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Bi R- Ueber den vulcanischen Zustand der Sunda-Inseln und der Molukken im Jahre 1884. f N Von Dr. Fr. Schneider in Soerabaya . . Auer 1 Ri Ueber den Lias der Rofan-Gruppe. Von Dr. Carl Diener. we er N; Ueber die von Herrn Dr. Wähner aus Persien mitgebrachten Eruptivgesteine. ze K Er Vonreı vs Johmart: ray ne Ueber die Gesteine und Minerale des Arlbergtunnels ‘Von Heinrich Baron v. Ma ie: Foullon. Mit Tafel Nr. I . . 47 I Die Goldseifen von Tragin bei Paternion in Karten. Von Dr, "Richard Canaval 105 Au Zur neueren Tertiärliteratur. Von Theodor Fuchs . . 123 ni X Die Meteoritensammlung des k. k. mineralogischen Hofcabinetes in Wien am 1. Mai 1885. Von Dr. Aristides Brezina. Mit vier Tafeln (Nr. II bis V) 151 no ar N an II. Heft. ER Ueber Nephelinit vom Podhorn bei Marienbad in Böhmen. Von Alfred Stelzner 277 n: Beiträge zur Geologie von Lykien. Von Dr. Emil Tietze. Hierzu eine Karte in e Farbendruck (Tafel Nr. VI) .. . 283 1“ Beiträge zur Charakteristik der Erzlagerstätte von Lättei i in Krain, Von A. Br unn- Y ; lechner ... 387 Kin Ueber die bei Crornowiiz im "Sommer 1884 und Winter 1884/85 stattgefundenen ER > Rutschungen. Von F. Becke. Mit einer lithographirten Tafel (Nr. VII) 397 D ar Die Randtheile der en bei Debica, a ee und Lahcut. Von Dr. Vincenz A: Balber; ...:. EEE 407 N II. Heft. ı LER 23 | Die alten Gletscher der Enns und Steyr. Von Dry. August Böhm. Mit zwei Tafeln «U / 2% | hi | (Nr. VII und IX) . .. 429 A fr: Ueber die in Flötzen reiner Slenkobis enthaltenen Stein-Bundmassen und "Torf- (j Sphärosiderite.e Von D. Stur. Mit zwei Tafeln im Lichtdruck (Nr. X “ und XI) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 613 s Ä\ RN, * { | = L ri Ra er d NE ee Ba a Me KL E "ei ; Er . EEE RE, a a a IV IV. Heft. Seite Die fossilen Inseeten der primären Schichten. Von Charles Brongniart . . . 649 Ueber die Gesteine der Bindt in Ober-Ungarn. Von A. v. Groddeck in Clausthal 663 Kritische Beiträge zur Kenntniss des Torfes. Von Dr. J. Früh. Mit einer litho- graphirten Tafel (Nr. XII). £ 677 Ueber die Krystallform des Bar ythydrat und Zwillinge des Strontianhydrat. "Von Heinrich Baron von Foullon. Mit einer lithographirten Tafel (Nr. XIII) 727 Die Eruptiv-Gesteine aus der Umgebung von Krzeszowice bei Krakau. Von Dr. Budolf Zubier.: .-.. . 1.2 na a a za Verzeichniss der Tafeln. Tafel Seite I zu: Heinrich Baron von Foullon: Ueber die Gesteine und Minerale des Arlbergtunnels . . . 4 II—V zu: Dr. Aristides Brezina: Die Meteoritensammlung "des k k. mine- ralogischen Hofcabinetes in Wien am 1. Mai 18855 . ...... 151 VI zu: Dr. Emil Tietze: Beiträge zur Geologie von Lykien.. . - 285 VII zu: F. Becke: Ueber die bei Czernowitz im Sommer 1884 und Winter 1824/85 stattgefundenen Rutschungen . . BT, VIN-—IX zu: Dr. August Böhm: Die alten Gletscher der Enns und Steyr. 2.429 X—XI zu: D. Stur: Ueber die in Flötzen reiner Steinkohle enthaltenen Stein- rundmassen und Torf-Sphärosiderite. . . . RER NE XII zu: Dr. J. Früh: Kritische Beiträge zur Kenntniss des Torfes Be 677 XIII zu: Heinrich Baron von Foullon: Ueber die ee des Bar hydrat und Zwillinge des Strontianhydrat . . . . Tel Personalstand der k. k, geologischen Reichsanstalt. Director: Stur Dionys, C.M.K.A., Membre associ& de l’Acad. Royale des Seiences, des Lettres et des Beaux-Arts de Belgique, k. k. Ober- bergrath, II., Custozzagasse Nr. 9 n Viee-Direetor: Stache Guido, Phil. Dr., Commandeur des tunesischen Niscian-Iftkhar- Ordens, k. k. Oberbergrath, III., Strohgasse Nr. 21. Chefgeologen: Mojsisovies von Mojsvär Edmund, Jur. U. Dr., Commandeur des montenegrinischen Danilo- Ordens, Offieier des k. italienischen Sct. Mauritius- und Lazarus-Ordens, sowie des Ordens der Krone von Italien, C.M.K.A., k.k. Oberbergrath , Privat-Docent für specielle Geologie an der k. k. Universität zu Wien, III., Reisner- strasse Nr. 51. Paul Carl Maria, Ritter des k. k. österr. Franz Joseph-Ordens, k. k. Bergrath, III, Seidelgasse Nr. 16. Tietze Emil, Phil. Dr., Ritter des k. portugiesischen Set. Jacobs- Ordens, Besitzer des Klein-Kreuzes des montenegrinischen Danilo- Ordens, III., Ungargasse Nr. 27. Vorstand des chemischen Laboratoriums : John von Johnesberg, Conrad, II., Erdbergerlände Nr. 2 Geologen: Vacek Michael, IH., Erdbergerstrasse Nr. 1. Bittner Alexander, Phil. Dr., Besitzer des Klein-Kreuzes des monte- negrinischen Danilo-Ordens, III., Reisnerstrasse Nr. 31. Adjuneten: Teller Friedrich, III., Geusaugasse Nr. 5. Foullon Heinrich Freih. von, III, Rasumoffskygasse Nr. 1. | Praktikanten: Uhlig Vietor, Phil. Dr., Privat-Docent für Paläontologie an der k. k. Universität, IIL, Lorbeergasse Nr. 12. Tausch Leopold von, Phil. Dr., VII., Josefstädterstrasse Nr. 20. Camerlander Carl, Freih. von, IV, "Schaumburgergasse Nr. 5. Volontäre: Böhm August, Phil. Dr., IH., Rudolfspital. Frauscher Carl, Phil. Dr., I., Wollzeile Nr. 18. } Geyer Georg, IIl., Rasumoffskygasse Nr. 4. Zeichner: Jahn Eduard, III., Messenhausergasse Nr. 7. Für die Kanzlei: Senoner Adolf, Ritter des kais. russ. Stanislaus- und des k. griech. Erlöser-Ordens, Magist. Ch., III, Krieglergasse Nr. 14. Sänger Johann, k. k. pens. Lieutenant, Bes. d. K. M., III., Haupt- strasse Nr. 2. Diener: Erster Amtsdiener: Schreiner Rudolf, Laborant: Kalunder Franz, Zweiter Amtsdiener: Palme Franz, I N Lee Dritter Ulbing Johann, i i Heizer: Kohl Johann, Portier: Kropitsch Johann, Invaliden-Hofburgwächter, III, Inva- lidenstrasse Nr. 1, vu Correspondenten der k. k. geologischen Reichsanstalt. (Fortsetzung des Verzeichnisses im XXXIV. Bande des Jahrbuches. Baillet-Latour Vincenz, Graf von, Wien. Blaas J., Dr., Innsbruck. Cobelli Giov. Batt. de, Rovereto. Compter Gustav, Dr., Apolda. Conrad Gisela, geb. v. Motesiczky, Wien. Dohrn Ant., Dr., Neapel. Endres N., Würzburg. Engler A., Dr., Breslau. Geigg E., Basel. Hutton Frederik Wollaston, Christ Church. Kalkowsky Ernst, Dr., Gotha. Kowalsky H., Dr., Wien. Kraus B., Dr., Wien. Lehmann J., Dr., Breslau. Linden J. L., Neapel. Lobianco Salv., Neapel. Ludwigstorf Ant. Freih. v., D. Altenburg. Mröwee Stanislaus, Bergr., Szwoszowice. Müller Anton, Wieliczka. Nicolis Enrico Cav., Verona. Pax Ferdinand, Dr., Breslau. Richter Moriz, Würbenthal. Robi& Simon, Pfarrer, Ulrichsberg. Schöfer Joh., Dr., Wien. Schreiter Leo, Wieliezka. Voelcker Georg, Wien. Walther Joh., Dr., Weida, Thüringen. Zeiller R., Paris. £ ’ ” - y F. > _ ne or « tt BE ; ee je - . A; re Ausgegeben am 15. Mat 1885. n amesuen .KAISERLICH- KÖNIGLICHEN I\ BEDLOEISEHEN REICHSANSTALT JAHRGANG 1885. XXXV. BAND. 1. HEFT. - Mit Tafel I—V. _ WIEN, 1885. ALFRED HÖLDER K. K. HOF- UND UNIVERSITÄTS-BUCHHÄNDLER. Rothenthurmstrasse 15. \ zur gefälligen Beachtung für die Besitzer und Abonnenten der „Abhandlungen der k. K. geologischen Reichsanstalt“ in Wien. Im unterzeichneten Verlage ist erschienen und durch alle Buchhandlungen zu beziehen: DIE GASTEROPODEN Meeresablagerungen der ersten und zweiten mioeänen Mediterranstufe in der österreichisch-ungarischen -Monarchie von R. HOERNES und M. AUINGER. IV. und V. Lieferung. — Mit je 6 lithogr.. Tafeln. — Preis a 8 f.=16,M. Die Fortsetzung dieses bedeutenden ‘paläontologischen Werkes, dessen erste drei Lieferungen im X//. Baude der „Ab- handlungen der k. k. geologischen Reichsanstalt‘ in Wien veröffentlicht wurden, erscheint infolge Uebereinkommens mit derselben von obiger Lieferung angefangen nieht mehr in deren „Abhandlungen“, sondern in meinem Verlage als selbst- ständige Publication. Ich erlaube mir hierauf insbesondere alle jene Akademien, wissenschaftlichen Institute, Gesellschaften und Bibliotheken auf- merksam zu machen, welche die ersten drei Lieferungen im Dedications- oder Tauschwege direct von der k. k. geologischen Reichsanstalt empfingen und dieses wichtige, jedem Paläon- tologen unentbehrliche Werk vollständig zu besitzen wünschen. WIEN, Mai 1835. Die Verlagshandlung ALFRED HÖLDER k. k. Hof- und Universitäts-Buchhändler in Wien I., Rothenthurmstrasse 15. e Ueber den vulkanischen Zustand der, Sunda- a und ® der Molukken im Jahre 1884. Von‘Dr. Fr. Schneider in;Soerabaya. Die Katastrophe des Vulkans ‚Krakatau ist in Europa überschätzt ‘worden, auch hat man ihr, 'kosmische Wirkungen zugeschrieben, die sie unmöglich erzeugen konnte. Die Verwüstung an den Küsten der Strasse we von Sunda war eine natürliche Folge;der, Lage des Vulkans in einem engen Seebecken, aus dem sich der durch Aspiration erhobene Seeberg, durch = Wind und Strom getrieben, auf den flachen Strand stürzte und wie eine - Sturmfluth alles Land überschwemmte. Die Bodenerschütterungen und _ Spaltungen überschritten nicht den Erdbebenkreis des Vulkans und waren local. Der Aschenausbruch stand {in keinem Vergleich mit dem der _ Tembora von 1815, nach welchem die Asche in einer, Entfernung von 50 geographischen Meilen noch 0:7 Fuss hoch lag. Nach dem Ausbruch des Krakatau lag die Asche in einer Entfernung von fünf geographischen _ Meilen nur einige Linien hoch. Die Menge der ausgeworfenen Asche war _ demnach nicht hinreichend, um die ganze Atmosphäre in einer Höhe von - mehr als 10.000 Fuss zu erfüllen. Ebenso unmöglich war es, dass sie gegen den Südwestpassat hin am 1. September die Luft von Cape Castle erfüllen _ konnte, nur ein Sturmwind hätte sie in so kurzer Zeit dahintragen können. Die Ueberschätzung der Katastrophe ist eine Folge der Unbekanntschaft _ mit dem vulkanischen Zustande von Java. Wohl hat Junghuhn die - Vulkane meisterlich beschrieben, aber die Kettezwischen den Erdbeben und vulkanischen Ausbrüchen nicht so zusammengeschmiedet, dass sie auch dem Fremden leicht verständlich ist; dazu ist'nöthig, auf die Orographie von Java einzugehen. Es gab eine Zeit, in welcher Java aus drei, durch Seestrassen getrennten Inseln bestand, wie eben noch die Kette der im Osten von Java liegenden Inseln. Die erste, westliche, Bantam, Batavia, Preanger und einen Theil von Cheribon umfassend, "umspülten die Javasee, die Strasse von Sunda, der indische Ocean und eine Strasse, den letzten mit der Javasee verbindend, welche gegenwärtig die Niederung zwischen Krawang, Preanger, Cheribon und“ Banjoemas bildet. Den nördlichen Theil der Strasse bildete eine tiefe Bucht, aus welcher sich später der Vulkan Tjerimai erhob und Mittel-Java mit der westlichen Insel verband, die nicht nur von tertiären, durch Trachyt gehobenen Bergrücken umsäumt, sondern auch inmitten durchschnitten wird, so dass zwei Längsthäler, von West nach Ost! gerichtet, durch das Land ziehen. Der nördliche Abhang des nördlichen Bergziges _ verläuft in niederes, morastiges Alluvium. In dem nördlichen Thale Jahrbueh d. k. k. geol. Reichsanstalt. 1885. 35. Band. 1, Heft. (Dr. Fr. Schneider.) l Be - erh ar Far ad 5) Dr. Fr. Schneider. [2] | liegen auf Spalten im Trachyt die Salsen in einer linearen Ausbreitung von West nach Ost. Im südlichen Thale erheben sich 20 Vulkane. Da die Ausläufer der Berge sich nach allen Richtungen kreuzen, wird ein laby- rinthisches Massengebirge gebildet, sich lagernd um den über 9000 Fuss hohen Gedeh, auf dessen centrifugal verlaufenden Spalten die übrigen Vulkane stehen mögen, so dass ganz West-Java eine vulkanische Insel ist. Im Osten der Strasse, die West- von Mittel-Java schied, tauchten die tertiären, respective trachytischen Bergzüge wieder auf, und es zog der nördliche bis an die Grenze von Soerabaya, der südliche bis an die von Kedirie, woselbst sie unter die See sanken und der Strasse von Madura gestatteten, in den indischen Ocean zu münden und Öst- von Mittel-Java zu trennen. Die so gebildete Insel war ein Längsthal, in welchem sich auf einer von West 109° Oe. L. und Nord 7'10° S. Br. nach Ost 111°0° Oe. L. und Süd 7:38° laufenden Linie fünf Vulkane erhoben, welche Linie aber geschnitten wird von einer zweiten, kommend von Nord 7°8 und West 10951, nach Süd 723 und Ost 110'4 ziehend, auf welcher die Vulkane Dieng Sendoro und Soembing stehen. Parallel dieser Linie stehen die Vulkane Merababoe und Mirapie, wie auch der Lavoe und der ausgebrannte Vulkan Murio; die Ver- längerung dieser Linie fällt auf die Inseln von Kariman Java, auf welcher auch Gesteine aus älterer denn tertiärer Formation gefunden wurden. In der nördlichen Niederung der Insel liegt im gesunkenen Lande auf Spalten im Trachyt eine nach Osten sich’ hinziehende Reihe von Salsen, Petroleum- und Gasquellen mit dem ewigen Feuer von Goeboek. Im Gegensatz ist die Südküste gehoben und fällt steil in die See. Das Areal von Mittel-Java bildet ein Netz von sich schneidenden vulkanischen und tertiären Bergzügen, dessen Maschen früher tiefe Kesselthäler, Landseen, Moore oder Moräste, sich mit vulkanischen Auswürflingen, Schlamm und Geröll füllend, das fruchtbare Ackerland bildeten, und mitten in diesem Netze steht der Vulkan Merapie als vulkanischer Herd der mittleren Insel. Im Osten der zweiten See-Enge zog das nördliche tertiäre Gebirge durch Madura und begrenzte die Strasse gleichen Namens, die tief nach Westen ins Land einbuchtete und dann in südlicher Richtung bis in den indischen Ocean fortlief, ÖOst- von Mittel-Java scheidend. Auch der südliche Bergzug erhob sich wieder und zog von Osten bis zur Strasse von Balie. Parallel diesem Gebirge erhoben sich die Vulkane Kloet, Kawie, Tengger, bestehend aus Bromo, Semeroe u. s. w., ferner der Lamongang, Idjen und Raoen, und bildeten die östliche Insel von Java. Die See- enge zwischen Mittel- und Ost-Java war eine tiefe Bodeneinsenkung, umgeben von zahlreichen thätigen Vulkanen, deren Auswürflinge, durch Ost- und Westwinde verweht oder durch Regengüsse abgeschlemmt, in die See-Enge niederfielen und sie endlich ausfüllen mussten, so dass sie sich schliesslich in die fruchtbare Ebene von Soerabaya und Kedirie verwandelte und Mittel- mit Ost-Java verband. Der südliche schmale Landstreifen, früher die östliche Insel, bildet den Uebergang zu den im Osten von Java gelegenen vulkanischen Inseln, und als solche angesehen würde der Tengger in seinem ganzen Umfang ihr centraler Vulkan sein, auf dessen seitlichen Spalten die übrigen Vulkane stehen. » © + + 98907], -Jwwesah) a Reue m——— Ta Tr —— Be SER TELNEN erregen] ws: SESEOIETNe 532%, u ee Re : fe Knete Ve Aue | sNs 2 —_ — er 7 R< ee = Pi 3 uddıpyg ‘of0A | 87 - ı- I - |msı|ı — | — FR . o® © un ca En — — == # EIS . JOTIOMN e ae. an _ = Eu A Be es E en ueıye N 3 Bene aLll | — = = =: 2 BE Be — | 9991 | “ ie ao R$ ses gp8l — == = 2: | opeuamw YeqelM es = =5 A = Ze 8 75 A ir Zue0u90n L 25 : a _ == Br a. _ Ju :g 90M = = 38 Es | 8891 re ee Rt. 3 ee aan) - a — | ossı | aeg | i9gı | — a 2a 58 ae ge: en as _ F, De = Er 0% 5, m En N) ze! 23 aus! ee erst | OF8BI | Orgı L#sT 7 © == = I Dez — Lie z 03-% 2 2 Zee FILE ee N ee OBBL RE 2 E w-8s 2 _ —_ = Zr ni) $ en — | oyenıo] jue wwe] wwen 2 a re so I — | — | — | aegı | gugı | agsı | Bes: 12) = —: — — vr Ze ; ’ 5 N 8 S = - ne | Dass ern Pyjer | 2081 | 2er | 2uer.) 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Schneider. 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Trennen wir aber Java von den Molukken, so zeigt sich ein abwechselnder Rhythmus. In den Molukken zeichnen sich die Monate März, April, Mai, Juni und December durch zahlreiche Eruptionen aus; auf März allein kommen 17'8 Percent, während die Monate Juli, October und November davon verschont bleiben, eine Erscheinung, auf welche schon Valentin aufmerksam machte und abhängig erachtete von den Jahreszeiten. Im Gegensatz fallen auf Java die meisten vulkanischen Ausbrüche in die Monate Jänner, October und August mit 12'1 und 9'3 Percent, die geringste Zahl aber in die Monate Februar mit 3:7 und November mit 47 gegenüber dem Mittel von 47 zu 100. Ebenso alternirend sind die Regenzeiten in den Molukken und auf Java, so dass man zur Annahme geleitet wird, dass die vulkanischen Ausbrüche den Regenzeiten nachfolgen. Gleichzeitige Ausbrüche von mehr als einem Vulkan sind verzeichnet: 1641. +. Jänner Taal, Philippin . . . 14° N. Br. 118°43’ Oe.L. V u Yolo 2 RAS (IL, „ 121° 5 e E SET N SE SEHE 0 er 1227387 20, 1680 Jänner Klabat, Menado . . . 1030 „ 124% 16% 7, 5 2 Serua, Banda?=.! m0602 1707; 130738182, 1772 11. August Pepandajan, Java . . 7728 „ 1075070 S R Slamat a a TORE MID 2 B Merababoe a EI IE 110280, 2 R Tjerimai 8 sa rotHBnt. 193230 ©, 1822 12.October Gelungung U A 10810", 3 e Merababoe 2 N? 2 109 327 5 4 - Tengger RR I AN 113° 4’ h 1826 4 Pakuadja, Dieng ! ..,. 708’ w, 20980519 4, N P Kioetr SEE AHA 288 R m2e12r 3 u 1844 12. Decbr. Gedeh . . . . ..6°45 107° Pakuadja ITRBART AS UNE 1090 31’ » sE x Goenoeng, Apie, Flores 9° 122° ö 5 2 Goenoeng, Awoe, Sanguir 4° 20’ 125730°. 7, 8 Dr. Fr. Schneider. [8] Antagonistische Thätigkeit zeigt allein der Bromo-Tengger mit dem Lamongan; wenn des letzteren Ausbrüche schweigen, fängt der Bromo an zu brüllen und zu rauchen; doch rauchen beide zuweilen gleichzeitig, was meine Annahme befestigt, dass der Lamongan$ ein secundärer Krater des Tengger sei. Der Bromo zeigt zeitweise in seinem Schlunde ein’Kratermeer, das mit seinem Mare, dem Landsee Gratie, in Verbindung stehen soll. Wiederholungen vulkanischer Paroxismen nach langer”.Reihe sind bekannt von: Krakatau . . . . von 1680 bis 1883, also 203 Jahren Makian.. . ..... SE 25, W1646 OFBiR.aT, Zn ee Gama lama 2.29 ,.21673:, „21835, 0162763 SErUA- u... nie er 1094, ae are Wawanie- . „1.070,02 1674 5 BIB2 Em Tjerimai „01672: „SL80a, ea Merapie, Java 1618 4.1786. 22108 20 Goenoeng, Awoe TE, 2.18 Gedeh . ER U We 6 BES RR Le 0, DAR Te DIaMAE: £ 0. Wa seine ae ELLE 4.1890, New nee Der Lawoe und Madiven, seit 1772 unthätig, sollen (?) gegen- wärtig Zeichen geben von erwachender Thätigkeit nach einer*Ruhe von 112 Jahren. Ebenso, wie überall, folgte auf eine lange Ruhepause eine schrecken- erregende Katastrophe, die sich aber gewöhnlich Jahre voraus durch locale Erdbeben ankündigt. Dem Ausbruch des Krakatau waren sie seit 1878 in 22 verschiedenen Monaten vorausgegangen. Ob die schweien Epidemien und Epizootien in Bantaın Folgen waren von vulkanischen Emanationen, bleibt eine ungelöste Frage; gewiss ist, dass auf Ambon zur Zeit aller Erdbebenperioden Fieber- epidemien herrschten. Da aber die Ambonesen während der Erdbeben luftige Bambu- und Gaba-Gabahütten beziehen, die weniger gegen die Witterung be- schützen, bleibt auch hier die Frage offen, ob Erkältung oder ob Emanationen die Fieber erzeugen. Begleitet werden die Ausbrüche der an oder in der See gelegenen Vulkane von Seebeben, richtiger Fluthwellen, die den höchsten Sturm- fluthen an vernichtender Kraft weit überlegen sind. Schon Valentin erwähnt einer solchen im Jahre 1629; er erzählt: Die See erhob sich zu einem hohen Berg, der sich mit einer Woge, die 13 Fuss höher war als die höchste Springfluth, gerade auf das Fort Nassau warf und den westlichen Theil von Banda-Neira rasirte und überschwemmte, den östlichen Theil der Insel aber verschonte. Eine eben solche Fluth bewegte die Bai im April 1852; anfänglich zog sich die See so weit zurück, dass das Kriegsschiff „Der Hai“ auf den Grund’ stiess; die darauf folgende Welle warf sich wieder auf den westlichen Theil der Insel und liess den östlichen verschont. Die Fluth- welle, welche den Ausbruch des Krakatau begleitete, warf sich auf die unter Wind und Strom gelegenen Küsten im NO der Strasse von Sunda und verschonte die im SW liegende Prinzeninsel. [9] Ueber den vulkanischen Zustand der Sunda-Inseln etc. 9 Die indischen Vulkane werfen unglaubliche Massen vulkanischer Asche aus: der Guntur warf 1843 2°644 Millionen Kubikfuss, der Temboro 1815 sogar Billionen aus. Der Verwüstung des Landes durch diese Mengen trachytischen Sandes steht die Ausfüllung von Landseen und Seebuchten gegenüber, durch welche das fruchtbare Culturland Javas geschaffen wurde, das noch täglich an Umfang zunimmt. Aschenmengen, selbst blutrothe, sind in Indien keine Seltenheit; die chemische Analyse bewies, dass dies rothe Sediment mit den rothen Laven, das graue mit trachytischen übereinstimmte. Vernichtender sind die Bimssteinauswürfe, die als feurigglühende Bamben oder Lapilli rings im Lande sengen und brennen, in See die Schifffahrt hemmen. Der Bimsstein wird, wenn er in grossen Mengen, wie aus dem Temboro und Krakatau, ausgeworfen wird, durch den Strom in weite Fernen weggeführt. Die die Ausbrüche begleitenden Schlammregen, welche die in der Atmosphäre schwebende Asche niederschlagen, vernichten die Ernte der Baum- und Bodencultor im Umkreise der Vulkane. Der schrecklichste der Schrecken aber sind die Schlammströme, die sich aus den Kratermeeren ergiessen. Der Gelungung überströmte 1872 die Reis- felder!der Fläche von Garoet und begrub Menschen und Vieh unter _ dem Schlamme. Constant begleiten Schlammströme die Ausbrüche des Kloet, die Trassschichten im Tieflande von Kedirie haben die Ausbrüche registrirt. Den Krater des Kloet füllt ein See von 34.000 Quadratfuss 'Spiegelfläche bei einer Tiefe von 800 Fuss, demnach ein Wasserkegel von wenigstens zwei Millionen Kubikfuss; dieser wieder mit tausenden von Millionen Kubikfuss Asche vermengt, gibt eine Schlammmasse, die, ausgeworfen und noch vermehrt durch den trachytischen Schlammregen, - im vernichtenden. Strome alle Schluchten und Landseen in ihrem Laufe ausfüllen und das Land weithin unter Schlamm begraben muss. Grund- bohrungen am Fusse des Kloet haben auch ergeben, dass der Boden aus vulkanischem Schlamm und Trümmergestein besteht. Wenden wir diese Erfahrung auf das Kesselthal von Willem I. an, so wird dessen geologischer Bau begreiflich. Dieses Thal war das Mare des Merababoe, wie das Meer von Gratie das des Bromo ist und wie die Landseen, die den Lamongang umkränzen, und wurde allmälig mit vulkanischer Asche ausgefüllt, so dass nur die Rawah Penning übrig blieb. Im weiteren Verlaufe wurde es zu einem Moor, bedeckt mit einer obenauf schwimmenden Erdkruste. In diesem jetzigen Zustande gleicht es einem Torffelde, liegend über einem Schlammpfuhl, und kann eben, wie dies bei den Torflagern geschieht, durch Schlammausbrüche überschwemmt werden. Wenn es aber eine Wahrheit ist, dass vulkanische Asche und Schlammströme Landseen, Seebuchten und -Strassen auf Java aus- gefüllt und trockengelegt haben, so wird durch dieselbe ein Licht auf den Zusammenhang der Salsen mit den Vulkanen geworfen. Die Schlamm- vulkane Javas liegen alle in tiefen, mit den Vulkanen parallel laufenden Thälern. Tiefgrundbohrungen haben ergeben, dass sie in gesunkenem Lande, auf Spalten im Trachyt, der das tertiäre Gebirge erhob und verwarf, liegen; — dass ihre Producte aus diesen Spalten, also aus Lagen, liegend unter dem Trachyt, zu Tage kommen; — dass sie bedeckt werden von Schichten, bestehend aus molassereichen Resten, die einem maritimen Moraste angehören, z. B. Haizähnen, Schildkröten, - Jahrbuchd.k.k. geol. Reichsanstalt. 1885. 35. Band. 1. Heft. (Dr, Fr. Schneider.) 2 10 Dr. Fr. Schneider. [10] Sehwanzwirbelu grosser Amphibien, Seeigeln und Muscheln. Ueberall finden sich in ihrer Nähe, wenn auch schlechte, wenig mächtige Braun- koblenlager. Ihre Producte bestehen in Uebereinstimmung damit aus einem trachytischen, kalkigen Schlamme, Kochsalz und kohlensauren Salzen, Jod, Brom, zuweilen Bor und immer freier Kohlensäure, Kohlenwasser- stoff, brennbaren Gasen und Petroleum. Die Quellen selbst liegen unter einem grauen, bituminösen, thonigkalkigen Sandsteine. Diese Befunde erlauben die Annahme, dass sie aus einem mit‘ vulkanischer Asche begrabenen maritimen Moraste aufquellen. Die Lage der Salsen auf Spalten des gehobenen Trachyts an den Grenzen der vulkanischen Herde und das Hervorquellen ihrer Producte, insonderheit des kohlensauren Gases aus diesen Spalten, leiten zur Annahme, dass ihre vulkanischen Erscheinungen abhängig sind von einer unter den Spalten liegenden, im Erlöschen begriffenen vulkanischen Thätigkeit. Diese Meinung gewinnt an Wahrscheinlichkeit durch die Thatsache, dass die Schlammvulkane nicht nur kohlensaure Salze führen, sondern auch freie Kohlensäure aushauchen, durch welche dem Schlamme selbst zur Zeit der Ruhe der Vulkane eine dem Kochen ähnliche Bewegung mitgetheilt wird, sowie dass auf der Linie der Salsen unzählige kohlen- saure Mineralwässer zu Tage treten. Es sprechen ausserdem für eine energischere vulkanische Thätigkeit die sich auf den Linien der Schlamm- vulkane hinziehenden Kegel und kuppelförmigen Kalkhügel, aufgebaut aus einem Sprudelstein durch überfliessendes heisses Wasser. Alle diese Hügel, gross und klein, umschliessen Höhlen mit gipfelständigen oder seitlichen Krateröffnungen, umkränzt von prächtigen Kalk- und Braun- spathkrystallen. Wo aber heisse Springquellen und kohlenusaure Fumarolen so gross- artige Wirkungen entfaltet haben, ist an vulkanischer Thätigkeit nicht zu zweifeln. Es würde sich also für die Salsen auf Java ergeben, dass sie überall da entstehen und entstanden sind, wo aus erlöschenden vulkanischen Herden Ströme von kohlensaurem Gas aufsteigen, die unter Trümmergesteinen begrabenen tertiären und vortertiären Moräste durchstreichen und deren Producte schlammförmig nach oben führen. Wenn ich somit auch für Java die Meinung von Abich annehme, so berechtigt mich dazu die Uebereinstimmung der geologischen Zustände im kaspischen Bezirk mit denen auf Java, von denen ich nur hervor- hebe: die Lage der Salsen auf bestimmbaren Linien im gesunkenen Lande der Erhebungsthäler, im Bereiche von erloschenen Vulkanen und an der Grenze der vulkanischen Thätigkeit, wo diese die tertiäre Formation durchbrochen und verworfen hat; die Gleichheit der Producte, als: kohlensaures und Kohlenwasserstoffgas und der unterirdischen Erdöl- reservoire in Schlammpfuhlen u. s. w. In Grossartigkeit aber übertreffen die kaspischen Salsen die von Java, woselbst sie nur unbedeutende Wirkung äussern. Nur im Westmousson, wenn der Boden durch tropische Regen verweicht ist, erheben sich die kleinen Schlammhügel mit Zwil- lingsbildung; aber ein folgender Regenguss spült sie wieder weg und verwandelt sie in einen Schlammpfuhl, aus dem Gasblasen aufsteigen, die die Oberfläche mit Petroleumhäutchen bedecken, welche Pfuhle die Rinder wegen ihres Salzgehaltes zur Tränke anlocken. Wenn auch der Boden bei einem Paroxismus im Umkreise leicht und wellenförmig a ET Een = DEE ARE Biden Pokale Zar Ed 2 rare age ae N Se Van ri EAN 5 E , j . CE N 1| Ueber den vulkanischen Zusta:d der Sun la-Inseln etc. 11 i- R erzittert, erzeugt solcher weder ausgebreitete noch verderbliche Erd- ® beben, es sei denn, dass man die Erdbeben in dem Kesselthale von „ Willem I. zu ihnen zählt. Die bedeutendsten Schlammvulkane liegen 6 auf Java im Thale von Demak zwischen dem erloschenen Vulkane BEN uni und dem Merababoe; hier finden wir: 1. bei Goeboek das ewige heilige Feuer, eine Emanation von Kohlenwasserstoffgas, die aus trichter- Sri förmigen Löchern aufsteigt, in einer Röhre ‚aufgefangen und angezündet, RR R & eine zehn Fuss hohe Flamme gibt und aus einem Dane Schiefer . entspringt; 2. Petroleumquellen; 3. den 150 Fuss hohen Schlammvulkan h Ngemba: 4. den Schlammpfuhl von Koewoe mit einer Temperatur von 40° Celsius und einem Kochsalzgehalt von vier Percent. Die Salsen, kohlensaures Natron und Jodiumbrunnen, wie auch die für die Sache so instructiven Sprudelsteinhügel auf der Insel Madura liegen zwischen dem erloschenen Vulkan von Bawean und dem unthätigen Ardgoeno des Tengger. Erdbeben in Niederländisch-Indien in den Jahren 1867, 1869, 1873 bis 1882. = | ® =: - Be] dr8 hr I u = 58 ® = = 2a else lelglsıe|s EeaBlearkktarlnslelnlo.a ec 1867, 48 DE on u AO O5 EB A I 1869 FEAR = 13 May Au Pre EI OR NG VERA en OT Man are: Ba 1873 BAT BO BE a aus IDG MIORE ZN 10015 1874 SE. GENESERTTEL, Br 12h 108 za 951 8-10 1875 Tele me wa Dr Rn IE ne 1877 dena es, Da le zn‘ 7 1878 ER a GA 3 Re 6 Pe a a a ne) 1879 ae Eau era Bear 100020104 1880 Saar et ra ya gelten 9 1881 Bear 58: 017 10. 5,9 7 3 1832 AR e.Gal BeTga a a ENT Ae. 358.607 j | | | | Totale... \ciHla ale alu mlwlealm|i9|sa| 7 N SEITE NETT R Das Gesammt-Totale ergibt daher 960 Erdbeben in 661 Tagen. BE: Uebersicht der Zahl der Stellen, auf welchen Ein Erd- E beben gleichzeitig gefühlt wurde: 23 1 auf 24 Stelien 1 auf 16 Steilen I auf 14 Stellen Br 2, ‚18 ) 2 „12 ” h, J D) B) » I) » 4 » Ü » b) ” 6 » B) n 5) 4 n 4 » 1 » 3 » » e-. Erdbeben sind in Indien keine seltene Erscheinung, doch ver- ursachen sie im Verhältniss zur Zahl wenig Schaden; wo dieser aber _ einen bedeutenden Umfang annimmt, liegen die heimgesuchten Otrt- | 3 / j Di in \ ne N en en 1er 2 on 12 Dr. Fr. Schneider. [12] schaften auf einer vulkanischen Spalte. Der geringere Schaden ist aber auch zum Theil der Bauart der Wohnungen in den von häufigen Erd- beben heimgesuchten Orten zuzuschreiben, die einstöckig und fest durch Anker verbunden sind, so dass sie einen Erdstoss, wenn er nicht zu heftig ist, aushalten. Die Erdbeben verdienen aber die vollkommenste Aufmerksamkeit, einmal weil sie Vorläufer sind von Ausbrüchen, anderseits weil sie Licht verbreiten über den vulkanischen Zustand von Java. Erregt werden sie durch Erdschlipfe, Uruks genannt, Einsturz von unterirdischen Kalkhöhlen (auf Timor versank eine Cocospalme plötzlich in’ den Grund und der Boden im Umkreise wurde erschüttert, welches Ereigniss als Erdbeben gemeldet wurde); durch vulkanische Thätigkeit im Herde des einen oder des anderen Vulkans; rein ört- liche Erzitterungen durch unbedeutende Dampfausbrüche. Allgemeine plutonische Erdbeben von tieferer tellurischer Ursache finden sich in den indischen Chroniken nicht aufgezeichnet. Wenn wir an die Stelle der Zahlen, welche gleichzeitige Erdbeben anzeigen, die Namen der Ortschaften nennen, die gewöhnlich gleichzeitig heimgesucht werden, lernen wir begrenzte Erdbebenbezirke kennen; als solche sind auf Java zu nennen: 1. der Umkreis des Krakatau, die Küste von der Sunda - Strasse; 2. der Umkreis des Vulkans Gedeh, Nord-Preanger und Beutensorg ; 3. der Umkreis des Vulkans Tjerimai, die Landschaft von Cheribon; 4. der Umkreis der Zwillingsvulkane Merababoe-Merapie, Mittel-Java ; 5. der Umkreis des Gelungung, Süd-Ost-Preanger und Süd-Cheribon. Die Erdbeben der übrigen Vulkane sind so local und wenig aus- gebreitet, dass der Erdbebenkreis nicht bestimmt werden kann. Vertheilung von 173 Erdbebentagen innerhalb der obigen fünf Kreise über die Monate des Jahres: Jänner Ware Juli. 3 Ve Februar Sci. Apeuskı. Hr März 4 Ken cr ED September »....n 2a 1108 April "m Er Detober: 1.2.2 ein Mal Ren, November. ... 3 .0.2....2236 Jun En | December . . ..16 Demzufolge fallen die meisten Erdbeben in die Regenzeit. Dieses Zusammenfallen der Regenzeit und der Erdbeben findet vielleicht eine Erklärung in der schnellen und bedeutenden Zunahme der Temperatur des Bodens nach der Tiefe zu in dem Umkreise der Vulkane, für welche beim Bohren der artesischen Brunnen von Batavia. für je zwölf Meter ein Grad Celsius gefunden wurde. Beim Bohren nach Petroleum, zwei Meilen westlich vom Vulkan Tjerimai, wurde in einer Tiefe von 76°5 Meter eine Quelle erschlossen von 52° C. Dieselbe hohe Temperatur, nicht unter 50° C., besitzen die heissen Quellen am Fusse der Vulkane Karang, Gedeh, Guntur, Kawah-Manoek und auf dem Plateau von Pengalengan, die Kraterseen aber sind 90 bis 100 Grade heiss. Es muss also in nicht zu grosser Tiefe die Erdwärme so bedeutend sein, dass sie das in sie eindringende atmosphärische Wasser in Dampf verwandeln kann, der in dem verschlossenen, von Spalten und Höhlen De a} el ae DE We N 2 SER nd MEERE nz ETSE > 4 SE ; Ueber der vulkanischen Zustand der Sunda-Inseln etc. Hl T re % i) UNI INT \ | nl N} il) ll MM \ I}, SEN I | Ill al) | m - Be 2 > | Allii A dl Ä} II ? j | ‚hl! il IN | Hl | I Yu & ne — 14 Dr. Fr. Schneider. [14] zerrissenen Grunde Erschütterungen, die localen Erdbeben, erzeugen kann und wird, die eben nur in einem begrenzten Kreise gefühlt werden. 1. Erschütterungskreis des Krakatau. (Vergl. hiezu Fig. 1 auf vorhergehender Seite.) Von 1878 bis 1883 waren an den Küsten der Strasse von Sucak die Erdbeben häufig, vertical, und gleichzeitig wurden sie gefühlt in Borneh, Tellok Betong, Ketimbang, auf Sumatra in Merak, Anger tjeringin und Javas erstem Punkte, auf Java im weiteren Kreise zu Benkoelen, Kroe, Palembang auf Sumatra; Tegal, Krawang, Batavia, Buitenzorg, Serang und Süd. West-Preanger. Eine Ellipse, durch diese Ortschaften beschrieben, hat den Krakatau im Centrum, das durch Süd-Preanger ziehende Kendanggebirge als südliche Grenze. In diesem Kreise haben Erdbeben stattgefunden: 1578 in den Monaten Juni, October, November und December; 1819 & März, Juni und September; 1880. 08% x September, October und December; 18817 0, 5 März, April, Juni, August, September, October und December; 1882 & - Jänner und März; 1883 im Mai und die Katastrophe im August. Schon im Jahre 1880 hat der Bergingenieur Verbeek eine mit Jüngerem eruptivem Gesteine angefüllte vulkanische Spalte nachgewiesen, die vom Krakatau südwestwärts durch die Prinzeninsel und nordost- wärts nach Ketimbang und den Radja Bassa lief. Die Inseln der Sunda- strasse sind Koralleninseln auf vulkanischem Grunde, von den neu entstandenen sind zwei schon weggespült. Der Bergingenieur Fenema fand bei Telok Betong im Umkreise des Vulkans Radja Bassa auf einigen Inseln der Sundastrasse und bei Anger kieseligen Schiefer mit Biotit und viel Feldspath, ohne Quarz, aber mit Kalkspathadern, ganz so wie er im Centralgebirge von Sumatra gefunden wird, ähnlich einem Granittuff, jedenfalls aber älteren Ur- sprunges. Es schneiden sich demnach in der Sundastrasse vulkanische und plutonische Spalten, auf deren Kreuzungspunkt der Vulkan Krakatau steht. Junghuhn sagt schon von Sumatra: „Hier umarmen sich Granit und Trachyt.“ 2. Erschütterungskreis des Vulkans Gedeh. (Vergl. hiezu Fig. 2.) Die Ortschaften Buitenzorg, Tjandjoer, Soekaboemie und Poeloe- sharie am Fusse des Gedeh haben viel zu leiden von Erdbeben; inner- halb des Kreises, mit dem sie den Vulkan umkränzen, liegen die heissen Schwefelquellen Tjitrap, Tjipannas, Tjikoppo, Tjimandidi u. s. w. und be- weisen, dass der vulkanische Herd die ganze Grundfläche desGedeh umfasst. Eingeschlossen wird dieser Bezirk im Süden, Westen und Norden durch tertiäre Bergzüge, im Osten aber begrenzt durch das Plateau von Bandong, so dass er ein 6 Meilen breites, 24 Meilen langes Kessel- thal bildet, in dessen Mitte sich der Gedeh als riesenhafter Eruptions- kegel erhebt. Ueber den vulkanischen Zustand der Sunda-Inseln ete. a ee a ee as oT gar 1 weypvoumd we [XY) > ma ® 5 vfrguonu ao d wohin haroy, R rm a N Ar es a DT ©) Bus et on, „2 b IL anmmß - a -- af? Fr 1 nr a, J a) se’ et ii Il) 16 Dr. Fr. Schneider. [16] Im Westen des Gedeh treten im Flusse Tjimangung die älteren Schiefer von Tellok Betong wieder zu Tage, streichen also durch West- Java. In diesem Kreise wurden Erdbeben gefühlt: 1867 in den Monaten März und December; 1869 im Monate März; 1873 in den Monaten Jänner und October; 1874 im Monate Jänner; 1875 am 28. März; 1878 am 19. October; 1879 vom 28. bis 30. März; 1880 im Monate September ; 188145 © ” Schwer war das Erdbeben vom 28. März 1879. Am Abend des 28. März wurden die ersten Erdstösse zu Tjandjoer gefühlt, welche unter stetiger Zunahme die ganze Nacht anhielten, so dass am Morgen des 29. alle Regierungsgebäude theils eingestürzt, theils schwer be- schädigt waren. Die Erderschütterungen dauerten bis zum 30. fort und waren so heftig, dass die Menschen sich mit Mühe auf den Beinen hielten und sieben den Tod fanden. Gleichzeitig wurden am Abend des 28. und in der Nacht die Stösse gefühlt zu Tjipannas, Sindanglaya, Gadok, Soekaboemie, Buitenzorg, Poeloesharie. Etwas später zu Ban- dong, Soemedang, Limbangan, Batavia, Bantam, Krawang, Cheribon, Tegal, Tellok Betong, Anger, Serang. Unbeereiflicherweise wurde das Garoetthal nicht berührt. 3. Erschütterungskreis des Vulkans Tjerimai. (Vergl. hiezu Fig. 2.) Als ein freistehender Kegel erhebt sich der Vulkan Tjerimai aus der Fläche des Residenzbezirkes Cheribon, der denn auch seinen Er- schütterungskreis bildet. Im Westen des Tjerimai zieht ein Kalkgebirge mit nackten, wie von Seewogen angenagten Felswänden von Norden nach Süden und Osten, zwischen ihm und dem Vulkan läuft ein breites, tiefes Thal nach Süden, einer See-Enge gleichend. Im Süden des Kegel- berges ziehen einige parallele Höhenzüge von West und Nord nach Ost und Süd; im mittleren erhebt sich der Berg Pugah, auf dessen Gipfel körniger Diorit zu Tage tritt. . Im Thale liegt der Schlammvulkan Uhjah mit salzigem Wasser und Schlamm. Im Osten unterteufen die tertiären Lagen den Tjerimai und sind bedeckt mit vulkanischen Auswürflingen. Hier entspringen auch vier warme Quellen mit einer Temperatur von 40° Cels., jene bei Sangurip ist eine Schwefelquelle, die bei Kuningan ein Säuerling, der oft so viel Kohlensäure entwickelt, dass sie den Badenden nach- theilig, selbst gefährlich wird. Im Westen des Bergfusses liegt die Kohlensäure-Fumarole Goea djagalan und die oben erwähnte angebohrte heisse Quelle. Diese heissen und Petroleumquellen, der Schlammvulkan und die gegen den Tjerimai einfallenden tertiären Schichten beweisen, dass er inmitten eines gesunkenen Kesselthales steht und früher ringsum von der See umspült wurde. Er gleicht in der That einer von einem Festungsgraben umgebenen Ritterburg. Wenn wir den Kessel den 22 17] Ueber den vulkanischen Zustand der Sunda-Inseln etc. 17 E: engeren Erschütterungskreis nennen, zeigt die Heftigkeit der Erdbeben Kuningan als Centrum an, z. B. im Jahre 1873 in den Monaten Jänner, x Februar und Juni; 1874 im Jänner und Mai; 1875 vom October bis 1876 Ende Februar; 1878 im März; 1879 in den Monaten Mai und No- r ber; 1880 in den Monaten Februar, Juni und September; 1881 im Mai. Erwähnung verdient das lang anhaltende Erdbeben von 1875. Nach vorangegangenem, unterirdisch rollendem Donner wurden am 25. October, Morgens 6 Uhr, zu Kuningan die ersten Stösse gefühlt, die, bis Mittags 12 Uhr an Heftigkeit zunehmend, sich fünfmal wieder- pt _ holten und so schwer waren, dass die Menschen sich mit Mühe auf den Beinen hielten und welche in der ganzen Ausdehnung des Regie- _ rungsbezirkes Cheribon gefühlt wurden. Die nachfolgenden Erschütte- _ rungen vertheilen sich auf 7 Tage im October mit 25 Erschütterungen, er November ', ..30 en ” 2022277. December: „_. 11 = 9 ,.; „ Jänner | R Br SOREDEUAT u ..,% 6 5 Von weiteren Tremores wurde keine Notiz genommen. R. Bei der genauen Aufzeichnung wurde dem Stande des Mondes Rechnung getragen, aber kein Einfluss bemerkt weder auf die Zahl _ noch auf die Heftigkeit der Erdstösse. Dass aber das Erdbeben mit t ter Thätigkeit des Tjerimai zusammenhing, bewies ein Erdschlipf an dem südöstlichen Abhange, bei dem einige tausend Baugründe ver- _ wüstet wurden. Ausserhalb Cheribon wurde das Erdbeben als leichte horizontale Bewegung gefühlt zu Tegal, Banjoemas, Preanger, Buiten- zorg und Batavia. 4. Erschütterungskreis Merababoe-Merapie. (Vergl. hiezu Fig. 3 und 4.) R Der Landstrich, der diesen Kreis umschliesst, ist ein weiter Berg- kessel, eingeschlossen im Norden durch das Kendenggebirge mit dem - Berge Ungaran, im Süden durch das Goenoeng-Kidoel-Süder-Gebirge. _ Tiefgrundbohrungen haben ergeben, dass beide der tertiären Formation, gehoben durch Trachyt, angehören. 3 Den Westen begrenzt der Fluss Progo, an dessen westlichem Ufer, - jm Serajoegebirge, durch den Bergingenieur Fenema die alte Schiefer- formation, Glimmerschiefer, nachgewiesen ist. Den Osten des Kessels schliessen vulkanische und tertiäre Ausläufer. Mitten in diesem Becken steht der Zwillingsvulkan Merababoe-Merapie und theilt den Kessel im ein nördliches und südliches Thal. Beide Thäler sind geologisch so verschieden, dass jeder für sich abgehandelt werden muss. Das nördliche Thal zwischen dem Merababoe und Goenoeng-Kending ist - eine kesselförmige Tiefebene, deren Form annehmen lässt, dass sie einst das Mare des Merababoe war, jetzt aber bedeckt ist mit einer festen Erdkruste, die auf einem unterirdischen Moraste schwimmt, von welchem der Morast Rawah Penning übrig geblieben ist, während die B Jahrbuch d. k. k. geol, Reichsanstalt. 1585. 35, Band. 1. Heft. (Dr. Fr, Schneider.) 3 ER SE SE ee, en EB ” 7 N 18 Dr. Fr. Schneider. [18] schwimmende Scholle das Flach- und Tiefland von Ambarawa, die Feste Willem I. und Banjoe biroe (Blauwasser), trägt. Zu dieser Anschauung Fig. 3. 18) FUININTE TER E an 160G, i 8 i © i El In H in i g f & | Ä En % $ kam ich 1856, als ich sah, dass die Kugeln des schweren (Greschützes, wenn sie tiefer als einen Meter in den Grund schlugen, ins Bodenlose a “ [19] Ueber den vulkanischen Zustan! der Sunda-Iaseln etc. 19 versanken, sowie, dass auch die schweren Festungsgebäude, obwohl auf Pfählen gebaut, langsam in die Tiefe sinken. Einen letzten Beweis geben die wellenförmigen Erdbeben; in allen Berichten werden sie mit einem wogenden Meer verglichen. Ich erwähne: 1860 wurde die Niederung bei Banjoe biroe mit Schlamm über- strömt, während zu gleicher Zeit der Merababoe Steine und Asche auswarf. 1865 fingen die Erderschütterungen im Monate Mai an und endeten mit dem schweren Erdbeben vom 15. Juli, welches grossen Schaden anrichtete. 1868 werden wellenförmige Bewegungen von Willem I. und Banjoe biroe gemeldet. 1872 wurde die Fläche von Ambarawa und das angrenzende Land der Kadoe von einem schweren Erdbeben heimgesucht. 1873 wurden Erschütterungen in .den Monaten August und No- vember wahrgenommen. 1879 waren die Bewegungen des Bodens anhaltend von März bis Juni. 1881 wird von leichten Erdstössen gesprochen. Alle diese Erdbeben waren local, auf das nördliche Thal Kadoe, Ambarawa urd Solotiga beschränkt, so dass man in Solo, Klatten und Djokja dieselben nicht bemerkte. Erdbeben vom 15. Juli 1565: Am Morgen des 15. Juli 1865 wurde die Garnison zu Willem I. und Banjoe biroe durch ein Erdbeben erschreckt. Abends um 6 Uhr nahmen die Bewegungen des Bodens so bedrohlich zu, dass die Soldaten die Kasernen verliessen und unter freiem Himmel campirten. Nachts um 2 Uhr 40 Minuten folgten so schwere und fürchterliche Erschütterungen, dass die Mauern der Ge- bäude in Willem I. grosse Risse bekamen und die Kasernen, sowie das Pulvermagazin im Reisfelde bei Banjoe biroe einstürzten. Trotz der gewaltigen Erschütterung wurde das Erdbeben weder in. Djokjokerto noch in Klatten gefühlt. Die Richtung der Bewegung konnte nicht ermittelt werden, es war eben die eines wogenden Meeres, doch glaubte man, dass sie von der Rawah Penning ausgegangen sei. Der Öberbergingenieur v. Dyk berechnete die Ellipse und setzte das Centrum an den Abhang des Merababoe zwischen ihm und dem Fusse des Telomogo in die Nähe der Rawah. Erdbeben vom 10. October 1872: Der erste officielle Bericht aus Willem I. lautete: Heute, den 10. October, wurden zwei wellenförmige Erdbeben wahrgenommen; sie schienen aus Rawah zu kommen. Im Schlussbericht wird gemeldet: In den ersten 24 Stunden wieder- holten sich die Erschütterungen vom (?) 23. bis zum 28. October 57mal und wurden gefühlt in der Abtheilung Ambarawa auf 119 Stellen, in der Abtheilung Solotiga auf 51 Stellen und in der Residenz Kadve auf 109 Stellen, zusammen auf 279 Stellen, alle gelegen innerhalb des Kesselthales. Im südlichen Thale zu Djokja und Klatten wurde es nicht bemerkt. Der Oberbergingenieur v. Dyk bestimmte das Centrum der Ellipse vier Kilometer nördlich vom Telomogo näher der Rawah Penning und Banjoe.biroe. Obige Facta lassen mich den Erschütterungskreis von Willem I.-Merababoe von dem des Merapie trennen und sein Centrum BE 20 Dr. Fr. Schneider. [20] in die Nähe der Rawah verlegen, aus welcher Schlammausbrüche die Ebene von Ambarawa bedrohten. . Das südliche Thal zwischen dem Abhange des Merapie und dem Goenoeng-Kidoel ist ein Längsthal, dessen Sohle dem tertiären Gebirge entlang läuft und den Ursprung des Soloflusses bilde. Vom südlichen Abhange des Merapie laufen Ströme verhärteter Lava, bei Klatten mıt prächtigen Augitkrystallen, von Geröll und Sand bei Tjandie, Sewoe und Montilan dem Thale zu ; tiefe Spalten schneiden nicht nur den Abhang, sondern auch die Kalk- berge des Goenoeng-Kidoel. Im Süden von Brambanar ist ein solcher Spalt mit wasserhellen, strahligen Kalkspathkrystallen besetzt. Im Süd- Osten, im Süden von Tjepper, findet sich massiger Phonolith mit Blasen, die inwendig dick überzogen sind mit wasserhellem Hyalith. Reitet mau den Abhang des Merapie bergauf, so lassen die hohlen Kellertöne vermuthen, dass man über Höhlen reitet. Erdbeben in diesem Thale sind gemeldet von: 1867 am 10. Juni, ausgebreitet über ganz Java; 1869 war der Merapie vom 28. Mai bis in den Juni thätig und warf Asche und Steine aus. Erschütterungen wurden nur am Fusse des Berges zu Montilan, Tempel Tjandie sewoe, Klatten und Bogolalie wahrgenommen; 1873 am 14. August leichtes Erdbeben zu Djokjakerto, Tjandie sewoe und Klatten; 1874 am 28. März Erdbeben zu Klatten, Brambanar, Djokjakerto ; 1875 wiederholten sich Erdbeben zu Djokjakerto und Klatten; 1877 wurden Erschütterungen gefühlt zu Klatten und Djokjakerto in den Monaten Februar, Juni und October; 1878 wiederholten sich die Erdbeben im August und November und 1879 in denselben Monaten; 1880 fielen die Erschütterungen in die Monate Juni, August und September ; 1881 im August; 1882 erneute Thätigkeit des Merapie, die noch im Jahre 1884 anhält. Bei den Meldungen der Erdbeben sind meist nur die von Klatten und Djokjakerto erwähnt, weil sie allein auf officiellen Berichten be- ruben. Erschütterungen zu Bogolalie, Brambanar, Tempel u. s. w. müssen entweder durch Nachfrage bei den Eingebornen eruirt werden oder sind nur Zeitungsberichte; so viel steht aber fest, dass 17mal gleichzeitig Erdbeben in Passer Gedeh, im Süden von Djokjakerto, zu Djokjakerto selbst, zu Tjandie sewoe, Tempel und Klatten stattfanden. Erdbeben vom 10. Juni 1867: Eines der schwersten und am meisten ausgebreiteten Erdbeben auf Java war das vom 10. Juni 1867, Es weckte die Bewohner von Djokjakerto um 4 Uhr 20 Minuten Morgens aus dem Schlafe und war so heftig, dass die meisten steinernen Häuser einstürzten, wobei 500 Menschen umkamen; im chinesischen Quartier wurden allein 80 Leichen unter den Trümmern begraben gefunden. Ebenso hatte es in dem drei englische Meilen südlicher gelegenen Marktflecken Passer Gedeh gewüthet und 236 Menschen getödtet. Die grösste Verwüstung zeigte Tjandie sewoe bei Brambanar; der alte Hindutempel war eingestürzt, ein grosses Stück Reislaud in die Tiefe a a Va [21] Ueber den vulkanischen Zustand der Sunda-Inseln etc. 91 versunken, die Erde spaltete sich und stiess Rauch und Dampf aus, und alle Quellen versiegten. Der grosse Postweg zwischen Djokjakerto und Klatten hatte tiefe Risse bekommen. Zu Klatten stürzten die Casernen, Officierswohnungen und einige Fabriksgebäude in der Nähe ein; dasselbe Schicksal theilte Bogolalie, Ampel, Tempel und Montilan. Mit der Entfernung von Tjandie sewoe nahm die Heftigkeit und Verwüstung ab. Aus den Zeiten der Wahr- nehmung zu Bantam, Batavia, Buitenzorg, Preanger, Krawang, Cheribon, Tegal, Peka, Longang, Bageleen, Banjoemas, Djokja, Kadoe, Samarang, Rembang, Soerabaya, Kedirie, Solo, Madioen, Passeroean, Probolingo, Bezoekie, Banjoewangie wurde die Umgegend von Djokjakerto, der Fuss des Mirapie, als Centrum des Erdbebens nachgewiesen. Ausser der strahlenförmigen Richtung im grossen Ganzen ist im engeren Kreise eine von Nord-Ost nach Süd-West, von Tjandjie sewoe nach Djokjokerto und Passer Gedeh, gerichtete Linie anzunehmen, die einer vulkanischen Spalte, einem unterirdischen Lavastrome entsprechen würde. Seit der Prevision de Launy’s ist in Indien die Aufmerksamkeit Aller auf den Merapie. gerichtet, der eigentlich seit 1822 in Thätigkeit ist, und zwar Ausbrüche hatte im December 1322 und 1832, September 1846—4V9, 1865, 67, 69, 72, 79 und wieder mit einem neuen Ausbruche droht. Sein Verhältniss zum Merababoe ist das eines jüngeren Bruders, d.h. eines parasitischen Kegels, aufgeworfen nach Verstopfung des Kraters Merababoe. Dafür spricht, dass der Merapie durch den Fuss des Merababoe unterteuft wird, indem die Auswürflinge des Merapie den Fuss des Merababoe bis zum Verbindungssattel bedecken. Eire constante Ver- änderung im alten Krater des Merapie zeigt sich im Aufbaue eines inneren Eruptionskegels aus Lavabrocken, der, wenn er den Kraterrand überragt, wieder weggeblasen wird und die Lavatıümmerströme erzeugt, die am südwestlichen Abhange zu Thal laufen, wie solches 1865, 1872 und August 1834 geschah. Die folgende Skizze (Fig. 4) zeigt den Merapie in diesen beiden Entwicklungsphasen: ohne inneren Eruptions- kegel, wie er sich im April 1872 darstellte und mit diesem, also im Stadium des Aufbaues, aus dem Jahre 1833. Seit 1881 baut sich wieder ein solcher Kegel auf; im December 1833 hatte er eine Höhe von 132 Meter und ist bis Juni 1384 um 6 Meter gewachsen... Er besteht aus augitischer Lava; an seinem Fusse liegen Solfataren und Fumarolen, die so viel Dampf ausstossen, dass der Gipfel des Berges oft unsichtbar wird. Die Vermuthung eines bevorstehenden Ausbruches ist darum nicht unbegründet. Sei dem wie ihm wolle, so darf ich doch meine Meinung nicht zurückhalten, dass die lineare Gewalt der Erdbeben von Tjandie sewoe über Djokja nach Passer Gedeh auf eine unterirdische Spalte deutet, in welcher sich die Thätigkeit des Merapie äussert und aus welcher sich, wenn einmal der Krater- mund des Vulkans verstopft wird, ein neuer Kegel erheben wird zwischen Klatten, Tempel, Tjandie sewoe und Djokjakerto. Analoges zeigt uns die Karte bei den Vulkanen Dieng Sindero und Sumbing. Aus allem Öbigen aber leuchtet ein, dass die Erdbeben in Mittel-Java verursacht werden durch den vulkanischen Herd des Merapie. [22] © fe) = aD 20,5 So _r De ee En . pas = ie] Air: [=b) et ere) = = © un 5 S ee eine o 2? = Dom ee | > En = de = 2252 ‘ = — cs _ >} pas) oo Ss Bee = [07] =) rar » Car [e>} u Ö 3 9 ga» = (do, =e= [eb] =} 2535 Ss =) 58 = un o > [00 .9..» an oo — 8. 2 i a Re - 11] nn Fu Ms: 2532 £ ZI = an 3 = a oe Ser — 3 iS >} a © -£ et 2 0 sea u ee RR 7 JS: 3 m do = 2 >= SINE ern 228-5 n = u Pa ie PL Ben EN © = : > 2. ee oe Rerfs) a ons a = = SS ENTE Scheitel im Westen im vulkanischen Gebirge, deren Basis im Östen In der nordöstlichen Ecke liegt das im niederen Flachlande liegt. Kratermeer Telagabodas mit seinem weissen Wasser, auf dessen nörd- 3 lichem, zum Gebirge aufsteigendem Ufer die Fumarole Padjagalan, Schindanger, so viel kohlensaures Gas aushaucht, dass der Fleck mit todten Thierkörpern bedeckt ist, deren Weichtheile nicht verwest, deren > { Ei ala 3 2 22 Y aa rer - nr RETH [23] Knochen aber vermodert sind. Vulkan Guntur aus dem Goenoeng-agung, bekannt durch überreiche Aschenauswürfe; sein westlicher Ausläufer Ueber den vulkanischen Zustand der Sunda-Inseln ete.’' 93 Im Südwesten vom Meere tritt der stösst an den Fuss des \ x \ N IN \ Pr: Fu Je 4 “ + SE DS a N Rx ” x AMANiD (= Fa a Pd [4 / P En \ 7 < / 3 2 / KIe) I® / AN IC) 0) S OD / S\ S / m a S 9 = g% = ri IDPUXL m N ee: =D e g Io \ 5 3 | N Sie ! RS S® ) I “ S S \ 0 ® I ID 8 S> \ i = S iz S \ = ! te SEE ar s Kiriue us au a !® ! Su 65 AR een = | = IN nes PEN 7 1 4 " Re a, ®) 2 | 3 = h I & 5 N | RN (73 SR ey j . 5 S == H i ", N au SM \ E72 3 Ba | 12 F ad \ Sa 3 R sı | SEN n = ! Korn Ig 2 3 =f] \ ] RN, SEN = \u | S 3 3 a N plz ® & OD ! \ S ! \ WR 167) / OT \ j N E So \ f > Pr N 2 4 N %, 2 N RN N [6 \ 3 a x jr , S, [4 rs ‘ IR > 4 ER Qs 24 SL Pr N) 2 a Er a3 >: Vulkans Pepandagan, bekannt durch die fürchterliche Katastrophe von 1772, bei welcher die Ebene von Garoet mit Schlamm überströmt wurde. Vom Pepandagan, der sich an das südliche, aus dem Preanger kommende tertiäre Gebirge lehnt, zieht das vulkanische Gebirge nach Osten zum Vulkan Tjikorey, der sich wieder nach Osten abflacht, und 04 Dr Fr. Schneider. [24] bildet die südliche Seite des Dreiecks. In der südöstlichen Ecke, im Tieflande, liegt die Salse Tassik Malajoe und nordwestlich von ihr steht der Vulkan Gelungung, der die Fläche mit Schlamm überschwemmte und verwüstete.e Am Fusse der vulkanischen Höhenzüge entspringen zahlreiche heisse Quellen. Innerhalb des Dreiecks laufen längs der nördlichen Seite: j. der Fluss Tjimanoek, der in die Java-See; 2. der Fluss Tjiwoelan an der südlichen Seite, der in den indischen Ocean mündet; 3. der Fluss Tjitandai längs der östlichen Seite bis Tassik Malajoe, wo er, nach Osten einbiegend, sich in den indischen Ocean stürzt. An der Aussenseite der südlichen Seite zieht das tertiäre Gebirge, aus West-Preanger kommend, nach der Ebene von Banjoemas. Im Norden des Guntur läuft der Goenoeng-agung nach Nordosten und die Basis des Dreiecks begrenzen die nach Süden laufenden Kalkberge von Cheribon. Das sich nach Osten senkende Tiefland besteht aus alluvialem Trümmergestein und vulkanischen Schlammgebilden und scheint früher eine Seebucht gewesen zu sein. Wohl nirgend anders findet man in solch kleinem Raume fünf Vulkane, Salsen, heisse Quellen und Fuma- rolen zusammengedrängt. Die Erdbeben dieses Bezirkes haben einen localen Charakter und breiten sich linear längs der tertiären Gebirgs- züge aus; der lose Grund und Boden scheint einer centralen Ausbreitung entgegen zu wirken. Die Erdbeben, die längs Manondja nach Banjoemas ausstrahlen, wären dem Pepandagan, Tjikorey und Gelungung, jene, welche über Tjiawie nach Nordosten streichen, dem Guntur zuzu- schreiben. Da ich diesen District nicht besucht habe, beschränke ich mich auf die Aufzählung der Erdbeben: 1865 im December, gleichzeitig wahrgenommen zu Singaparna, Mangoeredjo, Manondja; im October zu Mangoeredjo, Tjiamis in Che- ribon und Banjoemas; 1869, 8. März: Tjikadjan, Mangoeredjo, Manondja, Tjiamis; 8. October: Mangoeredjo, Manondja, Tjiamis; 1572, Jänner: Garoet, Tassik Malajoe, Tjiawie; 1873, Jänner: Garoet, Tassik Malajoe; 1574, Jänner und April: Mangoeredjo, Manondja, Tjiamis, Bandjar negara und Banjoemas; 1575, Februar: Mangoeredjo, Tjiamis, Banjoemas, Bandjar negara; 1577, Jänner: Garoet, Tassik Malajoe und Tjiawie; 1578, Mai, Juli und November: Garoet, Tassik Malajoe, Tjiawie; 1879, Februar: Garoet, Tass'ık Malajoe, Manondja und Bageleen ; 8. October: Garoet und Tassik Malajoe; 18. October: Garoet und Tassik Malajoe; 1550, 20. März: Tassik Malajoe, Manondja, Tjiamis; 20. Juni: (saroet, Tassik Malajoe, Bageleen; 1. September: Garoet, Tassik Malajoe, Manondja, Bageleen; 1851, August und September: Garoet und Tjıawie ; 1882, Mai: Garoet, Tas-ik Malajoe, Tjiawie. a [25] Ueber den vulkanischen Zustand der Sunda-Inseln ete. 35 Ost-Java Dass Ost-Java wenig von Erdbeben zu leiden hat, erhellt aus der Thatsache, dass es nur mit vier Percent bei der oben erwähnten eilfjährigen Periode betheiligt ist. Dieses Glück dankt es seiner geolo- gischen Beschaffenheit. Es ist nämlich der westliche und südwestliche Theil ein gesunkenes Thal, dessen Grund und Boden aus Alluvium, vulkanischem Geröll und Schlamm besteht. In einer Tiefe von 100 Meter wurde eine alte Strandlinie erbohrt; unter ihr lagen abermals mehr als 100 Meter Schlammgebilde, festes Gestein konnte nicht erreicht werden. Die Ostgrenze dieses Alluviums ist das vulkanische Massen- gebirge des Tengger mit den Vorbergen Kawie und Kloet, dem Centrum der Vulkane Ardgoenoe, Bromo, Semeroe und den Ausläufern des Lamongan. Die Erdbeben sind denn auch nichts anderes als leichte Erschütterungen des einen oder anderen dieser Vulkane, namentlich des Kloet und Lamongan in Verbindung mit dem Tengger. Erdbeben des Kloet. Diese Erschütterungen strahlten aus: 1864, am 4. Jänner von Kedirie nach Madioen, Soerabaya, Tengger, Passeroean. (Anmerkung: Ich nenne nur die Districte, Residentien, nicht die einzelnen Ortschaften; wenn Kedirie genannt wird, ist stets Blitar der am empfindlichsten betheiligte Ort.) 1873, am 1. August von Kedirie nach Passeroean, Tengger, Malang, Probolingo, Bezoeki; 2. November: Kedirie, Madioen, Probolingo. 1880, 15. Juli: Kedirie, Soerabaya, Passeroean, Probolingo, Bezoeki. 1881, December: Kedirie, Blitar, Madiven. 1882 allein Kedirie, Blitar. Erdbeben des Lamongan. Die leichten Erschütterungen des Kegels bei den Ausbrüchen siud nicht berücksichtigt. 1874, am 21. August von Probolingo nach Loemadjang, Bezoeki, Passeroean. 1875, am 21. Juni von Probolingo nach Loemadjang und Bezoeki. 1882, am 4. August von Probolingo nach Loemadjang und Bezoeki. 1883, am 7. December von Proholingo nach Loemadjang, Passeroean, Soerabaya und Kedirie. Die von Mittel- und West-Java nach Ost-Java mit strahlenden Erschütterungen sind nicht erwähnt. Karimon-Djawa-Inseln. Von den 661 meiner Arbeit zugrunde gelegten Erdbeben kann das vom 26. Juni 1874 nicht der Thätigkeit eines Vulkans auf Java zugeschrieben werden. Die äusseren Grenzen seiner Ellipse waren: Jahrbuch d. k.k, geol. Reichsanstalt. 1835. 35. Band, 1. Heft. (Dr. Fr. Schneider.) 4 [26] Dr. Fr. Schneider. Ueber den vulkan. Zustand der Sunda-Inseln etc. [26] Lingga, Palembang, Benkoelen auf Sumatra, Batavia, Buitenzorg, Banjoemas, Djokjakerto, Madioen, Patjitan, Kendangan auf Java, Bima, - Banjermassing, Amoentay und Singkawan auf Borneo mit einer Länge von 210 und einer Breite von 160 geographischen Meilen. Im Centrum dieser Ellipse liegen keine Vulkane, wohl aber in dessen Nähe, die Inseln von Karimon-Djawa; diese liegen 15 Meilen nordwestlich vom ausgestorbenen Vulkan Murioh; die Verbindungslinie der Inseln nach dem Murioh trifft in ihrer Verlängerung auf den Vulkan Lawoe. Eine zweite Linie, von den Inseln nach dem ausgestorbenen Vulkan Ungavan gezogen, trifft in der Verlängerung die Vulkanlinie Merababoe-Merapie. Eine dritte Linie, vom Krakatau nach dem ausgestorbenen Vulkan der Insel Bawean gezogen, schneidet die Inseln Karimon-Djawa; sie liegen also auf einem Kreuzungspunkt vulkanischer Linien, vielleicht Spalten. Wie aus den Erdbeben zu ersehen ist, verbreiten sich diese längs den- selben Linien auf Java. Die Erdbeben strahlten aus: 1821, im September, von Japara nach Samarang, Magelan, Djokjokerto ; 1867, am 10. Juni, wurde das Erdbeben, von dem Merapie aus- gehend, zu Japarie und Pattie wahrgenommen; 1869, am 16. Jänner, strahlten die Erschütterungen von Japara über Kedirie nach Solo und Patjitan aus; 1875 aber über Pekanlongang nach Banjoemas; 1880 bewegten sie sich von Pattie über Madioen nach Patjitan; 1831 wieder über Madioen nach Patjitan. Aus diesen Thatsachen drängt sich die Vermuthung auf, dass die Inseln auf einem submarinen Vulkane liegen. Ueber den Lias der Rofan-Gruppe. Von Dr, Carl Diener. In Nr. 11 der „Verhandlungen der k. k. geolog. Reichsanstalt“ vom 30. Juni 1884 veröffentlichte Herr H. Lecehleitner in Marburg einige Mittheilungen über den geologischen Bau der Gebirgsgruppe des Sonnwendjoches im Unter-Innthale, unter welchen namentlich eine kurze Notiz, die Liasbildungen derselben betreffend, Interesse zu erregen geeignet war. Insbesondere liess die auffallende Bemerkung, dass zwischen dem rhätischen Dachsteinkalk und dem „weissen Lias, der mit geringen Ausnahmen die höchsten Grate des Sonnwendjoches zusammensetzt“, eine Grenzlinie nicht zu bestimmen sei, die Annahme ‘zu, dass es sich hier um Lagerungsverhältnisse handeln dürfte, wie sie den Hierlatzschichten des Dachsteinplateaus und des Todten Gebirges eigenthümlich sind. Auf Wunsch des Herrn Oberbergrathes v. Mojsi- sovics, der eine genauere Untersuchung dieser Verhältnisse als dan- kenswerth bezeichnete, begab ich mich Mitte September verflossenen Jahres persönlich an Ort und Stelle. Meine Excursion führte mich von Jenbach über. Wiesing, die Scherbenstein-Alpe, Altbüchl-Alpe und Gruberlacken-Alpe auf den Gipfel des Rofan (2257 Meter). Der Abstieg wurde vom Grat des Rosskopf!) (2226 Meter) gegen den Grubensee genommen, hierauf die Einsattlung zwischen Grubenspitze und Rosskopf überschritten, das Kar zwischen "Spieljoch und Rosskopf besucht und endlich über die Mauritz-Alpe der Rückweg zum Achensee genommen. Die Ergebnisse dieser Excursion sollen den Gegenstand der nachfol- genden Schilderung bilden. Während des monotonen Aufstieges zur Scherbenstein-Alpe bewegt man sich fortwährend zwischen den wallartigen Massen des Haupt- dolomits und des rhätischen Dachsteinkalkes, welche im grossen Ganzen eine ausgedehnte Wölbung ; bilden, deren südlicher Schenkel an der Haidachstellwand (2134 Meter) noch ziemlich flach, an der Lachwald- t) Hinsichtlich der; topographischen Details des in Rede stehenden Gebirgs- stockes verweise ich, da die Specialkarte diesbezüglich durchaus unzureichend ist, auf die Karte der Rofan- -Gruppe von Dr. K. Haushofer in der „Zeitschrift des deutschen und österreichischen Alpen-Vereines“ 1876, Bd. VII, ferner auf die Auf- sätze von Th. Trautwein (ibid. Bd. II, Abtheil. II, pag. 18 ff. und Bd. VII, pag. 88 ff.), Dr. K. Foltz (ibid. 1877, Bd. VII, pag. 142 ff.) und Gümbel (ibid. Bd. XI, 1850, pag. 1 ff.). Jahrbuch d.k.k. geol. Reichsanstalt. 1885. 35. Band. 1. Heft. (Dr. Carl Diener.) 4* 98 Dr. Carl Diener. [2] spitze (1954 Meter) jedoch bereits mit beträchtlicher Steilheit — soweit hier überhaupt noch Schichtung erkennbar ist — gegen SW einfallen, wie dies bereits in älteren Arbeiten, z. B. bei Pichler und v. Moj- sisovics?), wiederholt Erwähnung gefunden hat. Die Kössener Schichten, welche auf der Nordseite der Rofan-Gruppe eine so regel- mässige zusammenhängende Einlagerung im Dachsteinkalk bilden, fehlen hier vollständig und mit ihnen zugleich jene malerischen Terrassen einer Ampmoos-Alpe oder eines Zireiner Sees, die zu den hervor- stechendsten Charakterzügen der nördlichen und nordöstlichen Gehänge des Sonnwendjoches zählen. Den ersten Blöcken von Liaskalk begegnet man oberhalb der Altbüchl-Alpe, und bald darauf zeigen sich auch in der steileren Thal- Schematischer Durchschnitt durch eine mit Lias- bildungen erfüllte „Tasche“ im Dachsteinkalk. a = Dachsteinkalk. b = Breccie von Crinoidenkalk und Dachsteinkalk. c = Crinoidenkalk. d = Rother Ammonitenkalk. stufe, welche das Gehänge zwischen der Altbüchl-Alpe und Gruberlacken- Alpe unterbricht, bereits grössere Partieen anstehenden Gesteins. Eine breite, trichterförmige Vertiefung (siehe die beistehende Figur) erscheint hier in die fast horizontal liegenden Bänke des Dachsteinkalkes ein- gesenkt und ausgefüllt mit einer ungeschichteten Masse von rothem, Ammoniten führenden Kalk, welcher gegen die Ränder der Vertiefung zu in einen lebhaft hellroth gefärbten Crinoidenkalk und zuletzt in eine Breccie übergeht, die theils aus Crinoidenkalk, theils aus eckigen Frag- menten und Trümmern des Dachsteinkalkes besteht. Hat man den Riegel oberhalb der Altbüchl-Alpe an seiner — hydrographisch — linken Seite erstiegen, so betritt man den Kessel der Gruberlacken- Alpe, dessen Boden wieder mit zahlreichen Blöcken und vereinzelten anstehenden Denudationsrelicten von Liaskalk bedeckt ist. Hier kann man deutlich alle Uebergänge des rothen Crinoidenkalkes mit den 1) „Beiträge zur topischen Geologie der Alpen.“ Jahrbuch d. k. k. geol. Reichs- anstalt 1871, Bd. XXI, Heft 2, pag. 197. [3] Ueber den Lias der Rofan-Gruppe. 29 charakteristischen Brachiopoden der Hierlatzschichten zu einem hell- rothen, Gasteropoden führenden Kalkstein und zu einem dichten, rothen Ammonitenkalke oder aber zu einem grauen, hornsteinreichen Spongien- kalk beobachten. Beide Facies sind durch zahlreiche Uebergänge mit einander verbunden. Oft sieht man, wie die rothen, dichten Liaskalke allmälig immer hornsteinreicher werden und endlich in reine Hornstein- bänke übergehen, wie andererseits wieder in einem scheinbar reinen Blocke von Hornstein noch Knollen von Crinoidenkalk eingeschlossen sind, derart, dass über die Zusammengehörigkeit beider Bildungen hier kein Zweifel bestehen kann. Lechleitner hat übrigens vollkommen Recht mit der Bemerkung, dass an keiner Stelle eine Ueberlagerung der einen Facies durch die andere zu constatiren sei. Beide treten stets nur nebeneinander auf, und dürften es voraussichtlich bathymetrische Unterschiede gewesen sein, welchen dieselben ihre Differenzirung ver- danken. Die Gruberlacken-Alpe liegt überaus malerisch an eine senkrechte Felswand von Dachsteinkalk hingelehnt, welche den Kessel um beiläufig 30 Meter überragt. Zur Linken fallen die Hänge der Haidachstellwand (2134 Meter) und Grubenspitze gleichfalls mit beträchtlicher Steilheit ab und lassen nur einen schmalen, klammartigen Durchgang für den Pfad, der in das oberste Kar am Fusse des Rofan führt. Es reicht dieses Vorrecht jener Felsenge in eine geologisch gar ehrwürdige Zeit zurück. Boden und Gehänge jener Klamm sind nämlich durchzogen von zahl- reichen Schmitzen und Kluftausfüllungen des rothen Crinoidenkalkes der Hierlatzschichten, deren Auftreten hier in der Sohle und an den Wänden des Engpasses ohne die Annahme einer Uebereinstimmung des präliassischen Reliefs desselben mit dem gegenwärtigen durchaus un- erklärlich bleiben müsste. Weitere Argumente für diese Thatsache begegnen uns nunmehr auf unserer Excursion auf Schritt und Tritt. Da wir jedoch die in dieser Hinsicht instructivsten Aufschlüsse in dem Kar zwischen Spieljoch (2237 Meter) und Rosskopf (2226 Meter) später ohnehin werden ausführlich kennen lernen, glaube ich auf die Schilde- rung der übrigen, minder bemerkenswerthen Stellen verzichten zu dürfen. Besondere Erwähnung verdient indessen die nächste Umgebung des Grubensees, da hier der Zusammenhang der verschiedenen Facies des Lias am klarsten hervortritt. Der sanft gewölbte Rücken, welcher den Grubensee auf der Ostseite begrenzt, besteht aus flach SW fallenden Schichten von Dachsteinkalk. Schnüre und Taschen von Crinoidenkalk sind in die Vertiefungen der Oberfläche desselben vielfach eingelagert. An dem östlichen Abhange des Rückens sieht man den Crinoidenkalk allmälig in rothe, dichte, plattige Lagen eines durch das Vorkommen zahlreicher Manganputzen und Cephalopoden ausgezeichneten Kalkes übergehen. Auf der Westseite des Rückens dagegen sind die Dachstein- kalke von den grauen Spongienkalken des Lias überlagert, die durch ihren Reichthum an Hornsteinen charakterisirt sind. Gegen oben zu treten die Kalke mehr und mehr zurück und machen einer wahren Hornsteinbreccie Platz, welche zu oberst noch von einigen nur wenige Meter mächtigen Bänken eines hellen, hornsteinreichen Kalkes über- lagert wird. Ob dieser letztere bereits dem oberen Jura zuzuzählen ist, 30 Dr. Carl Diener. [4] wie Gümbelt) und Lechleitner anzunehmen geneigt sind, dürfte . wohl, so lange entscheidende Petrefacte fehlen, mit Recht in Frage gestellt werden. Das Vorkommen einer ganz ähnlichen Hornsteinbreccie, welche Knollen des rothen COrinoidenkalkes eingeschlossen enthält, in der Nähe der Gruberlacken-Alpe scheint eher für ein liassisches Alter zu sprechen. Der auffallende Gesteinswechsel erklärt sich leicht, wenn man bedenkt, dass in diesen Ablagerungen eine im Vergleich mit der Strandfacies der Crinoidenkalke pelagische Bildung vorliegt, eine Auf- fassung, welche durch das Vorherrschen grosser, oft prächtig erhaltener Korallenstöcke in den Hornsteinkalken wesentlich unterstützt wird. Die Verbreitung dieser bunten, hornsteinreichen Kalke ist auf einige wenige Punkte des Gebirges beschränkt. Dachsteinkalk setzt wieder den höchsten Gipfel des Rofan (2257 Meter) zusammen, und ebenso scheinen auch die sonderbaren Zackenbildungen in dem Grate zum vorderen Sonnwendjoch (2226 Meter) dem rhätischen Dachstein- kalke anzugehören. Die schönsten Aufschlüsse der Liasbildungen der Rofan-Gruppe trifft man wohl in dem weiten, kesselförmigen Felskar, das von den Zinnen der Grubenspitze, des Rosskopf (2226 Meter) und Spieljoch (2237 Meter) umrahmt wird. Streifen des rothen Crinoidenkalkes durch- ziehen hier nach allen Richtungen, vollkommen unabhängig von dem Streichen der unterlagernden Gesteinsschichten, die bleichen, karren- feldartig ausgewitterten Plattenlagen der Dachsteinkalke. Die regellose Vertheilung der einzelnen isolirten Schmitzen, der warme Farbenton derselben, der das einförmige Grau der Steinwüsten wohlthuend unter- bricht, ihre eigenthümlichen Verwitterungsformen endlich sind so auf- fallende Erscheinungen, dass sie selbst die Aufmerksamkeit des Laien auf sich ziehen. Niemand kann beim Anblicke dieser Bildungen darüber im Zweifel sein, dass zwischen der Ablagerung der rhätischen Dachstein- kalke und der liassischen Straten eine längere Unterbrechung eingetreten sein muss, in welcher das Gebirge des Dachsteinkalkes den Angriffen der atmosphärischen Erosion blossgelegt wurde. Jeder Annahme einer concordanten Schichtfolge von Dachsteinkalk und Lias würden die zu beobachtenden Thatsachen auf Schritt und Tritt Hohn sprechen. Nir- gends kann man eine concordante Ueberlagerung der Dachsteinkalke durch die Crinoidenbreccien des Lias constatiren. Welche Partie der letzteren man immer betrachten mag, stets zeigt sich, dass sie dem Grundgebirge eingelagert, in secundären Klüften, Spalten und Höhlungen desselben zum Absatze gekommen ist. So mannigfaltig als die Ober- flächenformen unserer heutigen Dachsteinkalkplateaux, so mannigfaltig ist auch das Relief dieses liassischen Meeresbodens. Hier sieht man einen Streifen von Crinoidenkalk quer auf das Streichen des Liegenden über die treppenförmig gebrochenen Schichtköpfe des Dachsteinkalkes herabziehen; dort gewahrt man Dutzende von schmalen, sich vielfach verästelnden Schnüren, die gleich den Wurzeln eines Baumes in eine glatt geschliffene Karrenplatte eingreifen; hier liegt die Breccie mit den zahlreichen Crinoidenstielgliedern in einer unregelmässigen Auf- 1) „Zeitschrift des deutschen und österreichischen Alpen-Vereines“ 1880, Bd. XI, pag. 3. ML [5] Ueber den Lias der Rofan-Gruppe. 31 einanderfolge flacher, taschenförmiger Concavitäten ; dort endlich zeigt eine geborstene Mauer den Durchschnitt einer Doline, eines echten - Karsttrichters, dessen Hohlräume der rothe Lias ausfüllt. Die merk- würdigsten Stellen sind indessen jene, welche man auf dem Wege von der Einsattlung zwischen Rosskopf (2226 Meter) und Grubenspitze zur oberen Mauritz-Alpe kreuzt. Hier sieht man in einem Karrenfeld die Rippen, Schneiden und Furchen des Dachsteinkalkes durchsetzt und durchbohrt von Schnüren der rothen Hierlatzschichten, die in ihrem Verlaufe ein nicht minder complicirtes System von Windungen und Verschlingungen zeigen, als die heutigen Karrenfelder des Gebirges. Versucht man es, aus der Combination der der Ausfüllung durch die Crinoidenkalke präexistirenden Hohlräume das ursprüngliche präliassische Bodenrelief zu reconstruiren, so ergibt sich in der That, dass dasselbe die Oberflächenformen eines echten Karrenfeldes besass. Ich bedauere sehr, keine Abbildung dieser so hochinteressauten Stelle geben zu können. Leider ist eben keine Zeichnung im Stande, diese Verhältnisse auch nur mit annähernder Deutlichkeit zur Anschauung zu bringen. Man denke sich ein Karrenfeld von jener Zerrissenheit und Mannigfaltigkeit, welche diesen Erosionserscheinungen eigenthümlich ist, denke sich die Vertiefungen desselben mit einem Material ausgefüllt, dessen Färbung von derjenigen des Grundgebirges lebhaft absticht, denke sich in das so entstandene Gebilde ein neues Karrenfeld eingeschnitten und ver- gegenwärtige sich nun das aus dieser Interferenz jener beiden Karren- felder resultirende Bild, wobei man die Phantasie nach Belieben in Anspruch nehmen mag, so dürfte die auf solche Weise erhaltene Vorstellung den Thatsachen in der Natur noch am ehesten Rechnung tragen. Weiter gegen Osten hin nimmt die Schönheit der Aufschlüsse erheblich ab, und am Rande der steileren Thalstufe zwischen der oberen und unteren Mauritz-Alpe erreichen die Liasbildungen überhaupt ihr Ende. Einen Besuch der ausgedehnten, übrigens seit lange bekannten Liasscholle nächst der oberen Mauritz-Alpe, deren Fauna auf Adnether Schichten hinweist, musste ich in Folge der vorgerückten Tageszeit unterlassen. Ausdrückliche Erwähnung verdient noch das Vorkommen jener eigenthümlichen Bildung, welche von Simony im Salzkammergute mit dem Namen „Augensteinconglomerat“ bezeichnet und in die Literatur eingeführt wurde, auf dem Wege von der Einsattlung zwischen Grubenspitze und Rosskopf zur Oberen Mauritz-Alpe. Quarzkörner und abgerollte Stücke von Hornblendegestein und Glimmerschiefer treten hier eingebacken in eine aus verwitterten krystallinischen Gesteinen bestehende Grundmasse auf und bilden rindenförmige Ueberzüge und Krusten an der Oberfläche der Liasbreccie und des Dachsteinkalkes. Da man hie und da auch Stücke derselben vollkommen im Crinoiden- kalk eingeschlossen findet, so liegt die Vermuthung nahe, dass zum mindesten ein Theil dieser Bildungen bis in den Lias zurückreicht. Den bisher bekannten Fundstellen dieses räthselhaften Conglomerates: Dachsteinplateau, Kammergebirge, Stoder Zinken, Todtes Gebirge und 39 Dr. Carl Diener. [6] Ausseer Thalbecken reiht sich nunmehr die räumlich so entlegene Rofan- Gruppe. an). Was die Altersfrage der hier besprochenen liassischen Straten des Sonnwendjochgebirges betrifft, so haben die Funde bezeichnender Fossile diesbezüglich eine in jeder Hinsicht befriedigende Lösung ergeben. Die Crinoidenkalke sowohl, als die darüber folgenden rothen Kalksteine haben eine reiche Ausbeute an Fossilien geliefert. Unter den letzteren sind vor allem die Cephalopoden durch ihren Individuenreichthum her- vorragend. Uebrigens erscheinen dieselben ebenso wie Gasteropoden, Bivalven und Brachiopoden an ganz bestimmte Gesteinspartieen gebunden und in diesen mit Ausschluss der übrigen Thierclassen vorherrschend. Durch den grössten Reichthum an Petrefacten sind einige isolirte Flecken von rothen, dünnplattigen Kalken im Kar unterhaib des Rofan und die Schnüre von weissen Liaskalken im Kar zwischen Rosskopf und Spieljoch, die indessen den rothen Crinoidenkalken gegenüber sehr zurücktreten, ausgezeichnet. In den ersteren spielen grosse Ammonitiden und Nautiliden, in den letzteren Brachiopoden und Bivalven die Haupt- rolle. Da meine Excursion vorwiegend die Klarstellung der stratigra- phischen Verhältnisse der Liasablagerungen der Rofan-Gruppe zum Zwecke hatte und demzufolge ein ziemlich ausgedehntes Revier in kurzer Zeit begangen werden musste, treten die paläontologischen Ergebnisse derselben selbstverständlich in den Hintergrund. Es ergab die Bestimmung der von mir aufgesammelten Versteinerungen, bei welcher mich Herr Professor Neumayr in zuvorkommendster Weise unter- stützte, nachfolgende Fossilliste: Von Cephalopoden: Nautilus cf. striatus Sow. Nautilus n. sp. Ein grosser Nautilus, ausgezeichnet durch seine gedrungene Form und gänzlich verschieden von allen bisher beschriebenen Nautilus-Arten. Aegoceras planicosta Sow. Das vorliegende Exemplar stimmt in jeder Beziehung mit dieser durch ihre ungeknoteten, auf der Externseite stark abgeplatteten Rippen so trefflich charakterisirten Species überein. Lytoceras cf. Francisci Opp. Das stark obliterirte, 15 Decimeter Durchmesser haltende Fragment erinnert hinsichtlich des auffallend raschen Wachsthums der Umgänge an A. Francisci Opp., weicht jedoch in der Oberflächenzeichnung von demselben nicht unerheblich ab. Ein zweites, kleineres Zytoceras mit glatter Oberfläche, gleichfalls durch rasches Anwachsen der Umgänge ausgezeichet. Ein wohlerhaltenes Fragment eines grossen Phylloceras, das dem Phylloceras Zetes v. Hauer’s?) nahesteht, jedoch eine minder com- !) Kürzlich habe ich auch Rollstücke dieses eigenthümlichen Conglomerates zusammen mit Bohnerzen und Körnern von Magneteisen durch die Herren Dr. Lammer und Lorria aus der auffallenden Höhle in den Nordwänden des Admonter Reichen- stein erhalten, welche von den Herren Dr. Emil Zsigmondy und L. Friedmann bei ihrer ersten Besteigung des Reichenstein von der Nordseite am 1. Juni d. J. besucht wurde (vergl.: „Oesterr. Alpenzeitung“ 1884, Nr. 142, pag. 154). ?) „Ueber die Cephalopoden aus dem Lias der nordöstlichen Alpen.“ Denk- schriften d. k. Akad. d. Wiss. Bd. XI. [7] Ueber den Lias der Rofan-Gruppe. 33 plieirte Lobenzeichnung besitzt und sich als ein Vorläufer der von v. Hauer beschriebenen Art erweisen dürfte. Zahlreiche Exemplare von kleineren, nur in Durchschnitten er- haltenen und daher nicht näher bestimmbaren Aegoceras-, Phylloceras- und Lytoceras-Arten. Mehrere kleine, durch ihre kurze Form ausgezeichnete Belemniten von dem Typus des Belemnites acutus Miller. Von Brachiopoden: Waldheimia cf. mutabilis Opp. Rhynchonella Greppini Opp. 5 polyptycha Opp. Von Gasteropoden: Pleurotomaria pl. sp. Trochus pl. sp. Die mangelhafte Erhaltung der Sculptur lässt bei allen vorliegenden Exemplaren kaum mehr als eine generelle Bestimmung zu. Von Bivalven: Pecten Rollei Stol. Die Oberflächenzeichnung des vorliegenden Fragments stimmt mit der von Stoliczka') gegebenen Abbildung gut überein. Charakteri- stisch erscheint es insbesondere für diese Form, dass die radial ver- laufenden Rippen derselben von den weniger ausgeprägten concentrischen Wülsten unter schiefem Winkel geschnitten werden, wodurch sich die netzförmige Oberflächenzeichnung von jener aller übrigen, bei Stoliczka abgebildeten Pecten-Arten wesentlich unterscheidet. == Tima n. sp. Hinsichtlich der Sculptur mit L. Deslongchampsü Stol. theilweise übereinstimmend, aber durch den auffallend starken Wirbel von der- selben durchaus unterschieden. Der Fund von Aegoceras planicosta Sow. gestattet die Feststellung des geologischen Horizontes der Liasbildungen der Rofan-Gruppe mit hinreichender Präcision, und sind dieselben dementsprechend in die Oberregion des Unteren Lias zu verlegen, somit in jenes Niveau, welches auch auf dem Dachsteinplateau durch Schichten in Hierlatz- facies vertreten wird. Resumiren wir kurz noch einmal die Ergebnisse unserer Beobach- tungen, so sind wir diesbezüglich zu dem Resultate gelangt, dass mit Abschluss der rhätischen Periode eine Unterbrechung in der Sedimen- tirung in. dem Gebirgsstocke des Sonnwendjoches eintrat, dass die Oberfläche desselben längere Zeit hindurch denselben Einflüssen atmo- sphärischer Erosion preisgegeben war, welche auch gegenwärtig noch für die Oberflächengestaltung der grossen Kalkplateaux der Nordalpen massgebend sind, dass unter den zerstörenden Eingriffen der letzteren unsere Gebirgsgruppe allmälig ein dem heutigen nahezu analoges Boden- relief annahm, bis endlich gegen Schluss der Periode des Uuteren Lias eine neue Meeresbedeckung eintrat, deren Absätze, die uns jetzt in der Strand- und Untiefenfacies der Hierlatzschichten vorliegen, zuerst die 1) „Die Gasteropoden und Acephalen der Hierlatzschichten.“ Sitzungsberichte d. k. Akad. d. Wiss. Bd. XLIlI. Taf. VI. Fig. 5 u. 6. Jahrbuch d.k. k. geol. Reichsanstalt. 1885. 35. Band. 1. Heft. (Dr. Carl Diener.) 5 34 Dr. Carl Diener. [8] Unebenheiten und Hohlräume ihres Liegenden ausfüllen mussten, ehe eine gleichmässige Ablagerung der Sedimente platzgreifen konnte. Ueber- blicken wir die Erscheinung einer solchen Transgression aus der Zeit des Unteren Lias, wie uns dieselbe in den Hierlatzschichten des Sonn- wendjoches entgegentritt, im Grossen, so zeigt sich, dass die Rofan- Gruppe nur ein Glied ist in einer ganzen Kette von Punkten, an welche ähnliche Erscheinungen in der gleichen Altersperiode sich knüpfen. Die ersten einschlägigen Mittheilungen hierüber verdanken wir dem französischen Gelehrten Deslongehamps?), der bereits im Jahre 1859 den Nachweis führte, dass der mittlere Lias von May und Fontaine- etoupe-Four in der Normandie über silurischen Schichten transgredirend auftritt und präexistirende Hohlräume des alten Gebirges, „Taschen“ (poches), wie sie Deslongchamps mit einem treffenden Ausdruck bezeichnet, ausfüllt. Der Eintritt der Trangression selbst fällt indessen, wie Deslong- champs in einer späteren Arbeit?) ausführlich nachweist, schon in den Unteren Lias. Man kennt nämlich in der Normandie an zwei Stellen, bei Isigny und Carentan, räumlich sehr beschränkte Ablage- rungen von rhätischen Schichten (Infralias), welche concordant über triassischen Gesteinen folgen. Zwischen diesen rhätischen Bildungen und den nächst höheren „Couches & Gryphees arquees“, welche bereits der Oberregion des Unteren Lias angehören, existirt eine Lücke, welche bezeichnet wird durch das Fehlen der tiefsten liassischen Glieder, vor Allem der Zone des A. angulatus und durch die discordante Auflagerung des „Lias a Gryphees“ über erodirten Schichten des Infra-Lias. Die Zeit der Trockenlegung jenes Gebietes fällt somit in die Periode zwischen der Ablagerung des Infra-Lias und des „Lias & Gryphees*. Der Ein- tritt der letzteren markirt den Beginn der liassischen Transgression, die sich jedoch anfangs nur auf einen kleinen Distriet im Cotentin und im nordwestlichen Theile des Departements Calvados beschränkte und erst zur Zeit des mittleren Lias eine grössere Ausbreitung gewann. Das gleiche Phänomen wiederholt sich, wie zwei ausführliche Arbeiten von Ch. Moore?) lehren, in Süd-Wales und Somerset- shire im südwestlichen England. Indem Moore hier vor Allem das transgredirende Auftreten der Arietenschichten über dem Carbon der Mendip Hills betont, schreibt er (pag. 454) wörtlich: „This view is also strengthened by the fact, that every vein, fissure, or depression in the Carboniferous limestone has received either horizontal deposits or infillings of Rhaetic*), Liassic or Oolithic age.“ Noch deutlicher als aus seinen Schilderungen geht übrigens die letztere Thatsache aus den beigegebenen Illustrationen hervor, welche vollständig an nordalpine !) „Memoire sur la couche & Leptaena du Lias“ 1859. ?) „Etude sur les etages jurassiques inferieurs de la Normandie.“ Paris 1864, pag. 16, 38, 282 etc. ®) „On the middle and upper Lias of the South-West of England.“ Proceedings of the Somersetshire Archaeologieal and Natural History Soc. 1865—66. Vol. XII, und „On abnormal conditions of the secondary deposits, when connected with the Somersetshire and South Wales Coal-Basin, and on the age of the Sutton and Southerdown Series.“ Quart. Journ. Geol. Soc. of London 1867, pag. 449—568. *) Moore identificirt den englischen „White Lias“ mit der rhätischen Stufe in Süddeutschland. EEE EIE TED er LE Kr En N 2 vr 7 3 en Ueber den Lias der Rofan-Gruppe. 35 Verhältnisse erinnern. Nicht minder auffallend ist auch die Ueber- einstimmung der Fauna des Unteren und Mittleren Lias von Süd-Wales und Somersetshire, insbesondere der Margaritatus-Schichten mit den gleichaltrigen Kalken des Hierlatz und des Schafberges. Kurze Zeit darauf zeigte v. Mojsisovics') an den Hierlatzschichten des Dach- steingebirges, dass „auch hier, ähnlich wie in der Normandie, die gastropoden- und acephalenreichen Liasschichten als Ausfüllungen von Spalten und Klüften im älteren Gebirge (hier Dachsteinkalk) auftreten“. Seitdem ist diese Erscheinung noch an mehreren anderen Orten des Salzkammergutes constatirt worden?). Insbesondere ist es im Laufe der letzten Jahre den Bemühungen G eyer’s?) gelungen, auf dem Hoch- plateau des Todten Gebirges zahlreiche Reste einer einstigen aus- gebreiteten Decke von Hierlatzschichten aufzufinden, „welche sehr verschiedene Horizonte des Lias in Hierlatzfacies vereinigen und in zwei verschiedenen Verhältnissen über den Dachsteinkalken zur Ablage- rung kamen: einmal in Bänken, welche ganz concordant über den Platten des Dachsteinkalkes liegen und alle Störungen der letzteren mitmachen, das anderemal aber in Schichten, welche discordant den Dachsteinkalk übergreifen und ganz unregelmässig alle Uneben- heiten, Klüfte und Höhlungen desselben erfüllen“. Auch in den grossen Plateaugebirgen der Salzburger Alpen scheinen Hierlatzschichten keines- wegs zu fehlen. Wenigstens verdanke ich Herrn Ludwig Purtscheller in Salzburg, dem gründlichsten touristischen Kenner jener Gebirgs- gruppen, die Mittheilung über ein Vorkommen von rothen, den Dach- steinkalken streifenförmig eingelagerten Liaspartieen am Fusse des Hühnerkrallkopf (2270 Meter) und Lehnende Kopf (2399 Meter) auf der Hochfläche des Tennengebirges. Es hatte ferner Herr Oberbergrath v. Mojsisovics die Freund- lichkeit, mir einige Gesteinsproben vom Dopplersteig am Untersberg zu zeigen, welche Professor Fugger kürzlich eingesendet hatte und die auf höchst eigenthümliche Verhältnisse daselbst schliessen lassen. Es stammen diese Gesteinsproben aus der vollkommen homogenen, un- - geschichteten Plateaumasse des Untersberges, welche in ihrem nord- westlichen Theile zahlreiche Nerineen und andere echt tithonische Fossilien führt, während andere Partieen, wie Bittner‘) gezeigt hat, entschieden der Rifffacies des Dachsteinkalkes zuzuzählen sind. In den eingesendeten Formatstücken dieses weissen Kalkes, der zahlreiche Chemnitzien, aber keine Nerineen enthält, finden sich nun an der angewitterten Aussenseite Schmitzen von rothen Crinoidenkalken des Lias, die mit ganz unregelmässiger zackiger Trennungsfläche in das blendendweisse Grundgestein eingreifen. Auf einem dieser Schmitzen von Crinoidenkalk finden sich überdies Rollstücke von Quarzkrystallen — meist polysynthetische Zwillingsstöcke — eingesprengt, die ohne Zweifel aus einem archaischen Gebirge stammen. Ihr Vorkommen an dieser Stelle ist um so frappirender, als die Liasbildungen des Untersberges 1) Verhandlungen d. k. k. geo). Reichsanst. 1868, pag. 298. ?, Verhandlungen d. k. k. geol. Reichsanst 1883, pag. 292. 3%) „Ueber jurassische Ablagerungen auf dem Hochplateau des Todten Gebirges in Steiermark.“ Jahrbuch d. k. k. geol. Reichsanst. Bd. XXXIV, 1884, pag. 335—366. *#) Verhandlungen d. k. k. geol. Reichsanst. 1883, Nr. 12, pag. 200 ff. 5* AINIEIır ih 36 Dr. Carl Diener. Ueber den Lias der Rofan-Gruppe. [10] am Dopplersteig offenbar dem nördlichen jener beiden Züge von Hierlatz- schichten angehören, welche die beiden Randzonen der nördlichen Kalkalpen begleiten, während der Zwischenraum derselben durch Lias- ablagerungen der Fleckenmergel- und Plattenkalkfacies eingenommen wird '). Unter diesen Verhältnissen dürfte die Annahme eines Trans- portes jener krystallinischen Gesteine aus der Centralkette auf erhebliche Schwierigkeiten stossen und vielleicht eher an eine Herkunft derselben aus den archaischen Gebieten im N der Alpen zu denken sein. In den Südalpen habe ich selbst bei einer früheren Gelegenheit ?) für die liassischen Crinoidenkalke der Wochein, welche bereits von Peters?) und Stur*) mit den Hierlatzschichten der Nordalpen paralle- lisirt worden waren, ein transgredirendes Auftreten über erodirten Schicht- köpfen des Dachsteinkalkes zu erweisen versucht. In den Westalpen endlich glaubte kürzlich Stutz’) eine Trans- gression der schwarzen Schiefer des Erstfelder und Rothsteinthales über dem permischen Röthidolomit annehmen zu müssen, welche dem „Lias von den Thalassitenbänken bis zu den Jurensismergeln hinauf“ entsprechen. Ich erlaube mir, seine diesbezüglichen Ausführungen hier wörtlich zu citiren: „Es gibt eine merkwürdige Stelle im Rothsteinthale, hinter der Alp Matt im Erstfelderthal, wo die oberste Lage des gelben Dolomits (Röthi- dolomits) von unzähligen Pholaden angebohrt worden ist. Die Bohrlöcher sind jetzt vom verhärteten kohlschwarzen Mergel oder Kalk ausgefüllt... Einige dieser schwarzen Zäpfchen haben die Grösse einer mittleren Haselnuss, andere sind kleiner; alle aber sind am unteren Rande halb- kugelig abgerundet und platt wie Kronen von Sphäroduszähnen u. dgl. Manche Löcher sind verlängert und erscheinen wie ausgefüllte Wurmgänge.* Unter den zahlreichen Ueberraschungen, welche uns auf dem Gebiete der Geologie innerhalb der letzten Jahre aus den Schweizer Alpen zu Theil wurden, ist diese Mittheilung über das transgredirende Auftreten der schwarzen Schiefer, welche sich auf Grund zahlreicher Petrefactenfunde (u. a. Posidonomya Bbronni) als sichere Aequivalente des Lias erwiesen haben, jedenfalls eine der merkwürdigsten. So erhebt sich die Erscheinung, dass zwischen Stra en unter- liassischen Alters und den vorangehenden älteren Ablagerungen eine Lücke in der Sedimentbildung platzgegriffen hat, weit über den Charakter eines blossen Localphänomens zu weittragender, allgemeiner Bedeutung. Versuchen wir es, dementsprechend jene Schlussfolgerung an dieselbe zu knüpfen, welche sich mit logischer Consequenz aus den hier geschil- derten Thatsachen ergibt, so muss uns diese mit unvermeidlicher Noth- . wendigkeit dahin führen, die für die geologische Geschichte Mittel-Europas so massgebende Transgression, welche man bisher in die Periode des Braunen Jura stellen zu sollen meinte, nunmehr an die Basis des Lias zu verlegen. 1) Vergl. v. Mojsisovics, „Dolomitriffe ete.“, pag. 87. 2) Jahrbuch d. k. k. geol. Reichsanst. Bd. XXXIV, 1884, pag. 697. 3) „Aufnahmen in Kärnten, Krain und dem Görzer Gebiet im, Jahre 1855.* Jahrbuch d. k. k. geol. Reichsanst. Bd. VII, 1856, pag. 683. 4, „Das Isonzotbal von Flitsch bis Görz ete.“ Jahrbuch d. k. k. geol. Reichs- anstalt. Bd. IX, 1858, pag. 342. 5) „Ueber den Jias der sogenannten Contactzone in den Alpen der Urschweiz.“ Neues Jahrbuch f. Min. ete. 1884, II. Bd., pag. 14—21. Ueber die von Herrn Dr. Wähner aus Persien mit- 3 gebrachten Eruptivgesteine. e: Von €. v. John. Bei der im Jahre 1882 von Herrn Dr. J. E. Polak in Begleitung _ des Herrn Dr. Wähner vorgenommenen Bereisung Persiens wurden von dem letztgenannten Herrn verschiedene Eruptivgesteine mitgebracht, die ich von ihm zur Bearbeitung übernahm. Ben Theilweise fallen dieselben mit den von mir beschriebenen !) zu- _ sammen und werden diese hier natürlich nicht mehr erwähnt. Bi Bei der Bestimmung der Gesteine, auf die es hier hauptsächlich ankam, stellten sich auch bei diesen Gesteinen die schon in der oben _ eitirten Arbeit erwähnten Schwierigkeiten ein. Ein grosser Theil der - vorliegenden Gesteine war nämlich mehr oder weniger zersetzt, so dass _ eine sichere Bestimmung der einzelnen Gemenstheile in vielen Fällen. _ nicht möglich war. Andererseits konnte mir Herr Dr. Wähner über - das geologische Alter einiger Gesteine nichts Näheres mittheilen, so dass sich bei der Benennung der Gesteine Schwierigkeiten herausstellten. In solchen Fällen wurde die Bestimmung, so weit dies thunlich war, nach dem petrographischen Charakter gegeben, obschon oft, besonders bei zersetzten Gesteinen, schwer zu entscheiden war, ob man es mit einem älteren oder jüngeren Gesteine zu thun hat. In Folgendem gebe ich nun eine kurze Beschreibung der wich- tigsten Gesteinstypen. Granite (Granitite) des Elwendgebirges. Aus dem Elwendgebirge, besonders aus dem Thale von Gendsch- _ mame und der Spitze des Elwend, lagen mir zahlreiche Gesteine vor, - die schon äusserlich den Charakter der Granitite zeigen. Es sind rein körnige Gesteine, bei denen man schon mit dem blossen Auge Feld- spath, Quarz und Biotit unterscheiden kann. Dementsprechend zeigen auch die Dünnschliffe diese Mineralien in der Ausbildung, wie sie in '), C. v. John: „Ueber ältere Eruptivgesteine Persiens.* Jahrbuch d. k k. geol. Reichsaustalt 1884, 1. Heft. Jahrbuch d. k.k. geol. Reichsanst. 1385. 35. Band. 1. Heft. (C. v. John.) TE ri So. 38 C. v. John. [2] Granititen gewöhnlich ist. Der Quarz ist in bedeutender Menge vor- handen und herrscht über den Feldspath meist vor. Der Feldspath selbst ist wohl hauptsächlich Orthoklas, aber auch Plagioklase kommen in nicht unbedeutender Menge vor. Der Biotit erscheint im Dünnschliff von brauner Farbe und lebhaftem Dichroismus. Neben diesen Haupt- bestandtheilen finden sich in allen Gesteinen noch Apatit und in geringer Menge titanhaltiges Magneteisen und Titanit, ausserdem in einzelnen Schliffen Kaliglimmer, Turmalin und Granat. Titanit und Turmalin kommen überdies auch noch in einzelnen Gesteinsstücken in grösseren Individuen vor, und verschwindet in diesem Falle der Biotit vollständig. Der Turmalin bildet theils grössere schwarze Säulchen, theils ist er mit Quarz schriftgranitartig verwachsen. Im Schliff erscheint derselbe von brauner Farbe und lebhaft dichroitisch. Seine Farbe wechselt von braun zu blau. | Der Titanit bildet gelbgrüne, mehr weniger gut ausgebildete Krystalle, die im Schliff deutliche Spaltbarkeit zeigen und an den Spaltrissen Eisenoxyd in geringer Menge abgelagert enthalten. Der Titanit liess sich sehr leicht isoliren und auch chemisch der Nachweis führen, dass man es mit Titanit zu thun hat, Ausser den Granititen sind noch zahlreiche Gesteine aus dem Thale von Gendschname zu erwähnen, die nur aus Quarz und Feld- spath bestehen, welche schriftgranitartig verwachsen sind und also als Schriftgranite bezeichnet werden müssen. Dieselben sind meist frei von anderen Bestandtheilen und enthalten nur hie und da kleine Titanite oder Turmalinsäulchen. Gesteine des Karaghangebirges. Aus dem Gebiete des Karaghangebirges lagen mir zahlreiche Handstücke vor, die sich bei näherer Untersuchung als Diabase herausstellten. Es sind dies ziemlich grobkörnige Gesteine, die schon äusserlich Feldspath und Augit erkennen lassen. In den Dünnschliffen sieht man dementsprechend ein rein körniges Gemenge von Augit und Plagioklas. Der letztere ist meistens in hübschen Säulchen entwickelt, ist recht frisch und zeigt deutliche polysynthetische Zusammensetzung. An Menge etwas zurücktretend, erscheint der Augit in einzelnen grösseren Körnern von lichtbrauner Farbe. Er ist schwach pleochroitisch und enthält oft Zwillingslamellen eingeschaltet. Neben diesen beiden Haupt- bestandtheilen ist noch stets titanhaltiges Erz mit den bekannten Umwandlungsproducten vorhanden; ebenso kommt hie und da Biotit von gelbbrauner Farbe vor, der so wie der früher erwähnte Augit oft am Rand in ein grünes, chloritisches Mineral verwandelt erscheint. Ueber das geologische Alter dieser Gesteine lässt sich nichts Bestimmtes sagen; jedoch ist nach Angabe Dr. Wähner’s ein höheres Alter dieser Gesteine, welche den höchsten Kamm des Karaghangebirges zusammen- setzen, sehr wahrscheinlich. Aus dem Bache, der vom Karaghangebirge gegen Manian herab- fliesst, wurden von Herrn Dr. Wähner Geschiebe gesammelt, die also jedenfalls aus dem Karaghangebirge stammen. [3] Ueb. die von Herrn Dr. Wähner aus Persien mitgebrachten Eruptivgesteine. 39 Ueber das geologische Alter dieser Gesteine lässt sich nichts sagen; ihr Aussehen und ihre mikroskopische Beschaffenheit stimmt am besten mit den Andesiten überein, obschon sie bei nachgewie- senem höheren geologischen Alter ganz gut zu den Porphyriten gezählt werden könnten. Dieselben besitzen eine rothbraun gefärbte Grund- masse, in der zahlreiche Feldspathe ausgeschieden erscheinen. Nach der Ausbildung der Grundmasse, wie sie sich im Dünnschliff darstellt, lassen sich zwei Hauptgruppen unterscheiden. Bei der einen ist die Grundmasse von zahlreichen rothen Pünktchen und Fäserchen von Eisenoxyd, die regellos in derselben vertheilt sind, durchsetzt, und ist es meist sehr schwer, durchsichtige Stellen derselben zu erhalten. Es gelingt dies nur in sehr dünnen Schliffen und konnte nachgewiesen werden, dass die Grundmasse theilweise aus krystallinisch ausgebildeten Elementen besteht, theilweise aus einer isotropen Basis. Eine Bestimmung des mineralogischen Charakters der krystallinischen Theilchen konnte jedoch nicht vorgenommen werden. Bei den Andesiten der zweiten Gruppe ist die Grundmasse etwas anders ausgebildet und liegt der Unterschied in der durch die Anord- nung der kleinen Eisenoxydpartikelchea bedingten Fluidalstructur. Es sind nämlich die kleinen rothen Pünktchen in einzelnen Schnüren angeordnet, zwischen denen die eigentliche farblose Grundmasse ersichtlich ist, die ebenfalls wieder aus anisotropen Theichen zusammengesetzt ist. Diese Structur ist nun in verschiedenen Gesteinen verschieden fein ‚ausgebildet ; bei manchen tritt eine Umströmung der einzelnen makro- skopisch ausgeschiedenen Gemengtheile ein, bei welcher die letzteren gewöhnlich von einem dichteren Ring der Eisenoxydpartikelchen um- geben sind, und in einiger Entfernung von den Einsprenglingen erst die gewöhnliche Structur der Grundmasse wieder auftritt. In der Grundmasse beider Gruppen der mir vorliegenden Andesite sind nun ausgeschieden zahlreiche, meist zersetzte Plagioklase, die jedoch, wenn sie frisch sind, einen glasigen Charakter haben und ganz deutlich ihre lamellare Zusammensetzung erkennen lassen. Andere Einsprenglinge sind nur in untergeordneter Menge vorhanden, und zwar Augit in einzelnen, fast immer vollkommen frischen und einschlussfreien, weingelben Kıystallen und Biotit in kleinen, paraliel gestreiften Leistchen. Man wird also die Andesite beider Ausbildungen zu den Augitandesiten rechnen können, wenn auch die Menge des Augits in allen Gesteinsstücken eine untergeordnete ist. Quarz konnte nirgends gefunden werden, sicher fehlt er als porphyrisch ausgebildeter Gemengtheil. Aus dem Gebiete des Karaghan-Gebirgssystems, und zwar von den nordöstlichen Vorlagen der mittleren und höchsten Kette (aus der Gegend zwischen Bustanek und Hissar), sind ferner Gesteine zu er- wähnen, die schon äusserlich den Charakter der Rhyolithe zeigen und sich auch durch die mikroskopische Untersuchung als solche erwiesen. Diese Gesteine stellen eine weissgraue, rauh anzufühlende Masse dar, in der Biotit und einzelne glasige Feldspathe ausgeschieden erscheinen. Im Dünnschliff ist die weitaus vorwiegende Grundmasse durch zahl- reiche graue oder auch rothe Körnchen getrübt und zeigt dieselbe zwischen gekreuzten Nicols eine vorherrschende Menge von krystalli- nischen Bestandtheilen gegenüber der nur schwer nachzuweisenden, 40 C. v. John. [4] zwischen den einzelnen Kryställchen sich durchziehenden farblosen Glasbasis. Die kleinen krystallinischen Bestandtheile sind theils Körnchen, theils Leistehen und sind wohl als Quarz und Feldspath anzusehen. Von den makroskopisch ausgeschiedenen Bestandtheilen ist der Quarz in der grössten Menge vorhanden. Er stellt verschieden grosse Körner dar, die vollkommen wasserhell sind und nur selten Glaseinschlüsse enthalten. Der Sanidin ist ebenfalls vollkommen wasserhell, krystallo- graphisch gut umgrenzt und enthält ebenfalls Glaseinschlüsse. Es scheinen nur einfache Krystalle vorzukommen. Der Magnesiaglimmer bildet die bekannten braunen gestreiften Leistchen und hexagonalen Täfelchen und ist oft eigenthümlich gewunden, wie dies bekanntlich bei Rhyolithen oft der Fall ist. Das geologische Alter dieser Gesteine wurde mir von Herrn Dr. Wähner als tertiär angegeben. Gesteine aus dem Gebirge zwischen Teheran und Hamadan. Diese Gesteine sind im frischen Zustande schwarz, sehr hart, muschelig brechend und gehen bei ihrer Zersetzung allmälig in rothbraune erdige Massen über. Von den frischesten Gesteinen, die speciell aus der Gegend von Tschemerin und Kuschkek stammen, wurden Dünnschliffe mikroskopisch untersucht. Das ganze Gestein besteht aus einer farblosen, durch zahlreiche undurchsichtige schwarze oder rothbraune Körner durchsetzten Masse, die sich nicht weiter untersuchen liess, jedenfalls aber nicht durchaus isotrop ist. An Ausscheidungen ist das Gestein sehr arm, und sind nur hie und da vollkommen zersetzte Feld- spathe und einzelne Anhäufungen eines chloritischen Minerals bemerkbar. Ferner sind Nadeln von Apatit durch das ganze Gestein vertheilt. Das Gestein findet sich in der Fortsetzung des Karaghangebirges und wird daher am ehesten als eine eigenthümliche Ausbildung der dortigen Andesite angesehen werden Können, bei der die Entwicklung der por- phyrisch ausgeschiedenen Gemengtheile nicht vollendet ist. Die chemische Analyse dieses Gesteins ergab nach E. Drasche die folgenden Resultate: Kieselsäureri4- 7; #21... 2u114.2.0795:64 Pertent Eisenoxyd WEHR IS, Gut ers " Thonerde ade: > us 2 2 Kalk-rct rl a. ae 4 Maenesia hieran lie, Sursee R Kali. 1.2) ee en 1 5 a = Natron: Saas u): ee r Phosphorsäures"., %: 1 2:1%21..4.00:83 r Glührerlustin are nl a 100 °77 Percent Wie aus dieser Analyse ersichtlich ist, stimmt die chemische Zusammensetzung mit der der Andesite überein. Ki [5] Ueb. die von Herrn Dr. Wähner aus Persien mitgebrachten Eruptivgesteine. 41 Gesteine des westlichen Alburs. Die von Herrn Dr. Wähner aus dem westlichen Alburs mit- gebrachten Gesteine gehören vornehmlich zwei Typen an, die sich schon ihrem äusseren Aussehen nach deutlich von einander unterscheiden. Die eine Gruppe sind Porphyrite, welche eine braungraue oder roth- braune Grundmasse haben, aus der besonders Biotit in deutlichen Tafeln hervortritt, während der porphyrisch ausgeschiedene Feldspath sich nur sehr undeutlich von der Grundmasse abhebt. Die zweite Gruppe sind Gesteine vom Typus der Labradorporphyrite, bei denen in einer meist rothbraun gefärbten Grundmasse besonders der Feldspath sehr deutlich hervortritt. Diese Gesteine haben nach dem Dafürhalten Dr. Wähner’s alle ein hohes geologisches Alter und gehören entweder den jüngeren paläozoischen oder ältesten mesozoischen Bildungen an. Die Gesteine, besonders die Porphyrite vom Charsonpass, sehen äusserlich vollkommen wie Andesite aus und nur die bestimmte Angabe Dr. Wäh- ner’s, dass die Gesteine ein hohes Alter haben, veranlasst mich, die- selben zu den Porphyriten zu rechnen. Die Porphyrite zeigen im Schliff eine im Wesentlichen gleiche Ausbildung der Grundmasse, die nur durch einen wechselnden Eisen- oxydgehalt verschieden gefärbt erscheint, und zwar von weisslich-grau bis dunkel-rothbraun. Von den Einsprenglingen ist besonders der Plagioklas oft sehr schön entwickelt, hat meist eine glasige Beschaffen- heit und zeigt immer zahlreiche Glaseinschlüsse. Die anderen porphyrisch ausgeschiedenen Bestandtheile wechseln nach den verschiedenen Locali- täten; es kommen sowohl Augit, als Hornblende und Biotit vor. In Folgendem will ich die wichtigsten Localitäten kurz erwähnen. Ein Porphyrit, der auf dem Gebirgsabhang nördlich von Mandschil anstehend gefunden wurde, besteht aus einer weissgrauen, dichten Grundmasse, in der zahlreiche grössere Biotittäfelchen ausgeschieden erscheinen. Im Schliff stellt sich die Grundmasse vorwiegend mikro- krystallinisch dar. Sie besteht aus kleinen Säulchen und Körnchen von Feldspath, zwischen denen sich jedoch kleine Partien isotroper Natur nachweisen lassen. Ausserdem ist Magnetit in geringer Menge in der Grundmasse vertheilt. - Der porphyrisch ausgeschiedene Feldspath bildet schöne, wohl umgrenzte Krystalle und zeigt oft einen zonaren Bau. Derselbe ist vollkommen wasserhell, glasig entwickelt und zeigt in Folge dessen sehr schön im polarisirten Lichte seine feine lamellare Zusammen- setzung. Er enthält sehr schöne rechteckige Glaseinschlüsse (meist mit einem Bläschen), welche in manchen Fällen, dem zonaren Bau der Feld- spathe entsprechend, in Reihen angeordnet sind. Der Biotit, der, wie schon äusserlich zu sehen ist, in schönen hexagonalen Täfelchen von tiefbrauner Farbe ausgebildet erscheint, ist natürlich auch im Schliff in Krystalldurchschnitten ersichtlich und ist fast immer opaeitisch umrandet. Ausser Biotit ist auch Augit, jedoch nur in geringer Menge, hie und da in einzelnen Krystalldurchschnitten von lichtbraungrüner Jahrbuch d. k. k, geolog. Reichsanstalt. 1885. 35. Band. 1. Heft. (C. v. John.) 6 42 C. v. John. [6] Farbe, im Dünnschliff nachweisbar. Dieser Porphyrit wird also wohl zu den Glimmerporphyriten zu rechnen sein. Ein anderer Porphyrit, der auch in diese Gruppe gehört, ist der vom Charsonpass in der Nähe des Ortes Charson. Er besitzt eine lichtgraubraune Grundmasse, in der sehr schöne Biotite, daneben aber auch Hornblendesäulchen ausgeschieden erscheinen. Sein Aussehen erinnert lebhaft an die Andesite Nordungarns und Siebenbürgens. Seine Grundmasse ist ebenso entwickelt wie die des vorigen Gesteins, nur enthält sie zahlreiche Körnchen von Eisenoxyd, welche auch die dunklere Färbung gegenüber dem vorigen Gestein bedingen. Von den porphyrisch ausgeschiedenen Bestandtheilen ist der Plagioklas in geringerer Menge vorhanden und nicht so hübsch aus- gebildet wie bei dem vorbeschriebenen Gestein. Ausser demselben ist noch Biotit, Hornblende und Augit zu erwähnen, die alle opacitisch umrandet erscheinen. Der Biotit ist in grösserer Menge vorhanden und zeigt derselbe die schon bei dem vorigen Gestein erwähnte Beschaffenheit. An Menge ihm am nächsten steht die Hornblende, die in langgestreckten Säulchendurchschnitten, die stark opacitisch umrandet sind, im Dünn- schliff erscheint. Sie ist von grüner Farbe und nicht sehr starkem Pleochroismus. Der Augit bildet kleinere, wohl umgrenzte Krystalle, erscheint im Schliff von grüner Farbe, zeigt schwachen Pleochroismus und ist, wie schon erwähnt, ebenfalls opacitisch umrandet. Aus dem westlichen Alburs sind noch Glimmerporphyrite zu er- wähnen von Mazra und aus dem Thale des Sefid Rud. Dieselben sind alle ziemlich zersetzt und haben eine durch zahlreiche Eisenoxyd- partikelchen rothbraun gefärbte Grundmasse. Die Grundmasse besteht, wie man im Dünnschliff sieht, aus zahlreichen kleinen Plagioklasleisten und einer durch rothe Körner von Eisenoxyd getrübten isotropen Masse. Da die Gesteine schon stark zersetzt sind, so sind die porphyrisch aus- gebildeten Bestandtheile oft nur schwer zu bestimmen; es wurden neben Plagioklas in diesen Gesteinen noch Biotit und Augit nachgewiesen, Hornblende wurde nirgends gefunden. Der zweite Gesteinstypus der Labradorporphyre, respective Melaphyre, aus dem westlichen Alburs ist übereinstimmend mit den von mir schon in meinem früheren Aufsatze!) beschriebenen Labrador- porphyren entwickelt. Das frischeste mir vorliegende Gestein dieser Gruppe ist das von Zereschk. Dasselbe besitzt eine rothbraune Grundmasse, in welcher zahl- reiche grosse schöne Plagioklaskrystalle ausgeschieden erscheinen. Die- selben sind meist sehr frisch und zeigen eine glasige Beschaffenheit. Die Grundmasse erscheint im Dünnschliff zusammengesetzt aus zahl- reichen schön entwickelten Plagioklasleisten, zwischen denen sich eine durch rothe und graue Pünktchen und einzelne grössere Magnetitkörner durchsetzte isotrope Masse befindet, die jedoch an Menge gegenüber den Plagioklasleistchen zurücktritt. Der porphyrisch ausgeschiedene Feldspath ist im Schliff fast wasser- hell und enthält zahlreiche, oft parallel angeordnete Schlackeneinschlüsse. !, Jahrbuch d. k. k. geol. Reichsanst. 1884, pag. 128. [7] Ueb. die von Herrn Dr. Wähner aus Persien mitgebrachten Eruptivgesteine. 43 Oft zeigt er einen zonaren Bau, immer sehr schön lamellare Zusammen- setzung. Der Menge nach bildet er beiläufig die Hälfte des Gesteins. In einzelnen grösseren, schön entwickelten Krystallen, die im Schliff mit lichtbrauner Farbe erscheinen, tritt der Augit auf. Derselbe ist in bedeutend geringerer Menge vorhanden als der Feldspath. Da- gegen spielt in diesen Gesteinen der Olivin eine ziemliche Rolle. Er ist immer in schönen Krystalldurchschnitten im Dünnschliffe er- sichtlich, die zwar nicht die Grösse der Plagioklas- oder Augitkrystalle erreichen, sich jedoch immer noch deutlich durch ihre Grösse von der Grundmasse abheben. Der Olivin ist nicht mehr frisch, sondern in eine braunrothe, stellenweise faserige Masse verwandelt. Ausser dem vorbeschriebenen Gestein sind noch Labradorporphyre derselben Ausbildung, jedoch meist stark zersetzt, aus dem Thale des Sefid Rud anzuführen. Gesteine des mittleren Alburs. Aus dem Gebiete des mittleren Alburs, besonders aus der Gegend von Bumehin, sind mehrere Gesteine zu erwähnen, die theils zu den Diabasporphyriten, theils zu den Melaphyren und Olivin- diabasen gerechnet werden müssen, da das geologische Alter nach Angabe Dr. Wähner’s ein hohes ist, ebenso wie bei den vorbeschrie- benen Gesteinen des westlichen Alburs. DieDiabasporphyrite der Umgebung von Bumehin bestehen aus einer rothbraun gefärbten dichten Grundmasse, in der zahlreiche Feldspathe und einzelne Augite ausgeschieden erscheinen. Die Grund- masse dieser Gesteine besteht im Wesentlichen aus kleinen Feldspath- leistehen und Augitkörnchen, zwischen denen kaum eine isotrope Glasbasis nachgewiesen werden kann. Die Grundmasse enthält überdies noch zahlreiche schwarze Pünktchen von Magnetit und kleine Körnchen von Eisenoxyd. Die in dieser Grundmasse ausgeschiedenen Plagioklase stellen grössere Leisten dar und zeigen deutliche Zwillingsstreifung. Der Augit bildet im Dünnschliff grössere lichtweingelb gefärbte Körner, hie und da auch schöne Krystalldurchschnitte. Eine chemische Analyse eines dieser Gesteine, welche von Herrn E. Drasche!) in unserem Laboratorium durchgeführt wurde, ergab folgende Resultate: Kieselsäure I Ahr rar an mBH 10: Percent BUSsenoxyaı. NET ei 3 Ahonerde ala WIE BIER £ BEN UN TON ann eier IR x WIESN 23 EL ET ER ET 7; N RT ERRRRI eTRO $ Baron a ne Rewe ht y ahwerlust 44: Nora 10073 Percent !) Diese und die folgenden Analysen sind dem Aufsatze: „E. Drasche. Chemische Untersuchung einiger persischer Eruptivgesteine.*“ Verhandlungen d. k. k. geol. Reichsanst. 1884, Nr. 11, entnommen. 6* 44 C. v. John. [8] Von derselben Localität sind ferner Gesteine zu erwähnen, die im Wesentlichen aus Plagioklas, Augit und Olivin bestehen und welche theils körnig, theils porphyrisch entwickelt sind. Die rein körnigen Gesteine, welche als Olivindiabase zu bezeichnen sind, erscheinen im Dünnschliff zusammengesetzt aus grossen Plagioklasleisten, die oft schlackig entglaste Glaseinschlüsse enthalten, einem lichtviolettbraunen Augit und grossen schönen Krystalldurch- schnitten von Olivin. Der Augit ist krystallographisch sehr schlecht ausgebildet und erfüllt die Zwischenräume zwischen den Feldspath- und Olivinkrystallen. Auch in der Menge tritt er gegenüber den beiden anderen Hauptgemengtheilen zurück. Der Olivin, der sich durch seine Krystallform sicher nachweisen lässt, ist vollständig zersetzt und zeigt am Rande meist eine von Eisenoxyd herrührende rothbraune Färbung, während er im Innern lichter gefärbt ist und in ein Haufwerk kleiner Fäserchen umgewandelt erscheint. Erzpartikelchen sind nur in geringer Menge vorhanden und scheint, obschon nirgends eine quadratische Form derselben ersichtlich ist, Magnetit vorzuliegen. Ausserdem sind kleine Hohlräume des Gesteins ausgefüllt mit Calcit oder mit einem delessitartigen, faserigen, grünen Mineral, welche beide wohl nur als secundäre Zersetzungsproducte anzusehen sind. Eine chemische Analyse dieses Gesteins ergab folgende Resultate: Kieselsäure 0.0 0 ..,,00 475 Dereent AISOROXYAN, nn. 9 else 0 * honerde 0%. 20.02 4.0005 TDEON x EN RT a de IC ; Magmesidr 1.47 00, Me RO pn EN Be Ar A . Een ed) 5 Glühverlust u... 0. SM EAN 10133 Percent Aus dieser Analyse ist ersichtlich, dass im Verhältniss zu dem vorbeschriebenen Diabasporphyrit das Gestein bedeutend basischer und magnesiareicher ist, was auf den Olivingehalt zurückzuführen ist. Das porphyrisch ausgebildete Gestein, also der Melaphyr von Bumehin, zeichnet sich durch die besonders schöne Ausbildung der Grundmasse aus. Dieselbe besteht aus kleinen, sehr gut ausgebildeten Plagioklasleistchen und ebenfalls schön entwickelten Augitsäulchen oder Körnchen, Resten einer Glasbasis und kleinen Magnetitkörnchen und Eisenoxydpartikelchen. Die porphyrisch ausgeschiedenen Bestandtheile, Plagioklas, Augit und Olivin, zeigen im Allgemeinen dieselbe Entwick- lung wie bei dem vorher beschriebenen Gestein, nur ist der Augit etwas besser ausgebildet und hat eine mehr gelbbraune Farbe. Glaseinschlüsse, respective Schlackeneinschlüsse, enthalten sowohl der Feldspath als auch der Augit. Der Olivin ist ebenfalls wie in dem vorbeschriebenen Olivin- diabas in schönen grossen, jedoch zersetzten Krystallen entwickelt. [9] Ueb. die von Herrn Dr.Wähner aus Persien mitgebrachten Eruptivgesteine. 45 Die chemische Analyse des Gesteins ergab nach E. Drasche: Kieselsänre . »FYPP a RES Perdent BISOnDeyaı ec N SEE 0 KEsZo n Poonerde, . 2. "un REES a Ball at. 1 Ren ne 2 R MRSBesia 2. N AO F RAU are 0 RE 5 Natron BDA Re le euer 250 n Se hy; 1) » 10103 Percent Die chemische Zusammensetzung dieses Gesteins ist also im All- gemeinen übereinstimmend mit der des Olivindiabases; auffallend ist nur das Ueberwiegen des Kalis über das Natron. Aus dem mittleren Alburs wurde von Herrn Dr. Wähner ein Geschiebe aus dem Herasthal mitgebracht, das sich bei der Unter- suchung als Andesit herausstellte. Dasselbe besteht aus einer rothbraunen Grundmasse, in der zahlreiche Feldspathe ausgeschieden erscheinen. Es erinnert also in seinem Aussehen an die Andesite des Karaghangebirges. Im Dünnschliff ist jedoch die Grundmasse wesentlich anders entwickelt und besteht aus zahlreichen kleinen Plagioklaskörnern zwischen denen sich eine von rothen Eisenoxydpartikelchen durchsetzte isotrope Basis befindet. Die ausgeschiedenen Plagioklase sind stark zersetzt und nur schwer mehr als solche zu erkennen. Augit konnte nicht gefunden werden, obschon einzelne chloritische Massen auf das ursprüngliche Vorhandensein desselben schliessen lassen. Zum Schlusse gebe ich eine Zusammenstellung der in der Arbeit beschriebenen Gesteine und der wichtigsten Localitäten, wo dieselben vorkommen. Granite (Granitite), Elwendgebirge: Thal von Gendschname. Gipfel des Elwend. Diabase: Kamm des Karaghangebirges. Olivindiabase, mittlerer Alburs: Bumehin. Glimmerporphyrite, westlicher Alburs: Thal des Sefid Rud. Mandschil. Charsonpass. Mazra. Diabasporphyrite, mittlerer Alburs: Bumehin. Melaphyre (Labradorporphyre), westlicher Alburs: Zereschk. Thal von Sefid Rud. Mittlerer Alburs: Bumehin. 46 C. v. John. Ueber die von Herrn Dr. Wähner aus Persien etc. [10] IE Andesite, Karaghangebirge: r Südwestlicher Abhang gegen Mania sr * Gebirge zwischen Teheran und Hamadan: Zwischen Tschemerin und Kuschkek. Mittlerer Alburs: "py7 Herasthal. Be Rhyolithe, nordöstliche Vorlagen des Karaghangebirges: Y v3 Zwischen Bustanek und Hisar. K Veber die Gesteine und Minerale des Arlbergtunnels. Von Heinrich Baron v. Foullon. Mit einer lithogr. Tafel (Nr. I). Das seltene Ereigniss der Durchbohrung eines mächtigen Gebirgs- theiles wie am Arlberge musste den Wunsch rege machen, die Vortheile eines solchen Aufschlusses für Geologie und Petrographie auszunützen. Zufolge der gütigen Einleitung des Herrn Hofrathes v. Hauer erhielt ich von der k. k. Direction für Staatseisenbahnbau eine Subvention una wurde mir das gesammte, durch die Herren Ingenieure während des Betriebes gesammelte Material zur Verfügung gestellt, welche Begünstigungen Studien an Ort und Stelle und im Laboratorium ermöglichten. Hiefür spreche ich meinen ergebensten Dank aus und gebe im Nachfolgenden die Resultate meiner Beobachtungen, zu denen ich gleich hier Einiges bemerken möchte. Mein erster Besuch am Arlberge erfolgte im Juni 1883, die Tunnel- arbeiten waren also bereits weit vorgeschritten. Da, wie unten gezeigt werden wird, die Tunnelaxe nahe dem Streichen der Schichten liegt, so waren a priori Aufschlüsse über die Schichtfolge und eventuell nach- weisbare Altersverschiedenheiten ausgeschlossen, die rein geologischen Beobachtungen mussten sich demnach nur auf Dynamik und im Zu- sammenhange mit petrographischen auf Genesis und Zersetzung beziehen. Es liegt in der Natur der Sache, dass erfolgreiche Studien für dynamische Geologie nur durch ununterbrochene combinirte Wechsel- beobachtungen im offenen Tunnel und über Tag bewirkt werden konnten. Hat der Tunnel auch eine beträchtliche Länge, so ist sein Gebiet doch, in Betrachtung grosser Gebirgsmassen, ein kleines. Be- rücksichtigt man ferner die Lage der Axe im Streichen, so ist klar, dass nur für die Erkenntniss von Details im Gebirgsbaue Erfolge zu erwarten waren, die sich andererseits wieder nur erreichen liessen, wenn die Beobachtungen vom Anbeginn in einer Hand gelegen gewesen wären. Selbst in best aufgeschlossenen Gebieten werden immer Lücken in den Beobachtungen bleiben, welche durch Combinationen ausgefüllt werden müssen, die einigen Werth besitzen können, wenn sie mit Berück- sichtigung aller Details geschaffen werden, deren Kenntniss und volles Verständniss nur das eigene Sehen ermöglicht. Wenn nun auch die Aufzeichnungen aller Vorkommnisse im Tunnel, wie Streichen und Einfallen der Schichten, Auftreten von Klüften, Gesteinswechsel u. s. w. Jahrbuch d. k.k. geol. Reichsanst. 1885. 35. Band. 1. Heft. (H. v. Foullon.) Ey a 48 Heinrich Baron v. Foullon. [2] in bestimmten kleinen Abschnitten mit grösster Sorgfalt und Gewissen- haftigkeit von Seite der Herren Ingenieure durchgeführt wurden, so liegt schon in dem Mangel an Zeit, alle diese Erscheinungen am Tage eingehend zu verfolgen, ein Grund, auf die Zusammenstellung eines vollständigen Bildes des detailirten Gebirgsbaues zu verzichten. In geologischer Richtung ist also kein Detailbild zu erwarten, sondern werde ich mich auf eine übersichtliche Darstellung des Gebietes beschränken, einzeine interessantere Erscheinungen aber ausführlicher behandeln. Zur petrographischen Bearbeitung lag mir ein ausserordentlich reiches Material vor, das dementsprechend eingehend bearbeitet wurde. Topographische und geodätische Daten. Die Innsbruck und Bregenz verbindende Bahnlinie verlässt bei Landeck das Oberinnthal und tritt in das Stanzerthal, in welchem sie, stark ansteigend, bis St. Anton läuft. (Tunnelmundloch St. Anton 1302-4 Meter über dem adriatischen Meere.) Letzterer Ort liegt an der Curve des Rosanabaches, der im Fervallthale, vom Ursprunge her, einen nordnordöstlichen Lauf besitzt und hier gegen Osten umbiegt. Von da an führt das Thal nach dem am Ausgange ins Innthal liegenden Öertchen Stanz den Namen. Die nördlich von St. Anton liegende Thal- wand fällt im Allgemeinen direct südlich ein und zieht sich von hier gegen Westen mit südsüdöstlichem Abfalle. Auf diesem steigt die Post- strasse empor nach St. Christoph, um bald hinter dem Weiler die Passhöhe bei 1797 Meter über dem adriatischen Meere und die Grenze zwischen Tirol und Vorarlberg zu erreichen. Der Pass selbst liegt zwischen der Arlbergalpe (Ostnordost 2188 Meter) und dem Wirth (Süd 2343 Meter), welch beiden Höhenpunkten Terrassen und Buckl vorgelagert sind. Hiemit ist auch die Wasserscheide zwischen Donau und Rhein überschritten. In dem Alfenzflussgebiet zieht sich die Strasse nieder, zwischen dem Weginacherhäuschen in Rautz und dem Orte Stuben treten die Berglehnen nahe zusammen, in kunstvollem Baue durchzieht die Strasse die enge Schlucht, nach deren Passirung der Kessel von Stuben in Serpentinen erreicht wird. Eine zweite Thalstufe liegt westlich von der Stubener Erweiterung nahe vor dem Weiler Langen, wo das westliche Mundloch des Tunnels angeschlagen wurde (Höhe des Tunnelmundloches in Langen 12184 Meter über dem adria- tischen Meere). Von hier läuft die Bahnlinie im starken Fall durch das Klosterthal nach Bludenz, wo sie an die bestehende Linie nach Bregenz anschliesst. Die ganze Strecke ist reich an den herrlichsten Scenerien, die durch die prächtige Flora, namentlich um Stuben, einen erhöhten Reiz gewinnt. Die Tunnelaxe wurde selbstverständlich an das Landestriangu- lirungsnetz angeschlossen; die Axe liegt ungefähr in 7®. Die Länge des Richtstollens betrug 10250'6 Meter. [3] Ueber die Gesteine und Minerale des Arlbergtunnels. 49 Geologische Verhältnisse des durchbohrten Gebirges. Wie so häufig, bilden auch in der Gegend des Arlberges die Haupt- thäler zwischen den krystallinischen älteren und den sedimentären jüngeren Gebirgstheilen der Hauptsache nach die Grenze. Im Westen ist es das Klosterthal, welches von Dalaas bis östlich von Rautz mit seinem linksseitigen südlichen Gehänge in krystallinischen, mit dem rechtsseitigen nördlichen in Gesteinen der Trias ansteht. Im Osten wiederholt sich dasselbe im Stanzerthale, dessen rechtsseitige süd- lichen Gehänge aus krystallinischen, die linksseitigen nördlichen aus triadischen Gesteinen bestehen. Auf der Arlbergpasshöhe verläuft die Grenze nicht im tiefsten Einschnitte; sie geht in ziemlich geradliniger Verlängerung von Rautz fast direct nach Westen am Fusse des Süd- gehänges der Schindlerspitze nördlich der Arlbergalpe hin, ein kurzes Stück bildet der oberste Theil des Steissbaches die Scheidung. Er wird bei seinem Umbuge nach Ostsüdost überschritten, in gerader Linie streichen die krystallinischen Gesteine gegen den Herrenwald nördlich von St. Anton und erreichen wenig östlich von St. Jakob den Boden des Stanzerthales. Die krystallinischen Gesteine fallen auf dieser Strecke überall nach Süd ein. Im Allgemeinen gilt dies auch von den jüngeren Ge- steinen, wenn auch hier vielfache Abweichungen vorkommen, wie dies aus Richthofen’s Darstellung hervorgeht‘). Das nächst ältere Glied über den krystallinischen Gesteinen sind verrucanoartige Gebilde, auf die rauchwackenartige Kalke und endlich Dolomit folgen. Die Rauch- wackenkalke scheinen aber nicht überall zwischengelagert zu sein). Auf der ganzen oben bezeichneten Strecke ist leider kein Aufschluss, an welchen sich die Lagerungsverhältnisse des verrucanoartigen Gesteines und der krystallinischen Gebilde direct beobachten liessen. Allein es lässt sich doch auf geringe Entfernungen von letzteren ein gleiches oder sehr ähnliches Einfallen der jüngeren Schichten mit den älteren constatiren. Nichtsdestoweniger kann man schon aus dem Ausgehen gewisser Gneissvarietäten im Streichen sehr gut entnehmen, dass die ver- rucanoartigen Gesteine „unconform“ an die krystallinischen gelagert sind. Das allgemeine Streichen der Gneisse verläuft im Westen bis zu den westlichen Hängen der Arlbergalpe ungefähr nach 6—7*®, In der Einsenkung zwischen der Schindlerspitze und der Arlbergalpe herrscht ein Streichen nach 6°, von der Spitze der letzteren nach Süd ein solches nach 8". Im Baggenthal (weiter östlich) tritt das frühere genähert (hier nach 7?/,*) wieder ein, welches in der Fort- setzung nach Osten, im Herrenwald, genau wie bei Langen, 6—7*® wird. Im südlich der Arlbergstrasse gelegenen Gebirgstheile, auf dem Wirth, Peischlkopf, Moroijöchl, Albonkopf bis über den Rauhkopf ins Nenzigastthal herrscht ein sehr gleichförmiges Streichen nach 6— 7%, !) „Die Kalkalpen von Vorarlberg und Nordtirol.“ Jahrbuch d. k. k. geol. Reichsanst. Bd. XII, pag. 87 u. £. ?) Siehe Wolf’s geologischen Bericht in: Technischer Bericht über das Project der Arlbergbahn etc. etc. Herausgegeben im Auftrage des k. k. Handelsministers von der Bauabtheilung der k. k. Generalinspection. Wien 1872. Jahrbuch der k. k. geol. Reichsanstalt. 1885. 35. Band. 1. Heft. (H. v. Foullon,) 7 50 Heinrich Baron v. Foullon. [4] das hauptsächlich nur an den nördlichen Vorköpfen des Albonkopf auf kurze Erstreckung eine Störung (S—9") erleidet. Da nun die Grenze zwischen krystallinischen und triadischen Ge- steinen von der Uebersetzung der Strasse über die Alfenz östlich von Rautz zu den beiden kleinen Seen unter der Schindlerspitze nach Ost- nordost' (circa 4®) verläuft, so müsste bei concordanter Anlagerung das Streichen ein gleiches sein; es ist aber hier nach 6" und erreicht im Maximum 8#, es müssen also die hier anstehenden Gesteine abgeschnitten werden, was auch thatsächlich der Fall ist; z. B. stosst das südlich unter der Spitze der Arlbergalpe durchstreichende Blatt der später be- schriebenen Muscovitgneisse an der bezeichneten Grenze ab und findet weiter nach Westen keine Fortsetzung. Bei dem allgemeinen Einfallen nach Süd (im Durchschnitte circa 60—65°) bilden die älteren Gesteine das Hangende der jüngeren, es ist demnach die ganze Schichtfolge überkippt. So weit meine Beobach- tungen reichen, scheint sich diese Ueberkippung weit nach Ost und West fortzusetzen; es wird Aufgabe des cartirenden Geologen sein, diese Verhältnisse in seinem noch ausstehenden Berichte darzustellen, dem ich durch vielleicht einseitige Schlüsse aus einem kleinen Terrain- abschnitte nicht vorgreifen möchte. Das durch das Klosterthal, Nenzigastthal, den von hier gegen die Spitze des Kaltenberges aufsteigenden, jenseits in das Fervallthal abfallenden Grath und das Fervallthal begrenzte Gebiet stellt demgemäss nach aller Währscheinlichkeit den nördlichen überkippten Flügel einer grossen Anticlinale dar, dessen Streichen nicht viel von der Ost-West- richtung abweicht und dessen Einfallen durchschnittlich 60—65° nach Süd beträgt. Der Verrucano und die triadischen Bildungen lagerten sich transgredirend auf die krystallinischen ab, wurden mit diesen gefaltet und gaben ausserdem für sich sehr weitgehende Verschiebungen erlitten. Aber auch im Krystallinischen findet man überall Beweise starker Be- wegung, auf die noch zurückzukommen ist. Das westliche Mundloch des Tunnels bei Langen liegt 250 bis 300 Meter südlich der triadischen Ablagerungen, das östliche bei St. Anton von der Taggrenze ungefähr 1'!/, Kilometer südlich, eine Entfernung, die sich entsprechend dem Einfallen und der Höhendifferenz vom Mund- loch in St. Anton (1302°4 Meter) und der Taggrenze (1900—2100, im Mittel 2000 Meter) reducirt. Die Tunnelaxe verläuft nach circa 7®, es werden also die Blätter der krystallinischen Gesteine unter einem sehr kleinen Winkel gespiesst, der natürlich nach den Schwankungen im Streichen bald gegen Nord, bald gegen Süd zu liegen kam, ab und zu wurde auch das Streichen der Tunnelaxe parallel. Der Richtstollen besass eine Länge von 10250°6 Meter, und man kann wohl behaupten, dass nicht ein Meter ohne An- oder Ueberfahrung von Klüften erlängt wurde. In dem von Osten aus getriebenen Theil wurden alle die Klüfte, Verwerfungen, Faltungen, Knickungen u. s. w. sorgfältigst aufgenommen und in einen Grund- und Aufriss des Tunnels eingetragen. Leider konnte diese von .dem k. k. Oberiugenieur und Sectionsleiter in St. Anton Herrn C. Wagner begonnene Arbeit aus Gründen, die sich seiner Einfluss- nahme entzogen, noch nicht beendet werden. Die Originalien des fertigen Theiles erliegen in unserem Kartenarchiv, welchem sie der geehrte [5] Ueber die Gesteine und Minerale des Arlbergtunnels. 51 Autor schenkte und uns hiedurch zu lebhaftem Danke verpflichtete. Wir wünschen nur, dass es ihm ehestens möglich werde, die äusserst mühevolle Arbeit zu Ende zu führen. Ohne Zweifel wird sich aus dieser Darstellung in Verbindung mit den sehr sorgfältig ausgeführten zahlreichen Profilen der Ostseite, welche uns die k. k. Baudirection in dankenswerthester Liberalität zur Verfügung stellte, ein genaues Bild über die Kluftsysteme, Bewegungsrichtung u. s. w. construiren lassen, auf was ich vorderhahd leider verzichten muss. Aber auch über Tags begegnet man zahlreichen Klüften und Aufbrüchen, auf die hier näher eingegangen werden soll. Man kann hauptsächlich zweierlei Brüche unterscheiden: 1. solche senkrecht auf das Streichen, 2. solche parallel dem Streichen. Zu 1. Namentlich auf der Terrasse, welche zwischen der Arlberg- strasse und den südlichen Gipfeln: Wirth, Peischlkopf u. s. w. liegt, gewahrt man nicht selten Klüfte, die das Streichen mehr weniger genau senkrecht verqueren. Im Allgemeinen erreichen sie keine bedeutende Länge (Maximum 140—150 Meter), in den quarzreichen Gesteins- varietäten stehen sie offen und beträgt die Klaffung selten bis zu einem halben Meter, oft nur einige Centimeter. Dass so schmale Klüfte bei ziemlicher Tiefe offen angetroffen werden, beweist wohl deren Eut- stehung vor nicht allzu langer Zeit zur Genüge, und ist man. daher zu dem Schlusse fortwährend stattfindender Bewegung gewiss berechtigt. Auf die diese Klüfte hervorbringende Druckrichtung wird durch den Mangel jeder constatirbaren Verwerfung oder Verschiebung ein beson- deres Licht geworfen. Diese Richtung der Klüftung ist nicht neu, denn gerade im genannten Gebiete finden sich auch solche, die mit braunschwarzer Zinkblende und sehr wenig Bleiglanz ausgefüllt sind, auf denen sogar vor Alters Bergbaue umgingen. Ein kleiner Theil ist noch offen und man kann so das baldige Auskeilen der Gangausfüllung beobachten. Zu 2. Weit interessanter sind die Brüche im Streichen. Auf allen von der Arlbergstrasse südlich gelegenen, gegen Nord abfallenden Lehnen und auf dem zwischen Wirth und Albankopf gelegenen Höhenzuge finden sich theils schmale Klüfte, theils mächtigere Aufbrüche, welch letztere zu einer ganz eigenthümlichen Terrassenbildung Veranlassung geben. Am zahlreichsten sind die Klüfte auf den nördlichen Vorköpfen des Albonkopf. Man kann hier stellenweise 10—15 hintereinander zählen. Sie besitzen an der Oberfläche am Tage eine Weite von einem halben bis zwei Meter, und lassen sich mitunter auf mehrere hundert Meter Länge im Streichen verfolgen. Ihre Tiefe muss manchmal sehr beträchtlich sein, denn obwohl sie mit grossen Gesteinsblöcken erfüllt scheinen, hört man zwischen ihnen eingeführte und fallen gelassene kleine Gesteinstrümmer noch lange rollen. Meist sind diese Aufbrüche an der Grenze der Gesteinsvarietäten — quarz- und glimmerreicher — erfolgt, hie und da weichen sie von einer einfachen Trennung der parallelen Blätter ab und reissen Blöcke aus dem links oder rechts anstehenden Gesteine heraus, überspringen mit einem, das Streichen verquerenden Verlauf ein paar Blätter, um dann wieder im Streichen fortzusetzen u. Ss. w. Das vor dem Albonkopf sich hinziehende Plateau 7° 52 Heinrich Baron v. Foullon. [6] macht mit seinen massenhaften Klüften einen geradezu beunruhigenden Eindruck. Wo geeignete Bedingungen in den Gesteinsverhältnissen vorhanden sind, erreichen solche Klüfte bei geringerer Erstreckung im Streichen eine sehr bedeutende Mächtigkeit. Ein Beispiel hiefür bietet der Nord- abhang des Wirth nahe unter dem Gipfel. Die Kluft hat hier zehn Meter Mächtigkeit und ist mit riesigen Gesteinsblöcken erfüllt, die Länge im Streichen erreicht keine hundert Meter. Das Einfallen der Schichten ist ein südliches und beträgt 60—70°. Der nördlich anstehende Ulm, also das Liegende der Kluft, wird von festem, quarzreichen Gestein gebildet, das schwer verwittert und in grossen Blöcken bricht, von denen einige recht bedrohlich ober St. Christoph hängen. Noch ragt am östlichen Rande der Kluft ein mehrere Meter hoher Riesenzahn empor. Das Hangende der Kluft wird von glimmerreicherem Gneiss gebildet, der Glimmer bildet mehr zusammenhängende Häute in ein- zelnen Theilen des Gesteins, längs welchen eine sehr geringe Cohärenz herrscht und die Trennung mächtiger Platten erfolgt. Derartige eigenthümliche Aufbrüche sind aufwärts am rechten Ufer des Albonbaches westlich von Langen und am linken Ufer des Langentobl östlich von Langen je nahe an dreissig zu zählen. Sie bilden nämlich eine Art von Terrassen mit vorgelegtem wallartigen Rande, welch letzterer entweder nur einseitig wieder an das Gebirge anschliesst, wodurch „Rinnen“ an den Abhängen entstehen, oder der Anschluss erfolgt beiderseits. So bilden sich abflusslose elliptische Kessel, die häufig einen kleinen See enthalten. Wall, Vertiefung und der dahinter ansteigende Gebirgshang sind nun mit reicher Vege- tation überzogen und die Ursache der merkwürdigen Configuration wird erst klar, wenn man die gleichen oben geschilderten Verhältnisse über der Grenze üppiger Gras- und Waldbewachsung und im kahlen Fels- terrain beobachtet hat. Eine zweite, von der vorhergehenden wesentlich verschiedene Terrassenbildung wird durch den Wechsel in der Gesteinszusammen- setzung bewirkt. Wie unten ausgeführt, herrscht auf kleine Erstreckungen steter Wechsel in der Cohärenz der Gesteine, der in grösseren Ab- ständen — senkrecht aufs Streichen — gewisse Extreme erreicht. Die quarzreichen Gesteine bleiben als Mauern und Wände stehen, die glimmerreichen unterliegen stark der Desaggregation. Wenn nun die Mauern im Streichen irgendwo durchbrochen werden, so wird dahinter das der Desaggregation entstammende Material durch Wasserabflüsse allmälig ausgetragen und es entstehen auch hier lange Rinnen im Streichen, die schliesslich die Bachbette bilden. Diese Verhältnisse sind am deutlichsten auf den Vorhöhen, die zwischen der Arlbergstrasse und den südlichen Gipfeln liegen, ausgesprochen. Von den vorbeschriebenen „Aufbruchsterrassen“‘, wie ich selbe nennen möchte, lassen sie sich durch ihre bedeutende Länge im Streichen, durch die anstehenden Gesteine und die Form des Walles leicht unter- scheiden. Bei den Aufbruchsterrassen entspricht der „Wall“ sehr häufig dünnblättrigen Gesteinen, die gewissermassen losgelöst und vorgesunken sind, so dass eine Art Blase gebildet wird. Dementsprechend ist der [7] Ueber die Gesteine und Minerale des Arlbergtunnels. 53 Wall schmal. und bogenförmig. Bei jenen Terrassen, die den verschie- ‚denen Gesteinsvarietäten ihre Entstehung danken und die ich hier der Kürze halber „Cohärenzterrassen“ nennen will, verläuft der Wall gerad- linig, dem Streichen entsprechend; er ist auf einer Seite, gewöhnlich dem Abhang zu, mauerartig, oder hat bei bedeutenderer Höhe mehrere Etagen mit niederen Wänden; auf der entgegengesetzten Seite verläuft er ziemlich flach, ist demnach breit und einseitig. Die Klüfte, welche die Aufbruchsterrassen bilden, sind nicht immer tief, es ist öfter einfaches Ueberbrechen der Schichtköpfe ihre Ursache. Sehr gut sieht man dies in den Steinbrüchen bei St. Anton, wo an der Oberfläche fast allgemein ein Einfallen nach Nord herrscht. In einer Tiefe von 5 bis 6 Meter fallen die Schichten normal nach Süd. Auch auf den nach Nord abfallenden Gehängen treten solche Ueberbrüche auf. Die glimmerreichen Gesteine bröckeln ab, lösen sich auf, wodurch die quarzreichen, der Unterlage beraubt, allmälig nachsinken, bei ihrer geringen Biegsamkeit brechen und so den elastischeren dahinterliegenden das blasenartige Vorfallen ermöglichen. Nebst diesen, blos die Oberfläche berührenden Klüften, sind gewiss tiefreichende in nicht geringer Zahl vorhanden; denn ein Theil der mächtigen, mit einer Art Reibungsbreceie erfüllten, welche in ver- schiedenen Tunnelpartien überfahren wurden, haben sicher eine sehr weite Erstreckung, wie die reichlichen Wasserzuflüsse auf ihnen beweisen. Dass die letzteren nicht noch reichlicher waren, hat seinen Grund in der Erfüllung, die zum Theile durch Gesteinsfragmente, zum Theile durch nachgesunkene Gesteinsblätter besorgt wird. Die glimmerreichen Varietäten besitzen einen hohen Grad von Biegsamkeit, und wo der Aufbruch in derlei Blättern erfolgte, was fast immer der Fall, lösten sie sich in Folge der Schwere allmälig von den quarzreicheren ab, um dann in die Tiefe zu sinken. Ausserordentlich schöne Beispiele sah man in dieser Richtung in der Langener Tunnelpartie, wo Klüfte mit bandartig gefaltenen nachgesunkenen Gesteinsblättern erfüllt waren. Bei derartigen Verhältnissen circuliren in dem durchgefahrenen Gebirge stetig die Tagwässer, obwohl die überlagernde Gesteinsmäch- tigkeit auch mehr als 700 Meter beträgt. Nichtsdestoweniger haben die Gesteine in den tieferen Tunnelpartien wohl fast überall zu beob- achtende, aber doch nur geringe Veränderungen erfahren, auf die unten näher eingegangen werden wird. Auch über Tags sieht man, mit Aus- nahme bei dem Biotit, wenig weitgehende chemische Veränderungen ; die Gesteine desaggregiren eben früher als sie chemisch sich verändern, und bei den überall herrschenden starken Neigungsverhältnissen wird der entstehende Grus bald abgetragen. Petrographische Beschaffenheit der krystallinischen Gesteine. Als Grundlage zu den petrographischen Studien diente ein überaus reiches Material. Sowohl von Seite der k. k. Subsection St. Anton, als auch jener in Langen wurden von den im Richtstollen vor Ort an- stehenden Gesteinen in kleinen gleichen Abständen Proben genommen, ebenso bei Gesteinswechsel und sonstigen auffallenden Veränderungen. 4 Heinrich Baron v. Foullon. [8] Nicht minder liegen zahlreiche Probestücke aus Firststollen, Quer- schlägen, Vollausbrüchen und Kammern vor. Ausserdem ist das bei vier unten zu erwähnenden Profilen geschlagene Material und solches von nahezu zwanzig grösseren und kleineren Touren in dem Gebiete berücksichtigt worden. Selbstverständlich konnten nicht alle diese mehrere Tausend Handstücke eingehend untersucht werden; es sind aber sämmt- liche durch meine Hand gegangen, aus ihnen wurde eine engere Auswahl getroffen, aus der erst wieder eine beschränkte Anzahl zur Herstellung von Präparaten ausgeschieden worden sind. Bei der Beschaffenheit der Gesteine, die eine vollständige Auflösung mit dem freien Auge oder der Loupe nicht gestattet, liegt keine Garantie vor, dass alle möglicher- weise vorkommenden Erscheinungen zur Beobachtung in Präparaten gelangten; doch ist mit der grossen Anzahl der Dünnschliffe die Wahr- scheinlichkeit, nichts übergangen zu haben, eine grosse. Anders verhält es sich mit der Vertheilung, respective dem örtlichen Vorkommen gewisser accessorischer Minerale. Um deren An- oder Abwesenheit in den verschiedenen Gesteinsblättern zu constatiren, hätte die Zahl der Präparate ins Unendliche vermehrt werden müssen, eine Arbeit, die mit dem zu erwartenden Resultate kaum in Einklang gestanden wäre und so besser unterblieb. Wie schon oben erwähnt, sind es weitaus überwiegend Gneisse, die das Gebirge aufbauen; an sie schliessen sich ganz untergeordnet Schiefer und Hornblendegesteine. Wie gezeigt werden wird, liessen sich die Gneisse nach den in ihnen enthaltenen Feldspatharten in zwei Gruppen scheiden: in Mikroklin-Albitgneisse und Albitgneisse. Der zwischen beiden bestehende Unterschied ist in den hier zur Betrachtung gelangenden Gesteinen ein gut durchgreifender, und da ja mit vollem Rechte der Feldspath !als Gruppirungsmineral so gerne herangezogen wird, wäre es vielleicht am besten, diese Verschiedenheit zur Abtheilung zu benützen. Aus mehrfachen Gründen möchte ich aber dennoch hievon absehen. Erstens einmal aus allgemeinen, denn es erscheint bei der Beschaffenheit der krystallinischen Gesteine und ihrer Feldspathe, soweit wir sie bis jetzt kennen, überhaupt sehr fraglich, ob der Feldspath als hauptsäch- lichstes Gruppirungsmineral wird benützt werden können, und zweitens aus localen Gründen. In dem enge begrenzten Raume ist der Unter- schied in der Feldspathführung wohl ein durchgreifender, d. h. auch alle anderen Unterscheidungsmerkmale fallen mit ihm zusammen. Geht man aber nur wenig in die älteren Gesteine, so erscheint die Ver- schiedenheit in der Feldspathführung verwischt. Andererseits ist dieselbe äusserlich nicht wahrnehmbar, zur Erkenntniss sind complicirtere Untersuchungen nöthig, die in dem einen Theile des Materials in Folge seiner Ausbildung bedeutende Schwierigkeiten verursachen. Ferner haben beide Varietäten ihre Schiefer, die sich enge an die Gneisse an- schliessen. Wenn sie auch bezüglich der räumlichen Verbreitung eine sehr untergeordnete Bedeutung erlangen, so besitzen sie doch eine genetische und hier namentlich auch technische. Sie bleiben am besten bei den zugehörigen Gneissen, was unschwer geschehen kann, wenn man ein anderes, in beiden Gesteinsarten vorkommendes Mineral als leitendes benützt, und dies ist der Glimmer. Es soll damit durchaus [9] Ueber die Gesteine und Minerale des Arlbergtunnels. 55 nicht angedeutet sein, dass man meiner Ansicht nach bei der Eintheilung der Gneisse überhaupt immer den Glimmer als Gruppirungsmineral benützen soll oder wird; hier handelt es sich lediglich darum, für ein engbegrenztes Gebiet eine praktische Gruppirung zu wählen, die auch eine äusserliche, für das freie Auge mögliche Unterscheidung gestattet. Von diesen Gesichtspunkten ausgehend, werde ich die Gneisse in solche mit vorwaltendem Muscovit und solche mit vorwaltendem Biotit theilen, obwohl auch dieser Gruppirungsart gewisse Mängel anhängen, in mancher Richtung vielleicht grössere als der ersterwähnten. Reine Muscovit- oder Biotitgneisse sind nämlich eine Ausnahme weniger bei ersterer Art, als namentlich bei letzterer. Allein man wird dennoch hier fast niemals in Verlegenheit gerathen, wohin man das eine oder andere Vorkommen stellen soll, so mannigfach auch die Variation in der Ausbildung zu beobachten ist. Muscovitgneisse. Als Typen dieser Gesteine wähle ich Proben aus dem Tunnel, und zwar 1572 Meter vom provisorischen Ostportal, 1075 Meter detto und die Gesteine, wie sie in den Steinbrüchen östlich von St. Anton (nahe in der Tunnelaxe) und süd-südwestlich von Stuben zum Zwecke der Tunnel- ausmauerung gewonnen wurden. Es sei gleich hier bemerkt, dass von diesen vier Punkten je gleiche Gewichtsmengen, zusammen mehrere Kilo- gramm, pulverisirt und aus dem Pulver eine Durchschnittsprobe genommen wurde, welches zu der unten anzuführenden Pauschalanalyse diente. Alle vier Proben sind einander sehr ähnlich; sie besitzen ein blättriges Gefüge, die einzelnen Blätter bewegen sich meist in der Dicke um zwei Millimeter herum und verlaufen auf weitere Erstreckungen ziemlich gleich, so dass eine ausgezeichnete Parallelstructur platzgreift. Sie sind mattweiss und bestehen aus Quarz und Feldspath; ersterer herrscht scheinbar vor, letzterer zeigt nicht immer glänzende Spaltflächen, bildet vorwiegend Leisten, die sich meist der Dicke der Gesteinsblätter an- fügen, aber eine Länge bis zu einem Centimeter erreichen. |Verdickungen der Feldspathindividuen und damit verbundene knotige Auftreibungen sind hier seltener. Fast alle Individuen, die glänzende Spaltflächen aufweisen, sind Karlsbader Zwillinge. Von sehr untergeordneter Bedeutung als gesteinsbildendes Mineral ist der Glimmer. Vor Allem tritt ein grau- weisser Muscovit hervor, der seltener innerhalb der Gesteinsblätter, sondern vorwiegend als Ueberzug auf den Trennungsflächen erscheint. Namentlich im grossen Steinbruche bei Stuben besitzt er einen schwachen Stich ins Bräunliche und wird bei dicker aufeinander liegenden Blättchen und damit verbundener tieferer Färbung für Biotit gehalten. Grünliche Partien rühren von der beginnenden Umwandlung im Glimmer her. Die Blättchen sind meist sehr klein, solche von circa einem Quadrat- Millimeter sind schon selten; sie bilden unregelmässige Aggregate von sehr verschiedener Grösse, die als Ueberzüge auf den Trennungsflächen, manchmal nach gewissen Richtungen parallel, angeordnet sind. Immer bleibt zwischen den dünnen, hautartigen Aggregaten Raum, in welchen sich Quarz und Feldspath der einzelnen Gesteinsblätter direct berühren, wohl auch verwachsen sein müssen, denn die Trennbarkeit der Gesteins- 56 Heinrich Baron v. Foullon. SR blätter ist eine sehr ungleiche. Grosse Ebenflächigkeit dieser Gesteine auf weitere Erstreckungen ist selten, namentlich im Steinbruche von St. Anton ist sie aber vorhanden, und war es eine sehr glückliche Wahl, von diesem Punkte das Material zur Tunnelausmauerung zu gewinnen. Die Betrachtung von Dünnschliffen lehrt bezüglich der oben beschriebenen Art der Anordnung der Minerale nichts wesentlich Neues. Das Verhältniss von Quarz und Feldspath zu einander wird bei den Mineralien besprochen werden. Thatsächlich erscheint Muscovit selten innerhalb der Gesteinsblätter, öfter sieht man grüne Pseudomorphosen und Biotitreste, auf die ich unten zurückkommen werde. Keines von den das Gestein zusammensetzenden Mineralen zeigt auch nur genäherte Formausbildung, hie und da glaubt man bei der Zertrümmerung von Gesteinsstücken das aufrechte Prisma oder die Längsfläche von Feldspathkrystallen zu sehen, die sich von den um- gebenden Quarzpartien ablösen, in Schliffen konnten auch nicht einmal diese Andeutungen wahrgenommen werden. Die Beschaffenheit der Minerale ist in fast allen Varietäten der Muscovitgneisse gleich; ich werde demnach hier die Eigenthümlichkeiten derselben hervorheben und Abweichungen, die sich vorwiegend auf Grössenverhältnisse beziehen, bei der Besprechung der Varietäten anführen. Quarz. Die Körner dieses Minerales bestehen fast immer aus mehreren Individuen, die in der Grösse sehr wechseln; häufig sind dieselben so verwachsen, dass man im gewöhnlichen Lichte dieGrenzen der einzelnen gar nicht oder nur zum Theile sehen kann, ja nicht einmal zwischen Quarz und Feldspath sind sie immer sichtbar. Die weisse Farbe rührt von massen- haften Hohlräumen und Einschlüssen her, welche die bekannte reihen- förmige Anordnung zeigen, theils liegen die Reihen mehr weniger parallel, schneiden sich aber auch, oder sind die Hohlräume und Einschlüsse central oder überhaupt local angehäuft. Hohlräume und Einschlüsse sind winzig klein, rundlich, schlauchförmig, seltener zackig; negative Krystalle wurden nie beobachtet. Soweit der geringe Umfang dieser Dinge ein Urtheil gestattet, möchte ich das Ueberwiegen der Hohlräume annehmen, Flüssigkeitseinschlüsse mit Libellen sind schon selten, solche mit spontan beweglichen äusserst selten; die letzteren sind nicht zum Verschwinden zu bringen. Ausserdem gewahrt man nicht selten Mineral- einschlüsse; ich halte einen grossen Theil für fast farblosen Epidot, andere sind Muscovitblättchen, Biotit und Apatit sind selten. Die Menge des Quarzes erscheint in den Schliffen ziemlich wechselnd, was, ab- gesehen von der wirklichen Vertheilung, wohl auch von der Wahl der Gesteinsstücke für die Präparate abhängt. Partien, die wenigstens in einer Richtung einen Centimeter erreichen, sind schon selten und dürften dem Maximum entsprechen. Das Weitere hierüber wird gleich zur Darstellung gelangen. Feldspath. Dieser Gemengtheil ist der weitaus interessanteste, und da es scheint, dass die hier zu beobachtende Ausbildungsweise namentlich in alpinen Gneissen eine grosse Verbreitung besitzt, soll sie ausführlicher behandelt werden; ich benütze hiezu das Gesammt- material der Muscovitgneisse. Bei der optischen Specialuntersuchung erfreute ich mich der werkthätigen und controllirenden Unterstützung meines geehrten Freundes Dr. M. Schuster, wodurch die Bestim- [11] Ueber die Gesteine und Minerale des Arlbergtunnels. 57: mungen jedenfalls erheblich an Werth gewonnen haben und wofür ich ihm bestens danke. Die Feldspathindividuen erreichen in manchen Varietäten und local eine bedeutende Grösse. Die grössten fand ich in einem Vorkommen an der Strasse über den Arlberg bei der ersten grossen Kehre von St. Anton west-südwestlich, wo die Strasse den Bach des Baggenthales übersetzt. Es wird da die eine Seite der Strasse von Felswänden be- grenzt, deren Streichen verquert ist; bei Punkt 20 des Profiles von Baggenthal steht ein wenige Meter mächtiges Gesteinsblatt an, in dem die schwach bläulichen Feldspathe sofort ins Auge fallen, Dimensionen von 2 x 1 Centimeter sind häufig. Im Allgemeinen sieht man stark glänzende Spaltflächen selten; unser Material zeigt sie freilich öfter, weil bei dessen Auswahl auf den Feldspath besondere Rücksicht ge- nommen wurde. Weitaus die meisten sind matt und rauh, woher dies kommt, wird unten gezeigt werden. Fast alle glänzenden Spaltflächen lassen Karlsbader Zwillinge erkennen. In Schliffen beobachtet man, dass die Begrenzung der Individuen lediglich von der Umgebung bedingt wird, auch nur genäherte Formaus- bildung ist nimals zu sehen. Der Umfang verlauft in der Regel compliecirt, die Feldspathsubstanz erfüllt Räume zwischen Quarzkörnern, diese sind vielfach in den F'eldspath hineingewachsen und grössere liegen im Feld- spath u. s. w., kurz, überall sieht man die sichersten Kriterien ganz gleichzeitiger Bildung. Ein Beispiel dieser Ausbildung soll in Fig. 1a gegeben werden; es ist einer Ge- steinsprobe aus dem Tunnel ent- nommen, 239 Meter vom proviso- rischen Ostportal. Die Zeichnung ist im polarisirten Lichte gemacht, weil iin gewöhnlichen die Grenzen zwischen Feldspath und Quarz nur zum geringsten Theile sichtbar sind Ein zweites Beispiel gehört einem Gestein aus dem Profile von Rautz (Punkt IV) an, und ist in Fig. 1, ebenfalls im polarisirten Lichte ge- zeichnet. Es sind zwei Zwillinge, wohl parallel M (010), aber mit gegeneinander geneigter c-Axe ver- wachsen. Die beiden dunkleren Lamellen gehören einem, die beiden lichteren dem zweiten Zwil- ling an. Ein dritter und vierter Zwilling, links und rechts in der Figur, sind zum Theile im gewöhnlichen Lichte gezeichnet, vom um- gebenden Quarz unterscheiden sie sich durch stärkere Trübung. Sowohl die einzelnen Feldspathindividuen sind unter sich, als auch mit dem sie umgebenden oder zwischenlagernden Quarz vollständig verwachsen, so dass im gewöhnlichen Lichte die Grenzen der Individuen und Sub- stanzen nicht wahrnehmbar sind. Die Ausbildung und Verwachsung mehrerer Individuen ist natürlich so mannigfach variirt, dass man, um alle Fälle zu erschöpfen, fast alle vorkommenden Feldspathe zeichren Jahrbuch d. k.k. geol. Reichsanstalt. 1835. 35. Band. 1. Heft. (H. v. Foullon.) 8 EEE RE NETTEER 58 Heinrich Baron v. Foullon. [12] müsste. Im Allgemeinen siad die Krystalle vorwiegend nach den Axen a und c entwickelt, mit welcher Ebene sie genähert den Gesteinsblättern parallel liegen, so dass die 5-Axen mehr weniger genau senkrecht auf der der Parallelstructur entsprechenden Absonderung liegen. Dieser Umstand hat eine gewisse Bedeutung, wie noch gezeigt werden wird. Was nun die Substanz der Feldspathe anbelangt, so erscheint sie in Schliffen nie in ganzen Individuen klar, entweder sind die Schnitte überhaupt getrübt, oder es durchziehen trübe Streifen nach einer oder zwei Richtungen dieselben, man erkennt bald, dass sie Ebenen ent- sprechen, die vorwiegend parallel P, seltener parallel einem aufrechten Prisma } oder 7 (z. B. in Fig. 1a) verlaufen. Becke!) erwähnt einer ähnlichen Erscheinung und spricht die Vermuthung aus, sie sei wahr- scheinlich die Folge von Verwitterung. Hier sieht man unter günstigen Verhältnissen, dass die Trübung durch Anhäufung winziger Blättchen hervorgerufen wird, ansonst lässt sich nichts wahrnehmen, was für oder gegen die Annahme als Verwitterurgserscheinung spräche, aus dem consequenten Auftreten in genannter Richtung wäre ich eher geneigt, sie für eine mit Einschlussanhäufung verbundene Wachsthumserscheinung zu halten. Auch sonst sind Interpositionen häufig. Im gewöhnlichen Lichte sieht man wohl oft klarere und trübere Partien innerhalb eines Schnittes neben einander, merkliche Unterschiede im Brechungsvermögen fallen aber nicht auf. In Schliffen, welche gegen die Ebene der grössten Entwicklung der Gesteinsblätter eine mehr ge- neigte Lage besitzen, erscheinen im polarisirten Lichte viele polysyn- thetisch verzwillingte Feldspathe, in solchen, die ziemlich parallel der Absonderung hergestellt werden, sind sie selten oder fehlen ganz, was mit der oben erwäbnten Lage der Feldspathkrystalloide zusammenhängt. Häufig gewahrt man feine Zwillingsstreifung neben breit entwickelten Lamellen. Fig. 1c aus einem Präparate des Gneisses aus dem grossen Steinbruche bei Sct. Anton, bei gekreuzten Nicols und Auslöschung einer Partie gezeichnet, liefert ein Beispiel. Das Bild, welches sich da bietet, ist dem der Milchstrasse in sternenheller Nacht nicht unähnlich. Fig. 1d aus dem Gneiss des Steinbruches bei Stuben, ebenfalls im polarisirten Lichte gezeichnet, zeigt eine Verwachsung verschiedener Feldspathe. Endlich ist der ab und zu erscheinenden mikropegmatischen Verwach- sung von Quarz und Feldspath zu erwähnen. Nachdem die häufige Anwesenheit von Plagioklas erkannt war, erschien es wünschenswerth, Bestimmungen über die Art desselben aus- zuführen. Nach verschiedenen Andeutungen in den Schliffen und nament- lich aus solchen, wie sie in Fig. 1d dargestellt sind, stand zu vermuthen, dass Verwachsungen von Orthoklassubstanz und einem Plagioklas nicht selten vorkommen, dennoch war das Resultat der optischen Untersuchung ein überraschendes, ich gebe hier die diesbezüglichen Beobachtungen: Tunnel 1075 vom prov. Ost-Portal. Spaltblättchen parallel P, auf die natürliche Spaltungsfläche aufgeklebt, der andere Theil abgeschliffen, 2 des ER in Lamellen auftretenden Theiles . . . : Belt 5° !) Die Gneissformation des niederösterreichischen Waldviertels. Tschermak’s mineralog. und petrogr. Mitth., Bd. IV., 1832, Seite 189. Darin S. 199. SH Pa Babe Dan N TE Dust En ae N A AN ” ‘ , [13] Ueber die Gesteine und Minerale des Arlbergtunnels. 59 Nahe senkrecht auf die Längsentwicklung obiger Lamellen ist ein kleiner zwillingslamellirter Theil eingewachsen, der gegen das Netzwerk der Hauptmasse Auslöschungswinkel von 2—3° . zeigt. Die Differenz zwischen den Auslöschungen der beiden Zwillingssysteme ee aber 9° demnach der einseitige Nrertli ee a Na 4:5° Die Hauptmasse zeigt eh sehr Hedtiiine Gitterstructur und eine Auslöschungsschiefe 13 192 Feldspath aus dem Gneiss des an in Set. Ania Spalt- blättchen paralell P, einseitig angeschliffen. Ein Theil der Substanz, der der Menge nach gegen einen anderen bald vorwaltet, bald zurücktritt, Auslöschungs- DEN 1) ee ug A FE ee 2 ET Der andere Theil mit angedeuteter Cihefskrictlir fi Re ge 19° Von demselben Korn nach einer zweiten, wenig vollkommenen Spaltrichtung abgespaltene, einseitig angeschliffene Blättchen zeigen in der klaren Substanz eine Auslöschungsschiefe von 20—21° In einer, im auffallenden Lichte bei aufgesetztem Nicol porzellan- artigen, sonst trüben, im durchfallenden schlecht durch- sichtigen Substanz eine Auslöschungsschiefe von eirca . . ie Wenn der Verlauf letzterer Partien dem aufrechten Prisma ent- spricht, was ja wohl anzunehmen ist, so erfolgt die Auslöschung im positiven Sinne Schuster’s. Ausserdem lässt sich der Austritt der positiven Mittellinie erkennen. Feldspath aus dem Gneiss des grossen Steinbruches bei Stuben. Ein unebenes, beiderseits angeschliffenes Spaltblättchen besteht aus ungemein fein zwillingsgestreiften klaren Partien und aus trüben vorherrschenden; die ersteren zeigen annähernd Aus- löschungsschiefen von 6° und 2°, die übrige Masse von circa 14°, correspondirend mit dem unter 2° auslöschenden System. Ein einseitig angeschliffenes Blättchen nach der zweiten Spalt- richtung vom selben Korn zeigt für beide Substanzen Aus- Be pReseetieien | ee wahr rate 2 ee un. . +18 Feldspath aus dem Gneiss von "Ponkt 3 XX iz it von Baggenthal. Einseitig angeschliffene Blättchen parallel P zeigen eine ungemein feine Verwachsung zweier Substanzen, von denen eine eine kleine, die andere eine grössere Auslöschungsschiefe gibt. Ein Spaltblättchen in der zweiten nes M vom selben Korn zeigt. . . . N: + 50 ist also Mikroklin allein. Aehnliche Beobachtungen liessen sich noch von vielen anderen Punkten anführen, die gegebenen dürften aber genüger, um den Be- weis für erbracht zu halten, dass hier nach den gegebenen optischen gr er Ü di; A ya ie 60 Heinrich Baron v. Fonllon. 14] Daten Verwachsungen von Mikroklin und Albit vorliegen !), somit ein grosser Theil der, gewissermassen porphyrisch erscheinenden, Feld- spathe der Muscovitgneisse Microperthit ist. Ganz entspricht er allerdings nur selten jener Verwachsungsart, für die Becke diese Be- zeichnung gewählt ?), sie ist hier meist viel gröber, und merkwürdiger- weise zeigen selbst die feinsten nicht den bekannten Schiller, wahr- scheinlich weil sie noch immer nicht fein genug sind. Da im Wesen — wohl aber nicht in der Ausbildungsweise — die vorliegende Ver- wachsung von Kali- und Natronfeldspath die gleiche ist, da ferner von den feinen Verwachsungen zu den gröberen stetige Uebergänge herrschen, so nehme ich keinen Anstand, dieselbe Bezeichnung zu gebrauchen, die, wenn man für den Microperthit mehr die Ausbildungsweise in den Vordergrund stellen will, was gewiss einige Berechtigung hat, hier durch eine andere ersetzt werden müsste. Freilich träte dann der missliche Umstand ein, dass, da einerseits so feine Ausbildungsweisen vorliegen, die doch schon die Bezeichnung verdienen, andererseits die gröberen anders benannt werden würden, erstens eine im Wesen gleiche Sache zwei Namen führte und zweitens man doch nicht recht wüsste, wo man die Grenze ziehen soll. Umsoweniger dürfte dies ent- sprechen, je weiter verbreitet die Erscheinung ist, was thatsächlich der Fall zu sein scheint. Ausser den von Becke (a. a. OÖ.) citirten Vorkommen möchte ich wenigstens noch jene in gewissen Gotthard- gesteinen hinzufügen ?), auch Hussak führt sie neuestens an‘). Die gröbere Beschaffenheit der Verwachsung gestattete hier we- nigstens den sicheren Nachweis, dass der mit dem Albit verwachsene Kalifeldspath Mikroklin ist; die Structur lässt dies mehr nur ver- muthen, denn ausgesprochene Gitter beobachtet man fast nie, die optischen Bestimmungen lassen jedoch keinen Zweifel übrig. Was nun die Verwachsungsart selbst anbelangt, so wiederhole ich, dass die Gebilde im Ganzen häufig als Karlsbader Zwillinge er- scheinen. Innerhalb derselben ist die Vertheilung der beiden Substanzen eine sehr wechselnde, bald in der Weise, dass äusserst unregelmässig contourirte Partien von abwechselnd Mikroklin und Albit ‘mit ihren Längsentwicklungen genähert parallel oder doch im Sinne von M (010) !) Einem Theile obiger Auslöschungsbestimmungen fehlt, mangelnder Prismen- spaltrisse oder Kanten wegen, der Sinn der Richtung. Aus einer Einzelbeobachtung, die mit einem solchen Mangel behaftet ist, dürfte man nun keineswegs auf die Art des Feldspathes schliessen. Wenn aber in einer Reihe von Bestimmungen, bei sonst völliger Gleichheit der übrigen Erscheinung, ein sicherer Schluss auf die Richtung bei einem Theile möglich ist, so scheint es mir erlaubt bei dem anderen, aus gleich starker Schiefe der Auslöschung zweier verwachsener Feldspatharten auch auf den Sinn rückschliessen zu dürfen. ®) a. 2a. 0. S. 196— 200. 3) Schon Mayer erwähnt, dass mit dem Orthoklas ein wenig Plagioklas vergesellschaftet ist (Untersuchungen über die Gesteine des St. Gotthardtunnels Zeitschr. d. deutschen geoloe. Gesellsch. 1879 Bd. 30, S. 14). Noch deutlicher scheint dies aus den Untersuchungsresultaten Sjögren’s hervorzugehen, über die Stapff eine kurze Mittheilung machte (ebenda Bd. 31, 1878, S. 619 und 620); Mikroklin und Plagioklas werden da häufig in einem und demselben Gesteine neben einander angeführt. *) Mineral. u. petrogr. Notizen aus Steiermark. Verhandlungen der k. k. geol. Reichsanst. 1884, Nr. 13, S. 244—246. [15] Ueber die Gesteine und Minerale des Arlbergtunnels. 61 neben einander verlaufen; in diesem Falle scheint der Albit seltener für sich wieder zwillingslamellirtt. Oder die Längsentwicklung verläuft ge- nähert dem Sinne von (100), also die einzelnen Substanzen setzen in geschlossenen Partien quer durch das Korn, dann erscheint der Albit immer fein zwillingslamellirt. Dementsprechend erhält man in Spalt- stückchen parallel M im ersteren Falle vorwiegend die eine oder die andere Substanz, die Menge der zweiten entspricht nur den seitlichen unregelmässigen Fortsätzen der Hauptpartien und ist demnach auch ganz unregelmässig geformt. In diesem Falle entspricht auch manchmal die vollkommenere Spaltbarkeit M. In der zweiten Ausbildungsweise erscheinen Mikroklin und Albit in Streifen parallel der c-Axe, derlei Körner spalten sowohl nach P als nach M nahe gleich schlecht, wie denn überhaupt die Herstellung der Präparate, der vielen misslingenden Versuche wegen, eine zeitraubende und schwierige ist und einer ge- übten Hand bedarf. Ausserdem gewahrt man oft 3—4 Spaltflächen an einem Korn, was von der Verwachsung verschieden orientirter Individuen herrührt, und es erfordert die grösste Aufmerksamkeit, um Blättchen von einem Individuum nach den zwei verschiedenen Spaltrichtungen zu erhalten. Wie schon bemerkt, herrscht der Albit im Allgemeinen vor. Die Substanz des Mikroklin erscheint in Folge massenhafter winziger Ein- schlüsse stark getrübt, jene des Albit ist klarer und enthält grössere Interpositionen. Local tritt aber auch das umgekehrte Verhältniss ein, Mikroklin herrscht vor und Albit tritt stark zurück. Aus den Schliffen allein lässt sich die Verwachsung zweier Feldspäthe nur vermuthen, zum Nachweis bedarf es unbedingt der Spaltblättchen und Präparate. Da die Körner in der beschriebenen Ausbildungsweise mit M parallel in den Gesteinsblättern liegen, ferner die Verwachsungsart mit Blättern von abwechselnd Albit und Mikroklin parallel M stark vorherrscht, die Präparate immer mehr entsprechend der Gesteinsabsonderung her- gestellt werden müsssen, weil sie sonst zerfallen, so sieht man in Schliffen auch meist nur entweder den Mikroklin mit sehr schwach angedeuteter Gitterstructur oder ein Blatt Albit, ab und zu beide in ganz unregel- mässigen Partien neben einander, so dass man weit eher an nicht orientirte Verwachsung zweier Individuen als an eine gesetzmässige zweierlei Feldspathe denkt. Einschlüsse. Wie schon bemerkt, enthält der Mikrolin massen- hafte winzige Blättchen eingeschlossen; über ihre Natur lassen sich nur Vermuthungen aufstellen, wenigstens zum grössten Theile möchte ich sie für Kaliglimmer halten. Eine Entscheidung, ob diese Blättchen als primäre Einschlüsse oder als Neubildungen anzusehen sind, ist mit Sicherheit ebenfalls nicht zu treffen, ich neige entschieden zur ersteren Ansicht. Sicher sind aber die fremden Minerale im Albit primäre Inter- positionen; es wurde ebenfalls schon erwähnt, dass sie hier in weit geringerer Zahl vorhanden, aber viel grösser sind. Ganz ausnahmsweise erfüllen sie auch mindestens 25 Proc. des Raumes der Schnittfläche. ‚Fig. 2a stellt einen Schnitt verwachsener Feldspathe aus einem Gesteine des Profiles von Rautz (Punkt I,) dar. Die Zeichnung ist mit theilweiser Zuhilfenahme polarisirten Lichtes ausgeführt. Der durch Punktirung dunkler gehaltene Theil entspricht dem Mikroklin, welcher im gewöhn- 62 Heinrich Baron v. Foullon. [16] lichen Lichte unter dem Mikroskop einen ähnlichen Farbenton hat, der aber einen Stich ins Braune besitzt. Auch scheinbar in ihm sieht man einzelne grössere Einschlüsse, doch gehören sie, wie Auslöschungsver- suche zeigen, wohl unterlagerndem Albit an. Der licht gelassene Theil ist Albit und anstossender Quarz, der hier durch die reihenförmigen Hohlräume und Einschlüsse cha- rakterisirt ist. Letztere kommen, wenn auch selten, im Feldspath ebenfalls vor. Ein zweites Beispiel über die Vertheilung weniger, grösserer Einschlüsse sei einer Gesteinsprobe aus dem Tunnel 73 Meter vom provisorischen Ostportal entnom- men. Fig. 25 stellt den, äusserst feine Zwillingslamellen enthalten- den Albitschnitt dar. Die hier als Leisten erscheinenden Einschlüsse sind nichts anderes als ziemlich flächen- reiche flache Krystalle, deren Symmetrieebene senkrecht auf der Zeichen- ebene steht. Besonders auf die rechts unter der Mitte und links oben in der Figur sichtbaren Krystalle erlaube ich mir aufmerksam zn machen, es sind typische Formen des Epidot, wie er weiter unten beschrieben werden wird. Die Anordnung der Einschlüsse nach dem aufrechten Prisma zeigen die Fig. 1a und c. Als drittes Beispiel Fig. 2c wähle ich einen Schnitt aus einer Tunnelgesteinsprobe 1372 Meter vom provisorischen Ostportal, sie zeigt die locale Anhäufung grösserer Einschlüsse, die aber sonst in der Regel mehr central liegt. Auch hier gibt es Formen, die an den Epidot erinnern. Die Vertheilung und Menge der Einschlüsse ist natürlich eine wechselvolle, die gegebenen Beispiele entsprechen aber dennoch den bemerkbaren, immer wiederkehrenden Principien. In orientirten Spalt- blättchen gewahrt man übrigens nicht selten, dass ein Theil der einge- lagerten Minerale parallel dem aufrechten Prisma oder der basischen Endfläche angeordnet ist. Mit Ausnahme des selten eingeschlossenen Biotit und ab und zu vorkommender Erze sind die übrigen Einschlüsse farblos oder fast farblos. Leichter ist der Kaliglimmer durch seine bekannten Eigenthüm- lichkeiten unter den übrigen zu erkennen, sein Vorkommen ist höchst unregelmässig, theils überwiegt er, theils ist wenig vorhanden, er fehlt aber auch ganz. Am auffallendsten ist ein stark lichtprechendes Mineral, das namentlich in den Individuen, deren Symmetrieebene parallel zur Mikroskopaxe steht, einen schwachen Stich ins Grüne besitzt. Ich halte dieses Mineral für Epidot und werde unten noch darauf zurück- kommen. Von Wachsthumserscheinungen lässt sich wenig sagen. Eigentlicher zonaler Aufbau ist nicht zu beobachten, auch die cen- A Be ee u Fe re ee a en u [17] Ueber die Gesteine und Minerale des Arlbergtunnels. 63 tralen Anhäufungen der Einschlüsse haben keine, auch nur genäherten krystallonomen Begrenzungen, wie dies beispielsweise Kalkowsky erwähnt '). Die massenhaften Einschlüsse und der Mangel jeder Formen- entwicklung weisen wohl mit aller Deutlichkeit auf äusserst kümmer- liche Verhältnisse während der Kıystallisation hin, die hauptsächlich in geringer freier Beweglichkeit der Substanzen bestand. Vielfach sieht man zerbrochene Individuen, bei denen die Anordnung der Zwillings- lamellen vermuthen lässt, dass der Bruch zu einer Zeit erfolgte, in der das Wachsthum noch nicht abgeschlossen war. Fig. 3«@ zeigt einen Schnitt aus einer Tunnelgesteins- probe 1598 Meter vom proviso- rischen Ostportal. Die Art des Auftretens des Quarzes an der rechten Seite lässt annehmen, dass bis zu dessen Endigung der Feldspath reichte, als der Bruch erfolgte. Beim weiteren Wachsthum setzten sich die Zwil- lingslamellen links im unteren Theile nicht fort. Die Bruch- stelle ist wieder mit Feldspath- substanz verkittet, die nun aber - nicht gleichmässig auslischt. In Fig. 35 sind mehrere Schnitte zerbrochener Feldspathe gezeich- net, sie gehören einem Präpa- rate an, das aus einer Probe 40 Meter vom provisorischen ÖOstportal hergestellt wurde. Endlich kommen auch gebogene Krystalloide vor, wie Fig. 3c zeigt. (Tunnel 385 Meter vom provisorischen Ostportal.) Glimmer. a) Muscovit. Ueber diesen ist nicht mehr viel mit- zutheilen, er schmilzt an den Kanten leicht zu einem grauen Email und besitzt den charakteristischen grossen Axenwinkel. In Schliffen \erscheint er farblos. Abgeschuppte Blättehen sind lichtgrau, oft mit einem Stich ins Violette. Kleinschuppige Aggregate bildet er hier nur ausnahms- weise, in der Regel kann man mit freiem Auge oder ganz schwachen Vergrösserungen die einzelnen Individuen unterscheiden. Er ist selten ganz frei von Einschlüssen, was weniger gut in Schliffen als in abge- schuppten Blättchen zu sehen ist. Der häufigste Begleiter ist Biotit, mitunter in reizenden sechsseitigen Krystallen. Nur ab und zu sind sie frisch und braun (z. B. im Steinbruche von St. Anton), sonst meist grün in beginnender Zersetzung. Ausserdem lassen sich winzige farb- lose Epidotkryställchen, Zirkon, beide selten, kohlige Substanzen und endlich grüner Epidot als Einwanderung von Biotit nachweisen. Schlauch- förmige Hohlräume sind häufig. b) Biotit. Derselbe fehlt wohl nie ganz; wenn er auch seiner Menge nach eine sehr geringe Bedeutung erlangt, so erregt er insoferne 1) „Ueber den Salit als Gesteinsgemengtheil.“ Tschermak’s mineral. Mitth. 1875, S. 45—50. Darin S. 49. 64 Heinrich Baron v. Foullon. [18] ein Interesse als er fast niemals frisch zu sehen ist. Im unver- än derten Zustande ist er braun, wie man namentlich dort gewahrt, wo er als Einschluss im Feldspath oder Muscovit erscheint. In den weitaus meisten Fällen zeigt er grüne Färbung, die immer mit Neubildungen verbunden ist. Die letzteren stellen gelbe Nadeln und Aggregate dar, die die Tendenz zur Anordnung unter 60°, respective 120° besitzen und so ein die Pseudomorphosen durchsetzendes Netzwerk bilden. Die Umwandlungsproducte aus dem Glimmer sind einerseits ein meist leb- haft pleochroitischer Chlorit und gelber Epidot. Die Kryställchen des letzteren sind oft sehr scharf ausgebildet und besitzen langsäulenför- migen Habitus; Körner sind selten. Das Resultat der Pauschalanalyse des oben bezeichneten Materials ergab folgendes Resultat: Kieselsäure - » -» -» - 75'74 Proc. Bisenoxydi # "m a Thonerde » » » » » 14:24 „ Magnesia - »- » - »- »- 042 „ IKK ta 091°, Natron. «>27 3202,25 Kal aa DB Glühverlust - »- »- » -» 070 „ 100°56 Zur Analyse wurden 0'998 Gramm, zur Alkalienbestimmung 1'4984 Gramm verwendet. Beim Aufschliessen zeigte sich eine Spur Mangan. Selbstverständlich müssten nach den vorhandenen accessorischen Mineralen Spuren von Titansäure, Schwefel, Phosphorsäure und Zirkon- erde etc. nachweisbar sein, worauf ich aus naheliegenden Gründen ver- zichtete. Die angeführte Zusammensetzung lehrt, dass nicht über 41 Proc. Quarz vorhanden sein können, eine Menge, die man höher schätzen würde. Rechnet man den ganzen Natrongehalt dem Albit zu, so würden eirca 36 Proc. dieses Minerals resultiren, 2 Proc. Kali gäben nahezu 125 Proc. Orthoklassubstanz, der Rest des gefundenen Kalis circa 3 Proc. Muscovit, Mengenverhältnisse, die mit dem Befunde insoweit übereinstimmen, als erfahrungsgemäss auch reine Mikroklinsubstanz etwas Natron enthält und hiedurch das angeführte Verhältniss zu Gunsten dieser etwas verschoben wird. Selbstverständlich ist ein Theil des Kalkes dem Plagioklas zuzurechnen. Aus diesen Mengen resultiren aber nur circa 11 Proc. Thonerde, was gegen die gefundenen 1424 Proc. sehr erheblich differirt. Die ausgewiesenen Mineralmengen, der Thonerde- rest und Glühverlust würden nur circa 97 Proc. geben. Begründet ist diese Differenz theilweise in den Methoden, denen zufolge die Thonerde leicht etwas zu hoch, die Alkalien zu niedrig gefunden werden, ferner in der Vertheilung der Alkalien als Grundlage zu obigen Berechnungen, die ja ziemlich willkürlich erfolgen muss, und in der Vernachlässigung des Kalkes, der einen hohen Thonerdegehalt im Plagioklas erfordert. Endlich wird auch der massenhaft als Einschluss und Neubildung vor- kommende Epidot zu dessen Steigerung beitragen. Es mag auch be- 119] Ueber die Gesteine und Minerale des Arlbergtunnels. | 65 - ginnende Zersetzung in den Feldspathen zu dem Missverhältnisse Ver- anlassung geben; auf diese scheint der Glühverlust hinzuweisen, der in der Höhe von 070 Proc. in dem vorhandenen Muscovit, Epidot und Chlorit allein nicht begründet sein dürfte. Das Eisen muss wenigstens zum Theile als Oxydul vorhanden sein — wohl in dem Chlorit — weil sich das fast rein weisse Puiver nach dem Glühen röthlich färbt. Der geringe Kalkgehalt beweist die Abwesenheit nennenswerther Mengen von Anorthitsubstanz im Plagioklas, jener der Magnesia, dass die massenhaft im Feldspath enthaltenen Einschlüsse nicht Salit sein können, da er wohl von dem vorhandenen Biotit absorbirt wird. Diese scheinbar spröden Gesteine zeigten in den Tunnelaufschlüssen vielfache Biegungen, die freilich oft mit Knickungen verbunden waren, an die sich auch eine vollkommene Zermalmung anschliesst. Sehr schöne Biegungen, wobei die Bugstellen völlig frei von Knickungen sind, sieht man circa 15 Meter unter der südlichen Spitze der Arlbergalpee Die 1—2 Centimeter dieken Gesteinsblätter sind hier auf eine ziemlich lange Erstreckung um 90 und mehr Grade gebogen, ohne auch nur Spuren von Brüchen oder Aufblätterungen zu zeigen. Nebessorische Minerale und Varietäten. Der oben beschriebene Gesteinstypus ist der verbreitetste und bildet die Hauptmasse, accessorische Minerale sind hier selten, es ist fast nur farbloser Epidot, der häufiger erscheint, hie und da sieht man ein Zirkonindividuum, Rutil fehlt so gut wie ganz. In der Nach- barschaft der ausgesprochenen Zweiglimmergneisse treten öfter Granate auf (z. B. Profil von Rautz, nahe der Strasse, Punkt I, und I,;). Auch Apatit lässt sich hier nachweisen (Profil von Rautz I;). Der Turmalin tritt nur an einzelnen Punkten und dann gewöhnlich in grösserer Menge auf (z. B. Profil von Rautz IV,). Die Säulen erhalten eine bedeutende Länge, man sieht sie schon mit freiem Auge, namentlich im Tunnel wurden grosse, bis 10 Centimeter lange, dicke, tiefschwarze solche, auch ganze Nester öfter, gefunden. In einem Schliffe (Tunnel, 1056 Meter vom provisorischen Ostportal) sind ein paar braune Säulchen, die ich für Staurolith halte. Allenthalben treten auch Erze in geringer Menge auf (Schwefelkies, Magnetkies) und, wie man an der Umwandlung deutlich sieht, Titaneisen. Der Muscovitgneiss bildet nicht viele Varietäten, die erstens durch die Mengen der einzelnen Minerale und zweitens durch deren Grössen- verhältnisse bedingt werden. Solche, die so recht eigentlich durch Ver- schiedenheiten in der Structur begründet sind, spielen eine untergeord- nete Rolle. Eine sehr beträchtliche Anreicherung des Quarzes lässt sich nicht beobachten, hingegen kommen grössere, flach linsenförmige und unregelmässige Ausscheidungen im Gesteine selbst öfter vor. Häufiger ist eine Zunahme des Muscovitgehaltes, die Gesteine werden dann dünnschiefriger, um endlich in Glimmerschiefer überzugehen. Wo die Feldspathe sehr gross werden, macht sich die Tendenz zur Bildung von „Augen“ geltend, die Erscheinung ist in der Regel Jahrbuchd. k.k. geol. Reichsanstalt. 1885. 35. Band. 1. Heft. (H. v. Foullon.) 9 f5 £ I fr tn 2 TEN “_ Se, KG & el) Sr aa. SC aeieh oe SEN REN REN Ah De 66 Heinrich Baron v. Foullon. [20] auf ganz geringe Ausdehnung im normalen Typus beschränkt; ein selbstständiges Gesteinsblatt bildet sie an dem bereits angeführten Punkte an der Arlbergstrasse (Profil Baggenthal, Punkt V];). Durch fleckenweise Ansammlung feinschuppiger Glimmeraggregate erhalten die Gesteine ein eigenthümliches Aussehen (so z. B. Profil St. Christoph, Punkt X,, Nordufer des Maiensees — im Tunnel wurden sie ebenfalls beobachtet). Schiefergesteine. a) Muscovitschiefer. Den Typus eines Glimmerschiefers stellt ein wenige Meter mächtiges Blatt dar, welches bei 3028 Meter vom provisorischen Westportal überfahren wurde. Es besteht aus ab- wechselnden Lagen von Muscovit und Quarz, haselnussgrosse Granate bilden starke Auftreibungen, Das letzte Mineral bietet durch seine Aus- bildung ein besonderes Interesse, es ist mit Quarz verwachsen und sendet gewissermassen Arme in den letzteren. Fig. Sa, pag. 74 zeigt eine solche Verwachsung in circa doppelter Vergrösserung. Der farblos ge- lassene Theil ist Quarz, der von vielen Sprüngen durchzogene licht- rother Granat mit Erzeinschlüssen. Der Schiefer führt noch hirse- korngrosse gelbe Epidotkörner und Säulen. An dem äusseren Umfange des Granat hat bereits Chloritbildung begonnen, die sich weiter in den Muscovit zieht. Derlei Gesteinsblätter sind selten beobachtet worden, über Tags findet man sie gar nicht, vermuthlich ihrer leichten Desaggregation wegen, die an ihren Ausbissen Mulden entstehen lässt, welche bald mit Humus ausgekleidet und überwachsen werden. In St. Anton wurden sie z. B. bei 2818 und 4271 Meter vom provisorischen Ostportal über- fahren. Quarz und Glimmer sind nicht mehr strenge in besondere Lagen getrennt, sondern mehr gemengt, ersteres Vorkommen weist viele dunkle Flecken auf. Unter,dem Mikroskop sieht man, dass diese Ge- steine eine sehr wechselnde Zusammensetzung besitzen, einerseits sind es typische Muscovitschiefer, in anderen Theilen tritt der Kaliglimmer sehr zurück und Biotit an seine Stelle. Auch die Vertheilung der accessorischen Minerale ist sehr ungleich. So enthält ein Schliff des Gesteines 4271 Meter vom provisorischen Ostportal Andalusit, der durch seinen Dichroismus (farblos, fleischroth) nicht zu verkennen ist. Ferner Staurolith in schlecht ausgebildeten Krystallen, die ausserdem mit Erz associirt und von diesem verdeckt sind (nach den Verwitterungsproducten des letzteren zu urtheilen, Titaneisen). Farbe, Spaltbarkeit, Auslöschung und leb- hafte Polarisationsfarben charakterisiren auch dieses Mineral. Endlich kommen in einzelnen Schliffen beider Punkte dünne lange und dicke kurze Säulen eines tief ölgrün gefärbten Minerales vor. Besieht man es mit starker Vergrösserung, so gewahrt man an einzelnen Individuen die charakteristische scharfe Zuspitzung des Akmit, für den auch die Farbe spricht. Die Auslöschung ist gerade, was bei der Lage der Krystalle, in welcher die scharfe Zuspitzung hervortritt, natürlich, weil die breite sichtbare Fläche r (100) entspricht; der Pleochroismus ist un- bedeutend, und endlich sieht man eine Absonderung, die einer Pyra- mide oder einer Fläche (0%) oder (hol) entspricht, lauter Eigenschaften, I ana ml san Az Sa Wi 5 ZA Pas BEE N Zee a RD Ze ick 1er ie Du ut Be ; A [21] Ueber die Gesteine und Minerale des Arlbergtunnels. 67 die nicht gegen Akmit sprechen. Zahlreiche andere Schliffe enthalten weder Andalusit, noch dieses Mineral, dessen Natur sich aus dem vor- liegenden Material allerdings nicht mit Sicherheit bestimmen liess. Interessant ist dessen Vorkommen in Pseudomorphosen nach Granat (2918 Meter vom provisorischen Ostportal), in denen vielleicht mehrere tausend gelegen haben mögen. Der Granat ist vollständig in sehr lichtgrün gefärbten Chlorit umgewandelt und in ihm liegen die langen Säulchen, die man gewiss für Rutil ansehen würde, wäre man nicht durch die weit grösseren Individuen im benachbarten Quarz aufmerk- sam geworden. Fig. 4« zeigt zwei Pseudomorphosen in circa doppelter natürlicher Grösse. Die dunklen kurzen Striche entsprechen dem allgemeinen Verlauf der einge- schlossenen Nädelchen, die aber stärker gehalten, weil sie mit freiem Auge kaum sichtbar sind. b gibt ein Detail der Anordnung in stärkerer (circa 60facher) Ver- grösserung. c ist ein Individuum aus dem Gesteine von 4271 Meter vom provisorischen Ostportal, bei starker Vergrösserung (circa 800- fach) gezeichnet, welches die steile Zuspitzung einseitig zeigt. In einem zweiten Schliffe des Gesteines von 2813 Meter vom provisorischen Ostportal, welches der biotitfüh- renden Ausbildung entspricht, sind die Granate meist frisch, auch hier sieht man, wohl nur in geringer Zahl, in ihnen das fragliche Mineral. Die Veränderung der Granate wird besonders besprochen werden. Die biotitführende Ausbildung der Probe von 4271 Meter vom provisorischen Ostportal enthält einen leider schief geschnittenen herz- förmigen Zwilling, wie sie beim Rutil so häufig sind. Er ist fast farblos und zeigt die so charakteristischen lebhaften Polarisationsfarben des Zirkon (purpurroth und grünlichblau), wofür ich die Substanz ent- schieden halte. Die Geschichte der Erkenntniss und Unterscheidung des Rutil und Zirkon in Gesteinen ist ja noch allerseits in so frischer Erinnerung, dass ich mich wohl einfach mit der Constatirung der be- obachteten Thatsache hier begnügen kann. In der von St. Anton aus betriebenen Tunnelstrecke sind häufig Gesteinsblätter überfahren worden, die durch ihren Fettglanz sofort auffallen. Sie sind blättrig (mit eirca 1—2 Millimeter dicken Blättern), lassen sich leicht in nicht sehr ebene Tafeln spalten und besitzen eine grünliche bis graue Farbe. Muscovitschüppchen, die als solche noch deutlich kenntlich, sind auf den Trennungsflächen verstreut. Die grün- lichen Stellen greifen sich fettig an und lassen Talk vermuthen. Das Löthrohr bringt keine sichere Entscheidung, weil derlei fettige Partien vom Quarz nicht zu trennen sind, und auch unzweifelhaft der Quarz selbst stellenweise das gleiche Aussehen besitzt. Unter dem Mikroskop 9* 68 Heinrich Baron v. Foulion. [22] erscheinen häufig dichte, weisse Aggregate winzigster Blättchen, die lebhafte Polarisationsfarben zeigen, was ebenfalls für Talk sprechen würde. Die hier folgenden analytischen Bestimmungen, die an einer typischen Probe von 70 Meter vom provisorischen Ostportal ausgeführt wurden, beweisen aber, dass diese Aggregate nicht Talk, sondern Glimmer. sein müssen. 0:9984 Gramm ergaben: Kieselsäure - -» - - » » 0'7752 Gramm Eisenoxyd - » » - » - 00163 ,„ Thonerde , = 2%... SD Macnesia. 2. WO Kalk. el III Glühverlust - » - » » » 0'0288 ”„ 09774 Gramm Diese Zahlen sprechen so deutlich, dass ich eine Alkalienbestimmung zum Zwecke der Constatirung, ob Talk oder Glimmer, für überflüssig erachtete. Accessorisch ist farbloser Epidot häufig, sonst fehlen andere Minerale beinahe vollständig. In fast farblosen, aus grösseren Schuppen bestehenden Aggregaten gewahrt man aber auch schwach gelbliche Epidotsäulchen, die jene Anordnung zeigen, wie dies oben bei der Umwandlung des Biotit angeführt wurde, es liegen hier also theils Neubildungen nach Biotit vor, theils ist die Umwandlung erst bei starkem Ausbleichen des braunen Biotit angelangt, und somit auch der oben angeführte Magnesia- gehalt begründet. Das Eisen ist jedenfalls wenigstens zum grösseren Theile als Oxydul vorhanden, weil das weisse Pulver nach dem Glühen bräunlichroth wird, es gehört dieses dem neugebildeten Chlorit an. Die Menge des vorhanden gewesenen Biotit ist sowohl nach dem ausgewiesenen Magnesiagehalt und nach dem Befunde in Schliffen nicht gering gegenüber den Muscovitaggregaten. Nichtsdestoweniger schliessen sich diese Schiefer doch den Muscovitgneissen ihrem ganzen Habitus nach weit besser an als den Zweiglimmergneissen, umsomehr, als man ab und zu der Verwachsung von Mikroklin und Albit begegnet. Biotitgneiss. Dieser ist der Menge nach als Hauptgestein zu betrachten, er liefert zahllose Varietäten, die in gewissen Richtungen zu den Extremen führen. Dass trotzdem durch alle ein gemeinschaftlicher Zug geht, ist sofort begreiflich, wenn man sieht, wie auf geringen Erstreckungen, oft auf einer Spanne Breite das eine Extrem in das andere übergeht. Es kann sonach eine zusammenfassende Uebersicht an die Spitze gestellt werden, umsomehr, als fast überall auch der accessorische Granat auftritt. Von der Structur muss wohl vorerst abgesehen werden, weil sie ausserordentlich wechselnd ist, doch walten fein- und dünnblättrige Aus- bildungweisen vor. Demgemäss ist das Korn klein, die grössten Dimen- sionen überhaupt erreichen die Granate. Die dünnblättrigen Varietäten, N are a ae BERTS DE, © En Ken [23] Ueber die Gesteine und Minerale des Arlbergtunnels. 69 welche leicht „schiefern“, d. h. deren einzelne Blätter sich verhältniss- mässig leicht trennen, sind häufig „knotig“. Die Knoten sind selten grösser als eine Erbse oder ein Hanfkorn, sie werder theils von Granat, theils von Feldspathkrystalloiden gebildet. Glänzende Spaltflächen bei letzteren sind aber nur vereinzelt sichtbar, was wieder von den massen- haften Einschlüssen herrührt. Die Bestandtheile würden sich im Allgemeinen der Menge nach fol- gends an einander reihen: Quarz, Feldspath, Biotit, Granat. Diese Reihen- folge ist keineswegs durchgreifend, wenn auch der Quarz weitaus in den meisten Vorkommen an der Spitze steht, so vertauscht er doch mit Granat oder Feldspath seine Stelle, local tritt Biotit an die zweite, Feldspath an die letzte u. s. w. Fast nirgends fehlt der Muscovit, meist ist seine Menge sehr gering, in manchen Fällen wächst sie, namentlich auf den Schieferungsflächen, in erheblicherer Menge an, so dass diese Varietäten schon als Zweiglimmergneisse zu bezeichnen wären. Demgemäss wechselt auch die Farbe der Gesteine, im Allgemeinen ist sie aber durch den Biotit bedingt: braun. Wo dieser ausbleicht oder mehr Museovit hinzutritt, wird sie lichtgrau, grüngrau, bei Gegen- wart von kohliger Substanz blaugrau u. s. w. Bezüglich der einzelnen Bestandtheile ist über den Quarz nichts anderes zu sagen, als was bereits beim Muscovitgneiss angeführt wurde, nur sind hier die Dimensionen weit kleiner. Der Feldspath tritt makroskopisch wenig hervor, ja man muss sich hüten, von auftretenden spiegelnden Flächen auf ihn zu schliessen, namentlich dann, wenn selbe recht glänzend sind, sie gehören in solchen Fällen fast ausnahmslos dem Quarz an. Die Feldspathspaltflächen sind entweder matt oder schwach seidenglänzend und grössere verlaufen fast immer stufenförmig. Bei solchem Material gestaltet sich die optische Untersuchung recht misslich ; aus hanfkorngrossen, ungemein einschlussreichen Krystal- loiden Spaltblättehen nach zwei Richtungen zu erhalten, gelingt unter zwanzig Fällen kaum einmal, Es müssen viele Handstücke zerschlagen werden, um überhaupt Feldspathkörner zu erhalten, und von diesen gelang es wohl häufiger nach einer Richtung Präparate herzustellen, nach beiden Richtungen nur in drei Fällen. Das Ergebniss war folgendes: Feldspath aus einer Gesteinsprobe aus dem Tunnel 2706 Mcter vom provisorischen Westportal. Bessrliches Spaltblätichen auf-M . . .. ... 2 2.0200. ..-+195° 2 5 Er 2... Be Te 0 Feldspath aus einer Gesteinsprobe vom linken Thalgehänge unterhalb Stuben vis-A-vis dem „Passür“. Spaltblättchen parallel M, auf die natürliche Spaltfläche aufge- klebt und geschliffen. Der Sinn der Auslöschungsrichtung konnte mangels des aufrechten Prisma nicht mit Bestimmtheit mn werdens 32: ee. ur 10:57 Spaltblättchen parallel P, wie oben behandelt. . . 2... +5: 70 Heinrich Baron v. Foullon. [24] Feldspath aus einer Gesteinsprobe des Tunnels 5386 Meter vom provisorischen Ostportal. Spaltblättchen, einseitig angeschliffen, parallel M. . . . . 19P parallel ? (reichlich zwillingslamellit) . . » 2 2.2.2044 Aus diesen Bestimmungen geht hervor, dass der untersuchte Feld- spath Albit ist. Alle jene Blättchen, wo nur eine Spaltbarkeit benützt, eine zweite meist gar nicht aufgefunden werden konnte, gaben Werthe, die entweder für P oder M des Albit sprechen. Auch in den Schliffen wurden keine Beobachtungen gemacht, welche für das Auftreten eines andern Plagioklas sprechen würden. Allerdings kommt ein zweiter Feld- spath ab und zu, namentlich in grösseren Ausscheidungen, vor, z. B. bei der Dynamitfabrik auf der Arlbergalpe; dieser ist nach den vor- genommenen Bestimmungen Orthoklas. In Schliffen sieht man wieder die deutlichsten Anzeichen der gleichzeitigen Bildung der constituirenden Minerale, einschliesslich des Granat. So wie Zirkel gewisse Noseane als „Schatzkästlein“ bezeichnet hat, schliessen hier die Feldspathe alle sonst vorkommenden Minerale ein; dies und der gänzliche Mangel einer Formausbildung, mit Aus- nahme beim Granat, weisen auf das fortdauernde Wachsthum von Feldspath, Quarz und Glimmer bis zur völligen Erschöpfung des Raumes. Trotz der massenhaften Einschlüsse ist regelmässige Zwillings- streifung nicht gerade selten, namentlich bei ganz kleinen Individuen. Bei grösseren ist sie meist fein und nur auf einen geringen Theil der Krystalloide beschränkt. Oft fehlt sie in einer Reihe von Schliffen ganz, was wohl mit der auch hier vorkommenden orientirten Lage in den Gesteinsblättern im Zusammenhange steht. Ueber die Art der Lagerung des Feldspathes gegen Quarz und Glimmer gibt Fig. 5a ein Bei- spiel. Dasselbe ist einem Biotit- gneiss des Profils von Baggen- thal (Punkt IV, (entnommen, der sehr quarzarm ist, wenig Mus- covit, kleine Granate und kohlige Substanz enthält. Der weiss ge- lassene Theil entspricht Quarz, der parallel schraffirte Biotit und der Feldspath ist durch die Ein- schlüsse charakterisirt. Nament- lich die von Becke angeführte, bereits citirte fenstergitterartige oder hier fast immer einfach verlaufende Streifung ist häufig zu sehen. Es lässt sich im vor- liegenden Falle leicht nachweisen, dass sie von Einschlüssen herrührt. Sonst sind Glimmer, Quarz und Granat nebst kohliger Substanz Gäste im Feldspath. Sehr reich an eigenthümlichem Granat ist der Feldspath einer Probe 116 Meter vom provisorischen Westportal, wie ihn Fig. 5b [25] Ueber die Gesteine und Minerale des Arlbergtunnels. Ti darstellt. Nebst Granat ist noch Rutil häufig, namentlich in sehr kleinen, schnurartig an einander gereihten Kryställchen, die in die Zeich- nung, der Kleinheit wegen, nicht mehr aufgenommen werden konnten. Biotit, namentlich Quarz, sind hier spärlicher vertreten; viele Kleine Glimmerfetzchen sind in der Figur weggelassen. Die feine Punktirung ist zur Charakterisirung der Feldspathsubstanz eingetragen. Der Gneiss selbst ist reich an Muscovit, schon ein Zweiglimmergneiss. In einzelnen Blättern als Zweiglimmergneiss, in anderen als Biotitgneiss entwickelt ist das Gestein des Profils von Baggenthal (Punkt X,). Ein Feldspath daraus ist in Fig. 6a dargestellt. Er ist reich au den in Schliffen linear angeordnet erscheinenden Einschlüssen, die zu trüben Streifen vereinigt sind und hier Schnitten von einschluss- reichen Ebenen entsprechen, die parallel einem aufrechten Prisma ver- laufen. Ausserdem finden sich häufig jene Kryställchen, die ich dem Epidot zuzähle. In der Zeichnung sind viele kleine Glimmerblättchen und trübe Steilen weggelassen. Fig. 65 zeigt einen Feldspath (circa 20mal vergrössert) eines Gesteines vom Profil Baggenthal (Punkt IIl,), dessen Biotit fast ganz in Chlorit umgewandelt ist. Die in der Zeichnung weiss erscheinenden, unregelmässig begrenzten Körner innerhalb der punctirten Feldspath- substanz sind Quarz. Absichtlich wurde „Körner* gesagt, weil hier keine pegmatitische Verwachsung vorliegt, sondern wirklich zahlreich, verschiedenst orientirte Quarzindividuen eingeschlossen sind. Auch hier kommen Granat, Epidot und Glimmer als Gäste hinzu. Der Mikropegmatit tritt übrigens in diesen Gneissen auch nicht selten auf. Sehr erwähnenswerth erscheint es, dass, wenn er einmal in einem Gesteinsblatt nachgewiesen, fast in jedem Präparat wieder- zufinden ist, es müssen demnach bestimmte Bedingungen sein, die diese Verwachsung veranlassen. Fig. 7a stellt eine solche dar (circa 30mal vergrössert), sie ist einem Gesteine 260 Meter vom provisorischen Westportal ent- nommen. Glimmer, Granat und Rutil sind eingeschlossen. Heinrich Baron v. Foullon. [26] | 1) Fig. 7b (eirca 30mal vergrössert) vom Profil des Hoppeland- tobel (Punkt I,) zeigt massenhafte Glimmereinschlüsse, wenigstens ein Theil derselben ist gleich orientirt, nebstdem kommt viel Granat und Rutil hinzu. Der letztere ist an seiner dunklen Umrandung links oben kenntlich. Die Zeichnung ist im gewöhnlichen Lichte hergestellt, in welchem der in der Zeichnung weiss gebliebene Theil ziemlich homogen aussieht. Bei gekreuzten Nicols erweist er sich jedoch als eine sehr feine schriftgranitartige Verwachsung, so dass kaum 30 Proc. der Fläche Feldspathsubstanz sind. Fig. 7c (eirca 30mal vergrössert) vom Profil bei Rautz (Punkt V,) zeigt links am Rande eingeschlossenen weingelben Epidot, der bis zu 1 Millimeter langen Säulen im Gestein in kleiner Menge auftritt. Sonst zeichnet sich dieses Feldspath-Individuum noch durch dichte „Streifung“ und Rutileinschlüsse aus. Bei gekreuzten Nicols lassen sich ausserdem viele Quarzkörner erkennen, während sonst hier Mikro- pegmatit vorwaltet. Ungemein reich an kohliger Substanz, Rutil und Granat, und wie man im polarisirten Lichte sieht, an Quarzkörnern ist der in Fig. 7d gezeichnete Feldspath (circa 30mal vergrössert) aus einem Gestein des Profils von Rautz (Punkt VL). Hiemit sind die wichtigsten Einschlüsse erschöpft, denn solche von Flüssigkeit sind sehr selten, ebenso Hohlräume, die keine sicht- bare Ausfüllung zeigen. Die Figuren zeigen deutlich, dass eine Anordnung der Einschlüsse nach Wachsthumsperioden, also eine solche, wie man sie gewöhnlich als „zonal® bezeichnet, nicht vorhanden ist, hingegen ist sie häufiger „orientirt“, und zwar meist nach einem aufrechten Prisma, was ins- besondere von den staubförmigen Einlagerungen gilt. Der Biotit bildet in den glimmerreicheren Varietäten gross- schuppige Aggregate, in den glimmerarmen sind einzelne Individuen gleichmässig vertheilt. Im frischen Zustande zeigt er tiefbraune Farbe und einen sehr kleinen Axenwinkel. Er ist von allen vorhandenen Be- standtheilen derjenige, welcher zuerst der Umwandlung verfällt. Sie vesteht jedenfalls in einem Verluste von Eisen, denn es tritt ein „Aus- bleichen“ ein, später beginnt Chlorit- und Epidotbildung. Das letztere Mineral schiesst in langen, dunkel weingelben, spiessigen Säulchen an, welche die bekannte Anordnung unter 60 Grad oder in Garben und Büscheln zeigen. Besonders schön sieht man diese Umwandlung in Proben des Profils vom Ausserhoppelandtobel (Punkt I, und Il). Ein Hinauswandern des Epidots aus den Glimmerpseudomorphosen in be- nachbarte Minerale ist nicht, auf Zwischenräume zwischen einzelnen Bestandtheilen nur sehr selten zu beobachten. In einem einzigen Falle (Profil von Rautz, Punkt III,) scheinen Biotit und Muscovit parallel verwachsen zu sein, es kann aber auch blosse zufällige parallele Neben- einanderlagerung sein. Sonst ist über den Muscovit nichts zu bemerken. Ueber die chemische Zusammensetzung dieser Gesteine geben folgende zwei Bauschanalysen Aufschluss. Die mit I bezeichnete wurde von Herrn E. Drasche ausgeführt. Das hiezu verwendete Gestein stammt aus dem Tunnel 3386 Meter vom provisorischen Ostportal, es enthält vorwiegend Quarz und Feldspath, welch letzterer fast keine [27] Ueber die Gesteine und Minerale des Arlbergtunnels. 73 Zwillingsstreifung, hingegen sehr häufig mikropegmatitische Verwachsung zeigt. Der in geringerer Menge vorhandene Glimmer ist beinahe aus- schliesslich Biotit. Ansonst sind noch kleine, licht rosafarbene Granate, sehr wenig Rutil und Erz vorhanden. Die Analyse II führte ich selbst aus, das Material hiezu war ein Zweiglimmergneiss 1138 Meter vom provisorischen Westportal. Diese Probe ist sehr reich an Glimmer, Biotit waltet vor. Ausserdem sind viele kleine lichtrothe Granate, wenig Rutil und etwas mehr Erz vor- handen. Zu den Bestimmungen dienten je 1 Gramm, zu jener der Alkalien 1'!/,;, Gramm. Die Ergebnisse sind: I II Kieselsäure - : -» » » 66.48 Proc. 64°18 Proc. Bisenoxyd =, 7. 170, BIN Thonerde » - » » » » 15°60 „ 16-2: Magnesia - - »- +» »- «. 298 „ 329, -, Kalk ea la 2125 163°, Natton BR a 5303; ; 314, 1 A] Be RE a a 6 > De 246 Glühverlust - - »- » -» 105 „ 2:04 ;., 100°11 100:63 In beiden Gesteinen ist das Eisen zum Theile als Oxydul vor- handen, weıl sich die betreffenden Gesteinspulver beim anhaltenden Glühen schwach bräunen. Da diese Gesteine Rutil enthalten, wurden selbe auch bezüglich des Gehaltes an Titansäure geprüft. In I wurde 1 Milligramm, in II 14 Milligramm als Titansäure erhalten. Da solche geringe Mengen Titansäure auf ihre Reinheit quantitativ nicht ohne sehr bedeutende Fehler geprüft werden können, so sind sie im obigen Befund der Menge nach nicht angeführt. Es liessen sich aus den gefundenen Quantitäten der verschiedenen . Bestandtheile natürlich unschwer einzelne Mineralmengen rechnen. Namentlich die Vertheilung der Alkalien müsste sehr willkürlich vor- genommen werden, da sie ja Orthoklas und Plagioklassubstanz, ausser- ‘dem den Glimmern entstammen, wonach das Rechnungsergebniss der subjectiven Wahl nach verschieden ausfallen würde und so wohl besser unterbleibt. Trotz der Verschiedenheit an Glimmergehalt stehen sich die Zusammensetzungen doch sehr nahe, der Glimmerreichthum kommt in II durch den höheren Gehalt an Magnesia und Alkalien zum Aus- drucke. Der hohe Glühverlust ist zum Theile auf denselben Umstand, theils auf beginnende Chloritbildung (die in keiner Probe ganz fehlt) und auf die Anwesenheit kohliger Substanz zurückzuführen. -Accessorische Minerale. Wie wiederholt erwähnt, ist der Granat ein hier fast nirgends fehlendes Mineral, ja in gewissen Gesteinsblättern erreicht er eine sehr grosse Bedeutung, es ist dem- nach kaum gerechtfertigt, ihn als „accessorisch“ zu bezeichnen. Anderer- seits liegt aber in seiner stark wechselnden Menge und dem endlichen Feblen vielleicht doch ein genügender Grund, ihn hieher zu stellen. Unstreitig ist er von allen in den beschriebenen und zu beschreibenden Jahrbuch d.k., k. geol. Reichsanstalt. 1885. 35. Band. 1. Heft. (H, v. Foullon.) 10 FREE SEE WERE WEN ee er A en Sr De a7 u} . . F: 74 Heinrich Baron v. Foullon. [28] Gesteinen das interessanteste Mineral. Seine Grösse ist sehr wechselnd, seltener ist er mikroskopisch klein, häufig hirsekorn- bis hanfkorn- gross, Erbsengrösse ist noch häufig, Dimensionen, die darüber hinaus- gehen, sind selten. Der gänzliche Mangel jedweder Formausbildung der constituirenden Bestandtheile steht in eigenthümlichem Contrast zu der häufigeren guten Formentwicklung accessorischer Minerale. Zu den letzteren zählen in erster Linie Rutil, der nebst abgerundeten grösseren Individuen scharfe kleine Kryställchen oft besitzt. Ebenso treten die kleineren Granate fast ausnahmslos in gut ausgebildeten Krystallen auf. Da ausserdem beide Minerale häufig im Feldspath, ab und zu auch im Quarz als Einschlüsse erscheinen, so liegt die Annahme nahe, dass diese Minerale zuerst zur Bildung gelangten und so genügend Raum zur freien Ausbildung besassen. Wenn das für den Rutil auch zugegeben werden kann, so ist dies beim Granat nicht der Fall. Die in der Fig. 8a darge- stellten Verhältnisse weisen darauf hin, wie, wenigstens in einer ge- wissen Periode des Wachsthums, gleichzeitige Krystallisation von Quarz und Granatsubstanz statt- gefunden haben muss. Noch deut- licher erhellt dieses Verhältniss ROTER I NE 0 in den Figuren 8b u. ce. Die hier ETF RN RE ] gezeichneten netzartigen Ausbil- Ro NS Kr dungen des Granat entstammen quarzreichen Gueissvarietäten, €e erstere vom Profil bei Rautz (Punkt III,), letztere vom Profil Baggenthal (Punkt Xd), beide in circa 30maliger Vergrösserung. Die von dem mehr weniger zu- sammenhängenden Granatskelett eingeschlossenen und umfangenen Quarztheile gehören verschieden orien- tirten Individuen an. Hier kann für Quarz und Granat das gleichzeitige Wachsthum nicht zweifelhaft sein. Nebst dieser skelettartigen Ausbildung sieht man ab und zu kör- nige. Z.B. ist sehr lichtgefärbter Granat in dem quarzreichen Gneiss des Profils vom Hoppelandtobl (Punkt IV) fast nur in Körnern ent- wickelt, oft treten viele solche kleine zu einem Aggregat zusammen. In den meisten Fällen beobachtet man aber mehr weniger scharfe Rhombendodekaeder und dann auch manchmal zonalen Aufbau, d. h. neben einem deutlich unterscheidbaren Kern eine Randzone. Der Kern ist meist von kleinen, braun erscheinenden Pünktchen erfüllt, "die sich bis zur Undurchsichtigkeit der Granatsubstanz anreichern, die helle Randzone ist davon frei oder doch sehr arm daran. Manchmal kehrt sich das Verhältniss um: der centrale Theil ist arm, eine oft den Rand nicht ganz erreichende Zone ist reich (z. B. die Granate im Feldspath, Fig. 55). Nur selten sind sie in parallelen Zügen durch den ganzen Granat gleichmässig angeordnet (im selben Gestein). Der Farbe ISLA IERENE, Yu oe ID INENN Rn Io) KEINE SE he ee » agb Da a ae Se An Alan lle a ER Dal [29] Ueber die Gesteine und Minerale des Arlbergtunnels. 75 nach würde man diese braunen Pünktchen für Rutil halten, auch Formen dieses Minerals lassen sich finden, obwohl sie meist ganz un- regelmässig sind. Behufs eventuellen chemischen Nachweises wurde aus dem Tunnelgestein 116 Meter vom provisorischen Westportal der Granat mittelst der Thoulet-Goldschmidt’schen Lösung isolirt. Schon hiebei ergab sich ein Fingerzeig bezüglich der braunen Pünktchen, das specifische Gewicht betrug nämlich nur 2:99—3'00 für die schwe- reren, hirsekorngrossen Körner, die kleineren erreichten nur 292. Hiebei ist keine scharfe Grenze wahrnehmbar, in der Lösung vom specifischen Gewicht 2’92 bleibt eiu grosser Theil suspendirt und nur ein geringer Theil sinkt unter. Wie die folgende Zusammensetzung zeigt, fehlt auch die Titansäure in quantitativ abscheidbarer Menge. Kieselsäure - * - - »=.. 3607 Proc. Titansäure - - - » - - Spur? Eisenoxyd "- = . . 2... 38:96 , Manganoxydul - - - Spur Fhonerde %'. - 7.12.2031. 9%, Maomesia = > ni Yuan oe RATE SENSE I ee 3:06 N 102°63 Das hier alsOxyd in Rechnung gestellte Eisen ist jedenfalls zum grossen Theile als Oxydul vorhanden, denn das Pulver färbt sich beim Glühen rothbraun und tritt erhebliche Gewichtszunahme ein. Auf diesen Umstand ist auch die bedeutende Ueberschreitung der Gesammtsumme der gefundenen gegen die vorhandenen Mengen der Bestandtheile zurückführen. Die Abwesenheit der Titansäure liefert den Beweis, dass die braunen Pünktchen nicht Rutil sein können, der übrigens als Ein- schluss sonst unzweifelhaft vorkommt. Das Aussehen der vermeint- lichen Einschlüsse stimmt eventuell noch in der Farbe für Biotit, die Form wohl nicht. Im Zusammenhange mit dem geringen specifischen Gewichte wird man nicht fehlen, sie als Hohlräume anzusehen, deren Färbung eine Reflexionserscheinung ist. Sie sind auch thatsächlich in den tiefer rosenroth gefärbten Granat dunkler, in den häufig vorkommenden lichten bis fast farblosen viel weniger intensiv gefärbt. Sehr kleine Einschlüsse von Quarz, Glimmer, farblosem Epidot und Rutil sind selten, wo sie auftreten, erreichen sie auch eine ziemliche Grösse. Aber fast immer ist, namentlich bei den zwei ersteren Mine- ralen, hiemit eine Art Perimorphosenbildung verbunden. Die Granat- substanz ist nur als eine Haut über die fremden Minerale gezogen. Diese Erscheinung ist keineswegs selten, und sind in Fig. 9a, d, c und d ‘vier verschiedene Fälle zur Anschauung gebracht, die leicht noch ver- mehrt werden könnten. Fig. 9a zeigt zwei Granate aus einem Gneiss des Profils von Rautz (Punkt IV,;) mit normaler Zusammensetzung. Der Granat ist meist gut ausgebildet, besitzt kaum "/, Millimeter Durchmesser und fast ausnahmslos den oben erwähnten Kern mit heller Randzone. Nicht wenige sind aber nur Ueberzüge über Biotit. Im oberen Individuum ist der Glimmer parallel der Axe c geschnitten, im unteren senkrecht 10* 76 Heinrich Baron v. Foulion. [30] auf diese. Im unteren bildet die Granatsubstanz im Schnitte einen fast völlig geschlossenen Ring um den Glimmer, nur rechts in der Mitte ist eine kleine Unterbrechung unter dem langgezogenen Korn, welches nicht direct mit dem übrigen Theil fest verwachsen sein dürfte, während der grösste Theil des Ringes aus fest verwachsenen Körnern besteht. Die quer ver- laufenden dunklen Linien scheinen keineswegs blos Sprüngen zu ent- sprechen, sondern, wie die Form der durch sie begrenzten Partien zeigt, wenigstens theilweise dem Zusammenstoss von Körnern an- zugehören. Noch deutlicher tritt dies beim oberen Individuum her- vor, vorausgesetzt, dass man diese Gebilde überhaupt noch so be- zeichnen darf. Aus den schmalen Oeffnungen ragt der Glimmer wie herausgepresst hervor. Fig. 95 gibt das Bild eines Schnittes des ebenfalls normalen Gneisses vom Profil Ausserhoppelandtobl (Punkt II). Die Granat- substanz umschliesst hier vier in Quarz liegende Glimmerblättchen. Der Ring ist auf einer Seite offen, die Innenseite schärfer als die Aussen- seite ausgebildet. Aus einem Haufwerk massenhafter kleiner Körnchen ist das in Fig. 9c dargestellte Gebilde aufgebaut. Es gehört einem ziemlich ver- änderten Gneiss des Profils von Baggenthal (Punkt IV,) an. Der mittlere Theil wird von einer Wand durchzogen, die Ausfüllung besteht aus Quarz und Glimmer. Solche „gekammerte* Individuen kommen öfter vor und steigt die Zahl der Abtheilungen auf sieben bis acht. Sie nähern sich so den in Fig. 75 und c gezeichneten Skeletten, nur dass hier die Rhombendodekaederform gut zum Ausdrucke gelangt. Eines der erwähnten „Schatzkästlein“ liefert ein glimmerreicher Gneiss des Profils vom Ausserhoppelandtobl (Punkt Il,.) in Fig. 9 d. In der Granatsubstanz selbst, sowie in dem von ihr umschlossenen Raume liegen die durch ihre dicke dunkle Umrandung charakterisirten- Rutilkryställchen, ausserdem Quarz, Glimmer und Epidot (?). In anderen kommt noch Muscovit hinzu — niemals aber wurde Feldspath darinnen beobachtet. Auf diese Erscheinung wird bei der Schlussbetrachtung nochmals zurückzukommen sein. Nicht ohne Interesse ist die Art der chemischen Veränderung der Granate, nicht in Bezug der Neubildungen, wohl aber nach ihrem Verlaufe, in dem sie ein anderes Mineral nachahmt. In Fig. 10a ist ein in Umwandlung begriffenes: Individuum aus einem Gneiss des Profils vom Ausserhoppelandtobl (Punkt ]I,;) dargestellt. Man sieht, wie die Veränderung von den zahlreichen, die Granate durchsetzenden Sprüngen ausgeht, und so anfangs der neugebildete, in verschiedenen lc 1 Al ne [31] Ueber die Gesteine und Minerale des Arlbergtunnels, 17 grünen und gelbgrünen Tönen gefärbte oder fast farblose Chlorit ein Netzwerk bildet, so dass eine „Maschenstruetur“ entsteht, wie sie für den veränderten Olivin so charak- | teristisch ist. Auch die Erzaus- scheidungen fehlen hier nicht. - Hiezu kommt noch, dass manche Schnitte in ihrer Form an Olivin erinnern, wie dies ein solcher aus einem Gneisse des Profils von Rautz (Punkt I,) in Fig. 105 dar- gestellter erweist. Eine eigenthümliche Verän- derung zeigt der Granat in einem Gneisse des Profils vom Ausserhop- pelandtobl (Punkt I,). Fig. 10c stellt einen solchen Granat dar. Die ganze äussere Hülle stellt eine gleichmässige graue, porzel- lanartige, durchscheinende Sub- stanz umgewandelt, über deren chemische Natur kein sicherer Aufschluss gewonnen werden konnte, weil es nicht gelang, eine entsprechende Menge dieser sehr kleinen Granate zu isoliren. Innerhalb der Hülle ist die Substanz rosenroth. Quarz und Rutileinschlüsse sind selten. Es fehlt aber auch hier nicht an in Chlorit umgewandelten Exemplaren. Das ganze Gestein ist in starker Verwitterung begriffen. Das Kehrbild dieser Art Veränderung liefern Granate in dem andalusit- und staurolithführenden Schiefer, welcher 2918 Meter vom provisorischen Ostportal überfahren wurde. Dieselbe porzellanartige Masse tritt als Zersetzungsproduct im Innern auf, welche von einer Hülle frischer Granatsubstanz umgeben wird. Auch hier sind Indivi- duen vorhanden, die bei gleichem örtlichen Verlauf des Zersetsungs- processes eine centrale Chloritausfüllung besitzen. An Individuenzahl, nicht aber an Masse, wird der Granat vom Rutil weit übertroffen. Es ist über ihn nicht viel zu bemerken, er bildet die bekannten Kryställchen, die oft eine bedeutende Grösse erreichen, er ist in den Gesteinen recht ungleich vertheilt, fehlt aber fast nirgends ganz; auch erscheint er häufig als Einschluss in den anderen con- stituirenden Mineralen und im Granat, sehr selten im Glimmer. Zwil- linge sieht man sehr wenige. Ein weiterer accessorischer Bestandtheil ist der Epidot. Er kommt in zweierlei Ausbildung vor, einmal in den oft erwähnten kleinen farb- losen Krystallen und in grösseren prismatischen Individuen, die aber nur selten eine Dicke von 1 Millimeter, eine Länge von 2 Millimeter erreichen und nie zahlreich werden. ‘ Makroskopisch ist er demnach fast nirgends zu gewahren, in Schliffen erscheint er als braune Schnitte, die Farbe ähnelt oft sehr jener des Rutil. Sein Auftreten ist an bestimmte, wenig mächtige ‚ Blätter gebunden, so z.B. im Profil von Rautz auf jene bei den ae ee la ande E32 en 1 a le BP DD All Fe Se 3 Ed N 3 R a DIRT a BE Ba a HT es BI, be E77 718 Heinrich Baron v. Foullon. [32] Punkten V, und VII, durchstreichenden, im Tunnel 3012 Meter vom provisorischen Ostportal u. s. w. Die häufig zu beobachtende Neubildung von Epidot im Biotit ist bereits angeführt worden. Staurolith in kleinen Kryställchen ist sehr selten, ebenso Apatit. Weit häufiger und wenigstens bei reichlichem Auftreten an be- stimmte Gesteinsblätter gebunden ist der Turmalin. Auf den Trennungsflächen sehr dünnschiefriger Varietäten, wie sie z. B. am Gehänge am linken Ufer nahe bei der Alfenzstrassenbrücke oberhalb Langen und auf der Arlbergalpe nordwestlich vom Torfmoor anstehen, findet er sich in bis 2 Centimeter langen Säulchen. In grosser Menge in br scharf ausgebildeten violblauen Kryställchen tritt er z. B. in Gneissen des & Profils von Rautz (Punkt IV,) und Ausserhoppelandtobl (Punkt ],) auf. Nicht unbemerkt soll bleiben, dass man bei diesem Minerale, wo es innerhalb der Gesteinsblätter auftritt, keinerlei Orientirung in der Ein- lagerung in Beziehung auf die Parallelstructur des Gesteines wahrnimmt, eine Erscheinung, die beim Turmalin in Schiefergesteinen sehr häufig zu beobachten ist und gewiss eine genetische Bedeutung besitzt. Die Erze spielen eine ganz untergeordnete Rolle; ein Theil ist Magnetit, ein Theil, nach den typischen Umwandlungsproducten, Titaneisen, auch an Pyrit fehlt es nicht, doch ist er selten. Die kohlige Substanz ist ein sehr häufiger Gemengtheil und durchaus nicht auf Einlagerung auf Klüfte und Zwischenräume zwischen den einzelnen Mineralen beschränkt, sondern oft auch eingeschlossen zu beobachten. Es ist dieser Umstand beziehentlich der Genesis der Substanz an sich von Wichtigkeit, aus ihrer Gegenwart lassen sich aber auch Schlüsse auf die Entstehungsart der Gesteine ziehen. Es kann dieselbe hier keinesfalls von einer Verkohlung etwa auf Klüften angesiedelter Bacterien herrühren, wie eine solche Stapff für kohlige Ueberzüge auf Harnischen anzunehmen geneigt ist!). Es wäre noch des neugebildeten Chlorits zu gedenken. Von £ Interesse ist hiebei nur die Beobachtung, wie die beginnende Chloriti- a sirung der Granate gewissermassen anregend auf die Umwandlung des Ri Glimmers wirkt. Der letztere ist allemal, wo er die in Umwandlung } begriffenen und bereits mit einer Chlorithaut überzogenen Granate be- rührt, ebenfalls ganz in Chlorit umgewandelt, während weiter von diesen die Zersetzung des Glimmers noch weit weniger vorgeschritten ist. Varietäten. Durch verschiedene Mengenverhältnisse der ein- zelnen Minerale und deren Vertheilung entstehen ausserordentlich viele Varietäten dieser Gneisse. Das eine Extrem bilden feste Gesteine, die wohl noch sehr deutlich die Parallelstructur erkennen lassen, aber fast nur aus Quarz bestehen, das andere solche, welche viel Glimmer ent- E halten, der den spärlicheren Quarz ganz umhüllt, wodurch leicht Ya blätternde Glimmerschiefer resultiren. Dieser Wechsel ist kein sprung- weiser, sondern ein allmäliger, wenn er sich auch sehr häufig inner- halb 10 Centimeter Mächtigkeit abspielt. Ein höchst instructives, ne 5 KEN 2 Er Mast E < ’ 1) Bacterien im Gotthardtunnel. Zeitschrift für die gesammten Naturwissen- schaften. Berlin 1879, pag. 848 —853. er ES 23. 2 2 EEE TER EN N ATOREN ST EN EIN NE EN [33] Ueber die Gesteine uni Minerale des Arlbergtunnels. 79 „über Hirn“ geschlagenes Stück liegt in dieser Richtung aus dem _ Sohlstollen, 3562 Meter vom provisorischen Westportal, vor. In der _ Mitte zieht ein 2 Centimeter mächtiges Blatt durch, welches aus vielen - dünnen Lagen besteht, die fast nur aus Quarzkörnern zusammengesetzt sind. Die Farbe ist grau, einzelne Blätter sind auf. geringe Erstreckung im Streichen weiss. Daran schliessen sich links und rechts je 2 bis 3 Centimeter mächtige Schichten, die noch ein dichtes Gefüge, aber schon - braune Farbe zeigen. Ab und zu sieht man Spaltflächen von Feldspath. - Dieser wird nun beiderseits häufiger, der Gneiss neigt zur Bildung kleiner Knoten. Endlich nimmt der Glimmer, sowohl Biotit als Muscovit, an Menge zu, die Individuen werden grösser und sammeln sich auf den _ Trennungsflächen zu häutigen Ueberzügen an, wodurch ein leichtes i Aufblättern des Gesteines eintritt. Dieser Theil ist nur in seinen An- fängen senkrecht aufs Streichen schlagbar, bei stärkerer Entwicklung einer solchen Ausbildung zerfallen die Stücke, es fehlt demnach die Fort- setzung, die circa 4 Centimeter mächtig war, an dem Handstück. Nach dieser beiderseitigen Einschaltung von Schieferpartien (in denen der Feldspath übrigens fast niemals ganz fehlt und die oft sehr reich an hanfkorn- und erbsengrossen Granat sind) beginnt wieder der oben - beschriebene Wechsel, welcher an der Breite der Tunnelbrust auch bis zu A0mal zu beobachten war. Mehr die Grösse als die Menge der Granate gibt ebenfalls für - die Betrachtung mit dem freien Auge zur Varietätenbildung Veranlassung, 4 indem ein Theil der Gneisse als granatführend, der andere granatfrei - erscheint. Thatsächlich fehlt aber Granat nur selten ganz, und da man heute Gesteine nach dem makroskopischen Befund, allein wohl nicht - mehr beurtheilen wird, so kann man von Varietäten mit grossen, mit | kleinen, mit viel oder wenig Granat sprechen. Eine besondere Varietät bilden jedenfalls auch jene Vorkomm- nisse, welche braunen Epidot führen; vielleicht auch die turmalinreichen. - Bezüglich des Rutils kann dies nicht gelten, weil seine Anhäufung gewiss oft nur local ist und selbst im Streichen auf wenige Centimeter Entfernung rasch wechselt. Schiefer, Ausscheidungen und Beibungsbreeeien. Nach obiger Darstellung bezüglich der Varietätenbildung liegt es mehr weniger in der Willkür des Beobachters, wo er die Grenze zwi- schen Gneiss und Schiefer ziehen will. Blätter, die ganz frei von Feld- spath sind, werden sowohl in den quarzreichen als auch in den glimmer- reichen Ausbildungen in geringer Mächtigkeit gefunden. | Im strengsten Sinne finden also continuirliche Uebergänge vom Gneiss zum Schiefer in der Mächtigkeit fortwährend statt. So wie nun einerseits die quarzreichen Partien zu grossen Quarzlinsen (mitunter - 40—50 Kubikmeter) anwachsen, die schon als Ausscheidungen zu be- trachten sind und durch ihre Härte den Stollenbetrieb sehr erschwerten, 80 nehmen stellenweise die Schieferpartien an Mächtigkeit zu und verursachten mancherlei Schwierigkeiten, namentlich jene Gesteine, die als graphitische Schiefer zu bezeichnen sind. In den oben er- Ei: j \ N ö I a N ET RE SI IR ö ni; 80 Heinrich Baron v. Foullon. [34] wähnten feinschuppigen, vorwiegend aus Muscovit und Quarz bestehenden Schiefern der Muscovitgneisse reichert sich die kohlige, graphitähnliche Substanz allmälig so an, dass die Gesteine dunkel schwarz, abfärbend und leicht zerreiblich werden. Ueber Tags finden sich solche namentlich im Fervallthale und an mehreren Punkten anstehend. Sie sind massen- haft von Klüften durchzogen, die nur zum Theile den Trennungsflächen der übrigen Gesteine entsprechen. Auf ihnen begegnet man sehr häufig typischen Harnischen, polirten Flächen, die von gleitender Bewegung herrühren. Aber auch in sehr complicirten Krümmungen verlaufende Absonderungen zeigen einen hohen Glanz, und da die Art des Aneinander- liegens und die Beschaffenheit der Oberflächen solcher Stücke das Hervorbringen des Glanzes durch Abreibung bei gleitender Bewegung vollständig ausschliessen, so kann er nur durch bedeutenden Druck hervorgerufen worden sein. Auch zwischen diesen graphitischen Schiefern liegen Quarzlinsen, und sind diese häufig so von feinen Klüften durch- zogen, dass sie bei der Blosslegung zu feinem Mehle zerfallen, gewiss auch nur eine Folge des hohen Druckes, dem sie ausgesetzt waren. Die Kluftsysteme führen zur häufigen Bildung keil- und kolben- förmiger, seltener flach linsenförmiger, mit sehr glatter Oberfläche ver- sehener Gesteinssegmente von ausserordentlich wechselnden Dimensionen. Je nach der Grösse solcher wurden sie durch die Erweiterungsarbeiten eher oder später so weit von der Umgebung, in welcher sie einge- klemmt waren, befreit, dass sie durch ihre eigene Schwere in Bewegung geriethen, und da ihr Gewicht oft sehr bedeutend war, übten sie auch grossen Druck aus. Diese Bewegungen wurden selbstredend durch die glatte Oberfläche, ferner durch die graphitähnliche Substanz und auf der Langener Seite oft noch durch Wasser, welch letztere beide als Schmiermittel wirkten, wesentlich begünstigt. Auch die oben erläuterten structurellen Eigenschaften, die im Zu- sammenhange mit der Menge der einzelnen Bestandtheile stehen, führten zu Druckerscheinungen. In jenen Gesteinspartien, in denen der Glimmer häutige Ueberzüge bildet, tritt eine sehr leichte Trennbarkeit der ein- zelnen Gesteinsblätter ein. Bei dem Einfallen der Schichten nach Süd machten sich denn auch beim Blosslegen grösserer Oberflächen am süd- lichen Ulm Durchbiegungen oft bemerkbar; es trennten sich nämlich durch die Schwere die nur oben und unten gestützten Gesteinsblätter allemal von den weiter hinten liegenden dann ab, wenn in nicht zu grosser Entfernung Blätter folgten, die hautähnliche Glimmerüberzüge tragen. Anfangs bildeten sich gewissermassen Blasen, die, wenn sie nicht schnell genug auf Zimmerung kamen, durchbrachen, namentlich dann, wenn das durchgebogene Gesteinsblatt sehr quarzreich war oder sich in den Blasen Wasser ansammelte. Auf diese Art der Bewegung ist auch die Verschiebung der Ge- wölbe in einigen wenigen Ringen zurückzuführen, die fast ausnahmslos im selben Sinne erfolgte. Es wurde nämlich der Gewölbsbogen am südlichen Ulm etwas nach innen gedrückt, gleichzeitig die Fussmauer am nördlichen Ulm etwas in den offenen Tunnelraum geschoben. Letztere Erscheinung ist wohl auf ein Abreissen der im Verflächen ihrer natür- lichen Stütze beraubten Gesteinspartien zurückzuführen. [35] Ueber die Gesteine und Minerale des Arlbergtunnels. 81 Auch die Wasserzuflüsse waren in einem gewissen Zusammenhange mit der Gesteinsbeschaffenheit, namentlich auf der Langener Seite. Die erschrottenen Quellen flossen fast ausnahmslos auf quarzreichen Schichten herab. In ihnen sind die einzelnen Individuen fest zu Körner und auch diese sind unter einander verwachsen, derlei Bänder sind dem- nach, so lange sie nicht gebrochen, wasserundurchlässig oder schwer durchlässig. Es gelang daher auch in mehreren glimmerreichen, stark wasserführenden Partien, den Zufluss, der aus vielen Trennungs- flächen regenartig niederging, dadurch zu concentriren, dass man durch Seitenstollen bis auf die quarzreichen Schichten auslängte, an denen, wie über ein Dach, die Wässer abflossen. Diese Seitenstollen, welche senkrecht aufs Streichen getrieben wurden, standen selbst in den dünnblättrigsten Gesteinspartien ohne Zimmerung. Hätte der Tunnel eine ähnliche Richtung haben können, so wäre natürlich manche Schwierigkeit nicht eingetreten, gewiss wäre aber der Fortschritt in der Streckung des Sohlstollens kein so bedeu- tender gewesen wie bei dem Vortrieb nahe im Streichen. Es kann nämlich keinem Zweifel unterliegen, dass bei den nothwendigerweise sehr tiefen Bohrlöchern in den dünnblättrigen, nicht fest an einander - lagernden Gesteinsblättern durch die vorhandenen zahlreichen Zwischen- räume ein guter Theil der Sprengwirkung verloren gegangen wäre. Es handelt sich hiebei nicht um die allfällige Möglichkeit des Ausströ- mens der Gase, sondern um die weit minder günstige Fortpflanzungs- geschwindigkeit und Verluste des Stosses in dem durch die vielen Zwischenräume elastisch gewordenen Medium. In der Richtung des Streichens findet innerhalb der Gesteins- blätter ein elastisches Ausweichen nicht, oder doch nur in verschwin- dend geringem Grade statt, das Ausweichen in der Mächtigkeit ist durch die Continuität der Gesteinsmasse, die ja hier unverritzt ist, ein beschränkteres als bei dem Blosslegen einer Brust senkrecht: aufs Streichen. Freilich wird dieser Factor mit der Zunahme der Brisanz des Sprengmittels immer kleiner, allein bei den vielen tausend Chargen wird auch eine kleine Differenz im Erfolge von grosser Wirkung. Die unzähligen Klüfte, die die Gebirgsmasse nach allen Rich- tungen durchziehen, waren nur selten offen, sondern meist mit einem lettenartigen Material erfüllt. Wie die mikroskopische Untersuchung lehrt, ist dieser „Letten“ nichts Anderes als eine Reibungsbreccie, die allerdings nur seltener eine compacte Masse bildet, meist ist dieses Gereibsel ein von Wasser durchtränkter teigiger Grus. Die compacten Massen sind jedenfalls durch Druck zusammengepresst und zeigt z. B. ein 4 Centimeter mächtiges Blatt von 1218 Meter vom provisorischen Westportal, das auch viele eckige Gesteinsbruchstücke enthält, beider- seits schöne graphitische Harnische, Durch einfaches Schlämmen lassen sich alle Bestandtheile der Gesteine finden, vorwiegend aber sind es feine Muscovitblättchen, Feldspath und Quarzfragmente, seltener deut- lich erkennbare Biotittheile und Granattrümmerchen, die ihn zusammen- setzen. Bei dem grossen Firstenbruch auf der Langener Seite betrug diese Masse, wohl auch an anderen Orten durch Wasser in den Hohl- raum eingetragen, mehrere hundert Kubikmeter. Herr E. Drasche Jahrbuch d. k. k, geol. Reichsanstalt. 1885. 35. Band. 1. Heft. (H. v. Foullon.) 11 Te DE ER TERLER, 32 Baron Heinrich v. Foullon. [36] war so freundlich, eine Analyse durchzuführen, deren Ergebniss fol- gendes war: Kieselsäure - - - - - » 61'52 Proc. Eisenoxyd "ANNE IT Thonerde mr re BT Magnesia + Hrn lu Natron - - - ET Dh IN RE 231 4 Glühverlust - - - - - 305-1, 10082 Der Maegnesiagehalt weist auch auf eine ziemlich bedeutende Menge von Biotit, es entzieht sich dieser seiner leichteren Zersetzbar- keit wegen meist der Beobachtung unter dem Mikroskop, weil die ausgeblichenen winzigen Schüppchen von denen des Muscovit nicht zu unterscheiden sind. Hornblendegesteine. Wie aus der Darstellung der geologischen Verhältnisse ersichtlich, treten Hornblendegesteine nur untergeordnet auf, ihr Vorkommen ist aber in genetischer Hinsicht um so bemerkenswerther, je weniger mächtig die Einlagerungen in den Gneissen sind. Die ausser dem Tunnelbereiche anstehenden Vorkommen bei St. Jacob, das am obersten Ende des Profils vom Hoppelandtobl wahrscheinlich in einem schmalen Blatt durchziehende, sowie jenes vom Profil von Rautz, sind vergleichs- weise zur Untersuchung herangezogen worden. Im Tunnel selbst wurden solche einigemale angefahren, z. B. 2434, 2908 und 3552 Meter vom provisorischen Westportal, in nur einige Centimeter mächtigen Blättern, an die sich beiderseits Biotitgneisse anschliessen. Von der Ostseite ist nur das bei 4931 Meter vom provisorischen Portal angefahrene, wenig mächtige Blatt bekannt, ebenfalls in Ver- bindung mit Biotitgneiss. Die bezüglichen Vorkommen sind schon mit dem freien Auge als Hornblendegesteine erkennbar, die Hornblende erscheint in winzig kleinen, dunkelgrünen Säulchen mit lebhaftem Glanze, mitunter sieht sie gewissermassen wie Mikrostrahlstein aus. Gegen die Contactflächen mit dem Biotitgneiss erscheinen auch Biotitblättchen, sonst überall kleine Granate. Feine Caleitadern sind eine Erscheinung, die man fast nur in diesen Gesteinen beobachtet. In Schliffen erweisen sich die Gesteine als Hornblendegneisse, Die in Handstücken ziemlich scharf verlaufende Grenze zwischen Biotit und Hornblendegneiss tritt auch in den Präparaten hervor, doch greift der Biotitgehalt ziemlich weit in das Hornblendegestein hinüber, bis er allmälig verschwindet. Anderseits nimmt der Hornblendegehalt ausserordentlich rasch zu, bis dieses Mineral den stark überwiegenden Bestandtheil des Gesteines aus- macht. Sie bildet stengelige Säulen und besitzt lebhaften Pleochroismus (gelbgrün bis graugrün), schliesst häufiger Rutil ein, tritt aber auch als u Me A ZN a2 [37] Ueber die Gesteine und Minerale des Arlbergtunnels, 83 Einschluss im Feldspath auf, geradeso wie die anderen constituirenden Bestandtheile in den Biotitgneissen, denen sie — bis auf den Umtausch von Hornblende und Biotit — ausserordentlich ähnlich sind. Man findet dementsprechend überall den typischen Feldspath, Quarz, Granate, Rutil, aber auffallend viel Apatit. Die Probe 2908 Meter vom provisorischen Westportal enthält auch in geringer Menge rhomboedrisches Carbonat, und zwar in Verhältnissen gegenüber den anderen Bestandtheilen, dass es als ursprünglicher Gemengtheil zu betrachten — was in Gneiss ja keineswegs eine neue Erscheinug ist. In den Hornblendegneissen des Profils vom Hoppelandtobl (Punkt I,.) tritt fast farbloser Epidot mit in die Combination, der sich in den Vor- kommen des Herrenwaldes stark vermehrt, ja Epidot gegen Hornblende vorwaltet. Es sind dies feldspath- und quarzarme Epidot-Horn- blendegneisse. Der Epidot ist in letzterem Vorkommen weingelb, die Hornblende besitzt einen deutlichen Stich ins Blaue. Man begegnet grünen Gesteinen hier im Herrenwalde in ziemlicher Mächtigkeit, doch sind diese auf der Karte als Hornblendeschiefer aus- geschiedenen nicht durchaus solche. Die grössere Masse ist ein Gneiss, welcher neben Hornblende grünen Biotit, im übrigen auch viel licht- weingelben Epidot enthält. Nicht ohne Interesse ist hierin das Vorkommen von Tridymit. In einzelnen Partien fehlt die Hornblende ganz. Insoferne in den nachfolgenden zwei Gesteinsarten auch hie und da etwas Hornblende vorkommt, können selbe anhangsweise in dieser Gruppe behandelt werden, obwohl sie in einem Extrem der Ausbildung eigentlich recht abweichenden Aussehens und anderer Zusammen- setzung sind — am besten wären sie im letzteren Falle als epidot- führende Quarzite, ansonst als epidotreiche Gneisse zu be- zeichnen. Die zu beschreibenden Mineralcombinationen bilden immer nur schmale Blätter, 1—5 Centimeter mächtig, welche zwischen Biotitgneiss liegen, und zwar sind sie gewissermassen ein Ersatz für die quarz- reichsten Varietäten, die, wie man aus obigen Darstellungen sich er- innern wird, immer ein Blatt zwischen den knotigen, normalen und endlich dünnschieferigen Varietäten bilden. Selbstverständlich wurden nicht alle die Tausende der beobachteten quarzreichen Partien mikro- skopisch untersucht, immerhin aber doch so viele, um sicher sagen zu können, dass die epidotführenden, oder besser solche, in denen der Epidot zum constituirenden Bestandtheil wird, selten sind. Es sollen zwei Typen zur Beschreibung gelangen. Die erste Probe ist dem Tunnel — 3067 Meter vom provisorischen Ostportal — durch- schnittlich 5 Centimeter mächtig, eine zweite dem Profil von Rautz (Punkt VI,.) entnommen, diese ist 1—2 Centimeter mächtig. Beide, makroskopisch als quarzreiche Gesteine kenntlich, zeigen bei starker Cohärenz deutliche Parallelstructur, erstere bei mittlerem, letztere bei sehr feinem Korne, diese ist lichtgrau, jene dunkelgrau, beide besitzen ziemlichen Glanz. Der Epidotgehalt lässt sich nicht einmal vermuthen. Das erstere ist ein Gneiss mit sehr wenig Hornblende, enthält aber in grösserer Menge ein farbloses Mineral, das in allen Eigen- schaften, in Schliffen, dem Zoisit entspricht. Die accessorischen Mine- 11% a a en. R KAT BR ENENR N TRATER 2 na 84 Baron Heinrich v. Foullon. [38] rale der Hornblendegneisse: Granat, zersetzter Biotit, Rutil, und namentlich Apatit kehren wieder. Die zweite Probe besteht aus Quarz, einem farblosen Mine- rale, das mit seinen Formen für Epidot zu halten ist, sehr wenig Horn- blende und den oben angeführten accessorischen Mineralen. Bevor auf Weiteres über den Epidot eingegangen werden soll, mag gleich erwähnt werden, dass es nicht gelang, durch Zerkleinerung und Abscheidung nach dem speeifischen Gewichte und mittelst des Elektromagnets gesonderte reine Mineralgruppen zu erhalten. Bei der Kleinheit der Bestandtheile muss die Zertrümmerung bis zur Staubform gehen, und durch gegenseitiges Haftenbleiben von verschiedenen Mine- ralen werden weitaus der grössten Menge nach Zwischenproducte und nur minimale Mengen reinere Endprodukte erhalten. Um eine genügende Quantität solcher für eine Analyse zu bekommen, müsste man viele Kilogramme des Gesteins aufarbeiten, Mengen, die mir von einem Vor- kommen nicht zur Verfügung standen. Da beide Hauptminerale — Epidot und Quarz — farblos sind, so wird auch eine nachherige Prüfung der abgeschiedenen Gruppen unter dem Mikroskope bei der Kleinheit der Partikelchen geradezu unmöglich. Die vorgenommenen Analysen erweisen denn auch, dass nur eine Anreicherung in der einen oder anderen Richtung statthatte, und ziehe ich es demnach vor, hier die Bausch- analyse des Gesteins anzuführen, die für den vorliegenden Zweck aus- reicht. Gefunden wurden in 1 Gramm: Kieselsäure »- - » » -» - 83'78 Proc. Kisenoxyd ı +! „ru. 0 MADITEN Thonerde. +. 72.222998, Magnesia” ee =), 71-0422) Kalkar a 2 ee A Glühverlust ABER 10018 Ausserdem wurden 0°07 Proc. Manganoxyd gefunden. Da aber bei der Prüfung auf seine Reinheit etwas hievon verloren ging, wurde es in obiger Zusammenstellung weggelassen. Mangan ist jedenfalls vorhanden, beim Aufschliessen erhält man eine deutliche Reaction. Beim anhaltenden Glühen des lichtgrauen Gesteinpulvers bräunt sich dasselbe merklich, so dass ein Theil des Eisens als Oxydul vorhanden sein muss. Von den vorhandenen Mineralen: Hornblende, Granat, Apatit, Biotit und Rutil kann füglich abgesehen werden, da deren Mengen zu gering sind, um einen wesentlichen Einfluss auf die chemische Zusammen- setzung auszuüben. Nicht zu vernachlässigen ist jedoch der Gehalt an Erz — Magnetit — welcher die Menge des ausgewiesenen Eisenoxydes gewiss stärker beeinflusst. Da aber auch in dem durch warme Salz- säure längere Zeit behandelten Gesteinspulver nach dem Auswaschen und Trocknen eine grössere Menge Eisen vorhanden ist, so ist nicht zu zweifeln, dass das farblose, als Epidot bezeichnete Mineral einen nennenswerthen Eisengehalt besitzt. Dies, bei der sich von selbst er- gebenden Discussion der Analyse berücksichtigt, ergibt im Zusammen- [39] Ueber die Gesteine und Minerale des Arlbergtunnels. 5 hange mit den nachfolgend anzuführenden weiteren Eigenschaften, dass das Mineral, obwohl farblos, nicht Zoisit, sondern wirklich Epidot ist. | Dieses Vorkommen muss deshalb ausführlich zur Darstellung gelangen, weil es den Ausgangspunkt für den Nachweis der kolossalen Verbreitung eben des in so kleinen Individuen farblosen Epidotes in den krystallinischen Gesteinen der Alpen bildet, worauf bereits in vorausgegangenen einschlägigen Publicationen meinerseits wiederholt hingewiesen wurde. Da dort, wo der Epidot in den bekannten weingelben bis zeisig- grünen Säulchen auftritt, derselbe am leichtesten zu erkennen ist, diese Ausbildung auch als „typisch“ gilt, obwohl die farblose, in den alpinen Gesteinen wenigstens, die weit verbreitetere ist, so soll sie für die Constatirung der Krystallformen zuerst in Betracht kommen. Hiezu wähle ich einen Epidotschieferr vom Ausgange des Gaisbaches, unmittelbar bei Rauris. Die schön weingelben Individuen, mit denen das Gestein dicht erfüllt ist, zeigen in Schliffen vorwiegend die Formen, welche in Fig. 11 unter a, b, c, d, e und f dar- gestellt sind. Mit Ausnahme von 5 sind alle so gezeichnet, dass die Auslöschungsrichtung hori- zontal verläuft, bei b entspricht sie der Längs- entwicklung. Die Betrachtung der Krystalle c, e und f, nase von welchen man bei den Schliffen mehr weniger Su parallel der Trennungsflächen hergestellt, e selten sieht, lässt mit ziemlicher Wahrscheinlichkeit die dieselben begrenzenden Formen erkennen. Bei e und f liegt M (001) mehr weniger parallel mit der Zeichenebene, die seitliche Begrenzung erfolgt durch n (111), oben und unten schliessen sich an M bei dickeren Kryställchen mehrere Flächen in Form schmaler Facetten an. Bei dem enormen Formenreichthum der Zone [010] lässt sich natürlich eine be- stimmte Angabe über die vorliegenden Flächen nicht machen, aus den Formen von e dürfte aber mit grosser Wahrscheinlichkeit hervor- gehen, dass r (101) häufig stärker entwickelt auftritt. 7’ (100) scheint ausnahmslos schmal ausgebildet zu sein, wonach die Krystalle nach der Axe c stark verkürzt wären, eine Beobachtung, die in der Folge ihre Bestätigung finden wird. Wenn man von den langen dünnen Säulchen absieht, so kann man für die grössten Krystalle Dimensionen mit 0'25 X 0'15 Millimeter, für die kleineren, scharf ausgebildeten 0'08 X 0-05 Millimeter als reichlich gerechnete Durchschnitte annehmen. Es sind dies Grössen, welche im convergent polarisirten Lichte unter dem Mikroskope schon ganz gut Beobachtungen zuliessen, wenn nicht die geringe Körperlichkeit und damit verbundene Unter- oder Ueberlagerung durch Quarz weitaus in den meisten Fällen störend wirken würde. In einzelnen Fällen gelingt sie dennoch, und da sieht man mehr weniger am Rande der grössten Fläche eine Axe austreten, wie dies in f angedeutet ercheint, was im Zusammenhalte mit der seitlichen Begrenzung deutlich für M spricht. de > 7. - 86 Baron Heinrich v. Foullon. [40] In sehr vielen Kryställchen sieht man statt einer grossen Fläche in der Ebene des Präparates zwei wenig gegen einander geneigte, was mehr durch Reflexe, denn durch eine sichtbare Kante hervortritt, in @ und d ist eine solche wohl gezogen. Aus dem Verlauf der seitlichen Begrenzung und der bei Auf- und Abbewegen des Mikroskopes sichtbar werdenden Kanten gegen die schmalen seitlichen Begrenzungsflächen erkennt man, dass die grossen Flächen nicht M und 7, wohl aber M und z (102) sein können, was umsomehr hervorzuheben ist, als ja die allein auftretende grosse Fläche (abgesehen von dem Austritte der Axe) als 7, die seitliche Begrenzung durch » und o (011) bewirkt aufgefasst werden könnte. Messungen der ebenen Winkel können selbstredend hier zu keinen Entscheidungen führen, sie bewegen sich, natürlich mit Ausnahme bei e, alle um 60 Grad herum. Die Spaltbarkeit des Epidots kommt so gut wie gar nicht zum Ausdrucke, hingegen sind Sprünge mehr weniger senkrecht auf die Längsentwicklung oder ungefähr parallel den seitlichen Begrenzungs- flächen die Regel, was in Beziehung auf den Salit wohl im Auge zu behalten ist. - Ausser den hier angeführten Abbildungen von «—f könnten noch sämmtliche von Kalkowsky für den Salit gegebenen ‘) hinzugefügt werden ; alle dort gezeichneten Formen lassen sich auch hier beobachten. Ausserdem muss öfter /nachweisbare stark schiefe Auslöschung gegen die Längsentwicklung lang säulenförmiger Krystalle cunstatirt werden, welche wahrscheinlich hier zum Theile durch Unterlagerung bewirkt wird, andererseits aber, wie später gezeigt werden soll, darin ihren Grund hat, dass die Längsentwicklung nicht nach der Axe b erfolgte, sondern eigenthümliche Verzerrungen platzgreifen, die sehr leicht zu irrigen Anschauungen über die relative Lage der Elasticitätsaxen führen müssen. Schon hier mit den weingelben Kryställchen kommen kleinere farblose vor, die genau gleiche Form und optische Eigenschaften besitzen, also wohl unzweifelhaft demselben Minerale angehören. In den erwähnten beiden Vorkommen vom Arlberg erscheinen nun alle Individuen farblos. Das Mineral des Tunnelgesteines würde man ohneweiters als Zoisit bezeichnen; es bildet Aggregate säulenförmig entwickelter Individuen, welche die häufig hervortretende Spaltbarkeit parallel der Längsentwicklung und die bekannten eigenthümlichen blauen Polarisationsfarben zeigen. Diese können, da sie nach Kalkowsky auch der Salit aufweist (a. a. O. pag. 47), als ein Unterscheidungs- merkmal der beiden Minerale nicht benützt werden. Als ein sicheres und entscheidendes Merkmal dürfen sie ja überhaupt nicht gelten. In dem Vorkommen von Rautz walten farblose Körner des Epidot vor, schlecht ausgebildete grössere Krystalle sind ziemlich häufig, schärfere selten, hingegen lassen sich winzig kleine solche öfter beobachten. Fig. 12a, b und c zeigen Formen aus diesem Gesteine. « ist ein ziemlich gut ausgebildeter grosser Krystall, d ein minder gut ent- !) Ueber den Salit als Gesteinsgemengtheil. Tschermak’s Mineral. Mitth., Jahrg. 1875, pag. 45—50, Fig. pag. 46. [41] Ueber die Gesteine und Minerale des Arlbergtunnels. 87 wickelter, der aber die Spaltbarkeit und Absonderung aufweist. ce ist ein Zwilling, unter tausenden von Krystallen der einzige beobachtete, die Zwillingsgrenze ist im gewöhnlichen Lichte nicht sichtbar. Sie sind, wie bereits so oft hervorgehoben, farblos und verhalten sich optisch genau so wie die vorbeschriebenen weingelben Epidote. Fig. 12. Fig. 13. a a Er 0 9 . u: = 17: FEES TR, EN b = c Dieser farblose Epidot besitzt in den von mir untersuchten alpinen krystallinischen Gesteinen eine enorme Verbreitung‘), Der Habitus der Krystalle nähert sich meist den in Fig. 11a—f dargestellten, namentlich sind die mikroskopisch kleinen oft modellscharf entwickelt. Einen etwas abweichenden Habitus haben die Vorkommen in rhombo&@drischen Carbonaten, dessen Extrem die fast hauchförmigen Blättchen aus dem Magnesit der Gegend von Dienten bilden ?). Sie sind deshalb wichtig, weil bei ihnen jene oben erwähnte Verzerrung platz- greift, welche sehr leicht zu irrigen Anschauungen über die relative Lage der Elasticitätsaxen führen könnte. In Fig. 13a—d sind Kryställchen gezeichnet, welche aus den Lösungsrückständen des Magnesit stammen. « bietet die normale Ausbildung; man sieht auf der breiten Fläche solcher Kryställchen Lemniscaten oder eine Axe, es findet also der Austritt der Mittel- linie mehr weniger parallel der Axe des Mikroskopes statt. Trotz der Dünne der Blättchen ist neben vorwaltend M (001) auch r (101) entwickelt. Formen wie sie in d, mit Hinweglassung der aufgewachsenen und eingeschlossenen Pyritkryställchen, Quarz- und anderer Einschlüsse, dargestellt sind, sieht man häufig, noch häufiger und vielleicht in über- wiegender Mehrzahl sind die Verzerrungen ce und 5. Im gewöhn- lichen Lichte hält man sie für gleiche Ausbildungsweisen, wie sie in @ gezeichnet sind, die optische Untersuchung zeigt schiefe Aus- !) Ueber die petrographische Beschaffenheit der krystallinischen Schiefer der untercarbonischen Schichten etc., Jahrb. d. k. k. geolog. Reichsanstalt 1883, Bd. 33, pag. 207—252. — Ueber die petrographische Beschaffenheit krystallinischer Schiefer- gesteine aus den Radstädter Tauern etc., ebenda 1884, Bd. 34, pag. 635—658. ?) Siehe letztangeführte Arbeit, pag. 655—656. 838 Baron Heinrich v. Foullon. [42] löschung gegen die Längsentwicklung, dieselbe beträgt 23—24 Grad gegen die längste Kante. Da der Winkel rechts oben bei ce 66—67 Grad misst, so folgt, dass die Auslöschungsrichtung auf der kurzen, horizontal verlaufenden Kante senkrecht steht. Da man nun auch hier, freilich der Kleinheit der Individuen, der aufgewachsenen und eingeschlossenen Minerale wegen nur seltener, den Austritt der Mittellinie oder einer Axe constatiren kann, so ist eine Verwechslung mit Augit wohl aus- geschlossen. Es ist selbstverständlich, dass auch Glimmer ähnliche Formen liefern kann, allein Abweichungen der Winkel bis zu 67 Grad lehren sofort, dass dieses Mineral nicht vorliegen kann. Namentlich die facettenartigen Flächen an der oberen und unteren Begrenzung, wie dies bei d unten gezeichnet, führen, wenn man die typischen Epidote einmal kennt, sofort auf dasselbe Mineral. Nachdem sich nun zeigt, dass der mikroskopische Epidot sehr häufig farblos erscheint, so wird es sich, da die Krystallformen nach Kalkowsky’s Figuren und meinen Beobachtungen eine Unterschei- dung von Salit und Epidot nicht möglich machen würden, als noth- wendig erweisen, in derlei Fällen genaue Erhebungen über die optische Örientirung durchzuführen. Meines erachtens wird man aber in allen Fällen, wo man keine Spaltbarkeit des Augit, keine charakteristischen Winkel dieses Minerals oder den Mangel an Thonerde nachweisen kann, weit eher auf Epidot als auf Salit schliessen müssen '). Ueber das Vorkommen der beschriebenen Gesteine im Terrain und Tunnel. In der Voraussetzung, dass aus den Tunnelaufnahmen in St. Anton und in Langen bis zur Fertigstellung der petrographischen Unter- suchungen Grund- und Aufriss der Tunnelstrecke vollendet werden könnten, wurden in St. Anton von Herrn H. Steininger, in Langen von Herrn H. List geodätische Querprofile aufgenommen, bei welcher Gelegenheit ich bei allen Aufschlüssen auf den Profillinien Streichen und Einfallen abnahm und Gesteinsproben schlug. Es sollte so ein detaillirtes Bild über Verbreitung der Gesteine, deren Lagerung, Störungen u. s. w. für den betreffenden Gebirgstheil construirt werden. In St. Anton hatte, wie bereits erwähnt, der k. k. Herr Ober-Ingenieur und Sectionsleiter C. Wagner, in Langen der k.k. Herr Ober: Ingenieur C. Wurmb die oben angedeuteten Ausführungen übernommen. Beide Herren wurden durch Umstände, die sich ihrer Einflussnahme entzogen, an der Fertig- stelluu.g der begonnenen Werke verhindert, und da andererseits mit der !) Dass Verwechslungen von Salit und dem farblosen Epidot schon häufig vorgekommen sein mögen, scheint mir nicht zweifelhaft. In dieser Richtung möchte ich bier als naheliegendstes Beispiel auf den Granitgneiss des St. Gotthardtunnels (uördl. Theil) verweisen. OÖ. Mayer sagt selbst: „die Salitmikrolihen, wie sie namentlich die Feldspäthe anfüllen, gehen ausserdem in ziemlich grosse, gelbgrüue Körner über, deren Farbenintensität durchaus nicht so unbedeutend ist“. (Unter- suchungen über die Gesteine des St. Gotthardtunnels. Zeitschr. d. deutschen geolog. Gesellsch. Bd. 30, 1878, pag. 1—24, obige Stelle pag. 20). Siehe hiezu Stapff’s Be- merkungen pag. 137 ebenda und Mayer pag. 353—354. R: [43] Ueber die Gesteine und Minerale des Arlbergtunnels. 89 Publication der hier niedergelegten Beobachtungen nicht länger gezögert werden sollte, so leiste ich vorderhand auf die Wiedergabe der Profile Verzicht, hoffend, dass sich noch Gelegenheit finden wird, diese in Ge- - meinschaft mit den Tunnelaufnahmen veröffentlichen zu können. Dementsprechend sei hier die Verbreitung der beschriebenen Gesteinsarten nur kurz berührt. Vom Mundloche in St. Anton wurde der Tunnel bis 3144 Meter weit vorwaltend in Muscovitgneiss gestreckt. Natürlich kamen auch die zugehörigen Schiefer und graphitischen Schiefer vor, ebenso an vielen Punkten mehr weniger mächtige Blätter des Biotitgneiss, so z. B. bei 127—135, 173—183, 190—198, 245, 573, 608, 650, 823, 1000, 1037 (ungemein granatreich), 2793 Meter u.s. w. Bei 3096 Meter beginnt muscovitreicherer Biotitgneiss und vom 5144 Meter bis zum Mundloche in Langen steht Biotitgneiss mit seinen Schiefern und gra- phitischen Schiefern an. Die unbedeutenden Zwischenlagen von Horn- blendegesteinen wurden bereits oben angeführt. Ueber Tags streicht das nicht sehr mächtige Blatt der Muscovit- gneisse vom Tunnelmundloche bei St. Anton über das gegen Süd abfallende Gehänge der Arlberger Höhe gegen die südliche Spitze der Arlberg- alpe und stosst jenseits dieser an dem Verrucano ab. Ein zweites Blatt erscheint bei der grossen Curve, wo die Arlbergstrasse den Bach des Baggenthales übersetzt, zu Tage, streicht über den Maiensee, weiter westlich, nördlich von St. Christoph durch, verschwindet unter dem E- Gehängeschutt, der den gegen Nord abfallenden Abhängen vorliegt, und Be, ae tritt gegenüber dem Wegmacherhaus am linken Bachufer bei Rautz wieder hervor. Sein Verhalten weiter nach Westen lässt sich der Ueber- deckung wegen nicht direct beobachten, doch scheint aller Wahrschein- lichkeit nach hier ein Umbug im Streichen stattzufinden, so dass das südwestlich von Stuben anstehende Blatt die Fortsetzung des Rautzer ist. Wenn man das südliche Einfallen der Schichten und die be- deutende Höhendifferenz von Rautz und Stuben im Auge behält, so braucht dieser Umbug im Streichen nur äusserst gering zu sein. Die Mächtigkeit dieses Blattes scheint, so weit die vorhandenen Aufschlüsse reichen, im Streichen von Ost nach West zuzunehmen. Die Muscovitgneisse des Tunnels gehören weitaus zum grössten Theile dem ersten Blatt an. Das zweite steht beim Maiensee und Umgebung ungemein steil, stellenweise fast seiger, dürfte demnach in unmittelbarer Fortsetzung, mit unbedeutenderen Zwischenlagen von Biotitgneiss etc., des ersteren unter St. Christoph überfahren worden sein. Natürlich setzt eine solche Folge Störungen voraus, die sich denn auch thatsächlich hier im Tunnel beobachten liessen und am Tage angedeutet werden, Die beschriebenen Hornblende- und Epidotgesteine der Profile ‚von Rautz nnd Hoppelandtobl streichen auf der oberen grossen Ter- rasse nahe der Tunnelaxe durch. In der ganzen Gebirgsmasse sind die Muscovitgneisse, noch mehr die Hornblendegesteine der Menge nach untergeordnete Glieder ; weit- aus vorwaltend ist der Biotitgneiss, der hauptsächlich in der klein- knotigen Varietät bis weit nach Süden das Gebirge bildet. Jahrbuch d. k. k. geol, Reichsanstalt. 1885. 35. Band. 1. Heft. (H, v. Foullon.) 12 90 Baron Heinrich v. Foullon. [44] Ueber die im Tunnelausbruche vorgekommenen Minerale. Ueberall in den Alpen, wo die oben beschriebenen Gesteinsarten ‘ wieder anstehen, sind sie auffallend mineralarm, nur an einzelnen wenigen Orten enthalten sie nennenswerthe Mineralmengen. Es waren also auch hier a priori nicht viele zu erwarten, was denn auch that- sächlich zutraf, obwohl in den zahlreichen Klüften, welche das Gebirge durchziehen und von denen ja manche auch offen angefahren wurden, in räumlicher Beziehung sehr günstige Verhältnisse vorhanden wären. Die Ursache des Mineralmangels mag zum Theile in dem verhältnissmässig geringen Alter dieser Klüfte, zum Theile in der chemischen Beschaffen- heit der die Gesteine zusammensetzenden Minerale begründet sein. Erfahrungsgemäss ist der Albit derjenige Feldspath, welcher der chemischen Veränderung den grössten Widerstand entgegensetzt. Die Granate bilden Chloritpseudomorphosen, bei welcher Umwandlung wenig Stoffabgabe erfolgt. Der Biotit, welcher sich augenscheinlich weitaus am leichtesten chemisch verändert, enthält zwischen seinen Lamellen und innerhalb dieser massenhaft Epidotneubildungen ; eine über diese hinausgehende Zersetzung nimmt man kaum je wahr. Da der gewiss geringe Kalkgehalt des Biotit unmöglich zur Epidotbildung ausreicht, so ist wohl anzunehmen, dass jener der Granate bei der Umbildung in kalkfreien (oder doch sehr kalkarmen) Chlorit wenigstens zum Theil hiezu in Anspruch genommen wird, wohingegen die frei- werdende Magnesia dem Chlorit zufällt. Wie schon oben bemerkt, ist eine allgemeine, sehr weitgehende chemische Veränderung nicht vorhanden, weit eher verfallen die Gesteine der Desaggregation. Die geringen, wohl überall zu beobachtenden che- mischen Veränderungen führen aber auch sofort zu Neubildungen bei entsprechendem Austausche der Elemente. Unter so bewandten Um- ständen sind die circulirenden Wässer stoffarm und eine Veranlassung zum Absatz auf Klüften nicht oder nur im geringen Masse vorhanden. Namentlich die Armuth der Gesteine an Calcium scheint eine höhere Widerstandsfähigkeit zu bedingen, denn in den kalkreicheren Hornblendegesteinen oder in deren Nähe finden sich denn auch sofort häufiger Mineralbildungen auf den Klüften. Die beobachteten Minerale sind: Pyrit. Stellenweise erscheint dieser häufiger in den Gesteinen einge- sprengt, bis zu nussgrossen, vielfach verwachsenen Krystallgruppen. Auch Durchwachsungszwillinge wurden, wenigstens in einem Falle, beobachtet. Zu krystallographischer Bearbeitung ist das vorhandene Material nicht geeignet. Merkwürdig sind blechförmige, sehr dünne Ueberzüge auf feinen Klüften grösserer Quarzlinsen, wie solche im Biotitgneiss auftreten. Die einzelnen geschlossenen Pyritpartien erreichen nicht viel über 1 Qua- dratcentimeter Grösse, die Formen sind sehr verschieden, zum grösseren Theil geradlinig begrenzt. (4000 Meter vom provisorischen Ostportal.) [45] Ueber die Gesteine und Minerale des Arlbergtunnels. 91 Magnetkies. In den Muscovitgneissen lässt er sich oft als Einsprengling nach- weisen. Wenn die Menge der Substanz grösser wird, ist ihr Vorkommen immer ähnlich dem eines Gangtrumes, und sind auch kleine Gänge bis zu 6 Centimeter Mächtigkeit überfahren worden. (4443 Meter vom provisorischen Ostportal.) Krystalle beobachtete man keine. Flussspath. Auf einer mit Calcitkrystallen ausgekleideten Kluft (3511 Meter vom provisorischen Westportal) fanden sich mehrere kleine Würfel von sehr hellgrünlich gefärbtem Flussspath. Caleit und Quarz sind im Alter wenig verschieden, Pyrit lagerte sich bei ziemlich fortgeschrittener Bildung der Caleitkrystalle ab, der Fluorit zuletzt, denn es sitzen die 1—2 Millimeter Kantenlänge habenden Hexaäder ganz frei auf Caleit. 144 Meter vom provisorischen Ostportal fanden sich ein paar violette und grüne Körner desselben Minerals. Quarz. Grössere Mengen frei ausgebildeter Quarzkrystalle für sich allein sind fast nur aus den Regionen des Muscovitgneiss bekannt und über- haupt äusserst selten als Drusen oder auf Spalten vorgekommen. Häufig erschienen sie mit Caleit. Die Combination der kleinen Krystalle ist die am Quarz gewöhnlichste: das aufrechte Prisma und die beiden Grund- rhomboöder. Andere Formen erscheinen nur in spurenhafter Andeutung. Caleit. Der kohlensaure Kalk weist hier nennenswerthen Formenreich- thum auf. Als Caleit, krystallisirt fand er sich verhältnissmässig selten, aber jede mit Krystallen ausgekleidete Kluft brachte andere Com- binationen, die Wiederholung der gleichen auf örtlich verschiedenen Klüften kam nicht vor. Weitaus die Mehrzahl. gehört den Regionen des Biotitgneiss an, im Muscovitgneiss wurden besser ausgebildete Krystalle fast gar nicht beobachtet. Folgende Combinationen gelangten in unseren Besitz: 1. 4780 Meter vom provisorischen Ostportal wurde in quarz- reichen Schiefern eine schmale, mit Krystallen ausgekleidete Kluft überfahren. Die farblosen Caleitindividuen schwanken sehr in der Grösse, 1'/, Centimeter bis 1'/, Millimeter sind die extremen grössten Durch- messer. Der Caleit ist jünger als die ebenfalls vorhandenen kleinen Quarzkryställchen. Eine kleine sechsseitige, verhältnissmässig dicke, tombakbraune Biotittafel, welche in einen Quarzkrystall theilweise ein- gewachsen ist, dürfte gleichen Alters mit diesen sein. Biotit als Neu- bildung auf Klüften wurde nur in diesem einen Falle gefunden. Am Qaleit liessen sich folgende Formen beobachten: Naumann Miller Hexagonal oR (111) (0001) oR (211) (2110) Rhomboe&der. 19? Ne 4 Fe EN Ba NO ERL pen ERTUE x j IN Ta ‘ : 92 Baron Heinrich v. Foullon. Naumann Miller Hexagonal R (100) eiT1) AR (311) (8441) 10 R (733) (20 10 10 1) — IR (110) (1122) 27 90 (111) (2241) Skalenoeder. Ein solches, welches als Grenzform gegen das Grundrhomboeder zu betrachten ist und von diesem hauptsächlich durch die Streifung, welch’ letztere eine sonst kaum merkbare Kante hervorruft, unter- schieden ist und 1: (201) (5141) Die gemessenen Winkel werden zum Schluss in einer Tabelle für alle beobachteten Combinationen gemeinsam angeführt. Der Habitus der Krystalle ist ein stark wechselnder, in Fig. 1, Taf. I ist eine Idealform in der Weise construirt, dass die Ausdeh- nung der einzelnen Flächen, wie sie auf der Mehrzahl der Individuen platzgreift, zu Grunde gelegt ist. Die dadurch bedingte Form des Kry- stalls ist aber an den natürlichen fast gar nicht zu beobachten, weil durchaus sehr weitgehende Verzerrungen statthaben; namentlich kurz- gedrängte Gestalten, bei denen das stark gestreifte, matte bis rauhe Skalenoeder als Grenzform des Grundrhomboäders dominirt, sind am häufigsten. Die Basis ist namentlich an kleineren Kryställchen sehr scharf (an grösseren rauh und gewölbt) ausgebildet, ebenso das Prisma und die Rhomboeder. Von letzteren bilden alle mit Ausnahme von 10 R kleine Facetten, dieses ist aber häufig grösser als das Prisma. Die Skalenoöder R, sind parallel den Kanten zur jeweiligen unteren Fläche gestreift. 2. 3511 Meter vom provisorischen Westportal kamen auf einer grösseren Anzahl Klüften im Biotitgneiss, der hier durch das Aus- bleichen des Glimmers bleigrau erscheint, in grösster Menge, wie der auf einer älteren Generation kleiner Quarzkrystalle, zahlreiche solche von Caleit vor. Die jüngste Bildung ist der oben erwähnte Flussspath. Als Seltenheit erscheint Pyrit im Caleit eingeschlossen. Die Grössenverhältnisse schwanken wieder beträchtlich, die je- weiligen grössten Durchmesser betragen 2 Millimeter bis 1 Centimeter. Die Combination besteht aus dem sechsseitigen Prisma R (211) und einer stark gestreiften, hexagonalen Pyramide. Die Messung zweier benachbarter Flächen ergab im Mittel 28° 7:5‘. Nur auf einem Flächen- paar liessen sich die hellsten und lichten Bilder direct combiniren, nach der anderen Seite erhält man in Folge der Streifung ganze Serien. Wenn man nach der Methode von Brezina alle beobachtbaren Bilder combinirt und die so erhaltenen Werthe in eine Reihe nach aufstei- gender Grösse ordnet, so erhält man Gruppen, welche um die Mittel- werthe 42° 28°, 36° 37° und 26° 55° schwanken. Der obige Winkel von 28° 7°5° entspricht einem halben solchen an der y-Axe von circa 75° 56‘, welcher nach Irby') dem Werth für 3 P2 (210): 75° 40° 24° nahe- ») On the Crystallography of Caleite. Inag. Dis. Bonn 1878. a le 7 u Fe ne ae ie a nl äe UIm D id SE un DE me m a it en An Dos ge - ” Pr A a ln En a u u nn RUE, DEE SEAL AN EINZUNEHMEN IRD SL 1,792 Pie br UHREN , ü h h j yr ‘ ur I a7] Ueber die Gesteine und Minerale des Arlbergtunnels. 93 kommt. Unter den von Irby angeführten halben Winkeln an der x-Axe - übersteigt aber keiner 75° 40° 24”, die oben gegebenen Grenzwerthe 5 entsprechen der Reihe nach 68° 46‘, 71° 41’ und 76° 32:5‘, es wird also mit dem letzteren Winkel der Maximalwerth etwas überschritten, _ und ist so wohl die Berechtigung vorhanden, die hexagonale Pyramide 3 P2 (210) anzunehmen, was vielleicht um so eher geschehen darf, als man den sonst seltenen Pyramiden hier noch öfters begegnet. ”- 3. Aus unbekannter Tiefe von der Ostseite stammen Krystalle, die, auf qarzreichem Muscovitgneiss aufsitzend, eine schmale Kluft er- füllten, so dass die beiderseits angeschossenen Krystalle sich in der Mitte zum Theile berühren. Die jeweiligen grössten Durchmesser schwanken wieder zwischen 3 Millimeter und 1 Centimeter. Die beobachteten Formen sind: Naumann Miller Hexagonal Prismen. B. = (101) (1010) M R (2T1) (2110) | Rhomboeder. N} R (100) (2111) u B- 4R (311) (8441) FÜ WER (110) - (1122) x r —23R (584) (3362) a | Skalenoeder. e“ ; R3 (501) (11 474) i In Fig. 2, Taf. I, ist der allgemein zur Ausbildung gelangte Habitus dargestellt, nur dass die Rhombo@der R, 4R und — 2 R, ebenso das Skaleno@öder R 3 häufig im Verhältniss zu — 4 R und den Prismen ; nach kleiner sind als in der Figur. — 4 R ist stets stark, das hexa- - gonale Prisma parallel der Zonenaxe zu—3R, —1iERu. s. w. sehr zart, das rhomboedrische, parallel der Zonenaxe zu R3 und R, dichter gestreift. 4. 4294 Meter vom provisorischen Ostportal fanden sich auf einer weiten Kluft in quarzreichen Schiefern mit, durch etwas Chlorit grün- lich gefärbtem Quarz, farblose, wasserhelle Calecitkrystalle, die auf einer ebenfalls grünlich gefärten Quarzkruste aufsitzen. Die Krystalle schwanken zwischen 4 Millimeter bis fast 2 Centimeter Höhe nach der aufrechten Axe. 53 FÜ 0 Du a j Ri; 17 rj “,.. = PR ne Beobachtete Formen: Naumann Miller Hexagonal Prismen. H &P, (101) (1010) oR il) (2110) Rhomboeder. R (100) (2111) Skalenoeder. R, (201) (5141) \e® 94 Baron Heinrich v. Foullon. [48] Dieses wird durch ein Skalenoeder abgestumpft, das in Folge seiner starken Streifung und Wölbung nicht genau messbar ist. Die erhaltenen Werthe weisen darauf hin, dass es einer genäherten Grenzform von —i R entspricht. Die Winkel der Prismen weichen von 60° oft erheblich ab, doch liegen alle Flächen in einer Zone, müssen also den Prismen angehören. Die beträchtlichen Abweichungen (bis 52°) kommen daher, weil ge- wöhnlich zwei verschiedene Individuen hier zusammenstossen. Weitaus vorwaltend ist das Skalenoeder R,, dann folgt das, dieses abstumpfende. Die Prismenflächen sind klein, und R stumpft als. schmale Facette die Kanten von 2, zu dem oberen Skalenoöder ab, erscheint aber auch als treppenförmige Fortsetzung auf der stumpfen Kante von A.,. Sowohl auf den Quarz- als auch in den Caleitkrystallen nimmt man sechsseitige braune Täfelchen wahr. Wie die chemische Unter- suchung lehrt, sind sie Eisenglanz, der auch stellenweise bunte Anlauffarben zeigt. Interessant sind viele winzige Kryställchen und krümelige Aggregate, die auf Quarz und Calcit aufsitzen; wie weiter unten gezeigt werden wird, ist die Substanz schwefelsaurer Baryt. 5. Ebenfalls von der Ostseite, aber von unbekannter Tiefe, auf gleichem Muttergestein, jedoch ohne die Quarzkruste, stammen Krystalle, die wieder Eisenglanz als Einschlüsse enthalten und bei denen ebenfalls KR, weit vorwaltet. Die grössten Krystalle mögen bis 3 Centimeter lang gewesen sein, sind aber auf unserem Handstücke nur theilweise erhalten. Die Prismen sind nur als winzigste Facetten angedeutet, ebenso R. Das R, abstumpfende Skalenoöder ist aber hier ein anderes, welches sich 2 R, (410) (7255) sehr nähert oder wohl mit ihm identisch ist, da die Messungen zufolge der Streifung unter sich ziemlich differente Werthe geben. 6. Aus unbekannter Tiefe der Osthälfte liegt eine Stufe vor, wo auf Muscovitgneiss aufsitzenden Quarzkrystallen einzelne kleine, gelb- liche Calcitkrystalle lagern. Sie sind zur Messung nicht geeignet, be- stehen nur aus einem Skalenoeder, das steiler als R, zu sein scheint. 7. 3079 Meter vom provisorischen Ostportal fand sich auf einer weiten Kluft stark zersetzten quarzreichen Gesteines ein herabgefallener circa handgrosser Brocken, der einseitig mit kleinen Quarzkrystallen überzogen ist. Auf ihnen sitzen farblose Caleitkrystalle. Die grössten erreichten nach der horizontalen Symmetrieebene bis 4 Centimeter Durchmesser, bei eirca 2 Centimeter Höhe. Zur Messung würden sich nur die Flächen eines eirca 2'/, Centimeter Durchmesser habenden Individuums eignen, da es aber das einzige intacte, wohlausgebildete der Stufe ist, sollte es auf derselben erhalten bleiben. Man beobachtet nur 2 Formen: Ein sehr flaches Rhombo&der, weit flacher als 4 R; es ist nicht nur gestreift, sondern zeigt auch ausnahmslos ganz unregelmässige, "treppenförmige und andere Absätze. Die zweite Form ist ein sehr steiles, horizontal gestreiftes Rhomboäder ; wenn diese als positiv aufgefasst wird, so ist die erstere negativ. a Are [49] Ueber die Gesteine und Minerale des Arlbergtunnels. 