9 | 47x H wr ° Beiheft Jahrbuch der Hamburgischen Wissenschaftlichen Anstalten. XXXV. 1917. Abhandlungen und Mitteilungen aus dem Seminar für Öffentliches Recht und Kolonialrecht. Heft 7. Studien zum Hamburgischen Öffentlichen Recht. II. Gibt es eine Stadtgemeinde Hamburg im Staate Hamburg? Von Dr. Cart August Pauly. In Kommission bei & Otto Meissners Verlag > Hamburg 1918. Beiheft Jahrbuch der Hamburgischen Wissenschaftlichen Anstalten. XXXV. 1917. Abhandlungen und Mitteilungen aus dem Seminar für Öffentliches Recht und Kolonialrecht. Heft 7. Studien zum Hamburgischen Öffentlichen Recht. II. Gibt es eine Stadtgemeinde Hamburg im Staate Hamburg? E | Dr. Carl August Pauly. In Kommission bei Otto Meissners Verlag Hamburg 1918. Studien zum Hamburgischen Öffentlichen Recht. II. Gibt es eine Stadtgemeinde Hamburg im Staate Hamburg? Von Dr. Cart August Pauly. Das Vorhandensein einer Stadtgemeinde Hamburg im Staate Hamburg ist in neuerer Zeit wiederholt bezweifelt worden. An einer wissenschaft- lichen Prüfung dieser Frage fehlt es bisher. Im folgenden soll versucht werden, diese Lücke in der Literatur über Hamburgisches Staatsrecht auszufüllen, zumal die Frage nicht nur theoretisches Interesse sondern ‚auch eroße praktische Bedeutung hat. Vor dem Kriege ist diese Bedeutung bei der Anwendung vieler das Vorhandensein von Gemeinden voraussetzender reichsrechtlicher Be- stimmungen insbesondere des Bürgerlichen Gesetzbuches'), der Gewerbe- ordnung), des Gerichtsverfassungsgesetzes?), der Strafprozeßordnung‘), des Freizügigkeitsgesetzes?) wie auch der Vorschriften über die Zivilversorgung der Militäranwärter wiederholt hervorgetreten. In der Gerichtspraxis ist die Frage, ob es eine Stadtgemeinde Hamburg gibt, besonders in Ent- scheidungen darüber behandelt, welehe Behörde in Hamburg mangels landesgesetzlicher Bestellung als „Gemeindebehörde“ im Sinne der Gewerbe- ordnung, z. B. zum Erlaß einer Marktordnung oder von Taxen für Droschken und Dienstmänner, zuständig sei®). Auch bei den häufigen Erwägungen, ob es sich empfehle, neben einem Staatsbudget ein Stadtbudget aufzustellen, neben der Staatskasse eine Gemeindekasse einzurichten und neben den Staatssteuern Gemeindesteuern zu erheben, ist in früheren Jahren wiederholt die Frage des Bestehens einer Stadtgemeinde Hamburg gestreift worden). Während des Krieges hat diese Frage erneut praktische Bedeutung erlangt, weil die meisten Bundesratsverordnungen das Vorhandensein von Kommunalbehörden und -organen voraussetzen, durch Reichssteuergesetze Anteile an den erhobenen Steuern teilweise den Gemeinden überwiesen sind®), auch die Vorschriften des Kriegsleistungsgesetzes vom 13. Juni 1873, 1) z.B. 88 976, 981, 1675, 2249, 2266. 27 BES 38, 77, 89, 89. ZSBESCA: 2) 2 B. S:A20. >) z.B.5S4 und S®8. 6) vgl. im einzelnen hierüber Wulff, Hamburgische Gesetze und Verordnungen, IT. Aufl., Bd. 1, 8.510 Anm. 1, S. 513 Anm. 4. ?) vgl. z.B. Dr. A. N. Zacharias, Die Finanzen der Stadt Hamburg im Jahre 1883, Hamburg 1886. 5) vol. $ 36 Abs. 2—-4 des Umsatzsteuergesetzes vom 26. Juli 1918, $ 1 Abs. 1 des Gesetzes gegen die Steuerflucht vom 26. Juli 1918. I. Die Stadtgemeinde Hamburg bis zur Auflösung des Reiches 9) C. A. Pauly. nach dessen Abschnitt I die Kriegsleistungspflicht nur Kommunalverbänden, „Gemeinden“ als solchen, auferlegt ist, zu Zweifeln Anlaß gaben, inwieweit innerhalb der Stadt Hamburg ein Requisitionsrecht der Militärbehörde ent- sprechend den Bestimmungen dieses Gesetzes ausgeübt werden kann. Auch bei Erwägungen über die Folgen künftiger Eingemeindungen, z.B. Berge- dorfs, kann das Vorhandensein oder Fehlen einer Stadtgemeinde Hamburg sehr wichtig sein. Inwiefern nach dem Kriege die Frage nach dem Bestehen einer Stadtgemeinde noch Bedeutung erlangen mag, entzieht sich der Beurteilung. Jedenfalls dürften aber die angeführten Beispiele zeigen, daß ein praktisches Bedürfnis nach Klärung der Zweifel über das Vorhanden- sein einer Stadtgemeinde Hamburg besteht. Die ursprüngliche Entwicklung der Stadtgemeinde Hamburg hat sich im wesentlichen in gleicher Weise vollzogen wie diejenige anderer alter Städte in Deutschland. Während seit dem 15. Jahrhundert im all- gemeinen der Kampf zwischen den grundherrlichen Interessen des Adels und den Handelsinteressen der Städter zur Überwindung der letzteren führte und bei den „Landstädten“ die Vogtei über die Stadtgemeinden allmählich von geistlichen oder weltlichen Landesherren „als eigenes erbliches Eigen- tum“ erworben wurde‘), blieb nur wenigen „Reichsstädten“ Reichsfreiheit und Reichsstandschaft erhalten. Auch Hamburg hat, obwohl auf dem Reiehstage zu Augsburg am 3. Mai 1510 noch seine alten Rechte bestätigt worden waren, noch lange um seine Selbständigkeit kämpfen müssen, bis im Gottorper Vergleich vom 27. Mai 1768 auch von Dänemark auf die beanspruchte landesherrliche ®berhoheit verziehtet wurde. Seitdem ist Hamburg unbestritten als Freie Reichsstadt anerkannt worden. Trotz der politischen Befugnisse und Hoheitsrechte, die es sich im Laufe der Zeit erworben hatte, blieb Hamburg aber ebenso wie die anderen fünfzig Reichs- städte lediglich ein — allerdings nur Kaiser und Reich unterworfenes — muni- cipium, eine Stadt. Allein wegen des Fehlens eines zwischen Stadtgemeinde und Kaiser vermittelnd tretenden Landesherrn erscheint es nicht angebracht, die „Reichsstädte“ schon zu dieser Zeit als „Staaten“ zu bezeichnen; ihre Abhängigkeit gegenüber dem Reiche, inbesondere die weitgehenden Be- schränkungen durch die Kaiserlichen Reservatrechte, verbieten solches. Die Reichsstädte haben vielmehr erst durch die Auflösung des Reiches das Maß politischer Befugnisse erlangt, das volle Souveränität begründet, und können daher vor diesem Ereignisse nicht als „Staaten“ angesehen werden. Eine Anerkennung Hamburgs als „Staat“ ist zwar nicht sofort nach der im August 1306 durch die Lossagung der Rheinbundstaaten vom Reiche und die Abdankung des Kaisers Franz 1lI. eingetretenen Auf- !) vgl. Zachariä, Deutsches Staats- und Bundesrecht, 1865, I, 3. 564. Gibt es eine Stadtgemeinde Hamburg im Staate Hamburg? 