden. An wissenschaftlichen Publikationen seitens der Beamten sind erschienen oder im Erscheinen begriffen: Kraepelin, K.: Zoologische Ergebnisse einer Frühjahrsexkursion nach Madeira und den canarischen Inseln in Verhandl. d. Naturwiss. Vereins, Hamburg (3) 2, 1895. Derselbe: Nachtrag zur „Revision der Skorpione“ im Jahrbuch der Hambg. wissensch. Anstalten XII, Beiheft, 1895. Pfeffer, @.: Die Entwickelung. Eine naturwissenschaftliche Betrachtung. Berlin, Friedländer 1895. Derselbe: Die inneren Fehler der Weismann’schen Keimplasmentheorie in Verhandl. d. Naturwiss. Vereins, Hamburg (3) 1, 1894. Michaelsen, W.: Die Polychaeten der Nordsee. Außerdem sind über das Material des Museums folgende Arbeiten fertig gestellt: Boesenberg, W. und Lenz, H.: Ostafrikanische Spinnen, gesammelt von Herrn Dr. Stuhlmann in den Jahren 1888 und 1889. Mit 2 Tfln. im Jahrbuch der Hamburg. Wissensch. Anstalten XII, Beiheft, 1895. Kramer, P.: Ueber zwei von Herrn Dr. F. Stuhlmann in Ostafrika gesammelte Gamasiden. Mit 1 Tafel. Ebenda. Michael, A. D.: Ueber die auf Südgeorgien von der deutschen Station 1882—83 gesammelten Oribatiden. Mit 1 Abbild. Ebenda. Naturhistorisches Museum. LIII Latzel, R.: Myriopoden aus der Umgebung Hamburgs. Mit 2 Abbild. Ebenda. Derselbe: Beiträge zur Kenntnis der Myriopodenfauna von Madeira, den Selvages und den canarischen Inseln. Mit 5 Abbild. Ebenda. Poppe, 5. A. und Mräzek, A.: Entomostraken des Naturhistorischen Museums in Hamburg: 1. Die von Herrn Dr. F. Stuhlmann auf Zanzibar und dem gegenüberliesenden Festlande gesammelten Süßwasser-Cope- poden. Mit 2 Tfln. Ebenda. 2. Entomostraken von Süd-Georgien. Mit 1 Tfl. Ebenda. 3. Die von Herrn Dr. H. Driesch auf Ceylon gesammelten Süßwasser-Entomostraken. Mit 1 Tfl. Ebenda. Roemer, F.: Die Gordiiden des Naturhistorischen Museums in Ham- burg in Spengel, Zool. Jahrb. Abt. f. Systematik Bd. VII. Die öffentlichen Vorlesungen des Direktors im Sommersemester 1595 bezweckten eime Emführung in das Studium der heimischen Fauna, woran sich sonntägliche Exkursionen in die nähere und entferntere Um- gebung schlossen, an denen auch die wissenschaftlichen Beamten des Museums theilnahmen. Die Wintervorlesungen wandten sich, wie im Vor- jahre, an ein größeres Publikum von Herren und Damen. Der Direktor sprach „über die Bedeutung der Tiere im Haushalte der Natur und des Menschen“, während Herr Custos Dr. Pfeffer die „Allgemeine Entwickelungs- geschichte, eine Darstellung der Formenwandlungen von der Eizelle bis zum vollendeten Wesen“ behandelte. Beide Vorlesungen fanden eine Zuhörerschaft yon 180 —200 Personen. Eine Urlaubsreise wurde vom Direktor benutzt, um die Museen zu Heidelberg, Basel, Bern, Genf und Zürich in ihren Einrichtungen kennen zu lernen. In Folge der fast 8 Monate währenden Krankheit des Custos konnte nur ein Teil der Eingänge erledigt werden. Außerdem sind das Mioeän von Ravning, Gram und Spandetgaard (8 Schiebladen), das marine Quartär von Nienbüttel und Beringstedt (3 Schiebladen), sowie ca. 80 Spezies Tertärversteinerungen aus der Bohrung von Schwartau neu bestimmt. Die Neuordnung der Helgolander Sammlung (46 Schiebladen) wurde in Angriff genommen. Die Wintervorlesung des Custos gab eine „Einführung in die Geologie“, welche von etwa 120 Hörern besucht wurde. Gutachten wurden in 5 Fällen erstattet, zumeist über Wasserverhältnisse des Untergrundes. Vorlesungen. Exkursionen. Mineralogische Abtheilung. LIV Museum für Völkerkunde 8. Museum für Völkerkunde. Bericht des Vorstehers C. W. Lüders. Auch im Jahre 1895 hat sich das Museum in sehr erfreulicher Weise fortentwickelt. Durch Geschenke, wie durch Ankäufe sind manche in den Sammlungsbeständen noch vorhandene wesentliche Lücken ausgefüllt worden. Im Einzelnen ist die Sammlung durch Geschenke vermehrt worden um: 76 Nummern aus Afrika io n „ Asien 55 “ „ Amerika 17 e „ Oceanien 33 7 „ Europa 251 Nummern. Angekauft sind: 48 Nummern aus Afrika im Werthe von #4 344,— are, 1 Asien En N = 69 55 „ Amerika ,, = 2m ..585,— 29 er „ Oceanien,, H; 32205 a7 „ „ Europa „ ” „on 145, — 216 Nummern im Werthe von # 2 086,35. Am Ende des Jahres enthielt das Museum: 3180 Nummern aus Afrika 3 386 55 „ Asien 2 974 > „ Amerika 2531 2 „ Oceanien 226 Hr „ Europa 11 297 Nummern. Unter den Geschenken sind als besonders interessant und werthvoll die folgenden hervorzuheben: 14 Nummern aus Madagascar von Herrn Consul H. Tappenbeck ; 1 grosser Schirm mit langer silberner Spitze (früher dem Könige Behanzin von Dahomey gehörig), sowie ein Original-Canoe von Batanga von Herrn Francis Wölber; S kleine Oelbilder auf Leinen aus Quito von Herrn L. Loewenthal jr.; 6 Stück Silber-Münzen, 16 Stück Messing- und Zinn- Münzen, sowie 4 Porzellanschalen und 1 Porcellan-Theetopf aus Korea von Herrn Consul 4. C. Ed. Meyer; 2% kleine Vorhänge-Schlösser aus Rußland von Herrn Dr. W. H. Mielck; Kriegsgewand der Ssussu-Neger (Senegambien) von Herrn Dr. 4. Ulex; 1 Fackel von Nord-Borneo von Herrn J. F. Martens; 12 Nummern aus Cochabamba (Bolivien) von Frau Alfred w Museum für Völkerkunde. LV Barber Ware.; 4 Gegenstände aus Zanzibar von Herrn ©. Oehlerking ;, Schiffer- Compaß und Sonnenuhr aus China von Herrn 7. Heinr. Krüger ; 1 Photographie des Tempels Borobudur auf Java, sowie der Kopf von einer der steinernen Buddhastatuen der Galerie (dieses Tempels von Herrn Leopold Aron; 93 Photographien von Typen fremder Völker von Herrn Dr. Bolau; 2 orientalische Silbermünzen von Herrn Hagenbeck; Kästchen mit Wachs- kapseln, enthaltend Heilmittel aus Chma, von Herrn Dr. Prochownick; 5 Gegenstände aus Süd-Calabrien von Herrn J. Arthur F. Meyer; 2 Thon- figuren-Gruppen aus China von Herrn 7h. Maass; 1 Thongefäß von Marocco von Herrn A. Ringe; 1 Schlachtengemälde (ungefähr aus dem Jahre 1545) aus Siam von Herrn Dr. ©. Frankfurter in Bangkok; 1 Basthülle mit Haarbüschel aus Neu-Guinea von Herrn €. A. Pöhl; 11 Gegenstände aus Nord-Ost-Mada- gascar von Herrn Paul Prey; 11 Gegenstände aus China von Herrn Oscar Vort- mann; ti Nummern aus Araucanien von Herrn €. Heitmann; 16 Nummern aus Guatemala von Herrn Franz Puschendorf; i Nummern aus Peru von Herrn C. Lohfert (Trujillo); 6 diverse Photographien durch Austausch von Herrn Franz Heger (Wien); 2 verschiedene Compasse aus China von Herrn Capt. Binzer; 1 Origmal-Canoe vom Französ. Congo von Herrn J. Ferd. Stahmer; 4 Nummern aus Neu-Süd-Wales von Herrn Steward 2. Nelles; 1 Holzhacke der Fan-Neger von Herrn Dr. Pfeffer; 1 completer Schmuck eines Jivaros-Indianers, 6 Nummern von Herrn Ernst Witt (Guayaquıl); 1 kleines Modell einer Pagoden-Figur aus Japan von Herrn A. @. Meyer; 6 kleine‘ Vogeltiguren, hergestellt aus auf Papier aufgeklebten Federn aus Mexico von Herım Th. Heins. Unter den Ankäufen befinden sich recht gute Sachen aus West-, Süd-, Central- und Ost-Afrika, namentlich auch aus Madagascar. Die Abtheilung Asien wurde wesentlich durch Ankäufe von Gegenständen aus Persien, Indien, Siam, China, Korea und Japan vermehrt. Aus Peru wurden interessante Thon-Graburnen erworben. Für die Abtheilung Oceanien sind hauptsächlich Ankäufe aus Neu-Guinea, Neu-Caledonien, sowie von den Salomon-Inseln und den Neu-Hebriden gemacht. Aus Europa wurden nur einige Gegenstände aus Bosnien erworben, darunter insbesondere em schöner Frauenanzug aus Jezero und ein alter Handschar mit einem mit Korallen und Silberbesatz geschmückten Elfenbeingriff. Verschiedentlich wurden Sammlungsbestände zu Studienzwecken und als Demonstrations-Vorlagen benutzt. LVI Sammlung vorgeschichtlicher Altertümer. 9. Sammlung vorgeschichtlicher Altertümer. Bericht von Dr. K. Hagen. Die Sammlung hat sich im Laufe des Jahres 1895 um 173 Katalog- nummern vermehrt. Von diesen wurden 36 Nummern auf einer Reise des Berichterstatters nach Bosnien, der Herzegowina und Dalmatien erworben und der Sammlung als Geschenk überwiesen. In Butmir bei Sarajevo, der so bedeutungsvoll gewordenen neolithischen Station, konnten eine Reihe von charakteristisch verzierten Gefäßscherben als willkommenes Vergleichsmaterial mit den in unserer Gegend gefundenen, ähnlich verzierten Gefäßen derselben Zeit gesammelt werden, sowie einige Typen von Pfeilspitzen und kleinen Messern aus Jaspis und Flint, Aus dem Burgwall vom Debelobrdo bei Sarajevo stammen weitere Gefäß- scherben, die entsprechend der langen Dauer der Ansiedelung verschiedenen Zeiten angehören. Ferner bot sich dem Berichterstatter die günstige Gelegenheit, das großartige Gräberfeld des Glasinae mit den Tausenden von Grabhügeln kennen zu lernen und daselbst einer Ausgrabung beizuwohnen. Von Spalato aus wurde die herrliche Ruinenstadt Salona besucht, wo sich die Möglichkeit bot, römische Münzen, Armbänder aus Lignit, Glas- und Mosaikfragmente zu bekommen. Für Ankäufe und Ausgrabungen wurde die Summe von «# 1094,75 aus den budgetmäßigen Mitteln verbraucht. Wir waren in diesem Jahre so glücklich, mehrere Stücke ersten Ranges ankaufen zu können. Vor allem ist hier zu erwähnen ein prachtvoller, grosser Flintsteindolch, gefunden auf Fehmarn. Derselbe ist 25 cm lang, wovon 10,5 cm auf den im Querschnitt spitzovalen Griff entfallen, der an den beiden Kanten und auf der Mitte der einen Seite mit sehr fein ausgeführter Naht- verzierung geschmückt ist. Die sehr dünne Klinge ist an der breitesten Stelle 6,5 cm breit. Die Spitze des Dolches ist abgebrochen (alter Bruch); er dürfte etwa 1 cm länger gewesen sein. Die ganze Oberfläche ist mit einer glänzend weißen Verwitterungszone bedeckt. Sammlung vorgeschichtlicher Altertümer. LVII Ein zweiter, kleinerer Dolch mit vierkantigem Griftteil, von 17,5 em Länge (Griff 8 em), ebenfalls glänzend weiss patinirt, gefunden bei Preetz, wurde ebenfalls erworben, außerdem noch eine Anzahl von anderen Steinwaffen von verschiedenen Fundorten der Provinzen Schleswig-Holstein und Hannover. Ferner wurde angekauft eine sehr schön erhaltene 31,5 cm lange Hacke, aus einem mächtigen Hirschgeweih gefertigt (Umfang an der Gabelung 15 cm), die bei der Anlage der Wasserkunst der Stadt Altona bei Blankenese an der Elbe in einer Tiefe von 6 m unter dem Elbespiegel im Moor gefunden wurde. Ein ähnliches, aber nicht so gut erhaltenes und kleineres Exemplar besitzt die Sammlung aus dem Tresdorfer See bei Ploen; ferner ein anderes von Heilisenhafen, bei dem aber das Stielloch nahe dem Balınende sich befimdet, während es bei den beiden vorigen in der Mitte liegt. Ein fast mit dem unsrigen übereinstimmendes Exemplar ist abgebildet in Reimers, Altertümer der Provinz Hannover, Tafel I Fig. 4, gef. bei Linden bei Hannover. Von Grabfunden der Steinzeit konnte die Ausbeute eines großen Hünenbettes von Besenhorst bei Geesthacht erworben werden, bestehend aus Scherben von mehreren schön verzierten Gefäßen der neolithischen Zeit, Steingeräten und 2 kleinen, walzenförmigen Bernsteimperlen. Von Einzelfunden aus der Bronzezeit verdienen hervorgehoben zu werden: 1) eine Lanzenspitze mit Tülle (16,5 em lang) von Lutzhorn bei Barmstedt; 2) ein grosser Hohlcelt von Itzehoe, von viereckigem Quer- schnitt, ohne Ornamente, mit halb abgeschlagener Oese. Die Länge beträgt 13 cm; die mit einem Verstärkungsring versehene, quadratische Schaft- höhlung ist nach beiden Seiten 3 em weit; 3) ein Lappencelt ohne Oese von Stedersdorf, Kreis Uelzen. Dieses Stück war deswegen doppelt willkommen, weil es das erste Exemplar dieser Art in unserer Sammlung ist und somit eine Lücke im der Reihe der Celttypen ausfüllt. Die Länge des offenbar stark benutzten und stark oxydirten Stückes beträgt 14,5 em, die Breite an den umgeschlagenen Lappen 4 cm. Der im Jahre 1893 erworbene Lappencelt von. Oldenburg in Holstein zeigt nur schmale, nicht umgebogene Schaftlappen; 4) eine grosse Sichel und ein Rasir- messer ohne Ornamente von Westerham. Aus Gräbern der Bronzezeit stammen: 1) ein Schwert aus Bronze mit Knauf nebst einer kleinen Lanzenspitze aus Feuerstein, gef. bei Ascheberg bei Ploen. Das Schwert ist 44cm lang und verbreitert sich zu einer Heftplatte, die mit 5 Nieten versehen war, von denen 3 erhalten sind (Länge 1,5 cm). Eime Griffzunge war nicht vorhanden. Die Klinge zeigt einen dachförmigen, breiten, an den Rändern scharf abgesetzten Mittel- rücken und ist in der Mitte ein wenig ausgebaucht. Der spitzovale Knauf (4,5: 5,5 cm) mit Resten des Holzeriffes ist mit einer fortlaufenden Spiral- linie und einem zentralen, ovalen Buckel verziert. “. LVIII Sammlung vorgeschichtlicher Altertümer. Weiter 2) ein sehr schön erhaltenes langes Schwert nebst einem Schafteelt und den Resten einer Fibula, aus eimem Steingrabe von Dorn- sode, Kreis Bremervörde. Das Schwert ist 68 cm lang, 3,5 cm breit, mit einer breiten, hochgeränderten Griffzunge, die am Ende in 2 vorstehende Hörner ausläuft. Die schilfblattförmige Klinge mit breitem, gerundeten Mittelrücken geht m die etwas verbreiterte, mit 2 Nieten versehene, 4 cm lange Heftplatte mit erhöhtem, bogenförmigen Rande über, die deutlich die Ansatzstellen der Griffbekleidung zeigt. Die ganze Länge des Griffes beträgt 9cm. In der Mitte der Griffzunge befindet sich eine dritte Niete, Unterhalb der Heftplatte macht sich auf beiden Seiten der Klinge eine etwa 3,5 cm lange, 0,5 cm breite Scheuerstelle bemerkbar, die sich wohl kaum anders wird deuten lassen, als daß sie hervorgerufen ist durch federnde Schienen, welche dazu dienten, die Klinge in der Scheide festzuhalten. Zu dem Schwert gehört ein auf beiden Seiten mit 2 konischen Wülsten versehener Knauf. Gegen die Annahme, daß es kein Knauf, sondern ein Ortband sei, spricht der Fundbericht; auch paßt der Knauf ganz vorzüglich auf die beiden Hörner der Grifizunge, und schließlich weicht die Form von derjenigen der gewöhnlichen Ortbänder erheblich ab. Der mit dem Schwert zusammen gefundene, 15,5 cm lange Schaftcelt entspricht in seiner Form und Ornamentirung den im Mestorf’schen Atlas Taf. XXI, Fig. 216 u. 217 abgebildeten Exemplaren. Die Reste der Fibula gleichen der in demselben Werke unter No. 337 abgebildeten, aus dem Rugenbarge bei Vaale stammenden Fibula, die ebenfalls in einem Grabe nebst einem Bronzedolch, Armringen, Fingerspiralen und Resten von Holz, Leder und Gewebe gefunden wurde. Der Bügel ist auf der oberen Seite mit einer Reihe von neben emander eingravierten, konzentrischen Kreisen verziert. Die Endspiralen sind leider auch bei diesem Exemplar nicht erhalten. Aus der La Tene-Zeit stammen einige Urnen von Sahlenburg bei Cuxhaven. In emer derselben fand sich eine große eiserne Fibula, deren Bügel mit 3 schildförmigen Knöpfen aus Bronze verziert ist. Von größerer Bedeutung ist die Erwerbung von 38 Urnen der Völkerwanderungszeit, welche auf einem unmittelbar am Fuße des Galgenberges in nordöstlicher Richtung gelegenen Acker ausgegraben wurden. Sie stimmen mit den gleich ornamentirten Urnen von Altenwalde völlig überein. Leider sind sie aber nicht so reich mit Beigaben versehen wie diese, auch fanden sich keine Münzen. Unter den verzierten Knochengriffen erregt aber einer von rundem Querschnitt, mit Längsfurchen verziert, besonderes Interesse. Über eine vorgenommene größere Ausgrabung kann, da dieselbe noch nicht zum Abschluß gekommen ist, erst im nächsten Bericht das Nähere gegeben werden. Die Bibliothek wurde um 101 Nummern vermehrt, von denen 45 durch Kauf und 66 durch Geschenk erworben wurden. Somit weist der Katalog Br Sammlung vorgeschichtlicher Altertümer. LIX 723 Nummern am Ende des Jahres 1895 auf. Für die Bibliothek wurden einschließlich der Buchbinderarbeiten ‚#4 459,05 verausgabt:. Der Wert der Geschenke beziffert sich auf rund etwa # 335. Die Versendung der Abhandlung über den Kronshagener Bronzefund wurde durch zahlreiche Gegensendungen beantwortet. Die Gruppe Hamburg-Altona der Deutschen Anthropologischen Gesellschaft überwies der Sammlung wie bisher die ihr zugehenden Werke. Von der Smithsonian Institution in Washinston liefen wiederum 3 der so reich illustrirten Annual Reports ein, außerdem noch 13 andere wertvolle Werke. Herr Dr. Siegfried Passarge, der rühmlichst bekannte wissenschaftliche Leiter der letzten Kamerunexpedition und Verfasser des Werkes „Adamaua‘ schenkte uns die 27 ersten Bände der Schriften der Physikalisch-Oekonomischen Gesellschaft zu Königsberg, welche die für die Vorgeschichte Ostpreussens wichtigen Abhandlungen von Tischler, Berendt, Schiefferdecker u. a. enthalten. Unter den Ankäufen ver- dient hervorgehoben zu werden das Werk von ©. Montelöus, La civilisation primitive en Italie, mit emem Atlas von 113 Tafeln. IX Sammlung Hamburgischer Alterthümer. 10. Sammlung Hamburgischer Alterthümer. Bericht von Dr. W. H. Mielck. Die Reinigung und Eimreihung des kriegsgeschichtlichen Theiles der Sammlung, welche noch unter den Hemmnissen und Störungen des Umbaues zu Ende des Jahres 1594 begonnen worden waren, wurden von der Commission im Laufe des Berichtsjahres fortgesetzt und der Hauptsache nach zu Ende geführt. Die Waffensammlung gliedert sich in vier Abschnitte, welche wir so viel als möglich auch in der Aufstellung sichtbar werden zu lassen uns bemüht haben. Das Ende des ersten Zeitabschnittes, der mittelalterlichen Periode, haben wir etwas weiter in die neuere Zeit hinemrücken lassen, als es sonst wohl geschieht, nämlich bis in die Zeit des endlichen Erlasses des Recesses von 1712. Einerseits ist die Sammlung, wie im Allgemeinen, so auch hinsichtlich der Waffen recht arm an Geeenständen, deren Alter jenseits des Anfanges des 17. Jahrhunderts anzusetzen ist, andererseits gehören die Vorgänge und Kämpfe zu Ende dieses Jahrhunderts, vor allem nämlich der Angriff des Dänenkönigs auf Hamburg, ihren Erschemungen nach noch ganz ins Mittelalter. “Auch ist die Sammlung an Waffen mittelalterlicher Art aus diesem Jahrhundert ziemlich reich. Den zweiten Abschnitt bildet die Zeit zwischen dem Inslebentreten der Bestimmungen des Recesses von 1712 und der Einverleibung Hamburgs ins napoleonische Kaiserreich 1811. Diese Zeit, im allgemeinen eine ununterbrochene Periode friedlichen Blühens und Gedeihens und bürger- licher Zufriedenheit, ist militärgeschichtlich charakterisirt einerseits durch die nach den Kirchspielen in Regimenter eingetheilte Bürgerwache, eine genügend bewafinete Miliz mit wuniformirten Offizieren, andererseits durch de an- geworbenen, in gleichmässiger Liverey erscheinenden Stadtsoldaten nebst ihren Konstabeln (Artilleristen) und Stadtdragonern. Dann folgt eine kurze aber ereignisreiche Zeit, die Franzosenzeit; reich für uns an Erinnerungen, reich aber auch an Resten aus den Tagen der Kämpfe. Wie sie von Bedeutung war für die spätere politische Stellung Hamburgs, so muss es, eine besonders wichtige Aufgabe für die Sammlung sein, an ihrem Theile die Erinnerung an jene Zeit und ihre Männer in den folgenden Geschlechtern wach zu erhalten. Sammlung Hamburgischer Alterthümer, LXI Den Schluss bildet die Zeit von 1815 bis 1868, während welcher die Bürgergarde und das hamburgische Bundeskontingent, sich anschliessend beide an Formationen der Freiheitskriege, das militärische Leben Hamburgs darstellten. Mit ihrer Auflösung hatte das selbstständige militärische Leben der alten Stadt Hamburg sein Ende gefunden. Nicht aber hat damit der Wunsch seine Berechtigung verloren, dass die Sammlung auch ferner die militärische Entwickelung, das Kriessleben Deutschlands nicht ausser Augen lasse; sie mnss auch in der Gegenwart sammeln, um der Zukunft Denkstücke des militärischen Lebens im Deutschen Reiche, soweit sie im besondern für Hamburg von Interesse sind, zu erhalten. Die Aufstellung der Waffensammlung nach irgend einem vorher- bedachten Plane vorzunehmen, war in und bei den früheren Räumen unmöglich gewesen. Jeder Platz hatte jeder Sache recht sein müssen. Jetzt ist die Anordnung so getroffen, dass in den Mittelpunkt des Raumes, der beim Eintritt in die Sammlung zuerst betreten wird, das Mittelalter gestellt ist. Dieses nimmt die mittleren fünf Querreihen der Pfeiler- quadrate ein. Nach Osten schliesst sich diesem an das regulaire Militair des achtzehnten Jahrhunderts: die Stadtsoldaten, und weiter dann die Reste der hanseatischen Legion und der hanseatischen Bürgergarde nebst andern Erinnerungen an die Franzosenzeit und die Freiheitskriege. Die Reste des Hamburger Bundeskontingents bilden dann hier das Ende der Waffensammlung, der Dienst der öffentlichen Ordnung und Sicherheit sowie die Feuerwehr, wahrschemlich auch die Rechtsptlege wird sich später hier anschliessen. Nach Westen hin aber schliessen sich an die Gruppe des Mittelalters die Bürgerwache des achtzehnten Jahrhunderts und der Franzosenzeit sowie die geringen Reste unserer Kriegsmarine an. Und wie auf der östlichen Seite das Bundeskontingent, das letzte reguläre Militär Hamburgs den Abschluss bildet, so auf dieser die hamburgische Miliz, das Bürgermilitair. Die mittelalterliche Sammlung präsentirt sich wieder wie früher immerhin ganz sehenswerth, wenn auch gegen die Weise, wie sie im Bau- hofe aufgestellt war, manches geändert ist. Dort hatten sich auf den noch erhaltenen alten Kreuzen, die an 250 Jahr als Träger gedient haben mögen, 21 anscheinend komplete Rüstungen dem Beschauer vorgestellt, gegen deren Zusammengehörigkeit in dem Zwielichte der alten Räume wohl kaum Zweifel erhoben worden waren. Beim Wiederaufstellen im Frühlinge 1895 zeigte sich leider, dass viele derselben aus nicht zu em- ander gehörigen Theilen zusammen gestückt waren. Als vollständig in ihren Theilen erhalten erwiesen sich nur vier. Eine dieser ist von hervorragender Schönheit. Man darf sie dem Rathsherrn Eberhard Esich RT Sammlung Hamburgischer Alterthümer. zuschreiben, welcher zusammen mit seinem Collegen Hieronym. Vögeler am 28. October 1603 die neunzehn Bürger-Fähnlein anführte, welche auf- geboten waren, bei der feierlichen Annehmung des Königs Christian des Vierten von Dänemark die Escorte zu bilden. Die zweite weniger schöne könnte auch die des genannten Rathsherrn Hieronymus Vögeler gewesen sein. Auch unter den unvollständigen Rüstungen und den .Rüstungstheilen sind viele, wenn auch nicht tadellos erhaltene, so doch interessante und ursprünglich schöne Stücke. Die Reinigung erforderte viel Mühe und einen grossen Aufwand von Zeit. Zu den ältesten Stücken dieser Abtheilung und also auch der ganzen Sammlung gehören zwei erst im den achtziger Jahren aus dem Bette der Elbe vor St. Pauli ausgebaggerte geschmiedete eiserne Hinterladerrohre. Genauer lässt sich die Zeit ihrer Herstellung wohl kaum angeben ; während ihr ältestes Vorkommen gemeimiglich in die zweite Hälfte des vierzehnten Jahrhunderts gesetzt wird, standen beglaubigten Nachrichten nach noch in der Zeit nach dem dreissigjährigen Kriege derartige, Steenstück genannte, Geschütze auf den Hamburger Wällen. Die eine derselben wurde nach emem im Berliner Zeughause auf- gestellten Vorbilde montirt, die andere jedoch nach den Zeichnungen, welche der Hamburger Chr. Kellinghusen aus dem zweiten Drittel des siebenzehnten Jahrhunderts uns hinterlassen hat. Aus dem Ausgange der angenommenen Periode stammen zwei für Hamburg sehr wertvolle Fahnen, die Fahne einer Grenadiercompagnie aus dem Jahre 1684 und die einer Dragonercompagnie aus dem Jahre 1709. Alter und Feuchtiekeit hatten diesen arg mitgespielt. Die Restaurirung derselben, welche nach einem im Berliner Zeughause üblichen, jedoch etwas modifieirten Verfahren vorgenommen wurde, hat unendliche Geduld und viel Zeit beansprucht. Als ganz hervorragend schöne und kunstgewerblich interessante Stücke erwiesen sich nach der im Berichtsjahre vorgenommenen Restauration die zwei Prunkgeschütze mit vergüldeten Rohren, welche sicher schon seit 1675, vielleicht auch schon seit der Zeit vor 1660 ın Hamburg aufbewahrt werden, und welche einer bald nach den genannten Jahren bereits auftretenden Tradition nach, von einem Kaufmanne als Pfand für eine von ihm verwirkte Zollstrafe gesetzt wurden. In hiesigen Akten hat bis jetzt nichts über ihre Herkunft sich finden lassen; das einzige, was später einmal auf den Hersteller wird leiten können, sind die Buchstaben H. R. M. und die Zahl 1643, welche sich zweimal auf einer der beiden Lafetten finden. u ee ur Dr A A | E, Sammlung Hamburgischer Alterthümer. LXII Vor der Restauration hatten die Geschütze nicht die schon ohne diese ihnen gebührende Beachtung gefunden. Die Restauration ist mit den zur Zeit in der Sammlung thätigen Kräften ausgeführt und hat bereits die aller genaueste Kritik von berufener Seite bestanden. Die mittelalterliche Waffenabtheilung zählt dermalen unter Einschluss der Reste der Kriegsmarine und der ausgebaggerten und ausgegrabenen alten Waffen 287 katalogisirte Nummern, die msgesammt ihren bestimmten Platz gefunden haben. Die Abtheilung der Militaria des 18. Jahrhunderts ist erst seit der Zeit des Umbaues zusammengebracht worden, wozu Geschenke, Ueber- weisungen, Ankäufe beigetragen haben. Vorhanden waren früher nur zahlreiche Fahnen der Bürgerwache, von denen die meisten von den Fran- zosen 1811 aus Hamburg entführt worden waren. Später haben diese Fahnen zum Bestande des königlich Preussischen Zeughauses in Berlin gehört. Eine Anzahl von ihnen wurde endlich 1863 zur Feier der ersten Befreiung von den Franzosen durch König Wilhelm I. wieder an Hamburg gegeben. Unser Katalog weist deren 46 Stück auf, zu denen noch S Fahnen der Bürgerwache von 1513 und von 1814 kommen. Schaumässig hergestellt sind im Jahre 1595 8 Stück. Erklärlicher Weise haben alle, einige mehr, ‚andere weniger, durch das Alter gelitten. Ausserdem aber zeigen viele bleibende hässliche Spuren eines Unglücks- falles, welcher sie während der aufsichtslosen Zeit zwischen der Auflösung des Bürgermilitärs und der Uebergabe an die Sammlung hamburgischer Alterthümer betroffen hat. Als der Emzug des 76. Regiments aus dem französischen Feldzuge gefeiert werden sollte. ward am Dammthore von Leuten, die draussen vor dem Thore wohnten, ein grosses Triumphgerüst errichtet, welches mit den Waffen und den Fahnen des ehemaligen Bürger- militärarsenales ausgeschmückt wurde. Nachts vor dem Einzugstage kam ein starker Sturm auf, ein heftiger Windstoss fuhr in das Gerüst und warf es zu Boden. Aus den Trümmern mussten die meisten Fahnen arg zerfetzt wieder hervorgesucht werden. Die Abtheilung des 18. Jahrhunderts zeigt zur Zeit emen Bestand von 128 Nummern. An Denkstücken aus der Franzosenzeit war die Sammlung schon früher nicht arm, da sich m dem Bürgermilitärarsenale an verschiedenartigen Watten jener Zeit eme stattliche Anzahl erhalten hatte. Alle diese, 173 Nummern darstellend, haben im Jahre 1895 gleichfalls ihre fürs erste bleibende Aufstellung gefunden; sie nehmen drei Pfeilerquadrate ein. Das Militär Hamburgs zur Zeit des Deutschen Bundes war in der Sammlung bisher ganz ungenügend vertreten gewesen. Eine Anzahl von Kopfbedeckungen des hamburgischen Militärs, welche der Sammlung im Jahre 1876 von Herrn Hermann Wentzel geschenkt war, stellte so ziemlich LXIV Sammlung Hamburgischer Alterthümer. alles dar, was gezeigt werden konnte. Die Commission musste mit ernstem Eifer darauf bedacht sein, die Sammlung noch vor der neuen Aufstellung, so weit als erreichbar war, zu vervollständigen, damit diese von Anfang an eine möglichst fertige und bleibende werde und die durch die nach- träglichen Anschaffungen bedingten Unkosten vermieden würden. Die Bemühungen sind erfolgreich gewesen. Schon im Jahre vorher überwies der Bürgermilitärverein die von ihm gesammelten älteren Armaturen der Bürgerwache und des Bürgermilitärs nebst einer Anzahl neuerer Stücke der Sammlung zur bleibenden Einreihung, sein Eigenthumsrecht jedoch vorbehaltend. Zu einer noch bedeutenderen Vermehrung lieh im Jahre 1895 der Museumsverein seine Hülfe. Die grösseste der hiesigen Privatsammlungen von Hamburgischen Waffen und Monturen, die des Herrn G. J. Werner, war käuflich. Der Museumsverein liess sich diese vom Besitzer, welcher hierzu gern bereit war, an die Hand geben und eröffnete dann unter seinen Mitgliedern und Freunden eine Geldsammlung, um die Mittel zum Ankauf zu gewinnen. Ganz wesentlich wurde der Verein hierin unterstützt durch die Betheiligung der Bürgervereine, denen ihr Centralausschuss die Förderung dieses patriotischen Unternehmens besonders warm empfohlen hatte. Der Ertrag der Sammlung und die Aussicht auf günstigen Weiter- gang erlaubten dem Vorstande des Museumsverein den Ankauf der Sammlung im August abzuschliessen, worauf dieselbe in einem Bestande von 380 Nummern der Alterthümersammlung als Geschenk übergeben und von der Commission mit Freude und Dank übernommen wurde. Es musste der Commission höchst erwünscht sein, die nunmehr im Umbau vollendeten Räumlichkeiten und denjenigen Theil der Sammlung. der bis dahin fertig gestellt war, den Mitbürgern zeigen zu können. Die Oberschulbehörde pflichtete einem hierauf abzielenden Vorschlage bei und mit deren Einwilligung ward beschlossen, die Gedenktage des vor 25 Jahren begonnenen Kampfes gegen Frankreich mit einer Ausstellung zur Kriegs- und Militärgeschichte Hamburgs zu begleiten. Allerdings mussten die Einreihungs- und Aufstellungsarbeiten auf eine längere Zeit unliebsam unterbrochen werden, doch dies wog wenig gegenüber der Erwägung, dass es nöthig sei, mit dem bis dahin Erreichten vor die Oeffentlichkeit zu treten. Der Museumsverein und sein Vorstand traten auch bei diesem Vorhaben hülfreich ein. Er nahm einen grossen Theil der nöthigen Aufsicht über die Räume während der Ausstellung, für welche im Budget noch nicht die Mittel hatten eingeworben werden können, auf sich und er bemühte sich, Denkstücke aus der Zeit, deren Gedächtniss unsere Aus- stellung geweiht sein sollte, zusammen zu bringen, ferner noch übernahm er die Anordnung und Aufstellung eines reichlichen bildlichen und litterarischen Materiales, welches den ganzen Verlauf der militärischen Geschichte Hamburgs, Sammlung Hamburgischer Alterthümer. LXV so weit diese in Bild und Schrift vorhanden war, begleitete. Für die Herleihung dieser schulden wir vielen Freunden der Sammlung Dank; am reichsten konnten uns ausstatten: Der Verein für Hamburgische Geschichte, die Commerzbibliothek, Frau Senator Rapp. Die Hauptkirchen und die beiden alten vorstädtischen Kirchen liehen, einer Aufforderung des Hohen Senates nachkommend, der Sammlung für die Zeit der Ausstellung die dort aufgehängten hamburgischen Militärfahnen, Das Königliche Zeughaus in Berlin lieh m grosser zu Dank verpflichtender Freundlichkeit der Kommission zur Ausstellung zwei in Hamburg gegossene bronzene Geschützrohre aus den Jahren 1662 und 1720, die einzigen, die sich aus dem früheren Reichthum bis auf unsere Tage erhalten haben. Die Ausstellung wurde am Sonnabend, den 7. September, eröffnet. Die beiden ersten Tage waren den Mitgliedern eines Hohen Senates, der Bürgerschaft, und mehrerer betheiligter Behörden, sodann den Mitgliedern des Vereins für Hamburgische Geschichte und des Museumsvereins, sowie den Ausstellern und andern Freunden des Unternehmens vorbehalten worden; die folgende Zeit war die Ausstellung ohne Einschränkung zu- gänglich werktags, von 12 bis 4 Uhr, sonntags von 11 bis 3 Uhr. Der Besuch war ein sehr reger, und vielfach geäusserten Wünschen nachgebend ward die Dauer der Ausstellung, die auf vier Wochen bemessen war, um vierzehn Tage verlängert, so dass am 15. Oktober der Schluss statt- fand. Die Zahl der Besucher konnte nicht festgestellt werden, da ein mechanischer Zähler nicht zu Gebote stand. Als Schätzung darf an- genommen werden, dass die Zahl der Besucher 20 000 überschritten hat. Die Herausgabe eines Führers war vom Museumsverein übernommen worden. Der Führer war in einer Stärke von 72 Seiten für 50 $ käuflich und wurde in mehr als 1200 Exemplaren abgesetzt. — In Folge der Ausstellung empfing die Sammlung viele Zuwendungen und Geschenke. So entschloss sich auch der Verein des ehemaligen hamburgischen Kontingents aus seinen Vorräthen älterer und jüngerer Zeit alle für die Sammlung werthvollen Stücke unter Wahrung des Eigenthums- rechtes, in ähnlicher Weise wie der Verein des ehemaligen Bürgermilitärs es vor ihm gethan hatte, der Sammlung zu überweisen. Dank diesen Entgegen- kommen ist unsere Sammlung jetzt so weit ausgerüstet, dass sie auch die Erinnerung an das Bundeskontingent aufrecht erhalten kann. Die Ausstellung gab auch Gelegenheit alle sogenannten Interimsfahnen der Bürgergardenbataillone, welche die Bataillone bei den sommerlichen Exereitien begleiteten, bei der Auflösung des Bürgermilitärs aber, weil ein würdiger Raum zur Aufbewahrung damals nicht vorgeschlagen werden konnte, verstreut und schon in Vergessenheit gekommen waren, wieder zu vereinigen und für die Sammlung zu gewinnen. IEBEÖVAL Sammlung Hamburgischer Alterthümer. Die Sammlung der Waffen und der Kriegsausrüstung des bundes- täglichen Hamburgs besteht zur Zeit aus 481 Nummern, von denen auf das Bürgermilitär 362, auf das Kontingent 119 Nummern kommen. Nachdem die Ausstellung geschlossen war, wurde die Thätigkeit der endgültigen Einreihung der einzelnen Nummern des alten Bestandes und der neuen Zugänge wieder aufgenommen. Hand. in Hand mit der Reinigung, der Einordnung und der Aufstellung ging die Herstellung eines Zettelkataloges und die Durchnummerirung aller in die Schausammlung definitiv aufgenommenen Sachen. Wie mit dem Anfange des Jahres 1895 die Einreihung der Stein- sachen im grossen und ganzen beendet war, so an der Wende des neuen Jahres die Einreihung der Waffen der Alterthümersammlung, soweit sie Hamburgischer Herkunft und Bedeutung waren. Der fertig gestellte Zettelkatalog erlaubt jetzt über den Bestand dieses Theiles unserer Sammlung Rechenschaft zu geben. Nach ihm gehörten der Sammlung, wie sie sich bis zum Beginne des Umbaues darstellte, 650 Nummern an. Seit jenem Abschnitte in der Entwickelung der Sammlung sind 424 Nummern hinzugekommen. Von diesen sind durch Kauf erworben 35 Nummern, überwiesen unter Wahrung des Eigenthumes sind 74 Num- mern; geschenkt oder von anderen Behörden überlassen 315 Nummern. Ein solches Wachsthum um zwei Drittel des übernommenen. Bestandes bringt es mit sich, dass der auf Grundlage eben dieses Bestandes ursprünglich in Aussicht genommene Bedarf an Zeit und Geldmitteln für die Aufstellung nicht wohl imnegehalten werden kann. Eine Reihe von laufenden Arbeiten und Ausgaben, die jetzt nicht anders als auf Rechnung der Neuaufstellung gemacht und ausgeführt werden können, von diesen sich auch gar nicht trennen lassen, gehören von anderer Seite beurtheilt, in die Position von Neuerwerbungen und von Betriebsausgaben. Dass die Erfordernisse für die früher in Kellerräumen magazinirte Sammlung sich steigern werden, ergiebt sich schon als wahrschemlich, wenn man den Quadratinhalt der jetzigen Räume mit dem des früheren Raumes in Vergleich zieht. Die Sammlung empfing an Geschenken und dauernden Ueberweisungen im Verlauf des Jahres neben anderen die folgenden: Von der Bau-Deputation: Den Altar der ehemaligen Waisenhaus- kirche an der Admiralitätstrasse. Ein Stück Treppengeländer. Zwei Stühle der französischen Mairie 1811— 1814. Neun Stück diverse Gegenstände, aus- gegraben bei der Abtragung des Walles zwischen Millern- und Holstenthor. Von der Polizei-Behörde: Zehn Stück messingene Gewichte vom Jahre 1744, gebraucht im Pulvermagazin auf Bastion Ulricus. Von der Bibliothek des Landgerichts: Ein hebräisches altes Testament vom Jahre 1756, benutzt zur Abnahme des Judeneides. 2: Sammlung Hamburgischer Alterthümer, LXVII Vom Museumsverein: Die Hamburgensiensammlung des Herrn G. J. Werner, 380 Nummern nebst Zugaben. Vollständige Armatur nebst Uniformrock eines Unterofficiers von der Bürgerartillerie. Ein Säbel, zwei Pallasche, eine Pistole, ein Tabacksbeutel, eine Laterne der Spritzen- leute, ein Steinschloss-Feuerzeug, eine zum Kriegsspiele bestimmte Batterie der Bürger-Artillerie. Vom Verein für Hamburgische Geschichte: Zwei Sponton- spitzen der Stadtsoldaten, ein Zollstock der Fortifikation, Knopf des Kommandostabes eines Kolonellbürgers, Gürtelschnälle der Bürgerwache. Vom Gewerbe-Verein: Zwei silberne Pokale, Ehrengaben an den Feldwebel im Bürgermillitär Joh. Arentz. Von der Schiffbauer Kranken- und Sterbelade No. 86: Deren Flagge vom 21. März 1841. Von Herrn H. Adloff: Ein Rinskragen, ein Säbel, em Paar Pistolen des Bürgermilitärs. 5 Von Herrn Otto A dloff: Albumblatt desOberstlieutenants Mettlerkamp. Von Herrn Dr. ©. Amsinck: Eine Feuerkieke, ein Schlüssel, ein Notariatssiegel, sieben Tücher mit Stickereien, ein Pettschaft aus Glas geschnitten. Von Herrn Notar Dr. Bartels: Zwei Pfeiler-Kapitäle des 1884 abgebrochenen Hauses Alter Wandrahm 10. Von Herrn Gustav Brummer: Säbel eines Lieutenants der Hamburger Dragoner 1867. Von Herrn Major a. D. Bruns: Silberner Pokal, dem Schenker gestiftet am 10. Juli 1854 von der 2. Compagnie des Infanterie-Bataillons des Hamburger Kontingents. Von Frau Wittwe Oordts: Säbel der hanseatischen Legion aus den Jahren 1813 und 1814. Von Herrn Th. Dill: Seitengewehr der freiwilligen Küstenwache von 1870. Von Herrn Ed. Dedicke: Erinnerungskreuz der schleswig-holsteinischen Armee von 1848 und 1849, eine Anzahl von Militärpapieren. Von Herrn P. Duyffeke: Rosmäsler’s Hamburger Bürgerbewaffnung, 22 colorirte Blätter. Hamburg 1816. Von Frau Wilhelmine Fölsch, geb. Wagner: Eine Obertasse mit Ansicht der Hamburger Börse vor 1841. Von Herrn Christian Fraasch: Ein Offizierskäppi, ein Ringkragen, ein Paar Epauletten der Bürgerjäger. Von Herrn Hauptmann C. F. Gaedechens: Schärpe und Portepee, Helmschild, Kokarde eines Premierlieutenants des Hamburger Bundes- kontingents. Ein Leseglas. LXVIII Sammlung Hamburgischer Alterthümer, Von Herrn J. Gertig: Eine alte ornamentirte Steinplatte, ausgegraben bei der St. Jacobi-Kirche. Von Herrn Wilh. Grallert: Vollständige Armatur eines Kanoniers der Bürgerartillerie. Die Legitimationsmarke des Hamburger Feuerlösch- wesens No. 189. Von Herrn Alfred Grüner: Ein Granatsplitter von 1870—71. Von Herrn Dr. E. Hartmeyer: Ein Sponton der Bürgerwache. Ein Kommandostab. Von Herrn Julius Henning: Ein Käppi und ein Paar Epauletten der Bürgerartillerie. Von Herrn J. D. Hinseh: Eine aus Holz geschnittene und bemalte Figur eines Hamburger Stadtsoldaten. Von Herrn M. Hinsch Erben: Fahne der Bürgerwache von 1690, ein Bürgerkavallerie-Tschako, ein Paar Bürgerkavallerie-Epauletten. Von Herm Dr. John Israel, durch Herrn G. J. Werner: Die Interimsfahne des 3. Bataillons der Bürgergarde. Ein Käppi. Ein Ring- kragen. Von Herrn Rud. Kampmann: Ein Stück Seidentafftband von der Einzugsfeierlichkeit im Schauspielhause am 31. Mai 1814. Ein Buch. Von Herrn E. Kappelhoff: Kokarde eines Hanseaten von 1813 und 1814. Kokarde der Bürgerartillerie. Von Herrn L. Kelterborn: Käppi eines Soldaten vom hamburgischen Kontingent 1867. Von Herrn M. Krogmann: Feuertrommel der Dorfschaft Horn. Von Herrn E. J. Krüss: Das Hanseatenkreuz, welches Mary-Ann Gabory beim Einzuge der hanseatischen Legion am 30. Juni 1814 als Ehrenjungfrau getragen hat. Von Herrn H. T. J. Kröger: Eine Anzahl Schieferformen zum Guss von Zinnsoldaten der Zeit von 1815. Von Herrn Premierlieutenant C. E. M. Kubitzky: Ein Helm, ein Paar Epauletten, zwei Paar Achselstücke, ein Officierstornister, en Säbel des Hamburger Bundeskontigents. Ein Säbel, ein Uniformrock, ein Helm, ein Degen der Preussischen Infanterie nach 1867. Von Herrn N. Lorders: Armbinde eines Chirurgen im Hamburger Contingent 1866. Von Herrn Georg von der Meden: Ein Kupferstich, Zuckerbäcker und Dienstmädchen. Von Herrn Mehne: Sechs Patronen. Von Herrn Joh. Math. Meier: Herbergszeichen von 1816 des Amtes der Kuchen- und Los-Bäcker. Von Herrn Heinrich Meyer: Ein Bürgermilitärgewehr. Sammlung Hamburgischer Alterthümer. TRIX Von Fräulein A. M. Mielck: Oelbildnis des Hauptmanns im Hamburgischen Kontingent Joh. Jac. Hüde, 7 1823; dessen Schnalle zur hanseatischen Feldzugsmedaille von 1813 und 1814. Von Herrn Adolph H. Möller: Ein Tafelfähnchen der Generalstabs- offiziere des Bürgermilitärs, eine Säbelkoppel. Von Herrn Muhsfeldt: Eine Gürtelschnalle, em Käppischild. Von Frau Anne Neumann Wittwe: Zwei Oelbilder in Rahmen, Portraits von Christian Neumann und Frau aus dem Ende des 18. Jahrhunderts. Von Herrn Georg Neven: Ein Käppi, ein Kreuzbandelier, ein Gewehr des Bürgermilitärs. Eine Säbeltroddel des Kontingents, Militärpapiere. Von Herrn Bernh. Oelreich: Die Brauerbrüderschaft bei der Märzfeier 1863. Von Herrm 0. B. Oelreich: Eine grosse Anzahl Zinnsoldaten, Bürgermilitär und Bundeskontingent der älteren Zeit. Von Herrn Rudolf Petersen: Feldmütze, Portepee, Todtenmarke eines Vicefeldwebels im Kriege 1870 — 71, Schriftstücke a. d. Jahre 1870—71. Von Herrm Heinrich Pfeiffer: Ein Säbel emes Hauptmanns der Bürger- Jäger. Ein Säbel, Schleswig-Holsteinische Armee. VonHerrn A.M.Pommerenke: Eine Lanze der Uhlanen von 1814, ein Bürgermilitärgewehr, eine alte Oellampe, zwei Bandeliere der Aceisebeamten. Von Herrn F. W. Reichnau: Eine Compagniefahne des Bürger- militärs. Von Herrn Carl Repsold: Formulare der Bürgerwache. Von Herrn Albert Sandvoss: Ehrenschnalle für 10 jährigen Dienst im Hamburgischen Contingent. Pistole von 1813 oder 1814. Ein amerikanischer Karabiner. Ein Bürgermilitärgewehr. Ein Chassepot- gewehr. Drei Tafelaufsätze des Vereins der Kampfgenossen von 1813 und 1814. Von Frau Dr. Sickel: Eine Feuerkieke. Von Herrn Max Siegmund: Hanseatische Feldzugsmedaille von 1813— 1814. Von Herrm John Sievers: Binde des Vereins zur Erquickung durchziehender Truppen 1870—1871. Von Fräulein Emma Ulex: Ein Freimaurer-Abzeichen. Von Herrn Th. Ulex: Zwei Säbel, ein Käppi, ein Paar Epauletten des Bürgermilitärs. Von Herrn Fritz Volger: Bleisoldaten, Hamburger Bürgerartillerie der älteren Zeit. Von Herrn L. H. Waldheim: Bildnis des letzten Hamburger Platzadjutanten Hauptmann Moritz Mayer. LXX Sammlung Hamburgischer Alterthümer, Von Herrn Wegmann: Degen des Oberfeuerwerkers der Garnisons- Artillerie, Wegmann, verunglückt beim grossen Brande. Ein Uniformrock eines Musikers im Hamburgischen Kontingente. Von Herrn G. J. Werner: Gedenkblatt des Bürgermilitärs. Sammel- band mit Dokumenten aus der Franzosenzeit und vom Hamburger Militär. Von Herrn W. Westendarp: Gewehr und Seitengewehr der frei- willigen Küstenwache von 1870. Von Herrn Robert Wichmann: Der Löwentödter Rundshagen, in Oel skizzirt von G. Förster. Von Frau C. Woermann Wittwe: Ein Wärmkorb, ein Leuchter, ein Theekessel, ein Kohlenbecken mit Bricken. Ausserdem eine Reihe von Drucksachen und Schriftstücken von den Herren bz. Fräulein G. Altschwager, G.M. Th. Arentz, Louis Bielefeldt, Ed. Dedicke, H. P. C. Elster, R. Kampmann, H. Krüger, E. J. Krüss, N. Lorders, C. Matthieu, A. M. Mielck, G. Neven, F. H. Schulz, M. Siegmund. Ueberwiesen wurden der Sammlung unter Vorbehalt des Eigenthums- rechtes: Vom löblichen Verein des ehemaligen Hamburger Kontin- gents: Armaturen und Uniformstücke des Hamburgischen Bundes- kontingents, 25 Nummern. Von Herm H. Michaelsen: Zehn Stück verschiedene Uniform- stücke und Andenken aus dem Feldzuge 1870—71. Durch Ankauf wurde die Sammlung neben andern Gegenständen vermehrt um: Ein grosses Schiffsmodell aus der Mitte des laufenden Jahrhunderts. Eine zinnerne Schänkkanne der Töpfergesellen. Eine in Oel gemalte Ansicht der Stadt Hamburg, von Norden her gesehen, etwa aus dem Ende des 17. Jahrhunderts. Eine grosse photographische Darstellung der Offiziere im Jägerbataillon des Bürgermilitärs zur Zeit der Auflösung 1868. Ein Säbel der Hanseatischen Bürgergarde von 1814. Ein Degen eines Offiziers der Hamburger Bürgerwache vor 1811. Eine goldene Medaille für 50-jährigen Dienst im Hamburger Bürgermilitär. Etwa 150 Stück Formen für Zinnsoldaten und Zinnfiguren aus den Jahren 1316—1863 stammend. ÖOrnamentenbuch eines Zinngiessers aus dem Jahre 1744. Museum für Kunst und Gewerbe. TI 11. Museum für Kunst und Gewerbe. Bericht des Direetors Professor Dr. Justus Brinckmann. Die Verwaltung. Den Vorsitz in der Commission des Museums für Kunst und Gewerbe führte im Jahre 1895 Herr Syndieus Dr. von Melle. Die übrigen Mitglieder waren dieselben Herren, welche im Vorjahre der Commission angehört hatten: Herr @. R. Richter, Tischlermeister, als Mitglied der Oberschulbehörde, die Herren Carl Eggert, Kaufmann, Heinrich Föhring Dr., Landgerichts- Director, Wilhelm Hauers, Architect, Carl Popert, Kaufmann, H. J. Eduard Schmidt, Schlossermeister, E. J. A. Stuhlmann Dr., Director der Allgememen Gewerbeschule, #. @. Vivie, Bildhauer. Die von Senat und Bürgerschaft für die Verwaltung bewilligten budgetmässigen Geldmittel beliefen sich im Jahre 1895 auf #4 31710 für Gehalte und # 15 108,49 für die allgemeinen Verwaltungskosten. Die Ausgaben aus diesen #4 15 108,49 vertheilten sich folgendermaassen : ERBE N RE Ne 4 1204,80 Hülfsaufsicht RR EISEN. a 5 — Restaurirung und Antoine Br BEE KR 2.673,64 REN ee NE I RITETITT Hrachtsunda\jerpackung a ee engen 2 506,09 Drucksachen, Buchbinder-Arbeit u. Schreibmaterialien .. „ 4 042,20 Tagesblätter und Inserate.. ...... ENDET: 2 169,70 Porto und kleine. Bureauauslagen .........ue. ...... 5 305,12 IReimhaltunggeee see gree a A 19050 Dienstkleidung ... .... N N OR m 221,— Nothwendige und kleine Ansrahen N RE EEE 4, 779,67 Zusammen . v2 15 108 ‚49 Die Vermehrung der Sammlungen. Ankäufe aus budgetmässigen Mitteln. Die Verwendung der budgetmässig bewilligten .4 20000 zur Ver- mehrung der Sammlungen erhellt aus der nachstehenden Uebersicht. g LXXIL Museum für Kunst und Gewerbe. Uebersicht der Ankäufe für das Hamburgische Museum für Kunst und Gewerbe aus dem Budget des Jahres 1895. I. Nach technischen Gruppen. Stück Preis % Stück Preis & ISaKlerdungsstüucken ne SER Eee — — 10 98,50 SEN an nenonnauc dans Kuna 5 168,25 Sticke&reien te 2 MD. N Renee 16 338, — Gewebe ee ee Re RN Be 1 125, — Wirkarbeiten (Tapisserien) .................. 6 150, — Textil- Arbeiten om Ganzen Eee 25 781,25 Sa Hayencen A El Borzellangefäasser er Rene 23 3411,92 Borzellantipumene Re en Eee 4 1276,50 DLEITZEH EN et ? 125, — Sein Bu ehe 8 216,50 Keramische Arbeiten im Ganzen. eier: sl 8 560,33 AN Glasgetasse ne ee N DrRege Lenker te 5 1135, — 523 MODEL ne een Baer een note et le ale erehetetete 13 1727, — Holzperäthtegeegn re pen Renten ee No ee Teen Eger ae LER sr 21 539,59 Holzschnitzererenie ee ee 12 1320,30 Holzarbeiten 1m, Ganzen ee 46 3 586,89 6. Elfenbemarbeiten, A... Va REES 1 150, — 7 Bisenarbeiten. secret Aetaniie ferne ee ee ee 3 230, — 8. Bronze-, Kupfer-, u Arbeiten. Sr. Wr etreee eeoe 9 190, — g: Silberne Gefässe, Leuchter u. dgl. .............. 4 865, — S Cha ke Een 28 2781,03 Bdelmetallarbeiten Sin W Ganzen 32 3 646,03 10. Japanische Schwertornamente u. dgl. Arbeiten ............ee2..- 2 45,— I Emallarbeiten er ee re RR 1 8, 129 Medaillenkunde Münzen ee 2 90, — 13: "Wallen re ee III 1 400, — 14. Kleines Geräth aus Metall und anderen Stoffen ...........2.2.. 6 206, — 15. ‚Decorative Malereien... ce. cn sensor ee ee ee 3 750, — 16 Verschiedenest.t.0. 2,221. Mer ee 2 53,— im Ganzen...... 229 20.000,— II. Nach geschichtlichen Gruppen. Stück Preis «4 Abendland: 12 Viorveschichtlich en Zeit Re ee 7 1 100,— 2% Glassisches, Alterthume. eye 5 1750, — 32 XV rJahrbundertit... Rene 1 1 200, — #. "XV: Jahrhundert ....20.2 2 ee ee 13 2 376,— 5.7 XV: sJahrhündert -..... 20 2.100 AR 20 1 880, — GESRVIIITSJahrkunderta. wer re 127 9 504,50 7--XIX.. Jahrhundert. „0... een: 41 836,— Morgenland 28 Lünkeis. 2... Bee 2 160,— GMRCRINa= ee ee I ER et 770, — 10 Japaner. een 2. 2 ee RE RER S) 423,50 im Ganzen..... 229 20 000, — Ankäufe im Jahre 1895. LXXII Die höchsten, annähernd gleichen Beträge sind auf die Holzarbeiten: 4 3586,59 und die Edelmetallarbeiten: 4 3646,03 verwendet worden. An dritter Stelle stehen die Porzellangefässe mit 4 3411,92; an vierter die Fayencen mit „4 2930,41. In weiterem Abstande folgen die Porzellan- figuren mit 4 1276,50 und die Glasgefässe mit #4 1135. Mit geringeren Summen wurden die übrigen in der Uebersicht aufgeführten Gruppen bedacht. Zum Ankauf von Bucheinbänden, Lederarbeiten, Lackarbeiten, Korbflechtarbeiten und grossen Werken der plastischen Kunst bot sich im verflossenen Jahre keine Gelegenheit oder reichten die Mittel nicht. In der geschichtlichen Uebersicht steht das 18. Jahrhundert weitaus an erster Stelle, da ihm die erworbenen Porzellanarbeiten, Glasgefässe und decorativen Malereien angehören. Ihm zunächst steht das 16. Jahrhundert Die Aufführung der vorgeschichtlichen Zeit erklärt sich durch den Ankauf eines Fundes goldener Schmucksachen. Vorwiegend auf Schmucksachen erstreckten sich auch die Ankäufe von Erzeugnissen des classischen Alter- thums. Japan konnte dieses Mal nur mit einem geringen, seiner hohen Bedeutung nicht entsprechenden Betrage berücksichtigt werden. An erster Stelle unter unseren Ankäufen von Möbeln steht ein gothischer Schrank, derselbe, der im 8. Heft des VII. Jahrganges der vom Domkapitular Alexander Schnütgen im Köln herausgegebenen „Zeit- schrift für christliche Kunst“ abgebildet und von Alb. Wormstall beschrieben worden ist. Er zeigt dieselbe einfache Bauart wie der auf S. 687 unseres „Führers“ abgebildete Kerbschnittschrank aus den Vierlanden v. J. 1580: zwischen den breiten Lisenenbrettern die zwei durch kein Rahmenholz getrennten Thüren übereinander und das brettförmige Gesims. Unverziert sind die Seitenwände; nur oben ist auf der einen freien Seite ein Gesims- brett mit geschnitztem Blattwerk angebracht; die andere Seite des Schrankes, der wie die meisten Schränke dieser Zeit sich noch nicht von der Mauer losgelöst hatte, stiess ursprünglich an eine Wand, wie das auch der senkrechte Abschnitt des vorderen Gesimsbrettes an derselben Seite beweist. Alle Flächen sind mit flachem Schnitzwerk geschmückt, das noch deutliche Spuren der ursprünglichen Bemalung zeigt, in der wir uns die Mehrzahl der mittelalterlichen Möbel zu denken haben. Grün und zweierlei Roth — ein dunkles Braunrothi und ein helles Mennigroth — herrschen vor in den Ornamenten. Auf jeder Lisene in symmetrischen Windungen aufwachsende Weinranken, die oben im Rachen eines Fabel- thieres endigen. Zwei Paare einander zugewandter Fabelthiere unter einem Zinnenkranz am Fries. An dessen unterer Leiste eine geschnitzte Inschrift mit Blumen zur Trennung der Wörter und Spuren einstiger Vergoldung. Sie giebt mit den Worten: „datum domini MÜCCCXXV in vigilia purificationis“, den Tag der Widmung dieses Schrankes, den Vorabend von Mariä Lichtmess, den 1. Februar 1425. Museum für Kunst und Gewerbe. LXXIV AN ) Sa 2, un PDDPP] Sol38 = 2) bed me farbiger Bemalung. mit viel snabrückschen; Höhe 1m 44cm, gen im O aus Hassber Schrank v. J. 1425, Ankäufe im Jahre 1895. LXXV Die obere Thür zeigt unter zwei mit einem grossen Blatte ausgefüllten Spitzbogen die Verkündigung Mariä. Zur Rechten steht Maria mit goldenem Nimbus in grünem Untergewand und hellrothem, blau gefüttertem Mantel, ein aufgeschlagenes Buch in den Händen; vor ihr schwebt ein Spruch- band mit den Worten: „ecce ancılla dommi* — „Siehe, ich bin des Herrn Magd“. — Zur Linken naht der Engel in langem, ursprünglich wohl rothem Gewande mit Flügen, deren Schwungfedern noch Spuren von Hellblau, Gelb und Roth zeigen; in der Hand hält er ein Spruchband mit der Inschrift: „ave Maria gratia plena* — „gegrüsst seist Du Maria, Gnadenreiche“. Darüber im Zwickel zwischen den Spitzbogen schwebt die Taube des heiligen Geistes; sie war einst weiss gemalt mit rothen Beinen und goldenem Nimbus. Auf der unteren Thür ist die thronende Mutter Gottes mit dem Jesuskinde auf dem Schosse dargestellt. Maria sitzt, eine grosse Krone auf dem Haupte, in rothem Untergewand und blauem Mantel auf einem Thron, dessen gewundene Pfosten in heraldische Lilien endigen, und dessen Rückwand grünes Blattwerk zeigt. Ueber den Figuren die Inschrift: „Grot sist du Mari“ — „Gegrüsst seist Du Maria* — und oberhalb zweier flachen, von zwei geschuppten Säulen getragenen Giebel drei musieirende Engel. Dieser merkwürdige Schrank stammt aus der Gegend von Hassbergen im Osnabrückschen, wo er im Hause eines Bauern, der sein Schuhwerk darin bewahrte, von dem Vorbesitzer, Herrn Apotheker B. Wulff in Münster i. W., erworben wurde. Wahrscheinlich war aber sein erster Standort die Sakristei einer Kirche. Wie zwei jüngere mittelalterliche Schränke, zwei Truhen und einige kleinere mittelalterliche Möbel unseres Museums ist auch dieser Schrank bestimmt, in getreuer Nachbildung, bei der man versuchen wird, die Bemalung in ihren ursprünglichen Farben wiederzugeben, die Marienburg, das alte unter des Baurathes Steinbrecht Leitung zu neuem Glanze sich erhebende Hochmeisterschloss der Deutschordensritter zu schmücken. Seit Begründung des Museums ist stets Gewicht -darauf gelegt worden, die Werke der alten niederdeutschen Holzschnitzkunst unserer Gegend in guten Beispielen zu sammeln. So ist denn auch erreicht, dass die Holzarbeiten der Renaissance aus dem unserer Elbgegend nahgelegenen und nahverwandten Schleswig-Holstein in emer lehrreichen Reihe geschnizter Möbel und Möbeltheile vertreten sind. Dieser Gruppe konnten etliche für die Ornamentik der Renaissance historisch wichtige Arbeiten hinzugefügt werden. Vier zusammengehörige Fülltafeln einer etwa im dritten Viertel des 16. Jahrhunderts entstandenen Truhe sind bezeichnende Typen des aus den Niederlanden nach dem Norden verpflanzten Laubwerks, das, mit grottesken Thierköpfen und Rollwerkmotiven verbunden, medaillonartige, mit Reliefköpfen gefüllte Randfelder umgiebt. Die Medaillons dieser Fülltafeln zeigen Büsten mit derbnaturalistischer Gesichtsbildung. Durch LXXVI Museum für Kunst und Gewerbe. ö die eigenartigen Kopfbedeckungen der Büsten, besonders durch die phantastischen hohen Mützen der beiden schnurrbärtigen Männer ist der Schnitzer augenschemlich bemüht gewesen, die dargestellten Personen als Türken zu kennzeichnen. Etwas späterer Zeit entstammt eme Truhe von ungewöhnlicher Grösse. An ihrer Vorderseite erblickt man in vier durch Pilasterhermen geschiedenen Füllungen die stehenden Figuren von vier Planetengottheiten: Juppiter, Luna, Sol, Venus; am Oberrande einen Fries, in dem Blattwerk mit Masken und Engelsköpfen wechselt. Die Grotteske kommt hier zur Geltung an den Endseiten; diese sind mit männlichen und weiblichen in Blattwerk auswachsenden Halbfiguren geziert, deren Kopfbedeckungen wiederum eine gesuchte Fremdartiekeit zur Schau tragen. Mannigfache Ankäufe sind auch der Sammlung der Kerbschnitt- Arbeiten zu Gute gekommen, Mangelbretter aus Oevenum auf Föhr, aus Keitum und Archsum auf Sylt, aus Holland, Wäscheklopfhölzer aus Dänemark, darunter emes, das dadurch bemerkenswerth ist, dass der Verfertiger mitten in den Rücken der Klopffläche einen kleinen runden Spiegel eingelassen hat. Als eine sehr erfreuliche Bereicherung der Abtheilung holzgeschnitzter alter Geräthe dürfen zwei Beispiele isländischen Hausfleisses bezeichnet werden. Das eine ist en Mangelholz (isl. trafakefli) von einer Form, die ganz abweicht von den Formen der Mangelbretter unserer Gegend und des skandinavischen Nordens. Die beiden Enden sind als derbe Handgriffe mit ornamentirten Doppelknäufen gestaltet, das Mittelstück zeigt nächst den Handgriffen Absätze von halbkreisförmigem Querschnitt, die mit Rankenborden verziert sind, und dazwischen ein walmdachartig abgeschrägtes Langtheil, das ebenfalls mit einer Ranken- borde versehen ist, und dessen First eine senkrechte Leiste mit aus- geschnittenen Herzen trägt. An den Kanten steht die Inschrift: „Gudrun Jons dotter a Detta kiefle med rfietta)“ d. i. „Gudrun, Jons Tochter, besitzt dieses Mangelholz mit Recht.