95 8. Auf einem Stückchen Feldspath, welches aus der Osthälfte zu Tage gefördert wurde, sitzen dicht neben einander kaum hanfkorngrosse, - flächenreiche, reizende Kryställchen. Die hier beobachteten Formen sind: Naumann Miller Hexagonal Hexagonale Pyramide. 15 Ps (917) (8081) Rhomboeder. 4R (311) (8441) 10R (733) (2010 101) —ıR (110) (1122) Skalenoeder. iR1 (720) (4133) R, (201) (5141) Die Messungen des ersteren Skaleno@ders stimmen nur genähert mit der angegebenen Form, was bei der starken Streifung nicht anders zu erwarten. Den erhaltenen Werthen nach würde die Form zwischen 4 Ri und 2 R2 liegen, nähert sich ersterer aber weit mehr und wurde deshalb als diese angenommen. In Fig. 3 ist der häufigste Habitus zur Darstellung gelangt. Oefters beobachtet man auch ein stärkeres Vorwalten von R,; nichts- destoweniger wird die kugelige Gestalt durch vielfache Verzerrungen bei- behalten. — 4 R ist wie immer gestreift, sehr dicht 4 R 2. 9. 843 Meter vom provisorischen Ostportal kamen auf einer Kluft im quarzreichen Biotitgneiss ganz eigenthümliche Krystalle zur Aus- bildung. Sie sind direct auf dem Gesteine aufgewachsen, eine vorhandene krümelige, vielfach unterbrochene Quarzkruste scheint ehedem die ganze Bruchfläche gleichmässig überzogen zu haben. Nebstdem beobachtet man kleine Pyritwürfelchen, die wenigstens zum Theile eine zeilenförmige - Anordnung zeigen. Am Caleit wurden beobachtet: Naumann Miller Hexagonal Hexagonale Pyramide. 18 pP, (917) (8081) Rhomboeder. (100) (2111) 18 R (37 1717) (36 18 18 1) Skalenoeder. R; (201) (5141) Intacte, vorhandene Krystalle sind bis 2 Centimeter lang, abge- brochene lassen auf doppelte Länge schliessen. Dabei sind sie nur 2, respective 4 Millimeter dick. Fig. 4, Taf. I, stellt einen Krystall mit dem hier allgemeinen Habitus dar. | 10. 3513 Meter vom provisorischen Ostportal, wieder auf einer das Streichen verquerenden Kluft im normalen Biotitgneiss, fanden sich 2 ‚Millimeter bis 1 Centimeter grosse, farblose Calcitkrystalle, die in Fig. 5, Taf. I, dargestellt erscheinen. Sie sind des Vorkommens zweier hexagonaler Pyramiden wegen von besonderem Interesse. 96 Baron Heinrich v. Foullon. [50] Beobachtete Formen: Naumann Miller Hexagonal Hexagonale Pyramiden. 4 (311) (2021) 1, „6 P, (917) (8081) Rhomboeder. R (100) (2111) 4R (311) (8441) 10R (738) (20,.10;10 1) —2R (111) (2241) Skalenoeder. 4 R, (310) (5144) R, (20T) (5141) Das Grundrhomboeder ist so klein, dass es ohne starke Ueber- reibung nicht mehr in die Zeichnung gebracht werden konnte, daher weggelassen wurde. Der in der Figur zum Ausdruck gebrachte Habitus ist der allgemeine, doch kommen auch mehr kugelige Individuen vor, deren gedrängte Gestalt durch weitgehende Verzerrungen bewirkt wird. Es seien hiernochmals sämmtliche beobachtete om und daneben die Anzahl ihres Auftretens angeführt. Re Naumann Miller Hexagonal Beobachtet Basis. oR (111) (0001) Imal Prismen. oP, (101) (1010) 5 ooR (211) (2110) 58 Hexagonale Pyramiden. 3 P, (210) (1011) I, RP (311) (2021) 5 16 Ps (917) (8081) 3, Rhomboeder. a L 11 (8441) 4 10 R (133) (20 10110 1) 3 18 R (37 17 7) (36 18 18 1) 157 — 3 R (554) (3362) 1.3 —2R (111) (2241) 2 Skalenoeder. IR, (310) (5144) 1 IR (720) (4133) ir 2 u (410) (7255) vr R3 (501) (11474) 1% R, (201) (5141) 6% no zwei Skalenoeder als Grenzformen von R und A I OR an TOR WE DOT Ran ae. TC 1 x 97, 2 ‚SE 00° — ‚LE o6F7| € |T 004 | „BE ‚88 067 (carg) (eEGL) (TF0) (TOP) E ‚ERST — GL oCL| F 1.18 00T | 08 — v9I (eagı) (GCZL) (107) (09) Na: ıE 5 2 1 |,88 oCL | OT 88 o@L (TFEI) (IFIe) (10) (108) = T OF 068 | udn we 0G$ (1FIs) (TO) | (Toa) (oIg) gi la E = T 1,88 oCL | „OT ,2G 081 (TEST) (IFIG) (19) (10%) E — 1 ICE 008 | Pr CE 068 (1F1E) (TIFE) .. (108) (018) Y:°ı 5 | 80081 = Ero6Ll| a |eeo6LTl — — o08T (IITZ) (TIIe) (00T) (001) yiyıedg | F E Or olF — 98 06€|L 97 007 | „68 ,T 0olF FLEıT (0IoN- (TOC) (TOL) 7:10 s = ER ISERnFE | nee (z988) (ozıt) (£cE) (zI7) yi-: 3 = T 197 089 | .u9P FR 089 (asıı) (OGIT) (OLT) (SIT) 17:70 2 | 001 — 9081| | 0PT| „IT El oPl (1fFs) (OIIZ) (IIE) (LIE) 7:70 E [IT 085 — ‚@loCh| & FT 09h | 98 88 0 (TIIE) (OLIg) (001) (IIE) - 7:40 SE |,8 008 — ‚89 068 | A el a: (0107) (OILZ) (TOD) (114) de:yo | € rn s = T |.IG 0CL | „OL ‚86 091 (IFcl) (IFLE) (130) (10%) © — T 18€ 068 | Pr CE 098 (IFIC) (TIEFE) (108) (012) an s 7 IT 1,67 098 | „ER 86 098 (Tee) (0811) (ITT) (SIT) Ta —:Yo & 9 099 s 19 079 | „97 A089 (SEE) (Ost) (OLT) (ZIT) Te —:Yoo = ‚98 0°C 3 198 08 u8T LP 0© (T O1 01.02) (0112) (ger) (IIE) 7 01:30 = = STE 8 RL | .9T5El ol (1F78) (OIIg) (LIE) (LIZ) 79:70 3 = T WIE OSB | „98 880 |, (IS) (01Ie) (00T) (LIE) 7:90 | x | N 2 £qal WORLDE)E L deu uneune deu 5 aD ‚u9ssaud eu Jouyaeraq [euodexagl A9]JIN ge NU =N= OyJIONMZUSIH Bari Zu 55 Be yyIaaAaI9a au Mm Sunuwyorazaquayudg [ J) ee SII9qeIToyUIM Ener tz 1 SR TE la jr Jahrbuch d. k. k. geol. Reichsanstalt. 1885. 35. Band. 1. Heft. (H. v. Foullon.) 13 | | nach Naumann | Nummer des Vorkommens | | " m we Flächenbezeichnung nach Miller | Hexagonal Wien kelwerth berechnet nach Irb Y | Grenzwerthe > (917) (197) (917) (971) (113) (110) (337) (110) (311) (733) (110) (011) (720) (702) (720) (270) (210) (201) (201) (021) __ 5 ” ET a ET A RT Baron Heinrich v. Foullon. Zir “, 17) 1T- | (917) (719) (100) (010) (871717) (173717) (37 1717) (100) (201) io) ern % RR TE en END Far m nn nn nn nn DE NOTEN KU ET a ’ AN ana (917) (197) (100) (100) (311) (733) (733) (N) (111) (Tl) (310) (301) (310) (130) (201) (210) (201) (07T) | (8081) (8081) \ (8081) (0881) (8081) (8801) (4481) (1122) (10 10 301) (1122) (8441) (20 10 10 1) (1122) (2112) (4133) (4313) (4133) (1433) (5411) (5141) .. @141) | _@141) (1541) | BB 2 A” 719,587 2% 632 4” g0 257 Dg" u 3 — H> 1 HET HENDE 1 69” 7 — 690 57° 45° 5° — 45° 11’ 17° 8° — 19° 30’ 46° 15’ — 46° 52’ 35° 38’ 75° 16° — 75° 25’ (8081) (0881) | _@itı) ati) 36 18181) (1836 18 1) (36 18 181) 2111) 5A) 61) PT 155° 34’ 32” 60* 18’ 48’ 428 10% 2% 152222 102717752 FHFrkpemou.|lmub em 00 m (2021) (0221) \ (8081) (0881) . PEITDEID (8441) (20 1010 1) (20 10 161) (4231) (4231) (8441) (5i44) 541) | (5144) (1544) (5141) (5411) (5141) (1541) 44° 6’ 22” a2 AR 08 80 25’ 58” 32° 40° 1” | 41° 5’ 59” | 20° 36 28” | 41° 55° 20” | 350 35° 44” | N u 2 el a a SSR SS) 580 24° — 580 30° 60° 18° — 60° 24° !44° 9’ — 44° 26’ 158° 24° — 58° 28’ > 42° 47 — 42) I RES TRRERL hg ENT AO ee nie »- [53] Ueber die Gesteine und Minerale des Arlbergtunnels. 99 Einen Theil der Messungen habe ich in dem Universitäts-Institut meines geehrten Freundes und Lehrers Dr. A. Brezina ausgeführt, und sage ich ihm für seine vielfache Unterstützung, die er meinen Arbeiten stets angedeihen lässt, meinen herzlichsten Dank. Gyps. Beim Bohren eines Loches, 3929 Meter vom provisorischen Ost- portal, in harten, quarzreichen Schiefer wurde plötzlich eine weiche Partie angefahren. Nach dem Abthun des Bohrloches zeigte sich, dass ‘dasselbe in farblosen Gyps gerathen war. Unsere Proben lassen die Ausfüllung einer Kluft durch diese Substanz annehmen '). Baryt. Die oben bei der Caleitcombination 4 erwähnten Kryställchen er- reichen im Maximum als grösste Ausdehnung 05 Millimeter, sind farblos und besitzen recht gut spiegelnde Flächen, weshalb ein solches Indivi- duum auch der Messung unterzogen werden konnte. Mehrere Kryställchen und Aggregate wurden wiederholt mit con- centrirter kochender Salzsäure behandelt, wobei sie unverändert blieben. Sie wurden nun mit kohlensaurem Natron-Kali aufgeschlossen, die Schmelze mit heissem Wasser behandelt und nach 12stündigem Ab- sitzen die klare Lösung von einem weissen, sehr feinen Rückstand abgezogen. Nach dem Ansäuern ergab sich in wenigen Secunden in der vollständig klar gewesenen Flüssigkeit mit Chlorbarium die Re- action auf Schwefelsäure. Der feine, weisse Rückstand löste sich leicht in Salzsäure, und trat auf Zusatz von Schwefelsäure sofort eine weisse Trübung ein, die nach und nach einen entsprechenden Niederschlag lieferte. Es wurde in einer zweiten kleinen Probe die Abwesenheit von Kieselsäure eonstatirt, und ist demnach: die Substanz schwefelsaurer Baryt. An den nach c dicktafelförmigen Kryställchen (Miller’sche Auf- stellung), wurden folgende Formen und Winkel beobachtet: Berechnet Gemessen nach Miller im Mittel @.(100):: db , (010) 30° — 90° 41’ a (100):c (001) 90° — 90° 4° b (0l0):ce (001) au — 890 58° a (100): m (110) 50° 50‘ 51’ — m (110) : m’ (110) 101° 40° 102° — %.x011):%2: (04) 63° 39° 64° 29‘ d (012): (012) 1020 17° 101723) 5.010).:;4@ ‚(012) 38° 51°5’ 38° 33° b (010):d’ (012) 38° 51°5’ 3955‘ b (010): (0Il) 58° 10°5° Be 0% b (010):«’ (011) 28%10’n/ DERLT # (100):2 (11) => 19‘ 9a2Dr 2.00, FIT) 64° 18° 64° 29° ‘) Im Gotthardtunnel wurden Gyps und Avhydrit öfters beobachtet. Stapff, Zeitschr. d, deutschen geolog. Gesellsch., 13* Siehe Band 31, 1879, Seite 407—409. 100 Heinrich Baron v. Foullon. [54] Die Pinakoide geben mehrere Bilder (3), und nur wo diese com- binirbar waren, ist die Abweichung von 90° gering; 5 (010) ist ungemein klein und nur auf Schimmer eingestellt. Die Abweichung der Domenwinkel vom theoretischen Werth ist bedeutend. Wie aber die angefügten Messungen zu b(010) zeigen, findet die Abweichung hauptsächlich immer nach einer Seite statt, und zwar für « und d im verkehrten Sinne. Gute Uebereinstimmung findet für 2 (111) statt, wonach die Sub- stanz, im Zusammenhalte mit der chemischen Prüfung, als Baryt be- stimmt erscheint. Es hätte noch der Nachweis des optischen Verhaltens hinzugehört, allein es liess sich in dieser Richtung nur die gerade Auslöschung constatiren.. Die Flächen sind so klein und verhältniss- mässig ihrer so viele, dass durch Spiegelung, Totalreflexion u. s. w. jede erschöpfende Beobachtung über die Lage der Axenebene gestört wird; die gemachten widersprechen nicht dem Baryt. Ebenso liessen sich mit den kleinen Kryställchen keine entsprechenden Nachweise über die Spaltbarkeit erbringen. Es ist naheliegend, den Ursprung des in diesem Baryt enthaltenen Baryums in den Feldspäthen zu suchen. Leider habe ich das Baryt- vorkommen kurz vor Schluss dieser Arbeit erhalten, so dass eine Prüfung grösserer Mengen Feldspathsubstanz nicht mehr durchzuführen war. Die Mengen müssen jedoch ausserordentlich gering sein, denn bei den oben angeführten Analysen wurde auch nicht eine Spur von Baryum erhalten. Turmalın: Dieses Mineral ist nur als Ausscheidung in Quarzlinsen beobachtet worden. Mitunter erreichen die schwarzen stengeligen Aggregate mehr als 10 Centimeter Länge, so z. B. bei 295 Meter vom provisorischen Östportal. Chabasit und Desmin. Das Vorkommen der Zeolithe ist fast ausschliesslich an die Horn- blendegesteine oder deren Nähe gebunden. So sitzen bis 1 Centimeter grosse Krystalle (die Mehrzahl ist weit kleiner) bei 4931 Meter vom provisorischen Ostportal direct auf Hornblendegneiss oder in den un- mittelbar angrenzenden Biotitgneisspartien. Bei 3336 Meter vom provi- sorischen Ostportal erscheint die Neubildung auf einer Kluft in total zer- setztem quarzreichen”Biotitgneiss (?), ebenso 3149 Meter vom provisori- schen Westportal, beidemale in der Nähe von Hornblendegesteinen. Viele Krystalle zeigen nur das Grundrhomboeder (bei rhombo&drischer Auffassung des Chabasit), in den ersten beiden Vorkommen häufiger, beim letzteren selten gewahrt man die Abstumpfung durch — 4R. Auf den ersten beiden Stufen findet sich auch Desmin in den bekannten garbenförmigen Aggregaten. Rückblick und Schlussbemerkungen. Das vom Arlbergtunnel durchfahrene Gebirge besitzt im Grossen einen einfachen Bau; es ist der nördliche, überkippte Flügel einer mächtigen Antielinale krystallinischer Gesteine, an die sich transgredirend, [55] Ueber die Gesteine und Minerale des Arlbergtunnels. 101 jüngere Ablagerungen: Verrucano und Trias anschliessen. Das allge- meine Streichen weicht nicht wesentlich von der Ost-West-Richtung ab, im Maixmum 2®. Trotz der scheinbaren ruhigen Lagerung ist der ganze Gebirgsstock von zahlreichen Klüften durchzogen, in denen hauptsächlich zwei Richtungen hervortreten, die eine senkrecht auf (das Streichen, die andere mehr weniger parallel demselben. Die Kluft- bildung dauert bis in die jüngste Zeit fort, da über Tags zahlreiche offene Klüfte nach beiden Richtungen vorhanden sind, die selbst in leicht der Desaggregation verfallenden Gesteinen mit scharfen Rändern anstehen. Besonders charakteristisch für das Terrain sind die vielfachen Terrassen, deren Bildung zum Theile in den Cohärenzverhältnissen der Gesteine (Cohärenzterrassen), zum Theile in den Klüften und Aufbrüchen (Aufbruchsterrassen) begründet ist. Das Gebirge wird vorzugsweise von Grneissen zusammengesetzt, innerhalb welcher andere Gesteine eine, der Menge nach, untergeordnete Rolle spielen. Die Gneisse werden je nach der Art des vorwiegenden Glimmers in Muscovit- und Biotitgneiss getheilt, eine Unterscheidung, die auch für alle übrigen Eigenthümlichkeiten durchgreifend ist. Die Muscovitgneisse führen Mikroklin-Mikroperthit, ausserdem Albit. Beide sind durch grossen Reichthum an Einschlüssen ausge- zeichnet. Die mangelnde Formausbildung und andere Merkmale weisen auf die gleichzeitige Bildung fast aller Minerale hin. Zerbrochene Krystalloide namentlich vom Feldspath lassen auf Bewegung im Ge- birge während der Mineralbildung schliessen. Diese Gneisse neigen wenig zur Varietätenbildung, haben aber auch ihre Schiefer, d. h. Gesteine, die reich an Glimmer sind und in denen der Feldspath ganz oder nahezu ganz fehlt. In diesen herrscht manchmal grösserer Reichthum an accessorischen Mineralen: Granat, Andalusit, Staurolith, Akmit und Apatit, doch ist derselbe immer nur local auf eine Gesteinspartie beschränkt. Durch den Hinzutritt vieler kohliger Substanz und Anreicherung sehr kleiner Glimmerindividuen entstehen graphitische Schiefer, die niemals eine grosse Mächtigkeit erlangen, dafür ziemlich häufig als Zwischenlagen auftreten. In der Regel sind in ihnen Harnischbildungen oder doch glänzende Oberflächen zu beobachten, welch letztere ihres complicirten Verlaufes wegen nur die Folge sehr grosser Druckwirkung sein können. Der Muscovitgneiss steht im Tunnel, mit zahlreichen Zwischen- lagen von Biotitgneiss und Schiefern, bis zu 3144 Meter vom provisorischen Östportal an, von wo ab bis zum Mundloche in Langen Biotitgneiss das herrschende Gestein ist. Ueber Tags streichen zwei Blätter von St. Anton über die Arlberghöhe, von denen das eine an den jüngeren Ge- steinen abstosst, das andere im Streichen, aller Wahrscheinlichkeit nach, etwas umbiegt und bis südwestlich von Stuben zu verfolgen ist. Der übrige Theil des Gebirges wird, abgesehen von ganz geringen Mengen Hornblende und Epidotgesteinen, von zahlreichen Varietäten des Biotitgneisses gebildet. 102 Heinrich Baron v. Foullon. [56] Dieser Gneiss erhält seinen Charakter durch den vorwaltenden Glimmer, der ein, im frischen Zustande, tiefbraun gefärbter Biotit ist. Fast nirgends fehlt auch hier Muscovit vollständig, aber selbst bei starker Anreicherung des letzteren geht der Charakter des Biotit- gneisses doch nicht verloren, der namentlich auch in der chemischen Beschaffenheit, dem geringeren Kieselsäuregehalt u. s. w. zum Ausdrucke kommt. Der Biotit neigt, im Gegensatz zu den anderen Bestandtheilen, zur chemischen Veränderung, die ausnahmslos mit Neubildung von Epidot verbunden ist. Der Feldspath ist hier weit überwiegend Albit, Orthoklas erscheint mehr als Ausscheidung. Ausser farblosem Epidot kommen noch alle anderen sonst im Gestein vorhandenen Minerale in reicher Menge als Einschlüsse im Feldspath vor, dies und fast allgemein fehlende kry- stallonuıne Begrenzung weisen auf die gleichzeitige Bildung der con- stituirenden, eine zum Theil etwas frühere der accessorischen Minerale hin. Der Biotitgneiss neigt ausserordentlich zur Varietätenbildung, die in der verschiedenen Korngrösse, Vertheilung der Bestandtheile, namentlich des Glimmers, und in dem Hinzutreten accessorischer Mine- rale bedingt ist. So findet mit grossem Reichthume von Quarz einerseits, grossem Reichthume von Glimmer andererseits, welcher mit der Bildung von zusammenhängenden Häuten dieses Minerales verbunden ist, ein steter Wechsel auf sehr geringe Erstreckungen in der Mächtigkeit statt, zwischen welchen Extremen die normalen Gneisse mit kleinen knotigen Auftreibungen, durch Felaspath und Granat bewirkt, liegen. An das glimmerreiche Extrem schliessen sich Schiefer, in denen aber der Feld- spath fast niemals ganz fehlt, Von den accessorischen Mineralen zeigen Rutil und Granat häufig schärfer entwickelte Krystallform. Wie ihr häufiges Auftreten als Einschlüsse beweist, gehört wenigstens ein Theil zu den frühesten Bildungen, namentlich gilt dies vom Rutil, weniger vom Granat, der ja selbst vielfach andere Minerale umschliesst. Die schärfer entwickelte Krystallform kann demnach nicht auf eine, den anderen Bestand- theilen vorausgehende Bildung allein zurückgeführt werden, wobei man noch voraussetzen muss, dass bei der vorausgehenden Kıystallisation besonders günstige Verhältnisse in räumlicher Beziehung geherrscht haben, was ja keine feststehende Thatsache, wenn auch immerhin wahr- scheinlich ist. Ich möchte diese Eigenthümlichkeit, wenigstens für den Granat, in einem hohen Krystallisationsvermögen der Substanz suchen, worauf auch die netzartigen und die perimorphosenartigen Bildungen deutlichst hinweisen. Substanzen, die ein solches nicht besitzen, werden niemals in solcher Form erscheinen, niemals im Stande sein, andere Minerale und sogar verschiedene solche zugleich, mit einer Hülle zu umgeben, die an Masse der umschlossenen nachsteht und in der Richtung der freieren Entwickelung wohl orientirt ist. Es sind diese Beobachtungen nur ein weiterer Beitrag für die Erkentniss des hohen Krystallisationsvermögens der Granatsubstanz !). !) Vergleiche die diesbezügliche Folgerung in meiner Arbeit über die petro- graphische Beschaffenheit der krystallinischen Schiefer der untercarbonischen Schichten cte. etc. Jahrbuch der k. k. geolog. Reichsanst. 1883, Band 23, pag. 207—252, darinnen pag. 247—251. nn a di 4 a Zn le De in ne Au da ce NE WU ED TRETEN TIEREN ne [57] Ueber die Gesteine und Minerale des Arlbergtunnels. 103 Bei der chemischen Veränderung der Granate erfolgt diese in vielen Fällen gleichzeitig auf den die Krystalle durchsetzenden Sprüngen und wird hiedurch eine typische Maschenstructur hervorgerufen. Eine andere Art der Umsetzung führt zur Bildung einer porzellanartigen Hülle oder eines solchen Kernes. Während alle vorhandenen Minerale sich mehr weniger bezüglich ihrer Lagerung und Form der Parallelstructur anschliessen, findet dies _ beim Turmalin sehr häufig nicht statt. Bei seinem, hier selteneren Auftreten ist die Lage mindestens ebenso oft eine ganz regellose als orientirte. In den Biotitgneiss erscheint auch in, im Streichen weit verfolg- baren Blättern tief braungelber Epidot in grösseren Säulchen als con- stantes accessorisches Mineral in geringerer Menge. In einem Theile solcher Gesteine, die aber nur immer in sehr schmalen Blättern auftreten, wird der Biotit durch eine strahlsteinartige Hornblende ersetzt, und es entstehen Hornklendegneisse. Hiemit ist das Auftreten von wenig Apatit immer, jenes von viel Epidot meist verbunden. Der letztere ist entweder weingelb oder farblos, in welch letzterem Falle die Hornblende stark zurücktritt, ja nahezu ganz fehlt. Bezüglich des farblosen ist der chemische Nachweis geführt, dass er dennoch eisenhältig ist, in krystallographischer sind die Formen nach Thunlichkeit ermittelt und die optische Orientirung festgesetzt. Aus ähnlichen Vorkommen wird der Nachweis geliefert, dass eine scheinbare schiefe Auslöschung, d. h. eine thatsächliche solche gegen die Längsentwickelung der Kryställchen auf Verzerrungen zurückzuführen, die in der sehr ungleichen Entwickelung je zweier Pyramidenpaare begründet ist, welche letztere an gewissen Epidoten ja längst bekannt war. Es erscheint sehr wahrscheinlich, dass in manchen Fällen solch farbloser Epidot für Salit gehalten wurde, und wird man in allen derartigen Fällen, wo man nicht Augitwinkel, Augitspaltbarkeit oder die Abwesen- heit von Thonerde nachweisen kann, weit eher auf Epidot als auf Salit schliessen müssen. Obwohl in dem Gebirge, das der Arlbergtunnel durchfährt, räum- lich reichlich Gelegenheit zur Neubildung von aufgewachsenen Mine- ralen vorhanden ist, begegnete man nur selten solchen, was theils in dem geringen Alter der Klüfte, im Mangel an kalkreicheren Mine- ralen im Gestein und endlich in dem Umstande zu suchen sein dürfte, dass diese mehr der Desaggregation unterliegen und die chemische Veränderung der die Gesteine zusammensetzenden Minerale eine be- schränkte ist, welche sofort zu localen Neubildungen führt. Von hervorragendem Interesse unter den Neubildungen ist der Caleit.. Der enorme Formenreichthum, den wir an diesem Mineral kennen, lässt annehmen, dass die Substanz gegen Einflüsse verschiedenster Art in puncto des Formenwechsels äusserst empfindlich ist. Ein Beweis hiefür liegt wohl in den oben beschriebenen Vorkommen. Wenn auch der Biotitgneiss zahlreiche Varietäten bildet, so wechseln diese auf so kleinen Entfernungen, dass man für circulirende Lösungen das Gestein als sehr gleichmässig bezeichnen kann, wonach man auch eine gleiche Beschaffenheit für die ersteren anzunehmen berechtigt ist. Auch die übrigen Verhältnisse, soweit sie beobachtet werden konnten, bieten kein 104 Heinrich Baron v. Foullon. [58] , Moment, welches man als Veranlassung zu dem steten Formenwechsel ansehen könnte. Aller Wahrscheinlichkeit nach liegt sie doch in der Beschaffenheit der jeweiligen Lösung. So verlockend es auch ist, dieses Thema gleich hier ausführlicher zu behandeln, muss doch darauf ver- zichtet werden, und möchte ich nur ein Beispiel anführen, welches zeigen soll, wie weit die Empfindlichkeit mancher Substanzen geht. Bekanntlich krystallisirt die schwefelsaure Magnesia aus reiner Lösung holo@drisch, mit Borax versetzt hemi@drisch. Der isomorphe Zinkvitriol verhält sich nun, wie ich durch neuerliche Versuche wiederholt con- statiren kounte, genau eben so. Weitaus der grösste Theil der Bor- säure fällt aber bei dem Zusatz von Borax als basisches Zinksalz aus der Lösung und wenn diese nach wiederholten Filtrationen ganz klar ist, kann man selbst mit der höchst empfindlichen Curcumapapier-Re- action kaum Borsäure nachweisen und dennoch erscheint kein einziger holoedrischer Krystall mehr. In Anbetracht solcher Thatsachen müssen wir wohl darauf. verzichten, die Natur in dieser Richtung in allen Fällen controlliren zu wollen, wo es aber thunlich ist, soll: es umso- weniger unterbleiben. re i, Eu “ > h % mr Re I N Die Goldseifen von Tragin bei Paternion in Kärnten. Von Dr. Richard Canaval. In einer langgestreckten, vielfach gewundenen Schlangenlinie zieht sich der Weissenbach vom Weissensee aus gegen den Draustrom. Mit seinem wechselnden Gefälle verändert sich die Beschaffenheit der Gegend. Während Stockenboy noch in einem engen Thale liegt, kaum breit genug, um den wenigen Häusern, der Strasse und dem Bache Platz zu bieten, weitet sich das Gebirge gegen Pöllan zu und versinkt dann _ allmälig unter mächtigen Diluvialmassen, aus denen es nur vereinzelte Riffe emporhebt. Tief hat sich das Wasser in diese Schottergebilde und das von -ihnen bedeckte Grundgebirge eingewühlt und mannigfach ausgebildete Thonglimmerschiefer, grüne Schiefer und Quarzite entblösst, die, wenn auch stark gefaltet und vielfach gestört, doch bei meist steil südlichem Einfallen ein vorherrschendes Streichen parallel jener interessanten Bruchlinie wahrnehmen lassen, welche PoSepny') seinerzeit als Möll- thallinie bezeichnete. Ueber das Alter dieser Gesteine ist wenig bekannt, die älteren Beobachter ?) stellten dieselben ihren centralen Gneissen und Graniten gleich, nach Suess°) dürfte wohl noch der grösste Theil hievon den „Casanna-Schiefern“ zufallen; Stache*) reihte in neuerer Zeit sowohl diese Gesteine als auch einen Theil der am Nord-Ufer der Drau an- stehenden Glimmerschiefer und Granite seiner „Quarzphyllit-Gruppe“ ein. Auch über die Bildungszeit unserer Diluvialmassen bestehen nur Vermuthungen, und wird in Folgendem zu zeigen versucht werden, dass manche derselben erst nach Ablagerung gewisser glacialer Schuttmassen zu Stande kamen. !) Die Goldbergbaue der hohen Tauern ete. Archiv für praktische Geologie. 1. Bd., pag. 10. 2) A. v. Morlot.u. n. m. ®) Ueber die Aequivalente des Rothliegenden in den Südalpen. Sitzungsber. d. mathem.-naturwissensch. Classe d. kais. Akademie d. Wissenschaften, 57. Bd., 1. Abth., pag. 256. *) Die paläozoischen Gebiete der Ostalpen. Jahrb. d. k. k. geolog, Reichsanst. 24. Bd., 2. Heft, Karte. Jehrbuch d.k.k. geol. Reichsanstalt. 1885. 35. Band. 1. Heft. (Dr. R. Canaval.) 14 E ge a ee 106 Dr. Richard Canaval. [2] Am meisten Interesse unter diesen Diluvialbildungen beanspruchen wohl die goldführenden Schottermassen nicht nur durch die eigenthüm- lichen Umstände, unter welchen in denselben das edle Metall vorkommt, sondern auch durch die grosse Bedeutung, welche seinerzeit die Wäschen sehabt haben mögen, die in ihnen umgingen. Von Duel bis Hammergraben auf einer Länge von fast acht Kilometer lassen sich hauptsächlich am rechten Ufer des Weissen- baches, sowie einzelner Nebenbäche desselben Reste alter berg- männischer Thätigkeit verfolgen. Gleich oberhalb Duel entströmt der „Goldbrunn* einem alten zu Bruche gegangenen Stollen, welcher an der Scheide von Thonglim- merschiefer und conglomerirtem Schotter getrieben worden war. Letzterer enthält fast ausschliesslich Triaskalkgerölle und nur sehr vereinzelte Stückchen grauen, schwach seideglänzenden Thonschiefers. Etwas süd- lich unter dem nahen Pöllan sieht man ein unebenes höckeriges Waldland, von Gräben, mächtigen Bingen und Halden durchzogen, und gewahrt Reste alter, zum Theil noch zugänglicher Einbaue, welche sich insgesammt an die Gesteinsscheide halten und Thonglimmerschiefer als Sohlgestein führen. Einen der grössten hievon, der sich nächst dem Gehöfte Forst- müller befindet, habe ich befahren; er wurde Ende der 60er Jahre von Baron Gersheim wiedergewältigt und mit „Alexander- Stollen“ bezeichnet. Nach Passirung eines kurzen ausgezimmerten Stückes gelangt man in das Seifengebirge, dessen grosse Standhaftig- [3] Die Goldseifen von Tragin bei Paternion in Kärnten. 107 keit einen Ausbau unnöthig macht. Ein riesiges Labyrinth !) von Strecken, Querschlägen und unregelmässigen Zechen wurde in demselben ausge- fahren. In besonders grossen Weitungen liess man Bergfesten stehen oder zog zur Sicherung der First Stempel ein. Ich sah einen solchen, dessen Holzsubstanz fast ganz von Kalksinter verdrängt worden war. Das Gestein ist allenthalben von ziemlich übereinstimmender Be- schaffenheit ; es besteht aus Geröllen bis 50 Kubikdecimeter Inhalt, die ein grobkörniger, durch ein kalkig-thoniges Cement verfestigter Sand bindet. Stellenweise herrscht Sand vor, hie und da sieht man Taschen eines braunen glimmerreichen Lehmes. Die Hauptmasse der Gerölle besteht aus Grödner-Sandstein, aus Triaskalken und Mergeln, neben denen eigenthümliche grüne Schiefer auftreten, die seinerzeit Riedl?) als „grüne Thonglimmerschiefer* bezeichnete. Die mir vorliegenden Stücke zeigen einen ziemlich übereinstimmenden Habitus.. Es sind dunkelgrüne, mehr oder minder schlecht schieferige Gesteine, die stellen- weise kleine Pistazitflecke wahrnehmen lassen und beim Anhauchen einen ziemlich prägnanten Thongeruch entwickeln. Im Dünnschliffe erweisen sich dieselben als bald mehr, bald weniger quarzreiche, vor- wiegend jedoch ganz quarzfreie, hie. und da auch glimmerführende, flaserig struirte grüne Schiefer °), die neben einem dunkelgrünen „chlo- ritischen Gemengtheile* meist zahlreiche Epidotkörner und oft ziemlich viele an Rutil erinnernde parallel auslöschende, Nädelchen enthalten. Ausser diesen Gesteinen, doch viel seltener ais dieselben, findet sich noch glasiger, meist milchig getrübter Quarz wie er so häufig linsen- förmige Einlagerungen in den Thonglimmerschiefern bildet; noch sel- tener treten halbkrystalline Kalke und seidenglänzende Thonglimmer- schiefer auf. Interessant ist die Zusammensetzung des sandigen Bindemittels. Während unter den Geröllen der Quarz und noch mehr der graue seidenglänzende Thonglimmerschiefer zurücktritt, herrschen hier beide neben Kalken verschiedenster Beschaffenheit vor. Zersetzte Eisen- kiese und ockerige ausgefressene Quarze finden sich ziemlich spärlich. Magnetit- und Titaneisen, die gewöhnlichen Begleiter des Goldes, sind in deutlichen Spuren vorhanden. Kalkcarbonat verkittet die Sandkörner und Gerölle und schied sich als Kalksinter (Faserkalk, nicht Arragonit) in tutenförmigen oder wulstigen Gestalten an den Ulmen und der First des Stollens seiner Seitenstrecken und Zechen aus. Auch die Sohle, welche von Thon- glimmerschiefer gebildet wird, der hier noch ziemlich frisch, dort schon zu einem braunen Letten zersetzt ist, wird von Kalksinterkrusten über- zogen. Stellenweise unterbrechen dieselben jene interessanten Bildungen, 1) Glaubwürdige Personen versicherten, über eine Stunde in der Richtung nach Süden darin vorgedrungen zu sein, ohne vor Ort zu kommen. Auch wäre es nicht unmöglich, dass, wie von mancher Seite vermuthet wird, der sogenannte „Pöllaner Teich“ die Folge eines sehr bedeutenden, zu Tage gehenden Bruches ist. 2) Die Goldbergbaue Kärntens und ihre Bedeutung für die Jetztzeit. Sep, aus der „Oesterr. Zeitschr. f. B.- u. Hüttenw., Wien 1873, pag. 3. ®) Ich behalte mir nähere Mittheilungen über diese Gesteine, sowie über das mit denselben in inniger Verbindung stehende Quecksilber-Vorkommen Stockenboy vor. 14* in ar 108 Dr. Richard Canayal. [4] die Schmidt und PoSepny') beschrieben, und welche unwillkürlich an Vogelnester erinnern. Es sind kleine napfförmige Vertiefungen, in denen sich glatt überrindete Geröllchen befinden, die durch Wasser, das von der First niederträufelt, in Bewegung erhalten werden. Vom Gehöfte Forstmüller aus bis zur Einmündung des Graschenitzer Baches bleibt die Physiognomie der Ufergelände ziemlich gleich. Allenthalben durchwühltes Land mit Gräben, Bingen und Halden, unterbrochen von riffartig emporragenden Felsen des Grundgebirges. Bemerkenswerth ist eine besonders grosse Binge, die sich von der Kirche zu Pöllan herabzieht und welche mit Resten eines alten Baues zusammenhängt; man nennt sie den Totengraben, und bringt die Sage ihre Entstehung mit einem grossen Bruche in Zu- sammenhang, der viele Bergleute verschüttete. Gegenüber dem Eisenwerke Tragin sieht man auf der linken Bachseite das Mundloch eines mit Schrämmarbeit getriebenen Stollens, der die steil gestellten Phyllitschichten verquert. Auch ober Tragin kann man die Reste alter Baue erkennen, mit denen man das Grundgebirge durchfuhr, um die goldreichen Liegendpartien des Schutt- landes aufzuschliessen und eine günstige Förderung und Wasserhaltung zu ermöglichen. Ein Fussweg führt hier zu der neuen von ©. Pettersen erbauten Waschhütte. Nördlich derselben, knapp am Rande des steilen, aus Phyllit bestehenden rechten Bachufers sieht man Reste eines sehr bedeutenden Tagbaues, mit dem man dem Grundgebirge folgte, bis eine zu grosse Mächtigkeit der Schotterbedeckung zur Ein- leitung unterirdischer Gewinnungsarbeiten zwang. Nicht weit von hier liegt der „Wera-Stollen“, interessant durch die eigenthümliche Art des Abbaues und die darin gemachten Funde. Die grosse aus neuerer Zeit (1865— 1870) stammende Halde ?) desselben zeichnet sich durch ein auffallendes Vorherrschen von Kalkgeröllen aus, wogegen die von Wald bestandenen älteren Halden reich an grossen Sandstein- und Grünschiefer-Blöcken sind. Man arbeitete, den gold- reichsten Mitteln nachgehend, in mehreren Horizonten, die unter ein- ander in mannigfacher Weise communiciren. Zur Wasserlösung und Förderung dienten zwei jetzt völlig verrittene, mit Schrämmarbeit durch den milden Thonschiefer getriebene Stollen ?). Beim Aufheben dieses Baues fanden sich zahlreiche Reste eigen- thümlich geformter Grubenlampen, sowie eine ganz verrostete, aus Eisen 1) Ueber concentrisch-schalige Mineralbildungen. Sitzungsber. d. math.-natur- wissensch. Classe der kais. Akad. der Wissensch., LVII. Bd., II. Abth., pag. 901. ?) Derselben entstammen drei Gerölle, welche centralen Gesteinen gleichen; das eine besteht aus Eklogit, das zweite ist ein Hornblendegneiss, das dritte ein granatführender Hornblendeschiefer. Ich vermuthe, dass es eingeschwemmte, aus dem höher gelegenen Erraticum stammende Findlinge sind. 3) Auffallend sind die saigeren Ulme des einen dieser Stollen, von dem noch das Mundloch erhalten ist. Unter den vielen „Schrämmfahrteln“, die ich in Kärnten kennen iernte, sind mir bis jetzt nur zwei erinnerlich, die sich durch fast voll- kommen verticale Ulme auszeichnen; da sich das eine hievon knapp unter dem „Heidenschlosse* ober Weissenstein im Drauthal befindet, das Herr Conservator K. Freiherr von Hauser für den Rest eines römischen Castelles hält, so könnte dies fast die Vermuthung begründen, es sei der rechteckige Stollenquer- schnitt der ältere, welcher später durch den noch jetzt üblichen trapezförmigen verdrängt wurde. [5] Die Goldseifen von Tragin bei Paternion in Kärnten. 109 gefertigte Krücke, die man beim Verwaschen des goldhaltigen Sandes _ gebraucht haben mochte. In Fig. 1 ist eine der besser erhaltenen - Lampen abgebildet. Dieselbe ist ausschwarzem - Thon, dem viele Quarzkörner beigemengt sind, in ziemlich roher Weise, doch auf einer Scheibe gefertigt und erinnert in ihrer äus- - seren Form sehr an die noch üblichen Gruben- lampen. An ihrem unteren Ende ist ein schwach ovales Loch angebracht, welches mit einem schief geborten kleineren Loche communicirt '). Die Krücke, von der Fig. 2 eine Abbil- dung gibt, ist mit einer mehr als 2 Milli- meter dicken Rostschichte überzogen und trägt noch den Rest eines Holzstieles, dessen Substanz von Herrn A. Wallnöfer für betula oder corylus bestimmt wurde. Eine Befahrung des alten Baues ergab manch Interessantes. Die Zusammensetzung des goldführenden Gebirges ist im Allge- meinen die gleiche wie im Alexanderstollen, doch scheint dasselbe hier stellen weise weniger conglomerirt zu sein wie dort. Klippen des Fig. 2. Grundgebirges ragen oft in die Sohie, wurden hie und da auch durchörtert und bedingten, da man sich hauptsächlich an die Gesteins- scheide hielt, eine grosse Regellosigkeit des Abbaues. Viele recht bedeutende Zechen wurden ausgefahren. Manche davon sind verbrochen, andere nur mit Gefahr zugäng- lich. Fast allenthalben tritt das Bestreben zu Tage, nach der unregelmässigen, stellen- weise recht steil einschiessenden Gesteinsscheide in die Tiefe zu gehen und, wie auch die Beschaffenheit der alten Halden zeigt, nach Thun- lichkeit jene Partien zu verhauen, welche reich an Sandstein- und Grünschiefer-Geröllen sind. Besonders auffallend sind die mächtigen Bingen an der rechten Seite des Gratschenitzen-Baches, der sich vom Altenberg längs der Kreutznerstrasse herabzieht. Zahlreiche Phyllitriffe, die da zu Tage treten und das Entstehen zusammenhängender beckenartiger Weitungen bedingen, weisen auf eine verhältnissmässig geringe Mächtigkeit der Schotterablagerung hin. Zwei alte Baue wurden hier gelegentlich der Ende der 60er Jahre abgeführten Waschversuche aufgehoben. Interessant durch seine Funde ist der ausgedehnte „Hermanns- stollen“. | !) Gleichartige Lampen wurden, wie mir Herr Gewerke A. Scheitz in Stockenboy mittheilte, auch in dem Bleibergwerke „auf der Ried“ bei Paternion gefunden, sie lagen in einer ausgeschrämmten Strecke. 110 Dr. Richard Canaval. [6] In einer Zeche desselben traf man auf einen ganzen Haufen abgenutzter Steinwerkzeuge, vermengt mit Trümmern zerbrochener Grubenlampen vorbeschriebener Form. Es liegen mir zwei bearbeitete Steinstücket) vor. Das eine ist das Fragment eines krampenartigen Werkzeuges, dessen Grundform ungefähr die nebenstehende gewesen sein mag. Fig. 3. Davon ist nun freilich fast nur mehr die Partie um das Loch, in welchem sich die Handhabe befand, vorhanden. Fig. 4. Aber auch dieser Rest ist interessant genug. Zunächst fällt das Loch auf. Es ist schwach konisch und mit Furchen versehen, wie wenn es durch Eindrehen eines festen Gegen- standes in eine teigige, langsam nachgebende Masse erzeugt worden wäre. Seine Oberfläche ist dabei rauh, ohne eine Spur von Politur. Es wird von einem deutlichen Wulst umgeben, der noch recht gut erhalten ist. An mehreren Stellen finden sich schwach muschelige, stark abgenutzte Vertiefungen, die hie und da schwache Riefen zeigen und wohl bei der Arbeit mit dem Werkzeuge entstanden sein mögen. Ueber das Material gab erst eine mikroskopische Vergleichung mit jenem des zweiten Stückes befriedigenden Aufschluss. Dasselbe gleicht einem Oylinder mit schief geschnittenen Basen. Es wird von einem bläulichen, schön muschelig brechenden Kieselgestein gebildet, das sich an dem breiteren unteren Ende in seinem ursprünglichen Zustand zu befinden scheint und weiter hinauf eigenthümlich erodirt ist. Ein schwach konisches, ziemlich genau achsiales Loch durchsetzt fast den ganzen Cylinder. Seine rauhe Oberfläche zeigt schwache Furchen, wie wir solche bei dem Beilfragment kennen lernten. Höchst auffallend ist die merkwürdige Beschaffenheit der rauhen Aussenseite dieses Stückes. Unter der Loupe sieht man kleine wurmförmige Gebilde, welche sich mannigfach verästeln und den Eindruck hervorbringen, als habe man es mit einem Producte des Thierreiches zu thun. Erst das Mikroskop gibt Aufschluss. Ein grösseres Stückchen, das von dem anscheinend am wenigsten veränderten unteren Ende abgesprengt wurde, erwies sich im Dünn- schliff als höchst interessant struirter Kieselschiefer. Derselbe ist durchaus krystallin und besteht aus innig verwachsenen Complexen !) Diese Steinreste nebst Grubenlampe und Krücke befinden sich jetzt im Besitze des Kärntischen Geschichtsvereines, bei dem ich auch Copien der vorhan- denen Grubenkarten hinterlegte. Ehe A u = u u en re Kerr Me ee [7] Die Goldseifen von Tragin bei Paternion in Kärnten. 111 radial gruppirter Quarz-Individuen, zwischen welchen sich eine aus rundlich umschriebenen Quarzkörnern bestehende Masse einzwängt. Die Umgrenzung dieser Complexe ist keine besonders regelmässige und ‚kommt auch nur im polarisirten Lichte zum Ausdruck. Zwischen den - Quarzkörnern und büschelig gruppirten Quarz-Individuen liegen verein- - zelte stumpfe Rhomboöder einer schwach doppelbrechenden Substanz. Die Quarzbüschel setzte oft an der vorderen Fläche des Rhombo- _ ederchens ab, um sich daun an der hinteren, anscheinend ungestört, weiter auszubreiten. Ganz andere Verhältnisse zeigt ein Fragment, das ich vom oberen stark corodirten Ende absprengte. Nur an wenigen Stellen tritt uns da im Dünnschliff das frische Gestein entgegen. Die Hauptmasse ist im durchfallenden Lichte bräunlich gefärbt, von massenhaften Stäub- chen durchzogen, wie gefrittet; dabei stellen sich glasige, geflossene Partien ein, die selbst bei Anwendung färbender Gypsblättchen keine Einwirkung auf seitliches Licht hervorbringen. Auch sieht man hie und da kreuzförmige Gestalten, deren Arme von einem gemeinsamen ringförmigen Centrum ausgehen, das häufig eine hellere Farbe besitzt und dann aus mit Quarzmasse verflösster Glassubstanz besteht. Ziemlich übereinstimmende Erscheinungen zeigt ein Fragment unseres Steinbeilrestes. Randlich ist dasselbe durch secundäre Zer- setzungs- oder Infiltrationsproducte sehr getrübt, in den mittleren Partien aber ist die gefrittete glasführende Masse des Kieselschiefers gut erbalten und findet man dann auch hier, wenn auch nicht so häufig wie dort, schlierige Partien und kreuzförmige, aus Quarzsub- stanz und Glasmasse bestehende Gestalten. Es hat daher den Anschein, dass man den Kieselschiefer bei Gegenwart eines Alkalis durch Feuer in einen halbgeschmolzenen Zustand versetzte, weich genug, um durch Eindrehen eines geeigneten Stückes, das als Dorn diente, gelocht werden zu können. Bei dem cylinderförmigen Stücke, das ich als misslungenes Werk- zeug betrachten möchte, dürfte eine zu grosse Hitze die Entstehung häufiger Glassubstanz veranlasst haben, was jedenfalls nicht in der Absicht des Verfertigers lag. Bei der grossen Zähigkeit des Kiesel- Schiefers, die wohl noch gefritteten, aber nicht mehr stark glasigen Stücken eigen ist, dürfte man eben nur eine starke Frittung zu er- zielen gesucht haben, einerseits um leichter lochen zu können, anderer- seits um der Klüftigkeit des Gesteines zu begegnen. Letztere möchte man als Ursache unserer eigenthümlichen Glasbildungen betrachten, welche, wie die Beschaffenheit der Aussenseite des cylindrischen Stückes zu zeigen scheint, weniger stark von den an humussauren Salzen reichen Grubenwässern angegriffen werden als die individualisirte Kieselsäure. Der gegenwärtige Leiter der Wäschen Herr Stein, liess den seit einigen Jahren unzugänglichen Bau wieder öffnen. Es war nur eine ganz kurze Strecke des Hauptstollens verritten. Derselbe durchfährt zuerst conglomerirten Schotter von gleicher Beschaffenheit wie im Wera- stollen. Stellenweise sieht man recht mächtige Sand- und Lehmlagen, die bergmännisch unbeachtet blieben. Je näher dem Gebirgshange, 112 Dr. Richard Canaval. [8] desto lehmreicher und kalkärmer wird die Masse, es stellen sich grosse Sandsteingerölle und zahlreiche eckige Schieferbrocken ein, so dass man anfänglich versucht ist, an eine glaciale Bildung zu denken, sich aber bei näherer Untersuchung mit der Annahme von eingeschwemmtem Gehängsschutt begnügt. Die Zeche, in der Lampen- und Werkzeugsreste aufgefunden wurden, ist von Wasser erfüllt und theilweise verbrochen, von der Löcherung mit dem Louisen-Bau aus ist die First niedergegangen, so dass man nur mit Gefahr weiterkommt. Der ziemlich lange, jetzt verfallene Stollen dieses letzteren Baues ist in der Nähe des Mundloches durch rolliges Gebirge getrieben und soll hier mit einer trockenen Ausmauerung versehen sein. Seine Halde ist interessant durch das Vorkommen rother, an Bozner Porphyr erinnernde Gesteine, sowie jener interessanten glim- merreichen Schiefer, welche die Quecksilbererze von Stockenboy begleiten. | Bemerkenswerth ist noch das eigenthümliche Profil des Hermann- baues. Gelegentlich meines Besuches im December 1883 sass viel Wasser zu, sammelte sich im Tiefsten und verschwand hier, vielleicht durch einen jetzt verstürzten Tiefbaustollen, mit dem man wie von Gers- heim vermuthet, vom südlichen Gehänge des Weissenbachthales (?) aus hieher durchschlägig geworden war. Thatsächlich befinden sich dort mehrere Bingen, denen während des ganzen Jahres Wasser ent- strömt. Auch steigt hier das Grundgebirge in nur sehr geringer Tiefe unter der Erdoberfläche empor, was wohl darauf hinweist, dass die Mächtigkeit des goldführenden Schuttes und daher auch die Wahr- scheinlichkeit, man habe es mit den Einbauen auf letzteren abgesehen, nur sehr gering ist. Längs des Weissenbaches lassen sich die Reste alter Gräbereien noch bis Hammergraben verfolgen. In der Nähe dieses Ortes wurde seinerzeit ein alter Bau aufgehoben, der auf besonders goldreichen Schutt getrieben war. Die unregelmässigen Streken desselben waren so niedrig, dass man nur kriechend weiter kommen konnte. Auch hier durchfahren mehrere Schrämmstollen den Thonglimmerschiefer des Grundgebirges; leider sind alle stark verritten, so dass man sich über die Beschaffenheit der goldreichsten Schottermassen keine genügende Auskunft zu geben vermag; doch spricht die Zusammensetzung mehrerer alter Halden für ein bemerkenswerthes Zurücktreten der Kalkgerölle. Die um und bei Paternion noch sichtbaren Reste bergmän- nischer Thätigkeit dürften weniger mit dem einstmaligen Betriebe von Seifenwerken im Zusammenhang stehen, wie häufig behauptet wird, als von alten Bergbauen herrühren, die im festen Gestein umgingen. Eingeschaltet in den Thonglimmerschiefern findet sich nämlich ein stellenweise recht bedeutendes Lager eines abfärbenden, quarzreichen Graphitschiefers, in den goldhältige Eisenkiese einbrechen, die seiner- zeit bergmännisch bearbeitet wurden. Im „Kunstgraben“* bei Kam- ring sollen die alten Aufbereitungsanlagen gestanden sein, welche ihr Kraftwasser aus einem grossen Teiche bezogen, von dem sich noch Spuren nächst der Ruine Altenhaus finden. [9] Die Goldseifen von Tragin bei Paternion in Kärnten. 113 In ihrer mineralogischen Zusammensetzung erinnern die Goldseifen von Tragin wenig an die reichen Goldsande Amerikas und Australiens. Ueber die grösseren Geschiebe, welche den goldführenden Schutt com- poniren, wurde schon mehrmals gesprochen; es restirt noch, der Zu- sammensetzung des „schwarzen Schliches“ zu gedenken, den man durch Verwaschen des goldhältigen Hauwerkes in einem Sichertroge oder einer Schüssel erhält, Es standen mir hievon mehrere Proben zu Gebote; einige derselben hatte ich selbst erwaschen, andere verdanke ich der Güte von Gersheim’s und Stein’s, Zur Untersuchung derselben wurden kleinere Partien theils auf flachen Uhrgläsern unter das Mikroskop gebracht, theils durch grobe Leinwand gebeutelt und in Canadabalsam präparirt. Masneteisenerz, neben dem sich noch Titan- und Rotheisenerz finden, sowie Quarz bilden die Hauptmasse des Schliches. Der Quarz tritt in Gestalt kleiner, ganz- oder halbdurchscheinender, rundlicher Geschiebchen, ziemlich scharfkantiger Fragmente mit charakteristisch muscheligen Bruchflächen oder, wenn auch nur sehr untergeordnet, kleiner abgerollter Krystall-Individuen der Combinatin >» P!/R—R auf. Er ist oft durch Eisenoxydate rothbraun, viel seltener als Rauch- topas graubraun gefärbt. Rosenquarz, der nach von Gersheim als gutes Zeichen galt und nur in Gestalt kleiner rundlicher Körner mit flachmuscheligen Bruchflächen erscheint, ist in manchen Proben in grosser Menge vorhanden. Pyrop in schön blutrothen Körnern kommt hie und da vor; häufiger Pistazit in gelblich-grünen, unregelmässig begrenzten, durch seine Zersetzungsproducte ziemlich gut charakterisirten Fragmenten und Titanit in licht-grünlichgelben Körnern mit fettartigem Glasglanz. Dunkel-bräunlichgrüne scharfkantige Krystall-Fragmente, welche nur äusserst schwach pleochroitisch sind, dürfte man als Augit bezeichnen. Aehnlich geformte, schwach bräunliche Bruchstücke, die eine feine Streifung zeigen, erinnern an Diallag. Amphibol in dunkel- grünen, kräftig absorbirenden Partikeln mit deutlicher Hornblende- spaltbarkeit ist ziemlich selten; ebenso Aktinolith. Sehr kräftig absor- birende, schwach violett gefärbte Trümmerchen, die sich durch die fein linirtte Umgrenzung ihrer muscheligen Bruchflächen auffallend von Quarz unterscheiden, müssen als Turmalin angesprochen werden. Sehr selten ist Plagioklas. Das Gold selbst erscheint in kleinen, lebhaft goldgelben Blättchen und vorherrschenden Körnchen, die häufig ein- gewachsenen weissen Quarz enthalten und bisweilen kleine, parallel gestreifte Flächen zeigen, die wohl mit irgend welchen Bewegungsvorgängen zu- sammenhängen. In einem meiner Präparate fand sich auch ein fast ganz rundes Körnchen einer doppelbrechenden farblosen Substanz, die zahlreiche smalteblaue Fetzchen und Knöllchen umschliesst. Hinsichtlich des Haltes an Edelmetall fehlen derzeit vollkommen zuverlässige Angaben; Bergrath Riedl hält die Seifen für „arm, ja ärmer, als sie absolut nothwendig sein müssten, wenn wir auch den seinerzeitigen Metallwerth für heute annehmen würden und mit den Fortschritten der Mechanik obendrein rechnen wollten“. Andererseits scheinen, wie aus der weiter unten eitirten Angabe Parascelsus’ erhellt, wenigstens die goldreicheren Schotterlagen zu Anfang des 16. Jahrhunderts mit Vortheil verwaschen worden zu sein. Im Uebrigen Jahrbuch d.k. k. geol. Reichsanstalt. 1835. 35. Band. 1.Heft. (Dr. R. Canaval.) 15 114 Dr. Richard Canaval. [10] liegen mir nur die Resultate der von Baron Gersheim Ende der 60er Jahre unternommenen Waschversuche vor, mit denen die Resultate neuerer Versuche wenigstens insoweit übereinstimmen, als dieselben unter allen Umständen für einen nur sehr kleinen durchschnitt- lichen Halt des Seifengebirges sprechen können. v. Gersheim liess von 43 verschiedenen Arten circa je 100 Wiener Centner Gold- sand von den gröbsten bis halbkopfgrossen Geröllen befreiten Schotter verwaschen und erzielte nachstehende Goldgehalte in Milligramm: 145, 165, 200, 223, 273, 280, 310, 324, 342, 371, 400, 600, 610, 650, 665, 710, 765, 820, 836, 912, 948, 983, 1020, 1080, 1152, 1160, 1178, 1657, 2022, 2070, 2115, 2175. Das grösste Stückchen Gold, welches in drei Arbeitsjahren gefunden wurde, wog 2735 Milligramm und fand sich in einem mit Schotter erfüllten Strudelloch des Grund- gebirges. Auf Basis dieser Angaben wurde nebenstehende Tabelle ent- worfen. enthält in 100 Kilo Goldsand von Hauwerk, Kilo Gold nach Angabe von Rhein, erste Sorte 0:0000562 Daubree') FAN LZWEILE Rn 0:0000243 r ndettte..e, 0:00 0131 % sa wiertein,, 00000003 en Tragin, Maximum 0000031 v. Gersheim 5 Mittel 00000226 m R Minimum 00000025 5 Olahpian, Maximum 000039 Zerrenner’?) R Mittel. 00000625 3 Miask, Mittel in der Bauper iode von 1867 bis 1875 1-3,040:0000336 Sewastjanow’?) Amurgebiet, Maximum . . ....000J81 Anosow‘) . Mittel: y:a34 2: 0° 18,4..:0:00053 R Abyssinien sch far 0; ‚0.000454 Karsten’) Colonie Victoria Mittel 0.000227 Wolf‘) Gulong, Adelong und Parken Neu-Süd-Wales . Jubafluss in Californien . 0 000292 — 0000076 ; 0 00155 —0°00311 5 0:001425 Doroschin‘) Es macht diese Tabelle weder auf grosse Genauigkeit noch auf Vollständigkeit Anspruch. In vielen Fällen ist es fraglich, ob man den Halt auf die gewonnene Gesammtmasse oder nur auf das zu Tage ge- Jaufene, respective bauwürdige Hauwerk bezieht. In Tragin wurden, wie bereits angedeutet, die grössten Gerölle ausgehalten und zum Ver- setzen der ausgefahrenen Bäume verwendet; für Miask gibt ferner Sewastjanow das Verhältniss zwischen dem gewonnenen wasch- !, Synthetische Studien etc. a) Jahrh, d. geol. Reichsanst. 1853, pag. 481. 3) Berg- u. Hüttenmänn. Ztg. 1877, pag. 23. ) Oest. Zeitschr. 1877, Nr. 24. °, Zerrenner, Anleitung, Pag. ©) Zeitschr. d. deutschen geol. ee XXIX. Bd., pag. 82. ') Zerrenner, Anleitunz, pag. 19. [11] Die Goldseifen von Tragin bei Paternion in Kärnten. 115 würdigen Sande und der wegzuräumenden tauben Masse an, weshalb ich den Halt auf die gewonnene Gesammtmasse umrechnete. Wie bei den meisten grossen Goldfeldern, haben wir auch in Tragin „örtlich entstandene Seifen“ vor uns. Nirgends finden wir grössere Ansammlungen !) centraler Gesteine, die für eine Abstammung des goldführenden Schuttes aus den Quarz- gängen oder Kieslagern der hohen Tauern sprechen würden. Solche treten vereinzelt in dem höhergelegenen Erraticum auf, während in den goldführenden Alluvialgebilden selbst fast ausschliesslich triassische Gesteine, Grödner Sandstein und Casanna-Schiefer vorkommen, eine Eigen- thümlichkeit, die wohl zu dem Schlusse berechtigt, dass den kiesführenden Quarzwülsten und Gängen der letzteren unser Edelmetall entstamme. Interessant ist das Vorkommen der reichsten Mittel. Zerrenner?°) hat wohl zuerst die Seifenablagerungen in zwei Classen, in ältere und jüngere, zertheilt; die ersteren sind das Ergebniss allmäliger Ausfüllung von Seebecken, die letzteren stehen mit tempo- rären Ablagerungen von Flüssen im Zusammenhang, und war es iusbe- sondere Daubre&e°), der in eingehender Weise das Vorkommen des Rheingoldes schilderte. Die älteren Seifen, die „stationären* v. Groddecka’s charak- terisiren sich namentlich durch den meist grösseren Reichthum der un- mittelbar auf dem unterteufenden Gebirge liegenden Mittel, durch die Anreicherung, welche diese an solchen Orten erfahren, wo das Wasser seinerzeit Löcher in das Flussbett grub, wo Felsen die Strömung durchsetzten, grosse Geschiebe zur Ablagerung kamen oder sich der Wasserlauf in seiner Richtung plötzlich änderte. Am Ural) finden sich da, wo der Untergrund uneben, zackig und zerklüftet ist, die reichsten Mittel. In Californien sind ferner nach Credner’), Sauvage‘°) u. a. die unteren Schichten im Allgemeinen viel reicher als die oberen, und Laur’) nimmt an, dass ein Kubikmeter in den unteren Schichten durehschnittlich 4, in den oberen nur 0'25 Francs werth sei. In Brasilien erweisen sich nach v. Eschwege°) die unmittelbar auf dem Grunde aufsitzenden Anschwemmungen am reichsten, so dass man mit grösster Sorgfalt die Sole abkratzt. In Australien wird nach Odernheim’°, das Gold dort, wo es reichlicher vorhanden ist, stets mit groben Geschieben oder Geröll- !) Die Vermuthung Rochata’s (die alten Bergbaue auf Edelmetalle in Ober- kärnten. Jahrb. d. geol. Reichsanst., 1878, pag. 329) dass die Wäschereien bei Paternion „durch die Drau von dem aus allen höher gelegenen Seitenthälern zugeführten goldhältigen Sande abgelagerte Goldseifen“ zur Grundlage haben, ist daher entschiedeu unbegründet. ?) Anleitung zum Gold-, Platin- und Diamantenwaschen etc. Leipzig, Engel- mann, 1851, pag. XI. 3) Synthetische Studien. *) V. Cotta, Erzlagerstätten, II., 532. 5) Berg- und Hüttenmännische Ztg., 1866, pag. 209. 6) ibid. 1877, pag. 273. ") idid. 1877, pag. 273. ®) Pluto Brasiliensis ete. Berlin 1833, pag. 229. °) Das Festland Australien. Ref. im N. Jahrb. 1862, pag. 353. Vergl. @. Wolf. Zeitschr. d. deutschen geolog. Gesellsch., 1877, pag. 156. 15* 116 Dr. Richard Canaval. [12] lagern verbunden getroffen, und zwar an den tiefsten Stellen, unmittelbar auf dem anstehenden Gestein, in der Nähe von goldführenden Quarz- gängen oder von Dioriten, deren Trümmer sich dem Diluvium beige- sellt haben. Analog diesen Vorkommen sind es nun auch in Tragin nament- lich drei Factoren, welche veredelnd wirken: Grosse Gerölle aus Sand- stein, grünem Schiefer, Thonglimmerschiefer und Quarz bei gleich- zeitigem Zurücktreten von Kalk und Mergel, röscher oder doch nicht zu fetter Sand, sowie die Nähe des Grundgebirges, dessen Unebenheiten und Klippen die Ansammlung des Edelmetalles erleichterten. Ausge- sprochen vertaubend scheint das Ueberhandnehmen von Kalk- und Mergelgeröllen zu wirken. Es ist dies nichts Auffallendes, nachdem einer- seits das Edelmetall diesen Gesteinen fremd ist, andererseits Kalk- und Mergelgerölle nur da in grösserer Menge zur Ablagerung kommen können, wo eine weniger lebhafte Strömung ihre Existenz zwischen den widerstandsfähigeren Sandstein- und Grünschiefer-Blöcken auch weniger in Frage stellte. Nach Form und Grösse der ausgefahrenen Zechen und den bei der Wiedergewältigung des Werabaues gemachten Erfahrungen zu urtheilen, bilden ferner die reicheren Mittel theils eine un- regelmässige, vorwiegend auf dem Grundgebirge lagernde linsenförmige Masse von meist nicht sehr bedeutender Ausdehnung, theils Ausfüllungen von Strudellöchern und Wasserrinnen. Die Alten suchten in Folge dieser Umstände mit ihren Einbauten diejenigen Partien aufzuschliessen, welche an das Grundgebirge grenzen, und, wie die Grösse mancher Zechen sowie die meist nur schwachen Bergmittel zeigen, reichere Schotterlagen möglichst vollständig zu ver- hauen, worauf sie durch Hoffnungsschläge, mit denen sie dem Grund- gebirge folgten, neuerdings waschwürdige Mittel zu erschrotten trachteten. Sowie endlich im Udereigebiet'!) der Halt mit Annäherung an den Thalursprung zunimmt und in Australien ?) bei den reiche Seifenmassen führenden Schluchten die Hältigkeit sich verliert, je mehr sich das Thal in die Breite dehnt, scheinen auch in Tragin reichere Mittel näher dem Ursprunge als der Mündung des Thales zu liegen. Es ist jedenfalls bemerkenswerth, dass Proben, welche dem Wera- und Hermannstollen entnommen wurden, günstiger ausfielen als jene, welche dem am Thalausgange gelegenen Alexanderbaue entstammen; dass ferner v. Gersheim leider erst in der letzten Zeit des Betriebes eine Reihe sehr günstiger Proben den alten Bauen bei Hammergraben verdankte, welchen auch die Sage als besonders goldreich bezeichnet. Technisch wichtig ist auch die Erscheinung, dass kleine Gold- blättchen meist durch Kalksinter mit den grösseren Geschieben ‘fest verbunden sind, so dass sie sich nur durch ein sehr energisches Durchkrählen davon ablösen. Würde man das Hauwerk auf ein grob- maschiges Gitter stürzen und nur den Durchfall verarbeiten, so wären, wie dies auch neuere Versuche zeigten, bedeutende Goldverluste un- ausbleiblich. ı) Deichmann, Die Trivatgoldwerkc im Udereigebiete. Ermann’s Archiv, VI, 328. 2) G. Wolf, Zeitschr. d. deutschen geol. Gesellsch., 1877, 156. [13] Die Goldseifen von Tragin. bei Paternion in Kärnten. 11:7 Bergmännisch beachtenswerth könnte auch noch Folgendes sein. Wie weiter unten zu zeigen versucht werden wird, scheint die Entste- hung des Seifengebirges mit der Bildung von Schuttkegeln im Zusam- menhange zu stehen, die durch Schotterablagerungen an der Einmün- dungsstelle eines Wasserlaufes in ein Seebecken veranlasst wurden. Andererseits sprechen viele Erscheinungen dafür, dass schon vor diesen Schuttkegelbildungen eine sehr intensive Erosion des Grundgebirges stattfand. Die Schotterablagerungen des Wera- und Hermannbaues gehören zwei verschiedenen Schuttkegem an, die später neuerdings erodirtt wurden. In beiden Fällen haben wir als Untergrund des goldführenden Schuttes ein unebenes, muldenreiches Grundgebirge vor uns, dessen beckenförmige Ausweitungen von seiner wechselvollen petro- graphischen Zusammensetzung abhängen. Sowohl längs des Gratsche- nitzen- als auch längs des Weissenbaches sehen wir aus den Dilluvial- massen aufragende Phyllitriffe, zwischen denen sich mit conglomerirtem Schutt erfüllte Weitungen einschieben. Wir können uns diese Erscheinung nur dadurch erklären, dass eben die Erosion in milden Gesteinslagen im Allgemeinen leichter vor sich geht, als in widerstandsfähigeren, und dass daher, wenu, wie im vorliegenden Falle, eine wiederholte Wechsellagerung leicht und schwer erodirbarer, steil einfallender Gesteinslagen stattfindet, durch die ero- dirende Thätigkeit eines Wildbaches zusammenhängende Weitungen ge- schaffen werden, die untereinander durch Engpässe communiciren. Es ist klar, dass in diesen Verengungen die Wässer im Allgemeinen eine grössere Geschwindigkeit haben werden als vor und hinter denselben und dieser Umstand mag daher hinsichtlich des Vorkommens bau- würdiger Mittel immerhin insofern von einiger Bedeutung sein, als ja an solchen Stellen, wo eine plötzliche Aendernng der Geschwindigkeit erfolgt, auch die Wahrscheinlichkeit einer Concentration des Edelmetalles grösser ist. Die neubegonnenen Schurfversuche dürften wohl auch über diese Frage einige Auskunft geben. Werfen wir noch einen Blick auf das Alter der goldführenden Straten und der bergmännischen Ausbeutung derselben. Wird ein Seebecken von den Ablagerungen der einströmenden Ge- wässer allmälig erfüllt, so wird jeder Bach an seiner Einmündung einen Schuttkegel absetzen ; je weiter sich diese Kegel ausbreiten, desto weiter schreitet die Verlandung vor. Wird der Ausfüllungsprocess unterbrochen, so ragen an der Einmündangsstelle der einzelnen Bäche rundliche Terrassen in den entwässerten Grund. Liegen zwei Mündungen einander sehr nahe, so mögen sich die beiden Kegel zu einer fortlaufenden Terrasse ausbilden, ohne hiedurch jedoch gewisse charakteristische Merkmale ihrer Entstehung zu verlieren. Es erhellt hieraus, dass nicht Alles, was als „Terrasse“ bezeichnet wird, durch Erosion der Schottermassen eines Thalgrundes zu Stande kam. In vielen Fällen kam es überhaupt nie zu einer vollständigen Erfüllung des Beckens, sondern nur zu einer Aufeinanderfolge von Schuttkegelbildungen ent- sprechend dem jeweiligen Stande des Seespiegels. In unserem Gebiete war dies fast ausschliesslich der Fall. Im Drauthale sind nur zwei ausgesprochene Thalterrassen vorhanden; im Weissenbachthale sieht 118 Dr. Richard Canaval. [14] man lediglich Reste ausgedehnter stufenförmig ansteigender Schuttkegel!), so dass wir wohl sagen dürfen, es sei unser Seifengebirge wenigstens der Hauptsache nach das liesultat öfters unterbrochener Ausfüllungs- versuche eines Seebeckens. Es ist klar, dass die gegenseitige Stellung dieser Gebilde zu einander keinen Schluss auf ihr Alter zulässt, wenn nicht andere Beobachtungen ergänzend und vermittelnd eingreifen. Es kann daher zur Zeit auch nicht behauptet werden, dass alle goldführen- den Sande derselben Bildungsperiode angehören, es mögen ältere und jüngere vorkommen, ohne dass es ein äusseres Kriterium gibt, sie ihrer Bildungszeit nach von einander scharf zu trennen. In gleicher Weise hält es schwer, zu bestimmen, ob dieselben als vor- oder nach- glacial angesprochen werden dürfen, doch weist die ebene Oberfläche unserer Schotterterrassen wohl darauf hin, dass Gletschereis nie darüber hinweggeflossen ist, was w.eder zu der Folgerung berechtigt, dass die Bildung derselben in eine Zeit nach Ablagerung des glacialen Schuttes zurückreichen mag, der am Südabhange des Drauthales in verhältniss- mässig so geringer Höhe angetroffen wird. Der Fund eines in der Schottermasse des Hermannbaues eingeschlossenen ziemlich bedeutenden Stammstückesvon pinuslarix nach Dr. K. Peneke’s freundlicher Bestim- mung, denick gelegentlich meiner Befahrung machte, sowie das verein- zelte Vorkommen eingeschwemmter und aus dem höher gelegenen Erraticum stammender Geschiebe ist mit dieser Annahme recht wohl vereinbar, Wie mit der Bestimmung des geologischen Alters der goldführenden Schuttmassen, verhält es sich mit jener des historischen der Seifen- werke. Für das hohe Alter derselben sprechen allerdings manche Gründe. So weist schon die bedeutende Ausdehnung, sowie die ausser- ordentliche Grösse der unterirdischen Baue auf einen durch lange Zeit fortgesetzten Betrieb hin. Auch lassen manche Gruben, so namentlich der Alexander- und Werabau deutlich zwei Bauperioden unterscheiden, eine in der man einen höchst unregelmässigen „Maulwurfsbau“ betrieb, ein wahres unterirdisches Labyrinth herstellte, zum Theil wohl deswegen, um ein möglichst zahlreiches Grubenpersonal anzulegen und den Abbau ohne Rücksicht auf Bequemlichkeit und Wirthschaftlichkeit möglichst zu forciren, und eine andere, in der man systematischer zu Werke ging und auf billige Gewinnung, Förderung und Wasserhaltung Rücksicht nahm. Nähern sich die Arbeiten der zweiten Periode mehr den An- forderungen moderner Technik °), so erinnern jene der ersten an 1) Eine Folge dieses Umstandes ist die sehr wechselvolle Mächtigkeit der goldführenden Straten, die am Thalausgange eirca 20 Meter, im Hammergraben über 100 Meter beträgt. ?2) Dass die Seifenwerke im 16. Jahrhunderte wieder aufgenommen wurden, erhellt aus einer Stelle bei Parascelsus — Erster Theil der Bücher und Schriften des edlen hochgelehrten etc. Philippi, Theophrasti Bombast von Hohenheim, Parascelsi genannt etc. durch Joannem Husium Brisgoium ete., — Frankfurt a. M., 1603, pag. 313. „Da sind mancherley Bergwerk in diesem Land, mehr dana in anderen, zu Bleyberg, wunderbarlich Bleyertz, das nicht allein in Germanien, son- dern auch Pannoniam, Tureiam und Italiam mit Bley verleget, dessgleichen auch Eysen-Ertz zu Hüttenberg und in seiner Confiz mit sonderem fürtrefflichem Stahel Ne a FR N 2 BT a 2 [15] D:e Goldseifen von Tragin bei Pateruion in Kärnten. 119 die Wirthschaft römischer Grubenpächter, die mit einem Heere bar- barisch behandelter Sklaven in möglichst kurzer Zeit möglichst viel zu gewinnen suchten, so dass sich in einzelnen Fällen sogar der Staat 5) veranlasst sah, ihrem wüsten Raubbau durch beschränkende Gesetze Einhalt zu thun. Im Zusammenhang mit den alten Gräbereien finden sich ferner ausgedehnte Halden, die lediglich aus faust- bis kopfgrossen Geröllen be- stehen, eine üppige Waldvegetation tragen und hiedurch zur Annahme eines hohen Alters berechtigen ?). Mögen nun alle diese Thatsachen, sowie eine Reihe anderer Um- stände, welche auf das Bestehen römischer Siedelungen in der Nähe unseres Grubengebietes schliessen lassen’), für die jüngst von El. Aelschker‘) mächtig begabet. Auch viel Alaun-Ertz, die zu bauen gewend werden. Item Vitriol- Ertz mit hoher Gradirung, Gold-Ertz und Waschwerk, auch trefflich fürgehet, dass sich wunderbarlich zu S. Paternians gefunden hat. Item das Eırtz- Zinken, der weiter in Europa nicht gefunden wird, ein gar frembder Metall, sonder- lich seltsamer denn andere. Hat auch trefl:ichen Zinnober-Ertz, dass ohne Queck- silber nicht ist. Item mancherley Goldkiess, mancherley Margasiten, auch weiss, rot und schwariz Talk.“ Wie aus der Widmung des Parascelsus erbellt, beziehen sich diese Angaben anf das Jahr 1538, Andererseits kommt in einer mir vor- liegenden, aus der Mitte des vorigen Jahrhunderts stammenden Aufzählung der „Bergwerk und Arzgrubea in der Freyherrschaft Paternion Berg- und Landgericht“ u. a. die Stelle vor: „Im Hammergraben von Dossen an bis Duel sind beiderseits Bach und Graben viel Waschgold-Grüben, so vor alten Zeiten grosser Schatz genommen worden“; was wohl darauf hinweist, dass die Waschwerke damals schon seit längerer Zeit nicht mehr bestanden, vielleicht gingen sie mit Anfang des 17. Jahr- hunderts ein. Es ist dies darum höchst bemerkenswerth, weil ein verhältnissmässig so kurzer, vielleicht kaum 100jähriger Betrieb zur Leistung so enormer Massenbewe- gungen, wie wir solche hier vermuthen dürfen, wohl unzulänglich ist. 1) Johann Friedr. Reitemeier, „D. Geschichte des Bergbaues und Hütten- wesens bey den alten Völkern etc.“, Göttingen, J. C. Dietrich, 1785, pag. 58. 2) Ich verweise auf die so schwer verwitterten Eisenschlacken am Knappen- berg bei Hüttenberg, die zum Theil noch aus vorrömischer Zeit stammen, und eben- falls von prächtigen Waldbäumen bestanden sind. ®) Nächst Duel wurden schon wiederholt bronzene Römermünzen aufgelesen, und auch im Werastollen sollen solche gefunden worden sein. Auf dem Hügel ober Duel stösst man auf Mauerreste, und stammt von hier der im Keller des Paternioner Postgebäudes befindliche Sarkophag, den v. Jabornegg (Kärntens römische Alterthümer etc.) beschrieb. Eine Stiege, von der nur mehr geringe Spuren vorhanden sind, führte vom Plateau des Hüsels aus zum Weissenbach herab, die Pflasterung derselben wurde beim Bau des Lagler’schen Hauses in Nikelsdorf ver- wendet. Der Ort heisst im Volksmunde „Heidenschloss“, in einer mir vorliegenden „Beschreibung der in der Freyherrschaft St. Paternion gewesst und noch befindlichen Städten, Märkt und Schlössern“ aus der Mitte des 18. Jahrhundertes „Görz“. Weiter westlich von da, etwas ober dem Lagler’schen Gehöfte, traf ich auf einen Haufen von Klaubsteinen, welche man den nächstgelegenen Feldern entnahm und hier zusammenwarf, Reste von Heizröhren eines römischen Hypokaustums, tegulae- und imbrices-Fragmente, sowie einzelne Stücke geglätteten roth- und gelbgefärbten Verputzes. In den 60er Jahren wurden hier Urnen und Bronzewerkzeuge ausge- graben; leider ist davon nichts erhalten. Noch weiter westlich am Nordrande jener kleinen Terrasse, die sich über Paternion erhebt, sieht man deutliche Spuren einer breiten, stark gewölbten Strasse, die man in den Wald gegen das Wasenmeistergehöfte hin verfolgen kann. Es ist jüngst (Eines alten Soldaten Römerstudien nach der Natur, III., 1881, Santicum Wien, 1882, pag. 22) für „kaum zweifelhaft betrachtet worden, dass auch zur Römerzeit und vor ihr ein Weg am rechten Drauufer bestanden“; vielleicht lassen sich diese Strassenreste auf einen solchen Römerbau beziehen. *) Geschichte Kärntens. Klagenfurt, Leon. 120 Dr. Richard Canaval. [16] vertretene Ansicht sprechen, dass zur Römerzeit die Seifenwerke in Betrieb standen !), so weist wieder Anderes auf noch fernere Zeiten, so die oben erwähnten Steinwerkzeuge ?). Hinsichtlich der Art und Weise, nach welcher in ältester Zeit bei der Gewinnung des Edelmetalls verfahren wurde, lässt sich kaum mehr eine sichere Entscheidung treffen. Doch theilten mir v. Gersheim und Bergrath Riedl mit, dass in manchen Bauen Reste künstlicher Wasserläufe zu sehen waren, die man mit glatten Thonschieferplatten ausgelegt hatte und welche stellenweise nicht unbedeutende Goldmengen enthielten. Vielleicht dienten dieselben zu einer unterirdischen Ver- waschung des Hauwerks, und wäre mit dieser Annahme nicht nur der Fund unserer Krücke im Baue selbst, sondern auch die Beschaffenheit der alten Halden vereinbar. Es würde diese Arbeit dann einige Aehn- lichkeit mit einem Verfahren gehabt haben, das v. Eschwege?) beschreibt: Bei Bächenr, die wenig Wasser haben und immer neuer Zufluss von Gold stattfindet, zieht man einen eirca 8 Palmen breiten und 1 Palme tiefen Graben und lässt so viel Wasser zuströmen, als zur Abführung von Gerölle und Sand nöthig ist. Die 3 bis 4 Schritte von einander situirten Arbeiter arbeiten mit dem „Almocafre“ (einer „krummen Kratze*) die Gerölle stromaufwärts und suchen durch be- ständiges Lüften das Gold auf den Boden zu bringen. Die groben Gerölle, welche das Wasser nicht mitnehmen kann, werden hiebei mittelst eines Brettchens (wohl einer Krücke) beseitigt, und wird nach Vollendung der Arbeit der auf dem Boden sitzende schwere Sand herausgenommen und in einem Waschherde verwaschen. Für die Annahme solcher unterirdischer Concentrationsarbeiten würde auch das eigenthüm- liche Profil des Hermannsbaues, wo man seinerzeit derartige Gerinne antraf, sprechen. Von dem tiefsten desselben scheint nämlich, wie oben bemerkt wurde, ein jetzt ganz verfallener Schlag unter dem !) Eine Zusammenstellung der Berichte römischer Schriftsteller über die Goldgewinnung der Alten in den Ostalpen gibt u.a. A. Muchar in der steiermärki- schen Zeitschrift, III. Heft, Grätz, 1821, pag. 10. Es ist wohl sehr fraglich, worauf insbesondere die hier citirte Stelle Polybius bei Strabo zu beziehen ist, da in Kärnten allein ausser zahlreichen Bauen auf ursprünglichen Lagerstätten an vielen Orten Seifenwerke umgegangen sind. So ausser in Tragin, das unter allen Wäschen wohl die grösste Bedeutung gehabt haben mochte, nach Parascelsus (loc. cit.) im Lavantthale, nach v. Gersheim im Möllthale und in der Siflitz bei Sachsen» burg, an welch letzterem Orte noch in den 40er Jahren ab und zu gewaschen worden sein soll, dann wohl auch im Lieserthale, da nach J. Tausch (Das Berg- recht des österreichischen Kaiserreiches, 2. Auflage, Wien, 1834, pag. 76) Friedrich III. für die Herrschaft Gmünd eine „Waschordnung“ erliess, welcher auch die Maximi- lianische Bergwerksordnung von 1517 gedenkt. ?) Nächst der Strasse nach Stockenboy ragt an dem in der Karte bezeich- neten Orte aus dem dicht bemoosten Waldboden ein niederer Rundhöcker hervor, dessen Rücken geringe Spuren einer künstlichen Ebnung zeigt, und der mit geraden, theils parallelen, theils sich schneidenden Strichen und Kreisen bedeckt ist. Die geraden Striche sind tief, manche bis 4 Millimeter und wohl mit einem Spitzmeissel eingegraben; die Kreise wurden, wie eine nähere Untersuchung zeigt, ausgeschliffen. Das Gestein ist ein mittelharter, schlecht schieferiger, schwer verwitternder und quarzreicher 'Thonschiefer, der von schmalen Quarzklüftchen durchsetzt wird. Ob diese Zeichen überhaupt ein sehr hohes Alter besitzen, ob sie Schriftzeichen sind und in irgend welcher, wenn auch noch so ferner Beziehung zum Bergbaue stehen, sind Fragen, deren Beantwortung nicht Gegenstand dieser Studie sein kann. ®) Pluto Brasiliensis etc. pag. 238. 1 EB De a Kr“ [17] Die Goldseifen von Tragin bei Paternion in Kärnten. 121 Gratschenitzenbach hinweg, durch den anstehenden Thonschiefer des Grundgebirges gegen den Weissenbach hingetrieben worden zu sein, um die Grubenwässer abzuführen. Es wäre daher recht gut möglich, dass man das Hauwerk an Ort und Stelle mit dem ohnehin zur Ge- nüge vorhandenen Wasser verarbeitete, sodann die groben Gerölle auf die Halde stürzte, den angereicherten Zeugen aber das Gold durch ein weiteres Verfahren entnahm. Wie Pallas'!) erwähnt, fanden sich in Sibirien deutliche An- | zeichen dafür, dass die Alten ihre Erze in den Gruben verhütteten. Dort mag die Ungunst der klimatischen Verhältnisse, hier der be- n schränkte Platz über Tags zu unterirdischen Extractionsarbeiten die Neranlassung gewesen sein. > eg Ueber den neueren Betrieb ist wenig zu bemerken. In den 40er-Jahren dieses Jahrhunderts gewältigte Mentitsch einen _ alten Bau (Hermannstollen ?), stellte jedoch den Betrieb bald wieder _ ein. 1865 hob M. A. Heimburger die alten Werke neuerdings auf. Ä Baron Gersheim übernahm die Direction, öffnete und benannte den Hermann-, Louisen-, Wera- und Alexanderstollen, sowie mehrere andere Gruben, vollführte eine Reihe von Waschproben und erbaute das Waschwerk im Klassach. Der Abbau des Seifengebirges erfolgte nach einer mir vorliegenden Betriebs-Relatiov durch „Querschläge, | welche stollenmässig geführt werden“, die Gewinnung des Hauwerkes durch Bergeisen, Keile und Wandpocher. Schwarzpulver erwies sich in dem löcherigen conglomerirten Sande als vollkommen unbrauchbar. Die ausgefahrenen Räume wurden mit den ausgehaltenen grossen Knauern versetzt, das übrige mit Grubenhunden zu Tage gelaufen. 6—7 Hauer und 3 Förderer gewannen im Werastollen täglich 75 Hunde oder 300 Kubikfuss Hauwerk. Eine wesentlich verbesserte Zeren- | ner’sche „grosse Siebmaschine“ ?) diente zur Gewinnung von „grauem Schlich“, der anfänglich auf einem Planherde in „schwarzen Schlich“ überführt wurde. Man hatte lange Zeit mit grossen Verlusten zu - kämpfen, beseitigte jedoch dieselben später durch Aufstellung eines - Rundherdes zum Verwaschen des grauen Schliches, sowie dadurch, dass man die Abgänge der Langtröge über amalgamirte Zinkschüsseln leitete. Die Placirung des Haldensturzes war mit Schwierigkeiten verbunden und vertheuerte den Betrieb, auch führte die Verunreini- gung des Wassers zu endlosen Streitigkeiten. Dies, die zu grossen Gestehungskosten des Hauwerkes, die grosse Absätzigkeit reicherer Mittel, sowie der Tod Heimburger’s veranlassten 1870 die Einstel- ung des Werkes. | 1883 wurden von O. Pettersen mehrere Gruben neuerdings aufgehoben, und ist man zur Zeit mit der Einrichtung eines Wasch- !) Reitemeir, pag. 52. ?) Zerenner, Anleitung, pag. 1 seg. Es ist dies für so conglomerirte Sande, wie die hiesigen, wohl die beste Aufbereitungsmaschine. Viele Goldflitterchen sind den grossen Geröllen durch den Kalksinter aufgepappt und können nur durch ein so energisches Durchkrählen, wie es eben bei der „grossen Siebmaschine“ der Fall ist, abgelöst werden. Im Ural z. B. in Nertschinsk, ist diese Maschine noch immer im Gebrauch (v. Pischke, Neues Jahrb., 1876, pag. 895), was wohl am besten für ihre durch eine vieljährige Erfahrung bewährte Güte sprechen dürfte. Jahrbuch d.k. k. geol. Reichsanstalt. 1885.35. Band. 1. Heft. (Dr. R. Canaval.) 16 I. AAN ae 123 Dr. Richard Canaval. [18] werkes beschäftigt, das mit wesentlich anderen Apparaten ausgestattet werden soll. Gelingt es, höfliche Mittel aufzuschliessen und billig zu gewinnen, so dürfte bei entsprechend kräftiger Production ein kleiner Gewinn kaum ausbleiben. Den Herren: Flory in Innsbruck, Hermann und Arthur Freiherrn v. Gersheim zu Sachsenhof, Bergrath Gleich in Leoben, Conser- vator Karl Baron Hauser in Klagenfurt, Professor Dr. R. Hoernes in Graz, Professor H. Höfer in Leoben, Dr. Karl Peneke in Graz, Bergrath E. Riedl in Cilli, Professor Rochelt in Leoben, Professor J. Rainer und Bergrath F. Seeland in Klagenfurt, Scheitz in Stockenboy, Betriebsleiter Stein in Tragin und A. Wallnöfer in Klagenfurt bin ich für ihre vielfache Unterstützung bei Sammlung dieser Notizen zu grösstem Dank verpflichtet. Es dürften noch öfters Versuche gemacht werden, die alten Baue wieder aufzunehmen, so dass eine Zusammenstellung der bisherigen Erfahrungen um so berechtigter zu sein scheint, je grösser die Gefahr des Verlustes derselben ist. Möge man in Anerkennung dieses Strebens die Mängel des erzielten Resultates nicht zu strenge beurtheilen. Zur neueren Tertiärliteratur. Von Theodor Fuchs. Im Jahre 1883 erschien im Jahrbuche der k. k. geolog. Reichs- anstalt unter dem Titel „Ueber den Charakter der sarmatischen Fauna des Wiener Beckens* ein Aufsatz von Dr. A. Bittner, in welchem derselbe den Nachweis zu erbringen versucht, dass die Arten, welche die Fauna der sarmatischen Stufe zusammensetzten, zum weitaus grössten Theile bereits in den älteren, mediterranen Ablagerungen vorkommen und dass die Fauna der sarmatischen Stufe demnach nur als ein verarmter Rest der mediterranen Fauna angesehen werden müsse. Zur Begründung dieser Anschauung eitirt der Verfasser aus der Literatur eine Reihe von Fällen, in denen der eine oder der andere Autor die eine oder die andere sarmatische Art aus mediterranen Ab- lagerungen anführt. In einem Referate nun, welches ich im „Neuen Jahrbuch für Mineralogie, Geologie und Paläontologie 1883, II, pag. 391“ über diese Arbeit gab, verhielt ich mich gegenüber derselben etwas skeptisch und hob namentlich hervor, dass, wenn man eine derartige Anschauung begründen wolle, es durchaus nicht genüge, einzelne Fälle aus der Literatur zu entlehnen, sondern dass man die einzelnen Fälle auch kritisch untersuchen müsse und dass meiner Ansicht nach die meisten der von Bittner angeführten Fälle auf unrichtigen Bestimmungen oder auf Bestimmungen unzureichender Reste beruhen. Ueber diese Bemerkungen nun gerieth Herr Bittner sehr in Harnisch und veröffentlichte im Jahre 1884 ebenfalls im Jahrbuche der geologischen Reichsanstalt einen zweiten Aufsatz unter dem Titel: „Zur Literatur der Österreichischen Tertiärab- lagerungen.“ In diesem Aufsatze spricht Herr Bittner mit Bezug auf meine Be- merkungen von einer „beispiellosen Desavouirung der Autoren“, von einer „Monopolisirung und Ertödtung der freien Wissenschaft“, wirft die Frage auf, wozu denn die Literatur da sei, wenn man sie nicht benützen sollle, wahrt sich feierlich sein Recht, die Literatur benützen zu dürfen und um sofort einen neuen Beweis von diesem seinem „guten Rechte“ zu geben und wahrscheinlich auch um zu zeigen, wie wenig er sich durch meine Bemerkungen beirren lasse, greift er sofort zu einem neuen Thema, Jahrbuch d. k.k. geol. Reichsanstalt. 1885. 35. Band.1. Heft. ‘Th. Fuchs.) 16* 124 Theodor Fuchs. [2] nämlich zu dem faunistischen Unterschied zwischen erster und zweiter Mediterranstufe und sucht in ganz ähnlicher Weise wie zuvor bei der sarmatischen Stufe „mit (allerdings etwas freier) Benützung der Lite- ratur“ den Nachweis zu erbringen, dass fast alle der sogenannten charakteristischen Arten der ersten Mediterranstufe auch noch in der zweiten Mediterranstufe vorkommen und dass eine sichere Unterschei- dung zwischen erster und zweiter Mediterranstufe heutzutage nach der Fauna überhaupt nicht möglich sei. Ich muss gestehen, dass mir alle diese Ausführungen und Expec- torationen so ungereimt vorkamen, dass ich anfangs die Absicht hatte, sie vollständig zu ignoriren. Nachdem ich jedoch die Erfahrung gemacht, dass man selbst hier in Wien von fachmännischer Seite die Natur der Bittner’schen Arbeit vollkommen verkannte und die von ihm producirten höchst zweifel- haften Werthe für baare Münze nahm, und demnach zu besorgen stand, dass die Arbeiten im Ausiande, wo man deren reellen Werth noch weniger zu beurtheilen in der Lage ist, eine noch grössere Verwirrung anrichten könnten, halte ich es doch für meine Pflicht, mich der undank- baren Aufgabe zu unterziehen und dieselben, wenn auch nur in den Haupttheilen, etwas näher zu beleuchten. Herr Bittner betont sein „Recht“, die Literatur benützen zu dürfen. Dieses Recht steht ihm nun ohne Zweifel unbestritten zu. Ein Autor hat aber nicht nur „Rechte“, sondern auch „Pflichten“ und eine seiner obersten Pflichten besteht darin, dass er bei seinen Arbeiten alle Hilfsmittel benützt, welche ihm zu Gebote stehen, dass er seinen Arbeiten jederzeit jenen Grad von Verlässlichkeit zu geben trachtet, welchen die Umstände gestatten. Sehen wir nun, wie Herr Bittner dieser seiner Pflicht nachkam. Die Belegstücke zu den von ihm angeführten Bestimmungen, so- ferne sie überhaupt in Museen vorhanden sind, befinden sich mit geringen Ausnahmen theils in der k. k. geologischen Reichsanstalt, welcher Herr Bittner angehört, theils in der Sammlung des Hof-Mineralien-Cabinetes, welches Herrn Bittner jederzeit offen steht. Die Fachmänner, von denen die angeführten Bestimmungen herrühren, leben noch zum grössten Theile, sie sind in Wien, und Herr Bittner steht mit ihnen in häufigem, ja täglichem Verkehre. Warum geht denn nun Herr Bittner nicht in die Sammlung der Reichsanstalt, an welcher er angestellt ist, und sieht sich die fraglichen Stücke an? warum wendet er sich nicht an die Fachleute, mit denen er täglich zusammenkommt und frägt sie, woher diese oder jene Bestimmung herrühre und ob man sich auf dieselben verlassen könne ? Stur führt aus Lapugy Tapes gregaria und Cardium ceingulatum, Stache aus einem Leythakalke von Waitzen Pecten solarium an. Warum geht Herr Bittner nicht zu diesen beiden Herren, die im Zimmer neben ihm amtiren, und erkundigt sich bei ihnen, wie es sich damit verhält? Ich bin überzeugt, dass ihm beide Herren gerathen hätten, sich die Beleg-Stücke nochmals anzusehen, bevor er die Be- stimmungen citire. Oder glaubt Herr Bittner, die beiden Herren hätten sich durch eine solche Anfrage beleidigt gefühlt? ich bin vollkommen RT hu Fa) 4 Er he e In) Ren rat) ‚* ni LT, ie ' r N i [3] Zur neueren Tertiörliteratur. 125 überzeugt, dass dies nicht im geringsten der Fall gewesen wäre. Führt doch Stur ausdrücklich an, dass sein Verzeichniss der Lapugyer Con- chylien nicht revidirt sei, sondern dass er dasselbe aus den ver- schiedensten Quellen ohne weitere Kritik zusammengestellt habe, um Anderen Gelegenheit zu geben, allenfalls irrige An- führungen zu corrigiren. Alles dies genirt jedoch Herrn Bittner nicht im geringsten. Er schaut nichts an, er frägt niemanden, sondern gestützt auf sein gutes Recht, nimmt er einfach die Literatur her, und wo er einen ihm passenden Namen findet, notirt er sich ihn heraus, und nachdem er auf diese Weise auf dem Rechtswege eine Reihe von Daten erhalten, will er sich und Anderen einreden, er habe etwas „nachgewiesen“. Gehen wir nun etwas näher auf die Daten ein. Herr Bittner führt unter Anderem auch die von mir aus den „Pseudo - sarmatischen Schichten von Syracus* namhaft gemachten Arten an. Nun muss ich vor allen Dingen gestehen, dass es mir nicht recht klar ist, zu welchem Zwecke Herr Bittner diese Vorkommnisse anführt, denn selbst wenn es sich herausstellen sollte, dass die sogenannten pseudo- sarmatischen Schichten von Syracus wirklich echt sarmatische Schichten sind, so wäre ja damit nur erwiesen, dass die Ablagerungen der sar- matischen Stufe eine grössere Ausdehnung besitzen, als man bisher an- nahm, keineswegs würde jedoch daraus hervorgehen, dass die sarma- tischen Arten bereits zur Zeit der marinen Mediterranstufe gelebt hätten, denn die fraglichen Schichten liegen ja bei Syracus auf dem Leythakalk und im Leythakalk selbst findet man nichts von den sar-. matischen oder pseudo-sarmatischen Arten, wenn auch allerdings an der Grenze der beiden Bildungen eine Mischung der Faunen ersichtlich ist. Diese Bemerkung sei jedoch nur in Paranthese gemacht und habe ich den Gegenstand eigentlich eines andern Umstandes wegen berührt. Die Untersuchungen bei Syracus wurden von Herrn Bittner und mir gemeinsam gemacht, und Herr Bittner ist daher mit allen Neben- umständen vollkommen vertraut. Er weiss, dass diese Fossilien bei Syracus nur in Abdrücken und Steinkernen vorkamen, dass ich meinen Bericht hierüber auf der Reise schrieb und die Bestimmungen mithin nur während der Aufnahme ä la vue gemacht waren und nicht auf einem genaueren Vergleich der Stücke beruhten. Alles dies hätte ihn wohl zu einer gewissen Reserve in Rücksicht auf die Anführung dieser Bestimmungen veranlassen können. Aber noch mehr. Ich habe später die in Rede stehenden Fossilien wirklich mit solchen der sarmatischen Stufe verglichen und hierauf erklärt, dass mir nunmehr ihre Identität nicht sicher zu sein scheine, und dass die fraglichen Ablagerungen von Syracus wohl den Charakter der sarma- tischen Stufe zeigten, dass sie aber nicht schlechtweg als sarmatische Ablagerungen bezeichnet werden könnten. Was thut nun Herr Bittner gegenüber dieser Erklärung? Er erklärt rundweg, dass ihm eine Berichtigung in dieser Form durchaus: nicht genüge, dass ich die Unrichtigkeit meiner ursprüng- lichen Angaben für jede einzelne Art ausführlich und eingehend paläon- 126 Theodor Fuchs. [4] tologisch begründen müsse, und so lange dies nicht geschehen sei, habe er ein „Recht“, meine ursprünglichen Angaben als aufrechtstehend zu betrachten und werde sie auch bis dahin, „gestützt auf sein Recht“, immer wieder anführen (sic!). Es ist dies jedenfalls eine neue Methode, die „Literatur zu be- nützen“, welche bisher unter „Fachleuten“ nicht üblich war und deren Raison wohl weniger einleuchten dürfte, aber allerdings wird durch diesen Grundsatz etwas anderes klar. Ich habe zuvor die Frage aufgeworfen, warum Herr Bittner in so vielen Fällen, welche ihm bei nur einiger Ueberlegung verdächtig erscheinen mussten, seine Collegen, von denen diese Angaben herrührten, nicht befragt habe. Nun ist es allerdings vollkommen klar, warum er dies nicht gethan. Seine Collegen hätten ihm allerdings möglicherweise erklären können, dass die fraglichen Bestimmungen ihrer gegenwärtigen Ueber- zeugung nach unverlässlich seien. Aber was wäre damit geändert gewesen ? Dies wäre eben eine „persönliche Meinung“ der betreffenden Herren, keineswegs aber eine „ausführliche, paläontologische Be- gründung“* des Irrthums gewesen, und so lange eine solche nicht ge- druckt vorliegt, hat ja Herr Bittner ein „gutes Recht“, die betreffende Angabe als zu Recht bestehend zu betrachten und als solche zu eitiren. Mit anderen Worten, es hätte ja den betreffenden Herren gar nichts genützt, wenn sie ihre Angaben zurückgezogen hätten, sie hätten hundertmal versichern können, sie hätten sich damals geirrt, Bittner-Shyllok hätte die unrichtigen Bestimmungen trotz alledem eitirt und ist entschlossen, dies auch fernerhin zu thun, kraft seines guten Rechtes, auf Benützung der Literatur, so lange bis die be- treffenden Unglücklichen vor aller Welt pater peccavi gesagt und zum Zeichen ihrer Reue und Busse ausführlich und eingehend bewiesen hätten, dass ihre Angaben unrichtig gewesen, dass die vermeintliche Tapes gregaria keine Tapes gregaria und der vermeintliche Pecten so- larıum vielleicht ein Pecten Tournali gewesen. Unter solchen Umständen war es freilich besser, wenn Herr Bittner niemand fragte, doch möchte ich mir nur die bescheidene Anfrage erlauben, was denn zu geschehen habe, wenn irgend jemand eine irrige Bestimmung publicirt und das betreffende Belegstück nicht vorhanden ist, vielleicht gar nicht gesammelt wurde ? In diesem Falle ist eine ausführliche, paläontologische Be- gründung des Irrthums offenbar gar nicht mehr möglich und müsste man nach Bittner’schen Grundsätzen diese irrige Bestimmung in alle Ewigkeit mitschleppen. Ich weiss nicht, ob Bittner mit seinen neuen, fachmännischen Grundsätzen Proselyten machen wird, was jedoch meine Wenigkeit an- belangt, so denke ich mich auch in Zukunft an den bisherigen Usus zu halten, welcher darin besteht, dass, wenn Jemand eine Art ohne nähere Begründung und Beschreibung anführt, er sie auch ohne nähere Begründung wieder zurückziehen kaun, und dass es ganz ohne [5] Zur neueren Tertiärliteratur. 127 Berechtigung ist, in jedem solchen Falle eine ausführliche paläontolo- gische Behandlung zu verlangen. Bevor ich weiter gehe, möchte ich noch eine kurze Bemerkung einschalten. Vor einigen Jahren erhielt das k. k. Hof-Mineralien-Cabinet durch die Güte des Herrn Dr. Z. v. Bosniaski, welcher sich bekanntlich mit so grossem Erfolge mit dem Studium der fossilen Fischfauna be- schäftigt, eine grössere Sammlung von Gesteinsstücken und Fossilien aus den Tertiärbildungen der Umgebung von Gabbro bei Livorno, in welcher alle Glieder, welche Bosniaski in diesen Ablagerungen unterschieden hatte, vertreten waren. In dieser Sammlung fiel mir nun auf den ersten Blick eine Suite von Vorkommnissen auf, welche im Habitus eine ausserordentliche Aehnlichkeit mit den Vorkommnissen der sarmatischen Stufe zeigte, und wenn sich bei näherem Vergleiche auch herausstellte, dass, soweit man dies an den Steinkernen und Abdrücken beurtheilen konnte, die Arten specifisch von jenen der sarmatischen Stufe verschieden waren, so war es nicht weniger überraschend zu finden, dass dieselben dafür mit jenen der pseudo-sarmatischen Schichten von Syracus übereinstimmten. Es war dasselbe Cardium, dieselbe Modiola ähnlich der M. volhynica, dieselbe Mactra, dieselbe Tapes gregaria ähnliche Muschel u. s. w. Der Schichtencomplex, welcher im jüngeren Tertiär von Gabbro durch diese pseudo-sarmatische Fauna ausgezeichnet ist, ist der bekannte Complex der sogenannten Tripoli, und es ist nun weiter sehr auffallend, dass die Fischfauna dieser Tripoli nach den Untersuchungen Bos- niaskis eine ausserordentlich grosse Aehnlichkeit mit der von Kramberger beschriebenen Fischfauna aus den Mergeln und Tripoli- schichten von Dolje, Vrabce und Podsused bei Agram zeigt, welche nach den Beobachtungen Kramberger’s der sarmatischen Stufe an- gehören. Was die bathrologische Stellung der in Rede stehenden Tripoli- schichten von Gabbro anbelangt, so bilden sie im Allgemeinen das oberste Glied des marinen Miocäns und liegen über den Leythakalken mit Pecten aduncus und den tortonischen Mergeln und unter dem be- kannten Gypshorizonte Italiens, nehmen also genau jene Stellung ein, welche den sarmatischen Schichten zukommen müsste. Es ist jedoch zu bemerken, dass nach den Untersuchungen Bos- niaski’s stellenweise zwischen den pseudo-sarmatischen Tripolischichten und dem Gypshorizonte nochmals ein mariner Leythakalk auftreten soll, welcher dem unteren Leythakalke sehr ähnlich ist und sich fau- nistisch wenig von demselben unterscheidet. Zu diesen oberen Leytha- kalken gehört nach Bosniaski unter Anderem der bekannte Leytha- kalk von Rosignano, welcher von mir bei einer früheren Gelegen- heit als ein marines Aequivalent der sarmatischen Stufe aufgefasst wurde. Alle diese Umstände scheinen darauf hinzuweisen, dass die pseudo- sarmatischen Schichten von Syracus keine auf diesen Punkt beschränkte locale Erscheinung sind, sondern dass dieselben eine grössere horizontale Ausdehnung besitzen, und ist in dieser Beziehung auch namentlich darauf aufmerksam zu machen, dass dieselbe Fauna, welche sich bei Syracus in einem eigenthümlich bläschenförmigen Oolith findet, bei 128 Theodor Fuchs. [6] Gabbro in feinen Mergeln und zarten Tripoli gefunden wird und dadurch eine grosse Unabhängigkeit von der Natur des Sedimentes documentirt. Bemerkenswerth ist ferner, dass, wie zuvor erwähnt, auch in den echt sarmatischen Schichten Tripoliablagerungen vorkommen und dass bläschenförmige Oolithe sonst geradezu charakteristisch für die sarma- tische Stufe sind. Auch die von mir beschriebene Umwandlung der pseudo -sarmatischen Oolithe von Syracus in dichten Kalkstein vom Aussehen eines lithographischen Kalksteines erinnert lebhaft an ähnliche Vorkommnisse in den sarmatischen Schichten Galiziens. Ich möchte hier noch bemerken, dass bereits Capellini im Jahre 1878 in seiner bekannten Arbeit „Il Calcare di Leitha, il Sar- matiano e gli strati a Congerie nei monti di Livorno, di Castellina ma- rittima etc.“ einen gewissem Schichtencomplex des Livorneser Tertiär als Aequivalent der sarmatischen Stufe ausgeschieden hat. Er rechnete hiezu jedoch nicht nur die Tripoli mit ihrer pseudo-sarmatischen Fauna, sondern hauptsächlich auch die tiefer liegenden Mergel mit Venus multi- lamellata, Buccinum semistriatum Turitella, Arca diluvii ete., welche offenbar dem gewöhnlichen marinen Tortonien angehören. Nach dieser kleinen Abschweifung komme ich wieder auf mein Thema zurück. Herr Bittner macht in seiner Arbeit darauf aufmerksam, dass in der Fauna der jüngeren Mediterranstufe die litoralen Gattungen Trochus, Mytilus, Cardium auffallend schwach vertreten seien, während die charakteristischen Arten der älteren Mediterranstufe, sowie der sar- matischen Stufe gerade vorwiegend zu diesen, sowie zu einigen andern ausgesprochen litoralen Gattungen gehören. Er leitet aus diesen That- sachen die Vermuthung ab, dass man innerhalb der jüngeren Mediterran- bildungen gewisse litorale Ablagerungen überhaupt noch nicht kenne, und knüpft daran die Erwartung, dass man in diesen, erst noch zu entdeckenden Litoralbildungen der jüngeren Mediterranstufe dereinst noch alle jene eigenthümlichen Trochus, Cardium- und Mytilus-Arten auf- finden werde, welche man gegenwärtig noch für eigenthümliche Bestand- theile der älteren Mediterranstufe und der sarmatischen Stufe hält. Dieses ganze Raisonnement, so bestechend es auch bei oberflächlicher Auffassung sein mag, schien mir doch bei näherer Betrachtung an grosser Unwahrscheinlichkeit zu leiden, und ich gab dieser Anschauung auch in meinem Eingangs erwähnten Referate Ausdruck. Ich machte darauf aufmerksam, dass ja Litoralbildungen aller Art innerhalb der zweiten Mediterranstufe sehr verbreitet seien, dass man in ihr ausgedehnte und mächtig entwickelte Korallriffe kenne und dass ja in diesen, sowie in den begleitenden Schichten in erster Linie die verschiedenen Trochus-Arten vorkommen müssten, sofern sie in den damaligen Meeren überhaupt gelebt hätten. Es schien mir daher wahrscheinlicher zu sein, dass die ver- hältnissmässige Armuth an Trochus-, Cardium- und Mytilus-Arten innerhalb der jüngeren Mediterranstufe eine nicht nur scheinbare, sondern eine effective sei, und wies dabei auf die Conchylienfauna des caraibischen Meeres hin, welche bekanntlich ebenfalls auffallend arm an Trochiden ist. Ti u a Ne ae « Zur neueren Tertiärliteratur. 129 Herr Bittner findet nun meine Argumentation gänzlich unver- ständlich und meint, wenn ich die Trochidenarmuth der zweiten Mediterranstufe für eine ursprüngliche und effective halte, so sei dies eben nicht mehr als „meine persönliche Meinung!* Man höre und staune! Herr Bittner setzt sich irgend eine Idee in den Kopf und sucht zur Unterstützung derselben in der Literatur die dubiosesten Daten zusammen, und nachdem ihm diese nicht hinreichen, ergänzt er das Fehlende mittelst einiger kühner Suppositionen und verlangt, dass man dies als wissenschaftlichen Beweis hinnehme. Wenn aber ein Anderer sich auf die notorischen Thatsachen be- ruft und die Thatsachen als Thatsachen betrachtet, so ist dies „eine persönliche Meinung“ und nicht mehr! Herr Bittner ist, wie mir aus seinen Arbeiten hervorzugehen scheint, ein eifriger Darwinianer. Es scheint mir aber, dass die Methode des modernen Darwinismus bereits eine bedenkliche Verwirrung in manchen Köpfen angerichtet hat. Die Hauptsache ist die Idee, getragen von der Ueberzeugung und dem Glauben. Man stützt dann das Ganze so gut es geht mit wenn auch nicht „richtigen“, so doch „rechtlich erworbenen“ Daten, und wenn man mit denselben zu Ende ist, so weist man auf irgend eine Lücke in den Kenntnissen hin und füllt dieselbe nach Belieben aus. So macht es der moderne Darwinismus und so macht es auch Herr Bittner. Wenn Herr Bittner übrigens schon zu derartigen Speculationen hinneigt, so möchte ich ihn noch auf einen Punkt aufmerksam machen, den er vollkommen übersehen zu haben scheint und der doch, wie ich glaube, von einiger Wichtigkeit ist, und dieser Punkt besteht darin, dass von den einigen 40 Arten eigenthümlicher Trochiden, welche die sarmatische Stufe besitzt, nicht eine einzige Art im Pliocän oder im jetzigen Mittelmeere vorkommt. Wenn die Trochidenfauna der sarmatischen Stufe wirklich, wie Herr Bittner anzunehmen geneigt ist, eigentlich nur die Trochiden- fauna der Mediterranstufe ist, welche in dieser Stufe nur durch räthsel- hafte Umstände noch nicht aufgefunden wurde, so hätte man eigentlich erwärten dürfen, dass eine entsprechende Anzahl dieser Arten sich auch noch in der Fauna des jetzigen Mittelmeeres finden sollte, wie ja eine grosse Menge der mediterranen Conchylien sich noch gegenwärtig im Mittelmeere finden, ja diese Anzahl hätte hier eigentlich verhältniss- mässig noch grösser Sein sollen, da ja diese Trochiden zu jener Litoral- fauna gehören, welche nach der Ansicht Bittner’s besonders befähigt ist, den Wechsel der äusseren Verhältnisse zu überdauern. Dies ist aber bekanntlich nicht der Fall, und während von der Fauna der mio- cänen Mediterranbildungen wohl mehr als ein Drittel ins Pliocän übergeht und eirca 15 Percent sich noch lebend in den jetzigen Meeren finden, ist von der Trochidenfauna der sarmatischen Stufe nicht eine einzige Art ins Pliocaen oder in die lebende Fauna übergegangen. Mir scheint dieser Umstand sehr wenig in Harmonie mit der Bittner’schen Auffassung zu sein, aber natürlich ist dies nur so „meine persönliche Meinung“. Jahrbuch der k.k. geol. Reichsanstalt. 1885. 35. Band. 1. Heft. (Th. Fuchs.) 17 130 Theodor Fuchs. [8] Wenn ich den Aufsatz Herrn Bittner’s recht verstehe und ge- legentliche mündliche Aeusserungen von ihm richtig aufgefasst habe, so ist Herr Bittner der Ansicht, dass er keineswegs verpflichtet sei, die Richtigkeit der von ihm angegebenen Daten zu untersuchen, ‘sondern dass dies — meine Aufgabe sei. Ich bin Herrn Bittner für seine gute Meinung sehr dankbar, muss aber die mir zugedachte Aufgabe dennoch höflichst ablehnen. Ich bin kein „wissenschaftliches Controlorgan“ für fremde Bestimmungen, und wenn Herr Bittner eine Idee zur Geltung bringen will, so möge er die betreffende Arbeit freundlichst selber besorgen oder sich um einen anderen Hilfsarbeiter umsehen, ich für meinen Theil habe mit meinen eigenen Arbeiten vollkommen genug zu thun. Um jedoch wenigstens meinen guten Willen zu zeigen und um mir nicht den Vorwurf zuzuziehen, nur leere Polemik über Principien zu treiben, will ich es im Nachstehenden doch versuchen, wenigstens einige der von Bittner angezogenen Daten näher zu beleuchten. Es wird sich hiebei zugleich wohl am besten ergeben, mit wie viel oder mit wie wenig Kritik Bittner von seinem Rechte der Literatur- benütznng Gebrauch gemacht hat. Duceinum duplicatum Sow. Soll nach mir und Karrerin Grund, Niederkreuzstätten und Grinzing, nach Stur in Enzesfeld vorkommen. Was Grund und Niederkreuzstätten anbelangt, so ist von mir an der angezogenen Stelle das Buccinum baccatum gemeint gewesen und auch die Angaben Grinzing und Enzesfeld beziehen sich ohne Zweifel auf diese Art. Diese beiden Arten stehen sich nämlich ausserordentlich nahe und wurden anfangs von M. Hoernes zu einer Art zusammen- gezogen. Buccinum Verneutlii Orb. Soll nach R. Hoernes nur eine Ab- art des B. duplicatum sein, und da letztere Art, wie eben erwähnt, auch aus mediterranen Ablagerungen angeführt wird, so darf (nach Ansicht Herrn Bittner’s) auch das B. Verneuilüi nicht mehr als eigen- thümliche Art der sarmatischen Stufe betrachtet werden. Ich muss gestehen, dass mir die Zusammenziehung von B. Ver- neuiliv und B. duplicatum zu einer Art niemals richtig vorgekommen ist. Die beiden Arten sind in ihrer normalen Form gänzlich von ein- ander verschieden, und im Wiener Becken kennt man auch meines Wissens keinerlei Uebergänge der einen Art in die andere. Aus Bess- arabien werden zwar von Sinzow und R. Hoernes solche Zwischen- formen und Uebergänge angeführt, doch scheinen mir dieselben durch- aus nicht hinreichend zu sein, um beide Arten thatsächlich in eine zu vereinigen. Man mag übrigens über diesen Punkt denken wie man will, auf jeden Fall stellt das DB. Verneuilii eine ganz bestimmt ausgeprägte Form vor, welche bisher in mediterranen Ablagerungen noch niemals nachgewiesen worden ist, und demnach nach wie vor als der sarma- tischen Stufe eigenthümlich betrachtet werden muss. Cerithium disjunctum Sow. Wird von Stur aus Lapugy, von Stache aus dem Leythakalke von Waitzen angeführt und soll in der Sammlung der geologischen Reichsanstalt auch von Steinabrunn vor- handen sein. Zur neueren Tertiärliteratur. 131 Ich kann demgegenüber nur versichern, dass mir diese Art noch _ niemals aus irgendwelchen mediterranen Ablagerungen vorgekommen ist, und dass mir die angeführten Fälle daher durchaus der Bestätigung bedürftig erscheinen. Das von Stur gegebene Verzeichniss der Fossilien von Lapugy ist nach Stur’s eigener Angabe in Bezug auf einzelne Arten nicht ganz verlässlich, Stache scheint die in Rede stehende Bestimmung nur während der Aufnahme im Felde & la vue gemacht zu haben, und was Steinabrunn anbelangt, so mag ja immerhin in der Reichsanstalt ein (er. disjunetum mit der Fundortsbezeichnung „Steina- brunn“ vorliegen, aber es fragt sich nur, ob diese Art auch aus ‘den marinen Schichten von Steinabrunn herstammt, da ja in geringer Entfernung davon auch sarmatische Schichten vorkommen. Herr Bittner weist aber auch noch auf die (vermeintliche) nahe Verwandtschaft des Cer. disjunetum mit Cer. plicatum hin und em- pfiehlt diesen Punkt der näheren Untersuchung Anderer, indem er nicht übel geneigt scheint, die bisweilen vorkommende Varietät von ©. dis- jJunetum mit 4 Knotenreihen für identisch mit Cer. plicatum zu halten. Warum hat denn aber Herr Bittner sich nicht die Mühe ge- nommen diesen Punkt selber näher zu untersuchen, er hätte dann zweifelsohne ohne Schwierigkeit gefunden, dass diese beiden Arten nur eine oberflächliche Aehnlichkeit besitzen, in der That aber gar nicht näher verwandt sind, indem sie zu ganz verschiedenen Sectionen oder Untergattungen gehören. Cer. plicatum besitzt nämlich einen, wenn auch kurzen, so doch deutlichen, geraden Canal und gehört in das Subgenus Bittium, während Cer. disjunctum gar keinen Canal, sondern nur einen breiten, flachen Ausguss besitzt und in das Subgenus Potamides oder Cerithidea gestellt werden muss. Aus demselben Grunde kann auch wie ich glaube, vorderhand von einer näheren genetischen Beziehung zwischen Cer. disjunctum und theodiscum nicht gut die Rede sein. Cardium obsoletum und plicatum Eichw. kommen in dem Ver- zeichnisse vor, welches Karrer in seinem grossen Wasserleitungswerke von den Fossilien des Badner Tegels von Baden gibt, und zwar werden die Arten daselbst sogar als häufig vorkommend angeführt. Ist Herrn Bittner gar kein Bedenken aufgestiegen, als er diese Angabe benützte? Seit mehr als 50 Jahren wird in Baden gesammelt, 100.000 von Conchylien sind während dieser Zeit durch die Hände von Fachmännern gegangen und niemals ist auch nur eine Spur von diesen beiden Cardien gefunden worden, und hier werden sie nun plötzlich als „häufig vor- kommend“ angeführt! — Ich glaube, jeder andere „Fachmann“ hätte es sich zehnmal überlegt, ehe er auf ein solches Datum hin ohne nähere Untersuchung so weitgehende Schlüsse baute. In Wirklichkeit verhält sich die Sache folgendermassen : Herr Auinger erhielt einmal den Auftrag, einen Zettelkatalog der Miocän-Conchylien Oesterreichs und Ungarns, welche sich im Hof-Mineraliencabinet befinden, anzulegen und wurden diese Zettel sodann nach einzelnen Localitäten geordnet. 17* 132 Theodor Fuchs. [10] Das von Karrer gegebene Verzeichniss ist nun einfach eine Copie der Localität „Baden“ dieses Zettelkataloges, welcher allerdings auch die beiden in Rede stehenden Cardienarten enthält. Merkwürdigerweise findet sich jedoch in der Sammlung des Mine- raliencabinetes keine Spur dieser fraglichen Objecte und scheint daher das Ganze auf irgend einen Lapsus des Herrn Auinger hinauszu- laufen, wie solche ja bei so umfangreichen Arbeiten kaum zu ver- meiden sind. Cardium plicatum wird übrigens auch von Fontannes aus der marinen Mollasse von Cairanne im Rhonethal citirt. Nun gibt aber Fontannes selbst an, dass die Conchylien an dieser Localität nur in Steinkernen erhalten sind, dass das Schloss niemals sichtbar ist und die Arten deshalb nur schwer und unsicher zu bestimmen sind. Trotz alledem führt Herr Bıttner diese Angabe an. Herr Bittner begnügt sich aber nicht damit, augenscheinlich dubiose Angaben zu sammeln, sondern er eitirt selbst solche Fälle, in welchen die betreffenden Autoren ausdrücklich erklären, dass eine in Rede stehende Art von der sarmatischen Art verschieden sei. So beschreibt Hilber aus den Miocänbildungen Galiziens ein Cardium Holubicense und praeplicatum, von denen ersteres dem (©. ob- soletum, letzteres aber dem ©. plicatum nahe stehen soll. Nun ist aber C. Holubicense eine winzige Form von 3—4 Milli- meter Durchmesser, welche mir vielmehr mit ©. hispidum verwandt scheint und möglicherweise nur ein Jugendexemplar dieser Art ist. Candium praeplicatum ist aber ebenfalls viel kleiner als CO. pl- catum, hat nahezu doppelt so viel Rippen als diese Art, die Rippen tragen keine Schuppen, sondern rundliche Knoten, und zwischen den Rippen sieht man dichte Querstreifen, welche ©. plicatum nicht besitzt. Ervilia podolica Eichw. Wird von Reuss aus Wieliczka und von Karrer aus Gainfahren angeführt. Das Hauptstück, auf welches Reuss seine Bestimmung gründete, ist eine zerdrückte Bilvalve, an welcher das Schloss nicht zu sehen ist und bei welcher demnach nicht einmal das Genus mit Sicher- heit festgestellt werden kann. Nebenher finden sich noch eine Menge Fragmente von Ervilienbrut, die mir sämmtlich zu Erv. pusüla zu ge- hören scheinen. Die Angabe Karrer’s (ebenfalls dem Auinger’schen Zettelkatalog entnommen) gründet sich auf ein abgeriebenes Exemplar von Zrv. pusilla, welche nur etwas dickschaliger und etwas mehr gewölbt ist, als die gewöhnliche Form. Tapes gregaria Partsch. Wird von Stur aus Lapugy, von Mayer aus der Schweizer Molasse von Bern angeführt. Das Mineraliencabinet besitzt diese Art aus Lapugy nicht. Die Angabe bei Stur ist, wie ich glaube, in letzter Instanz auf ein Verzeichniss der alten Ackner’schen Petrefactensammlung zurück- zuführen, welches im Jahre 1850 (!) in den „Verhandlungen und Mit- theilungen des siebenbürgischen Vereines für Naturwissenschaften“ erschien. In diesem Verzeichniss werden noch folgende Arten aus dem tertiären Molassegebirge von Lapugy aufgeführt: Zur neueren Tertiärliteratur. 133 E.xogyra haliotordea Sow. Pachymya gigas Sow. Spondylus spinosus Lam. Voluta spinosa Lam. Fusus longaevus Lam etc. etc. Was das Vorkommen in der Schweizer Molasse von Bern anbe- langt, so ist ja bekannt, dass die arragonitschaligen Conchylien in der subalpinen Schweizer Molasse nur in der Form sculpirter Steinkerne vorkommen, welche zuweilen noch die Beschaffenheit der Oberfläche, dagegen niemals den Bau des Schlosses erkennen lassen und überdies meist mehr oder minder verdrückt sind. Bedenkt man nun, dass Tapes gregaria eine glatte, sehr indifferente Form ist, deren Umriss überdies sehr schwankt, so muss man wohl gestehen, dass eine sichere Bestimmung dieser Art unter solchen Um- ständen überhaupt nicht gut möglich scheint. Hiezu kommt noch, dass die Bestimmung dieser Art durch Mayer aus dem Jahre 1853, mithin aus einer Zeit stammt, in welcher man selbst in Oesterreich kaum ange- fangen, die Natur der sarmatischen Stufe zu würdigen, und dass sie von hier in verschiedene spätere Listen überging. In der letzten von Mayer publicirten Liste der Versteinerungen des Helvetien jedoch, aus dem Jahre 1873, kommt diese Art nicht mehr vor. Allerdings hat Mayer diese Correctur nur „stillschweigend“ vor- genommen, ohne die Irrigkeit seiner früheren Bestimmung „ausführlich und eimgehend paläontologisch“ zu beweisen und hat Herr Bittner nach seinen fachmännischen Grundsätzen daher noch immer das „Recht“, die alte irrige Bestimmung fort und fort zu citiren und will ich ibn auch meinerseits in diesem „Rechte“ gar nicht weiter behindern. Mactra Podolica Eichw. Wird ebenfalls von Mayer in den älteren Verzeichnissen (1853) aus der Schweizer Molasse angeführt. Im Verzeichnisse vom Jahre 1873 findet die Art sich nicht mehr vor. Modiola marginata Eichw. Wird von Reuss aus dem marinen Tegel von Rudelsdorf, von Hilber „möglicherweise“ (sic!) aus den marinen Schichten von Holubica angeführt und soll nach mir dem lebenden Mytilus variabilis sehr nahestehen. Nun erwähnt aber Reuss, dass die ihm vorliegenden Stücke „sehr klein“ sind, was Herrn Bittner umsomehr hätte vorsichtig machen können, als M. Hoernes in seiner viel später erschienenen Arbeit diese Art von Rudelsdorf nicht anführt. Hilber aber sagt ausdrück- lich, dass ihm nur Bruchstücke vorliegen, welche zur Bestimmung nicht ausreichen! Was aber den Mytilus variabilis anbelangt, so ist von -mir ja nur von einer allgemeinen habituellen Aehnlichkeit gesprochen worden ; dass von einer näheren specifischen Verwandtschaft mit dieser Art nicht die Rede sein kann, geht ja wohl bereits aus der Thatsacbe hervor, dass diese Art ja ein wirklicher Mytilus und keine Modiola ist. Ich glaube, dass diese Beispiele, welche zwar nicht alle, aber doch die wichtigsten und wesentlichsten der von Bittner angeführten Fälle umfassen, hinreichen werden, um zu zeigen, mit welcher Ober- flächlichkeit, mit welchem vollständigen Mangel an Kritik Bittner 134 | Theodor Fuchs. [12] bei dieser Arbeit vorgegangen ist, und man begreift kaum die Selbst- verblendung, mit welcher dieser Autor pag. 138 schreibt: „Es lässt sich dessenungeachtet gegenwärtig bereits mit voller Bestimmtheit(!) nachweisen, dass die überwiegende Mehrzahl jener von Fuchs und Suess als bezeichnend sarmatisch, d. h. als dieser Stufe ausschliesslich zukommend betrachteten Arten nichts weniger als das, sondern dass dieselben vielmehr ebenfalls, wenn auch selten, in den Schichten der vorhergehenden marinen Stufe zu finden seien.“ „Mit voller Bestimmtheit“, sagt Herr Bittner und hat nicht einen einzigen Fall selbst controlirt, hat Fälle aufgeführt, in denen die betreffenden Gewährsmänner selbst erklärten, dass die Be- stimmung nicht verlässlich sei! Und da will Herr Bittner noch Anderen gute Lehren geben, wie man sich als „Fachmann“ zu benehmen habe. Die Sache hat jedoch noch eine andere Seite. Ich hatte in meinem eingangs erwähnten Referate darauf hin- gewiesen, dass Bittner bei seiner Betrachtung die sarmatischen Vor- kommnisse Südrusslands, welche so viele eigenthümliche und auffallende Formen umfassen, ausser Betracht gelassen. Auf dies hin erwidert nun Herr Bittner, dass dies nicht richtig sei, dass er die südrussischen Vorkommnisse, „so weit es möglich war“, thatsächlich berücksichtigt habe, und dass er von einem vollständigen Verzeichnisse deswegen abgesehen habe, weil dies dem nächsten Zwecke seiner Arbeit fernelag. Ich muss nun gestehen, dass es mir nicht recht einleuchtend ist, wieso eiue vollständige Aufzählung der sarmatischen Conchylien dem Zwecke oder auch nur. dem nächsten Zwecke der Bittner’schen Arbeit ferneliegen soll. Der ganze Zweck dieser Arbeit bestand doch darin, zu zeigen, dass die eigenthümlichen Conchylien der sarmatischen Stufe sämmtlich bereits in der vorhergehenden marinen Stufe gelebt hätten, und in einem solchen Falle ist es doch gewiss nicht thunlich, nahezu zwei Drittel dieser eigenthümlichen Arten einfach beiseite zu lassen. Bittner sucht dies allerdings einigermassen zu begründen, indem er darauf hinweist, dass die marinen Miocänbildungen dieser östlichen Länder noch zu wenig bekannt seien, und dazu die Vermuthung aus- spricht, dass man, sobald diese Ablagerungen nur genauer bekannt sein würden, in ihnen auch die zahlreichen eigenthümlichen Arten der sarmatischen Ablagerungen Südrusslands finden werde, Dies ist nun Alles recht schön und gut, aber es ist dies doch nur wieder eine der beliebten Suppositionen, eine „persönliche Ansicht“ des Herrn Bittner, welche durch gar nichts gestützt wird, als eben durch seinen Wunsch, dass es so sein möge. Hiezu kommt noch, dass die weitaus grösste Mehrzahl der eigen- thümlichen sarmatischen Arten Südrusslands bei Kischenew gefunden wird. Kischenew liegt ja aber gar nicht so weit östlich, es liegt viel- mehr vollständig im Verbreitungsgebiete der galizischen, podolischen und volhynischen Miocänbildungen, nur wenige Meilen von den letzten bekannten Fundorten mediterraner Ablagerungen im nördlichen Bessara- bien, und ist es daher gänzlich unwahrscheinlich, dass zur Zeit der Mediterranstufe bei Kischenew eine solche Masse von eigenthümlichen & 7 f, h iD m i R 1 a: PERRREN CE a der a) nee a Bi 4 —s = Zur neueren Tertiärliteratur. 135 [13] Cardien, Trochiden und Phasianellen sollten gelebt haben, von denen man in den marinen Miocänbildungen Galiziens, Podoliens uud Volhyniens noch nichts gefunden hat. Schliesslich ist noch auffallend, dass Herr Bittner die von Abich angeführten sarmatischen Arten von Kertsch, welches doch um so viel weiter gegen Osten liegt, allerdings aufführt, die viel näher gelegenen Kischenewer Arten aber „als dem nächsten Zwecke seiner Arbeit ferneliegend“ nicht berücksichtigt. Hier aber scheint mir der Schlüssel zum Verständniss dieses Vor- gehens zu liegen. Abich hat nämlich seinerzeit die marinen Leythakalke von Kertsch nicht von den darüber liegenden sarmatischen Ablagerungen getrennt und die Vorkommnisse dieser beiden Kalksteine zusammen angeführt. Hiedurch wurde der Gegensatz zwischen sarmatischen und mediterranen Schichten natürlich scheinbar verwischt; dies passte vor- züglich zu den Bittner’schen Anschauungen, und dies wurde auch sorgfältig eitirt. Bei Kischenew finden sich solche marine Remanenzen nicht, hin- gegen wohl eine sehr grosse Anzahl sonderbarer und eigenthümlicher Arten, von denen in den marinen Mediterranbildungen noch keine Spur nachgewiesen wurde. Dies findet Herr Bittner nicht nöthig zu citiren, sondern er gleitet über dieselben sachte hinweg, indem er schreibt: Cardium sp. pl., Trochus sp. pl., Phasianella sp. pl. Ist dies auch noch eine gerechte und unparteiische Benützung der Literatur ? Um die Unterlassung Bittner’s jedoch einigermassen gutzu- machen, erlaube ich mir im Nachstehenden das Verzeichniss zu repro- dueiren, welches Sinzow im Jahre 1882 über die Vorkommnisse von Kischenew gegeben. Diejenigen Arten, welche bisher aus älteren Ablagerungen noch nicht nachgewiesen wurden, sind mit gesperrter Schrift gedruckt, die- jenigen, welche in Bittner’s Verzeichniss nicht vorkommen, sind mit einem * bezeichnet. * Nubecularia novarossica Karrer Sinz. Oellepora globularis Eichw. Hemieschara variabilis Beuss. Diastopora corrugata Reuss. Lepralia verruculosa Reuss. Tubulipora congesta BReuss. Membranipora bessarabica Sinz. Cardium obsoletum Eichw. ; 4 irregulare Eichw. = R Fittoni Orb. S Loweni Nordm. - 3 Fischerianum Döng. 136 IL ı u ı er er RE RR KR * RER KERRCHEIRERIE FIRE KRKKRKERK Theodor Fuchs. 1 4] Cardium tubulosum Eichw. N pseudo-Fischerianum Sinz. a papyraceum Sinz. s semigramosum Sinz. B Dönginckii Sinz, plicatum Eichw. Modiola volhynica Eichw. r marginata Eichw. 8 navicula Dub. N Denysiana Orb. Fuchsii Sina. Ervilia podolica Eichw. Mactra podolica Eichw. »„ ponderosa Eichw. Tapes gregaria Partsch. »„ Vitaliana Orb. Donax Hoernesi Sinz. Solen subfragilis Eichw. Pholas dactylus Linne var. pusilla Nord. Trochus podolicus Dub. £ mimwus Eichw. \ Cordierianus Orb. s Woronzowii Orb. k Blainvillei Orb. x papilla Eichw. ä Feneonianus Orb. 5 Celinae Andrz. R Rollandianus Orb. = sarmates Eichw. a elatior Orb. R Adelae Orb. ä pageanus Orb. » . pietus Eichw. ” albomaculatus Eichw. N anceps Eichw. e prosiliens Eichw. 5 Philippi Nordm. 5 marginatus Eichw. e subsigaretus Sinz. r zonato-punctatus Sinz. e Jeremejewi Sinz. x angulatus Eichw. & angulatiformis Sinz. s sub- Rollandianus Binz. 3 striato-sulcatus Sin2. 5 margaritoideus Sinz. “ curvilineatus Sinz. = turriculoides Sinz2. a bessarabicus Sina. a a la AN end EP EEE Bi tz ur * a1 x? IE N FRE TETND 2 { r 6 v s un Fi Zur nrueren Tertiärliteratur. 137 * Trochus sub-Cordierianus Sinz. % h conus Binz. r A minutus Sinz. a A semistriatus Sina. Y „ elegantulus Sinz. ka „ phasianellaeformis Sinz. . pseudo-angulatus Binz. ä Turbo Omaliusii Orb. Phasianella bessarabica Orb. R var. Orbignyana Hoern. h: h 3 Kischinewiae Orb. 4 & A elongatissima Orb. | 4 Y Blödei Eichw. hr h Neumayri Sina. * F " intermedia Sinz. . Ä z striato-tuberculata Sinz. 7 f Delphinula squamosa-spinosa Binz. u. Mitra laevis Eichw. Be Buceinum duplicatum Sow. B duplicatum — Verneuili Sinz. Bi 5 Verneuili Orb. B: fi ? var. striatulum Kichw. Eu 5 upbae alanın — Hoernesi Sinz. m vi e var. Jaquwemarti Orb. ie “ substrißtwlum Sinz. Ds Cerithium pietum Bast. F ) »„.. rubiginosum Eichw. En. n disjunctum Bow. 2 * Acmaca angulata Orb. A „ compressiuscula Eichw. Ei Bulla Lajonkaireana Bast. A „ truncata Ad. * , monstrosa Bine. B »„ plicatilis Sinz. E- Hydrobia Frauenfeldi Hoern. , substriatula Sine. Amnicola zonata Eichw. N nympha Eichw. F ceyclostomoides Sinz2. Litorina bessarabica Sinz. phasianellaeformis Binz. Odostomia Fuchsii Hoern. jun. e bessarabica Sin2. Oyclostomus subpietus Binz. Valvata pseudo-adeorbis Sinz. Spirorbis spiralis Eichw. 2 helüciformis Eichw. * EEK ERKENNE KR Es geht aus diesem Verzeichnisse hervor, dass es nicht weniger 2 als 82, oder wenn man sich blos auf die Conchylien beschränken will, Jahrbuch d. k. k. geol. Reichsanstalt. 1885. 35. Band. 1.Heft. (Th. Fuchs.) 18 138 Theodor Fuchs. [16] 74 Arten sind, welche in dem Bittner’schen Verzeichnisse fehlen. Und von diesen 82, respective 74 Arten sind mit Ausnahme von 3 Arten alle als der sarmatischen Stufe eigenthümlich anzusehen ! Es fällt mir gewiss nicht ein, zu bestreiten, dass manche der hier angeführten Arten besser als blosse Varietäten von anderen zu betrachten sein werden, aber dies müsste doch Alles erst nachgewiesen werden, und es ist doch gänzlich unzulässig, 71 in der Literatur aus- führlich beschriebene und abgebildete Arten einfach zu ignoriren. Es sind ja das weit über zwei Drittel der Arten, welche Herr Bittner überhaupt aus der sarmatischen Stufe anzuführen wusste. War jedoch Herr Bittner nicht in der Lage, sich über diese 71 Arten ein Urtheil zu bilden, so war er ganz einfach seiner Auf- gabe nicht gewachsen und hätte besser gethan, die Sache sein zu lassen, als mit solcher Anmassung in die Welt zu posaunen, er habe „mit voller Bestimmtheit“ nachgewiesen, dass fast alle sarmatischen Arten bereits in älteren Schichten vorkommen, und dass die ganze sarmatische Fauna nur ein minimaler Rest der vorhergehenden medi- terranen Miocänfauna sei. Ich habe aber noch einen Punkt zu besprechen. Ich habe zuvor darauf aufmerksam gemacht, dass die Trochiden der sarmatischen Stufe nicht in jüngere Bildungen übergehen, im Grunde genommen kann man aber genau dasselbe auch von der ge- sammten sarmatischen Fauna sagen, und indem wir dieses Moment ins Auge fassen, nimmt die ganze Frage eine viel schärfere Form an. Man hebt in der Regel nur die Thatsache hervor, dass die sar- matische Fauna eine so weitgehende Selbstständigkeit gegenüber der mediterranen Fauna zeige, und auch Bittner beschäftigt sich einzig und allein nur mit dieser Seite der Frage; im Grunde genommen ist aber die Thatsache ebenso merkwürdig, dass nicht eine einzige der bezeichnenden sarmatischen Arten ins Pliocän und in die Jetztwelt übergeht. Wäre die Bittner’sche Anschauung richtig, so müssten ja ge- rade die sarmatischen Arten en masse auch in jüngeren Bildungen vorkommen, in Wirklichkeit aber ist dies durchaus nicht der Fall. Die miocäne Mediterranfauna, die ältere und jüngere Pliocänfauna und schliesslich die Fauna des Mittelmeeres stellen eine ununterbrochene Kette verwandter Faunen, gewissermassen einen continuirlichen Ent- wicklungscyclus dar. Mitten in diesen Entwicklungscyclus hinein fällt aber die sarmatische Fauna, deren Arten weder in der vorhergehenden Fauna vorhanden sind, noch in die jüngeren Faunen übergehen, und welche somit in der Kette verwandter Faunen wie ein vollkommen fremdes Element eingeschaltet erscheint. Herr Bittner hat freilich „mit voller Bestimmtheit“ nachge- wiesen, dass weitaus die meisten sarmatischen Arten bereits in der vorhergehenden Mediterranstufe vorkommen, und vielleicht gelingt es ihm auch, einen ähnlichen bestimmten Beweis dafür zu erbringen, dass ein entsprechender Theil der sarmatischen Fauna auch ins Pliocän über- geht, oder es gelingt ihm doch, es wahrscheinlich zu machen, dass diese Arten im Pliocän irgendwo vorhanden, bisher aber aus irgend welchen Umständen noch nicht aufgefunden worden seien. ir ee U ei a Fa u a - [117] Zur neueren Tertiärliteratur. 139 Ich für meinen Theil halte dies Alles zwar für sehr unwahrschein- lich, aber natürlich ist dies auch nur „meine persönliche Meinung“. Ich komme jetzt zum Schlusse noch auf einen Punkt von allge- meiner, principieller Natur zu sprechen, zu dessen Beleuchtung ich namentlich durch folgenden Passus in Bittner’s Arbeit veranlasst werde: „Das wären alle Einwände sachlicher Natur, welche Herr Fuchs gegen den von mir gemachten Versuch, im Einklange mit den nüch- ternen Anschauungen älterer Forscher die Abstammung der sarmatischen Fauna auf dem einfachsten und naheliegendsten Wege, ohne Zuhilfe- nahme hypothetischer Verbindungen mit entfernten Meeren, zu erklären, vorzubringen gewusst hat.“ Herr Bittner beruft sich hier auf die „nüchternen Anschauungen älterer Forscher“, welche die vorliegende Frage auf dem einfachsten und naheliegendsten Wege, ohne Zuhilfenahme von Hypothesen, zu lösen wussten, und es klingt aus diesen Worten wie eine Klage über das Verschwinden der guten alten Zeit und über die Ueberhandnahme des modernen Schwindels. Da ist es denn doch nöthig, den Fall etwas näher ins Auge zu fassen. Herr Bittner behauptet im Einklange mit den nüchternen An- schauungen älterer Forscher, dass die Arten der sarmatischen Stufe sämmtlich bereits zur Zeit der marinen Mediterranstufe gelebt hätten, und dass die sarmatische Fauna nichts weiter als ein minimaler Ueber- rest der vorhergehenden Mediterranfauna sei. Bittner hat dies zwar durchaus nicht bewiesen, aber nehmen wir einen Augenblick an, dass dies wirklich der Fall ist, und machen wir einen Schritt weiter. Wie bekannt, folgen im südöstlichen Europa auf die halbbrackischen sarmatischen Schichten die brackischen Congerienschichten und die Süsswasserschichten der levantinischen Stufe. Wie mit einem Schlage sind die Arten der sarmatischen Stufe verschwunden, und an ihre Stelle tritt eine ganz neue Lebewelt, welche mit der vorhergehenden fast gar keine nähere Verwandtschaft zeigt. Dutzende von neuen Gattungen und Subgattungen, viele hunderte von neuen Arten, eine immer sonderbarer und fremdartiger als die andere, sind aus diesen Ablagerungen bereits bekannt, und noch immmer ist ihr Reichthum noch lange nicht erschöpft, noch immer strömen in reicher Fülle neue und neue Arten aus dieser Quelle zu. Woher kommt nun diese Fauna, woher stammt die Fauna der Congerienschichten und der levantinischen Stufe? Haben die Arten dieser Ablagerungen auch schon zur Zeit der sarmatischen Stufe und der Mediterranstufe irgendwo verborgen gelebt und ist die Fauna der Congerienschichten auch nur ein minimaler Ueberrest der sarmatischen oder der mediterranen Fauna ? Es scheint mir allerdings Forscher zu geben (es sind freilich nicht ältere, auch weiss ich nicht, ob es die nüchternsten sind), welche sich ähnlichen Anschauungen zuzuneigen scheinen, aber ich glaube doch, dass Bittner Anstand nehmen würde, eine derartige Behauptung im Ernste aufzustellen. 18% 140 Theodor Fuchs. [18] Nehmen wir jedoch einen Augenblick selbst dies an, nehmen wir an, dass es sich nachweisen liesse, dass die levantinische Fauna, die Fauna der Congerienschichten, der sarmatischen Stufe und der medi- terranen Ablagerungen nur habituell verschiedene Glieder einer grossen Miocänfauna seien, so entsteht sofort die Frage: woher stammt denn diese Miocänfauna? war sie bereits zur Zeit des Eocäns irgendwo ver- borgen vorhanden, und wenn nicht, woher ist sie denn gekommen ? Und so geht es rückwärts Schritt für Schritt, von Eocän zur Kreide, von Kreide zum Jura, vom Jura zur Trias u. Ss. w. Mit anderen Worten, die sarmatische Fauna ist ja nur ein ein- zelner Fall aus einer langen Reihe ähnlicher Fälle, und ich muss gestehen, dass es mir niemals recht eingeleuchtet hat, warum man gerade bei der sarmatischen Fauna nach ihrer Herkunft fragt, während man diese Frage doch mit gleichem Rechte eigentlich bei jeder neu auftretenden Fauna stellen könnte. .Es ist aber klar, dass diese Frage in letzter Instanz cken ident ist mit der Frage nach der Entstehung neuer Arten, und so lange man zur Lösung dieser Frage keine sichere wissenschaftliche Grundlage gefunden hat, scheint mir die Frage nach der Herkunft dieser oder jener Fauna nicht in den Rahmen wissenschaftlicher Er- örterung zu gehören. Dies war auch der Standpunkt, den ich immer in dieser Frage eingenommen, und wenn Herr Bittner anführt, ich hätte die sarma- tische Fauna durch eine Einwanderung aus dem indischen Ocean zu erklären gesucht, so ist dies eigentlich ein Missverständniss. Ich habe allerdings einmal die Bemerkung gemacht, man werde „vielleicht einwal dahin kommen, die sarmatische Fauna in ähnlicher Weise als eine Dependenz des indischen Faunengebietes zu betrachten, wie gegenwärtig die Fauna des Schwarzen Meeres eine Dependenz des Mittelmeeres bildet“, aber es sollte damals mit dieser Bemerkung eigentlich nur die Thatsache nachdrücklicher hervorgehoben werden, dass die einzelnen Arten der sarmatischen Stufe ihre nächsten Ver- wandten nicht in den kälteren, sondern in den wärmeren Meeren be- sitzen, und dass die sarmatische Fauna nicht sowohl den Charakter einer borealen, sondern den einer verarmien tropischen Fauna zeige. Irgend eine „Erklärung“ zu geben beabsichtigte ich damit durchaus nicht, was wohl am besten daraus hervorgeht, dass ich dieser Bemerkung in meiner „Geologischen Uebersicht der jüngeren Tertiärbildungen etc.“ mit keiner Silbe erwähnte. Indem ich daher noch einmal betone, dass mir beim gegenwärtigen Stand unserer Kenntnisse die Frage nach der Herkunft der einzelnen Faunen im Allgemeinen keine wissenschaftliche Basis zu haben scheint, fält es mir gewiss nicht im entferntesten ein, diese Bemerkung als ein Argument gegen die Bittner’sche Theorie zu gebrauchen, und räume ich gerne ein, dass dieselbe bei alledem in dem vorliegenden speciellen Falle ganz gut vollkommen begründet und richtig sein könnte. Alles was ich damit zu zeigen beabsichtige, besteht vielmehr nur darin, dass es sich hier nur um „Richtigkeit“ und „Unrichtigkeit“, keineswegs aber um „Nüchternheit* und „Mangel an Nüchternheit“ handeln kann. [ | 9] Zur neueren Tertiärliteratur. 141 Wenn es Herrn Bittner gelingen sollte, die Richtigkeit seiner Anschauung wirklich nachzuweisen, so werde ich der Erste sein, der dieselbe vollinhaltlich acceptirt; so lange ihm dies jedoch nicht gelungen ist, werde ich fortfahren, die sarmatische Fauna als eine selbstständige Fauna zu betrachten, über deren Entstehung und Herkunft wir gerade so viel und so wenig wissen, wie über die Entstehung und Herkunit der Fauna der Congerienschichten, der jetzigen Fauna des Mittelmeeres oder einer beliebigen anderen Fauna. Dies ist meiner Ansicht nach der Standpunkt der wirklich vüch- ternen Naturforschung, die vor allen Dingen die Basis untersucht, auf der sie steht, und sich innerhalb der Sphäre des wissenschaftlich Zu- gänglichen bewegt. Gewiss soll damit Niemandem verwehrt werden Untersuchungen üßur die Entstehung der Arten und Faunen anzustellen, aber jedenfalls wird derselbe dann andere Wege einschlagen müssen, als aus der Literatur eine Menge dubioser Bestimmungen zusammenzutragen. Ich komme jetzt zu einem anderen Gegenstande, nämlich zu der von Bittner angefochtenen Unterscheidung von erster und zweiter Mediterranstufe. Hier sind die Bittner’schen Argumeutationen jedoch nach allen Richtungen hin noch weit bedenklicher als in dem vorhergehenden Falle. und ich bin genöthigt, bevor ich in eine Kritik des Details eingehe. einige Bemerkungen allgemeiner Natur vorauszusenden. Herr Bittner will beweisen, dass die paläontologischen Momente, welche man bisher zur Unterscheidung der beiden Mediterranstufen benützte, zu diesem Zwecke durchaus nicht ausreichen, und er thut dies, indem er der Reihe nach die für die erste Mediterranstufe cha- rakteristischen Arten vornimmt und nachweist, dass dieselben fast ohne Ausnahme „in der Literatur“ aus Localitäten der zweiten Mediterran- stufe angeführt sind. Nun muss ich bemerken, dass hier die ganze Methode des Be- weises vollständig unrichtig ist. Nehmen wir für einen Augenblick an, dass alle von Bittner angeführten Fälle wirklich richtig seien, ja gehen wir noch weiter und nehmen an, dass wirklich alle Arten der ersten Mediterranstufe aus einzelnen Localitäten der zweiten Medi- terranstufe nachgewiesen wären, so folgt daraus noch immer lange nicht, dass man die erste Mediterranstufe von der zweiten nicht unter- scheiden könne und dass das paläontologische Material hiezu unge- nügend sei. Denken wir uns doch, dass in einem bestimmten grösseren Ge- biete zwei Systeme von Ablagerungen übereinander folgen, von denen jedes 100 eigenthümliche Arten besitzt. Denken wir uns nun, dass in 100 Localitäten des jüngeren Systems je eine der Arten des älteren Systems vorkommt, was wird die Folge davon sein’? Die Folge davon wird sein, dass alle Arten der ersten Stufe auch in der zweiten vorkommen, dass es keine einzige Art gibt, welche der ersten Stufe wirklich ausschliesslich eigenthümlich ist, und dennoch 142 Theodor Fuchs. [20] wird man in jedem einzelnen Falle auf den ersten Blick mit voller Sicherheit entscheiden können, ob die betreffende Localität in die ältere oder in die jüngere Stufe gehöre, und wird es wohl kaum Jemandem einfallen, zu behaupten, man könne den Unterschied zwischen diesen beiden Stufen nicht aufrecht erhalten und man müsse die beiden als zeitliche Aequivalente betrachten. Mit anderen Worten, in solchen Fragen kommt es niemals auf vereinzelte Arten, sondern auf die Vergesellschaftung derselben an, und es sind Fälle ganz gut möglich, wo jede Art einzeln für sich genommen gar nichts beweist und ihre Vergesellschaftung dennoch einen voll- kommenen Beweis gibt. Die Sache geht aber noch weiter. Es ist bekannt, dass zwischen den Ablagerungen der ersten und jenen der zweiten Mediterranstufe als eine eigenthümliche Uebergangs- bildung die Grunderschichten liegen, in welchen sich die Faunen der beiden Mediterranstufen in eigenthümlicher Weise mischen und welche man mit ziemlich gleichem Rechte entweder zur ersten oder zur zweiten Mediterranstufe ziehen kann. Mayer, sowie die italienischen Geologen ziehen derartige Ab- lagerungen grösstentheils zum älteren Miocän (miocenico medio, Hel- vetien); ich für meinen Theil habe aus Gründen, die für den Moment gleichgiltig sind, es vorgezogen, sie als den ältesten Theil der zweiten Mediterranstufe zu betrachten, mit der ausdrücklichen Bemerkung jedoch, dass sie hier einen selbstständigen, von der typischen zweiten Medi- terranstufe getrennten Horizont bilden. Was thut nun Herr Bittner? Herr Bittner führt alle Hornerarten, welche noch in den Grunderschichten vorkommen, wenn sie auch durchaus nicht in die höheren, typisch tortonischen Bildungen hinaufreichen, ohne weiter ein Wort zu verlieren, ganz gemüthlich als in der zweiten Mediterranstufe vorkommend an, und nicht weniger als 13 der von ihm angeführten Fälle gehören in diese Kategorie! Dies geht denn doch über den Spass, und man weiss im ersten Augenblick gar nicht, was man zu einem solchen Manöver sagen soll. Herr Bittner verwahrt sich an einer Stelle sehr entrüstet dagegen, dass ich ihm eine „Erschleichung von Beweismitteln“ zumuthe. Ich habe niemals einen derartigen Vorwurf gegen ihn erhoben und bin überhaupt bei wissenschaftlichen Auseinandersetzungen kein Freund der- artiger starker Ausdrücke; in dem vorliegenden Falle möchte ich aber doch an Herrn Bittner die Frage richten, ob er nicht selbst glaube, dass dieses hier von ihm eingehaltene Vorgehen einer „Erschleichung von Beweismitteln® so ähnlich ist wie ein Ei dem andern. In Wirklichkeit ist ein derartiges Vorgehen gänzlich unzulässig. Arten der Hornerschichten, welche bis in die Grunderschichten reichen, jedoch nicht höher hinaufgehen, sind vollkommen charakteristisch für die ältere miocäne Fauna, und Arten, welche in den Grunderschichten beginnen und von hier weiter hinaufgehen, ohne in den tieferen Schich- ten vorzukommen, sind ebenso bezeichnend für die jüngere miocäne Fauna, dieselben mögen in den Grunderschiehten noch so oft zusammen gefunden werden und man möge die Grunderschichten selbst zur ersten I 3 4 F \ b ü | [21] Zur neueren Tertiärliteratur. 143 oder zur zweiten Mediterranstufe, oder aber auch zu keiner derselben stellen. Ich glaube allerdings, „über diese Principien sollte unter Fach- männern keine Discussion mehr nöthig sein“. Ich komme nun zu einem dritten Punkt. Herr Bittner führt eine Reihe von Hornerarten an, welche zwar in der zweiten Mediterranstufe fehlen, dagegen in jüngeren Ab- lagerungen oder noch lebend vorkommen sollen, woraus seiner Ansicht nach von selbst der Schluss folgt, dass dieselben nicht zur Charakteri- sirung der ersten Mediterranstufe dienen können. Diese Folgerung ist jedoch keineswegs so selbstverständlich. . Innerhalb des jüngsten Pliocäns und der ältesten Quaternär- bildungen des Mittelmeergebietes kommen in einem bestimmten Hori- zont eine Anzahl nordischer Conchylien vor, welche im Mediterrangebiet weder in älteren noch in jüngeren Horizonten gefunden werden, welche aber sämmtlich noch in nördlicheren Meeren leben. Wir haben hier also einen Fall vor uns, wo durch Conchylien, welche noch heutzutage leben, örtlich ein ganz bestimmter älterer Horizont gekennzeichnet ist. Genau dasselbe kann nun auch in anderen Fällen stattfinden. Die Mactra Bucklandi der Hornerschichien mag noch so sehr mit der Mactra striatella Senegambiens ident sein, so lange sie inner- halb des mediterranen Miocäns nur in der älteren Mediterranstufe nachgewiesen ist, muss sie innerhalb des mediterranen Miocäns eben als bezeichnend für die erste Mediterranstufe gelten, und würde dies der Fall sein müssen, wenn sie auch heutzutage in den Slimpfen des Praters leben würde, wie die vor Kurzem eingewanderte Congeria polymorpha. Dasselbe gilt aber auch von allen anderen ähnlichen Fällen. Herr Bittner begnügt sich jedoch nicht damit, hervorzuheben, dass einzelne bezeichnende Arten der Hornerschichten ident sein sollen mit gewissen lebenden Arten, sondern er betont auch bei einer Reihe von solchen, dass sie gewissen lebenden Arten „ähnlich oder verwandt“ seien. So soll der Fusus Burdigalensis der Fasciolaria porphyrostoma, der Murex capito dem Murex magellanicus, das Cardium Kübecki dem Cardium magnum verwandt sein. Ich muss gestehen, dass mir diese Methode der Begründung etwas weit hergeholt und bedenklich erscheint, und es ist abermals zu bedauern, dass Herr Bittner es nicht der Mühe werth gefunden, sich persönlich darüber zu informiren, inwieweit diese „Aehnlichkeit* und „Verwandtschaft“ reiche. Er hätte dann so- fort gesehen, dass diese Verwandtschaft eine ziemlich entfernte ist. In der That, wenn man sich auf die Verwandtschaft zwischen Murex capito und magellanicus beruft, so wird man wohl ohne viel Schwierig- keiten für so ziemlich jede neogene Art eine „verwandte“ lebende auf- finden können, man wird dann damit auf die „nüchterne Auffassung“ der „älteren Forscher“ aus dem vorigen Jahrhundert zurückgekommen Sein, welche allerdings die Unterscheidung von erster und zweiter Me- diterranstufe und von sarmatischer Stufe für eine ziemlich überflüssige Spielerei gehalten hätten. 144 Theodor Fuchs. [22] Indem ich nun die allgemeinen Betrachtungen beiseite lasse und mich den einzelnen von Bittner angeführten Arten zuwende, muss ich vor allen Dingen erklären, dass in dem von ihm entworfenen Ver- zeichnisse der charakteristischen Hornerarten eine ganze Reihe vor- kommt, welche meines Wissens von Niemandem, gewiss aber nicht von mir, für solche erklärt wurden. Es sind dies folgende: Cassis sulcosa Lam. Murex Schönni Hoern. Patella ferruginea Gmel. FPolia legumen Linne. Lutraria rugosa Chemn. Lima inflata Chemn. Eine zweite Reihe von Arten umfasst jene, welche nur insoferne in der zweiten Mediterranstufe vorkommen, als man eben die Grunder- schichten in die zweite Mediterranstufe stellt. Es sind dies nachstehende: Fusus Burdigalensis Bast. Cerithium Zelebori Hoern. Turritella gradata Menke. Lutraria sanna Bast. Tapes Basteroti Mayer. Venus Haidingeri Hoern. Grateloupia irregularis Bast. Cardita Zelebori Hoern. Arca umbonata Lam. » Fichtelüi Desh. Mytilus Haidingerı Hoern. Pecten Holgeri Gein. „ . Beudanti Bast. Perna Rollei Hoern. Keine dieser Arten ist bisher meines Wissens in den typischen Ablagerungen der zweiten Mediterranstufe, d. h. in den Schichten über den Grunderschichten nachgewiesen worden, und wir brauchen uns daher auch mit diesen hier nicht weiter zu beschäftigen. Was nun noch den Rest der angeführten Fälle anlangt, so habe ich zu denselben nachstehende Bemerkungen zu machen: Cerithium Zelebori Hoern. Soll zu Ebersdorf und zu Meiselsdorf bei Stockerau vorkommen. Ebersdorf gehört zu den Grunderschichten, Meiselsdorf bei Stockerau aber ist ein Druckfehler und soll heissen „Meiselsdorf bei Stockern“. Es ist dies eine Localität der Horner- schichten in der Nähe von Eggenburg. Cerithium plicatwm Brng. wird nach Bittner sehr häufig aus sarmatischen Ablagerungen eitirt und besitzt seiner Ansicht nach eine sehr grosse Aehnlichkeit mit Cerithium disjunctum Sow. Ich habe je- doch bereits zuvor gezeigt, dass diese vermeintliche Aehnlichkeit eine ganz oberflächliche ist und dass diese beiden Arten zu ganz verschie- denen Untergattungen gehören. Was das Anführen von Cerithium pli- Zur neueren Tertiärliteratur. 145 catum aus sarmatischen Ablagerungen anbelangt, so muss bemerkt werden, dass in älteren Zeiten das Cer. disjunctum ganz allgemein als Cer. plicatum angeführt wurde. In neueren Schriften werden derartige Citate wohl meist auf die 4knotige Varietät des Cer. disjunctum zu beziehen sein. Cerithium margaritaceum Brocc. Bei dieser Art bemerkt Herr Bittner, dass es nach den Angaben von M. Hoernes noch keines- wegs sicher scheine, dass man sie als sicheres Leitfossil für die ältere Mediterranstufe betrachten könne. Wie lauten denn nun aber diese Angaben bei M. Hoernes? Diese Angaben lauten (Conchylien des Wiener Beckens pag. 406) folgendermassen : ETRERSR so muss das Vorkommen dieser Art (d. h. des Cer. margaritaceum) im Tegel von Baden, auf einer Verwechslung beruhend, entschieden verneint werden, auch die polnischen Vorkommnisse bei Liepowiec und Zwyrzyniec (nach Pusch), ferner die italienischen bei Asti und Siena (Brocchi) und die Siziliens (Lyell) sind zweifelhaft... .* „Der Hauptgrund, warum mir jede Angabe des Vorkommens in jüngeren Schichten als zweifelhaft erscheint, ist der, weil ich dasselbe im Wiener Becken nie in jüngeren Schichten gefunden habe.“ Und auf diese Bemerkungen stützt sich Herr Bittner, um es wahrscheinlich zu machen, dass das Cer. margaritaceum auch in jün- geren Schichten auftrete!! Im Grunde genommen hat Herr Bittner freilich ganz Recht und handelt nur seinen Grundsätzen entsprechend. Die Angaben kommen in der „Literatur“ vor, sie sind von niemand „eingehend“ widerlegt worden, und so hat er ein „Recht“, dieselben zu benützen. Nun muss ich dagegen Folgendes bemerken: Die Angabe „Asti“ scheint mir ganz apokryph, denn Brocchi führt die Art nur von Siena an, und zwar aus dem pliocänen Tegel. Die Art ist seit Brocchi niemals mehr bei Siena gefunden worden und De Stefani erklärt die Angabe als unrichtig. Was „Liepowiec* und „Zwyrzyniec“ anbelangt, so führt Pusch von diesen beiden Punkten ausser Cer. margaritaceum wur noch „Dico- tyledone Baumblätter“ an, und man weiss daher gar nicht, was dort für Schichten vorkommen. Ebensowenig kann man mit der Angabe „Sizilien“ machen, in Sizilien kommen ja alle möglichen Tertiärbil- dungen vor. Xenophora cumulans wird von Karrer aus dem Rauchstallbrunn- graben bei Baden angeführt. Die arragonitschaligen Conchylien kommen im Leythaconglomerat des Rauchstallbrunngrabens immer nur in der Form von Steinkernen vor, und bezweifle ich es sehr, dass man einen Steinkern von Xeno- phora cumulans von jenem einer Xenophora Deshayesi unterscheiden könne, Diese Angabe scheint mir aus diesem Grunde unzuverlässig, Nerita gigantea Bell. Wird von Karrer aus dem oberen Tegel von Vöslau und von Stur aus Lapugy angeführt. Das Mineraliencabinet besitzt die Art weder von Lapugy noch aus Vöslau, noch aus einer andern Localität der zweiten Mediterranstufe. Es liegt wohl der Ge- Jahrbuch d.k.k.geol. Reichsanstalt. 1885. 35. Band. 1. Heft. (Th. Fuchs.) 19 146 Theodor Fuchs. [24] danke nahe, dass es sich hier um eine Verwechslung mit einer andern ähnlichen Form, etwa mit N. proteus, handelt. Venus Haidingeri Hoern. soll nach Neugeborn auch in Lapugy vorkommen. Ich weiss nicht, woher Bittner diese Angabe hat. Hoernes erwähnt diese Art aus Lapugy nicht, Stur ebensowenig, in der Samm- lung des Mineraliencabinets kommt sie ebenfalls nicht vor. Die Angabe scheint mir daher sehr der Bestätigung zu bedürfen. Cytherea Lamarcki. Wird von Palkovics aus 8zobb angeführt. Palkovics war gewiss ein ausgezeichneter, trefflicher junger Mann und ein ausserordentlich eifriger und geschickter Sammler, aber als ein Gewährsmann für eine so schwer zu unterscheidende Art kaun er nicht angeführt werden. Die Angabe bedarf daher ebenfalls der Be- stätigung. Cytherea erycina Linne wurde einmal von mir aus einem Brunnen bei Pötzleinsdorf angeführt. Das fragliche Stück (Fragment) ist Jedoch höchst wahrscheinlich nur eine Tapes vetula. Cardium cingulatum Goldf. Diese Art wurde von Stur aus Lapugy angeführt, welche Angabe sodann in mehrere andere Verzeich- nisse überging. Wie jedoch bereits zu wiederholtenmalen erwähnt, hat Stur sein Verzeichniss aus verschiedenen Quellen zusammengetragen und seibst erklärt, dass dasselbe bezüglich der einzelnen Arten einer Ueberprüfung bedürfe. Das Mineraliencabinet besitzt die Art aus La- pugy nicht, Hoernes erwähnt sie auch nicht, und es scheint mir nach alledem wahrscheinlich, dass es sich hier um eine irrige Bestimmung handelt (wahrscheinlich von Card. discrepans). Pectunculus Fichtelii Desh. Soll nach Stur in Grund vor- kommen. Das Mineraliencabinet besitzt allerdings aus Grund einen Pectunculus mit der Bezeichnung P. Fichtelii, derselbe ist aber nichts anderes als ein ungewöhnlich grosser und dickschaliger Pectunculus pilosus. Derartige irrige Bestimmungen sind mir im Laufe der Jahre häufig unter die Hand gekommen, und dürfte auch der von Stur erwähnte und von Bittner ebenfalls citirte Pectunculus cf. Fichteli aus den oberen Schichten von Vöslau in diese Kategorie gehören. Arca umbonata Lam. Soll auch in Lapugy und nach Hilber auch in „Galizien“ vorkommen. Das Mineraliencabinet besitzt aller- dings sowohl von Lapugy als auch von Olesko in Galizien Vor- kommnisse mit dieser Bezeichnung, es sind dies aber lauter kleine Jugendexemplare, welche meiner Ansicht nach sämmtlich zu Arca Noae gehören. Uebrigens muss betont werden, dass die Bezeichnung „Galizien“ als Localität doch etwas vag ist, da ja in Galizien bekannter- massen auch ältere Miocänhorizonte vorzukommen scheinen. Pecten Beudanti Bast. Wird von Hoernes aus Grossruss- bach und von Karrer aus Gainfahrn angeführt. Die von Hoernes angeführte Localität Grossrussbach scheint nach einem im Cabinet vorhandenen Exemplar richtig zu sein, obwohl das vorliegende Stück nicht ganz mit der typischen Form überein- PDE En. ” 2 e- [25] Zur neueren Tertiärliteratur. 147 stimmt, doch gehört ja Grossrussbach zu den Grunderschichten. Der Fundort Gainfahrn ist jedoch apokryph. Die diesbezügliche Angabe stammt wieder aus den bereits erwähnten Auinger’schen Verzeichnissen, doch findet sich dafür am Mineraliencabinet kein Belegstück. Pecten solarium Lam. (gigas Schlth.) wird von Karner aus dem Leythakalke von Perchtoldsdorf und von Stache aus demjenigen von Waitzen angeführt. Hoernes hat im Jahre 1868 ziemlich ausgedehnte Aufsamm- lungen in den Leythakalken der Waitzner Gegend und zwar an den auch von Stache angeführten Localitäten Kemencze und Nagy- Maros gemacht, doch fand sich der Loibersdorfer P. gigas dabei nicht vor, ebensowenig ist mir diese Art jemals aus den Leythakalken der Umgebungen von Wien und Baden bekannt geworden, und ist es mir daher wahrscheinlich, dass es sich in beiden Fällen um eine andere Art, vielleicht um P. Tournali handelt. Es ist ja bekannt, dass in früheren Zeiten fast jeder grosse, ge- rippte Peeten P. solarium. genannt wurde, und dass ja auch Hoernes diesen Namen unrichtig anwandte, indem der grosse Loibersdorfer Pecten gänzlich von dem wirklichen P. solarium verschieden ist. Wollte man unter solchen Umständen etwas difficil sein, so könnte man sogar auf die Möglichkeit hinweisen, dass Stache und Karrer den wirklichen P. solarium gemeint hätten, der ja in Ungarn ‚factisch vorkommt und im Allgemeinen den Grunderhorizont bezeichnet, und nicht den P. gigas, wie Bittner etwas eigenmächtig hinzusetzt. Ich glaube hiemit hinlänglich gezeigt zu haben, mit welch gänzlicher Kritiklosigkeit auch dieses Verzeichniss zusammengestellt ist, und wenn dasselbe, wie Herr Bittner angibt, bestimmt ist, über die Beziehungen zwischen der Fauna der ersten und jener der zweiten Mediterranstufe einiges Licht verbreiten zu helfen, so hat er diesen Zweck jeden- falls vollkommen verfehlt. Um Licht zu verbreiten, bedarf es eines gesunden Brennstoffes, aus solchem, aus allen Winkeln zusammengetragenen — — Irrthum kann aber nur Qualm und Rauch emporsteigen. . . Ich habe nun noch einen Punkt zu besprechen. Herr Bittner hat die Entdeckung gemacht, dass ich in meiner Arbeit „Geologische Uebersicht der jüngeren Tertiärbildungen des Wiener Beckens und des Ungarisch-Steierischen Tieflandes“ die oberen Schichten von Radoboj in die zweite Mediterranstufe gestellt, die Flora von Radoboj hingegen, welche in diesen oberen Schichten vorkommt, als Flora der ersten Mediterranstufe angeführt. Herr Bittner ist über diese Entdeckung offenbar ausserordentlich erfreut, er kommt zu wiederholtenmalen darauf zurück und führt mit grosser Befriedigung an, dass auch Andere bereits auf diesen Wider- spruch hingewiesen haben. Ich bedauere ausserordentlich, die Freude des Herrn Bittner stören zu müssen, aber die Wahrheit ist, dass ich die oberen Schichten von Radoboj niemals in die zweite Mediterranstufe gestellt. 19% 148 Theodor Fuchs. [26] Ich habe allerdings, als ich Beispiele der ersten Mediterranstufe anführte, die unteren Schichten von Radoboj genannt, man wird aber unter den Beispielen für die zweite Mediterranstufe vergeblich die oberen Schichten «von Radoboj suchen. Dies Alles hat aber seinen guten Grund. Für die unteren Schichten von Radoboj ist es nämlich meiner Ansicht nach erwiesen, dass sie der ersten Mediterranstufe angehören, und darum führte ich sie als solche an. Für die oberen Schichten von Radoboj (Leythakalk und fischführende Mergel) liegen verläss- liche Daten, um ihr genaueres Alter bestimmen zu können, derzeit noch nicht vor, und darum liess ich sie eben ganz beiseite und führte sie weder bei der ersten, noch bei der zweiten Mediterran- stufe an. Was aber die Flora anbelangt, so habe ich dieselbe allerdings als Flora der ersten Mediterranstufe angeführt, und wenn ich der landläufigen Behandlungsweise hätte folgen wollen, so hätte ich aller- dings, darauf gestüzt, die fischführenden Mergel in die erste Mediterran- stufe stellen müssen. Dass ich dies nicht that, hatte aber ebenfalls seinen guten Grund. Es ist nämlich bekannt, dass Eintheilungen nach Meeresfaunen sehr häufig ein anderes Resultat ergeben, als Eintheilungen nach Land- floren, und dass die Entwicklung der Landflora durchaus nicht immer genau gleichen Schritt mit der Entwicklung der Meeresfauna hält. Als bekauntestes und auffallendstes Beispiel davon kann man die obere Kreide anführen, welche der Meeresfauna nach noch ganz in die me- sozoische Periode, ihrer Landflora nach jedoch bereits vollständig in den Entwicklungskreis der Tertiärzeit fällt. Von diesen Gesichtspunkten geleitet, habe ich nun in meiner Ar- beit Meeresfauna und Landflora strenge getrennt gehalten und zuerst eine Eintheilung nach der Meeresfauna uud dann nach Stur eine solche nach der Landflora gegeben. Stur bezeichnete mir nun die Flora von Radoboj als eine solche, welche jünger sei als die Flora der Sotzkaschichten und älter als die Flora des Leythakalkes, und da blieb mir wohl nichts anderes übrig, als anzunehmen, dass sie beiläufig der ersten Mediterranstufe entsprechen müsse. Kurz Sesagt, es ist hier von einem wirklichen Widerspruch im Sinne Bittner’s durchaus keine Spur zu finden. Dass die Flora von Radoboj einer relativ älteren Miocänflora angehört, entsprechend beiläufig der ersten Mediterranstufe, musste ich auf Stur’s Autorität hin wohl annehmen, und was die pflanzen- führenden Mergel anbelangt, so muss es der Zukunft überlassen bleiben, zu entscheiden, ob dieselben vom Standpunkte der marinen Fauna aus der ersten Mediterranstufe, respective dem Schlier, oder der zweiten Mediterranstufe zuzuzählen sind. Ich halte diese Frage heute noch für unentschieden, und da ich mir auch damals kein Urtheil darüber zutraute, so liess ich diesen Punkt eben in suspenso. ? > 7 S L 4 3 . \ 4 a nl u nd TU eh U = au [27 ] Zur neueren Tertiärliteratur. 149 Zum Schlusse sehe ich mich noch zu einer kurzen Bemerkung genöthigt, welche vorwiegend persönlicher Natur ist. Herr Bittner sagt am Schlusse seiner Arbeit Folgendes: ».. . es muss aber absolut unzulässig, ja als den elementarsten Grundlagen jeder wissenschaftlichen Forschung, zu deren ersten der wissenschaftliche Credit gehört, geradezu widerstreitend erklärt werden, dass es irgend Jemandem gestattet sein könne, ohne präcise Beweise dafür vorzubringen, nur auf die eigene Autorität gestützt, ganze Reihen von aus der Literatur entnommenen Thatsachen für falsch erklären zu dürfen, einzig und allein aus dem Grunde, weil die aus denselben gezogenen Schlussfolgerungen mit den von ihm vertretenen theoretischen Ansichten zufällig nicht vollkommen übereinstimmen“ Hier hat Herr Bittner offenbar nicht mehr gewusst, was er schreibt. Wer meine Arbeiten nur einigermassen kennt, wird wissen, dass ich immer geneigt bin, die meinen Ansichten entgegenstehenden Schwierigkeiten eher zu vergrössern, als zu verkleinern, die möglichen Einwände nicht zu verbergen, sondern in den Vordergrund zu stellen, und der beste Beweis hiefür ist, dass meine verehrten Gegner ihre Hauptargumente gegen mich in der Regel aus meinen eigenen Ar- beiten entlehnen. Ebenso wird mir wohl, wie ich hoffe, jeder Un- parteiische die Gerechtigkeit widerfahren lassen, dass ich mich posi- tiven und bona fide durchgeführten Arbeiten gegenüber, wie dies z. B. die Hilber’schen sind, immer vollkommen objectiv verhalten habe, und dass ich Berichtigungen meiner Ansichten stets zugänglich bin. Der von Bittner erhobene, nicht zu qualificirende Vorwurf trifft mich daher nicht und fällt gänzlich auf ihn selbst zurück. Ja wohl, er ist es, der, gestützt auf seinen, auf anderem Felde erworbenen wissenschaftlichen Credit, sich hier in eine Sache mengt, der er nicht im entferntesten gewachsen ist, welcher gewachsen zu werden er sich nicht einmal die mindeste Mühe gibt, der es in geradezu be- leidigender Weise unternimmt, die auf langjährigen Studien und Ar- beiten gegründeten Anschauungen anderer Forscher so nebenbei, so zum Dessert, mit einer leichten Handbewegung aus den Angeln heben zu wollen, der mit unfassbarer Selbstverblendung behauptet, etwas mit „voller Bestimmtheit* nachgewiesen zu haben, wo er zu einem wirklich kritischen Beweis nicht einmal den Versuch macht. Es ist ganz vergeblich, dass Herr Bittner sich zum Anwalt anderer Forscher macht, um mit deren Autorität seine eigene Blösse zu decken. Männer wie Stur, Hoernes, Reuss, Karrer bedürfen seines ritterlichen Schutzes nicht. Die Verdienste dieser Männer sind viel zu gross, um durch einige irrthümliche Bestimmungen im mindesten geschmälert zu werden. Irrthümer schmälern überhaupt den wissenschaftlichen Credit nicht, wohl aber wird derselbe auf das tiefste geschädigt durch ein Vorgehen, wie dasjenige Bittner’s ist, der einen begangenen Missgriff nicht eingestehen will, und nachdem er sich von allen Grundlagen N HARE nn \ a ie % 150 Theodor Fuchs. [28] wissenschaftlicher Kritik entfernt, nun auch die Grenzen des Anstandes und der Schicklichkeit gröblich verletzt. Und wozu dies Alles? Einzig und allein um irgend eine Idee zur Geltung zu bringen ? Nun, der Schein kann ja trügen, und niemand kann einem andern in das Herz sehen, und so wollen wir denn glauben, dass dies wirklich der „einzige“ Grund gewesen. Die Meteoritensammlung des k. k. mineralogischen Hof- kabinetes in Wien am I. Mai 1885. Von Dr. Aristides Brezina. Mit vier Tafeln (Nr. II—V). Von dieser Sammlung, welche schon zu Chladni’s Zeiten von hohem wissenschaftlichen Werthe war und seither immer eine erste Stelle einnahm, ist seit dem Jahre 1872 keine vollständige Gewichts- liste veröffentlicht worden; in dem genannten Jahre gab der damalige Director des Kabinetes, Hofrath G. Tschermak, ein Verzeichniss '), das er bei seinem Abgange vom Museum durch einen Nachtrag ?) bis Ende September 1877 vervollständigte. Als mir nach dem Ausscheiden Tschermak’s von meinem seither verstorbenen Vorstande, Hofrath Ritter v. Hochstetter, die Obsorge über die Sammlung übertragen wurde, war es mein nächstes Ziel, die Fälle aus den letzten Jahr- zehnten zu vervollständigen und die vielen nur durch kleine Splitter von einem Gramm und darunter vertretenen Localitäten durch grössere Stücke zu repräsentiren, weil so kleine Fragmente die petrographische Beschaffenheit eines gemengten Körpers nicht genügend erkennen lassen, Es zeigte sich bald, dass ein solches Ziel nur durch Anlegung einer eigenen Meteoritentauschsammlung zu erreichen war, welche bei Gele- genheit grösserer Fälle oder Funde mit Doublettenmateriale zu billigen Preisen versehen werden konnte und dann die Erwerbung auch der selteneren und kostbareren Fallorte auf dem Tauschwege gestattete; denn die Meteoritenpreise sind gegen frühere Jahrzehnte so wesentlich gestiegen, dass eine Ergänzung der Sammlung durch vorwiegenden Ankauf nicht mehr möglich ist, während andererseits eine Abgabe an- sehnlicher Stücke aus der Hauptsammlung, wie sie unter Hoernes- Haidinger üblich war, eine gewisse Beweglichkeit der Sammlung hervorbringt, welche bei einem so kostbaren Materiale wohl vermieden werden soll; auch ein Tausch mit kleinen, von den Hauptstücken abge- kneipten Splittern, wie er ebenfalls häufig stattfand, bringt nur einen !) Die Meteoriten des k. k. mineralogischen Museums am 1. October 1872. Mineralogische Mittheilungen, Jahrgang 1872, Seite 165—172. ?) Vermehrung der Meteoritensammlung des mineralogischen Hofmuseums bis Ende September 1877, ebendaselbst, Jahrgang 1877, Seite 309—311. Jabrbuch d.k.k. geol. Reichsanstalt. 1865. 35. Band.1. Heft. Dr. A. Brezina.) 152 Dr. A. Brezina. [2] scheinbaren Nutzen, indem er zwar neue Fallorte in die Liste zu setzen gestattet, ohne dass man jedoch an den Stücken irgendwelche Beob- achtungen anstellen kann; so sind von 298!) bis zum Jahre 1877 acqui- rirten Localitäten 34, also nahezu 12 Percent, nur durch Splitter von zwei Gramm abwärts vertreten, müssen somit früher oder später nach- geschafft werden. Nachdem eine Tauschsammlung begründet und zahlreiche Ver- bindungen angeknüpft waren, vermehrte sich die Anzahl der Localitäten bis Ende 1881 um 27 neue (und 3 vorher nur unzureichend vertretene), und ich ging nun daran, ein neues Verzeichniss herauszugeben ; dabei ergaben sich jedoch mancherlei Verzögerungen. Zunächst erforderte die Revision der Gewichte eine Umrechnung der alten Angaben nach Wiener Pfund und Loth in metrisches Gewicht, wobei sich zahlreiche Ungenauigkeiten der früheren Wägungen, zum Theile auch der Eintra- gungen ergaben. Die letzteren werden nämlich seit 1806 (dem Be- ginne der Directionsführung von Schreibers) in der Weise vorge- nommen, dass alle neuen Erwerbungen chronologisch nach der Reihen- folge der Acquisition im Protokolle eingetragen werden, in welchem jedoch erst seit Partsch (1836) jedes Stück beschrieben und (bei den Meteoriten) mit Gewichtsangabe versehen wurde; in den älteren Proto- kollen vor 1836 fehlt die Beschreibung gänzlich, und auch die Gewichts- bestimmung ist meist nur auf Lothe abgerundet. Daneben werden die Meteoriteu in einen durch Partsch im Jahre 1842 angelegten, nach petrographischen Gruppen geordneten Katalog eingetragen, in welchem !) Nicht 308, wie Tschermak im Nachtragskataloge vom Jahre 1877 angibt; von den 10 zu streichenden Localitäten stammen vier aus der Zeit vor Tschermak, nämlich Breitenbach und Rittersgrün, welche zu Steinbach, Nia- kornak, das zu Disko Eiland, und Santa Rosa, das zu Coahuila gehört; die sechs übrigen zu streichenden Localitäten, welche Tschermak als neu eingereiht hatte, sind Janacera, Milwaukee, Bolson de Mapimi, Ilima6, Sierra die Deesa und Sibirien, welche beziehungsweise zu Sierra de Chaco, Trenton, Coahuila, Juncal, Copiapo und Werchne Udinsk gehören, wie weiter unteu gezeigt werden wird. Tschermak hat 54 neue Localitäten acquirirt, nicht 64, wie er im obigen Verzeichnisse angibt; die Differenz von 10 Localitäten ist, wie man sieht, nicht durch die Streichung obiger 6 Sublocalitäten allein zu erklären, sondern beruht offenbar darauf, dass er auch solche Localitäten als neu mitgezählt hat, welche Hoernes nach Heraus- gabe des letzten Haidinger’schen Verzeichnisses (1. Juli 1867) acquirirt hat, welche also in der ersten Tschermak’schen Liste vom 1. Juli 1869 zum ersten- male katalogisirt erscheinen. Der Gang des Zuwachses an Localitäten ist über- haupt folgender: Vor Schreibers (1747—1805) 8 Hoernes-Haidinger (1857—1868) 109 Schreibers (1806—1835) . . 48 Tschermak . . . . (1869-1877) 54 Partsch (1836—1856) . . .80 nach Tschermak . . (1878—1885) 60 In einer Zusammenstellung, welche ich für Hofrath v. Hochstetter gemacht hatte (dieses Jahrbuch 34, 280), finden sich die Zahlen 108 für Hoernes-Hai- dinger und 58 für Tschermak; die Differenzen rühren daher, dass die letztere Zusammenstellung nach den Acquisitionsprotokollen, und zwar jahrweise gemacht wurde, es steht in Folge dessen Copiapo bei Tschermak, weil es 1869 proto- kollirt und bezahlt wurde; es wurde aber schon im Jahre 1863 acquirirt und ist auch schon in die beiden letzten Verzeichnisse unserer Sammlung durch Hai- dinger aufgenommen; ebenso ist Hungen bei Tschermak gezählt, weil es noch im Jahre 1877 protokollirt wurde, es kam jedoch erst nach Tschermak’s Abgange, und zwar im November 1877, an das Kabinet; endlich waren Sierra di Deesa und Ilimaö noch als selbstständig gerechnet, nachdem ich mich erst nachher von deren Identität mit Copiapo, beziehungsweise Juncal überzeugte. [3] Die Meteoritensammlung des k. k. mineralogischen Hofkabinetes. 153 die sämmtlichen Angaben aus den Acquisitionsprotokollen wiederholt werden; für die älteren Stücke wurden die Beschreibungen durch Partsch nachgeholt (die von letzterem herrührenden Angaben sind von ganz besonderer Genauigkeit, wie aus seinem Führer zur Me- teoritensammlung bekannt ist, in welchen er alle diese Beschreibungen aufnahm). Bei Abgabe von Stücken aus der Meteoritensammlung hätte dies sowohl im betreffenden Acquisitionsposten als auch im Katalog, sowie endlich in dem seit 1896 geführten Doublettenausgangs-Proto- kolle vermerkt werden sollen, was jedoch in sehr vielen Fällen nicht vollständig geschah; es fehlt bald die eine, bald die andere von den drei Austragungen, zuweilen fehlen ihrer zwei, und in einzelnen Fällen ist überhaupt nur der Fallort eines abgegebenen Stückes vermerkt, nicht aber das abgegebene Gewicht. Auch die Bezeichnung der Loca- litäten gab mancherlei Veranlassung zu Revisionen; es ist bekannt, mit welcher Sorglosigkeit (oder Sorgfalt ?) manche Händler und theilweise auch Autoren neue Localitäten verbreiten, welche bei einiger Gewissenhaf- tigkeit mit längstbekannten vereinigt werden müssten; Angaben von solchen neuen Fall- oder Fundorten gingen (besonders bei den Eisen) vielfach in andere Sammlungen über und gaben Veranlassung zu äusserst langwierigen Nachforschungen, welche in manchen Fällen üm so schwie- riger waren, als eine grosse Zahl von Autoren nicht einmal eine rich- tige Vorstellung von den Widmanstätten’schen Figuren besitzen, so dass die von ihnen gegebenen Beschreibungen von Meteoreisen ganz unbrauchbar sind; ich werde für diese Behauptung weiter unten Belege anführen, aus denen ersichtlich ist, dass sehr namhafte Autoren an solcher Unkenntniss leiden. Nachdem sich solche Irrthümer auch mehr- fach in unsere Sammlung eingeschlichen hatten, schien es mir uner- lässlich, die sämmtlichen vorhandenen Aufzeichnungen über Stücke unserer Meteoritensammlung zusammenzustellen und zu vergleichen ; alle alten Acquisitionsposten wurden in vollständigen Abschriften in eine eigene chronologische Stammliste eingetragen, mit den Angaben des Kataloges und des Doublettenbuches verglichen, jede einzelne vor- handene Gewichtsangabe in neues Gewicht umgewandelt, die vorhan- denen Stücke nachgewogen, und endlich, nach Revision sämmtlicher Meteoritenlocalitäten und Vereinigung der identischen, für jeden selbst- ständigen Fallort ein Index zu denjenigen Acquisitionsposten angelegt, in welchem Stücke der betreffenden Localität acquirirt oder abgegeben wurden; hiedurch konnte bei jedem Stücke die Probe darauf gemacht werden, inwieferne das vorhandene Gewicht der Differenz zwischen verbuchtem Eingang und Ausgang gleich ist. Nachdem diese äusserst zeitraubenden Arbeiten durchgeführt, auch geographische Länge und Breite der Localitäten für alle nicht bei Kesselmeyer') angeführten Localitäten (zum Theile unter freundlicher Mitwirkung des Herrn Custos W. Schaffer der kaiserlichen Fideicomiss-Bibliothek) nach Thunlichkeit ermittelt waren, gab noch die Neuaufstellung der Samm- lung nach einem einheitlichen petrographischen Systeme vielfache Veran- lassung zu Einzelbeobachtungen und zum weiteren Ausbau des Systemes, 1) Ueber den Ursprung der Meteorsteine. Abhandl. Senckenb. naturf. Ges. 3. 813—454. 1860. Jahrbuch d. k. k. geol. Reichsanstalt. 1885. 35. Band. 1. Heft. (Dr. A. Brezina.) 20 154 Dr. A. Brezina. [4] das sodann gelegentlich eines längeren, dem Studium unserer Meteoriten- sammlung gewidmeten Besuches von Professor Dr. Emil Cohen im abgelaufenen Jahre eingehend durchbesprochen wurde. Das Anwachsen der Sammlung seit Herausgabe der letzten Liste zeigt die folgende Tabelle, welche für die Steine und Eisen gesondert (die Mesosiderite bei ersteren, die Pallasite bei letzteren) die Zahl der Localitäten, die Gewichte und die Zahl der Stücke am 1. October 1877 und am 1. Mai 1885 angibt: Zahl der ? . Tocalititsn Gewicht Stückzahl 1877 196 472.749 468 Steine 1885 241 548.496 889 Zuwachs 45 75.747 421 1877 102 553.571 271 Eisen 1885 117, 586.417 308 Zuwachs 15 32.846 37 1877 298 1.026.315 739 Zusammen 1885 358 1.134.836 1197 | Zuwachs 60 108.521 458 Bezüglich der Zählung der Localitäten ist zu bemerken, dass die demselben Falle zuzuschreibenden unter einer Nummer vereinigt (in der Gewichtsliste aber durch Buchstaben a, b, c.. . unterschieden) sind; also Steinbach, Rittersgrün und Breitenbach; Sierra de Chaco (Vaca muerta) und Janacera; Sierra di Deesa und Copiapo; Ilima& und Juncal; Coahuila, Bolson de Mapimi, Santa Rosa und Saltille.. Die tellurischen Eisen, wie Ovifac, Sowallik, ferner (nach Wahrnehmungen Professor Cohen’s) Santa Catarina wären eigentlich auch zu streichen gewesen ; nachdem aber die sämmtlichen Glieder der Gruppe D (dichte Eisen ohne moiree) mit ihnen grosse Aehnlichkeit haben, ohne dass man dieselben ohneweiters als nicht meteorisch bezeichnen könnte, habe ich jene vorderhand noch mitgezählt.e Das angebliche Slobodka Partsch, ein weisser Chondrit, welcher vielleicht zwei verschiedenen Fällen angehört, ohne dass sich bei der grossen Aehnlichkeit innerhalb dieser Gruppe eine Entscheidung treffen liesse, habe ich nicht gezählt, wohl aber das angebliche Poltawa Partsch, einen Kügelchenchondriten, der nach den Untersuchungen Goebel’s!) dem echten Slobodka zu- gehört; ebenso den angeblichen Simbirsk Partsch, weil er der einzige russische Meteorit älteren Falldatums aus der Gruppe der krystallinischen Chondrite Ck ist, also auf alle Fälle eine selbstständige Localität re- präsentirt. Unsere Sammlung ist gegenwärtig mit 358 Localitäten die voll- ständigste; ihr zunächst kommt das British Museum mit ungefähr 350 !) Goebel: Kritische Uebersicht der im Besitze der kaiserlichen Akademie der Wissenschaften befindlichen Aerolithen. Mel. phys. chim. Acad. St. Petersb. 7. 255. 1866, en Me u Ge EEE v [5] Die Meteoritensammlung des k. k. mineralogischen Hofkabinetes. 155 . bis 352), sodann Paris mit nahe an 300 Localitäten ?). Ich habe in der Gewichtsliste Seite 235 ff. die Ordnungsnummern der genannten beiden Sammlungen zur leichteren Orientirung unseren Localitäten beigesetzt. Die wichtigsten unter den neu erworbenen Stücken sind der 28 Kilo schwere Stein von Tieschitz und der 21 Kilo schwere Mesosiderit von Estherville, welche als Geschenk, und zwar ersterer von Freiherrn von Ulm-Erbach, letzterer von Freiherrn von Drasche-Wartin- berg an unsere Sammlung gekommen sind. Die Steine von Sarbanovac (Alexinac 2'3 Kilo) und Sikkensaare (3 Kilo), beide im Tausche; die ausge- zeichneten Platten von Butler, Coahuila (8 Kilo), Staunton und Wichita Co., alle vier durch Kauf; ebenso die Stücke von Chulafinnee (12 Kilo), Lick Creek und Coahuila, letzteres sowie die obenerwähnte Platte desselben Fundortes mit einer natürlichen Trennungsfläche °) ; eine Reihe von Mono- lithen von den Fällen zu Estherville (gegen 200 Stücke bis herab zu 0°5 Gramm), Möcs (111 Stücke, das grösste mit 5°6 Kilo, bis herab zu 1 Gramm) und Pultusk (Stücke von 1 bis 2:5 Gramm nebst einigen grösseren); das dunkelgrüne, breccienartige Stück Homestead von 810 Gramm; als Geschenk kamen ferner: von Seiner Majestät dem Kaiser ein Stück von dem grossen Steine von Alfianello, ein Mono- lith von dem Falle von Hungen durch Herrn Dr. ©. Buchner, zwei kostbare grössere Stücke des Steines von Mikenskoi (Grosnaja) von Seiner Excellenz Herrn Staatsrath von Abich, das Eisen von Hex !) Fletcher L.: A Guide to the collection of meteorites ... in the British Museum, London 1882, gibt zwar 861 und in einer mir freundlichst mitgetheilten handschriftlichen Ergänzung 11 weitere, also zusammen 372 Localitäten an; darunter sind aber viele Sublocalitäten, zum Beispiele das schon früher von Maskelyne (mine- ralogical notices, Phil. Mag. 26. 41—42. 1863) als wahrscheinlich falsch bezeichnete Wiborg 179, das mit dem echten Luotolaks keinerlei Aehnlichkeit hat; ferner 178 Scholakoff und 199 Ekaterinoslaw, welche wohl zu Bachmut, beziehungsweise Paulograd gehören; andererseits gehören Rittersgrün, Johanngeorgenstadt und Breitenbach zu Steinbach; Santa Rosa (Tunja) zu Rasgata: Santa Rosa (Saltillo), Bonanza, Santa Rosa (Mexico) und Bolson de Mapini zu Coahuila; Ovifac, Jacobshavn und Pfaffsberg zu Davis Strait, Rancho de la Pila zu Durango; 132 Chili zu Copiapo; Mejillones und vielleicht 134 Chili zu Vaca muerta; Igast ist eine Schlacke; Mantos blancos und Serrania de Varas dürften mit Atacama bolivia oder Barranca bianca überein- stimmen. Es ist schon oft getadelt worden, dass in den Londoner Katalogen neue Fallorte, die noch nicht in der Literatur erwähnt worden sind, ohne jeden Nach- weis ihrer Selbstständigkeit eingeführt werden, ein Vorgang, der allenfalls bei einer kleinen Sammlung entschuldigt werden kann, deren Vorstand sich aus Mangel an Vergleichsmateriale und Literatur nicht getraut, einen neuen Meteoriten zu be- schreiben; es ist zu hoffen, dass der ausgezeichnete Leiter der mineralogischen Ab- tbeilung, welcher so belehrende Führer zur Meteoriten- und Mineraliensammlung des British Museum geschrieben hat, in Zukunft bei Aufnahme neuer Fallorte auch ein paar Begleitworte hinzufügt, welche den neuen Ankömmling im Kreise der Me- teoritenforscher accreditiren. ?) Paris weist in dem mir freundlichst zugesandten Katalog von 1882 306 Lo- calitäten auf, worunter 36 Sevier County zu 33 Cosby’s Creek, Santa Rosa und Bonanza zu Coahuila, Caracoles wohl zu Imilac, Rittersgrün zu Breitenbach, Janacera zu Sierra de Chaco, Bubuowly zu Mouza Khoorna, Galapian vielleicht zu Agen, Sigena, Bustee und Trenzano aus Meunier’s Bustiten zu den gleichnamigen soge- nannten Parnalliten gehören, während Igast eine Schlacke, 83 Brasilien sehr zweifel- haft ist; das gibt ungefähr 293 zuverlässige Localitäten, welche mit den seit 1882 erworbenen gegenwärtig etwa 300 ausmachen mögen. ®) Vergl. hierüber Brezina: Ueber die Meteoreisen von Bolson de Mapini. (II. Bericht über neue oder wenig bekannte Meteoriten). Sitzungsb. d. Akad. Wien. 1. 83. 473—477. 1881. 20* 156 Dr. A. Brezina. [6] River Mounts von Freiherrn Carl von Babo, ein Stück des Tieschitzer (Tischtiner) Steines von Herrn Postmeister Tillich, ein Stückchen vom Pallasite von Campo del Pucara von Herrn Professer Karl Klein in Göttingen, Splitter des Steins von Pennyman’s Siding (Middlesbrough) von Herrn Professor A. S. Herschel, endlich von mir die Steine von Gnadenfrei und Karand (Veramin), welch letzteren ich als freundliches Geschenk vom Kk. k. Botschaftsrath Freiherrn von Gödel-Lannoy erhalten hatte. Für Mittheilung von Nachrichten oder sonstige Unterstützung ist unsere Sammlung verbunden den Damen: Baronin Ulm-Erbach, Gräfin Clotilde und Delphine Stomm, ferner den Herren: K. J. Böhme, B. S. Burton, Professor F. J. P. van Calker, Dr. Co- drington, Prof. Cohen, Osville A. Derby, Director Döll, Friedrich Eder, Serge Evssukof, A. Fauser, Franeis Fedden, Gilland, Professor Hanks, Dr. L. Häpke, Professoren G. Hinrichs, Kenngott und F. Kreutz, Dr. G. Lindström, Professor Liversidge, N. S. Maskelyne, St. Meunier, Excellenz Radivoj Milojkowich, J. Niedzwiedzki, Dr. Palisa, Prof. Pan&it, Major Pielsticker, Professor Pilar, Pfarrer Prorok, Dr. Quiroga, Professor Rey, Geheimrath Runge, Director Schia- parelli, Director Schober, Dr. Spitaler, Director Stroh- schneider, Professoren Strüver, Suess, Themak, Dr. G. Thenius, Hofratth Tschermak, Professor Em. Urban, Fr. v. Vivenot, Professor C. Vogt, Director Weiss, Hofrath Winkler, Öberbergrath von Zepharovich. Austausch von Stücken wurde bewerkstelligt mit den Herren: S. C. H. Bailey, Staatsrath Freiherrn v. Braun Excellenz, Professor Cohen, Professor E. S. Dana, Profesor A. Daubree, Mr. L. Fletcher, Professor Forquignon, A. Genzsch, Professoren Grewingk, A. Koch, v. Lasaulx und Märtonfi, Mr. H. B. Medlicott, Dr. Mügge, A. Otto, Professoren Pan@id@ und Pohl, Custos Prendel, Professoren Quenstedt und Ragazzoni, Frei- herrn v. Schilling, W. Seekamp, Staatsrath v. Siemaschko, Professor J. L. Smith, Director J. M. Solano, Professoren Traut- schold und Ward, Geh. Bergrath M. Websky, Mr. M. Wood. Aufstellung der Sammlung. Petrographisches System. Die Sammlung war bisher im Wesentlichen noch nach dem Systeme von Partsch!) aufgestellt, welches den relativen Eisen-, beziehungsweise Schwefeleisengehalt zum Haupteintheilungsgrund hat; es war hauptsächlich auf äussere Kennzeichen begründet, wenngleich darin einzelne Gruppen, wie die gegenwärtig Eukrite und Howardite genannten, der Chassignit u. a. schon nach den heutigen petrographischen Grundsätzen definirt wurden. Dieses System wurde seinerzeit vom Freiherrn v. Reichenbach?) lebhaft angegriffen, wiewohl mit Unrecht; seine Einwendungen gründeten !) Partsch: Die Meteoriten oder vom Himmel gefallenen Steine und Eisen- massen im k. k. Hof-Mineralienkabinette zu Wien. Wien 1843. Verwandtschaftstabelle im Anhange, ?) Reichenbach: Anordnung und Eintheilung der Meteoriten. Pogg. Ann. 107. 155—183. 1859. [7] Die Meteoritensammlung des k. k. mineralogischen Hofkabinetes. 157 sich, wie schon Rose hervorgehoben hat, hauptsächlich auf einen von Partsch nicht ganz glücklich gewählten Namen. Reichenbach’s eigenes System bot wenig classificatorischen Fortschritt, wie denn dieser feine Beobachter überhaupt mehr in den Details hervorragend war; das Beste an Reichenbach’s System ist die Trennung der Chondrite nach den Farben, welche später von Tschermak in vereinfachter Form in das Rose’sche System aufgenommen wurde; die meisten übrigen Neuerungen bezeichnen einen Rückschritt gegen Partsch. Rose gab im Jahre 1864!) ein System, in welchem zum ersten- male die gegenwärtigen petrographischen Principien auf die Classification der Meteoriten angewandt wurden, indem in erster Linie die Natur und die Mengenverhältnisse der Bestandtheile, in zweiter das Gefüge zu Grunde gelegt wurden; er trennte Steine und Eisen nach dem Vor- wiegen des steinigen oder metallischen Antheiles und theilte die Eisen in drei Arten (Meteoreisen, Pallasit, Mesosiderit), die Steine in sieben Arten (Chondrit, Howardit, Chassignit, Chladnit, Shalkit, kohlige Meteoriten, Eukrit). Rose hatte die erste Art, das Meteoreisen, nicht weiter getheilt, weil er sich der Reichenbach’schen Ansicht anschloss, wonach alle Meteoreisen aus der Trias von Kamaecit, Taenit und Plessit bestehen, deren gegenseitiges Mengenverhältniss nur stark wechsle, so dass bei den hexaedrischen Eisen der Kamacit, beim Uap- eisen und dem von Rasgata der Plessit die übrigen Glieder fast ganz verdränge. An diesen zehn Arten war bisher wenig zu verändern, nur die kohligen Meteorite, welche Rose noch nicht näher untersucht hatte, erwiesen sich durch neuere Untersuchungen als Chondrite. Dieses System wurde auch von Tschermak im Verzeichnisse vom Jahre 1872 zu Grunde gelegt und erweitert; ich will seine da- malige Eintheilung hier anführen, weil ich mich später mehrfach darauf zu beziehen habe. Tschermak’s System vom Jahre 1872. I. Anorthit und Augit. Eisen kaum bemerkbar. Eu. Eukrit. Gleichartig krystallinisch oder breccienartig. * Shergotty. Augit und Maskelynit. II. Olivin, Bronzit, Enstatit. Eisen kaum bemerkbar. * Chassigny, körnig. Olivin. Sh. Shalkit, körnig. Olivin und Bronzit. Ma. Manegaumit, weisslich tuffartig. Bronzit. * Bishopsville, weiss, körnig. Enstatit. * Bustee, weisslich, körnig. Enstatit und Augit. Ho. Howardit, weisslich, tuffartig. Olivin und Augit? Anorthit? III. Olivin und Bronzit mit Eisen. Chondrite. Ch. Weisse chondritische Tuffe mit kleinen schwärzlichen Trümmern und wenig Kügelchen. Aehnlichkeit mit den Howarditen. ') Rose G.: Beschreibung und Eintheilung der Meteoriten auf Grund der Sammlung im mineralogischen Museum zu Berlin. Abhandl. d. Akad. d. Wissensch. 1863. Berlin 1864. 158 Dr. A. Brezina. [8] Cw. Weisse Massen ohne Kügelchen oder mit weisslichen Kügel- chen. (Owb. Ebensolche mit auffallend breccienartiger Structur '). Ci. Zwischenglieder zwischen diesen und den folgenden. (Cib. Ebensolche mit auffallend breccienartiger Structur.) Cg. Graue Chondrite. Graue Masse, oft mit helleren Kügelchen. Die braunen, harten, feinfaserigen Kügelchen fehlen oder sind in geringer Anzahl vorhanden. (Cgb. Ebensolche mit auffallend breccienartiger Structur.) * Ornans. Eine lockere graue Masse aus staubartig feinen Kü- gelchen bestehend. Ce. Chondrite mit vielen braunen, harten, feinfaserigen Kügelchen. K.Kohlige Meteorite von weicher oder lockerer Beschaffenheit. Cs. Schwarze Chondrite. Harte Masse mit geringem Kohlen- stoffgehalt. Kügelchen oder auch Bronziteinschlüsse. * Tadjera. Schwarze, halbglasige Masse. Ck. Chondrite, die vorwiegend aus einer krystallinisch kör- nigen Masse bestehen. (Ckb. Ebensolche mit auffallend breceien- artiger Structur.) * Lodran. Krystalle von Olivin und Bronzit, durch ein sehr feines Eisennetz verbunden. (Cw + Cc; Ci+Cc; Cg-+ 0s). IV. Silicate und Meteoreisen im körnigen Gemenge. M. Mesosiderit. V. Meteoreisen, Krystalle von Silicaten porphyrartig einschliessend. P. Pallasit. VI. Meteoreisen. a) Mit schaliger Zusammensetzung parallel dem Oktaöder. Of. Dünne Lamellen Feine Widmanstädten’sche Figuren. Om. Gewöhnliche Lamellen und Figuren. Begrenzung der Lamellen eben. (Om. + Ck.) Ok. Ebensolche Lamellen. Figuren etwas krummlinig. Og. Lamellen breit. Figuren grob. b) * Zacatecas. Aus schaligen Stücken grosskörnig zusammen- gesetzt. c) Hb. Meteoreisen aus vielen einfachen (nicht schaligen) Stück- chen grobkörnig zusammengesetzt. (Hb. + M.) d) H. Aus einem Individuum ohne schalige Zusammensetzung bestehend. e) * Capland, scheinbar dicht, durch Aetzen matt, aber durch- laufende Streifen zeigend. f) D. Körnig oder dicht. Nach dem Aetzen keine oder keine zusammenhängenden Figuren zeigend. ') Diese und die mit Cib, Cgb und Ckb bezeichneten breccienartigen Glieder wurden von Tschermak nicht im System hinter den betreffenden Gruppen Cw, Ci, Cg und Ck angeführt, sondern am Schlusse des ganzen Systems erwähnt. Desgleichen die aus Antheilen zweier verschiedener Gruppen bestehenden, wie Cw 4-Cc u. 8. w. [9] Die Meteoritensammlung des k. k. mineralogischen Hofkabinetes. 159 An dieser Eintheilung hat Tschermak später!) einige Verände- rungen angebracht, welche sich hauptsächlich auf die Gruppen I und II beziehen. In der erstgenannten Arbeit (dem Atlas) wird die folgende Reihe gegeben: I. Caleiumreiche Steine, arm an gediegenem Eisen. Die wesentlichen Gemengtheile sind Pyroxene und Plagioklase. Die Rinde ist glänzend. Eukrit. G. Rose. Augit und Anorthit, statt des letzteren auch Maskelynit. Howardit. G. Rose. Augit, Bronzit, Anorthit. II. Magnesiumreiche Steine, arm an gediegenem Eisen. Pyroxene und Olivine bilden die wesentlichen Gemengthejle. Die Rinde ist wenig glänzend bis matt, ebenso in den folgenden Abtheilungen. Bustit. Autor. Diopsid und Enstatit. Chladnit. G. Rose. Enstatit mit wenig Anorthit. Diogenit. Autor. Bronzit. Amphoterit. Autor. Bronzit und Olivin. Chassignit. G. Rose. Olivin. III. Magnesiumreiche chondritische Steine mit gediegenem Eisen. Bronzit, Olivin, Eisen als wesentliche Gemengtheile. Chondrit. G. Rose. Textur chondritisch. IV. Eisen mit Siliecaten. Eisen 'netzförmig, darin Silicate: Plagioklas, Olivin, Pyroxene, Troilit. Grahamit. Autor. Plagioklas, Bronzit, Augit im Eisen. Siderophyr. Autor. Bronzit im Eisen. Mesosiderit. G. Rose. Bronzit, Olivin im Eisen. Pallasit. G. Rose. Olivin im Eisen. V. Meteoreisen. Eisen mit untergeordnetem Troilit, Schreibersit. Meteoreisen. In der zweiterwähnten Arbeit kehrt Tschermak die ganze Reihe um (entsprechend der ursprünglich von Rose gegebenen Folge), ändert aber sonst nichts Wesentliches ab. In der Reihenfolge der Systeme wäre nun noch dasjenige zu besprechen, welches in der Pariser Sammlung angenommen ist, das in seinen Grundzügen von Daubr&e?) herrührt und von Meunier°) weiter ausgebildet worden ist. Der erstere gibt nur vier Gruppen, wovon eine mit drei Unterabtheilungen, welche nach dem Eisengehalte geordnet sind : A. Siderite (eisenführend). a) Steinfreie. I. Holosiderite. b) Steinführend. «) Eisen zusammenhängend. II. Syssiderite. ß) Eisen zerstreut. III. Sporadosiderite. 1) Die mikroskopische Beschaffenheit der Meteoriten, erläutert durch photogra- phische Abbildungen. Stuttgart, I. Lieferung 1883, II. Lieferung 1884. Beitrag zur Classification der Meteoriten. Sitzungsb. d. Ak. Wien I. 88. 347—371. 7. Juni 1883. ?) Daubre&e: Classification adoptee pour la collection des meteorites du Museum Compt. rend. 65. 60—63. 1867. 3) Guide dans la collection de meäteorites du museum d’histoire naturelle. Paris 1882. Ausführlicher in Meunier: Met£orites Paris 1884, als Anhang zum 2. Bande von Fr&my: Encyclopedie chimiqne. 160 Dr. A. Brezina. [10] 1. Eisen reichlich. Polysiderite. 2. Eisen spärlich. Oligosiderite. 3. Eisen nicht sichtbar. Cryptosiderite. B. Eisenfrei. IV. Asiderite. Diese Eintheilung mit ihren wenigen und daher sehr ausgedehnten Gruppen ist nicht sehr wesentlich von der Rose’s verschieden, wenn man bei letzterer ebenfalls nur bis zu den Hauptabtheilungen geht; sie hat jedoch wegen ihrer allzu strengen Durchführung eines einzigen Eintheilungsgrundes (der Eisenmenge) die Nachtheile eines jeden conse- quent durchgeführten künstlichen Systemes, nämlich das Trennen nahe verwandter und das Vereinigen heterogener Dinge; es ist geradeso, wie wenn man alle Gesteine zuerst nach absteigendem Quarzgehalt, dann nach dem Gehalt an Plagioklas u. s. f. strenge ordnen wollte; wo viele durch Uebergänge verbundene Gruppen vorhanden sind, kann man eben nur ein natürliches System anwenden. Ausserdem müsste man, um das System nutzbar zu machen, eine viel weitergehende Gliederung einführen; das hat nun allerdings Meunier gethan, aber in einer Weise, welche wohl nach dem heutigen Stande der Wissenschaft ganz unanwendbar ist. So theilt er zunächst die Holosiderite Daubree’s in zwölf Gruppen nach den verschiedenen Nickeleisenlegirungen, aus denen sie zusammengesetzt sind; um diese Legirungen abzusondern, erhitzt er ein möglichst gleichförmig zu gröblichen Körnern zerkleinertes Eisen, bis alle Körner bunt anlaufen; er betrachtet dann die die gleiche Farbe zeigenden Körner als homogen und identisch und analysirt die solchergestalt gewonnenen Theile. Wer jemals eine feingeätzte Meteor- eisenplatte gesehen hat, der wird überzeugt sein, dass man Körper von so complicirter, molecularer Mischung nicht durch so grobe Mittel scheiden kann. Das hat schon Reichenbach erkannt, der mit grosser Mühe und durch viel feinere Mittel eine Scheidung versucht hat und doch nur zu einer sehr annähernden Auslese des Taenits (Band- eisens) und auch bei diesem nur in besonders günstigen Fällen gelangt ist, wo nämlich dieser Bestandtheil sehr reichlich und durch langsame atmosphärische Verwitterung vom Kamacit (Balkeneisen) abgelöst war. Man braucht auch nur die zwölf Eisengruppen Meunier’s anzusehen, um die Unbrauchbarkeit dieser Classification zu erkennen, welche die ver- schiedenartigsten Typen zusammenwürfelt und ganz gleichartige trennt. Dabei führt Meunier stellenweise als alleinige Belege für die Classi- fication eines Eisens Analysen an, welche bereits längst als ganz unzu- verlässig erkannt sind, wie diejenigen Holger’s u. A. Aehnlich verhält es sich mit den Steinen; hier geht Meunier sogar so weit, aus der Verschiedenartigkeit der chondritischen Einschlüsse, welch letztere er als Bruchstücke wahrer Breccien, also von verschiedener Abkunft, ansieht, die weitgehendsten Schlüsse auf die „Geologie des Himmels“ zu ziehen, Schlüsse, welche naturgemäss mit der Annahme der wahren Breccien- natur dieser Gebilde stehen und fällen; ich werde weiter unten einige der Argumente darlegen, welche die Unwahrscheinlichkeit dieser An- nahme und damit der ganzen gekünstelten Eintheilung Meunier’s zu weisen vermögen. Um zu zeigen, wie sehr die natürlichen Gruppen bei Meunier zersplittert werden, gebe ich sein System und bei jeder seiner Gruppen TE u EN u 2 md Zi [11] Die Meteoritensammlung des k. k. mineralogischen Hofkabinetes. 161 die Bezeichnung der Glieder nach meiner Eintheilung (siehe unten), wobei ich diejenigen Fälle weglasse, welche in unserer Sammlung nicht vertreten sind. Die in Klammern stehende Zahl zeigt an, wie viele Fälle der zugehörigen Art in Meunier’s Gruppe enthalten sind; also z. B. Gruppe Nelsonit enthält 1 Of, 2 Om, 1 Ogse, 2 Obn und 1 Dr. Holosiderite. . Oktibbehit (2) Dea. . Catarinit D. . Tazewellit Ofkn. . Nelsonit Of. Om. Ogse. (2) Obn. Dr. . Braunit (3) Oga. (#) H. Hca. Heh. Ds. . Caillit (9) Of. (20) Om. (4) Og. Obz. (2) H. Hca. D. . Schwetzit Of. (2) Om. . Jewellit Ofbu. (5) Of. . Campbellit Hch. (2) Df. . Burlingtonit Of. Om. Df. . Tuesonit (2) H. . Lenartit Om. AEN VOMDISONITHWODM Syssiderite. 13. Pallasit P., 14. Brahinit P. 15. Lodranit Lo. 16. Atacamait (2) P. 17. Deesit Obd. D. 18. Rittersgrünit 8. 19. Logronit (7) M. Sporadosiderit. a) Polysideriit. 20. Toulit Omn. b) Oligosiderit. 21. Erzxlebenit Oga. (5) Ck. Okb. 22. Menit Cs. (2) Ok. 23. Bulsurit (2) Cg. 234. Sigenit Bu. Oga. (2) Ce. (2) Ck. 25. Belajit Ci. Cg. (3) Cc. Ok. 26. Bustit Bu. 27. Renazzit 2 0s. 28. Manbhoomit Ro. 29. Rutlamit Cib. 30. Aumalit (£) Cw. Owa. (3) Ci. (4) Cia. (3) Cga. Ogb. 31. Luceit Ho. Ch. (16) Cw. (15) Cwa. Cwb. (4) Ci. (2) Cia. Cg. (5) Cya. (4) Ce. COca. 32. Limerickit Ch. (2) Cga. Cgb. Cca. Ccb. 33. Monirejit (2) Ch. Cw. Cia. (9) Ce. 34. Richmondit Ok. 35. Tieschit Ce. Jahrbuch d.k.k. geol. Keichsanstalt. 1885. 35. Band. 1. Heft. (Dr. A. Brezina.) 21 162 Dr. A. Br zina. [12] 36. Quwineit Cgb. ‘ 37. Tadjerit Os. Ct. Cib. 38. Chantonnit (2) Cia. (2) Cib. (3) Oga. (5) Cgb. Ok. 39. Stawropolit Ok. 40. Mesminit (2) Cwb. Cg. (4). Ogb. Ce. 41. Canellit Ci. Cga. (2) Ogb. Oc. (2) Ccb. 42. Banjit Ce. 43. Aiglit (2).Ch. Ci. Cib. (2) Og. (5) Cga. (3) Cyb. (2) Ce. 414. Parnallit (4) Cg. (2) Oga. Ce. Cryptosiderit. 45. Chladnit Chl. Cwa. 46. Ornansit (2) Cco. 47. Howardit (6) Ho. Asiderit. 48. Chassignit Cha. 49. Igastit Schlacke. 50. Eukrit She. (3) Eu. 51. Shalkit Ohl. Ro. 52. Orgueillit (2) &. 53. Bokkevelit 3) K. Man könnte nun gegen diese Argumentation allerdings einwenden, dass diese Durcheinanderwürfelung der Gruppen daher rühre, dass unser aus dem Rose’schen System durch schrittweise Weiterentwicklung her- vorgegangenes System durch das Meunier’sche vollständig überholt sei und keinerlei Geltung verdiene. Zu einem solchen Schlusse wird man sich aber doch kaum entschliessen können; denn wir sehen, dass, wenn einmal ein natürliches, auf allgemeiner Aehnlichkeit fussendes System gefunden ist, und dies ist ja der Fall bei dem heutigen petro- graphischen und bei Rose’s Meteoritensystem, der weitere Ausbau eines solchen ohne grosse tiefergreifende Aenderungen, namentlich be- züglich der Zusammengehörigkeit der einzelnen Glieder, vor sich zu gehen pflegt; wir haben dafür gute Beispiele in den heute gebräuch- lichen mineralogischen und petrographischen Systemen, welche in ihren letzten, von Groth, beziehungsweise Rosenbusch herrührenden Formen durch schrittweise, allmälige Umgestaltung gewonnen wurden, ohne dass der Entwicklungsgang durch solche, ich möchte fast sagen chaotische Stadien hindurchgegangen wäre. Bildung der Meteoriten. Bevor ich diejenigen Aenderungen begründe, welche ich an der Tschermak’schen Eintheilung vorgenommen habe, muss ich noch einige Bemerkungen über die Art der Bildung der Meteoriten voraus- schicken, weil die Ansichten hierüber nothwendigerweise die Durch- führung des Systemes beeinflussen. Bekanntlich haben fast alle Steinmeteoriten und manche von den Eisen eine grosse Aehnlichkeit mit Tuffen oder Breccien, welche aus [13] Die Meteoritensammlung des k. k. mineralogischen Hofkabinetes. 163 Bestandtheilen von verschiedenster Herkunft (verschiedener Entstehungs- zeit und verschiedenem Fundort) zusammengesetzt sind. Dieses Aussehen hat viele Meteoritenforscher zu der Ansicht gebracht, dass die Meteoriten wahre polygene Trümmergesteine sind; namentlich Reichenbach, Haidinger, Tschermak und Meunier haben diese Entstehungs- art als vollkommen feststehend betrachtet und weitgehende Schlüsse darauf gebaut. Reichenbach hat diese Anschauung seit dem Jahre 1857 zu wiederholtenmalen ') ausgesprochen ; so in der zweiten Arbeit (II. Seite 620): „Diese Eisenkugeln* (nämlich im Meteoriten von Hainholz) „sind als selbstständige Massen, die erst nach vollbrachter Bildung in die Gesammtmasse des Meteoriten eingeknetet wurden, nothwendig älter als dieser“. „Die Meteorsteine sind folglich nicht schnell, sondern sie sind langsam entstanden; von ihren Bestandtheilen hat einer nach dem anderen seine Stelle eingenommen. Wir sind bereits im Stande, an ihnen wie auf der Rinde unserer Planeten verschiedene Bildungs- epochen zu unterscheiden, und es eröffnet sich die Aussicht, zum Nach- weis einer Zeitfolge ihrer Bestandtheile, einer Art von Geologie der Meteoriten.“ In der Arbeit Nr. XIII sagt er, nachdeın er die Einschlüsse (Chondren, Trümmer etc.) in einer sehr grossen Zahl von Meteoriten aus allen Gruppen abgehandelt hat (Seite 377): „Es ergibt sich demnach, dass die Einschlüsse chemisch aus nichts Anderem bestehen und mechanisch ebenso zusammengesetzt sind wie das Muttergestein, in welchem sie eingelagert sind, mit dem einzigen Unterschiede, dass ihre Bestandtheile unendlich viel feiner und mikroskopisch klein sind.“ Ferner (XI. Seite 385): „Es sind also die Einschlüsse theils kleine Meteoriten, theils Trümmer von Meteoriten von höherem Alter als die- jenigen Meteoriten es sind, in welchen sie eingeschlossen vorkommen; es sind ältere kleinere Meteoriten in jüngeren grösseren Meteoriten. Und wären die Planeten und somit unser Erdball selbst nur Anhäufungen von kleineren und grösseren Meteoriten, wie ich bei allgemeinen Betrachtungen über diese Erscheinungen schon die Ver- muthung auszusprechen gewagt habe, so ..... n Ganz ähnlich sind die Anschauungen Haidinger’s, obwohl er gegen Reichenbach polemisirt; auch er geht von dem Beginne eıner Zusammenhäufung von staubähnlichen Theilen aus, welche sich solange lose aneinanderlegen, bis der Druck der äussersten Schichten gegen die inneren eine Reaction des Innern gegen die Rinde und _ damit das Aufsetzen von Gängen gediegenen Eisens in den Silicat- gesteinen u. Ss. w. hervorbringt. So sagt Haidinger?) vom Eisen von Netschaevo (Tula) (Seite 5): „Die eckige Gestalt der Einschlüsse, die- Unregelmässigkeit der Begrenzung lässt keinen Augenblick in Zweifel über die eigentliche Natur dieser Einschlüsse. Sie sind wahre Bruchstücke, durch mechanisch angewendete Gewalt aus dem Zusammen- !) Reichenbach Frhr. v.: I. Ueber die Meteoriten von Hainholz. Pogg. Ann. 101. 311—313. 1857. II. Zum Meteoriten von Hainholz. Ebendas. 102. 618—521. lII. Ueber die Meteoriten aus dem Tolucathale in Mexico. Ebendas. 102. 621—625. 1857. XIII. Meteoriten in Meteoriten. Ebendas. 111. 353—386. 1860. ?) Ueber das von Herrn J. Auerbach in Moskau entdeckte Meteoreisen von Tula. Sitzungsb. d. Akal. Wien 42. 507—518. 1860 und Mos ou Bull. 1861. 21* 164 Dr. A. Brezina. [14] hange mit grösseren Massen gebracht, mit welchen sie früher fest ver- bunden waren.* Und weiter unten heisst es (Seite 11): „Es ist daher .... gestattet .... zu Schliessen, dass, bevor die steinartigen Massen in dem Eisen eingeschlossen waren, sie sich als wahre Gebirgssteine in demselben Himmelskörper vereinigt fanden, von welchem aus sie zu unserer Erde gelangten. Auch über die Art des Eiuschlusses dürfte eben die Aehnlichkeit mit Erscheinungen auf unserer Erde aus- reichenden Aufschluss gewähren und uns gestatten anzunehmen, dass das metallische nickelhaltige Eisen gangweise in dem körnigen Gebirgs- gesteine aufsetzte, .. .. . bevor es aus dem Zusammenhange gebrochen wurde.“ Ferner bezüglich der Dauer dieses früheren Zustandes (Seite 11 unten): „Die Periode, während welcher das gediegene Nickeleisen als Gang in dem körnigen Talk-Eisen-Silicatgesteine bestand, von dem es Trümmer einschliesst, muss an sich von sehr langer Dauer gewesen sein.* Endlich verailgemeinert Haidinger diese Anschauungsweise (Seite 157): „Wenn wir die Structur eines grossen Theiles der bekannten Meteoriten als die eines trockenen, ohne die Gegenwart von Wasser gebildeten Tuffes, man könnte, um den Begriff festzuhalten, sich des Ausdrucks „eines meteoritischen Tuffes“ bedienen, betrachten, so dürfte schon in dieser einzigen Betrachtungsweise der Anfangspunkt einer langen Reihe reicher Inductionen gegeben sein.“ Diese Anschauusg wiederholt sich fortwährend '), wenngleich Haidinger ab und zu auch Bedenken dagegen empfindet, wie in der ersterwähnten Arbeit (Seite 423): „Es ist gewiss sehr schwierig, An- sichten zu begründen, wo und wie Bruchstücke fester wahrer Gebirgs- steine, wie die Meteoriten sich uns unbezweifelbar darstellen, aus einem früheren Verbande gewaltsam herausgebrochen und in ferne Formen- systeme geschleudert werden können, dennoch bleibt bei ihrer charak- teristischen Bruchstückgestalt und bei ihrer kosmischen Geschwindig- keit keine andere Voraussetzung übrig.“ Der wesentliche Unterschied zwischen den Ansichten Haidinger’s und Reichenbach’s liegt darin, dass ersterer sich den erkalteten Meteoritenweltkörper nach Art einer Septarie zersprungen und dadurch in den Weltraum zerstreut denkt, während letzterer mehr an eine fort- währende Vergrösserung des kometenartigen Aggregates loser Meteoriten- theilchen durch Mitnahme freier Staubtheilchen aus dem Weltraum bis zur Hemmung durch die Erdatmosphäre denkt. Auch Meunier wiederholt in zahlreichen grossen und kleinen Arbeiten?) die zuerst von Reichenbach und dann von Haidinger ') Haidinger: Ueber die Natur der Meteoriten in ihrer Zusammensetzung und Erscheinurg. Sitzungsb. d. Akad. d. Wissensch. 2. 43. 389—426 (S. 408—426.) Eine grosskörnige Meteoreisen-Breceie von Copiapo. Ebendas. 2. 49. 490—497. 1864. (8. 493 —= 4 oben.) Der Meteorsteinfall vom 30. Jänner 1868 unweit Warschau. 2. 57.1868. 405—412 (S. 409 = 5.) Der Meteorsteinfall von Slavetic. Ebendas. 2. 58. 1:2 —168. 1868. (S. 165 — 4 oben.) Licht, Wärme ‘und Schall bei Meteoritenfällen. 2. 58. 467—516. 1868. (S. 491—496 — 25—30.) Der Meteorsteinfall am 22. Mai 1868 bei Slavetic. 2. 58. 943 —954. (S. 952—954—10—12.) Hessle, Rutlam, Assam, drei neue Meteoriten. 2. 59. 221-230. 1869. (S. 228 = 5.) ?) Ich erwähne die vier grösseren Arbeiten Meunier’s: Etude sur les möteo- rites, Paris 1867. Le ciel g6ologique, Paris 1871. G6ologie compaıde, Paris 1874. Les meteorit:s, Paris 1884. [15] Die Meteoritensammlung des k. k. mineralogischen Hofkabinetes. 165 gebrachten Anschauungen, wobei er in dem obenerwähnten Punkte, in welchem die beiden Genannten differiren, die Ansicht Haidinger's theilt; er citirt jedoch keinen von beiden, reclamirt vielmehr auch noch Tscehermak’s einschlägige Arbeiten als sein geistiges Eigenthum, wie- wohl letztere grösstentheils auch nur eine Wiederholung der älteren Ansichten enthalten. Auch Tschermak!) bringt bezüglich der Bildung der Meteoriten wenig Neues, sondern steht fast durchwegs auf dem Standpunkte Reichen- bach’s. Wie dieser, sieht er anfangs die Chondren als durch Abreibung von aussen geformt an, von welcher Ansicht er erst durch das Auffio- den von aneinandergepressten Chondren (im Steine von Tieschitz) ab- kommt, von denen eine die Ausbildung der anderen gehemmt hat, eine Beobachtung, welche übrigens schon Gustav Rose?) im Jahre 1863 an Chondren aus dem Steine von Krasnoj-Ugol und Kenngott an Knya- hinya 1869 gemacht und durch Abbildungen erläutert haben; auch durch die Untersuchung Gümbel’s über den Stein von Homestead war die anfängliche Ansicht Tschermak’s entkräftet, indem dort Chondren mit warzenförmig auskrystallisirter Oberfläche nachgewiesen wurden, was mit der Formung derselben durch äussere Abreibung unvereinbar ist. Nach dem Aufgeben dieser ursprünglichen Anschauung gelangt Tschermak’°) zu der Ansicht, „dass die Chondren erstarrte Tropfen seien, dass also bei den vulkanischen Vorgängen, durch welche die Chon- drite gebildet wurden, eine dünnflüssige Schmelze in Tropfen zerstäubt wurde, die nach rascher Erstarrung, oft auch nach darauffolgender Zer- splitterung die Hauptmasse eines Tuffes lieferten“. | Dabei hält aber Tsechermak noch immer den Gedanken fest, dass die Meteoriten der Mehrzahl nach polygene Tuffe seien; so heisst es in derselben Abhandlung (Seite 352 = 6): „Es ist zwar eine seltsame Paragenesis, welche Tridymit neben Olivin zeigt, aber es ist nicht zu übersehen, dass das ganze Silicat- gemenge aus Körnern besteht, so dass es an vielen Stellen den Ein- druck einer tuffartigen Masse darbietet. Es ist daher nicht nöthig anzu- nehmen, dass der Tridymit und Olivin sich ursprünglich neben einander gebildet haben.“ Nordenskjöld‘) wiederholt bis ins Einzelne die Anschauungen Reichenbach’s über kosmische Agglomerirung und über den Aufbau der Erde durch kosmische Staubfälle. Gegenüber diesen Anschauungen, nach welchen die Meteoriten als echte polygene Trümmerhaufen zu betrachten wären, sind schon, zum Theile sogar lange vor denselben, andere ausgesprochen worden, welche eine einheitliche Entstehung und theilweise auch eine kurze Bildungs- !) Tschermak: Die Meteoriten von Shergotty und Gopalpur. Sitzungsb. d. Akad. Wien. 1. 65. 122— 146. 1872. Die Trümmerstructur der Meteoriten von Orviniound Chantonnay, ebendas. 1. 70. 459—472. 1874. Die Bildung der Meteoriten und des Vulkavismus, ebendas. 2. 71. 661—673. 1875. Ueber den Vulcanismus als kosmische Erscheinung, ebendas. 1. 75. 151—176. 1877. 2) Rose: Beschreibung und Eintheilung etc., Seite 98 und Fig. 9, Taf. IV. 3) Tschermak: Der Meteoritenfall bei Tieschitz in Mähren. Sitzungsb. d. Akad. Wien. 1. 78. 580—582, 1878, und Beitrag zur Classification, Seite 359 = 13 (Citat - von letzterer Stelle). *) Nordenskjöld: Studien und Forschungen. Leipzig 1835. Seite 121—217. 166 Dr. A. Brezina. [16] dauer annehmen. Es ist schon sehr bezeichnend für die Naturgemäss- heit dieser Ansicht, dass Partsch, der ausgezeichnete Beobachter, nach sorgfältiger Durcharbeitung unserer ganzen Sammlung bei der Beschrei- bung derselben im Jahre 1843 ') die Chondren und eckigen Theile, welche den Steinen ein breccienartiges oder porphyrisches Aussehen verleihen, fortwährend als „Ausscheidungen“ bezeichnet; eine solche Bezeichnung ist aber mit der Annahme der polygenen Trümmerstructur unverträglich, wie schon Reichenbach’) und Haidinger erkannt haben; ersterer hebt es besonders hervor und bekämpft die zu Grunde liegende Anschauung, von welcher er annimmt, dass auch Hoernes und Haidinger sie theilen, wogegen letzterer?) sich ausdrücklich verwahrt. Später hat Daubree gelegentlich der Untersuchung der Steine von Orgueil erwähnt, dass er für die Mehrzahl der Meteoriten eine plötzliche Entstehung annehme, die ihm jedoch für die kohligen offenbar deshalb nicht wahrscheinlich schien, weil er sich eine solche Entstehung nicht ohne eine ins Innere eindringende Erhitzung vorstellen konnte, gegen welche ihm das Vorhandensein von durch Hitze zerstörbaren Verbindungen zu sprechen schien und weil er für so verschiedenartige Körper, wie sie in den Steinen von Orgueil auftreten (wasserhaltige Magnesiasilicate, Car- bonate, krystallisirter Magnetkies), einen einheitlichen Ursprung nicht für zulässig hielt; er sagt ®): „Une eomposition aussi complexe et aussi heterogene parait in- diquer que le mode de formation des met£eorites d’Orgueil differe, & certains egards, de celui des meteorites ordinaires. Celles-ci, en effet paraisseut avoir te formees en quelque sorte d’un seul jet, et il semble qu'il en a &te tout autrement de la masse dont les meteorites d’Orgueil sont les Eclats.“ Es scheint, dass die Beobachtungen an kohligen Meteoriten Dau- bre&e abgehalten haben, seine Vermuthung über den plötzlichen Ur- sprung der Meteorsteine weiter zu verfolgen. Im Jahre 1869 untersuchte Kenngott?°) einen Dünnschliff des Steines von Knyahinya und gelangte dadurch zu dem Schlusse: „dass die Masse des Meteorsteins sich selbst krystallinisch entwickelte, daher nicht als ein Agglomerat getrennt gebildeter Körperchen anzusehen ist.“ Er beobachtete und bildete ab ineinandergreifende Chondren, welche anders als in situ nicht entstanden sein können. Wenn in diesen Schriften schon Anschauungen zu Tage treten, welche denjenigen von Reichenbach, Haidinger, Meunier und Tschermak widerstreiten, so finden sich ganz bestimmte Gegengründe in einer Arbeit, in welcher H. C. Sorby die in langjährigen mikro- skopischen Untersuchungen über die Structur der Meteoriten gewonnenen Ansichten entwickelt °). Ich will seinen Gedankengang kurz andeuten: !) Die Meteoriten oder vom Himmel gefallene Steine und Eisenmassen etc. ?) Meteoriten in Meteoriten, S. 379. ®) Ueber die Natur der Meteoriten, S. 416. *) Daubr&e, Complöment d’observations sur la chute de meteorites qui a eu lieu le 14 mai 1864 aux environs d’Orgueil. Nouv. archives du museum 3. 1— 19. 1867. 5) Kenngott, Sitzb. d. Akad. Wien. 2. 59. 873—880, 1869. °%) Sorby, On the structure and origin ofmeteorites. Nature 15. 495 —498. 1877 [17] Die Meteoritensammlung des k. k. mineralogischen Hofkabinetes. 167 Die Meteoriten enthalten keine Fiüssigkeitseinschlüsse, wohl aber häufig Glasporen; sie müssen demnach aus dem Schmelzflusse entstan- - den sein. Vielfach, namentlich in den Chondriten, treten Kügelchen (Chon- dren) auf, welche entglaste Schmelzkügelchen sind, analog entglasten Löthrohrperlen. Aehnliche Kügelchen bilden sich, wenn ein starker Strom heisser Luft oder heissen Dampfes in geschmolzene Hochofenschlacke getrieben wird. Dabei entstehen Haare mit oder ohne anhaftende Kügelchen (erstere entsprechend Pele’s Haar). Die Luft, in welche die geschmol- zene Schlacke hinausgeblasen wird, murs nahe die Temperatur des Schlackenschmelzpunktes haben, damit sich die Schlackentheilchen zu Kugeln vereinigen können. Die äussere Form der Chondren ist von der inneren Structur unabhängig, so wie bei den durch Schmelzung gebildeten Löthrohrperlen ; auch können geschmolzene Tropfen mit scharf abgegrenzter Oberfläche nicht in einer von allen Seiten drückenden Grundmasse entstanden sein, es dürfte also wenigstens ein Theil der constituirenden Partikel der Meteoriten ursprünglich im Zustande freier Glastropfen gewesen sein, wie Tropfen eines feurigen Regens '). Häufig finden sich unter den Bestandtheilen der Meteorsteine augenscheinlich entzweigebrochene Fragmente, welche vor dem Zer- brechen Körpern von !/,, oder !/;, Zoll Durchmesser angehörten; um freie Körper von solcher Kleinheit zu zerbrechen, ist eine ausserordent- liche Gewalt erforderlich, und die Mehrzahl der Meteorsteine lässt erkennen, dass einzelne ihrer Bestandtheile solche Zerreissungen erfahren haben. Seite 497. Hätten sich die Theile der Meteoriten ursprünglich in einem Zustande ähnlich vulkanischer Asche befunden, wie es Reichen- bach’s Anschauung vom kometarischen Ursprunge der Meteoriten erfor- dert, so hätten sie nachher erst gesammelt und verfestigt werden müssen; das geschieht bei losen Aschenmassen unter dem Einflusse der Attraction der Erde, welche sie niederfallen lässt und einen Druck der oberen gegen die unteren Schichten erzeugt; bei Kometen kann man nicht gut absehen, wodurch eine solche Vereinigung der losen Massen erfolgen sollte. Es dürften an der Oberfläche der Sonne ganz ähnliche Verhält- nisse bestehen, wie sie zur Bildung der Meteoriten nach dem Vorigen erforderlich sind, und es erscheint sonach am wahrscheinlichsten anzu- nehmen, dass dieselben gelegentlich der stürmischen Sonneneruptionen (der Fackeln etc.) ausgeworfen wurden. Soweit Sorby über die Bildung der Meteoriten; was er über die später erfolgte Metamorphosirung sagt, ist für die gegenwärtige Erörterung ohne Belang, ebenso sein Hinweis auf seine ältere Hypothese, wonach viele Meteorite Residua sein können, welche nach Zusammenziehung der Sonne aus einem viel grösseren Raume zurückgeblieben sind, ohne zur Planetenbildung verwendet worden zu sein; das ist nämlich sehr möglich, sagt aber nicht, auf welche Weise diese nebulosen Massen 1) Vieie, ja die meisten Chondren sind aber mit der Grundmasse fest, und zwar durch Uebergänge verbunden, so dass sie den Eindruck machen, in dieser entstanden zu sein. Anm. d. Verf. 168 Dr. A. Brezina. [18] festen Aggregatzustand erhalten haben, um was es sich doch eben handelt. Ebenso ist die von Sorby angeführte Thatsache für uns ohne Wichtigkeit, dass Meteoriten mit Widmanstätten’schen Figuren nach dem Schmelzen keine Figuren mehr zeigen; dies kana nicht beweisen, dass das Meteoreisen niemals geschmo'zen war, sondern höchstens, dass es unter anderen Umständen erkaltete als das künstlich umgeschmolzene; auch ist für das unten zu Behauptende gar keine Entscheidung über die Frage nöthig, ob wirklicher Schmelzfluss vorhanden war. Aehnlichkeit mit dem Meteoreisen bezüglich der Widmanstätten- schen Figuren zeigte unter vielen von Sorby untersuchten künstlichen Eisen das Bessemer Eisen, ferner, und zwar am meisten, das Innere dicker Barren von schwedischem Eisen, das mehrere Wochen hindurch auf einer Temperatur etwas unter dem Schmelzpunkte gehalten wurde, so dass zwar keine vollständige Schmelzung, aber doch eine zur Re- krystallisation der Theilchen hinreichende Beweglichkeit eintrat. Sorby schliesst daraus, dass auch das Meteoreisen in langsamer und allmä- liger Bildung diejenige Structur erlangt hat, welche die Widman- stätten’schen Figuren liefern. Sehr bestimmt spricht sich auch über die homogene Natur der Meteoriten M. E. Wadsworth') aus (Seite 129): „While part of the meteoric peridotites are entirely crystalline, e. g., Estherville, the great majority are not so, but chondritic in structure. The chondritie structure I believe to be caused by the rapid solidification and arrested crystalli- zation of the masses composed of minerals naturally taking a more or less rounded form; and not from mechanical action, as has generally been claimed.“ Endlich kommt Baron Foullon?) durch die Untersuchung der Steine von Alfianello zur Ansicht, dass die Chondren zumeist in situ entstanden sind: „Die Mehrzahl macht den Eindruck der Entstehung innerhalb der Gesteinsmasse, nur wenige lassen die Vorstellung einer gesonderten Bildung und nachheriger Umhüllung durch die Grundmasse zu, was namentlich von den schwarzen gilt, die ein rindenähnliches Aussehen haben.“ Ueberblicken wir nun die angeführten neueren sowie die schon vorher bekannt gewesenen Thatsachen, so sehen wir zunächst, dass sie mit der Reichenbach-Haidinger’schen und Meunier-Tscher- ') Wadsworth, Meteoric and terrestrial rock. Science March, 9. 1883. S. 127—130. Während der Correctur erhalte ich die ausführliche Arbeit von Wads- worth Lithological Studies, Cambridge October 1884, welche ich an einer anderen Stelle eingehend besprechen werde; hier willich nur erwähnen, dass Wadsworthdurch eine sehr sorgfältige Untersuchung von Dünnschliffen der Meteoriten von Homestead, Knyahinya, Waconda, Pultusk und Estherville zu dem bestimmten Schlusse gelangt, dass in allen von ihm untersuchten Fällen eine klastische, polygene Natur der Me- teoriten gänzlich ausgeschlossen ist. Ich kann nur hinzufügen, dass unter nahe an 200 Dünnschliffen in unserer Sammlung, welche sich über alle Gruppen von Stein- meteoriten erstrecken, auch nicht ein einziger sich befindet, welcher die Vorstellung einer wirklichen klastischen Structur erwecken könnte; vielmehr lassen alle, genau wie dies auch Kenngott und Wadsworth beobachtet haben, den Charakter von überhasteten Krystallisationen erkennen. ?) Foullon, Mineralogische und chemische Zusammensetzung des Meteor- steines von Alfianello, Wien. Akad. Sitzungsberichte, 1. 88. 433—443, 1883. | [19] Die Meteoritensammlung des k. k. mineralogischen Hofkabinetes. 169 mak’schen Anschauungsweise unvereinbar sind; vor Allem die gleiche chemische Zusammensetzung der Chondren und Grundmasse in ein und demselben Steine, welche von der Zusammensetzung dieser beiderlei Gemengtheile in einem anderen Steine verschieden ist, macht die Klas- tische, polygene Natur der Bestandtheile eines Steines durchaus unwahr- -scheinlich; in der That wäre es doch ein höchst sonderbarer Zufall, ‘dass sich zu hunderten und tausenden von Chondren, welche unter einander, einzeln genommen, in Gefüge und constituirenden Mineralien höchlichst differiren, gerade eine solche, auch wieder für sich ganz heterogene Grundmasse als Umhüllung hinzufindet, welche, wenn man sie von möglichst verschiedenen Punkten sammelt, die gleiche Bausch- analyse liefert wie die ebenso vereinigten Chondren; das ist doch über- haupt nur möglich, wenn man annimmt, dass der ganze Meteorit aus ' einem einzigen gleichartigen Magma entstanden ist, das je nach den kleinen zufälligen Verschiedenheiten der Temperatur, ..des Druckes etc. an jeder Stelle ein bald grobkörniges, bald feinkörniges Gestein, bald mit Ueberwiegen des Olivins, bald des Bronzites etc. gebildet hat, geradeso wie ein Granit grob- und feinkörnige Partien enthält und wie an ver- schiedenen Stellen desselben Gesteines die verschiedensten gegenseitigen Mengenverhältnisse der Bestandtheile herrschen können. Allerdings geht bei den terrestrischen Gesteinen die Buntscheckigkeit. lange nicht so weit als bei den Meteoriten; das zeigt uns eben nur, dass die letzteren unter viel stürmischeren Bedingungen entstanden sind, wofür auch das äusserst häufige Auftreten von feinst verstäubter Glasbasis spricht, das durch alle neueren Beobachtern in zahlreichen Meteoriten constatirt wurde. Dieses Durchschwärmen des ganzen Gesteines mit Glas entspricht voll- kommen dem Verhalten sehr rasch erstarrter Laven; das Zusammen- auftreten der verschiedenartigsten Mineralien auf einem winzigen Raume wird bei den Meteoriten immer deutlicher erkannt, je mehr unsere Fähigkeit zunimmt, kleinste Mineralsplitter bestimmen zu können. Zu diesem Charakter einer überhasteten, sozusagen schleuderischen Bildung passen auch vollständig die chondritischen Einschlüsse, welche in Allem mit den Kırystalliten Vogelsang’, den Producten einer gestörten Krystallbildung, übereinstimmen, welche entstehen, indem zuerst ein Tropfen in Kugelform zu erstarren beginnt, in welchem dann durch irgend einen äusseren Umstand mehr oder weniger vollständige Ent- glasung hervorgerufen wird; trübe, nur mit Bläschen gefüllte Schwefel- krystalliten entsprechen den tief sammtschwarzen, ganz mit Glasporen erfüllten Chondren, welche für Chäteau Renard, Tourinnes, Kalumbi, Al- fianello u. A. charakteristisch sind; beim Anstossen von sich vergrössern- den Krystallskeletten an danebenliegende Kugeln, ebenfalls am Schwefel, erhielt ich parallelstrahlige Chondren, ganz ähnlich denjenigen, welche besonders in krystallinischen Chondriten Ck so häufig sind. Durch die vorangeführten Beobachtungen können wohl die älteren Anschauungsweisen als beseitigt betrachtet werden, und wir können wohl mit Bestimmtheit die Meteoriten als gestörte, überhastete Krystallbil- dungen in einem einzigen gemengten Magma bezeichnen. Bezüglich der Herkunft dieses Magmas jedoch ist Sorby’s eigene Hypothese schwerwie- genden Einwürfen ausgesetzt. Vor Allem spricht dagegen das Vorkommen kohlehältiger Meteorite mit leichtflüchtigen Bestandtheilen, welche wir uns Jahrbuch der k. k. geol. Reichsanstalt. 1885. 35. Band. 1. Heft. (Dr. A. Brezina.) 22 170 Dr. A. Brezina. [20] doch nicht in der dunklen Sonnenhülle denken können; hiefür muss doch selbst dort noch die Temperatur zu hoch sein; dann musste ein Theil der Hülle von einer Eruption des glühenden Sonneninneren in Form einer Fackel mit fortgerissen werden; dabei ist auch wieder nicht gut anzu- nehmen, dass die Temperatur in dem festen oder flüssigen Antheil nicht sollte auf 40--50 Grad C. gebracht werden; weiters ist es doch sehr auffallend, dass man niemals ein vollständiges Losreissen und Ab- fliegen von Sonnenfackeln beobachtet hat, was wiederum dagegen spricht, dass die gewiss sehr zahlreichen Meteoritenzüge solchen in Begleitung von festen oder flüssigen Theilen abgerissenen Fackeln ihre Entstehung verdanken. Endlich darf doch auch nicht unberücksichtigt bleiben, dass der Zusammenhang von Kometen, Sternschnuppen und Meteoriten zwar nicht unwiderleglich bewiesen, aber doch äusserst wahrscheinlich gemacht ist, und dass die Geschwindigkeit, mit welcher die Meteoriten den kosmischen Theil ihrer Bahn zurücklegen, gegen einen Ursprung derselben in unserem Planetensystem sprechen. Alle diese Schwierigkeiten fallen hinweg durch Annahme eines Bil- dungsvorganges, welcher mir seit langer Zeit als der richtige erschienen ist, der mir durch jede neu hinzukommende Thatsache von Neuem wahr- scheinlicher gemacht wird; dieser Vorgang wurde vor 67 Jahren von dem genialen Begründer unserer Meteoritenkunde, Chladni, als der ihm am wahrscheinlichsten erscheinende bezeichnet und von v. Hoff im Jahre 1835 weiter ausgeführt. Nach dieser Hypothese langen die Meteoriten in Form lockerer, staubartiger oder gasförmiger Zusammen- ballungen an der Grenze unserer Atmosphäre an; durch den Wider- stand der letzteren verlieren sie ihre kosmische Geschwindigkeit, es entsteht eine Explosion (wohl in Folge des Eindringens der Luft in den hinter dem Ballen befindlichen leeren Raum), und durch die gewaltsame Zusammenpressung des anlangenden kosmischen Körpers wird er zu einem festen Körper comprimirt. Die Hauptstütze dieser Ansicht besteht derzeit allerdings in der nachgewiesenen Unzulänglichkeit aller anderen bisher vorgebrachten Hypothesen, nachdem uns noch die Anhaltspunkte fehlen, um über die pbysikalischen Vorgänge zu urtheilen, welche bei dem Anlangen einer Wolke kosmischen Staubes oder Gemisches von Gasen, flüssiger und fester Theilchen platzgreifen können; es ist jedoch ganz gut denkbar, dass der ungeheure, allseitige Druck im Momente der Explosion das Eintreten solcher Wirkungen verhindert, welche andernfalls aus der Erhitzung bei der Compression folgern würden, also insbesondere das Verflüchtigen leicht flüchtiger Verbindungen, wie sie in den kohligen Meteoriten gefunden werden. Auch die Beobachtung Sorby’s über die Analogie der Meteoreisen mit künstlichen Eisen, welche lange auf einer Temperatur nahe, aber unter dem Schmelzpunkt gehalten wurden, macht zwar wahrscheinlich, dass sich die Meteoreisen auf ähnliche Weise gebildet haben können, verhindert aber nicht, dass ihre Bildung auch anders erfolgen konnte, umsomehr, als sie jedenfalls in einer Atmosphäre von ganz anderen Gasen entstanden und auch eine ganz andere Bauschzusammensetzung haben, was .begreiflicherweise ganz andere äussere Umstände bei der Bildung bedingt. [21] Die Meteoritensammlung des k. k. mineralogischen Hofkabinetes. 171 Es könnte allerdings unwahrscheinlich erscheinen, dass grosse Krystallstöcke, wie die gewaltigen Eisenblöcke von Cranbourne oder Bemdego, so plötzlich durch die ganze Masse hindurch regelmässig krystallisirten; und besonders Haidinger hat dieses Moment auch aus- drücklich betont; allein andererseits haben auch diese Eisen vollständig den Charakter von Skeletbildungen, welche ja einer gestörten, hastigen Krystallisation entsprechen, wie an dem Wachsen von Schwefelskeletten bei der Krystallitenbildung sehr schön verfolgt werden kann; ferner können wir in Bezug auf das Gefüge eine vollständige Reihenfolge von den einheitlichen Meteoreisen bis herab zu den in Steinmeteoriten ein- gesprengten Eisenkörnern verfolgen, so dass die gleiche Entstehungsart für die Gesammtheit der Meteoriten äusserst wahrscheinlich ist und auch von nahezu allen Autoren angenommen wird. Und nachdem für die Meteorsteine eine plötzliche Bildung — d’un seul jet, wie Daubre&e so treffend gesagt hat — ganz naturgemäss erscheint, werden wir auch für die Eisen eine solche annehmen müssen. Dass auch die Rindenbildung, in welcher man ja sehr häufig mehrere Stadien verfolgen kann, trotzdem auf äusserst kurze Zeitränme beschränkt ist, erhellt aus dem Umstande der scharfen Abgrenzung der durch Verschlackung gebildeten Rinde gegenüber der nicht oder nur theilweise veränderten Innenmasse; nur in vereinzelten Fällen und auch da nur bis zu geringer Tiefe reicht die Hitzewirkung über die Rinde ins Innere hinein, so bei den Eisenmeteoriten, welche — in Folge der besseren Wärmeleitung — eine veränderte Structur der der Schmelz- rinde naheliegenden Partien zeigen (vergleiche weiter unten), oder bei den kohligen Meteoriten, wo nach Cloöz (in der Arbeit Daubre&ee’s complement d’observations ... . Seite 8) die leichtflüchtigen Bestand- theile zunächst der Rinde in geringerer Menge vorhanden sind als weiter im Innern. Bei langsamer Bildung der Rinde hätte in allen diesen Fällen ein allmäliger Uebergang stattfinden müssen; dies hat auch Sorby hervorgehoben, indem er sagt (a. a. OÖ. Seite 495): „a heating so rapid that the surface is melted before the heat has time to penetrate beyond a very short distance into the interior of the mass.“ Gegenwärtige petrographische Anordnung. Wenn wir nunmehr untersuchen, inwiefern die auseinandergesetzten Ansichten über die Entstehung der Meteoriten einen Einfluss auf die Wahl der Systeme ausüben können, so kann es sich hiebei nur um das aus dem Rose’schen hervorgegangene Tschermak’sche System handeln, weil dieses wesentlich auf der petrographischen Beschaffenheit _ der Meteoriten beruht, während das System Meunier’s, wie schon erwähnt, nicht nur auf undurchführbaren Untersuchungsmethoden, sondern auch auf geologischen Hypothesen beruht, welche nach dem derzeitigen Stande unserer Kenntnisse als unhaltbar bezeichnet werden müssen. Es zeigt sich hiebei, dass die Eintheilung der Hauptgruppen von den genetischen Anschauungen gar nicht berührt wird; nur in den Unterabtheilungen der Chondrite ist bezüglich der breccienartigen Glieder eine Aenderung nothwendig. 22* 172 Dr. A. Brezina. [22] Unter der Annahme der einheitlichen, nicht klastischen Entstehung der Meteoriten — und diese Annahme scheint mir unausweichlich, selbst wenn die andere der Verfestigung der Meteoriten gelegentlich der Explosion bei Hemmung ihrer kosmischen Bewegung sich als un- haltbar herausstellen sollte — werden wir naturgemäss nicht mehr von Breccien innerhalb einer Meteoritengruppe, sondern nur von breccien- ähnlichen Gliedern sprechen können; solche Glieder sind darum durch Zwischenglieder mit mehr oder weniger breiten, schwarzen oder metal- lischen Adern mit solchen Steinen derselben Gruppe verbunden, welche von Adern frei sind. Dies entspricht der Deutung der breiten, schwarzen Bänder, welche ich in einer früheren Arbeit!) nach Beobachtungen an den Steinen von Möcs gegeben habe; diese Bänder sind nichts Anderes als sehr breite, schwarze Adern, und daher so wie diese gewissermassen Rindenbildungen im Innern; es würde sich deshalb in jeder Gruppe an aderfreie, geaderte und breccienähnliche Glieder noch ein Glied an- reihen können, in welchem die Rindenbildung das ganze Innere ergriffen hat; nachdem jedoch durch eine solche Umwandlung die unter- scheidenden Merkmale zwischen den einzelnen Chondritengruppen grössten- theils verloren gehen, würde die Unterscheidung schwierig werden; bisher ist jedoch nur ein solches Glied bekannt, der Meteorit von Tadjera, welcher sich am natürlichsten an die breccienartigen grauen Chondrite anschliesst. Man könnte allerdings noch weiter zwischen Steinen mit schwarzen und solchen mit metallischen Adern unterscheiden ; allein es ist sehr wahrscheinlich, dass beide einen engen Zusammenhang besitzen, näm- lich beide auf der Bildung einer Spalte beruhen, allerdings mit dem Unterschiede, dass etwa bei der Bildung einer schwarzen Ader ein Auseinanderklaffen der Wände einer Spalte und sodann ein Eindringen der Hitze in diese Spalte vorliegt, wodurch eine Verschlackung ent- steht, während die metallischen Adern durch das Gleiten der beiden Wände längs der Aderfläche und das damit verbundene Aufpoliren der Metalltheilchen erzeugt werden; da jedoch auch im letzten Falle meistens ein Klaffen der Spalte, wenigstens an einzelnen Stellen, in Folge der Unebenheiten der beiden Wände erfolgen muss, dürfte die Bildung der metallischen Adern auch immer von innerer Rindenbildung begleitet sein. Uebrigens kann eine solche Trennung später noch vor- genommen werden, falls sie sich bei weiterer Untersuchung als durch- führbar herausstellt. Ich will die alte Eintheilung in Meteorsteine und Meteoreisen beibehalten und diese Abtheilungen so abgrenzen, dass zu den Steinen (Silicate überwiegend) diejenigen Meteoriten gehören, bei welchen auf Schnittflächen das Eisen in einzelnen Körnern im Silicatgemenge ein- gesprengt erscheint, während bei den Eisen (metallischer Antheil über- wiegend) auf Schnittflächen das Eisen zusammenhängend erscheint und die etwa vorhandenen Silicate körnig im Eisen eingeschlossen sind. Dabei fallen also die Mesosiderite zu den Steinen, zu denen sie wegen der nahen Verwandtschaft mit den krystallinischen Chondriten gehören, 1) Brezina: Bericht über neue oder wenig bekannte Meteoriten. IV. Sitzungsb. d. Akad. Wien. 1. 85. 335—344. 1882. [23] Die Meteoritensammlung des k. k. mineralogischen Hofkabinetes. 173 wenngleich das Eisen in ihnen ein zusammenhängendes Netz bildet, das ‚sich aber im Durchschnitt nicht als solches zu erkennen gibt; das Eisen bildet nämlich wirkliche Adern, während es in den Pallasiten Blätter bildet. Ich beginne nun mit der Aufzählung der Gruppen; das auf die Gruppe Bezügliche schicke ich voraus, darauf folgen Bemerkungen über die Unterabtheilungen und die einzelnen zugehörigen Localitäten; zum Schlusse werde ich ein Schema der ganzen Eintheilung übersichtlich zusammenstellen. I. Steinmeteorite. Silicate überwiegend. Eisen auf ebenen Durch- schnitten scheinbar eingesprengt, also keine zusammenhängenden Platten, sondern höchstens zusammenhängende Adern bildend. Die Gruppen I und II bei Tschermak will ich als A. Eisen- arme Steine ohne runde Chondren zusammenfassen; das letztere Merk- mal ist gegenüber den Chondriten wichtig, weil die feinkörnigen, un- regelmässig begrenzten Concretionen, wie sie z. B. in den Eukriten häufig sind, ferner die eckigen Ausscheidungen der Howardite offenbar ein Aequivalent der eigentlichen Chondren sind, mit ihnen von gleicher Entstehung und auch durch Uebergänge (in den howarditischen und in einzelnen Kügelehenchondriten) verbunden sind. Wir haben also: A. Eisenarme Steine ohne runde Chondren. Von der Gruppe Eukrit bei Tschermak trenne ich den Shergottit ab; Tschermak (370)') nimmt an, dass derselbe zuerst ein normaler Eukrit war, in welchem durch nachträgliche Erhitzung der ursprünglich trikline Labradorit umgeschmolzen und dadurch in Maskelynit umgewan- delt wurde, was ja nach seiner Anschauung von der Entstehung der Meteoriten ganz gut möglich wäre; nach meiner Ansicht von der monogenen Bildung ist ein solcher Metamorphismus nicht annehmbar; ich nehme vielmehr an, dass gleich bei der Entstehung dieses Meteo- riten solche Umstände geherrscht haben, welche die Bildung eines tesseralen Feldspathes bedingten; dieser ist dann später stellenweise molecular umgelagert und schwach doppelbrechend geworden, entweder in Folge eingetretener Spannungen oder, was wahrscheinlicher ist, weil bei der höheren Entstehungstemperatur die tesserale Modification die sta- bilere war, während bei der späteren niedrigeren Temperatur die trikline Form stabiler wurde. Wir haben also: 1. Eukrit (Eu). Augit und Anorthit in krystallinischem Gemenge mit oder ohne unregelmässig begrenzte, feinkörnige Ausscheidungen. Rinde schwarz, glänzend. Constantinopel ; 05, Stannern 22 08, Saintonge (Jonzac) \3 19, Juvinas 12 21. Tschermak’°) hat die auffallende Uebereinstimmung des Steines von Constantinopel mit Stannern nachgewiesen und daran die Ver- muthung geknüpft, dass das vorhandene Stück von Stannern herrühren ) Eine eingeklammerte Zahl nach dem Namen Tschermak bezieht sich immer auf die Arbeit: Beitrag zur Classification etc. ”) Mineralog. Mittheilungen. 1872. 85—87. \ 174 Dr. A. Brezina. [24] könnte. Nachdem aber der ursprünglich von Partsch gehegte Zweifel bezüglich der Echtheit der Herkunft von ihm selbst später als unbe- gründet angesehen wurde, ist die Uebereinstimmung mit Stannern kein hinreichender Grund, die Localität zu bezweifeln. Der von Tschermak unter den Eukriten angeführte Stein von Petersburg findet sich unter den Howarditen. Zu den Eukriten zählt Meunier auch den: in Wien nicht vertretenen Stein von Adalia ; nachdem Meunier für die Eukrite die Rose’sche Definition bei- behält, kann diese Einreihung auch für unser System gelten. 2. Shergottit (She). Augit und Maskelynit in körnigem Gemenge. Rinde glänzend, braun. Umjhiawar (Shergotty) °? 65. 3. Howardit (Ho). Augit, Bronzit, Anorthit, Olivin. Grundmasse locker, mit unregelmässigen, polyedrischen, feinkörnigen, härteren Aus- scheidungen. Rinde glänzend, schwarz. Sankt Nicolas (Mässing) 13 07, Luotolaks 43 13, Nobleboro 7 23, Jasly (Bialystok) „5 27, La Vivionnere (Le Teilleul) “+ 45, Peters- burg 255, Frankfort 5 68, Pawlowka 3 82. Die grossen gelbgrünen, früher für Olivin gehaltenen Körner im Steine von Luotolaks hat Tschermak (368) als Bronzit befunden, wonach er den Olivin nicht als wesentlichen Gemengtheil ausgeschieden hat, obwohl er ihn im selben Steine auch gefunden hat. Nachdem ihn Daubre&e') in La Vivionnere neben Enstatit, ebenso Tschernyschow) in Pawlowka nachgewiesen hat, habe ich ihn in der Charakteristik bei- behalten. Den Stein von Petersburg, welchen Tschermak (368) unter den Eukriten anführt, habe ich wegen seiner vollkommenen Analogie mit den übrigen Gliedern hiehergestellt. Ebenso führt ihn Meunier bei den Howarditen an, für welche er die Definition Gustav Rose’s beibehalten hat. Im Londoner Katalog ist nebst Luotolaks noch Wiborg (Finnland, März 1814) als selbstständiger Fall angeführt ; dies ist auf ein von Chladni angeführtes falsches Datum zurückzuführen. Der Stein wurde schon von Maskelyne als apokryph erklärt. 4. Bustit (Bu). Augit und Bronzit in körnigem Gemenge mit einzelnen Ausscheidungen. Rinde braun, matt. Bustee 5 32. Tschermak (366) sagt, der Stein hat keine makroskopisch er- kennbare Rinde; dies ist unrichtig. Maskelyne?°) gibt an: „a crust, coating the larger part of the stone, was of a dark yellowish brown.“ Auch das Stück in der Wiener Sammlung (acquirirt 1869) zeigt. die Rinde sehr deutlich. 5. Chladnit (Chl). Bronzit. Körnig. Rinde glänzend und hell- gelblich (Enstatit) bis grau, matt (Bronzit). Bishopville 25 43, Manegaon ?? 43, Shalka 3% 50, Ibbenbühren "7 70. Tschermak (362—366) verwendet für das aus Enstatit be- stehende Glied (Bishopville) den Namen Chladnit, für die übrigen drei (Bronzit) den Namen Diogenit, nachdem er letztere früher als Mane- 1) Daubr&e: Compt. rend. 88. 544. 1879, ?®) Tschernyschow: Zeitschr. d. d. geol. Ges. 35. 190—192. 1883. ®) Maskelyne: Proc. Roy. Soc. 18. 148. 1870. [25] Die Meteoritensammlung des k. k. mineralogischen Hofkabinetes. 175 gaumite bezeichnet hatte; dagegen wendet Cohen!) mit Recht ein, dass es dem gegenwärtigen petrographischen Gebrauche widerstreitet, Enstatit- und Bronzitgesteine zutrennen. Ich habedaher alle vier unter dem ältesten Namen Chladnit vereinigt. Shalka gehört vielleicht zum Rodit. 6. Rodit (Ro). Olivin und Bronzit. Körnig. Rinde matt, schwarz, an geflossenen Partien glänzend. Manbhoom 3363, Roda Frühjahr 71. Die Art wurde früher von Tschermak als Shalkit bezeichnet, weil er nach Rammelsberg’s Analyse in Shalka beide Gemengtheile annahm ; nachdem ihm dies neuerlich zweifelhaft erschien, wählte er den Namen Amphoterit. Der Stein von Roda wurde von Pisani’) und Daubre&ee’°) untersucht. Pisani sagt von diesem Meteorsteine, dass er eine schwarze zusammenhängende Rinde besitzt, welche an denjenigen Stellen, wo sie geflossen ist, glänzt; das Innere ist aschgrau, mit grünlichen, olivin- ähnlichen, durch die ganze Masse verstreuten Körnern, welche hie und da zu kleinen Klümpchen von einigen Millimetern Durchmesser ange- häuft sind. Die graue Masse besteht aus zwei unregelmässigen Zonen, einer grauen und einer gelblichgrauen ; sie ist leicht zerreiblich, ohne Wirkung auf den Magnet, hat bei 24° C. ein specifisches Gewicht von 337 und ist vor dem Löthrohr zu einer schwarzen, sehr wenig magne- tischen Schlacke schmelzbar. Die chemische Analyse ergab 14 Percent in Salzsäure Lösliches (Olivin mit vielleicht etwas Anorthit) und 86 Percent Unlösliches (eisen- reicher Bronzit). Die olivinähnlichen Körner erwiesen sich ähnlich zu- sammengesetzt wie die Hauptmasse, nämlich sie bestanden aus 6 Per- cent in Salzsäure Löslichem und 94 Percent Bronzit. Die mikroskopische Untersuchung durch Daubree zeigte den die Hauptmasse des Steines bildenden Bronzit frei von Dichroismus, mit häufigen rechtwinkeligen Contouren und feinen Streifen; bei einer Ver- grösserung von 800° waren die meisten Krystalle von unzähligen Ein- schlüssen einer festen, gelbbraunen, kaum durchsichtigen Substanz erfüllt ; dieselben liessen sehr mannigfaltige Contcuren, zuweilen, aber selten, Krystallformen erkennen, nämlich ein schiefes Prisma mit Endflächen, gleich dem Augit. Diese Einschlüsse sind geradlinig, aber nicht immer parallel den Axen des Wirthes angeordnet. Zuweilen sieht man zwischen den die Hauptmasse bildenden Krystallen eine glasige Substanz ohne Wirkung auf das polarisirte Licht, welche den Krystallen anhaftet; sie ist ganz von verhältnissmässig grossen Blasen erfüllt und ähnelt vollkommen dem Glas, das in Basalten gefunden wird. Daubree sieht diesen Meteoriten als selbstständigen Typus (Rodit) an, welcher nur mit Lodran insoferne verglichen wird, als er das eisenfreie Aequivalent des Lodranites wäre. t) Cohen: Referate. N. Jahrb. 1884. 1. 27. ?) Pisani: Analyse d’une meöteorite tombee dans la province de Huesca, en Espagne. Compt. rend. 79. 1507—1509. 1874. ®) Daubr&e: Observations relatives A la meteorite de Roda. Compt. rend, 79. 1509—1511. 1874, 176 Dr. A. Brezina. [26] Ein ausgezeichnetes, wenn auch kleines (ll Gramm schweres) Stückchen dieses Meteoriten, das unsere Sammlung im Tausche von Herrn Staatsrath J. v. Siemaschko in St. Petersburg erhielt, lässt die vollständige Uebereinstimmung des Aussehens mit Manbhoom er- kennen, von welchem sich Roda nur durch das feinkörnigere Gefüge unterscheidet. Der Name Rodit, welcher die Priorität besitzt, wurde beibehalten. 7. Chassignit (Ch). Olivin. Körnig. Feine, schwarze, schwach- glänzende Rinde. Chassigny 5 15. B. Chondrite. Bronzit, Olivin, Eisen. Steine mit polyedrischen und runden oder nır mit runden Öhondren. Eine Eigenthümlichkeit, welche an Chondriten (vielleicht auch an anderen Steinen) aus verschiedenen Gruppen aufzutreten scheint, ist die eigenthümliche Infiltration von Rinde ins Innere des Steines und die daraus entstehende drei- bis vierfache Rindenschichte, welche ich zuerst am Steine von Möcs auffand!); diese Erscheinung wurde später auch von Tschermak (359) und W. Prinz), von ersterem an Möcs, Pusinsko Selo und Chäteau Renard, von letzterem an Saint-Denis Westrem wahrgenommen, und ich selbst fand sie noch an Hartford, ferner, jedoch weniger deutlich, an Stannern und Bishopville; nebst- dem hatte ich Gelegenheit, eine damit zusammenhängende Erscheinung wahrzunehmen, welche einen überraschenden Eindruck macht. Ich wollte nämlich sehen, wie die dritte (schwarze) Rindenschichte im Flächen- zusammenhang aussieht, und liess deshalb von einem ganz ebenflächig begrenzten Möcser Steine, dessen Rinde zahlreiche Sprünge zeigte (ähnlich dem Cracquel& an Porzellan), eine etwa 2°5 Millimeter dicke, der Rinde parallele Platte abschneiden; die fein zersprungene Ober- fläche ist nämlich, wie ich mich überzeugt habe, eine Bedingung für das deutliche Auftreten der mehrfachen Rinde, offenbar deshalb, weil sie das Eindringen der Hitze oder der verflüssigten Rinde ins Innere gestattet. Die Platte wurde mit der Rindenseite auf eine Glasplatte gekittet und nun auf der Innenseite geschliffen; als die dritte Schichte erreicht war — bei einer Dicke von 0'7 Millimeter — trat plötzlich, nachdem vor wenigen Schleifstrichen nur das weisse Innere sichtbar gewesen, ein Netz von schwarzen, ziemlich gleich- mässig breiten Adern zu Tage, welches genau mit den feinen Rissen auf der Aussenseite der Rinde correspondirte; die Figur 10, Tafel 4, gibt eine Vorstellung von diesem Bilde. Es macht die Gleichmässig- keit dieser Adern in der That den Eindruck, als ob, wie Tschermak annimmt, wirklich geschmolzene Rinde eingedrungen wäre und sich unten sackförmig ausgebreitet hätte, obwohl es auch nicht ausge- schlossen ist, dass, wie ich vermuthete, nur die Hitze in die Spalten ') Brezina Bericht, S. 341. Reinsch hatnicht ebenfalls, wie Tschermak angibt, die abwechselnden Schichten schwarzer Rinde und unveränderter Masse beobachtet, sondern gefunden, dass die dunkle Rinde am Krähenberger Stein aus zwei Schichten, einer äusseren porösen und einer inneren dichten, besteht. ?) Prinz: Les möteorites tomböes en Belgique et les meteorites en general. Ciel et Terre. 5. 1885. \ [27] Die Meteoritensammlung des k. k. mineralogischen Hofkabinetes. 177 eindrang und darin die anliegenden Theilchen bis zu gleicher Tiefe ver- schlackte. Schleift man eine solche Platte vorsichtig weiter, so gelangt man auf die zweite (unveränderte) Schichte; man sieht dann von dem schwarzen Geäder fast gar nichts mehr, die Farbe der Platte ist jedoch dunkier als die der zweiten Schichte, weil die erste dunkle Rinden- schichte durch die zweite hindurchgesehen wird. 8. Chondrit, howarditisch (Ch). Eckige Ausscheidungen und ‚spärliche runde Chondren. Zum Theil glänzende Rinde. Aehnlichkeit einerseits mit den Howarditen (wegen der eckigen Ausscheidungen), andererseits mit den an Chondren ärmeren Kügelchenchondriten. Siena "5 794, Borgo San Donino (Parma) 12 08, Harrison Co. 28 59, Krähenberg 269, Waconda 72, Sitathali 4 75, Mauritius. Waconda ist ein Stein von wenig ausgeprägtem Charakter; man könnte ihn auch zu Cc rechnen, obwohl er namentlich durch das mehr tuffähnliche Aussehen besser zu Ch passt. Sitathali ist sehr reich an runden und eckigen Chondren und könnte auch bei den Ce stehen; Eisen und Troilit sind zahlreich ver- treten; Rinde häufig glänzend über Chondren, auch ein verblasenes Eisenkorn sichtbar. Mauritius ist sehr reich an eckigen und runden Chondren, ferner an honiggelben bis rostbraunen Ausscheidungen welche einer näheren Untersuchung bedürfen. 9. Chondrit, weiss, adernfrei (Cw). Weisse, ziemlich lockere Massen mit wenig, und zwar meist weisslichen Kügelchen. Mauerkirchen 2% 768 Jigalowka (Oharkow) 43 787, High Possil 3 04, Hacienda de Bocas 2404, Mooradabad 08, Alexejewka (Bachmut) 12 14, Zaborzika 19 18, Angers 3 22, Mordvinovka (Pawlograd) 12 26, Drake Oreek 2 27, Forsyth 329, Mascombes > 35, Slobodka Partsch vor 38, Montlivault %2 38, Pusinsko Selo (Milena) %% 42, Monte Milone 8 46, Kaande (Oesel) 1,55, Kusiali 15 60, Tourinnes la Grosse 75 63, Dol- gowoli 25 64, Senhadja (Aumale) ?? 65, Cabezzo de Mayo 18 70, La Becasse 3 79, Pennyman’s siding (Middlesbrough) 1 81. Während bei den früheren Gruppen die Bildung von Adern oder breiten Bändern — wohl wegen der Armuth an Eisen — nicht wahr- genommen wird, tritt bei den weissen Chondriten zum erstenmale der Fall einer Spaltung der Gruppe nach aderfreien, geaderten und breccienähnlichen Gliedern ein; begreiflicherweise ist eine solche Unterscheidung manchen Irrthümern unterworfen, insoferne vor- handene Adern nicht an allen Stellen des Steines sichtbar sind, daher leicht übersehen werden können, wenn man nur Kleinere Stückchen zu seiner Verfügung hat. Allein diesem Uebelstande ist man bei Gesteinen überhaupt immer ausgesetzt; man wird eben bei Bestimmung eines Stückes darauf Rücksicht zu nehmen haben, dass ein Stück, das in Cw stand, bei genauerer Kenntniss wohl nach Cwa oder Cwb rücken kann, aber nicht umgekehrt. Zwischen den beiden Localitäten Alexejewka (Bachmut) 15 14 und Mordvinovka (Pawlograd) 1? 26 sind zahlreiche Verwechslungen vor- gefallen ; von mancher Seite wird überhaupt die Identität beider Fälle behauptet, wofür die vollkommene Gleichheit der Steine, die örtliche Nähe der beiden Localitäten und die bei allen russischen Fällen aus Jahrbuch d.k. k. geol. Reichsanstalt. 1885. 35. Band. 1.Heft. (Dr. A. Brezina.) 23 178 Dr. A. Brezina. [28] älterer Zeit herrschende Verwirrung sprechen würde. Die Confusion wird noch dadurch vergrössert, dass häufig Stücke mit dem Ortsnamen des einen und dem Falldatum des anderen Falles bezeichnet wurden. Auch in unserer Sammlung hat bezüglich der Stücke von diesen beiden Localitäten eine höchst bedauerliche Unordnung obgewaltet. Acquirirt wurden die folgenden Stücke, über welche ich die betreffenden Vermerke aus den Acquisitionsposten und dem Kataloge beisetze: „Post 1840. I. 1: Von der königl. Universität zu Berlin (durch Herrn Professor Weiss) in Tausch: Meteorstein von Bachmut, Gouv. Ekaterinoslaw, Russland, 3. Februar 1814. Fragment ohne Rinde und einer anpol. Fläche, 22 Loth“ (= 16 Gramm). Ein späterer Zusatz noch von der Hand Partsch’s mit rother Tinte sagt: „jetzt 3% Loth“ (= 15 Gramm). Im geschriebenen Meteoritenkatalog steht noch der Beisatz: „Das Stück, von welchem dieses Fragment abgeschnitten wurde, stammt aus Klaproth’s Sammlung.“ Das Stück wurde im Kataloge als Bachmut Nr. 1 bezeichnet ; es fehlt in unserer Sammlung, ohne dass ein Vermerk über die Abgabe desselben zu finden wäre. „Post 1861. LIV. 1: Von Herrn Joseph Ritter v. Cischini, k. k. österreichischer Generalconsul von Odessa, als Geschenk: Meteor- stein von Bachmut. Gefallen am 15. Februar 1814. Gewicht: 2 Pfund 2 Loth“ (= 1 Kilo 155 Gramm). „Dieses Stück wurde durch die Vermittlung des Herrn v. Cischini aus der Sammlung des Gym- nasiums in Ekaterinoslaw erhalten.“ Dieses Stück wurde im Meteoritenkatalog unter dem vorigen neuerlich als Bachmut Nr. 1 eingeschrieben, offenbar weil der Schreiber, Kanzlist Engelmayer, übersehen hatte, dass schon ein Bachmut vorhanden sei; Hoernes hatte im Acquisitionsposten richtig vermerkt, dass es als Bachmut Nr. 2 einzutragen sei. Später wurde die Ordnungs- nummer 1 des neuen Stückes im Kataloge durch Engelmayer mit blasser Tinte in 2 umgewandelt, was an der Verschiedenheit der Tinte deutlich zu erkennen ist. Das Stück ist durch seine ganze Masse stark rostfleckig. „Post 1865. XXIII. 2: Von Herrn C.Grewingk, Professor der Mineralogie an der Universität in Dorpat, als Geschenk. Meteorstein von Bachmut“. Dabei steht von der Hand Hoernes’: „Dieses mit der Bezeichnung Pawlowgrad Jekaterinoslaw, Russland 1814 (?) eingesendete Bruchstück ist vollkommen ident mit dem bereits im Jahre 1340 acqui- rirten Stücke von Bachmut und wird daher zu dieser Localität gestellt. !, Loth* (= 9 Gramm). Hoernes vermerkte im Posten, dass das Stück als Bachmut Nr. 3 einzutragen sei; dies scheint auch (durch Engelmayer) ge- schehen zu sein, doch wurde die Ordnungsnummer später ausradirt, und an ihrer Stelle findet sich, auch von der Hand Engelmayer'’s, die Nummer 2. Ferner hat Tschermak (offenbar mehrere Jahre später, nachdem er die Direction des Cabinets übernommen. hatte) zur Localität den Vermerk „Bachmut (Pawlograd)“ gesetzt. Dieser Stein ist frei von Rostflecken. „Post 1875. XIII. 29: Von Herrn C. Hintze in Strassburg im Kaufe : Meteorstein, gefallen am 15. Februar 1814 bei Bachmut. 384 Gramm. Inneres wie Bachmut. Wurde als M. von Paulogrod verkauft“. [29] Die Meteoritensammlung des k. k. mineralogischen Hofkabinetes. 179 Dieser Vermerk ist von Tschermak, welcher das Stück als Bachmut Nr. 3 in den Katalog eintragen liess. Vielleicht hatte er vor- her das frühere Stück (1865. XXIII. 2) mit Nr. 2 bezeichnen lassen, und zwar als Paulogrod Nr. 2, worauf der Umstand hindeutet, dass er bei demselben das Wort Paulogrod unterstrich ; dadurch wäre die Nummer 3 freigeworden. Das Stück ist rostfrei und stimmt in dieser Beziehung mit dem von Professor Grewingk geschickten überein ; dagegen unterscheidet es sich von allen übrigen, sowohl als Bachmut wie als Paulogrod be- zeichneten Stücken unserer Sammlung durch eine etwas grössere Festig- keit und das Vorhandensein schwarzer, rindenähnlicher Chondren ; namentlich erstere Eigenschaft weist es mehr in die Nähe der inter- mediären Chondrite. Von den genannten Stücken fehlt, wie erwähnt, das erste, auf dessen Postament mit der alten Nr. 1 das Stück von Grewingk ge- legen ist. Unter der Bezeichnung Pawlograd sind eingestellt: „Post 1855. XXIII. 1. Von Herrn Robert Greg in Manchester im Tausch : Meteorstein, angeblich gefallen im Gouvernement Ekate- rinoslaw in Russland im Jahre 1825. "3, Loth schwer“ (= 12 Gramm). „Anmerkung: Ueber das Niederfallen dieses Meteorsteines sind keine gedruckten Nachrichten bekannt. Der Stein soll 86 Pfund schwer ge- wesen sein und ein Stück von 76 Pfund sich im Museum zu Odessa befinden.“ Wurde als Pawlograd Nr. 1 in den Katalog eingetragen, ist rost- frei und stimmt vollkommen mit dem von Grewingk als Pawlograd geschickten, von Hoernes als Bachmut eingestellten Stück überein. „Post 1882. III. C. 4000: Von Herrn Staatsrath J. v. Siemaschko im Tausch. Pawlograd, gefallen 19. Mai 1826. 37 Gramm“. ‘Dieses Stück stammt aus dem mineralogischen Museum der Universität Odessa; ich habe direct von dort durch Herrn Custos R. Prendel mehrere kleinere (nicht in die Hauptsammlung aufge- nommene) Stücke acquirirt, welche mit dem obigen vollkommen über- einstimmen. Diese Stücke und zahlreiche andere gleichzeitig von Odessa abgegebene haben alle die Beschaffenheit unseres grossen, von Herrn Cischini erhaltenen, sie sind nämlich durch die ganze Masse stark rostfleckig, übrigens nicht sehr fest, also übereinstimmend mit den von Greg und Grewingk erhaltenen Stücken. Vergleichen wir alle diese Umstände, so ergibt sich, dass mit Ausnahme des von Hintze erworbenen, etwas festeren Stückes alle übrigen, sowohl als Bachmut wie als Pawlograd bezeichneten nur durch den Grad der Rostfleckigkeit unterschieden sind, also ein Moment, das bei sonstiger Gleichheit nur eine Verschiedenheit der Aufbewahrung in einem mehr oder minder feuchten Locale anzeigt. Von Jen zwei ursprünglich als Bachmut bezeichneten Stücken ist das eine (Klap- roth’s) verschwunden, das andere (Cischini’s) allerdings als authen- tischer Abschnitt von dem 20 Kilo schweren Meteoriten von Alexejewka anzusehen. Dagegen sind die übrigen Stücke, welche alle als Mordvi- novka (Pawlograd) hieherkamen, mehr oder weniger unsicher. 23% 180 Dr. A. Brezina. [30] Sehr zu bedauern ist das Fehlen des Klaproth’schen Stückes, weil es das einzige, zugleich authentische und unveränderte (rostfreie) Stück unserer Sammlung war, wie daraus hervorgeht, dass Hoernes das Grewingk’sche Stück als mit ihm übereinstimmend bezeichnet. Die zwei Localitäten 176 Scholakoff bei Ekaterinoslaw, 23. I. 1814, und 197 near Ekaterinoslaw 1825 in der Londoner Sammlung dürften erstere zu Alexejewka, letztere zu Mordvinovka gehören. Montlivault hat grosse Chondren, wovon eine mit 1 Centimeter Durchmesser drei Zonen von dunkler und heller gelblicher Farbe zeigt. La Becasse hat viele weisse und hellgraue Chondren, welche im Schliffe eine emailartige Politur annehmen. Cabezzo de Mayo hat neben vielen weissen Chondren auch ein- zelne dunkle, wie Tintenflecke aussehende, sehr kleine Ausscheidungen, welche gegen die übrige Masse nicht scharf absetzen. Pennyman’s siding ist nur in winzigen Splittern vertreten; seine Einreihung unter die Cw ist daher wenig sicher. 10. Chondrit, weiss, geadert (Üwa). Weisse, meist lockere Massen ‚mit wenig, und zwar meist weissen Chondren und schwarzen oder me- tallischen Adern. Luce 13 768, Wold Cottaget3 795, nl Lissa3 08, Kikino 09, Kuleschowka 12 er Pohtz 13 19, Allahabad 3122, Honolulıı 14 25, Aumieres 4 42, Killeter 2» 44, Schönenberg 25 46, Hartford (Linn Co.) 25 47, Castine 20 48, Schie ni 48, Gürgenti '2 53, Scheikar Stattan (Buschhof) 2 63, Sauguis $ 68, Dhulia 3178, Kalumbi + 79, Gross- lvebenthal 4281, Möcs 3 82. Honolulu steht bei Tschermak unter den Breccien der weissen Chondrite, nachdem es aber nur Adern, keine breiten Bänder hat, gehört es zu den Owa. Für Dhulia erhielt ich seit meiner ersten Notiz!) durch Mr. C o- drington als wahrscheinlichen Falltag den 27. November angegeben ; ein durch freundliche Vermittlung des Mr. Martin Wood erworbenes Bruchstück dieses kostbaren Meteoriten lässt die grösste Aehnlichkeit mit Grossliebenthal erkennen; das Gefüge ist locker, die Adern häufig. Zu meinem Berichte über Kalumbi?) wäre noch hinzuzusetzen, dass kleinere und grössere sammtschwarze Chondren sowie zahlreiche Adern vorhanden sind. Grossliebenthal ist durch reichliche, sehr feine Troilit- und Eisen- einsprenglinge ausgezeichnet, welche auf dem frischen Bruche, lebhaft glänzend, wie Glimmer hervortreten. Bezüglich Möcs wäre zu erwähnen, dass einzelne Steine zur Gruppe Cwb gehören, indem breite schwarze Rindenbänder den Stein durchziehen ; nachdem auf 1000 Stück gewöhnlich geaderter Steine höchstens 4 bis 5 derartige abnorme Stücke kommen, muss der Fall hieher gereiht werden, wie dies ja auch bei Gesteinen in ähnlichen Fällen geschieht. Ueber die eigenthümlichen Erscheinungen an mehr- fachen Rindenschichten dieser Localität wurde schon oben Seite 176 das Erforderliche bemerkt. ') Brezina: Anzeiger d. Akad. Wien. 15. 213—217. 1878. ?) Brezina: Vorl. Bericht I. Seite 352. [31] Die Meteoritensammlung des k. k. mineraiogischen Hofkabinetes. 181 1l, Chondrit, weiss, breceienähnlich (Cwb). Weisse, meist lockere Steine mit wenig und dann meist weissen Chondren ; von breiten Rindeninfiltrationen durchzogen, welche in den bisher bekannten hieher- ‚gehörigen Steinen hellgrau sind. Staartje (Uden) "2 40, Bandong +3 71, Vavilovka 42 76. Bandong und Varilovka stimmen Amt einander völlig überein; in beiden sind Chondren sehr spärlich ; weisse Partien sind von grauer, stark schimmernder, fast krystallinisch aussehender Masse umschlossen ; vermöge der letzteren würden sie auch zur breccienähnlichen Abtheilung der krystallinischen Chondrite gestellt werden können; nachdem aber die Gruppe Ck durch ein sehr festes, hartes Gefüge gekennzeichnet ist, müssen sie hiehergestellt werden. 12. Chondrit, intermediär. Zwischenglied zwischen den weissen und grauen Chondriten. Masse fest, weisse und graue Chondren. Schellin 1! 715, Mhow 15 27, Deal! 29, Charwallas 12 34, Macao 1136, Favars 2144, Kheragin 25 60, New Concord 4 60, Dhurmsala “* 60, Canellas '; 6, Motta di Conti 22 68, Rakowka 8, 78, Saint Caprais 3; 23 83, Alfanello %, 1,5 83. Eenwallıs steht bei Tsch ermak unter den grauen Chondriten ; es ist nicht leicht, seinen Charakter zu erkennen, weil die Grundmasse fast ganz von rostähnlichen Flecken durchsetzt ist, ähnlich Mainz, Segowlee, Duruma; diese Flecken können nicht wirkliche, gewöhnliche Rostflecken sein, sondern müssen einer eigenthümlichen Verbindung ihre Entstehung verdanken, da stellenweise das Eisen ganz metallisch blank dazwischen sichtbar ist; dadurch entsteht ein schimmerndes Aussehen, welches eine grosse Aehnlichkeit mit den krystallinischen Chondriten hervorruft. Das kleinere der in unserer Sammlung befind- liehen Stücke ist stellenweise hell, unverändert und lässt dann deutlich den Charakter eines intermediären Chondriten erkennen. Für Cg ist es viel zu hell. In Dhurmsala beobachtete ich nebst den schon früher bekannt gemachten verblasenen Eisenkörnern ') noch graue Chondren von Hasel- bis Wallnussgrösse ; ferner eine haselnussgrosse Eisenchondre, welche aus einzelnen Eisenkörnern von 2 bis 2°5 Millimeter Durchmesser zu- sammengeballt ist. Motta di Conti neigt stark zu den Kügelchenchondriten Ce. Rakowka ist durch das Auftreten bis 1 Centimeter grosser, mit Nickeleisen verwachsener Troilite von messinggelber Farbe ausgezeichnet. Saint Caprais hat einen grossen Reichthum an Chondren, darunter auch eine merkliche Zahl von harten dunklen. Es könnte auch zu Cg gestellt werden, doch ist die Grundmasse etwas zu locker. Alfıanello wurde schon mehrfach beschrieben; ausgezeichnet ist der Reichthum an der deliqueseirenden Verbindung, welche das Ent- stehen der rostähnlichen Flecken neben ganz frischen Eisentheilchen bedingt; diese Verbindung tritt bei Stücken, welche einmal nass geworden waren, in zahlreichen braunen Tröpfchen zu Tage. !) Diese Beobachtung von mir wurde zuerst von Herrn Director Döll publi- eirt (Verh. d. geol. Reichsanstalt 16. 160. 1882.), dem ich sie zu diesem Zwecke mit- theilte, weil er Aehnliches am Möcser Steine aufgefunden und mir davon Mittheilung gemacht hatte. 182 Dr. A. Brezina. [32] 13. Chondrit, intermediär, geadert (Uia). Salles 3 798, Berlanguillas 3 11, JAgen 5 14, Durala 13 15, Vouille %5 31, Chäteau-benard 1241, Le Pressoir ?545, Nerft 12 64, Dandapur 378. Tschermak hat Nerft unter den weissen Chondriten ; es ist aber so fest und grau, dass es fast zu Üga gestellt werden sollte, keinesfalls aber zu Uwa gehört. Le Pressoir hat eine feste, fast schimmernde Grundmasse, Chondren wenig hervortretend, viele rostähnliche Flecken; Dandapur ist fast durch die ganze Masse braun von ebensolchen Flecken. 14. Chondrit, intermediär, breccienähnlich (Cib). Luponnas 3753, Laigle 25 03, Pulsora (Rutlam) ', 63, Shytal (Dacca) 'J 63. 15. Chondrit, grau (Üg). Graue feste Masse, oft mit helleren oder glasreichen, gesprenkelt aussehenden Chondren ; braune, harte, feinfaserige Kügelchen sind selten. Ploschkowitz °2 723, Bjelaja Zerkow 4797, Seres „18, Bo- tschetschki 23, Tounkin 13 24, DE 10 25, blansko 33 33, (rross- Divina en 37, Esnandes „37, Kaee °: 38, Duruma ‘53, G@marren- burg 43 55, Avilez 56, Parnallee 23 57, Butsura 12 61, Knyahinya 3 4 66, Uynthiana > 77. Bjelaja Zerkow nähert sich sehr den Kügelchenchondriten Ce. Hieher wären auch viele der Steine von Homestead 12 75 zu rechnen. Vgl. unten bei Cgb. Tounkin ist der einzige noch erhaltene Splitter aus der Tübinger Sammlung (Reichenbach'’scher Nachlass). 16. Chondrit, grau, geadert (Uga). Barbotan %* 790, Saurette 503, Darmstadt O4, Doroninsk $ 05, Mooresfort 5 10, Charsonville 73 10, Toulouse 49 12, Limerick 1% 13, Lasdany "2 20, Kadonah 3 22, Umbala 23, Zmorow (Wessely) 2 31, Okmniny 5 34, Aldsworth 4 35, Grimeberg ®2 41, Monroe (Cabarras Co.) 3149, Fekete (Mezö Madarass) 02, Veresegyhaza (Ohaba) 18 57, Kakoıwa 1258, Alessandria 3 60, Udipi 166, Pultusk >? 68, Slavetie 2 68. Danville 31.68, Oczeretna 71, Kerilis ; 7674, Hungen !; 17 1T, Cronstadt , gt. Umbala zeigt an dem einzigen kleinen Stücke der Sammlung eine etwas über 1 Millimeter breite, Ader ; es könnte auch in die Ab- theilung Cgb gestellt werden. In Limerick fand ich violette doppel- brechende Krystalle, welche an die von Tschermak (352—353) beobachteten Dichroite erinnern. Öczeretna reich an Adern, braunen rostähnlichen Flecken und an weissen Chondren; könnte auch zu Cia gestellt werden. Kerilis zeigt das sehr feine dunkle Geäder nicht an allen Stellen des Steines gleich stark und könnte daher auch unter Ugb gereiht werden. Viele braune Flecken. Cronstadt ist an einer Stelle von einer 2—3 Millimeter breiten Eisenanreicherung durchsetzt, in welcher sich nur wenige Silicatkörnchen befinden. 17. Chondrit, EEBR, breccienähnlich (Cgb). Krawin (Tabor) 3 755, Sena 17773, Chantonnay 312, Akbur- poor 1838, Chandakapoor $ 38, Cereseto 1 40, Assam 46, Ouincay öl, [33] Die Meteoritensammlung des k. k. mineralogischen Hofkabinetes. 183 Nulles 5, 51, Molina (Murcia) 2458, Mexico 4 59, Iron hannock Creek 63,64, Mouza Khoornac !2 65, Saint Mesmim 32 66, Elgueras (Cangas de Onis) 5 66, Saonlod (Khetree) “2 67, Castalia 1; 74, Homestead '2 75, Ställdalen 23 76. Krawin steht bei Tschermak unter Cg; die grossen, abwech- selnd dunklen und hellen Flecken an diesem Steine geben ihm jedoch ein vollkommen breccienähnliches Ansehen, wiewohl der Unterschied in der Farbe kein sehr grosser ist. Ein altes Stück von Sena zeigt keine Adern; in neuerer Zeit kamen mehrere Exemplare dieser Localität aus Spanien in die Samm- lungen, wovon auch unsere einen sehr schönen Abschnitt eines Mono- lithen erhielt, welcher von einem breiten, feinverästelten Infiltrations- bande durchsetzt ist. Chantonnay hat Tschermak als Cg + Cs bezeichnet, dies ist aber nichts Anderes als Cgb; dass der schwarze Antheil etwas breiter ist als bei anderen Steinen dieser Gruppe, kann daran nichts ändern. Von Cereseto gilt dasselbe wie von Krawin. Von Nulles haben wir ein älteres kleines Stück, das man für sich, wie es auch Tschermak gethan hat, unter Cg einreihen müsste; ein kürzlich erhaltenes grösseres Stück zeigt ein breites dunkles Band, das dem Steine ein brecceienartiges Ansehen verleiht. Molina hat sehr dunkles Geäder und viele Harnischflächen. Mexiko hat die grösste Aehnlichkeit mit Chantonnay, sowie Saint Mesmin mit Castalia. Iron hannock Creek dunkel graugrün, ähnlich dem dunkelgrünen Homestead; im Bruche etwas schimmernd, an die Ck erinnernd. Rinde kaum von der Grundmasse zu unterscheiden. Elgueras ist reich an schwachen Harnischen und stellenweise feinaderig. Castalia zeigt tiefblau angelaufene Troilite, weisse Brocken in dunkelgrauer Grundmasse und einzelne, ganz schwarze bis erbsen- grosse Körner mit sehr fein eingesprengtem Eisen. Von Homestead besitzt das Cabinet einen herrlichen, dunkelgrünen vollkommen breccienähnlichen Stein von 810 Gramm (denselben, von welchem das Bonner Museum von uns ein Stück im Tausche erhielt, über das v. Lasaulx eine Reihe von mikroskopischen Beobachtungen publieirt hat). Im Bruche würde man den Stein, abgesehen von der Härte, für einen Serpentin halten; der Schliff lässt den Reichthum an Eisenkörnern wahrnehmen, welche stellenweise so angereichert sind, . dass der Stein das Aussehen eines feinkörnigen Mesosideriten gewinnt. Eine grosse Platte in der Sammlung Sr. Excellenz des Herrn Staats- rathes Freiherrn v. Braun ist zur Hälfte dunkelgrau, zur anderen Hälfte hellgrau, beide Farben gehen allmälig in einander über. Ein Stück, das unsere Sammlung von Herrn A. Otto im Tausche erhielt, zeigt ein trübes, mitteldunkles Grau, während andere, so der grosse von Herrn Professor Gustavus Hinrichs in Jowa uns verehrte Stein, ein helles Grau zeigen. So lange über die Häufiskeitsverhältnisse dieser Abänderungen nichts Genaues bekannt ist, erscheint es am passendsten, den Stein zu den breccienartigen zu stellen. Das ersterwähnte dunkel- 184 Dr. A. Brezina. [34] grüne Stück ist auch durch das Fehlen einer eigentlichen Rinde aus- gezeichnet, obwohl die ursprüngliche Oberfläche durch die ganz ausge- zeichneten Piezoglypten und die glattere Flächenbeschaffenheit im Ver- gleiche zum Inneren ganz unverkennbar ist. Ställdalen ıst nach allen Richtungen von sich kreuzenden Harnisch- flächen durchzogen. 18. Chondrit-Orvinit (Co). Die ganze Masse schwarz infiltrirt, mit auffallender Verschiedenheit zwischen chondrenreichen Körnern ohne und chondrenarmer Zwischenmasse mit fluidal angeordneten Eisentheil- chen. Oberfläche sehr uneben, Rinde unterbrochen. Orvinio 3! 72. | Wenn die breiten schwarzen oder dunkelgrauen Bänder der vori- sen Gruppe durch das Ueberhandnehmen der schwarzen Adern entstehen, so schliesst sich naturgemäss als weiteres Stadium daran der Fall, wo die ganze breceienartige Masse infiltrirt ist; bei der Bezeichnung In- filtration ist, wie bei früheren Gelegenheiten, an das Eindringen der Hitze auf feinsten Spalten und dadurch Schwärzung, beziehungsweise Ver- schlackung der Masse gedacht; ein wirkliches Eindringen geschmolzener Rinde wäre höchstens in dem oben Seite 175 erwähnten Falle der mehrfachen alternirenden Aussenrinde in Betracht zu ziehen, welches, wie es scheint, hauptsächlich bei lockeren Steinen, besonders den weissen Öhondriten eintritt. Die Chondren sind beim Steine von Orvinio fast durchwegs hell und in ihrem Auftreten auf die in der scheinbaren Grundmasse liegen- den, wallnussgrossen Ausscheidungen beschränkt, welche dadurch den schwarzen Chondriten Cs ähnlich sind; die Grundmasse ist gleichmässig durchschwärmt von feinen Eisentheilchen und bekommt dadurch eine scheinbare Fluidalstructur. 