3 lösung des Deutschen Reiches erfolgt. Aber nach Besiegung Napoleons haben die Alliierten bereits 1813 die durch den Fortfall der Reichsober- hoheit von selbst eingetretene Souveränität Hamburgs und der anderen Hansestädte anerkannt und dieses 1815 durch die Aufnahme Hamburgs als Mitglied des aus unabhängigen deutschen Territorialstaaten gebildeten Deutschen Bundes feierlich bestätigt. Diese Erklärung wirkte für Ham- burg wie für die anderen Hansestädte also nicht konstitutiv, sondern nur deklaratorisch. Nur bezüglich Frankfurts, dessen Mediatisierung auf frei- willig geschlossenen Verträgen beruhte, bedurfte es im Art. 46 der Wiener Kongreßakte einer besonderen Klausel, durch die diese alte Reichsstadt wieder zum souveränen Staat erhoben wurde‘). Die vorübergehende Ein- verleibung Hamburgs in das französische Kaiserreich ist ohne staatsrecht- liche Wirkung für die Zukunft gewesen. Der Erwerb der Souveränität bei Auflösung des Reiches bedeutete für Hamburg aber nicht den Untergang der bisher bestehenden Stadt- gemeinde. Im Gegenteil erwarb die Stadtgemeinde Hamburg bei dieser Gelegenheit nur ihr noch fehlende landesherrliche Hoheitsrechte zu den- jenigen, die ihr bisher schon zugestanden hatten. Die Stadtgemeinde wurde „bei völliger politischer Unabhängigkeit zugleich Staat, und zwar dergestalt, daß Staatsgewalt und Gemeindegewalt in demselben Organismus vereint wurden“?). Eine Auflösung der Stadtgemeinde hätte nur durch ent- sprechende Veränderung der bisher geltenden Stadtverfassung — des Haupt- rezesses von 1712 — bewirkt werden können. Eine solche ist aber nicht erfolgt. Im Gegenteil wurden nach der Befreiung von der Franzosenherrschaft in Hamburg nicht nur die alten Gesetze und Verordnungen sondern auch sämtliche Vorschriften der alten Stadtverfassung unverändert wieder ein- geführt, ohne Rücksicht darauf, daß die Stadt inzwischen auch Staat geworden war. Eine Umgestaltung der inneren Organisation der ohne eigenes Zutun plötzlich „Staat“ gewordenen „Stadt“ erwies sich nicht als notwendig. Zwischen dem Träger der staatlichen Souveränität und dem des bisherigen Stadtregiments bestand daher fortan ebensowenig ein Unterschied, wie zwischen Staats- und Stadtvermögen. Die Stadtgemeinde Hamburg hatte fortan nieht nur ihre Kommunalangelegenheiten wahr- zunehmen, sondern nach außen und nach innen auch staatliche Rechte und Pflichten auszuüben. Ähnlich wie bei dem deutschen patrimonialen Fürstenstaate landesherrliche und privatrechtliche Persönlichkeit, Staats- und Privatvermögen miteinander vermischt erscheinen, so fand in Hamburg eine Vermischung von Staats- und Stadtorganen, -rechten und -vermögen I) vgl. Zachariä, a. a. 0.1], S. 702 Anm. 1. ?) vgl. Zachariä. a.a.0. 1, 8.575, Klüber, Öffentl. Recht des Deutschen Bundes, 1840, 8. 329, 413. Il. Die Stadtgemeinde Hamburg seit Auflösung des Reiches bis zur Verfassung vom 28. September 1860 4 0. A. Pauly. statt). Durch die Erhebung der Stadt zum Staat entstand also nicht neben der Stadt ein neues Rechtssubjekt als Träger staatlicher Hoheits- rechte. Entgegen der von Zöpfl bezüglich Frankfurts vertretenen Meinung wäre es für Hamburg aber wohl zutreffend, wegen der Verschiedenheit von staatlichen und kommunalen Aufgaben seit der Auflösung des Reiches von einem „zweiköpfigen Rechtssubjekt“ zu sprechen. Das Landgebiet des Staates Hamburg blieb auch nach der Auflösung des Reiches wie vorher der Stadt untertan. Obwohl die Bewohner des Landgebietes Staatsangehörige geworden waren, entbehrten sie nach wie vor alle politischen Rechte im Staate Hamburg, wie ihnen diese bisher in Angelegenheiten der Stadt auch vorenthalten gewesen waren. Erst dreißig Jahre später begann in Hamburg auch seitens dieser Bewohner des bisher gemeindelosen Staatsgebietes der politische Kampf um Selbstver- waltung. Dem Geiste der Zeit konnte sich die Stadt auf die Dauer nicht entziehen, zumal sie auch nach Art. 13 der Bundesakte zur Einführung einer landständischen Verfassung verpflichtet war. Die Teilnahme der Landbevölkerung an der Staatsregierung war unvermeidlich. Durch deren Mitwirkung an der Regierung schienen aber die städtischen Interessen gefährdet. Die Gegensätze von Staatsprinzip und Gemeindeprinzip wurden nun zuerst in ihrer Bedeutung für Hamburg erkannt. Es bestand kein Zweifel, daß der bisherige Zustand, in dem die Stadtgemeinde als einziges Recehtssubjekt auch Träger der Staatsgewalt war, nicht mehr aufrecht- erhalten werden konnte. Denn Staatsbürgerrecht und Stadt- bürgerrecht konnten nicht mehr wie bisher identisch sein, wenn das Staatsbürgerrecht auch den Bewohnern der Land- gemeinden gewährt wurde. Notwendig mußte daher der Staat, der Rechte von Stadt- und Landbewohnern nach außen zu vertreten hatte, als über Stadt und Land stehendes Rechtssubjekt aus der bisherigen Gemeindeorganisation herausgehoben werden. Staatsrechtlich trat die Frage in den Vordergrund, ob das bisher einzige Rechtssubjekt des Stadtstaates, die Stadtgemeinde, bestehen bleiben und neben ihr ein zweites Rechtssubjekt als Träger nur staatlicher Rechte und Pflichten geschaffen werden, oder ob die bisherige Stadtgemeinde untergehen und der Staat allein die Angelegenheiten von Stadt und Land ohne Zulassung selbständiger Gemeinden im Staate verwalten sollte. Aus politischer Überzeugung kämpften die Liberalen für die Durchführung des Gemeinde- prinzips auf dem Lande. Aus Besorgnis, Macht und Einfluß zu verlieren, erstrebten die Konservativen, insbesondere die Oberalten, die Aufrecht- erhaltung des Gemeindeprinzips in der Stadt, um einem möglichst ) vgl. die Gutachten von Zöpfl, S.41 und des Kronsyndikats, S. 57 in den Akten- stücken, betreffend Auseinandersetzung zwischen Staat und Stadt in Frankfurt, Berlin 1869, Verhandlungen des Abgeordnetenhauses, Anlagen, 1869, Bd. III, Nr. 237, 8.1337 ff. Gibt es eine Stadtgemeinde Hamburg im Staate Hamburg? 