“ Bei dem verhältniss- mässig jungen Alter dieses Mangelholzes, das frühestens dem Ende des 17. Jahrhunderts entstammt, sind die Decorationsmotive sehr merkwürdig. Sie bieten nämlich deutliche Anklänge an die Ornamentik derromanischen Zeit, also an eine Formensprache, die im übrigen Europa höchstens bis in das 14. Jahrhundert hineinreicht. In der insularen Abgeschlossenheit Islands, das von den Stilwandelungen der südlichen Länder unberührt blieb, hat sich die romanische Ornamentik, die im 12. oder 13. Jh. aus Norwegen, dem Mutterlande der isländischen Bevölkerung, dahin gekommen war, noch Jahrhunderte erhalten. Noch reicher finden sich diese Ziermotive ausgebildet an dem zweiten Stück isländischer Kunst- fertigkeit, einem Kasten mit dachförmigem Deckel (isl. Bezeichnung lar oder hus) aus Buchenholz. Die Flachrelieffriese, die alle Seiten des Kastens Ankäufe im Jahre 1895. LXXVII Isländischer Kasten aus Buchenholz v. J. 1770. Höhe 17V, cm. zieren, zeigen im Rankenwerk Vögel und andere Thiere; oben und unten sind die Friese von Borden mit Inschriften eingefasst. Diese Inschriften erheben den kleinen Kasten zu einem Gegenstand von hohem Interesse. Es ist das Verdienst der Herren Professoren Sophus Bugge und OÖ. Rygh an der Universität in Christiania, die schwer zu lesenden Inschriften entziffert und gedeutet zu haben. Wir geben im folgenden das Ergebniss dieser Untersuchungen, und sprechen den beiden Herren an dieser Stelle wärmsten Dank aus für die liebenswürdige Bereitwilligkeit, mit der sie dieser Aufgabe Zeit und Mühe gewidmet haben. Die Inschriften lauten: a. Am rechten Giebelfeld des Deckels: Anno hrittumzede b. An der rechten Schmalseite des Kastens unter a: heimsumsu:edeheillan iottusüfelldgiede sui c. An der Vorderseite des Kastens: ptfraabredesseemder hlioottu hlioottulin d. An der linken Schmalseite des Kastens unter h: dennbaarubaalsbest afregdargeingeni LXXVIH Museum für Kunst und Gewerbe. e. An der Rückseite des Kastens: oottuhindinne ldaaalserunzsgdarleinge f. An der Rückseite des Deckels: fadugledeindeau didurueittafhimnas An der Vorderseite des Deckels: midfadgisefuennfir restnaudfridurogble h. Am linken Giebelfeld des Deckels: 1770 ssanhaldestuid Die Lesung der Inschrift ergiebt ein Gedicht von drei Strophen. Der Text ist so vertheilt, dass die erste Verszeile am rechten, die letzte am linken Giebelfeld des Deckels steht. 1. hrittu miede, 92 heims um suxde heilla niottu! siifelld gisede, suipt fraa briede, semder hlioottu! Lo] hlioottu, lindenn baaru baals, besta fregdar geinge! nioottu, hindinn elda aals, xru nsgdar leinge! fadu glede inde aud idur ueitt af himna smid! fad giefu, enn firrest naud, fridur og blessan haldest uid! *) > *) Bemerkungen. Str. 1, Z.1 wörtlich: „stosse Mühe weg“. hrittu: Imperat. v. hrinda = wegstossen. Z.2 s.v.a. um heims syedi; svedi — freies Feld. Str. 2, Z.1, lindin bäru-bals eig. „Linde des Wellenfeuers‘‘, umschreibende Bezeichnung der Frau (isl. „kvennkenning‘‘); ebenso Z.3 äla elda hindin eig. „Hindin der Flammen der Meerestiefen“. Str. 3, Z.2; himna smidr wird Gott bereits von Kolbeinn Tumason (Biskupa sögur II, 68) genannt. Alle drei Strophen sind verschieden gebaut. Die erste besteht aus sechs vier- silbigen Verszeilen mit weiblichem Reim nach dem Schema a ab, aab. Die drei ersten und die drei letzten Zeilen sind durch Allitteration verbunden. Sehr künstlich ist die zweite Strophe gebaut. Sie besteht aus vier Zeilen. Mit der Wiederholung des Wortes „hlioottu‘‘ nimmt der Anfang das letzte Wort der ersten Strophe auf. Zeile 1 und 3 sind siebensilbig und enden mit männlichem Reim, Zeile 2 und 4 sind sechssilbig und enden mit weiblichem Reim. Aber auch die ersten beiden Wörter Ankäufe im Jahre 1895. 1U-OIER In deutscher Uebertragung würde dieses Widmungslied, in dem der Schenker des Kästchens der Empfängern seine Wünsche darbringt, etwa folgendermaassen lauten: 1. Mühsal bleibe Dir fern! Ueberall im Weltgefilde geniesse das Glück! Dauernde Güter — vom Zorn (der Menschen) entfernt — Ansehen erlange! 2. Erlange, o Frau, das beste Geleite guten Rufs! Geniesse, o Weib, lange der Ehren reiches Maass. = Erlange Freude, Wonne, Reichthum, euch vom Schöpfer der Himmel gespendet! Erlanget Glück, fern bleibe Noth, geniesset Friede und Segen immerdar! Für die bis jetzt noch kleine Gruppe der kirchlichen Schnitzarbeiten wurde eine ausgezeichnete Arbeit in einem aus Buchsbaum geschnitzten Crueifixus erworben. Das langgelockte, mit dem Dornenkranz gekrönte Haupt des bereits verschiedenen Heilandes ist vornübergebeugt, die Augen sind geschlossen, der Mund ist leicht geöffnet, der Gesammteindruck des eingefallenen Gesichts von ergreifender Wirkung. Mit einer Natürlichkeit, die an die Arbeit des Mainzer Bildschnitzers Conrad Meit erinnert, sind die nackten Theile sowie das Stoffliche des Lendentuchs behandelt. Unter der weichen, ebnenden Haut treten das Knochengerüst, die Muskeln, Sehnen und Adern in voller Deutlichkeit hervor. In maassvoller Wahrheit sind auch die von den Nagelöffnungen herabrieselnden Blutströme angegeben. Der unbekannte Künstler dieses Crucifixus reiht sich als würdiger Genosse an die besten niederländischen und deutschen buchsbaumschnitzer des 16. Jahrhunderts. Der Ueberlieferung nach soll dieses Schnitzwerk früher auf der Insel Nordstrand bewahrt worden sein. der 1. und die ersten beiden Wörter der 3. Zeile reimen, und andererseits reimen die beiden letzten Wörter der 2. Zeile mit den beiden letzten Wörtern der 4. Zeile. Die ebenfalls vierzeilige dritte Strophe endet mit gekreuzten männlichen Reimen. Von den Verszeilen sind die ersten drei siebensilbig, die vierte ist achtsilbig mit Ver- schleifung von fridur og. In der zweiten und dritten Strophe haben die 1. und 3. Zeile zwei studlar (Nebenstäbe), und zwar in der 5. und 7. Silbe, nur in der 3. Zeile der 3. Strophe finden sich die studlar in der 1. und 5. Silbe. Der höfudstafr (Haupt- stab) steht wie in der ersten so auch in der zweiten und dritten Strophe überall am Anfang der Verszeile. Trophäe, aus Eichenholz geschnitzt, von der Einfassung eines Alkovens, Frankreich, ca. 1730. Museum für Kunst und Gewerbe. 4/, nat. Gr. Zwei in Paris erworbene Schnitz- arbeiten kennzeichnen die decorativen Ver- suche des beginnenden Rococostiles. Es sind schmale Hochfüllungen aus Eichen- holz, die auf flach ausgekehltem Grunde in kräftigem Relief je eine unsymmetrische Ro- caille-Kartusche zeigen, die an einem breiten blumendurchwundenen Bande hängt, in das eine Königskrone eingebunden ist. Ein Lilien- scepter, das hinter der einen Kartusche, und ein natürlicher Lilienzweig, der an der anderen aufragt, weisen darauf hin, dass die einstigen gekrönten Besitzer Bourbonen waren. Symbole königlicher Macht sind denn auch die Embleme, die die Kartuschen füllen: ein umstrahltes Sonnenantlitz und ein trotziger Festungsthurm. Die Füllungen dienten ursprünglich als schmückende Einfassung eines Alkovens in einem jetzt abgebrochenen Pariser Schlosse. Welches Schloss dies gewesen ist, hat sich jedoch nicht mehr feststellen lassen. Die Ankäufe von Porzellangefässen be- zweckten vorzugsweise die Ausfüllung von Lücken in der Darstellung der geschichtlichen Entwickelung dieser zu Anfang des 18. Jahr- hunderts von Deutschland ausgegangenen und im Verlauf des Jahrhunderts von allen euro- päischen Staaten aufgenommenen Industrie. Anregung zur Ausfüllung einer der empfind- lichsten Lücken bot eine zu Kopenhagen von dem Dansk Kunstindustrimuseum anlässlich der Einweihung seines neuen Gebäudes ver- anstaltete Leihausstellung, nm der die Er- zeugnisseder Kopenhagener Porzellan- Manufactur aus der zweiten Hälfte des vorigen Jahrhunderts in einer Fülle vertreten waren, wie man sie vorher noch nicht vereinigt gesehen hatte. Zu den eigenartigsten Erzeug- nissen Kopenhagens gehören die grossen Vasen mit plastisch aufgelegten farbigen Blumen- gewinden und mit Bildnissen dänischer Regenten und Prinzen in feiner Grisaillemalerei von der Ankäufe im Jahre 1895. LXXXI Hand Camrath’s. Ein gutes Beispiel dieser Art bildet jetzt den Mittel- punkt unserer Gruppe von Kopenhagener Porzellanen. Auf quadratischer Plinthe trägt ein schlanker Fuss den eiförmigen Vasenkörper, an dessen Hals Schwanenhälse herauswachsen mit Blumengewinden in den Schnäbeln — ein schon den Einfluss der Antike stark verrathendes Modell, das von der Kopenhagener Manufactur bis in die jüngste Zeit, kurz vor ihrem, von der Nachahmung der alten Formen befreiten Aufschwung, gelegentlich wiederholt worden ist. Unsere alte Ausformung erhält hohen Werth durch das offenbar von Camrath selbst gemalte feine Grisaille-Bildniss des Urgrossvaters der deutschen Kaiserin, Herzogs Friedrich Christian von Schleswig- Holstein aus der Sonderburg-Augustenburgischen Linie, jenes feinsinnigen Fürsten, des Verehrers Schillers, der von ihm i.J. 1791 aus drückender Nothlage befreit wurde. Nächst der Vase ist ein mit Blumen und „tliegenden Kindern“ vielfarbig bemaltes und an den Rändern schwer vergoldetes Kaffee- und Theegeschirr hervorzuheben. Es gehört zu dem besten, was die Kopen- hagener Manufactur in den SOer Jahren des vorigen Jahrhunderts an dergleichen Geschirren geschaffen hat und befand sich früher in der Sammlung Hammer zu Stockholm, deren Katalog angiebt, es habe sich einst im Besitz der Gemahlin König Karls XIII. von Schweden, Hedwig Elisabeth Charlotte, befunden. — Zweier feinen Stücke von Kopenhagener Porzellan, die mit anderen derselben Herkunft als Geschenk einer ungenannten Dame der Sammlung überwiesen wurden, sei gleich hier gedacht. Es sind eine Deckeltasse und eine Theebüchse mit grünen Blumenmalereien, Bestandtheile eines Geschirres, dessen nachweislich erster Eigenthümer jener J. Th. Holmskjold gewesen, der Hofchef und Kabinetssekretär der Königin Juliane Maria und eine Zeitlang auch Direktor der Porzellan- Manufaktur war. Unter den Porzellanen der Berliner Manufactur ist eine aus der Versteigerung der Sammlung des Hofantiquars J. A. Lewy in Berlin erworbene Vase von antikisirender Form mit Bocksköpfen als Griffen hervorzuheben. Ihre Blumenmalereien verrathen die Hand eines der tüchtigsten Künstler der Manufactur, desselben, der die Blumen auf den Geschirren des bekannten Breslauer Services Friedrichs des Grossen gemalt hat, und dessen Art Karl Lüders im 14. Band des Jahrbuches der kgl. preussischen Kunstsammlungen treffend geschildert hat. Danach arbeitet dieser Maler — dessen Name noch nicht festgestellt ist — ebenso flott wie alle anderen Maler der ersten Zeit der Manufactur. Er zeichnet mit grosser Sicherheit; seine Palette ist meist kräftiger und lebhafter als die des Malers für das Neue Palais (aus dem unsere Sammlung einen schönen Dessert-Teller besitzt). Sein Mohn, seine Rosen und Tulpen sind bewunderns- würdig mit breitem Pinsel virtuos dargestellt. Er liebt, den grünen Blättern der Tulpen eine knitterige Form zu geben und die Stiele der Mohnknospen TERRERUT Museum für Kunst und Gewerbe. wie eine Peitschenschnur zu drehen, obwohl beides der Natur nicht ent- spricht. Jedem Blumenstrauss fügt er einige gelbe Grashalme oder eine Aehre, den Zweig einer Erica oder einer kleinen Rispenblume hinzu, und fast niemals fehlt auf seinen Tellern und Geschirren eine lichtblaue, wenn auch kleine, oder eine hellviolette Blume. Niemals malt er geschlossene Bouquets, immer ist reichlich Luft zwischen den einzelnen Blumen gelassen. Der Abtheilung der Frankenthaler Porzellane konnten zwei Gruppen hinzugefügt werden. Die eine ist jene reizvolle Gruppe, die uns eine junge Mutter zeigt, wie sie, ein schlafendes Kind an der Brust, ein zweites, in seinem Stühlchen eingeschlummertes, neben sich, dem dritten, dem an ihren Stuhl gelehnten Knaben winkt, dass er die Geschwister nicht durch sein Blasen auf einer Kindertrompete aufwecke. Als Modelleur dieser Gruppe gilt, einstweilen ohne sicheren Nachweis, der auch in Frankenthal als Modellmeister thätig gewesene Bildhauer J. P. Melchior. Sicher aber ist, dass der deutsche Künstler, der diese Gruppe geschaffen, sie einem berühmten Gemälde des Franzosen Jean Baptiste Greuze nachgebildet hat, jenem bald als „La bonne mere“, bald als „Silenee ou ne l’eveille pas“ bezeichneten Bilde, das durch Stiche, darunter einen sehr schönen von L. Cars früh eine weite Verbreitung gefunden hat. Das Museum hat auch diesen Stich erworben und einer neu eingerichteten Abtheilung eingereiht, über die in dem die Bibliothek behandelnden Abschnitt dieses Berichtes Näheres mitgetheilt wird. Die andere Frankenthaler Gruppe ist die im Verzeichniss von 1777 als „die Bildhauer mit drei Figuren“ aufgeführte, die uns drei noch im Knabenalter stehende Bildhauer um eine grosse Vase beschäftigt zeigt. Die italienischen Porzellane sind erst durch wenige Beispiele in der Sammlung vertreten; ihnen konnte ein Theetopf aus der Frühzeit der Manufactur von Le Nove bei Bassano hinzugefügt werden. Unter den angekauften Fayencen nimmt eine prächtige Majolica- Schale den ersten Platz ein. Gemalt von einem tüchtigen Meister der urbinatischen Schule, dessen Weise sich am Meisten der Richtung des Orazio Fontana nähert, zeigt sie eine Darstellung von Caesars Seekrieg gegen die Veneter nach der Schilderung im dritten Buch seines Bellum Gallicum. Um die westlichen Küstenvölker Galliens, namentlich die Veneter, die den südlichen Theil der heutigen Bretagne bewohnten, zu unterwerfen, sandte Caesar i. J. 59 n. Chr. den jungen Decimus Brutus mit einer Flotte dorthin, während er selbst an der Spitze des Landheeres folgte. Aber die Besiegung der Veneter stiess auf ungeahnte Schwierig- keiten. War es den Fusstruppen schwer, den auf felsigen Landzungen gelegenen festen Städten beizukommen, so vermochten auch die römischen Schiffe an die schwergebauten, aber der Hand ihrer seekundigen Bemannung leicht gehorchenden feindlichen Schiffe nicht heranzukommen, zumal da Ankäufe im Jahre 1895. LXXXII diese mit ihren hohen Vordertheilen die Schiffe der Römer überragten. Die Sporne der römischen Schiffe erwiesen sich als nutzlos. Da erfanden die Römer ein wirksames Kampfmittel. Sie befestigten an langen Stangen scharfe Sicheln und zerschnitten hiermit die Segeltaue der feindlichen Schiffe, die dadurch ihre Manöyrirfähigkeit einbüssten. So kam es zum Kampf Mann gegen Mann, in dem die Römer leicht die Oberhand gewannen. Dieser Schilderung Caesars ist der Majolikamaler oder viel- mehr der Urheber seiner Vorlage gefolgt. Im Mittelerunde ragt eine felsige Landzunge ins Meer hinein; am äussersten Ende liest eine um- mauerte, mit Thürmen bewehrte Stadt. Aus einem baumbewachsenen Hohlweg reitet Julius Caesar — inschriftlich bezeichnet — auf weissem Ross an der Spitze seiner Truppen herbei. Im Vordergrunde auf der tiefblauen Meeresfläche ist die Seeschlacht in vollem Gange. Zur Linken vertheidigen die Veneter auf Schiffen mit auffallend hohem Vordertheil ihre Stadt gegen die zur Rechten auf kleineren gespornten Schiffen an- dringenden Römer. Auf dem Mittelschiff' der römischen Reihe steht, durch einen rothen Harnisch ausgezeichnet, Decimus Brutus. Er und andere römische Streiter sind mit Sichelstangen bewaffnet, deren Zer- störungswerk an den zerschnittenen Tauen und den herabgerissenen Segeln der feindlichen Schiffe kenntlich ist. Ginge man nach den landläufigen Angaben der Handbücher, so würde auch ein im Vorjahre erworbener Fayence-Suppenteller, eine Nachahmung eines bekannten Musters chinesischer Porzellane vom Anfang des 18. Jahr- hunderts, einer italienischen Werkstatt, und zwar einer mailändischen zuzuweisen sein. Die breite geschwungene Randfläche dieses Tellers ist in sechs Felder getheilt, in dreien sind in blau emaillirtem Grund eisenrothe und goldene Blumenranken gemalt; in den drei Zwischenfeldern in weissem Grund blühende Stauden, Vögel und Schmetterlinge in den Farben der „grünen Familie“ Jacquemarts, und ebenso im Spiegel ein blumengefüllter Korb. Ein Fabrikzeichen trägt der Teller ebensowenig, wie die gleichen Stücke anderer Sammlungen, wohl aber goldene türkische Inschriften auf dem Zwischenrand und dem Blumenkorb. Die Lesung dieser nicht von türkischer Hand geschriebenen Inschriften durch verschiedene Gelehrte hat Abweichungen von der Ueberseztung der Handbücher ergeben. Nach der wahrscheinlichsten Lesung besagt die Inschrift am Rande: „Dies spendet als Gabe und Geschenk dem Padischah des Othmanenvolkes der Polen- könig, um die vollkommene Liebe, Treue und Aufrichtigkeit zu zeigen“. Sicher ist, dass die Schriftzüge auf dem Korb zu übersetzen sind „in Warschau“. Nichts steht im Wege, dies einfach auf die Anfertigung der Teller in der polnischen Hauptstadt zu deuten. Ueber die dort betriebene, offenbar sehr leistungsfähige Fayence-Manufactur fehlt es noch an weiteren Nachweisen. IBEDOINY Museum für Kunst und Gewerbe. Von den Erwerbungen deutscher Fayencen ist die bedeutsamste, eine schöne Schüssel mit dem Brustbild einer Frau der Zeit Holbein’s, an anderer Stelle dieses Berichts beschrieben. Demnächst sind zu erwähnen eine Reihe von Fayencen aus der i. J. 1749 von Johann Adam Benkieser & Compagnie zu Durlach im Margsrafenthum Baden errichteten Fabrik. Näheres über diese wichtige, der keramischen Litteratur bisher unbekannt gebliebene Manufactur, die einzige badische während des 18. Jahrhunderts, veröffentlichen wir im Jahrbuch der wissenschaftlichen Anstalten. Unsere Ankäufe umfassen 22 auserlesene Gefässe, zumeist Weinkrüge, welche die Production der Fabrik aus den Jahren 1767 bis 1836 in datirten Stücken vorführen. Wie sie in ihrem Absatz vorwiegend auf die ländliche Bevölkerung Badens und den Handwerker der kleinen Land- städte angewiesen war, hat die Fabrik Benkieser’s zahlreiche Krüge und Kannen auf Bestellung bemalt. Allerlei Gewerksabzeichen, Darstellungen von ländlichen Beschäftigungen oder Werkstubenarbeit, biedere Sprüchlein und die Namen der Besteller vereinigen sich in Folge dessen zu einem kulturgeschichtlichen Gesammtbilde von nicht geringem Interesse, wie es die Erzeugnisse keiner anderen der bis jetzt näher bekannten deutschen Fayence-Manufacturen jener Zeit darbieten. Als eine Erwerbung aus dem Haustedt’schen Legat ist gleich hier die dreiundzwanzigste unserer Dur- lacher Fayencen, ein immerwährender Wandkalender, zu erwähnen. r Ein wenig beachtetes Gebiet der Töpferei ist dasjenige der alten Bauerntöpfereien, mit denen sich der Antiquitätenhandel als noch geringwerthigen Gegenständen wenig befasst. Zwei hierher gehörige Stücke sind aus den Ankäufen hervorzuheben. Beide gehören zur Art des „Steert- putts“ — wie man sie wegen des einem Schwanze vergleichbaren langen Griffes in Hamburg und Holstein nannte. Sie dienten, den „Moischen“ oder „Möschen“ genannten Brei für die Kleinsten der Familie zu wärmen, wurden daher als passendes Braut- geschenk, zumal bei der ländlichen Bevölkerung, erachtet und demgemäss „Möschentopf“ v. J. 1723, aus Tellingstedt, mit beziehungsvollen Sprüchen und Dithmarschen; mit doppelter Wandung; die 2 ; “ äussere durchbrochen, weiss glasiert und Sinnbildern ausgestattet. Der Knopf blau, grün und gelb bemalt; die Inschrift - in eingeritzt. Der Vogel in der Zeichnung des Deckels ist gestaltet als Wiege ergänzt. s nat. Gr. a E oder als Laube mit schnäbelndem Ankäufe im Jahre 1895. LXXXV Taubenpaar oder als fliegender Vogel. Ein solcher beschwinster Liebes- bote zierte ersichtlich auch den Deckelknopf des hier abgebildeten Möschentopfes aus Dithmarschen v. J. 1723. Das ersieht man aus der am Deckel eingeritzten Inschrift: „Komm mein Vöeelein und bringe mir von meiner Liebsten ein Briefelein.“ Eine zweite Inschrift, die Variante der Anfangsworte eines allbekannten Volksliedes, ist am Rande des Topfes zu lesen: „Kein Feuer, keine Gluth kann brennen so heiss als heimliche Liebe, die niemand weiss.“ Die Inschrift dürfte die älteste nachweisbare Fixirung dieser Strophe sein, und zwar in einer Fassung, die von allen später üblichen abweicht. Es wäre nicht ohne Interesse, wenn die Inschrift des Töpfchens einen Kenner deutscher Volkslieder veranlasste, der Geschichte des Liedehens weiter nachzugehen. — Der zweite Möschentopf von gewöhnlicher Töpferwaare stammt aus Lübeck und ist der Ueberlieferung nach ein Erzeugniss der früher in dessen Nähe zu Fackenburg betriebenen Töpfereien. Ein Vogel sitzt auf dem Deckelknauf, die äussere Wandung ist schuppenförmig durchbrochen. Am Rande steht die Inschrift: „Meine Seele erhebet den H[errn]‘“, unter dem Boden die Jahrzahl 1753. Der Abtheilung des deutschen Stein- zeuges kam hinzu ein brauner Raerener Krug mit den Brust- bildern und Wappen der sieben Kurfürsten in einem Bogenfries. Von ähnlicher Arbeit wie der schon längerim Museum bewahrte Kurfürsten- krug, trägt er auch dieselbe Jahrzahl wie dieser, 1602; er zeich- net sich aber aus durch seine Grösse — er ist 38 cm hoch — und das unter der Wurzel des a Taler Kerbschnittkrug von grauem Steinzeug, z. Th. schwarz, Henkels angebrachte gelb und weiss emaillirt. Deutschland. 17. Jahrhundert, Familienwappen des Be- ", nat. Gr. stellers: „H.Von.Einatten zu Reimersbeck.“ Ferner ein Krug aus hellgrauem Steinzeug von jener ohne kulturgeschichtlichen Grund als Trauerkrüge bezeichneten Art, für die wir im Führer des Museums die Bezeichnung Kerbschnittkrüge vorgeschlagen haben. Die Stätte ihrer LXXXVI Museum für Kunst und Gewerbe. Herstellung endlich mit Sicherheit nachzuweisen, wäre eine des Mühens der keramischen Forscher würdige Aufgabe. Unser neuerworbener Krug zeigt nicht die zumeist bei diesen Trinkgefässen übliche Birnform, sondern die seltenere, nach oben leicht verjüngte Walzenform. Die Kerbschnitte, welche in den noch weichen Thon eingeschnitten sind, ähnlich wie das bei dem Kerbschnitzen in Holz geschieht, sind durch schwarze, dottergelbe und weisse Emaillirung wirksam gehoben. Unter der Bodenfläche ist auch bei diesem Stück ein kleiner Knospenstempel eingedrückt. Der Abtheilung der geschnittenen Gläser konnten mehrere ausgezeichnete Gefässe hinzugefüst werden. Das älteste derselben ist ein mit der Jahrzahl 1695 bezeichneter dickwandiger Becher mit auffallend tiefem Schnitt. In gerundeten, die Inschriften tragenden Einfassungen sind die Brustbilder zweier Männer in der Tracht vom Ende des 17. Jahr- hunderts stark vertieft geschnitten, mit matten Flächen und mittelst des Diamanten gerissenen Einzelheiten, als Haaren der Allongeperrücken, Ranken eines Spitzenkragens.. Das eime stellt den Stifter des Bechers dar, — „Joh. Carol. Justus Praetor Zittav d. d. d.“, besagt die Umschriftt — das andere den Empfänger — „D. Val. Alberti P. P. consistoriali etc. etc.“ wie auf der Einfassung zu lesen. Zwischen den Bildern ist je eine Säule ausgeschnitten, mit polirtem Grund und umwunden von matten Lorbeerzweigen. Auf der einen Säule steht ein Schwan, einen Kranz im Schnabel, und am Sockel die Inschrift: „Posteri, posteri“; auf der anderen eine Halbfigur zwischen zwei lorbeerbesteckten Hörnern und am Sockel: „Vestra res agitur“. Wie diese Inschriften sich vorläufig nicht deuten lassen, so bleiben auch die Worte unter dem Boden des Bechers: „Editio secunda — utinam secunda“ dunkel. Valentin Alberti, dem dieser Becher gehört hat, war ein seiner Zeit berühmter lutherischer Theolog, Professor an der Universität Leipzig und Assessor des geistlichen Consistoriums daselbst. Nur wenig jünger ist das zweite Glas; vor dem Jahre 1701 muss es angefertigt sein, da der brandenburgische Adler auf ihm noch den Kur- fürstenhut trägt. Der schlanke Ständer mit dem balusterförmigen Knauf und den Drechselprofilen, dazu der gekniffene kronenförmige Aufsatz des Deckels unterscheiden diesen Pokal von den böhmischen und schlesischen Gläsern und nähern ihn den Nürnberger Arbeiten. Am Gefäss sind vorn in feinem Tiefschnitt vierfüssige und geflügelte Wappenthiere dargestellt, die einen aufgerichteten gekrönten Löwen bedrohen. Mit seinen Hinter- pranken hält dieser einen zu Boden geworfenen Elephanten und den Fittich eines gekrönten Adlers nieder; in der rechten Vorderpranke schwingt er ein Schwert, in der linken ein Bündel Palm- und Lorbeerzweige. Auf den Sinn dieser Allesorie führen die auf der Hinterseite des Gefässes in schönen Schreibzügen eingeschnittenen Worte: Ankäufe im Jahre 1895. LXXXVII „Je mehr sich in Kriegen meine Feinde mehren: Je mehr sich in Siegen mehren meine Ehren.“ Der siegende Leu ist der schwedische Löwe — der Löwe Karls XI. — der in den letzten Jahren des 17. Jahrhunderts Dänemark — den Elephanten — und Polen — den Adler mit der Königskrone — in raschem Siegesflug niedergeworfen hatte. England — der Leopard — und Holland — der Löwe mit dem Pfeilbündel — eilen als ungebetene Friedensvermittler herbei, und in den Lüften nahen der russische Adler mit der Kaiser- krone und der brandenburgische mit dem Kurfürstenhut. Wir erblieken genau jene politische Constellation, die zu Beginn des Jahres 1700 dem Ausbruch des grossen nordischen Krieges vorausging. Wie andere gute Erwerbungen dieses Jahres ist auch dieser Pokal aus der in Köln ver- steigerten schwedischen Sammlung Hammer zu uns gelangt. Zeitlich reiht sich hier ein Pokal an, den das Museum Herrn Geh. Commerzienrath Th. Heye verdankt. Wie der von demselben bewährten Förderer unserer Glassammlung vor einigen Jahren geschenkte grosse Pokal mit den Chiftern Friedrichs I. von Preussen und seiner dritten Gemahlin Sophie Luise von Mecklenburg (1708) ist auch der jüngst geschenkte Pokal ein Erzeugniss der Potsdamer Glashütte. In vortrefflichem, theils mattem, theils polirtem Tiefschnitt zeigt er einerseits das grosse preussische Wappen mit den schildhaltenden wilden Männern, anderseits unter dem Adler das F. W. R. König Friedrich Wilhelm’s I. (1713— 1740). Ein dritter Pokal, der wieder zu den Ankäufen gehört, ist ebenfalls eine Potsdamer Arbeit aus der Regierungszeit Friedrichs II. (nach 1740). Er ist verziert mit dem grossen Staatswappen, Kriegstrophäen und der Büste des Königs — alles in dem schwierigen Hochschnitt auf vertieftem, polirtem Grunde. Aehnliche, feinere Arbeit, ebenfalls in Hochschnitt, zeigt eine muschel- förmige Weinschale mit Laub- und Bandelwerk-Ornamenten und einer Liebesscene im Freien. Sie und auch ein kleiner Pokal mit einem Fischzug vom Bord einer reich geschmückten, mit Orangenbäumen besetzten Barke in zierlichem Tiefschnitt sind auf schlesische Werkstätten zurückzuführen. Die Ankäufe von Edelmetallarbeiten kamen vorwiegend den Schmuck- sachen zu Gute. Ein vorgeschichtlicher Goldfund der Bronzezeit eröffnet die Reihe. Ein junger Bauer im Dorfe Erpel bei Schneidemühl in Ostpreussen hatte beim Roden auf dem Acker seines Vaters unter einem Felsblock diese goldenen Schmuckstücke gefunden und sie, als er bald darauf als „Sachsengänger“ in unsere Gegend kam, hier veräussert. Eine Untersuchung der Fundstelle war daher nicht möglich. Nach dem glaub- haften Bericht des Finders lagen die Schmuckstücke ohne irdene Scherben, h LXXXVII Museum für Kunst und Gewerbe. ohne Bruchstücke von Knochen und ohne Beigaben unter dem Felsblock. Offen- bar haben wir es hier mit einem jener Schatz- oder Depötfunde zu thun, die wieder zu Tage fördern, was Goldenes Armband aus dem Erpeler Depötfund. vor Zeiten aus verschiedenen Nat. Gr. Gew. 10 Gr. Ursachen, sei es um Kost- barkeiten zu verbergen, sei es, um sie unsichtbaren Mächten zu weihen, der Erde anvertraut worden ist. Unser Fund bestand aus den beiden hier abgebildeten Arm- bändern, einem grösseren und schwereren Armband, das nicht wie diese beiden geschlossen, sondern auf- Goldenes Armband aus dem Erpeler Depötfund. o 7 Q < le ee gebogen ist, so dass es auf den ersten Blick einem Diadem gleicht, und fünf Armbändern aus spiralig gewundenem Golddrath, von denen nur vier zu uns gelangt sind. Das grössere der hier abgebildeten Armbänder im Gewicht von 5l Gramm ist mit Buckeln verziert, die mit vertieften Spirallinien umzogen sind. Die Buckeln sind über einer nagel- knopfförmigen Unterlage gehämmert. Die Zeichnung der Spirallinien ist unbeholfen und von der feinen und regelmässigen Linienführung auf den Arbeiten der Blüthezeit des nordischen Bronzealters abweichend. Ersichtlich sind die Vertiefungen nicht mit einem Stichel gegraben, sondern gemeisselt; ebenso auch an den Rändern die Reihen kleiner spindelförmiger Perlen zwischen Vertiefungen mit schrägen Seitenflächen. Ein gleiches Verfahren ist für das diademförmige, 108 Gramm schwere Armband angewendet, das vier Bänder länglicher Perlen, abwechselnd mit vertieften Linien zeigt. Während das ersterwähnte Armband an den Enden je zwei Löcher zum Durchziehen von Bindeschnüren hat, zeigt das diademförmige schmäler zulaufende, dann fischschwanzförmig verbreiterte Enden ohne Durchbohrung. Die beiden grösseren Spiralringe von je 50 Gramm Gewicht aus gehämmertem, endlosem Golddraht haben sechs Doppelwindungen, die beiden kleineren von 14 bezw. 16 Gramm Gewicht nur zwei. Während das Metall aller dieser Stücke eine schöne Goldfarbe zeigt, besteht das kleinste der Arm- bänder, von nur 10 Gramm Gewicht, aus blassem brüchigem Gold. Die Reihen spindelförmiger Perlchen auf ihm sind auch durch ein anderes Ankäufe im Jahre 1895. LXRXIKX Verfahren hergestellt; ersichtlich so, dass ein kleiner Punzen von einem den Zwischenräumen der Perlchen entsprechenden Querschnitt, also oben und unten breit, in der Mitte eingeschnürt, in Reihen eingeschlagen wurde. Hierdurch ergaben sich flache Spindelformen zwischen den dem Punzen entsprechenden Vertiefungen, wobei letztere mit senkrechten Seitenflächen ganz regelmässig erscheinen, die Perlehen aber bald breit, bald schmal, je nachdem man die Punzenschläge in grösseren oder geringeren Abständen aneinander reihte. Griechischer Herkunft, etwa des 4. bis 3. Jahrhunderts v. Chr. ist ein Paar goldener Ohrringe, jeder besetzt mit einem Smaragd und einem Almandin und behängt mit einem kleinen Eros, von denen der eine die Flöte bläst, der andere die Cither spielt. Theil eines antiken Schmuckstückes, vielleicht einer Phalera, war auch ein in Köln gefundener etwa wallnuss- grosser Kopf eines römischen Kaisers, der aus grauem Chalcedon geschnitten ist und auf der flach abgeschliffenen Rückseite zwei Löcher zur Befestigung eiserner Stifte zeist. Die Aehnlichkeit des lorbeerbekränzten Hauptes mit Bildnissen Trajan’s gestattet, diesen Kaiser auch in unserem Chalcedon zu vermuthen. Englische Arbeit vom Ende des 18. Jahrhunderts ist en Gürtel- schloss, das in vergoldeter, grün emaillirter und mit brillantirten Stahl- perlen besetzter Fassung ein Plättchen von Jasper-Steinzeug enthält mit der Gestalt einer sich spiegelnden Frau in weissem Relief auf blauem Grunde. Die Sammlung des niederdeutschen Bauernschmuckes konnte wieder um mehrere Stücke von den Ufern der Nieder-Elbe vermehrt werden; das wichtigste darunter ist eine aus der Gegend von Ritzebüttel stam- mende Frauen-Gürteltasche mit silbernem Bügel, auf dessen Rückseite der Name einer Besitzerin „A. N. Krohn 1798“ punktirt ist. Werthvoll ist, dass an dieser Tasche noch der ursprüngliche Ledergürtel mit silbernem Schloss und Schieber sich erhalten hat. Unter den silbernen Geräthen sind zwei gegossene und ciselirte Leuchter zu erwähnen, Arbeiten eines niederländischen Goldschmiedes und gestempelt mit dem Beschauzeichen der Stadt Amsterdam, den Anfangsbuchstaben des Meisters F. M. und dem Jahresbuchstaben Z. Ueber einer quadratischen Basis, die in einer breit ausladenden, flachen Hohlkehle mit Lorbeergewinde behängt und an ihren unteren und oberen Kanten mit einem Lorbeerwulst belegt ist, erhebt sich auf quadratischer Plinthe der Leuchterschaft in Form einer kannelirten Säule, deren composites Kapitäl die Dülle für die Kerze bildet — eine schon völlig antikisirende Gestaltung, die uns zeigt, wie viel früher die Amsterdamer Goldschmiede dem neuen aus Frankreich eindringenden Geschmack verfielen, als die Hamburger. Die vor einigen Jahren angekauften beiden Leuchter hiesiger 2° >.«0; Museum für Kunst und Gewerbe. Arbeit mit dem Meisterzeichen des Aeltermannes Johann Conrad Otersen und dem auf 1783 oder 1784 hinweisenden Jahresbuchstaben D sind noch durchaus im Geschmack des Rococo gestaltet und verziert — ohne eine Spur antikisirenden Ornaments. Die beiden Amsterdamer Leuchter zeigen am Fusse eingravirt Inschriften; auf dem einen: „dem Königlich Preussischen Land Richter Herrn Siegfried, dem thätigen Beförderer des Guten, zum Beweis der Erkenntlichkeit für die freundschaftliche Bemühung“ — und fortfahrend auf dem anderen: „So derselbe mit Herrn Jacob Horn 1774 zum besten der Evangelisch Lutherischen Gemeine in Wesel angewendet, vom Consistorio gedachter Gemeine 1784“. Dazu im der Hohlkehle jedes Leuchters eingravirt das Siegel der lutherischen Kirche zu Wesel. Als ein technisches Räthsel erscheint auf den ersten Anblick die einzige im Jahre 1895 angekaufte Emailarbeit, eine aus weissem und blauen Email in flachem Relief ausgeführte einseitige Medaille mit dem Brustbild des Johann Wilhelm, Herzogs zu Sachsen, in Allonge- perrücke und Harnisch und mit der Umschrift: „D. G. Johann Wilh. Dux Sax. J. €. M. A. et W.“ Am Armabschnitt steht: „Ann. aet. 38. 1704“, Rechts von der Büste: „Wermuth F. G.“ Erklärenden Aufschluss über die Anfertigung und den Ursprung derartiger Schmelzmedaillen verdanken wir Herrn Dr. Purgold, Director des Herzoglichen Museums zu Gotha, welcher festgestellt hat, dass es sich nicht um selbständige Werke der Schmelzmalerei handelt, sondern dass diese Medaillen Absüsse nach silbernen Denkmünzen sind. Das Gothaer Museum bewahrt neben einer Anzahl silberner Originale die nach diesen aus Hohlformen gegossenen Schmelz- abdrücke. Sowohl diese als jene scheinen ausnahmslos in Gotha entstanden zu sein. Die Bezeichnung ‚„Wermuth F. G.“ (d. i. „fecit Gothae‘), die sich identisch auf dem Silberoriginal des Gothaer Museums findet, bezieht sich auf den Gothaer Modelleur Christian Wermuth (7 1739). Ob die Schmelzmedaillen von ihm selbst oder etwa von einem seiner Söhne oder Schüler herrühren, lässt sich vorläufig nicht erweisen. Zum ersten Mal erscheint dieses Jahr in der Uebersicht unserer Ankäufe die Rubrik „Waffen“. Wenn dies nicht früher geschehen, ist der Grund dafür keineswegs in einem Verkennen der lehrreichen Bedeutung zu suchen, die gerade den Waften insofern beizumessen ist, als bei ihnen mehr als wohl irgendwo sonst im Kunstgewerbe der Gebrauchszweck form- bestimmend erkennbar einwirkt und alle decorative Ausschmückung, so reich sie auch auftreten mag, sich unterordnen muss der durch den Zweck der Waffe, ihrem Träger zur Abwehr oder zum Angriff zu dienen, bedingten Form. Höchste Zweckmässigkeit muss hier um so zwingender angestrebt werden, je mehr ihre Ausserachtlassung das eigene Leben dessen gefährden würde, der ihrer sich bedienen muss. EEE WEN EIER EEE EEBREEETERBE ad du ER, EEE EOREREOTTET WE we Ankäufe im Jahre 1895. X6GI Der erste bescheidene Grund zu einer Waffensammlung ist durch den Ankauf eines altgriechischen im Sande des Alpheios bei Olympia gefundenen Helmes gelegt worden. Aus einem Stück Bronzeblech mit dem Hammer getrieben, zeigt er den sog. korinthischen Typus mit festen Backenschirmen und Nasenschutz. Löcher an den Rändern dienten für die Stifte zur Befestigung des Lederfutters. Mit grosser Geschicklichkeit ist das Metall an den Wangen und Nasentheilen, die den feindlichen Schwerthieben zunächst ausgesetzt waren, erheblich stärker belassen als am Hinterkopf, der weniger gefährdet war. Der durch schöne blaugrüne Patina aus- gezeichnete Helm ist gut erhalten, nur über den Scheitel zieht sich ein klaffender Riss, unzweifelhaft verursacht durch einen Schwertstreich, der dem einstigen Träger des Helmes den Tod gebracht hat. Stickereien sind in dem Berichtsjahre nur wenige erworben worden. Das wichtigste und zugleich älteste Stück ist die Hälfte eines mit farbiger Seidenstickerei verzierten Handtuchs aus rautig geköpertem Leinen. Die erhaltene Hälfte reicht aus, ein deutliches Bild des Ganzen zu geben. Den Grund überzieht vielverschlungenes Gerank von beblätterten Zweigen und Blüthen, von denen jene nur in grünen Umrissen mit Stielstich, diese in rothem, gelbem und blauem, meist den Grund deckenden Plattstich ausgeführt sind. Inmitten des Rankengrundes befinden sich drei Bild- darstellungen; von diesen ist die eine, die Verkündigung, ganz, die zweite, die Geburt Jesu, zur klemeren Hälfte erhalten. Jedes Bild ist von ver- schlungenem Astwerk mit niederdeutschen Inschriften umgeben. Ausserdem unterbrechen das Grundornament vier tlammende Sonnen mit einem aus J und M gebildeten Monogramm (d. i. „Jesus Maria“). Die einfassende Borde wird von einem Mittelstamm, der von blühenden Zweigen umwachsen ist, gebildet. Bedeutsamer als diese in der Weise der naturalistischen Spätgothik gehaltenen Verzierungen sind die erwähnten, ebenfalls gestickten Inschriften. Dank der oft bewährten Hülfsbereitschaft des Herrn Dr. C. H. F. Walther kann im folgenden die befriedigende Lesung derselben gegeben werden. Die Verkündigung umzieht folgende Strophe: Gabryel . wart . vt [.] ge . fant. to . ener . jwnk . vrowen . yn . dat lavede . lant . van . deme . averfte throne he .. qvam . da[’] . he. fe . Alle[n]en . vant.. Marya . ys . er . name . genant fe . Drecht . der . eren . ene . krone . De . engel . fp[?] . ya . korter . vryft Ave Mar[y]a gralt]ya plena . Von der Inschrift, welche die Darstellung der Geburt Jesu umgiebt, ist folgendes erhalten: XCH Museum für Kunst und Gewerbe. [. . .| wen. dat. ys.. [wJar des . wrowen . fyck . aller Engel . fchar . dyt . heft. he. by. wns . allen. gedan . fyne . Grote . leve . to [togen an]. *) In neuhochdeutscher Uebertragung würden die Verse lauten: 1. Gabriel ward ausgesandt Zu einer Jungfrau im das gelobte Land von dem obersten Throne. Er kam, wo er sie allein fand — Maria ist ihr Name genannt — sie trägt der Ehren eine Krone. Der Engel sprach in kurzer Frist: Ave Maria, gratia plena. De dassıa währt: des freuen sich aller Engel Schaaren. Dies hat Er an uns allen gethan Seme grosse Liebe zu zeigen an. Das Handtuch selbst bietet noch ein Moment von historischer Bedeutung. Am Unterrande sind links und rechts jedesmal die Halb- figuren eines Mannes und einer Frau in der Zeittracht zu Seiten ihres Wappens dargestellt. Von diesen Wappen ist das eine als das der *) Str. 1, Z. 7; der auf Ip folgende Buchstabe mag ein r oder ein k gewesen sein. Die Bedeutung der Abbreviatur scheint „[prak“ zu sein. Str.2, Z.1; „wen“, viel- leicht die verkürzte Form der gewöhnlichen Conjunction wente (= denn); da aber vor wen noch Raum bis zum nächsten Spruchband bleibt, so dürfte wen eher als Endrest eines längeren Wortes anzusehen sein. Z.4; die Ergänzung ‚togen an“ ist gesichert durch die Strophe unseres Weihnachtsliedes ‚‚Gelobet seist du, Jesu Christ‘: „das hat er alles uns gethan sein gross Lieb zu zeigen an“ .... oder niederdeutsch, wie die Stelle in den hamburgischen Gesangbüchern des 16. Jahr- hunderts lautet: „Dat heft he alles uns gedan, sin grote leve to tögen an“ .... Zu bemerken ist, dass nach der Orthographie des ausgehenden Mittelalters zwei- mal w statt v und u gesetzt ist, in ‚„jwnk‘ und in „vrowen“ (= freuen). Die beiden Strophen sind unzweifelhaft der Litteratur entlehnt; die zweite ent- stammt dem eben erwähnten Weihnachtsliede, das in der Bearbeitung von Luther noch jetzt als Kirchenlied dauert, die erste Strophe mag aus einem Adventsliede entnommen sein. Hoffmann v. Fallersleben, Gesch. d. deutsch. Kirchenliedes bis auf Luthers Zeit, giebt S.83 Nr. 14 eine verwandte Strophe: „Marien wart ein bot gelant, Von himelrich in kurzer [tunt, Her Gabriel was er genant, Er grüzte fie uz reinem munt: Ave Maria, künegin“ ete. Auch ein erzählend-erbauliches Gedicht „Van der bort Christi“ (im sog. Hartebok der Flanderfahrer zu Hamburg, s. Staphorst, hambg. Kirchengesch. I, 4, 175) hat Anklänge: „Gabriel molte eyn bode welen .. .. Gabriel wart vth gefant, Vnde he vor hen altohant“ ete. Ankäufe im Jahre 1895. XCH Lübecker Patrizierfamilie der Geverdes zu bestimmen, die zur Lübecker Zirkelbrüderschaft gehörten. Da zudem beide dargestellten Männer mit der Halskette geschmückt sind, die Kaiser Friedrich II. i. J. 1485 der Zirkelbrüderschaft verliehen hatte, so darf vermuthet werden, dass das Handtuch dereinst bei festlichen Mahlzeiten dieser adeligen Genossenschaft gedient hat. Im Jahre 1557 löste sich die Zirkelbrüderschaft auf. Das Handtuch ist also jedenfalls vor diesem Zeitpunkt, wenn auch wahrscheinlich nicht viele Jahre früher, entstanden, womit auch seine stilistischen Merk- male übereinstimmen. Der Sammlung alter Bauernwebereien konnte wieder eine Anzahl der vom schleswig’schen Mittelrücken herstammenden Stuhlkissen hinzu- gefügt werden. In grober Wolle ausgeführt und mit hochstehenden Noppen- mustern geziert sind diese Bezüge von einer eigenartigen, kräftigen Farb- wirkung. Ein Beispiel der Gattung ist abgebildet im „Führer“ S. 57. Nur selten bietet sich Gelegenheit, alte decorative Malereien zu erwerben. Sind diese in Fresco oder einer anderen Manier auf Architectur- theile gemalt, so verbleiben sie in der Regel an ihrem Orte, bis sie mit dem Gebäude, das sie zieren, zu Grunde gehen. Um so willkommener war die im vorigen Jahre geglückte Erwerbung von drei trefflich gemalten viereckigen Holzplatten, die dereinst als Sopraporten in einem Saal eines italienischen Palazzo gedient haben mögen. Auf schwarzem Grunde zeigen sie in polychromer Malerei spiralig geführtes Akanthusgerank, das zum Theil in grotteske Männer- und Frauengestalten endet, zum Theil in natürliche Blatt- und Blüthenzweige auswächst, auf denen Papageien sitzen. Die Mitte nehmen Idealfıguren ein, die Personificationen der Jahreszeiten darstellen. Vertreten sind der Frühling, ein auf blumenbedeckter, von einer Vase getragenen Platte sitzendes Mädchen, der Sommer, eine Frau mit Kornähren, und der Herbst, ein bekränzter Baechusknabe unter einem Baldachin. Eine vierte Platte, mit der Darstellung des Winters, ist in das Kunstgewerbemuseum zu Kopenhagen gekommen. Was diesen _ Malereien aber eine erhöhte Bedeutung giebt, ist die Technik, in der sie hergestellt sind. Am Unterrand der einen Platte liest man nämlich die Inschrift: „Jos : Raj Encausto Metodo pinxit Anno 1790“, und die Untersuchung bestätigt in der That, dass m dem Farbenauftrag Wachs enthalten ist. Mit Versuchen, die im Mittelalter verloren gegangene enkaustische Wachsmalerei der Alten wiederzufinden, haben sich Gelehrte und Künstler der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts vielfach beschäftigt, ohne dass jedoch ihre Verfahren dauernden Erfolg gehabt hätten. Um welches der damals gefundenen Verfahren es sich bei unseren Platten handelt, lässt sich einstweilen nicht feststellen. Auch über den italienischen Künstler Jos. Raj ist weiteres nicht bekannt. XelV Museum für Kunst und Gewerbe. Japanisches Räuchergefäss in Gestalt des Fusi-no-yama, aus braun und weiss glasirtem Steinzeug, Takatori-Waare, 3 nat. Gr. Schenkungen und Vermächtnisse für die Sammlung. In Herrn Eduard Behrens sr. hat das Museum am 18. April 1895 einen seiner ältesten und thätigsten Gönner verloren. Die Schenkung anlässlich der Vollendung seines 70. Lebensjahres am 18. Januar 1894 war ihrer Bestimmung, der Vermehrung unserer keramischen Sammlung zu dienen, noch unter seiner Mitwirkung zugeführt worden. Wie an dem Kauf des im vorigen Jahresbericht beschriebenen Berliner Geschirres mit den Malereien nach Chodowiecki’s Kupferstichen zu Lessing’s Minna von Barnhelm, hatte Herr Ed. Behrens sich noch an der Erwerbung einer zart bemalten Gruppe der Blüthezeit Meissens: Venus auf blumenumwachsenem Felsen sitzend, von Amor geliebkost, einer jener seltenen Tassen aus dem berühmten Schwanen-Service des Grafen Brühl und eines Stockknopfes derselben Manufactur mit den feinsten Landschaftsmalereien erfreut. Selber ein feinsinniger Sammler alter Porzellane, hat er an jedem Fort- schritt unserer keramischen Sammlung warmen Antheil genommen und noch durch eine letztwillige Zuwendung von 10 000 Mark zu deren Förderung beigetragen. Dank diesem Vermächtniss ist das Jahr 1895 bedeutsamer für die Entfaltung dieser Abtheilung geworden, als irgend eines seiner Vorgänger. Von Erzeugnissen der Meissener Manufactur ist die Schenkungen und Vermächtnisse i. J. 1895. XCV unbemalte Figur einer jungen Chinesin in spitzem Hut und phantastischer Gewandung, einen gefüllten Fruchtkorb im Arm, nicht minder durch ihre ungewöhnliche Grösse — ihre Höhe beträgt 36 cm als durch die feine Anmuth in Bewegung und Ausdruck bemerkenswerth. Wie diese Figur gehört noch der Herold’schen Periode der Manufactur eine ebenfalls unbemalte Gruppe an: eine Dame sitzt spielend am Klavier, ein galanter Cavalier steht neben ihrem Stuhl und beugt sich über sie, um sie zu küssen. Die Gruppe gehört zu jener von Sammlern vielbegehrten Gattung, der die riesigen Reifröcke der dargestellten Damen den Namen „Krinolinen- gruppen“ eingetragen haben. Von den Gefässen ist ein schlicht geformter Theetopf, dessen Bemalung mit Blüthenzweigen japanischen Geschmacks von der in Meissen vorzugsweise gepflegten Art auffällig abweicht, ein ausgezeichnetes Beispiel für eme der vielen verschiedenen Richtungen, die in der Frühzeit Meissens versuchsweise geübt worden sind. Er trägt noch kein Fabrikzeichen. Aus der Periode, da der Laub- und Bandelwerkstil und landschaftliche Motive die japanisirenden Neigungen ablösten, stammt eine gelbgrundige Kumme, die in ausgesparten Feldern mit belebten Landschaften bemalt ist. Etwa gleichzeitig ist eine Kaffeekanne entstanden, deren Wandung ziemlich sparsam mit Schmetterlingen und Fliegen decorirt ist, die aber ausgezeichnet ist durch den als Männerkopf gestalteten Ausguss und den plastisch ver- zierten und vergoldeten Henkel. Die Kennzeichen der Rococo-Zeit trägt eine plastisch und farbig auf das reichste decorirte Terrine. In flachem Relief ist ihre Oberfläche mit jenem Muster aus Rocaille-Kartuschen verziert, das in den alten Preisverzeichnissen der Manufactur unter dem Namen „Dulongs Reliefzierat“ aufgeführt ist. Die Schnörkel der Kartuschen sind theilweise übermalt mit grünen Spalier-Gittern (die zeitübliche Bezeichnung war: „en treillage“), an denen Blattranken aufwachsen und Blumenschnüre hangen. Feingemalte Vogelbilder auf landschaftlichen Hintergründen zieren die Felder der Kartuschen; die glatten Flächen ausserhalb derselben sind durch Streublumen belebt. Als ein treftendes Beispiel der in den zwanziger Jahren dieses Jahrhunderts herrschenden Geschmacksrichtung ist endlich ein Teller zu nennen, der inmitten reichlichen Goldornanientes eine Ansicht der Frauenkirche in Dresden zeigt. Von den Erzeugnissen der Wiener Porzellanmanufactur waren figürliche Gegenstände in unserer Sammlung bisher nicht vorhanden. Um so willkommener war eine Gelegenheit, mit den Mitteln des Behrens’schen Legates eine Wiener Gruppe „Liebe um Geld“ zu erwerben. Die bayerische Porzellanmanufactur zu Nymphenburg wird durch eine Kaffeekanne vertreten, die auf der einen Seite mit einem dichten Blumenstrauss, auf der anderen mit einem aus Blumenschnüren gebildeten Namenszug decorirt ist. Ludwigs- burger Porzellan ist die Figur eines Bauern, der einen Sack mit Aepfeln auf der Schulter trägt, und der das ergänzende Seitenstück zu der bereits XCVI Museum für Kunst und Gewerbe. vorhandenen, eine Giesskanne tragenden Gärtnerin bildet. Eine Inceunabel aus der Frühzeit der Fürstenberger Manufactur ist eine bauchige Kaffeekanne, die mit früchtebeladenen Rococo-Schnörkeln, wachsenden Pflanzen und Vögeln in kräftigen, später nicht mehr beherrschten Farben geschmückt ist. In zarteren Farben sind zwei Fürstenberger Tassen bemalt, die das „Reliefzierath“‘-Modell der Berliner Manufactur nachahmen. Auch der Abtheilung des Berliner Porzellans sind em paar gute Stücke zugefallen. Eine bemalte Gruppe, „der Maler“, gehört zu einer bekannten Folge satirischer Allegorien, aus der die Sammlung schon zwei Gruppen, den Bildhauer und den Astronomen, besitzt. Der Maler ist dargestellt als Affe; er trägt Schlafrock, Allongeperrücke und einen Reiter- stiefel; der andere Stiefel liest, mit Goldmünzen gefüllt, neben ihm. Ueber ihm steht eine halbbekleidete Frau, sein Modell, das er auf eine von diesem selbst gehaltene Tafel malt. Ein kleines Räuchergefäss von der Form eines Altars, auf dem im Holzscheiten ein Herz steht, das zum Durchlassen des Räucherdampfes senkrecht durchbohrt ist, ruft uns eine Zeit ins Gedächtniss, deren Sentimentalität uns heute ebenso fremd ist wie ihre Sitte, bei festlicher Gelegenheit die Wohnräume mit den duftenden Wolken des Räucherwerks zu erfüllen. Späten Ursprunges, aber das Werk eines namhaften Meisters ist ein Teller, der in Nachahmung einer antiken Gemme den Profilkopf Homers zeigt und die Bezeichnung „G. W. Völcker 1814* trägt. Gottfried Wilhelm Völker war Anfang dieses Jahrhunderts der gefeiertste Blumenmaler und lange Jahre einer der drei Malerei- vorsteher der Berliner Manufactur. Arbeiten der fürstbischöflichen Porzellan- fabrik zu Fulda sind eine Bechertasse, die mit einer Biscuit-Relief-Büste auf blassrotem Grunde geziert ist, und ein mit Rocaille-Motiven und Blumen- sträussen bemaltes zierliches Salzfass.. Der in den letzten Jahren rasch gewachsenen Gruppe der Kopenhagener Porzellane konnten zwei grosse und zwei kleine Schalen hinzugefügt werden, deren farbenfrischer Blumen- decor zu dem Besten gehört, was die dänischen Blumenmaler geschaffen haben. Aus denselben Mitteln haben ferner zwei vorzügliche französische Arbeiten aus Biseuit erworben werden können: die Gruppe eines sehr jugendlichen Liebespaars, das sich dem Genuss frisch gepflückter Wein- trauben hingiebt, ein aus der Manufactur zu Sevres hervorgegangenes Werk, dessen Modell Jean-Charles Brachard um 1760 nach Boucher geschaffen hat, und die feingebildete Büste Bonaparte’s, die in der Pariser Manufactur vonGuerhard & Dihl ausgeführt ist. In diesem Zusammen- hang darf endlich noch ein Schreibzeug erwähnt werden, dessen Dintenfass, Streusandbüchse und Federbehälter aus Meissener Porzellan, dessen Ein- satzplatte aber aus feuervergoldeter Bronce besteht. Die reichverzierte Broncemontirung ist es, die dem Schreibzeug seinen Werth verleiht. In kühnem Schwung sind die theilweise durchbrochenen Rococokartuschen Schenkungen und Vermächtnisse i. J. 1895. XCVIH modellirt, welche die Flächen und Contouren beleben. Ein vom Grunde aufwachsender Ast trägt die Kerzen-Dille und einen beweglichen Arm, an dem sich ursprünglich ein Lichtschirm befand. Die vortreffliche Arbeit, die ein Zeugniss ist, wie hoch das Meissener Porzellan schon zur Zeit seiner Fabrikation geschätzt wurde, dürfte aus einer süddeutschen Werkstatt hervorgegangen sein. Nicht nur unserer Por- zellansamm- lunshatte Herr El. Behrens seine Theil- nahme zuge- ER wendet. Auch I die Abtheilung Br =; der Fayencen N EN aus der Blüthe- zeit von Rouen ist von ıhm wiederholt mit werthvollen Gaben bedacht worden. Eine der ersten sei- ner Geschenke 1. J. 1878 war eine Schüssel mit vielfarbi- x@ gem Guirlan- = denmuster, und vor wenigen Kanne von Fayence, mit blauen und rothen Ornamenten, Jahren schenk- Rouen, Anfang des 18. Jahrhunderts, !