19. Chondrit-Tadjerit (Ct). Die ganze Masse rindenartig umge- wandelt, halbglasig, ohne erkennbare Aussenrinde. Tadjera 261. Hier ist gewissermassen das Endstadium des Processes der In- filtration und Umwandlung in Rindensubstanz vorliegend, indem durch die ganze Masse, welche nunmehr von der Rinde gar nicht zu unter- scheiden ist, ein halbglasiger Zustand eingetreten ist. 20. Chondrit, schwarz, etwas kohlehältig (Cs). Durch fein ver- theilte Kohle in der Grundmasse dunkelgrau bis schwarz gefärbt. Chondren meist hellfarbig. Renazzo 15 24, Mikenskoi (Grosnaja) 3 61, Goalpara 68, Dyal- pur 8712, Sevrukof 1,1 74. Dyalpur hat ein zusammenhängendes Eisennetz, das in feinen Adern zwischen den schwarzen Körnern zu Tage tritt. 21. Kohliger Chondrit (K). Starker Kohlegehalt bei fast voli- kommener Abwesenheit von metallischem Eisen und dementsprechendem niederen specifischen Gewichte. Alais 1506, Belmont (Simonod) 3 35, Cold Bokkeveld 1338, Kaba ! 57, Orgueil 14 64, Nagaja 479. Die Echtheit des Steines von Belmont ist zu wiederholtenmalen bestritten worden, ohne dass diese Anfechtung durch eine vollständige Untersuchung gestützt worden wäre. [35] Die Meteoritensammlung des k. k. mineraiogischen Hofkabinetes. 185 Das genaue Falldatum für Nagaja — 1. Juli 1879, gegen Abend — wurde mir durch Herrn Chemiker W. Seekamp in Conception del Uruguay mitgetheilt, welchem unser Museum auch ein ausgezeichnetes Stück des Steines verdankt. Die auffallende Aehnlichkeit dieser Loca- lität mit Cold Bokkeveld wurde schon von Daubre&e hervorgehoben; sie geht so bis ins kleinste Detail, dass eine Unterscheidung beider nach dem Ansehen ganz unmöglich wäre. 22. Kügelchenchondrit (Cc). Viele harte, feinfaserige, braune Chondren in einer mehr zerreiblichen Grundmasse; beim Zerbrechen des Steines bleiben die Kügelchen ganz, lassen sich auch leicht heraus- lösen. Albareto „ 766, Wittmess (Eichstädt) 2 785, Benares 13 798, Timoschin 2? 07, Slobodka 1° 18, La Baffe ' 22, Praskoles (Horovic) 14 24, Krasnoj-Ugol 329, Pine Bluf (Little Piney) '% 39, Utrecht 2 43, Yatoor 2? 52, Borkut 43 52, Trenzano 42356, Quenggouk ?4 57, Aussun 72, 58, Gopalpur 23 65, Muddoor °31 65, Hessle 169, Sears- mont 2171, Lance 3? 72, Ihung „73, Zsadany °> 75, Judesegeri 15 76, Rochester 2176, Sarbanovaec (Sokobanja) 13.77, Tieschitz “5 78, Gnaden- frei 1 79. Das Charakteristische dieser Gruppe liegt nicht, wie nach der Tsehermak’schen Definition, in der reichlichen Anwesenheit der harten Kügelchen allein, weil ja diese Eigenschaft auch den krystallinischen Chondriten eigen ist, sondern wesentlich auch in dem Gegensatze der Härte dieser Kügelchen zu der Weichheit der lockeren, zerreiblichen Grund- masse, wodurch die Chondren beim Zerbrechen des Steines ganz bleiben ; die obige Definition der Gruppe hat auch den Vortheil, dass solche Steine, welche an Chondren nicht sehr reich sind, aber im Uebrigen mit den Kügelchenchondriten übereinstimmen, naturgemäss in diese Gruppe fallen, während sie an einer anderen Stelle des Systemes nur gezwungen untergebracht werden könnten; dies gilt z. B. von Searsmont, das Tschermak zu den intermediären Chondriten gestellt hatte. Bezüglich des Steines von Slobodka hat Goebel nachgewiesen, dass er zu den Kügelchenchondriten gehört, und dass der von Partsch aus Petersburg als Poltawa erhaltene mit Sicherheit als Slobodka anzu- sehen ist. Der Meteorit von Lance hat mehr Aehnlichkeit mit den schwarzen Chondriten, zu denen er nur, deshalb nicht gestellt werden konnte, weil Daubre&e angibt, dass er keine Kohle enthält. Die harten, feinfaserigen Kügelchen lösen sich nur theilweise aus der Grundmasse, welche selbst ziemlich consistent ist, ohne jedoch krystallinisch zu sein. Ihung hat ein grobes Gefüge, Chondren meist 15 bis 6 Milli- meter Durchmesser, Rinde rauh und dick (1—1’5 Millimeter). Der Stein von Zsadany ist an den Exemplaren unserer Sammlung arm an Chondren, deren Verhältniss zur Grundmasse nicht besonders deutlich erkennbar ist; Herr Professor Cohen, welcher den Stein ein- gehend untersucht hat, findet, dass er in die vorliegende Gruppe gehört. Judesegeri ähnlieh Schobergrund ; Rinde fein (0'2—0'5 Millimeter). Rochester ähnlich Gnadenfrei, nur die Rinde ist abweichend, sehr grob und dick (1 Millimeter). Jahrbuch d. k.k. geol. Reichsanstalt, 1835. 35. Band. 1. Heft. (Dr. A. Brezina.) 24 [37] Die Meteoritensammlung des k. k. mineralogischen Hofkabinetes. 187 wohner dieses letzten Dorfes behaupteten, dass viele kleine Steine auch in den nordwärts vom M. Devica gelegenen Wald gefallen wären. Hievon konnte aber, trotz des vielen Nachsehens, nichts Näheres eruirt werden, ebensowenig von einem sackgrossen Steine, der irgendwo auf felsigen Grund aufgefallen und in unzählige Trümmer zerfallen wäre. Die acquirirten Meteoriten haben ein Gesammtgewicht von 48 Kilo- gramm. Der grösste Stein — Nr. 3. in der beigeschlossenen Skizze — der beim Ausgraben in mehrere Stücke zerfiel, wurde zur Vertheilung an heimische und auswärtige Anstalten bestimmt, ebenso wie die übrigen Trümmerstücke. Dieser Stein soll ursprünglich viel grösser gewesen sein — 30 Oka, über 38 Kilogramm ; — von den Stücken wurden aber viele verschleppt, so dass nur noch 20 Kilogramm übrig blieben. ‘ Das dem k. k. Cabinete abgetretene Stück von 2'480 Kilogramm und die kleineren Bruchstücke rühren von diesem Stein her. Die Grube, aus der dieser Stein ausgehoben wurde, verlor bei der ungeschickten Manipulation ihre ursprüngliche Form und wurde auch später über- ackert, so dassweder die Fallrichtung noch die Tiefe eruirt werden konnten. Das zweitgrösste Meteoritenstück — Nr. 1 — von 16'310 Kilo- sramm hat die Form einer etwas unregelmässigen Dipyramide, die an zwei Ecken stark beschädigt wurde, sonst aber allerseits die® übliche Kruste aufweist. Dieser Stein war in der Richtung von 225° gegen den magn. Meridian unter einem Einfallwinkel von 52° mit 0'8 Meter in das Erdreich gedrungen. Der dritte Stein — Nr. 2 — von etwas über 9 Kilogramm war in der Richtung von 340° gegen den magn. Meridian unter einem Ein- fallwinkel von 82° mit 0'7 Meter in den Boden gedrungen. - Von den zwei Steinen der mittleren Gruppe — Blendija — ist der eine ein Bruchstück, der andere — Nr. IV nebst 1 und 2, für das Cabinet unserer Schule reservirt — von 0'6 Kilogramm scheint für sich eine weite Strecke durch die Atmosphäre geflogen zu sein, da er bis auf einige beschädigte Stellen auf der ‘ganzen mehrseitigen Oberfläche schwarz überkrustet ist. Dieser Stein war in der Richtung von 110° gegen den magn. Meridian unter einem Einfallwinkel von 30°!) mit nur 0'02 Meter in das Erdreich gedrungen. Die drei Steine der südöstlichen Gruppe sind sämmtlich Bruch- stücke, und dasselbe dürfte auch mit den übrigen Steinen, die in Privatbesitz geriethen, der Fall sein. Da das Dorf Blendija nahezu im Mittelpunkte des eben bespro- chenen Meteoritenfalles liegt und da hier die Steine den menschlichen Wohnungen am nächsten fielen, wäre Blendija vielleicht der geeig- netste Name, unter dem dieser neue Erdengast in die Wissenschaft eingeführt werden könnte. Die Ergebnisse der bisher in unserer Schule gepflogenen Unter- suchungen sind folgende: .. 1) Aus diesen Elementen, der Fallrichtung und den Einfallwinkeln der Steine Nr. 1, 2 und 4 glaubt Professor Kleri& die Höhe berechnen zu können, in welcher der Meteorit zur Explosion kam. Diese Berechnungen sowie die von Professor Lozani( begonnenen Analysen konnten wegen des inzwischen ausge- brochenen Krieges nicht zu Ende geführt werden, da die eben genannten Lehrer anderwärts verwendet werden mussten. 24* 188 Dr. A. Brezina. [38] Unser Meteorit gehört zu den Normalen Partsch’, den Chon- driten G. Rose’s. Sein spec. Gewicht ist 3'502 Kilogramm — Mittel von Wägungen mehrerer Bruchstücke ohne Rinde. An metallischem Eisen enthält er 3’7—3'8 Percent. Das durch den Magneten ausgezogene Eisen besteht aus 78'13 Fe, 2170 Ni und 0:17 Cu. Die sonstigen metallischen Verbindungen sind: Ferro-oxyd 2841, einfach Schwefeleisen 6°75, wenig MnO und noch weniger Chromit. Die übrige Masse ist vorwiegend Magnesia-Silicat mit etwas Natron, Kali und Spuren von Phosphor. Die kugeligen Einschlüsse, besonders die grösseren — die grösste beobachtete Kugel hat einen Durchmesser von 0'04 Meter — erwiesen sich, trotz des verschiedenen, verschwindend kleinen Kornes, mit den übrigen Meteoritenmassen als gleich constituirt. Einige von den mässig kleinen Kügelchen schienen uns aus einer olivinartigen Masse zu bestehen. Da unserer Schule keine Meteoritensammlung zu Gebote steht, konnten keine Vergleichungen angestellt werden. Was indessen unseren Meteoriten von den meisten Chondriten auszuzeichnen scheint, ist der Mangel an Aluminia und Calcia, und hiedurch sowie auch durch die Menge von Nickel dürfte sich derselbe Siena und Benares nähern; mit diesem letzten scheint er auch durch die kugeligen, hie und da be- deutend grossen Einschlüsse verwandt zu sein. Ueber den Stein von Tieschitz liegen bereits ausführliche Mitthei- lungen von Tschermak allein und zusammen mit Makowsky vor; ersterer, welcher durch ein an die meteorologische Centralanstalt gerichtetes Telegramm des k. k. Postmeisters Franz Tillich Kenntniss von dem Falle erhielt, erstattete nach seiner Rückkunft vom Fallorte einen Bericht über den unterdessen an das Brünner Polytechnicum gelangten Stein an das k. K. Obersthofmeisteramt, welches mir ge- stattete, mich behufs Erwerbung des Eigenthumsrechtes an dem Meteo- riten und Einsammlung allfälliger. Bruchstücke an den Fallort und zu dem zu ermittelnden Eigenthümer des Fallgrundes zu begeben. An dem ersteren konnte ich in Folge freundlicher Unterstützung der Herren: Hofrath Winkler der Statthalterei in Brünn, Bezirkshaupt- mann Marschofsky aus Prerau, Director Strohschneider der Zuckerfabrik Dolloplass und Postmeister Tillich aus Nezamislitz eine Anzahl Bruchstücke theils sofort einsammeln, theils wurden solche durch den zweitgenannten Herrn abgesammelt und an das Cabinet geschickt; auf diese Weise gelangten 70 Gramm Bruchstücke an uns. Der Haupttheil des Steines im Gewichte von 27 Kilo 470 Gramm war, wie schon erwähnt, an die Brünner technische Hochschule, und zwar durch den Director der Dolloplasser Zuckerfabrik (der Pächterin des Fallgrundes) gegeben worden, wodurch er vor dem Vandalismus der Orts- einwohner geschützt wurde, welche bereits Bruchstücke im ungefähren Gewichte von 1 Kilo abgeschlagen hatten. Die Eigenthümerinnen des Grundes, auf welchen der Stein ge- fallen war, Freifrau Adelheid Ulm-Erbach, geborene Gräfin Stomm, Gräfin Clotilde und Gräfin Delphine Stomm, zu welchen ich mich sodann nach Schloss Lippthal begab, erklärten, ihr Eigenthumsrecht an den Majoratserben der Stomm’schen Güter, Frei- [39] Die Meteoritensammlung des k. k. mineralogischen Hofkabinetes. 189 herrn Max Ulm-Erbach abtreten zu wollen, damit letzterer es den kaiserlichen Hofsammlungen cediren könne, was sodann von diesem mittelst einer an das k. k. Hofmarschallamt gerichteten Schenkungs- urkunde geschah; nachdem das k. k. Obersthofmeisteramt die aus letz- terer Urkunde erwachsenen Rechtsansprüche an dem Steine dem k. k- Unterrichtsministerium dargelegt hatte, verfügte dieses die Uebertragung des Meteoriten an das mineralogische Hofkabinet. Im Jahre 1879 gelangte durch Herrn Postmeister Tillich die Nachricht nach Wien, dass im August 1873 auf einem zur Ortschaft Tischtin (TiStin) gehörigen Felde eines gewissen Zapletal. 8 Minuten von der Fallstelle des Hauptsteines, beim Getreidemähen ein faust- grosses Fragment des Steines gefunden worden sei, von welchem Her- Tillich im Jahre 1880 ein 11 Gramm schweres Fragment als Geschenk an das Cabinet sandte; in Folge dessen nahm Herr Assistent J. Szombathy gelegentlich einer zu prähistorischen Zwecken unter- nommenen Reise eine Nachforschung vor, bei welcher es ihm gelang, ansehnliche, an das Hauptstück passende Bruchstücke im Gesammt- gewichtte von 494 Gramm bei verschiedenen Ortseinwohnern zu erwerben, ferner den Verbleib von vier weiteren Stücken zu ermitteln. welche im Besitze von Schulen und von Privaten waren und sodann grösstentheils durch freundliche Vermittlung des Herrn Lehrers Rumpel in Tausch und Kauf erworben wurden; das Gewicht dieser letzteren Stücke betrug 130 Gramm, so dass die angeblich in Tischtin gefundenen Fragmente zusammen ein Gewicht von 635 Gramm besassen, Diese Fragmente, welche genau an das Hauptstück passen, ergänzen dasselbe so weit, dass die ganze äussere Form erkannt werden kann, und man sieht, dass nicht mehr als etwa 150 bis 200 Gramm fehlen können. Vergleicht man die solcherart gewonnene restliche Ergänzung von etwa 800 Gramm mit der abgeschlagenen Menge von ungefähr 1000 Gramm, von welcher mir schon bei meiner Anwesenheit Ende Juli in Nezamislitz berichtet wurde, also zu einer Zeit, wo der angeb- liche Fund in Tischtin noch gar nicht gemacht war, so wird es höchst wahrscheinlich, dass die erwähnten Fragmente schon im Juli abge- schlagen, aber aus Furcht, sie abliefern zu müssen, verheimlicht worden waren, und das Märchen von der nachträglichen Auffindung auf einem Felde des Zapletal erst dann erfunden wurde, als bekannt geworden war, dass der Rechtsanspruch an einen gefallenen Meteoriten aller Wahrscheinlichkeit nach dem Eigenthümer des Grundes zukommt. Trotzdem ich diesen Sachverhalt für äusserst wahrscheinlich halte, will ich doch einen der photographischen Copie der Aufnahmskarte der österreichischen Monarchie 1:25.000 entnommenen Situationsplan geben (Fig. 9, Tafel 4), worin von Herrn Assistenten Szombathy der Fallpunkt des Hauptsteines in Tieschitz und der angebliche Fundpunkt der Fragmente auf dem Felde des Zapletal in Tischtin durch Anvisiren der Kirchthürme von Tieschitz und Tischtin bestimmt wurden; zwei mit Pfeilen versehene Linien bedeuten die angenommene Flugrichtung des Meteors, und zwar die obere nach den Bestimmungen von Niessl (in der Arbeit von Makowsky und Tschermak), die untere nach Angaben, welche die Augenzeugen Herrn Szombathy gemacht 190 Dr. A. Brezina. [40] haben und welche letzterer zu einer trigonometrischen Bestimmung verwenden konnte. 23. Kügelchenchondrit, geadert (Cca). Werchne Tschirskaja 1?43, Saint Denis Westrem 155, Sikken- saare (Tennasilm) °? 72. Die grobe, wenig zusammenhängende Structur der Kügelchenchon- drite scheint der Adernbildung nicht sehr günstig zu sein, wie aus der geringen Zahl der hiehergehörigen Fälle hervorgeht; dies ist auch begreiflich bezüglich der metallischen Adern, weil ein Aufpoliren des Eisens bei dem grossen Härteunterschiede zwischen Kügelchen und Grund- masse sehr erschwert sein muss; dagegen sollte man erwarten, dass eine Infiltration aus demselben Grunde um so leichter sein müsste, was aber augenscheinlich nicht der Fall ist. Noch auffälliger wird dieses sich Ausschliessen von Aderbildung und Kügelchencharakter durch den Umstand, dass in allen drei obigen Fällen der Kügelchencharakter wenig ausgeprägt ist, besonders bei den zwei ersten, von denen auch Saint Denis von Tschermak zu den intermediären Chondriten gestellt worden war. Es ist nicht uninteressant, die Vertheilung der adernfreien, geader- ten und breceienähnlichen Steine innerhalb der Gruppen Cw, Ci, Cg und Cc zu betrachten: NE, | Ci | Cz Ce Fälle Procent | Fälle Procent | Fälle Procent| Fälle Procent Aderhiren 37023, 248.1 1423052 | 1-20 1, 20002 Geadert .. .10.29 .46) 13.0, 083.1 nOB 244 Breceisnähnlich 3 6.| A 15 18 | se Es sind also bei den lockersten (Ce) 82 Percent gegen 13 adern- frei, dann kommen die Cw und Ci mit 48 gegen 52 und 52 gegen 48, sodann die compactesten (Cg) mit 27 gegen 73; ein ziemlich regel- mässiges Fortschreiten, das nur dadurch gestört wird, dass die Ow, welche den Ce in Bezug auf Compactheit viel näher stehen als den Ci, mit letzteren gleichen Percentsatz haben, während ebenso Ci und Cg eher als gleich erwartet werden sollten. Sikkensaare zeigt auf dem grossen, von Herrn Baron Schilling erhaltenen Stücke in ausgezeichneter Weise das Uebergreifen des Schmelzwulstes; die Chondren gehen bis zu Erbsengrösse. 24. Kügelchenchondrit, breceienähnlich (Ccb). Weston 14 07, Gütersloh 1 51, Heredia 4 57. Weston war bei Tschermak als Cw-+ Cc angeführt; das wäre richtig, wenn der eine Antheil ein weisser, der andere ein Kügelchen- chondrit wäre, also die losen Kügelchen nur in einem (grauen) Theil stecken würden; das ist aber nicht der Fall, die Kügelchen finden sich in gleicher Weise in beiden Theilen, es ist also der Grundcharakter der der Gruppe Cc mit breccienartigem Aussehen. Das Gleiche gilt bezüglich Gütersloh, das Tschermak als Ci+ Ce bezeichnet hatte. 25. Kügelchenchondrit-Ornansit (Cco). Die ganze Masse besteht aus ziemlich lose an einander haftenden Kügelchen. Ornans 44 68, Warrenton 3 77. Hier haben die Kügelchen an Zahl so zugenommen, dass sie die Bindemasse fast ganz verdrängt haben. Beide Steine sind einander zum [41] Die Meteoritensammlung des k. k. mineralogischen Hofkabinetes. 191 Verwechseln ähnlich, haben blaugraue Farbe und eine dicke, matte Rinde. Vielleicht gehört hierher auch der nicht in Wien vertretene Stein von Ngawi. 26. Krystallinischer Chondrit (Ck). In einer fester, krystallini- schen, im Bruche schimmernden (nicht staubartigen, matten) Grund- masse liegen, fest damit verwachsen, harte, feinfaserige Kügelchen, welche beim Zerbrechen des Steines mit der Grundmasse entzweibrechen. Rinde meist rauh und grob, haftet nicht sehr fest am Innern. Erxleben "P 12, Richmond & 28, Simbirsk (Partsch) vor 38, Klein- Wenden +, 43, Oerro Cosima (Dolores Hidalgo) „44, Mainz 50, Segowlee &53, Stawropol + 57, Menow -%, 61, Pilistfer 3 63, Vernon Co. 2665, Dundrum 12 65, Pokra 23 66, Daniels Kuil 22 68, Motecka nugla 3368, Kernowve ?2 69, Tjabe 1% 69, Lumpkin (Stewart Co.) ;% 69, Khairpur %3 73. Der Stein von Richmond nimmt eine eigenthümliche Stellung ein, indem sein Gefüge zwar fest, aber nicht wie bei den übrigen Ck dicht ist; er bildet gewissermassen ein höheres Stadium der krystallinischen Ausbildung, in welchem die einzelnen Bestandtheile sich vollständiger sondern konnten; er könnte fast ebensogut zu der Gruppe der Kügel- chenchondriten gestellt werden, indem die Chondren beim Entzweibrechen der Stücke hald ganz bleiben, bald brechen. Ganz dieselben Bemerkunger gelten auch für Lumpkin, das über- haupt mit Richmond grosse Aehnlichkeit hat, wenngleich es etwas dichter, aber dabei weniger fest ist als dieses. Es war von Tschermak zu den intermediären Chondriten Ci gestellt worden, bei denen es aber schon seines Reichthumes an harten, feinfaserigen Kügelchen wegen auch nach der Tschermak’schen Definition nicht eingereiht werden darf. Wenn noch weitere Glieder ähnlich Richmond und Lumpkin gefun- den werden, könnte man dieselben in eine eigene Gruppe, Uebergang zwischen Ce und Ck, etwa unter der Bezeichnung halbkrystallinische Kügelchenchondrite Cck vereinigen, bei welchen die Chondren, soweit sie aus der Grundmasse auslösbar sind, nicht wie gewöhnlich bei den Cc glatt, sondern rauh und drusig sind. In ähnlicher Weise bildet Le Pressoir (Cia) einen Uebergang zwischen den intermediären und krystallinischen Chondriten; es nähert sich den letzteren durch das Aussehen auf Bruch- und Schliffflächen. Motecka nugla hat ein sehr feines Korn mit gleichmässiger Ver- theilung des Eisens, wodurch es die grösste Aehnlichkeit mit Klein- Wenden erhält; auch die Rinde ist, wie bei diesem, grob und unter- brochen. 27. Krystallinischer Chondrit, breccienähnlich (Ckb). Ensisheim 1$ 492, C. UVebergänge zu den Meteoreisen. 28. Mesosiderit (M). Olivin und Bronzit, daneben grössere oder geringere Mengen von Plagioklas, krystallinisch in einem Eisennetz. Grobes Korn, durch welches die chondritische Structur verhüllt wird. Sehr nahe Verwandtschaft mit den krystallinischen Chondriten, deren grobkörniges Aequivalent die Mesosiderite bilden. Hainholz 56, Newton Co. 62, Sierra de Chaco 62, Estherville 1,2 79, Karand (Veramin) z 80. 192 Dr. A. Brezina. [42] Tschermak (351—354) sondert den Stein von Sierra de Chaco unter der Bezeichnung Grahamit als eigene Art von den Mesosideriten ab, weil er bei der mikroskopischen Prüfung an zwei Stücken ein Ueber- wiegen des Plagioklases an Menge über den Bronzit und über den Olivin beobachtet hat; nun tritt aber Plagioklas auch im Meteoriten von Hainholz in nicht unbeträchtlicher Menge auf, wie sowohl durch Tschermak’s mikroskopische als durch Rammelsberg’s chemische Untersuchungen gefunden wurde; es hat ferner in Sierra de Chaco die chemische Bauschanalyse, welche jedenfalls zuverlässigere Auskunft über die Mengenverhältnisse der Bestandtheile gibt als die Untersuchung von Dünnschliffen, keineswegs ein Ueberwiegen des Plagioklases erkennen lassen, wie Tschermak selbst nach der Analyse von C. A. Joy anführt ; es scheint daher nicht gerechtfertigt, den Stein von Sierra de Chaco aus der Gruppe der übrigen, ihm so äusserst nahe verwandten herauszureissen; man muss vielmehr vorderhand annehmen, dass zufällig in den von Tschermak untersuchten Schliffen eine Anreicherung von Plagioklas zu beobachten war, wie dies ja bei gemengten Gesteinen etwas sehr Häufiges ist, wenn man nicht geradezu die Mengenbestim- mung der Bestandtheile durch Betrachtung von Dünnschliffen als trüge- risch verwerfen will, was ja schon von vielen Petrographen, namentlich bei so grobkörnigen Gemengen wie hier, gethan wird. Jedenfalls könnte die Aufstellung der neuen Art erst nach weiteren chemischen Untersuchungen angenommen werden. Sollte sich bestätigen, dass einzelne Glieder der Grujpe frei von Plagioklasen sind, wie dies bei Estherville und Karand der Fall zu sein scheint, dann könnte man die Plagioklas-führenden von jenen trennen ; es wäre aber dann passend, Hainholz zu Sierra de Chaco zu stellen. Das Falldatum für Karand und die Ortsbezeichnung stammen von Diezsch, Berg- und Hüttenm. Zeitg. 40. 100. 1881, welcher die erste Nachricht über diesen Fall gegeben hat. 29. Lodranit (Lo). Dünnes Eisennetz mit krystallinischen Kör- nern von Bronzit und Olivin. Lodran 7! 68. Ueber diesen höchst eigenartigen Meteoriten liegen Untersuchungen von Tschermak') und Meunier?) vor; der erstere fand durch Scheidung der Bestandtheile, dass er aus 32°5 Percent Nickeleisen, 31'2 Bronzit, 23°9 Olivin mit 7’4 Magnetkies und etwas Chromit bestehe, wovon das Nickeleisen ein zusammenhängendes Netz um die anderen körnigen Bestandtheile bildet; ausserdem soll der Bronzit grosse, rund- liche Einschlüsse eines doppelbrechenden Minerales mit Zwillingsstreifen enthalten, welche Tschermak nach ihren physikalischen Eigenschaften und nach dem Vorhandensein eines Thonerde- und Kalkgehaltes in dem in Salzsäure löslichen Theile des Meteoriten für Plagioklas gehal- ten hat. Feldspathe von einer solchen äusseren Form wären etwas ganz Aussergewöhnliches; nachdem nun auch Meunier zu einer anderen !) Tschermak: Der Meteorit von Lodran. Wien. Akad. Sitzungsb. 2. 61. 465—475. 1870. ?) Meunier: Histoire geologique de la Syssid&re de Lodran. Compt. rend. 95. 1176—1179. 1882. I [43] Die Meteoritensammlung des k. k. mineralogischen Hofkabinetes. 193 Ansicht gelangt ist, wobei aber nicht feststeht, ob er dieselbe Erschei- nung beobachtet hat wie Tschermak, während ich Gelegenheit hatte, an der Hand der Tschermak’schen Originalpräparate '), welche Eigen- thum des mineralogischen Hofkabinetes sind, die Erscheinung zu studiren, so will ich zunächst die diesbezüglichen Bemerkungen der beiden genann- ten Forscher wörtlich anführen und durch Copien zweier Tscher- mak’scher Figuren (Fig. 5 = Fig. 11, Tafel 4, und Fig. 6 = Fig. 12) erläutern und daran meine eigenen Beobachtungen anschliessen. Tschermak, Seite 470 (Seite 6 des Separatabdruckes), sagt: „io diesem Dünnschliffe sieht man übrigens auch, dass die Bron- zite dreierlei fremde Einschlüsse bergen. Der Menge nach ist zuerst jener Einschluss anzuführen, welcher in mehreren Bronzit-Individuen vorkommt und rundliche Körperchen bildet, die farblos zu sein scheinen. Fig. 5. Es ist dies ein doppelbrechendes Mineral, denn bei der Dunkel- stellıng des Bronzites zwischen gekreuzten Nicols erscheinen die rund- lichen Körperchen im Allgemeinen hell und farbig. Prüft man dieselben genauer, so erkennt man schon im gewöhnlichen Lichte an manchen feine durchgehende Linien, zwischen gekreuzten Nicols aber zeigt es sich sogleich, dass die Körnchen eine zwillingsartige Zusammensetzung haben, da die Hälften der Kügelchen in den verschiedenen complemen- tären Farben erscheinen. Fig. 6. Man darf daher in den Kügelchen einen Feldspath vermuthen.“ Und weiter unten : „Die zuerst genannten Kügelchen kommen in dem Bronzit in einer untergeordneten Menge vor, denn manche Indi- viduen enthalten nichts davon. Im Durchschnitt ist aber die Quantität immerhin so gross, dass sie bei der chemischen Untersuchung nicht übersehen werden kann. Die beiden übrigen Einschlüsse hingegen be- tragen so wenig, dass sie in der Analyse keine bestimmbaren Mengen liefern können, wofern nicht eine grössere Menge des Bronzites der Untersuchung dient.“ Das Volumgewicht des Bronzites wurde an 616'7 Mg. bestimmt zu 3:313. Zur Analyse dienten 571'3 Mg., welche lieferten: Kieselsäure . 316°2 Mg. oder 5535 Pet. Macnesigaı. IS rs, 32-85 Eisenoxydul . 6993 „ „ 1213 „ Thonerde . "34 „ ,„, 607; Kalkerde sy 3 N 05875 5799 Mg. oder 10151 Pet. Ferner heisst es bei Discussion der Analyse, S. 472 (S. 3 des Separat- abdruckes) : „Es wurden auch kleine Mengen von Thonerde und Kalkerde gefunden, wovon die letztere nicht zur Mischung des Bronzites gehört, also von einer fremden Beimengung herrührt. Es bleibt wohl kein Zweifel, dass die zuvor beschriebenen Kügelchen diesen Stoff geliefert 1) Der Schliff, welcher die fraglichen Erscheinungen zeigt, istin Tschermak’s Arbeit unter Fig. 1 und 2 im Ganzen dargestellt, während Fig. 5 und 6 (copirt in Fig.11 und 12, Tafel 4) die angeblichen Plagivklase daraus zeigt; das Präparat trägt die Acquisitionsnummer 1877. IV. 24. a. Jahrbuch d.k. k. geol. Reichsanstalt. 1885. 35. Band. 1. Heft. (Dr. A. Brezina.) 25 194 Dr. A. Brezina. [44] haben, dass also ein kalkhaltiges Silieat in denselben anzunehmen sei. Man könnte Diopsid, Augit, Wollastonit u. s. w. vermuthen, es gibt aber die mikroskopische Untersuchung einen bestimmten Anhaltspunkt durch die Ermittlung der zwillingsartigen Zusammensetzung, welche auf einen Feldspath deutet, und es folgt mit grosser Wahrscheinlichkeit, dass die kleinen Kügelchen aus Anorthit bestehen. Dafür spricht auch noch die Analogie mit dem terrestrischen Vorkommen des Bronzites. Wir sehen nämlich in dem Envstatitfels Streng’s und in dem von mir beschriebenen Olivingabbro die Paragenesis von Bronzit, Olivin, Anor- thit und finden in diesen Gesteinen den Anorthit noch öfters in der Form ..von Kügelchen verbreitet.“ Endlich gehören noch hieher zwei Stellen aus der Tafelerklärung, S. 475 (S. 11 des Separatabdruckes): „Fig. 5. Rundliche farblose Einschlüsse in einem Bronzitkrystall. Ausser diesen sind auch die feinen Nadeln sichtbar. Vergrösserung 120. Fig. 6. Einige der rundlichen Einschlüsse im polarisirten Lichte gesehen. Die auftretenden complementären Farben, welche durch Weiss und Grau angedeutet sind, machen die Zwillingsbildung erkennbar. Vergrösserung 120. Meunier schreibt S.1177: „Tout d’abord la structure des grains lithoides est fort interessante. On y observe surtout des inelusions remar- quables par leur volume relativement considerable. M. Tschermak a defini celles qu’on rencontre en grand nombre dans la bronzite, et qui, incolores et presque invisibles dans la lumiere naturelle, se teiguent de nuances tres vives entre les deux nicols. J’ai eu l’occasion d’en voir plusieurs et de noter leurs remarquables accidents de coloration. Mais les grains de peridot m’en ont offert de bien plus interessantes encore par la prösence de noyaux solides enfermes dans des cavites spheroidales, qu’ils sont loin de remplir. L’une des vacuoles, chargee a’une substaace incolore et active, possede cing nucleoles noirs et opaques, qui, au grossissement de 550 diametres, sont de formes tout-A-fait irregulieres. A 780 diametres, leur aspect n’est pas notablement different. Leur nature est peut-ötre indiquee par celle des inclusions 'noires noy6des en plein silicate et que M. Tschermak considere comme du fer chrome. Contrairement & l’opinion du mineralogiste autrichien, ces inclusions, qu’il a dessinees & 120 diametres, ne sont pas spheroidales, mais tout- a-fait polyedriques. O’est ce qu’on voit tr&s nettement au grossisse- ment de 550; il est cependant impossible, m&me dans ces conditions, d’y reconnaitre aucun cristal.“ Während also, wie man sieht, Tschermak diese rundlichen Einschlüsse nur im Bronzit beobachtet — was allerdings, wie ich gleich vorausschicken will, durch die neuerliche Untersuchung unseres Schliffes nicht bestätigt wurde — gibt Meunier auffallenderweise zwar an, diese im Bronzit gesehen zu haben, schliesst aber daran die Beschrei- bung von „noch viel merkwürdigeren“ im Olivin, welche aus dunklen, unregelmässigen Körnern bestehen, die in kugelförmigen, durch die Einschlüsse weitaus nicht erfüllten Hohlräumen liegen. Das Auffallende hieran ist nur, dass, wenigstens in unseren Präparaten, die Olivine eine viel geringere Zahl von solchen kugelförmigen Hohlräumen mit den kleinen schwarzen Kernen zeigen, dass hingegen die von Tschermak Ben . ee al nn Pr A a * \ * “ [45] Die Meteoritensammlung des k. k. mineralogischen Hofkabinetes. 195 für Feldspathe gehaltenen rundlichen Einschlüsse ganz das Aussehen von Vacuolen haben und ausserdem, was Tschermak ebenfalls ent- gangen war, ausnahmslos solche kleine schwarze, chromitähnliche Körper einschliessen, wie sie Meunier in den Vacuolen des Olivins findet. Nun ist allerdings nicht ausgeschlossen, dass die Pariser Prä- parate zufällig die Vacuolen mit schwarzen Kernen fast ausschliesslich im Olivin zeigen, während sie in unseren vorwiegend im Bronzit liegen; ein solcher zufälliger Gegensatz wäre aber doch sehr auffallend, und ich kann mich der Vermuthung nicht erwehren, dass die Beobachtung Meunier’s auf einer Täuschung beruht. Ich könnte mir die Ent- stehung einer solchen etwa so erklären, dass Meunier, als er die vacuolenartigen Gebilde im Bronzit erblickte, es für ausgeschlossen halten mochte, dass Tschermak etwas Derartiges für Plagioklas halten konnte, womit diese Gebilde in der That nicht die entfernteste Aehn- lichkeit haben; es wäre dann wohl möglich gewesen, dass Meunier unter diesem Eindrucke Bronzit und Olivin mit einander verwechselte, wiewohl ich andererseits sagen muss, dass er diese beiden durch ihre Färbung etwas verschiedenen Körper der Farbe nach richtig bezeichnet (Olivin bläulich, Bronzit gelblich). Das Aussehen beider ist jedoch, be- sonders in einzelnen Krystallen ohne ausgeprägte Spaltbarkeit, ausser- ordentlich ähnlich. Ich gehe nun zu der Beobachtung des Schliffes, zunächst im natürlichen Lichte, über. Die durchschnittlich 05 bis 1 Millimeter grossen Olivin- und Bronzitkrystalle, welche ein ziemlich ähnliches Aussehen haben, unter- scheiden sich, wie schon Tseher mak hervorgehoben hat, von einander hauptsächlich dadurch, dass jene von mehr oder weniger krummlinigen Sprüngen parallel der Basis (001) durchsetzt werden, welche moosartig mit schwarzen Pünktchen besetzt sind, während die Bronzite meist feine, geradlinige Streifen vom Charakter von Spaltungsrissen zeigen. Ausserdem ist ein zwar geringer, aber doch sehr constanter Farben- unterschied bemerkbar ; die Olivine sind wasserhell, mit einem Stiche ins Grünlichblaue, die Bronzite blass*grünlichgelb. Die Bronzite und seltener auch die Olivine lassen bei aufmerk- samer Betrachtung nahezu kreisförmig umgrenzte Gebilde erkennen, welche bei einem Durchmesser von etwa 001 bis 0:17 Millimeter gegen den Wirth scharf contourirt sind; der dunkle Rand ist sehr schmal und in der Farbe nicht sehr tief, so dass besonders bei gerader Be- leuchtung einige Aufmerksamkeit erforderlich ist, um diese runden Formen wahrzunehmen. Ihre Umrandung ist meist sehr regelmässig kreisrund, elliptisch, eiförmig, zuweilen mit einzelnen kleinen Auszackungen des Randes, seltener mit unregelmässigen Einbuchtungen oder Auswüchsen; einmal zeigtesich ein Ansatz (Fig. 13, Tafel 4) ähnlich dem Netze, das von einem Luftballon in starker Verjüngung zur Gondel herabreicht, oder dem Stiele an einer Birne; dieser Fortsatz war der Richtung der nadelförmigen Einschlüsse, also der Spur der Spaltungsebenen in dem betreffenden _ Bronzitkrystall genau parallel. Nachdem die elliptischen oder eiförmigen Gebilde häufiger als die kreisrunden sind, war an eine Orientirung derselben nach der Krystall- 25* 196 Dr. A, Brezina. [46] form des Wirthes zu denken; es ist jedoch eine solche nicht mit Be- stimmtheit nachzuweisen, indem zuweilen ein und derselbe Bronzitkrystall,: dessen einheitliche optische Orientirung ihn als Individuum kennzeichnet, Gebilde von den verschiedensten Orientirungen einschliesst ; gleichwohl ist die Längsaxe des Gebildes häufig so genau parallel zur Spur der Hauptspaltbarkeit des Bronzites, dass es fast den Anschein hat, als wenn dies einer Normallage entsprechen würde, von der die übrigen nur Ausnahmen darstellen. Im Olivine war keine Andeutung einer Regel- mässigkeit vorhanden. Das Innere dieser runden Gebilde zeigt zwei Eigenthümlickeiten ; bei den im Bronzite auftretenden unterscheidet es sich durch eine etwas weniger gelbliche, mehr dem Bläulichen zuneigende Färbung vom umgebenden Wirthe, und ausserdem besitzt jeder dieser rundlichen Körper sowohl im Bronzite als im Olivine einen oder mehrere Ein- schlüsse einer dunklen, fast undurchsichtigen Substanz. Tschermak, welcher die rundlichen Körper nur im Bronzite beobachtete, hat, wahr- scheinlich in Folge der zu geringen von ihm angewandten Vergrösserung, die dunklen Einschlüsse in den rundlichen übersehen; ihre Grösse geht nämlich von 0°02 Millimeter bis zu jedem Grade der Kleinheit hinab, die meisten sind unter 0'008 Millimeter. Meunier hat die runden Körper zwar im Bronzit und im Olivin beobachtet, gibt aber nur von den im letzteren enthaltenen an, dass sie dunkle Einschlüsse beherbergen, was bei der Regelmässigkeit, mit der diese Einschlüsse in allen runden Körpern auftreten, räthselhaft erscheinen würde, wenn man nicht die oben angedeutete Verwechslung annehmen wollte. Die dunklen Einschlüsse sitzen bald einzeln, bald zu mehreren, wohl auch zu Klümpchen gehäuft im Innern oder am Rande der runden Körper; ich habe sie in keinem der letzteren fehlen gesehen, wohl aber zeigen sich häufig einzelne oder auch zu Gruppen vereinigte, selbst in grösseren, einen Bronzit oder Olivin verquerenden Ebenen gelagerte dunkle Einschlüsse ohne jede Spur eines umgebenden runden Körpers, wobei ich gleich vorausschicken will, dass das Vorhandensein der letzteren mit grosser Schärfe aus deren Verhalten zwischen gekreuzten Nicols erkannt wird (siehe unten). Die oben erwähnten, zuweilen auftretenden ausgezackten Con- touren sind meist mit solchen dunklen Körpern in den Zacken besetzt; sehr selten kommt es vor, dass eine Unregelmässigkeit der Umrandung obne ein begleitendes dunkles Klümpchen auftritt. Auch zwischen der Grösse der runden Körper und ihrer dunklen Einschlüsse besteht eine gewisse gesetzmässige Beziehung, insoferne der grössere Wirth "meist entweder grössere oder aber zahlreichere Gäste beherbergt. Ganz besonders charakteristisch für die Beziehung dieser beiden Arten von Gebilden ist aber der schon erwähnte und in Fig. 7 abge- bildete birnförmige Einschluss. Ein Bronzitkrystall von 0'8 Millimeter Länge und 0’4 Millimeter Breite führt nahe seiner Mitte einen fast birnförmigen Körper von 009 Millimeter Länge und 0:07 Millimeter Breite, dessen Längsaxe genau der Spaltungstrace des Bronzites oder seiner einen Hauptauslöschungsrichtung parallel gestellt ist; von dem [47] Die Meteoritensammlung des k. k. mineralogischen Hofkabinetes. 197 spitzen Ende dieser Längsaxe führt ein ebenfalls der Spaltungstrace paralleler 0:005 Millimeter breiter und 0'06 Millimeter langer, parallel begrenzter Canal zu einem dreieckigen dunklen Körperchen hin; der birnförmige Theil besitzt drei solcher Körperchen, wovon der grösste einen rectangulären Querschnitt von 0'0025 Millimeter Länge und 0'016 Millimeter Breite zeigt und bei 450facher Vergrösserung an mehreren Stellen mit nelkenbrauner Farbe durchscheinend oder durch- sichtig ist. Ein zweiter dunkelbrauner Einschluss von einer |pfriemen- ähnlichen Gestalt liegt am Rande der Birne, und zwar an einer Stelle deutlicher Einbuchtung, welche genau durch die Lage des dunklen Einschlusses vorgeschrieben ist; gegen den spitzigen Theil zu ragt derselbe etwas über den runden Körper hinaus, und auch dort sieht man, wie sich letzterer durch eine deutliche Auszackung seinem Gaste anschliesst. Schon diese Beobachtungen im natürlichen Lichte lassen die An- nahme Tschermak’s, die runden Körper seien krystallinische Ein- schlüsse, speciell Feldspathe, als ganz unwahrscheinlich erkennen. Es wäre eine völlig unvermittelte Erscheinung, dass die Einschlüsse von einem Krystall in einem anderen mit solchen scharfen Begrenzungen von höchst gleichförmiger Krümmung abschneiden, welche in den ver- schiedensten Schnitten nahe kreisrund sind, also im Raume nahe kugelförmig sein müssen. Noch deutlicher spricht die beständige Wechselbeziehung zwischen der Begrenzung der runden Körper und denjenigen dunklen Einschlüssen, welche sich an einer solchen Be- grenzungslinie finden; an solchen Stellen findet sich immer eine Auszackung des Randes, welche sich nur dadurch leicht erklären lässt, dass man die runden Körper als Störungs-, respective Spannungs- erscheinungen im Wirthe, verursacht durch die Anwesenheit der schwarzen Einschlüsse, oder als Glaseinschlüsse ansieht. Durch die Untersuchung im polarisirten Lichte wird eine solche Erklärungsweise der Erscheinung bestätigt. Stellt man zwischen gekreuzten Nicols den Wirth auf Dunkelheit, so sind die runden Ein- schlüsse aufgehellt, d. h. sie zeigen lebhafte, den Contouren des Randes concentrisch folgende Farbenringe in den Newton’schen Farben; wo im Rande ein schwarzer Körper eingeschlossen ist und eine Auszackung des Randes verursacht, trägt auch wenigstens der äusserste Ring eine etwas kleinere Zacke. Was die angeblichen Zwillingsstreifen in den Einschlüssen des Bronzites anbelangt, welche Tschermak in Fig. 6 abbildet, so sollen sich dieselben im polarisirten Lichte durch complementäre Farben vom übrigen Einschluss abheben. ‘Das ist unrichtig. Der obere Einschluss lässt schon im natürlichen Lichte das dunkle Band erkennen, ähnlich wie inTschermak’s Zeichnung (wo jedoch die graue Farbe nur die complementäre Färbung „im polarisirten Lichte“ — soll wohl heissen zwischen Polariseuren — andeuten soll). Bei Vergrösserung 140 sieht man, besonders bei einem schwachen Objectiv, dass das dunkle Band durch feine Dendriten gebildet wird, welche auf einer zur Schlifffläche sehr steil gestellten Spaltkluft liegen ; allerdings erkennt man diesen Sachverhalt erst, wenn man ähnliche, minder steile dendritische Spalten untersucht hat, wie deren namentlich in dem von Tschermak unter 198 Dr. A. Bıezina. [43] Fig. 5 abgebildeten Bronzitkrystalle an zwei Einschlüssen zu sehen sind. Einer derselben liegt zur Hälfte über einem solchen Spaltriss von der Form eines Kappenschirmes, welcher sehr gleichmässig von Dendriten erfüllt ist. Stellt man scharf auf den runden Einschluss ein, so erscheint das dendritische Geäder unscharf, d. h. es verleiht nur dem betreffenden Theile des Gesichtsfeldes eine dunkle Farbe; ähnlich ist es mit einem zweiten Einschlusse aus dem Fig. 5 abgebildeten Krystalle, wo ein dunkles Band quer hindurchsetzt, das jedoch nicht von Dendriten herrührt, sondern nur von einer Spalte; es begegnen sich nämlich in dem betreffenden runden Einschluss zwei parallele Spaltungsflächen, welche in geringem Abstande von einander verlaufen; quer durch den Einschluss setzt eine Spalte, welche die Enden der beiden Spaltungs- flächen mit einander verbindet; diese Spalte lässt das Licht nicht hin- durch, sondern reflectirt es grösstentheils, wodurch sie dunkel erscheint. Bei allen diesen dunklen Bändern (also auch dem in Tschermak’s Fig. 6 oben gezeichneten) treten zwischen Nicols keinerlei Farben- verschiedenheiten zwischen Band und übrigem Einschluss auf. Anders ist es bei dem von Tschermak in Fig. 6 unten gezeich- neten Einschluss, der zur Hälfte verzwillingt sein soll. Hier sieht man allerdings bei gekreuzten Nicols eine Farbenverschiedenheit zwischen den beiden Hälften des Einschlusses, welche übrigens auch hier schon im natürlichen Lichte unterschieden sipd; nämlich was bei Tschermak hell gezeichnet ist, ist in Wirklichkeit dunkel und umgekehrt. Bei Ver- grösserung 140 sieht man, dass die dunkle Hälfte des Einschlusses von einem Spaltriss durchsetzt wird; es könnte sein, dass beim Entstehen dieses Risses in der davon durchsetzten Hälfte des runden Gebildes die Spannung nahezu aufgehoben worden ist. Diesen regelmässigen, rundlichen Einschlüssen ganz ähnlich sind in Beziehung auf die Farbenerscheinungen viele dergleichen Stellen, an welchen zwei verschiedene Krystalle aneinandergrenzen; solche Stellen zeigen nämlich ebenfalls häufig Newton’sche Farben im polari- sirten Lichte, nur mit dem Unterschiede, dass hier die Erscheinung meist ganz unregelmässig begrenzt ist, wie dies eben den zufälligen Formen der aneinandergrenzenden Krystalle entspricht. Was nun die Natur der runden Gebilde anbelangt, sehen wir zunächst, wie schon oben erwähnt, dass sie angenähert Kugelform be- sitzen müssen, weil ihre Durchschnitte in allen Krystallen, welche ja gegen die Schnittfläche die verschiedensten Orientirungen haben, nahe kreisförmig erscheinen; die Kugel ist aber die einzige Form, welche mit einer Ebene in jeder Richtung eine Kreislinie zum Durchschnitt gibt. Diese Kugeln könnten leer, mit einem Gas, mit einer Flüssigkeit, mit Glas oder mit einer krystallisirten Substanz gefüllt sein; oder sie könnten eine durch Spannung veränderte Partie des ganzen Krystalles enthalten. Die ersten drei Annahmen (leer, mit Gas oder Flüssigkeit erfüllt) sind durch den Umstand ausgeschlossen, dass häufig Spal- tungsrisse mit oder ohne Dendritenbildung die runden Körper durchsetzen. Gegen Einschlüsse krystallisirter fremder Substanz spricht die stets runde Begrenzung; jedenfalls könnte es nur eine einfach- brechende Substanz sein, weil sonst die Farben zwischen gekreuzten Nicols nicht lediglich der Umrandung folgen könnten. Es bliebe also [49] Die Meteoritensammlung des k. k. mineralogischen Hofkabinetes. 199 die Wahl zwischen Glaseinschlüssen oder einer durch Spannung verän- derten Structur des Wirthes.. Für letztere Annahme würde die oben- erwähnte getheilte Kugel mit verschiedenfarbigen Hälften sprechen, welche durch theilweise Aufhebung der Spannung ihre Farbenverschie- denheit erhalten haben könnte; dagegen aber ist wieder nicht gut er- klärlich, warum dieser Fall unter den vielen von Spaltrissen durch- setzten Einschlüssen nicht öfter zu beobachten ist; auch ist es eigenthümlich, dass eine solche Spannung meist nur auf einen kugel- förmigen Raum wirken soll; hingegen spricht der erwähnte birnför- mige Körper, welcher eine der Hauptspaltbarkeit parallele Verbindung zwischen zwei schwarzen Einschlüssen zeigt, wieder mehr für Störungs- erscheinungen und gegen Glaseinschlüsse. Ich möchte die Entscheidung zwischen diesen beiden Annahmen noch offen lassen, wenngleich mir die Annahme von Störungen wahrscheinlicher scheint. II. Eisenmeteoriten. Eisen (Nickeleisen), entweder alleinherrschend oder ein zusammenhängendes, auch auf Schnittflächen so erscheinendes Netz bildend. . Die weitere Eintheilung der Eisenmeteoriten kann, wie ich schon eingangs erwähnt habe, nur nach der Structur erfolgen, weil eine Sonderung nach verschiedenen Nickeleisenlegirungen derzeit ganz un- durchführbar ist. Es werden also die Eisen nach Absonderung der Silicatführenden, welche ein Uebergangsglied von den Steinen bilden, naturgemäss in hexa@drische ohne Schalenbildung, in okta@drische mit schalıgem Aufbau und in dichte geschieden werden, wie dies von Rose geschehen ist; die Bezeichnung hexa@drische und oktaädrische ist dabei selbstverständlicherweise in einem etwas anderen Sinne ge- nommen als bei der Unterscheidung der Modi der Krystallreihen, bei welchen sich diese Ausdrücke vorwiegend auf die hexaädrische und okta@drische Spaltbarkeit beziehen. Die hexaädrischen Eisen zeigen die von Neumann!) am Braunauer Meteoriten entdeckten Neumann’schen Figuren, die okta@drischen Eisen die von Widmanstätten im Jahre 1808 am Agramer Eisen aufgefundenen und nach ihm benannten Figuren, welche beide in zahlreichen, ausgezeichneten Abbildungen in der Literatur wiedergegeben sind. Trotzdem zeigt sich die sehr merkwürdige Er- scheinung, dass viele namhafte Meteoritenforscher von diesen funda- mentalen Attributen der Eisenmeteoriten nicht die mindeste Kenntuiss haben. So sagt Daubre&e?) vom Eisen von Santa Catarina: „Une surface polie de ce fer natif, traitee par un acide, presente des figures, dites de Widmanstätten, qui sont tres-fines, mais dans lesquelles on peut distinguer une regularite geometrique. On y re- connait de tres nombreux traits brillants rectilignes et tr&s-courts, qui, pour la plupart, sont orientes parallelement & trois directions, deux perpendiculaires entre elles, la troisieme & 45 degres sur les deux autres ; les traits correspondent probablement & des troncatures du cube sur l’octaedre regulier.“ ') Neumann, J.: Naturw. Abh. Herausgeg. v. Haidinger. 3. 45—56. 1850, ?) Daubr&e: Compt. rend. 84. 483, 1877. 200 Dr. A. Brezina. [50] Aehnliches hatten schon vorher Guignet und Ozorio de Almeida!) vom selben Eisen gesagt: „Si l’on attaque par l’acide chlorhydrique sa surface polie, on apercoit aussitöt les figures caracteristiques des fers meteoriques (figures de Widmanstätten).“ Ebenso Damour?): „Une deses surfaces, polie et trait&epar un acide, laisse apparaitredes dessins particulierement counus sous le nom de figures de Widmanstätten.* An unseren und allen übrigen Stücken dieser Localität, welche ich bisher gesehen habe, ist nichts Derartiges zu bemerken; ebenso lassen die in Paris zur Schau gestellten Stücke nach münd- licher Mittheilung des Herrn Professor Cohen keine Spur von Widmanstätten’schen Figuren wahrnehmen, welche auch auf den Ab- bildungen Daubree’s fehlen; ja sogar aus Daubre&e’s oben an- geführter Beschreibung geht mit Evidenz hervor, dass es sich keines- falls um solche Figuren handeln könne. Man könnte freilich noch einwenden, dass etwa Daubre&e überhaupt alle an Meteoriten auf- tretenden Figuren beliebiger Artals Widmanstätten’sche bezeichnet ; dies würde jedoch aller Logik widerstreiten, welche von einer De- finition verlangt, dass sie auf wesentliche und nicht auf zufällige Eigenschaften gegründet sei und dass sie nicht ganz heterogene Dinge unter einen Namen bringe, sondern solche, welche wenigstens der Hauptsache nach gleichartig sind. Eben so sonderbare Anschauungen finden sich bei W. Flight), der doch die ausgezeichnete Meteoritensammlung des British Museums zu seiner Verfügung hat. Er sagt: „It rarely happens, that Widman- stättian figures are developed in irons containing more than nine per cent of nickel... It is worthy of note, however that the irons mentioned below, with the percentage of nickel found in them, give lines occasionally, but no figures: Octibbeha Co. —= 59:69 ; Caille = 17'37 ; Babb's Mill— 111, 147 and 124; Howard Co. (1862)—=12'29; Atacama (1862) = 11.5; Krasnojarsk = 1073; Tucuman = 10.0; Zacatecas = 9.89 and Szlanicza —= 8°91.* „While the following irons exhibit them in great. perfection : Elbogen = 85; Lion River =6'7 ; Lenarto =6'55; Modoc =6'35; Sevier 00.=65 and 538; Schwetz = 5.117, Tabarz = 5'69; Cambria= 51 and 5'0; Braunau=55; Asheville= 5.0 and Ruf”’s Mountain = 312.“ Könnte nun das Auftreten der Figuren an Atacama und Krasno- jarsk als strittiger Punkt offen bleiben (obwohl sehon 'Reichenbach in beiden die vollständige Trias von Balken-, Füll- und Bandeisen nachgewiesen hat, welche, wie seither wohl als bekannt vorausgesetzt werden darf, einem okta@dlrischen Baue folgt), sowie das eigenartige Gefüge von Zacatecas mit einem besonderen Namen ausgezeichnet werden, so ist es doch ganz unbegreiflich, wie von Szlanicza und Caille !) Guignet et Ozorio de Almeida ebendas. 83. 917. ”) Damour ebendas. 84. 478. 1877. e °) Flight: A chapter in the history of meteorites. Geolog. Mag. 2. ser. 2. 80. 1875. Er [51] Die Meteoritensammlung des k. k. mineralogischen Hofkabinetes. 201 behauptet werden kann, sie besässen keine Widmanstätten’schen Figuren; an Szlanicza sind sie allerdings häufig schwach contourirt (nämlich in den Schreibersit-armen Varietäten); aber es ist doch kaum wahrscheinlich, dass London unter seinen 9 Kilo Arvaeisen kein einziges mit diesen Rippen besitzen sollte, durch welche die Figuren ‘so schön hervorgehoben werden; und selbst in diesem Falle muss Flight doch den ausgezeichneten Naturselbstdruck kennen, den Haidinger von Arva, zusammen mit Sarepta, veröffentlicht hat. Und nun vollends Caille, das zu den typischesten Vertretern der okta&drischen Eisen gehört! Davon hat London 374 Gramm, doch wahrlich genug, um daran die Figuren sehen zu können. Aber Flight hatte die 1737 Procent Nickelgehalt im Sinne (die übrigens gar nicht vorhanden sind, de Luynes fand 7'37, Rivot 620 und 6.50, Boussingault 9.76 und 9.90 Procent Nickel’), und da dies vortrefflich mit seinem Gesetze übereinstimmte, begnügte er sich wahr- scheinlich mit einer schlecht geätzten Platte, an der die Figuren etwas weniger deutlich entwickelt sein mochten. Umgekehrt findet er am Braunauer sehr vollkommene Widmanstätten’sche Figuren, er verwechselt sie also mit den Neumann’schen. Eigenthümlich ist, dass Flight durch diese unrichtigen Be- obachtungen auf ein Gesetz geführt wurde, das, allerdings mit einer gewissen Modification, richtig zu sein scheint, dass nämlich von einem bestimmten Nickelgehalt angefangen weder Neumann’sche noch Widmanstätten’sche Figuren, sondern nur mehr die des Capeisens, schattirte Bänder in einer durch die Aetzung mattwerdenden Grund- masse erscheinen. Dies gilt von Cap (12 bis 15 Ni), Kokomo (12°3) und Iquique (12—18°5). Nebstdem scheinen Babb’s Mill (12°:4—17 Nickel), Smithland (9:37 Nickel) und Oktibbeha (59:69 Ni) hierherzugehören, welche in unseren Stücken keine Bänder, aber eine Beschaffenheit der Grundmasse ähnlich Iquique zeigen. Was es mit Los Angeles (be- schrieben 1872 von Jackson) für eine Bewandteiss hat, lässt sich aus der Beschreibung nicht entnehmen; es soll nach der unvollständigen Analyse 15:73 Percent Nickelgehalt haben und beim Aetzen unzählige Schreibersitprismen, aber keine Widmanstätten’schen Figuren zeigen. Das 80 Pfund schwere Stück ist wissenschaftlich unzugäng- lich, weshalb ich diese Localität nicht im Hauptregister angeführt habe. Ob einer jeden der verschiedenen Figurengattungen ein be- stimmter Durchschnittsgehalt an Nickel zugehört, wird sich erst entscheiden lassen, wenn eine grössere Anzahl von vertrauenswürdigen Analysen vor- liegen wird; von den vorhandenen dürfte wohl mehr als die Hälfte unbrauchbar sein. Auch vom Ovifaceisen haben Steenstrup?) und Nordens- kjöld?) behauptet, dass es Widmanstätten’sche Figuren zeige; letzterer schreibt: !) Diese und die folgenden Angaben über Nickelgehalt sind den Tabellen in Wadsworth’s schon früher erwähntem Werke „Lithological studies“ entnommen. 2) Steenstrup: Om Forekomsten of Nikkeljern med Widmanstätten’ske Figurer i Basalten i Nord-Groenland. Meddelelser om Grönland 4. 113—131. 1881. >) Nordenskjöld: Geolog. Bedeutung des Herabfallens kosmischer Stoffe. Seite 207. Jahrbuch d. k. k. geol. Reichsanstalt, 1885. 35. Band. 1. Heft. (Dr. A. Brezina,) 26 202 Dr. A. Brezina. [52] „Die Structur des Ovifaceisens. Dieses Eisen hat eine vollständige Meteoritstructur, d. h. es scheint, wie das Meteoreisen, ein im Weltraum gebildetes und schwach zusammenhängendes Atonmı- aggregat auszumachen, das, nachdem es geschliffen und geätzt worden, oft (jedoch nicht alle Varietäten desselben) hübsche Widman- stätden’sche Aetzfiguren von gerade der Art zeigt, die früher stets als für die Meteorite kennzeichnend betrachtet worden ist.“ Das ist vollkommen unrichtig; das Eisen kommt in solchen Stücken des Ovifaceisens, worin es etwa die Hälfte der Gesammtmasse aus- macht, in zwei Formen vor: als Zwischenklemmungsmasse zwischen den Silicatkörnern, wobei es auf Schnitten diejenigen Gestalten (aber ohne Aetzfiguren) zeigt wie das Eisen im Pallaseisen oder Rokitky (Brahin), ferner in Form ebener, ausserordentlich dünner Plättchen mit Durch- messern bis zu einem halben Millimeter, welche nach allen erdenklichen Richtungen in den Silicatkörnern eingewachsen sind und sich auf ebenen Schnitten als schmale Linien darstellen. Beide Formen treten zusammen auf und durchschwärmen das ganze Gestein an denjenigen Stellen, wo Silicate und Eisen nahe im Gleichgewichte stehen. Von einer auch nur angenäherten Aehnlichkeit mit Widmanstätten’schen Figuren ist keine Spur vorhanden, schon deshalb nicht, weil die Eisenlamellen nicht wie bei jenen nach den vier. Oktaöderflächen, sondern nach ganz beliebigen Richtungen gelagert sind, so dass auch dort, wo das Eisen ein zusammenhängendes Netz bildet, die Orientirung der ebenen Lamellen eine völiig willkürliche ist; ausserdem handelt es sich nicht, wie bei den Widmanstätten’schen Figuren, um Anordnung von Eisenlamellen in Eisen, sondern von Eisen in Silicatkörnern; ich gebe ein Bild von einer solchen Platte in Figur 14, Tafel 4, in 9facher Vergrösserung. Das dichte Ovifaceisen hingegen zeigt überhaupt keine Figuren, sondern wird durch das Aetzen matt. Shepard‘) und Fellenberg?) finden die Widmanstätten- schen Figuren am Eisen von Hommoney Creek, Haushefer°) am Eisen von der Collina di Brianza. Alle diese Angaben sind unrichtig; Haus- hofer hat, wie Wöhler‘) hervorgehoben hat, wahrscheinlich ein anderes, echtes Meteoreisen untersucht, nachdem er auch eine andere Zusammensetzung (mit 77 Percent Nickel) gefunden hat, als das echte Brianza zeigt, das von Wöhler sehr sorgfältig in Originalstücken untersucht wurde. Hommoney Creek ist ein nickelfreier Pseudometeorit, in welchem naturgemäss auch kein schaliger Aufbau nach den Oktaöder- flächen zufolge der ungleichen Vertheilung des Nickelgehaltes platz- greifen kann. Ich will also in Erinnerung bringen, dass Widman- stätten’sche Figuren diejenigen sind, welche durch schaligen Aufbau oder durch Skeletbildung verschiedener nickelreicher Eisensorten nach den Oktaöderflächen veranlasst sind. Reichenbach hat in einer Reihe von Arbeiten in Poggendorff’s Annalen meisterhafte Schilderungen dieses Gefüges gegeben, worin er die okta@drischen Lamellen aus nickel- !) Shepard: American. Journ. 54. 79—82. 1847. ?) Fellenberg: R. v.,, Mitth. Nat. Ges. Bern. 1871. 65—71. >) Haushofer: Journ. pr. Chem. 107. 323. 1869. *) Wöhler: Göttinger Nachr. 1870. 31—32. RI TE ve AN [53] Die Metcoritensammlung des k. k. mineralogischen Hofkabinetes. 203 armem Eisen (Balkeneisen oder Kamacit), die papierdünne Hülle aus nickelreichem Eisen, das jene sackähnlich einschliesst (Bandeisen oder Taenit), und die zwischen den Balkensystemen freibleibenden Felder mit meist dunklerem Eisen (Fülleisen oder Plessit) als die grundlegende Trias bezeichnet, der sich die übrigen Bestandtheile (Silicate, Troilit etc.) einordnen, indem sie immer zunächst in einen Sack von Kamaecit mit oder ohne Taenithülle eingeschlossen sind (Wulsteisen, Wickelkamaecit). In das Fülleisen ragen häufig Fortwachsungen der dasselbe begrenzenden Balkensysteme (Skeletbildungen) hinein, welche gewöhnlich zu mehreren parallel neben einander liegen und von Reichenbach mit dem Namen Kämme bezeichnet wurden. Man könnte unter die obige Definition auch diejenigen Figuren einbeziehen, welche an silicatreichen Eisen (wie Pallaseisen, Steinbach u. A.) auftreten, weil dieselben ebenfalls nach Oktaederflächen geordnet sind; insbesondere gilt dies von den Eisen der Steinbacher Gruppe, weil hier die Breite des Kamaecites gering ist im Verhältnisse zur Grösse des zwischen den Silicaten einge- schalteten Eisenantheiles, so dass die Silicate im Eisen liegen, ohne die Anordnung des letzteren wesentlich zu alteriren; bei den Pallasiten (Olivin im Eisen) ist der Olivin jederzeit von einer breiten Hülle von Balkeneisen (Wickelkamacit) eingehüllt, an welche sich dann gewöhnlich das Fülleisen ohne Kämme anschliesst, indem letzteres ein einziges Feld bildet. Jedenfalls sind aber diese beiden Gruppen so eigen- artig und das Zusammenvorkommen von Eisen und Steinmassen so regelmässig, dass wir dieselben als Uebergangsglieder von den Steinen zu den Eisen absondern wollen. Dagegen ist bei dem Eisen von Netscha&vo (Tula) sowie bei denjenigen von der Sierra di Deesa (mit Copiapo) das Eisen der wesentliche, die Silicate eher ein accessorischer Gemengtheil, trotz der nicht unerheblichen Menge der letzteren, und ich werde diese beiden Gruppen daher nach dem Vor- schlage Professor Cohen’s als Anhänge an die betreffenden Eisen- gruppen anreihen. Es ergibt sich somit die Eintheilung der Eisen in Uebergangs- glieder von den Steinen (Siderolithe), in oktaödrische (Schalen- oder Skeletbildung nach dem Oktaäder, Widmanstätten’sche Figuren gebend), in hexaädrische (mit durchgehender hexaädrischer Spaltbar- keit, eingelagerten Zwillingslamellen nach dem Oktaäder ill, die Neumann’schen Linien zeigend), zu welchen ich auch die Capeisen (Cap, Babb’s mill, Smithland, Oktibbeha, Kokomo, Iquique) und die Chester- villegruppe (Chesterville, Saltriver) gestellt habe, und zwar erstere, weil ich es für wahrscheinlich halte, dass die Bänder in denselben nach den Hexaöderflächen gerichtet sind, letztere, weil sie durch die ganze Masse einheitliche Orientirung erkennen lassen, welche sich in der Anord- nung der Einschlüsse (Schreibersit oder Rhabdit) kundgibt ; endlich die dichten Eisen, welche keine durchlaufenden Figuren zeigen, aus deren Anwesenheit man auf eine einheitliche krystallinische Structur schliessen könnte. Bevor ich in die Besprechung der einzelnen Eisengruppen eingehe, ist es am Platze, eine gemeinsame Eigenschaft der Eisen zu erwähnen. Haidinger hat zuerst beobachtet, dass am Braunauer Eisen längs der Brandrinde die Structur des Eisens bis zu einer Tiefe von 1'2 Millimeter ver- 26* OR | 1 204 Dr. A. Brezina. [54] ändert erscheint, indem die Zwillingslamellen nicht mehr kenntlich sind, sondern das Gefüge rein körnig geworden ist. Ich habe diese Beob- achtung an einer ganzen Reihe von Eisen aller Gruppen wiederholen können und gebe auf den Tafeln 2 und 3 die Erscheinung, wie sie an Prambanan (feine Lamellen), Juncal und Rowton (mittlere Lamellen), endlich Nedagolla (dichte, fleckige Eisen) auftritt. An Prambanan, Fig. 6, sieht man an der linken Seite einen dunklen und daneben einen hellen Streifen; beide zusammen sind 1 Millimeter breit und stellen die Zone dar, innerhalb welcher die Structur körnig geworden ist; die wirkliche Breite dieser Zone ist mit Rücksicht auf die Neigung von 45° zwischen der Schnittfläche zur Oberfläche 0'7 Millimeter. Der dunkle Streif am Rande rührt von der Entwicklung von Schwefel- wasserstoff längs der Brandrinde her. Das Eisen von Rowton, Fig. 2, ist an der ganzen, mehrfach gekrümmten Oberseite von einer zur Schnittfläche nahe senkrechten, natürlichen, mit äusserst dünner Brand- rinde bedeckten Oberfläche begrenzt, längs welcher auf durchschnittlich 4 Millimeter Tiefe die Structur verändert, nämlich mehr körnig ge- worden ist; die Veränderung ist nicht ganz gleichmässig vor sich gegangen, wie man namentlich an drei unter einander parallelen, ziemlich steil nach oben links gehenden Balken sieht, von denen einer fast auf den höchsten Punkt des oberen Randes hinzielt, während die zwei anderen, dicht aneinanderliegenden nahe dem rechten Rande verlaufen ; diese drei Balken ragen mit ihren oberen Enden schon in die Verände- rungszone hinein, zeigen aber gleichwohl fast gleichbleibenden Ton; es rührt dies zum Theil auch daher, dass die veränderte Structur nur bei gewissen Richtungen des einfallenden Lichtes deutlich erscheint. Viel deutlicher erscheint der veränderte Rand am Eisen von Juncal, Fig. 7, wo er längs der ganzen rechten Seite, beginnend oben bei der geraden Schnittfläche, bis zum tiefsten Punkt des Stückes ver- lauft und durch sehr dunkles Grau gekennzeichnet ist. Die wech- selnde Breite des Streifens rührt daher, dass die natürliche Ober- fläche eine stark wechselnde Schiefe gegen die Schnittfläche hat; die wirkliche Tiefe des Eindringens der Veränderung beträgt 1 bis 1'5 Millimeter. Juncal hat keine Brandrinde, doch spricht die feine Gliederung der Oberfläche dafür, dass dieselbe nicht abgewittert sein kann. Eine höchst überraschende Erscheinung zeigt Nedagolla, Fig. 3, dessen Herabfallen bekanntlich beobachtet wurde. Die untere Seite des Stückes, welche schräg gegen die Schnittfläche steht, ist eine natür- liche, mit einem äusserst dünnen Hauche von Brandrinde stellenweise “ bedeckte Oberfläche; längs dieser entsteht bei der Aetzung ein tief- schwarzer, 2—4 Millimeter breiter Rand, während das Innere ein gleich- mässiges moiree (fleckige Beschaffenheit) als Zeichen einer körnigen Structur ergibt. Es ist also Nedagolla das erste im Fallen beobachtete Eisen, das keinerlei Figuren, sondernnur moiree zeigt, und es ist hiedurch der unum- stössliche Beweis geliefert, dass das Vorhandensein von Figuren kein erforderliches Kriterium für die meteoritische Natur bildet. Die wirk- liche Breite der Veränderungszone ist hier ungefähr 2 Millimeter. Der gerade dunkle Streif, welcher im Bilde an der linken Seite erscheint, [55] Die Meteoritensammlung des k. k. mineralogischen Hofkabinetes. 205 “rührt von einer steil zur Hauptfläche geneigten, bei der photographischen Aufnahme beschattet gewesenen kleinen Schnittfläche her. Die wechselnde Breite der Veränderungszone scheint von der Grösse des zur Erde gelangten Stückes, nicht aber von der Feinheit ‚der Structur abzuhängen; es ist: Breite DENE N der er * Zone Figuren as ee Prammbanan 2. we, 0:1 8000 (ungefähr) Rear a ED 10 104 Braunau & 4. &u 3.4 08 1:2 — 24 Nedacolla u... 38. ur. 220 — 5 Bowie an aa 2er AO 11 3-5 Ich werde diese Verhältnisse noch weiter untersuchen; insbesondere wird die Neuätzung von Ilima&, das mit Juncal offenbar vom selben Falle herrührt, einen Aufschluss darüber geben, ob die vermuthete Ab- hängigkeit von der Grösse vorhanden ist. Ein solcher Zusammenhang erscheint von vorneherein wahrscheinlich, weil caeteris paribus je nach der Grösse des Stückes ein geringeres oder weiteres Eindringen der zur Veränderung der Structur nothwendigen Hitze angenommen werden muss; es werden sich aus Messungen dieser Grössen auch Schlüsse auf die Dauer der Hitzewirkung ziehen lassen, welche jedenfalls eine sehr kurze war. Ich werde eine Reihe von häufig wiederkehrenden Erscheinungen an den Eisen, namentlich den okta@drischen, mit besonderen Namen belegen, um schleppende Beschreibungen zu ersparen. So zeigt das Balken- eisen bei der Aetzung häufig entweder Feilhieben ähnliche Parallellinien (nach Reichenbach’s Bezeichnung schraffirter Kamacit), oder lässt es nur abwechselnd helle und dunkle Flecken erkennen, welche eigentlich nur bei verschiedenen Stellungen gegen das einfallende Licht ungleich stark spiegeln (moiree, Mohr, fleckiger Kamacit); diese letztere Er- scheinung rührt von äusserst feinen, auf je einem’ Fleckchen gleich- gerichteten Feilhieben oder von Aetzgrübchen her. Zuweilen ist jeder Balken durch scharfe, etwas vertiefte Furchen in einzelne Körner ab- getheilt (craquele, abgekörnt); letztere Erscheinung ist manchesmal mit der Fleckigkeit in der Weise combinirt, dass jedes Korn seinen eigenen orientirten Schimmer zeigt. Der Form nach ist der Kamacit entweder langgestreckt und in einander verwachsen, oder die Balken sind eher kurz, so dass man häufig das abgerundete, von Taenit umhüllte Ende eines Balkens sieht (wulstiger Kamacit), während bei langgestrecktem Kamaeit häufig mehrere parallele Balken dicht an einander liegen (Ka- ‚macit geschart). Sind die Balken eines Kamacitbündels ungleich lang (meist die mittleren länger, als die äusseren), so nenne ich den Kamacit ungleich geschart. Das Fülleisen ist häufig ganz von winzigen Balken- skelettchen erfüllt (flimmerig). D. Siderolithe. Uebergangsglieder von den Steinen zu den Eisen. Silicate als wesentlicher Gemengtheil im Eisen. 30. Siderophyr (S). Bronzitkörner in einem Eisengerippe, das aus Kamacit, Taenit und ziemlich viel Plessit besteht, Jedes Bronzit- 206 Dr A. Brezina. [56] korn von Wickelkamacit umgeben, welcher ebenso wie das übrige Balkeneisen eine durchschnittliche Dicke von 0'4 Millimeter besitzt; Taenit reichlich, etwa 0:03 Millimeter dick, Plessit reichlich, dunkel, Kämme sehr spärlich. Steinbach (Breitenbach, Rittersgrün) 751. Steinbach, Breitenbach und Rittersgrün mussten vereinigt werden, weil mit der grössten Wahrscheinlichkeit anzunehmen ist, dass sie vom selben Falle herrühren. Der Tridymit (Asmanit) wird als accessorisch betrachtet. 31. Pallasit (P). Olivinkörner in einem Eisengerippe. Medwedewa (Pallaseisen) 749, Imilac 00, Albacher Mühle (Bit- burg) 02, Rokiöky (Brahin) 10, Port Oxford (Rogue River Mts.) 59, Campo del Pucara 79. Albacher Mühle könnte wegen der Feinheit seines Gefüges füglich von den übrigen abgetrennt werden. Medwedewa. Troilit häufig, gewöhnlich als Zwischenklemmungsmasse zwischen den meist abgerundeten Olivinkrystallen. Wickelkamaeit 0'3 bis 1, im Mittel etwa 0°5 Millimeter dick, zuweilen wulstig, die dunklen, oft langgestreckten Plessitfelder entweder mit quergestellten Kämmen ganz oder in der einen Hälfte ausgefüllt, oder, was häufiger, von den- selben ganz frei. Imilac. Troilit spärlich, Wickelkamacit 1—1'5 Millimeter dick, meist stark wulstig; die dunklen Piessitfelder entweder leer oder durch wenige Kamacitbalken von einem Wickelkamacit zum andern verquert; eigentliche Kämme nicht häufig. Olivin polyedrisch, meist 0'7—2 Centi- meter Durchmesser. Albacher Mühle. Troilit häufig, meist in Körnern, Wickelkamaeit etwa 0-3 Millimeter, Balkeneisen 0'2 Millimeter breit, Taenit gut ent- wickelt, ebenso Plessit mit oder ohne Kämme; das ganze Gefüge sehr fein. Olivine 2—3 Millimeter Durchmesser. Rokitky. Olivin polyedrisch, ähnlich Imilac, Wickelkamaeit ähnlich wie in Medwedewa, nämlich wenig wulstig; Taenit stark; Plessitfelder nicht mit gewöhnlichen Kämmen, sondern wieder mit der Trias ausge- füllt, in welcber der Plessit überwiegt; zuweilen liegt mitten im Felde ein centrales Skelet, das zwar mit der übrigen Masse krystallographisch parallel orientirt ist, aber doch den Eindruck macht, wesentlich inmitten des Feldes erstarrt zu sein und den übrigen Plessit als verworren kry- stallinische Matrix übrig gelassen und gegen den Rand des Feldes ge- drängt zu haben, wo er nicht mehr Zeit hatte, krystallinische Structur anzunehmen. Port Oxford zeigt den Wickelkamacit schmal (0'5 Millimeter), wenig wulstig, das einzige an unserem kleinen Stückchen sichtbare, 3 zu 10 Millimeter grosse Feld mit wenigen, 0'2—0'3 Millimeter breiten Balken nahe den Rändern, im Uebrigen feinflimmerig. Das Stück besitzt noch Schmelzrinde. Campo del Pucara ist nicht aufgeschlossen, weil es im Verhältniss zur Grösse der Eisenkammern (nach dem Herausfallen vieler Olivine) zu dünn ist. E. Oktaödrische Eisen. Widmanstätten’sche Figuren, be- stehend aus Kamacit, Taenit und Plessit. en u ZU 2 Da a ae [57] Die Meteoritensammlung des k. k. mineralogischen Hofkabinetes. 207 Diese Eisen wurden von Tschermak, hauptsächlich nach der - Lamellenbreite in feine, mittlere, ebensolche krummlinige und grobe eingetheilt. Unter die krummlinigen reiht Tschermak: Black Mountains, Cosby’s Creek, Arva, Sarepta, Brazos, Cranbourue, SO. Missouri und Augusta Co., während zu den groben Bemdego, Bohu- militz, Seeläsgen und Tabarz gezählt werden. Es zeigt sich nun, dass mit Ausnahme von Staunton (Augusta Co.), das eine mittlere Lamellen- breite hat, alle krummlinigen gleiche Breite mit der Mehrzahl der groben besitzen, nämlich mit Bemdego, Bohumilitz und Tabarz, dass ferner die Krummlinigkeit bei ihnen um nichts grösser ist als bei allen jenen Eisen, welche den Taenit schwach entwickelt zeigen, wodurch die Kamacitbalken eine gewisse Unregelmässigkeit der Begrenzung erhalten; dies ist ausserdem eine Erscheinung, welche unter allen Lamellenbreiten auftritt, z. B. sehr ausgesprochen bei Seeläsgen. Wenn also die Absonderung krummliniger Glieder überhaupt einen Sinn haben sollte, müsste sie auf alle Gruppen ausgedehnt werden, was durchaus unzweckmässig wäre, weil die Krummlinigkeit niemals so her- vorstehend ist, um als oberster Eintheilungsgrund der okta@drischen Eisen genommen zu werden. Dagegen besitzt eine grosse Zahl der Eisen mit groben Figuren allerdings einen höchst auffallenden Unterschied, welcher sie zu den schönsten unter den Eisenmeteoriten stempelt, nämlich die Eigenschaft, dass sie durch ihre ganze Masse oder an einzelnen Stellen inmitten einer jeden oder der meisten Kamacitplatten eine Lamelle von zu- sammenhängendem oder körnig gereihtem Schreibersit besitzen, wie dies aus den schönen Naturselbstdrucken von Magura und Sarepta in Haidiuger’s bekannter Arbeit oder aus den Phototypien zweier Platten von Wichita Co. auf Tafel II., Fig. 1, und Tafel III., Fig. 4, ersichtlich ist. Diese Eigenthümlichkeit ist so augenfällig, dass es geboten erscheint, diese Eisen von den anderen grobplattigen abzutrennen. - Ferner wurde Seeläsgen wegen seiner ganz ungewöhnlich breiten Balken auf Vorschlag Professor Cohen’s als eigene Gruppe abgesondert, während andererseits Knoxville und Butler zu feine Lamellen haben, um mit den anderen Gliedern Of vereinigt zu bleiben. Ueberhaupt bin ich in der Zerfällung der okta@drischen Eisen in Gruppen sehr weit gegangen, um die Bestimmung eines Eisens nach dem Gefüge zu erleichtern. Hiebei hat sich allerdings der Uebelstand ergeben, dass die Eisen unserer Sammlung durchaus zu grob geätzt waren, wodurch das feinere Gefüge verschleiert wird; und da ich noch nicht Zeit hatte, alle Eisen neu zu ätzen, werden noch manche Correcturen, beziehungs- weise Ergänzungen meiner nachfolgenden Bestimmungen nothwendig werden, welche ich sobald als möglich nachtragen werde. Wir erhalten somit die folgende Gliederung, in welcher die Gruppen wieder nach dem Verhalten des Kamaeit, Taenit oder Plessit abge- theilt sind '). 32. Feinste Lamellen. Butlergruppe (Ofbu). Lamellen sehr lang, ungleich geschart, äusserst fein (ungefähr 0'05 Millimeter Breite im ') Es ist mir an dieser Stelle nicht möglich, alle Typen abzubilden, ich werde dies in dem Atlas der Eisenmeteoriten thun, den ich zusammen mit Professor Cohen herausgebe. 208 Dr. A. Brezina. [58] Durchschnitt), aus Taenit und feinflimmerigem Kamacit vom Aussehen der Felder bestehend, Plessit herrschend, vielleicht 90 Percent des . Ganzen ausmachend ; in den grossen Feldern unzählige winzige, nicht- orientirte SkKeletchen liegend, wodurch das ganze Aussehen flimmerig wird. Grosse Troilite haben als Nuclei für den Ansatz von Balken- systemen gewirkt, welche aus einem Wickelbalken (Kamacit in Taenit- hülle) um den Troilit entspringen. Butler 75. Ueber dieses Eisen habe ich an anderen Stellen !) Untersuchungen in Begleitung von Abbildungen veröffentlicht. 33. Feinste Lamellen. Knoxvillegruppe (Ofkn). Feinmaschiges Netz äusserst feiner, nicht gescharter Lamellen; Taenit mit dem Plessit etwa im Gleichgewichte oder letzteren noch überwiegend. Kamacit wie bei der vorigen Gruppe spärlich. (Balkenbreite etwa 0'05 bis O1 Millimeter.) Zuweilen grosse Troiliteinschlüsse. Knoxville (Tazewell) 53. 34. Feinste Lamellen. Werchne Dnieprowskgruppe (Ofw.) Fein- maschiges Netz, Kamaeit herrschend, 0:05 Millimeter breit, wenig geschart, viel Felder, Plessit-ähnlicher Kamaeit. Werchne Dnieprowsk 76. 35. Feine Lamellen. Victoriagruppe (Ofvi). Lamellen fein, selten geschart, 0:2—0’4 Millimeter breit, 1—2 Centimeter lang; von diesen Hauptbalken gehen unzählige feine, fortwährend verästelte Zweigbalken in die grossen Felder; Taenit weit überwiegend, Kamacit und Plessit nicht von einander zu unterscheiden, beide fleckig, mächtige 1’5—2 Milli- meter dicke, 2—6 Üentimeter lange Reichenbach’sche Lamellen (Troilitlamellen parallel den Hexa&@derflächen), eingefasst von breitem, stark fleckigem Kamacit mit feiner, etwas wulstiger Taenitumhüllung. Victoria West 62. Tschermak hat dieses Eisen zu den mittleren (Om) gestellt, zu denen es jedoch wegen der grossen Feinheit seiner Lamellen keines- falls gerechnet werden darf. 36. Feine Lamellen. Prambanangruppe (Ofpr). Kamaeit und Plessit stark fleckig, vollkommen gleich aussehend, Balken deutlich mit sehr feinem Taenit eingefasst, mässig geschart; Felder überwiegend. Die veränderte Structur längs der als dicke Borke erscheinenden Brandrinde wurde schon weiter oben besprochen. Balkenbreite O°1 Milli- meter. Prambanan 66. 37. Feine Lamellen. Charlottegruppe (Ofch). Balken lang, ge- rade, schraffirt, geschart, 0°1 bis 0'2 Millimeter breit. Plessit meist schim- mernd wie der Kamacit, oder theilweise schimmernd, theilweise matt und dunkel; an Menge dem Kamacit untergeordnet; Taenit deutlich. Charlotte 4 35, Putnam Co. 39, Löwenfluss 53, Lagrange 60, Russel Gulch 63. Balkenbreite: Charlotte 0'17, Putnam 0'25, Löwenfluss 0:15, Lagrange 0:15, Russel Gulch 0'15 Millimeter. 1) Brezina: Sitzungsb. d. Wr. Akad. 1. 82. 348, und Denkschr.d. Wr: Akad. 44. 121—158. 18831. [59] Die Meteoritensammlung des k. k. mineraiogischen Hofkabinetes. 209 Die ersteren vier sind an Kämmen reich (besonders Putnan), wenngleich dieselben von den Balkensystemen nur bei Putnam wesentlich unterschieden sind. Lagrange und Putnam haben Troilite mit mehr- fachen, unter einander parallelen Daubreelitbändern; in Putnam ist der Troilit in hexagonalen Pyramiden krystallisirt, und die Daubreelitlamellen liegen deren Basis parallel, wie ich dies zuerst an Coahuila beob- achtete '). Als Russel Gulch sind in Wien zwei ganz verschiedene Stücke; das obige, von L. Smith erhaltene, ist jedenfalls authentisch, ein anderes stammt von Oldham aus der Calcuttasammlung und ist der Trentongruppe Omtr angehörig; das authentische, hiehergehörige ist von den vier anderen Localitäten durch das fast vollständige Fehlen der Kämme oder ihre völlige Gleichheit mit den Balken verschieden. 38. Feine Lamellen. Jewell Hillgruppe (Ofj). Balken gerade, sehr wenig wulstig, selten geschart, Felder reichlich und regelmässig, Kimme fehlend. Balkenbreite 0'17 Millimeter. Sehr zahlreiche Reichen- bach’sche Lamellen, 0'1 Millimeter breit in Wickelkamaeit. Jewell Hill 54. 39. Feine Lamellen. Obernkirchengruppe (Ofo). Balken gerade, etwas geschart, schwach wulstig, fleckig, durch kleine, auf demselben Balken verschiedenschraffirte Partien ; Felder untergeordnet, Plessit meist etwas dunkler als der Kamacit; Kämme spärlich, Lamellenbreite 0'3 Millimeter. Obernkirchen 63. 40. Feine Lamellen. Hraschinagruppe (Ofh). Balken wulstig, nicht sehr lang, wenig geschart, Felder reichlich, Taenit stark, Plessit meist dunkel, Kämme reichlich, Balkenbreite ungefähr 0°5 Millimeter. Elbogen 400, Hraschina (Agram) %° 751, Baurd’s Farm (Asheville) 39, Dellys 65, Bear Creek 66. Diese Gruppe wird später noch nach der Beschaffenheit des Kamacites getrennt werden können. Dies ist vorderhand unterblieben, nachdem nicht alle Stücke neu angeschliffen und geätzt sind. Elbogen hat Balkenbreite 0:5 Millimeter, Kamacit stark fleckig, Plessit dunkel, Reichenbach’sche Lamellen häufig, Schreibersitrippen im Kamaeit selten. Bei Tschermak unter Om. Hraschina Balkenbreite 0°6 Millimeter, Kamacit fleckig, Reichen- bach’sche Lamellen sehr häufig, Schreibersitrippen im Kamaeit nicht selten. Bei Tschermak unter Om. Ich muss gelegentlich dieser beiden Eisen (Elbogen und Hraschina) bemerken, dass schon Schreibers°) die Reichenbach’schen Lamellen in denselben beobachtet hat, wenn- gleich er weder ihre Lage noch auch ihre Natur bestimmt hat. Baird’s Farm. Balkenbreite 0:6 Millimeter, Kamacit etwas schraffrt, dabei aber abgekörnt, Plessit dunkel, Schreibersitrippen im, Kamacit reichlich, aber unregelmässig vertheilt. Dellys. Balkenbreite 0°5 Millimeter, Kamacit fleckig und ziemlich stark abgekörnt, Plessit sehr dunkel, Schreibersitrippen im Kamacit spärlich. ‘) Brezina: Sitzungsb. d. Wr. Akad. 1. 83. 473—477. 1881. ?2) Beiträge zur Geschichte und Kenntaiss meteorischer Stein- und Metall massen. Wien. 1820. Jahrbuch der k. k. geol. Reichsanstalt, 1885. 35. Band. 1, Heft. (Dr. A. Brezina,) 27 210 Dr. A. Brezina. [60] Bear Creek. Balkenbreite 0°5 Millimeter, Plessit hell. Bei Tschermak unter Om. 41. Feine Lamellen. Smith Mountaingruppe (Ofs). Balken verein- zelt, gerade, stark wulstig, 0'25 Millimeter breit; Felder stark über- wiegend, ganz erfüllt mit einem Filz feiner, verästelter Aestchen. Grosse Troiliteinschlüsse Smith Mountain (Rockingham Co.) 63. War bei Tsehermak unter den mittleren Eisen Om. 42. Feine Lamellen. Madocgruppe (Ofm). Balken lang, sehr stark geschart, schraffirt, 0:3 Millm. breit, abgekörnt? Wenig Felder und Kämme. Madoc 54. Bei Tschermak unter Om. 43. Feine Lamellen. Cambriagruppe (Ofca). Lange, vielfach ge- scharte und verbogene schraffirte Lamellen, 0°3 bis 0'4 Millimeter breit ; Felder und Kämme reichlich, Plessit dunkel; grosse Troilitknollen von Taenit oder Schreibersit umhüllt, darüber schraffirter Wickelkamacit. Cambria 18, San Francisco del Mesquital 67. Cambria Lamellenbreite 0'33 Millimeter; Taenit um Troilit. San Francisco Lamellenbreite O4 Millimeter, Schreibersit um Troilit, beide bei Tschermak unter Om. Die Bestimmung von Taenit und Schreibersit nur nach der Farbe (isabellgelb, respective weiss). 44. Mittlere Lamellen. Murfreesborogruppe (Omm). Balken lange, gerade, geschart, schraffirt, nicht wulstig, mit starkem orientirten Schimmer ; Felder nicht spärlich, aber wenig auffallend wegen der Gleichheit von Plessit und Kamakit. Cross Timbers (Red River) 08, Murfreesboro 47, Werchne Udinsk 54. Cross Timbers muss neu geätzt werden, in unseren tiefgeätzten Stücken sind die Feilhiebe nicht erkennbar, während alle sonstigen Eigen- schaften mit denen der Gruppe stimmen. Lamellenbreite 0'6 Millimeter. Murfreesboro. Lamellenbreite 0'75 Millimeter, hat etwas weniger scharf begrenzte Lamellen als Cross Timbers und Werchne Udinsk ; letzteres hat eine Lamellenbreite von 0°8 Millimeter. Zu letzterer Lo- calität wurde auch ein von Tschermak als selbstständig angesehenes Eisen gestellt, das unter der Bezeichnung Sibirien 1850 aus Reichen- bach’s Nachlass erworben wurde. Dasselbe ist mit W. Udinsk voll- kommen übereinstimmend; Reichenbach hatte diese Localität in seiner Sammlung nur unter der Etikette „Sibirien von Krantz* liegen, wie aus dem Kataloge der Tübinger Universitätssammlung ersichtlich, in welche seine Meteoriten einverleibt wurden, während ein W. Udinsk im Kataloge nicht erscheint; und da er von der Localität W. Udinsk häufig in seinen Arbeiten gesprochen hat, ausserdem Krantz bekanntlich einen grossen Theil von Werchne Udinsk erworben und zu Reichen- bach’s Zeiten in den Handel gebracht hatte, so ist es klar, dass mit Sibirien nur W. Udinsk gemeint sein kann, was ja auch mit dem Augen- schein an dem Stücke übereinstimmt. 45. Mittlere Lamellen. Tolucagruppe (Omto). Lamellen gerade, nicht sehr geschart, etwas wulstig, schraffirt, mit starkem orientirten Schimmer; Felder meist reichlich, Plessit nicht sehr dunkel, Kämme zahlreich. Toluca 784, Lenarto 14,Guilford Co. 20, Coopertown (Robertson Co.) 60. [61] Die Meteoritensammlung des k. k. mineralogischen Hofkabinetes. 211 Toluca. Lamellenbreite GC 9 Millimeter, hat oft sehr zahlreiche, grosse Troiliteinschlüsse mitoder ohneGraphit, mit dem der Troilit zuweilen schalig abwechselt; auch Schreibersit ist oft, namentlich in der Nach- barschaft des Troilites, ziemlich stark, aber unregelmässig entwickelt. Lenarto hat Schreibersit zuweilen als Rippen im Kamakcit, ferner einen sehr grossen Reichthum an punktförmig im Kamacit verstreutem Rhabdit, und ab und zu Reichenbach’sche Lamellen, welche bis zu 5 Centimeter Länge anwachsen (schon von Reichenbach beob- achtet); Lamellenbreite 0'9. Guilford Co. hat ziemlich schmale, wenig wulstige Lamellen (0°5 Mm.) Coopertown zeigt, entsprechend der grösseren Breite seiner Lamellen (1:2 Millimeter) auch eine mehr wulstige Beschaffenheit derselben. 46. Mittlere Lamellen. Schwetzgruppe (Oins). Lamellen lang, häufig etwas verkrümmt, ungleich geschart, Dicke an derselben Lamelle stark wechselnd; Kamacit schraffirt, zuweilen sehr schwach abgekörnt, auch etwas fleckig; orientirter Schimmer nicht stark. Felder ganz unregelmässig, Plessit dem Kamaeit gleichend, Kämme häufig, aber nicht hervortretend. Lamellenbreite 0°6 Millimeter. Schwetz 50. 47. Mittlere Lamellen. Emmetsburggruppe (Ome). Lamellen gerade, geschart, nicht sehr lang; Kamakcit tief dunkelgrau, schraffirt, in Spuren fleckig, mit deutlichem, wenngleich nicht sehr starkem orientirten Schimmer; Rhabdit sehr reichlich, zuweilen, namentlich an den Ecken der Felder, die Rolle des Taenits übernehmend. Lamellenbreite 0:6 Millimeter. Emmetsburg 54. 48. Mittlere Lamellen. Stauntongruppe (Omst). Lamellen wulstig, nicht geschart, orientirter Schimmer deutlich, Feilhiebe sehr fein und daher wenig auffallend; Felder reichlich, ebenso Kämme; Plessit dunkel. Orange River 56, Staunton 58, Dalton 77. OrangeRiver. Lamellenbreite 0'7 Millimeter, hat schwach abgekörnten Kamacit. Staunton. Lamellenbreite 0'6 Millimeter, ist reich an Reichen- bach’schen Lamellen, über welche ich !) an anderer Stelle berichtet habe. Ueber Dalton habe.ich?) eine kurze Notiz gegeben und darin das Fehlen der Feilhiebe, den Reichthum an Taenit und Schreibersit hervorgehoben ; seither hat unsere Sammlung ein zweites, grösseres Stück erhalten, an welchem der Kamacit zum Theil sehr fein schraffirt, zum Theil frei von Feilhieben, ausserdem noch etwas abgekörnt erscheint. 49. Mittlere Lamellen. Trentongruppe (Omtr). Lamellen gerade, wulstig, wenig geschart, mit orientirtem Schimmer, weder feilig noch fleckig; Felder reichlich, Kämme ebenfalls, Plessit nicht um vieles dunkler als der Kamakcit. Burlington 19, Petropawlowsk 40, Jackson Co. 46, Trenton 58, Wooster 58, Colorado 63, Francfort 66, Juncal 66, Kowton2? 76. Diese Gruppe vermittelt den Uebergang von den ausgesprochen schraffirten zu den fleckigen Eisen. Die Einreihung von Wooster und Jackson Co. in diese Gruppe ist, besonders bei letzterem, wenig sicher, 1) Brezina: Denkschr. d. Wr. Akad. 43. 13--16. 1880. ?) Brezina: Wr. Akad. Sitzungsb. 1. 82. 348—352. 1880. 212 Dr. A. Brezina. [62] weil die betreffenden Stücke nicht viel erkennen lassen; an letzterem sieht man eigentlich nicht viel mehr, als dass es unter die Abtheilung Om gehört. Burlington hat eine Lamellenbreite von 1'2 Millimeter und ist stark wulstig. 1 Petropawlowsk ist an unserem Stücke ganz ohne orientirten Schimmer, doch kann dies von der groben Aetzung herrühren. Lamellenbreite 0:9 Millimeter. Trenton hat feine, kurze Reichenbach’sche Lamellen, welche ich beschrieben und abgebildet habe. Zu Trenton gehört auch ein Stück, welches Tschermak als neue Localität Milwaukee angeführt hat. Trenton liegt bei Milwaukee, ein eigener Meteorit von Milwaukee existirt nicht, die beiderlei Stücke stimmen auch bis in die kleinsten Einzelnheiten überein, und überdies sieht man an der äusseren Form und der Lage der Lamellen, dass der vermeintliche Milwaukee und unser Stück Nr. 1 von Trenton offenbar von ganz nahen Stellen des Hauptstückes abgeschnitten sind. Lamellenbreite 0.9 Millimeter. Colorado lag in unserer Sammlung als Russel Gulch, womit es jedoch keinerlei Aehnlichkeit hat; es stammt von Oldham, der es durch Bryce M. Wright in London erhalten hatte. Lamellenbreite 1'1 Millimeter. | Francfort, Lamellenbreite 1'1, Wooster, 1’0 Millimeter. Juncal ist reich an Reichenbach’schen Lamellen, die ich in der mehrerwähnten Arbeit!) und in Figur 7 auf Tafel 2 abgebildet habe; über die Veränderungszone am Rande wurde weiter oben ge- sprochen. Mit Juncal sind offenbar identisch Cachiuyal und Ilimag, letzteres von Tschermak als neue Localität eingeführt ?). Die Stücke von Juncal und von Ilima® in unserer Sammlung lassen die voll- kommenste Uebereinstimmung in der Structur erkennen, auch in Bezug auf die Häufigkeit der Reichenbach’schen Lamellen; nur die Schreibersit-Einschlüsse fehlen in unserem Stücke von Juncal, worauf jedoch bekanntlich Kein Gewicht zu legen ist, da eine solche An- reicherung eines Bestandtheiles häufig ganz local ist. Es besitzen ferner alle drei Eisen eine sehr seitene und höchst auffällige Eigenthüm- lichkeit einer äusserst feinen Rippung der Oberfläche neben einem grossen Reichthum an grösseren rundlichen Eindrücken; diese Eigen- thümlichkeit wurde an unserem Stücke von Tschermak, an Juncal von Daubr&e?) beschrieben und ist bezüglich Cachiuyal sehr schön an einem Modelle zu sehen, das wir von diesem Eisen besitzen. Ebenso zeigt sich eine sehr grosse Uebereinstimmung in den Analysen, be- sonders in denen von Ilima@ (durch E. Ludwig) und Juncal (Damour), während die Analyse Domeyko’s von Cachiuyal etwas mehr abweicht; erstere beide stimmen so genau überein, wie dies besser selbst von zwei Analysen desselben Eisens nicht erwartet werden kann; in der Analyse Domeyko’s sind die Zahlen für Kieselsäure und Kalkmagnesia auffallend, eine neue Untersuchung daher wünschenswerth. ') Denkschr. 43. 2) Tschermak: Denkschr. d. Wr. Akad. 31. -187—196. 1871. >) Daubr&e: Compt. rend. 66. 569—571. 1868. [63] Die Meteoritensammlung des k. k. mineralogischen Hofkabinetes. 213 Juncal Ilima& Cachiuyal Damour Ludwig Domeyko Fe 92:03 91:55 93:92 Ni 7:90 7:14 4:95 Co 0.62 0-41 0:39 P 0:21 0:44 0:085 SiO, Cu Spur 0:20 Ca0, MO — we 0:30 99:86 99-52 99:82 Auch die Fundstellen stimmen sehr gut überein: Juncal 25° 29 S. 69° 12 W. Cachiuyal 25° 23 S., 70° 2 W. Ilima& 26° S., 70° W. Es kaun nach alledem die Zusammengehörigkeit dieser Eisen nicht zweifelhaft sein. Rowton (Lamellenbreite 1'0 Millimeter) zeigt den Kamaecit am Rande (in der Veränderungszone, siehe oben Seite 203 und Tafel 2, Fig. 2) fleckig, im Innern abgekörnt und sehr wenig fleckig. 50. Mittlere Lamellen. La Caillegruppe (Oml). Lamellen lang, gerade, geschart; Kamaeit ausgezeichnet fleckig, Felder meist mit Kämmen erfüllt und dann ebenso fleckig wie der Kamacit, oder, was seltener, leer und dunkel. La Coille 600, Charcas 04, Misteca 04, Rancho de la Pila 94, Coney Fork (Carthago) 40, Seneca Falls 50, Ruff’s Mountains 50, Denton 00.56, Fort Pierre 56, Marshall Co. 56, Atacama Bolivia 58, Chula- finnee 73. La Caille hat starken Taenit, auch in den Kämmen; Plessit sehr spärlich, Kamacit nicht abgekörnt. Balkenbreite 0'8 Millimeter. Charcas wie La Caille entlang dem Taenit, zum Theil auch im Kamacit sehr zahlreiche winzige Troilitkörnchen. Breite der La- mellen 0.75 Millimeter. Misteca ähnlich La Caille und Charcas, aber viele, ziemlich ‚grosse Rhabdite, keine Troilite. Breite 0'7—0:75 Millimeter. Rancho de la Pila ähnlich den drei ersten, ohne Troilit, Flecken des Kamaeites noch feiner. Balkenbreite 0-8 Millimeter. Die genauere Fundortsbezeichnung ist einem neuerlich aufgefundenen Stücke ent- lehnt, das vom British Museum erworben wurde; es zeigt, wie das alte, ausgezeichnet die Freiwitterung von okta@drischen Skeletten. Coney Fork, ähnlich Charcas durch die Anwesenheit zahlreicher Troilitpünktchen, welche jedoch vorwiegend im Kamacit sitzen. Fein- fleckig wie Rancho. Kamacit nicht so stark geschart wie bei den ersten drei Eisen der Gruppe, etwas wulstig. Balkenbreite 0'8 Millimeter. Seneca Falls lässt wenig Details erkennen, das Stück ist stark verwittert. Breite 0'8 Millimeter. Ruff’s Mountain. Ein ausgezeichnetes Eisen. Kamacit stark fleckig und abgekörnt, die Korngrenzen bilden zugleich die Grenzen der Flecken (in der Mehrzahl der Fälle), Taenit untergeordnet; Schreibersit als Rippen in den Kamaciten; Troilit als Reichen- bach’sche Lamellen ') und als Knollen, letzterer ziemlich dunkelgrau, ı) Vergl. die Beschreibung und Abbildung eines ausgezeichneten derartigen Stückes. Brezina: Denkschr. 43. 214 Dr. A. Brezina. [64] wahrscheinlich von reicher, inniger Graphitbeimischung. Lamellenbreite 0:85 Millimeter. Denton Co. ist nicht gut aufgeschlossen ; Kamaeit etwas wulstig, Balkenbreite 0-3 Millimeter. Fort Pierre feinfleckig. Lamellenbreite 9°8 Millimeter. Marshall Co. feinfleckig, Kamacit etwas wulstig; polyedrische Troilitkörner, oder Platten im Kamacit. Balkenbreite 0.8 Millimeter. Atacama Bolivia ist ganz eigenartig, müsste in grösseren Stücken untersucht werden. Die Flecken des Kamacites sind nach der Aetzung abwechselnd ungelöst und vertieft, aber beide Sorten glänzend. Chulafinnee ist eigenartig dadurch, dass es sehr feine Feilhiebe zugleich mit den sehr ausgesprochenen Flecken zeigt; nur an einer Stelle fand ich!) den Kamacit ausschliesslich schraffirt. Durch die ganze Masse sind zahllose Troilitpünktchen verstreut; grössere Troilite sind zuweilen mit Graphit vergesellschaftet; eine Reichenbach’sche Lamelle fand ich ganz aus Troilitklimpchen zusammengesetzt, von denen jedes abwechselnde in einem Taenitsacke steckt, so dass die Folge der Klümpchen wie eine Folge von Klammern () () () () aus- sieht. Balkenbreite 0'6 Millimeter. 5l. Mittlere Lamellen. Netschaövogruppe (Omn). Lamellen gerade, wulstig, wenig geschart, Felder sehr reichlich, ebenso Kämme; Kamaeit und Plessit vollkommen identisch, fein fleckig, Taenit ausserordentlich stark an den Lamellen und in den Kämmen entwickelt; bis wallnuss- grosse Körner eineskrystallinischen Chondriten sind hie und da ohne Störung des Gefüges, von Wickelkamacit umgeben, im Eisen eingeschlossen. Netschaevo (Tula) 46. Der steinige Antheil hat hier den Charakter eines accessorischen Gemengtheiles; nur an einem Stücke, das wir durch Herrn Professor Trautschold aus Moskau erhielten, ist das Silicatgemenge innig mit dem Eisen gemischt, welches hier den Charakter des Eisens von Co- piapo zeigt. Lamellenbreite des normalen Netscha&vo 1'4 Millimeter. 52. Grobe Lamellen. Bemdegogruppe (Ogb). Lamellen geschart, meist ziemlich unregelmässig begrenzt, sehr stark schraffirt, mit lebhaftem orientirten Schimmer; Kamaecit weitaus herrschend, Felder, Kämme und Plessit entweder ganz fehlend oder auf ein Minimum reducirt. Lamellen- breite 15 bis 2 Millimeter. Bemdego 784, Bohumilitz 29, Black Mountains 35, Cosby’s Creek 40, Tabarz 54, Casey Co. 717. Bemdego. Lamellenbreite 1’5 Millimeter. Felder und Kämme fast ganz fehlend. Bohumilitz, Lamellenbreite 20 Millimeter. Felder schwach ent- wickelt, wo aber vorhanden, ganz mit Kämmen erfüllt; Taenit auch an dem Kamacit vorbanden. Black Mountains Lamellenbreite 1'8—20 Millimeter, Balken sehr unregelmässig. Cosby’s Creek. Lamellenbreite 1’5—2°0, Tabarz ebenso. Casey Co. Lamellenbreite 1'8 Millimeter. Feilhiebe fein und scharf, sehr spärliche Felder. ') Brezina; Sitzungsb. d: Wr. Akad. 1. 84. 282. 1881. Bee j f a Das [65] Die Meteoritensammlung des k. k. mineralogischen Hofkabinetes. 215 53. Grobe Lamellen. Cranbournegruppe (Ogc). Balken nicht sehr geschart, wulstig, gut durch Taenit begrenzt, Feilhiebe äusserst fein und schwach, schwacher orientirter Schimmer, Felder regelmässig, häufig, wenngleich nicht sehr ausgedehnt, ganz von Kämmen erfüllt; n Rhabdit sehr zahlreich und gross. Lamellenbreite 1'’5 Millimeter. Oranbourne 54. 54. Grobe Lamellen. Arvagruppe (Oga). Lamellen häufig lang, geschart, meist schwach schraffirt und abgekörnt, mit starkem orientirten Schimmer, die meisten Balken eine Einlage von löcherigem Schreibersit tragend. Felder stets untergeordnet. Balkenbreite 12—2°5, meist um 15 Millimeter schwankend. Wichita Co. (Brazos) 36, Magura (Arva) 40, Caryfort 40, Sa repta 54, Südöstliches Missouri 63, Duel Hill 73. Diese Eisen, welche zu den schönsten Meteoreisen gehören, zeigen eine Fülle von eigenthümlichen Erscheinungen; der meist sehr starke orientirte Schimmer im Verein mit der ausgeprägten Scharung der Lamellen bewirkt, dass in gewissen Stellungen grosse Theile einer Platte dunkel, andere hell erscheinen, eine Erscheinung, welche schon Haidinger') bemerkt hat. Die Balkenbreite geht bei einem dieser Eisen (Duel Hill) bis zu einer Kleinheit herab, welche das betreffende Glied eigentlich unter die mittleren Eisen verweisen würde; allein andererseits ist das Aussehen von ihnen allen so ähnlich (weil nämlich die La- mellenbreite hier nicht so sehr ins Gewicht fällt), ferner sind die Platten von Duel Hill, die ich untersucht habe, doch nicht so gross, um bei dem stark wechselnden Gefüge dieser Eisen einen Schluss auf das Ganze zu erlauben; so habe ich es vorgezogen, die Gruppe nicht zu zerreissen. Von Wichita Co. (Balkenbreite 1°6 Millimeter) habe ich in Fig. 1 und 4 Abbildungen gegeben, welche viele von den Erscheinungen gut zur Anschauung bringen. Am augenfälligsten sind die grossen Troilitein- schlüsse, welche mit einer Graphithülle, darüber einem Schreibersit- kranz, schliesslich in Wickelkamacit liegen. Der grösste Einschluss in Fig. 4 links unten zeigt den ganzen inneren Theil aus Troilit _ bestehend, welcher in seiner Mitte etwas schimmernd geblieben ist und deshalb im Bilde hell wurde; der Troilit kommt meist sehr dunkel heraus, weil seine tombackbraune Farbe wenig chemisch wirksame Strahlen ergibt. Zwischen dem Troilit und der — im Bilde heller er- scheinenden — Graphitpartie ist ein schmaler Zug von Schreibersit eingeklemmt. Der Graphit hat einen bläulichen Stich, daher in der Photographie das hellere Aussehen. Aehnlich ist es in den übrigen Fällen, zuweilen findet ein mehrfacher Wechsel, Troilit, Graphit, Troilit, Graphit, Schreibersit, Wickelkamacit statt, wenigstens an einzelnen Theilen eines Einschlusses, so an den zwei mittleren Knollen in Fig. 1, was jedoch leider nicht gut am Bilde zu erkennen ist. Wichita zeigt sehr schön — wegen der grossen Länge seiner Balken — die äusserst schmalen, langgezogenen Felder, welche theils mit dunklem Plessit, theils mit Kämmen erfüllt sind. Wichita Co. ist das alte Brazos, auch ı) Haidinger: Das Meteoreisen von Sarepta. Sitzungsb.d. Wr. Akad.2. 46. 286 bis 297. 1862. 216 Dr. A. Brezina. [66] identisch mit Young Co. Haidinger!) hatte aus einem Berichte von B. F. Shumard?) mitgetheilt, dass das Eisen von Brazos, ursprünglich 320 Pfund, durch Major R. S. Neighbors im Mai 1836 erworben, nach San Antonio gebracht, von dort im Sommer 1859 in das geolo- gische Museum des Staates Texas in Austin übertragen worden sei. 3—4 Pfund davon waren abgesägt worden. Später berichtete W. Flight?) aus einer Arbeit von Buckley ‘) dass ein nördlich von Young Co. im Quellgebiete des Red River ge- fundenes Eisen im Gewichte von 315 Pfund in den State Collections von Austin aufbewahrt werde. Als von diesem Eisen ein Stück abgesägt wurde und Mallet’) darüber Mittheilung machte, nahm er zufolge obiger Notiz Buckley’s an, dass es sich vielleicht um das Eisen von Red River (genauer Cross Timbers) handle, was aber sicher nicht der Fall ist. Schon das von Mallet angegebene Gewicht von 160 Kilo, die Bezugnahme auf die Auffindung durch Neighbors und die Aufbewahrung in Austin, vorher in San Antonio, lässt keinen Zweifel über die Identität von Wichita Co. und Brazos. Diese wird auch durch den Vergleich mit unserem Originalstück von Brazos erwiesen, das wie Wichita zur Gruppe Oga gehört, während Cross Timbers ein Omm ist, mit jenem gar nicht zu verwechseln. Magura (Arva) hat die bekannte Eigenschaft, in einzelnen Stücken sehr reich, in anderen sehr arm an Schreibersit zu sein; die letzteren haben dann eine ausserordentliche Aehnlichkeit mit Cranbourne. Balken- breite 1'8—2°0 Millimeter, viel feiner Rhabdit zwischen die Balken geklemmt, sehr schwacher orientirter Schimmer, keine Feilhiebe. Durch die Abwesenheit der letzteren unterscheidet sich auch das schreibersitreiche Arva von den übrigen Oga. Wollte man diese Gruppe noch weiter spalten, so könnte man eine Wichitagruppe als das schreibersitreiche Aequivalent der Bemdegogruppe, Magura als ebensolches der Cranbournegruppe annehmen. Doch sind Duel Hill und Caryfort Zwischenglieder; sie haben orientirten Schimmer, aber wenig ausgeprägte Feilhiebe, dabei zeigt ersteres den Kamacit stark abgekörnt. Balkenbreite bei Duel Hill 1'2, bei Caryfort 1°5 Millimeter. Südöstliches Missouri nähert sich wieder mehr Wichita, indem es die Feilhiebe gut ausgeprägt zeigt. 55. Gröbste Lamellen. Seeläsgengruppe. Ogse. Lamellen ge- schart, schraffirt, mit starkem orientirten Schimmer; Felder treten ganz zurück. Balkenbreite 3 Millimeter. Seeläsgen 47. Seeläsgen war von Rose‘) als breccienartig ohne Schalenbildung nach dem Oktaöder bezeichnet worden, wogegen Tschermak im !) Sitzungsb. d. Wr. Akad. 41. 571—572. ?) Shumard: Trans. Acad. St. Louis. 1. 622—624. ®) Geolog. Magaz. 19 110. 1882. *) Second ann. rep. Survey Texas. 1876. d) American Journal 128. 285—288. 1884. °) Beschreibung und Eintheilung. S. 49—51. er ni a Eh en I [67] ? Die Meteoritensammlung des k. k. mineralogischen Hofkabinetes. 217 ee #7 Verzeichnisse vom Jahre 1572 angab, sich durch Beobachtung grösserer ge- de ätzter Flächen vom schaligen, oktaödrischen Aufbau überzeugt zu haben. 5 Rath!) hat diese sehr dicken oktaödrischen Lamellen an den Bonner Stücken (darunter zwei von 2 Kilo 20, beziehungsweise 1 Ko. 350 Gr.) nicht in überzeugender Weise wahrnehmen können. Ich habe noch keine Mes- - sungen an Seeläsgen vorgenommen, finde aber die vier Balkensysteme so deutlich entwickelt, dass mir der oktaödrische Bau ausser Zweifel erscheint. | 56. Breccienähnliche oktaödrische Eisen. Nelsongruppe (Obn). Eisen vom Aussehen des Seeläsgen, nur mit stark wechselnder Breite - der Lamellen, auch derselben Lamelle. Union Oo. 53, Nelson Co. 56. Tschermak hat diese beiden Eisen als hexaödrische Breccien ein- gestellt; das ist zum mindesten Nelson Co. ganz gewiss nicht, weil es deutliche Felder, von Taenit eingefasst, zeigt; es könnte also nur eine E oktaödrische Breccie sein; ich vermuthe nun allerdings, dass beide EETER Eisen überhaupt einheitliche oktaädrische Eisen sind, welche zur Seeläsgengruppe gehören und nur durch das Ineinandergreifen und die g ‚stark wechselnde Breite der Balken breccienähnlich aussehen, will aber, _ bevor ich das durch Messung festgestellt habe, die beiden Eisen -_ vorderhand als eigene Gruppe belassen. # 57. Breccienähnlicheoktaödrische Eisen. Zacatecasgruppe (Obz). - Wallnussgrosse Parthien, jede okta@drisch aufgebaut, mit zahlreichen, - 2--3 Millimeter grossen Troilitkugeln, ausserdem durchschwärmt von kleinen, oft zu grösseren Platten aneinandergereihten Troilittäfelchen. 2 Zacatecas 792. r 58. Breccienähnliche oktaödrische? Eisen. Barrancagruppe (Obb). Unregelmässige, etwa haselnussgrosse Parthien, welche kleine kugelförmige und unregelmässige Troilite führen und durch den orientirten Schimmer - einen Aufbau aus verschiedenen Theilen verrathen. AR Barranca bianca 66. 3 Es muss noch genauer untersucht werden, ob die Körner okta&drische Structur besitzen. 59. Breccienähnliche okta&drische Eisen. Deesagruppe. (Obd). Unregelmässig gegen einander gelagerte schraffirte Parthien mit zahlreichen, wenn auch kleinen Feldern, meist dunklem Plessit, sind mit Theilen eines krystallinischen Chondriten zu einem breccienähnlichen Gebilde ver- bunden. | Sierra di Deesa‘ 63. Es ist wohl zu beachten, dass in diesem und den drei vorher- gehenden Fällen nicht an Breccien von polygener Entstehung gedacht wird, sondern etwa an das Vorhandensein verschiedener Nuclei im Mo- mente der Verfestigung, wodurch die gleichzeitig erstarrenden okta&drischen Gebilde nur bis zur Grenze eines schon starr gewordenen Nachbar- gebildes wachsen konnten; in Folge dessen hat jedes Gebilde seine eigene - Örientirung, unabhängig von der des benachbarten. Mit Deesa ist offenbar Copiapo zu vereinigen, die Nähe der Fundorte und die Gleichheit des Gefüges fordern dies. Tschermak hatte Copiapo als selbstständig ') Rath G. vom: Die Meteoriten des naturhist. Museums der Univ. Bonn. Bonn, 1875. 8. 5—6. Jahrbuch d, k.k. geol. Reichsanstalt. 1335. 35. Band. 1. Heft. (Dr. A. Brezina.) 28 er Die. r | 218 Dr. A. Brezina. [68] betrachtet und mit Hb-+ M bezeichnet. Hb ist unrichtig, weil, wie oben angegeben, Felder zahlreich vorhanden sind, was mit Hb unvereinbar wäre. Ebenso kann das eingeschlossene Silicatgemenge nicht als Meso- siderit bezeichnet werden, weil dazu sein Korn viel zu fein ist. F. Hexaödrische Eisen. Durchlaufende hexaädrische Spaltbarkeit oder solche Figuren, welche auf einen einheitlichen hexa@drischen Bau ohne okta@drische Schalenbildung schliessen lassen. 60. Hexaödrische Eisen H mit Zwillingslamellen nach dem Gesetz: Zwillingsaxe eine Eckenaxe {111}. Durchgehende Spaltkarkeit nach dem Würfel. Neumann’sche Figuren. | Lime Creek (Olaiborne) 34, Coahuila 37, Canada de Hierro 46, Braunau 4* 47, Morgan Co. 49, Pittsburg 50, Dacotah 63, Auburn 67, Nenntmannsdorf 72, Lick Öreek 19, Hex Fiver Mounts 82. Ueber eine Reihe eigenthümlicher Erscheinungen an Coahuila habe ich an anderen Stellen!) berichtet. Canada de Hierro (Tucson Sonora) hat Tschermak unter Hb, hexa@drische Breccien gestellt, offenbar nur, weil auf der einen geätzten Fläche unseres Stückchens Schattirungen ähnlich dem orientirten Schimmer zu sehen sind. Diese nur O'5 Quadratcentimeter grosse Fläche ist aber zu grob geätzt, um einen sicheren Aufschluss zu geben, ausserdem ist auch das kleine Stückchen beim Abtrennen etwas deformirt worden; die hexa&drische Spaltbarkeit stimmt ganz mit der der hexaädrischen Eisen. Ich werde die geätzte Fläche neuanschleifen, stelle das Eisen aber vorderhand in die vorliegende Gruppe. Wenn die Ortsbestimmung als unrichtig be- trachtet werden dürfte, könnte das Eisen wohl zu Coahuila gestellt werden, falls aber erstere richtig ist, steht der Abstand der Fund- punkte (32° 58 N., 111° 10 W. und 27° N., 105° W.) einer Identifici- rung im Wege. Morgan Co. stand bei Tschermak unter den dichten Eisen; es gehört aber zu den ausgezeichnetsten Vertretern der hexaädrischen Eisen, dessen Neumann’sche Figuren ebenso in die Augen springend sind, wie bei Claiborne, mit dem es überhaupt grosse Aehnlichkeit hat. Tschermak hatte Morgan Co. und Walker Co. vereinigt, letzteres ist dicht. (Siehe unten.) Ueber Lick Creek wurde bereits an anderer Stelle berichtet °). Das Eisen von Hex River Mounts, das wir der Güte des Herrn Baron Carl v. Babo als werthvolles Geschenk verdanken, zeigt eine ganz neue Erscheinung (Fig. 5). Nebst den gewöhnlichen Neumann- schen Linien gehen 7 parallele Systeme (in der Figur von oben nach unten) von Troiliteinschlüssen durch das Eisen; die Troilitplättchen selbst sind nicht unter einander parallel gerichtet, sondern liegen nur je in einer Ebene, und jede solche Ebene ist von einem Aetzhofe um- geben; eine gegen die 7 ersteren schief gestellte ebensolche Ebene durchsetzt die Platte in ihrem rechten unteren Theile schräg von unten links nach rechts seitwärts steigend. Ich werde diese Erscheinung auf . dem Wege der Messung genauer untersuchen, glaube aber schon jetzt die Vermuthung aussprechen zu können, dass diese Ebenen Hexaeder- ; 1) Sitzungsber. Wr. Akad. 1. 85. 473—477. 84. 282—283. 1881. :) Brezina: Sitzungsber. Wr. Akad. 1. S4. 280—281. 1831. [69] Die Meteoritensammlung des k. k. mineralogischen Hofkabinetes. 219 ebenen seien, sowie dass diese Erscheinung den Schlüssel liefern wird zur Erklärung der eigenthümlichen matten Bänder der Capeisengruppe, von welchen ich glaube, dass sie ebenfalls parallel zu Hexaöderflächen gerichtet sind. 61. Capeisengruppe (Hca). Beim Aetzen matt werdend und durch- laufende Bänder erhaltend. Cap 793, Babb's Mill 18, Smithland (Livingstone Co.) 40, Oktib- beha Co. 54, Kokomo 62, Iquique 71. Ich vermuthe, wie schon oben gesagt, dass‘die Bänder hexa@drische Lage haben, und stelle deshalb diese Gruppe als Anhang zu den hexa&drischen Eisen. Babb’s Mili wird beim Aetzen matt, und zwar ganz ähnlich wie die anderen Glieder; wegen des hohen, dieser Gruppe gemeinsamen Nickelgehaltes vermuthe ich, dass es hieher gehört und unser Stück nur zufällig seiner Kleinheit wegen die Bänder nicht zeigt. Die grosse Aehnlichkeit von Babb’s Mill mit Capland wurde auch von Gustav _ Rose (Beschreibung und Eintheilung S. 72) hervorgehoben. Ganz dasselbe gilt von Oktibbeha (Nickelgehalt 5969 Procent), das auch eine dünne, zusammenhängende Brandrinde zeigt. Smithland (Livingstone Co.) zeigt auf einem grösseren, aus Reichenbach’s Nachlasse stammendem Stücke das eigenthümliche, fast sammtartige Aussehen der Grundmasse wie Kokomo, bei wesentlich dunklerer Farbe ; ferner zahlreiche kleine Troiliteinschlüsse mit Daubreelit- lamellen und einer Schreibersithülle, endlich zahlreiche winzige Schreibersit- oder Rhabditskelettehen oder Blättchen in der Grundmasse zerstreut; die natürliche Oberfläche ist von ausgesprochener Rostrinde bedeckt. Ein kleines von Greg erhaltenes Stückchen hat eine ähnliche, äusserst feinflimmerige Grundmasse bei etwas lichterer Farbe (wohl wegen der gröberen Aetzung) und ist an der natürlichen Oberfläche mit einer dünnen Rinde bedeckt, welche das Aussehen der Brandrinde besitzt. Der Nickelgehalt wurde von Brewer') im Mittel von zwei gut übereinstimmenden Analysen zu 9'37 bei 90:74 Eisen (aus - vier Be- - stimmungen) und 0'26 Unlöslichem gefunden. ee en RB 62. Schreibersitlamellen. Chestervillegruppe (Hch). Zahlreiche Schreibersit- oder Rhabditplatten in gesetzmässiger Orientirung. _ Grundmasse sehr feinfleckig. Chesterville 47, Salt River 50. Chesterville lässt mit grosser Deutlichkeit erkennen, dass die ein- zelnen Rhabditblättchen sowohl eine im ganzen Eisen gesetzmässige Örientirung, als auch eine Anordnung nach krystallonomischen Ebenen besitzen, ganz ähnlich, wie dies im Eisen von Hex River Mounts für die Troilitblättehen nachgewiesen wurde. Bei Salt River ist nur eine Orientirung der Blättchen ihrer Rich- tung nach, aber keine Anordnung nach Ebenen der Lage nach wahr- zunehmen. Dieses Eisen hat stellenweise die Oberfläche mit einer rauhen Borke bedeckt. l) Brewer Proc. Am. Assoc. 4. 36—38. 1851. 28* 220 Dr. A. Brezina. [70] ; G. Dichte Eisen. f i 63. Schreibersitplatten in einer dichten Grundmasse. Rasgata- gruppe (Dr). Die Schreibersitlamellen treten bei schwacher Aetzung nicht sofort scharf aus der Grundmasse heraus, sondern sind gegen letztere sanft abgedacht, als wenn die Grundmasse in nächster A Nähe der Lamellen an Nickel angereichert wäre und daher von der 2 Aetzung weniger ergriffen würde, als an den entfernteren Stellen. Rasgata 10. . Es hat den Anschein, als wenn die Schreibersitlamellen eine ge- un wisse Orientirung besässen, was ich durch Messungen feststellen werde. . Da aber diese Annahme nicht so sicher erscheint, wie bei der vorigen 4 Gruppe, habe ich Rasgata noch bei den dichten Eisen belassen.. Das i Aussehen der Schreibersit- (oder Rhabdit)-Lamellen erinnert sehr an R das der Troilitplatten in Zacatecas, indem die Lamellen in beiden Fällen einen unterbrochenen Zusammenhang haben, also im Durch- I schnitte aus Strichen zusammengesetzt erscheinen. Rasgata hat eine eigenthümliche Borke an der Oberfläche. 64. Regellos angeordnete Troilitlamellen in fleckiger Grund- masse. Siratikgruppe (Ds). Siratik (Senegal) 763, Campo del Cielo (Tucuman) 733. Siratik hat vorwiegend sehr kleine Lamellen, welche wie bei Rasgata gegen die Grundmasse sanft abgedacht sind; die grösseren Sr Lamellen erscheinen bei der Aetzung als Gruben und schneiden scharf ab. Campo del Cielo (der genauere Fundort wurde mir durch Herrn 3 Professor C. Klein mitgetheilt, welchem ich auch die Angaben über “ Toke uchi mura und Campo del Pucara verdanke) hat meist grössere “ (3—12 Millimeter lange, bis 1 Millimeter breite) Lamellen, welche e scharf absetzen. Ganz kleine Lamellen sind wie bei Siratik sanft ab- | E gedacht. d ö% 65. Fleckige Grundmasse. (Df). 4 M. Newstead 27, Sceriba 34, Sanct Augustine's Bay 43, Carleton & Tucson 50, ‚Nedagolla *3 70. Newstead ist an unseren Stücken so grob geätzt, dass man nur N die grobfleckige Beschaffenheit der Grundmasse erkennt. Nach dem Neuanschleifen wird sich eine genauere Bestimmung geben lassen. | = Scriba muss einer neuerlichen Analyse unterzogen werden, es e scheint ein Pseudometeorit zu sein. Als Jahreszahl für dieses Eisen | ® wurde gewönlich 1814 angegeben, offenbar in Folge eines Druckfehlers in Shepard’s New Classification of meteorites, worauf mich Herr i Dr. G. Lindström freundlichst aufmerksam machte. { Sanct Augustine’s Bay ist ein Theil einer Pfeilspitze und hat | “ Bl 2 E d' 5 offenbar durch Bearbeitung Veränderungen erlitten. Carleton Tucson hat grosse Flecken, welche durch feine, krumm- linige Schreibersitadern abgegrenzt sind. Nachdem dieses Eisen von Silicatpartikelchen ganz durchschwärmt ist, könnte, ähnlich wie oben von Netschaövo gezeigt wurde, durch diese innige Mengung eine breccienähnliche Structur erzeugt worden sein. Es wäre wichtig, an der Hauptmasse grössere Schnittflächen zu erzeugen. Nedagolla mit, seinen eigenthümlichen Erscheinungen, der Ver- ° änderungszone u. s. w. wurde schon oben besprochen. j > [71] Die Meteoritensammlung des k. k. mineralogischen Hofkabineter. >31 66. Dichte, zum Theil tellurische Eisen. (D). Hacienda Concepeion 784, Disko Eiland 08, Sowallik 18, Nau- heim 26, Walker Co. 32, Tarapaca 40, Botetourt 62, Wöhler 54, Tucson Ainsa 69, Santa Catarina 73. Die Eisen dieser Gruppe bedürfen wohl noch alle einer genaueren, namentlich chemischen Untersuchung. Hacienda Concepeion könnte auch einer anderen Gruppe zugehören, was durch Neuanschleifen festgestellt _ werden muss. Disco Eiland, Sowallik und Santa Catarina sind als tellurisch anzusehen, Nauheim, Walker Co., sind wahrscheinlich Pseudo- meteoriten, Botetourt vielleicht zur Capeisengruppe gehörig, und Tucson Ainsa hat eine gewisse Aehnlichkeit mit Carleton Tucson, jedoch nicht genügend, um es ohne weitere Untersuchung mit diesem zu vereinigen. Anhang. Feuerkugeln, Meteore, Pseudometeoriten. Ich füge noch dasjenige bei, was ich in den letzten Jahren als Resultat meiner Erkundigungen in solchen Fällen erfahren habe, wo an irgend einer Stelle eine Nachricht über einen Meteoritenfall publi- eirt wurde; ich halte die Veröffentlichung derartiger Documente darum für nützlich, damit nicht Andere überflüssigerweise dieselbe Arbeit noch _ einmal verrichten. Pseudometeorit (Arkose) La Grande Bougerie 4 Kilometer östlich von Genf. Das Stück, welches unser Museum Herrn Professor Carl Vogt in Genf verdankt, trägt eine Originaletiquette von Th. de Saussure; es lag ohne Datumsangabe schon zur Zeit des Amtsantrittes von Pro- fessor Marignac (ungefähr 1842) in der dortigen Sammlung. Die Originaletiquette lautet: „Pierre de tonnerre tombee sur un chöne & la grande Bougerie, laquelle a fait une rage depuis le haut jusques en bas, en tournant en vis environ un tour d’arbre; la pierre entrait juste dans la r@nure, elle a Et6 trouvee & quelques pas de l’arbre, au bout du terrain qu’elle avait pique d’une quantite de petits trous, la rage ou rönure A l’arbre etait positivement de la largeur et profondeur & l’&paisseur de la pierre. Don de M. Theodore de Saussure. (Fils du geologue, chimiste.)*“ Dünnschliffe des Stückes lassen erkennen, dass man es mit einem oberflächlich geschwärzten Rollstücke eines arkoseähnlichen, klastischen Gesteines zu thun hat. Curvello, Brasilien ll. April 1833. Von diesem Falle gab Claussen einen Bericht im Bull. Acad. de Bruxelles, Bd. 8, S. 322—342, 1841, worin das Gewicht des ihm zuge- kommenen Stückes zu 3 Unzen (etwa 85 Gramm, wenn englisches Avoirdupois-Gewicht) angegeben wird; Buchner, welcher obenerwähnte Arbeit Claussen’s citirt und dabei anführt, dass das Stück für einen Eisenmeteoriten gehalten werden könnte (Die Meteoriten in Sammlungen, 929 Dr. A. Brezina. [72] Leipzig 1863, 8. 56), setzt das Gewicht zu 170 Gramm an; nachdem eine andere Quelle als Claussen nicht vorhanden ist, dürfte die Zahl 170 durch irrthümliche Verdopplung der richtigen, 85, entstanden sein. Nachdem Claussen’s Sammlungen im Museo Nacional zu Rio de Janeiro aufbewahrt werden, richtete ich an die Direction dieses Museums eine Anfrage, welche von Mr. Osville A. Derby namens der Section für Mineralogie, wie folgt beantwortet wurde: y„ .. . In going over the entire collection from the province of Minas I find a specimen of native iron which I take to be the one in question, although its weight, 218 grammes does not correspond to that mentioned by you (170 grammes). The specimen is without indi- cation of any kind, but ıs from Minas and there is no notice of any other having been received by the museum, so I judge that this must be the one in question, notwithstanding the difference in weight, which on consulting Claussen’s paper (Acad. de Bruxelles) I find is not given exactly, only as about 3 ounces.* Und ferner: „His (Claussen’s) catalogue gives no notice of the weight or form nor any characters by which the specimen can be identified.* Die Untersuchung eines von Mr. Derby gütigst beigeschlossenen, 9 Gramm schweren Fragmentes dieses Eisens liess eine Beschaffenheit nicht unähnlich Siratik erkennen; die Grundmasse ist feinfleckig, mit schwachen, kurzen Einschnitten; der Bruch ist feinkörfig, schimmernd. Ich werde eine Analyse machen lassen; vorderhand möchte ich das Eisen noch im Anhang belassen. Igast, angeblich gefallen 17. Mai 1855 6 Uhr Abends. Diese bereits oft besprochene, einer blasigen Schlacke vollkommen ähnliche Substanz war in letzter Zeit Gegenstand mikroskopischer Unter- suchung durch F. J. Wijk'), deren Resultate von Cohen?) mitgetheilt wurden; hienach ist die meteorische Natur des Steines als höchst zweifelhaft anzusehen. Zweiin unserer Sammlung befindliche und noch mehr ein von Herrn Staatsrath J. v. Siemaschko seinerzeit eingesendetes Stück bestärken die von Cohen berührten Zweifel an der Echtheit. Nordenskjöld betrachtet in seinem schon genannten Werke, Seite 186, Igast nicht nur als echt, sondern geradezu als den „Normalmeteorit*. Meteor und Pseudometeorit. Suez, 26. Juni 1877. Am Abende des genannten Tages wurde 9% ? ein Meteor gesehen, welches in NW. von Suez, nahe bei der Stadt, niederzugehen schien. Bei der Nachsuchung an der vermuthlichen Fallstelle fand man, drei Stunden NW. von Suez entfernt, einen etwa 150 Gramm schweren Stein, welchen der k. k. österreichische Consul Herr Remy de Ber- zencovich in Suez durch freundliche Vermittlung des Herrn Directors J.F.Schmidt in Athen an das mineralogische Hofkabinet gelangen liess. Das Fundstück ist eine Kupferschlacke, welche nach den an- haftenden Muschelresten längere Zeit im Meere gelegen haben dürfte. 1) Finska. Vet. Soc. Förh. 24. 1882. ?) Cohen, N. Jahrb. 1883. 1. 384. [73] Die Meteoritensammlung des k. k, mineralogischen Hofkabinetes. 293 Meteor und Pseudometeorit, Wiener Neustadt, 27. December 1880, Das „Wiener Neustädter Wochenblatt* und die „Constitutionelle Vorstadtzeitung* vom 6. Jänner 18831 brachten Berichte über einen angeblichen Meteoritenfall, welche später auch in wissenschaftliche Wochenschriften („Naturforscher“, „Nature“ etc.) übergingen. Aus obigen Berichten, welche durch den Augenzeugen, Herrn Dr. Georg Thenius, Chemiker, eingesandt wurden, sowie aus münd- lichen Mittheilungen desselben an mich gelegentlich meines Aufenthaltes in Wiener Neustadt am 7. und 8. Jänner 1881 ergeben sich die nachfolgenden beobachteten Thatsachen : Der genannte Herr ging am 27. December 1880, Abends °/,8 Uhr, _ mit seinen Kindern durch die Bahngasse in der Richtung gegen den Bahnviaduct, als er auf ein scheinbar von der Stelle des Jupiter kommendes Meteor aufmerksam wurde, das ihm bis auf das Strassen- niveau zu fallen und dortselbst mit einer Flamme gleich der eines hellen Gaslichtes aufzuhören schien. Eine Detonation war nicht wahr- zunehmen, nur schien es dem Beobachter, als ob ein leises Rauschen len Zug des Meteors begleitete. Die Fallstelle schien vom Standorte des Beobachters etwa 100 Schritte entfernt. Als Dr. Thenius die Stelle erreichte, an welcher er den Fallpunkt vermuthete und den Boden nach dem Meteoriten absuchte, fand er in dem gefrorenen Erd- reiche eine flache, etwa 5 Centimeter tiefe Grube, deren Wände die Beschaffenheit des umgebenden, gefrorenen Bodens hatten (also nicht etwa auffallend aufgelockert waren); die Nachgrabung an dieser Stelle ergab in einer Tiefe von einem Meter im harten, gefrorenen Erdreiche einen schwach faustgrossen Stein von 275 Gramm Gewicht, welcher, wie ich gleich vorausschicken will, vollkommen das Aussehen einer Eisenschlacke besass. Trotzdem mir die vorstehend angeführten Thatsachen, insbesondere im Zusammenhange mit dem Aussehen des Steines, keinen Zweifel darüber liessen, dass es sich um den Fund einer Schlacke handelte, da ja ein so kleiner Stein niemals im Stande wäre, im hartgefrorenen Boden bis zu einer Tiefe von einem Meter einzudringen, so wollte ich doch bei der Bestimmtheit, mit welcher Herr Dr. Thenius an der meteoritischen Natur seines Fundes festhielt, vichts versäumen, was zur Klarlegung der Thatsachen dienen konnte. Ich liess deshalb den hartgefrorenen Boden bis zu dem an jener Stelle etwa 1'5 Meter tief liegenden Hauptrohre der Gasleitung in einem Umfange von etwa 15 Quadratmeter aufgraben, wozu mir die Wiener Neustädter Gas- gesellschaft in liebenswürdigster Weise ihre Arbeiter und alle erforder- ichen Werkzeuge unentgeltlich zur Verfügung stellte, während Herr Gymnasialdirector Dr. Schober so freundlich war, für mich die Er- laubniss der Ortsbehörde zur Aufgrabung einzuholen. Es zeigte sich hiebei nichts, was von dem gewöhnlichen Strassengrunde abwich, kleine Kiesel und Quarzitgeschiebe (Steinfeldschotter), Erde und einige kleine Schlacken- bruchstücke setzten den ausgegrabenen Theil der Strasse zusammen. Zur Untersuchung des von Herrn Dr. Thenius gefundenen Ob- jectes überliess mir derselbe freundlichst drei Fragmente, von denen ich eines zu Dünnschliffen verarbeiten liess. 224 Dr. A. Brezina. [74] Dieselben liessen in einem Glase sehr zierliche Skelettchen er- kennen, wie sie als Entglasungsproducte in Frischschlacken häufig zu beobachten sind; mit echten Meteoriten ist keinerlei Aehnlichkeit vor- handen. Feuerkugel, Rudek (Rudki) 29. Jänner 1881. Ueber dieses Meteor und einen damit angeblich verbundenen Stein- fall brachte der „Dziennik polski“ vom 1. Februar 1881 eine Notiz, in Folge deren ich mich an die Herren Professoren F. Kreutz und J. Niedzwiedzki in Lemberg um nähere Auskunft wandte. Pro- fessor F. Kreutz schrieb mir darüber unter dem 11. Februar 1881: „Ueber den Meteoriten, der in der Nacht vom 29. v.M. in Rudki gesehen worden, hat der mit Naturerscheinungen nicht besonders ver- traute Correspondent des „Dziennik polski“ berichtet, dass um 11 Uhr Nachts am östlichen Himmel drei ungeheure Sterne erschienen sind, welche sich mit grosser Geschwindigkeit zu einem einzigen Sterne von Sonnengrösse vereinigt haben. Dieser Stern sei mit Donnergetöse und starker Lichtentwicklung auf die Erde gefallen. Nach dem Zeitraum, der zwischen der Lichterscheinung und dem Donner verflossen, urtheilt der Berichterstatter, dass das Meteor in einer Entfernung von mehreren Meilen von Rudek gefallen ist. Trotz eifrigen Nachforschens wurde der Punkt, wo der Stein gefallen, nicht eruirt. In Folge Ihrer Nachfrage habe ich an einen technischen Beamten in Rudek in dieser Angelegen- heit geschrieben und heute die Antwort erhalten, dass man in der Umgebung von Rudek keinen gefallenen Meteoriten gefunden hat.“ Der Bericht, welchen ich Herrn Professor J. Niedzwiedzki ver- danke, lautete (22. Februar 1881): „Alle meine Erkundigungen in Betreff des gemeldeten Meteoriten- falles haben mich überzeugt, dass wohl in der Gegend zwischen Lem- berg, Rudki und Przemysl ein glänzendes Meteor („Feuerkugel“) nieder- ging, es weiss aber Niemand mit Bestimmtheit anzugeben, ob es zur Erde fiel, umsoweniger auch, wo dies geschehen sei.“ Die vorstehenden Berichte machen es somit wahrscheinlich, dass es sich um die Erscheinung einer Feuerkugel gehandelt habe.’ Pseudometeorit. Troppau, 19. Juli 1881. Ueber diesen angeblichen Meteoritenfall gelangte eine Nachricht durch Herrn pensionirten Gymnasialprofessor Em. Urban in Troppau in Begleitung eines kleinen Splitters an den Director der k. k. geolo- gischen Reichsanstalt, Herrn Hofrath R. v. Hauer, welcher so gütig war, mir beides zuzustellen; über mein Ersuchen sandte Herr Professor Urban den Rest des Steines und den nachfolgenden Bericht (vom 4. November 1881) über die Erscheinung: „Laut Mittheilung des Herrn Tischlermeisters Franz Gebauer. ist am 19. Juli 1. J. gegen 7 Uhr Abends nach einem .heftigen Knall — „wie ein starker Pistolenschuss* — auf das Dach seines Hauses (Troppau, Salzgasse 31) etwas niedergefallen ; beim sofortigen Nach- suchen wurde von den zwei Söhnen des Genannten (Edmund und Franz) h [75] Die Meteoritensammlung des k. k. mineralogischen Hofkabinetes. 225 auf dem Steinpflaster vor dem Hause der — hier beifolgende — „Stein“ aufgefunden.“ Die Familie Gebauer wird von Herrn Professor Urban als eine vollkommen vertrauenswürdige bezeichnet. Das eingesendete Stück ist eine gewöhnliche blasige Schlacke. Angeblicher Meteorit Castrop, Westphalen, 30. Juli 1881, * Der „Dortmunder Zeitung“ vom 3. August 1881 entnahm die „Nature“, Nr. 618 Bd. 24, 8. 427, 1881 eine Notiz, wonach ein am obgenannten Tage 8 h 15 m p. gefallener, 1 Meter tief in den Boden ge- drungener Meteorstein von 5 Pfund Gewicht sich im Besitze des Herrn ' Oberbergrathes W. Runge befinden solle. Ein an den genannten Herren gerichtetes Schreiben veranlasste denselben, ‘mir folgende Mittheilung (vom 16. September 1881) freundlichst zukommen zu lassen: ee Beeile ich mich Ihnen ergebenst zu erwiedern, dass an der ganzen Geschichte vom Castroper Meteoriten kein wahres Wort ist. „Ich las die Nachricht vom 30. Juli datirt am 3. August, in den Dortmunder Zeitungen und hatte bis dahin, also nach fünf Tagen, nichts erhalten; die Nachricht enthielt also mindestens schon in dieser Beziehung eine Unwahrheit, welche mir die Geschichte verdächtig machte; ferner war es mir sehr verdächtig, dass die Nachricht vom Castroper Meteoritenfall zuerst in einem Bielefelder Blatte, dem ‚Wächter‘, erschien, aus welchem sie die Dortmunder Blätter über- ‚nahmen, während Castrop ganz nahe bei Dortmund liegt; und drittens war es mir doch sehr verdächtig, dass nur ein einziger 2°5 Kilo schwerer Meteorit gefallen sein sollte; das war mir für ein weithin leuchtendes Meteor zu wenig. „Kurz, ich wartete einige Tage ab; dann schrieb ich an die Biele- felder Zeitung, den ‚Wächter‘, und ersuchte dieselbe, den betreffenden Referenten zu einer näheren Aeusserung über den Ursprung der Sache zu veranlassen. Die Zeitung antwortete mir, dass sie den Referenten, den ich natürlich nicht kenne, ersucht hätte, an mich zu schreiben ; das hat derselbe aber bis jetzt nicht gethan. Dann habe ich die Ortspolizeibehörde in Bewegung gesetzt, und dieselbe schickte mir den Bericht des betreffenden Gensdarmen, der nach achttägigen Erkundigungen im ganzen Castroper Bezirk Niemand - hatte finden können, der von der Sache etwas wusste.“ Es dürfte demnach die ganze Nachricht, sowohl von der Erschei- nung des Meteores, als dem Fallen eines Steines eine Erfindung sein. Feuerkugel Vevey, Schweiz, 14. November 1881. Die in Wien erscheinende „Presse“ brachte im November 1881 folgende Notiz: „(Ein Meteorstein.) In Vevey (Schweiz) fiel am 14. d. M. am hellen Tage ein grosser Meteorstein auf den Gemüsemarkt, wo er mit donnerähnlichem Gekrache zerplatzte, das über den See herüber von den savoyischen Bergen wiederhallte.“ Jahrbuch d. k.k.geol. Reichsanstalt. 1885. 35. Band. 1. Heft. (Dr. A. Brezina.) 29 226 Dr. A. Brezina. [76] Aehnliches berichtet die „Nature“, Bd. 25, S. 88 (1881, 30. No- vember), nach einer Veveyer Correspondenz des Schweizer „Bund“, worin ausserdem noch angegeben ist, dass das Meteor von einem Punkte des Hautler (?) gerade über den Bergen der savoyardischen Seite des Last herzukommen schien, und dass der herabgefallene Stein gross genug war, um ein Haus, auf das er gefallen wäre, zu zer- trümmern. Ueber meine Erkundigung schrieb mir Herr Professor Gustave Rey, Director des Museums in Vevey am 28. November 1881: „Le 14 nov. & 4 heures du matin on a effectivement apergu un bolide, et un peu plus tard une detonation s’est faite entendre, mais ou l’explosion a-t-elle eu lieu, c’est ce que tous ignorent.“ Herrn Professor Carl Vogt verdanke ich über denselben Gegen- stand die nachfolgende Mittheilung vom 3. December 1881: „Ich erhalte soeben vom Regierungspräsidenten des Cantons Waadt folgende Nachricht auf meine Anfrage: ‚Informations prises, il n’est rien tombe & Vevey — on a bien entendu une detonation tres forte, mais rien de plus.‘ Auch zwei meiner Collegen an der Akademie in Lau- sanne, die ich hier befragte, wussten nichts von einem Meteorsteinfalle in Vevey.“ Somit redueirtsich die Erscheinung auf eine detonirende Feuerkugel. Meteor Skaufs, Ober-Engadin, 31. Jänner 1882. Nach einem Berichte des „Naturforscher“ vom 4. März 1882, Bd. 15, Seite 87, sollte am genannten Tage zwischen 2 und 3 Uhr Nachmit- tags bei hellem Sonnenschein ein Meteor am Uettliberge bei Zürich, zu Einsiedeln und St. Gallen gesehen worden und mit starker Detonation bei Skaufs, Canton Graubündten, gefallen sein. Auf meine Anfrage theilte mir Herr Professor Kenngott in Zürich freundlichst Folgendes mit (unter dem 15. März 1882): „Auf Ihre Anfrage vom 7. d. M. wegen des bei Skaufs in Ober- Engadin, Bezirk Maloggia, gefallen sein sollenden Meteoriten kann ich Ihnen mittheilen, dass kein Meteorit aufgefunden worden ist. Man hatte wohl ein Meteor an verschiedenen Orten gesehen, und glaubte auch, dass dasselbe auf der Alpe Griatschouls niedergefallen sei (etwa zwei Stunden oberhalb Skaufs), doch ist dies nur eine vermuthliche An- gabe. Herr Professor Heim hatte noch die Güte, an Herrn Professor Brügger in Chur zu schreiben, doch dieser wusste auch nichts von irgend einem Funde.“ Und Herr Professor Carl Vogt schrieb mir (17. März 1882): „Das Meteor von Einsiedeln, Skaufs etc. gehört zur Kategorie derer von Vevey. Man hat wohl die Feuerkugel gesehen, aber von einem Fall derselben und vom Auffinden von Meteoriten ist nichts bekannt geworden.“ Sonach scheint nur ein Meteor gesehen worden zu sein. Mirotsch Planina, Ost-Serbien 3., 15. oder 21. Februar 1882. 44° 30’ N., 22° 20’ 0. „Nature“, Bd. 25, S. 471 vom 16. März 1882 berichtet: „A large Meteorite fell at Mirotch Planina (Fastern Servia), on February 21 last.“ [77] Die Meteoritensammlung des k. k. mineralogischen Hofkabinetes. 2237 Ueber Anfragen, welche Herr Director Döll und ich nach Belgrad richteten, gelangte an ersteren ein an Herrn Rafael Hofmann gerichteter Bericht des Herrn Felix Hofmann, Bergwerksdirectors, welchem ich Folgendes entnehme: „Blos ein Telegramm aus Golubacz (vis-&-vis Moldova) gab uns im Februar Nachricht von einem angeblichen Meteoritenfall, welcher Nachricht auf die daraufhin erfolgten amtlichen Anfragen keinerlei be- stimmte nähere Angaben folgten. Angeregt durch Dein Schreiben vom 92. d. M. und eines des Herrn Brezina an Dr. Pantit wurden neuerdings amtliche Recherchen angestellt, auf welche heute vom Ca- pitanate Golubacz und Klut (in letzteren Bezirk fällt die Miro planina) die Berichte einliefen. Der Bezirksvorstand des Golubaczer Bezirkes berichtet : ‚Am 3./15. Februar Vormittags 10'/, Uhr, sei er im Dobraer (vis- &-vis Drenkova-Szipinya) Gebirge gewesen, wo er bei ruhigem, sonnigem Wetter einen Meteorfall beobachtet habe. Das Meteor kam von Ungarn und schlug eine östliche Richtung ein, er hörte drei sehr starke kanonen- schlagähnliche Detonationen von starkem, prasselnden Geräusche gefolgt, sowie nach der ersten Detonation eine staubähnliche Wolke entstand, welche bald wieder sich auflöste, und meint, der Meteoritenregen sei in der Mirot planina und in dem Majdanpecker Gebirge niedergefallen, (offenbar besitzt dieser Mann, welcher erst seit kurzer Zeit aus dem Siiden des Landes in diese Gegend versetzt wurde, keine Ortskenntniss). Er meint, von seinem Standpunkte aus wäre die Oertlichkeit, wo der Meteoritenfall niederging, 10—15 Kilometer entfernt gewesen; der- selbe berichtet weiter, er hätte alle Leute, welche zur selben Zeit sich im Gebirge dieser Gegend befanden, vernommen, und selbe bestätigen, die gleichen Beobachtungen gemacht zu haben; auch sagten zwei Hirten aus: ‚von ihrem Standorte aus (Bolyetiner Gebirge) schien es, als ob das Niederfallen des Meteoriten ebenfalls 2—3 Stunden (& 5 Kilometer) entfernt gewesen sein müsste, aber in südlicher Richtung.‘ Gefunden hat bis jetzt niemand ein Stück dieses Meteoriten, trotzdem der Auftrag ertheilt wurde, danach zu suchen. Der Kluter (Kadovaer) Bezirksvorstand jedoch meldet ganz kurz: ‚Niemand der Bewohner und Umwohner der Miroö planina beob- achtete ein derartiges Naturereigniss.‘“ Und ein anderer, Herrn Dir. Döll zugekommener Bericht (des Herrn Theodor Ritter von Stefanovit, ddto. Belgrad 15. N) 1882) besagt: | „Auf Grund der zuverlässigsten, dem Ministerium des Innern zur gekommenen Nachrichten kann ich Ew. Wohlgeboren die Versicherung geben, dass zwar in der Gegend von Doljni Milanovac (an der Donau) und Golubacz ein donnerartiges Getöse gehört wurde, die Ursache des- selben jedoch bisher nicht constatirt werden konnte. Es wurden auf Veranlassung der Behörde genaue Nachforschungen gepflogen über einen etwaigen Meteoritenfall, doch ergaben dieselben absolut keine Resul- tate. Jenes donnerartige Getöse wurde — wie constatirt ist — anfangs Februar gehört, und dürfte dasselbe demnach mit dem Fall von Möcs in Siebenbürgen in einiger Verbindung stehen.“ Der Fall von Möcs fand am 3. Februar Nachmittags "/s4 Uhr statt; die Richtung desselben war eine südöstliche; nachdem Möecs im 29* 228 Dr. A. Brezina. [78] NNO. der Mirot planina liegt, so mochte es allerdings scheinen, dass das Meteor aus Ungarn komme und nach Osten gehe; es bliebe dann noch die Verschiedenheit der Tagesstunde (10'/, Uhr Vormittags und 31/, Uhr Nachmittags) und des Tages übrig, welche jedoch möglicher- weise auf einem Irrthume beruhen könnten. Feuerkugel, Rom, 2]. Juli 1882. „Gazetta d’Italia*, Samstag 22. Juli 1882 und Sonntag 23. Juli 1882. Pater Ferrari gibt in letzterer Nummer an, dass innerhalb des Vaticans kein Meteorit gefallen sei, meint aber, dass das Platzen der Feuerkugel und der Meteoritenfall „in aperta campagna“ stattgefunden haben dürfte. Einer freundlichen brieflichen Mittheilung des Herrn Professors J. Strüver entnehme ich folgende Nachricht: „Allerdings wurde ein gewaltiger Knall gehört, und man sprach auch von einer Feuerkugel; mein Diener jedoch, den ich ausschickte, um in der Gegend nach gefallenen Steinen zu forschen, kehrte mit der Nachricht zurück, dass die Bauern und Hirten der Campagna über- haupt nichts von der Erscheinung wahrgenommen hatten.“ Glogovacz bei Arad, Ungarn, 17. Jänner 1883. 40%2971:7219.227.,0, „Neue Temesvarer Zeitung“. „Wiener Allgemeine Zeitung“, Nr. 692 vom 31. Jänner 1882. Das Meteor soll nach vorstehenden Berichten in einen Wasser- graben zwischen den Wächterhäusern 6 und 7 der Siebenbürger Eisen- bahn gefallen sein und ein anderthalb Meter breites Loch in das vier Zoll dicke Eis geschlagen haben. Durch freundliche Vermittlung des Herrn Directors E. Döll er- hielt ich Abschrift von einem an Se. Excellenz den Herrn Feldzeug- meister Anton Freiherrn v. Scudier gerichteten Briefe, ddto. 23. Fe- bruar 1882, Arad, worin es heisst: „Der Vicegespan konnte keine weitere Auskunft ertheilen, als dass der Stein ins Wasser gefallen sei. Die mündliche Erkurdigung in Glogovacz brachte zutage, dass der Notar nichts zu sagen wusste. Der Stationschef war Zeuge des Vorfalles. Er war mit seinen zwei Gehilfen am 17. Jänner des Abends nach 8 Uhr vor dem Stations- gebäude, den Siebenbürger Zug erwartend, als sie eine blaugelb blitzende Flamme niederfahren sahen. Des andern Tages Früh seien sie auf- gebrochen, um die Sache zu verfolgen und haben zwischen dem 6. und 7. Wächterhaus (genauer zwischen der 5. und 6. Telegraphenstange vom 6. Wächterhause gegen Gyorok), in einer grossen, durch längere Zeit des Jahres bestehenden Lacke, 36 Schritte nördlich des Bahn- körpers ein grosses Loch in der Eisdecke und strahlenförmig von da auslaufende, bedeutende Sprünge in der Eisdecke gefunden. „Er habe schon von Meteorsteinen gelesen und sich einen solchen in der gestrigen Erscheinung erklärt.“ Mit Stangen in dem circa °/, Meter tiefen Wasser suchend, habe er eine locale Vertiefung im Schlamme, doch natürlich [79] Die Meteoriteosammlung des k. k. mineralogischen Hofkabinetes. 229 noch keinen harten Gegenstand verspürt. Die Stange habe er zur Wiederkennung der Stelle zurückgelassen und werde der „Kölicy Etlet“ (ein junger Verein Arads für Kunst und Wissenschaft) nach Austrocknung des Tümpels, im Juli etwa, an die Ausgrabung schreiten, falls diese bei dem tiefer zu gewärtigenden Grundwasser möglich ist.“ Der Schreiber macht noch die Bemerkung, dass der Stationschef, ein einfacher Naturmensch, mehr Vertrauen verdient, als der Apotheker des Ortes, der auch noch jung, aber phantasievoll sei, so z. B. theilte er dem Schreiber mit, dass an der Einbruchsstelle „Ozongeruch ver- spürt“ worden sei. Pseudometeorit Iserlohn, Westphalen, l. Februar 1883. Nach der „Leipziger Illustrirten Zeitung“. Der Herr geheime Oberbergrath W. Runge, an welchen ich mich bezüglich dieses Falles wandte, veranlasste freundlichst Herrn Bergrath v. Brunn, in der Sache Erhebungen zu pflegen, welche Fol- gendes ergaben: „Der Schreiner Müller“ (in Iserlohn) „hat Abends 7 Uhr vor dem Fenster seines Wohnhauses aus den Stein in schräger Richtung von Süden her herabkommen und etwa 10 Schrite von seinem Hause ent- fernt im Garten des Tischlers Keitmann niederfallen gesehen. Der in der Nachbarschaft wohnende Schmied Heitmann, welcher gerade sein Haus verlassen hatte und, um eine Ecke biegend, in den Keit- mann’schen Garten kam, will ihn in der Dunkelheit als glühende Masse auf der Erde liegend gesehen haben und hat ihn am folgenden Morgen gefunden. Er habe bier auf dem gefrorenen Boden gelegen, in dem er durch das Fallen eine kleine muldenartige Einsenkung ge- bildet hatte, ungefähr wie wenn man mit der Hacke des Stiefels in den Erdboden drückt. Das Gras, womit der Erdboden bewachsen war, sei schwarz gesengt gewesen, wie wenn ein kleines Feuer an dieser Stelle gebrannt hätte. Die Leute machten auf mich einen vollkommen glaubwürdigen Eindruck, so dass ich einen Schwindel von ihrer Seite nicht für wahrscheinlich halte. Dagegen ist es wohl möglich, dass sie selbst sich getäuscht haben. Müller hat vielleicht ein Meteor fallen gesehen, hat sich aber in der Stelle geirrt, wo es zur Erde gekommen ist und Heitmann hat möglicherweise einen Lichtschein auf dem Erdboden erblickt und für einen leuchtenden Körper angesehen und hält nun einen Stein (Schlacke) von etwas aussergewöhnlichem Ansehen, welcher schon vorher dort gelegen hat und auf den er erst später auf- merksam geworden ist, für den Meteorstein. Auffallend ist mir nament- ‘ lich, dass derselbe nicht tiefer in den Erdboden eingedrungen sein sollte. Derselbe war nach Angabe der Leute damals circa ein Zoll tief gefroren; diese Frostschichte hätte der Stein meiner Ansicht nach durchschlagen und in die lockere Ackererde eindringen müssen. Das Aufschlagen auf den Erdboden hat Niemand gehört, weder Müller, welcher sich allerdings in seinem Zimmer befand, noch Heitmann, welcher im Momente des Aufschlagens gerade um die Ecke bog und etwa 8 bis 10 Schrite von der betreffenden Stelle entfernt sein mochte. Der Stein soll die Grösse eines Gänseeies haben und 170 Gramm wiegen.* 230 Dr. A. Brezina. [80] Das gefundene Stück wurde vom Mineralienhändler Herrn H. Kemna in Göttingen erworben und Herrn Professor Dr. C. Klein dortselbst zum Kaufe angetragen; letzterer theilte mir über meine Anfrage freundlichst mit, dass das Stück „mit den Schlacken der (Iser- lohner) Nickelhütte genau übereinstimmt.“ Sonach reducirt sich die Erscheinung auf ein Meteor. Pseudometeorit Madonna della Guarda 1883. Frau Hofräthin v. Duchek erhielt unter der Bezeichnung „Pierre tombee a Madonna della Guarda, Cap verde, pres de San Remo, 1883“ eine flachgedrückte, schalig aufgebaute Sandsteinlinse von 7°5 Centi- meter grösstem Durchmesser und 4 Centimeter Dicke, welche sie dem Hofkabinet für die Sammlung von Pseudometeoriten als Geschenk überliess. Meteoritenfall und Pseudometeorit Smidar, 23. März 1883, Ebenfalls als Geschenk der Frau Hofräthin v. Duchek erhielt unsere Sammlung einen Pseudometeoriten, welcher in Begleitung des nachstehend abgedruckten Protokolles an dieselbe gelangt war. Protokoll aufgenommen am 13. April 1883 behufs ausführlicher Beschreibung über den Fund des am 23. März 1883 in Böhmen in der Nähe der Stadt Smidar herabgefallenen Meteorsteines. Gegenstand. Der Finder des vermeintlichen Meteorsteines, Herr Johann Zu- baty, erzählt Folgendes: Das Gerücht von einem herabgefallenen Meteorsteine verbreitete sich blitzesschnell in unserer Stadt, und ich nahm mir vor, keine Mühe zu scheuen, um den vermeintlichen Meteorstein zu finden. Ich suchte deshalb den Augenzeugen dieser Erscheinung, Herrn Wzl. Kraj, auf und liess mir (auf demselben Punkte stehend wie der Beobachter zur selben Zeit selbst) die Richtung, in der sich der herabgefallene Meteorstein bewogen hat, genau beschreiben. Derselbe theilte mir auch alles, was auf die Erscheinung Bezug hatte, bereitwilligst mit, und gebe hier seine eigenen Worte wieder, wie folgt: Am Charfreitag (den 23. März 1883) bin ich zeitlicher wie ge- wöhnlich (eirca nach der fünften Morgenstunde) aufgestanden, ging auf den Hof, um mich der alten Sitte gemäss unter freiem Himmel zu waschen. Indem ich das Firmament beobachtete, sah ich plötzlich in nord- westlicher Richtung einen lichten, fortwährend gegen Horizont sich neigenden und hinter sich einen lichten Streifen lassenden Körper fallen. In dem Momente hörte ich ein ganz eigenthümliches Zischen in der Luft, dem gleich ein dumpfer Schlag folgte. Die Entfernung zwischen dem Wohnhause und der Stelle, wo der Stein gefunden worden ist, schätzte der Beobachter auf ca. 150 Schritte. a [81] Die Meteoritensammlung des k. k. mineralogischen Hofkabinetes. 931 In Folge dieser glaubwürdigen Mittheilung fing ich an, in der be- zeichneten Richtung zu suchen, und nachdem ich einige Tage rastlos gesucht, glückte es mir, zwar in der angegebenen Richtung, jedoch aber in einer Entfernung von 500 Schritten (vom Hause des Beob- achters gemessen), ein faustgrosses Stück steinichten Körper zu finden, der sich durch seine auffällig grosse Schwere auszeichnete. Der Boden am Fundorte war im Herbst gelockerte Ackererde, derzeit sehr feucht und durch anhaltend kleine Fröste auf einige Centi- meter tief gefroren. Der gefundene Stein war zur Hälfte in den Boden vergraben, die Erde um den Stein herum circa 150 bis 200 Millimeter mit einem leichten, strahlförmigen Metallanflug (wie man es nach Abfeuern eines Zündhütchens zu sehen pflegt) umgeben. Alle Anzeichen deuten auf einen sehr starken Anprall hin. Der Stein selbst war angefroren. | In den nächstfolgenden Tagen gelang es mir, in der bekannten Richtung in einem Kreise von circa 80 Schritten noch andere drei Steine zu finden, die dem erstgefundenem sehr ähnlich waren, und beinahe dasselbe Gewicht hatten. Das Gewicht der gefundenen Steine war wie folgt: 1 Stück 1100 Gramm EN TS, ducnes 350,.;., Li. TOO ur Zusammen . 4 Stück 2990 Gramm. Hiemit wird das Protokoll geschlossen und durch eigenhändige Unterschriften beglaubigt. Smidar, am 13. April 1883. Johann Zubaty m. p. Wenzel Kraj. Es scheint nach dem Vorstehenden, dass in der That zur auge- gebenen Zeit ein Meteoritenfall stattgefunden habe; der aufgefundene Gegenstand ist jedoch eine Hochofenschlacke, wie solche sehr häufig als Meteorsteine eingesendet werden. Herr Professor Zujovid sendet mir freundlichst die folgenden No- tizen über in Serbien gesehene Meteore: Feuerkugel Rata 14./26. October 1849. Herr Professor Panticd befand sich am genannten Tage in Rata, Kreis Kragujevac, Serbien, als am späten Abend ein Bolid von Mondgrösse im N. OÖ. Theile des Himmels erschien und sich in mehrere glänzende Stücke zertheilte, ohne einen Knall hören zu lassen. Moteorfall Ramala 2./14. Mai 1852. Am genannten Tage hörte man in Ramada unter Mt. Rudnik bei ganz heiterem Himmel ein Donnern jenseits des Mt. Rudnik „ganz _ ähnlich jenem, wie wenn heisse Steine auf die Erde fallen“; so sagten dem Herrn Pantic die Bauern, denen das Phänomen bekannt zu sein schien. 232 Dr. A. Brezina. Meteor PoZarevac 3./15. October 1877. Um 1 Uhr Morgens bemerkte Herr Dr. Jasnewski aus Poza- revac einen glänzenden faustgrossen Bolid mit weisser Wolke umgeben, der sich von NW nach SO bewegte und einen leuchtenden, bläulichen, zuerst geraden, dann gebogenen Schweif hinter sich zurückliess. Der Bolid schien von einem zweiten parallelen Meteor begleitet zu sein. Meteor Jastrebac Anfang März 1884. Eine der vorigen ähnliche Erscheinung hat man zur angegebenen Zeit am Mt. Jastrebac aus Krusevac beobachtet. Alle Untersuchungen nach den zugehörigen Meteormassen waren fruchtlos. In Gniöa hät man Eisen- und bei PoZarevac Gesteinsmassen gefunden, die man als meteorisch betrachtete, die sich aber als tellu- risch erwiesen haben. Uebersicht des petrographischen Systemes. I. Steinmeteoriten. A. Eisenarme Steine ohne runde Chondren. 1. Eukrit (Eu). Constantinopel, Stannern, Saintonge, Juvinas. 2. Shergottit (She). Umjhiawar. 3. Howardit (Ho). Sankt Nicolas, Luotolaks, Nobleboro, Jasly, La Vivionnere, Petersburg, Frankfort, Pawlowka. 4. Bustit (Bu). Bustee. 5. Chladnit (Chl). Bishopville, Manegaon, Shalka, Ibbenbühren. 6. Rodit (Ro). Manbhoom, Roda. 7. Chassignit (Cha). Chassigny. B. Chondrite. 8. Chondrit, howarditisch (Ch). Siena, Borgo San Donino, Harrison Co., Krähen- berg, Waconda, Sitathali, Mauritius. 9. Chondrit, weiss, adernfrei (Cw). Mauerkirchen, Jigalowka, High Possil, Ha- cienda de Bocas, Mooradabad, Alexejewka, Zaborzika, Angers, Mordvinovka, Drake Creek, Forsyth, Mascombes, Slobodka Partsch, Montlivault, Pusinsko Selo, Monte Milone, Kaande, Kusiali, Tourinnes la Grosse, Dolgowoli, Senhadja, Cabezzo de Mayo, La Becasse, Pennyman’s siding. 10. Chondrit, weiss, geadert (Cwa). Luce, Wold Cottage, Asco, Lissa, Kikino, Kuleschowka, Politz, Allahabad, Honolulu, Aumieres, Killeter, Schönenberg, Hartford, Castine, Schie, Girgenti, Scheikahr Stattan, Sauguis, Dhulia, Kalumbi, Grossliebenthal, Möcs. 11. Chondrit, weiss, breceienähnlich (Cwb). Staartje, Bandong, Vavilovka. 12. Chondrit, intermediär (Ci). Schellin, Mhow, Deal, Charwallas, Macao, Favars, Kheragur, New Concord, Dhurmsala, Canellas, Motta di Conti, Rakowka, Saint Caprais, Alfianello. 13. Chondrit intermediär, geadert (Cia). Salles, Berlanguillas, Agen, Durala, Vouille, Chäteau Renard, Le Pressoir, Nerft, Dandapur. 14. mark, intermediär, breceeienähnlich (Cib). Luponnas, Laigle, Pulsora, ytal. 15. Chondrit, grau (Cg). Ploschkowitz, Bjelaja Zerkow, Seres, Botschetschki, Tounkin, Nanjemoy, Blansko, Gross Divina, Esnandes, Kaee, Duruma, Gnarren- burg, Avilez, Parnallee, Butsura, Knyahinya, Cynthiana. ) a ae ze 17 ae an Turn nn Pe. [83] Uebersicht des petrographischen Systemes. 233 16. 17. 18. 19. 20. 21. 22. 23. 24. 25. 26. 27. 28. 29. 30. 31. 32. 33. 34. 35. 36. 37. 38. 39. 40. 41. 42. 43. 44. 45. Chondrit, grau, geadert (Cga). Barbotan, Saurette, Darmstadt, Doroninsk, Mooresfort, Charsonville, Toulouse, Limerick, Lasdany, Kadonah, Umbala, Zno- row, Okniny, Aldsworth, Grüneberg, Monroe, Fekete, Veresegyhaza, Kakowa, Alessandria, Udipi, Pultusk, Slavetic, Danville, Oczeretna, Kerilis, Hungen, Cronstadt. Chondrit, grau, breeeienähnlich (Cgb). Krawin, Sena, Chantonnay, Akbur- ° poor, Chandakapoor, Cereseto, Assam, Quincay, Nulles, Molina, Mexico, Iron hannock Creek, Mouza Khoorna, Saint Mesmin, Elgueras, Saonlod, Castalia, Homestead, Ställdalen. Chondrit Orvinit, breeeienähnlich (Co). Orvinio. Chondrit Tadjerit (Ct). Tadjera. Chondrit, schwarz (Cs). Renazzo, Mikenskoi, Goalpara, Dyalpur, Sevrukof. Kohliger Chondrit (K). Alais, Belmont, Cold Bokkeveld, Kaba, Orgueil, Nagaya. Küzgelchenehondrit (Ce). Albareto, Wittmess, Benares, Timoschin, Slobodka, La Baffe, Praskoles, Krasnoj Ugol, Pine Bluff, Utrecht, Yatoor, Borkut, Tren- zano, Quenggouk, Aussun, Gopalpur, Muddoor, Hessle, Searsmont, Lance, Ihung, Zsadany, Judesegeri, Rochester, Sarbanovac, Tieschitz, Gnadenfrei. Kügelchenchondrit, geadert (Cea). Werchne Tschirskaja, Saint Denis Westrem, Sikkensaare. Kügelehenchondrit, breceienähnlich (Ceb). Weston, Gütersloh, Heredia. Kügelehenehondrit Oransit (Cco). Ornans, Warrenton. Chondrit, krystailinisch (Ck). Erxleben, Richmond, Simbirsk Partsch, Klein Wenden, Cerro Cosima, Mainz, Segowlee, Stawropol, Menow, Pillistfer, Vernon Co., Dundrum, Pokra, Daniels Kuil, Motecka nugla, Kernouve, Tjabe, Lumpkin, Khairpur. Chondrit, krystallinisch, breceienähnlich (Ckb). Ensisheim. ©. Vebergänge zu den Eisen. Mesosiderit (M). Hainholz, Newton Co., Sierra de Chaco, Estherville, Karand Lodranit (Lo). Lodran. II. Eisenmeteoriten. D. Siderolit. Siderophyr (8), Steinbach. Pallasit (P). Medwedewa, Imilac, Albacher Mühle, Rokitky, Port Oxford, Campo del Pucara. E. Oktaedrische Eisen. a) Feinste Lamellen. Butlergruppe (Ofbu). Butler. Knoxvillegruppe (Ofkn). Knoxville. Werchne Dnieprowskgruppe (Ofw). Werchne Dnieprowsk. b) Feine Lamellen. Vietoriagruppe (Ofv). Victoria. Prambanangruppe (Ofpr). Prambanan. Be oitegruppe (Ofeh). Charlotte, Putnam, Löwenfluss, Lagrange, Russel Gulch. Jewell Hillgruppe (Ofj). Jewell Hill. Obernkirchengruppe (0fo). Obernkirchen. Hraschinagruppe (Ofh). Elbogen, Hraschina, Bairds Farm, Dellys, Bear Creek. Smithmountaingruppe (Ofs). Smith Mountain. Madoegruppe (Ofm). Madoc. Cambriagruppe (Ofe). Cambria, San Francisco del Mesquital. ce) Mittlere Lamellen. Murfreesborogruppe (Omm). Cross Timbers, Murfreesboro, Werchne Udinsk. Tolueagruppe (Omto). Toluca, Lenarto, Guilford, Coopertown. Jahrbuch d. k, k. geol. Reichsanstalt. 1885. 35. Band. 1. Heft. (Dr. A. Brezina.) 30 234 Dr. A. Brezina. [84] 46. 47. 48. 49. 50. 51. 52. 53. 54. 55. 56. 57. 58. 89. 60. 61. 62. 63. 64. 65. 66. Schwetzgruppe (Oms). Schwetz. Emmetsburggruppe (Ome:. Emmetsburg. Stauntongruppe (Omst). Orange River, Staunton, Dalton. Trentongruppe (Omtr). Burlington, Petropawlowsk, Jackson Co, Trenton, Wooster, Colorado, Francfort, Juncal, Rowton. La Caillegruppe (Onml). La Caille, Charcas, Misteca, Rancho de la Pila, Coney Fork, Seneca, Ruff’s Mountain, Denton, Fort Pierre, Marshall Co., Atarama Bolivia, Chulafinnee. Netscha@vogruppe (Omn). Netscha&vo. d) Grobe Lamellen. Bemdegogruppe (Ogb). Bemdego, Bohumilitz, Black Mountain, Cosby’s Creek, Tabarz, Casey Co. Cranbournegruppe (Oge). Cranbourne. Arvagruppe (Oga). Wichita Co., Magura, Caryfort, Sarepta, Missouri, Duel Hill. e) Gröbste Lamellen. Seellisgengruppe (Ogse). Seeläsgen. f) Oktaedrische breccienähnliche Eisen. Nelsongruppe (Obn). Union Co., Nelson Co. Zacatecasgruppe (Obz). Zacatecas. Barrancagruppe (Obb). Barranca bianca. Deesagruppe (Obd). Sierra di Deesa. F. Hexaädrische Eisen. Zwillingslamellen (H). Lime Creek, Coahuila, Canada de Hierro, Braunau. Morgan Co., Pittsburg, Dacotah, Auburn, Nenntmann dorf, Lick Creek, Hex River Mounts. Capeisengruppe (Hea). Capeisen, Babb’s Mill, Smithland, Oktibbeha Co, Ko- komo, Iquique. Chestervillegruppe. (Hch). Chesterville, Salt River. @. Dichte Eisen. Rasgatagruppe (Dr). Rasgata. Siratikgruppe (Ds). Siratik, Campo del Cielo. Fleckige Eisen (Df). Newstead, Scriba, Sanct Augustine’s Bay, Carleton Tucson, Nedagolla. Diehte Eisen (D). Hacienda Concepcion, Disko Eiland, Sowallik, Nauheim, Walker Co., Tarapaca, Botetourt, Wöhler, Tucson Ainsa, Santa Catarina. jr &0 8 aa] Monat Stunde prähistorisch 116 A) gefunden 1751 Pi 1847 1861 ? gefunden 2 Nov. | 16 |12!/,p 0) ? bekannt .| 13 |10!/,a bekannt 806|März 15 5p 807 März 25 Chronologische Liste der in Sammlungen aufbewahrten Meteoriten. 235 hronologische Liste der in Sammlungen aufbewahrten Meteoriten. fende Nummer (Colonne 1) bezieht sich auf die in unserer Sammlung vertretenen Localitäten, ebenso mm ausgedrückte Gewichtsangabe des Hauptexemplars (Colonne 10) und das Gesammtgewicht (Col. 11). © > E = ös Ordnungs- z8| 32 A Kater Nummer Fallort a ea par 5 & = gı 5 | ondon | Farls j Anderson, Little Miami, Ham. (o., Ohio, U.8.| P 39%20N!| 8412W| niW — — _ Steinbach b.Johanngeorgenst., Sachs.| 5025N| 1240 O, 805| 1204| 120.18] 2 — Rittersgrün bei Schwarzenb., Sachs.?, S 150 29N| 1248 O| 1342| 1815] 127 96 Breitenbach, Platten, Böhmen | 5023N| 1246 OÖ 64 64) 129 95 Eibogen, Böhm. (D. verw. Burggraf) Ofh[50 12N| 12.44 01792267946 8] 27 Ensisheim, Sundgau, Oberelsass . -Ckb!47 51N| 722 O| 422| 658| 137| 271 La Caille, Grasse, Var, Frankreich -Oml]43 47N| 643 O| 144| 3401| 22| 29 Vago, Caldiero, Verona, Italien „Stein ‚45 25N| 11 8 O0) niW —| —| 107 Schellin, Garz, Stargard, Pommern : Ci 53 20N| 15 0 O© 2 2 1383 0 — Ploschkowitz, Reichstadt, Böhmen ., Cg 50 41N| 14 39 © 3 311139], 1.2 Ogi, Koshiro, Japan . Stein] — —_ niW| —| 367) — Medwedewa, Krasno)., Sib., Pallaseis. P 155 30N| 92 0 O| 2502| 3455| 121 91 Hraschina, Agram, Croatien Ofh46 6N| 16 20 0/59185[39245 1 22 Krawin bei Plan, Tabor, Böhmen .|Cgb149 21N| 14 43 O| 2789| 4063] 140| 255 Luponnas, Ain, Frankreich . .|Cib 46 14N| 459 0] 78| 84| 141| 124 Siratik, Senegal, Westafrika Ds |14 ON| 11 OW| 223| 491| 121 83 Albareto, Modena, Italien 1 Cc [44 41N| 1057 O| 13| 13| 142| 139 Luce, Sarthe, Frankreich ICva 4752N| 030 O| 146) ı66| 1438| 176 Mauerkirchen, Bayern, jetzt Oberöst. 48 12N| 13 7 0| A17| 5881| 144| 177 Sena, Sigena, Aragonien, Spanien Icıp 4136N| 0 00| 24 4 —| 168,264 Campo del Cielo, Otnmpa, Tucuman, Argent.| Ds 125 30 S| 61 OW| 344] 417 2 Sierra blanca, Durango, Mexiko . .IOm 127 15N1105 4W| niW _ 4 — Ixtlahuaca, Toluca, Mexiko Omto 19 37N| 99 34W| 221| 221 3 | 93 Xiquipilco, Toluca, Mexiko — 136210|58853]| 2 — Bemdego, Bahia, Brasilien . .\Ogb\10 20 S| 40 10W| 1935| 2322 5l 85 Hacienda Concepcion, Chilualıua, Mexiko .| D 128 36 N1106 12W 1 1 — — Wittmess, Eichstädt Bayern . .|Cc |4852N| 1110 O| 122| 128] 145| 178 Jigalowka, Bobrik, Charkow, Russl.| Cw 50 17N| 35 10 O 2 2| 146| 108 Barbotan, Landes, Frankreich .ICgal4357N| 0 4 O|) 344| 618] 147| 140 Zacatecas, Mexiko . .\Obz/22 51 N|]102 OW| 1429| 2007 6 24 Capland, Südafrika. sea. 0181 27,30,0|.4598 947, 7 12 Siena, Lucignan d’Asso, Tosc., Ital.ICh 143 7N, 1136 O| 106| 192) 148] 256 Wold Cottage, Yorkshire, England .ICwa54 9N) 024W| 65| 102] 149| 179 Bjelaja Zerkow, Ukraine, Kiew, Russl.|| Cg 149 50N| 30 6 O| 118] 118| 150] 245 Salles, Villefranche, Rhöne, Frankr.|Cia]46 3N| 437 O| 291| 333] 151] 125 Benares, Krakhut, Östindien ‚| Cc |25 38N| 83 0 O| 559| 662] 152| 141 Imilac, Atacama, Südamerika . . IP |23 59 8| 69 34W| 2895| 3687| 124] 92 Albacher Mühle, Bitburg, Niederrhein] P 14959N 6300| 78] 109) 10) 84 Laigle, Normandie, l’Orne, Frankr. .|Cib 48 45N| 038 O| 1504| 4054| 153] 142 Saurette, Apt, Vaucluse, Frankreich|Cga/43 52N| 523 O0) 297| 297| 154] 109 Sankt Nicolas, Mässing, Bayern IHo 48 27N| 12 36 O 2 2 155] 180 Charcas, San Louis Potosi, Mexiko .|Oml 23 12N 100 23W| 106] 106| 86| 25 Misteca, Oaxaca, Mexiko .IOmll16 45N, 97 4W| 764) 1001| 26] 34 Rancho de la Pila, Durango, MexikolOml/24 12 N|103 56 W| 578] 790) 9,366| 26 Darmstadt, Hessen. Cgal49 52N| 838 0 5 5l| 1571| 0° — High Possil, Glasgow, Schottland .|Cw|5554N| 418W 15] 15] 156) 181 Hacienda de Bocas, S.Louis Potos, Mex | Cw |22 2N 100 58W 1 1 158 0°— Doroninsk, Irkutsk, Sibirien .ICgal50 30N 111220 0O| 31 61) 159] 126 Constantinopel, Türkei .IEu 41 ON| 2858 O 6 66 — — Asco, Corsica ; Cwa/4228N 9 20 18 18| 1600| °— Alais, Gard, Frankreich . . . . |K 4 0N) 415 0 1 1| 161] 305 Timoschin, Juchnow, Smol., Russland Ce [54 48N 35 10 OÖ 52| 141| 162| 246 Weston, Fairfield Co., Connect. U. S.|Cebl41 15N| 73 34 W 84, 183] 1631 257 Mooradabad, Delhi, Ostindien . ‚| Cw 128 50N 7848 O 1 1 167) ° — Cross Timbers, Red River, Tex. U. S.!0mm 32 7N| 95 10 | = 906° » IL ı 28 30* 236 Dr. A. Brezina. S E-| © © | Sg 2.8.1 2, 23/5 Oct z| u S rS Ale ei Baer ee Fallort E55 8er” 2 2 sel 5@ | 69 |axlsg 3 E ee 3 5 | [London | Pa | A a 4911808, gefunden | Disko Eiland, Grönland b gefunden 1819|} Niakornak, Grönland : 69%25 N 50%80 W 1 1| 104% c s; 1352 | Fortuna Bay, Davis Strait, Grönland 615 N — 6 6| 15 d 1870| Ovifac, Grönland 3 69 20N| 54 1W[41110/41664| 103) 5011808] Apr. | 19 | 12 m | Borgo San Donino, Cusign., Parma, Kal Ch |44 47N) 10 4 OÖ) 184| 264] 1641 51/1808| Mai |22| 6a || Stannern, Iglau, "Mähren .'Eu 149 18N| 15 36 O| 636515588] 165] 52|1808|Sept.| 3 |3'/, p| Lissa, Bunzlau, Böhmen . .'Cwa50 12N| 14 54 O| 3102| 3726| 166 5311809 Kikino, Wjasemsk, Smolensk, Russl Cwal55 17N| 34 13 OÖ al 21 — 5411810) gefunden Rokiöky, Brahin, Minsk, Russland P [51 46N| 30 10 O| 3028| 3320| 122 — [1810 Santa Rosa, Tunja, Columbien .'Om| 5 29N) 73 42W| niW —ı — —|1810 A Chartres, Eure et Loir, Frankreichlstein 48 26N| 129 O|niW I 5511810 a Rasgata, Tocavita, Columbien . .Dr| 515N| 7345W| 628| 1266|18, 19 56/1810! Aug.|— | m |Mooresfort, Tipperary, Irland . .Cga]52 27N| 817W| 9254| 278) 168] 57[1810|Nov.|23 | 1'/,p]| Charsonville, Loiret, Frankreich . .|Cga]47 56N 135 O)| 524 5983| 169 5811811/März| 12 | 11a || Kuleschowka, Gouv. Poltawa, Russl |Cwa50 43N| 3345 O| 153) 194 170° 5911811) Juli | 8| 8p ||Berlanguillas, Burgos, Castil., Span.|Cia |41 4IN 348W| 198 1981 171 6011812) Apr ! 10! 1'/,p| Toulouse, Haute Garonne, Frankreich Cga/43 47 N 1 90 16 16) 1798 611812) „ |15| 4p |Erxleben, Magdeburg, Preussen .| Ck |52 13N| 1114 O 52 85 173 621812) Aug | 5| 2a ||Chantonnay, Vendee, Frankreich . .Cgb/46 4 ON 1 5W| 9aasıl 2790) 174 63 .1813/Sept.| 10| 6a | Limerick, Adare, Irland . .. „08352 30N| 842W 69| 163|. 1758 64 1813| Dee. | 13 |Bei Tag Luotolaks, Wiborg, Finnland .'Ho 161 13N| 2749 O| ıel 16| 170% 65 1814| gefunden Lenarto, Säroser Com., Ungarn .0mto |49 18N| 21 41 O| 9805| 3243 13/8 — 1814 — |—| — |Gurram Konda, Madras, Ostindien .|Stein13 47 N| 7837 O niW —| 177 66 1814| Feb | 15 | m || Alexejewka, Bachmut, Bkaterinoslav, Russland] Cw 148 34N! 37 52 O, 1150) 1170| 178,180 67 1814 Sept. 5 m |lAgen, Lot et Garonne, Frankreich .|Cia|44 26N 05310 196 201) 181 68 1815| Feb.|18 m ||Durala, Umbala, Delhi, Ostindien. .|Cia|30 20N| 7641 O) 4al 42] 182° 69 1815| Oct. | 3| 8a ||Chassigny, Haute Marne, Frankreich'Cha]47 43N 523 O0) 59 99) 183] 701818) gefunden \Cambria, Lockport, New-York, U.S.|Ofe43 9N| 7843W 150) 1501 14|° 711818 E Babb’s Mill, Green Co., Tennessee, U. S.Hca]36 SN 8252W| 90 201 361 72|1818 5 Sowallik, Baffinsbay, Grönland .| D |76 22N| 58 0W 3 EIER 73/1818) Apr.|10| — |lZaborzika, Volhynien, Russland .Cw 150 15N| 27 30 O 55) 1135] 184 74|1818] Juni |— | — |lSeres, Macedonien, Türkei . | Cgl41 5N| 23 34 O| 47g0| 6371| 1855 75118181 Aug. 10 °— |Slobodka, Smolensk, Russland. .| Ce |54 48N| 35 10 O0) 90) 90| 2215 7611819] gef. vor 1819 || Burlington, Otsego Co., N.-York, U. S.|0mtr 42 42N 7525W| 90) 28 161° 77,1819| Juni|13| 6a |Saintonge, Jonzac, Frankreich . .|Eu 45 26N| 027W| z54| 1157| 187 78|1819| Oct. | 13 8a |Politz, Gera, Deutschland ; .‚Cwa 50 57N| 12 2 O| ggg] 404| 188 7911820) gefunden |@uilford Co., Nord Carolina U. S. 0mto ‚36 4N| 79 55 W S| 87 80|1820| Juli | 12 | 5?/, p| Lasdany, Lixna, Witebsk, Russland .Cga56 ON| 26 25 O) 2951| 2658| 189 8111821| Juni | 15 | 3/,p| Juvinas, Ardeche, Frankreich . .\Eu 44 42N| 4210| 4gal 682) 190 8211822) „ | 3 8!/,p| Angers, Maine et Loir, Frankreich .| Cw|47 23N| 034W 92 2| 191 8311822] Aug. 7 | Nachts Kadonah, Agra, Ostindien i .Cga27 12N| 78 3 0 92 2| 192 8411822/Sept. 13 | 7a |La Baffe, Epinal, Vosges, Frankreich Cc 48 9N| 635 O 17 17| 19 8511822] Nov. 30 | 6p | Allahabad, Futtehpore, Ostindien. .Cwa'25 57N| 8050 O| 446 494 194 8611822/5) — |— | — ||Umbala, Delhi, Ostindien ; .'Cga |30 24N| 76 47 O 5 3| 19% 87/1823) Aug. 7 | 4'/,p Nobleboro, Lincoln Co., Maine U. S./Ho|44 5N| 69 40W 6 6| 196 8811823|Ende —, — |Botschetschki, Kursk, Russland . . Cg 50 23N) 36 5 O0 B 3 — 8911824| Jän. | 15 | 8!/,p| Renazzo, Ferrara, Italien .| Cs ]44 47 N| 1118 0| 67, 137 122 9011824| Feb. 13) — |Tounkin, Irkutsk, Sibirien .|Cg 151 50N 102 50 O , | 91/1824| Oct. 14 | 8a | Praskoles, Zebrak, Böhmen .\ Ce 49 52N| 13 55 O| 353] 353) 198 9211825 Feb. 10 | 12a || Nanjemoy, Chas. Co. , Maryland, U. S\ Cg 38 28N| 77 16W| 351) 351] 200 9311825|Sept:| 14 |10'/,a' Honolulu, Owahu, Sandwich-Inseln .|Cwa21 30N 158 OW 61) 96) 201 | 9411826), gefunden Nauheim, Frankfurt, Hessen ; D 5022N| 8440| 353] 53| 202 — 1526| — |— | — |6Galapian, Agen, Lot et Gar., Frankr. Stein44 13N| 038 O| niW 00. 9511826] Mai | 19| ? |Mordvinovka, Pawlogr., Ekat., Russl.| Cw 48 32 N| 35 52 O| 36, 445] 199,202 © 9611827| gefunden Newstead, Roxburgshire, Schottland| Df |55 37N| 242 W 5364| 429) 218 971827, Feb.| 16 | 3p | Mhow, Azim Gur, Ostindien . .| Ci 125 57N| 8336 O0) 94] 24] 20317 9811827| Mai | 9| 4p Drake Creek, Nashville, Tenn., U S.|Cw 36 9N) 87 0OW 34 68) 204 9911827| Oct.| 5|91/, a| Jasly, Bialystok, Russland . .Ho 53 12N| 23 10 0) ;9| 59] 2055 10011828 Juni| 4 | 8'/, a| Richmond, Henrico Co., Virginia, v. S.| CK 37 32 N| 77 35 W cc) „138] 206 2 10111829) gefunden | Bohumilitz, Prachin, Böhmen . .Ogb149 6N| 1349 O 2694| . 23m _ © 8,31/,p 14 111'/,p I 2Pp 17| — 1383| — asp I ‚am Tage 4, p 9p bekannt 36 Nov. 37 Juli Be“ — 52 4 |11!,a 13 |3'/, p beschrieben gefunden m 12 |10!/,a mm | 1.8. Und En | 'am Tage | Eud.a 2 zip 12 1%: p 26| 3p 4 un Juni 42| Apr. Juni Juli 4 bekannt 43 März a 4 SP 3 hp s [hp lla 3.5 p 9 16 .129 .[21|6°/,a a2 32 Fallort sa 98 an a 2 Br ale Forsyth, Monroe Co., Georgia, U. S.| Cw 33° ON, Deal, Longbranch, New-Jersey, U. S. Ci |40 17 N Krasnoj-Ugol, Räsan, Russland. Ce 153 56 N Perth, Schottland .| Stein 56 24 N Vouille, Poitiers, Vienne, "Frankr. .\Cia|46 37 N Znorow, Wessely, Mähren „Cga|48 54N | Walker Co, Alabama, U. S.. D 33 45 N Blansko, Brünn, Mähren . : .(Cga/49 20N Lime Creek, Claiborne, Alabama, v.sH a] 32N Scriba, Oswego Co., New-York, 'T. S.| Df 143 28N Okniny, Volhynien, Russland Uga 50 6N Charwallas, Hissar, Delhi, Ostindien| Ci 129 12N Black Mountain, Bunsombe Co., Nord Car., U.8 |Ogb 35 44 N ıMascombes, Correze, Frankreich . Cw 45 20N Charlotte, Dickson Co., Tenn., U. S, .ı 0fch36 15 N Aldsworth, Cirencester, England . .|Üga|51 43 N " Belmont, Simonod, Ain, Frankreich .| K 45 55N \ Wichita Co., Brazos, Texas, U. S. .Oga 33 43 N Great Fish River, Südafrika. Eisen 32 15 S Macao, Rio Assu, Brasilien . Ci) 4558 Gross-Divina, Trents. Com., Ungarn . Cg 49 15N Esnandes, Charente infer., Frankreich Cg |46 14N Coahuila, Mexiko . . 26 35 N Santa Rosa, Saltillo, Coahuila . y [7 52N ‚ Saltillo, Coahuila - E 25 28N 'Bolson de Mapini (Butcher) . —_ "Simbirsk Partsch, Russland. Ck| — Siobedka Partsch, Russland Cw| — Kaee, Sandee, Oude, Ostindien . Cg 127 25 N ' Akburpoor, Saharanpoor,Östindien .|Cgb|26 25N Chandakapoor, Beraar, Ostindien. .|Cgb 21 ION Montlivault, Loire et Cher, Frankr. .| Cw 47 40N Cold Bokkeveld, Capland, Südafrika. K |32 30 S Baird’s Farm, Ashev., Nord Car. U. 8. Ofh)35 36 N Putnam Co., Georgia, Me ek 0feh [33 18 N Pine Bluff, Little Piney, Missouri, U. S.|| Ce 137 55N Cosby’ sCreek, Gsckelo., Sevier (o., Tonn. ‚U.8./0gb135 45 N Coney Fork, Carthago, Smith (o., Tenn., 'T. 8.\Om1 36 17 N Petropawlowsk, Mrass, Tomsk, Sib.|0mt 57 7N Caryfort, De Calb Co., Tennessee, U. S|Oga 36 ON ı Magura, Szlanicza, Arva, Ungarn . .Oga|49 20N Smithland, Livingstone Co., Ky. U. S.Hca 37 10N Tarapaca, Hemalga, Chili DE ION arEnS Karakol, Ajagus, Russland, Asien „Stein |47 50N Staartje, Uden, Holland . .Owb/51 40N Cereseto, Casale, Monferrate, Piemont Cgb 45 4N Grüneberg, Pr. -Schlesien . Cga 51 56 N Chateau Renard, Loiret, Frankreich Cia 47 56N Pusinsko Selo, Milena, Croatien . .|Cw 46 11N Aumieres, Lozere, Frankreich . .Owa 44 18N Barea, Logrono, Spanien. IM 142 23N Sanct Augustine’s Bay, Madagascar | Df 23 20 S Bishopville, Süd-Carolina, U. S. Chll34 12N Utrecht, Holland . . .. Ce 152. 8N Manegaon, Eidulabad, Ostindien . .!Chl117’59 N Klein Wenden, Erfurt, Preussen .|Ck 151 24N Werchne Tschirskaja, "Don, Russland .| Ce 148 25 N Cerro Cosima, Dolores Hidaleo, Mex.| Ck 20 56 N Killeter, Tyrone, Irland . - Cwa 54 44N a Favars, Aveyron, Frankreich Ci |46 4N Chronologische Liste der in Sammlungen aufbewahrten Meteoriten. 237 Geographische Länge 87 22W 155 W 540 OÖ 98 45 W 2555 O 37 10W 18 44 OÖ 110W 101 3W 101 39 W 101. 2W 19 30 O0 82 31 W 83 35 W GEESNN 83 25W 86 12W 87270 86 3W 192970 83 40 W 69 40 W 80 10 O m DO DO [2,9 OU Sos$} — HD o- [0 05. arm woah SIODDOOSvmr Hm OO a oodogoooooo I a [S%} ı 8 Ss» BEE 5 ® 51 88 11 15 niW — 88 88 3672| 3680 60 60 69 69 231| 239 33 83 110) 110 15 19 45 45 1 ii 165] 166 14 1%) 1288] 2353 niW — 199| 588 64 64 42 42 20 30 2 2 Eu al 10 Al: vs 4 4 30 30 98| 105 8 8 436) 680 2356| 271 87-125 62 62 329| 634 569) 806 100) 100 97) 100 10590 30214 105| 118 3243| 329 niW — 20 26 9 1% 350| 837 192| 192 5 5 niW -- 1 1 45 45 3204| 373 1 1 1301| 174 94 94 32 57 1 1 1 1 Oıdnungs- Nummer London | Paris 207| 155 308 209 210 211 112 aa 242) 31 2131 237 25 ‚80 12) aa 215 — 28), 87 216| 199 27 66 217) 145 701: (ve ag 218 248 219) 251 2D0 7 52,96| 17 87| . 52 30,88) 53 186| 247 222) 146 223| 147 224| 148 —| 200 225| 303 31l 32 32) 68 2236| 156 33133, 36 al 38 391 37 38l 14 35133 bis 34| 97 —| 202 2297| 201 2928| 113) 2 — 2301 114 231| 137 232| 204 2a 101 Bm 233| 294 234| 205 ae 236 — aa 238| 206 239) 115 238 Dr. A. Brezina. a | 214 | a | & = Be | 3 = 2 2 SS =} s=|8 =|3 | &|» 3 Fallort 2:53 | 85 |35|8 E22 le 5 sa | 5 EN SE 3 | R 8 = = © l | er | 154 1845 Jän. |25| 3 p Le Pressoir, Louans (Mung) Indre ot Loir, Frankr. Cia/47°9N. 1°18 © 11 — 1845| Mai | — Dänrg.|| Baratta, Deniliquin, Neu- Caledonien. Steins85 26 SI145 4 O)niW 155/1845) Juli 3) |La Vivionnere, Teilleul, Manche, Frkr.|Ho 148 32N| 053W 7 1561846) beschrieben |Jackson Co., Tennessee, U. Se .!0mtr\36 25N| 85 55 W 3 15711846) gefunden Netscha&vo, Tula, Russland .Omn 54 35N| 37 34 O| 468| 1192 15811846 x Canada de Hierro, Tucson Sonora, Mexiko ARTE: 2202132758. HAIE HONy 3 1591846 Assam, Östindien .|Cgb!26 15N| 92 30 O| 140 160/1846, Mai | 9'/, a Monte Milone, Macerata, Italien |CwI43 16N| 13 21 © 4 161/1846| Dec. Bi 2®/,p| Schönenberg, Schwaben, Bayern . .!Cwa48 9N| 1026 O 1 162|1847| gefunden Murfreesboro, Rutherf Co., Tenn.,U.S.|0mt0\35 50N| 86 38W| 948 16311847 x Chesterville, Chester Co., Süd. Car. U.S.|Hch'36 40N| 8sI 7W| 744 164|1847 n Seeläsgen, Brandenburg, Preussen .I0gse 52 14N| 15 23 O) 4814, 6580 16511847| Feb. | 25 | 2°/, a) Hartford, Linn Co., Jowa, U. S.. .Owa/4158N| 9157W| 140 166/1847| Juli | 14 |3°/, a Braunau, Böhmen . . H 5036N| 16 19 O| 2132) 2430 167|1848| Mai | 20 | 4'/, a| Castine, Hancock Co, Maine, Win eet Cwa4429N| 68 57W 1 — /1848) Juli | 4| — ||Marmande, Aveyron, Frankreich . . Stein AASIN| 010 O)niW 1681848 Dec. | 27 Abds.| Schie, Akershuus, Norwegen 56N| 1118 O| 30) 16911849) gefunden Morgan Co., Alabama, US». H 30 11N s ıW 6 17011849) Oct. |31 | 3p ||Monroe, Cabarras Co., N. Carol. u! ıCgal35 ON| 80 9W| 80, 17111850| beschrieben || Ruff’s Mountain, Lexingt. Co io. , Süd-Carol., U. S)Oml|34 16N| 81 40W| 125 1721850 k Pittsburg, Alleghany Co. Penn., U.S. H ‚40 28N| SO 8W ) 173|1850 A Saltriver, Kentucky, U. S. . . . .Hch 37 58N| 8538W| 45 17411850 gefunden |jSchwetz, Preussen. . - - - . 10m 153 24N| 1826 O| 438 175/1850 N Seneca Falls, Sen. Riv., N.-York, U. S. Oml 42 55N| 77 0W 13 176|1850 a Carleton Tucson, Arizona, Mexiko | Df 32 12 N|110 51W| 450 1771850 . Mainz, Hessen, Deutschland ..Ck 50 ON| 816 0, 63 17811850| Nov. | 30 | 4'/, a} Shalka, Bancoorah, Ostindien . 'Chl]23 5N| 87 22 O| 166 17911851| Apr. i17| Sp Gütersloh, Minden, Westphalen .!Ceb!51 55N| 8210| 87 180\1851| Som. E| — | Quincay, Vienne, Frankreich Ceb 7 — >= 9 181/1851!Nov.\ 5 |5'/, p, Nulles, Catalonien, Spanien. . . Cgbl41 38N| 045W 233 — 11852) gefunden Cranberry Plains, Popl. Hill,Virg. U. g. Eisen — ne 1821852 Jän. | 23 4'/,p| Yatoor, Nellore, Madras, Ostindien .| Ce 114 18N, 79 46 0 201 183.1852/Sept.) 4 | 4'/, p| Fekete, Mezö-Madaräsz, Siebenbürgen Ügal46 37N 24 19 O, 986612523 1841852] Oct. 13) 3p Borkut, Marmaros, Ungarn 2 1 Ce 148: :7N| 34: 1750,7102 18511852\Dec.| 2| — Bustee. Goruckpur, Ostindien . Bu 96 45N| 82 42 O 15 18611853 bekannt Löwenfluss, Gr. Namaqual., Südafrika (fch 23 40 S 1740 O0) 123 187 1853| gefunden Knoxville, Tazewell, Tennessee, U. S.|0fkn |36 25N 83 38W| 138 188 1853 ” Union Co, Georgia, UNS. Obn!3449N| 8412W| 16 — 1 Stinking Creek, Campb.Co., Tenn, US, Eisenl36 20 N) 84 25 W| niW 189 1853| Feb.| 10 | Ip | Girgenti, Sicilien, Italien . x .!Cwal37 17 N| 13 34 O 18 190.1853\März| 6| m ||Segowlee, Chumparun, Ostindien . .!Ck 26 45 N| 84 48 O) 996 191 1853| „ | 6) — |Duruma, Wanikaland, Ostafrika .Cg | 83 57 S| 4031 O 1 192 1854| bekannt Jewell Hill, Madison Co., Nord-Car. U.S |Ofj 135 32N| 228W 41 193 1854 Octibbeha Co., Mississipi, U.S. . .Hcal32 18N| 88 47W 3 194 1854| gefunden Emmetsburg, Maryland, u 8. ..0me [39 A0N| 77 27W 9 195 1854 n Madoc, Ober-Canada, U. 5 .'Ofm!45 31N| 7335 W| 210 196,1854 = Werchne Udinsk, Niro, Witim, 'sib. ‚|omm|57 oN\113 40 0| 191 197,1854 i Cranbourne, Melbourne, Vict., Austral. Ogc|38 11 N 145 20 O| 938| 1100 1981854 N Tabarz, Thüringen . ; .|Ogb|50 53N| 1031 O| 16 199,1854 5 Sarepta, Saratow, Russland‘ . ./Ogal48 28N| 4429 O! 394 41854 ß Haywood Co., Nord Carolina, U. 8. .\|Eisen135 27N| 83 8 W|niW '— [1854|Sept.| 5] — |Linum, Ferbellin, Preussen. . . Stein]52 46 N| 12 52 O|niW 200,1855| Mai ulan, p Kaande, Oesel, Livland .Cwi5830N 22 20 21 20111855) „ Gnarrenburg, Bremervörde, Hannover Cg 5330) 9 80) 311 202,1855| Juni zen Saint Denis Westrem, Belgien ! Cel51 AN| 340 O0) 322 203,1855| Aug.) 5 | 3'/,p, Petersburg, Lincoln Co., Tenn., U. S.| Ho 135 20N| 86 50W| 24 204 1856 Eeohriebet Marshall Co., Kentucky, U. S. .. .IO0ml]36 57N| 8836W| 78 2051856 bekannt Denton Co., Texas, B.8. .'Oml|j33 12N| 97 10W| 203 206 = bekannt Orange River, Garib, Südafrika ‚| Omst 30 — Si 21— 0| 47 | Chronologische Liste der in Sammlungen aufbewahrten Meteoriten. 239 2 | 4 3 | 81%, | Ordaungs- o| 3 ä82| 3e =8 EI IE Nummer Ss Fallort une ae ae 7 FIcHe: 1 a7 |mR | 59 | | | 5 8 | © Bo London | Paris gefunden Fort Pierre, Nebrasca, Missouri, U. S Oml/44° 19N|100 26 W| 346) 644 il 46 Nelson Co., Kentucky, UNS. .'Obn!37 48N| 8537 W| 171] 171] 66 8 Hainholz, Paderborn, Minden ‚Westph. M 51 43N| 846 O| 417) 760) 125) 102 Forsyth. Tanae Co, Missouri, U. S.| Sid, 136 42 N| 93 18 W| niW — — — %; — Avilez, Durango, Mexiko... . | ’g 120 35Nj105 35W 3 3 — — - 1856 Aug. 5| — /Oviedo, Asturien, Spanien . . . .|$tein43 22N| 552 W|niW —_ — 212 Bess6 Nov.| 12| 4p |Trenzano, Brescia, Italien . . . .|Ce ]4528N| 10 2 0| 83) 83j 264173, 267 m |Parnallee, Madura, Ostindien . . .|Cg| 914N| 78 210| 691; 739) 265) 174 5p | Stawropol, Kaukasus, Russland . .|Ck 45 AN| 41 580 18). 22). 266) 278 411857|April| 1 Nachts |Heredia, Costa Rica, Centralamerika'Ccb| 845N 83 25W| 24 24| 267| 231 1857| „ |15101,,plKaba, Debreczin, Ungarn . . . .!K |4722N| 21 160| 23) 39) 268) 304 | 1857| Oct.| 1 Les Ormes, Yonne, Frankreich . .|$tein47 5IN| 3 150| niW —ı 269| 213 10| 12 p | Veresegyhaza, Ohaba, Blasendf., Ung.|Cga/46 AN! 23 50 0[15655 15764| 270) 259 2'/, a Quenggouk, Pegu, Hinterindien ...ICcI1730N| 95 00| 327| 506] 271) 158 bekannt " Wooster, Wayne Co., Ohio, U. S. .|Omt| — = . aa, A gefunden er Bolivia. . . Omll20 8.70 W 3 ae 9 ar “ taunton, Augusta Co. , Vir: inia, U. 8. 2595| 2595 gefunden 1870 Staunton . ; ne Imst — iR a0 ns gefunden || Trenton, Milw ‚Wash. “Co.. Wise. U. $.0mr\43 22N| 88 sw| 701 1109| 100| 57 19| 8a | Kakowa, Temeser Ban., Ungarn . .|Cgal45 6N| 21 380| 327| 327| 272| 214 SINE Aussun, Montrejeau, Haute Gar., Frkr. Ce 43 5N| 0 330| 747| 1038| 273) 159 At |. 24| — |Molina, Murcia, Spanien. . . . .(Cgb38 7N| 1 10W| 14| 14) 274 131 r,1859| beschrieben Czartorya, Volhynien.. . Stein51 14N| 25 49 O|niW ll j 1859 gefunden Port Oxford, Rogue River Mis., Oragon, 1.8! P 42 46N1123 10 W 4 el 511859 März! 28| 4p | Harrison Co., Indiana, U. S. . . .|Ch |3825N) 84 30 W 7 13) 275) 140 | ill 4| — Mexico, Pampanga, Philippinen . .„Cgblı5 N120 5001 7 7| 276 133 — , 3p | Bueste, Pau, Pyrenees, Frankreich .|Stein43 13N) 0 37 W| niW —| 274| 132 — Bethlehem, Albany, New-York, U. S.|Stein42 27N| 74 O0 WıniW — 278 0 — bekannt |Coopertown, Roberts. Co., Tenn,, U. S./0m| — = 921.189)! 78) 48 gefunden |Lagrange, Oldh. Co., Kentucky, U. S|0feh| — _ 210) 442] 74 70 R Newton Co., Arcansas, U.S. . . .„M _ _ 211.236) ..1261 1103 n Atacama Wüste, Südamerika . . .|Sten20 S! 70 WI niW —| 279 2 11°/,a] Alessandria, San Giul. veccbio, Piem.|Cgal44 54N| 8 350] 78| 78] 280) 134 »11860|März 2383| — |Kheragur, Agra, Ostindien . . . .| Ci |27 14N| 77 3800| 23) 23] 281 — 411860 Mai | 1112°/,p|New Concord, Musk. Co., Ohio, U. S.| Ci 40 3N| 81 40W| 1139| 1341] 282) 119 111860| Junil 16) 5a |Kusiali, Kumaon, Ostindien. . . .|Cw|30 N| 79 0) > | 283 0— 2'/,p| Dhurmsala, Kangra, Ostindien. . .|Ci 131 55N| 77 OW| 818| 1483| 284 120 sten Heidelberg, Baden, Deutschland . .\Eisen 49 24N| 8 420)niW —| 1178| ° — »11861| Mai m |Butsura, Goruckpur, Östindien . .|Cg|27 7N| 84 190| 613] 613] 285) 252 1861| „ nn 1p | Canellas, Villa nova, Barcel., Spanien| Ci 141 15N| 1 400 1 11.228611.233 »11861| Juni 28| 7p | Mikenskoi, Grosnaja, Kaukasus . .|Cs 143 21N| 45 420) 198] 343] 287) 286 "1861| Oct. 71% p) Menow, Alt-Strelitz, Mecklenburg Ck 553 ı11N) 13 80| 159] 160) 2838| 261 1862 gefunden Vietoria West, Capcolonie, Südafrika Ofv| — _ Lara Ida, 79. 49 11862 n Kokomo, Howard Co., Indiana, U. S/Hca40 31N| 86 5W.| 15) 15| 80 2 ‚1862 " Botetourt, Virginia, u; i D — --|) — |. — ‚1862 ” Sierra de Chaco, Atacama ... — —_ 27) 40)| 130) 104 San Pedro de Atacama A E M 22 228! 68 A8W| 258 258|, 133 gefunden 1863 | Jarquerapass . . . er J 25 20S| 69 20W| 1520| 1520|] 134] 106 "1862| Oct.| 1| — Sevilla, Andalusien, Spanien . „Stein 37 22N) 5 52W| niW —| —| 160 11863) bekannt |Wöhler . . . Din 2 I 11863 5 Südöstl. Missouri, U. S.. . .Oga'37 50N|) 90 AoaW| 22] 27| 85| 20 11863) gefunden Smith Mountain, Rockingham (o, Virg., U. 8.) Ofs 136 20N| 79 45W| 68] 124] 10° — 11863 A Obernkirchen, Bückeburg, Preussen .|Ofo52 16N| 9 80 19) 19) 84 51 111863 e Dacotah, Indian wo, 0.8. ....En 46: 1NI1002, W| 25 71..83|, 13 111863 © Copiapo, Cl ti as - \lopa 27 2158| 70 32W| 568| 1221 3,132) — gefunden 1865 | Sierra di Deesa. . — == 2 233 98 1863 gefunden Russel Gulch, Gilp. Co., Color., U. S.0feh 39 23 N|105 51 W| 105] 105 82 50 1863/März| 16| p |Pulsora, Rutlam, Ostindien . . Cib 23 17N| 74 560] 49| 49] 2839| 284 1863 Juni| 2|7'/, a | Scheikahr Stattan, Buschhof, Curland|Cwal56 18N| 25 530) 7z| 77| 290) 215 1863 Aug. Juan Aukoma, Pillistfer, Livland. . . \| co, 5841N25 400) 21] 21]\ ggy|} 974 118631 — |— | — ||Wahhe, Pillistfer, Livland 58 40N|25 400 6 6 240 Dr. A. Brezina. E Be 1,3 | 3 les 8 - a2 32 = eıal2e|35| Fallort se a8 | 5 El Ss SA | & = | 5 |& & 254|1863|Aug.\ 11! m Shytal, Dacca, Ostindien . Cib 123°%44 N| 90924 255|1863| Dee | 7 11a | Tourinnes la Grosse, Tirlem., Beleien Cw |5049N| 456 25611863| „ |22] 9a | Manbhoom, Bengal, Ostindien . ‚Ro 23 19N| 86 33 257|1868/4 gefunden iron hannock Creck, Rensselaer Co., New-York Ogb| 4 — = 258 1864| Apr. | 12 | 4°/,a Nerft, Curland (Pohgel) . .\Cia|56 10N) 25 20 25911864 Mai, 14 | Sp Orgueil, Tarn et Garonne, Frankr. ., K |4344N| 124 260 1864 Juni) 26 | 7a 'Dolgowoli, Volhynien . h Cw |50 46 N| 25 20 26111865) gefunden | Dellys, Aleier ‚Ofh 36 49N| 3 50 262,1865| Jän. | 19| — | Mouza Khoorna, Goruckpur, Ostindien Cgb 25 45 N| 83 23 2631865 März| 26 | 9a | Vernon Co, Wiscons., UNS; (Claywater) Ck ‚43 30N| 91 10W 2641865| Mai | 23 | 6p Gopalpur, Jessore, Östindien Ce 25 1N| 8448 O 26511865 Aug. | 12 | 7p | Dundrum, Tipperary, Irland |ICk 5233N| 8 2W 126611865) „ [25| 9a ‚Umjhiawar, Shergotty, Behar, Ostind. She 25 9N| 85 33 O 2671865) „ |25|/11a | Senhadja, Aumale, Algier ..Cw 36 27N| 340 0 26811865 Sept.| 21| 7a | Muddoor, Mysore, "Ostindien „Ce 112 3701177590 26911866) gefunden | Bear Creek, Aeriot, Denver Co., Colorado, U 8 Ofh 39 48NI105 5W 270|1866 ” | Prambanan, Soerakarta, Jävanı 2%. Ofpr| 7 28 SI110 51 O 2711866 a | Francfort, Franklin Co., Kent., U. S./0mtr,38 14N| 80 40 W 127241366 Juncal, Paypote, Chili ED !omtr 2529 S| 69 12W 0/1866 gefuuden 1870 |Himae . . 26 — S| 70 —W 27311866| gefunden Barranca bianca, S. Franc.- -Pass, Chili Obb 26 57 S| 69 OW —|1866 Chili . „Eisen 33 0 S| 70 30 W 274|1866| Apr.| — | — |Udipi, Canara, Küste Malabar, Ostind. Cgal — — 2751866, Mai 28 | — || Pokra, Bustee, Goruckpoor, Ostind.| Ck 125 45N| 83 23 OÖ 127611866) „ [30 3!/, a| Saint Mesmin, Troyes, Aube, Frankr. (gb 48 26N| 355 O 2771866| Juni| 9| 5p |Knyahinya, Unghvär, Ungarn üg |48 58N| 2231 0) — 1866| Oct.| 5| — |Jamkheir, Ahmednuggur, Ostindien .| Stein 19 6N| 7447 O 2781866 Dee.| 6| — || Elgueras, Cang. d. Onis, Oviedo, Span. Cgb 43 26N| 5 10W 27911867| gefunden S. Francisco d. Mesquital, Dur., Mex.| Of — — 2350/1867 N Auburn, Macon Co., Alabama, U. S.| H 3237N| 85 32W —|1867 5 Losttown, Cherokee Co., Georgia, U. S.|Eisel — Fr 2381/1867 Jän. |19| 9a ||Saonlod, Khetree, Ostindien Cgb 28 10N 7551 O 28211867 Tani! 10'/,p|Tadjera, Setif, Algier . Ct 36 10N| 550W — (1868| gef. vor 1868 | Colorado, U. S. 2 om) — ER 28311868| gefunden Goalpara, Assam, Ostindien . | Cs '26 10N| 90 35 O ‚28411863| Jän. |30| 7p |Pultusk, Sielcee Nowy, Polen Cga 52 42N| 2123 © 28511868) Feb.\29| 11a |Motta di Conti, Casale, Piemont . Ci 45 8N| 828 O0 28611868/März|20| — |Daniels Kuil, Griqua, Südafrika Ck 28 558| 2423 O 2871868) Mai | 22 |10!/,a| Slavetic, Agram, Croatien .„‚Cga|45 41N|) 15 36 O — 1863| Juui 2030| 3p | Pnompehn, Cambodga, Hinterindien .|$tein11 35 N 104 52 O 28811868] Juli | 11] — |Ornans, Salins, Doubs, Frankreich .|Cco 47 6N| 6 90 23911868/Sept.| 6 | 2'/, a, Sauguis, St. Etienne, Basses Pyr., Frkr.Cwa43 10N 121W 29011868| Oet.| 1] — |jLodran, Mooltan, Ostindien . . .) Lo |29 31N| 7138 O 291|1868| Nov.| 27 | 5p Danville, Alabama, DS... .0ga 34 30N|) 87 0W 29211868 Dee.| 5| — |/Frankfort, Franklin Co., Alab., U. S.lHo 31 36N| 85 5W 293|1868]| „ |22| — |Motecka nugla, Bhurtpur, Ostindien Ck 127 16N| 7722 0 — ‚1869| gefunden Shingle Springs, Eldorado Co., Calif. Eisen] — uam 2941869 A Tucson Ainsa, Sonora, Mexiko D == er 295/1869| Jän. | 1|12'/,p|Hessle, Upsala, Schweden ‚Ce 159 43N) 1725 O 2961869, Mai | 51|6'/,p|Krähenberg, Zweibrücken, Bayern .|Ch 49 20N| 728 O 2971869] „ |22|10p ||Kernouve, Cleguerec, Bretagne, Frkr.| Ck 48 7N| 3 4W 29311869 Sept.| 19| 9p || Tjabe, Pandangan, Java. . Ck | 6 59 5107 45 O 29911869] Oct. | 6 |11°/,a| Lumpkin, Stewart Co., Georgia, U. S.Ck 32 3N| s429W 30011870| Jän. |23| — |Nedagolla, Parvatipur, Ostindien . .| Df 1741N| 83 19 O 30111870) Juni] 17| 2p |Ibbenbühren, Westphalen, Preussen .|Chl52 17N| 742 OÖ 30211370) Aug.| 18| — |Cabezzo de Mayo, Murcia, Spanien ., Cw 3759N| 110W 303118711 beschrieben |Iquique, Peru . 5 .Hca|20 13 S| 6948W 304.1871| gefunden Oczeretna, Lipowitz, Kiew, Russland Cga 49 14N| 29 3 0 30511871| Frühjahr Roda, Huesca, Aragonien, "Spanien (Ro |42 7N) 018W 306/1871) Mai |21 | 8!/, a, Searsmont, Waldo Co., Maine, U. S.| Ce |44 23N| 69 25 W 351 3889, 98 211 29 94 30| 37 9 97 97 9 5075551159) — 66| 66 niW Bau ei 89| 89) 305 261 26| 306 400) 491| 307 293.467| 298.859 308 niW — |’ 309 114| 114| 368 149| 149 18-38). Man niW = 98 4 4) 311 166| 166) 310 32). 09 Sad 142| 155| 312 Bl 313 9 PrT 19| 19] 314 669| 1331| 315 niW —- sur 26| 261 316 7| WLsShe3ız 31l 541 318 201 . 41| 319 32| 60| 320 75| 75| 321 niW —| 102 8 By 123] 160) 322 93| 93] 323 445| 841| 324 371 37 335 ı11l 25| 326 39) 39) 116 16| 16| 397 17! 17 328 allı San de 4 4| 329 11l 11| 330 19| 30| :332 | |® m Monat Stunde 7I1871| Dec. | 10 |1!/,p 1 gefunden m 23 51, p 31 |5%/, a 72| Juli 72| Aug. bekannt gefunden „ .| 16 16 pr.| 20 1,19 3°/,p Waconda, Mitchell Co., a Orvinio, Rom, Italien . Wirba, Widdin, Türkei 28 |11!/,a gefunden ” ” ” 3 | $.aufg. 23| 4 ‚P- 17 n 1877| Mai h877 Juni 111877 Oct.‘ | 13 H1e7s Juni, 11 1878| Juli | 15 2p 11'.,a 1?/, p ” li 11878 Sept. 11878 Nov. f1873 5 \“ 27 67 p 11879 ” gefunden 18 879 en jter9 Jän. B 1879| Mai {1879 LIE I1879 Aug| 1 1 | Abend "1879| Nov.| 4| — 11880 gefunden = ' 1880| Feb. 18 51, & 1880| Mai | — _ — ) 11881 Nov.| 19 | 6!/, 21 |8°/,p| Be März| 14 | 3'/,p\ | Dalton, Whitfield Co., Casey Co., Georgia, D. 8. Warrenton, Missouri, U. S. Hungen, Hessen . Tieschitz, Tischtin, Prerau, Mähren Rakowka, Tula, Russland Kalumbi, Saltara, Ostindien . ‚ligs2 enden 1882 ” hrbuch d.k.k. geol. Reichsanstalt. 1885. 35. Band. 1. Heft. (Dr. A. Brezina. Chronologische Liste der in Sammlungen aufbewahrten Meteoriten. 241 gı3 © m a | Ordnungs- a2| Ze 2: !83|133;, Nummer Fallort ss 83 SElSa get ele so HA oT |ER I 8% El 3 SEKo) Dr Paris Be ) | Bandong, Goemoroeh, Preang., Java Cwb) 8° 4 Sj107%38 O0) 112) 112) 331] 242 Nenntmannsdorf, Pirna, Sachsen . .. H 5057N] 3570| 11 11 — — Kans., U. S.|Ch 39 20N| 98 10 O 45 45) 339| 221 Dyalpur, Sultanpur, Oude, Ostindien Cs 26 18N) 82190) 14 14 3353| — Sikkensaare, Tennasilm, Esthland .Cca 58 44N| 24 54 O| 3059| 3684| 334| 260 Lance, Authon, Orleans, Frankreich) Ce 47 41N| 1 2 046899146915) 335] 263 Co 4% 8N| 1257 0] 493| 585| 336] 282 Santa Catarina, Minas geraes, Brasil.) D — — 62| 110] 109[10,88? Chulafinnee, Cleberne Co., Ala., U. S.Oml31 30N| 87 37 W 11750|111975| 107 x Ssyromolotow, Angara, Sibirien Om 56 N112 OnW use — Duel Hill, Madis. Co., Nord-Car., U. S. Oga — _ 160| 1601| 3631| — Ihung, Dhuin Mahamad, Ostindien Ce — - 2531 ° 253 37 ° — Khairpur, Mooltan, Ostindien F Ck 129 56N| 7212 O 8 8 333° — Butler, Bates Co., Missouri, U. S. .|0fu 38 20N) 94 22 W| 1403| 2699| 108| 71 Mejillones, Atacama, Südamerika Eisen 23 58) 70 30 W| niW | —| 77 Sevrukof, Belgorod, Kursk, Russland Cs 50 9N| 3634 OÖ 18 301 340| 283 Castalia, Nash Co., Nord-Car. U. 5. Cgb36 11N| 77 50W| 2653| 285] 341| 243 he Stein 44 ON| 22 52 O| niW — —| 222 Kerilis, Maöl Pestiv., Cöt. d. Nd., Frkr. Cgal48 N 326W| 251 251 342) 235 Homestead, Amana, Sherl. ‚Jowa, U.S.Cgb 41 53N| 91 40 W| 2847| 3792) 343| 153 Sitathali, Raepur, Ostindien Ch 125 27N| 74 5 0O| 16| 16| 344 166 Zsadany, Temeser Banat, Ungarn .| Ce 4555N| 2114 0) 23| 45 345) 293 Nageria, Fathabad, Ostindien . Stein27 9N! 7820 O| niW —| 346 — Feid Chair, La Calle, Algier Stein 36 52N| 823 OÖ) niW —| —| 236 Werchne Dnieprowsk, Ekaterinoslaw|Ofw|48 40 N, 34 20 O 5 8 111 — Judesegeri, Tumkur, Ostindien Ce |11320N| 77 6 0 16 16| 348 — Rowton, Wellington, England . Om | — 39 39 1100| — Vavilovka, Gouv. Cherson, Russland .Cwb 46 57N| 32 32 OÖ 11 16| 349) 244 Ställdalen, Nya Kopparberget, Schw.|Cgb 59 56N| 15 20) 38| 38 347| 138 Rochester, Fulton Co., Indiana, U. S.| Ce 41 8N| 86 12Wı 12) 12] 350) 167 Georgia U. S /Omst 34 43N| 85 18W| 124] 179] 113 62 RT NO a 65| 65| 112) 61 Mantos blancos, Cerro hicks, Chili ‚Eisen 25 08) 67 34 W| niW — 114 — Serrania de Varas, Atacama, Chili .\Eisenl — — niW — 15 — .ICc03850N| 91 10W| 123] 147| 352| 293 Cynthiana, Harrison Co , Kent., "m S.| Cg 138 25N| 84 15W| 102] 102| 3531| 175 : .'Cga50 2830| 854 OÖ 26 26) 3541| 224 Cronstadt, Orange Riv., Freist., Südafr. Cgal27 4385| 2772770) 16| 16 351 — Sarbanovac, Sokob., Alex., Serbien .| Ce 43 41N| 1934 O| 2317| 2317| 355) 254 La Charca, Irapuato, Mexiko . .| Stein 20 53 N\100 55 W| niW Zr 7 — Prerau, Mähren . Ce 19N| 17 9 01274702748 — — ; 4917 N| 17.10:0| 156| 359) 3856| _270 Dandapur, Goruckpur, Ostindien . .ıCia|26 47N| 8323 0) 184 184 3571 — Ci 54 10N| 37 41 O| 536| 536] 358] 225 Dhulia, Khandeish, Ostindien .‚Cwa 20 53N| 7443 OÖ 6 7 0 — Campo del Pucara, Catam., Argentina| P 27205] 6720W 5 I Lick Creek, Davids. Co.,N. "Carol.U.S|| H — — 8837| 887) 364 21 La Böcasse, Dun le Pol. ‚ Indre, Frkr. Cw — _ 171 17) —! 226 Estherville, Emmet Co., "Jowa, UV. S.| M 43 25N| 94 45 W21033/22690| 1351| 105 Gnadenfrei, Preussisch- Schlesien . |. Ce [Pl 15N) 5380| © 6] 369 — Schobergrund, Preussisch-Schlesien h — —_ 2771| 71 — — Nagaya, Entre Rios, Argentina | K 132 32S| 5816W| 215] 221) 373 >< \Cwa 17 57N| 7358 O| 164] 164 — — Ivanpah, San Bernard. Co., California! Om 34 7N 117 9W| niW —ı| 90 Lexington Co., Süd- -Carolina, U. S. ..0g 3358N| 81 7W| niW — 171 — a Toke uchi mura, Yofug., Tamba, Jap. | Stein — _ niW —_ 0-1 .— Karand, Veramin, Teheran, Persien .ı M 35 14N| 5156 O0) 16) 16| 136 x Pennyman’ s Siding, Middlesbr.. Engl.| Cw 5435N 114W 5 3091 7228 a, Grossliebenthal, Odessa, Chers., Russl.Cwa 46 21N 2814 O) 160) 169] 360 227 Hex River Mounts, Capcol,, Südafrika) H 33 208| 1935 O| 108] 108 | — Alexander County, Nord-Carol., U. S.!Eisenl — — mW — I 31 242 Dr. A. Brezina. — | | a [) © = | ° 3 Ss = eiuls N E ss as | 38 |EE ie ale sn Fallort Es 88 | 82 |28 E = 2 eo) 2 3 FR: & a | | — 1882| gefunden | Greenbrier Co , Allesh., W.-Virg., U.S. |[Eisen38°— N 80°13W| niW 3544 1882|Feb.| 3| 4p ||Möcs Gyulatelke, Kol. 1. Gesp., Siebenb. 46 53N| 21 31 O| 486 b ul le | Visa: | 46 51N| 2134 0) 58 Ü » I» » 1Bare BEER AR | 46 51N| 2135 O0) 326 d y | 3 | » ||Vajda-Kamaräs . . . . . . . 10wal46 50N| 2137 0| 299 6 „ 5 » |Möcs . . BENHEN ERBEN | 46 48N| 21 42 O| 5550 f » |» | » „Marokhäza - 46 55N| 2355 0| 72 N » | „| » |Möcs ohne näheren Fundpunkt ; _ _ 661 355.1882| Aug.| 2 |4'/,p|Pawlowka, Karai, Balaschew, Russl.|Ho [51 36N| 42 200) 89 — 1883| gefunden Grand Rapids, Michigan, U. S. . .ıEisen42 58N| 8541 W| niW — 1883| — |--| — Adalla, Konia, Kleinasien, Türkei .|Eu /36 30N| 3110 0 nW — 356|1883| Jän. | 28 | 2°/, p| Saint Caprais de Quinsac, Gir., Frkr.| Ci| — = 33| 33 357 1883| Feb.| 16 | 3p | Alfianello, Brescia, Italien . . . .| Ci 45 16N| 10 9 O| 186] 274 — [1883| Oct. | 3 Ngawi, Djogorogo, Java...» „Stein — — |/niW| — 358| ? | Mauritius . . . 252208] Ch20.108 797435.0 3 | nn Bemerkungen zu den Gewichtsangaben in vorstehender Liste. Die Gewichtsangabe vor Tschermak erfolgte in Wiener Pfund und Loth; Haidinger gab in den Listen ') von 1861 angefangen metrisches Gewicht, durch Umrechnung aus dem früheren ermittelt. Nachdem die alten Angaben häufig nur auf ganze, halbe oder viertel Loth abgerundet waren, mussten die umgerechneten Gewichte bis zu 17°5, 88, beziehungsweise 44 Gramm von den wirklichen abweichen. Tschermak behielt durchgehends in den für die Oeffentlichkeit bestimmten Katalogen ?) die Haidinger’schen Werthe bei (meist auch dann, wenn unterdessen das Gewicht verringert worden war), und liess nur im Kataloge vom Jahre 1869 die Milligramm, in denen von 1872 und 1877 auch die Centi- und Decigramm weg. Auch Haidinger giebt öfters die alten Gewichte ohne Rücksicht auf mittlerweile erfolgte Verminderung ; er war jedoch kein Beamter des Kabinets, und seine ganze, äusserst aufopfernde Mühewaltung für unsere Sammlung war eine reine Gefälligkeitssache. Ich habe alle Stücke ?) nachgewogen; die sehr zahlreichen Differenzen, welche aus den ebenerwähnten Unrichtigkeiten der Umwandlung entspringen, habe ich nicht besonders hervorgehoben; sie sind durch Vergleichung meiner Liste mit den Tschermak’schen, oder besser noch, mit der letzten Haidinger’schen leicht zu ersehen. Dagegen habe ich alle grösseren, aus der Umwandlung nicht ableitbaren Differenzen zu ergründen versucht; dies ist allerdings häufig selbst mit Zuziehung der Kataloge fremder Sammlungen nicht möglich, nachdem z. B. Tschermak bei Abgabe von Stücken oft gar keinen Gewichtsvermerk eingetragen hat; vergleicht man dann den Zuwachs fremder Sammlungen mit dem eigenen Deficit, (was ja zuweilen möglich ist, wenn nämlich die fremde Sammlung nur ein Stück als Zuwachs verzeichnet und nach der ganzen Sachlage angenommen werden darf, dass das ganze erhaltene Stück dort katalogisirt wurde) so stimmen die Zahlen häufig nicht, so dass über einen Theil des Abganges kein Nachweis aufzufinden ist. In der Mehrzahl der Fälle ist bei Tauschposten nur angegeben, was wir erhielten; die Gegengabe ist aus keinem der Verzeichnisse oder Posten ersichtlich. Diese ganze Art der Gebahrung war bei Tschermak und auch vorher bei Hörnes eine sehr uncorrecte, während die Buchung unter Partsch mit wenigen Ausnahmen eine äusserst sorgfältige war. Steinbach. Unter Rittersgrün ist 1873 ein Stück von 53 Gramm zugewachsen, 1875 eines von 15, welches letztere, nach einem Vermerke Tschermak’s, im Jahre 1876 „zur Untersuchung verwendet wurde.“ Elbogen wurde immer mit 78.962—79.192 verzeichnet, ist 79.226—79.426 Gramm; das Gewicht des Hauptexemplares war nur auf Pfund angegeben (141); im Jahre 1873 wurden zwei Stücke von zusammen 22 Gramm abgegeben. Hraschina soll sein 39.200— 39.258, ist 39.185—39.245 Gramm; die Differenz am Hauptexemplar beruht auf ungenauer Wägung (70 Pfund = 39.200 Gramm); im Jahre 1879 wurde ein Stück von 6 Gramm, 1884 ein solches von 0'8 Gramm ab- gegeben. 1) 7. Jänner 1869 und 30. Mai 1860 ohne Gewichtıangabe,; 30. Mai 1861 mit dem umge. rechneten Gewichte der grösseren Stücke; 30. Mai 1562 und 1863, 1. Jänner 1865 und 1. Juli 1867. 2) 1. Juli 1869, 1. October 1872 und 1877. 3) Mit Ausnahme der Hauptexemplare von Coahuila und Knyahinya. 31* 244 Dr. A. Brezina. [94] Krawin sollte sein nach Tschermak 2.789—4.119, ist 2.789—4.063 Gramm ; Tschermak führt im gedruckten Kataloge von 1872 das von Haidinger katalo- gisirte Gewicht an, obwohl er selbst in unserem Sammlungskatalog bei dem Stücke . Nr. 2 das Abtrennen eines Stückes im Gewichte von 43 Gramm (1 Pfund 3'/, Loth Wiener Gewicht weniger 1 Pfund 5 Loth Zollgewicht) anmerkt. Im Jahre 1869 verzeichnet Tschermak eine Abgabe von 14 Gramm an Nordenskjöld, ferner 1873 eine Abgabe an Baumhauer ohne Gewichtsangabe, welch’ letztere sich aus Baumhauer’s Katalog auf 144 Gramm ergibt; ein Stückchen von 4 Gramm lag unter den Doubletten; nimmt man an, dass diese drei Stücke aus obigen 43 Gramm be- stritten wurden, so reducirt sich der restliche Abgang auf 10 Gramm. Siratik war 1872 nach Tschermak 222—514, ist 223—491 Gramm; das Stück 5b mit 24 Gramm wurde 1873 abgegeben. Campo del Cielo war 345— 439, ist 344—417 Gramm; das Stück 3b (20 Gramm) wurde 1873 an Smith gegeben. Xiquipilco war 36.500—58.331, ist 36.210—58.853; vom Hauptexemplar fielen im Jahre 1878 durch Rosten Theile ab, wodurch das Gewicht um 290 Gramm sank ; das Stück wurde sodann mit einer feinen Wachsschichte überzogen. In der Zusatz- liste von 1877 verzeichnet Tschermak ein neuerworbenes Stück von 291 Gramm, obwohl dasselbe nach seiner eigenen Eintragung im Katalog und im Doubletten- hauptbuch schon im Jahre 1874 an Baumh auer gegeben worden war. Das Stück Nr. 7 hat nicht 21'370 sondern 21'320 Gramm. Zacatecas sollte nach Tschermak sein 428— 576, ist 1'429—2:007 Gramm; Tschermak hat übersehen, das Stück Nr. 5 einzutragen, das Ende 1876 acqui- rirt wurde. Capland sollte sein 600--956, ist 598—947 Gramm; Das Stück Nr. 2 war unrichtig gewogen. Bjelaja Zerkow 131—131, ist 118--118 Gramm; nach dem Acquisitions- protokolle 7°/,, Loth = 128 Gramm; 1870 wurde ein Fragment an das British Museum gegeben, dessen Gewicht nicht angegeben ist; London verzeichnet 19 Gramm. Misteca solltenach Tschermak sein 1185— 1185, ist 764— 1001 Gramm ; dasim Jahre 1856 acquirirte Stück wog 2 Pfund 24 Loth = 1540 Gramm und wurde dementsprechend in die Liste vom Jahre 1862 mit 1540—1540 eingetragen; es wurde im Jahre 1863, wie die Eintragung von Hörnes im Katalog und im Acqui- sitionsprotokoll besagt, zerschnitten; dabei ergaben sich die Stücke 1 Pfund 11°/, Loth = 766 Gramm, 22 Loth = 385 Gramm und 8°/, Loth = 153 Gramm, welch letzteres sogleich an das British Museum abgegeben wurde; der Schnittverlust betrug 13!/, Loth = 236 Gramm; nun hätte also die neue Gewichtsangabe in der Liste lauten sollen 766—1151; anstatt dessen findet sich in der Liste von 1863 die unrichtige Angabe 1185—1185, welche nunmehr unverändert durch die folgen- den vier Listen von Haidinger und Tschermak beibehalten wurde, obwohl auch noch im Jahre 1868 das Stück von 385 Gramm (laut Eintragung von Hörnes im Katalog) in zwei Theile von 14 Loth —= 245 Gramm und 5 Loth —= 875 Gramm geschnitten wurde, deren letzteres an das Museum d’histoire naturelle gegeben wurde; Schnittverlust 3 Loth = 52'5 Gramm; es sind also seit 1868 nur mehr die beiden mit 764 und 237 Gramm richtig gewogenen Stücke vorhanden. Ovifac sollte sein 41.000—41.616, ist 41.110—41.665 Gramm; das Haupt- stück ist um 110 Gramm schwerer, als von Tschermak angegeben, ein anderes Stück (Nr. 1) um 61 Gramm leichter. Stannern sollte sein nach Tschermak 6.348—13.763, ist 6.365—-15.588, Gramm; die Angabe über das Gesammtgewicht ist durch eine Reihe von Un- genauigkeiten entstellt; in Haidinger’s Katalog von 1863 ist durch einen Druck- fehler 13 Kilo statt 15 Kilo angegeben, was durch alle 4 folgenden Kataloge ge- treulich beibehalten wurde; bei Nr. 20 liegen zwei Monolithe von 11 und 6 Gramm, welche weder im geschriebenen Katalog noch in einer gedruckten Liste vorkommen, aber nach den aufgeklebten Etiquetten noch von Schreibers oder Partsch herrühren; ausserdem hat die Haidinger’sche Gewichtszahl niemals mit der Zahl des geschriebenen Kataloges übereingestimmt, sondern war beim Hauptstein um 10 Gramm zu niedrig, im Gesammtgewicht um 125 Gramm zu hoch. Im Jahre 1873 wurde von Tschermak ein Stück von 184 Gramm abgegeben. Be ee TR Er ES a Pe er en = [95] Bemerkungen zu den Gewichtsangaben in vorstehender Liste. 245 , Lissa soll nach Tschermak sein 3108-3750, ist 3102—3726 Gramm. Die Differenz erklärt sich grösstentheils dadurch, dass Tschermak im Jahre 1869 vom Stücke Nr, 4 (10°/,, Loth = 185 Gramm umgerechnetes Gewicht) '*,,, Loth gleich 15 Gramm nach Stockholm abgab, in der gedruckten Liste jedoch das frühere Gewicht beibehielt. Rasgata sollte sein 628—1292, ist 623—1266 Gramm; die in Haidinger’s Liste vom Jahre 1862 gegebene Zahl 623—1292 Gramm wurde durch alle folgenden Verzeichnisse unverändert beibehalten, obwohl darin zwei Stücke mitenthalten sind, welche schon 1852, beziehungsweise 1869, laut der Eintragungen von Partsch, beziehungsweise Tschermak, an Wöhler gegeben worden waren; 1874- wurde noch nach Tschermak’s Eintragung im Kataloge ein Stück an Baumhauer gesendet, nach deren Abrechnung die katalogsmässigen Gewichte mit den wirklich vorhandenen übereinstimmen. Erxleben nach Tschermak 62-87, in Wirklichkeit 52-88 Gramm; die Differenz in der Gewichtsangabe des Hauptexemplares beruht auf einem Druck- fehler in Haidinger’s Liste vom Jahre 1862, , welcher durchdreiH aidinger’sche und zwei Tschermak’sche Listen fortgeführt wurde. Chantonnay nach Tschermak 2331—2838, ist 2281—2790 Gramm; die Differenz beruht auf der unrichtigen Gewichtsangabe des Hauptstückes, das im Aequisitionsposten vom Jahre 1818 wahrscheinlich um drei Loth zu hoch ange- geben wurde. Luotolaks soll nach Tschermak sein 16—21, ist 16—16 Gramm. Nach- dem immer nur ein Stück dieses Fallortes in unserer Sammlung war, beruht die zweite Zahl bei Tschermak offenbar auf einem Druckfehler. Lenarto sollte sein 2800—3292, ist 2805—3243 Gramm; die Differenz er- klärt sich durch die Abgabe eines Stückes von 50 Gramm an Smith 1875. Alexejewka 1155— 1554, ist 1150—1170 Gramm; die Gewichtsdifferenz erklärt sich einerseits durch das Seite 177—180 erwähnte Fehlen eines Stückes, andererseits durch den Umstand, dass alle als Pawlograd eingesendeten Stücke entsprechend den früheren Bemerkungen zu Mordvinovka gestellt wurden. Seres soll sein 4830—6424, ist 4780-6371 Gramm; die Differenz beruht auf fehlerhafter Wägung des Hauptstückes. Slobodka soll sein S9—99, ist 90—90 Gramm; es war immer nur ein Stück vorhanden, der Irrthum beruht auf einem Druckfehler in Haidinger’s Liste vom Jahre 1865, wo es heisst 89'687 - 99'687 Gramm; dieser Druckfehler ist in den drei späteren Listen von Haidinger und Tschermak beibehalten worden. Politz soll sein 388—408, ist 389—404 Gramm; das Stück Nr. 2a mit 4 Gramm fehlt; nachdem bei Post 1873 III vermerkt ist, dass an Baumhauer ein Stück Politz gegeben worden ist, und letzterer in seinem nächsten Kataloge ein Stück Politz mit 4 Gramm verzeichnet, so ist anzunehmen, dass Nr. 2a an Baumhauer gegeben wurde; das Stück wurde aber weder im Katalog, noch im Acquisitionsposten von Politz ausgetragen. Juvinas 498—698, ist 484—682 Gramm; die Differenz beim Hauptexemplar ist nicht aufgeklärt; eine Abgabe ist nirgends verzeichnet. Allahabad 459-546, ist 446—494 Gramm; die Differenz vertheilt sich auf die beiden, in der Sammlung befindlichen Stücke und beide tragen auch deutliche Merkmale an sich, welche erkennen lassen, dass von ihnen Stücke abgetrennt wurden. Beide gehörten einem Fragmente von 1 Pfund 1!/, Loth = 582 Gramm an, welches, entzweigeschnitten, die Stücke von 26'/, Loth=-459 Gramm und 5 Loth=58 Gramm lieferte. Die Schnittflächen wurden mit Colcothar polirt, wodurch die beiden Stücke oberflächlich eine röthliche Färbung erhielten. Das grössere Stück besitzt nun eine frische Bruchfläche, welche nach dem Poliren er- zeugt sein musste, weil sie die ursprüngliche graue Farbe zeigt; nach der Form des Steines ist zu ersehen, dass das abgeschlagene Fragment ungefähr dem fehlen - den Gewichte von 13 Gramm entspricht. Das zweite Stück lässt nach der Form und der Beschreibung erkennen, dass es noch einmal durch einen Quer- schnitt getheilt worden sein musste, und dass der fehlende Abschnitt, dessen Grösse sich am Hauptstücke leicht reconstruiren lässt, das vorhandene Stück von 48 Gramı ungefähr zu 88 Gramm ergänzen musste. Ein Vermerk über die zwei abgetrennten fehlenden Stücke ist nirgends zu finden. Nauheim soll sein 61—61, ist 53—53 Gramm; die Gewichtsdifferenz dürfte theilweise daher rühren, dass 1870, laut der Eintragung bei Post 1870 I, ein Plättchen 246 Dr. A. Brezina. [96] an das British Museum abgegeben wurde, dessen Gewicht nirgends verzeichnet ist, und auch in der Liste von 1872 nicht abgerechnet erscheint; London hat 3:6 Gramm eingetragen. Mordvinovka 12—12, ist 386—444. Es wurden entsprechend den Bemerkungen auf Seite 177—180 alle als Pawlograd eingelangten Stücke hierher gestellt, wo- durch sich die Differenz erklärt. Newstead sollte sein 774—1162, ist 364—429 Gramm; das zuerst acquirirte Stück ist im Posten und im Kataloge mit 3°/, Loth = 66 Gramm eingetragen, wo- mit die Wägung (65 Gramm) übereinstimmt; in der gedruckten Liste von 1863 erscheint dieses Stück offenbar irrthümlich mit 774'391 Gramm verzeichnet; das zweite Stück ist im Posten und Katalog zu 21 Loth = 368 Gramm (nachgewogen 364 Gramm) angeführt, während der Zuwachs laut Liste vom Jahre 1865 388 Gramm wäre, was wiederum auf einer falschen Eintragung beruht. Bohumilitz 2583— 2751, ist 2590—2694 Gramm; die Stücke 4b mit 22 Gramm und 5 mit 49 Gramm wurden 1875, beziehungsweise 1873 abgegeben. Walker Co. 65—65, ist 60—60 Gramm; im Posten von 1870 sowie im Katalog steht als Gewicht 59 Gramm, was mit der Wägung (60 Gramm) über- einstimmt; die Zahl 65 beruht offenbar auf einem Druckfehler. Sceriba 90—90, ist 83—83 Gramm; letztere Zahl stimmt mit Acquisitions- protokoll und Katalog; erstere rührt von einer irrigen Angabe in Haidinger’s Liste von 1863 her, welche in allen folgenden Listen beibehalten wurde. Charwallas 18—18, ist 13—19 Gramm; es wurden seit 1862 immer beide Stücke unter einer Gewichtsziffer aufgeführt. Macao 197—605, ist 198—587 Gramm; an der Gewichtsdifferenz von 18 Gramm hängt ein ganzer Weichselzopf von Confusion. Tschermak hat im Katalog ver- merkt, dass das Stück Nr. 6 alt, 5 neu, mit 2'?/,, Loth = 42 Gramm im Jahre 1869 an Nordenskjöld gegeben wurde; nichtsdestoweniger führt er, wie ge- wöhnlich, in der gedruckten Liste von 1869 und 1872 die alte Gewichtszahl un- verändert weiter. Nun ist aber das genannte Stück gar nicht abgegeben worden, sondern befindet sich in unserer Sammlung, und zwar so genau übereinstimmend mit Gewichtsangabe und Beschreibung, dass über die Identität gar kein Zweifel aufkommen kann. Man könnte also danach annehmen, dass einfach von einer Abgabe nachträglich abgestanden wurde; dagegen spricht aber der Umstand, dass in unserer Sammlung das Stück 7 (1839 XXVII. 1), mit 1 Loth = 17 Gramm fehlt, und dass Nordenskjöld im Kataloge von 1870 bei Macao angibt: Erhällen frän Museet i Wien genom v. Tschermak. Andererseits führt aber Norden- skjöld als erhaltenes Gewicht 30 Gramm an, was wiederum mit einer Angabe unseres betreffenden Postens (1869 XIV.) übereinstimmt, wonach Nordenskjöld im Ganzen 60 Gramm Meteoriten erhielt; die übrigen, neben Macao, machen nämlich zusammen 32 Gramm aus, was mit 30 Gramm Macao ungefähr 60 Gramm gäbe. Das wahrscheinlichste scheint mir aber, dass an Nordenskjöld ein Stück aus den Doubletten gegeben wurde, und das Stück No. 7 auf ander- weitigem Wege abgegeben wurde; es wurde nämlich das Stück No. 5 mit 3°/, Loth —= 63 Gramm von Partsch wegen Verwitterung unter die Doubletten gereiht und mit 8 Gramm Schnittverlust entzweigeschnitten; die beiden erhaltenen Stücke wogen 25 und 30 Gramm; ersteres wurde im Jahre 1845 an die Universität von Utrecht gegeben, während das letztere mit 1°®/,, Loth = 30 Gramm nicht als ab- gegeben erscheint; dieses dürfte an Nordenskjöld gegangen sein. Esnandes 48—48, ist 42—42 Gramm; es ist nur im Jahre 1370 eine Abgabe an das British Museum im Kataloge eingetragen (in der gedruckten Liste von 1872 nach wie vor 48 Gramm angegeben), London hat aber nur 1'4 Gramm verzeichnet; über den Rest liegt kein Vermerk vor. Putnam Co. 87—87, ist 87—125 Gramm; das zweite, im Jahre 1863 acqui- rirte Stück von 38 Gramm wurde in keiner Liste aufgeführt. Petropawlowsk 118—118, ist 100—100 Gramm; die Gewichtsverminderung geschah laut Eintragung von Hoernes im Kataloge im Jahre 1865; die zwei ab- geschnittenen Stücke von zusammen °/, Loth = 13 Gramm wurden an Greg (1865) und Wöhler (1868) geschickt; in den gedruckten Listen von Haidinger und Tschermak wurde das ursprüngliche Gewicht unverändert weitergeführt. Magura 10.640—30.395, ist 10590—30.214 Gramm; die Gewichtsdifferenz rührt zum Theil von der Ungenauigkeit der älteren Wägungen her, welche theil- weise nur auf ganze Pfund abgerundet sind; drei Nummern (7, 8, 9) lagen ohne RES EEE ee De ee "7 % se zu EIER TOR Weizen - BIER a, [97] Bemerkungen zu den Gewichtsangaben in vorstehender Liste. 247 Gewichtsbestimmung in der Sammlung und waren in den gedruckten Listen nicht mitinbegriffen; ein Stück von 95 Gramm wurde 1873 abgegeben. Smithland 13—13, ist 105—118 Gramm; Tschermak hat vergessen, das Stück No. 2 in die Liste zu setzen. Grüneberg 15—24, ist 9—17 Gramm; über die Abgabe vom grösseren Stücke ist nirgends ein Vermerk zu finden. Utrecht 203—381, ist 204—373 Gramm; ein Stück von 9 Gramm wurde 1873 von Tschermak an Smith gegeben, wodurch die Differenz erklärt ist. Netscha&vo sollte sein 464—1107, ist 468—1192; die Stücke No. 1, 2, 4 sind katalogisirt mit 389, 208, 466 Gramm, wiegen aber in Wirklichkeit 468, 219, 460 Gramm. Seeläsgen sollte sein 4850—6847, ist 4814-6580; das Hauptexemplar war unrichtig gewogen; das Stück Nr. 4a mit 28 Gramm fehlt ohne irgendwelchen Nachweis über die Abgabe desselben; an seiner Stelle ist ein Stück von 4 Gramm aufgestellt (Post 1848. XXII. 1), das früher wahrscheinlich unter den Doubletten gelegen war, nachdem es keine aufgeklebte Etiquette trägt. Das Stück Nr. 2 (199 Gramm) wurde 1875 abgegeben. Braunau 2132—2430; ein Stück von 30 Gramm wurde 1879 abgegeben. Schie 35—35, ist 30—30 Gramm; es findet sich kein Vermerk über eine Abgabe; Differenz unaufgeklärt. Fekete 9876—12.754, ist 9866—12.523 Gramm; die Gewichte in den ge- druckten Listen von Haidinger und Tschermak waren von Anbeginn unrichtig; von 1862 bis 1869 war der Vermerk 9.877—12.671, während nach Katalog und Acquisitionsprotokoll die Angabe 9.877— 12.424 Gramm hätte lauten müssen ; Tschermak verzeichnete im Jahre 1870 im Katalog, dass vom Stücke Nr. 7 ein Theil abgeschnitten wurde, dessen Gewicht nicht angegeben ist; die Wägung ergab für den zurückgebliebenen Theil 113 Gramm anstatt 7'°/,, Loth = 139 Gramm ; die nächste Tschermak’sche Liste vom Jahre 1872 verzeichnet gleichwohl das- selbe Gewicht, wie in der vom Jahre 1869. Im Jahre 1875 kamen zwei Stücke von 57 und 83 Gramm in die Sammlung, wovon jedoch nur das letztere in Tschermak’s Zusatzliste vom Jahre 1877 verzeichnet ist Was mit dem oben- erwähnten Abschnitte geschehen ist, ist nirgends ersichtlich. Bustee 15--17, ist 15—15 Gramm; die Angabe Tschermaks beruht wohl auf einem Druckfehler, da sowohl im Acquisitionsposten als auch im Kataloge nur ein Stein im Gewichte von ?”/, Loth = 15 Gramm erwähnt ist. Segowlee war 1032 —1150, ist 996 —996 Gramm; ein Stück von 118 Gramm wurde 1873 an L. Smith gegeben; vom Hauptstücke fiel im Jahre 1883 ein Fragment von 37 Gramm ab, welches zu den Doubletten gelegt wurde. Werchne Udinsk 192—354, ist 191—423 Gramm wegen des Hinzutretens des von Tschermak als Sibirien eingestellten Eisens. Sarepta sollte sein 446—1198, ist 394—751 Gramm; die Differenz rührt daher, dass das Hauptstück von 446 Gramm laut Tschermak’s Eintragung im Jahre 1873 an L. Smith gegeben wurde. Hainholz sollte sein 840—1602, ist 417—760 Gramm; das Hauptstück von 840 Gramm wurde von Hörnes im Jahre 1867 in die Mineraliensammlung über- tragen, von Tschermak aber noch weiter in den Listen von 1369 und 1872 an- geführt; ferner sind als abgegeben verzeichnet im Acquisitionsbuch vom Jahre 1860 Y, Loth = 9 Gramm, 1863 2 Loth = 35 Gramm und 1874 ein Stück ohne Ge- wichtsangabe; bei letzterem Posten (Baumhauer in Harlem) steht als Abgabe verzeichnet im Posten: Toluca, Knyahinya, Rasgata und Hainholz, hingegen im Tauschprotokolle: Toluca, Rasgata und Victoria West; endlich im geschriebenen Kataloge: Toluca, Rasgata und Victoria West. Ferner ist eine Abgabe von 35 Gramm im Acquisitionsprotokolle von 1875 verzeichnet. Auf einem in der Doublettensammlung liegenden Zettel hatte Tschermak noch angegeben, dass 1871 an Nevillund 1872 an L. Smith Stücke gegeben wurden. Bezüglich Nevill ist auch ein Vermerk im Acquisitionsprotokoll, wo aber nur die Abgabe von 337 Gramm Toluca und 108 Gramm Pultusk angegeben ist; bei Smith ist gar nicht verzeichnet, was er erhielt. Gegenwärtig sind noch Splitter im Gewichte von 23 Gramm vom erstgenannten Stücke vorhanden. Stawropol 21—21, ist 18—22 Gramm; erstere Angabe beruhte offenbar auf einem Druckfehler. 248 Dr. A. Brezina. [98] Veresegyhaza 15.655—15.764 Gramm; die ursprüngliche Gewichtsangabe 16.030—16.083 Gramm, welche durch alle Kataloge von 1862—1872 unverändert hin- durchging, war von Anbeginn falsch; sie entsprach nämlich lediglich dem Stande vom Jahre 1858 (drei Stücke, von 16.030, 35 und 18 Gramm); schon 1860 wurden vom Hauptstücke laut Eintragung von Hörnes im Acquisitionsprotokolle, zwei Fragmente im Gewichte von 319 beziehungsweise 61 Gramm abgeschlagen ; letzteres ging noch im selben Jahre an Shepard, das registrirte Stück von 35 Gramm wurde 1863 an das British Museum gegeben. Das Stück von 319 Gramm ‘scheint noch einmal zerschlagen worden zu sein; es wurde ursprünglich nicht in den Katalog eingeschrieben, erst Tschermak trug es in letzteren ohne Gewichts- angabe ein mit dem Vermerk: „wahrscheinlich wurde dasselbe, als es vom Haupt- stück herabzufallen drohte, davon abgelöst, aber nicht weiter eingetragen.“ Nach Tscehermak’s Abgang fand sich dieses Stück im Gewichte von 139 Gramm vor; es wurde 1879 geschnitten, 30 Gramm an L. Smith gegebeu, 2 Stücke von 41 und 55 Gramm in der Sammlung belassen. Staunton 1870 sollte sein 72—115, ist 49—91 Gramm; nachdem unter den Doubletten ein, offenbar vom Stücke Nr. 2 abgeschnittenes Fragment von 16 Gramm liegt, das zusammen mit jenem, 65 Gramm wiegt, so ist dadurch die Gewichts- differenz bis auf 7 Gramm erklärt, welche auf den Verlust beim Schneiden ge- rechnet werden können. Trenton 700—1050, ist 701—1109 Gramm; das Stück Milwaukee (72 Gramm) ist zu Trenton hinzugekommen, dagegen hat das Stück Nr. 2 nicht 350, sondern nur 335 Gramm. Lagrange sollte sein 42—42, ist 210—442 Gramm; es wurde vergessen, die beiden 1863 acquirirten Stücke Nr. 2 und 3 in die Listen zu setzen. Menow 160 —165, ist 159—160 Gramm; ‚Tschermak’s Angabe beruht auf einem Druckfehler, es waren nie mehr als zwei Exemplare in der Sammlung, deren kleineres, wie aus Haidinger’s Listen von 1865 und 1867 und aus der Tschermak’schen von 1869 hervorgeht, 1 Gramm wiegt. Victoria West sollte sein 178—192, ist 177—177 Gramm ; das Stück Nr. 1, das übrigens nicht 14, sondern 4 Gramm schwer war, wurde von Tschermak 1874 an Baumhauer gegeben. Copiapo 595—1246, ist 568-1221 Gramm; das Hauptstück war falsch gewogen. Russel Gulch 35—35, ist 105—105 Gramm; wie schon oben Seite 209 be- merkt, ist das Stück von 32 (nicht 35) Gramm unecht und gehört zur Trenton- gruppe. Das echte Russel Gulch ist das im Jahre 1373 acquirirte mit 105 Gramm. Prambanan war 24—32, ist 21—29 Gramm; das Hauptstück wurde eben- geschliffen, wodurch der Gewichtverlust entstand. Juncal sollte nach Tschermak sein 113—113, ist 97—97; nach einer Eintragung beim Posten 1370 I wurde in dem genannten Jahre ein Plättchen von dem einzigen vorhandenen Stücke abgeschnitten und abgegeben; in der Liste von 1872 hat Tschermak wie gewöhnlich das frühere Gewicht beibehalten. Ilimae sollte sein 51.200—51.420, ist 50.755—51.159 Gramm; als Gewicht des Hauptstückes ist wahrscheinlich das ursprüngliche, vor dem Abschneiden der Stücke 2 und 3 gültige, angegeben gewesen; das Stück Nr. 3 war gar nicht in die Liste aufgenommen. Knyahinya sollte sein 307.000—313.287, ist 293.467—298.859 Gramm. Das Hauptexemplar, wovon bis zum Jahre 1874 nur drei Stücke im Gesammtgewichte von 279.766 Gramm acquirirt waren, erscheint in Tschermak’s Liste vom Jahre 1872 mit 293.300 Gramm angegeben, wahrscheinlich, weil das vierte Stück von 13.700 Gramm schon in Wien angelangt war; in der Ergänzungsliste von 1877 wurde dieses Stück noch einmal als Zuwachs aufgeführt, so dass das Gewicht (abge- sehen von dem früheren Additionsfehler) auf 307.000 Gramm gewachsen wäre; ich habe die vier Stücke nicht nachgewogen, sondern ihre Gewichte aus den Acquisitionsprotokollen entnommen, wonach dieselben zusammen 293.466 Gramm ausmachen. Ein Stück von 1.085 und eines von 316 Gramm wurden im Jahre 1880 abgegeben. Das Stück Nr. 6 (im Kataloge als Nr. 5 bezeichnet) wiegt 3.226 anstatt 6'/, Pfund = 3.640 Gramm; vielleicht erfolgte die ursprüngliche Wägung nach Zollpfund, was 3.225 Gramm, also übereinstimmend mit dem gegenwärtigen Befund wäre; andererseits hat das Stück eine Bruchfläche, während die Beschreibung vollständige Umrindung angibt; aber auch damit wäre die Gewichtsdifferenz nicht a RENTEN lie A a Fr vr Fulnd v or I y - , : "Auen 4 [99] Bemerkungen zu den Gewichtsangaben in vorstehender Liste. 249 erklärt, weil nach der äusserst charakteristischen Form dieses hochorientirten Steines das an die Bruchfläche passende fehlende Stück nicht mehr als etwa 100—120 Gramm gewogen haben konnte. Das Stück Nr. 9 hingegen wiegt nicht 580 Gramm, wie katalogisirt, sondern 630. Tadjera 184—184, ist 166—166 Gramm; das im Jahre 1868 im Acquisitions- posten verzeichnete Gewicht wurde 1872 noch aufgeführt, während 1870 ein Stück (unbekannten Gewichtes, London hat nur 3.6 Gramm) an das British Museum ab- _ gegeben wurde; nach Tschermak’s Abgange fanden sich zwei Splitter mit 12 Gramm vor, ausserdem war ein Dünnschliff gemacht worden. Colorado 32—32 Gramm; es ist das irrthümlich als Russel Gulch bezeichnet _ gewesene Stück. S.. Pultusk 7.150—11.087, ist 7.097—11.033 Gramm; die Differenz beruht auf unrichtiger Wägung des Hauptstückes. Sauguis 3—6, ist 7-13 Gramm; die gedruckte Liste von 1869 gibt irr- thümlich die halben Gewichte an (350—6°56) während im Acquisitionsprotokoll das Gesammtgewicht beider Stücke richtig zu °, Loth = 13 Gramm angesetzt ist. Frankfort 32—44, ist 33—6); in Tschermak’s Liste ist das Stück Nr. 1 (acquirirt 1871) ausgelassen worden. _ Krähenberg 37—387, ist 935 —93 Gramm; im Posten steht 5'/, Loth = 92 Gramm, was unrichtig umgewandelt worden war. }bbenbühren 16—19, ist 16—16 Gramm; die zweite Zahl bei Tschermak beruht auf einem Druckfehler, es war immer nur ein Stück in unserer Sammlung. Santa Catarina war 125—125, ist 62—110 Gramm; das Eisen lag mit der Bezeichnung Minas geraes, zweifelhaft in der Sammlung; ich liess es durch- schneiden (Gewichtsverlust 15 Gramm) und fand, dass es mit Santa Catarina’über- einstimmt. Er . Jahrbuch d.k.k. geol, Reichsanstalt. 1885. 35. Band.I. (Dr. A. Brezina.) 32 Gesammtortsregister mit den Daten über die Hauptlocalitäten. Für eine jede Localität wurde der Name des dem Fall- oder Fundpunkte nächstgelege, Ortes gewählt, ausser wenn an mehreren Orten Stücke gefunden wurden, in welchem Falle der N: einer grösseren Ortschaft angenommen wurde; neben dem als Schlagwort gewählten, fett gedruck Namen steht die Bezeichnung der petrographischen Gruppe, sodann Fall- oder Fundzeit (wenn mehr) Fallstunden angeführt werden, das Mittel aus denselben; ferner geographische Breite und Länge, ist. lität gerechnet wurde. A. Ajagus Karakol 1835] 51° 43 N., 1° 58 W. Abakansk Mädwedewa Akbarpur Akburpoor rencester, England Achtirk Jigalowka | Akburpoor [Cgb [18/IV. 1838]| "ls "ı Ach-Tschawly Kardkolı]”. 262.25 N. 790 BO, Ach Baimar Sarbano Acn Macao| Pur, Akburpur) V/SW. Cawn- | Alengon La‘ Kar Limerick| Poor, zw. Ganges und Jumna, Alessandria Alessand Distriet Saharanpoor (Saharan- Motta di Cı Adalia [Stein [1883] 36° 30 N ‚31° 10 ©. Konia, Kleinasien, Türkei pur) NW. Provinz, Ostindien a = ante meridiem, p = port meridie letztere auf Greenwich bezogen, endlich alle mir beka! gewordenen Orts- oder Ländernamen, welche auf den betreffenden Fall Bezug haben. In letzter Linie stehen in Form von Brüchen die Hinweise auf alle jene Acquisitionspos unserer Sammlung, in welchen der Ein- oder Ausgang von Stücken der betreffenden Localität erwä! Der Zähler des Bruches zeigt das Jahr, der Nenner die Postnummer an. Ein Bruch in Klamı bedeutet, dass das im angegebenen Posten erwähnte Stück irrthümlicherweise zu der genannten Le’ Alessandria [Cga [11°/, a. 2 niW 68,0 1860] 44° 54 N, 8° 350. T Adare: Limerick | Akburpur Akburpoor | V: San Giuliano vecchio, Piem«d Aeriotopos Bear Creek ee a ne Afri > abama Auburn | rika BER en Ohulaknnee Alexejewka [Cw [m. 15/II. 18 ar Danville| 48° 34 N., 37° 52 0. bei Ba Daniel Kail Frankfort| mut (oL), Gouv. Ekaterinos) Dellys Lime Creek | (Katherinenburg) Russland.) ea Morgan Co.| Hierher? Scholakoft, 23/I. 18 Feid Chair Walker Co. me [65/g.] I ‚| ® | Great Fish River | Alais [K [5 p. 15/III. 1806] 44° O. Kae a: IB | Hex River Mounts) N, 4° 15 OÖ. Saint Etienne de, \jfianello [ci [8 6 W = p. 16/II. 188 Löwenfluss Lolm und Valence, OSO. Veze- 45° 16 N., 10° 9 O. bei Por Mauritius | nobres, SO. Alais, Dep. Gard,| yico u Brescia, Prov. Crenil Orange River| Frankreich Talien Senhadja fg: lan “lga ıs 88), 88, 88] Siratik | Alamos de Catorze Rancho de| Ajsier a Del ,.. Tadjera la Pila 2 Feid CH Victoria West | Albacher Mühle [P [gef. 1802] Senke Agen Agen| 49° 59 N., 6° 30 0. bei Bit- Tadj Galapian burg, unw. des Kyliflusses u. | Allahabad Allahall Agen [Cia [m. 5/IX. 1814] 44° d. Mettericher Mühle, N. Trier, 26 N, 0° 31 O. und le Temple | Niederrhein, Preussen, Deutschl. | Allahabad [Cwa [6 p. 30/XI. 1899 (44° 23, 0° 31), S. von Mondlar, | "ss 25° 57 N., 80° 50 0. O O. von Tormeins, Dep. Lot et Albany Bethlehem | Rourpoor (Rourpore), Bitt: Garonne, Frankreich Burlington | (Bithur) u. Shahpur (Shahpo) I er a Cambria| hei Futtehpore (Fatehpur, « Asgershuus Schie Scriba | auf dem Wege naeh Cawnpo Agra Kadonah Seneca Falls| Prov. Doab, Ostindien Kheragur Albany Co. Bethlehem | R Nageria | Albarello Albareto | Alleghany Co. Pittsbı Agram Hraschina | Albareto [Ce [5 p. Mitte VII. | Alleghany Mts. Greenbrier ( Slavetice| 1766] 44° 41 N, 10° 57 O.| Alpes maritimes La Cai Ahakarsk Medwedewa | (Albarello, Alboreto, Alboretto) | Alt-Castilien Berlanguil Ahmednuggur Jamkheir bei Modena, Italien Altötting Sankt Nico Aigle Tuaigte na 3 Alton Denton Aillant sur Tholon Les Ormes | Alboreto ı Albareto | Alt-Skalitz Bobumil Ain, Dep. Belmont | Alboretto Alt-Strelitz Men Luponnas | Aldsworth [Cga [4'/, 4/VIII p.| Amanı Homeste) Macao Tadjera Macao Sevilla rson [P ? [prähi-torisch] 39° N., 84° 12 W. Little Miami a Hamilton Co. (oL), a Ssyromolotow rs [Cw [8'/, p. 3/VI. 1822] 28 N., 0° 34 W. Dep. Maine Loir, Fr,nkreich Saintonge Pillistfer Nanjemoy Muddoor Orvinio Mantos blancos Saurette Berlanguillas Khairpur Roda Sena Newton Co. Juvinas Renazzo Tarapaca Campo d-] Cielo Campo del Pucara Nagaya Carleton Tucson Hessle Magura co [Cwa [XI. 1805] 42° 28 N., 9 2 0. OSO. Calvi, Corsica, Krankreich (Italien) Black Mountain Jewell Hill Assam oa F' Bairds Farm la Madoc Disko Eiland Sarepta Oviedo Atacama Bolivia Atacama Wüste Barranca bianca Imilac Juncal Mejillones Serrania de Varas { Sierra de Chaco tama Bolivia |[Oml [gef. 1858] a. 20° S., 70° W. Südamerika, | Yahrscheinlich gleich dem einen Cobija (Calcutta) P tacama Wüste [Stein [gef. 1860] ca. 20° S., 70° W. Bolivia, Süd- amerika n.i W. (Brit. Mus.) | Gesammtortsregister. Aub Löwenfluss Aube Dep. Saint Mesmin Aubenas Juvinas Auburn [H [gef. 1867] 32°37 N, 85° 32 W. Macon Co. Alabama US, Fies Augusta Castine Nobleboro Staunton Augusta Co. Staunton Aukoma Pillistfer Aumale Senhadja Aumitres [Cwa [4/VI. 1842] 44° 18 N., 3° 135 0. bei Saint Ge- orges de Levejac (oL), S. Ca- nourgue, W. Florac, Canton Massegros, Dep Lozere, Frank- reich are Aussun [Ce [7!/, a. 9/XTI. 1858] 43° 5 N., 0° 33 OÖ. und Clarac (43° 4,0°35), beide ONO. Montre- jeau, W. Saint Gaudens, Dep. Haute Garonne, Frankreich. false 15/XII. Pag ip we "ls Austin City Denton Co. Australien Baratta Cranbourne Honolulu Authon Lance Aveyron Dep. Favars Marmande Avilez [Cg [Sommer 1856] 20° 35 N., 105° 3. W. bei Cuencgame, Durango, Mexiko 71 Awoting Moor Pillistfer Ayaguz Karakol Azam garh Azim gesch Azim gesh Ahow Azim gur B. Babakan Djattie Bandong Babb’s Mill [Hca [gef. 1818] 36° 8 N., 82° 532 W., 10 miles N. Greenville, 222 M. o. Nashville, Green Co. (Greene Co.), Ten- nessee, U. S. Pat, Bachmut Alexejewka Baden Heidelberg Baffe. La Baffe Baffinsbay Sawallik Bagerhaut \ Bagirhat oral Bahar Segowlee Bahia Bemdego Bairds Farm [Ofh [bekannt 1839] 35° 86 N., 82° 31 W. (Bairds Plantation), nahe French Broad River, 6 miles N. Asheville 251 (Ashville), 218 M. W. Raleigh, Buncombe Co, Nord-Carolina, US: u an an u Beles nl Bairds Pläntallon. " Bairds Farm Balaschew Pawlowka Balson de Malpini Coahuila Bambouk Siratik Bancoorah Shalka Bandong [Cwb [1'/, p. 10/XII. 1871] 8° 4 S., 107° 38 O0. Goe- moroeh, 22 Km. SW. Babakan Djattie, 15 Km. von Tjignelling, Preanger, Java. 73 Banja Sarbanovac Bankoora Shalka Baratta [Stein [V. 1845] 35° 26 S., 145° 4 OÖ. 35 miles unter Deni- liquin, Neu-Caledonien, Austra- lien niW. Barbezieux Saintonge Barbotan [Cga [9 p. 24/VII. 1790] 43° 57 N., 0° 4 O0. ONO. Cazauban, Dep. Gersund zwisch. Creon (43° 59, 0° 7) und La- grange de Julliac, W. von Ga- barret en Armagnac, Dep. Landes; Gascogne, Frankreich , %]s Ur °8]; 9824 ur “los 44 60 61 ls I 16 Barcelona Canellas Nulles Bare Möcs Barea N [4/VII. 1842] 42°23 N., 29 W. Prov. Logrono, len niW. Barne Laigle Barranca bianeca [Obb [gef. 1366] 26° 57 S., 69° 0 W. San Fran- eisco Pass (oL), Cordillere Ata- cama, Chili, Südamerika 69 aa Bartfeld Lenarto Bassein Quenggouk Basses Pyrenees Sauguis Basti Bustee Pokra Bas Vernet Laigle Bates Co. Butler Batsura Butsura Bayern Krähenberg Mauerkirchen Sankt Nicolas Schönenberg Wittmess Bear Creek [Ofh [gef. 1866] 39° 48 N., 105° 5 W. Aeriotopos, Sierra Madre Range, Denver City (oL), Denver Co., Rocky Mountains, Colorado, U. S. 1, Me Beaugency Charsonville Beauvecchin Tourinnes la Grosse Becasse La Becasse 32* 252 Bechin Krawin Behaar A Behar Umjhiawar Belaja Zerkwa Bjelaja Zerkow Belangere Laigle Belgien Saint Denis Westrem Tourinnes la Grosse Belgorod Sewrukof Bellay Belley Belmont Belmont [K [9 p. 13/XI. 1835] 45° 55 N.,5°400. Simonod (Sa- monod, Summonod) N. Belmont, Virieux-le-Grand, und Belley (Bellay), Ain, Frankreich 40 2 Belostok Jasly Belskoi Medwedewa Bemdego [Osb [gef. 1784] 10° 208., 40° 10 W. (Bendego), Bach, der in den Rio San Francisco fällt, 10 Leguas N. Monte Santo, 50 Leguas v. Bahia, Capitane Bahia, Brasilien. Sergipe- oder Wollastoneisen. Südamerika za 38) 2 al a ale 54 28 14 Y Benanza Coahuila Benares Benares Mhow Benares [Cc [8 p. 13/XIl. 1798] 25° 38 N., 83° O0 O. bes. bei Krakhut, 14m. v. Benares, 12 m, Jounpoor(Juanpoor,Dschaupur), Nordseite des Goomty (Gumti), Bengalen, Ostindien Me he lau la Bendego Bemdego Bengalen Benares Gopalpur Manbhoom Segowlee Shalka Shytal Umjhiawar Beni Amar Feid Chair Benton Marshall Co. Bet Chandakapoor Beraun Praskoles Berdjansk Mordvinovka Berezna Knyahinya Berlanguillas [Cia [S p. S/VI. 1811] 41° 41 N., 3° 48 W. zw. Aranda und Roa, S. Burgos, Altcastilien, Spanien 6 sh a alza Men a hs "Beta Toluca Bethlehem [Stein Fı1/vIan. 1859] 42° 27N, 74°0 W. bei Albany, AlbanyCo., Troy,New-York, U.S. niW. Bettiah Segowlee Beuste Bueste Bhawalpur Khairpur Pte ea Kheragur Be Motecka nugla Dr. A. Brezina. Bhusawal Manegaon Biala Cerkow Bjelaja Zerkow Bialystok Jasly Da Motecka nugla ishenpur Bishnupur Shalka Bishopville [Chl [25/III. 1843] 34° 12 N., 80° 12 W. NNO. Sumterville, 63 m. ONO. Co- lumbia, Sumter Carolina, U. S 48 52 61 Ion 5 ls ‚16 District, Süd- Bissempore Bissempur Shalka Bissunpoor Bitburg Albacher Mühle Bithur Bitter N Allahabad Bjelaja Zerkow [Cg [4/I. 1797] 49° 50 N., 30° 6 O. (Belaja Zerkwa, Biala Cerkow, Weiss- kirchen), Ukraine, Gouv. Kiew Russland [®24] ln Kin zo lg Bjelogrod Sevrukof Blaauw Capel Utrecht Black Mountain [Ogb [gef. 1835] 35° 44 N., 82° 20 W. head of Swannanoah River, 15 m. NO. Asheville (Ashville) Buncombe Co. Nord-Carolina, U. S. ss lo "ls Blairsville Union Co. Blanchamp Lance Blansko [Cga [6'/, p. 25/X1. 1833] 49° 20 N., 16° 38 O. N. Brünn, SSW. Boskowitz, Brünn. Kreis, Mähren, Oesterreich les 9 ae Bas Blasendorf Veresegyhaza Bleicherode Klein Wenden Blendija Sarbanovac Bobrik Jigalowka Bodgo-Negoro Tjabe Böhmen Bohumilitz Braunau Elbogen Krawin Lissa Ploschkowitz Praskoles Steinbach Bogota Rasgata Bohumilitz [Ogb [gef. 1829] 49° 6 N., 13° 49 O. bei Alt-Skalitz, SW. "Wollin, NNO. Winterberg, Kreis Prachin, Böhmen, Oester- reich Bi 2a 27 22 18 Flex Ba “ss 1 Bois de Fontaine Le Pressoir Laigle Bois la Ville =) Bolivia Atacama Bolivia Atacama Wüste Imilac Juncal "Mejillones Bolson de Mapimi . Bolson de Mapini } Panne Boltonville Homesti Bombay Jam Bonanza Borgholz Hain Borgo San Donino [Ch [m. 19] 2: 7. 1808] 44° 47 N, 10° 4 0, Parma und Piacenza, Pieve di Cusignano (Casignano, 44° 59 10° 4), Varano, Vignabora, | e biano; Parma Italien las 16], ls ar 63 77 Pe 29 16 \ 1 Borkut [Cc. [3 p. 13/X. 1852] 48° 7 N., 24° 17 O0. NO. Szigethr an d. schwarzen Theiss, Ma maroscher Com., Ungarn "ge 939 s ls Bm m R Borsdorf ; Boschemansfluss Bosjemansriver Capeisen Boskowitz Blans ni Botetourt [D [gef. 1262 ginia U. S. 3 13 AR Botschetschki [Cg [Ende 18 50°23 N., 36°5 O0. Gouv Kur "sk Russland a ee Chantonnayı Bourg Boyacafluss Brabant Brafim Brahin Brambanan Brandenburg Brasilien Brasky Brasos Braunau Braunau [H [3°/, = 14/VI. 50° 36 N, 16° 20 0. Ha mannsdorf und Ziegelsch Kreis Königgrätz, Böhme . Brazos Breitenbach Bremervörde Brescia Bresse Bretagne Britisch Amerika Brünn Buat Laigle Bubuowly Mouza Khoora& Buckeberg Obernkirche Budetin Gross-Divine' Bückeberg Obernkircher este [Stein [3 p. V. 1859] 43° EN., ‚o 37 W. (Beuste), Pau, Butsura Bairds Farm Black Mountain Lissa Ploschkowitz Schönenberg Toulouse Berlanguillas ‚hampooter Goalpara - ington [Om [gef. vor 1819] 42° 43 N., 75°25 W. Otsego Co., W. Cooperstown, 68 M. W. Albany, N ew-York, U..S; Quenggouk Scheikahr Stattan Bustee Pokra Intee [Bu [2/XII. 1852] 26°45 N., age 43 O. (Basti), zw. Goruck- pw u. Fyzabad, NW. Provinz, Ostindien ers Eisen Coahuila ıtler [Ofbu[gef. 1874] 38° 20 N., 94°%.29 W. (alias 1867) Bates Co. Missouri, U. S. ”, "jo ,, Dee "las ala Ds Blgs PR ura T0g Im. 12/V. 1861] 27° 7 N., 84° 19 0. Be an l l. Orten Piprassi (Peeprassee), Bulloah (Bullüah, Bullooah), aphar Bazar, Chireya (Chirya) Yimbooah, nahe Distr. Tirhoot; alle am Gundukfluss (Gandak- iver), Distr. Chumparun und m ckpur, Ostindien B.. Co. Monroe 'bezzo de Mayo [Cw [18/VII. 1870] SR ByeN.,:1° 10 W. Murcia (oL), Spanien, Rancho de la Pila, Juncal Ploo (ca aria Rancho de la Pila c hiuyal Juncal 'ille La Caille leutta Shalka Ja iero Vago Hi ıfornia Ivanpah K Shingle Springs Kerilis Feid Chair Asco mboja Pnompehn mbria |Ofc [gef. 1818] 43° 9N., 78° 43 W. W. Lockport, Cambridge Campbell Co. Campo del Cielo [Ds [gef. 1783] Canara Canellas [Ci [1 p. 14/V. 1861] 41° Cap colonie Re Caryfort [Oga [gef. 1840] ca. 36° Gesammtortsregister. 248 m. W. Albany, Niagara Co., New-York, U. S. ae] New-Concord Stinking Creek ca. 25° 30 S., 61° O0 W. nahe am Fluss Vermejo, Prov Gran Chaco Gualamba, 15 m. von Otumpa in Tucuman, Argentina; ehem. San Jago del Estero, Rio de la Plata-Staaten, Süd- amerika les re an le 73 18 Campo del Pucara [H [gef. 1879] CarBPH 2008 Oz ONLWARBroY: Catamarca, "Argentina, Süd- amerika “ar Canada Madoc Canada de Hierro [H [gef. 1846] 322,58... 12, TO: yW.. Betz Santa Rita, Tucson Sonora (Tucezon Sonora), 90 m. S. Fluss Gila, Mexiko, vielleicht = Coa- huila [false Taos, Neu-Mexiko, Sierra blanca, N. Santa Fe, Wien Acquis. Protocol] Udipi 15 N., 1°40 W. Villa nova (Villa novade Sitjes oL), bei Barcelona, Spanien Sys Canemorto Orvinio Cangas de Onis Elgueras Canourgue Aumieres Cany fork Caryfort Hex River Mounts Victoria West Capeisen [Hca [gef. 1793] ca. 34° S., 27° 30 0. zw. Karega und Gasoeja, NO. grossen Schwarz- kopffluss, zw. Sonntags- und Boschemansfluss (Sunday- und Bosjemans River), Capland, Süd- afrika Ki \\ 23 N er 5 ee las Iıs Capland Capeisen Cold Bokkeveld Great Fish River Hex River Mounts Orange River Victoria West Capstadt Cold Bokkeveld Caracoles Imilac Caresana Motta di Conti Carleton Tueson [D£ [gef. 1850] 32° 12 N., 110° 51 W. Arizona (Tucson Arizona oL), Pima Co., Mexiko Coney fork N., 86° 3 W. (Cany Fork), De | Casignano Castalia [Cgb [2'/, Castine [Cwa Tay, demo, hicks 253 Kalb Co. (De Calb Co., Hauptst. Smithville, 53 M. OSO. Nash- ville) Tennessee U. 8. le ale Casale Oereseto Motta di Conti Casey Co. [Ogb[gef. 1877] Georgia US. ze 6 } Borgo San Donino p. 14/V. 1874] 36° 11 N., 77°50 W. (false Ca- stralia), Nash Co. (false Frank- lin Co.) Nordearolina, U. S ne m 25 ar 84 "a. 20/V. 1848] 44° 29 N., 68° 57 W. Hancock Co., 48 M. 0. Augusta, Maine, Ders. Bed Castlederg f Castledery Killeter Castralia Castalia Catalonien Nulles Catamarca Campo del Pucara Catorze Charcas Cawopoor | Akburpoor Allahabad Cayuga Co. Seneca Falls Cazauban Barbotan Cento Renazzo Centralamerika Heredia Central City Russel Gulch Centralindien Pulsora Cereseto [Csb [7'/, a. 17/VII. 1840] 45° 4 N., 8° 20 O0. SW. Casale-Monferrate, NNW. Ot- tiglio (nicht Offiglia) Prov.Casale, Piemont, Italien lea ao Cerro Cosima [Ck [11a. I. 1844] 20° 56 N., 100° 23 W. bei Do- lores Hidalgo (oL), San Miguel, (Guanaxuato, Mexiko 69 ls: Mantos blancos Cesena Siena Chaharwalla Charwallas Chaipur Khairpur Champ de la Bourgonniere Chäteau Renard Chandakapoor [Cgb [m 6/VI. 1838] 21° 10N. 79° 10 O. Thal Beraar (Berar) (Hauptst. Nag- poor (oL), Ostindien 46 48 81 8 le "las "le "ls Chantonnay [Cgb [2 a. 5/VIM. 1812] 46° 40 N., 1° 5 W. zw. Nantes n. La Rochelle, ©. Bour- bon-Vendee, Depart Vendee, Frankreich a! ps "is "las Ze Sur le In log he lg Charca La Charca Chareas [Oml [bekannt 1804] 23° 12 N., 100° 28 W. (Santa Maria de los Charcas), 10 m. Südl, 254 Catorze, 23 m. NO. Zacatecas, Staat San Louis Potosi, Mexiko, angebl. von San Jose del Sitio hingebracht Zulke an Charente Favars Charente inferieure Esnandes Saintonge Charkow Jigalowka Charles Co. Nanjemoy Charlotte [Ofch [am Tage 1/VIII. 1835] 36° 15 N., 87° 22 W., alias 30. od. 31, V11. 1835. Dickson Co. 33m.W. Nashville, Tennessee,U.S. las lo Charsonville [Cga [1', 1810] 47° 56 N, 1° 35 p. 23/XI. OÖ. Ge- meinde Meung sur Loire, WNW. Orleans, NNW. Beaugency, Loi- ret, Frankreich uh ha “lıa or Ede a as Ban re go 2; Chartres [Stein [1810] 48° 26 N., 1° 29 O. Eure et Loir, Frank- reich niW. Charwallas [Ci[8 a. 12/VI. 1834] 29° 12 N., 75° 40 O. (Chahar- wala‘, 30 miles Hissar (oL), 20 miles SSO. Sirsa, Delhi, Punjab, ÖOstindien San Sean Chassigny [Cha [8 a. 3/X. 1815] 47°43 N., 5°23 0. SSO. Langres, Dep. Haute Marne, Frankreich 16 ns 40 A Als Chäteau Renard [Cia [1', p. 12/VI. 1841] 47° 56 N., 2° 58 0. SO. Montargis, Champ de la Bourgonniere, zw. Thezars und Petits marteaux, Trigueres (oL'\, Dep. Loiret, Frankreich 22js, m u eh 23 Cherokee Co Losttown Cherson Grossliebenthal Vavilovka Chester Co. Chesterville Chesterfield Co. Richmond Chesterville [Hch [gef. 1847] 36° 40:N,.81% 7.W. 59. M NNW. Columbia, Chester Co., Südcaro- lina, U. 8. lee Yan Chiari Trenzano Chihuahua Coahuila Hacienda Concepcion Sierra blanca Barranca bianca Chili Juncal Mantos blancos Serrania de Varas Sierra di Deesa Tarapaca Chili [Eisen [gef. 1866] ca. 33° S, 70° 30 .W. Südamerika niW. Chili Dr. A. Brezina. Chireya Chirya } Bupr Chrzconny Pultusk Chulafinnee [Oml [gef. 1873] 31° 30 N., 87° 37 W. Cleberne Co. (Cleborne Co , ClaiborneCo. oL), Alabama, U. S. ls los San Sl ei, Chumparun Butsura ; Segowlee Ciolkowo Pultusk Cirencester Aldsworth Claiborne Chulafinnee Knoxville Lime Creek Clarac Aussun Clarke Co. Lime Creek Claysville New Concord Claywater Vernon Co. Cleberne Co. Cleborne Co. } Chulafinnee Cleguerec Kernouve Coahuila [H [ob g: fall. Herbst 1837 2] ca. 27° N., 105° W. (Cohahuila), Bonanza (Benanza), Santa Rosa, Bolson de Mapini (Mapimi, Balson de Malpini), Strasse nach den Minen v. Par- ral (Parras), Saltillo zw. Durango u. Matamoros, Staat Chihuahua, Mexiko, Butcher’s Eisen, hieher San Gregorio ? I ln 76 Is8 Ns "na BuiER E23 1 eo las ER 15 33 Cobija Atacama Bolivia Imilac Cochinchina Pnompehn Cocke Co. Cosby’s Creek Cohahuila Coahuila Cold Bokkeveld [K [9 a. 13/X. 1838] ca. 32° 30 $., 19° 30 0. (Kaltes Bokkeveld), N. Tulbagh (Tulpagh), 70 miles v. Capstadt, Capland, Südafrika el Mae isnek akt Colorado Bear Creek Colorado Ivanpah Russel Gulch Colorado [Omtr [| vor 1868] U. S. gehört zu einer anderen Lo- calität; vielleicht Trenton 68 13 Colorado Bassin Ivanpah Columbia Bishopville Chesterville Ruff’s Mountain Columbien Rasgata Santa Rosa Columbus New Concord Concepcion Hacienda Concepciou Concepcion del Uruguay Nagaya Concord Monroe Coney foık [Oml [gef. 1840] 36° 17N., 86°12 W. Carthago (oL.) 46 m. O. Nashville, Smith Co., Tennessee, U. S. 53), 60: 61, 80 ik Me Is Confolens Connecticut Constantine Feid Sent Constantinopel [Eu [am Tag, 1805] 41° O. N. 28° 58 0. Türkei 9 og a 8 Coopertown Burling Cospertown [Omto [bekannt 18 Robertson Co., Tennessee LU Copiapo Sierra di 0 Sierra di D Copuila Cross Tin Corboyer Cordillere Atacama [ Bars Correze Dep. Corsica 4 Cosby’s Creek [Ogb[beschr. 1 ca. 35°45 N., 83° 25 W.Cock Tennessee, U: S.; Sevierei S. Newport, 204 m. Q. N! ville, Sevier Co. | 43 48 a las le =; 141 le Cosono Cossipore Manbh Costa Rica Cötes du Nord, Dep. Council Bluffs h Cranberry Plains [Eisen | 1852] 37° 13 N., 80° 4M Popolar Hill (Poplar Cal Virginia U. S. | oiW. Cranbourne [Oge [gef 1854] 11 S., 145° 20 9. Melbot Victoria, Australien Al u Cremona Alfıa Creon Bart Croatien Hrase Cronstadi [Cga | V1/1877] a | 27° 27 O. Orange River 7 staat, Südafrika = Cross Timbers [Omm [gef. 1) 82° 7 N., 95° 10 W. Dallas Red River, nahe Trinity R' 100 m. ober Natchitochez, IH} Copuila (an Louisiana grenz Fuss des San-Saba, 70 m. N Rio Grande od. Rio Bravo, 17] Rio Brasos (Brazos) ; Gebie) Hietam. Texas Ü. S., Young Co., gef. 1875 Se, "og; 7, 2 Wr Cuencame Cul de Four Montli Culm Culot Tourinnes la Gi ıberland Mountains [Stinking- [Creek Tourinnes la Grosse Nerft Scheikahr Stattan Borgo San Donino Cynthiana Harri-on Co. na [Co [4 p. 23/l. 1877] 25 N., 84° 15 W. Harrison ‚Kentucky, U S | M N 7 > 1} pti h and 1 a Ri ‚gnano na a Czartorya Oirtorya [Cw? [beschrieb. 1859 Br N., 25° 49 O. (Czartoria, A artorysk), Polen, Gouv. Vol- Russland Czartorya Pultusk Micaı Shytal otah [H [gef 1863] ca 46° N., ‚0° N Indian Territory, U S N ] £ IR Ji Ställdalen Cross Timbers pl Schie ‘on [Omst [gef. 1877]34° 43 N., 018 W. Whitfield Co. Georgia, 15 r [Cia [5/IX. 1878] 26° \., 83° 23 0. 5 m. WNW. drauna, District Goruckpur orackhpur) Ostindien 8 Daniels Kuil Kuil [Ck [20/III. 1868] Kreil) Griqua (Grigua ka lle [Cga [5 p. 27/XI. 1868] f lıs "adt [Cga [gef. 1804] 49° ‚N,8°380 Hessen, Deutsch- Doroninsk Disko Eiland on Co. Drake Creek Lick Creek Co. Caryfort A [11'/, p. 14 VIII. 1829] N., 74° 12 W. bei Long- i (oL), Monmouth Co., .Freehold, 38 m.O. Trenton, 'w-Jersey, U. S. traits Kaba Caryfort Manegaon S., 24° 23 O. (Daniels’ >30 N., 87° 0 W. Alabama, | Devica Gesammtortsregister. 255 Dekan Parn ıllee | Disko E:land [D [gef. 1808] Delhi Charwallas | ca. 69° 30 N. 52° W. (Disco Durala| Eiland), Ritenbenk (Rittenbeck) Mooradabad 1808—1813, 69° 35 N., Niakor- Umbala | nak (69° 25, 50° 30) zw. Riten- Dellys [Ofh [gef. 1865] 36° 49 N., 3 50 O Algier, Nordafrika la Deniliquin Baratta Deuton Co. [Om] [bekannt 1856] ca.33° 12 N., 97° 10 W. (Hauptst. Alton, 208 m NNW. Austin City) Texas, U. 8: 6 Bear Creek Les Ormes Albacher Mühle Darmstadt Ensisheim Erxleben Gnadenfrei Gnarrenburg Grüneberg Gütersloh Hainholz Heidelberg Hungen Ibbenbühren Klein Wenden Krähenberg Linum Mainz Mauerkirchen Menow Nauheim Nenntmannsdorf Obernkirchen Politz Sankt Nicolas Schellin Schönenberg Schwetz Seeläsgen Steinbach Tabarz Wittmess Sarbanovac Denver Co. Des Ormes Deutschland Denver Dharam Säl DI 1 Dharmsala ee Dhenagur Kheragur Dhuin Mahamad Ihung Dhulia [Cwa [6 p. 27/XI. 1878] 20° 53 N., 74'430 Khandeish, Östindien 81 lo Dhurmsala [Ci [2Y/, p 14/VII. 1860] 31° 55 N.,77°00 (Dhurm- salla, Dharam Säl, Dharmsala) ONO. Lahore, Distr. Kangra, NO. Punjab Ostindien 81 81 an Bar Bas 33 2 : 120 30 , ; h x 7 = Eleo las eo 9 gs lan er 83 35 Dhurmsalla Dhurmsala Dickson Co. Charlotte Diray Ihung Disco Eiland Disko Eiland benk und Jacobshavn (69° 14 N), durch Rink 1319 oder 1847 gebracht. Fortuna - Bay (69° 15 N.) 1852 gef. (Calcutta 1819); Godhavn, durch Rudolf gesam- melt; Upernavik, NW. Grönland, Dr. Kane. Jacobshavn 1370 von Pfaff gef. Ovifac (Uigfac) 69° 20, 54° 1, durch Nordenskjöld 1870 gef., Igdlokungsoak (69°? 58) 1872; Assuc 70° 5, 1872; Kekertartuak (Kekertarssuak); Davids Straits 1819; Pfaffsburg (Dr. Rink), Kamtschatka Viel- leicht auch Baffınsbay len le ae care lan Diugopolje | Djevica Sarbanovac Djevica planina J Djogorogo Ngawi Dniepr Rokicky Doab Allahabad 5 Kadonah olgaja Wolja i Dolgowli J Dolgowoli Dolgowoli [Cw [7 a. 26/VI. 1864] 50° 46 N., 25° 20 O. (Dolgaja Wolja, Dolgowli), Kreis Luzk, Volhynien, Russland la zu lan SR Dolores Hidalgo Cerro Cosima Don Werchne Tschirska)ja Dooralla Durala Doroninka Doroninsk Doroninsk [Cga [5 p 6/IV. 1805] 50° 30 N, 112° 20 ©. (alias 25/UI., 1: /IV) nahe Fluss In- goda und Bach Doroninka, Dau- rien, Gouv. Irkutsk, Sibirien, Russland 39 46 82 /22 ls ls Doubs ÖOrnans Drake Creek [Cw [4 p. 9/V. 18:7] 36°9 N., 87° 0. W. (false 22/V.:, Sumner Co. (Summer Co., Hauptst. Gallatin) 18 m. von Nashville oL). Davidson Co., Tennessee, U. S. 40 5 BE ne Dschaunpur Benares Duel Hill [Oga [gef. 1873] Ma- dison Co. Nordcarolina, U. S. BR le Ds So lis u: Dünaburg Lasdany Dugopolje Sarbanovac Dun le Poelier La Becasse Dundrum [Ck [7 p. 12/V Ill. 1865] 52° 33 N, 8°2 W. Tipperary Irland 66 1 N Dura:a [Cia [m. 1-/II. 1815] 30° 20 N, 76° 41 0. ‚Dooralla, Du- ralla‘, Territorium des Patyala 256 Raja (Pattialah Rajah), 16 bis 18 m. v. Umballa (Umbala), 18 m. v. Lodiana (Loodianah, Ludeana, Loodheeana) NW. Kurnal, Lahore, Delhi, Punjab, Ostindien e3) Duralla Durala Durango Avilez Coahuila Rancho de la Pila San Francisco del Mesquital Sierra blanca Duruma [Cg? [6/II1/1853] 3057 S, 40°31 0. (Turuma), W. Mombas, Wanikaland, Ostafrika 68; Dy ale [Cs [8/V. 1872] 26° 18 N. 82° 19 O. Sultanpur (oL), Oude (Oudh), Ostindien (alias 260 19, ‚Eure et Loir 82° 8) 81 [ER E. Eatonton Putnam Co. Edalabad Manegaon Eggenfeld : Eggenfelden Sankt Nicolas Eibenstock Steinbach Eichstädt Wittmess Eidulabad Manegaon Ekaterinoslaw Gouv. Alexejewka Mordvinovka Werchne Dnieprowsk Elbogen Elbogen Steinbach Elbogen [Ofh [gef. vor 1400 ?] 50° 12 N., 12° 44 O.(Ellbogen), der verwünschte Burggraf, Böhmen, Oesterreich "lg gg re pa Br las ir 7 r 19, "0, Eldorado Co. Shingle Springs Elend Tourinnes la Grosse Elgueras [Csb [6/XII. 1866] 43° 26 N., 5° 10 W. Cangas de Onis, Oviedo, Spanien Es 20 = 21 Ellbogen Elbogen Elsass Ensisheim Emmet Co. Estherville Emmetsburg-[Ome [gef. 1854] 39° 40 N., 77°27 W. Maryland, U. S. = England Aldsworth Pennyman’s siding Rowton Wold Cottage Ensisheim [Ckb [12'/, p. 16/XI. 1492] 47° 51 N., 7° 22 0. Sund- gau, Oberelsass, Deutschland RS En 2 ae 22. ie “Ele 43 Bu 61 la2 } ls le Entre Rios Nagaya Epinal La Batffe Eredia Heredia Erfurt Klein Wenden Ermes Pillistfer Dr. A. Brezina. Erxleben [Ck [4 p. 15/IV. 1812] 52° 13 N., 11° 14 O. Nieder- erxleben bei Helmstädt und Magdeburg, Prov. Sachsen, Preussen, Deutschland 14 40 46 48 79 22 29 3 27 10 Esnandes [Cg [VIII. 1837] 46° 14 N., 1° 10 W. false Esnaudes, N. La Rochelle, Charente infe- rieure, Frankreich 45 un 1189 1 Esnaudes Esnandes Estherville [M [5 p. 10/V. 1879] 43° 25 N, 94! 45 W Emmet Co. Jowa, U.S. Perrymeteor 80/ 80 sl 81ı sl 81 19 [34 [g so lan 18 go % "lo e® "is "go "aa se Eae Esthland Sikkensaare Chartres Evreux Laigle E. Faha Limerick Fairfield Fairfield Co. } un Fatehabad Nageria Fatehpur Allahabad Fathabad Nageria Favars [Ci [6°/, a. 21/X. 1844] 46° 4 N., 0° 38 O. Canton Laissac (oL). O. Rhodez, Dep. Aveyron, Frankreich. False Lessac, N. Confolens, Charente (Verwechslung mit Favars, Can- ton Layssac, Schweiz) 63 Fayetteville Petersburg Fe de Bogota Rasgata Fehrbellin Linum Feid Chair [Stein [m. 16/VI. 1875] 36° 52 N., 8°23 0. Stamm d. Beni Amar, Kreis La Calle (oL), Prov. Constantine, Algier, Nordafrika niW. Fekete [Cga [4'/, p. 4/IX. 1852] 46937 N., 24° 19 O.- Weiler Fekete und Teich Istento bei Mezö Madarasz (M. Madaraz) im Mezöseg, Nagy Völgy, Maros, Siebenbürgen. 9 ys Balz 2 iR ln 32,8 Ss ao la Ele leere \o # 16 a en Der ellin illistfer Ferrara Renazzo Finnland Luotolaks Fischfluss | Great Fish River Fish River Löwenfluss Florac Aumieres Fontenil Laigle Forsyth [Cw [3'), p. 8/V. 1829] 33° O N., 84° 13 W. Monroe Co. 47 m. W. Milledgeville, Georgia U. S. als 34 39 Iaa Forsyıh 2 od. M. Tgef. 1856] 36° 42 N., 93° 18 W. am River, 142 m. SSW. Jeffer; ‚city, "Tanae Co. Claney | Missouri, U.S. niW. | Fort Pierre [Oml [gef. 1856 19 N., 100° 26 W. 20 m F. pP! zw. Council Blufis : Fort Union (44° 21, 10 en Nebrasca, Misso 61 la Fortunabay Disko HF Fort Union Fort ] Francfort F Fran Smith]) Franefort [Omtr [gef. 1866 14 N., 80° 40 W. 8m. SW. F. Franklin Co. ‚ Kentucky, I sale 2 Frankenstein Gnader Frankfort Frani Fra! ni Harrison’ Marshall Nelso Frankfort [Ho [5/XI. 1 36 N., 85° 5 W. 4 m. 16 m. ’SO. Tuscumbia, Fran Co., Alabama, U. S. ,, Sat 1,5 Frankfurt Franklin Co. Frankreich La Vivion) Le Pres Les 01 Luce Luponnas Marmande Mascombes Montlivault Orgueil ÖOrnans Quincay Saint Caprais Saint Mesmin Saintonge Salles Sauguis Saurette Vouille Luotolaks Deal Bairds Farm Menow 0. Rochester Laigle Allahabad Bustee G. et en Armagnac Barbotan Borgo San Donino Jackson Co. an [Stein ? [ 1826] 44° 0° 38 O. Agen (oL), Dep et Garonne, Frankreich. Drake Creek Saint Denis Westrem iver Butsura Mhow Alais | Löwenfluss Orange River Schellin Barbotan Pine Bluff Capeisen Saint Denis Westrem Ngawi Casey Co. Dalton Forsyth Losttown Lumpkin Putnam Co Union Co. Politz Orvinio Barbotan Mhow Motecka nugla Canada de Hierro Russel Gulch genti [Cwa [1 p. 10/II. 1853] BIT N. 13° 34 O. Sicilien, Toulouse |- Saint Caprais Gesammtortsregister. Glasgow High Possil Glos Laigle Gnadenfrei[Cc[4p. 17/V. 1879] 50° 41 N.,16° 46 O. (zw. Reichenbach und Frankenstein) u. Schober- grund, preussisch Schlesien, Deutschland f SSR Sue DEE Gnarrenburg [Cg[5 p. 13/V. 1855] 53° 30 N., 9’ 80 bei Bremer- vörde, Landdrostei Stade, Han- nover, Deutschland 35) Goalpara [Cs [gef. 1868 [26° 10 N., 90° 35 O. Assam, südl. Ufer d. Burhampooter, Ostindien =) Godhavn Disko Eiland Goemoroeh Bandong Gogewala well Khairpur Goomty Benares Gopalpur [Ce [6 p. 23/V. 1865] 25° 1 N., 84° 48 O. Jessore bei Bagirhat (Bagerhout), unt. Ben- galen, Ostindien ar Bustee Butsura RE | | Dandapura D Mouza Khoorna Pokra Gostkowo Pultusk Gourdas Toulouse Govindpur Manbhoom Graaf Reynet Great Fish River Gran Chaco Gualamba Campo del Cielo Akburpoor|Grand Rapids [Eisen [gef. 1883] 42° 58 N., 85° 41 W. Michigan U. S. niW. 2 Grasse La Caille Great Driffield Wold Cottage Great Fish River [Eisen [gef 1836] ca. 32%°15 S. 25% 55 0. Grosser Fischfluss, Distr. Graaf Reynet, Capland (false grosses Namaqualand) niW. Greenbrier Co. [Eisen [gef. 1882] ca. 38°N., 80° 13W.W. Summit of Alleghany Mts, West-Virginia, U. = Hl reen ‚Co. eine: ech Babb’s Mill Greensborougsh Guilford Co. Greenville Babb’s Mill Grenade Toulouse Grigua Daniels Kuil Griqua } \ Orange River Grönland Baffinsbay a Disko Eiland rosnaja ; : roshr Mikenskoi Gross Berezna Knyahinya Grossbritannien Aldsworth Dundrum 63 ‚Jahrbuch d. k.k. geol. Reichsanstalt. 1885. 35. Ba d.1.Heft. (Dr. A. Brezina.) ‘Grossbritannien 257 High Possil Killeter Limerick Mooresfort Newstead Pennymans siding Perth Rowton Wold Cottage Gross-Buschhof Scheikahr Stattan Gross-Divina [Cg [11'/, a. 24/VII. 1837] 49° 15 N., 18° 44 O. nahe Budetin (oL) bei Sillein, Trent- siner Com, Ungarn. NS: [| 29 Grosser Fischfluss Great Fish River Löwenfluss Grosser Schwarzkopffluss Capeisen Grosses Namaqualand Great Fish River Orange River Grossliebenthal ‚[Cwa [6'/, a. 19/XI. 1831] 46°21 N., 28° 14 bei Odessa ferner Sitschawska, 42 Km. NO. Odessa, Gouvern. Cherson, Russland 82 f 83 = ‚Grüneberg [Cga [3'/; p. 22/Il. 1841 [51° 56 N., 15° 22.0. Sei- fersholz (oL) und Heinrichsau (51° 54, 15° 25) preuss. Schle- sien, Deutschland “o, la Guanaxuato Cerro Cosima La Charca Guanilla Sierra de Chaco Guernsay Co. New Concord Gütersloh [Ccb [8 p. 17 IV. 1851] 51° 55 N., 8° 21 0 bei Minden, lc Preussen, Deutsch- and Tadjera Guilford Co. [Omto [gef. 1820] (Hauptst. Greensborough, 75 m. Dale Raleigh), Nordcarolina, As} ga Gumti Benares Gundukfluss Butsura Gurdha Motecka nugla Gurlbhwal Kusiali Gurram Konda [Stein [1814] 13° 47 N., 78° 57 O. zw. Punganur u. Kadapa, Madras, Ostind. niW. Gya Gyulatelke Umjhiawar Möcs Er. Hacienda Cacaria [Rancho de [de la Pila Hacienda Concepeion [D |[gef. 1784] 28° 36 N., 106° 12 W. 2 m. von Zapata (Zapote), SO. Chihuahua, Mexiko 62 las 33 258 Hacienda de Bocas [Cw [24/XI. 1804] 22° 2N., 100° 58 W. San Luis Potosi, Mexiko 712 Hacienda Mani Toluca Hafslaviken Hessle Hainholz [M [gef. 1856 [51°43 N,, 8° 46 O. N. v. Borgholz, OSO. Paderborn (oL), Minden, West- phalen, Deutschland BE RR EN An ar; 28 79 79 82 3) en 8 ls "ha lo "ao 10 Hamilton Co. Anderson Hanaruru Honolulu Hancock Co. Castine Hannover Gnarrenburg Hardoi Kaee Harrison Co. Cynthiana Harrison Co. Harrison Co. [Ch [4 p. 28/IH. 1859] 38° 25 N., 84° 30: W. (Harrisson Co., Hauptst. Cyn- thyana, 39 m ONO Frankfort) Indiana, alias Kentucky, U. S | ss "is 5 Harrisson Co. Harrison Co. Hartford Hartford Weston Hartford [Cwa [2°/, a. 25/II. 1847] 41° 88-N., 91°°57 W., Linn’Co,, S. Marion, 23 m. N. Jowa city, Jowa, U. S. sein SSR U sure nn 2 1 Hauptmannsdorf Braunau Haute Garrone Dep. Aussun Toulouse Haute Marne Dep. Chassigny Haywood Co. [Eisen] gef. 1854] ca. 35° 27 N., 83° 8 W. (Hauptst. Waynesville, 248 m. v. Raleigh) Nordcarolina, U. S. niW. Heidelberg [Eisen] gef. 1861] 49° 84 N., 8°. 42.0, Baden, Deutschland; zweifelhaft. niW. Heinrichsau Grüneberg Helmstädt Erxleben Hemalga Tarapaca Henrico Co. Richmond Heredia |[Ccb [Nachts. 1/IV. 1857] 8° 45 N., 83° 25 W. (Eredia) alias 1/VIII. 1858, 5 m. v. San J ose, Costa Rica, Centralamerika 1 ls Herzogenbusch Staartje Hesbaye Tourinnes la Grosse Hessen Darmstadt Hungen Mainz Nauheim Hessle [Ce [12'!/, p. 1/I. 1869] BD ASCN al? 25 :O0.,Mälar: Lärsta-Viken, Arnö, Hafsla- viken, Upsala, Schweden 94 lea 28 ls Hex River Mounts [H] gef. 1882] Dr. A. Brezina. 33° 20 S. 19° 35 O. Capland, Südafrika 85 10 Hietam Indianer Cross Timbers High Possil [Cw [a. 5/IV. 1804] 55° 54 N., 4° 18 W. bei Glas- gow, Schottland 16 76 Hinterindien ‘ Pnompehn Quenggouk Hissar Charwallas Holland Staartje Utrecht Homburg Krähenberg Homestead [Csb [10'/, p. 12/1. 18751,41° 53,7, 910 40: 3V- Marengo, Amana, Sherlock, West-Liberty, Jowa City, Bol- tonville; Jowa Co., Jowa, U. 8. 75 ER 79 hs la =] ie el 1 en ie Sn HE 22,, yo Honolulu [Cwa [10!/, a. 14/IX. 1825] ‚21°. 30 N, ;158° 0. .W. (Hanaruru) auf der Insel Owahu (Wahu, Oahu,Waohoo0,Woahoo), Sandwich-Inseln, Australien 39 42 81 83 H "sr. Isa 0 lo OTOWIC ok N Praskoles Howard Co. Kokomo Hradisch Znorow Hradschina Hraschina Hraschina [Ofh [6 p. 26 V. 1751] 46° 6 N., 16° 20 0. False Hrad- schina, SW. Warasdin, NO. Agram, Croatien 778 län we = ar en Huajuquillo Sierra blanca Huanilla * Sierra de Chaco Huesca Roda Hungen [Cga [17/V. 1877] 50° 28 N., 8° 54 O. zw. Steinheim u. Borsdorf, Hessen, Deutschland ca u le T. Ibbenbühren [Chl [2 p. 17/VI. 1870] 52° 17 N., 7° 42 O. West- phalen,. Preussen, Deutschland Selen as gi; 12 Igdlokungsoark Disko Eiland Iglau Stannern Ihang Ihung Ihung [Ce [VI. 1873] (Ihang), Talware, Dhuin Mahamad, Köt Diwän und Diray, Punjab, Ost- indien "Alın re = Ihunghnu Saonlod llima& Juncal Imilae [P [1800] 23° 59 S., 69° 34 W. Peine, 22 Leguas SO. Ata- cama, nahe Cisterne Pajonal, eine Meile SW. Cisterne Imilac (30 Leguas v. d. Küste, 40 oder 20 Leg. Cobija, 35 Leg. Ata- | | | cama), San Pedro (San | de Atacama), Salina de Atac| Bolivia, Südamerika ; Bi wahrscheinlich Caracoles | 47, 69° 0), gef. 1877 | se 38, 38], 38],, 3%],, ul „a _.i4 8 22] ss ld Me ls 9llıs sn i Indiana Harris on Indore Indre, Dep. Indre et Loire Ingoda Innviertel Inselberg Iowa Iowaecity Iowa Co | Iquique [Hca [beschr. 18717 13 8., 69° 48 W. 10 Lei von Iquique, Pampa del | rugue, Peru, Südamerika | s1 Trapuato Irkutsk Irland Iron hannock Creek [Ceb j 1863/64] Rensselaer Co. York U..S: J 9ın | Irtisch Kaı Isla Sierra de C Isle de France Mau) Istento Fi Italien Alb Alessar) Alfia Borgo San D@ Cer' Gir! Monte Motta di 4 Or! Re ' Trer Ivanpah [Om [1880] 34° ' 117°9 W. Colorado Bassin)) Bernardino Co., California, | niW. Ixtlahuaca Tj TI. | Jackson Jackson} Oktibbehi Jackson Co. [Omtr [beschr..' j \ i Gesammtortsregister. 259 1.36°25N., 85°55 W. (Hauptst.| gef. 1874; Atacama, Chili, Süd- | Karaulnoj Ostrog Medwedewa inesboro, 61 Me ah Nash- | amerika en Capeisen Tennessee, U. S. SL At Karoko 1 Juvens Juvinas | Kaspisches Meer } Karakol Toobstadt Scheikahr Stattan | Juvinas [Eu [3'/, p. 15/VI. 1821] | Katharinenburg Alexejewka "iz eir [Stein [5/X. 1866] 19° | 44° 42 N., 4° 21 0. (false Juve- Pawlograd a7 47 O. Ahmednuggur, | nas), bei Libonnez, NNW. Au- Werchne Dnieprowsk pay, Ostindien benas, WSW. Privas, Dep. de | Kaukasus Mikenskoi ur l’Ardöche, Languedoc, Frank- Stawropol bdrg ierra de Chaco | reich, false 24/VI 1821. Kedoeng Poetri Ngawi a peee » Ogil ss "Iso "Iso la "lo si ©), | Kekertarssuak Disko Eiland Tohe uchi mura Kelleter Killeter Sierra de Chaco K. Kentucky Cynthiana A A ande [Cw [3'/, p. 11 V. 1855] Da The E f aan w xp: ; a Grang N or 100. (Kuasm| 58° 50 N., 23° 30. 1 Meile von Marshall Co. Eenasti as) ddm Piddul,Krongnt Mustelhof, (Mou- Nelson Co. Er Be lostock. Belost k, stel Pank) Kiddimetz, Insel Oesel, Salt River jstoc i Er a Zr Livland, Russland false 13/V. Smithland ni ae BB | m, eu Kerilis [Oga [10%/, a. 26/XI. 1874] Es: r Kaba fs T1o%/, p. 15/IV. 1857]| 48° 25 N. 3° 26 W. Genieinde la "ao "ls U SEN, 51° 16 0. Südw.| Mal Pestivien, Callac (01), Dep. p 4 Ban domz an, Nordbiharer Com. a du Nord, Frankreich Fi ? ngarn h, en! gg ?elzo la las "ls lo "hs Kernouve [Ck [10 p. 22/V. 1869] Tiabe Kadaba Taluk Judesegeri)| 48° 7 N., 3° 4 W. 2 Km. von Cit Fon th: Kadapa Gurram Konda Cleguerec, arr. Napol£conville, vo y Pine Bluff Kadonah [Cga [Nachts 7/VII.| Morbihan, Bretagne, Frankreich; Meiwelews 1822] 27° 12 N., 78° 3 0. (Kha-| alias 24/V. Petrovawlowsk dona), Agra (oL), Prov. Doab, | "0 "so "ss "la "ls *ıs p Östindien Keshma Ssyromolotow : Ssyromolotow | 94 * Kos Möcs Ber.) Medwedewa | Kaee [Cg [Abends 29/I. 1838] 27° | Khadona Kadonah un 22 N., 81° 8 O0 Sandee (Sandi) | Khaipur Khairpur = ADRT pargana, Hardoi Distr., Oude | Khairagarh Kheragur well hill [Ofj [bek. 1854] 35° N ‘:Oudh), Ostindi BN., 82° 28 W. Madison Co., 7 Bub Slansıen ' . Asheville (Ashville, oL), h Kakova Kakowa ordcarolina, U. 8. ı Kakowa [Cga [8 a. 19/V. 1858] ki 45° 6 N, 21° 38 0. NW. Ora- I win [Cw [3 p- 13/X. 1787) | witza, 350 Schritte O. Strasse ITN., 35° 100. Bean Kakowa-Komoristje, Krascho- ehipailowka) 10Wert! wer (Krassoer) Com., Temeser - Bobrik, Kreis Sum (Ssum, ni) u. Lebedin, Kreis Achtyrk htirk) oL, Gouv Charkow, her Slobodsko Ukrain, Russ- Banat, Ungarn 58 60 63 2a) 49 8 29 10 Kaltes Bokkeveld Cold Bokkeveld Kalumbi [Cwa [4/XI. 1879] 17° 57 N., 73° 58 O. Wai (Waee) Jaluca, Colleetorat Saltara, Präs. ingeorgenstadt Steinbach ı Bombay, Ostindien y Les Ormes | ®°/,, Saintonge | Kamtschatka Disko Eiland Madoc | Kangra Dhurmsala Kansas Waconda Benares Karai Pawlowka Timoschin | Karakol [Stein [m. 9/V. 1840] segeri [Ce [16/HI. 1876] 13° N., 77° 6 OÖ. (Judesgherry), laba Taluk, Distr. Tumkur, sore, Ostindien 47° 50 N., 80° 10 0. (Karokel) Kirgisensteppe, diess. Irtisch, Bez. Ajagus, (Ayaguz oL), N. Kas- pisches Meer, Asien, Russland. Zw. d. Ended. Rückens Kysyly- sgherry Judesegeriı Beldu u. Berge Ach-Tchawl Akburpoor | niW. al [Omtr [gef. 1866] 25°29S,, Karand [M [1. Hälfte V. 1880] B2 W. zw. Rio Juncal d | Pedernal, 50 Meilen NO. ‚l h ypote; ferner Ilimaö gef. 1870 ın d Cachiuyal (25° 23, 70° 2) j ° 14 N., 51° 56 O. Veramin, Distr. Zerind, O. Teheran, Per- sien; alias 15/lI. oder IV. El 14 sol : el Khairpur |Ck [5 a. 23/IX. 1873] 29° 56 N., 72° 12 O. (Chaipur, Khaipur), Bhawalpur, Mooltan (Multan), Mailsi, Gozewala well, OSO.Mahomet Moorut ; Khuram- pur, Araoli, Fluss Sutley Raj- potanah, Ostindien ie Khandeish Dhulia Manegaon Kheiragarh Kheragur Kheragur [Ci [23/IIL. 1860] 27° 14 N., 77° 30 O. (Khairagarh, Kheiragarh) und Dhenagur, 28 miles v. Bhurtpoor (Bhurtpore, oL); Agra, NW. Prov. Ostindien 63 Khetree Khetri Saonlod Khettree Khurampur Khairpur Kiddimetz Kaande Kiew Bjelaja Zerkow Oczeretna Kikina Kikino Kikino [Cwa [1809] 55° 17 N., 34° 13 0 (Kikina), Kreis Wja- semsk (Wjasma, oL), Gouv. Smolensk, Russland E71, Sir, Killeeter Killeter Killeter [Cwa [3?/, p. 29/IV. 1844] 54° 44 N., 7° 40 W. (Kelleter, 33* 260 (Killeeter, Killetter) bei Castle- dery (Castlederg) WNW. Omagh, SSW. Strabone in North Tyrone (County Tyrone) Irland 61 61 Killetter Killeter Kirchenstaat Monte Milone Renazzo Kirgisensteppe Karakol Klausenburg Möcs Kleinasien Adalia Klein-Wenden [Ck [4°/, p. 16/IX. 1843] 51° 24 N, 10° 38 0. bei Münchenlohra (Mönchlora), WSW. Nordhausen, SO. Bleiche- rode, Kreis Nordhausen, Erfurt, Thüringen, Preussen, Deutsch- land £ less he no asly "na ale Knasta Knoxville[Ofkn [gef. 1853] 36° 25 N., 83° 38 W. Tazewell (oL), 183 m. O. Nashville, Claiborne Co., Tennessee, US. 56 la Knyahinya [Cg [5 p. 9/VI. 1866] 48° ‚58,.N, 22° "31. .O,. Wiese Mlaka, Dorf Sztriesava, Saty- inska-Felsen, Stuhlrichteramt Berezna (Nagy-Berezna, Gross- Berezna, Welka-Berezna) Ungh- varer Com., Ungarn 16 a ya vr 22 E77 671 Be 73 R 73 74 4 74 rg ja 8 his "a la Ian la usiedan 1 =] A AB A411 Königgrätz Braunau Köstritz Politz Kokoma Kokomo Kokomo [Hca |gef. 1862] 40° 31 N., 86° 5 W. Howard Co., In- diana, U. S. "8 Koloser Gesp Möcs Komoristje Kakowa Konia Adalia Koshiro Ogi Köt Diwan Ihung Krähenberg [Ch [6'/, p 5/V. 1869] 49° 20 N., 7° 280. Zwei- brücken, Kanton Homburg, Pfalz, Baiern, Deutschland 69 [2 Krakhut Benares Kraschow Kakowa Krasnoi Ugol Krasnoj Ugol Krasnojarsk Medwedewa Krasnoj Ugol [Ce [2p. 9/IX. 1829] 53° 56 N., 40% 28 O. (Krasnoi Ugol. Krasnyi Ugol), Kreis Saposhok (Sapojek, Sapo- Jok, Sapozok, oL), Gouv. Räsan (Rjäsan) Russland ; alias 29/VIII, 10/IX. 39 63 los [a9 Krasnyi Ugol Krasnoj Ugol Krasso Kakowa Krawin [Cgb [8 p. 3/VLI. 1753] 49° 21 N., 14° 43 O. bei Plan Dr. A. Brezina. (oL) und Strkow (49° 21, 14° 44), SO. Tabor, Kreis Bechin, Böh- men, Oesterreich 778 04 ih, 32] E1 281 38 = 40 a) G4s 2 55 i Ih 1 »] IN ha 27 [L [ss] Is) ao Y Krone Okniny Krogstad Schie Kuasti-Knasta Jasly Kuleschowka [Cwa [11a. 12/II. 1811] 50°43 N., 35°45 0. Kreis Romen (oL), Gouv. Poltawa (Pultawa) Russland (28 Ila. St.) 32), al), "lo 82), Kumaon Kusiali Kurhessen Nauheim Kuriali 3 Kusiali Kuritawaki-mura Toke- uchi-mura Kurla Pillistfer Kurnal Durala Kursk Botschetschki Sevrukof Kusiali [Cw [5a. 16/VI. 1860] ca. 30° N, 79° O. (Kuriali), Kumaon, Distr. Gurlwhal, Ost- indien 69 115 Kwasly Jasly Kylifluss Albacher Mühle Kysyl Beldu Karakol UL. La Baffe [Cc [7 a. 13/IX. 1822] 48° 9 N., 6° 35 O. (La Basse), O. Epinal, Dep. Vosges, Frank- reich N La Barne Laigle La Basse La Baffe La Be&ecasse [Cw [31/I. 1379] Dun le Poälier, Dep. Indre, Frank- reich ler La Caille [Oml [ca. 1600] 43° 47 N., 6° 43 O0. S. v. Saint Aubau, NW.v. Grasse, Dep. Var (Alpes maritimes), Frankreich Belt, ae a8 La Calle Feid Chair La Chareca [Stein [11'/, a. 11/VI. 1878] 20° 53 N., 100° 55 W. bei Irapuato (oL), Guanaxuato, Mexiko niW. La Concepeion Hacienda Con- cepcion La Futaie Laigle Lagrange [Ofch [gef. 1860] Old- ham Co, Kentucky, U. S. ale 5 BR Lagrange de Julliac Barbotan Lahore Dhurmsala Durala Laigle [Cib [1 p. 26/IV. 1803] 48° 45 N., 0° 38 O0. zw. Evreux und Alencon; Fontenil bei Saint Sulpice-sur-Rille (48° 47, ons NO Laigle,;, La Vassolerie Laigle; Saint Michel de | Sc maire (48048, 0° 35), NW. Laie Saint Nicolas de Sommaire ( 49, 0° 37), NNW. Laiglez Bas Vernet (Bas Vernet 49, 0° 37), NW. Saint Ni und NNW. Laigle; Glos 52, 0° 36), N.Laigle; L (48° 44, 0° 38), 8. Laigle; Futey (La Futaie, 48° 47, 0° 4 OÖ. Saint Sulpice sur Rille, N Laigle; La Metonnerie, Belangere-la-Barne, Bois Corboyer; Normandie, De B | l’Orne, Frankreich = 03 08/ 157 16/7 16, > 2. ' l as 48 07 € 18° 79 as 81, Aa R 23 ls Is /onı \ Laissaec Kan La Metonnerie La Misere Tourinnes la 'o Lanc& [Ce [5'/, p. 23/VI. 18 47°41 N, 1720. Lee de Blois bei Lance, Kleef zw. Villechauve u. we 2 Schlosse Blanchamp geh., Fa Veronniere bei Pont Loise € (Loisel), Saint Amand, Orlea J Dep. Loir et Cher, Frank X: Langenpiernitz Langres Languedoc La Platastrom Laponas Laponnas La Rochelle La Scarpa vi Lasdany [Cga [5'/, p. 12/N 1820] 56° 0 N., 26° 25 0, M Lixna (false Liksen, oL), Dü burg, Witebsk (Witepsk), Ru land 2275 Sn aa Tolz Cars I Las Pradere | Lautolaks Luotol | La Vassolerie La La Vivionnere [Ho [3 p. 14/\@ 1845] 48° 32 N., 0° 53 W. M meinde Le Teilleul, Manc Frankreich Sal Layssac Le Bas Vernet Lebedin Le Buat Le Burgau Le Culot Tourinnes la Gre Le Futey Lenarto [Omto [gef 1814] 49° N, 21° 41 O. W. Bar Saroser Com., Ungarn | Mes las 2), "lieh go a a an s enstır [Cia [3 p. 25/1. 1845] rw BEIN. 1° 18 0. en ans, Dep. Indre et 'Loir, nkreich; alias Bois de Fon- e od. Mung, Dep. Loiret 1825 83 19 go - u Haies de Blois Lance Ormes [Stein [1/X. 1857] 47° , WSW. Aillant sur Tholon, Dep. - Yonne, Frankreich \ niW. Lessac Favars Le Teilleul La Vivionnere Le Temple Agen Lexington Co. R Ruffs Mountain Le xington Co. [Ogb.? [gef. 1880] 3° 58 N., 81°7 W. Südcarolina Lexington Co. Li ibonnez Juvinas HL iboschitz Ploschkowitz L ick Creek [H [gef. 1879] David- son Co., Nordcarolina, U. 8. j er: 1, =, E21, Sue Licksen Lasdany Li ime Creek |H [gef. 1834] 31° 32 N, 87° 45W. bei Claiborne, Monroe Co., (alias Clarke Co.), 1.90 m. SW. Montgomery, Ala- | hama, U.S a ln so ur L imeriek [Cga [6 a. 10/IX., 1813] | 52° 30 N. 8° 42 W. "Adare | _ (Adair) SW. Limerick; Faha bei St. Patrickswell (Patrickswood) ‚-ONO. Adare; Scough (Scagh) | 2 m. NNW. Rathkeale, WSW. I Adair; Brasky, Irland, Gross- britannien Ir 9 a6) Be au, 2 ] In FE I1s ncoln Co Nobleboro Petersburg En Co Hartford Linum [Stein [5/IX. 1854] 52° @ 46 N., 12° 52 O. bei Fehrbellin, Prov. Brandenburg, Preussen, ‚ Deutschland _ niW. ion River Löwenfluss Liponas Luponnas Liponnas ipowitz Öczeretna Missa [Cwa [3%/, p. 3/IX. 1808] 150° 12 N., 14° 31 0. Stratow, ‚ (oL) und Wustra (50° 10, 14° 53) beide OSO. Lissa; Bunzlau, r Be Oesterreich a8) 38/ 46 881 60/ 24 } 45 /41 6, 7 8 12 ha "leo "ho wu "lg bitte Miami Valley Anderson er Piney Pine Bluff N., 3° 15 O0. SSW Joigny,'’ Gesammtortsregister. Livingstone Co. Smithland Livland Kaande Pillistfer Lixna Lasdany Lockport Cambria Lodhran Lodran Lodiana Durala Lodran [Lo [1/X. 1868] 29° 31 N., 71° 38 O. (Lodhran), 12m. OÖ. von L; Mooltan, Punjab, Ostindien a. Toereihondtee Utrecht Löwenfluss [Ofch [bekannt 1853] ca. 25° 40 S., 17° 40 O. östl. Arm d. Aub od. grossen Fisch- fluss, d. i. d. Gariep ıGarib) oder Oranjefluss gebt; grosses Namaqualand, Südafrika 56 61 x las hıa Logrono Barea Loir et Cher Lance Montlivault Loiret Charsonville Chateau Renard Le Pressoir Loiset Loisette Diamee Lombardei Trenzano Longbranch Deal Lontalax Bee Luotolaks Loodheeana Loodianah Dal Lorenzostrom Madoc L’Orme Laigle Losttown [Eisen [gef. 1867 [2'/, m SW. von L., Cherokee Co. Georgia, U. S. niW. Lot et Garonne, Dep. Agen Galapian Louans Le Pressoir Louisiana Cross Timbers Lozere Aumi£eres Lue6& [Cwa [4'/, p. 13,1X. 1768] 47° 52 N, 0° 30 O. (Luce en Maine), Bezirk Saint Calais, Dep. Sarthe, Frankreich 9 gs la 2, Luce en Maine Luce Lucignan d’Asso Siena Ludeana Durala Lumpkin [Ck [11°/, a. 6/X. 1869] 329 3N., 84°29W., od. 32°52 N R 81° 55 W., Stewart Co. Ge- orgia. U. Ss. "ie ee [Ho [bei Tag. 15/X il. 1°13] 61°13 N.,27° 490. (Lauto- laks, Lontalaks, Lontolaks) bei Frederikshavn, Switaipola (Sa- vitaipal, Sawotaipoda, Sowaito- pola, oL), Gouv. Wiborg, Finn- land, Russland; alias 11/l. 1814, III. 1814 Sa Luponay sur Veyle Luponnas 261 Luponnas [Cib [1 p. 7/IX. 1753] 46° 14 N., 4° 59 O. (Laponas, Laponnas, Liponas, Liponnas, Luponas sur Veyle) NNW., Vonnas, 4 Stunden v. Pont de Veyle (Pont de Vesle), zw. letz- terem u. Bourg en Bresse, Dep. de l’Ain, Frankreich lg Pie ns a ee Luzk Dolgowoli Lyon Salles M. Macao [Ci [5a 11/XI. 1836] 4° 55 ,.8.1:5370 10 W (Macayo), Rio Assu (Acu od. Amargoro), Ausfluss ins Meer, fast N. Villa nova da Prinzeza, Prov. Rio Grande do Norte, Brasilien ; alias 11/XII 1238 ei Ee ae Sehe u ll er le RE, 08, y 12 Macayo Macao Macedonien Seres Macerata Monte Milone Macon Co. Auburn Madagascar Sanct Augustins-Bay Maddur Muddoor Madhupur Shytal Madioen Ngawi Madison Duel Hill Smith Mountain Madison Co. Jewell Hill Madoc [Ofm [gef. 1854] 45° 31 N., 73° 35 W. zw. Montreal u. Jo- rontosee, St.Lorenzostrcm,Ober- Canada, Britisch Amerika es 15]; Us Madras Gurram Konda Muddoor Nedagolla Yatoor Madura Parnallee Mähren Blansko Stannern Tieschitz Znorow Mälar Lärsta Viken Hessle Maäl Pestivien Kerilis Mässing Sankt Nicolas Magdeburg Erxleben Magura [Oga [gef. 1840] 49° 20 N., 199.29 0. Szlanieza, Arvaer Com., Ungarn les 45 - 47 47 a Sr Eins ea]; hr 59/ a 60 ” Ahyas Zand, al, 2a In au/e Sa Pe EAlld, PR 82 Mahomed Moorut Khai Mailsi aan par Maine Castine Luce Nobleboro Searsmont Maine et Loir Angers Mainz [Ck [gef. 1850] 50° O N., 262 8° 16 O. Grossherzogth. Hessen, Deutschland as SR Ps Malabar-Küste Udipi Mallygaum Manegaon Malwa Pulsora Managaon Manegaon Manbazar Manbhoom Manbhoom [Ro [9 a. 22/XII. 1863] 23° 19 N., 86° 33 O. (Manbum), Cossipore, Pandra u. Govindpur, Manbazar Pargana, Bengal, Ost- indien SAN: Manbum Manbhoom Manche Dep. La Vivionnere Manegaon [Chl [3'/, p. 29/V1. 