5 bedeutungslosen Staate gegenüber eine selbständige, allmächtige Stadt- gemeinde zu erhalten. An eine Auflösung oder Vernichtung der alten Stadtgemeinde durch restloses Aufgehen der Stadt in den Staat wurde von keiner Seite gedacht. Das Problem, in einem Staate mit einer großen, im wesentlichen mit ihm identischen Stadtgemeinde die staatlichen und städtischen Inter- essen gegeneinander abzugrenzen, versuchte zuerst die Konstituante mit der Verfassung vom 11. Juli 1849 und der Gemeindeordnung für den Freistaat Hamburg vom 28. August 1849 zu lösen, die u.a. im: Art.5 bestimmte, daß jeder Staatsangehörige Mitglied einer Gemeinde, und zwar entweder der Stadtgemeinde mit St. Georg, der Gemeinde St. Pauli, der (remeinden Ritzebüttel, Cuxhaven oder der 29 Landgemeinden (Art. 1) sein müsse. Ein besonderes Gemeindebürgerrecht wurde dem Staats- bürgerrecht gegenübergestellt. Die gleichzeitig entworfene Gemeinde- ordnung bezog sich, wie in Art. 134 ausdrücklich hervorgehoben wurde, nur auf die Landgemeinden, nicht auf die „Stadtgemeinde“, die jedoch in Art. 167 der Verfassung als selbständige Stadtgemeinde anerkannt wurde. Im November desselben Jahres folgte der Verfassungsentwurf der Neunerkommission, der sich in dieser Beziehung jedoch nicht wesent- lich von dem der Konstituante unterschied. Diese beiden liberalsten Verfassungsentwürfe hielten also ausdrücklich an dem Bestehen einer besonderen Stadtgemeinde Hamburg fest. Die rein\ städtischen Ange- legenheiten erschienen aber weder zahlreich noch wesentlich genug, um für sie eine eigene — von der Staatsverfassung gesonderte — Stadt- verfassung zu organisieren’). „Es wäre eine abstrakte Konsequenzmacherei gewesen“, wie Schulze sich ausdrückt, der Stadtgemeinde im Staate Hamburg von den staatlichen gesonderte Behörden und Organe zu geben’). Es herrschte dieselbe Auffassung vor, die auch viel später 1894 die „Kommission wegen der Reform der Verwaltung“ veranlaßte, eine bureau- kratische Trennung zwischen Staats- und Gemeindeverwaltung zu ver- werfen?). Nach Art. 173 des Entwurfs der Neunerkommission von 1849 sollten nur, wenn erforderlich, eigene Organe für die Stadt kraft Gesetzes geschaffen werden, es sollten aber „Bürgerschaft und Rat des Staates zugleich Vertretung und oberstes Verwaltungsorgan der Stadtgemeinde sein“, und zwar mit der Maßgabe, daß, wie besonders Kirchenpauer‘) befürwortet hatte, bei Beratung rein städtischer Angelegenheiten — wie heute noch in Bremen — Vertreter der Landgemeinden aus der Bürgerschaft auszuscheiden hätten. '!) vel. Baumeister, Vorschläge, 1848. 2) Staatsrecht, I, S. 513. ®) Verh. zw. Senat und Bürgerschaft, 1894, Nr. 57, 8. 245. ) vgl. Akten des hamburgischen Staatsarchivs, Cl. IIL, Lit. B. d. Nr. 44, vol. 6. IN. Die Stadtgemeinde Hamburg unter der Ver- fassung vom 28. September 1860 bis zur Verfassung vom 13.0ktober 1879 6 C. A, Pauly. Auch in der Verfassung, die nach wiederholten unwesentlichen Änderungen dieser Vorarbeiten 1860 Geltung erlangte, ist grundsätzlich an dem Bestehen der Stadtgemeinde Hamburg festgehalten. Wenn auf eine besondere Stadtbürgerschaft bei Verhandlungen rein städtischer Angelegenheiten verzichtet und die Mitwirkung der ländlichen Vertreter nicht auf Staatsangelegenheiten und das Landgebiet betreffende Gemeinde- angelegenheiten beschränkt, sondern auch auf die rein städtischen aus- gedehnt wurde, so geschah dieses, ebenso wie anerkanntermaßen in Lübeck, nur mit Rücksicht auf den unbedeutenden Einfluß, den die Ver- treter des Landgebietes durch ihre geringe Zahl ausüben konnten, nicht, um dadurch der Bürgerschaft die Funktion als Gemeindevertretung zu nehmen‘). In der Verfassung wird dieser Standpunkt auch klar zum Ausdruck gebracht?) Durch die neue staatsrechtliche Organisation in der Verfassung vom 28. September 1860 wurde ein neues Rechtssubjekt als Träger der Staatsgewalt ‘geschaffen. Um die Stadtgemeinde aber nicht in einer ihrer Bedeutung widersprechenden Weise vom Staate abhängig zu machen, wurde die Stadtverfassung mit in die Staatsverfassung aufgenommen, die Stadtverwaltung mit der Staatsverwaltung vermischt und ein Ausbau der Stadtgemeinde, soweit solcher notwendig werden sollte, im Wege der Gesetzgebung vorgesehen. Es unterliegt nun zwar keinem Zweifel, daß die Landgemeinden, die in der Verfassung von 1860 vorgesehen sind, nicht bereits. durch diese Verfassung selbst als öffentlich-rechtliche Körper- schaften zur Entstehung gelangt sind, sondern erst durch die in dieser vorgesehene Gesetzgebung, die Landgemeindeordnung vom 12. Juni 1871 und die deren Vorschriften entsprechenden Gemeindeverfassungen. Was aber für die Schaffung neuer Gemeinden gilt, trifft nieht zu für die durch die Verfassung nicht aufgehobene alte Stadtgemeinde Hamburg. Obwohl auch für diese in der Verfassung eine Regelung im einzelnen im Wege der Gesetzgebung vorgesehen war, ist es für ihr Fort- bestehen als öffentlich-rechtliche Körperschaft auch nach Inkrafttreten der neuen Verfassung ohne rechtliche Bedeutung, daß diese vorgesehene gesetzliche Regelung, insbesondere die des Gemeindebürgerrechts und der künftigen Gemeindeangehörigkeit der Stadt Hamburg, nicht erfolgt ist. Nach dem Inkrafttreten der Verfassung von 1860 gab es in Hamburg also im Gegensatz zu früher staatsrechtlich zwei Rechtssubjekte: den Staat Hamburg und die Stadt Hamburg. Auch von den gesetzgebenden Körperschaften ist während der Geltung der Verfassung von 1860 die Stadt Hamburg stets nicht nur als Verwaltungsbezirk, sondern als Gemeinde aufgefaßt worden. In dem ') vgl. betreffend Lübeck Mitt. d. Senats in Verh. 1876, V, Nr. 1. 2) vgl. die im Anhange abgedruckten Art. 114, 117—120. Gibt es eine Stadtgemeinde Hamburg im Staate Hamburg? m Bericht der gemischten Kommission vom 16. Oktober 1862, betreffend die Landgemeindeordnung'), wird zum Beispiel erörtert, „in welchen Beziehungen die Vorstadt St. Pauli künftig der Stadtgemeinde ange- hören soll“, und erwähnt, daß für St. Pauli „alle Angelegenheiten, die in das Ressort einer Kommunalbehörde fallen, mit Ausnahme der für St. Pauli besonderen Polizeiverwaltung und des abgesonderten Armen- wesens, schon längst in die Hände der Stadt- bzw. Staatsbehörden gelegt sei“. In einem Berichte derselben Kommission wird ferner 1868 darauf hingewiesen, daß es „sich praktisch als untunlich“ erweisen könne, „auch hinsichtlich der Stadtgemeinde eine Trennung ihrer kommunalen Zwecke und Aufwendungen mit entsprechender Scheidung zwischen städtischen Kommunalabgaben und allgemeinen durchzuführen“ ?), und in einem Ausschußbericht der Bürgerschaft, betreffend die Revision der Verfassung, spricht Baumeister, eine politische Stadtgemeinde Hamburg voraussetzend, von der „städtischen Kommune“ und führt aus, daß „die Bürgerschaft vordem nur eine städtische Gemeindeversammlung darstellen konnte und wollte, wie solche nun — durch die Verfassung — für die Landgemeinden organisiert werden sollten“?). In tatsächlicher Beziehung kommt in dieser Zeit die Selbständigkeit der Stadtgemeinde auch darin zum Ausdruck, daß nur von ihr, nieht aber von den Landgemeinden besondere Gemeindeabgaben: Akzise, Wassergeld und dergleichen erhoben wurden. Nicht anders als in Hamburg lagen die Verhältnisse in Frankfurt a. M. bis 1866 und in den Schwesterstädten Lübeck und Bremen, wo auch heute noch