/, nat. Gr. te er die werth- volle kleine Senfdose mit schwarzem („‚niellirtem‘)- Rankenmuster auf ocker- gelbem Grund. In Erinnerung hieran haben wir auch aus seinem Ver- mächtniss eine Anzahl Rouen-Fayencen erster Güte angekauft, als die Versteigerung der Sammlung Antiq in Paris hierzu günstige Gelegenheit bot. Erworben wurden die helmförmige Wasserkanne — eine typische Form — mit den feinen Behangmustern in Roth und Blau, No. 122 des Kataloges; die schöne Zuckerstreubüchse, No. 134, mit solchen Mustern in Blau und Ockergelb, und drei der schönsten Teller. Endlich ein den Rouen-Fayencen im Stil verwandtes Erzeugniss der von Digne in der Rue XeVIM Museum für Kunst und Gewerbe. Roquette zu Paris betriebenen und bisher im Museum nicht vertreten gewesenen Fabrik: einen Apothekertopf mit dem Wappen der Orleans, aus der Apotheken-Einrichtung, die von der Herzogin Marie-Adelaide d’Orleans, Tochter des Regenten, bestellt wurde, nachdem sie im Jahre 1717 den Schleier genommen hatte und Aebtissin von Chelles geworden war. Ein zweites Vermächtniss verdankt das Museum Herrn Franz Diedrich Adolph Haustedt, der in seinem am 30. Juli 1887 vollzogenen, am 3. Januar 1895 publieirten Testament .4 10 000 dem Museum vermacht hat „in dankbarer Erinnerung an daselbst verlebte genuss- reiche Stunden“, Einer der ersten Ankäufe, zu denen das Vermächtniss des Herrn Haustedt im Einverständniss mit den Testamentsvollstreckern Herren Dr. J. Scharlach und E. H. Kalkmann uns die Mittel bot, betraf sechs Teller von Porzellan, deren Alter freilich nicht über 80 Jahre zurückreicht, die aber ebensosehr als bezeichnende Beispiele des zur Zeit ihrer Entstehung herrschenden Geschmackes wie als vollendete Arbeiten eines der berühmtesten Kleinmaler ihrer Zeit, des Jean Baptiste Isabey von hoher Bedeutung für unsere keramische Sammlung sind. Isabey stand unter den Künstlern, die von Napoleon I. zur Verherrlichunug seiner Person und zur Erhöhung des Glanzes seiner Hofhaltung beschäftigt wurden, obenan. Der Kaiser zog ihn oft in seine Nähe, liess sich und die Mitglieder seiner Familie gern von ihm porträtieren und zeichnete ihn durch Titel und Ehren aus. Isabey’s Stern erlosch nicht mit dem Sturz seines hohen Gönners. Als Hofmaler trat er in die Dienste Ludwigs XVIIL., leitete Feste und Auf- führungen am Hofe des Königs und fuhr fort die Grossen und Reichen des neuen Regime in hochbezahlten Miniaturbildnissen zu konterfeien. Ausnahmsweise war er auch als Maler für die Porzellan-Manufactur von Söyres thätig, die damals das weiche Porzellan ihrer Jugendzeit schon aufgegeben und unter ihres berühmten Direktors Alexandre Brogniart Leitung ganz zum harten Kaolin-Porzellan übergegangen war. Nachgewiesen ist, dass Isabey i. J. 1817 für die Manufactur ein Frühstücksservice bemalte, das der König zu Neujahr 1818 seiner Schwägerin, der Gräfin von Artois schenkte, deren Gemahl später als Karl X. König von Frankreich wurde. Den gütigen Ermittelungen des Herın Edouard Garnier, Conservators des keramischen Museums von Seyres, verdanken wir diesen Nachweis und den weiteren, dass unsere sechs Teller, Theile jenes Geschirres aus königlichem Besitz. Von diesem Geschirr bemalte Isabey eigenhändig die sechs Tassen und die sechs Teller mit Darstellungen, die er als „24 heures de l’homme des champs“ — 24 Tagesstunden aus dem Leben des Land- mannes — bezeichnete. Für die übrigen Geschirrtheile lieferte er nur die Entwürfe, die dann von dem in der Manufactur selbst beschäftigten Maler Develly ausgeführt wurden. Schenkungen und Vermächtnisse i. J. 1895. XCIX Aus den Acten der Manufactur von Sevres sind wir über die Vorgänge bei dieser Arbeit Isabey’s für dieselbe genau unterrichtet.. Für die Rand- verzierung lagen verschiedene Entwürfe vor; ein erster, bei dem die schmale Randeinfassung rundlich geschliffene Steine abwechselnd mit Perlen nach- ahmte und die spitzbogigen grossen Blätter der Randfläche mit Leiern, die rundlichen Zwischenblätter mit Merkurstäben bemalt werden sollten. Ein zweiter Entwurf zeigt in der Einfassung schon die runden blauen, goldäugigen Blümchen, abwechselnd mit vierblättrigen weissen, wie sie auf unseren Tellern zu sehen, aber noch die Merkurstäbe und an Stelle der Leiern Aehrenbänder. Endlich der dritte Entwurf giebt an deren Stelle die Palmetten und in den Zwischenblättern die kleinen antikisirenden Blumen unserer Teller. Sogar über das dem Maler für die Ausführung und für die Benutzung seiner Entwürfe gezahlte Honorar sind wir unter- richtet. Die hierauf bezüglichen Eintragungen im die Bücher der Manufactur (Archives de la Manufacture R. 24 fo. 214) lauten: M. Isabey peintre. 1817 __Donne Rendu Septembre 6 6 Assiettes du Dejeuner No. 12 de 1816 dit des 24 heures de l’homme des champs pour six sujets de figures et paysages ä la sepia ä 160 frs.... 960 frs. 6 6 Tasses A B pour le m&me ddjeuner et le m&me nombrerdersujelssa 160,ns a ers 3605 Vu 1920 frs. Alex. B.[rogniart] Decembre Pour la location de einqg dessins des sujets des 3 grandes pieces de son dejeuner de ’homme des CHAINPSLEHREUWN DICH TE Pr de ee re ee ee 802, Eine frühere Eintragung (R. 23 fo. 10/5) giebt Auskunft darüber, dass Alex, Brogniart im August 1816 die 6 auf den Tellern und die 6 auf den Tassen dieses Geschirres in viereckigen Rahmen gemalten Scenen aus dem Landleben im ersten Brande mit der Skizze gebilligt hat. „Vu ebauche cuitte“ besagt sein Vermerk. Ein drittes Actenstück endlich (R. VI F. 1€) berichtet über den Verkauf: Livre au Roi ä la suite de l’Exposition de la fin de l’annee 1817. Pour Madame 1 dejeuner compos& de 6 tasses et souscoupes, 3 grandes pieces et 6 assiettes, fond nankin, sujets peints en brun clair reprösentant les travaux et les prineipales &poques de la vie du cultivateur, avee &tui........eneererene 4,665 frs. Der erste unserer Teller, der auch des Malers Namen trägt, stellt für die Stunden von 11 bis 1 Uhr im Juli die Heuernte, „la Fanaison“ dar. Der zweite für 1 bis 3 Uhr im August die Getreideernte „la Moisson“, der dritte für 3 bis 5 Uhr im September das Pflügen „le Labour“, Ö Museum für Kunst und Gewerbe. der vierte für 5 bis 7 Uhr im October das Keltern der Trauben „le Pressoir“ ; der fünfte, für 7 bis 9 Uhr im November, das gemeinschaftliche Abendessen der Hausgenossen „le Souper“; der sechste, für 9 bis 11 Uhr im December die Spinnstube der Alten und den Tanz der Jungen „la Veillee“. Alle diese Scenen sind von Isabey nach eigenen Entwürfen in Sepia-Malerei auf das zarteste mit feinster Beobachtung der Luft- und Liehtwirkungen ausgeführt. Gleichfalls dem Hausfedt'schen Legate verdankt die Sammlung ein für die Geschichte der deutschen Fayencekunst sehr bedeutsames Stück, die hier abgebildete Schüssel. Diese gehört zu einer Gruppe süddeutscher Fayencen, deren Entstehungsort festzustellen noch nicht gelungen ist. Die grosse Seltenheit dieser Fayencen und das Fehlen jeglicher Orts- und Werk- stattsbezeichnungen auf ihnen gestatten einstweilen nur Vermuthungen. Dass Deutschland im 16. Jahrhundert italienische Fayencegeschirre aus deren Heimath bezog und dort solche auf deutsche Bestellung mit nürn- bergischen und augsburgischen Geschlechter-Wappen bemalt wurden, ist nachgewiesen und an einer Reihe von Majoliken des hamburgischen Museums (s. Führer $. 288) zu verfolgen. Wie schon A. Essenwein mit Recht betont hat, müsste es in hohem Grad Wunder nehmen, wenn damals nirgend in Deutschland der Versuch gemacht worden wäre, ähnliche Waaren selbst herzustellen. Die wichtigsten der bis vor Kurzem bekannten Stücke, die als Belege für diese Versuche gelten dürften, sind im Germanischen Museum zu Nürnberg vereinigt. Es sind das die Schale auf niedrigem Fuss mit der Darstellung des schlafenden Simsons, dem Delila das Haar scheert, v. J. 1526; die Schüssel mit der Muttergottes in einer Strahlenglorie auf dem Halbmonde v. J. 1530 und die Schüssel mit einer weiblichen Halb- figur in der Zeittracht v. J. 1531. Diese drei Stücke und einige ihnen nahestehende in anderen Museen zeigen auf weissem Zinnemail-Grunde blaue Malerei, der an der Schale v. J. 1526 noch bräunlichgelbe und hellgrüne Lasuren hinzutreten. Die Behandlung des Schmelzgrundes und des Blau ist nicht bei allen die gleiche, sondern zeugt von einer bei den Anfängen eines neuen Verfahrens häufigen Unsicherheit. Während in den Ornamenten der Ränder auf den beiden Schüsseln Motive italienischer Fayencen anklingen, verrathen die figürlichen Darstellungen deutsche Hände. Dies nicht nur in der Weise, dass ihnen, wie den Malereien mancher italienischen "ayencen Vorlagen deutscher Zeichner zu Grunde lägen. Diesen Ineunablen der deutschen Fayencekunst reiht sich nun unsere, unlängst aus einer Stuttgarter Privatsammlung angekaufte Schüssel an, ja sie tritt in mehr- facher Hinsicht an die erste Stelle unter den verwandten Arbeiten. An ihr verschmelzen sich glücklicher als an irgend einem anderen Stücke dieser Gattung italienische und deutsche Elemente. Als Ganzes genommen bietet sie sich wie eine deutsche Ausgabe jener grossen Zierschüsseln mit Schenkungen und Vermächtnisse i. J. 1895. (El von Spruchbändern umflatterten Brustbildern schöner Frauen, die in Menge aus den Werkstätten Diruta’s hervorgegangen sind. Das Palmetten- ornament des Randes, das Schuppenornament der Hohlkehle, das Spruch- band und der mit Ranken damascirte Grund sind alles Anklänge an italienische Vorbilder. Die Frau aber ist in Form, Ausdruck und Schüssel von Fayence, süddeutsche Arbeit von ca. 1535. Die Ornamente und die Figur dunkelblau, der Hut manganviolett, das Haar, die Augen im Federbesatz und der Halsschmuck gelb. 1 y /s nat. Gr. Tracht eine echte Deutsche aus den Tagen Holbeins, wie nur eines deutschen Malers Hand sie malen konnte, und vollends das Spruchband weist durch Sprache, Schrift und derben Humor auf deutschen Ursprung. „Alen Ding ain Weil aber nit alweg 32” lautet die Inschrift; das will besagen, alle Dinge bedürfen zu voller Reife eine Weile, aber nicht immer der 32 Jahre. Das Zinnemail dieser Schüssel ist mager auf- getragen, von gelblichem Ton und stellenweis blasig ausgeblieben, CH Museum für Kunst und Gewerbe. Auf ihm liegt die schwarzblaue Farbe schwer und pastos; nur in den Ab- schattungen des Nackten am Schuppenrand und an den Bändern ist das Blau dünner und durchscheinend aufgetragen. Der breitkrämpige Hut und das Juwel im Anhängsel sind manganviolett, das Haar, der Halsschmuck und die Augen im Federbesatz des Hutes gelb lasirt, wobei das Gelb in Folge des Durchscheinens des Blau hie und da einen Stich ins Grüne zeigt. Ob dieses Hauptstück deutscher Majolika einer Nürnberger oder welcher süddeutschen Werkstatt entsprungen, lässt sich noch nicht bestimmen; an eine Schweizer Werkstatt ist jedoch nicht zu denken. Haben auch Schweizer Meister schon früh von den Italienern gelernt, so weicht unsere Schüssel doch von den ältesten ihrer Werke im Typus wie in den Einzel- heiten auf das entschiedenste ab, von den Arbeiten der Winterthurer aus der zweiten Hälfte des 16. Jahrhunderts gar nicht zu reden. Auch durch Gaben warmer Hand wurde das Museum i. J. 1895 um zahlreiche und werthvolle Altsachen bereichert, die vorzugsweise der keramischen Sammlung zu Gute kamen. Der langgehegte Wunsch, einige jener anmuthigen antiken Terracotta- figuren zu gewinnen, die in Griechenland an verschiedenen Orten, insbesondere aus dem Boden der böotischen Stadt Tanagra zu Tage gefördert werden, ist nunmehr erfüllt. Freunde des Museums spendeten die erforderlichen Mittel, bei gebotener Gelegenheit drei aus tanagräischen Gräbern stammende kleine Frauenfiguren anzukaufen, alle drei Beispiele der ins Zierliche gehenden Geschmacksrichtung des 4. Jahrhunderts v. Chr. Zwei Varianten eines beliebten Motivs sind vertreten in einer grösseren und einer kleineren Figur einer stehenden jungen Frau, die ihre Rechte unter dem festumgelegten Mantel in die Seite stützt und in der Linken einen Blattfächer hält. Die erstere ist von Frau Marie Oppenheim, die letztere von Herrn Generalconsul Zd. Behrens geschenkt. Lebhafter bewegt ist die dritte, von Herrn L. E. Amsinck geschenkte Figur eines jungen Mädchens, das in eiligem Lauf mit der hochgehobenen rechten Hand einen Apfel zu werfen im Begriff ist. Von der Bemalung, die alle Tanagra-Terracotten im Urzustande zierte, sind an dieser Figur deutliche Spuren vorhanden. Haar und Schuhe waren rothbraun, das Untergewand hellblau und der Mantel rosafarben. Auch zwei Thonreliefs, ausgezeichnete Arbeiten französischer Künstler des18. Jahrhunderts, sind als Geschenke zu verzeichnen. Das eine, ein Geschenk des Herrn Bürgermeisters Dr. Mönckeberg zeigt den geist- vollen Kopf des deutschen Bildhauers Philipp Jacob Scheffauer, eines Zeitgenossen und Jugendfreundes des berühmteren Dannecker. Beide waren in der vom Herzog Karl vom Württemberg auf der Solitude errichteten Karlsschule ausgebildet, dann in noch jugendlichem Alter als Hofbildhauer für die fürstlichen Neubauten angestellt, aber schon 1783 unter Fortbezug Schenkungen und Vermächtnisse i. J. 1895. GII ihres Gehaltes zur Fortsetzung ihrer Studien nach Paris beurlaubt worden. Im Herbst 1785 wanderten beide Genossen zu Fuss von Paris nach Rom. Scheffauer war damals 29 Jahre alt. Er verweilte in Rom bis gegen Ende des Jahres 1789 und wurde dann als Professor an die Karlsschule berufen. Kurz vor seiner Heimkehr im September 1789 ist sein lebensvolles Bildniss, das jetzt dem Museum gehört, von einem semer jüngeren französischen Freunde, dem aus Toulouse gebürtigen Lange modelliert worden. Das Modell ist ohne Abformung gebrannt worden, das Medaillon gibt daher dies Werk Lange’s unmittelbar wieder. Das andere Medaillon, ein Geschenk des Freiherrn Friedrich von Westenholz, ist ein Werk des italienischen, in Frankreich thätig gewesenen Bildhauers J. B. Nini und zwar dasjenige, das als sein Meisterwerk gilt und als solches auch in Maze-Sencier’s „‚Livre des collectionneurs‘ abgebildet ist. Es zeigt uns eine der Schönheiten ihrer Zeit, Suzanne Jarente de la Reyniere, und ist i. J. 1769 entstanden. Vor den Medaillons berühmterer Zeitgenossen, die Nini nur nach Medaillen modelliren konnte, hat es den Vorzug einer Arbeit nach dem Leben. Nini, der seine Thonmedaillons zum grossen Theil aus von ihm selbst geschnittenen Metallformen presste, hat die von ihm selber hergestellten Ausformungen auf das Zarteste überarbeitet; daher auch das gelockte Haar und die Spitzentracht der jungen Schönen hier so fein durchgeführt erscheinen. Die Versteigerung der Sammlung Antiq in Paris, einer besonders durch ihre schönen Fayencen von Rouen ausgezeichneten Sammlung, konnte, dank den hierfür von einer Anzahl unserer Freunde gewidmeten Gaben, zu einer bedeutenden Vermehrung der Fayencen-Sammlung benutzt werden. Damit und mit den aus den Mitteln des Zduard Behrens’schen Legates bei demselben Anlass erworbenen Stücken ist unsere Abtheilung der Fayencen von Rouen zu einer Vollständigkeit gelangt, die wenig mehr zu wünschen lässt. Herrn Senator Sfahmer verdanken wir eine Zucker- streubüchse mit den für die Blüthezeit der Rouener Fayence-Industrie so bezeichnenden Behangmustern in feinster Blaumalerei; Herrn von Laer ein derartiges Gefäss, bei dem ein wohlgelungenes Roth, wie es ausser den Delftern nur die Rouener Töpfer zu erzielen verstanden, dem Blau sich einfügt; Herrn @. J. Cords einen jener ebenso schönen, wie geschichtlich werthvollen Teller mit dem Wappen des Geschlechtes der Poterat, deren einer den Grund zu der Fayence-Industrie von Rouen gelegt hat; Frau J. H. Everwahn einen Teller mit jenem Muster, das im Handel „au vase fleuri“ bezeichnet wird und in den kräftig decorativen Farben der Füllhornmuster eine blumengefüllte Vase über einer Kartusche mit chinesischer Landschaft zeigt; Herrn Dr. J. Wolffson einen Teller, auf dem blühende Stauden, Vögel, eine Gartenhecke und ein pfeilspitzschwänziger Tiger eine der selteneren Verbindungen ostasiatischer Motive darbieten. CV Museum für Kunst und Gewerbe. Auch der Abtheilung der japanischen Töpfer- arbeiten sind werthvolleGaben zu Gute gekommen. Ein Haupt- stück, das am Kopfe dieses Abschnittes abgebildete Koro aus Takatori in der Provinz Chikuzen, verdanken wir Frau Auguste Jauch. Als Motiv für dieses Räuchergefäss hat der Töpfer den Fusi-no-yama ge- wählt, aus dessen dreigetheiltem, schneebedecktem Gipfel der Dampf des Räucherwerkes ent- weicht. — Ein schönes Beispiel der feinen Wirkung der geflos- senen Glasuren, durch welche die japanischen Töpferwaaren in jüngster Zeit vorbildlich für Neuheiten der europäischen Keramik geworden sind, bietet Japanische Sakeflasche aus Steingut, mit ge- die hier abgebildete Sakeflasche, krackter, bräunlich weisser Glasur und moos- P 3 grüner Ueberglasur. Hozan-Waare. !/ nat. Gr. ein Geschenk des Herrn A. H. Wessely. Ueber ihren fein- gekrackten, altelfenbeinfarbenen und durch Einsickern des Reisweines während langen Gebrauches hie und da dunkler gewölkten Grund fliesst vom Hals moosgrüne Glasur herab; durch den Stempel Hozan ist sie als ein Er- zeugniss einer schon im 17. Jahrhundert in Kioto blühenden Werkstatt bezeichnet. — Eine Steinzeug-Schale von der „Sara“ genannten flachen Form, ein Geschenk von Fräulein Marianne Busse, giebt sich durch die weissen Einlagen, verstreute Kirschblüthen und Inschriften, in bräunlich- grauem Grund als ein Erzeugniss von Yasutshiro in der Provinz Higo, zu erkennen. Von besonderem Interesse ist die Inschrift; sie giebt zur einen Hälfte in chinesischen, zur anderen in japanischen Schriftzeichen die 61. Uta aus einem klassischen Gedichtbuch der Japaner, der Hyakninishiu oder „Utas von hundert Dichtern“, dessen Zusammen- stellung aus älteren Dichtungen in der Periode Bunriaku, i. J. 1235 unserer Zeitrechnung, stattgefunden hat. Der Sinn der Uta auf unserer Schale geht dahin, dass ein achtfach, d. h. gefüllt blühender Kirschbaum, verpflanzt aus der alten Kaiserstadt Nara bei der Verlegung der Residenz, in dem neunfach ummauerten neuen Palast des Kaisers noch köstlicheren Duft entfalte. Annähernd übersetzt unter Beachtung des Silbenmaasses des Originals würde die Uta etwa folgendermaassen lauten: Schenkungen und Vermächtnisse i. J. 1895. CV Achtfacher Kirschbaum Duftete in alter Zeit Der Hauptstadt Nara; Der neunfach ummauerten Duftet er köstlicher heut. Für die Volksthümlichkeit der jedem Japaner geläufigen Verse der Hyakninishiu spricht noch ein anderes Stück, ein Chawan (Theekümmchen) von neuzeitiger Arbeit, das wir Herrn ©. A. Propfe verdanken. Es ist ein Werk jener Künstlerm Koren, die neben ihrer Thätigkeit als Lehrerin in Mädchenschulen sich dem Modelliren kleiner Thonfiguren und Gefässe widmet. Ihre Gestalten junger Japanerinnen gehören zu den reizvollsten Erzeugnissen der neuzeitigen Kunst Japans. Schon früher erwarb das Museum die Statuette eines jungen sich den Hals trocknenden Mädchens von anmuthigster Haltung und Bewegung. Das jetzt hinzugekommene Kümmchen zeigt innen gelbe, braun zusammenlaufende Glasur, aussen in dem dunkelen Braunroth des unglasirten Thones ein leichtes, freihändig modellirtes Relief. Dieses bietet ein Landschaftsbild: über Wellen auf- fliegende Möven und neben alten Kiefern und etlichen Häusern ein Balken- thor. Dazu sind nur wenige Worte verstreut eingeritzt: .... Kayo (fliegen) .... nezamenu (nicht aufwachen) .... Sekimori (Wächter eines Thores). Jeder seiner Klassiker kundige Japaner weiss, dass diese drei Worte in der 78. Uta der Utas von 100 Dichtern vorkommen. Sie genügen ihm, sich der Verse zu erinnern, die lauten: „Awajı shima Kayo chidori no naku Koye ni iku yo nezamenu Suma no Sekimori“. In freier Uebersetzung etwa folgendermaassen: Abendlicher Schrei von Awaji gen Suma fliegender Möven Vom Wächter an Sumas Thor allabendlich scheucht den Schlaf. Als ein seltenes Erzeugniss der zu Hagi m der Provinz Nagato betriebenen Töpfereien ist der auf S. CVI abgebildete Feuertopf, ein Geschenk des Herrn Senator Schemmann, hervorzuheben. Im Gefolge eines der japanischen Feldherren in dem Eroberungszuge gegen Korea, des Mori Terumoto, war in den letzten Jahren des 16. Jahrhunderts ein koreanischer Töpfer, Namens Li Kei, nach Japan gekommen. Er hatte sich in Hagi niedergelassen, wo er unter dem Namen Saka Koraizajemon eine Töpferwerkstatt einrichtete. Aus dieser noch heute von den Nachkommen ihres Begründers in der achten Generation betriebenen Werkstatt sind im 17. und 18. Jahrhundert viele geschätzte Gefässe, wie sie den Theetrinkern bei den Chanoyu-Gesellschaften dienten, hervorgegangen. Zumeist wirkte das Hagi-Yaki nur durch den farbigen Schmelz seiner Glasuren oder etwa .. 1 CVI Museum für Kunst und Gewerbe. noch durch weisse Einlagen in Art der alten koreanischen Mishima-Waare. Seltener wurde die Ye-Hagi genannte, d. h. bemalte Waare erzeugt, von deren Schönheit unser Gefäss eine Vorstellung gibt. Die Masse ist von gelblichweisser Farbe und etwa der Härte des englischen Steinguts. Die ziemlich dick aufsgetragene und unregelmässig gekrackte Glasur hat die Farbe alten Elfenbeins und zeigt hie und da besonders am oberen Rande ockerbraune Wölkung, die durch das Eindringen des Rauches in die nicht ganz harte Masse hervorgerufen scheint. Die Stengel und Blätter der wachsenden Nelken sind schwarz, ihre Blüthen in blassem Ziegelroth gemalt, das im Ton und in dem erhabenen Auftrag auffällig an das Roth türkischer Fayencen erinnert. So flott, ja flüchtig die Malerei, sprechen doch aus ihr die Hand und der Geschmack eimes Künstlers, der die Naturformen nicht blos kopierte, sondern ihren decorativen Inbegriff schlicht aber ein- dringlich wiederzugeben verstand. Auf technische Besonderheiten der Werkstatt, aus der dieses Gefäss hervorgegangen, deuten auch drei kleine kreisrunde Vertiefungen auf dem Boden, der von einem erhabenen, die Randfläche bildenden Rand umfasst wird. Ihnen entsprechen auf der Innenfläche des Bodens drei knopfförmige Erhöhungen. Offenbar stand der Topf während des Brennens auf drei kleinen Stützen, die aber nicht, wie meistens der Fall, mit dem Thon des Gefässes zusammengebacken wurden und daher auch nicht nach dem Brennen und ihrer Entfernung rauhe Vorsprünge hinterliessen. Japanischer Feuertopf von Steingut, altelfenbeinfarben glasirt, die Stengel und Blätter der Nelken schwarz, die nn ziegelvrotl. Ye-Hagi-Waare. / nat. Gr. Schenkungen und Vermächtnisse i. J. 1895. GVI Diesen japanischen schliessen sich koreanische Töpferarbeiten an, die wir Herrn Consul 7. ©. Eduard Meyer verdanken. Es sind alte Seladon- Porzellane, Theekummen von Mishima-Waare und manniefach gestaltete Wasserbehälter, sog. Tropfenzähler für die Tusche des Schreibers und Malers. Ein Hauptstück ist eine flache Kumme, die auf seladongrünem Grund weiss und schwarz ausgefüllte Zeichnungen darbietet. Innen auf der kleinen Bodenfläche zwei Fische und auf der breiten Wandung Schwimmvögel neben Trauerweiden und blühenden Stauden; aussen wappenartig gezeichnete Chrysanthemumblüthen in Kreisen, abwechselnd mit leichtem Rankenwerk. Unter dem Boden dicke rauhe Ansätze der Stützen, auf denen die Kumme beim Brennen stand. Eine andere Kumme von ebenfalls flacher Schalenform aus porzellanartiger, durchscheinender Masse, mit lichtgrauer, hier und da bräunlicher, mattglänzender und nicht gekrackter Glasur zeugt von einem anderen Verfahren beim Brande. Die Glasur überzieht hier gleichmässig die ganze Unterfläche, fehlt aber am oberen Rand. Das Gefäss stand offenbar umgekehrt im Ofen, und die daraus sich ergebenden Rauhheiten des Randes wurden nachher sorgsam abgeschliffen. Schalen dieser Arten galten nach des Schenkers Erfahrungen in Korea als besonders alt und werthvoll. Ein gleiches Verfahren ist auch bei einem flachen kleinen Teller beobachtet worden, in dessen Fläche, als sie noch weich war, wie bei den alten chinesischen Seladonen eine Blumenzeichnung eingeritzt ist, die dann durch die Glasur ausgefüllt wurde, Erfreulich ist, dass auch für die neue Abtheilung der Waffen, auf deren Bedeutung wir oben anlässlich des Ankaufes eines griechischen Helmes hingewiesen haben, ein kostbares und schönes Stück geschenkt worden ist, eine doppelläufige Jagdflinte mit Feuersteinschloss, die wir der Güte des Herrn Baron Henry Schröder m London verdanken. Alles, womit die zierenden Künste des 18. Jahrhunderts den Erzeugnissen des Waffenschmieds Glanz und Werth verleihen konnten, ist diesem Prachtstück zu Theil ge- worden. Schaft und Kolben, aus dunklem Nussholz verfertigt, sind mit flachgeschnitzten Blumen, mit eingelegten Ranken aus Silberdraht, mit aufgelegten Reliefplatten aus geschnittenem Eisen und getriebenem Silber verziert. In Umrahmungen von Rococoornamenten sind auf diesen Platten allerlei Jagdthiere dargestellt. Die blau angelassenen Läufe zeigen golden tauschirte Ornamente und an ihrem unteren Ende in goldenem gepunztem Grunde aus dem Stahl geschnittene Jagdtrophäen von vollendeter Durch- führung. Als Verfertiger dieses fürstlichen Gewehrs nennt sich an ihm zweimal, zwischen den Läufen in golden tauschirten grossen Buchstaben und an dem Schloss Johann Christoph Wilhelm Freund A Fürstenau Anno 1782. Freund ist ein auch durch andere ausgezeichnete Feuer- gewehre, von denen solche in der Sammlung Erbach erwähnt werden, bekannter deutscher Waffenschmied, von dem man jedoch sonst wenig weiss. CVDI Museum für Kunst und Gewerbe. Eine Sammlungsgruppe, die im Jahre 1893 durch beträchtliche Ankäufe auf der Vente Spitzer in Paris zu selbständiger Bedeutung gelangte, die Abtheilung der nautischen und mathematischen Instrumente, hat in diesem Jahre eine Vermehrung durch drei Stücke erfahren, deren jedes in seiner Art werthvoll und bedeutsam ist. Dieselbe Gönnerin, Frau Azimutkreis aus vergoldetem Kupfer, französische Arbeit der ersten Hälfte des 17. Jahrhunderts, von P. Danfrie in Rouen. ?/, nat. Gr. G. L. Gaiser, die jenen Ankauf aus der Sammlung Spitzer durch eine hoch- herzige Schenkung ermöglichte, hat auch diese drei Instrumente gespendet. Die älteste Form der Apparate zum Messen von Höhenwinkeln vertritt eines der Instrumente, ein sogenannter „Jacobs-Stab“ („baculus astro- nomicus“ oder „geometricus“). Er besteht aus einem mit Gradtheilung Schenkungen und Vermächtnisse i. J. 1895. DL versehenen vierkantigen Stabe aus Ebenholz, auf den Kreuzstäbe beweglich aufgeschoben sind. Bezeichnet ist er: „1707. P. Boekenes“. Aus Holz ist auch das zweite Instrument gefertigt, ein „Nocturnal“ oder „Nocturlabium“, d. i. ein Instrument zur Zeitbestimmung bei Nacht. Es ist zusammengefügt aus drei centrisch drehbaren Scheiben, deren eine in ein Lineal endigt. Durch die Scheiben geht in der Mitte ein Loch. Der Beobachter blickte durch dieses nach dem Polarstern, indem er das Intrument so hielt, dass die grösste (Aequator-) Scheibe in der Ebene des Himmels-Aequators lag; gleichzeitig visirte er mit dem drehbaren Lineal den Grossen oder Kleinen Bär. Auf der Stundenscheibe konnte er sodann die Sternzeit ablesen, deren Differenz mit der Uhrzeit man ienorirte. Das Instrument ist englischer Herkunft; auf dem Lineal steht: „Mr. John Alcock 1743“. Im Gegensatz zu diesen nicht verzierten Instrumenten ist das dritte gerade durch künst- lerische Verzierung ausgezeichnet. Es ist em Azimutkreis, der aus vergoldetem Kupfer gefertigt ist und in feiner Gravirung auf der Grad- scheibe eine mit Grotteskmotiven geschmückte Windrose, auf dem Deckel der in der Mitte angebrachten Bussole die Enthauptung des Goliath durch David zeigt. Für letzteren Vorgang, der sich vor emem überaus sorgfältig gezeichneten landschaftlichen Hintergrunde abspielt, hat der Verfertiger des Instruments, P. Danfrie in Rouen, einen Kupferstich des französischen Meisters Etienne Delaune als Vorlage benutzt. Aus derselben Zeit, aus der das Instrument herrührt, der ersten Hälfte des 17. Jahrhunderts, stammt das zugehörige mit grünem Seidenplüsch gefütterte Futteral, dessen brauner Lederbezug mittelst Buchbinderfileten mit eingepressten Goldborden geziert ist. Eine erfreuliche Thatsache ist, dass die Intrumentensammlung seit ihrer Begründung allseitiges und lebendiges Interesse gefunden hat. Das ist leicht begreiflich, wenn man sich vergegenwärtigt, dass diese Sammlung auch mittelbar der Geschichte der Seefahrt und des Seehandels dient, also denjenigen Berufszweigen, denen unsere Vaterstadt ihren Wohlstand verdankt. Von altägyptischen Bronzen besass das Museum bisher nur ein Stück, den im Führer abgebildeten Sperber. Neben diesem steht jetzt eine Bronzestatuette, die uns Herr Dr. Max Linde aus Aegypten mitgebracht hat. Sie stellt die Göttin Isis dar, die das Horuskind auf dem Schoosse hält und die rechte Hand an die Brust lest, um ihm Nahrung zu geben. Die Göttin erscheint in eng anliegendem Gewande, auf dem gekrönten Haupte trägt sie die von zwei Kuhhörnern eingefasste Sonnenscheibe. Auffällig schlank sind die Verhältnisse ihrer Gestalt und überlang ihre Gliedmassen, eine Eigenthümlichkeit, die in Verbindung mit einer stellen- weise schwellenden Formgebung der Fleischpartien der gesuchten Rleganz der Spätzeit ägyptischer Kunst entspricht. Die Statuette entstammt ersichtlich der saitischen Periode (663—340 v. Chr.), einer Zeit, deren Kunst neben CX Museum für Kunst und Gewerbe. der Anfertigung von Bildwerken aus hartem Stein die Bronze zur Herstellung von kleinen Andachtstiguren der Landesgottheiten bevorzugte. Mehreren Abtheilungen ist eine zweite Sendung des Herrn Gustavo Jencquel in Madrid zu Gute gekommen. Der schon früher durch diesen Förderer unseres Museums bereicherten Sammlung spanischer Azulejos (farbig glasirter Thonplatten für Wand- und Fussbodenbelag) sind damit neue Muster hinzugekommen. Auch die Abtheilungen der spanischen Fayence- und Glasgefässe sowie der Lederarbeiten erhielten willkommenen Zuwachs. Einen werthvollen Beitrag zu unserer noch sehr bescheidenen Sammlung alter Siegelstempel verdanken wir Frau J. H. Everwahn. Sie schenkte ein silbernes, vergoldetes Petschaft, mit dem in einen künstlichen braunen Stein geschnittenen Gräflich Schaffgotsch’en Wappen. Die Farbe des Steins gleicht ganz derjenigen des Böttger’schen braunen Steinzeuges, das von fast jaspisartiger Härte ist und sich wie ein Halbedelstein schneiden und poliren lässt. Die bischöflichen Insignien — Mitra und Krumstab — deuten darauf, dass dies Petschaft dem Grafen Philipp Gotthard von Schaffgotsch gehört hat, der i. J. 1745 Fürstbischof von Breslau wurde. Fräulein E. Ohrtmann hat dem Museum eine seit mehr denn einem Jahrhundert in ihrer Familie vererbte Puppenstube geschenkt. Diese zeigt uns die Ausstattung des Wohnzimmers eines wohlhabenden hamburgischen Bürgerhauses im letzten Viertel des 18. Jahrhunderts. Auf das getreueste ist jedes Stück des Hausrathes nachgebildet; die einzelnen Möbel, die Kommode, das Klavier, der runde Frühstückstisch, der Klappspieltisch, die Stühle und das „Thee-Komfoor‘“‘ haben den Werth von Möbelmodellen, so sauber sind sie aus dem damals modischen Mahagoniholz gearbeitet. In ihrer zweckmässig schlichten, schmucklosen Form nähern sie sich derjenigen Geschmacksrichtung, der heute wieder Viele sich zuwenden. Die geschweiften Formen des Rococo sind durch geradlinige ersetzt; der Einfluss der falschen Antike zeigt sich besonders in dem weissen Ofen in Säulenform mit dem Urnen-Aufsatz. Eine hübsche Sammlung von Siegeloblaten wurde dem Museum von Frau Henriette Bennin Wwe. aus dem Nachlass ihres verstorbenen Mannes Herrn E. A. H. Bennin überwiesen. In der sorgfältig geordneten und durchweg aus tadellosen Exemplaren bestehenden Sammlung sind die Amtssiegel deutscher und österreichischer Behörden am zahlreichsten vertreten, daneben finden sich aber auch Siegel aus aller Herren Länder, besonders Consulatssiegel in beträchtlicher Anzahl. Die Bedeutung einer solchen Sammlung ist eine doppelte: einmal haben die Ausprägungen so vieler und so verschieden geschnittener Stempel als Erzeugnisse der Graveurkunst und als vorbildliches Material für alle verwandten Gewerbe ihren Werth, zweitens bietet sie zugleich eine Sammlung von Städtewappen in authentischer Darstellung. Wechselnde Ausstellungen i. J. 1895. CXT Wechselnde Ausstellungen. Unter den wechselnden Ausstellungen des Jahres 1895 knüpften diejenigen aus den Beständen unserer Hamburgensien- Sammlung an Gedenktage oder wichtige Tagesereignisse an. Die am 25. und 26. Juni begangene 500-jährige Jubelfeier des Anschlusses von Billwärder, Ochsen- wärder und Moorwärder an Hamburg bot Anlass zu einer Ausstellung alter Pläne und Ansichten, sowohl dieser Landschaften, wie der alten Verkehrs- wege zwischen ihnen und der Stadt und der an denselben belegenen Vororte Hamm und Horn. Eine zweite Ausstellung schloss sich an die in der Ausführung begriffene Umgestaltung und Ueberbrückung des zwischen dem heutigen Millernthor und der Elbe belegenen Abschnittes der Wallanlagen. Die zu Beginn des 30-jährigen Krieges errichteten, die Neustadt schützenden Festungswerke, ihre Umänderung zu Gartenanlagen beim Beginn der Ent- festigung Hamburgs zu Anfang des neunzehnten Jahrhunderts, ihre wieder- holte Herrichtung zu kriegerischen Zwecken unter der Franzosenherrschaft und ihre weiteren Erlebnisse bis zu der internationalen Gartenbau-Ausstellung des Jahres 1869 und bis zu unseren Tagen wurden in Plänen und Abbildungen vorgeführt. Der Plan des Oberingenieurs Herrn Franz Andreas Meyer für die Neugestaltung bildete den Abschluss. Eime dritte Ausstellung veran- schaulichte die malerische Umgebung der St. Jacobi-Kirche kurz vor dem Beginn der Abbruchsarbeiten und Neubauten, die vor anderthalb Jahrzehnten in Angriff genommen, nunmehr die letzten dort noch stehenden kleinen Wohnhäuser aus dem Ende des Mittelalters verschwinden lassen werden. Für alle diese Ausstellungen bot die uns im Vorjahre überwiesene Hamburgensien-Sammlung des Fräuleins Zbba Tesdorpf sowohl in ihren alten Blättern wie in den unschätzbaren eigenen Aufnahmen der Schenkerin den ausgiebigsten Stoff. Einzelne, nur einmal vorhandene alte Pläne aus der Sammlung des hamburgischen Staatsarchivs vervollständigten gelegentlich das Bild, das wir aus dem eigenen Besitz von den früheren Zuständen unserer Stadt vorführen konnten. Eine vierte Ausstellung, diese ausschliesslich aus unseren eigenen Beständen, umfasste die von hiesigen Vereinen über die Aufnahme oder die Ehrung von Mitgliedern ausgestellten Urkunden oder die Vordrucke zu solchen, sowie die Urkunden über die auf ham- burgischen Ausstellungen verliehenen Auszeichnungen. Wie alle derartigen Ausstellungen bot auch diese den Besuchern derselben Anregung, der Sammlung Blätter zu überweisen, die sie in der Ausstellung vermisst hatten. Zu Ehren des 80sten Geburtstages Adolf Menzel’s eröffnete das Museum am 8. November eine Ausstellung von Lithographien und Radirungen von der Hand dieses Altmeisters deutscher Kunst. Was aus- gestellt wurde, war durchweg der eigenen Sammlung des Museums entnommen, das die Gelegenheitsblätter Menzel’s in genügender Vollständigkeit besitzt, CXI Museum für Kunst und Gewerbe. um ein übersichtliches Bild der wundersamen Leistungen des Künstlers auf diesem Arbeitsfelde vorzuführen. Seinen eigenen Werken schlossen sich diejenigen Gelegenheitsblätter an, die bei den wiederholten ihm von der Berliner Künstlerschaft erwiesenen Ehrungen ausgegeben wurden; endlich auch die Blätter zu Menzel’s Ehrung an seinem 80. Geburtstage. Die gegen Ende des Jahres 1894 eröffnete koreanische Aus- stellung, über die schon im vorigen Bericht Näheres mitgetheilt worden, blieb noch i. J. 1895 einige Monate beisammen. Sie gab einem jungen hamburgischen Kunsthistoriker, Herrn Dr. Ernst Zimmermann, Gelegen- heit zur Abfassung einer im Verlage von Carl Griese erschienenen, mit zahlreichen Lichtdrucktafeln ausgestatteten Schrift, in der zum ersten Mal versucht ist, das wegen semer Beziehungen zu Japan wichtige koreanische Kunstgewerbe im Zusammenhang zu behandeln. Die in der dauernden Ausstellung den hamburgischen Kunsthandwerkern gebotene Gelegenheit, ihre neuen Erzeugnisse vorzuführen, wurde wie in den Vorjahren benutzt. Auch konnte ein letztes Mal durch Benutzung der noch nicht mit Sammlungsgegenständen besetzten neuen Räume auf der Nordseite des Museumsgebäudes für die Oster- Ausstellung von Gesellen- stücken der Lehrlinge hamburgischer Innungsmeister Raum beschafft werden. In Zukunft, wo dies im Museum nicht mehr möglich sein wird, werden diese jährlichen Ausstellungen in den Räumen des neuen Innungshauses Unterkunft finden. Ausnahmsweise, wenn es sich um Arbeiten von hervorragender Bedeutung handelt, werden in die dauernde Ausstellung auch auswärtige Erzeugnisse aufgenommen. So im Jahre 1895 ausgezeichnete Porzellan- gefässe mit künstlerischen Blaumalereien aus der unter Phil. Schou’s Leitung stehenden Königlichen Porzellan-Manufaktur zu Kopenhagen und jene eigenartigen mit geflossenen Glasuren und Lüsterfarben geschmückten Fayencen, mit denen Hermann A. Kähler in Nästved auf Seeland jüngst ein bisher nur von den Franzosen gepflegtes Gebiet der Keramik erfolgreich betreten hat. Die Sammlungen der Hamburgensien, der Gelegenheitsblätter und Ornamentstiche. Unsere durch die Sammlung von Fräulein Ebba Tesdorpf, über deren Stiftung wir im vorigen Jahre berichtet haben, zu einer der reichhaltigsten aller ähnlichen Sammlungen erhobenen Hamburgensien-Sammlung wurde im Jahre 1895 durch Geschenke vielfach vermehrt. Künstler, Druckereien und Vereine wetteiferten in der Zuweisung neu herausgegebener Blätter. Auch von den älteren Drucksachen, bei denen noch manche Lücken auszufüllen sind, gelangten manche als Geschenke zu uns. Solche Die Sammlungen der Hamburgensien, der Gelegenheitsblätter u. s. w. CXII Drucksachen anzukaufen, nehmen wir im Allgemeinen Abstand, da wir hoffen dürfen, dass die grosse Theilnahme, der diese Abtheilung unserer Sammlungen begegnet ist, sich auch ferner hülfreich erweisen und uns all- mählich zum Besitz eimer lückenlosen Sammlung aller hamburgischen Blätter verhelfen wir. Am vollständigsten sind jetzt die Ansichten und Gelegenheitsblätter vertreten, am meisten lassen noch die Bildnisse zu wünschen übrig. Ausnahmsweise durch Käufe diese Sammlung zu ver- mehren, sind wir nur dann bedacht, wenn es sich um Handzeichnungen handelt, die immer Unica sind. Anders liegt es mit der Sammlung der — ausserhalb Hamburgs entstandenen — Gelegenheitsblätter. Gelangen diese auch durch auswärtige Freunde des Museums nicht selten schenkungsweise zu uns, so ist es doch ganz ausgeschlossen, auf diesem Wege zu einer annähernden Vollständigkeit dieser kulturgeschichtlich so überaus wichtigen und meistens auch als künstlerische Leistungen interessanten Blätter zu gelangen. Sie käuflich zu erwerben, ist nicht leicht, da der Buch- und Kunsthandel sich mit diesen Erzeugnissen des Druckes bisher nirgend ernsthaft beschäftigt, sie nicht klassifizirt hat. Nur dann und wann bietet sich zum Kaufen Gelegenheit, wenn einmal ein privater Sammler, der den reichen Inhalt der Gelegenheitsblätter rechtzeitig erkannt hat, seine Schätze preiszugeben geneigt ist. Mit solcher Gelegenheit gelangte die Sammlung des Herrn Dorgerloh in Berlin in unseren Besitz. Sie war besonders vollständig in Blättern aus dem Künstler-Vereinsleben der preussischen Hauptstadt, bot aber auch viele gute Blätter aus Müuchen und anderen Kunststädten. Die werthvollsten Schenkungen von auswärts erschienenen Gelegenheits- blättern verdanken wir der Frau Baronin v. Thielmann, dem Geh. Legations- rath v. Kiderlen- Wacechter und dem Geh. Ober-Postrath Kühl. Hervor- zuheben ist auch eine hunderte von Blättern zählende Sammlung von Weihnachts- und Neujahrskarten für den englischen Markt, „Printed in Germany“, die uns von Herrn E. Nister im Nürnberg, aus dessen Kunst- - anstalt sie hervorgegangen sind, geschenkt wurden. Herrn J. Winckler verdanken wir eine Sammlung japanischer Karrikaturen, die sich auf den Jüngsten Krieg Japans mit Korea und China beziehen. Zu grösseren und günstigen Ankäufen für die im Verhältniss zu den übrigen Sammlungen der Anstalt sehr zurückgebliebene Sammlung der Örnamentstiche führte die m Stuttgart durch die Gutekunst’sche Kunst- handlung vollzogene Versteigerung der Sammlung des Herrn Angiolini in Mailand. An dem Ausbau der Ornamentstichsammlung wird zunächst in dem Sinne gearbeitet, dass alle Meister durch einzelne Hauptblätter in guten Abdrücken vertreten sein sollen. Von dem weiteren Sinken der Preise auf diesem Felde des Kunsthandels wird es dann abhängen, inwie- weit wir an die Ausfüllung des so gewonnenen Rahmens denken können. CXIV Museum für Kunst und Gewerbe. Aus den Sammlungen von Ornamentstichen und kulturgeschichtlichen Blättern ist eine Neben-Sammlung solcher Blätter abgezweigt worden, die ausgeführten Gegenständen unserer Sammlung als Vorlagen gedient haben. Seit der Erfindung des Holzschnittes und des Kupferstiches haben sich die Kunsthandwerker der Entwürfe von Künstlern bedient als Vorlagen für Schnitzarbeiten, für Treib- und Gussarbeiten aus edlen und unedlen Metallen, für Email- und keramische Malereien. Je mehr sich die fabrik- mässige Herstellung kunstgewerblicher Arbeiten im 18. Jahrhundert ent- wickelt, desto entschiedener theilt sich die Arbeit zwischen dem Erfinder und den ausführenden Händen. Obwohl dieser Einfluss der Künstler, vorzugsweise der Maler und Stecher, auf das Kunstgewerbe ein offenbarer, ist die Kunstgeschichte dieser Entwickelung im Einzelnen noch nicht nach- gegangen. Aufgabe der neu angelegten Neben-Sammlung ist, für den Inhalt des kamburgischen Museums diesen Zusammenhang zwischen Kunst und Handwerk vor Augen zu führen. Hier nur einige Beispiele: Israel von Meckenen: Der Stammbaum Christi (Bartsch 202), geschnitzt auf einer niederdeutschen Truhe (Führer, Seite 636). Etienne Delaune: Die Vertreibung Adams und Evas aus dem Paradiese (Robert Dusmesnil 29), gemalt auf einem Teller von italienischer Majolica, Art von Urbino. Theodor Bang, Nürnberg: Örnamentaler Fries mit Vögeln, die ihre Hälse durch eine Schote steeken (aus der Folge Andresen I) — auf einem holländischen Bronzemörser v. J. 1622 (Führer, Seite 763). Mathias Scheits, Hamburg: Drei Stiche aus der von ihm illustrirten Lüneburger Bibel: Erblindung des Tobias — Susanna im Bade — Christus treibt die Händler aus dem Tempel — gemalt auf hamburgischen Fayenceöfen der Mitte des 18. Jahrhunderts (Führer, S. 1 bis 9). Jacques Roöttiers: Entwurf für einen silbernen Leuchter, Blatt 71 aus Pierre Germain’s Elements d’orfevrerie, nachgebildet in Porzellan von Kloster Veilsdorf. (S. Führer, Seite 451.) F. Boucher: Trommelndes Kind auf Wolken, aus einer Gruppe, gestochen von L. Larue, Folge B, 4 — gemalt auf einer Kumme von Wiener Porzellan vom Anfang des 19. Jahrhunderts. N. Laneret: ‚Le matin“ — Morgenkaffee im Boudoir — gestochen von N. de Larmessin, gemalt auf einem Hamburger Fayence-Ofen. (S. Führer, S. 7.) Jean Baptiste Greuze: Junge Mutter mit schlafendem Säugling auf dem Schooss, daneben schlafendes Kind auf einem Stühlchen und blasender Knabe, gestochen von Laurent Cars — danach modellirt eine Gruppe von Frankenthaler Porzellan (S LXXXI dieses Berichts). J. E. Nilson, Augsburg: Titel zu den Cartouches modernes accompagnes par des Enfans.. — Daraus tanzendes Paar und Harfenspieler auf einer Potpourri-Vase von Kieler Fayence. Daniel Chodowiecki: zwölf Stiche zu Lessing’s Minna von Barnhelm (Engel- mann 52) — gemalt auf einem Service von Berliner Porzellan a. d. J. 1772. (Bericht für 1894, S. XNXXVIIL) Schenau: „Siehe so wird gesegnet der Mann, der den Herrn fürchtet, Ps. 128, v. 4“, Aquatinta-Stich von €. F. Holtzmann, 1772; — danach modellirt eine der beiden Gruppen von Meissener Porzellan, „die glücklichen Eltern“. (S. Führer, Seite 416.) Die Bibliothek und das Lesezimmer. CXV Der Besuch der Sammlungen im Jahre 1895. Te en een age ler 3 100 Tee ee ae een ee 2145 MEZ 2 ee I eoe rd dle ce oninofe Snsclaeg: 3700 Bill ee ee er 14 537 I. ee luck: ale ee eher kene ee 2257 Aliimes one EN ee AL AR Erhe 2850 TE ee ae drntar 3 649 mans Se LEE 3 347 Serien sen Me Er 2.975 (oe senken cc 3 325 IN Over on nen ee emeg ea 4 338 Dieeanliir "es 806 eo sale len nice 3 262 zusammen ....49 485 Personen, von welchen 17 793 auf die Sonntage kamen. Die Bibliothek und das Lesezimmer. Der Besuch des Lesezimmers im Jahre 1895 ergiebt sich aus der folgenden Uebersicht: Tsrnnaie 2 eo eo gb 5 N) I. nee ee 124 WMiiez. a8 ae oe nee oa See 114 Man a TE 7102 Be nach: EN SUR en 20,00) er ae ee Eee 96 u us ie ..80 Senelir 2» 0 Saar ee 112 ONCE. 5 ee 167 November NE 208 an ne en OR ER 140 zusammen......1522 Personen, gegen 1651 im Jahre 1894. Diese 1522 Personen benutzten 1590 Bände, deren Vertheilung über die verschiedenen Fächer sich aus der folgenden Uebersicht ergiebt: Geschiehter oo... Bee 39 Kulturgeschichte ........ ec n: 24 EIER ee N he 97 Costümgeschichte ... . - A cr 33 Nase le ee EL ee RER ER ar Transport... 201 Bände, CXVI Museum für Kunst und Gewerbe. Transport.... 201 Bände Kunsteeschichter 8.2.0... re 183 Baukunsttr..r.: ser ee 54 Bildhauerkunst.. 2... er en 9 Malerei &..x... 2.2 258 Kunstgewerbe im Allgemeinen ................ 137 Decoration und Ornamentik............. Rh Schrift und Monogramme......... SI 25 Gewebesund Stickerei 30 Möbel- und Holzschnitzerei... .......... 109 Metsllärbeiten =... near 13 Keramik: 2... er EN 10 Buchausstattunergere 16 Anatomienunde200]0 rem 17 Pflanzenbilder, naturalistische u. stilisirte... ... 100 INlustrirtea\Verkeraller@Arger ee ee 129 Wierke über Japan an-zer rer ee er ee 68 Japanıschegbilderbücherar oe er seen 125 Verschiedenes. ee ee EEE 42 zusammen...... 1890 Bände gegen 1291 Bände im Jahre 1894. Die Blätter der graphischen Sammlungen (Hamburgensien, Gelegenheitsblätter, Ornamentstiche, Photographieen) wurden in 78 Fällen benutzt. Die Benutzung der im Lesezimmer auf- liegenden Zeitschriften sowie der Vorbilder-Sammlung steht jedem Besucher des Lesezimmers ohne Ausfüllung eines Verlangzettels frei. Im Lesezimmer gezeichnet wurden: 10 griechische Thongefässe, 7 Fayencen und Porzellane, 47 Gewebe und Stickereien, 9 Lederarbeiten, 34 Holzschnitzereien, 3 Elfenbeinschnitzwerke, 2 Bronzen, 2 japanische Körbe, zusammen 105 Gegenstände. Ueber diejenigen Gegenstände, welche ohne Entfernung von ihrem Aufstellungsort in der Sammlung gezeichnet werden, findet keine Kontrolle statt. Ausgeliehen wurden im Jahre 1895 418 Bände gegen 408 im Jahre 1894. Ihrem Inhalte nach vertheilen sich dieselben folgendermaassen: (Geschichten en re: I 32 Bände Kultureeschichte par ee nrE 7 Heraldik re BE SEEN NT. (Costimmgeschichtewere re 19 Aesthetikam essen 2 ee le Kunstgeschichte a. a se ee ee 52 Baukunstt due 0. 02er SR SEE Bee 14 Transport. . ..137 Bände Die Bibliothek und das Lesezimmer. CXVI Transport....137 Bände IBildhauenkunstzreer er Wlälleasi. see ne Kunstgewerbe im Allgemeinen. ...... Decoration und ÖOrnamentik......... Schrift und Monogramme........ Gewebe und Stickereien ............ Möbel und Holzschnitzereien ........ Metallanbeitene ra a ee Pflanzenbilder, naturalistische und stilisirte. ....... Illustrirte Werke aller Art.......... Werke rüber Japan.......... RER Japanische Bilderbücher ........... Verschiedenes ne ara: zusammen...... Ausserdem 3 Blätter der Vorbilder-Sammlung, S Ornamentstiche, 2 Zeichnungen, 17 Blätter Sammlung, 42 Gelegenheitsblätter, zusammen 249 im Vorjahre. so an a u ns ud u SP oo var »$yr «© wo u (24) > oO 17 418 Bände 13 Photographieen, aus der Hamburgensien- 85 Einzelblätter gegen {e) Entleiher dieser Bücher und Blätter waren 95 verschiedene Personen, welche sich ihren Berufen nach folgendermaassen vertheilten: Zeichner für das Kunstgewerbe ...... Architekten ..... en. Aus Bildhauer. nt: Malers ran ke Mecotabtousmalerenen.ee. (Gelehrtew mann en: Lehrer und Lehrerinnen ........... SCHUlETA ee ee: Möbelfabrikanten und Tapeziere ..... Kuunsischmiedere ee: Ledertechniker und Buchbinder ...... Lithographen und Buchdrucker .... Kunststicker und Kunststiekerinnen . . . Kantleuter. 0... 2.02... NEE PER, Verschiedene Berufe ........... Damenkohnes Berufe ers ee zusammen .......-. 7 Personen PP ocoav re. (ep) 95 Personen OCXVII Museum für Kunst und Gewerbe. Ferner wurden zur Benutzung ausserhalb der Anstalt entliehen 279 Gegenstände der Sammlung, welche sich folgendermaassen vertheilten: 73 Stickereien, 49 Gewebe, 30 keramische Arbeiten, 5 Gläser, 55 Möbel und Holzschnitzereien, 19 Arbeiten aus unedlen Metallen, 10 Edel- metallarbeiten, 9 Bucheinbände und Lederarbeiten, 7 japanische Körbe, 21 japanische Holzdrucke und -Platten, 6 mathematische Instrumente. Nicht inbegriffen hierin sind die für den Zeichenunterricht in den gewerblichen Lehranstalten entliehenen Gegenstände. Die Allgemeine Gewerbeschule entlieh: 14 Möbel und Holz- schnitzereien, 19 Metallarbeiten, 3 Töpferarbeiten, 2 japanische Rollbilder, zusammen 36 Gegenstände. Die Gewerbeschule für Mädchen entlieh: 36 Gewebe, 4 Stickereien, 11 Stücke Porzellan und Fayencen, 1 Glas, 4 Metallarbeiten, zusammen 56 Gegenstände. Die Vorträge. Der Vorträge des Direktors in den ersten Monaten des Berichtsjahres ist schon im Bericht für 1894 gedacht worden. Im Herbst 1895 eröffnete der Direktor eine Reihe von Vorträgen über die Geschichte des deutschen Kunstgewerbes. Von denselben entfallen die ersten, das Kunstgewerbe der vorgeschichtlichen Zeiten behandelnden, noch auf das Berichtsjahr. Im ersten Vortrag wurde das erste Auftreten des Menschen in Mittel-Europa besprochen; im zweiten die jüngere Steinzeit; im dritten das erste Auftreten der Metalle und der Ursprung der nordischen Bronze- kultur; im vierten die Ornamentik der Bronzezeit, und die Versuche, sie mit religiösen Vorstellungen in Beziehuug zu bringen, endlich die vorrömische Eisenzeit Mitteleuropas. Soweit die eigenen Sammlungen des Museums hierfür den Anschauungsstoff nicht darboten, wurde dieser von Herrn Dr. Hagen aus der Sammlung vorgeschichtlicher Alterthümer beigesteuert. Die Zuhörer dieser Vorträge, Herren und Damen, erreichten mit 100 bis 120 Personen diejenige Anzahl, für die in dem Hörsaal — einem der neuen Säle an der Nordseite — Raum war. In der ersten Winterversammlung des Kunstgewerbevereins hielt der Direktor einen an die Bestände des Museums anknüpfenden Vortrag über alte schleswigsche und schwedische Handwebereien. Uebersicht der von Ostern 1895 bis Ostern 1896 gehaltenen Vorlesungen. Uebersicht der von Ostern 1895 bis Ostern 1896 gehaltenen Vorlesungen. Nach $ 5 des Gesetzes, betreffend Auflösung des Akademischen Gymnasiums und Veränderungen in der Organisation der Wissenschaftlichen Anstalten, vom 21. Mai 1883 sind die Direetoren der der Oberschul- behörde unterstellten Wissenschaftlichen Anstalten zur Haltung wissen- schaftlicher öffentlicher oder nicht öffentlicher Vorträge verpflichtet. Ferner ist durch $ 7 desselben Gesetzes die Oberschulbehörde ermächtigt, ausser den vorerwähnten Vorlesungen der Directoren auch noch andere öffentliche oder nicht öffentliche Vorlesungen oder Einzelvorträge aus dem Gebiete der Geschichte, der Philosophie, der Litteratur, der Sprach- wissenschaften, der Kunstgeschichte, der Nationalökonomie, der Mathematik, der Meteorologie und anderer Wissenschaften zu veranlassen. Diesen Bestimmungen gemäss sind bereits im letzten Jahrzehnt von den Direetoren und verschiedenen Assistenten der Wissenschaftlichen Anstalten sowie von dem 1887 durch Beschluss von Senat und Bürgerschaft zum ständigen Docenten für Geschichte bestellten Herrn Prof. Dr. Wohlwill und mehreren anderen hiesigen Gelehrten Vorlesungen gehalten worden. Im Laufe des letzten Jahres ist nunmehr von der I. Sektion der Oberschul- behörde unter Mitwirkung der Direktoren der wissenschaftlichen Anstalten eine erhebliche Erweiterung und Neuordnung des öffentlichen Vorlesungs- wesens berathen und zum Theil bereits herbeigeführt worden. Ausser der Aufnahme verschiedener bisher unberücksichtigt gebliebener Wissen- schaften in den Vorlesungsplan ist der Versuch gemacht worden, den Hörern eine einigermassen vollständige Uebersicht über den Gesammt- Inhalt grösserer Gebiete der Wissenschaft dadurch zu vermitteln, dass eine nach einer bestimmten Reihe von Jahren cursusmässig sich wieder- holende Aufeinanderfolge von Vorlesungen festgestellt worden ist. Obgleich dies naturgemäss nicht für alle Gegenstände, über welche Vorlesungen gehalten werden, in gleicher Weise durchführbar ist, so hat sich doch für viele Wissensgebiete die Möglichkeit solcher regelmässigen Curse öftentlicher Vorlesungen ergeben; im verflossenen Jahre ist hiermit, zunächst versuchs- weise, der Anfang gemacht worden. Die folgende Zusammenstellung giebt über die gehaltenen Vorlesungen, welche sich vielfach einer grossen Zahl von Hörern erfreuten, Auskunft, CXXU Uebersicht der Vorlesungen. I. Theologie: im Winter 1895/96, Senior D. Behrmann: Erklärung des Briefes des Apostels Paulus an die Römer; Freitags von 7—8 Uhr Abends in der Aula des Johanneums, etwa 200 Hörer. Für Candidaten der Theologie und des Predigtamtes: Senior D. Behrmann: Homiletik; Mittwochs von 7—8 Uhr Abends ım Hörsaal C. Hauptpastor D. Röpe: Katechetik; Donnerstags von 11—1?2 Uhr Vormittags im Hörsaal C. Hauptpastor Dr. Grimm: Liturgik; Donnerstags von 10—11 Uhr Vormittags im Hörsaal C. Hauptpastor Dr. Rode: Hamburgische Reformation; Montags von 11—12 Uhr Vormittags im Hörsaal C. Hauptpastor Dr. Krause: Philosophische Themata; Donnerstags von 9—10 Uhr Vormittags im Hörsaal C. II. Staatswissenschaften: im Winter 1895/96, Prof. Dr. Stieda (Rostock): Elemente der Nationalökonomie, An den folgenden Tagen um 8 Uhr Abends in der Aula des Johanneums, etwa 500 Hörer. 2. Januar: Grundbegriffe: Bedürfnis. Gut. Wirthschaft. Vermögen. Reichthum. Wohlstand. 3. » Werth und Preis. Preisbestimmungsgründe. Kartelle. Die Bevölkerungsfrage. 4. » Malthus’ Lehre und Formel. 6. „ Aus- und Einwanderung. Die Lehre von der Production. Ye ” Natur und Arbeit. 8. » Entstehung und Vermehrung des Capitals. Unternehmungen (Handelsgesellschaften, Actiengesellschaften, Wirthschafts- genossenschaften etc.). Die Lehre von der Vertheilung. go: » Das Einkommen und seine Zweige. 