1843] 17° 59N., 75° 37 O. (Mana- gaon, Manjegaon, Manegaum, Menicgaon) am Pourna, Eidula- bad (Edalabad),Bhusawal, Khan- deish, Dekan, Ostindien (false 16/II. 1843, Mallygaum 20° 32, 74° 35, Bombayagra od. Menjer- gaum, 130. m. SW. Eidulabad 62 63 [42 lag Manegaum Manjegaon Manji Toluca Mantos blancos [Eisen [gef. 1877] 25° 0: 8..67° 34 !W. Cerro hicks, NO. nee Chili, Südamerika Manegaon niW. Marc Ancona Monte Milone Marengo Homestead Mariinskoje Netschaövo Marion Hartford Marmande [Stein [4/VII. 1848] 44°31 N., 0° 10 O.Dep. Aveyron, Frankreich niW. Marmaroscher Com Borkut Marokhaza Möcs Maros Fekete Marshall Co. [Oml [Beschr. 1856] ca. 36°57 N., 88° 36 W. (Hauptst. Benton, 212 m. WSW. Frank- fort), Kentucky, U. S. 61 38 Maryland Emmetsburg Nanjemoy Mascombes [Cw [31/I. 1835] ca. 45° 20 N, 1° 52 O. Correze, Frankreich; false 31/I. 1836 = Maskarenen Mauritius Massegros Aum eres Matamoros Coahuila Mau Mhow Mauerkirchen [Cw [4 p. 20/XI. 17681) -480° 12 N, 139 700: (Maurkirchen‘, SO. Braunau, Baiern (Ober-), jetzt Oberöster- reich, Innviertel le als es 48 Mauleon Sauguis Mauritius [Ch [?] 20° 10 S, 57° 27 Dr. A. Brezina. 35 O. (Isle de France) Maska- venen, Ostafrika Mecklenburg Menow Mecklenburg Co. Monroe Medwedewa [P [gef. 1749] ca. 55° 30 N., 92°0 0. Bergrücken zw. Ubei (Ubein) u. Sisim (Sisin, Ssisim) welche zw. Abakansk (Ahakarsk) u.Belskoi(W.Karaul- .noi Ostrog) ind. Jenissei fallen, 4 Werst v. Ubei, 6 v. Sisim, 20 v. Jenissei; nach Medwedewa (in Ubeiskaja) gebracht‘; Gouv. Jeniseisk, Sibirien, Russland; false Krasnojarsk. Pallaseisen IR, ne = ee ale = le 61 Mesiilon.s [Eisen [1874] 23° 5 S., 70°30 W. Atacama, Bolivia, Süd- amerika (Mexillones) niW, Mekenskoi Mikenskoi Meklenburg Menow Melbourne Cranbourne Melyan Pusinsko Selo Menicgaon Manegaon Menow [Ck [1 p. 7/X. 1861] 53° I12.N 4.1308 o bei Fürstenberg, Alt-Strelitz, Mecklenburg (Mek- lenburg) Deutschland 9 ie Dis ln Mesle Metonnerie Laigle Mettericher Mühle Albacher [Mühle Charsonville Avilez Canada de Hierro Carleton Tucson Cerro Cosima Charcas Coahuila Hacienda Concepcion Hacienda de Bocas La Charca Mexico Misteca Rancho de la Pila San Francisco del Mesquital Sierra blanca Meung-sur-Loire Mexico Toluca Tucson Ainsa Zacatecas Mexico [Cgb [4/IV. 1859] 15°N, 120° 50 O0. Prov. Pampanga, Philipinen a Mexiko cf. Mexico Mexillones Mejillones Mezö Madarasz Mezö Madaraz | Fekete Mezösex Mhow [Ci [3 p 16/II. 1827) 25° 57 N., 83° 36 OÖ. (Mau, Mow), Distr Azim Gesh (Azim Gesch), NNO. Ghazeepore (Ghazeepoor; am Ganges, OS0O. Azim Gt (Azam Garh), Benares, Allah’ u NW. Provinz, Ostindien | ) Michigan Grand Rapll Middlesbrough Pennyman’s sidir Mikentskaja Mikenskoi [Cs [7 p. 28/VI. 186) 43° 21 N., 45° 4 ©. (Meken. kische Stanitza, Mekenskoi, M kentskaja) b. Grosnaja (Grosnja Fluss Terek, Kaukasus, Rus! land a u 80 Milena g' Milledgeville Forsyt Putnam © Union C Milone Monte Milor Milwaukee Trentc) Minas Geraes Santa Catarin] Mindelheim 5 Mindelthal Schönenben Minden Güterslo! Hainho Minsk Rokick Mirangi Nedagol| Misere Tourinnes la Grose Mississipi Oktibbeha C! Missouri Butld Forsyt Fort Pier) Pine Blu‘ Südöstl. Missow Misteca [Oml [bekannt 1304] 14 45 N., 97° 4 W. (Misteca alta Oaxaca (ol,) Mexiko las Pie ei Balz ae SH 2 3 Misteca alta Mitchell Co. Mittelfranken Mlaka Möes [Cwa [4 p. 3/IH. 1882] 44 48 N., 21° 42 ©. Gyulatelke (A 58, 21° 31), Visa (46° 51, % 34), Bare (46° 51.2199), Vajd | Kamaras (46° 50, 21° 37), Ola Gyeres (46° 48, 21° 39), (46° 49, 21° 41), Möcs (ol Palatka "(469 50, 21° 40), Szonfg battelke, Marokhaza? (46° 54 23° 55), bei Klausenburg, K« loser Gespannschaft, Sieben bürgen 8 a m an Male 82/ 82 82 83 [ER ao Es Iss P Modena Albareı Mönchlora Klein Wende Mo!ina [Cgb [24/XII. 1858] 3 7 N., 1° 10 W. Murcia, Spanie Een 85, Mob Durum! Monclar Monferrate Ceresei) Monferrato Motta di Con Monmouth Co | \ fonroe |Cga [3 p. 31/X. 1849] ı 35° 0 N., E0°9 W. 15 m. von " Monroe, 18—20 m. v. Concord (85° 37, 80° 23, 102 m. WSW. # Raleigh), 22 m. O. Charlotte, (85° 17, 80° 39, Mecklenburg Co.); Cabarras Co., Nordcarolina wa ei Co. Forsyth Lime Creek Chäteau Renard N Montauban Orgueil fonte Milone [Cw[9'/,a.8/V 1846] ‚43° 16 N., 13° 21 O, am Flusse '' Potenza (Pollenza), 8 m. SW. Macerata, NO. Tolentino, Marc "U Ancona, Italien, ehem. Kirchen- ‚ staat, false 10/V. I | 48 4 4 Honte Santo {all Bemdego 1 ontgomery Lime Creek DR Walker Co. Tontlivault [Cw [am Tag, 22/VI. 1838] ca. 47° 40 N., 1° 25 0. UM yYal Cul de Four, Dep. Loir et \Cher, Frankreich N all Be, 8 vn Ib al lontreal Madoc ' ontrejeau Aussun Khairpur Lodran 5 Ä =; 4 38 5 7 ss a or d ja Mooradabad ulforbihan Kernouve Hordvinovka [Cw [19/V. 1826] Nas 32 N., 35° 52 O. Distr. ) Berdjansk (Berdiansk), 30 m. 80. Pawlograd (Paulogrod), !) Gouv. Ekaterinoslaw, Russland ; ll false 1825 : Mh za "is 9 ]g 2]; es “iforgan Co. [H [1849] 30° 11 N., FB? ı W. (Morgan Fort, oL) Alabama, DES: Di; ! 63 n, Mforo di Rıccio he Santa Catarina Mfoskau Netscha&vo llotecka nugla [Ck [22/XII. 1868] sea. 27° 16 N., 77° 22 0. (Moti- E ka-nagla), hamlet of Ghoordha WS (Gürdha), Distr. Biana, (26° ul 56, 77° 14) Staat Bhurtpur " (Bhurtpoor, Bhurtpore), Raj- ıM "putana, Ostindien E ee] ; 3 nMoti-ka-nagla Motecka nugla Motta dei Conti Motta di Conti Moita di Conti [Ci [11 a 29/11. "ir 5c8] 45° 8 N.,8°280. (Motta u N) \ Gesammtortsregister. dei Conti), Roletta, Roggia Marcova in Gem. Caresana Novara; Villanova, Casale, Pie- mont, Casale Monferrato, Ales- sandria, Italien 697, Moustel Pank Kaande Mouza Khoorna [Cgb [19/I 1865] 25° 45 N., 83° 23 O. Sidrowa, N. Supuhi, 14 m. SSO. Pad- rauna, Sidhua - Jobna, Distr. Goruckpur (Gorakpur), NW. Provinz, Ostindien; auch Bu- buowly " Mow Mhow Mozyrz Rokicky ne Petropawlowsk Mrozy Pultusk Muddoor [Ce [7 a. 21/IX. 1865] 12° 37 N., 77° 5 O. (Maddur) Taluk, bei Annay doddi, Mysore, Madras, Ostindien 67/ Münchenlohra Klein-Wenden Multan Khairpur Mung Le Pressoir Murcia Cabezzo de Mayo Molina Murfreesboro [Omm [gef. 1847] 35° 50 N., 86° 38 W. 28 m. 50. Nashville, Rutherford Co., Tennessee, U. S. ag ar en Muskingum Co. New Concord Mustelhof Kaande Mysore Judesegeri Muddoor N. Nagaria Nageria Nagaya [K [Abends 1/VII. 1879] 32° 32 S, 58° 16 W. (Nogaya, false Nogoga) zw. N. (SO. Santa Fe, N. La Platastrom) und Con- cepcion am Uruguayfluss, Prov. Entre Rios, Argentina, Südame- rika ; alias 30/VI. 1880, Winter 1880 es Ir ur Nageria [Stein [24/IV. 1875] 72° 9.N.. 78° 20 0. (Nagaria), Fatha- bad (Fatehabad oL) pargana, Distr. Agra, NW. Provinz, Ost- indien ; false 27/X. 1376 niW. Nagpoor Chandakapoor Nagy Berezna Knyahinya Namaqualand Great Fish River Löwenfluss Nanjemoy [Cg [12 a, 10/II. 1825] 38° 28 N., 77° 16 W., Charles Co., WSW. Port Tobacco, 47 m. SW. Annapolis, Maryland U. $. “joa Ss >>/aa 263 Nantes Napoleonville Narew Narra Nash Co. Nashville Chantonnay Kernouve Pultusk Sitathali Castalia Babb’s mill Carytort Charlotte Coney fork Drake Creek Jackson Co. Knoxville Murfreesboro Petersburg Stinking Creek Natchitochez Cross Timbers Nauheim |D [gef. 1826] 50° 22 N, 8° 44 OÖ. Frankfurt, Hessen (Kurhessen), Deutschland Er Ale Nebrasca Fort Pierre Nedagolla [Df [23/I. 1870] 18° 41 N., 83° 29 O. (Nidigullam), 6 m. südl. v. N., Parvatipur (Parvatypore), Mirangi, Vizaga- patam, Madras, Ostindien; alias 26/XIlI. 1869 84 9 Nellore Yatoor Nelson Co. [Obn [gef. 1856] ‚ca. 37° 48 N., 85° 37 W. (Hauptst. Bardstown, 42 m. SW. Frank- fort), Kentucky, U. S. 6 / 46 Nenntmannsdorf [H [gef. 1872] 50° 57 N., 13°57 O. (false Neunt- mannsdorf) bei Pirna, (oL), Sachsen, Deutschland in Nerft [Cia [4°/, a. 12/V. 1864] 56° 10 N., 25° 200. Pohgel u. Swajahn, Curland, Russland “as "20 Netscha@vo [Omn [gef. 1846] 54° 35 N., 37° 34 O, 7 Werst von Station Mariinskoje (oL), Strasse n. Moskau; Gouv. Tula, Russl. as las ss ps on Neu-Caledonien Baratta Neu-Granada Rasgata Santa Rosa Neu-Mexiko Canada de Hierro Rasgata Neuntmannsdorf Nenntmannsdorf Newberry Ruffs Mountain New Concord [Ci [12°/, p. 1/V. 1860] 40° 3 N., 81° 40 W. NO. Zanesville, Musceingum Co., 65 m., ONO. Columbus; Claysville, SO. Cambridge, Guernsay Co., 68 m. N. Columbus; Ohio, U. S. ya "is New Jersey Deal Newport Cosby’s Creek Newstead [Df [gef. 1827] 55° 37 N., 2° 42 W. Roxburgshire, Schottland Pnlän Else 264 Newton Co. [M [gef. 1860] Arcan- sas, U. S a led New York Bethlehem Burlington Cambria Iron hannock Creek Seriba Seneca Falls Nezamislitz Tieschitz Ngavi Ngawi Ngawi [Cco? [5'/, p. 3/X. 1-88] Gentoeng, Distr. Djogo1ogo und Kedoen: Poetri, Distr. Sepreh, Abth. Ngawi, Resid. Madioen, Java niW. Niagara Co. Cambria Niakornak Disko Eiland Nidigullam Nedagolla Niederbaiern Sankt Nicolas Niedererxleben Erxleben Niederrhein Albacher Mühle Nimbooah Butsura Niro Werchne Udinsk Nobleboro [Ho [4'/, p. 7/VIIL. 1823] 44° 5 N, 69° 40 W. (Nobleborough) W. Warren, 33 m.SO. Augusta, Lincoln Co,, Maine U. S. 38 a% ae IE ILDERN Nobleboro ogaya No Eon Nagaya Nordafrika Dellys Feid Chair Senhadja Tadjera Nordbihar Kaba Nordbrabant Staartje Nordcarolina Bairds Farm Black Mountain Castalia Duel Hill Guilford Co. Haywood Co. Jewell Hill Lick Creek Monroe Smith Mountain Nordhausen Klein-W enden Normandie Laigle North Tyrone Killeter Norwegen Schie false Steinbach Novara Motta di Conti Nowgrad-Volhynsk Nowgrad-Vollhynskoi Nowgrad-W olinsk Nulles [Cgb [5'/, p. 5/XI. 1851] 41° 38 N., 0° 45 W. Villabella, Nulles, Brafim, Valls und Tar- ragona (Saragossa), 16 m. SW. Barcelona, 4 m. von Tarragona, Catalonien, Spanien | Zaborzika Nya Kopparberget Obernkirchen [Ofo [gef. 1863] 52° Oberösterreich Mauerkirchen Obryte Obrytte Pultusk: Ocatitlan Ocotitlon Toluea Oezeretna [Cga [gef. 1871] 49° 8 Odessa Oerebrolän Oesel Oesterreich-Ungarn Sitathali Ställdalen Dr. A. Brezina. O. Oahu Honolulu Oaxaca Misteca Oberbaiern Manerkirchen Obercanada Madoc Oberelsass Ensisheim 16 N., 9° 8 0. bei Bückeburg (false Buckeberg), Schaumburg, Oldenburg, Preussen, Deutsch- land 68 14 N., 29° 3 O. Lipowitz, Kiew, Russland En 83/ E Grossliebenthal Ställdalen Kaande | Orange River [Omst [bek. 182 Blansko Bohumilitz Borkut Braunau Elbogen Fekete Gross-Divina Hraschina Kaba Kakowa Knyahinya Krawin Lenarto Lissa Magura Mauerkirchen Möcs Ploschkowitz | - Praskoles Pusinsko Selo Slavetic Stannern Tieschitz Veresegyhaza Znorow Zsadany Offiglia Cereseto Ogi [Stein [ca. 1730] Koshiro, Japan niW., Ohaba Ohio Veresegyhaza Anderson New Concord Wooster Okaninach Okaninah Okniny [Cga [9'/, a. 8/1. 1834] 50° 6. N., 25° 40 O. (Okaninach, Okaninah), Kreis Kremenetz (oL) Gouv. Volbynien, Russland 48/ Okniny / Oktibbee Oktibbeha Co. Oktibbeha Co. [Hca [bek. 1854] 39° 18 N., 88° 47 W. (Oktibbe Mississipi, U. S. i FR Olahgyeres M: Oldenburg Obernkirch! Oldham Co. La Grau Omagh Killet Omsk Petropawlow! Ontario-See eri' Opvelp Tourinnes la Gros) Orange Riv ca. 30°8., 21° 0. (Oranje-Flu! Garib, Gariep) zw. Capları grosses Namaqualand, Griqt land west u. Orange-River Fr/ staat, Südafrika 60 ] Orange-River-Freist \ Cronste) Oranje Fluss Löwenfl Orange Riv Orawicza Kako' Oregon Port Oxft Orgueil [K [8 p. 14/V. 18€ 43° 44 N., 1° 24 ©. Montaubs Dep. Tarn et Garonne, Fran) reich | San) ARE Nas Orleans Charsonvi L Orme, Dep. Laig} ÖOrmes Les Orm! Ormesby Pennyman’s sidi! Ornans [Ceo [11/VIL. 1868] 471 N., 6°9 0. Salins, Doubs, Fran! reich 68 1 a [Co [5°/, a. 31/VIIL. 187 42° 8 N., 12° 57 O. CanemorY Gerano, La Scarpa, Pezza [d Meleto bei Pozzaglia, Antic! Corradi bei Rom, Italien go Ostafrika Sanct Augustine’s B! Ostflandern Saint Denis Westre Ostindien Judesegeri Kadonah Kaee Kalumbi Khairpur Kheragur Kusiali Lodran Manbhoom Manegaon Mhow Mooradabad Motecka nugla Mouza Khoorna Muddoor Nageria Nedagolla Parnallee Pokhra Pulsora Saonlod Segowlee Shalka Shytal Sitathali Udipi Umbala Umjhiawar Yatoor Pultusk Seriba Burlington Cereseto Campo del Cielo | Dyalpur Kaee Senhadja Elgueras < Oviedo riedo [Stein [5/VIII. 1856] 43° .,5°52 W. Asturien, Spanien Honolulu Port Oxford Tjabe Hainholz Dandapur Mouza Khoorna Imilac Möcs Iquique Mexico Rasgata Tjabe Manbhoom Prambanan Borgo San Donino allee [Cg [m. 28/II. 1857] TAN. 78° 210. i6 m S. ind I Iadura, Östindien (Kesselm. ıl I; de iMadras, 13° 5, 80° 20, Dekan) Mer °° las © arra a a del Tamarugul 35 Coahuila Gesammtortsregister. Parvatipur Parvatypore Nedagolla | Patna Segowlee Patrickswell Reina Patrickswood Limerick Pattialah Rajah Patyala Raja , Durala Pau Bueste Paulogrod I Pawlograd Mordvinovka Pawlowka [Ho [4!/, p. 2/VIH. 1882] 51° 36 N., 42° 20 0. Fluss Karai, Bez. Balaschew, Gouv. Saratowsk, Russland 3 a Juncal Pechmeja Toulouse Pedernal Juncal Peeprassee Butsura Pegu Quenggouk Peine Imilac Pennsylvania Pittsburg Pennyman’s Siding [Cw [3', p. 14/lII. 1881] 54° 35 N., 1° 14 W. zw. Middlesbrough und Ormesby, Yorkshire, England 81 Perebosch Tourinnes la Grosse Br Ye Toulouse ermejean Perry meteor Estherville Persien Karand Perth [C [17/V. 1830] 56° 24 N., 3° 27 O. Schottland niW. Peru Iquique Tarapaca Petersborough Petersburg Petersburg [Ho [3'/, p. 5/VII. 1855] 35° 20 N., 86°50 W.15m. (Petersborough) NNW. Fayette- - ville, 56 m. SSO. Nashville, Lincoln Co., Tennessee, U. S. 60 Petits marteaux Chäteau Renard Petropawlowsk [Omtr [gef. 1840] DISS HN., 7870,27 0: Mirass (Mrasa), Nebenfluss d. Jenisei, Gouv. Tomsk (false Omsk), Si- birien, Russland 43 / 64 | las _ 156 21 x Pezza del Meleto Örvinio Pfaffenhausen Schönenberg Pfaffsburg Disko Eiland Pfalz Krähenberg Philipinen Mexico Piacenza Borgo San Donino Piddul Kaande Piemont Alessandria Cereseto Motta di Conti Pienza Siena Pieve diCasignano Borgo San Do- [nino Pillistfer [Ck [12Y/, p. 8/VII. 1863] 58°40 N., 25° 44 O. Au- koma (false Ankoma 58° 41, 25° 40), Kurla (58° 41, 25° 41), Jahrbuch d.K.k. ne Reichsanstalt. 1885.35. Band. 1. Heft. (Dr. A. Brezina.) 265 Wahhe, Awotingmoor b. Schloss Ermes, Kreis Fellin, Livland, Russland + 85 len Pima Co. Carleton Tucson Piprassi Butsura Pine Bluff. [Ce [3'/, p. 13/I. 1839] 37° 55 N., 92° 5 W. am Gasconade River, 10 m. SW. Little Piney, 10 m. NO. Way- nesville, 43 m. S. Jefferson City, Pulaski Co., Missouri, U. S. 48/ 60 61 . .ia0 Iaı hs Pirna Nenntmannsdorf Pittsburg [H [beschr. 1850] 40° 28N., 80° 8 W. Alleghany Co., a U.'8 Plan Krawin Platten Steinbach Plescovic Ploschkowitz Ploschkowitz [Cg [22/V. 1723] 50°41N., 14° 39 O. (Plescovic) und Liboschitz bei Reichstadt (oL), Bunzlauer Kreis, Böhmen, Desterreich ö/ I Pnompehn [Stein [3 p. 20—30]VI. 1868] MIE352N72 1045270: (false Pnompehu), Cambodga (Camboja), Cochinchina, Hinter- indien niW. Pnompehu Pnompehn Pohgel Nerft Pohlitz Politz Poitiers Vouille Pokhra Pokra Pokra [Ck [28/V. 1866] 25° 45 N., 83° 23 O. (Pokhra), 6 m. v. Bustee (Basti), Goruckpore, NW. Provinz, Ostindien Czartorya Pultusk Politz [Cwa [8 a. 13/X. 1819] 50° 57 N., 12° 2 O. (Pohlitz), NNW. Köstritz, Gera, Reuss, Deutschland pa “as "la "a a Pollenza Monte Milone Poltawa Kuleschowka Slobodka Pommern Schellin Pont de Vesle Pont de Veyle Zupunng: Pontevico Alfianello Pont Loisel - Pont Loisette Bene Poplar C ; Pop aan Cranberry Plains Port Orford Port Oxford Port Oxford [P [gef. 1859] 42° 46 N., 123° 10 W. (false Port Orford) Rogue River Mountains, 160m. SSW. Salem, Umpqua Co, Oregon, U. S. Olzn 34 266 Port Tobacco Nanjemoy Potenza Monte Milone Pozzaglia Orvinio Prachin Bohumilitz Pradere Toulouse Prambanan [Ofpr [gef. 1866] 7° 288 ,110°510.(Brambanan, Pa- rambanan), Soeracarta (Socra- carta, Sokrakarta, Surakarta), Java Sen “ Prascoles Praskoles Praskoles [Ce [8 a. 14/X. 1824] 49° 52 N., 13° 55 O. (Prascoles), 0SO. Zebrak (Schebrak), NO. Horowic, Kreis Beraun, Böhmen, Oesterreich Rn 9 Preanger Bandong Prerau Tieschitz Pressoir Le Pressoir Preussen Albacher Mühle Erxleben Gütersloh Ibbenbühren Klein-Wenden Linuın Obernkirchen Schellin Schwetz Seeläsgen Privas Juvinas Prypetz Rokicky Psary Pultusk Pulaski Co. Pine Bluff Pulsara [Cib [p. 16/1. 1863] 3° 17 N., 74° 56 0. NO. Rutlam in Indore, Malwa, Centralindien, OÖstindien la "in Pultawa Kuleschowka Pultusk [Cga [7 p. 30/I. 1868] 524442 N... 21°..23. 0. BSäry, OÖbryte, Zambski (Zamski), So- kolowo, Gostkowo, Siele nowyv, Siele stary, RoZan, Obrytte, Ciolkowo, Rowy Zastruzny, Rozdzialy, Fluss Narew, (Sielec), Rzewnie, Mrozy, Dabrowka, Chrzconny, zw. Pultusk und Östrolenka, Polen, Russland 68/ 68/69 10 ET NE BL TE Tal To ale ee sa), se a2 80 Be 31° r. 11 22 ’ı0 ‘14 Pandiab Charwallas Dhurmsala Durala Ihung: Lodran Punganur Gurram Konda Punjab Charwallas Dhurmsala Durala Ihung Lodran Pusinsko Selo [Cw [3 p. 26/TV. 1842] 46° 11 N., 16° 4 O. SW. Dr. A. Brezina. Milena (Melyan), W. Warasdin, Warasdiner Com., Croatien 42/ is 44 / 6l/ Sao Putnam Co. [Öfch” gef. 1839] ca. 33° 18 N., 83° 35 W. ‘Hauptst. Eatonton, 24 m. NNW. Milled- geville), Georgia, U. 8. Yen ann Pyrendes Bueste @&. Quebrada di Vaca muerta [Sierra de Chaco Quenggouk [Ce [2'/, a. 27/XIL. 1857] 17° 30 N, 95° 0 0. NO. Bassein in Pegu, lower Burmah, Hinterindien watihen) (Juincac Saint Caprais Quincay |Cgb [Sommer 1851] Vienne, Frankreich 83 21 Qutahar Bazar Butsura I. Raepur Sitathali Räsan Gouv. Krasnoj-Ugol Raipur Sitathali Rajpotanah Khairpur Motecka nugla Saonlod Sitathali Rakowka [Ci [8/XI. 1875] ca. 54° 10 N., 37° 41 O. Gouv. Tula, Russland 791 Pol Raleigh 83/ & Bairds Farm Guilford Co. Haywood Co. Monroe Rancho de la Pila [Oml [gef. 1804] 24° 12 N., 103° 56 W und Hacienda Cacaria, 10 Leguas N. Durango, Mexiko ; ob Alamos de en a No 39, el Rasgata Kr rer: Hal ca 5° 15 N., 73° 45 W. NO. Fe de Bogota, nahe Zipaquira (4° 50, 74° 10); Santa Rosa, 20 franz. m. NO. bogota auf d. Strasse n Pamp- lona; Tocavita (5° 40, 73° 20) bei S. Rosa; Taos, Neu-Mexiko, Sierra blanca, N. Santa Fe, Co- lumbien (Neugranada); Süd- amerika s8j. 88), 38), 387 80, ul ®2] P} „24 [25 28 22 /’4 1 u BR Rafhkeale Limerick Red River Cross Timbers Wichita Co. Reichenbach Gnadenfrei Reichstadt Ploschkowitz Rembang Tjabe Renazzo [Cs [8’/, p. 15/1. 1824] 44° 47 N., 11°18 O. (Arenazzo) bei Cento (od. Cento bei R?), ‘ Prov. Ferrara, Italien, Kirchenstaat 3 #8] 7, 79 Rensselaer Co. [Iron han: [Creek Retschitz . Reuss Rhodez Rhöne Riehmond [Ck [8'/, a 4/VI. 1 37° 32 N., 77° 35 W., Hei einia T S. Ms Is a; he las Rio Assu Rio Brasos Cross Tin Rio Bravo C Ti Rio Grande ar "el Rio Grande do norte Rio Juncal Rio San Franeisco do Sul [Santa Cata Ritenbenk i Rittenbeck Disko Ei] Rittersgrün Stein Rjäsan Gouv. Krasnoj | Roa Berlangu Robertson Co. Cooper! Rochelle Esna Rochester Roche Seneca |]| Rochester, [Ce [8°, p- 21, 1876] 41°8 N ‚86° 12 W. Ft Co. Indiana U. 8. 79] Rockingham Co. Smith Mour Rocky mountains Bear CJ Roda [Ro [Frübjahr 1871] 7'N., 0° 18 W.. Huesca,# zonien, Spanien Marcova Motta di Rogue River Mountains Rohilcund Rokicky [P [gef. 1510] 51° 4 30° 10 0. bei Brahin Kreis Retschitz (Rseecz Distr. Mozyrz, Zusammeı Dniepr und Prypetz, Minsk, Russland 33 Rack, 'ngham a Smith Mouı! Roletta Motta di (| Rom. Romen Kulesch Rourpoor | Rourpore | Roxburgshire Bowtou [Omtr [3°/, p. 20/IV. 1} 7 m. N. Wrekın, Welling! Shropshire, England 81 Rowy Rozdzialy Rseczytza Ruffs Mountain [Oml |[bes! ] ca. 34° 16 N., 81° 40 W gton Co.,Südcarolina, U. S. Newberry, 47 m. WNW. nbia 55 12 78 a Bl 39 18 8 22 38 el «nleh [Ofch |gef. 1863] 23 N., 105° 51 W. Gilpın ars bei Central City, Gilpin Alexejewka Bjelaja Zerkow Botschetschki Czartorya Dolgowoli Doroninsk Grossliebenthal Jasly Jigalowka Kaande Karakol Kikino Krasnoj Ugol Kuleschowka Lasdany Luotolaks Medwedewa Mikenskoi Mordvinovka Nerft Netscha&vo Oczeretna Okniny Pawlowka Petropawlowsk Pillistfer Pultusk Rakowka Rokicky Sarepta Scheikahr Stattan Sevrukot Sikkensaare f Simbirsk Partsch? N. Slobodka al Slobodka Partsch u Ssyromolotow Stawropol Timoschin 'founkin Vavilovka Werchne Dnieprowsk Werchne Tschirskaja Werchne Udinsk Zaborzika Murfreesboro Pulsora Pultusk | he ford Co. lam Zaborzika Nenntmannsdorf Steinbach ‚Tabarz Akburpoor Erxleben |. Gesammtortsregister. Saint Amand Lanee' Saint .Auban La Caille Saint Calais Luce Saint Caprais [Ci [2°, p. 281. 1883] (Saint Caprais de Quincae, Saint Martin de Quinsac) Gi- ronde, Frankreich 82, 84, Saint Denis Westrem [Ceca [7°,, p. 7/VI. 1855] 51° 4 N.,3°400. bei Gent (Gand), Ostflandern, Belgien 2 Saint Etienne Sauguis Saint Etienne de Lolm Alais Saint Gaudens Aussun Saint Georges de Levejac [Aumieres St. Martin de Quinsae St. Caprais Saint Mesmin [Cgb [3'/, a, 50/V. 1866] 48° 26 N., 3° 55 0. bei Troyes, Aube, Frankreich 67/ 68 68 St Michel de "Sommaire St. Nicolas de Sommaire Laigle Saintonge [Eu [6 a, 13/VI. 1819] 45° 26 N., 0° 27 W. bei Jonzac (oL), auch Barbezieux (45° 23, 0° 11), SW. Angoul&me, Dep. Charente inferieure, Frankreich 23 ae “0/ 40/ 46/ 33 BZ salladı da ja 18! 2 lan. 1a Saint Patrickswell Limerick Saint Sulpice sur Rilie Laigle Salem Port Oxford Smithland Sales Salles Salina de Atacama Imilae Salles [Cia [6 p. S—12/III. 1798] 46° 3 N., 4°37 0. (false Sales). NW. WVillefranche bei Lyon, Rhöne, Frankreich 16) A1/ 48/ 1335 /14 122 Salt River [Hch |beschr. 1850] ca. 37° 58 N., 85° 38 W. Kentucky, US. Zah Saltara Kalumbi Saltillo Coahuila Saluca Shalka Samonod Belmont San Bartolome Sierra blanca San Bernardino Co. Ivanpah Sanet Augustin’s Bay [Df [be- kannt 1843] 23° 20 S, 44° 200. Madagascar, Ostafrika 63 / Sanct Lorenzostrom Madoe Sandee K Sandi 2 Sandwich Inseln Honolulu San Franeiseo del Mesquital [Ofe [gef. 1867] Durango, Me- xikor » Wer San Kranciseo-Pass [Barranca |bianca San Giovanni d’Assa Siena ' ı San Miguel 267 San Giuliano vecchio Alessandria San Gregorio Coahuila San Jago del Estero‘ [Campo del | Cielo San Jose Heredia San Jose del Sitio Charcas Sankhoo Saonlod Sankt Nieolas| Ho [10'/, a. 13/XII. 1803] 48° 27 N. 12° 36 0. NNW. Mässing bei Altötting, WNW.Egsgenfeld (Eggenfelden , Kreis Niederbayern, Bayern, Deutschland "ag Wer lau San Luis Potosi Charcas Hacienda. de Bocas Cerro Cosima San Pedro Imilac San Pedro de Atacama Imilac Sierra de Chaco San Saba Cross Timbers Santa Catarina |D [bekannt 1873] (alias 1867) Moro di Riceio, Rio San Francisco do Sul, Minas Geraes, Brasilien, Südamerika 73 Santa Fe Canada de Hierro Nagaya Rasgata Santa Maria de los Charcas [Charcas Santa Rita Canada de Hierro Santa Rosa Coahuila Rasgata Santa Rosa Santa Rosa [Om [gef. 1810] 5° 29 N., 73° 42W. bei Tunja, Boyacafluss, Neugranada, Co- lumbien, Südamerika niW. Santiago Sierra di Deesa Saonlod |[Ceb [9 a. 19/I. 1867] 258° 10 N., 75° 51 O. (Sankhoo) bei Khetree (Khetri, Khettree), OÖ. Ihunghnu, Staat Shaikhawat‘ (Shekawattie), Rajpotanah, Ost- indien 70 39 Sapojek Sapojok 7 . Saporshok Krasnoj Ugol Sapozok Saragossa Nulles Saratow Pawlowka Saratowsk Sarepta Sarbanovae [Ce [2 p. 3/X. 1877] 43° 41 N., 19° ‘34 O. (Scherba- novaz, Serbanova&), ferner Banja (Sokobanja 43°39, 19° 32), Blen- dija (43° 39, 19° 37), Devica (Djevica, Djevica Planina, 43° 35, 19° 44), Dugopolje (Diugo- polje, Djugopolje, 43° 38, 19° 38) bei Alexinac, Serbien Me "ho lıu Sarepta [Oga |gef. 1854] 48° 28 N., 44° 29 0. Astrachan, r. Wolga- 34* 268 ufer, Saratow (Saratowsk), Russ- land aus 62). FRE 22), 82], Saroser Com. Lenarto Sarthe Luce Sarun Segowlee Sauguis [Cwa [2'/, a. 6/IX. 1868] 43° 10 N., 1° 21 W. Canton de Tardets, arr. Mauleon, Saint Etienne (ol), Basses Pyrenees, Frankreich, alias 7/IX. 1868 Nr Saurette [|Cga [10 a. 8/X. 1803] 43° 52 N., 5° 23 O. bei Apt, Vaucluse, Frankreich aa am 63 / g/ i [a5 /29 Savenes Toulouse Savitaipal Sawotaipoda Luotolaks Scagh Limerick Schaumburg Obernkirchen Schebrak Praskoles Scheikahr Stattan [Cwa [7'/, a 2/VI. 1863] 56° 18 N, 25° 53 0. Gross-Buschhof bei Jacob- stadt, Curland, Russland 64 I35 Schellin [Ci [4 p. 11/IV. 1715] 53° 20 N., 15° 0 O. Garz, Stargard, Pommern, Preussen, Deutschland 56 21 Scherbanovac Sarbanovac Schie [Cwa [Abends 27/XII. 1848] 59° 56.05 11°.18'0. Rilıal zu Krogstad (oL), Amt Akershuus (Aggershuus), Norwegen, false Dalsplads 61 283 Schigailow Jigalowka Schlesien Gnadenfrei Grüneberg Schobergrund Gnadenfrei Schönenberg [Cwa [2°,, p. 25/XL. 1846] 48° 9 N., 10° 26 ©. NW. Pfaffenhausen, NNW. Mindel- heim, S. Burgau, Mindelthal, Pr. Schwaben, Bayern, Deutsch- land 63 | Scholakoff Alexejewka Schottland High Possil Newstead Perth Schwaben Schönenberg Schwarze Theiss Borkut Schwarzenberg Steinbach Schwarzkopffluss, grosser Cap- eisen Schweden Hessle Ställdalen Schweiz Favars Sehwetz [Oms [gef. 1850] 53° 24 N., 18° 26 O. a.d. Weichsel, N. Culm, Prov. Preussen, Deutsch- land Pa Schwiebus Seeläsgen Dr. A. Brezina. Scough Limerick Seriba [Df [gef. 1834] 43028N., 76° 25 W. Oswego Co., am Ontario-See, 4 m. NO. Oswego, U. m. NW. Albany, New-York, S. ont [RB a: DEN: 1871] 44° 23 N., 69° 25 W. Waldo Co. Maine, UNS: Als Seeläsgen [Ogse [gef. 1847] 52° 14 N., 150230, Schwiebı se, Bran- denburg, Preussen, De hland 48 49 n : ae a0], ne 2 5 12 75 os) seln Segowlee [ck [m 6 III. 1853] 26° 45 N., 84° 480. (Segowlie, Soo- joulee, Sugouli), 14 m. O. Bet- tiah, N. Patna in Bahar, Chum- parun Distr. (früher Sarun), Bengal, Ostindien Segowlee Seifersholz Grüneberg Sena [Cgb [12 a. 17/XI. 1773] 41° 36 N., 0°0 0. NW. Sigena (Sixena), Bez. Sigena, Aragonien, Spanien ls "las ®'lao “ra Seneca Co. Seneca Falls Seneca Falis [Oml [gef. 1850] ca. 42° 55 N., 77° 0 W., Seneca Co. (Hauptst. Waterloo) 44 m. OSO. Rochester, 162 m. WNW. Albany auf d. zu Cayuga Co. geh. Seite d. Seneca River, New- York, U. S. Pe Seneca River Seneca Falls Senegal Siratik Senhadja [Cw [11 a. 25./VIN. 1865] 36° 27 N. 39 40 .0.. N. (Shereveh?) Aumale, b. Bache ÖOued Soufflat, Constantine, Al- gier, Nordafrika / 1 Sepreh Ngawi Serbanovat Sarbanovac Seres [Cg [VI/1818] 41° 5 N., 23° 34 O. Macedonien, a a “ge “oz “2, 27 aka ale Ye 3], 79 Sergipe-Eisen Bemdego Serrania de Varas [Eisen [gef. 1577] Atacama, Chili, Süd- amerika niW Setif Tadjera Seucourieux Toulouse Sevier Co. Cosby’s Creek Sevilla [Stein [1/X. 1862] 37° 22 N., 5° 52 W. Andalusien, Spa- nien niW. Sevrukof [Cs [11°/, p. 11/V. 1874] 50° 9 N., 36° 34 O0. (Sewrju- kowo, Ssewrjukowo), Bez. Bel- Be [ gorod (Bjelogrod), Gouv. Kl) (false Tula) lıa ln 9 go wir Sewrjukowo Sev Shahpore Allah! Shaikhawati Sacl Shaital | Shalka [Chl [4'/, a. 30/XT. ?) 23° 5 N., 87°.22 0. (S& Shaluka, Sulker, 80 Yards 27° 21 S., 70° 32 W. v. Bissempore (Bishenpur, Bis pur, Bissempur, Bissunpoo} Bancoorah (Bankoora Dist} West-Burdwan, WNW.Calc Bengal, Ostindien ly lee "lo Shaluka Shapur Allah! Shekawattie Saul Shereveh Senh: Sherghotty Be; Shergotty Umjka Sherlock Home) Shigailow Jigal! Shingle Springs [Eisen [gef. ') Eldorado Co, California, niW. Shitomir Zabo! Shropshire Shytal [Cib [m. 11/VII. 23° 44 N., 909 240. (Shi Shythal) .d. Madhupur ju! nahe Fluss Tistra, 40 m! Dacca, Bengal, Ostindien | Ga, ja : Sibirien Medwä Petropawl Ssyromoli Tou Werchne Ud Sieilien Gir) a N Mouza Khc Siebenbürgen Sielse nowy | Sielec J Siena [Ch [7 p. 16/VI. 1794% 7 N., 11° 36 O. Cosona (Cesia Pienza, Lucignan d’Asso, #2 [po 7; ”2, or ® ?/2a6 um RE Sierra A Canada de Sierra blanca [Om [gef. | 27° 15 N., 105° 4 W. 3 Villa nueva de Huayu« (Huaxuquilla oL), SSO. Ch hua, 12 m. v. Valle di San® tolomo (San Bartolom£) + NNW. Durango, Mexiko niW. Sierra de Chaco [M [gef. B 25° 20 8., 69° 20 W. Queläd Vaca Muerta, 12 Stunden v. Bai v. Guanilla (Huanilla), Pedro de Atacama (22° 68° 48) Atacama. Jarquera- s (false Janacera), Silber- e Isla, nahe Kupfergruben tal, Südamerika "ar a di Deesa [Obd [gef. 1863] 21 S., 70° 32 W. Santiago, Copiapio Chili, Südamerika 63 Madre Range Bear Creek a Sena nsaare [Cca [m. 28/VI. 1872] 44 N., 24° 54 O. bei Ten- ilm, Turgel, Esthland, Russ , ®ı a2 83/ a s191 Re Gross-Divina Belmont k [Ds [bekannt 1763] ca. ON. 11°0 W. (Siwatik), Senegal, zw. Siratik und ıbouk, Westafrika En 7 ER 18 Charwallas Medwedewa ali [Ch [4/III. 1875] ca. 27 N., 74° 5 O. bei Nurrah Narra), 080 Raepur (Raipur), ajpootanah, Central-Prov., Ost- Grossliebenthal Siratık Sena tie [Cga [10'/, a.22 V. 1868] 41 N, 15° 36 0. zw. Agram Far Croatien 5, Alk a 9/ga in [Ce [10/VIII. 1818] 54° ‚35° 100. Kreis Juchnow % Gouv. Smolensk, Russland 0% Partsch Au, ] 1 "ler "las rlgs] ayr ; | [’ [ss] 2/s117,] 9odka Partsch [Cw [vor 1838] ıssland Ess 5 !ıs is las 1: = odsko Ukrain J ak Zaborzika bh Co. Coney fork mithland’[Hca [gef 1840] 37° 10 N., 88° 40 W. SW. Salem, 2 05 m. WSW. Frankfort, Living- 5 eo Co, Kentucky, U. S. 2 nith Em [Ofs (gef vor A 1863] 36° 20 N., 79° 45 W. Gesammtortsregister. Rockingham Co., N. Madison, Virginia, U. S. (false Nord- carolina) EN as Smithville Caryfort Smolensk Kikino Slobodka Timoschin Socracarta Kocralarla Prambanan Sokobanja Sarhanovac Sokolowo Pultusk Sokrakarta Prambanan Sonntagsfluss Capeisen Sonora Tueson Ainsa Soojoulee Segowlee Sowaitopola Luotolaks Sowallicks Sowallik Sowallik [D [gef. 1818] 76° 22 N., 58° 0 W. (Sowallicks), Baffinsbay, Grönland 38 les Spanien Barea Berlanguillas Cabezzo de Mayo Canellas Elgueras Molina Nulles Oviedo Roda Sena Sevilla Ssewrjukowo Sevrukof Ssisim Medwedewa Ssum Jigalowka Ssyromolotow [Om [gef. 1873] ca. 56° N., 112° O. Amtsbezirk Keshma, Angara, Mündg. i. d Jenisei, Gouv. Jenisey, Sibirien, Russland niW. Staartje [Cwb [10'/, a. 12/VI. 1840] 51° 40 N., 5° 35 O. bei Voelkel, Gemeinde Uden (oL), Herzogenbusch, Nordbrabant, Holland 22an Stade Gnarrenburg Ställdalen [Cgb [11'/, a. 28/VI. 1876] 59° 56 N., 15° 2 O.Nya Kopparberget, Örebrolän, Dale- carlien, Schweden, false 28/1. Stannern [Eu [6 a. 22/V. 1808] 49° 18N., 15° 360. und Langen- piernitz, Iglau, Mähren, Oester- reich false 12/V. 8 8j ] f 12/ los Is. ° 2 9a Yıs /48 15/ 16, 38, / „u 8 7/ 1383 ı31 6 50 25 127 32/ 7 s/ 40) 40 40 1/ 717 11 12 ı4 8 82 4 ze 45 48/ eH 0/ 61 6 age la, lass lang” 116 a 75} 3] 8 an ur, =] 50 5 15 8 Stargard Schellin Starksville Oktibbeha Co. Staro-Konstanstino Zaborzika 269 Staunton [Omst [gef. 1858] Au- gusta Co., Virginia, U. S. hi "aa "la Stauropol Stawropol Stawropol [Ck [5 p. 24/IH. 1857] 45° AN., 41° 580. (Stauropol), Kaukasus, Russland el ggg Steinbach [S [gef. 1751] 50° 25 N., 12° 40 O. zw. Johanngeorgen- stadt und Eibenstock, Sachsen, Rittersgrün (50° 29, 12° 48) bei Schwarzenverg, Sachsen, gef. 1847 und Breitenbach, (50° 23, 12° 46), Bez. Platten, Kreis Elbogen, Böhmen, gef. 1861 782 9 =] R 2 5: ii ur Ba a Te si), 98 /50 las | Is [ss /s® a Steinheim ne Stewart Co. Lumpkin Stinking Creek [D [gef. 1853] ca. 36° 20 N., 84° 25 W. Nahe Cumberland Mountains, Camp- bell Co. (Hauptst. Jacksboro, 148 m. O. Nashville, Tennessee, U. S. zweifelhaft. niW. Strabone Killeter Stratow Lissa Strkow Krawin Südafrika Capeisen Cold Bokkeveld Cronstadt Daniels Kuil Great Fish River Hex River Mounts Löwenfluss . Orange River Victoria West Südamerika Atacama Bolivia Atacama Wüste Barranca bianca Bemdego Campo del Cielo Campo del Pucara Chili Imilac Iquique Juncal Mantos blancos Mejillones Nagaya Rasgata Santa Catarina Santa Rosa Serrania de Varas Sierra de Chaco Sierra di Deesa Tarapaca Südcarolina Bishopville Chesterville Lexington Co. Ruff’s Mountain Südöstliches Missouri [Oga [be- kannt 1863] ca. 37° 50 N., 90° 40 W. U. S. I 73/ Sugowli Segowlee 270 Sulker Shalka | Sultanpur Dyalpur Sum | : . Sin Jigalowka | Summer Co. | Sumner Co | Drake Creek | Summonod Belmont Sumter | . . Sumterville | Bishopyille Sundayriver Capeisen Sundsau Ensisheim N Mouza Khoorna Supuhi Surakarta Prambanan Sutley Khairpur Swajahn Nerft Swannanoah River Black Mountain Switaipola Luotolaks Szigeth Borkut Szlanieza Magura Szombattelke Möecs Sztriesava \ Sztyinska ob T. Tabarz [Ogb [gef. 1854] 50° 53 N., 10° 31 O. Fuss des Inselberges, Sachsen - Gotha, Thüringen, Deutschland rs i Tabor Krawin Tadjera [Ct [10'/, p. 9/VI. 1867] 36° 10 N., 5° 50 W. Amer Gue- bala, Guidjel, Setif, Constantine, Alsier. Nordafrika 08], 70, Sn iR Tajima 'Toke uchi mura Talcahuaxo Tarapaca Taltal Sierra de Chaco Tuluk Judesegeri Talwära Ihung Tamba Toke uchi mura Tanae Co. Taney Co. Forsyth Tango Toke uchi mura Taos Canada de Hierro Rasgata Tarapaea |[D [gef. 1840] 19° 57 8. 69°40 W. 80 m. NO. Talcahuaxo, 46 m. v. Hemalga, Arequipa, Chili, Südamerika, alias Peru, BTEIS.,; 73: gs "lo Tardetz Sauguis Tarne et Garonne Orgueil Toulouse Tarragona Nulles Tazewell Knoxville Teheran Karand Teilleul La Vivionnere Tejupilco Toluca Temeser Banat Kakowa Zsadany Temple Agen 'Tennasilm Sıkkensaare Tennessee : Babb’s Mill Caryfort Charlotte Dr. A. Brezina Tennessee Coney Fork Coopertown Cosby’s Creek Drake Creek Jackson Co. Knoxville Murfreesboro Petersburg Stinking Creek Tepetitlan Toluca Terek Mikenskoi Tesiö Tieschitz Texas Cross Timbers Denton Co. Wichita Co. Thezars Chäteau Renard Thüringen Klein Wenden Tabarz Tiesehitz [Ce [1°/,p- 15/VII 1878] 49° 9 N., 17° 9 O. (Tesiö) und Tischtin (Tistin), bei Nezamis- litz, Bez. Prerau, Mähren, Oester- reich 79/ 79 79] 80 / 80 / Er Ef lsule eldo 120, 022 25 27 81/ 81/ 81, 81/ 81 82/ 82 /6 r 10 31 32 9 22 3 84 la 10 ee 3 Timochin Timoschin Timoschin [Ce [p. 25/IIl. 1807] 54° 48 N., 35° 10 O. (Timochip, Timschino), Kreis Juchnow (ol), Gouv. Smolensk, Russland 107 38/ 4l/ 80) 61) 79) la _ 28 [ nal a6 48 AAO Timschino Timoschin Tipperary Dundrum Mooresfort Tirhoot Butsura Tirlemont Tourinnes la Grosse eh Tieschitz Tistra Shytal Tjabe [Ck [9 19/IX. 1869] 6° 59 S., 107° 45 O. Bodgo-Ne- goro, Padang (Pandangan), Res. Rembang, Java 73 Tjignelling Bandong Tocavita Rasgata Tohe uehimura Toke uchi mura Toke uchi mura [Ck? [5'/,, a. 18/II. 1880] (Tohe uchi mura) oder Tajima, Kuritawaki-mura Yofugori, (Yosa-no-gori) Tamba (Tango), Japan niW. Tolentino Monte Milone Toluea [Omto [gef. 1784] ca. 19° 24 N., 99° 44 W. Xiquipilco, Ixtlahuaca (19%. 377.990 534), Tejupilco WSW. Toluca (18° 56, 100° 6), Ocatitlan (Ocotitlan, 19° 45, 99° 32, N. Ixtlahuaca, Tepetitlan, Bata (Beta, halbe Stunde v. Xiquipilco el nuevo, Manji (Hacienda Maüi), Tolu- cathal, Mexiko Hs “2, 56), 68, 70] 21 21/ a 14=N 8 so - /835 zu 757 Aal 1791 EBLLE FRI le li 1 5 14 21 82 2 85 82 82 / 82 ja "nı 23 Tomsk Torıneins Toscana Toulouse [Cga [1',, p. 1842] 43° 47 N.,1° 90. Bun] (Le Burgau), NW. Toulo‘ Haute Garonne; Peret, Gour| Seucourieux, Permejean Pechmeja, in Gem. Grenade 46, 1° 16), NW. Toulouse; Pradere beiSavene&s (43°50,1 NW. Toulouse u. WSW. Ver Tarn et Garonne, Frankrei es An louukin [Cg [18/11. 1824] 51 N., 102° 50 0. (Tunga, Tur Tunginsk), 216 Werst V Irkutsk, Sibirien, Russland 82/ ls | Tourinnes la Grosse [Cw [1 7/X1I. 1863] 50° 49 N., 4° 5] Perebosch an der Grenze | Opvelp und Elend (La Mir zw. Tirlemont und Cumpi Pläteau des Hesbaye; Culot/ Culot sous Tourinnes la Gros] Beauvecchin, Belgien 64 Iao Trenton Tre Trenton [Omtr [gef. 1858] 22 N., 88°8 W., NW. Milwaul Washington Co., Wisconsin, | T2 73/ 75 75 75 79 la, lıs 1a is a8 /g4 Trentsin Com. ross-Di Trenzano [Ce [4 p. 12/XI. 1% 45° 28 N., 10° 2. O0. 8it. Md WSW. Brescia, SO. Chiari, | lien ehem. Lombardei ae Oo lge Trier Albacher M’ Trignano \ Trigueres Chäteau Re: Trinity River Cross Tim Troy Bethle [roy Saint Me Tucson Canada de H Carleton Tu Tueson Al Mexiko 13], Tucuman Campo del (| Tuezon Canada de H Türkei Constantin Tula Netsch!) Rakcı Sevr Tulbagh Talpach Cold Bokke Tumkur Judese Tunga : Tungin Tou Tunginsk AM ut ua, BR EREEN RT Santa Rosa Sikkensaare Duruma Frankfort Killeter Medwedewa 4 Staartje ga [IV/1866] Süd-Canara, : Malabar, Ostindien Disko Eilaud Bjelaja Zerkow ’ Durala \ Umbala mbala [Usa [1822 od. 1823] 30° 76° 47 O. (Umballa), Ostindien, false 1832 bis 'mba Er = Durala Umbala hiawar [She [9 a. 25/VI1I. 865] 25° 9 N., 85° 33 0. Gya, hergotty (Sherghotty) subdiv, ehaar (Behar), Bengal, Ost- Port Oxford Borkut Gross-Divina Kaba Kakowa Knyahinya Lenarto Magura Zsadany Knyahinya 1 Ce. [Obn [gef. 1853] circa 49 N., 84° 12 W. (Hauptst., irsville, 115m. NNW. Milled-, ille), Georgia, U:38. Br Disko Eiland Hessle ht [Ce [8 p. 2/VI. 1843] 53° N., 5° 8 O. Blaauw Capel (0) 1) Be, ee, Holland 54 3 Vv. a muerta Sierra de Chaco | [Stein [19—21/VI. 1668] \ 0 35 N., 11° 8 O. bei Caldiero, Br, SSW. Trienano, A Möecs ce Alais di San Baıtolomo [Sierra [blanca Nulles La Caille Pd re RN Gesammtortsregister. Varrano Borgo San Donino | Vassolerie Laigle Vaucluse Saurette Vavilovka [Ewb [19/VI. 1876] 46° 57 N., 32° 32 O. Gouvern. Cherson, Russland EM Se Al, 2 Vendee Dep. Chantonnay Veramin Karand Verdun Toulouse Vereinigte Staaten v. Nordamerika Anderson Auburn Babb’s Mill Bairds Farm Bear Creek Bethlehem Bishopville Black Mountain Botetourt Burlington Butler Cambria Caryfort Casey Co. ‘ Castalia Castine Charlotte Chesterville Chulafinnee Coney Fork Cooperstown Cosby’s Creek Cranberry Plains Cross Timbers Cynthiana Dacotah Dalton Danville Deal Denton Co. Drake Creek Duel Hill Emmetsburg Estherville Forsyth Forsyth Fort Pierre Francfort Frankfort Grand Rapids Greenbrier Co. Guilford Co. Harrison Co. Hartford Haywood Co. Homestead Iron hannock Creek Ivanpah Jackson Co. Jewell Hill Knoxville Kokomo La Grange Lexington Co. Lick Creek Lime Creek Losttown aaa a) Ama 1 DR Aa Tr ER ZEN NT A ZCH Lumpkin Marshall Co. Monroe Morgan Üo. Murfreesboro Nanjemoy Nelson Co. New-Concord Newton Co. Nobleboro Oktibbeha Co. Petersburg Pine Bluff Pittsburg Port Oxfort Putnam Co. Richmond Rochester tuff’s Mountain Russel Gulch Saltriver Seriba Searsmont Seneca Falls Shingle Springs Smithland Smith Mountain Staunton Stinking Creek Siürdöstliches Missouri Trenton Union Co. Vernon Co. Waconda Walker Co. Warrenton Weston Wichita Co. Wooster Veresegyhaza [Cga [12 p. 10/X. 1857] 46° 4 N., 23° 50 0, bei Ohaba (oL), O Carlsburg, Bla- sendorfer Bez. Siebenbürgen 60/ RP IR e3 lo 82 en del Cielo Vereinigte Staaten Vermejo Vernon Co. [Ck [9 a. 16/111. 1865] 43° 30 N., 91° 10 W. Wisconsin U. S. ‚Claywatermeteorit) 19] 10 Verona Vago Veronniere . Lance Vezenobres Alais Victoria Cranbourne Vietoria West [Ofvi [gefallen ? 1862] Cap Colonie, Südafrika TRUE TEE Yiddin ; Vidin } Wirba Vienne (uincay Vouille Vignabora Borgo San Donino Villabella Nulles Villanova Canellas Motta di Conti Villa nova da Prinzeza Macao Villa nova de Sitjes Canellas Villa nueva Sierra blanca Villechauve Lance 212 Ville franche Salles Virba Wirba Virginia Botetourt Cranberry Plains Greenbrier Co. Richmond Smith Mountain Staunton Virieux le Grand Belmont Visa Möcs Vivionnere La Vivionnere Vizagapatam Nedagolla Voelkel Staart;je Volhynien Dolgowoli Okniny Zaborzika Vonnas Luponnas Vosges Dep. La Baffe Vouille [Cia [18/VII. 1831] 46° 37 N., 0°8 0. bei Poitiers, Dep. de la Vienne, Frankreich, alias 13/V., 14/V. 40 as Ww. Waconda [Ch [gef. 1872] 39°20N., 98° 10 O. Mitchell Co. Kansas, US. Waee Kalumbi Wahhe Pillistfer Wahu Honolulu Wai Kalumbi Waldo Co Searsmont Walker Co. [D [gef. 1832] ca. 33° 45 N., 87° 28 W. (Hauptst. Jasper, 116 m. NNW. Montgo- mery), Alabama, U. S. 70) /28 Wanikaland Duruma Waohoo Honolulu Warasdin Hraschina Pusinsko Selo Warren Nobleboro Warrenton [Cco [Sonnenaufg. 3/I. 1877] 38° 50 N., 91° 10 W Missouri, U.8. 79/ Washington Co. Trenton Waterloo Seneca Falls Wayne Co Wooster Waynesville Haywood Co Pine Bluff Weichsel Schwetz Weisskirchen Bjelaja Zerkow Welka Berezna Knyahinya Wellington Rowton Werchne Dnieprowsk [Ofw [gef. 1876] 48° 40 N., 34° 20 O. Ekaterinoslaw, Russland 82 83 Werchne Tschirskaja[Cca[12/X1. 1843] 48° 25 N., 43° 10 ©. (Werchne Tchirskaja Stanitza- Werschne T. $S., Werschn Czirs- Dr. A. Brezina. kaia), Don, Land d. Don’schen Kosaken, Russland la Werchne Udinsk [Omm [gef. 1854] 51° 57 N., 107° 42 O. (false Werschne Udinsk), Fluss (Niro Seitenfläche d. Witim), Sibirien, 10 Russland 22 ua) ae er 921 Wersehn "Czirskaia A Werschne Tschirskaja Stanitza [Werchne Tschirskaja Jar Werschne Udinsk WerchneUdinsk Wessely Znorow Westafrika Siratik West Burdwan Shalka West Liberty Homestead Weston [Ccb [6'/, a. 14/XII. 1807] 41° 15 N., 73° 34 W. NW. Fair- field, 53 m. Sw. Hartford, Fair- field Co., Connecticut, U. S. ZaEE PR A uh En: ln Westphalen Gütersloh Hainholz Ibbenbühren White River Forsyth Whitfield Co. Dalton Wiborg Luotolaks Wichita Co. [Oga [gef. 1836] 33° 43 N., 98° 45 W., östl. Rio Brazos (Brasos), Texas, U. S. Hierher wahrscheinlich Young Co., Red River, Texas, gef. 1875 9] ıo er Widdin Winterberg Wirba [Stein [20/V. Wirba Bohumilitz 1874] 44° 0 N., 22° 52 O. (Virba), Widdin (Viddin, Vidin), Türkei niW Wisconsin Trenton Vernon Co. Witebsk Witepsk Lasdany Witim Werchne Udinsk Wittens Wittmess Wittmess [Ce ['/, p. 19/U. 1785] AT B2UN., 11271070, Walse Wittens), 1'/, Stunden SW. Eichstädt, Franken (Mittel- franken), Bayern, Deutschland Fe “Ur Al Wjasemsk 1 Wjasma on Woahoo Honolulu Wöhler [D [vor 1863] 63 f Wold Cottage [Cwa[3'/,p. 13/XH. 1795] 54° 9 N., 0° 24 W. NNO. Great Driffield, S.Wold-Newton, Yorkshire, England EOIER N N N Wold a "Wold Cottage Wolga Sarepta Wr askahindn Bemdego Wollin Bohumilitz [ Wooster [Omtr [bekannt j ei Co. Ohio, U. S. 13 Wrekin Ro: Waustra ] X. Xiquipilco Xiquipilco el nuevo ART: Yatoor [Ce [4'/, p. 23/I. 185314 18 N, 79° 46 O. bei Ne) Madras, Ostindien ar Sa 4 Yofugori Toke uchi Yonne Dep. Les Op Yorkshire Pennyman’s Sf Wold Co Yosa-no-gori Toke uchi Young Co. Cross Tin Wichit 2. Zabortch Zabo, Zaborzika [Cw [10/1V. 1818) 15 N., 27°30 0. (Saborytz, | ryzy, Zabortch, Zjaborzid Fluss Slutsch (Slucz), S. v. | grad-Volhynsk (Nowgrad- hynskoi, N.-Wolinsk). W.S mir (Zytomir), NNO. Konstantino, Volhynien, land 9 ed lt 91/0 “ Zacatecas C Zaca) Zacateeus [Obz [bekannt 179%] 51 N.. 102° 0 W. Mexiko! 38 38 39 39 39/ 40/ | l25 Isa la hı /22 IP 717/ 82/ 5 Zambakit Sau Zamski Pug Zanesville New-Co:) ER Hacienda Conce\ Zastruzny Pu) Zebrak Pras Zerind K& Ziegelschlag B Zipaquira Ra Zjaborzyka Zabe Znorow [Cga [3'/, p. 9/IX. ® 48°54N.,17°210. SW. We Hradischer Kreis, Mäf Oesterreich 32 38 39 aa ls; | Zsadany [Ce [s1/iı. 1875 55 N., 21° 14 O. Temeser F Ungarn Ps 94 a0 Zweibrücken Krähe Zytomir Erklärung der Tafeln. 213 Erklärung der Tafeln. Tafel II. (Naturgrösse.) Figur 1. Eisen von Wichita Co. Gruppe Oga. Einschlüsse von Troilit mit Hüllen von Graphit und Schreibersit. Seite 207 und 215. Figur 2. Eisen von Rowton. Gruppe Omtr. Veränderungszone am oberen Rande längs der Schmelzrinde. Seite 203 bis 205. Figur 3. Eisen von Nedagolla. Gruppe Df. Schwarze Veränderungszone am unteren Rande längs der Schmelzrinde. Seite 203 bis 205. Tafel III. (Naturgrösse.) Figur 4. Eisen von Wichita Co. wie oben bei Figur 1. Figur 5. Eisen von Hex River Mounts. Gruppe H. Feine, gerade, ununterbrochene Neumann’sche Aetzlinien, welche besonders deutlich in vier Rich- tungen sichtbar sind; nebstdem die aus einzelnen, verschieden gestellten, untereinander nicht sichtbar zusammenhängenden Troilitplättchen beste- henden Geraden, deren sieben untereinander parallel von oben nach unten gehen, während eine zu ihnen schief gestellte unten rechts schräg nach rechts seitwärts steigt. Seite 218. Figur 6. Eisen von Prambanan. Gruppe Ofpr. Veränderungszone an der linken Seite; der äussere Theil derselben zunächst der borkenartigen Schmelz- rinde ist in Folge der Wirkung der Säure auf die Rinde dunkel, der daranliegende erscheint hell. Seite 203 bis 205. Figur 7. Eisen von Juncal. Gruppe Omtr. Veränderungszone an der rechten Seite. Seite 203 bis 205. Tafel IV. Figur 8. Fallkarte Sokobanya (Sarbanovac) 1: 300.000 Seite 186. Figur 9. Fallkarte Tieschitz 1: 25.000 Seite 189. Figur 10. Rindeninfiltration am Steine von Möcs Naturgrösse. Seite 176. Figur 11. Copievon Tschermak’s Fig.5 | Lodran, Einschlüsse im Bronzit 120: 1 Figur 12. Copie von Tschermak’s Fee] Seite 192—199. Figur 13. Birnförmiger Einschluss im Bronzit von Lodran. 250: 1. Seite 195—197. Die während der Correctur bekannt gewordene Methode Sigmund Exner’s gestattete festzustellen, dass die Einschlüsse einen grösseren Brechungsexponenten besitzen, als die Bronzite; diess spricht dafür dass dieselben durch Spannung verdichtete Parthien sind. Figur 14. Vertheilung des Eisens im Silicatgemenge von Ovifac, Disko Eiland. 9:1. Seite 202. Die schwarzen Parthıen stellen das Silicatgemenge dar. die Halbtöne bezeichnen das Schwefeleisen, die lichten Stellen das Eisen. Tafel V. Erdkarte in Mercator’s Projection mit den Localitäten der in Sammlungen befindlichen Meteoriten. Massstab 1: 100 000 000 im Aequator. Die Karte, welche ich der Güte des Herrn Custos W. Schaffer verdanke, enthält die in der chronolo- gischen Liste und im Gesammtortsregister aufgezählten Localitäten mit Ausnahme der folgenden, für welche ich augenblicklich noch keine Angabe der geographischen Länge und Breite besitze: Botetourt, Casey Co., Coopertown, Duel Hill, Guilford, Ihung, Iron hannock, La Becasse, Lick Creek, Losttown, Newton Co , Ogi, Quincay, Rowton, Saint Caprais, San Francisco del Mesquital, Serrania de Varas, Shingle Springs, Staunton, Toke uchi mura, Tucson Ainsa, Udipi, Victoria West, Wooster. Jahrbuch d. k. k. geol. Reichsanstalt. 1885. 35. Band. I. Heft. (Dr. A. Brezina.) 35 man I ' Inhalt. | Seite | Einleitung. Zustand der Sammlung - = » =. =. 2 „u nz x... 0. 181 Sa | Aufstellung der Sammlung. Petrographisches System -, * -,.- + 15677j68 | Tschermak’s System vom Tahre BP re 157. oz | 5 il & : TOSS Se EN - 159 [9] | Eintheilunge von Daübree = ner 7: ar Vi 5 [„| | e Neunter u ee le a en Leere « 160 [10] Bildung der Meteoriten., = +. = ueisuee ek enele ER DE ANES 162 [12] | Ansichten von Reichenbach »- - : »-..-- re een = 163 [13] I B 4, Haslinger near are nom aiten Be) ee = RER NE ee = h4% I h. „. 2 Meunter a re a Ba erde UT ET Feten Me 164 [14] | x R Dschermak een es Heer Sera ee re 165 [15] F 5; n Nordenskjöld Be Le RAN Ser RECHT © a I e „er Bartsch... 0 Re RER TR Eee - 166 [16] I 5 D a ubr& LET RO EAN RE HOHEN ER ON 5 [ 5 N h N 2 Kenngott a ee er er eh es era Ele Erz ee Mare e eeeeke = 644 l A R Sorb y A a a ae el a rear Der Kal ieh us . » [ r ] \ ä s Wann EL EN EEE SER TOROT RI. Ro « 168 [18] 2 Routlons. Wr ae ee een ei te ge . en [ n ] : Resultate der bisherigen Untersuchungen * - » + = „ee we ee. „a BERTELEELLI Anordnung Ve ae - 171 [21] Steinmeteoriten. str? Ka a ee FE ee 173 [23] A. Ohne runde Chöndren RR RN I ee N. 1. Eukrit Kuda tee Ve een A ehe - [ Au 2. Shergotit She. 7 Wi ne er 174 [24] 3. Howardit H0*=21.:.2 2 a ee ten da ee Ren Ze r Pe 4. Bustit Bu RE BORN a OO ARON, mat * BR 5. Chladnit CHE Een re) Ei [54 6. Rodit Ro EEE ET SET ol N 175 [25] 7. Chassignit Cha = en nee 176 [26] B. u Eigenthümliche Bindeniniltration. en ee en. 8. howarditisch Ch »- - - - “een. “+ 177 127 9, weiss, adernfrei Cw - » >: = een nennen | 10.Xweiss, geadert..Cwa, =. = se ElRE ee Br e 180 [30] 11. weiss, breceienähnlich Cwb - » » + - 0. 18 Dentermediara Cie 2 2 Se Eee eg „ Bl 13. 5 geadert Car Ar Or oa ellio [3 ] 14. h breccienähnlich GbR en ee „ea 15. grau (g - - REN SEN Le N Are ON EB Or a Büc I si 16. es geadert Opa UBER a DL RB ENG De 2 7 = [ a ] 17. „ breceienähnlich Cab ya re et n„ 18. Orvinit Co 5 a Te re ee rl 3 RO 0 184 [34] 19. Tadjerit Gt a ee ee ee er e R [Ab 20. Chrunditschwarz ‘O3 - - +. = 0 we asen ee ! 31. KohligerChondrit RD a ee na Inhaltsverzeichniss. 275 Seite 22. Kügelchen-Chondrit Ce - - er 185 [35] Bericht von Professor Pantiö fiber Elan + 186 [36] 23. Kügelehenchondrit, geadertt ca +... 190 [40] 24. Kügelchenchondrit breceienähnlich Ceb» » » «+» - er] 25. Ornansit'Cco. * 73.) eye ve] 26. Krystallinischer Chondrit Ok Sr ee 191 [41] 27. 5 BreedensEaleh GE reale) c. un zu den Meteoreisen: - + =“... 0 en ER BENTESOSIderit ME a Ben ee Le als eye ofinte Renee e [ 22 ] 9. Dodranit Lo: gruss a a are Tann 192 [42] Störuneserscheinungen, welche Tschermak für Feld- spatheinschlüsse gehalten hat - »- »- - ee. . | lI. Eisenmeteoriten. Falsche Ansichten vieler Autoren über die Widmanstätten’schen Figuren - »- +: ...% 199 [49] Veränderungszone en der Schmelzrinde - ee ee a lerlen een me 203 [53] D. Siderolite - - - ee ER ER ODE . . 205 [55] 30. len na S. N TEEN Le Sr ee > [ ” ] SleWPallasıta Passo en eu en ee a 2:6 [56] E. Oktaödrische Eisen - - - » : - + - Ya Auen: EN ausRreinster Lamellen -— vr a en ae nee een en 207 [57] 322 Butlerpruppe. Ofhu ar... en een. ar re] 33. Knoxvillegruppe Ofkn - - BVL lu. 2a & - - 208 [58] 34. Werchne Dnieprowskgrurpe Ofw ee a ee ve) Raise el bmklemeslrämellensreree Se ee ee Kohn a Es ] 35. Vietoriagruppe Ofi - » ee rennen Sal 36. Prambanangruppe Ofpr -» » rennen er] 37. Charlottegruppe Ofch - » »- » - re nen ee 58. Jewell-Hilleruppe Ofj- .« = “ee ale ie ae Ha 209 [59] 39. Obernkirchengruppe Ofo - » » rennen SE] 402 Hraschinagruppe: Ofh.. = ur) el. See ee eh lan 41. Smith Mountaingruppe Ofs- » * rer 210 [60] 49% Madocgruppe Ofm a ee RO er u 5 [ s.] #3. VambEiaeruppe: Ofen =, 2 in nn Amen ee @- Mittlere Lamellen. „u. "iz ae Biden ee een a 44. Murfreesborogruppe Omm » + rennen le 45. Tolucagruppe Omto -» « - me. nenne er 46° Schwetzgruppe Oms »- - rennen 211 [61] 47. Emmetsburggruppe Ome - » ver ennnn. Sal] 48. Stauntongruppe Omst -» -» » rennen ae] 49. Trentongruppe Omtr - rennen. see 50- Ba.Calllerruppe Oml. =... eye ee 213 [63] 51. Neischaevogruppe Omn, - « «0. nen leere 214 [64] d. Grobe Lamellen - el reif ehr NE Te Erle 52. Bemdegogruppe Ogb- - » trennen a 53. Cranbournegruppe Oge - » : "rennen 215 |65] 54. Arvagruppe Oga PN I en, Os Dan r 1 ] e. Gröbste Lamellen BEER ine Se ee Kansher, Lane In. Me a ehe 216 [66] 55. Seeläsgengruppe Ogse » * : Hr ro. a f. Breccienähnliche okta&drische Eisen » » « : . ..- 217.167] 56. Nelsongruppe Obn - - - - - NL Sees Sa N le] 57. Zacatecasgruppe Obz -» » rennen a] 58, Barraneneruppe Obb: 0 = 5° me Na m ar le 59. Deesagruppe Obd - - » rennen Dr ni BF Hiexaedrische Busen = -. -. = -_ 2.00 0 ua ne 8 lie here 218 [68] 60. Zwillingslamelen H- -» een kn 61.°Capeisengruppe.-Hca. - „= mern een > 219 [69] 62. Chestervillegruppe Hecht ver nalen le ee rien G. Dichte Eisen ER rel we milaie. 8.3 (eh) Fanta un Ale ale ea 220 [70] 63. nn 1 N ER tree N 64. Siratikgruppe Ds - - er rennnen lee! 65. Fleckige Grundmasse Df- » » + ++ re ren. en] 276 Dr. A. Brezina. | [126] \ 66. Dichte, tellurische oder zweifelhafte Eisen. D - - « - 221 [71] Anhang. Feuerkugeln, Meteore, De EIER Ana 07 La Grande Bougerie Bu ea Re gehe een Cirvellomer me DS an euer: RE ae [ Pr ] Igast nee 222 [72] Suez EN Ze fs =. Elke ee ee 5 [ n ] Wiener Neustadt - 1 Bor yes en incl pie um is Ba En Rudek - BERN rue Ne ah Baba Malta Ta wire When er EEE De kote ne Mes . 2234 [74] Troppau RN SR MERAN CS EN NE RENTEN a NL 0 Re S [ N ] Castrop RE Ne re ee Teil en Ferse [75] Vevey - a ee = we N A Be ler Where) a de Pe a [ " | Skaufs - & EEE OR RE. San I Ren OO RE n E [76] Mirotsch Planina - nr ae Rom areas Be Tal Kor aBR nee BE RE EN a 20 [ 8] Glogovacz x U LEERE re ic BL ET En = [ R ] Iserlohn - - - - BEE ee ale aut 5 oo Ananrng Sean BE eh [79] Madonna della Guarda a ee SMIOATLL. Se Se ee a ne Meta eh [ f ] Ratca EL N an ON ee oo, [81] Ramaca ie . N 7 ee ES 2 een B [ er j' Pozarevac » a SE Teens De a 5 Auer, [ 2] Jastrebac a en he tet ge EEE Be TE ER ni [ N ] Gruäa - NO a RAN U n [ Rn ] Uebersicht des petrographischen Systemes. er a Chronologische Liste der in Sammlungen aufbewahrten Melonen mit der Gewichtsangabe für die Wiener Sammlung und den Ördnungsnummern von London und Paris - - - . 0 2 ae Bemerkungen zur chronologischen Liste. Abweichende An- gaben der früheren Listen von Band ger und Tschermak 243 [93 Gesammtortsregister Re en LE ErklämungderTateln 0 2 2 WA N re Inhaltsangabe at a N Par [124] Druckfehler a Re ER RE EEE EN ERREERNENE . » 276 [126] Druckfehler. Es soll heissen: Seite 164 Zeile 17 von oben „15“ anstatt „157“. ” 221 ” 3 ” „035 „» „DE“. Ausserdem sind durch Veränderungen im Satze, welche nach meinem Impri- matur von Seite der, Druckerei vorgenommen wurden, eine Reihe von Unrichtigkeiten entstanden. Es soll sonach heissen: Seite 168 Zeile 19 von oben „liefert“ anstatt „liefern“. BE DR: » „Khoorna“ anstatt „Khoornac“. & » » 19 ,„ unten „schwarze, bis“ anstatt „schwarze bis“. Le.) 22 ,„ oben fehlt am Schlusse das ‚Aunführungszeichen. lee) 11 , unten „im einen“ anstatt „in einem‘, 264 Colonne 3 Zeile, 20 von oben soll es heissen: Orange- -River-Freistaat Cronstadt Orange River „»„ .267 Colonne 2, Zeile 15 von unten „Augustine’s“ anstatt „Augustin’s“. „209 Zeile 10 von unten „wohl ihre Natur, aber nicht ihre Lage“ anstatt „weder ihre Lage noch auch ihre Natur“. Taf.T. ah; os | 18.18 361) Anna) 1 i sn { Y Kl unsi) eG ezeichnet: Foullon., Lith.Anstv.Th.Bannwarth Wien . Jahrbuch der K.K. Geologischen Reichsanstalt BA.ÄXNV 1885 Verlag v.Alfred Hölder,k.k.Hof-u.Universitäts-Buchhandlung in Wien. A. Brezina, Meteoritensammlung des k. k. mineralogischen Hofcabinets. Jahrbuch der k. k. Geologischen Reichsanstalt. Bd. XXXVIIT. 1885 Verlag von ALFRED HÖLDER, k. k. Hof- und Universitäts-Buchhändler Lichtdruck von MAX JAFFE, Wien, Taf. 2. A. Brezina, Meteoritensammlung des k. k. mineralogischen Hofcabinets. Taf. 3. Fig. 4. ö Jahrbuch der k. k. Geologischen Reichsanstalt. Bd. XXXVII. 1885. Verlag von ALFRED HÖLDER, k. k. Hof- und Universitäts-Buchhändler. Lichtdruck von MAX JAFFE, Wien. A.Brezina, Meteoritensammlung des k.k. mineraloßischen Hofkabinets. SHEIRRONENG N IN \\ı JRR a er BAR — REN LE | o 10 | 41 1 Jahrbuch. derkck Geologischen Reichsanstalt BAXXXV 1885. Verlag v. Alfred Hölder, k.k.Hof-u.Universitäts- Buchhändler in Wien. A.Brezina, Meteoritensammlung des k.k. mineralogischen Hofkabinets. Taf-5 Kae hatenuunı Fern rei er) tete rt ee ae u opm ES 3 elta [ Eetworfur/ won D*F H. Wagner. © je > hotohtli)T Id schen Reichsanstalt Bd.XXXV 1885. u.Universitats- Buchhändler inWien Jahrbuch. derk.k. Geolos1 Verlag v.Alfred Hölder, k.k.Hof- - & Verlag, von Alfred. Nö Hölder, k. k. Nof- und Universitäts- Buchhändler in Wien, Rothenthurmstrasse 15. = = de En En En nn Ber Die Carbon-Flora Schatzlarer Schichten > \ * 2 ; D. : .S ai Abteilung: "Die Farne der Carbon-Flora der Schatzlarer Schichten. | „Mit 19 Doppeltafeln in Liehtdruck und 48 Zinkotypien. E Preis 60 fl. = 120 M. : Ouerich Band II der Beiträge. zur Kenntniss. der Flora der a, Leitfaden der allgemeinen Hüttenkunde nebst dem’ Wichtigsten aus der Hüttenmaschinenlehre. er Hs Verfasst für Hüttenschulen, Hüttenaufseher und Arbeiter 5 von J. Schnablegger Berg: und. er: „Ingenieur, Lehrer an der Landes-Berg- und Hüttenschule in Leoben, Mit 38 Original-Illustrationen. Preis Ifl.=2M. Die ‚Erzlagerstä tten des Harzes EZ und die Geschichte = ‚auf demselben geführten. Bergbaues. Von Conrad Blömeke in Aachen. Mit einer Tafel. — Preis 1 fl. 50 kr. = 3 M. Die Luft als Ausgleichmit! iel der »ei Igewichte bei Fördermäaschinen. ein der bis jetzt im Gebrauche stehenden Seilausgleichmittel bei ‚der Verticalförderung und Vergleich derselben mit der dem Verfasser patentirten Vorrichtung von ‚Hugo Edlen v. Rettich RT 5. 2 en bei der Lehrkanzel für Maschinenbau. an der k. k. technischen Hochschule in Graz. . Preis 1 fl. 50 kr. =3M. Verlag von Alfred Hölder, k. : m Ani Uaiversiile- Buchhändler in Nie ien. OHHELRDTMEITES se 15. Ernte ‚Heft I fen Ueber den vulkanischen Zustand a Sunda-Inseln und der Molukken im Jahre 1884. Von Dr. Fr. Schneider in Soerabaya r Ueber den Lias der Rofan-Gruppe., Von Dr. Carl Diener Ueber die von Herrn Dr. Wähner aus Persien, RRERR Brupti gesteine.: Von C. v. SohHern en Kar Ueber die Gesteine und, Minerale des Adberetimneie, "Yon Heinrich SR Baron v. Foullon (Taf.-Nr. I) { ’ Die Goldseifen von Tragin bei Paternion in We Yon Dr. Richard Canaval. : i Zur neueren Teirariteraton‘ Go hear are { Die Meteoritensammlung des k. k. mineralogischen Hofkabinetes i in oh am 1, Mai 1885. Von Dr. Aristides Brezina. (Taf. Nr. ae ee NB. Die Autoren allein sind für Be Inhalt and die: For ihrer Aufsätze verantwortlich. x nn mg I a nn J C, Fischer & Comp, Wien. Er 2. und 8. HEFT. it Tafel Sa x > “ns WIEN, 1885. ALFRED HÖLDER, R.K HOF- unD UNIVERSITÄTS- BUCHHÄNDLER, x x Rothenthurmstrasse 15. Verlag von Alfred Hölder, k. k. Hof- und Universitätk- ER Wien, Rothenthurmstrasse 15. Lehrbuch der Mineralogie se Dr. GUSTAV TSCHERMaR® is x ne k.k. Hofrath, 0. .ö. Professor der Mineralogie und Petrographie an der Wiener Universität, RR | Zweite, verbesserte Auflage. x 1 eu a a . Mit 756 Original-Abbildungen und 2 Farbendrucktafeln. ee Preis broschirt 9A. 60 kr. =M.18: Ba, gebunden i in Halbfranz 2. 10. 19 M. 19. 00. DIE METEORITE NSANNLUNG | k. K, mineralogischen ans in Wien am 1. Mai 1888. ® Dr. ARISTIDES BREZINA. | Mit 4 Tafeln. PETER TE Preis;fl:.4.80°=:9: Mark, >... ° en, Sem BEITRÄGE re - Paldon tlogie Oesterreich - Ungarns und des Orients, Ey. Mojsisovics und M. Neumayr- Band Vs Heft I. Mit Tafel IV. Inhalt: J. Velenovsky. Die Flora der böhmischen EEE RR av. m) “ Preis des completen Bandes (4 Hefte) 20 f. = 40 Mark. Soeben erschien: - Mineralogische und petrographische Mittheilungeni ! herausgegeben von . 6. 4% S CHERMA K. (Neue Folge.) Siebenter Band. Il. Heft. Inhalt: Ueber Zwillingsverwachsungen Sosteiihnldenflen N und Amrhiheiee = Von Friedrich Becke, — Untersuchung schwedischer Minerale. Von Mats Weibull. — Ueber die Schmelzbarkeit des kohlensauren Kalkes. Von Dr. Arthur Beckeı — Die vulkanischen Ereignisse des. ‚Jahres 1884. ‚20. ‚Jahresbericht von cw. C. Fuchs. — Literatur. Preis des completen Bandes 6 Hefte) 8 fl. = 16 Mark. Verlag von Alfred Hölder, 'k. k. Hof- und Universitäts- ERRET, Wien, Rothenthurmettaase 15. ; Ueber Nephelinit vom Podhorn bei Marienbad in Böhmen. Von Alfred Stelzner. Im vorigen Jahre führte mich eine mit Studirenden unserer Berg- akademie unternommene Exeursion u. A. nach dem Kammerbühl und nach den kleineren, aber nicht minder merkwürdigen Ueberresten des Vulcanes von Altalbenreuth bei Eger, dann nach Marienbad und weiter- hin über Petschau und Schlaggenwald nach Carlsbad. Wir wollten auf diesem flüchtigen Streifzuge an der Hand der Arbeiten von Reuss, v. Hochstetter, v. Warnsdorff u. A. nur einen Ueberblick über den geologischen Bau der Gegend gewinnen und waren von vornherein überzeugt, dass wir namentlich in dem zwischen Marienbad und Carlsbad sich ausbreitenden Kaiserwaldgebirge nur längst Bekanntes zu sehen bekommen würden, da ja dieses Gebirge durch v. Klipstein und andere „zur heillosen Langweile der Brunnen- eur verurtheilte Mineralogen und Geologen“ schon seit Jahrzehnten „bis in das kleinste Detail durchstöbert ist“. Um so grösser war meine Ueberraschung, als ich auf dem nur zwei Stunden von Marienbad entfernten und unweit des Dorfes Abaschin gelegenen Podhorn, dessen basaltische Masse, wie schon Struve her- vorgehoben hat, mit den Quellen von Marienbad in nächster Beziehung zu stehen scheint!), bei dem Wärter des von den Marienbader Bade- gästen vielfach besuchten Aussichtspunktes zahlreiche Brocken eines grosskrystallinen Nephelinites sah, der mich sofort an das Gestein von Meiches erinnerte, und als ich weiterhin bei der Durchsicht der älteren Literatur fand, dass dieses in mehr als einer Beziehung beachtenswerthe Vorkommen dennoch bis jetzt nirgends erwähnt worden ist. Das ist um so merkwürdiger, als v. Klipstein selbst, nachdem er 1840 den Nephelinit im Vogelsberge entdeckt hatte, 1851 auch am Podhorn war und die einzige bis jetzt vorhandene Beschreibung des Berges lieferte. 2) Nach seinen Mittheilungen besteht die in sich zusammenhängende Basaltmasse des Berges aus zwei durch eine schluchtartige Vertiefung !) Ueber die Nachbildung der natürlichen Heilquellen, Pogg. Ann. d. Phys., VII, 1826, 541. Der Berg wird hier Padhova genannt. ?) Geognost. Beobachtungen über die Umgebungen von Marienbad. Jahrb. d. k.k. geol. Reichsanst., 1851, II. 1 ff. Jahrbuch der k. k. geol. Reichsanstalt 1885. 35. Band. 2. Heft, (Alfred Stelzner.) 35 BE ann 3: “ Tas. et 278 Alfred Stelzner, [2] getrennten Felspartien, von welchen der nördlichere die grössere und höhere ist. Das Gestein, welches diese grössere Kuppe im O. NW. und W. zu bilden scheint, wird als „chrysolithreicher Basalt“ bezeichnet. „Am SW.-Abhange dagegen, wo, als ich (v. Klipstein) den Berg besuchte, durch die noch nicht lange begonnene Gewinnnng von Steinen für den Wegbau deutlichere Entblössungen entstanden waren, steht eine ausgezeichnete Tuffbildung an. Dieses Gestein ist aus einer Zusammen- häufung kleiner Trümmer einer stark porösen, theilweise in hohem Grade verschlackten, fast bimsteinähnlichen Masse gebildet .... es scheint aus nichts als zusammgekneteten Lapillis entstanden zu sein. .... Es scheint deshalb, als wenn neben der eruptiven Basaltmasse am Podhorn noch ein Schlacken- oder vielmehr Lapilli-Ausbruch statt- gefunden hätte.“ Der Betrieb des hier erwähnten Steinbruches ist inzwischen so weit fortgeschritten, dass im vorigen Jahre von den Schichten jenes Tuffmantels nur noch geringe Spuren an den bewaldeten Gehängen des Berges zu sehen waren; der Bruch selbst zeigte lediglich festen, stellen- weise zu groben Säulen zerklüfteten Basalt. Laube bezeichnet den letzteren als Leueitophyr. !) Die Scherben, welche ich selbst aus dem Bruche mitgenommen habe, erwiesen sich da- gegen als solche von Nephelinbasalt, denn unter dem Mikroskope löst sich die dichte Grundmasse, in welcher das blosse Auge nur mehr oder weniger zahlreiche, porphyrisch eingewachsene Körner von Olivin und Augit zu erkennen vermag, in ein krystallinisch-feinkörniges Gemenge auf, das aus Augit, vereinzelten Blättehen braunen Glimmers, aus Mag- netit und aus einem wasserhellen, schwach doppelbrechenden und zwischen gekreuzten Nicols licht bläulichgrau oder dunkel erscheinenden Minerale besteht. Das letztere tritt hie und da in kleinen quadratisch umgrenzten Querschnitten, gewöhnlicher als Füllung der vom Augit und seinen Begleitern übriggelassenen Zwischenräume auf und kann nach seinem optischen Verhalten nur als Nephelin gedeutet werden. Damit stimmt überein, dass das Pulver olivinarmer Splitter, wenn es mit Salz- säure behandelt wird, stark gelatinirt, und dass sich in der Gelatine zahlreiche kleine Kochsalzwürfelehen entwickeln. An Leueit erinnernde Querschnitte sind dagegen in den mir vorliegenden Präparaten nicht zu sehen. Nach den übereinstimmenden Angaben des obengenannten Wächters und der im Steinbruche beschäftigten Arbeiter finden sich nun inmitten des dichten Basaltes zeitweilig „Nester“, die aus grobkrystallinem Nephelinit bestehen. Meinen Begleitern und mir selbst war es leider, trotz vielfachen Suchens, nicht möglich, dergleichen im Bruche selbst zu sehen; aber der Wächter hatte eine grössere Zahl derselben ange- sammelt, um sie an die Besucher des Aussichtspunktes als Erinnerungs- zeichen zu verkaufen, und es liegt kein Grund vor, an der Richtigkeit seiner Angaben über die Herkunft der Stücken zu zweifeln. Diese letzteren waren bis mehrere Cubikdecimeter gross, meist jedoch kleiner, und bestanden dabei entweder nur aus dem alsbald zu beschreibenden grobkrystallinen Gesteine, oder zur einen Hälfte aus 1) Geolog. Excursionen im Thermalgebiete des NW, Böhmens. 1884, 119 und 163. od pn eh Er zer V " - [3] Ueber Nephelinit vom Podhorn bei Marienbad in Böhmen. 279 diesem und zur anderen aus dichtem Basalt. In Fällen der zweiten Art entwickelt sich die eine Gesteinsabänderung sehr rasch, fast unmittel- bar aus der anderen. Der Dolerit und der Basalt sind alsdann fest miteinander verwachsen und durch keinerlei Ablösung von einander getrennt, so dass ich geneigt bin, in jenem nicht etwa Bruchstücke eines besonderen Gesteines, die der Basalt aus der Tiefe mit herauf- gebracht hat, sondern nur ungewöhnlich grosskrystallinische Ausschei- dungen des übrigens dicht erstarrten Magmas zu erblicken. Das Pod- horner Nephelinitvorkommen würde daher ein Seitenstück zu den eigenthümlichen doleritischen Gemengen von Augit, Hornblende, Nephelin, Apatit, Magnetit und Perowskit bilden, die von Sauer neuerdings im Nephelinbasalte des Zirolberges bei Böhmisch-Wiesenthal entdeckt und als „endogene Einschlüsse“ gedeutet worden sind.') Wie schon gesagt, erinnert der Nephelinit des Podhorn, wenn man ihn mit dem blossen Auge betrachtet, durchaus an die schönsten Abänderungen des bekannten Gesteines von Meiches.?2) Er ist, wie dieses letztere, grobkörnig-krystallin und gewöhnlich von stark poröser bis drusiger Beschaffenheit. Seine beiden hauptsächlichsten Gemengtheile sind grünschwarze Augite und wasserhelle oder graue, an ihren Ober- flächen vielfach von zarten weissen Rinden überzogene Nepheline. Die krystallinen Körner der beiden Elemente messen durchschnittlich 3 bis 5 Millimeter. In grösseren Drusenräumen haben sie frei auskrystallisiren können. Die alsdann bis 10 Millimeter langen und bis 5 Millimeter breiten Augite zeigen die Combination Po.» P.ooPx, zuweilen auch noch die Z- und O-Flächen und bilden wegen des Vorherrschens von © Po bis 1 Millimeter starke, tafelförmige Krystalle. Die in den Hohlräumen des Gesteines zur Entwicklung gelangten Nephelinkrystalle, an welchen nur Prisma und Basis zu erkennen sind, messen an einigen mir vor- liegenden Exemplaren 5 Millimeter in der Richtung der Hauptaxe, 6 Millimeter in der der Nebenaxen, an anderen 7, bez. 2 Millimeter, sind also bald kurz-, bald langsäulenförmig ausgebildet. Drei weitere Mineralien, die sich nicht nur an der Zusammen- setzung der Gesteinsmasse betheiligen, sondern ebenfails in Drusen- räumen frei auskrystallisirt vorkommen und wenigstens im letzteren Falle wiederum schon vom blossen Auge wahrgenommen werden können, sind Magnetit, Apatit und Sodalith. Der Magnetit der Drusenräume bildet Oeta@der, die mit ihren Kanten bis 2 Millimeter messen und mehrfach stufenförmig eingefallene Flächen zeigen. An mehreren Drusenräumen sind die Octa&äderchen zu regellosen Gruppen oder in der den mikroskopirenden Petrographen wohlbekannten, makroskopisch aber meines Wissens noch nicht beobachteten Weise reihenförmig verwachsen. Eine der zierlichen Krystallketten misst in ihrer Längsausdehnung 6 Millimeter. Hierbei möge daran erinnert werden, dass Knop auch im Vogelsberger Gesteine Octaödergruppen antraf; die Kryställchen zeigten jedoch spiegelnde Flächen, während sie im Podhorner Dolerite fast durchgängig.mit einer feinen, rothbraunen Kruste !) Erläut. zur geol. Specialkarte d. Königreichs Sachsen, Section Wiesenthal. Bl. 147, S. 68. ?) A. Knop, Ueber d. Nephelindolerit von Meiches im Vogelsberge. N. Jahrb. f. Min. 1865. 674. 35* 280 Alfred Stelzner. [4] bedeckt sind. Endlich verdient noch angegeben zu werden, dass in einigen Podhorner Drusenräumen die Magmnetitoctaöderchen auf den Nephelinkrystallen aufsitzen und sonach wenigstens zum Theil jüngerer Bildung als die letzteren sein müssen. Zahlreiche Apatitnädelchen ragen in alle Hohlräume hinein. Endlich finden sich auch noch als Seltenheit rhombische Dodekaöder von Sodalith, die, ähnlich wie die Nephelinsäulen, an ihrer Oberfläche von einer weissen oder gelblichen Verwitterungskruste überzogen sind. Der grösste und sehr schön ausgebildete Krystall, den Herr E. Williams fand und unserer bergakademischen Sammlung freundlichst überliess, hat eine Axenlänge von 6 Millimeter; einige andere messen nur 2 bis 3 Millimeter. Auf Grund der mikroskopischen Untersuchung des Nephelinites lassen sich die bis jetzt gegebenen Mittheilungen noch durch das Folgende ergänzen. Die Augite sind gewöhnlich in ihren centralen Partien violett- braun und an ihrer Peripherie grün durchscheinend, zeigen dabei aber keinen zonaler Bau und überhaupt keine scharfe Abgrenzung jener beiden verschiedenfarbigen Zonen. Zwischen gekreuzten Nicols löschen sie einheitlich aus. Der Pleochroismus ist gering. Magnetitkörnchen und kleine Glaseinschlüsse sind häufig in ihnen zu beobachten. Der Nephelin ist wider Erwarten noch recht frisch, so dass seine Quer- schnitte im gewöhnlichen Lichte wasserhell und zwischen gekreuzten Nicols in lebhaften gelben oder rothen Farben erscheinen. Spaltrisse nach der Basis und dem Prisma sind recht deutlich zu erkennen. Als Gäste treten hier und da linear geordnete Zonen von kleinen Ein- schlüssen auf, indessen muss es bezüglich der letzteren dahingestellt bleiben, ob dieselben mit Glas oder mit Flüssigkeit erfüllt sind. Der Magnetit der Gesteinsmasse bildet nur gröbere Körner und Krystalle, die wiederum eine Neigung zu regelmässiger Verwachsung zeigen. Die 0:06 bis O'1 Millimeter starken Säulchen des Apatites strotzen derart von feinstem Staube, dass isolirte Kryställchen eine graue Farbe zeigen. Zwischen dem Staube liegen hier und da noch einige, zuweilen schlauch- förmig verlängerte Einschlüsse von Flüssigkeit (?). Der Sodalith, welcher sich an der Zusammensetzung der Gesteinsmasse betheiligt, ist ebenfalls noch recht frisch. Er hat die Form rundlicher Körner und ist für gewöhnlich sehr arm an Einschlüssen. Einzelne Körner beherbergen jedoch Mikrolithen, die nach drei sich unter 60° schneidenden Richtungen geordnet sind und sich zwischen gekreuzten Nicols mit rothen Farben von ihrer isotropen Umgebung abheben. Endlich zeigt das Mikroskop noch auf Rissen der Augite und Nepheline kleine dendritische Ansiedlungen von Ferrit und in einigen kleinen Drusenräumen theils farblose und strahlige, theils grüne und trübe, nicht näher bestimmbare Zersetzungsproducte. Die Betrachtung eines Dünnschliffes, der von einer der oben erwähnten Contactstellen zwischen Basalt und Dolerit angefertigt wurde, bestätigt auch unter dem Mikroskope den zwar nicht unvermittelten, aber doch sehr raschen Uebergang des feinkörnigen Gesteines in das dichte und lässt nur noch mit besonderer Deutlichkeit erkennen‘, dass der in dem Basalte sehr reichlich entwickelte Olivin im Dolerite plötzlich verschwindet. a Denn, [5] Ueber Nephelinit vom Podhorn bei Marienbad in Böhmen. 281 % Da als häufigere oder seltenere accessorische Gemengtheile des Nephelinites von Meiches monokliner Feldspath, Leueit und etwas Titanit und als Beimengung des grobkrystallinen Nephelingesteines vom Katzenbuckel im Odenwald auch noch Pleonast bekannt sind, und da sich bei grobkrystallinen Gesteinen mikroskopische Präparate zur Auf- findung solcher nur sporadisch auftretender Elemente nicht eignen, so wurden, um auch für das Podhorner Gestein ein festeres Urtheil über das etwaige Vorhandensein des einen oder anderen accessorischen Minerales | zu gewinnen, circa 160 Gramm von jenem in einem Gussstahlmörser ' zerstampft und nachdem das erhaltene Pulver durch ein Messingsieb mit 1000 Maschen auf dem Quadratcentimeter abgesiebt und von dem feinsten bei der Zerkleinerung entstandenem Staube durch Abschlämmen befreit worden war, der mechanischen Analyse unter Benutzung der Klein’schen Lösung unterworfen. Als Theilproducte wurden hierbei wiederum nur die schon oben genannten Gemengtheile erhalten, und zwar: 10:1 Gramm Magnetit; schwerer als 3410. BEN N‘, Augit; Ausfall zwischen 3'250 und 3'207. ET Apatit '); a N 32010 v3 VB ee Nephelin; „ 5 2098... 2:609; N Sodalith ; B . Zaun 2200, Die hiernach fehlenden 71’3 Gramm entsprechen theils den abge- schlämmten staubfeinen Partikelchen, theils weniger seinen Zwischen- produeten der Aufbereitung. Wegen des hohen Betrages dieser Abfälle und wegen des weiteren Umstandes, dass sich verschieden harte und spaltbare Mineralien der Zerkleinerung gegenüber sehr ungleich ver- halten und sehr differente Mengen von Splitterchen und staubfeinem Pulver geben, kann nicht angenommen werden, dass die bei der mechanischen Analyse erhaltenen und ihren Gewichtsmengen nach oben angegebenen Theilproducte noch dasjenige relative Mengenverhältniss repräsentiren, welches den Constituenten des, Nephelinites von Haus aus zukam. Immerhin lassen die erhaltenen Quantitäten von reinen Splitterchen erkennen, dass sich der Sodalith, den man mit dem blossen Auge nur als Drusenmineral zu entdecken vermag, thatsächlich an der Zusammensetzung des Podhorner Gesteines mit einem recht beachtens- werthen Procentsatze betheiligt. Da Struve l.c. 353 und 449 angibt, dass aus dem Podhorner Basalte, wenn man ihn unter dem Drucke von 1'!/, bis 2 Atmosphären mit kohlensäurehaltigem Wasser behandelt, unter Anderem kleine Mengen von schwefelsaurem Kali und Natron und von Chlornatrium extrahirt werden, so glaubte ich anfangs, das dodekaädrisch krystallisirende Mineral unseres Nephelinites für Nosean halten zu sollen. Damit stimmte auch überein, dass sich auf Splitterchen desselben, wenn sie mit einem Tropfen concentrirter Salzsäure bedeckt worden waren, sehr rasch Chlornatriumwürfelehen entwickelten, während Gypsnädelchen, die sich bei analoger Behandlung von Hauyn neben den Salzwürfelchen bilden, !) Da dem Apatite auch nach dreimaliger Ausfällung noch ziemlich viel Augit- splitterchen beigemengt waren , so wurde seine oben angegebene Menge indirect aus dem Gewichtsverluste bestimmt, den das zwischen 3'207 und 3'154 Ausgefallene durch die Behandlung mit Salzsäure erlitt. Jahrbuch der k, k. geol. Reichanstalt, 1885, 35. Band. 2. Heft, (Alfred Stelzner.) 36 282 Alfred Stelzner. [6 im vorliegenden Falle nieht zum Vorschein kamen. Nachdem jedoch durch die mechanische Analyse eine grössere Menge des tesseralen Minerales isolirt worden war, stellte sich heraus, das: dasselbe, mit Soda auf Kohle geschmolzen, keine Hepar bildete und mit seiner salz- sauren Lösung bei Zusatz von Chlorbarium keinen Niederschlag gab, wohl aber eine sehr starke Ausfällung von Chlorsilber veranlasste, als zu seiner salpetersauren Lösung ein Tropfen von salpetersaurem Silber- oxyd hinzugefügt wurde. Hiernach darf als erwiesen gelten, dass wir es am Podhorn, gleichwie zu Meiches !), nicht mit Nosean, sondern mit Sodalith zu thun haben. Endlich wurde auch noch in dem isolirten Magnetit ein reichlicher Gehalt an Titansäure constatirt. 2) Der als Ausscheidung in dem Nephelinbasalte des Podhorn vorkommende grobkrystalline Nephelinit ist nach alledem ein vorwiegend aus Augit und Nephelin, nächstdem aus titanhaltigem Magneteisenerz, Apatit und Sodalith bestehendes Mineralgemenge. ') F. Sandberger, N. Jahrb. f. Min., 1869, 339. ?) Der Magnetit von Meiches hält nach Knop 24946°/, Ti O,. Ueber titan- säurehaltigen Magneteisenstein. Annal. d. Chem. u. Pharm., XLVII, 1862, 348. Beiträge zur Geologie von Lykien. Von Dr. Emil Tietze. Hierzu eine Karte im Farbendruck (Taf. Nr. VD). Einleitung. Nachdem schon im Jahre 1881 von mehreren österreichischen Gelehrten unter der Führung des Herrn Hofrath Professor O. Benndorf eine archäologischen Zwecken gewidmete Recognoseirungsfahrt nach dem südwestlichen Klein-Asien unternommen worden war, hatte, wie vielerseits bekannt sein dürfte, die österreichische Gesellschaft für archäologische Erforschung Klein-Asiens im Frühjahre 1882 eine aber- mals unter Benndorf's Leitung gestellte Expedition ausgerüstet, mit der hauptsächlichen Bestimmung, die bei dem Orte Gjölbaschi in Lykien befindlichen Ruinen eines alten, kunsthistorisch sehr wichtigen Monu- mentes näher zu untersuchen und die Relieffriese, welche dasselbe schmückten, nach Wien zu überführen. Durch eine Subvention des hohen Ministeriums für Cultus und Unterricht, durch ein von Seiten der geologischen Reichsanstalt aus der Schlönbach-Stiftung bewilligtes Stipendium, sowie durch mannigfache Erleichterungen, welche mir theils auf Kosten, theils in Folge der Inter- vention der oben gedachten Gesellschaft gewährt wurden, wurde ich in den Stand gesetzt, mich dieser Expedition für einige Zeit anzuschliessen, um geologische Untersuchungen in Lykien auszuführen. Die äussere Geschichte der Expedition, die Schwierigkeiten, welche von derselben überwunden werden mussten, sowie den im Wesentlichen ‚sehr günstigen Ausgang des ganzen Unternehmens hat Herr Benndorf in seinem vorläufigen Bericht über zwei österreichische archäologische Expeditionen nach Klein-Asien (Separatabdruck aus den archäologisch- epigraphischen Mittheilungen aus Oesterreich, Wien 1883) ausführlich und überaus anschaulich geschildert. Ich selbst war allerdings nicht für die ganze Dauer der Unternehmung Theilnehmer derselben, sondern nur für die erste Zeit, da ich noch im Laufe desselben Sommers in Galizien bei den dortigen Aufnahmen der Reichsanstalt beschäftigt werden musste und die mir zur Verfügung gestellten Mittel überdies Jahrbuch der k. k. geol. Reichsanstalt. 1585. 35. Band. 2. Heft. (Emil Tietze.) 36 * 984 Emil Tietze. [2] für eine längere Reise in Klein-Asien nicht ausgereieht hätten. Immer- hin jedoch bin ich für die mir gebotene Gelegenheit, einen so wenig besuchten und landschaftlich so überaus schönen Theil jener Halbinsel kennen zu lernen, in hohem Grade dankbar und statte diesen Dank hiermit öffentlich ab. Was den Verlauf meiner Reise anlangt, so erwähne ich nur, dass ich am 13. April 1882 Wien verliess, am 21. in Smyrna eintraf, wo ich mich mit denjenigen Mitgliedern der Expedition, mit welchen zu- gleich ich von Wien und Triest abgereist war, an Bord des kaiserlichen Kriegsdampfers „Taurus“ überschiffte, der uns zunächst am 25. nach Rhodus und von dort nach Makri brachte, wo ich am 27. April zuerst den Boden Lykiens betrat. Nur kurze Zeit konnte der Umgebung des prächtigen Golfs von Makri gewidmet werden. Am 28. Abends ging der „Taurus“ in der Strasse von Kekowa vor Anker und dampfte am 29. Morgens nach der Jali-Bai, woselbst für die Dauer der Expedition der Hauptankerplatz dieses Schiffes sich befinden sollte. Von hier aus begab ich mich landeinwärts nach Gjöl-Baschi, dem Lager der archäo- logischen Expedition, wo sich mehrere Mitglieder der letzteren bereits befanden. Nach einigen kleineren Ausflügen, welche mich über Kasch hinaus und bis in die Gegend von Sidek und Säret (ungefähr nördlich von der Insel Kasteloryzo) führten, machte ich auf dem „Taurus“ eine von Herrn Benndorf unternommene Fahrt nach Adalia mit. Es war dies am 17. Mai und wir hatten dabei Gelegenheit, die grossartige Küstenlandschaft des östlichen Lykien in der eigenthümlich gedämpften Beleuchtung einer grösseren Sonnenfinsterniss zu betrachten. Von Adalia zurückgekehrt, ging ich nach Myra und Dembre, wo sich mir Herr Dr. Emanuel Löwy, der dort inzwischen Untersuchungen an den Ruinen von Myra vorgenommen hatte, zu einer etwas weiteren Reise anschloss. Wir gingen durch das Thal des Dembre Tschai nach Kassaba, übersetzten sodann die Kette des Susuz-Dagh auf einem bisher von europäischen Reisenden nicht betretenen Wege und zogen am Fusse des Ak-Dagh nach Gjömbe und schliesslich nach Elmalü, der grössten heutigen Stadt des alten Lykien. Bei einem vornehmen Türken, Namens Suleiman Aga, fanden wir hier sehr freundliche Aufnahme. Von Elmalü aus ging es an dem See Awlan Göl vorüber nach dem Thale des Baschkoz und nach der Ebene von Fineka und von dort ostwärts nach den Ruinen von Rhodia- polis, wo Herr Dr. Löwy durch eingehendere Untersuchungen der interessanten Trümmerstätte einige Zeit aufgehalten wurde. Später besuchten wir die ewigen Feuer der Chimaera. Herr Löwy trennte sich hier von mir, um noch den Ruinen von Phaselis seine Auf- merksamkeit zuzuwenden, während ich über Fineka und Dembre nach Gjöl-Baschi zurückging. Daselbst erfuhr ich, dass der „Taurus“ in Bereitschaft sei, mit Herrn Benndorf zur Abwicklung einiger für die Expedition wichtiger Geschäfte nach Rhodus zu gehen. Diese Gelegen- heit zur Rückkehr wollte ich mir nicht entgehen lassen, da meine Mittel schwerlich mehr ausgereicht haben würden, eine weite Reise über Land nach Smyrna oder nach einem anderen Hafen des klein- asiatischen Festlandes zu unternehmen, von dem aus ich eine der Beiträge zur Geologie von Lykien. 285 bestehenden regelmässigen Verbindungen zur Heimfahrt hätte benutzen können. Bald war also mein Gepäck in Ordnung gebracht und ich nahm Abschied von den in Gjöl-Baschi zurückbleibenden Mitgliedern der Expedition. Am 7. Juni kamen wir nach Rhodus, wo ich einen nach Smyrna gehenden Lloyd-Dampfer erreichte. Am 10. Juni verliess ich letztere Stadt, um über Athen, Syra, die jonischen Inseln, Brindisi und Fiume nach Wien zurückzukehren, wo ich am 20. Juni wieder anlangte. Ergibt sich aus dieser kurzen Darstellung meiner Reise, dass ich in Anbetracht der Kürze der Zeit schwerlich im Stande war, eine auch nur annähernd abgeschlossene Vorstellung von dem geologischen Aufbau der Iykischen Halbinsel zu gewinnen, welche, wenn man sie im Norden durch eine zwischen Makri und Adalia gezogene Linie begrenzt, einen Flächeninhalt von 160 Quadratmeilen besitzen dürfte, so wird es er- klärlich, dass ich in diesen Seiten darauf verzichten muss, meine Be- obachtungen in der Form einer abgerundeten monographischen Dar- stellung wiederzugeben. Es werden nur spärliche Beiträge zur Kenntniss des Landes mitgetheilt werden, welche man zwar versuchen könnte mit den nur stellenweise überholten Ergebnissen meiner Vorgänger zur Her- stellung eines vorläufigen Gesammtbildes von dem geologischen Aufbau Lykiens zu verknüpfen, ich will aber in dieser Beziehung nicht zu weit gehen, da ich sonst Alles, was jene Vorgänger, namentlich Spratt und Forbes, über die mir persönlich nicht bekannten Theile des Landes gesagt haben, hier reprodueiren müsste. Ich kann mich nur bestreben, die Benützung der hier zu machenden Ausführungen für nachfolgende Forscher nicht durch gänzliche Vernachlässigung derjenigen älteren Daten zu erschweren, welche auch über die von mir nicht besuchten Gegenden vorliegen. Dass ich aber andererseits diejenigen Angaben eingehender berück- sichtigen muss, welche über die von mir bereisten Landestheile schon von Anderen gemacht worden sind, ist selbstverständlich und entspricht im gegebenen Falle nicht nur der bisweilen verschieden aufgefassten Pflicht der Pietät, die Jeder seinen Vorgängern schuldet, sondern auch einem lebhaften Bedürfniss der Anerkennung für die vorzüglichen Leistungen, welche mir meine Aufgabe erleichterten. Wenn sich nun auch herausstellen sollte, dass es mir nicht ge- lungen ist, das ziemlich einförmige Bild, welches wir bisher von der geologischen Zusammensetzung Lykiens hatten, zu einer mannigfaltigen Erscheinung auszubilden, so wird sich doch vielleicht zeigen, dass wir diese Einförmigkeit nicht als einen zweifellosen Ausdruck der that- sächlichen Verhältnisse, sondern vielmehr der Schwierigkeit auffassen dürfen, diese Verhältnisse zu entziffern, und endlich lassen sich selbst aus dem fragmentarischen Zustand unserer heutigen Kenntnisse schon manche Anschauungen ableiten, welehe nicht ohne jegliches allgemeineres Interesse sind. Vor Allem aber scheint es mir für Jeden, der in schwieriger zugänglichen Gebieten Untersuchungen angestellt hat, eine Art von Pflicht zu sein, die dabei gemachten Wahrnehmungen nach Massgabe von Zeit und Umständen zu veröffentlichen, unbekümmert um deren grössere oder geringere Wichtigkeit und unbeeinflusst von der Rücksicht auf den Grad der Theilnahme, der dafür augenblicklich von Seiten seiner Fachgenossen oder gar noch ferner stehender Personen zu erwarten ist. 286 Emil Tietze. [4] Ueber die dem Aufsatze beigegebene Karte. Es kann wohl nur bei Wenigen eine ausreichende Kenntniss von den Einzelheiten der Topographie des zu beschreibenden Landes voraus- gesetzt werden, so dass also die zu machenden Mittheilungen zum grossen Theile ohne die Beigabe einer geeigneten Karte unverständlich bleiben müssten, zumal die Mehrzahl der Leser über Lykien, wie über irgend einen anderen Theil Kleinasiens sich schwerlich anders als durch Benützung der allgemein verfügbaren Karten kleineren Massstabes zu orientiren im Stande sein dürften. Es hätte nun durch die Beilage einer rein topographischen grösseren Karte dem angedeuteten Mangel abge- holfen werden können, und dieser Vorgang wäre insofern zulässig ge- wesen, als zur Herstellung einer geologischen Karte des ganzen Gebietes die von mir gemachten Wege allein nicht berechtigten. Indessen konnte ich ja gerade für die Karte die. Gesammtheit der mir vorliegenden geologischen Daten über Lykien berücksichtigen, und da eine solche Karte nicht erwarten kann, für ein Detailbild zu gelten, durfte ich ver- suchen, auch den Lesern meines Aufsatzes eine, wenn auch nur rohe bildliche Uebersicht über die ungefähre räumliche Vertheilung der Lykien zusammensetzenden Bildungen zu verschaffen, ohne übrigens dafür ein besonderes eigenes Verdienst zu beanspruchen. Eine den Umständen entsprechend geradezu vorzügliche topogra- phische Grundlage für diese Karte war in der neuen, von H. Kiepert entworfenen Specialkarte von Lykien im Massstabe von 1 : 300.000 ge- geben, welche die Ergebnisse der früheren Forschung mit den Jüngsten Angaben der österreichischen Archäologen combinirt hatte, und zu welcher (Wien 1884 bei Gerold) übrigens noch besondere Erläuterungen gedruckt erschienen sind. Die Erlaubniss, diese Arbeit zu benützen, ver- pfliehtet mich zu besonderem Danke. Ich liess bei meiner im unmittel- baren Anschluss an diese Karte verfassten Darstellung die ohnehin nicht überall sichere Gebirgszeichnung weg, ebenso eine Anzahl von Namen, welche für das Verständniss der folgenden Beschreibung nicht von Bedeutung waren. Einige wenige Namen kamen hinzu z. B. westlich von Kyaneai) und unbedeutende Aenderungen wurden in der Zeichnung der Flussläufe in der Gegend von Säret und in der Gegend zwischen Korydalla und Gagai, sowie bei Baschkoz und Arykanda vorgenommen. Im Uebrigen blieb die Karte eine vereinfachte Copie eines Theiles der Kiepertschen, welche letztere nämlich einen grösseren Raum zur Darstellung bringt und namentlich nach Norden und Westen weiter greift, als die hier mitgetheilte Orientirung. Die geologische Colorirung der auf diese Weise gewonnenen topo- graphischen Unterlage weist im Vergleich mit der einzigen und ersten geologischen Karte, die wir von Lykien besitzen und welche in dem bekannten Werk von Spratt und Forbes (Travels in Lycia, Milyas and the Cibyratis, in 2 Bänden, London 1847) publieirt wurde '), aller- dings einige Aenderungen auf; sehr bedeutend sind diese Aenderungen jedoch nicht ausgefallen, und wenn man zu der Voraussetzung berechtigt !) Die dem grösseren Werke Tschichatscheff's beigegebene geologische Karte von Kleinasien geht bezüglich Lykiens nicht über die Darstellung der englischen Autoren hinaus und reproduceirt dieselbe nur in einem viel kleineren Massstabe. [5] Beiträge zur Geologie von Lykien. 287 gewesen wäre, dass das treffliche Werk der genannten englischen Autoren sich in den Händen aller meiner Leser befände, so hätte mir die Colorirung einer neuen Karte beinahe überflüssig erscheinen. können. Für alle die Punkte, welche ich nicht selbst zu besuchen Gelegenheit fand, musste ich ja so wie so auf die erwähnte Karte zurückgreifen, wenn ich mir auch erlaubt habe, die Reproduction derselben an einigen Stellen mehr mit dem Texte der Autoren in Uebereinstimmung zu bringen, als dies bei dem Original der Fall war, für die Gebiete jedoch, die ich selbst gesehen, wurden meist nur unwesentliche Abänderungen nothwendig. Die letzteren beruhen zum Theil auf einer anderen Deutung mancher Gebilde, wie ich denn beispielsweise der Annahme neogener Süss- wasserschichten im Thale von Kasch und oberhalb Fineka vorläufig nicht beipfliehten konnte. Die flyschartigen Gebilde, welche Spratt und Forbes von den Kalken der Scaglia, wie sie den eocänen Kalk Lykiens nannten, nicht getrennt hatten, versuchte ich, wo es anging, besonders auszuscheiden, ebenso glaubte ich die Anwesenheit von Hippuriten- Kalken innerhalb der grossen Kalkentwicklung des Landes markiren zu sollen. Die Hauptmasse dieser Kalkentwicklung wurde jedoch provisorisch zum Eocän gebracht, obgleich sich für diese Auffassung nur stellenweise sichere Anhaltspunkte ergaben. Die quartären Absätze, welche in der genannten älteren Karte sämmtlich mit einer Farbe bezeichnet waren, liessen mit Leichtigkeit wenigstens eine Trennung in den bei Adalia entwickelten Travertin und in die aus Löss und Schotter bestehenden Beckenausfüllungen zu. Was die Eruptivgesteine anlangt, so habe ich, dem Vorgang der älteren Autoren entsprechend, den Ser- pentin nicht weiter von den anderen, mit ihm stellenweise verbundenen Gesteinen (Gabbro, Diorit ete.) getrennt. Da die Kenntniss über die Punkte des Auftretens dieser Gesteine etwas erweitert wurde, so kam dies auch auf der Karte zum Ausdruck. Ausser meinen eigenen Beobachtungen kamen dabei zwei Angaben der Herren Benndorf und v. Luschan zur Geltung. Herr Benndorf theilte mir mit, dass er bei einer in der zweiten Hälfte des Sommers 1882 unternommenen Reise in der Gegend von Beibunar im obersten Gebiet des Alaghyr-tschai Serpentin und bunte grünliche und rothe Gesteine angetroffen habe, und der Arzt der Expedition, Herr v. Luschan fand eine isolirte Serpentinkuppe südöstlich von Gjöben bei der Reise von Makri nach dem Xanthos-Thale, wie er mir kurz nach unserem Zusammentreffen in GJöl-Baschi mittheilte, welchen Ort er auf dem Landwege von Makri aus erreicht hatte. Herr Dr. v. Luschan hat seit meiner Abreise aus Lykien noch nach verschiedenen Richtungen das Land durchstreift und dabei viel- leicht Gelegenheit gehabt, noch weitere Beobachtungen anzustellen, welche sich für den Entwurf einer geologischen Karte verwerthen liessen. Ich bin jedoch nicht in die Lage versetzt worden, dies beurtheilen zu können. Es muss mir also genügen, ein möglichst vollständiges Bild von dem heutigen Stande unserer Kenntniss mit der verfassten Karte wenigstens angestrebt zu haben. Allgemeine Orientiruug. Die Iykische Halbinsel nimmt einen grossen Theil der süd- lichen Küstenlandschaften Klein-Asiens ein und gehört bekanntlich der 288 Emil Tietze. [6] westlichen Hälfte dieses Küstenstriches an. Im Süden von dem zwischen den Inseln Rhodus und Cypern gelegenen Theil des mittelländischen Meeres, im Westen von dem Golf von Rhodus mit seiner Verzweigung, der Bucht von Makri, begrenzt, im Osten von den Gewässern des pam- phylischen Golfes bespült, hängt sie nur im Norden, obsehon dort in breiter Erstreckung, mit der kleinasiatischen Landmasse zusammen. Sie selbst weist keine im Verhältnisse zur Gesammtmasse des Landes bedeutendere Küstengliederung auf und entbehrt tiefeingreifender Buchten sowohl, wie sehr weit in's Meer hinausragender Vorgebirge, doch sind ihre Küstenumrisse, wie das bei einem gebirgigen Lande vorauszusetzen ist, keineswegs völlig einfach oder abgerundet. Den weitesten Vorsprung im Westen stellt das Cap Angistro auf der Südostseite des Golfes von Makri vor. Im Süden liegen der Küste eine Menge kleinerer Inseln und Felsklippen vor, unter denen die fast ausschliesslich von Griechen bewohnte Insel Kastelloryzo (Megiste) und die heute nur zeitweise von Hirten besuchte Insel Kekowa (Dolichiste) die bedeutendsten sind. Die Buchten von Kalamaki, Andifilo, die Assar- Bai, die Bucht von Tristoma mit dem Canal von Kekowa, die Jali-Bai und die Bucht von Andraki sind die bemerkenswerthesten Einschnitte in diesem Küstenstriche. Etwas weiter östlich tritt die Küste zwischen den Vorgebirgen Fineka und Chelidonia wiederum etwas zurück und das Cap Chelidonia bildet mit einer kleinen, ihm vorliegenden Insel- gruppe den südöstlichsten Vorsprung des Landes. Von hier an verläuft die Küste nahezu in nördlicher Richtung bis nach Adalia, nur in den Vorgebirgen von Adratschan Burun und Avoya der See einige wellen- brechende Pfeiler entgegenstellend, welche die hier mehr annähernd seradlinige Erstreekung der Steilufer unterbrechen. Dieser Theil der Küste weist auch nur wenige ihm vorgelagerte Inselchen auf; nur das Eiland Garabusa, nicht sehr weit vom Chelidonia-Cap, und die Insel Raschat, nicht weit von Adalia, sind hier zu erwähnen; einige ganz kleine Klippen, wie die Tria Nisia in der Mitte zwischen den Caps Avova und Adratschan Burun, sind kaum der Rede werth, ausser es handelt sich darum, die Fortsetzung der lykischen Formationen im Hinblick auf die Beschaffenheit dieser Klippen eine Strecke weit bis unter das Meer zu erweisen. Wie sehon angedeutet und wie übrigens allgemein bekannt, ist Lykien fast durchaus ein Gebirgsland. Vielleicht höchstens mit Aus- nahme der syrischen und thessalischen Küsten treten nirgends im ganzen Mittelmeergebiete, nicht einmal am Abfall der Appeninen bei Spezzia oder an der kaukasischen Seite des Pontus, so hohe Kettengebirge verhältnissmässig so nahe an das Meer heran, wie stellenweise gerade an der Südküste Klein-Asiens, wo die mächtigen Massen des Taurus als wahres Küstengebirge entwickelt sind. Wer sich dorthin begibt, dessen Auge wird schon von Rhodus aus durch den Anblick der in der Ferne auftauchenden Schneegebirge gefesselt, welche im Nordosten den Horizont begrenzen. Vergleichbar der Scenerie auf den oberitalienischen Seen ist dann das Panorama der Hochalpen, die sich im Hintergrunde der Bucht von Makri auf- thürmen, und eine Landschaft von überraschender Grossartigkeit tritt dem Beschauer bei einer Fahrt längs der Ostküste Lykiens vor die Beiträge zur Geologie von Lykien. 289 Augen, wo inmitten einer Reihe trotzig und schroff dieht über der Küste ansteigender Bergkolosse sich besonders die Conturen des mächtigen, etwa 7800 Fuss hohen Trachtali dem Gedächtniss des Reisenden ein- prägen. Gerade diese schroffen, von vornherein und schon aus der Ent- fernung an Kalkgebirge gemahnenden Conturen sind für die Erhebungen der Iykischen Halbinsel charakteristisch; die gleichfalls hohen Ketten, die östlich von Adalia den pamphylischen Golf einsäumen, zeigen bereits den ruhigeren Charakter, wie er den Kammlinien der Schiefergebirge eigen zu sein pflegt. Bedenkt man, dass die höchsten Gipfel Lykiens, wie der Ak Dagh, der Bei Dagh und andere eine Höhe von 10.000 Fuss und darüber erreichen, und dass die Entfernung selbst dieser mehr im Innern der Halbinsel gelegenen, aber vielfach vom Meere aus sichtbaren Spitzen von der Küste kaum 30 Kilometer übersteigt, so begreift man wohl leicht, dass bei der unendlich viel grösseren Massenentwicklung dieser vielgipfligen Hochgebirge der Anblick selbst des höchsten unter den mediterranen Küstengipfeln, dass auch die Ansicht der langgestreckten riesigen, aber einförmigen Pyramide des Aetna einen Vergleich mit der Scenerie an diesem Theil der kleinasiatischen Mittelmeerküste nicht bestehen kann. Von diesem Gebirgslande nun, von welchem wir bisher nur die äusseren Umrisse bezeichnet haben, auch in Bezug auf sein Inneres eine kurze Uebersicht zur topographischen Orientirung zu geben, ist wohl bei einem geologischen Bericht unerlässlich, schon deshalb, weil bisher, wie schon gesagt, nur wenige gerade der geologischen Leser dieses Aufsatzes Gelegenheit gehabt haben dürften, sich mit den oro- graphischen und hydrographischen Einzelheiten eines so wenig besuchten Gebietes zu beschäftigen. Allein ich muss im Hinblick auf die schon Eingangs betonte Spärlichkeit und theilweise Zusammenhangslosigkeit meiner Beobachtungen darauf verzichten, diese Orientirung auf eine von ‚geologischen Anschauungen beeinflusste Grundlage zu stellen, wie sie bei einigermassen klargestellter Tektonik der ganzen Halbinsel sich gestalten würde und für welche erst in den Schlussbemerkungen dieses Aufsatzes einige Elemente sich werden hervorheben lassen. Die etwas genauere Kenntniss einzelner Theile des Gebietes hilft da nichts. Wenn wir eine vorgeschrittenere topographische Aufnahme Lykiens besässen, so würden sich schon aus dieser wenigstens die wichtigsten Kammlinien der Gebirge und deren Verhältniss zu den Entwässerungslinien erkennen lassen; wie gross aber auch der Fort- schritt sein mag, der insbesondere auch den Reiseaufzeichnungen der beiden letzten österreichischen archäologischen Expeditionen in topo- graphischer Hinsicht zu verdanken ist, ein Fortschritt, der in jener schönen, die Gesammtheit unserer topographischen Kenntnisse von Lykien zusammenfassenden Arbeit Kiepert's sehr deutlich zum Ausdruck kommt, so darf man doch nicht vergessen, dass immer noch relativ grosse Strecken der Halbinsel nie von gebildeten Reisenden betreten, viele Gipfel nie gemessen oder nicht einmal geschätzt wurden, und dass die Terrainzeichnung der Karten, welche die Summe der von den Reisenden ermittelten, oft ungleichwerthigen Einzelheiten in derartigen Gebieten Jahrbuch der k. k, geol. Reichsanstalt.' 1885. 35. Band. 2. Heft. (Emil Tietze.) 37 ER 77 990 Emil Tietze. [8] graphisch zusammenzufassen trachtet, ganz naturnothwendig sich in erster Linie den Wasserläufen anzupassen pflegt, ein Vorgang, der als provisorisches Auskunftsmittel stets volle Geltung beanspruchen darf, der aber oft zu irrthümlichen Vorstellungen über den Bau und die Richtung der Gebirge führt. Ueberdies gehört den bisherigen Erfahrungen nach gerade Klein- asien zu den Ländern, in welchen die bestimmenden geodätischen und tektonischen Linien nicht überall leicht aufzufinden oder aus einer kleinen Zahl von Einzelbeobachtungen zu erschliessen sind. Die ver- schiedenen Kammriehtungen scheinen auf den ersten Blick keiner einheit- lichen Ordnung anzugehören. Es mag das schliesslich wieder einer complieirten geologischen Tektonik zuzuschreiben sein, wie denn auch das geologische Bild von Kleinasien, soweit es uns bisher namentlich durch Tsehichatscheff’s verdienstliche Forschungen enthüllt ist, auf der von diesem Forscher entworfenen geologischen Karte sich als ein überaus unregelmässiges und sozusagen zerfahrenes darstellt. Die Tektonik aber der Iykischen Halbinsel ahmt im Kleinen, soweit ich das beurtheilen kann, die Complieirtheit der Verhältnisse nach, welche in dieser Beziehung auf der ganzen kleinasiatischen Land- masse herrschen, im merkwürdigen Gegensatz zu der ziemlich weit- sehenden, wenn auch vermuthlich nicht stratigraphischen, so doch petrographischen Einförmigkeit, welche, wie sich ergeben wird, in Lykien besteht, und daher mag es wohl kommen, dass auch das Gebirgs- gerüst dieses Landes nichts weniger als leicht zu übersehen ist. ' Im Hinblick auf diesen Zustand der Dinge mag man sich immer- | R hin mit einer rein äusserlichen Auffassung begnügen und darf sich mit der Darstellung befreunden , welehe Professor O. Benndorf von jenem Gebirgsgerüst (l. e. pag. 28) entworfen hat, eine Darstellung, die um so mehr anzieht, als Benndorf die Eigenthümlichkeiten der früheren geschichtlichen Entwicklung des Landes in kurzen, aber meisterhaft entworfenen Zügen uns im Anschluss an die Schilderung der physischen Natur desselben Gebietes vorgeführt hat. Danach „bestimmt das vom Continent gegen das Meer vorgescho- bene, gegen 4000 Fuss hohe ausgedehnte Plateau von Elmalü der heutigen Centralstadt des Landes, welche ziemlich genau in der Mitte der Sehne Makri-Adalia liegt“, den Bau des Landes. Concentrisch zur Küsteneontur werde dies Plateau von mächtigen Alpenketten umsäumt, von welchen im Westen der Massikytos, im Süden der Susuz-Dagh, im Osten der Kirkbunar und Bei-Dagh als besonders wichtige Erhe- bungen zu erwähnen sind, und welche Benndorf gewaltigen Bastionen vergleicht, die sich um eine hohe Festung aufbauen. Den drei Haupt- richtungen entsprechend , nach welchen sich jene Gebirge nach aussen verbreiten, „senden sie ihre Gewässer in drei grosse Thäler, welche sie wie Festungsgräben umgeben: das nordsüdliche Xanthusthal im Westen, das mit ihm ungefähr parallele Alaghyrtschaithal im Osten und das quer von West nach Ost streichende Dembretschaithal im Süden. Alle übrigen Hochgliederungen des Landes, welche die umlaufende Zone zwischen ihnen und der Küste ausfüllen, mögen sie nun jene Flusstheile als Ausläufer der zurückliegenden Hauptgebirge von einander scheiden oder dieselben als selbstständige Massen nach dem Meere zu begrenzen, [9] Beiträge zur Geologie von Lykien. 291 verhalten sich zu den Centralerhebungen wie niedrige Vorwerke, so die lange Solymerkette im Osten, welche von Termessos und Adalia bis zum Chelidonia-Cap sich hinzieht, so die inselartig isolirte Gruppe des Kragos und Antikragos im Westen und das von Patara bis Phellos massiv verlaufende Strandgebirge im Süden, das sich dann gegen Osten in das bis Myra reichende Dembreplateau abdacht und verbreitert.“ Damit sind jedenfalls die wichtigsten Erhebungen des Landes genannt. Höchstens ist hier noch hinzuzufügen, dass das sogenannte Centralplateau von Elmalü in geotektonischer Beziehung nicht überall mit Sicherheit als eigentliches Plateau angesprochen werden darf, da sein ebener Charakter wohl mehr durch nivellirende jüngere Ausfüllungs- massen, als durch die Art des Aufbaues seiner älteren Grundlage bedingt wird. Ob ferner die Massen des (südöstlich von Emalü gelegenen, nicht mit der gleichnamigen Spitze des Massikytos zu verwechselnden) Ak-Dagh, des Kirkbunar und des Bei-Dagh sich nicht in ihrer Streichungs- richtung (selbst im blos orographischen Sinne) an die Kette des Susuz- Dagh werden anschliessen lassen, in welchem Falle dann die Begrenzung des Plateaus von Elmalü gegen die lykischen Küsten zu nicht eine so regelmässig dreiseitige wäre, will ich hier nicht entscheiden. In jedem Falle ist die Richtung des Susuz-Dagh keine rein westöstliche, sondern verläuft von SW nach NO, so dass unter Voraussetzung einiger kleiner Schwenkungen und Biegungen des Streichens die genannten anderen Gebirge recht gut als tektonische Verlängerungen des Susuz-Dagh gedacht werden könnten. Gerade da stehen wir aber mit unseren Vermuthungen leider auf völlig unbekanntem Boden, da die betreffenden Gebirge von Reisenden entweder nur aus der Ferne beobachtet oder auf Grund von Erkundigungen in die Karte gebracht wurden. Was die Wasserläufe des Landes anbelangt, so wäre vor Allem noch zu erwähnen der etwas westlich vom Alaghyr in das Meer mün- dende Baschkozfluss, der Arykandus der Alten (bei Tschichatscheff, _ Asie mineure, geogr. ph. Paris 1853, pag. 269, auch als Orta-Tschai bezeichnet) und im Anschluss daran der ganz im Innern der Halbinsel zwischen dem Susuz-Dagh und Massikytos verlaufende Ak-Tschai, dessen Beziehungen zum Baschkozfluss wir im Verlauf der späteren Beschreibung noch erörtern werden. Es wäre ferner zu bemerken, dass der Verlauf des Ak-Tschai in einem Längsthale gewiss, der Verlauf des Alaghyr und insbesondere der grösseren südlichen Erstreckung des Xanthus in annä- hernden Längsthalrichtungen wenigstens grossentheils nicht unwahrschein- lich ist, und dass hingegen der Dembre-Tschai mit seinen Zuflüssen, unter denen der Fellen-Tschai und der Jaillani-Tschai besonders hervor- zuheben sind, abgesehen von der Längsthalstrecke bei Kassaba, sich vielfach in Querthalstrecken bewegt, ebenso wie die Schlucht des Baschkoztschai keinesfalls ein reines Längenthal darstellt. Fügen wir. noch hinzu, dass im Innern der Halbinsel in der Um- gebung von Elmalü einige Süsswasserseen vorkommen, unter denen der Awlan-Göl der bedeutendste ist, so haben wir die Darstellung der wich- tigsten topographischen Grundzüge des Landes, soweit dies bis jetzt thunlich, wenigstens in rohen Umrissen erschöpft und können uns der Betrachtung zunächst der gewonnenen Einzelergebnisse zuwenden. 30: 292 Emil Tietze. [10] Die Umgebung von Makri. Ohne direeten localen Zusammenhang mit der Hauptmasse meiner Beobachtungen stehen die wenigen Wahrnehmungen, welche ich bei kurzen Besuchen der Städte Makri und Adalia, also an den beiden Endpunkten im Westen und Osten des zu beschreibenden Gebietes, zu machen Gelegenheit hatte. Sie mögen deshalb gleich hier ihren Platz finden, damit es nicht etwa nöthig werde, die spätere, mehr dem localen Zusammenhange der zu beschreibenden Objecte sich anpassende Schil- derung durch Einschaltungen an unpassender Stelle zu unterbrechen. Die innerste Bucht des Golfes von Makri, welche den grossen, geräumigen, für eine ganze Flotte geeigneten Hafen dieser kleinen Ortschaft vorstellt, gleicht einem grossen Binnensee, so sehr verhindern die verschiedenen Landvorsprünge im Verein mit einer am Eingang dieser Innenbucht gelegenen Insel den Ausblick auf das offene Meer. Öbschon riesige Bergkolosse den Hintergrund der Landschaft, von Makri aus gesehen, abschliessen, sind doch die den Hafen zunächst umgebenden Erhebungen nur von mässiger Höhe. Dieselben bieten jedoch ein eigenthümlich wechselvolles Bild dar. Schon Spratt und Forbes in ihrem schon eitirten vorzüglichen, wohl noch für lange Zeit als Grundlage weiterer Forschungen zu benützenden Werk: Travels in Lyeia (1. Bd. London 1847, pag. 4) machen auf den Contrast der Färbungen aufmerksam, die diese Erhebungen zeigen, ein Gegensatz, der sich auf die verschiedene Zusammensetzung der be- treffenden Berge zurückführen lässt. Die kleine Halbinsel nämlich, welche, nach Norden sich erstreckend, den Hafen im Westen begrenzt, sowie die etwas höheren Hügel im Norden der Hafenbucht jenseits des breiten, von Osten kommenden, hier mündenden Thales bestehen aus Serpentin und zeichnen sich durch eine auffallend bräunlichrothe Färbung aus, wie sie den meisten Iykischen Serpentinbergen eigen ist, während die Berge im Süden der Hafenbucht, sowie auch im Süden der genannten Halbinsel aus Kalkstein bestehen, dessen graue Gesteins- färbung wesentlich von dem lebhaften Colorit der Serpentinberge ab- weicht. Unterschiede in den Gehängeformen und der Vegetation (die Kalkberge sind mit buschigem Laubholz bewachsen, während auf den Serpentinhügeln vielfach Kiefern vorkommen) helfen dann den Gegen- satz innerhalb der Landschaft noch deutlicher machen. Nach Tschichatscheff würden die Serpentine an der Nordseite des Hafens von Makri (Asie mineure, geologie, T. I, Paris 1867, pag: 419) sich bis in das Thal des Euren-Tschai (Xanthus) forterstrecken, wo dieser Reisende sie etwa 2 Stunden südlich vom Dorf Eurenkoi beobachtet hat. Trotzdem ist diese Serpentinpartie von viel beschränk- terem Umfange als die vielleicht mit ihr zusammenhängende Eruptiv- bildung, welche im Westen des Golfs von Makri (hierunter ist wieder die grössere Bucht und nicht die Hafenbucht zu verstehen) bei Dalaman und in der Umgebung des Keudschez-Sees angegeben wird, oder als die Serpentinmasse, welche mehr nördlich im Innern des Landes an der Grenze von Karien und Pisidien bei Khorzum vorkommt. Tschichatscheff beschreibt die Serpentine südlich von Eurenkoi als bald weisslich und mager anzufühlen und dann mit kleinen dunklen Tupfen versehen oder als einförmig grünlich und schwärzlich mit ei, [11] Beiträge zur Geologie von Lykien. 293 leuchtender, fettiger Oberfläche. Jene weisslichen Gesteine dürften wohl als Magnesit oder magnesitische Zersetzungen aufzufassen sein, wie sie in Serpentingebieten so häufig vorkommen. Jedenfalls fehlen dem Serpentin bei Makri auch andere Mineralien nicht, durch welche sich Serpentingebiete besonders auszeichnen, und unter diesen ist in erster Linie das Auftreten von reichen Chromerzen zu erwähnen, welche in den Bergen auf der Nordseite des Hafens bereits Gelegenheit zu bedeutender Ausbeute gegeben haben. Erst seit den letzten Jahren (seit 1879) wurden diese Erze (wie ich hörte, für die englische Firma Patterson in Smyrna) gewonnen und schon gehen jährlich 6—8 Dampfer von 1000—2000 Tonnen Gehalt mit solchen Erzen beladen von Makri ab. !) Wenn ich recht unterrichtet bin, sind es gerade diese kleinasiatischen Vorkommnisse, welche der be- ginnenden Entwicklung unserer bosnischen Chromrohproducetion bei der mehr binnenländischen Lage der bosnischen Serpentine einigermassen im Wege stehen. Ob sich hier bei Makri in den Serpentinen auch Eisenerze (nament- lich Eisenglanz) in so reichlichem Maasse finden, wie dergleichen nach Tschichatscheff in dem vorher kurz erwähnten nördlicher gelegenen Serpentingebiet bei Khorzum vorkommen, weil sie nach demselben Autor das Material für das im Alterthum berühmte Eisen von Cybira geliefert haben könnten, vermag ich nicht anzugeben. Bei der vorzüglichen Lage des Platzes würden auch solehe Erze mit Vortheil abgebaut werden können und hätten nicht nöthig, das Schicksal derjenigen von Khorzum zu theilen, die heute völlig unbenützt bleiben. Herr C. v. John hatte die Güte, die Analyse einer Probe des Chromeisensteines von Makri auszuführen. Der letztere enthält demnach: Cromayaı te 2206028, Percent IKRonerde v7 ea, Eisenoxydalıı 2.732.017 70647°, Masesa, Drake \ALDrZa Summa . . . 10043 Percent Daraus ergibt sich die vorzügliche Qualität des Erzes. Das Eruptivgestein von Makri würde nach der Mittheilung John's, der auch davon Proben untersuchte, ein äusserlich sehr an Serpentin erinnernder Pikrit sein, bestehend aus Olivin und Augit, wobei der Olivin fast vollständig in Serpentin verwandelt ist. Ich nannte es, dem Vorgange der früheren Autoren folgend, allerdings noch Serpentin. Es zeigt sowohl makroskopisch, als mikroskopisch eine Ausbildung, welche mit der der später zu erwähnenden Pikrite der Chimaera im östlichen Lykien übereinstimmt. Dort sind allerdings wieder keine Chromerze bekannt geworden. Die berühmten Felsengräber der antiken Stadt Telmessos, welche südöstlich von Makri in das anstehende Gestein eingehauen sind, be- ') Benndorf beziffert in seinem neuesten im Verein mit Niemann heraus- gegebenen Prachtwerk: Reisen in Lykien und Karien (Wien 1884, pag. 36) nach einer Mittheilung des französischen Consuls in Makri den .Werth des Exportes von dortigen Chromerzen auf jährlich 660.000 Fr. 294 Emil Tietze. 1 2] finden sich an einem Abhange, der schon ausschliesslich aus Kalk be- steht, welcher letzterer auch das Material für die zahlreichen alten Sarkophage geliefert hat, die man in der Nähe von Makri zu Gesicht bekommt. Der Kalkstein ist theils hell und zuckerkörnig, theils aber auf frischem Bruche dunkel gefärbt. Versteinerungen habe ich in dem- selben nicht gefunden. Deshalb kann auch sein Alter nieht mit Sicherheit ermittelt werden, denn wenn man auch bisher gewöhnt war, die Iykischen Kalkberge als dem Eocän angehörig zu betrachten, so werden wir doch weiterhin sehen, dass diese Auffassung keine ausschliesslich berechtigte ist. Die Schichtung des Kalkes ist an den Stellen, wo ich ihn zu sehen Gelegenheit hatte, eine sehr undeutliche, was den Felsen ein grossmassiges Aussehen gibt. Eben dieser Undeutlichkeit der Schichtung wegen liess sich auch das Verhältniss des Kalkes zum Serpentin hier nicht erkennen. Ich besuchte die westlich der Innenbucht gelegene Serpentinhalbinsel, weil ich hoffte, von dort nach Süden vorschreitend, an der Grenze gegen den Kalk einigen Aufschluss über das Lagerungs- verhältniss zu erhalten. Indessen war dieser Versuch erfolglos. Doch ist dies die einzige Stelle in der nächsten Umgebung der Stadt, wo man erwarten durfte, einen solchen Aufschluss zu finden. Die Serpentinberge nördlich von Makri werden, wie schon berichtet, von den südlich vom Hafen und südöstlich davon sich erhebenden Kalkmassen durch eine breite Alluvialebene geschieden. Tschichatscheffs geologische Karte von Klein-Asien ist nämlich hier insoferne ungenau, als der Ver- fasser an Stelle dieser Alluvialebene einen Streifen von Eocänkalk ein- zeichnet, was vielleicht durch den Umstand veranlasst wurde, dass die geologische Karte Lykiens von Spratt und Forbes, welche alle Hochgebirgskalke des Landes weiss gelassen hat, auch diese Alluvial- ebene nicht colorirt aufweist, so dass bei Benützung der Karte ein Missverständniss leicht entstehen konnte, obschon derselbe Autor in seinem Text (l. e., pag. 419) den sumpfigen Charakter jener von ihm für diluvial angesprochenen Ebene selbst hervorhebt. Diese sumpfige Beschaffenheit bewirkt, nebenbei gesagt, während der Sommerszeit die schlechten Gesundheitsverhältnisse des sonst einen so wundervollen Aufenthalt bietenden Ortes. Ob und inwieweit der Grad dieser Versumpfung ein wechselnder ist und mit den eigenthümlichen Verhältnissen der schwankenden Strandlinie bei Makri zusammenhängt, in Folge etwa der dadurch herbeigeführten zeitweiligen Beschleunigung oder Verlangsamung des Gefälles der von den Bergen herabkommenden Gewässer, will ich nicht untersuchen. Thatsache jedoch ist, dass die Verhältnisse jener Strandlinie sehr merkwürdige sind und deshalb schon den meisten der bisherigen Beob- achter auffielen. Ich selbst sah in der nächsten Nähe von Makri alte Sarkophage, die augenscheinlich an ihrem ursprünglichen Platze sich be- finden, ganz oder theilweise unter Wasser gesetzt; wir hatten jedoch leider nicht mehr Zeit, genaue Untersuchungen längs der Küste vorzunehmen oder die Tiefe der betreffenden Punkte zu messen. Schon Charles Fellows (Ausflug nach Kleinasien und Entdeekungen in Lykien, über- setzt von Zenker, Leipzig, Dyk’sche Buchhandlung, das englische Original von 1839) hat aber die wichtigsten der hierüber zu machenden [13] Beiträge zur Geologie von Lykien. 295 Beobachtungen mitgetheilt. Er sah insbesondere einen zum Theil im Wasser stehenden Sarkophag, welcher bis zu einem Drittel seiner Höhe über dem Wasser von Bohrmuscheln angebohrt war , ein Beweis, dass das Wasser in der Bucht von Makri wohl seit der Zeit der Errichtung der (meist ziemlich hohen) Sarkophage gestiegen ist, dass aber dennoch der heutige Wasserstand wieder niedriger ist, als er seit historischer Zeit schon einmal war. Mit dieser Thatsache, welche, selbstverständlich ohne dabei die Möglichkeit eigener Bewegungen des Festlandes auszuschliessen, zu der Annahme eines oscillirenden Seespiegels an dieser Küste führen kann, stehen anscheinend nicht schlecht in Uebereinstimmung die Angaben, welche Tschichatscheff (Asie mineure, geologie., T. III, pag. 452) über den Wechsel der Fauna in den jüngsten Absätzen derselben Küste gemacht hat, wobei sich dieser Autor auf die Untersuchungen von Spratt und Forbes beruft. Allein die Wiedergabe dieser Unter- suchungen durch den russischen Autor ist keine ganz genaue, und bei der Wichtigkeit, welche in neuerer Zeit die Beobachtungen gewonnen haben, welche sich auf die Veränderlichkeit des Meeresspiegels beziehen, scheint eine Berichtigung in diesem Falle umsomehr geboten, als das schon ziemlich selten gewordene Werk von Spratt und Forbes nicht Jedermann leicht zugänglich sein dürfte. Die beiden englischen Forscher sprechen (l. e., Vol. II, pag. 197) von den Lagunen und Sümpfen, welche an der Grenze der Alluvial- ebene von Makri gegen die Küste zu liegen und von den Veränderungen, denen dieselben bei leicht verschiebbaren physikalischen Bedingungen unterworfen sein können. Sie meinen, wenn eine solche Lagune durch eine Barre gegen das Meer abgesperrt werde, so werde das ursprüng- lich salzige Wasser derselben allmälig ausgesüsst und mit Süsswasser- mollusken bevölkert. In solehen Lagunen findet sich in grosser Menge bei Makri das Cerithium mammillatum, dem sich im Aussüssungsfalle Vertreter der Gattungen Neritina, Melania, Melanopsis, Lymnaeus und Oyclas zugesellen. Werde die Barriere zerstört, so verschwänden in ‚Folge des eindringenden Salzwassers die Süsswasserbewohner und nur das verschiedenen Graden des Salzgehalts sich anpassende Cerithium bliebe übrig oder vergesellschafte sich wieder mit marinen Arten. Würden nun diese Vorgänge complieirt durch alternirende Hebungen und Senkungen des Küstenstrichs, so könnte es geschehen, dass bei einer Hebung des Landes alle Schalthiere untergingen , bei einer Senkung indessen auch das Cerithium von dem Platze, den es einnahm, verschwände, weil auch eine unbeträchtliche Vergrösserung der Wasser- tiefe diesem specifischen Küstenbewohner abträglich sei, trotz seiner sonstigen Gleichgiltigkeit gegen den Salzgehalt seiner Umgebung. An Stelle desselben würden andere Meeresorganismen treten. Eine neue Erhebung jedoch werde neue biologische Bedingungen schaffen und (wohl vorausgesetzt, dass sie den betreffenden Platz nicht wieder ganz auf's Trockene bringt) im Stande sein, dem an geeigneten Stellen der Nachbarschaft sich erhalten habenden Cerithium Gelegenheit zu neuer Ansiedlung zu bieten. Solche Veränderungen, fahren die Verfasser fort, hätten aber bei Makri während der historischen Zeit stattgefunden und „ein Durchsehnitt der Ebene würde zweifellos manche Abwechslungen 296 Emil Tietze. [14] von marinen, brakischen und Süsswasserschichten aufweisen, ähnlich denen , über welche wir soeben nachgedacht haben“. (A section of the plain would doubtless show many alternations of marine, brakish and freshwater strata, similar to those upon which we have been speeulating.) Es handelt sich also hier um eine geistreiche und wahrscheinlich ganz berechtigte Vermuthung, aber doch nur um eine solche. Die englischen Autoren gehen eben von der auf anderem Wege (durch die früher er- wähnten Beobachtungen von Fellows) gewonnenen Annahme der Veränderlichkeit der Strandlinie aus und denken sich darauf im Geiste die Veränderungen aus, welche durch solche Vorgänge in den biologi- schen Verhältnissen der Grenzregion zwischen Meer und Land hervor- gerufen werden dürften, allein es ist ein Missverständniss Tschichat- scheff’s, die Reihenfolge zwischen Voraussetzung und Schluss ‚umzu- kehren und zu behaupten: „Ce sont des indices de ce genre, qui selon MM. Spratt et Forbes demontrent, que les regions littorales de la baie de Makri subissent alternativement des mouvements de depression et d’immersion“, ebenso wie es ein Missverständniss ist, von einem „fossilen oder subfossilen“ Vorkommen des Cerithium mamillatum bei Makri zu reden, denn der Durchschnitt durch die Ablagerungen der Ebene bei Makri ist eben weder später von Tschichatscheff, noch vorher von Spratt und Forbes wirklich gemacht worden. Es handelt sich um Dinge, die, wie die Letzteren sich ausdrücken „not unworthy of our earnest inquiry“, die aber eben deshalb noch keineswegs sicher- gestellt sind. Es ist aber nicht zulässig, blosse Schlüsse, die auf einer angenommenen Voraussetzung aufgebaut sind, als Beweise für die aprioristische Voraussetzung zu nehmen, ein Fehler, für den Spratt und Forbes auch nicht verantwortlich sind. Adalia, Selten wird dem Reisenden, selbst wenn er grosse Theile des Orients durchwandert, ein anziehenderes Bild geboten, als dasjenige, welches sich ihm an einem hellen Frühlingstage auf der Rhede von Adalia darstellt. Links im Westen die wildgezackten, dicht an’s Meer herantretenden Berge der Iykischen Halbinsel, rechts im Osten die ruhigeren Kämme des pisidischen Taurus, alle diese Berge in ihren höheren Theilen mit leuchtenden Schneefeldern bedeckt, und endlich zwischen diesen verschiedenartig gestalteten Seitencoulissen des Hinter- grundes vorne die steil gegen das Meer abfallenden Ufer der pamphy- lischen Ebene durch zahlreiche, jäh in das Meer stürzende Wasserfälle unterbrochen und überragt von den malerischen Mauern und Zinnen einer Festung mittelalterlichen Styls, von schlanken türkischen Minarets und den Häusergruppen einer ansehnlichen, inmitten der üppigsten Gartenvegetation gelegenen Stadt: das ist der Anblick von Adalia. Obwohl im Sinne der alten Geographie nicht mehr zu Lykien gehörig, braucht dieser Punkt bei einer Beschreibung der Iykischen Halbinsel, an deren Nordostende er liegt, um so weniger übergangen zu werden, als der grösste Theil des alten Lykien nach der heutigen politischen Eintheilung Kleinasiens zum Paschalik von Adalia gehört. [15] Beiträge zur Geologie von Lykien. 297 Der Zweck unserer Reise hierher bestand denn auch vornehmlich darin, dem Pascha unsere Aufwartung zu machen und seine moralische Unter- stützung für unsere Expedition zu erbitten. Der Küstenstrich bei Adalia und die Ebene nördlich dieser Stadt weisen die grössten und ausgedehntesten Kalktufflager auf, welche wahr- scheinlich, mit Ausnahme höchstens der merkwürdigen Sinterbildungen bei Maragha in Persien, in allen Europa im weiteren Umfange benach- barten Ländern vorhanden sind. Selbst die hochinteressanten Tuffab- sätze im Herasthal am Demavend oder die Sinterbildungen von Pambuk Kalessi im oberen Maeandergebiet erscheinen geringfügig im Vergleich zu den ähnlichen Ablagerungen an der Nordseite des pamphylischen Golfes. Das ganze, meist etwa SO Fuss bohe Steilufer bei der Stadt und die weite Ebene meilenweit nördlich derselben, bestehen, wie schon alle früheren Beobachter constatirten, aus Travertin. Wir bekommen auf diese Weise den merkwürdigen Anblick eines Jüngeren und, wie hinzugefügt werden darf, in continuirlicher Bildung begriffenen Süss- wasserabsatzes, der direct an das offene Meer grenzt. Nur an einer Stelle (leider wird nicht gesagt, an welcher) fanden Spratt und Forbes (Vol. I, pag. 185) eine abweichende Bildung unterhalb des Kalktuffes dieht an der Küste. In der Höhe von 8 Fuss war dort ein mergeliger Sandstein entblösst, „der sehr das Aussehen einer tertiären Ablagerung hatte und der eine ungestörte marine Tertiär- schicht sein mochte, über welcher die grosse Masse des Travertin liegt“. Für die marine Natur dieser Ablagerung aber konnten die beiden Autoren keinen thatsächlichen Beweis anführen, ebenso wie schliesslich auch das tertiäre Alter dieser Schicht doch nur vermuthungsweise an- genommen wurde. Vergleicht man hierbei aber die freilich etwas allzu allgemein gehaltene Schilderung, welche Tschichatscheff (Asie mineure, geologie, T. III, pag. 208 und 209) von den Süsswasser- bildungen der pamphylischen Ebene entworfen hat, so möchte man glauben, dass daselbst nur Süsswasserbildungen quartären Alters vor- kommen, zu welchen ausser den Kalktuffen auch Mergel, mürbe Sand- steine und Conglomerate gehören. Tschichatscheff beschreibt diese Bildungen als zum Theil fossilführend, zum Theil wieder als gänzlich Jeder Spur organischer Reste entbehrend. In der Gegend zwischen den Dörfern Sewe und Taschewer, einige Meilen östlich von Adalia, noch jenseits des Eurymedon, wurde das recente (ycelostoma Olivieri im Verein mit Physa und Melania in weissen Mergeln gefunden, welche mit mürben Sandsteinen abwechseln und welche sich sogar durch eine nordöstliche Schichtenneigung von 50 bis 60 Graden aus- zeichnen, während dicht bei denselben horizontale, sich bis zur Küste ausdehnende und dort von Sanden bedeekte Conglomerate vorkommen, welche dieselben Schnecken aufweisen. Es wird also wahrscheinlich, dass die von Spratt und Forbes mehr in der Nähe von Adalia beobachtete Bank von mergeligem Sandstein zu den von Tschichat- scheff aus der weiteren Umgebung von Adalia erwähnten Süsswasser- bildungen gehört. Ich meinerseits fand von organischen Resten in dem Kalktuff von Adalia selbst nur Pflanzenspuren und ähnlich scheint dies den früheren Beobachtern ergangen zu sein. Von Bildungen, die von dem Kalktuff Jahrbuch der k. k. geol. Reichsanstalt. 1885. 35. Band. 2. Heft. (Emil Tietze.) 38 298 Emil Tietze. [16] verschieden gewesen wären, habe ich auch nichts gesehen, ausser einem schmalen Streifen marinen Sandes, der sich unterhalb der Tuffterrasse längs des Ufers westlich von Adalia (selbstverständlich nur als An- lagerung) hinzieht. Oestlich der Stadt war die Küste davon ganz frei. Hier, stürzt sich der in zahlreiche Arme getheilte Kataraktes der Alten (also der Wasserfallfluss par excellence) in mehreren pittoresken Wasserfällen, zum Theil kurz vor seinem Ende noch Mühlen treibend, über die steile Felswand herunter. Ich zählte 13 solcher übrigens schmaler Wasser- stürze im Gesichtskreis der Rhede von unserem Schiffe aus. Da das Wasser dieses wenige Meilen oberhalb der Stadt entspringenden Flusses sehr kalkhaltig ist, ebenso wie das der anderen die pamphylische Ebene durchziehenden kleineren Flüsse, so haben diesem Umstande sowohl Spratt und Forbes, als später Tschichatscheff mit Recht die Bildung des Travertin zugeschrieben. Wie bei Flüssen, die soviel Material absetzen, nicht anders zu erwarten ist, treten von Zeit zu Zeit Verschiebungen der Wasserläufe ein. Wäre dies nicht der Fall, so könnte ja auch die Travertinterrasse, von der wir sprachen, keine so annähernd gleichmässige Oberfläche besitzen. Dies ist aber jedenfalls auch die Ursache davon, dass die heutige Mündungszone des Kataraktes nicht zusammenfällt mit den nach Strabo’s Angaben westlicher gelegenen Mündungsstellen desselben Flusses im Alterthum. Die Lösungsfähigkeit der vermuthlich sehr kohlensäurehältigen Gewässer dieser Gegend und andererseits die relativ leichte Löslichkeit des Kalktuffes bringen die Bildung von Tropfsteinen mit sich, welche allenthalben an der Steilküste in kleineren oder grösseren Massen herab- hängen. Eine besonders mächtige Partie davon, welche die älteren Tuffgebilde geradezu überkleistert, fndet man gleich westlich von dem kleinen alten Hafen beim Aufstieg zum Hause des Pascha-Gouverneurs, beziehentlich zu dem dahinter gelegenen Konak. Gelangt man im Norden von Adalia hinter den Häusern der Stadt in’s Freie !), so gewahrt man in einiger Entfernung inmitten der Ebene die Abstürze ähnlicher Terrassen, wie diejenige, welche das Ufer bei der Stadt bildet. Aehnlich schreiben auch Spratt und Forbes: „At various distances inland, there is a repetition of heights, resembling the line of these cliffs.“ Da wir selbst nieht die Zeit übrig hatten, um die Beschaffenheit dieser inneren Terrassen zu untersuchen, so bat ich Herrn Dr. Luschan, der späterhin bei seinen fortgesetzten Aus- fligen in Klein-Asien noch Gelegenheit haben sollte, sich länger in Adalia aufzuhalten, mir darüber Mittheilung zu machen. Diese Terrassen stellten sich nun, wie mir Herr Luschan berichtet, als aus demselben Tuff bestehend heraus, der bei Adalia vorkommt. Dies Ergebniss scheint im besten Einklange zu stehen mit den von C. Ritter (Erdkunde, 19. Theil, Bd. IX, Theil 2 von Asien, pag. 664) reprodueirten Angaben A. Sehönborn’s. Es heisst daselbst, dass „die pamphylische Ebene, genauer genommen, keine vollständige Ebene, sondern eine Reihe von a. früher erwähnte üppigere Gartenvegetation beschränkt sich auf das Weichbild der Stadt und die Umgebung der Mündungsstellen des Flusses; die weitere Umgebung der Stadt erscheint einigermassen öde und kahl. 7 er te ne Pen cd ati \ 4 | [17] Beiträge zur Geologie von Lykien. 299 Stufenabsätzen (Schönborn gibt ihrer vier an) bildet, die in ver- schiedenen abnehmenden Niveaus gegen die Meeresfläche zu sehr steil, wenn auch nicht hoch, abfallen, von denen aber die östliche Hälfte, welche den Taurusbergen noch zunächst liegt, gegen den Aksu durch mehrere breite und tiefe, in die Ebene eingeschnittene Thäler durch- fureht ist, die gegen Osten hinziehen und auch die Wässer dahinwärts lenken.“ Der Boden, über welchen Schönborn beim Durchschreiten dieser Stufenabsätze dahinzog, war überall ein wie zerfressen erschei- nender Kalktuff mit eingeschlossenen Pflanzenresten. Diese Terrassen sind nun wegen ihrer Aehnlichkeit mit dem Steil- abfall der Küste bei Adalia von besonderem Interesse. Es scheint, dass man es da mit einer Reihe von alten Küstenlinien zu thun hat, weil sich sonst für diese Terrainform keine Erklärung bietet. Die Flüsse der Ebene, obschon sie die Bildner des Tuffs waren, sind augenscheinlich für die Herstellung gerade der Terrassenform nicht verantwortlich zu machen, wie einmal aus der zu den Conturen des Golfes concentrischen Erstreckung der betreffenden Steilabfälle und sodann direct aus den Beobachtungen Schönborn’s über das Einschneiden der Wasserläufe quer in die Terrassen hervorgeht. Die Bildung der pamphylischen Ebene bietet im Hinblick auf alle die erwähnten Thatsachen ein ziemlich complieirtes Problem dar. Sind jene Terrassen alte Küstenlinien, correspondirend dem Steilabsturz der heutigen Küstenlinie, so ist das Meer gleichsam etappenweise im Laufe der quartären Periode an dieser Küste zurückgewichen. Man könnte sich ja einbilden (müsste dies aber erst durch specielle Untersuchung erweisen), dass der Tuff der landeinwärts gelegenen Terrassen nur eine Ueberkrustung älterer mariner Terrassen sei, deren Grundlage auch aus älteren Sedimenten bestünde. Dem widerspricht aber bis auf einen gewissen Grad das Einschneiden der Flüsse in die inneren höheren Terrassen, welche schon ihre Tuffdecke erhalten haben müssen, ehe die den Tuff absetzenden Flüsse ein tieferes Niveau aufsuchten. Es müssen also die inneren Terrassen je einmal den Anblick der heutigen letzten Küstenterrasse geboten haben, bei welcher die Erhöhung durch den Tuffabsatz der Wasserläufe noch vor sich geht. Es können also die betreffenden Steilabstürze nieht durch vorquartäre Terrainformen ur- sprünglich bedingt sein, wenn auch denkbar ist, dass thatsächlich eine terrassirte ältere Unterlage hier existirt, welche aber erst durch das schrittweise Zurückweichen des Meeres während der beginnenden Ueberkrustung der jeweiligen Abschnitte des trocken gelegten ebenen Meeresgrundes geschaffen wurde, die also im Wesen den Tuffterrassen, abgesehen von deren späterer Erhöhung, gleichalterig wäre. Die Möglichkeit wiederum, dass der Kalktuff der pamphylischen Ebene seiner Hauptmasse nach bereits vor der Herstellung der etwa durch späteres Anschwellen des Meeres hervorgerufenen und dann wieder durch Zurückweichen der See blossgelegten Terrassenformen ge- bildet gewesen sei, darf wohl als ausgeschlossen betrachtet werden, weil sich sonst entweder auf der Oberfläche der tieferen Terrassen marine Absätze oder im Hinblick auf die denkbare spätere Ueberkrustung derselben innerhalb dieser Terrassen Wechsellagerungen von Kalktuff mit marinen Absätzen finden müssten. 38 * 300 Emil Tietze. [ | 8] Wie aber soll man nun erklären, dass die Süsswasserschichten bei Adalia direet an das offene Meer grenzen ? Insofern diese Schichten heute noch fortwachsen und insofern im Busen von Adalia jedenfalls auch der Absatz mariner Sedimente vor sich geht, bieten sie allerdings ein hübsches Beispiel für die Möglichkeit des Aneinandergrenzens gänzlich heteromesischer isochroner Bildungen und ihrer Bildungsräume ohne jegliche Scheidewand, und man wird von diesem Beispiel viel- leicht einmal auch eine Nutzanwendung für den einen oder anderen Fall in der Geologie der älteren Formationen machen dürfen, allein andererseits setzt die Bildung der hier besprochenen mächtigen Kalk- tufflager durch Flüsse doch wenigstens für die ursprüngliche jeweilige Basis der einzelnen Terrassen einen festländischen Boden voraus; denn wenn auch nicht auszuschliessen ist, dass die anwachsenden Kalktuffe nicht blos den Boden der jeweilig untersten Terrasse erhöht haben, sondern auch stellenweise längs der Steilabstürze seewärts vorgedrungen sind, so dürfte doch dieses, zeitweise überdies durch die Variabilität der Flussmündungen !) wechselnde Vordringen immer wieder durch die zer- störende Thätigkeit der Brandung aufgehoben worden sein. Jener festländische Boden ist aber längs der heutigen Küste nicht sichtbar. Wie schon gesagt, grenzt der Kalktuff grossentheils unmittelbar an den Meeresspiegel, und was den einen von Spratt und Forbes beschriebenen Punkt der Küste anlangt, wo unter dem Tuff ein Mergel herauskommt, so schien es uns bei dem Fehlen aller Beweise für die marine Natur desselben und im Hinblick auf die früher erwähnten Mit- theilungen Tschichatscheff’s wahrscheinlich, dass dieser Mergel auch nur ein Süsswasserabsatz sei. Jedenfalls ist ferner der Ablagerungs- raum der sicheren, von Tsehichatscheff beschriebenen, und aus Sandsteinen, Conglomeraten und Mergeln bestehenden Süsswasserabsätze, welche ausser unserem Kalktuff an der Zusammensetzung der pamphy- lischen Ebene theilnehmen, gegen das heutige Meer in keiner Weise durch eine Barriere abgegrenzt, und für derartige Absätze würde man eine einstige Absperrung gegen die offene See doch gern annehmen wollen, mag dies auch für den Kalktuff selbst nicht nöthig sein. Hier beginnen die Schwierigkeiten für das Verständniss der pamphylischen Ebene. Nimmt man an, dass vielleicht im Einklang mit dem relativen Steigen des Meeresspiegels bei Makri und anderen Punkten der Iykischen Küste, in jüngster Zeit auch im Busen von Adalia eine Erhöhung der Strandlinie stattgefunden habe, so könnte die einstige festländische Basis für den Kalktuff und die anderen Süsswasserabsätze allerdings verdeckt worden sein. Diese Verschiebung der Strandlinie wäre zwar dem Sinne, obschon nicht dem Betrage nach entgegengesetzt den Vorgängen, welche bei der Bildung der Tuffterrassen betheiligt waren, immerhin aber ist !) Da Strabo wie gesagt den Kataraktes westlich von Adalia in’s Meer gehen - lässt, während dieser Fluss heute mehr ostwärts der Stadt mit seinen Wasserfällen mündet, so könnte diese Variabilität auch als historisch erwiesen gelten. Doch be- zeichnet Hirschfeld (Zeitschr. d. Ges. für Erdk., Berlin 1879, pag. 281) die Angabe Strabo’s als einen Irrthum,. Sei dem wie ihm wolle, die Anwesenheit des Tuffes allein genügt, um darzuthun, dass die tuffabsetzenden Gewässer einst auch westlich der Stadt thätig waren, mag diese Zeit auch noch vor Strabo datiren. Natal Be ]19] Beiträge zur Geologie von Lykien. 301 sie nicht unwahrscheinlich. Damit wird aber nur das Auftreten des Tuffs im heutigen Meeresniveau erklärt, während man bezüglich der übrigen Süsswasserbildungen fast geneigt sein möchte, im Sinne der bekannten Ansichten Neumayr’s über das jugendliche Alter des öst- lichen Mittelmeeres das Verschwinden einer noch während der Diluvial- zeit bestanden habenden festländischen Masse in der Gegend des heutigen Golfs von Adalia vorauszusetzen. Die von Tschichatscheff be- schriebenen grossen Störungen eines Theils jener quartären Süsswasser- schichten würden sich mit dieser Voraussetzung nicht schlecht vertragen. Doch gehören erneute, zum Theil vielleicht durch Bohrungen zu unter- stützende und deshalb sehr kostspielige Untersuchungen dazu, ehe man ein Thatsachenmaterial zusammenbringt, das geeignet wäre, die gestellten Fragen zu beantworten. Ich meinerseits muss mich begnügen, das bisher vernachlässigte Problem, welches die pamphylische Ebene zu bieten scheint, der Auf- merksamkeit späterer Forscher zu empfehlen. Die Gegend zwischen der Südküste Lykiens und dem Dembre-Fluss. Die Küstengegend von Kekowa liegt etwa in der Mitte des Süd- randes von Lykien. Der marine Canal, welcher sich hier zwischen dem Festlande und der langgestreckten Insel Kekowa (dem alten Dolichiste) erstreckt, ist ziemlich schmal und beiderseits von ziemlich schroff an- steigenden Kalkfelsen eingefasst. Doch erhebt sich das Gebirge der Insel bei Weitem nicht so hoch wie die festländischen Massen und dürfte die absolute Erhebung der höchsten Punkte der Insel nicht 300 Fuss übersteigen. Von dem Canal oder von dem gegenüberliegen- den Festlande aus gewahrt man sehr deutlich die bankige Schichtung der die Insel zusammensetzenden Kalkmassen. Diese Bänke sind längs ihres Streichens aufgeschlossen, welches in Stunde 4!/, bis 5 an- genommen werden kann. Die Horizontalität der Schichten, wie sie sich vom Canal aus präsentirt, ist nur eine scheinbare in Folge des Auf- schlusses im Streichen, während das Fallen der Schichten seewärts, das ist südsüdöstlich, stattfindet. Diese Art des Aufbaues ist augenscheinlich analog derjenigen, die man auf der westlicher gelegenen Insel Casteloryzo wahrzunehmen glaubt, denn obwohl die äusseren Umrisse der letzt- genannten Insel nicht mit den durch das Schiehtenstreichen bestimmten Umrissen der Insel Kekowa in Parallele zu bringen sind, so glaubte ich doch sowohl beim Vorüberfahren, als namentlich von geeigneten Punkten des Festlandes aus ein ähnliches südöstliches Fallen der Kalk- schichten auf Casteloryzo wahrzunehmen. Der Kalk der Insel Kekowa ist durch das häufige Vorkommen von Nummuliten ausgezeichnet. Es wurde diese Ermittelung möglich, da unser Schiff eine Zeit lang täglich ein Boot dorthin sandte, um Trinkwasser einzunehmen. Doch will ich im Vorbeigehen erwähnen, dass die betreffende, anscheinend aus sehr alter Zeit stammende Cisterne schon gegen Ende Mai wieder wasserleer wurde, so dass der „Taurus“ ‚genöthigt wurde, von weiterher (von der Mündung des Finekaflusses) seinen Wasserbedarf zu decken. Daraus mag die Wasserarmuth dieser heute unbewohnten, nur von Hirten besuchten Insel zur Genüge hervor- gehen, ein Verhalten, was insofern Beachtung verdient, als die 302 Emil Tietze. [20] Besiedelung der Insel im Alterthum auf damals weniger ungünstige Ver- hältnisse hinzuweisen scheint. Die Ruinen von byzantinischen Kirchen in dieser Gegend, von denen eine auf der Insel selbst steht, beweisen sogar, dass noch während der altchristlichen Zeit hier ein regeres Leben geherrscht hat. Doch kann künstliche Nachhilfe an dieser Stelle so gut wie anderwärts im Alterthum den schwer bewohnbaren Raum menschenmöglich gemacht haben. So berichtet auch schon Beaufort, dass beinahe jedes Haus der Insel seine eigene Cisterne gehabt habe. Am nordwestlichen Ende der Jali-Bai tritt übrigens, wie ich im Vorübergehen bemerken will, eine anscheinend ziemlich mächtige Süss- wasserquelle hervor. Der Austritt derselben erfolgt aber unter dem Niveau des Meeresspiegels, wenn auch in grosser Nähe der Küste, so dass das betreffende Wasser zu sehr mit Salzwasser gemischt wird, um ohne Abdämmung oder Absperrung der bewussten Localität in grösserer Menge verwendbar zu werden. Mit einem Krug kann man jedoch in nächster Nähe der Ausbruchsstelle ganz trinkbares Wasser schöpfen. Das Hervortreten süsser Quellen unter dem Meeresniveau gehört zu den an den Küsten verkarsteter Kalkgebirge bekanntlich nicht seltenen Er- scheinungen. Man sollte vermuthen dürfen, dass im Alterthum vor dem relativen Steigen des Meeresspiegels in diesen Gegenden die hier er- wähnte Quelle ihren Ausfluss über dem Niveau des Meeres gehabt habe. Doch scheint dieser Umstand von den damaligen Bewohnern des Landes nicht besonders ausgenützt worden zu sein, da sich gerade hier in nächster Nähe Reste antiker Häuser nicht befinden. Heute stehen hier einige türkische Hütten, und ein unternehmender Grieche aus Casteloryzo hatte während der Dauer der Expedition an dieser Stelle sogar ein etwas primitives Kaffeehaus improvisirt, da der Verkehr zwischen dem Lager in Gjölbaschi und dem in der Jali-Bai verankerten Kriegsschiff für den Landweg hier seinen Ausgangspunkt hatte. Die kleineren Inseln und Klippen, welche nordöstlich von der Kekowa-Insel die Jali-Bucht von dem Andraki-Golf scheiden, bestehen aus demselben eocänen Kalke, wie die Kekowa-Insel. Der Kalk setzt auch die felsigen Untiefen zusammen, welche hie und da in der Jali- Bai auftreten, so dass der ganze Meeresgrund dieses Gebietes als von Nummulitenkalk gebildet angenommen werden kann. Die grössere dieser der Jali-Bai vorliegenden Inseln, Assarluadar genannt, besitzt auf ihrer Siidostseite eine geräumige Grotte im Niveau des Meeresspiegels. Man kann mit dem Boot ein Stück weit in diese Grotte hineinfahren. Die felsige Küste des Festlandes bei dem von Oliven- und Feigen- bäumen beschatteten Dorfe Kekowa, auf welcher sich die Mauern und Zinnen einer mittelalterlichen Festung, malerisch von vereinzelten Palmen überragt, erheben, besteht aus einem zumeist weisslich-grauen, dichten Kalkstein, der hier von geradezu zahllosen Nummuliten durchschwärmt wird. Derselbe hat auch das Material für die zum Theil riesigen Sarkophage geliefert, welche die Gehänge dieser Küste allenthalben be- decken und hier wie anderwärts an den Stellen, wo sie häufiger vor- kommen, ein so merkwürdiges Element der Iykischen Landschaft bilden. Die hiesigen Nummuliten gehören zumeist einer flachen, sehr grossen Form an, deren Scheibe bis 50 Millimeter im Durchmesser be- sitzt, und die ich zu N. spira stellen muss. Das Auftreten so grosser "A N Be in L [21] Beiträge zur Geologie von Lykien. 303 Nummuliten spricht bekanntlich für etwas älteres Eoeän. Eine andere stellenweise vertretene kleinere Form gehört wahrscheinlich zu X. Ramondt. Die Gegend hier um den Canal von Kekowa herum ist eine der merkwürdigsten für das Studium der Verschiebungen des Meeresspiegels an der Iykischen Küste. In die felsigen Ufer daselbst sind, wie Benndorf in seinem neuesten grösseren Bericht (l. e., pag. 28) schon erwähnt hat, mehr- ‚fach grosse kastenartige Vertiefungen eingearbeitet, die der genannte Ge- lehrte anfänglich geneigt war, für Ueberreste von Schiffshäusern zu halten. „Sie wiederholen sich aber zu häufig auch auf allen Seiten der Kekowa- insel, wie an den Inseln und Gestaden der Jali-Bai, und zwar überall untermischt mit anderartigen Felsabarbeitungen, so dass man wohl nur Steinbruchsstellen darin erkennen kann“, eine Ansicht, der ich völlig beipfliehte.e An der Bucht von Tristoma kann man ähnliche Aus- arbeitungen wahrnehmen. Diese alten Steinbrüche sind nun entweder unmittelbar über dem Wasserspiegel oder sogar mit ihrer Basis unter den letzteren hinabreichend wahrzunehmen. Auch sieht man in der Nähe der heutigen Ortschaft Kekowa einen Sarkophag mitten im Wasser stehen. Auf der Insel Kekowa wiederum führen von den antiken Wohnungen vielfach in die Felsen gehauene Treppen abwärts, und die untersten drei oder vier Stufen dieser Treppen sah schon Beaufort an ver- schiedenen Stellen unter Wasser gesetzt. Es wiederholen sich also in dieser Region die Verhältnisse, welche wir schon bei Makri kennen gelernt haben. Die Vermuthung, welche ein einzelner, verhältnissmässig kurz an solch’ einem Orte verweilender Beobachter leicht haben konnte, es seien jene Erscheinungen vielleicht durch Winde bedingt, welche, durch längere Zeit gegen die Küste zu gerichtet, eine Aufstauung des Meeres bewirkten ; eine Vermuthung, wie sie Beaufort auch gemacht hat, konnte natür- lieh nicht stichhältig bleiben, wenn jeder folgende Reisende dieselbe Beobachtung machte, eventuell sogar bei entgegengesetzten Windver- hältnissen, wie denn z. B. Ross die Inundirung jener Punkte ebenfalls eonstatirte, trotzdem er diese Gegend bei Nordwind, also bei einer einen niedrigen Wasserstand für diese Küste bedingenden Veranlassung be- suchte (vergl. Ritter, 19. Theil, pag. 946). Der Nummulitenkalk von Kekowa setzt auch westlich von diesem Orte die Umgebungen der Bucht von Tristoma zusammen, wo ebenfalls Nummuliten gefunden wurden. Hinter der Einfahrt in den inneren (nördlichen) Theil dieser Bucht bemerkte ich deutlich ein südliches Einfallen der Kalkbänke, welche Fallrichtung also mit derjenigen auf der Insel Kekowa noch überein- stimmt. Dagegen beobachtete ich östlich vom Dorfe Kekowa an einer Stelle der Nordseite des Canals deutlich ein nördliches Fallen. Damit gewinnt man für den Aufbau der Kalkmassen beiderseits des Canals das Bild _ eines Schichtensattels und die Vorstellung, dass die Richtung des Canals nicht durchwegs vollständig mit dem Streichen der ihn umgebenden Bildungen zusammenfällt, aber doch die Axe jenes Sattels unter einem nicht allzu grossen Winkel schneidet. Jenseits der Höhe, auf welcher Kekowa erbaut ist, verläuft parallel damit eine Terraindepression, die ungefähr ein Längenthal vorstellt. In 304 Emil Tietze. [22] ihrem westlichen Theil verflacht sich diese Depression vollständig und ist daselbst durch das Auftreten von sumpfigen, im Frühjahr sogar von seeartigen Wasseransammlungen ausgezeichnet. In ihrem östlichen, nach der Jali-Bai ausmündenden Theile wird der Untergrund dieses Längen- thales indessen steinig und uneben. Der Nordrand der Jali-Bai wird zunächst wiederum von einem niedrigeren, nicht breiten Kalkzuge bestimmt, der sich — ohne freilich einen schon ausgesprochenen Kammcharakter zu besitzen — bis gegen den Nordrand der Bucht von Tristoma hinzieht. Erst hinter diesem Zuge steigt ein mächtiger Steilrand empor, derselbe, der in einer gewissen Entfernung von der Küste, z. B. von einer der Klippen im Süden der Jali-Bai aus gesehen, die Conturen des Küstengebirges hauptsächlich bestimmt. Der vorher genannte Kalkzug ist von der Basis dieses höheren Steilrandes nur unvollkommen und nicht durch eine deutlich zusammen- hängende Depression, sondern mehr durch einige rings geschlossene kleine Kessel gesehieden. Der genannte Steilrand, an welchem in vielfachen kurzen Krüm- mungen von der Ansiedlung Kapakly aus ein Weg nach der Höhe führt, bildet den Absturz eines Plateaus, auf welchem das Dorf Heuran liegt. Noch immer haben wir hier einen Nummulitenkalk vor uns. Sogar an dem Gesteine der Felsengräber, welche die Umgebung von Heuran schmücken, lassen sich die Auswitterungen der betreffenden Schalen allenthalben wahrnehmen. Es sind indessen hier zumeist kleinere Formen. Dergleichen sah ich auch schon am Steilabsturz des Plateaus unterhalb Heuran, wo ich am oberen Theil dieses Weges auch das Vorkommen von Korallen sowie von kleineren Gängen eines bläulichen Hornsteines im Kalk constatirte. Jenseits der Plateauterrasse von Heuran, welche in der Nähe des Dorfes auch das Vorkommen einer rings geschlossenen, mit röthlich brauner Erde erfüllten Vertiefung aufweist, beginnt am weiteren Wege nach Gjöl-Baschi, nachdem man eine wenig tiefe Schlucht passirt hat, ein neuer Anstieg. Ich fand hier wieder Nummuliten und unter Anderem auch die grosse Form des Nummulites exponens. Das Streichen der Schichten war bisher noch immer ein annähernd ostwestliches. Nur an. einer Stelle, nordöstlich von Heuran, beobachtete ich als vereinzelte Unregelmässigkeit ein mehr nordwest-südöstliches Schichtenstreichen. Dieser neue Anstieg nördlich Heuran führt in ein bezüglich seiner Einzelheiten unregelmässig gestaltetes, von mehreren, rings geschlossenen Thalbeeken unterbrochenes Hügelgebiet, welches indessen im Grossen, von einem dominirenden Höhenpunkte aus betrachtet, immer noch Plateau- charakter aufweist. Bei Nasif, schon in der Nähe von Gjöl-Baschi, etwa 3/, Stunden unterhalb des Monuments von Gjöl-Baschi, fand ich wieder Nummuliten, meist kleinere oder mittelgrosse Formen. Die Gegend hier ist zwar nirgends dicht bewachsen, und es tritt allenthalben ein Gewirr mächtiger lichter Kalkblöcke unter der diesen Küstenstrich charakterisirenden Vegetation von Sträuchern und niedrigen Bäumen hervor, bisweilen vereinigen sich aber die letzteren, unter denen der Erdbeerbaum (Ardutus) mit seiner rothen Rinde, eine Art von Styrax, sowie in einigen tiefer gelegenen Schluchten auch der Lorbeer auffielen, zu etwas dichteren Beständen, wie denn derartiges Gebüsch F suıTe DEN A A ve Auen „ | [23] Beiträge zur Geologie von Lykien. 305 auch den Zugang zu der künstlerisch geschmückten merkwürdigen Grabstätte oberhalb Gjöl-Baschi etwas erschwerte. Dieses Monument von Gjöl-Baschi, welches den eigentlichen Ziel- punkt der archäologischen Expedition bildete und welches in den bis- herigen Mittheilungen darüber gewöhnlich als das Heroon von GJöl- Baschi oder Trysa!) bezeichnet wurde, war auf der Spitze eines Berges errichtet worden, welcher den höchsten Punkt der Gegend zwischen dem unteren Dembre-Thal und der Küste bildet und auf die umgebende Plateaulandschaft gleichsam aufgesetzt erscheint. Die Kalke zeigen hier noch immer eine ähnliche Beschaffenheit wie bei Kekowa, nur sind sie stellenweise weisser und körniger und ent- halten schöne Stufen von Kalkspath. Nummuliten scheinen dafür selten zu sein. Bei den Arbeiten, die zur Herstellung eines Weges von der Spitze des Berges herab ausgeführt wurden und welche frische Aufschlüsse her- stellten, hätten sich dergleichen finden müssen, wenn diese Foraminiferen in einiger Häufigkeit hier vorhanden wären. Doch gelang es immerhin, noch einen grossen, augenscheinlich zu N. spira gehörigen Nummuliten auf der Spitze des Berges beim Heroon aufzulesen. Ueberhaupt ist hier die etwas weniger diente Beschaffenheit des Kalks der Erhaltung orga- nischer Körper minder günstig gewesen. Einige Schalenreste, die bei unserem Lagerplatz gelegentlich von Abgrabungen gefunden wurden, liessen eine nähere Bestimmung nicht zu. Der Steinkern eines grösseren Gastropoden, vermuthlich zur Gattung Turritella gehörig, der oberhalb Schakal Rajat, östlich vom Ruinenberge von Gjöl-Baschi vorkam, konnte ebenfalls nicht weiter bestimmt werden. Da das Gesteinsmaterial in der Umgebung des Heroon auch unsere Archäologen interessirte, so habe ich schon gleich nach der Rückkehr der Expedition Herrn Professor Benndorf für seinen vorläufigen Be- richt eine Mittheilung über dasselbe zur Verfügung gestellt. Ich wieder- hole hier das Wesentlichste daraus. Die meist etwas zuckerkörnige Beschaffenheit des weisslichen Kalksteines in Gjöl-Baschi bringt diesen Kalkstein jedenfalls einem echten Marmor näher, als man dies bei einem eocänen Kalk erwarten könnte. Das Zurücktreten der Versteinerungen und insbesondere der Nummuliten gerade in dieser Gegend erscheint für die Verwendbarkeit des Gesteines zu Sculpturzwecken ebenfalls von einiger Bedeutung, insoferne, als die Art der Verwitterung der natürlichen oder künstlich hergestellten Ge- steinsoberflächen je nach dem Vorhandensein oder Fehlen solcher Ver- steinerungseinschlüsse eine etwas andere wird. Das Fehlen solcher Einschlüsse bedingt bekanntlich oft eine relativ etwas grössere Gleich- mässigkeit in der Beschaffenheit des Gesteines und demgemäss darf die Seltenheit der Nummuliten im Kalk von Gjöl-Baschi als ein für die Verwendbarkeit desselben nieht ungünstiger Umstand aufgefasst werden. Viel nachtheiliger freilich, als es die zahlreichere Anwesenheit von Nummuliten in dem besprochenen Kalk sein würde, erscheint be- züglich der künstlerischen Behandlung desselben eine andere Eigenschaft des betreffenden Gesteins, welche leider viel gleichmässiger über alle Gebiete seines Auftretens verbreitet ist, als die Vertheilung der Ver- steinerungen. | ') Trysa ist der wahrscheinliche antike Name dieser Stätte. Jahrbuch der k. k. geol. Reichsanstalt. 1885. 35. Band. 2. Heft. (Emil Tietze.) 39 N or Ka 1 - ur ‘ Fi f x 306 Emil Tietze. [24] Der eocäne Kalk dieser Gegend zeigt sich nämlich fast überall von kleinen Hohlräumen, sogenannten Drusenräumen durchsetzt, welche auf den Bruchflächen des Gesteins als Löcher erscheinen, und die, so unbedeutend sie auch in der Regel sein mögen, einer Bearbeitung der betreffenden Blöcke durch Künstlerhand einige Schwierigkeiten entgegen- setzen mögen. Der hier geschilderte Kalkstein, und zwar die bei Gjöl-Baschi selbst entwickelte, an Nummuliten arme Modification desselben hat zweifellos das Material zu unserem Denkmal geliefert. Sämmtliche bei der Construction des letzteren verwendeten Blöcke, einschliesslich der- jenigen, auf welchen die Reliefarbeiten zur Darstellung gelangt sind, zeigen mit dem Gestein, welches die Berge zunächst GJöl-Baschi zusammen- setzt, eine völlige petrographische Uebereinstimmung, was vielleicht schon deshalb nieht unerwähnt gelassen werden darf, weil an anderen Orten der karamanischen Küste unter den Trümmern der Bauten des Alterthums sich stellenweise (z. B. in Form von Säulenfragmenten) Ge- steine finden, welche, wie gewisse Granite oder Syenite, sicherlich von weither nach den einstigen Städten dieser Gegend gebracht worden sind, um daselbst zu baulichen Zwecken verwendet zu werden.!) Auch die so überaus zahlreichen alten Sarkophage der Gegend von Gjöl-Baschi, Kekowa und Ja-u bestehen, nebenbei bemerkt, ähnlich wie das Heroon von Gjöl-Baschi, aus dem in ihrer unmittelbaren Nachbar- schaft vorkommenden Kalkstein. Spuren von Steinbrüchen, aus welchen das Material für diese Arbeiten beschafft worden sein könnte, wurden aber in einiger Entfernung von der „Küste nieht mehr aufgefunden, es mag also wahrscheinlich sein, dass man unter den die benachbarten Gebirgsabhänge bedeckenden Blöcken oder ein- zelnen dort hervorragenden Felsen jeweilig eine Auswahl traf, und wenn sich diese Auswahl bei der Errichtung der oft so kolossalen Sarkophage dieser Gegend vornehmlich nach der Grösse der betreffenden Blöcke richten musste, kann wohl für die zur Ausführung von bildhauerischen Darstellungen in Aussicht genommenen Steine auch eine gewisse Aus- wahl gemäss der Qualität, bezüglich der möglichst homogenen Be- schaffenheit derselben versucht worden sein. Es befinden sich beispiels- weise in der Nähe der Stelle, wo das Heroon stand, auf der Nordostseite derselben einzelne Felsen, welehe eine etwas homogenere Beschaffenheit als die meisten sonst in der Umgebung zerstreuten Gesteinsblöcke be- sitzen: das heisst, welche einen etwas geringeren Grad der stellenweisen Durchlöcherung durch kleine Hohlräume aufweisen, als dies bei vielen ihrer Nachbarn der Fall ist. Ich glaube überhaupt, dass das Material ') Ich konnte in Adalia unter den Resten gewisser der römischen Zeit angehörigen Bauwerke dergleichen Säulenfragmente wahrnehmen. Nach den von ©. Ritter repro- dueirten Mittheilungen von Ross haben die Bewohner der Insel Casteloryzo für den Bau einer Kirche 12 grosse Granitsäulen von Myra mit grosser Mühe herbeigeholt, wo also derartige aus fremden Gegenden importirte Gesteine in Verwendung gewesen sein müssen. Desgleichen berichtet auch 6. Hirschfeld (Zeitschr. d. Ges. für Erd- kunde, Berlin 1879, pag. 282), dass am Burgberg von Perge am Rande der pamphyli- schen Ebene graue Granitsäulen aufgefunden wurden. Diese Thatsachen sprechen zur Genüge für den einstigen Verkehr an diesen Gestaden und für einen gewissen Hang zum Luxus, der die Bewohner dieser Küste, wenigstens in Bezug auf öffentliche Zwecke, ausgezeichnet haben muss. Sie mahnen aber den Geologen zur Vorsicht bei der etwaigen Auffindung fremdartiger Gesteinsbrocken in diesen Gegenden. 1 r er N en Be en mu { [25] Beiträge zur Geologie von Lykien. 307 für das Heroon am Gipfel des betreffenden Berges selbst gewonnen worden ist, und dass die bei der Herstellung des Bauviereckes bei der Ebnung des Bodens weggeräumten Steine theilweise eine Verwendung bei dem Bau der Mauern gefunden haben. Ganz frei von jenen Löchern habe ich allerdings bei Gjöl-Baschi keine irgendwie grössere Gesteinspartie gefunden, und so sind denn auch die zu den Reliefs verwendeten Blöcke damit zum Theil behaftet. Für den Erhaltungszustand der betreffenden Darstellungen haben jene kleinen Hohlräume einen entschiedenen Nachtheil im Gefolge gehabt, der nicht allein in der durch sie bedingten grösseren Disposition zur Verwitterung an sich, sondern vornehmlich in der durch sie hervor- gerufenen Ungleichmässigkeit der Verwitterung gefunden werden darf. Ob die geschilderte Beschaffenheit des Gesteins den Künstler möglicherweise bisweilen zur Anpassung seiner Arbeit an kleine Un- ebenheiten der von ihm behandelten Flächen genöthigt haben kann, ist eine weitere Frage, welche aber natürlich nur von Künstlern oder Kunstkennern entschieden werden kann. Hier kann wohl nur die Möglichkeit einer darauf bezüglichen Discussion angedeutet werden. Wenn dem Gesagten nach das bei der Errichtung des Heroon benützte Gesteinsmaterial (obschon für Bauzwecke vorzüglich) für bild- hauerische Thätigkeit nicht unbedingt als vortheilhaft bezeichnet werden darf, so muss doch andererseits hinzugefügt werden, dass weit und breit in dem betreffenden Theil von Lykien ein besseres dafür nicht aufzufinden gewesen wäre, wie nach der bei der geologischen Bereisung des Landes gewonnenen Uebersicht getrost behauptet werden kann. Sind aber Unzukömmlichkeiten oder besondere Schwierigkeiten in dem verfügbaren Material zu überwinden gewesen, dann kann deren glück- liche Besiegung bei Beurtheilung des Kunstwerkes den Künstlern und der Bewunderung für dieselben nur zu Gute kommen. Das Heroon befand sich aber nicht blos bezüglich der theilweisen Verwitterung der Reliefs im Zustande einer gewissen Beschädigung, auch das Bauwerk selbst hatte, wie kaum anders zu erwarten war, von dem Zahn der Zeit zu leiden gehabt. Die Beschädigungen, welchen dieses Bauwerk unterworfen gewesen ist, rührten aber hier sicherlich nicht, wie das so vielfach bei anderen Bauten des Alterthums vorkommt, daher, dass spätere Geschlechter das Baumaterial des Monumentes für ihre Zwecke benützt und dadurch an der Zerstörung der Construction gearbeitet hätten, denn wer würde sich wohl einfallen lassen, grössere Bauquadern von dem Gipfel eines Berges mühsam herabzuschaffen, wenn man anderwärts in der Umgebung dieses Berges ganz ähnliche Steine genügend zur Verfügung hatte. Die betreffenden Beschädigungen rührten vielmehr höchst wahrscheinlich von Erderschütterungen her, von _ denen diese Gegend betroffen wurde. Ehe noch die Arbeiten zur Abtragung des Heroon begannen, habe ich versucht, diejenigen ‚Beobachtungen anzustellen , welehe möglicher- weise einen Schluss auf die Art der seismischen Störungen gestatten, welche hier stattgehabt haben dürften, weil diese Beobachtungen sonst nie mehr anzustellen gewesen wären. Jedenfalls sind die betreffenden Thatsachen in unserem Sinne verwerthbarer, als die bisweilen sicht- baren Verschiebungen der Deckel ausgeplünderter Sarkophage. Dort 308 Emil Tietze. [26] Das Heroon bestand, wie der die Expedition begleitende Architekt, Professor Niemann, auseinandergesetzt hat (siehe Benndorf's Bericht, pag. 55), aus einem nicht ganz rechtwinkligen Mauerviereck von 20 bis 24 Meter Seitenlänge, welches allein von der Südostseite den Abhang herauf zugänglich war. Die Mauern sind aus grossen Kalksteinguadern aufgeführt. Sie haben eine Dicke von einem Meter und erheben sich drei Meter hoch über dem geebneten Boden des Innern, das sie hofartig einfrieden. Die Construction der Wände war höchst einfach, dieselben waren zwei Quadern stark ohne alle Cementirung, so dass zwei selbst- ständige auch in den Lagerfugen nicht correspondirende Parallelmauern getrennt beisammenstehen und die unbehauenen Innenseiten ihrer Steine einander zukehrten, deren geringer Zwischenraum mit einigem Füllwerk ausgeschüttet war. Oben waren diese Mauern durch Deck- platten abgeschlossen, welche quer über die Doppelmauer hinüberlagen und dabei nach Aussen etwas vorsprangen. Die Südostseite des Monuments, welche zugleich die Portalseite desselben ist, verlief mit dem bergmännischen Compass gemessen in Stunde 153/,, woraus sich auch die allgemeine Orientirung der übrigen Mauern annähernd genau ergibt. Die Deckplatten der Umfassungsmauern auf dieser Seite waren nun nach innen zu (also nordwestwärts oder nordwärts) verschoben, und zwar in der Art, dass die Verschiebung auf der westlichen Seite dieses Mauertractes etwas stärker war als auf der Ostseite. Doch gilt diese Bemerkung nur für denjenigen Theil der Mauer, welcher sich noch westlich vom Portal befand. Der östlich vom Portal gelegene Theil dieser südöstliehen Mauer war im Allgemeinen viel stärker und dabei sehr ungleichmässig zerrüttet. Die einzelnen Deekplatten waren in verschie- denem Grade, obschon stets in einer nördlichen Richtung verrückt, welche Ungleichmässigkeit aber wohl auf den Umstand zurückzuführen ist, dass die Steine verschieden fest lagen. Die Nordostseite des Denkmals war am schlechtesten conservirt. Hier waren beträchtliche Abstürze nach NO. zu erfolgt. Auch zeigte sich die äussere Hälfte der Doppelmauer nach dieser Richtung hin verrückt. Auf der Nordwestseite, welche der Seite des Portals gegenüber liegt, stand die Innenseite der Doppelmauer noch fast vollständig da. Die der Berglehne zugekehrte Aussenseite hatte sich indessen theils nordwärts verschoben, theils war sie nach dieser Richtung hin auf den Bergabhang hinabgestürzt. Nur gegen die nördliche Ecke des Denkmals zu hatte sich auch die Innenhälfte der Doppelmauer ein wenig ver- schoben, und zwar nach der inneren (Hof-) Seite des Gebäudes zu, also in entgegengesetzter Richtung wie die Aussenmauer. Die Deckplatten jedoch von diesem Theil der Mauer waren der äusseren Mauer in deren Bewegung gefolgt. Sie verbanden wohl noch zur Noth die beiden Mauer- hälften über dem klaffenden Riss, der dieselben trennte, waren aber sichtlich gewissermassen von der äusseren Mauerhälfte geschleppt worden, während sie der inneren Hälfte gegenüber sich viel unabhängiger ver- halten hatten. Auf der Südwestseite des Baues lehnte sich die Mauer an an- stehenden Fels an, der sogar noch ein wenig über das Niveau der Mauer Der [27] Beiträge zur Geologie von Lykien. 309 hervorragte. Diese Seite der Mauer ist so ziemlich unverrückt und un- beschädigt geblieben. Das ist das Beobachtungsmaterial, welches sich bezüglich jener Beschädigungen des Heroons sammeln liess. Wenn sich aus diesem Be- funde ein Schluss auf die Ursache der Zerstörungen gewinnen lässt, so seht derselbe zunächst dahin, dass die betreffenden Beschädigungen der Construction (ich spreche nicht von denen der Reliefs) unmöglich von Menschenhand herrühren können. Wie wäre es sonst möglich, dass auf der Nordwestseite des Denkmals gerade die für Menschen so schwer zugängliche Aussenseite der Doppelmauer verschoben worden wäre, ohne dabei die innere zunächst zugängliche Mauer in Mitleidenschaft zu ziehen oder wie wäre es denkbar, dass auf der Südostseite die Deckplatten nach innen zu gezogen worden wären, wo man sie bequemer nach aussen zu hätte hinabstürzen können. Es ist nicht überflüssig, dies hervorzu- heben, weil die zahlreichen alten Steinsarkophage, welche die Küsten- landschaft Lykiens schmücken, sämmtlich ohne Ausnahme erbrochen ge- funden wurden und ihres Inhaltes, der nach jeder Richtung hin hätte interessiren müssen, beraubt waren. Es müssen also natürliche Ereignisse gewesen sein, welche jene Zerstörungen hervorgebracht haben. Diese Ereignisse können aber der Lage und Beschaffenheit der Oertlichkeit nach nur seismischer Natur gewesen sein. Berücksichtigt man die Art der Verschiebungen der Deckplatten des Heroons, sowie die Richtungen, nach welchen die Mauern selbst zum Theil verschoben, zum Theil ein- gestürzt erschienen, so ergibt sich, dass der Stoss, welcher die Er- schütterung des Gebäudes hervorbrachte, im Allgemeinen von Süd nach Nord gewirkt haben muss. Nur die Beobachtungen an der nördlichen Ecke des Heroons könnten auch eine entgegengesetzte Richtung andeuten, die vielleicht einem schwächeren Rückschlage der ersten Bewegung entspricht, wie ja ein derartiges Schaukeln bei Erdbeben nicht selten beobachtet wurde. Möglich bleibt es übrigens, dass die Beschädigungen des Gebäudes, so wie sie vorlagen, auch das Ergebniss mehrerer gleich- artiger sich summirender Vorgänge gewesen sind. Einen Zusammenhang dieser Vorgänge oder dieses Vorganges, dessen Zeitpunkt wohl stets in Dunkel gehüllt bleiben wird, mit dem tektonischen Aufbau der Gegend nachzuweisen, in der Weise, wie man das nach dem Vorgange von Suess bei seismischen Störungen mit Recht zu thun geneigt ist, halte ich zunächst noch für unzulässig, denn leider blieb die hier bei Gjöl-Baschi gemachte Beobachtung ganz ver- einzelt, die tektonischen Linien, von welchen dieser Theil Lykiens be- herrscht wird, stehen jedenfalls auf der supponirten Stossriehtung un- gefähr senkrecht. Bei der Spärlichkeit jedoch genauerer Angaben über Erdbeben in diesem Theile Kleinasiens und bei dem Umstande, dass Ermittlungen über die Stossrichtungen dieser Erscheinungen daselbst überhaupt noch nicht vorliegen, schien es mir angemessen, diesen kleinen Beitrag zu solchen Ermittlungen für spätere Studien zur Verfügung zu stellen. !) ') Es ist unschwer einzusehen, dass aus einem ziemlich verwilderten, abseits alles grösseren Verkehrs liegenden Gebiete, wie Lykien seit langer Zeit ist, Nachrichten über seismische Vorgänge und dergleichen nicht so leicht der eivilisirten Welt zukommen werden. Es ist deshalb aus der Seltenheit solcher Nachrichten kein Schluss auf die 310 Emil Tietze. [28] Ich komme jetzt auf einen Fund zu sprechen, der mich nicht gerade überraschte, der aber dennoch nicht ganz leicht sich mit den übrigen Beobachtungen in dieser Gegend in Einklang bringen liess. Sidöstlieh nämlieh von Gjöl-Baschi und ungefähr in der nordöstlichen Verlängerung der Kalkmassen, welche dem Steilrande des Plateaus von Heuran vorliegen, fanden sich in einem weisslichen Kalke, der trotz einer gewissen, fast halb krystallinischen Beschaffenheit immer noch grosse Achnlichkeit mit den Kalken seiner Umgebung besitzt, am Wege von den Ruinen von Sura nach Kyrsas zweifellose Reste von Hippuriten auf der Höhe des zwischen den genannten Punkten zu überschreitenden Bergrückens. Was diesen Fund von Fossilien , die sonst allgemein als charak- teristisch für die Kreideformation gelten, etwas befremdlich erscheinen liess, war nicht allein die Aehnlichkeit des Gesteins mit dem Eoecän- kalke bei Gjöl-Baschi, sondern auch der Umstand, dass wir uns an dieser Stelle in der evidenten Streichungsfortsetzung derjenigen Gebirgs- massen befinden, welche weiter westlich durch das stellenweise so zahl- reiche Vorkommen von Nummuliten ausgezeichnet sind. Immerhin darf jedoch nicht übersehen werden, dass gerade dort, wo die Hippuriten vorkamen, Nummuliten nicht gefunden wurden. Andererseits ist auch wieder das Vorkommen der Hippuriten in dieser Gegend kein völlig vereinzeltes, wie daraus hervorgeht, dass schon SprattundForbes derartige Funde etwas weiter westlich bei Kyaneai gemacht haben (l. e. Vol. II, pag. 168, die Autoren schreiben Cyanae), welcher Punkt jedoch bei dem nicht genau ostwestlichen Streichen der Schichten dieses Gebiets nicht etwa als in der Streichungsfortsetzung der Kalke von Kyrsas gelegen aufzufassen ist, weshalb ich auch auf der Karte das Vorkommen von Ja-u (Kyaneai) als einen selbständigen Zug bezeichnet habe. (Doch ist die Ausdehnung, welche ich diesem Zug gegeben habe, zunächst eine hypothetische.) Es frägt sich nun, welche Bedeutung man den genannten Funden beilegen will. Spratt und Forbes haben, was übrigens schon bei dem Standpunkt der Geologie zu ihrer Zeit erklärlich scheinen mag, in dem Vorkommen der Hippuriten inmitten einer sonst durch Nummuliten vielfach ausgezeichneten Kalkbildung keinen Grund zu dem Versuch einer Trennung dieser Bildung in zwei Abtheilungen gefunden, und es heisst sogar bei diesen Autoren, dass die Hippuriten von Öyanae in Begleitung von Nummuliten vorkommen. Später hat Tschichat- schef f die” Iykischen Kalkbildungen ohne Weiteres beim Eocän Seltenheit der betreffenden Vorgänge zu ziehen. Klein-Asien ist so vielfach von solchen Ereignissen betroffen worden, wie man schon aus Hoff’s verdienstlicher Chronik der Erdeben (in der Geschichte der Veränderungen der Erdoberfläche, Gotha 1840) ersehen kann, dass man annehmen darf, auch Lykien werde seinen Theil daran gehabt haben. Um nur einige wenige Beispiele zu nennen, so wird das Erdbeben im Jahre 224 vor Chr., welches Karien und Rhodus betraf, sich wohl auch in unserem Gebiete bemerkbar gemacht haben, und das Erdbeben unter Galienus, welches im Jahre 262 nach Chr. in Rom, Libyen und Klein-Asien gespürt wurde, wobei mehrere Städte verschlungen oder überfluthet wurden, wird Lykien ebenso wenig verschont haben, wie die in Aegypten, Syrien, Mesopotamien, Klein-Asien, Cypern und Sieilien im Jahre 1204 stattgehabte Erschütterung, welche die Mauern von Tyrus umwarf oder die Stossreihe vom 2. Sep- tember 1754, welche von Armenien über ganz Klein-Asien sich bis Constantinopel erstreckte. Bei einem um das Jahr 150 n, Chr. stattgehabten Erdbeben wird Lykien sogar direct genannt. [29] Beiträge zur Geologie von Lykien. 311 vereinigt gelassen zu einer Zeit, in welcher allerdings die Summe der damals bekannten Erfahrungen, wenigstens den herrschenden Ansichten gemäss, eine Trennung dieser Bildungen auf Grund so verschiedener Fossilfunde hätte veranlassen dürfen. Heute gibt es jedenfalls gewichtige Stimmen, welche eine scharfe Trennung der, Kreide vom Eocän bequem für durchführbar halten, wie denn z. B. Zittel in der libyschen Wüste (Beiträge zur Geol. u. Paläontol. der libyschen Wüste, 1. Theil, Cassel 1833, pag. XC) eine fortlaufende und eoncordante Aufeinander- folge von Kreide und Eoeän constatirte und paläontologisch die Grenze "beider Formationen „trotz der Continuität mariner Ablagerungen von übereinstimmenden Facies ziemlich bestimmt“ gefunden hat. Allein in manchen anderen Gebieten scheint sich die Sache doch anders zu verhalten, so in den adriatischen Küstenländern Oesterreichs, wo sich freilich in der Grenzregion von Kreide und Eocän Süsswasser- schichten eingeschaltet finden, von denen man annehmen sollte, dass sie einen scharfen Schnitt zwischen den marinen Kalken jenes Gebietes ermöglichen, wo aber doch dieser Schnitt nicht mit Sicherheit gemacht werden kann, wie sich schon aus der in letzter Zeit schwankend ge- wordenen Classifieirung des unteren Theiles der sogenannten „liburnischen* Schichten zu ergeben scheint. Schon Lartet sprach es übrigens aus (Bull. soc. geol., Paris 1865, pag. 444), dass in Palästina die eocänen Nummulitenkalke unmerklich in die dortigen Kreidekalke übergehen und O0. Fraas (Aus .d. Orient, Stuttgart 1867) rechnete das Vorkommen der Nummuliten daselbst sogar direet zur Kreide. Wenn nun auch später Gümbel (Neues Jahrb. von Leonh. u. Geinitz, 1872, pag. 252) die zusammen mit Hippuriten vorkommende angebliche Nummulina cretacea Fraas für eine Alveolina erklärt hat, so bleibt doch das Auftreten der übrigen von Lartet und Fraas angeführten Vergesell- schaftung von Formen in den betreffenden Kalken unbestritten, und in der erwähnten Abhandlung Gümbel’s wird bekanntlich ein jurassischer Nummulit beschrieben, wie denn schon längst sogar aus dem russischen Kohlenkalk ein Nummulit bekannt ist, den Reuss von echten Nummu- liten der Gattung nach nicht zu unterscheiden vermochte. Derartige Thatsachen beweisen auf jeden Fall, dass man prineipiell die paläonto- logische Undeutlichkeit der Grenze zwischen der eocänen Nummuliten- formation gegen die Kreide nicht auffällig finden darf. Am merk- würdigsten und interessantesten in dieser Hinsicht sind Jedenfalls die Beobachtungen von Th. Fuchs, der auf der Insel Zante Kalke auffand, die sich einerseits durch das Zusammenvorkommen von Nummuliten mit miocänen Pecten-Arten (beider sogenannten Mediterranstufen) aus- zeichneten, während andererseits ebendaselbst Hippuriten und Nummu- liten vermischt vorkommen, so dass sich Handstücke schlagen liessen, die deren Beisammensein illustrirten. ') (Vergl. Sitzb. v. d. math. naturw. !) Dies seltsame Gemisch von cretacischen, eocänen und miocänen Formen (von denen die letzteren sich wieder auf zwei sonst angeblich verschiedene Stufen beziehen lassen) in einem zusammengehörigen Schichtensystem , wie es von einem unserer aus- gezeichnetsten Paläontologen entdeckt wurde, deutet vielleicht darauf hin, dass wir wenigstens manche der von den Autoren versuchten, in’s Einzelne gehenden Unter- abtheilungen und Gliederungen bei unseren Niveaubestimmungen nur cum grano salis berücksichtigen dürfen. 312 Emil Tietze. [30] Cl. der Akad. d. Wiss., 75 Bd. I. Abth. Wien 1877, pag. 313 bis 315 in dem Aufsatz: die Plioeänbildungen von Zante und Corfu.) Wenn es nun auch natürlich scheint, anzunehmen, dass Lykien eben- falls zu den Ländern gehört, für welehe eine scharfe Trennung zwischen Kreide und Eocän schon der übereinstimmenden petrographischen Ent- wicklung wegen sich nieht durchführen lässt, und in welchen möglicher- weise sogar die sogenannten Leitfossilien der einen und der anderen Gruppe nicht auf ihr gewöhnliches Lager beschränkt bleiben, ein Fall, der, wie wir sahen, gerade in den Mittelmeerländern bisweilen vor- kommt, so liegt für uns doch auch kein direeter Beweis vor, dass die genannten Hippuritenfunde hier ausnahmsweise dem Eocän angehören. Zunächst sind Hippuriten immer noch bezeichnender für Kreide, als es den obigen Darlegungen zufolge Nummuliten für das Eocän sind. Schon die Mächtigkeit der Iykischen Kalkentwieklung lässt vermuthen, dass stellenweise diese Entwieklung der Zeit nach mehr oder weniger tief unter das Eocän herabreicht. Ich habe es deswegen für angezeigt gehalten, auf der Karte die Anwesenheit eretacischer Schichten zu markiren. Die Schwierigkeit der tektonischen Auffassung, die uns daraus speciell für die Annahme von Kreidekalken bei Kyrsas erwächst, liesse sich vielleicht am besten durch die Voraussetzung überwinden, dass am Wege zwischen Kekowa und Heuran, also zwischen diesen beiden Nummulitenlocalitäten, irgendwo an einer der Stellen, welche sich nieht durch das Vorkommen von Nummuliten haben charakterisiren lassen, ein schmaler Streifen eretacischen Kalkes parallel mit dem Zuge der tiefeoeänen Nummulitenkalke von Kekowa, etwa bei Kapakly, durch- streicht und sich mit dem Hippuritenkalk von Kyrsas verbindet, ohne von dem Nummulitengestein durch petrographische Merkmale geschieden zu sein. Soviel über dies merkwürdige Verhältniss. Von dem Berge, auf welchem das Heroon stand, blickt man nach Norden zu in ein unbewässertes Kesselthal hinab, in dem das Dorf Tsehukur steht. So sehr dieses Thal auch in seiner Anlage die Tendenz zeigt, nach Nordosten zu in das tiefe Querthal des Dembreflusses zu münden, so ist doch die betreffende Depression gegen ihren Ausgang zu durch einen niedrigen Damm felsiger Kalke abgesperrt. Das Thal selbst ist stellenweise mit rother Erde bedeckt und bietet so ein Bild, welches in gewissen grösseren Dolinen oder kleineren abflusslosen Thälern der adriatischen Karstgebiete ungefähre Analoga findet. Derartige Thalkessel sind nun vielfach auf dem ganzen Plateau zwischen dem Kassaba-Thale, dem Dembrefluss und der Küste vorhanden. Südwestlich von dem Thale von Tschukur befindet sich der ebenfalls mit rothbrauner Erde bedeckte Kessel von Gevren und weiterhin in derselben Richtung liegt etwa 1'/, Stunden von Gjöl-Baschi entfernt das rings geschlossene Thal von Ja-u, in dessen Nähe sich auf einer Anhöhe wieder vielfach antike Reste vorfinden, namentlich Sarkophage, die in grosser Anzahl den Hügel auf der Nordseite des Thales bedecken. Es sind dies die Ruinen von Kyaneai. Eine Stunde westlich von Ja-u liegt das Dorf Nadyrlar ebenfalls in einem ringsgeschlossenen Thal. Zwischen Nadyrlar und dem Thal von Ja-u befindet sich desgleichen ein solches Thal. Dasselbe ist aber unbewohnt. Eine halbe Stunde : Fi [31] Beiträge zur Geologie von Lykien. 313 westlich von Nadyrlar passirte ich ein eben solehes unbewohntes Thal, und nach einer weiteren halben Stunde liegt das Dorf Sarlar am Wege, ebenfalls in einem ringsgeschlossenen Kessel, der mit rother Erde erfüllt ist. Eine Stunde westlich von Sarlar liegt dann das Dorf Genados, wiederum in einem abflusslosen Becken, welches jedoch von dem Becken von Sarlar durch eine etwas höhere Gebirgsmasse geschieden ist, als dies die anderen Becken untereinander sind. Jen- seits Genados steigt man in das Kassaba-Thal herab, und zwar befindet man sich dort in dem südwestlichsten oberen Ende der Thal- erweiterung, in deren Mitte Kassaba liegt. Ich machte übrigens den hier beschriebenen Weg zwischen Gjöl-Baschi und dem oberen Kassaba- Thal in umgekehrter Riehtung und benöthigte zum Anstieg von dem genannten Thal bis zur Höhenumrandung des Kessels von Genados nur eine halbe Stunde, woraus sich ungefähr der Höhenunterschied zwischen dieser Stelle des Thales und dem Kalkplateau ergeben mag. Versteinerungen beobachtete ich zwischen Gevren und Genados nicht; dagegen sah ich beim Anstieg zwischen dem Kassaba-Thal und Genados wieder vielfach Nummuliten. Die verschiedenen hier genannten kleinen Kesselthäler liegen wohl nicht ganz genau in demselben Höhen-Niveau. Doch bleibt der Plateau- charakter der ganzen Landschaft in seinen grossen Zügen gewahrt, wovon man sich auch durch einen Blick von der Höhe von Gjöl-Baschi herab überzeugen kann. Ein solcher Blick zeigt auch deutlich den terrassenartigen Absturz des Plateaus gegen die Küste zu. Im streng tektonischen Sinne ist dieser Plateaucharakter allerdings kein ganz reiner. Man sieht stellenweise geneigte Schichtenstellungen, doch hält es schwer, sich über diese Störungen im Zusammenhange klar zu werden, weil hier wie in den meisten verkarsteten Gebirgen auf den Gehängen der einzelnen Hügel meist nur wildzerrissenes Block- werk vorkommt, welches über die vorhandenen Schichtenstellungen keinen Aufschluss gibt, so dass die darüber angestellten Beobachtungen zusammenhangslos bleiben. Die später mitzutheilenden Wahrnehmungen über die Zusammensetzung des Abfalls unseres Plateaus gegen das Thal von Kassaba zu werden jedenfalls beweisen, dass die vorkommen- den Störungen in einzelnen Fällen sogar sehr beträchtliche sein können. Zur Vervollständigung des Bildes, welches wir von dem besprochenen Plateau gewonnen haben, diene noch die Mittheilung, dass ich auch in nordwestlicher Richtung von Gjöl-Baschi aus, auf dem Wege von diesem Orte nach Kassaba, nur Kalk antraf, dass bei dem Dorfe Gellemen, welches etwa auf dem halben Wege zwischen Gjöl-Baschi und Kassaba gelegen ist, sich einige ausgedehntere wiesenbewachsene Ebenen befinden, welche rings geschlossenen Thälern angehören, obschon hier in der Umgebung keine sehr in’s Einzelne ausgearbeitete Karstplastik zum Ausdruck kommt. Die Streiehungsrichtung der Schichten verläuft hier in Stunde 5, das Fallen ist dabei meist ein flaches, anscheinend vor- wiegend südliches. Hinter Gellemen und beim Abstieg nach dem Kas- saba-Thal zu sammelte ich wieder Nummuliten. Doch scheinen hier die grossen Formen zu fehlen, welche die Umgebung von Kekowa so auszeichnen. Dagegen treten hier auch Alveolinen in den Kalken auf, welche einer jüngeren Eoeänstufe angehören dürften. Jahrbuch der k. k. geol. Reichsanstalt. 1885. 35. Band. 2. Heft. (Emil Tietze,) 40 914 Emil Tietze, [32] Was den dureh die Existenz der zahlreichen, rings geschlossenen Thalkessel und stellenweise auch durch die Quellenverhältnisse begrün- deten Karsttypus der ganzen bis jetzt beschriebenen Gegend anbelangt, so muss immerhin bemerkt werden, dass dieser Typus im Detail kein so vollendet ausgeprägter ist, wie etwa in Istrien, Krain, Dalmatien und Montenegro. Es fällt nämlich die relative Seltenheit kleinerer Dolinen, die das Relief der letztgenannten Karstlandschaften zu einem so unregelmässig vielgestaltigen machen, etwas auf. Trotzdem ist aber die typische Verwandtschaft der verglichenen Landschaften eine unver- kennbare. Da ich die Karsterscheinungen im Allgemeinen schon bei früheren Gelegenheiten zur Genüge besprochen zu haben glaube '), so hätte ich keine Veranlassung , hier wieder darauf zur ick zukommen, wenn nicht aus allerjüngster Zeit eine Auslassung des Herm Dr. Diener darüber vorläge (Jahrb. geol. Reichsanst., 1884, pag. 684), welche einer deut- lichen Rie htiestellung bedarf. Es handelt sich hauptsächlich um die sogenannte terra rossa, die rothe Erde, welche, wie wir soeben sahen, auch auf den Kalkgebireen Lykiens eine gewisse Rolle spielt. Ich habe es stets für angemessen gehalten, den Verdiensten älterer Forscher möglichst gerecht zu werden "und deshalb auch bezüglich der Erklärung der Entstehungsweise der terra rossa als eines unlöslichen, eisenschüssigen, thonigen Rückstandes der durch die Atmosphärilien aufgelösten Kalke schon wiederholt an Zippe erinnert, der zuerst, und zwar bereits im Jahre 1854, diese Erklärung gegeben hat. So einfach und naturgemäss uns dieselbe auch heute erscheint, so ver- dienstlich war ihre Aufstellung zu einer Zeit, in welcher die extra- vagantesten Hypothesen über diese Frage bestanden, Hypothesen, welche sich sogar noch in späteren Jahren in der Literatur (insbesondere der italienischen) wieder zum Worte meldeten. Leider blieb dieser Er- klärungsversuch durch längere Zeit den Geologen ziemlich unbekannt, vermuthlich , weil er, einem Buche Sehmid!’s über die Grotten von Adelsberg, Lueg u. s. w. (Wien, pag. 214) einverleibt, gleichsam ver- steckt war, und noch im Jahre 1872 (siehe Verh. geolog. R.-A. pag. 217) war diese Anschauungsweise so wenig dureheedrungen, dass Stache damals gegen die Möglichkeit einer Annahme polemisir te, welche in der rothen Erde eine Meer esbildung hätte erblicken können, einer Annahme, welche bei zweifelloser Geltung jener Erklärung gar nicht hätte supponirt werden können. Deshalb versuchte ich es bereits im Jahre 1873 (Jahrb. geol. R.-A. pag. 40—43) in meiner ersten Arbeit über die Karsterscheinungen in der Anlehnung an den Zippe’schen Ge- danken und unter ausdrücklicher Betonung desselben einige ausgeführtere Ansichten über die terra rossa zu entwickeln, z. B. auch über das Alter derselben, welche, wie ich finde, den heute allgemein herrschen- den Meinungen über diesen Gegenstand entsprechen und vielleicht in der Stille dazu‘ beigetragen haben, die Rückkehr der übrigen Hypo- thesen wenigstens in der österreichischen Literatur zu verhindern. !) Ganz neuerdings hatte ich auch in einem am 1. April 1885 im Wiener wissenschaftlichen Club gehaltenen Vortrage über den geologischen Bau der öster- reichischen Küstenländer (Beilage zu Nr. 7 des 6. Jahrgangs der Monatsblätter des W. Club) Gelegenheit, eine mehr populäre Darstellung dieses Gegenstandes mitzutheilen. Laut 5 a Bi h [33] Beiträge zur Geologie von Lykien. 315 Erst im Jahre 1575 haben Neum ayr und Th. Fuchs (Verhandl. .d. geol. Reichsanst., 1875, pag. 50 u. 194) sich mit derselben Frage beschäftigt, indem sie den erwähnten Gedanken zur Basis weiterer Auseinandersetzungen machten, ohne sich jedoch auf eine Angabe der _ hierhergehörigen Literatur einzulassen. da dies bei der Tendenz und Oo fe) insbesondere der Kürze ihrer Mittheilungen nicht nothwendig war. _Neumayr beabsichtigte ausschliesslich der Specialfrage beizukommen, auf welche Weise denn die eisenhältigen thonigen Gemengtheile, welche den Rückstand der aufgelösten Kalkmassen bilden können, ursprünglich in den Kalk hineingelangt sind und glaubte die Lösung dieser Frage im Hinweis auf die Verhältnisse bei der Entstehung des marinen Globigerinenschlammes gefunden zu haben. Fuchs widersprach dieser Auffassung, indem er darlegte, dass die terra rossa auch im Bereich von Süsswasserkalken sich finde. Er fügte noch hinzu, dass verschieden- artige klimatische Bedingungen ihm einen Einfluss auf die Bildung der rothen Erde zu besitzen schienen, ein Gesichtspunkt, der vermuthlich ‘ganz berechtigt war, das Prineip der Erklärung der Entstehung der terra rossa jedoch nicht alterirte, sondern sich nur als Ergänzung der auf dem Zippe’schen Prineipe fussenden Erklärung darstellte. Im Ganzen genommen hoben sich die Mittheilungen von Neumayr und _ Fuchs gegenseitig auf, so dass nur die Ansicht Zippe’s als fest- SE IS v) stehend zurückblieb. Als nun’ später E. v. Mojsisovies im Jahre 1880 an die Geologie der Karsterscheinungen herantrat, berief er sich auf die Herren Neumayr und Fuchs als auf die Urheber der genannten Ansicht, die auch er acceptirte. Gelegentlich der von mir noch in dem- selben Jahre gegebenen Kritik der Karsttheorie von Mojsisovies hatte ich bereits (Jahrb. d. geol. Reichsanst., 1880, pag. 752) die _ Priorität Zippe’s in dieser Sache wenigstens andeutungsweise zu be- tonen nicht unterlassen, und heute fühle ich mich genöthigt, dies in etwas eindringlicherer Weise auch Herrn Diener gegenüber zu thun, der seine Kenntniss von dem Wesen der Karsterscheinungen ausschliesslich aus den Schriften des Herrn v. Mojsisovics geschöpft zu haben scheint. Was aber in den Arbeiten des Letzteren augenscheinlich ein entschuldbares Uebersehen in einem für die Zwecke der betreffenden Ausführungen minder wesentlichen Punkte war, erscheint heute sehr leicht im Lichte grösserer, wenn auch sicher keineswegs beabsichtigter Flüchtigkeit. Wenn Jemandem nicht ausschliesslich das Citat in den Mittheilungen von Mojsisovies, sondern auch noch wenigstens die Originalartikel von Neumayr nnd Fuchs zu Gebote standen, um von allem Anderen ganz zu schweigen, so hätte schon die Durchsicht der Einleitung des Neumayr'schen Artikels (Zeile 14—18) genügen können, um zu zeigen, dass die Ansicht von dem genetischen Zusammenhange der terra rossa mit den Karstkalken verschiedener Gebiete, in der Form, wie sie Neumayr und Fuchs zur Basis ihrer Ausführungen machten, „schon seit lange“ bestand, dass also die Beobachtungen, welche Diener in den julischen Alpen anstellen konnte, „in jeder Hinsicht“ nicht allein, wie er sich ausdrückt, die vonNeumayr und Fuchs vertretene Ansicht bestätigten, „welche in der terra rossa der Mittelmeerländer nichts Anderes als den bei der chemischen Auflösung 40* 316 Emil Tietze. [34] unreiner Kalksteine durch die Atmosphärilien verbleibenden Rückstand sieht“, sondern dass diese Beobachtungen sogar im Einklang mit den Anschauungen von Autoren standen, an welche Neumayr und Fuchs bei ihrer Discussion bereits anknüpfen konnten. Es ist auch fraglich, ob die beiden letztgenannten hochverdienten Forscher, welche wir mit Vergnügen unter den Lebenden wissen, und welche voraussichtlich noch vielfach neue Gelegenheit finden werden, sich um die Wissen- schaft verdient zu machen, einen besonderen Werth darauf legen, sich mit einer gewissen Art von Hartnäckigkeit ein Verdienst zugeschrieben zu sehen, welches, wenn man von meiner früheren Intervention in dieser Angelegenheit ganz absehen will, in erster Linie für einen Verstorbenen in Anspruch zu nehmen ist. Mir jedenfalls schien es einer Pflicht der Pietät zu entsprechen, dass der wahre Thatbestand nochmals offen dar- gelegt wurde. Wie wenig Herr Dr. Diener Zeit fand, sich über die hier zu vergleichende Literatur zu orientiren, was ja übrigens bei der Schnellig- keit, mit welcher seine Publication seiner im Uebrigen gewiss hoch- verdienstlichen Untersuchung im Terrain folgte, ganz begreiflich sein mag, geht auch daraus hervor, dass er glaubt (l. e., pag. 684, Zeile 16), Professor Taramelli stehe noch immer auf dem Standpunkt seiner älteren Hypothese, der zufolge die terra rossa vulcanischen Ursprungs sein sollte. Schon in meinem Aufsatz „Zur Geologie der Karsterschei- nungen“ (Jahrb. d. geol. Reichsanst., 1880, pag. 752) konnte ich auf die neueste, diesen Gegenstand betreffende Arbeit Taramelli’s hin- weisen, welche derselbe unter dem Titel „Dell’ origine della terra rossa“ im Estratto dai rendiconti del R. Istituto Lombardo (1880) publieirt hat und welche sich (obschon ohne Rücksichtnahme auf die öster- reichische Literatur [vergl. auch Verhandl. d. geol. Reichsanst., 1880, pag. 3356|) den heute von uns Allen getheilten Anschauungen ansehliesst. Herr Dr. Diener hat also weder diese spätere Schrift Taramellivs, noch meine Aufsätze über das Karstphänomen gelesen, oder ich muss zum wenigsten annehmen, dass er auf diese Leetüre nicht ausreichend Zeit verwenden konnte. Es liegt mir nun allerdings sehr fern, Einfluss auf die Leetüre eines Anderen nehmen zu wollen, man kann ja auch beim besten Willen nicht Alles lesen, was gedruckt wird; wenn man aber, wie dies Dr. Diener gelegentlich der Erwähnung der sogenannten Karsttrichter thut (l. e., Zeile 21—34), in einer Frage, die Gegenstand der Discussion sehr gegensätzlicher Meinungen war, ohne Weiteres den Standpunkt eines einzelnen Theilnehmers an dieser Discussion sich aneignet und dabei absprechend äussert, man begreife kaum, dass anders geartete Ansichten überhaupt laut geworden seien, dann sollte man doch die Publieationen gelesen haben, in welchen diese anders gearteten An- sichten vertreten wurden. Im Hinblick auf eine solche Form und Vorbereitung des zum Theil ja doch wohl an meine Adresse gerichteten Angriffes Diener’s und im Vertrauen auf die sonstige allgemeine Zustimmung, welche im Gegen- satze zu der von Mojsisovies aufgestellten Karsttheorie die Annahme sefunden hat, dass die Dolinen oder Karsttrichter Einsturzerscheinungen sind (man braucht sich hier nur an gewisse Mittheilungen F. v. Hauer's, [85] Beiträge zur Geologie von Lykien. 317 _ Pilars, Krambergers, Reyer’s und noch Anderer zu erinnern), kann ich also zu den. Aeusserungen Diener's über diesen Punkt der ' Karstfrage ebenso schweigen, wie ich bezüglich der Priorität der Er- - klärung in Sachen der terr a rossa mich aussprechen musste. Es sei 2 nur erlaubt, noch der zwanglosen Auffassung zu gedenken, welche Diener sich betreffs der Frage gebildet hat, ob die Karrenfelder der nördlichen Alpen eine morphologische Facies der Karsttrichter der _ südlicheren Kalkgebirge vorstellen, wie dies Mojsisovies wollte und Diener bestätigen zu können vermeint. Wenn schon die Beobachtungen und Argumente Anderer ihn nicht zu bestimmen vermochten, von dieser _ Theorie abzusehen, so hätte Diener durch eine Autorität, die er “r gewiss anerkennt, nämlich seine eigene, sich hierüber eines Besseren belehren lassen können. Er selbst führt nämlich an, dass in dem von ihm untersuchten Kalkgebirge bei Raibl gleichzeitig sowohl Dolinen, als u reniläungen vorkommen. Dieses wiederholt constatirte Zusammen- _ vorkommen beider Reliefformen war für mich eben der Hauptgrund, eine Annahme abzulehnen, welche dieses Zusammenvorkommen ausschliesst und jede der erwähnten Reliefbildungen als geographisch beschränkt ansieht. Ich will dabei gar nicht einmal von Dr. Diener die Beant- wortung der Frage verlangen, wie er sich die physikalische Erklärung des Räthsels denkt, dass in Kalkgebirgen das Wasser nördlich der - Centralzone der Alpen anders erodirt und prineipiell anders wirkt als südlich von dieser Zone. gie Ebene von Myra und das Querthal des Dembre- Flusses. Im Anschluss an die vorstehende Schilderung des Gebietes zwischen _ der Küste und dem Dembre-Fluss wollen wir noch einen kurzen Blick _ auf das Thal dieses Flusses selbst und auf die von letzterem vor seiner _ Mündung in das Meer durchzogene Ebene werfen. Der Hauptort dieser Ebene, deren östlicher Rand durch das wilde Beimelik-Gebirge gebildet wird, ist heute der Marktfleecken Dembre. Am nördlichen oder Denen am de estlichen Rande derselben liegen auf Kr _ der rechten (westlichen) Seite des Flusses die Ruinen der auch aus der - Apostelgeschichte durch einen kurzen Aufenthalt des Apostel Paulus - bekannten Stadt Myra, von welcher wenigstens das Theater und die Felsengräber uns erhalten geblieben sind. Im Westen befinden sich die Vorstufen des vorher beschriebenen Kalkplateaus; dorthinzu liegen schon im Bereiche des verkarsteten, vielleicht cretaeischen Kalkes die Ruinen _ von Sura, in deren Nähe man heute vergebens nach dem Wasserbassin sucht in welchem, wie Plinius der Jüngere erzählt (Naturgeschichte #32. Buch, 5), gezähmte Fische auf den Ton einer Pfeife zum Wahrsagen Fi — herbeischwammen. Am Südwestrande der genannten Ebene erhebt Sch E', in der Streichungsfortsetzung der Hügelkette von Kekowa das niedrige. aber felsige, aus Eocänkalk bestehende Vorgebirge Andraki, welches von _ den bei Sura und Kyrsas entwickelten Gebirgsmassen durch das Thal des Andraki-Flusses geschieden wird. Der Golf von Andraki, welcher mit mannigfach gezackten kleineren Ausbuchtungen in die nördlich 318 Emil Tietze. [36] ihm vorliegenden Kalkmassen eindringt, hebt oberflächlich den Zusammen- hang des Andraki-Vorgebirges mit dem festländischen Nummulitenkalk- zuge von Kekowa auf. Ostsüdöstlich vom Vorgebirge Andraki liegt dann noch der kleine Felsen des Cap Pyrgo, welcher nur dureh eine sehr niedrige schmale Sandbank mit der Ebene von Dembre ver- bunden ist. Er bildet die Streichungsfortsetzung des Kalkzuges der Insel Kekowa. Abgesehen von diesen beiden kleinen Kalkinseln besteht die ganze Ebene von Dembre aus quartären Bildungen. Das Thal des Andraki-Flusses ist mit der Ebene von Dembre insofern völlig verbunden, als sich zwischen den Unterlauf des Dembre- Flusses und den Andraki-Fluss keine orographisch irgendwie markirte höhere Wasserscheide einschaltet. Doch befindet sich zwischen Dembre und dem Ursprung des Andraki-Flusses ein über das Niveau der Ebene nur unbedeutend erhobenes, etwas felsiges Terrain. Der letztgenannte Fluss selbst bietet eigenthümliche Erscheinungen, welche mit dem Charakter der Umgebung in einem gewissen Contrast stehen, wenn sie auch schliesslich theilweise in der Karstnatur des benachbarten Kalkgebirges eine genügende Erklärung finden. Am Ausgange des Flusses befindet sich gegen das Meer zu eine Sandbarre. Die betreffende Untiefe ist so seicht, dass, als wir in einem Boot des „Taurus“ von der Jali-Bai her hier herübergefahren waren, wir genöthigt waren, auf einem Felsen des Vorgebirges zu landen und von dort aus uns in die Gegend oberhalb der Barre zu begeben, während die Matrosen im Wasser stehend das Boot über die Barre schleppten und in den Fluss brachten. Auch für den Transport der Steine des Heroon, welehe hier an der Mündung des Andraki eingeschifft wurden, hat später diese Barre Schwierigkeiten verursacht. Neben der Flussmündung erheben sich Dünen, welche in ihrem Material von den Sandbildungen der Barre abhängig zu denken sind. Jenseits aber der Barre ist der Fluss ziemlich tief. Sein Gefälle ist ein so geringes, dass er einem stehenden Wasser gleicht. In viel- fachen Windungen schleicht dieses Gewässer zwischen sumpfigen, schilf- bewachsenen und buschigen Ufern, anf denen sich zahlreiche Flussschild- kröten sonnen, zum Meere. Die Atmosphäre ist hier fieberathmend, wie man das bei dem sumpfigen Charakter des Thales nicht anders erwarten kann. Dabei entwickelt der Fluss einen stinkenden Geruch von Schwefel- wasserstoff. Dieser Geruch ist durchaus nieht ausschliesslich den faulen- den Organismen des Sumpfes zuzuschreiben, er ist dem Wasser des Flusses schon bei dessen Quelle eigenthümlich. Diese Quelle befindet sich eine starke halbe Stunde oberhalb der Mündung des Andraki am Fusse des Kalkgebirges auf der Nordseite des annähernd ostwestlichen, dem Gebirgsstreichen parallelen Thales, welehes zwischen dem Vorgebirge Andraki und den Vorhügeln des vorher beschriebenen Plateaus als echtes Längenthal entwickelt ist. Da der Fluss bei seiner Quelle, die er mit einigem, noch innerhalb des Berges erzeugten Geräusch verlässt. gleich in seiner ganzen Breite und Wassermenge auftritt, so ist nicht zu bezweifeln, dass er bereits vor seinem Austritt als unterirdischer Fluss existiren muss, dessen Wässer sich in dem vorher beschriebenen Plateaugebiet sammeln. Demnach wird die Karst- natur jenes Kalkgebirges auch durch unterirdische Flussläufe bewiesen. N ee en 1 EA Ad 5 Ze ES Sn 2 a in 27 u 0 m KERNE Beiträge zur Geologie von Lykien. 319 Das träge Dahinschleichen solcher Flüsse nach ihrem Austritt keine allzu seltene Erscheinung und braucht umsoweniger hier aufzu- fallen, wo dieser Austritt nur in geringer Höhe über dem Meeresspiegel statthat. Seltener ist es schon, dass solehe Flüsse dann sumpfige _ Niederungen zwischen den Kalkzügen einnehmen, welehe dureh die Art - ihrer Vegetation in eigenthümlicher Weise mit den steinigen Gehängen der Umgebung contrastiren. Am meisten wurde ich hier noch an das Bild erinnert, welches die gleichfalls an den Rändern mit Sumpfvegetation bedeckte und zwischen kahleren Kalkbergen sich bewegende Rieka in Montenegro darbietet. - Hat man die vorher erwähnte, kaum bemerkbare felsige kleine Wasserscheide oberhalb der Quelle des Andraki passirt, so tritt _ man in die eigentliche Ebene vom Dembre ein, welche von dem Unter- _ Jauf des bei Myra aus dem Gebirge heraustretenden Dembre-Flusses durchzogen wird. Der Fluss verläuft östlich von dem Marktflecken Dembre, durehschneidet die betreffende Ebene in ihrer Mitte und mündet östlich der Vorgebirge Andraki und Pyrgos in’s Meer. Er führt noch in seinem Unterlauf groben Schotter. Seine Wassermengen vermindern sich im Laufe des Sommers beträchtlich und schon Anfangs Juni vermag er sein Bett nieht mehr gehörig auszufüllen. Die durch vereinzelte Palmen gezierte Ebene von Dembre selbst besteht oberflächlich aus Löss. Anders kann ich das betreffende poröse Gebilde, welches zwischen den Fingern zu- Staub zerreiblich ist und stellenweise durch das Vorkommen zahlreicher Individuen von Land- schnecken ausgezeichnet ist, nicht nennen. Diese Landschnecken gehören vornehmlich zu mehreren Arten von Helix. Durch mehrere zwischen Dembre einerseits und der in der Nähe der Ruinen von Myra gelegenen Ortschaft Kjoidschük andererseits gezogene Gräben war dieser Löss deutlich aufgeschlossen. E Wir passiren Kjoidschük und wenden uns zur Ruinenstätte von - Myra am Nordwestrande der Ebene und am Abhange des hier sehr - schroff ansteigenden Kalkgebirges. Von den Wohngebäuden der antiken Stadt scheint wenig erhalten zu sein, wenigstens gibt die Oberfläche des Terrains in dieser Richtung keine Auskunft. Was zunächst in die Augen springt, sind die zahlreichen Felsengräber, welche neben- und übereinander in die Kalkwände hier eingehauen sind. Den Archäologen - wohl bekannt, müssen diese durch eine eigenthümliche, dem anstehenden Gesteine abgewonnene Nachbildung von Holztechnik so auffallenden und - originellen Monumente das Interesse auch jedes anderen gebildeten Reisenden in hohem Grade zunächst schon darum erwecken, weil - möglichste Unzugänglichkeit bei der Anlage dieser Gräber Prineip ge- wesen zu sein scheint. Das ist hier der Fall, wie anderwärts in Lykien, wo sich derartige Gräber finden. Wahrscheinlich handelte es sich darum, dureh diese Unzugänglichkeit einen Schutz gegen Beraubung herzu- stellen. Jedenfalls aber begreift man schwer, wie es ohne grosse Vorsicht und Anstrengung möglich gewesen ist,‘ solche Anlagen auszugestalten bis in die höchsten Regionen der Kalkwände hinauf, an Stellen, welche heutzutage die in diesen Gräbern nistenden Raubvögel für sicher genug halten, um ihre Nachkommenschaft daselbst zu bergen. ie 320 Emil Tietze. [38] In der Nähe der Felsengräber, am Fusse des Berges, liegt auch das sehon erwähnte römische Theater. Blühende Oleanderbüsche (es war Mai, als ich dorthin kam) umgaben den Zugang zu demselben. Seine Stufen waren grossentheils erhalten, wenn auch vielfach durch Vege- tation markirt. Einige uralte Feigenbäume erhoben sich im Innern der Umfassungsmauer und bildeten im Vereine mit niedrigeren Gewächsen, unter denen eine kleinere, prächtig gelb blühende Alo& besonders auffiel, einen reizenden Vordergrund für den auf den oberen Stufen sich aufhaltenden Beschauer, der den Blick seewärts, über die Ebene von Dembre, bis zu den Ausläufern des Beimelik am Cap Fineka schweifen liess. Gross und wunderbar ergreifend erscheint an solehem Orte der Abstand, welcher in diesen Gegenden zwischen Einst und Jetzt besteht. Schwer können wir uns beim Anblick der heutigen, armseligen, im Sommer obendrein fast gänzlich verlassenen Dörfer dieser verödeten Landschaft eine Vorstellung machen von dem geschäftigen Treiben an demselben Orte, wo ein regsames Volk sich gestatten konnte, ein derartiges Theater zu bauen. Die Contraste sind grosse. Welcher Art die Anknüpfungs- punkte sein mögen, welche geschichtlich und ethnographisch diese Gegensätze versöhnen und vermitteln, mag bei Gebieten, die etwas seit- wärts der vornehmsten geschichtlichen Bewegungen standen, schwer bis in’s Einzelne zu verfolgen sein; ich bin auch nieht in der Lage, dar- über zu urtheilen. Die nimmer ruhenden Kräfte der Natur aber haben seit jener Zeit des antiken Lebens in gleichmässiger Weise fortgewirkt, sie allein stellen in ihren Wirkungen die sichtbare gesetzmässige Con- tinuität zwischen der Vergangenheit und der Gegenwart her, jene Uon- tinuität, die wir zwischen der antiken Welt Lykiens und den verwilderten Zuständen der jetzigen Bewohner des Landes so oft zu vermissen glauben. In friedfertiger Weise und augenscheinlich minder gewaltsam als die historischen Umwälzungen, von denen das Land betroffen wurde, haben sieh physische Processe vollzogen, welche in gewissen kleineren Zügen des Landes Veränderungen hervorgerufen haben. Wohl ist die Landschaft in allen wesentlichen Merkmalen bis auf die wechselnde Staffage der Bewohner dieselbe geblieben, die sie war, aber sie hat trotzdem nicht in völlig starrer Unbeweglichkeit verharrt. So wie an einigen Küstenstrichen Lykiens das Ansteigen des Meeresspiegels Stätten unter Wasser gesetzt hat, auf denen der Mensch vor Jahrhunderten trockenen Fusses einherschritt, so hat hier die allmälige Aufschüttung des Bodens die Ebene, auf welcher die Bewohner Myras wandelten, unseren Blieken entzogen und unseren Schritten unzugänglich gemacht. Die heutige Ebene von Dembre liegt nämlich nicht unbeträchtlich höher als die antike Ebene von Myra. Die Umfassungsmauer des erwähnten Theaters befindet sich mit ihrem unteren Theile in dem Löss versteckt, der hier bis an den Fuss der Felswände heranreicht. Namentlich auffällig erscheint aber das Ver- halten des Lösses gegenüber den tiefsten der Felsengräber. Ich sah mehrere dieser hohen Gräber, die nur mehr mit ihrem obersten Theil frei über die Ebene hervorragten. Die grössere untere Hälfte derselben Monumente lag unter dem Niveau der Ebene. So sind die Gräber keinesfalls ur- sprünglich in halb unterirdischer Weise in den Felsen eingehauen worden, und wenn man bedenkt, dass mit Vorliebe unzugängliche Höhenlagen Ber. [39] Beiträge zur Geologie von Lykien. 321 für diese Form der Beerdigung aufgesucht wurden, so ist die Vermuthung gerechtfertigt, dass selbst die verborgene Basis jener Gräber ursprünglich wenigstens hoch genug über dem einstigen Niveau der Ebene gelegen war, um für einen Menschen nicht unmittelbar erreichbar zu sein. Diese Thatsachen stehen im völligen Einklange mit einer anderen Beobachtung, die ich in der Nähe des Marktfleckens Dembre anstellen konnte. Hier befindet sich etwas nördlich ausserhalb der Ortschaft die Kirche des heiligen Nikolaus , eine der ältesten christlichen Kirchen in Klein-Asien. C. Ritter hat (Erdkunde, 19. Theil, pag. 1095 ete.) zu- sammengestellt, was sich über die Bedeutung und das muthmassliche Alter derselben sagen lässt. Sehr deutlich geht das letztere aus dieser Zusammenstellung allerdings nicht hervor, indessen scheint es, dass man nicht fehlgeht, wenn man den Bau in’s V. oder VI. Jahrhundert nach Christus verlegt. Diese Kirche ist mit ihrem unteren Gemäuer inmitten der Löss- absätze ihrer Umgebung verschwunden, so dass man wiederholt Gra- bungen hat vornehmen müssen, um den Eintritt in das Gotteshaus zu- gänglich zu erhalten. Das Niveau der Lössebene befindet sich nahezu 4 Meter über dem Fussboden der Kirche (nieht nur 5 bis 6 Fuss, wie es in einer der bei Ritter citirten Angaben heisst). Der Löss selbst ist durch die vorgenommenen Abgrabungen deutlich entblösst. Den grie- chischen Bewohnern von Dembre ist das geschilderte Verhältniss sehr auffällig und ich wurde von ihnen darauf aufmerksam gemacht mit dem Bemerken, die Kirche befinde sich in 'einem Zustande des langsamen Versinkens in die Ebene. Es wäre in der That merkwürdig, wenn gerade nur ein be- stimmter Fleck der Ebene in diesem Zustande des Versinkens verharren sollte und wenn dieser Fleck genau mit dem Grundrisse der Kirche übereinstimmen sollte. Nicht die Spur einer Störung unterbrieht ringsum die gleichförmige Oberfläche der Ebene. Die Kirche ist im Vergleich zu den Kirchen unserer Städte ein mittelgrosser, nicht eben schwerer Bau, und sumpfiges Terrain, schlechter Untergrund ist gerade hier nicht in der Nähe. Wollte man vom Versinken sprechen, dann müsste man sich auch die Berge bei Myra mit ihren Felsengräbern in diesem Zustande des Versinkens denken. Dieses Versinken ist eben nur ein relatives vom Standpunkt der hier sich folgenden Generationen von Beschauern gewesen, da dieser Standpunkt selbst in continuirlicher Erhöhung be- griffen war und ist. Nur im Sinne der Richthofen’schen Lösstheorie ist die be- schriebene Erscheinung zu erklären. Das allmälige äolische Anwachsen der Lössabsätze auf der Ebene von Dembre musste die unteren Partien der Kirche mehr und mehr einhüllen. Im Sinne der älteren Theorie von der fluviatilen Entstehung des Löss hierbei an Ueberschwemmungs- absätze des Dembre-Flusses zu denken, wäre unstatthaft. Die Tradition der Eingeborenen weist diesem Factor keinen Platz an. Der Fluss ist ausserdem von Dembre selbst schon ziemlich weit entfernt. Die von ihm mitgebrachten Wassermengen sind zwar im Frühjahr und Winter, wieBenndorf (Reisen in Lykien und Karien, pag. 131) berichtet, meist sehr mächtige, aber es ist nicht anzunehmen, dass seine Hochfluthen in historischer Zeit jemals auch nur annähernd bis an die Kirche oder Jahrbuch der k. k. geol. Reichsanstalt. 1885. 35. Band. 2. Heft. (Emil Tietze.) 41 3922 Emil Tietze. [40] andererseits bis an die Felsengräber gereicht haben sollten. Die Alten hätten auch weder ihre Stadtanlage, noch die Felsengräber, noch auch später die Kirche in das Inundationsgebiet gestellt, dessen Grösse und weite Ausdehnung bei der allgemeinen Lössbedeckung der einige Meilen breiten Ebene überdies sogar für einen mächtigeren Fluss ein abnormes genannt werden müsste. Endlich ist das Material, welches der Dembre- Fluss führt und aus seinem Querthal herausbringt, fast nur grober Sehotter. Wie er damit die feinen, gleichmässig vertheilten Lössabsätze hätte zu Stande bringen können, ist nicht einzusehen. Eines der grössten Hochwässer, welehe seit Menschengedenken in dieser Gegend eingetreten sind, hat im zeitigen Frühjahr 1354 stattgefunden, wie mir Herr Inge- nieur v. Knaffl mittheilt, der später noch einmal nach Gjöl-Baschi und Dembre ging, um einige von der Expedition zurückgelassene Alterthümer (namentlich Theile von Sarkophagen) zu bergen und nach Wien trans- portiren zu lassen. Herr v. Knaffl berichtete von ungeheuren Sehotter- massen, die der Dembre-Fluss in dem noch von Bergen eingeschlossenen Theile seines Bettes angehäuft hatte, so dass die zu bergenden Objeete darin eingehüllt erschienen und mit Mühe wieder gesucht werden mussten. Das hier besprochene Lössgebiet blieb jedoch von den Veber- fluthungen durchaus verschont. Wenn ich bei der Schilderung des Vorkommens dieser Absätze etwas breiter gewesen bin, als dies Manchem angemessen erscheinen mag, so ist die Erklärung dafür in dem Umstande gegeben, dass die Theorie von der äolischen Entstehung der Lössabsätze noch immer ihre seener hat, deren Schriften bisweilen zu der Ansicht berechtigen, dass die so vielfach und umfassend dargelegten Beweise für die Giltigkeit der Theorie in ihrem vollen Umfange schwer auf einmal zu würdigen ‘sind, namentlich von Seiten Solcher, denen räumlich beschränkte Er- fahrungen nicht ermöglichten, ihren Blick hinausschweifen zu lassen über irgend einen zweifelhaften Aufschluss von Quartärbildungen, vor dem sie gerade sich aufgestellt hatten. Nach dem Gesagten ist es selbstverständlich, dass die Lössbedeckung der Ebene von Dembre wenigstens in ihrem oberen Theile nicht dilu- vialen, sondern ganz neueren Ursprunges ist. Die Verhältnisse bei der Nikolauskirche erlauben sogar einen Schluss auf die Grösse des Wachs- thums dieser Absätze in einer bestimmten Zeit. Wenn wir nämlich dieses Wachsthum seit etwa 1300 Jahren auf nahezu 4 Meter veranschlagen (dürfen, so heisst das so viel, als dass sich durchschnittlich die Ebene in jedem Jahrhundert um fast '/, Meter erhöht hat, also im einem Jahre durchschnittlich um !/, Centimeter. Das ist sehr lehrreich. Im Vergleich mit der mässigen Mächtigkeit mancher europäischen Lössabsätze, die ja bis in die Diluvialzeit zurückreichen und demzufolge durchschnittlich sehr viel langsamer gewachsen sind, erscheint die Ziffer von ?/, Centi- meter Mächtigkeitszunahme im Jahre sehr bedeutend. Und doch hat selbst diese, wie wir sagten, bedeutende Ziffer, wie mir scheint, wenig Auffallendes für unsere Vorstellungskraft, wenn wir den Staubabsätzen der Atmosphäre eine wesentliche Rolle bei dem Aufbau der Lössbildungen anweisen wollen. Wenn etwa nach längerer, sei es auch nur nach Wochen zählen- der Abwesenheit aus ihrer Wohnung die Hausfrau zurückkehrt und die un ke 2 Ar he UP ER a a a Beiträge zur Geologie von Lykien. 39233 Möbel revidirt, oder wenn sie in einen offenen Bücherschrank nach Ent- fernung einer Bücherreihe hineinblickt, so sprieht sie gleich, wenn schon mit einiger Uebertreibung, von dem fingerdieken Staube, der Alles bedecke. Ein jährlicher Staubabsatz, dessen Mächtigkeit der Bruchtheil eines Centimeters ausdrückt, hat also fir das meist rein auf Erfahrung basirte Anschauungsvermögen eines Laien nichts Ueberraschendes ; solche Staubabsätze und He Idee von der Unvermeidliehkeit ihrer stellenweisen - Bildung können also wohl auch für die Fassungskraft Gelehrter nichts [2 te} < Unnatürliches sein, namentlich wenn diese Gelehrten Geologen sind, denen man ja doch sonst die Fähigkeit gesteigerten Einbildungsvermögens bisweilen fast zum Vorwurfe zu machen pflegt. Aus der Ebene von Dembre führt ein relativ sehr bequemer Reit- weg durch das Querthal des Dembre-Tschai nach dem Thale von Kassaba. Man reitet anfänglich durch üppig grünendes Myrten- und ‚Oleandergebüsch aufwärts, stellenweise auch wieder über kahle Schotter- felder und passirt dabei wiederholt den Fluss. Weiter aufwärts ent- wickeln sich hie und da schüttere Bestände von Kiefern. Stämme von Kiefern und anderem Nadelholz werden bei günstigem Wasserstande vielfach hier verflösst. Sie kommen aus der Gegend der Zuflüsse des Dembre-Tschai jenseits des Thales von Kassaba und werden an der Kiste von Dembre auf kleine griechische Küstenfahrer verladen, welche von den Inseln Rhodus und Casteloryzo bisweilen in diese Gegend kommen, bei ruhigerem Wetter in der Andrakibucht ankernd, bei stür- mischer See in der Jali-Bai Schutz suchend. Am unteren Ende des Thales beobachtet man wiederholt an den steilen Felswänden beiderseits Felsengräber, welche zweifellos noch zu dem antiken Myra gehören. Sie nehmen an Häufigkeit weiter aufwärts ab, kommen aber noch hie und da vor, immer an möglichst unzugäng- lichen Stellen. Ausser den Felsengräbern sieht man aber noch vielfach oben bogenförmig abgeschlossene, flache Nischen in den Felswänden, mit denen unsere a chäologen nichts anzufangen wussten. Für natürliche Aushöhlungen im Kalkstein kann ich diese Nischen aber auch nicht halten. Ich muss es deshalb ablehnen, diese Gebilde vom Standpunkte des Geologen aus zu erklären. Die Spuren einer alten, in den Felsen ein- gehauenen Wasserleitung findet man am reehten (südwestlichen) Ufer des Thales gegen Myra zu. Das Thal, obwohl nicht gerade sehr schmal, ist doch wenig be- wohnt, offenbar weil die Steilheit seiner Gehänge keinen Ackerbau zulässt und derselbe sich auch im Gebiet des Thalschotters nieht ohne Weiteres entwickeln kann. Doch sah ich zwei kleinere Ansiedlungen Namens Narlik und Derekoi, die erstere 3/, Stunden, die andere zwei Stunden oberhalb Myra. Von Terrassen sieht man in diesem Thale keine Spur, weder Auf- schüttungsterrassen noch solehe im festen Gestein. Das vom Flusse transportirte grobe Schottermaterial besteht grössten- theils aus Kalk. Doch sieht man auch nicht wenige Geschiebe von Diorit und von rothem Hornstein, welche, da derartige Bildungen längs des ganzen Querthales nicht anstehen, von jenseits des Kassaba- Thales en müssen. Unter den hellen Kalkgeschieben fielen hie und da Stücke auf, welehe Korallen enthielten; einmal kam auch der Abdruck eines grossen 41 * 324 Emil Tietze. [ 42] Pecten in einem solchen Geschiebe vor. Eine nähere Bestimmung dieser Reste war indessen nicht thunlich. Herr Ingenieur Knaffl v. Fohns- dorf hatte die Güte, mir auch einige grössere Rollstücke von rothem Kalk mitzutheilen, welcher von Jlithodendronartigen Korallen erfüllt war. Es gelang mir nirgends, diesen Kalk anstehend zu finden. Vielleicht befindet sich das anstehende Lager desselben im oberen Theile des Ge- bietes “des Jaillani-Tschai, eines Hauptzuflusses des Dembre-Flusses. Sollte es sich einst bestätigen, dass dort obertriadische Korallen vor- kommen, dann würden die Iykischen Kalkmassen noch tiefer, als bisher vermuthet wurde, hinabgreifen. Die Schiehtenstellung der beiderseits des Dembre-Thales anstehenden Kalke ist meist eine sehr flache. Das ist kein blos scheinbares Ver- hältniss, wie es etwa durch einen Aufschluss im Streichen bedingt sein könnte. Wir wissen ja vielmehr, dass überall, wo wir in den Kalk- massen südlich und südwestlich vom Dembre-Thale ein Streichen beob- achten konnten, dasselbe ein durchschnittlich westsüdwest-ostnordöstliches, also quer gegen die Richtung des Thales gestelltes ist. Zudem lässt sich bei den mäandrischen Krümmungen des Thales die annähernde Horizon- talität der Schiehtung stets beiderseits der gegen das Thal vorspringenden Felsmassen eonstatiren. Diese Flachheit der Schichtenstellung lässt Jeden- falls hier noch mehr als anderwärts es berechtigt erscheinen, wenn man, wie wir gethan haben, für die Gebirgsmassen bei Gjöl-Baschi, Gellemen und Heuran die Bezeichnung Plateau in Anspruch nimmt. Erst gegen das obere Ende des Querthales zu werden die Ver- hältnisse anders. Dort bekommt der Kalk vielfach eine breceienhafte Be- schaffenheit und die Schichten fangen an gestört zu werden. Eine kurze Strecke bevor man das breite Längsthal von Kassaba er- reicht, sieht man den Fluss sich theilen. Das Längsthal von Kassaba nämlich entspricht keinem einzelnen, nach derselben Richtung sich fort- bewegenden Flusslauf, sondern stellt eine schräg geneigte Pfanne mit südwest-nordöstlicher Axe dar, bei welcher die Gewässer der Mitte des südöstlichen Randes von Südwest wie von Nordost zulaufen. Sie treffen hier aber nicht mehr vor dem Gebirgsrande noch innerhalb der Pfanne selbst zusammen, sondern treten jederseits selbstständig in das Kalk- gebirge ein und vereinigen sich erst innerhalb desselben. Ein mächtiger Klotz des Kalkgebirges ragt auf diese Weise inmitten der beiden von entgegengesetzter Seite kommenden Zuflüsse des Dembre-Tschai kurz vor deren Vereinigung hervor. Es stellt sich also hier das eigenthümliche Verhältniss heraus, dass in der Mitte der Pfanne von Kassaba, und zwar in deren principiell tiefster Region, welcher die Gewässer vonrechts und links zulaufen, eine Wasserscheide existirt, welche erst im Bereich der Gebirgsumrandung des betreffenden Längenthales ein Ende findet. Dass Längsthäler dureh Wasserscheiden ausgezeichnet sind, ist bekanntlich ein nicht allzu seltener Fall; dann pflegen aber die Ge- wässer von dieser Wasserscheide aus nach divergirenden Richtungen zu enteilen und nicht, wie hier, derselben sich zuzuwenden. Es schien mir demnach nicht uninteressant, auf einen derartigen Fall die Aufmerksam- keit zu lenken. Br [43] Beiträge zur Geologie von Lykien. 325 Für die Fragen, welche sich an die Erklärung der Thalbildung knüpfen, sind die Beobachtungen über das Querthal des Dembre-Tschai nieht ganz ohne Belang. Bei dem mäandrisch gewundenen, kanonartig in ein flach geschichtetes Gebirge oder Plateau eingeschnittenen Quer- thal kann von einer Spaltenbildung nicht die Rede sein. Spuren von Störungen und Verschiebungen, welche mit einer solehen Spalte im Zu- sammenhang sein müssten, wurden nirgends bemerkt; dass man es mit einem reinen Erosionsthale zu thun hat, wird für jeden Geologen sofort klar. Es handelt sich nur darum, zu ermitteln, unter welchen Modalitäten die Erosion hier gewirkt haben mag. Im Sinne der Theorie von Löw, wonach die Aufhebung der Wasserscheide fast stets durch rückläufige Erosion in bereits fertigen Gebirgen erfolgt, lässt sich der Durchbruch des Dembre-Tschai durch das hohe Kalkplateau zwischen dem Kassaba- Thal und der Ebene von Dembre schwer begreifen. Nach dieser Theorie müsste der Dembre-Fluss ursprünglich als eine kleine Schlucht am Rande der Ebene von Dembre bei Myra existirt und sich dann später durch das Plateau nach rückwärts durchgefressen haben, um das Kassaba- Thal anzuzapfen und zu entwässern. Wie ich nun in meinen Bemer- kungen über die Bildung von Querthälern (2. Folge, Jahrb. geolog. Reichsanst., 1882, pag. 702 u. 742) auseinandergesetzt habe, lässt sich in derartigen Fällen der Grund der entschiedenen Bevorzugung einer einzigen Auswaschungsfurche vor vielen, die unter mehr oder weniger gleichen Bedingungen sich entwiekeln, nicht recht einsehen. Nirgends aber springt mehr wie hier am Dembre-Tschai die Unzukömmlichkeit der betreffenden Vorstellungsweise in die Augen. Abgesehen von einer nach der Gegend des Aladja-Dagh zu orientirten, östlich vom Dembre- Tsehai sich in das Gebirge hineinziehenden Schlucht, wird der Rand der Ebene von Dembre nur von ganz unbedeutenden, zumeist quellenleeren Rinnen gefurcht. Wenn es nun auch einer solehen Rinne, beispielsweise durch das Anzapfen einer subterranen Wasserader, bei ihrer fortschrei- tenden Vertiefung gelungen wäre, sich etwas weiter in das Gebirge hineinzuarbeiten, als ihre heute so unendlich zurückgebliebenen Nachbarn, so würde sich doch in jeder beliebigen Phase der betreffenden Thal- entwicklung ein System von Schluchten an dem jeweiligen oberen Ende des Thales haben bilden müssen, welche ihrerseits nach ihren oberen Verzweigungen zu mehr und mehr divergirt haben würden. Von diesen divergirenden Schluchten hätten sich immer wieder wenigstens einige nach rückwärts in das Plateau einsägen müssen. Wir würden dann mancherlei Verzweigungen seitlich von dem heutigen Hauptthallaufe wahr- nehmen ; statt dessen gibt es aber, abgesehen von der soeben besprochenen Theilung des Thales kurz vor dem Kassaba-Thale, in der ganzen Länge des Dembre-Durchbruches nur eine einzige etwas grössere Schlucht, welche in das genannte Querthal mündet. Dieselbe kommt von Nord- osten und befindet sich etwa in der halben Entfernung zwischen Myra und dem Kassaba-Thale. Alles Andere beschränkt sich auf kurze steile Furchen, welche längs den Steilwänden des Thales vom Plateau herab- laufen. Gerade bei der Horizontalität der Schichtung petrographisch zu- dem übereinstimmender Massen, welche Horizontalität sich längs des grössten T'heiles der Erstreckung des Durchbruches bemerkbar macht, 396 Emil Tietze, [44] würde man eine ziemlich gleichmässige Verzweigung der Erosionsfurchen erwarten dürfen, insofern die spülende Thätigkeit des Wassers ja hier nach Jeder Seite hin ähnliche Bedingungen und gleichartige Widerstände antrifft, während man sieh bei geneigten Sehiehten leiehter das Prävaliren der Erosionsthätigkeit nach einer bestimmten, und zwar nach der auf das Streichen senkrechten Richtung vorstellen könnte, was einem wohl zuerst von Rütimeyer entwickelten Gedanken entspricht. Mit diesen Bemerkungen sollen jedoch nicht etwa alle Bedenken gegen die mögliche Anwendung der von mir selbst im Jahre 1578 ver- tretenen Querthaltheorie auf das Dembre-Thal beseitigt werden. Es sind namentlich die Verhältnisse der Ausbreitung neogener Meeresabsätze im Thale von Kasch und einigen Zuflussgebieten des Dembre Tschai, welche dabei zu Erwägungen Veranlassung" geben, was ich aber hier nicht näher ausführen will. Das Thal von Kasch oder Kassaba. Es wurde schon erwähnt, dass kurz vor dem Eintritt aus dem Dembre-Tschai in das Kassaba-Thal die Kalkschiehten ihre horizontale Lage verlassen und gegen das Kassaba-Thal zu fallen. Sobald man aus dem Bereich der Kalkmassen heraustritt, was ich dureh die von Nord- osten kommende Schlucht vornahm, beobachtet man am Flussufer graue, weiche Mergel mit festeren, kalkigen, dünnen Zwischenlagen. Dieselben streichen in Stunde 4'/, und fallen mit 40 Grad nach Nordwest, gehören also deutlich in das Hangende des Kalkes. Ein nicht sehr mächtiger Löss liegt hier stellenweise übergreifend an der Grenze beider Bildungen. Er enthielt viele Schalen von Pupa sp. Etwas mächtiger, bis zu 5 Fuss stark, sah ich solehen Löss auch noch weiterhin zwischen dieser Stelle und dem Marktflecken Kassaba. Er bedeckt überall Gebilde ähnlich denen, die wir am Rande des Längsthales angetroffen hatten. Diese Gebilde gehören einer Jüngeren Tertiärformation an. Ver- steinerungen wurden zwar trotz allen Suchens gerade an der zuerst bezeichneten Stelle darin nieht aufgefunden. Doch ist der Zusammen- hang zwischen den genannten Mergeln mit anderen paläontologisch be- zeichneten Partien in der Umgebung von Kassaba so evident, dass an der Stellung derselben als eines den Eocänkalken übergeordneten jüngeren Formationsgliedes auch ohne die hier sehr deutlichen Lagerungsverhält- nisse nieht zu zweifeln wäre. Schon beim Abstieg in das Kassaba-Thal auf dem Weg von Gjöl- Baschi über Gellemen nach Kassaba hatte ich bemerkt, dass die Kalke des Plateaus nieht ausschliesslich den Rand desselben gegen das Kassaba- Thal hin zusammensetzen. Ich sah dort den Fuss dieses Randes von Hügelmassen gebildet, welche eine aschgraue Gehängefarbe zeigten, andere Böschungsverhältnisse aufwiesen als der Kalk und aus Mergeln bestanden. Die Lagerungsverhältnisse waren dort nicht in ausgesprochener Deutlichkeit aufgeschlossen. Doch machten die Mergel den Eindruck einer dem Kalk gegenüber jüngeren Bildung, und da der Kalk daselbst dureh das Vorkommen von Nummuliten als eocän bezeichnet war, so konnte nur an jüngeres Tertiär gedacht werden. Das zum Theil an den [45] Beiträge zur Geologie von Lykien. 327 Sehlier erinnernde Aussehen der Mergel, der etwas flyschartige Habitus mancher Zwischenlagen fielen besonders auf. Noch an einer anderen Stelle, am Südrande des Kassaba-Thales, durehsehnitt ich die Region, in welcher die tertiären Mergel an die Kalke des Plateaus südlich vom Kassaba-Thal angrenzen. Es war dies im südwestlichsten Theile des Thalgebietes, am Wege vom Gjöl-Baschi über Ja-u und Genados nach dem später noch zu nennenden Dorfe Dere. Dort liegt unterhalb Genados im Thale das kleine Dorf Istebi im Gebiete der Mergel, welche eine Strecke lang an dem Gebirgsrande hinauf- reiehen. Gleich oberhalb Istebi befindet sich eine ummauerte Quelle, und erst etwas oberhalb derselben beginnt der Kalkstein, der hier durch kleinere Formen von Nummuliten eharakterisirt wird. Die Mergel streichen deutlich in Stunde 41/, und fallen ebenso deutlich nach Südost unter die sich darüber erhebenden Eocänkalke ein. Dieses Verhalten ist be- züglich der Einfallsrichtung so entgegengesetzt dem Verhalten derselben Mergel beim Beginn des Denbe Querthales, dass ich davon nicht wenig betroffen wurde. Im Hinblick auf das, wie sich später noch zweifellos ergeben wird, entschieden jüngere Alter der Mergel muss bei Istebi eine Ueberkippune der Schichtenfolge angenommen werden. Zwischen Istebi und dem F ellen- Tschai am Wege nach Dere ist der Charakter des sich hier allmälig verschmälernden Thales von Kassaba in seiner Längsthalanlage wohl im Allgemeinen gewahrt, doch darf man sich dieses Thal hier nieht als eine von Quartärbildungen eingenommene Ebene vorstellen. Die miocänen Mergel herrschen hier überall, und das von ihnen zusammengesetzte Gebiet ist von zahlreichen kleineren Erosions- furchen durchzogen. Die Oberfläche der Mergel ist dabei deutlich terrassirt. Man erkennt gegen den Fellen-Tschai zu wenigstens zwei gut markirte übereinandergestellte Terrassen, welche allerdings durch jene Erosions- furchen in eine Unzahl von Abschnitten zerlegt sind, so dass der Weg wiederholt auf kleine Strecken bergauf und ber gab sccht. Die Terrassen bestehen hier, wie kaum noch er läutert zu werden braucht, nicht aus einem vom Flusse angesehwemmten Material, sondern sind durch Ab- radirung entstandene Terrainformen. Prächtige Bäume (zum Theil Nadel- hölzer) schmücken in einiger Entfernung von Istebi gegen den Fellen- Tschai zu diese Gegend. Dieselben bilden keine dieht zusammenhäng enden Bestände, sondern” sind ähnlich wie in einer Parkanlage gruppirt. In den Mergeln, die hier nicht gerade sehr versteinerungsreich schienen, fand ich hier unterwegs eine grössere Koralle, welche, auch ohne näher bestimmt zu werden, genügt, um den marinen Charakter der Mergel darzuthun, welche ger ade in dieser Gegend nicht so versteinerungs- reich zu sein scheinen, wie stellenweise anderswo. Das Thal verengt sich nun mehr und mehr nach aufwärts zu und etwa eine halbe Stunde unterhalb Dere ‚von Istebi nach Dere beträgt die Entfernung zwei Reitstunden) kommen wieder die Kalke Jenseits der Mergel zum Vorschein. Dieselben bilden eine enge Schlucht, in welcher die prächtig grün gefärbten Gewässer des Fellen-Tschai schäumend daher- eilen. Kurz vor dem an einem sanfteren Abhange des Kalkgebirges erbauten Dorfe Dere verlässt man das Thal dieses Flusses. Der letztere kommt aus einer noch wilder gestalteten, für berittene Reisende gänzlich unpassirbaren Kalkschlucht heraus, in welche er weiter oben gleich 328 Emil Tietze. [46] unterhalb der später zu erwähnenden Orte Hadjioghlan und Assar-Altü eintritt. Diese Schlucht ist bereits ein echtes Querthal, während die bisher verfolgte Thalstrecke zur Noth noch als eine obere Verzweigung des Längenthales von Kassaba aufgefasst werden könnte (obschon nicht mehr in einem streng tektonischen Sinne). Die Anlagerungsgrenze der miocänen Mergel gegen den Kalk, die wir hier passirt haben, war an den von mir beobachteten Stellen in dem von üppiger Buschvegetation bedeckten Thale nicht deutlich genug aufgeschlossen, um einen Schluss auf die Lagerungsverhältnisse zu gestatten. Kehren wir zunächst nach dem Kassaba-Thale zurück. Der Markt- flecken oder die Stadt Kassaba liegt in der Nähe des Zusammenflusses des Fellen-Tschai mit dem jenseits des Susuz-Dagh entspringenden Jaillani-Tschai. Die Gegend dieser Flussvereinigung wird gänzlich von einem älteren alluvialen Schotter beherrscht. Doch liegt bald nord- westlich ausserhalb Kassabas ein wenig mächtiger Löss, und nach kurzer Zeit beginnen auf dem Wege, den man von hier aus nach Gendova oder nach Hadjioghlan einschlägt, flache Tertiärhügel, wie sie sonst all- gemein die Depression des Kassaba-Thales einnehmen. Dieselben bestehen wieder aus aschgrauen, hie und da sogar grün- lichen Mergeln mit festeren Zwischenlagen, welche theils ebenfalls kalkig und mergelig, theils in selteneren Fällen sandsteinartig sind. In gewissen höheren Lagen werden die Sandsteine etwas häufiger. Sie enthalten dann glaukonitische Partikelchen. An einigen Stellen liegt in den Vertiefungen des Gebietes etwas Löss mit Schalen einer kleinen Helix. Auf einem nicht unbeträcht- lichen Flächenraum , auf der nordwestlichen Seite des Thales vor dem Anstieg auf den Tekirdjik-Dagh, ruht diluvialer Schotter auf den tertiären Anhöhen. Dieselben Tertiärschichten gehen nun hier eine Strecke weit den Abhang hinauf und zeichnen sich dabei durch das stellenweise nicht seltene Vorkommen organischer Reste (kleine Formen von Gastro- poden und Zweischalern) aus, unter denen Cassis saburon, Limopsis sp. zu nennen wären. Namentlich auch kleine Pteropoden sind hier nicht selten. Die aschgrauen Mergel überwiegen auch hier. In einer gewissen Höhe, etwa 2 Stunden von Kassaba entfernt, befindet sich eine Quelle. Bald oberhalb derselben beginnt wieder der Kalk, der die höher anstei- genden Berge zusammensetzt. Die hier erwähnten Miocänbildungen ziehen sich nördlich zunächst nach der Gegend von Gendowa (Kandyba) hin, wo ihre Existenz schon von Spratt und Forbes constatirt wurde. Den nordwestlichen Rand des Kassaba-Thales lernte ich dann noch an einer anderen Stelle kennen, als ich mich von Kassaba über den Susuz-Dagh in das Thal von Gjömbe begab. Ich verfolgte dabei zuerst den Lauf des Jaillani-Tschai, welcher westlich vom Susuz-Dagh die Gebirgsumwallung des Kassaba-Thales durchbricht, eine Strecke nach aufwärts bis zu dem etwa 5/, Stunden von Kassaba entfernten Dorf Kemer. Auf den tertiären Mergeln liegen hier anfänglich noch einzelne Partien von diluvialem Schotter, stellenweise auch von Löss. Der letztere ist hier wie sonst im Kassaba-Thal nur wenig mächtig. Bald steigen die tertiären Hügel etwas höher an. Zuerst bemerkt man hier ie 47] Beiträge zur Geologie von Lykien. 329 nordnordwestliches Einfallen ihrer Schichten. Dasselbe wird allmälig flacher und endlich kommt sogar ein schwach entgegengesetztes Ein- fallen zum Vorschein. Doch wechseln die Fallrichtungen noch einige- mal, bevor man Kemer erreicht. Die Gegend gleicht in diesem tertiären Vorlande des Susuz-Dagh einem Garten. Sie ist prächtig grün bewachsen und von hübschen Baumgruppen besetzt. Sandsteine und Conglomerate stellen sich ein. Bei Kemer selbst treten dann mächtige grobe Conglomerate auf, anfänglich noch flacher geschichtet, bald aber deutlich thalwärts, das ist nach Südsüdost fallend. Das ist namentlich deutlich zu beobachten, bald nachdem man die hier sich mehr verengende Schlucht des Jaillani-Tschai verlassen hat, um nordwärts ansteigend die Vorhöhen des Susuz-Dagh zu gewinnen. Die Conglomerate fallen also hier deutlich vom älteren Gebirge ab und gehören ihrer Stellung nach in das Liegende der tertiären Mergel, mit welchen sie jedoch vielfach innig verbunden und zusammengehörig erscheinen. Bald jenseits Kemer beginnen am Thallauf des Jaillani-Tschai Kalk- felsen aufzusteigen. Die Schlucht, durch welche der Fluss sich hier hindurchwindet, ist bald so eng, dass sie für den Verkehr ohne künst- liche Nachhilfe unzugänglich wird. Deshalb musste ich dem mir schon in Kassaba ertheilten und hier in Kemer wiederholten Rathe nachgeben und über den Susuz-Dagh gehen, um in die zwischen diesem Gebirge und dem Ak-Dagh sich hinziehende Depression gelangen zu können, anstatt, wie mein ursprünglicher Plan war, das Durchbruchsthal des Jaillani benutzend, ein vermuthlich besser aufgeschlossenes Profil durch die Gebirgserhebung zwischen dem Kassaba-Thal und der jenseitigen Längsthaldepression zu studiren. An diesem Wege über das Gebirge trifft man den das Conglomerat unterlagernden Kalk erst in einer gewissen Höhe. In dem Conglomerat kommen ausser den zahlreichen Kalkgeröllen auch nicht selten Gerölle eines dioritischen Eruptivgesteins vor. Das Vorhandensein dieses Conglomerats ist in dem Tertiärbecken von Kas- saba als eine localisirte Erscheinung bemerkenswerth. An den übrigen von mir besuchten Randstellen des Beckens existirt es nicht. Dort grenzen die feineren Sedimente unmittelbar an den Kalk des Rand- gebirges. Ob die Bildung desselben mit dem Umstande zusammenhängt, dass hier der Jaillani-T'schai in das betreffende Becken schon zur Mioeän- zeit mündete und seine Gerölle zur Entwieklung von Randeonglomeraten daselbst Veranlassung gaben, bleibt insolange fraglich, als nicht nach- gewiesen wird, dass die Eruptivgesteinsgerölle des Conglomerats auf ein in dem Quellgebiet des Jaillani anstehendes Eruptivgestein derselben Art zurückgeführt werden können. Die Fragen, die sich an die Be- schaffenheit und das Auftreten der Iykischen marinen Tertiärbecken knüpfen, sind überhaupt sehr verwickelte, schon wegen der gegenwär- tigen Isolirung dieser Becken, welche auf keinen Fall ihrer ursprüng- lichen Anlage entspricht. Da die geologischen Karten von Spratt-Forbes und Tschi- chatscheff im grössten Theile des Beckens von Kassaba tertiäre Süss- wasserschichten angeben, so würde damit wenigstens die spätere Isolirung des Beckens bewiesen sein. Ich bin aber verpflichtet hinzuzufügen, dass Jahrbuch der k, K. geol. Reichsanstalt. 1885. 35. Band. 2. Heft. (Emil Tietze.) 42 330 Emil Tietze. [48] an den von mir besuchten Oertlichkeiten des Kassaba-Thales tertiäre Siisswasserschichten nicht beobachtet werden konnten. Da übrigens auch Spratt und Forbes bemerken, dass die Mergel in diesem Thale, welche sie für Süsswasserschichten ansprechen, keine Versteinerungen lieferten, und da Tscehichatscheff hier keine eigenen Beobachtungen wiederzugeben in der Lage ist, so halte ieh die Existenz soleher Süss- wasserbildungen im Kassaba-Thal für mehr als zweifelhaft. Es ist sehr wahrscheinlich, dass die allerdings in diesem Falle oft ziemlich ver- steinerungsarmen marinen Mergel derselben Gegend für Süsswasserabsätze gehalten wurden, denn thatsächlich wurden in jenen Karten nur die, wie es scheint, versteinerungsreicheren Absätze bei Gendowa für marin angesprochen und andere evident mit diesen Absätzen zusammenhängende Partien mit der Farbe der Süsswasserschichten bezeichnet. Dieser Um- stand begründet eine der wesentlichsten Differenzen meiner Karte gegen- über den älteren Darstellungen. Das obere Gebiet des Fellen-Tschai. Von Kassaba aus unternahm ich, wie schon erwähnt, eine Exeur- sion nach dem oberen Gebiet des Fellen-Tschai, welcher der südlichste der grösseren Zuflüsse des Wassergebietes des Kassaba-Thales ist. Es wurde schon mitgetheilt, dass das Thal des Fellen-Tschai nicht seiner ganzen Länge nach passirbar ist. Um in seine oberen Partien zu gelangen, muss man eine Umgehung über das Gebirge hinüber aus- führen. Ich ging also zunächst über den Tekirdjik-Dagh nach Assar- Altü bei Hadijoghlan. Hat man die an der Flanke des Gebirges ausgebreiteten Tertiär- schiehten passirt, so trifft man, wie ebenfalls schon erwähnt, oberhalb einer Quelle auf den Kalk, der das Gebirge seiner Hauptmasse nach zusam- mensetzt. Die Anwesenheit der genannten Quelle unter sehr ähnlichen Verhältnissen, wie die Anwesenheit jener Quelle, die wir auf der anderen Seite des Kassaba-Thales bei Istebi besucht haben, spricht dafür, dass an der Grenze des wahrscheinlich innerlich zerklüfteten Kalks gegen den undurchlässigen Tertiärmergel eine Wassercireulation existirt. Da nun aber bei regelmässiger Anlagerung der jüngeren Mergel an den älteren Kalk die Mergel ihre Undurchlässigkeit gegenüber den im Kalk herab- sinkenden Wässern nicht erproben könnten, so ist hier, wenn schon nicht eine Ueberkippung der Schiehtenfolge, wie am jenseitigen Thal- gehänge, so doch eine ziemlich steile Aufrichtung der Mergelschichte an der Formationsgrenze wahrscheinlich, wodurch einer aus der Höhe des Kalkgebirges hier herab sich ziehenden Wasserader der weitere Weg nach der Tiefe erschwert werden mag. Ich erwähne das, weil die Waldbedeekung dieses Abhanges (struppiger Eichenwald) eine zuver- lässige Beobachtung der Schichtenstellungen längs des Weges erschwerte. Uebrigens sind nach Spratt und Forbes etwas weiter nördlich die marinen Neogenschichten von Gendowa thatsächlich stark geneigt (l. e. vol. I, pag. 174), was mit der eben gemachten Voraussetzung gut übereinstimmt. Jenseits der ersten Haupterhebung, welche man am Tekirdjik zu passiren hat, gelangt man zu einigen Jurukenhütten, Namens Tekir- ne [49] Beiträge zur Geologie von Lykien. 331 Jaila, welche auf einem von Buschwerk umgebenen, üppigen Wiesen- grunde gelegen sind, der sich langsam westwärts hinabsenkt. Die Kalke der Umgebung lieferten keine deutlichen Versteinerungen. Ich sah nur allerhand warzenförmige Erhebungen auf den Schichtflächen, welche von unbestimmbaren organischen Resten herrührten. Da aber Spratt und Forbes in dem an das Miocän von Gendowa angrenzenden älteren Kalke (l. e. vol. Il, pag. 168) das Vorkommen von Nummuliten an- geben, und da sich die Erhebungen bei Gendowa in der wahrschein- lichen ungefähren Streichungsfortsetzung des Tekirdjik-Dagh befinden, so kann auch für die Kalke des letzteren die Zugehörigkeit zum Eoeän als unbedenklich gelten, welche Annahme durch das gleich zu er- wähnende Auftreten von Nummuliten an der Fortsetzung unseres Weges jedenfalls unterstützt wird. Der betreffende oben genannte üppige Wiesengrund schien einem abgesperrten Thalfragment anzugehören. Ich verliess denselben, wendete mich seitlich etwas mehr nach Süden, es ging noch einmal bergauf und dann begann definitiv der Abstieg nach dem Thale des Fellentschai in der Richtung nach Assar-Altü zu. Hier bei diesem Abstiege fand ich wieder zahlreiche Durchschnitte nnd Auswitterungen von Nummuliten (mässig grosse Formen). Die unteren Theile des Gehänges wurden hier wieder von aschgrauen schlierartigen Mergeln gebildet, welche überhaupt beiderseits des "ziemlich engen, von Gruppen prächtiger Kiefern besetzten Thales in der Tiefe anstehen. Ist nun auch durch die Auffindung dieser schlierartigen Mergel von Assar-Altü in der That ein räumlich vermittelndes Glied zwischen der von Spratt und Forbes bei Gendowa am Rande des Kassaba- Thales beschriebenen Miöeänschichten und den gleich weiter unten zu nennenden versteinerungsreichen Absätzen von Säret constatirt worden, so hat sich doch die von denselben Autoren (vol. II, pag. 174) aus- gesprochene Vermuthung von einer direeten Verbindung zwischen den beiden Localitäten nicht bestätigt. Die merkwürdige Isolirung der einzelnen Tertiärschollen in dieser Gegend wird uns im Gegentheil sogleich noch mehr zum Bewusstsein kommen. Bei Assar-Altü theilt sich das Thal nach aufwärts zu, weil sich hier zwei Zuflüsse des Fellen-Tschai vereinigen. Ich ging zunächst in dem Thale des nördlicheren dieser Zuflüsse vorwärts. Dieser letztere bildet kurz vor seiner Vereinigung mit dem anderen Zuflusse ein kurzes Quer- thal, in welchem die miocänen Mergel wieder verschwinden, während beiderseits der Schlucht steile Wände eines überaus massig geschichteten Kalksteins aufragen. Grosse Blöcke dieses Kalkes liegen am Grunde dieser überaus pittoresken Schlucht. Bald aber verändert sich die Scenerie, und das Thal wird bei einer Biegung wieder mehr zum breiten Längen- thal, welches, kleinere Unregelmässigkeiten abgerechnet, in Stunde 5 streicht , dem allgemeinen Streichen in den der Küste genäherten Ge- bieten des südlichen Lykien entsprechend. Hier sieht man abermals rechts und links unten an den Abhängen die aschgrauen, tertiären Mergel, während die Höhen dahinter von Kalkmassen gebildet erscheinen. Das Dorf Hadjioghlan bleibt hier rechts vom Wege liegen. Zwei Stunden oberhalb Assar-Altü liegt die Ansiedlung Eric Jaila in der Nähe der Quellen des Flusses und einer Wasserscheide, die sich hier 42* 332 Emil Tietze. [50] innerhalb der Längsthalanlage erhebt. Die Baumvegetation, welche die unteren Theile der Abhänge bekleidet,. nimmt in der Nähe dieser Wasserscheide ab. Der kahle Bergabhang nördlich von Sidek-Jaila zeigt sich von Erosionsschluchten durchfureht, die durch die ungemeine Regelmässigkeit auffallen, mit welcher sie in fast gleichen Abständen von oben nach unten ohne Verzweigungen verlaufen. Die tertiären Mergel haben hier aufgehört. In der Umgebung der Wasserscheide ist alles Gestein Kalk. Weiter verfolgte ich hier die betreffende Längsthalanlage nicht und vermag deshalb nicht anzugeben, ob jenseits der Wasserscheide, etwa gegen Bazyrıgian-Jaila zu, wieder die neogenen Mergel beginnen. Ich ging von Sidek-Jaila vielmehr südlich über das Kalkgebirge hin- über, um in das Thal des südlichen Zuflusses des Fellen-Tschai zu ge- langen, welcher sich bei Assar-Altü mit dem nördlichen Zuflusse ver- einigt. Ich gelangte nach zwei schwachen Stunden in dieses Thal bei der Ansiedlung von Säret-Jaila, in deren Nähe sich wieder eine Menge antiker Reste befinden. Der obere Theil des nicht sehr hohen Gebirges, welches ich dabei passirte, führt den Namen Garten. Einige kleinere, rings geschlossene Kessel sind in denselben eingesenkt. Auf der Nordseite des Gebirges, gegen Sidek-Jaila zu, wurde ein südliches, auf der Südseite, gegen Säret-Jaila zu, dagegen ein nördliches Fallen der Kalkbänke beobachtet. Die Höhe des Berges bei Garten entspricht also: den Hangendpartien einer Mulde. Hier finden sich nur Kalkbreecien, welche demnach den: Abschluss der Kalke in ähnlicher Weise vorstellen, wie die früher er- wähnten Breeccien am oberen Ende des Dembre-Querthals gegen die Neogengrenze zu. Bei Säret-Jaila befindet man sich wieder in der Nähe einer Wasser- scheide, durch welche das dort entwickelte Längenthal zwischen Assar- Altti und dem Dorfe Säret mitten getheilt wird. Auch auf diese Wasser- scheide reichen die Neogenabsätze nicht hinauf. Man befindet sieh hier noch völlig im Kalkgebiete. Das Dorf Säret selbst besuchte ich nicht. Es ist weiter westlich seitwärts gelegen, den eingezogenen Erkundi- gungen nach in derselben Längsthalanlage. Herr Dr. Felix Luschan, der die beiden österreichischen archäologischen Expeditionen, wie schon gesagt, als Arzt begleitete und während der Dauer derselben, sowie auch noch später, mannigfache Reisen zu anthropologisch-ethnographischen Zwecken in Klein-Asien ausführte, kam auch hierher und sammelte in den Mergeln, welche bei dem Dorfe Säret anstehen, viele Versteine- rungen, welche die Zugehörigkeit auch dieser Mergel zu der marinen Mioeänbildung Lykiens beweisen und die ältere Ansicht von Spratt und Forbes über dieses Vorkommen im Wesentlichen bestätigen. Von Säret-Jaila wieder östlich abwärts nach Assar-Altü gehend, beobachtet man in den Kalken beiderseits des Thales vielfach Ein- schlüsse von Quarz, namentlich von rothem Hornstein. Etwas unterhalb der Wasserscheide fängt das Thal an, sich mit Kiefern, Eiehen und anderen Bäumen zu bewalden, und etwa auf halbem Wege zwischen Säret-Jaila und Assar-Altü beginnen die bei letzterem Orte schon früher erwähnten marinen Mioeänmergel sich zu entwickeln, welche hier zahl- reiche Versteinerungen führen. Auffällig waren hier Einschlüsse von [51] Beiträge zur Geologie von Lykien. 333 allerhand gerundeten Kieseln in den Mergeln, eine Erscheinung, die ich in den gleichalterigen Mergeln des Kassaba-Thales nicht bemerkt hatte. Weiterhin bei Assar-Altü selbst, namentlich an der Bergnase, welche vor dem im Bereiche des Neogen erfolgenden Zusammenflusse der beiden Zuflüsse des Fellen-Tschai liegt, kommen sogar Conglomerate vor, aus ähnlichen kleinen Kieseln gebildet, wie sie den Mergeln ein- gebacken sind. Die hier vorhandenen Gerölle von Kalk und von ver- schieden gefärbten Quarzen besitzen etwa die Grösse von Haselnüssen oder grossen Bohnen. Ihre Herkunft ist bei der Nähe eines Quarzein- sehlüsse führenden Kalkes nicht schwer zu erklären. Schwieriger ist die Anwesenheit gewisser grüner Geröllpartikelehen von serpentinöser oder vielleicht diabasischer Beschaffenheit zu begreifen. Dieselben sind sämmt- lich sehr klein und deuten vielleicht schon dadurch auf eine Abstammung aus etwas entfernteren Gebieten. Die erwähnten Conglomerate müssen, weil in der Mitte der Tertiär-Ausbreitung im Thale von Assar-Altü be- findlich, als eine höhere Lage dieses Tertiärs aufgefasst werden, ver- schieden von den randlich gestellten viel gröberen Conglomeraten von Kemer, die vorhin beschrieben wurden. Was die paläontologischen Einschlüsse im Neogen dieser Gegend anlangt, so haben bereits Spratt und Forbes (vol. II, pag. 172 und 173) eine Liste von Bestimmungen über die Conchylien der Localität Säret veröffentlicht und auf Grund dieser Liste das miocäne Alter der betreffenden Absätze, welche mit den Schichten von Bordeaux und der Touraine verglichen wurden, richtig festgesetzt. Gegenwärtig konnte es sich nur darum handeln, die von den englischen Autoren überlieferten Vorstellungen zu ergänzen und, sofern dies überhaupt thunlich war, auch besser zu präcisiren. Herr Theodor Fuchs hat sich freundlichst der Aufgabe unter- zogen, die von Herrn v. Luschan und auch die von mir mitgebrachten Versteinerungen aus dieser Gegend zu bestimmen und hat darüber ganz vor Kurzem in den Verhandlungen der geologischen Reichsanstalt (1885, pag. 107—112) berichtet. Die von ihm gegebenen Fossilienlisten können dort nachgelesen werden. Wenn man diese Fauna im Ganzen betrachtet, so wird man sie als eine den österreichischen marinen Mioeänbildungen entsprechende ansehen müssen. Formen, wie: Conus extensus Partsch, Oonus Dujardini Desh., Conus Tarbellianus Grat, Ancillaria glandı- formis Lam., Terebra fuscata Brocc., Terebra pertusa Bast., Colum- bella fallax R. Hoern. und Auwing., Natica millepunctata Lam., Natica redempta, Pleurotoma asperulata Lam., Cerithium Bronni Partsch, Den- talium Badense Partsch und Lucina cf. miocenica mögen etwa neben den stellenweise vertretenen Pteropoden und Aturien die bezeichnendsten Arten sein, von denen die meisten ausser dem genannten Cerithium und der Zueina auch häufiger vorzukommen scheinen. Herr Fuchs hat nun in dankenswerther Weise die von ihm ge- machten Bestimmungen in der Art publieirt, dass jede der gemachten, ihm übergebenen Aufsammlungen durch eine selbstständige Liste kenntlich wird. Auf diese Weise erhalten wir drei Listen, erstlich eine solche be- treffend die Aufsammlung des Dr. v. Luschan bei Säret, zweitens eine Liste betreffend eine Aufsammlung des Dr. v. Luschan bei Assar- Altü und drittens eine Liste betreffend die von mir bei Assar-Altü ae NE Br Fe A Y FETT 334 Emil Tietze. [52] gesammelten Conchylien. Die Verschiedenheit, welche sich in diesen Listen zeigt, ist Fuchs geneigt, auf Altersverschiedenheiten innerhalb der Iykischen Miocän-Ablagerungen zu beziehen und demnach die von v. Luscehan bei Assar-Altü gesammelten Versteinerungen der ältesten Schiehtenfolge der paläontologisch vertretenen Schichtenreihe zuzuweisen, die von v. Luschan bei Säret gesammelten Fossilien aber für die Jüngsten Schichten dieser Reihe zu erklären, während die Schichten, in denen ich selbst bei Assar-Altü sammelte, in der Mitte zwischen den beiden anderen Schichtenfolgen stehen würden. Auch E. Suess hat in seinem Antlitz der Erde (1. Bd., I. Theil, pag. 404 und 455) der Iykischen Miocänbildungen gedacht und scheint geneigt, die Hauptmasse derselben dem österreichischen Schlier gleich- zustellen, mit welcher Ansicht man’sich sehr gut befreunden kann, wenn man dem Schlier kein specielles Niveau innerhalb der Mioeänablagerungen zuweist und mit dieser Bezeichnung nur ein Faciesverhältniss im Auge hat. Ob gerade die bisherigen Beobachtungen im südwestlichen Klein- Asien ausreichen, um eine weiter gehende Meinung hinsichtlich der stratigraphischen Seite der Frage zu begründen, bleibe füglich dahin- gestellt. Ich will jedoch nicht an diesem Orte die Discussion über die Eintheilung der miocänen Mediterranstufe erneuern und beschränke mich daher auf die wenigen folgenden Bemerkungen über die Iykischen hierher gehörigen Bildungen. Bei Assar-Altü habe ich keinerlei Beobachtung gemacht, welche auf eine naturgemäss vorzunehmende Theilung des dort nicht sehr mächtigen Miocäns hinweisen würden. Sollten ferner die Ablagerungen bei Säret wirklich jünger sein, als diejenigen bei Assar-Altü, so würde sich wieder einmal der Fall ergeben, dass die jüngeren Mediterran- bildungen nicht über den älteren liegen, sondern getrennt von diesen auftreten. Dies wäre um so auffälliger, als beide Tertiärpartien, wie aus dem Vorstehenden sich ergibt, ihrem Vorkommen nach einer und derselben Längsthalanlage angehören und nur durch eine relativ flache Wasserscheide von einander getrennt liegen, auf welcher das Neogen augenscheinlich erst durch spätere Denudation entfernt wurde. Die tektonischen Vorgänge, welche auf einem so engen Raume und unter solehen Verhältnissen das separirte Vorkommen altersverschiedener Bildungen hätten bewirken müssen, würden wir uns als sehr complieirte vorzustellen haben. Namentlich darf dabei nieht übersehen werden, dass die angeblich der jüngeren Stufe angehörigen Schichten bei Säret nicht etwa flach liegen, sondern ähnlich den angeblich älteren Schichten von Assar-Altü gestört sind, und zwar nach Spratt und Forbes (II. Bd., pag. 171) unter einem Winkel von 50 Graden geneigt stehen. Es ist mir das Wahrscheinlichste, dass die Verschiedenheiten, welche in den von Fuchs publieirten Listen zu Tage treten, auf die Zufällig- keiten beim Sammeln zurückzuführen sind. Diese Thätigkeit des Sammelns konnte weder bei Herrn Dr. Luschan, noch bei mir eine systematische, durch längere Zeit fortgesetzte sein; Jeder von uns brachte vielmehr die Stücke mit, die ihm bei einem flüchtigen Besuch der be- treffenden Localitäten gerade in die Hand kamen, und es ist ja auch sehr wohl denkbar, dass wir nicht in genau denselben Schichten Beiträge zur Geologie von Lykien. 335 gesammelt haben, weil sonst die Uebereinstimmung der Suiten eine etwas grössere wäre. Da nun ferner die Fauna eine ziemlich artenreiche und nicht allzu einförmige zu sein scheint !), so sah das Resultat jedesmal etwas anders aus. Ob aber deshalb constant verschiedene Horizonte vorliegen, ist wohl noch sehr fraglich. Sollte dies aber doch der Fall sein, dann ist jedenfalls ihre Reihenfolge erst festzustellen. Der Ver- gleich mit anderen bezüglich ihrer wechselseitigen Position noch strittigen Bildungen reicht für eine solche Feststellung nicht völlig aus. Auf das Vorkommen von Aturien in der Luschan’schen Auf- sammlung bei Assar-Altü legt Fuchs besonderen Werth, um diese Fauna für älter als die von mir an derselben Localität gesammelte hin- stellen zu können, welehe letztere sich wieder durch die Anwesenheit von Pteropoden auszeichnet, die man sonst mit den Aturien zusammen in schlierartigen Bildungen zu finden gewohnt ist. Warum sind Aturien für solche Bildungen charakteristischer als Pteropoden? Was ferner die angebliche, abgesehen von dem vorläufigen Fehlen der Pteropoden bei Säret bestehende Uebereinstimmung der Fauna von Säret mit meiner Aufsammlung von Assar-Altü anbetrifft, so darf noch erwähnt werden, dass Herr Fuchs von Säret eine Liste von 36 Arten gibt, während meine Aufsammlung von Assar-Altü 26 Arten erkennen liess, und dass nur 4 Arten (Ancillaria glandiformis, Terebra fuscata, Pleurotoma asperulata und Natica millepunctata) beiden Listen gemeinsam sind. DieLuschan’sche Aufsammlung von Assar-Altü zählt 19 Arten und hat wiederum mit der von mir an derselben Localität gefundenen Suite keine Art gemeinsam, während sie mit der Aufsamm- lung von Säret durch 2 Arten (Zasciolaria Tarbelliana, Pleur o- toma cf. coronata) verbunden erscheint. Das sind gewiss auffällige Thatsachen, indessen scheinen mir dieselben, wie schon angedeutet, nur aus der Unvollständigkeit der veranstalteten Aufsammlungen hervor- zugehen und vorläufig sprechen dieselben jedenfalls ebenso gut für die Möglichkeit einer Verbindung der Lusehan’schen Suite von Assar-Altü mit Säret als für die von Fuchs angenommene nähere Verwandtschaft der von mir ausgebeuteten Schichten von Assar-Altü mit Säret. Wie Fuchs ferner selbst angibt, sind die von Luschan und die von mir mitgebrachten Stücke aus Assar-Altü in gleichem Gestein vor- liegend, dagegen sei das Gestein von Säret etwas abweichend und gleiche mehr dem Badener Tegel als dem Schlier. Gibt man eine solche Faciesverschiedenheit, die ja auch in der Fauna ihren Ausdruck finden kann, auch wirklich zu, so scheinen doch andererseits die Lagerungs- verhältnisse bei Assar-Altü und bei Säret sehr ähnlich zu sein. Bei letzterem Orte bestehen nämlich die obersten Schichten nach Spratt und Forbes (VI. Bd., pag. 171) aus einem Conglomerat, dessen Gemeng- theile Kalk und Serpentin sind, und wir selbst haben bei Assar-Altü, wie vorhin gesagt, ein ähnliches Conglomerat im Hangenden der mer- geligen Bildungen gesehen. !) Nach den Bestimmungen von Fuchs zusammen 75 Arten, 336 Emil Tietze. [54] Ueber den Susuz-Dagh nach der Hochebene von Elmalü Wir beschreiben nunmehr unseren Weg vom Kassaba-Thale aus über den Susuz-Dagh nach dem 'Thale von Gjömbe. Da dieser Weg über den Susuz-Dagh noch von keinem europäischen Reisenden früher gemacht worden war, so bietet seine Beschreibung vielleicht selbst dann einiges Interesse, wenn sie auch in geologiseher Hinsieht nieht viel Unerwartetes bringen sollte. Bis Kemer und bis an den Rand des Neogengebietes gegen das Kalkgebirge waren wir dabei schon gekommen. Bei Akguju, °/, Stun- den von Kemer entfernt, befindet man sich schon nieht mehr im Bereich des Conglomerats. Akguju ist ein einzeln stehendes Haus neben einer Cisterne, auf dem ersten etwas flacheren, baumfreien Vorsprung des Gebirges erbaut, den man nach einem ziemlich steilen Anstieg erreicht. Von hier aus hat man einen hübschen Bliek in das Thal von Kassaba. Dieser Ort liegt, nach dem bergmännischen Compass gemessen, in der Richtung von "Stunde 23 südlich von hier. Den Beginn der Quer- schlucht des Dembre sah ich von hier aus südöstlich in der Richtung von Stunde 9. Es treten hier feste helle Mergel im Liegenden des Conglomerats auf, welche aber entschieden mehr mit dem Kalkgebirge, als mit den Neogenschichten verbunden erscheinen. Etwas unterhalb Akguju ist die Grenze der Mergel gegen das Conglomerat sehr deutlich zu sehen. Merkwürdigerweise verläuft längs dieser Grenze, dort, wo man sie passitt, eine Spalte, welche zwar theilweise von den Wänden her verschüttet ist, indessen doch noch mehrfach den Charakter eines ursprünglich klaffend gewesenen Risses an sich trägt. Gleich oberhalb Akguju beginnt der Kalk. Das Gebirge ist hier mit schütter gestellten Vallonea- Eichen bewachsen. Man gelangt, be- ständig aufsteigend , nach Kalyn Han (Kalen Chan), 3'/;, Stunden von Kemer entfernt. Von hier aus erhält die Gegend eine Strecke lang den Charakter eines sanft ansteigenden Plateaus, bis etwa nach einer weiteren halben Stunde bei der Localität Tischeschme, wo, wie der Name sagt, eine Quelle hervortritt und nur ein einsamer Schuppen steht, die Steigung wieder bedeutender wird. Hier in der Nähe befindet sich auch die Loealität Salekler Hanü (Sülekler Chan), wo noch Eichen vorkommen. In der Gegend von Tsscheschme aber stellen sich bereits Nadel- hölzer ein. In etwas weniger als 5 Stunden hat man die Passhöhe auf dem Susuz-Dagı von Kemer aus erreicht. Versteinerungen konnte ich auf dem ganzen Wege von Kemer her in den Kalken nicht finden. Erst hier oben auf dem Passe sah ich Andeutungen von organischen Einschlüssen. Es waren zerstückelte Reste von Seeigeln und undeutliche Spuren von Rudisten. Die letzteren sind nun zwar keineswegs ganz sicher, indessen möchte ich doch das Vor- kommen von Kreide in dem Kalkeomplex des Susuz-Daghs nicht für unwahrscheinlich halten. Beim Absteigen auf der nordwestlichen Seite des in Rede stehen- den Gebirges tritt man mehr und mehr in einen anfänglich schütteren, bald aber immer dichter werdenden Nadelholzwald ein. Der asiatische [55] Beiträge zur Geologie von Lykien. 337 Riesenwachholder (Juniperus excelsa) bildet hier im Verein mit Cedern prächtige Bestände. Die Scenerie ist die einer grossartigen Gebirgslandschaft. Sobald die Krümmungen des Weges und zufällige Waldlichtungen dies gestatten, erblickt man den über 10.000 Fuss hohen, schneebedeckten Ak-Dagh vor sich, die höchste Erhebung der Gebirgskette des Massikytos, welche sich jenseits des Thales von Gjömbe befindet. Hier fand ich an der unteren Hälfte des nördlichen Abhanges des Susuz-Dagh wieder zahlreiche Nummuliten. Diese untere Hälfte des Abhanges zeigt sich von tiefen Schluchten durchfureht, welche der Weg nach Gjömbe in schräger Richtung schneidet, so dass man nicht fortlaufend bergab geht. Doch ist der Abstieg ein ziemlich kurzer, weil das Thal von Gjömbe beträchtlich höher liegt, als das Kassaba-Thal am jenseitigen Abhang des Susuz-Dagh. | Auch dieses Thal ist ein Längenthal, welches inmitten seiner Erstreckung von einer Wasserscheide abgetheilt wird. Der kleinere südwestliche Theil des Thales gehört dem Wassergebiet des Jaillani- Tschai an, der grössere nordöstliche dem des Ak-T'schai. Unser Weg kommt etwas nordöstlich von dieser Wasserscheide herab. Die letztere ist wieder ausschliesslich aus Kalksteinen gebildet. Beim Han Kisilar Alanghü (Kizlar Alan Chan) jedoch, welcher (die Rasten abgerechnet) gute 6 Stunden von Kemer (für den vom letzteren Orte kommenden Reisenden) entfernt ist, hört die Herrschaft der Kalke auf, und es kommen im bedeutender Entwicklung weisse Mergel vor, welche in Stunde 4 streichen und ziemlich steil nördlich, das ist von den Kalken des Susuz-Dagh, abfallen, wenigstens an der diesem Gebirge zugekehrten Flanke des Thales. Bald entwickeln sich übrigens aus diesen weissen Mergeln dieselben aschgrauen Mergel, welche bei Assar-Altü und im Kassaba-Thale das Neogen repräsentiren. R Gjömbe heisst der Hauptort des Thales, in welches wir eingetreten sind. Hier befindet sich der Sommeraufenthalt für eine zahlreiche Be- völkerung, welche aus den benachbarten heissen Küstenstrichen Lykiens mit ihren Heerden hierher kommt, um für die letzteren Futter und Wasser zu finden, wenn die Verhältnisse für die Beschaffung dieser Lebensmittel in ihren Wintersitzen zu ungünstig werden. Gjömbe liegt an der nordwestlichen Seite des Thales. Der höchste Gipfel des Ak- Dagh, für welchen mir der Name Udscharsu-Dagh angegeben wurde, liest von hier aus in der Richtung von Stunde 17. Der Ak-Tschai erhält bei Gjöümbe vom Ak-Dagh her einen nicht unbedeutenden Zufluss und drängt sich dann bei Tuz-Burun, eine halbe Stunde thalabwärts von Gjömbe, an den südöstlichen Thalrand. Hier ist das Neogen, welches wir bei Kisilar Alan-Chan trafen, bereits wieder verschwunden. Man sieht nur Kalkbänke anstehen, welche thalwärts nordwestlich fallen. Dieses Verhalten hält an längs des Thalrandes bis Armudlü und vielleieht darüber noch hinaus. Wie es schien, herrscht aber dieselbe Fallrichtung auch auf der entgegengesetzten Thalseite. Von Armudlü liegt der Gipfel des Ak-Dagh in Stunde 5, das Dorf Aiwasil liegt genau in Nordwest von Armudlü in dem hier schon ziem- lich breiten Thale. Bei Armudlü gaben Spratt und Forbes an, zahlreiche, dem Vorkommen von Säret und Gendowa entsprechende Tertiärversteinerungen Jahrbuch der k. k. geol. Reichsanstalt. 