das Vorhandensein selbständiger Stadtgemeinden anerkannt wird. Als die freie Stadt Frankfurt durch Gesetz vom 20. September 1866 mit der Preußischen Monarchie vereiniet wurde, sind bei der Aus- einandersetzung über das auf Preußen übergehende Staatsvermögen und das der Stadtgemeinde Frankfurt verbleibende Gemeindevermögen die staatsrechtlichen Verhältnisse dieser alten Reichsstadt, deren Verfassung nieht wesentlich von der der drei Hansestädte abwich, eingehend geprüft worden*) Zöpfl, der im Auftrage der Stadt Frankfurt ein Rechtsgut- achten erstattete, vertrat den Standpunkt, daß Frankfurt durch die Auf- nahme in den Deutschen Bund nur noch fehlende Reste staatlicher Hoheits- rechte zu den vorhandenen Munizipalrechten hinzuerworben habe, neben der Stadtgemeinde Frankfurt aber kein Staat Frankfurt als neues Rechtssubjekt und Träger eigener Vermögensrechte zur Entstehung gekommen sei. Notorisch habe noch niemals ein vom städtischen Ver- !) vgl. Verh. zw. Senat und Bürgerschaft, Nr. 91, S. 665. 2) vel. Verh. zw. Senat und Bürgerschaft, Nr. 39, S. 151. >) Ausschußbericht der Bürgerschaft 1872, Nr. 34, 8. 2, 20. *) vgl. Verhandlungen des Abgeordnetenhauses, Anlagen, 1869, Bd. III, Nr. 237, S. 1337 ff. IV. Die Stadt- gemeinden anderer freien Städte a. Die Stadtgemeinde Frankfurt b) Die "Stadtgemeinde Lübeck 8 C. A. Pauly. mögen getrenntes oder trennbares Staatsvermögen bestanden. Die Befug- nisse des öffentlichen Rechts habe die Stadtgemeinde ausgeübt. Dieser habe das gesamte Vermögen, welches die freie Stadt besessen, als Kom- munalvermögen gehört. Im besonderen hätten die ursprünglich hörigen, dann aber emanzipierten und den Bürgern in Ausübung der öffentlichen Befugnisse gleichgestellten Bewohner des Landgebietes an den Eigentums- rechten der Stadt niemals Anteil erlangt. Habe die freie Stadt durch ihre Bürgerschaft gewisse Vermögensstücke für Kommunale, andere für staatliche Zwecke verwendet, so. sei damit an dem Subjekt des Eigentums nichts geändert. Immer sei Rechtssubjekt die Stadtgemeinde, die Bürger- schaft, geblieben. Von den Juristen des Kronsyndikats, das dem König von Preußen ebenfalls ein Gutachten erstattete, ist aber nur einer dieser Auffassung Zöpfls gefolgt. Sie wird in dem Gutachten des Kronsyndikats mit folgenden Worten kurz zurückgewiesen: „Daß es einen Staat Frank- furt a. M. gegeben hat, daß die Stadt Frankfurt infolge der Wiener Kongreb- akte, Art. 46, als „Freie Stadt“ mit ihrem 1803 festgestellten „Territorium“ in den Deutschen Bund eingetreten und mit den Maßgaben der Bundes- gesetze souverän, ein selbstberechtigter Staat geworden war, als solcher auch dem Zollverein angehörte, bedarf keines Nachweises.“ Das Gut- achten fährt dann fort: In Anbetracht der Lage des öffentlichen Rechtes in Frankfurt sei es allerdings begreiflich, daß bis 1853 ein Unterschied zwischen Staats- und Kommunalvermögen bei dem Hauptfaktor des Ge- meinwesens, nämlich der christlichen Stadtbürgerschaft, praktisch nicht geboten war, vielmehr alles, was diese Bürgerschaft durch ihre Spezial- faktoren aus irgendeinem Titel ohne nähere Bestimmung erwarb oder an Lasten zu übernehmen hatte, der Verfügung der Stadtbürgerschaft durch ihre verfassungsmäßigen Faktoren zugefallen sei. Gleichwohl habe die Frankfurter Stadtbürgerschaft sich völkerrechtlich nur in ihrer staatlichen Persönlichkeit verpflichten und nur durch diese Erwerbungen machen können. Sie habe in gewissen Beziehungen für die Ausübung ihrer landeshoheitliehen oder Souveränitätsreehte von Staats wegen Einrichtungen treffen und für ihre staatliche Existenz und Interessen Erwerbungen machen müssen. Wenn in der Stadtfinanz keine Scheidung zwischen Staats- und Kommunalvermögen stattgefunden habe, so folge daraus nicht, daß alles Vermögen, alles Einkommen kommunal gewesen sei. Es habe eben nur eine Vermischung von Staats- und Kommunalfonds stattgefunden, die aber unzweifelhaft eine trennbare sei. Für das Frankfurter Gemeinwesen hat 1869 also auch das preußische Kronsyndikat das Vorhandensein zweier Rechtssubjekte, des Staates und der Stadtgemeinde, ausdrücklich anerkannt. In Lübeck ist allerdings 1575 anläßlich eines vom Senate bean- tragten Gesetzes, betreffend Erwerb der Gemeindeangehörigkeit der Stadt Lübeck, von der Bürgerschaft behauptet worden, daß „eine Stadtgemeinde Gibt es eine Stadtgemeinde Hamburg im Staate Hamburg? 9 Lübeck im rechtlichen Sinne nicht existiere“, und zwar mit der Begründung, daß „es für die Bewohner von Stadt und Vorstädten an jeglicher Organisation, welche sie zum selbständigen Handeln als Gemeinde befähigte, gebräche“, und daß „die Gemeinde einen Willen neben und im Widerspruch mit dem Staatswillen nicht haben könne, es auch an jeder Form fehlen würde, wohl- erworbene Rechte der Stadt gegen den Staat auf dem Rechtswege zur Geltung zu bringen“ '). Der Lübecker Senat hat diese Einwände jedoch zutreffend, insbesondere unter Hinweis auf Art. 18 der Lübecker Verfassung und dessen Begründung, widerlegt°). Fast gleichlautend mit dem Art. 97 der geltenden hamburgischen Verfassung heißt es nämlich im Art. 18 der Lübecker Ver- fassung: „Die Gemeindeangelegenheiten der Stadt Lübeck werden, solange und soweit das Gesetz nicht anderes bestimmt, vom Senate in derselben Weise wie die Angelegenheiten des Staates unter Mitwirkung oder Zustimmung der Bürgerschaft bzw. des Bürgerausschusses geleitet.“ In der Begründung dieses der hamburgischen Verfassung nachgebildeten Artikels wird aber ausgeführt, daß eine absolute Trennung des Staates von der Stadtgemeinde Lübeck ebensowenig wie in Hamburg und Bremen durchgeführt werden solle, daß es sich aber empfehle, durch jene Wort- setzung in der Verfassung Senat und Bürgerschaft ausdrücklich als die- jenigen Organe zu bezeichnen, denen die Leitung und Ordnung auch der (Gemeindeangelegenheiten der den Kern des lübeckischen Freistaates bildenden Stadt Lübeck obliegt, und daß hierdurch das geschichtlich begründete und tatsächlich schon jetzt bestehende Verhältnis auch die formale Sanktion der Verfassungsurkunde erhalte Für Lübeck ist der erhobene Zweifel an dem Bestehen einer Stadtgemeinde allerdings auch deshalb unbegründet, weil es hier sogar ein besonderes Gemeindevermögen und besondere Gemeindeinstitute gab, die, wie z. B. das Armenwesen, das Beleuchtungswesen, das Feuerlöschwesen, die Wasserversorgung, auch unter einer besonderen „Verwaltungsbehörde für die städtischen Gemeinde- anstalten“ standen, und weil von dieser Gemeindebehörde zu ihrer eigenen Unterhaltung besondere Gemeindeabgaben erhoben wurden. Der vom lübeckischen Senat im Jahre 1876 eingenommene Standpunkt, daß die Stadt Lübeck nach wie vor eine Stadtgemeinde im Staate Lübeck bilde, hat ferner 1912 in einem Berichte der Kommission zur Vorprüfung der Senatsvorlage, betreffend die Eingemeindung des Städtchens Travemünde, eine alle Zweifel ausschließende Bestätigung erfahren durch folgende Aus- führungen: „Die juristische Selbständigkeit der Stadtgemeinde Lübeck darf im Ernst nicht mehr in Zweifel gezogen werden, seitdem ein bekanntes Senatsdekret vom 31. Jannar 1876 die Ansicht einer Kommission des Bürgerausschusses, ‚daß eine Stadtgemeinde Lübeck im rechtlichen ') vgl. Kommissionsberichte, 1875, VI, Nr. 3. 