10. e Unternehmergewinn. Zinseinkommen. 11. » Arbeitslohn. Grundrente. Ill. Völkerkunde: im Winter 1895/96, Dr. Hagen: Völkerkunde in Einzelbildern; von Mitte Januar bis Ende März Freitags 8—9 Uhr Abends im kleinen Hörsaal des Naturhistorischen Museums, etwa 60 Hörer. Uebersicht der Vorlesungen. CXXIH IV. Geschichte: im Sommer 1895, Prof. Dr. Wohlwill: Das Zeitalter des grossen Kurfürsten; von Ostern bis Pfingsten Dienstags Abends 7—8 Uhr im Hörsaal B. im Winter 1895/96, Derselbe: 1) Deutsche Geschichte bis zum Jahre 1250; von Mitte October bis Mitte März Montags 612 —7'/a Uhr Abends im Hörsaal A, etwa 100 Hörer. 2) Zur politischen und Culturgeschichte Hamburgs von 1740—1816; von Ende October bis Mitte Februar Dienstags 8-9 Uhr Abends im Hörsaal A, etwa 200 Hörer. 3) Davout in Hamburgs; 4 Vorlesungen, vom 18. Februar bis 10. März in der Aula des Johanneums, etwa 500 Hörer. Ausserdem veranstaltete derselbe im Sommer und Winter historische Uebungen und Besprechungen. V. Litteratur: im Sommer 1895, Prof. Dr. Wohlwill: Lessing, mit besonderer Berück- siehtigung seiner Beziehungen zu Hamburg; von Ostern bis Pfingsten Freitags 8—9 Uhr Abends im Hörsaal A. im Winter 1895/96, Derselbe: Geschichte der Deutschen Litteratur, 1. Theil; von Mitte October bis Mitte März Donnerstags 6—7 Uhr Abends im Hörsaal A, etwa 80 Hörer. Ausserdem veranstaltete derselbe im Sommer und Winter litterar- historische Uebungen und Besprechungen. Prof. Dr. Wendt: Charles Diekens, sein Leben und seine Werke (in Auswahl); Lectüre und Interpretation in englischer Sprache; | von Mitte October bis Mitte März Dienstags und Freitags 7—8 Uhr Abends im Hörsaal B, etwa 75 Hörer. VI. Kunstgeschichte: | im Winter 1895/96, Prof. Dr. Brinekmann: Geschichte des deutschen Kunst- gewerbes; von Anfang December bis Mitte Mai Montags %1/a—31/ Uhr im j Museum für Kunst und Gewerbe, 100 bis 120 Hörer. CXXIV Uebersicht der Vorlesungen. VII. Musikgeschichte: Dr. F. Chrysander, Aus dem Gebiete der Musikgeschichte. 1) Ursprung der Musik und der Sprache, prähisto- rische Musik, ) Aegyptische und hebräische Musik, ) Händels biblische Oratorien; 3 Vorlesungen im Februar im Hörsaal A, etwa 150 Hörer. VIII. Mathematik: im Winter 1895/96, Prof. Dr. Schubert: Elementare Arithmetik; von Mitte October bis Mitte März Montags 7'/%a—9'/a Uhr Abends im Hörsaal B, etwa 50 Hörer. 2 Q Ä) IX. Astronomie: im Winter 1895/96, Observator Dr. Schorr: Allgemeine Astronomie, 1. Theil; von Anfang Januar bis Mitte März Donnerstags 7Yy—9 Uhr Abends im Hörsaal A, 110—120 Hörer. X. Physik (im Hörsaal des physikalischen Staatslaboratoriums): im Winter 1895/96, Prof. Dr. Voller: Wesen und Wirkungen der Wärme; von Ende October bis Ende März Freitags 71»—9 Uhr Abends, etwa 80 Hörer (eine weitere Anzahl von Anmeldungen musste wegen Platz- mangels zurückgewiesen werden). Dr. J. Classen: Das Licht und seine Wirkungen; Von Ende October bis Ende März Dienstags von 712 bis 9 Uhr Abends, etwa 80 Hörer (auch hier konnte eine grössere Anzahl nicht zugelassen werden). XI. Chemie (im Hörsaal des physikalischen Staatslaboratoriums): im Sommer 1895, Prof. Dr. Dennstedt: Experimentalchemie (organischer Theil), Donnerstags 10—12 Uhr; Dr. Engelbreeht: Einführung in die chemisch-technische Analyse, Dienstags 2—3 Uhr; Dr. Voigtländer: Nahrungs- und Genussmittel und ihre Verfälschungen, Mittwochs 10—11 Uhr; Dr. Ahrens: Analytische Chemie, qualitative Analyse (Fortsetzung), Sonnabends 12—1 Uhr; im Winter 1895/96, Prof. Dr. Dennstedt: Experimentalchemie (anorganischer Theil), Donnerstags 10—12 Uhr; Uebersicht der Vorlesungen. OXXV Dr. Engelbreeht: Einführung in die gerichtliche Chemie, Dienstags 11—12 Uhr; Dr. Schöpff: Einführung in die Photographie, . Montags 1—? Uhr; Dr. Voigtländer: Untersuchung und Beurtheilung von Nahrungs- und Genussmitteln, Mittwochs 10-11 Uhr; Dr. Ahrens: Analytische Chemie, qualitative Analyse, Sonnabends 12—1 Uhr. Ausserdem im Sommer und Winter täglich 10-2 Uhr praktische Uebungen im Laboratorium unter Leitung von Prof. Dr. Dennstedt und Dr. Engelbrecht. XII. Geologie: im Winter 1895/96, Dr. €. Gottsche: Einführung in die Geologie; von Anfang November bis Mitte März Dienstags 7—8 Uhr Abends im grossen Hörsaal des Museums, 125 Hörer. XIII. Zoologie: im Sommer 1895, Prof. Dr. Kraepelin: Einführung in das Studium der heimischen Fauna, mit Excursionen; Sonnabends von Anfang Mai bis Mitte Juli im kleinen Hörsaal des Naturhistorischen Museums, 10 Theilnehmer. im Winter 1895/96, Derselbe: Die Bedeutung der Thiere im Haushalte der Natur und des Menschen; von Anfang November bis Mitte März Sonnabends 7—8 Uhr Abends im grossen Hörsaal des Museums, 175 Hörer; Dr. Georg Pfeffer: Allgemeine Entwickelungsgeschichte, eine Darstellung der Formenwandlungen von der Eizelle bis zum vollendeten Wesen; von Anfang November bis Mitte März Montags 8-9 Uhr Abends im grossen Hörsaal des Museums, 200 Hörer. XIV. Botanik: im Sommer 1895, Prof. Dr. Sadebeck: 1) Mikroskopische Uebungen für Anfänger und Vorgeschrittenere; von Anfang Mai bis Ende Juli täglich (ausser Montags) 10—3 Uhr im botanischen Museum, 9 Theilnehmer. 2) Botanische Excursionen, 10—20 Theilnehmer; CXXVI Uebersicht der Vorlesungen. Prof. Dr. Zacharias: Die wichtigsten einheimischen Pflanzenfamilien; Mitte Mai bis Mitte Juli Dienstags und Freitags 6—7 Uhr Abends im botanischen Garten, 70—80 Hörer. im Winter 1895/96, Prof. Dr. Sadebeck: Tropische Nutzpflanzen und ihre Erzeugnisse, mit besonderer Berücksichtigung der deutschen Öolonien; Mitte October bis Anfang März Dienstags 3—4 Uhr im botanischen Museum, 40—60 Hörer; ausserdem täglich (ausser Montags) 10—3 Uhr botanisches Prak- tikum, 9 Theilnehmer. Prof. Dr. Zacharias: Die Zelle; Anfang Februar bis Mitte März Donnerstags 6—7 Uhr Abends im botanischen Garten, 30—40 Hörer; ausserdem 2mal wöchentlich je 2 Stunden Uebungen im Unter- suchen und Bestimmen von Kryptogamen; Anfang Februar bis Ende März, 2 Curse zu je 8 Theilnehmern, IM. Wissenschaftliche Abhandlungen. /ur Geschichte | Gottorper Vergleichs 27. Mai 1768. Von Prof. Dr. Adolf Wohlweill. Vorwort. Die Geschichte der Entstehung des Gottorper Vergleichs ist noch nicht geschrieben und wird vielleicht nie in befriedigender Weise geschrieben werden, da die betreffenden Acten des Hamburger Staatsarchivs — abgesehen von dem Protokoll über die Auswechselung der Ratificationen — leider beim grossen Brande vom Jahre 1842 zu Grunde gegangen sind und auch die emschlägigen dänischen Acten nur theilweise erhalten zu sein scheinen. Bis zum Jahre 1882 war unsere Kenntniss von diesem Gegenstand im wesentlichen auf das beschränkt, was darüber in den Rath- und Bürgerschafts-Protokollen und im 9. Theil von Klefekers Sammlung der hamburgischen Gesetze und Verfassungen zu finden ist. Einen tieferen Einblick m die Verhältnisse, aus denen der Vergleich hervorgegangen ist, gewährte erst das von Joh. Hartwig Ernst von Bernstorff am 30. April 1767 im dänischen Conseil abgegebene Votum, das P. Vedel in der von ihm herausgegebenen Correspondance ministerielle du Comte. J. H. E. Bernstorff zum Abdruck gebracht hat. Hierdurch angeregt, wandte ich mich behufs weiterer Nachforschungen an das Archiv des Ministeriums der auswärtigen Angelegenheiten in Kopenhagen und erreichte mit ‚der gütigen Erlaubniss des Herrn Geheimrath Vedel und der freundlichen Beihülfe des Herrm Baron Zütphen-Adeler, dass mir eine Anzahl wichtiger Documente zur Geschichte des Gottorper Vergleichs vorgeleet wurde. Weitere Aufschlüsse über das Zustandekommen dieses Vertrags entnahm ich den Protokollen der hiesigen Commerz-Deputation und der Kämmerei, einzelnen Notizen des Ham- burger Staatsarchivs, sowie verschiedenen Actenstücken der Archive in Altona, Hannover, Dresden und Wien. Um die Bedeutung des Vergleichs in das richtige Licht zu stellen, war es ferner erforderlich, ohne einer erschöpfenden Behandlung des Immedietätsstreits vorzugreifen, doch einzelne Phasen desselben genauer ins Auge zu fassen und auch über verschiedene dem Vergleich vorausgegangene Verhandlungen Klarheit zu erlangen. Für diesen Zweck gewährte das Hamburger Staatsarchiv etwas reichere Ausbeute und konnte ich überdies mancherlei Acten der preussischen Staatsarchive zu Berlin und Hannover, sowie des dänischen 1 Reichsarchivs in Kopenhagen ') verwerthen. Mit Hülte dieses allerdings noch immer sehr lückenhaften Materials glaube ich den Versuch wagen zu dürfen, einem der wichtigsten Vorgänge der hamburgischen Geschichte wenigstens eine fragmentarische Darstellung zu widmen. Vielleicht gibt diese Skizze dazu Anlass, dass an entlesenen Fundorten — ich denke dabei namentlich an die russischen Archive — noch das eine oder andere meine Ausführungen ergänzende Actenstück ans Licht gezogen wird. Diese Hoffnung ist es, die mich vorzugsweise veranlasst hat, dem von mir geplanten Werk über die neuere Geschichte Hamburgs wiederum eine Specialstudie vorauszuschicken. A,W. !) In den Anmerkungen sind folgende Abkürzungen gebraucht worden: Hamb. A. für Hamburger Staatsarchiv, Commerz-A. für Acten und Protokolle der Hamburger Commerz-Deputation, Alt. A. für Historisches Archiv der Stadt Altona, Berl. A. für Königl. Geh. Staatsarchiv in Berlin, Hann. A. für Staatsarchiv in Hannover, Dresd. A. für Königl. Hauptstaatsarchiv in Dresden, Wien. A. für Kaiserl. und Königl. Haus-, Hof- und Staatsarchiv in Wien, Kophg. Reichs-A. für Reichsarchiv in Kopenhagen und Kophg. Ausw. A. für Archiv des Ministeriums der auswärtigen Angelegenheiten in Kopenhagen. Die Frage, wann Hamburg eine freie Reichsstadt geworden sei, lässt sich nicht m bündiger Weise beantworten. Wenn im 17. und 18. Jahr- hundert die Reichsunmittelbarkeit der Stadt den landesherrlichen Ansprüchen der holsteinischen Fürsten gegenüber in Denkschriften oder durch Zu- sammenstellung von Urkunden vertheidigt werden sollte, so machte man dabei eine Reihe von Argumenten geltend, von denen die bemerkens- werthesten hier angeführt werden mögen: ') 1) Der Rath der Stadt hätte nach der Stadtverfassung stets die Regierung in allen weltlichen und geistlichen Sachen geübt, ohne dass von einem Bestätigungsrecht oder sonst einer obrigkeitlichen Befugniss des holstemischen Fürstenhauses eine Spur vorhanden wäre. 2) Die Grafen von Holstein aus dem Schauenburgischen Hause hätten niemals landesfürstliche Superiorität und Hoheit über Hamburg besessen. Auch durch das dem König Christian I. von Dänemark ertheilte Ver- sprechen, ihn zum Herrn anzunehmen und zu ihm zu halten, wie zu seinem Oheim Adolf, und durch ähnliche den Nachfolgern dieses Königs gegen- über abgegebene Erklärungen wäre keine Oberherrschaft zugestanden worden. Die bei solchen Gelegenheiten gebrauchten Ausdrücke der Ehr- erbietung und Devotion (verba honoris oder verba reverentialia) könnten nicht als Anerkennung der Unterthänigkeit gelten. 3) Die Stadt wäre seit dem 15. Jahrhundert wiederholt durch kaiser- liche Ausschreiben zur Beschickung von Reichstagen aufgefordert worden‘). 1) Benutzt wurden: 1. die „Abgenötigte in Jure et Facto Wolgegründete Apologia Hamburgensis“ von Broderus Pauli aus dem Jahre 1641, 2. „Hamburg Reich-Stadts Documenta und der Stadt Hamburg Immedietät betreffend“ von Vincent Garmers 1664 (nebst Fortsetzung von 1665), 3 „Nachricht von dem rechtlichen Zustande der Reichs- Freyheit und Immedietät der Stadt Hamburg“ von Joh. Klefeker 1734 und ausserdem verschiedene handschriftliche Darlegungen der Rechte Hamburgs aus der Mitte des 18. Jahr- hunderts, von denen in dieser Abhandlung die Rede sein wird. 2) Die „Reichs-Stadt-Documenta“ vom Jahre 1664 enthalten einen „Extraet derer von unterschiedlichen Kaysern und Königen für hundert und mehr Jahren an die Stadt Hamburg abgangener Vocationum ad Comitia, wovon die Originalia annoch in der Stadt Hamburg Archivo befindlich“, die auch in Klefekers „Nachricht von dem rechtlichen Zustande ete.“ aufgenommen ist. Hier wird in erster Linie die Berufung 6 Adolf Wohlwill. (Gewichtiger noch, wenn auch ebenfalls anfechtbar, waren die folgenden Beweisgründe: 4) die auf dem Reichstage zu Augsburg am 3. Mai 1510 vom Kaiser und den Reichsständen abgegebene Erklärung, ‚‚dass die Stadt Hamburg allewege für und als eme Stadt des Heiligen Reiches angeschlagen, geachtet und gehalten‘ worden sei, und dass dem Kaiser, den Kurfürsten, Fürsten und Ständen des Reichs gebühre, die Stadt Hamburg auch ferner bei dem Reich zu behalten ), und endlich 5) der Spruch des Reichskammergerichts zu Speier vom 6. Juli 1618, durch welchen der Process, den der kaiserliche Fiscal wider die Herzöge von Holstein und die Bürgermeister und den Rath von Hamburg zur Behauptung der Rechte des Reichs auf diese Stadt angestrengt hatte, dahin entschieden war, „dass Hamburg Ihrer Kaiserlichen Majestät und dem Heiligen Reiche ohne Mittel zuständig, unterworfen und verwandt, auch von männiglich dafür zu erkennen sei.“ Im Gegensatz zu dem auf solche Weise vertheidigten hambureischen Standpunkt suchten die Inhaber der holsteinischen Fürstenrechte, insbesondere die Könige von Dänemark, ihre Ansprüche auf die Stadt zu begründen, Hamburgs zu dem im Jahre 1473 nach Augsburg ausgeschriebenen Reichstag ange- führt. Eine im Jahre 1744 in Berlin und Hannover vorgelegte handschriftliche Abhand- lung, welche die Reichsstandschaft Hamburgs darthun sollte (vergl. S. 12), ging bis auf das Jahr 1460 zurück, zu welcher Zeit Hamburg thatsächlich an dem Reichstage zu Wien theilnahm. (Vergl. J. J. Müller, Des heiligen Röm. Reichs Teutscher Nation Reichstags-Theatrum ete., Bd. 1 S. 780. Ein im Hamb. Staatsarchiv vorhandenes Manuscript von Dr. N. Stampeel (Archivar von 1710—21, später Rathsherr), enthält ein nicht ganz vollständiges und auch nicht ganz fehlerfreies, doch unzweifelhaft auf archivalischer Grundlage beruhendes Verzeichniss der Berufungen Hamburgs zu den Reichs- tagen seit den Zeiten des Kaisers Sigismund. Die Originale der kaiserlichen Berufungen haben sich leider nicht erhalten. Sicher ist, dass Hamburg bereits im Jahre 1421 auf dem Reichstage zu Nürnberg vertreten war und im Jahre 1422 zu einem nach Regens- burg ausgeschriebenen Reichstag berufen wurde. Vergl. Deutsche Reichstagsacten (herausgegeben von Weizsäcker und Kerler) Bd. 8 S. 47 und 124. Es mag übrigens daran erinnert werden, dass in jenen früheren Zeiten manche Städte zu den Reichs- tagen geladen wurden, die später für Landstädte galten, wie ja überhaupt die scharfe Sonderung zwischen Reichsstädten und Landstädten sich nur allmählich vollzog. !) „Wie viele Reichsstädte werden wohl eine solche besondere und solemne Anerkennung und Bewährung ihrer Reichsstandschaft von des Reiches Allerhöchstem Oberhaupte und dem gesammten Reiche beibringen und aufweisen können!” So heisst es in einer 1747 verfassten Darstellung des „Rechtlichen Zustandes der Stadt Hamburg“ (vgl. unt. S. 18). Eine Abschwächung der Erklärung vom 3.Mai 1510 lag allerdings in dem zum Schluss angefügten Satz: „Wo aber die Köniel. Würden zu Dännemark oder gemelter Hertzog zu Holstein in solehen beschwert zu seyn oder bey derselben Stadt Hamburg Gerechtigkeit zu haben vermeinten, so mögen Sie solche ihre Sprüche vor dem Kayserl. Cammer-Gericht suchen und rechtfertigen, daselbst Ihnen förderlichst Rechtens ohne einige Verhinderung oder Aussflucht gestattet und verholffen werden solle.“ Zur Geschichte des Gottorper Vergleichs vom 27. Mai 1768. Y indem sie darauf hinwiesen, dass Hamburg als eine auf holsteinischem Grund und Boden gelegene Stadt mit der Grafschaft, bezw. dem Herzosthum Holstein seit vielen hundert Jahren verknüpft gewesen sei, ferner dass sie dem König Christian I., sowie verschiedenen seiner Nachfolger, den Königen Johann, Christian III. und Christian IV. gehuldigt, und dass der Letztere gegen das 1618 vom Reichskammergericht in der hamburgischen Streit- sache gefällte Urtheil Revision emgelest habe. Diese Revisionseinlegung ist in der That für den Verlauf des Ham- burger Immedietätsstreits von grösster Bedeutung geworden. Von Reichs- wegen war freilich die von Christian IV. beantragte Revision für nichtig erklärt worden, da solche in derartigen Fiscalsachen unzulässig sei.) Ham- burg wäre daher formell in der Lage gewesen, die landesherrlichen An- sprüche der Könige von Dänemark und der Herzöge von Schleswig-Holstein als durch das Reichskammergerichtsurtheil endgültig zurückgewiesen zu betrachten. Die Zeitverhältnisse im Anfang des 30 jährigen Kriegs, die Schwäche der Reichsorgane und die Machtstellung Christians IV. im nieder- sächsischen Kreise verhinderten Hamburg jedoch, unentwegt auf diesem Standpunkt zu verharren. Von dänischer Militärgewalt bedroht und ohne Aussicht, von irgend welcher Seite Unterstützung zu erhalten, musste die Stadt sich nach längerem Widerstreben dazu bequemen, am 8. Juli 1621 den verhängnissvollen Steinburger Vertrag abzuschliessen.?) Laut dieses Tractats hatte die Stadt versprochen, während die Revision schwebte, so viel an ihr sei, alles im vorigen Stande zu lassen, dem kaiserlichen Fiscal keine Assistenz zu leisten, ihm zum Guten, dem fürstlichen Hause Holstein zum Nachtheil nichts zu fordern, zu thun, zu suchen ete., sondern dass alles in dem Stande, m dem „es bei [der] vorigen regierenden Herzöge zu Holstein Zeiten gewesen, gänzlich und ungeschmälert verbleiben sollte, und dass demnach sie, wie bis anhero geschehen, bis zu endlicher dieser Sachen Erörterung bei dem fürstlichen Hause Holstem in unterthänigster und unterthäniger Devotion stehen und bleiben, als das guten Leuten gebühret und wohl anstünde, auch deswegen nach Ihr. Königl. Majestät tödtlichem !) Vgl. das auf Befehl des Kaisers erlassene Mandatum cassatorium ete. des Reichskammergerichts zu Speier vom 30. Juni 1620 und die Weisung des Kaisers an das Reichskammergericht vom 25. Mai 1630 (Nr. IV und V der Documenta publica, die Immedietät der Stadt Hamburg betreffend). Die hier vertretene Ansicht von der Nichtiekeit der eingelesten Revision gelangte jedoch nicht zu allgemeiner Anerkennung. Von hannöverscher Seite wurde noch im Jahre 1743 im Hinblick auf den Hamburger Immedietätsstreit geltend gemacht, dass solchen Revisionen, die vor dem Reichsabschied von 1654 eingelegt worden, der effectus suspensivus nicht bestritten werden könne. Hann. A. Vel. Thudichum, Das vormalige Reichskammergericht ete. in der Ztschr. f. deutsches Recht und deutsche Rechtswissenschaft, Band 20 S. 216. 2) Vgl. Fleischfresser, die politische Stellung Hamburgs in der Zeit des dreissig- jährigen Krieges I. S. 20. 8 Adolf Wohlwill. Hintritt . .. wofern immittelst die Revisio nicht erörtert würde, Ihrer Durchlaucht dem Herrn Prinzen und also successive Ihr. Königl. Ma. Erben, wie auch den Herrn Herzögen zu Holstein Gottorfischer Linien, so pro tempore allerseits regierende Herzöge zu Holstein sein werden, nächst vorhergehender Assecuration, wie hiebevor geschehen, die gewöhnliche Huldigung und Annehmung wirklich leisten und praestiren wollen.“') Indem Hamburg diesen Vertrag abschloss, war es gleichsam durch das Joch gegangen. Es erkannte thatsächlich den dänischen Antrag auf Revision des Urtheils von 1618 als rechtmässig an, es entsagte der Be- fugniss, auf die Beendigung des obwaltenden provisorischen Zustandes hin- zuwirken, und es versprach überdies gewissermassen, solange die Revision schwebte, sich so zu verhalten, als ob das angefochtene Urtheil zu Gunsten des Hauses Holstem ausgefallen wäre. Bisher hatten die Hamburger bei den Devotionsbezeugungen, welche sie den Königen von Dänemark nicht versagen konnten, das Wort „Huldigung“ möglichst zu vermeiden gesucht und dafür den Ausdruck „Annehmung“ beliebt. Sie glaubten — wie erwähnt — durch die Versicherung, den König von Dänemark als Herrn annehmen und zu ihm halten zu wollen, oder dem ähnliche Betheuerungen nicht einen Act der Unterwerfung vollzogen, sondern nur einem mächtigen Nachbarfürsten ihren Respect erwiesen, eine Art von Bündniss geschlossen, zum höchsten eine „Schutz- und Schirm- gerechtigkeit“ anerkannt und neu bekräftist zu haben. Es kann jedoch nicht Wunder nehmen, dass die dänischen Könige und Staatsmänner für die Feinheit des Unterschiedes zwischen den Begriffen „einen Herren an- nehmen“ und „ihm huldigen* wenig Verständniss zeigten, übrigens zur Verhütung von Unklarheit immer wieder auf die Forderung zurückkamen, dass die Stadt die „Huldigung“ oder gar die „Erbhuldigung“ zu leisten habe. Seit dem Jahre 1621 durften sie sich darauf berufen, dass im Steimburger Vertrage die bisherigen Devotionserweisungen Hamburgs als „Huldigung und Annehmung“ bezeichnet worden seien. Wenn nun auch die Hamburger gelegentlich darzulegen suchten, dass das Wort „Huldigung“ einen doppelten Sinn habe und nicht immer auf ein Subjectionsverhältniss hinweise, dass somit eine von Hamburg zugestandene Huldigung noch keineswegs auf die von Dänemark behauptete Erbunterthänigkeit schliessen lasse,?) so erhellt doch zur Genüge, dass die Stellung der Stadt durch ihr Eingehen auf den Steinburger Vertrag wesentlich verschlechtert worden war. Nur zu sehr hatte Hamburg an den Nachwirkungen der Demüthigung vom Jahre 1621 zu leiden. War diese aber auch nicht völlig wieder ') Das Original des Steinburger Vertrags wird im Hamb. Staatsarchiv aufbewahrt. 2) Vgl. Apologia Hamburgensis S. 11. | a m m a m mu ah a ee ae Ze nn 1 A a ne Bu u } Zur Geschichte des Gottorper Vergleichs vom 27. Mai 1768. 9 gut zu machen, so hat die Stadt doch in der Folge den dänischen An- sprüchen und Zumuthungen gegenüber häufig eine bewunderungswürdige Zähigkeit und Standhaftigkeit an den Tag gelegt. Längere Zeit hindurch wurde die Widerstandskraft Hamburgs freilich durch Parteihader und Missverhältnisse zwischen Rath und Bürgerschaft geschwächt. Viel Ungemach wäre der Stadt erspart worden, wenn man die nach dem Tode Christians IV. zufolge der finanziellen Nothlage Dänemarks sich bietende Gelegenheit, die dänischen und holsteinischen Hoheitsansprüche durch eine Geldabfindung zu beseitigen, geschickter benutzt hätte. Weil es jedoch den Hamburgern damals an Emmüthigkeit fehlte und die Verhandlungen über die wichtige Angelegenheit mit Fragen der inneren Politik verquiekt und dadurch in die Länge gezogen wurden, ward der günstige Moment verpasst. ') 1) Leider sind die Acten über diese merkwürdige Episode der hamburgischen Geschichte nicht mehr vollständig vorhanden; doch ergibt sich aus den fragmentarisch erhaltenen Zeugnissen, dass die Bürgerschaft es an dem richtigen Verständniss für die Wichtigkeit der Angelegenheit fehlen liess, dass sie mit der Bewilligung des erforderlichen Geldbeitrags zögerte und überdies durch die zum Theil mit dem Hauptpunkt der Ver- handlungen gar nicht zusammenhängenden Bedingungen, die sie dem Rath oder auch durch diesen den dänisch-holsteinischen Commissaren stellte, das Zustandekommen des Vergleichs erschwerte. Bemerkenswerth ist, dass der dänische Resident Martin Rasch in einem Bericht vom 23. Juni 1652 die Ansicht aussprach, die „gemeine Bürgerschaft“ sei mit „der Redemtion der Huldigung meist malecontent‘“, weil die Entfremdung von Dänemark dem commerziellen Interesse nachtheilig sein würde, und weil sie befürchte, dass Hamburg, sobald es eine freie Reichsstadt geworden, vom Kaiser mit Contributionen heimgesucht und zugleich von dem eigenen Rath unterjocht werden möchte. (.‚In- sonderheit besorget die gemeine Bürgerschaft sammt den Kämmereibürgern und Bankherrn und Innungsmeistern, dass nach selbiger Redemtion sie vom Rath der feuernagelneuen Kaiserlichen freien Reichsstadt mit neuem, absoluterem dominio, wie zu Frankfurt, Ulm, Nürnberg und anderen Reichsstädten droben, graviret werden möchten, und. würden ihnen, wenn sie zur Redemtion contribuiren sollten, ein Joch über den Hals mit ihrem eigenen Gelde kaufen.‘‘) Bereits am 24. August 1650 hatte Rasch nach Kopenhagen gemeldet, die Aemter und die gemeine Bürgerschaft wären dafür, dass die Huldieung wie im Jahre 1603 geleistet werde, „weil man dadurch unter kaiserlicher Majestät am Reich und Holstein zugleich bliebe und die hohen tituli keine vituli wären, davon der gemeine Mann mehr hält.“ (Kophg. heichs-A.). Es sei bei dieser Gelegenheit daran erinnert, dass eine gewisse Mittelstellung zwischen dem Reich und Dänemark geraume Zeit auch dem Rath als das Erwünschteste für Hamburg gegolten hatte. In der erwähnten Apologia Hamburgensis finden sich S. 30 die charakteristischen Worte: „Dann was könte doch den Hamburgern bessers und liebers wiederfahren, dann dass Sie Salvis libertatibus, so sie von Römischen Kaysern erhalten, sich zu denen Grafen von Holstein ut eonjunetissimi halten solten; Alldieweil sie dadurch gleichsam recht ausgehalfftert und zu sonderlichen Dignitäten sublimiret, Nemblich, dass sie freye Leute geworden, sich zu den Grafen von Holstein als Schutz- und Schirms-Verwandten halten und dem Römischen Reich nichts zu leisten schuldig seyn solten.“ — Aus der Geschichte der inneren Streitigkeiten Hamburgs erklärt es sich zur Genüge, dass die Bürgerschaft erst einige Jahrzehnte später, als der Rath, zu der Erkenntniss gelangte, von wie hohem Werthe es für Hamburg war, für eine Reichsstadt schlechthin zu gelten. 10 Adolf Wohlwill. Immer wieder aufs neue gelangte seitdem das Ansinnen an die Stadt, die Erbhuldigung zu leisten. In diesem Punkte aber war sie unnachsiebig; sie lehnte entweder entschieden ab oder wusste doch der dänischen Forderung durch so geschickte Schachzüge auszuweichen oder ihr so viele Gegenforderungen gegenüber zu stellen, dass das Ergebniss einer Ablehnung gleich war. ') Da nun der Kopenhagener Hof überdies durch die während der letzten Jahrzehnte des 17. Jahrhunderts gemachten Erfahrungen zu der Erkenntniss gelangen musste, dass sich die gewünschte Erbhuldigung auch auf gewaltsamem Wege nicht erreichen lasse, weil Hamburg im Fall der Bedrohung sich stets an den Kaiser, den niedersächsischen Kreis und insbesondere an Brandenburg wenden konnte, so trug er seit dem DBeginne des 1S. Jahrhunderts Bedenken, mit der er- wähnten Forderung aufs neue hervorzutreten. Diese Zurückhaltung bedeutete indessen keineswegs, dass man in Kopenhagen den früheren Ansprüchen entsagt hatte. Man war dort vielmehr aufs sorgsamste bemüht, alles zu vermeiden, was als ein solcher Verzicht ausgelegt werden konnte. Immer wieder legte die dänische Regierung — oder, deren Weisungen folgend, der dänische Gesandte m Hamburg — gegen Handlungen, Kundgebungen oder auch blosse Titulaturen, durch welche Hamburg der Charakter einer reichsunmittelbaren Stadt beigelegt zu werden schien, aufs fejerlichste Verwahrung ein, und aller Proteste des Hamburger Rathes ungeachtet wurde von der dänischen Kanzlei Hamburg immer wieder als „erbunterthänige“ Stadt bezeichnet. Der dänische Anspruch auf Erb- huldigung schwebte somit wie ein Damoklesschwert über Hamburg, und es erklärt sich daher, dass sobald dänische Truppen in der Nähe der Stadt zusammengezogen wurden, oder sobald Zwistigkeiten zwischen Hamburg und Dänemark einen ernsteren Charakter anzunehmen schienen, stets aufs neue die Besorgniss auftauchte, die dänische Regierung werde Hamburg I) Sehr charakteristisch sind in dieser Beziehung die Verhandlungen, die im Jahre 1672 in Veranlassung einer erneuten dänisch-holsteinischen Huldigungsforderung geführt wurden. Hamburg erklärte sich bereit, unter gewissen Bedingungen „auf solche Weise, wie vor diesem geschehen, die Annehmung zu leisten.“ Die zu den Conferenzen bevollmächtigten hamburgischen Deputirten erklärten jedoch von vornherein, „dass diese vorhabenden Traetate der Röm. Kaiserl. Majestät und dem Römischen Reiche an ihren dabei habenden Interessen, wie auch der Stadt Hamburg an ihren Privilegien, Freiheiten und Gerechtigkeiten unnachtheilg sein und bleiben“ und dass, ehe man zum Hauptwerk schreite, die hamburgischen gravamina abgethan und die Gerechtigkeiten der Stadt gewährleistet werden müssten. Der erste Beschwerdepunkt aber lautete: „Ihro Königl. Majestät und Fürstl. Durchlaucht hätten aus der Annehmung eine Erbhuldigung und die Stadt zu erbgehuldisten Unterthanen machen, dahero allerhand jura über die Stadt prätendiren wollen.“ (Kophg. Reichs-A.) Es begreift sich, dass die Verhandlungen ergebnisslos verliefen. er } 4 } Zur Geschichte des Gottorper Vergleichs vom 27. Mai 1768. 1A militärisch besetzen lassen und auf diese Weise die Anerkennung der Landeshoheit erzwingen. Stellte es sich dann auch in der Regel bald heraus, dass solche Befürchtungen unbegründet waren, so wurde doch Hamburg bei allen Streitigkeiten mit Dänemark dadurch benachtheilist, dass Letzteres stets das Gewicht seiner politischen Ansprüche in die Wagschale zu werfen vermochte. Erörterungen über unbedeutende Grenz- confliete, über wirthschaftliche Fragen oder über Beschwerden der beider- seitigen Unterthanen büssten unter solchen Umständen nur zu häufig ihren sachlichen Charakter ein. Es erscheint deshalb begreiflich, dass die Hamburger im Laufe der Zeit — und zwar um die Mitte des 18. Jahr- hunderts ohne Unterschied der Partei ') — auf politischem Gebiete keinen sehnlicheren Wunsch hegten, als den reichsstädtischen Charakter der Stadt zu definitivrer Anerkennung gebracht zu sehen. Zur Beförderung dieses Zweckes wandte sich der Hamburger Rath wiederholt an diejenigen deutschen Resierungen, durch deren Einfluss er eine Entscheidung in dem erwähnten Sinne erwirken zu können hoffte, und zwar in den Jahren 1743 und 1744 an die Höfe der kreisausschreiben- den Fürsten des niedersächsischen Kreises, den Kurfürsten von Hannover und den König von Preussen. °) Ein (vom 24. Januar 1744 datirtes) Schreiben des Hamburger Raths an diese beiden Fürsten weist zunächst darauf hin, wie sofort nach dem im J. 1736 mit der Krone Dänemark eingegangenen, theuer erkauften i) Der in dänischen Diensten stehende Baron J. F. v. Bachoff hatte allerdings im Sommer 1742 während seines Aufenthalts m Altona mehrere Briefe an die dänische Regierung geschrieben, in denen er nachdrücklichst empfahl, die Huldigung von Hamburg zu fordern, da dort in der Bürgerschaft unbestreitbare Missstimmung gegen den Rath herrsche, der nur nach Erweiterung seiner Autorität strebe, während der Handel zu Grunde gehe und die Steuern sich mehrten. Man habe ihm versichert, dass die meisten Einwohner sich nach den früheren besseren Zeiten zurücksehnten, da die Stadt sich noch unter dänischer Protection befunden habe. Der über die Denkart der Hamburger besser unterrichtete dänische Gesandte beim niedersächsischen Kreise, Geheimrath von Johnn, bezeichnete jedoch in seinem Bericht vom 7. August 1742 diese Angaben als völlig unbegründet. Er betonte, dass die hin und wieder zwischen Rath und Bürgerschaft hervortretende Eifersucht auf die Gesinnungen gegen Dänemark keinen Einfluss hätte. Diejenigen, welehe eine Änderung der politischen Verhältnisse Hamburgs (zu Gunsten Dänemarks) zu wünschen schienen, wären heruntergekommene Subjeete ohne Ansehen und Einfluss, oder Leute, die aus eigensüchtigen Beweggründen dänische Sympathien zu hegen vorgäben, auf die man aber nicht zählen dürfte Von solchen Elementen abgesehen — meinte v. Johnn — würde es schwer fallen, auch nur fünf Einwohner Hamburgs ausfindig zu machen, welche die von Bachoff vorausgesetzten Gesinnungen hegten. (Kophg. Reichs-A.) 2) Das Folgende nach Acten der preussischen Staatsarchive m Berlin und Hannover, sowie nach den Hamb. Rathsprotokollen von 1743 und 1744. 12 Adolf Wohlwill. Vergleich '), ja selbst an dem Tage, an dem die Ratificationen gewechselt wurden, den hamburgischen Deputirten ein grosses Verzeichniss neuer unbegründeter Beschwerden übergeben worden sei, und wie seitdem der dänische Gesandte in Hamburg und der Oberpräsident von Altona sich nicht nur in die Schiffahrts- und Handelssachen, sondern auch in die Justiz- und Polizeiangelegenheiten der Hamburger einzumischen und dabei alles nach ihrer alleinigen Convenienz zu erzwingen suchten. *) Das Schlimmste sei, dass sich diese dänischen Bevollmächtigten, wie auch das Ministerium in Kopen- hagen bei ihren Forderungen auf die dem Könige von Dänemark-Norwegen zu- stehende „Oberbotmässigkeit“ über Hamburg beriefen, woraus erhelle, dass es diesmal nicht allein auf eine Gelderpressung, sondern vielmehr auf eine gänz- liche Subjugirung Hamburgs abgesehen wäre. Da nun dem heiligen römischen Reiche daran gelegen sein müsse, zu verhindern, „dass eine dem ganzen Reiche auf mancherlei Weise nützliche und so wichtige Grenzfestung dem- selben entzogen, ihrer unläugbaren Reichsstandschaft beraubt und einer fremden Herrschaft unterwürfig gemacht werde“, so ersucht der Rath die kreisausschreibenden Fürsten, „von Kreisdirecetorii wegen gememschaftlich zu überlegen, wie dieser guten Stadt zu dem wirklichen Besitz ihrer vorlängst rechtskräftig bestätigten Reichsstandschaft am sichersten zu verhelfen und sie von allen vermeintlichen Ansprüchen des holsteinischen Hauses, der könig- lichen wie der fürstlichen Linie, ein für allemal gänzlich befreit und wider Bedrohungen hinlänglich geschützt werden möge“. Diesem Gesuch waren zwei Abhandlungen beigefügt, in welchen die reichsstädtischen Rechte Hamburgs geschichtlich begründet wurden. °) Im Sinne dieser Schriftstücke auch durch mündliche Vorstellungen zu wirken, war der hamburgische Syndicus Surland bereits Ende Juli 1743 mit einer Mission nach Hannover betraut worden *), und am 13. September war ihm Gelegenheit geboten, die Wünsche der Stadt den hannöverschen im Jahre 1726 in Hamburg errichteten Courantbank und bezüglich des Schauenburger Hofes, sowie verschiedene andere Streitigkeiten zu endgültigem oder vorläufigem Ab- schluss zu bringen bestimmt war, ist bei Klefeker, Sammlung der Hamb. Gesetze und Verfassungen, Band 9 S. 313—325 abgedruckt. (Vgl. auch E. H. Wichmann in der Belletristisch-Literarischen Beilage der Hamb. Nachrichten v. 1895 No. 34.) 2) In seiner mündlichen Beschwerde beim hannöverschen Ministerium klagte Syndieus Surland am 13. Sept. 1743, dass der dänische Gesandte von Johnn „sich als einen Praetorem Regium zu geriren suchete“. (Hann. A.) 3) Die kürzere dieser Abhandlungen war den hannöverschen Ministern bereits im Sept. 1743 zugestellt worden. 4) Beglaubigung des Syndieus Johann Julius Surland vom 31. Juli 1743 im Hann. A. 5) „Actum Hannover in der Geheimten Raht-Stube den 1öten Septbr. 1743. (Hann. A.) u Zend | Zur Geschichte des Gottorper Vergleichs vom 27. Mai 1768. 13 Diese liessen es nicht an Betheuerungen des Wohlwollens für Hamburg fehlen. Anderseits erhellt jedoch aus den Worten des Kammerpräsidenten Freiherrn v. Grote an Surland und mehr noch aus dem Berichte der Minister an den König-Kurfürsten (vom 16. Septbr.), dass bei der hannöver- schen Regierung wenig Neigung für ein energisches Eingreifen zu Gunsten der Stadt vorhanden war. Ihr Verhalten in dieser Angelegenheit wurde offenbar in erster Linie durch die Rücksicht auf den dänischen Hof bestimmt, den sie in keiner Weise zu verletzen wünschte. Dazu kam, dass sie die rechtliche Grundlage der hamburgischen Ansprüche auf Reichs- unmittelbarkeit nicht für durchaus wnanfechtbar hielt. Die Minister empfahlen deshalb den Hamburgern, ihre Zwistigkeiten mit Dänemark lieber durch einen Vergleich, als auf dem Wege Rechtens zum Austrag zu bringen. Weit orösseres Entgegenkommen fand Surland im Berlin, wohm er sich im December 1743 begeben hatte. Wie schon bei einem früheren anscheinend geringfügigen Anlass von Friedrich dem Grossen die Ver- sicherung ertheilt worden war, „Hamburg die hülfreiche Hand zu bieten“ '), so wurde auch jetzt dem hamburgischen Anliegen vom preussischen Hofe theilnehmende Aufmerksamkeit geschenkt. Bereits am 14. Februar 1744 äusserte sich das preussische Cabinetsministerium über diesen Gegenstand, in emem emgehenden Schreiben an die Minister in Hannover. Der König, heisst es darin, sei vollkommen geneigt, alles mit zu betreiben und fördern zu helfen, was zur Erhaltung von Hamburgs Reichsunmittelbarkeit und freier Schiffahrt und Handlung diene. Hamburg vor dänischen Gewalt- thätigkeiten zu schützen, seien die Directoren des niedersächsischen Kreises ohnehin auf Grund der Reichsexecutionsordnung befugt und verpflichtet; doch möge die hannöversche Regierung erwägen, ob es sich nicht empfehle; dass beide Fürsten sich durch ein förmliches Concert verbindlich machten, der Stadt in allen nöthigen Fällen reichsverfassungsmässigen Beistand zu leisten, dass sie ihr ferner hierüber eine bündige Versicherung ertheilten und auch den Kopenhagener Hof von der getroffenen Verabredung in Kenntniss setzten. Von noch grösserem Gewicht würde es nach der Ansicht der preussischen Minister sein, wenn die Stadt überdies bewirke, dass der Kaiser dem niedersächsischen Kreisdirectorium zu Gunsten Hamburgs ein besonderes Proteetorium und Conservatorium übertrage. Zur Beförderung des Anliesens der Hamburger, in den thatsächlichen Besitz der Reichs- standschaft zu gelangen, erachteten die preussischen Minister es in erster Linie für geboten, dass die Stadt, der von Alters her Sitz und Stimme auf dem Reichstage zukomme und zu demselben am 17. März 1742 von Kaiser Karl VII. aufs neue geladen sei, von diesem Rechte Gebrauch mache. ı) Erlass an Destinon vom 18. October 1740. Berl. A. 14 3 Adolf Wohlwill. Wenn dann — wie vorauszusehen — holsteinischerseits versucht werde, zu verhindern, dass der hamburgische Reichstagsdeputirte vom kur- mainzischen Reichsdireetorium angenommen und von dem reichsstädtischen Collegium zugelassen werde, so sei zu hoffen, dass der Kaiser für Hamburg eintrete, zumal wenn Preussen und Hannover ihren Einfluss in diesem Sinne geltend zu machen suchten. Bei fortdauerndem Widerstand Dänemarks und wenn kein Dehortatorium etwas fruchte, empfehle es sich vielleicht, die Sache durch ein ordentliches kaiserliches Commissionsdeceret an das Reich zu bringen und eine Bestätigung des Beschlusses vom Jahre 1510 zu veranlassen. Die Stadt werde dann unzweifelhaft diese Umstände be- nutzen, um den dänischen Hof auf mildere Gedanken zu bringen und einem Hauptvergleich geneigt zu machen. '!) Diese Vorschläge erschöpften so ziemlich alles, was sich auf dem Wege reichsceonstitutionsmässiger Kundgebungen für Hamburg thun liess. Ob der Zweck auf diese Weise hätte erreicht werden können, muss dahingestellt bleiben. Nach dem, was über die Stellung des hannöverschen Ministeriums zu dem hamburgischen Anliegen mitgetheilt worden, wird es begreiflich erscheinen, dass ihm die preussische Aufforderung zu einem gemeinsamen Vorgehen äusserst ungelegen kam. Die hannöverschen Staatsmänner arg- wöhnten überdies, dass die preussische Regierung bei ihrem Antrage den Hintergedanken verfolge, Hannover in eine Lage zu versetzen, in der es sich entweder den Unwillen des dänischen Hofes oder das Misstrauen der Stadt Hamburg zuziehen müsse. °) Um diesem „Fallstrick* möglichst aus- zuweichen, nahmen die hannöverschen Minister in ihrem Antwortschreiben an das preussische Cabinetsministerium zu einer ziemlich gewundenen Sprache ihre Zuflucht. Sie bezeugten die Bereitwilligkeit ihres Fürsten, ebenfalls für die Erhaltung Hamburgs in seinem damaligen „Stand und Wesen“ mitzuwirken. Anderseits erklärten sie es jedoch für bedenklich, zu diesem Behuf ein besonderes Concert zwischen den beiden Kreisdirectoren ins Leben zu rufen. Da zur Zeit von einer bevorstehenden Gewaltthätig- keit Dänemarks gegen Hamburg nichts bekannt sei, so wäre ihrer Ansicht nach zu besorgen, dass das vorgeschlagene Concert dem dänischen, wie auch dem fürstlich holsteinischen Hof zudrinelich vorkommen und der Stadt Hamburg nicht sowohl grössere Sicherheit und Hülfe verschaffen, als vielmehr grösseren Unwillen zuziehen werde. Völlig hinreichend und minder anstössig würde es sein, der Stadt zu überlassen, dem anderen Vor- schlage der preussischen Minister gemäss beim Kaiser die Uebertragung 1) Schreiben des preussischen Cabinetsministeriums (gez. Podewils und Borcke) an das königl. grossbrit. Etats-Ministerium zu Hannover v. 14. Febr. 1744. Berl. und Hann. A. 2) Nach den Gutachten der hannöverschen Minister bezüglich der Beantwortung des preussischen Schreibens und ihrem Bericht an den König-Kurfürsten. (Hann. A.) Zur Geschichte des Gottorper Vergleichs vom 27. Mai 1768. 15 eines Protectorium oder Conservatorium speciale an die Kreisdireetoren auszuwirken, von welchem alsdann dem dänischen Hofe m „convenablen terminis* Anzeige gemacht werden könne. Was den Vorschlag betreffe, dass Hamburg sein Recht auf Theilnahme an den Reichstagen geltend machen sollte, so wären die hannöverschen Minister allerdings der Ansicht, dass das Kreisdirectorium die Stadt daran nicht hindern könne, auch wollten sie es ihr gern gönnen, dass sie hierbei erfolgreich sei, doch bezweifelten sie, dass Hamburg durch Erreichung dieses Ziels von An- fechtungen befreit werde. Zum Schlusse des Schreibens fassten sie ihre Meimung dahin zusammen: sie wünschten bei solchen Mitteln stehen zu bleiben, von denen man versichert sein könne, dass sie keinen Anstoss ohne Noth erresen und die Calamitäten der Stadt nicht vermehren würden. ') Unzweideutis ging aus dieser Antwort nur soviel hervor, dass die hannöversche Regierung nicht gewillt war, in eine gemeinschaftliche Action mit der preussischen zu Gunsten Hamburgs einzutreten. Auch erneute persönliche Bemühungen Surlands, der von Ende März bis Anfang Mai 1744 wieder in Hannover verweilte, vermochten die dortigen Minister nicht zu bestimmen, ihre Zurückhaltung aufzugeben. °) War aber auch das erwähnte Project gescheitert, so hörte doch der Berliner Hof nicht auf, seine Theil- nahme an dem Geschicke Hamburgs zu bethätigen. Abgesehen von der Anrufung der Reichsorgane hatte der Hamburger Rath jener Zeit noch ein anderes Mittel ins Auge gefasst, um den Hader mit Dänemark endgültig zu beseitigen. Der damalige Inhaber der holstemisch- gottorpischen Herzogsrechte, Karl Peter Ulrich (der nachmalige Zar Peter IU.), war im Jahre 1742 von seiner Tante, der Kaiserin Elisabeth, zum Gross: fürsten und russischen Thronerben ernannt worden. Mit Russland aber stand Hamburg damals auf gutem Fusse. Der russische Gesandte in Kopenhagen, Baron Korff, hatte wiederholt die freundlichsten Gesinnungen für Hamburg zu erkennen gegeben. ®) Es erschien daher denkbar, dass der !) Schreiben der hannöverschen Minister an das preussische Cabinetsministerium vom 19. März 1744. Berl. und Hann. A. 2) Charakteristisch ist, dass die hannöverschen Minister in ihrem Schreiben an den König-Kurfürsten vom 5. Mai 1744 es als erwünscht bezeichneten, dass dem dänischen Hofe von den Bemühungen des hamburgischen Syndieus vertrauliche Mit- theilung gemacht werde, „da es leicht geschehen könnte, dass des Königs von Dänemark Majestät, wenn Ew. Königl. Majestät darüber gar nichts äussern wollten, daher einige Ombrage fassten, oder das Stillschweigen vor ein Merkmal einer Kaltsinnigkeit auf- nähmen, zu geschweigen, dass Preussen gar die Falschheit begehen könnte, dergleichen durch eine gekünstelte Apertur zu erwecken.“ Der König erwiderte darauf (St. James, den 15. Mai 1744), dass er entschlossen sei, „dem königlich dänischen Geheimten-Rath von Söhlenthal, wenn er allhier wieder angelanget sein wird, dasjenige, was Ihr an Hand gegeben, insgeheim bezeigen zu lassen.“ Hann. A. 3) Hamb. A. 16 Adolf Wohlwill. russische Hof veranlasst werden könne, den Herzog von Holstein-Gottorp und durch diesen auch die dänische Regierung zu einem gütlichen Abkommen mit Hamburg zu bestimmen. Dieses Project ist unzweifelhaft im Anfang des Jahres 1744 von Syndieus Surland im den Unterredungen, die er mit verschiedenen preussischen Staatsmännern führte, erörtert worden, ') wie ja auch im dem Schreiben des preussischen Cabinetsministeriums an die hannöversche Regierung auf die Eventualität einer Erledieung des Imme- dietätsstreits auf vertragsmässigem Wege hingewiesen war. Um auch nach dieser Richtung dem hamburgischen Interesse Förderung angedeihen zu lassen, wurde am 30. Juni 1744 im Namen Friedrichs des Grossen an den preussischen Gesandten in Moskau, Baron v. Mardefeld, ein von den Ministern Podewils und Borcke gezeichnetes bemerkenswerthes Schreiben gerichtet, aus welchem hier einige Stellen herausgehoben werden mögen. Es heisst da: ?) „Wahrschemlich sind Ihnen die Ansprüche, die der dänische Hof, sowie das Haus Holstem (-Gottorp) auf Hamburg erhebt, die Unruhen, zu denen diese Ansprüche von Zeit zu Zeit Anlass gegeben, die Unzuträglichkeiten, die daraus für die Nachbarschaft hervorgegangen, und der Nachtheil, den sie dem Handel Niedersachsens im allgemeinen und dem meiner Unterthanen im besonderen zugefügt haben, nicht unbekannt. Durch diese Gründe bewogen, über die Mittel nachzudenken, wie dieses Uebel mit der Wurzel zu beseitigen sei, habe ich in Erwägung gezogen, ob es nicht möglich sei, da die Kaiserin von Russland voraussichtlich eifrigst bemüht sein wird, die Streitigkeiten zwischen dem Kopenhagener Hofe und dem holsteinischen Fürstenhause bezüglich des Herzogthums Schleswig in der einen oder anderen ‚Weise zu beendigen, bei dieser Gelegenheit das Interesse Ihrer Kaiserlichen Majestät auf Hamburg zu lenken. Man könnte ihr vorstellen, dass es sich mit Rücksicht auf die Handelsbeziehungen zwischen Hamburg und Russland empfehle, die Stadt aus ihrer bisherigen unsicheren politischen Lage zu befreien und demgemäss anzuregen, dass die Stadt gegen Zahlung einer beträchtlichen Summe, welche vielleicht die Verständigung wegen des Herzosthums Schleswig erleichtern könnte, von allen dänischen und holsteimnischen Prätensionen losgesprochen werde“. Der Gesandte — so lautet die vorsichtige Weisung — solle jedoch vorläufig die russischen und grossfürstlichen (holsteinischen) Minister nur sondiren; er solle jenen Vorschlag als seimen eigenen Einfall nur ganz gelegentlich und wie im Scherze vor- bringen und sorgfältig verbergen, dass er über diese Angelegenheit irgend welche Instruction empfangen habe. Von dem übrigen Inhalt des Schreibens an Mardefeld sei hier noch die folgende Aeusserung angeführt: „Ich habe Grund anzunehmen, dass der holsteinische Hof dieser Idee umso weniger !) Ausser dem Minister Podewils scheint sich namentlich der Geheimrath von Weinreich der hamburgischen Angelegenheiten angenommen zu haben. Berl. und Hamb. A. 2) Berl. A. Zur Geschichte des Gottorper Vergleichs vom 27. Mai 1768, 1% widerstreben wird, als selbst für den Fall, dass Holstein m den Händen des künftigen Herrschers von Russland bliebe, doch kein Schatten von Wahrscheinlickeit vorhanden ist, dass er jemals seine angeblichen Rechte auf Hamburg geltend machen könnte, während der holsteinische Hof anderseits aus verschiedenen Gründen wünschen muss, dass der dänische Hof für immer ausser Stand gesetzt werde, seine Ansprüche auf diese Stadt zur Anerkennung zu bringen.“ In semer ersten Antwort auf diese Zuschrift konnte Mardefeld nur berichten, dass der holstemische Oberhofmarschall Graf Brümmer sich bereit erklärt habe, im Sinne des erwähnten Projects zu wirken, obwohl er überzeugt sej, dass die Sache auf Schwierigkeiten stossen werde. Von ihm — so hatte Brümmer dem Gesandten erzählt — sei schon zur Zeit des vorigen Herzogs von Holstein, als sich dieser in finanzieller Bedrängniss be- funden, dazu gerathen worden, den Rechten auf Hamburg gegen eine Summe von 100 000 Thalern zu entsagen, das gesammte Conseil sei jedoch dawider gewesen. ') Wenig später vermochte Mardefeld sich seines Auftrages auch dem russischen Grosskanzler Bestuschew gegenüber zu entledigen. Derselbe versprach ebenfalls das Seimige zur Förderung der vorgeschlagenen Ver- handlungen beizutragen. ?) Von diesem vorläufigen Erfolg der preussischen Verwendung beim russischen Hof wurde alsbald auch dem Hamburger Rath Mittheilung semacht und zugleich die Versicherung ertheilt, dass der König nicht aufhören werde, die Bemühungen Hamburgs beim russischen und holsteinischen Hof zu unterstützen. ') Es muss späterer Untersuchung vorbehalten werden, festzustellen, ob und wieweit die preussische Befürwortung der hamburgischen Wünsche auf die endeültise Lösung der Hamburger Immedietätsfrage Einfluss seübt hat. Sicher ist, dass man in Hamburg während der ersten Regierungsjahre Friedrichs des Grossen bei der Erörterung der besprochenen und mancher sonstigen auswärtigen Angelegenheiten, an denen dem Gemeinwesen wesentlich gelegen war, ganz besonders auf die Unterstützung Preussens gerechnet hatte. Hierin trat jedoch seit dem Jahre 1745 ein Wandel ein. Die Verschärfung des handelspolitischen Gegensatzes zwischen Preussen und Hamburg musste zur Folge haben, dass auch auf anderen Gebieten sich eine gewisse Entfremdung geltend machte. Abgesehen hiervon entsprach es nur den alten Traditionen, dass die Hamburger bezüglich des Immedietätsstreites ihre Hoffnungen vorzugsweise auf den Wiener Hof setzten, seitdem durch die Erwählung von Franz I. das Kaiserthum wieder mit dem Hause Oesterreich verbunden war. ') Bericht Mardefelds aus Moskau vom 23. Juli 1744. Berl. A. 2) Bericht Mardefelds aus Moskau vom 4. August 1744. Berl. A. 3) Erlass an den Residenten Destinon vom 22. August 1744. Berl. A. 18 Adolf Wohlwill. Als sich der Hamburger Rath gegen Ende des Jahres 1746 entschloss, eine Deputation nach Wien zu senden, geschah es nicht zum wenigsten in der Hoffnung, dass im mündlichen Gedankenaustausch zwischen den hamburgischen Bevollmächtigten und den in Reichsangelegenheiten mass- sebenden Persönlichkeiten des kaiserlichen Hofes Mittel und Wege ausfindig gemacht würden, um der Stadt den wirklichen Genuss der Reichsunmittel- barkeit zu verschaffen '). Mancherlei Vorschläge waren es, welche die Deputirten Syndicus Surland und Rathsherr Vincent Rumpff zu diesem Behuf dem Reichsvice- kanzler und dem Reichsreferendar unterbreiteten. Es wurde zur Ueberlegung gegeben, ob nicht nach Beendigung des österreichischen Erbfolgekriegs die Immedietät der Stadt von allen beim Friedensschluss betheiligten Mächten garantirt werden könne, oder ob es sich mehr empfehle, dass der Kaiser mit dem niedersächsischen Kreisdirectorium ein Öoncert herstelle, durch das die betreffenden norddeutschen Höfe verpflichtet würden, Hamburgs Immedietät zu schützen, oder ob die Sache am besten erledist werden könne, indem das Reichskammergericht das Urtheil vom Jahre 1618 bestätige, oder ob Hoffnung vorhanden sei, dass der Kaiser die Angelegenheit an das Reich bringe u. s. w. Bezüglich des ersten der vorgeschlagenen Mittel wurden die hamburgischen Deputirten gleich anfänglich bedeutet, dass kein universaler Friedensschluss, wie der westfälische, zu erwarten wäre. Trotzdem wurde ihnen später Hoffnung gemacht, dass die hamburgische Immedietät bei dem zu erwartenden Friedensschluss von den paciscirenden Mächten gewährleistet werden solle, eine Verheissung, die sich freilich zur Zeit der Friedens- verhandlungen von Aachen als unerfüllbar herausstellte °). Das Betreten der übrigen Wege wurde durch den Umstand erschwert, dass man in Wien damals über die geschichtliche und reichsverfassungs- mässige Grundlage der hamburgischen Forderung unzureichend unter- richtet war. Die Deputirten hielten es deswegen für geboten, eine von ihnen ausgearbeitete Denkschrift über den rechtlichen Zustand Hamburgs vorzulegen. Besonders beachtenswerth ist der Schluss dieser Abhandlung. ) „Wir finden hiernächst nothwendig, dass unsere Gesandte mit einigen der fürnehmsten kaiserlichen Herren Ministrorum vertraulich überlegen, auf welche best- und unschädlichste Weise diese gute Stadt endlich von den immerwährenden Bedräng- nissen befreit und derselben zu dem wirklichen Genuss ihrer Reichs-Immedietät und aller davon abhangenden Rechte und Freiheiten in der That verholfen, mithin der dieserwegen besonders ertheilten Allerhöchsten Kaiserlichen Versicherung künftig der nöthige wahrhafte Effeet und Nachdruck gegeben werden möge.“ Instruction für den Syndieus Johann Julius Surland und den NRathsherrn Dr. Vincent Rumpf! vom 19. Decbr. 1746. Aus den Acten im Hamb. A. betr. die Legation nach Wien an Kaiser Franz I., denen auch das Folgende meist entnommen ist. 2) Erlass an den kais. Gesandten Graf Raab in Hamburg vom 18.Deebr. 1748. Wien. A. Zur Geschichte des Gottorper Vergleichs vom 27. Mai 1768. 19 Nachdem ausdrücklich hervorgehoben worden, dass auch noch um die Mitte des 17. Jahrhunderts verschiedene Decrete des kaiserlichen Reichs- hofraths den hamburgischen Gesandten befohlen hätten, ihren Sitz im Reichsstädterath einzunehmen, und dementsprechend auch vom kurmainzischen Reichsdirectorium und vom Reichserbmarschallamt verfahren worden sei, wird hinzugefügt: „Jedoch die Stadt Hamburg sah sich gemüssigt, es hierbei beruhen zu lassen, alldieweil die nordischen Kriege und Unruhen in ihrer Nachbarschaft zugleich alle ihre Aufmerksamkeit und Vorsicht erforderten und sie sowohl ihrer Lage und Commercien halber, als aus jederzeit für das königliche und fürstliche Haus Holstein gehegtem Respect nichts mehr beständig gewünscht hat, dann auf eine solche Art und Weise zu dem völligen Genusse und Exereitio ihres von dem Kaiser und dem ganzen Heiligen Reiche anerkannten und von dem Kammergericht, mithm deeisione und autoritate Summi Imperü Tribunalis bestätigten Rechts zu gelangen, dass der hohe Gegentheil auch nicht den geringsten Anlass zu einigem Missfallen daher nehmen könnte.