1835. 35. Band. 2. Heft. (Emil Tietze.) 43 338 Emil Tietze. [56] gefunden zu haben. Es könnte sich diese Angabe indessen nicht auf Versteinerungen aus Neogenschichten beziehen, wenn es sich um die unmittelbare Nachbarschaft der Ortschaft handelt. Ich sah hier nur Nummuliten (zum Theile N. @uettardi?) und Alveolinen in dem Kalkstein. Vermuthlich beobachteten die englischen Autoren marines Tertiär in einiger Entfernung von dem Dorfe. Sie sagen auch (II. Bd., pag. 174), dass sich die harten grauen Schiefer, welche die Versteinerungen führen, nach den Schluchten zu ausbreiten, welche von Armudlü aus in der Riehtung nach dem Thal von Kassaba führen, das heisst also wohl in den Schluchten, welche dort vom Susuz-Dagh herabkommen. Diese Schiefer mögen also wohl am Rande des Ak-Tschai-Thales schwer wahrzunehmen sein. Ich habe sie auf der Karte gleichsam nur -schema- tisch angegeben. Neogenschichten sah ich auch von hier aus bis Elmalü nicht mehr. Etwas hinter Armudlü fängt vielmehr Löss an sich in dem Thale aus- zubreiten. Derselbe ist bereits bei dem Dorfe Deirmenkoi deutlich zu beobachten. Doch ist seine Mächtigkeit zwischen hier und Elmalü nirgends aufgeschlossen. Vor Elmalü verbreitert sich das Thal bedeutend und stellt eine rings von hohen, zum Theil schneebedeckten Gipfeln eingefasste Hoch- ebene vor. Hinter sich hat man das schneeige Haupt des Ak-Dagh gelassen, westlich zur Seite erhebt sich im Hintergrunde eines Seiten- thales mit zackigen Conturen ein Kalkgipfel, vermuthlich der Girdef, und vor uns mehr nach rechts taucht der weisse Gipfel des Bei-Dagh empor. Die Erweiterung des Thales verändert indessen nicht wesentlich dessen Charakter als Längenthal. Sie wird vielmehr bedingt durch die breite und ebene Beschaffenheit mehrerer seitlicher Ausbuchtungen, welche zum Theil einmündenden Nebenthälern entsprechen, oder aber, wie das Becken von Awlan, der Richtung des Austritts der das Thal durehziehenden Gewässer conform sind. Die Stadt Elmalü, der volkreichste Ort des heutigen Lykien, liegt am Abhange eines aus Kalk bestehenden Bergvorsprunges, welcher das Thal abzuschliessen scheint. Angesichts der hier mehr und mehr kahl oder doch wenigstens baumlos erscheinenden Berggehänge, welche zunächst das Thal einsäumen, macht die von einem reichen Kranz von Gärten umgebene Stadt (die Apfelstadt, wie der türkische Name besagt) schon von fern den Eindruck einer freundlichen Oase. Was die Gebirgsumwallungen der Hochebene von Elmalü anlangt, so habe ich deren westliche und nördliche Seite leider nicht persönlich kennen gelernt. Die Gipfel des Massikytos, welche man, den Ak-Tschai hinabsteigend, zur Linken hat, und welche der Reihenfolge nach von SW. nach NO. mit sich ermässigenden Höhen folgen, wurden mir als Ak-Dagh, Jumruk-Dagh und Kara-Tepe bezeichnet. Sie bestehen, so weit dies der Augenschein lehrt, aus Kalk, sowohl der spitzigere Ak- Dagh selbst, als der von hier die Conturen eines Trapezes nach- ahmende Jumruk-Dagh, als auch die etwas weniger steil abfallende, mehr rundliche Kuppe des Kara-Tepe. Die Reisenden, welche dieses Gebirge besucht haben, schildern es als sehr unzugänglich und berichten, dass die über die Nordausläufer desselben führenden Pässe voller Fels- spalten und Löcher seien (siehe Ritter, pag. 823), was sich augen- scheinlich auf den Karsteharakter der Kalke bezieht. Auf grosser Höhe u [57] Beiträge zur Geologie von Lykien. 339 am Sekia-Passe nördlich von dieser Gebirgsmasse befindet sieh sogar ein anscheinend abflussloser See, der aber wohl gleich anderen Karst- seen einen unterirdischen Abfluss besitzt. Es ist der See von Gürdef. Die neueste Kiepert'sche Karte von Lykien gibt augenschein- lieh auf Grund der von den Herren Professor Petersen und Dr. v. Luschan bei einer Besteigung des Ak-Dagh gewonnenen Daten noch einige ebenfalls abflusslose kleinere Seen oder Meeraugen in der Um- sebung des genannten Berges an, was ich hier noch im Vorübergehen erwähnte. Mit Gletschererosion oder dergleichen scheinen diese Meer- augen übrigens ebensowenig zusammenzuhängen, wie die kleinen wohl unter ganz ähnlichen Verhältnissen auftretenden Seen, die ich vor einigen Jahren in der Umgebung des Dormitor sah. Wenigstens eröffnete mir Herr Luschan, den ich vor meiner Abreise aus Lykien eigens ersuchte, bei der damals geplanten Besteigung des Ak-Dagh auf Glacial- spuren zu achten, dass er von derartigen Spuren nichts wahr- genommen habe. Ob die colossale Kalksteinentwicklung des Massikytos und seiner nördlichen Ausläufer so ausschliesslich aus Eocänkalken besteht, wie ich in Ermangelung anderer Anhaltspunkte für die Karte angenommen habe, ist wohl noch fraglich, doch lassen sich für jetzt deutlich er- kennbare Aenderungen des geologischen Charakters in diesem Gebiet erst jenseits der genannten Erhebung constatiren. Der Uebergang über diese Gebirgsmasse von Elmalü aus nach dem Xanthusthale, oder genauer nach dem Gerisburnu, einem Zuflusse des letzteren, hat dem englischen Reisenden Hoskyn (Joum. of the geogr. soc., London 1842, pag. 151—161) nämlich ergeben, dass sich auf der Westseite derselben bis etwa zwei Stunden oberhalb Kumdschilar eine Sandsteinbildung befindet, die wohl dem Flysch zuzurechnen sein wird.!) Auch in der Gegend von Eski Hissar nordwestlich von Elmalü kommen Sandsteine vor, welche nach Spratt und Forbes stellen- weise sogar Nummuliten führen. Auf alle Fälle aber erscheinen dieselben in ihrer Verbreitung dem Kalk gegenüber untergeordnet. ) Da ich leider das wichtige Xanthusthal nicht besucht habe, will ich zur Örientirung Derjenigen, die nur diesen meinen Aufsatz über Lykien zur Hand haben sollten, hier in Kürze die wichtigsten geologischen Thatsachen über das Xanthusgebiet anführen. Nach Spratt und Forbes (II. Bd., pag. 168) kommen an den Rändern dieses Thales grünliche Sandsteine und Schiefer vor, die dem Macigno Italiens ähneln. Es ist also wohl berechtigt, die Farbe des Flysch auf der Karte nicht blos nach der Angabe von Hoskyn auf der östlichen, sondern auch auf der westlichen Seite des Thales anzubringen, umsomehr, als einige Serpentinvorkommnisse daselbst die Nähe von Flysch nach Analogie mit anderen Gebieten des Landes wahrscheinlich machen, Bei Cydna (Kiepert schreibt Pydnai), am Eingang in die Xanthus-Ebene, wurden Nummuliten gefunden (Spratt und Forbes, pag. 168). In der Gegend von Arsa, gradüber von Minara, wird ein isolirtes Vorkommen von marinem Miocän angegeben. Die interessanteste Bildung jedoch, in diesem Gebiet sind die von den beiden oft ge- nannten englischen Autoren beschriebenen neogenen Süsswasserschichten, welche (l. c. pag. 175) aus weissen Mergeln, gelblichem Kalkstein, Pisolith und Conglomeraten be- stehen und insbesondere durch das Vorkommen von Limnaeus adelina und Palu- dina cibyratica bezeichnet werden. Herr Professor Neumayr hat in seiner Abhandlung über die Insel Kos, wo analoge Bildungen vorkommen, sich ausführlicher über die Natur und die Bedeutung dieser Ablagerungen geäussert, was eventuell dort nachgelesen werden kann. 43 * 340 Emil Tietze, [58] Das Hochthal von Elmalü ist nun vor Allem auch dadurch merk- würdig, dass sich in demselben grössere Wasseransammlungen befinden. Westlich oder südwestlich von Elmalü breitet sich eine weite sumpfige De- pression aus. Der betreffende Morast wird von einem von Westen kom- menden Bache unter Wasser gesetzt. Er liegt in einer Ausbuchtung des grossen Längenthales. Gute zwei Stunden südlich von Elmalü befindet sich in einer anderen seitlichen Ausbuchtung des Hauptthales eine andere Depression, welche von den Gewässern des Ak-Tschai inundirt wird. Es ist dies ein wirklicher See, der Awlan Göl. Nun aber ist das Thal von Elmalü ein rings geschlossenes und oberflächlich abflussloses, und trotz- dem sind die genannten Depressionen nicht gesalzen, wie man sonst in einem thatsächlich abflusslosen Becken erwarten sollte. Der Grund hier- von liegt in der theilweisen Karstnatur der das Becken umgebenden Kalkmassen. Wenn man von Gjömbe her sich Elmalü nähert, passirt man nicht weit von der Stadt einen Bach, welcher den Abfluss der erwähnten sumpfigen Depression bildet. Dieser Bach nimmt einen schwachen, von Nordosten kommenden Zufluss auf und tritt dann an das Gebirge heran, welches die östliche Begrenzung des Hochthales bildet. Am Wege von Elmalü nach dem Awlan Göl passiıt man diesen Bach vor dem etwas seitlich (westlich) liegen bleibenden Dorfe Düdenkoi noch auf einer Brücke. Bald unterhalb dieser Brücke aber verschwindet der Bach in einer Höhle, welche sich an der Basis des Gebirges im Kalkstein öffnet. Für das Wassergebiet dieses Baches ist also der unterirdische Abfluss durch Beobachtung zu erweisen. Dies ist nicht der Fall beim Wassergebiet des Ak-Tschai, der in den Awlan Göl mündet. Am weiteren Wege zu diesem See kommt man bald noch näher an das Gebirge heran. Man sieht die Kalkbänke des- selben ziemlich flach geschichtet. Sie streichen von SW. nach NO. und fallen nach NW. wenigstens dort, wo man sie zuerst antrifft. Ihr tek- tonisches Verhalten ist also ein ähnliches wie das der Eocänkalke von Armudlü. Ehe man an den See kommt, wechselt ihre Fallrichtung allerdings einigemale. Es finden also kleinere Faltungen statt. Endlich gelangt man zum See. Derselbe hat nach Norden zu, wo er mit dem Hochthale von Elmalü communieirt, flache ebene Ufer. Im Osten wird er von niedrigen Bergen umsäumt. Im Süden und Westen erheben sich höhere Berge, welche mit Nadelholz (vornehmlich Juniperus excelsa und auch einigen Cedern) schütter bewachsen sind. Der Eindruck, den diese Landschaft auf mieh machte, war ein ziemlich düsterer, wozu vielleicht beitrug, dass ich während eines heftigen Gewitters hier vorüber kam. Der Awlan Göl hat nach Angabe der Bewohner dieser Gegend mehr als 2 Stunden im Umfang, was sehr wohl möglich erschien. Seine tiefsten Stellen dürften in der Nähe seines südwestlichen Randes sein. Doch erschien er mir grossentheils ziemlich flach, so weit sich das aus der Gestalt seiner Ufer beurtheilen liess. Als Fortsetzung der von ihm eingenommenen Thalausbuchtung erscheint in gewissem Sinne das Thal, in welchem das Dorf Awlan liegt. Dieses Thal zieht sich jedoch südwärts hinauf gegen das Gebirge. Ein kleines Bächlein kommt von dort herab und ergiesst sich in den See. ) u. Tu Ber [59] Beiträge zur Geologie von Lykien. 341 Da die dem Awlan Göl zugeführten Wassermengen recht bedeutende sind, indem sie alle von dem Südabhang der hohen Kette des Massikytos und von dem Nordabhange des Susuz- Daghı herabkommenden Gewässer in sich begreifen , welche der Ak- Tschai hierherführt, so darf ange- nommen werden, dass dieser Zufuhr ein unterirdischer Abfluss an- näheınd das Gleichgewicht hält. Diese Vermuthung wird unterstützt durch die Betrachtung des analogen Falles verschwindender Gewässer bei Düdenkoi, den wir vorher erwähnt haben, sowie durch die That- sache, dass zwischen Düdenkoi und Awlan verschiedene Male tiefe Löcher oder Höhleneingänge in dem Kalkgebirge bemerkt wurden, so z. B. hinter dem Dorf Tsehiflik , welches man auf dem Wege von "Dü- denkoi nach dem See passirt, sowie bei Awlan selbst. Diese Beob- achtungen sprechen für das verkarstete Wesen der den See umschlies- senden Gebirge und machen es wahrscheinlich, dass sich ähnliche Löcher unter dem Wasserspiegel des Sees befinden. Eine derartige Vorstellung ist sogar bei den Bewohnern dieser Gegend vertreten, obschon die 32 Duden oder Löcher, von denen Schönborn (Ritter. e., pag. 807) diesfalls hörte, vielleicht der Zahl nach nicht so genau zu nehmen sind. Der unterirdische Corridor, welcher den Ueberschuss des dem See zugeführten Wassers aufnimmt, mag immerhin eng genug sein, um besonders in Zeiten grösserer Wasserzufuhr, wie nach Schneeschmelzen im Frühjahr, die Abfuhr des Wassers derart zu verlangsamen, dass eine Stauung oberhalb des Corridors eintritt. Dieser Stauung verdankt der See sein Bestehen. Seine jeweilige Ausdehnung kann selbstverständlich nur als Function seiner Wasserzufuhr und a Querschnittes seines Ab- zugscanals angenommen werden. Würde dieser Canal sich mehr und mehr. erweitern, was ja mit der Zeit, wenn kein verstopfender Decken- einbruch erfolgt, nieht ausbleiben kann, so würde der Spiegel des Sees fallen müssen und der See selbst ginge endlich dem Verschwinden entgegen. Er würde dem Schicksal jener sumpfigen Depression süd- westlich von Elmalü verfallen, deren Gewässer heute ihren Abfluss bei Düdenkoi besitzen. Schon heute deuten ausgedehnte sumpfige Stellen am Nordrande des Awlan Göl, welche Zeug ‚en einer von den Um- wohnern behaupteten ehemals grösseren Ausdehnung ddes Sees sind, es an, dass unter Voraussetzung ungeminderter Wasserzufuhr der Abfluss bequemer als ehedem vor sich geht. Die Frage, wohin dieser Abfluss stattfindet, das heisst, wo die betreffenden Wassermassen wieder zum Vorschein kommen, glaubte ich bei der Fortsetzung meines Weges von Awlan nach Fineka beantworten zu können, worüber ich sogleich Mittheilung machen werde. Ich will hier nur erwähnen, dass die bei Spratt und Forbes (Vol. I, pag. 166) reprodueirte Vermuthung einer Volkssage, wonach die Quellbäche bei Limyra oder der Gjöksu östlich vom unteren Alaghir-Tschai als Abflüsse des Awlan Göl bezüglich des bei Düdenkoi verschwindenden Elmalü- Flusses angesehen werden, nicht viel Wahrscheinliches für sich hat, da diese Quellen denn doch etwas weit von den Punkten entfernt liegen, ‚an denen das Verschwinden der angeblich zu ihnen gehörigen Gewässer stattfindet, und wir im oberen Theile der tiefen Furche des Baschkoz- flusses einen näher liegenden Sammelplatz für jene Gewässer besitzen. 342 Emil Tietze. [60] Das Thal des Baschkoz-Tschai. Das besprochene kleine Thal, welches bei Awlan in den Awlan Göl mündet, ist nur eine Stunde lang. Es prangte im üppigsten Grün der Wiesen in seiner Mitte und der waldigen Gehänge, die es beider- seits einrahmten. Nach mässigem Steigen erreicht man die Passhöhe, welche dieses Thal von der Thalfurche des Baschkoz-Flusses trennt, der südlich dieser Passhöhe entspringt. Schon beim Dorfe Awlan und dann namentlich auf dieser Passhöhe herrschen Kalke von breceienartiger Structur. Der Abstieg von diesem Pass ist viel steiler als der Anstieg. Das Gebirge nimmt sofort einen wilderen Charakter an, und es öffnen sich von Zeit zu Zeit zwischen den Thalwänden die grossartigsten Fern- sichten. Bei der Localität Kurudschowa, 40 Minuten unter der Pass- höhe, war ich überrascht einen Thalschotter zu finden, welcher nicht blos Gerölle von Kalk, sondern auch von Grünsteinen enthielt, obschon rechts und links, sowie oberhalb dieser Localität ausschliesslich Kalk ansteht. Dazu kommt, dass hier nicht einmal ein irgendwie nennens- werther Bach existirt. Die Schlucht von der Passhöhe bis hierher hat nur den Charakter einer Regenschlucht. Erst unterhalb Kurudschowa am weiteren Wege nach Baschkoz entspringt plötzlich der Baschkoz- Fluss, für den mir übrigens auch der Name Fineka-Fluss angegeben wurde, eine Bezeichnung, die indessen zu Verwechslungen mit dem dicht beim seewärts gelegenen Marktflecken Fineka verlaufenden viel kürzeren Bache führen könnte, welcher westlich vom Unterlaufe des Baschkoz- Tsehai entspringt. In dem Baschkoz-Flusse wird man mit grosser Wahrschemlichkeit die Entwässerungsrinne für die am Rande der Ebene von Elmalü ver- schwindenden Gewässer suchen dürfen, namentlich für diejenigen, welche den Awlan Göl passiren. Das Querthal des Baschkoz-Flusses liegt seiner Richtung nach in der Fortsetzung der Thalausbuchtung des Awlan Göl. Das Niveau des Ausflusspunktes der Quelle des Flusses liegt nieht unbeträchtlich unter dem der Ebene von Elmalü, erfüllt also dadureh eine wesentliche Be- dingung - für die Zulässigkeit jener Vermuthung. Andere Punkte, an welchen ein Hervortreten der unterirdischen Gewässer angenommen werden könnte, sind nieht in der Nähe, und irgendwo muss ja doch ein derartiges Hervortreten stattfinden. Endlich beweist das plötzliche Auf- treten eines bereits an seiner Quelle bedeutenden Baches bekanntlich, dass dieser Bach schon vor seinem oberflächlich sichtbaren Ursprung unterirdisch besteht. Diese Thatsache passt also vortrefflich zusammen mit dem Verschwinden der Gewässer, welche die Ebene von Elmalü durehfliessen. Die soeben angeregte Frage lässt sich jedenfalls leichter behandeln, als die nach der Herkunft des vorher genannten Flussschotters von Kurud- schowa. Ich halte es für ein zu gewaltsames Auskunftsmittel, immer an Eis- und Gletscherwirkungen zu denken, wenn Gesteine gefunden werden, deren Transport räthselhaft ist. In unserem Falle wird man mit diesem Mittel um so vorsichtiger umgehen müssen, als nirgends sonst in Lykien Glaeialspuren nachgewiesen wurden. Andererseits ist auch die Hypo- Er ea. [61] Beiträge zur Geologie von Lykien. 5 343 these, dass der Ausfluss aus dem Awlan Göl vielleicht einstmals an einem höheren Punkte stattgefunden habe als heute, und dass dieser Ausfluss den Grünsteinschotter von jenseits des unterirdisch durehflossenen Kalkgebirges mitgebracht habe, zur Erklärung des Sachverhaltes nicht ausreichend. Selbst wenn man beispielsweise im Ak-Tschai analoge Sehotterelemente nachweisen würde, so müsste doch, so lange der Awlan Göl besteht, das Schottermaterial, welches demselben zugeführt wird, da- selbst zum Absatz gelangen, ehe es das Seebeeken verlassen könnte. Alle Seen, die von einem Flusse durehströmt werden, dienen ja be- kanntlich als Filter für den betreffenden Fluss. Man könnte also höchstens die Anschauung zulassen, dass innerhalb des einst von einem unterirdischen Canal in höherer Lage durchzogenen Gebirges sich die betreffenden Grünsteine anstehend fänden , ohne irgendwo an die Oberfläche zu treten. Doch fehlt es bei Kurudjowa. soweit ich das beurtheilen konnte, an oberflächlich mündenden Höhlungen, welche man als alte Oeffnungen eines solehen Canals ansehen könnte. Es bleibt mir also nichts übrig, als mich zur Lösung der aufgeworfenen Frage für incompetent zu erklären und späteren Beobachtern das Studium dieses Räthsels zu empfehlen. Es wäre dabei vor Allem die Möglichkeit im Auge zu behalten, dass die betreffende Ablagerung der jungtertiären Zeit angehört, aus weleher wir ja in Lykien an mehreren Punkten Conglomeratbildungen mit Grünsteinen kennen, und in weleher viele der heutigen Wasserscheiden von geringerer Bedeutung als jetzt gewesen sind. Dieser Vermuthung bin ich auf "der Karte vorläufig sefolet,, obschon die lose oder gar nicht bestehende Verkittung der einzelnen Gerölle hier mehr an quartäre Bildungen erinnert. Was nun den Grünstein des Schotters von Kurudsehowa speecieller anlangt, so will ich noch erwähnen, dass derselbe nach einer Mittheilung v. John’s, der eine Untersuchung der mitgebrachten Proben vornahm, ein Proterobas ist: „Das Gestein zeigt sich aus Plagioklas, Horn- blende, Augit und Titaneisen zusammengesetzt. Die Entwicklung der einzelnen Bestandtheile ist, wie im Dünnschliff ersichtlich, eine rein körnige. Der Feldspath ist, "ähnlich wie in dem später zu erwähnenden Gestein von Schekoi, sehr schlecht ausgebildet. Die Hornblende erscheint nicht in gut entwickelten Krystallen, sondern in unregelmässigen Partien von brauner Farbe. Der Augit bildet grössere Körner von lieht wein- gelber Farbe und zeigt besonders gegen den Rand zu eine Umsetzung in eine grüne uralitische Hornblende. Titaneisen kommt in ziemlich bedeutender Menge in den bekannten, gehackt aussehenden Formen vor und zeigt oft Umsetzung in den sogenannten Leukoxen.“ Baschkoz, wohin wir nunmehr gelangen, ist eine kleine Colonie von Holzfällern, welehe die hier in der Nähe befindlichen Waldungen (Laubholz und Kiefern) sich zum Objeet ihrer Thätigkeit ausgewählt haben. !) Die Kalke der Umgebung zeigen hier wieder vielfach Breceien- structur. Gleich unterhalb Basehkoz sieht man riesige Kalkblöcke im Thale liegen. Ich hielt dieselben für Reste eines mächtigen Bergsturzes. Bald !) Ich war nicht wenig überrascht, hier beim Vorüberreiten von einem Oester- reicher (Dalmatiner) auf gut eroatisch angesprochen zu werden. 344 Emil Tietze. [62] dahinter beobachtet man Spuren von Sandstein im Thale, welche aber bald durch Gerölle verdeckt werden. Einige im grossen Style angelegte Thalterrassen treten nunmehr hervor. Sie sind indessen nur mehr als Rudimente vorhanden, da sie schon mannigfacher Zerstörung ausgesetzt waren. Links am nordöstlichen Thalgehänge sieht man die Ruinen von Arykanda. Vorher aber, ehe man zu denselben gelangt, tritt auf der- selben Thalseite ein gleich bei seinem Ursprunge ziemlich mächtiger Bach hervor, am Fuss einer hohen steilen, wild zerrissenen Felswand, ein neuer Zeuge der durchhöhlten Beschaffenheit des Kalkgebirges. Die Kalke zwischen Basehkoz und Arykanda sind mannigfach gestört. Sehr verschiedene Richtungen des Schichtenfalles kommen hier vor. Wenige Minuten unterhalb Arykanda trifft man wieder auf Sand- steinbänke zwischen schiefrigen Gesteinen. Sie streichen in Stunde 13, also nahezu nordsüdlich, bei steiler Schichtenstellung. Vor Aruf oder, genauer gesagt, vor der eine halbe Stunde von Arykanda entfernten Mühle Tschatal Dermenu, der ersten zu Aruf gehörigen Ansiedlung, werden die Sandsteine sammt ihren schiefrigen Zwischenlagen ganz typisch flyschartig. Sie zeigen auf den Schichtflächen ganz ähnliche Protuberanzen, wie wir sie in den Sandsteinen der Karpathen als Hiero- slyphen bezeichnet haben. Aus kleinen Geröllen zusammengesetzte Con- slomerate sind diesem Flysch untergeordnet. In diesen Conglomeraten, deren (wenn auch entferntere) Aehnlichkeit mit den feinen Conglomeraten des Miocän bei Assar Altü am Fellen-Tschai sich nieht übersehen lässt, fand ich auch Bruchstücke von Muscheln. Dieselben waren aber leider nicht bestimmbar. Hier bei Tschatal-Dermenu verlief das Streichen der Flyschbänke in Stunde 8 bei nordöstlichem Einfallen mit 40 bis 50 Graden, war also von der Schichtenstellung bei Arykanda wesentlich abweichend. Die höheren Berge rechts und links von dieser Localität in der beiderseitigen idealen Streichungsfortsetzung bestehen indessen aus Kalk. Aus dieser Thatsache mag die Schwierigkeit ersehen werden, über die Lagerungs- verhältnisse dieser Gegend in’s Klare zu kommen. Etwas unterhalb Tschatal-Dermenu mündet, von Westen kommend, ein grösserer Bach in den Baschkoz-Tschai und in der Nähe des Zusammen- flusses sieht man eine niedrige altalluviale Terrasse. Bei einer zukünf- tigen Bereisung dieses Gebietes wäre es wichtig zu ermitteln, ob die Flyschbildungen von Aruf in diesem Seitenthale wieder auftreten und unter welchen Verhältnissen. Man könnte in diesem Seitenthale eine Fortsetzung der von Miocänschichten ausgefüllten Längsthalanlage von Kassaba erblicken, wenn nicht, wovon wir uns noch mehr überzeugen werden, die Streichungsrichtungen in der hiesigen Gegend so vielfach zu dem Baue der Gebirgsmassen bei Kassaba im Gegensatz sich befinden . würden. Auch spricht die schluchtartige Beschaffenheit, die man an jenem Seitenthale wenigstens bei dessen Mündung wahrzunehmen glaubt, nicht gerade für seine Längsthalnatur. Unterhalb Aruf, wo die unteren Theile der Thalgehänge stellen- weise durch prächtige Kiefern geziert werden, sieht man ungeheure bis hausgrosse Kalkblöcke über dem Flysch liegen, wie denn überhaupt auch weiterhin in dem ganzen Thal sehr viel Bergschutt vorkommt. Baer: BIER SE IERTTEDSEUN STERNEN wi tr ee Ze a “ [63] Beiträge zur Geologie von Lykien. 345 Die Existenz aller dieser Massen lässt sich bequem auf ein Herabstürzen von den Thalgehängen zurückführen, ohne Inanspruchnahme glacialer Wirkungen. Die steilen Kalkwände, welche das Material dazu lieferten, treten bald wieder sehr nahe an den Weg heran. Das Streichen der Flyschbänke wird dabei wieder ein nordsüdliches, um etwas später in die Richtung von Stunde 10 überzugehen. Die Schichtenstellungen sind sehr steile. Der Fluss geht nunmehr durch eine so schmale, von steilen, fast senkrechten Felswänden eingefasste Enge, dass der Weg das Thal verlassen muss, um sich in ziemlicher Höhe auf dessen linker Seite hinzuziehen. Diese Schlucht erweitert sich aller- dings etwa 2 Stunden unterhalb Aruf, und in dieser Erweiterung liegt das kleine Dorf GjJükoi. Der Weg setzt sich aber ungefähr in der ein- mal gewonnenen Höhe fort und führt bei einem verfallenen Hause gerade oberhalb Gjükoi vorbei zu einigen Quellen. Diese Localität heisst Alassim. Hier treffen wir wieder auf die Sandsteine, die wir einige Zeit aus den Augen verloren hatten. Doch zeigen sich diese Sandsteine in diesem Falle mit hellfarbigen Mergeln verbunden. Diese Verhältnisse halten an bis Tschurudschin. Schon bei Gjükoi konnte ich an den Felswänden wieder jene seltsamen Nischen beobachten, welche schon im Dembre-Thal meine Auf- merksamkeit erregt hatten. Bei Tischurudschin aber kommen wieder antike Iykische Sarkophage vor. Eine Ortschaft wird mit diesem Namen nicht bezeichnet. Tschurudschin (Kiepert schreibt Tschurugu) ist vielmehr nur eme Localität, welche von den Passanten zur Rast benützt wird. Ein hausgrosser Kalkblock , der hier neben dem Weg liegt, ist in seiner unteren Partie von Natur aus halb ausgehöhlt und die Decke dieser halb offenen Höhle ist ganz von Lagerfeuern geschwärzt. Von diesem Punkte an beginnt ein steiler Abstieg, da der Weg den Fluss wieder aufsucht. Das Streichen ist hier überall noch in ‚Stunde 10 verlaufend, wie unterhalb Aruf. Diese Richtung kann als Durehsehnittsrichtung für die Streichungslinien in dieser Gegend betrachtet - werden. Unten am Fluss angelangt, erblickt man mächtige, horizontal ge- schichtete, zu Conglomeraten verkittete Schotterbildungen. Einzelne Lager sind dabei alternirend fester verkittet als die anderen und stehen über- hängend an den Schotterwänden hervor. Diese Bildung ist diluvialen Alters. Bald mündet, von Osten kommend, ein etwas breiteres Thal in den Baschkoz-Tschai, an dessen Abhängen der Kalk stellenweise eine rothe eisenschüssige Farbe aufweist. Dieser Punkt ist 3°%/, Stunden von Aruf ent- fernt. Der Weg verläuft nunmehr eben im Thale fort, dessen Vegetations- charakter hier wieder durch massenhaft auftretenden Oleander bezeichnet wird. Der Thalboden wird wenigstens anfänglich ausschliesslich von grobem Schotter erfüllt, unter dessen Gemengtheilen hier wieder häufiger dioritische Grünsteine auftreten, die vielleicht ihrer Grösse wegen nicht allein dem früher erwähnten Schotter von Kurudschowa, sondern dem näheren Gebiete entstammen, aus welchem das soeben erwähnte, von Osten her einmündende Thal hervorkommt. Die intensiven Störungen, von denen das Gebirge betroffen wurde, haben hier augenscheinlich nachgelassen, denn beiderseits des Thales beobachtet man flach ge- schichtete Kalke. Jahrbuch der k. k. geol. Reichsanstalt. 1885. 35. Band. 2. Heft. (Emil Tietze.) 44 346 Emil Tietze. 164] Mehrere Felsengräber, welche man linker Hand an den steilen Wänden sieht, deuten schon die Nähe der Ruinenstätte von Limyra an Bald öffnet sich das Thal, und links östlich breitet sich die Ebene von Limyra aus, während rechts westlich das Gebirge zwar etwas zurück- tritt, aber doch ohne Unterbrechung bis an die Küste fortsetzt, wo es unter dem Namen Beimelik die Ebenen von Limyra und Dembre trennt, um im Cap Fineka gegen das Meer hin zu enden. Beim Austritt aus dem Thale sieht man zunächst rechts am Bergesabhange das Dorf Tsehandir liegen. Mehr nach der Ebene zu liegt in einem von Löss eingenommenen Gebiet das Dorf Baghjakassi, wo ein sogenannter Kiosk ?) den Reisenden zum Uebernachten einladet. Weiterhin in der Nähe der Küste liegt der unbedeutende Handelsplatz Fineka, auf dessen Rhede bisweilen einige armselige Küstenfahrer ankern, vornehmlich um Holz einzunehmen, welches aus der Gegend von Baschkoz hier herabgebracht wird. ?) Das Gebirge zwischen den Ebenen von Limyra und Dembre über- setzte ich beim Rückwege von der Chimaera von dem Marktflecken Fineka aus. Es erwies sich als ausschliesslich aus Kalk bestehend. Einige rothe Färbungen, welche ich oberhalb des Dorfes Tschandir am Ostabhange desselben bemerkt hatte, schienen mir von meinem Wege aus auch nur auf Verwitterungs-Erscheinungen des eisenschüssigen Kalks zurückzuführen und nicht auf das Vorkommen von Serpentinen, die man Ja wohl hätte voraussetzen können. Struppiges, niederes Buschwerk be- kleidet die Gehänge, ähnlich wie bei Heuran und Gjöl-Baschi. In den vielfach gestörten Kalken fand ich hier keine Versteinerungen, nicht einmal Nummuliten. Auf der Höhe des überaus beschwerlich zu passi- renden Passes sah ich etliche Iykische Sarkophage. Als einen wesentlichen Mangel bei den Ergebnissen dieser Ex- eursion längs des Baschkoz-Flusses beklage ich, dass es mir nicht gelang, mit Sicherheit über das Alter der dabei angetroffenen Flysehbildungen, die übrigens bald unter Tschurudsehin aufhören, in’s Reine zu kommen. Nicht allein der Mangel an Fossilien in den Kalken, sondern auch die nicht ganz klaren Lagerungsverhältnisse des Flysch selbst bereiten Schwierigkeiten. Sein Vorkommen an den unteren Gehängen des Thales bei Tschurudschin und weiter oberhalb könnte eben sowohl auf seine dem Kalke gegenüber tiefere Position, als auf eine Einfaltung längs des Thales bezogen werden. Die erstgenannte Eventualität ist aber viel unwahrscheinlicher, weil der Flysch sieh in diesem Falle auch unterhalb Tschurudschin in tieferem hypsometrischen Niveau unter den höher an- stehenden Kalken fortsetzen müsste und ich sein Verschwinden in dieser Gegend nicht gerade einer unterhalb Tsehurudschin durchgehenden ') Es sind das eigenthümliche, aber nur in den etwas grösseren Ortschaften des Landes sich vorfindende, etwas luftige Holzconstructionen , die aus einem Unter-. gestell von einigen Pfählen und einem flachen Bretterdach bestehen, auf welches man mittelst Leiter hinaufsteigt, um daselbst ä la belle &toile zu schlafen. Im Falle eines Regens kann man den Erdboden unter dem Bretterdach benützen. Bei der meist beklagens- werthen Baufälligkeit dieser Gestelle zieht der Reisende häufig vor, die Nacht nur in der Nähe des „Kiosk“ zuzubringen. Einige ältere Bäume gewähren in der Regel den nothdürftigsten Schutz. ?) Dieses Holz und das Holz, welches auf dem Dembre-Tschai herabgeflösst wird, soll vielfach bis nach Alexandria verschifft werden. [65] Beiträge zur Geologie von Lykien. 347 Verwerfung zuschreiben möchte. Auch würde man, im Falle der Flysch älter als der Kalk wäre, die Schichten des letzteren deutlicher beider- seits vom Flysch abfallen sehen und endlich würden sich in den dem Flysch untergeordneten Conglomeraten bei Aruf wohl keine Kalkbrocken finden. Die sonst wahrscheinlichere Annahme jedoch einer Einfaltung des Flysch unter etwaiger Voraussetzung seines jüngeren Alters würde für das Baschkozthal einen Längenthalcharakter erwarten lassen, was mit den beobachteten Schichtenstellungen bisweilen nicht ganz vereinbar ist. Doch stimmt wenigstens das öfter beobachtete Streichen in St. 10 mit der Durehschnittsrichtung des Thales nicht schlecht überein. Um völlig wahr zu sein, muss ich auch bekennen, dass ich die von Spratt und Forbes aus dem Baschkoz- oder, wie sie schreiben, Fineka-Thal angegebenen neogenen Süsswasserschichten nicht wieder- gefunden habe. Die genannten Autoren (Vol. II, pag. 178) sprechen bei Erwähnung derselben auch nicht von paläontologischen Beweisen für ihre Annahme. Es ist möglich, dass sie die weisslichen Mergel, welche mir bei Tschurudschin mit dem Flysch verbunden erschienen, ihrer petrographischen Aehnlichkeit mit denen des Xanthos-Thales wegen für Süsswasserabsätze gehalten und dass sie auch die früher von mir er- wähnten horizontal gelagerten Conglomerate für älter als diluvial an- gesehen haben. Die Gegend von Limyra, Rhodiapolis und am cheli- donischen Vorgebirge. Am westlichen Theile des Nordrandes der Ebene, in die wir ge- langt sind, liegt die Ruinenstätte von Limyra. Für die Anlage dieser Stadt mag der Umstand bestimmend gewesen sein, dass daselbst an der Basis des Kalkgebirges mehrere sehr wasserreiche Quellen dicht nebeneinander entspringen. Dieses plötzliche Hervortreten so grosser Wassermengen an einer Localität muss wieder mit der Verkarstung des benachbarten Gebirges im Zusammenhange gedacht werden. Die genannten starken Quellbäche bilden sogleich nach ihrem Hervortreten einen Sumpf, welcher unmittelbar an die hier ziemlich sterilen Kalkmassen angrenzt. Dieser Sumpf sammt den etwas trockenern, von ihm eingeschlossenen ebenen Stellen ist von einer ausserordentlich üppigen Vegetation bedeckt. Verschiedene Laubbäume, unter denen be- sonders einige uralte Platanen von riesigem Durchmesser auffallen, aller- hand Sehlinggewächse und Wasserpflanzen wuchern im üppigsten Grün und bilden einen merkwürdigen Gegensatz zu den benachbarten kahlen, weisslichen Felsen mit deren antiken Resten. Der zum Theil gepflasterte Weg zieht sich knapp an der Grenze der beiden physiognomisch so verschiedenen Gebietstheile hin. Es ist kaum anzunehmen, dass zu der Zeit, als Limyra bewohnt war, die Verhältnisse dieser Localität den heutigen Grad der Verwilderung aufgewiesen haben. Der Vortheil, den die Anwesenheit so mächtiger Quellen gewährte, wird heute jedenfalls aufgehoben durch die Nähe des erwähnten Sumpfes und die Fieber- dünste, die demselben entsteigen. Die meisten und mächtigsten Quellen mischen jetzt gleich bei ihrem Entstehen ihr Wasser mit den Gewässern 44* 348 Emil Tietze. [6 6] des Sumpfes. Der letztere ist also vielleicht erst in späterer Zeit durch Stauungen des Abflusses entstanden oder das Terrain wurde im Alterthum durch angemessene Entwässerungs-Arbeiten von der Versumpfung theil- weise befreit. Etwas weiter ostwärts gehend, kommt man an den Alaghyr-Tsehai, über dessen schotterreiches Bett eine gemauerte römische Brücke führt. Kurz vorher hat man Gelegenheit, deutlich die Sehichtenstellung der die Ebene begrenzenden Kalkmassen wahrzunehmen. Das Streichen findet hier in Stunde 3 statt, das Fallen zumeist mit 20 bis 25 Graden nach SO. Leider ist das Thal des Alaghyr-Tschai in Bezug auf den geo- logischen Bau der dasselbe einschliessenden Gebirgsmassen fast unbe- kannt. Man kann nur sagen, dass es im Bereiche der grossen Iykischen Kalkentwicklung liegt, und dass, wie Herr Benndorf mir mittheilt, in seinem oberen Theile Serpentine in grösserer Ausdehnung vorkommen. Diese letztere Mittheilung ist allerdings werthvoll, weil damit bewiesen ist, dass das anstehende Auftreten derartiger Eruptivgesteine nicht aus- schliesslich auf die Küstengegenden des "östlichen Lykiens beschränkt bleibt, wo wir es an verschiedenen Punkten kennen lernten, wovon noch die Rede sein wird. Bei dem Durcheinander, welches in den Streichungsrichtungen des südöstlichen Lykiens herrscht, wäre es Jeden- falls erwünscht, durch ‚die Kenntniss der betreffenden Verhältnisse im Gebiete des Aaghyr- Tschai eine Ergänzung für die von mir gemachten Beobachtungen zu erhalten, die an und für sich zur Herstellung eines übersichtlichen Bildes nieht ausreichen. Den Nordrand der Ebene von Limyra lernte ich auch an seinem östlichen Theile, östlich vom Alaghyr-Tschai, kennen, bei dem Dorfe Schekoi (oder Schechkoi), in dessen Nähe sich die Ruinen von Rhodia- polis und Korydallos befinden. Die Ruinen von Rhodiapolis mit einem grösseren römischen Theater liegen auf der Höhe des Berges, an dessen südsüdöstlichem Fusse das Dorf Schekoi sich befindet. Wir machten hier Halt, da Herr Dr. Löwy, in dessen Begleitung ich reiste, den Inschriften in der Umgebung des Theaters eine genauere Aufmerksamkeit zuzuwenden wünschte. Das kleine Dorf ist zerstreut gebaut. An seinem nördlichen Ende befindet sich der Friedhof und eine Quelle. Westlich von dieser Loca- lität kommt ein kleines Thal zum Vorschein, dessen Richtung von Westen nach Osten verläuft. Ausser den Kalken, welche die Hügel der Umgebung zusammensetzen, treten hier auch Sandsteine auf, die mit den Kalken stellenweise zu wechsellagern scheinen. Auf der Südseite der kleinen Schlucht sah ich dann eine Schichten- folge von schiefrigen Gesteinen, kieseligen grünen Mergeln und weiss- lichen, vielleicht dolomitischen Mergeln in Verbindung mit zersetzten, geschichtet auftretenden Dioriten. Diese Schichten fielen nach Westen. Auf der Nordseite derselben Schlucht kommen zunächst längs des dort verlaufenden Fusssteiges dünngeschichtete diehte Kalksteine vor, welche südöstlich fallen. Weiterhin jedoch erblickt man eine Kalkbank, welche von SW. nach NO. streicht und nordwestlich fällt, gerade in der schein- baren Fortsetzung der vorher genannten Schiefer. Die beiden Thalseiten entsprechen sich also weder in der Gesteinszusammensetzung, noch in [67] Beiträge zur Geologie von Lykien. 349 der Art der Schichtenaufriehtung. Es dürfte demnach eine Störungslinie mit der Erstreekung der genannten Schlucht zusammenfallen. Am Eingang der Schlucht, einige Minuten hinter der früher er- wähnten Quelle, eonstatirte ich auf der nördlichen Thalseite einige Partien von jüngerem Kalktuff. Die Quelle selbst tritt aber nicht aus Kalk hervor und scheint auch keine inerustirenden Absätze zu veran- lassen. In ihrer unmittelbaren Nähe sieht man Hornsteinbänke, welche von Nord nach Süd streichen, correspondirend der Streichungsriehtung der Schiefer auf der südlichen Seite der Schlucht. Hornsteine liegen auch auf beiden Seiten dieser letzteren weiter aufwärts umher, ohne dass ich aber genau ermitteln konnte, woher dieselben stammen. Doch trifft man am Wege von hier nach der Höhe von Rhodiapolis rothe und grünliche Hornsteinbänke, welche in Stunde 3, also von SW. nach NO. streichen und sehr steil gestellt sind. Weiter oben beginnt Kalk zu herrschen, der die Höhen ober dem Thale von Rhodiapolis ausschliess- lich zusammensetzt. Unterhalb des Theaters sah ich aber noch Stücke von Sandstein umherliegen, sowie Proben eines Gabbro, der vermuthlich mit diesen Sandsteinen in ähnlicher Verknüpfung zu denken ist, wie die zersetzten Grünsteine mit den Schiefern unten bei der kleinen Schlucht. Doch erschwert hier die Bedeekung des Berges mit Wald genauere Beob- achtungen. Der Wechsel verschiedener Gesteinsarten mag es mit sich bringen, dass an diesem Berge an mehreren Stellen kleinere Quellen entspringen, ebenso wie die Anwesenheit dieser Quellen wohl für die Anlage der alten Stadt an diesem Platze mitbestimmend gewesen sein kann. Hier mögen noch die Bemerkungen mitgetheilt werden, welche Herr €. v. John über die Eruptivgesteine dieser Gegend nach den von mir mitgebrachten Proben zu machen Veranlassung findet: „Das Gestein von Rhodiapolis ist ein echter Gabbro von ziem- lieh grobkörniger Beschaffenheit. Er erscheint im Schliff zusammen- gesetzt aus Plagioklas, Diallag, Hornblende und Titaneisen. Der Plagioklas ist sehr hübsch und zeigt prachtvolle polysynthetische Zwillingszusammen- setzung. Der Diallag zeigt sehr schöne parallele Streifung und enthält zahlreiche kleine opake Nädelchen, die parallel der Streifung eingelagert erscheinen. Er ist von sehwach braunrother Farbe und ziemlich deutlich pleochroitisch, wobei seine Farben zwisehen liehtroth und liehtbraun wechseln. Die Hornblende ist von liehtbraungrüner Farbe und zeigt ver- hältnissmässig schwachen Pleochroismus. Es liegt der Gedanke nahe, dass sich diese Hornblende aus dem Diallag gebildet haben könnte; es konnte jedoch nirgends der Nachweis dafür erbracht werden , so dass also diese Hornblende wohl als primärer Gemengtheil anzusehen ist.“ „Das Gestein von Schekoi ist ein Diorit. Dasselbe ist stark zersetzt und besteht aus Hornblende, die in deutlichen kleinen Krystallen ausgebildet ist. Dieselbe erscheint im Schliff braun, lebhaft pleochroi- tisch und theilweise zersetzt, wobei sie durch dunkelbraungrüne, erdige, wahrscheinlich chloritische Fäserehen und Blättehen getrübt erscheint. Der Feldspath ist krystallographisch sehr schlecht ausgebildet und erscheint als ein Haufwerk von Körnern und Säulehen, die den Raum zwischen den einzelnen Hornblendeindividuen erfüllen. In untergeordneter Menge kommt Titaneisen vor. Neben diesen Bestandtheilen ist noch 350 Emil Tietze. [68] Caleit in nicht unbedeutender Menge vorhanden, es lässt sich jedoch aus dem mir vorliegenden einzigen Gesteinsstück nicht entscheiden, ob derselbe primärer oder secundärer Bildung ist.“ Oestlich vom Berge von Rhodiapolis verläuft ein Thal, in dessen Ebene sich einige niedrigere Felsen mit den Ruinen von Corydalla erheben. Es ist wahrscheinlich, dass dieselben zur Hauptsache aus Kalk bestehen. Am Südostrande der Ebene von Limyra befinden sich in der Nähe des Meeres die Ruinen von Gagae bei dem heutigen Aktasch, in deren Nähe (Vol. IH, pag. 183) nach Spratt und Forbes mandelsteinartige Trappe das vielfach gestörte Kalkgebirge durchbrechen. Am Wege von da nach Olympos kamen diese Autoren über einen Gang dieses (Ge- steins, welcher Fragmente von Serpentin und Kalkstein enthält, die demgemäss älter sein mussten, als der Mandelstein. Ich selbst habe Gagae nicht berührt, sondern durchkreuzte das Gebirge zwischen der Ebene und Olympos auf anderen Wegen. Die Ebene südlich von Schekoi stellt ein offenes, nur von unbe- deutenden buschigen Partien unterbrochenes Weide- und Ackerland vor. Ihr Untergrund ist eine, wie es scheint, schwache Lössschichte. Von Schekoi nach Osten gehend gelangt man nach einer Stunde zu dem grösseren Dorfe Kumludscha, : welches bereits am Fusse der östlichen Gebirgsumwallung der Ebene liegt. Will man von hier aus über das Gebirge hinüber nach Tschirali, so geht der Weg zuerst eine halbe Stunde östlich bis Chassaletschairi, von wo das Thal, dem man gefolgt ist, aufwärts nach Norden einbiegt, welehe Richtung es beibehält, bis dort, wo 25 Minuten von Chassaletschairi die Ortschaft Saraibagh sich befindet. Bis hierher ist man dureh ein von Kalken gebildetes Hügelland gekommen. In der Gegend von Saraibagh beginnen jedoch Serpentine mit eingesprengten Diallagblättehen und die mit schütterem Waldwuchs oder Buschwerk bedeekten Gehänge zeigen überall rothe und grüne Gesteinsfärbungen. Diese Gesteine halten an bis zur Pass- höhe, wo auch Sandsteine und Conglomerate auftreten. Die Gipfel jedoch zu beiden Seiten des Passes bestehen aus Kalken. Der Weg führt nunmehr abwärts zunächst nach Belen oder aber nördlich von diesem Dorfe bis Jazyr, welches letztere Dorf schon ziem- lich tief gelegen ist. Hier sind überall Flyschsandsteine und Conglome- rate entwickelt, das Gebirge mit niedrigem Wald oder mit Bakoene bedeckt, weshallı zusammenhängende Beobachtungen über die Art der Sehichtenaufriehtung für den flüchtig Durchreisenden schwer thun- lieh sind. Etwas unterhalb Jazyr gelangt man in ein westöstlich verlaufendes Thal, dessen Thalboden nur mehr eine schwache Neigung besitzt, also fast eben erscheint. Hier tritt wieder der Kalk auf in mächtigen, mas- sigen Felswänden, zwischen welchen der betreffende Bach sich hindurch- windet, um bei den Ruinen von Olympos das Meer zu erreichen. Die Gliederung der Kalkfelsen ist eine nordsüdliche, also auf der des Thales senkrecht. Dieser Richtung sehien auch das Schichtenstreichen zu ent- sprechen, welches demnach der Küstenlinie hier ungefähr parallel geht. Bei den Ruinen von Olympos kommen mehrere Quellen an der Basis des Kalkes zum Vorschein. BE rn wer ä T % N m od u» 0 [69] Beiträge zur Geologie von Lykien. 351 Die Gebirgsmasse, welche zwischen der Linie Kumludscha-Olympos einerseits und der Küste andererseits gelegen ist, bildet den südöst- lichsten Vorsprung von Lykien und läuft ihrerseits wieder in zwei Vorgebirge aus, von denen das südlichere den Namen Cap Chelidonia führt, während der nordöstliche Vorsprung mit dem Namen Adratschan- Burun bezeichnet wird. Südlich von letzterem Cap erstreckt sich eine kleine Bucht in das Festland hinein. Einige kleine Inseln oder Fels- klippen liegen der zwischen den beiden genannten Caps verlaufenden Küste vor. Ein Theil dieser Klippen, die sogenannten chelidonischen Inseln, bildet sozusagen die südliche directe Verlängerung des Cap Chelidonia, während die Insel Garabusa in einiger Entfernung östlich davon liegt. Die ehelidonischen Inseln bestehen, wovon ich mich freilich nur bei der Vorüberfahrt mit dem „Taurus“ überzeugen konnte, aus Kalk- stein, ebenso wie die zunächst ihnen eegenüberliegenden festländischen Massen, am Nordrande der Insel ne hingegen sah Beaufort auch einen Gang von bröckligem Serpentin zwischen dem Kalk (vergl. Ritter, l.c., pag. 744). Gleichviel nun, ob dies wirklich ein die Kalke durchsetzender jüngerer Gang oder ein bei vielleicht steiler Schichten- stellung zwischen die Kalkbänke eingeschobenes Lager sein mag, es geht aus dieser Beobachtung hervor, dass das betreffende serpentin- ähnliche Gestein nicht älter als der Kalk sein kann, was im Hinblick auf die im gegenüberliegenden Festlande auftretenden. Serpentine gewiss von Bedeutung ist. Die Insel ist übrigens noch dadurch merkwürdig, dass an ihrer Ostseite ein kleiner Bach mit süssem Wasser hervortritt, der sicher auf der kleinen Klippe selbst sein Wasser nicht sammeln kann und daher wohl auf einen unterirdischen, in diesem Fall sogar unter ‚dem Meeresgrund gelegenen Corridor hinweist, durch welchen aus einer höheren festländischen Gebirgsmasse das Wasser herbeigeführt wird, um sodann unter entsprechendem Druck am Ende eines aufwärtsgerichteten Canals als Quelle hervorzutreten. Aehnliche Erscheinungen müssen auch im Alterthum innerhalb der chelidonischen Inselgruppe schon bekannt gewesen sein (vergl. Plinius, Hestoria naturalis, Il. Buch, 105).') Da das Meer zwischen Garabusa und dem Festlande nach Beaufort eine Tiefe von 170 Fuss besitzt, so muss also das System der eommunieirenden Röhren, welchem die eenannte Erscheinung ihren Ursprung verdankt, ein in vertiealem Sinne "ziemlich ausgedehntes sein. Der Fall findet aber schliesslich sein Analogon in manchen Erscheinungen auf den istrisch-dalmatinischen Inseln, wie z. B. auch bezüglich des ') Die Vermuthung Ritter's (l.c., pag. 745), dass bei den chelidonischen Inseln früher eine pestilenzialische Luft geherrscht habe, wie aus einem Zeugniss des Plinius hervorgehe, hatte mich anfänglich glauben lassen, dass daselbst auch eine ähnliche stinkende Quelle hervorgebrochen sei, wie heute am Ursprung des Andraki-Flusses bei Myra, was ja immerhin denkbar gewesen wäre, Es scheint sich jedoch um ein Miss- verständniss der betreffenden Stelle bei Plinius (H. N., V. Buch, 35) zu handeln, denn der Ausdruck „pestiferae navigantibus (insulae)“ soll wohl nur heissen, dass diese Inseln den Seefahrern unheilbringend seien. Gerade die obenerwähnte Stelle im zweiten Buche des Autors, der dort nur von dem Herv ortreten süssen Wassers im Meere bei den chelidonischen Inseln spricht, ohne einen auf den Geruch dieses Wassers bezüg- lichen Zusatz zu machen, steht der Annahme Ritter’s noch besonders im Wege, wenn man bedenkt, dass eine andere Ursache als eine übelriechende Quelle für den angeb- lichen Gestank bei den Klippen nicht wohl vermuthet werden könnte, 359 Emil Tietze. [70] Vrana-Sees auf Cherso behauptet wird, dass derselbe durch Wasser gespeist werde, welches sich auf dem Festlande sammelt. Es setzt das natürlich, die submarme Fortsetzung der festländischen Kalkmassen voraus, und eben deshalb ist die Sache nicht ohne Interesse. Die aus dem Gesagten hervorgehende mannigfache, aus dem Karst- charakter zu erkl rende innere Zerklüftung und Durchwaschung des Kalkes auch der cehelidonischen Inseln braucht natürlich nieht "noth- wendig oder direet auf Erdbeben zurückgeführt zu werden, wie dies von Beaufort geschehen ist, der drei der chelidonischen Inseln von angeb- lichen Spalten nach einer Richtung durchsetzt fand. Der eleichfalls von Beaufort beobachtete Umstand, dass der sogenannte Spalt, der auch die Insel Garabusa in zwei T heile theilt, einer thor- oder tunnel- ähnliehen Grotte entspricht, durch welehe man unten mit dem Boote (bei übrigens reissender Strömung) hindurchfahren kann, die aber oben noch eine "br ückenartige Verbindung der beiden Kalkfelsen vor stellt, spricht zur Genüge gegen die Spalttheorie , mit welcher ja auch die Zertrüm- merung der von den Alten eekannten drei Inseln in die fünf heutigen Klippen auf Grund eines gewaltsamen Actes erklärt werden soll. Doch davon wird noch in dem Sehlusscapitel dieser Arbeit die Rede sein. Die festländische Küste in der Umgebung der Bucht von Adratschan zeigt deutlich die Gehängetärbungen und Conturen, welche die Serpentin- berge bei Makri, sowie bei Saraibagh aufweisen. Es kann also als sicher angenommen werden, dass das Cap Adratschan Burun, ebenso wie die Gebirgsmasse, welche zunächst südlich der Bucht von Adratschan auftritt, aus Serpentin, bezüglich aus den mit diesem Gestein zusammen- hängenden Eruptivmassen besteht, wenngleich Spratt und Forbes auf ihrer Karte gerade von hier aus ein derartiges Vorkommen nicht angeben. Bei meinem Rückwege von Tschirali über Olympos nach der Ebene von Limyra kam ich nicht mehr nach Kumludscha, sondern ging über das Dorf Belen und stieg von dort aus nach Erklimmung eines etwas höheren Passes durch eine südlicher gelegene Schlucht herab in der Riehtung nach dem Dorfe Kjödjük zu, welches letztere am Rande des Gebirges gegen die Ebene südlich von Kumludscha gelegen ist. Während ich auch hier auf der Höhe des Gebirges beim Passübergange Kalk herrschen sah, beobachtete ich schon etwas unter dem Passüber- gange wieder ausschliesslich Serpentine. Erst späterhin, nachdem ich von "dem steilen, meist niedrig bebuschten Abhange herabgestiegen und in ein schwach "bewässertes Flussthal gelangt war, traf ich auf rothe Hornsteine, welche deutlich in dünnen, Bänken geschichtet waren und in Stunde 16 strichen bei steilem norwestlichen Einfallen. Etwas weiter westlich gegen Kjödjük zu treten jedoch in einem hy ia tieferen Niveau abermals Kalke auf, welehe ich nach Stunde 2 streichen und nordwestlich fallen sah. Es kommen also in dem Gebirge von Adratschan Streichungs- richtungen von Südwesten nach Nordosten zur Geltung, ziemlich ent- sprechend dem Verlauf der Küstenlinie zwischen dem Cap Chelidonia und dem Cap Adratschan Burun. ar Er er ee ie BE u 8 BET ee wre, Yeryı ETENAR re BERATEN u [71] Beiträge zur Geologie von Lykien. 353 Die Chimaera. Geht man von den Ruinen von Olympos nur wenige Schritte weiter nach Osten, so befindet man sich am Gestade des Meeres. Das letztere tritt aber hier nicht unmittelbar an die felsige Küste heran, wie bei Kekowa oder am Cap Chelidonia und bei Adratschan Burun, sondern wird von den mächtig aufragenden Felsmassen durch einen schmalen, flachen Küstensaum getrennt, der von niedrigen Sanddünen und Geröll- ablagerungen gebildet wird. Dieser flache Saum erweitert sich etwas gegen das Dorf Tschirali zu, zu welchem man eine Viertelstunde hinter Olympos gelangt. Ein paar von Oleandergebüsch umgebene Tümpel und isolirte Lagunen contrastiren hier durch stille Ruhe gegen die Brandung des Meeres, welches sich jenseits des Dünenzuges an der Küste bricht. Bei Tschirali bildet noch der Kalk das der Küste benachbarte Gebirge. Man beobachtet hier eine grosse, seewärts halb offene Grotte an einer der Kalkwände, welche so aussieht, als sei sie bei einst etwas höherem Wasserstande des Meeres unter Mitwirkung des Wellen- schlages ausgehöhlt worden. Viel würde übrigens nieht fehlen, und die benachbarten wenigen Häuser, deren erstaunte Bewohner uns hier be- grüssten, würden von den Wogen wieder verschlungen werden. Bald nördlich von Tschirali steigt der Kalk wieder auf die Höhe und seine Stelle am unteren Rande des Gebirges wird von Serpentin und diesem verwandten Gesteinen eingenommen. Auch der Gebirgsvor- sprung, der zunächst nördlich aufsteigt, besteht aus den ihrer Gehänge- farbe nach schon aus der Entfernung leicht kenntlichen Serpentinen Lykiens, während im Hintergrande der schroffe Kalkgipfel des Tachtaly sichtbar wird. Am oberen Rande dieses Serpentingebietes befinden sich die ewigen Feuer der Chimaera oder von Janartasch , wie die Localität heute ge- nannt wird, °/, Stunden nördlich von Tschirali. Ich brauche hier wohl nieht Alles zu reprodueiren, was die älteren Autoren, die classischen und diejenigen des letzten Jahrhunderts, über diese merkwürdige Gegend geschrieben haben. Auf gewisse E inzelheiten will ich an geeigneter Stelle hinweisen. Die umfassendste Zusammen- stellung über die Chimaera findet sich bei ©. Ritter (Allgemeine Erd- kunde, 19. Theil, pag. 751 —756). Wir erfahren dort, dass diese schon den Alten bekannten Oertlichkeiten von Beaufort ( Karamania, pag. 52) wieder entdeckt wurden, und dass man in der Nähe der Flammen die Spuren eines alten Vuleantempels und die Ruinen einer spät-byzantinischen Kirche beobachten kann. Dass man diesen Ort also zweimal zu einer Stätte der Gottes- verehrung wählte, ist ein Beweis dafür, dass er die Menschen stets zu geheimnisvollen Vorstellungen angeregt hat. Die Phantasien der Alten schufen sich im Anschluss an solche Vorstellungen bekanntlich das Bild eines verderblichen Ungeheuers, das dann von Beller ophon besiegt wurde!), und wenn auf alten Münzen die COhimaera nur mit ‘) Dabei ist allerdings zu berücksichtigen, dass diese Beziehung des von Bellerophon erlegten Ungeheuers auf die Gegend des heutigen Janartasch erst einer späteren Zeit angehört. Die ältesten hier zu benützenden Angaben versetzen die Jahrbuch der k. k, geol. Reichsanstalt 1885. 35. Band. 2. Heft. (Emil Tietze.) 45 354 Emil Tietze. [72] halbem Körper und der Vorderseite dargestellt wird, so lag darin nach Streber's Vermuthung ein tiefer Sinn. Nur ein aus den Tiefen der Erde aufsteigendes dämonisches Wesen, welches mit der anderen Hälfte seines Daseins noch den unterirdischen Kräften angehört, konnte in (dieser Weise aufgefasst werden. Wir wissen ferner durch den Landschaftsmaler A. Be 1& & (Ueber die Chimaera, mitgetheilt von A. v. Humboldt, Zeitschr. f. allgemeine Erdkunde, II. Bd., Berlin 1854, pag. 307— 314), dass sich der mächtige Eindruck , den die in Rede stehende Naturerscheinung auch auf die heutigen Bewohner des östlichen Lykien macht, in abergläubischen Vorstellungen bekundet, wie die von Berg mitgetheilte Erzählung der E Bingebornen über die seltsame Hebung eines Schatzes durch einen E neländer in jener Gegend beweist, wie denn z. B. auch mir selbst gesagt wurde, man dürfe die Feuer in keiner Weise beleidigen, Fleisch oder Eier, welche man mit Hilfe der Flammen zu kochen suche, würden nicht gar oder im andern Falle nicht hart, wenn diese Nahrungsmittel gestohlen seien. Diese Meinung experimentell zu erweisen oder zu widerlegen, war ich freilich nieht in der Lage. Es war gleich beim Beginn meiner Iykischen Reise mein sehn- licher Wunsch gewesen, diesen Punkt kennen zu lernen, welchen Ritter als eine der grössten "Naturmerkwürdiekeiten bezeichnet hatte. Von früher her mit den ewigen Feuern von Baku bekannt, glaubte ich freilich ausser der Befriedigung eines gleichsam poetischen Bedürfnisses auch ein praktisches Resultat von dieser Exeursion zurückbringen zu können. Ich erwartete eben der Analogie mit Baku wegen Anhalts- punkte zur Aufsuchung von Petroleum zu finden und auf diese Weise als moderner Bellerophon einen Sieg über die Chimaera zu feiern, der vielleicht in seinen Consequenzen für das Wohl des Landes ebenso nützlich sein würde, wie der Sieg, den jener Held errang. Die Nähe der Küste hätte einen billigen Export für das gewonnene Produet ver- bürgt. Ich muss aber gleich hier eingestehen,, dass diese Hoffnung getäuscht wurde. Ich verlor eine Illusion, und die Flammen der Chimaera werden wohl noch lange weiter brennen, wie bisher, ohne das Schicksal ihrer Schwestern an der caspischen Küste zu theilen, welche bereits in mannigfacher Weise im Dienste der Industrie als Wärmequellen bei der Kesselheizung u. s. w. benutzt werden. Der Weg zu den Feuern von T'schirali aus führt anfangs noch dürch ebenes Gebiet, welches sich jenseits eines bald zu passirenden kleinen Baches sogar noch verbreitert. Dann beginnt ein mässig steiler Aufstieg über ein mit Sträuchern und niedrigen Bäumen besetztes, aus verwittertem Serpentin und verwandten Felsarten bestehendes Gehänge. Endlich gelangt man zu den ewigen Feuern und den Ruinen der früher erwähnten alten Bauwerke. An zwei einander benachbarten Stellen brechen die Flammen hervor. Die grössere der beiden Flammen hat etwa 2 Fuss im Durch- messer. Eine zweite Flamme dicht daneben züngelt aus einem mehrere Chimaera in die Gegend des Kragos oder von Xanthos. Erst durch rationalistische Mythendeutung wurde eine Combination der Sage mit dem Feuerberge im östlichen Lykien ermöglicht, wie sie nach Benndorf zuerst bei Antigonos von Karystos sich findet. (Vergl. Benndorf u. Niemann, Reisen in Lykien u. Karien, pag. 33.) [73] Beiträge zur Geologie von Lykien, 355 Fuss tiefen Loch hervor, und zwar an der westlichen Wandung dieses Loches. Ganz augenscheinlich ist diejenige Partie der Berglehne, welche im Umkreis um die Flammen liegt, von zersetzten Gesteinen einge- nommen. Namentlich gebleichte Färbungen kommen hier vor, welche in einiger Entfernung von den Feuern allerdings wieder den grinlichen und röthlichen Färbungen Platz machen, die das Eruptivgebiet des Gebirges sonst bezeichnen. Das Gestein, aus welchem die Flammen hervortreten,, ist schon von den früheren Beobachtern im Allgemeinen richtig als Serpentin bezeichnet worden, obschon diese Bezeichnung der Mannigfaltigkeit der petrographischen Ausbildungen an diesem Orte nicht ganz entspricht. Wie A. v. Humboldt in einer Anmerkung zu dem früher erwähnten Aufsatze Berg’s (l. c., pag. 309) mittheilt, hat auch G. Rose über dieses Gestein Untersuchungen angestellt und es theils grün mit frischem Bruch, theils braun und verwittert genannt. In beiden Serpentin- abänderungen sei Diallag deutlich erkennbar. Ich sammelte meinerseits in der Umgebung der Hlammen verschiedene Proben, welche Herr ©. v. John im Laboratorium unserer Anstalt zu untersuchen die Freundlichkeit hatte. Er schreibt: „Das Gestein, aus welchem die bekannten schon bei den alten Schriftstellern erwähnten Feuer der Chimaera hervorbrechen, ist ein Olivinaugitfels, bezüglich Pikrit, der vielfach, insbesondere durch die Einwirkungen der Flammen und der Atmosphärilien verändert erscheint. Das frische Gestein besteht fast nur aus Augit und Olivin und nur in untergeordneter Menge kommt als Einschluss in Olivin Chromspinell vor. "Im Dünnschliff ist der Augit fast farblos und unterscheidet sich von dem im Schliff ebenfalls farblosen Olivin nur durch seine parallele Streifung und vollkommene Einschlussfreiheit. Der Olivin ist selbst in den frischesten Stücken schon theilweise zersetzt und zeigt dann die bekannte Maschenstructur. Das Gestein muss also wohl als ein Pikrit bezeichnet werden.“ „Interessant war es bei diesem Vorkommen, die Zersetzungsproduete dieses Gesteins näher zu untersuchen, um zu sehen, ob bei den abnormen Verhältnissen der betreffenden Localität, das heisst im Hinbliek auf die direete Einwirkung von Feuer, sich vielleicht andere Produete gebildet haben, als dies bei der «ewöhnlichen Zersetzung der Fall ist. Es zeigt sich jedoch , dass die Zersetzungserscheinungen nicht wesentlich ver- schieden waren von den gewöhnlich beobachteten.“ „Es bildet sich zuerst Serpentin aus dem Olivin und allmälig geht die ganze Masse des Gesteins, d. h. auch der Augit, vollständig in eine serpentinartige Masse über. Bei dieser Umwandlung findet eine Weg- führung von Kieselsäure, Kalk und überschüssiger Maenesia statt, die sich in der Nähe in der Form von amorpher Kieselsäure, kohlensaurem Kalk und kohlensaurer Magnesia ablagern. Es geht dabei das Gestein zuerst in eine dichte dunkelgrüne Masse über, in der hier und da noch einzelne Augite erkennbar sind. Bei dem weiteren Fortschritt der Zersetzung wird auch der Serpentin zerstört und es bleiben schon äusserlich” gebrannt aussehende, durch Eisenoxyd rothbraun gefärbte magnesiareiche Producte zurück.“ 45* 356 _ Emil Tietze. [74] „Weiterhin scheint auch das Eisen weggeführt zu werden, so dass zum Schluss weisse bröcklige, fast nur aus kohlensaurer Magnesia bestehende Producte zurückbleiben.*“ „Es geht also im ganzen Grossen der Process normal vor sich und dürfte derselbe nur durch die ein wenig höhere Temperatur etwas schneller verlaufen, als gewöhnlich. Die Temperatur selbst scheint aber nirgends an den kritischen Stellen ‘eine besonders hohe gewesen zu sein, da man keine Spur von Schmelzung nachweisen kann und auch die kohlensaure Magnesia nicht zu Aetzmagnesia gebrannt erscheint. Es erklärt sich dies wohl dadurch, dass die Flammen an ihrem Grunde, wo sie mit den Gesteinen zusammen- kommen, nicht die hohe Temperatur besitzen, wie die oberen. Partien der Flammen.“ f „Die verschiedenen Producte wurden im Dünnschliffe untersucht und zeigten sich die schon äusserlich erkennbaren Umwandlungen auch da deutlich nachweisbar. Von einer näheren Beschreibung der in den . Dünnschliffen ersichtlichen Umwandlungserscheinungen wird hier abge- sehen, da dieselben, wie schon oben erwähnt, nichts Neues darbieten. Auf mein Ersuchen hat Herr E. Drasche die verschiedenen Gesteine chemisch qualitativ untersucht und, um den Process anschaulicher zu machen, die Kieselsäure quantitativ bestimmt. Das frischeste Gestein enthält 43°40 Percente Kieselsäure, daneben etwas Eisen und Thonerde, Kalk und ziemlich viel Magnesia. In einem anderen Gesteinsstück be- trägt der Kieselsäuregehalt nur mehr 41’90 Percente.“ „Bei noch mehr zersetzten Gesteinen fällt der Kieselsäuregehalt auf 33'55 Percente, während schon eine bedeutende Menge von Kohlen- säure vorhanden ist.“ „In den letzten Endproducten der Zersetzung nimmt der Eisen- und Kalkgehalt immer mehr und mehr ab, der Kieselsäuregehalt beträgt nur mehr 12:6 Percente und fällt in den früher erwähnten erdigen, magnesiareichen, fast eisenfreien letzten Zersetzungs-Produceten auf 8:3 Percente.“ „Es zeigt sich also eine vollkommene Uebereinstimmung zwischen den im Dünnschliffe verfolgbaren Zersetzungsprocessen und der chemi- schen Zusammensetzung der verschiedenen Gesteine.“ „Neben Gesteinen, die sich in die Reihe der erwähnten Zersetzungs- produete einfügen, kommt auch ein Gestein in der unmittelbaren Nähe der Flammen vor, welches äusserlich den Serpentinen sehr ähnlich ist, das sich aber sowohl im Dünnschhiff, als durch seine chemische Zu- sammensetzung von denselben unterscheidet. Es stellt nämlich im Sehhiff ein Haufwerk von einzelnen kleinen Nädelchen, die lebhafte Polarisations- farben zeigen, dar, während sich doch im ganzen Grossen einzelne Partien von einander abheben, die durch Conturen begrenzt sind, welche auf Augit hinweisen.“ „Die chemische Zusammensetzung ergab neben viel Kalk verhältniss- mässie wenie Eisen, Thonerde und Magnesia, während der Kieselsäure- Oo ’ o ‚) gehalt 51'4 Percente beträgt. Man wird also nicht fehl gehen, wenn man das Gestein als ursprünglich aus Augit bestehend ansieht, welcher Augit durch die Zersetzung in Hornblende, respective Strahlstein, umge- wandelt worden ist.“ ee he ers er lEIT ENTE RE N San BR [75] Beiträge zur Geologie von Lykien. 357 „Von der Chimaera, jedoch nicht aus der unmittelbaren Nähe der Flammen, sind auch noch Gesteine zu erwähnen, die sich schon äusser- lich wesentlich von den vorerwähnten unterscheiden und sich bei näherer Untersuchung als Diorite herausstellten. Dieselben stellen dunkle fein- körnige Gesteine dar, die, wie sich im Dünnschliff zeigt, vornehmlich aus Plagioklas und Hornblende bestehen. Der Feldspath erscheint in kleinen unregelmässig ausgebildeten Säulehen und ist meist deutlich als Plagioklas erkennbar. Er ist zum Theil zersetzt und enthält oft Ein- schlüsse von brauner, erdiger Beschaffenheit. Auch die Hornblende ist nicht in schönen Krystallen im Schliff ersichtlich, sondern bildet mehr unregelmässige Partien, die grünlich-braun gefärbt sind und lebhaften Pleochroismus zeigen. Das ganze Gestein erscheint im Schliff als ein regellos körniges Aggregat der beiden genannten Mineralien. In ge- ringer Menge findet sich in unregelmässigen Partien Titaneisen, das durch seine Zersetzungsproducte leicht erkenntlich ist. Auch Titanit von gelb-grüner Farbe kommt in kleinen Körnern vor.“ Wenn aus dieser Schilderung zunächst hervorgeht, dass ausser dem Pikrit und Serpentin an der besprochenen Localität auch Diorite auf- treten, so muss ich doch hinzufügen, dass das Verhältniss dieser letzteren zu dem Pikrit und Serpentin kein klares ist. Ich konnte wohl ver- muthen, aber nicht entscheiden, ob wir es vielleicht mit dioritischen Gängen innerhalb der übrigen Eruptivmassen zu thun haben und vermag nur zu sagen, dass der Diorit das räumlich viel mehr zurücktretende Gestein ist. Ausserdem aber zeigen die von Drasche gelieferten Analysen, im Hinbliek auf die Fundstellen der von mir dafür gelieferten Proben, dass der Zersetzungsprocess der betreffenden Gesteine im Allgemeinen proportional mit der geringeren Entfernung von den Flammen zunimmt, da nur die Analyse einer einzigen Probe mit dieser Voraussetzung nicht stimmte. Da aber, wie John hervorhebt, die Zersetzungserscheinungen keine anderen sind, als wie sie sich auch sonst in Serpentingebieten einstellen, in welchen besondere Erscheinungen, wie hier, nicht vor- kommen, so ergibt sich, dass die in den Flammen verbrennenden Stoffe eine besondere chemische Einwirkung auf das Gestein nieht veranlasst haben, dass also nur die Erhitzung des ohnehin zur Verwitterung prä- disponirten Gesteins von Einfluss auf die Beschleunigung des Zer- setzungsprocesses gewesen sein kann, der, wenn einmal in allernächster Nähe der Flammen eingeleitet, auch weiter um sich greifen musste oder konnte. Dieser letztere Gesichtspunkt darf betont werden, denn die schon äusserlich an der Gesteinsfarbe kenntliche Zersetzungsregion steht zwar in evidentem Zusammenhang mit den Feuerstellen, dehnt sich aber im Umkreise von einigen hundert Schritten aus, also weiter als die von den Flammen hervorgebrachte Hitze, in merklicher Weise zu wirken vermag. Diese Wirkung kann überdies zunächst nur als eine oberfläch- liche aufgefasst werden, denn die brennbaren Gase, welche die Flammen nähren, entzünden sich ja augenscheinlich erst bei der Berührung mit der Atmosphäre. Damit stimmt die von Berg gegebene Schilderung der Flammen überein, welcher zufolge bei Nacht der untere Theil der- selben bläulich oder unsichtbar ist, so dass Berg die Erscheinung einer 358 Emil Tietze. [7 6] grossen Flamme von Steinkohlengas verglich. Daher kommt es denn auch, dass die Untersuchung selbst der in der unmittelbarsten Nähe der Flammen aufgenommenen Gesteinsproben keinerlei Schmelzungserschei- nungen nachwies. Doch könnten die Gase inmmerhin schon vor ihrem Austritt an die Oberfläche mit etwas höherer Temperatur begabt sein und auf diese Weise allerdings eine eonstante Durchwärmung der von ihnen wohl in mancherlei Spalträumen durchsetzten Gesteinsmassen vor- nehmen, welche der rascheren Zersetzung irgendwie Vorschub geleistet hat. Das entzieht sich aber der Beurtheilung. Was nun die Beschaffenheit des brennenden Gases selbst anlangt, so hat A. v. Humboldt (Kosmos, IV. Bd., Anmerkung 51) zweifellos keeht, wenn er einen Zusammenhang mit Naphtha vermuthet. In dieser Hinsicht muss die Erscheinung wohl als ein Analogon der ewigen Feuer von Baku und der Pietra mala in den Apenninen gedeutet werden. Berg, auf dessen Mittheilungen sich übrigens Humboldt stützte, will allerdings (l. c., pag. 310) „einen lebhaften, angenehmen Jodgeruch“ wahrgenommen haben, den man schon auf 30 Schritte bemerke. Humboldt berücksichtigt das nicht weiter und spricht nur von einem „Wohlgeruch“.!) Dagegen haben freilich weder Dr. Löwy, in dessen Gesellschaft ich die Chimaera besuchte noch ich selbst irgend eine Spur von Geruch bemerkt. Es kann also, selbst gesetzt den Fall, dass wir Beide einen minder scharfen Geruchsinn besitzen, keinesfalls von einem starken Geruch die Rede sein, es sei denn, dass die Flammen eine zeitweilig wechselnde Beschaffenheit haben. Die regelmässige Anwesen- heit von Jod oder verwandten Stoffen (Chlor, Brom) in den Flammen würde sich überdies wohl in der Art der Zersetzung der Gesteine be- merkbar gemacht haben. Welcher Art sollte aber das brennende Gas wohl sein, wenn es nicht ein Kohlenwasserstoff wäre? Mit dieser Annahme stimmt auch die Thatsache überein, dass die Flammen, wie die verschiedenen Beob- achter berichten, Russ absetzen (der dann auch bisweilen von manchen Bewohnern der Gegend zur Linderung der Schmerzen an den Augen- lidern oder zur Färbung der Augenbrauen verwendet wird). Vielleicht aber gibt es doch eine Erklärung dafür, dass Berg überhaupt einen Geruch an dieser Stätte wahrgenommen hat, während wir diesmal in dieser Richtung leer ausgingen. Er hat nämlich eine wichtige Beob- achtung gemacht, welche er zwar in seinem Aufsatz nicht mittheilt, die jedoch Humboldt in der eitirten Anmerkung zum Kosmos vermuthlich auf Grund privater Mittheilungen erwähnt. Es heisst daselbst: „Da, wo das alte Gemäuer an den Felsen angelehnt ist, dringt auch aus den Zwischenräumen der Steine des Gemäuers Gas heraus, das, wahrscheinlich von niederer Temperatur oder anders gemengt, sich nicht von selbst entzündet, wohl aber dureh ein genähertes Lieht.“ Dieses frei aus- strömende, nicht verbrennende Gas konnte also den bewussten Geruch verbreiten, den wir nicht verspürten, weil diese Exhalationen zur Zeit unseres Besuches eben nicht stattfanden. Solche Veränderungen bezüglich der Stellen, an welchen die Gase an der Chimaera austreten, sind nichts Ungewöhnliches, wie aus dem '!) C. Ritter schreibt wahrscheinlich vermittelnd „Jod- oder Naphthageruch“, FR [77] Beiträge zur Geologie von Lykien. 359 Vergleich der Zeugnisse verschiedener Autoren hervorgeht. Demnach kann also zu Berg’s Zeit sehr gut der Austritt von Gasen an einer Stelle stattgefunden haben, welche heute davon befreit ist. Die Stelle bei Plinius (5. Buch, 28), die Ritter auf die Vermuthung brachte, dass das Feuer zur Zeit des Alterthums an verschiedenen Stellen des betreffenden Ortes hervorbrach, mag nicht ganz deutlich sein, insofern sie vielleicht nieht auf die Chimaera allein, sondern auch auf be- nachbarte Bergjöcher bezogen werden könnte, zweifellos aber geht aus einem Bericht des Seneca (Epist. LXXIX) hervor, dass der Boden des Chimaera-Berges (damals Ephestion e.enannt) an mehreren Stellen. welche Flammen zum Austritt dienten, durchlöchert war, und auch Seylax sprach schon davon, dass bei dem Tempel des Hephaestos „viel Feuer“ (zo roXd) aus freien Stücken brenne. Dem steht gegen- über, dass Beaufort bei seinem Besuch nur eine einzige Flamme eonstatirte und dass ihm versichert wurde, seit Menschengedenken kenne man deren nicht mehr. Allein später haben sowohl Spratt und Forbes, als Berg und endlich in neuester Zeit wir selbst wieder zwei Flammen (neben der grösseren, schon von Beaufort gesehenen, noch eine kleinere) beobachtet. Auch die lange Dauer des Phänomens lässt sich zu einem Ver- gleich mit den ähnlichen Vorgängen in den Apenninen und bei Baku Beniitzen, Schon Ktesias, der Leibarzt des Artaxerxes Mnemon, nennt 400 Jahre vor unserer Zeitrechnung diese Erscheinung das „ewige Feuer“ (232vxrov röo), was doch beweist, dass man schon damals sich auf den Anfang des betreffenden Processes nicht erinnerte. ©. Ritter macht übrigens noch darauf aufmerksam, dass schon der Name Chimaera auf die feurigen Erscheinungen zu beziehen sei, welche den allerältesten Bewohnern des Landes bekannt sein mussten, über welche wir geschichtliche Andeutungen besitzen. Da nämlich die Solymer, welche das östliche Lykien bewohnten, mit den Phöniciern verwandt waren und da das phönieische Wort chamirah so viel wie verbrannt heisst, so muss also sehr lange vor dem Auftreten der Bellerophon- Sage die bewusste Localität ihren merkwürdigen Charakter von heute besessen haben. Sicher brennt es daselbst schon seit ungefähr 3000 Jahren. Es hätte nun in der That sich vermuthen lassen, dass die in soleher Beständigkeit ausströmenden gasförmigen Kohlenwasserstoffe einer Bildung entstammen, welche diese Stoffe auch in flüssiger Form enthält. Da die Serpentine und Eruptivgesteine Lykiens überdies so viel- fach mit Flyschsandsteinen in Verbindung stehen und dieselben auch in der Umgebung der Chimaera nieht fehlen, so schien diese Vermuthung um so zulässiger. Leider aber bin ieh nieht in der Lage, daselbst eine Bohrung auf Petroleum zu empfehlen. Es müssten doch wenigstens Oelspuren an der Oberfläche wahrnehmbar sein, um die Besoreniss zu beschwichtigen, dass man es ausschliesslich mit Oelgasen zu thun habe, welche letztere Ja bekanntlich auch für sich allein vorkommen können, wenn auch um- gekehrt Erdöl schwerlich ohne Oelgase gefunden wird. Nördlich von den Flammen verläuft eine kleine Schlucht abwärts, neben welcher auch bald seitlich unterhalb der Ruinen eine Quelle ent- springt. Das Wasser daselbst erwies sich als zwar nicht vorzüglich, 360 Emil Tietze. [7 8] aber doch als vollkommen trinkbar. Kein Oelgeruch, kein Naphtha- geschmack waren bemerkbar und vor Allem fehlte auf der Oberfläche (les Wassers das Oelhäutchen, welches den naphthasuchenden Bergleuten und Geologen in Oelterritorien sehr wohl bekannt ist. Auch kein Ge- steinsstück aus diesem Gebiet zeigte ölige Imprägnirung oder asphaltische Aussehwitzungen auf Klüften. Wenn nämlich auch” in Gegenden, in welchen ein Petroleumbergbau schon besteht, unter gewissen Verhält- nissen von derartigen Anzeichen abgesehen werden kann, so muss deren Anwesenheit doch wohl in einem noch fremden Gebiet gefordert werden, ehe man ein Capital für den Aufschluss des Oeles auf’s Spiel setzt. Die Möglichkeit, dass ein solcher Aufschluss, den man ohne bestimmte Hoffnung und & fonds perdu unternehmen wollte, schliesslich dennoch erfolgreich sein könnte, bleibt natürlich nicht ausgeschlossen, es wird sich aber wohl nur unter besonderen Umständen Jemand finden, der auf diese Möglichkeit hin ein Wagniss unternimmt. Den Serpentin, Pikrit und Diorit der Chimaera möchte ich übrigens nicht als im genetischen Zusammenhang mit den brennenden Gasen befindlich auffassen, da ich vielmehr, wie schon angedeutet, den Ur- sprung der Gase in einer daselbst wohl zum grossen Theil von diesen Gesteinen maskirten Flyschbildung vermuthe. Im weiteren Sinne mag daher der Austritt der Flammen aus den Eruptivmassen eine Zufällig- keit und der ganze Vorgang analog den ewigen Feuern anderer Locali- täten nicht direet vuleanischer Natur sein. Das Verhältniss der Eruptivgesteine zu den Kalkmassen der Umgebung ist hier wie vielfach anderwärts in Lykien nicht leicht zu bestimmen. Ich vermuthe, dass man es im Grossen und Ganzen mit einer Anlagerung jüngerer Gebilde an den Kalk zu thun habe, was natürlich voraussetzt, dass die Eruptivgesteine, sofern ihr Ausbruch in der Nähe stattgefunden hat, den Kalk, soweit er sich unterhalb ihres Vorkommens etwa fortsetzt, durchbrochen haben. Es kommen an der beschriebenen Berglehne, ehe man den Flammenort erreicht hat, übrigens geschichtete Serpentinmassen vor, welche in Stunde 13%/,, also nahezu nordsüdlich streichen und steil nach Osten, das ist seewärts, einfallen. Dieses Fallen würde ja auch mit der Annahme, dass der westlich davon anstehende Kalk älter sei, übereinstimmen. In diesem Kalk übrigens, das will ich noch im Vorübergehen be- merken, von welchem auch grössere Blöcke auf den durch das Feuer- phänomen ausgezeichneten Abhang herabgefallen sind, konnte ich Num- muliten oder andere Versteinerungen nieht auffinden. Die Flyschsand- steine, von denen ich oben sprach, sah ich in Spuren weiter abwärts gegen die Kalke von Tschirali zu. Weiter gehen meine Forschungen im Gebirgslande der alten Solymer nicht. Bei den Ruinen von Phaselis befinden sich nach Spratt und Forbes (Vol. II, pag. 182) Eruptivbildungen ähnlich denen von Janar- tasch. Phaselis selbst soll auf einer aus Conglomerat bestehenden Plat- form erbaut sein, welche einen Hügel von „Wacke* bedeckt. In dieser Gegend zwischen Tekirowa und dem Gebirgspass, durch welchen ein Theil von Alexanders Heer nach Pamphylien zog, befinden sich einige Berge, die aus Trapp und Grünstein bestehen und an der Westseite des Solymer-Gebirges erscheinen theilweise porphyrische Grünsteine (der [79] Beiträge zur Geologie von Lykien. 361 englischen Karte zufolge bei den Ruinen von Apollonia), welche Bruch- stücke des durchbrochenen Kalkes einschliessen. Spratt und Forbes zeichnen und beschreiben ein Profil, demgemäss diese Eruptivmassen mit Sandsteinen und Schiefern wechsellagern. Es kommen dort auch zweierlei Conglömerate vor, ein jüngeres, in welchem Geschiebe von Kalk und Serpentin zu finden sind, und ein älteres, in welchem der Serpentin fehlt. Diese Beobachtungen sind wichtig für die Entscheidung der Frage nach dem Alter des Flysch und der 1y kischen Eruptiveesteine. Noch weiter nördlich jenseits des Ueberganges aus dem Gebiet des oberen Alagshyr-Tschai nach der pamphylischen Niederung kommen bei Tschandir ebensolche Eruptivgesteine vor, welche mit Kalk ab- wechseln. Schlussbemerkungen. A. Uebersicht über die vorkommenden Bildungen und den Gebirgsbau. Wie wir gesehen haben, ist Lykien eines der im Bereich der Mittelmeerländer nicht seltenen Gebiete, welche ganz überwiegend aus Kalkmassen zusammengesetzt sind. Die grosse Mächtigkeit der letzteren lässt voraussetzen, dass es eher mehr wie weniger Formationsabthei- lungen sind, welche innerhalb der betreffenden Schichtenreihe vertreten sind, doch ist es gegenwärtig noch unthunlich , dieser Voraussetzung entsprechend eine in’s Einzelne gehende Gliederung vorzunehmen. So- wohl Spratt und Forbes, als später Tsehichatscheff haben diese Kalkgebirge zusammengefasst und der Letztere hat sie zum Eocän gestellt, wozu das stellenweise sehr häufige Auftreten von Nummuliten auch zu berechtigen schien. Auch ich bin” noch genöthigt, auf der hier beigegebenen Karte wenigstens für den grössten Theil der Kalkver- breitung demselben Vorgang zu folgen, thue dies jedoch nur, weil es nicht angemessen erscheint, ohne besondere Gründe jenen provisorischen Standpunkt, den die Vorgänger eingenommen haben, aufzugeben. Wohl fehlt es nieht an stellenweisen Verschiedenheiten im Bereich der Kalke, sowohl was den Reichthum oder die Armuth an organischen Resten anbelangt, als was die feineren Modificationen in der Gesteins- beschaffenheit betrifft, es ist jedoch vorläufig sehr schwer, diese Ver- schiedenheiten für eine stratigraphische Gliederung zu benützen. Inner- halb des Eocäns würde man die an grossen Nummulitenformen reichen Schichten (z. B. Kekowa) wohl als eine ältere Bildung von den durch kleine Nummuliten ausgezeichneten Kalkbänken, die wir z. B. vom südöstlichen Rande des Kassabathales kennen lernten, zu unterscheiden haben, doch lässt sich eine solehe Unterscheidung nicht eonsequent über das ganze Gebiet ausdehnen. Funde jedoch von Hippuritenresten, die an einigen Punkten gemacht wurden, liefern den Beweis, dass wir - jedenfalls auch Kreide in jenen Gebirgen als vertreten anzunehmen haben, wenn auch die Abgrenzung der Kreide gegen das Eocän sich kaum mit Sicherheit durehführen lässt. Leider wurden gewisse rothe Kalke, welche sich durch das Vor- kommen von Lithodendron-artigen Korallen auszeichnen, nur als Ge- schiebe beobachtet. Sollte sich einst herausstellen, dass diese Korallen ‘ Jahrbuch der k. k, geol. Reichsanstalt. 1885. 35. Band. 2. Heft. (Emil Tietze.) 46 362 Emil Tietze. [80] in der That triadischen Formen entsprechen, so dürften wir den grössten Theil der mesozoischen Schichtenreihe in Lykien als vorhanden uns denken, denn sind einerseits Eocän und Kreide, und andererseits rhä- tische Kalke dort als erwiesen anzunehmen, so ist es mehr als wahr- scheinlich, dass auch der Jura nicht fehlen wird. Eine grössere Lücke in den Ablagerungen der Kalke nämlich würde sich vielleicht durch abweichende Bildungen an der unteren oder oberen Grenze dieser Lücke manifestiren. Derartige Zwischenlagen kommen indessen, soweit mir bekannt, zwischen den Kalken nicht vor, abgesehen höchstens von einem Theil der Flyschbänke und einigen eruptiven, lagerartigen Ein- schaltungen. Die letzteren jedoch beweisen in unserem Falle nichts und jene Flyschbänke wiederum kommen, weil der Flysch vermuthlich doch ziemlich jungen Alters ist, für eine Gliederung der eventuell tieferen mesozoischen Kalkpartien nicht in Betracht. Ueberdies handelt es sich dabei um local eng begrenzte Vorkommnisse. Nur langsam und mühsam wird sich das Dunkel, das über diesen Fragen ausgebreitet ist, lichten lassen. Wenn aber heute noch sogar in den am genauesten und besten studirten Theilen der mesozoischen. Kalkalpen manche Frage ungelöst blieb, wenn z. B. unsere geübtesten ° Alpengeologen am Untersberge sich noch nicht über das, was dort Tithon oder Trias sein kann, völlig zu einigen vermochten, so liegt darin für uns ein gewisser, obschon schlechter Trost, wenigstens insofern, als man sich sagen darf, dass die in derartigen Gebirgen zu bewältigenden Schwierigkeiten selten beim ersten Anlauf überwunden werden können. Je mehr man aber auf die Natur dieser Schwierig- keiten hinweist, und je weniger man dieselben etwa zu Gunsten der Beleuchtung, in der man selbst zu erscheinen wünscht, vertuscht oder als bereits überwältigt hinstellt, einen desto grösseren Dienst wird man seinen Nachfolgern und schliesslich auch der Wissenschaft leisten. Ausser den den geologischen Aufbau des bereisten Landes vor- wiegend beherrschenden Kalkmassen kommen in Lykien, wie erwähnt, Flyschbildungen, Serpentin- und mit diesen verbundene Eruptivgesteine verschiedener Art, Tertiärschiehten mariner und lakustrischer Entstehung, sowie quartäre Bildungen in räumlich untergeordneter Weise vor, und bieten einige Abwechslung gegenüber der petrographischen Monotonie des Kalkgebirges, einer Monotonie, zu welcher allerdings die wechselnden und pittoresken Formen der Landschaft in wohlthuendem Gegensatze stehen. So lange die genauere Gliederung jenes Kalkgebirges nicht durch- geführt werden kann, müssen natürlich auch unsere Ansichten über den tektonischen Aufbau Lykiens unvollständig bleiben. Doch lassen sich in dieser Beziehung wenigstens einige Züge von Bedeutung erkennen. Im Süden des Landes bei Kekowa ist die westsüdwest-ostnordöst- liche Streichungsrichtung (in Stunde 5) scharf ausgeprägt. Die Schichten am Susuz-Dagh und, wie es scheint, am Massikytos streichen auch -. noch hauptsächlich in der Richtung von SW-NO. Nur entfernen sich diese Streichungsriehtungen mehr von der ostwestlichen, als die der Berge von Kekowa und die Richtung in Stunde 4, vielleicht auch in Stunde 3 wird vorwaltender. Es scheint fast, als ständen der Massi- kytos, der Susuz-Dagh und die Küstengebirge bei Kekowa zu einander B Daaw 22520 [81] Beiträge zur Geologie von Lykien. 363 im Verhältniss der Glieder eines Fächers, dessen Knotenpunkt etwa in der Gegend westlich der Insel Kasteloryzo gesucht werden dürfte. r Ueber die maassgebende Richtung des Aufbaues der Gebirgsmassen zwischen dem Xanthusthale und der Westküste Lykiens weiss man gar nichts, denn es liegt keine Beobachtung vor, welche die Vermuthung $ - bestätigen könnte, dass diese Gebirgsmassen entsprechend ihrem äusser- 2 _ lichen Verhalten, wie es sich vorläufig noch auf den topographischen - Karten präsentirt, ein nordsüdliches "Streichen besitzen würden. In diesem letzteren, immerhin möglichen Falle würden sie freilich ein K weiteres Glied der soeben erwähnten Fächerform bilden, einer Fächer- form, welche ihr Analogon etwa in dem bekannten fächerförmigen Aus- strahlen der Ostalpen zwischen dem böhmischen Massiv und der Adria findet, nur mit dem Unterschiede, dass der Ausgangspunkt der Strahlen des alpinen Fächers im Hochgebirge liegt, während das Zusammentreffen - der Strahlen des Fächers, welcher das westliche und südwestliche - Lykien zu beherrschen scheint, in einer vom Meere eingenommenen _ Region zu denken ist. Eine zunächst noch ungenügend vermittelt erscheinende Stellung diesem Gebirgsfächer gegenüber nimmt die Küstenkette des östlichen Lykien ein, welche nahezu nordsüdlich, also der Westküste annähernd parallel verläuft. Die wenigen Daten, welche ich über Streichungs- richtungen der Schichten in diesem Gebirge gewinnen konnte, lassen aller- dings darauf schliessen, dass hier in der That nordsüdliche, oder diesen genäherte Streichungsrichtungen die herrschenden sind, wie sich das bei Olympos und der Chimaera herausstellt. Diese Voraussetzung wird übrigens bestätigt durch den ziemlich geraden Verlauf der betreffenden Küste, denn würden hier z. B. ostwestliche Streichungslinien den Bau des Gebirges bestimmen, so wäre ein vielfaches Vorspringen von Halbinseln nach dieser Richtung hin zu beobachten, in ähnlicher Weise, wie ja im grösseren Maassstabe die ganze Westküste Klein-Asiens unter dem ‘ Einfluss der westöstlichen im Westen Klein-Asiens herrschenden Rich- tung gegliedert erscheint. Selbst wenn die Richtung der Iykischen - Ostküste durch einen quer gegen das Sehichtenstreichen verlaufenden - Bruch bestimmt wäre, würde das angedeutete Verhältniss schliesslich hervortreten müssen durch das Vorhandensein von kleinen Ausbuchtungen, welche den zwischen den einzelnen Falten gebildeten Depressionen ent- - sprechen sollten. Dies ist aber nicht der Fall, und so dürfen wir also - mit einiger Beruhigung die östlichen Küstengebirge des Landes als eine _ ungefähr nordsüdliche Kette auffassen. Welche Bedeutung das Auftreten meridionaler Richtungen für die um das östliche Mittelmeer sammt seinen Dependenzen gelegenen Gegenden zu haben scheint, brauche ich im Hinbliek auf die Richtung der alba- nesischen Küste, die Gliederung des Peloponnes und den Libanon kaum hervorzuheben. Auf die vielfachen Andeutungen derselben Richtung, _ welche auch mehr im Innern der Balkanhalbinsel zu eonstatiren sind, habe ich schon bei einer früheren Gelegenheit, bei Besprechung der _ geolog gischen Verhältnisse Montenegros aufmerksam gemacht, und sogar in dem vorwiegend von ostwestlichen Streichungslinien beherrschten Persien liessen sich ähnliche Thatsachen, wenigstens an einzelnen ‚Stellen beobachten. Wir sind aber heute ebensowenig wie damals im 46 * 364 Emil Tietze. [82] Stande, die Ursachen dieser Abweichungen von den für die betreffenden Gebiete maassgebenden Richtungen mit Sicherheit anzugeben, es sei denn, dass wir in dem von mir schon bei verschiedenen Gelegenheiten (Jahrb. d. geol. Reichsanst. 1877, pag. 17; 1878, pag. 190, 592; 1879, pag. 258) angegebenen Sinne an eine Zerknitterung des Streichens denken, die bei der Contraction der Erdrinde eine ebenso nothwendige Folge wie der Faltenwurf selbst ist und welche schliesslich ebensogut ein oder das andere Mal auch in grösseren Dimen- sionen statthaben kann, wie sie fast in allen Kettengebirgen im Kleinen zu beobachten ist. Die Annahme, dass man es stellenweise mit dem Auftreten von Richtungen verschiedenen Alters zu thun habe, bleibt natürlich auch nicht ausgeschlossen. Da nun aber gerade in dem öst- lichen Küstengebirge Lykiens Nummuliten oder überhaupt Versteine- rungen sich bis jetzt im Kalk nicht gefunden haben, so lässt sich das Altersverhältniss zwischen der Aufrichtung dieses Gebirges und der Aufrichtung etwa der Küstengebirge bei Kekowa nicht mit Sicherheit ermitteln. Immerhin liegt kein Grund vor, der für die Zeiten der Auf- thürmung der verschiedenen Ketten zur Annahme wesentlicher Ver- schiedenheiten innerhalb Lykiens führen müsste. Diese Aufthürmung kann, soweit wir das übersehen, nach der Ablagerung der eocänen Kalke begonnen haben, allein es wird sich da zunächst nur um ein stellenweises Anftauchen der Kalkmassen über den Meeresspiegel ge- handelt haben, wie sogleich gezeigt werden soll. Leider können über das Alter der stellenweise entwickelten Flysch- bildungen nicht durchwegs sichere Anhaltspunkte gewonnen werden. Theilweise fällt die Zeit ihrer Ablagerung vielleicht mit der Zeit des Absatzes der ceretacischen und eocänen Kalke zusammen, theilweise jedoch darf der Flysch als die Kalkmassen überlagernd aufgefasst werden. Jedenfalls muss der Ausbruch der Serpentine Lykiens und der mit ihnen verbundenen anderen Eruptivgesteine während der Ablagerung der Flyschgesteine stattgefunden haben, wie die vielfache örtliche Ver- bindung der Serpentine mit den Flyschbildungen andeutet. Diese Ser- pentine sind deshalb zu vergleichen mit den Serpentinen Griechenlands, Italiens, Bosniens und Croatiens, und wenn man die grosse Ausdehnung und Verbreitung soleher Serpentin-Reviere in Betracht zieht, welche an Flysehbildungen gebunden sind, und dieselbe mit den räumlich viel be- schränkteren Gebieten vergleicht, welche wie gewisse Theile des Harzes, Schlesiens und des Banats durch das Auftreten älterer Serpentine aus- gezeichnet sind, so ergibt sich wieder einmal, dass die bisweilen so schwer zu überwindenden Vorstellungen aus den Anfangszeiten der Geologie durchaus nicht immer an typische Entwicklungen angeknüpft haben. Der von Spratt und Forbes (Vol. I, pag. 184) wiedergegebene Durchschnitt der Berge bei Tschandyr, welcher eine Wechsellagerung von Kalksteinbänken mit Mandelsteinen aufweist, bezeugt jedenfalls, dass ein Theil der Iykischen Eruptivgesteine schon zur Zeit der Kalk- ablagerung hervorbrach. Von den Serpentinen bei Makri und den Hügeln im oberen Theile des Xanthus-Thales halten es die genannten Autoren sogar für möglich, dass sie älter als die umgebenden Kalke sein könnten, a [83] Beiträge zur Geologie von Lykien. 365 während ich selbst diese Frage als eine vollkommen offene behandelt habe. Andererseits beweisen einige der in den letzten Abschnitten mitgetheilten Beobachtungen, wie die Constatirung von Kalkeinschlüssen in manchen Serpentinen, dass letztere stellenweise erst nach der Ablagerung eines grossen Theiles der Kalke hervorbrachen. Jedenfalls ist der Flysch im Xanthus-Thale an der Stelle, welche den englischen Forschern zu der Profilzeichnung auf pag. 175 (Vol. ID) ihrer Arbeit Veranlassung bot, Jünger als der Kalk seiner Umgebung, wenn anders dieses Profil richtig aufgefasst ist. Auch wurden die grünlichen Sandsteine und Schiefer bei Phaselis (l. e., pag. 168) als auf der „Scaglia“ liegend aufgefasst, mit welchem Namen Spratt und Forbes die Kalkmassen Lykiens be- zeichneten, und bei Eski-Hissar, unweit Elmalü, wimmeln gewisse grüne, conglomeratische Sandsteine von Nummuliten, die aber, wie die genannten Autoren schreiben, anderen Species angehören als die Nummuliten der Kalke. Da die gröberen Einschlüsse dieses Sandsteines theils Kalke, theils Serpentinstücke sind, so ergibt sich daraus sein jJüngeres Alter diesen letztgenannten Bildungen gegenüber, und wir könnten es daher sehr leicht mit einer Formation oligocänen Alters zu thun haben, welches Alter mir schliesslich auch für die Flyschgesteine im Baschkozthal das wahrscheinlichste ist. Immerhin jedoch besitzen diese fraglichen Vertreter der Oligocän- periode in dem beschriebenen Lande nur eine mässige Verbreitung und es mag deshalb schon nach dem Ende der Eoeänzeit in dem Gebiete Lykiens grössere Strecken festen Landes gegeben haben. Aber erst nach dem Abschluss der Miocänzeit kann diese Gegend im Wesent- lichen zu ihrer heutigen Erhebung gelangt sein. Da. nämlich die ma- rinen Miocänbildungen weit in das Innere des Landes hineingreifen, so müssen zu der Zeit ihrer Ablagerung noch grössere Buchten bestanden haben, durch welehe die betr effenden Festlandsmassen vielfach gegliedert wurden. Da ferner das schon im Verlaufe der Einzelnbeschr eibung her- vorgehobene Verhältniss besteht, dass die Miocänabsätze längs der grösseren Thalstrecken Lykiens entwickelt sind und auf den diese Thäler trennenden Wasserscheiden fehlen, so dass sich mächtige Miocänpartien heute ganz isolirt befinden, so muss das Miocän auch mehrere der niedrigeren heutigen Wasserscheiden bedeckt haben, von welchen Punkten es erst bei der später fortgesetzten Erhebung des Gebietes durch Denudation entfernt wurde. Dieser Umstand lässt aber nicht allein darauf schliessen , dass die heute mit marinen Neogenbildungen erfüllten Thäler schon älteren Datums sind, insoferne die sie einschliessenden Bergketten bereits theilweise festes Land vorstellen mochten, sondern auch, dass die gebirgsbildenden Vorgänge, welche später eine Unterbrechung der mio- cänen Absätze durch Aufrichtung trennender Gebirgsmassen, allerdings unter Mitwirkung der Denudation herbeiführten , erst nach Ablagerung des Miocäns zu grösserer Intensität gelangten, was übrigens auch durch die mannigfachen Schichtenstörungen des Mioeäns und durch die stellen- weise sehr bedeutende Seehöhe dieser Bildung bewiesen wird. Die zwischen den Susuz- Dagh und den Ak-Dagh eingeklemmten Partien des marinen Neogen liegen ja mehr als 4000 Fuss über dem Meeresspiegel. Die hier entwickelte Auffassung stimmt im Wesentlichen mit der vorzüglichen und klaren Darstellung der geologischen Entwicklung 366 Emil Tietze, [84] Lykiens bei Spratt und Forbes überein und unterscheidet sich von der letzteren nur insoferne, als ich den Serpentinen und Eruptivgesteinen des Landes keinen bestimmenden Einfluss bei der Erhebung des Ge- bietes und der Störung des Kalkgebirges zuerkennen kann, und zwar nicht allein aus dem allgemeinen Grunde, weil die Rolle der Eruptiv- gesteine bei der Erhebung von Gebirgen nach den neueren Ansichten, die ich selbst in meiner Arbeit über denDemavend zur weiteren Geltung zu bringen suchte, überhaupt eine in der Regel unbedeutende ist, sondern auch weil jene Serpentine, wie die in den Miocäneonglomeraten davon aufbewahrten Bruchstücke beweisen, zur Mioeänzeit bereits vorhanden waren, also bei den erst nach dieser Zeit vorgekommenen Störungen, die den heutigen Gebirgsbau vorwiegend bestimmten, nur eine passive Rolle gespielt haben können. Erst nachdem nun das Land in der Hauptsache seine heutige Gestalt (abgesehen von den Küstenumrissen) erhalten hatte, konnten dann an einigen Stellen sich jene Süsswasserseen bilden, deren organische Formen Spratt und Forbes beschrieben und zu deren näherer Charakterisirung ich meinerseits leider keinen Beitrag hinzufügen konnte. Sehr bemerkenswerth erscheint mir die Thatsache, dass in der Umgebung der beiden grösseren Ebenen an der Südküste des Landes, nämlich der Ebene von Dembre und der Ebene von Limyra, Spuren von Neogenschichten nirgends entdeckt werden konnten. Die Miocän- bildungen, welche die Hochthäler von Kassaba oder von Gjömbe aus- zeichnen, fehlen hier völlig, von marinen Pliocänbildungen ganz zu schweigen, da solche überhaupt an der ganzen lykischen Küste nicht vorkommen. Daraus scheint nun zu folgen, dass jene Ebenen, in welchen die unteren Läufe der Flüsse Dembre, Baschkoz und Alaghyr gelegen sind, sehr jungen Ursprunges sind und mit den älteren Binnenbecken des Landes nicht auf gleiche Stufe gestellt werden dürfen, wenn auch die Bedeckung dieser Ebenen durch Löss gerade wie die der binnenländischen Thalgründe bei Kassaba und Elmalü eine Art von Uebereinstimmung der später daselbst stattgehabten, bis in die neueste Zeit fortgesetzten Vorgänge bekundet. Die späte Entstehung jener Küstenebenen hängt augenscheinlich mit der späten Entstehung der Küste selbst zusammen. Ich brauche in dieser Hinsicht nur auf die vor Kurzem von M. Neumayr verlaut- barten Ansichten über die erst in der Jüngsten geologischen Vergangenheit vor sich gegangenen Veränderungen im östlichen Mittelmeergebiete hin- zuweisen, Ansichten, auf die wir weiter unten noch einmal zurück- kommen wollen. Wenn also auch gesagt werden konnte, Lykien habe die Hauptgrundzüge seines orographischen heutigen Verhaltens schon nach dem Absatze der marinen Miocänschichten besessen, so gilt dies nicht für die Abgrenzung des Landes nach dem Meere hin. Diese Abgrenzung ist aber auch heute noch keine ganz constante, wie durch die merkwürdigen Verschiebungen zwischen See und Fest- land bewiesen wird, welche augenscheinlich seit historischer Zeit an der Iykischen Küste Platz gegriffen haben. Den Fragen, die sich daran knüpfen, wollen wir nun aber noch einen besonderen Abschnitt unserer Auseinandersetzung widmen. [85] Beiträge zur Geologie von Lykien. 367 B. Die Niveauveränderungen an der Iykischen Küste. Die Thatsache der Inundirung menschlicher Werke an der 1yki- schen Küste, wie sie bei Makri und Kekowa von früheren Beobachtern schon ermittelt und von mir bestätigt werden konnte, führt von selbst zur Betrachtung der neuerdings so vielfach ventilirten Frage über die Schwankungen des Meeresspiegels und über die sogenannten secularen Hebungen und Senkungen. Wir sprechen hier nicht von den Ansichten der ziemlich zahl- reichen Autoren, welche sich zum Theil schon vor langer Zeit bemüht haben, Beweise für die Variabilität des oceanischen Wasserstandes beizubringen, denn man kann die Berechtigung dieser Bemühungen vollauf einsehen und doch dabei die festländischen Massen nicht für starr halten. Wir denken vielmehr an die Meinungen derjenigen Forscher, welche gleich Trautschold die Beweglichkeit der Fest- länder gänzlich in Abrede stellen, sofern es sich dabei nieht um locale vuleanische Phänomene handelt. Bereits im Jahre 1869 (Bull. soc. natur. de Moscou) hat bekannt- lich der letztgenannte Gelehrte in seinem Aufsatze „Ueber seeulare Hebungen und Senkungen der Erdoberfläche“ diesen negativen Stand- punkt mit aller Bestimmtheit eingenommen, den er dann später noch in mehreren Schriften, betitelt „Sur l’invariabilitt du niveau des mers“ (Moskau 1879), „Zur Frage über das Sinken des Meeresspiegels“ (Moskau 1880) und „Ueber den wechselnden Horizont des Erdoceans“ (Moskau 1882) vertheidigt hat. Obschon divergirend bezüglich der Auffassung der verschiedenen Modalitäten, unter denen sich die betreffenden Vorgänge abgespielt haben sollen, hat sich bekanntlich in neuester Zeit in erster Linie E. Suess dieser negativen Ansicht, man darf wohl sagen, angeschlossen, als er am 2. Juni 1880 in einer eigens - zum Zweck der Entgegennahme seiner Mittheilung veranstalteten Sitzung der geologischen Reichsanstalt es aussprach, dass es „keinerlei verticale Bewegungen des Festen“ gebe, und dass wir uns entschliessen sollten, „auch die letzte Form der Erhebungstheorie, die Doetrin von den säcularen Schwankungen der Continente zu verlassen“. Worin sich Suess von Trautschold unterschied, war, dass er die von Letzterem vertretene Annahme einer beständigen Verminderung des Wassers im Weltmeer nicht in Betracht zog; er schloss sich. viel- mehr im Grossen und Ganzen der Ansicht Derjenigen an, welche eine Umsetzung der Meere zwischen verschiedenen Regionen des Erdballs befürworten. Im Gegensatz aber gegen manche dieser letzterwähnten Forscher schien ihm eine Umsetzung der Meere nicht von einem Pol zum anderen, sondern zwischen den Polen und dem Aequator die beste Erklärung der Thatsachen zu bieten, und z. B. nicht in den Beziehungen zur Excentrieität der Erdbahn, sondern in der Möglichkeit einer wechselnden Stärke der Centrifugalkraft (verbunden mit einer wechseln- den Länge des Tages) suchte er, wenn auch nur vermuthungsweise, die Ursache jener Umsetzungen zu finden. Es ist für die Geschichte der Wissenschaft wichtig, diese Unterschiede der Suess’schen Auf- fassung gegenüber der seiner Vorgänger genau im Auge zu behalten, denn gerade in diesen Abweichungen ist ja möglicherweise die Er- klärung für den Erfolg zu finden, den Suess mit seiner Publication 368 Emil Tietze. [86] erzielte. Nur eine vorläufige Aufzählung der wichtigsten Gedanken, welche Suess bei seiner Untersuchung der angeregten Frage leiteten, enthielt jener Vortrag, und doch genügte die ertheilte Anregung, auch das Interesse weiterer Kreise für das bisher nur mühsam nach Berück- sichtigung ringende Problem der Veränderungen des Meeresspiegels zu wecken. Schon haben sich einige Autoren auf die bei jener Gelegenheit verlautbarten Ansichten berufen, ohne die erst für später in Aussicht gestellte eingehendere Würdigung der betreffenden Thatsachen ab- zuwarten. Auf solche Weise sind nun diese Anschauungen nicht allein bereits Gegenstand der wissenschaftlichen Discussion, sondern bei der hohen Autorität ihres Urhebers auch Stützpunkte für weitere Folge- rungen geworden und lassen sich demnach heute nicht mehr umgehen, wenn man von Erscheinungen spricht, die einst allgemein mit Hilfe der Theorie von den continentalen Niveauveränderungen erklärt worden wären. Ich selbst habe schon bei einer anderen Gelegenheit die Ver- muthung gewagt, dass das in Rede stehende Problem viel verwickelter ist, als es im Lichte der ursprünglich von Suess dafür gewählten Behandlungsweise erscheint, wie ich denn beispielsweise in meinen Bemerkungen über die Bildung von Querthälern (Jahrb. d. geolog. Reichsanstalt. 1882, pag. 734) darauf hinwies, dass der wichtige Factor der wechselnden Massenattraction der Festländer dabei ganz unberück- sichtigt geblieben war. ') Hier jedoch liegt es mir durchaus fern, die Sache von einem so allgemeinen Standpunkte aus zu erörtern. Das würde ausserhalb der Grenzen einer an locale Beobachtungen an- knüpfenden Darstellung liegen. Dennoch aber würde man sich schwer jemals über die bei Makri und Kekowa stattgehabten Vorgänge eine Meinung bilden können, wenn man die Ermittlung der möglichen Ur- sachen dieser Vorgänge ohne die vergleichende Betrachtung wenigstens derjenigen Erscheinungen versuchen wollte, welche in den benachbarten Gebieten zu diesem Vergleich auffordern. Wir werden also zunächst die fraglichen Erscheinungen selbst noch einmal in übersichtlichem Zusammenhange betrachten ; daran wird sich dann der Nachweis knüpfen lassen, dass die berührten Verhält- nisse an der Iykischen Küste in keinem unmittelbaren Zusammenhange mit der vielleicht bis in die Gegenwart fortgesetzten Faltung einer einzelnen Gebirgskette stehen, durch welche ja hypsometrische Ver- änderungen gewisser Gebietstheile bewirkt werden konnten. Es wird sich also zeigen, dass die fraglichen Erscheinungen sozusagen eine breitere Grundlage besitzen. Sodann aber werden diejenigen That- '‘) Erst in der wahrhaft glänzend geschriebenen Einleitung zu seinem „Antlitz der Erde“ (Prag und Leipzig 1883), dem Werke, das in einer seiuer künftigen Fort- setzungen die weiteren Auseinandersetzungen über unsere Frage zu geben verspricht, hat Suess die Erinnerung an diesen Punkt nachgeholt, den unter Anderen auch schon Penck (München 1882) in den Vordergrund einer geographisch-geologischen Discussion über die Schwankungen des Meeresspiegels gebracht hatte. Und doch meint Herr Professor Fr. Pfaff (Zeitschr. d. deutsch. geol. Ges. 1884, pag 1), dass Suess der erste Geologe war, der „mit ganz besonderem Nachdruck auf die von der Con- figuration des Landes bedingte Störung der regelmässigen ellipsoidischen Gestalt der Meeresfläche hingewiesen“ habe. Das ist eine seltsame Art, die Literatur zu verwerthen. [87] Beiträge zur Geologie von Lykien. 369 sachen eine etwas genauere Erwähnung verdienen, welche für die Küste Klein-Asiens und der benachbarten Länder mit der relativen Veränderlichkeit des Meeresspiegels in Zusammenhang gebracht werden können oder gebracht worden sind. Die ohne Widerrede hierher gehörigen Thatsachen bei Makri, bei Kekowa und auf der Kekowa gegenüberliegenden Insel Dolichiste sind schon im Verlauf der Einzelbeschreibung genauer geschildert worden, worauf hier, um Wiederholungen zu vermeiden, verwiesen werden mag. Der Vollständigkeit wegen mögen aber hier noch die anderen Oertlichkeiten genannt werden, an welchen ein Steigen des Meeresspiegels oder eine Senkung der Küste seit historischer Zeit wahrscheinlich oder doch nach dem Urtheil einiger Beobachter denk- bar ist. Benndorf in seinem neuen Werk über die erste der in der Einleitung erwähnten beiden archäologischen Expeditionen nennt als solche Orte Kalabatia und Andifilo. Die Senkungserscheinungen bei Andifilo scheinen nun freilich in ihrem äusseren Verhalten etwas anders zu sein als diejenigen bei Kekowa. Man spricht dort nicht von Monumenten, die im Wasser stehen, sondern meines Wissens handelt es sich daselbst um einen schiefstehen- den Sarkophag, der auf einer schräg geneigten Felsbank ruht und eben dieser aussergewöhnlichen Stellung wegen von Texier abgebildet wurde. Zweifellos ist dieser Sarkophag in aufrechter Stellung errichtet worden und ebenso zweifellos hat die Felsbank, auf welcher er steht, seit jener Zeit eine Veränderung ihrer Lage erlitten, der Fall wäre also schon deshalb interessant, weil wir es hier mit einer von der Variabilität des Meeresniveaus sicher unabhängigen Veränderung einer Schichten- lage zu thun hätten, allein streng genommen lässt sich dieser Fall für unsere Betrachtung doch nicht verwerthen. Hätten wir es nämlich mit den Folgen einer jüngsten Aeusserung der gebirgsfaltenden Kräfte zu thun, so stünde das zunächst nicht in unmittelbarer Verbindung mit der Frage der seeularen Hebungen, und dann würden wir auch das betreffende Factum nicht als ein vereinzelt stehendes kennen gelernt haben. Von einer dann doch längs einer grösseren Region veränderten Neigung ihrer Unterlage würden sicherlich auch andere der zahlreichen Monumente jener Gegend betroffen worden sein. Auch würde die Action der ge- birgsfaltenden Kräfte in unserem Falle wohl eine weitere Erhebung über den Meeresspiegel zur Folge gehabt haben, was mit den übrigen hier berührten Erscheinungen schwer in Einklang zu bringen wäre. Es ist vielmehr wahrscheinlich, dass es sich daselbst nur um einen localen Einsturz und ein dadurch hervorgerufenes Nachsinken einer Felsbank handelt, wie das in verkarsteten Gebirgen so vielfach vor- kommen kann. Dagegen dürfte einst eine genauere, freilich nur mit Hilfe von Bootsfahrten auszuführende Untersuchung am Ostende der Ebene von Dembre, das heisst gleich unterhalb des Westabfalls der Südspitze des Beimelikgebirges für die Vermehrung der unserer Discussion zu Grunde liegenden Thatsachen erspriesslich werden. Dort befindet sich nämlich dieht neben der Küste eine Lagune, welehe vom Meere nur dureh einen schmalen, trocken liegenden Sandstreifen geschieden wird, und die ich selbst beim Herabsteigen vom Beimelik nach der Ebene von Jahrbuch der k. k. geol. Reichsanstalt. 1885. 35. Band. 2. Heft. (Emil Tietze.) 47 370 Emil Tietze. [88] Dembre zwar deutlich sehen, aber nicht näher untersuchen konnte, und am Grunde dieser Lagune sollen, wie die Fischer von dieser Küste versichern, Bauwerke im Wasser stehen (vergl. Ritter, Erdkunde, 19. Theil, Bd. II, von Klein-Asien, pag. 1155). Auch die Verhältnisse, welche im Süden des chelidonischen Vor- gebirges herrschen, insbesondere im Hinblick auf die kleine Inselgruppe, die jenem Vorgebirge vorliegt, könnten für uns von Interesse sein. Diese Inselgruppe ist jedenfalls zu nennen, wenn man von Ver andern = an der Iykischen Küste spricht. Strabo kannte hier nur 3 Inseln, Beaufort, der im Anfange unseres Jahrhunderts die Kar Küste untersuchte, fand hier 5 Inseln und Tschichatscheff (Geo- graphie physigue de l’Asie mineure, Paris 1853, pag. 74), vermuthet deshalb, dass eine später eingetretene Katastrophe eine theilweise Zer- spaltung der 3 Inselchen in 5 herbeigeführt haben könnte. Es ist in- dessen vielleicht nicht nöthig, an derartige Vorgänge oder gar an die selbstständige isolirte Erhebung neuer Klippen an dieser Stelle zu denken, da die betreffende Erscheinung unter Umständen eben gerade so gut mit dem Ansteigen des Meeres an der Iykischen Küste oder mit einer allgemeinen Senkung dieses Gebietes in Verbindung gebracht werden kann. Nimmt man nämlich an, dass die 3 Inselehen des Strabo zusammen 5 Spitzen besassen, dass also beispielsweise das eine dieser Inselchen dreigipflig gewesen wäre, so können die ursprünglich an der Basis noch im trockenen Zusammenhange gewesenen Spitzen, durch das (relative) Ansteigen des Meeresspiegels von "einander isolirt worden sein, um nun als selbstständige Klippen über dem Wasser zu erscheinen. Es ist das freilich nur eine Hypothese, dieselbe entbehrt aber nicht der inneren Wahrscheinlichkeit, denn wenn das Phänomen der scheinbaren Festlandssenkung an der lykischen Küste so allgemein ist, dass die griechischen Küstenfahrer und insbesondere die Schwammfischer, welche gewiss mit der Beschaffenheit des Meeresgrundes daselbst sehr vertraut sind, allenthalben von versunkenen Städten erzählen (vergl. Ritter, l. e., pag. 946), so dürfte das chelidonische Vorgebirge mit seinen Inseln viel eher im Sinne derselben, als im Sinne entgegengesetzter Vorgänge beeinflusst worden sein. Benndorf hat endlich noch auf einige bisher nicht berücksichtigte Angaben älterer Autoren hingewiesen, aus denen hervorgeht, dass die Küste Lykiens schon im Alterthum der Schauplatz von marinen Ueber- fluthungen gewesen sein mag. Ich bespreche das an dieser Stelle, weil Benndorf selbst diese Angaben an die Erwähnung der Erscheinungen bei Makri und Kekowa angeknüpft hat, obschon jene Ueberfluthungen wohl einer ganz anderen Kategorie von Thatsachen angehört haben dürften, wie wiederum Benn dor f sehr riehtig andeutet, indem er sagt, dass er im Mallet’schen Erdbebencatalog (London 1858) und in den Nachträgen von S. Sehmidt’s Studien über Erdbeben vergeblich nach den betreffenden Citaten gesucht habe. (Vergl. Benndorf und Nie- ınann, Reisen in Lykien und Karien, Wien 1834, pag. 28.) Es handelt sich um eine Bemerkung des Dio Cassius (LXIII, 26, 5), der unter den wunderbaren Erscheinungen des Jahres 68 u. Chr. erwähnt, dass damals das von Aegypten her sich gewaltig erhebende Meer einen grossen Theil Lykicns ergriff, und um die ee rat a a2 ie NA RT VAN [89] Beiträge zur Geologie von Lykien. 3 Darstellung der Bellerophonsage !) beiPlutarch (de mulierum virtutibus IX, pag. 18 der Reiske’schen Ausgabe). Daselbst heisst es, dass Bellerophon, nachdem er den Chimarros getödtet und die Amazonen vertrieben hatte, Niemandes Rechten zu nahe trat, dass hingegen ihm gegenüber Jobates sich höchst ungerecht benommen habe, als er von Neptun erflehte, er möge das von Bellerophon erlöste Land unfruchtbar machen und verderben. Auf dieses Gebet hin habe eine Woge das Land überschüttet und es sei ein schrecklicher Anblick gewesen, wie das sich hoch aufthürmende Meer das feste Land überdeckt habe. Es wird Jedermann diese Erscheinungen auf gewaltige Erdbeben- fluthen deuten müssen. Bei der Höhe der Iykischen Küstengebirge wird man freilich die Bedecekung grosser Theile des Landes durch Wasser- fluthen nicht ernsthaft zu nehmen brauchen, da aber ein grosser Theil der alten Bevölkerung Lykiens gerade den Küstenstrich bewohnte, wie aus der überwiegenden Anhäufung der Ruinen gerade längs der dem Meere benachbarten Gebietstheile hervorgeht, so können jene Ereignisse sehr wohl den Charakter schrecklicher Katastrophen besessen haben, welche etwa den gewaltigen ähnlichen Unglücksfällen an der südamerikanischen Küste zu vergleichen wären, von welchen die neuere Zeit Zeuge gewesen ist. Von den Vorgängen jedoch, welehe eine (wenigstens für längere Zeit) dauernde Verschiebung des Niveauverhältnisses zwischen Festland und See längs der Iykischen Gestade verursacht haben, sind jene plötz- lichen Ereignisse wohl zu trennen, so lange der Nachweis nicht erbracht werden kann, dass die seismischen Störungen, denen jene Fluthen augenscheinlich ihren Ursprung verdankten, Lykien direct betroffen und dabei einen constanten Ausdruck in den hypsometrischen Verhältnissen des festen Landes gefunden haben. Nachdem wir nunmehr eine kritische Uebersicht über das bezüglich unserer Frage zur Verfügung stehende Material an Thatsachen gegeben haben , dürfen wir die Möglichkeit des Zusammenhanges dieser That- sachen mit den Vorgängen der Gebirgsfaltung prüfen. Dafür ist es nöthig, sich die räumliche Ausdehnung der fraglichen Erscheinungen nochmals zu vergegenwärtigen. Die Entfernung von Makri nach Kekowa beträgt in der Luftlinie mehr als SO Kilometer, die von Kekowa nach dem chelidonischen Cap 50 Kilometer. Es handelt sich also um eine längere Küstenstrecke, längs welcher die bewussten sogenannten Senkungen vorkommen, und zwar durchaus nicht um eine tektonisch unmittelbar zusammenhängende Küstenentwicklung, welche vielleicht etwa nach Art des südamerikanischen Andengebiets südlich von Arica oder der dalmatinischen Gebirge aufzufassen wäre, sondern um eine Küste, die, wenn sie auch von den tektonischen Linien der Iykischen Gebirgsmassen nicht unabhängig ist, so doch von sehr heterogenen derartigen Linien beeinflusst wird. Die Streichungsriehtungen,, welche in der Umgebung des Cap Chelidonia herrschen, sind, wie aus der voranstehenden Beschreibung hervorgeht, andere als diejenigen am Canal von Kekowa. Für die Umgebung von Makri stehen mir allerdings !) Wie mir Herr Hofrath Benndorf mittheilt, scheint in der Bellerophonsage ein positiv thatsächlicher Kern zu stecken, so dass man diese Sage nicht ohne Weiteres in den Kreis der blossen Mythe verweisen dürfe. 47° 372° Emil Tietze. [90] zu wenig Beobachtungen zur Verfügung, um das dortige Durchschnitts- streichen mit Sicherheit zu bestimmen, allein jeder Blick auf eine gewöhn- liche topographische Karte lehrt, dass die dortigen Gebirgsmassen in keinem directen Zusammenhange der Richtung mit den Erhebungen an den anderen beiden Punkten stehen können. Die Gegend von Makri fällt auf keinen Fall in die Verlängerung der betreffenden Streichungs- achsen hinein. Endlich geht aus den früher erwähnten Beobachtungen bei Kekowa auch hervor, dass die daselbst inundirten Stellen in der Nähe der Mittellinie eines Schichtensattels sich befinden, dessen südlicher Flügel grossentheils durch die Insel Kekowa (Dolichiste) repräsentirt wird. Der Vorgang fortschreitender Gebirgsfaltung hätte also hier wohl eher eine Auftreibung oder Erhebung gegen die Mitte des Sattels zu bedingen müssen, als eine Senkung der betreffenden Partie. Auch die Vorstellung, dass möglicherweise locale Einstürze, wie sie in einem verkarsteten Gebirge vorzukommen pflegen, als Ursache der hier betrachteten Erscheinungen gelten könnten, ist nicht zulässig, da sonst die inundirten Sarkophage, Treppenstufen und sonstigen Bau- werke nicht in unveränderter Stellung zur Horizontalebene sich befinden würden. Eine Argumentation, welche sich dieser Vorstellung bemächtigen wollte, könnte übrigens nur von solchen Forschern vorgebracht werden, welche gleich mir und Anderen an die Einstürze in Karstgebieten glauben, sie wäre aber gänzlich inconsequent von Seiten Derjenigen, die mit der Annahme solcher Einstürze nicht einverstanden sind. Das zu bemerken ist vielleicht nicht ganz überflüssig. Es folgt also aus unserer Betrachtung, dass die Erscheinung, mit der wir zu thun haben, sozusagen einen allgemeinen Hintergrund hat und dass dieselbe schwerlich mit tektonischen Einzelheiten in Ver- bindung gebracht werden darf. Dass aber dieser allgemeine Hinter- srund keinem ganz einfachen Bilde entspricht, werden wir in dem Folgenden zu sehen Gelegenheit haben. Die Beobachtungen überdies, welche hier zum Vergleich und zur Discussion herangezogen werden können, lassen sich nieht ohne Weiteres unter einem und demselben Gesichtspunkte zusammenfassen. Es gilt da, manche wirkliche oder scheinbare Widersprüche zu lösen. Im Gegensatze zu den aus der Inundirung menschlicher Werke bei Kekowa, Makri und anderen Orten zu ziehenden Schlüssen steht jedenfalls die von Tschichatscheff (Asie mineure, g6ologie, Tom. III, pag. 389) gemachte Annahme eines in der jüngsten Zeit erfolgten Emportauchens der kleinasiatischen Küste und insbesondere des süd- lichen Theiles derselben. Je strenger nun die Kritik der für diese An- nahme beigebrachten Belege ausfällt, desto mehr dürften die dabei als stichhältig und annähernd gleichwerthig befundenen Argumente für die theilweise Berechtigung derselben Annahme bei unparteiischem Urtheile in’s Gewicht fallen. Wir müssen also etwas weiter ausholen, um den Boden für unsere Discussion durch solehe Kritik zuerst zu säubern, bezüglich zu ebnen. Unter jenen Belegen spielt das stellenweise Vorkommen zahlreicher mariner Conchylien auf den Anhöhen längs der kleinasiatischen Küsten- striche eine nicht unwichtige Rolle, und es frägt sich jetzt, ob dies Beiträge zur Geologie von Lykien. 3753 mit Recht der Fall ist. So hat nach einem Citate Tschichatscheff's Ch. Texier, dessen Originalwerk mir leider nicht zur Hand ist, gerade von der Insel Kekowa die Ostrea Boblayei und den Spondylus gaede- ropus mitgebracht und eben derselbe Spondylus wurde von Texier zwischen Adalia und den Ruinen von Pergos gesammelt. Diese That- sachen scheinen den Verhältnissen bei Smyrna zu entsprechen, wo Tsehichatscheff in der Nähe der alten Akropolis, an dem Trachyt- berge, der die Stadt beherrscht, eine Ablagerung auffand, in welcher, ausser Bruchstücken von Trachyt und Kalk, sich antike Topf- und Ziegelscherben im Vereine mit recenten Muscheln fanden, die zu den Gattungen Murex, Oerithium, Ostrea und Peeten gehören. Auf diese an- geblich alte Strandlinie hat sich dann auch Theob. Fischer (Zeitschr. d. Ges. für Erdkunde, Berlin 1878, pag. 159) berufen, als er seine ver- - dienstliche Zusammenstellung über die Küstenveränderungen im Mittel- meergebiete verfasste, und nicht minder spielt sie eine Rolle unter den Beweisen, die G. R. Credner in seinem Aufsatze über die Deltas (Ergänzungsband XII der Petermann’schen Mittheilungen) für die Hebung der kleinasiatischen Küste gelten lässt. Ganz ähnliche Funde hat auch M. Neumayr gelegentlich seiner Beschreibung der Insel Kos erwähnt (siehe Küstenländer des griechi- schen Archipels, Denkschr. d. Akad. d. Wiss., math.-naturw. Cl., Wien, Band 40, pag. 252), und auch bei diesem Autor wurden dieselben für die Discussion der jüngsten Niveau-Veränderungen in jenen Gegenden verwerthet. Neumayr theilte mit, dass er an den Gehängen der Berge von Ephesus Cardium edule, Spondylus gaederopus, Nassa reti- culata und Oerithium vulgatum fand, und sagte sodann: „Auf Kos fanden sich sowohl in der Nähe vom Cap Phuka, als an den Gehängen oberhalb Pylle quartäre Conchylien, von denen ich Murex trunculus, Cardium edule und einen Pectunculus sammelte. Auch an einigen Punkten der Halbinsel Chalkidike fand ich weithin an den Hügeln zerstreut Card. edule; die Art und Vertheilung des Vorkommens spricht auch hier für quaternäres Alter. Doch scheint mir in dem letzteren Falle die Möglichkeit nicht ausgeschlossen, dass es sich um Schalen handelt, die vom Menschen in einer späteren Zeit verschleppt wurden, da hier ausser der genannten, allgemein als Speise dienenden Art keine andere gefunden wurde.“ Wie mir übrigens Herr Professor Neumayr auf mein Befragen kürzlich mittheilte, hält er selbst die von ihm nur für die Funde auf Chalkidike ausgesprochene Vermuthung nunmehr auch für die Funde an den anderen von ihm erwähnten Localitäten für höchst wahrscheinlich. In diesem Sinne dürfen wir in der That die hier erwähnten Thatsachen auffassen. Würde das Meer alle jene Schalen an ihren heutigen Fundorten selbst deponirt haben, so wäre allerdings eine sehr beträchtliche Niveauveränderung im Sinne eines Aufsteigens des Landes seit jüngster, ja zum Theil sogar seit historischer Zeit anzunehmen. Die betreffenden Funde lassen aber nicht allein eine andere Deutung zu, als die, welche sie erfahren haben, sie fordern solche abweichende Deutung sogar heraus. Wenden wir uns zunächst nach Smyrna. Nach dem Zeugniss des Strabo (14. Buch) war zwar ein Theil dieser Stadt im Alterthum 374 Emil Tietze. [92] an einem Hügel erbaut, der grösste Theil derselben aber lag in der Ebene am Hafen, das heisst jedenfalls beträchtlich unterhalb des erwähnten Muschelfundortes. Da nun die mit den Muscheln vorkom- menden antiken Reste keineswegs der heroischen oder prähistorischen Zeit entstammen (man findet dort auch ganz hübsche kleine Figuren und Köpfe aus Terracotta, die zweifellos der celassischen oder sogar nachelassischen Culturperiode angehören), so müsste seit oder während der classischen Zeit das Meer bei Smyrna einmal derart gestiegen sein, dass es bis zu den Höhen der Akropolis reichte, um dann wieder unter das Niveau der heutigen Meles-Ebene zu sinken, und zwar hätte dieser Vorgang bei den hypsometrischen Beträgen, um die es sich dabei handelt, nicht auf die nächste Umgebung Smyrnas, ja nicht einmal der kleinasiatischen Küste beschränkt bleiben können. Ein solches Freigniss aber, auch wenn es sich relativ langsam abgespielt hätte, hätte schwerlich der Controle der Historiker entgehen können, und aus dem Mangel darauf bezüglicher geschichtlicher Aufzeichnungen dürfen wir schliessen, dass es überhaupt nicht stattfand. Ich habe die frag- liche Stelle besucht und mich allerdings von dem nicht seltenen Vor- kommen mariner Conchylien daselbst überzeugt, allein ich erhielt den Eindruck, dass man es an der Akropolis von Smyrna mit einer Cultur- schicht zu thun habe, in welche jene Schnecken und Muscheln durch Menschenhand hineingerathen sind. Auch auf der Höhe der Akropolis von Makri, unweit der dortigen Felsengräber, fand ich recente marine Schalen, die zu Murex trunculus gehörten. Sogar auf der Stätte des alten Trysa bei Gjöl-Baschi in einer Seehöhe von mehr als 2000 Fuss wurden solche Conchylien (der- selben Art und M. brandaris angehörig) gesammelt, ein Fund, der sich local zunächst an die Funde Texier’s auf der Insel Kekowa anschliesst. In den beiden letztgenannten Fällen entstammten die Schalen sicher keiner irgendwie als solche gekennzeichneten marinen Ablagerung, sondern wurden lose im Schutt der betreffenden Ruinen oder frei auf der Oberfläche gefunden. Die Seehöhe der Funde von Gjöl-Baschi ist so bedeutend, dass ein grosser Theil Klein-Asiens und der benachbarten Länder hätte in jüngster Zeit unter Wasser stehen müssen, wenn die betreffenden Schalen vom Meere selbst an Ort und Stelle gebracht worden wären, und doch fehlen, soweit mir bekannt, eigentliche marine Sedimente der Quartär- zeit und sogar der Pliocänzeit wenigstens an der ganzen Iykischen Küste. Auch würde die Zusammensetzung der marinen Fauna eines Absatzes aus der Quartärzeit entsprechend der vielgestaltigen heutigen Mittelmeerfauna nieht gerade auf die wenigen vorkommenden Arten beschränkt geblieben sein. Sehr bemerkenswerth ist ferner, dass derartige Funde bisher aus- schliesslich an Plätzen gemacht worden sind, welche als antike Cultur- stätten bezeichnet werden dürfen. Dadurch wird uns die Vermuthung nahe gelegt, dass die betreffenden Conchylien erst durch den Menschen an ihren jetzigen Platz gebracht, und dass die zu ihnen gehörigen Weichthiere zu irgend welchen Zwecken, vornehmlich aber wohl als Nahrungsmittel, von den einstigen Bewohnern jener Orte verwendet worden sind. Man braucht in letzterem Falle nieht nothwendig daran [93] 5 Beiträge zur Geologie von Lykien. Dria zu denken, dass die alten Lykier besondere Feinschmecker gewesen sind. Nur der Binnenländer stellt sich das Essen von Meeresmollusken als einen Luxus überfeinerter Menschen vor. Wer einmal auf einem italienischen oder dalmatinischen Fischmarkt gesehen hat, was dort Alles unter der Bezeichnung frutti di mare feilgeboten und gekauft wird, und zwar nicht blos von den Reichen gekauft wird, die Champagner trinken, der wird sich nieht wundern, wenn er die Beweise findet, dass auch die antiken Küstenbewohner des Mittelmeeres sich zum Theil von Weichthieren genährt haben, namentlich wenn es sich dabei um steinige, oft sterile Küstenlandschaften handelt, welche gleich der Iykischen übervölkert gewesen sein dürften, so dass schon die blosse Noth zur Verwerthung alles Essbaren geführt haben muss. „Der Mensch“, schreibt E. v. Martens (Die Weich- und Schalthiere, Leipzig und Prag 1883) „ist von Natur omnivor wie das Schwein; Land- und Meerschalthiere sind Nahrungsgegenstände für ihn, ebensowohl als tägliche Nahrung oder Nothbehelf bei ganz rohen Völkerstämmen, die noch kein Netz zum Fischfang erfunden haben; wie als Delicatesse und Festgericht in den Grossstädten, welche die Mittel- punkte der Civilisation bilden.* Es ist auch ausserdem von höchstem Interesse, in diesem Werke von Martens eine Zusammenstellung der ganz überraschend verschiedenartigen Verwendungen zu finden, welche von den Schalen und den Thieren vieler Mollusken nicht allein von gegenwärtig existirenden Völkern gemacht werden, sondern auch von den Völkern des Alterthums bereits gemacht wurden. Unter diesen Verwendungen der beschalten Weichthiere spielt aber diejenige zu Nahrungszwecken bei den Alten eine nicht unwichtige Rolle. Wenn die Römer zur Kaiserzeit nach Varro und Plinius ihre eigenen Schneckenbehälter (cochlearia) und verschiedene Recepte zu der Fütterung der Schnecken besassen, so handelt es sich da freilich um Landschnecken; aus den Untersuchungen von Martens geht aber hervor, dass bei den Alten auch Thiere der Gattungen Murex, Ceri- ihium, Trochus, Haliotis, Patella, Ostrea, Spondylus, Pecten, Pinna, Mytilus, Tellina, Solen und noch manche andere gegessen wurden, welche wie Cardium edule unter der Bezeich- nung Cheme oder Chama bekannt waren, und wenn Aristophanes bei Athenaeus (III, e. 33) sagt: „Ein Jeder gähnte wie gekochte Muscheln auf den Kohlen,“ so scheint es, dass man diese Weichthiere nicht immer roh verzehrte, sondern auch ihre Zubereitung verstand. Der Spondylus gaederopus, der unter den meisten der hier betrachteten Vorkommnisse bemerkt wurde, wird von Martens aus- drücklich als eine von den Alten gegessene Art aufgeführt und die auf Murex zu beziehenden Exemplare können ebensowohl von den Arbeiten bei der Purpurbereitung herrühren, als, wie schliesslich bei weniger massenhaftem oder bei gemischtem Vorkommen wahrscheinlicher ist, ebenfalls von gegessenen Thieren. Die besprochenen Funde fallen also viel eher, wenn dieser Ver- gleich erlaubt ist, der Kategorie der sogenannten Kjükkenmäddings zu, als der Kategorie der Beweise für gewesene Niveauveränderungen des Meeres oder des Festlandes. Sie beweisen in der uns beschäf- tigenden Frage gar nichts, oder höchstens die Nothwendigkeit, in der 976 Emil Tietze. [94] Auswahl der Documente für die Lösung dieser Frage sehr vorsichtig zu sein. Vorläufig unklar in ihrer Beziehung zu unserem Gegenstande bleiben die Bildungen von Gözluk Kule bei Tarsus an der eilieischen Küste, wo nach Tscehichatscheff (l. e., pag. 388 und 389) unter einer (wahrschemlich zum Löss zu stellenden) Erde mit Helix und Pupa ein mit Thon und mergeligem Sand gemischtes Conglomerat vorkommt, in welchem die Schalen von Donaz trunculus in gut erhaltenem Zustande in Begleitung von fast immer zerbrochenen Exem- plaren anderer Meeresconchylien verbreitet sind. Der Autor gibt näm- lich nicht genau an, ob die Reste alter Töpfe, Münzen u. s. w., welche daselbst gefunden werden, blos in dem Löss oder auch in den Con- slomeraten liegen. Zudem bilden die betreffenden Ablagerungen isolirte Erhebungen inmitten der Ebene und besitzen der Beschreibung nach nicht recht das Aussehen anstehender Sedimentbildungen. Es wäre also die Aufgabe einer erneuten Untersuchung jener Localität, festzustellen, ob diese Erhebungen wirklich aus marinen Absätzen bestehen oder ob sie nieht von Menschenhand hervorgebrachte Aufsehüttungen sind, in welchem Falle dann die fraglichen Muscheln eine ähnliche Bedeutung besitzen würden, wie diejenigen, welche wir bei Smyrna, Makri und Gjöl-Baschi gefunden haben. Ebensowenig beweiskräftig für unsere Discussion ist ein merk- würdiger Fund, den vor langer Zeit Russegger gleichfalls in der Gegend des östlichen Cilieien gemacht hat. In der Nähe von Hudh (jenseits Sis) liegt (vergl. Reisen in Europa, Asien und Afrika, I. Bd., 2. Theil, Stuttgart 1883, pag. 629) auf einem nagelfluhartigen Con- slomerate eine tertiäre Ablagerung, welche Russegger mit dem Mioeän des Wiener Beckens vergleicht. Diese Ablagerung bildet eine 400-500 Fuss über die Ebene von Hudh ansteigende Terrasse. Eine Sandsteinbank, welche einem wiederum von mächtigen Kalkeonglomeraten bedeekten bläulichen Tegel eingelagert erscheint, enthält eine Masse von Conchylien vorherrschend marinen, zum Theil aber auch terrestri- schen Ursprunges, und in diesem Sandsteine fand Russegger ein zweifelloses Kunstproduet aus einem „talkigen Gestein“, welches der Beschreibung und der beigegebenen Abbildung nach nur als ein prä- historisches Beil oder als ein Meissel, wie Russegger sagt, auf- gefasst werden kann. Es ist in der That sonderbar, dass diese wichtige, die Existenz des Menschen zur Tertiärzeit andeutende ältere Beob- achtung bei den Prähistorikern, wie es scheint, wenig Berücksiehtigung erfahren hat. So sicher aber auch daraus der Schluss gezogen werden darf, dass der Mensch bereits Zeuge der relativen Hebung einzelner Theile des kleinasiatischen Festlandes gewesen ist, so wenig liesse sich diese Beobachtung in eine Beziehung oder in einen Gegensatz zu dem Senkungsphänomen an der Iykischen Küste bringen, da dieses letztere eben der historischen, jener relative Hebungsact aber der prä- historischen und sogar vielleicht schon der Tertiärzeit angehört. Eben- sogut könnte man ja alle trocken gelegten Tertiärbildungen Klein- Asiens, auch wenn sie keine Kunstproduete enthalten, bei dieser Discussion in’s Treffen führen und ebensogut dürfte man sich sogar für die Quartärzeit auf die Tuffterrassen der pamphylischen Ebene [95] Beiträge zur Geologie von Lykien. 377 berufen, von denen in dem Abschnitt über Adalia ausführlich gehandelt wurde. : Suess hat mit Recht hervorgehoben, dass man nur gleichwerthige Beobachtungen bei der Beurtheilung der Frage der seeularen Hebungen vergleichen dürfe, dass man nicht in dem einen Falle die zum Theil vielleicht compensirte Summe vieler Einzelbewegungen an einer Stelle gegenüberstellen dürfe der letzten beobachteten Einzelbewegung an einem anderen Orte. Wir müssen also in unserem Falle trachten, nur solehe Wahrnehmungen zu benützen, welche sich auf zeitlich ungefähr zusammenfallende Vorgänge beziehen. Deshalb möchte ich auch weiter kein Gewicht legen auf die von Texier gegebene, von Tschichatscheff (l. e., pag. 388) repro- dueirte Mittheilung, wonach die Steilküsten bei Mermeridsche (westlich von Makri und nördlich von Rhodus) durch zum Theil noch an Ort und Stelle erhaltene Bohrmuscheln in einer Höhe von 10 Meter über dem heutigen Meeresspiegel durchlöchert wurden. Wir haben dort aller- dings die Spuren einer, sei es terrestrischen, sei es marinen Bewegung vor uns, welche der bei Makri und Kekowa zur Geltung gelangten Bewegung entgegengesetzt war. Es lässt sich aber die Gleichzeitigkeit dieser entgegengesetzien Bewegungen zunächst nicht erweisen. Die relative Hebung der Küste von Mermeridsche kann der Zeit nach der Senkung bei Makri und Kekowa vorangegangen sein, und es wäre demnach beispielsweise möglich, dass bei einem seit historischer Zeit stattgehabten Steigen des Meeresspiegels auch die Küste von Merme- ridsche um den gleichen Betrag untertauchte, als die Küsten bei Makri und Kekowa, dass diese, um mit Suess zu reden, „positive Bewegung“ des Meeres indessen geringer war als eine frühere, seither wieder rückgängig gewordene Anschwellung des Meeres, welche vielleicht vor der historischen Epoche jene Bohrmuscheln- bis in die Lage brachte, in welcher sie heute beobachtet werden. Wenn dies natürlich auch nur eine Möglichkeit ist, so wollten wir dieselbe doch berücksichtigen, da wir unserem Versprechen gemäss möglichst objeetiv an die uns beschäftigende Frage herantreten. Nachdem auf diese Weise eine grössere Anzahl von scheinbar hierher gehörigen Beobachtungen als unbrauchbar für die Zwecke unserer Discussion erkannt worden sind, nachdem gezeigt wurde, dass diese Beobachtungen den Erscheinungen bei Makri und Kekowa nicht wider- sprechen, selbst wenn wir diese letzteren nur im Sinne einer ausschliess- - lieh dem Meeresspiegel zuzuschreibenden Bewegung deuten wollen, bleibt uns doch noch eine Reihe von Thatsachen übrig, welche vorläufig schwer mit der Annahme in Einklang zu bringen sind, dass die Verschiebungen der Grenze zwischen Land und Meer an der kleinasiatischen Küste nur eine Veränderlichkeit des Wasserstandes bedeuten. Wenn wir uns auch vorgenommen haben, unsere Discussion auf keinen allgemeineren Standpunkt zu stellen, so brauchen wir innerhalb der uns vorgezeichneten localen Begrenzung des Gegenstandes uns doch nicht auf die historische Epoche zu beschränken. In diesem Falle muss uns zunächst auffallen, dass entsprechende Vertreter der, wie ich mich selbst überzeugte, ziemlich horizontal abgelagerten marinen Pliocän- bildungen von Rhodus oder des marinen Plioeäns von Cypern an der Jahrbuch der k. k. geol. Reichsanstalt. 1885. 35. Tand. 2. Heft. (Emil Tietze.) 48 378 Emil Tietze. [96] gegenüber liegenden Küste Klein-Asiens, insbesondere Lykiens, bisher nicht nachgewiesen werden konnten. Dennoch sollte man dergleichen in der correspondirenden Seehöhe erwarten dürfen, wenn die Voraus- setzung begründet wäre, dass die Plioeänschichten von Rhodus seit ihrer Bildung nieht gehoben, sondern nur durch das Zurückweichen des einst höheren Pliocänmeeres trocken gelegt wurden. Wir könnten an die Ansichten von Neumayr erinnern (vergl. Zur Geschichte des östlichen Mittelmeeres, Berlin 1882 und Denkschr. d. Wiener Akad. d. Wiss., math.-naturw. Cl., Bd. XL, Die Insel Kos), der eine noch während der Diluvialzeit bestanden habende Verbindung der kleinasiatischen Küste mit Rhodus und dem griechischen Festlande annimmt, Ansichten, welche mit den botanischen Schlussfolgerungen Unger's und Kotschy's (Die Insel Cypern, Wien 1865, pag. 60) in Parallele zu bringen sind, denen zufolge die Aufhebung der merkwürdigerweise schon von Plinius dem Jüngeren (2. Buch, pag. 90) behaupteten einstigen Verbindung Cyperns mit Syrien in eine Zeit versetzt wird, in welcher die heutigen Pflanzen- formen dieser beiden Länder schon existirten, und wir könnten uns fragen, ob bei der zum Theil recht beträchtlichen Tiefe derjenigen Meerestheile, die noch zur Diluvialzeit Festland gewesen sein sollen, eine blosse, an ein zulässliches Maass gebundene Aenderung des Wasser- spiegels genügt haben würde, um das Verschwinden dieses Festlandes zu veranlassen. Sogar in geologisch allerjüngster Zeit muss an der Küste von Rhodus ein relatives Zurückweichen des Meeresspiegels stattgefunden haben, wie gewisse, namentlich im alten Hafen von Rhodus (in der Nähe des Regierungsgebäudes) allerdings nur wenig über den Seespiegel hervortretende flach gelagerte Strandeonglomerate beweisen, die mich sofort an die von mir im Jahre 1876 an der Küste gleich östlich von Palermo hinter der Admiralsbrücke wahrgenommenen, schwach über das Meer hervortauchenden conglomeratischen Muschelbänke erinnerten. Neumayr hat sich (Insel Kos, 1. e., pag. 253) auf meine letzterwähnte Beobachtung berufen und gemeint, dass entsprechende Beobachtungen über das Emportauchen postglacialer mariner Schichten auch an anderen Stellen des Mittelmeeres gemacht werden dürften. Die erwähnte That- sache bei Rhodus passt nun sehr gut zu Neumayr’s Vermuthung. An der Iykischen Küste jedoch sieht man sich vergeblich nach ähn- lichen Dingen um, obschon neugebildete untermeerische Conglomerate und Brececien nach Spratt und Forbes an nicht wenigen Stellen beobachtet wurden. Wir wollen in erster Linie jedoch auf die Betrachtung der That- sachen eingehen, welche bezüglich ihres zeitlichen Auftretens den Vor- gängen bei Makri und Kekowa ceoordinirt werden können, Thatsachen, die zum Theil allgemein bekannt in der geographischen, geologischen und archäologischen Literatur zwar schon eine gewisse Rolle spielen, an die ich aber doch wieder erinnern muss, denn auch das Altbekannte erhält im Lichte einer neuen, folgenschweren Hypothese erneute, wichtige Bedeutung. Vor Allem ist hier des seit historischer Zeit fortgesetzten An- wachsens der Deltas vieler kleinasiatischer Flüsse zu gedenken. Wie G. R. Credner in seiner bekannten Arbeit über die Deltas ausein- EIER [97] Beiträge zur Geologie von Lykien. 379 andergesetzt hat, findet diese Erscheinung des Wachsthums vornehm- lieh an Küsten statt, die in sogenannter secularer Hebung begriffen sind, und wenn auch (beispielsweise in Peschel-Leipoldt's Erd- kunde) nach der Meinung einiger Forscher diese Annahme mancherlei Einschränkungen fordert, so wird doch gegenwärtig wohl allgemein zu- gestanden, dass solche seculare Hebungen das Wachsthum der Deltas wenigstens sehr begünstigen. In diesem Sinne darf die betreffende, gerade an den Küsten Klein-Asiens überaus häufige Erscheinung füglich für unsere Discussion in Betracht gezogen werden. Dass an der Nordküste der Halbinsel ein stellenweises Wachs- thum des Landes stattfindet, wie bei der Stadt Batum, deren Hafen sogar ohne Zuhilfenahme eines Flusses eine bedenkliche Tendenz der Versandung zeigt oder an der Mündung des Kisil Irmak, über deren Vorrücken wir insbesondere O. Blau (Petermann’s Mitth., 1865, pag. 250) ausführliche Mittheilungen verdanken, ist eine Thatsache, die schliesslich auch mit anderen Erscheinungen in der Umgebung des schwarzen Meeres harmonirt. Es ist kaum vorauszusetzen, dass eine Veränderung des Wasserspiegels dieses letzteren ohne Einfluss auf die benachbarten Theile des Mittelmeeres bleiben könnte. Doch genügt es, die Erscheinungen am schwarzen Meere hier kurz berührt zu haben. An der Westküste Klein-Asiens (Tschichatscheff, I. e., pag. 419), in der Gegend von Bergama hat die Vereinigung der Deltas des Bakur Tschai (Caieus) und des Madara Tschai (Evenus) seit histo- rischer Zeit stattgefunden, da Strabo (Buch 13, 247) positiv ver- sichert, dass zu seiner Zeit der letztgenannte Fluss in den elaitischen Busen, den heutigen Golf von Tschandarlyk, mündete, während heute diese Mündung verstopft ist und der Evenus statt direct in’s Meer zu gehen, sich in den Caieus ergiesst. Noch allgemeiner bekannt ist die Landzunahme, welche bei Ephesus stattgefunden hat. Wer sich heutzutage mit der Eisenbahn von Smyrna nach Ayasoluk begibt, um von dort aus die Ruinen der altbe- rübmten Stadt zu besuchen (wie ich im Herbst 1875 that), gewinnt nicht den Eindruck, als ob daselbst der geeignete Platz für ein grosses Handelsemporium zu finden wäre. Die Entfernung des Ortes vom Meere erscheint zur Entwicklung von Handelsbeziehungen im Vergleich mit anderen Küstenplätzen wenig geeignet. Plinius aber erwähnt, dass der Tempel der ephesischen Diana dicht am Meere gelegen sei und noch Strabo spricht von dem Hafen von Ephesus. Der letztgenannte Autor gibt auch einen Grund dafür an, dass dieser Hafen schon in jener Zeit verschlammte, indem er sagt, einmal habe man den Hafen von Anfang an nicht tief genug gemacht, sodann aber habe man vor der Mündung des Kayster (des heutigen Kutschik Menderes) einen Damm construirt und in Folge dieses Fehlers sei der von dem Flusse mitgeführte Schlamm innerhalb des Hafens zum Absatz gelangt. Wenn indessen" der Meeresspiegel an der Küste Klein-Asiens seit historischer Zeit allseitig gestiegen wäre, so würde die Verlandung an der Mündung des Kayster wohl nicht haben vor sich gehen können. Tschichat- scheff hat dieses seewärts gerichtete Anwachsen des Landes auf 400 Meter in einem Jahrhundert berechnet. 48* 380 Emil Tietze. [9 8] Weiter südlich ist die Zunahme des Landes an der Mündung des Maeander (Bujuk Menderes) noch bedeutender. Schon Strabo (12. Buch, 8. Cap., $. 579) spricht von der Menge des Schlammes, den dieser Fluss in’s Meer hinausführt und erzählt, dass derselbe die früher am Meere gelegene Stadt Priene (die heutigen Ruinen von Samsun Kalessi) durch eine Anschwemmung im Betrage von 40 Stadien zu einer Binnen- stadt gemacht habe. Heute beträgt nach Tschichatscheff die Ent- fernung derselben Localität von der Küste 16 Kilometer, also etwa 9 Kilometer mehr als zu Strabo’s Zeiten, was einem Zurückweichen des Meeres um etwa 500 Meter während eines Jahrhunderts an dieser Küste gleichkommt. Auch Hoff in seiner Geschichte der durch Ueber- lieferung nachgewiesenen Veränderungen der Erdoberfläche (1. Theil, Gotha 1822, pag. 257) suchte bereits auf Grund von historischen Zeug- nissen darzuthun, dass die antiken Städte Milet, Pyrrha, Myus und Priene, „welche vormals Seestädte waren, durch die Anschwemmungen in der Gegend der Maeandermündung in das Innere des Landes ver- setzt“ wurden. Die ehemalige Bai von Myus, der latmische Golf (nach Tschichatscheff, 1. e., pag. 440 der heutige, 16 Kilometer vom Meere entfernte See Akiz Tschai) sei in einen Landsee verwandelt worden, die Insel Lade aber, bei welcher nach Herodot ein Seetreffen zwischen Persern und Joniern vorfiel, sei zu einem Hügel im Lande ge- worden und auch die beiden kleinen ehemaligen Inseln Dromiscon und Perne hätten sich mit dem Festlande vereinigt. „Cap Krio (Triopium promontorium)*“ fährt Hoff fort, „war nach Strabo vormals Insel und ist jetzt durch einen sandigen Isthmus mit dem festen Lande verbunden, auch die gegenüberliegende Insel Kos soll einst einen später versandeten Hafen gehabt haben.“ Dass schon in alten Zeiten ein Zurücktreten des Meeres an der jonischen Küste beobachtet wurde, geht übrigens auch aus dem Zeugniss des Plinius hervor (Buch H, Cap. 91), wonach eine ehemalige Insel, Namens Zephyrus, mit der Küste bei Halicarnass und eine andere, Namens Aethusa, mit der Küste bei Myndus verbunden worden seien, die einstige Insel Hybanda aber sei zur Zeit des ge- nannten Autors schon 200 Stadien vom Meere entfernt gewesen. Aehnlich wie der vorher erwähnte See Akiz Tschai ist nach Tschi- chatscheff (l. e., pag. 446) auch der See von Koidschez nur der Ueber- rest eines alten Meerbusens, in dessen Nähe sich die Ruinen von Caunus befinden, welche Stadt sowohl nach Strabo, als nach Thucydides einen Seehafen besass. Ein Landstreifen von 8 Kilometer Breite trennt die Ruinen von Caunus von der heutigen Küste, woraus Tschichat- scheff auch hier ein Vordringen des Landes um durchschnittlich mehr als 400 Meter für jedes Jahrhundert seit Strabo berechnet. Diese That- sache ist für uns von specieller Wichtigkeit, weil der See von Koidschez nur wenige Meilen nordwestlich vom Golf von Makri liegt, an dessen Ufern die Ueberfluthung antiker Reste stattfindet. An der Küste von Lykien selbst sind derartige sogenannte „negative Bewegungen“ des Meeresspiegels, welche sieh auf die historische Zeit zurückführen liessen, soviel ich weiss nirgends, weder in grösserem, noch in kleinerem Umfange wahrgenommen worden, denn wenn auch z. B. in der Gegend der Mündung des Xanthus sich beträchtliche Sanddünen aufgehäuft haben, so bleibt es doch fraglich, ob dieselben einen gegen [99] Beiträge zur Geologie von Lykien. 381 das Meer zu vorgeschobenen Platz einnehmen. Die (übrigens unter Wasser stehende) Sandbank aber an der Mündung des Andrakiflusses, von der ich gelegentlich der Einzelbeschreibung gesprochen habe, und welche sich mit der Anwesenheit eines römischen Kornmagazins am linken Ufer jenes Flusses vielleicht insofern schlecht zu vertragen scheint, als man gern für diese römische Zeit eine freie Communication des Fahrwassers im Flusse mit der offenen See voraussetzen möchte, kann eben zu der Zeit, als man diese Communication brauchte, durch zeitweilige Baggerungen unschädlich gemacht worden sein. Sie braucht keine Neubildung von Land an dieser Stelle zu bedeuten. Dagegen zeigt die östliche Hälfte der Südküste Klein-Asiens, ‘an den Gestaden Pamphyliens und Cilieiens wieder deutliche Zeichen einer Vergrösserung des Landes seit den letzten zwei Jahrtausenden. Tschi- cehatscheff (Asie mineure, g6ologie, T. III, pag. 454—455) zählt die dafür sprechenden Beweise aus der Gegend der Mündungen des Eury- medon (Kenprü Su), des Cestrus (Ak Su) und des Kalycadnus (Gök Su) auf. Namentlich aber erscheint die Umgebung des issischen Golfs (der heutigen Bai von Iskenderun) in derselben Richtung sehr auftällige Thatsachen darzubieten. So schreibt Russegger (Reisen, Bd. I, 2. Th., pag. 600): „In der Nähe von Ajas selbst beobachtet man ganz neues Alluvium; denn dieht an der Stadt befinden sich Straten eines Con- glomerats, das aus Sandsteinbruchstücken, verbunden durch ein thonigkal- kiges Cement besteht, voll von recenten Conchylien ist und an einem Punkte Reste von Töpferwaaren enthält, die von einer alten Töpferei, einst in der Nähe gelegen, herstammen. Dieses Conglomerat dürfte wohl als eine fortlaufende Bildung zu betrachten sein.“ Aus einer kurz vorangehenden Stelle bei demselben Autor geht hervor, dass jene Conchylien einer Mischung von Meeres- und Landthieren angehören. Hier also hat augen- scheinlich eine relative Hebung der Küste stattgefunden seit der Zeit, ‚in welcher jene Topfscherben unter die sich ablagernden Muscheln geriethen. Die Ebene von Alexandrette selbst, schreibt Russegger an einer anderen Stelle (Reisen, Bd. I, 1. Th., pag. 467) sei „des allerjüngsten Ursprungs und eigentlich eine fortdauernde Bildung. Es ist ein Stück Land, das durch die allmälige Emportretung sandiger Sedimente des Meeres fortwährend anwächst, die Bucht ausfüllt und die See zurück- drängt“. Ainsworth (Researches in Ässyria, Babylonia and Chaldaea ; forming part of the labours of the Euphrates expedition, London 1838, pag. 519) war ebenfalls der Meinung, dass die Sümpfe in der Nachbar- schaft von Iskenderun dureh allmälige Ausfüllung eines Theils des Golfes entstanden seien und er erwähnt die eigenthümliche Thatsache, dass das hier befindliche Schloss Gottfried’s von Bouillon heute eine eng- lische Meile von der Küste entfernt ist, obschon es noch in einer alten italienischen Karte dieht neben der Küste angegeben war. Ganz besonders auffällig muss auch die Ausdehnung sein, welche die von den Flüssen Cydnus (Tarsus Tschai), Sarus (Saihun) und Py- ramus (Djehan) bewirkte Landanschwemmung auf der westlichen Seite der issischen Bucht erreicht hat. Russegger schildert (l. e., Bd. I, 1. Th., pag. 396) den traurigen Eindruck, den das heutige Tarsus macht, im Vergleich mit der Bedeutung, welche diese Stadt, der Geburtsort des 382 Emil Tietze. [100] Apostels Paulus, im Alterthum besass. Als Venus auf goldenem Throne in einem prachtvollen Schiffe mit purpurnen Segeln fuhr, wie Plut- arch berichtet, nach der Schlacht von Philippi Kleopatra hierher den Cydnus aufwärts, um mit Antonius zusammenzutreffen. Heute schleicht der Fluss in einer versumpften Ebene dahin und ist nach dem Zeugniss neuerer Reisender keineswegs schiffbar. Der allerdings schon im Alter- thum sumpfige See, in welchen er zu Strabo’s Zeit mündete, das soge- nannte Rhegma (Buch 14, 5. Cap., $. 572), der alte Hafen von Tarsus ist, wie Tsechichatscheff bemerkt, heute nicht mehr vorhanden. Schon zu Plinius’ Zeit war Tarsus keine Seestadt mehr. In Mersina, dem jetzigen Hafen von Tarsus, müssen die Dampfer eine Meile vom Ufer Anker werfen und der frühere, näher an Tarsus liegende Hafen der Stadt Kazalin, der noch in der ersten Hälfte des vorigen Jahr- hunderts benutzt werden konnte, ist ganz verlandet. (Vergl. Theob. Fischer, 1. c., pag. 158.) Bedeutender noch als beim Cydnus ist die Menge der Anschwem- mungen beim Sarus und Pyramus. Besonders dem letzteren Flusse wird der Hauptantheil an der Zurückdrängung des Meeres an jenen Küsten zugeschrieben. Tschiehatscheff hält es sogar für nicht unwahrscheinlich, dass einst der ganze Golf von Iskenderun durch die fortgesetzten Anschwemmungen dieser Flüsse vom Mittelmeer abgesperrt und zu einem Binnensee gemacht werden könnte, und schon Strabo berichtet im direeten Hinblick auf die vom Pyramus transportirten Schlammmassen (12 Buch, 2. Cap.) von einem Orakelspruch, demzufolge einst Cypern mit dem vordringenden Festlande Klein-Asiens verbunden werden würde: "Eoseraı Esoon.evors, Ste Ilipauos ebpuoötvng, ’Hiovo rpoyewv, lepnv & Kunpov Tantaı. Es handelt sich hier also um Thatsachen, welehe schon im Alter- thum auffallend gefunden wurden. Im Einklange damit steht auch der Umstand, dass weiter südlich an der Küste von Palästina nach ©. Fraas (Aus dem Orient, Stuttgart 1867, pag. 45) seit historischer Zeit eine relative Hebung der Küste stattfindet. Wenn es nun berechtigt wäre, den festländischen Massen jede selbstständige Bewegung abzusprechen, wie wollte man alle diese Vor- gänge mit der feststehenden relativen Senkung der Iykischen Küste in Einklang bringen. Von Veränderungen des Meeresspiegels sollten doch wenigstens in einem fast geschlossenen Binnenmeere, wie das mittel- ländische, alle Küstenstriche desselben gleichzeitig in demselben Sinne, wenn schon vielleicht aus localen Ursachen nicht in demselben Masse betroffen werden, und doch ersehen wir besonders bequem aus der zwar kurzen, aber lehrreiehen, schon früher eitirten Zusammenstellung Th. Fischer’s, dass den relativen Hebungserscheinungen an dem grössten Theil der kleinasiatischen Küste zwar analoge Erscheinungen besonders im westlichen Theil des Mittelmeergebietes entsprechen, dass aber beispielsweise an der afrikanischen Küste der Cyrenaiea sich ebenfalls während der historischen Epoche Verhältnisse ähnlieh denen der Iykischen Gestade bemerkbar gemacht haben, wie wir denn auch schon längst durch v. Klöden über das ebenfalls seit historischer Zeit erfolgte Sinken der dalmatinischen Küsten belehrt worden sind. [101] Beiträge zur Geologie von Lykien. 383 Ich bin der Erste, zuzugestehen, dass die bisherige Annahme selbst- ständiger eontinentaler Hebungen und Senkungen unsere Vorstellung in vieler Hinsicht unbefriedigt lässt, weil wir den Grund für diese Vor- gänge nicht einzusehen vermögen, während wir für die wahrscheinlich zum Theil auf periodischen Vorgängen beruhende Variabilität des Meeres- spiegels uns bereits eine Menge von Ursachen wenigstens vermuthungs- weise zurecht gelegt haben. Es hiesse aber unsere Kenntniss gewaltig überschätzen, wollten wir Alles negiren, was wir nieht begreifen. Schon wiederholt habe ich auch Gelegenheit gehabt, darzuthun, dass ich den Factor des periodischen Wechsels in der Hydro- und Atmosphäre bei verschiedenen geologischen Erscheinungen für einen wichtigen halte, zum Beispiel bezüglich gewisser Erscheinungen in den Salzlagern (vergl. meine Arbeit über Lemberg, Jahrb. geol. Reichsanst., 1882, pag. 78 des Aufsatzes) oder bei der Thalbildung [siehe Bildung der Querthäler, Jahrb. 1882, pag. 727)'), man wird mir also prineipielle Gegnerschaft in diesem Falle nicht vorwerfen dürfen, allein es scheint mir verfrüht, weil wir Einiges auf die angegebene Weise erklären dürfen, nun Alles nur mehr von diesem Gesichtspunkte aus anzusehen. Wie ich im Hin- blick auf die Verhältnisse in den Umgebungen der Nordsee und des caspischen Meeres und in Berücksichtigung der Horizontalität vieler Absätze in bedeutenden Meereshöhen oder endlich im Hinweis auf die für Galizien zu erweisende alternirende Meeresbedeekung und Trocken- legung zweier angrenzender, aber in ihrer geologischen Entwicklung verschiedener Gebiete schon vor einigen Jahren darzulegen versuchte, können wir vorläufig die Annahme eigenthümlicher eontinentaler Be- wegungen noch nicht über Bord werfen. (Vergl. Jahrb. d. geol. R.-A. 1882, pag. 68— 71, 108, 730, 734.) Es ist auch eigenthümlich zu sehen, wie unter dem unwidersteh- liehen Zwange der Thatsachen diese verpönte Annahme, kaum dass sie durch die eine Thür hinausgeleitet wurde, durch die andere wenigstens theilweise wieder hereingeführt wird. Denn wenn uns Neumayr in seiner höchst interessanten Studie über das östliche Mittelmeerbecken die mit glaubwürdigen Gründen ausgestattete Mittheilung macht, dass dieser Meerestheil von sehr jugendlicher Entstehung sei und insbesondere grossen „tektonischen Senkungen* während der Diluvialperiode sein Dasein verdanke, während in einem gewissen Stadium vor dieser Zeit noch eine festländische Verbindung zwischen Griechenland und Klein- Asien bestand, so wird hier für den Ausdruck eontinentale oder seculare Senkung nur ein anderes Wort substituirt. Statt secular heisst es Jetzt tektonisch. Man braucht dann weiter nur die neuesten Ausfüh- rungen von Suess selbst in dem bereits erschienenen Bande seines „Antlitz der Erde“ zu lesen, welche von den grossen Einbruchs- und Senkungsvorgängen im Gebiet der heutigen Meere handeln, wonach selbst die grossen oceanischen Becken als im Laufe der Zeit eingesenkte Theile der Erdoberfläche zu betrachten sind, um zu erkennen, dass es sich bei dieser Vorstellungsweise um so grosse, von dem Verlauf einzelner 1) Ganz kürzlich (Verh. d. Ges. für Erdkunde. Berlin, 1884, pag. 39) hat A. Penck in seinem Artikel über Periodieität der Thalbildung einen dem meinigen ähnlichen Gedanken aufgegriffen und ausführlicher behandelt. 384 Emil Tietze. 102] Gebirgsketten unabhängige Gebiete handelt, wie sie nur immer bei seeularen Senkungen in Betracht gezogen zu werden pflegten. Wenn nun wenigstens mit dem Worte „tektonische“ Senkung etwas gesagt wäre, so liesse sich ja über die neue Ausdrucksweise verhandeln. So lange wir aber über die letzten oder auch nur die nächsten Ur- sachen soleher „tektonischer* Senkungen ebensowenig wissen, wie über die Grundbedingungen der „secularen“ Niveau-Veränderungen, so lange kann uns der Ausdruck, den wir zur Bezeichnung dieser Vorgänge ge- brauchen, höchst gleichgiltig sein, man müsste denn meinen, dass tek- tonische Senkungen, im Gegensatze zu secularen, stets einem plötzlichen, kataklysmatischen Act zugeschrieben werden dürfen. Dann wäre aber die Bezeichnung tektonisch, die sich ja auch auf langsam zum Ausdruck kommende Tendenzen zu beziehen hat, unglücklich gewählt. Uebrigens fehlt für die Annahme solcher Kataklysmen zunächst jeder Anhalts- punkt, und wenigstens Neumayr scheint, wie aus gewissen Sätzen seiner Darstellung deutlich hervorgeht (Denkschr. d. math. naturw. Cl. d. Akad. d. Wiss. Wien. 40. Bd., Die Insel Kos, pag. 282), nicht geneigt, die tektonischen Senkungen für sehr geschwinde Bewegungen zu halten. Es bleibt sonach, wenigstens was die Annahme von verticalen Bewegungen nach abwärts anlangt, auch nach der Meinung der Suess- schen Schule Alles beim Alten. Jedenfalls muss erst bewiesen werden, dass es keine secularen, das heisst relativ langsam vor sich gehenden festländischen Niveau- Veränderungen gibt, und dass alle bisher darunter verstandenen Er- scheinungen nur vom Steigen und Sinken des Meeresspiegels abhängig sind. Dass es nun Herrn Professor Suess gelingen könne, unter Zu- srundelegung zahlreicher, auf diese Frage bezüglicher Einzelheiten, deren Kenntniss er sicherlich besser als irgend ein Anderer beherrscht, das in Rede stehende Problem in seinem Sinne zu lösen, soll keines- wegs in Zweifel gezogen werden. Diesen Beweis aber sollten Andere erst abwarten, sei es auch nur, um der Gefahr der möglichen späteren Isolirung zu entgehen für den Fall, dass die versprochenen genaueren Auseinandersetzungen weniger exclusiv gehalten sein sollten als die ersten, ihrer Kürze halber nothwendig mit grösserer Schärfe auftretenden Behauptungen. Auf keinen Fall aber sollte man die vorläufige Mittheilung des hochverdienten Meisters über diesen Gegenstand als Grundlage für weitere Folgerungen benützen. Diese Mittheilung kann nur so genommen werden, wie sie gegeben und gemeint wurde, als die Anzeige eines erst später zu begründenden Studienergebnisses , eine Anzeige, die uns mit Spannung erfüllt, aber nicht mit der Gewissheit, die wir erst nach Enthüllung des jetzt noch verschleierten Bildes erhoffen. 7 [103] Beiträge- zur Geologie von Lykien. = a un m Inhalt. © Einleitung . Ueber die dem Aufsatze beigegebene Karte Allgemeine Orientirung. Die Umgebung von Makri. Serpentin- und Chromerze daselbst . Aenderungen der Strandlinie Adalia . N Süsswasserabsätze, die an’s Meer grenzen . Aeltere Terrassen EN ‘ Die Gegend zwischen der Südküste Lykiens und dem Dembre-Fluss . ; 2 Kekowa, Nummulitenkalk daselbst . Jali-Bai und Heuran . : i : u RL Das Monument von Gjöl-Baschi, eensatenial len und Spuren ‚seismischer Vorgänge | Hippuritenkalk dieser Gegend . \ Thalkessel von Tschukur, Ja—u, Genados and onen Karsterscheinungen dieses Gebietes, Terra ross« Die Ebene von Myra und das Querthaldes Dembre-Flusses Der Andraki-Fluss . $ Antike Felsengräber und eine Prsnktrösche Kirche roh Löss- IE WETEBZETE RE aufschüttungen zum Theile an der Basis verdeckt Dembre-Thal 5 ER EN Te Das Thal von Kasch oder Kassaba Marine Neogenmergel und quartäre Bedeckungen . " Conglomerat von Kemer N Das obere Gebiet des Fellen-Tschai Der Gebirgsübergang des Tekirdjik 2 Assar-Altü, Sidek, Jaila und Säret-Jaila « Die paläontologischen Einschlüsse des marinen Neogen! dioger end nach den Bestimmungen von Th. Fuchs . BORN Jahrbuch der k. k. geol. Reichsanstalt. 1885. 35. Band. 2. Heft. (Emil Tietze.) 385 Seite U Bl UT lo] [5] — [9] [10] — [14] [10] — [11] [12] — [14] [14] — [19] [15] [16] [19] — [35] [19] — [21] [22] [23] — [27] [28] — [30] [30] — [31] [32] — [85] [35] — [44] [36] [37] — [40] [41] — [44] [44] — [48] [44] — [46] [47] [48] — [53] [48] — [49] [49] — [51] [51] — [53] 49 Dr 386 Emil Tietze, [104] Seite Ueber den Susuz-Dagh nach der Hochebene von Elmalü . [54] — [59] Kalk des Susuz-Dagh, zum Theile wahrscheinlich Kreide . .. . . [54] Gjömbe und: Armadlit! "32 2-1. ar wa a Be 1 er Te [55] — [56] Elmalü und seine Gebirgsumwallung . . . 2. 2.2 2 2 2 2 20. [56] — [57] Verschwindende. Bäche; der. Awlan Göl ..... a. Sy. es [58] — [59] Das Thaldes Baschkoz- Tsehar 7 2 m RE [60] — [65] Vermuthlicher Abfluss des Awlan Göl, der Schotter von Kurudjowa [60] — [61] Flysch und Kalk bei Baschkoz, sowie weiter abwärts . ..... [61] — [65] Die Gegend von Limyra, Rhodiapolis und am chelidoni- schen Vorgebireern.. au. ee er 5 — Limyra und die Gegend von Alaghyr-Tschai . . ... 2.2... [65] — [66] Eruptivgesteine bei Schechkoi und Rhodiapolis ......... [66] — [68] Gegend zwischen Kumludscha und Olympos, Chelidonische Inseln . [68] — [70] Die ChAMaoTa wur. var rl le en herTenfe; Ya Bl Kühe Ra ee ae Fr [71] — [79] Schlussbemerkungen: in 1. nd, WA eu [79)—[102] A. Uebersicht über die vorkommenden Bildungen und den Gebirgsbau [79] — [84] B. Die Niveauveränderungen an der lykischen Küste ....... [85]—[102] EN SDR BER a LEE. SVEN ENT, [103]—[104] Beiträge zur Charakteristik der Erzlagerstätte von Littai in Krain. Von A. Brunnlechner. Wenige Jahre sind verflossen, seit das Bleierzvorkommen ‘nächst Littai, welches schon seit Langem bekannt und beschürft war , neuer- lich Gegenstand bergbaulicher Thätigkeit geworden und nunmehr durch ausgedehnte Aufschlüsse zu erhöhter Bedeutung gelangt ist.!) Auf einer nach Krain unternommenen Excursion hatte ich im Vor- Jahre Gelegenheit, den Bergbau zu befahren; es schien mir hiebei von Interesse, den eigenartigen Charakter dieser Lagerstätte näher zu studiren und soll vorliegende Skizze die diesbezüglich gewonnenen Re- sultate zum Ausdrucke bringen. Südwestlich des am Saveflusse liegenden Oertehens Littai erhebt sich in dessen unmittelbarer Nähe der Erzberg (450 Meter über dem Meere). Das erzführende Gestein, Sandstein der Carbonformation, streicht NW bis SO und zwar durchschnittlich ‚20° bis 201/5", es fällt flach bis tonnlägig (18 bis 35%) in NO. Der Sandstein mit quarzigem Bindemittel ist grau gefärbt und zeigt Uebergänge in feinkörnigen Sandsteinschiefer einerseits, anderer- seits in grobkörnigen Sandstein mit Conglomerat. Der unmittelbare Hangendsandstein der Lagerstätte ist ein feinkörniger , lichtgrauer, Baryt und Pyrit, untergeordnet etwas Glimmer führender Sandstein; im Hangenden erscheinen dann Schieferthon mit „aufgelösten“ Sand- steinpartien und dunkler bituminöser Schieferthon. Im Liegenden tritt erst „aufgelöster“ lichtgrauer Sandstein, dann fein- und grobkörniges Conglomerat, endlich fester dunkler glimmerreicher Sandstein auf. An manchen Stellen führt das Gestein zahlreiche coneretionäre - Einschlüsse mit Resten kohliger Substanz. Petrefacte sind bisher in Littai nicht gefunden worden, was wohl hauptsächlich dem Umstande zuzuschreiben sein dürfte, dass der Sand- stein der Erhaltung der Form eingeschlossener organischer Reste nicht günstig ist. Als Liegendeinlagerung ist ein absätziges Anthracitvor- kommen mehrfach nachgewiesen, die Kohle zeigt hochgradig metamor- phisches Ansehen. ‘) Littai erzeugte im Jahre 1883 21.500 Metercentner Blei. Jahrbuch der k.k. geol. Reichsanstalt. 1885. 35. Rand. 2. Heft. (A. Brunnlechner.) 49* 388 A. Brunnlechner. [2] Die Erzaufschlüsse am Erzberge erstrecken sich auf circa 600 Meter nach dem Streiehen und 160 Meter nach dem Verflächen; das Erzvorkommen setzte aber gegen Ost über das Kekathalgehänge, wo durch alte und neue Aufschlüsse Erze constatirt sind, fort. Zahlreiche Dislocationsspalten mit sehr differentem Fallen und Streichen durch- setzen und verwerfen die Lagerstätte. Nach freundlichen Mittheilungen des Herrn Bergrath Seeland bewegen sich die Baue am Erzberg zwischen 230 Meter (Savestollen) und 330 Meter (Wetterschacht) Seehöhe. Das bedeutendste Erzmittel ist dem Gesteine parallel eingelagert, jedoch sind solehe auch in schiefwinkelig auf die Schichten des Sand- steins niedersetzenden Klüften — also gangartig auftretend nachge- wiesen, wodurch diese Lagerstätte mit jenen von Wallerfangen und St. Avold bei Saarlouis), mit welchen sie auch in Bezug auf die Erz- vertheilung Aehnlichkeit zeigt, in ein gewisses verwandtschaftliches Ver- hältniss tritt; hier wie dort muss man annehmen, dass die Kluftfüllung von dem erzführenden Schiehtenniveau des Sandsteines aus stattgefunden hat. Das wichtigste Erz — Galenit — tritt innerhalb des zwei bis drei, ausnahmsweise auch bis fünf Meter mächtigen Niveaus derb und ein- gesprengt auf. In derben Erzen ordnen sieh die Körner krystallinischer Aggre- gate zu mehr weniger ebenen Lagen, oft fügen sie sich zu krumm- schaligen Muggeln (Fig. 1), deren Schalen eine thonige, eisenkiesreiche g = Galenit; s = kiesiger Schieferthon mit Galenitkörnchen und Baryt. Galenitkörnehen umschliessende und barythältige Masse trennt und um- gibt; solche Derberze vereinigen sich zuweilen zu Nestern und ausge- dehnteren lagerartigen Anhäufungen. ') Dr. A. v. Groddeck, Lehre von den Lagerstätten der Erze. [3] Beiträge zur Charakteristik der Erzlagerstätte von Littai in Krain. 389 Eine Eigenthümlichkeit der Erze mit Blätterstructur ist es, dass sich zwischen den einzelnen wenige Millimeter starken Lagen (Fig. 2) Fig, 2. q = körniger Galenit; g, = feinkörniger Galenit; d = Baryt; A = Hohlräume. kleine, meist leere Hohlräume einschieben, welchen von fortgelösten Schwefelmetallen herrühren dürften, da deren Zersetzungsproduete — Limonit, Malachit und Azurit — die Wandungen mancher soleher Cavernen auskleiden. Sehr deutlich ist an diesem Querbruche die Ver- drängung des Galenites durch Baryte zu beobachten. Galenit bildet aber auch fein- und grobkörnige Einsprengungen. Schmale Schnürchen durchsetzen oft gemeinsam mit Eisenkies und Zin- nober derben Baryt; letzterenfalls tritt jedoch Chalkopyrit, ein steter Begleiter der derben Vorkommen, nach dem mir zur Verfügung stehenden Beobachtungsmateriale, nicht in die Association; welcher Umstand für die Bestimmung der Altersfolge der Minerale, wie später gezeigt werden soll, von nicht zu unterschätzender Bedeutung ist. Von anderen Mineralien der Lagerstätte sind zu nennen: Chalkopyrit, derb mit Galenit in dünnen Schnürchen und kleinen derben Partien; als Einschluss mit derben Bournonit oder für sich in Baryt. Mit Chalkopyrit finden sich häufig die Kupferearbonate,, seltener auch Covellin, letzterer als russähnlicher Anflug in Rissen des Chalko- pyrites, dieser mit Limonit eingeschlossen in Baryt: auch als erdige, tiefblaue, schwarz oder grünlichschwarz gefärbte Partien (ein Gemenge von Cu 8 mit Cu, 8), die wohl auch Partikel von Galenit umschliessen, zuweilen gesellt sich feinkörniger Eisenkies zu. Bournonit, derb, besonders peripherisch um den in Baryt ein- geschlossenen Chalkopyrit gebildet. Eisenkies, als Pyrit häufig, auch als Markasit, derb und ein- gesprengt; als körnige Einsprengung imprägnirt er Sandstein, Baryt und Quarz; in dünnen Schnürchen lagert er auch zwischen den La- mellen der Derberze. Gemeinsam mit Zinnober, sowie auch für sich, 390 A. Brunnlechner. [4] bemerkt man stellenweise Eisenkiesals Verdränger desBaryts .(Fig: 3). Fig. 3. ZIRZE INN vo X we; xx RK en 2 II — > \ 2 INES SHE x 2 KERLE 5% \7 z = Zinnober; e = Eisenkies; 5 = Baryt; A = Hohlräume. Bemerkenswerth ist derber Pyrit in coneretionären Knollen, welche partiell strahliges Gefüge pseudomorph nach Markasit besitzen, seltener aber deutliche rhombische Krystallformen — letztere zuweilen nächst individualisirten Pyritpartien mit der mehr weniger deutlich erkennbaren Gestalt !/; (oOn) . ©0m zeigen. Im Querbruche soleher — oft mehr als faustgrosser Eisenkies- muggeln sieht man regellos verzweigte Hohlräume, die nicht selten mit Kryställehen von Zinnober oder Baryt oder drusigen Ueberzügen beider besetzt sind. Ein interessantes Vorkommen zeigt (Fig. 4) eoneretionärer Eisen- kies, als dessen Centrum ein krystallinisches Aggregat von Galenit erscheint; aufden scharf eonturirten Kern folgen strah- lige Partien , zwischen welchen die oberwähnte Pyriteombina- tion erkannt wird; die Peri- pherie schliesst mit concentri- schen, feinkörnigen Schalen; in x kleinen, offenen Hohlräumen = nn DIS sieht man Zinnober und Baryt- kryställchen als Nachkömm- linge der ursprünglichen Eisen- kiesbildung; die Baryt- und Zinnobersolution drang vom Umfang her durch sichtbare feine Risse ein, auf deren Flächen röthlich weisse Absätze zurückblieben. Eisen- kies in aufsitzendem Kryställchen und-den nach ihm gebildeten Hämatit findet man in den Cavernen aufgelösten Barytes in Gemeinschaft krystallisirten Cerussites. Aus der Paragenese des Eisenkieses lässt sich erkennen, dass dieser Jünger als Galenit und jünger als Baryt ist. a mit ken, g= körniger Galenit; e= Eisenkies; 4 = Hohlräume. BEAT ET ei ER aNERZET [5] Beiträge zur Charakteristik der Erzlagerstätte von Littai in Krain. 391 Zinnober, krystallinisch und in faserigen, auch körmigen Aggre- gaten, fast immer von Eisenkies begleitet; Krystalle zuweilen von an- sehnlicher Grösse (oe R.R.— mk>O RX) auf Baryt; kleinere Kry- stalle häufiger auf derbem Eisenkies, auf Baryt und Galenit. Körnig beobachtet man Zinnober mit Eisenkies als Verdränger des Barytes (Fig. 4), einzelne Blätter desselben werden von der vordringenden Zinnobersolution successive gelöst und die Verdrängungssubstanz in den entstehenden Hohlräumen abgesetzt. Nachdem aus dem Erscheinen von Zinnoberkrystallen auf Eisen- kies erstere als jünger erkannt werden, andererseits beide Minerale nebeneinander als Verdränger des Barytes beobachtet werden, so ist es nicht ausgeschlossen, dass erst Baryt von Aupenkieg, dann dieser von Zinnober verdrängt wurde. Merkur findet man auf Klüftehen von Baryt mit Zinnober-Kry- stallen, in den Riefen und treppenförmigen Vertiefungen dieser, sowie in Zwischenräumen krystallinischer Aggregate, endlich auch auf Klüft- chen mit Eisenkies und Zinnober imprägnirten Barytes. Hämatit, nach Eisenkies auf eavernösem Baryt, in Form tho- niger Krusten oder zonenweise in die Masse des letzteren eindringend ; auch körniger Rotheisenstein mit Eisenkies und Baryt. Limonit, in löcherigen, mehr weniger compacten Massen, wie auch in zarten, stalactitischen Gebilden, häufig in Begleitung von Eisen- kies, nahe dem Ausgehenden für sich, oft mit Baryt, und zwar als Einschluss desselben, aber auch diesen einschliessend. Cerussit wird so- wohl von stalactitischen Limonitgebilden eingeschlossen, als auch in dünnen Krusten von dessen Substanz überzogen. Wad, als erdiger Einschluss in Baryt, dieser im nächsten Be- reiche in Baryterde umgewandelt. Kleine Kryställchen von Quarz bilden mit Barytkrystallen Drusen auf Klüften des Sandsteines; auch derb cavernös. Eine äusserst häufige Erscheinung ist Baryt; fast überall findet er sich mit den Erzen, erfüllt Hohlräume in Galenit (Fig. 2), breitet sich an den Contactflächen der Galenitlagen aus, erfüllt feine Risse, die letztere durchsetzen, oder überzieht Spaltungsflächen mit seiner Substanz. Baryt bildet späthige Massen; auch derb körnig; selten weiss, meist grau, gelbbraun, braun oder engelroth gefärbt, tritt er im Sand- steine auf und umschliesst Galenit, Cerussit, Chalkopyrit, Bournonit, Eisenkies, Limonit, Wad und Zinnober. Seltener sind faserige Aggregate. Die Krystalle zeigen zuweilen vielflächige Formen, die v. Zepha- rovich!) näher bestimmte. Der Baryt erscheint häufig zerstört, ein gross- lückiges Zellwerk rücklassend, innerhalb welchem Cerussit, Eisenkies, Limonit, Hämatit oder Reste von zersetztem Galenit und Chalkopyrit anzutreffen sind. Cerussit, in mitunter prachtvollen Drusen und Gruppen seiden- glänzender säulenförmiger Individuen, diese von den drei Pinakoiden begrenzt, zu polysynthetischen Formen zusammentretend.°) Die Krystalle sitzen auf zerstörtem Baryt, auf Barytbreccien oder sind eingewachsen !) Lotos 1880, miner. Notizen. ?) Lotos 1880, miner. Notizen. BD ln de Fee id A a 399 A. Brunnlechner. [6] mit Baryt in Sandstein; seltener mit Zersetzungsprodueten des Bour- nonites. Ausser den bereits genannten Mineralen wurden noch beobachtet: Anglesit, in kleinen Kryställchen eingeschlossen in derbem Galenit, Pyromorphit auf Zinnober, Witherit, Sphärosiderit, Keramo- halit, Allophan, Pyrolusit und Psilomelan. Als Minerale, die nach der Art ihres Vorkommens zur Bildung der Bleierzlagerstätte wahr- scheinlich nicht in direeter Beziehung stehen, sind noch zu nennen: Blende, Siderit, Caleit und Arragonit auf schmalen Gängchen. Bildung der ersten Galenitgeneration. Schon aus der Betrachtung der Erze selbst ergeben sich sehr charakteristische Merkmale für die Genesis der primären Lagerstätte. Die lagenweise Anordnung der Galenitpartikel, die eigenthümliche Art von kleinen Rissen in den Er zlagen sind diesbezüglich sehr bezeiehnend. Es zeigen sich (Fig. 2) innerhalb derber Galenitpartien — besonders in feinkörnigen Erzen — parallele, nur durch die Mächtigkeit einer Lage gehende Klüftchen, welche, zur Schiehtung senkrecht stehend , in ihrer Mitte am weitesten geöffnet sind, sie schliessen sich nach beiden Seiten vor Erreichung der nächsten Contactflächen wieder vollkommen, tragen sonach den Charakter von Austrocknungsspalten an sich; es sind deshalb die Galenitlagen keineswegs als Gangulmbelege aufzufassen. Beachtet man ferner, dass die ursprüngliche Lagerstätte keine besondere Mannigfaltigkeit der Ausfüllung und keine symmetrischen Struceturen zeigt, dass Galenit nicht in Krystallen auftritt, und erwägt man, dass der Lagerstätte bei verhältnissmässig constantem Streichen der fast durchweg klastische Gebilde führenden Schichten und bei mässiger Mäch- tigkeit Niveaubeständigkeit zugesprochen werden muss, dass endlich Hangend un d Liegend sich durch Glimmerführung petrogr aphisch unter scheiden, so folgt daraus, dass die Lagerstätte als ein Flötz mit lins sen- und nes sterför migen Erzeinschlüssen, und wegen der nachgewiesenen Niveaubeständig- keit als ein Ausscheidungsflötz anzusehen ist. Durch spätere Schiehtenhebung, Spaltenbildung und Dislocationen der Flötztheile, durch Hinzutritt neuer Agentien und der in Folge dessen eingeleiteten Umbildung ihrer Ausfüllung gewann die Lagerstätte ein verändertes Ansehen. Die Erze wurden zum Theil mobilisirt und in der Nähe stellenweise auch in Klüften wieder abgesetzt; derlei Erschei- nungen sind bei älteren Flötzen und Lagern !) nicht selten, sie dürfen aber nicht als für den ursprünglichen Lagerstättencharakter massgebende Factoren angesehen, sondern dieser muss vielmehr nach Erwägung aller sich darbietenden Bestimmungsmittel beurtheilt werden. Wie schon eingangs bemerkt, konnte die erzige Ausfüllung nicht von den Klüften aus erfolgt sein; diesfalls würde der Sandstein bei dessen gleicher Beschaffenheit und Aufnahmstähigkeit sicherlich in mehreren Niveaus eine ausgedehntere Anreicherung erfahren haben, wie dies im Abbauniveau der Fall ist, und müsste sich die Adelsführung doch vorzüglich zunächst den Klüften entwickelt haben. !) Lotos, 1884, miner. Notizen. [7] Beiträge zur Charakteristik der Erzlagerstätte von Littai in Krain. 393 Auf’Grund der berührten geologischen und paragenetischen Ver- hältnisse lässt sich die Bildung und Veränderung der Erz- lagerstätte annehmen wie folgt: Blei und Kupfer wurden unter dem Einflusse reichlicher Kohlensäurebildung aus kieseligem Maternalgestein, in welchem diese Metalle als Silieate vorhanden gewesen sein mochten, gelöst und unter Abscheidung von Kieselsäure in Bicarbonate umge- wandelt. Lösungen schwefelsaurer Erden und Alkalien setzten die Biearbonate in Sulfate um, während sie selbst sich in Carbonate ver- wandelten. Die Bildung der Metallsulfate lässt sich auch aus prä- existirenden Schwefelmetallen denken. Die auf die eine oder andere Weise entstandenen Blei- und Kupfersulfatlösungen wurden durch die aus der Liegendkohle sich entwickelnden Kohlenwasserstoffe, vielleicht Fig. 5. Skizze der Verwerfungen im?!westlichen Revier. zum Theil auch durch gleichzeitig eingeschwemmte organische Substanzen, die unter den gegebenen Verhältnissen als vorhanden gedacht werden können, reduecirt. Nimmt man Lösungen von: Alkalisulfaten an, so sind gleichzeitig auch die Bedingungen zur Bildung von Lebern gegeben, deren Zer- setzung durch freie aus der in Bildung begriffenen Kohle entwickelten Kohlensäure, Schwefelwasserstoff ergeben konnte. Das absätzige Vorkommen der Erze entspricht dem sporadischen Auf- treten der Liegendkohle, an welcher, nebst vielleicht noch anderen organischen Resten, die Entwieklung der redueirenden, vielleicht auch der auflösenden Agentien seknüpft war. Jahrbuch der k. k. geol. Reichsanstalt. 1885. 35. Band. 2. Heft. (A. Brunnlechner.) 50 394 A. Brunnlechner. | [8] Dort, wo es an redueirenden Substanzen innerhalb ‘ der sich bildenden Sedimente mangelte, waren es nur die aus dem Liegenden aufströmenden leichten Kohlenwasserstoffe, welche die Erzpräeipitationen veranlassten, nachdem diese Gase aber stellenweise schwer passir- bare Thonlagen vorfanden, die ihren Weg modifieirten, so hing auch von der Vertheilung dieser derWechsel von tauben und erzführenden Gesteinspartien, also die Absätzig- keit des Auftretens der Erze ab. Dass auch die Stagnation der Reduetionsgase durch Thonlagen innerhalb des erzführenden Niveaus local einen die Präcipitation fördernden Einfluss haben konnte, lässt sich nicht ganz zurückweisen. Die primären Metallniederschläge ent- halten neben Blei und Kupfer geringe Mengen von Antimon, Arsen und Silber. DasVorkommen desthonigenSphärosideritesist unter den obwaltenden Umständen unschwer zu erklären. Kohlenwasserstoffe vermögen Eisenoxydsilicat — ein Verwesungs- und Zersetzungsproduct pflanzlicher Reste — in Eisenoxydulsilicat überzuführen und dieses kann schliesslich durch die sich hierbei bildende Kohlensäure in Eisenearbonat umgewandelt werden. Bei der Gegenwart schwefelsaurer Alkali und Erdensalze, redueirender Agentien und Eisenearbonat unterliegt auch die Erklärung der primären Eisenkiesbildungen, welche nur im untergeordneten Masse, beschränkt durch die geringen Mengen vorhandener Alkali und Erdensulfate erfolgen konnten, keiner besonderen Schwierigkeit. Als einer zweiten Bildungsperiode angehörig, müssen jene Veränderungen bezeichnet werden, die durch das Auftreten des Barytes charakterisirt sind. Schon bei Be- trachtung der paragenetischen Erscheinungen konnte festgestellt werden, dass die Bildung von Baryt jener des Galenites folgte. Die Barytsolu- tionen traten im absteigenden Strome als Bicarbonate in die Lagerstätte; mitgebrachte Alkalicarbonate und Sauerstoff oxydirten die Sulfide des Bleies und Kupfers zu Sulfaten, die sich mit Barytearbonat in Carbonate und Barytsulfat umsetzten. Aus dieser Periode stammt die grosse Zahl jener Vorkommen, welche Baryt als Verdränger des Galenites (Fig. 2), welche Einschlüsse von derben Erzen, von aufgelösten Sandsteinpartien in Baryt und Aehnliches zeigen. Dass aus den neugebildeten Carbonaten des Bleies und Kupfers wieder Sulfide ge- bildet wurden, muss man annehmen, erinnert man sich an die in Baryt fein eingesprengten Erze. Möglicherweise konnte, wenn die Teinperatur eine höhere, wenigstens nahe bei 20° R.!) war — eine solehe Annahme lässt sich aus der Anwesenheit sich zersetzender orga- nischer Reste rechtfertigen — Baryt durch Alkaliecarbonat zersetzt und aus den gebildeten Alkalisulfat, Alkalisulfid gebildet und aus diesem Schwefel- wasserstoff entbunden werden; endlich könnte auch die Reduction des Barytes zu Schwefelbaryum durch Kohlenwasserstoffgas und die Zer- setzung desselben durch Kohlensäure gedacht werden. In beiden Fällen 1) Z.B. die Barytinvasionen in den Eisenspathlagern des Hüttenberger Erzberges in Kärnten. ; u; Ar [9] Beiträge zur Charakteristik der Erzlagerstätte von Littai in Krain. 395 würde das entwickelte Schwefelwasserstoffgas die Fällung der Metall- lösungen bewirken. An solche Vorgänge scheint nach ihrem Vorkommen auch die Bildung von Chalkopyrit und Bournonit gebunden zu sein. Eine Reihe neuer Veränderungen fällt mit der Entstehung derDislocationsspalten zusammen, sie kenn- zeichnet sich vorzüglich durch die locale Zerstörung des Barytes. In den Cavernen des aufgelösten Barytes siedeln sich Drusen kleiner Eisenkieskrystalle neben Cerussitkrystallen an. Die Regeneration von Pyrit neben der fortschreitenden Auflösung des Barytes deutet neuerlich auf die Anwesenheit kohlensaurer Alkalien hin, welche die Baryterosionen bewirkt haben mussten; im aufsteigenden Strome der Quellspalten wendete sich durch Abkühlung der Solu- tionen das Affinitätsverhältniss, schwefelsaurer Baryt gelangte nahe dem Tage, so beispielsweise an dem Gehänge des Rekathales und an den Ausbissen am „Haupteinbau“, zum Absatze. Die Bildung des Pyrites in den Hohlräumen des zerstörten Barytes bedarf nach dem Vorausgegangenen keiner weiteren Erklärung. In diese Periode fällt auch die Bildung des Zinnobers, welches Mineral gemeinsam mit Eisenkies als Verdränger des Barytes (Fig. 3) auftritt; Kryställchen von Zinnober sitzen auf Klüftehen des Barytes, des Galenites und auch auf solchen des Eisenkieses; bemerkens- werth ist auch das Erscheinen des Zinnobers gemeinsam mit Galenit in schmalen Schnürchen in Baryt. In der Nähe der Klüfte und Ausbisse finden oxydirende und car- bonisirende Einflüsse freies Feld, während reductive Erscheinungen an Bedeutung verlieren. In den Baryteavernen gelangt nun Cerussit zu freier Formenentwicklung. Eisenkies wurde zum Theil in Limonit, zum Theil, und zwar besonders im Contact mit Baryt, zu Hämatit umge- wandelt. Limonitbildung ist auch auf die Umwandlung des Sphärosiderites, vielleicht auch die spärlich bemerkbaren Manganoxydate dahin zurück- zuführen. Limonit findet man auch als gleichzeitige Bildung mit secun- därem Baryt. Bei der Zersetzung des in Thon eingesprengten Eisenkieses mochte Keramohalit entstanden sein. Als Reste zersetzten Bournonites zeigen sich Cerussit, Azurit und Malachit; nach Chalkopyrit ergaben sich ausser den Kupferearbonaten noch Covellin, dieses wahrscheinlich nach vorher- gebildetem Chalkosin. Junge Bildungen sind endlich Merkur und Pyromorphit. Resumirt man die gewonnenen Resultate, so sind folgende Schlüsse bezüglich des Charakters der Lagerstätte und Succession der Minerale zu ziehen: % Die ursprüngliche Lagerstätte ist als ein Flötz mit absätzigen Erzeinschlüssen aufzufassen. 2. Baryt ist eine spätere Bildung. 3. Durch seeundäre Expräcipitationen veranlasst, finden sichimFlötzgebieteVorkommen mit gangartigem Charakter. 50 * 396 A. Brunnlechner. Altersfolge der auftretenden Minerale: Primär. a) Galenit, Chalkopyrit; Jüngere und ( d) Sphärosiderit, Eisenkies; | c) Baryt, Cerussit, Malachit, Azurit; produete. \d) Galenit, Chalkopyrit, Bournonit; ( e) Eisenkies, Zinnober. Jüngere | Baryt, Limonit, Hämatit; vorwiegend Pyrolusit, Wad, Psilomelan ; localisirte Bil-\ Cerussit, Azurit, Malachit, Witherith; dungen. | Keramohalit, Anglesit; Covellin, Merkur, Pyromorphit. Ueber die bei Gzernowitz im Sommer 1884 und Winter 1884 /85 stattgefundenen Rutschungen. Von F. Becke., Mit einer lithographirten Tafel, (Nr. VII.) Der Theil von Czernowitz, welcher bei den zu Anfang und Mitte Jänner 1885 erfolgten Rutschungen in Betracht kommt, ist auf einem langen Hügel erbaut, welcher nach NO. steil in das Pruththal abfällt, nach SW und NW vom Klokuezkabach umflossen wird. In der Gegend, in welcher die Rutschung stattfand, ist die Breite des ziemlich flachen Plateaus ungefähr 500 Meter; die relative Höhe dieses Hügels über dem Pruththale beträgt 60—80 Meter. Der äusserste nach NW. vorgeschobene spornartige Theil dieses Hügels heisst der Bischofsberg; er trägt die 'weitläufige Residenz des griechisch-orientalischen Metropoliten. Derselbe liegt hart an dem dureh die Seminargasse bezeichneten SW. Rande des Plateaus und erstreckt sich mit den dazugehörigen Nebengebäuden bis in die Mitte des Hügels. Ein trigonometrischer Hauptpunkt der europäischen Gradmessung liegt im Garten der Residenz (246 Meter). Der höchste Punkt des Hügels liegt etwas weiter westlich und überragt ihn noch um einige Meter. Etwa 200 Meter nordöstlich von der Residenz zieht in NW. Richtung die Franzensstrasse über das Plateau, dessen Rand sie bei dem Hause Nr. 237 erreicht (vergleiche hierzu die Planskizze Taf. VII, welche ich Herrn West, Ingenieur des Stadtbauamtes verdanke). Die Häuser Nr. 236, 235, 234 stehen hart am Rande desselben; gleich hinter ihnen beginnt der steile Abhang, und dieser ist in einer Breite von eirca 40 Metern in’s Rutschen gekommen. Derselbe mag ursprünglich eine Neigung von 18—20° gehabt haben. Durch Abgrabungen am Fusse, spätere Aufschüttungen von oben, und zu verschiedenen Zeiten erfolgte Ab- rutschungen ist derselbe sehr ungleich geworden. Die mittlere Neigung desselben beträgt jetzt eirca 25°, stellenweise aber mehr als 30°. Jahrbuch der k.k. geol. Reichsanstalt. 1885. 35. Fand. 2. Heft. (F. Becke.) 398 F. Becke. Der Garten des Hauses Nr. 236, welcher von der Abrutschung am meisten betroffen wurde, entspricht einer kleinen Mulde, während sowohl der Garten von Nr. 237 als der von 235, der übrigens von Bäumen und Sträuchern frei als Maisfeld angebaut war, nasenartig vor- springen. Im Hofraum aller dieser Häuser wurden z. Th. in früheren Jahren bei dem Bau der Residenz, z. Th. in letzter Zeit bei dem Bau der naturwissenschaftlichen Institute der Universität bedeutende Massen von Bauschutt und abgegrabenem Erdreich angeschüttet, um den schmal bemessenen Hofraum zu erweitern. Diese Ausschüttungen haben stellen- weise eine Mächtigkeit von mehr als 5 Meter erreicht, und. verhüllen an der abgerutschten Stelle den Abhang in seinem oberen Drittel gänzlich. Am Fusse des Abhanges befanden sich gerade unterhalb der Häuser 234—236 und weiter gegen NW. grosse Ziegelgruben, in welchen nicht nur der Abhang ungefähr bis zu einem Fünftel der Höhe abge- graben, sondern auch tiefe Gruben unter das Niveau der anstossenden Ebene ausgehöhlt wurden, welche gegenwärtig mit Wasser ausgefüllt sind. Diese Ziegeleien sind seit eirca 1V Jahren ausser Betrieb. Ehe ich darangehe, den Erdschlipf selbst zu schildern, ist es nothwendig, Einiges über den geologischen Bau des in Frage stehenden Hügels zu sagen. Die Unterlage bildet blaugrauer Tegel, welcher in den gegen- wärtig in Betrieb stehenden Ziegeleien am Klokuezkabach und längs der Strasse zur Pruthbrücke gut aufgeschlossen ist. Er ist häufig etwas sandig, enthält auch öfter Schmitzen von graugefärbtem Sand und führt in Lignit umgewandelte Treibholzstämme nicht selten. Dieser Tegel reicht in geschlossener Masse bis ungefähr zum Niveau von 190 Metern, darüber folgt ohne scharfe Grenze eine Ab- lagerung, in welcher Sand und Thon in oft nur handbreiten, ja finger- dieken Schichten wechsellagern. An der Südseite des Hügels sind diesem Complex grössere bis 3 Meter mächtige Sandlagen eingeschaltet, welche häufig grosse Sandsteinmugeln enthalten. Am rechten Pruthufer aufwärts, sowie am linken Ufer auf den Anhöhen bei Zuezka um Sadogora und besonders bei Szeroutz bestehen die höheren Lagen des Tertiärs über 200 Meter absoluter Höhe aus mächtigen reinen Sanden mit Kalksandsteinen u. s. w. Diese sind zwar auf dem Bischofsberge nirgends aufgeschlossen, doch ist es wahrschein- lich, dass die höchsten Theile desselben aus Sand bestehen. Ueber diesen durchaus wohlgeschichteten, horizontal gelagerten Tertiärschiehten liegt eine Kappe von Diluvium, welches auf dem Plateau den Charakter eines etwas sandigen Löss besitzt. An den Abhängen herab setzt sich diese Lösskappe in jene Bildung fort, die von Paul als Berglehm bezeichnet wird, und die man als ein oberflächliches Um- lagerungsproduct der Tertiärschichten ansieht. Die Mächtigkeit dieser Kappe von Diluvium, welche wie ein Ueberguss das Tertiär bedeckt, ist an jenen Stellen des Südabhanges, wo sie durch Abgrabungen entblösst wird, eine geringe, 2—3 Meter nieht übersteigende. Auf dem Plateau ist sie unzweifelhaft grösser, und auf dem östlich von Czernowitz gelegenen ähnlich gebauten Weinberge beträgt sie 8—10 Meter. BE + [3] - Ueb.d. b. Czernowitzi. Sommer 1884 u. Winter 1854/85 stattgef. Rutschungen. 399 Der ganze Nordabhang dieses Hügels ist sehr quellenreich. Ein- zelne Quellen treten auch am Fusse des Hügels auf und sind auf Sand- lagen zu beziehen, die dem Tegel eingeschaltet sind. Besonders zahl- reich erscheinen sie aber in der Höhe von eirca 190—200 Meter. In schneearmen Wintern, wie der heurige, verrathen sie sich von Weitem durch die weissen Eiscascaden, die in gleicher Höhe entspringend in ganzen Reihen am Abhange hinziehen. Dieser Quellenhorizont entspricht dem Ausstreichen jener Wechsellagerung von Sand und Tegel, die früher erwähnt wurde. An zahlreichen derartigen Quellen habe al mich durch den Augenschein überzeugen können , dass das Wasser aus den Sand- lagen hervorsickert. Dieser Horizont ist es auch, der das Brunnenwasser für diesen Theil von Czernowitz liefert. Um über die Vertheilung des Grundwassers eine Vorstellung zu gewinnen, wurden zwischen der Residenz und dem Plateaurande eine Anzahl Brunnen gemessen, deren Lage durch Nivellement von mir be- stimmt wurde. Ich hatte mich bei diesen, sowie bei den später zu er- wähnenden trigonometrischen Messungen der werkthätigen Unterstützung meines geehrten Freundes und Collegen Wassm uth zu erfreuen. Professor Handl hatte die Freundlichkeit, ein Nivellir-Instrument von Gilbert in London zur Verfügung zu stellen. Als Ausgangspunkt für das Nivellement dienen die beiden vom Stadtbauamt bestimmten Höheneoten in der Dominikgasse und in der Franzensstrasse, die im Plane ein- getragen sind. Die gemessenen Brunnen sind in dem Plan mit fort- laufenden römischen Zahlen I—IX versehen. Dazu kommen noch An- gaben über einen im Garten des Hauses 237 befindlichen Brunnen, der durch die Rutschung eingedrückt wurde (X). Die Messungen ergaben folgendes Resultat: Absolute Höhe Tiefe des Tiefe des Brunnen- Biuchans des Wasser- kranzes Niveaus I. Brunnen im Hofe des Residenz- gebäudes. . 22339. M% 5, 160.M... 20°7.M. I. Haus Nr. 245, Dominikgasse 5 19:5 , ds) BI... „ Nr. 246. x 2828, Zn 8:8; IV, 'Nr.248, Johannesgasse. 2267 „ 15L:3% 8:0), Br Nr. 249. 2245 „ 160 „ Sa, v1 Grundparzelle 16 Johannesgasse 2238, 13:0 „ 1002; VI. Haus Nr. 235, a Al OET 11:0, , U BE... Nr. 237, h 2222), RO 10:07, Bee Nr: 234, 5 211:0° % 13:0%% 13:17; X. Eingedr ückter Brunnen im Gar- ten des Hauses Nr. 237... 2097, „ angebl.6Klftr. 4Klftr. Endlich wurde noch ein Brunnen gemessen, welcher auf dem Gipfel des Bischofsberges, also ungefähr in 9501 Meter absoluter Höhe, gelegen ist. Derselbe erreicht den Wasserspiegel erst in 32 Meter Tiefe. Aus den angeführten Messungen, welche in das Profil, Fig. 2, ein- getragen wurden, das im Massstab des Planes und im richtigen Ver- hältniss der Längen und Höhen gezeichnet wurde, ergibt sich Folgendes: Im mittleren Theil des Plateaus wird der Grundwasserspiegel mit ziemlicher Constanz 8—10 Meter unter der Oberfläche erreicht. Es 400 F. Becke. [4] entspricht dies einigermassen der wahrscheinlichen Mächtigkeit des Di- luviums, so dass man also in diesem Theile des Plateaus das Grund- wasser antrifft, sobald ‘der Löss durchsunken und das aus wechsel- lagernden Sand- und Thon-Schichten bestehende Tertiär erreicht wird. Indessen darf man sich nicht vorstellen, dass die Bewegung des Grund- wassers in den unteren Theilen des Löss auf der Oberfläche des Tertiärs erfolgt, vielmehr bewegt sich dasselbe innerhalb der dünnen Sandstraten der Tertiärschiehten selbst. Es folgt dies mit Sicherheit aus der letzten Messung, wo der Grundwasserspiegel in einer solchen Tiefe angetroffen wurde, welche die Mächtigkeit des Diluviums um das Dreifache übertrifft. Gegen den Rand des Plateaus sinkt dann der Grundwasserspiegel ziemlich rasch gegen jenes Niveau, welches sich als Quellenhorizont am Abhang verräth. Fig. 1. I Ne — ea SER nz = Se HN Ni il 'l £‘ Al ı\ || IN) Sn Bin IN ID N MI E RE G ek NE ‚ii Dil = n ER I }) 1) N ie wur \ n u 5 u a VER EN RL Sa "SZELENV N EL ER Ie N yam AN I 2x = Pa u =) Nm nr IN ERBE SI = MN) Mine SIE, EU UI IND > DM AT \\ EN KLAUUN) AN Kın a Kurz recapitulirt ergibt sich also folgende Uebersieht: Zu unterst undurchlässiger Tegel mit untergeordneten wasserführenden Sandlagen, [5] Ueb. d. b. Czernowitzi. Sommer 1884 u. Winter 1884/85 stattgef. Rutschungen. darüber Wechsellagerung von Sand und Thon, welche bis zum Niveau von circa 220 Meter wasserführend ist, über diesem geschichteten Gebirge eine Kappe von Löss, welche auf dem Plateau S—10 Meter mäch- tig nach den Abhängen zu sich auf eine geringe Mächtigkeit von 2—3 Meter reducirt. Nach diesen Vorbemerkungen begeben wir uns nun an den Fuss des Hügels. Die Erscheinungen, welche nun zu besprechen sind, wurden in dem Plane, Fig. 1, und dem Durchschnitt, Fig. 2, dargestellt. Beide gründen sich auf von Prof. Wassmuth und mir durchgeführte trigonometrische Auf- nahmen , zu deren Behufe am Fusse des Hügels bei dem Hause 419 eine Basis A, B abgesteckt, und mehrere Punkte der Rut- schung gemessen wurden. Der Punkt B der Basis liegt 46°4 Meter unter dem Fixpunkt auf der Franzens- strasse, dessen absolute Höhe vom Stadtbauamt mit 2228 Meter angegeben ist; somit ist die absolute Höhe von Punkt B = 1744 Meter und darnach sind die Höheneoten in Fig. 1 eingetragen. Wenn man sich im Punkte B am Ufer des durch die Abgrabungen ent- standenen Tümpels aufstellt, sieht man den Abhang vor sich, der rechts und links in seinen eoncaven Böschungen, Terassen, Gruben ete. noch die Spuren der Abgrabung erkennen lässt. In der Mitte ist dieser Abhang durch- brochen, durch eine in den Tümpel vorgescho- bene Partei, die ich nach ihrer Form mit dem Ende eines Gletscherstromes vergleichen möchte. Die Partie hat eine convexe Bö- schung, so dass ssevasmozwng die Mitte be- deutend höher liegt als die Fig. 2. 180. Irlet. Ko Fuutb- veau obere Grenze de Jahrbuch der k. k. geol. Reichsanstalt. 1885. 35. Band. 2. Heft. (F. Becke.) 51 401 onatadb A: 4000. = P C = NS HXeltere bereite Abhö | £ H ! c 402 F. Becke. [6] Ränder. Am NW. Rande zieht eine Eiscascade an der Grenze der offenbar gerutschten Partie und des festen Abhanges herunter, der ein- gefrorene Ablauf der höher oben entspringenden Quellen. Gerade auf die Mitte der vorgewölbten Partie zieht quer durch den Teich ein Bretterzaun los, der nach eingezogenen Erkundigungen 6 bis 7 Jahre alt sein soll. Da die zwei letzten Pfähle desselben in die vor- geschobene Böschung eingerammt sind, muss dieselbe schon vor diesem Zeitraum existirt haben; doch zeigt der ganze Zaun eine leichte Ein- kniekung in der Weise, wie dies in Fig. 1 angedeutet ist, und der letzte Pfahl zeigt folgende interessante Verhältnisse, die in Fig. 3 ge- zeichnet sind. Die Verbindung mit dem oberen Querbalken ist zerrissen, der Pfahl hat sich um die Ver- bindungsstelle mit dem unteren Auerbalken oben nach SW. gegen den Abhang zu geneigt, als wäre der Erdboden unter ihm horizontal nach NO. ver- schoben worden. Die Grösse dieser Verschiebung muss min- destens 15 Centimeter betragen haben. Man muss hieraus schliessen, dass ein allmäliges Vorwärtsdrängen der unteren Partie des Abhanges im Laufe der letzten 6 Jahre stattgefunden habe. Begibt man sich nun auf die Oberfläche der gerutschten Partie selbst, so findet man bald Spuren, dass diese Bewegungen bis in die jüngste Zeit fortgedauert haben. Dieselbe ist mit Gras bewachsen und zeigt an vielen Stellen eine convex nach unten verlaufende leichte Runzelung. An einigen Stellen ist dieselbe zu einer förmlichen Faltung gesteigert, so dass die vertrockneten Stengel der vorjährigen Gräser und Stauden eine schiefe oder horizontale Richtung erhalten haben. Am linken (SO.) Rande sieht man die gerutschte Partie durch frisch aussehende Spalten von der festen Umg ebung getrennt, deren Ränder schräge Frietionsstreifen zeigen, und am untersten Theile des SO. Randes bei a ist die gerutschte Partie stellenweise über den festen Abhang hinüber geschoben. Am NW. Rande verhüllt die schon erwähnte Eiscaseade die Grenze zwischen gerutschtem und festem Terrain. Die steilen Abhänge jenseits der- selben sind, abgesehen von kleinen localen Rutschungen, mit Gras be- wachsen. Diese unterste Partie des gerutschten Abhanges bildet zwei ge- wölbte Stufen, die erste ungefähr S, die zweite 14 Meter über dem Niveau des Tümpels. Aus allen Erscheinungen, die hier zu beobachten sind, darf man schliessen, dass dieser unterste Theil durch eine Rutschbewegung seine jetzige Gestalt erlangt hat, dass diese Rutschbewegung sich zu ver- schiedenen Zeiten vollzogen und wenn auch in geringem Masse bis in die allerjüngste Zeit angedauert hat. Da für: die Beurtheilung der Zu- kunft wichtig erschien zu wissen, ob vielleicht die Bewegungen auch jetzt noch fortdauern, habe ich am 9. Februar 2 gerade Linien von Ufer zu Ufer durch Pflöcke abgesteckt. Bis heute (11. März) haben dieselbe keine merkliche Bewegung angezeigt. Freilich wäre eine solche erst bei Anbruch andauernden feuchten Wetters zu erwarten. .. [7] Ueb.d.b. Czernowitzi. Sommer 1884 u. Winter 1854 85 stattgef. Rutschungen. 403 ° Geht man nun längs des Bergschlipfes aufwärts, so nimmt die Runzelung der Rasendecke ungefähr von der oberen Pflockreihe an bedeutend zu. In der Gegend bei e erreicht dieselbe den höchsten Grad; hier ist die Rasendecke in meterhohe aneinander gepresste Falten ge- presst, die schräg über die Rutschung hinstreichen, zum Theil ist. sie vollständig überstürzt, so dass der Rasen umgekehrt über niederge- wälzten Stämmen und Sträuchern liegt. Zahlreiche mächtige Eiscaseaden bezeichnen den Abfluss der höher oben entspringenden Quellen, dagegen konnte hier der Austritt von Quellwässern nicht mit Sicherheit eonstatirt werden. Bis hierher findet man überall, wo an den Seiten der Rutschung durch Spalten der Untergrund entblösst ist, den blaugrauen Tegel. Hat man nacheinander 3 bis 4 dieser Falten erklettert, so geräth man in ein wahres Chaos abgestürzter Schollen, Stämme, Baumwurzeln. Hier ist die Zerstörung am erossartigsten. Man befindet sich hier gerade zwischen zwei vorspringenden Nasen” des Abhanges, die festgeblieben sind. Die nordwestliche derselben stürzt mit 5—6 ‘Meter hohem steilen Ansturz gegen die Rutschung ab. Diese Entblössung zeigt durch ihre gelbliche Färbung die abweichende Zusammensetzung an und lässt bei d jene Wechsellagerung von Sand und Tegel erkennen , die öfter erwähnt worden ist. Ungefähr in gleicher Höhe ist mitten zwischen den chaotischen Schollen der Rutschung eine steile Wand zu bemerken (e im Plane), die dieselbe Zusammensetzung erkennen lässt, und aus den unteren Sandlagen dieser Wand siekern Quellwässer in reichlicher Menge hervor, die Umgebung: in Schlamm verwandelnd. Aus der ganzen Configuration des Auftretens ergibt sich, dass diese Scholle von Tertiär gleichfalls von der gleitenden Bewegung nach abwärts ergriffen ist, aber ihren Zusammenhang noch theilweise gewahrt hat. Diese Quellen liegen um weniges höher als der Punkt, dessen Höhe mit 199 Meter bestimmt wurde. Ueber dieser Stelle findet man sowohl auf der Rutschung, als an dem höheren NW. Rande Berglehm von typischer Beschaffenheit und aus demselben quillt in der Höhe von 2042 Meter abermals eine stärkere Wassermenge hervor (Punkt fdes Planes), einige schwächere Quellen werden auch noch weiter oben angetroffen. Ueber diesem Punkte ändert sich nun wieder das Aussehen der Rutschung. Man befindet sich hier in der Region der Anschüttungen. Hier ist der Abhang an concentrischen bogenförmigen Klüften abge- sunken ; man kann, abgesehen von untergeor dneten, 2 bis 3 5 Staffeln unter- scheiden. Durch das Absinken wurden 3—5 Meter hohe Wände frei- gelegt, welche aus mit Ziegelfragmenten gemischtem Lehm bestehen. Die äusserste Randkluft reicht bis knapp an die Grundmauern des Hauses 236; eine zu demselben gehörige Hütte % ist um 3 Meter gesunken, ohne zerstört zu werden. Die Kluft greift dann tief in den Hofraum des Hauses 235 und concentrische weitere Sprünge lassen ein weiteres Zurückgreifen in der nächsten wärmeren Zeit voraussehen. Anderer- seits setzt sich diese Randkluft in Form von zum Theil klaffenden Spalten in den Garten des Hauses 237 fort. Der schon früher erwähnte, auf einer vorspringenden Terrasse angelegte Brunnen wurde durch einen in der Richtung des Pfeiles wirkenden Druck eingequetscht. Ein im sl* 404 F. Becke. Hofraum des Hauses 236 gestandener hölzerner Eiskeller g wurde zer- trümmert. Die Bewegung folgte im oberen Theile der Rutschung nicht genau in der Axe derselben, sondern mit merklicher Abweichung nach O. Daher beobachtet man an dem Rande der Rutschung gegen den Garten des Hauses 237 Stauungserscheinungen, daher auch das Ein- drücken des Brunnens x, daher wohl! auch die schiefe Anordnung der Falten im mittleren Theil der Rutschung. Die steilen Wände, an welchen das Abrutschen stattfand, lassen schliessen, dass die Bewegung ziemlich tief in das Gehänge eingreift. Man kann die Tiefe immerhin auf 10—12 Meter veranschlagen; die punktirte Linie in Fig. 2 deutet diese hypothetische Grenze an. Die heftigen Bewegungen reichen nur bis zu den Falten in der Mitte der Rutschung und es ist bezeichnend, dass die heftigsten Bewe- gungen in jener Gegend des Abhanges stattfanden, wo der Austritt des Grundwassers erfolgte. Bezüglich der Ursachen der Rutschung hat man zu berücksichtigen, dass an dieser Stelle zahlreiche Umstände zusammentreffen,, welche die Erdbewegung begünstigen. Als die eigentliche und erste Ursache der ganzen Erscheinung sehe ich die Abgrabungen am Fusse des Hügels an. Dieselben wirkten in doppelter Weise schädlich: Erstens dadurch, dass an Stelle der früher vorhandenen flachen Böschung ein steiler Abhang hergestellt wurde; zweitens indem dureh die Abgrabungen der Tegel der schützenden Decke von Berglehm und Humus beraubt wurde. Wo dies geschieht und der Tegel abwechselnd der Befeuchtung durch Regen und Schnee und der Austrocknung durch Sonnenbrand ausgesetzt wird, erhält er Risse, in welehe nun Regenwasser und der Ablauf der Quellen eindringen, den an und für sieh Wasser nicht durchlassenden Tegel nach und nach in eine breiartige Masse auflösen und zum Rut- schen geeignet machen. Die Beobachtungen am unteren Theile des Abhanges beweisen ganz unzweifelhaft, dass in der That der Tegel in der ganzen Breite der Rutschung in Bewegung war. Diese Bewegung ist zum grossen Theile schon vor Jahren erfolgt, sie hat aber, wenn auch in schwächerem Betrage, jahrelang angedauert und ihre Spuren lassen sich bis in die allerjüngste Zeit verfolgen. Dureh diese Bewegung im unteren Theil des Abhanges wurde der obere Theil seiner Stütze beraubt und zum Abrutschen bereit ge- macht. Der Effeet wurde noch durch eine Reihe anderer Ursachen ge- steigert. Zu diesen rechne ich: 1. Das Vorhandensein einer Terrainmulde entsprechend dem Garten des Hauses 236, wodurch der Austritt von Grundwasser in Form von Quellen begünstigt und die Erweichung des Tegels gesteigert wurde. 2. Die Anschüttungen, deren Fuss bis auf den Quellenhorizont herabreichte. Dadurch wurde der Abhang steiler, der untere Theil der Anschüttung vom ausfliessenden Grundwasser durch- weicht. Unter diesen Umständen genügte eine geringe Bewegung in der Tegel-Unterlage, um die losen, wenig stabilen durchweichten Massen des oberen Drittels in Bewegung zu setzen. Bezüglich der Zukunft ist es von Wichtigkeit zu bemerken, dass, obgleich mit dem Eintritt des Frostwetters in der Mitte Januar sich die Rutschung wenig verändert hat, doch fast nach jeder, wenn auch nur [9] Ueb.d.b. Czernowitzi. Sommer 1834u. Winter 1881'85 stattgof. Rıtschungen. 405 wenige Tage andauernden Wärmeperiode kleinere Veränderungen zu beobachten sind. Im Laufe des letzten Monats ist so die oberste Stufe um wenigstens !/, Meter tiefer gesunken und unmittelbar an der Grund- mauer des Hauses 236, sowie im Hofraum des Hauses 235 haben sich zurückgreifend weitere Risse gezeigt. Für die benachbarten Häuser, sowie für die Strassenanlage besteht daher entschieden die Gefahr, durch weiter zurückgreifende Rutschung geschädigt zu werden. Die Zeitungsnachrichten sprachen von einer Gefahr für das Residenz- gebäude. Dies ist entschieden eine Uebertreibung. Der Anblick des Profils Fig. 4 zeigt wohl, dass davon keine Rede sein kann, selbst Fig. 4. wenn der Abhang ganz sich selbst überlassen bliebe. Denn selbst in diesem Falle würde der Böschungswinkel bald die Neigung von 10— 12° erreichen, bei welchem erfahrungsgemäss die gleitende Bewegung zum Aufhören kommt, und dieser Moment würde eintreten, lange bevor der zurückgreifende Rand der Rutschung die Residenz erreicht hätte. Immer- hin aber besteht eine Gefahr für die am Rande stehenden Häuser und für die Strassenanlage, und diese Erwägung dürfte wohl genügen, die massgebenden Factoren zur Ergreifung der nothwendigen Massregeln zu veranlassen. Was nun zu geschehen hätte, um weiteren Rutschungen nach Möglichkeit vorzubeugen, ergibt sich eigentlich schon aus dem, was über die Ursachen der Rutschung gesagt wurde. Namentlich wären nach meiner subjeetiven Ansicht folgende Punkte zu berücksichtigen: 1. Auffüllung der durch die Ziegeleien entstandenen Gruben und Herstellung eines flacheren Böschungswinkels am Fusse des Abhanges. 2. Bepflanzung des Abbanges, wenn möglich mit rasch wachsenden Sträuchern und Bäumen, um die Oberfläche des Tegels nach Möglichkeit zu schützen. 3. Fassung der am Abhang auftretenden Quellen, denen ein ge- regelter Ablauf zu verschaffen ist. 4. Selbstverständlich müsste auch das weitere Abladen von Schutt an den oberen Theilen des Abhanges vermieden werden. Ben “ f 406 F. Becke. [10] In der Erscheinung sehr verschieden und doch im Wesentlichen ähnlich ist eine Rutschung, welche im September 1884 am linken Ufer des Klokuezkabaches unmittelbar neben der Brücke der Aerarialstrasse nach Kolomea erfolgte. Der Bach hat hier sein Bett in den Tegel eingeschnitten; über dem Tegel liegt unmittelbar eine dieke ungeschichtete Tafel etwa 10 Meter mächtigem sandigem Löss, der in steilen, fast senkrechten Wän- den abstürzt. Nach den lang anhaltenden Regengüssen des vorigen Späthsommers erweichten die Grundwässer sowohl den etwas sandigen Tegel, als den unteren Theil der Lössterrasse, die Unterlage wich nach der Seite aus, wo ein Ausweichen möglich war, nämlich gegen den Bach zu, und der Löss folgte, grösstentheils seinen Zusammenhang bewahrend, im Ganzen. An einer bogenförmig verlaufenden Kluft löste er sich von dem stabil gebliebenen Hinterlande ab, durch mehrere parallele Klüfte wurde er in Streifen zerlegt, von denen jeder mehr weniger selbst- ständig den Bewegungen des Untergrundes folgte. | Demnach herrscht im rückwärtigen Theil an der Randkluft mehr die sinkende Bewegung, im vorderen Theil mehr die gegen den Bach zu vorwärtsschreitende. So kommt es, dass der rückwärtige Theil der Lössdecke wie in eine Grabenversenkung gesunken ist, während am Fuss der Lössterrasse auf der mit Rasen bedeckten Oberfläche des Teegels Runzelung und Faltung auftreten. Fig. 5 stellt einen Durchschnitt durch die abgesunkene Partie dar. Das Vordringen in den Bach war so bedeutend, dass derselbe oberhalb gestaut wurde und das rechte Ufer überschwemmte. Fig. 5. Fig. 5a. n Di Das Versinken des rückwärtigen Lössstreifens, welcher nach der Rutschung tiefer lag als die vorderen, dem Bache näher gelegenen Lösspartien macht eine Erscheinung verständlich, die ich in den Sand- und Tegelgruben öfter bemerkt habe. Man sieht öfter in den Tertiär- schichten Verwerfungen oft staffelförmig hintereinander, an welchen die vom Abhang weiter entfernten Flügel immer die tieferen sind in der Weise, wie die Fig. 5a versinnlicht. Die beschriebene Rutschung lässt erkennen, wie derartige sonst schwer verständliche Erscheinungen ent- stehen konnten. Pin Re Ne“ i Sr . SISTERS u RE re Et TEEN ie Ki ie >. x ., . u x Die Randtheile der Karpathen bei Debica, Rop- czyce und Lancut. Von Vincenz Hilber., Die nachfolgenden Mittheilungen erstrecken sich auf den schmalen Gebirgsstreifen zwischen Debica und Jarostaw sammt der den orogra- phischen Uebergang zur Ebene bildenden Lössterrasse, soweit beide auf die Zone 5 der neuen Generalstabskarte entfallen. Die in Betracht kom- menden Blätter sind: Zone 5, col. XXV, SW. und SO., 5, XXVI, SO. Östhälfte (5, XXVI, SW. und 5, XXVI, SO. Westhälfte wurden von Herrn Dr. E. Tietze bearbeitet), 5, XXVIL, SW. und SO. I. Topogeologie. Kartenblatt Zone V, Col. XXV: Ropezyce und Debica. Das südliche Viertel dieses hauptsächlich Tiefebene enthaltenden Blattes, welches im Jahre 1883 aufgenommen wurde, gehört dem nörd- lichen Randstreifen der Karpathen an. Man ist hier über die orographische Grenzlinie zwischen dem Gebirge und der Ebene nicht im Zweifel. Das scharfe Hervortreten dieser Linie wird hauptsächlich verursacht durch dem Gebirge parallele Erosionsfurchen knapp an seiner Grenze. Die quer aus den Karpathen tretenden Wässer setzen, am Gebirgsrande an- gelangt, unter rechtem Winkel ihre Wege fort. Die Spur der Carl Ludwig- Bahn folgt, wie weiter im Osten dem Plateaurande, hier dem Karpathen- saume, welcher die geringsten Unebenheiten bietet und zugleich eine Reihe verhältnissmässig bedeutender Ortschaften enthält. Das Gebirge erreicht innerhalb der genannten Umgrenzung nur 404 Meter Meereshöhe und bietet äusserlich jene sanft geböschten Rücken mit gerundeten Kämmen, welche den im Ganzen leicht verwitterbaren Gesteinen der Karpathen vorwiegend eigen sind. An dem Aufbau des Gebirges betheiligen sich hier gefaltete sandige und thonige Sedimente, welche das eigentliche Gerüst desselben darstellen. Sie sind in diesem Gebiete lediglich in den Schluchten aufgeschlossen und werden auf den Abhängen und Höhen, sowie nahe dem Austritte der Jahrbuch der k. k. geol. Reichsanstalt. 1885. 35. Band 2. Heft. (V. Hilber.) 408 Vincenz Hilber. Schluchten in die Ebene, auch auf dem Grunde der Schluchten selbst, theils von Löss, theils von dem als Berglehm bezeichneten Gebilde über- deckt. Im östlichsten Theil des Gebietes (östlich von Göra Ropezycka und Zagörzyce), einem ausgedehnten Lössterrain, sah ich in keiner der von mir begangenen Schluchten jene gefalteten Gesteine zu Tage treten. Umgebung von Debica. Die Stadt steht am Rande der Kar- pathen in der Ebene auf quaternärem Süsswasserlehm. ') Noch näher am Rande im SO. der Stadt liegt eine alte Schottermasse, welche weiter östlich, bei Zawada, noch grössere Flächenerstreckung erreicht. Wo die von Nagawezyna herabkommende Schlucht die Hauptstrasse schneidet, sieht man über grünem Lehm, welchen ich als die Fortsetzung des weiter in der Ebene zu Tage liegenden durch oberflächliche Zersetzung gelben Lehms betrachtet habe, einen Kleinschotter aus nordischen und einheimischen Gesteinen von !/; Meter Mächtigkeit; seine Bestandtheile sind eckiger als die ähnlichen Vorkommen mitten in der Tiefebene, zeigen aber Sichtung des Materiales, indem die unteren Lagen aus grösseren (eschieben bestehen, als die oberen. Im SW. von Debica reiht sich an die Zone des Süsswasserlehms unmittelbar ein Streifen fluviatilen Sandes mit Lehm und einem Sehotter- vorkommen im Osten von Wolica, welcher sich bis in die Nähe von Zawada erstreckt. Hinter diesem Sande und bei Zawada unmittelbar hinter diesem Schotter steigt das lössüberkleidete Karpathengehänge an. Auf dem Wege von Debica gegen das im Süden von Nagawezyna befindliche Hegerhaus beobachtete ich in einer an Stelle der Strasse ge- tretenen 3 Meter tiefen Schlucht srünen Lehm mit Brauneisensteinconere- tionen, überlagert von Löss. Durch diese Schlucht, welche sich in drei Jahren allmälig gebildet hat und deshalb auf der 1880 erschienenen Karte noch nicht erzichut erscheint, ist die Strasse anf eine längere Strecke zerstört. Der Streit über das Mass des Antheiles der beiden hier zusammen- grenzenden Gemeinden an der Wegausbesserung liess die Schlucht sich immer mehr vertiefen und nach rückwärts schreiten. Der innere Bestand des Gebirges ist in den Querschluchten mehrfach sehr schön aufgeschlossen. In der ” Schlucht von Gumniska fox traf ich westlich vom Meierhof, unweit desselben hart am linken Bachufer nach- stehend beschriebene Entblössung. In einem ununterbrochenen Wechsel folgen dünne Lagen grauen Sandsteines und grauen Thones aufeinander. In der Mächtigkeit eines Meters zählte ich einen zwölfmaligen Gesteinswechsel. Alle einzelnen Lagen sind von nahezu gleicher Mächtigkeit. Das Schichten- system ist bis zu stellenweiser Ueberschiebung gefaltet und streicht WSW.-—ONO. Die Sandstein-Schichtflächen sind von Hieroglyphen be- deckt, welche, wo man über das wahre Hangende, wie an den voll- ständig erhaltenen Antielinalen und Synelinalen nicht im Zweifel sein kann, stets an der Unterseite der Sandsteinbänke auftreten. Aehnliches beobachtete Zu smayer an anderer Stelle.?) Bei der weiter unten befind- liehen Mühle rechts am Wege sah ich kleinkörniges Conglomerat, Sand- !) Aus ihm muss der Unterkiefer von Elephas primigenius „vom rechten Ufer des Wislokaflusses im Norden von Debica“ stammen, auf welchen sich die Notizen im Jahrbuche d. k. k. geol. Reichsanst., 1857, Sitzungen, pag. 158, 764 und 815 beziehen. 2) H. Zugmayer, Ueber Petrefactenfunde aus dem Wiener Sandstein des Leopoldsberges bei Wien. Verhandl. R.-A., 1875, pag. 29. [3] Die Randtheile der Karpathen bei Debica, Ropezyce und Lahcut. 409 stein, Thon und Mergel, südwestlich fallend aufgeschlossen. In den von Nord nach Süd verlaufenden Ursprungsästen des Gumniskaer Thales beobachtete ich Sandsteine und Thone, O.—W. streichend. Von exoti- schen Blöcken. wie sie an anderer Stelle zu beschreiben sein werden, konnte ich in dem ganzen Thale nichts wahrnehmen. Zu Kopalina (Debica SO.) auf der Höhe, wo der vom Hegerhause nach SO. führende Weg den nach SW. verlaufenden Weg schneidet, sieht man in der nach Westen gehenden Schlucht sehr mächtige graue Thone mit Sandsteinzwischenlagen, welche Hieroglyphen,, gleich jenen zu Gumniska fox, enthalten. Die Ablagerung ist in dem obersten Theile der Sehlucht fast ganz horizontal. Im Thone fand ich daselbst eine doppelte Wabenschicht (Faser- schicht) eines fragmentarisch erhaltenen, beim Herausnehmen zerbröckeln- den Zweischalers. Beide Lagen haben zusammen 3—5 Millimeter Dicke und sind stellenweise von gleicher, stellenweise von ungleicher Stärke. Die Prismen stehen nicht senkrecht, sondern mehr oder weniger schräg zur Oberfläche. Letztere ist auf allen (auch den zusammen- haftenden) Seiten rauh und ohne Spur einer Sculptur. Im Längs- und im Quer-Dünnschliff ergibt sich eine grosse Uebereinstimmung mit dem Bau der Wabenschicht von Inoceramus. Fragmente ganz ähnlicher Schalen verdanke ich der Gefälligkeit des Herrn Dr. R.Zuber. Sie sind ebenfalls seulpturlos und zeigen zwei bis drei Wabenschichten. Sie stammen von Dora am Pruth aus der echten und typischen Gruppe des Tamnasandsteines, wie mir Herr Zuber unter Hinweis auf eine von ihm in der polnischen Lemberger Zeitschrift „Kosmos“, 1884, pag. 617 gegebene Darstellung mittheilt. Derlei fragmentarisch erhaltene Schalen wurden bisher von den in den galizischen Karpathen arbeitenden Geologen ohne weitere Er- örterungen als Inoceramen bestimmt. Die Wiederholung der Wabenschicht, welche mir nicht auf Uebereinanderpressung von Theilen derselben Schale oder verschiedener Schalen zu beruhen scheint, zeigt sich an auf Pinna bezogenen Wabenschichten aus dem steierischen Leithakalke. In der Literatur über den Bau der Kalkschalen (namentlich Car- penter, Bowerbank, Nathusius-Königsborn, Tullberg, Gümbel) habe ich keine nähere Beschreibung (des Baues der Prismen- schichten von Inoceramus gefunden. Ein mir dureh die Freundlichkeit der Herren R. Hoernes, D. Stur, M. Vacek und R. Zuber zur Verfügung gestelltes kleines Material (Kreide-Inoeeramen und tertiäre Pinnen) liess mich keine sicher definirbaren Eigenthümlichkeiten der Wabenschichte von Inoceramus erkennen. Die mir vorliegenden kar- pathischen Fragmente stimmen allerdings durch die Unebenheit der Prismen-Seitenflächen, die seltene Quertheilung und Querstreifung (welche, wie Gümbel zeigt, Membranen entsprechen) und die auf dem Quer- schliff der Prismen sichtbare grössere Dicke des Zwischenraumes der Prismen sehr gut mit den Wabenlagen der Inoceramen überein, während meine (3) tertiären Pinnen die entgegengesetzten Eigenthümlichkeiten zeigen; jedoch zeichnet Carpenter dieke Zwischenräume und unregel- mässige Wände von Pinna. Da es mir gegenwärtig an genügendem Untersuchungsmateriale fehlt, komme ich bezüglich der Möglichkeit, Inoceramus nach der Wabenschichte sicher zu erkennen, zu keinem Jahrbuch der k. K. geol. Reichsanstalt. 1885. 35. Band. 2. Heft. (V. Hilber.) 53 te ER Ei a, BANERL IA ‚mv . f 3 IS ie 7 410 Vincenz Hilber. [4] Abschlusse und bezüglich der Natur der erwähnten Fragmente zu dem Ergebniss, dass dieselben wahrscheinlich zu Inoceramus gehören. In dem nach der entgegengesetzten Seite, nach Stobierna, ge- richteten Graben sah ich ebenfalls Sandsteine mit Hieroglyphen an den unteren Schichtflächen und Thone. Das Schichtensystem streicht: NW.— SO., steht vorwiegend senkrecht, an ciner Stelle sah ich südwest- liches Fallen. In dem gegen Zawada ziehenden Hauptgraben herrschen die gleichen Schichten. Die Falten sind theils nach Norden überschoben (zum Theile liegend, zum Theile mit einem horizontalen und einem senkrechten [dem nördlichen] Schenkel), theils aufrecht stehend. Aus. dem Thon brechen eisenhältige Quellen hervor. Weisse Jura- oder Tithonkalk-Gerölle finden sich im Thon. Sie werden zum Kalkbrennen gesammelt. An der Grenze zwischen Stobierna und Stasiowka wurde kurz vor meiner Anwesenheit ein Steinkohlenvorkommen gefunden und abge- baut, welches in der Umgebung mehrfach die Schurfluft weckte. Jeden- falls war es ein ähnlicher exotischer Block, wie einer zu der Expertise Foetterle’s Veranlassung gab. !) Die Bachufer selbst werden theils von anstehendem Gesteine, theils von (vom Bache durchschnittenen) Bachsehotterlagen gebildet. Ueber diesem Schotter liegt als oberste Lage des Thalbodens ein gelber ungeschichteter geschiebefreier, !/; Meter und etwas darüber mächtiger Lehm, dessen subaörische Entstehung wahrscheinlicher sein dürfte, als diejenige aus Hochwasserschlamm, weil der gänzliche Geschiebemangel bei der Enge und dem Gefälle der Schlucht schwer zu erklären wäre. Südlich von der Brauerei steht am linken Gehänge bis in das Thalniveau reichend Löss mit Suecinea oblonga und Helix hispida an, dessen Vorkommen beweist, dass die Schlucht in der späteren Diluvial- zeit bereits vorhanden war. Unmittelbar bevor der Bach das Gebirge verlässt, durchschneidet er eine ältere Thalanschüttung, dadurch eine Terrasse erzeugend, welche von einem kleinen Seitengraben durehquert wird. In letzterem sieht man zunächst dem Bache einen horizontal liegenden Flussschotter , aus Karpathensandstein,, Strambergerkalk und vollkrystallinen Gesteinen bestehend. (Dieser Schotter ist längs des Baches eine Strecke weit auf- geschlossen, fehlt aber am Ausgange der Schlucht, wo die Wände von grünem Lehm gebildet werden.) Hinter diesem Schotter folgt, in einer senkrechten, bis zum Grunde des Quergrabens reichenden Berührungs- fläche angelagert, Sand und noch weiter rückwärts, in gleicher Weise vom Sande geschieden, horizotal liegender geschichteter Lehm. Diese drei Absätze sind nach ihrer gegenseitigen Lagerung Reste ehemaliger, verschieden alter Thalgrundfüllungen, die senkrechten Berührungsflächen alte Steilränder. An einer Stelle sieht man über dem dort 5 Meter mächtigen Schotter, dessen Schichtungslinien stellenweise unduliren, einen feinen ') J. Foetterle, Vorkommen von Steinkohlen im Karpathensandstein. Verh. R.-A., 1865, pag 159 und Conglomeratschichten im Karpathensandstein. Ibidem, pag. 250. [5] Die Randtheile der Karpathen bei Debiea, Ropezyce und Lanenut. 411 selben Lehm, den ich für Löss hielt (die Stelle war unzugänglich), und welcher taschenförmig in die Unterlage eingreift. Unter den nordischen, im Bachbette liegenden Granittrimmern fand sich ein scharfkantiges, tetraöderähnliches Geschiebe. Unter den Geschieben zwischen Stobierna und Stasiowka fand ich einen grauen Sandstein: Sandkörmner: eckig, durch ein Bindemittel, das aus opakem Erz (2?) und winzigen Nädelchen oder Blättehen eines chlo- ritischen Materials besteht, verbunden. Ob dieses Geschiebe aus den Karpathengesteinen oder dem nordi- schen Diluvium stammt, lässt sieh nieht beurtheilen. Ebenda sah ich einen nordischen Block ausSyenit: Grüne Hornblende, brauner Magnesiaglimmer in Blättern, Quarz, Orthoklas und Plaeioklag bilden ein körnigesGemenge. Einzelne Orthoklasausscheidung. An der OÖber- fläche reichliche Eisenkiesbildung. Makroskopisch se heinbar gneissartig. Die Bachgeschiebe enthalten ferner kleine, gut gerollte Geschiebe aus bläulichem Kieselschiefer. (Das gleiche Gestein findet sich in den Flussschottern der Tiefebene.) Umgebung von Ropezycee. Die Stadt liegt im karpathischen Theile des Wielopolkathales kurz vor dessen Austritt in die Ebene. Von Zawada an schliesst sich an den Süsswasserlehm der die Ebene und das Gebirge begrenzenden Erosionsfurche Löss. Das Thal des Wielopolkabaches bildet bis nördlich von Ropezyce die Grenze des Lösses gegen den später zu erwähnenden grünen Lehm. Der Löss gewinnt nach Osten zu an Mächtigkeit. Während noch in der nach dem westlichen Meierhofe von Okonin hinablaufenden Schlucht die karpathischen Thone und Sandsteine aufgeschlossen erscheinen, tauchen dieselben in der nördlichen Umgebung von Ropezyce unter die Thalgründe hinab. Schon in Okonin und Chechly weist das Nord- gehänge bis zu den nordöstlichen Häusern der letzteren Ortschaft Löss auf. An letztgenannter Stelle sind die eigentlichen karpathischen Schiehten, wie später zu erwähnen, entblösst. Auf dem auf der Karte mit „Szpitalka“ überschriebenen Berge ist auf den Höhen, wie in den Schluchten, ausser einem erratischen Vorkommen lediglich Löss sichtbar. Der Unterschied zwischen dem höchsten und dem tiefsten Lössvorkommen beträgt hier 47 Meter. Die Schlucht im Südosten von Czekaj ist 25 Meter tief ausschliesslich in Löss eingeschnitten. Diese Schlucht trägt, wie die übrigen der Szpitalka, das charakteristische Gepräge der Lössschluchten, d. h. von Schluchten, welche ihrer ganzen Tiefe nach in Löss eingeschnitten wurden. Für einen bedeutenden Theil derselben sprechen die hohen senkrechten Wände mehr als alle Erwägungen für diese Anschauung. Von diesen Schluchten gehen ferner nach verschiedenen Richtungen Seitengräben ab,. welche wieder nur Löss entblössen. Die Annahme, dass der Löss hier nur einen dünnen Mantel über älteren Bildungen darstelle und durch Ueberkleidung der alten Schluchtwände eine grosse Mächtigkeit vortäusche, würde die weitere Voraussetzung bedingen, dass das ganze Sehluchtensystem sammt allen Verzweigungen vor der Lössbildung bestanden habe, ferner auch nicht dureh diese zugeschüttet worden sei; denn in letzterem Falle würde der Löss der Schluchtfüllune eine der heutigen Schluchttiefe gleiche Mächtigkeit gehabt haben. - 52 *F 412 Vincenz Hilber. [6] Bei der raschen Fortbildung und der Neuentstehung der Löss- schluchten unter unseren Augen ist es ausserordentlich unwahrscheinlich, dass das Grundgebirge, wenn es so seicht liegen würde, nirgends auf- gedeckt worden wäre. Zudem veranschaulichen auch die senkrechten Lösswände direct die bedeutende Mächtigkeit des Lösses. Die Tiefe der Schluchten gibt somit den wahren Massstab für die geringste Mächtig- keit, welche wir dem Löss jener Gegend zuerkennen müssen. Als eine solehe Minimalzahl haben wir die oben genannten 25 Meter fest- zustellen, welche wahrscheinlich schon für den gegenwärtigen Zustand viel zu gering bemessen ist (da das Liegende nicht aufgeschlossen ist und der Löss auf den nicht von Schluchten durchschnittenen Berghöhen in ein weit höheres Niveau aufsteigt, als jener Berechnung zu Grunde lag), sicher zu gering für die vormaligen Verhältnisse, da der jeder Bewerthung entzogene Betrag der oberflächlichen Abtragung nicht in Rechnung gestellt ist. In den zwei nach Ropezyce mündenden Schluchten zu beiden Seiten der Strasse nach dem Bahnhofe sieht man im Löss, welcher durch seine petrographische Beschaffenheit und Helix hispida, Succinea oblonga, Pupa muscorum charakterisirt ist, in horizontalen Schichten eingefügte Sandlagen, ein Beweis, dass die Oberfläche des dortigen Lösses mindestens in einzelnen Bildungsstadien horizontal war. (Aehn- liche horizontale Zwischenschichten sowohl, als auch eine Auflagerung des Lösses auf horizontalen Schichtflächen tertiärer Gesteine habe ich bereits wiederholt von anderen Punkten angegeben.) In der westlichen dieser Schluchten steckten in einer von der Lösswand durchscehnittenen senkrechten, unten geschlossenen Spalte des Lösses kleine Blöcke aus nordischen, Krystallinen Felsarten und aus den karpathischen Sandsteinen und Conglomeraten ähnlichen Gesteinen, einzeln übereinander gethürmt, mit Ausnahme eines einzigen kantig. Aus dem im Westen des Friedhofes gelegenen Theile dieser Schlucht wurde eine Schlämmprobe des Lösses untersucht. Dieselbe ent- hielt: Eekige Trümmer von Kreidemergel von 4 Millimeter grösstem Durchmesser, kleine Kaliglimmerblätichen, mehr oder weniger gerundete bis eckige glashelle, weisse, gelbliche, grüne, rothe Quarzkörner, unter welchen die gerundeten vorwalten, ein 3 Millimeter langes flaches Sandsteinbröckehen, Splitter von dünnen, glatten Kalkschalen, wie von Helix. Merkwürdig sind zwei sehr kleine Kalkschalen, von welchen eine einem aufgebrochenen Eie, die andere einem dickschaligen abge- rollten Lueina-Embryo ähnelt. Sicher erkennbare Foraminiferen fanden sich nicht. In der längsten Sehlucht im Norden der Ropezycer Kirche ist an der Basis der Schlucht, deutlich von Löss überlagert, durch die Grabungen der Füchse erratischer Schotter an vielen Stellen aufge- schlossen. Die Sehluchtenbildung dieser Lössgegend ist wegen ihres unfer- tigen Zustandes interessant. Man beobachtet tiefe senkrechte Löcher („Brunnen“), schräge tief hinabreichende, oft mit den Brunnen eommu- nieirende Höhlen und Röhren, dolinenartige Erdsenkungen und Quer- terrassen, unterhalb welcher sich gewöhnlich „Brunnen“ befinden. Dieser Zusammenhang der Lössbrunnen mit den Querterrassen, welchen ich 2 aA ra nenn Gl Da En" Ka }- x « 1 200 wer n [7] Die Randtheile der Karpathen bei Debiea, Ropezyce und Laneut. 413 schon vielfach beobachtet, scheint auf eine genetische Beziehung beider hinzuweisen. Im Osten von Ropezyce wird der Lössstreifen breiter, erreicht bei Sedziszöw 6 Kilometer, im O. und SO. dieser Stadt noch mehr, an Breite. Er setzt sich hier in die Terrasse fort, welche über Rzeszöw, Lancut, Przeworsk, Jarostaw die von mir studirten Gebiete verlässt. Je weiter nach Osten, um so ausgeprägter wird die Terrassenform. Der scharfe Steilrand bei Jarostaw setzt sich nach Westen in eine sanfte, aber immer noch deutlich markirte Böschung fort, deren unterer Rand zugleich die oberflächliche Lössgrenze darstellt. Die die Terrassen dur chquerenden Schluchten, welche den Terrassencharakter vielfach stören, entblössen nur Löss. Auf dieser Terrasse, welche in der Nähe des Steilrandes bei Jarostaw 30 Meter hoch ist, aber weiter im Süden beträchtlich ansteigt, verläuft die Chaussee, während die Eisenbahn, wie erwähnt, ihrem Rande folgt. Die Lössmächtigkeit muss im Osten, nach der Höhendifferenz in den Schluchten zu urtheilen, auf mindestens 50 Meter veranschlagt werden. Das Wachsen der Lössschluchten nach rückwärts ist vielfach zu beobachten. Wege werden angeschnitten, ja an einer Stelle zwischen Ropezyce und Brzezöwka fand ich die Hälfte der Chaussee in das hintere Schluchtende abgestürzt. Die südliehe Umgebung von Ropezyce, in deren Schluchten die gefalteten Karpathengesteine auftreten , gehört oberflächlich dem Ver- breitungsgebiet eines grünen, stellenweise geschichteten Lehms mit röhren- förmigen Brauneisensteinconer etionen an, welche senkrecht lagenweise im Lehm stecken, wie die Kalkceoneretionen in chinesischem Löss. Die grüne Farbe des Lehms zeigt sich nur im frischen Anschnitt. Die oberen Partien sind gelb. Die von mir gesammelten Proben des frischen Lehms waren nach wenigen Monaten, als ich sie auspackte, durch und durch gelb gefärbt. Bei Niedzwiada (auf dem Blatte Wielopole) sah ich zu oberst im Lehm eine ziemlich mächtige gelbe Okererde. Ausser jenen Röhren enthält der Lehm, wiewohl relativ selten, traubige, den Lössmännchen gleichende Kalkconcretionen und eckige Trümmer karpathischer Gesteine. Als Schlämmrückstand dieses Lehmes ergaben sich runde, ver- schiedenfärbige Sandkörner, kleine Brauneisensteinconeretionen und Sandsteintrümmerchen. Der genannte Lehm wechsellagert in der kleinen Schlucht west- lieh von der Hauptschlucht im Süden von Ropezyce mit Sand. Wo Schiehtung erkennbar ist, liegt der Lehm horizontal, ausgenommen einige Stellen, wo er an dem Aufbau der Schluchtwände betheiligt ist. Hier zeigt sich Einfallen gegen die Schluchten, wie dies bedingt durch Rutschung der betreffenden Schichten oder Wegführung ihrer Unterlage, auch anderwärts an Einschnitten häufig zu beobachten ist. Das Verhältniss dieses Lehms zu den übrigen Quartärbildungen konnte sehr gut im Westen von Ropezyce beobachtet werden. In der südlichen der zwei sich bei dem im Westen von Ropezyce befindlichen Meierhofe vereinigenden Schluchten ist der grüne Lehm geschichtet und enthält Gesteinstrümmer und die erwähnten Kalk- und Limonit- eoneretionen. Darüber liegt daselbst Löss. Auf dem südlich von 414 Vincenz Hilber. [8] dieser Schlucht verlaufenden Wege sieht man zwischen dem grünen Lehm, welcher dort ebenfalls Eisensteinconeretionen enthält, und dem Löss einen durch die Form der Geschiebe charakterisirten fluviatilen Schotter aus karpathischen Gesteinen. Die Zwischenräume der Geschiebe sind von schwarzer , mooriger Erde erfüllt. Ein ganz ähnliches Mittel zwischen den Geschieben habe ich in den Absätzen der heutigen Bäche in der angrenzenden Tief- ebene kennen gelernt. Die absolute Höhenlage des Schotters beträgt 270 Meter, die relative über der Thalsohle im Süden 50, über der im Norden anstossenden Tiefebene 70 Meter. Das Schottervorkommen beweist, dass an dieser Stelle nach der Ablagerung des grünen Lehms und vor der Bildung des Lösses der Thalboden eines karpathischen Wasserlaufes bestanden hat, Die Ueberlagerung des grünen Lehms durch Löss habe ich, wie früber erwähnt, auch in der an Stelle der Strasse getretenen Schlucht an dem Wege von Debica gegen das im Süden von Nagawezyna stehende Hegerhaus beobachtet. Ueber das allmälige Rückwärtsschreiten der Schluchten in diesem Lehm ist die Beobachtung des Pfarrers von Ropezyce lehrreich, welcher mir eine auf seinen Aeckern befindliche 25 Schritte lange Schlucht zeigte, die während der vier Jahre seines dortigen Aufenthaltes entstan- den ist und sich immer weiter nach rückwärts verlängert. Theils brechen die hinteren Schluchtwände nach, theils entstehen hinter dem Anfange der Schlucht tiefe Löcher, welche später mit der Schlucht in offene Verbindung treten, so dass eine neue Strecke derselben entsteht. Auf der Höhe südlich vom Pfarrhaus von Ropezyce tritt aus diesem Lehm auf einem Acker eine sehr schwache, eben noch durch den Geschmack erkennbare Salzquelle aus. Wir haben uns nun mit dem Alter und der Entstehung des beschriebenen Gebildes zu befassen. Die dem Miocän vorangehenden Ablagerungen sind durch die Nichtbetheiligung an der Gebirgsbildung, welche der fragliche Lehm und seine geschichteten Partien zeigt, aus- geschlossen. Dasselbe gilt auch für die in vorwaltend thonigen Facies ausge- bildeten Mioeänschichten, welche ebenfalls noch eine Antheilnahme an der Faltung zeigen (Salzthon, Miocän-Schiehten von Grödna dolna). Auch die Abwesenheit selbst mikroskopischer Fossilien spricht gegen die Annahme einer marinen Tertiärablagerung, welche das Auftreten der Salzquelle zu berücksichtigen verlangt. Dagegen zeigt sich die grösste Aehnlichkeit mit dem bisher in die Diluvialperiode eingereihten sogenannten Berglehm. Nur die stellenweise beobachtete Schichtung stimmt nicht mit seiner von den früheren Autoren gegebenen Charakte- ristik. Ein Theil derselben betrachtet den Berglehm als an Ort und Stelle gebildetes, ein anderer als umgeschwemmtes Eluvium. Die wahr- scheinlichste Anschauung über die Entstehung des Berglehms in meinem Gebiete scheint letztere, nämlich, ihn als Verwitterungsproduet zu be- trachten, welches durch Wind und Regenwasser vielfach Umlagerungen erfahren hat. Die von mir beobachtete stellenweise Schiehtung , die vor- kommende Auflagerung des Lehms auf Sandstein, die Wechsellagerung mit Sand (welch’ letzterer seiner horizontalen Lagerung wegen nicht als e.. : 7% .: [9] Die Randtheile der Karpathen bei Debica, Ropcezyce und Laneut. 415 primär liegendes Verwitterungsproduet karpathischer Sandsteine zu deuten ist) und wohl auch der Umstand , dass der Berglehm in den Schluchten viel mächtiger ist, als an den höheren Gehängen, und noch mehr, als auf den Kämmen, sprechen dafür. Namentlich die Rolle des Regen- wassers bei der Verschleppung eluvialer Produete sieht man in aufge- lassenen Steinbrüchen, gleichviel in welchem Material, wenn das höher ansteigende Terrain eine thonige Oberfläche besitzt. Der Steinbruch wird nämlich vollständig von einer dicken Lehmablagerung überkleidet. Das langsam abrieselnde Regenwasser setzt die aus den oberen Partien mitgenommene Trübung ab. Heftige Regengüsse wirken hingegen denu- dirend und waschen oft die Wände der Brüche ab, namentlich , so lange die Lehmdecke noch dünn ist. Sehr häufig sieht man an den Wänden der Brüche Lehmstalaktiten; sie beweisen den Absatz aus Wasser. Auf Grund der angeführten Thatsachen kann ich mich mit der Schlussfassung V. Uhlig’s'), welche den Berglehm als nieht umge- lagertes Eluvium betrachtet, nicht einverstanden erklären. Dieselbe passt allerdings für die in den Karpathen, wie anderwärts vorkommenden, an der Bildungsstelle liegenden lehmigen Zersetzungsproducte,, sicher aber nicht für den auf karpathischem Sandstein ruhenden Lehm, weil dieser nicht als primär liegendes Verwitterungsproduet des ersteren auf- zefasst werden kann, ebensowenig für die grossen Lehmmassen in den Schluchten, deren Mächtigkeit auf Zusammenhäufung hindeutet, oder auf das von mir beschriebene Gebilde, dessen Sandlagen die Betheiligung von Lagerungsvorgängen darthun. Auf den in Rede stehenden Höhen und in deren Schluchten trifft man mehrfach erratische Trümmer über dem grünen Lehm. So auf den Feldern im Süden des Ropezycer Pfarrhauses, wo nordische Granite und Sandsteine zusammen mit karpathischen Sandsteinen vorkommen ; ferner kommen erratische Trümmer vor in der Schlucht von Brzyzna, in jener von Zagörze, in welcher sich folgende erratische Gesteine fanden: Ein gänzlich "zersetztes porphyritisches Eruptivgestein (Horn- blende-Biotit-Porphyrit?) von brauner, an den am meisten zersetzten Stellen lauchgrüner Farbe. Der Dünnschliff ?) zeigt eine braune, ferrit- reiche, mikrofelsitische >, stellenweise grüne, chloritische Grundmasse, in der grosse Feldspathkrystalle ganz zersetzt und meist in Caleit umge- wandelt, wie Pseudomorphosen von Ferrit und Chlorit nach einem Bisilieat (Augit? Hornblende?) und Biotit liegen. Braunstaubiger Apatit, opake Erzkörner (Magnetit). Rother Granit. Das Gestein bietet makroskopisch eine fleischrothe, aus Feldspath bestehende Hauptmasse mit zahlreichen Spaltungsflächen, !) Jahrb. R.-A. 1883, pag. 551. Aus den auf dieser Seite von demselben gemachten Erörterungen geht hervor, dass er den Berglehm als nicht umgelagertes Zersetzungs- product, Eluvium, betrachtet. (Auch hat derselbe an anderer Stelle (Jahrb. R.-A. 1884, pag. 220) den Begriff der Umlagerung von demjenigen des Eluviums, gewiss in richtiger Weise, ausgeschlossen.) Damit widerspricht Dr. Uhlig den von ihm selbst auf der vorher- gehenden Seite (550) gemachten Ausführungen, wo die bei der Berglehm-Bildung thätigen Umlagerungsvorgänge besprochen werden. ”) Die in dieser Arbeit hier und in den folgenden Theilen mitgetheilten Dünn- schliffuntersuchungen wurden von Herrn Dr. Eugen Hussak ausgeführt, wofür ich ihm meinen herzlichsten Dank abzustatten mich verpflichtet fühle. 416 Vincenz Hilber. [10] in welchen glashelle Quarze liegen. Der Dünnschliff zeigt: Grosse (uarzkörner, meist mehrere beisammen und sehr reich an Flüssigkeits- einschlüssen und ganz zersetztem, ganz trübem Orthoklas, der mit den (uarzen prachtvoll schriftgranitartig verwachsen ist. Hierin ehloritisch zer- setzte Glimmerpartien. Es istnicht ausgeschlossen, dass auch eine allerdings ganz dem zersetzten Orthoklas ähnliche Grundmasse vorhanden wäre, wonach das Gestein Quarzporphyr benannt werden müsste; es ist aber in den zwei untersuchten Schliffen und am Handstück keine Abgrenzung der Orthoklaskörner zu sehen. Weisser Granit. Rother Dala-Sandstein. In der Schlucht im Süden von Ropezyce fand ich nordische Blöcke, darunter rothen Quarzporphyr ohne Quarzeinsprenglinge. Dieses Gestein besitzt eine mikrokrystalline Zusammensetzung, aus unregelmässigen Quarzkörnern und ziemlich zersetzten Orthoklaskörnehen und spärlichen Magnetitkörnchen bestehend. Als „Einsprenglinge“ grosse zersetzte Orthoklaskrystalle und chloritisch zersetzten Biotit, welcher einen Kern von Caleit und eine Hülle von grünem Chlorit besitzt. Makroskopisch siehtbare Quarze, Grundmasse mikrokrystallinisch, deutlich aus Quarz und Orthoklas bestehend. Das gleiche Gestein fand ich erratisch in der Tiefebene (Kochanowka). Ein anderes Gestein der erratischen Blöcke dieser Schlucht ist rother Biotit-Granit aus vieleckigen Quarzkörnern, Orthoklas, zer- setztem Biotit bestehend. Der Orthoklas ist prachtvoll- mit dem Quarz mikropegmatitisch verwachsen. In der südlich von der Höhe 382 A (Ropezyce S.) befindlichen Schlucht schlug ich von einem Blocke eine Probe ähnlichen Granites ab. Er unterscheidet sich durch erheblichere Grösse der mit den Ortho- klasen verwachsenen Quarzkrystallen. Aus der Umgebung von Ropezyce, ohne genaue Fundortsangabe, habe ich ferner ein von einem erratischen Blocke abgeschlagenes Hand- stück mitgebracht, welches deshalb Beachtung verdient, weil es aus dem gleichen, nur viel frischeren Gestein besteht, wie der früher aus der Schlucht von Zagörze erwähnte Porphyrit: Brauner, oft in Chlorit, Caleit und Ferrit umgewandelter Biotit, ausserdem noch ganz ferritische Säulchen (Hornblende?), Plagioklas- einsprenglinge, frisch, scheinbar viel Orthoklas. In der Grundmasse Plagioklasleistehen, grosse Magnetite und Apatit. Seltener Quarz- körner. | Bei der südlich von Ropezyce gelegenen Localität Srednie fand ich in 350 Meter Meereshöhe einen aus nordischen Materialien be- stehenden Schotter, welcher eine fluviatile Lagerung erfahren zu haben schien. Ich habe ihn deshalb als fluviatilen Schotter ausgeschieden. Das Vorkommen ist lehrreich für das Minimum, welches für die grösste Höhe des nordischen Eises in dieser Gegend angenommen werden muss. Denn ein Wasserlauf konnte den Schotter nur an niedrigeren Stellen, als derselbe ursprünglich abgesetzt wurde, deponirt haben. Wie bereits erwähnt wurde, kommt in den Schluchten der süd- liehen Umgebung von Ropezyce ein ähnliches Schichtensystem vor, wie früher eines aus der Umgebung von Debica beschrieben wurde. [11] Die Randtheile der Karpathen bei Debica, Ropezyce und Lancut. 417 In der südlich von der Rop- @ ezycer Kirche liegenden, gegen 2 gi 5 Kilometer langen Schlucht erschei- nen die älteren karpathischenSchich- ten der Gegend am besten aufge- schlossen. Wir schreiten bei Be- sprechung des Profils vom Ausgange der Schlucht gegen denUrsprung vor. Von der Schluchtmündung an ist auf eine Entfernung von fast einem halben Kilometer nur Berg- lehm sichtbar. Der erste Aufschluss älterer Schichten, unter einer Lehm- wand, welche oben einen Birken- saum trägt, weist dunkelgraue bis schwärzliche Thone mit dünnen srünen Thonlagen wechselnd auf. Der Schlämmrückstand des Thones enthielt neben kleinen festen Thon- bröckchen vereinzelt Trümmerchen weisslichen zersetzten Kalksteines, keine organischen Reste. Die Thone sind steil gestellt, fallen nach Süden und enthalten kindskopfgrosse Kugeln und kanten- gerundete grosse und kleine Trüm- 7 mer gemengter krystalliner Gesteine se ; Conglemstat Po) Sxatioche Plöcke i } Hier ab eine Seitenochlucht uch 5. : “ Ä E N S) hluchsten Sabelung Cd.and. Schl. u 550) — EAN NER STETTIN DIRT: II TEN N bebung (a. 2. Fahameg)( 2, and. Schl.n. SO guiner S Schluchten Ir SE 2 KEN, EiJpo: sam EI und eines weissen, dem Stram- 2 @ berger Kalksteine sehr ähnlichen v_ Kalksteines. v7 An dieser und an anderen Stellen der Schlucht sammelte ich folgende Proben exotischer Trüm- mer. Ich erwähne nur solche, welehe ich selbst aus dem anstehenden 2 Thone herausgenommen. Grobkörniger Quarz glimmerdiorit. Grosses, kan- tengerundetes Stück mit klein- grubiger Oberfläche und eben- flächiger Basis, ferner eine über faustgrosse Kugel mit schaliger Absonderung und rauher klein- 7 grubiger Oberfläche. Makroskopisch sieht man ein Gemenge weisslicher Quarze und Feldspathe mit schwar- zem Glimmer. Im Mikroskop: Feld- spath, vorwaltend Plagioklas, viel Quarz, frischer Magnesiaglimmer. q Accessorisch: Erz in Verbindung mit Rutil, Zirkon, Apatit. Jahrbuch der k.k. geol. Reichsanstalt. 1885. 35. Band. 2. Heft. (V. Hilber.) 53 KNier ab eine Seitenachk el Lig + Se! LH SpeunD a Pe SE SR {0} SENT m Perg lol lorerger RT 418 Vincenz Hilber. 1 2] Man könnte das Gestein nach Hussak auch Plagioklasgranit nennen. Granitporphyr. Dunkelgraues, schwach kantengerundetes, doppelfaustgrosses Stück. Im Mikroskop: In einer aus winzigen Quarz- und trüb zersetzten Orthoklaskörnchen bestehenden Grundmasse liegen grosse Orthoklaskrystalleinsprenglinge und zersetzter gebleichter Mag- nesiaglimmer, sehr selten Quarzkörnereinsprenglinge. Grauer Sandstein. Graublaues, rundliches, doppelfaust- grosses Stück. Im Mikroskop: Eekige Quarzkörner und trüb zersetzte Feldspathe durch ein caleitisches und chloritisches Bindemittel verbunden. Dolomitischer Steinmergel. - Bräunlich-graues, ziemlich grosses, specifisch schweres, gut gerundetes Stück mit Einschluss eines kleinen, runden Fragmentes weissen, sehr kalkreichen Mergels. In Klüften kommt reichlich Eisenkies vor, dessen Zersetzungsproducte, insbesondere Eisenoxydhydrat, das Gestein bräunlich färben. Ausserdem scheint noch fein vertheilter Eisenkies im Gestein vorzukommen. Eine ebenfalls von Herrn Dr. Hussak angestellte qualitative chemische Untersuchung ergab viel Eisenoxydul, Kalk und Magnesia. Das Gestein braust erst mit heisser verdünnter Salzsäure. Im Dünnschliff erscheint das Gestein ganz gleichmässig aus winzigen eckigen Körnchen von Dolomit zusammengesetzt, zwischen welchen fein vertheilt Eisenoxyd- hydrat-Flocken liegen. Das Gestein gibt unter den Hammerschlägen Funken. Kalkstein. Unregelmässig gerundete, theils der Hauptform nach kugelige, theils längliche, über faustgrosse bis über kopfgrosse, zuweilen sehr vollkommen kugelige Gerölle von im frischen Bruch weissen, krystallinen Kalksteinen und weisslich-grünen, dichten Kalksteinen. (Inwalder 'Tithonkalke.) Im Aufschluss darüber liegt weisslicher Mergel, welcher weiter oben, der Schichtenstellung entsprechend, unmittelbar im Bachbette folgt. Diese sich in der Schlucht häufig wiederholenden Mergel führen schwärzliche Fueoidenreste. Darauf folgt eine beiderseits zum grössten Theile bewachsene Stelle, deren Blössen, ebenso wie die aufgeschlossenen Stellen weiterhin, dieselben Thone, eine Synclinale bildend, wechsellagernd mit Mergeln und Sandsteinschiefern erkennen lassen. Weiter oben sieht man am rechten Ufer eine Wand aus in sich sefalteten grünen Thonen mit schwärzlichen Thonschichten, welche durch die Faltung vielfach zerrissen und in ihrer Mächtigkeit verändert sind. Im Thone sah ich einen 50 Centimeter langen und 20 Centimeter hohen kantigen Block, dessen Breitflächen der Schichtung parallel lagen. An dieser Stelle berrscht deutlich antielinale Schiehtenstellung. In dem entsprechenden Thone des Südschenkels kommen gemengt-krystallinische Trümmer vor. Im Thon liegt eine Conglomeratbank. Nun folgt nach Süd fallend lichter Mergel mit Kalkröhrchen !), darüber heller Quarzsand, !) Diese Röhrchen sind verhältnissmässig dickwandig, haben ein sehr enges Lumen, sind gebogen oder gerade, in ihrer ganzen Erstreckung 1 Millimeter dick, bis 70 Millimeter lang, durch den Druck breitgequetscht und in der Mitte häufig der Länge nach eingedrückt. Sie kommen auch, wie später zu erwähnen, in den grünen Sanden, in den Sandsteinen und den Mergeln vor. h E er ” F h ® a wem a [13] Die Randtheile der Karpathen bei Debica, Ropezyce und Lancut. 419 Sandstein und grüner Sand mit concretionären Blöcken, weisser Mergel mit Geröllchen auf den Schichtflächen, welcher eine 60 Centi- meter mächtige Conglomeratbank einschliesst, die nach oben und unten von einer dünnen Sandsteinbauk begrenzt wird. Das Conglomerat besteht aus fast erbsengrossen Geröllen schwarzen, bläuliehen und weissen Quarzes und sehr seltenen braunrothen Trümmern. Das Bindemittel ist Sandstein. Diese Conglomerate sind unter einander sehr ähnlich; sie bestehen aus verschiedenfärbigen Quarzen, brausen mit Säure und ent- halten hie und da kleine frische, als Tithonkalke erkennbare und mehr oder weniger zersetzte Kalksteintrümmer, selten Trümmer eines grünen, diehten Gesteins, Bryozoen, Schalenfragmente von Pecten, eine Lucina, ähnlich der Z. Rouyana d’Orb. und eine Modiola. (Die Fossile in der östlichen Ursprungsschlucht.) Darauf kommt, immer noch nach Süden fallend, Sand mit zerrissenen Thonlagen, welche die Schichtung zeigen, und Schotter, welcher die Bestandtheile des Conglomerates enthält. An Stelle des aus Sandstein bestehenden Bindemittels des Conglomerates befindet sich hier. loser Sand zwischen den Geröllen. (In der östlichen Ursprungsschlucht ent- hält der Schotter, wie das Conglomerat, Austernfragmente.) Ueber dem Sande sieht man lichte, stark clivagirte Steinmergel in 10 Centimeter bis 1 Meter mächtigen Schichten mit dem sich wieder einstellenden Thon wechselnd, welcher, nun eine neuerliche Synelinale bildend und einige Sandsteinschiehten einschliessend, auf einer längeren Strecke anhält. Unmittelbar vor der Gabelung der Ursprungsschluchten, wo die Fahrstrasse über die Schlucht geht, stellen sich die unter dem Thon folgenden Mergel senkrecht und diese Stellung hält auch in der nuu- mehr zu verfolgenden östlichen Ursprungsschicht an. Auf den Mergel folgt noch vor der Gabelung Thon, grüner Sand, Sandstein und Con- glomerat, wie im Profile nachzusehen. Der nach Süden auf das Con- slomerat folgende Sandstein enthält meist mit ihm verwachsene, ihn quer durchsetzende Stengel aus gröberem, dem Conglomerat ähnlichen Material. Sie sind aufzufassen als Hohlraumausfüllungen des Sand- steines, entstanden während der Conglomeratbildung und beweisen die Jüngere Natur des Conglomerates dieser Stelle. In der östlichen im Profile aufgenommenen, ebenso wie in der westlichen Ursprungsschlucht kommt nun eine rasch wechselnde Folge der bisher erwähnten Ablage- rungen mit Vorwalten der grobklastischen Sedimente, namentlich des grünen Sandes, welcher hier, ebenso wie der lichte Sand, zahlreiche grosse, concretionäre Sandsteinkugeln einschliesst. Dieselben werden zur Gewinnung von Schottermaterial gewonnen und zersprengt. Die con- eretionäre Natur dieser Kugeln geht namentlich daraus hervor, dass ich eine solche Kugel beobachtete, welehe aus dem Sande in den Schotter reichte und im Sande aus Sandstein, im Schotter aus Conglomerat be- stand. Gegen den Ursprung der östlichen und einer sich von ihr ab- zweigenden kleinen Schlucht neigen sich die Schichten wieder nach Nord. Ueber die Aufeinanderfolge und die Lagerung der Gesteine gibt das der Bachschlucht entnommene Profil Aufschluss. Dasselbe geht von der Mündung der Hauptschlucht zur ersten Gabelung, von dort durch die westliche der die erste Verzweigung bildenden Nebenschluchten und 93 420 Vincenz Hilber. 1 4] die östliche Ursprungsschlucht dieser letzteren. Als Oberfläche wurde der Schluchtboden und zwar horizontal angenommen. Die Distanzen sind nur nach dem Augenmasse geschätzt, die Mächtigkeit schwacher Einlagerungen wurde übertrieben. Der Massstab ist 1: 3000. Hauptscehlucht von Brzyzna. In dieser Schlucht ist ganz dieselbe Wechsellagerung von Thonen, Mergel, grünem Sande mit cou- cretionären Blöcken, Sandstein und Conglomerat entwickelt, wie in der Schlucht im Süden von Ropezyze. Das Streichen ist W.-O. Im Thon sah ich auch hier eige rothe Eisenquelle entspringen. Die Kalk- röhrehen, welche aus der Ropezycer Schlucht beschrieben wurden, kommen hier sowohl im Mergel, als im Sandstein und im grünen Sande an seiner Grenze gegen den Mergel vor. Schlucht von Gnoynica. Im Thale, an dessen Ausgang die Wände aus Löss, weiter gegen das Innere aus dem grünen Lehm bestehen, tauchen unter dem letzteren in Zagörze beim Hause Nr. 137 Thone und Sandstein hervor, welche beide die ganze Erstreekung der Schlucht anhalten. Die Sandsteine enthalten Steinkohlentrimmer und auf den Schichtflächen Kohlenpartikelehen. In losen Sandstein- blöcken fand ich Trümmer von Pecten und Östreen, zusammen mit Hieroglyphen. Das Streichen ist mit Ausnahme einer localen Abweichung (WNW.—OS0O.) ostwestlich. Von erratischen Gesteinen sah ich in der Schlucht Blöcke und kleinere Trümmer von Quarzit, rothem Quarzporphyr und weissem Granit. Zagörzyce. Bei den ersten Häusern dieser Ortschaft im SO. von Ropezyce ist der grüne Thon des mehrfach erwähnten Sehichten- systems sichtbar. Marines Miocän bei Olimpöw. Das bezügliche Vorkommen liegt im Westen der Ortschaft auf der Höhe; es wurde bereits von Dr. Uhlig!) erwähnt, indem unsere beiden hier zusammengrenzenden Aufnahmsgebiete daran betheiligt sind. Als Ergänzung: seiner Mitthei- lungen ist zu verzeichnen: Ausser der vorwaltenden Lithothamnienfacies ist auch die Bryozoenfacies des Leithakalkes entwickelt. Ueber beiden, deren gegenseitiges Lagerungsverhältniss ich weder aufgezeichnet, noch in der Erinnerung behalten, liegt eine lehmige Amphisteginenschichte mit Amphistegina Hauerina Orb. Im Kalkstein fand ich Peeten latissimus Brocc., Pecten Sausalicus Hrlb., eine aus dem Leithakalk des Sausal- gebirges in Steiermark beschriebene Art, häufig, Ostrea sp., grosse un- gerippte Art, Bryozoen, grosse Lithothamnien. Die Klüfte der Kalk- steine sind von braunem Lehm (terra rossa) erfüllt. Das Vorkommen ist von Löss umgeben und überlagert, durch Steinbrüche aufgeschlossen. Marines Miocän zu Glinik. (Wielopole NW.) Dieses von mir ?), wie das eben genannte, bereits erwähnte Vorkommen liegt ausser- halb meines Terrains auf dem Gebiete des Blattes Zone 6, Col. XXV, bei dem südlich von der Stelle, wo auf der Generalstabskarte die Bezeichnung Glinik steht, befindlichen Meierhof. Als Name der Localität wurde mir das auf der Karte nicht verzeichnete Wort Jadlowiec ge- nannt. Der Steinbruch daselbst schliesst einen klastischen Kalkstein !) Jahrb. R.-A., 1883, pag. 481. . 2) Verh. R.-A., 1884, pag. 120. 4 15] Die Randtheile der Karpathen bei Debica, Ropezyce und Lancut. 421 ud mit Lithothamnienkalk-Bänken auf. Die Kalksteine enthalten: Pecten latissimus Broce., Pecten Sausalicus Helb., grosse Lithothamnien (Indivi- duen bis 10 Millimeter im Durchmesser), glänzend schwarze Kohlen- trümmer. Eine auffällige Thatsache ist, dass weder diese, noch die übrigen, von Uhlig angeführten Leithakalke, trotzdem ein Theil derselben am Gebirgsabhange liegt, die Fauna unserer westlichen Kalksteine der gleichen Zeit führen. Wenn auch die Anzahl der bekannten Orte und der gefundenen Exemplare eine zu geringe ist, um das vollständige Fehlen der grossen Gasteropoden, der Olypeaster und die alleinige Vertretung der dickschaligen Peleceypoden durch Feeten latissimus sicher behaupten zu können, so ist dies doch ebenso wie die Abwesenheit der Korallenfacies nach den bisherigen Anhaltspunkten in hohem Grade wahrscheinlich. Gyps beiBroniszow und bei Niedäwada. Diese beiden Vorkommnisse liegen in der nördlichen Umgebung von Glinik, im Bereiche des gleichen Kartenblattes; das erstere wurde bereits von Uhlig angegeben.) Der Aufschluss desselben befindet sich auf dem Südabhange des südlich von dem auf der Karte verzeichneten Meier- hofe befindlichen Rückens. Der dünnschichtige, graue, mergelige Gyps fällt unter beiläufig 15° nach Norden. Der Gyps von Niediwada, auf der Höhe im SW. vom Meierhofe, war zur Zeit meines Besuches nicht aufgeschlossen, sondern nur durch auf den Feldern liegende Trümmer dünngeschichteten , grauen, mergeligen Gypses und weissen Alabasters, ferner bewachsene Schlote und Trichter erkennbar. Menilitschiefer von Zagörzyce. Auf der zu dieser Ort- schaft gehörigen Höhe (350 Meter), westnordwestlich vom Leithakalk von Olimpöw ist in dem Nordtheile der Kuppe gelblicher Schiefer mit Meniliten sichtbar, welcher rings von Löss umgeben ist. Auch die östlich hinablaufende Schlucht entblösst nur mächtigen Löss. Gegend um Nockowa. Weiter östlich traf ich in den von mir passirten Schluchten nur Löss, was so gut mit der Kaıte des östlich anschliessenden Gebietes von Rzeszöw übereinstimmt, dass ich keine der Schluchten von Bedziemysl und Dabrowa , welche nicht gut in meine Routen einzutheilen waren, sondern eine eigene Tagestour erfordert hätten, beging. An den Wänden des Wielopolkathales selbst sah ich nur am nordöstlichen Ende von Chechly an der nördlichen Seite Aufschlüsse von Sandstein, Mergel und Conglomerat. Kartenblätter 5, XXVI, SO. (Laneut), Osthälfte, 5, XXVII, SW. (Przeworsk), 5, XXVIL, SO. (Jarostaw). Aufgenommen im Jahre 1882. Umgebung von Lanecut, Przeworsk und Jaroslaw. Das Thal des Wisltok bildet von Lancut bis Przeworsk, jenes des San 1) Jahrb. R.-A.., 1883, pag. 475. Uhlig scheint einen anderen Steinbruch beobachtet zu haben, als ich. 499 Vincenz Hilber. [16] bei Jaroslaw die Grenzlinie zwischen der subkarpathischen Lössterrasse und der Ebene. Die Terrasse ist breit, der Löss sehr mächtig und die durchquerenden Thäler sind auf ihrer Ostseite stärker geböscht, als auf der Westseite. Im Dorf Sonina verläuft der Weg stellenweise auf einer die eine Thalwand begleitenden Terrasse aus karpathischen Flussgeschieben. Die Terrasse stösst an die Lösswand und ihre Schichten sind als der letzteren angelagert aufzufassen. Das eigentliche Gebirge betrat ich von den Häusern Floki, zwischen Lancut und Rzeszöw, her über Budy und den Berg Malawa. Dort ist die Lössterrasse schmäler, als weiter östlich. Schon bei Budy kommt man aus dem Lössterrain in das Gebiet eines bräunlichen Gehänglehms, welcher keine Röhrchenstructur besitzt und feste Gesteinstrümmer ein- schliesst. In der Schlucht nördlich von dem den nördlichsten Theil von Wola rafalowska bildenden Meierhof fand ich in der Schlucht unter 20° SSW. fallend mit einander wechsellagernde Schichten von hiero- glyphenführendem Sandstein und Thon mit Trümmern einer 5 Milli- meter dieken Schalen-Wabenschicht, ganz ähnlich der früher von Kopalina beschriebenen. Die ganze Dicke wird von einer einzigen Lage eingenommen, die Prismen stehen nicht senkrecht zur Ober- fläche ; letztere ist glatt. Zu Honie, im Bereiche des Blattes 6, XXVI, NO. fand ich dieselben Schichten in einer nach SW. gerichteten Neigung von über 80°. Bei Handzlöwka stehen Sandsteine und Thone auf den Höhen und Abhängen an. Dort fand ich im Thon ein kleines Gerölle aus Stram- berger Kalk und sah im Bachbette grosse, ebenfalls höchst wahrschein- lich aus diesem Thon stammende eben solche Gerölle. Von bier bis Jaroslaw treten in dem von mir aufgenommenen Gebiete der Kartenzone 5 karpathische Gesteine nicht mehr aus der Lössablagerung heraus. II. Stratigraphie. A. Neocom. 1. Thon. Er bildet das mächtigste Glied der ganzen Gruppe, zeigt meist nur beim Wechsel verschieden gefärbter Lagen und an den Flächen der Berührung mit anderen Gesteinen Schichtung, und ist von blauer, grüner oder schwarzer Farbe. Die einzelnen verschieden gefärbten Lagen zeigen häufig durch die Gebirgsbildung bedingte Ver- änderungen der Mächtigkeit und Zerreissungen. Nicht selten brechen aus dem Thone eisenhältige Quellen hervor. Häufig sind im Thone fremde Gesteinstrümmer eingeschlossen. Es sind zum Theile grosse flache Trümmer, deren breite Flächen den Schiebtflächen gleichlaufen, zum Theile kugelige, Kopfgrösse erreichende Gerölle und längliche, Geschieben ähnliche Trümmer. Am häufigsten [17] Die Randtheile der Karpathen bei Debica, Ropezyce und Laheut. 423 und meist kugelig, seltener in grossen dieken Platten, kommt titho- nischer Kalkstein vor, petrographisch ähnlich den Klippenkalk- steinen von Stramberg und Inwald und den in den Ropiankaschichten von Przemysl eingeschlossenen fossilführenden Kugeln. Die Literatur des letzteren Vorkommens habe ich bereits in dem vorläufigen Berichte angeführt.!) Ausserdem fanden sich im Thone grauer dolomi- tischer Steinmergel, grobkömiger Quarzglimmerdiorit, dunkelgrauer Granitphorphyr, grauer Sandstein.?) Aehnliche Vorkommen von Trümmern fremder und in der Nähe nicht anstehend bekannter Gesteine sind in der karpathi- schen und in der alpinen „Flysch“-Zone seit langer Zeit bekannt, als exotische Blöcke bezeichnet und als von räthselhafter Herkunft be- trachtet worden. Tithonkalkkugeln sind in den Ropiankaschichten von Przemysl zuerst von NiedZwiedzki, später von Paul und Tietze, und zwar in schiefrigem Sandstein, Schiefer, Mergel, von mir in Thon, in Eocänconglo- merat? (Paul) und Diluviallehm beobachtet worden.?). Niedzwiedzki’s Erklärung derselben als Ufergerölle, gebildet zur Neocomzeit, scheint die richtige, wenn auch der von ihm gegebenen Bezugnahme auf den oberflächlichen Lehm nicht beigepflichtet werden kann. Seine An- nahme einer verborgenen Klippe wird, wie er selbst anführt, durch das abnorme Streichen der Schichten gestützt, letzteres durch erstere erklärt. Derartige Tithonkalke werden auch mehrfach aus eoeänen Schichten der Karpathen angegeben, aus welchen die eigentlichen, zum Theil aus altkrystallinen Gesteinen bestehenden exotischen Blöcke stanımen. Eine bemerkenswerthe Eigenthümlichkeit der Schichten des von mir aufgenommenen Karpathentheiles ist das Zusammenvorkommen alt- krystalliner und tithonischer Trümmer in den, wie sich zeigen wird, nicht tertiären Schichten. An mehreren Stellen fand ich die Thone trümmerfrei, zu Hand- zlöwka und im Graben von Zawada nur die Kalktrümmer, lediglich in der Schlucht im Süden von Ropezyce auch die altkrystallinischen Trümmer. Uhlig*) erwähnt den Fund faust- bis kopfgrosser gerun- deter Geschiebe eines dunklen, krystallinischen Gesteins aus Thonen der Ropiankaschichten von Globikowa, Debica S. Niedäwiedzki°) fand in den unteren Kreideschichten von Garbatki Brocken von Steinkohle, in den Sandsteinen der gleichen Schichten kleine Gerölle von Jurakalk, im zugehörigen Sehieferthon ein halb gerundetes Stück eines Biotit-Glimmerschiefers mit einer Quarzaus- scheidung, ferner®) im Wasserrisse des westlichen Armes des Baches von Przebieezany in Schieferthon zahlreiche grössere und kleinere Roll- stücke von lichtem Kalkstein, aus welchem Thone auch noch die in ') Verh. R.