2) Verh. zw. Senat und Bürgerschaft, 1876, Nr. 1. c) Die Stadtgemeinde Bremen V. Die Stadtgemeinde Hamburg unter der gelten- den Verfassung vom 13.Oktober 1879 a) Beweisgründe gegen das Fort- bestehen der Stadtgemeinde 10 C. A. Pauly: Sinne nieht existiere‘, aus der Geschichte, der Verfassung und aus den tatsächlichen Verhältnissen heraus gründlich widerlegt hat“). Die Auf- fassung, daß es in Lübeck eine Stadtgemeinde gibt, wird auch von allen Schriftstellern, die sich mit lübeckischem Stadtrecht befaßt haben, geteilt?). Ähnlich wie in Lübeck liegen die Verhältnisse in Bremen. Die Einkünfte aus dem städtischen Vermögen und aus den städtischen Abgaben, z.B. Zuschläge zur Einkommensteuer, Grundsteuer, ebäudesteuer, Armen- steuer, Erleuchtungssteuer, Pflasterstener, Wassersteuer, Luxussteuer, Ein- fuhrabgabe von Bier, fließen hier in die Staatskasse, aus der auch die rein städtischen Bedürfnisse wie in Hamburg bestritten werden; Schul- und Armenwesen stehen hier aber auf Kosten der Staatskasse unter eigener städtischer Verwaltung. Auch in Bremen werden wie in Lübeck Senat und Bürgerschaft allgemein als Organe der Stadtgemeinde auf- gefaßt”). Die geltende bremische Verfassung bringt diese Auffassung auch klar und alle Zweifel ausschließend zum Ausdruck). Zweifel daran, ob es im Staate Hamburg ebenso wie in Lübeck und Bremen auch heute noch eine selbständige Stadtgemeinde gibt, sind erst durch die geltende Verfassung vom 13.Oktober 1879 hervorgerufen worden. In dieser sind nämlich nicht nur alle auf eine Stadtgemeinde Hamburg bezüglichen Bestimmungen der alten Verfassung fortgelassen, z. B. die bisherigen Art. 114, 117, 118 und 120 (siehe Anhang), sondern es ist vor allem auch der wichtige Art. 119, der von „Angelegenheiten der Stadtgemeinde“ handelte und Staatsverfassung und Staatsorgane zugleich als Stadtverfassung und Stadtorgane anerkannte, durch Art. 97 der geltenden Verfassung dahin abgeändert worden, daß „die Gemeinde- 1) Berichte 1912, Nr. XXL, S. 15. 2) vel. Klügmann b. Marquardsen, Handbuch des öffentlichen Rechts, 3, 2, S.61f.; Brückner, Freie und Hansestadt Lübeck, 1909, S. 62f.; Fehling, Lüb. Staats- haushalt, 8.2; auch Bruhns, Lüb. Blätter, 1877, S. 1, sowie Bollmann, Staatsrecht von Bremen und Lübeck, Das Öffentliche Recht der Gegenwart, Bd. XXVIIL, 1914, S. 106. 3) vgl. Sievers b. Marquardsen, Handbuch des öffentlichen Rechts, 3, 2, S. 81; Bollmann, Freie Hansestadt Bremen, 1909, S. 75ff.; Bollmann, Staatsrecht von Lübeck und Bremen, 1914, S. 106. 4) 8 75. Die Stadt Bremen, bestehend aus der Altstadt, der Neustadt und den Vor- städten, bildet für sich eine Gemeinde des Bremischen Staates. — $ 76. Die gesetzlichen Organe dieser Gemeinde sind der Senat und die Stadtbürgerschaft. — $ 78. Sobald der Senat und die Stadtbürgerschaft es verlangen, soll die Verwaltung der städtischen Gemeinde- angelegenheiten von der Staatsverwaltung getrennt werden. — $ 79. Nach beschlossener Trennung treten der Senat und die Stadtbürgerschaft hinsichtlich der städtischen Gemeinde- angelegenheiten in dasselbe Verhältnis, in welchem der Senat und die Bürgerschaft hin- sichtlich der Staatsangelegenheiten stehen. — $ 82. Solange die der Stadt zustehenden Güter und nutzbaren Rechte der Stadtgemeinde nicht dem Staat überwiesen sind, fließen die Einkünfte aus denselben in die Staatskasse und werden die auf dieselben zu machenden Verwendungen aus Staatsmitteln bestritten. £ Gibt es eine Stadtgemeinde Hamburg im Staate Hamburg? ih, angelegenheiten der Stadt Hamburg“ in derselben Weise wie die Angelegenheiten des Staates von .Senat und Bürgerschaft geleitet werden sollen. Diese Verfassungsänderung läßt einem Zweifel darüber Raum, ob unter „Stadt“ die „Stadtgemeinde“ zu verstehen ist und daher durch Art. 97 die geltende Staatsverfassung zugleich als Stadtverfassung und damit das Fortbestehen der alten Stadtgemeinde anerkannt werden soll, oder ob „Gemeindeangelegenheiten der Stadt“ Gemeindeangelegenheiten des städtischen Verwaltungsbezirkes des Staates, bezeichnen sollen. In diesem Falle wäre eine Stadtgemeinde Hamburg in der geltenden Verfassung überhaupt nicht erwähnt, und es würde dabei jede Berechtigung fehlen, diese zugleich als Stadtverfassung anzusehen. Solange eine eigene Verfassung für die Stadtgemeinde nicht vorhanden wäre, könnte von dem Vorhandensein einer Stadtgemeinde nicht die Rede sein. Für diese Auf- fassung, daß nach der geltenden Staatsverfassung für eine Stadtgemeinde kein Raum mehr sei, spricht der Umstand, daß die bisherige zweifelsfreie Fassung geändert ist, und daß diese bedeutsame Änderung in dem Kom- missionsbericht mit den Worten begründet wird: „es seien nur ein paar Änderungen erfolgt, welche den Zweck hätten, in bezug auf die Kon- stituierung der Stadtgemeinde und der Vorstadt der Gesetzgebung freie Hand zu lassen“'). Die Änderung der Verfassung im Zusammenhang mit dieser Begründung legt nämlich die Schlußfolgerung nahe, daß durch diese Änderung beabsichtigt sei, die in der alten Verfassung anerkannte, wenn auch praktisch nicht besonders in die Erscheinung tretende Stadtgemeinde vorerst aufzuheben und ihre später vorzunehmende „Konstituierung“ durch die Gesetzgebung nur vorzusehen. Die Klausel in Art. 97, daß die Leitung der Gemeindeangelegenheiten durch Senat und Bürgerschaft nur erfolgen solle, „insoweit das Gesetz nicht etwas anderes bestimmen werde“, würde hiernach bedeuten, dab alles Weitere dem Gesetz, durch das eine Stadt- gemeinde neu geschaffen würde, vorbehalten bleiben solle. Wäre diese Aus- legung richtig, so würde tatsächlich seit Geltung der Verfassung vom 13. Oktober 1879 eine Stadtgemeinde Hamburg staatsrechtlich nicht mehr bestehen, denn im Wege der Gesetzgebung ist eine solche seitdem nicht geschaffen. Eine solche Bedeutung darf aber dem Wortlaut der kurzen, allge- mein gehaltenen Bemerkung des Kommissionsberichtes um so weniger beigemessen werden, als an anderer Stelle desselben Berichtes ausdrücklich hervorgehoben ist, daß „der neue Entwurf in den staatsrechtlichen Grund- lagen von der alten Verfassung nicht abweiche“?), und die Verhandlungs- berichte sowie die Begründung der Verfassungsänderung jeden sonstigen Hinweis auf eine wenn auch nur vorübergehend beabsichtigte Aufhebung - ..