“ Nach Hamburg zurückgekehrt, gaben die Deputirten in dem Bericht über die Ergebnisse ihrer Wiener Sendung ') der Ueberzeugung Ausdruck, dass der Kaiser, sobald sich die Gelegenheit dazu finde, die im Interesse der Stadt erwünschten Massreseln ergreifen werde. Sie füsten jedoch hinzu: um die wider die Immedietät Hamburgs geltend gemachten An- schauungen mit ihrer Wurzel zu heben, wäre höchlich zu wünschen, dass die in der letzten Wahlcapitulation abermals projectirte Reichskammer- gerichtsvisitation wirklich zu Stande käme, da, „wie Syndieus Surland bei seinen vorigen Gesandtschaften fast allenthalben, insonderheit bei dem hannöverschen Ministerio deutlich vermerket hat, die von Holstein gegen das Exemtions-Urtheil von 1618 ergriftene Revision aller angeführten Gegen- gründe und gethanen Vorstellungen ungeachtet der grösste Stein des An- stosses auch bei den Wohlgesinntesten verbleibe.“ Aus dem, was über die Aeusserungen und Verhandlungen der Vertreter des Hamburger Senats mitgetheilt worden, dürfte zur Genüge erhellen, dass man eine erneute Kundgebung des Reichs zu Gunsten der Reichs- standschaft der Stadt nicht zum wenigsten im der Hoffnung zu erwirken suchte, dadurch die Geneigtheit der holsteinischen Höfe zu befördern, sich auf gütliche Weise mit Hamburg zu verständigen. Nicht ganz so, wie man es erwartet hatte, aber immerhin durch das Zusammentreffen der beiden angeführten Factoren, der Reichsautorität einerseits und der Bereitwilligkeit der holsteinischen Höfe, auf Verhandlungen mit Hamburg einzugehen, anderseits, wurde der Immedietätsstreit in den Jahren 1767 und 1768 that- sächlich erledist. I) Relation vom 26. Mai 1747. Hamb. A. 20 Adolf Wohlwill. Joseph II. liess es sich bekamntlich alsbald nach seiner Erhebung zur Kaiserwürde angelegen sein, die nur allzu tief eingewurzelten Schäden der Reeichsjustiz zu beseitigen und imsbesondere eine Visitation des Reichs- kammergerichts anzuordnen. Zu diesem Behuf wurde u. a. am 10. October 1766 ein Ediet erlassen, laut welchem alle, die gegen ein beim Reichs- kammergericht ergangenes Urtheil Revision eingelegt und diese zu „pro- sequiren“ beabsichtigten, hiervon innerhalb vier Monaten Anzeige zu machen hatten. ) Es war selbstverständlich, dass sowohl die dänische, wie die holsteinische Regierung dieser Aufforderung bezüglich des Urtheils vom 6. Juli 1618 entsprach, da sie ja andernfalls sich jeglichen Rechts, die Gültigkeit dieses Urtheils anzufechten, begeben hätten. Auch musste es für sie um so erwünschter sein, den Schein zu erwecken, als ob sie auf ein ihren Ansprüchen günstiges Ergebniss des Revisionsverfahrens rechneten, da sie sich um dieselbe Zeit anschickten, diese Ansprüche für einen möglichst hohen Kaufpreis zu veräussern. Bekanntlich waren im December 1766 in Kopenhagen Conferenzen eröffnet worden, deren Zweck war, die seit langer Zeit zwischen Holstem- Gottorp und dem dänischen Königshause obwaltenden Streitigkeiten vollständig und endeültig zu beseitigen. Die Angelegenheit wurde ebensowohl von Katharina I., als Vormünderin des Grossfürsten Paul, der seit dem Tode Peters III. Herzog von Holstein-Gottorp war, wie von dem berühmten dänischen Staatsminister Johann Hartwig Ernst von Bernstorff aufs eifrigste betrieben. Das Ergebniss der Verhandlungen, an denen von dänischer Seite ausser Bernstorff die Minister Thott und Reventlow und von Seiten Russ- lands bezw. Holstein-Gottorps die Gesandten Filosofow und Caspar von Saldern theilnahmen, war der provisorische Vertrag vom April 1767, zufolge dessen der Herzog von Gottorp die bisher im dänischen Besitz befindlichen Graf- schaften Oldenburg und Delmenhorst erhalten, dafür aber seinem Antheil an Holstein, sowie seinen Ansprüchen auf Schleswig entsagen sollte, *) Als Ergänzung dieses Abkommens erschien es zweckmässig, auch der Gemein- schaft der Rechte und Ansprüche bezüglich Hamburgs ein Ende zu machen. Die Anregung hierzu ging von russischer Seite aus. Speciell scheint Saldern ?) mit dieser Angelegenheit betraut worden zu sein. 1) Vgl. Thudichum a. a. 0. S. 203. 2) Vgl. Samwer, Urkundliche Beiträge zur Geschichte der Reunion der Herzog- thümer in den „Nordalbingischen Studien,‘ Band 6 S. 128 fi. und P. Vedel, Den xldre Grev Bernstorffs Ministerium (Kjobenhavn 1882), S. 291 ff. 3) Ueber Caspar von Saldern vgl. Handelmann in der Allg. deutschen Biographie Band 30 S. 213 ff., E. Holm, Caspar v. Saldern o& den dansk-norske Regering, in der Historisk Tidskrift, Serie 4, Band 3, S. 73 fi. und A. Wetzel, Zur Lebensgeschichte Caspars von Saldern, in der Ztschr. f. Schleswig-Holstein-Lauenburgische Geschichte, Band 23 S. 271 f. Zur Geschichte des Gottorper Vergleichs vom #7. Mai 1768. 31 Da sich dieser Staatsmann im Sommer 1766, ehe er sich nach Kopen- hagen begab, einige Zeit in Hamburg aufhielt,) so ist es nicht unwahr- schemlich, dass er die Gelegenheit benutzte, um eine gewisse Fühlung mit dem Senat zu erlangen. Dass es damals schon zu bestimmten Ab- machungen gekommen sei, wie ein hambursischer Schriftsteller einige Jahre später angab, ist jedoch wenig glaubhaft.?) Immerhin steht fest, dass der hamburgische Senat von dem Plan einer Veräusserung der hol- steinischen Rechte und Ansprüche früher Nachricht erhalten hat, ehe es hierüber zwischen Russland und Dänemark zu einer definitiven Ver- ständigung gekommen war. °?) Es bedarf kaum der Erwähnung, dass die eröffnete Aussicht die Herzen der Hamburger mit Freude erfüllte. Auch während der letzten Jahre hatte die Stadt es zu ihrem Schaden immer wieder empfinden müssen, dass sie sich unter einer gewissen Botmässiekeit Dänemarks befand. Während des siebenjährigen Krieges war sie zweimal genöthist worden, sogenannte Leih- und Freundschaftsvergleiche mit Dänemark abzuschliessen. Im Jahre 1759 hatte sie der dänischen Krone 400,000 Thaler Banco und im Jahre 1762, von dänischen Waffen bedroht, sogar einen Betrag von einer Million Thaler Banco als Darlehen gewähren müssen. *) Im Herbst 1763 sah sich Hamburg genöthist, in eine Convention über das Elblootsenwesen zu willigen, der zufolge die Hamburger Schiffer nur dänische oder hamburgische privilegirte Lootsen benutzen durften, die Letzteren sich nach der dänischen Lootsenordnung zu richten hatten und jeder von ihnen nur ebensoviele Male, wie die eimzelnen dänischen Elblootsen, zur Bedienung aufwärts oder 1) Saldern traf am 3. Juni 1766 in Hamburg ein. (Hamb. A. und Bericht von P. A. Leisching vom 7. Juni im Dresd. A.) Bei der Kämmerei wurde nach der Ankunft. Salderns, „welcher bekanntlich am russischen kaiserlichen Hofe wegen Holstein alles dirigirt“, nicht nur ein „Weinzettel von 80 Stübgen“, sondern auch der Kostenbetrag für ein „Traetement“ eingeworben (Kämmerei-Protokoll vom 4. Juni 1766). Auch Leischinge berichtet von einer Föte, die zu Ehren Salderns im Garten von Senator Vocht stattfinden sollte. 2) Ludw. v. Hess berichtet in einem aın 2. Dezember 1769 an den hannöverschen Premierminister gesandten Schriftstück „Reflexiones über die vom gesammten Hoch- fürstlichen Hause Holstein und der Stadt Hamburg am 27. Mai 1768 zu Gottorft ge- schlossene Convention“ (Hann. A., Abschrift in einem Sammelband der Hamb. Commerzbibliothek): Der Vergleich mit Hamburg, den Saldern mit dem dänischen Conseil vereinbart habe, sei „die Ausführung des Entwurfs, der von ihm (Saldern) und den Deputirten des hamburgischen Magistrats im Sommer 1766 auf dem Garten des Rathsherrn Voght war gemacht worden“. Oftenbar beruht diese Angabe nur auf Gerede oder Combination; denn sicher wurde L. v. Hess von keinem der unmittelbar Betheiligten ins Vertrauen gezogen. 3) Unter den verbrannten Beständen des Hamb. Staatsarchivs war ein Fascikel mit dem Titel: „Vorläufige Nachricht von einem bevorstehenden Antrage der Höfe von Russland und Dänemark wegen eines Vergleichs mit der Stadt de 27. April 1767. 3) Vgl. Klefeker, Sammlung der Hamb. Gesetze, Theil 9, S. 327— 333. 29 Adolf Wohlwill. abwärts fahrender Schiffe verwandt werden sollte. !) Zu nieht geringerem Nachtheil gereichte der Stadt die im Jahre 1765 dem Senat von Dänemark abgedrungene geheime Convention, durch welche Hamburg verpflichtet wurde, bis zum Betrage von 1'» Millionen Mark Banco dänisches Courant- geld einwechseln zu lassen, um das Agio des dänischen Geldes zwischen 15 und 20 pro Cent zu erhalten. °) 1) Commerz-A. 2) Die Acten über die Verhandlungen, welche dieser Convention vorausgingen, finden sich im Hamb. Staatsarchiv. Für den Zweck dieser Abhandlung erscheint ins- besondere die Form und die Begründung der dänischen Anträge von Interesse. Bereits im April 1765 gab der dänische Gesandte Schimmelmann sein Missvergnügen darüber zu erkennen, „dass man seit 1760 die Prineipia bei der hiesigen Banco geändert und solche Massregeln genommen, wodurch das courante Geld bis zum Agio von 126 & 127 pro Cent gekommen und den königlichen Einkünften, wie Unterthanen ein Schaden von vielen hunderttausend Thalern zugefüget worden, dass, als man von königlich dänischer Seite in diesem Jahre angefangen, dem Übel abzuhelfen, die Baneo abermals sich habe beifallen lassen, durch Ausgeben grosser Posten von courantem Gelde dem Vorhaben entgegen zu gehen und dem couranten Gelde ein Agio von 122 pro Cent zu geben, welches aufs neue einen ansehnlichen Schaden veranlasset hätte, dass er deshalb im Namen des Königs der Stadt 1) die Aufhebung der neuen Verfügungen, 2) die Sistirung des grossen Geldausgebens und 3) die Vereinigung mit Dänemark, dem couranten Gelde ein beständiges Agio & 18 pro Üent beizulegen, anzutragen hätte, mit dem Bedeuten, dass, wenn die Stadt sich dessen weigere, Ihre Majestät Ihren und Ihrer Unterthanen Schaden liquidiren und sich deshalb an dem von der Stadt genommenen Anlehen er- holen würde.“ Da sich der Vertreter des Raths bemühte, die von Schimmelmann erhobenen Beschuldigungen abzuwehren und die Unmöglichkeit, seine Forderungen zu erfüllen, darzuthun, so erklärte der Gesandte, „dass er zwar von dem Vorhaben, dass das dänische courante Geld auf 118—120 pro Cent zu bringen und zu erhalten, nicht abstehen könnte noch würde, dass er aber gerne sich verwenden wolle, einen Mittelweg aus- zufinden.“ Das damals vereinbarte Abkommen befriedigte jedoch die dänische Regierung nicht. Laut eines Auszugs aus dem Rathsprotokoll vom 20. Sept. 1765 berichteten die Rathsdeputirten nach einer kurz zuvor mit Schimmelmann geführten Unterredung, derselbe habe „von dem Könige mit der Post ausdrückliche Befehle erhalten, E. H. Rath im Namen des Königs zu ersuchen, freundschaftlich auf Mittel und Wege zu denken, wie der Curs des couranten Geldes zwischen 18 und 20 pro Cent erhalten werden könnte, sodass er wenigstens nicht über 20 ginge. Der Schade, den die königlichen Länder durch den niedrigen Curs ihres Geldes litten, wäre so beträchtlich, dass er nicht länger zu ertragen wäre. Hamburg wäre itzo der Platz, wo sie ihre Wechsel nach Frankreich, Holland, England und anderen Orten, woher sie ihre Waaren verschrieben, bezahlten. Wenn sie nun das Hamburger Banco mit courantem Gelde über den innerlichen Werth desselben kaufen müssten, so verlören die königlichen Unterthanen immer einige Procente, welches bei den grossen Summen, die auf Hamburg trassiret würden, jährlich einen beträchtlichen Schaden für das Land ausmachte. Das Ministerium hielte dies für eine heimliche Contribution, worin die Stadt die königlichen Länder setzte, und welche um desto unerträglicher wäre, weil sie immerwährend sei. Der Curs des couranten Geldes müsse also nach dem innerlichen Werthe desselben reguliret werden, und wenn die Stadt dazu die Hand bieten wollte, so würde solches leicht ms Werk zu richten sein. Unmögliche Dinge verlange der König nicht, auch nichts, was zum Zur Geschichte des Gottorper Vergleichs vom 27. Mai 1768. 233 Durch alle diese von Hamburg widerwillig getroffenen Verabredungen war ebensowohl das Interesse der Stadt geschädigt, wie ihre Autonomie in Frage gestellt, und wenn auch die dänische Krone, indem sie diese Zuge- ständnisse erzwang, sich nicht immer ausdrücklich auf ihre landesherrlichen Ansprüche berief, so trugen diese doch wesentlich dazu bei, ihren Zu- muthungen den Charakter eines unabweislichen Gebots zu verleihen. Offenbar ist es nur aus dem Zusammentreffen der erwähnten Umstände, der Eröffnung der Reichskammergerichtsvisitation und der dänisch- gottorpischen Ausgleichsverhandlungen zu erklären, dass die dänische Regierung sich im Frühjahr 1767 entschloss, auf die von Filosofow und Saldern vorgeschlagene Unterhandlung mit Hamburg einzugehen. Von grosser Wichtiekeit für diese Entscheidung war das von Bernstorff am 30. April 1767 im dänischen Conseil abgegebenen Gutachten, ') dessen bedeutungsvoller Inhalt hier seinen Grundzügen nach wiedergegeben zu werden verdient. Nachdem Bernstorff auf den zu erörternden Antrag der russischen Diplomaten hingewiesen hat, gibt er eine kurze, im ganzen objeetiv gehaltene Uebersicht über den Hamburger Immedietätsstreit und hebt hervor, dass im 18. Jahrhundert von den früheren dänischen Ansprüchen und Forderungen nichts übrig geblieben sei, als dass man sich in den für Hamburg bestimmten königlichen Ausfertigungen bis 1736 häufiger, später seltener der Worte „Unsere erbunterthänige Stadt“ bedient und dass man bei jedem Regierungswechsel vom Hamburger Rath (der in den betreffenden Schreiben und deren Aufschrift „Ehrsame, Liebe, Getreue Bürgermeister und Rath Unserer Stadt Hamburg“ titulirt worden) die Anlegung der Trauer, das Geläute der Glocken und eine Trauerpredigt an dem Begräbniss- Schaden der Stadt oder Umsturz des Banco-Wesens gereichen könne. Nach einer von dem Herrn Envoye Deputatis gegebenen Ausrechnung könnte niemand bei dem jetzigen Silberpreise mit Vortheil zu 20 pro Cent und weniger münzen, am wenigsten Dänemark, als welches noch ausser den Münzkosten Provision, Courtage, Briefporto, Transport- gelder für das Silber zu bezahlen hätte. So freundschaftlich wie der König itzo die Stadt hierum unter Versicherung seiner Gnade und Proteetion ersuchen liesse, so gewiss wäre alle Freundschaft auf den Fall einer abschlägigen Antwort aus. Es würden alle Arten von Repressalien gegen die Stadt gebraucht werden. Man würde in Altona eine Bank anlegen, alle Zablungen würden über Altona gehen müssen, man würde das Altonaische Commerce zum Nachtheil der Stadt in die Höhe zu bringen suchen, auf alle Waaren und Producta, die von Hamburg kämen oder nach Hamburg gebracht würden, starke Imposten legen, anderer unangenehmer Folgen zu geschweigen. Dahingegen der Herr Envoy& sich die Hoffnung machte, dass, wenn die Stadt dem Verlangen des Königs sich freundschaftlich fügte, Höchstderselbe ihr hinwiederum aule von ihm zu erbittenden Vortheile in der Handlung, z. E. dass sie in allen Waaren als die erste Hand anzusehen, zugestehen würde.‘ 1) P. Vedel, Correspondance ministerielle du Comte J. MH, BE. Bernstorff, Band 2, S. 316 — 326. 24 Adolf Wohlwill. - tage des verstorbenen Königs verlangt, sich jedoch begnügt habe, von diesen drei Forderungen nur eine, nämlich das Glockengeläute, bewilligt zu erhalten. Es sei somit nur eme schwache und kaum merkliche Erinnerung an die ehemalige Oberherrschaft übrig. Ferner lest Bernstorff dar, dass die dänische Krone auch für die Zukunft nicht darauf hoffen könne, in Hamburg wirkliche Regierungsgewalt zu üben. Es sei keine Wahrschemlichkeit vorhanden, im Revisionsprocess ein obsiegliches Urtheil zu erhalten. Sollten aber doch wider alles menschliche Vermuthen die Ansprüche des holstemischen Hauses zur Anerkennung gelangen, so habe man damit kein anderes Recht erreicht als die Huldigung, die unter den vielfältigen Einschränkungen, unter denen sie früher geleistet worden, für wenig anderes, als für eine Ceremonie angesehen zu werden verdiene; denn Hamburg sei zugestandenermassen von allen „Steuern, Gaben und Landfolgen in Kriegs- und Friedenszeiten frei“ und besitze unangefochten alle Jurisdietion und das Recht, sich selbst Gesetze zu geben. Wollte die Stadt auch eine Beschränkung ihrer Freiheit zugestehen, so würde sie doch nach der Grundverfassung des deutschen Reiches, sobald sie in irgend einer Sache beschwert zu sein glaube, befugt sein, sich an die höchsten Reichsgerichte zu wenden und sicher dort stets Gehör finden. 3ernstorff kommt daher zu dem Resultat, dass Dänemark durch den Verzicht auf seine Landeshoheit über Hamburg keine wesentlichen Vortheile preisgeben werde. Dass die dänische Regierung auch ohne landesherrliche Ansprüche Hamburg gegenüber das Recht des Stärkeren geltend machen könne, deutet er durch den Hinweis an, dass Bewilligung von Geldhülfen, wie sie bisher zuweilen von Hamburg gefordert und erzwungen worden, nicht auf dem landesherrlichen Rechte, sondern auf dem jus aequitatis et necessitatis beruhe, welches auch nach erfolgtem Verzicht in Kraft bleibe, und dass ebenso eine etwaige „thätliche Occupation und Unterwerfung“ der Stadt, wenn sie übrigens zu unternehmen billig und rathsam und zu behaupten möglich, nicht aus den bisherigen Ansprüchen herzuleiten sei und durch Renunciation nicht verhindert oder erschwert werde. Weiter führt Bernstorff aus, dass der Verzicht, wenn er durch ein finanzielles Zugeständniss belohnt würde, unter den obwaltenden Ver- hältnissen für Dänemark besonders rathsam und vortheilhaft sei. U. a. macht er geltend, dass der Gedanke, die Ansprüche auf Hamburg dereinst in (Gemeinschaft mit dem Kaiser von Russland zu besitzen, mehr Bedenklichkeit erwecke, als die vollständige Freigebung der Stadt. Bernstorfi verhehlte allerdings nicht, dass, obwohl seiner Ansicht nach die erwähnten Ansprüche seit vielen Jahrhunderten nicht das Geringste zum Ruhm und Nutzen der dänischen Könige bewirkt, sondern ihnen nur leere Streitigkeiten, Verdruss und Misstrauen, ja selbst Beleidigungen, die nicht geahndet werden konnten, eingetragen hätten, dennoch zu erwarten Zur Geschichte des Gottorper Vergleichs vom 27. Mai 1768. 95 sei, dass die bisher so unfruchtbaren Prätensionen, sobald sie aufgegeben worden, für herrliche, unumstössliche, unschätzbare Rechte ausgegeben würden. Durch die Voraussicht solcher Urtheile des politischen Pöbels oder der politischen Gegner dürfe man sich jedoch nicht beirren lassen. Es sei besser, eine so wichtige Stadt wie Hamburg sich aufrichtig zu ver- binden, als sie durch nicht durchzuführende Forderungen und Zerrungen in einem steten Widerwillen zu erhalten. Bei unbefangener Prüfung dieses Schriftstücks wird man sich des Eindrucks nicht erwehren können, dass Bernstorff darin den Werth, den die dänischen Ansprüche auf Hamburg für Dänemark hatten, etwas zu gering angeschlagen hat. Es wurde bereits angedeutet und ist aus der hamburgischen Geschichte himlänglich bekannt, wie häufig sich die Stadt zu Zugeständnissen der verschiedensten Art Dänemark gegenüber bereit finden liess, um nur der Anerkennung der dänischen Oberhoheit aus- zuweichen. Auch bestätigte der weitere Verlauf der Ereignisse keineswegs die Richtigkeit des von Bernstorff in seinem Gutachten angeführten Areuments, der König werde unter dem Namen und im der Eigenschaft eines zuverlässigen Beschützers des Flors, der Freiheit und der Handlung Hamburgs mehr von dieser Stadt ziehen und mehr wahre Gewalt über sie üben, als durch Erstreitung sämmtlicher bisher beanspruchten Rechte. !) Offenbar hat Bernstorff mit einer gewissen advocatischen Ein- seitiekeit plaidirt, um die Bedenken gegen einen Vorschlag zu ent- kräften, den er aus politischen Erwägungen für richtig und heilsam erkannt hatte. Von den übrigen Mitgliedern des Conseils bekundeten die Geheimräthe Thott und Reventlow, sowie Graf Danneskjold-Samsoe sofort (am 30. April) durch ihre Unterschrift ihre völlige Ueberemstimmung mit dem Bernstorff’schen Votum, ?) und eine Woche später (am 7. Mai) gab Prinz Karl von Hessen, der Schwager des Königs, das folgende, ebenfalls zustimmende Votum ab: „Da die königlichen Ansprüche und Gerechtsame auf die Stadt Hamburg von der Beschaffenheit sind, dass, wenn auch deren Betreibung auf das allerglücklichste ausschlüge, dieselben doch niemals von mehr als einer sehr geringen und fast ganz idealischen Wichtigkeit wären, so gehet meine Meinung dahin, dass in diesem als dem vortheilhaftesten Zeitpunkte für den höchsten dafür zu erhaltenden Preis dieselben Ansprüche und Gerecht- same abgetreten und dadurch die Stadt veranlasset würde, den königlich dänischen als den nächsten und sichersten Schutz anzusehen, auch also desto weniger bei fremden Mächten ihren Beistand und Hülfe zu suchen.“ ®) na. a. 0.5. 320. 2) Kophg. Ausw. A. 3) Kophg. Ausw. A. 96 Adolf Wohlwill. In Einklang mit diesen Gutachten und Kundgebungen der Mitglieder des Conseils wurde am 20. Mai der Freiherr Heinrich Carl von Schimmel- mann bevollmächtist, die Verhandlungen in Hamburg einzuleiten. Die ihm ertheilte (offenbar von Bernstorff entworfene) Instruction des Königs ist für den Standpunkt, den die dänische Regierung in dieser Angelegenheit einnahm, ebenso bezeichnend, wie das erörterte Votum Bernstorffs vom 30. April, und mag deswegen ebenfalls seinem wesentlichen Inhalt nach hier mitgetheilt werden. ') Die Einleitung, in welcher die Unzuträglichkeit dereinstiger russischer Ansprüche auf Hamburg für Dänemark in den Vordergrund gestellt wird, lautet, wie folgt: „Wann Wir in Betrachtung der bedenklichen Folgen, so Uns und Unsern im Teutschen Reiche belesenen Provinzen, wie nicht minder einem grossen Theil des Teutschen Reichs aus denen Gerechtsamen und Ansprüchen eines Kaisers von Russland auf die Stadt Hamburg und aus deren Gemein- schaft mit Ihm Uns und Unseren königlichen Nachkommen erwachsen können, wie auch aus andern Uns bewegenden wichtigen Ursachen nach der Sache und aller Umstände reifen Erwägung Unserm Nutzen und Interesse gemäss finden, denen abseiten der russisch-kaiserlichen an Unserm Hoflager accreditirten Ministres Uns geschehenen Insinuationen Statt zu geben und nach dem Beispiel Unsers Urahnherrn, Königs Friedrichs des IIIten, mit und nebst des Grossfürsten aller Reussen als regierenden Herzogs von Holstein Kaiserlicher Hoheit und Liebden über die Uns gemeinschaftlich über besagte Stadt Hamburg zustehende Gerechtsame und Ansprüche mit derselben in Handlung zu treten und solche gegen andere wichtige und wesentlichere Vortheile abzustehen, Uns aber Deine Klugheit und Geschicklichkeit, auch Treue und Eifer für Unsern Dienst sattsam bekannt sind, so haben wir Dich zur Führung dieses Geschäftes ausersehen.“ Hieran schliesst sich der Befehl und die Vollmacht für Schimmelmann, sich sofort nach seiner Ankunft in Hamburg vertraulich mit dem russischen Gesandten und grossfürstlichen Geheimrath von Saldern zu berathen und über ein gemeinsames Vorgehen zu verständigen. Sobald dies geschehen, solle er diejenigen Mitglieder des Raths und der Bürgerschaft von Hamburg, die nach der ihm beiwohnenden Kenntniss des Stadtregiments zur Erreichung des vorliegenden Zweckes am meisten beitragen könnten, insgeheim be- arbeiten *) und dann erst die eigentliche Unterhandlung auf die bestmögliche Weise betreiben. Die hierbei geltend zu machenden Gesichtspunkte werden in folgender Weise dargelegt: Des Königs und seiner Vorfahren Wider- spruch habe die Stadt bisher an der Erlangung desjenigen, was sie seit so langen Jahren und so sehnlich gewünscht, worin sie ihre grösste Ehre !) Kophg. Ausw. A. 2) „zu der Gesinnung, die wir wünschen, zubereiten“. Zur Geschichte des Gottorper Vergleichs vom 27. Mai 1768. 97 gesucht und zu finden vermeinet habe, an der Immedietät unter dem deutschen Reiche und an Sitz und Stimme auf dessen Reichs- und Kreistagen ge- hindert. Diesen Widerspruch wolle der König jetzt aufgeben. Er sei bereit, nicht nur in die völlige Trennung der Stadt vom Lande Holstein zu willigen, sondern auch sich sowohl beim Kaiser, wie bei der Reichsversammlung nachdrücklich dafür zu verwenden, dass sie im Letztere aufgenommen werde und einen Platz unter den Städten des Reiches erlange. Auch wolle er ihr nach geschlossenem Vergleich wie den Reichsstädten Lübeck und Bremen begegnen und ihr gegenüber im allen Fällen gleiche Curialien gebrauchen, wie im Verkehr mit jenen. Anderseits sei es billig, dass die Stadt sich auch des Königs und seines Hauses Vortheil angelegen sein lasse. Des Königs Liebe zu seinen Unterthanen und „die daher entspringende Begierde, sie bald durch Tilgung der ererbten Schulden der Krone von dem Kopf-Schatz zu befreien,“ gebe dazu ein bequemes Mittel. Die Stadt möge von der im Jahre 1762 geliehenen Summe den Betrag von einer Million Thaler Courant nachlassen. Im übrigen werden dem Gesandten die folgenden Vorschriften ertheilt: 1) Er solle die Negociation mit dem Geheimrath von Saldern gemeinsam führen, sodass kemer ohne den andern abschliesse und der Grossfürst- Herzog für sich wenigstens die unentgeltliche Restitution der von ihm für 300000 Speeiesreichsthaler ') an die Stadt verpfändeten Aemter und Dorf- schaften erhalte. 2) An das Eigenthum, das der König in der Stadt Hamburg besitze, und an alle von dem Lande und den Städten des Königs, insbesondere von Altona, mit Hamburg errichteten — mit den landesherrlichen Gerechtsamen und Ansprüchen nieht in unzertrennlichem Zusammenhang stehenden — Verträge, sowie an die den Unterthanen des Königs zum Nutzen gereichenden, durch das Herkommen eingeführten Gewohnheiten, Privilegien u. s. w. dürfe nicht gerührt werden. 3) Die ganze Unterhandlung solle bis zu ihrem glücklichen Abschluss niemand ohne Noth bekannt gemacht, sondern von allen Theilen mit mög- lichster Verschwiegenheit geführt werden. Gegen Ende der Instruction wird dem Gesandten noch besonders an- empfohlen, die Stadt „der aufrichtigen Intention und Entschliessung des Königs zu versichern, sobald alles, was bisher so oft zu Irrungen Anlass segeben habe, gehoben und getilst worden, ihren Flor, soweit es ohne Nachtheil der dänischen Unterthanen geschehen könne, nachdrücklich zu befördern“. I) Genauer angegeben, handelte es sich um 318224 Rthlr. 14 8 Baneo. S. den Leih- und Pfand-Vergleich zwischen Holstein und der Stadt Hamburg vom 6. Mai 1750 bei Klefeker, Sammlung der Hamh. Gesetze ete., Band 9 S. 343 ff. 28 Adolf Wohlwill. Wann sich Schimmelmann zuerst im Sinne seines Auftrages mit Mit- gliedern des Hamburger Raths unterredete, lässt sich nicht mehr feststellen. Die ersten officiellen Anträge in dieser Angelegenheit wurden von ihm und Saldern am 29. Juli 1767 an den Rath gerichtet. Beide Diplomaten gaben übereinstimmend die Erklärung ab, dass die holsteinischen Höfe lieber durch den Weg gütlicher Unterhandlungen, als durch einen Process, alle gemeinsamen alten Forderungen abgethan sehen möchten, und forderten den Rath auf, falls er gleiche Gesinnungen hege, Deputirte zu ernennen, damit über diese Sache weiter conferirt werden könne. !) Der Rath gab hierauf den Gesandten am 5. August seine Dankbarkeit für die ihm bekundete Gesinnung der beiden Höfe zu erkennen. Er fügte jedoch hinzu, dass er ohne Einwilligung der Bürgerschaft nicht m der Lage sei, über eine so wichtige Angelegenheit eine Unterhandlung anzufangen oder Deputirte zu diesem Zweck zu bevollmächtigen; zugleich gab er zu verstehen, dass er es für sehr erwünscht erachte, bestimmter formulirte Vorschläge zu erhalten, ehe er sich an die Bürgerschaft wende. Diese mit den Oberalten und dem Collegium der Sechziger verabredete Antwort des Raths erregte ebensowohl das Missfallen der beiden Gesandten wie des dänischen Hofes. ?) Offenbar in der Absicht, den Rath aus seiner dilatorischen Haltung aufzuschrecken, schrieb Bernstorff am 15. August an Schimmelmann: Bei Gelegenheit der Hamburger Revisionssache seien im königlichen geheimen Archiv verschiedene Documente gefunden, welche noch deutlicher, als dies bisher geschehen sei, bewiesen, dass Hamburg einstmals von den Grafen von Holstein ab- hängig und eine wahre holsteinische Landstadt gewesen sei; wodurch die von dem Hause Holstein behaupteten Ansprüche auf Landeshoheit und Oberherrschaft neue Kraft und neues Licht erhielten. „Vielleicht“ — fuhr Bernstorff fort — „werden die Herren Hamburger desto eher der Sache ein Ende zu machen wünschen, wenn sie sehen, dass wir um deren Ausfall in Wetzlar eben nicht besorget sind.“ °) Ein solcher Appell an die Furcht vor der Entscheidung im Wetzlar dürfte allerdings auf die Hamburger wenig Eindruck geübt haben. Sie be- zweifelten nicht, dass der Revisionsprocess zu ihren Gunsten ausfallen müsse. *) Indessen mochte der Rath sich der Erwägung nicht verschliessen, dass ein längeres Zögern und Verharren auf dem Wunsche, vor allem die dänisch-russischen Propositionen in ihren Einzelheiten kennen zu lernen, leicht als eine Ablehnung der Anträge gedeutet werden konnte. Aus diesem Grunde berief er auf den 7. September eime ausserordentliche Versammlung der Erbgesessenen Bürgerschaft. Dieser wurde die Sachlage !) Rath- und Bürgerschaftsrecesse. Beilage zum Protokoll vom 7. Sept. 1767. 2) Bericht des Grafen Raab vom 1. Sept. 1767. Wien. A. 3) Kophg. Ausw. A. 4) Bericht des sächsischen Residenten Brentano vom 27. Sept. 1767. Dresd. A. Zur Geschichte des Gottorper Vergleichs vom 27. Mai 1768. 39 mitgetheilt und daran die Aufforderung geknüpft, sich einerseits damit einverstanden zu erklären, dass der Rath die von Schimmelmann und Saldern vorgeschlagenen Conferenzen beschieke, und anderseits — damit die Gegenstände der Verhandlung zugleich auch mit Vertretern der Bürgerschaft in vertrauliche Überlegung gezogen werden könnten — entweder in die Ernennung einer geheimen Deputation von 20 Personen (5 Rathsmitgliedern, 5 Oberalten und 10 Sechzigern) zu willigen oder das gesammte Collegium der Sechziger zu diesem Zweck zu bevollmächtigen. Die Bürgerschaft gab ohne Zögern ihre Zustimmung zu den beantragten Conferenzen und bevollmächtigte der zweiten vom Rath gestellten Alter- native gemäss das Collesium der Sechziger, mit dem Vorbehalt, dass vor dem förmlichen Abschluss eines Vergleichs sowie auch vor einem eventuellen Abbruch der Verhandlungen die Emwilligung der Bürgerschaft nachgesucht werde. ') Kurz darauf begannen die Conferenzen, auf denen der Hamburger Rath durch Syndicus J. Schuback und die Rathsherren Wagener, Burmester und Ritter vertreten war. Die Protokolle der Conferenzen haben sich m Hamburg nicht erhalten und ebensowenig, wie es scheint, in Kopenhagen; doch fehlt es nicht an Documenten, die es ermöglichen, uns den Gang der Verhandlungen der Hauptsache nach zu vergegenwärtisen. Am 18. Sept. schrieb Schimmelmann u. a. an seine Regierung: „Ich suche alles hervor. was die Gemüther für die Sache einnehmen und sie geneigt machen könne, derselben Beifall zu geben.“ °) Unzweifelhaft musste der Hamburger Rath den Eindruck erhalten, dass dem dänischen Hof fast noch mehr als Hamburg an dem Gelingen des Werks gelegen sei. Zugleich war schwer zu verkennen, dass bei dem Entgegenkommen der dänischen wie der russischen Regierung das finanzielle Interesse kaum eine geringere Rolle spielte, als das politische. Schimmelmann ging bei semer finanziellen Forderung anfänglich sogar über den in seiner Instruction namhaft gemachten Betrag hinaus; er verlangte, dass Hamburg der dänischen Krone einen Nachlass von einer Million Thaler Banco (statt Thaler Courant) gewähre. Begreiflicherweise suchte man hamburgischerseits diese Forderung etwas herabzudrücken. Anderseits zeugt es von der politischen Einsicht derjenigen Männer, welche die Sache Hamburgs bei diesen Verhandlungen zu vertreten hatten, dass sie die günstige Conjunctur, da Dänemark offenbar im eigenen Interesse auf die Beendigung des Immedietätsstreits drang, weniger aus- nutzten, um das begehrte finanzielle Opfer zu vermindern, als vielmehr um bei dieser Gelegenheit noch anderweitige für die Wohlfahrt des Ge- meinwesens wichtige Vortheile zu erringen. !) Rath- und Bürgerschaftsrecess vom 7. Sept. 1767. 2) Kophg. Ausw. A. 30 Adolf Wohlwill. Schon in dem erwähnten Schreiben vom 18. September sprach Schimmelmann die Vermuthung aus, dass der Ratlı mit einigen Bedingungen hervortreten werde, welche der Bürgerschaft die Sache annehmbarer machen könnten. Um bei der Aufstellung solcher Bedingungen das Interesse der Stadt um so besser wahrnehmen zu können, richtete der Rath am 28. September an die Commerzdeputation die Aufforderung, ihm ihre Gedanken darüber vertraulich zu eröffnen, was etwa bei dem Abkommen mit Dänemark zum Besten des Handels auszubedingen sei. Dieser Anregung Folge leistend, überwies die Commerzdeputation dem Rath am 12. October eine Denkschrift'), im der sie vor allem vier Punkte besonderer Berücksichtigung empfahl. Zuförderst wünschte die Commerzdeputation, dass das von Dänemark auf Grund der Convention vom Jahre 1765 in der Hamburger Bank deponirte Geld, welches derselben einen so unbeschreiblichen Schaden zugefügt hätte, wieder herausgenommen und die Convention selbst auf- gehoben werde. Zweitens wurde die Abtretung des Schauenburger Hofs ®) und des dänisch-holsteinischen Antheils am Schauenburger Zoll ") beantragt. Der dritte Punkt betraf die Abtretung der Hamburg gegenüber gelegenen Elbinsen, die bisher unter dänischer Herrschaft gestanden hatten, „mit allen gegenwärtig sich daran gesetzten und etwa künftig noch anhängenden Landen und Sanden“. Die dabei ins Auge gefassten Gebiets- theile werden in folgender Weise näher bezeichnet: „die Hove, die Peute und Müggenburg, die kleine und grosse Veddel, das Lütke-Feld, der dänische Theil vom Klütjen-Felde, das Nedderfeld, der Baack-Sand und die sogenannten Reet-Inseln, der Schreeven-Hof cum pertinentüs als Rhoden-Wischen, auf dem grossen Spaden, der Sand am Grassbroock, die an Rugenbergen angränzende Grieswärder Kranz-Weide und das Vorland.* Zur Motivirung dieses Verlangens wird der kurze, aber inhaltvolle Satz hinzugefügt: „Mit allen diesen Plätzen könnten respectu des Elbstroms, an dessen Verbesserung der hiesigen Schiffahrt und also auch dem auf selbige sich gründenden Commercio alles gelegen ist, die nothwendigen Veränderungen vorgenommen werden.“ An vierter Stelle wurde der Hauptgegenstand der Verhandlung, die Anerkennung der Immedietät, auch vom commerziellen Standpunkt empfohlen. Es wird dabei betont, die Stadt müsste künftig in keiner einzigen Sache !) Commerz-A. 2) Ueber die Streitiekeiten wegen des Schauenburgischen Hofes finden sich in den verschiedensten Archiven Berge von Acten. Eine kurze Uebersicht gibt J. Lieboldt in der Zeitschr. des Vereins f. Hamb. Gesch. Band 7 S. 400—420. 3) Ueber den Schauenburger Zoll s. Klefeker, Sammlung der Hamb. Gesetze ete. Theil 12. S. 600 ff. Zur Geschichte des Gottorper Vergleichs vom 27. Mai 1768. 31 T behindert werden, nach ihren Statuten, Verordnungen, Gesetzen und wohl- hergebrachten Gewohnheiten zu verfahren und die Freiheit haben, zum Besten ihrer Angehörigen, insbesondere auch im Interesse des Handels und des Münzwesens neue Verfügungen zu treffen und diesen zuwider- laufende (von auswärtigen Mächten kommende) Anträge abzulehnen, „ohne dass ihr deshalb auf eine oder die andere Art etwas Nachtheiliges zugefüget oder ihre Wohlfahrt gekränket werde.“ Neben diesen vier Hauptforderungen brachte die Commerzdeputation noch eine Reihe von Nebenpunkten vor, die sie als solche bezeichnete, weil sie der Ansicht war, dass man sich ihre Bewilligung — so sehr sie auch für den Handel Hamburgs erwünscht sei — nicht allzu hoch an- rechnen lassen dürfe, da sie Dinge beträfen, die bei vorfallendem Wechsel der Regierung, des Conseils oder des Ministeriums ohnehin leicht einige Abänderung erführen. Diese nach Ansicht der Commerzdeputation in zweiter Linie zu erstrebenden Zugeständnisse waren folgende: 1) Die Hamburger müssten für den Handel nach Dänemark und Norwegen dieselben Rechte erhalten, welche den Engländern und Holländern bisher zugestanden wären und künftig diesen oder anderen fremden Nationen verliehen werden möchten. !) 2) Das sogenannte „Erstkaufsrecht“ d. h. die Verpflichtung, die Waaren von auswärts aus erster Hand zu beziehen, müsste in Dänemark aufgehoben und somit den dänischen Unterthanen gestattet werden, solche Waaren aus Hamburg zu verschreiben, die sie von dort billiger, als von dem Ursprungsorte erhalten könnten. Die Berücksichtigung dieser Forderung würde — wie die Commerzdeputation unter Darlegung ihrer freihändlerischen Anschauungen ?) nachzuweisen suchte — auch für den dänischen Handel vortheilhaft sein. !) Die Gleichstellung mit den Holländern war Hamburg, wie schon wiederholt früher, so zuletzt im Novbr. 1763 zugesagt worden. Damals übergab der dänische Gesandte Herr von Johnn dem hamburgischen Senat einen Auszug aus einem Brief von Bernstorff, in welchem es hiess: ‚Se. Königl. Majestät haben Dero Versprechen zu erfüllen und der Stadt Hamburg ein vorzügliches Zeichen Dero Gewogenheit zu geben, bereits im abgewichenen Monat Februar Dero Zollkammer anbefohlen, denen Bürgern und Einwohnern besagter Stadt sowohl in Ansehung ihrer Handlung als ihrer Schiffahrt alle Vortheile geniessen zu lassen, welche denen Unterthanen der General- staaten der vereinigten Niederlande zugestanden oder künftighin noch möchten zugestanden werden.“ (Comm. A.) Es scheint jedoch, dass die Wirkungen dieses königlichen Befehls den Hamburger Kaufleuten nicht bemerkbar wurden. 2) „Die Holländer,‘ — so führt die Commerzdeputation u. a. aus — „welche, wie bekannt ist, am meisten auf die Handlung raffiniren, und dadurch sich die beste Kenntniss derselben erworben, sodass man ihrem Exempel gerne und sicher folgen darf, diese schränken die Handlung in keinem Stücke ein und geben dadurch deutlich zu erkennen, dass eine ganz freie Handlung dem Wohl des Staates keineswegs hinder- lich, sondern, wie man an ihnen die Erfahrung hat, beförderlich ist.“ 32 Adolf Wohlwill. 3) Den Hamburgern müsste gestattet werden, solche Fabrikerzeugnisse, welche die dänischen Unterthanen sonst nur aus ihren eigenen „unnatürlichen‘“ Fabriken ') bezögen, gegen Erlegung eines mässigen Zolls in Dänemark einzuführen. 4) Erwünscht wäre ferner die Aufhebung des für Hamburg nach- theiligen Befehls, dass die Altonaer die Materialien, deren ihre Schiffs- rhedereien bedürften, nur m Altona und nicht dort, wo es ihnen am besten scheine, kaufen dürften. 5) Die norwegischen, aufs neue erhöhten Zölle müssten herabgesetzt werden. 6) Die zwischen Hamburg und Bergedorf gelegenen, der Stadt nicht zugehörigen Ländereien müssten womöglich gegen andere gleichwerthige vertauscht werden, sodass die Stadt einen geraden Strich Landes bis nach Bergedorf erhielte. 7) Den Hamburger Schiffern müsste die Freiheit zustehen, zu Lootsen zu nehmen, wen sie wollten (d.h. es müsste die ihnen in dieser Beziehung im J. 1763 auf dänische Veranlassung auferlegte Beschränkung aufhören). Andere Anregungen der Commerzdeputation bezweckten, die ham- burgischen Schiffe und Schiffsgüter gegen das damals an den dänischen und schleswig-holsteinischen Küsten geltende Strandrecht’) zu schützen. Als einen wesentlichen Punkt der Unterhandlung bezeichnete die Commerz- deputation nachträglich noch, dass der Herzog von Holstein-Gottorp nicht nur bewogen werde, die Immedietät Hamburgs anzuerkennen, sondern dass er der Stadt auch die bei den Vierlanden gelegenen Orte Rhebrock (Reitbrook), Nettelburg und Krauel als Aequivalent (für die ihm zurück- zuerstattenden Ortschaften) ganz frei überlasse. In’ einem Supplementantrag vom 21. October empfahl die Commerz- deputation ferner noch, dass der Rath bezüglich des Sundzolls auf die bereits früher verheissene Parität mit den Holländern dringe, da es sich !) d. h. solchen, für die das Rohmaterial nicht im Lande selbst erzeugt worden. 2) Nach diesem kam von gestrandeten Gütern den Landesherren des Strandes, den bergenden Strandbewohnern und den Eigenthümern je ein Drittel zu. Dem gegenüber wünschte die Commerzdeputation, dass sowohl der König von Dänemark und der Herzog von Holstein-Gottorp, wie deren Unterthanen auf ihre Ansprüche an gestrandete hamburgische Schiffe und Güter verziehteten, dass vielmehr „alle solche gestrandete Güter ihren rechtmässigen Eignern gegen Erlegung eines billigen, dem Werthe der Güter angemessenen Berglohns verabfolget würden, ferner dass den Helgo- ländern, Blankenesern und allen übrigen königlichen, an der Elbe wohnenden Unter- thanen auferleget würde, die geborgenen Güter oder Schiffstheile nicht nach ihren Wohnorten, sondern sogleich gerades Weges hieher zu bringen, da dann selbige hier allenfalls unter der Aufsicht eines ihrer Bevollmächtigten so lange könnten aufbehalten werden, bis die Eigener sich mit ihnen wegen eines billigen Berglohns verglichen oder selbige auch, um ihren Werth genauer zu bestimmen, öffentlich könnten verkauft werden.“ Zur Geschichte des Gottorper Vergleichs vom 27. Mai 1768. 33 herausgestellt habe, dass, während die von Dänemark vorzüglich begünstigten Nationen, die Engländer, Schweden, Franzosen und Holländer, nur 1 Procent für ihre Waaren an Zoll erlegten, die Hamburger wie alle übrigen nicht begünstigten Nationen 1" Procent zahlen müssten, und dass für viele Waaren, die für hamburgische Rechnung von einem fremden Orte nach dem anderen spedirt würden, von den Hamburgern sogar ein um 33" Procent höherer Zoll, als von den genannten vier Nationen, gefordert werde. Es unterliegt keinem Zweifel, dass der Rath die meisten der von der Commerzdeputation vorgebrachten Forderungen und Wünsche, von denen er sicherlich manche auch aus eigenem Antrieb zur Verhandlung gestellt hätte, nach besten Kräften zu vertreten suchte. Bezüglich einiger Punkte musste er allerdings bald zu der Ueberzeugung gelangen, dass sie schwer oder gar nicht zu erreichen seien. Die Commerzdeputation hatte sich in ihrer Denkschrift von ihrem freihändlerischen Standpunkt aus gegen das in Dänemark zur Geltung gelangte Mercantilsystem gewandt. Obwohl es von ihr als dringend wünschenswerth bezeichnet worden, dass Hamburg in Zukunft bei seinen wirthschaftlichen Massregeln und Einrichtungen nicht "mehr auf auswärtige Insmuationen Rücksicht zu nehmen habe, so hielt sie es doch nicht für unstatthaft, Dänemark anzusinnen, dass es seine Wirthschaftspolitik zum Frommen Hamburgs — oder doch auf Grund von volkswirthschaftlichen Prineipien, die mit den bisher befolsten in Wider- spruch standen, modifieire. Hätte Schimmelmann irgend welche Aus sichten auf derartige Zugeständnisse erweckt, so würde er seiner Instruction zuwider gehandelt haben, da in dieser ja ausdrücklich betont war, dass die Verhältnisse der dänischen Unterthanen durch den mit Hamburg zu vereinbarenden Vergleich nicht berührt werden dürften. Es ist jedoch an- zunehmen, dass der Rath solche von der Commerzdeputation nur zu even- tueller Berücksichtigung empfohlenen Wünsche mit der erforderlichen Behutsamkeit zur Sprache brachte und sie keineswegs, wie die Abtretung des Schauenburger Hofes und der Elbinseln, als Verhandlungsgegenstände von entscheidender Bedeutung hinstellte. Sicher ist, dass bei den Berathungen zwischen den Senatsdeputirten und den Gesandten keine grundsätzlichen Meinungsverschiedenheiten hervor- traten. Dennoch zog sich die Sache mehr in die Länge, als der dänischen Xegierung und ihrem Bevollmächtigten erwünscht war. In Beeriff, Hamburg zu verlassen, schrieb Schimmelmann Ende October 1767: ') Den ihm zu- gekommenen Nachrichten zufolge sei der Rath m der Sache bereits völlig schlüssig und einig, auch das Conclusum schon entworfen. Es finde dieses aber bei den Sechzigern noch viele Schwierigkeiten. Das grösste Hinderniss bilde der Umstand, dass man sich über die Mittel, den beim Abschluss 1) Bericht Schimmelmanns vom %7. October 1767. Kophg. Ausw. A. 3 34 Adolf Wohlwill. des Vergleichs sich ergebenden finanziellen Fehlbetrag auszugleichen, nicht einigen könne. Die Menge der Köpfe, die dabei etwas zu sagen haben, seien schwer in ihren Meinungen zu vereinigen. Er kehre deshalb ohne ein definitives Ergebniss nach Kopenhagen zurück, doch habe er mit den „Wohlgesinnten“ des Raths und der Bürgerschaft verabredet, dass die Sache während seiner Abwesenheit nicht ausgesetzt, sondern mit dem bisherigen Eifer weiter betrieben werde. Sobald ein Conelusum zu Stande gekommen, würde es ihm von Syndieus Schuback nachgesandt. Im Verlauf der weiteren Verhandlungen zwischen dem Rath und den Sechzigern machten die Letzteren geltend, dass sie ohne Erweiterung ihrer Vollmacht nicht befugt zu sein glaubten, sich mit den der Stadt zugemutheten finanziellen Opfern einverstanden zu erklären. Die An- gelegenheit gelangte deshalb aufs neue an die Bürgerschaft. ') Die auf den 14. December anberaumte Rath- und Bürgerschaftsversammlung wurde von Bürgermeister Schuback mit einer feierlichen Ansprache eröffnet, in der er auf die Wichtigkeit der bevorstehenden Entscheidung hinwies. Nachdem er den Stand der Verhandlungen über die dänisch-russischen Anträge im allgemeinen bezeichnet hatte, fuhr er mit den Worten fort: „Nicht die Hohen bei der Sache interessirten Mächte, nicht unsere abwesenden Mitbürger allein, sondern alle benachbarten Höfe, ganz Deutschland, ja em grosser Theil von Europa ist auf die heutigen Entschlüsse aufmerksam, und unsere Nachkommen werden bis ans Ende der Tage sich dieses Tages in ihren Jahrbüchern als des allermerkwürdigsten erinnern.“ In der Senatsproposition ward alsdann mitgetheilt, welche Zugeständ- nisse man abgesehen von der Anerkennung der Reichsunmittelbarkeit zu erwirken hoffe. Es wurden folgende Punkte aufgeführt: 1) die prompte Abtragung alles dessen, was Dänemark nach Abzug der zu erlassenden Summe der Stadt schuldig bleiben werde; 2—4) die Abtretung des dänisch-holsteinischen Antheils am Schauen- burger Zoll und des Schauenburger Hofes, ferner der auf der Elbe (zwischen Billwärder und Finkenwärder) gelegenen dänischen Inseln und Halbinseln, sowie einiger zwischen Gebietstheilen der Stadt, in der Gegend von Billwärder und den Vierlanden belegener holsteinischer, gegenwärtig im Pfandbesitz Hamburgs befindlicher Ländereien ; 5) die Aufhebung aller dem Inhalt des gegenwärtig abzuschliessenden Vergleichs entgegenstehenden Verträge ; 6) die Bestätigung der den Hamburgern namentlich im Interesse ihres Handels früher zugestandenen Freiheiten und Gerechtigkeiten, insbesondere der „Parität mit den Amieissimis;* !) Kämmereiprotokolle v. 4. Dee., R.- u. B.-Recesse v. 14. Dee. Zur Geschichte des Gottorper Vergleichs vom 27. Mai 1768. 35 7) nähere Begünstigung des Hamburger Handels mit den königlich dänischen Landen, „soviel sich bewandten Umständen nach möglich machen lasse ;* 8) die Aufhebung der mit dem dänischen Hof 1763 wegen der Ober- lootsen geschlossenen Convention; 9) die Aufhebung der 1765 getroffenen Vereinbarung wegen des Agios des Courantgeldes; 10) die Exemtion der Hamburger Juden von der Jurisdietion des Altonaer Oberrabbiners. Für den Fall, dass alle diese Punkte oder doch die meisten und für Hamburg wichtigsten bewillist würden, empfahl der Rath, vor einem an- sehnlichen finanziellen Opfer nicht zurückzuschrecken. Der dänische Hof hätte statt des ursprünglich verlangten Nachlasses von 1 Million Thaler Banco pro ultimato einen Erlass von 1 Million Thaler Courant gefordert, der Gottorper Hof, von dem anfänglich ein Nachlass von 400 000 Rthl. Banco beansprucht worden sei, hätte pro ultimato den Erlass derjenigen Summe, welche auf die verpfändeten holstemischen Ländereien vorgeschossen worden, 318 224 Rthl. 14 £, also die unentgeltliche Zurückgabe . dieser Ländereien proponirt. Unter den obwaltenden Umständen glaubte der Rath sich dahin aus- sprechen zu müssen, dass man dem dänischen Hof nicht weniger, als einen Nachlass von 700000 Thalern Banco, und dem’ Gottorper Hause nicht weniger als den Nachlass der auf die verpfändeten Ländereien vorgeschossenen Summe anbieten könne, wobei jedoch auszubedingen wäre, dass eine aus dem Jahre 1644 stammende Forderung von 20000 Thalern Species an Capital und Zinsen von Gottorpischer Seite berichtigt werde. Unter der Voraussetzung, dass die vom Rath aufgeführten Bedingungen zugestanden würden, erklärte sich die Bürgerschaft mit den vorgeschlagenen finanziellen Angeboten an die beiden Höfe einverstanden und überliess dem Antrage des Raths gemäss diesem und dem Collegium der Sechziger alle weiteren Massregeln bis zum wirklichen Abschluss des Vergleichs. Dass derselbe vor seiner Ratifieation der Bürgerschaft in extenso zur Mitgenehmigung vorgelegt werden solle, wurde vom Rath ausdrücklich zugesichert. Während sich Rath und Bürgerschaft somit im wesentlichen geeinigt hatten, scheint eine Verzögerung des Abschlusses dadurch hervorgerufen zu sein, dass dem russischen Hof oder dem Grafen Panin die dem Herzog von Gottorp in Aussicht gestellten finanziellen Vortheile im Vergleich mit den von der dänischen Krone erwarteten allzu geringfügig vorkamen. In der Besoreniss, dass hierdurch das mühsam geförderte Werk m Frage gestellt werden könnte, beauftragte Bernstorff den dänischen Gesandten am russischen Hofe, den Grafen Panin durch Vorstellungen der eindring- 3* 36 Adolf Wohlwill. lichsten Art auf andere Gedanken zu bringen und ihn zu bewegen, Saldern zur Wiederaufnahme und Beendigung der Negociation zu bevollmächtigen. ') Aller Wahrschemlichkeit nach hat Saldern selbst seinen Einfluss bei der russischen Regierung in gleichem Sinne geltend gemacht. Thatsache ist, dass die einige Monate später erzielte Verständigung zwischen Hamburg und Holstein-Gottorp im wesentlichen nach Massgabe der früheren Ver- handlungen erfolgte. Die Stadt sollte allerdings nicht allem auf die im Jahre 1750, sondern auch auf die im Jahre 1644 goeliehene Summe ver- zichten; dafür erhielt sie die Zusicherung, dass die Gottorper Regierung ihren landesherrlichen Ansprüchen auf Hamburg und ihrem Antheil am Schauenburger Zoll und am Schauenburger Hof zu entsagen und überdies 9 Parzellen des Amtes Reinbeck abzutreten bereit sei. Auch bei den weiteren Verhandlungen mit Dänemark ergab sich für den Hamburger Rath die Unmöglichkeit, eme Ermässigung der finanziellen Opfer durchzusetzen. Vielmehr wurden in dieser Beziehung die Ansprüche an Hamburg in nicht unerheblicher Weise erhöht. In einer am 28. März 1768 im Namen des Königs an Schimmelmann gerichteten Weisung *) war die Forderung gestellt, dass Hamburg, ausser dem Nachlass einer Million Thaler Courant, als Entgelt für die Abtretung der gewünschten Inseln und Halb- inseln auch noch den Verzicht auf die sämmtlichen bis zum Abschluss des Vergleichs verfallenen Zinsen bewilligen solle. Im übrigen zeigte sich die dänische Regierung im ganzen entgegenkommend. Sie entschloss sich, abgesehen von den erwähnten Inseln und Halbinseln, auch ihren Antheil am Schauenburger Zoll, sowie am Schauenburger Hof und am Mühlenhof der Stadt zu überlassen. Wie hervorgehoben worden, enthielt die erste in dieser Angelegenheit für Schimmelmann erlassene Instruction vom 20. Mai 1767 die ausdrückliche Erklärung, dass der König von Dänemark seinem Eigen- thum innerhalb der Stadt Hamburg nicht entsagen wolle. Auch in dem Rescript vom 28. März 1768 war deutlich zu erkennen gegeben, wie ungern die dänische Regierung sich zu einem derartigen Verzicht entschloss. Trotzdem gab sie auch hiern nach. „Da wir von dir vernehmen,“ — heisst es in dem letzterwähnten Erlass — „dass die Stadt auf diese Acqui- sition (den Schauenburger Zoll, den Schauenburger Hof und den Mühlenhof) unwandelbar bestehe, und wir wohl einsehen, dass sie Ursache habe, von solcher nicht abzulassen, so wollen wir einem so kleinen Objecto die ganze wichtige Sache nicht nachsetzen, sondern bevollmächtigen Dich hierdurch, die Ueberlassung aller drei Pertinenzien (unter den näher angegebenen Bedingungen) zu bewilligen.“ Ausserdem wurde Schimmelmann ermächtigt, alle der Immedietät Hamburgs zuwiderlaufenden Pacta, Verträge und Ver- !) Erlass an den Freiherrn von der Asseburg vom 5. Decbr. 1767. Kophg. Ausw. A. 2) Kophg. Ausw.-A. Zur Geschichte des Gottorper Vergleichs vom 27. Mai 1768. 37 gleiche für nichtig zu erklären, ferner die Stadt von der 1763 mit ihr wegen der Lootsengesellschaft getroffenen Verabredung (deren Nutzen durch die in dem Herzogthum Bremen angestellten Lootsen ohnehin vermindert worden sei), ebenso auch von der im Jahre 1765 wegen des Agio des Courantgelds übernommenen Verbindlichkeit freizusprechen. Auch bezüglich der meisten übrigen hamburgischen Forderungen sollte Schimmelmann die Willfährigkeit der dänischen Regierung zu erkennen geben. Die Concessionen und Privilegien, die im Kopenhagener Recess von 1692 und in der 1762 geschlossenen Convention für Hamburgs Handel und Schiffahrt bewilligt worden waren, sollten bestätigt werden. Die Exemtion der im Hamburger Jurisdietionsgebiet wohnhaften Juden von der Jurisdietion des Oberrabbiners und der Aeltesten in Altona sollte zugegeben werden, „soweit solches von der Macht des Königs abhänge und gesetzmässig geschehen könne.“ Die Summe, welche Dänemark der Stadt nach Abzug des zu erlassenden Be- trages noch ferner schulde, sollte vom Tage des Abschlusses an zu 5 Procent verzinst und bei der Auswechselung der Ratificationen unfehlbar wieder- erstattet werden. Diesen mannigfachen Zugeständnissen gegenüber verdient es Beachtung, wie nachdrücklich dem Gesandten aufs neue eingeschärft worden, dass durch das Abkommen mit Hamburg die vertragsmässigen Rechte und wirthschaftlichen Interessen der dänischen Unterthanen nicht beeinträchtigt 1) In dem Rescript an Schimmelmann heisst es u. a.: ,„(Wir) sind gewiss, dass Du mit dem Dir gewöhnlichen Fleiss, Aufmerksamkeit und Sorgfalt dahin sehen wirst, dass die besondere Gunst, so wir durch diesen Vergleich der Stadt Hamburg zu beweisen geneigt sind, zu keiner Zeit und unter keinem Vorwand zur Verkleinerung der Rechte und des Gewerbes Unserer Unterthanen von derselben gedeutet und eemissbraucht werden könne.