-A., 1884, pag. 121. ”) Nähere Beschreibung dieser Gesteine pag. ll dieser Abhandlung. ») Citate Verh. R.-A., 1884, pag. 121. Unter ?) soll es statt 1876 heissen 1877. *#) Jahrb. R.-A., 1883, pag. 448 und 491. °) Beitrag z. Kenntn. d. Salzform. v. Wieliczka u. Bochnia, I, 1833, pag. 13. 6) Ebenda I, pag. 40. 424 Vincenz Hilber, [ 18] der Bachrinne zerstreuten grösseren Blöcke von Kalkstein, Granit und Gneiss herstammen dürften. Später erkannte derselbe das eretaeische Alter dieses Thhones.!) In ähnlicher Weise, wie die Kalksteintrümmer, für die vormalige Existenz freier Juraklippen, sprechen diese Gesteinsfragmente für das einstige Vorhandensein unbedeckter altkrystallinischer Massen. Nahmen doch Paul und Tietze?), ähnlich wie Studer und Kaufmann für die Schweizer Alpen, einen noch zur Miocänzeit am Aussenrande der Karpathen vorhandenen Wall alter Gesteine an. Geringere Schwierig- keiten, als dieser Meinung, stellen sich der blossen Voraussetzung einer nahe gelegenen Ursprungsstelle der erwähnten Fremdlinge, ihre Weiter- wälzung durch die Uferströmungen und Einbettung in die Sedimente entgegen. Diese Erklärung der merkwürdigen Erscheinung der exoti- schen Blöcke, welche vielleicht auch schon von anderer Seite versucht worden ist, wäre durch genauen petrographischen Vergleich der Blöcke und der grobklastischen Sedimente jeder Stelle des Blockvorkommens, sowie anstehender Gesteine zu prüfen. Das Vorkommen der Blöcke im Thon besitzt Analogie mit jenen krystalliner Trümmer in der Steinkohle. 2.Mergel. Weisslich, geschichtet, mit schwärzlichen, verzweigten Fueoiden, Steinkohlentrümmern, Schwefelkies- und Gypskryställchen und stellenweise, namentlich wo nahe im Schichtensystem Conglomerat auftritt, zahlreiehen Quarzgeröllchen auf den Schichtflächen. Sie treten in vielfacher Wiederholung im ganzen Schichtensysteme auf. An einer Stelle der Sehlueht im Süden von Ropezyce fanden sich helle Stein- mergel im Thon. 3. Sandstein. Vielfach treten mit den Thonen und Mergeln feine und grobe Sandsteine und Sandsteinschiefer auf. Sie haben häufig Kohlenpartikelehen auf den Schichtflächen. Sandstein begleitet auch beidseitig Conglomeratbänke. Die Sandsteine enthalten stellenweise nieht näher bestimmte Trümmer von Pecten und Ostrea und, doch nicht mit diesen zusammen, die gleichen Kalkröhrchen, wie der Thon. Ueber die Hieroglyphen der Sandsteine habe ich mich bereits ziemlich aus- führlich in dem Berichte der Verhandlungen 1884, pag. 122, ausge- sprochen. 4. Conglomerat. Es besteht aus meist nur gegen erbsengrossen Geröllen von schwarzem, bläulichem und weissem Quarz, Tithonkalkstein und seltenen braunrothen Trümmerchen, zwischen dem Gerölle befindet sich Sandsteinmasse. Die Conglomerate sind zuweilen auf beiden Seiten gegen die Thon- und Mergelschichten von Sandsteinbänken begleitet, was für den continuirlichen Absatz (allmälige Vergröberung und Ver- feinerung des Sedimentes) spricht. In gleicher Art beweisend für den engen Verband der Conglomerate mit den Mergeln sind die oben er- wähnten Gerölle auf der Schichtfläche der Mergel, indem sie das baldige 1) II, pag. 129. E' ?) Jahrb. R.-A., 1879, pag. 291. I.» 28 20: dei 2 te a [19] Die Randtheile der Karpathen bei Debica, Ropczyce und Lancut. 425 Auftreten des Conglomerates anzeigen. An einer Stelle nimmt dieses Conglomerat, oben und unten von Thon eingeschlossen, an der Zu- sammensetzung einer aufgeschlossenen Anticlinale Theil. Ein Theil der Conglomerate unterscheidet sich durch Vorwalten der Sandsteinzwischen- masse und enthält folgende Fossilreste: Zucina sp., sehr ähnlich der neocomen Zucina Rouyana d’Orb, eine Modiola, Pectentrümmer, Ostreen, einen unbestimmten Zweischaler, Bryozoen, Alles durch die Kalktheile erhalten. Aus dem Conglomerate von Stasiöwka (Debica SO.) hat bereits Foetterle!) das Vorkommen grosser Steinkohlenblöcke angegeben. Ich erhielt bei meiner dortigen Anwesenheit ebenfalls Nachricht von einem neuerdings aufgefundenen, bereits abgebaut gewesenen Kohlenblocke. 5. Schotter. Er enthält die Bestandtheile des Conglomerates in unverbundenem Zustande. Die Stelle der Sandsteinzwischenmasse ver- tritt loser Sand. Der Schotter tritt zwischen Sandlagern auf. 6. Grüner Sand. Derselbe enthält rundliche Blöcke von grünem Sandstein. Die Oberfläche derselben ist nicht gescheuert, die einzelnen Sandkörner ragen auf der Oberfläche vor. Es sind Coneretionen. Ich beobachtete in der Schlucht im Süden von Ropezyce einen derartigen Block im ungeschichteten Sande, welcher mit der Breitseite der (ge- neigten) Schichtfläche der Sandsteine im Liegenden des Sandes und der Mergel im Hangenden parallel lag und an der Oberseite in einer ebenen Fläche mit einer flachen, noch von Sand überdeckten Mergel- scholle von etwas kleinerem Durchmesser als jenen des Sandsteinblockes verwachsen war. Zu erklären scheint mir dieses Vorkommen so, dass sich die Coneretionsbildung aus dem Sand in den Hangendmergel erstreckte und die an die Sandsteinconcretion angewachsene Mergel- scholle später von dem Hangendmergel, wahrscheinlich bei der Sehichtendislocation, gelöst und der Sand in den Zwischenraum gepresst wurde. In dem grünen Sande fand ich dieselben Kalkröhrchen wie im Thone und dem Sandstein. 7. Weisslicher Sand. Besteht aus vorwiegenden runden Trümmern milchweisser und glasheller Quarze, seltener rothen, gelb- lichen, grünen und schwarzen Quarzkörnern und Kaliglimmerfragmenten., Der Schlemmrückstand enthält keine Spur von Organismen. Derselbe zeigt in sich keine Spur von Schichtung, welch’ letztere durch Zwischen- lagen braunen Thones stellenweise erkennbar wird. An diesen, sowie auch an den durch abweichende Färbung hervortretenden Schichten des früher besprochenen Thones sieht man, dass die Gebirgsbildung stellenweise beträchtliche Verschiebungen innerhalb dieser Gesteine zur Folge hatte, während die übrigen angeführten, fester zusammenhängenden Schichten regelmässig gefaltet wurden. Auch in diesen Sanden kommen eoncretionäre Kugeln vor, welche aus dem gleichen Material wie ihre Umgebung gestehen. Für die Natur ') Jahrb. R.-A., 1865, pag. 159 und 250. Jahrbuch der k. k. geol. Reichsanstalt. 1885. 35. Band. 2. Heft. (V. Hilber.) 54 496 Vincenz Hilber, [20] dieser Kugeln lehrreich war die erwähnte Beobachtung, dass eine aus Sand in Schotter reichende Kugel, soweit sie im Sande lag, aus Sand- stein, soweit im Schotter, aus Conglomerat bestand. Die unverrückte Grenze scheint darauf hinzuweisen, dass diese Coneretion erst nach der Gebirgsaufrichtung entstand. Der Sand wird im hinteren Theil der Ropezycer Schlucht von zahlreichen sich kreuzenden Sandsteinplatten durchzogen, welche offenbar : durch ein auf Sprüngen eingedrungenes Bindemittel erzeugt wurden. Für die pausenlose Aufeinanderfolge der genannten Schichten und ihre Zusammengehörigkeit sprechen die concordante Lagerung, die vielfache Wechsellagerung der gleichen Gesteine, die Einschiebung von Sandstein zwischen Conglomerat und Thon als Beweis allmäliger Absatzverfeinerung, das Auftreten des nämlichen Fossils (Kalkröhren der gleichen Gestalt, Beschaffenheit und derselben Grössenverhältnisse) im Thone, Mergel, grünen Sande und Sandstein. Das Alter dieses Schiektensystems kann aus Lagerungsbeziehungen im untersuchten Gebiete nicht erschlossen worden, da altersnahe Schichten in demselben nicht vorkommen. Der Faciesvergleich mit anderen karpathischen Ablagerungen weist auf die Ropiankaschichten der Gegend von Przemysl hin. Auch das dortige Schichtensystem besteht aus Thonen mit fremden Kalkstein- blöcken, weisslichen „Fucoiden* führenden Mergeln, Sandsteinen mit verzweigten Hieroglyphen °), lichten Sanden ?), Conglomerat. Die Schotter, grünen Sande und Einschlüsse altkrystalliner Gesteine sind dort nicht bekannt. Die genannten Anhaltspunkte führen auch für den in dieser Arbeit behandelten Karpathentheil zum Verlassen der älteren, auf den bisherigen Karten zum Ausdruck gebrachten Auffassung, nach welcher die Rand- theile des Gebirges von Wieliezka bis Przemysl dem Alttertiär ange- hören. Für verschiedene Punkte dieses Streifens hat sich diese Deutung als unhaltbar erwiesen. Uhlig°) hat die Hauptmasse der vormiocänen Schichten in dem südlich an mein Gebiet angrenzenden Theile als Ropianka-Schichten ausgeschieden. Derselbe ?) hat ferner das Conglomerat von Chechty bei Ropezyce als den Ropiankaschichten angehörig erkannt. Niedzwiedzki°) hat einen grossen Theil der bisher als eocän be- trachteten Karpathenschichten bei Wieliezka als neocom gedeutet. Tietze‘) hat allerdings die karpathischen Schichten im OSO. von Rzeszöw als wahrscheinlich alttertiär betrachtet und auf der Karte, wo eine Entscheidung nöthig war, ausgeschieden; jedoch weist er auf die damals zu erwartende Schilderung des südlich angrenzenden Gebietes hin, dessen ältere Ablagerungen sich als untereretacisch erwiesen haben. Ich füge bei, dass die Facies der bezüglichen um Maria Magdalena auftretenden Bildungen mit jenen des Neocoms in den von mir aufge- !) Sehr schön und häufig am rechten San-Ufer an der Fähre zwischen Krasiczyn und Korytniki. ?) Am Ursprunge der Schlucht im Osten von Kruhel maly. 3) Jahrb. R.-A., 1833, pag. 452. *) Ibid., pag. 448. 5) Beitrag Salzform., I, 1883, pag. 5—23. 6) Jahrb. R.-A., 1883, pag. 232. [2 1] Die Randtheile der Karpathen bei Debica, Ropezyce und Lancut. 427 nommenen, westlich und östlich davon gelegenen Gebieten überein- stimmt. Das Streichen der karpathischen Schichten ist in den betrach- teten Gebieten vorwaltend westöstlich mit Abweichungen nach NW. und NO. B. Oligocän. Der gelbliche Schiefer mit Menilit bei Zagörzyce wurde als oligocäner Menilitschiefer betrachtet. C. Miocän. Die Lithothamnienkalksteine, Amphisteginenschichten und Gypse wurden in der Localbeschreibung (pag. 14) in unmittelbarer Aufein- anderfolge abgehandelt, weshalb ich eine zusammenfassende Wieder- holung für überflüssig halte. D. Quartär. Berglehm. Es ist dies hier ein in frischem Zustande grünlicher, in zersetztem gelber, häufig geschichteter, selten mit Sand wechsellagernder Lehm, welcher Kalkeoneretionen und massenhaft eingeschlossene, ihn senkrecht durchsetzende Brauneisensteinröhren enthält. Er liegt horizontal auf den gefalteten Karpathengesteinen. Sein Schlemmrückstand enthält runde verschiedenfärbige Sandkörner, Sandsteintrümmerchen und kleine Brauneisensteinconcretionen, keine Organismen. Auf der Höhe gegen- über dem Ropezycer Pfarrhaus tritt aus diesem Lehm eine schwache Salzquelle aus. Bezüglich der Entstehung dieses Gebildes zeigte sich, dass er ein umgelagertes Verwitterungsproduct darstelle, bezüglich des Alters, dass es postmiocän (die Miocänschichten sind noch gefaltet, der Berg- lehm ist horizontal) älter als das Glacialdiluvium (die erratischen Trümmer liegen darüber) sei. Auf das Verhältniss von Löss und Berg- lehm nimmt die Beobachtung Bezug, dass über dem Berglehm karpa- thischer Flussschotter, über diesem erst der Löss folgt. Es beweist dies, zum mindesten für die bezügliche Stelle, eine zeitliche Trennung der beiden Lehmabsätze. !) Glacialbildungen. Durch nordische Blöcke und Geschiebe (deren Gesteine bei Besprechung ihres Vorkommens abgehandelt wurden) ist das Vordringen des nordischen Eisens über den Karpathenrand hinaus für das hier besprochene Gebiet sichergestellt. Uhlig hat in dem südlich anstossenden Gebiete die Südgrenze der Gletscher festgestellt. Flussschotter. Der auf pag. 8 gegebenen Schilderung dieses zwischen Berglehm und Löss eingelagerten Vorkommens habe ich nichts beizufügen. Löss. Er tritt ausser in einzelnen kleinen, sowohl auf den Höhen, als in den Schluchten des Gebirges liegenden Theilen in 1) Näheres pag. 7—8,. 54. * 428 Vine. Hilber. Die Randtheile der Karpathen bei Debica, Ropezyce u. Laneut. [22] einem langgestreckten von Debica an bis über Jaroslaw hinaus sich in zusammenhängender Weise fortziehenden Terrasse auf, welche durch Querschluchten zerschlitzt und deshalb nur bei weiterem Ueberblick als solche erkennbar ist. Mit dem Begriff der Lössterrassen ist in neuerer Zeit von mehreren Forschern die Vorstellung verbunden worden, dass der ursprüngliche Absatz in Terrassenform geschehen sei, was ja für die Mehrzahl der Terrassen überhaupt nicht der Fall ist. Ich kenne keine aus Löss bestehende Terrasse, gegen deren Entstehung durch Erosion fliessenden Wassers eine Einwendung erhoben werden könnte. Die in Rede stehende Bildung dieser Art ist längs ihres Nordrandes von Thälern begrenzt, welche dureh die deutliche Rinne zwischen der Terrasse und dem Wellenlande der Tiefebene weiter im Norden den Abfall der Terrasse bilden, somit diese selbst erzeugen helfen. Als sicher, vielleicht viel, zu tief gegriffene Minimalangabe der grössten Lössmächtigkeit in den besprochenen Gegenden habe ich DU Meter gewonnen. Jüngere Flussbildungen. Als solche sind den heutigen Thal- böden nahe Schotter-, Sand- und Lehmabsätze am Rande und in den Sehluchten der Karpathen zu nennen. Ein eigenthümliches Profil dieser Ablagerungen wurde auf pag. 4 erörtert. e Die alten Gletscher der Enns und Steyr. Von Dr. August Böhm. Mit zwei Tafeln (Nr. VIII—IX). Vorbemerkungen. Die nachfolgenden Blätter behandeln die Ergebnisse von Unter- suchungen, welche in den Sommermonaten der beiden letztverflossenen Jahre über die eiszeitliche Gletscherentfaltung in den Thalgebieten der Enns und Steyr gepflogen wurden. Die zurückgebliebenen Reste, welche eine Reconstruetion jener einstmaligen Verhältnisse ermöglichen, sind in nur geringer Zahl vor- handen und dabei über ein sehr weites Feld zerstreut, so dass ihre Verfolgung einer ungetheilten Aufmerksamkeit bedarf und die Thätig- keit des Forschers vollauf in Anspruch nimmt. Wer sich in welchem Gebiete immer mit glacialgeologischen Fragen eingehend beschäftigt, der findet nicht die Zeit, in gleicher Weise auch den tektonischen und stratigraphischen Aufbau des Gebirges zu studiren, und andererseits wird der geologische Topograph einer Gegend zwar hin und wieder Anzeichen einer einstigen Gletscherwirkung erkennen, aber aus solchen zufällig getroffenen localen Stichproben keinen umfassenden Ueberblick des Phänomens in seinen weiten Zügen und in seinen Beziehungen zu anderweitigen Entwicklungsvorgängen zu gewinnen im Stande sein. Das Diluvium war bis vor Kurzem das Stiefkind unter den geolo- gischen Formationen, Niemand wollte mit seinen Gebilden sich befassen, Niemand kam gerne mit ihm in nähere Berührung, und der Aufnahms- geologe behandelte es zumeist mit stillschweigender Verachtung, und schätzte es für etwas, das gar nicht viel besser sei als Gehängschutt, Sand, Schlamm und ähnliche unangenehme Dinge, welche die aller- schönsten Aufschlüsse verdecken. In früheren Tagen, als die Alpen- geologie noch nicht auf jener hohen Stufe stand, wie heute, zur Zeit der unbestrittenen Hegemonie des Alpenkalkes in dem Verbande der mesozoischen Formationen, da lag die Sache etwas anders, da konnte man eher Musse finden, die Ablagerungen und Vorgänge der Jahrbuch der k. k. geol. Reichsanstalt 1885. 35: Band. 3. Heft. (August Böhm,) 55 430 August Böhm. [2] Jüngsten Perioden zu beachten. Als jedoch der Verfall jenes strati- graphischen Monstrums begann, und es galt, in das bisherige Chaos der alpinen Sedimente Klarheit und Ordnung zu bringen, da wandte sich der Wetteifer einer ganzen Schaar ausgezeichneter Männer der Lösung dieser schwierigen aber schönen Aufgabe zu, welche jedem Einzelnen überreichlichen Stoff zur Beobachtung und eine wahre Fülle der ver- schiedenartigsten Anregungen darbot. Dank der seltenen Tüchtigkeit der Forscher und dem unablässigen Fleisse, ınit welchem die Erreichung jenes Ziels angestrebt wurde, hat man sich demselben nunmehr schon so sehr genähert und so bedeutende Erfolge in der einen Richtung erzielt, dass heute eine Vernachlässigung der jüngeren Gebilde mit einem relativen Rückschritt in deren Erkenntniss verbunden wäre, welcher nicht nur keineswegs durch zwingende Nothwendigkeit veran- lasst wird, sondern den zu verhüten das Wünschenswerthe eines mög- lichst allgemeinen Vorwärtsschreitens der Wissenschaft geradezu erfordert. Es wird deswegen gegenwärtig nicht mehr als ein undankbares oder gar unnützes Beginnen bezeichnet werden können, wenn man mit- unter auch die Ereignisse und Ueberreste der Quartärperiode eines Streifblickes würdigt, und, da sich dies mit der Behandlung geologischer Fragen anderer Natur nicht gut vereinen lässt, einmal auch auf die- selben das Hauptaugenmerk wirft, und sie nachher in einer selbststän- digen Publication behandelt. Es wächst denn auch von Jahr zu Jahr das Interesse, welches den Vorgängen der jüngsten geologischen Ver- sangenheit unseres Erdballs entgegen gebracht wird, und gleichzeitig mehrt sich auch die Zahl Derjenigen, welche sich mit einschlägigen Untersuchungen befassen. Die Resultate dieser Bemühungen liegen in einer Reihe monographischer Abhandlungen und Schriften vor, und die katastrophenartigen Diluvialfluthen der älteren Schule sind bereits ebenso der Vergessenheit anheimgefallen, wie der „Alpenkalk“, dessen Schicksal sie mit vollstem Rechte theilen. Für die Anregung speciell zu der folgenden Arbeit bin ich meinem Freunde Dr. Albrecht Penck in München verbunden, dessen schönes Werk über die Vergletschernng der Deutschen Alpen zuerst den Wunsch in mir erregte, eine Fortsetzung dieser Studien auch für die noch feh- lenden Theile unserer heimischen Nordalpen in Durchführung zu nehmen. Alsbald jedoch fand ich mich veranlasst, meinen Plan enger zu be- srenzen und das Arbeitsfeld räumlich auf die Thäler der Enns und Steyr zu beschränken. Im Salzkammergute werden ja, wie bekannt, schon seit Langem von einem so altbewährten Glacialisten, wie Professor Simony, die eingehendsten Detailuntersuchungen gepflogen, und auch der Salzachgletscher ist, wie ich in Erfahrung brachte, bereits früher mit Beschlag belegt worden. Ausserdem aber hätten mich auch innere Gründe zu dieser Einschränkung gezwungen, denn ich hatte von vorne- herein nicht die Ahnung, dass die Glacialforschung in den Alpen je weiter nach Osten einen um so viel grösseren Zeitaufwand in Anspruch nehme, als dies thatsächlich der Fall. Indem ich hiermit an die Tage der Arbeit im Gebirge selbst erinnert werde, gedenke ich auch gerne der Unterstützung, welche mir die vorzügliche Speeialkarte des k. k. Militär-Geographischen Institutes durch Ermöglichung einer genauen und raschen Orientirung Die alten Gletscher der Enns und Steyr. 431 im Thale sowohl, als auch auf einsamen Bergpfaden gewährte. Minder bekannt als dieses jedem Geologen in unseren Alpen geradezu unent- behrliche und unschätzbare Kartenwerk ist die „Karte der Ostalpen in neun Blättern“ von L. Ravenstein, bearbeitet unter Mitwirkung des Deutschen und Oesterreichischen Alpenvereins, welche in kleinerem Massstabe (1:250.000) einen ganz vortrefflichen Ueberblick des Boden- reliefs weiterer Bezirke sestattet, und auf welche aufmerksam gemacht zu werden, vielleicht gerade an dieser Stelle mancherseits mit Freuden begrüsst werden möchte. Ich selbst komme gewissermassen einer Schuld des Dankes nach, wenn ich auf das besagte kartographische Werk verweise, denn ich habe demselben manche Belehrung über die oroplastische Configuration meines Gebietes mit Leichtigkeit entnommen, welche aus grösseren Karten nur auf umständliche Weise gewonnen werden könnte. Die Höhenangaben , welche im Verlaufe dieser Schrift zur Mit- theilung gelangen, sind theils in der ee (1: 75.000) oder in den Originalaufnahmen zu derselben (1 :25.000) enthalten und bezie- hungsweise mit »DP- -K.“ und „O.-A. “ bezeichnet, oder aber sie sind das Ergebniss eigener Messungen, in welchem Falle denselben keine weitere Bemerkung beigefügt wurde. Da die Angaben über die Höhe der erratischen Vorkommnisse und die Mächtigkeit der Schotterterrassen u. dgl. möglichste Genauigkeit erfordern, bei den gewöhnlichen Aneroid- Messungen, wie sie unter den Alpentouristen Mode sind, Fehler bis zu 100 und 200 Meter jedoch nicht zu den Seltenheiten gehören, und Differenzen von 50 Meter und darüber völlig unvermeidlich sind, so wurden die Messungen unter Beobachtung der strengsten Vorsichts- massregeln getroffen, und stets die eorrespondirenden Ahlesungen einer unteren Station bei Berechnung derselben berücksichtigt. Zur Verwen- dung kamen hiebei zwei Präeisions- Aneroide von Ca sella in London (Nr. 4613 und 4614) und ein Aneroid von Naudet in Paris; die gleichzeitigen Bestimmungen der Lufttemperatur erfolgten mittels Schleuderthermometer von L. Kappeller in Wien. Wer sich des Näheren über den Vorgang beim exacten barometrischen Höhenmessen interessirt, dem empfehle ich die „Praktische Anleitung zum Höhen- messen mit Quecksilber-Barometern und mit Aneroiden® von Major Heinrich Hartl, Wien, II. Aufl., 1884. Da sich manche Ortsnamen in den Alpen in verschiedenen Ge- genden wiederholen, so sei es gestattet, auf einige derartige Beispiele zu verweisen, welche mit Bezug auf die nachfolgenden Untersuchungen leicht zu Verwechslungen Anlass geben könnten. Das Salzathal nördlich vom Hochschwab, welches bei Gross-Reifling, und der gleich- namige Fluss, welcher vom Todten Gebirge kommend unterhalb Gröb- ming in die Enns mündet, sind untereinander und von dem Salzach- thal im Salzburgischen wohl zu unterscheiden; desgleichen das Paltenthal in Steiermark von dem Paltenbach nächst Molln in Oberösterreich. Der Dorfname Altenmarkt findet sich im Ennsthal das eine Mal oberhalb Radstadt, das andere Mal unterhalb Hieflau. Eine Ramsau gibt es bei Berchtesg ‚aden, eine andere bei Schladming in Obersteiermark und eine minder bekannte i in der Nähe von Molln. Die Bezeichnung Mitterberg wiederholt sich bei Gröbming und bei Liezen. 55* 432 August Böhm. [4] Einer schönen, allgemein geübten Gepflogenheit nachzukommen, drängt es nunmehr auch mich, allen jenen Herren meinen besten Dank auszusprechen, welche mich in irgendwelcher Weise bei dieser Arbeit unterstützten; vor Allem Herrn Oberbergrath v. Mojsisovies, der mir zu wiederholten Malen mit wohlmeinenden Rathschlägen zur Seite stand, ferner Herrn Major Hartl im k. k. Militär-Geographischen Institut, weleher die Freundlichkeit hatte, die Temperatur-Coefficienten meiner Aneroide zu ermitteln und dieselben während der Wintermonate einer genauen Controle ihres Ganges zu unterziehen; endlich den Herren Bachmayr in Wildalpen, Bernhofer in Gstatterboden, Stationsvorstand Rund in Schladming, Postmeister Russmann in Molln und Apotheker Zeller in Windischgarsten, welche jeweils die correspondirenden Ablesungen an den Instrumenten vornahmen. I. Capitel. Orographische Orientirung und Uebersicht der bisherigen Nachrichten über Glacialspuren im Gebiete der Nordalpen östlich von der Salzach. Der Grauwackenthalzug. — Entwässerung des Gebirges. — Parallele zwischen Enns- und Innthal. — Simony und v. Morlot, Vorkämpfer glacialgeologischer Forschung in den Oestlichen Alpen. — Weitere Nachrichten über Glacialerscheinungen dortselbst von Ehrlich, CZjZek, Stur, Suess, v.Mojsisovics, Hauenschild u. A. — Ueberfliessen des Ennsgletschers über die niederen Quersättel der Kalkalpen zuerst von v. Mojsisovics erkannt. — Eine Lücke in der glacialgeologischen Literatur der Alpen. — Zweck der vorliegenden Arbeit. Ein langer Thalzug scheidet im Osten des Rheins die nördliche Kalkzone von der krystallinischen Centralkette der Alpen. In seiner Anlage bedingt durch das Auftreten eines schmalen fortlaufenden Bandes weicher Grauwackengesteine, welches den Innenrand der mesozoischen Bildungen begleitet, spielt derselbe eine wichtige Rolle bei der Entwässerung des Gebirges, denn er bildet einen natürlichen Sammelcanal für alle südwärts von ihm entspringenden Gewässer. Während das nördlich vorgelagerte Kalkgebirge seine Abflüsse zumeist durch kurze Querthäler direet nach Norden entsendet, ist kein Wasser, welches von den schneeigen Gefilden der Hochalpen herabkommt, im Stande, das Gebirge mit Beibehaltung der ursprünglichen Richtung auf dem kürzesten Wege zu verlassen; sie alle werden der Reihe nach von der erwähnten Thalfurche aufgenommen, welche das Gebirge ohne Unterbrechung der Länge nach durchzieht. Diese ausgezeichnete Tiefenlinie tritt uns jedoch keineswegs in ihrer ganzen Erstreckung als eine hydrographische Einheit entgegen, sondern sie zerfällt im Gegentheil in mehrere Abschnitte, deren jeder für sich ein vortrefflich charakterisirtes hydrographisches Individuum bildet. An drei Stellen, bei Kufstein, Bischofshofen und Hieflau, finden sich quer durch die Nördlichen Kalkalpen hindurch Beispiele jener Gebirgsdurchbrüche, welche rücksichtlich ihres ursächlichen Verständ- nisses zu den schwierigsten Problemen der modernen Geologie gehören. en = u ah zur Die alten Gletscher der Enns und Steyr. 4353 Durch diese Pforten strömen die Fluthen des Inn, der Salzach und der Enns hinaus nach der Hochebene am Fusse des Gebirges, indem sie aus den sanft geneigten Längsthälern, welche sie bisher beherbergten, in Querthäler mit starkem Gefäll eintreten. Die Wasserscheiden, welche die dadurch entstandenen Abschnitte unseres grossen Längenthalzuges bezeichnen, sind von ganz unbedeutender Höhe, die allgemeine Neigung desselben erfolgt in Uebereinstimmung mit jener des Gebirgssockels sesen Ost und ist beim jeweiligen Anstieg zu den Wasserscheiden nur auf kurze Streeken von entgegengesetzter Richtung. In den einzelnen Längsthälern des Inn, der Salzach und der Enns wiederholen sich nun im Grossen und Ganzen dieselben Verhält- nisse, und es wäre eine leichte Aufgabe, ein ziemlich weitläufiges Capitel über hydrographische Homologien in den Ostalpen zu schreiben. Die Schilderung, welche z. B. von Penck für das Innthal entworfen wurde ?), lässt sich fast Wort für Wort auch auf das Ennsthal über- tragen, mit welch’ letzterem wir uns in der gegenwärtigen Arbeit vor- zugsweise zu beschäftigen haben werden. Auch das Ennsthal bildet bei fast genau westöstlichem Verlauf auf eine Entfernung von etwa 80 Kilometer die Scheide zwischen dem Urgebirge und den Nördlichen Kalkalpen und sammelt auf dieser Strecke die zahlreichen Gewässer des ersteren, wobei es von den letzteren nur wenige bemerkenswerthe Zuflüsse erhält. Während aber beim Innthale in Folge der eigenartigen Gliederung der Westtiroler Centralstöcke und der grösseren Entfernung des wasserscheidenden Hauptkammes die Flüsse, welche sich von Süden her in den Inn ergiessen, selbst wieder weitverzweigten Thal- systemen entspringen, münden in das Ennsthal, ähnlich wie es schon im Gebiete der Salzach der Fall ist, zumeist nur kurze und gerad- linige Thalgräben, welche sich hier von dem nahegelegenen Haupt- kamme der Niederen Tauern unter starker Stufenbildung hernieder- senken. Nur das Unterthal bei Schladming, die Thäler der Sölk, sowie das Paltenthal verzweigen sich etwas tiefer nach dem Innern des Gebirges. Das Paltenthal ist aber ausserdem vorzugsweise deswegen von Wichtigkeit, weil es als die eigentliche Fortsetzung des Ennsthales im geologischen Sinne zu betrachten ist. Dieses durchschneidet näm- lich, worauf schon zu wiederholtenmalen und so neuerdings auch von Löwl wieder hingewiesen wurde 2), bereits zwischen Selzthal und Admont die Grauwackenzone und tritt unterhalb des letzteren Ortes durch die wildromantische Felskehle des Gesäuses in die Kalkalpen - ein, um dieselben dann von Hieflau aus gegen Norden zu durehbrechen. Die Strecke Admont-Hieflau gehört also, obwohl noch immer in der bisherigen Längsrichtung verlaufend, schon dem Querthale an, während das unter stumpfem Winkel bei Selzthal abbiegende Paltenthal dem Grauwackenzuge folgt und mit diesem dem Streichen des Gebirges getreu bleibt, welch’ letzteres hier, wie Suess gezeigt hat °), durch die Nähe der böhmischen Masse eine locale Ablenkung gegen Südost erlitten hat. Das Paltenthal erhebt sich allmälig bis zu dem flachen ') Die Vergletscherung der Deutschen Alpen. Leipzig 1882, pag. 26 und 27. °) Die Entstehung der Durchbruchsthäler. Peterm. Geogr. Mitthlg. XXVIII, 1882, p>g. 410. ®) Die Entstehung der Alpen. Wien 1875, pag. 20. y DR 5% 1 D E- 5 2 434 > August Böhm. [6] und niederen ‚Sattel von Wald (849 Meter Sp. K.) und setzt sich Jenseits desselben in dem Liesingthal fort, welches bei St. Michael in das Murthal mündet; dieses folgt dem Grauwackenzug, dessen Streichen nunmehr wieder nach Nordosten umschlägt, bis Bruck, von wo an die Gewässer der Mürz, jedoch mit entgegengesetzter Fallrichtung, die von der Natur vorgezeichnete Thallinie benützen. Die Verbindung des Ennsthales mit seinem westlichen Nachbar, dem Salzachthal, ist fast von noch innigerer Art. Die unmerkliche Wasserscheide von Eben (856 Meter Sp. K.) erhebt sich nur wenige | Meter über das Niveau des schönen Thalbeckens von Altenmarkt (841 Meter O. A.) und Radstadt und fällt auch jenseits nur 60 Meter tief gegen den Fritzbach ab, welcher, von dem kühn geformten Doppel: gipfel der Bischofsmütze kommend, in enger Schlucht der Salzach zu- eilt. Auf dieser Route zog schon zu Römerzeiten eine Strasse dahin, wie aus einem Meilenstein des Septim. Severus bei der Kirche von Hüttau hervorgeht; heute macht auch die Bahn von derselben Gebrauch, welche hier mit weit geringerer Mühe als sonstwo die Grenzmarke zweier Flussgebiete überschreitet. Ausserdem aber besteht über den ebenfalls tief eingesenkten Sattel von Wagrein (952 Meter Sp. K.) noch eine zweite Verbindung zwischen den beiden Thälern, welche südlich von der vorigen gelegen ist und die direete Fortsetzung der grossen Tiefenlinie des Grauwackenzuges bildet; der Ursprung der Enns wird in das bei Reitdorf sich öffnende Flachauer Thal verlegt, welches von dem Westflügel der Radstädter Tauern ausgeht. Von Zuflüssen, welche die Enns an ihrer linken, nördlichen Seite erhält, sind nur jene der Mandling an der Südflanke des Dach- steingebirges, der Salza unterhalb Oeblarn und des Grimming-Baches bei Irdning zu erwähnen. Im Uebrigen werden die Kalkalpen, wie gesagt, durch nordwärts gerichtete Querthäler entwässert, welche nach dem Ennsthal durch tiefe Einsattlungen geöffnet sind, die sich nur 150—300 Meter über die Sohle des letzteren erheben. In der Senke von Mitterndorf, dem Pass am Pyhrn und dem Buchauer Sattel finden wir somit ähnliche halbvollendete Durchbrüche wieder, wie sie im Fernpass, Seefelderpass und Achenpass die Thäler Oberbayerns nach dem Inn erschliessen; hier gelangen wir über dieselben der Reihe nach in die Querthäler der Traun, Steyr und der unteren Enns, von denen das letztgenannte in einen scharfen geologischen und landschaftlichen (Gegensatz tritt zu dem Längenthal, welches den Oberlauf desselben Flusses beherbergt. Nur das Almthal, welches in dem weit nach Norden vorgeschobenen Todten Gebirge entspringt, besitzt keine derartige Com- munication, sondern erweist sich als ein vollständig in sich ab- geschlossenes Gebiet. Was aber von den Thälern gilt, welche zwischen Rhein und Inn die Alpen verlassen, findet in gleicher Weise auch auf jene Anwendung, welche zwischen Salzach und Enns auf das Vorland hinaustreten; trotz mancher tiefen Oeffnung gegen das Urgebirge hin wird dieses doch von keinem derselben berührt. Bald nachdem man in der Schweiz durch das Studium der heutigen Gletscher und ihrer Erscheinungen dahin geführt worden war, aus verschiedenen Anzeichen, welche sich dortselbst allerorten im Gebirge zerstreut finden, auf eine einstige allgemeine Vergletscherung Die alten Gletscher der Enns und Steyr. 435 desselben zu schliessen, begann man auch in den Nordöstlichen Alpen auf Spuren einer vormaligen grösseren Ausdehnung und weiteren Ver- breitung der Gletscher aufmerksam zu werden. Insbesondere zwei Forscher sind hier hervorzuheben, welche in dieser Beziehung bahn- brechend den Anderen vorangingen, und deren schönes Verdienst darin besteht, dass sie es waren, welche in Oesterreich überhaupt den An- stoss gaben, das ganze heute mit solchem Eifer kreuz und quer durch- pflügte Feld, auf dem sich Geologie und physikalische Geographie begegnen, in den Kreis wissenschaftlicher Betrachtung zu ziehen. Schon im Jahre 1846 veröffentlichte Simony eine Reihe von Berichten: „Ueber die Spuren der vorgeschichtlichen Eiszeit im Salzkammer- gute“ !), und in einer ein Jahr darauf erschienenen Schrift ) widmete v. Morlot dem „erratischen Diluvium“ ein ausführliches Capitel. Damals schon glaubte man auch zu erkennen, dass die eiszeitliche Vergletscherung in diesem Theile der Alpen nicht jene Dimensionen erreichte, zu denen sie in den Schweizer Bergen gedieh, und es ward eine Erklärung hierfür in der geringeren Erhebung des Gebirges gefunden. Anfangs wurde sogar die Mächtigkeit und die Ausdehnung der alten Vereisung ganz beträchtlich unterschätzt, wohingegen es allerdings später auch an Uebertreibungen nicht fehlte. In den erst- erwähnten Berichten wird aus dem Vorkommen von Rundhöckern, Gletscherschliffen und Moränen auf das frühere Vorhandensein weit- ausgedehnter Gletscher auf dem Dachsteinplateau, dem Todten Gebirge und anderen Kalkstöcken des Salzkammergutes geschlossen, doch wird die Frage vorläufig noch offen gelassen, ob auch die grossen Thäler ganz mit Eismassen erfüllt waren, und ob die letzteren etwa auch das Flachland überzogen. In Obersteiermark konnte v. Morlot, wie er dies auch später noch an anderen Orten erwähnt ®), überhaupt keine deutlich erkennbaren Spuren alter Gletscher erkennen, doch meint der- selbe, dass sich solche in der Folge bei aufmerksamem Suchen schon noch finden würden, da ja auch bei Pitten im Wiener Becken derartige ‚Erscheinungen beobachtet worden wären. Von letzterem Orte beschrieb nämlich v. Morlot) Grundmoränen mit erratischen Geschieben und hält es in Folge dessen für unzweifelhaft, dass sich einst ein mächtiger Gletscher aus dem Höllenthale bis gegen Wiener-Neustadt vorschob. Diese Beobachtung wurde später von CZjZek°) und von Suess®) bestätigt und auch auf das Rosaliengebirge ausgedehnt, doch sprach !) Wiener Zeitung vom 3, 5., 9., 13. und 17. Mai 1846. — Gesammelt in Haidinger’s Berichten über die Mittheilungen von Freunden der Naturwissenschaften in Wien. I, 1847, pag. 215 — 248. ?) Erläuterungen zur geologischen Uebersichtskarte der Nordöstlichen Alpen. Wien 1847. ®) Erläuterungen zur geologisch bearbeiteten VIII. Section der Generalquartier- meisterstabs-Specialkarte von Steiermark und Illyrien. Wien 1848, pag. 39. — Einiges über die geologischen Verhältnisse in der nördlichen Steiermark. Jahrb. d. k. k. geo- logischen Reichsanstalt. I, 1850, pag. 100. *) Ueber erratisches Diluvium bei Pitten. Haidinger’s naturwissenschaftliche Abhandlungen. IV. Bd., 1851, II. Abthlg., pag. 1—18. — Vergleiche auch Haidinger’s Berichte. VII, 1851, pag. 99 und 125. °) Das Rosaliengebirge und der Wechsel in Niederösterreich, Jahrb. d. k. k. geo- logischen Reichsanstalt. V, 1854, pag. 524, 525 und 527. °) Jahrb, d. k, k. geologischen Reichsanstalt. IX, 1858. Verhandlg. pag. 101. 436 August Böhm. [8] sich letzterer !) gegen einen direeten Transport, speciell dieser Find- linge durch Gletscher aus und vertrat vielmehr die Meinung, dass das Wiener Becken während der Eiszeit ein Binnensee gewesen sei, dessen südliches Ende Gletscher überschauten, welche von den Höhen des Schneeberges und des Wechsels 2) herabhingen und am Fusse des Gebirges bei Würflach und Pottschach Moränenwälle und lose Blöcke hinterliessen; der erratische Schotter von Pitten und dem Rosalien- gebirge, dem sich auch vereinzelte Vorkommnisse bei Wien zugesellen, sei hingegen auf schwimmenden Eisschollen verfrachtet worden. Karrer, welcher ebenfalls die in Rede stehenden Ablagerungen beschrieb °), äussert sich nicht darüber, ob er mit Rücksicht auf die Vorkommnisse in der Umgebung von Pitten der Gletscher- oder der Drifttheorie den Vorzug gebe; Woldrich) hinwieder tritt der letzteren entschieden entgegen, lässt aber dabei seinen Gletscher in nördlicher Richtung bis gegen Wien und in östlicher Richtung bis in das Marchfeld hinaus- spazieren. In den steierischen und oberösterreichischen Gebirgen wurden in- zwischen auch hin und wieder neue Spuren aus der Glacialperiode entdeekt. Im Jahre 1349 erwähnt Ehrlich°) gelegentlich, dass in den Thalgründen und auf den Kalkalpen grosse Blöcke von Granit und Gneiss zu finden seien, hebt jedoch *) ausdrücklich den Mangel an solchen in der Umgegend von Windischgarsten hervor. Später beob- achtete er?) erratische Blöcke an der Ostseite des Gwenthals, im Stein- bachgraben bei Flachau und auf dem Wege von Alm nach Hinterthal, und berichtete auch 8) über die Auffindung eines Stückes Glimmerschiefer im Verfolge der Anhöhe des Ramlerberges bei Reichraming im unteren Ennsthal. C2jZek°) verzeichnet Moränen bei Hinterstoder, bei Pürg und östlich vom Wildkarspitz bei Schladming; erratische Blöcke kommen seiner Angabe nach am Almfluss, an der krummen Steyrling und am Palten- bach südlich von Leonstein vor. Wichtig sind die Untersuchungen Hauen- !) Der Boden der Stadt Wien. Wien 1862, pag. 68 ff. — Bericht über die Er- hebungen der Wasserversorgungs-Commission des Gemeinderathes der Stadt Wien. 1864, pag. 53 und 54. ?) Vergl. Lorenz, Alte Glacialablagerungen bei Kirchberg am Wechsel. Ver- handlungen der k. k. geologischen Reichsanstalt. 1871, pag. 234 und 235. 3) Geologie der Kaiser Franz Josefs Hochquellen-Wasserleitung. Wien 1877, pag. 5, 5l, 64 und 83. *) Die diluvialen Faunen Mitteleuropas und eine heutige Sareptaner Steppen- fauna in Niederösterreich. Mittheilungen der anthropologischen Gesellschaft in Wien. XI, 1882, pag. 184 und 185. 5) Uebersicht der geognostischen Verhältnisse von Salzburg und dem Lande ob der Enns. Dritter Bericht des geogn.-montan. Ver. f. Innerösterreich und das Land ob der Enns. Graz 1849, pag. 28. — Vergl. auch: Geologische Geschichten. I. Ent- wicklungs-Geschichte der Gegend von Linz. Linz 1851, pag. 36—38. 6) Bericht über die im Sommer des Jahres 1849 ausgeführte Begehung der Um- gebung von Windischgarsten. Manuscript, im Besitze der k. k. geol. Reichsanstalt, pag. 22. ”) Ueber die Nordöstlichen Alpen. Ein Beitrag zur Kenntniss des Gebietes von Oesterreich und Salzburg. Linz 1850, pag. 9. — Oberösterreich in seinen Natur-Ver- hältnissen. Linz 1871, pag. 66. 8) Geognostische Wanderungen im Gebiete der Nordöstlichen Alpen. Linz 1852, pag. 9. x ®) Bericht über die Arbeiten der II Section. Jahrb. d. k. k. geologischen Reichsanstalt. III, 1852, IV. Heft, pag. 70. I) BT BRETT EU TER TR a nn u Er u Sa a BF BE A N I EN Een SEIEN % Mn pag. 125. Die alten Gletscher der Enns und Steyr, 437 schild’s%), welcher, dem Vorgange Simony’s und v. Mojsisovies’ im Salzkammergute "folgend, in kreideähnlichen erhärteten Schlamm- Massen, welche in Thalwinkeln am nördlichen Abhang des Todten Gebirges auftreten und einen vortrefflichen Wassermörtel liefern, die Reste von Grundmoränen erkannte. Er beschrieb derartige Lager?) nebst echten Grundmoränen von der Weissenecker Klause, vom Schweizer- berg und der Habernau in der Umgebung des Almsees, sowie auch eine gewaltige, über 20 Meter mächtige Grundmoräne in der Hasl, einem Seitenzweige des Steyrlingthales, gegenüber der Mündung des Hunger- auer Hochthals. Ebenderselbe bemerkte auch in der Hopfing, nördlich vom Sengsengebirge, unverkennbare Spuren vorweltlicher Gletscher, welche sich besonders im Hintergrunde des Thales in deutlichen Moränen- hügeln offenbaren. ?) Das Sengsengebirge wurde übrigens schon von Stur®) — nebst dem Gebirge um Aussee, dem Dachsteinstock und der Gruppe des Hochgolling — als alter Gletscherherd bezeichnet, und am Todten Gebirge fand Simony°) an allen grösseren Vorsprüngen und Aufragungen eine häufig wiederkehrende Abrundung, deren Aehnlichkeit mit den Rundhöckern der inneralpinen Gletscherbezirke nicht zu ver- kennen sei und für sich allein schon den Gedanken an eine einstmalige - Firn- und Eisüberdeckung dieser öden Steinwüste nahelege. Im Salzkammergute war es vorzugsweise Simony, welcher, wie bereits erwähnt, die Kenntniss der Glacialformation in hohem Grade förderte. Bei der Fortsetzung seiner Untersuchungen erkannte derselbe bald, dass die erratischen Blöcke und Gletschergeschiebe nicht nur auf den Rücken und die Gehänge des Dachsteins und der umliegenden Berge beschränkt sind, sondern auch fast in allen Thälern des Salz- kammergutes, selbst noch am äussersten Nordrande der Alpen bei Hof, Unterach und Gmunden, sich vorfinden. °) Er verfolgte die Spuren der alten Gletscher und legte die Ergebnisse seiner Bemühungen in zahl- reichen Abhandlungeu und Notizen nieder. ”) Der Gletscher des Gosau- !) Ueber einige Reste der Glacialperiode im Alm- und Steyerlingthal. Verhandl. d. k. k.. geologischen Reichsanstalt, 1870, pag. 61—63. — Ueber hydraulische Magnesia- Kalke und deren Vorkommen und Anwendung in Oesterreich. Sitz.-Ber. d. k. Akademie der Wissenschaften in Wien, LXI, II. Abth., 1870, pag. 203—208. — Bemerkungen zu J. Schauer’s Prielgruppe und das Todte Gebirge vom Kasberge aus gesehen. Zeitschr. d. Deutschen Alpenvereins, II, 1871, pag. 568. ?) Sogenannte „Gletscherkreide“ ; dieselbe wird vielfach auch als Glaserkitt oder als Grundfarbe für Zimmermaler verwendet, nachdem sie vorher geknetet, an der Luft getrocknet und sodann in eigenen Mühlen gemahlen worden, Vergl. v. Mojsisovics, Bemerkungen über den alten Gletscher des Traunthals, Jahrb. d. k. k. geologischen 1 - Reichsanstalt, XVIII, 1868, pag. 304 u. 305. 6) Das Sensengebirge. Jahrb. d. Oesterreichischen Alpenvereins, VII, 1871, *) Ueber die Ablagerungen des Neogen, Diluvium und Alluvium im Gebiete der nordöstlichen Alpen und ihrer Umgebung. Sitz.-Ber. der k. Akademie der Wissen- 8 ‘ schaften in Wien, XVI, 1855, pag. 512. >) Charakterbilder aus den österreichischen Alpen, Begleitworte zu dem Physio- E: gnomischen Atlas d. österr. Alpen. Gotha 1862, pag. 10. °) Bericht über die Arbeiten der V. Section. Jahrb. d. k. k, geologischen Reichsanstalt, I, 1850, pag. 655. ”) Haidinger’s Berichte, VII, 1851, pag. 142. — Die Seen des Traungebietes. Anzeiger der k. Akademie der Wissenschaften in Wien, 1868, pag. 126—123 und 189—192. — Gletscherschliffe im oberen Traunthale. Verhandl. d. k. k. geologischen Reichsanstalt, 1869, pag. 296—298. — Ueber Urgesteinsablagerungen im obersten Jahrbuch der k. k. geol. Reichsanstalt. 1885. 35. Band, 3. Heft. (August; Böhm.) 56 438 August Böhm. [10] thales erreichte nach ihm eine Mächtigkeit von mindestens 570 Meter }), und das isolirte Vorkommen von Glacialerscheinungen in der Umgebung des Schoberberges und am Laudachsee veranlasste ihn zu dem Rück- schluss, dass die eiszeitliche Firnlinie in jenem Theile der Alpen nicht über 1000 Meter hoch gelegen sei.?2) Auch v. Mojsisoviecs?°) wendete den Glacialerscheinungen des Traunthales seine Aufmerksamkeit zu und zeigte, dass sich der Gletscher desselben mindestens bis an das Nord- ende des Traunsees erstreckte, woselbst er zwischen Altmünster und Gmunden eine hufeisenförmig angeordnete Kette von Moränenhügeln hinterliess, welche sich bis zu 50—70 Meter über den Seespiegel erheben. Auch wurde von demselben ausgezeichneten Forscher bereits damals ) auf einen ununterbrochenen Zusammenhang der eiszeitlichen. Gletscher des Traungebietes mit jenen des Salzachgebietes hingewiesen. Demgegenüber bekundet es einen offenbaren Rückschritt, wenn Bon- ney?°) in seinem Kampfe gegen die Glacialerosion jenen Gletschern selbst die Fähigkeit abspricht, die niederen Wasserscheiden zwischen den einzelnen Seen des Salzkammergutes zu überschreiten, und be- hauptet, dass manche der letzteren gänzlich ausser den Bahnen der alten Gletscher liegen, während doch schon früher thatsächliche Beweise für das Gegentheil dieser Behauptung beigebracht wurden. Zahlreiche glacialgeologisch wichtige Aufschlüsse wurden ferner erst in neuerer Zeit durch den Bau der Salzkammergut-Bahn geschaffen und von Wolf‘) untersucht. Ein interessantes Ergebniss lieferte auch eine zum Zwecke der Erschliessung von Salzlagern in der Nähe von Goisern vorgenommene Tiefbohrung, über welche Balzberg”) berichtet. Bis zu 40 Meter Tiefe bestand der durchbohrte Grund aus Moränen-Schotter, darunter kamen Sande und Flussgeschiebe, bis bei einer Tiefe von 64 Meter das anstehende Gestein erreicht wurde. Die Moränen besitzen hiernach an diesem Orte eine ganz erstaunliche Mächtigkeit. Aus dem Gebiete des Ennsthales und seiner Umgebung beschrieb zuerst Simony®°) Gletscherschliffe und Rundhöcker von der Südseite der Radstädter Tauern und erwähnte später) eines Moränenwalles bei der oberen Eibelalpe am Fusse des Hochgollings, S. v. Schladming. Traunthale. Sitz.-Ber. d. k. Akademie der Wissenschaften in Wien, LIX, I. Abth., 1869, pag. 722—734. — Die erosirenden Kräfte im Alpenlande. Jahrb. d. Oesterreichi- schen Alpenvereins, VII, 1871, pag. 1-48. !) Gletscher-- und Flussschutt als Objeet wissenschaftlicher, Detailforschung. Mittheil. d. k. k. geographischen Gesellschaft in Wien, XV, 1872, pag. 273. ?) Ebendas., pag. 328. 3) Bemerkungen über den alten Gletscher des Traunthales. Jahrb. d. k. k. geologischen Reichsanstalt, XVII, 1868, pag. 303—310. — Das Verhalten der Flysch- zone zum Nordrande der Kalkalpen zwischen dem Traun- und dem Laudach-See bei Gmunden. Verhandl. d. k. k. geologischen Reichsanstalt, 1868, pag. 212 - 216. #) ]. c., pag. 306. °) Lakes of the North-eastern Alps, and their bearing on the Glacier-erosion Theory. Quart. Journ. of the Geological Society of London, XXIX, 1873, pag. 382—395. °) Die geologischen Aufschlüsse längs der Salzkammergut-Bahn. Verhandl. der k. k. geologischen Reichsanstalt, 1877, pag. 259—263. ?) Die Tiefbohrung in Goisern. Berg- und Hüttenmännisches Jahrbuch, XXVI, Wien 1878, pag. 231—2%. 8) Haidinger’s Berichte, VII, 1851, pag. 135. °) Eine Gollingfahrt. Mitth. d. Oesterreichischen Alpenvereins, Wien, II, 1864, pag. 170. r ra u ee NZ I rs VE WG ra Fra ale San Zn NED. ve u Bi EEE >. er Ale y EN, [11] Die alten Gletscher der Enns und Steyr. 439 Auch in der Umgebung von Gröbming beobachtete derselbe Moränen- schutt, und zwar in einer Höhe, welche zu der Annahme Berechtigung gab, dass der alte Ennsgletscher dortselbst mindestens 400 Meter hoch an den beiderseitigen Gehängen emporgereicht habe. !) Zu den Ersten, welehe im Ennsthale Glacialerscheinungen bemerkten, gehören auch Ehrlich?) und C2jZek?), sowie ferner Stur®), welcher bei den in den Jahren 1851—-1853 durchgeführten geologischen Detail-Aufnahmen Moränen und erratische Blöcke bei Buchau, Stuttering, in der Walehern und bei Donnersbachwald vorfand und auf den später von ihm heraus- gegebenen Uebersichtskarten *) alle im Bereiche derselben überhaupt bekannt gewordenen Vorkommnisse dieser Art verzeichnete. Solche Moränen und Gletscherblöcke, über welche vorher in der Literatur noch nieht berichtet worden war, finden sich auf diesen Karten angegeben am Kammergebirge, bei Mitterndorf und Aussee, bei Mühldorf im Almthal, bei Stoder, Windischgarsten und Molln im Gebiete der Steyr, in der Umgebung von Altenmarkt im unteren Ennsthal und bei Tragöss, am Teufelssee und bei Wildalpen in der Gebirgsgruppe des Hochschwab. Seither wurden nur noch auf der Höhe des Strechauer Rückens bei Liezen von Löwl?°) erratische Geschiebe von Gneiss und Granit wahr- genommen, deren Herkunft aus dem Gebirgskerne der hohen Wildstelle - vermuthet wird. Dass aber der alte Ennsgletscher, ähnlich wie jener des Innthales, zur Zeit der grössten Vergletscherung des Landes selbst- ständig über niedrige Quersättel der Nördlichen Kalkalpen hinwegsetzte und somit nicht nur den Linien der grössten Thaltiefen folgte, dies ist schon von dem scharfen Blicke v. Mojsisovies’°) erkannt worden. Aus den noch weiter östlich gelegenen Distrieten der Nordalpen ist mit Ausnahme der schon angeführten zweifelhaften erratischen Spuren im Wiener Becken bisher wenig Sicheres über Glacial-Erscheinungen be- - kannt geworden. Kudernatsch?) erwähnt solche aus dem Seebach- thale bei Lunz und aus der Umgebung des Brandhofes, während Hertle ®) zwischen dem Lauf der Erlaf und der Schwarza nichts dergleichen be- merkte; dennoch aber muss man wohl Much?) beipflichten , insoferne er mit Rücksicht auf die von anderwärts vorliegenden Beobachtungen es für gewiss hält, dass auch die Thäler der Traisen, Erlaf und Ybbs nicht ganz aller und jeder Gletscherentwieklung entbehrten. So fände sich denn jene schon vor Jahren ausgesprochene Vermuthung de Mor- 1) Gletscher- und Flussschutt ete., 1. e., pag. 273. ?) Vergl. pag. 436; erratische Blöcke bei Flachau und am Ramlerberg, Moränen am Wildkarspitz und bei Pürg. ®) Die geologische Beschaffenheit des Ennsthales. Jahrb. d k. k. geologischen - Reichsanstalt, IV, 1853, pag. 481. *) Geologische Uebersichtskarte der Neogen-Tertiären, Diluvial- und Alluvial- Ablagerungen im Gebiete der Nordöstlichen Alpen. Wien 1855. — Geologische Ueber- sichtskarte des Herzogthums Steiermark. Graz 1865. — Siehe auch: Geologie der Steiermark. Graz 1871, pag. 11. ) Die Entstehung der Durchbruchsthäler. Peterm Geogr. Mitth., XXVIII, 1882, pag. 410. — Ueber Thalbildung. Prag 1884, pag. 102. °) Die Dolomit-Riffe von Südtirol und Venetien. Wien 1879, pag. 136. ”) Geologische Notizen aus den Alpen. Jahrb. d. k. k. geologischen Reichsanstalt, 11, 1852, II. Heft, pag. 86. °) Lilienfeldl—Payerbach. Jahrb. d. k. k. geologischen Reichsanstalt, XV, 1865, pag. 451—552. ®) Niederösterreich in der Urgeschichte, Gaea, XVII, 1881, pag. 149. 96 * 440 August Böhm. 1 2] tillet's!) bestätigt, dass zur Eiszeit Gletscher alle Thäler der bayeri- schen und der österreichischen Alpen erfüllt hätten. „Die Thatsache der einstigen allgemeinen Vergletscherung der Alpen ist bereits so fest begründet, dass die Existenz von ver- schiedenartigen Glacialspuren im Mittel- und Unter- laufe jedes grossen Alpenthales als eine selbstverständ- liche Sache angesehen werden kann“ (v. Mojsisovics). Fehlt es somit, wie man aus der vorstehenden Zusammenstellung ersieht, auch in dem östlich von der Salzach gelegenen Theile der Nord- alpen keineswegs an Angaben, welche eine vormalige weit ausgedehntere Vergletscherung des Gebirges erweisen, so ist doch andererseits nicht zu verkennen, dass die meisten dieser Nachrichten nur sehr beiläufig erfolgen und gewöhnlich nur in zweiter und dritter Linie als Anhang zu der Schilderung der stratigraphischen und tektonischen Verhältnisse der betreffenden Gegend zur Mittheilung gelangen. Eine selbstständige oder gar die Hauptrolle wurde dem Glacialphänomen nur in wenigen Abhandlungen zugewiesen, und diese betreffen nicht jenes engere Gebiet, innerhalb dessen sich die nachfolgenden Untersuchungen bewegen. Simony und v. Mojsisovies haben sich in eingehender Weise mit den Glacial-Erseheinungen des Salzkammergutes beschäftigt, v. Morlot widmete dem merkwürdigen erratischen Diluvium bei Pitten eine aus- führliche Beschreibung, Hauenschild pflog Detailuntersachungen über die Reste vorweltlicher Gletscher in der Umgebung des Almsees, aber mit den Gletscherspuren in den Thälern der Enns und Steyr hat sich bisher noch Niemand genauer befasst, und an einem Werke, welches die Gesammtheit der einschlägigen Verhältnisse in zusammenfassender Weise zur Darstellung brächte, gebricht es heute unserer Literatur noch ganz und gar. In dieser Beziehung haben uns die Geologen der West- und Südalpen längst überflügelt, und in neuerer Zeit haben auch schon die Bayerischen Älpen?), sowie auch die Karpathen und selbst die Mittelgebirge Deutschlands°) ihre glacialgeologische Bearbeitung ge- funden. Die Nordöstlichen Alpen und ihre “Nachbarn im Süden liegen allein noch brach; eine empfindliche Lücke macht sich hier bemerkbär, und ein weites und schwieriges Arbeitsfeld öffnet sich vor Demjenigen, der gewillt ist, sie zu schliessen. Die vorliegende Schrift verfolgt diese Absicht nicht; späterer Forschung muss es vorbehalten bleiben, die Geschichte der Nordöstlichen Alpen während der grossen Eiszeit aus dem nur stückweise auf uns gekommenen und vielfach unleserlich ge- wordenen Urtexte zu entziffern und in ihrem Zusammenhange in’s Geo- logische zu übertragen. Heute kann es sich nur darum handeln, Bau- steine zu sammeln und aus dem Rohen zu behauen, um sie tauglich zu machen für die Errichtung eines prächtigen und 'stylreinen Gebäudes der Zukunft, welehes der Erkenntniss der jüngsten Veränderungen in dem Mienenspiel des Erdantlitzes geweiht ist. !) Note sur les depöts glaciaires du versant möridional des Alpes. Arch. d. science, phys. et nat. de Geneve, X, 1861, pag. 34. 2) A. Penck, Die Vergletscherung der Deutschen Alp:n, ihre Ursachen, perio- dische Wiederkehr und ihr Einfluss auf die Bodengestaltung. Leipzig 1882, 8°, 483 4 mit 2 Karten und 2 Tafeln. 3) J. Partsch, Die Gletscher der Vorzeit in den Karpathen und an Mittel- gebirgen Deutschlands. Breslau 1882, 8°, 198 S., mit 4 Karten. SER Er n P- a = a A ER m z #2 SE HATTEN 2 Dan ER rw ee Zr sein Se CHE a ee => FREUE SEELE re: Die alten Gletscher der Enns und Steyr, 441 N II. Capitel. Glacialerscheinungen im Ennsthale. Schwierigkeit der Verfolgung von Glacialspuren in dem behandelten Gebiete. — Mächtigkeit des alten Ennsgletschers und Metbode deren Bestimmung. — Der Enns- gletscher auf das Gebirge beschränkt; muthmassliches Ende seiner Zuuge. — Re- flexionen über die Schuttbedeckung der eiszeitlichen Gletscher und die Ablagerung und | Erhaltung von ÖOberflächen- und Grundmoränen. — Vergleiche zwischen Enns- und Bu Inngletscher , Erklärung des spärlichen Auftretens von Glacialspuren im Bereiche des ersteren. — Glacialerscheinungen im Gebiete der unteren und der ob=ren Enns. — Beziehungen zwischen Hauptgletscher und localen Zuflüssen desselben. — Bewegungs- richtung des Eises. u Die im vorigen Capitel erwähnten Angaben über Glaecialspuren = in den nordalpinen Thälern östlich der Salzach lassen bereits mit Sieherheit erkennen, dass das Ennsthal während der Eiszeit von einem sehr gewaltigen Gletscher erfüllt war, weshalb denn die Auf- findung weiterer Spuren dieser Art an und für sich keine neue That- sache vor Augen führt, sondern zunächst nur die wiederholte Bestätigung eines schon bekannten Factums bedeutet. Nichtsdestoweniger musste | es in hohem Grade wünschenswerth erscheinen, möglichst viele Spuren und Ueberreste der alten Vergletscherung aufzufinden, da dieselben | durch ihr örtliches Auftreten, durch ihre Zusammensetzung, sowie dureh ihre Verbindung mit anderen Ablagerungen manchen schätzens- werthen Beitrag zu der Lösung der mannigfachen Fragen liefern konnten, welche sich sofort an die gewonnene Erkenntniss der einstigen - Existenz einer grösseren Gletscherbedeekung knüpfen. m. Bei dem Versuche, diesem Wunsche eerecht zu werden, begegnet indessen der Glacialeeoloze in jenem Theile der Nordöstlichen "Alpen 7 weit grösseren Schwierigkeiten, als dies in den westlich gelegenen Gebieten der Salzach und des Inn der Fall ist; und kehrt er etwa nach einem Exeurse in jene fremden Thäler in sein eigenes Arbeits- gebiet zurück , so ist ihm zu Muthe, als wäre er aus einem reichen _ Palaste, wo Alles in Fülle und in bester Ordnung vorhanden, in eine ' — Ärmliche Hütte versetzt worden, in der selbst an den nöthigsten und unumgänglichsten Dingen Mangel ist, so dass dieselben Stück für Stück mit Mühe und unter Sorgen jeweils erst herbeigeschafft werden müssen. Dieser Umstand konnte allerdings nicht Wunder nehmen, sondern war vielmehr von vorneherein zu erwarten. Wo immer bisher das Glacial- phänomen eingehender studirt wurde, hat es sich gezeigt, dass die Ent- wieklung der grossen diluvialen Gletscher unter denselben Bedingungen erfolgte, wie die heutige Eisbedeekung, so dass jene lediglich als eine Potenzirung dieser letzteren erscheint. Dieser Satz, welcher zuerst in den Alpen erkannt wurde ), hat sich nunmehr in gleicher Weise auch in den Karpathen und in den Deutschen Mittelgebirgen, sowie in den Pyrenäen bewahrheitet. Dort, wo heute die Gletscherentfaltung gegen- über derjenigen in anderen Gebieten zurücksteht, war dies auch während der Glacialepoche der Fall; mag man diesbezüglich innerhalb der Alpen selbst, oder aber zwischen diesem Gebirge und den Pyrenäen !) A. Penck, Die Vergletscherung der Deutschen Alpen, pag. 112. 449 August Böhm. 1 4] und Karpathen Vergleiche ziehen, immer ergibt sieh dasselbe Verhält- niss. Die Verschiedenheit der Gletscherentwicklung, welche z. B. heute zwischen der Nord- und Südseite der Alpen, welche zwischen Tirol und der Schweiz besteht, war in ähnlicher Weise auch zur Eiszeit vor- handen, und so wie anderseits die Pyrenäen gegenwärtig in viel geringerem Masse vergletschert sind als das Alpengebirge, so erlangte auch das diluviale Glacialphänomen dort lange nicht jene Ausdehnung und Mächtigkeit wie hier. Nun ist bekannt, dass in den Ostalpen die heutige Gletscherentwieklung nach Osten zu stetig abnimmt, und im Ennsgebiete überhaupt ihr Ende findet; nur am Dachsteinplateau lagern noch einige kleine Eisfelder, und im Uebrigen wird die Höhe der Schneelinie kaum mehr von der einen oder anderen Bergspitze erreicht. Es war deshalb zu vermuthen, dass auch die eiszeitliche Ver- gletscherung im Ennsthale von geringerer Intensität gewesen sei, als weiter im Westen, wo sich an den alten Gletschern des Rhein-, Inn- und Salzachthales die entsprechende allmälige Grössenabnahme bereits auf das deutlichste documentirt. | Zu dem Umstande, dass in dem steierischen und oberösterreichi- schen Gebirge in Folge der geringeren Erhebung der Bergspitzen und Bergkämme die gletschernährenden Gebiete so wie heute auch zur Eiszeit kleiner waren, als in den Salzburger und Tiroler Alpen, kommt nun noch hinzu, dass auch die Thaleinschnitte hier tiefer sind, und dass sich das alpine Vorland ebenfalls gegen Osten zu beständig senkt. Den kleineren Sammelgebieten waren also Bezirke mit intensiverer Ab- schmelzung zugeordnet, und dieses Moment musste abermals eine Schmälerung der Gletscherverbreitung bewirken. Als der alte Inngletscher durch die Thalpforte bei Kufstein die Alpen verliess, fand er eine Hochfläche vor, welche eine mittlere Meeres- höhe von 500 Meter besitzt, und nur um weniges tiefer liegt das Terrain, über welches sich der Salzachgletscher am Fusse des Gebirges verbreitete. Dieses Niveau erreicht jedoch das Ennsthal noch weit im Innern des Gebirges, in der Gegend von Hieflau, während es sich bei seinem Austritt aus demselben bis auf 300 Meter herabsenkt. Sollte also der alte Gletscher des Ennsthales den Saum des Gebirges erreicht haben, so müsste er sich um 200 Meter tiefer herabgeschoben haben als jener des Innthales, trotzdem sein Nährgebiet um so vieles be- schränkter und seine Mächtigkeit dementsprechend gewiss auch weit geringer war, als bei dem grossen Tiroler Eisstrom. Durch diese Erwägung allein erscheint es mithin zunächst als sehr wahrscheinlich, dass die Mächtigkeit des alten Ennsgletschers, obwohl an sieh immerhin noch sehr beträchtlich, dennoch hinter jener seiner westlichen Nachbarn zurückstand, und weiters, dass derselbe nicht mehr das Alpenvorland zu erreichen vermochte, sondern auf das Gebirge selbst beschränkt war und in demselben endete. Die hierüber an Ort und Stelle gepflogenen Untersuchungen haben dieses voraussichtliche Resultat vollauf bestätigt. In der Umgegend von Gröbming hatte schon Simony erratische Geschiebe in einer Höhe von ungefähr 1070 Meter gefunden, woraus. sich erkennen lässt, dass die Dieke des Eises dortselbst mindestens 400 Meter betragen haben müsse. Eine hiemit übereinstimmende Minimal- WERE TUE A ., ; EEE DD N 5] Die alten Gletscher der Enns und Steyr. 443 dieke geht auch aus der Angabe v. Mojsisovies’ hervor, dass der Gletscher die niederen Pässe der Kalkalpen überschritten habe, welche sich bis zu 300 Meter über die Thalsohle erheben. Die Höhe der Eis- massen war also gewiss keine unbeträchtliche, und zwar umsoweniger, als die eben angeführten Ziffern nur als untere Grenzwerthe für dieselbe zu gelten haben; es ist denn auch die Mächtigkeit während des Maximums der Vereisung in der That eine noch weit bedeutendere gewesen. Durch anhaltendes und mühevolles Suchen ist es mir gelungen, an elf Orten, welche sich auf die Umgebungen von Schladming, Gröb- ming, Mitterndorf, Admont und Altenmarkt vertheilen, die Mächtigkeit des alten Ennsgletschers zu bestimmen, und die gute Uebereinstimmung, welche die an einander nahe gelegenen Punkten gewonnenen Resultate unter sich bekunden, spricht sehr zu Gunsten einer gewissen Zuver- lässigkeit der so erhaltenen Werthe. Da Gletscherschliffe und Rundhöckerformen an den Berghängen unseres Gebietes äusserst selten sind, und die eiszeitlichen Alpengletscher zur Zeit ihrer grössten Ausdehnung in Folge der zusammenhängenden Firnbedeckung des Gebirges fast gar keine Oberflächenmoränen auf ihren Rücken trugen, so verbleiben die Grundmoränen oder einzelne Grundmoränengeschiebe als die einzigen Anzeichen, welche die Er- mittlung der einstigen Gletscherhöhe ermöglichen. Aber nicht alle Grundmoränenreste werden ohne Weiteres diesen Zwecke dienlich sein können, denn es leuchtet ein, dass eine Moräne, die man irgendwo auf einem Berghang findet, an und für sich ebensowohl von dem Hauptgletscher des 'Thales, als auch von einem seiner seitlichen Zu- flüsse herrühren könne; gehörte sie aber solch’ einem localen Seiten- gletscher an, dann hat sie selbstverständlich gar nichts mit dem Niveau des Hauptgletschers zu thun und kann hoch über demselben überall dort auftreten, wo sich ein mehr oder minder bedeutender Hängegletscher herabsenkte. Demgemäss werden also nur solche Grund- moränen hier in Betracht gezogen werden dürfen, von denen es evident ist, dass sie eine Ablagerung des Thalgletschers , nicht aber eines von der Höhe des Bergkammes herabkommenden tributären Eisstromes re- präsentiren. Dies aber wird nur dann der Fall sein, wenn die betreffenden Ablagerungen Gesteinsarten enthalten, welche den Revieren der jeweiligen localen Gletscher fremd sind, wenn sie sich also durch die Führung von erratischem Material als dem Hauptgletscher zugehörig erweisen. Nun scheidet das Längenthal der Enns das Urgebirge von der nörd- lichen Kalkzone, und es können daher unter Verhältnissen, welche den heutigen analog sind, die krystallinischen Gesteine der einen und die mesozoischen Kalke der anderen Seite sich nicht wechselweise über die gegenüber befindlichen Thalgehänge verbreiten Enthält also eine in grösserer Höhe auf dem Abfalle der Kalkalpen zurückgebliebene Grund- moräne Urgebirgsgeschiebe, oder umgekehrt, eine solehe auf der kry- stallinischen Seite des Thales Kalkgestein, so mussten es die Eis- massen des Thalgletschers gewesen sein, welche den Transport dieser Findlinge von der einen Thalseite bis hoch hinauf an dem jenseitigen Gehänge vermittelten. Es ist nun gewiss ein beachtenswerthes Ergebniss, dass sich an keinem Punkte des rechten Ennsthalgehänges, welcher über dem Niveau 444 August Böhm, 1 6] der diluvialen Flussterrassen gelegen wäre, Grundmoränen oder auch nur vereinzelte Geschiebe von triasischen oder jüngeren Kalken finden, indem hieraus ganz zweifellos hervorgeht, dass nirgends eine Bewegung des Eises von den Kalkalpen her quer über das Thal stattgefunden hat. Hingegen treten an manchen Orten des nördlichen Thalhanges Ur- gesteine in den Grundmoränen und als lose Blöcke auf und werden somit nicht nur zum Beweise, dass eine derartige Querbewegung in der entgegengesetzten Richtung, nämlich von der Centralkette her, innerhalb des Gletschers erfolgte, sondern geben gleichzeitig auch das erwünschte Mittel an die Hand, die Höhe des Eises im Hauptthale selbst zu be- stimmen. Die höchsten Vorkommnisse dieser Art werden einen unteren Grenzwerth für die grösste Höhe des Gletschers markiren; tiefer kann der Stand des letzteren während des Maximums der Vereisung nicht gewesen sein, dagegen sehr wohl höher. Es ist ja doch kaum mehr als ein Zufall, wenn Gesteine von dem jenseitigen Ufer, sei es nun unter oder auf dem Eise, quer über das Thal bis zu dem oberen Saume des Gletschers auf der anderen Seite verschleppt wurden, und es ist weiters nur einem günstigen Zufalle zu danken, wenn diese Ab- lagerungen den allerhand erodirenden Processen , denen sie ihrer Lage wegen ausgesetzt sind, zu trotzen vermochten und uns, wenn auch nicht ganz, so doch wenigstens theilweise erhalten blieben. Bei der Suche nach solchen Ueberresten wird man sich auf jene Oertlichkeiten be- schränken, welche der Erhaltung derselben zuträglich sind, also auf sanftgeneigte Hänge und Gebirgsvorsprünge; auf steilen und schroffen Böschungen fallen sie nur allzu rasch dem übergewaltigen Einfluss der zerstörenden Agentien zum Opfer. Trotz dieser Umsicht aber wird die Zahl der vergeblichen Gänge stets jene der mit Erfolg gekrönten weitaus überwiegen, und speciell die Gewinnung der wenigen hier zur Mittheilung selangenden Angaben über die Mächtigkeit des alten Gletschers im Ennsthale erforderte einen Aufwand von Zeit und Mühe, von welchem sich gewiss nur wenige Leser dieser Zeilen eine richtige Vorstellung machen werden. In der Nähe von Schladming, an der Südseite des Dachstein- stockes, liess sich die obere Geschiebegrenze an drei verschiedenen Stellen mit ziemlicher Uebereinstimmung bestimmen. In dem Graben, welcher von Filzmoos zum Nestler Riedl, südlich vom Rettenstein, hinan- zieht, beobachtet man mehrere Aufschlüsse in Grundmoränen, welche neben schön gekritzten Kalkgeschieben auch solche von Gmneissen und Quarziten enthalten; die letzteren lassen sich hierselbst bis zu der Höhe von 1550 Meter verfolgen. Jenseits des Nestler Riedels gelangt man in das Gebiet der Kalten Mandling, und aus diesem durch den Scharfen- steingraben auf die schönen Matten der Neustatt-Alpe und des Brand- ıiedels. Hier fand ich dieselben Gneisse und Quarzite in 1561 und 1590 Meter Höhe; die letztere Fundstelle befindet sich unfern der Austria-Hütte an der Westseite des Brandriedels, 5 Kilometer weiter östlich als jene unterhalb des Nestler Riedels. Auf dem steilen Osthang des Brandriedels endlich fand ich enorm grosse Kalkblöcke und erra- tische Geschiebe in einer Höhe von 1594 Meter. Die Oberfläche des Ennsgletschers lag also an der Südseite des Dachsteins sicherlich nieht tiefer als 1600 Meter, und da der eorrespondirende Punkt der Thalsohle [17] Die alten Gletscher der Enns und Steyr. 445 bei Pichl 780 Meter hoch gelegen ist, so betrug die Mächtigkeit des Eises mindestens 820 Meter, wahrscheinlich aber noch etwas mehr. An der Südwestseite des Grimming haben sich im Diemberner Wald einzelne erratische Blöcke in 1353 Meter Höhe erhalten, wonach sich die Eisdieke dortselbst zu eirea 700 Meter bestimmt. Hiermit steht eine Beobachtung im besten Einklange, welche ich zwar schon ausser- halb des Ennsthales, doch noch im Bereiche des alten Gletschers an der nordwestlichen Umrahmung des Mitterndorfer Beckens machte. Unter- halb der Seidenhof-Alpe begegnete ich in einer Höhe von 1346 Meter den Resten einer Grundmoräne, welche, obwohl sie keinerlei erratisches Material enthält, sondern nur aus den Kalkgesteinen der Umgebung be- steht, dennoch nur dem Hauptgletscher, nicht aber einem localen Hänge- gletscher angehören konnte. Zu der Entwicklung solch’ einer letzteren Eismasse hat es nämlich an unserem Orte in Folge der Terrainbeschaffenheit der Gegend unmöglich kommen können; der Hang ist steil, und die be- treffende Stelle befindet sich schon nahe dem Rande eines Plateaus, welches nach der entgegengesetzten Seite abdacht. Die Moräne ist also jedenfalls eine Höhenmarke jener FEismasse, welche hier aus dem Enns- thale in das Traungebiet hinüber reichte. . Ennsabwärts am Mitterberg bei Liezen, welcher aus Grauwacken- schiefer besteht, beobachtete schon Löw Trümmer von krystallinischem Gestein, die sich bis auf die Höhe des Rückens (1047 Meter Sp. K.) verfolgen lassen; derselbe war mithin ganz von dem Eise überfluthet. Erratische Gesteine in Grundmoränen fanden sich ferner am östlichen Abhange des Pleschberges bei Admont in 1080 Meter Höhe, und die Hochfläche des Buchauer Sattels (850 Meter Sp. K.) ist bedeckt mit grösseren und kleineren Blöcken der verschiedenartigsten Urgebirgs- gesteine, neben denen auch solche von Kalk und von dem eigenthüm- lichen Verrucano der Nordalpen in Menge auftreten. Diese Blöcke finden sich auch auf dem fast genau 1000 Meter hohen Sattel zwischen Asand- Kogel und Laferwald, woselbst insbesondere grüne Gneisse und granaten- führende Glimmerschiefer auffallen. Beim Anstieg von hier nach dem "Gipfel des Laferwaldes fand ich das höchste erratische Geschiebe , ein faustgrosses Stück Hornblendeschiefer, bei 1072 Meter. Bei der etwas weiter östlich gelegenen Alpe, am Fusse des Schlagriedels, kommen im Bachbette Gneissgeschiebe vor, welche von den höheren Partien durch das Wasser herabgespült wurden. Die Seehöhe beträgt hier 997 Meter, so dass diese Beobachtung sehr gut mit der vorigen übereinstimmt. Der erwähnte Bach fliesst dem Ritschengraben zu, welcher mit jähem Sprung in das „Gesäuse“ abstürzt; östlich davon befindet sich der wilde, durch seine grossartige Holz-Klause berühmte Bruckgraben, von dem vorigen durch eine kurze Kammwiderlage geschieden. Auf einer Ein- sattlung dieser letzteren, 1052 Meter Sp. K., liegen wiederum krystal- linische Blöeke umher. Die Sohle des Ennsthales ist am Eingange des Gesäuses in einer Höhe von 609 Meter Sp. K. gelegen; die Stärke der Eismasse betrug demnach hier mindestens noch 470 Meter. Aus diesen Angaben geht mit ziemlicher Wahrscheinlichkeit hervor, dass sich die Oberfläche des Gletschers von Pichl bis zum Gesäuse, das ist auf eine Entfernung von 74 Kilometer, um 520 Meter senkte: dies entspricht einem Gefälle von 1:142. Die Thalsohle selbst Jahrbuch der k. k. geol. Reichsanstalt. 1885. 35. Band, 3. Heft. (August Böhm.) 57 446 August Böhin. [18] senkt sich auf dieser Strecke nur um 170 Meter, besitzt also ein Gefälle von 1:430. Die Mächtigkeit des Eises wiederum verringerte sich bis hierher um 350 Meter, was eine Abnahme von 1:211 ergibt. Diese letztere Relation bringt gleichzeitig auch den Unterschied zwischen der Neigung der Gletscheroberfläche und jener des Thales zum Aus- druck und ist deshalb identisch mit dem, was H. v. Schlagint- weit als die „speeifische Neigung“ des Gletschers bezeichnet.!) Geradezu auffallend ist die Uebereinstimmung der soeben gewonnenen Daten mit den entsprechenden Verhältnissen des alten Inngletschers. Vom Tschirgant bis zu dem 75 Kilometer entfernten Achensee senkte sich die Oberfläche desselben nach Penek?) um 530 Meter mit einem Gefälle von 1: 141; die Thalsohle hinwieder senkt sich ihrerseits um 180 Meter, hat also einen Fall von 1:417. Die specifische Neigung berechnet sich hiernach zu 1: 214. Wenn die specifische Neigung des Ennsgletschers in der 17 Kilo- meter langen Schlucht des Gesäuses dieselbe blieb wie bisher — wegen der bedeutenden Thalverengerung dürfte sie eher noch kleiner als grösser geworden sein — dann hätte die Mächtigkeit des Eises hierselbst um 80 Meter abgenommen und würde bei Hieflau im Minimum noch 390 Meter betragen haben. Unter dieser Annahme erreichte sonach die Ober- fläche des Gletschers hier eine Meereshöhe von ungefähr 900 Meter, sie senkte sich also auf dieser Strecke um 170 Meter mit einer Neigung von 1:100. Nach dem Austritte aus dem Gesäuse erweitert sich das Thal, und obwohl hier zwei nieht unbeträchtliche Seitenthäler, das des Erz- baches und jenes der Salza münden. welche ebenfalls vergletschert waren, nahm doch die Mächtigkeit des Eises nunmehr in rapider Weise ab. Bei Altenmarkt, 16 Kilometer unterhalb Hieflau, fand ich die höchsten erratischen Trümmer in einer Höhe von 700 Meter, woraus für die Dicke des Eises nur mehr 240 Meter resultiren. Die Oberfläche des- selben senkte sich mithin auf diese kurze Entfernung um volle 200 Meter, entsprechend einer. Neigung von 1:80; die speeifische Neigung berechnet sich hiernach auf 1: 107. Nicht die ganze Masse des Gletschers machte jedoch, um von Admont nach Altenmarkt zu gelangen, den Umweg durch das Gesäuse und über Hieflau, sondern ein nicht unbeträchtlicher Theil von etwa 200.000 Quadratmeter Querschnitt überschritt den Sattel von Buchau (850 Meter Sp. K.) und erreichte über St. Gallen bei Altenmarkt wieder das Thal der Enns, nachdem die beiderseitigen Eisströme schon vorher über den niederen Sattel „Im Erb“ (676 Meter Sp. K.) mit einander Fühlung gewonnen hatten. Auf dem Hange, der sich vom Eisenzieher oberhalb St. Gallen zu der Admonter Höhe hinaufzieht, liessen sich erratische Geschiebe bis auf 330 Meter über die heutige Thalsohle, also bis zu 900 Meter Meereshöhe verfolgen; die Oberfläche des Eises senkte sich demnach vom Buchauer Sattel bis zum Eisenzieher auf 7 Kilometer um 170 Meter (1:41) und von hier bis Altenmarkt auf 10 !) Untersuchungen über die physikalische Geographie der Alpen. Leipzig 1850, pag. 158. ?) Vergletscherung der Deutschen Alpen, pag. 191. [19] Die alten Gletscher der Euns und Steyr. 447 Kilometer um 200 Meter (1:50)'); auf der letzteren Theilstrecke betrug nach diesem die specifische Neigung des Gletschers 1: 111, also fast genau dasselbe, wie in der unmittelbar vor der Vereinigung der beiden Eisarme gelegenen Partie im Ennsthale selbst. Es lässt sich daher er- freulicherweise auch hier wieder die beste Uebereinstimmung der ver- schiedenen Beobachtungen constatiren. Unterhalb Altenmarkt gelang es mir nicht mehr, irgend welehe Spuren glacialer Thätigkeit zu erkennen; es bestätigt dies die Ver- muthung, welche sich bereits bei Betrachtung der geringen Mächtig- keit des Eises in dieser Gegend im Vereine mit den angegebenen Neigungsverhältnissen seiner Oberfläche aufdrängt, dass nämlich der Gletscher hier schon seinem Ende nahte und sich kaum noch weiter als einige Kilometer erstreckt haben dürfte. Man wird nicht weit fehl- gehen, wenn man annimmt, dass der Abschwung des alten Enns- gletschers zur Zeit seiner grössten Ausdehnung in der Gegend von Klein-Reifling, in einer Meereshöhe von ungefähr 400 Meter zu suchen sei. Nun könnte wohl gefragt werden, wo denn dann der Stirnwall sei, welcher sonst, in der Regel den grössten Stand eines jeden Gletschers bezeichnet, und Derjenige, dem etwa aus eigener Anschauung die wohlausgeprägte Moränenlandschaft der bayerischen Hochebene oder jene am Fusse der Südalpen bekannt ist, wird mit Staunen hier im Ennsthale jede Andeutung dieser charakteristischen Grenzmarke vermissen. Die Antwort auf diese Frage ist einfach die: ein soleher Stirnwall, oder vielmehr eine ganze Reihe von solchen Wällen, war wohl seinerzeit ausser allem Zweifel vorhanden, vermochte aber der nachherigen Erosion nicht genügend zu trotzen, sondern ist durch die- selbe ganz und vollständig vernichtet worden. Es muss hier übrigens dagegen Verwahrung eingelegt werden, dass diese letztere Behauptung etwa nur als ein billiges Auskunftsmittel bewerthet werde, welches in bequemer Weise über die Schwierigkeit einer positiven Grenzbestimmung hinweghilft; es ist vielmehr aus der Natur der Sache selbst erklärlich, dass es nur so und nicht leicht anders sein könne. Auf der bayerischen Hochebene verbreitete sich die Moränenlandschaft über flaches Terrain auf weite Strecken, während die späteren Wirkungen des fliessenden Wassers räumlich beschränkt waren und nur an wenigen Orten auf die Zerstörung der Glacialreste hin- arbeiten konnten. Im Gebirge jedoch sind die Endmoränen der Gletscher localisirt, dagegen die Erosionsvorgänge jeder Art sowohl in extensiver wie in intensiver Beziehung unverhältnissmässig gesteigert; kein Wunder also, dass wir hier manche Werke der Gletscher vermissen, welche sich im Flachlande unter günstigeren Bedingungen fast unversehrt zu erhalten vermochten. Es fehlen ja im Gebirge auch die inneren Wälle, welche während des jedenfalls durch Pausen und kleine Oseillationen unterbrochenen Rückzuges der Vereisung zur Bildung gekommen sein !) Das stärkere Gefäll auf der ersteren Strecke ist durch den raschen Fall der Thalsohle bedingt. Um sich von diesen Neigungsangaben leicht eine Vorstellung machen zu können, sei bemerkt, dass 1:40 das stärkste Gefäll ist, welches bei Eisenbahnen nach dem Gesetze vorkommen darf, und welches thatsächlich fast auf jeder unserer Bergbahnen in den Alpen, wie z. B. am Semmering, Brenner, Arlberg, St. Gotthard u. s. w. zu wiederholten Malen erreicht wird. 1:200 ist auf jeder Alpenbahn eine ganz gewöhnliche Steigung. 97% 448 August Böhm. [20] mussten, wogegen man den Ueberresten von Grundmoränen doch hin und wieder, und stellenweise sogar ziemlich häufig, begegnet. Dies findet wiederum in der Art der Ablagerung dieser beiden verschiedenen Gattungen von Moränen seine Erklärung. Die Seiten- und Stirnmoränen traten in jeder einzelnen Gletscherphase in einem bestimmten Niveau, an einer ganz bestimmten Stelle auf und wurden. vom Gletscher dort- selbst abgelagert, ohne Rücksicht darauf, ob der Ort, an dem dies geschah, für ihre Erhaltung günstig war oder nicht. Diese Moränen wurden ferner nach Linien abgelagert, und so konnte es sich leicht ereignen — und es wird dies eben auch wirklich in den meisten Fällen so gewesen sein —, dass der ganze Strich ‘der Ablagerung auf ein Terrain zu liegen kam, welches in Folge seiner Neigungsverhält- nisse oder wegen verschiedener anderer Umstände einer Erhaltung dieser Wahrzeichen einer ehemaligen Gletscherverbreitung in mehr oder minder hohem Grade abträglich war. Endlich ist noch zu bedenken, dass die in Rede stehenden Moränen, in denen der Schutt der Gletscher- oberfläche, wenn vorhanden, eine hervorragende Rolle spielt, dem Terrain ganz oberflächlich aufgelagert werden; sie unterbrechen störend das Relief der Landschaft und fallen deshalb leicht der nivellirenden Thätigkeit späterer Erosion zum Opfer. Anders ist dies Alles bei den Grundmoränen; ihre Ablagerung erfolgt nach Flächen, und zwar vor- zugsweise dort, wo durch muldenförmige Vertiefungen im Gletscher- bette eine Ansammlung derselben von vorneherein begünstigt wird. Die Verbreitung von Grundmoränen ist also von dem Relief der Oert- lichkeit mit abhängig, sie wird in ihren Grundzügen von demselben vorgezeichnet und steht demnach mit diesem im besten Einklang. Die Grundmoräne kleidet die Unebenheiten des Untergrundes aus, sie ver- hüllt und ebnet die Unregelmässigkeiten desselben und kommt hiemit der Wirkung der Erosion gewissermassen entgegen; wo sie dennoch an exponirten Punkten auftritt, wird sie ebenfalls im Verlauf nicht allzulanger Zeit entfernt, da sie aber eben vorzugsweise an geschützten, hiezu schon prädestinirten Stellen zur Anhäufung kommt, bleiben Reste von ihr in grösserer Menge bis auf späte Zeiten erhalten. Ein Umstand verdient hier noch eine kurze Besprechung. Man hat in neuerer Zeit vielfach, wie es zuerst Agassiz bezüglich der Vereisung im Norden Europas gethan, das alpine Inlandeis durch den Mangel an Oberflächenmoränen charakterisirt und aus dem Fehlen von Resten soleher Moränen in den untersuchten Gebieten und dem nur vereinzelten Vorkommen von eckigen Gletscherblöcken gefolgert, dass während des Maximums der Vergletscherung nur. ein sehr geringer Gesteinstransport auf dem Eise, hingegen ein desto stärkerer und aus- giebigerer unter demselben erfolgte. Dass nun heute dergleichen Moränenreste in der That gar nieht oder doch nur äusserst selten an- getroffen werden, das kann nach dem, was oben über die Ablagerung und die Erhaltung von Moränen im Allgemeinen gesagt wurde, nicht mehr überraschen, und es würde somit kaum erlaubt sein, aus diesem negativen Resultate unserer Beobachtung eine solehe Folgerung, wie die eben angegebene, zu ziehen. Aber man hat den in Rede stehenden Rückschluss auf die Beschaffenheit der eiszeitlichen Gletscher auch dureh eine plausible theoretische Speeulation gestützt, indem man nämlich Pi rn a ET ET FDA ee re EBEN EIERN LEE) RER EEE: ” Dar SSL Ficken U PR et ä [21] Die alten Gletscher der Enns und Steyr. 449 darauf hinwies,. dass Oberflächenmoränen nur dort entstehen können, wo der Gletscher von schroffen Felspartien überragt werde, was aber während der Glacialperiode in Folge der grossen Mächtigkeit der Eis- ströme und der tiefen Lage der Sehneelinie schleehterdings nicht der Fall gewesen sein könne. Diese Erwägung gilt aber — es muss dies ganz besonders betont werden — nur für den Zeitabschnitt der stärksten Gletscherentwieklung, und selbst für diesen nieht an allen Orten. Das alpine Inlandeis ist ja nieht mit einem Male fix und fertig da gewesen, sondern musste sich aus bescheidenen Anfängen entwickeln, und der grossen Eiszeit ging Jedenfalls ein Stadium voraus, welches an unsere gegenwärtige Gletscher- welt erinnert. Die Gletscher, aus denen später die riesigen Eisströme der grossen Alpenthäler erwuchsen, waren einst gewiss nicht bedeuten- der, als unsere heutigen es sind. und auch ihre orographische Ver- breitung war ehemals in gleicher Weise beschränkt. Niemand wird nun die Bedeckung dieser sozusagen embryonalen Gletscher mit Moränen- schutt leugnen wollen, alle Bedingungen für das Vorhandensein einer solehen waren ja damals, so wie jetzt, vollauf vorhanden. Aus diesen schuttbedeckten Gletschern aber entwickelten sich ganz allmälig die grossen Eismassen der Diluvialzeit; von kleinen Anfängen bis zu ihrer enormen Grösse mussten sie alle möglichen Zwischenstadien durch- laufen, und ihre Zungen drangen langsam immer mehr und weiter in den Thälern vorwärts. So lange nun die Gletscherzungen im Gebirge selbst sich befanden, mussten sie jederzeit mit Oberflächenmoränen ver- sehen gewesen sein, denn die Zungen der Eisströme reichen immer unter die Firnlinie herab, und die Berghänge zu ihren Seiten waren mithin bis zu einer gewissen Höhe schneefrei. Der alte Gletscher des Ennsthales also, welcher, wie gezeigt wurde, das Gebirge nicht ver- liess, hat selbst zur Zeit seiner grössten Ausdehnung sicherlich auf seinem Rücken Moränen getragen, während diese Erscheinung weiter im Westen, so lange sich dort die Eismassen aus dem Gebirge heraus auf die demselben vorgelagerte Hochebene ergossen, und somit Berg und Thal gleichmässig unter der Firndecke begraben lag, kaum oder doch nur in höchst minimaler Ausbildung aufgetreten sein konnte. Beim Rückzuge der Vergletscherung mussten jedoch wieder dieselben Ver- hältnis:e Platz greifen, wie sie während des Anwachsens derselben vorhanden waren, und ein Zeitgenosse der schwindenden Vereisung würde alsdann auch auf den inneralpinen Gletschern Tirols und Ober- bayerns von Neuem Moränen und Öberflächenschutt bemerkt haben; er hätte ferner auch die Stirnwälle wahrnehmen können, welche die Gletscher bei ihrem Rückwärtsschreiten zweifelsohne hin und wieder hinterliessen, die aber seither wohl in den meisten Fällen von dem nagenden Zahn der Zeit längst wieder abgetragen wurden. Wie rasch dies letztere vor sich geht, dazu bieten ja die historischen Oseillationen unserer heutigen Gletscher ein ebenso anschauliches, wie lehrreiches Beispiel. Wie wir sahen, erstreckte sich der diluviale Eisstrom des Enns- thales bis ungefähr in die Gegend von Klein-Reifling und endete dort- selbst in einer Seehöhe von 400 Meter; der Inngletscher hingegen, welcher doch um so vieles mächtiger war als jener, vermochte diese 450 August Böhm, [22] Tiefe nieht zu erreichen, sondern fand die Grenze seines Vordringens bereits zwischen 500 und 600 Meter auf der oberbayerischen Ebene. Es scheint dies anfangs einen Widerspruch in sich zu schliessen, denn man sollte ja vielmehr erwarten, dass der Inngletscher bei seinem weit- aus grösseren Einzugsgebiete unter sonst gleichen Verhältnissen tiefer vorgedrungen sei, als sein kleinerer Gefährte im Ennsthal ; aber abgesehen von der Verschiedenheit in der Ausdehnung der Nährbezirke waren eben die Verhältnisse hier auch ‚noch in der Weise ungleich, dass die Ab- schmelzungsfläche des Ennsgletschers sieh lediglich in die Länge und nach der Tiefe zu erstreckte, während jene des Inngletschers vorzugs- weise in die Breite entwickelt war, wobei sie auf weite Entfernung hin in derselben Höhenlage verblieb. Der Ennsgletscher bot also in Folge des Umstandes, dass er in einem engen Thale eingezwängt war, der Abschmelzung in jeder bestimmten Höhenstufe keine grosse Ober- fläche dar, wohingegen bei dem Tiroler Eisstrom, dessen Ende sich auf dder Hochebene ungestört nach allen Seiten ausdehnte, gerade das Gegen- theil der Fall war; dies macht das tiefere Vorrücken des ersteren ver- ständlich. Aber auch noch ein anderes Moment wird durch dieses Verhältniss deutlich vor Augen gebracht. Es ist ohne weiteres erklärlich, dass der Inngletscher, bei sonst gleichförmigem Wachsthum, im Gebirge schneller vordringen musste, als draussen auf der Ebene; denn bei dem relativ engen Querschnitt des Eisstromes im Thale musste sich jede Vermehrung seiner Masse alsbald durch ein Anwachsen in der Längsrichtung des- selben geltend machen, während auf dem flachen Lande, wo die Aus- breitung der Eismasse radial erfolgte, der auf jeden einzelnen Ort entfallende Betrag des allgemeinen Vorschubs sich nothwendigerweise stets verminderte. In dem einen Falle eoncentrirte sich das Vorrücken des Gletschers auf eine Richtung und trat deshalb in derselben mit voller Stärke auf, in dem anderen hingegen wurde es durch Vertheilung über eine weite Fläche allenthalben geschwächt. Wir sehen ja auch heute innerhalb einer und derselben Osecillationsperiode Gletscher, deren Zungen in enge Thäler eingebettet sind, grosse Schwankungen ihrer Länge erleiden, während andere, welche ein breit ausgehendes Ende besitzen, dieses nur um kurze Strecken verschieben. Es musste dann auch in dem Stadium, welches der Maximalent- faltung der Vereisung voranging, der Ennsgletscher, welcher auf das Gebirge beschränkt war, in seinem Thale rascher vorrücken, als der Inngletscher draussen auf der Hochebene am Fuss der Alpen, wo- selbst er mit seinen Nachbarn bereits zu einem unübersehbaren Meere von Eis verschmolzen war; es werden mithin die beiden Eiskörper zur selben Zeit verschieden weit von der äussersten Grenze ihres Vordringens entfernt gewesen sein, und zwar jener weiter als dieser. Dasselbe musste nun in ähnlicher Weise auch beim Schwinden der Vergletscherung stattgefunden haben, so dass die oberbayerischen Eismassen sich jeweils nur um Weniges nach den Bergen hin zurückzogen, während im Enns- thale das Eis in den eorrespondirenden Zeitabschnitten auf weit grössere Distanzen retirirte. Innerhalb der letzten Periode des Vorrückens, eben- sowohl wie zu Beginn des Rückzuges, verlängerte und verkürzte sich demnach der Gletscher des Ennsthales noch — beziehungsweise schon [23] Die alten Gletscher der Enns und Steyr. 451 — um ein Bedeutendes, wogegen in Oberbayern die entsprechende Öseillation in der Bewegungsriehtung der Eismasse viel beschränkter war und sich nur auf eine kurze Entfernung erstreckte. Der Inngletscher blieb also um die Zeit der grössten Eisverbreitung viel länger stationär als jener, und wenn wir sonach hier wie dort von dem äussersten Ende des Vordringens um gleiche Strecken zurückgehen, so finden wir, dass dieselben im Ennsthale in einem viel späteren Stadium der herannahen- den Vereisung von dem Gletscher bedeckt und hernach viel früher von demselben wieder verlassen wurden, als jene auf der oberbayerischen Hochfläche. Gelegentlich der Abnahme des Glacialphänomens begann somit die Erosion des fliessenden Wassers ihre auf die Vernichtung der Gletscherspuren gerichtete Thätigkeit im unteren Ennsthal weit eher zu entfalten, als auf dem nordalpinen Vorlande, und es verband sich mithin dort die längere Dauer des Zerstörungsprocesses mit der grösseren Intensität, welche demselben im Gebirge gegenüber der Ebene innewohnt, zu umso ausgiebigerer Wirkung. Da nun zudem in der Nähe der einstigen Maximalgrenze der Vereisung Kommen und Gehen beim Eins- gletscher rascher erfolgte, als bei dem oberbayerischen Eismeer, und somit die äussersten Etappen in longitudinaler Richtung von dem ersteren bei weitem nicht so lange behauptet wurden, als von diesem, so waren im Ennsthale auch die Werke des Gletschers gegen sein Ende zu geringer und konnten nun doppelt leicht durch die stärkere und länger einwirkende , postglaciale Erosion beseitigt werden. Das seltene Auf- treten von Glacialspuren unterhalb des Gesäuses und der gänzliche Mangel an solchen in der Gegend von Klein-Reifling selbst, darf uns daher auch nicht im Entferntesten überraschen, sondern wird vielmehr in Umkehrung des eben Gesagten zur schönen Bestätigung der oben mitgetheilten Bestimmungen und Vermuthungen über die Ausdehnung und die Grenzen der alten Gletscherzunge im unteren Ennsthal. Auch an den Mündungen des Salzathales und des Erzbaches sind keine sicheren Anzeichen einer einstigen Vergletscherung vorhanden, da die localen Gletscher dieser Thäler, wenn sie überhaupt bis zur Ver- einigung mit dem Hauptgletscher gediehen, nur kurze Zeit diese äusserste Position behaupten konnten. Im Thale der Salza fand ich die ersten Glacialspuren bei Palfau, woselbst auf den mächtigen Sehotterterrassen Grundmoränen auftreten. Der Umstand, dass dieselben lediglich aus Kalken und Werfener Schiefern bestehen, schliesst die Möglichkeit aus, dass etwa der Ennsgletscher hier einen Zweig hereingesendet hätte, denn sonst müssten den Moränengeschieben auch krystallinische Ge- steine untermengt sein. Dass dies nieht der Fall, wird somit zum Beweise, dass das Salzathal seinen eigenen Gletscher erzeugte. Thal- aufwärts mehren sich denn auch die Gletscherspuren, und bei Wildalpen befindet sich ein schöner Aufschluss in einer 50 Meter mächtigen Moräne. Rundhöcker treten mitunter an den Thalhängen auf, und hin und wieder finden sich auch Gletscherschliffe an den Felsen, doch sind letztere nicht immer zweifellos als solche zu erkennen. Grundmoränen sind hingegen ziemlich häufig. Die Siebenseen im Gebiete des Seisenbaches sind dureh Moränenschutt abgedämmt. Auch der Erzbach hatte seinen eigenen Gletscher. Spuren desselben finden sich am Leopoldsteiner See und im Fobesthal, sowie in der Gegend von Eisenerz. Südlich von 452 August Böhm. [24] dem genannten Hüttenorte treten am Franzosenbühel die charakteristi- schen Züge der Moränenlandschaft auf, das ganze Terrain ist von unregelmässigen Wällen und Hügeln bedeckt. Einige Entblössungen lehren den Aufbau derselben kennen, sie bestehen aus eckigem Schutt, vermischt mit gerundeten und gekritzten Geschieben. Ungleich häufiger als im unteren Ennsthale begegnet man den Ueberresten aus der Glacialperiode im Bereiche der oberen Enns. Wie wir sahen, gelang es hier mit Hilfe der erratischen Blöcke und Ge- schiebe, die Mächtigkeit des alten Gletschers mit ziemlicher Genauigkeit zu bestimmen. Unterhalb dieser oberen Geschiebegrenze ist erratisches Material an manchen Orten sehr verbreitet, doch hat es wenig Interesse, alle Vorkommnisse dieser Art zur Aufzählung zu bringen. Einigen derselben verleihen jedoch die näheren Umstände ihres Auftretens erhöhte Bedeutung. Bei Gstatterboden im Gesäuse verläuft die obere Geschiebegrenze in einer Seehöhe von 1000 Meter. Von Norden kommen hier mehrere Gräben herab, welche einem weiten Kessel entspringen, der von dem wildzackigen Kranz der wettergebleiehten Felswände des Grossen und Kleinen Buchsteins, der Tieflimauer und der Lucketen-Wand und weiter- hin von dem krummholzbewachsenen Gehänge des Tamischbachthurms umrahmt wird. Dieser Kessel war während der Eiszeit von einem localen Gletscher erfüllt, welcher mehrfach Spuren seiner Anwesenheit hinter- lassen hat. Zur Zeit des Maximums der Vereisung war die Zunge des localen Gletschers mit dem Haupteisstrome, welcher durch das Gesäuse ddahinzog, verschmolzen, d. h. sie würde an und für sich, ohne Rück- sicht auf den Bestand des Hauptgletschers, in ein tieferes Niveau hinab- gedrungen sein, als es jenes war, welches die Oberfläche des letzteren erreichte. Es ist klar, dass, als beim Rückzug der Vergletscherung die Oberfläche des Hauptgletschers sank, das Zungenende des localen Gletschers in die Höhe zurückweichen musste, so dass endlich bei einem bestimmten Stande des ersteren die Lostrennung des localen Gletschers von demselben erfolgte. Nun fand ich oberhalb des Gstatterbodenbauers in einer Höhe von 800 Meter krystallinische Gesteine, welche der Grund- moräne des Ennsgletschers entstammen. Es konnte also die besagte Los- trennung keinesfalls in einem tieferen Niveau erfolgt sein, als eben in s0O Meter, denn soweit der locale Gletscher als selbstständiges Gletscher- individuum bestand, musste er alle Ablagerungen des Hauptgletschers hinabschieben oder aber durch seine eigenen überdeeken. Es ist aber damit durchaus nicht gesagt, dass die Ablösung der beiden Eismassen nicht etwa schon in einem höheren Niveau hätte vor sich gegangen sein können, denn es wäre ganz gut denkbar, dass höher oben erratisches Material entweder gar nicht abgelagert oder aber hernach auf irgend welche andere Weise entfernt wurde. Jene 800 Meter repräsentiren dem- nach einen unteren Grenzwerth für die Höhe, in welcher beim Schwin- den der Vereisung Zungenende des localen und Oberfläche des Haupt- gletschers sich berührten. Da nun aber auch für den Maximalstand des Hauptgletschers stets nur ein unterer Grenzwerth ermittelt werden kann, so erscheint die Differenz zwischen diesen beiden Daten überhaupt nicht als ein Grenzwerth, sondern als irgend eine mittlere Grösse, welche ebensowohl überschritten, wie auch möglicherweise gar nicht erreicht [25] Die alten Gletscher der Enns und Steyr. 453 worden sein konnte. Je nachdem nämlich jene beiden unteren Grenz- bestimmungen gleich weit oder verschieden weit unter der wirklichen Höhe der bezüglichen Niveaux zurückbleiben, werden sich diese Ab- weichungen entweder gegenseitig compensiren oder aber vergrössern, beziehungsweise verkleinern. Es konnte z. B. die Abtrennung der beiden Eisströme in 810 Meter Höhe erfolgt sein, während früher der Maximal- stand des Hauptgletschers 1100 Meter betragen hatte; möglicherweise aber ist die Unsicherheit der Bestimmungen die umgekehrte, und waren die bezüglichen Höhen etwa 900 und 1010 Meter; in dem ersteren Falle würde die Differenz der beiden Niveaux 290 Meter, in dem zweiten hin- gegen nur 110 Meter betragen; beide Fälle liegen aber innerhalb des Bereiches der durch unsere Beobachtung gebotenen Möglichkeit. Die Differenz von 200 Meter, um welchen Betrag unserer Beobachtung zu Folge die Zunge des localen Gstatterbodengletschers zur Zeit ihrer Loslösung von dem Hauptgletscher unter dessen einstiges Maximalniveau hinabgereicht haben konnte — welcher Betrag indessen ebensogut grösser wie kleiner gewesen sein kann —, erscheint somit nicht ge- eignet, um auf Grund derselben weitere Schlüsse auf die Beziehungen zwischen der Ausdehnung von Haupt- und Nebengletscher zu ziehen, so verlockend ein soleher Vorgang sonst auch wäre. Aehnliche Verhältnisse treten uns auf der Südseite des Dachstein- sebirges noch weit auffallender entgegen. Hier wurde die obere Ge- schiebegrenze auf dem Rücken zwischen der Neustatt- und der Brand- -alpe, sowie auf den Hängen des Brandriedels in ca. 1600 Meter Höhe gefunden. In dem Graben jedoch, welcher zwischen dem genannten Rücken und dem Brandriedel verläuft, ist von erratischem Schutt absolut nichts zu entdecken, hingegen sind in demselben schöne Grundmoränen aufgeschlossen, welche lediglich aus den Kalken des Dachsteimassivs bestehen, also von einem localen Hängegletscher herrühren. Ein kleiner Rest desselben ist auch heute noch vorhanden, es ist dies der Edelgries- ferner, der einzige Gletscher der „grünen“ Steiermark. Erst unterhalb der Schlizenalm, in einer Höhe von 1440 Meter, stellen sich auch im Graben krystallinische Gesteine der Centralalpen ein, und zwar sofort in . ziemlicher Menge. Bis hierher dürfte also die Zunge des Edelgriesferners gereicht haben, als sie sich vor dem schwindenden Ennsgletscher los- riss. Mächtiger war der locale Gletscher, welcher von den Karen am Fusse der ungeheuerlichen Südwände der Dachsteinspitzen, der Scharl-, Maar- und Neustatt-Alpe, in das Thal der Kalten Mandling. vordrang. Nächst der Mühle im Tiefenbach fand ieh hier in einem kleinen Seiten- graben noch erratische Geschiebe der Centralalpen in 1180 Meter Höhe, weiter aufwärts jedoch sah ich nur mehr Kalk. Bei der Scharlalpe (1486 Meter O.-A.) befinden sich mehrere alte Endmoränenwälle, welche besonders während des Anstieges auf den Sulzenhals, oder von der Neu- stattalpe her, schön übersehen werden können. Sie bestehen zumeist aus eckigem Kalkschutt und rühren jedenfalls schon von einem postglacialen Stadium der Vergletscherung her. Auch in der Gegend der Maar- alpe ist in fast gleicher Höhe ein ähnlicher Stirnwall erhalten. Ein localer Gletscher erstreckte sich ferner von der Bischofsmütze und dem Gosauer Stein herab in das Thal der Warmen Mandling. Hier hatten die Eismassen des Hauptstromes während ihrer grössten Entfaltung die “ Jahrbuch der k.k. geol. Reichsanstalt. 1885. 35. Band. 3, Heft. (August Böhm.) 58 454 August Böhm. [26] Höhe von 1600 Meter sicherlich überschritten; dennoch aber finden sich in diesem Thale die höchsten krystallinischen Geschiebe ebenfalls bereits in 1200 Meter. Höher oben sind ebenso, wie auch in dem benachbarten Aualpengraben, nur locale Grundmoränen vorhanden. Aus allen diesen Beobachtungen geht jedoch vorläufig nur das Eine mit Sicherheit her- vor, dass die Verschmelzung der nach abwärts vordringenden Hänge- gletscher mit dem anwachsenden Hauptgletscher schon erfolgte, lange bevor der letztere seinen höchsten Stand erreicht hatte, und dass die Hängegletscher während des Rückzuges der Vereisung sich noch weit unter das einstmalige höchste Niveau des Hauptgletschers hinab er- streckten. Würde uns das Ausmass dieser Differenz für verschiedene Fälle genau bekannt sein, oder könnten wir dasselbe wenigstens zwischen zwei Grenzwerthe einschliessen, dann wäre es vielleicht mög- lich, sich auf diesem Wege mit Erfolg der Frage nach der Höhe der glacialen Schneelinie zu nähern. Im Ennsthale ist indessen selbst durch detaillirtere Untersuchungen eine präcise Werthbestimmung der erforder- lichen Angaben nicht zu erhoffen, wohl aber könnte dies in den Thälern der Salzach oder des Inn der Fall sein, woselbst die Spuren der Eiszeit viel zahlreicher und besser erhalten blieben. Eine Nutzanwendung kann jedoch der Glacialgeologe aus diesem leider nur qualitativ und nicht auch quantitativ erkennbaren Verhält- nisse für sich ziehen. Ebensogut nämlich, wie man bei nicht genügend scharfer Unterscheidung zwischen den in ihrer verticalen Verbreitung nicht durch ein bestimmtes Höhenniveau beschränkten localen Grund- moränen einer- und den Ablagerungen des Hauptgletschers andererseits für die Mächtigkeit des letzteren leicht einen zu hohen Werth erhält, kann man auch zu einer Unterschätzung derselben verleitet werden, wenn man die erratische Geschiebegrenze an solchen Orten bestimmt, an denen sie während des Schwindens der Vereisung von einem localen Gletscher möglicherweise verschoben oder von seinen Ablagerungen überdeckt wurde. Man muss also bei der Bestimmung der oberen Geschiebegrenze die localen Gletscher sehr im Auge behalten und wird am vortheilhaftesten hierzu solche Oertlichkeiten wählen, welche ausserhalb der Bahnen soleher Zufluss- gletscher gelegen sind. An Berghängen in der engsten Bedeutung des Wortes wird das sicherste Resultat gewonnen werden, hingegen sind Stellen, welche unterhalb von Karen oder Mulden gelegen sind, sowie ferner Gräben, Runsen u. dgl. vorsichtig zu meiden. Diese Beziehungen zwischen der Haupteismasse des Thales und ihren localen Zuflüssen wurden bisher nicht in genügender Weise beachtet. Es wurde schon vorher die Thatsache hervorgehoben, dass zwar die krystallinischen Gesteine der südlichen Ennsseite durch die Eis- massen über das jenseitige nördliche Gehänge verbreitet wurden, dass Jedoch das umgekehrte Verhältniss nicht stattfand, indem in den Moränen-Ablagerungen am rechten Ennsgehänge die Gesteine der Kalk- zone fehlen. Sogar auf der Thalsohle selbst begegnet man dieser ein- seitigen Trennung der Geschiebe, zumindest in ihrer oberen Strecke; erst von Irdning an beginnen die Kalkgeschiebe auch am rechten Ufer aufzutreten und ziehen sich selbst in jene alte Thalung, welche einst- mals die Enns südlich vom Mitterberg bei Liezen in das Paltenthal hinübergeleitet haben soll. Diese Erscheinung wird leicht erklärlich, “ a ner [27] Die alten Gletscher der Enns und Steyr. 455 wenn man bedenkt, dass der alte Gletscher des Ennsthales haupt- sächlich von den Centralalpen her gespeist wurde, während er aus dem Kalkgebirge nur geringe Eiszuflüsse erhielt; es spiegelten sich eben zur Glacialzeit die heutigen hydrographischen Verhältnisse wieder. In Folge dieses Umstandes wurde von Süden her ein bei weitem grösserer Druck auf die Eismassen des Thnales ausgeübt als von Norden, weshalb die letzteren sich bestrebten, nach der Richtung des geringeren Druckes auszuweichen. So entstand innerhalb des Eises ausser der allgemeinen Bewegung desselben entlang dem Thalzuge auch eine solehe von mehr untergeordneter Bedeutung in die Quere, welche die Ausbreitung von erratischem Materiale aus dem Urgebirge über den Abhang der Kalk- alpen bewirkte. Am stärksten machte sich diese Querbewegung im obersten Theile des Ennsthales geltend, wo durch die Thäler der Nie- deren Tauern die hauptsächlichsten Nährströme des Gletschers herab- kamen. Hier wurden die Gneisse und Glimmerschiefer des Hochgolling und der Hohen Wildstelle bis weit hinein in die Hochthalfurchen des Dachsteingebirges verschleppt, und deshalb gelang hier die Bestimmung der oberen Geschiebegrenze mit grösserer Genauigkeit und an mehreren Orten, als in den unteren Partien des Ennsthales. Zahlreich liegen die Tauerngesteine auf der sonnseitigen Abdachung des Rossbrandes bei Radstadt umher, und die Hochfläche der Ramsau ist übersäet mit fremden Blöcken und Geschieben. Ueber die Senke von Mitterndorf ergoss sich ein Zweig des Ennsgletschers in das Thal der Traun, wie aus einem Ostwest gerichteten Gletscherschliff unfern des Mitterndorfer Bahnhofes des Näheren ersichtlich wird. Auf diesem Wege nahm der- selbe Urgebirgsgeschiebe in Menge mit sich; in dem schönen, weiten Becken von Mitterndorf liegen sie ziemlich häufig in den Mooren des Thalgrundes umher, und auch im Traunthale selbst ist bekanntlich an erratischem Material kein Mangel. Dennoch aber kam es auf der Kalk- alpenseite hier im Ennsthale noch lange nieht zu jener massenhaften Ablagerung von Findlingen krystallinischer Gesteine wie im Innthal, wo dieselben, z. B. am Seefelder Pass, in solcher Zahl auftreten, dass man sich fragen hönnte, „ob man in ein mesozoisches Kalkgebirge oder in ein krystallinisches Schiefergebirge einzutreten im Begriffe sei“.!) Auch die Verfrachtung von Urgebirgsgeschieben hinüber in die Thäler jenseits der Kalkalpenpässe war im Gebiete des Inngletschers - ungleich bedeutender als hier. Man muss eben wieder das Mass der Vergletscherung hier und dort in's Auge fassen und darf dabei auch die" orographischen Vorbedingungen derselben nicht übersehen. Nicht allein, dass der Inngletscher viel mächtiger war als jener des Enns- thales, und somit sein Ueberfliessen über die Einsattlungen der Kalk- alpenkette entsprechend stärker, so kamen dort aus den Hochregionen der Oetzthaler-Gruppe und des Zillerthales so beträchtliche Eisströme unter starkem Gefälle herab, dass in Folge des dadurch erzeugten ge- waltigen Druckes in dem sanftgeneigten Innthale die Querbewegung des Eises jene in der Längsrichtung des Thales bei weitem überwog. So sehen wir denn im Gebiete des Inn das Eis hauptsächlich in den Querthälern sich bewegen und durch diese das Gebirge auf dem kürzesten 1) v. Mojsisovics, Ueber die Gliederung der oberen Triasbildungen der öst- lichen Alpen. Jahrb, d. k. k. geologischen Reichsanstalt, XIX, 1869, pag. 139. 98 * 456 August Böhm, [28] Wege verlassen, während die in den einzelnen Längsthalabschnitten lagernden Eismassen im Allgemeinen nur die Verbindung der in den Querthälern strömenden Gletscher vermittelten. Penck hat dies aus der Verbreitung der Geschiebe erkannt‘), und neuerdings gelangte auch Blaas zu demselben Resultate, dem er dadurch noch verschärften Ausdruck verleiht, dass er das mittlere Innthal zur Glacialzeit eher als einen „Eissee*, denn einen Eisstrom bezeichnen möchte.?2) Aus dem Ennsthale hingegen können wir Gleiches nicht behaupten, hier folgte im Gegentheile die Hauptbewegung des alten Gletschers dem natürlichen Abflusscanal der heutigen Gewässer; eine Querbewegung fand stellen- weise allerdings auch statt, doch war dieselbe, wie wir uns überzeugten, nicht von besonderem Belang. Mit der Abnahme der Intensität der Vergletscherung gegen Ost ging also eine stärkere Individualisirung derselben Hand in Hand, die Gletscher konnten nicht mehr so leicht in fremde Flussgebiete ein- dringen, sondern waren — zwar nicht ausschliesslich, aber doch der Hauptsache nach — an die eigenen Thalläufe gebunden. Im Westen schoben sieh die Eismassen, unbeirrt durch die gegenwärtige Entwässerungs- Anlage, fast vollständig über niedere Thalschranken hinweg und bewegten sich vorzugsweise im Sinne der allgemeinen Abdachung des Gebirges gegen Nord; im Osten hingegen war die Vergletscherung den Tiefen- linien des Gebirges untergeordnet, und wo sich eine Lücke in der Thal- begrenzung zeigte, welche unter das Niveau des Eises hinabreichte, dort fand mehr ein oberflächliches Abfliessen als ein Hinüberschieben der ganzen Gletschermasse statt. Hier tritt der Charakter des „Inland- eises“ zurück und verschwindet mehr und mehr unter der wachsenden Einflussnahme von gewissen orographischen Zügen. Wir erkennen somit, (lass sich die Differenz in der quantitativen Entfaltung des Glacial- phänomens in den Steierischen und Tiroler Alpen, welche genau die heutigen Verhältnisse wiederspiegelt, sich auch in einer Verschiedenheit der Bahnen äusserte, denen der Stromstrich der alten Gletscher folgte. III. Capitel. Glacialerscheinungen im Gebiete der Steyr. Der Gebirgskessel von Windischgarsten. — Der Pass am Pyhrn; Beziehungen desselben zu dem alten Gletscher des Ennsthales. — Andere Pässe der Nördlichen Kalkalpen; — Ausgangspunkte der Vergletscherung im Steyrgebiet : Pyhrgass-Gruppe, Todtes Gebirge, Warscheneck, Sengsengebirge. — Glacialerscheinungen in der Umgegend von Windisch- garsten. — Mächtigkeit des Eises im Steyrthal nicht zu bestimmen, jedenfalls aber weit geringer als im Ennsthal. — Gabelung des Gletschers unterhalb Klaus; Endmo- räne des Seitenarmes bei Molln, keine Spur von dem Ende des Hauptstammes. — Ver- gletscherung im Thal der krummen Steyrling. — Glacialerscheinungen im Almthal. Die prall aufsteigenden, weisslichschimmernden Kalkstöcke des Grossen Priels, des Warschenecks und Hohen Pyhrgass, denen im Norden der breitschulterige Grenzwall des Sengsengebirges vorgelagert R n) Die Vergletscherung der Deutschen Alpen. Leipzig 1882, pag. 91. ?2) Ueber die Glacialformation im Innthale. I, Sep-Abdr. aus der Zeitschr. d. Ferdinandeums, IV. Folge, 29. Heft, Innsbruck 1885, pag. 104. [29] Die alten Gletscher der Enns und Steyr. 457 ist, umschliessen einen weiten, prächtigen Gebirgskessel, welcher die Quellwässer des Steyrflusses beherbergt und durch die drei ersterwähnten Felsgemäuer von dem südlich gelegenen Ennsthale geschieden wird. Im nordwestlichen Winkel dieses Kessels, dort, wo der junge Fluss denselben in enger Thalkehle verlässt, erhebt sich der Tamberg bis etwa zur halben Höhe jener vielgipfeligen Felsumrahmung, und ver- anlasst innerhalb derselben eine Untertheilung in zwei isolirte Becken. Das westliche, kleinere von beiden, ist jenes von Stoder, welches als der eigentliche Ursprungsort der Steyr betrachtet wird; es ist ein voll- ständig in sich abgeschlossenes Gebiet und besitzt keine Oeffnung gegen einen fremden Thalzug. In dem grösseren östlichen Becken liegt inmitten der ganzen Gebirgsrunde der freundliche Marktflecken Windischgarsten, das einstige Ernolatium der Römer. Hier besteht nun eine doppelte Verbindung mit dem Ennsthal, die eine südwärts über den schönen Pass am Pyhrn (945 Meter Sp.-K.), die andere über den Längssattel von Laussa (947 Meter Sp.-K.) und jenseits durch das gleichnamige Thal gegen Osten. Das letztere erreicht den Lauf der Enns bei Alten- markt, wo, wie wir gesehen haben, der Ennsgletscher bereits seinem Ende nahte; dieser konnte somit dort die Grenzen des Thales nicht mehr überschreiten. Aber auf dem ersteren Wege, von Liezen über den Pass am Pyhrn, musste es ihm möglich gewesen sein, seine Eis- massen in das Thal der Steyr zu ergiessen. In der unmittelbaren Umgebung des genannten Passes selbst ist es nun zwar leider nieht möglich gewesen, das Oberflächenniveau des alten Ennsgletschers auf direete Weise zu bestimmen; die nächstgelegenen Punkte, an welchen dies, und zwar, wie wir sagen dürfen, mit ziem- lieher Sicherheit gelang, befinden sich 25 Kilometer oberhalb des Passes an der Abdachung des Grimming im Diembernerwald, und 10 Kilometer unterhalb desselben am Gehänge des Pleschberges NW. von Admont. An dem ersteren Orte wurde die obere Geschiebegrenze in 1350 Meter, an dem letzteren in 1080 Meter gefunden; durch ent- sprechende Interpolation ergibt sich somit für die absolute Höhe der Eismasse im Ennsthal in der Gegend des Passes am Pyhrn der Betrag von ungefähr 1150 Meter. Dass die Mächtigkeit des Gletschers in der That die Passhöhe übertraf, dies geht schon aus der mitgetheilten Beobachtung hervor, dass der ganze Rücken des Mitterberges bei Liezen (1047 Meter Sp.-K.) von dem Eise überfluthet war. Nehmen wir nun an, dass das Ergebniss unserer Berechnung richtig sei — und wir haben, da auf so kurze Strecke hin das Gefäll des Gletschers jedenfalls ein gleichförmiges gewesen war, auch nicht den geringsten Grund, hieran zu zweifeln — dann ist das Eis mit einer Mächtigkeit von 200 Meter über den Pass hinweggegangen, und dieser bot sonach demselben einen Durchlass von rund 100.000 Quadratmeter Fläche. Diese Ziffer ist jedoch mit Bezug auf die in Rede stehende Er- scheinung gar nicht bedeutend, sondern muss im Gegentheil als ziemlich gering erachtet werden. Wir haben gesehen, dass der Buchauer Sattel dem Gletscher eine Pforte von 200.000 Quadratmeter Flächeninhalt, also von der doppelten Grösse, eröffnete, und durch die tiefen Einschnitte des Salzathales („Durch den Stein“) und des Grimmingbaches konnten sich zwei Eisströme von zusammen 1!/, Millionen Quadratmeter 458 August Böhm. [30] Querschnitt in das flache Becken von Mitterndorf und aus diesem in die Gründe des Salzkammerguts ergiessen. Der Ennsgletscher selbst besass bei Liezen einen Querschnitt von über 2!/, Millionen Quadratmeter Fläche; er sandte somit über den Pyhrn kaum den fünfundzwanzigsten Theil seiner Masse in das Steyrthal hinüber. Dieser schwache Eisarm, welcher aus dem Ennsthale von der Höhe des Passes herab in das tiefe und weite Gebirgsbecken von Win- dischgarsten eindrang, wäre für sich allein gewiss nicht im Stande gewesen, eine allgemeine Vergletscherung im Thalgebiete der Steyr zu erzeugen. Gering und unansehnlich wie er selber sind auch die Spuren, welche seine Thätigkeit hinterliess, und nur wenige Wahrzeichen sind erhalten geblieben, welche heute noch den Bestand einer directen Verbindung der beiden Thäler während der Glacialzeit bekunden. Als solche haben aber sowohl die mächtigen Grundmoränen zu gelten, welche auf der steierischen Seite der Passeinsattlung selbst zur Ablagerung gelangten, als auch die erratischen Geschiebe von Urgebirgsgestein, denen man hin und wieder in der Umgebung von Windischgarsten und auch weiter thalab begegnet. Die Moränen am Passe Pyhrn befinden sich dieht an der uralten Strasse, auf welcher einst noch römische Leegionen einherzogen, während später ebendaselbst Kreuzfahrer und Pilger nach dem Süden wallten. Gute Aufschlüsse, durch die Strassenverbreiterung entstanden, lehren das Innere und den Aufbau der Moräne kennen. In einer lehmig- grusigen, etwas röthlichen Masse stecken zahlreiche Geschiebe ver- schiedenster Art ohne Rücksicht auf Herkunft oder Grösse in wirrem, regellosem Durcheinander; fast alle sind geschrammt und gekritzt, viele ausserdem noch schön geglättet; eckige oder kantige Trümmer fehlen, von einer Schichtung nicht die Spur — es ist eine echte Grund- moräne. Die Mehrzahl der Geschiebe besteht aus triasischen und liasischen Kalken, doch spielen auch Gosauconglomerate sowie Werfener- schiefer unter denselben eine Rolle. In nicht geringer Menge sind ferner Grauwackenschiefer vertreten, wodurch es unzweifelhaft gemacht wird, dass sich das Eis vom Ennsthal her in nördlicher Richtung bewegte. Centralalpine Gesteine konnte ich zwar an dieser Stelle nicht erspähen, doch fand ich solche nach längerem Suchen in einer ähnlichen Moräne an der westlichen Bergflanke und desgleichen auch auf dem Thalboden unterhalb des Passes. Die Einsattlung am Pyhrn ist die höchste unter den drei tiefen Scharten, welche im Ennsgebiet den Mauerwall der nördlichen Kalk- alpenkette unterbrechen. Fand deshalb schon über die beiden anderen Sättel hinweg nur mehr ein schwacher Nachschub der Eismassen des Thalgrundes, sondern vorwiegend ein Abfliessen der oberen Partien statt, so musste hier die erstere Bewegung fast vollständig zurücktreten, wie dies eine einfache Gegenüberstellung der verschiedenen Eisdieken und der relativen Passhöhen verdeutlicht. Bei der Abzweigung nach Mitterndorf betrug die Mächtigkeit des Eises im Ennsthale 70V Meter und die zu überschreitende Höhe 150 Meter. Mitterndorf ist aber 12 Kilometer vom Ennsthale entfernt; die Steigung, welche das Eis auf dieser Strecke zu überwinden hatte, war demnach im Mittel 1:80, Wollten wir dieses Verhältniss graphisch - ne ae 25, 2972 202 » dd. a | 5m Be RENT TREN Fra = Pin on Dr? "or [31] Die alten Gletscher der Enns und Steyr. 459 darstellen, so würde die erhaltene Neigungslinie nur eine ganz mini- male Abweichung von der Horizontalen erkennen lassen. Dass sich der Gletscher unter dem Einflusse des Druckes höherer Massen über eine so sanftgeneigte Fläche aufwärts bewegen konnte, wird uns nicht sehr unwahrscheinlich dünken. Es wurde denn auch bereits gezeigt, dass hier eine derartige Aufwärtsbewegung, wenn auch nicht in dem Masse, wie beim Inngletscher, wirklich erfolgte, und dass der Gletscher unter seiner Sohle in der Grundmoräne Urgebirgsgeschiebe über die Sattel- schwelle in’s Traungebiet hinüberschleifte. Unterhalb Admont besass die Eismasse nur noch eine Stärke von 470 Meter, während daselbst der Sattel von Buchau eine relative Höhe von 240 Meter erreicht. Dabei ist der Sattel dem Ennsgehänge nach Möglichkeit genähert, so dass die Böschung, welche zu ihm hinanführt, als eine verhältnissmässig steile zu bezeichnen ist; sie besitzt eine . Neigung von 1:14. Dass trotz alledem auch hier noch ein Ueberschub des Eises stattfinden konnte, ist wohl einzig und allein dem Umstande zu danken, dass der Eisstrom, welcher an dieser Stelle in dem breiten Thale noch einen Querschnitt von über 1?/, Millionen Quadratmeter hatte, nachher plötzlich durch die Felsenenge des Gesäuses auf den sechsten Theil seines früheren Profils, nämlich auf 230.000 Quadrat- meter Fläche redueirt wurde. Am ungünstigsten gestalteten sich die Verhältnisse bei dem Durch- lasse am Pyhrn. Dieser schöne Alpenpass liegt volle 300 Meter über dem Spiegel der Enns und senkte sich nur 200 Meter unter das Niveau des alten Gletschers herab, dessen Mächtigkeit hier ungefähr 500 Meter betragen mochte. Fast um zwei Drittel der gesammten Eisdicke mussten sich demnach die unteren Partien des Gletschers erheben, um auf die Uebergangshöhe zu gelangen, und da diese von der Thalsohle bei Liezen nur 7 Kilometer entfernt ist, so hatten sie hiebei eine mittlere Steigung von 1:20 zu überwinden. Ist die letztere auch ein wenig geringer als jene beim Buchauer Sattel, so ist sie dafür von umso längerer Dauer und erstreckt sich auf eine Höhe, welche diejenige bei Buchau sowohl in absoluter wie in relativer Beziehung weitaus über- trifft. Ausserdem aber fehlte hier auch der gewaltige Ueberdruck des Eises, welcher dort durch die enge Einschnürung des Thales veran- lasst wurde, und es erscheint somit nunmehr durchaus verständlich, dass sich nur so wenige Geschiebe aus der Grundmoräne des Enns- thales über den Pass hinweg in das Gebiet der Steyr verirrten. Mehr noch als in den beiden anderen Fällen haben wir es demnach an diesem Orte mit einem ruhigen Abfliessen an der Oberfläche, als mit einem Ueberschub durch die ganze Tiefe der Eismasse zu thun. In dem Gebirgskessel von Windischgarsten sind nun aber Glacial- erscheinungen entwickelt, welche sich nicht durch den besprochenen Abfluss des Ennsgletschers allein erklären lassen. Schon in der nächsten Umgebung von Windischgarsten selbst treten Grundmoränen auf, welche auf die einstige Existenz einer weit beträchtlicheren Eismasse verweisen, als jene, welche aus dem Ennsthal her an der einen Stelle der Berg- umrahmung über dieselbe herabquoll, und aus der Abrundung mancher Bergtheile geht hervor, dass das Eis denn doch eine immerhin nicht unbedeutende Höhe erreicht haben müsse. Wenn wir nun auch in ganz 460 August Böhm. [32] abgeschlossenen und entlegenen Winkeln des Gebirges Ueberreste von Moränen und dergleichen finden, dann tritt es uns wohl ganz deutlich vor Augen, dass sich im Steyrthal eine selbstständige Vergletscherung entwickelte. In der That sind denn auch schon vor Jahren Glaeial- spuren aus verschiedenen Theilen des Gebietes bekannt geworden '), und es wurden schon damals von Stur?) und von Simony’°) die Berggruppen um Windischgarsten, und unter diesen namentlich das Todte Gebirge, als die Ausgangspunkte der alten Gletscher bezeichnet, welehe die in dieser Gegend vorkommenden Moränen erzeugten. Die Höhe des Gebirges war vollauf genügend, und die wüsten Trümmer- böden und die Steinmeere der weitgedehnten Plateauflächen boten hin- reichend Platz für die Ansammlung gewaltiger Massen von Schnee und Firn, deren Eiszungen sich tief hinabschoben in die Thäler, um dort unten zu einem einheitlichen Eiskörper zu verschmelzen. Die scharfgegliederte Kettengruppe des Hohen Pyhrgass war in hohem Grade vergletschert. Die hügeligen Kare zwischen den einzelnen Kammausläufern sind ausgiebige Firnreservoire gewesen, wobei ihnen ihre nördliche Exposition ganz vortrefflich zu statten kam. Hier wird man allerdings nach sicheren Anzeichen dieser vormaligen Eiserfüllung nur vergebens suchen. In diesen hohen Regionen ist die Verwitterung zu mächtig, sie nagt und frisst unaufhörlich an den kahlen Wänden, und die Schutthalden am Fusse des Gemäuers und das rauhe Trümmer- werk, welches den Boden der Kare bedeckt, sind beredte Zeugen der Ohnmacht , in welcher selbst der starrtrotzige Fels der wilden Gewalt der Zerstörung und Verniehtung anheimfällt. Erst unterhalb des Steil- absturzes der Hochmulden, in den dunkelbewaldeten Thalgründen, stellen sich Andeutungen von Gletscherwällen ein, und Grundmoränen weiterab an den Wiesenufern des Dambachs und entlang der Rosenauer-Strasse verrathen, dass sich eine nicht zu unterschätzende Eismasse hier bewegte. Weit mannigfaltiger sind die Glaeialspuren im Bereiche des 'Todten Gebirges, jener unermesslichen, trostlosen Steinöde, deren stundenweite, verwetterten Karrenfelder und zerbröckelnden Felswüsteneien im ganzen Gebiete der Alpen ihres Gleichen suchen. Die Werke der Gletscher stehen ja in enger Beziehung zu ihrer Grösse, und in letzterer Beziehung konnten die Eisströme, welehe von den endlosen, welligen Hochflächen und von den zerschründeten Kesseln und rauhen Grüften dieser abge- schiedenen Welt des Todes ausstrahlten, unbedingt den ersten Rang in der Umgebung für sich in Anspruch nehmen. Nach allen Seiten ent- sandte der Gletscherherd des Prielstockes seinen eisigen Erguss: nach Siden in das Gebiet der Enns, ost- und nordwärts in die Thäler der Steyr und Alm, die Hauptmasse aber, der allgemeinen Abdachung des Gebirges folgend, in der Richtung gegen Südwest und West, wo sie im Vereine mit den Gletschern des Dachsteingebirges und dem starken Zweige, welcher über die Senke von Mitterndorf aus dem Ennsthale herüber kam, in hervorragender Weise zur Speisung des alten Traun- gletsghers beitrug. Es kann noch nicht gar lange her sein, . dass die !) Vergl. das erste Capitel. ?) Ueber die Ablagerungen des Neogen, Diluvium und Alluvium ete. Sitz.-Ber. der k. Akademie der Wissenschaften in Wien, XVI, 1855, pag. 512. 3) Charakterbilder aus den österreichischen Alpen. Gotha 1862, pag. 10. [33] Die alten Gletscher der Enns und Steyr. 461 letzten Reste der früheren Eis- und Firnbedeckung geschwunden sind; wie ich einer Mittheilung meines Freundes G Geyer, des gründlichen Kenners jenes verworrenen Felslabyrinths verdanke, finden sich hoch oben in den unwirthlichsten Partien des Feuerthals prächtige Moränen und wohlerhaltene Rundhöckerformen, was bei dem rasch vor sich gehenden Ruin und Zerfall in diesen Regionen auf ein verhältniss- mässig junges Alter derselben zu schliessen gestattet. Heute noch ver- mögen einzelne Schneefelder in der Umgebung des Grossen Priel den ganzen Sommer zu überdauern, und es bedürfte wohl einer äusserst geringen Erniedrigung der Temperatur, um hier ähnliche Erscheinungen wieder wachzurufen, wie sie gegenwärtig noch das Dachsteinplateau beherbergt, dessen kleine Eisfelder ja ebenfalls bereits dem Erlöschen nahen. Aus den tieferen Höhenlagen des Gebirges sind Merkmale gla- cialer Thätigkeit seit Längerem bekannt. Schon auf den ältesten Auf- nahmsblättern der Geologischen Reichsanstalt vom Jahre 1852?) ist ein Moränenwall am Ausgang der Dietl-Hölle, einem Seitengraben bei Hinterstoder, verzeichnet, und ausserdem wurden dortselbst von C 2jZek?) Moränen sowohl in der Thaltiefe als auch an den Abhängen des Priel- massivs beobachtet. Am Steyr-Ursprung sind die Thalsohle und die Seitenböschungen von Grundmoränen stellenweise förmlich ausgekleidet, welche fast überall zu Tage treten, wo nicht Gehängschutt alles überdeckt. Einen der schönsten und interessantesten Aufschlüsse fand ich an der Einmündung des Weissenbaches in die Thalweitung von Stoder. Hier ist an der rechten Seite des Grabens eine typische Grundmoräne entblösst, voll gekritzter und polirter Geschiebe ; dieselben sind in einer weisslichen Mörtelmasse eingebettet und wurden durch die nachherige Erhärtung des Bindemittels ziemlich fest unter einander verkittet. Was diese Stelle ganz besonders beachtenswerth erscheinen lässt, ist der Umstand, dass hier die direete Berührung zwischen der Grundmoräne und dem anstehenden Fels zu bemerken ist. Der letztere, ein dunkel- grauer Dolomit des Muschelkalkes, ist nun aber dort, wo ihm die Moräne aufliegt, keineswegs angeschhffen und geglättet, sondern er ist im Gegen- theile unter derselben aufgearbeitet und zertrümmert, und die Bruch- stücke sind in die Moräne einverwoben. Es ist nun sehr schön zu sehen, wie die Ablagerung in der Nähe des Contacts mit der Gebirgs- unterlage fast ausschliesslich aus eckigem Getrümmer und bröckligem Grus besteht, und wie nach aufwärts zu immer mehr und mehr eine Abrundung der einzelnen Stücke sich geltend macht; die mittleren und oberen Partien der Moräne haben ganz den normalen Charakter und enthalten fast durchgängig gutgerundete Geschiebe. Die Erschei- nung spricht für sich selbst, und ihr an Ort und Stelle gegenüber, braucht man deswegen durchaus nicht zu den „extremsten Enthu- siasten für Gletschererosion“ 3) zu gehören, um sofort zu der Ueber- zeugung zu gelangen, dass hier in der That eine andauernde Auf- arbeitung und Losreissung des festen Gesteins durch den Gletscher !) Umgebungen von Spital am Pyhrn,, Nr. 26 der geologisch colorirten Special- karte von Oesterreich ob und unter der Enns, 1: 144.000. ?) Bericht über die Arbeiten der II. Section. Jahrb. d. k,k. geologischen Reichs- anstalt, III, 1852, IV. Heft, pag. 70. °) Heim, Handbuch der Gletscherkunde. Stuttgart 1885, pag. 383. Jahrbuch der k. k. geol. Reichsanstalt. 1885. 35. Band. 3. Heft, (August Böhm.) 59 462 August Böhm. [34] selbst stattgefunden habe. Der Einwand, dass die betreffenden Gesteins- stücke in Folge der leichten Zerstörbarkeit des Dolomits als in Schutt aufgelöste Kruste des Grundgebirges schon bereit lagen, bevor der Gletscher erschien, kann nicht gemacht werden, da ja solch’ eine locale Schuttanhäufung bei der langen Dauer der Eiszeit längst ausgefegt und hierbei ausserdem in ihren einzelnen Theilen in Geschiebeform umgewandelt worden wäre. Daraus, dass in der Grundmoräne zu unterst scharfkantige, regellose Trümmer mit nur wenig untermischten Geschieben auftreten, geht vielmehr mit unabweislicher Sicherheit her- vor, dass hier, so lange dieselbe überhaupt in Bewegung war, stets ein Neuhinzukommen von eckigem Material erfolgte, was unter dem Gletscher nur durch dessen eigene Wirksamkeit veranlasst werden konnte. Wir werden übrigens auf diesen Punkt später noch ausführ- licher zurückkommen. Nicht unbedeutend müssen die Eisströme gewesen sein, welche von dem sanfteontourirten, langgestreckten Rücken des Warschenecks ausgingen, der — ein Zwitterding von Stock und Kette — den Uebergang von der Hochplateaubildung des Todten Gebirges zu dem ausgeprägten Gliederbau der Pyhrgassgruppe vermittelt. Die Haupt- abfuhr geschah zwar auch hier nicht in das Gebiet der Steyr, sondern erfolgte südwärts nach der Enns; aber in den gegen Norden geöffneten Karen besass der Berg doch vorzügliche Sammelstätten für die Ernährung von Gletschern, deren Spuren bereits auf dem vorerwähnten alten Auf- nahmsblatte!) bei dem kleinen See im Loigisthal, sowie auf der Stur- schen Uebersichtskarte ?) in der Nähe von Glöckl angegeben sind. Endlich spielte noch das Sengsengebirge bei den Glacialvorgängen eine active Rolle, wenngleich ich an der Windischgarsten zugekehrten Seite seines breiten Stockes keine diesbezügliche Belegstelle entdecken konnte. Von den verschiedensten Seiten her erstreckten sich also Eis- massen in die Tiefe des schönen Gebirgskessels von Windischgarsten, und dass sie nicht auf halbem Wege mit ihrem Lauf zu Ende waren, sondern den Boden des Beckens erreichten und sich dort zu einem respectabeln Gletscherkörper von eiszeitlichen Dimensionen vereinigten, dies geht aus dem Vorkommen von Grundmoränen hervor, welches ich in der Umgebung Windischgarstens, und zwar insbesondere auf der Terrasse des Teichlflusses südlich vom Radling-Berg, beobachtete. Auch das vereinzelte erratische Auftreten von Tauerngesteinen, welche über den Pass Pyhrn aus dem Ennsthale herüberkamen, ist ein Anzeichen für die einstige Eiserfüllung dieses Beckens. Welche Mächtigkeit freilich das Eis hier besessen habe, dies lässt sich leider nicht mehr eruiren; das ist mitunter eine sehr mühevolle Sache in Thalzügen, welche an der Grenze verschiedenartiger Gesteins- zonen verlaufen, es ist aber ein Ding fast der Unmöglichkeit in abge- schlossenen Gebieten innerhalb des Bereichs mesozoischer Formationen. Hier ist der Wechsel des Gesteins so häufig, und die einzelnen petro- graphisch meist schwer unterscheidbaren Kalkarten besitzen eine so !) Umgebungen von Spital am Pyhrn. ?) Geologische Uebersichtskarte der Neogen-Tertiären, Diluvial- und Alluvial- Ablagerungen im Gebiete der Nordöstlichen Alpen. Wien 1855. REN a >| RENTE FRE Katz ee or 2 IE o TIEFEN Be Pr ER 2 4 ber [35] Die alten Gletscher der Enns und Steyr, 463 weite und sprungweise Entfaltung, dass nur in seltenen Fällen mit - Berechtigung von erratischen Kalkblöcken im Kalkgebirge wird gesprochen werden können. Die Grundmoränen lassen uns hier ebenfalls im Stich, denn wenn ihre Geschiebeführung nicht auf einen bestimmten Ursprungs- ort verweist, können sie ebensogut von einem localen Hängegletscher, wie von dem Hauptgletscher des Thales herrühren. Wo Grundmoränen vorhanden sind, dort war Eis in Bewegung; aber ob sich dieses über das’Gehänge nach abwärts oder demselben entlang in der Thalrichtung bewegte, dies kann, wenn nicht andere Merkmale in der Zusammen- setzung der Moräne hinzukommen, aus ihrem blossen Dasein nicht erschlossen werden. Ebendasselbe gilt von den moutonnirten Formen der Berghänge bei Ermanglung wohlerhaltener Gletscherschliffe, welche durch ihre Streifung auf die Richtung des Gletscherschubs ‚verweisen. In manchen Hochthälern der Schweiz und Tirols lassen dieselben zwar auf grössere Entfernung hin eine deutliche Höhengrenze ihres Auftretens erkennen, aber in unserem Gebiete ist dies nicht der Fall, und wir müssen des- halb auf ihre Mithilfe bei der Bestimmung der einstigen Gletscherhöhe verzichten. Eine letzte Hoffnung könnte noch auf das Vorkommen alter Ufermoränen gesetzt werden, doch fehlen solche im Bereiche der Steyr ebenso wie in jenem der Enns, und wie auch in den Thälern der Nordtiroler Kalkalpen !), während im Salzachgebiete ?2) und besonders in den Gebirgen Berchtesgadens ?) kleine Reste desselben mitunter noch erhalten sind. Das Eine steht jedoch fest, dass das Eis in dem Becken von Windischgarsten lange nicht mehr jene Mächtigkeit erreicht hatte, wie im Ennsthal. Abgesehen von der ausserordentlichen Weite des Kessels, weleher durch die Gletscherströme seiner eigenen Bergrunde erfüllt werden musste — der Zufluss aus dem Ennsthal war nicht bedeutender als irgend ein anderer localer Gletscher — so geht jedoch gerade aus dem Ueberfliessen des Eises über den Pass Pyhrn aus dem Ennsthale hervor, dass das allgemeine Niveau des Eises auf der nördlichen Seite des Passes tiefer lag als im Süden. Da nämlich, wie gezeigt wurde, beim Pass am Pyhrn nicht so sehr ein sich Hinüberschieben der Eismassen des Ennsgletschers in Folge eigener Druckwirkung desselben, sondern vielmehr ein ruhiges Abfliessen ihrer oberen Partien statt- fand, so muss eine beträchtliche Höhendifferenz zwischen der Eisober- fläche von hüben und drüben bestanden haben. Wäre das Eis zu beiden Seiten des Passes gleich hoch gestanden, so hätte über dem letzteren Gleichgewicht geherrscht, und es wäre dort um so weniger zu einer Bewegung des Eises nach der einen oder anderen Richtung hin gekommen, als der Pass ziemlich weit abseits von dem eigentlichen Gletscherstrom- strich des Ennsthals, sowie des Steyrthals gelegen ist. Wir können also wohl behaupten, dass der Gletscherarm, welcher im Passe Pyhrn die Kette der Kalkalpen durchbrach, auf der nördlichen Seite desselben sich zur Tiefe senkte, aber um welchen Betrag dies !) Penck, Die Vergietscherung der Deutschen Alpen ete., pag. 92. ?) E. Brückner, Die Vergletscherung des Salzachgebietes. Mittheilungen d. Deutschen und Oesterreichischen Alpenvereins, 18385, pag. 21. 3) Nach freundlicher Mittheilung Herrn Dr. Penck’s. 59* 464 August Böhm. [36] geschah, und welche Dieke die Eismassen in dem Kessel von Windisch- sarsten erreicht haben, auf diese Fragen bleiben wir die Antwort schuldig. Wir müssen uns somit darauf beschränken, den Gletscher in seiner horizontalen Erstreckung zu verfolgen. Aber auch hier begegnen wir denselben Schwierigkeiten wie vorher im Ennsthale , und zwar aus ebendenselben Gründen. Der Gletscher zwängte sich durch die Thal- enge von Klaus hindurch und hinterliess hin und wieder Grundmoränen auf der Schotterterrasse des Flusses. Hier kam von links her durch: das Thal der Steyrling vermuthlich ein Zufluss heraus, welcher von dem Nord- abfall des Todten Gebirges ausging, Hauenschild?) hat eine 20 Meter mächtige Grundmoräne dieses Eisstromes in der Hasl beschrieben, welche in ihren oberen Theilen Spuren von Sehichtung — ein untrüg- liches Zeichen langandauernder Ablagerung — erkennen lässt. Ich fand diese Beobachtung bestätigt, aber ob der Gletscher wirklich bis in das Steyrthal herausgedrungen sei, dessen konnte ich mieh nicht verge- wissern. Wie dem auch sei, der Steyrgletscher scheint nunmehr in dem engen Thale seinen letzten Kraftvorrath verbraucht zu haben, denn in dem schönen flachen Becken von Leonstein und Molln hat er keine Zeichen einstiger Anwesenheit mehr hinterlassen. Unterhalb Klaus, wo- selbst die rundlichen Kuppen der niederen Dolomithügeln bei der Wall- fahrtskirche Frauenstein sehr an Rundhöckerformen erinnern, sandte der Gletscher noch einen Zweig rechts ab in den Paltenbach hinein und übersäte den Terrassenboden und auch die Wiesenhänge der Ramsau mit grossen, meist eckigen Blöcken, welche schon von C2jZek ?) als fremde Eindringlinge, als echte Gletscherblöcke erkannt wurden. Die meisten dieser Blöcke bestehen aus einem dunklen Liaskalk, während in der Umgebung lichte obertriasische Kalke und Dolomite anstehen. Ihre Grösse ist mitunter recht bedeutend, einer erreicht sogar eine Länge von zwölf Schritten. Sonderbar ist es, dass auch noch ein centralalpiner Urgebirgsblock hierher verschlagen wurde ; derselbe liegt auf der sanften Bergkante im Winkel der weiter aufwärts folgenden Tbalkrümmung, zwischen der Ramsau und der Hopfing, 80 Meter über der Thalsohle, 590 Meter über Meer. Er besteht aus granatenführendem grünlichen Glimmerschiefer und ist einen Meter lang und je !/; und !/, Meter breit und hoch. Aus der Höhenlage seines Vorkommens lässt sich folgern, dass der Steyrgletscher bei Frauenstein noch eine Mächtig- keit von fast 200 Meter besessen habe. Dieser hat deshalb sicherlich auch den niederen Sattel gegen das Kremsthal (495 Meter Sp. K.) überflossen, doch konnte ich dort keine Glacial-Erscheinungen erkennen. Das erwähnte Thal der Hopfing besass auch einen localen Gletscher, welcher von der nördlichen Seite des Sengsengebirges herabkam. Im Hintergrunde des Thales findet sich bei der Mistelebenalpe die An- deutung einer Ufermoräne — der einzigen, welche ich in diesem Theile der Alpen bemerkte; dieselbe dürfte indessen schon aus der Rückzugs- periode des Gletschers herstammen. Der hereinreichende Zweigarm des Steyrgletschers, solcherart verstärkt, schob sich nun noch durch die ') Ueber einige Reste der Glacialperiode im Alm- und Steyrlingthal, Verhandl. d. k. k. geologischen Reichsanstalt, 1870, pag. 62. re. Pas70: [37] Die alten Gletscher der Enns und Steyr. 465 Garnweith über eine unansehnliche Bodenschwelle von nur wenigen Metern Höhe hinweg und drang hinaus bis gegen Molln, woselbst er am Ausgange der Thalung, am Rande des Beckens, eine prächtige Endmoräne (513 Meter O.-A.) hinterliess. Dieser Moränenwall, welcher sich von dem linken Thalgehänge loslöst, besitzt, aus dem Thalinneren gemessen, eine Höhe von 50 Meter und fällt gegen Molln zu ungefähr 60 Meter ab; seine Neigung nach innen beträgt 28 bis stellenweise 34°, jene nach aussen jedoch nur 22—25°; er bildet einen nach der letzteren Richtung hin convexen Bogen, welcher sich fast bis auf die andere Thalseite hinüberzieht und dort von dem kleinen Bache durchbrochen wird. Unten am Wasser steht ein dunkler Dolomit an, aus welchem möglicherweise auch noch der untere Theil des begrünten dammartigen Gebildes bestehen mag; höher oben aber befindet sich an der Aussenseite desselben eine Schotter- grube, in welcher nichts mehr von anstehendem Gestein zu sehen ist. Im Aufschluss bestehen die untersten Partien aus feinem Sand mit ein- gestreutem Grus, weleher hier und da streifenförmig angeordnet ist. In den höheren Lagen gewinnen kleine Geschiebe die Oberhand über den Sand und wachsen an bis zu Faustgrösse; noch höher oben überwiegen grössere Geschiebe, aber auch hier findet sich dazwischen immer noch feiner Sand und Grus, mitunter dünne Lagen zwischen der Schotter- masse bildend. Die Geschiebe sind meist wohlgerundet, mindestens aber kantengerundet; ganz eckige Stücke sind ‚unter ihnen selten. Auch grosse Blöcke von mehrfacher Kopfgrösse treten auf; manche Stücke zeigen Politur und Kritzung, viele lassen noch Spuren hiervon erkennen. Eine deutliche Schichtung ist in den Schotterlagen nicht zu bemerken, nur in den unteren Partien, in denen der Sand vorherrscht, macht sich eine solche in geringem Masse geltend. Diese Charaktere sind bezeichnend für einen bestimmten Typus von Endmoränen , wie er von Penck!) aus der Gegend von Lands- berg, an der westlichen Begrenzung des alten Isargletschers, beschrieben wurde. Diese Endmoränen bestehen aus dem von den Schmelzwässern noch unter dem Gletscher gewaschenen Material der Grundmoräne, welches am Ende desselben in Gestalt eines flachen Schotterkegels ab- gelagert wurde; nach dem Rückzuge des Eises blieb der letztere als Stirnwall zurück, welcher in der Regel seinen steileren Abfall dem Gletschercentrum zukehrt. Ob sich in unserem Falle der ganze Wall aus losen Massen aufbaut, konnte ich in Ermanglung von Entblössungen an geeigneten Stellen nicht entscheiden; die Aufschlüsse am Bach, welcher den Riegel durchbricht, lassen fast vermuthen, dass sein unterer Theil noch aus anstehendem Gestein bestehe. Wir müssen uns deshalb die Frage vor- legen, auf welche Weise solch’ eine Riegelbildung im anstehenden Fels entstanden sein könnte. ) Würde der besagte Wall zu unterst wirklich schon aus festem Fels bestehen, dann ginge hieraus niehtsdestoweniger noch lange nicht hervor, dass dieser untere „anstehende“ Theil seiner Form nach älter sei, als die Moräne, welche ihn überlagert; es müsste ja doch ein ganz ausserordentlicher Zufall gewesen sein, wenn die Moräne just auf ‘) Die Vergletscherung der Deutschen Alpen etc. pag. 117. 466 August Böhm. [38] dem Rücken einer solchen schon von früher her bestehenden Fels- schwelle zur Ablagerung gekommen wäre. Hingegen kann man sich sehr wohl vorstellen , dass früher der allgemeine Boden des Thales in jener Höhe lag, bis zu welcher heute noch der Riegel aus anstehendem Gesteine besteht, und dass nun an irgend einem Punkte dieses alten Thalbodens der Gletscher geendet und dortselbst einen Stirnwall hinter- lassen habe. Dieser sperrte nach dem Rückzuge des Gletschers das Thal ab und erzeugte in demselben einen See, von dessen Abfluss er nach und nach in seiner ganzen Mächtigkeit durchbrochen wurde, wenn dies nicht etwa schon während seiner Anhäufung selbst erfolgte. Die Erosion steht aber nicht stille, und die Thalgewässer werden nach der Durch- sägung des Walles auf eine weitere Vertiefung des Thalbodens hinge- arbeitet haben. Hierbei waren nun aber die blossliegenden Theile des letzteren der Erosion leichter zugänglich als jene, welche durch die darüber liegende Moräne mehr oder weniger geschützt waren, und so konnte es geschehen, dass die Moräne mit ihrer unmittelbaren Fels- unterlage immer höher und höher aus dem Thalboden herauspräparirt wurde. So wie die heutigen Moränen auf den Gletschern das unter ihnen liegende Eis vor der Ablation beschützen und dadurch Veran- lassung zu einer sockelartigen relativen Erhebung ihrer Unterlage über die freie Eisoberfläche geben, so ähnlich konnten alte mächtige Moränen- wälle ihre feste Gesteinsunterlage der Erosion entziehen und eine Sockel- bildung im anstehenden Fels unter sich bedingen. In dem vorliegenden Falle erscheint diese Speculation noch haltbarer in Folge des Umstandes, dass weiter oberhalb in der That in geringer Höhe über dem heutigen ein alter Thalboden in Gestalt einer lateralen Felsterrasse auftritt. Der hier angedeutete Vorgang ist indessen nur an solehen Orten möglich, an denen die Erosion keine allzu rasche und intensive Wirk- samkeit entfaltet, also vornehmlich in kurzen flachen Thälern, welche abseits von den Hauptwegen des fliessenden Wassers gelegen sind. In den grossen Thalzügen hingegen sind gerade die Moränenwälle der alten Gletscher als störende Unterbrechungen einer gleichförmigen Boden- gestaltung einem besonders lebhaften Angriff seitens der nivellirenden Agentien ausgesetzt gewesen und fielen der Uebermacht späterer Ein- wirkungen spurlos zum Opfer. Wenn nun aber ein derartiger Moränen- wall mit anstehendem Gesteinssockel einmal besteht, so kann es sich im Lauf der Zeiten auch ereignen, dass die Moräne von ihrer Unter- lage wieder entfernt wird, und dass dann die letztere allein als fester Gesteinsriegel zurückbleibt. Derlei Felssporne findet man nieht allzu selten an den Ausgängen von Seitenthälern in ein Hauptthal, und es liegt nieht ganz ausser dem Bereich der Möglichkeit, dass manche der- selben in der angegebenen Weise zur Bildung gelangten. Die Erosion ist übrigens im Stande, derartige Formen auch ohne Rücksicht auf eine allfallsige Vorzeichnung derselben durch Gletscherwälle — oder überhaupt durch Schuttbedeekung irgend welcher Art — aus eigenster Machtvollkommenheit zu schaffen. Dass jedoch durch solche Erosion — erfolge nun dieselbe bedingt oder unbedingt — nie und nimmer eine ununterbrochene Felsenschwelle durch die ganze Thalbreite hindurch, also kein Seebeeken in anstehendem Gestein erzeugt werden kann, ist wohl nicht erst besonders zu bemerken. BE „u Pape [39] Die alten Gletscher der Enns und Steyr. 467 Bei Molln also sehen wir den Seitenarm des Steyrgletschers enden, welcher den Eibling-Berg durch die Ramsau und die Garnweith umfloss. Minder glücklich sind wir im Hauptthale selbst, hier ist unterhalb Frauenstein keine Spur des Gletschers mehr zu erkennen. Ebenso wie in dem 'Thal der Enns, bezeichnet auch hier im Steyrthal keine Stirn- moräne das Ende des einstigen Gletschers, und wir können dasselbe deshalb wiederum nur approximativ bestimmen. Keinesfalls hat die Zunge des Steyrgletschers zur selben Zeit, als die Endmoräne bei Molln zur Ablagerung kam, das Becken von Leonstein und Molln bis zur Ver- schmelzung mit dem Garmweither Zweige erfüllt, da sonst die Bildung jener Moräne nicht hätte vor sich gehen können. Da nun aber keiner- lei Anhaltspunkte dafür vorliegen, dass der Gletscherarm, welcher durch die Garnweith herausdrang, jemals sich über die besagte Endmoräne hinauserstreckt hätte, so müssen wir wohl muthmassen, dass auch der Hauptast des Steyrgletschers bald nach seinem Austritt in die Leon- steiner Thalweite die Grenze seines Vordringens gefunden habe. Der Steyrgletscher endete demnach in einer Meereshöhe von ca. 420 Meter, erreichte also fast dieselbe Tiefe, wie der alte Gletscher im Ennsthal, und blieb ebenso wie jener auf das Gebirge selbst beschränkt. In das Becken von Molln mündet von Osten her das Thal der Krummen Steyrling, welches an der östlichen Flanke des Sengsengebirges entspringt und ebenfalls einen localen Gletscher beherbergte.. Das Thal setzt sich in der Nähe seines Ursprunges aus zwei Aesten zusammen, dem Bodinggraben , welcher südwärts über die Uebergangshöhe am Haslers Gatter (1166 Meter Sp.-K.) mit dem Gebirgskessel von Win- dischgarsten communieirt, und dem Blottenbach, welcher unter dem Hohen Nock, dem Culminationspunkte des Sengsengebirges, entspringt und den Nordabsturz des Plateaurandes gegen Osten begleitet. In beiden Gräben haben sich Spuren der einstmaligen Vergletscherung erhalten. In dem ersteren finden sich nächst der Rumpelmaierreith ') Grundmoränen, deren Geschiebe zwar gekritzt, meist aber nur roh geglättet sind, was auf einen kurzen Transport derselben unter dem Eise, also auf die Nähe des betreffenden Gletscherursprungs, verweist. Haslers Gatter lag auch wirklich hoch über dem Niveau des Eises auf der anderen Seite, so dass von einem Ueberfliessen an dieser Stelle nicht im Entferntesten die Rede sein kann. Im Blottenbach sind zwar keine Moränen erhalten, dafür aber liegen auf den steilen Bergwiesen ober der Polterauer (Blumauer) Alpe grosse Gletscherblöcke umher, die nur vermittelst Absatzes durch einen Eisstrom auf so stark geneigter ‚Unterlage zur Ruhe gekommen sein konnten. Ausserdem macht sich hier an den Berghängen und auf der Thalsohle mitunter eine rund- höckerartige Abrundung bemerkbar. Von der Vereinigung dieser beiden Quellzweige nach abwärts liegen im Thalgrunde allenthalben grosse Blöcke umher, welche von C2jZek) als erratisch angesprochen wurden. !) Unter „Reith“ versteht man in diesem Theile des Gebirges solche Alpen- wirthschaften, welche nur im Früh- und Spätsommer bezogen sind, während im Hoch- sommer die höher gelegenen eigentlichen „Almen“ besiedelt werden. Es entspricht dieser Ausdruck der in Tirol üblichen Bezeichnung „Niederläger* im Gegensatze zu „Hochläger“. 1. ce, pag. 20. 468 August Böhm. | [40] Im Uebrigen fehlen auf dieser Strecke sichereGlacialerscheinungen bis unter- halb Meserer, wo am Fusse des Altersteins die Reste einer Endmoräne auftreten. Dieselbe baut sich aus geschrammten und polirten Geschieben, sowie aus gerundeten Blöcken verschiedenartiger Kalke auf, denen sich auch kantige Trümmer zugesellen, dazwischen feiner Gletschergrus und Schlamm. Die Moräne erhebt sich im Mittel 17 Meter aus dem Thalinnern, welches hier 550 Meter über dem Meere gelegen ist. Unterhalb der- selben fehlen die grossen Blöcke, welche früher den Thallauf begleiteten. Ich hatte ursprünglich die Absicht, auch das Almthal in das Bereich dieser Untersuchungen zu ziehen ; anhaltendes Regenwetter zur Zeit meines Besuches liess indessen diesen ziemlich resultatlos verlaufen. Ich konnte nur die Beobachtungen Hauenschild’s wiederholen betreffs Gletscher- spuren in der Hetzau und in der Umgebung des Almsees. Die beiden Oeden- seen, welche mitten in einem Gewirr von kleinen isolirten Hügeln liegen, die dem Thalboden aufgesetzt sind, dürften sich in der Folge als Moränen- seen erweisen. Moränenschutt liegt in gewaltigen Mengen umher, und vermuthlich bestehen die einzelnen niederen Hügeln ganz aus demselben. In der Habernau, wo das Thal der Hetzau mit dem Almthal sich vereinigt, ist eine typische Moränenlandschaft entwickelt, welche sich aufwärts bis zum Almsee und abwärts bis unter die Eystenau verfolgen lässt, und die sich auch in das Thal der Hetzau mit geringen Unter- brechungen bis zu den Oedenseen hineinzieht. Die Sohle des Thales ist ganz bedeckt von kleinen Hügeln und Hügelzügen, welche sich als Moränenwälle zu erkennen geben. Mehrere derselben sind von der Strasse angeschnitten, wodurch ihr Inneres entblösst wird; sie bestehen aus Kalksehutt, wie er in den Endmoränen der heutigen Gletscher im Kalkgebirge auftritt, nur selten finden sich darunter auch gekritzte Geschiebe. Ob diese Wälle das Ende des Gletschers während seiner grössten Ausdehnung bezeichnen, dies muss vorläufig noch dahingestellt - bleiben. Bei dem beschränkten Einzugsgebiete des Gletschers und der Steilheit des Abfalls, mit welchem sich dasselbe im Hintergehänge des Thales von 2000 Meter Höhe auf 700 Meter herabsenkt, ist es aller- dings nicht sehr wahrscheinlich, dass der Gletscher in dem tiefen und weiten Thale noch eine beträchtlichere Strecke über die Eystenau hin- aus vorgedrungen sei, bei welcher die Thalsohle ohnehin nur mehr eine Höhe von 560 Meter besitzt. Der eiszeitliche Almgletscher dürfte seiner Grösse nach einem unserer grösseren centralalpinen Gletscher zu ver- gleichen gewesen sein und auch sonst manche Aehnlichkeit mit einem solehen gehabt haben. Er war mit mächtigen Oberflächenmoränen bedeckt, aus deren Material sich seine Endmoränen vorzugsweise auf- bauten. Dass sich diese letzteren hier erhalten haben, während sie anderswo fehlen, rührt daher, dass sie in Folge der Wildheit und Zer- rissenheit des Gebirges hier von vorne herein verhältnissmässig bedeu- tende Dimensionen erlangten, und dass der.Thalboden, auf dem sie zur Ablagerung kamen, flach und breit ist, so dass das fliessende Wasser keine besonders intensive Wirksamkeit entfalten konnte. Thalaufwärts liegt in nächster Nähe der Almsee; wie die Süimpfe an seinem unteren Ende erweisen, hat sein Wasserspiegel einstmals eine viel grössere Ausdehnung besessen und sich bis dieht an die Moränenlandschaft heran erstreckt, was ebenfalls deren Erhaltung begünstigte. - [41] ’ Die alten Gletscher der Enns und Steyr, 469 IV. Capitel. Accumulation und Erosion. Die Schotterterrasse an der unteren Enns. — Fehlen derselben im oberen Ennsthal und dadurch bedingte Verschiedenheit des Charakters der Landschaft. — Mächtigkeit und Gefäll der Terrasse. — Entstehungsweise derselben. — Geschiebeführung ; Acceu- mulation und Erosion. — Jeder Fluss der eigene Regulator seines Gefälls,; Verstärkung desselben durch Accumulation, Verminderung durch Erosion. — Beide wirken direct von oben nach abwärts, indirect in ihren Folgen nach rückwärts und aufwärts. — Schotter- und Felsterrassen. — Gefällsverhältnisse derselben. — Durchsägung einer aufstrebenden Faltung. — Ursache der Entstehung von Schotterterrassen. — Aenderung der Wassermenge ohne Belang; Aenderung der Geschiebeführung von umso grösserem Einfluss. — Verwitterung. — Herabdrückung der Höhenregionen des Gebirges.. — Eiszeit. — Glacialschotter. Wenn man von Amstetten kommend mittels der Rudolfsbahn das untere Ennsthal hinauffährt, so behält man auf der ganzen Strecke zwischen Kastenreith und Hieflau ein ziemlich eintöniges Landschafts- bild vor Augen. Man bleibt während dieser Fahrt beständig in der Tiefe einer engen Schlucht, in welcher der wildschäumende Fluss zwischen hohen Steilwänden von horizontal geschichteten Schotterbänken und Conglomeratmassen dahin rauscht; die eigentlichen Thalgehänge bleiben zumeist hinter dem oberen Rand des Absturzes verborgen, nirgends wird ein freier Ausblick in die weitere Umgebung zu Theil. Verlässt man jedoch etwa bei der Station Weissenbach die Bahn und folgt der Strasse, welche sich schräge an dem Conglomeratabbruch hinanzieht, bis auf die Höhe von Altenmarkt, so ist man erstaunt ob der ungeahnten Weite der Gegend und über den schönen ebenen Plan, welcher sich hier, hoch über dem Fluss, als der eigentliche Thalboden zu erkennen gibt. Nur auf geringe Breite ist derselbe durch den Schlund der schmalen Erosionsfurche unterbrochen , welche sich das Wasser erst in neuerer Zeit für seinen Lauf geschaffen, drüben aber setzt sich der Boden in derselben Höhe wieder gleichmässig fort. Die frühere Thalsohle, welche durch Aufschüttung des schon vorher bis zum heutigen Flussniveau vertieften Thalgrundes entstanden war, erscheint demnach gegenwärtig als eine fortlaufende Terrasse, auf welcher die meisten Ortschaften liegen, und auf der sich auch zum grössten Theil das culturelle Leben der Thalschaft abspielt. Nicht überall konnte jedoch die Terrasse ihren Zusammenhang bewahren, an besonders engen Stellen haben sich mitunter nur Rudi- mente derselben erhalten, und überall dort, wo ein Seitenthal oder ein Nebengraben einmündet, wurde sie von dem betreffenden Gewässer bis zur Tiefe des Ennsflusses hinab durchbrochen und durchsägt. Auf diese Weise wurde die Terrasse an manchen Orten förmlich zerstückelt und erscheint nunmehr in zahlreiche einzelne Vorsprünge aufgelöst, auf deren begrünten, mit Wald und Feld bedeckten Höhen sich jeweils das Gehöfte eines Bauers befindet, welcher dort oben in stiller Ahge- schiedenheit gleichsam wie in einem eigenen Königreiche schaltet und waltet. Hier, auf der Oberfläche der Terrasse, erscheint das Ennsthal nicht mehr als eine enge Schlucht, sondern es treten die Berghänge mitunter auf sehr beträchtliche Entfernungen auseinander, um sich Jahrbuch der k. k. geol. Reichsanstalt. 1885. 35. Band. 3. Heft. (August Böhm.) 60 470 August Böhm. [42] freilich stellenweise wieder sehr bedeutend gegenseitig zu nähern. Die Strasse hält sich fast immer an die Höhe der Terrasse, und da diese sehr oft unterbrochen ist, steigt sie zum Aerger des Wanderers beständig bergab, bergauf; bald zieht sie unten in der Wildniss dicht am brausenden Fluss dahin, bald schlängelt sie sich wieder durch wogende Kornfelder auf der Oberfläche des Thals: ein unaufhörlicher lästiger Wechsel von Höhenverlust und Wiedereinbringung desselben, nicht minder verbunden aber auch mit einer ansprechenden steten Ver- änderung der Scenerie. In dem dahineilenden Eisenbahnzuge am Grunde der Schlucht merkt man von alledem so viel wie nichts; man sieht nur den Fluss und das Conglomeratgemäuer zu seinen Ufern, und indem man von der Existenz des ebenen Thalbodens hoch droben keine Ahnung hat, nimmt man eine ganz falsche Vorstellung von dem physiognomi- schen Charakter der Thalung mit nach Hause. Wie anders hingegen gestaltet sich das Bild, welches dem Reisen- den nach Passirung der engen Felsenkehle des Gesäuses, beim Eintritt in das obere Ennsthal sich eröffnet! Breit und flach dehnt sich die Sohle des Thals, wie der Boden einer Wanne, eingesenkt in den Höhen- zug des Gebirges. Dieses präsentirt sich allerorten in seiner vollen Grösse und Entfaltung und beherrscht die Gegend ringsum in weiter Runde. In vielen Windungen und Krümmungen schleicht der Fluss trägen Laufes dahin, Riedgräser, Schilf und Röhricht begleiten seine Ufer, und Sumpfboden und Torfmoore bilden mit dazwischen befind- lichen Tümpeln und Lachen die ebene Fläche des Thales. So sehr ist die letztere stellenweise überwässert, dass auf den Fusswegen Lauf- bretter gelegt sind, um die Gehenden vor allzu tiefem Einsinken in den durchfeuchteten zähen Schlich und glimmerigen Schlamm des Bodens zu beschützen. Und diesen Charakter behält das Längenthal der Enns in seiner ganzen Erstreckung, bis zur Verzweigung in die inneren Quellthäler oberhalb Radstadt; überall dieselbe Weite, allent- halben die gleiche Versumpfung. Wo aber sind nun hier die mäch- tigen Geschiebemassen, aus denen die hohen Terrassen am Unterlaufe der Enns sich aufbauen? Fehlten sie hier etwa von Anfang an, oder wurden sie bereits gänzlich entfernt, oder aber liegen sie noch voll- ständig unter der heutigen Thalsohle begraben, und wird der Fluss erst bei weiterem „Rückwärtsschreiten“ der Erosion sich in dieselben einnagen ? Wir werden alle diese Fälle erwägen und hernach die Frage beantworten, wollen aber vorerst nochmals in das untere Ennsthal zurückkehren und die Geschiebeterrasse dortselbst eingehender studiren. In einer ansprechenden Abhandlung „Ueber Periodieität der Thal- bildung“ hat Penck!) darauf hingewiesen, dass es in den Gebirgs- thälern zweierlei Arten von Terrassen gebe, welche ganz verschiedenen Vorgängen ihre Entstehung verdanken. Die einen sind „die Ueber- reste von alten Flussbetten eines höheren Niveaus, entstanden in jenen Zeiten, während welcher die Thäler noch nicht bis zu ihrer heutigen Tiefe eingeschnitten waren; sie werden als Spuren des allmäligen Einschneidens der Thäler gedeutet“ und von Penck als Erosions- terrassen bezeichnet. Die anderen hingegen entstehen durch Auf- ') Sep.-Abdr. aus den Verh. d. Gesellsch. f. Erdkunde zu Berlin, 1884, Nr. 1. [43] Die alten Gletscher der Enns und Steyr. 471 sehüttung des Thales — welches schon vorher bis zu seinem gegenwär- tigen Niveau vertieft war — durch die Geschiebemassen des Flusses, und durch abermaliges Einschneiden des letzteren in einer nachherigen Periode; sie erscheinen im Gegensatze zu den vorigen als Aufschüttungs- oder Aecumulationsterrassen. Diese Ansicht über die Existenz und die Bildung von Accumula- tionsterrassen ist übrigens nicht neu, ja es scheinen sogar dieselben früher die Aufmerksamkeit der Forscher erregt zu haben, als die Ter- rassen im anstehenden Gestein. Schon im Jahre 1844 spricht der Nestor unter den Alpengeologen, B. Studer!), von Geröllablagerungen, die sich an den Thalgehängen nicht selten bis in grosse Höhe aufwärts ziehen, „als ob der Strom einst das ganze Thal ausgefüllt hätte; der jetzige Thalbach hat sich zuweilen ein über hundert Fuss tiefes, sehr steiles und enges Bett eingegraben, ohne ihren Grund zu erreichen, und an den Abhängen findet man sie in Höhen von mehreren tausend Fuss über dem Thalboden.“ Auch den älteren österreichischen Geologen waren die Aufschüttungsterrassen wohl bekannt, v. Morlot nannte sie „Diluvialterrassen“ und war sich vollkommen darüber im Klaren, dass dieselben ihrer ganzen Mächtigkeit nach aus Geschieben und Conglomeraten (dem „älteren Diluvium“) bestehen und deshalb. nicht als Geröll-Lager gedeutet werden können, „welche der Fluss beim Ein- schneiden in die Thäler hinterliess“. Dass der Letztgenannte bereits eine richtige Vorstellung von der Bildungsweise dieser Terrassen gewonnen hatte, geht aus seiner Beschreibung derselben in den „Er- läuterungen zur geologischen Uebersichtskarte der Nordöstlichen Alpen“ hervor, sowie aus einem theoretischen Profil, welches ebendortselbst zur Mittheilung gebracht wurde.?) An einem anderen Orte?) spricht er sogar ausdrücklich von einer bei 100 Fuss hohen Terrasse, „die der Liesingdiluvialbach aufgeworfen hat“, und gibt an, dass sich die Mur bei Judenburg 200 Fuss tief in das ältere Diluvium „ein- gegraben“* habe. In der Folge scheint allerdings das Verständniss für die Aufschüttungsterrassen wieder mehr und mehr geschwunden zu sein, und bei Rütimeyer, v. Sonklar, Heim, Bodmer und Löwl ist fast ausschliesslich von Erosionsterrassen im festen Fels die Rede ; man unterschied „Gehänge- oder Lateralterrassen“ im Gegensatze zu „Thalterrassen“ im engeren Sinn, aber die Accumulationsterrassen blieben vergessen, oder wurden doch nur wenig gewürdigt, bis sie durch Penek der wissenschaftlichen Beachtung wieder näher gebracht wurden. Es sei nun vor Allem darauf hingewiesen, dass die Accumulations- terrassen stets nur in der Form von Lateralterrassen auftreten, dass jedoch die Conglomerat- und Schottermassen, aus denen sie bestehen, niemals zur Bildung von stufenförmigen Absätzen der Thalsohle Ver- anlassung geben, dass also „Thalterrassen“ im Sinne Löwl’s) hier aus- !) Lehrbuch der Physikalischen Geographie und Geologie, I. Bd., Bern 1844, pag. 267. ?) Erläuterungen zur geologischen Uebersichtskarte der Nordöstlichen Alpen. Wien, 1847, pag. 69. ») Erläuterungen zur geologisch bearbeiteten VIII. Seetion der Generalquartier- meisterstabs-Specialkarte von Steiermark und Illyrien. Wien 1848, pag. 39. *) Ueber den Terrassenbau der Alpenthäler. Geographische Mittheilungen. Gotha, XXVII, 1882, pag. 132, Anmerkung. 60* 472 August Böhm. [44[ seschlossen sind. Es lässt dies darauf schliessen, dass einerseits den Aufschüttungsmassen an sich jene Eigenschaften fehlen, welche etwa im festen Gestein eine Prädisposition zur Ausbildung solcher Terrassen bedingen, und dass anderseits sich seit dem Bestande dieser Geröll- lager jene äusseren Einflüsse nicht mehr wiederholten, welche mög- licherweise selbstständig ein stufenförmiges Gefäll der Thäler zu er- zeugen vermochten. | Die Geschiebeterrasse im unteren Ennsthale ist nicht überall von einer und derselben Mächtigkeit, sondern erhebt sich um so weniger hoch über das heutige Flussniveau, je weiter thalabwärts sie gelegen ist. Folgende Uebersicht veranschaulicht dieses Verhalten auf das Beste: - Mächtigkeit der Terrasse Hiellau:.. = Sr ses en io Meter Lana an er Se Fe Altenmarkt. war, SE Oberhalb Klein-Reifing . . . 5 „ Unterhalb Kastenteith = 722... 3202, Gross-Ratine. 2 Hy ee ea ReichRaming!. „20 ea. Losensteine ee SIAdL"DIEyT.Ee BOT Dies steht nun aber in directem Widerspruche mit einer all- gemeinen Aeusserung v. Morlot's?), laut welcher in den Alpenthälern die Diluvialterrassen immer in einem Niveau fortlaufen, „das sich nach und nach thalaufwärts hebt und ansteigt, aber langsamer als das jetzige Flussbett, so dass diese zwei Niveaus endlich in den höheren Regionen verschmelzen“. Um nun in die Sache Klarheit zu bringen, müssen wir zunächst untersuchen, auf welche Art und Weise derlei Terrassen überhaupt entstehen. Der erste Vorgang bei der Bildung einer jeden Geschiebeterrasse ist die Ausfüllung des Thales bis zu einer gewissen Höhe mit den Geschieben des Flusses. Ein Fluss wird aber dort ablagernd wirken, wo er aus irgend welchen Gründen nicht mehr im Stande ist, die ganze Geschiebelast fortzubewegen, welche er höher oben mit sich führte. Die Transportfähigkeit des fliessenden Wassers) hängt aber lediglich von der Stosskraft desselben ab und diese wiederum ist dem Quadrate der Geschwindigkeit des Wassers direet proportional. Um demnach die transportirende Kraft eines ganzen Flusses für irgend ein Querprofil desselben zu bestimmen, braucht man blos den allgemeinen Ausdruck für die Stosskraft des Wassers an der bezüglichen Stelle mit der Breite der Grundfläche, auf welcher daselbst ein Geschiebetrans- port stattfindet, zu multiplieiren. Die Geschwindigkeit eines Flusses ist aber ihrerseits wiederum abhängig von dem Gefälle und von der ') Die grössere Mächtigkeit der Terrasse bei Stadt Steyr erklärt sich durch die starke Gefällsverminderung beim Austritt des Flusses aus dem Gebirge auf das Vorland. ?) Erläuterg. z. geol. Uebersichtskarte d. Nordöstl. Alpen. Wien 1847, pag. 68. ®) Mit Bezug auf die Fortbewegung von Geschieben an seinem Grunde. [45] Die alten Gletscher der Enns und Steyr. 473 Reibung des Wassers an den Wandungen des Flussbettes; sie wächst bei zunehmendem Gefäll und nimmt ab bei vermehrter Reibung. Die Reibung endlich ändert sich mit dem Inhalt des Stromprofils, und bei gegebener Grösse desselben ausserdem noch mit dem Umfang seiner Wandung (mit der Concentration des Querschnittes); ist der Inhalt des Stromprofils grösser, so sind mehr Wassertheilchen vorhanden, auf die sich die Verzögerung durch Reibung vertheilt, und die Geschwindigkeit wird grösser; bei gegebener Grösse des Stromprofils aber wird die Reibung dann am kleinsten und die Geschwindigkeit daher dann am grössten sein, wenn der Umfang der Wandungen des Flussbettes ein möglichst geringer, der Querschnitt desselben also ein möglichst con- centrirter ist. Wir sehen also die transportirende Kraft eines Flusses, welche dem Producte aus der Breite der Grundfläche in das Quadrat -der Geschwindigkeit direct proportional ist, abhängig von dem Gefäll des Flusses, dem Inhalt seines Querschnittes und dem Grade der Con- centration desselben. Bei einem und demselben Flusse werden aber diese drei Factoren bei sonst gleichen Umständen auch gegen- 'seitig aufeinander einwirken, so zwar, dass sie in ihrer Gesammtheit stets die Function einer constanten Grösse bilden. Betrachten wir näm- lich zwei verschiedene Querprofile eines und desselben Stromes, so ist klar, dass durch jedes dieser Profile in derselben Zeit dieselbe Wasser- menge durchlaufen muss, wenn der Strom inzwischen keinen Zuwachs und keinen Verlust an Wasser erlitten. Bezeichnen wir die beiden Profile mit I und II und nehmen an, dass das Gefäll bei Il grösser sei als bei I, die Concentration des Querschnittes jedoch in beiden Fällen dieselbe, so wird offenbar die Schnelligkeit des Wassers bei II grösser sein als bei I; da aber nun bei beiden Profilen die in gleichen Zeiten durchgehenden Wassermengen einander gleich sein müssen, so wird der Inhalt des Querschnittes bei II nothwendigerweise kleiner sein als bei I, damit der Zusammenhang des Flusses gewahrt bleibe. Ist in einem anderen Falle das Gefälle bei I und II dasselbe, jedoch die Concentration des Querschnittes bei II stärker als bei I, so wird wiederum bei II die Schnelligkeit des Wassers grösser und deshalb der Inhalt des Stromprofils kleiner sein, als bei I, doch ist leicht ein- zusehen, dass eine solche Aenderung in der Concentration des Quer- schnittes gegenüber einer Aenderung des Gefälles nur von unter- geordnetem Einfluss sein werde, insolange ihr Ausmass eine gewisse Grenze nicht überschreitet. In der Natur sind nun das Gefälle des Flusses und die Form seines Querschnittes, also die Concentration desselben, gewissermassen gegeben, und diese beiden Factoren werden somit jederzeit die Grösse des Querschnittes regeln. Wächst das Gefäll, so verkleinert sich der Querschnitt und umgekehrt; vermehrt sich die Concentration des Quer- schnittes, so wird sich der letztere ebenfalls an Grösse vermindern, da in beiden Fällen, mit dem Wachsen des Gefälles sowohl, als auch mit der Vermehrung der Querschnitts - Concentration eine Zunahme der Geschwindigkeit verbunden ist, und trotz der grösseren Geschwindigkeit in der Zeiteinheit nur dieselbe Wassermenge passiren darf wie vorher. Stromprofil und Geschwindigkeit sind einander umgekehrt proportionirt. 474 August Böhm. [46] Man könnte nun sagen: wenn das Gefäll eines Flusses sich ändert und z. B. geringer wird, so vermindert sich zwar die Geschwindigkeit des Wassers und desgleichen daher auch dessen transportirende Kraft; zugleich aber wächst der Querschnitt des Stromes, und wenn nun dieses Wachsen nach der Breite erfolgt, so wird nun zwar an jedem Punkte mit geringerer Kraft, aber dafür auf einer breiteren Grundfläche trans- portirt, und es könnte sich dies mit Rücksicht auf den Gesammttrans- port möglicherweise compensiren. Dem ist aber nicht so, weil der Gesammttransport nur im Verhältniss mit der einfachen Flächenbreite wächst, auf welcher transportirt wird, hingegen mit dem Quadrate der Geschwindigkeit des fliessenden Wassers sich vermindert. Es wird also unter allen Umständen dort, wo das Gefäll des Flusses abnimmt, der letztere nicht mehr im Stande sein, das ganze Material, welches er früher mit sich führen konnte, weiter zu transportiren, und es wird somit dort, wenn er vorhin nach Kräften transportirte, zu einer Ab- lagerung von Geschieben kommen müssen. Ein ähnlicher Effeet wird durch eine Verringerung der Concentration des Querschnittes eines Flusses erzielt werden; auch hier wird eine Ablagerung stattfinden. Es vergegenwärtige nun die Linie ABCOD (Fig. 1) das Längs- Fig.1. | profil der Strecke eines Flussbettes von durchaus gleicher Ooncentration des Querschnittes, und wir nehmen an, es führe der Fluss bei 4, wo er in diese Strecke eintritt, genau so viele Geschiebe mit sich, als seiner Stosskraft dortselbst entspricht. Auf der ganzen Theilstrecke AD wird es nun zu keiner Ablagerung von Geschiebematerial kommen können, weil sich hier weder die Stosskraft des Wassers, noch die Breite des Flussbettes ändert, und somit gar keine Veranlassung dazu vorhanden ist, dass der Fluss seine Geschiebelast an jedem folgenden Punkt der Strecke AB nicht sollte ebensogut mit sich fortführen können, wie an jedem vorhergehenden. Bei 3 jedoch verringert sich das Gefälle und mit demselben auch die Geschwindigkeit des Flusses und seine trans- portirende Kraft, und es wird sich deshalb derselbe nunmehr eines Theiles seiner Geschiebelast entledigen müssen. Ebendasselbe wird auf den unterhalb 3 gelegenen Punkten der Strecke 3 C stattfinden, jedoch mit stets abnehmender Intensität, da sich ja die Geschiebelast des Flusses durch die Ablagerung beständig vermindert und endlich auf einen Betrag herabsinkt, welcher mit der transportirenden Kraft auf — dem Gefälle von BC im Einklang steht. Etwa von dem Punkte / an wird also der Fluss nicht mehr ablagern, sondern in Folge der vorher- vi enz pie: = [47] Die alten Gletscher der Enns und Steyr. 475 gegangenen Ablagerung nunmehr auf der Strecke fCO nur mehr so viele Geschiebe mit sieh führen, als seiner transportirenden Kraft ent- spricht. Bei © aber ändert sich abermals das Gefälle des Flussbettes, und zwar wird dieses nun von Ü bis D wiederum bedeutend stärker. In Folge dessen wird sich die Geschwindigkeit des Wassers wieder ver- “mehren, und mit derselben auch die Transportkraft des Flusses. Der letztere führt aber bei ©, wo er in die stärker geneigte Strecke OD eintritt, nur so viele Geschiebe, als er auf der minder geneigten Strecke fC zu transportiren vermochte, und es wird deshalb bei C und auf den weiter abwärts folgenden Punkten gegen D hin ein Ueber- schuss an Kraft vorhanden sein, welcher nicht auf den Transport von Geschieben verwendet wird. Da nun aber die Arbeitsleistung stets mit der vorhandenen Kraft im Einklange stehen muss, so wird der besagte Kraftüberschuss bei und unterhalb C auf Erosion verwendet werden. Es wird der Fluss durch Erosion die Kante bei € im grossen Mass- stabe abstumpfen, und zwar so lange, bis durch diese Abstumpfung das Gefäll unterhalb C um so viel verringert und die Transportkraft des Flusses folglich so weit abgeschwächt ist, dass sich dieselbe in der Weiterschaffung der von oberhalb © herabgebrachten Gesehiebe voll- ständig aufzehrt. Bei € also schneidet der Fluss in Folge von Erosion ein und er- niedrigt somit sein Bett, bei D hingegen lagert er ab und erhöht das- selbe. Erosion findet dort statt, wo der Fluss weniger Geschiebe mit sich führt, als seiner Arbeitskraft entspricht, Ablagerung hingegen er- folgt, wenn das umgekehrte Verhältniss eintritt. Gehen wir von der Geschiebeführung des Flusses als gegeben aus, so können wir sagen, der Fluss lagert ab, wenn sein Gefälle mit Rücksicht auf die fortzu- schaffende Geschiebelast zu gering ist, er erodirt hingegen, wenn das Gefäll diesbezüglich zu gross wird. Nun sehen wir, dass das Flussbett - durch Ablagerung erhöht, durch Erosion hingegen erniedrigt wird; mit partieller Erhöhung des Flussbettes ist aber eine Verstärkung des Gefälles, mit einer partiellen Erniedrigung eine Verminderung desselben verbunden; es wird also der Fluss im ersteren Falle sein Gefälle vermehren, im zweiten hingegen es verringern. In beiden Fällen erfolgt die Veränderung des Gefälles so lange, bis dasselbe der Ge- schiebeführung des Flusses genau entspricht. Ein Fluss hat also in sich selbst die Fähigkeit, die Neigung seines Bettes je nach Bedürfniss zu verringern oder zu vermehren, er ist der eigene Regulator seines Gefälles. Es ist nun sicher und erscheint bei Betrachtung von Fig. 1 ganz selbstverständlich, dass sich die Ablagerung auf dem oberen Theil der Strecke BC nicht auf diese letztere beschränken, sondern sieh an die vorhergehende steilere Strecke AB anlehnen wird, einen allmäligen Uebergang von der stärkeren Neigung zur schwächeren vermittelnd. Je höher bei 5 die Ablagerung wird, desto weiter wird sie an der Streeke AB hinaufreichen. Es schreitet also die Ablagerung von jenem Punkte, an welchem sie zuerst begann, nicht nur nach vorwärts und abwärts, sondern auch nach rückwärts und aufwärts vor, da nach Ablagerung Jeder einzelnen Geröllschicht der Punkt, an welchem sich das Gefälle 476 August Böhm. [48] ändert, weiter an der vorhergehenden steileren Strecke hinaufgeschoben wird. Fig. 2 soll dies des Näheren erläutern; die grösseren Blöcke A ON € iR Er - \ ne = ” Ei Fig.*- “ bleiben zuerst liegen, wodurch die einzelnen Schichten eine keilförmige Gestalt erhalten; die Gefälls-Aenderung wird der Reihe nach von B auf die Punkte 1, 2,3, 4 u.s. w. verlegt, rückt also an der Strecke AB aufwärts. Ganz dasselbe findet auch bei der Erosion statt, denn wenn (Fig. 1) auf der Strecke OD erodirt wird, so wird der Angriffspunkt der Erosion immer weiter von Ü gegen D hin verlegt: die Erosion ist in gewissem Sinne „rückläufig“. Nichtsdestoweniger hat Tietze vollkommen Recht, wenn er in seinen interessanten „Bemerkungen über die Bildung von Querthälern“ 1) stets mit besonderem Nachdrucke betont, dass die Erosion im Wesentlichen immer von oben nach unten wirke. Es ist ja doch ganz klar, dass in unserem Beispiele zu allererst bei © selbst erodirt werden wird, und erst nachher der Reihe nach an den einzelnen auf- einander folgenden Punkten unterhalb ©, denn bei © findet das Wasser jeweils zuerst Verhältnisse vor, welche eine Erosion bedingen. Es wird also immer erst oben erodirt und dann unten, und es schreitet mithin die Erosion als solche naeh abwärts vor. Mit der Zeit verlegen sich freilich die Angriffspunkte der Erosion weiter flussaufwärts, und die Stellen, welehe eine Erosion veranlassen, werden mithin unter deren Eingreifen flussaufwärts verschoben, aber die eigentliche Wirkung der Erosion erfolgt in jedem einzelnen Moment thatsächlich von oben nach unten. Aus dem Umstande, dass Ablagerung wie Erosion in ihren Folgen von dem ursprünglichen Ausgangsorte sowohl abwärts, als auch aufwärts — vor- und rückwärts — schreiten, geht hervor, dass sich beide in den Zwischenstrecken bei hinlänglich langer Dauer des Vorganges schliesslich begegnen müssen, und dass sie somit im Vereine auf eine Ausgleichung der Unregelmässigkeiten des Gefälles der Thal- sohle hinarbeiten. Solche Unregelmässigkeiten bestehen, trotzdem das Wasser seit jeher, nämlich von dem Momente der Erhebung von Land er ee ne 1er TIER ErTe BT: En Ing - a ARE ER CNN - rg nie 1) Einige Bemerkungen über die Bildung von Querthälern. Zweite Folge. Jahrb. d. k. k. Geologischen Reichsanstalt, XXXII, 1882, pag. 685 — 768. [49] Die alten Gletscher der Enns und Steyr. 477 und der Bildung von Gebirgen, darauf bedacht war, sich ein gleich- mässiges Gefäll zu schaffen, beziehungsweise sich bestrebte, alle Störungen desselben gewissermassen im status nascendt zu überwinden. Wie man allenthalben sieht, ist ihm letzteres nicht gelungen, und es scheint so- mit gewisse noch nicht näher untersuchte Factoren zu geben, welche ungeachtet ihrer jedenfalls sehr langsam und ganz allmälig sich geltend machenden Einwirkung von dem fliessenden Wasser nicht in demselben Masse, in welchem sie nach und nach erwuchsen, siegreich bekämpft werden konnten. Ein Fluss ist ein äusserst complieirtes Ding; nicht nur ändern sich von Schritt zu Schritt Gefäll und die Beschaffenheit des Bettes, sondern auch die Wassermenge varlirt, abgesehen von den allgemeinen Schwankungen nach Jahreszeiten und nach längeren klimatischen Perioden, selbst local in Folge von Verdunstung und Infiltration und endlich zu allermeist durch Aufnahme neuer Zuflüsse. Betrachten wir das Längsprofil einer Thalstrecke, wie es in Fig. 3 zur Anschauung gebracht wird. Bleibt die Wassermenge des Flusses auf dieser ganzen Strecke ABCDE dieselbe, und ist er auf der Theil- strecke A B mit Geschieben „gesättigt“, so wird er, wie früher erläutert wurde, auf BC ablagern, auf OD erodiren. Was wird nun auf der folgenden Strecke DE geschehen, welche wiederum sanfter geneigt ist? Auf OD verfrachtet der Fluss jene Geschiebelast, welche er von der minder geneigten Strecke 3 C mitbringt — und welche also dem Gefäll auf 3C entspricht, da dasjenige, was darüber hinaus geht, vorher ab- gelagert wurde — mehr demjenigen, was aus der Erosion auf jener Strecke U D resultirt. Ist nun D_E weniger oder höchstens gleich stark geneigt, wie Ö, so wird dortselbst unter allen Umständen abgelagert, und zwar im letzteren, ungünstigeren Falle alles dasjenige, was der Fluss durch Erosion auf OD an Geschieben hinzugewonnen. Ist jedoch DE stärker geneigt als 5C, dann wird es sich fragen, ob der Geschiebezuwachs von OD den Zuwachs an Transportkraft auf DE gegenüber 3 C übersteigt oder nicht. Ist ersteres der Fall, dann wird auch hier auf DE eine Ablagerung von Geschieben er- folgen, im Gegenfalle aber wird auf DE die Erosion von CD fort- gesetzt werden, jedoch der Gefällsverminderung wegen mit geringerer Intensität. Bei der Annahme gleichbleibender Wassermenge kann also in obigem Profile auf DE unter Umständen keine Ablagerung von Geschieben stattfinden, während eine solche auf CD zunächst über- haupt ausgeschlossen erscheint. Auf der letztgenannten Strecke könnte es nämlich erst dann zu einer Ablagerung kommen, bis das Gefälle zwischen 3 und C in Folge Aceumulation und der damit verbundenen Gefällserhöhung so sehr vermehrt wurde, dass es demjenigen der Strecke OD mindestens gleich ist. Wenn wir nun aber die Supposition der constanten Wassermenge verlassen und uns vorstellen, dass unser Strom seitliche Zuflüsse er- halte, welche mit starkem Gefälle in das Hauptthal herabkommen und nicht nur die Wassermasse, sondern auch die Geschiebeführung in dem- selben vermehren, dann kann möglicherweise auf der ganzen Strecke des Hauptthales ohne Unterschied der Neigung von vorneherein eine Geschiebeablagerung Platz greifen. Mündet z. B. bei C ein Fluss, Jahrbuch der k. k. geol. Reichsanstalt. 1885. 35. Band. 3. Heft. (August Böhm.) 61 478 August Böhm, [50] welcher mehr Geschiebe mit sich bringt, als die Differenz zwischen der Geschiebeführung oberhalb © und der transportfähigen Menge des verstärkten Flusses unterhalb © beträgt, dann wird natürlicher- weise auch auf OD ohne weiteres abgelagert werden. Fig. 3. Fig. 4. ne In Perioden einer allgemeinen starken Geschiebeführung der Gebirgswässer kann es nun geschehen, dass die Ablagerung immer mehr und weiter anwächst, und dass schliesslich die Thäler bis zu einer beträchtlichen Höhe mit Schottermassen aufgefüllt erscheinen. Hält man sich hierbei vor Augen, dass Aceumulation überall dort er- folgt, wo die Geschiebelast grösser ist als die Transportkraft, mit [51] Die alten Gletscher der Enns und Steyr. 479 anderen Worten also dort, wo das Gefäll des Flusses zu gering ist, und dass aber durch Ablagerung eben dieses Gefäll erhöht wird, und zwar so lange, bis zwischen den beiden eben bezeichneten Factoren Gleichgewicht herrscht, so wird man zu. der Erkenntniss gelangen, dass der aufgeschüttete Thalboden stets ein stärkeres Gefäll besitzen werde, als der darunterliegende alte (Fig. 4). Die Ablagerung wird so- mit in der Regel von oben nach abwärts an Mächtigkeit abnehmen ; sie kann allerdings local durch neue Zufuhr und muss beim Ueber- gang von einer steileren zu einer sanfteren Thalstrecke wieder höher anschwellen, jedoch nur, um auf derselben Strecke sofort wieder das allgemeine Verhalten zu befolgen. Beim umgekehrten Uebergang, von einer sanfteren zu einer stärker geneigten Thalstrecke, wird hingegen die Mächtigkeitsabnahme des Geschiebelagers noch gesteigert. Dort, wo eine Verminderung des Thalgefälls und somit ein locales Anwachsen der Ablagerung stattfindet, wird sich die letztere rückwärts an der steileren Thalstrecke hinaufziehen und wird somit dort, wie beispiels- weise in Fig. 4 von D an nach aufwärts eine Strecke lang bis d an Mächtigkeit verlieren; das ist eine Folge des Rückschreitens der Aceumulation, auf welches ja schon vorhin hingewiesen wurde. Ebenso wird in Folge von Rückwirkung der Aceumulation von OD, auf der kurzen Strecke von C bis e über BC ein stärkeres Anwachsen der Aufschüttung thalaufwärts zu erfolgen, als es den Verhältnissen über BC eigentlich entspricht. Dieses jeweilige Uebergreifen der Aceumu- lation auf die nächsthöhere Thalstreeke stösst jedoch das eben aus- gesprochene Gesetz nicht um, dass die durch Aufschüttung entstandenen erhöhten Thalböden jederzeit stärker geneigt sind, als die zugehörigen alten Thalsohlen. Zwischen einem Sehotterkegel, wie er an der Mündung eines Wildbaches sich bildet, und den ausgedehnten Geschiebelagern eines grossen Thales besteht nur ein quantitativer, kein qualitativer - Unterschied. Wird nun die vermehrte Geschiebeführung unterbrochen, und treten wieder die früheren Zustände ein, so besitzt das Wasser auf der aufgeschütteten Thalsohle ein stärkeres Gefäll, als der verminderten Geschiebeführung entspricht, und es wird allenthalben in gleicher Weise erodirt werden, in welcher vorher abgelagert wurde. Der Fluss wird sich bestreben, durch Erosion sein Gefäll zu mildern, er wird in die angehäuften Geschiebemassen einschneiden und auf diese Art so ziem- lich sein altes Bett zurückgewinnen; bei andauerndem Geschiebemangel wird er darauf auch im festen Fels die Erosion noch weiter fortsetzen. So bleibt denn die vorherige Aufschüttung in höherem Niveau über dem vertieften Flussbett zurück und erscheint somit ‘als Scehotter- terrasse über dem gegenwärtigen Thallauf. Schotter-, Auf- schüttungs- oder Accumulationsterrassen müssen dem- nach ein stärkeres Gefäll als die heutige, dureh Erosion gewonnene Thalsohle besitzen. Dieses auf rein theoretischem Wege gewonnene Ergebniss steht nun mit den oben mitgetheilten Daten über die Höhe der Geschiebe- terrasse im unteren Ennsthal im besten Einklang, und es muss deshalb die gegentheilige Behauptung v. Morlot’s, welche heute ziemlich all- gemein verbreitet ist, auf einem Irrthum beruhen. Es dürfte letzterer 61* 480 August Böhm. [52] einer Verallgemeinerung der Thatsache entsprungen sein, dass jede Terrasse in der Nähe ihres Beginns nach aufwärts zu in die nächst höhere Thalstrecke sich verflacht, wobei sie in diesem übergreifenden Theile (Fig. 4 von P bis 5) ein geringeres Gefäll hat als jene. Viel- leicht aber liegt auch nur eine Verwechslung mit den Erosionsterrassen im festen Fels vor, von denen in neuerer Zeit auch bei Rütimeyer') und seither allerorten zu lesen ist, dass sie sich durch eine schwächere Neigung vor den heutigen Thalwegen auszeichnen. Wir müssen des- halb auch diese „Erosionsterrassen* einer kurzen Besprechung unter- ziehen. „Erosionsterrassen“ entstehen dadurch, dass ein Fluss in seinen Thalboden einschneidet und denselben tiefer legt: die Reste des alten Thalbodens erscheinen dann als Terrassen über dem heutigen. Unsere Schotterterrassen sind also eigentlich ebenfalls Erosionsterrassen, denn sie sind durch Einschneiden des Flusses in einen durch vorherige Aufschüttung erhöhten Thalboden entstanden. Die Aufsehüttung nimmt also lediglich auf die Höhenlage des Thalbodens Einfluss, niemals aber wird sie eine Terrasse als Product ihrer gestaltenden Einwirkung hinter- lassen; dazu bedarf es allenthalben und jederzeit der Erosion.?) Die Benennung Aufschüttungs- oder Aceumulationsterrasse entbehrt demnach einer genetischen Berechtigung, und ihr gegenüber bringt die Bezeichnung „Erosionsterrasse“ eigentlich den gewünschten Gegensatz nicht einmal recht zum Ausdruck, da es ja der Erosion ganz gleichgiltig ist, ob sie eine Terrasse in einem felsigen oder in einem aufgeschütteten Thal- boden erzeugt. Höchstens wird sie in dem einen Falle rascher, in dem anderen langsamer wirken, aber das Resultat ihrer Thätigkeit ist in beiden Fällen dasselbe, nämlich eine Terrasse, welche somit ihre Entstehung direct der Erosion verdankt. Es empfiehlt sich deswegen anstatt der Bezeichnungen Aufschüttungs- oder Accumulationsterrassen (Erosionsterrassen, denen eine Aufschüttung vorangegangen) und Ero- sionsterrassen (im engeren Sinn) der Gebrauch der keineswegs neuen Ausdrücke Schotter- und Felsterrassen, die einander vollkommen selbstständig gegenüberstehen. Da die Schotterterrassen vermöge ihrer Entstehung durch Erosion in letzter Linie sich genetisch durch gar nichts von den Felsterrassen unterscheiden, so muss in gleicher Weise, wie bei jenen, auch bei diesen die Neigung der Terrassenfläche stärker sein als die des gegen- wärtigen Flussbettes; durch Erosion wird das Gefäll der Thalsohle stets vermindert, das kann nicht oft genug betont werden. Das fliessende Wasser ist ohne Unterlass bestrebt, die Herstellung von Gleich- gewicht zwischen Gefäll und Geschiebeführung zu bewirken. Es muss ') Ueber Thal- und Seebildung. Basel 1874, pag. 24, 28, 50 ete. ?) Erosion und Accumulation wirken einander entgegen, und dieser Gegensatz äussert sich auch in ihren Werken. Erosion erniedrigt, Accumulation erhöht; durch gleichmässige Erosion wird ein Thalboden erniedrigt, durch gleichmässige Accumulation erhöht. Durch ungleichmässige Erosion, oder wenn dieselbe, wie es bei Flüssen meist der Fall, auf einen schmalen Streif der Thalfläche beschränkt ist, entsteht in derselben eine Rinne, beziehungsweise eine Terrasse; durch beschränkte Accumulation, z. B. bei den Strömen auf der oberitalienischen Tiefebene, entsteht ein Damm. So kommt die Verschiedenheit zwischen Erosion und Aceumulation zu Bedeutung, während doch beide wieder in dem Bestreben einig sind, ein regelmässiges Gefäll der Thalsohle zu erzeugen. [53] Die alten Gletscher der Enns und Steyr. 481 jederzeit die ganze Arbeitskraft, welche aus Wassermenge und Geschwindigkeit resultirt, durch eine entsprechende Arbeitsleistung verzehrt werden; geht sie nicht ganz in Transport auf, dann wird der Ueberschuss auf Erosion verwendet, und zwar so lange, bis eben die ganze Arbeitskraft durch Geschiebeführung in Anspruch genommen wird. Seine eigene Menge kann das Wasser nicht verringern, aber indem es erodirt und dadurch sein Bett vertieft, erniedrigt er sein Gefäll und vermindert sohin mittelbar seine Geschwindigkeit und Arbeitskraft. Dass die Erosion das Gefäll vermindert, geht logischer Weise schon daraus hervor, dass sie durch zu starkes Gefäll bedingt wird, mit der Verminderung desselben abnimmt, mit seiner Erhöhung steigt. Würde also Erosion das Gefäll erhöhen, so würde in diesem Falle die Wirkung auf die Ursache steigernd zurückwirken und sich dadurch selbst in’s Unendliche poteneiren, was ein Unding; Ursache und Wirkung stehen vielmehr im Gegentheil zu einander in solcher Beziehung, dass die Wirkung in dem Masse ihres Erfolges die hervor- rufende Ursache schwächt. Wenn man nun daran festhält, dass das Thalgefäll durch Erosion stets vermindert wird, so muss man unbedingt verneinen, dass ein alter Thalboden — möge derselbe aus Fels oder Schotter bestehen — ein sanfteres Gefäll besitzen könne, als ein durch direete Vertiefung des- selben vermöge Erosion entstandener neuer Thalweg. Nichtsdestoweniger gibt es in der That zahlreiche Felsterrassen, welche eine geringere Neigung besitzen, als die darunter befindliche Thalsohle. Diesen Widerspruch zu lösen sind zwei Erklärungen geboten, von denen die eine möglich, die andere für viele Fälle gewiss ist. Es kann nämlich bei fortschreitender Gebirgsbildung eine Stauung der unteren Partien eines Thales erfolgt sein, welcher auf der Thalsohle von dem Fluss siegreich entgegengearbeitet wurde, während sie an den Thalgehängen sich durch eine Aufrichtung der alten Felsterrassen zu sanfterer Neigung äusserte. Löwl!) will zwar den zuerst von Powell?) und Tietze°) aufgestellten Satz nicht gelten lassen, dass ein Fluss unter günstigen ‘ Umständen im Stande sei, die Wirkungen einer langsam aufstrebenden Faltung zu überwinden, ist jedoch damit entschieden im Unrecht. Er meint, der dem Oberlauf des Flusses zugekehrte Schenkel der Falte müsste diesen zu einem See anspannen oder doch wenigstens durch die allmälige Verminderung des Gefälls zur Ablagerung seiner Geschiebe und somit von vorneherein zur Einstellung seiner Erosionsthätigkeit zwingen. Auf den ersten Blick könnte dieser Einwand bestechen, denn Verminderung des Gefälls schwächt ja die Erosion, und letztere besitzt sonach durchaus nicht die Macht, jenen ansteigenden Schenkel der Falte zu bekämpfen: die Sache des Flusses scheint bereits verloren. Aber die Falte hat noch einen anderen Schenkel, weleher im Sinne des Flusses geneigt wird, so dass die Thalsohle in ganz genau der- selben Weise, in welcher sie auf der Innenseite der Antiklinale unmerklich ‘) Die Entstehung der Durchbruchsthäler. Geographische Mittheilungen. Gotha, XXVIII, 1882, pag. 408. — Ueber Thalbildung. Prag 1884, pag. 98. ?) Exploration of the Colorado River and its tributaries. Washington 1875. ®) Bemerkungen über die Bildung von Querthälern. Jahrb. d. k, k. geologischen Reichsanstalt, XXX, 1878, pag. 581—610. 482 an Gefäll verliert, an August Böhm. [54] dem äusseren Abfall derselben an Gefäll gewinnt. Vermehrung des Gefälls erzeugt aber eine Steigerung der Erosion; ist Erosion zwar einer Gefällsverminderung gegenüber macht- los, so wirkt sie dafür einer Gefällsvermehrung desto lebhafter ent- gegen. Indem aber der Fluss in den Aussenschenkel der Falte ein- schneidet, verlegt sich der Angriffspunkt der gesteigerten Erosion, welcher stets am Beginn der Gefällsvermehrung, zuerst also am Scheitel der in Bildung begriffenen Falte zu suchen ist, durch Rückwirkung immer weiter an dem Innenschenkel der Falte zurück, so dass sich dieser zu beiden Seiten des durchsägenden Flusses ohne Beirrung des- Wenn also, wie schon Tietze hervorhebt, die selben erheben kann. a = Fig. 6% Gebirgsbildung unmerklicher erfolgt als das Einschneiden der Erosion, so kommt es gar nicht zu einer Lahmlegung der letzteren oberhalb der entstehenden Faltung; denn indem der Fluss dem Aussenschenkel der Falte erfolgreich entgegenarbeitet, paraly- sirt er damit Hand in Hand den Einfluss der Erhebung des inneren Schenkels. Wie man sieht, ist demnach von Löwl der „Beweis“ durchaus nicht erbracht worden, „dass die Erosion unter keinen Umständen mit der Faltung eines Gebirges gleichen Schritt halten kann, sondern durch sie geradezu aufgehoben wird“. Stellt sich Löwl auf den Scheitel der Falte und blickt thalein und sieht, wie das Gefäll vermindert und die Erosion geschwächt wird, so wende er sich um und blicke nach aussen und sehe wie das Gefäll vermehrt und die Erosion verstärkt wird. Auf der einen Seite Verlust, auf der anderen Zuwachs an Kraft, und zwar beides in gleicher Weise und ganz allmälig; das gleicht sich aus, der Fluss fliesst ruhig seinen Lauf, und die Falte erhebt sich. In der Mehrzahl der Fälle, in denen ein sanfteres Gefälle eines alten Thalbodens gegenüber der Thalsohle beobachtet wird, ist jedoch dieses Verhältniss in anderer Weise zu deuten. It ABCOD (Fig. 5) der Längssehnitt eines Thallaufes — auf welche Weise eine solehe Stufe entstand, ist für unsere Betrachtung ganz gleichgiltig — und es sei das Gefälle von AP ein solches, dass auf dieser Strecke die ganze Arbeits- kraft des Wassers in Geschiebetransport aufgehe, dann wird auf AD nicht erodirt. Auf PC hingegen ist das Gefäll bedeutend stärker, es restirt ein Ueberschuss an Kraft, welchen der Fluss auf Erosion verwendet. Auf PC also wird erodirt, und zwar [55] Die alten Gletscher der Enns und Steyr. 483 von oben nach abwärts und oben stärker als unten, da die Erosion das Bestreben hat, das zu starke Gefäll dieser Strecke zu vermindern. Dass der Fluss von oben nach abwärts unter sonst gleichen Umständen stets mit abnehmender Intensität erodirt, wird auch leicht verständlich, wenn man bedenkt, dass an jedem tieferen Punkte die Geschiebelast des Wassers um die höher oben gewonnenen Erosionsproducte vermehrt ist, wodurch der auf Erosion verwendbare Kraftüberschuss geschmälert wird. Wenn nun aber auf 5 C erodirt wird, und oben stärker als unten, so muss der Punkt 3 auf der Thallinie AB immer mehr und weiter zurückweichen, und in geringerem Masse auch der Punkt ©, wobei vor dem zurückweichenden Punkte Ü jeweils jenes Gefäll entstehen muss, bei welchem Gleichgewicht zwischen der Arbeitskraft des Flusses und seiner Geschiebeführung obwaltet. Die Strecke BC des Flussbettes rückt also unter stetiger Gefällsverminderung immer weiter thalein und kommt so der Reihe nach in die Lagen d,c,, 5a Ca, b3@&,...... DnCn u. s. w.!) Auf diese Weise befindet sich nun unter dem alten Thal- boden 5, 5 ein neuer Thalweg d„c„ ©, gegenüber welchem der erstere sich in der That durch sanftere Neigung auszeichnet. Man muss sich jedoch darüber klar sein, dass der sanft geneigte Thalboden 5,2 nicht die Veranlassung zur Entstehung der in ihn eingesenkten Erosions- furche gegeben hat, sondern dass auf AC erodirt wurde und nicht auf 5, D. Wollte man mit Strenge daran festhalten, dass die Jüngeren Thalstrecken jenen älteren Thalböden zugehören, auf denen wirklich direct erodirt wurde, und umgekehrt, dann müsste man folgerichtig nicht 6, D, sondern BC als die alte Terrasse von d„c„ © bezeichnen; -6n DB wäre dann ein herrenloses Stück eines alten Thalbodens, eine blosse Nebenerscheinung, veranlasst durch die Rückwirkung der Erosion. Der alte Thalboden d„ 2 hat nicht verursacht, dass der Fluss auf ihm erodirte, und er hat deswegen mit dem neuen Flusslauf in genetischer Beziehung gar nichts gemein. Die Veranlassung zur Erosion ward viel- mehr auf 3C gegeben, und die junge Thalstrecke b„c„ © ist demnach durch allmälige Veränderung der Lage von BÜ hervorgegangen, während AB diesem Vorgange ganz passiv gegenüberstand, und immer !) Je nach der Neigung der unterhalb folgenden Thalstrecke CD wird auf dieser ebenfalls Erosion oder aber Accumulation stattfinden. Im ersteren Falle wird das Gefäll beider Thalstrecken B C und CD durch Erosion beständig vermindert, im Fio.6. zweiten hingegen nur jenes von BC, während das von CD durch Accumulation er- höht wird. Die beiden nebenstehenden Figuren (Fig. 6, I und II) veranschaulichen das Ineinanderwirken der beiden Vorgänge an dem Berührungspunkte C und sind wohl ohneweiters verständlich, 484 August Böhm. [56] nur mit der unter fortwährender Gefällsverminderung vertieften Fluss- strecke RC, natürlicherweise in stets weiter zurückliegenden Punkten, zur Verschneidung kam. Das Gesetz, dass eine Terrasse, welche durch unmittelbares Ein- schneiden des Flusses in einen alten Thalboden entstanden, stets ein steileres Gefälle besitzen müsse, als die Thalbahn, welehe durch diese Erosion erzeugt wurde, steht also mit dem Befunde, dass manche alten Thalböden ein sanfteres Gefäll als die heutige Thalsohle aufweisen, nur in einem scheinbaren Widerspruch. Derselbe schwindet, sobald man erkennt, dass in diesen letzteren Fällen die Bezeichnung „Terrasse“ gewissermassen verschoben wurde, und nun die letztere selbst mit einem Thalwege in Verbindung und Vergleich gezogen wird, welcher aus der Tieferlegung und Gefällsverminderung einer ganz anderen alten Thalstrecke resultirte. Kehren wir nunmehr wieder zu den Schotterterrassen zurück und fragen wir uns, nachdem die Art und Weise ihrer Entstehung unter- sucht worden, welche Umstände die Ausbildung derselben ursächlich veranlassen konnten. Wenn wir heute in den grossen Alpenthälern Umschau halten, so finden wir, dass fast allenthalben die Wasserkraft den Transport überwiegt, und sehen die Flüsse mit der Tieferlegung und Gefälls- verminderung ihres Bettes beschäftigt; es wird erodirt. Nur wenige Längsthäler machen hievon eine Ausnahme; aber wenn auch manche Strecken derselben in dem Stadium der Aceumulation sich befinden, so ist die letztere gering und local beschränkt, und vermag der Jetztzeit den Charakter einer Erosionsperiode nicht zu benehmen. Und so ist es nieht nur in den Alpen. Der Bestand der Thäler selbst als Furchen, welche ihre Existenz der Erosion verdanken, lässt erkennen, dass seit jeher in Gebirgsdistrieten, ja man könnte fast sagen auf dem festen Lande überhaupt, die Erosion im Allgemeinen das ausschlag- gebende Moment bei der Modellirung der Detailformen des Bodenreliefs gewesen. Diesem normalen Vorherrschen der Erosion gegenüber be- kunden nun die alten Schotterterrassen offenbar einen Rückschritt in der Entwicklungsgeschichte der Thäler; wo heute wieder so wie sonst in regelrechter Weise erodirt wird, dort wurde die Thätigkeit der Erosion einstmals gänzlich unterbrochen, und nicht nur das, es fand sogar eine Anhäufung von Material statt, welche eine direete Gegen- wirkung — eine Höherlegung und Gefällsvermehrung der Flussbetten — erzeugte. Es geht daraus zunächst unzweifelhaft hervor, dass einst das Verhältniss zwischen Geschiebeführung und Wasserkraft ein anderes war als heute, und es gilt nun, die Ursache dieser Verschiedenheit zu ergründen, Die Geschiebeführung ist abhängig von der zum Transport bereiten Geschiebemenge und von der Stosskraft des Wassers. Steht dem Wasser jederzeit so viel Transportmaterial zur Verfügung, als seiner Stosskraft entspricht, dann herrscht zwischen Geschiebeführung und Stosskraft Gleiehgewicht, und es wird weder erodirt noch aceumulirt. Wird dieses Gleichgewicht irgendwo local gestört, dann arbeitet das fliessende Wasser sofort darauf los, dasselbe wieder herzustellen, indem es je nach der Art der Störung das Gefäll seines Bettes — und damit seine Stosskraft Sn nn EFT 4 [57] Die alten Gletscher der Enns und Steyr. 485 — entweder durch Einschneiden vermindert, oder durch Ablagerung erhöht. Das Wasser wird also Störungen des besagten Gleichgewichtes wohl ausgleichen , keineswegs aber durch sich solche selbst bewirken. Wird z. B. die Wassermenge an irgend einem Orte vermehrt, und ist dort Gebirgsschutt in genügender Menge vorhanden, um die entsprechend gesteigerte Transportkraft des Wassers zu verzehren, dann wird die grössere Wassermenge mehr Geschiebe verfrachten als vorhin die kleinere, aber das frühere Gleichgewicht zwischen Kraft und Transport- leistung bleibt erhalten, es wird auch jetzt im Allgemeinen weder ab- gelagert noch erodirt. Etwas Aehnliches findet statt, wenn sich die Wassermenge verringert; dann wird eben weniger transportirt, im Uebrigen jedoch nichts geändert. Dort freilich, wo früher das Gleich- gewicht gestört war, wird es auch bei veränderter Wassermenge in demselben Sinne gestört bleiben, und die Wirkungen dieser Störungen werden hierbei ihrem absoluten Ausmasse nach unter der Veränderung leiden. Wo früher abgelagert wurde, wird eine Vermehrung der Wasser- menge eine absolute Vermehrung der Ablagerung bedingen, und wo ansonsten erodirt wurde, ebenso eine Verstärkung der Erosion; mit einer Verminderung der Wassermasse hinwieder wird beziehungsweise eine Verminderung der Ablagerung und eine Schwächung der Erosion erfolgen. Das Verhältniss zwischen Geschiebeführung und Transportkraft kann also durch eine Schwankung in der Wassermenge zwar eine parallele Schwankung seiner Glieder erleiden, aber es kann als solches seinem Werthe nach nicht verändert werden. Es kann mit anderen Worten an den Stellen, an welchen das Gleichgewicht zwischen Ge- schiebeführung und Transportkraft gestört ist, an denen also Ablagerung oder Erosion erfolgt, durch eine Schwankung der Wassermenge eine absolute Vermehrung oder Verminderung der stattfindenden Aceumu- lation oder Erosion veranlasst werden, aber es können diese Stellen selbst sich nicht im grossen Massstabe verschieben; es kann in Folge einer blossen Veränderung der Wassermasse nicht dort, wo früher Erosion erfolgte, nunmehr abgelagert werden, oder umgekehrt, wo vorher accumulirt wurde, Erosion zur Geltung kommen.!) . Anders ist dies jedoch, wenn die Geschiebeführung des Wassers geändert wird, was unabhängig von der Wassermenge ge- schehen kann. Aendert sich die Wassermenge, so wird dadurch von selbst auch die entsprechende Schwankung in der Geschiebeführung ‘) Man könnte dem gegenüber den Einwand versuchen wollen, dass ja nach einem jeden Hochwasser zu sehen sei, wie sich der Fluss in die Schottermassen ein- nage, welche auf dem Inundationsgebiete zurückblieben ; es erfolge also hier zuerst Ablagerung und dann an derselben Stelle Erosion. Ebenso würden auch in einer Periode vermehrter Wassermenge auf Erosions- wie Accumulationsstrecken mehr Geschiebe ver- frachtet werden als sonst, und es müsste bei einer Verminderung des Wassers allent- halben ein Geröllabsatz zurückbleiben. Dies ist alles richtig, aber ebenso gewiss ist es auch, dass es sich hierbei nur um die restirende einfache Differenz zwischen der Ge- schiebeführung der geringeren und der grösseren Wassermasse handelt, nicht aber um eine andauernde, fortgesetzte Ablagerung an Orten, wo sonst erodirt wurde. Es wird aber Niemand Lust verspüren, diese Differenz für so bedeutend zu erachten, dass durch sie allein die Geschiebeterrassen der Alpenthäler erklärlich werden, denn gegenüber den hierzu erforderlichen Strömen würden die veralteten „Diluvial-Fluthungen“ als sanftmurmelnde Wiesenbächlein erscheinen. Jahrbuch der k, k. geol. Reichsanstalt. 1885. 35. Band. 3. Heft. (August Böhm.) 62 486 August Böhm. [58] bewirkt, mehr Wasser z. B. wird eben mehr Geschiebe aufnehmen als weniger. Wenn aber die Geschiebeführung vermehrt oder verringert wird, so hat dies gar keinen Einfluss auf die Wassermenge, und es wird daher das Verhältniss zwischen beiden sofort irritirt. Wodurch aber, so wird man nun fragen, kann die Geschiebe- führung des Wassers unabhängig von dessen Menge geändert werden, da das Wasser ja niemals mehr Geschiebe aufnimmt, als es zu trans- portiren im Stande ist, und ihm in den Hochthälern des Gebirges wohl jederzeit hinreichend Gelegenheit gegeben ist, sich entsprechend seiner Kraft mit Gebirgsschutt und eigenen Erosionsproducten zu beladen? Nun ja, in den Hochthälern ist dem Wasser allerdings diese Ge- legenheit geboten, aber auch nur dort, und deswegen eben sehen wir weiter thalab die Gewässer den festen Untergrund erodiren, weil sie auf verschiedenen vorhergegangenen Strecken mit schwächerem Gefälle einen Theil ihrer Geschiebelast verloren haben und diesen Verlust durch eigene Erosion nicht wieder vollständig ersetzen konnten. Denn die mechanische Erosionsleistung des fliessenden Wassers besteht nur zum allergeringsten Theile in der selbstständigen Erzeugung von Geschieben durch direete Bearbeitung des festen Fels; die weitaus überwiegende Mehrzahl der heutigen Flussgeschiebe verdankt der Thätigkeit des Wassers nur die Form, nicht aber die Lostrennung vom Grundgebirge, welche zumeist durch die Verwitterung erfolgte, oder zumindest durch dieselbe einge- leitet wurde. Wenn nun aber die Hochregion des Gebirges weiter aus- gedehnt wird und sich mit ihren Charakteren tiefer herab senkt bis in die Hauptthäler und in diesen vorwärts schreitet, dann ist das Wasser entlang seinem ganzen Laufe im Stande, sich mit den „Meisselspähnen der Verwitterung“ bis zur Sättigung zu beladen, und es wird an keinem Orte Mangel, hingegen sehr häufig Ueberfluss an Transportmaterial ob- walten. Wir werden also durch das Auftreten der grossen Schotter- terrassen in den Alpenthälern nicht so sehr zu einem Rückschluss auf eine Veränderung der Wassermenge, als vielmehr zu der Annahme einer Verschiebung der klimatischen Verhältnisse, einer räumlichen Ausbreitung intensivster Gesteinsverwitterung gezwungen. Solehes war nun aber während der Eiszeit in ganz besonderem Masse der Fall. Das Anwachsen der Gletscher ging Hand in Hand mit eimer Verschiebung der Höhenregionen des Gebirges; wo heute auf saftiggrüner Alpenmatte melodisches Kuhgeläute ertönt, dort donnerte der Bergsturz mit schmetternder Wucht zur Tiefe, und wo gegenwärtig der Fluss an der Felsenböschung reisst und nagt, oder auf sanfterer Thalstreeke seine Ufer unterwühlt, um den Ueberschuss an Kraft zu verwerthen , dort reichten von allen Seiten Schutthalden zu ihm herab und versorgten ihn überreichlich mit ihrem Getrümmer. Dazu kam noch, dass die Flüsse gleich bei ihrem Ursprung aus den Gletschern, welcher sich mit deren Enden immer weiter vorwärts verlegte, in bedeutender Stärke auftraten, und dass ihnen von den Gletschern das Material der Grundmoräne weit über Bedarf aufgenöthigt wurde. Nur in Folge eines solchen allgemeinen und activen Eingreifens einer Geschiebever- mehrung konnte es geschehen, dass die Flüsse in den Gebirgsthälern, in denen sie heute erodiren, einst so gewaltige Schottermassen zur Ab- lagerung brachten. [59] Die alten Gletscher der Enns und Steyr. 487 Kam also Penek!) durch direete Beobachtung der Lagerungs- verhältnisse und der petrographischen Zusammensetzung der ver- schiedenen Sehottermassen in den Thälern Oberbayerns und Tirols zu dem Resultate, dass die Anhäufung derselben der Ablagerung der Moränen unmittelbar voranging, und dass somit diese Schottermassen der Glacialformation zugehören und deshalb als Glacialschotter bezeichnet werden dürfen, so sind wir hier zu derselben Erkenntniss auf einem ganz anderen, rein speculativen Wege geleitet worden, in- dem wir, ausgehend von den allzeit unabänderlichen Gesetzen , welche die Arbeitsleistungen des .fliessenden Wassers regeln, uns befragten, durch welehe Umstände denn wohl an einer und derselben Stelle eine so vollständige Umwandlung des Charakters dieser Arbeitsäusserung bewirkt werden konnte, wie sie sich bei Betrachtung der mächtigen Schotterterrassen in den Bergthälern zu erkennen gibt. Wenn man aber auf verschiedene Weise sich der Lösung einer Aufgabe zu nähern ver- mag, so erwächst hieraus ein Prüfstein für die Richtigkeit der Lösung, und wenn hernach am Schlusse in beiden Fällen die schönste Ueber- einstimmung erzielt wird, so darf man wohl mit Beruhigung annehmen, dass man bisher stets auf dem rechten Wege sich befunden habe und deshalb auch weiter noch auf demselben vorwärts schreiten könne. V. Capitel. Glacialschotter in den Thälern der Enns und Steyr. Ablagerung der Glacialschotter während des Herannahens der Vereisung. — Schlamm- lager, Bänderthone und „Kreide“. — Ueberwiegen der krystallinischen Gesteinsarten in den Schottern des Ennsthales. — Vergleiche mit dem Innthal. — Zweierlei Erosions- formen. — Gletschererosion im Innthal, Wassererosion im Unterennsthal. — Gletscher- erosion im Oberennsthal. — Combinirte Erosion im Gesäuse, — Glacialschotterreste im Oberennsthal. — Glacialschotter in den Seitenthälern. — Fehlen derselben in nicht vergletschert gewesenen Thälern. — Glacialschotter im Gebiete der Steyr. — Mangel an erratischem Material in denselben. — Zwei charakteristische Züge in der allgemeinen Verbreitung der Glacialschotter. Während des Herannahens der Vergletscherung ist es, wie wir gesehen haben, in den Thälern zu einer Anhäufung gewaltiger Schotter- massen gekommen. Dieselben klimatischen Veränderungen, welche das Anwachsen der Gletscher verursachten, bewirkten auch eine dem- entsprechende Herabsetzung der Zonen lebhaftester Gebirgsverwitterung von den zerscharteten Graten und den öden Trümmerkaren der Hoch- region bis in die tiefsten Gründe der Hauptthäler und hinaus bis an den Fuss des Gebirges, und gaben somit Anlass zu einer allgemeinen Ueberladung der Flüsse mit Schutt und losem Haufwerk, welche die Transportkraft derselben weitaus überschritt. Die Flüsse konnten den an sie gestellten Anforderungen nicht mehr genügen und lagerten ab; und diese Thätigkeit setzten sie so lange fort, bis der Gletscher kam und ihre Fluthen durch seine Eismassen verdrängte. Ein Gletscher !) Die Vergletscherung der Deutschen Alpen, 62* 488 August Böhm. [60] transportirt viel besser als ein Fluss, er beschränkt sich nicht auf einen schmalen Fadenstreif wie dieser, sondern er erfüllt das Thal in seiner ganzen Breite und nimmt allen Schutt mit sich, der dem Wasser un- erreichbar geblieben. Dieses ganze Material sammelt sich am Ende des Gletschers und wird dort dessen Schmelzwässern förmlich aufgezwungen. Schon in nächster Nähe beginnt deshalb die Ablagerung und zieht auf weite Entfernung hin vor dem Gletscher einher, gewissermassen als ein Vorbote, welcher dessen drohenden Anzug verkündet. Wenn wir gegenwärtig vor unseren alpinen Gletschern keine ähn- lichen Bildungen von Alluvionen, sondern eher ein Einschneiden der Flüsse in den festen Fels beobachten, so ist dies eine Folge der gänz- lichen Verschiedenheit aller einschlägigen Verhältnisse von damals und von heute. Die eiszeitlichen Gletscher waren Riesen, aber die Flüsse, die ihnen entsprangen, waren vermuthlich gar nicht, gewiss aber nicht in dem gleichen Masse wie jene grösser, als heute an denselben Orten; die Transportfähigkeit war also zum Nachtheile der Flüsse geändert. Ferner wird bei einem Anwachsen der Vergletscherung unter dem Eise stets viel mehr Material transportirt, als beim Schwinden oder gar am Ende derselben, denn der vorstossende Gletscher findet allenthalben losen Schutt in Menge vor, während der im Rückzuge begriffene auf eine Bereicherung seiner Grundmoräne aus dieser Quelle natürlicher- weise verzichten muss. Zum übrigen enden die meisten recenten Gletscher tief im Inneren des Gebirges auf Thalstreeken oder Hängen mit starkem Gefäll, woselbst das Wasser eine bedeutende Kraft entfaltet, während die diluvialen Gletscher bei ihrem Vordringen auf immer sanfter ge- neigtes Terrain zu liegen kamen, so dass die ihnen entströmenden Flüsse doppelt weniger im Stande waren, auf dem geringeren Gefäll die ungleich grössere Geschiebelast zu verflössen. Wenn wir nun nach diesen theoretischen Betrachtungen über die Entstehungsursache der Schotterterrassen uns nach den Ergebnissen um- sehen, welche durch direete Beobachtung gewonnen werden können — der Forscher lässt stets die Beobachtung der Speculation vorangehen, aber den Darsteller führt auch der umgekehrte Weg zum Ziel — wenn wir also die Terrasse im unteren Ennsthal in der Natur - selbst studiren, so finden wir, dass dieselbe von Moränen überlagert wird, und gelangen somit abermals zu demselben Resultate, wie Penck bezüglich der Schotter im Bereiche des alten Inngletschers. Die Schotter sind älter als die Moränen, ihre Ablagerung war vollendet, als der Gletscher kam, und ihre Oberfläche bildete den Thalboden, auf welchem sich der Gletscher bewegte. Aus diesem Umstande an sich geht allerdings noch nicht hervor, dass die Schotter gerade während des Heran- nahens jener Vergletscherung zur Ablagerung kamen, von deren Moränen sie überdeckt werden, und nicht etwa während des Rück- zuges einer älteren, früheren Vereisung; in neuerer Zeit ist denn auch wirklich von J. Blaas!) diese letztere Ansicht aufgestellt und vertreten worden. Abgesehen aber von den Einwendungen, welche jener Meinungsäusserung gegenüber mit Bezug auf die speciellen Ver- hältnisse desjenigen Gebietes gemacht werden können, bei dessen Unter- !) Ueber die Glacialformation im Innthale. I. Sep.-Abdr. aus der Zeitschr. d, Ferdinandeums, IV. Folge, 29. Heft, Innsbruck 1885, pag. 115. [61] Die alten Gletscher der Enns und Steyr. 489 suchung sie veranlasst worden!), so gibt es gewissermassen innere Gründe, welche auf das Bestimmteste der Möglichkeit entgegentreten, dass die Sache sich also verhalte. Feststehend ist das Eine, und dem schliesst sich auch Blaas rückhaltslos an, dass jene Schotter Glaeialschotter sind, weil sie von Gletscherwässern während der Glacialzeit abgelagert wurden. Diese letztere besitzt sonach hinsichtlich der Thätigkeit der fliessenden Ge- wässer den Charakter einer Acecumulations-Periode im Gegen- satze zu der Gegenwart, welche als Erosions-Periode erscheint, und ebenso im Gegensatze zu einer etwaigen Interglacialzeit, welche zwischen zwei Vergletscherungen ein Vorbild der heutigen Verhältnisse gewesen. Die Frage ist nun zunächst die, ob die Intensität der Fluss- ablagerung während der Entwieklung und des Schwindens einer Ver- eisung eine verschiedene war, und wenn ja, in welcher Weise. Was dies betrifft, so hat schon Penek?) darauf hingewiesen, „dass bei dem Rückzuge der Vergletscherung bedeutendere Wassermengen erzeugt wurden, als dem herannahenden Eise entströmten“, und dass die grössere Wassermasse die geringere Schuttmenge erfasste, „indem während des Rückzuges das Material der Endmoränen den Wassern vorenthalten blieb“. Das Verhältniss zwischen Geschiebelast und Transportkraft, welehes das absolute Ausmass von Aceumulation und Erosion zum Ausdruck bringt, war demnach während des Zarückweichens der Gletscher für die Ablagerung ungünstiger, als zur Zeit ihres Kommens. „Beim Heran- nahen der Vergletscherung müssen die Gletscherwasser vor dem Eise Geröll anhäufen, beim Abschmelzen hingegen werden sie das erfasste Material weit mit sich fortführen und werden vielleicht in der Nähe des Eises erodiren.* Dem gegenüber wendet nun Blaas ein, dass die Endmoränen sich im Innthale nirgends erhalten haben, und dass somit ihr Material, des- gleichen wie die geschlemmte Grundmoräne, in den Glacialschottern vorliege. Da nun Penck an einer anderen Stelle?) diesen Mangel an End- moränen in den Thälern der Nordtiroler Alpen selbst hervorhebt, und auch in unserem Gebiete das Gleiche gilt, so könnte es scheinen, als ob in der That die eine Ursache, welche von Penck zu Gunsten einer stärkeren Intensität der Accumulation beim Eintritt gegenüber derjenigen am Ende einer Vergletscherung vorgebracht wurde, nicht ganz stichhältig wäre. Indessen lässt sich in Folge jenes Fehlens der Endmoränen noch keineswegs init Sicherheit verneinen, dass dieselben den Schmelzwassern derVereisung vorenthalten blieben, denn es ist ja doch von vorneherein gar nicht ausge- macht, ob sie nicht etwa erst einer postglacialen Erosion zum Opfer fielen. Ausserdem aber lassen sich noch andere Momente geltend machen, welche eine geringere Geschiebeführung während der rückschreitenden gegen- über der vordringenden Vergletscherung bewirken mussten. Eines davon ist schon früher betont worden, indem gesagt wurde, dass während des Anwachsens einer Vergletscherung unter dem Eise stets mehr Material transportirt werde, als zur Zeit ihres Schwindens; nicht nur findet der !) Vergl. das Referat in den VerhandlInngen d. k. k. geologischen Reichsanstalt 1885, pag. 93 u. 94. ’) Die Vergletscherung der Deutschen Alpen, pag. 181. I ce. .pag. 92. 490 August Böhm. [62] rückgehende Gletscher keinen Verwitterungsschutt mehr vor, da dieser schon von dem vordringenden Gletscher entfernt wurde, sondern auch die Erosion im festen Fels ist dem ersteren erschwert, weil mit dem zunehmenden Ausschleifen des Bettes der Erfolg des Angriffs sich ver- mindert. Ist also eine Vereisung bereits im Rückzuge begriffen, so ist deren Grundmoräne geringer, als wenn sich dieselbe erst entwickelt; es erhalten somit die Schmelzwasser des Eises in jenem Falle auch eine geringere Zufuhr von Geschieben durch den Gletscher, als in diesem. Da übrigens die glacialen Flüsse nieht nur mit Moränen- material, sondern auch mit dem durch die Verwitterung erzeugten Schutt beladen wurden, so ist auch das Verhalten dieser letzteren gegenüber dem Kommen und Gehen der Gletscher zu erwägen. Offenbar folgt die Verwitterung genau der Schwankung des Klimas, und die Zone ihrer stärksten Gewalt senkt und hebt sich zugleich mit der Verschiebung der allgemeinen Höhenregionen des Gebirges. Der Gletscher hingegen folgt der Schwankung des Klimas nicht unmittelbar, sondern verzögert; sein Vordringen beginnt erst längere Zeit nach der Einwirkung der Ursachen, welehe ein solches bedingen, und ebenso verhält es sich mit seinem Rückzug; er bleibt jederzeit hinter der klimatischen Aenderung und zugleich auch hinter der Verschiebung der Verwitterungszonen zurück. Die Verwitterung eilt also der herannahenden Vereisung voraus, sie zieht sieh aber ebenso auch rascher als die schwindende Verglet- scherung zurück, und daraus allein schon resultirt eine nicht unan- sehnliche Differenz zu Gunsten einer geringeren Geschiebeführung der Flüsse während des Rückzuges der Vereisung. Hierzu kommt noch, dass in ähnlicher Weise, wie der Gletscher selbst, auch die Verwitterung auf einem Terrain, welches längere Zeit hindurch unter der Einwirkung des Eises gelitten und zum Theil mehr oder mindert gescheuert und geglättet worden, nicht ganz dieselbe Kraft der Zerstörung zu entfalten vermag, wie dort, wo dieses nicht der Fall; hierdurch wird aber das eben gewonnene Resultat im gleichen Sinne noch gesteigert. Es mussten also die Flüsse unter allen Umständen während des Herannahens der Vereisung stärker mit Transportmaterial beladen worden sein, als zur Zeit ihres Schwindens, und da zudem die grössere Transportlast von einer geringeren Wassermenge bewältigt werden sollte als die kleinere, so musste es in dem ersteren Falle ganz bestimmt zu einer viel be- deutenderen Ablagerung gekommen sein, als in dem zweiten. Es bleibt hierbei sogar noch fraglich, ob der Rückzug einer Vergletscherung überhaupt mit einer allgemeinen Anhäufung von Schottern in den Gebirgsthälern verbunden war; dass auch die stärkeren Flüsse ihre leichtere Last „denn ‘doch irgendwo absetzen“ mussten , ist gewiss nicht zu bestreiten, aber ob dieser Absatz eben noch im Gebirge selbst erfolgte, oder nieht etwa erst draussen im flachen Lande bei entsprechend vermindertem Gefälle, dies lässt sich ohne Weiteres nicht entscheiden. Nehmen wir aber nun doch an, es komme auch während des Rückzuges einer Vereisung eine Ablagerung von Schottermassen in den Thälern des Gebirges zu Stande. Auf die Gletscherzeit folge eine Inter- j glacialzeit; diese ist eine Erosionsperiode gleich der Gegenwart, und während derselben arbeiten die fliessenden Gewässer unentwegt an der Abtragung der Accumulationsproduete der vorhergegangenen Vereisung. Re Be [63] Die alten Gletscher der Enns und Steyr. 491 Zunächst also werden die Schotter erodirt, deren Ablagerung den Rück- zug des Eises begleitet; dann erst kommen die Moränen, und am Schlusse die mächtigen Schottermassen, welche ihr Dasein der Wachsthums- periode der Vergletscherung verdanken. In dem Masse jedoch, in welchem sich das Thal vertieft, wird die Wirksamkeit der Erosion so- wohl in räumlicher Beziehung, als auch ihrer Stärke nach beschränkt, und ist das Wasser im Stande, die unbedeutenden oberen Anschwem- mungen der Eisperiode vollständig zu entfernen, so wird ihm solches bei den unteren Schottern minder gut gelingen. Die letzteren werden also die Interglacialperiode vollständiger überdauern, als die ersteren, und folgt nun etwa abermals eine Vereisung und hierauf die Gegen- wart, so werden sich dieselben Verhältnisse wiederholen. Wir werden im Gebirge kaum hin und wieder eine Spur entdecken können von slacialen Schottern, welche jünger wären als die Moränen, hingegen werden wir desto häufiger unter den Moränen den älteren Schottern aus der Zeit des Gletscherwachsthums in der Gestalt der grossen Fluss- terrassen begegnen. , Dass nun aber diese letzteren keine oberen Glacialschotter einer früheren Epoche, keine „Ablagerung der Schmelz- wasser einer zurückgehenden Vergletscherung“ repräsentiren, dürfte nach al dem Vorherigen als ziemlich sicher zu betrachten sein. Noch ein anderer Umstand verdient hier ein wenig Beachtung. Wenn während des Herannahens einer Vergletscherung von den Flüssen Schottermassen abgelagert werden, so gedeiht diese Ablagerung in der Richtung des Flusslaufes, und es sind die Schotter in den oberen Strecken älter als jene in den unteren Partien der Thäler. Es entsteht eben jeweils vor dem Gletscher bis auf bedeutende Entfernung hin eine Anhäufung von Schwemmgebilden in Gestalt einer Aufschüttung des Thals, und sowie der Gletscher sich auf deren Oberfläche vorschiebt, schreitet die Ablagerung — und vielleicht rascher als der letztere — weiter vorwärts. Anders verhält es sich mit einer Aufschüttung des Thales, zu deren Einleitung der Rückzug einer Vereisung den Anstoss gäbe. In diesem Falle würde das Anwachsen der Ablagerung nach rückwärts erfolgen, da dieselbe den Rückgang des Eises begleitet ; es wären mithin die Schotter im Herzen des Gebirges jünger als jene an den Enden der Thäler, weil sie einer späteren Phase des Gletscher- schwundes entsprechen. Dass nun auf dem ersteren Wege, durch An- wachsen einer Thalaufschüttung in der Richtung nach aussen, eine all- gemeine Erhöhung des Thalbodens entstehen konnte, welche bei einem Wiedereinschneiden der Flüsse als eine weithin fortlaufende, zusammen- hängende Terrasse, wie z. B. jene im Innthal, an der unteren Enns oder der Steyr, zurückblieb, dies ist durchaus leicht begreiflich. Be- _ deutend schwieriger hingegen ist es, sich eine Vorstellung davon zu machen, auf welche Weise durch eine rückschreitende Anschwemmung, bei welcher der Ausgangspunkt immer weiter thalein verschoben wird, das gleiche Ziel erreicht werden könnte. Es müssten die äussersten Enden der Ablagerung, welche den einzelnen Gletscherphasen ent- sprechen, ander Oberfläche der Aufschüttung ausstreichen und in ihrer zeitlichen Aufeinanderfolge thalaufwärts zurückschreiten. Der jeweilige Beginn der Ablagerung in jedem bestimmten Zeitpunkte deren Entwicklung würde hingegen im Verlauf des Gletscherrückzuges 492 ‚August Böhm. [64] alsbald von späteren, von weiter rückwärts ausgehenden Schotterlagen überdeckt werden ; die oberen, rüekwärtigen Enden der Schiehtung würden mithin stets an der Thalsohle ausgehen und in ihrer Altersfolge ebenfalls die Richtung nach dem Thalinneren einschlagen. Dieses Verhalten hätte etwas Widernatürliches an sich, während bei der vorschreitenden Anschwemmung der herannahenden Vereisung die Schichten ganz normaler Weise in der Fallrichtung des Thales sich auf und an einander reihen, und somit die oberen Schichtenden an der Oberfläche der Aufschüttung, und die unteren, äusseren Enden an der Thalsohle zum Ausgang kommen. : Eine treffliche Illustration zu jenen Verhältnissen, welche geradezu beweisend wirkt, liefert der Umstand, dass an der Basis der Schotter- massen zunächst der Thalsohle fast regelmässig Schlammlager und Bänderthone — im Kalkgebirge „Kreide“ — auftreten und erst darüber die eigentlichen Kies- und Schotterlagen folgen. Diese Beobachtung wurde von Penek!) an verschiedenen Stellen in den Thälern der Nordtiroler und.Oberbayerischen Alpen gemacht, sie wurde von Blaas?) speciell in der Umgebung von Innsbruck wiederholt und als charak- teristisch für den Aufbau der Innthalterrasse bezeichnet, und ich selbst gelangte im Gebiete der Enns und Steyr ebenfalls zu der gleichen Erkenntniss. „Die schlammige Trübung der Gletscherströme wurde am weitesten verfrachtet, sie leitet die Ablagerung der Schotter daher überall ein.“ ®) Das heisst, sie leitet die Ablagerung der Schotter dann ein, wenn diese letztere thalabwärts vorschreitet, wenn also ihr Ausgangspunkt in Folge des Anwachsens der Vereisung immer weiter thalauswärts verschoben wurde. Dann kommen über den jeweiligen Endpunkt der Ablagerung — also über Schlamm und Bänderthone — stets jüngere Schichten zu liegen, deren Ursprungsort sich mit dem Gletscher beständig nähert, während die Endpunkte dementsprechend immer weiter vorwärts dringen. Je näher aber der Ursprungsort der Ablagerung heranrückt, aus desto gröberem Material wird dieselbe an dem hiebei in’s Auge gefassten Punkt bestehen. Es wird das Korn der Ablagerung nach oben wachsen: zu unterst werden allenthalben die feinsten Schlemmproducte liegen, welche am weitesten fortgespült wurden und somit den an der Thalsohle ausstreichenden Enden der vorrückenden Ablagerung entsprechen, zu oberst werden die gröbsten Schotter auftreten, welche unfern von dem Gletscher schon nach kurzem Transport zur Ruhe kamen. So wird also eine derartige Aufeinander- folge von Bänderthon, Sand, Kies und Schotter, wie sie in der That beobachtet wird, für eine vor der wachsenden Vereisung einherschreitende Ablagerung von der Theorie geradezu gefordert. Wäre hingegen die Ablagerung dem Schwinden der Vergletscherung gefolgt, dann müsste gerade das umgekehrte Verhältniss stattfinden; es müssten die Aus- gangspunkte der Ablagerung an der Thalsohle zu suchen sein, und die !) Die Vergletscherung der Deutschen Alpen, pag. 143, 154, 165, 166, 167. ?) Ueber die Glacialformation im Innthale, pag. 14, 15, 16, 37, 51, 54, 116. — Blaas schliesst hieraus, dass der Inn zur Zeit des Beginns der Ablagerung ein sanfteres Gefäll besessen habe, als am Ende derselben, was mit den Ausführungen unseres vorigen Capitels über die Gefällsverhältnisse der Accumulationen im besten Einklange steht. 3) Penck, 1. c. pag. 167. 7 Be HR . y [65] Die alten Gletscher der Enns und Steyr. 493 Endpunkte würden an der Oberfläche der Aufschüttung ausgehen; es wäre dann zu unterst grobes Geröll und zu oberst feiner Sand und Schlamm zu finden. Dem ist nun aber nicht so, und wir wissen diesen Fingerzeig zu deuten. Der Aufbau der glacialen Anschwemmungen wird uns somit zu einer schönen Bestätigung der Ansicht, dass die- selben während des Anzuges, nicht aber zur Zeit des Schwindens einer Vereisung entstanden. In den Schotterterrassen des unteren Ennsthals, sowie in den Alpenthälern überhaupt, erkennen wir nunmehr mit Penck die Anschwemmungen, welche von den Gletscherwässern am Beginn und während der Entwieklung einer Eiszeit zur Ablagerung gebracht wurden. Beachtenswerth hierbei ist auch die petrographische Be- schaffenheit des Materials, aus welchem sie bestehen. In den unteren Lagen herrschen, besonders an weiter thalabwärts gelegenen Punkten, Kalkgeschiebe vor, oder sind doch noch in ziemlicher Menge vorhanden; nach oben hin werden jedoch dieselben immer seltener, und die höchsten Partien der Ablagerung bestehen fast durchaus nur aus krystallinischen Geschieben, welche übrigens in der Regel auch schon in den tieferen Niveaux eine nicht unansehnliche Rolle spielen. Im Ganzen überwiegen in den Schottermassen bei weitem die Gesteinsvarietäten des Urge- birges, und ihnen gegenüber treten die Kalke so sehr zurück, dass sie beim allgemeinen Anblick fast verschwinden. Dieser Umstand muss Anfangs überraschen, denn da das Ennsthal fast in seiner ganzen Aus- dehnung, nämlich vom Passe Mandling an, zu seiner linken Seite be- ständig von hohen Kalkbergen begleitet wird und bei Admont voll- ständig in die Kalkzone eintritt, so "sollte man erwarten, dass die Kalk- arten mindestens i in gleicher Weise an der Zusammensetzung der Schotter Antheil nähmen, er die centralalpinen Gesteine. Indessen stammen ja die Geschiebe ihrer Herkunft nach nicht aus dem Ennsthale selbst, sondern aus den Zuflussthälern desselben und von der Oberfläche des Gebirges, und es wird die Geschiebezufuhr eines jeden Seitenthales im Allgemeinen proportional gewesen sein der Grösse seines Gebietes. Wenn wir nun aber die Einzugsgebiete der Zuflüsse, welche das Enns- thal einerseits aus dem Urgebirge, andererseits von der Kette der Kalk- alpen empfängt, mit einander ihrer Grösse nach vergleichen, so ergibt sich eine ganz enorme Differenz zu Gunsten der ersteren, welche die auffallende Minderheit von mesozoischen Geschieben in den Schotter- terrassen unseres Thales im richtigen Lichte erscheinen lässt. Ausserdem aber sind die Kalkgeschiebe denjenigen aus krystallinischem Gesteine gegenüber schon deswegen im Nachtheile, weil sie in Folge ihrer ge- ringeren Härte und leichteren Zerstörbarkeit unter dem Transport viel stärker leiden, und insbesondere dann, wenn sie hierbei Urgebirgs- geschieben untermengt sind, zum Theil wohl fast vollständig vernichtet werden. Die Schotterterrasse an der unteren Enns befindet sich offenbar in einem ganz anderen, und zwar in einem weit jüngeren Stadium ihrer Entwicklung , als jene entlang den Ufern des Inn. Während in dem letzteren Thale die Arbeit der Erosion vollbracht, die heutige Thalsohle flach und breit, und die Terrasse mehr oder minder auf das Gehänge beschränkt ist, dominirt hier an der Enns die Terrasse in Jahrbuch der k. k. geol. Reichsanstalt. 1885. 35. Band. 3. Heft. (August Böhm.) 63 494 August Böhm. [6 6] solcher Weise, dass ihre Oberfläche an manchen Orten heute noch den allgemeinen Thalboden bildet, in welchen sich der Fluss nur zu eigenem Gebrauche einen engen und tiefen Erosionsschlund gegraben. Es hat demnach die Erosion im Innthale rascher und erfolgreicher gearbeitet als im Ennsthale, und wir haben sofort nach dem Grunde dieser Un- gleichheit zu forschen. Der Inn ist wasserreicher als die Enns, folglich kann er stärker erodiren ; dies ist das nächstliegende Moment, nach welchem wir greifen. Es ist aber auch das einzige, welches sich in jener Hinsicht geltend machen lässt, und zudem ist es noch sehr fraglich, ob dasselbe über- haupt diesfalls für uns einen praktischen Werth besitze. Von zwei Flüssen ist nicht demjenigen von vorneherein die stärkere Erosionskraft eigen, welcher die grössere Wassermenge führt, sondern es ist hierbei die Geschwindigkeit des Fliessens von noch weit massgebenderer Bedeutung. Es ist die Kraft des fliessenden Wassers proportional der Grösse des Querschnitts, hingegen proportionaldem Quadrate der Geschwindigkeit ; die Wasserführung dagegen ist zwar ebenfalls dem Querschnitt propor- tional, jedoch nicht auch dem Quadrate der Geschwindigkeit, sondern nur dieser letzteren an sich. Ein wasserärmerer, aber rascher fliessender Fluss kann somit unter Umständen eine stärkere Erosivkraft entfalten, als ein anderer von grösserer Wasserführung, aber trägerem Lauf.!) Da nun die untere Enns in Folge ihres stärkeren Gefälls rascher fliesst als der Inn, und wir wohl annehmen dürfen, dass dies zur GJacialzeit im Allgemeinen ebenso gewesen, so ist es gar nicht ausgemacht, dass der Inn blos deswegen, weil seine Wasserführung grösser ist, auch sein Erosionsgeschäft lebhafter betreiben und eher zu einem gedeihlichen Abschluss bringen konnte, als die Enns. Wir müssen uns deshalb nach anderen Argumenten umsehen, um die Verschiedenheit in der Entwicklung der beiden Thäler zu erklären ; aber, wie gesagt, das eben Vorgebrachte war das Einzige, welches wenigstens scheinbar mit Aussicht auf Erfolg herangezogen werden konnte, und je mehr und weiter wir nun noch hierüber nachsinnen, desto unverständlicher wird uns die ganze Sache. Zunächst fällt uns auf, dass die Innthalterrasse fünfmal so mächtig ist, wie jene an der Enns; die Höhe der ersteren über dem Fluss beträgt 300 Meter, die der letzteren nur 60 Meter. Dabei hat das Innthal im Niveau der Terrasse oft eine Breite von 7 Kilometer und darüber, und die Thal- sohle selbst besitzt fast allenthalben eine solche von 11/,—2 Kilometer; dem gegenüber erscheint das untere Ennsthal als eine enge Schlucht, denn es erreicht selbst an seiner weitesten Stelle, bei Altenmarkt, auf der Oberfläche der Terrasse nicht einmal 2 Kilometer Breite. Es ist also die Erosionsleistung im unteren Innthale weitaus bedeutender gewesen, als jene der Enns; sie wäre schon beträchtlicher, wenn der Inn in seine Aufschüttung nur einen eben solch’ schmalen Canal sich !) Beträgt z. B. das Querprofil eines Flusses 150 Quadratmeter und die mittlere Geschwindigkeit 2 Meter per Secunde, so ist die Wasserführung des Flusses in der- selben Zeit 300 Kubikmeter, und der Ausdruck seiner Erosivkraft ist gegeben durch 150 ..2?= 600. Ist bei einem anderen Flusse das Profil 60 Quadratmeter, die Geschwin- digkeit aber 4 Meter, somit die Wasserführung 240 Kubikmeter , also kleiner als bei dem vorigen, so erscheint seine Erosivkraft ausgedrückt durch 60.4°”= 960. Der letztere Fluss erodirt also trotz seiner geringeren Wasserführung mit stärkerer Kraft, dr Ko [67] Die alten Gletscher der Enns und Steyr. 495 eingenagt hätte, wie die Gewässer der Enns, mit Rücksicht auf dessen grössere Tiefe; wenn man aber auch die Breitendimension in Betracht zieht, und den weiten und tiefen Hohlraum, welcher sich in die Innterrasse herabsenkt , mit dem Inhalte der eigentlichen Ennsschlucht vergleicht, dann wächst die Differenz der Leistung, welche an beiden Orten nach der Auffüllung des Thales erfolgte, zu so enormer Grösse, dass man fast das Bestreben aufgeben möchte, ein richtiges Einsehen in die Ur- sache derselben zu gewinnen. Nur sehr gewaltige Unterschiede in der Stärke der Kraft oder in der Dauer ihrer Wirkung konnten ein so un- gleiches Ausfallen ihrer Aeusserung bedingen. Mit dem ersteren Factor haben wir ein Auslangen nicht gefunden; es ist fraglich geblieben, ob die Kraft der Flüsse überhaupt in beiden Thälern verschieden war, und in welcher Weise; keinesfalls jedoch, das lässt sich sagen, war die Differenz eine grosse. Nun versuchen wir es mit der Zeit; vielleicht ergibt sich, dass der Inn viel früher mit der Erosion begann, als die Enns, und deswegen auch eher zum Ziele gelangte als diese; allerdings dürfte sein Vorsprung kein kleiner gewesen sein, sollte er der ihm zu- geschriebenen Wirkung genügen. Hier zeigt sich aber, dass gerade das Gegentheil stattfand, und wir verlieren somit immer mehr und mehr den Ausweg. Die Erosion konnte selbstverständlich nicht vor Beendigung der Schotteraufschüttung beginnen ; sowie jedoch die Ablagerung in den einzelnen Thalstreeken beendet wurde, kam der Gletscher und schob sich über dieselbe hinweg. Die oberen Partien der Schotter gehen häufig in Moränen über, sie wechsellagern stellenweise mit einander, und es geht hieraus hervor, dass die Ablagerung an jedem Orte erst mit der Vergletscherung desselben abschloss. Die Erosion des fliessenden Wassers konnte also erst nach dem Rückzuge des Gletschers beginnen, dieser aber erfolgte im Ennsthale früher als im Innthale. Der Ennsgletscher endete noch im Gebirge selbst, er erfüllte nicht einmal das ganze Thal, sondern fand die Grenze seines Vordringens schon in der Gegend von Klein-Reifling ; unterhalb dieses Ortes wurde also das Fliessen des Wassers überhaupt nicht unterbrochen, und oberhalb desselben begann es wieder gleich in der ersten Periode des Rückzugs. Bevor jedoch im Innthale wieder Wasser zu rinnen vermochte, musste erst das Meer von Eis geschwunden sein, zu welchem der Inngletscher mit seinen Nachbarn auf der bayerischen Hochebene verschmolz. Dies bedurfte jedenfalls einer langen Zeit, und inzwischen konnte im Ennsthal bereits der Fluss erodiren. Es ist somit die Enns viel länger schon mit der Aus- bildung ihres Thallaufes beschäftigt als der Inn, sie begann in einem weit entlegeneren Zeitpunkte an den glacialen Schottern zu nagen, welche hier minder mächtig sind als dort, ihre Aufgabe war mithin in jeder Beziehung kleiner, und trotzdem hat sie dieselbe nicht beendet, Ja sie ist kaum über die ersten Anfänge ihrer Lösung hinaus. Kraft und Zeit regeln die Arbeitsleistung des fliessenden Wassers, sie bestimmen aber ebensolcher Weise die Wirkungsgrösse auch bei jeder anderen Erscheinung. Nun sehen wir zwei Flüsse, die an Kraft nicht sehr verschieden, und bemerken, dass der eine, welcher kürzere Zeit besteht, eine grossartige Leistung hinterlassen, während der andere, dessen Lauf viel länger währte, ein ganz unbedeutendes Er- gebniss seiner Thätigkeit bekundet, Solch ein Widerspruch kann in 63* 496 August Böhm. [68] der Natur nicht bestehen, ein Agens, welches an zwei Orten mit gleicher Stärke verschieden lange wirkt, muss dort die grössere Arbeit leisten, wo es der längeren Dauer seines Daseins begegnet. Wenn nun aber das Ergebniss unseres Vergleiches dieser logischen Forderung dennoch widerspricht, dann kann es gar nicht anders sein, als dass die Grundlage desselben von Anfang an eine irrige gewesen; es muss die Erosion in den Glacialschottern des Innthales das Werk eines kräftigeren und länger wirksam gewesenen Vorganges sein, als jene im Ennsthal, und da das fliessende Wasser diese Bedingung nicht erfüllte, so haben wir die Ursache der ungleichen Erosion eben anderswo zu suchen. Welcher Art mag nun aber diese letztere gewesen sein, welch’ ein anderes Mittel als das Wasser konnte überhaupt seit der Ablagerung der Schotter in den Thälern eine erodirende Wirkung entfaltet haben, und zwar in jenem des Inn stärker und länger als in dem der Enns? Indem wir uns diese Frage vorlegen, liegt schon die Antwort auf der Hand: das Eis; entweder ist Wasser in den Thälern geflossen, oder es lagen dieselben unter Gletschereis begraben; wird das erstere ausgeschlossen, dann bleibt allein das letztere über, eine weitere Wahl ist uns nicht geboten. Sind wir nun geneigt, dem Eise erodirende Fähigkeiten zuzusprechen — und dass dieses solche besitze, wird selbst von den schärfsten Gegnern der Gletschererosion nicht geleugnet, nur um das Ausmass jener Wirkung dreht sich ja der Streit — wird also das Eis als bodengestaltender Factor bewerthet, dann ist der bisherige Widerspruch gelöst. Im Unterinnthal erreichte das Eis eine Mächtigkeit von 1000 Meter ?), im unteren Ennsthal hingegen besass es nur eine solche von 240 Meter; dies bedingte sehon einen sehr bedeutenden Unterschied in der erosiven Kraft. War auch die Bewegung des Eises an dem ersteren Orte während des Maximums der Vereisung möglicherweise äusserst langsam, so dass mitunter fast eine förmliche Stagnation desselben eintreten mochte, so war dies nieht so während der Ausbreitung des Gletschers und zur Periode seines Schwindens; im unteren Ennsthal hingegen war die Bewegung des Eises stets eine geringe, da. wir uns hier schon in der unmittelbaren Nähe seines Endes befinden. Aber nieht nur er- folgte im Innthal die grössere Kraftentfaltung des Gletschers, sondern sie war dortselbst, wie schon mehrfach erwähnt, auch von weitaus längerer Dauer. Lange vor und: lange nach dem Eintritte des Höhen- punktes der Eiszeit war das ganze Innthal vergletschert, während der Bestand der Eiszunge im unteren Ennsthale auf die Phase der stärksten Gletscherentwieklung, auf den „todten Punkt“ jener grossartigen Glacial- oseillation beschränkt war. Grössere Kraft und längere Dauer vereinen sich also nun zu stärkerer Wirkung; so muss es sein, und wir sehen uns deshalb genöthigt, in der Innthalterrasse ein Erosionsproduet nicht des fliessenden Wassers, sondern des Gletschereises zu erkennen. Dass die Terrasse im unteren Innthal ihre Erosion der Gletscher- thätigkeit verdanke, diese Ansicht wurde zuerst von Penek?) vertreten, welcher nieht nur auf der Höhe der Terrasse, sondern auch an ihren Abbösehungen, sowie desgleichen auf der Thalsohle selbst, Grundmoränen t) Penck, Die Vergletscherung der Deutschen Alpen, pag. 54. LER, Daß. 800. h [69] Die alten Gletscher der Enns und Steyr. 497 und Gletscherschliffe entdeckte. „Auf der einen Seite lernen wir, dass die Terrasse unmittelbar vor der Vergletscherung aufgeschüttet wurde, auf der anderen sehen wir, dass sie während derselben bereits erodirt war. Dies lässt sich nur durch die Annahme erklären, dass die Gletscher selbst die Terrasse erodirten.“ Beobachtung und Speculation reichen sich hier zum Freund- schaftsbunde die Hände. Von einem ganz anderen, rein theoretischen Gesichtspunkte ausgehend, gelangten wir doch zu demselben Resultate wie Penck, und dies kann gewiss unser Vertrauen in die Richtigkeit desselben nur erhöhen. Im unteren Ennsthal sind die Moränen auf die Oberfläche der Terrasse beschränkt, in der engen Schlucht des Flusses ist keine Spur von Gletscherwirkung zu erkennen, sie erweist sich vielmehr in allen ihren Zügen als das ureigenste Erzeugniss der thalbildenden Kraft des fliessenden Wassers. Dieses arbeitet auch heute noch an der Ver- tiefung seiner Rinne und unterwühlt die Conglomeratbänke an seinen Ufern; von Zeit zu Zeit brechen Theile derselben in die Tiefe und ragen dann als felsige Klippen aus dem schäumenden Gewässer her- vor, welches sich nach Kräften beeilt, seine Beute zu zerkleinern, um dieselbe stückweise mit sich zu reissen. So wächst die Furche nach Breite und Tiefe. Dass wir jedoch hier keine Anzeichen von Gletscher- erosion bemerken, während dieselbe im Innthal so erfolgreich gewesen, kann nach dem, was oben gesagt wurde, nicht mehr überraschen. In der Nähe seines Endes wird ein Gletscher selten erodiren, er wird dort eher anhäufend wirken, nicht nur weil die Mächtigkeit des Eises abnimmt, sondern weil sich auch seine Bewegung verlangsamt. Wollen wir deshalb im Ennsthale Merkmale der Glacialerosion erkunden, dann müssen wir uns eine Strecke weiter thalauf begeben, wo die Mächtigkeit des Eises grösser, seine Bewegung rascher und sein Verbleib von längerer Dauer gewesen. Wir treten durch die engen Pforten des Gesäuses und stehen in der Erosionswerkstätte des alten Gletschers. Wo blieb nun hier die Terrasse der glacialen Schotter, wo der enge Schlund, in welchem der Fluss wildhastend dahinsehoss? Schon an einer früheren Stelle haben wir diese Fragen gestellt, aber nun erst sind wir im Stande, zu ihrer Beantwortung zu schreiten. Der Mangel einer Schotterterrasse im Oberennsthal könnte, wie gesagt, an sich durch dreierlei verschiedene Annahmen erklärt werden. Entweder es wurden hier überhaupt gar keine Schotter abgelagert, oder sie sind noch unversehrt erhalten und die heutige Thalsohle fällt mit der Oberfläche der Aufschüttung zusammen, oder aber die Erosion hat hier ihre Aufgabe schon vollendet und dieselben bereits gänzlich wieder ent- fernt. Es ist nun unsere Sache, zu sehen, welcher von diesen a priori denkbaren Fällen auf die vorliegenden Verhältnisse Anwendung findet. Dass es im Oberennsthal von vorneherein zu keiner Ablagerung von Schottern gekommen sein sollte, diese Voraussetzung ist sofort von der Hand zu weisen, wenn man bedenkt, dass eine solehe Ablagerung Ja doch in der engen Felsenkehle des Gesäuses!) und unterhalb des- ') Im Gesäuse sind allenthalben an den Felswänden Reste von Conglomerat- bänken erhalten; stellenweise finden sich auch noch ganze Theile der Terrasse, wie z. B. oberhalb Gstatterboden. 498 August Böhm, [70] selben erfolgte, wo der Fluss vermöge seines stärkeren Gefälls eine weitaus grössere Transportkraft besass, als auf der kaum merklich geneigten weiten und flachen Sohle seines oberen Thallaufes. Dass der Fluss auf dem stärkeren Gefäll abgelagert hätte, hingegen auf der sanfter geneigten Strecke nicht, dies wäre nur in dem einen Falle denkbar, dass erst mit und unterhalb der Gefällsvermehrung eine Ueber- ladung mit Transportmaterial erfolgte. Abgesehen aber von jeder theoretischen Betrachtung , nach welcher die Geschiebeüberlastung der Flüsse als durch die herannahende Vergletscherung bedingt, mit dieser von den höchsten Theilen des Gebirges ausgehen und in den Thälern von oben nach abwärts sich geltend machen musste, so geht durch die direete Beobachtung hervor, dass fast die gesammten Schotter an der unteren Enns aus dem sanft geneigten Oberlauf des Thales herabkamen, und nicht erst dort, wo sich das Gefäll des Flusses vermehrte, durch Neuhinzukommen eine Ueberladung des letzteren bewirkten. Die Haupt- masse jener Schotter und Conglomerate besteht nämlich, wie wir vorhin sahen, aus krystallinischen Geschieben, und da solche Gesteine im unteren Ennsthal nirgends anstehen, so mussten dieselben sammt und sonders auf ihrem Wege aus dem Urgebirge her die breite Thalung der oberen Enns passiren. War also im Querthal Anlass zur Schotter- ablagerung gegeben, so war ein soleher in umso höherem Masse in dem sanfter geneigten Längenthal vorhanden, und die Existenz der Schotterterrasse an der unteren Enns wird uns somit zum zwingenden Beweis, dass auch der Oberlauf des Thales während der gleichen Periode eine noch beträchtlichere Aufschüttung erlitten. Wie verhält es sich nun mit der Annahme, dass die Schotter heute noch unversehrt unter der Thalsohle versteckt lägen? Auch diese Supposition wird durch die thatsächlichen Verhältnisse vereitelt. Einer- seits wäre es nieht gut begreiflich, wieso sich auf der Oberfläche einer Schotterbildung so ausgedehnte Versumpfungen und Torfmoore befinden könnten, wie sie im oberen Ennsthal bestehen, andererseits ist das Gefäll der Sohle ein so geringes), dass dieser Umstand allein schon gegen deren Auffassung als Oberfläche einer Thalaufschotterung spricht ?), und endlich liegt schon die Oberfläche der rudimentären Schotterterrasse oberhalb Gstatterboden in einem höheren Niveau als der Thalboden am Eingang des Gesäuses, und an der letzteren Stelle selbst streichen Con- slomeratbänke an den Felswänden hoch über der Thalsohle aus. Da nun also die Schotterablagerung selbst an weiter thalabwärts gelegenen Punkten zu einer grösseren Höhe gedieh, als jener, in welcher sich der Boden des oberen Ennsthales befindet, so kann dieser letztere un- möglich die Oberfläche der alten Aufschüttung repräsentiren. Wurden aber im oberen Ennsthal Schotter abgelagert und sind dieselben nicht unter der Thalsohle verborgen, dann sind sie eben seither erodirt worden, und die Antwort, welche wir verlangten, ist somit gefunden. !) Von Steinach bis zum Eingang des Gesäuses kleiner als 1: 1000. ?) Im vorigen Capitel wurde gezeigt, dass die Schotterterrassen stets ein stärkeres Gefäll besitzen als die Thalsohle, da durch Aufschüttung das Gefäll der letzteren erhöht wird. Wäre also der heutige Boden des oberen Ennsthales die Oberfläche der alten Aufschüttung, so müsste die darunter begraben liegende frühere Thalsohle ein noch geringeres Gefäll besessen haben, was wohl kaum mehr möglich. [71] Die alten Gletscher der Enns und Steyr. 499 Hiemit zugleich aber erwächst die neue Frage, wodurch wurde diese Erosion bewirkt? Wir haben diesbezüglich jetzt schon leichtes Spiel. War die Enns nieht im Stande, die Schotterterrasse an ihrem Unterlauf zu entfernen, woselbst ihre Gewalt viel stärker und die Masse der Ablagerung viel geringer ist, so konnte sie dieses Werk noch viel weniger im Oberlauf vollbringen, in welchem sie obendrein in Folge des später erfolgten Gletscherrückzuges auf eine weitaus kürzere Arbeits- zeit beschränkt war. Ein einziger Blick auf den Fluss, wie er vor seinem Eintritt in das Gesäuse, in dessen enger Felsenkehle die Er- innerung an die wilden Tage seiner in den fernen Hochthälern des Gebirges verlebten Jugendzeit wieder frisch erwacht, ruhigen Laufes in vielen Windungen und Krümmungen müssig einherschleicht, wird übrigens auch an und für sich genügen , um jeden Gedanken an eine so bedeutende Erosionsleistung dieses trägen Gewässers vollends zu verscheuchen. Hat aber die Enns jene Schotter nieht erodirt, dann konnte dies nur der Gletscher selbst bewerkstelligt haben, und wir sehen uns somit gezwungen, hier im Oberennsthal, ebenso wie vorhin mit Penck im Unterinnthal, in der Entfernung der Glacialschottermassen eine Erosionswirkung des Gletschers zu erkennen. Die Mächtigkeit des Ennsgletschers betrug oberhalb des Gesäuses 560 Meter und nahm thalaufwärts beständig zu; das Dasein des Gletschers war hier auch von langer Dauer, da es längst nicht mehr, wie im Unterennsthal, auf die Zeit des Maximums der Vereisung be- schränkt war. Der Gletscher besass hier also stärkere Kraft während längerer Zeit und deshalb hat er die Glacialschotter im Oberennsthal erodirt, im Unterennsthal aber nicht. Dass er an letzterem Orte, in der Nähe seines Endes gar nicht erodirte, ist begreiflich, und dass die Schotter oberhaib des Gesäuses fast vollständig entfernt wurden, gegen diese Thatsache lässt sich ebenfalls keine Einwendung erheben. Man könnte jedoch mit gutem Recht darüber erstaunt sein, wenn die Gebiete vollständiger und gänzlich ermangelnder Gletschererosion sich ohne Uebergang berühren würden, anstatt vielmehr durch eine Strecke mit mehr oder minder unvollständiger Erosion mit einander verbunden zu sein. Solch’ ein ausgleichender Uebergang findet nun aber statt, und zwar begegnen wir demselben innerhalb des Gesäuses. In dieser engen Felsschlucht ward die Bewegung des Gletschers sehr gehemmt, und zwar mit umso grösserem Erfolg, als sich dem Eise aus dem Oberennsthal noch ein anderer Ausweg darbot, nämlich jener über den Buchauer Sattel und durch das Thal von St. Gallen, der — auch in der That von einem Theile desselben benutzt wurde. Aus diesem Grunde war aber auch die Erosionskraft des Gletschers im — Gesäuse sehr geschwächt, und derselbe brachte es hier nicht mehr - fertig, die Schotter allenthalben bis auf die alte Thalsohle hinab zu entfernen. Heute setzt die Enns die halbvollendete Arbeit fort, und wir bemerken desbalb im Gesäuse eine zweifache Erosionsform, jene des Eises und die des rinnenden Wassers. Diese Verschiedenheit findet ihren Ausdruck in zwei Terrassen, von denen die obere, vom Gletscher erzeugte, nur an wenigen Stellen erhalten ist; der Gletscher erodirt ja _ auf der ganzen Breite des Thales, und es ist somit ein reiner Zufall, wenn sich an irgend welchen geschützteren Stellen an den Felsgehängen 500 August Böhm. [7 2] Reste der höheren Conglomerat- und Sehotterbänke seinem Angriff ent- zogen haben. Die untere, vom Fluss erodirte Terrasse ist selbstver- ständlich auch wieder nur an breiteren Thalstrecken entwickelt, an denen der Fluss nicht die ganze Sohle der Felsenge einnimmt. Wo sich aber die letztere erweitert, wie z. B. oberhalb der Einmündung des Thales von Johnsbach, dort ist die untere Terrasse sehr wohl aus- geprägt und besitzt ganz den Charakter der Terrasse im unteren Enns- thal; in der schmalen Erosionsfurche fliesst nur die Enns, Strasse und Bahn ziehen auf der Oberfläche der Terrasse dahin, welche fast die ganze Thalbreite einnimmt; in höherem Niveau erscheinen dann hin und wieder am Berggehänge die Geschiebereste der älteren, da noch vom Gletscher erodirten Terrasse. Unterhalb Gstatterboden befinden sich auf der Flussterrasse die Ueberbleibsel einer Grundinoräne, woraus hervorgeht, dass die Erosion der höheren Sehotterlagen wirklich durch den Gletscher erfolgte. Da im Oberennsthal die ganze Schottermasse durch den Gletscher erodirt wurde, so dürfen wir erwarten, auch auf der Thalsohle hin und wieder Moränen zu finden. Dieser nicht unbilligen Forderung wird denn auch entsprochen, es sind an mehreren Punkten der Thalsohle im oberen Ennsthal Grundmoränen vorhanden; ich fand solche am Fuss der Thalgehänge bei Weng, beim Röttelbauer gegenüber Liezen, bei Irdning und unterhalb Schladming. Hin und wieder sind übrigens selbst im oberen Ennsthal noch spärliche Reste der alten Schotterauffüllung erhalten. Zwischen Selzthal und Liezen finden sich solche am Fusse des Mitterberges, und im übrigen wird der Uebergang von der breiten und flachen Thalsoble zu den Thalgehängen an vielen Stellen durch sanfte terrassen- artige Wiesenanschwellungen gebildet, deren Inneres sich meistens durch den Mangel an geeigneten Aufschlüssen der Beobachtung entzieht. Die alten Aufnahmen aus den Fünfziger-Jahren !) verzeichnen diese Gebilde als „tertiäre Schotter“, in der Literatur sind jedoch keine sicheren Anhaltspunkte bekannt, auf Grund deren jene Ausscheidung erfolgte; Fossilreste wurden bislang darin nicht gefunden. Ihrer Höhenlage nach bilden diese Schotterreste die directe Fortsetzung der Unterennsthal- terrasse und der Rudimente derselben im Gesäuse, und wir werden deshalb kaum irre gehen, wenn wir dieselben ebenfalls als Ueberbleibsel der Glaeialschotter auffassen, welche der Erosion des Gletschers entgingen. Auch in die Seitenthäler ziehen sich die gleichen Ab- lagerungen hinein und hier sind sie mitunter durch gute Aufschlüsse entblösst, so am Pyhrnbach beim Stadlerbauer, und im Hallthal am Esslingbach bei Mühlau; an beiden Orten bestehen die Geschiebe ledig- lich aus den mesozoischen Gesteinen der Umgebung, an dem letzteren sind die Schotter von einer typischen Grundmoräne überlagert. Die Schotterreste, welche im oberen Ennsthal die hügelig zer- rundeten Vorgehänge der eigentlichen Bergböschung bilden, sind dem- nach ihrer Ablagerung nach als ein Aequivalent der Terrasse an der unteren Enns zu betrachten, und die Verschiedenheit in der äusseren Form ihres heutigen Auftretens ist eine Folge der verschiedenartigen !) Umgebungen von Schladming und Rottenmann; Nr. 1 und 2 der geologisch colorirten Specialkarte von Steiermark und Illyrien, 1: 144.000. - [73] Die alten Gletscher der Enns und Steyr. 501 Erosionswirkung des Eises und des fliessenden Wassers. Man dürfte wohl schon in früherer Zeit ganz richtig erkannt haben, dass das fliessende Wasser, welches in dem stark geneigten Unterennsthal in die diluvialen Schottermassen nur eine enge, tiefe Rinne einzusägen im Stande war, eine gleichalterige Aufschüttung aus dem sanftgeneigten, flachen Oberenns- thal unmöglicherweise fast gänzlich entfernt haben konnte; ebenso war man sich wohl auch darüber im Klaren, dass die Annahme unzulässig sei, es wären jene diluvialen Schotter etwa unter der heutigen Thal- sohle verborgen; da man nun aber damals an die Möglichkeit einer Erosion durch Gletscher noch nicht im Entferntesten dachte, so sah man sich zu der Ansicht verleitet, dass das „Terrassen-Diluvium“ im oberen Ennsthal überhaupt gar nicht zur Entwicklung gekommen sei und von vorneherein darinnen fehlte.) Um nun dies letztere wieder zu erklären, entstand denn jene Vorstellung von einem grossen ober- steierischen tertiären Meer, zu dessen Zeiten die Felskehle des Gesäuses noch nicht bestand, und aus welchem sämmtliche Schottermassen im ganzen Flussgebiet der oberen Enns zur Ablagerung kamen. So hoch also irgendwo in den inneren Stammthälern des Gebirges Schotterlagen gefunden wurden, so hoch musste der Spiegel dieses Meeres gestanden haben; dasselbe überfluthete mithin die Sattel- und Passhöhen von Wagrein, Klachau, Pyhrn, Buchau, Wald und Hohentauern, und stand auf diese Weise mit den benachbarten Thal- und Beckenmeeren in Verbindung. Als dann am Ende dieser Periode eine allgemeine Hebung _ des Gebirges erfolgte, und hiebei die Spalte des Gesäuses auseinander klaffte, da wühlten die abziehenden Meeresgewässer den Boden auf und rissen das Material der tertiären Ablagerungen mit sich fort, um es in anderen Gegenden als Diluvialschotter und Lehm abzusetzen. So ent- stand das „Terrassen-Diluvium* im unteren Ennsthal, und so kam es, dass dasselbe oberhalb des Gesäuses fehlte. Heute, nach dreissig Jahren, ist diese Hypothese wohl längst ver- lassen, damals aber war sie dem Stande der Wissenschaft vollauf ent- sprechend; sie besitzt einen sehr bedeutenden historischen Werth, und deshalb geschah ihrer hier Erwähnung. Es resultirt nämlich hieraus ein sehr beredtes und rühmliches Zeugniss für die Schärfe der Beob- achtung jener älteren Forscher; man würde ja doch — wie schon oben angedeutet wurde — kaum zu einer solchen Speculation Veranlassung gefunden haben, hätte man nicht erkannt, dass die Form des „Terrassen- Diluviums“ im Oberennsthal fehle, dass dasselbe auch nicht etwa unter der Thalsohle zu suchen sei, und dass es aber schon ganz und gar nicht ein Erosionsopfer der Enns geworden sein könne; da nun’ aber die Gletschererosion in der Wissenschaft noch nieht existirte, und man wohl weiters noch ganz richtig erkannte, dass unter den heutigen hydro- graphischen Verhältnissen im unteren Ennsthal kein Terrassen-Diluvium entstehen könnte, ohne dass an der oberen Enns dieselbe Bildung in noch weit höherem Grade erfolgte, so musste man zunächst die beiden Thalstrecken durch eine Schranke von einander sperren. Alsdann hatte man aber in dem oberen, abgeschlossenen Theile keinen Fluss, und ) Stur, Ueber die Ablagerungen des Neogen, Diluvium uud Alluvium im Ge- biete der Nordöstlichen Alpen und ihrer Umgebung. Sitzgs.-Ber, d. k. Akademie der Wissenschaften in Wien, XVI, 1855, pag. 511. Jahrbuch der k. k. geol. Reichsanstalt. 1885. 35. Band. 3. Heft. (August Böhm.) 64 502 August Böhm. [74] deswegen sah man sich eines stürmischen, strömendenM eeres benöthigt, um die Ablagerung der Schotter zu erklären. Da bislang noch nirgends das tertiäre Alter der Schotter im Oberennsthale ausdrücklich bestritten wurde, so musste es an dieser Stelle geschehen. Allerdings sind im Oberennsthale auch einige Denu- dationsreste wirklich tertiärer Bildungen erhalten, doch nicht auf der heutigen Thalsohle, sondern in einem etwas höheren Niveau und in gestörter Lagerung, woraus man einen Fortschritt der Thalbildung seit der Tertiärperiode erkennt. Im Bereiche des unteren Ennsthales sind die Glaeialschotter auch in den Seitenthälern in der Form von Terrassen entwickelt. Als solehe treten sie auf am Erzbach, in der Radmer, am Weissenbach bei St. Gallen, am Laussabach und insbesondere im Thale der Salza. Die Terrasse des Erzbaches besitzt bei Schloss Leopoldstein eine Höhe von 27 Meter, jene von St. Gallen eine solche von 30 Meter, und jene der Salza bei Palfau erreicht 65 Meter Höhe; thalaufwärts nimmt die Mächtigkeit der letzteren ab, da das Gefäll des Flusses zunimmt; sie beträgt an der Einmündung des Lassingbaches 43 und bei Wildalpen 30 Meter. Schon unterhalb des letztgenannten Ortes ist die Terrasse nicht mehr vollständig erhalten, und oberhalb desselben verschwindet sie fast ganz; da hierbei die Moränen bis auf die Thalsohle herab- reichen, so müssen wir hieraus schliessen, dass die Terrasse im Ober- lauf des Thales durch den Salzagletscher erodirt wurde; weiter thal- abwärts war der Gletscher zu wenig mächtig und von zu kurzem Bestand, um eine Erosion zu bewirken, dort fliesst die Salza zwischen den beiderseitigen Terrassen in einer engen Schlucht, genau so wie die Enns im Unterlaufe ihres Thales. Auch bei Gams bilden die Glacial- schotter eine etwa 20 Meter hohe Terrasse. Die Thäler, welche unterhalb Altenmarkt in das Ennsthal münden, entbehren der Entwicklung von Schotterterrassen gänzlich; diese Thäler waren aber auch nieht mehr vergletschert. Einen ursächliehen Zusammenhang dieser beiden negativen Erscheinungen zuerst vermuthet zu haben, dies ist v. Mojsisoviecs’ Verdienst, welcher in seinen „Grundlinien der Geologie von West-Bosnien und Türkisch-Croatien“ ?) es als auffallend hervorhebt, dass in Bosnien zugleich mit den Resten alter Gletscher auch die Diluvialterrassen in den Thälern fehlen. Dieselbe Abhängigkeit des Auftretens von Schotterterrassen von der eiszeitlichen Vergletscherung eines Gebirges hat sich auch, und zwar in jeder Beziehung, in den Pyrenäen er- geben. Alle Pyrenäenthäler, welche Spuren einstiger Gletscher beher- bergen, besitzen ausgezeichnete Schotterterrassen, jenen Thälern hin- gegen, welche ausserhalb des Bereiches der alten Gletscherentfaltung liegen, fehlen dieselben, und an ihre Stelle treten Erosionsterrassen im festen Fels.2) Kann man hieraus auch nicht folgern, dass allein die Gletscher das Material zu jenen Aufschüttungen herbeigeschafft hätten, so lässt sich doch das Eine mit Bestimmtheit sagen, dass dieselben !) Sep.