%) Verh. zw. Senat und Bürgerschaft, 1871, Nr. 3, 8. 32. 2) 8:20. b) Beweisgründe für das Fort- bestehen der Stadtgemeinde Le Wortlaut des Art. 97 12 GFA-Tauy der Stadtgemeinde vermissen lassen. Obwohl nicht zweifelfrei festzustellen ist, aus welchen Gründen der Wortlaut des Art. 97 der geltenden Ver- fassung im Gegensatz zu Art. 119 der alten Verfassung geändert ist, muß insbesondere aus dem Wortlaut der geltenden Verfassung selbst und ihrer Entstehungsgeschiehte doch gefolgert werden, daß die Annahme der Auf- hebung der alten Stadtgemeinde durch die neue Verfassung rechtlicher Begründung entbehrt. Der Wortlaut des Art. 97 spricht dafür, daß unter „Stadt Ham- burg“ die „Stadtgemeinde Hamburg“ zu verstehen ist. Hätte die Ver- fassung sagen wollen, daß innerhalb des Verwaltungsbezirkes der Stadt die im übrigen Deutschland meist der Verwaltung der Kommunalorgane über- tragenen Angelegenheiten von Senat und Bürgerschaft als den verfassungs- mäßigen Staatsorganen geleitet werden sollten, so hätte, falls dieses über- haupt ausdrücklich hätte hervorgehoben werden sollen, nur gesagt werden dürfen, daß diese Gemeindeangelegenheiten als Staatsangelegenheiten zu behandeln seien. Die Wahl des Ausdrucks, daß die Gemeindeangelegen- heiten „in derselben Weise wie“ Staatsangelegenheiten zu leiten seien, weist darauf hin, daß auch rechtlich von dem Vorhandensein von Ange- legenheiten einer Gemeinde ausgegangen wurde, daß die als solche aner- kannten „Gemeindeangelegenheiten der Stadt“ nicht als Staatsangelegen- heiten, sondern als Angelegenheiten einer Stadtgemeinde nur formal ebenso wie die Staatsangelegenheiten nach den auch für die Stadt- gemeinde geltenden Vorschriften der Verfassung und der Gesetze geleitet werden sollten. Diese Auslegung wird auch durch die Wahl der Worte im $ 1 des Verwaltungsgesetzes vom 2. November 1896 bestätigt, nach welchen die Staatsverwaltung „zugleich die Gemeindeangelegenheiten der Stadt“ umfaßt; denn wenn durch diese Worte nicht eine Personalunion von Staats- und Kommunalverwaltung hätte zum Ausdruck gebracht werden sollen, dann hätten einfacher und klarer auch hier die Gemeinde- angelegenheiten der Stadt als Staatsangelegenheiten bezeichnet werden müssen. Die Bestimmungen über Gemeindeangelegenheiten der Stadt in der Verfassung und im Verwaltungsgesetz wären auch bei der Annahme, daß es nur einen städtischen Verwaltungsbezirk des Staates, aber Keine Stadtgemeinde in Hamburg mehr gibt, ganz entbehrlich. Denn An- eelegenheiten eines unmittelbar einem Staate und damit dessen Organen unterstellten Gebietes müssen wegen Fehlens anderer Organe notwendig durch die Staatsorgane nach den für diese geltenden Bestimmungen eeleitet werden, auch soweit untergeordnete, sonst zum eigentlichen Wirkungskreis von Gemeinden gehörende Angelegenheiten in Betracht kommen. Lange ist ja auch davon abgesehen, den Gebieten der Land- herrenschaft der Marschlande mit den Elbinseln, die der Landgemeinde- Gibt es eine Stadtgemeinde Hamburg im Staate Hamburg ? 13 ordnung nicht unterstanden, und denen daher die Bildung von eigenen Gemeinden für ihre Angelegenheiten versagt war, durch Spezialgesetze eigene Gemeindeverfassungen zu geben. Im diesen Gebieten hat, so- lange noch keine Eingemeindung in die Stadt erfolgte, der Staat sämt- liche Gemeindeangelegenheiten verwaltet, obwohl Vorschriften, nach denen ebenso wie für einen Verwaltungsbezirk der Stadt Hamburg die Gemeindeangelegenheiten dieser Gebiete „in derselben Weise wie die Angelegenheiten des Staates“ geleitet werden sollen, in der Verfassung nicht enthalten sind. Der Wortlaut der geltenden Verfassung und die Erwägung, daß die Vorschriften des Art. 97 Satz 1 entbehrlich wären, wenn es keine Stadtgemeinde Hamburg mehr gäbe, rechtfertigen die Annahme, daß eine Stadtgemeinde Hamburg auch unter der geltenden Verfassung besteht. Auch die Entstehungsgeschichte dieser Verfassungsänderung sprieht für diese Annahme. Sichere Unterlagen für das, was bei dieser Verfassungsänderung beabsichtigt wurde, fehlen zwar, da sogar die Pro- tokolle über die Beratungen der gemischten Kommission kein Wort darüber enthalten, warum die bisherige Fassung: „Angelegenheiten der Stadt- gemeinde“ des Art. 119 in „Gemeindeangelegenheiten der Stadt Hamburg“ des Art. 108 bzw. 105 der Entwürfe dieser Kommission verändert worden ist. Für die Änderung des Abschnittes der Verfassung über die Gemeinden sind aber zwei Persönlichkeiten von maßgebendster Bedeutung gewesen, deren Auffassungen wir kennen: Kirchenpauer, der Vorsitzende der gemischten Kommission, und Baumeister, der Berichterstatter des Bürger- schaftlichen Ausschusses. Schon bei den Beratungen der Verfassung vom 28.September 1860 hatte Kirchenpauer')inder Neuner-Kommission1 850/57 sich mit Eifer bemüht, eine Trennung der auch vonihm rechtlich als bestehend anerkannten Stadtgemeinde Hamburg vom Staate Hamburg herbeizuführen. Er hatte erreicht, daß eine derartige Trennung im Wege der Gesetz- gebung durch die Verfassung vorgesehen wurde, und auf seinen Einfluß sind auch die zahlreichen die Stadtgemeinde betreffenden Bestimmungen der alten Verfassung zurückzuführen. Seitdem hatte Kirchenpauer uner- müdlich in gleichem Sinne weitergewirkt. Immer dringender war ihm die Notwendigkeit einer Trennung der Stadtgemeinde vom Staate, und zwar unter Schaffung eines eigenen Gemeindebürgerrechts, eines vom Staatsparlament durch Ausscheidung der Vertreter der Landgemeinden gesonderten Stadtparlaments, besonderer Gemeindebehörden, einer eigenen Gemeindekasse, ja sogar eines vom Staatsvermögen getrennt verwalteten Gemeindevermögens, erschienen. Er hielt die Einführung einer besonderen, vom Staate getrennten Stadtgemeinde sowohl wegen der auf Gemeinden !) vel. Akten des hamburgischen Staatsarchivs, Cl. III, Lit. B. d. Nr. 44, vol. 6. 