“ Vermuthlich wurde dieser Passus durch ein Promemoria der Gesellschaft der Altonaer Commerzirenden vom 2. Januar 1768 hervorgerufen, in welchem die Besorgniss ausgedrückt war, dass Altona noch mehr als früher von Ham- burg benachtheiligt werden würde, sobald diese Stadt ‚von allem nexu subjeetionis befreiet und ihr die völlige Reichs-Immedietät zugestanden würde, ohne dass hierbei auf das Interesse der Stadt Altona einige besondere Rücksicht genommen und solcherhalben das Erforderliche auf eine bündige Weise stipuliret worden wäre.“ Zur Verhütung der befürchteten Folgen brachten die Altonaer Commerzirenden 19 Punkte in Vorschlag, die bei dem Abkommen mit Hamburg auszubedingen seien. Das 6. Desiderium ging dahin, „dass falls die Hamburger zum Besitz der Veddel gelangten, [sie] dennoch dieses Umstandes auf keine Weise zur Belästigung der hiesigen Handlung sich bedienen, sondern alle zu Lande und zu Wasser um Hamburg nach Altona oder von da nach andern Orten gehende Waaren, ohne sie aufzuhalten oder mit einigen Abgaben zu beschweren, passiren lassen sollen.“ (Alt. A.) Vielleicht wurde durch diese An- regung die Weisung an Schimmelmann veranlasst, die von Hamburg begehrten Inseln dürften nur unter der (später thatsächlich in den Vergleich Artikel IV auf- genommenen) Bedingung abgetreten werden, dass sich Hamburg derselben nie, unter keinem Vorwande, zur Einschränkung oder Schmälerung der Schiffahrt auf der Elbe, 38 Adolf Wohlwill. gewillt, die von ihr zum wirklichen oder vermeitlichen Vortheil des Handels und Gewerbes ihrer Landesangehörigen getroffenen Verfügungen in dem Sinne abzuändern, wie es die Hamburger Commerzdeputation als erstrebenswerth bezeichnet hatte. Immerhin hielt Schimmelmann für geboten, den Hamburgern ihre in dieser Richtung geäusserten Wünsche nicht rundweg abzuschlagen, sondern sie durch einige allgemein gehaltene, möglichst unverbindliche Erklärungen abzufinden. Da nun der Hamburger Rath der Bürgerschaft nur versprochen hatte, auf die Begünstigung des hamburgischen Handels in den dänischen Landen hinzuwirken. „soviel sich bewandten Umständen nach möglich machen lasse“, so war er in Anbetracht der im übrigen von den holstemischen Höfen bekundeten Willfähriekeit zu der Annahme berechtigt, dass dieselben sämmtliche in der Rath- und Bürgerschaftssitzung vom 14. December 1767 vorgelegten Bedingungen erfüllen würden. Dass in finanzieller Beziehung dies Abkommen theurer erkauft werden musste, als man vorausgesetzt hatte, durfte dem gegenüber nicht ins Gewicht fallen. Die in der Rath- und Bürgerversammlung vom 28. April 1768 der Bürgerschaft vorgetragene Senatsproposition empfahl daher aufs nachdrücklichste, falls die holsteinischen Höfe thatsächlich, wie sie es verheissen hätten, auf alle hamburgischen Bedingungen eingingen, ihnen als Entgelt den geforderten Capital- und Zinserlass zuzugestehen. Schnelle Entscheidung sei erforderlich, da der König von Dänemark auf der von ihm projectirten Reise im nächsten Monat nach Schleswig kommen, sich dort jedoch nur kurze Zeit aufhalten werde, und da auch der Geheimrath von Saldern und der Geheim- rath Schimmelmann demnächst abzureisen beabsichtigten. Der Senat erinnerte zugleich zum warnenden Exempel an die in den Jahren 1650 bis 1652 geführten Verhandlungen, die durch Nebenumstände m die Länge gezogen und zufolge dessen zum grössten Nachtheil Hamburgs gescheitert seien. ') Um zu verhüten, dass es jetzt nicht ebenso gehe, dürfe man den gegenwärtigen günstigen Zeitpunkt nicht versäumen. „sonderlich zu Unserem und Unserer Unterthanen Nachtheil‘“‘, bediene. Im übrigen ist anzunehmen, dass die dänische Regierung es nicht für zweckmässig hielt, den Abschluss der Verhandlungen mit Hamburg durch Vorbringen aller jener von den Altonaern vorgeschlagenen Punkte zu erschweren. Dass die den Altonaern bisher durch Vertrag oder Herkommen zustehenden Rechte nicht angetastet werden sollten, war, wie erwähnt, schon in der ersten für Schimmelmann ausgefertisten Instruction vorgeschrieben worden. Vgl. R. Ehrenberg im Jahresbericht des Königl. Commerz-Collesiums zu Altona für 1889. (Altona 1890) $. 4. !) Auf diese Vorgänge wird auch in der Rede angespielt, mit der Bürgermeister Schele die Rath- und Bürgerschaftssitzune vom 28. April 1768 eröffnete. Es heisst da: „Zerschlagen sich die Tractaten, so wird eine reife Erwägung der in der bald zu verlesenden Proposition angeführten Umstände klärlich zeigen, dass wir die grösste Gefahr laufen, nicht nur die angebotenen Vortheile zu verlieren, sondern auch das Zur Geschichte des Gottorper Vergleichs vom 27. Mai 1768. 39 Es zeigte sich in der That, dass die Hamburger etwas von der Ge- schichte gelernt hatten. Die Bürgerschaft ertheilte den Anträgen des Raths ihre Zustimmung. Zufolge dessen konnte der Vergleich am 27. Mai 1768 von Saldern und Schimmelmann einerseits, von Syndicus Schuback und den Rathsherren Wagener, Burmester und Ritter anderseits zu Gottorp unterzeichnet werden. Der Tractat erörterte abgesehen von den bisher besprochenen Gegen- ständen noch einige andere Punkte. Artikel XI bestimmte die Aufhebung der alternativen Wahl des Predigers und des Küsters zu Eppendorf, die bis dahin wegen der eingepfarrten holstemischen Dorfschaften üblich war, und die völlige Ueberlassung des Eppendorfer Kirchenwesens an Hamburg. In finanzieller Beziehung ergibt sich aus der Vertragsurkunde, dass die dänischen Forderungen im letzten Stadium der Verhandlungen wiederum ein wenig gesteigert worden waren. Die Stadt musste auf sämmtliche bis zum Tage der Ratification verfallenen Zinsen verzichten. ') Am 14. Juli wurde der Vergleich von der Hamburger Bürgerschaft genehmigt und dadurch der Rath in den Stand gesetzt, die formelle Ratification desselben vorzunehmen. Am 3. Juni wurde der Vergleich in Travendahl von Seiten Dänemarks und am 4. October in St. Petersburg von Seiten Holstein-Gottorps ratifieirt. Hierauf fand am 10. November im Hause des Freiherrn von Schimmelmann die feierliche Auswechselung der Ratificationen statt, wodurch sämmtliche Bestimmungen des Vertrags für die betheiligten Staaten rechtskräftig wurden. °) Die reichsverfassungs- mässige Erledigung des Hamburger Immedietätsstreits erfolgte jedoch erst im folgenden Jahre, einerseits indem beim Reichskammergericht Anfang März 1769 von dem Vergleich Anzeige gemacht und gleichzeitig oder bald darauf von sämmtlichen Parteien in formellster Weise dem Rechtsstreit entsagt wurde, und anderseits dadurch, dass der Kaiser am 30. Mai 1769 den Vergleich bestätigte und am 28. Juni d. J. dem kurmaimzischen Reichs- directorium durch ein Commissionsdeeret hiervon Mittheilung machte, damit der „Reichsstadt Hamburg an Ausübung ihres Sitz- und Stimm- Rechts in dem reichsstädtischen Rath keine weitere Hinderniss geschehen, Capital der quaest: Anleihe völlig einzubüssen. Und was eine solche Abbrechung der Tractaten für betrübte Folgen haben dürfte, können wir aus dem gewaltigen Verluste und aus den vielen Beschwerlichkeiten, welche unsere Vorfahren durch eine vor 100 Jahren ge- schehene Abrumpirung einer dergleichen Negotiation sich und ihren unschuldigen Nachkommen über den Hals gezogen haben, gar deutlich abnehmen‘. Handschriftl. Rath- und Bürgerschaftsrecesse. 1) Noch in dem Antrag des Raths an die Bürgerschaft vom 28. April war nur von einem Verzicht auf die Zinsen bis zum Tage des Vertragsabschlusses die Rede. 2) „Madame de Schimmelmann gab am selbigen Tage allen fremden Gesandten, den dänischen und holsteinischen Bevollmächtigten, wie den Deputirten der Stadt ein grosses Diner“. Bericht des Residenten F. Brentano vom 12. Noybr. 1768. Dresd. A. 40 Adolf Wohlwill. sondern selbe, gleich andern Reichsstädten, des völligen Genusses ihrer Reichsstandschaft, nach denen von derselben ohnehin zeithero getragenen, und fürohin verbleibenden Reichslasten, sich zu erfreuen haben möge.“ ') Den Vergleich selbst, der in zahlreichen Abdrücken verbreitet ist, hier seinem Wortlaute nach wiederzugeben, dürfte nicht am Platze sein.) Um jedoch die Uebersicht über die Ergebnisse der im vorigen besprochenen Verhandlungen zu erleichtern, erscheint es angebracht, den kurz zusammen- fassenden Bericht, durch den der Hamburger Rath am 10. Juni 1768 den kreisausschreibenden Fürsten des niedersächsischen Kreises yon dem getroffenen Abkommen Kunde gab, an dieser Stelle mitzutheilen. Das Schriftstück lautet: °*) . . .Ew. — und Ew. haben von jeher so Allergnädigsten und Höchstgewogentlichen Antheil an allem demjenigen genomrnen, was in das Beste der hiesigen Stadt einigen Einfluss gehabt, dass wir uns zum voraus einer huldreichsten Zufriedenheit über diejenige Nachrieht schmeicheln, welche wir hiedurch allerehrerbietigst und submissest zu eröffnen keinen Anstand nehmen können. ös ist nämlich nach ohngefähr seit eines Jahres Frist zwischen dem Hochfürstl. Gesammthause Holstein und hiesiger Stadt gepflogenen Tractaten dahin gediehen, dass am 27. vorigen Monats zu Gottorf zwischen den bevollmächtigten Herren Ministris beider Hohen Höfe und unsern zu diesem Geschäfte bevollmächtigten Rathsmitgliedern ein Vergleich gezeichnet worden, wodurch alle und jede von Alters her noch übrig gewesene Irrungen völlig und auf beständig gehoben sind. Die unmittelbare Reichsstandschaft hiesiger Stadt, ihre Befugniss zum Sitz und Stimme auf Reichstagen und Kreistagen und die Unabhängigkeit ihres ganzen Territorii von dem Herzogthume Holstein ist unter gänzlicher Annullirung dessen, was in ehemaligen Pactis solchem etwa entgegen möchte enthalten sein, auf das bündigste darin anerkannt, die am Kaiserlichen Kammergericht zu Speier im Jahr 1618 publieirte End-Urtheil pro re judicata angenommen und wegen des dawider ergriffenen benefieii revisionis die renuneiatio litis et causae versprochen worden In gleicher Zeit sind ein und andere Dinge zum Besten der Stadt mitbewirket, welehe darin bestehen, dass der in derselben Ringmauern belegene Schauenburgische Hof nebst Schauenburgischem Zoll ihr zum alleinigen Eigenthum überlassen, dass einige nahe an der Stadt belegene, unter Königl. Dänischer Botmässigkeit gestandene Elbwärder, welche diesem Hofe wegen der grossen Deichkosten nicht von solchem Nutzen sind, als sie der hiesigen Stadt um deswillen von Beträchtlichkeit zu erachten, weil sie dadurch die gemeinnützige, obwohl kostbare Anstalten zum Besten der Elb- schiffahrt besser als vorhin vorzukehren im Stande ist, imgleichen einige von dem Gebiete der Stadt gleichsam umschlossene kleine Pertinenzien der im Jahre 1750 ihr 1) S. Klefeker, Sammlung der Hamb. Gesetze ete. Theil 9, S. 389 ff und 398 ff. 2) Eine immerhin dankenswerthe Aufgabe wäre es, den Gottorper Vergleich mit einem alle Einzelheiten erläuternden Commentar, unter Hinzufügung von Reproduetionen der den Artikeln IV und V gemäss bei der Auswechselung der Ratificationen vorgelegten Karten, aufs neue herauszugeben. 3) Eine Abschrift dieses Documents findet sich in einem Sammelband der Hamb. Commerzbibliothek; doch konnte für den folgenden Abdruck mit gütiger Hülfe des Herrn Archivar Dr. P. Zimmermann eine unzweifelhaft genauere, im Herzogl. Landes- hauptarchiv zu Wolfenbüttel aufbewahrte Copie verwerthet werden. Zur Geschichte des Gottorper Vergleichs vom 27, Mai 1768. 41 pfandweise übertragenen grossfürstl. holsteinischen Ländereien cum superioritate territoriali ihr zu cediren, dass gewisse, mit dem königl. dänischen Hofe wegen des Lootsenwesens auf der Elbe, ingleichen wegen des Agio des couranten Geldes vorhin getroffene, der Stadt zur Beschwerde gereichte Verabredungen wieder aufzuheben, dass die Stadt in den wirklichen Besitz der ihr schon in vorigen Pactis mit dem Beifügen, den Amicissimis gleich geachtet zu werden, zugestandenen Handlungsfreiheit zu setzen, wegen mehrer Erleichterung des wechselseitigen Commercii aber nähere Abrede zu treffen, dass die bei einer auf hamburgischem Gebiete zu Eppendorf belegenen Kirche wegen daselbst eingepfarrter königlich dänischer Unterthanen eingeführte alter- native Besetzung des Predigers und Küsters aufzuheben, hingegen die Einrichtung des dasigen Kirchenwesens lediglich der hamburgischen Disposition pro futuro zu überlassen, und dass fürs künftige sowohl das bei Sterbfällen im Hochfürstlichen Holsteinischen Hause üblich gewesene Geläute, als auch die jährlich nach Segeberg und Gottorf an Wein und Vietualien gebräuchlich gewesene Lieferungen nebst den Gegenlieferungen an Wildpret abzuschaffen. Die abseiten hiesiger Stadt eingegangenen Bedingnisse bestehen in dem Nach- lasse einer Million Rthlr. Courant von denen an den Königl. Dänischen Hof an Capital und Zinsen habenden Forderungen, unter zu bewerkstelligender Zahlung des sämmt- lichen Ueberrestes vom Capital, ferner desjenigen Quanti, welches im Jahre 1750 auf vorerwähnte Grossfürstlich Holsteinische Ländereien von der Stadt vorgeschossen worden und zugleich einer noch aus dem vorigen Jahrhundert herrührenden kleinen Forderung an den letztgedachten Hof. Es ist zwar nicht zu läugnen, dass dieser sämmtliche Nachlass dem hiesigen Publico wegen der gewiss mehr, als es dem äusserlichen Anscheine gemäss ist, eingeschränkten Kräfte desselben zur ungemeinen Last gereiche. Wir sehen uns aber in Rücksicht auf das allgemeine Wohl verpflichtet, die Ertragung derselben mit Bereitwilligkeit zu über- nehmen und uns glücklich zu schätzen, dass endlich der Zeitpunkt getroffen worden, um Irrungen, welche Jahrhunderte lang zur Vermehrung und zur Unterhaltung [von] allerlei Verdriesslichkeit gereichet haben, auf einmal aus der Welt zu schaffen. Wir haben es vor unsere Schuldigkeit gehalten, Ew.... Im Gegensatz zu der am Schlusse dieses Schreibens bekundeten freudigen Genugthuung über den Abschluss des Vertrages äusserte aller- dings ein jener Zeit in Hamburg lebender Schriftsteller, Ludwig von Hess, gelegentlich, dass Hamburg durch den Gottorper Vergleich nur eine „imaginirte“ Sicherheit erlangt habe, ') und ein anderer Autor spottete, dass für „Sände und Wände“ allzu beträchtliche Opfer gebracht worden seien ?). Doch die Geschichte hat es in ein klares Licht gestellt, von wie unschätzbarem Werthe die endgültige Anerkennung der Reichsstandschaft und die Erwerbung eben jener Inseln und Sände für die politische und commerzielle Existenz Hamburgs und dadurch mittelbar auch für ganz Deutschland geworden ist. ?) 1!) L. v. Hess, Unwiderrufliches Fundamentalgesetz, Regimentsform oder Haupt- recess der Stadt Hamburg, Einleitung S. LXXXVIH. 2) „Schriftlich geäusserte Gedanken und Anmerkungen‘ über den Gottorper Ver- gleich von einem ungenannten Verfasser, in einem Sammelband der Commerzbibliothek. ») Dr. F. Voigt sagt in seinem Aufsatz „Zur Erinnerung an den Gottorper Vertrag“ (Ztschr. des Vereins f. Hamb. Gesch., Band 6 S. 191): „Wahrscheinlich 4 42 Adolf Wohlwill. Es könnte danach fast schemen, als ob diejenigen Recht gehabt hätten, die umgekehrt vom dänischen Standpunkte dem Minister Bernstorff und seinen Genossen in der Regierung einen Vorwurf daraus machten, dass sie die dänischen Ansprüche auf Hamburg preisgegeben hätten.!) Indessen wird man bei sachgemässer Prüfung aller einschläsigen Verhältnisse zu der Ueberzeugung kommen, dass Bernstorff nicht anders handeln durfte, und dass er sich beim Beginn und Abschluss der erörterten Verhandlungen durch die Rücksicht auf die Würde und das wahre Interesse Dänemarks leiten liess. Auf das Zustandekommen des Gottorper Vertrages hat die allgemeine politische Constellation, die Initiative Russlands und die politische Einsicht Bernstorffs bedeutsamen Einfluss geübt. Offenbar ist Hamburg, das in so manchen anderen Abschnitten seiner Geschichte gleichsam nur den ungünstigen Umständen zum Trotz zur Blüthe gelangte und Erfolge davon- trug, während der geschilderten Periode in ungewöhnlicher Weise vom Glück begünstigt gewesen. Doch nicht nur den äusseren Verhältnissen hatte Hamburg den Gottorper Vergleich zu danken. Dem Kenner der hamburgischen Geschichte wird sich die Ueberzeugung aufdrängen, dass Hamburg in diesem Vertrage den Lohn für die im Immedietätsstreit Jahrhunderte lang bekundete Standhaftigkeit erntete. Nicht hoch genug anzuschlagen aber ist insbesondere das Verdienst derjenigen Männer, die in den Jahren 1767 und 1768 auf die Entschliessungen von Hamburgs Rath und Bürgerschaft massgebenden Einfluss geübt und die günstigen Zeitumstände in umsichtiger Weise zum Heile ihrer Vaterstadt verwerthet haben. würde, wenn jene dänischen Ansprüche nicht abgefunden, Dänemark zu Anfang dieses Jahrhunderts die Forderung der Hoheit über Hamburg geltend gemacht und Aussicht gehabt haben, dieselbe mit Hülfe befreundeter Mächte durchzusetzen“. Bezüglich der Bedeutung des Erwerbs der holsteinischen Inseln und Halbinseln vgl. die Bemerkung in der Schrift von Nehls und Bubendey „Die Elbe, Hamburgs Lebensader“ (Hamburg 1892 S. 22): „Ohne den Besitz des der Stadt gegenüberliegenden Ufers wäre es Hamburg kaum möglich gewesen, seine handelspolitische Aufgabe innerhalb seiner staatlichen Selbständigkeit zu erfüllen“. Dass nur der Besitz jener Inseln und Halbinseln die Herstellung der Hafenanlagen ermöglichte, die in unserer Zeit durch den Zollanschluss veranlasst worden sind, hatte bereits Th. Schrader zum Schluss seiner Abhandlung ‚Der Streit um Hamburgs Reichsfreiheit‘‘ im Hamb. Correspondenten, Jahrgang 1890, No. 511 hervorgehoben. !) Der Dichter Langebek rief nicht lange nach dem Abschluss des Vertrages dem Könige zu: Forsvar hvert Stykke Land, Du har endnu i Eie, Leg til, og ei tag fra, lad intet Guld opveie En gammel Ret; thi den paa Hamborg let gik vek; Den Gang, som oftere, med os blev spillet Giek. (Trende Skalde-Digte til Oplysning i vore Tidens Historie. Kjobenhavn 1772). Beiträge zur Geschichte der Töpferkunst in Deutschland l. Königsberg in Preussen 2. Durlach in Baden Dr. Justus Brinekmann 1 Königsberg in Preussen. 1. Die Fabrik des Hofraths Ehrenreich. In der keramischen Industrie des 18. Jahrhunderts lässt sich an vielen Orten der gleiche Entwickelungsgang nachweisen. Man beginnt mit hoch- fliegenden Plänen, das echte Porzellan herzustellen, begnügt sich aber bald, wenn dies misslingt, mit der Fabrikation der Fayence, um, sobald diese wirthschaftlich ungünstige Erfolge zeitist, sen Heil in der Herstellung von Steingut nach englischer Weise zu suchen. Die Zünfte standen damals abseits von den fortschrittlichen Bahnen der Töpferkunst. Wo sie ausnahmsweise, wie in Hamburg, Bedeutendes leisten, geschieht dies in gemächlicher Ausnutzung des Ueberlieferten ohne sicht- liches Bemühen, dem Handwerk neue technische Hülfsmittel und Verfahren zu erschliessen. Der Fortschritt auf diesem Gebiete nationaler Arbeit vollzieht sich vielmehr in den damals modernen Formen eines auf staat- liche Privilegien und Schutzzölle gestützten Gründerthums, bei dem Erfinder oder Unternehmer im Bunde mit Kapitalisten und nicht selten vom Staate noch mit Geldzuschüssen unterstützt, sich und ihren Theilhabern goldene Berge versprechen, nie ohne auch die Hebung des Volkswohlstandes durch das Unternehmen zu betonen, in Wirklichkeit aber, um in den meisten Fällen nach kurzer Blüthezeit kläglich abzuwirthschaften. Wo nicht die neu eingerichteten Fabriken als fürstliche Hofanstalten zu dauerhafterem Dasein gelangen, vollzieht sich ihr Auf- und Niedergang mit merkwürdiger Regel- mässigkeit unter ähnlichen Erscheinungen und oft binnen weniger Jahre. So heiss aber war die keramische Erfinder- und Gründer-Lust im 18. Jahr- hundert, dass aller üblen Erfahrungen ungeachtet an einem Ort missglückte Versuche alsbald an einem anderen Orte wieder aufgenommen wurden, und dass die technisch eingeweihten Unternehmer immer wieder zu neuen Fabriksgründungen die Theilhaber fanden. Mochten auch viele wirth- schaftliche Hoffnungen hierbei zu Grunde gehen, die Erzeugnisse dieser schwankenden Betriebe deutscher Keramiker des 18. Jahrhunderts sind mannigfach und interessant genug, um der kunstgewerblichen Forschung und dem Sammeleifer unserer Zeit reichlich zu thun zu geben. Unter den keramischen Glücksjägern des 18. Jahrhunderts nimmt eine hervorragende Stelle ein jener Deutsche Ehrenreich, der als Begründer der Fayence-Fabrik zu Marieberg bei Stockholm und Theilhaber der Stral- sunder Fabrik schon lange bekannt, aber danach von der keramischen Bühne 3 5 46 Dr. J. Brinekmann. verschwunden ist, ohne dass man von seinen weiteren Schicksalen etwas erfahren hätte. Dass Ehrenreich nach dem Zusammenbruch seines Stral- sunder Unternehmens ein drittes Mal sein Glück versuchte und zu Königsberg i. Pr. eine neue Fayence-Manufactur begründete, ist den keramischen Hand- büchern bis jetzt ebenso unbekannt geblieben, wie dass englische Erfahrungen um dieselbe Zeit zwei Königsberger Kaufleute, die Brüder Collin, zur Gründung einer Steinzeug-Manufactur nach englischem Muster anregten. !) Ehrenreichs Persönlichkeit ist interessant genug, um ihr auch abgesehen von der keramischen Unternehmerarbeit eine kurze Betrachtung zu widmen. Johann Eberhard Ludwig Ehrenreich ?) wurde ı. J. 1722 zu Frankfurt a. M. geboren. Erzogen am Hessen-Cassel’schen Hofe, widmete er sich dem Studium der Chemie, Naturkunde und Mediein. Auf Reisen in Frankreich und England weiter gebildet, kehrte er nach Deutschland zurück, folgte aber bald einem Rufe als königlicher Leibarzt an den schwedischen Hof. König Friedrich verlieh ihm den Titel eines „Hofrathes“, den Ehrenreich so schätzte, dass er das H des Titels, mit dem E seines Familiennamens verbunden, noch zur Stempelung der Erzeugnisse seines letzten Fabrikunternehmens in Königsberg anwandte. Nach dem i. J. 1751 erfolsten Ableben Friedrichs lebte Ehrenreich kurze Zeit naturwissenschaft- lichen Arbeiten auf einem klemen Landsitze unweit von Stockholm. Bald nachher, i. J. 1758, verband er sich mit einer Gesellschaft von Kapitalisten zur Anlage einer Fabrik, deren Ziel wie üblich die Herstellung echten Porzellans war. Die unweit der Hauptstadt zu Marieberg erbaute Fabrik erreichte jenes Ziel zunächst nicht, sondern beschränkte sich auf die Herstellung von Fayence, wie solche damals schon in der dreissig Jahre vorher mit deutschen Arbeitern in’s Leben gerufenen älteren der beiden Stockholmer Fabriken, der Rörstrander, angefertigt wurde. Ein deutscher 1) Die geschichtlichen Nachweise über das Entstehen, die Leistungen und den Niedergang dieser Königsberger Manufacturen konnte ich während eines Aufenthalts in Königsberg den Urkunden und Besatzungsbüchern im Staats- und städtischen Archiv sowie älteren Werken über die Stadtgeschichte in der Universitätsbibliothek entnehmen. Die Ergebnisse dieser Arbeiten wären aber unvollständig geblieben ohne die Güte des Herrn Dr. Otto Dumceke, der zahlreiche Auszüge aus anderen Quellenschriften, ins- besondere den alten Jahrgängen der Königsberger Intelligenzzettel, mir zur Ver- öffentlichung übergab. Herrn Dr. Otto Dumcke verdankt auch das Königsberger Kunstgewerbe-Museum seine ansehnliche Sammlung von Erzeugnissen der dortigen Fayence -Fabriken, von denen die Ehrenreich’sche sich auf demselben Grundstück befand, auf dem heute das Gebäude des Museums steht. Ihm verdankt auch das Hamburgische Museum typische Beispiele jener Erzeugnisse, von denen Abbildungen diese Abhandlung illustriren. Der Dank, den der Verfasser für diese Mitarbeiterschaft Herrn Dr. Otto Dumceke ausspricht, trifft diesen leider nicht mehr unter den Lebenden. 2) J.F. Goldbeck. Litterarische Nachrichten von Preussen. Leipzig u. Dessau 1783. 8.13 ff. In der Allgemeinen Deutschen Biographie ist Ehrenreich unverdienter Weise übergangen. 4 Fayence-Fabrik von Königsberg i. Pr. 47 Töpfermeister der älteren Fabrik Johann Buchwald, war es auch, der den Betrieb der jüngeren einrichtete. In welchem Umfange Ehrenreichs chemisches Wissen zu dem raschen Aufblühen seiner Schöpfung beigetragen hat, ist ebenso wenig aufgeklärt wie die Gründe, warum er der Fabrik schon im Jahre 1766, zur Zeit ihrer höchsten Leistungsfähigkeit mit einer auf den Werth von 200 000 Silberthalern geschätzten Jahreserzeugung den Rücken kehrte. Ein schwedischer Schriftsteller vermuthet, Ehrenreich habe die Finanzen ungeschickt geleitet, indem er die Anlagen weit über die mögliche Ertragsfähigkeit hinaus erweiterte. Er deutet an, dass Ehrenreich vielleicht bei der Einrichtung seiner mit der Fabrik verbundenen Wohnung persönliche Vortheile auf Kosten der Fabrik gesucht habe, gesteht aber zu, dass Schweden den Mann, dem die Marieberger Fabrik ihren Auf- schwung verdankte, mit Undank gelohnt habe. Schätze hat Ehrenreich keinenfalls mitgeführt, als er gleich nach seinem Fortgang aus Stockholm in dem damals zu Schweden gehörigen Stralsund in eine Fabrik gleicher Richtung eintrat, die dort ein Jahrzehnt vorher von dem Kammerrath von Giese, einem reichen Armeelieferanten der schwedischen Krone, begründet worden war. Die Erzeugnisse Stralsunds wetteiferten mit denen der Stock- holmer Fabriken. Ehrenreich war jedoch offenbar nicht nur Director der Giese’schen Unternehmung, sondern auch mit Kapitalien betheiligt, die er unter Gieses Zustimmung von den Klöstern der Stadt und den Landständen aufnahm. Auch bei der Stralsunder Fabrik zeigt sich ein rascher Aufschwung — dem aber das Auffliegen des Pulverthurmes beim Triebseer Thor am 12. December 1770 ein jähes Ende bereitete. Ehrenreich war, als dieses Unglück sich zutrug, nicht in Stralsund, sondern in Danzig, wo er seine Erfindung, „concentrirten Essiggeist* als Schutzmittel gegen die Pest zu verwenden, bei der russischen Flotte nutzbar zu machen versuchte. Während Giese den Betrieb der Fabrik wieder aufnahm und bis zu seinem 1780 erfolgten Tode mit bescheidenen Erfolgen fortsetzte, wandte sich Ehrenreich, nachdem er i. J. 1772 fallirt hatte, nach Königsberg in Preussen, um zum dritten Mal als keramischer Unternehmer sein Heil zu versuchen — mit nicht vortheilhafterem Erfolg als zu Stockholm und Stralsund. Die Fayence-Industrie war damals schon im Niedergange. Bedrohlicher noch als die schon während eines halben Jahrhunderts in langsamer Ent- wickelung begriffene Industrie des harten Porzellans erwies sich ihrem Besitzstande der Wettbewerb des wohlfeilen englischen Steinguts. Auch der Versuch, diesen Feind durch den Uebergang in sein eigenes Lager unschädlich zu machen, missglückte dem armen Hofrath. Was er bei der Fabrik zusetzte, scheinen ihm seine anderen Unternehmungen als Arzt nicht wieder eingebracht zu haben. Um einer Viehseuche Einhalt zu thun, erfand er ein „antiseptisches reagirendes“ Pulver, von dem er im Jahre 1778 in einer Anzeige im Königsberger Intelligenzblatt rühmte, es werde in 57 48 Dr. J. Brinekmann., Schwedisch-Pommern mit dem glücklichsten Erfolge gebraucht, so dass in jeder Woche Mengen von 100 und mehr Pfunden auf einmal verschrieben und mit der Post von Königsberg dorthin verschickt würden. Ein andermal rühmt er sich, auf den zwei Meilen von dieser Stadt entfernten v. Kühn- heim’schen Gütern „von 300 äusserst angesteckten Stücken Rindvieh und Pferden“ über 290 gerettet und die Seuche dort ganz unterdrückt zu haben. Für seine Mittel gegen die Pest der Menschen und gegen das Viehsterben ist Ehrenreich in Flugschriften eingetreten. Auch mancherlei kleine chemische und medicinische Schriften und eine Abhandlung vom Nutzen und Anbau des Geduldkrautes (Patience)') aus dem Jahre 1778 sind von ihm überliefert. Zeitgenossen rühmen von ihm, dass er sich verschiedentlich bei epidemischen Krankheiten als Arzt verdient gemacht habe u. A. als im Jahre 1781 die rothe Ruhr in Königsberg grassirte. Ueber Ehrenreichs erste Königsberger Jahre ist Näheres nicht ermittelt worden. Erst vom 4. August 1775 datirt der Kaufvertrag zwischen dem Hofrath Johann Eberhard Ludwig Ehrenreich und dem Tribunal- und Pupillarrath Dr. H. C. Masecovius über die auf dem vorderen Rossgarten unter No. 89, 90 und 91 belegenen Gründe mit allen Gerechtigkeiten. Der Käufer zahlt von dem auf 8500 Reichsthaler (25 500 Gulden) behandelten Preise nur 1000 Thaler baar, ca. 550 Thaler durch Uebernahme einer auf dem Grundstück lastenden Hypothek und verpflichtet sich, nach Eintragung des Contractes den Rest von ca. 6960 Thalern zu entrichten. Diesen Rest bleibt er aber dem Masecovius schuldig. Er hilft sich zunächst, indem er ihn mit 20875 Gulden 10 Groschen 14% Pf. am 7. September 1775 hypothekarisch eintragen lässt. Dann aber nimmt er, um den Kauf- preis zu tilgen und Betriebsmittel zu beschaffen, von dem Negocianten Wilhelm Kade ein hypothekarisches Darlehen von 10000 Thalern (30 000 Gulden) auf, das er mit 6 % p. a. zu verzinsen sich verpflichtet. Dieses Darlehen ward Ursache, dass Kade später selbst die Fabrik übernahm. Die verfügbaren Betriebsmittel reichten aber bei Weitem nicht, das Unternehmen in Schwung zu bringen. Dass Ehrenreich sich um Staats- Unterstützung beworben hat, darf angenommen werden. Dafür aber, dass er sie erhalten hat, wie einige gedruckte Quellen ?) angeben, bieten wenigstens die Königsberger Acten keinen urkundlichen Beweis. Vielleicht liegt eine Verwechselung vor mit dem Darlehen, das ihm der kgl. ostpreussische Provinzial-Licent-Aceise- und Zoll-Director Carl Christoph Stockmar gewährte. Am 2. Juli 1777 bekannte Ehrenreich, von 1) Der Geduldampfer, Rumex Patientia L., als Gemüsepflanze eultivirt, bietet in seiner Wurzel ein Surrogat der Rhabarberwurzel. 2) So L. v. Baczko, Versuch einer Beschreibung der Stadt Königsberg, Heft V, 1789, S. 525: „Die Fayence-Fabrike wurde von dem Hofrath Ehrenreich i. J. 1776 angelegt und der König schenkte dazu 6000 Thaler.“ 6 Fayence-Fabrik von Königsberg i. Pr. 49 diesem „zur Fortsetzung der angefangenen und Errichtung neuer Bauten, Einrichtung von Brennöfen und Werkstätten, Verfertigung der Geräthschaften, Werkzeuge, Modelle, Formen, gravirten Kupferplatten ete., Anschaffung der Bau- und Fabrikations-Materialien, Ablohnung der Handwerker und Fabrikanten und anderem nothdürftigen Gebrauch seiner Fayence-, Steingut- und Erden-Waare-Fabrik, um diese nicht nur aufrecht zu erhalten und fortzusetzen, sondern hauptsächlich um selbige in denjenigen Zustand und ersten Zusammenhang zu bringen, wie sie nach der am 5. Februar von ihm eingereichten, durch genaue Besichtigung der kel. ostpreussischen Kriegs- und Domainenkammer verificirten, auch von derselben mit favorablem Bericht und Zeugniss an Se. Königl. Majestät begleiteten Relation befunden worden,“ die Summe von 7580 Thalern pr. Üt. baar empfangen zu haben. Der Director Stockmar habe, heisst es weiter in dieser Schuldurkunde, dieses Darlehen gegeben „ohne die geringsten eigennützigen Absichten, blos aus reinstem patriotischen Eifer, die für das hohe königl. Interesse und das ganze Land nützliche Fabrique zu befördern und zu retten, als sie eben, wegen des wider alles Vermuthen aussen bleibenden Zuschubs und Unterstützung, in der grössten Gefahr war, ehe sie noch halbfertig und eingerichtet worden, unterzugehen.“ Zur Sicherheit wird dem Darleiher und jedem treuen Inlıaber der Schuldurkunde General-Hypothek auf Ehrenreichs gesammtes Vermögen und Special-Hypothek auf die für die Fabrik angekauften Gründe auf dem Vorder-Rossgarten No. 90 und 91 bestellt. Auf diesen Gründen hafteten keine weiteren Schulden als jene 30 000 fl. (10 000 Thaler) die für den Negocianten Wilhelm Kade am 8. März 1776 eingetragen seien. Das Stockmar’sche Darlehen scheint aber doch nicht genügt zu haben, um die Fabrik flott zu machen, denn unmittelbar darauf macht Ehrenreich den Versuch, ein grösseres Capital auf Actien zu beschaffen. Die am 27. August jenes Jahres von ihm ausgefertigte Subscriptionsliste (Acten des Vorsteher-Amts der Kaufmannschaft zu Königsberg Litt. F. No. 12) besagt: „Die alhier unter meiner Direction errichtete Fayance-, Steinguth- und Erden-Waaren- Fabrique, wovon bereits gute Proben im Grossen gemacht worden, könnte sehr leicht unterstützt, fortgesetzt und zur Landes nützlichen Vollkoinmenheit gebracht werden, wenn patriotisch gesinnte Gönner die Aufbringung des dazu nöthigen Verlags durch eine selbstbeliebige Theilnehmung befördern wollten. Da nun dieses durch Verlags- Actien von Einhundert Thalern an Capital pr. Courant, welche auf erste hypothekarische Sicherheit in dieser Fabrique, mit allem was nun oder künftig dazu gehöret und annehmliche jährliche Zinsen gestellet werden sollen, am bequemsten geschehen kann, so wird hiemit unterthänig gehorsamst gebeten, durch vorläufige Subscription den Anfang zu machen und hier anzuzeichnen, für wieviele solche Verlags-Actien & 100 Thaler pr. Courant Capital man hierzu Theil zu nehmen gewillet. Indessen wird hier zugleich ausbedungen und festgestellt, dass Niemand verbunden ist, das Capital der Verlags- Actien, für welche er subscribiret hat, eher auszuzahlen, als bis die ganze Anzahl der zum allgemeinen Fonds dieser Fabrique erforderlichen fünfhundert Verlags-Actien complett subseribiret. .. .. . .* N 7 50 Dr. J. Brinckmann. Die Hoffnung des Hofraths, auf diesem Wege seinen finanziellen Nöthen enthoben zu werden, ging nicht in Erfüllung, denn nur 175 Actien, d. h. ein Kapital von 17 500 Thalern, wurden gezeichnet, und der angeführten Bedingung wegen ward auch diese Zusage hinfällig. Dieser finanziellen Schwierigkeiten ungeachtet verstand es der uner- müdlich thätige Ehrenreich, den Betrieb in Schwung zu bringen. Welcher Art seine Erzeugnisse in den ersten Jahren gewesen, erfahren wir aus der Ankündigung einer öffentlichen Auction, die am 26. April 1779 über „eine Quantität der feinsten Ehrenreich’schen Fayence“ gehalten werden sollte, Aufgeführt werden: ein grosses vollständiges Tafelservice, fein blau bemalt mit Rosen; ein desgleichen fein blau mit gestreuten Blumen und ein des- gleichen Silber-Modell mit feinen deutschen Blumen; ferner eine Partie von derselben Fayence und zwar Porzellan-Modelle, weiss, fein blau und blauweiss mit Rosen; desgleichen Silber-Modelle weiss und fein blau, wie auch diverse andere Stücke, als gedrehte blauweisse Lavoir-Kannen mit Unterschalen, weisse, fen blaue und colombine Blumentöpfe mit und ohne Unterschalen, Potpourri-Vasen verschiedener Gattung und weisse Dinten- fässer mit Sandbüchsen. Da hierbei des Steingutes nicht ausdrücklich gedacht ist, scheint dem Hofrath dessen Herstellung damals noch nicht gelungen zu sein. Alles zur Versteigerung gebrachte Geschirr bestand aus Fayence, und zwar aus- schliesslich mit Blaumalerei verzierter. Chinesische oder „indianische“ Blumen werden nicht erwähnt; unter den deutschen Blumen sind im Gegen- satz zu jenen naturgemässe Blumen zu verstehen, wie sie auf den Fayencen und Porzellanen jener Zeit die ostasiatischen Blumenmotive verdrängten. Eine andere Auction im Februar 1780 zeigt uns, dass mindestens von da an neben der Fayence noch Steingut- und Erdwaaren verfertigt wurden. Die ganz neuen feuerfesten Küchengeschirre — Töpfe, Casse- rollen, Pfannen sollen stärker, dauerhafter und bequemer als das polnische Geschirr sein. Erwähnt wird gelbes und blaugemaltes Paille -Steingut. Im Juni werden bei gleichem Anlass ausser den schon angeführten Gefässen noch Caffee- und Schmand- (Rahm-) Kannen, Zuckerdosen, Theetassen, Fruchtkörbe und Fliesen ausgeboten. Bei einer Auction im Januar 1781 werden folgende Sorten unter- schieden: weisse, courant und fein blauweisse, colombine und bunte Fayence, weisses, paillegelbes, blau und gelbes, auch buntes Steingut. „Nach einer neuen Verfertigung ganz bequem und wohlfeil eingerichtete kleinere und grössere Tafelservice, Thee- und Caffee-Service* sollen aus- gerufen werden. Keineswegs soll von Jemandes Unwissenheit oder Ueber- eilung unbilliger Vortheil gezogen werden, sondern der Eigner will bei etwaigem übertriebenen Bieten den eigentlichen Werth nach dem festen Tarif der Fabrik zur Nachricht anzeigen. 8 Fayence-Fabrik von Königsberg i. Pr. 51 8 Aus Verkaufs-Ankündigungen erfahren wir noch von folgenden, bei den früheren Gelegenheiten nicht oder unter anderen Benennungen erwähnten Waaren. — 1781 August: Terrmen mit Muscheln nebst Unterschalen, Salatiers, Compotiers, Sauciers, grossen und kleinen Muscheln, Frucht- blättern. — 1781 December: Vasen mit Henkeln zu lebendigen Blumen, Waschbecken mit Giesskannen, Buttermaschinen. — 1782 Januar: Butter- dosen, Zuckerstreudosen, Senfdosen, Salzfässer, Apothekerkruken. — 1783 December: Verschiedene Sorten zu Potpourri und Stubenornat dien- liche Vasen, sowohl ganz grosse, als mittlere und kleine, theils von extra- feiner blauweisser Fayence, theils mwendig paille glasirte, von aussen fein laquirte, vergoldete, versilberte und bronzirte, einzeln und paarweise; blau- weisses Kaffee- und Theegeschirr für Kinder. — 1785 Mai: Alle Sorten Blumen- Garten- und Orangetöpfe, Tischfliesen. Um diese Zeit hat die Ehrenreich’sche Fabrik ihren Höhe- punkt erreicht, auf dem wir Umschau halten können über ihre Lei- stungen. Von dreierlei Art waren diese: Fayencen mit Zinn- glasur, Steingut nach englischer Art und Irdenwaare. Die Fayencen, die Ehrenreich in Königs- berg anfertigen liess, stehen an Reichthum der Formen und an Mannigfaltigkeit der Bemalung weit zurück 3 Dessert-Teller von Fayence, kleisterblaue Glasur mit Blau- hinter seinen Marien- malerei. Marke s. S. 55. Königsberg i. P. Ehrenreich’sche Fabrik. 1787. !/3 nat. Grösse, berger und Stralsunder Erzeugnissen. Die dort in ausgedehntem Maasse angewandte Bunt-Malerei mit Muffelfarben in der Weise der elsässischen und schleswig-holsteinischen “ayencen hat er ganz aufgegeben, oder es ist bei vereinzelten Versuchen geblieben, wie man aus der Erwähnung couleurter Fayencen in einer Anzeige schliessen könnte. Blaumalerei herrscht durchaus vor, neben ihr tritt die Malerei mit Manganbraun ganz zurück. Ornamente, Landschaften, Chineserien werden gar nicht geübt, Blumenmalereien wiegen vor in den gangbaren Mustern der Zeit. Auf eine selbständige künstlerische Richtung hat der 9 52 Dr. J. Brinekmann. - alt gewordene Unternehmer verzichtet, er will nur noch durch Massen- herstellung leicht verkäuflicher Waaren seine Gründung über Wasser halten. Was er aber an solcher Waare liefert, verdient Anerkennung und einen Platz in den Schauschränken auch derjenigen Museen, die nicht nur ortsgeschichtliche Erinnerungen pflegen. Die Glasur ist nicht rein weiss, sondern zeigt einen angenehmen Stich in’s Graublaue, der nicht selten jenem kleisterblauen, viele der schwedischen Fayencen mit Blaumalerei aus- zeichnenden Grundton gleicht. Die Blumen sind mit leichtem Pinsel sicher semalt in einem reinen Blau, das bei der minderen Waare mit weissen Pünktchen durchsetzt und mit leichten Höfen umgeben ist, daher etwas verblasen erscheint, bei der besten Waare aber sehr kräftig auftritt, an den dunkleren Stellen so pastos, dass man der Zeichnung tastend folgen kann. Dass Ehrenreich in Königsberg nach schwedischem Vorgang auf- gesetztes Weiss mit der Blumenmalerei auf kleisterblauem Grunde ver- bunden habe, ist nicht nachgewiesen, Die Speise- und Trinkgefässe schlossen sich in ihren Formen vor- wiegend dem älteren Geschmack des Rococo an. Sowohl die Benennungen der Service als Porzellan-Modelle oder Silber-Modelle erinnern uns an die weichen geschwungenen Formen, wie sie um die Mitte des Jahrhunderts in den deutschen Porzellan- und Fayence-Fabriken üblich waren. Auch für die Steingut-Service gab man diesen Formen noch den Vorzug, wie aus der auf S. 53 abgebildeten Suppenterrine zu ersehen ist. Die Ränder bildete man mit Vorliebe muschelig, die Henkel tauartig gewunden oder astförmig mit Blättern und Blumen an den Befestigungsstellen. Den Knäufen der Deckel gab man die Form von allerlei Gemüsen. Solche, einzeln geformte Knäufe in Blumenkohl-, Pilz- und Fruchtform haben sich in noch unglasirtem Zustande, zusammen mit Gipshohlformen und anderen zur Fabrikation gehörigen Dingen in den Scherbenhaufen des Fabrik- grundstückes am Vorder-Rossgarten No. 90 und 91 gefunden und bestätigen die Zuweisung der mit K gestempelten Waaren mit solchen Knäufen an die Königsberger Fabrik. Nachdrücklicher als in den Geschirren für Speise und Trank macht sich der antikisirende, von englischen Vorbildern beeinflusste Geschmack in den „zu Potpourri und Stubenornat dienlichen Vasen“ geltend. Das Königs- berger Kunstgewerbemuseum besitzt deren eine stattliche Reihe. Dergleichen Vasen mit quadratischer, bisweilen doppelter Plinthe, kurzem, stark ein- gezogenem Fuss, eiförmigem Körper, an dem Blattgehänge an Ringen oder Löwenköpfen befestigt sind, und niedrigem Deckel, auf dem eine Knospe oder ein Vogel als Knauf, kamen einzeln schon aus Fayence vor. Mannig- faltiger aber treten sie in Steingut auf, das eine schärfere Formgebung gestattet, als die Fayence mit ihrer, die Einzelheiten verkleisternden Zinnglasur. Nur bei den Steingutvasen finden wir auch. geformte Relief- 10 Fayence-Fabrik von Königsberg i. Pr. 53 köpfe angebracht, so wiederholt einen Minerva-Kopf in Medaillon oder ohne solches weiss auf manganbraun und blau marmorirten Grund gesetzt. Eine Vase mit dem Medaillon-Bildniss Friedrich Wilhelms II. kann nur den letzten beiden Jahren der Ehrenreich’schen Periode entstammen, wenn sie nicht aus der Kade’schen ist. Für das Steingut waren zwei Glasurfarben beliebt, eine die man „paille“, d. h. strohfarben nannte, und eine „colombine“ genannte, d. h. taubenhalsfarben, roth und blau schillernd. Beide Farben lassen sich an zahlreichen Stücken nachweisen. Das Paille- gelb zeigt meistens einen Stich in’s Schwefelgelbe; es gibt den Gefässen etwas ungemein Weiches. Die Muschelränder und plastischen Ansätze der Suppenterrine von Steingut, paille-farbene Glasur, Ränder, Henkel und Knauf dunkelblau gehöht. Marke K farblos eingestempelt. Königsberg i.Pr. Ehrenreich’sche Fabrik, ca. 1780, }/s nat. Grösse, paille-gelben Gefässe sind häufig dunkelblau gehöht, wobei durch das Zusammenwirken mit der gelben Glasur ein grünlicher Schimmer hervor- gerufen wird. Die Colombine-Farbe wurde durch das Betupfen mit Blau und Manganviolett erzielt; eine solche, gefällige, an die Granitnach- ahmungen englischen Steingutes erinnernde Färbung ist an der auf Seite 54 abgebildeten Vase zu sehen, die in der festen Deckplatte fünfzehn Löcher zum Einstecken loser Blumen zeigt. Abgesehen von der Blaumalerei finden sich nur ganz seltene und meistens wenig geglückte Versuche farbiger Bemalung des Stemgutes; bisweilen marmorirte Gründe; einmal auf der Rückseite einer Vase mit einem Minerva-Kopf ein schwacher Versuch, in 11 54 Dr. J. Brinekmann. mehreren Farben eine Landschaft darzustellen, in der man entfernte Aehnlichkeit mit den Haff-Gegenden finden könnte. Dass Ehrenreich be- absichtigt hatte, die Verzierung der Fayence und des Steingutes durch den Ueberdruck von Papierabzügen ge- stochener Kupferplatten einzuführen, erhellt aus dem Prospect seines A ctien- unternehmens. In Schweden war dies Verfahren schon länger in Uebung, aber dort nicht unter Ehrenreich, sondern erst unter semem Nachfolger Berthevin eingeführt worden, auch, wie schwedische Schriftsteller behaupten, nicht den Engländern nachgeahmt, sondern von dem Fayencemaler An- dreas Stenman selbständig erfunden. Dafür, dass Ehrenreich in Königsberg Ueberdruck - Verzierungen ausgeführt weine alles übrige colombinfarben, Marke K NAD, fehlt es jedoch an jeglichem ee ende onignbereier Anhalt, sowohl in den Sammlungen, wie in den Ankündigungen. Aus einer der Anzeigen aber dürfen wir schliessen, dass von der Bemalung, Lackirung und Vergoldung auf kaltem Wege Gebrauch gemacht wurde — ein Verfahren, das damals auch von der Guischard’schen Steingut-Fabrik in Magdeburg ausgiebig angewandt wurde und einen weiteren Schritt im Verfall der Kunsttöpferei bezeichnet. Das veränderte Material gestattete auch eine andere Herstellung der Festons. Bei den Fayencevasen wurden diese geformt, sei es mit dem Körper aus einem Stück, sei es einzeln für sich und dann angeklebt. Das Steingut erleichterte ein Verfahren, das sehr zum Nachtheil des guten Geschmackes auch bei den gleichzeitigen Stockholmer Steingutgefässen Anwendung fand. Man „spritzte“ einfach die Festons und ähnliche Zierrathen, indem man den Thonbrei freihändig aus einem mit einer Ausgussröhre versehenen Behälter laufen liess; das gab dann krause, aus verschlungenen wurmartigen Gebilden gehäufte Festons, die gern hellgrün getönt wurden. Zu den klaren architektonischen Formen des antikisirenden Stiles standen sie in schreiendem Missverhältniss. Was die Erdenwaare Ehrenreichs betrifft, so diente sie wahrscheinlich nur gewöhnlichen Gebrauchszwecken wie die Bunzlauer Waaren aus Schlesien, das über Bremen eingeführte und daher seinen Handelsnamen tragende 12 Fayence-Fabrik von Königsberg i. Pr. 55 Steinzeug und die nicht näher bekannten polnischen Töpfe, die mit jenem oft zusammengenannt werden. Die Bezeichnungen gestatten, wo sie vorkommen, ganz sicheres Bestimmen sowohl der Fayence wie des Steingutes der Königsberger Fabrik, da die angewendeten Marken mit denjenigen keiner der übrigen Fabriken verwechselt werden können. Auf den Fayencen wendet Ehrenreich einen grossen aus dem H seines Titels und dem E seines Familiennamens gebildeten Trockenstempel an, dessen tiefer Eindruck durch die später aufgetragene Glasur mehr oder minder ausgefüllt wird. Bisweilen ist unter diesem Stempel noch ein zweiter kleinerer mit emem K /2. 87 eingedrückt, derselbe, der für das Steingut aus- schliesslich verwendet wird. Daneben wird nach schwedischem Vorgang mit Blau das Datum an- H. gegeben, an dem das Stück durch die Hände des Malers gegangen ist, dabei der Monatstag in Bruchform, von der Jahreszahl nur die beiden letzten Ziffern. Endlich noch bisweilen ein Maler-Buchstabe; als solche kommen vor ein H, ein K, ein M, öfter auch das Zeichen für den Planeten Jupiter. Mit Jahreszahlen bezeichnete Stücke haben sich vor- gefunden aus den Jahren 1778 bis 1787. Auf den Steingutgefässen kommt der grosse HE-Stempel mit der Jahrzahl nicht vor, dagegen stets das K von Königsberg, und, was bezeichnend ist, meistens in mehrfacher Wiederholung, z. B. an dem S. 54 abgebildeten Blumengefäss viermal, den vier Ecken eines Quadrates entsprechend. Die Nachfolger Ehrenreichs schemen die eingeführte Marke des Gründers der Fabrik einfach weiterbenutzt zu haben. Eine nur von ihnen geführte Bezeichnung hat sich nicht vorgefunden. Noch einmal gelingt es dem Hofrath, sich die zur Fortführung seiner Fabrik erforderlichen Kapitalien zn sichern, indem er um einen Theil der drückenden Kadeschen, auf die Gründe No. 90 und 91 eingetragenen Schuld sowie eine kleinere, auf No. 89 eingetragene Schuld (jene beim Kauf Ehrenreichs übernommenen 550 Thaler) abzutragen, im August 1784 von der verwittweten Frau Obrist-Lieutenant v. Buddenbrook ein Darlehen von 20 000 Gulden aufnimmt, die er mit 5% p. a. zu verzinsen verspricht, und für die er die üblichen allgemeinen und besonderen Sicher- heiten bestellt. Die drei Grundstücke werden bei diesem Anlass auf 31 020 Gulden geschätzt. Stockmar giebt seine Zustimmung dazu, dass Frau v. Buddenbrook als hypothekarische Gläubigerin an die Stelle Kades einrückt, dessen Hypothek die Priorität vor der Stockmar’schen hatte. Im Jahre 1788 wird der Zusammenbruch des Unternehmens aber un- vermeidlich. Im Januar schon lässt die Königliche Ostpreussische Resierung die Waarenbestände zur öffentlichen Versteigerung bringen. Als Käufer tritt 13 56 Dr. J. Brinckmann. bei dieser Gelegenheit der Provinzial-Controlleur Buvry auf, um unmittelbar danach die von ihm oftenbar zu Schleuderpreisen erstandenen Waaren wieder zum Verkauf auszubieten. Auf gerichtliche Verfügung werden im März desselben Jahres die Ehrenreich’schen Gründe, auf denen die Fabrik errichtet war, zur Vermiethung auf Ostern ausgeschrieben und bald nachher auf Andringen des Lieutenants von Buddenbrook die Grundstücke zum öffentlichen Verkauf angezeigt. Ehe es zu diesem kam, vereing aber noch ein Jahr, während dessen jener Buvry als Eigenthümer der Fabrik in Ver- kaufsankündigungen auftritt. Eimer solchen Anzeige vom 18. September 1788 ist sogar die Versicherung beigefügt, dass die jetzige Würde der Königsberger Ehrenreich’schen Fayencen gegen die ehemalige ungleich verbessert worden sei. Eigenthümer des Grundstücks war Buyry keinenfalls, wahrscheinlich hatte er von der Massenverwaltung die Fabrik nur gepachtet und die alten Waarenbestände, sofern sie nicht schon durch die gerichtlichen Ver- steigerungen geräumt waren, von dem Hofrath übernommen. Als sein Socius während der kurzen Zeit seines Besitzes der Fabrik wird ein Sohn des Hofrathes erwähnt.) Buvry verfügte, nachdem die Fabrik schon in Kades Hände über- gegangen war, noch geraume Zeit über Erzeugnisse aus ihrer Ehrenreich’schen Periode. Im Juni 1791 kündigt er ihren freihändigen Verkauf während des Jahrmarktes an. Zum Vergnügen der Käufer lässt er zwei gefüllte Luftballons mit dem Fallschirm, Korb und allem Zubehör unentgeltlich vor- weisen sowie die Füllung und das Aufsteigen erklären, wobei es denn geschieht, dass einer dieser kleinen Ballons davonfliegt und Buyry in einer weitschweifigen Anzeige dem Wiederbringer eine Belohnung von 2 Thalern auslobt. Wahrschemlich beschleunigten die Luftballons den Absatz der Fayence nicht hinlänglich, so dass Buvry darauf verfällt, seine Waaren auswürfeln zu lassen, wie er in dem Intelligenzblatt verlockend ankündiet. Noch ı. J. 1794 handelt er mit den Resten des Ehrenreich’schen Lagers. Dabei trifft ihn emmal das Missgeschick, eine Reclame-Anzeige widerrufen zu müssen, in der er behauptet hatte, die von ihm zum Verkauf oder Ver- spielen ausgebotenen Fayencen würden nicht mehr fabrieirt. Offenbar hatte Kade, der um jene Zeit die Fabrikation wieder in einigen Schwung brachte, Einsprache erhoben. öndlich werden die im Februar 1788 gerichtlich zu 27 938 Gulden geschätzten Grundstücke auf dem Rossgarten No. 89, 90 und 91 subhastirt und von dem Königsberger Kaufmann Johann Anton Dornheim im letzten Subhastationstermin am 6. November 1789 um 24000 Gulden ersteigert. Diesem Käufer fehlten aber die Mittel zur Uebernahme, denn zwei Tage nachdem ihm die Grundstücke am 25. Februar 1790 zugeschrieben ") S. L. von Baczko a. a. O. 1787/89 Heft VI. S. 525. 14 Fayence-Fabrik von Königsberg i. Pr, 57 worden sind, nimmt er von der Steuerräthm Magirus ein Darlehen von 16000 Gulden zur Bezahlung der Ehrenreich’schen Grundstücke auf und lässt diese Schuld hypothekarisch eintragen, und schon am 15. Juni 1790 veräussert er die No. 90 und 91 belegenen Fayence-Fabrikgebäude nebst der zugehörigen auf dem Hofe neu erbauten Stampf-, Mahl- und Siebmühle, nebst allen zur Fabrik gehörigen Geräthschaften und dem gesammten darin befind- lichen Bestand an Materialien und Fabrikaten, deseleichen den in den ver- schiedenen Niederlagen vorräthigen Waaren an den Kaufmann Wilhelm Kade, den wir schon als Hypothekgläubiger Ehrenreich’s kennen gelernt haben. Von dem 28000 Gulden betragenden Kaufpreis werden 12000 Gulden baar entrichtet und 16000 Gulden durch Übernahme der Masirusischen Hypothek von 16000 Gulden abgetragen. Die „General-Tabelle über die Fabriken und Manufacturen Königsbergs“ erwähnt zuletzt im Jahre 1789 die Ehrenreich’sche Fabrik, als deren Entrepreneur jedoch nicht mehr der Hofrath, sondern Daniel Ehrenreich, gewesener Lieutenant in schwedischen Diensten, erscheint, offenbar jener Sohn des Hofrathes, dem wir in Gemeinschaft mit Buvry begeenet sind. Vom Hofrath Ehrenreich erfahren wir nur noch, dass er in seinem achtzigsten Lebensjahre am 8. Januar 1505 zu Gumbinnen gestorben ist. Im Jahre 1790 wird die Fabrik zuerst unter des Negocianten Kade Namen aufgeführt, mit 20 Arbeitern, einem Materialbezug aus Preussen im Werthe von 1150 Thalern und einem Productionswerthe von 5000 Thalern, wovon für 2500 Thaler im Lande selbst abgesetzt werde. Anfänglich hebt sich die Fabrik wieder. Für 1792 wird der Werth ihrer Production auf 9000 Thaler, für 1793 auf 10400 angegeben. Mit der steigenden Pro- duction hielt aber der Absatz nicht gleichen Schritt, sondern sank viel- mehr, so dass in den Jahren 1792 und 1793 um 5250 und 3100 Thaler weniger Waare abgesetzt als erzeugt wurde. Kade sah voraus, dass es ihm nicht besser glücken würde, als dem Hofrath Ehrenreich, und fand in dem Kammör-Sekretair Johann Ernst Tischler einen freihändigen Käufer, der ihm am 22. Januar 1794 die Grundstücke mit allem Zubehör um 43 670 Gulden abkaufte, einen Preis, dessen Höhe im Vergleich zu dem von Kade selber gezahlten sich wohl durch die inzwischen aufgehäuften Vorräthe erklärt. Auch Tischler hob die Fabrik nicht aus der Versumpfung sondern ging selber an ihr zu Grunde, Für 1794 wird der Werth der Production noch auf 10000 Thaler, für 1795 auf 8000 angegeben; dann aber sinkt er, während nur noch Paille-Steingut angefertigt wird, unaufhaltsam und beträgt in den vier folgenden Jahren nur 7014, 7230, 4876 und 3952 Thaler. Gleichzeitig steigt freilich der Absatz, aber offenbar nur durch Räumung der alten Bestände in Versteigerungen. In den Jahren 1798 und 1799 15 58 Dr. J. Brinekmann. übertraf gar der Absatz die Production um 910 und 1564 Thaler. Damit konnten aber die Verluste der früheren Jahre nicht ausgeglichen werden. Der Absatz in’s Ausland, vornehmlich wohl nach Polen, war ganz unbedeutend. Er belief sich in den beiden letzten Jahren der Kade’schen Fabrik auf nur 250 und 300 Thaler, und während der ersten sechs Jahre der Tischler’schen schwankend zwischen 256 und 666 Thalern, im Durch- schnitt auf 445 Thaler. Im Jahre 1804) erzeugte die Fabrik Tischlers mit 24 Arbeitern aus Materialien im Werthe von 1667 Thalern noch Waaren im Werthe von 344% Thalern, grösstentheils Steingut aus kölnischer Erde. (Kade und in den ersten Jahren auch Tischler hatten mit nur 14 Arbeitern die damals grössere Production erzielt.) Das Material und die hohen Holzpreise vertheuerten die Waaren aber so sehr, dass sie mit den weit billigeren englischen, die über See eingeschmuggelt wurden, durchaus nicht mehr zu concurriren vermochten. Versuche mit der Anfertigung von Oefen halfen auch nicht weiter. Nach einer am 28. Februar 1811 für den Magistrat angefertigten Nachweisung der Manufacturen Königsberes war damals die Fabrik von Tischler und Consorten bereits eingegangen. Wiederum wurde das Grund- stück subhastirt und i. J. 1512 dem Stadt-Justizrath Johann Stürz für nur 3000 Thaler zugeschlagen. Gegen die Konkurrenz der ausländischen Fabriken wurde die Ehren- reich’sche Fabrik geschützt, indem die Königl. Ostpreussische Kriegs- und Domainen-Kammer wiederholt das allerhöchste Resceript vom 14. September 1780 publieirte, wodurch frühere Verbote der Einfuhr und des Verkaufs des fremden echten und unechten Porzellans, des englischen und anderen Stein- guts und fremder Fayence in die Provinzen diesseits der Weser auf das nachdrücklichste eingeschärft wurden. Ausgenommen war davon allein das Fürstenberger Porzellan. Durch Königliche Kabinetsordre vom 17. Juli 1785 wurde auch die Einfuhr der polnischen Irdenwaaren in Preussen verboten. Mochte auch der Schmuggel über See manche fremde Thonwaaren in's Land bringen, so konnte doch mit ihnen offener Handel nicht leicht getrieben werden. Gefährliche Concurrenz aber bereitete den Ehrenreich’schen Waaren die in Preussen selbst erzeugte Magdeburger Waare, anfänglich nur Fayence, später auch Steingut nach englischer Art. Wo immer ein Verkauf von Ehrenreich’schen Waaren in den Zeitungen angekündigt wird, flugs preisen auch Händler mit Magdeburger Geschirren ihre Sortimente zu billigen Preisen an. ?) 