-Abdr. aus dem Jahrb. d. k. k. geologischen Reichsanstalt. XXX, 1880, pag. 46. ®) Penck, Die Eiszeit in den Pyrenäen, Sep.-Abdr. aus d. Mitthlg. d. Vereines für Erdkunde zu Leipzig. 1883, pag. 11. a N [75] Die alten Gletscher der Enns und Steyr. 503 klimatischen Ursachen, welche die Entwicklung des Glacialphänomens bewirkten, auch zu der Ablagerung jener Schottermassen Veranlassung gaben. Es ist dies abermals eine Rechtfertigung der Bezeichnung: Glacialschotter. In den Alpen war diese Vergesellschaftung des Mangels an Sehotterterrassen mit dem Fehler alter Gletscher bisher nicht beobachtet worden, weil in jenen Theilen derselben, welche bereits glacialgeologisch bearbeitet wurden, die Vergletscherung eine so gewaltige Ausdehnung besass, dass selbst das alpine Vorland von ihr betroffen wurde, und somit kein Thal innerhalb des Gebirges zu finden war, welches während der ganzen Dauer der Eiszeit gletscherfrei gewesen wäre. Dasselbe gilt von den Gebirgen Skandinaviens und der schottischen Hochlande. In den Oestlichen Alpen lässt sich indessen jenes constante Verhältniss auch noch weiterhin verfolgen. Auch im Gebiete der Steyr sind vortreffliche Schotterterrassen entwickelt. Die Terrasse an der Steyr selbst tritt als solche in zusammen- hängender Form zuerst unterhalb der „Stromboding* bei Hinter-Tam- bergau auf und besitzt an der Einmündung des Teichl-Flusses eine Höhe von 46 Meter; von hier an nimmt dieselbe thalabwärts im All- gemeinen an Mächtigkeit ab, wenn auch nicht ganz in derselben regel- mässigen Weise, wie wir dies an der Ennsterrasse beobachtet haben. Dieser letztere Umstand erklärt sich aus den von Strecke zu Strecke wechselnden Gefällsverhältnissen des Flusses. !) Die einzelnen von mir gemessenen Terrassenhöhen (über dem Flussniveau) sind die folgenden: Mächtigkeit der Terrasse Einmündung des Teichl-Fluses . . 46 Meter Einmündung der Steyrling . . . . 2 „ Frauenstein . . SR NEL: PR Einmündung des Paltenbaches” RE 3 SR Agonitz . ER Re rl a 3 Brücke bei Molln . . . 38,40% Einmündung der krummen Steyrling BD EEE DTEES ER EN ER RE HN BZ Stadb Steyr ang 30 Schotterterrassen sind lee enden am _ Teichl- Fluss (Mächtig- keit bei St. Pankraz 49 Meter), am Dambach, an der Steyrling, am !) Da bei jeder Gefällsverminderung unter sonst gleichen Umständen mehr, und bei jeder Gefällsverstärkung weniger abgelagert wird als vorher, so werden die Terrassenhöhen auf längeren Flussstrecken, deren Gefäll sich nicht immer gleich bleibt, nicht in derselben Regelmässigkeit thalabwärts an Mächtigkeit verlieren, wie es bei einem gleichmässig geneigten Thallauf der Fall wäre. Die Abnahme wird des- halb nicht eine durchaus stetige, sondern eine sprungweise sein und öfters in das entgegengesetzte Verhalten umschlagen. Dazu kommt noch, dass auch die Wassermenge und die Geschiebeführung der Flüsse durch neue Zufuhr aus den Seitenthälern localen Veränderungen unterworfen sind, wodurch die Sache noch mehr complieirt wird. Auf längeren Thalstrecken wird demnach die Mächtigkeitsabnahme der Schotterterrassen wohl als allgemeines Gesetz, nicht aber auch jeweils im Detail zu beobachten sein. Dass wir im Ennsthal keine derartigen localen Abweichungen bemerkten, ist ein reiner Zufall, der seinerseits durch die zufällig getroffene Wahl jener Punkte bedingt ward, an denen eben die Terrassenhöhe gemessen wurde. Wäre die Wahl anders ausgefallen, oder wären mehr Punkte einbezogen worden, so hätten sich höchst wahrscheinlich auch hier kleine Schwankungen der besagten Art ergeben, 64* 504 August Böhm, K 6] Paltenbach und an der krummen Steyrling (Mächtigkeit oberhalb Molln 21 Meter), also in allen grösseren Thälern des vergletschert gewesenen Gebiets. ) Was die petrographische Zusammensetzung der Schottermassen betrifft, so bestehen dieselben lediglich aus mesozoischen Gesteinen, vorwiegend aus Kalken; es entspricht dies dem Umstande, dass das Flussgebiet sich ganz innerhalb des Bereiches der Kalkzone befindet. Nichtsdestoweniger war es nöthig, das Fehlen von Urgebirgsgesteinen unter den Schottern erst ausdrücklich zu constatiren. In den Glaeial- schottern der oberbayerischen Alpenthäler, welche bekanntlich ebenfalls ausschliesslich der Kalkzone angehören, spielen die krystallinischen Ge- schiebe eine grosse Rolle.?) Es erklärt sich dies aus dem Umstande, dass der alte Inngletscher zur Zeit, als die Ablagerung jener Schotter erfolgte, über die niederen Pässe der Nördlichen Kalkalpen hinweg bereits in die Quellbezirke der betreffenden Thäler eingedrungen war, und auf diesem Wege erratisches Material in Menge aus dem Urgebirge mit herüberbrachte. Da nun auch der Ennsgletscher über den Pass am Pyhrn einen Zweig in das Steyrgebiet hinübersandte, so könnte man erwarten, hier in ähnlicher Weise in den Glacialschottern fremden Gesteinen zu begegnen. Diese Hoffnung wird aber hier getäuscht, und bei einiger Erwägung fällt es nicht schwer, die Ursache hiervon zu erkennen. Die Pässe, welche aus dem Innthal in die Thäler Ober- bayerns hinüber geleiten, blieben tief unter der oberen Geschiebegrenze zurück und wurden deshalb von dem Tiroler Eisstrom schon während einer verhältnissmässig frühen Phase seiner Entwicklung überschritten. Die eigene locale Vergletscherung der jenseitigen Thäler war damals noch nicht weit gediehen, und da der Gletscher aus dem Innthal in der Grundmoräne sehr. beträchtliche Mengen centralalpiner Geschiebe über die Passhöhe mit. herüberschleppte, so konnte es nicht fehlen, dass dieselben von den Gletscherwässern ergriffen und dem localen Kalksehotter untermengt wurden. Der Ennsgletscher hingegen ging über den Pass am Pyhrn selbst zur Zeit seiner grössten Stärke nur in einer Mächtigkeit von 200 Meter hinweg, und es fand hierbei kein Ueberschub der ganzen ‚Eismasse, sondern vorzugsweise nur ein ruhigeres Abfliessen der über dem Passniveau gelegenen Partien statt. Unter dem Eise war hierbei ein Geschiebetransport nur in ganz geringem Masse möglich, und auf dem Eise waren an dieser Stelle, an welcher ein Ueberfliessen überhaupt nur während des Maximums der Vergletscherung erfolgte, wohl nur schwache Spuren von Oberflächenmoränen vor- handen. ®) Daher denn auch das so äusserst spärliche Auftreten von erratischem Gestein in den Moränen des Steyrgebietes. Da es nun überdies !) Das Almthal besitzt ebenfalls eine gut entwickelte Glacialschotterterrasse, welche eine Mächtigkeit von 20—30 Meter erreicht. 2) Penck, Die Vergletscherung der Deutschen Alpen, pag. 143, 165 ft. ») Auf pag. 449 wurde gezeigt, dass selbst während des Maximums der Ver- eisung die Zungen jener Gletscher, welche noch im Gebirge endeten, mit Oberflächen- moränen bedeckt gewesen waren. Der Ennsgletscher endete nun wohl allerdings im Gebirge, aber jener Satz bezieht sich nur auf die Gletscherzunge, zu deren Seiten die Berghänge firnfrei sind, was in der Gegend oberhalb des Passes am Pyhrn beim Ennsgletscher während seiner mächtigsten Entwicklung gewiss nicht mehr der Fall war, [77] Die alten Gletscher der Enns und Steyr. 505 zu jener Zeit, als es dem Ennsgletscher möglich war, einen Seiten- zweig über den Pass am Pyhrn zu entsenden, drüben im Steyrthal schon längst zu der Entwicklung eigener, mächtiger Gletscher gekommen war, so ist desgleichen auch die Ablagerung der Glacialschotter dort- selbst zum grossen Theile schon beendet gewesen, und was nun etwa doeh noch an erratischem Material herüber verfrachtet wurde, das konnte an der Schotterbildung nieht mehr partieipiren. ' Die Terrasse an der unteren Steyr tritt in derselben Weise auf, _ wie jene an der unteren Enns, sie bildet den eigentlichen Boden des Thales, und der Fluss fliesst tief unter demselben in einer selbstge- schaffenen, meist sehr engen Schlucht. Eben dasselbe gilt auch von den übrigen Thälern. In den oberen Thalgebieten hingegen, wie in den Becken von Stoder und Windischgarsten, in der Hopfing, am Almsee u. s. w., da sind die Schotter erst in ähnlicher Weise entwickelt wie im, Gesäuse, und schliesslich fehlen sie ganz, und nur unbedeutende Reste hin und wieder an geschützteren Stellen, oder an den Thal- hängen, geben von ihrer einstigen Gegenwart Zeugniss. Wir treffen hier eben ganz genau dieselben Verhältnisse wie im Ennsthal; im Oberlauf hat der Gletscher die Schotter erodirt, weiter thalabwärts, wo er bereits seinem Ende nahte und der nöthigen Kraft hierzu ermangelte !), hat er dies nieht mehr gethan, und dort, sowie unterhalb seines einstigen Endes hat das fliessende Wasser seither eine ganz andere Erosionsform, die Flussterrasse, geschaffen. Derselben Erosionsform begegnet man auch wieder in den innersten Verzweigungen der Thäler ?), trotzdem dieselben am längsten mit Eis bedeckt waren; es erodirt nämlich der Gletscher ebensowenig wie das fliessende Wasser gleich bei seinem Ursprung am stärksten, sondern erst dort, wo sich mehrere Zuflüsse zu einem starken Eisstrom vereinen. | Werfen wir nun einen Blick auf die analogen Verhältnisse der benachbarten Gebiete weiter im Westen, so sehen wir die Schotter- terrassen in den unteren Abschnitten der Thäler verschwinden, gleich- zeitig aber bemerken wir, dass dort die Vergletscherung aus dem Ge- birge heraus auf das alpine Vorland sich erstreckte. 3) Je bedeutender der Eisstrom war, der sich aus einem Gebirgsthale ergoss, desto voll- ständiger ist ihm die Erosion der Schotter gelungen; im Unterinnthal, durch welches der mächtigste Gletscher östlich vom Rhein seinen Aus- _ tritt nahm, sind die Glacialschotter fast gänzlich entfernt, in den Thälern der Isar und des Lech, deren Gletscher geringer waren, sind stellen- weise noch Reste der Schotterterrassen erhalten. Diese Erosion erstreckt sich auch aus dem Gebirge heraus auf die Hochebene, bis an die peri- pherischen Partien des Gletscherbezirks, wo die Mächtigkeit des Gletschers abnahm, seine Bewegung sich verlangsamte, und in Folge dessen eine anhäufende Thätigkeit desselben begann. Erst jenseits derselben sind die Glacialschotter erhalten, und hier begegnen wir wieder, wie z. B. im Isarthale oberhalb München, der typischen Erosionsform des fliessenden !) Im Steyrthal schon von seinem Austritt aus dem Gebirgskessel von Windisch- garsten an. ?) Z. B. im oberen Steyrlingthal und am Dambach im Steyrgebiet; in den Tauernthälern, im oberen Salzathal bei Mitterndorf und am Grimmingbach im Enns- gebiet; im oberen Innthal u. s. w. ®) Vergl. Penck, Die Vergletscherung der Deutschen Alpen. 506 August Böhm. [% 8] Wassers, welches die deckenförmig über die Hochebene verbreiteten Schotter in einer tief eingeschnittenen Stromrinne durchsäst. Ist also einerseits die Entwicklung ausgedehnter Sehottermassen in den Thälern und Flussläufen an die eiszeitliche Vergletscherung des Ge- birges gebunden, so ist die Erh altung derselben im Grossen und Ganzen auf die Randpartien der Vereisung und die Gebiete ausserhalb derselben beschränkt. Dieselben Ursachen, welehe die Entfaltung einer Vereisung bedingen, geben Anlass zu einer Ueberladung der Flüsse mit Schutt, welche noch durch direete Geschiebezufuhr durch den Gletscher selbst verstärkt wird; Accumulation tritt an die Stelle sonstiger Erosion. Der vordringende Gletscher schiebt sich alsbald über die so entstandene Ablagerung hinweg und erodirt auf ihrer ganzen Breite; nach dem Rückzug des Eises findet das Wasser die erhoffte Arbeit schon gethan, und besser, als es selbst im Stande gewesen wäre, sie zu leisten. Das fliessende Wasser erodirt nicht auf einer breiten Fläche, sondern nur auf einem schmalen Streif und erzeugt einen ganz anderen Querschnitt als ein Gletscher; es erzeugt eine Terrasse mit steil abfallenden Rändern, welche Erosionsform von uns deshalb in der Nähe der alten Gletscher- enden und ausserhalb derselben bemerkt wird, und deren Auftreten auch wieder seinerseits den entsprechenden Rückschluss auf das Erosions- mittel gestattet. Eine doppelte Abhängigkeit der alten Schottermassen von einer einstmaligen grossen Gletscherentfaltung gibt sich somit zu erkennen, die eine in constructiver, die andere in destructiver Hinsicht ; die eine nimmt Bezug auf den allgemeinen Vorgang ihrer Bildung, die andere auf die Veränderungen, welche sie seither erlitten. Die Schotterablage- rungen als solche sind ein Werk des fliessenden Wassers, entstanden unter mittelbarer Einwirkung des Gletschers; ihre Zerstörung hingegen erfolgt innerhalb des vereisten Gebietes unmittelbar durch den Gletscher, und ausserhalb desselben durch das Wasser. Der erstere förderte seine Arbeit rascher, er hat die Schotter fast vollständig entfernt, das Wasser jedoch vermochte dies nicht, sondern schuf aus den Aufschüttungen die Terrassen. VI. Capitel. Diluviale Nagelfluh und alte Breccien. Allgemeinheit der Wiederholung der Vergletscherungen. — Interglaciales Profil bei Bischofshofen im Gebiete der Salzach. — Mangel an solchen in den Thälern der Enns und Steyr. — Jeder Vergletscherung entspricht ein Schottersystem. — Kohlen- führendes älteres Conglomerat von der Ramsau. — Diluviales und nicht tertiäres Alter desselben. — Aehnliche Vorkommnisse, jedoch ohne Kohlen, bei Gröbming, Hieflau und St. Gallen. — Gliederung der Schotter im Ennsthal. — Zwei diluviale Schotter- systeme. — Die diluviale Nagelfluh die Anschwemmung einer älteren Vereisung. — Gekritzte Geschiebe in derselben. — Die Ramsauer Breccie. — Alte Schutthalde, — Ueberlagerung durch Moränen, Führung gekritzter Geschiebe. — Vergleich mit der Höttinger Breceie. — Andere alte Breceien. — Diluviale Nagelfluh im Gebiete der Steyr. Immer mehr und mehr bricht sieh in unseren Tagen die Anschauung Bahn, dass die Grosse Eiszeit sich nicht auf eine einmalige Ent- faltung gewaltiger Eismassen beschränkte. Allenthalben, wo das quartäre RE ERROR ZB EEE EEE HN GE SEEN REN TE BE ar So - lagerungen. Jahrb. d. k. k. geologischen Reichsanstalt. XXXIV, 1884, pag. 147 [79] Die alten Gletscher der Enns und Steyr. 507 Glacialphänomen bisher eingehender untersucht wurde, haben sich theils Andeutungen, theils aber auch Beweise einer Wiederholung der Vergletscherung ergeben. !) Zuerst wurden solche aus den Alpen be- kannt, alsbald aber fand man ähnliche Erscheinungen auch im Bereiche ‘der nordischen Vereisung beider Hemisphären, sowie ferner in den Pyrenäen. Am eifrigsten und erfolgreichsten ist wohl die Lehre von einer wiederholten Gletscherausbreitung für die Alpen neuerdings von Penek) verfochten worden, welcher durch gründliche Nachforschungen im Gebiete des alten Inngletschers eine zweimalige Entwicklung des- selben mit Sicherheit nachwies, und eine dritte, dazwischenliegende, sehr wahrscheinlich machte. Seine Beobachtungen wurden seither von ver- schiedenen Seiten bestätigt und vermehrt ?) und auch im Gebiete des Salzachgletschers ist man bereits zu einem hiermit übereinstimmenden Resultate gekommen. *) Dies letztere nimmt nun nicht mehr Wunder, denn da es doch ganz ausser Zweifel steht, dass die eiszeitliche Gletscherentfaltung den Ausdruck einer allgemeinen klimatischen Schwan- kung bedeute, so kann sich auch eine Wiederholung derselben nicht auf ein einzelnes Gebiet beschränken, sondern muss in allen alten Gletscherbezirken wiederkehren. Sind also einmal irgendwo sichere Spuren mehrerer diluvialen Vergletscherungen gefunden worden , so liegt es nahe, auch in anderen Gebieten nach solehen zu fahnden, und ist dies Suchen mit Erfolg gekrönt, so bringt dies dem Wesen nach nichts Neues, sondern nur die gewünschte Bestätigung einer be- rechtigten Erwartung. Da also, wie gesagt, für das Innthal zwei Vergletscherungen mit Bestimmtheit, und eine dritte mit grosser Wahrscheinlichkeit, nachge- wiesen wurden, so ist es von vorneherein eine ausgemachte Sache, dass auch im Ennsthal vor jener Vergletscherung, deren Ueberreste wir bis- her studirten, eine Ausbreitung von Eismassen erfolgte. Sind aber schon die Werke der jüngsten Vereisung hier viel spärlicher und schlechter erhalten als im Innthal, so wird dies in noch weit höherem Grade bezüglich der Spuren einer älteren Vergletscherung der Fall sein, und es wird uns deshalb durchaus nicht überraschen, wenn wir in unserem Gebiete keinen glänzenden Profilen begegnen, welche durch directe Ueberlagerungen eine augenscheinliche Beweiskraft besitzen. In der That habe ich in den Thälern der Enns und Steyr keine Stelle gefunden, an welcher unter den Glacialschottern der jüngsten Vereisung ältere Moränen vorhanden wären. Von Herrm Professor 1) Siehe insbesondere: James Geikie, The Great Ice Age. London 1874; II? ed. 1877. — Prehistorie Europe. London 1881. ?) Die Vergletscherung der Deutschen Alpen, 1882. ») A. Böhm, Die Höttinger Breceie und ihre Beziehungen zu den Glacial-Ab- 162. J. Blaas, Ueber eine neue Belesstelle für eine wiederholte Vergletscherung der Alpen. Verhandlg. d. k. k. geologischen Reichsanstalt. 1884, pag. 278—279. — Ueber die Glacialformation im Innthale. 1885. C. Freih. v. Ettingshausen, Ueber die fossile Flora der Höttinger Breccie. Sitz.-Ber. d. k. Akademie der Wissenschaften in Wien, XC, 1884, pag. 260—273. *#) E. Fugger und C. Kastner, Glaciale Erscheinungen in der Nähe der Stadt Salzburg. Verhandlg. der k.k. geologischen Reichsanstalt. 1883, pag. 136—139. E. Brückner, Die Vergletscherung des Salzachgebietes. Mitthlg. d. Deutschen und Oesterreichischen Alpenvereins. 1885, pag. 21—22. (Vorläufige Notiz.) 508 August Böhm. [80] E. Fugger in Salzburg erhielt ich jedoch die freundliche Mittheilung eines benachbarten Vorkommens dieser Art im Salzachthal bei Bischofs- hofen, woselbst eine typische Grundmoräne mächtige Sehotter- und Conglomeratmassen unterteuft, welche wieder ihrerseits von jüngeren Moränen überlagert werden. Ich habe den Aufschluss hierauf auch selbst besichtigt und mich von der Richtigkeit dieser Beobachtung über- zeugt. Die Oertlichkeit befindet sich gegenüber Bischofshofen am rechten Ufer der Salzach oberhalb der Eisenbahnbrücke. Schon von Ferne macht sich dieht am Fluss unter den gelblichweiss gefärbten horizontal zeschichteten Conglomeratbänken eine bläuliche ungeschichtete Ab- lagerung bemerkbar, welche sich bei näherem Hinzukommen als eine un- zweifelhafte Grundmoräne zu erkennen gibt. Dieselbe schneidet scharf gegen das darüber liegende Conglomerat ab, und an der Grenze zwischen beiden entspringen Quellen. Die Grundmasse der Moräne wird von einem zähen, thonig-glimmerigen Schlich gebildet, in welchem Geschiebe der verschiedensten krystallinischen Schiefergesteine, ferner solehe von Grauwacke und krystallinischem Kalk regellos eingebettet sind; die letzteren sind so schön polirt und gekritzt, als man es bei diesem Material erwarten kann, und selbst an manchen Quarzgeschieben ist eine schwache Kritzung zu bemerken.) Aus der tiefen Lage der Moräne geht hervor, dass die Erosion im Salzachthale seit ihrer Ab- lagerung im Allgemeinen keinen eigentlichen Fortschritt mehr gemacht hat, sondern sich darauf beschränkte, die später erfolgte Erhöhung des Thalbodens durch die während des Eintrittes der jüngsten Vereisung vor sich gegangene Schotterauffüllung wieder wett zu machen. In dem Conglomerat, welches weiterhin besonders in dem Seitenthale des Fritz- baches bei Hüttau prächtig entblösst und an mehreren Stellen von den Moränen der jüngsten Vereisung überlagert ist, erkennen wir aber das- selbe Schottersystem, aus welchem die Terrasse des Unterennsthals und die Böschungen an den Sohlenrändern des Oberennsthals bestehen. Die Schotter der letzteren Thalstrecke wurden bekanntlich früher für tertiär gehalten, und gerade deswegen ist das Profil bei Bischofshofen für uns von besonderem Werth. Auch jene Conglomerate, welche hier durch ihr Lagerungsverhältniss sich unbedingt als Glacialschotter erweisen, er- scheinen auf den alten Aufnahmsblättern 2) als „Tertiäre Schotter“. Da jedoch anderseits an der richtigen Parallelisirung der beiden Ablagerungen nicht zu zweifeln ist, so finden wir in dem besagten Profil eine neue direete Bestätigung unserer Ansicht, dass der sogenannte Tertiärschotter des oberen Ennthals nichts anderes als der Glacialschotter der letzten Vereisung und somit ziemlich jungdiluvialen Alters sei. „Einer jeden Kälteperiode entspricht eine Zeit der Thalzuschüttung, was umgekehrt auch aus jeder Zeit der Thalaufschüttung auf eine Gletscherzeit zu folgern gestattet.“ ®) Zu diesem Resultate gelangte !) Schön polirte und gekritzte Urgebirgsgeschiebe aus eiszeitlichen Moränen gehören zu den grössten Seltenheiten. Ich besitze ein einziges Stück dieser Art aus der jüngeren Moräne von Innsbruck, welche die Höttinger Breccie überlagert. Die ungleiche Verwitterung der einzelnen Gesteinsbestandtheile ist der Erhaltung der Politur im höchsten Grade abträglich. ?) Umgebung von Radstadt. Nr. 9 der geologisch colorirten Specialkarte von Salzburg, 1: 144.000. ») Penck, Die Eiszeit in den Pyrenäen. Sep.-Abdr, aus den Mitthlg. d. Vereins für Erdkunde zu Leipzig, 1883, pag. 48. u > u gm ir [81] Die alten Gletscher der Enns und Steyr. 509 Penck durch direete Beobachtung, indem er fand, dass allenthalben mächtige Schottermassen als ein wesentliches Glied der Glacialformation erscheinen. Dieselben liegen stets unter den Moränen, sie wechsel- lagern stellenweise mit denselben und erweisen sich einerseits durch diesen innigen Connex, andererseits aber durch ihre Führung von erra- tischem Material in der Weise als Producte der Vereisung, dass ihre Ablagerung während des Herannahens dieser letzteren begann, und an jedem Orte erst mit der Vergletscherung desselben abschloss. Ausgehend von Reflexionen, welche sich an die Thätigkeit des fliessenden Wassers knüpfen liessen, gelangten wir!) hinwieder unmittelbar zu jenem Satze, welcher sich durch die logische Umkehrung des von Penck festge- stellten thatsächlichen Verhältnisses ergibt; und indem wir nun unser- seits von der so gewonnenen ursächlichen Erkenntniss zurückschliessen und sagen: eine jede Thalaufschüttung ist durch eine Kälteperiode. veranlasst, folglich muss jeder Ver- gletscherung ein ihr zugehöriges Schottersystem ent- sprechen, werden wir auf inductivem Wege zu demselben Ergeb- nisse geleitet, welches Penck aus der Beobachtung der Natur selbst dedueirte. Da also eine jede Vergletscherung durch eine Ablagerung gewal- tiger Schottermassen eingeleitet wurde, und wir den Moränen der älteren Vereisungen in unserem Gebiete nicht mehr begegnen, so entsteht die Frage, ob das Gleiche auch bezüglich der entsprechenden Schotter der Fall ist, oder ob vielleicht noch irgendwo sich Reste derselben bis auf heute erhalten haben. Das formenreiche, prallgliederige Kalkmassiv des Dachsteingebirges besitzt an seiner Südflanke bei Schladming eine breitflächige, weit aus- gedehnte Vorlage, deren Gerüste aus den Gesteinen der Uebergangs- formation besteht, und die sich im Mittel 350 Meter über die heutige ‚ Sohle des Ennsthales erhebt. Es ist dies die schöne Hochfläche der Ramsau, hinter deren bewaldetem Abhang sich dem Wanderer unten in der Tiefe des Ennsthales die höchsten Zinnen der Gruppe mit ihrer schauerlichen, unersteigbaren Südwand verbergen. Diese Unterbrechung des Thalgehänges wiederholt sich in genau derselben Höhe, aber in geringerer Breite, an der rechten Seite der Enns in der Terrasse von Rohrmoos, welche von den vereinigten Gewässern des Unter- und Ober- thales in einer engen, pittoresken Klamm durchschnitten wird. Die beiden correspondirenden Terrassen der Ramsau und von Rohrmoos sind demnach die Reste eines alten Thalbodens, in welchen sich der Fluss erst in späteren Zeiten sein heutiges Bett vertiefte. Von einem hohen Aussichtspunkte, wie z. B. von der Spitze des Dachsteins aus betrachtet, verschwindet die Niveaudifferenz zwischen der Thalsohle und den beiderseitigen Terrassen vollständig gegenüber der Höhe, aus welcher man herabblickt, man hält deshalb Terrasse und Thalsohle für einen einzigen breiten, flachen Thalboden, und ist beim Abstieg sehr überrascht, in welcher Tiefe unter der Hochfläche der Ramsau sich der wirkliche Thalgrund erst befindet. Während die Terrasse von Rohrmoos zu oberst nur aus anstehendem Gestein besteht, ist jene der ‘) Siehe das IV. Capitel: Accumulation und Erosion. Jahrbuch der k. k. geol. Reichsanstalt. 1885. 35. Band. 3. Heft. (August Böhm.) 65 510 August Böhm. [82] Ramsau durch eine alte, conglomerirte Schotterablagerung ausgeebnet, welche an dem Abfall derselben bis etwa auf dessen halbe Höhe herab- reicht. Es musste also zunächst ein Einsehneiden in den alten Thal- boden erfolgt sein, und dann eine Wiederauffüllung desselben durch Accumulation. Diese Accumulation war aber nicht jene, welche während des Herannahens der letzten Vereisung erfolgte, deren Ueberresten wir ja tiefer unten in der Andeutung einer zweiten, niederen Terrasse begegnen, welche auf den Winkel zwischen der Thalsohle und dem Gehänge beschränkt und vielfach zerrundet und durch postglaeiale Schotterkegel überdeckt ist. Diese ersterwähnte Aceumulation steht vielmehr mit jener jüngsten Vereisung, deren Spuren wir bisher ver- folgten, in gar keinem Zusammenhang, und die Anschwemmung einer älteren Vereisung ist somit gefunden. Am schönsten ist das Conglomerat bei Pichl aufgeschlossen, an der Einmündung des Griesbaches (Wachlgraben). Dasselbe ist horizontal geschichtet !) und besteht aus Quarzen, Quarziten, Grauwacken, Glimmer- schiefern, Gneissen, überhaupt aus stark quarzhältigen und sehr resistenz- fähigen Gesteinen; Kalkgeschiebe kommen nur vereinzelt in den unteren Partien des Aufschlusses vor.?) Die Geschiebe besitzen im Mittel Faust- grösse und sind sehr fest miteinander verbunden, besonders in den tieferen Lagen; zwischen den festen kommen aber auch mehr lose Schichten vor, welche zum Theil aus feinerem Material bestehen, und durch deren Ausbröckeln an der Conglomeratwand stellenweise lange, schmale Hohlstreifen entstehen, welche derselben ein gewisses Relief ver- leihen und die Schiehtung dadurch umso deutlicher zum Ausdruck bringen. Weiter östlich, unterhalb des Bauernhofes Firster, sind die Sehotter- lagen minder fest verkittet, und es wechseln Bänke und Lagen von feinerem, und gröberem Grus und Schotter; auch ganz lose Sandlagen kommen zwischen denselben vor. Die Ablagerung ist vom Passe Mand- ling bis gegen Haus zu verfolgen und besitzt im Durchschnitt eine Mächtigkeit von 140 Meter. An ihrer Basis liegt ein röthlicher quarz- reicher Sand, und darüber weisslichgrauer, lettiger Lehm; der letztere umschliesst ein 11/,—1!/, Meter mächtiges Flötz einer Torfkohle, welches von Pichl bis gegen Weissenbach bergmännisch verfolgt ist und gegen- wärtig nach längerer Unterbrechung wieder abgebaut wird. Dasselbe be- findet sich („Merkurstollen“, unterhalb Firster zwischen Pichl und Schlad- ming) 190 Meter über der Thalsohle, 940 Meter über Meer. In den Jahren 1857—1864 wurde versuchsweise ein Stollen („Friedaustollen“) hineinge- trieben, um die Mächtigkeit und Ausdehnung des Flötzes zu erforschen. °) !) Wenn man von „horizontaler“ Schichtung flaviatiler Ablagerungen spricht, ‚so besagt dies nur, dass auf kürzere Strecken hin das Auge keine Abweichung derselben von der Horizontalen wahrnimmt. In Wirklichkeit fallen die Schichten stets thalaus- wärts, und zwar mit stärkerem Gefäll als die heutige Thalsohle, wie letzteres an der Ramsauer Terrasse bei einem allgemeinen Ueberblick derselben vom jenseitigen Berg- gehänge sehr schön zu beobachten ist. ?) Weiter im Inneren des Griesgrabens, an der sogenannten „Sandbank“, be- stehen die obersten Lagen des Conglomerates hingegen vorzugsweise aus Kalkgeschieben ; hier macht sich eben die locale Geschiebezufuhr vom Kalkgebirge her geltend. *) Freundliche Mittheilung von Herrn J. Nappey in Schladming; der in un- mittelbarer Nähe befindliche Merkurstollen besitzt gegenwärtig (1884) eine Länge von 60 Metern. el P IE [83] Die alten Gletscher der Enns und Steyr. 511 Der Stollen, weleher horizontal direet gegen Norden gerichtet war, hatte eine Länge von 290 Meter ohne den Ausbiss des Flötzes am Grundgebirge zu erreichen ; die Mächtigkeit des Flötzes war hier etwas grösser geworden und dieses selbst reiner ; weiter gegen Tage zu ist das letztere nämlich häufig von Wechsellagen desselben weisslichgrauen Schlammes durchzogen, welcher in seinem Liegenden und Hangenden auftritt und oft auch als silberglänzender Beschlag die einzelnen Kohlenfragmente umzieht. Die Kohle ist entschieden diluvialen Alters; schon Vacek!) hebt deren „auffallend jugendliches Aussehen“ hervor. „Die nach Art von Schwemmholz wirr durcheinander liegenden plattgedrückten Baum- strünke zeigen kaum die ersten Stadien der Verkohlung.“ Es finden sich in der Kohle ganz wohl erhaltene verzweigte Aststücke, förmliche Bretter von Holz und Rinde, ferner Zapfen von Coniferen, vermuthlich von Föhre und Lärche; manche Holztheile sind so wenig verändert, dass man Schnitzarbeiten daraus machen könnte; an einzelnen Stämmen ist ganz deutlich Birkenrinde zu erkennen, welche sich im frischen Zustande sogar noch abblättern lässt. Es kommen auch Reste einer Moosdecke vor, welche ebenfalls nur wenig vertorft sind, sowie endlich zusammengepresste Schilfrohre, welche als papierdünne, halbverkohlte Blätter erscheinen. ?) Auffallend ist es, dass die Oberfläche der Conglomeratablagerung (1100 Meter) bedeutend höher liegt, als die Uebergänge, welche die Verbindung nach dem Salzachthale vermitteln. 2) Möglich, dass dieses Verhältniss durch Löwl’s „grossen Tauernfluss von Krimml über Mitter- sill, Wagrein, Radstadt und Rottenmann bis zur Vereinigung mit der Mur“ *) seine Erklärung findet, was indessen nicht sehr wahrscheinlich ist, da in dem Conglomerat die charakteristischen Gesteine der Salz- burger und Tiroler Centralalpen fehlen. Schon Vacek°) hat betont, dass die Geschiebe „ausschliesslich aus dem krystallinischen Gebirge südlich vom Ennsthal stammen“. Da dieses ältere Conglomerat nicht bis auf die Thalsohle herabreicht, sondern erst in einer Höhe von bei- nahe 190 Meter über derselben das anstehende Gestein überlagert 9), so musste die Thalsohle zu Beginn der Ablagerung 190 Meter über der heutigen Thalsohle, also in einer Meereshöhe von 940 Meter, verlaufen. Dies ist nun auch schon wieder höher als der Uebergang nach dem Salzachthal, und wir müssen wohl annehmen, dass, sowie die Thalsohle überhaupt, auch letzterer zu jenen Zeiten um ein Entspreehendes höher gelegen sei als heute. Im Allgemeinen dürften deshalb seither die hydro- graphischen Verhältnisse keine beträchtliche Aenderung erfahren haben. !) Beitrag zur Geologie der Radstädter Tauern. Jahrb. der k. k. geologischen Reichsanstalt. XXXI1V, 1884, pag. 634. 2) Eine ganze Kiste ausgesuchter Stücke dieser Torfkohle gelangte an Herrn Director Stur; wie mir derselbe freundlichst mittheilte, lassen jedoch die Holzstämme und Zapfen, sowie auch die übrigen Pflanzenreste leider keine genaue Bestimmung zu, da sie durch den Druck des in grosser Mächtigkeit darüber liegenden Conglomerates allzusehr com- primirt wurden. 3) Uebergang von Eben 856 Meter Sp.-K.; Sattel von Wagrein 952 Meter Sp.-K. *) Die Entstehung der Durchbruchsthäler. Peterm. Geogr. Mitthlg. XXVIIL, 1882, pag. 410. — Ueber 'Thalbildung. Prag 1884, pag. 101 u. 103. DER. pag. 094. 6) In dem durch den Einschnitt des Griesbaches erzeugten Queraufschluss ist dies deutlich zu beobachten. = 65* 512 August Böhm. [84] Die Art des Vorkommens der Ramsauer Kohle lässt eine gewisse Aehnlichkeit mit jener der interglacialen Kohlen von Sonthofen im Algäu, welche Penck!) beschrieben hat, nicht verkennen. Diese stecken in einem zu Nagelfluh verkitteten Illergeröll und senken sich nicht tiefer als 200 Meter über die Iller herab. Das Illergeröll selbst bleibt auch allenthalben mehr als 130 Meter über der Thalsohle, so dass hier wie dort seit der Sehotterablagerung eine sehr bedeutende Erosion statt- gefunden hat. Auch die Schweizer Schieferkohlen von Utznach, Dürnten, Wetzikon und Mörschweil liegen hoch über den heutigen Thalböden, sie werden ebenso wie die Algäuer Kohlen von Moränen über- und unter- lagert, und erweisen sich dadurch als interglaeial; beider Entstehung fällt nach Penck?) in den Beginn der ersten Interglacialzeit. Einem zweiten, Jüngeren Horizont diluvialer Kohlen entsprechen die Vorkomm- nisse von Grossweil am Kochelsee, von Wasserburg am Inn und von Inns- bruck ; dieselben stecken in den Glaeialschottern. der letzten Vereisung und liegen nahe den heutigen Thalböden; ihrer Bildungsperiode nach gehören sie dem Schlusse der zweiten Interglacialzeit an. Die Ramsauer Kohle könnte also nur dem älteren Horizonte einzureihen sein; ob in- dessen unter derselben Moränen auftreten, konnte ich wegen Verschüttung der diesbezüglichen Stellen nicht entscheiden ; es wäre wohl auch mög- lich, dass die Bildung dieser Kohlen zu Beginn der „Grossen Eiszeit“ überhaupt erfolgte, und dass die darüber liegenden Conglomerate die Schotter der ersten Vereisung repräsentiren, während Penck in den Schottern der Schweizer und der Algäuer Kohlen die Schotter der zweiten, und in jenen der Kohlen von Grossweil, Wasserburg und Innsbruck die der dritten und letzten Vereisung erkannte. Dann hätten wir also einen dritten Horizont diluvialer Kohlen, aber, wie gesagt, ein positives Urtheil ist in diesem Falle bisher noch nicht zu fällen. Das Eine nur ist sicher, dass das Conglomerat im Hangenden der Ram- sauer Kohle nicht die Anschwemmung der letzten Vereisung ist, da deren Glaecialschotter in der zerstückelten und zerrundeten Terrasse tiefer unten an der Thalsohle vorliegen; jenes ältere Conglomerat ge- hört demnach jedenfalls einer früheren, älteren Vereisung an, und tritt uns als eine diluviale Nagelfluh entgegen. Ob jedoch das kohlen- führende Ramsauer Conglomerat genau jenem geologischen Körper ent- spricht, welchen Penck als „Stufe der diluvialen Nagelfluh“ bezeichnet und als die Schotter der ersten, ältesten Vergletscherung definirt, oder ob dasselbe nicht etwa in die Kategorie der „mittleren liegenden Schotter“ — der Anschwemmung der zweiten, mittleren, Vereisung, — einzureihen sei, diese Frage bleibt vorläufig noch offen. Aehnliche Vorkommnisse diluvialer Nagelfluh, jedoch ohne Kohlen- führung, treten im Ennsgebiete noch an drei anderen Orten auf, näm- lich am Mitterberg bei Gröbming, bei Hieflau und Lainbach, sowie ferner bei St. Gallen. | Der Mitterberg bei Gröbming bildet eine ähnliche, zum grössten Theil aus Grauwackenschiefer bestehende Terrasse, wie die Ramsau bei Schladming; dieselbe ist ebenfalls mit Conglomeraten und Schottern '!) Die Vergletscherung der Deutschen Alpen. Capitel RIXE Interglaciale Kohlen des Algäu. A) lee, page: 318 u. 819. a 2 5 0 EI 2 ic > GEIL TEZEEWEEDTETLLONZSER ”„ [85] Die alten Gletscher der Enns und Steyr. 513 bedeekt und verkleidet, welche hier eine Meereshöhe von 879 Meter Sp.-K. erreichen, sich also bis 220 Meter über die Thalsohle erheben. Die Schotter bestehen auch hier fast ausschliesslich aus krystallinischem Gestein und sind in ihren oberen Partien ziemlich lose. Ihre untere Grenze ist nicht bestimmbar; an der Kulmleiten, südöstlich von Gröb- ming, reichen zwar Schotter bis auf die Thalsohle herab, doch gehören diese. höchst wahrscheinlich schon wieder den Glaeialschottern der jüngsten Vereisung an, deren Reste ja im Oberennsthal allenthalben im Winkel zwischen Thalsohle und Thalgehänge auftreten. Wie bei Schladming, so ist auch hier noch eine Spur des alten Thalbodens auch auf der rechten Seite der Enns zu erkennen; das vereinigte Thal der Kleinen und der Grossen Sölk bildet an seinem Ausgang eine Thal- stufe, ähnlich wie das Ober- und Unterthal bei Schladming, welche genau dem Niveau der Terrasse des Mitterbergs entspricht. Zwischen diesem letzteren und dem Grimming verläuft die Thalung des Gröbming- baches, welche bei Gröbming selbst noch eine relative Höhe von 100 Meter über der Enns besitzt und sich in ihrem weiteren Verlauf nach Osten derart senkt, dass sie bei der Einmündung des Baches in die „dureh den Stein“ hervorbrechende Mitterndorfer Salza das Niveau des Ennsthales fast schon erreicht hat. Am nördlichen Gehänge dieser Thalung zieht sich ein schmaler Streifen tertiärer Ablagerungen von Gröbming über Tipschern und St. Martin bis nach Steinach ; dieselben bestehen aus Letten, weichen Mergelschiefern, aus mürben, sehr glimmer- reichen Sandsteinen und Arkosen, welehe hin und wieder mit Conglo- meratbänken wechsellagern. Diese tertiären Schichten, welche gestört sind und sehr steil gegen Süd und Südwest einfallen, unterscheiden sich schon durch ihren petrographischen Habitus auf den ersten Blick von den horizontalen Schotter- und Conglomeratlagen des Mitterberges ; in ihren tieferen Lagen treten bei Tipschern und St. Martin Schmitzen einer sehr schönen Glanzkohle auf, welche in früherer Zeit abgebaut wurde; nördlich von Steinach führen die Sandsteine und Mergelschiefer Pflanzenreste, welehe durch v. Ettingshausen als miocän bestimmt wurden. Im unteren Ennsthal sind die Glacialschotter der jüngsten Ver- eisung, wie bereits bekannt, ausgezeichnet entwickelt und bilden eine schöne, fortlaufende, ebene Terrasse, welche mitunter mehrere Ab- stufungen aufweist. Bei Hieflau besitzt dieselbe eine Mächtigkeit von 76 Meter und ist demnach in einer Meereshöhe von 556 Meter ge- legen.') Hoch über dieser Terrasse treten jedoch zu beiden Seiten des Gesäuses und an der linken Seite des Erzbaches ältere Conglomerate auf, welche bis zu 290 Meter über den Ennsspiegel, also bis 770 Meter Meereshöhe hinaufreichen. Am linken Gehänge des Gesäuses tritt das Conglomerat oberhalb des Scheibenbauers auf, und besteht aus horizontal geschichteten festen Bänken, welche sich fast ausschliesslich aus Ur- - gebirgsgeschieben zusammensetzen; dazwischen liegen auch mehr lose Schichten, feiner Grus und Sand. Die Ablagerung lässt sich abwärts bis zum Scheibenbauer verfolgen; hier aber beginnen Wiesen , und es fehlen in Folge dessen nunmehr Aufschlüsse fast bis hinab zur Enns, wo ‘) Ennsspiegel bei Hieflau, 480 Meter, O.-A. 514 August Böhm. [86] an den Felswänden hin und wieder spärliche Reste der Glacialschotter der jüngsten Vereisung erhalten sind, welch’ letztere von Hieflau ab die prächtige Terrasse des Unterennsthals bilden. Die beiden Ablager- ungen, welche ihrem Niveau und ihrem Alter nach doch ziemlieh ver- schieden sind, lassen sich petrographisch fast gar nicht unterscheiden ; beide sind eben Flussbildungen eines und desselben Gebietes, und unter ähnlichen äusseren Umständen — während des Herannahens einer Ver- gletscherung — entstanden; beide sind zu einem festen Conglomerat verkittet, doch haben sich beiderseits einzelne Partien auch in ganz losem, lockerem Zustande erhalten; im Allgemeinen ist übrigens die ältere Bildung stärker erhärtet. Ein zweiter Rest dieses älteren und höheren Conglomerates hat sich südlich von Hieflaun am linken Thalgehänge des Erzbaches, oder, besser gesagt, am Ausgang des Waggrabens erhalten. An der linken Seite dieses letzteren traf ich das Conglomerat zuerst in einer Höhe von 180 Meter über der Enns und verfolgte es bis auf den „Sattel“ (768 Meter Sp.-K.), welcher östlich vom Goldeck eine Querverbindung nach dem Gesäuse vermittelt und diesem einen steilen Felsabsturz zu- kehrt. Die Sattelfläche selbst besteht aus diesem Conglomerat und ist durch dasselbe zu einem verhältnissmässig breiten Thalboden ausge- ebnet, welcher von hier in den Waggraben hinauszieht und an dessen linkem Gehänge thalaufwärts noch eine Strecke weit in der schwachen Andeutung einer Terrasse Spuren seines einstigen Bestandes hinterlassen hat. Der Sattel liegt fast genau in demselben Niveau, bis zu welchem auf der anderen Seite des Gesäuses das Oonglomerat beim Scheiben- bauer hinaufreicht, so dass die Enns zur Zeit der vollendeten Thal- aufschüttung den niederen Kegel östlich vom Sattel umfloss. Dies geht auch aus der Zusammensetzung des Conglomerates hervor. Die tieferen Lagen desselben unten im Waggraben bestehen zum grössten Theil aus Kalken, Werfener Schiefern und Grauwacken, während Urgebirgs- geschiebe darin nicht allzu häufig vorkommen; da im Gebiete des Erz- baches keine krystallinischen Gesteine anstehen , so mussten dieselben aus dem Ennsthal von Hieflau aus die kurze Strecke hereingeschwemmt worden sein. In den höheren Partien in der Nähe des Sattels treten hingegen centralalpine Geschiebe in grosser Menge auf. Auch an der rechten Seite des Waggrabens ist diese Conglomerat- bildung entwickelt; in ihren tieferen Niveaux sind Mühlsteinbrüche an- gelegt , welche ganz vortreffliche Aufschlüsse gewähren. Auch hier ist das Conglomerat vollkommen ungestört; es ist horizontal gebankt und zeigt die taschenförmige Schichtung und complieirte discordante Parallel- struetur, wie sie so häufig den Flussablagerungen eigen ist und die- selben charakterisirt.!) Zunächst dem Bergabhang geht das Conglomerat in eine Verwitterungskruste über, welche sich stellenweise schichten- förmig etwas weiter in das Innere der Ablagerung hineinzieht. In der Verwitterungskruste ist der Schotter mehr oder minder lose, das Binde- mittel ist lehmig-erdig und von gelblicher Farbe, während das Innere des Conglomerates von weisslicher Färbung ist und sich durch eine ') Besonders schön ist diese Structur an dem Eisenbahnanschnitt hinter dem Bahnhofe von Hieflau zu sehen, welcher sich in den Glacialschottern der Ennsterrasse befindet. E | \ [87] Die alten Gletscher der Enns und Steyr. 515 ausserordentliche Festigkeit auszeichnet, welche es zu Mühlsteinen ganz vortrefflich geeignet erscheinen lässt. Das Material besteht fast aus- schliesslich aus Kalken, Werfener Schiefern und schon zum geringeren Theile aus Grauwacke ; Urgebirgsgesteine sind hier, sowie in den tieferen Lagen auf der anderen Seite, nur äusserst spärlich vertreten. Die Grösse der Geschiebe wechselt, im Allgemeinen bleibt sie unter Faustgrösse, nimmt jedoch in den höheren Lagen zu. An vielen Stellen finden sich Kalkspathausscheidungen, daher denn die bedeutende Verfestigung. Der tiefere der beiden Steinbrüche, welcher gegenwärtig allein in Betrieb ist, liegt in einer Seehöhe von 662 Meter, 132 Meter über der Enns. Das Conglomerat lässt sich abwärts bis zu 100 Meter über die Enns verfolgen, so dass dasselbe mindestens eine Mächtigkeit von 190 Meter besitzt; vermuthtlich reicht es jedoch bis auf die Haupt- terrasse der jüngeren Glacialschotter, oder sogar noch unter dieselbe hinab. Ennsabwärts, zwischen Lainbach und Landl, tritt dasselbe Con- slomerat, hier wieder mehr aus Urgebirgsgeschieben bestehend, auf der schönen Glacialschotterterrasse auf, und erhebt sich bei den Bauern- höfen Gorzer und Steiner, woselbst ebenfalls an zwei Stellen Mühlsteine gebrochen werden, bis zu 740 Meter. Das Conglomerat. reicht hier bis auf die Ennsterrasse, oder vielleicht noch unter dieselbe hinab, und besitzt folglich eine nachgewiesene Mächtigkeit von 220 Meter,. während die relative Höhe seiner Oberfläche über der Enns fast genau wie bei Hieflau 290 Meter beträgt. Endlich begegnen wir diesem älteren Conglomerat im Ennsgebiete noch in dem Seitenthale von St. Gallen, und zwar unterhalb und ober- halb des Ortes zu beiden Seiten des Spitzenbachs. Das Conglomerat erhebt sich aus der 30 Meter mächtigen Terrasse der Glacialschotter der jüngsten Vereisung, auf welcher der Ort selbst steht, bis zu einer Meereshöhe von 670 Meter, also 190 Meter über den Fluss. Es ist vollkommen ungestört und horizontal geschichtet, und ist stellenweise sehr fest verkittet, mitunter aber auch ziemlich lose; seine tieferen Lagen bestehen fast ausschliesslich aus Kalkgesteinen; es gesellen sich aber, und zwar besonders in den höheren Lagen, auch krystallinische Geschiebe, jedoch in nicht allzu beträchtlicher Menge hinzu. Schon in der unteren Schotterterrasse sind zu oberst hin und wieder solche fremde Gäste aus dem Ennsthale zu bemerken, und es erklärt sich deren Auftreten in ähnlicher Weise, wie das Vorkommen von central- alpinen Gesteinen in den Glacialschottern der oberbayerischen Alpen- thäler, nämlich dadurch, dass der Ennsgletscher, welcher den Sattel von Buchau überschritt, erratisches Gestein mit sich in das jenseitige Thal hinüberschleppte, welches dann drüben an der Schotterbildung - partieipirte. Eben dasselbe Verhältniss dürfte auch bezüglich der Bildung jener älteren Schotter bestanden haben. Dass die ältere Schotterauf- füllung im Oberennsthal in der Gegend von Admont so hoch gediehen _ war, dass die Enns selbst einen Theil ihrer Fluthen über die damalige - Passhöhe hinübersenden konnte, ist möglich '), doch nicht sehr wahr- # scheinlieh ; es müssten sich in diesem Falle die eentralalpinen Geschiebe B -)) Heute liegt der Sattel von Buchau 240 Meter über der Sohle des Ennsthales, 516 August Böhm. [88] in viel grösserer Menge einstellen, als dies thatsächlich geschieht, denn wir sehen ja die eigentlichen Ennssehotter vorzugsweise aus Urgebirgsmaterial bestehen. Noch weniger ist es aber gerechtfertigt, wenn aus dem besagten spärlichen Auftreten von krystallinischen Ge- schieben in den Schottern und Conglomeraten von St. Gallen neuerdings von Löwl!) wieder der Schluss gezogen wird, dass die Enns, bevor sie den Umweg dureh das Gesäuse wählte, von Admont aus den Buchauer Sattel und das Thal von St. Gallen benützte, um bei Altenmarkt ihr gegenwärtiges Querthal zu erreichen. ?) Die besprochenen Conglomeratablagerungen der Ramsau bei Schlad- ming und des Mitterberges bei Gröbming, sowie jene von Hieflau und Lainbach-Landl, bilden die zusammengehörenden Ueberreste einer und derselben älteren Thalaufschüttung, wie aus den Niveauverhältnissen sofort hervorgeht: a a EE | mhalashle re we Ama | Seehöheän Metern Ramsau . R 150 1100 Mitterberg b. Gröbming 660 880? °) Hiellau ya al 480 TO Lainbach-Landl .. ..0.. 450 740 Der aufgeschüttete ältere Thalboden hatte also im Allgemeinen ein stär- keres Gefäll als die heutige Thalsohle, denn er senkte sich innerhalb der angegebenen Strecke um 360 Meter, während der Fluss heute auf derselben Strecke nur ein Gefälle von 300 Metern besitzt. Weiter unter- halb erreicht das Conglomerat bei St. Gallen in dem Seitenthale eine Meereshöhe von 670 Metern, so dass die Oberfläche der alten Auf- schüttung am Ausgang des Thales bei Altenmarkt im Ennsthale selbst in einer Höhe von etwa 620 Metern gelegen sein mochte, während der Flussspiegel dortselbst gegenwärtig 390 Meter über dem Meere sich befindet. Die sämmtlichen in Rede stehenden Ablagerungen wurden auf den alten Aufnahmsblättern *) als „Leithaconglomerat“ verzeichnet, ebenso wie die kohlen- und pflanzenführenden Sandsteine und Conglomerate vom Steinbachgraben bei Flachau und von Tipschern-Steinach. Die beiden letzteren Vorkommnisse sind nun allerdings von tertiärem Alter, sie unterscheiden sich aber auch, wie bereits erwähnt, durch ihre stark n Die Entstehung der Durchbruchsthäler. Peterm. Geogr. Mitthlg. XXVIII, 1882, pag. 410. ?) In einer späteren Ausgabe seiner gesammelten Schriften: Ueber Thalbildung, Prag 1884, hat übrigens Löwl diese Behauptung an der betreffenden Stelle (pag. 102) bereits weggelassen, dieselbe also stillschweigend vermuthlich zurückgezogen. 3) Da der Höhenrücken des Mitterberges selbst noch aus dem Conglomerat besteht, so lässt sich nicht mehr sagen, wie hoch hier die ursprüngliche Oberfläche der Ablagerung gelegen war; die heutige ist erst durch nachherige Erosion entstanden, *) Umgebung von Radstadt; Nr. 9 der geologisch -colorirten Specialkarte von Salzburg, 1: 144.000. — Umgebungen von Rottenmann, von Bruck und Eisenerz; Nr, 2 und 3 derselben Karte von Steiermark und Illyrien, * Die alten Gletscher der Enns und Steyr. 517 gestörte Lagerung und schon durch ihr äusseres Aussehen sofort von den ungestört horizontal liegenden Schichten der diluvialen Nagelfluh, während diese letztere ihrerseits von den Glacialschottern der Jüngsten Vereisung einzig und allein durch ihr höheres Niveau und allenfalls durch ihre im Allgemeinen etwas stärkere Verfestigung getrennt werden kann. Bei Flachau!) und bei Steinach ?) wurden. tertiäre Pflanzenreste gefunden, welchev. Ettingshausen bestimmte. In den Ablagerungen im Steinbachgraben und bei Tipschern treten sehr schöne, aber nur dünne Schmitzen bildende Glanzkohlen auf, während die diluviale Nagel- fluh von Ramsau ein 1!/; Meter mächtiges Flötz einer ganz jugend- lichen schlechten Torfkohle beherbergt. Dieser Altersunterschied findet auch in dem Brennwerth der Kohlen seinen Ausdruck: Kohle von Tipschern. 3). ».. 7, . ». Wasser „ 11’3 Brocent a . Asche ER, . Wärmeeinheiten 4763 N ” ”» hingegen: Kohle von der Ramsau?) . . . . Wasser 2625 Procent & IN k Ss Asche 9:65 5 k erg 5 . Wärmeeinheiten 2799 Die Ramsauer Kohle einer- und jene vom Steinbachgraben und von Tipschern anderseits liegen kaum je 20 Kilometer auseinander, und doch sind sie in allem und jedem so sehr verschieden, während die beiden letzteren unter- einander trotz ihrer weiteren Entfernung vollkommen übereinstimmen. Es ist sehr zu bedauern, dass sich die Holz- und Pflanzenreste der Ramsauer Kohle nicht bestimmen liessen, es hätte sich gewiss hierdurch ebenfalls deren diluviales Alter ergeben, welches wir aus den Lagerungs- verhältnissen und dem sonstigen Charakter der ganzen Bildung er- schliessen. Dass die höheren Conglomerate in der Umgebung von Hieflau und von St. Gallen die direete Fortsetzung derer von der Ramsau und vom 'Mitterberg bei Gröbming bilden, steht ausser allem Zweifel, und wir müssen daher auch diese Bildungen als diluviale Nagelfluh be- trachten. v. Morlot*) beschreibt das erstere Vorkommen als miocän und erwähnt einen alten Schurf auf Braunkohle, welcher sich in einem mürben, grauen Molassensandstein am rechten Thalgehänge von Hieflau in der Nähe des „Schnabelguts“ befinde, 260 Meter über dem Thal- weg. 5) Ich konnte den Schurf, bei welchem übrigens nur „kleine Partien von Braunkohle“ gefunden wurden, „welche von einzelnen mitten in !) Prinzinger, Ueber die Schiefergebirge im südlichen Theile des Kronlandes Salzburg. Jahrb. d. k. k. geologischen Reichsanstalt. I, 1850, pag. 604. ?) Stur, Die geologische Beschaffenheit des Ennsthales. Jahrb. d. k. k. geolog. Reichsanstalt. IV, 1853, pag. 478. ®) Nach freundlicher Mittheilung von Herrn (. v. John. Ausgesuchte holzige Bestandtheile der Ramsauer Kohle ergaben bis zu 3618 Wärmeeinheiten. *) Einiges über die geologischen Verhältnisse in der nördlichen Steiermark, Jahrb. d. k. k. geologischen Reichsanstalt. I, 1850, pag. 108. #) Das wäre also in einer Seehöhe von 740 Metern und somit schon sehr nahe ‘dem Oberflächenniveau der diluvialen Nagelfluh (hier 770 Meter); übrigens ist nicht sicher, ob sich die Angabe „Thalweg“ auf den Ennsspiegel bei Hieflau (480 Meter O.-A.) bezieht, oder auf die Terrassenabstufung, auf. welcher sich die. Ortschaft Hieflau (517 Meter Sp.-K.) selbst befindet; im letzteren Falle wäre die Seehöhe des Schurfes 777 Meter. Jahrbuch der k. k. geol. Reichsanstalt. 1585. 35. Band, 3. Heft. (August Böhm.) 66 518 August Böhm. [90] der Masse eingeschlossenen Baumstämmen herzurühren schienen“, nicht mehr erfragen, habe aber auch den Molassensandstein nicht be- merkt. Das ganze Gehänge ist verwachsen und mit einer lehmigen, schmierigen, lettigen Masse ausgekleidet, welche auch auf der linken Seite des Erzbaches über der Glacialschotterterrasse auftritt, woselbst der theils gelbliche, theils graue Lehm, in welchem häufig gut abgerollte, glänzende Quarzkörner stecken, in einer Ziegelgrube gestochen wird. Möglich ist es jedoch immerhin, dass sich hier noch irgendwo Reste einer tertiären Ablagerung erhalten haben, wie z. B. auch am oberen Eingang des Gesäuses, wo sich am Laferwald oberhalb Weng auf dem flachen Boden des obersten Ritschengrabens, eirea 1000 Meter über Meer, ein etwas über einen Meter mächtiges Flötz einer tertiären Kohle be- findet. ?) Zu Beginn der Fünfziger-Jahre war man noch in der Zweitheilung des Diluviums befangen. Man unterschied ein „erratisches Diluvium*, aus Moränen und erratischen Blöcken bestehend, von dem „älteren Diluvium“, welches die darunter liegenden geschichteten Ablagerungen der Flussterrassen umfasste und deshalb oft auch schlechtweg als „Terrassendiluvium“ bezeichnet wurde. Dass beide Bildungen, Moränen und Schotter, in so innigem Connex mit einander stehen und sich zwei- oder gar dreimal wiederholen können, davon hatte man damals noch keine Ahnung. Man erkannte die Schotterterrasse an der unteren Enns dieser Gliederung gemäss ganz richtig als „älteres Diluvium“, und als man in höherem Niveau eine noch ältere Conglomeratbildung vorfand, da musste dieselbe ohne weiteres „tertiär“ sein, ohne dass die Möglich- keit ihrer Zugehörigkeit zum Diluvium auch nur im Geringsten erwogen wurde; das „ältere Diluvium“ war eben schon vergeben, und weiter zurück folgte in der Reihe der Formationen sofort das Tertiär. Die richtige Parallelisirung mit den Conglomeraten des entsprechenden höheren Thalniveaus im Oberennsthal ergab nun auch für die Nagelfluhbildungen des Mitterbergs und der Ramsau dasselbe tertiäre Alter. Da man nun aber weiters im oberen Ennsthal die Terrasse des „älteren Dilu- viums“ vermisste, diese Ausbildungsform aber mit der Ablagerung als solcher identifieirte,, so hielt man dortselbst auch die directe, aber nicht mehr terrassenförmige Fortsetzung des „älteren Diluviums“ aus dem. unteren Ennsthal für eine andere, ältere Bildung, und erhielt solcherart für das obere Ennsthal zweierlei tertiäre Schichtgruppen, welche man als „Tertiärschotter“ ?) und „Leithaconglomerat“ auseinander hielt. Dass die wirklich tertiären Schichten des Oberennsthals, welche sich durch ihre gestörte Lagerung und ihre Pflanzenreste als solche erwiesen, so ganz und gar von jenen horizontal liegenden Conglomeraten und Schottern verschieden seien, daran nahm man keinen Anstoss. Man war eben allzu sehr von der Anschauung eingenommen, dass erstens das „ältere Diluvium“ stets in der Form von Terrassen, als „Terrassen- ') Nach freundlicher Mittheilung von Herrn J. Nappey in Schladming. Das ganze Gebiet ist stark vermoort und war bei meinem zweimaligen Besuch durch vorher- gegangenes Regenwetter so hochgradig versumpft, dass ich froh sein musste, nicht am Wege zu versinken, und nicht daran denken konnte, seitwärts herumzustreifen. Das Flötz selbst habe ich deshalb auch nicht gesehen, sondern nur einen reinen bläulichen Tegel als Ausfüllung einer Mulde, und einzelne Stücke Kohle, die am Wege herumlagen. ”) Vergleiche das vorherige Capitel. 25 hc, Fee u ir Shar TEE Ken NL F Ei # E 4 vi rer x je EA [91] Die alten Gletscher der Enns und Steyr. 519 diluvium“ auftreten müsse, und dass zweitens alle Bildungen, welche in einem höheren Niveau als dieses letztere gelegen sind, nur durch ein tertiäres Meer erklärt werden könnten. So erkannt» man denn die diluviale Nagelfluh im ganzen Ennsthal — conform ihrem sich gleich bleibenden äusseren Auftreten — ganz richtig als eine und dieselbe Ablagerung, welche jedoch für tertiäres „Leithaconglomerat“ gehalten ward, während die Glacialschotter der jüngsten Vereisung im Unter- ennsthal, woselbst sie eine schöne Terrasse bilden, als „älteres Diluvium“, im Oberennsthal hingegen zufolge ihres veränderten äusserlichen Auf- tretens als „Tertiärschotter“ bezeichnet wurden. - Das tertiäre Alter aller jener Schottermassen im Inneren der Alpenthäler, welche nicht in deut- liehen, fortlaufenden Terrassen auftreten, scheint übrigens schon v. Hauer!) einigermassen bezweifelt zu haben, indem er betont, dass es bezüglich derselben „durchaus noch nicht allerorts festgestellt erscheint, ob sie wirklich der Neogenformation oder aber der Diluvial- formation angehören“. Ein Streiflicht auf. die Entstehungsweise unserer diluvialen Nagel- fluh wird auch durch den Umstand geworfen, dass es mir — sowie Penek auf der oberbayerischen Hochebene ?) — nach langem Suchen glückte, in derselben bei Ramsau in den obersten Lagen gekritzte und sogar theilweise noch polirte Geschiebe zu finden, und zwar an drei verschiedenen Orten. Dass solehe Vorkommnisse äusserst selten sind, liegt auf der Hand, denn es ist bekannt, dass Kritzung und insbeson- dere Politur der Moränengeschiebe schon nach kurzem Transport durch fliessendes Wasser verschwinden. Auch in den Glacialschottern von Hüttau im Fritzthal und von Mühlau im Admonter Hallthal habe ich gekritzte Geschiebe gefunden. Das Auftreten der diluvialen Nagelfluh, in welcher wir mitPenck die Anschwemmung einer älteren Vergletscherung erkennen, ist übrigens nicht das einzige Anzeichen, welches im Ennsthale auf eine solche zu schliessen gestattet. Wie im Innthale, so sind auch in unserem Gebiete an mehreren Orten alte Breecien vorhanden, welche sich als verfestigte Schutthalden von zumeist interglacialem Alter erweisen. Die ausgedehnteste und mächtigste Ablagerung dieser Art tritt uns am Südgehänge des Dachsteingebirges entgegen, wo sich von St. Rupert am Kulm im Osten bis in die Hachau im Westen einstmals eine mächtige Schutthalde über das Schieferterrain der Ramsauer Alpen hinzog, welche sich im Laufe der Zeit zu einer Breccie verfestigte, aber heute in Folge mannigfacher Erosionsvorgänge nur mehr in ein- zelnen mehr oder minder zusammenhängenden Partien erhalten ist. Die bedeutendsten Reste dieser Breeeie — wir wollen dieselbe als Ram- sauer Breccie bezeichnen — finden sich am Fusse des „Stein“ oberhalb der Hochfläche der Ramsau; die meisten der bewaldeten Riegel, welche sich als Vorlagen von dem steilen Kalkgemäuer los- lösen, bestehen zu oberst aus der Breccie, welche im Gebiete der da- zwischen liegenden grossen Schutthalden erodirt ist und zegen die letzteren in ihrer ganzen Mächtigkeit jählings abbrieht. Die Breceie !) Die Geologie und ihre Anwendung auf die Kenntniss der Bodenbeschaffenheit der Oesterr.-Ungar. Monarchie. Wien 1875, pag. 601. — II. Aufl., 1878, pag. 662. ?) Die Vergletscherung der Deutschen Alpen, pag. 302. 66* 520 August Böhm. [92] baut sich fast durchgehends aus eckigem Getrümmer auf, von Grus und Schutt angefangen bis zu grössen Blöcken von einem Meter Durch- messer und darüber; letztere kommen jedoch verhältnissmässig selten vor, während Bruchstücke mittlerer Grösse, wie sie an recenten Schutt- haiden auftreten, am häufigsten sind. Mitunter finden sich in der Breceie auch Stücke, welche eine mehr oder minder vorgeschrittene Kanten- abrundung erkennen lassen; der Grad dieser Abrundung ist jedoch nie ein höherer, als er auch an einzelnen Trümmern unserer heutigen Schutthalden auftritt, in welch’ letzteren man auch oft Stücke findet, die in Folge grosser Sturz- oder Gleithöhe, oder aber in Folge von Rutschbewegungen in der Schutthalde selbst, Spuren einer Abrundung erkennen lassen. ') Das Material besteht hauptsächlich aus den Kalk- arten des hoch emporragenden Felsgewändes, zumeist also aus dunklem Muschelkalkdolomit und grauem Riffkalk, doch nehmen auch helle, rothgeäderte Kalkvarietäten an dessen Zusammensetzung Theil; in den weiter abwärts gelegenen Distrieten, welche sieh schon im Bereiche der Werfener- und Grauwackenschiefer befinden, sind auch diese letz- teren Gesteine in grosser Menge in der Breceie vertreten. Das Binde- mittel der Ablagerung ist eine grauliche bis hellgelbliche lehmige Masse, welche derselben dort, wo sie in hinreichender Menge, alle Zwischen- räume erfüllend, vorhanden ist, eine ausserordentliche Festigkeit ver- leiht. In manchen anderen Partien, ja stellenweise in ganzen Lagen, ist jedoch nur wenig von diesem Bindemittel zu bemerken; dort liegen die Gesteinstrümmer lose aufeinander, die Zwischenräume sind zum grössten Theil leer oder mit lockerem Grus erfüllt, und man kann mit Leichtigkeit einzelne Stücke aus diesem Haufwerk herausnehmen. Zwischen diesen beiden Extremen finden sich natürlich alle möglichen Zwischenstadien vertreten. Die Breccie zeigt in kleineren Partien keine Schiehtung, nur im Grossen, aus der Ferne gesehen, macht sich eine Art bankförmiger Ab- sonderung bemerkbar. Die Mächtigkeit der einzelnen Bänke ist sehr verschieden, in den meisten Fällen schwankt sie zwischen einem halben und einem Meter. Mitunter treten zwischen den gröberen Bänken auch deutlicher geschichtete, sandig-schlammige bis grusige Lagen auf, welche unter. localer Mitwirkung von Rieselwässern entstanden sein mochten. Die Bankung der Breecie folgt im Allgemeinen dem Gehänge; zunächst den Felswänden ist ihr Fallen am steilsten und beträgt dort 23—32°, weiter unten, wo sich das Gehänge verflacht, wird auch die Neigung der Breeeienbänke geringer; ausserdem aber nimmt das Gefälle der letzteren auch an einem und demselben Orte von den tieferen zu den höheren Lagen hin beständig ab, wie dies in manchen Schluchteinrissen schön zu sehen ist. In der Nähe der Felswände ist auch die Fall- !) Solche Stücke haben dann fast schon einige Aehnlichkeit mit dem Schotter eines Wildbaches, unterscheiden sich aber insgemein mit diesem von eigentlichen Flussge- schieben hauptsächlich durch die Beschaffenheit der Flächen; während nämlich ihre Kanten oft eine sehr vollkommene Abrundung erleiden können, verbleibt ihren Flächen immer eine gewisse Rauhigkeit, dieselben sind stets mit zahlreichen, unregelmässigen Vertiefungen, Grübchen, Furchen u. dergl. versehen, und können es nie bis zu jener schönen, gleichmässigen, matten Glätte bringen, wie sie allein den Flussgeschieben eigen ist. In einer Schutthalde können einzelne Stücke wohl eine Kantenrundung, nie aber eine Flächenglättung erfahren, [93] Die alten Gletscher der Enns und Steyr. 521 richtung der Breceie local variabel und beschreibt in ihrem aufein- anderfolgenden Verlauf Theile der Mantelflächen von äusserst stumpfen Kegeln. Die Breccie erweist sich eben ganz und gar als eine alte, ver- festigte Schutthalde und stimmt in allen ihren Zügen mit den ana- logen und heute noch vor sich gehenden Ablagerungen am Fusse steiler Felswände überein.!) Die Stärke dieser alten Schuttanhäufung beträgt 20—30, stellenweise aber auch 50 Meter. Dort, wo die allgemeine Breeciendecke schon entfernt ist, haben sich hin und wieder noch ein- zelne Ueberreste derselben in Gestalt von bastionen- und ruinenartigen Gebilden erhalten ; dieselben brechen, wie die Breceie überhaupt, all- seits in fast senkrechten Steilwänden ab und besitzen oft höchst sonder- bare und groteske Formen ; mitunter treten ganz abenteuerlich gestaltete, zackengekrönte Thürme und dünne, isolirte Pfeiler auf, deren Zusammer.- brechen man in jedem Augenblick erwarten möchte. Viele dieser nadel- förmigen Spitzgestalten tragen zu oberst eine Decke festen verkitteten Materials, welche über die sonstige Begrenzungsfläche vorsteht und die weicheren darunter liegenden Schichten vor der Eresion beschützte ; sie erinnern alsdann fast an die bekannten Erdpfeilsr und Erdpyramiden bei Bozen. Dieser Schutz der weicheren, mehr losen Partien durch darüber- lagernde feste Bänke ist auch die wesentlichste Ursache sowohl der Entstehung jener bizarren Formen, als auch des allgemeinen Steilab- bruchs der Breceie an den Erosionsrändern. Unsere Breccie erinnert in Allem und Jedem so sehr an die Höt- tinger Breecie bei Innsbruck ?), dass sie ohneweiters als eine derselben parallele Bildung bewerthet werden darf. Wie diese, so erweist sich auch die Ramsauer Breccie als älter denn die letzte Vereisung; sie wird an manchen Orten von Grundmoränen überlagert, ihre Oberfläche ist unter denselben angeschliffen und gekritzt, und Fragmente der Breccie treten als Geschiebe in den Moränen auf. In der Breceie selbst finden sich aber ebenfalls — allerdings nur in sehr vereinzelten Stücken — gekritzte und polirte Geschiebe, welche sich unbestreitbar als Gletseher- geschiebe erweisen; dieselben müssen aus Moränen stammen, welche ihrerseits wieder älter sind als die Breecie, so dass diese letztere sich in gleicher Weise, wie die Höttinger Breceie, als ein interglaciales Ge- bilde zu erkennen gibt. Eine direete Unterlagerung derselben durch Moränen, wie dies bei Innsbruck der Fall ist, habe ich zwar hier bislang nicht beobachtet, doch wird Niemand, welcher die beiden Breceien- vorkommnisse kennt, an der Gleichalterigkeit derselben zweifeln, noch weniger aber die Ramsauer Breccie für älter halten als jene in der Nähe der Tiroler Hauptstadt. Ich fand die Breceie heute noch am !) Am Fusse einer ausgedehnten Felswand findet niemals der ganzen Breite nach eine gleichmässige Anhäufung von Schuttmassen statt, sondern es sind jene Stellen besonders bevorzugt, welche sich unter dem Ausgang von Schluchten, Gräben und Furchen des Gemäuers — den sogenannten Steinschlagrinnen — befinden. Hier entstehen getrennte Schuttke gel, welche bei ihrem Wachsen weiter unten zu einer Schutthalde verschmelzen ; diese trägt anfangs noch durch wellige Krümmungen ihrer Oberfläche der Kegelgestalt ihrer Componenten Rechnung, weiter unten aber vermindern sich auch diese, und es entsteht eine gleichmässige Schuttfläche vön constanter Fallrichtung, welche mit derjenigen des Gehänges vollkommen übereinstimmt. In typischer Aus- bildung und weitester Erstreckung ist ein solches Schuttfeld am Fusse der grossartigen Südwand der Dachsteinspitzen zu sehen. °) Penck, |. c. Capitel XVIII, Alte Breccien der Nördlichen Kalkalpen, 522 August Böhm. [94] zusammenhängendsten entwickelt am Südgehänge des „Stem“, östlich vom Brandriedel; westlich vom Brandriedel treten nur isolirte Partien derselben auf, so in der Gegend der Brand- und Neustattalpe, ferner bei der Scharlalpe, im Tiefenbach und in der Hachau. Die Breecien- bildung begann am Fuss der Felswände in einer Höhe von 1800 bis 2000 Meter und erstreckte sich abwärts bis gegen die Hochfläche von Ramsau, also bis zu einer Tiefe von ungefähr 1100 Meter; die Breite, auf welcher die Ablagerung erfolgte, beträgt 7 Kilometer. Die Bildung der Höttinger Breccie fällt, wie Penck gezeigt hat, in die Zeit zwischen der ersten und zweiten Vereisung!); ob nun die Ramsauer Breccie derselben Interglacialzeit,, oder aber jener zwischen der zweiten und dritten Vergletscherung angehört, dies lässt sich des- halb nicht mit Sicherheit entscheiden, weil wir eben in unserem Gebiete jeweils nur die Spuren zweier verschiedenen Vereisungen gefunden haben, von denen stets nur die eine, nämlich die jüngste, als solche identifieirt werden konnte. Gewiss ist jedoch, dass die Breecie älter ist als die jüngste Vereisung und dass vor ihrer Bildung bereits eine andere, frühere Vergletscherung erfolgte. Aehnliche Brececien sind in unserem Gebiete ziemlich verbreitet, insbesondere an den Abhängen wilder und schroffer Gebirge; ich be- gegnete derartigen Breecienbildungen, welche ich mit der Höttinger und Ramsauer Breccie in eine Linie stellen möchte, an der Südseite des Reichenstein oberhalb der Treffenalm, an der Nordseite desselben Berges oberhalb der Langgriesschlucht, unter den Nordwänden des Hochthors im Haindlkar, an dem Südgehänge des Grossen Buchsteins in der Um- gebung des Brucksattels, im oberen Gstatterboden und an der südöst- lichen Abdachung des Tamischbachthurms oberhalb des Scheibenbauers. Auch im Urgebirge kommen derlei alte Breceien vor, ich sah eine solche in der "Walcher n, woselbst ebenfalls eine Ueberlagerung derselben durch die Moränen zu beobachten ist. Diese Breecie ist schon von Erzherzog Johann, dem begeisterten Alpenfreunde, auf seiner Alpenreise im Jahre 1810 bemerkt und erwähnt worden. ?) Dieselbe besteht zumeist aus eckigen Trümmern und Stücken von krystallini- schem Kalk, während Glimmerschiefer und Gneisse nur in sehr geringer Menge darin vorhanden sind. Das Hirscheck, an dessen Gehänge die‘ Bildung der Breecie erfolgte, besteht nämlich selbst ganz aus Krystal- linischem Kalk, da es einem jener Kalkzüge angehört, welche an ver- schiedenen Orten das steierische Urgebirge durchstreichen. Der Kalk geht übrigens häufig in einen Kalkglimmerschiefer über, welcher sehr leicht verwittert. In den Moränen treten auch hin und wieder Geschiebe dieser Breccie auf. !) Um Verwechslungen vorzubeugen, sei hier darauf aufmerksam gemacht, dass Penck in seiner „Vergletscherung der Deutschen Alpen“ die Eiszeiten nicht immer ihrer Altersfolge nach als erste, zweite und dritte Vereisung bezeichnet, sondern diese Bestimmungen zumeist mit Bezug auf die Reihenfolge gebraucht, in welcher die einzelnen Vergletscherungen historisch nachgewiesen wurden; die älteste Vereisung | wird nach diesem Darstellungsprineip als die „zweite“, die mittlere, zuletzt erkannte, als die „dritte“ Eiszeit angeführt. Für die Folge dürfte es sich jedoch empfehlen, dies- bezüglich an der natürlichen Aufeinanderfolge der Vergletscherungen festzuhalten, ?) Aus Erzherzog Johann’s Tagebuch. Eine Reise in Obersteiermark im Jahre 1810. Herausgegeben von F. Ilwof. Graz, 1882, pag. 94. a RENTEN REEL SEN BERN [95] Die alten Gletscher der Enns und Steyr. 523 Im Gebiete der Steyr habe ich keine alten Breceien angetroffen, und Vorkommnisse diluvialer Nagelfluh nur an drei Orten. Im Thal der Krummen Steyrling erhebt sich die letztere in der Thalweitung „In Santen“ 184 Meter über den Fluss, zu einer Meereshöhe von 698 Meter, und kurz vor der Einmündung dieses Thales in das der Steyr bildet sie jene begrünte, hügelartige Erhebung („Jugendfeindkogel*), welche das Becken von Molln gegen Osten abschliesst, und dessen flacher Rücken bei einer Meereshöhe von 482 Meter (O.-A.) noch 70 Meter über dem Flussspiegel gelegen ist. Die Terrasse der Glacialschotter der jüngsten Vereisung, aus welcher sich dieser Ueberrest einer einstmaligen älteren Terrasse der diluvialen Nagelfluh erhebt, liegt hier nur 20 Meter über dem Fluss. An der Steyr selbst sind Schichten diluvialer Nagelfluh bei dem Wallfahrtsorte Frauenstein (502 Meter O.-A.) erhalten, und zwar bis zu einer Höhe von 90 Meter über dem Fluss. Die Glacialschotter- terrasse besitzt hier nur eine Mächtigkeit von 41 Meter. Auch im Steyr- thal finden sich somit, wie nicht anders zu erwarten, Rudimente der Anschwemmung einer früheren Vereisung. VII. Capitel. Kare und Seen. Das Kar. — Beschränkung dieser Hohlform auf das alte Gletschergebiet. — Das Kar eine Erosionsform nicht des fliessenden Wassers, sondern des Gletschereises. — Wurzel- stätten der alten Gletscher. — Die Verbreitung der Kare ein Mittel zur Bestimmung der glacialen Firnlinie. — Höhe derselben im Ennsgebiete 1400— 1500 Meter. — Andere Methoden deren Bestimmung. — Die kleinen Bergseen der Niederen Tauern. — Seen- reihen und Seenzonen. — Hierauf beruhende Ausscheidungen postglacialer Stadien der Vergletscherung, — Incongruenz derselben in verschiedenen Gebirgen. — Wohlerhaltene Glacialerscheinungen in den obersten Abschnitten der Tauernthäler. — Felsbecken derselben und deren glaciale Entstehung, — Mangel an grossen, tiefgelegenen Thalseen und Ursache desselben. — Erloschene Seen des Ennsthales. — Torfmoore und Sümpfe. — Der Almsee, — Historischer Streifblick auf die Seethäler der nordischen Gebirge. Mit der allgemeinen Höhenabnahme der Alpen gegen Ost geht eine entsprechende Verminderung in der Gletscherbedeekung derselben Hand in Hand. Während in der Oetzthalergruppe 16°9 Procent der gesammten Grundfläche des Gebirges unter Eis begraben sind, ver- ringert sich dieser Betrag in der Stubayergruppe auf 98, in den Zillerthaler Alpen auf 7'3 und in der Osthälfte der Hohen Tauern auf 7:0 Procent. !) - Betreten wir in den Tiroler Centralalpen einen hohen Aussichts- punkt und halten Umschau, so sehen wir die Thäler nach oben zu in eigenthümlich gestaltete, „weite und sanftgeneigte Mulden übergehen, welche die grossen Firnmeere beherbergen, aus denen die Gletscher- ströme ihren Ausgang nehmen. Aber nicht nur an den Enden der Thäler macht sich diese wannenartige Hohlform des Gebirges bemerkbar, 1) C.v. Sonklar, Die Oetzthaler Gebirgsgruppe. Gotha, 1861, pag. 273. — Die Gebirgsgruppe der Hohen Tauern. Wien, 1866, pag. 286. — Die Zillerthaler Alpen, Gotha, 1872, pag. 5. 5924 August Böhm. [96] s sie tritt auch an den Berghängen auf, woselbst sich allenthalben unter den Gebirgskämmen kesselförmige Nischen befinden, welche nach rückwärts und nach den Seiten hin bogenförmig durch steile Wandungen geschlossen sind, während der flache Boden der Mulde nur nach vorne geöffnet ist und dort in der Regel ziemlich unvermittelt in einen Steil- absatz übergeht. Nirgends sind diese Gehängnischen, welche in den Östalpen ebenso wie die hochgelegenen Ausgangsmulden der Thäler „Kare“ !) genannt werden, schöner und regelmässiger ausgebildet, als in den Gründen des Zillerthales, vornehmlich in der Floite, Stilluppe und Hundskehle; hier liegen die Kare an den Berggehängen dicht gedrängt, ihre oberen, meist noch firnerfüllten Theile sind durch kurze Kammwiderlagen von einander getrennt, ihre unteren, schuttbedeckten Partien verschmelzen hingegen zu einer Art von Terrasse, welche sich dem ganzen Kamm entlang in einer gewissen Tiefe unter demselben hinzieht, und welche mit einem plötzlichen Steilabsturz auf den Grund des Thales abfällt. Ueber diese Karterrasse?) stürzen die Abflüsse der einzelnen Kare theils ihrer ganzen Höhe nach als Wasserfälle herab, theils haben sie sich bereits mehr oder minder tiefe Schluchten von oben her in dieselbe eingenagt. ?) Die Thätigkeit des rinnenden Wassers ist überhaupt darauf bedacht, die Karform zu vernichten, und steht der- selben feindlich gegenüber; das Wasser beginnt seine Sägearbeit am Ausgang des Kars an dem Steilrand gegen die Tiefe des Thalgrundes, und indem der Anfangspunkt dieser Wirkungsäusserung mit dem relativen Rückwärtsschreiten der Erosion bei fortgesetzter Schluchtvertiefung der Wasserrinne immer weiter in das Innere des Kars hinein verlegt wird, tritt an die Stelle der charakteristischen Muldengestalt des Karbodens jener Querschnitt, welcher allenthalben der Thalbildung durch fliessen- des Wasser entspricht. So gehen die Kare allmälig ihrer Zerstörung entgegen, und man hat in den Alpenthälern hinreichend Gelegenheit, alle Stadien, welche sie hierbei durchlaufen, zu verfolgen. Das Aus- gangsglied dieser Reihe, wenn es uns in unverletzter, typischer Aus- bildung entgegentritt, bildet das Kesselkar, welches nicht nur durch steile Felswände nach rückwärts und nach den Seiten hin begrenzt wird, sondern welches auch nach vorne zu durch eine mehr oder minder bedeutende Bodenschwelle aus anstehendem Gestein geschlossen ist, und deshalb auf seinem Grunde meist einen kleinen See beherbergt. ?) In den meisten Fällen jedoch besitzt der Boden des Kars keine solche vollkommen schalenförmige Gestalt, sondern hat eine constante, wenn ') Die Schreibweise Kar ist richtiger als Kaar oder Kahr. Vergl. H. Wallmann, Das Kar. Zeitschr. des Deutschen Alpenvereins, I, 1870, pag. 305—309. 2) Ich gebrauche hier den Ausdruck „Karterrasse“ mit guter Absicht, indem durch denselben angedeutet werden soll, dass solche Terrassen nicht unter allen Um- ständen einen alten Thalboden repräsentiren müssen. >) In ausgezeichneter Weise treten jene Karbildungen auf der in Bezug auf plastische Wirkung unübertroffenen „Special-Karte der” Centralen Zillerthaler Gebirgs- gruppe“ in zwei Blättern (1 :50.000) hervor, welche vom Deutschen und Oesterreichischen Alpenverein als Beilage zum XIII. Bd. seiner „Zeitschrift“ (1882) herausgegeben wurde. *) Eines der schönsten Kesselkare in den Ostalpen ist jenes, welches sich süd- östlich von Reisseck (2959 Meter, Sp.-K.) in der Hochalpenspitzgruppe befindet. Seine Grösse ist zwar nicht bedeutend, der Durchmesser beträgt nicht ganz 2 Kilometer, aber es ist vollkommen regelmässig gestaltet, fast kreisförmig geschlossen, und besitzt drei stufenförmig über einander gelegene Seen. [97] Die alten Gletscher der Enns und Steyr. 525 auch äusserst geringe Neigung gegen den vorderen Ausgang. Entspringt dem Kar ein halbwegs wasserreicher Abfluss, «ann entsteht am Ab- sturze desselben eine Schlucht, welehe immer tiefer und weiter in das Kar zurückgreift und in dem sanften Gebirgsschooss eine steilwandige Thalfurche auswäscht. Die treffende Bezeichnung „Kar“ '!), welche der deutsche Aelpler für die hochgelegenen muldenförmigen Thalenden und die trogförmigen Nischen an den Kammgehängen seiner Berge gebraucht, deckt sich voll- ständig mit den schottischen „Coombs“, den skandinavischen „Botner“, den pyrenäischen „Oules“ und mit den „Cirques“ der französischen Schweiz, welch’ letztere Benennung vorzugsweise in die deutsche wissenschaft- liche Terminologie Eingang gefunden hat. Aber es ist nicht einzusehen, warum man nach einem fremden Ausdruck greifen soll, wenn man einen guten im eigenen Lande hat, und noch dazu in einer so schmieg- samen und sprachlichen Form. Ich bin überzeugt, dass Niemand, welcher in unseren Alpenländern selbst gearbeitet hat, es über sich bringen würde, in den Ostalpen von einer „Cirke“ zu reden, denn wenn man Tag für Tag mit dem viel bezeichnenderen Ausdruck Kar in seinen mannigfachen Zusammensetzungen und Beschreibungen als Firn-, Eis- oder Schneekar, als Fels-, Stein-, Trümmer- oder Schuttkar, als Seekar und als Kesselkar in Berührung kommt, dann associirt sich das Ver-- ständniss für diese Hohlform des Gebirges auf das Innigste mit dem so oft gehörten Namen. Deshalb wollen wir denn unseren Alpen ihre Kare belassen und zwar umsomehr, als dieser Ausdruck so consequent für diese einzige Charakterform gebraucht wird, und durchaus keine Verallgemeinerung seiner Bedeutung verträgt, wie eine solche bei der Benennung „Cirke* oder „Cirkus“ mitunter platzgreift. Steht man z.B. auf der Berliner Hütte im Zillerthaler Hochgebirge angesichts der gross- artigen weiten Gletscherrunde des Zemmgrundes, welche sich aus drei primären und mehreren secundären Gletschern zusammensetzt, so wird man niemals von einem einzigen grossen Eiskar reden dürfen, son- dern stets unter diesem Ausdrucke nur .eine jede Gletschermulde für sich allein verstehen können; das Gegentheil würde wider jeden Sprach- gebrauch verstossen ; hingegen kann man sehr wohl auf die Gesammt- heit aller dieser Gletscherkare die Bezeichnung „Cirke* übertragen und ganz allgemein von einem Gletschereirkus des Zemmgrundes sprechen. ?) ‘) Der Name kommt nicht, wie die Gebrüder Schlagintweit meinen, „von kehren, verkehren, wechseln der Gemsen an ähnlichen Stellen“ (Untersuchungen etc. pag. 41), sondern ist uralten Ursprungs. In der Grundbedeutung bezeichnet Kar einen hohlen, vertieften Raum, und man hört auch heute noch öfters „Milchkar“ für Milch- schüssel, „Salzkar“ für Salzgefäss, „Brunnkar“ für Brunnentrog, ferner „Tennkar“, worunter man ein kastenartiges Fach in der Tenne versteht, welches auf drei Seiten geschlossen und auf der vierten Seite zum Einschieben der Feldfrüchte offen ist, u.s.w. (Wallmann, 1. ce. pag. 307). 2) Das Kar entspricht durchaus dem norwegischen Botn, was beim Cirkus oder der Cirke nicht so ganz der Fall ist. Bei der letzteren muss man nämlich Gehänge- eirken und Thalcirken unterscheiden; nur jene decken sich mit dem Begriff des Kars und des Botn, diese hingegen sind dem norwegischen „Saekkedal* analog und können in entsprechender Weise als „Thalkessel“ oder „Thalwannen“ bezeichnet werden. Kare, Botner und Gehängecirken sind kesselföürmige Mulden oder Nischen im Gehänge, Saekkedale und Thalcirken oder Thalkessel sind kesselförmige Erweiterungen der Jahrbuch der k. k. geol. Reichsanstalt 1885. 35. Band, 3. Heft. (August Böhm,) 67 526 August Böhm. [98] Oestlich von den Hohen Tauern hört die Gletscherbedeckung fast mit einem Schlage auf; nur in der Umgebung des Hafnerecks und am Dachsteingebirge finden sich noch einige kleine Gletscher, und im Uebrigen ist nur hin und wieder noch ein perennirendes Schneefeld in der Gruppe des Hochgolling und auf dem Todten Gebirge bemerkbar. Dem Kar jedoch begegnen wir auch hier in ganz derselben Weise wie früher, und zwar können wir dasselbe genau so weit verfolgen, als die alten Gletschergebiete reichen. Würde einfach erkannt werden, dass in allen alten Gletscherbezirken Kare vorhanden sind, dann könnte man meinen, dass dieselben, da sie durch ihre muldenförmige Gestalt die Ansammlung grosser Firn- und Eismassen zweifelsohne begünstigen, in einer gewissen ursächlichen Beziehung zu der Gletscherentwicklung stünden; aber wir erkennen mehr als dieses, denn es stellt sich heraus, dass die Kare den nicht vergletschert gewesenen Gebieten fehlen, dass sie auf die alten Gletscherdistriete beschränkt und somit ihrerseits durch die Gletscher bedingt sind. Es wäre auch nicht leicht zu begreifen, wieso die Gletscher auf eine bestimmte Hohlform des Bodens angewiesen sein könnten: ein Gletscher ist ein klimatisches Phänomen und kann als solches durch die Bodenform in seiner Entwicklung wohl befördert oder behindert, niemals aber durch dieselbe an und für sich veranlasst werden. Wir sehen ja auch, dass heute nicht alle Kare von Gletschern erfüllt sind, aber wir können kein Kar bemerken, welches ausserhalb des Bereichs der eiszeitlichen Vergletscherung gelegen wäre. Anderseits hingegen erscheint es ganz natürlich und selbstverständlich, dass sich ein Gletscher unter den erforderlichen klimatischen Bedingungen auch dann bilden könne, wenn er an seinem Ursprungsorte nicht gerade ein Kar, sondern einen rinnenförmig gestalteten Thalschluss vorfindet. Dass das Kar ebenso wie die Cirques, die Oules, Coombs und Botner eine reine Erosionsform ist, darüber kann wohl heutzutage kein Zweifel mehr obwalten; in dem Gebirgsbau ist diese Muldengestalt der Thalenden nicht vorgezeichnet, und wollte man sie anders als durch Erosion erklären, dann müsste man zu Einstürzen seine Zuflucht nehmen, mit denen man sich indessen in dieser Ausdehnung und Allgemeinheit schwerlich befreunden dürfte. Das Kar ist aber keine Erosionsform des fliessenden Wassers, dessen Thätigkeit, wie wir gesehen haben, viel- mehr darauf abzielt, die Kare zu vernichten, sie ihrer eigenthümlichen Bodengestaltung zu berauben; das fliessende Wasser erzeugt Rinnen, aber keine Mulden. Es erübrigt also nur die Erosion durch die Gletscher selbst, welche die Kare einst erfüllten, und zum Theil auch heute noch in ihnen lagern. Diese Erosion ist übrigens nicht so zu verstehen, als ob der ganze Hohlraum, welcher uns heute als Kar entgegentritt, derselben seine Entstehung verdanke, es ist lediglich die charakteristische Erweiterung und Ausbildung desselben zur Kargestalt, welche als ein Werk der Glacial-Erosion betrachtet werden muss. Der Umstand, dass Thalsohle am Ursprung des Thals. Die ersteren können auch den Ursprung der Thäler bilden, gehören aber, wie gesagt, immer dem Gehänge — in diesem Falle dem Hintergehänge des Thales — an und liegen über der Thalsohle, durch eine Steilstufe von derselben getrennt; ein Kar, welches zugleich die Thalsohle bildet, gibt es nicht, dies würde dem ganzen Wesen desselben wideısprechen. Hingegen gibt es Kare, welche mehrere Abstufungen, mehrere „Karböden“ über einander besitzen. dr ie ee [99] Die alten Gletscher der Enns und Steyr. 3927 dies letztere nicht oft genug mit dem nöthigen Nachdruck betont wird, mag eine Hauptursache davon sein, dass die Anhänger der Glaeialerosion so vielfach der „Uebertreibung“ beschuldigt, und dass ihre Aeusserungen deshalb nieht immer mit ruhigem Ernst beachtet und gewürdigt werden. Wenn man schlechtweg sagt, die Botner und Cirken sind Producte der Glacialerosion, dann kann ein Anderer, der nicht weiss, dass man hierbei stets nur die Form, nieht aber den ganzen vertieften Raum als solchen im Auge habe, die Sache anders verstehen und sich ebenso schlechtweg über diese Behauptung als eine offenbare Uebertreibung hinwegsetzen. Die Ansicht jedoch, dass bereits vorher bestandene Rinnen, Furchen, Gräben, Tobel, Trichter u. s. w. durch das Eis zu Karen, Cirken und Botner erweitert und ausgeschleift wurden, dürfte umso weniger kurzweg von der Hand zu weisen sein, als sie allein die geographische Verbreitung dieser Erosionsform, ihre Beschränkung auf die alten Gletschergebiete, vollständig erklärt. Da bisher die Identität der Kare mit den Coombs und Botner noch niemals, und überhaupt das Vorkommen von diesen letzteren ana- logen Bildungen in den Ostalpen noch nicht genugsam hervorgehoben - wurde, so sei hier nochmals bemerkt, dass solche Bildungen eben in unseren Karen vorliegen , und sei weiters zum Vergleich auf die treff- lichen Schilderungen der Coombs und Botner von Ramsay!) und von Helland?) verwiesen. Liest man dann auch die Beschreibung nach, welche Gümbel°) von den Karen des Bayerischen Alpengebirges, oder jene, welche die Gebrüder Schlagintweit‘*) von den Muldenformen der Tiroler Hochalpen gegeben haben, dann wird man inne, dass hier allent- halben ein und dasselbe orographische Gebilde gemeint ist, welches in den verschiedenen Gebirgsländern unter verschiedenen Namen wieder- kehrt. Ueberall sind es mehr oder minder kesselförmige Erweiterungen der obersten T'halenden °) und der Furchen in den Kammgehängen, deren relativ flacher und ebener Boden rings von schroffen Steilwänden um- schlossen und nur nach einer Seite hin geöffnet ist; mitunter ist diese Oeffnung weit und erstreckt sich über die ganze Breite des Kars, mit- unter aber ist sie enge und es entsteht ein fast vollständig begrenzter Kessel, das Kesselkar, an dessen Ausgang sich oft noch eine unbe- deutende Bodenschwelle befindet, welche dann in der Regel einen See in seinem Inneren veranlasst. Ausserdem treten in den Karen häufig !) The Physical Geology and Geography of Great Britain. London, IV” ed, 1874, pag. 285, ff. ”) Om Botner og Saekkedale samt deres Betydning for Theorier om Dalenes Dannelse. Geologiska Förenings i Stockholm Förhandlingar. II, 1875, Nr. 9, pag. 286. — On the Ice-Fjords of North-Greenland, and on the formation of Fjords, Lakes and Cirgues in Norway and Greenland. Quart. Journ. of the Geological Society of London. XXXIU. 1877, pag. 161, ft. ?) Geognostische Beschreibung des Bayerischen Alpengebirges und seines Vor- landes. Gotha, 1861, pag. 31. #) Untersuchungen über die Physikalische Geographie der Alpen. Leipzig, 1850, pag. 199, ff. — Hier werden übrigens bereits die Kare mit den „Cirques“ identifieirt (pag. 41 und 200). 5) Nochmals aber muss darauf hingewiesen werden, dass die muldenförmigen Erweiterungen der eigentlichen Thalenden nur dann als Kare zu bezeichnen sind, wenn sie über der Thalsohle, im Hintergehänge des Thales gelegen sind. Das Kar ist stets durch eine mehr oder minder steile und hohe Stufe von dem Thalboden getrennt, 67* 598 August Böhm. [100] auch Seen auf, welche durch Schuttansammlungen aller Art, durch Bergstürze, Steinlawinen, Schutthalden, alte Stirnmoränen u. del. abge- dämmt wurden. In den "Hochalpen sind die meisten Kare heute noch von Firn und Eis erfüllt und erscheinen als die Wurzelstätten der grossen Gletscher ; in anderen Gebirgstheilen sind sie entweder gänzlich wit Trümmerwerk und Schutt bedeckt und gehören diesfalls” zu den ödesten und unwirthlichsten Regionen des Gebirges, oder aber die Schuttanhäufung ist auf die höher gelegenen, randlichen Partien des Kars beschränkt, und dann ist der eigentliche Boden der Mulde in Folge grösserer Ansammlung von Feuchtigkeit oft mit frischem, saftigen Grün überzogen und bietet die allerbesten Alpenweiden. !) Als die drei grössten und schönsten Kare, welche mir im Gebiete der Ostalpen bekannt wurden, möchte ich bezeichnen : in der nördlichen Kalkzone: das Rossloch (eirea 1800 Meter) im obersten Isarthal, westlich von der Grubenkarspitze (2664 Meter Sp.-K.) mit einem Durchmesser von 37 Kilometer; in der Centralkette, abgesehen von noch weit grösseren firn- und eiserfüllten Karen: das Bodenkar (eirca 2100 N Meter) i im Zillerthal, nördlich vom Grundschartner (3061 Meter Sp.-K.) mit einem Durchmesser von 3'8 Kilometer; in der südlichen Kalkzone: den weiten Alpenkessel von Klein-Fanis (circa 2300 Meter) in den Ampezzaner Dolomiten, öst- lich vom Hl.-Kreuzkofel (2905 Meter Sp.-K.) mit einem Durchmesser von vollen 5 Kilometern. Das Ennsgebiet, heute so arm an Gletschern, ist nichtsdestoweniger noch überreich an Karen; ihrer besonders typischen und regelmässigen Ausbildung wegen seien erwähnt: im Flachauerthal das Raucheneck- und das Ennskar, im Zauchthal das Vordere Vogelkar, im ÖOberthal das Wettern- und das Duisilzkar, im Unterthal das Rauhenberg- und das Sonntagskar, in der Kleinen Sölk das Stellkar und das Fürstenkar und in der "Grossen Sölk das Ahornkar; ferner das Sulzkar im Gesäuse, und das Buckelkar, sowie der „Seeboden“ an der Nordseite der Haller Mauern bei Admont. Die meisten Kare tragen heute noch unverkennbare Spuren von Gletscherwirkungen , sie stellen, wie Penck bezüglich der Pyrenäen- eirken sich treffend ausdrückt?), „die charakteristisch erwei- ') Wie ein sonst doch so bewanderter Alpenkenner wie Löwl (Ueber Thal- bildung. Prag 1884, pag. 126) behaupten konnte, ein Kar gleiche einem „Trichter“, besitze „nie eine flache Sohle“, berge „nie und nirgends einen See“, ist mir absolut unverständlich, und kann nur auf einem Missverständnisse bezüglich der eng umgrenzten Anwendung dieser Bezeichnung beruhen. Löwl hat doch auf seinen Bergfahrten (Aus dem Zillerthaler Hochgebirge. Gera, 1878) hinreichend Gelegenheit gehabt, mit Karen bekannt zu werden, und sich von dem Gegentheil dieser seiner Behauptung zu über- zeugen. Ein „Trichter“, welcher aus dem oberen Ende einer „Klamm“ emporsteigt, wird von dem Aelpler nie und nirgends als „Kar“ bezeichnet. Auf Grund eigener Anschauung muss ich wiederholt betonen, dass „Botner“ und „Kare“ vollkommen identische Begriffe sind; beide Hohlformen sind auf ursprüngliche „Trichter“ zurück- zuführen, in der Art, dass sie durch muldenförmige glaciale Ausschleifung derselben entstanden. Es gibt deshalb typische und auch weniger typische Botner und Kare, aber beide sind stets muldenförmige Gehängnischen mit flacher Sohle, und keine Trichter. ”) Die Eiszeit in den Pyrenäen, pag. 54. ee 7) RE SEN WE. nt Er Er eg Sa. 2 25 PIERRE — [101] Die alten Gletscher der Enns und Steyr. 5929 terten Wurzelpunkte von Eisströmen“ dar. Dieser Ausspruch wird dadurch gerechtfertigt, dass die Gehängeeirken der Pyrenäen nie- mals in einer tieferen Höhenlage des Gebirges auftreten, als jene in welcher sich die eiszeitliche Schneelinie befand; letztere wurde dort- selbst zu 1700 Meter ermittelt, unter dieses Niveau reicht keine einzige Cirke herab. Eine ähnliche Beschränkung, nieht nur in horizontaler Richtung auf das alte Gletscherbereich, sondern auch in vertikaler Be- ziehung auf eine bestimmte Höhenlage, macht sich auch hinsichtlich der Kare im Gebiete der Enns und Steyr bemerkbar. Im Unterennsthal ebenso wie im unteren Steyrthal und in den gesammten niederöster- reichischen Vorgebirgen gibt es keine Kare, und den tiefsten Bildungen dieser Art begegnen wir in einer Höhe von 1400—1500 Metern. Thäler, welche unterhalb dieser Höhenstufe ihren Anfang nehmen, besitzen ein sanz anders gestaltetes Sammelgebiet ihrer Gewässer; entweder laufen sie in einfache Gräben oder Wasserrisse aus, oder es entsteht durch die Vereinigung mehrerer derselben ein Trichter. Ein Trichter ist aber nicht dasselbe wie ein Kessel oder eine Mulde, er hat mit diesen beiden nur das eine gemein, dass die Abdachung seiner Umwandung von allen Seiten her radienförmig gegen einen Mittelpunkt oder auch nur gegen eine Mittellinie zu erfolgt, aber es fehlt die trogartige Unter- brechung des Gefälls, welche die Kare charakterisirt. Dieselbe Höhe von 1400—1500 Meter erweist sich in unserem Gebiete aber auch als die tiefste Ausgangshöhe alter Gletscher; die Kare der Haller Mauern (Pyhrgassgruppe), von denen Gletscher nachweislich ausgingen, liegen in einer Höhe von 1500— 1600 Meter, ebenso zwischen 1400 — 1600 Meter jene des isolirten Sengsengebirges, welches auch eigene Gletscher er- zeugte; locale Gletscher entsprangen ferner dem Sulzkar in der Gruppe des Hochthors, dessen Boden 1400 Meter hoch gelegen ist, dem Schwabel- thal in der Hochschwabgruppe, dessen Sammelgebiet in der gleichen Höhe sich befindet u. s. w.; an Bergzügen hingegen, deren Kämme unter 1600 Meter, und deren Thaltrichter unter 1400—1500 Meter ge- legeu sind, gibt sich nieht die geringste Spur einer einstmaligen Ver- gletscherung zu erkennen. Wenn nun die tiefstgelegenen Kare in einer Höhe von 1400—1500 Meter auftreten und sich gleichzeitig als die tiefstgelegenen Hohlformen des Gebirges zu erkennen geben, aus denen überhaupt Gletscher ihren Ursprung nahmen, so geht hieraus auf das deutlichste hervor, dass die Kare nieht nur auf das alte Gletschergebiet im Allgemeinen, sondern innerhalb desselben ausserdem auf das Nähr- gebiet der Gletscher, auf die Firnregion beschränkt sind und sich somit thatsächlich als die Wurzelpunkte der Eisströme erweisen ; und weiters, dass die Nährstätten der eiszeitlichen Gletscher nicht über jene Höhengrenze herabreichten, und dass folglich diese letztere unter Einem auch die ungefähre Lage der Firnlinie vergegenwärtigt. Im Gebiete der Enns und Steyr betrug demnach die Höhe der glacialen Firnlinie 1400— 1500 Meter. Kare, Cirken, Botner, und wie man sie sonst noch nennen mag, sind also das „orographische Leitfossil“ der alten Gletscher), und ‚ihre Verfolgung gibt uns ein Mittel an die Hand, die Höhe der !) Penck, Geographische Wirkungen der Eiszeit. Verhandlg. d. IV. Deutschen Geographentages zu München, 1884, pag. 79. 530 August Böhm. [102] glacialen Firnlinie mit einiger Genauigkeit zu bestimmen. Früher hatte man die Lösung dieser Aufgabe meist durch Rechnung angestrebt und trotz der vielfach unsicheren Grundlagen, auf denen dieselbe basirte, zufällig doch verhältnissmässig annehmbare Resultate erhalten. Der erste derartige Versuch für die Ostalpen wurde, so viel mir bekannt, von v. Sonklar!) gemacht, welcher die glaciale Schneelinie zu 3600 Fuss?) berechnete; später wiederholte derselbe verdiente Alpen- forscher die Berechnung in modifieirter und ausführlicherer Weise °) und erhielt für die Höhe jener Linie 4000 Pariser Fuss = 1300 Meter. Durch Speculationen, welche an die Ausdehnung des alten Etschgletschers gekniipft wurden, fand H. Höfer) die glaciale Schneelinie Tirols in 4026 Pariser Fuss = 1310 Meter Höhe, und auf Grund seiner Unter- suchungen im Gebiete des alten Inngletschers schätzte Penck°) die Höhe der Firnlinie in den Nordtiroler Alpen auf 1350 Meter. Einen genauen Weg zur Bestimmung der alten Schneelinie gezeigt zu haben, ist Simony’s schönes Verdienst %); das ebenso einfache wie sinnreiche Mittel besteht darin, jene niedersten Berghöhen ausfindig zu machen, von denen während der Eiszeit noch kleine Gletscher ausstrahlten, und dureh möglichst viele Beobachtungen dieser Art die Schneelinie zwischen zwei Grenzwerthe einzuengen, deren einer eben durch die Höhe jener Berghöhen und deren anderer durch die Höhenlage der betreffenden Gletscherenden gegeben ist. Zwischen diesen beiden Grenzen musste sich die Firnlinie nothwendigerweise befunden haben, wobei noch zu beachten ist, dass bei kleinen Gletschern das Ende derselben nur wenig weit unter die Firnlinie hinabdringt. Aus Beobachtungen dieser Art zog nun Simony die Folgerung, dass im Salzkammergute' die Schneegrenze während der Eiszeit nieht über 1000 Meter hoch gelegen sei, ein Betrag, welcher entschieden viel zu nieder gegriffen erscheint. Es ist jedoch zu bedenken, dass diese Angabe aus einer Zeit herrührt, zu welcher man noch keine genaue Kenntniss von der Existenz eines alten Traungletschers hatte, sondern nur von weit ausgedehnten Einzelgletschern sprach, welche alle höheren Kalkstöcke des Salzkammergutes bis an ihren Fuss über- zogen; die Annahme aber, dass auch die Thäler ganz mit Eis erfüllt waren, und dass ein einheitlicher Hauptgletscher das ganze Gebiet durchzog, erschien damals noch etwas gewagt; und so dürften vermuthlich Ablagerungen, welche von dem grossen Traun- und dem noch weit mächtigeren Salzachgletscher hinterlassen wurden, für die Ueberreste von localen Gletschern gehalten worden sein, welche in so tiefer Region gar nicht bestanden. Der Vorgang, welcher hier ein- geschlagen wurde, ist jedoch im Prineipe ein ganz vortrefflicher, und !) Von den Gletschern der Diluvialzeit, Mitthlg. d. k. k. geographischen Gesell- schaft in Wien. VI, 1862, pag. 5. ?) Es ist nicht recht ersichtlich, ob hier Pariser oder Wiener Fuss gemeint sind, da beide Maasse vielfach abwechselnd gebraucht und nur hin und wieder näher be- zeichnet werden. ») Die Gebirgsgruppe der Hohen Tauern. Wien, 1866, pag. 403. *) Gletscher- und Eiszeit-Studien. Sitzgs.-Ber. d. k. Akademie der Wissenschaften in Wien. LXXIX, 1879, I. Abthlg., pag. 357. 5) Die Vergletscherung der Deutschen Alpen, pag. 186. €) Gletscher- und Flussschutt ete., 1. e., pag. 273. T en‘ [103] Die alten Gletscher der Enns und Steyr. 531 er wurde seither auch von Partsch') bei der Bestimmung der eis- zeitlichen Schneegrenze in der Tatra und den Deutschen Mittelgebirgen mit Erfolg zur Anwendung gebracht. Für grosse Gebirge scheint mir indessen in der Praxis die Be- stimmung der alten Schneelinie durch die Höhenlage der Kare noch vortheilhafter zu sein, wenngleich von ihr theoretisch für eine jede ein- zelne Stelle kein so genaues Resultat zu erwarten ist, wie von der vorigen Methode. Hier aber macht sich eben, wie man aus dem oben angeführten Beispiel sieht, der Zwiespalt zwischen Theorie und Praxis sehr zum Nachtheil der ersteren bemerkbar. Schon in einem der früheren Capitel wurde darauf hingewiesen, wie schwer — ja fast unmöglich -— in manchen Fällen die Unterscheidung zwischen Moränen des Haupt- gletschers und solchen der localen Nebengletscher ist, aber gerade diese Unterscheidung, oder besser, die richtige Agnoseirung der Moränen von localen Gletschern, ist die Grundlage jener einen Art, die Höhe der alten Firnlinie zu ermitteln. Dieser Weg wird also nur dann sicher zum Ziele führen, wenn eine solehe Verwechslung von vorneherein aus- geschlossen erscheint, wie dies bei kleinen, niederen Gebirgen, welche überhaupt nicht weit über die einstige Schneelinie emporragten, der Fall ist; solche Gebirge , wie z. B. auch die Deutschen Mittelgebirge, besassen nämlich keine ähnlichen „Hauptgletscher“ wie etwa die Alpen, sondern beherbergten lauter einzelne, wohl individualisirte Eisströme, bezüglich deren zugehöriger Ausgangs- und Endpunkte nicht leieht eine Verwechslung erfolgen konnte. Eine andere Schwierigkeit ist jedoch in srossen wie in kleinen Gebirgen dieselbe. Will man nämlich die Firn- linie zwischen möglichst enge Grenzen einschliessen, dann muss man Beobachtungen an den kleinsten und kürzesten Gletschern der Eiszeit hiezu verwenden; diese kleinsten Gletscher waren aber auch von dem kürzesten Bestand, da sie auf den Höhenpunkt der Eiszeit beschränkt waren; sie werden deshalb verhältnissmässig weit geringere Spuren ihrer Anwesenheit zurück gelassen haben, als die grösseren Gletscher, deren Dauer eine längere war, und es werden sich somit oft bedeutende Lücken in der Beobachtung ergeben. Diese beiden Schwierigkeiten werden bei der Bestimmung der alten Schneegrenze durch die Verbreitung der Kare, Botner u. s. w. umgangen. Die Unterscheidung zwischen Haupt- und Nebengletschern ist hier gegenstandslos, denn ein Kar ist eo ipso immer der Ausgangs- punkt, die Wurzelstätte eines Gletschers. Ferner ist man hiebei nicht gerade auf die kleinsten Gletscher angewiesen, sondern auch von der Grösse der Gletscher unabhängig. Endlich hat sich die Karform viel besser und allgemeiner erhalten, als die übrigen Anzeichen des Bestandes der alten Gletscher, so dass hier über eine grosse Fülle von Daten behufs Gewinnung eines mittleren Werthes verfügt werden kann. Die einzelnen Daten an und für sich werden zwar, wie gesagt, local keine ganz genauen Werthe repräsentiren, weil der Grund der Firn- mulden der Gletscher nicht genau in der Höhe der Firnlinie sich be- findet, sondern zumeist etwas tiefer gelegen ist als diese. Die so ge- wonnenen Einzelangaben werden also local nicht jene Genauigkeit !) Die Gletscher der Vorzeit in den Karpathen und den Mittelgebirgen _ Deutschlands. Breslau, 188%. 532 August Böhm. [104] besitzen, welche den auf dem anderen Wege gewonnenen Bestimmungen von der Theorie zwar gewährt, welche aber in der Praxis, zumindest in grösseren Gebirgen, schwerlich erreicht wird; dafür aber wird der allgemeine mittlere Werth für ein ganzes grosses Gebirge ein um so verlässlicherer sein, als er sich nicht auf zwei oder drei Beobachtungen stützt, welche an der äussersten Randregion der Vereisung gewonnen wurden, sondern auf Erscheinungen gegründet ist, welche sich in eon- stanter und unzweideutiger Weise auf das ganze Gebirge vertheilen. Der Nachweis des Zusammenhanges einer bestimmten Hohlform des Gebirges mit der Höhenlage der Schneegrenze ist zuerst für die nordischen Botner von Helland erbracht worden; Partsch hat her- nach auch für die Kesselbildungen der Karpathen und der Deutschen Mittelgebirge dieses Abhängigkeitsverhältniss bestätigt, und desgleichen Penck bezüglich der Cirken in den Pyrenäen. Nun sehen wir auch die alpinen Kare in diese Gruppe von Charakterformen sich einreihen. Die Enden der Thäler gehen mitunter auch ohne Stufenbildung ganz unmerklich in flache Mulden über, in welchem Falle man es nicht mit Karen, sondern mit Thalkesseln oder Thalwannen zu thun hat, welche Formen demjenigen entsprechen, was Penck !) zum Unter- schiede von den Gehängecirken als Thaleirken bezeichnet. Diese Thal- kessel sind an die Thalsohle gebunden, während die Kare mit dieser letzteren nichts gemein haben. Es sind dies überhaupt keine so gut charakterisirten Formen wie die Kare, und man hat deshalb für die- selben auch keine ganz bestimmte, unzweideutige Bezeichnung. Als Thaleirken oder Thalkessel können ja, worauf bereits hingewiesen wurde, auch zusammengesetzte Thalschlüsse angesprochen werden, welche aus einer ganzen Runde von Karen gebildet werden; so z. B. die Thal- eirken von Schwarzenstein und Schlegeisen im Zillerthal, oder der schöne Felseneirkus des Rothgildenthals am Hafnereck im Lungau mit zwei stufenförmig übereinander gelegenen Seen. Schon Wallmann?) hat den ausserordentlichen Reichthum an kleinen Hochseen in den Thälern der Niederen Tauern hervorgehoben. In der That findet sich hier kaum ein Thal, welches nicht irgend welche Seen beherbergte, und allein in jenen, welche dem Ennsgebiete ange- hören, zählte ich deren einige 130. Es ist dies übrigens keine beson- dere Bevorzugung gerade der Steierischen Alpen, sondern dieselbe Seen- schaarung kehrt in allen Gebirgen wieder, welche sich als einstmals vergletschert erweisen. Erst in neuerer Zeit hat man jedoch diesen kleinen Bergseen die ihnen gebührende Aufmerksamkeit zu schenken begonnen, während man sich früher vorzugsweise dem Studium der grossen Seen zuwandte. Jene kleinen Hochseen sind nun aber durch- aus nicht gleichmässig über das ganze Gebirge verbreitet, sondern sie beginnen erst von einer bestimmten Höhenstufe an aufzutreten, welche ich im Ennsgebiete zu 1500 Meter ermittelte. Von dieser Höhe an treten bis zu 2400 Meter sehr häufig derlei Seen auf, von denen die weitaus überwiegende Mehrzahl, nämlich 103 von jenen 130 Seen, zwischen 1700 und 2200 Meter gelegen ist; von diesen letzteren wiederum 4) Die Eiszeit in den Pyrenäen, pag. 34. ?) Die Seen in den Alpen. Jahrb. d. Oesterreichischen Alpenvereins. IV, 1868, Ye [105] Die alten Gletscher der Enns und Steyr. 533 entfallen 80 auf die Höhenstufe 1700—2000 Meter, welche demnach bei einem allgemeinen Ueberbliek als der seenreichste Gürtel des Gebirges erscheint. Diese Seen, welche sich zumeist als echte Felsbeeken er- weisen, steigen daher ebenso, wie dies Penek!) aus den Pyrenäen vermeldet, nur selten bis auf den Boden der Stammthäler herab, son- dern sind in der Regel auf die Gehänge der Berge beschränkt, woselbst sie oft in einer Reihe stufenförmig über einander liegen. Fast jede solche Seenreihe findet in einem Kare ihren Abschluss. Beispiele der- artiger Seenreihen aus den Tauernthälern des Ennsgebietes sind: Taurachthal. Grünwald-See 1935 Meter (Sp.-K.) Einige kleine Seen bis zu 2030 Meter Seekar. Oberthal. Landauer-See 1680 Meter "Duisilz-See 1630 Meter Unterer Gigler-See 1913 Meter Einige kleine Seen eirca 1300 Meter Oberer Gigler-See Einige kleine Seen eirca 2100 Meter Giglerkar Kar u. d. Rothen Mandl. Unterthal. Klaffer-See circa 2000 Meter Unt. Sonntagskar-See 1928 Meter Unterer Rauhenberg-See 2275 Meter Oberer Sonntagskar-See 2036 Meter (Sp.-K.) (Sp--K.) Oberer Rauhenberg-See circa 2300 Sonntagskar Meter Kar u. d. Greifenberg. | Seewigthal. Hütten-See 1502 Meter (Sp.-K.) Pfann-See eirca 1900 Meter OÖber-See eirca 1680 Meter Filz-See eirca 2100 Meter Kar u. d. Hohen Wildstelle. Gruber-See eirca 2200 Meter Kar u. d. Hochstein. Grosse Sölk. Unterer Klafter-See ca. Hohen-See circa 1500 Unterer Kaltenbach-See 1700 Meter Meter 1761 Meter (Sp.-K.) Oberer Klafter-See ca. Schwarzen-See ca.2000 Oberer Kaltenbach-See 1800 Meter Meter eirca 1900 Meter Ahorn-See 2050 Meter Grün-See ea. 2050Meter Kaltenbachkar. (Sp.-K.) Schönkar Weissen See 2250 Meter Kar u. d. Hochknall 1) A. e., pag. 56. Jahrbuch der k. k. geol. Reichsanstalt. 1885. 35. Band. 3, Heft. (August Böhm.) 68 534 August Böhm. [106] Sunk. Kleiner Bösenstein-See eirca 1680 Meter Grosser Bösenstein-See 1748 Meter (Sp.-K.) Grüne Lacke Kar u. d. Grossen Bösenstein. Wenn auch manche dieser Seen ihre Existenz einer Abdämmung durch Sehuttkegel , Bergstürze u. dgl. verdanken, so geben sich doch die meisten derselben als Felsbecken zu erkennen; da nun aber. bei diesen kleinen Seen, welche zahllos über die Erosions-Oberfläche des Gebirges zerstreut sind, eine Abdämmung durch Schichtenfaltungen und ähnliche gebirgsbildende Vorgänge ausgeschlossen ist, und man im Ur- gebirge nicht so rasch mit Einstürzen bei der Hand ist, wie im Kalk, so können diese Seen nur in die Kategorie der Erosionsseen gestellt werden. Erosion durch fliessendes Wasser kann aber keine Seebecken schaffen und ist deshalb ebenfalls zu streichen. Ausserdem ist noch zu beachten, dass diese Seebecken zonenförmig in dem Gebirge ange- ordnet, also auf eine bestimmte Höhenlage beschränkt sind. Es muss demnach auch das Erosionsmittel in seiner Entfaltung in einem gewissen Abhängigkeitsverhältniss zu den Höhenregionen gestanden haben, welche Bedingung einzig und allein von den Gletschern erfüllt wird. Die Vergletscherung eines Gebirges ist ihrer Ausdehnung nach begrenzt und innerhalb derselben unterschiedlichen Schwankungen unterworfen, Sind die Erosionsseen Produete der Glacial-Erosion, dann wäre zu erwarten, dass dieselben über das ganze Gebiet der einstigen Vergletscherung verbreitet seien. Aber die Seen sind Gebilde ephemerer Natur, fortwährend wird an ihrer Ausfüllung gearbeitetet, und im Laufe der Zeit gehen sie ihrer völligen Zuschüttung entgegen und erlöschen. Die seenreichen Regionen der Niederen Tauern vergegenwärtigen uns also Bezirke, in denen jener Process der Ausebnung, welcher ‚sofort mit dem Gletscherrückzuge begann, unter sonst gleichen Umständen von kürzerer Dauer war, als in den weiter abwärts gelegenen Distrieten, mit anderen Worten Gebiete, aus denen sich die Gletscher erst in späterer Zeit zurückzogen, und welche uns somit ein letztes, post- glaciales Stadium der Vergletscherung bezeichnen. Ein solches Stadium ist bereits in Schottland von Geikie!) und im den Pyrenäen von Penek?) nachgewiesen worden; in den letzteren reichten die Gletscher während desselben im Mittel bis auf 1550—1700 Meter Höhe herab. Mit diesem Ergebnisse stimmt das von uns für die Niederen Tauern gewonnene vollständig überein, denn auch hier treten die tiefsten Berg- seen in der Höhe von 1500 Meter auf und werden erst von 1700 Meter an zahlreich ; jene Höhenstufe von 1500—1700 Meter gibt sich dem- nach als die Endzone der Vergletscherung während eines letzten post- slacialen Stadiums derselben zu erkennen. Die Bezeichnung „letztes postglaciales Stadium der Vergletscher- ung“ ist jedoch mit einer gewissen Vorsicht zu verstehen. Es scheint 1) Changes of Climate in Post-Glaeial Times. Scottish Naturalist. Jan. 1880. (Citat von Penck.) — Prehistoric Europe. London 1881, pag. 386 u. 407. ®) Die Eiszeit in den Pyrenäen, pag. 59. [107] Die alten Gletscher der Enns und Steyr. 535 mir nämlich keineswegs wahrscheinlich, dass der Rückzug der grossen Vereisung stetig erfolgte, und nur einmal kurz vor seinem Abschluss einen längeren Halt machte; dass derselbe etappenförmig begann, lässt sich allenthalben aus dem Auftreten hintereinander gelegener End- moränenwälle auf dem alpinen Vorlande erschliessen‘), und es ist des- halb zu erwarten, dass der Rückzug auch in seinem weiteren Verlauf hin und wieder durch kürzere und längere Pausen unterbrochen wurde. Im Gebirge hält es allerdings schwer, für derartige Unterbrechungen . Belege beizubringen, denn die Endmoränen haben sich in den grossen Alpenthälern nicht erhalten. Die Auffindung mehrerer über einander be- findlichen Zonen von Hochseen innerhalb eines enger begrenzten Gebietes ist jedoch auch nicht zu gewärtigen, da die länger vom Eise verlassenen und tiefer gelegenen Seen, in Folge der längeren Dauer der Accumulation und der stärkeren Intensität derselben in tieferer Region, jedenfalls schon längst erloschen sind. In Gebirgen von verschiedener Höhe hingegen, . oder innerhalb eines grösseren Gebirgssystems von wechselnder Erhebung, ‚dürften jedoch voraussichtlich die Bergseen auch in verschiedenen Höhen- zonen auftreten und somit ungleichzeitige und nur in localer Beziehung „letzte“ Stadien postelacialer Vereletscherung markiren. Sn» postg s - > a A A Von diesem Gedanken ausgehend, lenkte ich meine Aufmerk- samkeit auf die Seen der mir wohlbekannten Zillerthaler Alpen und Hohen Tauern und fand, dass die kleinen Seen hier erst in einer Höhe von 2000 Metern sich einzustellen beginnen, bei 2200 Meter sehr häufig werden, zwischen 2200—2500 Meter ihr Maximum erreichen und sich bis zu einer Höhe von 2800 Metern über das Gebirge verbreiten. Durch das Höhenintervall von dem ersten Auftreten der Bergseen bis zu ihrer allgemeinen Entwicklung wird nun auch hier die Randregion einer früheren, weiter ausgedehnten Vergletscherung, ein „letztes“ Stadium der Vereisung: markirt, aber diese Endzone liegt hier zwischen 2000— 2200 Meter?), während wir jene in den Niederen Tauern zwischen 1500 bis 1700 Meter gefunden haben. Das postglaciale Stadium der Vergletscher- ung, welches durch die Verbreitung der Seen in den Zillerthaler Alpen !) Penck, Die Vergletscherung der Deutschen Alpen, pag. 128. : ”) Manche der grösseren Gletscher des Zillerthals und der Hohen Tauern reichen heute noch mit ihren Enden tiefer, nämlich bis 1800—2000 Meter herab ; aber die Bergseen gehören dem allgemeinen Gebirgsabfall und nicht den tief eingeschnittenen Thälern’ an und bezeichnen daher die Endzone der allgemeinen Vereisung des Gebirges, nicht aber die tiefste Lage einzelner Thalgletscherenden. Als die ganze Seenregion der Zillerthaler Alpen und der Hohen Tauern unter Eis lag, — also während jenes hiedurch charakterisirten „letzten“ Stadiums der Vereisung, — da hatten die _ einzelnen Hauptgletscher ihre Enden noch viel weiter vorgeschoben, und wir hätten deshalb zeitliche Aequivalente jener Bergseen als Thalseen in viel tieferem Niveau “ als 1800-2000 Meter zu suchen. Aber in den Thälern ist die Accumulation viel wirk- _ samer gewesen, als im höheren Gebirg, und deshalb haben sich nur wenige dieser tiefer gelegenen und in der Regel grösseren Thalseen zwischen 1700—2000 Meter Höhe _ erhalten. Ebendasselbe gilt auch bezüglich des postglacialen Stadiums der Vergletscherung - in den Niederen Tauern, auch hier ist ja dessen Bereich durch die Verbreitung der Bergseen gegeben, und dieses bezieht sich sonach auf die allgemeine Eisbedeckung _ des Gebirges und nicht auf die Fiserfüllung der Thäler. In den letzteren finden sich auch hier vereinzelte grössere und deshalb der Ausfüllung minder rasch unter- _ worfene Seen, welche räumlich zwar unter den Höhenrahmen der Bergseen hinausgreifen, aber zeitlich doch derselben Bildungsperiode, demselben Stadium der Vergletscherung _ angehören; so z. B. der Rissachsee 1333 Meter (Sp.-K.) im Unterthal, der Bodensee - 1180 Meter im Seewigthal, der Schwarzensee 1153 Meter in der Kleinen Sölk u. s. w. 68* 536 August Böhm. [108] und in den Hohen Tauern zur Aeusserung gelangt, deckt sich somit nicht mit jenem, welches wir für das Ennsgebiet in den Niederen Tauern nachgewiesen haben; es entspricht vielmehr einer weit späteren Periode des allgemeinen Gletscherschwundes als dieses. Als nämlich in den Zillerthaler Alpen und den Hohen Tauern das Gebirge allgemein bis auf 2000—2200 Meter herab vereist war, und die Schneelinie, welche dortselbst gegenwärtig eirca 2800 Meter hoch gelegen ist, vielleicht in 2400 Meter sich befand, da mochten in den Niederen Tauern, deren höchste Gipfel nicht viel über 2800 Meter Höhe erreichen, eben noch hin und wieder die letzten geringfügigen Reste alter Gletscher bestanden haben, welche in Folge ihrer kleinen Nährgebiete nur unbedeutend über die damalige Firnlinie herabreichten. Die Spuren jenes älteren Stadiums der Vergletscherung, welches der Höhenlage der Seen in den Niederen Tauern entspricht, sind in den höheren Tiroler Gebirgen schon er- loschen. Erkennen wir also auch in dem höheren Gebirge ebensowohl wie in dem minder hohen je ein „letztes“ postglaciales Stadium der Vereisung, so sind doch dieselben hier und dort einander nicht gleich- werthig, sondern zeitlich weit verschieden, und zwar liegt dasjenige, dessen Spuren in dem höheren Gebirge erkannt werden, der Gegenwart weit näher, als jenes, dessen Ueberlieferung in dem minder hohen Gebirge auf uns gekommen. Ein Umstand könnte hierbei anfangs noch befremden. Dass jene tiefer gelegenen Seen im Zillerthal und den Hohen Tauern, welche dort einem sozusagen vorletzten Stadium der Vereisung entsprechen würden, das seinerseits dem „letzten“ Stadium der Vergletscherung in den Niederen Tauern parallel wäre, bereits erloschen sind, und dass sich eben nur die Becken des jüngeren und höher gelegenen Seegürtels erhalten haben, dies erscheint, wie früher bereits betont wurde, ganz natürlich und erklärt sich aus der längeren Dauer und intensiveren Wirksamkeit der Accumulation in jener tieferen Höhenlage des Gebirges. Aber dass die Seen jener selben absoluten Höhenlage in den Niederen Tayern noch bestehen, während sie doch in den Hohen Tauern schon versehwunden sind, dieser äussere Gegensatz könnte möglicherweise als ein innerer Widerspruch erfasst werden. Jener scheinbare Widerspruch löst sich jedoch, sowie man bedenkt, dass die längere oder kürzere Dauer der Seen nicht von ihrer absoluten, sondern von ihrer relativen Höhenlage gegenüber dem darüber emporragenden Gebirge beeinflusst wird. Innerhalb eines und desselben Gebirges wächst die Aceumulation, welcher die Seen zum Opfer fallen, zwar nach der Tiefe; mit Rücksicht aber auf verschiedene Gebirge von verschiedener Höhe ist die Intensität der Aceumulation von der absoluten Höhenlage ihrer Arbeitsstätte mehr oder weniger unabhängig, und wird in einer minder weit unter der allgemeinen Gebirgshöhe gelegenen Region des einen Gebirges eine geringere sein, als in einer relativ tieferen Zone des anderen, ohne Rücksicht darauf, dass etwa jene erstere in Folge überhaupt geringerer Erhebung des Gebirges in einem seiner absoluten Höhe nach tieferen Niveau sich befindet, als diese andere in dem höheren Gebirge. Nun reichen im Ennsgebiete die Seen, welche dem in den Niederen Tauern dem vollständigen Schwunde der Gletscher vorangegangenen Stadium der abnehmenden Vereisung angehören, bis in eine Tiefe von 1500 bis MA [109] Die alten Gletscher der Enns und Steyr. 537 17C0 Meter herab; die entsprechende Randzone desselben Stadiums der Vergletscherung in den Zillerthaler Alpen und Hohen Tauern lag aber wegen der bedeutend grösseren Einzugsgebiete der Gletscher gewiss in -einem noch tieferen Niveau; einerseits aus diesem Grunde und anderer- seits wegen der weit gewaltigeren Höhe des Gebirges gehörte also hier jener Seengürtel, welcher dem der Niederen Tauern zeitlich parallel ist, einer in relativer Beziehung doppelt tieferen Gebirgszone an, und es kann deshalb nun gar nicht Wunder nehmen, dass jene Seen der Hohen Tauern und der Zillerthaler Alpen bereits erloschen sind, während ihre Aequivalente in den Niederen Tauern noch bestehen. In Gebirgen von verschiedener Höhe haben sich also die Spuren verschiedener „letzter“ Stadien der Vergletscherung erhalten; die- selben sind nur mit Rücksicht auf die localen Veıhältnisse des betreffenden Gebietes als solche zu bezeichnen, dürfen aber keineswegs mit einander ohneweiters parallelisirt werden. Es liegt dies in der Natur der Sache; in höheren Gebirgen tritt die Vergletscherung eher ein, als in minder hohen, und wird sich beim Rückzug derselben auch länger erhalten ; es wird in einem Hochgebirge heute noch ein Stadium der Ver- gletscherung bestehen, welches im Mittelgebirge in derselben Aus- dehnung nicht mehr angetroffen wird, und dessen räumliches Aequi- valent dortselbst schon der Vergangenheit anheim steht. Dieräumlich parallel gestellten Stufenleitern sind also zeitlich verschieden, und wollen wir gleichzeitige Abstufungen verfolgen, dann haben wir dieselben in verschiedenen absoluten Höhenlagen zu suchen. In Bezug auf das Auftreten von kleinen Hochgebirgsseen besitzen, wie man sieht , die Niederen Tauern die grösste Aehnlichkeit mit den Pyrenäen!), welche sich auch durch einen ausserordentlichen Reichthum derartiger Felsbecken auszeichnen. Sie bieten dem Beobachter jenen Anblick dar, welchen die Hochalpen voraussichtlich gewähren dürften, wenn sie einmal sammt und sonders des Schmuckes ihrer heutigen Firn- und Eisbedeckung entbehren sollten. In den höheren Thalstufen haben sich die Anzeichen der einstigen Vergletscherung mitunter noch sehr frisch erhalten; Gletscherschliffe mit deutlicher Kritzung finden sich hier in grosser Menge, ebenso auch Rundhöckerformen, welche die ganze Thal- sohle und die Thalgehänge bis auf ansehnliche Höhe bedecken. Als ein typisches Beispiel kann in dieser Hinsicht das Giglerthal bei Schladming bezeichnet werden, in welchem sich die genannten Glacialerscheinungen, denen sich noch Moränenschutt und Blockanhäufungen zugesellen, ein so jugendliches und ursprüngliches Aussehen bewahrt haben, dass man in ein Gletscherthal der Tiroler Hochalpen einzutreten ver- meinen möchte. Hier finden sich ferner eigenthümliche Erosionsrinnen und Furchen, von fliessendem Wasser erzeugt, welche fast an Karren- bildungen im Kalkgebirge erinnern, und welche, da sie auch auf sanft- geneigten Gehängabstufungen über der Thalsohle auftreten, mit dem Thalbache in keiner Verbindung stehen können. Mitunter kommen diese Rinnen, welche zumeist in der Thalrichtung verlaufen, auch auf Gletscher- schliffen vor und erweisen sich dadurch als jüngere oder höchstens !) Vergl. Penck, Die Eiszeit in den Pyrenäen Mitthlg. des Vereines für Erd- kunde zu Leipzig, 1883. — Alte und neue Gletscher der Pyrenäen. Zeitschr. d. Deutschen und Oesterreichischen Alpenvereins, 1834 538 August Böhm. [1 1 0] gleichzeitig mit diesen durch Wechselwirkung von Eis und Wasser ent- standene Gebilde. Derjenige, welcher die von Simony') beschriebenen karrenähnlichen Bildungen am unteren Ende des Gosauer Gletschers im Salzkammergute zu beobachten Gelegenheit hatte. wird hier sofort ' die gleichen Bildungen erkennen, welche auf die erodirende Thätigkeit der kiesbeladenen Schmelzwässer des Gletschereises zurückgeführt werden müssen. Es ist dieser Typus der Karrenbildung. welcher von Diener?) auch in den Julischen Alpen beobachtet wurde, nicht zu verwechseln mit jenem anderen, welcher sich in viel allgemeinerer Verbreitung an die Hochflächen der grossen Kalkstöcke, des Steinernen Meeres, des Todten Gebirges, der Dachstein Gruppe, des Canin u. s. w. knüpft, und weleher dureh die chemische Erosion von Sehneewässern und Hydro- meteoren erzeugt wird. Ich kann bezüglich der Unterscheidung dieser beiden wohlcharakterisirten Typen auf die eben eitirten trefflichen Schilderungen und Darstellungen Simony's verweisen. Dass die meisten Seen dieser Tauernthäler Felsbecken sind, ist in der Regel sehr deutlich zu sehen. Der Rissach-See (1333 Meter Sp.-K.) im Unter- thal erweist sich insbesondere als ein Erosionssee par excellence; thal- auswärts zu ist er durch eine Schwelle aus anstehendem Gestein ab- gesperrt, welehe von dem inneren Bau des Gebirges vollständig unab- hängig ist; dieselbe erhebt sich in Gestalt eines Walles 10—15 Meter über den Seespiegel und ist nur in ihrer Mitte von dem Abfluss des Sees in geringer Breite durchnagt worden. Diese Schwelle ist mit Rund- höekerformen bedeckt, desgleichen auch die Berghänge in der Umgebung. Einst war der See bedeutend grösser, wie aus dem ebenen und ver- sumpften Thalboden an seinem oberen Ende zu erschliessen ist; dass er heute noch besteht, dies hat er einzig nnd allein seiner Grösse zu verdanken. Andere, kleinere Becken treten uns heute bereits als trocken- gelegt entgegen; Ausfüllung des Hohlraumes und Durchsägung der Sperr- schwelle, Aceumulation und Erosion haben einander in die Hände ge- arbeitet. um dieses Resultat zu erzielen. Verfolgen wir vom Rissach-See den Weg thalaufwärts zu den beiden Hochseen im Sonntagskar, so werden wir dessen in schönster Weise belehrt. Eine Strecke ist das Thal noch flach, dann aber folgt ein steiler Anstieg, und wir gelangen oberhalb desselben zu den Hütten der Waldhornalpe, die auf einem ebenen Schwemmboden am Grunde eines kleinen runden Kessels ge- legen ist. Dass wir es hier mit einem erloschenen Seebecken zu thun haben, steht ausser allem Zweifel. Auch hier befindet sich am unteren Ende noch eine feste Felsenschwelle, welche an der niedersten Stelle eine Höhe von 5 Metern besitzt, in der Mitte aber bis auf den dahinter liegenden aufgeschütteten alten Seeboden herab durchsägt ist. Die Stelle wirkt geradezu sprechend, und dieselbe Erscheinung wiederholt sich höher oben noch ein zweites Mal in ähnlicher Vollkommenheit. In anderen Fällen ist die Erosion minder wirksam gewesen, und hat 1) Beiträge zur Physiognomik der Alpen. Separ.-Abd. a. d. Zeitschrift für wissen- schaftliche Geographie. Wien, V, 1884. Mit drei Phototypien. — Ueber die Schwankungen in der räumlichen Ausdehnung der Gletscher des Dachsteingebirges. Mitthlg. d. k. K. Geographischen Gesellschaft in Wien, XXVIII, 1885, pag. 133, Tafel II. ?2) Ein Beitrag zur Geologie des Centralstockes der Julischen Alpen. Jahrb. d. k. k. geologischen Reichsanstalt, XXXIV, 1834, pag. 685. [111] Die alten Gletscher der Enns und Steyr. 539 Aceumulation die Hauptleistung bei der Trockenlegung der Seen über- nommen; dann ist ‘eine Felsschwelle nur mehr selten zu erkennen und der flache Boden allein kann noch den einstigen Bestand eines Sees verrathen. Auch derlei Vorkommnisse sind in unserem Gebiete sehr häufig. Die beiden Sonntagskarseen sind ebenfalls Erosionsbecken im an- stehenden Gestein, und hier, aber in noch ausgesprochenerer Weise bei den Gigler-Seen, gelangt man vollständig zu der Ueberzeugung, dass diese Seen der Glacialerosion ihre Existenz verdanken. Die Rundhöcker- formen nehmen hier in einer Weise überhand, dass das Thal sich jedem Laien geradezu als ein altes Gletscherbett erweist, und jene Seen sind nichts anderes, als Wasseransammlungen zwischen den Rundhöcker- formen der Thalsohle. Der thalauswärts gelegene Theil . des unteren Gigler-Sees hat eine ganz unregelmässige Gestalt, er krümmt und windet sich zwischen den Rundbuckelformen dahin; diese erstrecken sich auch von den Seiten her halbinselartig in den See hinein, und einer der Höcker taucht sogar in der Mitte des Wasserspiegels als Insel aus dem- selben empor. Derartige Seen gibt es aber in den Niederen Tauern in grosser Menge. Sind also die Berge des Ennsgebietes durch einen enormen Reich- thum an kleinen Hochseen ausgezeichnet, so fehlen ihnen hingegen, und zwar wiederum in gleicher Weise wie den Pyrenäen, die grossen Seen in den Thälern und am Fusse des Gebirges, welche die weiter westlich gelegenen Alpentheile charakterisiren. Die Ansicht von der -glacialen Entstehung der grossen Vorlandseen auf der bayerischen Hochebene ist von Penck') beinahe zum Beweis erhoben worden. Es wurde näm- lich gezeigt, dass jene Seen eingesenkt sind in die Glacialschotter, deren Ablagerung der letzten Vereisung unmittelbar voranging, und dass die Ufer und die Abböschungen der Seen mit Moränen verkleidet sind; die Seen bestanden also nicht, als die Ablagerung jener Schotter vollendet war, und die herannahenden Gletscher sich darüber hinweg- schoben, ihre Bildung war aber vollendet, bevor sich das Eis wiederum von der Stelle zurückzog. Will man diese Beobachtungen nicht geradezu ableugnen, dann bleibt denn doch wohl in der That nichts anderes über, als zu erkennen, dass diese Seen während der Vergletscherung unter dem Eise entstanden, und somit weiters anzunehmen, dass ihre Erosion auch wirklich durch die Gletscher selbst erfolgte. Jene Rand- seen, welche sich an die Ausgänge der grossen Alpenthäler halten, sind aber nur die heute noch mit Wasser erfüllten tiefsten Theile viel grösserer und weiterer muldenförmiger Becken — der sogenannten „cen- tralen Depressionen“ — welche sich am Ausgange aller Alpenthäler finden, aus denen sieh dereinst Gletscher auf das Vorland hinaus er- streckten, während die Seen in vielen derselben bereits verkümmert oder auch gänzlich erloschen sind. Wenn nun das Eis derartige mulden- förmige Depressionen erzeugte, so dürfen wir in unserem Gebiete, da die alten Gletscher der Enns und Steyr das Gebirge nicht verliessen, solche Vertiefungen zwar nieht auf dem Vorlande vermuthen, wohl aber könnte man denselben in den Thälern im Gebirge selbst 'zu begegnen ?) Die Vergletscherung der Deutschen Alpen. 540 August Böhm. [ 1 12] hoffen. Da jedoch selbst manche der grossen „centralen Depressionen“, wie z. B. jene des Inngletschers bei Rosenheim, im Laufe der Zeit fast völlig trocken gelegt wurden, die analogen Erzeugnisse des relativ kleinen Ennsgletschers jedoch einerseits jedenfalls minder bedeutend und anderer- seits in Folge des rascheren örtlichen Rückzuges des Gletschers längere Zeit der postglacialen Vernichtung preisgegeben waren, so werden wir wohl kaum mehr erwarten, dieselben heute noch in Gestalt von Seen anzutreffen. Im günstigsten Falle könnten wir allenfalls noch darauf rechnen, Spuren derselben in einer Reihe von Tümpeln, Sümpfen, Mooren u. dgl. zu bemerken, und dieser nicht unbilligen Erwartung wird denn auch in der That zu Genüge entsprochen. Das ganze obere Ennsthal, ebenso wie der benachbarte Pinzgau und Lungau, ist berüchtigt ob seiner Versumpfung, welcher man bereits seit Längerem durch ‘eine kostspielige Flussregulirung theilweise zu steuern sucht. Die ganze breite und flache Thalsohle Teidet an einer hochgradigen Ueberwässerung, durch welche sie fast ganz und gar dem Ackerbau entzogen wird; nur sauere Gräser, Schilf und Röhricht können auf derselben ein gedeihliches Fortkommen finden. Dieser Verlust an urbarem Land wird nicht im Entferntesten ersetzt durch den geringen Ertrag, welchen die ausgedehnten Torfmoore zu liefern im Stande sind, obwohl derselbe an sich betrachtet immerhin als ein ziemlich bedeutender zu vermerken ist. Die Torfstechereien von Gröbming und Liezen allein lieferten im Jahre 1881 eine Ausbeute von 13,577.000 Stück Ziegeln, welche dem Brennwerth von 17.713 Festmetern Fichtenholz entsprechen.!) Die bemerkenswerthesten jener Torfmoore sind das Krumauer Moor unterhalb Admont, das Gampner- oder Liezener Moor, das Wörschacher und das Taschenberger Moor, welche zusammen mit den dazwischenliegenden, E meist unbenützten Mooren eine Fläche von über 750 Joch bedeeken.?) Diese Torfmoore- sind aber die unbestreitbaren Ueberreste einstmaliger Seen, und es hat deshalb schon im Jahre 1847 Kudernatsch?) mit Recht das Ennsthal von Krumau bis weit thalaufwärts als einen „langen urweltlichen See“ bezeichnet. „Ein zweiter See befand sich in dem Seitenthale des Paltenbachs von Rottenmann an bis Gaishorn, wo wir den „Gaishorn See“ als letztes Merkmal der alten Wassermasse an- treffen.“ Auch das „versumpfte Becken des Ennsthales bei Liezen“ ist bereits als Rest eines alten Sees angesprochen worden.*) Diese Ansicht gewinnt ein bedeutendes Relief bei Betrachtung der Tiefe, welche diese Torkmoore besitzen. Bei Bohrversuchen , welche auf dem Wörschacher und Liezener Moor angestellt wurden, hat man in 40 Meter Tiefe den E? festen Grund noch nicht erreicht), und eine ähnliche Mächtigkeit hat sich auch für das Krumauer Moor ergeben. 6) Nun beträgt aber das Niveau der Thalsohle des Ennsthales am Wörschacher Moor 631 Meter (Sp.-K.) ae Ft ') Statistischer Bericht des k. k. Ackerbau-Ministeriums für 1881. Wien 1884, se 1I: Heft, pag. 28. ®) Kindinger, Der Ennsthaler Torf in seiner Anwendung auf das Eisenhütten- wesen. Oesterr. Zeitschr, f. Berg- und Hüttenwesen, VII, Wien 1859, pag 321. =. >) Urweltliche Seen in Steiermark. Haidinger’s Berichte. Wien, I, 1847, pag. 85—89. *) Wallmann, Die Seen in den Alpen. 1. c., pag. 11. 1 °) Tunner, Torfstechereien bei Liezen. Vordernberger Jahrbuch, I, Jahrg., 1841, 4 Graz, 1842, pag. 96. B 6%) Thenius, Die Torfmoore Oesterreichs. Wien, 1874, pag. 12. u.a u a » 7 Be BE RE NEE be « . > 4 . [113] Die alten Gletscher der Enns und Steyr. 541 und sinkt auf der ganzen 30 Kilometer langen Strecke bis zum Eintritt in die Felsenkehle des Gesäuses unterhalb des Krumauer Moors nur um 22 Meter, indem die Eingangsschwelle des Gesäuses noch in einer Höhe von 609 Metern (Sp.-K.) gelegen ist. Der Boden selbst des höchst- gelegenen dieser drei Moore liegt also jedenfalls noch mehr als 18 Meter tiefer als die felsige Thalsohle an der Pforte des Gesäuses; hier- durch aber werden dieselben einwandslos als gegenwärtig ausgeebnete beekenförmige Unterbreehungen des Thalgefälles er- wiesen. Auch diese alten Seebecken sind aber in die Glacialschotter ein- gesenkt, deren Reste sich an den Thalböschungen in höherem Niveau erhalten haben ; wollte man diese Einsenkung bestreiten, dann müsste man die Ausfüllung dieser Seen, also den Torf, für präglacial erklären, was denn doch nicht angeht, abgesehen davon, dass selbst die heftigsten Gegner der Glacialerosion kaum glauben dürften, dass ein dilu- vialer Gletscher sich über ein Torflager hinwegschieben könne, ohne es zu zerstören. Die Erosion der Glacialschotter im oberen Ennsthal wurde aber, wie wir gesehen haben, durch den Gletscher bewirkt, weil Grundmoränen an den Erosionsböschungen derselben bis auf die Thal- sohle herab auftreten. Es liegt deshalb nahe, auch die Erosion der Becken dem Eise zuzuschreiben, und dies umsomehr, als wir ja sonst, da alle anderen Entstehungsweisen von Seen hier ausgeschlossen sind, jener Erosion vollkommen rathlos gegenüber stünden, was sich für Geo- logen der Jetztzeit wohl übel schieken würde. Denn es wäre ja doch traurig um die Geologie bestellt, wenn eine neue erodirende Kraft erst entdeckt werden müsste, welche in allerjüngster Zeit Seebecken in festem Gestein zu schaffen vermochte. Es ist leicht gesagt, das Eis könne keine Becken erodiren; aber wenn wir uns dann mit Bezug auf unseren Fall nach einem anderen Bildungsvorgange umsehen und finden, dass jene Becken ausser Zusammenhang mit der Gebirgs- bildung stehen, dass die Schwelle des Gesäuses aus anstehendem Gestein besteht und der Grund jener Becken unter das Niveau der- selben hinabreicht, dass aber an Einstürze hier nicht zu denken ist, und sich jene Becken somit als Erosionsbecken erweisen; wenn wir dann weiters zu der absoluten Ueberzeugung gelangen, dass das fliessende Wasser, oder etwa der Wind jene Becken nicht geschaffen haben konnte, dann bleibt einzig und allein die Erosion durch Gletscher über, bezüglich deren die Ansichten zwar noch getheilt sind, wobei es aber immerhin möglich ist, dass Diejenigen im Unrecht sind, die sie bekämpfen. Wir kennen also keine Kraft, welche die alten, erloschenen, heute nur mehr durch Torfmoore und einzelne grössere Tümpel repräsentirten Seen im oberen Ennsthal nach dem Rückzuge der Gletscher erzeugt haben könnte; bei Eintritt der Vergletscherung bestanden dieselben aber nicht, weil das Thal bis zu ansehnlicher Höhe über das Niveau seiner heutigen Sohle von den Glacialschottern erfüllt war; die Erosion jener Seen muss demnach während der Vergletscherung, folglich durch dieselbe bewirkt worden sein. Auch das flache Becken von Mitterndorf ist zum Theil von einem Torfmoor erfüllt, welches eine Area von 290 Joch, jedoch nur eine Jahrbuch der k. k. geol. Reichsanstalt. 1885. 35. Band. 3. Heft. (August Böhm.) 69 542 August Böhm. [114] durehschnittliche Mächtigkeit von 4 Metern besitzt.) Zu unterst scheint sich hier eine Grundmoräne zu befinden; dieselbe tritt wenigstens in den Sümpfen und Filzen seiner Randpartien zu Tage. Insbesondere bei Rödschitz, gegenüber Mitterndorf, wurden beim Aufwerfen des Eisenbahn- dammes schöne Grundmoränen entblösst, deren Geschiebe theils aus Krystal- linischen Gesteinsarten, theils aus Kalken bestehen, welch’ letztere eine sehr deutliche Politur und Kritzung erkennen lassen. Ueberhaupt geben die Grundmoränen in Folge ihrer zähen, schlammigen, wasserundurch- lässigen Grundmasse oft zu localen Versumpfungen Anlass, und der er- fahrene Glacialgeologe gewinnt hierdurch einen Fingerzeig, welcher ihm bei Durchstreifung einer Gegend die Auffindung derartiger Ueberreste der alten Gletscher oft erleichtert. Im Gebiete der Steyr fehlt es gleichfalls nicht an Torfmooren ; solche befinden sich bei Edlbach und Rading, ober- und unterhalb von Windischgarsten; der Abbau des ersteren wird schwunghaft betrieben und liefert eine jährliche Ausbeute von 105.000 Stück Torfziegeln. 2) Das Becken von Windischgarsten ist heute noch stark versumpft und besitzt eine Menge kleiner Lachen und Weiher. Der Schlammabsatz des ehemaligen Sees wird an verschiedenen Orten, z. B. beim Rumplmayr, N. v. Windischgarsten, zur Ziegelfabrikation verwendet. Am Fusse des Calvarienberges sind auch die Spuren eines alten Deltas erhalten, dessen Schotterlagen unter 20—25° nach NNW fallen. Als ein altes Seebecken. gibt sich auch die oberste Hopfing, an der Nordseite des Sengsengebirges, zu erkennen, deren flacher Boden thalauswärts zu durch eine Felsschwelle versperrt war, welche nur von dem Bach durchnagt wurde, während der Thalweg ihren sanften Scheitel überschreitet. Als ein grösserer Thalsee hat sich heute noch der Almsee im Almthal erhalten, und bezüglich desselben gilt das gleiche, was Penck von den Seen Oberbayerns berichtet. Zu beiden Seiten dieses Sees, welcher, wie die Sümpfe an seinen Enden beweisen, einst eine weit grössere Ausdehnung besass, treten in höherem Niveau die Glacial- schotter auf, in welche derselbe somit eingesenkt ist, und woraus hervor- geht, dass seine Erosion Jüngeren Datums ist, als die Ablagerung dieser letzteren. An den Ufern des Sees befinden sich aber Grundmoränen, und an seinem unteren Ende breitet sich sogar eine prächtige Moränenland- schaft aus, so dass der See wiederum älter sein muss, als der Rück- zug der Vereisung. Er wurde also während derselben und durch das Eis gebildet. Der Leopoldsteinersee nächst Eisenerz dürfte vielleicht eben- falls hierher zu rechnen sein; Thatsache wenigstens ist es, dass dieser See, welcher am Ausgange eines von der Hochfläche der Schwabengruppe kommenden Seitenthales des Erzbaches gelegen und von dem letzteren durch den niederen Rücken des „Seeriegels* getrennt ist, unter dem Niveau der Glacialschotter sich befindet, und dass Moränen an seinen Ufern auftreten. Die Tiefe des Sees, welcher ehedem nach aufwärts zu viel ausgedehnter war, worauf noch die Namen „Seeboden“ und „Seeau“ !) Thenius, ]. c., pag. 12. ’) Pokorny, Fünfter Bericht der Commission zur Erforschung der Torfmoore Oesterreichs. Verhandlg. d. k. k. zoologisch-botanischen Gesellschaft in Wien. 1860, pag. 748. [1 15] Die alten Gletscher der Enns und Steyr. 543 hinweisen, wurde früher, wie ja fast bei allen Alpenseen, weitaus über- schätzt; in den Reisehandbüchern wurde von 500 Fuss (158 Meter) Tiefe gesprochen. Nach genauen Messungen, welche die Herren Ingenieure Ungerer und Brabletz im Frühjahre 1875 ausführten, befindet sich die grösste Tiefe etwa in der Mitte des Sees und beträgt 32 Meter. !) Die grossen Thäler unserer Alpen — und unter ihnen, wie wir sehen, vorzugsweise auch das Ennsthal — mochten somit in früherer Zeit einen ähnlichen Anblick gewährt haben, wie er manchen Thälern der Norwegischen Gebirge und der Schottischen Hochlande heute noch zu eigen ist. In denselben bilden die Flüsse eine Folge langgestreckter Seen, die häufig durch Stromsehnellen und Kaskaden in einander über- gehen. Eines der schönsten Beispiele dieser Art beobachtete ich an der Bägna im Valders, auf der Route von Kristiania nach Laerdalsören am Sognefjord. Hier erhält man immer von neuem den Eindruck, dass der See ein Theil des Erosionsthales ist, und oft kommt man sogar in Ver- legenheit, Fluss und See zu unterscheiden, eine bestimmte Thalstrecke als Fluss oder als Seezu bezeichnen. Bei solchen Verhältnissen erscheinen die Seen lediglich als flache Wannen im Thalgrund, als störende Mo- mente in der Bildungsgeschichte der Thäler, welche durch eine anders wirkende Erosion, als jene des fliessenden Wassers, geschaffen wurden, und mit deren Beseitigung das letztere hier sich gegenwärtig noch be- schäftigt, während es in anderen Gegenden diese Arbeit bereits vollendet. VII. Capitel. Ueber Glacialerosion. Beobachtung und Speculation, — Physikalische Möglichkeit der Glacialerosion. — Die Frage nach der Glacialerosion ist lediglich quantitativen Charakters und ist als solche vom Geologen zu entscheiden. — Heim, Gegner der Glacialerosion ; Einwürfe desselben in dem „Handbuch der Gletscherkunde“. — Woher stammt das Material der Grund- moräne ? — Oberflächenmoränen, alter Schutt, Glacialerosion. — „Die Hauptwirkung des Gletschers liegt nicht an seinem Ende,“ — Druck des Gletschers auf seine Unterlage. — Aufarbeitung des Untergrundes durch den Gletscher. — Rundhöcker. — „Rauhig- keiten neben Gletscherschliffen beweisen nichts gegen die Möglichkeit der Glacial- erosion.“ — Endmoränen. — Von der Glacialerosion „verschonte“ Felsköpfe. — Wider- sprüche Heim’s. — Sich kreuzende Schrammen. — Einschneiden von Gletscherbächen in den Felsgrund. — Schlammführung der Gletscherbäche. — Wildbäche, Bergstürze. — Geschiebeführung der Flüsse. — Der Theil ist mit dem Ganzen weder zu vergleichen, noch zu vertauschen. — Verhältniss der Flüsse und Gletscher zu den Thälern bezüg- - lich ihrer äusseren Erscheinung. — Zusammenfassung. — Verwahrung gegen die Unter- schiebung von Uebertreibungen. — Präcisirung des heutigen Standpunktes der Verfechter der Glacialerosion. — Richtiger Massstab bei der Betrachtung von Werken der erodirenden Thätigkeit der Gletscher. In einer Arbeit, welche sich die Verfolgung vorzeitlicher Gletscher- spuren zum Ziele gesetzt hat, kann der vielumstrittenen Frage nach der Erosionsfähigkeit der Gletscher nieht gut aus dem Wege gegangen werden. Allerdings ist dieser Gegenstand schon in den vorhergehenden 1) Oesterreichische Touristenzeitung. III, 1883, pag. 239. 69 * 544 August Böhm. [116] Capiteln berührt worden, und zwar keineswegs in einer ausweichenden oder zurückhaltenden Weise; wir haben ja gesehen, oder vielmehr, es wurde versucht, zu zeigen, dass die Erosion der Glacialschotter im oberen Ennsthale nur durch den Gletscher selbst bewirkt werden konnte, und dass der erodirenden Thätigkeit des Eises auch die meisten der kleinen Hochgebirgsseen , sowie die alten, grösstentheils erloschenen Thalseen , deren Ueberreste wir erkannten, zugeschrieben werden müssen; auch bezüglich der eigenartigen Hohlformen der Kare ge- langten wir zu dem gleichen Resultate. Aber es gibt eben zwei ver- schiedene Wege, auf welchen beiden man der Lösung jener Frage bisher sich zu nähern versuchte, und wir haben in Vorigem erst den einen davon betreten. Dieser eine ist mehr empirischer, der andere hingegen mehr theoretischer Natur, wenn auch strenge genommen diese beiden Bezeichnungen hier so wenig wie sonst wo ausschliesslich je für sich allein zur Anwendung gelangen können; denn jede Theorie bedarf als Grundlage gewisser Erfahrungen, und in umgekehrter Weise geht eine höhere Ausbildung von Beobachtungsmethoden oft Hand in Hand mit jener der Theorie; es soll hiermit also nur das bezügliche Ueber- wiegen des einen oder des anderen Momentes gemeint sein. Wir haben, wie gesagt, bisher einen empirischen Weg betreten, denn wir haben das Gebirge offenen Auges kreuz und quer durchstreift, die Glacialerscheinungen desselben verfolgt und sind nicht unaufmerksam gewesen auf die unverkennbaren Beziehungen der letzteren zu gewissen Reliefverhältnissen der Landschaft. Unwillkürlich knüpften sich hieran Gedankenreihen über das Auftreten des einen, das Fehlen des anderen Zuges in der oroplastischen Configuration des Bodens, und ein genaues Studium dieser Besonderheiten führte uns theils direet zu der Erkenntniss einer Erosionsleistung der alten Gletscher, theils sahen wir uns auf indireetem Wege durch eine Discussion der Beobachtungen zu der An- nahme einer solchen Glacialerosion gezwungen. Diese Discussion war nun zwar niemals frei von Speculation und konnte es überhaupt nicht sein; zudem wurde aus Darstellungsgründen bei ihrer Wiedergabe oft sogar von dem speeulativen Moment der Ausgang genommen, um näm- lich, wie betont wurde, zu zeigen, dass die logische Consequenz des- selben nichts anderes als die in Wirklichkeit ja vorher gemachte Be- obachtung bedeute. Aber die Grundlage dieses Vorganges ist doch eine durchaus empirische gewesen, dieselbe wurde durch Beobachtung in der Natur gewonnen und dann auf geologischem Wege weiter verar- beitet und verwerthet; wir haben nicht von vorneherein gefragt, ob die Gletscher die Fähigkeit der Erosion besitzen, sondern wir haben als Geologen diese Erosionsfähigkeit aus unseren Beobachtungen in der Natur selbst inductiv erschlossen. Die Erzielung dieses Resultates legt uns aber in gewissem Sinne die Verpflichtung auf, den Gegenstand auch von einer anderen, mehr physikalischen Seite zu würdigen, beziehungsweise uns mit bereits vorliegenden Behandlungen dieser Art zu befassen. Es ist zwar klar, dass eine exacte geologische Beweisführung das Recht der Selbstständigkeit für sieh in Anspruch nehmen könne, eben so gut, wie jede andere, und dass der Geologe, welchem auf geologischem Wege der zwingende Nachweis der Gletschererosion gelänge, des A Fr v RER FERN . kai o® [117] Die alten Gletscher der Enns und Steyr. 545 Physikers speciell zum Zwecke dieses Nachweisesalssolchen nicht mehr bedürfte ; denn sobald einmal irgendwo eine stattgefundene Erosion durch Gletscher erwiesen ist, muss im diesem Ergebnisse nothwendig das Vorhandensein auch der physikalischen Möglichkeit der Glacial- erosion mit eingeschlossen sein. Solch’ eine exacte Beweisführung ist jedoch in den seltensten Fällen möglich, und deswegen dürfen wir den Folgerungen, welche innerhalb des Bereiches der einen Diseiplin ge- wonnen wurden, nicht ohne Weiteres eine unbedingte rückwirkende Tragweite auf etwa gegentheilige Anschauungen in der anderen Dis- eiplin vindieiren. Sicher ist, dass Diejenigen, welche die Lösung der Streitfrage nach der Gletschererosion auf physikalischem Wege anstreben, sich ganz auf das Feld der Theorie und der theoretischen Experimen- tation begeben, indem sie von Vorgängen, die sie im Kleinen und unter einfachen , willkürlich gewählten und deshalb genau bekannten Bedin- gungen studiren, eine Nutzanwendung auf die in der Natur unter den verwickeltsten Umständen und in der grossartigsten Entfaltung vor sich gehenden Erscheinungen machen. Wären die gesammten Grundbedin- gungen des Phänomens genau bekannt und liessen sich in ihren Wechselwirkungen bis in das- kleinste Detail verfolgen, wären uns die einzelnen Daten ihrem absoluten Werthe nach gegeben, so dass auf fester Grundlage an eine strenge mathematisch-physikalische Be- handlung der Frage geschritten werden könnte, dann wären solche Schlüsse, welche, da ja auch die Physik keine eigentliche ursächliche Erklärung von Naturvorgängen, sondern nur eine möglichst präcise Be- schreibung derselben liefert, in letzter Linie doch stets nur Verallgemeinerungen der Experimente gleichzuachten sind, in der That beweisend. Aber diese sicheren Grundlagen sind uns eben in diesem Falle, wie in manchem anderen, leider vorenthalten, und so richtig deswegen auch bei der methodischen Ableitung jener Folgerungen vorgegangen wird, so wenig kann man dieselben apo- dietisch als unumstössliche Wahrheiten hinstellen, denn die Basis, auf welcher gebaut wurde, war für die Dimensionen des Gebäudes zu schwach fundirt; theoretisch zwar lassen sich die physikalischen Funda- mentalaufgaben, deren Lösung für die Gletschererosionsfrage von Be- deutung ist, mit mathematischer Schärfe formuliren, aber für die prak- tische Durchführung der Rechnung fehlen die ziffermässigen Daten. Nicht in der physikalischen Behandlungsweise als solchen liegt also die Schwäche, sondern in dem weiten Spielraum, der bei den Voraus- setzungen der mathematischen Operation gewährt ist. Deshalb aber muss von geologischer Seite Widerspruch dagegen erhoben werden, wenn die Fähigkeit zur Beantwortung der im Rede stehenden Frage lediglich Physikern zugesprochen wird, indem gesagt wird, dieselbe müsse „von Physikern entschieden und ihre Lösung vom Geologen als eine der Grundthatsachen hingenommen werden, auf denen er seine Wissenschaft weiter bauen kann.“ ') Für soleh’ eine stolze Sprache dürfte denn doch der geeignete Moment derzeit noch nicht gekommen sein! !) Zöppritz, Die Fortschritte der Geophysik. Geographisches Jahrbuch. X, 1834. Gotha 1885, pag. 29. 546 August Böhm. 1 | 8] Wie sehr die Resultate, welche durch auf unzureichender physi- kalischer Grundlage beruhende Rechnung gewonnen werden, mit den wirklichen Verhältnissen in der Natur im Widerspruch stehen können, hiefür bieten, worauf schon Penek!) hingewiesen hat, die Unter- suchungen und Ausführungen Oldham’s?2) über den Cohäsionsmodul des Eises ein schlagendes Beispiel. Oldham gelangte nämlich hiebei zu der Aufstellung folgender Sätze: 1. Gletscher können im Maximum Becken von 700 engl. Fuss Tiefe und 5 Miles Länge erodiren, weil nämlich eine solche Vertiefung das Maximum einer Depression darstelle, welche von Gletschern durch- messen werden kann; 2. Gletscher können sich nicht weiter als 5 Miles über völlig ebenes Land ausbreiten; 3. Dementsprechend kann sich keine Gletschereismasse über grosse Flächen unabhängig von der Bodenconfiguration ausbreiten. Penck zeigte nun, dass Punkt 2 und 3 der Erfahrung vollständig widersprechen, was ein gewisses Misstrauen auch gegen Punkt 1 ge- rechtfertigt erscheinen lasse, und wies darauf hin, dass Oldham den Cohäsionsmodul für festes, starres Eis, nicht aber für Gletschereis be- stimmte und seinen Rechnungen die Anschauung zu Grunde legte, dass die Bewegung der Gletscher ein blosses Gleiten sei. Diese Aeusserung brachte die Gegner der Glacialerosion auf den Gedanken, die Sache durch einen geschickten, sophistischen Kunstgriff so zu drehen, als ob Oldham durch diese so gewählten Voraussetzungen nur eine „Üoncession*“ an seine Widersacher beabsichtigt habe. Denn, meint Zöppritz°), „wenn er das Eis poröser und den Gletscher plastisch-füssig annimmt, wobei dann dessen Unterfläche sich viel langsamer bewegt, als wenn der ganze Eiskörper die mittlere Geschwindigkeit besässe, so fällt das Resultat noch weit mehr zu Ungunsten der Erosion aus, während anderer- seits die Mögliehkeit der Ausbreitung des Eises über ebenes Land be- trächtlich wächst“; und auch Günther‘) lässt sich dahin vernehmen, dass Oldham’s Voraussetzungen „allerdings nicht völlig dem entsprechen, was die Glacialgeologie fordern muss“, dass jedoch „eine solche harte Masse“, wie sie in jenen Voraussetzungen eine Rolle spielt. „kleine Felsbuckel noch immer weit eher wird zerreiben können, als ein Gletscher, der Hindernissen durch plastisches Ausweichen entgehen kann. Gerade der Mangel in Oldham'’s Berechnungen ist für die Lehre von der Gletschererosion gefährlich.“ Aber von einem Resultate, welches direct zu Ungunsten der Erosion ausgefallen wäre, von einem Zerreiben des Untergrundes u. s. w., ist Ja doch bei Oldham’s Berechnungen gar nicht die Rede! Die Resultate Oldham’s, insoweit sie sich aus seinen mathematischen Deductionen ergeben, haben vielmehr mit der direeten Erosionsfähigkeit des Eises nicht das Geringste zu thun, sondern beziehen sieh lediglich auf die Grenzen der Bewegungsmöglichkeit der !) Die Vergletscherung der Deutschen Alpen, pag. 379. ?) On the Modulus of Cohesion of Ice, and its bearing on the Theory of Glacial Erosion of Lake-Basins. Philosophical Magazine, V. S., vol. VII, London 1879, pag. 240 —247. 3). c,. Pag. 28. #) Lehrbuch der Geophysik und Physikalischen Geographie. 1I. Bd., Stuttgart 1885, pag. 557, 1 19] Die alten Gletscher der Enns und Steyr. 547 in Betracht gezogenen Eiskörper. Oldham beweist, dass seine Gletscher nicht im Stande seien, Becken von grösserer Ausdehnung zu durehmessen, und hieraus erst zieht er den an sich ganz rich- tigen Schluss, dass sie alsdann auch nicht die Fähigkeit besässen, solche Becken zu erodiren, indem das Eis keine Erosion bewirken könne, wo es sich nicht bewege. Hätte sich Oldham bei seinen Untersuchungen an die natürlichen Verhältnisse der wirklichen Gletscher gehalten, welche heute allerdings einer mathematischen Behandlungsweise noch nicht zugänglich sind, dann wäre er, wie Zöppritz zugibt, zu einem Resultate gekommen, welches einer unabhängig von der Bodenconfigu- ration erfolgenden Gletscherbewegung weit günstiger gewesen wäre. Zu- gleich damit wäre aber auch der Grund gefallen, aus welchem sich Oldham gegen die glaciaie Entstehung von Seebecken ausspricht; denn sowie sich aus den Resultaten jener Berechnungen ergeben hätte, dass die Gletscher die Seebecken, deren Erosion ihnen zugeschrieben wird, zu durchmessen vermochten, würde aus seinen diesbezüglichen . Untersuchungen kein der Glacialerosion nur irgendwie ungünstiger Schluss mehr gezogen werden können. Dass eine „harte Masse“ an und für sich der Erosion günstiger sei, als eine solche, die „plastisch- flüssig“, dies unterliegt ja keinem Zweifel; aber auf die Argu- mente, welche Oldham gegen die Gletschererosion in’s Feld führte, und welche sich auf die Resultate von Berechnungen stützen, in welchen nicht direct von Erosion, sondern nur von Bewegung die Rede ist, hat diese von vorneherein stärkere oder geringere Erosions- fähigkeit der Eismasse keinen Einfluss. Oldham’s Argument beruht auf der Bewegungsunfähigkeit starrer, lediglich gleitender Eis- massen in der Tiefe weiter Becken und nicht auf direeten Unter- suchungen über die Erosionsfähigkeit des Eises. Es wird nun einge- standen, dass diese Bewegungsunfähigkeit — also auch das derselben entnommene Argument wider die Glacialerosion — bezüglich plastisch- flüssiger Eismassen nicht bestehe, jedoch unter Einem gesagt, Oldham habe seinen Untersuchungen deswegen starres, gleitendes Eis zu Grunde gelegt,. weil dieses an sich der Erosion günstiger sei, als ein plastisch-fliessender Gletscher. Nun ist aber jene Annahme Oldham'’s in erster Linie der Bewegung der Eismasse ungünstiger, folglich ungünstiger in seinem Sinne auch der Erosion. Darin, dass in dem vorhergehenden Satze anstatt „der Bewegung ungünstiger“, wie es mit Rücksicht auf den Gang der Oldham’schen Argumentik _ heissen müsste, die Wendung: „der Erosion günstiger“ gesetzt wird, darin liegt eben das Sophisma, indem man einfach darüber hin- wegsieht, dass Oldham ja einzig und allein von dem Mangel an Bewegungsfähigkeit auf den damit verbundenen Mangel an Erosionsfähigkeit zurückschliesst, und ver- schweigt, dass mit dem Argumente auch die daran geknüpfte Folgerung falle, wonach statt einer Ueberzeugung eine Ueberredung angestrebt wird, sobald man mit Bezug auf das von Oldham erzielte Ergebniss ausruft: das müsse doch ein Jeder einsehen, dass ja eine plastisch-flüssige Eismasse noch weniger erodiren könne, als eine starre! Mit Sophismen kommt man aber in der Wissenschaft nicht auf. 548 August Böhm. [120] Man lasse deshalb die rein akademischen Oldham’schen Berech- nungen in Frieden ruhen und gebe sich nicht vergebliche Mühe, durch unlogische Nachrufe über das eigentliche Wesen derselben hinwegzu- täuschen und glauben zu machen, dass ihre Resultate unmittelbar die Unmöglichkeit der Gletschererosion an und für sich zum Ausdruck brächten, und dass dieselben bei Zugrundelegung der natürlichen Voraussetzungen noch ungünstiger ausgefallen wären. „The results are of no value, because the assumed conditions are not natural conditions, and in this the work unfortunately resembles many of the attempts to apply mathematics to geology.“ So äussert sich Davis), welcher doch auch ein Gegner der Glacialerosion ist, über den Oldham’schen Versuch, und man kann ihm hierin nur vollständig beipflichten. Das die alten Gletscher in ihrer Bewegung bis zu einem gewissen Grad von der Configuration des Untergrundes unabhängig waren, dass sie weite Depressionen von nicht unbeträchtlicher Tiefe durchmassen, und dass auch an den Gehängen der Thäler unter dem Drucke höher gelegener Eismassen stellenweise eine aufwärtsgerichtete Bewegung in dem Eiskörper erfolgte, dies sind Thatsachen, welche durch Beob- achtung in der Natur erkannt wurden, und an denen durch physikalische Deductionen irgendwelcher Art weder gemäkelt, noch gerüttelt werden kann. Wenn deshalb diesbezüglich angestellte Berechnungen auch noch öfters das Resultat ergeben sollten, dass eine Bewegung der grossen diluvialen Eismassen unter günstigen Umständen (!) wohl stattgefunden haben konnte, jedoch „nur in der Art, dass diese Bewegung auf die oberen Eisschichten sich beschränkte, wohingegen die unteren Partien von derselben ausgeschlossen waren und in Ruhe verharrten“ 2), so ge- nügt der Hinweis auf die mächtigen Grundmoränen der alten Gletscher und insbesondere auch des nordischen Inlandeises, um zu zeigen, dass auch in den untersten Partien am Grunde selbst weit ausgedehnter Gletscher und Eismassen thatsächlich eine Bewegung erfolgte, und es genügt ein weiterer Hinweis auf die erratischen centralalpinen Grund- moränengeschiebe, welche sich in manchen Thälern der Nördlichen Kalkalpen finden, und welche unter dem Eise über die niederen Passhöhen hinweggeschleift wurden, um uns darüber zu belehren, dass die Bewegung der Gletscher in einzelnen Fällen auch entgegen der Neigung des Terrains gerichtet war. Stehen nun die Ergebnisse von Berechnungen und Speculationen mit diesen unzweideutigen Beobachtungen im Widerspruch, dann muss wohl der Fehler irgendwo in den Voraus- setzungen jener ersteren zu suchen sein, keineswegs aber werden da- durch diese letzteren betroffen. Denn die Beobachtung ist nun einmal die Mutter der Speeulation und geht deshalb dieser nicht nur zeitlich, sondern auch dem Range nach voran; und mag auch die Tochter der Mode zuliebe öfters den Versuch machen, ihr reichgeputztes Phantasie- costume nach der knappen, schmucklosen Facon physikalisch-mathema- tischer Betrachtungsweise zuzustutzen — sie wird hierdurch höchstens ihre Blössen besser ersichtlich machen, ohne mehr zu scheinen, als sie ist. !) Glaeial Erosion. Proceedings of the Boston Society of Natural History. Vol. XXII, Part. I. Boston 1883, pag. 28. ?) Oldham, 1. c., pag. 246. > BET ara [121] Die alten Gletscher der Enns und Steyr. 549 Thatsache also ist es, dass die alten, mächtigen Gletscher auch an ihrer Sohle sieh bewegten, und die physikalische Frage, deren Be- antwortung bei beiderseits richtigem Vorgange mit den geologischen Befunden im Einklang stehen muss, ist die, ob eine solche Eismasse im Stande sei, eine erodirende Wirkung auf ihren Untergrund aus- zuüben. Diese so formulirte Frage ist wohl ohne Weiteres zu bejahen, und zwar selbst ohne Rücksiehtnahme auf die lose Gesteinsschichte, welche sich zwischen dem Gletschereise und seiner festen Unterlage befindet. Denn sobald ein Körper über einen anderen hinbewegt wird, ist neben der Wirkung des ersteren auf den letzteren auch in umgekehrter Weise eine solche des letzteren auf den ersteren gesetzt, da bei allen Form- veränderungen der einander berührenden Theile in letzter Linie Mole- eularkräfte in Frage kommen, welche dem Principe von Wirkung und Gegenwirkung genügen. Insoferne erscheint die weitverbreitete Vor- stellung unrichtig, dass von zwei Körpern im festen Aggregatzustande, welche unter einem gewissen Druck über einander hinweggeschoben werden, stets nur der weichere durch den Angriff des härteren eine partielle Störung seiner Cohärenz erleiden könne, während dieser härtere völlig unverletzt aus dem Versuche hervorgehe. Dass auch weichere Gesteine härtere zu ritzen vermögen, dies hat Daubre&e!) längst experimentell erwiesen, indem er eine Granitplatte mit einem Stücke lithographischen Schiefers schrammte. Aber wir haben es durchaus nicht nöthig, erst zu Experimenten unsere Zuflucht zu nehmen, sondern können dieses Verhalten den gewöhnlichen Vorkommnissen des alltäglichen Lebens entnehmen, wobei nur die eine Bedingung erfüllt sein muss, dass die gegenseitige Einwirkung der Körper lange genug andauere oder sich hinreichend oft wiederhole, um die Folgen derselben durch Summirung auch an demjenigen Körper sichtbar zu machen, welcher sonst scheinbar gar nicht unter ihnen leidet. Aber es ist eine Erfahrung allgemeinster Art, dass Schneidewerkzeuge bei längerem Gebrauch ihre Schärfe verlieren, wenn auch, wie es bei Rasirmessern, Tuchscheeren u. dergl. der Fall ist, nur sehr weiche Gegenstände mittels derselben bearbeitet werden, und einem jeden Schlittschuhläufer ist die Thatsache bekannt, dass die stählernen Kanten seiner Schlittschuhe, welche nur mit Eis in Berührung kommen, sich abstumpfen und längstens jeden zweiten. Winter wieder von Neuem zugeschliffen werden müssen. Derlei Beobachtungen können auch an allerhand Stich- und Bohrwerkzeugen, an Nähnadeln, Ahlen, Zirkelspitzen, Reissfedern u. s. w. gemacht werden, kurz die härtesten Gegenstände unterliegen mit der Zeit einer allmäligen Abnützung seitens viel weicherer Körper. Freilich werden diese letzteren hierbei unvergleichlich stärker in Mitleidenschaft gezogen, !) Recherches experimentales sur le striage des roches dü au phenomöne erratique, et sur les d@compositions chimiques produites dans les actions mecaniques. Comptes Rendus de l’Acad. d. Sc. Paris, XLIV. 1857, pag. 999. — Recherches expe£ri- mentales sur le striage des roches dü au ph@nom£öne erratique, sur la formation des galets, des sables et du limon et sur les decompositions chimiques produites par les agents mecaniques. Annales des Mines. Paris. V. Ser. XII. 1857, pag. 542. — Recherches experimentales sur le striage des roches dü au phönomöne erratique, sur la formation des galets, des sables et du limon, et sur les decompositions chimiques par les agents m&caniques. Bull. d. 1. Soc. g&ol. de France. II. S., t. XV, 1857 —58, pag. 255. Jahrbuch der k. K. geol. Reichsanstalt 1885. 35. Band. 3. Heft. (August Böhm.) 70 550 | August Böhm, 1 22] als jene anderen, härteren Körper, und wenn man deshalb auch dem reinen Gletschereise an sich eine abschleifende Wirkung auf den Fels- grund zuerkennen muss, so erscheint es doch, worauf Zöppritz!) und Davis?) hingewiesen haben, von vorneherein ausser Zweifel, dass das Eis selbst weit mehr als der feste Fels unter dieser Erosion leide. Hier sind jedoch zwei Punkte von wesentlicher Bedeutung. Jene stärkere Abnützung des Eises könnte nur dann auf die Erosionsfähig- keit desselben einen schmälernden Einfluss ausüben, wenn durch dieselbe die erodirende Eismasse dauernd vermindert, also auch ihre Erosions- wirkung in entsprechender Weise redueirt würde. Dies ist aber durch- aus nicht der Fall, da stets neue Eismassen an die Stelle der alten treten, und somit der Gletscher das, was er allenfalls verliert, immer wieder ersetzt, während der Fels über keine ähnlichen Ersatztruppen gebietet, und es somit lediglich eine Frage der Zeit ist, dass sich seine jeweils zwar nur kleinen Verluste endlich denn doch zu einer deutlich wahrnehmbaren Grösse summiren. Des Weiteren aber darf nicht ausser Acht gelassen werden, dass die Masse eines Gletschers in manchen Beziehungen, und zwar vornehmlich was ihre Bewegung und den Zu- sammenhang der einzelnen Theile anbelangt, die Eigenschaften eines plastisch-flüssigen Mediums besitzt, und dass deshalb von einer Lostrennung einzelner Theile, von einer Erosionserleidung des Eises an seinem Grunde, wo es unter hohem Druck steht; eigentlich umsoweniger gesprochen werden kann, als ja das Eis überdies in der Regelation einen Factor besitzt, welcher jene Lostrennung oder Abschabung kleiner Partikel — wenn es nämlich überhaupt zu einer solehen kommen könnte — sofort wieder wettmachen müsste. Insoferne also das Gletschereis als eine plastisch-füssige Masse betrachtet wird, insoferne kann es selbst wohl erodiren, seinerseits aber keine eigentliche Erosion erleiden, eben- sowenig wie das fliessende Wasser, welches ja auch den festen Fels angreift und doch selbst gewiss nicht den Folgen einer Gegenerosion unterworfen ist. Sagt man nun aber, dass das Gletschereis an sich als plastisch-flüssige Masse viel weniger erodiren könne, als wenn es starr wäre, so ist dies allerdings ganz richtig, aber dass es deswegen gar nicht erodiren könne, das folgt daraus noch lange nicht, und dass diese Erosion auch merkbar werde, das ist, wie bereits betont, einzig und allein eine Frage der Zeit. Aus demselben Grunde müsste man sonst auch vor Allem dem Wasser, welches ja doch eine vollkommene Flüssig- keit ist, alle und jede Erosion absprechen, die es indessen, auch ab- gesehen von chemischen Einwirkungen und von einer etwaigen Beladung mit Geschieben, durch seinen eigenen direeten mechanischen Angriff ausübt. Ebenso wie aber die erodirende Thätigkeit des fliessenden Wassers eine enorme Steigerung erfährt, sobald dasselbe Geschiebe mit sich führt und mittels derselben an dem Felsgrunde feilt und scheuert, in gleicher Weise muss auch die Erosion des Gletschereises überaus kräftig durch die zahlreichen Gesteinstrümmer unterstützt werden, welche es an seiner Sohle mit sich fortschleift. Indem das Eis diese lose Gesteins- schichte unter sich bewegt und sie gegen den Felsgrund reibt, „erhält t) Der gegenwärtige Stand der Geophysik. Geographisches Jahrbuch. VII. 1880. Gotha 1881, pag. 74. yilıe. mar: 98. € KURE, r N Be Da th den . De er a Ye ee De A in) mm u [123] Die alten Gletscher der Enns und Steyr. 551 es die Wirkung einer Feile*, es wird zum „Kitt, in welchen die Schleif- steine gefasst sind“.!) Gegen diesen öfters gebrauchten Vergleich wurde nun aber von geophysikalischer Seite Einsprache erhoben, indem gefragt wurde, ob denn Derjenige, welcher einen solchen Vergleich im Munde führe, schon einmal versucht habe, „Stahlkörner durch einen Kitt in einen feilenähnlichen Körper zu verwandeln und mit diesem Instrument zu feilen? Der erste Versuch würde genügen, um ihm dieses unglückliche Bild aus der Hand zu- winden.“ 2) Hierauf die Antwort: Gewiss wurde dies versucht, und zwar mit gutem Erfolg! Wiederum kann hier auf ein Experiment Daubr&e’s verwiesen werden, welches jenem „unglücklichen Bild“ direct mit Bezug auf den eigentlichen Gegenstand seiner Darstellung entgegen kommt. Daubr&e machte Schrammversuche auf Granitplatten, indem er andere Steine in Holzblöcke fasste und dieselben unter Druck über die Platte hinweg bewegte. Anstatt in Holz fasste er die Steine nun einmal auch in einen Eisblock und zwang die Geschiebe, auch auf diese Weise die Granitplatte anzugreifen und Streifen auf derselben zu ziehen.) Hiermit ist jener „physikalische“ Einwand, welcher wohl nur akademisch erhoben wurde, beseitigt. Uebrigens gibt es auch hier näherliegende Beispiele, welche dasselbe beweisen. Sind denn nicht die bekannten Schmirgel-Messerschleifer in ähnlicher Weise entstandene „feilenähnliche Körper“, bei denen die feinen Korundkörnehen durch einen erhärteten Kitt zusammengebacken werden, und bietet nicht das Schmirgelpapier eine noch schlagendere Illustration dafür, dass man selbst mittels einer verkitteten Körnchenschicht, welehe sich nur auf die Oberfläche des führenden Körpers erstreckt, schr wohl auf anderen, harten Gegenständen scheuern und feilen kann ? Freilich brechen viele dieser Körnchen aus, aber insolange nicht nur mit einer Kante, sondern mit der ganzen Fläche des „feilenähnlichen Körpers“ gefeilt wird, hat dieses Ausbrechen an sich auf die angreifende Wirkung keinen aufhebenden Einfluss; man kann ja doch auch lose liegende Körmer mittels irgend eines Körpers an einen anderen Körper anpressen und über denselben hinwegschieben und auf diese Art eine Kritzung und Abscheuerung desselben erzeugen. !) Gerade deswegen aber ist jener von Zöppritz angedeutete Hin- weis auf das Ausbrechen der durch einen Kitt in einen feilenähnlichen Körper verwandelten Stahlkörner mit Bezug auf den Vergleich des Gletschers mit einer Feile ganz besonders unglücklich gewesen, und zwar in doppelter Beziehung. Können denn die Geschiebe einer plastisch- flüssigen Masse, wie es das Gletschereis ist, überhaupt ausbrechen? Und gesetzt den Fall, sie könnten es, wohin sollten sie denn durch dieses Ausbrechen gelangen, was sollte nunmehr mit ihnen geschehen ? !) Penck, Die Vergletscherung der Deutschen Alpen, pag. 380. ?) Zöppritz, Die Fortschritte der Geophysik. Geographisches Jahrbuch. X. 1884. Gotha 1885, pag. 28. ®) 1. e., pag. 998, beziehungsweise 542 und 256. — Synthetische Studien zur Experimental-Geologie. Deutsche Ausgabe von Gurlt, Braunschweig 1880, pag. 219. *) Auch die mechanische Erosion des Wassers wird ja hauptsächlich durch dessen Geschiebeführung vermittelt, und das Wasser ist gewiss noch nachgiebiger, als ein Gletscher, und hält die Geschicbe, mittels deren es feilt und sägt, — die Zähne der _ Säge — noch loser ! 70* 552 August Böhm. [124] Können sie sich etwa durch ihr Ausbrechen der Bewegung und dem Drucke, dem sie unterliegen, entziehen, wie die ausfallenden Körner an den Kanten jener Vergleichsfeile? Die Beantwortung dieser Fragen ergibt sich wohl von selbst. Die Geschiebe, welche zwischen dem Gletscher und seinem festen Untergrunde sich befinden und in ihrer Gesammtheit als die Grundmoräne des Gletschers bezeichnet werden, die können nach keiner Seite hin entweichen, sondern sind gezwungen, an der Bewegung der Eismasse Antheil zu nehmen. Dass diese Be- wegung der Grundmoräne in den meisten Fällen eine langsamere sein wird, als jene des Eises, dies ist an und für sich natürlich und wurde: zudem auch von Niles!) durch direete Beobachtung an zugänglichen Stellen des Gletscherbettes erwiesen. An solchen Stellen, wo die Unter- fläche des Eises den Felsgrund oder die Seitenwand local nicht berührt, entstehen nämlich in dem Eise unter dem Widerstande von einge- klemmten Geschieben oder vorspringenden Ecken des Felsbodens mehr oder weniger deutliche Furchen, welche sich im Sinne der Bewegungs- richtung nach vorwärts erstrecken, und somit, wenn sie von einem Geschiebe ausgehen, auf eine raschere Bewegung des Eises gegenüber diesem letzteren zu schliessen gestatten. Auf dem Grunde grosser, mächtiger Gletscher, wie es z. B. insbesondere die diluvialen Eisströme waren, werden jedoch solche Furchen selbstverständlich nieht be- stehen können, denn in Folge des starken Druckes der überlastenden Eismasse und seiner Plastieität muss das Eis alle Unebenheiten seiner Sohle vollständig erfüllen und ausgleichen, ähnlich wie ein Gypsbrei, welcher unter starkem Druck über eine rauhe und etwa mit losen Fragmenten bedeckte Fläche hinweggepresst wird, sicherlich keinen Hohlraum unter sich duldet, sondern einen jeden solchen, welcher durch Furchenbildung oder dergleichen entstehen wollte, in demselben Masse, in welehem er sich bildet, sofort wieder ausfüllt. Das liegt ja eben in dem Wesen plastisch-füssiger Massen. Fassen wir das bisher Gesagte zusammen, so haben wir mit folgenden unbestreitbaren Thatsachen zu rechnen: Il. Die alten Eisströme haben sich nicht nur oberflächlich, sondern auch in ihren untersten Partien bewegt und waren hierbei insoferne von der Configuration des Untergrundes unabhängig, als sie auch er- wiesenermassen im Stande waren, unter nicht allzugrossen Neigungs- winkeln und auf nicht allzugrosse Höhe der Neigung des Terrains entgegen sich zu bewegen. 2. Das Eis an und für sich ist im Stande, eine geringe abschlei- fende Wirkung auf den festen Felsgrund auszuüben, welche sich bei genügend langer Dauer zu jeder beliebigen Grösse summiren kann. 3. Zwischen dem Eise und seiner festen Unterlage befindet sich die Grundmoräne, welche an der Bewegung des ersteren unter hohem Drucke Antheil nimmt und in Folge dessen eine beträchtliche Ab- nützung ihrer eigenen Bestandtheile erleidet, wobei nicht minder aber auch eine solche der festen Unterlage bewirkt wird. Aus diesen Sätzen, welche, ich wiederhole es mit Nachdruck, vollständig erwiesene und keineswegs erst neu entdeckte Thatsachen ') Upon the Relative Agency of Glaciers and Sub-Glacial Streams in the Erosion of Valleys. Proceedings of the Boston Soc. of Nat. Hist. XIX. 1878, pag. 332. [125] Die alten Gletscher der Enns und Steyr. 553 sind, Thatsachen, an denen nichts geändert werden kann, geht aber unbedingt hervor, dass im Allgemeinen die physikalische Mög- lichkeit vorhanden ist, dass Gletscher sowohl auf stetig geneigter Unterlage, als auch auf dem Grunde von beekenartigen Vertiefungen erodiren können, und dass somit der Annahme, dass die Gletscher solche Becken auch selbst zu schaffen im Stande seien, sobald sie nur über die hinreichende Grösse und die nöthige Zeitdauer ihres Bestandes verfügen, ein prineipielles physikalisches Hinderniss nieht im Wege steht. Die Frage nach der Möglichkeit der glacialen Entstehung von Seebeeken im Allgemeinen hat mit dieser Erkenntniss ihren physi- kalischen Charakter bereits verloren, sie ist als solehe überhaupt er- ledigt.!) Der Gletscher erodirt, er bewegt sich aufwärts, folglich kann er ein Becken erodiren. Das ist so klar, wie irgend etwas. Möglich also ist es, dass die Gletscher Seebecken erzeugen, aber ob dieser Vorgang unter gegebenen Verhältnissen auch in Wirklichkeit erfolgte, das ist nunmehr die neu erwachsende Frage. Diese Frage ist nun aber rein geologischen Charakters und kann nur in der Natur durch Beobachtung und hieran geknüpfte logische Schlüsse, nicht aber in der Studirstube durch auf unsicherer Grundlage beruhende Speculationen ihre Entscheidung finden. Der Physiker vermag vorweg nur im Allgemeinen zu sagen, dass Gletscher erodiren können, und dass es eine Frage der Zeit sei, in welchem Masse dies geschehe ; aber indem er dieses sagt, überantwortet er die Behandlung des Gegen- standes bis auf Weiteres dem Geologen, welcher nunmehr nachzusehen - hat, ob er in der Natur thatsächlich Erosionsgebilden der Gletscher begegne, und ob somit jener Vorgang der Glaeialerosion, welcher keines- wegs als physikalisch unmöglich bezeichnet werden kann, sondern welcher vielmehr bei hinreichend langem Bestande mächtiger Gletscher nothwendigerweise zum sichtbaren Ausdruck gelangen muss, denn auch in Wirklichkeit stattgefunden habe. Ergibt sich, dass dies in der That der Fall war, finden sich in der Natur Erosionsformen, welche sich unzwei- deutig als durch Gletscher hervorgerufen erweisen, dann mögen die Physiker dieses Forschungsresultat zur Kenntniss nehmen und es mit Zugrundelegung specieller Fälle in ihrer Weise verarbeiten, den allge- meinen Erosionsvorgang als einen Complex physikalisch diseutirbarer Bewegungsprocesse darstellen und denselben unter Benützung ihrer Hilfsbegriffe beschreiben. Auf diese Art also kann sich der Phy- siker des Gegenstandes wieder bemächtigen, aber nicht, um seinerseits nachträglich nochmals eine principielle Entscheidung zu fällen, die ja schon in dem Zugeständnisse einer wenn auch noch so geringen Ero- sionswirkung des Gletschers enthalten ist, sondern um vielmehr seine Anschauungen über die Widerstandsfähigkeit von Fels und Eis und ihre gegenseitige Einwirkung im Grossen mit den in der Natur ver- borgenen und von dem Geologen erschlossenen diesbezüglichen Auf- klärungen in Einklang zu bringen, und das Verhältniss des geologischen ‘) Ich bitte mich hier nicht misszuverstehen, es ist nur von der principiellen Möglichkeit, von der physikalisch-theoretischen Denkbarkeit des Vorganges der Ausschleifung von Becken durch Gletscher die Rede, keineswegs aber davon, dass dieser Vorgang auch wirklich stattgefunden habe und deshalb mit Rücksicht auf Obiges bereits auch als Factum bewiesen sei. 554 August Böhm. [126] Factors: Zeit zu den physikalischen Vorgängen der Gegenwart zu ergründen. Vom geologischen Standpunkte haben wir nun aber die Sache bereits an früherer Stelle behandelt und sind hierbei zu der Erkenntniss gekommen, dass die Gletscher in nicht unbedeutender Weise an der Erosion ihren Antheil nahmen, dass ihre Erosionsleistung diejenige des fliessenden Wassers unter sonst gleichen Umständen übertraf, und dass die Gletscher eigenartige Hohlformen auszubilden im Stande waren, welche das Wasser nie und nimmer zu erzeugen vermochte. Auch dieses Ergebniss ist nicht neu, es wurde zuerst von de Mortillet und Ramsay gewonnen, von Geikie, Helland, Croll und vielen Anderen weiter ausgebildet und verfolgt, in neuester Zeit aber am Glänzendsten von Penck verfochten, in dessen Hauptwerke über „Die Vergletscherung der Deutschen Alpen“ auch eine vortreffliche Charak- teristik der hieran geknüpften Discussionen gegeben wird. Von anderer Seite nämlich wurde jenen Ansichten und geologischen Befunden in der entschiedensten Weise entgegen getreten, und es erwächst deshalb. nunmehr die Pflicht, die dagegen geltend gemachten Einwürfe zu unter- suchen. Hierbei ist es mir indessen wohl gestattet, im Allgemeinen an das genannte Werk von Pencek anzuknüpfen und mich auf das Wichtigste von dem zu beschränken, was dem Kernpunkt der Sache am nächsten kommt und bisher noch keine oder keine genügende Erwiderung gefunden. Eine vollständige Zusammenstellung aller jener Einwände, eine erschöpfende Darstellung und Behandlung des Themas der Glacialerosion zu geben, ist nicht der Zweck dieser Zeilen, er liesse sich in dem Rahmen eines Capitels der vorliegenden Schrift nicht erreichen. Die geologischen Befunde, auf Grund deren die Theorie von der Glacialerosion und insbesondere von der glacialen Entstehung von Seebecken entstand, beruhen auf thatsächliehen Beobachtungen, und diese lassen sich nur an Ort und Stelle in der Natur selbst controlliren. Nur von einer wissenschaftlich strengen Zergliederung dieser Thatsachen aber lässt sich die Entscheidung der „brennenden“ Frage nach der Glacialerosion erwarten. Die Erörterungen, welche einer derartigen Be- handlung der Frage nach synthetischer Methode bezüglich der Mög- lichkeit des Vorganges a priori vorangeschickt werden, be- sitzen einen rein akademischen Charakter, und dies gilt insbesondere von gewissen Analogieschlüssen, welche von Beobachtungen am Zungen- ende der heutigen Alpengletscher auf Vorgänge gezogen werden, die unter den gewaltigen Eismassen. der diluvialen Gletscherströme statt- gefunden haben. Das DBedeutendste, was seit den gründlichen Darlegungen Penck’s gegen die Glacialerosion geschrieben wurde, ist unstreitig in Heim’s „Handbuch der Gletscherkunde“ !) enthalten, jenem „mo- dernen Codex der Glacialtheorien“, wie Günther?) das vortreffliche Werk bezeichnet. Heim verwahrt sich zwar dagegen °), dass es seine Absicht gewesen sei, hier „einen ausführlichen Feldzug gegen die ‘) Handbuch der Gletscherkunde. Stuttgart 1885. 8°, 560 S., mit zwei Tafeln i und einer Karte. ?) Lehrbuch der Geophysik. II. Bd. Stuttgart 1885, pag. 558. ®) ]. c., pag. 399. ZREN: = ER v- ara) TE WETTEN ke er; em Lin EEE iR ae a [127] Die alten Gletscher der Enns und Steyr. 555 Uebertreibungen der Gletscherwirkungen zu Thal-, Cirkus-, Fjord- und Seebildung zu unternehmen“; dass er aber diesen Feldzug, weun auch schon nieht unternommen, so doch zum Mindesten in aller Form gepredigt habe, dies wird er gewiss nicht in Abrede stellen wollen. Es wurde hier in der That so ziemlich Alles vorgebracht, was nur irgendwie und von irgendwem jemals der Glacialerosionstheorie ent- gegengehalten wurde, wobei es selbstverständlich auch nicht an eigenen Einwendungen von Heim selbst fehlt, welcher ja gegenwärtig wohl der eifrigste Streiter wider die Glacialerosion ist und in dem gegnerischen Feldlager den Oberbefehl führt. Dem unbefangenen Beobachter kann es jedoch nicht entgehen, dass seit einiger Zeit, und zwar seit dem Erscheinen der „Vergletscherung der Deutschen Alpen“, in die Reihen der Gegner eine Erbitterung sich eingeschlichen habe, welche unter Anderem auch in dem „Handbuch der Gletscherkunde* zum unwill- kommenen Ausdruck gelangt; die Bemerkung kann- nicht unterdrückt werden, dass in dem betreffenden Abschnitte dieses Werkes mit Be- dauern jene vornehme Ruhe und Objectivität vermisst wird, welche zu allermeist ein Handbuch charakterisiren soll und kann, und zwar auch dann, wenn der Autor noch so sehr in der einen oder anderen Angelegenheit persönlich engagirt ist. Es berührt zum Mindesten über- raschend, wenn in einem solchen Werke die Vertreter der gegen- theiligen Ansicht gelegentlich in nicht misszuverstehender Weise als „Gletschertheoretiker“ oder als „extreme Enthusiasten“ bezeichnet werden, und ihnen ohne Weiteres ungenügendes Studium und Unkennt- niss der heutigen Gletscher imputirt wird, wenn von „verzweifelten Versuchen“, von einem „sich versteigen“ zu Behauptungen, von „Ueber- treibungen“, von „auf Umwegen erbrachten Beweisen“ und „eomplexen Fehlerquellen“ die Rede ist, oder wenn der verdienstvolle Schweizer Geologe seinen Gegnern kurzweg mit dem Vorwurfe von „blossen Phantasiegebilden“ und „kühnen Phantasiesprüngen* zu Leibe rückt. ?) Hätte Heim vor zwanzig Jahren also gesprochen, dann wäre die Sache etwas anders gewesen; damals lag die Theorie der Glacialerosion noch in ihrer Kindheit, damals war die Tyndall’sche Ansicht von der erfolgten Auspfligung der Thäler durch die Gletscher eben erst erstanden und noch nicht allgemein begraben, und mit Bezug auf jene letztere wäre Manches von Obigem berechtigt gewesen. Auch stösst ja in der Regel jede neue Theorie anfänglich auf eonservativen Unglauben und schroffen Widerstand, und es ist dies besser, als wenn sie allzeit sofort mit offenen Armen empfangen würde; sie wird hierdurch ge- nöthigt, sich geistig zu concentriren und entweder ihr Gerüste zu befestigen und zu stützen, um allen Anfeindungen zum Trotz sich sieg- reich zu behaupten, oder aber im Gegenfalle je eher, je besser zu- sammenzubrechen und vom Schauplatze ihres-_ Wirkungskreises mit grösserem oder geringerem Geräusche zu verschwinden. Heute aber ist diese innere Befestigung hinsichtlich der in Rede stehenden Theorie bereits in vollem Gang, sie vollzieht sich auf Grund von Thatsachen, welehe von geübten Beobachtern erkannt wurden, und „Diejenigen, welche in ihrem geologischen Forschungsgebiete bisher“ eine solche ') 1. c., pag. 341, 350, 383, 388, 392 und 400. 556 August Böhm. [1 28] Thatsache „nicht selbst gefunden haben, haben kein Recht, zu be- haupten, sie existire nicht.“ ') Heute sind die Ansichten über die Glacial- erosion ihres abenteuerlichen Charakters bereits entkleidet, und wissen- schaftliche Forschung ist an die Stelle wissenschaftlichen Fabulirens getreten; ernsthafte Männer geben sich redlich Mühe, nach bestem Können und Wissen die Entstehungsweise gewisser Erosionsformen der Erdoberfläche zu untersuchen, und die Theorie der Glaeialerosion findet ihren Beifall. Heute hat mithin die wissenschaftliche Erörterung mit dieser Theorie zu rechnen, und deswegen heute noch so wegwerfend von derselben zu sprechen und den ernsthaften Arbeitern, welche jenes Feld bestellen, derartige Ausdrücke, wie die mitgetheilten, entgegenzu- schleud | [135] Die alten Gletscher der Enns und Steyr. 563 Kinahan!), Stone?), v. Richthofen:), Davis‘), und viele Andere äusserten sich in ähnlicher Weise. Wie verträgt sich nun aber hiermit die Behauptung Heim’s (pag. 5380), dass man an die Her- stammung der Grundmoräne „vom schon vor dem Gletscher getrennten Schutte sonderbarerweise bisher nicht ausdrücklich gedacht“ habe ? Sonderbar ist hier wohl nur das Eine, dass Heim alle derlei Aeusserungen insgesammt entgangen sind. Sicherlich also hat der Gebirgsschutt,, welcher vor Eintritt einer Vergletscherung in den Thälern zur Ansammlung gelangt war, eine beachtenswerthe Quelle für die Speisung der Grundmoräne gebildet, wenn auch andererseits Beweise dafür vorliegen, dass nicht nur die heutigen, sondern auch die grossen eiszeitlichen Gletscher sich mitunter über losen Untergrund hinweggeschoben haben, ohne ihn zu zerstören. Beides sind Thatsachen, die je nach örtlichen Verhältnissen gleichzeitig neben einander bestehen können, und welche bei Flüssen in eben der- selben Weise beobachtet werden. Geikie, Penck und Andere haben hierauf zu wiederholten Malen verwiesen. Sowie die Flüsse müssen auch die Gletscher nicht jederzeit und allerorten erodiren, denn die Wirkungen des starren und des flüssigen Wassers werden von den gleichen allgemeinen - Gesetzen geregelt, aus denen Aceumulation und Erosion erwachsen ; auch ein Gletscher kann anhäufend wirken. In dem Heim’schen Werke finden sich für beiderlei Verhaltungsarten von Gletschern Beispiele, welche jedoch insoferne eine etwas ungleiche Bebandlung gefunden haben, als bei Beob- achtungen über von Gletschern unverändert belassenen Geschiebegrund mit sichtlichem Behagen noch ausdrücklich constatirt wird, dass an den betreffenden Stellen ja keine Aufschürfung des Untergrundes er- folgte. Offenbar soll aber hierdurch nicht etwa in dem Leser dieserthalben eine Voreingenommenheit gegen die Möglichkeit der Glacialerosion erweckt werden, denn Heim bemerkt ja später (pag. 3749) selbst hierzu, „dass die Gletscher sich verschieden verhalten können, je nach localen Umständen“. Indem wir aber nunmehr eine Quelle für das Material der Grund- moräne erkannt haben, drängt sich uns die Frage auf, ob denn die- selbe auch genügend sei, um die diesbezüglichen Erscheinungen, welche in alten Gletschergebieten beobachtet werden, zu erklären. Heim geht dieser Frage aus dem Wege, indem er sich (pag. 379) mit seiner „Schätzung“ beruhigt, dass ein Gletscher „für viele Jahrhunderte oder gar für Jahrtausende genug zu thun hat, um den Schutt, der vor ihm im Thale lag, allmälig auszufegen, nachdem er, anfänglich vorrückend, meist ruhig über denselben hinausgestiegen ist.“ Penck hingegen, welchem nicht leicht ein wichtiger Punkt entgeht, hat versucht, den Cubikinhalt der Moränenablagerungen des alten Isargletschers zu be- rechnen), und wenn man auch den colossalen Zahlen, welche er !) Valleys and their relation to Fissures, Fractures and Faults. London 1875, pag. 120, 124. ?) Glacial Erosion in Maine. Portland Nat. Hist. Soc. Proc, 1881, pag. 6, 11. 3) In den Verhandlungen der Gesellschaft für Erdkunde zu Berlin. IX, 1882, pag. 573, 574. *) On the Classification of Lake Basins. Proc. of the Boston Soc. of Nat. Hist. XXT, 1882, pag. 337. — Glacial Erosion. Ibid. XXII, 1883, pag. 20, 24. 5) Die Vergletscherung der Deutschen Alpen, pag. 200, 201. — Aehnliche Be- rechnungen wurden schon früher von Kämtz und Helland für die Abtragung der skandinavischen Halbinsel unternommen. 564 August Böhm, 1 36] erhielt, keine allzugrosse Genauigkeit beizumessen geneigt sein möchte, so gelangt man bei einem Besuche der oberbayerischen Hochebene mehr als durch jene numerischen Vorstellungen zu der Anschauung, dass solch’ gewaltige Massen bei ihrer weiten Verbreitung nicht einzig und allein vom Verwitterungsschutt der Thäler herrühren können. Wer jene Verhältnisse mit eigenen Augen gesehen hat, wird gerne Penck zustimmen, wenn er sagt!): „so hoch wir den Betrag der vor Eintreten der Vergletscherung bereits gelockerten Gesteinsmassen auch veranschlagen wollen, so können sie doch keinesfalls genügen, um die Menge des glacialen Materiales am Fusse des Gebirges zu erklären.“ Hierzu ist noch Eines zu bemerken. Wenn man die Eiszeit nicht als eine gewaltsam hereinbrechende Katastrophe auffasst, sondern allgemein der Ansicht ist, dass sich dieselbe ganz allmälig aus den heutigen ähnlichen Zuständen entwickelte, dann darf man sich auch nicht etwa der Vorstellung hingeben, dass die Thalsohlen und Gehänge der ganzen Alpenthäler am Beginn der Eiszeit über und über mit gewaltigen Schutt- massen bedeekt waren, welche nachher, als die Gletscher kamen, unter denselben zu mächtigen Grundmoränen wurden; es schritt vielmehr die Verwitterung ebenso allmälig vorwärts, wie die Vergletscherung selbst, und es wurden somit die Verhältnisse, welche heute in der Nähe der - Gletscher obwalten, langsam und stetig thalauswärts verschoben. Es werden also den vorrückenden Gletschern jederzeit und an jedem ein- zelnen Punkte keine grösseren Schuttmassen zur Verfügung gestanden haben, als sie in den heutigen Gletscherthälern lagern, da eben nur eine Gesammtverschiebung der Höhenregionen des Gebirges mit allen ihren charakteristischen Erscheinungen, nicht aber als allgemeine Ein- leitung eine Ausbreitung gewaltiger Verwitterung über das ganze Gebirge, und hernach erst in zweiter Linie ein Anwachsen der Gletscher erfolgte. Letzteres würde nur dann der Fall gewesen sein, wenn die klimatische Schwankung, als deren Ausdruck die Eiszeit erscheint, ur- plötzlieh ihrem vollen Ausmasse nach hereingebrochen wäre; da dies aber vermuthlich nicht so war, sondern jene Schwankung vielmehr nach und nach sich geltend machte, so werden Verwitterung und Ver- gletscherung stets bis zu einem gewissen Grade einander eoordinirt ge- blieben sein. Allerdings folgt ein Gletscher der Schwankung des Klimas nicht so unmittelbar, wie die Verwitterung, welehe mit derselben voll- ständig Hand in Hand geht; sein Vordringen beginnt erst einige Zeit nach der Einwirkung der Ursachen, welche dasselbe bedingen, er lässt diese letzteren immer zu einer merklicheren Grösse sich summiren, dann erst macht er seinen Vorstoss; hierbei aber bringt er den Vor- sprung, den er der klimatischen Schwankung und somit auch der Ver- schiebung der Verwitterungszonen gelassen, stets wieder ein. Das Vordringen der Vergletscherung erfolgt gegenüber demjenigen der Verwitterung ein für allemal verzögert, im Uebrigen aber mit derselben parallel. Hieraus geht nun also hervor, dass die vorrückenden Gletscher der Eiszeit jeweils vor ihren Enden mit Bezug auf die Intensität der Verwitterung und deren Wirkung keine anderen Verhältnisse vorfanden, )=L CemaE Bar ET RE TE SR E% [1137] Die alten Gletscher der Enns und Steyr. 569 als sie heute in der Nähe von Gletschern bestehen; ais z. B. der alte Inngletscher bis in die Gegend von Innsbruck vorgerückt war, reichte er mit seinem Ende gewiss in keine Zone lebhafterer Verwitterung hinein, als die heutigen Gletscher des Oetzthales mit den ihren. Es geht hieraus nun aber wieder des Weiteren hervor, dass die Grund- moränen der diluvialen Eisströme, wenn sie ausschliessliieh — oder auch nur zum weit überwiegenden Theil — auf alten Verwitterungs- schutt zurückzuführen wären, an jedem einzelnen Orte nicht in grösserer Mächtigkeit auftreten könnten, als unter den heutigen alpinen Gletschern. Nun ist bekannt, dass die alten Grundmoränen sich durch eine ganz erstaunliche Mächtigkeit vor jenen der gegenwärtigen Gletscherwelt aus- zeichnen, und es liegt die Erklärung auf der Hand, dass dies mit der ‚grösseren Mächtigkeit der Eismassen im Zusammenhange stehe. Diese Erklärung ist aber nur dann zutreffend, wenn die Gletscher durch sich selbst die Grundmoränen erzeugen, nicht aber, wenn sie sich mit dem begnügen müssen, was ihnen von der Verwitterung geboten wird, denn dieses letztere ist am jeweiligen Gletscherende stets dasselbe. In diesem Falle könnten die alten Grundmoränen wohl ihrer Gesammtmasse nach grösser sein als die recenten, weil sie nämlich auf einer grösseren Fläche gesammelt wurden, sie könnten aber nicht, wie es thatsächlich der Fall ist, an jedem einzelnen Orte in solch’ bedeutender Mächtigkeit auf- treten, welche im Verein mit ihrer weiten horizontalen Verbreitung eine Menge ergibt, welche zu hundertmalen grösser ist als jene, die aus einer Proportionalität der Moränenmassen zu der Grösse der Gletscher- gebiete resultiren würde. Zudem ist noch zu bedenken, dass während der Entwicklung einer eiszeitlicheu Vergletscherung nicht einmal aller Gebirgsschutt den Gletschern anheimfällt, sondern dass ein gut Theil von den fliessenden Gewässern ergriffen und zu jener Schotter- ablagerung verwendet wird, welche allenthalben der herannahenden Vereisung vorausgeht. Allerdings wird man sagen, es konnten die Gletscher auch aus den Schottermassen Material beziehen !), und sie haben dies auch ganz gewiss gethan; wenn man aber nun wieder die Mächtigkeit jener Schotterablagerungen betrachtet, dann wird man sich wohl kaum verhehlen können, dass durch eine blosse Verschiebung der Verwitterungszonen so mächtige und so gleichförmig durch ganze Thal- läufe sich fortziehende Flussablagerungen nicht veranlasst worden sein konnten; ebensowenig wie die alten Grundmoränen lassen sich die alten Anschwemmungen ihrer ausserordentlichen Mächtigkeit halber auf blosse Umlagerung von Verwitterungsschutt zurückführen, wenn man nicht für !) Man sieht sich aber dann, und zwar bereits zum dritten Male, zu der Erkenntniss einer wichtigen Erosionsleistung der alten Gletscher, nämlich der Erosion der Schotterterrassen gezwungen. (1. Auftreten von Moränen auf der Höhe und auf den erodirten Abböschungen der Terrassen, während doch die Schotterablagerung nach- weislich erst mit dem jeweiligen Eintritt der Vergletscherung endete. — 2. Reflexionen über die Erosionsleistungen im Inn- und Ennsthal unter Berücksichtigung von Intensität und Dauer des Erosionsvorganges; vergl. pag. 493ff. — 3. Die vorliegende Erwägung, dass die alten Grundmoräuen, wenn sie ausschliesslich von dem von den Gletschern vorgefundenen Verwitterungsschutt stammen würden, an jedem einzelnen Punkte unter den alten Eisströmen in nicht grösserer Mächtigkeit auftreten könnten, als an jedem Punkte unter den heutigen Gletschern.) Jahrbuch der k. k. geol. Reichsanstalt. 1885. 35. Band. 3, Heft. (August Böhm.) 732 566 August Böhm. 1 38] die Bildung der letzteren ') eine Zeit in Anspruch nehmen will, welche ausser jedem Verhältniss steht zu der Dauer, welche der ganzen Eis- periode zugeschrieben werden darf. ?) !) Die grosse Mächtigkeit der alten Grundmoränen könnte hingegen selbst bei noch so langer Dauer ihres Bildungsvorganges nicht durch Herstammung von Ver- witterungsschutt erklärt werden, da die Verwitterung unter dem Gletscher feiert, also aus dieser Quelle kein beständiger neuer Zuwachs stattfindet, der sich mit der Zeit summiren könnte, ”) In den Hochthälern der Alpen, also in den Zonen stärkster Verwitterung, halten sich nach Heim (Ueber die Erosion im Gebiete der Reuss. Jahrb. d. Schweizer Alpenclub. XIV, 1879, pag. 376) Verwitterung und Geschiebetransport so ziemlich das Gleichgewicht. Die durchschnittliche jährliche Abspülung auf jedem Quadratkilometer des Reussgebietes beträgt 242 Cubikmeter, und die Bedeutung dieser Zahl „geht- über das Gebiet der Reuss hinaus“; sie gibt uns „überhaupt eine Vorstellung von der Intensität der Verwitterung im Hochgebirge“, Während der Eiszeit wurden die Verwitterungszonen verschoben, und die Region stärkster Verwitterung senkte sich allmälig abwärts in die grossen Thäler und überzog nach und nach das ganze Gebirge. Hierbei trat die Verwitterung zwar an den in der Richtung nach abwärts und aussen aufeinanderfolgenden Punkten mit wachsender Intensität auf, aber die Intensität derselben in den einzelnen Verwitterungszonen . wurde durch deren Verschiebung nicht geändert; das Maximum der Verwitterung, welches wir heute in der Hochregion beobachten, wurde seinem Ausmasse nach nicht verstärkt, sondern kam eben nur nach und nach an jedem einzelnen Orte des Ge- birges zum Eintritt. Die Schotterterrasse des Innthales besitzt eine Länge von über 200 Kilometer und eine durchschnittliche Höhe von 300 Meter. Die Breite des Thales im Niveau der Schotterauffüllung beträgt oft 6 Kilometer und darüber, die Breite der innerhalb dieser Schottermassen erodirten Thalsohle selbst beträgt im ganzen Unterinnthal 1'/,—2 Kilometer. Nehmen wir nun für die Höhe der Schottermassen nur 250 Meter und für deren durchschnittliche Breite (vom Thalprofil auf rechtwinkligen Querschnitt redueirt) nur 2 Kilometer (also weit weniger als die durchschnittliche Breite des Thales in der halben Höhe der Schotterauffüllung), so berechnet sich der Inhalt der alten, heute zum Theil fast vollständig erodirten Schottermassen des Innthales zu 100 Cubik- kilometer. Hierbei sind jene Theile der Innterrasse vollständig vernachlässigt, welche sich oft weit in die Seitenthäler hineinzogen, sowie jene Schotter, welche in den grösseren Seitenthälern (Oetzthal, Sillthal, Zillerthal u. s. w.) selbst zur Ablagerung kamen. Die Schottermassen hingegen, welche draussen auf der Hochebene im Gebiete des Inngletschers und ausserhalb desselben abgelagert wurden, sind nicht zu über- sehen, und wir werden sie mit der Hälfte der im Innthal aufgefüllten Massen gewiss viel zu nieder veranschlagen. Im Ganzen haben wir demnach 150 Cubikkilometer Schotter, welche während des Herannahens der letzten Vereisung zur Ablagerung kamen. Die Grösse des gesammten Flussgebietes des Inn beträgt in runder Zahl 10.000 Quadratkilometer, von denen also jene 150 Cubikkilometer Material genommen wurden. Dies ergibt für jeden Quadratkilometer einen Abtrag von 0'015 Cubikkilometer = 15 Millionen Cubikmeter. Wir wissen nun nicht, auf welche Zeit sich diese Abtragung vertheilte, aber Dank den verdienstlichen und mühevollen, mit grosser Sorgfalt durch- geführten Untersuchungen Heim’s haben wir „eine Vorstellung von der Intensität der Verwitterung im Hochgebirge“ und wissen, dass dieselbe auf jedem Quadrat-_ kilometer der Gebirgsarea jährlich 242 Cubikmeter Gebirgsschutt zu erzeugen im Stande ist. Da nun aber die Intensität der Verwitterung, welche ja heute im Hoch- gebirge so stark ist, als sie überhaupt sein kann, während der Eiszeit nicht ge- steigert, sondern in ihrem Wirkungskreise nur tiefer herab über das ganze Gebirge verlegt, verschoben wurde, und sich somit lediglich die Charaktere der heutigen Hochregion damals in grössere Tiefen herabsenkten, so sind wir in der Lage, zu be- rechnen, wie lange Zeit die Verwitterung gebraucht hätte, um für sich allein jenes Material zu erzeugen, welchem wir in den Glacialschottern des Inngebietes begegnen. Hierbei wollen wir aber einerseits jenen Betrag von 242 Cubikmeter jährlicher Abtragung pro Quadratkilometer auf die runde Zahl 300 erhöhen und wollen anderseits noch weiters davon Umgang nehmen, dass ja jene Verschiebung der Zone stärkster Verwitterung nicht auf einmal das ganze Gebirge betraf, sondern stetig und langsam [139] Die alten Gletscher der Enns und Steyr. 567 An der Bildung der alten Schottermassen betheiligte sich somit in umgekehrter Weise sicherlich auch das Material der Grundmoräne der alten Gletscher, und wenn deshalb später der Gletscher auf den Schottern schürfte und sie zu Grundmoränen verarbeitete, so war dies zum Theil nichts Anderes als Rückkehr an die frühere Lagerstätte des Materials. In der Ansicht, dass die Gletscher bei der Versorgung der Flüsse mit Geschiebematerial für die Schotterauffüllungen der Thäler eine sehr hervorragende Rolle spielten, werden wir bestärkt, wenn wir sehen, dass in allen jenen Thälern und Gebirgen, welche während der Eiszeit nicht vergletschert waren, solche Schotterterrassen fehlen, und zwar auch dann, wenn die allgemeinen klimatischen Verhältnisse dieselben waren, wie in unmittelbar benachbarten Gletschergebieten, und es ledig- lich in Folge ungünstiger orographischer Verhältnisse dortselbst nicht zu einer Gletscherentwicklung gekommen ist. ‘ Wenn die grossen eiszeitlichen Gletscher sich einzig und allein, oder auch nur vorzugsweise, darauf beschränkt hätten, den vorher im Gebirge angehäuften losen Verwitterungsschutt auszufegen, so müssten sie bei der langen Dauer der Eiszeit ja endlich doch einmal mit dieser Arbeit fertig geworden sein, und dasselbe gilt natürlich auch für unsere heutigen Gletscher. Heim „schätzt“ zwar, wie wir bereits sahen, dass ein Gletscher mit dieser Arbeit für viele Jahrhunderte „oder sogar“ für „Jahrtausende“ genug zu thun habe, aber dies ist eben nichts weiter, als eine subjeetive Ansicht; sie beruht auf einer schwer discutirbaren Vorstellung von der Bewegung der Grundmoräne. „Stein um Stein der Geschiebeunterlage drückt sich in den Gletscher ein und wird über die anderen, zum Theil noch ruhenden geschleift“ (pag. 579). „In dieser Weise“ ginge die Sache allerdings sehr, sehr langsam. Aber erstaunt wird man sich zunächst fragen, ob denn Heim wirklich hiermit gemeint erfolgte, und dass in demselben Masse auch die Vergletscherung vorschritt, wodurch immer mehr und mehr Terrain der Verwitterung entzogen wurde. Indem wir diese Rechnung ausführen, erhalten wir für die Zeit, deren die Ver- witterung zur Herbeischaffung des Materiales für die Flussschotter im Gebiete des alten Inngletschers bedurft hätte, die Zahl von 50.000 Jahren. Sind nun auch die dieser Berechnung zu Grunde gelegten numerischen Daten nur roh, so geht doch das Eine hieraus mit Sicherheit hervor, dass die Verwitterung für sich allein in der Zeit während des Herannahens der Vereisung die Loslösung des als Schotter abgelagerten Materiales lange nicht vollbringen konnte, und wir sehen uns somit zu der Erkenntniss gezwungen, dass in den Glacialschottermassen neben den Meissel- spähnen der Verwitterung auch Producte einer Erosion durch Gletscher vorliegen. Man könnte höchstens noch den Einwand versuchen, dass man es in diesen Schottermassen mit den umgelagerten Producten einer „säcularen Verwitterung“ zu thun habe, welche „vorgearbeitet“ habe, welchem Einwurf aber einfach mit dem Nach- weis begegnet werden kann, dass jene Schotter erst während des unmittelbaren Herannahens der Vergletscherung, nicht aber während der vorausgegangenen Inter- glacialzeit zur Ablagerung gelangten (vergl. Penck, Die Vergletscherung der Deutschen Alpen). Im Uebrigen treten uns die Interglacialzeiten als Erosionsperioden gleich der Gegenwart entgegen, und auch aus den überlieferten Resten nach Fauna und Flora geht hervor, dass die klimatischen Verhältnisse in den Alpen damals ähnliche waren, wie heute; es Konnte demnach hier während einer Interglacialzeit weder zu einer ge- waltigen Aufspeicherung von Producten „säcularer Verwitterung“*, noch zu einer Um- lagerung derselben zu mächtigen Flussschottermassen kommen, sondern die Spähne, welche die Verwitterung erzeugte, wurden vom Wasser ergriffen und exportirt, was ja eben mit Bezug auf die Thätigkeit des fliessenden Wassers den Charakter der Inter- glacialzeiten als Erosionsperioden begründet. a 568 August Böhm. [140] habe, dass an jedem einzelnen Punkte die Grundmoräne, beziehungs- weise der auszufegende Verwitterungsschutt, unter dem Gletscher im Allgemeinen nur „Stein um Stein“, also gewissermassen ratenweise fort- bewegt werde. In der That scheint nun Heim der Ansicht zu sein, dass eine Eismasse von bedeutender Mächtigkeit, welche sich auf loser Unterlage, wenn auch langsam, bewegt, in der Regel stets nur die oberste Schichte dieser letzteren, welche in unmittelbarer Berührung mit dem Eise ist, durch seine Bewegung beeinflusse, während die darunter befindlichen Partien in ungestörter Ruhe verharren; denn „dass die Grundmoräne als Ganzes fortbewegt werde“, heisst es auf Seite 351, „ist wohl nur richtig für diejenigen Stellen, wo sie sehr dünn ist, wo local ein zeitweises Zusammenfrieren !) mit dem Gletscher eintreten konnte, oder wo andere ausnahmsweise Umstände dies be- fördern.“ Heim beruft sich hier auf den Umstand, dass „unter actuellen Gletschern niemals zu beobachten“ sei, dass die Grundmoräne „als Ganzes“ fortbewegt werde „in der Weise, wie dies Pencek annimmt“. Eine solche Beobachtung wäre nun allerdings etwas viel verlangt, erstens, weil wir unter dem Gletscher nieht dorthin gelangen können, wo er selbst sich in erheblicherer Weise bewegt, und zweitens, weil wir uns auch, wenn dies möglich wäre, doch nicht hinstellen könnten und zu- sehen, wie er die Grundmoräne hierbei mit sich fortnimmt. Hingegen dürfte wohl allgemein ohne weiters erkannt werden, dass die Bewegung eines grossen Gletschers, obwohl in seinen unteren Partien noch lang- samer als an der Oberfläche, so doch unter dem Drucke der gewaltigen Eismassen mit unwiderstehlicher Kraft erfolgt, und dass, wenn sich zwischen dem Gletscher und dem festen Untergrund eine Zwischenlage von losem Material befindet, die Bewegung des Gletschers in den obersten Schichten des letzteren nicht jenen Widerstand finden werde, welcher der Grösse der Reibung zwischen dem sich bewegenden Gletscher und einer hierbei in Ruhe verharrenden Unterlage entspricht. Es wird viel- mehr der Einfluss der Bewegung des Gletschers in dem losen Material sich tiefer hinab geltend machen, und es wird dieses daher in einer gewissen Mächtigkeit an der Bewegung Antheil nehmen, es wird die Grundmoräne in zusammenhängender Weise, gleichsam als ein einheit- licher Körper unter fortwährendem Durcheinanderpressen und -Quetschen von dem Gletscher fortgeschleift werden. Diese Ansicht ist, worauf Penck verweist, zuerst von Aggasiz?) geäussert worden und muss sich nothwendiger Weise schon angesichts des Umstandes aufdrängen, dass die sämmtlichen Geschiebe, welche in dem zähen thonigen oder grusigen Bindemittel der alten Grundmoränen stecken, ringsum geschliffen und geschrammt sind, und dass die Gestalt jener Geschiebe meist eine ganz gleichförmige Abrundung erkennen lässt, welche nur durch eine !) Wie verträgt sich dies mit dem scharfen Ausfall Heim’s (pag. 388) gegen Diejenigen, welche von Frostwirkungen unter dem Gletscher reden? Kann das Wasser zwischen den Geschieben der Grundmoräne zum Gefrieren kommen, dann kann es dies, wenn der Gletscher dem festen Fels aufliegt, ebenso auch zwischen Fugen und. Spalt- rissen dieses letzteren. Entweder nämlich kann das Wasser in beiden Fällen ge- frieren oder es kann dies in beiden Fällen nicht. Aber in dem einen Falle so und in einem anderen nach Belieben wieder anders, kann es nicht sein. ?) The Glacial Theory and its recent Progress. The Edinburgh New Philosophical Journal. XXXIII, 1842, pag. 228. Zee FE EDLER REEL EEE RELETEEEWET ER [141] Die alten Gletscher der Enns und Steyr. 569 gleichzeitige und gleichartige allseitige Abschleifung derselben in der geschleppten und durcheinandergekneteten Grundmoräne bewirkt werden konnte. „Nur indem der ganze Blocklehm als Körper vorwärts bewegt wurde, indem die Geschiebe in unregelmässigster Weise aneinander vorbei gepresst wurden, konnten sie ringsum geschrammt werden, wie es thatsächlich der Fall ist.*!) Wenn auch, was Heim (pag. 350, Anmkg.) betont, Gesteinsstücke, welche in dem Eise eingebacken oder von demselben gleichsam „gefasst“ sind, „dennoch sehr oft Gelegenheit zu Stellungsveränderungen haben“, und dies sogar „direet* gesehen werden kann, so wurde doch hieran nicht einmal von Heim selbst die Folgerung geknüpft, dass auf diese Weise auch wirklich — und zwar nicht nur ausnahmsweise, sondern in der Regel — ein allseits gleich- förmig polirtes, kreuz und quer gekritztes, rundliches, oder wenn im Allgemeinen rundkantig, so doch von stetig gewölbten Flächen begrenztes Geschiebe entstehen könnte. Wir werden also wohl bei der Agassiz- schen Ansicht verbleiben dürfen, dass die Grundmoräne als Ganzes bewegt wurde, und dass im Allgemeinen die gerundeten und gekritzten Geschiebe mit und in dieser Masse ihre Wanderung vollendeten. Wenn freilich die Grundmoränen eine sehr bedeutende Mächtigkeit er- langten, wenn sie abgelagert wurden, dann trat allerdings auch der Fall ein, dass ihre unteren Partien ruhten, während die oberen darüber hinweggeschoben wurden, und es gibt sich dieses auch in einer gewissen Schiehtung mancher sehr mächtigen Grundmoränen zu erkennen. Dass die Ausfegung des Verwitterungsschuttes und überhaupt die Fortschleppung der Grundmoräne nicht gar so langsam vor sich ging, als es der Fall gewesen sein müsste, wenn nur immer .die alleroberste Schichte des losen Materials von dem Gletscher fortgeschleppt worden wäre, während alle darunter liegenden in Ruhe verharrten,, dies geht zum Ueberfluss auch noch aus dem Umstande hervor, dass die ganz erstaunliche Mächtigkeit der alten Grundmoränen in Verbindung mit ihrer weiten Verbreitung unbedingt darauf hinweist, dass sehr bedeutende !) Penck, Die Vergletscherung der Deutschen Alpen, pag. 37. — Wenn Heim (pag. 350) mit Bezug auf die dem eben citirten Satze unmittelbar nachfolgende Aeusserung Penck’s: „Es ist eine häufige, jedoch durchaus irrige Vorstellung, die gekritzten Geschiebe seien dadurch entstanden, dass sie im Eise eingefroren über den Untergrund geschleift wurden“, ausdrücklich constatirt, dass er und Andere bei Klettereien in den Gletscherthoren öfters „im Eise eingebacken, von demselben gewissermassen »gefasst«, einzelne Gesteinsstücke“ gefunden habe, und hieran in einer Fussnote die Bemerkung knüpft: „Es handelt sich hier nicht um eine »durchaus irrige Vorstellung«, wie Penck meint“, so wird hier Penck eine Behauptung unterschoben, die demselben ganz ferne liegt. Dass „einzelne Gesteinsstücke“ von dem Gletscher „gefasst“ werden können, und dass dies an der Berührungsstelle zwischen Eis und Grundmoräne sogar in der Regel der Fall, ist Penck sicherlich ebensogut bekannt wie Heim, und wie überhaupt einem Jeden, der mit dem Gletscherphänomen eingehender vertraut ist; es wurde dies ja von Penck auch gar nirgends bestritten. Bestritten wurde nur, dass auf diese Weise allseitig gekritzte Geschiebe entstehen können, wie sie in den alten Grundmoränen auftreten; sagt ja doch Penck noch ausdrücklich: „Auf diesem Wege“ — nämlich bei Eingefrorensein im Eise — „werden Geschiebe nur auf einer Seite, nie ringsum geschrammt!“ Auf Seite 380 seines Werkes spricht Penck auch geradezu davon, dass Schleifsteine in dem Eise „gefasst“ sind, gebraucht also die- selbe Ausdrucksweise, wie nachher Heim! Es könnte daher nicht schaden, wenn man sich gegnerische Ausführungen, die man kritisiren will, erst etwas genauer ansieht, und hierbei den Sinn einzelner Worte, die man aus ihrem Zusammenhang heraus- reisst, nicht auf einen willkürlich unterschobenen Gegenstand hinlenkt. 570 August Böhm. 1 42] Massen unter dem Eise thatsächlich bewegt wurden. Da nun der Ver- witterungsschutt unter dem Gletscher keinen gleichartigen Zuwachs mehr erfahren konnte, und die subglaciale Transportfähigkeit der Gletscher, wie eben aus den mächtigen Grundmoränenmassen ersichtlich, eine sehr bedeutende war, so mussten die Gletscher, welche ja nicht von heute auf morgen bestanden, endlich mit der Ausfegung des schon vorher in den Thälern angehäuft gewesenen Gebirgsschuttes zu Ende kommen, und es entsteht die Frage: was nun? Dieselbe drängt sich uns umso- mehr auf, als wir schon früher auf anderem Wege gesehen haben, dass der Verwitterungsschutt nicht ausreichen würde, um die alten Grund- moränen zu erklären. Dass der Verwitterungsschutt für die Gletscher keine unerschöpfliche Quelle der Grundmoräne bildet, wurde übrigens gewissermassen schon von Agassiz erkannt, welcher sich doch sicher- lich keinen allzu sanguinischen Vorstellungen über die Erosionsfähigkeit der Gletscher hingab. Man erinnert sich vielleicht noch jener Ansicht, welche Godeffroy!) über die Bildung von Moränen äusserte, und nach welcher dieselben aus einem tertiären Trümmergestein entstünden, welches den Boden der Alpenthäler bedecke; indem der Gletscher in dasselbe wie ein Pflug hineinwühle, dämme er dasselbe zu seinen Seiten und an seinem Ende auf und werfe es sich zuweilen selbst auf seinen Rücken. Agassiz?) bemerkt nun hierzu: „Man begreift nach dieser Theorie nicht, warum die Gletscher noch jetzt Moränen haben, und wie es kommt, dass sie auf den polirten Felsflächen, worauf sie ruhen, noch immer Reste der Godeffroy'schen Trümmerdecke aufstöbern.“ Die Gegner der Glacialerosion sind in der Regel geneigt, die Flüsse als Erosionsmittel, die Gletscher hingegen nur als gewaltige Transportmittel zu betrachten, wobei aber nicht zu verkennen ist, dass, wenigstens bei den eiszeitlichen Gletschern, der Haupttransport unter dem Eise stattfand. Es muss nun dem gegenüber doch darauf hingewiesen werden, dass Transportation in der Weise, wie sie am Grunde eines Flusses oder an der Sohle eines Gletschers stattfindet, gleichbedeutend ist mit Erosion in losen Massen, und dass ein quali- tativer Unterschied zwischen beiden nicht besteht. Indem ein Fluss oder ein Gletscher Geschiebe unter sich bewegt, erodirt er, da er in jedem Momente Material von der Stelle nimmt, an der es im vorhergehenden Zeitpunkte gelegen, und es an einen anderen Ort befördert. Begnügen sich nun beide, Fluss wie Gletscher, an jeder einzelnen Stelle nur so viel zu transportiren, als sie an der unmittelbar vorhergehenden Stelle bereits transportirten, dann verhält sich die Transportation, welche mit Erosion in losen Massen im Allgemeinen gleichbedeutend ist, mit Bezug auf jene Stelle insoferne indifferent, als durch dieselbe, so lange sie in dieser Art stattfindet, weder eine Erhöhung, noch eine Erniedrigung des Bodens bewirkt wird. Man könnte dies als indifferente oder latente Erosion bezeichnen. Transportiren die Beiden an jeder folgenden Stelle weniger, als an jeder vorhergehenden, dann entsteht Erhöhung des Bodens, es tritt Accumulation ein, welche jedoch, wenn sie in räum- licher, wie zeitlicher Erstreckung fortgesetzt erfolgen soll, stets unter !) Notice sur les Glaciers, les Moraines et les Blocs erratiques des Alpes. Paris, 1840, pag. 78. ?) Untersuchungen über die Gletscher. Solothurn 1841, pag. 138, Anmkg. en Ele al cn 5 un, Fu.) ur .. EEE RT [143] Die alten Gletscher der Enns und Steyr. 571 Einem mit indifferenter Transportation (latenter Erosion) verbunden ist. "Transportirt jedoch Gletscher oder Fluss an jeder folgenden Stelle mehr als an jeder vorigen, dann erfolgt Erosion in der gewöhnlichen engeren Bedeutung des Wortes, und dieselbe wird — immer mit Bezug auf die Fortschaffung oder Erosion von losen Massen — im direeten Verhältnisse zu der Transportfähigkeit stehen. Wir haben nun bezüglich der Frage nach der Entstehung der Grundmoräne bisher gesehen, dass die Oberflächenmoränen für die Grund- moränen der heutigen Gletscher nur einen sehr geringen, für jene der grossen eiszeitlichen Gletscher hingegen so gut wie gar keinen Beitrag lieferten; ferner, dass ein sehr ansehnlicher Beitrag zwar von dem vor jeder Vergletscherung bereit liegenden Verwitterungsschutt beigestellt wurde, dass derselbe jedoch lange nicht ausreicht, um die grosse Mäch- tigkeit der alten Moränen zu erklären. Da bleibt denn doch nichts Anderes über, als anzunehmen, dass der Gletscher seine Grundmoräne zum grossen Theile sich selbst geschaffen, indem er den anstehenden Felsgrund erodirte. Dieser Ansicht wird nun aber von den Gegnern der Glacialerosion auf das Bestimmteste entgegengetreten, und zwar zumeist auf Grund „physikalischer Bedenken“. Vor Allem sagt man (Heim, pag. 553), dass das Gletschereis selbst weder Gesteinsbrocken noch Felsgrund „merk- lich“ angreife, und wir können diesem Ausspruche beipflichten, wenn wir mit Rücksicht auf unsere früheren diesbezüglichen Betrachtungen erläuternd hinzusetzen: nicht merklich binnen kurzer Zeit. Aller- dings handelt es sich hier um relative Begriffe. Desto energischer aber wird die Grundmoräne den Untergrund abnutzen, über welchen sie unter grossem Drucke gepresst wird, und es wird auf diese Weise binnen kürzerer Zeit eine merklichere Wirkung entstehen können. „Man be- denke nur, dass es eine bisweilen über 1000 Meter hohe Eissäule ist, welche sich bewegt und unter sich Gesteinsblöcke fortschiebt.“') Dass die Grundmoräne bewegt wird, ist mit Rücksicht auf ihre Beschaffenheit nicht zu leugnen, und dass ein Gletscher deshalb einen „grossartigen Schleifapparat“ darstelle, wird auch von Heim (pag. 353) ganz richtig erkannt; schon die Gletscherschliffe sind hiefür ein unzweideutiger Beleg. Nun aber handelt es sich um das Mass dieser Wirkung, denn „nicht die Qualität, sondern die relative Quantität der Gletscher- wirkungen“ wird von der Frage nach der Glacialerosion betroffen. ?) Hier aber „steht bis jetzt nur die direete Beobachtung im Rechte“, ?) und „wenn wir die Wirkungen der Gletscher präcisiren sollen, so dürfen wir uns unmöglich blos auf die Beobachtungen stützen, welche gegen- wärtig an jetzigen Gletschern gemacht werden können“. „Ausserhalb der jetzt noch bestehenden sehen wir die durch sehr lange Zeit- räume summirten Wirkungen weit gewaltigerer Eis- ströme, welche unsere Beobachtungen an den jetzigen Gletschern ergänzen. Wir müssen beide zu Rathe ziehen, um ein Bild von den geologischen Wirkungen der Gletscher überhaupt zu gewinnen.“ ®) Nichtsdestoweniger stützt man sich im Streite wider die Glacialerosion !) Penck, Die Vergletscherung der Deutschen Alpen, pag. 380. a Hieim , 1. e. pagı 372: ®) Ibidem, pag. 371, 372. 572 August Böhm. 1 44] stets mit besonderer Vorliebe auf Beobachtungen, welche man an den heutigen Gletschern macht, wogegen allerdings gar nichts einzuwenden wäre, würde man nicht jederzeit nur allzusehr geneigt sein, die dort gewonnenen Beobachtungen ohne Weiteres auf glaciale Verhältnisse zu übertragen. Man untersucht die Enden heutiger Alpengletscher und findet, dass dieselben auf unverletztem alten Geschiebegrund ruhen, man kriecht dureh das Gletscherthor, durch welches die Schmelzwässer herausströmen, eine Strecke weit unter den Gletscher hinein und findet, „dass derselbe dem Geschiebeboden obenauf liegt, nicht aber auf den Fels hinunterreicht“*; und nun fasst Heim (pag. 375) diese Beob- achtungen zusammen: „Beim einstmaligen Vorrücken hat er somit den Geschiebegrund ungestört gelassen, oder demselben unter sich durch Alluvion subglaeialer Bäche zu entstehen gestattet, Jedenfalls aber an dessen StellekeinHohlbeceken ausgepflügt.“ Man muss sich angesichts dieses letzteren, auch im Originale durch gesperrten Druck ganz besonders betonten Ausrufes in der That Zwang anthun, um sich den wissenschaftlichen Ernst zu bewahren. Denn selbst dann, wenn jener Ausspruch, wie wohl anzunehmen ist, nicht etwa in der Absicht geleistet wurde, um bei minder orientirten Lesern auf diplo- matischem Wege ein gewisses Vorurtheil gegen die Möglichkeit einer glacialen Entstehung von Hohlbecken im Allgemeinen zu erwecken — obwohl hier letzteres zumeist in der That das unabsichtlich gewonnene Nebenproduet bilden dürfte — selbst dann also, wenn hier jener Aus- spruch nur den Charakter eines harmlosen Apercu’s besitzen sollte, muss man sich doch mit Recht darüber verwundern, dass ein so versirter Gletscherkenner auch nur im Entferntesten vermuthen konnte, bei soleher Einkehr in das Zungenende eines alpinen Gletschers, auch wenn dasselbe „in den letzten Jahrzehnten oft über 500 Meter weit zurückgegangen war“, ein von dem Gletscher ausgeschürftes Hohl- becken zu entdecken! Oder haben etwa ermsthafte Glacialforscher jemals behauptet, dass die Gletscher an ihren Enden solche Hohl- becken auspflügen, so dass jener Ausspruch Heim’s in der Weise zu deuten wäre, dass Letzterer eine auf gegnerischer Seite verbreitete und bisher zu Recht bestandene Anschauung nunmehr durch eine specielle direete Beobachtung widerlege? „Die Hauptwirkung des Gletschers liegt nicht an seinem Ende. Hier verlangsamt seine Bewegung, wie angestellte Messungen wiederholt gelehrt haben, und Hallen und Gewölbe trennen das Eis vom Boden, so dass es denselben hier kaum ab- nutzen kann.“!) „Oft wird die Frage erörtert, wie die Boden- beschaffenheit unter den Gletschern ist. Man bestreitet deren Fähig- keit, Gesteinsbecken auszuschürfen, weil die heutigen Gletscher bei ihrem oseillatorischen Rückwärtsgehen keine Becken hinterlassen. Das heisst von einem Flusse verlangen, dasser nach jeder Ueberschwemmung ein Thal gebildet haben soll. Man gehe, um die Frage zu entscheiden, nicht in Regionen, welche nur zeitweilig von Gletschern verlassen und wieder eingenommen werden, sondern nach Gebieten, welehe definitiv vom Eise aufgegeben sind. Nicht am Obersulzbach- oder Vernagtgletscher löst sich das Problem, !) Penck, Die Vergletscherung der Deutschen Alpen, pag. 383. je ERTEILEN G Pa a a rn de Zell A 5 Sa N nn an x BEER TR [145] Die alten Gletscher der Enns und Steyr. 573 sondern in eisfrei gewordenen Gebieten.“!) Und obwohl Heim (pag. 379) selbst hervorhebt, „dass alle bezüglichen Beob- achtungen an jetzigen Gletschern sich nur auf die untersten Theile der Gletscherzungen, meist auf ihr Ende beziehen“ und es allgemein bekannt ist, dass gegen das Ende der Gletscherzunge hin sowohl Bewegung, als auch Mächtigkeit des Eises a b-, gleichzeitig aber die abtrennende Unterschmelzung zunehme, und somit die Wirkung des Gletschers auf den Untergrund in jeder Weise geschwächt werde, trotz alledem sieht sich Heim veranlasst, den Mangel von Hohlbecken unter den heutigen Gletscherenden erst eigens und noch dazu mit solchem Nachdruck zu constatiren, dass sein Ausspruch, ob- zwar unbeabsichtigt, einem unbefangenen Leser als ein Argument gegen die Möglichkeit einer glacialen Entstehung solcher Hohlbecken im All- gemeinen imponiren kann. Dass ein Gletscher an seinem Ende kein Hohlbecken erzeuge, dies ist so selbstverständlich, dass darüber nicht erst viele Worte zu verlieren sind. Ganz im Gegentheile wird ein Gletscher an seinem Ende vielmehr eher anhäufend wirken, was schon längst, und zwar gerade von Anhängern der Gletschererosion, erkannt worden ist. Ein Gletscher verhält sich in dieser Beziehung, wie auch in mancher anderen, wie ein Fluss, und wird an seinem Ende ebensowenig erodiren, wie dieser an seiner Mündung. Dort ist beiderseits die Bewegung geringer, daher die Transportkraft schwächer; während aber beim Fluss die Wasser- menge keine Verminderung erleidet, nimmt die Masse des Gletschers gegen das Ende hin gleichfalls ab, so dass seine Wirkung in doppelter Weise beeinträchtigt wird. Darf man nun aber, was ja Heim eigentlich zugibt, das negative Ergebniss von Beobachtungen, welche an den Enden der heutigen Alpengletscher in Betreff deren Erosionswirkungen gemacht werden, nicht einmal auf jene Stellen übertragen, welche weiter aufwärts unter der Hauptmasse derselben Gletscher gelegen sind, um wie viel weniger darf man alsdann hievon nicht erst auf jene Vorgänge zurück- schliessen, welche unter den so weitaus gewaltigeren eiszeitlichen Gletscherströmen stattfanden ! Dass nun jener Hinweis auf die grosse Mächtigkeit der alten Gletscher den Gegnern der Glaeialerosion nachgerade etwas unbequem werden musste, ist begreiflich, und man hat deshalb versucht, zunächst die Wirkungen des Druckes einer grösseren Gletschermasse auf ihre Unterlage zu schmälern, indem man behauptete, dass jener Druck in eine Unzahl kleinerer Kräfte aufgelöst werde, welche alle direet oder indireet darauf hinauslaufen, Cohäsion zu überwinden; der Rest (N), welcher zu der angenommenen Aushöhlung oder Erosion verwendet werden könnte, müsse deshalb ein sehr kleiner sein. „Der wesentliche Punkt ist“ nach Irving?) „der, dass der grössere Theil des Vor- wärtsdruckes in einer Gletschermasse auf die Ueberwindung von Cohäsion verwendet wird und auf die Verursachung von Bewegungen unter den einzelnen Theilchen des Gletschers selbst“. Auch Heim macht (pag. 589) !) Penck, Die Eiszeit in den Pyrenäen, pag. 61. ?) On the Mechanics of Glaciers, with especial Reference to their supposed Power of Excavation. Quart. Journ. Geol. Soc, London. XXXIX, 1883, pag. 64. Jahrbuch der k. k. geol. Reichsanstalt. 1885. 35. Band. 3. Heft. (August Böhm.) 73 574 August Böhm. [146] denselben Einwand, indem er sagt: „Das Eis verbraucht einen bedeuten- den Theil von Arbeit zur Ueberwindung seiner Cohäsion, zum Fliessen, das Wasser nur sehr wenig“, wobei aber vollständig übersehen wird, dass in Folge dessen eben nur das Fliessen des Eises ein lang- sameres ist, als jenes des Wassers, eine Thatsache, welche bei der vergleichenden Beurtheilung von Gletscher- und Wassererosion ja längst schon in Rechnung gezogen wird. Aber nicht genug damit, auch die grössere Mächtigkeit der eiszeitlichen gegenüber den heutigen Gletschern sollte mit Bezug auf ihre Bodenwirkungen als ohne wesentlichen Ein- fluss hingestellt werden. „Der Druck des Gletschers auf die einzelnen Trümmer seiner Unterlage“, sagt nämlich Heim (pag. 385), „wächst nicht proportional der Dicke des Gletschers, sondern er nähert sich einem gewissen Maximum, über welches hinaus vermehrter Druck vor- wiegend in rascher plastischer Umformung des Eises aufgezehrt wird.“ Ueber diesen kühnen Handstreich herrscht nun im gletschererosions- feindlichen Feldlager grosser Jubel, und offenbar, da sich Heim, „wie schon seine Untersuchungen über Gebirgsbildung zeigen, von allen Fachmännern das Wesen der Plastieität wohl am klarsten gemacht hat“, spricht es Günther!) ohne weiteres Bedenken in seinem Lehr- buche bereits offen und entschieden aus, dass den „Befürwortern“ der Gletschererosion eine „kräftige Stütze“ durch jenen Hinweis „ent- zogen worden“ sei. Aber so schnell und einfach geht die Sache nicht. Es ist ja hier doch zu erwägen, dass der Druck des Gletschers auf seine Unterlage als Wirkung einer äusseren constanten Kraft, nämlich der Schwere, durch jene Wirkungen der molecularen, also inneren Kräfte der Gletscherelemente, welche eine partielle Aenderung des Aggregat- zustandes der Masse zur Folge haben, nicht im Geringsten alterirt wird. Oder glaubt vielleicht Heim, dass, wenn eine allseitig um- schlossene Eismasse etwa auf der Platte einer hinlänglich wider- standsfähigen Brückenwage einer zur plastischen Umformung genügenden Belastung ausgesetzt würde, die Platte, sobald sich der Druck auf das Eis in dieser Weise „aufzehrt“, weniger stark niedergedrtickt wird ? Im Anschlusse hieran behauptet nun Heim weiters, dass der Gletscherdruck bei wachsender Gletscherdicke „so wenig auf die Steine der Grundmoräne an den Grund drückend wirkt, als tieferes Wasser das Gerölle an den Boden stärker anpresst“. Aber ein Vergleich der Druckwirkungen einer nicht homo- genen, theilweise festen, theilweise flüssigen Masse mit den Druck- wirkungen einer homogenen, fast incompressibeln Flüssigkeit ist der Natur der Sache nach unzulässig, abgesehen davon, dass der hydro- statische Druck einer solehen Flüssigkeit proportional mit ihrer Tiefe zunimmt, und ihr hydraulischer Druck bei geringer Strömungs- geschwindigkeit nur wenig von ihrem hydrostatischen abweicht. Es entbehrt daher auch der Schlusssatz: „Schon aus diesem Grunde darf man den Gletschern der Eiszeit nicht allzu grossartige Wirkungen zuschreiben, von denen man an Gletschern der Jetztzeit nichts beob- achtet, blos wegen ihrer grösseren Dieke“, jener physikalischen !) Lehrbuch der Geophysik. II. Bd. Stuttgart 1885, pag. 558. [147] Die alten Gletscher der Enns und Steyr, 575 Begründung , welche eine weitergehende Berücksichtigung desselben wissenschaftlich gerechtfertigt erscheinen liesse. Im Uebrigen hat Heim selbst in dem Nachsatze: „Die Wirkung srösserer Dieke auf den Untergrund hat ihre Grenze, über welche hinaus sie sich vorwiegend in rascherer Bewegung der oberen Theile des Eis- stromes äussert“, die Plasticität dieser seiner subjeetiven Ansicht durch Gebrauch des Wörtleins: „vorwiegend“ wenigstens symptomatisch her- vortreten lassen. Die „kräftige Stütze“ ist somit wieder zurückgewonnen, oder viel- mehr, sie ward der Glacialerosion überhaupt gar nicht entzogen. !) Die Thätigkeit der Gletscher beschränkt sich nicht auf eine blosse stetige Abnützung und Scheuerung des Untergrundes; ein Gletscher thut mehr als schleifen. „Die Felsen sind nieht homogen; sie sind von Fugen und schwachen Stellen durchsetzt, die sie thatsächlich in einzelne Massen theilen. Ein Gletscher ist sicherlich fähig, solche Massen voll- kommen abzulösen.*?) Auch diese Ansicht findet nicht die Billigung Heim’s, und zwar spielt hier wiederum die Plastieität eine Rolle. Denn „Je mächtiger die Eismasse,“ heisst es auf Seite 354, „desto duetiler und plastischer verhält sich das Eis am Grunde. Es wird dann viel zu plastisch, als dass es mit genügend harter fester Hand Felsecken er- greifen und vom Anstehenden losreissen könnte“. Nun ist durchaus nicht in Abrede zu stellen, dass ein Gletscher, wenn er ein durchaus starrer Körper wäre, weit stärker erodiren könnte denn als plastisch- flüssige Masse; aber warum er als solche nicht die Fähigkeit besitzen sollte, die Unebenheiten des Untergrundes loszubrechen, dies ist nicht recht zu begreifen. Ruhte der Gletscher bewegungslos auf seiner Unter- lage, dann würden vorstehende Felsecken desselben allseits einen gleichen Druck erfahren; sowie er sich jedoch bewegt, drückt er auf jene Ecken in der Bewegungsrichtung stärker, als in jeder anderen. Dies geht schon daraus hervor, dass die Vorsprünge und Eeken des Fels- bettes vorzugsweise auf der „Stossseite“ abgerundet und abgeschliffen werden. °) Ist nun das Eis auch noch so plastisch und nachgiebig *) FED . y | | ; ') Heim selbst scheint seinen diesbezüglichen Ausführungen keine besonders weitgehende praktische Bedeutung beizulegen, da er dieselben bei Berechnung des Druckes, welchen Gletscher auf ihre Unterlage ausüben, gänzlich ausser Acht lässt. Auf Seite 352 seines Werkes berechnet er die Last des Eises auf den Quadratdecimeter der Grundfläche beim Unteraargletscher und ähnlichen im Mittel auf 2—4 Tonnen, bei den grönländischen Ausläufern des Binneneises auf 7 und 8 Tonnen. Auf Seite 79 wird die Mächtigkeit des Aargletschers zu 460 Meter und auf Seite 53 jene des grön- ländischen Binneneises von 300 bis über 1000 Meter angegeben. Innerhalb dieser Grenzen scheint also der Druck des Gletschers auf die Unterlage noch proportional der Dicke desselben zu erfolgen! Viel mächtiger als 1000 Meter sind aber die eiszeitlichen Alpengletscher auch nicht mehr gewesen. ?) Tyndall, In den Alpen. Braunschweig 1872, pag. 211. 3) Vergl. Heim, pag. 355, 383, 389. *) Auf Seite 384 heisst es diesbezüglich bei Heim: „Die Plastieität des Gletscher- eises ist so gross, dass, wenn ein Block oder eine erfasste Ecke dem Fortschieben viel Widerstand bietet, der Block stehen bleibt und eine Furche an der Unterfläche des Eises eindrückt.“ Offenbar kann aber jene Furche nur bestehen, so lange das Eis in Folge zu geringen Druckes eben nicht plastisch ist, und in diesem Falle kann sie natürlich auch nicht durch plastisches Ausweichen des Eises entstanden sein, sondern nur durch Schrammung desselben als eines starren Körpers. Da aber ein Eisblock, welcher mittelst einer Presse auf eine Geröllunterlage gedrückt wird, sich „bei 0° ziemlich leicht und rasch wie angegossen dem Untergrunde durch seine Plastieität i 73* | 576 August Böhm, [148] und bestrebt sich seinerseits jenen Ecken auszuweichen, so wirkt doch der Druck auf dieselben constant und muss sie bei nicht genügender Festigkeit zum Brechen bringen. Da nun aber jener Druck (pag. 353) ein „furchtbarer“ ist, wie man dies „den Furchen, die z. B. in Kalk- stein oder Dolomit gegraben worden sind“, „ansieht“, so müssten solche vorstehende Eeken eine ganz ausserordentliche Festigkeit besitzen, sollten sie demselben auf die Dauer widerstehen können. Die Plastieität des Eises kann übrigens umsoweniger ein Hinderniss sein, dass dasselbe „mit genügend harter, fester Hand Felsecken ergreifen und vom An- stehenden losreissen könnte“, als ja doch selbst das Wasser letzteres im Stande ist und unter Anderem mit gewiss noch weicherer und nach- giebigerer Hand schwere Mühlenräder ergreift und in Gang setzt. Im direeten Widerspruche zu der in Rede stehenden striete ab- sprechenden Erklärung hält es jedoch Heim noch auf derselben Seite (pag. 384) „für wahrscheinlich, dass, wenn der Gletscher über früher nicht vergletscherten Felsgrund vorschreitet, er auf manchen anstehenden Angriffspunkt stossen wird, der bricht oder sonst weicht, bevor er sich abschleifen lässt. »Ausnahmsweise« kann dies auch später noch von Zeit zu Zeit eintreten. Je mehr aber sein Bett nun ausgeschliffen wird, desto spärlicher werden diese ohnehin seltenen Gelegenheiten, desto stabiler wird die Unterlage.“ Letzteres ist an sich richtig, hängt aber auf das Innigste mit der unmittelbar vorher (pag. 383) ganz positiv aufgestellten Behauptung zusammen: „Alles (?), was der Gletscher erreicht, schleift er aussen glatt an.“ Dies aber steht nun wieder mit der direeten Beobachtung im Widerspruch. Ich kann mich hier auf den lehrreichen Ausspruch eines der ersten und trefflichsten Gletscherkenner berufen. Vom Karlseisfelde am Dachstein berichtet Simony!): „So beschränkt nun auch die bisherige Blosslegung der Peripherie des Gletscherbettes ist, so ergibt sich hier doch schon soviel, dass die ero- dirende Thätigkeit eines Ferners sich nicht unter allen Umständen durch Hinterlassung von Schliffflächen in den Wandungen seines Bettes mani- festirt, sondern dass bei einiger Brüchigkeit der Uferwände, deren Grad unter Anderem wesentlich von der Riehtung der Schichten des Gesteines gegen die Bewegungsrichtung des Gletschers bedingt ist, die Erosion häufiger den Charakter fortgesetzter Zertrümmerung beibehält, und dass schliesslich rauhe, zerklüftete, jeder Spur von ganz“ anschmiegt, so ist in diesem Falle auch eine wirkliche Furchenbildung an dem gepressten Eise unmöglich, und so heisst es denn auch weiters in der That: „allein diese Furchen, obschon tiefer als diejenigen der Steintrümmer, überdauern eben nicht.“ Auf Seite 390 hingegen, wo bestritten wird, dass die an zahlreichen Vorsprüngen des von Gletschern verlassenen Untergrundes auftretenden rauhen Bruchflächen durch Losreissen von Felsstücken durch den Gletscher bewirkt worden seien, heisst es: „Das Vorkommen der rauhen ungeschliffenen Bruchflächen nur in Winkeln, in welche die relativ steife Eismasse offenbar nicht hinab oder hinein zu greifen vermochte, beweist, dass die abgerundeten Felsköpfe Reste der ursprünglichen Un- ebenheiten sind.“ Hier also würde wiederum die Plastieität des Eises selbst am Grunde eines Gletschers nicht so gross sein, dass sich dasselbe dem Untergrunde völlig anschmiegen und kleine Hohlwinkel desselben ausfüllen könnte. Es wäre mit Bezug auf derlei Verhältnisse wünschenswerth, wenn man sich einmal einer minder dehnbaren Vorstellung von dem Grade der Plasticität des Gletschereises hingeben würde. !) Die Gletscher des Dachsteingebirges. Sitz.-Ber. d. k. Akademie d. Wissensch. in Wien, LXII, 1871, pag. 524. [149] Die alten Gletscher der Enns und Steyr, 577 Schliff entbehrende Felshänge auch dort zurückbleiben können, wo lange Zeit ein mächtiger Eisstrom vorbeigeflossen ist.“ Und ferners: „An den die Nordseite des unteren Ferners begrenzenden Felshängen, welche hie und da schon 13—19 Meter hoch vom Eise entblösst sind, ist nur an wenigen Stellen ein deutlicher Schliff wahrzunehmen, dagegen zeigt sich an allen brüchigen Theilen die Wirkung des Druckes als eine oberflächliche Zertrümmerung, wobei die gelockerten und losgerissenen Massen meist völlig ihr kantiges, rauhes Ansehen behielten.“ Diese Aussprüche scheinen Heim nicht bekannt geworden zu sein, denn abgesehen davon, dass auf pag. 378 der Anführung einer von v. Escher am Zmuttgletscher gemachten Beobachtung über vom Eise zerrissenen und auseinandergequetschten Schieferfels der Zusatz hinzugefügt wird: „der einzige thatsächliche Bericht von tieferem An- griff des Gletschers auf den Felsgrund“ — welche erläuternde Be- merkung sich indessen offenbar ja nur auf eben jenen Zmuttgletscher bezieht — so heisst es auf pag. 398: „Unzweideutige thatsächliche Beobachtungen darüber, dass »der Gletscher« !) activ seine anstehende Unterlage in irgend welchem nennenswerthen Masse aufreisse und von derselben Stücke und Blöcke, nicht nur feinen Schlamm und Sand abtrenne, suche ich in der Literatur vergeblich.“ Bezüglich der eiszeitlichen Gletscher wird hingegen (pag. 384) zugegeben, dass dieselben „Spuren soleh direeter Zertrimmerung und Störung des Anstehenden hinterlassen“ haben. „Es werden als solche die Verschiebungen und Glacialthoninjeetionen in den Kreideklippen von Moen, Rügen und Wollin,. und das Vorkommen von enormen Blöcken oder Stöcken eben dieser Gesteine weiter südlich im nordischen Ge- schiebelehm gedeutet. Andere unzweifelhafte Beispiele scheinen bisher zu fehlen.“ Also die zahlreichen Beobachtungen, welche von geübten Forschern über die Aufarbeitung anstehenden Gesteins unter der Grund- moräne und Einverwebung in dieselbe gemacht wurden, sind für Heim keine „unzweifelhaften Beispiele“. „In voller Klarheit“ (pag. 382) be- weisen vermuthlich dieselben nur, „dass an vielen Stellen Gletscher den älteren Schutt an ihrem Untergrunde aufarbeiten und der Grund- moräne einverleiben“ konnten; denn „alsder Gletscher erschien, lagen diese Gesteine in loco zertrümmert, vielleicht als in Schutt aufgelöste Kruste des Anstehenden bereit“. Dieser gesperrt gedruckte Satz erweckt in seiner positiven Fassung den Eindruck, als ob hier Heim wirklich auf Grund eigener unmittel- barer Anschauung kurzweg also sprechen könnte. Dem gegenüber haben wir jedoch schon früher erkannt, dass sich die gewaltigen alten Grundmoränen eben nicht allein durch Herleitung von Verwitterungs- schutt erklären lassen, sondern dass dieser letztere in Folge der be- deutenden Transportfähigkeit der alten Gletscher vielmehr bereits in einem verhältnissmässig frühen Stadium der Eiszeit ausgeschürft worden sein musste. Wer ferner an solchen Stellen einmal selbst Beobachtungen angestellt und nicht nur darüber gelesen hat, wird nicht mehr mit der Behauptung kommen, dass man es hier mit den Resten präglacialen . 1). Hier ist aber vorher nicht von einem bestimmten Gletscher die Rede. 578 August Böhm. 1 50] Gebirgsschuttes zu thun habe. Aus der Art der Verknetung von zer- trümmertem Felsgrund und Moräne, und aus dem Auftreten von polirten und gekritzten Geschieben mitten unter dem eckigen Trümmerwerk des Untergrundes geht nämlich auf das Deutlichste hervor, dass die Moräne an den betreffenden Stellen auch in ihren tiefsten Theilen that- sächlich bewegt und über den Untergrund hinweggeschleift worden ist, denn sonst könnte eben keine so innige gegenseitige Finverwebung des eckigen und des gerundeten Materiales erfolgt sein. Wurde aber die ganze Masse bewegt, und findet sich in ihr eckiges und gerundetes Ma- terial nebeneinander, so musste das letztere jeweils erst neu hinzuge- kommen sein, da es ansonst ja ebenfalls abgeschliffen und gerundet worden wäre. Wenn eine Grundmoräne nach dem Ende der Eiszeit nur aus präglacialem localen Verwitterungsschutt bestünde, dann müsste ihr Material in gleichmässiger Weise gerundet und polirt sein, es könnten sich keine eckigen Trümmer durch die ganze Eiszeit hindurch als solche in der Moräne erhalten haben. Die einzige Annahme, die man andererseits machen könnte, um das thatsächliche Verhalten zu erklären, wäre die, dass der Gletscher erstens die Ausfegung des Verwitterungsschuttes nur dünnschichtig, „Stein um Stein“ besorgt habe, wobei selbst bei geringer Mächtigkeit der Schuttlage die unteren, am Felsgrund liegenden Partien in vollständiger Ruhe verharrten, und dass hierbei zweitens die Gletscher allerorten eben unmittelbar vor dem Momente aufgehört haben ihr Ausfegergeschäft zu betreiben, als sie just mit demselben zu Ende gekommen wären, so dass gerade eben die letzte, unterste dünne Lage des ursprünglich mächtigeren Verwitterungsschuttes allenthalben noch erhalten geblieben wäre. Der erste Theil dieser Annahme widerspricht aber in doppelter Weise der direeten Beobachtung, einmal weil die allgemein beobachtete grosse Mächtigkeit der alten Grundmoränen darauf hinweist, dass in der That gewaltige Massen unter dem Eise bewegt wurden, und man bei einer „Stein um Stein“ erfolgenden Transportation derselben sogar mit der langen Dauer einer „Eiszeit“ nicht auskäme, und zum anderen Male, weil die Zusammensetzung der alten Grundmoränen aus zähen Thonen, Letten, Grus und Schlamm mit darin in regellosester Weise eingeschlossenen, allseitig gekritzten und schön polirten Geschieben darauf hinweist, dass dieselbe als zusammenhängende Masse bewegt wurde. Auch haben wir bereits gesehen, dass es aus physikalischen Gründen undenkbar ist, dass eine lose Schuttmasse an der Bewegung eines ihr unter grossem Drucke auflastenden Körpers nur in einer dünnen oberflächlichen Lage Antheil nehme, insbesondere dann, wenn jener andere Körper plastisch-füssiger Natur ist. Schon mit diesem Theile fällt übrigens die ganze Annahme, da sie desselben nicht entrathen kann. Der zweite Theil der Annahme würde jedoch an und für sich ein so ausserordentliches allgemeines Eintreffen desselben Zufalles an den verschiedensten Orten erfordern, und wäre deshalb so gekünstelt, dass man wohl kaum im Ernste daran denken dürfte, bei dieser An- nahme zu verharren. In der That sagt ja doch auch Heim (pag. 382): „Die local dem Untergrunde entstammenden Steinstücke verbreiten sich dann von ihrem Ursprungsorte an schweifartig in der Richtung der Eis- bewegung und der Schrammen auf dem Anstehenden, und werden S en Buch EEREEÄ TEN SE 1 51] Die alten Gletscher der Enns und Steyr. 579 selbst, anfänglich oft eckig und scharfkantig, später geschliffen und geschrammt.“ Es scheint also, als ob Heim die Annahme, dass die Grundmoräne von altem Schutt herstamme, nur für jene Fälle aufrecht halte, wo im Verlaufe der Eiszeit, wie ja nicht anders zu er- warten, das gesammte Material derselben gerundet und geschliffen wurde, dass er sie aber nicht auch auf jene Fälle anwenden wolle, wo eine weitgehende Vermengung der typischen Grundmoräne mit scharfkantigem Getrümmer am Felsgrunde zu beobachten ist. Möglicherweise obwaltet also hier ein Missverständniss in der Art, dass Heim gar nicht die Absicht gehabt habe, die hier allgemein in Rede stehenden, von Geikie, Helland, Wahnschaffe, Penek und Anderen beobachteten Bei- spiele von Aufarbeitungen des festen Untergrundes und Zertrümmerung desselben unter der Grundmoräne in jene Kategorie der Aufnahme vor- her bereit gelegenen alten Schuttes einzubeziehen. Dann aber müsste er dieselben als Beispiele einer direeten Erosion durch Gletscher gelten lassen. Da er nun aber, wie erwähnt, auf pag. 384 nach An- führung der Kreideklippen von Rügen mit Bezug auf Spuren einer Zer- trümmerung uud Störung des Anstehenden durch eiszeitliche Gletscher sagt: „Andere unzweifelhafte Beispiele scheinen bisher zu fehlen“, so wäre jenes Missverständniss meinerseits nur dann möglich, wenn die thatsächliehen zahlreichen Beispiele, auf welche von den Glacialforschern wiederholt mit Nachdruck verwiesen worden, Heim bei seiner litera- rischen Orientirung über den Gegenstand vollständig entgangen wären, was ich hier indessen doch nicht so ohne weiters annehmen kann. Unter der Ueberschrift: „Thatsachen und Ueberlegungen, welche die quantitative Geringfügigkeit der direeten Gletschererosion beweisen“ (pag. 386), behandelt Heim (pag. 389, 390) auch die Beobachtung, dass in Regionen mit „surfaces moutonnees“ die Vorsprünge stets auf der Stossseite am schönsten angeschliffen und geglättet erscheinen, während sie auf der „Leeseite“ oft rauhe Bruchflächen aufweisen. Hieraus wird nun gefolgert, „dass die abgerundeten Felsköpfe Reste der ursprünglichen Unebenheiten sind“), „und dass der Gletscher es niemals bis zum vollständigen Ausschleifen dieser vor- handenen, relativ sehr kleinen Unebenheiten gebracht hat“. Denn „würden die zwischen den Schliffen vorhandenen rauhen Bruchflächen durch Losreissen von Felsstücken durch den Gletscher vom Untergrunde herrühren, so müssten dieselben an den exponirtesten Stellen, d. h. auf der Stossseite der Vorsprünge, sich finden, wo sie thatsächlich stets fehlen.“ Zunächst ist hier zu bemerken, dass die letztere Behauptung unrichtig ist, da, wie wir früher gesehen haben, die eiszeitlichen Gletscher vielfach den Felsboden ohne jede Sehliff- erzeugung aufgearbeitet und zertrümmert haben, was auch an manchen gegenwärtigen Gletschern — am schönsten von Simony am Karlseis- feld — beobachtet worden ist. Was nun das Nebeneinanderauftreten von Schlifflächen neben Rauhigkeiten betrifft, so wurde dies bereits von Whymper?) für ein Argument gegen eine stärkere Abnützung des Bodens durch das Eis gehalten, jedoch in der Art, dass er, aus- 1) Vergl. pag. 575 und 576 Anmerkung. ?) Berg- und Gletscherfahrten in den Alpen. Braunschweig 1872, pag. 178, 391, 392, 401. 580 August Böhm, [152] gehend von der Ansicht, dass sich eine intensive Gletscherwirkung stets in der Erzeugung glatter Schliffflächen äussern müsse, aus dem Vor- kommen von Rauhigkeiten neben solchen Schliffflächen auf einen ge- ringeren Angriff des Eises folgerte; andernfalls müssten seiner Meinung nach die Rauhheiten entfernt und durch Schliffflächen ersetzt sein. Dem gegenüber hat nun Penck!) darauf verwiesen, „dass der Gletscher nicht blos den Untergrund abschleift,"sondern auch auflockert und auf- bricht, wodurch er stets neue Unebenheiten und Rauhigkeiten erzeugt. Rauhigkeiten neben Gletscherschliffen beweisen also nichts gegen die Möglichkeit der Glacialerosion.“ Nun- mehr kommt Heim wieder auf jenen Einwand zurück, jedoch in etwas abgeänderter und restringirter Weise. Nicht mehr das Zusammenvor- kommen von Rauhigkeiten und Gletscherschliffen als solehes wird als ein Beweis für die Geringfügigkeit der Glacialerosion erachtet, sondern die Art der Anordnung derselben auf den Vorsprüngen des Felsbettes. Während nämlich früher Whymper die Gletscherschliffe als ein Anzeichen stärkerer Gletschererosion bewerthete, hält jetzt Heim die Erzeugung rauher Bruchflächen für die Bethätigung eines ungestümeren Gletscherangriffs, und meint, dass solche Bruchstellen, falls sie durch den Gletscher erzeugt würden, stetsdem- selben zugewendet sein müssten. Was also jetzt gegen die Gletschererosion in’s Feld geführt wird, ist der Umstand, dass bezüglich dessen das umgekehrte Verhalten stattfindet, dass die Schliffflächen dem Gletscher zu-, die Bruchflächen hingegen von demselben ab ge- wendet sind. Die Verschiedenheit in der Intensität der Einwirkung eines Gletschers auf seinen Untergrund kommt nicht allenthalben in dem Unterschiede zwischen Schlifferzeugung und Aufarbeitung des Bodens zum Ausdruck. Es ist ja klar, dass unter Umständen ein Gletscher schon bei geringem Druck manche Vorsprünge loszubrechen im Stande sein kann, während es anderseits möglich ist, dass er selbst bei sehr hohem Druck nicht mehr als eine Abschleifung des Felsens zu bewirken vermag. Bei gleicher Arbeitskraft kann der Gletscher das eine Mal eine Zertrimmerung, das andere Mal eine Scheuerung und Glättung des Untergrundes bewirken. In welcher Weise sich mithin die Einwirkung des Gletschers auf die Unterlage äussert, ob in Aufarbeitung des Bodens oder aber in Abschleifung desselben, dies hängt in letzter Linie nicht von der Kraft der Gletschers, sondern lediglich von der Widerstands- fähigkeit des Untergrundes ab, und eine stärkere oder geringere Kraft- entfaltung des Gletschers wird deshalb nicht so sehr in einer quali- tativen Verschiedenheit der Wirkung zum Ausdruck kommen, als vielmehr innerhalb der einen oder anderen Art in quantitativer Beziehung sich geltend machen. Zugleich mit einer Verstärkung der Einwirkung des Gletschers wird je eine Steigerung in der Intensität der Abschleifung oder der Aufarbeitung erfolgen, keineswegs aber muss sich dieselbe darin äussern, dass an die Stelle früherer Abschleifung eine Aufarbeitung des Bodens trete. Auch bei gleichbleibender Kraft des Gletschers kann an einer und derselben Stelle bald eine Loslösung !) Die Vergletscherung der Deutschen Alpen, pag. 384; — vergl. auch pag. 42. PR Pe u ee, ‚eb 74 ; h R 5 [153] Die alten Gletscher der Enns und Steyr. 581 von Trümmern, bald eine Glättung des Felsgrundes stattfinden, es können diese beiden Processe neben einander Hand in Hand gehen und sich auch wechselweise ablösen. Bewegt sich ein Gletscher über eine Felsfläche, welche mit rauhen Vorsprüngen, Ecken, Höckern u. dergl. versehen ist, so werden diese letzteren entweder unter dem Druck des Gletschers brechen oder nicht. Brechen sie, dann entstehen hierdurch neue Rauhigkeiten und keine Schliffe, und dieser Vorgang kann sich wiederholen; es entsteht dann eine Zertrümmerung, eine Aufarbeitung des Bodens, welche nur rauhe Bruchflächen und scharfe Kanten und Ecken, aber keine Schleifwirkung erkennen lässt. Brechen hingegen jene Vorsprünge nicht, dann werden sie vom Gletscher angeschliffen, und zwar dort am stärksten, wo dieser am stärksten auf sie drückt, das ist auf der Stossseite. Es werden die Leeseiten der Felsecken noch rauhe Bruchflächen besitzen, während ihre Stossseiten längst geglättet sind, und es ist fraglich und hängt ganz von der Beschaffenheit des Gesteins ab, ob es überhaupt jemals zu einer vollkommenen Glättung auch jener Leeseiten kommt; bei fort- gesetztem Druck seitens des Gletschers können nämlich jene Vorsprünge dennoch brechen, und es werden hierauf die neuen Felsecken wiederum vornehmlich an ihren Stossseiten angeschliffen werden. Da nun durch Aufarbeitung des Felsgrundes keine Schliffe entstehen, so ist ein Neben- einandervorkommen von Rauhigkeiten und glatten Flächen nur dann möglich, wenn ältere Brachflächen später einem Abschleifungsprocess unterworfen wurden, und es müssen demnach die geglätteten Flächen stets an den Stossseiten, die rauhen Stellen hingegen an den Leeseiten der Felsecken und Vorsprünge zum Vorschein kommen. Es ist mir übrigens nicht recht deutlich geworden, was Heim (pag. 390) unter „Vorsprüngen“ versteht, ob die kleineren Erhöhungen und Aufragungen einer und derselben allgemeinen Schlifffläche, oder aber eine ganze grössere Felskuppe, einen „Rundhöcker“ an sich. Gegen die erstere Auffassung spricht der Umstand, dass es ja doch allzu klar ist, dass solche kleinere Vorsprünge, welche entweder aus- gebrochen oder angeschliffen werden, unmöglich vorne rauh und hinten geglättet sein können, wie es Heim verlangt; für dieselbe hinwieder spricht die Beschreibung des Auftretens der rauhen Bruchflächen zwischen den abgerundeten Felsköpfen als „in Winkeln, in welche die relativ steife Eismasse offenbar nicht hinab oder hineinzugreifen vermochte“; denn die muldenförmigen Wannen zwischen zwei oder mehreren Rund- höckern wird doch Heim nicht für solche „Winkel“ halten, in welche das Gletschereis nicht einzudringen vermochte? Sollten aber doch unter jenen Vorsprüngen die Rundhöcker an sich gemeint sein, und somit die Erscheinung in Rede stehen, dass an manchen jener Rundhöcker nur die Stossseiten schön geglättet erscheinen, während ihre Leeseiten mit- unter rauhe Bruchflächen zeigen, so ist zunächst zu bemerken, dass an derlei Rundhöckern im Allgemeinen die vollkommene Politur durch nach- herige Verwitterung verloren gegangen, und nur die allgemeine Rundung der Form erhalten geblieben ist; die Verwitterung greift die glatten Flächen an und erzeugt auf ihnen rauhe Stellen. Ist nun die Politur auf einer Seite besser erhalten geblieben als auf der anderen, so kann. dies in der Regel nur die Stossseite sein, da der Gletscher hier nicht Jahrbuch der k. k. geol. Reichsanstalt. 1885. 35. Band. 3. Heft. (August Böhm.) 74- 583 August Böhm. [154] nur stärker, sondern auch länger polirte ; denn jeder Rundhöcker, welcher durch das Eis erzeugt wurde, kam während des Rückzuges der Ver- gletscherung einmal an das Gletscherende zu liegen und war auf seiner Stossseite noch der abschleifenden Thätigkeit des Gletschers unterworfen, während auf der Leeseite bereits die Verwitterung an den glatten Formen nagte. Auch ist der Fall möglich, dass ein Gletscher sich von solch’ einem Rundhöcker vollständig zurückzieht und ihn gänzlich dem zer- störenden Einfluss der Verwitterung aussetzt, dass er später aber wieder einen kleinen Vorstoss macht und bei kürzerer Dauer der Oseillation nur auf der Vorderseite des Rundhöckers eine durchaus glatte Schliff- fläche wieder zu erzeugen im Stande ist. So erklärt E. Richter!) in seiner schönen und gründlichen Arbeit über den Obersulzbachgletscher die Erscheinung, dass die in der Nähe des jetzigen Gletscherendes be- findliehen Rundhöcker nur auf der Stossseite geglättet sind, während die dem Stosse abgekehrten Nordseiten die würfelige Zerklüftung zeigen, welehe durch die Verwitterung hervorgerufen wird; keineswegs aber hat dieser geübte Beobachter hieraus den Schluss gezogen, dass jene Rauhig- keiten an den Leeseiten der Rundhöcker präglacialen Alters seien, und dass die Gletschermassen , welche während der ganzen langen Dauer der Eiszeit in grosser Mächtigkeit über jene Höcker sich hin- wegschoben, nieht im Stande gewesen seien, solche „ursprüngliche Unebenheiten“ zu entfernen. Wenn sich also Heim darauf beruft, dass Riehter ebenfalls zu der Ansicht gekommen ist, dass der Gletscher unfähig sei, „selbst eine kleine Felsklippe in seinem Wege wegzu- scheuern“, so muss darauf hingewiesen werden, dass der ähnlich lautende Ausspruch Riehter’s sich nur auf die ganze Masse eines Rundhöckers, nicht aber auf die Rauhigkeiten der Leeseite bezieht. Die Existenz der Rundhöcker als soleher erscheint Richter als ein Zeichen relativ ge- ringer Erosion des Gletschers, wogegen es jedoch keineswegs ausge- macht ist, dass alle Rundhöcker nur dureh Abschleifung schon früher bestandener rauhen Felskuppen entstanden sind, und nicht, wenigstens zum Theil, auch durch den Gletscher selbst, in Folge unregelmässiger Erosion, erst erzeugt wurden. Wenn also an der Leeseite eines Rundhöckers Rauhigkeiten be- obachtet werden, während seine Stossseite angeschliffen und geglättet ist, so darf hieraus nichts weniger als der Schluss gezogen werden, dass jene rauhen Bruchstellen „ursprünglich“, d. h. älter als die Ver- sletscherung sind. Denn das Stattfinden dieses Verhältnisses würde be- dingen, dass jene Rauhigkeiten gar nicht unter dem Angriff des Eises zu leiden gehabt hätten, "und dies letztere ist einfach unmöglich. Es ist nieht möglich, dass die Gletscher über den Leeseiten der Rundhöcker hohl gelegen seien, und sobald sie ihnen auflagen und sich bewegten, mussten sich die Folgen dieses Angriffs entweder in einer Aufarbeitung oder in einer Absehleifung des Felsens geltend machen. ?) Rauhigkeiten ') Beobachtungen an den Gletschern der Ostalpen. I. Der Obersulzbach- Gletscher 1880—1882. Zeitschrift des Deutschen und Oesterreichischen Alpenvereins. XIV, 1883, pag. 83. ?) Heim selbst sagt ja (pag. 383): „Alles, was der Gletscher erreicht, schleift er aussen glatt an“, in welchem Ausspruche der Nothwendigkeit — wenn auch einseitig — Rechnung getragen ist, dass der Gletscher nicht wirkungslos auf einer Felsfläche 1 b. [155] Die alten Gletscher der Enns und Steyr. 583 an den Leeseiten der Rundhöcker wurden also entweder durch den Gletscher erzeugt, oder aber sie sind nach dem Rückzuge des Eises unter dem Einfluss der Verwitterung entstanden, und finden sich an den Stossseiten jener Rundhöcker Felsschliffe, so sind diese letzteren nach dem Bisherigen im ersteren Falle jünger als die Rauhigkeiten, während im zweiten Falle auch das entgegengesetzte Verhältniss ob- walten kann. Ueberdies aber ist es möglich, dass an der Stossseite Glättung und gleichzeitig an der Leeseite Aufarbeitung des Felsens erfolgen kann, da, wie wir gesehen haben, das Eintreten der einen oder der anderen Art von Wirkungsäusserung des Gletschers auf den Untergrund nicht so sehr von einem ung ‚estiimeren oder gelinderen Angriff des ersteren, als vielmehr von der "Beschaffenhett, von der be- züglichen Prädisposition des letzteren abhängt; die Schiehtenstellung ist hier gewiss von grossem Einfluss. Ferners ist noch zu betonen, dass die Stossseiten der Rundhöcker zwar einen stärkeren Druck erleiden als die Leeseiten, dass jedoch hierbei die aufwärts gerichtete Bewegung des Eises an der Stossseite Jedenfalls eine langsamere ist, als jene nach abwärts an der Leeseite, und dass gerade eine langsame Be- wegung in Verbindung mit hohem Druck für die Erzeugung vollkommener Schlifflächen am günstigsten ist. Schon deswegen also werden die Stossseiten der Rundhöcker stets stärker geglättet werden als die Lee- „seiten, wozu schliesslich noch der Umstand kommt, dass der Druck der sich bewegenden Eismasse die Stossseite der Rundhöcker mehr oder minder senkrecht trifft, während er an den Leeseiten in der Ebene der Felsfläche sich geltend macht; in Folge dieses Verhaltens aber ist eine Aufschürfung des Bodens sogar von vorneherein eher an der Leeseite als an der Stossseite zu erwarten. Ein „Beweis“ für die Geringfügigkeit der Glacialerosion wird von Heim (pag. 398) auch darin erblickt, dass nach einer handschriftlichen Aufzeichnung Escher's v. d. Linth „in den Moränen des schweizer- ischen Molassenlandes Trümmer von Gesteinsarten, welche nur in den Thalgründen, nicht oben an den Gehängen sich finden, entweder ganz fehlen, oder doch sehr spärlich sind, währenddem sie gerade relativ häufig sein müssten, wenn die Grundmoräne vom Untergrunde losge- . rissen wäre“. Dieser Bemerkung, welche doch nur aus Versehen in die Kette der beweisenden „Thatsachen und Ueberlegungen“ eingereiht wurde, wäre die ausdrückliche Angabe Penck’s') entgegenzuhalten , dass in den Grundmoränen Oberbayerns Gesteine vorkommen, „welehe nie über den Gletscher aufgeragt haben, sondern stets unter demselben begraben waren“. Was aber das geforderte relativ häufige Auftreten solcher Gesteins- arten betrifft, so würde Heim, wenn er die Flächen, auf denen die letzteren anstehen, mit der ganzen Sammelfläche des betreffenden Gletschers vergliche, höchst wahrscheinlich sehr darüber erstaunt sein, dass Escher Trümmer jener Gesteinsarten in den Grundmoränen überhaupt ge- funden habe, und dass dieselben nicht vielmehr gänzlich in der Masse des übrigen Geschiebematerials verschwinden. sich bewegen könne. Da nun Heim in Rauhigkeiten auf den Leeseiten von Rund- höckern durchaus keine Gletscherwirkung erkennen will, so müsste er wirklich annehmen, dass das Eis entweder über den Leeseiten hohl gelegen wäre, oder sich zum mindesten dort nicht bewegt habe !) Die Vergletscherung der Deutschen Alpen, pag. 197. 