2. Geschichte der Verfassungs- änderung 14 ©. A. Pauly. Bezug nehmenden Bundesgesetze als auch im Hinblick auf die Einführung einer hamburgischen Landgemeindeordnung für unvermeidlich. Das Beispiel Frankfurts und dessen „verdrießliche Verhandlungen“ mit Preußen bei der Auseinandersetzung über das dem Staate zukommende und das der Stadt verbleibende Vermögen in den sechziger Jahren erfüllten ihn ferner mit Sorge und gaben ihm Veranlassung, mit großem Eifer bei Gelegenheit dieser Verfassungsänderung auf die Aussonderung der Stadtgemeinde Hamburg hinzuarbeiten. In diesen Bestrebungen wurde er von manchem bedeutenden Politiker, insbesondere aber von Baumeister, unterstützt. Nur der Um- stand, daß die Trennung der Stadtgemeinde von dem seit Jahrhunderten mit ihr verwachsenen Staat zu schwierig und verwickelt erschien, verhinderte auch bei dieser Verfassungsänderung wieder die Durchführung der weit- schauenden Bestrebungen Kirchenpauers. Auch die viel erörterte finan- zielle Auseinandersetzung mit den Landgemeinden unterblieb aus dem gleichen Grunde. Diese Umstände lassen keinen Zweifel darüber, daß bei dieser Verfassungsänderung nichts ferner gelegen hat, als der „Stadt- gemeinde“ durch Fortlassung der dieGemeinden behandelnden Bestimmungen der alten Verfassung und durch die Abänderung des Art. 119 die juristische Grundlage ihrer Existenz zu nehmen. Im Gegenteil ist offenbar mit der neuen Gestaltung der Verfassung nur bezweckt worden, der Gesetzgebung unter Vermeidung der mit Verfassungsänderungen verbundenen Weitläufig- keiten freie Hand für die Ausgestaltung und Organisation der bestehenden Stadtgemeinde zu geben. Betrachtet man in Kenntnis dieser Umstände die anhängende Gegen- überstellung der die Gemeinden betreffenden Bestimmungen der alten Verfassung, der verschiedenen Entwürfe und der geltenden Verfassung, So erkennt man sofort in Art. 105 des vorläufigen Entwurfs Kirchenpauers Ideen. Durch Art. 105 sollte verfassungsmäßig festgelegt werden, dab auch die Grundsätze einer Verfassung der Stadtgemeinde in einem beson- deren Gesetz festgestellt und so die Vorbedingungen für die Trennung der Stadtgemeinde vom Staate geschaffen würden. Eine Verpflichtung, die Stadtgemeinde vom Staate durch Schaffung einer besonderen Stadt- verfassung zu trennen, wollte man durch die Staatsverfassung selbst nicht begründen. Die Klausel des Art. 105 des Entwurfs von 1871: „inso- weit das Gesetz nicht etwas anderes bestimmen wird“, ließ die Möglich- keit der Organisation einer vom Staate getrennten Stadtgemeinde offen, ohne daß hierfür in der Verfassung eine Verpflichtung übernommen werden sollte. Wenn die von Kirchenpauer erstrebte Trennung der Stadtgemeinde vom Staate nicht erfolgen würde, so sollte offenbar an dem bisherigen Zustande nichts geändert werden. In der Tat ist von diesem Standpunkte aus betrachtet auch die Begründung zu diesen Verfassungsänderungen in dem Kommissionsberichte, die von der „Konstituierung der Stadtgemeinde Gibt es eine Stadtgemeinde Hamburg im Staate Hamburg ? 15 und der Vorstadt“ spricht, verständlich, Das Wort „Konstituierung“ kann unter diesen Umständen nämlich nieht im Sinne einer „Neugründung“ verstanden werden, sondern muß aufgefaßt werden als „Ausgestaltung“ der bestehenden Stadtgemeinde durch Veränderung ihrer Organisation und durch die schon damals bevorstehenden Eingemeindungen, wozu der Weg der Gesetzgebung genügend und Verfassungsänderungen nicht mehr erforderlich sein sollten. Auch die fortschreitende Gesetzgebung in Hamburg bestätigt die Auffassung, daß im Staate Hamburg eine Stadtgemeinde Hamburg vor- handen ist. In den Gesetzen, durch die Vororte oder selbständige Land- gemeinden „eingemeindet“ wurden, wird nämlich eine Stadtgemeinde offenbar vorausgesetzt. Die Gesetze vom 22. Juni 1894 und 23. Dezember 1912 sprechen z. B. von „städtischen Behörden, welche die den bisherigen Funktionen der Landherrenschaften entsprechenden amtlichen Geschäfte für die Stadt verwalten“. Wenn in dem Gesetze von 1912 betont wird, daß die bisherigen Landgemeinden „dergestalt an die Stadt Hamburg an- geschlossen werden sollen, daß sie mit dieser einen Gemeindebezirk bilden“, so ist diese „Inkommunisierung“, wie es in den Motiven dem Sprach- gebrauch der Zeit entsprechend unzweideutig heißt, und wie auch der übrige Inhalt des Gesetzes ergibt, nur als Anschluß an eine bestehende Stadtgemeinde, nicht nur an einen „Stadt“ genannten Verwaltungsbezirk zu verstehen. Wenn die Stadt nur ein vom Staate verwaltetes Gebiet ohne eigene Rechtsfähigkeit wäre, hätte auch eine Auflösung der bestehenden Gemeinden denselben Erfolg herbeigeführt, und es wären die Einzelheiten regelnden Bestimmungen dieser Eingemeindungsgesetze teilweise entbehrlich. Die gleiche Auffassung ist auch aus den ‘gesetzlichen Bestimmungen zu schließen, durch die hamburgische Behörden mit ausschließlich kommunalem Wirkungskreise geschaffen sind, z. B. die Deputation für die Stadtwasser- kunst, die Friedhofdeputation, die Schlachthofdeputation, die Deputation für das Beleuchtungswesen und die allgemeine Armenanstalt, der als Behörde des auf die Stadtgemeinde beschränkten Ortsarmenverbandes, also als Gemeindebehörde, ebenso wie in Bremen sogar die Verwaltung des den ganzen Staat umfassenden Landarmenverbandes übertragen ist. Der Um- stand, daß das Verwaltungsgesetz generell von Staatsbehörden spricht, steht mit der Beurteilung dieser Behörden als Gemeindebehörden nicht im Widerspruch, weil im allgemeinen hamburgischen Behörden städtische und staatliche Befugnisse zugewiesen sind, grundsätzlich — wie Bötzow darlegt — „eine Verbindung der Staatsverwaltung mit der Kommunal- verwaltung bei den Behörden erfolgt ist“'). 1) Grundriß der Reichsverfassung sowie der hamburgischen Verfassung und Ver- waltung, 1902, S. 47. 3. Sonstige Gesetze 4. Recht- sprechung des Oberlandes- gerichts 5. Stellung- nahme der Literatur 16-; C. A. Pauly. Auch das Oberlandesgericht hat, das Vorhandensein einer Stadt- gemeinde voraussetzend, wiederholt hamburgische Verwaltungsbehörden neben denjenigen der Landgemeinden als „Gemeindebehörden“ anerkannt. In einem Urteil aus dem Jahre 1901 heißt es: „Aus $ 1 des Verwaltungs- gesetzes, der bestimmt, daß die hamburgische Staatsverwaltung zugleich die Verwaltung der Gemeindeangelegenheiten umfaßt, folgt, daß die Finanzdeputation, obwohl sie eine Staatsbehörde ist, neben anderen mit Angelegenheiten der Stadt Hamburg befaßten hamburgischen Verwaltungs- behörden zugleich auch eine Gemeindebehörde ist“'), In einer Ent- scheidung vom Jahre 1907 wird ausgeführt: „Der Gesetzgeber hat in S 32 des Verhältnisgesetzes zum Ausdruck gebracht, daß sonst im all- gemeinen mit Behörde und Verwaltungsbehörde sowohl die Behörde der Gemeinde wie die des Staates hat bezeichnet werden sollen“ ?). 