1) S. Ludwig von Baczko, Versuch einer Geschichte und Beschreibung Königsbergs, 2. Aufl. Königsberg, bei Goebbels & Unzer. 1804. 2) Welcher Art die Magdeburger Fayencen damals waren, bleibt noch nachzu- weisen. Neben blau und weissen werden auch couleurte Speiseservice erwähnt. Bei 16 2. Die Fabrik der Brüder Collin. Von noch kürzerer Lebensdauer war die zweite der keramischen Fabriken Königsbergs im letzten Viertel des 18. Jahrhunderts. Ihr Begründer war ein Sohn der Stadt, der am 5. März 1748 geborene Paul Heinrich Collin. Als Kaufmann ging dieser m seinem 21. Jahre nach England, wo er sich meistens zu Sheffield und Birmingham in Diensten eines Handlungshauses aufhielt, das beträchtlichen Commissionshandel trieb. Als dessen Vertreter musste er oft die Fabriken besuchen, um Waaren einzukaufen oder Bestellungen zu machen. Hierdurch erwarb er sich Zutritt in die Werkstätten und in der Folge die Freundschaft der Fabrikanten. So in die Einrichtungen, die Werkzeuge und den Betrieb eingeweiht, verband er sich, nachdem er i. J. 1775 in seine Vaterstadt heimgekehrt war, mit seinem Bruder, der ebenfalls Kaufmann war, zur Anlage einer Fayence- und Steimgut-Fabrik, die ihren Betrieb i. J. 1776 eröffnen konnte. Kaum ein Jahrzehnt hat sie bestanden, und zu keiner Zeit einen Umfang erreicht, wie die Ehrenreich’sche. Aber manche ihrer Erzeugnisse weisen ihr einen Ehrenplatz unter den auf den Spuren Wedgwoods eimher- schreitenden Fabriken Deutschlands an. In der Herstellung der schwarzen Basaltwaare hat keine deutsche Fabrik sie übertroffen. Der geringe Umfang ihrer Production und die Beschränkung ihres Absatzes haben es offenbar mit verschuldet, dass sie so lange im Dunkeln geblieben ist. Paul Heinrich Collin hatte von Jugend auf einen lebhaften Hang zu mechanischen Arbeiten bekundet. Die Fabrik-Unternehmung regte ihn zu allerlei Erfindungen an, unter denen Maschinen gerühmt werden, mit deren Hülfe der unerfahrenste Arbeiter thönerne Gefässe formen konnte. Ohne Anweisung zum Zeichnen oder Bossiren erhalten zu haben, modellirte er die Köpfe einiger Königsberger Berühmtheiten, Kants, Hippels, Hamanns und viele semer Verwandten und Freunde nach dem Leben. Zeitgenossen bewunderten diese Arbeiten höchlich. Der Verfasser des Nachrufes für Collin im Preussischen Archiv ) erklärt sein Bildniss Kants für ähnlicher einer Durchsicht der Königsberger Sammlungen fiel mir einerseits die grosse Aehnlichkeit von Blumenmalereien auf Ehrenreich’schen Fayeneen mit solchen von Fayencen auf, die wir der Fabrik von Hannoverisch Münden zuzuschreiben pflegen — man vergleiche z. B. die Blumen auf dem Mündener Teller im Führer S. 353 mit den Blumen des Königsberger Tellers S. 51 dieser Abhandlung — anderseits das häufige Vorkommen solcher Mündener Fayencen in Königsberg. Vielleicht ergiebt eine Nachprüfung der ihrer M-Marke wegen in Bausch und Bogen Münden zugewiesenen deutschen Fayencen, dass ein Theil der so gemarkten Stücke auf Magdeburg, das seine Fayenecen ebenfalls mit einem M — aber von anderer Gestalt — bezeichnete, zurückzuführen ist. Dann wäre jene Achnlichkeit dadurch erklärt, dass einer der Concurrenten sich gangbaren Zeichnungen des anderen anschloss. 1) Preussisches Archiv, herausgegeben von der kel. deutschen Gesellschaft zu Königsberg. 1790. Elbing. Hartmann’sche Buchhandlung. (S. 71 ff.) 17 6 60 Dr. J. Brinekmann. als dasjenige auf der Abrahamsohn’schen Medaille und alle in Kupfer gestochenen Bildnisse. Auch Antiken, doch wohl nur antike Köpfe in Relief, ahmte Collin nach. Für die Abformungen dieser Modelle bediente er sich eines von ihm (nach enelischem Vorgang) erfundenen Basaltthones, der im Brand so hart wurde, dass er am Stahl Funken gab. „Die Fabrik der Gebrüder Collin“ meint der Verfasser jenes Nachrufes — „wäre vielleicht eine der dauerhaftesten geworden, aber eine andere, zu derselben Zeit angelegte Fayence-Fabrik* — eben die Ehrenreich’sche — „erhielt wichtige Unterstützungen aus der Milde des Monarchen, die ihm nicht zu Theil wurden; sie konnte deshalb mit derselben nicht gleiche Preise halten, und da ihr noch mehrere Hindernisse entgegen waren, so erlosch sie endlich i. J. 1785“. Nur wenige Jahre überlebte P. H. Collin den Untergang seiner Fabrik. Als Wechselmakler wusste er das Vertrauen seiner Mitbürger und auskömmlichen Unterhalt zu gewinnen. Daneben machte er noch allerlei Entwürfe für Verzierungen an Hauseingängen und beförderte die Arbeiten junger Bildhauer. Der Guss einer unter seinen Augen geformten Büste Kants, die auf der Schlossbibliothek aufgestellt werden sollte, ‚gelangte nicht mehr zur Ausführung. Am 17. September 1789 erlag er im 41. Jahre seines Lebens einer Gallenkrankheit. Er starb, wie es im Nachrufe heisst, „als Künstler und rechtschaffener Mann durch- gängig geliebt und geschätzt“. Besonderen Eindruck machte, dass sich in seinem Nachlass ein Päckchen fand, zu dessen Aufschrift „Wechsel oder Dokumente über regelmässige Prätensionen des P. H. Collin“ er wenige Tage vor seinem Tode hinzugefügt hatte: „mit welchen aber immer nach Umständen gelinde umgegangen werden soll, solches ist mein letzter Wille“. Ueber die keramischen Erzeugnisse Collins geben die Intelligenzblätter nur wenige Aufschlüsse. Einmal werden Bildniss-Medaillons von „Terra- cotta, einer Steinart, die dem Basalt gleichkommt“, feilgeboten. Erst nach dem Eingehen der Fabrik werden die Anzeigen gesprächiger. Derselbe Provinzial-Controlleur Buvry, den wir als Todtengräber der Ehrenreich’schen Fabrik kennen gelernt haben, verrichtet hier gleiche Dienste, indem er im Februar 1788 neben den Ehrenreich’schen Waaren solche aus der Collin’schen Fabrik mit "« Rabatt ankündigt, und zwar Potpourri-Vasen, Blumentöpfe, Bilder, Silhouettenrahmen, Augenbadewännchen, Teller, Tassen, Thee-, Kaffee- und Schmandkannen. Im Juni desselben Jahres bietet er um "% unter dem gewöhnlichen Preise Collin’sche Waare aus, unter der diesmal auch Bierkröse, Tobak- und Confeettöpfehen erwähnt werden. In einer dritten Anzeige im August werden als Collin’sches Steingut aufgeführt u. A. „braune Thee-, Kaffee- und Schmandkannen, die so gut als die Bunzlauer das Feuer ertragen können“. 18 Fabrik der Brüder Collin zu Königsberg i. Pr. 61 Von den aus der Fabrik der Brüder Collin hervorgegangenen Gefässen ist, von diesen Anzeigen abgesehen, sehr wenig bekannt. Ein Hauptstück aber, die im Prussia-Museum zu Königsberg bewahrte grosse Vase, ist em so bedeutendes Stück, dass man wünschen muss, dem Verbleib der Collin’schen Vasen und anderen Gefässe möge nachgeforscht und noch manches ihrer Werke in diese oder jene öffentliche Sammlung gerettet werden. Diese Vase besteht aus harter, steinzeugartiger, gelbbrauner Masse, die, mit einer dunkler gesprenkelten hellbraunen Glasur überzogen, in der Farbe an jenes Steinzeug des 16. Jahrhunderts erinnert, dass man der rheinischen Stadt Frechen zuschreibt. Am Körper der Vase sind zwei Löwenköpfe angebracht, von denen Blattsewinde herabhängen, die durch zwischen den Löwenköpfen sitzende Ringe gezogen sind. Der Fuss ist mit der Vase nicht aus einem Stück gearbeitet; innen an ihm ist eingekratzt: N 5 freres Collin & Königsberg No. 445. Könnte man an- nehmen, dass letztere Zahl eine Modell- oder Stück-Nummer wäre, so dürfte man auf einen durch die nachweisbaren Gegenstände bis jetzt nicht bestätigten Umfang der Production schliessen. Dieser würde, wenn man einer Notiz in Crells Chemischen Annalen vom Jahre 1784 (Bd. II, S. 288) glauben wollte, auch durch eine zeitgenössische Aussage bestätigt sein. Bis weitere Untersuchungen uns hierüber aufgeklärt haben werden, bleibt nur, uns an die Bildniss-Medaillons zu halten, für die Collin, derselben Quelle zufolge, nach sehr vielen vergeblich unternommenen Versuchen die schwarze Porzellan-Masse des Wedgwood wirklich entdeckt hat. Unter diesen Bildnissen ist das bekannteste das ovale Medaillon mit dem Brustbild Kants in hohem Relief. Auf der Rückseite einer im Kunstgewerbe-Museum zu Königsberg bewahrten Abformung desselben ist folgende Inschrift vor dem Brande in den noch weichen Thon eingeritzt: „Monsr. Emanl. Kant Proffesseur a Konigsberg ne en l’annee 1725 — pris de nature par Paul Henr. Collin en Juin 1750 Fabrique des freres Collin Konigsberg.“‘) Andere Ausformungen dieses Medaillons tragen kürzere Bezeichnungen. In der Universitätsbibliothek zu Königsberg „Fabrik der Gebrüder Collin. Paul Henr. Collin Sculp“. Auf einer Ausformung in weisser Masse des Kgl. Kunstgewerbemuseums in Berlin „Prof. Em. Kant by the brothern Collin at Konigsberg‘‘. — In drei Grössen wurden diese Medaillons zum Preise von I, 2 und 3 Thalern, letztere mit Einfassungen, in den Handel gebracht. Den Vertrieb hatten Buchhandlungen (Anzeige der Hartung’schen Buchhandlung vom 7. November 1782 im Kesbg. Intelligenzblatt). I!) Ueber dieser Schrift ist noch undeutlich eingeritzt das Wort Eibe oder Eibl, vielleicht der Name des Formers. — Eine handschriftliche Notiz des Kunsthistorikers August Hagen in einem Exemplar von L. Baczkos Beschreibung der Stadt Königsberg von 1789 nennt einen für Collin thätigen Modelleur Mathesberger. 19 6” 62 Dr. J. Brinekmann. Ferner sind durch Collin folgende Königsberger Berühmtheiten seines Zeitalters in Medaillonbildnissen zumeist aus schwarzer Basaltmasse über- liefert worden. Johann Georg Hamann, der „Magus des Nordens“, der um jene Zeit als Packhofsverwalter in Königsberg lebte, gest. 1788. Johann Friedrich von Domhardt, der erste Oberpräsident der Provinz Ost- und West-Preussen, gest. 1781. Theodor Gottlieb von Hippel, der i. J. 1741 geborene Ver- fasser der „Lebensläufe in aufsteigender Linie“. Da Hippel i. J. 1780 zum dirigirenden Bürgermeister von Königsberg ernannt wurde, darf aus dem auf der Vorderseite eingedrückten Stempel „Oberbürgermeister Hippel“ auf die Entstehung des Medaillons nicht vor dem Jahre 1780 geschlossen werden. Johann Jacob Quandt, Professor und Generalsuperintendent, bereits 1772 gestorben; sein Bildniss kann daher von Collin nicht nach dem Leben modellirt sein. Auch andere berühmte Zeitgenossen kommen in Collin’schen Medaillons vor. So der schon i. J. 1769 gestorbene Dichter Gellert'). Dieses mit der Bezeichnung: ‚Herr Professor Gellert. Fabrique der Gebrüder Collin. Konigsberg.““ In mehreren Buchhändler-Anzeigen a. d. J. 1782 werden noch aus- geboten Medaillons in schwarzer Basaltmasse mit den Bildnissen des Herzogs und der Herzogin von Curland zusammen zu 3 Thalern. Die Umschrift auf dem Medaillon der Herzogin lautet: „Dorothea Dueissa Curlandiae Decus Patriae. — MDCCLXXXU*®. Auf der Rückseite einer Ausformung in gelber, unglasirter Masse steht „Fabrique des freres Collin Königsberg“. Auch ein Bildniss des englischen Seehelden Rodney, der i. J. 1782 durch seinen glänzenden Sieg über die französische Flotte aller Welt Augen auf sich gelenkt hatte, wird gross oder ganz klein zu nur Vs Thaler ausgeboten. Ehrlicher Weise wird dabei bemerkt, dies sei nur ein „imaginirtes“ Bildniss. Angekündigt wird die baldige Ausgabe eines Medaillons mit dem Bildniss des damals regierenden Papstes Pius VI. Die in grösserer Zahl angefertigten Medaillons mit antiken Köpfen haben geringeren Anspruch auf Beachtung. Bisweilen sind Bezeichnungen und Ordnungsnummern auf der Rückseite eingeritzt. Ein solches, das den griechischen Dichter Asklepiades vorstellen soll, ist mit D 15 bezeichnet. 1) Kein deutscher Dichter ist je in Thonarbeiten so gefeiert worden wie Gellert. Das Hamburgische Museum besitzt allein aus der Meissener Manufactur drei kleine Monumente aus Porzellan, die nach dem Tod des Dichters seinem Andenken gewidmet wurden. 20 Fabrik der Brüder Collin zu Königsberg i. Pr. 63 Lehrreiche Seitenblicke auf den Handel mit Thonwaaren um diese Zeit, bald nach dem Eingehen der Collin’schen Fabrik, eröffnet ein vom 29. Nov. 1786 datirtes Promemoria eines nicht genannten Kaufmannes (Acten des Vorsteher-Amts der Kaufmannschaft zu Königsberg Litt. F. sub 25). Der Verfasser erinnert an das am 24. Dec. 1765 erfolste gänzliche Verbot der fremden Fayence, worunter das englische Steingut mitbegriffen, Absicht des allerhöchsten Befehls war die Sicherung lebhaften Absatzes für die inländischen Fayencen. Sie blieb unerfüllt, weil es an den Materien fehlte, ein dem englischen Steingut gleiches Fabrikat herzustellen. Hieran sei die Collin’sche Fabrik gescheitert, obwohl sie geschmackvoll arbeitete und ihren Werken die äussere Aehnlichkeit mit dem englischen Steingut gab. Da das Verbot doch nicht helfe, müsste Se. Majestät den Königsberger Handel mit mehrerer Freiheit begnadigen, wohl gar die freie Einfuhr des englischen Steinguts gewähren. Die Magdeburgische Fayence würde dabei nicht leiden); sie vertrete die Stelle der holländischen Fayence und werde noch beständig vom Liebhaber geschätzt. Das englische Steingut könne keiner einzigen inländischen Fayence-Fabrik Eintrag thun. Königsberg könne, wenn jenes Steingut zum inländischen Verkauf gebracht werden dürfe, die vormalige Handlungs-Verbindung mit England wieder erreichen. Aus ähnlichen Gründen wäre die Einbringungsfreiheit des ostindischen Porzellans zu wünschen, das gleichfalls zu den verbotenen Waaren gehöre. So wenig das dänische Porzellan der Berliner Porzellan-Manufactur nach- theilig sei, ebensowenig könne das ostindische Porzellan den Absatz des berlinischen schwächen. „Leute von Geschmack und Vermögen werden lieber das Berliner Porzellan in ihren Schränken und auf den Tischen sehen. Dem minder Vermögenden ist das Berliner Porzellan zu theuer und eben für diesen ist das ostindische ein ihm angenehmer Hausrath“. 1) Danach wäre bis zum Jahr 1786, in dem obiger Bericht verfasst ist, in Magdeburg nur echte Fayence mit Zinnglasur angefertigt. Dies stimmt mit der Inschrift auf der Rückseite eines Bildniss-Medaillons aus weissem, glasirtem Steingut im Kgl. Kunstgewerbe- Museum zu Berlin. Diese Inschrift lautet: „J. P. Guischard, Erster Unter- nehmer einer Englischen Steingutfabrique in Magdeburg 1786.“ Die nicht seltenen Steingut-Arbeiten der Magdeburger Fabrik sind entweder mit dem Namen des Fabrikanten Guischard oder mit einem M und folgender Ordnungsnummer oder mit beiden Bezeichnungen trocken gestempelt. 21 64 Dr. J. Brinckmann. 11. Durlach in Baden. Durch die keramischen Handbücher schleppen sich etliche Fabriken harten Porzellans mit historischen Daten, die Einer dem Anderen nach- schreibt, ohne dass jemals eines Menschen Auge ein Erzeugniss dieser Fabriken erblickt oder eine Prüfung des in den Archiven bewahrten urkundlichen Materials anderen Beweis für ihr Dasein erbracht hätte. Kinige dieser legendenhaften Porzellan-Fabriken sind schon in dem i. J. 1894 ausgegebenen Führer durch das Hamburgische Museum auf ihren wahren Werth zurückgeführt worden. Ueber andere damals noch im Dunkel liegende Fabriken dieser Art können wir nunmehr aus urkundlichen Quellen und auf Grund neuerworbener Gegenstände unserer Sammlungen Auf- schluss geben. Zunächst handelt es sich um eme Fayence-Fabrik, deren tüchtige und kulturgeschichtlich interessante Erzeugnisse bisher in der keramischen Litteratur ganz unerwähnt geblieben sind, obwohl diese Fabrik während eines vollen Jahrhunderts, von der Mitte des 18. bis zur Mitte des 19., in Thätigkeit gewesen ist, lange Zeit als die einzige ihrer Art in der damaligen Markgrafschaft, dem späteren Grossherzogthum Baden. Indem wir diese badische Fabrik in ihr historisches Recht wieder einsetzen, streichen wir zugleich die angeblich in Durlach betriebene Porzellanfabrik aus den keramischen Handbüchern. Letztere verdankt, wie andere ihresgleichen, ihr litterarisches Dasein nur jenem irreführenden Sprachgebrauch, der im 18. Jahrhundert oft von „Porcellain“ redete, wo Fayence gemeint war, oder dem Umstand, dass die Unternehmer einer Fabrik die Absicht hatten oder doch ankündigten, echtes Porzellan zu machen und sich daraufhin privilegiren liessen, dann aber sich mit der Anfertigung von Fayence begnügten. Der badischen Fayencefabrik geschieht in den uns vom Grossherzoglichen General-Landesarchiv zu Karlsruhe zur Verfügung gestellten Acten zuerst Erwähnung in einer Eingabe, die der zu Herrenalb ansässige Johann Adam Benckieser und Compagnie am 3. Sept. 1749 an den Mark- grafen Carl Friederich richtet. Die Bittsteller gehen davon aus, hochfürstliche Durchlaucht werde zweifelsohne gnädigst approbieren, dass durch Fabriquen die Commercia befördert werden und solche das dienliche Mittel seien, fleissigen Bürgern eines Staates Nahrung zu verschaffen, die zu harten Arbeiten gebrechlichen zu versorgen und Reichthum in’s Land zu ziehen. Sie beabsichtigen daher in Durlach eine Fabrik des sogenannten „fajence-porcellain‘‘ anzulegen, haben zur Bestreitung der Unkosten eine Societät geschlossen und in Hoffnung auf das Privileg die alte „‚porcellain- 22 Fayence-Fabrik von Durlach. 65 fabrique‘‘ in Durlach angekauft. Ihre Wünsche gehen zunächst auf ein Privileg, kraft dessen im ganzen Land die Erzeugnisse ihrer Fabrik allein geführt, keine fremde Fayence eingebracht und verkauft werden dürfe. Weiter wünschen sie Befreiung der Fabrik von aller Schätzung und Contribution; Hof- und Personalfreiheit für Alle, die in der Fabrik arbeiten und kein anderes Gewerbe treiben; Exemtion aller zugehörigen Personen von dem Oberamtlichen Gerichtszwang und‘ besonderen Gerichtsstand vor dem Fürstlichen Marschallamt; Zoll- und Mauthfreiheit für die Einfuhr der zur Fabrikation benöthigten Materialien und für die Ausfuhr der in ihr hergestellten Waaren; unentgeltliche Abgabe des Bauholzes für das sogleich neu zu erbauende Fabriksgebäude; alljährliche unentgeltliche Lieferung von 80 Klaftern Föhren-Brennholz und Lieferung des mehr gebrauchten Holzes nach der Forsttaxe. Um so mehr hoffen die Bittsteller auf Gewährung ihrer Bitten, als ihrer Behauptung nach die alte Fabrik die meisten Vergünstigungen schon genossen habe. Mit beneidenswerther Schnelligkeit durchläuft dieses Bittgesuch die Instanzen bis zur höchsten Entscheidung. Schon am Tage nach dem Eingang wird es von der hochfürstlichen Geh. Raths-Expedition dem Rent- Kammern-Kollegium zur Begutachtung und zum Vergleich mit den Freiheiten der vormaligen Entrepreneurs einer Porzellanfabrik in Durlach überwiesen. Am 13. September berichtet der Kammerrath Wilden. Wir erfahren bei dieser Gelegenheit, dass die frühere Fabrik dem Fabrikanten Wachenfeld als ein privilegium personale ad haeredes descendentes transiens gewährt und ihm zu ihrer Einrichtung ein Gebäude in Durlach gegen Erlegung von 1000 fl. emgeräumt worden. In Wachenfeld taucht aller Wahrschemlichkeit nach jener Ueberläufer aus Meissen, J. H. Wackenfeld, wieder auf, der 1.J. 1721 zugleich mit Carl Franz Hannung die Ermächtigung zur Herstellung von Porzellan in Strassburg erhielt, aber schon ein Jahr nachher von dort verschwunden ist. Auch in Durlach hatte er kein Glück; er starb nach kurzer Zeit, verschuldet wie die Mehrzahl der keramischen Gründer im 18. Jahrhundert und ohne das Fabrikhaus bezahlt zu haben. Nicht besser ging es verschiedenen Liebhabern, die sich zur Fortsetzung des Werkes meldeten. Endlich heirathete einer von ihnen, namens Wagner, des Wachenfeld Wittwe, erhielt nun das nämliche Privileg, hatte aber ebenso wenig Erfolg wie seine Vorgänger, gerieth in Schulden und entwich bei Nacht und Nebel. Als Gründe des Misslingens erwähnt der Bericht sowohl den Mangel ausreichenden Kapitals wie die schlechte Oekonomie und „sonstige Conduct, welches mit zu ihrem Verderben geholfen“, ganz besonders aber den Umstand, dass die Fayence, so sie verfertigten (von Porzellan ist dabei nicht die Rede) schlecht war, indem sie entweder ihr Metier nicht recht verstanden oder das dazu Nöthige nicht anschaffen konnten. Da die neuen Unternehmer bemittelte Leute seien und ein geschickter 23 66 Dr. J. Brinckmann. Fabrikant zu ihnen gehöre, der nach semer im Grossen wie im Kleinen gemachten Probe zu urtheilen, sein Metier aus dem Fundament verstehe, wird das Gesuch befürwortet, mit Einschränkungen in Einzelheiten, die sich aus dem Privilegium selber ergeben. Nach einem Gegen-Memoriale des Geheimen Raths vom 19..Sept. erfolgte schon am 6. October 1749 das Privilegium, dessen Wortlaut wir hier folgen lassen. Wir Carl Friderich von Gottes Gnaden Marggrav zu Baden und Hochberg ete. t. T: / geben hiermit gnädigst zu vernehmen, was gestalten Uns Unsere liebe und getreue Unterthanen der dermahlen zu Herrenalb sich enthaltende Closterwirth Johann Adam Benkieser und Compagnie in Unterthänigkeit vorgetragen haben, wie sie gesonnen, in Unserer Stadt Durlach eine Fabrique des sogenannten Fayence- porcellaine an zu lesen, und dahero Uns bittlich angegangen seynd, Wir geruhen möchten, sothane Fabrique in Unsern Landesfürstlichen Schutz zu nehmen, und mit etwelchen Freyheiten zu begnadigen: Da Wir nun in gnädigste Erwägung gezogen, dass dieses Vorhaben Unserer getreuen Stadt Durlach und mehreren dasigen Einwohnern zu erspriesslichem Nutzen gereichen könne — Ueberhaupt aber auch Uns jedesmalen zu gnädigstem Gefallen gereicht, wann unsere Unterthanen nach dem Vorgang anderer wohl eingerichteter Staaten sich rühmlichst beeyfern, durch nützliche Unternehmung die Commereien zu beförderen, und andurch das gemeine Beste mit ihrem eigenen vorsichtiglich zu vereinigen: So seynd Wir auch aus Landesväterlicher Gnade geneigt, all demjenigen, so viel immer geschehen kan, gerne entgegen zu gehen, was dergleichen löbliche Absichten erleichteren und beförderen mag. Wannenhero Wir besagte in Unserer Stadt Durlach anzulegen vorhabende Fayence-Fabrique in Unseren Landesfürstlichen Schutz und Schirm nehmen, und ihrem Entreprenneur Benkiesern und seinen Societaets-Verwandten auch ihren samtlichen Mann- und Weiblichen Descendenten, welche an dieser Fabrique Theil haben werden, hierdurch die gnädigste Zusage thun, dass Wir jmo Wann die Entreprenneurs anderst ihre Fabrique in denen nächsten fünf Jahren in behörigen Stand setzen werden, in Unseren fürstlichen Unterlanden & dato binnen zwanzig Jahren Niemanden, wer Er auch seyn mag, gestatten wollen, dergleichen Fabriquen anzulegen; und da wir Uns zu denen Entreprenneurs versehen, dass Sie sich zu ihrem eigenen Nutzen angelegen seyn lassen werden, die Fayence so gut und schön als möglich zu fabrieiren, und solche in eben so billigem Preyse, als sie an anderen Orten verkaufet werden kan, zu erlassen: So bewilligen Wir gnädigst, dass in Unseren gesammten fürstlichen Unterlanden die von ihnen zu Durlach verfertigte Fayence alleine geführet und keine dergleichen ausländische Waare zur Niederlage und Verkauf hereingebracht und debitiert werden solle. 2do Seynd Wir gnädigst geneigt, das hierzu erkaufte alte Porcellan-Hauss samt dem Platz der Herrschaftlichen Schatzung und Landes-Kosten auf zwölf Jahre lang zu befreyen; wohingegen die Inhaberen desselben an denen jeweyligen Kriegs-Kosten und feindlichen Contributionen zu concurriren und die der Stadt Durlach zu- gehörige Booth abzuführen haben: Jedennoch wollen Wir gedachtes Fabriquen- Hauss mit Soldaten nicht würklich belegen lassen, sondern Unserm Oberamte Durlach befehlen, dass es dieserwegen ein proportionirtes billiges Geld Quantum, so oft es die Ordnung hierinnen trifft, erheben lassen solle. 3tio Haben Wir Uns gnädigst entschlossen, alle diejenige Fabricanten, welche in der Fabrique würklichem Muss und Brod stehen, von allen Personal- Anlagen und Beschwehrden zu befreyen, dessen aber sich diejenige, so bloss allein im Lohn und Verding arbeiten, nicht zu erfreuen haben sollen. 24 Fayence-Fabrik von Durlach. 67 Hingegen können Wir 4to Die Fayence-Fabrique von der ordinairen Jurisdietion so weniger entheben, je mehrers dergleichen Befreyungen dem gemeinen Besten Verhinderung bringen, auch solche ihnen Selbsten sehr beschwehrlich und kostbar seyn würde, als sie die Entreprenneurs und Fabricanten bey denen vorfallenden geringfügigsten Streit- händeln sich hierhero begeben und mit Kosten hier liegen, und Ihre Zeit verlieren müssten. Wannenhero auch samtliche Fabrieanten die Oberamtliche Jurisdietion an zu erkennen haben, so Wir aber zu prompter Justiz-Administration anweisen werden, 5to Mögen Wir der Fayence-Fabrique, um des zu besorgenden Unterschleifs willen, in Ansehung des ohnehin ein geringes betragenden Landzolls, keine Nachsicht angedeyen lassen, auch ihr das Weggeld so weniger erlassen, als solches theils denen Landes-Kosten, theils denen Städten Durlach und Pforzheim gebühret; Im Gegen- theil aber seynd Wir gewillet, denen Entreprenneurs die gänzliche Pfund-Zolls- Freyheit von allen zum Behuf der Fabrique einführenden Waaren, von denen selbst fabrieirten in und ausser Landes verkaufenden Waaren hingegen, wie auch von dem, was sie hierzu in dem Lande verkaufen werden, die Pfund-Zollsfreyheit zur Helfte, so viel nehmlich die Fabrique für ihren Antheil daran zu bezahlen hätte, auf zwölf Jahre lang zufliessen zu lassen. 6t0 Haben die Entreprenneurs Uns über das zu Erbauung des Fabriquen-Hauses benöthigte Holz eine Speeification unterthänigst vorzulegen, und daraufhin wegen der ohnentgeltlichen Abgabe Unsere Gmädigste Entschliessung abzuwarten; Und Haben Wir den gnädigsten Entschluss genommen, gedachter Fayence-Fabrique das bedörfende Forlen-Holz aus Unseren Herrschaftlichen Waldungen, in so lange solches ohne deren Schaden geschehen kann, um die baare Bezahlung des dermaligen Forst Taxes abgeben zu lassen, und wollen sie sowohl von aller weiterer Erhöhung desselben, als auch von Abführung des gewöhnlichen Canzley-Taxes hiermit enthoben wissen. Wir befehlen dahero Unseren geheimen Räthen, Präsidenten und Räthen, auch Unseren Ober- und Beamten, dass Sie die rechtmässige Innhabere dieses privilegij bey dessen Innbegrif nachdrücklichst schützen und handhaben sollen. Zu dessen Urkund Wir solches eigenhändig unterschrieben und Unser fürstlich geheimes Canzley-Insiegel beyzudrucken befohlen haben. gegeben, Carlsruh, den Sechsten Octobris, Ein Tausend Sieben Hundert Vierzig Neune gez. Carl Friederich M: z: Baaden gez. F. E. J. v. Uxküll. gez. Bürcklin. {=} gt Alsbald muss der Betrieb aufgenommen sein, um fortan nahezu ein Jahrhundert in ununterbrochenem Gange zu bleiben. Lange Zeit hindurch blieb Johann Adam Benckieser die Seele des Unternehmens, wenngleich aus den Acten nicht hervorgeht, ob wir in ihm zugleich den eigentlichen Fabrikanten zu erblicken haben. Ob als solcher der in einen Actenstück vom 25. Juni 1765 erwähnte Georg Ludwig Müller thätig war, erhellt aus den Acten ebensowenig mit Gewissheit. Er versichert damals an Eidesstatt, die Geheimnisse der Fayence-Fabrik sowohl in der Composition der Glasur und Farben als in der Correspondenz und anderen Stücken Niemand entdecken, noch sich mittelbar oder unmittelbar mit einer anderen 25 24 68 Dr. J. Brinckmann. Fayence-Fabrik abgeben zu wollen, auch alles, was ihm von der Durlacher Fayence-Fabrik zur Spedition zukomme, treulich befördern zu wollen. Letztere Verpflichtung hing damit zusammen, dass der Markgraf dem Müller den Lagerhausverwaltungs- und Schiffsbeseherdienst zu Schröck, dem damaligen Landungsplatz für die Rheinschifter, verliehen hatte. Ob dieser G. L. Müller in Diensten der Fabrik gestanden hatte, ob er aus denselben austrat, als ihm das Staatsamt übertragen wurde, bleibt ebenso unklar, wie ob ihm die ganze Verpflichtung nicht bloss deswegen auferlegt wurde, weil er in seiner amtlichen Eigenschaft Gelegenheit finden konnte, den Bezug der Rohstoffe für die Fabrik zu durchschauen und die Namen der Empfänger ihrer Waaren zu erfahren. Für letztere Annahme spricht die i. J. 1781 von der Compagnie gegen den Lagerhausverwalter Müller in Schröck erhobene Beschwerde über die Saumseligkeit beim Verladen der Fabriksendungen, eine Beschwerde, der durch Befehl an den Müller, ordentlich seines Amtes zu walten, Folge gegeben wird. Im Jahr 1806 erscheint aber wieder ein Verwalter und Direeteur der Fabrik Namens Müller als ein alter Mann, der vergessen habe, rechtzeitig eine Eingabe an die Regierung zu befördern. Allerlei Streitigkeiten mit fürstlichen Beamten, welche die Benutzung landesherrlicher Einrichtungen für Zwecke der Fabrik verhindern, mit Wasserberechtigten, die der Fabrik den nöthigen Wasserbezug aus der Pfinz schmälern wollen; Beschwerden über Schwierigkeiten in der Be- schaffung des erforderlichen Brennholzes, über Lässigkeit der thalabwärts fahrenden Strassburger Rheinschiffer in der Beförderung der für die Ort- schaften am Strom oder in den Niederlanden bestimmten Sendungen füllen dicke Actenfascikel, aus denen nur dann und wann ein flüchtiger Lichtstrahl auf die inneren Verhältnisse der Fabrik und ihre Erzeugnisse fällt. Dass die Fabrik schon bald Absatz ausserhalb des Landes fand, erhellt aus amtlichen Berichten, die anlässlich ihrer Gesuche über allerlei Ver- günstigungen beim Holzbezuge erstattet worden sind. Danach wurden schon i. J. 1754 jährlich etliche 1000 Gulden fremdes Geld durch die "abrik in’s Land gezogen. Zu Gunsten der Fabrik wird auch betont, dass viele Kinder und Einwohner der Stadt Durlach, die andernfalles meistens durch Betteln sich fortbringen und dem Publico zur Lasten fallen müssten, ihre Nahrung dabei fänden. Die Geschäfte müssen gut gegangen sein, denn am 8. März 1761 petitioniren Anna Margaretha Listin, Maria Christina Herzogin und Johann Adam Benckieser um verlängerte und erweiterte Privilegien, indem sie sich erbieten, für Gewährung derselben jährlich 100 Gulden zu zahlen, obwohl der Gewinn aus der Fabrik ein sehr unsicherer sei. Ein fürstliches Resceript vom 2. April 1761 befindet darauf, dass eine Ver- längerung des erst 1769 ablaufenden Privilegs nicht nöthig sei, die Regierung 26 Fayence-Fabrik von Durlach. 69 auch nicht gemeint sei, sich durch em privilegium perpetuum die Hände zu binden; man wolle der Compagnie aber die Hoffnung nicht versagen, dass wenn die Fabrik nach Ablauf des ersten Privilegs sich noch in gutem Stande befinde, das- selbe auf eine weitere Zeit für die badischen Unterlande erstreckt werde. Uebrigens wird die schon i. J. 1761 ablaufende Schatzungs- und Landeskosten - Freiheit auf die Dauer des Privilegs verlängert. Die gänzliche Land- und Pfundzolls- Freiheit wird nicht verwilligt, aber bis zum Jahre 1769 will Serenissimus die 100 Gulden jährlich zur Ablösung aus- schliesslich des Pfundzolles gutheissen, „wo hernach die Compagnie nach ge- stalten Umständen unserer milden Einsicht sich getrösten kann.“ Im Jahr 1764 petitionirt die Com- pagnie beim Markgrafen um die Er- laubniss, einen dritten Brennofen zu ’ Weinkrug von Fayence, erbauen, ohne Erhöhung der 100 Gulden zulc, mENLtEnbaEET, BEE LE Durlach, 1767. !/, nat. Gr. betragenden Pfundzoll-Abgabe. Der dritte Ofen bezwecke keine Vergrösserung, nur eine Erleichterung der Fabrik, indem man die Waare länger abkühlen lassen wolle, was sowohl das Zerspringen hindere, wie die Gesundheit der Arbeiter bewahre. Ihrem Gesuch wird willfahrt. Bei Ablauf des Privilegs versäumt die Gesellschaft, rechtzeitig um die Verlängerung einzukommen. Schon ist der Fabrik Execution angedroht wegen der nunmehr von ihr geforderten ordentlichen Abgaben. Jahre hin- durch schleppen sich die Verhandlungen, bis endlich am 22. April 1773 die Verlängerung des Privilegs erfolgt auf weitere 20 Jahre, gerechnet vom 6. October 1769, an dem das erste Privileg erlosch. Ohne erhebliche Ursachen soll in den gesammten fürstlichen Unterlanden bis an die Mark- grafschaft Hochberg keine weitere Anlage gestattet werden. Die Abfindung vom Pfundzoll wird auf 80 Gulden jährlich ermässigt. Noch vor Ablauf desselben Jahres petitioniren die Gesellschafter, unter denen an Stelle des Johann Adam jetzt ein Christian Friedrich Benckieser erscheint, um neue Vergünstigungen. Sie klagen darüber, dass die neuerlich in der Nähe herum errichteten Fabriken sowohl durch einen mit vielerlei Begünstigungen unterstützten wohlfeilen Verkauf, wie 27 70 Dr. J. Brinckmann. auch durch ausschliessliche Verkaufs-Freiheiten in jenen Landen, die Durlacher Fabrik so erschüttert hätten, dass die Gesellschafter alles Mögliche zusammennehmen müssten, um ihr Capital und die wahre Ehre aufrecht zu erhalten, die der Name Durlach durch diese Fabrik bei allen Fremden genösse. Die Löhne hätten erhöht, in den Waarenverzeichnissen aber die meisten Artikel um 20 % im Preise herabgesetzt werden müssen. Die Petenten erreichen Herabsetzung des Pfundzoll-Aversums auf die Hälfte. Im Jahre 1784 verkauft die verwittwete Räthin Listin ihren Geschäfts- antheil um 8000 Gulden, wie es scheint an Benckieser, denn als ı. J. 1791 um die zweite Verlängerung des Privilegs verhandelt wird, heisst es, die Fabrik gehöre grösstentheils dem Eisenbergwerksbesitzer Benckieser zu Pforzheim. Erst am 12. März 1792 wird das Privileg auf 20 Jahre, vom 6. October 1789 an gerechnet, verlängert, und im Jahre darauf das Pfund- zoll-Aversum auf 80 Gulden angesetzt. Im Mai 1806 bittet Benckieser, dieses Mal wieder en Johann Adam dieses Namens, um Verminderung des Pfundzolles. Die Fabrik, schreibt er, stehe am Rande ihrer Erstickung; ein 10jähriger Durchschnitt habe erheblichen Verlust ergeben. Hätte Benckieser nicht selbst die Direction übernommen, so wären über 60 Personen mit ihren Familien brotlos geworden. Der Verwalter und Direkteur Müller habe als em alter Mann unter- lassen, rechtzeitig gegen die Erhöhung des Pfundzolles vorstellig zu werden. Darauf legt der Oberamts-Bericht dar, die SO Gulden Pfundzoll könnten das Hinderniss des besseren Fortganges allein nicht sein. Das Gesuch wird denn auch abgeschlagen. Zum dritten Mal petitionirt Johann Adam Benckieser um Erneuerung seines Priviless im Jahre 1810. Das Direktorium des Pfinz- und Enz- kreises berichtet darüber dem Grossherzoglichen Cabinets-Ministerium. Anerkannt wird, dass die Fayence-Fabrik von wahrem Nutzen für Stadt und Land gewesen. Sie sei die einzige im Lande, welche diesen Industrie- zweig und zwar in ganz vorzüglicher Güte und um sehr wohlfeile Preise bearbeite, deren Waaren daher gesucht seien, und die nur weniger Ver- besserungen in der Form ihrer Waaren bedürfe, um sie zu einem ansehn- lichen Flor zu erheben. Bisher habe der Staat wenig gethan für die Fabrik. Die von Benckieser gewünschten Vortheile seien nicht übertrieben. Empfohlen wird, dem Gesuche Benckiesers auch hinsichtlich der Einfuhr fremder Waaren zu willfahren. Benckieser wünscht, dass insbesondere die französischen Fayencen mit einem Zoll belegt werden. Die hohen Einfuhr- zölle auf dergleichen Waaren in Frankreich, Württemberg und Bayern seien bekannt; eine Fabrik im Badischen, deren auswärtiger Handel durch diese Zölle gänzlich gehemmt sei, könne nicht bestehen, wenn die Fabriken jener Staaten ihre Waaren mit Leichtigkeit einführen dürften. 28 Fayence-Fabrik von Durlach. "1 Obwohl weitere Berichte der Be- hörden dem Ansuchen Benckiesers günstig lauten, schleppt sich die Entscheidung hinaus. Am 22. Januar 1511 bringt er sein Anliegen in Erinnerung und bittet zugleich um ein Privileg zur Verfertigung von Steingut. Von demselben habe er bereits Proben geliefert, die dafür bürgen werden, „dass wir es in der Nachahmung von Wedgwood’schem Stein- gut weiter als andere derartige Fabriken gebracht haben.“ Für die Bereitung der Steingutmasse bedürfe er der Balger weissen Erde, deren Bezug er ihm zu gestatten bittet. Damit hatte die Fabrik den kriti- i „Weinkrug von Fayence, schen Wendepunkt erreicht, an dem ehr srhisen Bemialnng; : z S R Durlach, 1775. a nat. Gr. angelangt die meisten Fayence-Fabriken des 18. Jahrhunderts scheiterten oder ihren Anspruch auf kunst- gewerbliche Würde opferten, indem sie der Nachahmung und der Massenfabrikation verfielen. Bevor die Durlacher Fabrik diese Ab- wege einschlägt, ziemt es sich, ihre tüchtigen Leistungen in den ersten sechzig Jahren ihres Betriebes zu betrachten, zugleich aber anzu- erkennen, dass auch über jenen Wendepunkt hinaus Jahrzehnte hindurch für die Kleinstädter und Dörfler allerlei Gefässe nach der Väter Brauch aus bemalter Fayence hergestellt wurden. Wir sind für die Kenntniss der Fayencen von Durlach fast ausschliesslich auf die in zwei Sammlungen bewahrten Gegenstände angewiesen. Ausser dem Hamburgischen Museum für Kunst und Gewerbe besitzt deren nur das Kunstgewerbe-Museum zu Karlsruhe eine ansehnliche Auswahl. In den übrigen öffentlichen Sammlungen finden sich nur vereinzelte Stücke, die obendrein fast nie auf ihre Herkunft richtig bestimmt sind. Die Benckieser’sche Fabrik bediente sich während der längsten Zeit ihres Bestehens keiner Marke, die aus dem Herstellungsort oder dem Namen des Fahrikanten zu deuten wäre. Nur wenige Stücke, die schon dem 19. Jahrhundert angehören, tragen unter dem Boden mit grosser Schrift den Namen eines Malers Löwer. Dennoch ist es nicht schwer, sobald man einmal eine grössere Anzahl von Durlacher Fayencen gesehen hat, Stücke dieses Ursprungs sicher zu erkennen. Erst als im 19. Jahr- hundert die Herstellung von Steingut eingeführt wurde, nahm die Fabrik eine Marke, den farblosen Stempel „Durlach“ an. 29 79 Dr. J. Brinekmann. Der Scherben der Fayence ist von heller gelblichgrauer, zuweilen in’s Röthliche spielender Farbe, die weisse Zinnglasur fehlerfrei. Bei manchen Krügen fallen unter dem Boden grobe Bogenlinien auf, die entweder flach verlaufen oder einem am Rande liegenden Punkt zustreben und von dem Abschnüren des auf der Scheibe fertig gedrehten Gefässes von dem auf ihr verbleibenden Thonklumpen herrühren. Nur die älteren Krüge haben in der vertieften Mitte des Bodens einen dünnen Glasurauftrag. Die Farben der älteren Stücke erinnern auf den ersten Blick etwas an die der vielfarbigen Fayencen von Moustiers. Bei näherer Be- trachtung zeigen sich aber deutliche Unterschiede. Nur auf den älteren Stücken ist das Blau ähnlich verwaschen und blass, später wird es kräftig und dunkel aufgesetzt. Manganbraun wird reichlich verwendet und erscheint fast immer mit weissen Pünktchen gesprenkelt. Das Grün ist blass, bläulich und wolkig. Gelb kommt in zwei Tönen zur Anwendung, in blassem Citronengelb und in Ockergelb, mit dem jenes schattirt wird. Nur bei den älteren Stücken wird noch ein braungrauer Ton ‚verwendet, bei jüngeren tritt bisweilen ein trockenes Ziegelroth hinzu. Schwarz findet Verwendung für die reichlichen Raum einnehmenden Inschriften, auch in grösseren Flächen, wie z. B. an den Schaftstiefeln auf einem Schusterkrug. Alle Umrisse und inneren Einzelheiten der Zeichnung sind mit schwarzer Farbe ähnlich dem Treck der Delfter Fayencen vorgezogen. Die Formen der Gefässe zeigen keine grosse Abwechselung. Krüge herrschen vor, deren birnförmige Gestalt mit kurzem Ausguss sie als Krüge zum Schenken des Weins in Gläser, im Gegensatz zu den walzenförmigen Trinkkrügen der Bierländer, kennzeichnet. Sie erhalten zinnerne Deckel, auch um den Fuss einen zinnernen Rand. Eine etwas schlankere Form mit stark vorgezogener Schnauze und Fayence-Deckel kennzeichnet die selteneren Kaffeekannen. Ausser gewöhnlichen, aller Orten gangbaren Gefässen sind noch kleine Suppenschalen für Frauen, die an die von andern Ländern bekannten Schalen für die Wochensuppe erinnern, und Spinnrocken-Näpfchen für das Wasser zum Netzen der Finger der Spinnerin hervorzuheben. Auch Barbierbecken kommen vor. Eine Specialität waren die immerwährenden Wandkalender mit verstellbaren Scheiben, wie deren je einer sich in den Museen zu Hamburg und Karlsruhe befindet. Die Ornamentik ist eine einfache und wenig mannigfaltige. Auf der Vorderseite der Krüge umrahmen locker aneinandergefügte bunte Rococo- Schnörkel Gewerks-Embleme oder Bilder mit Darstellungen aus dem Berufs- leben der Besteller, deren Namen darüber in grosser Frakturschrift sehr augenfällig angebracht sind. Diese Rococo-Finfassungen erhalten sich weit in das 19. Jahrhundert hinein, auch nachdem der veränderte Zeit- geschmack das regelmässige Rund als Einfassung der Bilder eingeführt 30 Fayence-Fabrik van Durlach. 73 hatte. An den Seiten rechts und links vom Henkel werden Blumenstücke mit Rosen, Tulpen und Vergissmeinnicht breit hingesetzt. Besondere Beachtung verdienen die vielen Handwerksembleme und figürlichen Dar- stellungen auf den Krügen. Fast alle Berufe der Bewohner einer kleinen Stadt des badischen Rheinlandes und der Dörfler ihrer Umgebung ziehen an uns vorüber. Im Vordergrund steht der Landbau, aber auch alle dem Bedarfdestäglichen Lebens dienenden Gewerbe erfreuen sich guter Uebung. Wir sehen häufig den Bauern, der hinter seinem von stattlichem Zweigespann gezogenen Pfluge geht. So auf einem Kruge des David Göltz und der Christina Göltzin von Söllingen a. d. J. 1799, und so noch auf einem Kruge des Gottlieb Ruf R Kaffeekanne von Fayence a. d. J. 1542 mit dem Spruche „Der Bauer, mit mehrfarbiger Bemalung; 2 er Durlach 1827. Yz nat. Gr. der dem Feld thut pflegen, erwart im Spät- jahr seinen Segen“. Berge, Bäume und der Pflug sind dieselben geblieben, aber den Wechsel in der Bauerntracht hat der Maler mitgemacht. Göltz trägt den vorn und hinten aufgeklappten Hut, den Rock mit langen Schössen, gelblederne Kniehosen und Wadenstrümpfe, Ruf aber eine Kappe mit Lederschirm, eine Jacke ohne Schösse und lange modische Beinkleider. Auf einem Kruge des Georg Friedrich und der Elisabetha Hofmann v. J. 1837 lautet der Spruch: „Der Bauer pflügt und säet und Gott giebt das Gedeihn, drum ist er gutes Muths bei seinem Krüglein Wein.“ Ebenso begegnet uns der pflügende Bauer auf einer Kaffeekanne, die Carl und Catharina Feldmann zu Helmsheim i. J. 1827 mit dem Sprüchlein haben bemalen lassen: „Ich trinke alle Morgen den Caffee ohne Sorgen.“ (S. d. Bild.) Auch der Bauer mit dem Erntewagen ist häufig; mehrfach ist er in der Karlsruher Sammlung vertreten. Dass wir in einem Weinlande leben, zeigt und sagt uns auch der Küfer Conradt Küntzler, der auf seinen und der Catharina Küntzlerin Krug ı. J. 1807 sich selber, wie er einen Reifen auf ein Weinfass treibt, abbilden und darüber das Sprüchlein hat setzen lassen: „Der Rebensaft nur ganz allein macht, dass man recht vergnügt kan sein“. Auf einer kurzhalsigen Flasche in Form eines Selterser-Wasser-Kruges sehen wir, wie aus einem Fasse Wein in eine Flasche gezapft wird. Auch der Jäger fehlt nicht, auf enem Krug v. J. 1775 stellt sich uns Joseph Prugger vor, wie er einen Hirsch erlegt. (S. d. Bild S. 71.) 31 74 Dr. J. Brinckmann. Von den Nahrungsmittel- Gewerben treffen wir Bäcker und Schlachter. Johann Schröder und Elisabetha Schrö- dern zu Oberacker lassen sich zur Erinnerung an den 1. Julius 1807 auf ihren Weinkrug das Bäckerwappen malen, dessen Wecken und Riesen-Kringel des üblichen Löwenpaares und der Krone nicht entbehren. Den J. Martin Nestle, der uns auf semem Krug v. J. 1767 (S. d. Bild S. 69), dem ältesten Stück der Reihe, ein Mühlrad als Emblem seines Gewerbes vorführt, dürfen wir wohl als Müller ansprechen. Dass Friedrich Gabriel Korn und seine Ehefrau Catharina Christina Kornn das Schlachtergewerbe betrieben, sagt uns der grosse Ochsenkopf über dem Schlachterbeil und den Messern ıhrac Krnuoas v Q Weinkrug von Fayance ihres Kruges v. J. 1514. mit mehrfarbiger Bemalung; 7 Rey n » Baklaı Durlach 1812. s nat.Gr. Von den Vertretern der Bekleidungs- gewerbe begegnet uns i. J. 1785 Bernhard Nagel, den wir der Weberschifichen halber als einen Weber ansprechen dürfen. Dass Johann Jacob Sauerländer en Schuhmacher für Herren und Damen, sagt uns der grosse Reiterstiefel zwischen zwei eleganten Damenschuhen auf seinem und seiner Ehefrau Sophia Christiana Wein- krug v. J. 1813. Einen anderen Schuster in Münzersheim sehen wir am Werktisch einen Schuh besohlen. Seinem und seiner Ehefrau Namen Michael Gauch und Maria Elisabetha Gauchin hat er auf einem Krug v. J. 1821 das Verslein beifügen lassen „Alle Schumacher sollen leben, die vergnügt beim Saft der Reben.“ Johannes Kummer und Sophia Kummerin führen uns auf ihrem Krug v. J. 1812 in die Werkstatt eines ehrsamen Sattlers. (S. d. Bild.) An der Wand neben den blau und roth gestreiften, in Bauschen aufgenommenen Gardinen hängt ein fertiger Sattel; ein Kummetgeschirr befindet sich noch unter den Händen des Meisters, der mit Schirmkappe und langer Schürze angethan am Werktisch schafft. Ein ander Mal auf einem Kruge des Johann Georg und der Katharina Kummer v. J. 1828 lesen wir über einem von Löwen gehaltenen Sattel den Rath: „Nun trinkt und seyd fröhlich, der Herr hats gegeben, freuet euch des Lebens beim Safte der Reben.“ Dass Georg Heinrich Blech m Heidelsheim i. J. 1820 ein Glaser gewesen, zeigen seine Werkzeuge: der Löthkolben, der Diamant und der Glaserhammer, und meldet obendrein das Sprüchlein „Bei guter 32 Fayence-Fabrik von Durlach. — [> 1 Arbeit und beym Wein können Glaser fröhlich sein.“ Ein Wagenrad und der schwere sgeschweifte Schnitzer sagen uns, dass ein Stellmacher i. J. 1800 den Krug für Johan Heimrich Schroth und Catharina Schrothin bestellt hat. Ein Krug des Georg Fischer v. J. 1795 zeigt uns einen Hufschmied ein Pferd beschlagend. Auf einem Krug des Adam und der Rosina Jungmann v. J. 1828 sehen wir den Schmied mit seinem Gesellen am Ambos arbeiten und lesen dabei: „O, du edler Reben- saft, du giebst uns zu der Arbeit Kraft“. Von einem Blumenkranz um- rahmt, finden wir allerlei Werk- zeuge des Hufschmiedes auf dem Krug des Matthias und der Barbara Burgert v. J. 1834 mit den Versen: „Es ery gibt Zuikferdett hlühe nie vergebens ein Blümchen auf Bon Enueayonskayerce x & mit vielfarbiger Bemalung; der Flur: Drum nutz die Zeit des Durlach 1325. , nat. Gr. Lebens, denn einmal lebt man nur.“ Ein Krug des Johannes Goetz und der Elisabetha Goetzin v. J. 1804 zeigt neben gefüllten Getreidesäcken, von denen einer mit dem badischen Landes-Wappen unter einer Krone bezeichnet ist, einen Mann, der aus einem Bottich mit einem Streichmass Korn abmisst; ersichtlich der mit der Erhebung des Sackzehnten betraute Einnehmer. Auf eine höhere Lebensstellung deutet auch die Tracht eines Mannes, der Aufzeich- nungen auf einem im Freien aufgestellten Messtisch macht, während ihm gegenüber ein Gehülfe die Messruthe aufpflanzt. (8. d. Bild.) Georg Jacob und Catharina Margaretha Raub, für die dieser Krug i. J. 1825 bemalt wurde, haben sich das Sprüchlein darauf schreiben lassen: „Ein gut Glas Wein, ein gutes Weib, schliesst Herz an Herz, giebt Zeitferdreib“. Auch der Wehrstand fehlt nicht; mehrfach kommt auf den Weinkrügen der badische Land-Dragoner vor. Auf einem Krug des Ernst Lang v. J. 1833 feuert der Dragoner eine Pistole ab und ergeht sich dabei in folgender Betrachtung: ,,‚Geniesse stets mit Freuden den edlen Rebensaft, er stärkt den Mensch im Leiden und giebt ihm Muth und Kraft“. Nicht selten sind auch Landschaften, mehrfach eine Ansicht Durlachs mit dem alten Schloss auf den Weinkrügen dargestellt. Man sieht, die Durlacher Fayence-Maler schweifen nicht in die Weite; sie 33 7 76 Dr. J. Brinckmann. bleiben im Kreise ihrer engen Umgebung und wählen Vorwürfe, die ihren Abnehmern verständlich bleiben. Irgend ein Sprüchlein verlangt der Badenser auf jedem Stück seines Hausrathes zu sehen. Auf dem einer Catharina Langenbein i. J. 1836 gewidmeten Leckschüsselchen ist zu lesen: „Wenn einst Dein Finger Blumen bricht, so brech’ er ein Vergissmeinnicht“. Und auf dem Wandkalender im hamburgischen Museum in grosser Zierschrift rund um die Scheibe mit den Monatsnamen: „Die gantze Jahres Zeit, auch Monat und den Tag man hier deutlich sehen mag‘. Dieser Wandkalender besteht aus einer fast quadratischen Platte, die mit einem ausgeschweiften Aufsatz abschliesst, in dem eine gemalte Rococo-Kartusche zum Einschreiben der jeweiligen Jahreszahl leer belassen ist. Darunter drei concentrische Kreise; der innere grün, mit weissem vierspitzigen Stern, zwischen dessen Zacken die Be- zeichnungen der Jahreszeiten; der mittlere gelb mit den Monatsnamen und den Tageszahlen der Monate in herzförmigen Feldern und dazwischen den Thierkreiszeichen, der äussere grün mit der eben mitgetheilten Inschrift; oben in dieser äusseren Kreiszone ist ein Viertel derselben herausge- schnitten; auf der inneren schrägen Schnittfläche stehen die Wochen- tage. Hinter diesem Ausschnitt bewegt sich eine drehbare Holz-Scheibe, deren mit Papier beklebter Rand die Zahlen von 1 bis 31 trägt. Ein Stellzeiger aus Messing ist im Centrum befestigt. Unter den Scheiben ist die Platte mit einer Flusslandschaft bemalt, deren Uferthürme an Rheingegenden erinnern. Auch höheren Zielen scheint die Fabrik zugestrebt zu haben. Ihr zugeschrieben werden im Badischen vorkommende grosse Crucifixe aus bemalter Fayence. Mit dergleichen Arbeiten hat sie jedoch schon das Gebiet überschritten, auf dem ihre technischen und künstlerischen Kräfte Tüchtiges zu leisten vermochten. Während die Fabrik neben der Herstellung von Fayencen nach alter Weise sich schon in steigendem Maasse mit der Herstellung von gewöhnlicher Allerweltswaare aus Steingut beschäftigte, schleppen sich die Verhandlungen über das von ihrem Unternehmer hierfür erbetene Privileg langsam weiter. Die Zeiten aber haben sich geändert, neue Anschauungen sind in den Kreisen der Regierung zur Geltung gelangt, und als endlich, am 24. Febr. 1813, die Entscheidung fällt, da lautet sie, dass man die Erneuerung des letztmals unter dem 17. März 1792 ertheilten Privilegiums nieht mehr für nöthig erachte, dass eine Concession zur ferneren Betreibung der Fabrik genüge, welche Concession hiermit ertheilt und auch auf Anfertigung von Steingut erstreckt werde. Die Zeiten der ausschliesslichen Privilegien sind nunmehr vorüber, das erfahren wir noch aus einer Eingabe des Johann Adam Benckieser an das Grossherzogl. Ministerium des Innern vom 10. April 1817. Benckieser 34 Fayence-Fabrik von Durlach. Ir erbittet darin Maassregeln gegen Konkurrenten, die beabsichtigten, in Baaden eine Porzellan- und in Emmendingen eine Steingut- oder Fayence- Fabrik zu errichten. Obwohl, wie Benckieser wisse, beiden Supplikanten ihr Gesuch nicht gewährt worden sei, habe man besonders in dem Emmen- dinger Etablissement die Fabrikation eifrig begonnen. In seiner Fabrik, die seit mehr als 10 Jahren ihm gehöre, fabricire Benckieser mehr als das Dreifache dessen, was er im Lande absetzen könne. Seine Fahrikate seien von ausgezeichneter Güte; er suche auch die Formen nach dem fortschreitenden Geschmack und nach dem englischen Steingut immer einzuführen und fordere billige Preise. In Folge der hohen Einfuhrzölle m Frankreich, Bayern, Württemberg werde sein Absatz unterbunden. Besonders aus dem Französischen werde viel schlechtes Geschirr eingeführt. Seine Magazine füllten sich mit Vorrath; zur Zeit liege die Fabrikation eines halben Jahres aufgespeichert. Die Klagen Benckiesers über Konkurrenz der Fabriken des eigenen Landes finden kein Gehör. Auf seme anderen Beschwerden aber berichtet das Grossherzogl. Badische Directorium des Pfinz- und Enz-Kreises zu Durlach den 12. August 1517 an das Ministerium des Innern unter Befürwortung der Supplick. „Der Zweck, der jeder Zollgesetzgebung zu Grunde liegen muss, ist, die Ausfuhr aller rohen Stoffe zu verhindern, die der verarbeiteten aber zu erleichtern, sowie dagegen die Einfuhr roher Stoffe leicht zu machen, die der verarbeiteten zu erschweren, weil der Ertrag des Verarbeitungspreises dem Inland bleiben muss, dessen Zahlung in’s Ausland aber Verlust ist. Dagegen aus gleichen Gründen arbeitende auswärtige Zollgesetze lassen zwar diese Maassregeln nicht immer strenge anwenden, immer aber wird die Vorsorge dahin gehen müssen, bei gegen- seitiger Zufuhr verarbeiteter gleichartiger Stoffe die jenseitige und diesseitige Abgabe gleich zu stellen.