1914 spricht das Oberlandesgericht in einem Urteil von „Verwaltungsbehörden der Stadtgemeinde“ und von „Stadtbehörden“”) und auch in einem kürzlich veröffentlichten Urteil des Oberlandesgerichts wird von einer der „Gemeinde Hamburg“ obliegenden Kriegsleistung und der Vertretung der „Gemeinde Hamburg“ durch die Finanzdeputation gesprochen, diese also als „Gemeindebehörde“ angesehen‘). Die Literatur, die freilich auf die Frage bisher nicht näher ein- gegangen ist, steht durchweg auf dem hier vertretenen Standpunkt’). NE. 627. B, 082938: 2) H.G.Z.B., 8.186, auch die Entscheidung vom 14. Okt. 1912 (Bf. IV. 114/12); dagegen Hartmann, H. G. Z., 1909, S. 234; Seweloh, Arch. f. öff. Recht, 1912, S. 15. 37H. 6.4, Bas. Nr! 38.982222. HG: 2 B., 1917,68. 223 5) Wolffson, Das Staatsrecht der freien und Hansestadt Hamburg, 1884, $ 10; von Melle, Das Hamburgische Staatsrecht 1891, 8. 248 Anm. 1; Bötzow, Grundrib der Reichsverfassung sowie der hamburgischen Verfassung und Verwaltung, 1902, S. 27; Nöldecke, Hamburgisches Landesprivatrecht, S. 123 Anm. 1; Goldfeld, Verhältnis zwischen Senat und Bürgerschaft, 1915, 8.1; Seelig, Hamburgisches Staatsrecht, 1902, 8.44; Bollmann, Staatsrecht von Bremen und Lübeck, das öffentliche Recht der Gegenwart, XXVIIL, 1914, 8. 105; Dr. H. Joachim, Neue Hamburger Zeitung Nr. 214 vom 8. Mai 1911; Meyer-Anschütz, Deutsches Staatsrecht, S. 419; Wulff, Hamburgische Gesetze und Verordnungen, 1902, I, S.36; Bing, Das Verhältnis von Stadt und Staat Hamburg, 1914. Anhang. 18 Ü. A. Pauly. Verfassung vom 28. September 1860 XI. Abschnitt. Die Gemeinden. Art. 114. Die Stadt Hamburg bildet mit der jetzigen Vorstadt St.Georg eine Gemeinde. In welchen Beziehungen die Vorstadt St. Pauli dieser Stadt- gemeinde angehört, und inwiefern sie eine eigene Gemeinde bildet, wird durch die Gesetzgebung bestimmt. Autzalalin: Die Landgemeinden behalten, solange nicht eine anderweitige Bestimmung von der Gesetzgebung ge- troffen wird, ihre bisherige Begrenzung nach Voeteien. Art. 116. Zur Bildung einer neuen Gemeinde ist ein Be- schluß der gesetzgebenden Gewalt erforderlich. Art. 117. Jeder S Staatsangehörige soll Angehöriger einer Gemeinde sein. Jedes Grundstück soll einem Gemeindeverbande angehören. Art. 118. Die Bedingungen, unter denen das Gemeinde- bürgerrecht erworben wird, sind von der Gesetz- gebung festzustellen. Jeder, der das Gemeindebürgerrecht in der Stadt oder einer der Landgemeinden erwerben will, mub voljährie ... erklärt sein. Art. 119. Die Angelegenheiten der Stadtgemeinde werden in derselben Weise wie die den ganzen Staat be- treffenden von dem Senat und der Bürgerschaft geleitet. Art. 120. für die verschiedenen Zweige der Staatsver- waltung bestellten Behörden führen zugleich die Ver- waltung der städtischen Angelegenheiten; es bleibt jedoch der Gesetzgebung unbenommen, für einzelne städtische Verwaltungen besondere Behörden zu ge- statten. Die Art. 12% Die Grundsätze für die Verfassungen der Land- gemeinden werden durch eine von der Gesetzgebung zu beschließende Gemeindeordnung bestimmt. Nach Anleitung: dieses Gesetzes hat jede "Landgemeinde selb- ständig ihre Verfassung festzustellen. Erster vorläufiger Entwurf für die gemischte Kommission von 1870 |) I VIII. Abschnitt. Die Gemeinden Art. 105. Die Grundsätze der Gemeinde- verfassungen werden durch das Ge- \ setz bestimmt. Nach Anleitung der Land- | gemeindeordnung werden diejenigen Landge- | meinden, auf welche dieselbe Anwendung lei- det, ihre V erfassungen selbständig feststellen. | ( Fällt weg. | | | | N NP I KOTE Zur Bildung einer neuen Landgemeinde ist ein Beschluß der gesetzgehenden (Gewalt | erforderlich. e Fallen weg. Art. 108. Die Gemeindeangelegenheitender Stadt Hamburg werden in derselben Weise wie die Angelegenheiten des Staates von Senat und Bürgerschaft geleitet. Die Ver- hältnisse der Vorstadt St. Pauli und die übri- gen Teile des Landgebietes, auf welche die Landgemeindeordnung keine Anwendung leidet, werden «durch Spezialgesetze geregelt. _ Fällt weg. Siehe Art. 105 oben. | Gibt es eine Stadtgemeinde Hamburg im Staate Hamburg” 19 NN ee ee na ee EEE, Vorschlag der gemischten Kommission vom Januar 1871 VIII. Abschnitt. Die Gemeinden. Fallen weg. Art. 105. Die Gemeindeangelegenheiten der Stadt Hamburg werden in derselben Weise wie die Ange- legenheiten des Staates von Se- nat und Bürgerschaft geleitet, insoweit das Gesetz nicht etwas anderes bestimmen wird. Fällt weg. Art. 106. Die Grundsätze für die Ver- fassungen der Landgemeinden werden durch das Gesetz be- stimmt. Nach Anleitung der zu erlassenden Landgemeindeord- nung werden diejenigen Land- gemeinden, auf welche dieselbe Anwendung leidet, ihre Verfas- sungen selbständig feststellen. De Antrag des Ausschusses der Bürgerschaft vom Juli 1872 VIII. Abschnitt. Die Gemeinden. Fallen weg. Art. 104. Die Gemeindeangelegenheiten der Stadt Hamburg werden in derselben Weise wie die Ange- lesenheiten des Staates von Se- nat und Bürgerschaft geleitet, insoweit das Gesetz nicht etwas anderes bestimmen wird. _ | Fällt weg. Art. 105. Die Grundsätze für die Ver- fassungen der Landgemeinden - das Gesetz be- stimmt. Nach Anleitung der Landgemeindeordnung werden diejenigen Landgemeinden, auf welche dieselbe Anwendung lei- det, ihreVerfassungen selbständig feststellen. werden durch Verfassung vom 13. Oktober 1879 VIII. Abschnitt. Die Gemeinden. Fallen weg. Art. 97. Die Gemeindeangelegenheiten der Stadt Hamburg werden in derselben Weise wie die Ange- legenheiten des Staates von Se- nat und Bürgerschaft geleitet, insoweit das Gesetz nicht etwas anderes bestimmen wird. Die Ver- hältnisse der Vorstadt St. Pauli und derjenigen Teile des Land- gebietes, auf welche die Land- gemeindeordnung keine Anwen- dungJleidet, werden durch Spezial- gesetze geregelt. \ Fällt weg (s. S1 des Verwaltungsgesetzes vom 2. November 1896). Art. 98. Unverändert. 5 . Am . 2) A EN > 5 a: BU HM He SMITHSONIAN INSTITUTION LIBRARIES 3 9088 01540 1821 II Gedruckt bei Lütcke & Wulff, E. H. Senats Buchdruckern.