“ Ein Erlass des Grossherzogl. Ministeriums der Finanzen vom 4. No- vember 1817 bescheidet den Beschwerdeführer denn auch in diesem Sinne. Höchsten Orts sei der Antrag gestellt, auf bedeutende Erhöhung des Zolls auf französisches Steingut und auf Bestimmung eines Retorsionszolles auf württembergische Fayencewaaren. Noch einige Jahrzehnte nach diesen vergeblichen Bemühungen um Aufrechterhaltung der alten Privilegien hat die Benckieser’sche Fabrik bestanden. Um die Mitte unseres Jahrhunderts ist sie eingegangen. Mittheilungen über einige im Physikalischen Staats-Laboratorium ausgeführte Versuche mit Röntgenstrahlen. Mit 7 Tafeln. Von 4. Voller. Nachdem die Röntgen’sche Entdeckung einer neuen Art von Strahlen zu Anfang des Jahres 1896 bekannt geworden war, gelang es in unserem Institute sehr bald unter Benutzung vorhandener Hittorf’scher Röhren diese Strahlen hervorzurufen und die von Röntgen beschriebenen merk- würdigen Wirkungen derselben zu beobachten. ) Es wurden namentlich bald photographische Aufnahmen des Innern menschlicher Organe sowie thierischer Körper und dergl. erhalten. Das grosse Interesse, welches insbesondere die ärztlichen Kreise der letzterwähnten Anwendung der neuen Entdeckung entgegenbrachten, äusserte sich sofort und bis jetzt fortdauernd in zahlreichen Wünschen nach photographischer Aufnahme des Innern von Körpertheilen zu diagnostischen Zwecken. Es sind bisher etwa 100 Aufnahmen auf ärztlichen Wunsch ausgeführt worden. Unser Laboratorium hat allen von den Aerzten geäusserten Wünschen soweit wie möglich zu entsprechen gesucht, obgleich dies namentlich Anfangs zu vielen vergeblichen Versuchen führen musste. Denn die Bedingungen unter denen brauchbare Aufnahmen des Innern besonders stärkerer Körper- theile erhalten werden können, wurden erst nach und nach genauer bekannt. In der ersten Zeit war es z. B. sehr schwierig, brauchbare Röhren zu erhalten, namentlich auch solche, die während längerer Zeit ihre Brauchbarkeit behielten; die verschiedenartigsten Formen und Modificationen, aus fast allen uns bekannten Bezugsquellen entnommen, erwiesen sich in diesem Punkte nicht wesentlich von einander verschieden. In sehr vielen Fällen erwies sich die Evacuiruug der Röhren als ungenügend, so dass letztere oft nur während weniger Minuten Röntgen’sche Strahlen aussandten, dann aber das für die ungenügende Evacuirung characteristische weissliche Licht zu zeigen begannen und sodann vollständig versagten. Das weitere Verhalten derartiger Röhren war oft sehr merkwürdig und verschiedenartig. In manchen Fällen blieben dieselben dauernd unwirksam; in anderen Fällen besserten sie sich während mehrwöchentlichen ruhigen Liegens oft in ganz überraschender Weise, so dass einige solcher Röhren, die unmittelbar nach der Ablieferung ganz unwirksam waren, später längere Zeit hindurch sehr gute Resultate 1) Sämmtliche im Folgenden erwähnte Arbeiten wurden gemeinsam von dem Berichterstatter und den Herren Dr. Classen und Dr. Walter ausgeführt; der letztere hat insbesondere die Beobachtungen optischer Natur angestellt. 3 8° 82 A. Voller. Mittheilungen über einige im physikalischen Staats- ergaben. Es ist wohl anzunehmen, dass in den letzteren Fällen eine all- mähliche Absorption eines erheblichen Theiles der noch in den Röhren vorhandenen Luft durch die Glaswand eingetreten war; doch ist es uns bisher nicht möglich gewesen, diese Vermuthung durch direkten Nachweis zu bestätigen. Die während der ersten Zeit noch nicht beseitiste Unzuverlässiekeit vieler der im evacuirten Zustande gelieferten Röhren führte uns dazu, die Röhren in steter Verbindung mit der Quecksilberluftpumpe zu lassen und sie während der Benutzung zum Zwecke der Aufnahme von Körpertheilen dauernd zu evacuiren, obgleich obiges Verfahren vielfache Unbequemlich- keiten mit sich brachte. Es wurde dazu anfänglich eine Geissler’sche Pumpe benutzt; später erhielten wir noch eine selbstthätige Neesen 'sche Pumpe; beide haben uns gute Dienste geleistet. Erst seitdem ‚in den letzten Monaten die Herstellung gut evacuirter Röhren durch die Glastechniker bedeutende Fortschritte gemacht hat und namentlich seitdem die mit Platinspiegel versehenen sogen. Focusröhren hergestellt worden sind, ist die dauernde Evacuirung der Röhren durch die Pumpen nicht mehr erforderlich. Die Wirksamkeit dieser neueren Röhren ist eine so wesentlich bessere als die der ursprünglich vorhandenen, dass die Benutzung der Röntgen’schen Strahlen insbesondere zu medieinisch-photo- graphischen Aufnahmen dadurch in hohem Grade erleichtert worden ist. Insbesondere hat auch die Schärfe der erhaltenen Bilder sowie die Wieder- cabe der Details, z. B. der Structur der Knochen, der Grösse, Form und Lage eingedrungener Fremdkörper und dergl., erheblich gewonnen, während zugleich die zur Erzielung guter Aufnahmen erforderliche Zeit sehr viel kürzer geworden ist. So sind z. B. zur scharfen Aufnahme der Hände in der Regel nur zwei Minuten erforderlich; für weniger detaillirte Aufnahmen, z. B. zur Entdeckung von Fremdkörpern, genügt ein kürzerer Zeitraum. Stärkere Körpertheile erfordern je nachdem 10 bis 30 Minuten. Auch sind wenigstens Anfänge der Wiedergabe anderer innerer Organe als der Knochen erreicht worden, obgleich diese für die praktische Mediein ohne Zweifel besonders wichtige Aufgabe auch gegenwärtig noch weit von einer befriedigenden Lösung entfernt ist. Zur Illustration der augenblicklichen Leistungsfähigkeit der Röntgen’schen Aufnahmen des Innern von Körpertheilen mit Rücksicht auf Schärfe der Zeichnung, z. B. der Knochenstructur, Abbildbarkeit starker Körpertheile, Dauer der Aufnahmen u. del. mögen die Tafeln I—III dienen, welche keiner weiteren Erläuterung bedürfen. Indess möge bemerkt werden, dass die Positiv-Abdrücke leider niemals im Stande sind, die Feinheit der Zeichnungen und den Reichthum der Contraste in den Original-Negativen völlig wiederzugeben. © Laboratorium ausgeführte Versuche mit Röntgen-Strahlen. Von geringer praktischer Bedeutung hat sich nach unseren bisherigen Erfahrungen die Verwendung fluoreseirender Schirme bei photographischen Aufnahmen erwiesen. Der Gedanke, die photographische Wirkung der X-Strahlen durch die Wirkung des von ihnen hervorgerufenen Fluoreszenzlichtes zu verstärken, leitete uns schon bei unseren ersten, bald nach dem Bekanntwerden der Röntgen’schen Entdeckung veröffentlichten Versuchen, wo wir einen Schirm von Bariumplatineyanür mit Hülfe der X-Strahlen auf einer photographischen Platte abbildeten (s. Blatt 5 unserer „Versuche mit X-Strahlen“). Der Erfolg war freilich ein negativer, denn die photographische Wirkung dieses Salzes war so gering, dass sie nicht einmal die von demselben hervorgerufene Absorption der X-Strahlung aufwog. Dasselbe Resultat lieferte uns auch noch neuerdings der von der Firma C. A. F. Kahlbaum in Berlin in den Handel gebrachte Schirm mit Bariumplatineyanür, der allerdings an optischer Wirkung unsere früher gebrauchten Schirme erheblich übertraf, photographisch dagegen sich trotz Anwendung ortho- chromatischer Platten als nicht vortheilhaft erwies. Dies zeigen deutlich die beiden Figuren I und II auf Tafel IV; es sind dies Aufnahmen, die zu gleicher Zeit auf den beiden auseinandergeschnittenen Hälften derselben Vogel-Obernetter’schen Eosinsilberplatte hergestellt wurden, während unter dem durch ab ce d bezeichneten Theile der beiden Platten der Kahlbaum’sche Schirm ausgebreitet war. Bei Fig. I lag die Platte wie gewöhnlich mit der Schichtseite nach oben, bei KEig II dagegen mit letzterer nach unten. In Fig. I hat, wie man sieht, der Schirm über- haupt nicht gewirkt; in Fig. II, wo photographische und fluoreseirende Schicht sich unmittelbar berührten, ist die Wirkung allerdings deutlich erkennbar, dieselbe ist indessen nicht erheblich genug, um den Nachtheil, den man durch Umdrehen der Platte in Folge der Absorption der X-Strahlen durch das Glas erleidet, wieder auszugleichen. Dies ergiebt sich deutlich aus dem Vergleich der unteren Hälfte der Fig. II mit der der Fig. 1. Nimmt man hierzu die Thatsache, dass das Auflegen des Schirmes auf die oben befindliche Schicht der photographischen Platte nicht verstärkend, sondern schwächend wirkte, so wird man. das oben abgegebene Urtheil, wonach der Kahlbaum’sche Schirm als photographischer Verstärkungs- schirm unvortheilhaft ist, gerechtfertigt finden. Wesentlich günstiger dagegen verhalten sich Schirme aus andern Stoffen, z. B. aus dem bekanntlich zuerst von Winkelmann und Straubel (Jenaische Zeitschr. f. Naturwissensch. XXX) empfohlenen Flussspath, wenngleich nach unseren Beobachtungen dieser Stoff allerdings noch etwas durch das Kaliumplatineyanür und besonders durch den pulverisirten Scheelit, den natürlichen wolframsauren Kalk, übertroffen wird. Es ist zur Illustration dieser Verhältnisse im der Tafel IV, Fig. UI, nur 5 S4 A. Voller. Mittheilungen über einige im physikalischen Staats- noch eine mit letzterer Substanz theilweise verstärkte Handaufnahme bei- gefügt, bei welcher der unregelmässig gestaltete fluorescirende Schirm auf die oben befindliche photographische Schicht einer gewöhnlichen Brom- silberplatte gelegt war. Man sieht an der Aufnahme sofort die bedeutende verstärkende Wirkung des Schirmes, indessen giebt sich darin auch die Schattenseite dieser Art von Verstärkungsmittel kund, welche darin besteht, dass die grobe Struktur des Schirmmaterials sich in der Zeichnung deutlich widerspiegelt, so dass es unmöglich ist, auf diesem Wege feinere Details der betreffenden Körpertheile zu beobachten. Macht man aber das Korn der Schirme feiner, so wird dadurch wieder die verstärkende Wirkung derselben so erheblich verkleinert, dass wir bisher auf dieses Verstärkungsmittel bei unseren zahlreichen mediceinischen Auf- nahmen gänzlich verzichtet haben. So lange es demnach nicht gelungen ist, einen solchen Schirm von genügend feinem Korn und dennoch zugleich von beträchtlich verstärkender Wirkung zu liefern, dürfte sich die An- wendung derselben auf die Auffindung gröberer Einschlüsse oder Ver- letzungen in schwer zu durchdringenden Körpertheilen beschränken. Auch dem Ersatze photographischer Aufnahmen durch direet ge- sehene Bilder vermittelst solcher phosphoreseirenden Schirme, welche die inneren, stärker absorbirenden Organe von Körpertheilen dunkel auf hellem Grunde hervortreten lassen, haben wir unsere Aufmerksamkeit zugewendet. Wir haben dazu theils selbst hergestellte, theils aus der Kahlbaum’schen Fabrik bezogene Schirme von Caleiumplatineyanür bezw. Bariumplatineyanür verwendet. Die Leistung namentlich der letzteren Schirme ist eine sehr gute; indess sind die direct sichtbaren Bilder doch nur selten von genügender Schärfe, um die photographische Aufnahme zum Zwecke ärztlicher Diagnosen ersetzen zu können. Die zahlreichen "Röntgen - Aufnahmen zu ärztlichen Zwecken, die im Laufe der letzten 4 bis 5 Monate in unserem Laboratorium ausgeführt worden sind, nahmen — neben unseren sonstigen Arbeiten — unsere Zeit so sehr in Anspruch, dass wir uns der Durchführung rein physikalischer Versuche zum Zwecke der Beantwortung zahlreicher physikalischer Fragen, die sich bei dem oft sehr merkwürdigen Verhalten der Röntgen’schen Strahlen sowie der sie erzeugenden Röhren aufdrängten, leider nicht so widmen konnten, wie es wünschenswerth gewesen wäre. Immerhin haben wir Einzelnes feststellen können, was vielleicht als Beitrag zu den Bemühungen, über die geheimnissvolle Natur der Röntgen’schen Strahlen Klarheit zu gewinnen, erwähnt werden darf. Eine der ersten Thatsachen, welche wir ausser Zweifel stellen konnten, ist die auffallende Verschiedenheit des Verhaltens der die neuen Strahlen erzeugenden Vacuumröhren hinsichtlich der in ihnen auftretenden Wärme- 6 Laboratorium ausgeführte Versuche mit Röntgen-Strahlen. 85 wirkungen. Es ist bekannt, dass beim Durchgang der Inductionsströme durch Vacuumröhren, sobald die Luftverdünnung soweit fortgeschritten ist, dass Kathodenstrahlen auftreten, eine an letztere geknüpfte starke Wärme- entwickelung stattfindet. Dieselbe kann bekanntlich dadurch leicht wahr- nehmbar gemacht werden, dass man die Kathodenstrahlen auf eine bestimmte Stelle der Röhrenwandung, auf em in der Röhre angebrachtes Platinblech oder dergl. concentrirt; die getroffenen Flächen werden dann in wenigen Augenblicken glühend und können unter günstigen Umständen zum Schmelzen gebracht werden. Prüft man eine solche Röhre, in welcher diese Wärmewirkung der Kathodenstrahlen stark auftritt, hinsichtlich der Aussendung von Röntgen-Strahlen, so findet man, dass letztere entweder ganz fehlen oder doch nur schwach vorhanden sind. Erst mit weiter ge- steigerter Evacuirung der Röhren zeigen sich die Röntgen-Strahlen kräftiger — zugleich aber nimmt auch die Wärmeentwickelung ab, bis dieselbe vollständig verschwindet, während noch immer eine erheb- liche Emission von X-Strahlen stattfindet. Wir haben im der That wiederholt Röhren besessen, welche kräftige Röntgen-Strahlen aus- sandten und selbst nach "2 bis 1 Stunde ununterbrochenen Stromdurch- ganges vollständig kalt geblieben waren; in andern Fällen war zwar eine Erwärmung eingetreten, die jedoch so gering war, dass die Röhren sich nur ganz leicht lauwarm anfühlten. Es ist nun zwar nicht zu bezweifeln, dass mit fortschreitender Verdünnung der Luft der die Röhren durch- dringende Bruchtheil derjenigen elektrischen Energie, welche den Elek- troden zugeführt wird, abnimmt, aber ein völliges Aufhören dieses Energie-Durchganges findet keinesweges statt; vielmehr ist ja der Strom- durchgang die unentbehrliche Quelle der neuen Energieform, welche wir in den Röntgen’schen Strahlen kennen gelernt haben. Es muss somit als wahrscheinlich bezeichnet werden, dass dann, wenn bei hohem Vacuum die Bildung der Röntgen-Strahlen stattfindet, die bei geringerem Vacuum stattfindende Umwandlung der strahlenden elektrischen Energie in Wärme-Energie aufhört und an Stelle der letzteren die neue Energieform der Röntgen-Strahlen tritt. Es wird sicher von Wichtigkeit sein, diesen Vorgang aufmerksam zu prüfen; wir hoften auch unserseits, uns mit dieser Frage weiter beschäftigen zu können. Eine weitere, auch practisch nicht unwichtige Feststellung ist die folgende. Verwendet man zur Erzeugung der Röntgen-Strahlen solche Röhren, welche von vorneherein möglichst hoch evacuirt worden sind, so erweisen sich dieselben als mehr oder weniger unwirksam, da ein Strom- durchgang dann nicht mehr oder nur noch im sehr geringem Grade stattfindet. Man kann diese Röhren dann durch äussere Erhitzung — am einfachsten mit der Bunsenflamme — leicht zur Entsendung von Röntgen- 4 7 86 A. Voller. Mittheilungen über einige im physikalischen Staats- Strahlen bezw. zur Stromleitung anregen, was sich stets durch Auftreten der eigenthümlich gelb-grünlichen Färbung des Fluorescenzlichtes des Glases kundsiebt. Nun ist man im Allgemeinen geneigt, den physikalischen Vor- gang der Wirkung dieser Erwärmung als ein Austreiben von geringen Mengen absorbirter Gase aus dem Glase der Röhren oder von seiner innern Oberfläche aufzufassen; diese in das Vacuum eintretenden Gastheilchen sollen dann die bisher wegen des hohen Vacuums sehr schwierige Strom- leitung ermöglichen. Indess scheint diese Erklärung des Vorganges doch keine völlig befriedigende zu sein. Denn sie trägt einer merkwürdigen That- sache nicht Rechnung, welche wir fortwährend zu constatiren Gelegenheit hatten. Die äussere Erhitzung istnämlich in sehr viel höherem Grade wirksam, wenn sie in der Umgebung der Kathode ge- schieht, als wenn man die Anodenseite oder die übrigen Theile der Röhre erhitzt. Der Unterschied ist so auffallend und so sicher, dass wir an einer wesentlichen Mitwirkung der auf der innern Glasfläche in der Umgebung der Kathode bestehenden elektrischen Ladungszustände nicht zweifeln können, obgleich wir auch hier ein genaueres Verfolgen dieser Erscheinung, u. A. auch der Frage, ob die bekannte unipolare Leitung der Flammen dabei eme Rolle spielt, uns noch haben vorbehalten müssen. Eine weitere Prüfung konnten wir einigen besonders wichtigen Punkten widmen, die theilweise bereits in den Röntgen’schen Publieationen erwähnt worden sind, aber ihrer grossen Bedeutung wegen wohl noch genauerer Studien bedürfen. Es handelt sich namentlich um die Fragen, ob es mehrere Arten der neuen Strahlen giebt, ob die Röntgen’schen Strahlen gebrochen und reflektirt werden können, ob sie wie Kathodenstrahlen von magnetischen Kräften abgelenkt werden oder nicht. Im Folgenden möge Einiges über unsere Versuche in diesen Richtungen mitgetheilt werden. In den Tafeln V und VI geben wir zunächst zwei mit derselben Vacuum- röhre bei verschiedenem Verdünnungsgrad der darin enthaltenen Luft gemachte Aufnahmen, von denen aber auch jede für sich nicht ohne Interesse sein dürfte, weil sie einen unmittelbaren Ueberblick über die absorbirende Kraft einiger wichtiger Stoffe den X-Strahlen gegenüber giebt. Es mögen daher hier zunächst die Namen dieser Stoffe zugleich mit ihren Dieken angeführt werden. Es bedeuten in den beiden Tafeln V und VI No. Dicke in mm Ne Quarzkeystall, tarblose ar een 3108 2) Spiegelelas, BE RENNENS ec 3,16 3) Kalkspathkrystall, farblos.......... Hr 3,15 4) Gypskrystall, BE REN Sutcae 2,5 Laboratorium ausgeführte Versuche mit Röntgen-Strahlen. 87 No, Dicke in mm 5), Schwerspathkrystall, farblos... ........... 2,88 9 Maunkeystally tarblosesmrn en NE) 7) Achat, undurchsichtig, verschiedenfarbig ... 3,20 8) Stemsalzkıystall, farblos. ....... 23:06 9) Salmiakkıystall, weisslich.......... 2,90 10) Glimmer, schwarz ....... De N 11), Diamantkrystall, farblos. ........ ER, 12) Boraxkrystall, weisslich ......... Be te splle 13) Citronensäurekrystall, weisslich ........-.. 2,65 IE inekerkuystallstanbloss. 2.2 02000200 id o)elapısalazuli, dunkelblau... 2... 20.2.0 16) Tigerauge, mit hell- und dunkelbraunen Quer- STREITEN a RS u 2,3 17) Malachit, hellgrün mit dunkelgrünen Adern . 3,7 18) Blutstein (Rotheisenstein), stahlgrau........ 3,02 )eGemmezaust Muschele.2. 2 a... 0,6—2,8 ZO)eBRlatinblech reset. a | AD eAlummmumdraht ne cn Sr) 22), Nickelmünze (10 Pf.-Stück). ......... Ale Die Unterschiede in der Absorptionsfähigkeit der verschiedenen Stoffe kommen für die stärker absorbirenden mehr auf der Tafel VI, für die schwächer absorbirenden (No. 10 bis 14, sowie 16 und 19) dagegen mehr auf der Tafel V zum Vorschein. Beide Tafeln wurden mit einer und derselben von der Pumpe ab- geschmolzenen Röhre gemacht, und zwar die Tafel V bei erhitztem, die Tafel VI bei kaltem Zustand derselben. Das Erhitzen emer solchen Röhre hat, wie erwähnt, nach gewöhnlicher Annahme den Zweck, die an oder in den Glaswandungen derselben festgehaltene Luft frei zu machen, um so den Luftdruck im Innern zu erhöhen. Wie schon von mehreren Seiten festgestellt ist, und auch uns schon seit längerer Zeit bekannt war, war, haben die aus stärker evacuirten höhren kommenden X-Strahlen bei gleich starker Wirksamkeit auf die freie photographische Platte ein weit grösseres Durchdringungs- vermögen als die aus weniger leer gemachten herstammenden, und zwar genügt schon ein geringer Unterschied in dem Verdünnungsgrad einer solchen Röhre, um bedeutende Unterschiede in- der Wirkungsweise derselben zu veranlassen. Sehr deutlich kennzeichnet sich dieser Wechsel äusserlich auch noch in der schnell abnehmenden selbstthätigen Erwärmung der Röhre (vgl. oben), sowie in dem ganz ausserordentlich starken An- - wachsen des Widerstandes, welchen die Röhre in diesem kritischen Zustande bei zunehmender Entleerung dem Durchgang der Elektricität entgegensetzt, ) 88 A. Voller. Mittheilungen über einige im physikalischen Staats- so dass beim Arbeiten derselben eine parallel eingeschaltete Funkenstrecke oft ganz plötzlich von wenigen Millimetern bis zu über 10 cm anwächst. Der Unterschied der Wirkungsweise der Röhre in den beiden Stadien spricht sich nun in den Positivcopien der Tafeln V und VI besonders da- durch aus, dass in der ersteren der Grund heller ist als in der letzteren, während die Stoffe im allgemeinen auf der letzteren weit mehr aufgehellt, also weit stärker von der Strahlung durchdrungen sind als auf der ersteren. Dazwischen giebt es eine bestimmte Schwärze, die auf beiden Tafeln annähernd gleich ist, und diese besitzen etwa die Nummern 13 und 14, so dass man beim Vergleich beider Tafeln am besten von diesen ausgeht. Man sieht dann, dass schon 10 und 12 auf Tafel V etwas dunkler sind als auf Tafel VI, noch mehr aber gilt dies für die Nummern 1—4, 6—9, 15, 16, 19 und 21, während schliesslich der Unterschied in den noch dunkleren Stoffen wieder verschwindet, weil dieselben eben in den angewandten Dicken von beiden Strahlungen, d.h. sowohl derjenigen der kalten wie auch derjenigen der erhitzten Röhre, noch nicht genügend durchdrungen worden sind. Photographisch lässt sich der Unterschied in der Wirkungsweise der Röhre am besten so ausdrücken, dass man sagt: dieselbe arbeitet in dem weniger evacuirten Zustande mehr auf Contrast, ein Umstand, der practisch nicht ohne Bedeutung ist. Denn man wird offenbar den letzteren Zustand der Röhre benutzen, wenn es sich um die Abbildung eines dünnen Objectes mit wenig Contrasten, also z. B. einer Kinderhand handelt, deren Knochen wegen ihrer noch knorpelartigen Beschaffenheit die X-Strahlen nur wenig mehr absorbiren, als das daneben liegende Fleisch und sich daher im all- gemeinen nur schwach abheben. Die Frage, ob man es bei diesen beiden verschiedenen Zuständen der Röhren wirklich mit X-Strahlen verschiedener Art zu thun hat, wie mehrfach angenommen ist, kann unseres Erachtens noch nicht entschieden werden; es sei nur noch erwähnt, dass ein weiterer Unterschied als der in der durchdringenden Kraft derselben sich bisher nicht hat feststellen lassen. Ueber die Ablenkbarkeit der X-Strahlen durch Prismen wurde ferner eine ausgedehnte Reihe von Versuchen angestellt, wobei weniger auf die Heranziehung einer grossen Anzahl von Stoffen als vielmehr auf die Durchführung der Versuche bis zu ihrer äussersten Genauigkeit hin Werth gelegt wurde. Dies schien nämlich deswegen von besonderer Wichtigkeit, weil ja bekanntlich Röntgen selbst den Gedanken, dass möglicherweise die X-Strahlung als eine longitudinale Schwingungs- bewegung des Aethers aufzufassen sei, hauptsächlich auf das vollständige Fehlen der Ablenkbarkeit derselben gegründet hatte. Andererseits haben 10 Laboratorium ausgeführte Versuche mit Röntgen-Strahlen. 89 andere namhafte Physiker darauf hingewiesen, dass dieser Umstand noch nicht nothgedrungen dazu führe, die doch zunächst näher liegende An- nahme von Transversalschwingungen aufzugeben, da nämlich nach den neueren Dispersionstheorieen des Lichtes sich für unendlich kleine Transversalschwingungen der Brechungsexponent 2 —1 ergebe, wie er ja bei den X-Strahlen thatsächlich gefunden werde. Es würde demnach von fundamentaler Bedeutung sein, wenn es gelänge, bei irgend einem Stoffe einen Unterschied des Brechungsexponenten unserer Strahlen von der Einheit nachzuweisen; und in dieser Hinsicht schien uns nun der Diamant, welcher sich ja dem Lichte gegenüber durch eine so besonders grosse Brechbarkeit auszeichnet (n = 2,4 — 2,5), am meisten Aussicht auf Erfolg zu bieten, um so mehr, als er sich auch als besonders durchlässig für X-Strahlen erwies. Es mag schon im voraus erwähnt werden, dass auch bei diesem Stoffe, trotzdem unsere Versuche bis zu einer sehr weitgehenden Genauigkeit getrieben wurden, sich keine Spur einer Brechbarkeit der neuen Strahlen gezeigt hat, dass vielmehr als Endresultat dieser Versuche der Satz hin- gestellt werden kann, dass der Brechungsexponent des Diamanten für die X-Strahlen sich höchstens um + 0,0002 von der Einheit unterscheiden kann. Weiter unten werden die näheren Umstände des Versuches beschrieben, aus denen diese Zahl leicht zu berechnen ist. Derselbe Nachweis wurde dann auch noch für das Aluminium geführt, ein Metall, welches wegen seiner guten Durchlässigkeit für die X-Strahlen für diese Versuche ebenfalls besonders geeignet ist. Endlich wurden dieselben Beobachtungen auch noch auf ein schweres Metall, nämlich das Kupfer, ausgedehnt, für welches allerdings wegen der starken Absorption, welche die X-Strahlen darin erfahren, die Messungen noch nicht bis zu der oben genannten Genauigkeit hin verfolgt werden konnten. Immerhin wurde aber auch für dieses bereits festgestellt, dass sein Brechungsexponent sich höchstens um + 0,001 von der Einheit unterscheiden kann, während Winkelmann und Straubel (Jenaische Zeitschr. f. Naturwissensch., XXX. Bd.), für das genannte Metall aus ihren Beobachtungen einen Brechungsexponenten n —= 1 — 0,0038 glaubten ab- leiten zu können. Wir bemerken hierzu, dass es uns gelang, stets ein genügend scharfes Bild von demjenigen Spalte zu erzielen, an welchem das ablenkende Prisma selbst befestigt war, so dass man einerseits die frei durch den Spalt hindurchgegangene Strahlung und andererseits auch die durch das Prisma hindurchgegangene — als deutlich von einander unterschieden — unmittelbar neben einander liegend erkennen kann, wie auch die weiter unten zu beschreibenden Figuren I, II und III der Tafel VII zeigen. 11 90 A. Voller. Mittheilungen über einige im physikalischen Staats- Dies war nur dadurch zu erreichen, dass die Entfernung a zwischen der Strahlenquelle und der photographischen Platte sehr gross genommen wurde im Vergleich zu derjenigen b zwischen dem abzubildenden Spalte und der Platte — bei den genannten Beobachtern war a:b = 2:1, bei unseren Versuchen dagegen zwischen 6:1 und 12:1 — wobei ferner auch noch die Anwendung eines möglichst engen Spaltes als Strahlenquelle geboten war; dieselbe betrug Y2 bis 1 mm. Beide Bedingungen zusammen hätten mit den früher gebrauchten Röhren zu einer ausserordentlichen Verlängerung der Expositionsdauer führen müssen; es war daher als ein wesentlicher Fortschritt zu begrüssen, dass die Anwendung einer sog. Focusröhre eine leichte Erfüllung der zweiten Bedingung bei genügender Strahlungsintensität ermöglichte. Denn da bei dieser Röhrenform die X-Strahlen sämmtlich von den Punkten einer Ebene, nämlich von derjenigen des die Kathodenstrahlen auffangenden Platinbleches ausgehen, so wird für ein nahezu in der Verlängerung dieser Ebene liegendes Object die letztere offenbar als spaltförmige Strahlen- quelle wirken. So gelang es uns, in der Zeit von 30—60 Minuten bis auf a = 3m Entfernung hin genügend scharfe Aufnahmen des im Abstande b vor der photographischen Platte befindlichen Spaltes mit dem ihn theilweise bedeckenden Prisma zu erzielen, wobei b je nach der Grösse von a im oben genannten Verhältniss varürte, für a = 300 em z. B. also nicht grösser als 50 cm genommen wurde. In diesen Aufnahmen, von denen in der beifolgenden Tafel VII in No. I, I und III für die drei oben genannten Stoffe je eine reprodueirt worden ist, sieht man die Längsränder des abzubildenden Spaltes, auf die es ja vor allem ankommt, in ausgezeichneter Schärfe, während die Querenden der daran befestigten Prismen sich allerdings etwas 'verschwommen darstellen. Indessen sind auch diese noch deutlich genug, um zu beweisen, dass das dem Prisma entsprechende Stück des Bildes auch wirklich von den durch das erstere hindurchgegangenen Strahlen herrührt, während andererseits das Fehlen jeglicher Verschiebung dieses Stückes im Vergleich zu den unbedeckten Theilen des Spaltes den Beweis liefert, dass eine Ablenkung jenes Strahlenantheiles nicht stattgefunden hat. Zur genauen Kontrolle der Schärfe der Zeichnung im den beiden in Frage kommenden Richtungen wurde ferner stets vor einem Theile des unbedeckten Endes des Spaltes ein feinmaschiges Drahtnetz befestigt, dessen Einzeldrähte bezw. parallel und senkreckt zu der Spaltrichtung verliefen, von denen sich aber in den Photographieen, wie man sieht, nur die ersteren scharf abbilden. Es ist dies ein Beweis, dass auch bei einer Focusröhre die Kathodenstrahlen durchaus nicht auf einen einzigen Punkt des Platinbleches convergiren; vielmehr beträgt der Durchmesser der Stelle, 12 Laboratorium ausgeführte Versuche mit Röntgen-Strahlen. 9] von welcher die X-Strahlen auf diesem Bleche ihren Ursprung nehmen, häufig über 10 mm, wie sich durch eime Lochphotographie dieses Bleches leicht nachweisen lässt. In den auf die prismatische Ablenkung der X-Strahlen bezüglichen, in Tafel VII befmdlichen Abbildungen I, II und III bezeichnet nun, wie daselbst angegeben, der Buchstabe P denjenigen Abschnitt des Spaltes, welcher von dem betreffenden Prisma bedeckt war, und zwar ist dieser Buchstabe immer auf die Spitzseite des Prismas gesetzt. Man sieht dem- nach, da eine Ablenkung des durch das Prisma hindurchgesangenen Strahlenantheils nicht stattgefunden hat, bei P nichts anderes als das Schattenbild emes prismatisch geformten Körpers aus der betreffenden Substanz, und dementsprechend nimmt denn auch die Schwärzung in diesem Theile des (positiven) Spaltbildes von der Seite P bis zur entgegen- gesetzten hin allmählich zu, wie in den Figuren I und II der Tafel un- mittelbar zu erkennen ist. In Figur III dagegen, bei welcher « = 2000 mm und b = 300 mm war, hat die X-Strahlung der Röhre trotz einer Auf- nahmedauer von 60 Minuten die Kupferprismen nur an ihrer’ äussersten Spitze, also nur auf eimem schr kleinen Stücke der ganzen Spaltbreite zu durchdringen vermocht, denn man sieht hier nur in dem sich unmittelbar an den Spaltrand der Spitzseite der Prismen anschliessenden Bilde derselben eine feine, nach der. Stumpfseite ‚hin schnell abfallende weisse Linie. Auch hier aber zeigt die Photographie wieder deutlich, dass eine Ablenkung dieses durch das Prisma hindurchgegangenen Lichtes nicht stattgefunden hat, denn der sich davon absetzende Schatten des betreffenden Theiles des Spaltrandes liest genau in der Verlängerung der übrigen Theile desselben. Mit Hülfe der bekannten Brechungsgesetze — falls man dieselben auf die X-Strahlen anwenden will — sowie der oben für diesen Fall angegebenen Grössen a und b bei einem brechenden Winkel von ungefähr 30° ergiebt sich demnach auf Grund der Figur III, dass der Brechungsexponent des Kupfers sich von der Einheit höchstens um + 0,001 unterscheiden kann, was nämlich eine Verschiebung jener feinen weissen Linie um 0,17 mm bedeuten würde. Keimesfalls kann aber der Brechungsexponent des Kupfers, wie oben erwähnt, 1—0,0038 betragen, denn dann müsste diese Linie um 0,66 mm nach der Seite P hin verschoben sein. Bei den Figuren I und I, von denen die erstere mit einem Diamant-, die zweite mit einem Aluminium- prisma von je ungefähr 60° brechendem Winkel gemacht ist, war im ersten Falle «= 1100 mm und b = 100 mm, im zweiten « = 1000 mm und b — 100 mm; indessen wurden mit denselben Prismen auch Aufnahmen gemacht, für welche a = 3000 mm und D)= 500mm war, Aufnahmen, die sich allerdings nicht mehr so gut zur Reproduction eigneten als die beigegebenen, die aber dennoch im Original noch vollkommen entscheidend sind, so dass dadurch für diese beiden Substanzen ein etwaiger Brechungsexponent der X-Strahlen sicher in die Grenzen 1 =# 0,0002 eingeschlossen ist. 15 92 A. Voller. Mittheilungen über einige im physikalischen Staats- Dieses Resultat ist deswegen von Wichtigkeit, weil es uns ermöglicht, unter der Annahme, dass die X-Strahlung ebenso wie die des Liehtes in einer transversalen Schwingungsbewegung des Aethers bestehe, einen Grenzwerth für die Wellenlänge der ersteren abzuleiten. Da nämlich der Diamant diese letzteren ebenso wie die Lichtstrahlen nur schwach absorbirt, so muss es unter obiger Annahme erlaubt sein, auf beide die Dispersionstheorie farbloser Medien anzuwenden. Nach derjenigen von Helmholtz (s. Wüllner Experimentalphysik Bd. II) besteht dann zwischen dem Brechungsexponenten n und der Wellenlänge A eines solchen Strahles für ein solches Medium die Beziehung N. n"—l1=—Pi’:+ an, wo P, Q und A„ drei Konstanten sind, die für jeden Körper besonders bestimmt werden müssen. In unserem Falle benutzen wir zu dieser Be- stimmung die bekannten Brechungsexponenten des Diamanten (s. dieses Jahrbuch No. VIII, S. 290, 1890) für die drei Fraunhofer’schen Linien 4, D und H für welche nämlich bezw. n = 2,40245; 2,41734; 2,46476 und 4. 10° — 760,65; 589,31; 396,90 ist. Daraus ergiebt sich dann P= 367,3771.. 10%; Q—867,38037 108 und Am = 112,6918. 1076, Diese optischen Konstanten des Diamanten können nun weiter dazu dienen, um umgekehrt unter der Annahme, dass für die X-Strahlen n genau gleich dem oben festgestellten Grenzwerthe also — 0,9998 ist — der andere Grenzwerth 1,0002 liefert keinen reellen Werth —, das zugehörige A zu berechnen. Es ergiebt sich A = 0,00000104 mm, so dass wir also schliessen können, dass die Wellenlänge der X-Strahlung unter der Annahme, dass sie eine dem ge- wöhnlichen Lichte gleichwerthige Erscheinung darstellt, auf welche demnach die Helmholtz’sche Dispersionstheorie Anwendung findet, nicht über 0,000001 mm, also nicht über den 600 sten Theil der Wellenlänge des gelben Natriumlichtes betragen kann. Wir haben ganz neuerdings auch, veranlasst durch die betr. Ver- öffentlichung von Fomm (Naturwissensch. Rundschau XI. S. 304. 1896), versucht, direct durch Interferenzbeobachtungen einen Werth für diese Wellenlänge zu gewinnen, wobei uns die oben beschriebene Versuchsmethode zu ganz erheblich genaueren Beobachtungen befähigte, als diejenigen waren, welche von dem genannten Physiker beschrieben sind. Denn auch bei Fomm war, wenn auch seine Strahlenquelle nur die Breite von Ya mm hatte, das 14 Laboratorium ausgeführte Versuche mit Röntgen-Strahlen. 93 oben definirte Verhältnis @:b — 2:1; während bei unseren diesbezüglichen Versuchen durchweg @:b — 10:1 genommen und die Grösse a bis auf 5 Meter hin getrieben wurde. Bei diesen Versuchen zeigten sich dann allerdings unter gewissen Umständen gleichfalls die von Fomm beschriebenen, im Negativ hellen Streifen im direeten Spaltbilde; aber, wenn auch die Ursache derselben bisher noch nicht aufgeklärt ist, so kann doch jedenfalls soviel mit Sicherheit behauptet werden, dass sie eine Interferenzerscheinung im optischen Sinne nicht darstellen können, da dieselben nämlich um so mehr verschwanden, je schmäler bei sonst gleich bleibenden Umständen der die Strahlenquelle bildende Spalt genommen ward, während doch bei einer optischen Interferenzerscheinung das Gegen- theil hiervon eintreten müsste. Es mag übrigens noch darauf hingewiesen werden, dass bereits vor längerer Zeit Kümmel und Schmidt (Abhandl. der Naturf. Ges. zu Halle Bd. XXI), sowie Calmette und Lhuillier (Comptes rendus 122. S.877. 1896) gleichfalls aus scheinbaren Interferenzerscheinungen einen Werth für die Wellenlänge der X-Strahlen glaubten ableiten zu können, einen Werth, der sogar grösser als derjenige der gewöhnlichen Lichtwellen sein sollte! Ferner würde aus unseren Versuchen, wenn wir aus demjenigen derselben, welcher die Fomm’sche Erscheinung am besten zeigt, nach der von diesem Beob- achter angewandten Berechnungsweise die Wellenlänge der X-Strahlen bestimmen wollten, sich ungefähr der Werth A —= 0,0002 mm, also eine 14 mal grössere Zahl als diejenige Fomm'’s, ergeben. Endlich haben aber auch Versuche, deren Bedingungen so eingerichtet wurden, dass sie auf Grund der Fomm’schen Zahl eine sehr kräftige Interferenzerscheinung hätten geben müssen, trotz unserer schärferen Abbildungsweise — oder vielleicht grade wegen derselben — zu einem durchaus negativen Resultat geführt. Weiter geben wir dann in Fig. IV, Tafel VII das Resultat eines Ver- suches, der dazu dienen sollte, die Eigenschaft der X-Strahlen, durch magnetische Kräfte nicht abgelenkt zu werden, möglichst weitgehend auf die Probe zu stellen. Zu diesem Zwecke wurde der Messingspalt, dessen Bild die Fig. IV darstellt, unmittelbar vor den 21,2 mm von einander abstehenden, 3 cm dicken, ceylindrischen Polschuhen eines grossen Electro- magneten und zwar mit seiner Längsrichtung parallel der Richtung der Kraftlinien angebracht. Die von dem wie früher aufgestellten Platinbleche der Focusröhre ausgehenden X-Strahlen trafen zuerst auf den Spalt und hatten sodann, unmittelbar nach dem Durchschreiten desselben, bei Erregung des Magneten das äusserst kräftige Feld desselben zu durch- queren. Der Abstand a zwischen Strahlenquelle und photographischer Platte betrug in dem betreffenden Versuche 2? m, der Abstand b zwischen letzterer 15 94 A. Voller. Mittheilungen über einige im physikalischen Staats- und dem abzubildenden Spalte 20 cm, so dass also wieder a:D=10:1 war. Die Aufnahmedauer war in zwei gleiche Abschnitte von je 16 Minuten getheilt, und zwar befand sich m der ersten Hälfte, während welcher der Magnet nicht erregt war, vor dem Theile « des Spaltes ein dünnes Platin- blech, das während der zweiten Hälfte der Exposition, bei welcher die Magnetwickelung mit 6,8 Ampere Stromstärke geschlossen war, entfernt wurde. Falls nun durch die magnetische Wirkung eine Ablenkung der X-Strahlen senkrecht zur Richtung der Kraftlinien, d. h. senkrecht zur Längsrichtung des Spaltes der Fig. IV stattgefunden hätte, so würde nicht blos das ganze Bild mit den der Längsrichtung parallelen Fäden des Drahtnetzes eine Verdoppelung zeigen müssen, sondern es hätte vor allen Dingen auch der einen Hälfte‘ dieses Doppelbildes das mittlere Stück a völlig fehlen, in der anderen dagegen in voller Stärke der übrigen Spalt- theile erscheinen müssen. Alles dieses ist nicht der Fall, so dass demnach eine Ablenkung der X-Strahlen durch magnetische Kräfte — in der Weise wie es bei den Kathodenstrahlen der Fall ist — wohl überhaupt nicht stattfindet. Die Figur V der Tafel VII endlich stellt eine Aufnahme dar, in welcher die bereits von Röntgen beobachtete diffuse Reflexion der X-Strahlen an einigen Metallen in eigenartiger Weise zur Geltung gebracht ist. Bei derselben wurde auf die in eine doppelte Lage schwarzen Papieres eingewickelte photographische Platte zunächst ihrer ganzen Länge nach ein 1 cm breiter und 2 cm hoher, rechteckiger Stahlstab A gelegt, und die Focusröhre in Spaltstellung parallel der Längsrichtung desselben so aufgestellt, dass die X-Strahlen, welche an der Oberkante des Stabes vorbeigingen, mit der Ebene der Platte einen Winkel von etwa 34° bildeten. An der Grenze des demnach über 2 cm langen Schaättens, welchen der Stahlstab auf die photographische Platte warf, wurden nun die betreffenden Metalle, deren diffuse Reflexion gezeigt werden sollte, aufgebaut; und zwar in der hier zu beschreibenden Aufnahme, wo es mehr darauf ankam, die Art der Diffusion überhaupt als die verschiedene Wirksamkeit der verschiedenen Metalle zu zeigen, in der Weise, dass sämmtliche angewandten Metallstücke mit ihrem vordersten Ende sich in derselben, der Stahl- schiene A parallelen Ebene befanden. Die Stücke waren ferner sämmtlich, bis auf N,, welches unmittelbar auf das schwarze Papier gelegt war, durch. kleine untergeschobene Glas-, bezw. Holzklötze verschieden hoch über der Platte angebracht und zwar die Stücke N,, M, P, $,, 9, ünd S; durch entsprechende Glasstücke in 1,5 mm, das Stück $, endlich. durch einen Holzklotz in 3,8 mm Höhe über dem Papier. Die Höhen über der photographischen Schicht sind natürlich wegen des dazwischen liegenden 16 Laboratorium ausgeführte Versuche mit Röntgen-Strahlen. 95 Papieren noch etwas grösser. Dieselben geben sich übrigens in der Photographie, Fig. V, deutlich dadurch zu erkennen, dass die Schatten- bilder der verschiedenen Stücke verschieden weit nach hinten verschoben sind, während die oben angeführte Thatsache, dass die Vorderenden aller Stücke in derselben Ebene lagen, darin zu Tage tritt, dass die durch die diffuse Reflexion hervorgebrachten Wirkungen auf der Platte sämmtlich an dieselbe Grade anknüpfen. Dieselben erstrecken sich, wie man sieht, stets von der Projeetion der diffundirenden Fläche auf diese Platte aus mit abnehmender Wirkung nach der ganzen vorderen Seite hin. Die Stücke N, und N, hatten die Gestalt eines nicht ganz regelmässigen Würfels von 9 mm Seitenlänge und bestanden aus Nickel, das Stück M war ein eylindrisches, nach oben zu etwas dicker werdendes M essin ggewicht mit Griff und unten etwas abgerundeter Kante, das Stück P war em 0,1 mm dünnes Platinblech, dessen Form sich aus der Photographie unmittelbar ergiebt, $,,8,, $, und S, endlich waren kleine parallelepipedische Stahl- körper von quadratischem Querschnitt mit 5 mm Seitenlänge. Die der Röhre zugekehrten Flächen dieser Stücke, welche im allgemeinen nur geebnet, nicht aber poliert waren, befanden sich ferner in solcher Stellung, dass sie sämmtlich m ihrer ganzen Grösse von der von der Focusröhre ausgehenden X-Strahlung getroffen wurden, während zu gleicher Zeit die davon diffus reflektierte Strahlung vollständig in den von A geworfenen Schatten fiel, wie dies die Figur V deutlich erkennen lässt. Die Stärke der Wirkung hängt dabei, wie man sieht, zunächst von der Entfernung des diffundirenden Stückes von der darunter befindlichen photographischen Schieht ab, wie der Vergleich der Wirkung vor N, mit derjenigen vor N, sowie auch derjenigen vor S; mit der vor S, zeigt. Ferner spielt aber auch die Grösse der diffundirenden Fläche eine wesentliche Rolle, denn das dünne Platinblech zeigt keine Wirkung. Drittens kommt dann die Neisung der auffangenden Fläche gegen die Strahlenriehtung — vel. die beiden Seitenflächen an $S, — und endlich viertens natürlich auch noch die Natur des diffundirenden Stoffes in Betracht, wie ja bereits mehrfach von anderer Seite festgestellt ist. Tafel I. Weibliche Hand. Die Aufnahme ist besonders geeignet, die Schärfe der Zeichnung einer Focusröhre zu zeigen. Platten-Abstand: 30 cm — Aufnahmedauer: 3 Minuten. Fe De m ET mn nn nn ge Tafel II. Kniegelenk eines Mannes. Die Aufnahme kennzeichet die Bedingungen der Abbilduug eines dickeren, von der Platte entfernter liegenden Objectes. Platten-Abstand: 75 cm — Aufnahmedauer 30 Minuten. Tafel chultergelenk eines 8 jährigen Knaben mit Knochenwucherung am Oberarmknochen bei a. Platten-Abstand 60 cm — Aufnahmedauer 15 Minuten. Tafel IV. Carey Uamesweyjom) I1f89y9G sne ways wajSajadpne asıamjlayy Ju awyeumy III 'oN “uayun I] ON 12q ‘uago Iysıyasıaqgısmorg ] 'ON laq \unurksunepduniresr sne wıysS UOyss.nNVdIHYM wogdopadıaun (> > 9 2) ag anz yıu "III wawyeunny adılzzys1a]3 :J[ 'n J'ON ZyIS apusaossıony ydınp Sunyaeısıoy Nu uouyeugny Bi 7 u Ve We Tafel V. les Durchdringungsvermögens und der photographischen Contrastwirkung Tafel V und VI Verschiedenheit RÖNTGEN’scher Strahlen bei verschieden hohem Vacuum der Röhren. Tafel V Röhre im schwach evacuirten Stadium. Tafel VI. 13 Tafel V und VI: Verschiedenheit des Durchdringungsvermögens und der photographischen Contrastwirkung RÖNTGEN’scher Strahlen bei verschieden hohem Vacuum der Röhren. Tafel VI: Röhre im hoch evacuirten Stadium. Tafel VII. I II III IV V Nr 2 M 2 5: 52 53 54 a A No.I, II u. III Ablenkungsversuche durch Prismen. No. I aus Diamant (60°), No. II aus Aluminium (60°), No. III aus Kupfer (30°). Der Buchstabe P, welcher den vom Prisma bedeckten Theil des Spaltes angiebt, befindet sich stets auf der spitzen Seite des Prismas. No. IV Versuch, um die Nichtablenkung der X-Strahlen im magnetischen Kraftfelde zu zeigen. No.V Versuch zur Demonstration der diffusen Reflection der X-Strahlen. Dr. W. Michaelsen. lands. 19 S. Dr. W. Michaelsen. Beschreibung der von Herrn Dr. Franz Stuhlmann im Mündungsgebiet des Sambesi gesammeiten Terricolen. Anhang: 1. Diagnosticierung einiger Terricolen aus San- sibar und dem gegenüberliegenden Festlande, 2. Chylustaschen bei Eudriliden. 308. u. 4 Tafeln, Dr. W. Michaelsen. Oligochaeten des Naturhisto- rischen Museums in Hamburg. IIL ı2 S. Dr. Georg Pfeffer. Die Fauna der Insel Jeretik, Port Wladimir, an der Murman-Küste, Nach den Die Lumbrieiden Norddeutsch- Dr. Johannes Petersen. Beiträge zur Petrographie von Sulphur Island, Peel Island, Hachijo und Mija- keshima. 58 S. mit 4 Abbildg. im Text u. 2 Tat. Prof, Dr. R. Sadebeck. Kritische Untersuchungen über die durch Taphrina-Arten hervorgebrachten Baumkrankbheiten. 37 S. mit 5 Tafeln Abbildungen. Dr. O0. Burchard. Beiträge und Berichtigungen zur Laubmoosflora der Umgegend von Hamburg. 258. Dr. €. Apstein, Kiel. Zool. Institut. Die Aleiopiden des Naturhistorischen Museums in Hamburg, 19 8, mit ı Tafel, Prof. Dr. K. Kraepelin. Revision der Skorpione. T. Die Familie der Androctouidae. 144 S. mit 2 Taf. Dr. F. W. Klatt. Die von Dr. Fr. Stuhblmann und Dr. Fischer in Ostafrika gesammelten Compositen und Irideen, 48. Erste Dr, W. Michaelsen. Beschreibung der von Herrn Dr. Fr. Stuhlmann aufSansibar und dem gegen- überliegenden Festlande gesammelten Terricolen, Anhang: J. Uebersicht über die Teleudrilinen. II. Die Terricolen-Fauna Afrikas. 72 S. mit 4 Tafeln Abbildungen. Prof. Dr. Th. Noack in Braunschweig. Beiträge zur Kenntniss derSäugethier-Fauna von Ostafrika. 88 S. mit 2 Tafeln Abbildungen. Dr. Heinr. Lenz in Lübeck. Spinnen von Madagascar und Nossibe. 22 S. mit 2 Tafeln Abbildungen, - Prof. Dr, A. Gerstäcker. Die von Herrn Dr. Fr. Stuhlmann in Ostafrika gesammelten Termiten, Odonaten und Neuropteren. 9 8, " Dr. 6. Mielke. Anatomische und physiologische Beobachtungen an den Blättern einiger Eucalyptus- Arten, 27S. mit ı Tafel Abbildungen, Dr. W. Michaelsen. Beschreibung der von Herrn Dr. Fr. Stuhlmann am Victoria Nyanza ge- sammelten Terricolen. 14 S, mit ı Tafel Ab- bildungen. Dr. A. Gerstaecker. Bestimmung der von Herrn Dr. Fr. Stuhlmann in Ostafrika gesammelten Hemiptera. 168. Dr. v. Linstow in Göttingen. Helminthen von Süd- Georgien. Nach der Ausbeute der Deutschen Station von 1832 — 1883, 198. mit 3 Tafeln Abbildungen, I. Mittheilungen aus dem botanischen Museum. 1. Dr. W. Fischer in Bergedorf. Weitere Beiträge zur Anatomie und Histologie des Sipuneulus indieus Peters. 12S. mit 1 Tafel. 2. F. Koenike in Bremen. Die von Herrn Dr. F.Stuhl- mann in Ostafrika gesammelten Hydrachniden des DL ERE Naturhistorischen Museums. 55 S. mit 3 Tafeln. VII, Jahrgang. VIII. Jahrgang. IX, Jahrgang. IX. Jahrgang. Zweite Hälfte. X. Jahrgang. Erste Hälfte. 11. Beiheft in 4° mit einer Karte, 2 Textfiguran und 7 Tafeln: 1889. Sammlungen des Herrn Kapitän Horn. 1. Teil: Die Reptilien, Amphibien, Fische, Mollusken, Brachiopoden, Krebse, Pantopoden und Echino- dermen. Nebst einer anhänglichen Bemerkung über die Insekten. 34 S, Dr. Georg Pfeffer. Die Bezeichnungen für die höheren systematischen Kategorien in der Zoologie. 108. Dr. Georg Pfeffer. Die Windungsverhältnisse der Schale von Planorbis, 16 S. und 1 Tafel. Dr. Georg Pfeffer. Über einen Dimorphismus bei den Weibchen der Portuniden, 8 S, und 2 Tafeln, 1890. B. Walter. Eine charakteristische Absorptions- erscheinung des Diamanten. 5 S. mit ı Tafel, B. Walter, Ueber das @-Monobromnaphtalin. 28, Dr. W. Michaelsen. _Oligochaeten des Naturhisto- Sehe Museums in Hamburg. IV. 42 S. und ı Tafel. Dr. Johannes Petersen. Der Boninit von Peel Island, Nachtrag zu den Beiträgen zur Petrographie von Sulphur Island u.s.w. 98. Dr. F. Wibel. Beiträge zur Geschichte, Etymologie und Technik des Wismuths und der Wismuth- Malerei. 258, 1891. Hälfte. Dr. Cäsar Schäffer. Die Collembolen von Büd-Geor- gien nach der Ausbeute der deutschen Station von 1382/33. 9 S. mit ı Tafel Abbildungen, Prof. Dr. R. Sadebeck. Die Een Nutzpflanzen Ostafrikas, ihre Anzucht und ihr ev. Plantagen- betrieb, Eine orientirende Mittheilung über einige Aufgaben und Arbeiten des Hamburgischen Bo- tanischen Museums und Laboratoriums für Waaren- kunde, 26 S. | ©. W. Lüders. Abbildungen, Dr. B. Walter. I. Ueber die lichtverzögernde Kraft gelöster Salzmoleküle. II. Ein Vertahren zur ge- nauerenBestimmung von Brechungsexponenten. 35 S. Ueber Wurfwatien. 15 S. mit 15 Taf. 1891. Dr. W. Fischer in Bergedorf. Uebersicht der von Herm Dr. Fr. Stuhlmann auf Sansibar und an der gegenüberliegenden Festlandsküste ge- sammelten Gephyreen. 118. mit ı Tafel, Dr. W. Michaelsen am Naturhistorischen Museum zu Hamburg. Polychaeten von Ceylon. 23 S. mit ı Tafel Abbildungen, Dr. F. W. Klatt. Die von Frau Amalia Dietrich für das frühere Museum Godefiroy in West- Australien gesammelten Compositen, 3 S. Dr. F. W. Klatt. D.e von Herr Dr. Fischer 1884 und Herrn Dr. Fr, Stuhlmann 1383/89 in Ostafrika gesammelten Gräser. 4S. Dr. F. W. Klatt. Die von Herrn E. Uhle in Estado de Sta. Catharina (Brasilien) gesammelten Com- positen. 58, 1892. 3, Dr. Georg Pfeffer, Ostafrikanische Reptilien und Amphibien, gesammelt von Herrn Dr. Fr. Stuhl- mann im Jahre 1888 und 1889. 37 S. mit 2 Tafeln Abbildungen. 4. Dr. Anton Reichenow. Die von Herrn Dr. Fr. Stuhlmann in Ostafrika gesammelten Vögel. 2TS: 4. Voller, Das Erundwasser in Hamburg. 1. Heft. 1} 1. A, Dr. 9. 7, Reinckhe, Hermann Strebel, X. Jahrgang. 1892. Zweite Hälfte, A. Mittheilungen aus dem botanischen Museum, . Prof. Dr. R. Sadebeck. Die parasitischen Exoasceen. Eine Monographie. 110S. mit drei Doppel-Tafeln. . Dr. €. Brick. Über Nectria einnabarina (Tode)Fr. 148. . Dr. F. W. Klatt. D Berichtigungen zu einigen von 0-8: in Mexiko gesammelten Com- positen. Pringle 4 Ss. B. Mittheilungen aus dem naturhistorischen Museum, Dr. Georg Pfeffer. ÖOstafrikanische Fische, ge- sammelt von Herrn Dr. F. Stuhlmann im Jahre 1888 und 1889. 49 S. mit 3 Tafeln, ©. Prof, Dr. Adolf Wohlwill. Hamburg während der Pestjahre 1712—1714. . Franz Friedr. Kohl in Wien. . Dr. Gustav Mayr. ü Hymenopteren von Herrn Dr. Fr. Stuhlmann in Ost-Afrika gesammelt. 13 S. mit 1 Tafel. Formieiden von Herm Dr. Fr. Stuhlmann in Ost-Afrika gesammelt. 98. /. v. Röder, Hoym in Anhalt. Dipteren von Herrn Dr. Fr. Stuhlmann in Ost-Afrika gesammelt. 48. . Dr. Arnold Pagenstecher in Wiesbaden. Lepidop- teren, gesammelt in Ost-Afrika 1888/89 von Dr. Franz Stuhlmann. 568. . Dr. Alexander Tornquist in Strassburg. Fragmente einer Oxfordfauna von Mtaru in Deutsch-Ostafrika, nach dem von Dr. Stuhlmann gesammeltenMaterial, 26 S. mit 3 Tafeln. 118 S. XI. Jahrgang. 1893. I Die Cholera in Hamburg und ihre Beziehungen zum Wasser. 102 Seiten mit 5 Abbildungen im Text und 7 Tafeln. B. Mittheilung aus dem Museum für Völkerkunde, Die Stein-Sculpturen von Santa Lucia Cozumahualpa Völkerkunde, U (Guatemala) im Museum für 13 Seiten mit 4 Tafeln. ©. Mittheilung aus dem Chemischen Staats-Laboratorium. M. Dennstedt und C. Ahrens. Ueber das Hamburger Leuchtgas. 35 Seiten. Hierzu 1) ein Beiheft in S mit 3 Tafeln: K. Kraepelin. Revision der Scorpione. II. Seorpionidae und Bothriuridae; 2) ein Beiheft in 4° mit 3 Tafeln: A. Voller. Das Grundwasser in Hamburg. 2. Heft. [02 . Dr. Carl Stechert. „A. Voller. . A. Voller. XII. Jahrgang. A. Mittheilungen der Sternwarte, . Prof. G. Rümker. Positionsbestimmungen von Nebel- flecken und Sternhaufen. Ausgeführt auf der Ham- burger Sternwarte in den Jahren 1871—1880. 62 S. Bahnbestimmung des Planeten (258) Tyche. 41 Seiten. B. Mittheilungen aus dem Physikalischen Staats-Laboratorium. Photographische Registrirung von Störungen magnetischer und elektrischer Mess- instrumente durch elektrische Strassenbahnströme, und deren Verhütung. Mit einer Flanskizze und zwei Curventafeln. 13 Seiten. Versuche über die Schutzwirkung von Holzleisten und Stanniol-Sicherungen gegen Hierzu ]) er Beiheft in S°, enthaltend: Dr. V. Väera: Die von Herrn Dr. F. Mit 52 Abbildungen im Texte. 2. ‚, Zanzibar's. 1894. den Eintritt hochgespannter Ströme in Schwach- strom-Leitungen bei Berührung mit elektrischen Strassenbahn-Leitungen. 12 Seiten. C. Mittheilung aus dem Chemischen Staats-Laboratorium. M. Dennstedt & C. Ahrens, Wie ist das Verhält- nis der Schwefligen zur Schwefelsäure in den Verbrennungsproducten des Leuchtgases? 11 Seiten mit einer Tafel. D. Dr. Emil Wohlwill; Galilei betreffende Handschriften E. Dr. Karl Hagen, der Hamburger Stadtbibliothek. 77 Seiten. Holsteinische Hängegefässfunde der Sammlung vorgeschichtlicher Altertümer zu Ham- DDr: = Seiten mit 6 Abbildungen im Text und 4 Tafeln. Stuhlmann gesammelten Süsswasser-Ostracoden W. Bösenbergy und Dr. H. Lenz: Ost- afvikanische Spinnen, gesammelt von Herrn Dr. F. Stuhlmann in den Jahren 1883 und 1889. Mit 2 Tafeln. 3. Prof. Ostafrika gesammelte Gamasiden. Dr. P. Kramer: Ueber zwei von Herrn Dr. F. Stuhlmann in Mit 1 Tafel. 4. Georgien von der deutschen Station 18%2—1883 gesammelten Oribatiden. Ueber die auf Süd- Mit 1 Abbildung im A. D. Michael: Texte. 5. Prof. Dr. K. Kraepelin: Nachtrag zu Theil I der Revision der Sceorpione. 6. Prof. Dr. R. Latzel: Myriopoden aus der Umgebung Hamburgs. Mit 2 Abbildungen im Texte, 7. Prof. Dr. R. Latzel: Beiträge zur Kenntnis der Myriopodenfauna von Madeira, den Selvages und den Canarischen Inseln. A. Mräzek: Entomostraken des Naturhistorischen Museums in Hamburg: 1. Die von Herrn Dr. F. Stuhlmann auf Zanzibar und dem gegenüberliegenden Festlande gesammelten Süss- wasser - Copepoden. Mit 2 Tafeln. 2. Entomostraken von Süd-Georgien. Mit 5 Abbildungen im Texte. S. A. Poppe und Mit 1 Tafel. 3. Die von Herrn Dr. H. Driesch auf Ceylon gesammelten Süsswasser- Entomostraken. Mit 1 Tafel. 2) ein Beiheft in 4° mit 9 Tafeln: A. Voller. Das Grundwasser in Hamburg. 3. Heft. Gedruckt bei Lütcke & Wulff, E. H, Senats Buchdruckern. 0 50 ir TER en en nie an ET Er. weh en h h R N IN H a Ko! f | N n N = er; “ Kek $ e e | EN ee ww G “ 2 ns ER AETEN Be RER REN a, £ £, a, NR + ” 2 «‘ a Sschhllllilllil ee 39088 01540 1151 re ir Sa + Veypenune uihe ren nund KH i Ei a8 ASH A} PEFTESIE RE EU THRERTST ER 1 CRY EN SaryteEr ER EEE RER ? Farm aan «ı E ’ er) NEN I l N Bee DR NR w “ er: er or eeeren y % Ö nA RR N EN DE er erster y . BR BD EIER Esch Ba er EBKER FRA EN ern RR SIPERHE, SS ERNETES FE RR a kA 1 MR NEE TR, A Ga Le Sa Ze we ai Foren reNtere ER WARTETE x s N " N £ x E . ERAF BR KR; % IRRENTINTTÄRLER RER AT EDS “ NEIN A D BROKER N % BaSaR % CK DORT TER DRRNGE REAL) ns R NR AAN, r NK RR 14 UM RREH EN RN A WR Ar here u” » v OR NN AST RER US N OR PN) r .. * DEN r ENDEN N De ‘a RN, MARY a DK BR ER CR ner BETON RR r ER Oo NEN HL