714% 584 August Böhm. [156] Uebrigens hat Heim (pag. 599) „als Ausnahme die Möglichkeit von direeter Abtrennung von Stücken des anstehenden Grundes, besonders unter dem zum ersten Male vorrückenden Gletscher, ausdrücklich ange- nommen“. Aber „diese paar wenigen, anscheinend so abgetrennten Stücke, welche überhaupt bisher gefunden worden sind, bilden selbstverständlich nicht einen Beweis für eine wesentliche Bildung der Grundmoräne durch Aufarbeiten der anstehenden Unterlage. Dieser letztere Beweis ist zwar in Worten behauptet, aber“ — nach der An- sicht Heim’s — „bisher noch niemals durch Thatsachen gegeben worden. Etwas Schlamm und Sand“ — wird begütigend zugegeben — „ist meist der einzige Beitrag, den der anstehende Felsgrund der Grundmoräne liefert“. Das Eis nämlich (pag. 389) „zehrt einen Theil seiner Arbeitskraft in feinster Zermalmung, Zerschleifung und Politur der Gesteine auf, wozu Arbeit mit hohem Druck erforderlich ist“; der Bach hingegen „arbeitet im Gröberen, er ist gewissermassen eine gröbere Feile,;, ein rauherer Schleifstein; er polirt und ritzt nicht, sondern schlägtnurdie Trümmer zusammen“. Der Gletscher (pag. 401) exportirtnur „den von den Gehängen herunterstürzenden Verwitterungs- schutt zum Theil als auf einem langsamen Schlitten ruhig auf seinem Rücken getragen —, zum Theil geräth der Schutt unter den Gletscher. Der schon vorher im Thal abgetrennte und auf Umladen und Weiter- führen harrende Schutt wird zusammen mit dem von den Obermoränen stammenden von der Gletscherunterfläche langsam und ziemlich gleich- förmig ausgefegt. Der Gletscher ist im Ganzen viel weniger Abtrenner und Ausfurcher, als vielmehr Umlader und Exportmittel für den Schutt“. „Er ist ein Frachtschlitten, der Fluss aber ein wilder Flösser und Säger.“ Demgemäss lautet denn auch bei Heim (pag. 401) der Appendix zu der Beantwortung der Frage: „woher stammt das Material der Grund- moränen ?“ folgendermassen: „Abarbeiten des anstehenden Untergrundes findet fast nur in Form von Schleifschlamm und Schleifsand statt. Ein Aufarbeiten des anstehenden Felsgrundes in Form von Gesteinsbrocken kommt gar nicht oder nur in ganz untergeordnetem Masse vor. Die Vergletscherung ist ein relativer Stillstand in der Thalbildung.“ Im Gegensatze zu diesen Anschauungen über die Entstehungs- weise der Grundmoränen haben wir gesehen, dass die Hauptmasse der Grundmoränen nur während des Vordringens einer Vergletscherung jeorts von altem Schutt geliefert, hingegen später durch direete Auf- schürfung des anstehenden Felsgrundes gewonnen werde, und dass ferner das Material der Oberflächenmoränen bei den grossen eiszeit- lichen Gletschern so viel wie gar nichts, und bei den heutigen Alpen- gletschern nicht viel, zu der Vermehrung der Grundmoräne beitrage. Aber man wird fragen, ob nicht etwa Heim ausser jenen „That- sachen und Ueberlegungen“, welche wir bisher beleuchteten, noch ein Weiteres zu Gunsten seiner Ansicht vorzubringen habe ? In der That findet sich auf pag. 383 noch die Bemerkung Heim'’s, dass Diejenigen, welche die Grundmoränen zum grössten Theil durch Aufschürfung des Bodens entstanden glauben, im „Widerspruch mit den Thatsachen“ stünden, welche er den Lesern seines Werkes in „Nr. 1° des in Rede stehenden Capitels über die Wirkungen des Gletschers auf [157] Die alten Gletscher der Enns und Steyr. 585 den Untergrund vorgeführt habe. Diese „Thatsachen“ sind uns insge- - sammt bereits bekannt, sie drehen sich einzig und allein um die „Masse von Trümmern“, welche von den Oberflächenmoränen unter den Glet- scher gelangen. Zunächst ist nun hier überhaupt kein Widerspruch zu finden, sondern man erhält nur eine Vorstellung von der eigenartigen Logik Heim’s, nach welcher deshalb, weil „die Öbermoränen viel Material für die Grundmoränen liefern“, eine andere Quelle nicht eine noch weitaus grössere Menge beistellen könne. Abgesehen aber von der Qualität dieser logischen Operation, so steht die quanti- tative Tragweite ihres Resultates im directen Verhältnisse zu der Quantität jener mehrerwähnten Trümmermasse, und was diese letztere betrifft, so hat man sich seine Ansicht hierüber bereits an früherer Stelle gebildet. Einen Umstand hat jedoch Heim bei seinen Betrachtungen über die Entstehung der Grundmoräne ausser Acht gelassen, vielleicht aller- dings mit Absicht, in richtiger Erkenntniss seiner Geringfügigkeit. Aber es hätte hier, wenn auch schon nur der Vollständigkeit halber, doch erwähnt werden können, dass bei periodisch vorrückenden Glet- schern die jeweiligen Endmoränen der Grundmoräne einverleibt werden, und dass somit auch auf diese Weise Material der Oberflächen- moränen an der Bildung der Grundmoräne sich betheiligen kann. Freilich bestehen schon bei den heutigen Gletschern die Endmoränen nur zum Theil aus Trümmern der Oberflächenmoränen, zum anderen Theil jedoch aus der ausgestossenen Grundmoräne, und überdies kann sich dieser Zuwachs eben nur dann geltend machen, wenn das Gletscher- ende nach längerem Stillstand wieder von Neuem vorrückt. Was nun schon gar die eiszeitlichen Gletscher betrifft, so konnten diese nur während ihrer Entwicklung an verschiedenen Stellen ihrer Bahn je einmal solehe Endmoränen ihrer Grundmoräne einverleiben, wobei der Beitrag, welchen die ausgeschürfte Grundmoräne selbst zu jenen End- moränen lieferte, beim Anwachsen der Vergletscherung sich stets ver- mehrte, während jener der Oberflächenmoränen sich beständig ver- minderte. Jene alten Gletscher, welche sich aus dem Gebirge heraus bis auf die Hochebene vorschoben, waren überhaupt nicht mehr mit Oberflächenschutt bedeckt, so dass also der Beitrag, welcher auf die angegebene Weise von den Oberflächenmoränen zu der Bildung der Grundmoräne geliefert wurde, und welcher schon an sich ein sehr ge- ringer und sporadischer war und während der Ausbreitung der Ver- gletscherung stets noch unbedeutender wurde, zur Zeit der grössten Gletscherentfaltung gänzlich ausblieb, ebenso, wie dies auch gegen das Ende der Eiszeit bei den sich zurückziehenden Gletschern der Fall war. Als ganz besonders belastende Zeugen bei seiner Aburtheilung über die Glacialerosion erscheinen ferner Heim (pag. 392) jene „Fels- köpfe und Querriegel, welche sehr häufig in den Gebirgsthälern, der Bewegung des Gletschers ganz im Wege stehend, erhalten geblieben sind“. Schon öfters ist der Bestand jener Felskuppen der Glacial- erosion zum Vorwurf gemacht worden, und zwar deswegen, weil ihre Gegner sich durchaus nicht von der Meinung abbringen lassen, dass ein Gletscher entweder gar nicht erodiren könne, oder aber Alles, was ihm irgendwie im Wege steht, um- und über den Haufen werfen 586 August Böhm. | 1 58] müsse. Wie oft wurde dem gegenüber schon darauf aufmerksam gemacht, dass ein Gletscher nicht wie ein steifer Pflug wirke, welcher Thäler „auspflüge“ und alle ihm entzegenstehenden Hindernisse fortschaffen müsse; ein Gletscher, wurde gesagt '), sei vielmehr in der Art seiner Wirkung einem rasch fliessenden Gewässer zu vergleichen, welches im Stande ist, Sand und kleine Gerölle bergan zu rollen?): „Wie soleh’ eine Wasserader den Felsen blosswäscht und die weicheren Partien desselben mehr abnutzt als die härteren, wie dieselbe bei raschem Gefälle kleine Becken aushöhlt, so präparirt ein Gletscher die härteren Gesteinsmassen in grobem Masse aus den weicheren heraus, weil seine erodirende Kraft nicht durch mangelhafte transportirende Fähigkeit gehemmt wird.“ „Es heisst die Gletsehererosion ihrem Wesen nach völlig verkennen, wenn man in den genannten Thatsachen“ — eben jenen Felsbuckeln — „Argumente gegen dieselbe erblicken will“. Aber diese Ausführungen finden nicht den Beifall Heim’s; im Gegentheil, derselbe spricht (pag. 392, Anmerkung) ihnen gegenüber von einem „verzweifelten Versuche“, und nimmt keinen Anstand sich zu äussern: Penck „versteige“ sich hierbei zu der Behauptung: „Ein Gletscher wirkt nicht wie ein Pflug, sondern wie ein lebhafter Gebirgsbach!* Man wird erstaunt fragen, was denn Heim eigentlich an diesem Vergleiche auszusetzen habe? Ich kann diese Frage leider nicht beantworten, denn Heim selbst bleibt hierüber die Auskunft schuldig. Offenbar aber muss ein Gletscher in seiner erodirenden Wirkung einem Pfluge viel ähnlicher sein, als einem fliessenden Gewässer, denn sonst könnte doch Heim nicht so reden! Weiters muss der Gletscher ebenso offenbar eine steife, harte, unnachgiebige Masse sein, die selbst keiner Formveränderung fähig ist und als fester Körper bewegt wird, denn sonst könnte der Gletscher ja nieht ähnlich wie ein Pflug ero- diren. Nun weiss man aber, dass letzteres nicht der Fall ist, und Heim selbst widmet ein eigenes Capitel seines Handbuches dem „Vergleich der Gletsecherbewegung mit einem Flüssig- keitsstrome“, in welchem gleich Eingangs (pag. 155) gesagt wird, dass alle Bewegungsgesetze der Gletscher, welche das Fliessen be- treffen, „diejenigen eines Flüssigkeitsstromes“ sind. Hierauf werden (pag. 185—187) neunzehn Vergleichspunkte angeführt, welche in ihren Erscheinungsformen „genau denjenigen eines Flüssigkeitsstromes“ ent- sprechen. „Sie beweisen, dass die verschiedenen Punkte der Eismasse ihre gegenseitigen Stellungen und Entfernungen verändern können und keine starr verbundene, sondern eine innerlich ver- sehiebbare, ductile Masse darstellen.“ „Soweit bis jetzt unsere Erkenntniss reicht,“ heisst es ferner nochmals auf pag. 190, „stimmen alle Gesetze der Gletscherbewegung mit denjenigen einer flüssigen Masse überein.“ Warum es nun aber, da dem so ist, nicht erlaubt sein sollte, auch die Erosionsprocesse der beiden Medien, welche ja doch in erster Linie auf Bewegungsvorgängen beruhen, mit einander en vergleichen, dies zu begreifen bleibt wohl einzig und allein Heim überlassen. Nachdem es doch notorisch ist, dass ein Gletscher weder !) Penck, Die Vergletscherung der Deutschen Alpen, pag. 388. ?) Langsam fliessendes Wasser vermag dies nicht, deshalb der Vergleich mit rasch fliessendem Wasser. s ER ee Be = ee ai W TE f BR [159] Die alten Gletscher der Enns und Steyr. 587 was die physikalischen Eigenschaften seiner Masse, noch was seine Bewegung betrifft, auch nur die geringste Aehnlichkeit mit einem Pfluge besitzt, wohingegen ein Gletscher bezüglich beider Punkte stets mit einem „Flüssigkeitsstrome“ verglichen wird, wird es doch wohl ge- stattet sein, zu sagen, dass ein Gletscher auch nicht wie ein Pflug, sondern wie ein Flüssigkeitsstrom erodirend wirke. Dass hier- durch aber nicht gesagt ist, dass ein Gletscher in seiner erodirenden Wirkung mit einem Gebirgsbache identisch sei, wie Heim ver- muthlich die Sache auffasst, liegt auf der Hand; deswegen ist ja eben jener Ausspruch ein Vergleich, und ist als solcher gewiss weit treffender, als Heim’s höchst einseitige Bezeichnung des Gletschers als eines „Frachtschlittens“. Was nun jene stehen gebliebenen Felskuppen betrifft, so sagt Heim (pag. 395): „Der einige hundert Meter dicke und breite Gletscher konnte dem mitten aus dem Thalboden ragenden, vielleicht 50 oder 100 Meter hohen Felskopf nicht ausweichen, ihn auch nicht flüch- tigen Fusses überspringen.“ Letzteres ist über allen Zweifel erhaben und findet unseren vollen und würdigenden Beifall. Wir betrachten es mit Heim als eine ganz ausgemachte Sache, dass der Gletscher über jene Felsköpfe nicht hinüberspringen konnte. Denn, sagt Heim, „dazu istervielzu schwer beweglich und gleichzeitig zu anschmiegend plastisch“. Die letzten Zweifel bezüglich des Temperamentes der Gletscher, welche etwa bei dem Einen oder Anderen doch noch bestanden hatten und sich nur nicht recht an’s Tageslicht hervorwagten, können dieser treffliehen Argumentik gegenüber nicht Stand halten, sondern werden von derselben siegreich aus dem Felde geschlagen. Springen kann also der Gletscher nicht, das ist klar, und wer es bislang nicht glauben mochte, dem hat es Heim mit guten Gründen bewiesen; dagegen lässt sich nicht mehr das Geringste sagen. Aber was die Unfähigkeit des Ausweichens betrifft, so kommt Heim dies- bezüglich mit sich selbst in Zwiespalt. Schon der Umstand, dass der Gletscher so „anschmiegend plastisch“ ist, lässt vermuthen, dass derselbe solch’ einem trotzigen Felsklotz gegenüber nicht auf dem „Biegen ‘oder Brechen“* bestehen, sondern sich hübsch nachgiebig um ihn herum- schmiegen werde. Ueberdies haben wir ja schon früher von Heim er- fahren (pag. 384), dass die Plastieität des Gletschereises so gross ist, dass sogar kleinere lose Blöcke, welche dem Fortschieben „viel Widerstand“ bieten, liegen bleiben und dem sich darüber hinweg- schiebenden Eise Furchen eindrücken. Und „je mächtiger die Eismasse, desto ductiler und plastischer verhält sich das Eis am Grunde. Es wird dann“ — wie wir bereits wissen — „viel zu plastisch, als dass es mit genügend harter fester Hand“ selbst nur kleinere „Felsecken ergreifen und vom Anstehenden losreissen könnte“. Man könnte in der That einer Discussion überdrüssig werden, wenn man auf Schritt und Tritt solchen Widersprüchen begegnet. Das eine Mal reichen die Gletscherklüfte „meist nicht bis auf den Grund hinab“, das andere Mal gelangt durch dieselben „eine Masse von den Trümmern der Oberflächenmoränen unter den Gletscher“ ; das 588 August Böhm. [160] eine Mal lässt Heim die Grundmoräne unter dem Gletscher „zusammen- frieren“, das andere Mal stellt er die Möglichkeit von Frostwirkungen unter Gletschern in Abrede; bald wächst der Druck des Gletschers auf die Unterlage nicht proportional der Dicke, bald wieder ist er den- noch der Mächtigkeit des Gletschers proportional; einerseits kann der Gletscher Felsecken nieht mit genügend „harter fester Hand“ ergreifen, um sie vom Untergrunde loszureissen, andererseits wieder ist er dies bei erstmaligem Vorrücken, und auch späterhin „ausnahmsweise“, den- noch im Stande. Und so finden wir auch hier wieder auf der einen Seite die Behauptung, dass der Gletscher einem „vielleicht 50 oder 100 Meter hohen Felskopf* nieht ausweichen konnte, und auf der anderen Seite wird uns gelehrt, dass das Eis selbst kleine Blöcke umfliesst, ohne sie mit sich fortzuschieben, d. h. dass es ihnen ausweicht. Um bei dem in Rede stehenden Gegenstande zu bleiben, so wird auf pag. 393 gesagt: „Das fliessende Wasser weicht einem Vorsprung bei seiner grossen Beweglichkeit und geringen Tiefe leicht aus“; „es lässt Felsköpfe stehen, indem es sie umfliesst, wozu die geringfügigste Veranlassung genügt“. „Ganz anders der Gletscher“; und nun folgt eben jener früher eitirte Satz, in welchem uns mitgetheilt wird, dass der Gletscher einem solchen Felskopfe nieht ausweichen könne. Da- gegen heisst es auf pag. 188: „An einem stauenden Hindernisse steigt das Wasser eines Stromes wallartig auf und umfliesst das Hinderniss. Etwas weiter unterhalb entsteht dann randwärts des Walles oder hinter dem Hinderniss eine Einsenkung der Oberfläche. Genau das Gleiche kann man sehr oft in bedeutenden Dimensionen an Gletschern sehen.“ Das Eis „umfluthet“ Felsklippen, und solche Erscheinungen finden keineswegs nur „ausnahmsweise“ statt, denn „es ist leicht, Dutzende hierher gehörender Beispiele zu sammeln“. Der Gletscher verhält sich also Hindernissen gegenüber ähnlich wie ein Strom, er weicht ihnen aus, er umfliesst sie. „Der Gletscher“, wird weiters auf pag. 189 bemerkt, „drängt sich bei im Wege stehenden Klippen dureh Engpässe, schmiegt sich ganz dem Thalgrunde an, richtet und wendet seine Bewegung nach der orogra- phischen Unterlage, theilt sich, wenn es nöthig ist, vereinigt seine Arme wieder, füllt Kessel aus bis zum Ueberfliessen, steigt an Hindernissen empor u.s. w.“ Auf pag. 191 wird von den dick- flüssigen Massen, zu denen das Gletschereis zu rechnen ist, direet gesagt, dass sie auf Druck „plastisch ausweichen“ und auf pag. 377 wird von zwei Schweizer Gletschern berichtet, dass sie beim Vordringen ihren eigenen Endmoränen „auswichen“, worauf wiederum der ganz allgemein gehaltene Ausruf erfolgt: „Die Gletscheralluvion ist kräftiger als die auspflügende Wirkung!“ Eigentlich wäre es aber denn doch sehr interessant und lehrreich, genau zu wissen, wie sich Heim bei der Annahme, dass der Gletscher solch’ einem Felskopfe nieht ausweichen könne, die Bewegung des Eises vorstellt. Sicherlich kann der Gletscher jenem Felskopfe nur dann nicht ausweichen, wenn er sich als eine starre Masse bewegt, welche keiner inneren Verschiebung ihrer Theilchen fähig ist. Abgesehen davon, dass nun Heim selbst auf Seite 189 bemerkt, dass beim Gletscher „eine innere Verschiebung der Theilchen wie bei einer | | | | [161] Die alten Gletscher der Enns und Steyr. 585 Flüssigkeit“ thatsächlich stattfinde, so wird von Heim nicht ein- mal bemerkt, wie die von ihm angenommene Möglichkeit, dass der Gletscher dem Felskopfe nieht ausweichen könne, für die Erhaltung des letzteren bei weitem günstiger wäre, als wenn ihn der Gletscher anschmiegend plastisch umflösse. Denn wenn das Gletschereis nicht ausweicht, dann wird jener Theil desselben, welcher auf das Hinder- niss drückt, in seiner Bewegung vollständig aufgehalten, da ja doch Heim kaum verlangen dürfte, dass der Gletscher, wenn er überhaupt erodixen kann, jene ganze Felskuppe einfach abbrechen und umwerfen solle. Durch blossen Druck ohne Bewegung kann aber keine Erosion stattfinden, folglich kann die Felskuppe von vorneherein gar nicht an- gegriffen werden. Da aber, wie aus allen anderen Erscheinungen hervor- geht, sicherlich nicht der ganze Gletscher durch eine solche Felskuppe aufgehalten wurde, so müsste — immer im Sinne Heim’s, wonach nämlich der Gletscher jenem Felskopfe nicht ausweichen konnte, also keiner inneren Verschiebung seiner Theilchen fähig war und sich als starre Masse bewegte — entsprechend dem Querschnitte des Felskopfes eine Abscheerung erfolgt sein, derart, dass jener Theil des Gletschers, welcher vor dem Felskopfe lag, bewegungslos blieb, und sich nur die übrige Eismasse bewegte. Wir wollen es unterlassen, weitere Öonsequenzen zu ziehen, denn es ist ja klar, dass die Behauptung Heim’s: der Gletscher konnte dem Felskopf „nicht ausweichen“, nicht ernst gemeint war, sondern von dem- selben Gesichtspunkte aus beurtheilt werden wollte, wie die folgende: er konnte ihn „auch nieht flüchtigen Fusses überspringen“. Wir dürfen daher, und zwar im Einverständnisse mit Heim, der nachfolgenden Betrachtung die Anschauung zu Grunde legen, dass der Gletscher einem solchen Hindernisse gegenüber sich ähnlich wie ein Flüssigkeitsstrom verhalte. Nun meint Heim (pag. 393), dass durch ein solches Hinderniss die Schleifarbeit des Gletschers sich hierher „eoncentriren“ müsse, und dass folglich der Gletscher, wenn seine Erosionskraft „nur einigermassen bedeutend wäre“, „in allererster Linie“ diese „Steine des Anstosses“ hätte „herunterschleifen müssen“. „Warum,“ frägt Heim (pag. 394), „hat der Gletscher nicht in erster Linie den Felskopf heruntergefeilt ?* Warum, könnte man hinwider fragen, lässt ein Fluss Vorsprünge seines Bettes bestehen und sägt nicht in erster Linie diese bis auf das Niveau seiner Sohle herab ? ') Die Antwort ist einfach die: weil ein solcher Vorsprung nicht direct der erodirenden Wirkung des Flusses, sondern seiner Bewegung im Wege steht, und deshalb entweder fortgeschoben wird, oder aber die letztere hemmt, womit unter Einein eine Schwächung der Erosion ver- bunden ist. Ebendasselbe ist aber auch bezüglich des Gletschers der Fall, welcher gegen einen aus dem Thalgrunde aufragenden Felskopf stösst. Nicht die „Schleifarbeit“, sondern der Druck des Gletschers wird sich „in erster Linie“ auf dieses Hinderniss „eoncentriren“. Wäre das Hinderniss solcher Art, dass es durch Druck hinweggeräumt werden !) Diese Frage bezieht sich auf jene Vorsprünge des Flussbettes, welche nicht über den Wasserspiegel aufragen, ebenso, wie auch die in Rede stehenden Felsköpfe nicht über die Oberfläche des Gletschers emporragten. Jahrbuch der k.k. geol. Reichsanstalt. 1885. 35. Band. 3. Heft. (August Böhm.) 75 590 August Böhm. [162] könnte, dann würde dies gewiss geschehen ; aber da eben jene Fels- köpfe in Folge ihrer Festigkeit und grossen Masse vom Gletscher nicht geschoben werden konnten, so hemmten sie die Bewegung des Eises und nöthigten dieses, sie zu umfliessen. Sagt ja doch Heim (pag. 394): „Die Gletscherschrammen steigen an den einförmigen Klippen empor oder schmiegen sich um dieselben herum. Der Gletscher war durch sie zu Abweichungen gezwungen.“ Nun ist es klar, dass die Bewegung des Gletschereises, welches unter grossem Drucke an der Vorderseite einer solchen Felskuppe hinauf- oder um dieselbe herumgepresst wird, eine langsamere ist, als jene der übrigen Eismassen , welche es nicht mit der Ueberwindung der- artiger Hindernisse zu thun haben. -Wir haben dies schon früher bei der Betrachtung der Rundhöcker gesehen , welche in manchen Fällen nichts Anderes sind , als solche Felskuppen im Kleinen. Wo aber das Eis sich langsamer bewegt, dort ist seine Erosionskraft unter sonst gleichen Umständen geringer. Wir haben also einerseits zwar vermehrten Druck, andererseits aber verlangsamte Bewegung, von welchen beiden Factoren der eine stärkend , der andere schwächend auf die Erosion einwirkt, so dass nicht von vorneherein gesagt werden kann, in welcher Weise sich das Zusammenwirken beider mit Bezug auf die Erosions- leistung des Gletschers geltend machen werde; dies wird in jedem ein- zelnen Falle ganz von den localen Verhältnissen abhängen. Nehmen wir nun aber an, dass der Gletscher an solchen Hinder- nissen stärker feile, als sonstwo, und betrachten wir nun die Sache von diesem Standpunkt. Da ist jedoch vor Allem noch die Frage zu entscheiden, ob diese Felsköpfe älter oder jünger sind als die Verglet- scherung , d. h. ob sie schon vor derselben bestanden , oder aber nicht etwa erst durch die Vergletscherung selbst erzeugt wurden, in der Art, dass die Gletscher härtere Gesteinspartien , welche dann eben durch jene Felsköpfe repräsentirt wären, aus den umgebenden weicheren herauspräparirten. ) Heim meint zwar (pag. 396), dass man „der- gleichen Launen“ dem „breiten Hobler“ nieht „zutrauen“ könne, denn „ein Gletscher würde ein solches Hinderniss gar nicht entstehen lassen, wenn er zur Thalgestaltung Wesentliches zu sagen hätte, er würde sich dafür mit einer seichteren Thalkolkung begnügen.“ Man hat es hier eben wiederum mit jenem uns bereits hinlänglich bekannten Wider- spruch zu thun, dass der Gletscher von Heim je nach Bedarf bald als eine „plastisch-füssige“ Masse betrachtet wird, deren Bewegungs- erscheinungen „genau denjenigen eines Flüssigkeitsstromes entsprechen“, bald wieder die Rolle eines starren Körpers spielen muss, und dann unter den Pseudonymen „Hobler* und „breite Schaufel* auftritt. Ein Hobel, welcher über ein Brett geführt wird, in welchem sich ein härteres Aststück befindet, wird allerdings das ganze Brett sleichmässig abhobeln und stets eine glatte, gleichförmige Fläche er- zeugen; eine „anschmiegend-plastische“ Masse jedoch, deren Theilchen wie bei einer Flüssigkeit innerlich verschiebbar sind, kann auf ungleich hartem Material nicht gleichmässig erodiren, sondern wird das weichere Material mehr abnützen als das härtere. Auch der Hobel wird unter ') Penck, Die Vergletscherung der Deutschen Alpen, pag. 388. ET RITTER EEE wel 28 ar 4 ii h" j- as Pr .— P I a E PERAEAELHATERTE nr E USER [163] Die alten Gletscher der Enns und Steyr. 591 sonst gleichen Umständen auf weicherem Holz stärker angreifen als auf härterem, aber weil er steif ist, kann er dies nicht gleichzeitig auf verschiedenen Stellen nebeneinander; er kann die tiefer liegenden Partien des weichen Holzes nur in dem Masse erreichen, in welchem er die höher liegenden Stellen des Astknorrens abhobelt; die Gesammt- wirkung wird hier stets von dem Minimum des localen Angriffs ge- regelt. Der Gletscher aber ist nicht steif, am allerwenigsten in grossen Massen; er ist daher jener Beschränkung nicht unterworfen, sondern kann zur gleichen Zeit an verschiedenen Stellen nebeneinander auch verschieden erodiren. Er ist in seiner Wirkungsweise weder mit einer Pflugschar, noch mit einer Schaufel, noch mit einem Hobel zu vergleichen, weil in Folge der Verschiebbarkeit seiner Theilchen locale Beschränkungen seiner Wirksamkeit nicht, wie bei jenen, zur allge- meinen Aeusserung gelangen. Sollte denn dieser einfache Unterschied bisher von Heim wirk- lieh nicht erkannt worden sein? Im Uebrigen will es Heim durchaus nicht gelten lassen, dass jene Felsköpfe in Folge grösserer Widerstandsfähigkeit ihres Gesteins vor der Erosion verschont blieben. Er untersucht das Gestein der seitlichen Thal- gehänge, sowie auch jenes ober- und unterhalb jener Kuppen, und findet ) das Gestein der letzteren „ganz gleich“ demjenigen der Um- gebung. „Aber,“ wurde vonPenck?) gefragt, „weiss man denn über- haupt etwas Exactes über die Härte der Gesteine, weiss man, warum manche Granitpartien der Verwitterung als sackförmige Gestalten trotzen, während andere hinweggewaschen werden, weiss man etwas Wesent- liches darüber, warum in einer Gesteinsschicht oft nur gewisse Partien technisch verwerthbar sind?“ Heim scheint nun allerdings dies Alles sehr genau zu wissen, denn als Antwort auf jene Fragen komnit er neuerdings (pag. 394) "mit der bündigen Erklärung: „das Gestein ist überall das gleiche. *“ Nun mag vielleicht i in der That selbst der tüchtig gste Petrograph im Handstücke keinen Unterschied erkennen, aber in unserem Falle handelt es sich um die Widerstandsfähigkeit des Gesteins in grossen Massen und speciell mit Rücksicht auf die Erosionsarbeit des Gletschers. Können wir etwa dem fliessenden Wasser seine Bahnen vorzeichnen , wissen wir jederzeit, warum es gegebenen Falls so ge- flossen ist und nicht anders? Schliessen wir nicht vielmehr erst von der vorliegenden Erosionserscheinung auf die grössere oder geringere Widerstandsfähigkeit der betreffenden Gesteine? Und in ähnlicher Weise stehen wir ja doch wohl auch den Gletschern gegenüber. Gewiss ist Heim einer der ersten Gletscherkenner ; aber trotzdem kann ich nicht glauben, dass er so vollständig in die Lage soleh’ eines alten Gletschers sich hineinzudenken vermöchte , dass er ruhig prüfend und überlegend jeweils bei sich sagen könnte: das würde ich mit harter fester Hand entwurzeln, diese Klippe jedoch flüchtigen Fusses überspringen, und umjene verfängliche, drohende Eeke mich hübsch anschmiegend plastisch herumwinden. ‘) Untersuchungen über den Mechanismus der Gebirgsbildung. I. Bd., Basel 1878, pag. 251. 2) ]. c. pag. 389. 75* 592 August Böhm. [164] Abgesehen jedoch hiervon, so möchte es mir beinahe scheinen, als ob es sich hier weniger um einen Vergleich des Gesteins jener Felsköpfe mit demjenigen der Thalgehänge und der Thalsohle handeln würde, als vielmehr um einen Vergleich mit jenen Massen, welche in der Umgebung der Felsköpfe in Folge der supponirten geringeren Widerstandsfähigkeit erodirt wurden, also heute nieht mehr da sind, folglich heute von Heim auch nicht mehr untersucht werden können. Ich glaube nicht, dass sich heute so ganz ohne weiters behaupten lässt, dass jene — ob nun vom Wasser oder Gletscher — erodirten Gesteinspartien in ihrer Widerstandsfähigkeit mit dem- jenigen der Felskuppen und Thalgehänge völlig übereinstimmen mussten. Ueberdies ist ja nirgends gesagt, dass das erodirte Material in lithologischer Beziehung mit jenem der Felsköpfe und Thalhänge iden- tisch gewesen. Konnten es denn nicht etwa Schotter gewesen sein, welche erodirt wurden? Wir haben ja gelegentlich anderer Betrach- tungen gesehen, dass jeder Vergletscherung eine Schotterauffüllung vor- anging. Im Ennsthal erreichte dieselbe eine Mächtigkeit bis über 70, im Innthal eine solche bis zu 400 Meter. Sind also jene Felsköpfe präglacialen Alters — und nur in jenem Falle kann ja doch ihre Er- haltung der Glacialerosion zum Vorwurf gemacht werden — dann ist es sehr wohl möglich, ja sogar höchst wahrscheinlich, dass jene 50 bis 100 Meter hohen Felsköpfe bei Eintritt der Vergletscherung tief unter den Schottern begraben lagen. Als der alte Gletscher kam, fand er keinen Felskopf, sondern eine ebene Sehotterfläche, und schob sich über dieselbe hinaus. Er begann zu erodiren, und als er bereits eine beträchtliche Menge Kies ausgeschürft hatte, stiess er auf die Ober- fläche des Felskopfes und fand sich hierdurch local in seiner Erosions- arbeit sehr behindert. Er wird auf dem harten Felskopfe entschieden langsamer erodirt haben, als vorher an derselben Thalstelle im höheren Niveau auf den Schottern, aber er hatte nicht den geringsten Grund, zur Rechten und Linken des Felskopfes in den Schottern nunmehr ebenfalls langsamer zu erodiren als vorher. So wird er den Felskopf zwar langsam absolut erniedrigt, gleichzeitig aber trotzdem relativ aus seiner Umgebung herauspräparirt haben, und als er hiermit fertig war und die gesammten Schotter erodirt hatte, da war er möglicher- weise auch mit seinem Bestand zu Ende. War dies aber etwa auch noch nicht der Fall, oder sing vielleicht, so unwahrscheimlich es ist, in jenen Thalstrecken der Vergletscherung keine Schotterauffüllung vorher; und nehmen wir ferner noch an, dass der Gletscher an einem solchen Vorsprunge sogar stärker und erfolgreieher erodire, als auf seinem Grunde, so wird doch Heim nicht allen Ernstes verlangen, dass der Gletscher „in allererster Linie diese »Steine des Anstosses« herunterschleife“, d. h. zuerst den Felskopf „abhobele“* und dann erst mit der „Hobe- lung“ auch auf der Thalsohle beginne! Sobald aber zugegeben wird, dass der Gletscher gleichzeitig in verschiedenen Niveaux erodire, dann steht die Sache so, dass die Erosion auf der Thalsohle, welche unserer Annahme nach langsamer erfolgen soll, als jene auf dem Felskopf, gegenüber eben jener letzteren einen Vorsprung hat und somit von dieser gewissermassen eingeholt werden müsste. Um nun die Zeit LEER er we ee ne} Ri 65] Die alten Gletscher der Enns und Steyr. 593 beurtheilen zu können, deren es hierzu bedarf, müssten wir nieht nur die ursprüngliche relative Höhe des Felskopfes kennen !), sondern auch die Differenz zwischen der Erosion auf der Höhe des Felskopfes und jener auf der Thalsohle. Es ist möglich, dass dieser Wettlauf sehr lange dauert und schliesslieh doch nieht zu Ende geführt wird, weil der Gletscher noch vorher sich zurückzieht. Es ist möglich, dass das Thal inzwischen bedeutend vertieft und von dem Felskopfe noch weit mehr abgeschliffen wurde, ohne dass es jedoch das Eis bis zu seiner völligen, wenn man so sagen darf: relativen Abtragung gebracht hat. Dass übrigens die Gletschererosion auf der Höhe solch’ eines Felskopfes gegenüber derjenigen auf der Thalsohle nieht allzusehr im Vortheil ist, dies geht, abgesehen von allen früher geltend gemachten Umständen, schon daraus hervor, dass die Grundmoräne wohl nur zum allergeringsten Theile über die Höhe des Felskopfes hinweggeschleift wird, sondern zum weitaus grösseren Theile den bedftiemeren Umweg seitlich um den Felskopf herum machen dürfte. Da nun die Erosion des Gletschereises durch die passive Unterstützung seitens der Grund- moräne sehr wesentlich gefördert wird, die Grundmoräne auf der Höhe der Vorsprünge aber vermuthlich fehlte, oder doch nur in geringerem Masse in der Form von feinem Schleifsehlamm und Sand mit nur ver- einzelt darin eingestreuten grösseren Geschieben auftrat, so erwächst hieraus ein schwächendes Moment für die Abschleifung des Felskopfes, und wir dürfen deshalb nicht erwarten, dass dieselbe gar besonders rasch vor sich gehe. Mit Bezugnahme auf die Glacialerosion smd nach all’ dem Vor- gebrachten jene Felsköpfe, welche, „der Bewegung des Gletschers ganz im Wege stehend, ‚erbalten geblieben sind“, gewiss nicht als „Steine des Anstosses“ zu bezeichnen. „Ein Gletscherkannetwaige Unregelmässigkeiten seines Bettes erhalten, conser- viren, nicht aber weil er nicht erodirt, sondern weil er seine erodirende Wirkung nicht ausschliesslich auf jenes Hinderniss richtet. So kann einerseits ein Glet- scher Unregelmässigkeiten in seinem Bette erzeugen, andererseits solche conserviren.“?) Dass die Schrammen auf den Gletscherschliffen nicht durchaus parallel laufen, sondern sich meist unter mehr oder minder spitzen Winkeln kreuzen und sich nicht selten sogar unter einem Rechten schneiden, ist eine allbekannte Thatsache, welche fast auf jedem Gletschersehliff zu beobachten ist und sich auf die Unregelmässigkeit der Bewegung der einzelnen Grundmoränengeschiebe zurückführen lässt, die in der Moräne beständig wirr durcheinandergepresst und neben- einander vorbeigeschoben werden. Deshalb ist es, worauf ja schon Penck) hingewiesen hat, nicht erlaubt, „sich kreuzende Schrammungs- richtungen auf verschiedene Vergletseherungen, oder auch nur auf ver- schiedene Phasen ein und derselben Vereisung zurückzuführen“. Nichts- ') Aus seiner heutigen Gestalt können wir auf kein mögliches Maximum der- selben schliessen, weil wir nicht wissen, inwieweit sein Umfang durch die Glacial- erosion verkleinert wurde. 2) Penck, l.c. pag. 340. ») 1. e. pag. 40. 594 August Böhm. M 66] destoweniger kommt Heim wieder (pag. 391) mit dem Einwurfe, dass an einigen Stellen nahe nebeneinander Gletscherschrammen von zwei verschiedenen Richtungen gefunden wurden, „welche verschieden alt sein sollen“. Auf dieses „sollen“ hin wird die positive Behauptung aufgestellt: „Hier war also die zweite Schrammung nicht einmal fähig, die erste ganz zu verwischen!“ Und aus solcher Grundlage schöpft Heim weiters die allgemeine Erkenntniss: „Der Gletscher prägt die Thal- und Berggestalten nicht, er polirt blos die Rauhheiten der schon vorhandenen Prägung und nutzt sie im Ganzen sehr wenig ab!“ Heisst das nicht den Versuch machen, das Urtheil des minder orientirten Lesers zu captiviren ? Einen Beweis für die „quantitative Geringfügigkeit der direeten Gletschererosion“ glaubt Heim (pag. 391) der Thatsache entnehmen zu können, „dass die Ausflüsse der Gletscher sich in den festen Fels zwischen die geschliffenen Felsflächen tief — einen bis fünfzig Meter und mehr — hineingesägt haben“. Heim vergisst bei dieser Gelegen- heit wieder vollständig, dass ein Gletscher an seinem Ende fast bewegungslos ist und daher dort so viel wie gar nicht erodirt, so dass bei diesem Vergleich der Gletscher von An- fang an im Nachtheil ist. Im Uebrigen macht Heim bei anderer Ge- legenheit selbst darauf aufmerksam, dass (pag. 387) der Gletscher nicht wie das Wasser nur auf einer schmalen Rinne, sondern auf der ganzen Fläche des Thales arbeite; „das Eis,* sagt er (pag. 339), „vertheilt seine Wirkung auf eine grosse breite Fläche, der Fluss eoncentrirt sie auf einen schmalen Weg“. Da nun ein stationärer Gletscher in seinem Querschnitte oberhalb des Endes genau so viel, in der Nähe des Endes aber sogar weit weniger Wasser im festen Zustande bewegt, als der Gletscherbach im flüssigen entführt, so sollte man erwarten, dass dort, wo es sich um die Erweisung der quantitativen Geringfügigkeit der Gletschererosion handelt, doch mindestens die Erosionsleistung der Gletscherzunge auf der ganzen Breite und auf den von ihr berührten Theilen der Seitengehänge des Thales mit derjenigen des Wassers in seiner schmalen Rinne verglichen werde. Aber nicht nur, dass Heim die Erosionswirkung einer grösseren Wassermenge mit derjenigen einer kleineren Eismenge vergleicht, so stellt er ohne die geringste Scheu die Gesammtwirkung jener grösseren Wassermasse dem hundertsten Theil der Wirkung jener geringeren Eismasse gegenüber; und da er bei solchem „Vergleiche“ natürlich findet, dass die grössere Wassermenge auf der hundertmal kleineren Grundfläche „rascher“ gräbt, als der Gletscher auf der seinen, und dass das Wasser in seiner Rinnenvertiefung der Thalvertiefung durch den Gletscher voran eilt, so folgert (!) er ganz allgemein: „Das Wasser gräbt also rascher als der Gletscher, es eilt in der Thalaustiefung (!) dem letzteren weit voran“! Und anstatt diesem Ausspruche, welcher ja in seiner allgemeinen Fassung leicht zu unlieb- samen — allerdings für Heim’s Anschauung günstigen — Missverständ- nissen Anlass geben könnte, die erläuternde Bemerkung beizufügen, dass hier das Ganze mit dem Theile verglichen sei, und zwar mit einem äusserst kleinen, anstatt dessen führt Heim jene famose „Ueberlegung“ unter den „Thatsachen“ an, welche — offenbar nur kritikunfähigen Lesern — „die quantitative Geringfügigkeit der directen Et ee = FE Le a = "ar EHEN [167] Die alten Gletscher der Enns und Steyr. 595 Gletschererosion beweisen“ sollen. Nicht Demjenigen (pag. 392), „der ohne vorgefasste Meinung beobachtet“, sondern nur Demjenigen (vergl. pag. 372), der weder über „Bildung des Blickes“, noch über „Beob- achtungstaet oder Anschauungsgefühl* verfügt, und dem „vergleichen- des Abwägen“ völlig fremd ist, nur Dem zeigen jene Erscheinungen „ganz direet ohne Zwischenschluss“ (!), dass die Flüsse „in ihrer Wirkung den Gletscher stets weit überholen“. Die Anhänger der Glacialerosion haben schon zu wiederholten- malen auf die starke Trübung der Gletscherbäche hingewiesen, welche von dem feinen Sand und Schlamm herrührt, der durch die zerreibende und schleifende Thätigkeit der Gletscher erzeugt wird. Auf Grund von Beobachtungen über die Schlamm- und Wasserführung der Aar bei ihrem Austritt aus dem Unteraargletscher, welche seinerzeit von Dollfus- Ausset angestellt wurden, berechnete Penck!), dass von jedem der 15 Quadratkilometer Bodenfläche, welche der Unteraargletscher bedeckt, jährlich 638 Cubikmeter Gestein abgeschliffen werden, was einer all- gemeinen jährlichen Abtragung des Bodens um ungefähr 0°6 Millimeter entspricht. „In 1666 Jahren würde demnach eine 1 Meter starke Schichte entfernt werden, während das Wasser im Gebirge 4125 Jahre?) braucht, um eine gleich dieke Lage zu erodiren. Dabei ist nun ausschliess- lich nur der Gletscherscehlamm in Betracht gezogen, welcher sich im Wasser suspendirt findet, und das Gerölle, welches mit dem Gletscherbache entführt wird, gänzlich ignorirt — und doch findet sich, dass der Gletscher 2!/;mal schneller als das rinnende Wasser erodirt.“ Es ist begreiflich, dass dieser Hinweis den Gegnern der Glacial- erosion einiges Alpdrücken verursachte, denn wenn sie überhaupt ihre Gegnerschaft fortsetzen wollten, so durften sie dieses geltend gemachte Verhältniss nicht stillschweigend übergehen, sondern mussten hierauf — sei es nun berichtigend, oder aber maskirend — zu reden kommen. In welcher Weise dies in Heim’s Handbuch geschieht, wird man allso- gleich ersehen. Zunächst galt es, das absolute Ausmass der Schlammführung etwas zu schwächen. Dollfus hatte nämlich nur in den Monaten Juli und August beobachtet, also zur Zeit der grössten Schlamm- und Wasser- führung. Für diese Zeit ergibt sich aus seinen Beobachtungen nach Heim (pag. 365), dass im Tage bei 1,150.00) Cubikmeter Wasser- führung der Schlammtransport eirca 163.000 Kilogramm betrage, „was ungefähr 6) Cubikmetern Gneissgranit in zerriebenem Zustande gleich- kommt.“ Jeder weiss nun, dass die Gletscherbäche im Winter sowohl weniger getrübt, als auch bedeutend wasserärmer sind, als im Sommer. Man muss also bei einer Schätzung der jährlichen Schlammführung, welche auf jene Beobachtungen gegründet ist, diesen Verminderungen Rechnung tragen. Penek thut dies in folgender Weise: Er nimmt die mittlere täg- liche Wasserführung zu nur 560.000 Cubikmetern an und berechnet auf der Grundlage, dass diese Wassermenge täglich 66.000 Kilogramm Schlamm entführe, die mittlere tägliche Schlammführung des Baches dem !) Die Vergletscherung der Deutschen Alpen, pag. 202. ?) Nach Heim, 596 August Böhm, [168] Volumen nach auf 26°4 Cubikmeter, was einer jährlichen Schlamm- führung von ungefähr 9600 Cubikmetern entspricht. Diese Schätzung verdient gewiss unser Vertrauen, sie ist eher zu gering gegriffen, als zu hoch, und man kann nicht das Geringste an ihr bemängeln; der Vorgang, welcher zu derselben führte, liegt klar und offen vor unseren Augen. Heim hingegen (pag. 363) begnügt sich einfach damit, zu sagen: „Für das ganze Jahr dürfen wir für den Unteraarbach höchstens einen Transport von Gletscherschlamm entsprechend ungefähr 6000 Cubikmetern Gestein, und dies höchstens gleich T/3o00u des Wassergewichtes, ansetzen.“ Die näheren Details dieser Schätzung werden uns nicht mitgetheilt; warum die belegte Schätzung Penck’s von 9600 auf 6000 Cubikmeter redueirt wird, das wird uns nicht gesagt. Aber selbst wenn wir diese Restrin- sirung acceptiren und von den 15 Quadratkilometern, welche der Unter- aargletscher bedeckt, mit Heim jährlich nur 6000 Cubikmeter Gestein abschleifen lassen, so ergibt dies noch immer eine allgemeine jähr- liche Abschleifung einer Schichte von 0’4 Millimeter, oder eine Ab- schleifung von 1 Meter in 2500 Jahren, während doch nach Heim!) das fliessende Wasser im Gebirge hierzu 4125 Jahre benöthigt! Heim wird somit, wie ja Jeder nachrechnen kann, durch seine eigenen An- gaben geschlagen. Aber dass dies eingestanden werden sollte, das wäre freilich etwas viel verlangt. Man geht deshalb dem Hinweis auf die mittlere Abtragung der vom Gletscher bedeckten Fläche gegenüber jener doppelt ge- ringeren Abtragung, welche durch das Wasser im Gebirge bewirkt wird, hübsch aus dem Wege, und versucht, die Aufmerksamkeit des Lesers von diesem Gegenstande ab- und auf andere, wie mich däucht, etwas ferner liegende Dinge hinzulenken. Sehen wir einmal zu, wie dies seitens Heim’s (pag. 364) geschieht. „Wer die Gletscherbäche im Sommer stets trübe sieht, wenn andere Wasser hell dahinfliessen, wer nur bei schönem Wetter im Ge- birge herumsteigt, der kann mit Penck durch den momentanen ober- flächlichen Augenschein zu dem Irrthum verleitet werden , dass unter den Gletschern eine viel intensivere Erosion stattfinde, als in den nicht vergletscherten Gebieten. Der Gletscherschlamm* — wird entschuldigend gesagt — „erzeugt durch seine feine Zertheilung eine verhältnissmässig starke optische Wirkung. Allein wer im Gebirge bei heftigem Regen- wetter nicht unter Dach geblieben ist, kommt zu ganz anderen Schlüssen. Die nicht vergletscherten Thalsysteme liefern ihr Geschiebe nur perio- disch, allein ein einziger Tag Geschiebetransport leistet dann mehr, als die gleiche Grundfläche eines vergletscherten Gebirges in mehreren Jahren zu leisten vermag. Wir besitzen schon eine Menge von Messungen, welche uns beweisen, dass die gewöhnlichen Wildbäche der Alpen, deren Sammelgebiet nur !/,, so gross wie dasjenige des Unteraargletschers ist, bei Anschwellungen, wie sie alljährlich wiederholt im normalen Gang der Natur auftreten, in einem oder zwei Tagen 10.000 bis 100.000 Cubikmeter Geschiebe in die Thalflächen hinausführen, und dass Fälle gar nieht selten sind, wo solehe Wildbäche in wenigen Tagen 1 und !) Ueber die Erosion im Gebiete der Reuss. Jahrb. d. Schweizer Alpencelub XTV, 1879, pag. 388. + x [169] Die alten Gletscher der Enns und Steyr. 597 2, sogar 3 Millionen Cubikmeter auf den Schuttkegel und in Haupt- flüsse oder Seen werfen. Dazu kommen noch ausserhalb den Wildbach- gebieten alljährlich zahlreiche Rutschungen (!), kleinere und grössere Bergstürze (!!) von wenigen Tausend bis zu vielen Millionen Cubik- metern.“ Also periodische Wildwasserausbrüche, Schlammströme, Muhren u. dgl., welche ja keine andauernde Erosion, keine weiter- sehende Exportation, sondern nur eine einmalige „Umladung“ von zumeist bereits „in loco* vorhandenem Gebirgsschutt bewirken und denselben immer nur bis zu dem nächstgelegenen „Umladeplatz“ ver- frachten, woselbst er, wer weiss wie lange! „auf Weiterführen harrend“ liegen bleibt, — solche momentane, katastrophenartige Ereignisse werden der stetigen und allmäligen Erosion gegenübergestellt, welche unter dem Gletschereise vor sich geht! Und dann gar erst ganze Terrain- rutschungen und Bergstürze!! Was haben die mit der Erosionsfähigkeit des Gletschereises im Vergleich mit der des fliessenden Wassers zu thun ? Führt etwa die Reuss, wenn auch noch so viele Bergstürze von vielen Millionen Cubikmetern und eine noch grössere Anzahl von Wild- wasserausbrüchen von derselben Tragweite innerhalb ihres Gebietes nieder- gehen, deswegen jährlich mehr Schlamm und Geschiebe als nur 200.000 Cubikmeter !) aus diesem ganzen 825 Quadratkilometer umfassenden Gebiete hinaus, und bewirkt sie deshalb eine allgemeine Abtragung der Gebirgsoberfläche um 1 Meter in weniger als 4125 Jahren? Und ist es denn erlaubt, eine allgemeine und mittlere Erosionsleistung mit einem localen und maximalen Kraftausbruche oder gar mit Berg- stürzen (!) zu vergleichen ? Und abgesehen von dem Allen, wie kommt Heim dazu, der Schlamm führung der Gletscherbäche die Schlamm- mehr Geschiebe- führung der Wildbäche und Flüsse gegenüberzustellen, und dabei noch so zu thun, als ob den Flüssen bitteres Unrecht geschehe? So sagt er (pag. 365): Für die Reuss bei ihrer Mündung in den Vierwaldstättersee ergab sich als Mittel aus 27 Jahren „allein für grobes, direct an der Mündung bleibendes Geschiebe, abgesehen vom feinen, entfernter sich vertheilenden und zum Theil von Gletschern her- rührenden Schlamm“ mehr als !/,,.0 Gewichtstheile „gröbere Ge- schiebe“. „Dies ist ein jährlicher Abtrag von 242 Cubikmetern per Quadratkilometer Sammelgebiet.“ Dies ist aber unrichtig; die be- treffenden Angaben müssen vielmehr lauten: weniger als !/,ooo Gewichtstheile gröbere Geschiebe und demgemäss ein Abtrag von nur 182 Cubikmetern per Quadratkilometer Sammelgebiet.?) Und warum berechnet Heim nicht auf Grundlage jener 6000 Cubikmeter Gestein, welche nach seiner eigenen, sehr knapp bemessenen Interpretation der Dollfus’schen Beobachtungen all- Jährlich von der 15 Quadratkilometer messenden , eisbedeckten Fläche des Unteraargletschers abgeschliffen werden, mittels einer ganz leichten, einfachen Division, dass dieser letztere hier wirklich allein in Form !) Heim, Ueber die Erosion im Gebiete der Reuss. l.c. pag. 389. °’) Heim, ibid. pag. 388, 389. Bei jenen vorigen im „Handbuche“ wieder- gegebenen Angaben ist nämlich, wie in der Originalarbeit ausdrücklich bemerkt ist, „die fein im See zertheilte Schlammmenge“ miteingerechnet! Jahrbuch der k. k. geol. Reichsanstalt. 1885, 35. Band. 3. Heft. (August Böhm.) 76 598 August Böhm, 1 70] von Schleifschlamm und Schleifsand, abgesehen von allen srösseren oder kleinerenGrundmoränengeschieben, alljährlich volle 400 Cubikmeter Gestein per Quadratkilometer abträgt? Diese interessante, sich allerdings fast von selbst ergebende Relation wird den Lesern des „Handbuches“ wohlweislich vorenthalten ! Anstatt dessen wird die Schlammführung der Gletscherbäche einer- und die Schlamm- mehr Gesehiebeführung der gewöhnlichen Bäche und Flüsse andererseits stets nur mit der bezüglichen Wassermenge hin- sichtlich des Gewichtsverhältnisses verglichen , wobei, wie bereits mit- getheilt, für den Unteraarbach ganz willkürlich der „Transport von Gletscherschlamm entsprechend ungefähr 6000 Cubikmetern Gestein höchstens gleich !/ggooo des Wassergewichtes“ angesetzt wird. Dass diese „Ansetzung“ eine willkürliche ist, geht daraus hervor, dass unter solchen Umständen für das ganze Jahr die mittlere tägliche Wasserführung 838.000 Cubikmeter betragen müsste, was zu der beobachteten täglichen Wassermenge von 1,150.000 Cubikmetern während der heissesten Sommer- monate in gar keinem Verhältniss steht. Ist aber selbst bei richtiger Berechnung das Gewichtsverhältniss zwischen Schlamm- und Wasserführung der Gletscherbäche kleiner als jenes zwischen dem gesammten Geschiebetransport und der Wassermenge der gewöhnlichen Bäche und Flüsse, so ist demgegen- über vor Allem zu bemerken, dass dieses Gewichtsverhältniss gar nicht den Kernpunkt der Sache berührt, weil es ja für den Gletscher voll- kommen gleichgiltig ist, ob seine Erosionsproducte, je nachdem er im Vorstoss oder Rückzug begriffen, von einer geringeren oder grösseren Wassermenge erfasst und weitergeführt werden. Nur ein Vergleich der Erosionsproduete mit der Grösse des Sammelgebietes, wie er von Heim seinerzeit bezüglich der Erosion im Gebiete der Reuss zwar gezogen wurde, heute aber bezüglich der in Rede stehenden Beobachtungen umgangen wird, kann einen wirklichen Einblick in die Grösse der Gletschererösion gewähren. Derartige Gruppirungen und Gegenüber- stellungen aber, wie sie in allerdings sehr geschickter Weise von Heim in seinem Handbuche versucht werden, können höchstens über die wahren und massgebenden Verhältnisse hinwegtäuschen. Und wenn diese Gruppirungen und Gegenüberstellungen wenig- stens an sich noch richtig wären! Aber nach einleitenden Be- trachtungen über den Sehlammgehalt von Gletscherbächen kommt Heim zum Vergleich mit dem gesammten Geschiebetransport von Flüssen, von „gewöhnlichen“ Wildbächen und von ausserordent- lichen, verheerenden Wasserstürzen angerückt, ja er ruft sogar Terrain- rutschungen und ganze Bergstürze zu Hilfe, und meint vermuthlich unter den letzteren die Lehre von der Glacialerosion für immer zu begraben. Schon früher, als von dem Einschneiden der Gletscherbäche in den Felsgrund unter den Gletschern die Rede war, haben wir gesehen, dass Heim mit besonderer Vorliebe Ungleiches einander segenüberstellt, und nun ertappen wir ihn wieder bei einem ähnlichen Versuche. Zum zweiten Male tritt uns Heim als ein Streiter entgegen, der sich auf einen bestimmten Waffengang nicht einlässt, und der, wenn er vom Gegner dennoch auf eine genau bezeichnete Waffe gefordert und mit derselben gestochen wird, nicht mit der entsprechenden Waffe er A .- ee: [171] Die alten Gletscher der Enns und Steyr. 599 parirt, sondern immer gleich mit seinem ganzen schweren Rüst- zeug dreinhaut. Das wäre freilich ein ungleicher Kampf, aber zum Glück bleibt er nicht ohne Zeugen. Es sind Secundanten da, welche ihn verhindern. In dem eben behandelten Falle begnügt sich aber Heim nicht einmal damit, das Ganze mit dem Theile zu vergleichen, sondern er geht so weit, in ungeschminkter Weise den Theil mit dem Ganzen zu vertauschen, indem er — nachdem einerseits von dem gesammten Geschiebetransport der Bäche und Flüsse, jedoch anderer- seits stets nur von dem Schlammgehalt der Gletscherbäche die Rede war — plötzlich in einem zusammenfassenden und gesperrt sedruckten, die besondere Aufmerksamkeit des Lesers herausforderndenSatze verkündet: „Der&eschiebe- und Schlamm- transport der Gletscherbäche ist also sehr viel geringer, geradezu verschwindend gegenüber demjenigen der gewöhnlichen Bäche und Flüsse“! Wenn solch’ ein Vorgang in der Wissenschaft erlaubt wäre, dann könnte man allerdings fast Alles plausibel machen, was man will. „Freilich,“ sagt Heim in einem Nachsatze, „drückt der Schlamm des Gletscherbaches nicht den gesammten Geschiebetransport durch den Gletscher aus“. Also nieht aus Versehen, sondern mit gutem Vorbedacht ist Heim bei dem oben eitirten Ausspruche zu Werke gegangen. Und nun wird das Aergste geleistet, was ich in ähnlicher Beziehung überhaupt für möglich halte. „Es kommt noch die sich allmälig häufende Endmoräne und Geschiebe derselben hinzu, das als gröberes Material vom Gletscher- bach transportirt wird. Allein gerade auf den steten, aber, wie wirgesehenhaben, hundertmalgeringeren Schlamm- transport haben Diejenigen vielfach sich gestützt, welche die Eiserosion für kräftiger als Wassererosion erklären wollten.“ Das geht nun doch schon über alle Grenzen! Erstens die mehr als sonderbare Ansicht, dass deswegen, weil die Anhänger der Glacialerosion auf die bedeutende Schlammführung der Gletscherbäche hingewiesen haben, es erlaubt sei, von der Geschiebeführung bei Berechnung der Grösse der Gletschererosion ganz abzusehen, sie als gar nicht existent zu betrachten, in dem Resume jedoch anstatt „Schlammführung“ einfach ohneweiters zu sagen: „Geschiebe- und Schlammführung“ und daraufhin weitere Schlüsse zu ziehen, so, als ob man es wirklich mit der gesammten Erosionsleistung des Gletschers zu thun habe. Zweitens aber der sophistische Versuch, die falsche Aussage durch ihre eigene Fehlerhaftigkeit zu stützen, indem in der Beschönigung derselben nochmals von dem „wie wir gesehen haben hundertmal geringeren Schlammtrans- port“ gesprochen wird. Was wir gesehen haben, das ist nunmehr wohl klar, und ich brauche es deshalb nicht erst in Worte zu fassen. „Die allgemeinen, für Erosion und Abwitterung bezeichnenden grossen Gestalten der Gebirgsthäler finden sich ungestört auch da wieder, wo die ganze Oberfläche mit Gletscherschliffen bedeckt ist.“ Dieser 46,8 600 August Böhm. [172] Umstand im Vereine mit der Beobachtung, dass die Gletscher „so exact“ den „complieirten Thalformen sich anschmiegen“ und durch die- selben „in lebhaftem Wechsel hier zu Stauung und Einengung, dort zum Zerreissen und Stürzen, dann wieder zur Umkrümmung oder Zer- theilung gezwungen und »gequält« werden“, wird von Heim (pag. 396) ebenfalls als ein Beweis für die quantitative Geringfügigkeit der direeten Gletschererosion betrachtet. Nun sehen wir aber auch die Flüsse genau den Windungen des Thales folgen, wir sehen sie in Engpässen Stromschnellen und Katarakte bilden, und über Abstürze als Wasserfall herniederschiessen, wir sehen sie auf ebener breiter Fläche ruhigen, trägen Laufes dahinschleichen. Und doch stellt heute Niemand die erodirende Thätigkeit der Flüsse in Abrede, ganz allgemein ist man vielmehr der Ansicht, dass die Flüsse es sind, denen die Thäler ihr Dasein verdanken. In ihrer momentanen Erscheinungsweise abhängig von der Beschaffenheit des Bettes, in dem sie fliessen, sind sie doch sehr wohl im Stande, dasselbe zu verändern, zu gestalten; es spiegelt sich in dem Flusse jeweils die Natur seines Bettes, trotzdem er sich dieses durch eigene Thätigkeit geschaffen. „Was für den Fluss der Schaum, bedeuten für den Gletscher die Spalten.“ Also lässt sich Heim auf pag. 173 seines Handbuches vernehmen. Und in weiterer Ausführung dieses Vergleiches sagt er (pag. 203): „Ueberblickt man verschiedene Gletscher aus einer gewissen Höhe, so springt die nahe Beziehung der Zerklüftung zu der Thalbettgestalt und der Mächtigkeit des Eisstromes sofort in die Augen. Hierbei treffen wir auf weitere Analogien mit den strömenden Flüssigkeiten, indem die Zerspaltung für den Gletscher das Gleiche bedeutet, was Aufschäumen für das beweg- liche Wasser.“ Und weiter (pag. 205): „Wie ein Flussstetsan derselben Stelle aufsehäumt, so Öffnen Firn und Gletscher stets an derselben Stelle ihre Spalten und schliessen sie nachher wieder. Ruhige und zersplitterte Oberflächen sind das constante unveränder- liche Abbild der Unterlage.“ „Das Spaltensystem, wie der Schaum am Sturzbach, entsteht ununterbrochen und vergeht ununterbrochen wieder.“ Aus diesen Aussprüchen geht wohl auf das Deutlichste hervor, dass Heim ganz darüber im Klaren ist, wie ein Gletscher in Betreff der Abspiegelung seines Untergrundes in seiner Oberfläche sich eben nicht anders verhalte, wie ja auch ein Fluss, und wir müssen darob erstaunen, dass man mit der Zumuthung an uns herantritt, dieselbe Eigenschaft, welche an Flüssen unbeschadet ihrer erodirenden Thätig- keit erkannt wird, bezüglich der Gletscher als einen Beweis ihrer Erosions un fähigkeit zu erachten. Es wäre auch nicht leicht begreiflich, wie denn die Beziehung zwischen Thal und Gletscher überhaupt eine andere sein könnte, als eben jene, dass der Gletscher ganz genau der Form des Thales sich anschmiegt, in welchem er sich befindet. Denn die Thalform ist ge- geben, sie.war schon lange da, bevor der Gletscher kam, und wurde von demselben im Grossen und Ganzen nur wenig verändert. Der Fels ist starr, der Gletscher aber fliesst — nichts ist natürlicher, als dass er das Thal erfüllt, soweit er reicht, und sich der Form desselben [173] Die alten Gletscher der Enns und Steyr. 601 anschmiegt. Verengt sich das Thal, so wird auch der Gletscher zu einer Verengung gezwungen, ebenso wie der Strom im selben Falle zur Stromschnelle; bildet das Thal eine Stufe, so wird der Gletscher hier- durch zur Zerschründung genöthigt, er bildet einen Eissturz, sowie der Fluss in gleicher Lage in einen Wasserfall sich verwandelt; und ist die Sohle des Thales breit und flach, dann ist auch die Oberfläche des Gletschers einförmig und eben, wiederum genau so wie beim strömenden Gewässer, welches ja unter ähnlichen Verhältnissen gleich- falls einen ruhigen wellenlosen Spiegel bildet. Wie sollte es denn anders sein ? Wir müssen es daher ohne weiters als gegenstandslos zurück- weisen, wenn Heim (pag. 396) an die Mittheilung dänischer Forscher, dass die Oberfläche des grönländischen Binneneises ein sehr veränder- liches Aussehen habe, in welchem sich deutlich die Natur des Unter- grundes abspiegelt, seinerseits die Frage knüpft: „Warum spiegelt sich nicht vielmehr in den Thälern die Natur der Gletscher ab?* Wenn aber Heim — nient etwa im ungestümen Eifer lebhaft erregter privater Discussion, sondern öffentlich vor aller Welt — noch zu der weiteren Frage sich hinreissen lässt: „Warum müssen die Thäler sich nicht umgekehrt den Gletschern fügen, wenn doch die letzteren die Kraft haben sollen, tiefe Seebecken, d. h. Thäler, auszuhobeln ?*, so kann es uns angesichts dieses Ausspruches nur Wunder nehmen, wenn der Autor desselben von Anderen sich äussert, dass sie sich zu Behauptungen versteigen. Im Uebrigen aber nehmen wir es zur Kenntniss, dass Seebecken und Thäler von nun an nach der Auffassung Heim’s als identische Begriffe zu gelten haben. Wir sind mit der Betrachtung der Einwendungen, welche Heim der Lehre von der Glacialerosion entgegenstellte, so ziemlich zu Ende, und sind hierbei auf nichts gestossen, was uns irgendwie Veranlassung geben könnte, jene Lehre zu verlassen. Im Gegentheile, wir haben im Verlaufe der Discussion mehrfach Gelegenheit gehabt, unsere Anschauung zu kräftigen und zu stärken, weil wir nieht nur allzeit sahen, dass die einzelnen Erscheinungen, welche als Indieien gegen die Glacialerosion gedeutet wurden, mit derselben vielmehr im besten Einklange stehen und sich sehr wohl mit ihr vertragen, sondern weil wir auch manche Umstände erkannten, welche einzig und allein unter der Annahme einer glaeialen Erosion erklärlich werden; so z. B. die grosse Mächtigkeit der Grundmoränen eiszeitlicher Gletscher, das Vorkommen aufgearbeiteten Materials in denselben, welches direet dem Untergrunde entnommen wurde u. s. w. Wir haben uns ferner davon überzeugt, dass die Grund- moräne überhaupt zum grössten Theile durch solche Aufarbeitung des Untergrundes erzeugt werde, und dass kein physikalisches Bedenken der Möglichkeit einer derartigen nicht unansehnlichen Glacialerosion im Wege steht; weiters, dass insbesondere jene für die Theorie der glacialen Seebildung so wichtige Fähigkeit des Eises, sich local auch aufwärts bewegen zu können, durch Beobachtungen über die Verbreitung der erratischen Geschiebe sich als eine unbestreitbare Thatsache heraus- gestellt hat. Auch Heim hält eine locale Aufwärtsbewegung des Eises für erwiesen. u 602 . August Böhm. [174] Diese letztere Anschauung ist indessen immer noch nicht allgemein verbreitet, und es gilt hier noch manches alte Vorurtheil zu brechen. Irving!) z. B. erachtet die Beobachtung, dass ein vordringender Gletscher den Boden vor sich aufwühle, für einen Beweis, dass derselbe nicht die Macht habe, über ein Hinderniss, welches ihm im Wege steht, hinweg zu fliessen; er kann also auch aus Höhlungen nicht aufwärts fliessen und deshalb auch keine Becken erzeugen! Auch Leipoldt druckt in der zweiten Auflage der „Physischen Erdkunde“ 2) noch immer den aus Peschel’s Problemen ?) herübergenommenen Satz ab: „Man ersann mechanisch unmögliche Lehren, indem man annahm, dass sich Gletscher auch an Abhängen hinaufbewegen könnten.“ In einer trogförmigen Einsenkung, wie sie durch ein Seebeeken repräsentirt wird, muss nach Leipoldt‘) „in der Tiefe gar bald Unbeweglichkeit ein- treten, worauf der obere, noch bewegliche Theil des Gletschers über den unteren, ruhenden hinwegschreitet !“ Von demselben Autor erfahren wir übrigens auch), dass das Geröll, welches von der Oberfläche des Gletschers „durch die zahlreichen Spalten auf den Grund hinabfallt und sich so zwischen dem Eise und dem Felsbette einkeilt“, dieses letztere „gegen die erodirende Kraft des Gletschers sehützt“. Des Weiteren wird behauptet ©): „Die fast durchgängig eckige Gestalt (!) der Stoffe, aus welchen die alten, wie die neueren Moränen gebildet sind, ist ein sicherer Beleg dafür, dass dieselben zum grössten Theil von oben her auf die Gletscher gefallen und nicht auf der Sohle derselben weiter bewegt worden sind. Wäre dies geschehen, so würde ihre Form ab- gerundet, ihre Oberfläche gekritzelt worden sein, wie dies von allen denjenigen Gesteinsstücken gilt, welche auf dem Grunde des Gletschers liegen.“ Aus diesen und ähnlichen Aussprüchen geht hervor, dass Leipoldt in der Glacialgeologie so wenig orientirt ist, dass man von einer wissenschaftlichen Erörterung seiner diesbezüglichen subjeetiven Anschauungen füglich Umgang nehmen muss. Es ist nur zu bedauern, dass solche Behauptungen, welche direct den thatsächlichen Verhält- nissen widersprechen, in einem weitverbreiteten Lehrbuche niedergelegt sind, da sie dort gewiss nicht verfehlen werden, falsche Meinungen zu nähren oder zu erwecken. Es wäre überhaupt zu wünschen, wenn die Ver- fasser mancher erst in neuerer Zeit begründeter physikalisch- geographischer und geophysikalischer Lehrbücher in Anbetracht des Einflusses, welchen ja jedes Lehrbuch auf einen grösseren Leserkreis ausübt, in noch offenen Streitfragen mit einer apodietischen Ent- scheidung über dieselben — sei es nun im günstigen oder ungünstigen Sinne — etwas mehr zurückhalten würden. Ein Lehrbuch soll nicht den Ausfluss subjecetiver Anschauungen des Verfassers bedeuten, es soll auch nicht den Bedürfnissen der Mode entspringen, sondern höhere, all- gemeinere Zwecke verfolgen. Dort, wo Fragen noch ihrer Lösung harren, !) On the Mechanics of Glaciers, with especial Reference to their supposed Power of Excavation. Quart. Journ. Geol. Soc. London. XXXIX, 1883, pag. 69. ?2) Leipoldt-Peschel, Physische Erdkunde. II. Aufl., I. Bd., Leipzig 1884, ag. 519. * >) Neue Probleme der Vergleichenden Erdkunde. II. Aufl., Leipzig 1876, pag. 19. *) ]. c. pag. 518. 5) 1.:c. pag. 5ll. 1-6, Pasrol2. 1 75] Die alten Gletscher der Enns und Steyr. 603 wo die Meinungen Derjenigen, welche sich selbst mit der Untersuchung derselben befassen, noch getheilt sind, haben Jene, welche solchen Untersuchungen mehr oder minder ferne stehen, schon ganz und gar kein Recht, dem ausstehenden Schiedsspruche der Wissenschaft vorzu- greifen und den Versuch zu machen, ihrer persönlichen Wohlmeinung allgemeine Geltung zu verschaffen. Wenn z. B. Günther von den 1088 Seiten seines zweibändigen Lehrbuches!) 2, sage im Ganzen zwei Seiten der Besprechung der Glacialerosionsfrage widmet und hernach an späterer Stelle?) lehrt, dass auf jenen beiden Seiten „die sehr geringfügige Bedeutung dieses Erosionsfactors“ „erkannt“ wurde, so heisst das doch die zahlreichen und gewiss hochachtbaren Forscher, welche durch eigene Untersuchungen in dieser gegenwärtig noch offenen Frage der gegentheiligen Ansicht sind, geradezu ignoriren ! Im Uebrigen ist Günther nur darum zu beneiden, dass es ihm gelingt, den Leser auf dem Raume zweier Seiten über die Glacialerosion zu orientiren und ihn in den Stand zu setzen, sich sein eigenes Urtheil über dieselbe zu bilden. Unklare Vorstellungen sind hierbei freilich nicht zu verkennen, wir haben dies schon früher bemerkt und wollen nur noch das Eine hervorheben, dass es Günther „ungleich wahr- scheinlicher“ vorkommt :), „dass ein spitzer Stein, der in die unterste Schicht eines Gletschers eingebacken ist, sobald er an ein »ernsteres« Hinderniss gelangt, sich in die plastische Masse des Eises, als dass er sich in den harten Untergrund einbohren werde“. Günther scheint also zu glauben, dass die Anhänger der Glacialerosion diese letztere durch vereinzelte spitze Steine erfolgen lassen, welche in das Eis ein- gebacken sind, und weiters, dass sie jene Erosion in der Art sich vor- stellen, dass die genannten spitzen Steine sich in den harten Unter- grund unter dem Druck des Eises „einbohren“. Wo wurde denn jemals eine solche Ansicht geäussert? Sollte Günther jedoch dem entgegnen wollen, dass jene Aeusserung ja nicht so wörtlich zu nehmen sei, so könnte man dies allenfalls noch Fachgenossen gegenüber gelten lassen, nicht aber mit Rücksicht auf die weiteren Kreise, für welche ein Lehrbuch bestimmt ist. Denn Derjenige, welcher sich selbst erst über das Wesen der Glacialerosion unterrichten will, wird durch den eitirten Ausspruch Günther’s ganz gewiss zu der oben angedeuteten irrthümlichen Meinung über die unter den Anhängern der Glacialerosion herrschenden Anschauungen verleitet werden. Vor nichts aber sollte sich eine objeetive Berichterstattung mehr behüten, als vor dem Anlasse, in dem unbefangenen Leser möglicherweise irrige Meinungen über gegnerische Vorstellungen zu erwecken. Wie es möglich ist, bisher noch unentschiedene Streitfragen in objectiver Weise zu behandeln, können Leipoldt und Günther aus Supan’s Lehrbuche *) erfahren. Was die Streitfrage nach der Glaeialerosion betrifft, so ist wohl nicht zu verkennen, dass. sich dieselbe nunmehr bereits in dem letzten ‚ ') Lehrbuch der Geophysik und Physikalischen Geographie. Zwei Bände. Stutt- gart 1884, 1885. 2) Ibid., pag. 632. 3) Ibid., pag. 558. *) Grundzüge der Physischen Erdkunde, Leipzig 1884. 604 August Böhm. [ ) 76] Stadium vor der Entscheidung befindet, und wie diese letztere ausfallen werde, hierfür liegen bereits verschiedene Anzeichen vor. Eines der deutlichsten ist wohl jenes, dass alle Diejenigen, welche in neuester Zeit sich mit glacialgeologischen Forschungen in den Nordalpen befasst haben, sich durch ihre Beobachtungen zu der Annahme einer glacialen Erosion veranlasst sahen. Penck eröffnete den Reigen mit seinem vielgenannten Werke über „Die Vergletscherung der Deutschen Alpen“; ihm folgte Blaas!), welcher anfangs der Glacialerosions-Theorie als Gegner gegenüberstand und erst im Verlaufe seiner Beobachtungen zum Anschluss an dieselbe sich gezwungen sah; sein Zeugniss ist des- halb von ganz besonderem Werth. Desgleichen wurden von B rückner?) im Gebiete des alten Salzachgletschers Werke der Glacialerosion erkannt, und auch die vorliegenden Untersuchungen in den Thälern der Enns und Steyr haben einen ähnlichen Befund ergeben. Eingehende Forschun- gen in den Karpathen und in den Mittelgebirgen Deutschlands haben auch Partsch?’) zu der Erkenntniss von Gebilden der Glaecialerosion geleitet. Demgegenüber finden sich die Gegner der Glacialerosion meist unter den Kennern der heutigen Gletscher, und die Einwendungen, welche von dem Hauptvertreter derselben vorgebracht wurden, sind, wie wir gesehen haben, solcher Art, wie sie nur als letzter Versuch zur Rettung einer bereits halbverlorenen Sache gemacht werden können. Nicht Einen jener Einwände haben wir als stichhaltig erkannt, wir haben vielmehr nachgewiesen, dass dieselben zum Theil auf Wider- ‚sprüchen, zum anderen Theil auf unriehtigen und unbilligen Ver- sleichungen beruhen, oder aber aus unlogischen Schlüssen und aus Verall- gemeinerungen und Ueberschätzungen specieller localer Vorkommnisse abgeleitet wurden; wenn man aber schon einmal zu solchen Mitteln zu greifen sich genöthigt sieht, dann muss es bereits schlecht um die eigene Sache bestellt sein. Sehr bezeichnend für den gegenwärtigen Stand der Frage nach der Glacialerosion ist ferner der Umstand, dass selbst Heim, den wir ja im Vorigen an Hand seiner eigenen Aussprüche als den anscheinend unversöhnlichsten Gegner jener Theorie kennen lernten, und der auf der einen Seite nicht das Geringste von der Glacialerosion wissen will, auf der anderen Seite doch bereits in fast unmerklicher Weise etwas einzulenken beginnt und z. B. (pag. 386) zugibt, dass die Möglichkeit einer Ausschleifung von seichten Mulden durch die Gletscher, selbst in festem Gestein, „theoretisch nicht abweisbar ist, und dass ein so weit gehender gradueller Unterschied von dem bisher Beobachteten nach Mächtigkeit und Zeit der Verglet- scherung nicht von vorneherein als unmöglich bezeichnet werden kann“. Noch reservirter verhält sich der Ausdruck seiner Gegnerschaft auf pag. 400, woselbst — abgesehen davon, dass eine so grossartige 1) Ueber die Glacialformation im Innthale. I. Sep.-Abdr. aus der Zeitschr. d. Ferdinandeums. IV. Folge, 29. Heft. Innsbruck 1885. ?) Die Vergletscherung des Salzachgebietes. Mitthlg. d. Deutschen und Oester- reichischen Alpenvereins. 1885, pag. 21—22 (Vorläufige Notiz). ?) Die Gletscher der Vorzeit in den an und den Mittelgebirgen Deutsch- lands. Breslau 1882. ee ES ER N. > E3 RSS Fr E [17 7] Die alten Gletscher der Enns und Steyr. 605 Erosionsleistung, wie „allmäliges Ausfegen einer Schutt- masse aus einem Thal durch Gletscher“, „nicht für unmöglich gehalten wird“ 1) — sogar „etwelche Thalverbreiterung bei wenig tiefen Thälern in locker sandigen Gesteinen“ als „denkbar“ erklärt, und selbst die Hypothese des „Ausschleifens von grösseren Seebecken in Fels durch Gletscher“ noch „weiterer Prüfung werth“ erachtet wird. Es ist ein tröstlicher Gedanke für die Anhänger der Glacialerosionstheorie, dass bisher noch nicht einmal Heim, so grimmig er auch thut, gänzlich den Stab über dieselbe gebrochen hat, und dass er weitere Forschung auf diesem Felde nicht von vorneherein als unnütze und verlorene Arbeit bezeichnet. Die Anhänger der Glacialerosion haben zu wiederholten Malen mit Nachdruck betont, dass sie in den Thälern keine Producte der Glacialerosion erkennen, sondern dass die Gletscher trotz ihrer absolut bedeutenden Erosion in Folge ihres vorübergehenden Bestandes nur einen relativ geringen Einfluss auf die Gestaltung der Thäler auszuüben vermochten, der sich zumeist in dem zahlreichen Auftreten von See- becken in ehedem vergletschert gewesenen Gebieten äussert. „Die Alpenthäler,* sagt Penck 2), „erscheinen uns in ihrer heutigen Gestaltung lediglich als ein Werk der Erosion, wenn wir auch weit davon entfernt sind, ebenso wie Heim, den Einfluss zu unterschätzen, welchen eine ehemalige, jetzt freilich ganz verwischte, durch die Gebirgs- faltung bedingte Bodeneonfiguration auf ihren Verlauf. ausgeübt hat. Wasser und Eis haben diese T'häler ausgehöhlt.e. Wenn wir nun vergleichen wollen zwischen dem, was durch das Wasser, und dem, was durch das Eis erodirt worden ist, so müssen wir dem Wasser die Bildung der Thäler zuschreiben, dem Eise hingegen nur eine im Allgemeinen unbeträchtliche Ausweitung derselben, sowie locale beekenförmige Einsenkungen. Das Werk des Wassers erscheint als das weit bedeutendere. Es ist leicht ersichtlich, warum dies so sein muss. Seitdem die Alpen als Gebirge aufragen, hat das Wasser unablässig an ihrer Abtragung durch Erosion und Denudation gearbeitet. Es wirkte jedenfalls schon während der Faltung des Gebirges. Erst nachdem die Thäler bereits ihre heutigen Züge gewonnen hatten, entfalteten sich mehrmals gewaltige Eismassen, um in eigener Art an der Weiterbildung der Thäler zu arbeiten. Dies waren aber nur kurze, schnell vorübergehende Phasen in der Geschichte der Thäler, gering daher auch ihre Werke. Unablässig wird an deren Zerstörung gearbeitet; bald werden die Seen ausgefüllt oder trocken gelegt sein. Sie sind nur vorübergehende Erscheinungen in der Thal- bildung, vorübergehend wie die Ursachen, denen sie ihren Ursprung verdanken.“ So spricht Penck, welcher von Heim mit dem Kosenamen eines „extremsten Enthusiasten für Gletschererosion“ belehnt wird. ‘) Da nach Heim (pag. 380) die Grundmoräne skandinavischer und grönländi- scher Gletscher nur durch „allmäliges Ausfegen alten Schuttes von den jetzt vergletscherten Hochflächen oder Thälern“ erklärt werden kann, so ist obiger Ausspruch nur als ein Zugeständniss aufzunehmen, welches er sich selbst macht. ?) Die Vergletscherung der Deutschen Alpen, pag. 425. Jahrbuch der k.k. geol. Reichsanstalt. 1885. 35. Band. 3. Heft. (August Böhm.) ar 606 August Böhm. [178] Man erinnert sich, dass Tyndall seinerzeit die Hypothese auf- stellte, dass die Alpenthäler ein Werk der auspflügenden Thätigkeit der Gletscherströme seien. Seit dem Jahre 1872 ist Tyndall auf diese seine Ansicht nicht mehr zurückgekommen, und wie Zöppritz?!) ver- muthet, ist es zweifelhaft, ob er sie noch in ähnlichem Umfang wie früher zu vertreten geneigt ist. Die Anschauung Tyndall’s wurde sofort nach ihrem ersten Auftauchen von Ramsay?) in bestimmtester Weise widerlegt und hat niemals eine weitergehende Verbreitung gefunden. Als Heim bei früherer Gelegenheit ®) sich mit der Glacialerosions- theorie befasste und Ramsay und Ball als Anhänger der Ansicht von der Aushöhlung der Thäler durch Gletscher bezeichnete, da wurde er von Penek) darauf aufmerksam gemacht, dass jaRamsay im Gegen- theile sich stets ganz entschieden gegen jene Hypothese ausgesprochen - habe, und dass nun Ball schon ganz und gar zu den ersten und eifrigsten Gegnern der Glacialerosion überhaupt gehöre. Es wurde Heim unter Einem von Penck bedeutet, dass Tyndall mit seiner An- schauung vereinzelt dastehe, und dass die Thäler nach der Ansicht der Glacialgeologen nicht die Werke der erodirenden Thätigkeit der Gletscher seien; „sie sind die ihnen vorgezeiehneten Bahnen.“ Man sollte meinen, dass Heim nach solehen Aufklärungen über die Anschauungen der Glacialgeologen besser unterrichtet sei, und dass es ihm hierdurch klar geworden, dass die Thalausschürfung mit jenen Anschauungen nichts zu thun habe. Man durfte erwarten, dass er nun- mehr bei seinem Kampfe gegen die Glacialerosion sich auf jene gegner- ischen Ansichten beschränke, welche wirklich bestehen, und nicht aut Dinge zurückkomme, die längst abgethan und für immer begraben sind. Was thut nun Heim in seinem Handbuche? Er lässt zwar, wie natür- lich, die Namen weg, rechtet aber noch immer mit jener Thalaushöhlungs- Hypothese und kämpft gar heftig gegen dieselbe an, die längst schon von Anderen widerlegt wurde und nie eine weitere Verbreitung ge- funden hatte! Und was soll das heissen, wenn Heim durch Aussprüche, wie die folgenden: „Wenn der Gletscher nicht einmal solche einzelne Klippen zu bewältigen vermag, wie soll er Thäler und See- beeken gehöhlt haben?* (pag. 394), oder — uns bereits bekannt —: „Warum müssen die Thäler sich nicht umgekehrt den Gletschern fügen, wenn doch die letzteren die Kraft haben sollen, tiefe Seebeeken, d. h. Thäler, auszuhobeln?* (pag. 396), — wenn er durch solehe und ähnliche Auslassungen in dem Leser die Meinung erweckt, dass in der That heute noch die Aushobelung von Thälern vielfach den Gletschern zugeschrieben werde! Ein solcher Vorgang, durch welchen der unbefangene Leser über ‘die herrschenden gegner- ischen Anschauungen irre geleitet wird, muss zum Mindesten als par- teiisch bezeichnet werden. !) Die Fortschritte der Geophysik. Geogr. Jahrb. X. 1885, pag. 28. ?2) The Excavation of the Valleys of the Alps. Phil. Mag. IV.S. XXIV, 1862, ag. 377. x 3) Untersuchungen über den Mechanismus der Gebirgsbildung. I. Bd. Basel 1878, pag. 251. — Ueber den Antheil der Gletscher an der Bildung der Thäler. Vierteljahrs- schrift d. Naturforschenden Gesellschaft in Zürich. 1875, pag. 206. N) 1.e. pag. 332. | | [179] Die alten Gletscher der Enns und Steyr. 607 Es sei also Heim zur Beachtung für künftige Fälle nochmals wiederholt, dass nach dem heutigen Standpunkte der Glacialgeologie die Thäler nicht als eine Erosionsbethätigung der Gletscher zu gelten haben, und es sei ferners der Hoffnung Ausdruck verliehen, dass Heim, wenn ähnliche Aussprüche inzwischen erst noch mehrmals wiederholt sein werden, einstmals vielleicht doch sich dazu bewogen fühlen werde, seine Gegnerschaft auf bestehende Ansichten zu beschränken, und dass er alsdann auch davon Abstand nehmen werde, das Ansehen einer Theorie — sowie auch dasjenige der genannten und ungenannten Ver- theidiger derselben — durch die fortgesetzte Bekämpfung längst abge- thaner und vereinzelt dagestandener Uebertreibungen derselben zu schmälern. Die Anschauungen der heutigen Glacialgeologie gegenüber dem Ver- hältniss zwischen Thal und Gletscher sind durch den oben mitgetheilten Ausspruch Penek’s!) scharf und deutlich präeisirt worden. Die ero- dirende Thätigkeit der alten Gletscher äusserte sich nicht in der Bildung von Thälern, sondern beschränkte sich auf eine Ausweitung und Ver- tiefung der bereits gegebenen Formen. Auf diese Art entstanden aus den obersten Thaltrichtern jene eigenartigen Muldenformen, denen wir in allen alten Gletschergebieten unter den Bezeichnungen: „Kare“, „Cirques“, „Botner“, „Coombs*, „Oules“ u. s. w. begegnen. Wird des- halb von der glacialen Entstehung dieser Hohlformen gesprochen, so bezieht sich dies nicht auf den ganzen Hohlraum als solchen, sondern nur auf dessen muldenähnliche Form, welche ja das Wesen der eben vorgeführten Begriffe ausmacht. Jeder Thaltrichter, welcher in den Ge- birgskamm einschneidet, ist ein Hohlraum, aber nieht jeder Hohlraum, welcher den Anfang eines Thales bildet, ist ein Kar. Das Kar ist ein viel engerer Begriff, es ist aus einem bereits früher bestandenen mehr oder weniger trichterförmigen Hohlraum durch gaciale Ausschleifung und theilweise Ausebnung seines Grundes entstanden. In den Thälern selbst haben sich die Gletscher vielfach darauf beschränkt, die mächtigen Schottermassen zu entfernen, welche während des Herannahens der Vereisung von den Flüssen abgelagert wurden ; sie haben diese Arbeit rascher und vollständiger verrichtet, als an Orten, wo sie nicht thätig waren, das Wasser ; dass ihr Einfluss auf die Thal- gestaltung kein bedeutender war, dass sie die Thäler nicht wesentlich vertieft haben, dies ist nicht eine Folge von Mangel an Kraft, sondern eine Folge zu kurzer Einwirkung derselben. Gegenüber der Tbhätigkeit des Wassers war diejenige des Eises zeitlich beschränkt und räumlich entfaltet; beide Umstände wirkten zusammen und wurden so zum Anlass, dass wir heute in den Thälern vor Allem Wirkungen des fliessenden Wassers, nicht aber solche des Gletschereises erkennen. Das wichtigste Erosionsproduet der alten Gletscher sind die Seen. Wie die Kare und Botner, so kehren auch die Seen in allen Gletscher- gebieten wieder ; Kare und Seebecken sind die „orographischen Leit- fossile“ der alten Gletscher. Aber nicht alle Seen verdanken glacialer Thätigkeit ihren Ursprung, es gibt auch andere Factoren, welche eine Seebildung bewirken können. Es ist deshalb der glaeiale Ursprung erst 1) Siehe pag. 605. 0: 608 August Böhm. [1808 für jeden einzelnen Fall zu erweisen. Für manche Seen ist dieser Nachweis mit grosser Schärfe geliefert worden. Wenn z. B. bei den grossen oberbayerischen Seen gezeigt wurde, dass dieselben in die Glacialschotter eingesenkt sind, deren Ablagerung der letzten Vereisung vorausging,, so ist die glaciale Entstehung derselben so gut wie be- wiesen. Man hat versucht, die Bildung dieser Seen und ihre Ein- bettung in horizontal gelagerte Schottermassen in der Art zu erklären, dass man sagte, es könnten zur Rückzugsperiode der alten Gletscher „leicht“ grosse Massen von Eis von dem eigentlichen Gletscher sich abgelöst haben und zu „halben Gletschern“, zu „todten Gletschern“ geworden sein ; diese wurden von Schutt umlagert und haben nachher nach ihrem Schmelzen die Seebecken gebildet. Heim zieht es (pag. 542) vor, hieran, als an ein „local launenhaftes“ Auskolken des Gletschers, zu denken. Aber abgesehen davon, dass ja die Abtrennung solcher grossen Eis- partien überall dort, wo wir heute ähnliche Seen finden , gewiss nicht minder „local launenhaft* wäre, und die „Laune“ des Gletschers eben nur in einer anderen Weise zur Aeusserung käme ; abgesehen ferner davon, dass es überhaupt nicht recht begreiflich ist, wie und warum sich so ungeheuere Eiskörper während des Rückzuges der Vergletscherung von dem Hauptgletscher losgelöst haben sollten, wie sie nöthig wären, um nicht nur die heute noch mit Wasser erfüllten Theile, sondern um die ganzen „centralen Depressionen“ zu erklären ; abge- sehen hiervon ist jener Erklärungsversuch für die vorliegenden Fälle schon deswegen als unmöglich von der Hand zu weisen, weil die Schotter, welche jene Seebecken in höherem Niveau umschliessen, älter sind als die Becken selbst, während sie anderenfalls jünger sein müssten als diese. Dass die Schotter älter sind als die Becken geht aber daraus hervor, dass nieht nur auf ihrer Oberfläche, sondern auch an ihren erodirten Abböschungen bis unter den Seespiegel hinab Moränen auf- treten. Während des Rückzuges der Vereisung fand also hier überhaupt keine Schotterablagerung mehr statt, daher konnten die Seen auch nicht durch Umbettung „todter“ Eisklumpen während des Schwindens der Vergletscherung entstanden sein. ') Diese Verhältnisse wurden von Penek:) ausführlich erörtert, und ich würde es deshalb nicht be- greiflich finden, wenn man hinsichtlich der in Rede stehenden ober- bayerischen Seen an jene Erklärung denken wollte. Noch unbegreif- licher erscheint es mir jedoch , wie Heim (pag. 542) ohneweiters be- haupten kann, dass hinsichtlich der Ausschürfung von Seebecken durch Gletschererosion „die sämmtlichen, auch in neuester Zeit dafür gegebenen »Beweise«e nicht nothwendig zu dieser Deutung führen!* Ja, weiss denn Heim etwa eine andere Deutung dafür, und wenn ja, warum hält er damit zurück ? Die Einbettung todter Eismassen in Schutt ist eben diesfalls keine Deutung, weil jene Geschiebemassen nicht während des Rückzuges, sondern schon während des Herannahens ") Auch die alte Ansicht, dass die Gletscher die Seen vor der Ausfüllung durch Schottermassen bewahrt hätten, ist aus demselben Grunde zurückzuweisen. Die Schotter- ablagerung ging der Vereisung voran, und die Gletscher wären mithin diesfalls mit ihrem Schutze zweifellos zu spät gekommen. ?) Die Vergletscherung der Deutschen Alpen. BET ET RT N Narr [181] Die alten Gletscher der Enns und Steyr. 609 der Vereisung zur Ablagerung kamen. Da also jene Seebecken vor der Vergletscherung noch nicht da waren, aber noch während der Vergletscherung als in bereits vorher dagewesenen Schutt eingesenkte Vertiefungen bestanden, so gibt es nur die eine Deutung, dass sie in jenen Schottern durch das Eis erodirt wurden. Dass jene Deutung hier nicht „nothwendig“ sei, lässt sich nur dann sagen, wenn man die bezüglichen Verhältnisse nicht kennt, oder aber die gemachten thatsächlichen Beobachtungen ohne jedwede Berechtigung bezweifelt. Im Gegenfalle werden wir nach dem heutigen Stande unserer Kenntniss mit Nothwendigkeit zu jener Deutung geleitet. Die Ansicht von der glacialen Entstehung der Seen stösst zumeist deswegen auf Widerspruch, weil wir uns in der Regel keine richtige Vorstellung von den Grössenverhältnissen im Gebirge zu machen im Stande sind. Die Seen erscheinen uns nicht als das, was sie sind, als unbedeutende Einsenkungen im Boden, welche gegenüber den Dimensionen des Gebirges verschwinden, sondern wir betrachten sie zumeist als un- ermesslich tiefe Abgründe, als Spalten oder Löcher, in welche der Gletscher wohl „hineinfallen“, aber nach unserer Vorstellung nicht wieder heraussteigen konnte. So wie die Höhen der Berge, so überschätzen wir auch die Tiefe der Seen; woher dies kommt, da wir ja doch ihren Grund nicht sehen, wollen wir hier nicht untersuchen, aber That- sache ist es, dass diese Ueberschätzung besteht und dass es schwer hält, sich von derselben vollständig zu emancipiren. Die Detailformen des Gebirges werden gegenüber der allgemeinen Grösse desselben stets bei weitem überschätzt. Allerdings möchte es mir eher scheinen, dass diese Ueberschätzung nur relativ, nicht absolut, zu nehmen ist und in der Weise zum Ausdruck kommt, dass wir vielmehr die allgemeine Grösse des Gebirges unterschätzen. Denn unsere räumliche Vorstellungskraft ist an gewisse Grössenverhältnisse ge- bunden, mit denen wir es im gewöhnlichen Leben häufig zu thun haben; was über diese Verhältnisse beträchtlich hinausgeht, das können wir nicht mehr genau erfassen, wir werden hieran wohl Reflexionen, aber keine bestimmte Vorstellung mehr knüpfen. Und je mehr eine Grösse jene Grenzen überschreitet, desto undeutlicher wird die Vor- stellung, welche wir uns von derselben machen, desto weiter bleiben wir in ihrer Auffassung zurück. Deshalb erfassen wir die Höhe eines Bergkammes genauer als seine Länge, und deshalb erscheint derselbe unserem geistigen Auge im Vergleich zur Länge stets zu hoch; und bringen wir unsere Vorstellung zu Papier, so resultirt ein Zerrbild mit fünf- bis zehnfacher Ueberhöhung. Deshalb machen wir uns von der bekannten Tiefe eines Sees eine richtigere Vorstellung als von den Grössenverhältnissen des Thales, in welchem er sich befindet, und es erscheint uns deshalb der See als eine Einsenkung, deren Tiefe gegen- über den räumlichen Verhältnissen des Thales in überaus bedeuten- der Weise überschätzt ist. Ebenso jedoch wie dem Thale gegenüber überschätzen wir die räumlichen Verhältnisse des Sees auch gegenüber dem alten Gletscher, welcher das Thal erfüllte und welcher das See- becken erodirte; es erscheint uns der See zu gross und vor Allem zu tief gegenüber dem Werkzeuge, welches seine Entstehung vermittelte. Wir sind nicht im Stande, uns eine richtige Vorstellung von den 610 August Böhm. 1 82] colossalen Dimensionen der eiszeitlichen Gletscher zu bilden und können es uns deshalb auch nicht leicht vorstellen, dass Seen, deren Grösse uns ganz ausserordentlich erscheint, durch eben jene Gletscher aus- geschürft wurden. Sowie wir uns von diesen Täuschungen befreien, und eine richtige Auffassung an die Stelle unklarer Vorstellung tritt, er- scheinen uns die Seen als so unbedeutende Mulden, dass wir ihre Grösse und Tiefe gewiss nicht mehr als ein Argument gegen ihre glaciale Entstehung erachten werden. Im Gegentheile, wenn Jemandem, der die Ausschürfung kleiner seichter Mulden durch Gletscher zuzugeben geneigt ist, die Aufgabe gestellt würde, auf einem Gebirgsrelief, welches im richtigen Verhältniss von Länge zu Höhe angefertigt ist, solche Mulden zur Darstellung zu bringen, von denen er sich vorstellen könne, dass sie durch Gletscher ausgehöhlt wurden, so würde der Betreffende, wenn er ehrlich zu Werke geht und nicht etwa — in Kenntniss dessen, was da kommt — mit Absicht einen gewaltigen Abzug von seiner Vor- stellung macht, auf dem Relief Seen herausbilden, welehe an Grösse und insbesondere an Tiefe die grössten Seen der Alpen weitaus übertreffen. Hieraus geht natürlicherweise nicht hervor, dass die Gletscher wirklich im Stande waren, den einen oder anderen grossen Alpensee zu erodiren ; über diese Möglichkeit haben wir an anderer Stelle gesprochen. Die zuletzt gepflogenen Frörterungen sollen nur das Eine veranschau- lichen, dass die Producte der Erosionsthätigkeit des Eises sehr Vieles von ihrer scheinbar unverhältnissmässigen Grösse verlieren, sobald wir nur den richtigen Massstab bei der Beurtheilung ihrer Grössenverhältnisse anlegen. [183] Die alten Gletscher der Enns und Steyr. 611 Inhalt. Vorbemerkungen... . . . 00. . Seite 429—432 [1—4] I. Capitel. Drogen hibahe. a: und Vebersicht der bisherigen Nach- richten über A punen im Gebiete der Nordalpen östlich von der Suzash,; 2.....W.. BERN 2... Seite 432—440 [4—12] Der ade — Tr somit des Gebirges. — Parallele zwischen Enns- und Innthal. — Simony und v.Morlot, Vorkämpfer glacial- geologischer Forschung in den Oestlichen Alpen. — Weitere Nachrichten über Glacialerscheinungen dortselbst von Ehrlich, CzZjZek, Stur, Suess, v.Mojsisovies, Hauenschild u. A, — Ueberfliessen des Ennsgletschers über die niederen Quersättel der Kalkalpen zuerst von v. Mojsisovics erkannt. — Eine Lücke in der glacialgeologischen Literatur der Alpen. — Zweck der vorliegenden Arbeit. II. Capitel. Glacialerscheinungen im Ennsthale . . . . Seite 441—456 [13—28] Schwierigkeit derVerfolgung von Glacialspuren in dem behandelten Gebiete. — Mächtigkeit des alten Ennsgletschers und Methode deren Bestimmung. — Der Ennsgletscher auf das Gebirge beschränkt; muthmassliches Ende seiner Zunge. — Reflexionen über die Schuttbedeckung der eiszeitlichen Gletscher und die Ab- lagerung und Erhaltung von Oberflächen- und Grundmoränen. — Vergleiche zwischen Enns- und Inngletscher; Erklärung des spärlichen Auftretens von | Glacialspuren im Bereiche des ersteren. — Glacialerscheinungen im Gebiete | der unteren und der oberen Enns. — Beziehungen zwischen Hauptgletscher und localen Zuflüssen desselben. — Bewegungsrichtung des Eises. III. Capitel. Glacialerscheinungen im Gebiete der Steyr Seite 456—468 [23—40] Der Gebirgskessel von Windischgarsten. — Der Pass am Pyhrn ; Beziehungen desselben zu dem alten Gletscher des Ennsthales. — Andere Pässe der Nörd- lichen Kalkalpen. — Ausgangspunkte der Vergletscherung im Steyrgebiet: Pyhrgass-Gruppe, Todtes Gebirge, Warscheneck, Sengsengebirge. — Glacial- erscheinungen in der Umgegend Yon Windischgarsten. — Mächtigkeit des Eises im Steyrthal nicht zu bestimmen , jedenfalls aber weit geringer als im Enns- thal. — Gabelung des Gletschers unterhalb Klaus; Endmoräne des Seitenarmes bei Molln, keine Spur von dem Ende des Hauptstammes. — Vergletscherung im Thal der Krummen Steyrling. — Glacialerscheinungen im Almthal. IV. Capitel. Accumulation und Erosion ....... . Seite 469—487 [41—59] Die Schotterterrasse an der unteren Enns. — Fehlen derselben im oberen Ennsthal und dadurch bedingte Verschiedenheit des Charakters der Land- schaft. — Mächtigkeit und Gefäll der Terrasse. — Entstehungsweise derselben. — Geschiebeführung; Accumulation und Erosion. — Jeder Fluss der eigene Regulator seines Gefälls; Verstärkung desselben durch Accumulation , Ver- minderung durch Erosion. — Beide wirken direct von oben nach abwärts, indirect in ihren Folgen nach rückwärts und aufwärts. — Schotter- und Felsterrassen. — Gefällsverhältnisse derselben. — Durchsägung einer auf- strebenden Faltung. — Ursache der Entstehung von Schotterterrassen. — Aenderung der Wassermenge ohne Belang; Aenderung der Geschiebeführung von umso grösserem Einfluss. — Verwitterung. — Herabdrückung der Höhen- regionen des Gebirges, — Eiszeit. — Glacialschotter. er Ne n a ee, —- 612 August Böhm. Die alten Gletscher der Enns und Steyr. [1841 V. Capitel. Glacialschotter in den Thälern der Enns und Steyr. Seite 487—506 [59— 78] Ablagerung der Glacialschotter während des Herannahens der Vereisung. — Schlammlager, Bänderthone und „Kreide“. — Ueberwiegen der krystallinischen Gesteinsarten in den Schottern des Ennsthales. — Vergleiche mit dem Innthal. — Zweierlei Erosionsformen. — Gletschererosion im Innthal, Wassererosion im Unterennsthal. — Gletschererosion im Oberennsthal. — Combinirte Erosion im Gesäuse, — Glacialschotterreste im Oberennsthal. — Glacialschotter in den Seitenthälern. — Fehlen derselben in nicht vergletschert gewesenen Thälern. — Glacialschotter im Gebiete der Steyr. — Mangel an erratischem Material in denselben. — Zwei charakteristische Züge in der allgemeinen Verbreitung der Glacialschotter. VI. Capitel. Diluviale Nagelfluh und alte Breccien . . Seite 506—523 [78—95] Allgemeinheit der Wiederholung der Vergletscherungen. — Interglaciales Profil bei Bischofshofen im Gebiete der Salzach. — Mangel an solchen in den Thälern der Enns und Steyr. — Jeder Vergletscherung entspricht ein Schotter- system. — Kohlenführendes älteres Conglomerat von der Ramsau. — Dilu- viales und nicht tertiäres Alter desselben. — Aehnliche Vorkommnisse, jedoch ohne Kohlen, bei Gröbming, Hieflau und St. Gallen. — Gliederung der Schotter im Ennsthal. — Zwei diluviale Schottersysteme. — Die diluviale Nagelfluh die Anschwemmung einer älteren Vereisung. — Gekritzte Geschiebe in derselben. — Die Ramsauer Breccie. — Alte Schutthalde. — Ueber- lagerung durch Moränen, Führung gekritzter Geschiebe. — Vergleich mit der Höttinger Breccie. — Andere alte Breccien. — Diluviale Nagelfluh im Gebiete der Steyr. VII. Capitel. Kare und Seen. . .. . 2... Seite 523—543 [95—115] Das Kar. — Beschränkung dieser Hohlform auf das alte Gletschergebiet. — Das Kar eine Erosionsform nicht des fliessenden Wassers, sondern des Gletscher- eises. — Wurzelstätten der alten Gletscher. — Die Verbreitung der Kare ein Mittel zur Bestimmung der glacialen Firnlinie. — Höhe derselben im Ennsgebiete 1400-1500 Meter. — Andere Methoden deren Bestimmung. — Die kleinen Bergseen der Niederen Tauern. — Seenreihen und Seenzonen. — Hierauf beruhende Ausscheidung postglacialer Stadien der Vergletscherung. — Incongruenz derselben in verschiedenen Gebirgen. — Wohlerhaltene Glacial- erscheinungen in den obersten Abschnitten der Tauernthäler. — Felsbecken derselben und deren glaciale Entstehung. — Mangel an grossen, tiefgelegenen Thalseen und Ursache desselben. — Erloschene Seen des Ennsthales. — Torfmoore und Sümpfe. — Der Almsee. — Historischer Streifblick auf die- Seethäler der nordischen Gebirge. VIII. Capitel. Ueber Glacialerosion ... . 222. 543—610 [115—182] Beobachtung und Speculation. — Piyeikalteche Möglichkeit der Glacial- erosion. — Die Frage nach der Glacialerosion ist lediglich quäntitativen Charakters und ist als solche vom Geologen zu entscheiden. — Heim, Gegner der Glacialerosion; Einwürfe desselben in dem „Handbuch der Gletscherkunde“. — Woher stammt das Material der Grundmoräne ? — Ober- flächenmoränen, alter Schutt, Glacialerosion. — „Die Hauptwirkung des k Gletschers liegt nicht an seinem Ende.“ — Druck des Gletschers auf seine Unterlage. — Aufarbeitung des Untergrundes durch den Gletscher. — Rund- höcker. — „Rauhigkeiten neben Gletscherschliffen beweisen nichts gegen die Möglichkeit der Glaeialerosion.“ — Endmoränen. — Von der Glacialerosion „verschonte“ Felsköpfe. — Widersprüche Heim’s, — Sich kreuzende Schrammen. — Einschneiden von Gletscherbächen in den Felsgrund. — ‘Schlammführung der Gletscherbäche. — Wildbäche, Bergstürze. — Geschiebe- führung der Flüsse. — Der Theil ist mit dem Ganzen weder zu vergleichen, noch zu vertauschen. — Verhältniss der Flüsse und Gletscher zu den Thälern bezüglich ihrer äusseren Erscheinung. — Zusammenfassung. — Verwahrung gegen die Unterschiebung von Uebertreibungen. — Präcisirung des heutigen Standpunktes der Verfechter der Glaeialerosion. — Richtiger Massstab bei der Betrachtung von Werken der erodirenden Thätigkeit der Gletscher. A u ERNEUT TEEBENITTEREINETE AEE ee Ueber die in Flötzen reiner Steinkohle enthaltenen Stein-Rundmassen und Torf-Sphärosiderite. Von D. Stur. (Vorgelegt am 5. Mai 1885.) Mit zwei Tafeln im Lichtdruck (Nr. X und XI) und drei Zinkotypien. Nach den mir vorliegenden literarischen Angaben war esPhillipps (Manual of geology, London 1855, pag. 225), der das Vorkommen serundeter G@eschiebe von Quarzfels oder hartem Sand- stein in einem Kohlenflötze bei New-Castle und bei Norbury, unweit Stockport, zuerst beobachtet und in die Literatur eingeführt hat. Derselbe spricht die Vermuthung aus, es möchten diese Geschiebe auf die Weise in die Kohle gelangt sein, dass sie in das Wurzelgeflecht von Bäumen eingeschlossen waren, welche in der Ferne losgerissen und herbeigeschwemmt wurden. Am 4. December 1861 wurde ein zweites derartiges Vorkommen vom Geh. Bergrathi Noeggerath zur Kenntniss gebracht (Verh. d. naturw. Vereines der preuss. Rheinlande und Westphalens 1862, pag. 24, Sitzungsber. vom 4. Dee. 1861). Es ist dies ein rundliches „Geschiebe“ von der Grösse eines kleinen Kindeskopfes, aus liehtgrauem split- trigen Hornsteine bestehend, welches sich in einem Steinkohlen- flötze der Grube Frischauf bei Witten gefunden hatte. Es ist mit einer fest angewachsenen dünnen Rinde von Steinkohlen-Sub- stanz bekleidet, auf welcher an einigen Stellen ein Anflug von Schwefel- kies liegt. „Ein solcher fremdartiger Einschluss“ sagt Noeggerath „in der Steinkohle selbst, dürfte eine höchst seltene Erscheinung sein, welche wenigstens mir niemals vorgekommen ist. Nach den Ansichten, welche über die Bildung der Steinkohlen bestehen, könnte man sich über ein solches Phänomen zwar nicht verwundern, es wäre sogar vielleicht auf- fallender, dass es nicht öfters beobachtet worden ist. Das seltene Exemplar ist von dem Herrn Oberbergrath Herold dem naturhistorischen Museum der rheinischen Universität geschenkt worden.“ Jahrbuch der k. k. geol. Reichsanstalt, 1885. 35. Band, 3. Heft. (D. Stur.) 78 614 D. Stur. [2] Ueber ein drittes derartiges Vorkommen machte Geh. Ober- bergrath Prof. Dr. Ferd. Römer in der Sitzung der Schlesischen Gesellschaft vom 10. Februar 1864 eine vorläufige Mittheilung. Ein ausführlicher Bericht: Ueber das Vorkommen von Gneis und Granulit-Geschieben in einem Steinkohlenflötze Ober- schlesiens findet sieh im Bd. XVI, 1864 der Zeitschr. d. Deutschen geol. Gesellsch. pag. 615 abgedruckt. Die Wichtigkeit dieses Berichtes für die im Folgenden ausführlich erörterten Thatsachen erfordert es, die Angaben desselben in extenso hier mitzutheilen. Geh. Dr. Ferd. Römer berichtet Folgendes: Bekanntlich gehören fremdartige Einschlüsse in den Steinkohlen- flötzen überhaupt zu den seltensten Erscheinungen. Am seltensten sind Geschiebe anderer Gesteinsarten in der Steinkohle beobachtet worden. Deshalb verdient das hier zu beschreibende Vorkommen von Gneiss- und »ranulit-Geschieben als eine sehr ungewöhnliche Erscheinung Beachtung. Bei einem Besuche der Hohenlohe-Grube bei Kattowitz im Sommer 1863, wurde ich durch Herrn Körfer, Berg- und Hütten-Inspector daselbst, auf gewisse rundliche Gesteinsstücke aufmerksam gemacht, welehe bei dem Abbau des Carolinen-Flötzes, des tiefsten der in der genannten Grube gebauten Flötze, in der Kohle selbst gefunden werden. Diese Geschiebe waren bisher für Kohlensandstein gehalten worden, allein beim Zerschlagen eines Stückes erkannte ich in der röth- lich grauen Grundmasse kleine rothe Granatkrystalle und überzeugte mich, dass ein gneisartiges krystallinisches Gestein vorlag. Im Sommer 1864 habe ich die betreffende Grube nochmals besucht und durch Herrn Körfer noch zwei andere kleinere Exemplare derselben erhalten. Die drei mir im Ganzen vorliegenden Stücke zeigen nun folgen- des nähere Verhalten. Alle drei Stücke sind zusammengedrückt sphäroidisch und so voll- ständig auf der Oberfläche abgerundet und geebnet, wie stark gerollte Flussgeschiebe. Dabei ist die Oberfläche zugleich mit einer dünnen, aber fest anliegenden schwarzglänzenden Kohlenrinde bedeckt. Das Gestein selbst, wie es sich auf den Bruchflächen zeigt, ist feinkörnig und bei allen drei Stücken Ähnlich, aber doch nicht vollständig übereinstimmend. Bei dem grössten, 11 Zoll in der Länge, 9 Zoll in der Breite und 5 Zoll in der Dieke messenden Stücke ist das Gestein von blass- röthlichgrauer Färbung und zeigt sich bei näherer Untersuchung aus Feldspath, Quarz und sparsamen schwarzen Glimmer zusammengesetzt. Der letztere bildet sehr dünne auf dem Querbruche als ganz feine unter- brochene schwarze Linien erscheinende unvollständige parallele Lamellen. In das blass fleischrothe Gemenge von Feldspath und Quarz, sind zahl- reiche hellrothe kleine Granat-Krystalle, welche selten Stecknadelkopf- Grösse erreichen, eingesprengt. Das ganze Gestein mag noch als Gneis bezeichnet werden, aber offenbar bildet es bei der Sparsamkeit des Glimmers einen Uebergang in Granulit oder Weissstein. Das Gestein des zweiten fast kreisrunden, 6 Zoll im Durch- messer und 2 Zoll in der Dieke messenden Stückes ist dagegen ge- radezu Granulit zu nennen, denn in diesem fehlt der Glimmer ganz und die für den Granulit so bezeichnenden hellrothen kleinen Granat- krystalle sind noch mehr als in den andern Stücken gehäuft. ED, ANCIERREIRE WC Pa ee 2 % ee u a BEE EEE [3] Ueb. d.i. Flötzen reiner Steinkohle enth, Stein-Rundm. u. Torf-Sphärosiderite. 615 Das Gestein des dritten 4 Zoll breiten und 2 Zoll dicken Stückes endlich ist noch entschiedener ein Granulit, denn hier zeigt sich der für typische Form des Granulites so bezeichnende Parallelismus der sehr dünnen Quarzlamellen zwischen dem Feldspath auf das Bestimmteste ausgesprochen. Die Herkunft dieser Geschiebe betreffend, so sind nirgendwo in Oberschlesien krystallinische Gesteine von ähnlicher Beschaffenheit an- stehend bekannt. Die Umgebungen des Altvaters sind vielmehr das nächste Gebiet, in welchem überhaupt ältere krystallinische Gesteine auftreten, aber auch hier kennt man keine, welche in ihrer Beschaffen- heit genau mit derjenigen der Geschiebe übereinkämen. Der Ort der Herkunft der Geschiebe bleibt daher vorläufig unbekannt. In gleicher Weise muss die Art des Transportes, durch welche die also wohl jeden- falls aus grösserer Entfernung herbeigeführten Geschiebe an ihre gegen- wärtige Stelle gelangten, als ungewiss bezeichnet werden. Denn bei der wohlbegründeten und jetzt wohl ziemlich allgemein angenommenen Vorstellung von der Entstehungsart der Kohlenflötze als durch Druck und chemische Zersetzung veränderter Aggregate von Landpflanzen, welche in feuchten dem Meere benachbarten Niederungen nach Art der Pflanzen in unseren Torfmooren wuchsen und nach dem Absterben sich übereinander anhäuften, ist die Annahme etwaiger heftiger Strömungen, ‚dureh welche die Geschiebe herbeigeführt wären, nicht wohl zulässig und namentlich mit der Ruhe und Stetigkeit des Absetzens, auf welche das übrige Verhalten der Kohlenflötze hinweist, nicht vereinbar. Noch bestimmter ist die Annahme eines Transportes durch schwimmendes Eis, wie er für die Geschiebe der Diluvialzeit angenommen wird, bei den während der Kohlen-Periode herrschenden klimatischen Verhält- nissen, wie sie durch die Ueppigkeit und die zum Theil tropische Natur der Kohlenflora bewiesen wird, ausgeschlossen. Aber selbst wenn man für das von Phillipps bekanntgemachte englische Vorkommen die Art des Transportes im Wurzel- gefleehte von Bäumen zulassen wollte, so würde sich doch diese auf Geschiebe von der Grösse und Schwere der hier in Rede stehenden oberschlesischen Vorkommnisse nicht anwenden lassen. Wie sehr die aus jedem Worte der vorangehenden meisterhaften Darstellung ersichtliche Vorsicht bei der Deutung der mitgetheilten Thatsachen am Platze war, ersah man erst nach dem Verlaufe von fast 20 Jahren bei Gelegenheit, als Geh. Dr. Ferd. Römer am 24. October 1883 in einer Sitzung der naturwissenschaftlichen Section der Schlesischen Gesellschaft für vaterländische Cultur abermals einen derartigen Fund bekannt machte, eines grossen Geschiebesin der Steinkohle des Carolinenflötzes bei Hohenlohehütte in Oberschlesien. „Das neuestgefundene Stück, schreibt Römer, zeichnet sich durch seine bedeutende Grösse aus. Bei einer Länge von 2 Fuss und 1!/;, Fuss Breite hat esein Gewichtvon55 Kilogramm. Es ist von fast regelmässig ellipsoidischer, etwas abgeplatteter Gestalt. Eine glänzende schwarze Kohlenrinde liegt der Oberfläche überall fest an. Bis zu einer Tiefe von fast einem Zoll ist auch das im Uebrigen graue Gestein des Geschiebes von aussen her schwärzlich gefärbt. Das 28* 616 D. Stur. [4] Gestein ist feinkörnig und von sehr fester Beschaffenheit. Schon mit blossem Auge erkennt man, dass es vorzugsweise aus Quarzkörnern besteht und ausserdem einen feldspathartigen Gemengtheil enthält. Nach einer durch Herrn Professor Arzruni ausgeführten mikroskopischen Untersuchung enthält es ausser grauen Quarzkörnern und kaolinisirtem Feldspath auch Granat, Magneteisen und secundären Glimmer in kleinen Blättehen. Weder in Ober- schlesien selbst, noch in den an Oberschlesien angrenzenden Gebieten ist ein ähnliches Gestein anstehend gekannt. Auch die früher beschrie- benen Geschiebe gehörten ähnlichen, wesentlich aus Quarz und einem feldspathartigen Minerale bestehenden Gesteinen an.“ Das kolossale Gewicht dieses Gesteinsstückes schliesst die Mög- lichkeit eines Transportes sowohl mittelst strömenden Wassers, als auch im Wurzelgeflechte von Bäumen, welche ebenfalls grosse, starkströmende Flüsse zur Voraussetzung hat, vollkommen aus. Auch der grösste Baum, dieses Gesteinsstück in seinen Wurzeln tragend, müsste, in strömendes Wasser gelangend, sofort zu Boden sinken. Es möge noch die Nachricht folgen, dass dieses grosse Gesteins- stück das mineralogische Museum in Breslau Herrn Steiger v.Porembski auf Paulinenschacht bei Hohenlohehütte verdankt. Nach einer Mittheilung des Herrn Dr. Gürich besitzt Herr Dr. Mikolaycezak in Tarnowitz ein faustgrosses Geschiebe aus der Steinkohle der Hoymgrube bei Rybnik. Die in den Kohlenflötzen eingeschlossen vorkommenden Rund- massen krystallinischer Gesteinarten sind aber auch jenseits des atlan- tischen Oceans beobachtet worden. J. Dana (Manual of Geology, 2. Edit. New-York 1874, pag. 317) berichtet darüber Folgendes !): In seltenen Fällen hat man einen Block oder ein gerundetes Gesteinsstück inmitten eines Kohlenflötzes vorgefunden, in derselben Weise, wie sie in den anderen Ablagerungen der productiven Kohlen- formation eingestreut sind. E. B. Andrews (Boulder of gray quar- zite found in Nelsonville-Coal. American naturaliste, VI, 1871, pag. 291 bis 292) beschreibt ein solches, und zwar einen Quarzit, der zur Hälfte in dem obersten Theile des Nelsonville-Flötzes zu Zaleski, Ohio, ein- gebettet lag; der Block mass in seinen beiden Durchmessern 12 und 17 Zoll englisch (und war derselbe daher nur wenig kleiner als das grosse Rundstück von der Carolinengrube). F. H. Bradley berichtet über einen ähnlichen Quarzitblock mit beiläufig 4 und 6 Zoll Durchmesser, der in der Mitte des am Coal Creek, Ost-Tennesee, ab- gebauten Kohlenflötzes gefunden wurde. Diese Blöcke mögen aus dem Wurzelgeflechte schwimmender Baumstämme herausgefallen sein, in ähnlicher Weise, wie die Stücke basaltischer Felsarten, die man als zufällige Vorkommnisse auf den Korallen-Inseln des paeifischen Oceans gefunden hat. Ebenda, pag. 356, schreibt Dana bei Gelegenheit der allgemeinen Darstellung über die Bildung der Kohlenflötze ?): ') Die Auffindung folgender Notizen verdanke ich dem Fleisse des Herrn Friedr. Teller. 2) Vergl. Lyell’s Principles of Geology, II, 1872, pag. 533. EEE EEE REDEN DEREN EL OELT [5] Ueb. d.i. Flötzen reiner Steinkohle enth. Stein-Rundm, u, Torf-Sphärosiderite. 617 Baumstämme schwammen auf den Seen, um endlich zu sinken und im Pflanzendetritus oder in dessen Zwischenlagen eingebettet zu werden. Einer oder der andere dieser Strünke mag mächtige Steine mit sich fort- geschleppt haben, die er endlich fallen liess, so Veranlassung gebend zur Bildung der innerhalb des Kohlenflötzes gelegentlich auftretenden Blöcke (bowldets). Hiermit wären alle derlei mir bekannten Funde ausserhalb Oester- reichs aufgezählt. Innerhalb unserer eigenen Gebiete ist mir das Vorkommen von Rundmassen krystallinischer Gesteine in den Flötzen reiner Steinkohle eigentlich schon seit dem Jahre 1375 bekannt. Es war im Juni dieses Jahres, als ich, zum zweitenmal nach Karwin-Peterswald kommend, von dem Bergdireetor Eugen Ritter v. Wurzian auf das Vorkommen von „Granitgeröllen“ in der Kohle aufmerksam gemacht worden war. Ich gestehe es zu meiner Schande, dass ich damals auf diesen Gegenstand näher einzugehen nicht in der Lage war. Es handelte sich in diesem Jahre nämlich darum: die Östrauer Schichten von den Schatzlarer Schichten im Ostrau - Karwiner Reviere zu trennen — und dieser wichtige Umstand hiess mich Funde von Petrefacten, Thieren oder Pflanzen anzustreben, alles Uebrige für den Moment bei Seite zu lassen. Im Herbste 1883 war es endlich, als ich bei einem Besuche des Herrn Directors Th. Andr&e in Witkowitz durch den Genannten auf diesen Gegenstand abermals geleitet worden bin. Er hatte mehrere solche Rundmassen aufgeschlagen und bemerkte, dass nahezu ein jedes der Stücke eine andere petrographische Beschaffenheit zeige. Er über- gab mir sein ganzes bis dahin erobertes Materiale zur weiteren Be- nützung und ich habe die angenehme Pflicht, ihm hierfür meinen besten Dank zu sagen. Die Funde von Rundstücken krystallinischer Gesteine in der Stein- kohle wurden an zwei verschiedenen Stellen im Ostrau-Karwiner Reviere gemacht, die ich im Folgenden getrennt behandle. I. Funde im Gebiete der Ostrauer Schichten der Heinrichs-Glück-Zeche bei Dombrau. Nach den Angaben des Herrn Bergdirectors E. Ritter v. Wurzian kamen die Rundmassen in diesem Gebiete nur sporadisch mitten in der Oberbank des Eugenflötzes auf zwei Stellen, die eirca 210 Meter weit von einander und circa 400 und 600 Meter vom Eugenschachte nördlich entfernt liegen, vor, ohne dass die mindeste Störung in der Flötz- ablagerung zu bemerken gewesen wäre. Zwei grosse eiförmige Stücke wurden nebeneinander in der Oberbank, und zwar näher an dem Zwischenmittel, als an dem Hangenden, eingelagert gefunden. An der dieselben umschliessenden Kohle wurde nichts Besonderes bemerkt, allerdings auch keine Analyse derselben vorgenommen; doch war keine wesentliche Veränderung an der Structur derselben wahrzunehmen. Eindrittes@Gerölle aus dem Gebiete des Eugenschachtes brachte nachträglich ein Bergarbeiter, der aber nieht mehr genau die Fundstelle bezeichnen konnte. 618 D. Stur. [6] Erstes Stück. Es ist das eines von den beisammen gefundenen beiden oberwähnten Stücken (Taf. X, Fig. 1). Nach einer mikroskopischen Untersuchung, die Herr Baron von Foullon durchgeführt hat (zwei Schliffe), „ist das Gestein dieser Rund- masse ein mittelkörniges Gemenge von Quarz und Feldspath, wobei ersterer nur ganz unbedeutend vorwiegt. Formausbildung fehlt; sie ist beim Feldspath nur ab und zu angedeutet. Die Substanz des Feld- spathes ist vollständig verändert, eine mit vielen Caleitkörnehen durch- schwärmte kaolinartige Masse ist an ihre Stelle getreten. Namentlich die erhaltenen Spaltrisse nebst der die Pseudomorphosen erfüllenden Masse lassen über die Abstammung keinen Zweifel. „Der Quarz ist reich an schlauch- und bläschenförmigen Hohl- räumen und Flüssigkeits-Einschlüssen, die auch die bekannte perlen- schnurartige Aneinanderreihung zeigen. Bei einzelnen Flüssigkeits-Ein- schlüssen fällt die verhältnissmässig riesige Libelle auf. „Als dritter Gemengtheil ist noch Biotit in ganz untergeordneter Menge und in ziemlich vorgeschrittenem Zustande der Veränderung zu nennen. „Accessorisch treten vereinzelt Turmalin und Zirkon auf. Auf Klüften ist allenthalben Kohle in feiner Vertheilung abgelagert.“ Mit freiem Auge betrachtet, erscheint dieses Gestein (Taf. X, Fig. 1) manchem flasrigen Gneise sehr ähnlich. Von grösseren Feldspath- massen, die hellroth gefärbt sind, erscheint es porphyrartig. Die Rundmasse misst in der Längsachse 17 Centimeter, in der Breitenachse 15 Centimeter, in der Dieken- oder Höhenachse circa 8 Centimeter, und bildet ein nicht ganz regelmässiges abgeplattetes Ellip- soid, dessen obere Fläche stärker gewölbt ist als die untere. Die Ober- fläche ist nicht glatt abgeschliffen, sondern mit länglichen, ziemlich parallel verlaufenden Vertiefungen bedeckt, als wären an dieser Masse die glimmerreicheren Partien, die den Flasern entsprechen, leichter aus- gewittert oder ausgehöhlt worden als die glimmerärmeren. Das Stück ist endlich rundum von einer dieht anschliessenden, bald ganz dünnen, hald diekeren, deutlich kohligen Kruste eingehüllt, durch welehe nur stellenweise zerfetzt aussehende Theile der Gesteinsmasse sichtbar werden. Die vorhandenen Theile dieser Rundmasse, mit Ausnahme des ursprünglich beim Abbau ausgeschlagenen bedeutenden Splitters, wiegt 2161'90 Gramm. Zweites Stück. Es ist dies das andere von den beiden beisammengefundenen oberwähnten Stücken (Taf. XI, Fig. 1). Nach Herrn Baron v. Foullon’s mikroskopischer Untersuchung „besteht dasselbe aus zweierlei Feldspath und Glimmer, die vor- wiegend ein mehr grobkörniges Gemenge bilden, das aber in "einzelnen räumlich unbedeutenden Stellen auch sehr kleinkörnig wird. Formaus- bildung fehlt. Der eine Feldspath ist graulich weiss, schon stark verändert, doch zeigt er noch Polarisationsfarben. Man sieht zwar selten mehr als zwei Zwillingslamellen, es dürften aber dennoch alle diese Individuen einem Plagioklas angehören. „Den Hauptbestandtheil des Gesteines bilden röthliche Pseudo- morphosen, die sehr deutliche parallele Spaltrisse aufweisen und Eh ee EEE [7] Ueb. d. i. Flötzen reiner Steinkohle enth. Stein-Rundm. u. Torf-Spärosiderite. 619 jedenfalls von einem zweiten Feldspath, wahrschemlich Ortho- klas, herrühren, „In reichlicher Menge war einG limmer vorhanden, derinChlorit mit Eisenausscheidung umgewandelt ist, also wohl ein eisenreicher Biotit gewesen sein dürfte. Ausgezeichnet ist dieses Gestein durch seinen Reich- thum an accessorischem A patit. „In der vorliegenden Probe fehlt der Quarz ganz.“ Mit freiem Auge betrachtet, zeigt dieses Gestein, dessen eine Scehlifffläche auf Taf. XI, Fig. 1 abgebildet ist, weit mehr Aehnlichkeit mit einem künstlich erzeugten Mosaikboden aus dunkler Grundmasse mit vorherrschend unregelmässig eckigen, rothen, breecienartig, ohne jeder Regel aneinander gefügten Theilchen, als irgend einem Granite oder körnigem Gneise. Nur selten sind die rothen Pseudomorphosen nach dem wahrscheinlichen Orthoklas bis 9 Millimeter lang ; die mitt- leren nur etwa 3—4 Millimeter im Durchmesser messend. Diese Rundmasse ist einem kleinen Brodlaibe ähnlich und liegt mir etwas mehr als die Hälfte der ursprünglichen Grösse vor. Der Längen- und Breitendurchmesser beträgt 10 Centimeter. Die Unter- fläche ist flacher, die obere Fläche mehr gewölbt, also die Gestalt wirklich brotlaibartig. Die Oberfläche der Rundmasse ist nicht glatt, sondern uneben, doch ist zwischen Vertiefung und Erhabenheit nur wenig Unterschied vorhanden. Eine tiefschwarze, zum Theil glänzende kohlige Kruste über- zieht die Rundmasse eontinuirlich und sind in dieser Kruste zerstreute Schwefelkiese zu beobachten. Der mir vorliegende Theil dieser Rundmasse wiegt 3122'52 Gramm. Drittes Stück. Es ist dies jenes nachträglich von einem Berg- manne Herrn v. Wurzian übergebene Exemplar, dessen Fundort nicht mehr genau festgestellt werden konnte (Bat, XI> Kia. 2). Nach einer mikroskopischen Untersuchung, die Herr Baron von Foullon an drei Schliffen durchgeführt hat, „stimmt dieses dritte Stück mit dem ersten vollkommen überein. Die Parallelstruetur tritt hier deutlich auch in den Schliffen hervor. Die Zersetzung, namentlich des Biotits, ist noch weiter fortgeschritten. Häufig sieht man hier die im ersten Stücke selteneren Neubildungen (Epidot?), die unter 60° und 120° in Stäbehenform im genannten Minerale angeordnet sind. In radialstrahligen Aggregaten erscheint Muscovit, der wohl auch als Neubildung aufzufassen ist.“ Mit freiem Auge betrachtet, erinnert dieses graue Gestein (Taf. XI, Fig. 2) in seiner Feinkörnigkeit und Parallelstructur lebhaft an das grosse, weiter unten zu beschreibende Stück Geh. Dr. Römer's von der Carolinen- grube. Doch sind die Structurlinien nicht wie an dem eben genannten gerade fortlaufend, sondern bogig, auch S-förmig gekrümmt. Auf der Schnittfläche erscheint die Gesteinsmasse von Aussen her dunkler ge- färbt als im Inneren; überdies sind ebenfalls gekrümmte Streifen dieser Färbung auch tiefer in’s Innere zu verfolgen. Höchst merkwürdig ist die Gestalt dieser Rundmasse. Sie war ursprünglich birnförmig und wurde beim Abbau der Kohle gerade die Spitze des Stückes abgebrochen, so dass dasselbe vordem mindestens eine Längsachse von 17 Centimeter besass, gegenwärtig aber nur 620 D. Stur. [8] 14 Centimeter lang, 12 Centimeter breit und 8 Centimeter hoch er- scheint. Die Birngestalt ist überdies unten abgeflacht, oben aufgebläht und zeigt einerseits flach bis zur Kante abfallende, andererseits fast senkrecht aufsteigende Seiten. Auf der steilen, überdies einwärts einge- drückten Seite bemerkte man einen runden, kurzen, fingerdicken Ansatz hervorragen, der beim Schneiden und Schleifen des Stückes leider herab- gerissen wurde, der aber an dem von noch unbearbeitetem Stücke ge- machten Gypsabgusse sehr wohlbemerklich ist. Dieser Zapfen zeigte blosses Gestein und hatte das Ansehen jener Auswüchse, die man an Brodlaiben oft entwickelt sieht, wenn diese beim Backen zu nahe aneinander ge- rückt, durch ausgetretene Brodmasse untereinander verbunden erscheinen. Die Oberfläche dieser Rundmasse ist im Allgemeinen vielleicht glatter und glänzender als die der vorangehenden. Dafür zeigt sie aber sehr viele auffällige Vertiefungen und Erhabenheiten, auch scharfe Kanten, wie solehe an Flussgeröllen wohl nie vorkommen. Am Auf- fälligsten sind an der platteren unteren Seite des Stückes zwei Ein- drücke, die ziemlich tief und parallel nebeneinander verlaufen , sich in der Mitte des Stückes vereinigen und so aussehen, als wenn sie von zwei Fingern eingedrückt worden wären. Dieses Rundstück wog vor seiner Bearbeitung ohne der ursprüng- lich abgebrochenen Spitze 1293'1 Gramm. Viertes Stück. Dieses Stück wurde mir von Herrn Dir. Th. Andre&e mitgetheilt und trägt dasselbe die Angabe, dass es ebenfalls aus dem Eugenflötze stamme (Taf. XI, Fig. 3). Nach der mikroskopischen Untersuchung, die Baronv. Foullon an mehreren Schliffen durchgeführt hat, zeigen „diese ein körniges Gemenge von Quarz und Feldspath, die fast ausschliesslich zu Mikro-Pegmatit verwachsen sind. Nur einzelne Quarz-Individuen und solche vom Feldspath zeigen keine Verwacehsung. Die Quarze sind sehr reich an perlenschnurartig aneinander gereihten Einschlüssen und Hohlräumen, zeigen auch manchmal deutlichere Formausbildung. Die an Stelle der Feldspathe getretene Substanz ist röthlich gefärbt. „Die ursprüngliche Gegenwart von Glimmer ist sehr zweifelhaft. „Erzpartikelehen sind häufiger; Epidotkörner sehr ver- einzelt.“ Der erste Anblick des Stückes vermuthet in dieser Rundmasse (Taf. XI, Fig. 3) einen petrefactenreichen rothen Kalk und erinnert so- wohl die rothe Farbe, als auch die Mikro-Pegmatit-Structur sehr lebhaft an jene Varietäten des Hallstätter Marmors, in welchen Gasteropoden häufig zu sein pflegen. Leider ist von dieser Rundmasse nur ein kleiner Theil, offenbar ein Absprengling von einem grösseren Stücke, vorliegend und es lässt sich aus diesem auf die etwaige Grösse des Ganzen kein Schluss machen. Auch dieses Stück war übrigens nicht völlig glatt, sondern grubig und mit einer intensiv schwarzen kohligen Kruste überzogen, von welcher aber in’s Innere kein auffälliges Eindringen der Farbe erfolgt ist, vielmehr das Gestein nahezu bis zum äussersten Rande gleichfarbig erscheint. [9] Ueb. .d. i. Flötzen reiner Steinkohle enth. Stein-Rundm. u. Torf-Sphärosiderite.- 621 I. Funde im Gebiete der Ostrauer Schichten des Exc. Graf Wilczek- schen Kohlenbaues in Poln.-Ostrau. Nach den mir schriftlich übergebenen Daten des Herrn Berg- Direetors W. Stieber und nach den Skizzen des Herın Markscheiders Beiger in Textfig. 1 und 2 sind bisher in diesem Gebiete hübsch abgerundete faustgrosse Rundmassen gefunden worden, und zwar hielt man dafür, dass sie unmittelbar in der First des Josefs-Flötzes, zur Hälfte im Flötze, zur anderen Hälfte im darüber lagernden feinen Schiefergestein eingebettet vorkommen. Der Fundort selbst liegt an der äussersten Grenze des Steinkohlengebirges gegen das darauf lagernde Tertiär (siehe Textfig. 1) und ist zufällig daselbst das Steinkohlen- Fig. 1. PT ek eine gebirge vor der Ablagerung des Tertiär sehr tief ausgewaschen, respec- tive abgetragen und erst nachträglich vom Tertiär überlagert worden. Diese zufälligen Umstände veranlassten die Meinung: diese Ge- rölle könnten zur Zeit der Ablagerung des Tertiär an die beschriebene Stelle gelangt und ihr Eindringen in Schiefer und Kohle könne in Folge ihres Eigengewichtes erfolgt sein. Jahrbuch der k. k. geol. Reichsanstalt. 1885. 35. Band. 3. Heft. (D, Stur,) 79 622 D. Stur. [10] Nachdem nun die Findlinge im Josefi-Flötze genau dieselbe Ge- staltung der Rundmassen zeigen, wie jene in Heinrichs-Glück-Zeche gefundenen, diesen ferner auch die eigenthümliche schwarze kohlige Kruste eigen ist, liegt gar kein Grund vor, dass die Findlinge im Josefi-Flötze eines anderen Ursprunges sein könnten als die aus dem Eugen-Flötze. Eine hierauf erfolgte Nachforschung brachte nun ein Resultat, welches wohl keinen Zweifel darüber lässt, dass jene nach Angabe der Skizze in Texfig. 2 halb im Josefi-Flötze, halb im Hangenden Fig. 2 erbank 580 m; Schiefer Unterbenk ) N Schief m desselben eingelagerten Rundmassen nicht aus krystallinischem Gesteine bestehen, sondern gewöhnliche Sphärosiderit-Septarien sind, also Con- ceretionen, die an Ort und Stelle im Schiefer gebildet wurden. Dann müssen aber die zwei im Nachfolgenden zu beschreibenden, angeblich aus dem Josefi-Flötze stammenden Findlinge, ebenso aus der Kohle des Flötzes selbst stammen, wie die vom Eugen-Flötze. Es ist diese Deutung eine umso wahrscheinlichere, als nach der beiliegenden Skizze (in Textfig. 1) auch im Hangendschiefer des Bar- bara-Flötzes Sphärosiderit-Coneretionen auftreten, die gewiss nicht aus der Tertiärzeit datiren, sondern ursprünglich dem Kohlengebirge ein- geschaltet erscheinen. Nach dieser nöthigen Diversion schreite ich zur Erörterung der mir vorliegenden zwei Findlinge aus dem Josefi-Flötze, indem ich zur Bezeichnung der Stücke fortlaufende Zahlen anwende. Fünftes Stück, Diese Rundmasse wurde mir von Herrn Berg- Director Stieber zugesendet (Taf. XI, Fig. 4). Nach der mikr oskopischen, von Herm Baronv.Foullon an zwei Schliffen durchgeführten Untersuchung ist das „Gesten ausgezeichnet porphy risch ausgebildet. Grosse, bis 2 Centimeter messende, ziem- lich gut ausgebildete “Or thoklase liegen i in einer körnigen Grundmasse von nicht sehr kleinen Feldspath- und Quarz-Individuen, zu denen sich in reichlicher Menge Biotitblättehen gesellen. Auch grössere, weniger gut ausgebildete Quarz-Individuen erscheinen als > = NEE DE ET Sr ER s - - w % an: R « WEEZE De he Fee 1 1] Ueb. d. i. Flötzen reiner Steinkohle enth. Stein-Rundm. u. Torf-Sphärosiderite. 6923 Einsprenglinge. Diese Quarze und der Feldspath sind reich an Glasein- schlüssen und Hohlräumen. Die ersteren sind schwach bräunlich ge- färbt, schlauch- und bläschenförmig, auch von rechteckiger Form, mit und ohne Bläschen; anhaftende Mikrolithe, Entglasungserscheinungen u. s. w. charakterisiren sie. „Im Quarz und im Feidspath wurden auch scharf contourirte Zirkon- kryställchen als Einschluss gesehen.“ Mit freiem Auge betrachtet, erscheint das Gestein dieser Rund- masse (Taf. XI, Fig. 4) ganz absonderlich, wie ich ein solches nie ge- sehen habe. Nur grobkrystallinische granitische Gangmassen im Granit oder Gneisgebirge erscheinen mir der grossen Feldspathe wegen mit diesem Gesteine einigermassen vergleichbar, doch habe ich solche kaum je in einer entsprechenden Mächtigkeit entwickelt gesehen, dass sich aus diesen ein so grosses Ellipsoid herausschneiden und abrollen liesse, wie die vorliegende Rundmasse eines darstellt. Ueberdies erscheint das Gestein an geschliffenen Flächen porös wie ein Mühlstein und wird die Schlifffläche ausschliesslich nur von den grossen hellen Feldspathen gebildet, während die zwischenliegende Grundmasse beim Schleifen tief ausbrieht und die auffällige Porosität veranlasst. In den Poren, und zwar vertieft, sieht man hellweiss ge- färbte, offenbar caolinische Stellen, umrandet von schmutziggrauem Quarz, wodurch ein Ansehen dem Gesteine verliehen wird, als enthielte es Nulliporenkugeln bis zu 8 Millimeter Querdurchmesser. Leider gelang es nicht, diese nulliporenartigen Theile in den Schliffen zu erhalten, um sie mikroskopisch untersuchen zu können. Das Auffälligste auf den Schliffflächen ist jedoch das Auftreten von kohlsehwarzen eckigumgrenzten Partikelehen; die einen davon in der Mitte der Masse erinnern allerdings an Turmalin, andere aber hängen mit der kohlschwarzen Kruste direet zusammen, so dass sie unzweifelhaft als Kohle aufgefasst werden müssen. Auch diese schwarzen Einsprenglinge gelang es nieht in die Schliffe zu bekommen, um sie mikroskopisch untersuchen zu können. Diese Rundmas:e vom Josef-Flötze in Polnisch-Ostrau war auch ursprünglich birnförmig gestaltet. Beim Abbau der Kohle hat man die Spitze der Birnform abgeschlagen. Die Breite misst 7°5 Centimeter, die Höhe 7 Centimeter,, der Längsdurchmesser betrug eirea 12 Centimeter. An dem oberen Theile der Birnform ist, wie bei der Birne, ein Nabel eingedrückt und gerade hier bemerkt man zwischen Rissen der Kruste die an Feldspath reiche Gesteinsmasse hervortreten, in ähnlicher Weise, wie ich es an der dritten Rundmasse erörtert habe. Die Oberfläche der Birnform ist sehr uneben, voll kleiner zahl- reicher aneinander gedrängter Vertiefungen, welche von der glänzenden kohligen Kruste eontinuirlich überzogen erscheinen, die, wie gesagt, stellenweise sehr tief in die Gesteinsmasse eingepresst erscheint. Dieses Rundstück wog vor seiner Bearbeitung ohne der ursprüng- lich abgebrochenen Spitze 856°5 Gramm. Sechstes Stück. Die Etiquette dieses Fundstückes enthält folgende Angabe: Gefunden im Ausgehenden des Josefi-Flötzes der südlichen Partie hinter Schacht VIII. Die Mittheilung dieses Stückes verdanke ich Herrn Dir. Th. Andree (Taf. X, Fig. 2). 138 624 D. Stur. [12] Nach der vonBaron v. Foullon durchgeführten mikroskopischen Untersuchung „lassen Mineral-Combination und Structur einen typischen Quarzporphyr erkennen, trotzdem die Veränderung schon weit vor- geschritten ist. In einer kryptokrystallinischen Grundmasse liegen Pseudo- morphosen von Feldspath. Manche von den veränderten Feldspathen lassen sich noch als Karlsbader Zwillinge erkennen. Es wird wohl aller Feldspath des Gesteins Orthoklas gewesen sein. Zahlreich sind die Quarzeinsprenglinge, die theils mehr als Körner, theils als Krystalle ausgebildet erscheinen. Ausgezeichnet sind die mit Grundmasse erfüllten Buchten entwickelt. Auch Glaseinschlüsse fehlen nicht, so dass über die Natur des Gesteins kein Zweifel möglich ist. Der in ziemlicher Menge vorhandene Biotit ist ebenfalls schon mehrfach verändert.“ Mit freiem Auge betrachtet, zeigt das Gestein dieser Rundmasse (Taf. X, Fig. 2), auf der geschliffenen Fläche eine graue Grundmasse, in welcher fast milchweiss die Feldspathe, ganz schwarz die Bio- tite, grau die Quarzindividuen, gross und klein durcheinander gestreut, auftreten. Während der Biotit und Quarz meist unter 3 Millimeter im Durchmesser messen, sind zahlreiche Feldspathe weit kleiner und nur einige wenige einzelne darunter bis zu 1 Centimeter im Querdurchmesser messend, also grösser entwickelt, und verleihen dem Gesteine eine auffällige porphyrartige Structur. Diese Rundmasse ist dreieckig abgerundet, circa 9 Centimeter lang, 8 Centimeter breit und höchstens 4°5 Centimeter hoch. Die Ober- fläche ist fast glatt, mit eckig geformten Vertiefungen versehen. Die schwarze kohlige Kruste ist matt, fest anliegend und meist dünn, jeden- falls nur in den Gruben dicker entwickelt. Vor der Bearbeitung wog diese Rundmasse 413°8 Gramm, Es ist wohl selbstverständlich, dass ich den Wunsch hegen musste, wenn möglich, auch die übrigen bisher in Deutschland gefundenen hierher gehörigen Rundmassen zu sehen. Ich hatte mich daher an die hochgeehrten Museal-Direetoren, die diese Stücke in ihren Sammlungen aufbewahren, gewendet mit der Bitte, mir dieselben zuzuwenden. Ich war so glücklich, sowohl von dem Herrn Geh. Prof. Dr. Ferd. Römer in Breslau, als auch von dem Director des mineralogischen Museums in Bonn Prof. von Lasaulx die betreffenden Stücke zur Benützung zu erhalten. Ich konnte natürlich diese Gelegenheit nicht unbenützt lassen, die mir anvertrauten Stücke in gleicher Weise wie die erörterten einer Betrachtung zu unterziehen und ich habe darüber Folgendes zu erörtern. Ill. Funde im Carolinen-Flötze der Hohenlohe-Grube bei Kattowitz. Herr Geheimrath Prof. Römer hat mir im Ganzen 2 Rundmassen zur Ansicht gesendet, die ich hier ebenfalls unter fortlaufenden Zahlen erörtern will. Siebentes Stück. Dieses Stück wurde im Jahre 1864 (siehe oben pag. 614 [2]) erobert und besagt dessen Etiquette Folgendes: Granulit-Geschiebe aus dem Carolinen-Flötze der Hohenlohe-Grube ef. Zeitschr. d. D. g. G., 1864, Mich. Körfer. [13] Ueb. d. i. Flötzen reiner Steinkohle enth. Stein-Rundm. u. Torf-Sphärosiderite. 625 Nach einer von Baron v. Foullon unternommenen mikrosko- pischen Untersuchung (Schliff, Nr. 1582a) „ähnelt das Gestein dieses Stückes jenem im Folgenden beschriebenem des achten Stückes sehr, nur kommen hier noch zahlreiche kleine Lamellen eines tief braunen Glimmers hinzu ; es wäre also schon als „Gneisgranulit“. zu bezeichnen. Die Veränderung der Feldspathe ist weiter fortgeschritten als am fol- senden; Pyrit häufiger.“ Der Längsdurchmesser dieser Rundmasse, die Geh. Dr. Römer oben pag. 614 [2] als zweites Stück beschrieben hat, misst 17 Centimeter, der Breitendurchmesser 14 Centimeter und der Diekendurehmesser 5 Centi- meter. Sie ist ein flachgedrücktes, sehr regelmässiges Ellipsoid, oben und unten sehr regelmässig abgeflacht, an den Kanten ganz vollkommen abgerundet, zwar rauh an der Oberfläche, aber ganz ohne jeder grös- seren und auffälligeren Unebenheit. Die Kruste ist sehr dünn und knapp an dieser zeigt die Gesteinsmasse alsogleich die normale grauweisse Färbung. Dort, wo diekohlige Kruste fehlt, sieht man die kleinen Granaten wohl durchschimmern und stehen diese aus der Gesteinsoberfläche empor. Wäre daher diese Rundmasse als abgerolltes Gerölle in die Flötzkohle gelangt, wären auch die Granat-Kryställchen abgeschliffen worden und könnten aus der Gesteinsmasse nicht emporragen. Auf der der Etiquette gegenüber- liegenden Flachseite bemerkt man an Stellen, denen die Kruste fehlt, zwei breite lange Streifen, von der bekannten Gestalt der sogenannten Fucoiden im Wiener Sandstein. Diese Rundmasse wiegt, ohne jene Bruchstücke, die zur Anferti- gung der Schliffe verwendet wurden, 1905°95 Gramm. Achtes Stück. Es ist dies jenes grosse und bisher grösste Rundstück, das Herr Geh. Dr. Römer im Jahre 1883 von der Carolinen- Grube erobert hat und welches 55 Kilogramm schwer ist (siehe oben pag. 615 [3]), Taf. X, Fig. 3 Nach der von Herrn an on v. Foullon durchgeführten mikro- skopischen Untersuchung (Schliff, Nr. 1582) „ist das Gestein ein typi- scher Granulit, dessen Parallelstruetur sowohl an der Rundmasse selbst als im Schliffe gut hervortritt und die durch abwechselnde Feld- spathreiche und arme Partien bewirkt wird. „In dem kleinkörnigen Gemenge waltet Feldspath vor, die Quarz- individuen übertreffen diesen an Grösse, die wenigen lichtrothen Granate halten theils die Mitte, theils werden sie sehr klein. Sporadisch treten Pyritkörnchen auf. „Der Feldspath ist bereits sehr stark verändert, caolinisirt, doch scheint wenigstens ein Theil Mikroperthit gewesen zu sein, worauf die erhaltene Structur hinweist.“ Mit freiem Auge betrachtet, erinnert dieses Gestein (Taf. X, Fig. 3) sehr lebhaft in Farbe und im Korn an das dritte oben erörterte Rund- stück aus dem Eugen-Flötze (Taf. XI, Fig. 2); doch ist dessen Parallel- struetur eben, völlig ungestört. Sehr bemerkenswerth ist eine eirca 2 Centimeter breite Zone, die, mit der Oberfläche der Rundmasse parallel verlaufend, bis kohlenschwarz und weit dunkler gefärbt erscheint, als der innere Kern der Gesteins- masse. Die Kruste der Rundmasse ist kräftiger als bei den früher 626 D. Stur. [14] abgehandelten Stücken und stellenweise ist diese durch eine dünne Lage Schwefelkies verstärkt. Höchst beachtenswerth sind an dieser Rundmasse deren Gestalt und Gewicht. Die Gestalt ist eineregelrechte Linse mit stark vortretender, aber auch stark gewölbter Kante, und schildkrötenartig, gleichmässig flach gewölbter Ober- und Unterseite. Nur der Umstand lässt eine Ab- weichung von der Linsengestalt constatiren, dass die Längsachse 50 Centimeter und die Breitenachs nur 35 Centimeter bemessen lässt, während die Dicke der Linse 20 Centimeter beträgt. Es ist also eine ovale, etwas verzogene Linse. Hervorheben muss ich, dass die abgerundete Kante durch eine schwach vertiefte Rinne von der übrigen Hauptmasse des Stückes vollständig getrennt erscheint. Aus dieser Ursache kann die Linsengestalt dieser Rundmasse unmöglich ein Gerölle sein; die Erzeugung einer solchen, die Kante markirenden Rinne kann unmöglich das Resultat einer Abrollung sein, wenn man auch von dem absoluten Gewichte des Stückes absehen wollte. Das Gewicht dieser grössten mir bekannten Rundmasse hatte, wie gesagt, Geh. Dr. Römer mit 55 Kilogramm bestimmt. Ein Strom, der diese gewichtige, so ganz ausserordentlich eigen- thimlich gestaltete Rundmasse von weit her gebracht haben sollte, müsste die ganze mächtige Masse organischer Substanz, aus welcher das Carolinen-Flötz später entstand, weggeschwemmt haben. Derselbe Strom müsste überdies ausser dieser Rundmasse anderes Gerölle, Sand, Schlamm, überhaupt Detritus, mitgebracht und abgelagert haben. Da nun aber bei der Auffindung dieser Rundmasse in reiner abbau- würdiger Kohle nur diese allein und keinerlei sonstiger Detritus abgelagert bemerkt wurde, kann das kolossal schwerwiegende, eigenthümlich gestaltete Stück, unmöglich als Flussgerölle an die Fundstelle gebracht worden sein. IV. Fund bei Witten an der Ruhr, NeuntesStück: Dieses Stück ist jenes, die Grösse eines kleinen Kindskopfes habende Rundstück, das, wie Eingangs ausführlich erörtert wird, im Jahre 1861 von Noeggerath zuerst besprochen wurde. Das mir gütigst von Herrn Professor v. Lasaulx eingesandte Stück trägt folgende Bezeichnung : Hornsteingeschiebe als Einschluss in der Oberbank des Flötzes der Steinkohlengrube Frischauf bei Witten an der Ruhr (517 a). Baron v. Foullon hat einige Schliffe, die ich von den Splittern, die sich von dem muschelig brechenden Gestein. ganz leicht ablösen liessen, anfertigte, untersucht und sagt: „Das Gestein besteht aus lauter kleinen Quarzindividuen, die sich direet berühren und gegenseitig in der Ausbildung gehindert hatten, demnach gehört eine Andeutung von Krystallgestalt schon zu den Seltenheiten. In kolossaler Menge er- scheinen Hohlräume und Flüssigkeits-Einschlüsse, die gewöhnlich in mehreren nebeneinander liegenden Quarzkörnern angehäuft sind, während die benachbarten arm daran sind. Die sonst so häufige Erscheinung der perlenschnurartigen Aneinanderreihung beobachtet man hier fast gar nicht, hingegen ab und zu solche, die den Quarz streifig macht. [15] Ueb,. d. i. Flötzen reiner Steinkohle enth. Stein-Rundm. u. Torf-Sphärosiderite. - 697 „Glimmersehüppeben, Granatkörnchen und Turmalin sind nur als grosse Seltenheiten vorhanden; häufiger Zirkon, farblose, grünliche und braune Mikrolithe. Auch an Erzpartikelehen mangelt es nicht ganz.“ Mit freiem Auge besehen, erscheint das Gestein als ein lichtgrauer, sehr homogener, äusserst feinkörniger, muschelig splitteriger Quarzfels. Das Vorhandene lässt auf die Grösse der ganzen Rundmasse nicht schliessen. Diese Rundmasse hat, nach dem, was vorliegt, die glatteste Oberfläche unter allen den besprochenen Stücken, ist aber nicht rund abgerollt, sondern eckig mit abgerundeten Kanten und ziemlich tiefen Eindrücken. Die schwarze kohlige Kruste ist bald dicker, bald aber so dünn, dass sie durchsichtig wird und den grauen Quarzfels durchschimmern lässt. Schwefelkiesüberzug fehlt auch dieser Kruste nicht. Wenn man daher von der ganz eigenthümlichen Gesteinsmasse absieht, ist die Gestalt der Rundmasse genau mit denselben Eigenthüm- lichkeiten versehen, wie solche an den acht vorangehenden Stücken be- schrieben wurden. Das Resultat der vorangehenden Untersuchung lässt sich über- sichtlich folgend darstellen. I. Funde im Gebiete der Heinrichs-Glücks-Zeche bei Dombrau. 1. Flasriger Gneis, 2161°90 Gramm schwer (Taf. X, Fig. 1). 2. Breceienartig-granitisches Gestein ohne Quarz, 3122:52 Gramm schwer (Taf. XI, Fig. 1). 3. Feinkörniger Gneis, 1293'1 Gramm schwer (Taf. XI, Fig. 2). 4. Mikro-Pegmatit, liegt nur ein kleiner Theil der Rundmasse vor Beat, XI, Fig. 3). . H. Funde im Josefi-Flötze bei Polnisch-Ostrau (Exe. Graf Wilezek’scher Kohlenbau). 5. Grobes porphyrisches Gestein vom Aussehen eines Mühlsteins, 8365 Gramm schwer (Taf. XI, Fig. 4). 6. Quarzporphyr, 413'8 Gramm schwer. (Taf. X, Fig. 2). IH. Funde im Carolinen-Flötze bei Kattowitz (Römer). 7. Gmeisgranulit, 1905°95 Gramm schwer. 8. Typischer Granulit, kolossales Gewicht von 55 Kilogramm (WaiX..Fig, 3). IV. Fund bei Witten an der Ruhr (Noeggerath). 9. Quarzfels, liegt nur ein Theil der Rundmasse vor. V. Funde in England— Schottland (Philipps. 10. New-Castle, Quarzfels. ) 11. Norbury, harter Sandstein. ') Naumann, Lehrh.d. Geogn., 2. Aufl., II., pag. 474: ein Quarzgeschiebe aber hat sich einmal bei Newcastle, auf Backworth Colliery, gefunden, 628 D. Stur. - [16] VI. Funde in Amerika. 12. E. W. Andrew’s Fund, Nelsonville-Flötz, Ohio, Quarzit. 15. F. H. Bradley’s Fund, Coal-Creek, Tennesee, Quarzit. Zur Zeit nun, als anfangs October 1883 in Witkowitz durch Herrn Director Th. Andr&e meine Aufmerksamkeit auf diese in Kohle eingeschlossene Rundmassen geleitet worden war, fand ich Herrn Berg- director v. Wurzian nicht zu Hause, konnte mich jedoch trotz seiner Abwesenheit nicht enthalten, einige von den in seiner Kanzlei vorräthig gewesenen Rundmassen, die sämmtlich unaufgeschlagen waren, nach Wien mitzunehmen. Da ich dafür hielt, dass sie sämmtlich von gleicher Beschaffenheit seien, wie die eben abgehandelten, so war ich nicht wenig überrascht, als ich beim Schneiden derselben ersah, dass diese sämmtlich aus einer weicheren Gesteinsart, nämlich aus Spatheisenstein, bestehen. Noch grösser war aber die Ueberraschung, resp. Freude über eine höchst wichtige Entdeckung, dass diese Spatheisenstein-Rundmassen ganz von der gleichen Beschaffenheit und dem gleichen wissenschaftlichen Werthe seien, wie jenes Material, aus welehem W. C. Williamson, Professor in Owens College in Manchester, die Daten für seine berühmten Ar- beiten: Ueber die Organisation der fossilen Pflanzen der Steinkohlenformation!) gesammelt hat. Alle die mitgenommenen Rundmassen waren Sphärosiderite von mehr minder dunkler, weissgelber, gelblicher oder gelblich - brauner mikrokrystallinischer Grundmasse, in welcher grössere und kleinere Trümmer von Pflanzen enthalten sind, die ihre anatomische Struetur genau so vollkommen erhalten zeigten, wie die von Williamson beschriebenen. Aus diesen Rundmassen erzeugte Dünnschliffe waren von den aus England stammenden Originalschliffen nicht zu unterscheiden. Diese Rundmassen von Pflanzen-Sphärosiderit sind äusser- lich von den oben abgehandelten Rundmassen, gneis-, granit- oder porphyrartiger krystallinischer Gesteine, in keiner Weise verschieden. Sie haben nämlich eirca eine Faustgrösse, sind kugelig, ellipsoidisch, birnförmig, haben eine unebene, mit verschiedenartigen kleinen und grossen Vertiefungen und unregelmässigen Erhabenheiten bedeckte Ober- fläche und besitzen dieselbe kohlschwarze kohlige Kruste, die bald !) On the Organization of the Fossil Plants of the Coal-meas- sures. Philosoph. Transact. of the Royal Society of London: I. Calamites. Vol. 161, 1872, pag. 477. II. Lycopodiaceae, Lepidodendronand Sigillaria. Vol. 162, 1873, pag. 197. III. Lycopodiaceae (continued). Vol. 162, 1873, pag. 283. IV. Dietyoxylon, Lyginodendron and Heterangium. Vol. 163, 1874, pag. 377. V. Asterophyllites, pag. 41. — VI. Ferns. pag. 675, Vol. 164, 1874. VO. Myelopteris, Psaronius, Kaloxylon. Vol. 166, 1877, pag. 1. VIII. Ferns (continued) and Gymnospermous Stems and Seeds. Vol. 167, 1878, pag. 213. IX, Calamites, Asterophyllites, Lepidodendron and Sigillaria, Ferns, Cordaites. Vol. 169, 1879, pag. 319. X. Inclnding an Examination of the supposed Radiolarians, Vol. 171, 1881, pag. 493. XI. Vol. 172. 1881, pag. 283. — XI, Vol. 174, 1883, pag. 459. En ER rei zur wg ER 25 er 1 7] Ueb.d.i. Flötzen reiner Steinkohle enth. Stein-Rundm. u. Torf-Sphärosiderite. 629 dünner, bald dieker die Rundmassen mehr oder minder vollkommen umschliesst. Kurz, die Rundmassen des Pflanzen-Sphärosiderits sind äusserlich durch kein Merkmal von den Rundmassen krystallinischer Gesteine, zu unterscheiden. Diese grosse Aehnlichkeit in der Aeusserlichkeit und die totale Verschiedenheit des Inhaltes der Rund- massen, wovon die einen anorganischen Ursprungs zu sein scheinen, während die anderen offenbar organischen Ursprungs sind, forderten die möglichste Aufklärung. Ich habe mich daher brieflieh an Herrn v. Wurzian mit der Nachricht gewendet, dass die aus seiner Kanzlei mitgenommenen Rund- massen keine Granit- oder Porphyr-Gesteine enthalten, sondern Pflanzen- Sphärosiderite seien und habe ihn um genaue Aufklärung des Vor- kommens und um massenhafte Aufsammlung dieser Dinge gebeten. Am 23. October 1883 erhielt ich folgende Antwort von Herrn v. Wurzian: Betreffend die drei Stücke von Pflanzen - Sphärosiderit, die Sie aus meiner Kanzlei mitgenommen haben, habe ich zu berichten, dass dieselben nicht aus dem Eugen-Flötze stammen, sondern wurden dieselben in der Oberbank unseres nächstliegenderen Flötzes, des so- genannten Coaks- oder Kunigunden-Flötzes, bei Auffahrung des östlichen Feldes am V. Horizont massenhaft vorgefunden. Hiermit war also die merkwürdige Thatsache festgestellt, dass die Pflanzen-Sphärosiderite im liegenderen Coaks-Flötze massenhaft auftreten, während die Rundmassen krystallini- schen Gesteins in dem über dem Coaks - Flötze lagernden, also hangenderem Eugen-Flötze vereinzelt gefunden wurden. Um mir das Vorkommen der Pflanzen-Sphärosiderite im Coaks- Flötze recht klar zu machen, hat Herr v. Wurzian die grössten An- strengungen nicht gescheut. Derselbe hat vorerst in einer kolossalen Kiste, die 11 Centner schwer wog, eine Reihe von Blöcken des Hangen- den und einen Kolossal-Block der Kohle mit den Pflanzen-Sphärosideriten aus der Oberbank des Coaks-Flötzes überdies sechs grosse Kisten mit den Pflanzen-Sphärosiderit-Rundmassen eingesendet und ich will: mir Mühe geben, die in dieser Sendung eonstatirten Thatsachen möglichst kurz zu schildern. Herr v. Wurzian hat mir eingesendet: I. Hangendschiefer des Heinrichs-Flötzes (westliche Ausrichtung), 196°50 Meter unter dem Tagkranze des Heinrichs-Schachtes. Dieser Hangenschiefer ist dunkelgrau, sehr zart und fein, muschlig- schieferig und enthält zahlreiche zerdrückte marine Thierreste, nament- lich einen Orthoceras und ein Bruchstück eines Gondiatites und Anthracomyen, deren’ Bestimmung nieht möglich ist. Für den vorliegen- den Zweck wichtig ist dessen Inhalt an zahlreichen Sphärosideriten, die ich im Gegensatze zu den Pflanzen-Sphärosideriten, Thon- Sphärosiderite nennen will. Diese Thon-Sphärosiderite sind selten kuglig, meist länglich und ellipsoidisch, wie die im Josefi-Flötze bei Polnisch-Ostrau vorkommenden (siehe Textfig. 2, pag. 622 [10]). oft un- deutlich verzweigt, und flach gedrückt. Der Orthoceratit stellt für ‚sich einen fingerlangen Thon-Sphärosiderit dar. In den übrigen Thon- Jahrbuch der k. k. geol. Reichsanstalt. 1885. 35. Band. 3. Heft. (D, Stur.) 80 630 D. Stur. 1 8] Sphärosideriten finde ich weder eine sichere am von Petrefaeten, noch ihren Kern septarienartig zerklüftet. II. Hangendschiefer des Coaks-Flötzes aus dem öst- lichen Liegend-Querschlage, 203°45 Meter unter dem Tagkranze des Eugenschachtes. Dieser Hangendschiefer ist etwas lichtergrau, muschlig brechend, zart und fein, mit nicht seltenen Resten mariner Muschelthiere, die aber vorherrschend klein sind. Derselbe enthält ebenfalls zahlreiche, aber durchwegs nur kleindimensionirte 'Thon-Sphärosiderite. 1) Diese sind sehr häufig vollkommen kugelig haselnuss- bis nussgross, ebenso häufig fingerförmig, verschiedenartig gekrümmt oder auch ästig, dabei aber immer die Dicke eines Fingers behaltend. Ein soleher gekrümmter fingerdicker Thon-Sphärosiderit zeigt an zwei Stellen zerbrochen, im Inneren eine continuirliche Höhlung, die mit Kalkspath erfüllt ist, wie bei den Septarien. An einem werthvollen Handstücke ist eine krumme Reihe von vier kugeligen Sphärosideriten zu bemerken, welche so nahe aneinander getreten sind, dass drei davon zu einem fingerförmigen gekrümmten Thon-Sphärosiderit zusammgewachsen erscheinen, während der vierte vollkommen isolirt blieb. Rund um diese Sphärosiderite bemerkt man !) Nach einer von Herrn Vorstand ©. v. John durchgeführten Analyse ergab eine Kugel dieses Sphärosiderit das folgende Resultat: 9:35 Procent Kieselsäure In Säuren unlöslicher Theil . . . 1303 Procent 1 297 „ Thonerde Spur von Eisen und Kalk 3 3440 Procent Kalk Kohlensaurer Kalk . . . . . . .61'43 Procent De : Kohlersae Kohlensaure Magnesia . . 2:86 Procent | Is Ken a Kohlensaures Eisenoxydul . . . . 16°13 Procent HS AR re. :07 Procent dul Kohlensaures Manganoxydul 1:73 Procent | In Er en N Phonerde. 2 a En eg Procanf Wasser, organische Substanz und Verlust bei der Analyse .... 23 %,„ 100:00 Procert Eine zweite Kugel, die im Innern eingesprengten derben Schwefelkies enthält, ergab nach der Analyse des Herrn ©. v. John folgendes Resultat: 38-81 Procent Kieselsäure 3 Ei d In Säuren unlöslicher Rückstand . 3020 Procent Be & en 033: 204 m KRalk . AAgR t 1 Doppelt-Schwefeleisen (Schwefelkies) 645 Procent | a Fr En 1625 Procent Kalk Kohlensaurer Kalk . . . . . . .29-01 Procent 18. ZB, > Kohlensurel ß 2:06 Procent Magnesia Kohlensaure Magnesia . . . ... 433 Procent | 9-97 4 ER ER ID t Ei dul Kohlensaures Eisenoxydul . . . .25'09 Procent I 2 ne Ko Thonerdes ww We 222 Procent Organische Substanz, Wasser etc. . 270 „ 100'00 Procent [ 19] Ueb. d.i. Flötzen reiner Steinkohle enth. Stein-Rundm. u. Torf-Sphärosiderite, 631 eine weiche pulverige Zone!) von etwa 1—2 Millimeter Stärke, die sich beim Waschen der Stücke sehr leicht entfernen lässt. Bei längerem Waschen des Stückes gelang es, den isolirten T'hon-Sphärosiderit aus seiner Höhlung frei zu machen. Nachdem ich den so freigewordenen Sphärosiderit länger gewaschen habe, um die pulverige Masse ganz wegzubringen, schlottert derselbe nun in seiner Höhle, die er ehedem ganz erfüllte, und zeigt überdies eine rauhe Oberfläche aus zarten empor- ragenden Erhabenheiten von unverändertem Sphärosiderit, die ziemlich hart und fest sind. An demselben bemerkt man endlich, mit einem Aequator vergleichbar, eine vertiefte Rinne, die die Kugel in zwei Hälften abtheilt. Diese Rinne repräsentirt gewiss eine Schichtungsfläche des Hangendschiefers selbst. Der die Thon-Sphärosiderite umhüllenden pulverigen Zone hat man es offenbar zu verdanken, dass sie beim Zerschlagen des Hangend- schiefers, auch in Folge der Verwitterung am Tage, aus ihrer Matrize leicht herausfallen. An den, den Atmosphärilien länger ausgesetzten Thon-Sphäroside- riten dieses Fundortes bemerkt man, dass an ihrer Oberfläche zahlreiche Muschelchen haften. Auch im Inneren der Masse der Thon-Sphärosiderite steckend, sind sie oft durch die Entfernung der pulverigen Masse halb oder ganz sichtbar geworden und sind es ganz dieselben Arten wie in dem übrigen Schiefer. Hier wird es offenbar, dass die Thon- Sphärosiderite im Hangendschiefer selbst als wahre Conceretionen entstanden sind, nachdem der Schiefer bereits abgelagert war. III. Eine ganz besondere Beschaffenheit zeigt der Hangendschiefer des Coaks-Flötzes in der westlichen Grundstrecke im V.Hori- zonte, dort, wo unmittelbar darunter die massenhafte Anhäufung der Pflanzen-Sphärosiderite beim Abbau des Coaks-Flötzes beobachtet wurde. (Taf. XI, Fig. 5.) In einer Höhe von 10—12 Centimeter über der Hangendschicht- fläche des Coaks-Flötzes, die ich in der Fig. 5 auf Taf. XI mit x—x bezeichnet habe, ist der Hangendschiefer genau von der Be- schaffenheit, wie unter I und II erörtert wurde. Derselbe ist dunkel- grau, zart und fein, muschlig brechend und enthält da nebst kleinen zahlreichen Muschelschälchen auch ziemlich grosse flachellip- 1) Nach einer von Herrn Vorstand €. v. John durchgeführten Analyse ergab die pulverige Zone der Sphärosiderite das folgende Resultat: 1723 Procent Kieselsäure In Säuren unlöslicher Theil . . . 2947 Procent | 11:62 = Thonerde Spur von Eisen und Kalk Or OR Pr 16'95 Procent Kalk Kohlensaurer Kalk . . . .. ....30'26 Procent I Sa hearts .£ [ 4:12 Procent Magnesia Kohlensaure Magnesia . . . . . . 865 Procent | 453 Ä Kefjansähte Der Rest ist ein Gemenge von viel kohlensaurem Eisenoxydul mit etwas Eisen- oxyd, welches 20°'90 Procent Eisenoxyd — 18'81 Procent Eisenoxydul enthält. Berechnet man das ganze Eisen als kohlensaures Fisenoxydul, so erhält man 30°30 Procent kohlen- saures Eisenoxydul., Es hat also wahrscheinlich durch Einwirkung kohlensäurehältiger Wässer eine Wegführung von Kalk und dementsprechend eine Vermehrung des unlöslichen Rück- standes, der kohlensauren Magnesia und des kohlensauren Eisenoxyduls stattgefunden. 80 * 632 D. Stur, [20] soidische Thon-Sphärosiderite, wovon einer rechts unterhalb 5 zu sehen ist. Tiefer unten bei 6—S ÜCentimeter über der Kohle stellen sich von z—z flachlinsenförmige Einschaltungen von mohngrossen Schwefelkies- körnchen, die, dicht nebeneinander liegend, den Schiefer erfüllen. Der tiefste Theil des Hangendschiefers, von etwa 5 Üentimeter Mächtigkeit, ist ganz und gar voll von diesen Schwefelkieskügelchen, so dass hier ein förmliches Lager von körnigem Schwefelkies entwickelt erscheint, in welchem grosse coneretionirte Massen von reinem Schwefelkies auf- treten, die in ihrem ganz homogenen Innern deutliche Schwefelkies- kügelchen enthalten. Innerhalb der Anhäufung von Schwefelkies sind grosse und kleine Muschelreste sehr zahlreich und es ist dabei die Erscheinung sehr merk- würdig, dass einzelne von diesen Muschelresten ganz in Schwefelkies umgewandelt, dabei zerdrückt erscheinen, während andere, an zwei mit k bezeichneten Stellen unverändert blieben. So sind an einem bisher einzigen kleinen Stücke des schwefelkiesreichen Gesteins, das ich ab- geschliffen habe, mehrere Eneriniten-Stückchen, ferner ein kleines Petrefact, das eine Drloculina sein dürfte mit ursprünglicher Kalk- schale erhalten, während an mehreren Durchschnitten von Orthoceras und von Zweischalern, die Umwandlung der Schale in Schwefelkies vollendet ist und ich habe hervorzuheben, dass die meisten mohn- grossen Schwefelkieskügelehen des Lagers Foraminiferen gewesen sein dürften, deren Schalen ebenfalls in Schwefelkies verwandelt wurden, wobei auch die Structur dieser Schalen bis zur Unkenntlichkeit zerstört wurde. Es liegt hier offenbar eine nachträglich, vielleicht erst in der Jüngsten Zeit, erfolgte Veränderung des Hangendschiefers, respective der in ihm enthaltenen Thierschalen Reste in Schwefelkies vor. Derselbe war, wie in I und II, mit Muschelschalen und Thonsphärosideriten erfüllt und hatte an dieser Stelle speciell für sich den Vorzug, dass er in der tiefsten Lage reicher an Muschelschalen und ganz besonders an Foraminiferen gewesen, als mir dies von irgend einer zweiten Stelle des Ostrauer Reviers bekannt ist. Leider sind diese Dinge durch die erfolgte Veränderung in Schwefelkies für den Paläontologen verloren gegangen, die einfach durch eine, die Ablagerung durchziehende, neben viel Kohlensäure nur sehr geringe Mengen von schwefelsauren Alkalien führende Bergfeuchtigkeit, veranlasst sein kann, indem unter Anderem schwefelsaures Eisenoxydul gebildet wurde, das durch die organische Substanz des Schiefers oder des Flötzes reducirt, Schwefel- kies ergab. Ueberbliekt man die unter I, I und III mitgetheilten Daten über den Hangendschiefer des Coaksflötzes und des Heinrichsflötzes, so sieht man, dass dieser, Muschelreste führende Schiefer 'Thonsphärosiderite enthält, die als wahre Coneretionen sich erst nach der Ablagerung des- selben gebildet und die Gestalt von Sphärosiderit-Septarien angenommen haben. Herr v. Wurzian hat mir ferner noch eingesendet: IV. Ein kolossales Trum der Oberbank des Coaksflötzes, mit Hunderten von Pflanzensphärosideritkugeln, von der westlichen Grund- s [21] Ueb.d. i. Flötzen reiner Steinkohle enth. Stein-Rundm. u. Torf-Sphärosiderite. 533 strecke im V. Horizont, 20345 Meter unter dem Tagkranze des Eugen- schachtes. (Siehe Taf. X, Fig. 4.) Aus diesem Trum gelang es herauszuschneiden: 1. Einen Würfel, dessen Basis 325 Centimeter im Viereck misst und dessen Höhe 27 Centimeter beträgt. An diesem Würfel sind die vier senkrechten Seiten geschliffen und polirt und gestatten eine volle Einsicht in die Art und Weise der Einlagerung der Pflanzen-Sphäro- siderit-Rundmassen in der reinen Kohle des Coaksflötzes. An der einen Fläche, die ieh die hintere bezeichnen will, zeigt sich die Kohle des Coaksflötzes in ihrer natürlichen Beschaffenheit und bemerkt man in ihr nur an der Oberkante des Würfels eine horizontal verlaufende Reihe von kleineren, circa nussgrossen Pflanzen-Sphärosiderit-Rundmassen, die, fünf an der Zahl, jede für sich isolirt in der Kohlenmasse eingehüllt liegen. Von da an bemerkt man gegen die Frontseite hin auf den beiden Seitenflächen sich die Rundmassen mehren und auch grösser werden ; auf der Frontseite sind schon 16 Rundmassen zu zählen, die die ganze Mächtigkeit der Schlifffläche für sich in Anspruch nehmen und die die Kohle ganz verdrängen, sich vielfach berühren und bis über faustgross werden. Die an dem Würfel vorliegenden Thatsachen sprechen dafür, dass die Anhäufung der Pflanzensphärosiderite an einer Stelle des Flötzes schwach beginnt und sich in entgegengesetzter Richtung so sehr vermehrt, dass die Stelle des Flötzes, von welcher die Front des Würfels abgeschnitten wurde, schon 27 Centimeter Mächtigkeit be- messen lässt. 2. Gelang es aus diesem Trum 5 eirea 5—9 Centimeter dieke und 20 gegen 30 Centimeter grosse Platten zu schneiden, wovon jede auf zwei polirten Schliffflächen die Einsicht in die Anhäufung der Pflanzensphärosiderite gestattet. Die eine Schlifffläche einer dieser Platten ist auf Taf. X in Fig. 4 abgebildet. 3. Gelang es noch zwei ebenso grosse Platten zu gewinnen, wovon jede nur eine Schlifffläche polirt zeigt, respective über die Art und Weise der Lagerung der Pflanzensphärosiderite Aufschluss gibt. Eine von diesen Platten habe ich Herrn Geh. Dr. Ferd. Römer für das mineralogische Museum der Universität Breslau übergeben. Es liegen mir somit 16 polirte Schliffflächen von 20 gegen 30 Centi- meter Grösse zur Disposition, auf welchen zusammen mindestens 140 bis 160 Kugeln von Pflanzensphärosiderit quergeschnitten vorliegen, und daher die eingehendste Untersuchung über die Beschaffenheit !) dieser !) Eine von Herrn v. John durchgeführte Analyse einer Torfspbärosiderit- wasse ergab folgendes Resultat: In Säuren unlöslicher unverbrenn- eberRuückstande. 200 22:20:21% Brocent Kohlensaurer Kalk . . . . ....56'52 Procent Bi > a in ° Kohlensaure Magnesia . . . . . . 10'02 Procent | er u en en Kohlensaures Eisenoxydul . . . . 15'60 Procent | a BR a a Thonerde . . 20:89 Procent Organische Substanz und Wasser . 16°80 „ 10000 Procent 634 D. Stur. 122) Rundmassen und über die Art und Weise der Einlagerung in der Kohle des Coaksflötzes gestatten. Die Querschnitte der einzelnen Rundmassen (siehe Taf. X, Fig. 4) sind im Allgemeinen rund, von Erbsen-, Haselnuss- und Nussgrösse bis zur Faustgrösse, je nachdem die Rundmassen in ihrem grössten Durch- messer quergeschnitten wurden oder nur an ihren Endungen zufällig an- geschnitten, respective von der Schnittfläche getroffen worden sind. Sie sind oft zirkelrund, eirund, ohne Einbuchtungen, oft zeigen sie aber auch geringere oder tiefere Emporragungen und Ausschnitte. Sie sind in den meisten Fällen rundum von der zwischenliegenden Kohle um- geben, doch ist die zwischengelegte Kohlenmasse je nach der Gruppirung der Rundmassen bald mächtiger, bald nur 1—2 Millimeter mächtig oder auch fast ganz verschwindend, so dass sich die Rundmassen, respective ihre Krusten, unmittelbar dicht aneinander liegend, berühren. Es ist endlich noch hervorzuheben, dass die Rundmassen horizontal nebenein- ander situirt, oft schon ursprünglich bei ihrer Bildung sich berührten, und sich so wie die Coneretionen im Schiefer vereinigten, wodurch dann auf den Schnittflächen sie in Länge gezogen, fast schiehtförmige Massen bilden. Auf den Flächen der Würfelwände (auch auf Taf. X, Fig. 4) sind solche schiehtförmige Pflanzen-Sphärosiderite bis zur Länge von 20 Centimeter zu bemerken. Sehr wichtig ist es, darauf aufmerksam zu machen, dass an den Berührungsstellen die kugeligen Rundmassen des Pflanzensphärosiderits sich genau so verhalten, wie die Gerölle eines Conglomerates. Sie sind an den Berührungsstellen ganz unversehrt, wenn es auch oft den An- schein hat, als wären die Rundmassen, wie manche Gerölle in Schotter- massen, eines in das andere vertieft, eingedrückt. Trotzdem zeigen sie aber nie Andeutungen eines wirklichen Zerdrückens, einer durch gegenseitigen Druck erfolgten Zersplitterung oder Verzerrung ihrer Masse. Sehr bemerkenswerth ist das Verhalten der zwischen den Rund- massen vorhandenen Kohle. An jenen Schliffflächen, die nur wenige und in einer Reihe geordnete Rundmassen von Pflanzensphärosiderit enthalten, sieht man darüber und darunter die Kohle sehr schön und dünngeschichtet und verlaufen die Schiehtungslinien äusserst regelmässig horizontal fort. Erst ganz in der Nähe der Rundmassen bemerkt man in der Schiehtung der Kohle eine Störung, respective wellige Biegungen der, vor dem horizontal verlaufenden Schiehtungslinien und entsprechen die welligen Biegungen genau der Anzahl und respectiven Grösse der Rundmassen, oder sogar den einzelnen Ausbuchtungen einer und derselben Rundmasse. Die zwischen den benachbarten Rundmassen liegende Kohle hat jedoch immer die grösste Störung erlitten; sie hat die Schiehtung gänzlich ver- loren und sind die Schichtlinien in ein unregelmässiges Netz von sich unter senkrechten und spitzen Winkeln kreuzenden Linien aufgelöst. (Siehe Taf. X, Fig. 4.) An Stellen, wo zwei Reihen von Rundmassen, horizontal vertheilt übereinander liegend, durch eine diekere Zwischenschiehte von Kohle getrennt erscheinen, da bemerkt man in der Mitte sehr oft die Schichtung der Kohle ganz horizontal und ungestört fortlaufend, während sich [23] Ueb. d. i. Flötzen reiner Steinkohle enth. Stein-Rundm. u. Torf-Sphärosiderite. 635 sowohl im hangenderen als im liegenderen Theile davon, die, den einzelnen Rundmassen entsprechenden welligen Biegungen der Schichtung einstellen. Wenn aber die zwischen zwei Rundmassenreihen eingeschlossene Schichte der Kohle wenig mächtig ist, so.bemerkt man die welligen Schiehtenbiegungen der Kohle nur unmittelbar an den Rundmassen deutlich verlaufend und ist der centrale Theil der Kohlenschichte ganz zerdrückt und zersplittert, ohne eine Spur von Schichtung zu zeigen. Aus diesen wenigen speciellen Andeutungen ersieht man schon, dass auf den geschliffenen Flächen der Platten aus dem Coaks-Flötze die Pflanzen-Sphärosideritmassen den unveränderlichen, die Kohle den passiv und veränderlich sich verhaltenden Theil bei der im Verlaufe der Zeiten auf das Kohlenflötz ausgeübten Action des Druckes und chemischer Zersetzung darstellen. Die Rundmassen des Pflanzen- Sphärosiderits präsentiren sich als em in die noch weiche torfartige Kohlenmasse hereingeführter hart gewordener Gegenstand, der dem Drucke und chemischer Zersetzung, welche, aus der ursprünglich torf- artigen Masse von Pflanzenresten, die Steinkohle des Coaksflötzes werden liessen, vollkommen geeignet war, dauernden Widerstand zu leisten, während die torfartige weiche Kohlenmasse im Stande war, nachzugeben, sich dem allgemein wirksamen Drucke und dem starren Widerstande der Rundmassen zu fügen und die gegebenen Räume zwischen die harten Rundmassen, sie mögen noch so eckig verzweigt sein, con- tinuirlich auszufüllen, so dass jede noch so kleine Vertiefung der Rund- massen mit Kohle vollkommen ausgefüllt erscheint. Dabei ist der Umstand hochwichtig, dass die ursprünglich torfartige Masse des Flötzes genau dieselben Verändernngen durchgemacht habe, respective im Verlaufe der Zeiten zur Steinkohle geworden ist, ob sie weit von den Pflanzen-Sphärosideriten oder zwischen diesen situirt, respective eingeschlossen war. Ein Rückblick auf die Frörterung über die Thon-Sphärosi- derite einerseits und die Pflanzen-Sphärosiderite anderer- seits lehrt, dass sie beide eine Eigenthümlichkeit gemeinsam haben, und zwar die, dass die ersteren nach der Ablagerung der Schiefer, die letzteren nach der Ablagerung der ursprünglich torfartigen Masse des Coaksflötzes in den betreffenden Schiehten entstanden sind. Es ist sicher, dass die Coneretionirung der beiderlei Rundmassen erst nach der Ablagerung der sie umschliessenden Schichtmassen stattfand. Es ist von grosser Wichtigkeit, festzustellen, dass die Coneretionirung der Rundmassen fast unmittelbar nach der Fertigstellung der Ablagerung der Schichtmassen stattfand. Diese Zeitbestimmung lässt sich im vorliegenden Falle mit ab- soluter Sicherheit aus der Beschaffenheit der Pflanzen-Sphärosiderite folgern. An einem jeden aus den Pflanzen-Sphärosideriten der Heinrichs- glückzeche bereiteten Dünnschliffe ersieht man die Thatsache, dass die anatomische Structur zur Zeit, als die Pflanzenreste in die Öoncre- tionen einbezogen wurden, noch völlig unzerdrückt war. Die Symmetrie im Baue der eingeschlossenen Stämmchen der Pflanzen, die in den 636 ‘D, Stur. er ; $ [24] Coneretionen versteint erscheinen, spricht unleugbar aus, dass diese Stämmehen, wenn sie auch oft eine angegriffene Zellsubstanz zeigen, noch so gut wie gar keinem Drucke ausgesetzt waren. Die vollkommen regelrechte Gestalt der einzelnen Zellen und deren Gruppirung zu Mark-, Holz- und Rindenkörpern zeigt genau dieselbe Ungestörtheit, wie wir solche an heute lebendem Holze wahrnehmen. Allerdings sind die in den Rundmassen enthaltenen Pflanzenreste mehr minder kleine Bruchstücke der einst eine gewisse Länge und Dicke besessenen Stämme, etwa morsche Stücke, wie sie im feuchten Walde liegende, in Folge von Altersschwäche zusammenbrechende Bäume zeigen ; aber die so zur Culmzeit vermoderten, in die torfartige Masse des Coaks- flötzes gelangenden Holztrümmer waren zur Zeit ihres Einschlusses in die sich bildenden Coneretionen des Sphärosiderits noch völlig unzer- drückt, die Zellen in ihrer ursprünglichen Gestalt und Gruppirung, wie heute im morschen Holze erhalten. Hieraus muss ich den Schluss folgern, dass die Coneretionirung, respective der Einschluss der Pflanzentrümmer der torfartigen Masse des Coaksflötzes in die Pflanzen-Sphärosiderit-Rundmassen allsogleieh nach der ersten Ablagerungszeit der Coaksflötzmasse statthaben musste, als diese Torfmasse dem Drucke, also auch der chemischen Zersetzuug noch nicht ausgesetzt worden war. Dann aber haben uns diese Coneretionen die Beschaffenheit jener Torfmasse, aus welcher das Coaksflötz im Verlaufe der Zeit entstand, in ihrem damaligen ursprünglichen Zustande erhalten. Die Pflanzen- Sphärosiderite bringen uns daher klar und deutlich die einstige Be- schaffenheit der Torfmasse der Culmzeit zur Ansicht und an der Hand dieser Coneretionen allein sind wir in der Lage, die Natur jener ur- sprünglichen Ablagerung von Pflanzensubstanz genau zu studiren, aus welcher nieht nur das Coaksflötz, sondern alle Steinkohlenflötze ent- standen sind. Diese Masse wurde erst, nachdem die Coneretionen des Pflanzen-Sphärosiderits bereits erhärtet und fertiggestellt waren, dem Drucke und der chemischen Action überantwortet und diese beiden Agentien konnten allerdings aus der ehemaligen Torfmasse nach und nach im Verlaufe der Zeiten die Steinkohle erzeugen; die Coneretionen blieben unverändert in der organischen Masse stecken und drückten diese nach allen Seiten derart, dass sie in ihrem noch weichen Zustande sich an ihre ursprüngliche Gestalt anpassen und anschmiegen musste, wie dies der Würfel und die Platten aus dem Coaksflötze ganz eingehend zu verfolgen gestatten. (Siehe Taf. X, Fig. 4.) Auf die eigenthümliche Beschaffenheit der Torfmasse der Culm- zeit einzugehen, muss ich auf eine zweite Gelegenheit verschieben. Hier mag es genügen, das Resultat des ersten Versuches einer durch photographische Vergrösserung der Dünnschliffbilder erzielten zinko- typischen Darstellung der anatomischen Structur eines Stammquer- schnittes in Textfig. 3 zum Abdrucke zu bringen. Ein Blick auf dieses Bild genügt, einzusehen, dass an diesem Stamme der Mark- körper, der Holzkörper und die Rinde in gänzlich ungestörter Lage, insbesondere die Zellenreihen des Holzes völlig unzerdrückt und in natürlicher Ordnung vorliegen, was unmöglich statthaben könnte, [25] Ueb. d. i. Flötzen reiner Steinkohle enth. Stein-Rundm. u. Torf-Sphärosiderite. 637 4 wenn das Stammbruchstück einem hohen ‘Drucke vor seiner Ver- steinerung ausgesetzt gewesen wäre. Es liegen mir heute schon Fig. 3. Querschnitt einer Torfrundmasse mit einem Stamme von ZLyginodendron sp. (Lyginodendron W. cC. Williamson: on the Organization of the Fossil Plants of the Coalmeasures. Part. IV. Phil. Trans. of the royal soc. of London Vol. 163, 1874, p. 377) aus dem Coaksflötze der Heinrichglück-Zeche bei Orlau. Hunderte von solchen Dünnschliffen vor, die ganz dieselben Thatsachen erhärten. Die Funde der Herren v. Wurzian und Stieber und die An- regung, die Dir. Th. Andr&e hervorgerufen hat, führten zur Erkennt- niss von dreierlei in dem Steinkohlengebirge auftretenden Rundmassen krystallinischer Gesteine: 1. Rundmassen von T'hon-Sphärosiderit. 2. Rundmassen von Pflanzen-Sphärosiderit, besser gesagt Torf- Sphärosiderit. 3. Rundmassen granit-, gneis- und porphyrartiger Gesteine, die man vielleicht am zweckmässigsten und kürzesten Stein-Rundmassen nennen könnte. Jahrbuch der k. k. geol. Reichsanstalt. 1885. 35. Band. 3. Heft. (D. Stur.) 8l 638 D. Stur. [26] Ich nehme vorerst die zwei erstgenannten in einen gegenseitigen Vergleich. Beide sind Coneretionen von Sphärosiderit; beide sind un- mittelbar nach der Ablagerung des sie enthaltenen Schichtgesteins ge- bildet worden. WELH Sie unterscheiden sich wesentlich nur darin, dass der Thon-Sphärosi- dert im Hangendschiefer gebildet wurde, während der Torf- Sphärosiderit im Culm-Torfe entstand. Nach ihrer verschiedenen Entstehung sehen sie auch verschieden aus. Der Thon-Sphärosiderit ist opak, wie der ihn enthaltende Schiefer; es ist ja in diesem Falle der Schiefer nur in Folge einer Imprägnation an kohlensaurem Eisenoxydul und kohlensaurem Kalk reicher und in Folge davon auch etwas voluminöser geworden, als er früher war. Gewiss hängt mit der Zunahme an Volum die Sonderung der Thon-Sphärosideritmasse vom Schiefer durch geglättete und glän- zende Flächen zusammen. Der Thon-Sphärosiderit enthält genau die- selben Petrefacte, die im Schiefer enthalten waren. In den vorgeführten Beispielen wurden nur marine Muschelthierschälehen erwähnt, da der Schiefer an betreffender Stelle nur diese enthielt. Es liegt aber ein von Herrn Stieber eingesendeter Thon-Sphärosi- derit aus dem Hangenden des Josefi-Flötzes in Poln.-Ostrau (siehe Textfig. 2) vor, in welchem Aestchen von Sphenophyllum tenerrimum liegen. Aus allen Revieren der Steinkohlenformation sind ferner genügsam Sphärosiderite bekannt, die voll von Pflanzen- resten, namentlich von Farnblattresten, zu sein pflegen. Diese Stücke zeigen durchwegs die Pflanzenreste in gepresstem Zustande. An Stengeln oder diekeren Pflanzentheilen, die fast stets in Kohle verwandelt sind, ist ihre Zerdrückung offenbar und nie hat man deren anatomische Structur als. wohlerhalten hervorgehoben. Bei der Bildung des Schiefers und der Einlagerung von Pflanzen- resten in diesem muss stets die Mitwirkung von Wasser, Süsswasser oder Salzwasser, nicht nur als Transportmittel, sondern auch als Druck erzeugendes Mittel in Betracht gezogen werden, Die im Wasser herge- schwemmten Pflanzenreste kamen daher nieht nur in völlig zerweichtem Zustande an den Ablagerungsort an, sie wurden auch alsogleich, nach- dem sie von dem darüber sich ablagernden Schlamm bedeckt waren, einem sich stets steigernden Drucke ausgesetzt. Die Pflanzen im Thon- Sphärosiderit wurden dem zufolge in kurzer Zeit nach ihrer Ablage- rung plattgedrückt und finden sich daher auch in dem sie kurz darauf umschliessenden Sphärosiderit platt liegend, ihre Stengeltheile zerdrückt. Für die Torf-Sphärosiderite muss man nothwendig andere oder anders wirkende Agentien voraussetzen. Auch hier hat das Wasser gewiss mitgewirkt, aber nicht als Transportmittel, auch nicht als Druckmittel. Die Torfmasse war zur Culmzeit, wie heute, gewiss auch von Wasser durchgetränkt, aber nicht das Wasser war es, das die Theile der Torfmasse zusammenschwemmte. ) ') C. Grand’ Eury, Memoire sur la Formation de la Houille. Paris 1882. — — Derselbe, Ueber die Entstehung der Kohle. Auszugsweise a, d. Ann. des Mines, T. I, 1882, mitgetheilt von B. Baffrey, Berg- und Hüttenm. Jahrbuch d. Bergakad. zu Leoben, Piibram und Schemnitz, XXXI, 1883, pag. 341. [27] Ueb.d.i. Flötzen reiner Steinkohle enth. Stein-Rundm. u. Torf-Sphärosiderite. 639 Die Torfmasse wurde durch die auf den Torfmooren lebende üppige Vegetation aufgehäuft. Das die Torfmasse durchdringende Wasser hob die Theile und schwellte die modernde Pflanzensubstanz auf und wirkte daher gerade entgegengesetzt, den Druck aufhebend, paralysirend. Auch brachte das Wasser der Torfmasse unter normalen Verhältnissen keinen Schlamm, der dieselbe hätte verunreinigen können. Daher hatte auch bei der Bildung der Sphärosiderit-Coneretionen innerhalb der Torfmasse die Rundmasse keinen Schlamm, sondern nur die vom Wasser durch- tränkten unzerdrückten Pflanzentheile einzuschliessen. Nimmt man die zwei unter 2 und 5 genannten Rundmassen in gegenseitigen Vergleich, so stellt es sich heraus, dass auch zwischen diesen beiden eine Menge von Beziehungen existiren. Der Torf-Sphärosiderit hat dieselbe Art des Vorkommens mit den Steinrundmassen. Beide sind im Flötze reiner Kohle eingeschlossen vorgefunden und zeigen völlig idente Gestaltung ihrer Aeusserlichkeit und haben beide sogar eine idente sie umhüllende Kruste. Sehr wesentlich verschieden ist ihr innerer Inhalt. Vom Torf-Sphärosiderit wissen wir es bestimmt, dass dessen Inhalt an Ort und Stelle, wo wir die Rundmasse liegend finden und kurz nach der Ablagerung der Torfmasse gebildet worden war und also seit der Culmzeit, als ein harter Gegenstand, in der sich umbil- denden organischen Masse, die heute als Steinkohle des Coaksflötzes abgebaut wird, stack, ohne einer Veränderung unterworfen worden zu sein. Wäre dem nicht so, müsste sonst die überaus zarte organische Substanz der eingeschlossenen Pflanzentheile ihre anatomische Structur ebenso gänzlich eingebüsst haben, wie es mit der zu Kohle umge- wandelten Torfmasse geschah, die von der Sphärosideritmasse uneinge- schlossen und ungeschützt blieb. Wenn nun die Rundmassen des Torf-Sphärosiderits, die in der Aeusserlichkeit in jeder Beziehung den Steinrundmassen gleichen, in der Kohle sich auf ihrer ersten Lagerstätte vorfinden, so möchte man das Gleiche auch für die Steinrundmassen anzunehmen geneigt sein und wäre hierzu dadurch umsomehr berechtigt, dass alle die angewandten Erklärungsarten, wie diese Rundmassen in die Kohle gekommen sein konnten, eigentlich an sich unpassend sind. Gegen den Eistransport, der sich vielleicht dem gegebenen Verhältniss am besten anpassen liesse, spricht die tropische Vegetation, die zur Culmzeit geherrscht hat. Gegen den Transport mittelst strömenden Wassers sprechen fast alle Umstände: die Gestalt der Rundmassen; das oft ausser- ordentliche Gewicht derselben; die Ruhe, die zur Ablagerungszeit der Torfmasse geherrscht haben muss; nicht minder die leichte Zerstör- barkeit dieser an sich leichten und leicht wegführbaren feuchten Anhäufung organischer Substanz. Gegen den Transport mittelst schwimmender Bäume spricht das ungeheure Gewicht der Rundmassen, wobei es noch zu erklären gibt: wie die Bäume in die Lage kamen, so merk- würdig gestaltete Steinmassen in ihre Wurzeln einzu- schliessen. 8l* 640 D. Stur. [28] Jedenfalls kann die Gestalt der Steinrundmassen allein nicht dazu berechtigen, sie als fremde, in der Kohle auf zweiter Lager- stätte sich befindliehe Körper zu erklären, da die völlig gleich- gestaltigen Torf-Sphärosiderite sicherlich auf erster Lagerstätte sich befinden, respective innerhalb des Kohlenflötzes gebildet wurden. Wollte man endlich die Steinrundmassen als aus dem Weltall auf die Culm-Torfmoore gefallene Meteorsteine betrachten, so leisten die äusserlich völlig gleichgestalteten in gleicher Weise der Kohle ein- gelagerten Torfrundmassen, einen nicht zu beseitigenden Widerspruch. Bevor ich in dem Vergleiche der in Rede stehenden Rundmassen weiter schreite, muss ich noch einen Umstand besprechen, der, da er vorliegt, jedenfalls wichtig genug ist, beachtet zu werden. Nach bisher vorliegenden Funden wurden Steinrundmassen nie neben Torf-Sphärosideriten gefunden; sie kommen daher nieht nur nicht mit einander vor, sondern ihr Vorkommen ist getrennt, und zwar sind die Steinrundmassen bisher nur im Eugen-Flötze beobachtet worden, während die Pflanzen-Sphärosiderite nur in dem liegenderen Coaksflötze bekannt sind. Im Josefi-Flötze in Poln.-Ostrau sind Steinrundmassen allein gefunden worden. Das Vorkommen beider ist daher in zwei überein- ander liegenden Flötzen vertheilt, die durch die zwischenliegende Ab- lagerung von Culmsandstein getrennt sind, und zwar liegen die Stein- rundmasen über die Torf-Sphärosiderite unter dem sie trennenden Schichteneomplexe. Ich muss hier einschalten, dass ich Anfangs mich der Hoffnung hingegeben hatte, es werde gelingen, in dem grossen Trum des Coaks- flötzes unter den Hunderten von Torf-Sphärosiderit-Rundmassen auch Steinrundmassen zu finden. Nicht nur in der Absicht, das Vorkommen der Rundmassen in dem Coaksflötze genau kennen zu lernen, sondern ausdrücklich mit der Absicht wurde das Trum in zahlreiche Platten zerschnitten und die Menge der Flächen polirt, um etwaige mitvor- kommende Steinrundmassen zu entdecken. Doch war meine Aufmerk- samkeit vergeblich dahin gerichtet. Sämmtliche durchschnittene Rund- massen in dem Trum des Coaksflötzes sind Torf-Sphärosiderite. Die Verhältnisse, denen die Rundmassen des Sphärosiderits im Coaksflötze ausgesetzt waren, sind demnach nicht dieselben, denen die Steinrundmassen im Eugen-Flötze unterworfen waren. Die Bergfeuchtigkeit, die, als Regen in die Erde eindringend, die Culmgesteine durchzog, hatte durchaus nicht denselben gleichartigen Weg durchzuwandern, bis sie auf die in der Kohle eingeschlossenen Rundmassen stiess. Vorerst gelangte sie an das Eugen-Flötz und umfloss die dort vorhandenen Rundmassen ; dann musste die Feuchtigkeit noch einmal die zwischengelagerten Schichtgesteine durchwandern, die Sphärosiderite des Hangendschiefers des Coaksflötzes (siehe I und I, pag. 629 [17]) durchdringen, die Bildung des Schwefelkieslagers un- mittelbar über dem Coaksflötze, respective Umbildung der Thierschalen dortselbst in Schwefelkies (siehe III, pag. 631 [19]) veranlassen, bis sie an die Ablagerung der Torf-Sphärosiderite anlangte. Man hätte allerdings dann, wenn es gelungen wäre, Steinrund- massen und Torf-Sphärosiderite mit einander gemischt zu finden, mit Recht sagen können, dass man beide unter gleichen Verhältnissen [29] Ueb.d.i Flötzen reiner Steinkohle enth. Stein-Rundm. u. Torf-Sphärosiderite.. 641 gefunden habe und dann hätte man weiter schliessen können, dass die Steinrundmassen von aussen hereingekommen und keine Pseudomor- phosen seien, denn unter gleichen Verhältnissen hätten alle Torf- Sphärosiderite fehlen müssen und nur Steinrundmassen beisammen liegen können. Die Verhältnisse, unter welchen die einen im Eugen-Flötze und die anderen Rundmassen im Coaksflötze gefunden wurden, sind aber that- sächlich sehr verschieden und daher auch der Gedanke zulässig, dass im tiefer liegenden Coaksflötze die Torf-Sphärosiderite unverändert erhalten blieben, während die Steinrundmassen im Eugen-Flötze, deren Auftreten in der einen Steinkohle dieses Flötzes sich durch keine der verwendeten Erklärungsweisen plausibel machen lässt, vielleicht als pseudomorphe Bildungen, nach Torf-Sphärosideritrund- massen aufzufassen seien. Mit vollem Ernste kann man heute allerdings diese Ansicht nicht verfechten wollen, nachdem die bisher durchgeführten mikroskopischen Untersuchungen der Stein-Rundmassen bei der Annahme stehen blieben, diese Rundmassen seien, von präexistirenden, durch Abrollung gerun- deten Gesteinen genommen und auf eine unerklärte Weise als fertige Steine in die Kohle gelangt, also auf zweiter Lagerstätte seiend — nachdem eine anerkannte Autorität, unser hochverehrte Freund Herr Geheimrath Prof. Dr. Zirkel, dem ich in Leipzig die von Baron v. Foullon untersuchten Dünnschliffe dieser Gesteine vorführen konnte, ebenfalls der Ansicht ist, dass die Rundmassen Gebirgsgesteine seien, deren Standort uns allerdings heute unbekannt ist. Immerhin blieb mir, nachdem ich alle mir bekannten Umstände, die auf diese Rundmassen irgend welchen Bezug haben, sorgfältig er- örtert habe, auch diese dem unbefangenen Beobachter sich aufdrängende Ansicht in den Vordergrund zu stellen. Möge diese realistische Zusammenstellung neuer, bisher wenig be- achteter, reichlich vermehrter Thatsachen anregend wirken und eine unabsehbare Reihe neuer Beobachtungen veranlassen, jedenfalls aber dazu beitragen, diesen Vorkommnissen mehr Aufmerksamkeit als bisher zuzuwenden. Vor Allem hat man sich mit dem Gedanken vertraut zu machen, dass, nachdem die völlig gleichgestalteten Torf-Sphärosiderite gewiss nicht von Aussen herein fertig in die Kohle gelangt sind, sondern ur- sprünglich im Culm-Torf gebildet, im Coaksflötze auf erster Lager- stätte gefunden werden, uns die Gestalt der Steinrundmasse, die man gerne als Gerölle betrachten möchte, durchaus nicht dazu berechtigt, diese Steinrundmassen als auf zweiter Lagerstätte vorfindig, also als fertige Massen in das Steinkohlenflötz herein gerathen, zu halten. Für die pseudomorphe Bildung sprechend ist namentlich die That- sache, dass in einigen von den Steinrundmassen „auf Klüften allent- halben Kohle in feiner Vertheilung abgelagert ist“ (Stück Nr. 1, pag. 618 [6]) und Kohle ganze Zonen des Gesteins schwarz färbt (Stück Nr. 8 von Römer, pag. 625 [13] beschrieben). Diese Kohle kann ursprüglich in den Rundmassen nicht enthalten gewesen sein, wie tägliche Erfahrung lehrt und es die Thatsache klar macht, dass die Kohle eine äusserliche Zone der Steinrundmasse färbt. 642 D. Stur. [30] Auch konnte zur Zeit der vermeintlichen Einlagerung dieser „Ge- rölle“, respective Steinrundmassen, in das Flötz die Kohle in die frisch angelangten Fremdlinge nieht eindringen, da damals noch keine Steinkohle, sondern vertorfte organische Substanz es war, welche diese Gerölle in sich eventuell aufnahm. Erst als fertige Kohle in kleinen Partikelehen konnte diese später, während dem Verlaufe der Pseudomorphose in die Steinrundmassen ge- langen und dieselben färben. Die Kohle in den Steinrundmassen kann aber auch von der in der Sphärosideritmasse eingeschlossenen organi- schen Substanz der versteinten Stammtheile, überhaupt Pflanzentheile, an ursprünglicher Stelle, aber zerstört, bei der Pseudomorphose übrig geblieben sein. Schliesslich kann ich es kaum vermeiden, die in der Steinkohle gefundenen Rundmassen krystallischer Gesteine auch mit jenen von Dr. Sauer in die Literatur eingeführten merkwürdigen Einschlüssen in den Gneissen von Ober-Mittweida im sächsischen Erzgebirge zu ver- gleichen, die man allgemein für Gerölle, Prof. Roth in Berlin dagegen für Ausscheidungen ansieht. (Roth,-Ueber geröllführende Gneisse von Öber-Mittweida im sächsischen Erzgebirge. Sitz. d. k. preuss. Akad. d. Wissensch. zu Berlin. 1883, pag. 689. Siehe daselbst die Literatur-Citate.) Eine kleine Sammlung dieser Gesteine und Einschlüsse, die Hof- rath Dr. Fr. v. Hauer im Jahre 1882 aus Sachsen mitgebracht hatte, liegt mir zu diesem Vergleiche vor. Ich kenne aber auch die wunder- volle Suite, die im geologischen Institute zu Leipzig Herr Oberberg- rath Prof. Credner zusammengebracht hat; ebenso hatte ich das Vergnügen, jene Suite, die Herr Prof. Roth in Berlin bewahrt, durch den Genannten selbst kennen zu lernen. Die Rundmassen von Mittweida haben mit den Rundmassen, die im Vorangehenden erörtert wurden, jedenfalls vorerst die Gestalt gemeinsam, wie schon daraus hervorgeht, dass beiderlei Rundmassen theilweise als Gerölle bezeichnet werden. Ein zweites gemeinsames Merkmal glaube ich in der eigenthümlichen Umhüllung beiderlei Rundmassen erblicken zu sollen, welche allerdings in den Mittweidaer Rundmassen aus einer bräunlichen Glimmerhaut besteht, während die Kruste der aus der Steinkohle stammenden Rundmassen kohlig ist. Ein drittes Merkmal endlich verbindet diese beiderlei Rundmassen mit den gewöhnlichen Sphärosiderit-Rundmassen und besteht darin, dass alle drei aus dem sie umhüllenden Gesteine mehr minder leicht auslösbar erscheinen. Eine auffälligere makroskopisch-petrographische Aehnlichkeit haben dagegen die Rundmassen von Mittweida mit jenen aus der Steinkohle nach den mir vorliegenden Stücken nicht, wenn sie auch eine mikro- skopisch idente Zusammensetzung, vorzüglich aus Quarz, Feldspath und auch Glimmer besitZen. Die aus Quarzkörnchen bestehenden Rund- massen von Mittweida allein zeigen sich entfernt ähnlich den kindes- kopfgrossen Rundmassen von Witten an der Ruhr. Um dieser Auseinandersetzung den Charakter des Nicht- abgeschlossenseins zu wahren, dient am besten die Nachricht, dass ich erst am 3. Mai 1835 von Herrn Bergdirector E. Ritter von [31] Ueb. d.i. Flötzen reiner Steinkohle enth. Stein-Rundm. u. Torf-Sphärosiderite. 643 Wurzian abermals eine Steinrundmasse erhielt, die also heute noch nicht gehörig untersucht sein kann, die aber den Stock für weitere Anhäufung und Ankrystallisirung neuer Daten bilden möge. Seitdem ich diese Zeilen am 3. Mai 1885 niedergeschrieben habe, erhielt ich vom Ober-Ingenieur der österr.-ungar. Staatsbahn, Herrn v.Schröckenstein, zwei Torf-Rundmassen aus der obercarbonischen Steinkohle von Szekul im Banate. Dieselben- werden auf der Kohlen- halde dortselbst bei der Sortirung der Kohle ausgeschieden und kommen nach bisherigen Daten sehr selten vor. Begreiflicherweise habe ich diese beiden Rundmassen alsogleich anschneiden und poliren lassen, um vorerst zu entscheiden, ob es Torf- oder Steinrundmassen sind. Nachdem ich gesehen habe, dass es Torf- rundmassen seien, wurden von jeder- derselben Dünnschliffe angefertigt und diese ergaben abermals neue, bisher unerörterte Thatsachen und Erscheinungen, die ich, so unvollkommen sie auch noch sind, hier mittheile, da es ungewiss bleibt, ob und wann ich weiteres Materiale hierüber zur Disposition erhalte. Diese Rundmassen sind von der Grösse und auch Gestalt einer Kartoffel. Ihre Aeusserlichkeit bietet insofern ein verändertes Ansehen, als die kohlschwarze Kruste zwar glänzend, aber dieker und reicher an Kohle ist, als bei den oben erörterten Rundmassen, in Folge dessen diese nicht so leicht von der Kohle losschälbar erscheinen. Der Inhalt der Banater Rundmassen ist auch insofern abweichend, als derselbe tiefschwarz erscheint und man auf der Schlifffläche nur bei sehr gutem Lichte mit der Loupe die Spuren einer anatomischen Structur der eingeschlossenen Pflanzen wahrnehmen kann. Die angefertigten Dünnschliffe lehrten nun vorerst, dass jede der Rundmassen für sich Eigenthümliches besitzt. Die eine Rundmasse ist verhältnissmässig sehr weich und bei Anwendung einiger Gewalt zerflossen die Dünnschliffe beim Schleifen gänzlich; selbst bei grösster Vorsicht reichte eine einigermassen unge- stümere Berührung beim Uebertragen des Schliffes aus, um denselben in ganz kleine Stücke zu zerreissen. Bei grosser Vorsicht und zarter Behandlung gelang es endlich, mässig dünne Dünnschliffe zu erhalten, die namentlich an den Rändern die anatomische Structur der eingeschlossenen pflanzlichen Reste zu erkennen gestatten. Die Zellen sind jedoch zerdrückt und zerrissen, ähnlich wie bei manchen Ligniten. Das Lumen der Zellen, die höchst wahrscheinlich Holzzellen waren, sind mit einer bräunlichen durchscheinenden Substanz, die ein Sphärosiderit ist, erfüllt, die oft nur wenig lichter gefärbt erscheint, als die Zellenwände. Die Holzzellen sind nicht mehr in der natürlichen Ordnung aneinander gereiht, sondern man sieht sie von einer und derselben Schnittfläche bald längs-, bald quergeschnitten und sind daher die Pflanzentheile zerdrückt, gewunden, gestreckt, zerrissen, kurz verschiedentlich gepresst und gezerrt, so dass es eine absolute Unmög- lichkeit ist, diese offenbaren Reste von Pflanzen irgend näher zu bestimmen. Sehr merkwürdig ist ferner der Umstand, dass nicht die ganze Rundmasse aus Zellentheilen besteht, vielmehr sind die bräunlich durch- 2 1 De [3 9] scheinenden Zellenstücke von einander isolirt durch mehr minder mächtige, undurchsichtige Kohlentheilchen, so zwar, dass die Zellenstücke in ähnlicher Weise in der Kohle vertheilt erscheinen, wie Krystalle von Mineralien in dem Magma eines eruptiven Gesteins. Es ist ferner hervorzuheben, dass die Zellenstückehen ganz deutlich aus 2—4 aneinander liegenden Einzel- zellen bestehen, so dass die Zellenstückchen also die Grösse von 2—4 Zellen- lumina besitzen. An anderen Theilen eines und desselben Dünnschliffes sind aber auch lange und gewundene Theile des zerstörten pflanzlichen Gewebes zu bemerken, die die Isolirung mittelst undurchsichtiger Kohle entbehren. Aus diesem Detail, das die Dünnschliffe bieten, schliesse ich, dass die Bildung, respective Versteinerung der Torfrundmassen im Banate erst dann stattgefunden habe, nachdem der Carbontorf schon einer wesentlichen Veränderung mittelst Druck und wohl aueh chemischer Zersetzung unterworfen worden war. Ein Theil der Pflanzensubstanz war bereits total zerstört und etwa in Braunkohle umgewandelt; nur die wiederstandfähigsten, also wahrscheinlich Holztheile, hatten noch einen derartigen Erhaltungszustand behalten, dass die concretionäre Sphärosiderit-Substanz noch in die Lumina der Zellen eindringen und dieselben ausfüllen, respective von weiterer Zerstörung und Ver- änderung in Steinkohle bewahren konnte. !) Die zweite Banater Torfrundmasse hat sich schon beim ersten Versuche, sie zu zerschneiden, als unverhältnissmässig härter erwiesen. Die Dünnschliffe, bis auf das Möglichste herabgeschliffen, hielten die Uebertragung sehr gut aus. Sie zeigten unter dem Mikroskope die über- raschende Thatsache, dass die bräunlich durchscheinende, die einstigen Pflanzenzellen erfüllende und darstellende, von undurchsiehtiger Kohle um- schlossene Sphärosiderit-Masse zum grossen Theile allerdings noch unver- ändert vorhanden ist, zum anderen Theile aber weggeführt und durch glas- hellen Quarz ersetzt wurde. Höchst merkwürdig ist der thatsächliche Um- stand, dass die die braune Masse ersetzenden hellen Quarzindividuen in grösseren Aggregaten porphyrartig in dem braunen Magma der Rundmasse eingewachsen erscheinen und diese Aggregate derartig von geraden oder eckigen Linien begrenzt auf der Schlifffläche, im durchscheinenden Lichte sogar mit freiem Auge etwa 2-—4 Millimeter im Durchmesser messend, sichtbar sind, wie Quarzkrystalle in einem Porphyr aufzutreten pflegen. Das Resultat der mikroskopischen Untersuchung dieser zweiten Rundmasse aus dem Banate hat Herr Baron v. Foullon in folgender Weise gefasst: ') Ein Theil dieser einen Rundmasse von Szekul, chemisch von Herrn v. John untersucht, ergab folgende Zusammensetzung: 2'40 Procent Kieselsäure In Säuren unlöslicher Theil ... . 495 Brot | 170 _ „ » Thonerde Spur von Eisen und Kalk 5 ; 6'50 Procent Kalk Kohlensaurer Kalk 2. 20.4161 Procent | 5-11 ; Kohlensäure RE } 2:81 Procent Magnesia Kohlensaure Magnesia . . . . . . 5'90 Procent | 309, Kohlensäure $ i 38:88 Procent Eisenoxydul Kohlensaures Eisenoxydul . 62:64 Procent 13:76 > Kohlensäur? Thonerde.:r.. . 2 0... vera. ee. Prorent Organische Substanz, Wasser ete. . 1260 [33] Ueb. d. i. Flötzen reiner Steinkohle enth. Stein-Rundm. u. Torf-Sphärosiderite. 645 „Nicht sehr dünne Präparate dieser Rundmasse erscheinen zum grossen Theile ganz schwarz, was insoferne von Bedeutung ist, als sich daraus auf die Vertheilung der Kohle schliessen lässt. Schon hier er- scheinen durchsichtige Partien bis zu 0'5 Centimeter Durchmesser, die ein feines Netzwerk von Kohle enthalten, so dass sie verkleinerten Waben nicht unähnlich sind.“ „Recht dünne Schliffe lassen die Zusammensetzung der Gebilde vollkommen erkennen. Die Hauptmasse ist liehtbrauner Sphärosiderit, der rundliche Körner bildet, welche von dünnen Schalen von Kohle umschlossen sind, so dass in Schliffen die Kohle ein Netzwerk in dem Carbonat bildet. Die Körner des letzteren zeigen nur ganz vereinzelt eine concentrisch schalige Structur, die von radial verlaufenden Sprüngen begleitet ist. Die letzteren sieht man auch ab und zu allein.“ „In derselben Weise erscheint Quarz. Die kohligen Schalen bilden hier aber nicht immer eine vollkommene Umhüllung der einzelnen Quarz- körnchen, sondern sind zwei und mehrere benachbarte zum Theile mit- einander verwachsen. Die einzelnen Körner werden in der Regel von einem Individuum gebildet. Die Peripherie ist äusserst unregelmässig zerhackt und dringt die Kohle oft tief in die Körner ein, entgegen dem Sphärosiderit, wo der Umfang mehr geschlossen ist. Es ist demnach kaum anzunehmen, dass die oft mitten in den Quarzkörnern liegenden Kohlenpartikelchen Einschlüsse von solchen sind, sondern sie stellen wohl nur die Endpartien von abgeschliffenen Armen dar. Völlig von Quarz umschlossene Kohlentheilehen wurden nicht beobachtet. Hingegen sind Fasern torfartiger Substanz local nicht selten wirklich ganz umschlossen. Ausser diesen und Hohlräumen kommen noch winzige farblose Blättchen (Glimmer?) als Einschlüsse vor. Sphärosiderit- und Quarzpartien sind gegeneinander und unter sich unregelmässig begrenzt und vertheilt.“ „Die ganze Masse ist von zahlreichen Caleitadern durchzogen, die bis 1 Millimeter Mächtigkeit erreichen. Theils verlaufen solche genähert parallel, theils convergent von der Oberfläche nach Innen, endlich auch ganz regellos.“ Diese zweite Banater Torfrundmasse zeigt also diese Rund- massen in einem Stadium der Umwandlung, welches ohne Widerspruch als ein Zustand zwischen dem der reinen, unveränderten, schlesischen Torfrundmassen und zwischen den sogenannten Steinrundmassen in die Mitte gestellt werden darf. Man braucht die Umwandlung nur in dem erörterten Sinne sich weiter fortgesetzt zu denken und das Endresultat wird sein: die Ent- stehung einer pseudomorphen Quarzrundmasse , die man somit als das Resultat einer völligen Ersetzung oder Verdrängung der braunen Sphärosiderit-Substanz, durch Quarz zu betrachten hat. Die Möglichkeit also, dass eine Torfrundmasse in eine Quarz- rundmasse mittelst Pseudomorphose umgewandelt werden kann, hat die bisherige Untersuchung der Banater Torfrundmasse ausser Zweifel gestellt. Nun blieben aber in der zweiten Torfrundmasse ausser den verquarzten Theilen noch unveränderte Theile der braunen Substanz und zwischen beiden ist genug Kohle vorhanden. Jahrbuch der k. k. geol. Reichsanstalt. 1885. 35. Band. 3. Heft. (D. Stur.) 82 646 D. Stur. [34] Es ist ferner denkbar, dass, wenn durch die Herausförderung der betreffenden Flötzkohle der Fortgang der Pseudomorphose nicht unter- brochen worden wäre, auch der noch übrige Theil der braunen Sub- stanz der Umwandlung in Quarz anheimgefallen wäre. Denkt man sich nun diese Umwandlung als vollendet, so müsste immer noch in der zweiten Rundmasse die ursprünglich vorhanden gewesene Steinkohle übrig bleiben, und man kann wohl annehmen, dass nach vollendeter Verquarzung der fünfte Theil dieser Rundmasse immer noch aus Steinkohle bestehen würde. Die chemische Untersuchung, von Herrn Baron v. Foullon dureh- geführt, ergab folgendes Detail über die Zusammensetzung der zweiten Banater Rundmasse. Ein ungefähr 20 Gramm schweres Stück wurde gepulvert und ein Theil der chemischen Untersuchung unterzogen. Der Glühverlust betrug 33°78 Procent (über einem gewöhnlichen Gasbrenner bei anhaltender Rothgluth). Der unlösliehe Rückstand ergab 2762 Procent, mit kohlen- saurem Natronkali aufgeschlossen resultirten: Kieselsäure . .-..... ... 27:35 Procent Kisenoxyd..an. ver ul en 020 Im lösliehen Theile wurden gefunden: Bisenoxyd''. =... = .- 26370: Proeent Kalk. SRH ER Re Ausserdem Dessen sich Spuren von Mangan, Thonerde und Magnesia nachweisen. Die gefundene Kalkmenge dürfte weitaus zum grössten Theile den Caleitadern angehören, so dass der Sphärosiderit von ausgezeichneter Rein- heit ist, in dem namentlich der Mangel von Magnesia besonders auffällt. Da der Kalkgehalt, wie schon bemerkt, weitaus zum grössten Theile den Caleitadern angehört und dieser bei der angewendeten Temperatur nur wenig Kohlensäure verliert, so fällt der Glühverlust der Kohlensäure des Sphärosiderits, der Kohle und dem Wasser zu; selbstverständlich ist er um die Gewichtszunahme des umgewandelten Eisenoxyduls zu vermehren, so dass eirca 20 Procent Kohle und Wasser vorhanden sind. Aus der Zersetzung des Sphärosiderits resultirendes Eisenoxyd ist sehr wenig vorhanden, es kann bei der approximativen Ermittlung der Kohle füglich vernachlässigt werden. Die Zusammensetzung wäre demnach folgende: Unlöslicher Rückstand: Quarz. . = 27'535 Proc. ' Eisenoxyd = 026 „ 27:61 Proc. Kohlensaures Busenoxydulor.2 7. „u Sn Selle Kohlensaurer Kalk... sen 1, SE 2 79:30 Proc. Kohle und Wasser — aus dem Glühverlust, die Kohlensäuremenge, die für 7'27 Procent Kalk erforderlich, aus der Differenz von Eisenoxyd und. Oxyduloxyd bereehnet; circa ...% . = 12009075, 100°20 Proe. EN nn. [35] Ueb. a, i. Flötzen reiner Steinkohle enth, Stein-Rundm. u. Torf-Sphärosiderite. 647 Nun verdient vor Allem die Thatsache unsere Aufmerksamkeit, "dass z. B. in der Rakonitzer Carbonkohle alle Klüfte mit weissem Caolin ‚ erfüllt sind. Prof. Joh. Rumpf (Anzeiger der kaiserl. Akad. der Wiss. (1884, XXI, pag. 4) hat weiter eine für diese Studien hochwichtige Beob- achtung publieirt: dass in der reinen Kohle von Trifail in Steiermark wasserhelle Kryställchen von Andesin, also von einem Plagioklas, vor- kommen. Derselbe sagt: „Dieser Fund ist von grossem genetischen Interesse, umsomehr, da bisher in einer Braunkohle noch niemals ein krystallisirter Feldspath gefunden wurde.“ Also a priori ist die Möglichkeit gegeben und unleugbar: dass in die restliche Steinkohle der verquarzten Rundmasse Caolin gelangen oder in dieser Kohle Feldspath auskrystallisiren könne. Denkt man sich in dem aus Kohle bestehenden Theile der zweiten Rundmasse noch in gleicher Weise, wie in die Trifailer Kohle, zahlreiche Feldspathe eingeführt, so haben wir die zwei wesent- lichen Bestandtheile der Steinrundmassen: Quarz- und Feldspath, respective Caolin, auf dem Wege der Pseudomorphose entstanden, bereits | gegeben, also heute schon: die Möglichkeit der pseudomorphen Ent- stehung der Steinrundmassen aus den Torfrundmassen, so gut als vorder- hand möglich, plausibel gemacht. | Ich kann es nicht unterlassen hervorzuheben, dass die Unter- | suchung vorläufig nur zweier Torfrundmassen von einem neuen Fund- | orte im Stande war, unverhofftes neues Licht in die eingangs erörterten | Ansichten über die Entstehung der in der reinen Steinkohle gefundenen | Steinrundmassen zu werfen. Dies berechtigt wohl zur Hoffnung, dass weitere eifrige Untersuchungen uns völlige Klarheit verleihen werden. Die Consequenzen, die aus dieser Untersuchung, respective aus der zur Wahrheit gewordenen Ansicht: die Steinrundmassen seien Pseudomorphosen nach Torfrundmassen, von selbst | für die Kenntniss von der Entstehung der krystallinischen | Gesteine folgen würden, fordern ganz gewiss eine ernste und volle Zuwendung unserer Aufmerksamkeit den hier erörterten Gegenständen. 82* 648 D.Stur. Ueb.d.i. Flötzenr. Steinkohle enth. Stein-Rundm. u. Torf-Sphärosid. [36] 2 Tafel-Erklärung. Taf. X. Fig. ]. Stein-Rundmasse aus dem Eugenflötze der Heinrichsglück-Zeche bei Orlau, | einem flasrigen Gneise ähnlich. I Fig. 2. Stein-Rundmasse, gefunden im Ausgehenden des Josefi-Flötzes bei Poln.- Ostrau, hinter Schacht VIII; quarzporphyrartig. Fig. 3. Ein kleiner Abschnitt der 55 Kilogramm wiegenden Stein-Rundmasse von der Carolinen-Grube bei Kattowitz in Ober-Schlesien (Originale im miner, Museum der Universität Breslau); ein typischer Granulit. Parallel mit dem Rande ist das Gestein dieser Rundmasse von Kohle geschwärzt. Fig. 4. Eine Schlifffläche, die Structur des Coaksflötzes der Heinrichsglück-Zeche * bei Orlau, in der westlichen Grundstrecke im V. Horizonte, erläuternd. N Zu oberst zeigt die Abbildung die hangendste Kohlschichte des Coaksflötzes, Dieselbe ist etwas gebogen, im Detail dünnschieferig und mit einer unterbrochenen Schwefelkieslage versehen. Dann folgt eine schmale Zone langgestreckter, also fast schichtförmiger Torf- sphärosiderite, von zwischengelagerten Schwefelkiesmassen unterbrochen. Darunter folgt eine Reihe von 6 Torf-Sphärosideriten, 3 Endlich eine Anhäufung von 13 Torf-Sphärosideriten, die vorherrschend rund im Querschnitte sich manchmal fast berühren und oft wie ineinandergedrückt erscheinen, ohne zerdrückt oder verzerrt zu sein, 1 Links in der Medianlinie des Stückes erscheint die Kohle horizontal dünn- schichtig; in der Nähe der Torf-Sphärosiderite ist jedoch diese deutliche Schichtung gestört und verlaufen die Schichtlinien parallel den Umrissen der Torf-Sphärosiderite, wellige Biegungen zeigend, oder die Schichtlinien sind zwischen den Torfrundmassen in ein unregelmässiges Netz von sich verschiedentlich kreuzenden Linien aufgelöst. Taf. ZI. Fig. 1. Stein-Rundmasse aus dem Eugenflötze der Heinrichsglück-Zeche bei Orlau; das Gestein derselben zeigt eine mosaik-artige Structur. r Fig. 2. Stein-Rundmasse aus dem Eugenflötze der Heinrichsglück-Zeche bei Orlau; Gneisgranulitartig. e Fig. 3. Stein-Rundmasse aus dem Eugenflötze der Heinrichsglück-Zeche bei Orlau; mikropegmatitartig, an einen rothen Hallstätter-Marmor erinnernd. 3 Fig. 4. Stein-Rundmasse aus dem Josefi-Flötze in Poln.-Ostrau; mühlsteinartig- poröses grobporphyrisches Gestein. Fig.5. Ein Stück des Hangendschiefers des Coaksflötzes der Heinrichsglück- Zeche bei Orlau und zwar in der westlichen Grundstrecke im V. Horizonte, dort wo unmittelbar darunter die massenhafte Anhäufung der Torf-Sphärosiderite vorliegt. Im obersten Theile der Figur bei 5: gewöhnlicher Hangendschiefer mit ‚Thosze Sphärosideriten. \ Von z—z: Zone des mit mohngrossen Schwefelkieskügelchen erfüllten Hangend- schiefers, stellenweise Knollen derben Schwefelkieses enthaltend. Von &—x: Die Grenze zwischen dem Hangendschiefer und dem mit Torf-Sphäro- sideriten erfüllten Coaksflötze. y: ein Torf-Sphärosiderit. Bei % und % sind nicht gänzlich in Schwefelkies umgewandelte Stellen des. 7 ursprünglichen Hangendschiefers, in welchen die eingelagerten Petrefacte noch Kalk- schale behalten haben. 5 Druek von Gottlieb Gistel & Comp. in Wien. De a Derekjoi TELMESSOS Ackönl I, Plengi ° f, oO. mastır ,, Kaja 20] S Kavindj % 3 Tafel VI. Buba 2 ; E77 D. Da Kaba, aghalsch 05 0 a ANTIKRAGOT = — - ARA® _Uinara Balamut >o- ” SIDYMA(KRAGOS) 7 Yizfaiäkjei SEITE Tschoban Isa —_ Bschufin Baindyr a. In oSamün bjokbunar Tschiftlik. A Vasil ‚Sole Jen Trail \ Budjak Jchtlik 7 Be) PODALIAS | | | Gilengi oHarakjöi oDırakona ARYKANDA Omadjik Ören D. ° Posan D. ER 2% ? on IDEBESOS& R ga} 1% Hossalsch. “eo, N Se AKALISSOS Belen Jalla & Jana ‚ Tschiralı 29°10' 20' | Verlag von Alfred Hölder, kk Hof- und Universitäts-Buchhändler in Wien. R Düdurga-Assari _— EN o er. Er 7 radaghı x Il ZEmanymeR“ | | 7 usaD. | 20" N\ PHOINIKUS ı Ylslamlar \ \ bie a SiekJaila N Tschukur Si TRYSA,,, .Irroon "Tüssa Genen, ofjelbasc = = 3 o2 Tut = = = 7 pen = ANTIPHELLOS 36! Antifilo® $, (GEOLOGISCHE ÜBERSICHTSKARTE = von SD aindyr LYKIEN EEE m e” | vVoN = = = : - = = | DEI BONDIISZIUINEHTZIE | I nazezerr Tertiare Sülsmwasserhildungen Eruptivbildungen (Serpenim.ete) Eocänkalk- Mafsstab - 1: 300000 | : LE E uartarerSchotter loss und Sand Jüngeremarine Iertiarbildungen Iysch | eidekalke. 2 : a = zen = Zn en Ä s0 30° 10' 30' 40' 2 Lith.8eo$r Inst.v. F. Köke in Wien. = our N FR R ER g 3 ei 5 22 a u 2 A a a U en | IR >} & Bi ı u u r Eg f "2SSPY - AU2PASEY on Reichsanstalt, BA.XXXV 1885. Lih.Anst Zn Bannwarth.lien 1. Universitäts-Buchhändler in Wien, ; m Salzach A vom o « Rest N 1000 m / ©, Bischo an fslwten. ZU00 m N Rp S . : Bo N ij il m \ _ wüuü A A - Meeresspiegel - -- - --- -- \ d E | Be gen ne Tamischluchthurm Pe n IM MANN Si v \ Jean Eeneppal E L 7 Wet - --=-- Meeresspiegel Kammprofil der Nördlichen Kalkalpen vom Durchbruch der Salzach zum Durchbruch der Enns. Länge 1:150,000. Höhe 1: 75,000. Höhe in Metern oneın ceiern. Jahrbuch derk.k. Geologischen Reichsanstalt Bd.XXXV 1885. Verlagv.Alfred Hölder, k.k.Hof-u.Universitäts- Buchhändler in Wien S ha © x Hal Steyr & 2 \? . JS a Zeichen - Eckle verung = E—— o « = Yrinbung NG IEITHND. x © Stasdte n Dee sı5 oo Re Alan u.hewohnte Iıte & > 4 ‚der agebiete & Derg, Fıay R n: Insenstein anvu RZ N epihzen da Wutinye K Gebingspässe Olöhen im Meter) 3 S oa al \ a Ei oR, > Ir.Reuns @Weyer mm m. Dkeyi ER 5 : : S Iren ud er In 2 > 562 “ ” Ä Senten Q et.: lin S N Re) Se, N Blatter © ) P & Se; en. 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Er Jahrbuch der k k Geologischen Reichsanstalt 1885, XXXV Bd Lichtdruek von A. Albert, Wien Verlag von Alfred Holder. kk Hof und Universitats Buchhändler L — = Sturz: Dtein- ınel Jezf- Nuneliuassen. Tafel X _ Jahrbuch der k k Geologischen Reichsanstalt 1885, XXXV Bd Jl.ichtdruck von Jatte & Albert, Wien. „ - 1 J x ‘ < Verlag von Alfred Hölder. kk Hof- und Universilats Buchhändler Bern = Verlag von Alfred Hölder, k. k. 'Hof- und Universitäts-Buchhändler in Wien, SEN Röthenthurmstrasse 15. 2 Die Die Gasteropoden der Moeres- Ablagerungen der ersten und: zweiten. mioeänen Mediterranstufe in der. österreichiseh- ungarischen. Monarchie von ; er BR. Hoernes wid m. Auinger. 4. und 5. Lieferung. nit je 6 Heheetanhirten Tafeln. Gross-Quart. — Preis & .s 16 M. Die Fortsetzung dieses bedeutenden, paläontologischen Werkes, dessen erste drei Lieferungen im XII. Bande der „Abhandlungen der k. k. geologischen Reichs- anstalt“ in Wien veröffentlicht wurden, wird in Folge Uebereinkommens mit letzterer * Anstalt von obigen Lieferungen angefangen nicht ehr in deren „Abhandlungen“, - sondern in meinem Veriage als selbstständige Publication erscheinen, wa Nachdem nun obige 3 Lieferungen aus dem XII. Bande der „Abhandlungen“ “ ausgeschieden wurden, wird dieser Band nochmals neu zur Ausgabe. gelangen und . an Stelle der „Gasteropoden“ andere in Vorbereitung befindliche Arbeiten enthalten. - gi Maslch erlaube mir insbesondere alle jene Akademien, wissenschaftlichen Institute, Gesellschaften und Bibliotheken auf diese- Veränderungen aufmerksam zu machen, welche die ersten drei Lieferungen im Dedications- oder Tauschwege direct von der KK. geologischen Reichsanstalt empfingen und dieses wichtige, jedem Paläontologen - - unentbehrliche Werk vollständig zu besitzen wünschen. =— ne Soeben erschien : Berg- und Hüttenmännisches JAHRBUCH der k. k. Bergakademien zu Leoben und Pribram und der Kann ungarischen Bergakademie 2 zu Schemnitz. Be. RE Redacteur: JULIUS RITTER VON HAUER, k. k. Ober. Bergrath und Professor an der Bergakademie zu Leoben. HK Band, Se Fortsetzung des Jahrbuches der k. k. Montanlehranstalt "u Leoben.) x > I. Heft. Inhalt: Ueber die Erzlagerstätten des Harzes und die Geschichte der auf demselben N Berrahrten Bergbaues. ‚Von Conrad Blömeke in Aachen. \ II. Heft. Inh alt: Weber die Era gsretätten des Harzes und die Geschichte des auf demselben geführten Bergbaues. Von Conrad Blömeke in Aachen, (Schluss.) — Vergleichende ‚Sprengversuche mit gepressten Sprengpulver- Patronen und Dynamit. Von Johann Habermann. — Aufbereitungsanlage in Raibl. Von Demselben. — Quetsch-Walz- werk mit Gerüst aus Faconeisen in Raibl. Von Demselben. — Geschmiedete und überschroppte Stahlwalzenringe. Von Demselben. — Direct wirkende eincylindrige 'assersäulmaschine mit Pumpe in-Raibl. Von Demselben. — Bericht der meteo- rologischen Beobachtungsstation Leoben für das Jahr 1884. Von Prof. Franz Lorber. — Analysen, ausgeführt im chemischen Laboratorium des k. k. General- - Probiramtes in Wien im Jahre 1884. Zusammengestellt von Dr. E. Priwoznik. 2 & Preis des completen Bandes (4 Hefte) 5 fl. 60 kr. = Il M. 20 Pf. Be: Verlag. von Alfred Hölder, k. k. Hof- und Universitäts-Buchhändler, a j Rothenthurmstrasse 15. * ge 2 i Bes Heft In = Ener Ueber Nephelinit vom Podhorn. bei, Marienbad in, Böhmen. rBholznern. Beiträge zur Geologie von en. " Yon Dr. . Emil Ti ietze. ar a Karte n a een Br NE pe A en Ne Beiträge : ER, Brunnlechner Re Da ER Ueber die bei Czernowitz im Sohn BT and er Br. A | - “ Rutschungen. Von F.Becke, Mit hograplten Tat (Nr. VID) Die Randtheile der Karpathen: bei Debica, Ropezyce: er Laü ut. Von Vir ce a ur N | z RR. Heft um. : Die alten Gletscher der Kann ind Steyr. ‚vo on Dr. August Böhm. A Tafeln (Nr. VII—IX) . BER a De Ueber die in Flötzen reiner Steinkohle. enthaltenen Stel ae se Sphärosiderite. . Von D. Stur. . ‚ und XI) und drei Zinkotypien . NB. Die A Sila sind für den Inhalt und lic ] ihrer Aue verantwortlich. Ausgegeben am 31, December 1885. JAHRBUCH KAISERLICH-KÖNIGLICHEN \ | BEOLOBISCHEN REICHSANSTALT. JAHRGANG 1885. XXXV. BAND. N. HEFT. | Mit Tafel XII u. XIH. WIEN, 1885. ALFRED HÖLDER, K. K. HOF- UND UNIVERSITÄTS-BUCHHÄNDLER, Rothenthurmstrasse 15; ck fl. — Einzelne Hefte & ?® fl. 530 kr: Ge. W ‚Preis pro Band (4 Hefte): 8 ” In Carl Winter’s Universitäts-Buchhandlung in Heidelberg ist soeben erschienen: > . für Studirende bearbeitet von Elemente der Lithologie »; in Kakansky. 5.9" broch. 8 Mark, in Lwd. geb. 9M. 20 Pf. Bei den schnellen Fortschritten der Lithologie fehlte es an einem Lehrbuche, welches die reichen Resultate der neuesten Forschung in vollem Umfange, aber möglichst knapper Form den Studirenden zugänglich macht. In obigem Buche hat der Verfasser versucht, alle sicheren und allgemein anerkannten Resultate zur Darstellung zu bringen, während der Speculation nur wenig Platz eingeräumt wurde. Dasselbe füllt daher eine Lücke aus und wird Allen,. die sich mit Geologie und Mineralogie be- schäftigen, willkommen sein. . ü S. Glogau, Buchhandlung in Leipzig. _ ee Gratis und franco versende Katalog 25: Naturwissensch. Bibliothek des 7 Hofrath Dr. Richter in Jena, wor, speciell Geologie und er BOHONUElEN: ‚Verlag von Alfred Hölder, k. k. Hof- und Universitäts-Buchhändler, Wien, "Rothenthurmstrasse 15. der ersten und weiten mioeänen Mediterranstufe in der Österreichisch- ungarischen Monarchie BR. Hoernes a mM. 'Auinger. 4. und 5. Lieferung. Mit je 6 lithographirten Tafeln. Gross-Quart. — Preis il — - 16 M. Die Gasteropoden der Meeres- Ablagerungen . Die Fortsetzung dieses bedentenden, paläontologischen Werkes, dessen erste drei Lieferungen im XII. Bande der „Abhandlungen der k. k. geologischen Reichs- anstalt“ in Wien veröffentlicht wurden, wird in Folge Uebereinkommens mit letzterer er Anstalt von obigen Lieferungen angefangen nicht mehr in deren ARD UNSERUR sondern in meinem Verlage als selbstständige Publication erscheinen. & Nachdem nun obige 3 Lieferungen aus dem XII. Bande der „Abhandlungen“ { ausgeschieden wurden, wird dieser Band nochmals neu zur Ausgabe gelangen und an Stelle der „Gasteropoden“ andere in Vorbereitung befindliche Arbeiten enthalten, Ich erlaube mir insbesondere alle jene Akademien, wissenschaftlichen Institute, Gesellschaften und Bibliotheken auf diese Veränderängen aufmerksam zu machen, welche die ersten drei Lieferungen im Dedications- oder Tauschwege direct vonder k. k. geologischen Reichsanstalt empfingen und dieses wichtige, jedem Päläontolpgen, m. unentbehrliche Werk vollständig zu besitzen wünschen. Fi BEITRÄGE zur Paläontologie Oesterreich Ungarns und des Drits .. Herausgegeben von = v. Mojsisovics und M. Neumayr. Band V. Heft I. Mit Tafel —Vll. Inhalt: J. Velenovsky, Die Plora der böhmischen Kreideformation. a. 1) Be. Preis des completen Bandes (4 Hefte) 20 fl. = 40 Mark. Die fossilen Insecten der primären Schichten. Von Charles Brongniart. Die fossilen Insecten des paläozoischen Zeitalters sind in Folge der geringen Anzahl von Exemplaren, die in den verschiedenen Koblen- schichten der Erde gefunden wurden, noch wenig gekannt. Ueberdies sind diese Exemplare unvollständig und die Autoren hatten nur Bruch- stücke von Flügeln zu ihrer Verfügung, da die Weichtheile des Körpers ” wahrscheinlich verwesten und keinerlei Spuren auf den Schiefern hinter- liessen. Und, wenn sich wenig Naturforscher mit dem Studium der fossilen Hexapoden befassten, so liegt die Schuld daran hauptsächlich in der Seltenheit und dem schlechten Zustand der aufgefundenen Exemplare. Allein die wichtigen Entdeckungen, welche seit 1878 in Frankreich dank der Aufopferung des gelehrten Directors der Bergwerke von Commentry (Allier), Herrn Henry Fayol, in eben diesen Minen gemacht wurden, hatten das Resultat, uns bestimmte Begriffe über die ento- mologische Fauna aus der Epoche der Steinkohlenablagerung zu liefern. Während die Autoren in Europa und in Nordamerika nur un- gefähr hundert und zwanzig Exemplare beschrieben, wurden in Com- mentry, seit 1878 dreizehnhundert Probestücke aufgefunden, deren grösste Zahl wunderbar conservirt ist.) Während es vor diesen Ent- deckungen unmöglich war, eine richtige Anschauung der Körperform der Steinkohleninsecten zu gewinnen, bin ich gegenwärtig in der Lage, die !) Im Verlaufe dieser Arbeit habe ich die Oertlichkeiten, aus welchen die in Rede stehenden Insecten stammen, nicht bezeichnet; ich notirte blos die Namen der ‚Autoren die sich mit ihnen befassten. Alle Insecten, welchen ich Namen gab, stammen aus Commentry. Jahrbuch der k. k. geol. Reichsanstalt. 1885. 35. Band. 4. Heft. (Ch. Brongniart.) 83 650 Charles Brongniart. [2] externen anatomischen Einzelheiten der Körper dieser Zeugen der Ur- zeiten zur Kenntniss zu bringen. Die Flügel der Inseeten liefern in Bezug auf deren Bestimmung oft kostbare Auskunft, allein man darf sich nicht einzig auf ihre Form und ihr Geäder verlassen, weil man sonst Gefahr laufen würde, häufig ernstliche Irrthümer zu begehen. Man muss so viel als möglich auf den Charakter des Körpers Rücksicht nehmen. Viele Autoren, welche nur Flügel oder sogar nur Fragmente von Flügeln zu ihrer Verfügung hatten, haben sich manch- mal in ihren Bestimmungen geirrt. Ueberdies glaubte man zu lange, dass die Eintheilungen, welche für die Classifieirung der gegenwärtigen Inseeten geschaffen wurden, sich genau auf die Inseeten der Urschichten anwenden liessen. Es ist merkwürdig zu beobachten, wie wenig sich die Inseeten verändert haben, wie diese Geschöpfe, welche zu den ältesten zählen, in ihrem Wege bis zu uns nur ganz geringe Modi- fieationen erlitten. Dennoch existirt eine grössere Gleichartigkeit zwischen den pri- mären Hexapoden, als wir heute in dieser Gruppe bemerken, doch liegt darin nichts Erstaunenswerthes. Die Inseeten, welehe man in den paläozoischen Schiefern vorfindet, gehören den Typen an, welche gegenwärtig durch die Orthoptera, Neuroptera, Hemiptera vepräsentirt werden. Einige Autoren glaubten Coleoptera zu bemerken, aber diese vermeintlichen Ooleoptera sind in der That blos fossile Früchte oder Arachnoiden. Ich selbst habe Durch- bohrungen, welche ich in fossilem Holze vorfand, den Coleoptera zu- geschrieben; wenn dem aber so wäre, so würden die Üoleoptera, welche harte Flügeldecken besitzen, Abdrücke in den Schiefern hinterlassen haben. Die Gegenwart der Öoleoptera in den Schichten, mit denen wir uns befassen, scheint mir also sehr zweifelhaft. Mit Sicherheit konnte blos die Existenz der Hemiptera, Orthoptera und Neuroytera festgestellt werden. Aber die Grenzen dieser beiden letzten Typen sind auf sehr verschiedene Weise von den verschiedenen Autoren beurtheilt worden. Einige Naturforscher finden dieselben nicht sehr naturgemäss und fühlten sich geneigt, sie in eine einzige Gruppe zu vereinigen. Dies hiesse, meiner Ansicht nach, zu weit gehen. Die gegenwärtigen Orthoptera sind vollkommen charakterisirt, ebenso sehr durch die allgemeine Form ihres. Körpers als durch ihr Flügelgeäder und ihre unvollkommene Metamorphose. Mit Recht vereinigte man mit den eigentlichen Orthoptera die Physopoda, die (orrodentia, die Amphibiotica, unter der Benennung Orthoptera, Pseudo-Neuroptera. Diese letzteren wurden lange unter die Neuroptera gezählt, aber durch ihre unvollständige Metamorphose nähern sie sich eher den Orthoptera. Die wirklichen Neuroptera sind also die Planipennia und die Trichoptera, die vollständige Metamorphosen haben. Diese letzteren können als Bindeglied mit den Zepidoptera dienen, ebenso wegen des Geäders ihrer Flügel und der Schuppen oder Haare, welche diese bedecken, als wegen ihrer Mundtheile, welche durch die Löthung der Kiefer und der Unterlippe eine Art Rüssel bilden, da die Kiefer atro- phirt sind. Bee ein een a EL A en EN ic [3] Die fossilen Insecten der primären Schichten. 65] Unter den Hemiptera sind die Homoptera oder Vicadaria Inseeten mit unvollständiger Metamorphose. Einige Autoren wollten die Inseeten in zwei Legionen theilen, diejenigen mit vollständiger und diejenigen mit unvollständiger Meta- morphose. Nach den Andeutungen, die ich weiter oben gegeben, ist es leicht, den Fehler dieser Olassificirung zu ceonstatiren. Man war in der That gezwungen, die Neuroptera (Planipennia und Trichopter«) von den Orthoptera, Pseudo-Neuroptera zu sondern, während diese Insecten in Wirklichkeit sehr nahe Verwandte sind. Aus ähnlichen Gründen musste die Eintheilung in Mandıbulata und in Haustellata aufgegeben werden. 1863 proponirte Packard zwei Serien unter den Insecten zu begründen: Die Metabola und die Heterometabola. In diese letztere Gruppe reiht er die Ooleoptera, Orthoptera, Neuroptera und Hemiptera ; die Hymenoptera, Diptera und Lepidoptera zählen, seiner Ansicht nach zur ersten Gruppe. : Samuel Seudder hatte den nämlichen Gedanken als Packard gehabt; er schuf die Namen Sternoptena (Metabola bei Packard) und Gastroptena (Heterometabola bei Packard). Aber die von Packard gewählten Bezeichnungen schienen ihm geeigneter für den allgemeinen Gebrauch und er nahm sie an. Packard und Seudder gehen von dem Prineip aus, dass ein Arthropoda um so höher ausgebildet ist, je deutlicher die drei Regionen seines Körpers (Kopf, Thorax, Abdomen) von einander zu unterscheiden sind; bei den Hexapoda tritt dieser Zug,am deutlichsten hervor, die Myriopoda stehen, im Gegentheil am tiefsten in Folge der grossen An- zahl von Abschnitten, aus denen ihr Körper besteht. Die höheren Crustaceen und die Arachniden sind vermittelnd, denn Kopf und Thorax sind an einander gelöthet und bilden den Cephalothorax. Bei den Inseeten sind die Theile, welche den Thorax bilden, mehr oder weniger unter einander verbunden und die Typen, deren Thoracalsegmente am engsten verbunden und bei denen folglich die Flugorgane am meisten genähert sind, können als die vollkommensten betrachtet werden. Wir wollen nur einige Worte von den Hauptzügen dieser zwei grossen Insectengruppen sagen, so wie Packard und Seudder sie bezeichnet haben. ai Metabola. Der Körper deutlich in drei ganz verschiedene Regionen getheilt. Kopf, Thorax, Abdomen. Die drei Thoracalsegmente innig mit einander vereinigt. Mundtheile in ihrem Ganzen oder zum Theil für das Saugen ein- gerichtet. Kiefer selten einander gegenüber- stehend. Heterometabola. Der Körper in drei Regionen ge- theilt. Die drei Thoracalsegmente streng getheilt. Mund gewöhnlich für das Zer- malmen, selten für das Saugen eingerichtet. Kiefer einander gegenübergestellt. 83* 652 Charles Brongniart. [4] Vorderflügel gehäutet und viel Vorderflügel mehr oder minder leder- grösser als die Hinterflügel, artig mit zahlreichem und kräfti- welche manchmal unausgebildet sem Geäder und gewöhnlich sind. länger und schmäler als die Hinterflügel, oder diesen gleich. Larve gewöhnlich weich, dem Er- Larve gewöhnlich kräftig, dem Er- wachsenen unähnlich. wachsenen ähnlich. Puppe stets unthätig. Puppe thätig oder unthätig. Vollständige Metamorphosen. Metamorphosen meist unvollständig. Lepidoptera, Diptera, Hymenoptera. _Hemiptera, Neuroptera, Ortho- ptera. Man wird bemerken, dass ich es unterliess, die Coleoptera zu nennen, welche Seudder den Heterometabola anreiht. Aber, meiner Ansicht nach bilden die Coleoptera eine vermittelnde Gruppe oder sind wenigstens unter den Heterometabola ein Uebergang zur Gruppe der Metabola. In den primären Schichten ist, wie ich schon bemerkte, die Gegen- wart von Ooleoptera sehr problematisch und die Classen, deren Existenz man constatirte, sind alle aus der grossen Section der Heterometabola. Die Classifieirung von Packard und Seudder ist also diejenige, welche am besten mit den Annahmen der Paläontologie, der Embryo- logie, der Morphologie übereinstimmt. Wir sollen nun eine Rundschau über die Heterometabola halten, welche in den paläozoischen Schichten gefunden wurden und dabei die Verbindung zeigen, welche sie mit der gegenwärtigen Fauna dar- bieten. Silurische Sehiehten. Man fand heuer ein Inseet im Sandstein von Jurques (Calvados), welcher dem Sandstein von May ganz gleich ist und den mittleren silurischen Boden angehört. Einige Tage vorher kündigte Herr Lindström die Entdeckung eines Skorpions (Palaeo- phoneus nuncius) in oberen silurischen Boden der Insel Gothland an. Fast zur selben Zeit wurde ein zweiter Skorpion in Schottland, in ähnlichen Ablagerungen gefunden. Der Abdruck des Inseets aus dem Sandstein von Jurques besteht in einem Flügel, dessen Adergeäste an dasjenige gewisser Orthoptera aus der Familie der Acridiodea und der Locustida und besonders der Blattida erinnert. Was sehr bemerkenswerth ist und diesen Abdruck von allen Flügeln der gegenwärtigen und der fossilen Blattiden unter- scheidet, das ist die Länge des Analgeäders und die geringe Breite der Achselfläche. Bis auf neue Entdeckungen, welche uns über die zoologischen Verwandtschaften dieses Fossils aufklären, haben wir es der Familie der Blattiden unter dem Namen Palaeoblattina Dou- villei einverleibt. Devonschichten. — Mehrere Fragmente- von Insectenflügel sind in den devonischen Schiefern von Neu-Braunschweig gefunden worden; sie wurden von Herrn Seudder untersucht, der sie Neuroptera oder Orthoptera, Pseudo-Neuroptera zuschrieb. TE ee sr [5] Die fossilen Insecten der primären Schichten. 653 Es ist sehr schwer, die Verwandtschaft dieser Inseeten zu erkennen und Herr Hagen wirft Herrn Seudder vor, dass er sich in seinen Bestimmungen geirrtt habe. Ohne Herın Seudder’s wichtige Arbeit herabsetzen zu wollen, finden wir, dass dieser Naturforscher sieh mit seinen Schlüssen etwas zu sehr beeilte, und dass seine Bestimmungen in Anbetracht der schlechten Conservirung seiner Musterstücke, zu mindest etwas gewagt sind. Uebrigens hat sich, unserer Ansicht nach, Herr Hagen von der Wahrheit noch viel weiter entfernt als Herr Seudder. 1. Gerephemera simplex. Scudder, der für diesen Abdruck die Familie der Atocina begründete, hat sie meiner Gruppe der Proto- phasmiden einverleibt. Ist es mit Recht oder mit Unrecht? Dies zu sagen, wäre mir schwer, denn es scheint mir unmöglich, ein so kleines Fragment mit Sicherheit zu bestimmen. Der Flügel war läng- lich und das Adergeäste war durch ein ziemlich lockeres Netzwerk verbunden. 2. Platephemera antigwa. Mit Recht verlegte Seudder diesen Flügel in die Familie der Ephemeriden. Hagen irrte sich, indem er ihn einem Odonata zuschreiben wollte. Dieser Flügel erinnert lebhaft an den der Palingenia Virgo der gegenwärtigen Natur, aber der fossile Ueberrest ist sieben- mal grösser als letztere. 3. Lithentomum Hartii. Das Fragment des von Seudder also bezeichneten Flügels betrachtet der Autor als einen Neuroptera aus der Gruppe der Sialina angehörend. Er begründet für ihn die Familie der Oronicosialina. Jede Discussion scheint mir. unnöthig, da meiner Ansicht nach das Musterstück nicht gut genug erhalten ist, um den Charakter dieses Fossils erkennen zu können. 4. Homothetus fossilis. Der Flügel, welchen Seudder unter diesem Namen beschreibt, hat gemeinsame Züge mit den Neuwroptera und Orthoptera, Pseudo-Neuroptera. Er begründet die Familie der 7 om o- thetida. Ich habe die Zeichnung, welche Seudder gibt, mit einigen Inseeten von Commentry verglichen und mich überzeugen können, dass dieser Typus sich dem der Ephemeriden (Gattung der Ephemera und Potamanthus) nähert. 5. Der Dyseritus vetustus soll, trotz der Kleinheit des dar- gestellten Fragmentes, meiner Ansicht nach derselben Familie einverleibt werden, (Homothetida.) 6b. Xenoneura antiguorum. Der Abdruck, welchen der Autor beschreibt, ist merkwürdig, weil er an der Flügelbasis Streifen darbietet, welche zuerst für ein Stridulationsorgan gehalten wurden. 654 Charles Brongniart. [6] Da zwischen dem sehr weiten Nervengeäste jedes Netzgewebe fehlt, denktSceudder, dass dieses Inseet eine specielle und erloschene Familie aus der Art der Neuropteren bildet. Ich bin so ziemlich Seudder’s Ansicht in Bezug auf all’ diese devonischen Abdrücke, aber ich glaube, dass es bei dem gegenwärtigen Stande unserer Kenntnisse unmöglich ist, etwas bestimmt zu versichern; warten wir neue Entdeckungen ab. Dennoch, wenn man Herın Seudder glauben will, so kann man schliessen, dass die Neuroptera, die Neuror- thoptera und die Orthoptera, Pseudo-Neuroptera schon zur devonischen Epoche existirten. Kohlenschichten. In diesen Schichten beginnt man eine ziemlich grosse Mannigfaltigkeit von Inseeten zu finden, aber den schönen Ent- deckungen von Commentry ist es zu verdanken, wenn man in diese so interessante Frage der paläozoischen Hexapoda etwas Ordnung bringen kann. Die Anzahl von Arbeiten, die über diese Articulata veröffentlicht wurden, ist schon zahlreich und wir müssen Germar, Goldenberg, Geinitz, Sterzel, vanBeneden, Dana, Lacoe, Woodward, Andree, Goss und besonders Seudder dankbar sein, dass sie mit so viel Geduld und Ausdauer die Muster studirten, die sie unter den Händen hatten. Aber anbetrachts der relativ kleinen Anzahl von Bruch- stücken,, die sie zur Kenntniss brachten, war es ihnen schwer möglich, eine Gesammtübersicht der entomologischen Fauna dieser alten Zeiten zu geben. Diese Aufgabe wird mir leichter gemacht, da ieh schöne und zahlreiche Musterstücke zu meiner Verfügung habe. Ich werde deshalb die Skizze einer Art Prodroma einer Fauna der Hexzapoda aus der Steinkohlenepoche, entwerfen. 1. Orthoptera. Claus zählt die Thysanura unter die Orthoptera: Sie werden gewöhnlich als die ursprünglichen Typen der Insecten betrachtet. Kein Autor hat sie in den Schichten, die uns beschäftigen, signalisirt. Dennoch bestanden sie schon zur Zeit der Steinkohlenepoehe, denn man hat in Commentry 45 Musterstücke gefunden. Es ist schwer, die Anzahl der Gelenke an Flügeln, Tastern und Fühlhörnern zu unter- scheiden, aber man unterscheidet diese Organe auf mehreren Muster- stücken. Der Körper ist eylinderförmig, am hinteren Theile zugespitzt und endigt in ein vielgliedriges Filament, das eben so lang ist als der ganze Körper. Fühlhörner und Beine sind kurz und stämmig. Der Kopf scheint ziemlich breit. Der Prothorax ist sehr eng, der Mesathorax und der Metathorax sind untereinander gleich und viel länger als der Prothorax. Die Segmente des Abdomens sind zehn an der Zahl, alle gleich untereinander; blos das letzte ist etwas länger. Ich glaubte auf einem der Musterstücke ein Abdominalblättchen zu bemerken, wie man deren bei der Machilis sieht. PA AN [7] Die fossilen Inseeten der primären Schichten. 655 Der ganze Körper (Fühlhörner, Beine, Thorax, Abdomen) ist mit sehr zahlreichen und sehr kurzen Haaren bedeckt. Der Körper, das Abdominal-Filament mit einbegriffen , hat zwischen 15 und 22 Millimeter Länge. In der Form ist dieses Insect den Lepisma und Machilis ähnlich; durch verschiedene Züge ist er ihnen unähnlich, hauptsächlich durch die Gegenwart eines einzigen abdominalen Fila- mentes bei dem Fossil. Ich werde diesen Ahnen der gegenwärtigen Thysanura unter dem Namen Dasyleptus Lucasi bezeichnen ($x005 Aerrös, der Körper ist mit feinen Haaren bedeckt), indem ich ihn Herım H. Lucas vom Pariser Museum widme. Unter den Orthopteren sind eine grosse Anzahl von Blattiden oder Palaeobdlattariae(Scudder) gekennzeichnet worden und Herr Seudder classifieirte sie in mehrere Gruppen; er hat in Bezug auf sie eine specielle Studie verfasst, darum werde ich sie hier nicht weiter erwähnen. Goldenberg hat einen Flügel, der einer grossen Blattide an- gehören musste, Fulgorina Klieveri getauft; wir werden sie unter dem Namen Megablattina Klieveri bezeichnen. Eine andere Familie Orthoptera, welche ich Palaeacridiodea nennen werde, war ziemlich gut repräsentirt. Eine erste Gruppe enthält mehrere Arten: die Oedischia (oil, ıcıov; der Oberschenkel geschwollen) (nobis), deren Beine des dritten Paares denen der gegenwärtigen Heuschrecken ähnlich sehen; die Sthenaropoda (devagis noßus; kräftige Beine) (nobis) Nachbarn der Oedischia, aber deren Beine kürzer und stämmiger und für den Sprung weniger geeignet sind; die Art Protogryllacris (rpörsos, yooAXos, arpıs, erster Gryllacris) (nobis), dargestellt durch ein Inseet, welches Corydalis, dann Gryllacris, schliesslich Zithosialis Brongniarti von Scudder genannt wird. Das Wort ZLithosialis musste verändert werden, um zu beweisen, dass dieses Inseet nicht den Sialis ähnlich sei. Eine vierte Art, die Paolia (Seudder), welche mehrere Gattungen mit inbegreift, gehört zu dieser ersten Gruppe. Die zweite Gruppe enthält drei Arten: Die Sthenarocera (oWsvapö; xeo&%:; kräftige Fühlhörner) (nobis), Insecten mit Augen und kräftigen Fühlhörnern, langen Füssen, langen und schmalen Flügeln, welche etwas an diejenigen des Pachytylus erinnern. Diese Inseeten messen nicht minder als elf Centimeter vom Vordertheil des Kopfes zu den Extremitäten der Flügel, wenn diese auf dem Rücken gefaltet sind. Die Caloneura (xxM0v, veuöv; schönes Geäder) (nobis) sind Nachbarn der vorhergehenden, aber die Beine und die Fühlhörner sind schmäch- tiger, die Flügel kürzer und weniger schmal. Das Adergeäste ist von färbigen Streifen wunderbar umgeben. Das Macrophlebium Hollebeni von lebens wird bis auf Weiteres zu dieser Familie gezählt . Alle diese Insecten können als der Urtypus der springenden Orthoptera unserer Epoche betrachtet werden. 656 Charles Brongniart. [8] Ich werde die Gattung der Neurorthoptera begründen, welche zwei Untergattungen mit einschliesst, die der eigentlichen Neuror- thoptera und die der Palaeo dietyoptera von Goldenberg. Zur ersten gehören 1. die Familien der Protophasmida (nobis), dar- gestellt dureh die Gattungen Protophasma (nobis), Lithophasma (ds pasux; Stein, Phasma), die ich für einen Flügel schaffe, der von Goldenberg unter dem Namen Gryllacris lithantraca bezeichnet wird und den seither Seudder in die Gattung Zithostialis versetzte; endlich die Gattung Titanophasma (nobis), dessen Körper allein uns bekannt ist, ein riesenhafter Körper von 28 Centimeter Länge. Endlich die Art Archegogryllus (A. priscus) Scudder; 2. die Familie der Sthenaropterida (odevapov, wrepov; kräftiger Flügel), zu welcher gehört, der Meganeura Monyi, dieArchaeoptilus ingens (Seudder) und Arch. Lucas‘ (nobis), Flügel, welche 25 bis 30 Centimeter Länge erreichen mussten. Ferner findet Platz in dieser Familie der Megathentomum pustulatum von Goldenberg; zwei Insecten, die Goldenberg Acridites formosus und A. carbonatus benannte, gehören zur Gattung Megathentomum. In diese erste Unter-Gattung der Neurorthoptera aber reihe ich die Inseeten grossen Umfanges ein, deren Flügel ein kräftiges, durch ziemlich lockere Netzmaschen verbundenes Geäder haben, Insecten, welche in der Form des Körpers eine gewisse Aehnlichkeit mit unseren gegenwärtigen Phasmiden darbieten, sich aber durch das Adergeäste sehr von ihnen entfernen. Unsere Phasmiden müssten als sehr modifi- eirte Abkömmlinge dieser alten Typen betrachtet werden. Die zweite Unter-Gattung wurde von Goldenberg begründet und von den Autoren angenommen. Dieser Gelehrte indessen hatte sie zu einer Gattung geschaffen. Sie enthält eine Serie von Inseeten ziemlich grossen Urban welche aus unserer gegenwärtigen Fauna gänzlich verschwunden scheinen. Erstens besteht die erste Familie, die der Stenodietyopterida (crevöv, dirröov, mreoöv; Flügel mit feinem Netz), aus Insecten, die einen stäm- migen, breiten Körper und kräftige Beine von geringfügiger Länge besitzen. Aber was sie stark charakterisirt und sie zu einer ziemlich homogenen Gruppe macht, das ist das Netzwerk der Flügel. Diese sind länglich, ziemlich schmal und von ziemlich geradem Geäder durch- laufen, welches in ein sehr regelmässiges und sehr feines Netz ver- einigt ist, das etwas an das Netzgewebe der Flügel unserer gegenwär- tigen Odonata erinnert. Sechs Gattungen bilden diese Familie. Die Gattung Eugereon von Goldenberg (Eugereon, Boeckingii, Goldenberg, E. Heeri nobis), welche ein breiter und stämmiger Körper kennzeichnet; der Kopf ist klein, der Prothorax kaum breiter als der Kopf, während der Mesothorax und der Metathorax viel breiter und länger sind. Die Beine sind kurz und stämmig und scheinen stachelig. Was die speciellen Organe nahe dem Munde des Insectes betrifft, welche Goldenberg beschrieben hat, so konnte ich sie auf meinen Musterstücken nicht finden, welche doch sehr gut eonservirt sind. Hingegen hat das Abdomen an seiner Extremität zwei gebogene Ansätze. [9] Die fossilen Insecten der primären Schichten. 657 Die Art Sceudderia (Herrn Seudder gewidmet) (nobis) schlage ich für ein Insect vor, dessen Geäder von dem der Zugereon ver- schieden erscheint und das überdies von grossem Umfange ist; der Flügel hat 9 Centimeter Länge. Megaptilus Blanchardi (uey& rriov; grosser Flügel) werde ich diesen grossen Flügel nennen, von dem ich vermuthete, dass er dem Titanophasma Fayoli angehöre.. Sein Geäder erinnert an das der Eugereon und der Scudderia. Er musste 18 bis 20 Centimeter Länge und 5 Centimeter Breite messen. Er musste in Folge dessen einem Insect von ansehnlichem Umfange an- gehört haben. Die Haplophlebium Barnesii und H. longipennis von Scudder werden hier Platz nehmen. Dann kommen die G@oldenbergia, Scudder und die Dietyoneura, Goldenberg. Zur Gattung G@oldenbergia zähle ich folgende Arten: Termes Heeri, Goldenberg. ” affinds ”» - laxus 3 contusa, Seudder. 5 longitudinalis, Seudder. Termitidium amissum, Goldenberg. Dietyoneura Decheni Dicetyoneura Humboldtiana, Goldenberg. anthracophila, R elegans = a elongata 2 a Smitzii n 5 obsoleta 5 { sinuosa, Seudder. Zur Gattung Dictyoneura, Goldenberg, gehört D. Golden- bergi (nobis), D. lübelluloides, Goldenberg und D. jucunda Seudder. Der Körper ist stämmig, der Kopf ist stark, die drei Segmente des Thorax sind ungefähr gleich und stark erhöht; indessen ist der Prothorax weniger breit. Das Abdomen misst 45 Millimeter Länge und endigt in zwei vielgegliederten Filamenten und zwei gebogenen Haken, überdies bemerkt man blätterige Fortsätze, welche durch das dritte vorletzte Glied getragen werden. Die Beine sind kurz, kräftig, eckig, stachelig. Die Flügel sind nieht sehr breit (25 Millimeter) und haben ein ganz besonderes Geäder. Das Netzwerk erinnert an dasjenige der vorhergehenden Arten ; die Flügel waren von färbigen Streifen durchlaufen. Die zweite Familie, die der Hadrobrachypoda (&dgös, Bpaxxis, röus; kräftige, kurze Füsse) (nobis) enthält zwei Gattungen, die M’amva, Seu dder, (M. Bronsoni) und die Leptoneura (Aemröv, vEUpOY ; feines Geäder (nobis) (L. Oustaleti, L. delicatula, L. oe L. elongata-nobis). Jahrbuch der k. k. geol, Reichsanstalt. 1885. 35. Band. 4. Heft. (Ch. Brongniart.) 84 658 Charles Brongniart, [10] Alle diese Insecten haben eine sehr eigenthümliche Tracht. Sie haben etwas von der Erscheinung der gegenwärtigen T’ermes; aber sie können doeh nicht derselben gegenwärtigen Gruppe einverleibt werden. ‘s schiene mir nieht übertrieben, zu behaupten, dass dies einige der Urtypen der Termes sind. Der Kopf ist ziemlich breit, mit starken Kinnbacken bewaffnet: die Fühlhörner sind kurz, die Beine sind kurz und stämmig; die Flügel sind länglich, etwas zugespitzt und von feinem Geäder durchlaufen. Einige Flügel sind noch durch ein ziemlich hell- braunes Pigment gefärbt. Die dritte Familie, die der Palaeodictyoptera enthält, ganz neue Insecten; ich werde sie unter dem Namen Platypterida (mia, rreoov; breiter Flügel) bezeichnen. Die Flügel sind breit, gewöhnlich an der Extremität abgerundet und sind, morphologisch gesprochen, den Flügeln der Protophasmiden ähnlich, aber von ihnen durch das Geäder gänzlich verschieden. Die Nervenäste sind in der That ziemlich weit von einander entfernt und die Flügel durch Pigmente gefärbt, welche oft sehr elegante Zeich- nungen bilden. Der Körper ist weniger stämmig als jener der vorher- gehenden Inseeten und das Abdomen endigt bei einem der EyDeR in zwei Filamenten. Drei Gattungen werden diese Familie bilden: die Lamprop- tilia (aumpöv, mruuöv, prachtvoller Flügel) (L. Grand ’Euryi, L. priscotincta, L. elegans; nobis), die Zeilleria (Herm Zeiller gewidmet (Z. fusca, Z. formosa, Z. carbonaria ; nobis), die Spilaptera (orı$az, mrepov; Fleck, Flügel), (8. Packardt, S.venusta, 8. libelluloides; nobis) und der Aeridites priseus, Andree. Nun folgt eine ganze Serie von Insecten, welche zur Gattung der Pseudo-Neuroptera gezählt werden können. Sechs Familien können bei dem gegenwärtigen Stand unserer Kenntnisse in dieser Gattung Platz nehmen. Die Familie der Megasecopterida (ney& onaög, Mrepov, STOSS, Zelle, Flügel) (nobis), wo ich acht generische Abschnitte festsetzte, ist durch Inseeten gekennzeichnet, welche einen mehr oder minder kräftigen Körper, gewöhnlich einen kleinen Kopf, Füsse mittlerer Grösse, ein Abdomen, welches lange, vielgegliedert und behaart erscheinende Fort- sätze beendigen und schliesslich Flügel besitzen, die unter einander ziemlich gleich, länglich und an der Basis schmal sind und ein sehr weitmaschiges, durch grosse Adern verbundenes Geäder haben, was ihnen ein sehr eigenthümliches Aussehen gibt. Das Abdomen trägt manch- mal Lateralblättehen zur Schau, welehe als Athmungswerkzeuge dienen mussten. Die Gattungen Protocapnia (neärn, Capnia; erste Capnia (nobis), Brodia (B. priscotincta) Scudder, Trichaptum (Tpyarzöv; sehr feines Gewebe) (nobis) Campyloptera (wxy.mökov, Trrepov; gebogen, Flügel) (nobis) werden in dieser Gruppe Platz nehmen. Die Flügel dieses Inseetes sind gewöhnlich durch ziemlich unregelmässig angebrachte Flecken gefärbt. Der Gattung Sphecoptera (sorxoo, mrspöv; zugespitzt, Flügel) (nobis) gehören Insecten mit sehr zugespitzten, langeestielten, sehr schmalen und dunkel gefärbten Flügeln an, die mit [11] Die fossilen Insecten der primären Schichten, 659 kleinen, farblosen, in ziemlich unregelmässiger Weise verstreuten Kreisen verziert sind. Hierher glaube ich den Preyeria borinensis setzen zu können, welcher durch Herrn Preudhomme de Borre beschrieben wurde. Die Gattung Woodwardia (Herrn Woodward, F. R.S. gewidmet) (nobis) ist sehr interessant. Sie enthält drei specifische Typen: Die W. modesta, W. nigra und W. longicauda. Die beiden letzteren sind merkwürdig gut conservirt; der Kopf ist ziemlich klein, von den Thoracalringen scharf unterschieden. Der Prothorax ist kürzer als die beiden anderen Ringe. Das Ab- domen, aus zehn Ringen bestehend, ist cylinderförmig, an seiner Extre- mität unbedeutend enger und durch zwei lange Filamente beendigt. Die Flügel sind triangulär , und da sie sehr lang sind, bilden sie un- gefähr in der Mitte des Flügels ein stumpfes Eek. Dieser ist von dunkler Farbe und hat hie und da kleine rundliche Flecken von hellerer Farbe. Der Körper des W. nigra hat 8 Centimeter Länge, ohne die Filamente zu rechnen, welche 10 und 12 Centimeter haben. Die Flügelweite beträgt zu mindest 16 Centimeter. Hierher gehört die Gattung Corydaloides (nobis) (O. Scudderi, OÖ. gra- cilis), welche für kleinere Inseeten geschaffen wurde, deren Körper aber 4 bis 5 Centimeter Länge misst; die Flügelweite beträgt ungefähr 1 Decimeter. Der Körper ist stämmiger als der der Woodwardia, er ist auch weniger cylindrisch. Das Geäder ist dem der vorhergehenden analog; das Nervengeäste und die Adern sind indessen zahlreicher und die Flügel sind nicht gefärbt. Aber diese Gattung bietet eine sehr merkwürdige Sonderbarkeit dar, auf die es gut ist, näher ein- zugehen. In wenigen Worten will ich vorher zur Erinnerung bringen, dass die Inseceten vermittelst Tracheen athmen, deren Vertheilung im Körper veränderlich ist. Bei den vollkommenen Inseeten öffnen sich diese‘ Tracheen nach aussen durch Mündungen, die man Luftwarzen nennt; gewöhnlich athmen sie die Luft in Natural. Eine grosse Anzahl Larven, besonders die der Neuroptera und Orthoptera, leben im Wasser und die Athmungswerkzeuge sind modifieirt. Statt plötzlich zu endigen und die Mündungen oder Luftwarzen darzubieten,, verzweigen sich die Tracheen in’s Unendliche. Bald sind die Extremitäten der Tracheen frei, bald sind sie zu einer Art blättrigen Organs vereinigt. Das Inseet athmet dann die Luft, welche aufgelöst im Wasser enthalten ist, entweder mit Hilfe von Kiemenbüschel oder von Kiemenblättchen. Bei den Larven der Ephemeren besitzen die 7 ersten Ringe des Abdomens an jeder Seite ein blättriges Organ, in welchem sich die Tracheen verzweigen. Die Schwingungen dieser Fortsätze unterhalten um die Larve einen ununterbrochenen Strom; sie ver- stopfen sich nur im Augenblick des Ueberganges in den Subimago- Zustand, 84* 660 Charles Brongniart. 1 2] Newport machte 1348 einen Pseudo-Neuropteron aus der Familie der Perliden bekannt, den Pteronarcys regalis, welcher, ausge- wachsen, an dem untern Theil der Abdominalringe Kiemenbüschel dar- bietet, welche durch eine Art Sack beschützt sind und der überdies mit Luftwarzen versehen ist. Dieses Inseet ist amphibisch; es kann die Luft in Natural und die im Wasser aufgelöst enthaltene Luft athmen. Die Oolydaloides (nobis) stellen im ausgewachsenen Zustande eine ähnliche Eintheilung der Athmungswerkzeuge dar. Jeder der Ab- dominalringe besitzt zu jeder Seite ein Blättchen und man sieht sogar mit unbewaffnetem Auge die Tracheen sich verzweigen. Ueberdies konnte ich die Gegenwart von Luftwarzen constatiren. Ich besitze ungefähr zehn derartige Abdrücke. Deshalb ist mir die Vermuthung gestattet, dass dieser Arthropode, sowie der Pteronarcys, amphibisch war. Wie dieser letztere hat er an der Extremität des Abdomens zwei vielgegliederte Filamente. Neben diese Megasecopterida stelle ich einen Urtypus der Libellulen; die Begründung der Familie der Protodonata (mpärn, Odonata) und der Gattung Protagrion (reörov, Agrion) scheint mir nothwendig. Ein Flügel blos wurde bis jetzt in Commentry gefunden, er misst 10 Centimeter Länge und 2 Centimeter Breite. Seine Form, sein Nervengeäste und sein Netzgewebe erinnern sehr an die der gegenwärtigen Odonate. Dennoch bestehen noch bemerkens- werthe Unterschiede. Die dritte Familie, diejenige der Homothediden von Seudder, enthält Inseeten geringeren Umfanges, mit schlankerem Körper, unge- stielteren Flügeln, feinerem Geäder; die Adern sind auch zahlreicher als bei den Megasecopterida. In dieser Familie nehmen Platz: der Hemeristia occiden- talis, Seudder, der Pachytylopsis, Persenairei, Preud- homme de Borre; die Chrestoles (C. Lapidea, Sceudder; ©. Danae, Seudder (Miamia Danae, Scudder), C. lugau- ensis, Sterzel, der Omalia macroptera, Coemans und van Beneden; dann drei neue Gattungen von Commentry: Gattung: Oustaletia (Herrn Oustalet gewidmet) (nobis). Brachyptilus (Boxyb, wrı%öv; kurz, Flügel) (nobis); Diaphanoptera (dınpaves, vrepöov; durchsichtig, Flügel) (nobis). Die drei letzten Familien dieser Gruppe, die Protephemerina (rpörn, Ephemerina) (nobis), die Protoperlida (rörn, Perlida) (nobis), die Protomyrmeleonida (rgörn, Myrmeleonida), (nobis), enthalten die Urtypen der Ephemeriden, der Perliden und der Asca- laphus. Die Protephemerina: Gattung: Homaloneura (öuaXöv, vzupöov; Geäder) (nobis), den gegen- wärtigen Potamanthus verwandt. [113] Die fossilen Insecten der primären Schichten. 661 Die Protoperlida. Gattung: Protodiamphipnoa (reörn, Diamphipnoa) (mobis); Protokollaria (reörm, Kollaria) (nobis) ; Pictetia (F. S. Pietet gewidmet) (nobis); Protoperla (rgörn, Perla) (nobis). Die Protomyrmeleonida. Gattung: Protascalaphus (neöros, Ascalaphus) (nobis). Die Familie der Hemiptera ist in den paläozoischen Epochen repräsentirt. Bis jetzt ist man blos Typen begegnet , welche der Gruppe der Homoptera einverleibt werden können, es sind dies Ahnen unserer gegenwärtigen Fulgoriden und Cicadellen. Goldenberg hat Inseeten, welche unsern Fulgoriden sehr benachbart sind, Fulglorina Ebersiund Fulgorina lebachensis genannt. In dieselbe Gattung Fulgorina setze ich Inseeten von Com- mentry. (F. Goldenbergi nobis; F. ovalis nobis und F. minor nobis.) Die Begründung mehrerer Gattungen ist nothwendig, um die merkwürdigen Musterstücke zu bezeichnen, die ich aus Commentry erhielt. Rhipidioptera elegans (gimidiv, rrepov; Flügel, kleiner Fächer) (nobis). Dietyocicada antigua (dixruov, Cicada) (nobis). Protociccus parvulus et P. fuscus (npöro, Ciccus) (nobis). Palaeocixius Fuyoli et P. antiquus (naar, Ciaius) (nobis). Herr Seudder taufte Phthanocoris occidentalis einen Flügel, den er als zu einem /emipteron Heteropteron gehörig betrachtet. Ich theile seine Meinung nicht, und ich finde eine grosse Analogie zwischen diesem Flügel und denjenigen der Paeocera olivacea, welche Homoptera sind. Diese kurze Uebersicht kann als eine Rundschau über die Fauna der primären Arthropoda gelten. Die neuen Entdeckungen werden vielleicht die Naturforscher zwingen, die Gattungen zu vervielfältigen, aber ich glaube, dass die allgemeinen Abschnitte werden beibehalten werden können; denn Alles was ich sagte, ist auf zahlreiche Entdeckungen begründet, die seit acht Jahren in Commentry gemacht wurden. Diese Entdeckungen erlaubten mir viele Irrthümer zu berichtigen, welche aus Mangel an schönen Musterstücken begangen wurden. Diese Arbeit ist noch lange nicht vollständig, aber es schien mir nothwendig, einen Begriff von den Reichthümern zu geben, die mir durch die Minen von Commentry geliefert wurden. Es werden Abbildungen vorbereitet und ich hoffe bald die Zeich- nungen zeigen zu können, welche alle diese merkwürdigen Fossile darstellen. 662 Charles Brongniart. Die fossilen Insecten der primären Schichten. [14] Im Augenblick, wo ich meine Schrift dem Druck übergeben will, erhalte ich eine Abhandlung Herrn Scudder’s, welcher Familien und neue Gattungen unter den primären Hexapoda festsetzt. Herr Seudder hat sich, meiner Ansicht nach, bei mehreren An- lässen geirrt, aber wir stimmen in mehreren Punkten überein. Die neuen Gattungen, die er schuf, verlangen eine gründliche Untersuchung, welche ich mir für etwas später vorbehalte. Aber es ist merkwürdig, zu constatiren, dass Herr Seudder in Amerika wenig Typen vorfand, welche den in Europa aufgefundenen ähnlich sind. Ueber die Gesteine der Bindt in Ober-Ungarn. Von A. v. Groddeck in Clausthal. Die grossartigen erzherzogl. Albrecht’schen Spatheisensteingruben der Bindt, welche man von Marksdorf aus, einer Station der Kaschau- Öderberger Bahn, erreicht, werden in der Literatur nur selten erwähnt. G.v. Rath hat sie in seinem Berichte über eine geologische Reise nach Ungarn im Herbst 1876!) am speciellsten beschrieben. Die Lagerstätten, welche diese Gruben bebauen, gehören einer von West nach Ost, zwischen Dobschau und Kaschau, sich erstreckenden, schmalen Zone von vorwiegenden Schiefergesteinen an (grüne Schiefer nach Foetterle), welchen man ein devonisches Alter zugeschrieben hat.?2) Diese Bestimmung ist sehr unsicher, da Versteinerungen in der bezeichneten Gesteinszone nirgends gefunden sind ; sie gründet sich darauf, dass im Hangenden versteinerungsführender Kohlenkalk und im Liegenden krystallinische Schiefer auftreten, von denen man vermuthet, dass sie zum Theil den älteren paläozoischen Schichten zuzurechnen sein möchten. Die schmale Zone devonischer (?) Gesteine beherbergt in ihrer ganzen streichenden Erstreekung eine grosse Zahl von wichtigen Spatheisen- steinlagerstätten ?), welche sämmtlich, im grossen Ganzen, den Schichten parallel liegen. Diese Lagerstätten, welche bei Dobschau, Bindt, Kotterbach, Porads, Slovinka, Göllnitz, Zsakarocz ete. bebaut werden, hat man bald als Lager, bald als Lagergänge aufgefasst. t) Im August 1884 hatte ich Gelegenheit unter der freundlichen Führung der Herren Bergrath W. Köhler und Schichtmeister Bakus !) Sitzungsberichte d. naturhistorischen Vereins der preuss. Rheinlande u. West- falens vom 2. October 1876 und der niederrhein. Gesellschaft für Natur- und Heil- kunde vom 6. November 1876. ?) Vergleiche Erläuterungen zur geologischen Uebersichtskarte der österr.-ungar, Monarchie von v. Hauer. Blatt III, pag. 502—509. °®) z. Th. mit Kupfer- und Quecksilbererzen. *) v. Cotta, Die Lehre von den Lagerstätten der Erze, pag. 301 u. 306, Bd. II, und „Berg- u. Hüttenmännische Zeitung“ 1861, pag. 58, 124 u. 151. Frh. v. Andrian, Jahrb. d. k. k. geolog. Reichsanst. 1859, pag. 39. Faller, Jahrb.d.k. k. Montan-Lehranst. Bd. XVII, 1867, pag. 132. G. v. Rath, Bericht über eine geologische Reise nach Ungarn. S. oben. Jahrbuch der k. k. geol. Reichsanstalt 1885. 35. Band. 4. Heft. (A. v. Groddeck.) 664 A. v. Groddeck. [2] die Bindt zu besuchen. Der Aufenthalt daselbst konnte leider nur sehr kurz sein, so dass ein eingehendes Studium der dortigen Verhältnisse ausgeschlossen war. Bei dem flüchtigen Besuch flössten mir die Gesteine, welche die Spatheisen- steinlagerstätten der Bindt umschliessen, ein besonderes Interesse ein, da unter denselben gelbe und grüne Schiefer eine sehr wichtige Rolle spielen, welche den von mir früher beschriebenen !) Schiefern bei Holzappel, Wellmich, . Werlau, Mitterberg und Agordo äusserlich ganz ähnlich sehen. Der Umstand, dass in der Bindt, ebenso wie bei den genannten Orten Lagerstätten bebaut werden, welche bald als Lager, bald als Lagergänge gedeutet sind, "liess es mir besonders wünschenswerth erscheinen, auch die Bindter Gesteine genauer zu untersuchen. Die erzherzogl. Cameraldirection in Teschen kam meinem Wunsche dadurch gütigst entgegen, dass sie mir, unter Hinzufügung beistehenden Profils, eine Gesteinssuite übersandte, welche das Material zu den folgenden Unter- suchungen lieferte. Die zugehörigen chemischen Analysen sind sämmt- lich von Herın Dr. Sommerlad im Laboratorium der königlichen Bergakademie zu Clausthal ausgeführt. Der Kalk Nr. 1 ist ganz dicht, bis sehr fein- krystallinisch, hat einen matten oder krystallinisch schim- mernden Bruch und röthliche (Eisenoxyd) bis weisse Farbe. Intensiv roth gefärbte Partien des Kalks und Trümmer von weissem krystallinisch körnigen Kalkspath durch- ziehen das Gestein aderartig. Der rothe Schiefer Nr. 2 gibt beim Anhauchen Thongeruch ; er hat eine dunkelbraunrothe Farbe, erdigen Bruch und wird von schmalen, Chlorit, Quarz und Carbonat (Dolomitspath) enthaltenden Trümmehen durchzogen. Die vereinigte mikroskopische und chemische Analyse des Gesteins zeigte, dass dasselbe keine klasti- schen Gemengtheile besitzt, sondern aus Kryställchen und krystallinischen Körnern folgender Mineralien besteht: Serieit?), Quarz, Dolomitspath, Chlorit und Titan- eisen. Ein vielleicht amorphes Eisenoxydpigment (Roth- eisenstein) färbt das Gestein braunroth. Der Sericit bildet in Gestalt eines filzigen Gewebes die Hauptmasse des Gesteins. Die einzelnen gerade auslöschenden Fäserchen haben meist nur 002 Millimeter Länge; selten heben sich grössere Kryställchen von 0'04 Millimeter Länge und 0:005 Millimeter Breite hervor. | !) S. Neues Jahrb. f. Mineralog. ete., pro 1882, II. Beilageband pag. 72 ff. — Jahrb. d. k. k. geolog. Reichsanstalt. 1883, pag. 397. ?) Serieit nenne ich hier alle kryptokrystallinischen feinschuppigen bis feinfaserigen Mineralmassen von der chemischen Zusammensetzung des Kaliglimmers. Ben [3] Ueber die Gesteine der Bindt in Ober-Ungarn. 665 Der Quarz und der Dolomitspath sind in dem filzigen Sericit- gewebe sehr ungleichmässig vertheilt, und zwar einestheils in Form einzelner, rundlicher .oder unregelmässig eckiger Körnchen (0:04 bis 0:05 Millimeter Durchmesser im Durchschnitt) oder krystallinisch körniger Aggregate, anderentheils in Form kleiner regellos verlaufender Trümmcehen. Der Chlorit findet sich vorwiegend mit Dolomitspath verwachsen in isolirt liegenden, ganz klaren, rundlichen bis länglichen Partien von im Durchschnitt 0:6 bis 0'7 Millimeter Grösse. In letzteren liegen viele nadel- oder leistenförmig gestaltete Krystalldurchschnitte eingebettet, welche bei Anwendung auffallenden Lichtes schwarze Farbe und metal- lischen Glanz zeigen. Etwas kleinere Krystalldurchschnitte, oder auch körnige Massen von derselben physikalischen Beschaffenheit sind in der Hauptmasse des Gesteins vielfach zu finden. Da sich diese Kryställehen und Körnchen beim Kochen der Sehliffe mit Salzsäure nicht lösen, sind sie, mit Rücksicht auf einen Titansäuregehalt des Gesteins, als Titaneisen anzusprechen. Das in kochender Salzsäure vollständig lösliche Eisenoxyd- pigment ist in dem Gestein ziemlich gleicehmässig vertheilt. Einzelne, etwa 0'5 Millimeter grosse Flecken sind bis zur Undurchsichtigkeit ge- färbt; aus der dunkel braunrothen Masse derselben leuchten bei An- wendung durchfallenden Lichtes ganz klare Sericitfäserchen , sowie Dolomitspath- und Quarzkörnchen hervor. Andererseits finden sich aber auch Stellen, welche, wie oben bereits erwähnt, ganz frei von Pigment sind. Unter diesen, im gewöhnlichen Lichte wasserklaren Stellen interes- siren solche von länglich rechteckiger Gestalt (016 Millimeter lang und 0:03 Millimeter breit) dadurch, dass dieselben im polarisirten Lichte ganz verschwinden, indem sie sich ebenso, wie die Hauptmasse des Gesteins zusammengesetzt zeigen. Es ist fraglich, ob diese Gebilde Pseudomorphosen sind. Das Pigment erscheint, selbst bei Anwendung stärkster Vergrösse- rung, aus winzigen, rundlichen Körnchen gebildet; nur da, wo in den wasserklaren Partien des Gesteins röthliche Flecken bemerkt werden, zeigt es die Form krystallinischer Blättehen (Eisenglimmer). Die chemische Analyse des Gesteins Nr. 2 ergab: alzsäure | [u Salzsäure Für sich in Zn Senueere | Ynliiisner | gmsonderen | ame a4 te _ | stimmt E Kieselsäure .. .. . | 081 47:08 — 4789 iRhonerde .. ..°. 2... | 149 18:27 — 19:76 Binenoxyd . ....% 521 2:03 _ 724 Eisenoxydul. ... . | — 1:30 —— 1'30 KENT ie | 3:93 026 _ 4-19 BERNER. 0 Saar: N 3:53 1:36 — 4:89 TEE Po = — 411 | 411 Amon NR ar _ — 1:20 1:20 MMasseri si. una = _ 2:49 2:49 Kohlensäure. . . . . _ _ 7:02 | 7:02 Plansaure /. . » — | — 0:21 021 Summa u | 100°30 spec. Gewicht —= 2'847. Jahrbuch der k. k. geol. Reichsanstalt. 1885. 35. Band. 4. Heft. (A. v.Groddeck.) 85 666 A. v. Groddeck. [4] Daraus lässt sich unter Zugrundelegung der durch das Mikroskop erhaltenen Aufschlüsse folgende Mineral-Zusammensetzung berechnen: Rother Schiefer Nr. 2. | | Si % Al,O, | Fe,0, | FeO| Ca0 |MgO| K,0O\Na,0), 3,0 00, Ti 0, |Summa | Serieit') 2 33 1941| 2:22 ‚026 4'1111'20 242 53.95 Chlorit?) . 1'82| 1:06 1:30 1'36 | 074 6:28 Quarz 221074 2174 Eisenoxyd (Pigment) . Bl | 521 Dolomitspath ‚3'9313°53 697 14:43 Titansäure d. Titaneisens | Var Differenz . . —0'71)—0:19 | | - —0'67/+0'05 —152 Summa . . 47:89 19:76 724 ‚1:30 419,489 4-1111'20] 2:49 | 702 ‚021 100'32| Procentische Zusammensetzung des: Sericits Clorits Dolomitspaths 4511 80, 28:98 SO, 27:24 CaO 35:98 4,0, 16:88 41, 0, 24-46 MgO 411 Fe,0, 20:70 FeO 48-30 00, 0:48 (a0 21:66 MO 7000 7:62 K,O 11:78 H,O 90, NO TE TE 4:48 H,O 100:00 Rothes Conglomerat Nr. 3 Dasselbe enthält sehr viele kleine, gelb bis röthlich gefärbte, serieitisch glänzende Schieferstückchen, ferner Bruchstücke eines dichten, hellgrauen, bis jetzt nicht näher bestimmten Gesteins und sehr vielen klaren Quarz, in bis haselnussgrossen Partien, von welchen es mir sehr zweifelhaft erscheint, ob es Geschiebe oder Ausscheidungen sind. Damit ist, nach dem Eindrucke, den ich von diesem Conglomerat bei meiner Anwesenheit in der Bindt hatte, die Zahl der in dem Gestein enthaltenen Geschiebe ete. noch nicht erschöpft. Das mir vorliegende beschränkte Material gestattete aber zunächst keine weiteren Unter- suchungen. Sehr interessant ist das intensiv roth gefärbte Bindemittel. Bei Betrachtung mit blossem Auge oder mit der Lupe, .erscheint es stark slänzend , serieitisch und dabei schieferig bis flaserig ausgebildet. — Stellenweise hat es eine grünliche, ehloritische Färbung. Nach Ausweis der mikroskopischen Untersuchung hat das Bindemittel dieselben minera- logischen Bestandtheile wie das Gestein Nr. 2; Serieit, Quarz und ein Carbonat walten vor. '") Nach der Formel 2 H, “= 0: K,0;3..41,0,,6:8:.0 5 5005 KR MEReO, Al 0, 30, [5] Ueber die Gesteine der Bindt in Ober-Ungarn. 667 Die Anordnung der Serieitfäserchen und die Vertheilung eines rothen, aus staubartigen Theilen von Eisenoxyd bestehenden Pigments, sowie schwarzer, metallisch glänzender Partikelchen (Titaneisen). be- dingen die flaserige Structur. — Die einzelnen Flasern zeigen wunder- bar gewundene und gedrehte Formen, wie wenn die ganze Masse einer Streekung unter starkem, aber ungleichmässigen Druck ausgesetzt gewesen ist. Wie im Gestein Nr. 2 finden sich auch in dem Bindemittel ganz klare, vom Pigment nicht berührte Partien, welche vorwiegend aus Carbonat und einem chloritischen Mineral bestehen. Die gelben Schiefer Nr. 5 und Nr. 7. Diese Schiefer sehen den dünnschiefrigen Varietäten des „Weissen Gebirges“ von Holzappel, Wellmich und Werlau, sowie den „Lager- schiefern“ von Mitterberg und den „Weissen Schiefern“ von Agordo ganz ähnlich; sie sind ziemlich dünnschiefrig, haben eine hell gelbliche bis weissliche, oder stellenweise licht grünliche Farbe und enthalten mehr oder weniger reichlich Quarzknauern. Die durch das Mikroskop und die chemische Analyse zu ermit- telnden Bestandtheile dieser Schiefer sind: ein Carbonat (Spatheisen- stein), Serieit, Quarz, Apatit (?), Thonschiefernädelchen (Rutil) und etwas Schwefelkies. Die Erscheinungsweise dieser Mineralien ist wesentlich dieselbe, wie die in den von mir früher beschriebenen gleichen Gesteinen der oben bezeichneten Localitäten und bietet deshalb zu besonderen Bemerkungen keine Veranlassung. Hervorzuheben wäre nur, dass die gelbe Farbe dieser Gesteine von der sagenitartigen Farbe der Thonschiefernädelchen (Rutil) herrührt -— wie die Betrachtung der Schliffe bei auffallendem Lichte lehrt. Die chemische Analyse des Gesteines Nr. 7 ergab: Gelber Schiefer Nr. 7, | : = | Für sich in rn en In Salzsäure D = lönichse Theil An ne Summa EM K BEE _ stimmt ES St Ba A Kieselsäure . . . . . 058 35:09 = | 35°67 Mhonerde ... ... ... 077 12:64 — | 1341 Bnsenoxyd ..... .. 3213 | — — 1:15 Eisenoxydul. . .. . 2146 E= — 2146 Manganoxydul. . . . 1:26 | — _ 1'26 Kal a miierg:. 079 | 0:26 — 1:05 MBERESB .. 2... . 191 | 0:21 — Pay En I a __ _ 3:56 356 Re — =: 0:66 066 || Wassersne: En — | — 149 1:49 | Kohlensäure . .. . — - 16:30 16:30 tansanre: .... .. .. — _ 073 0:73 Phosphorsäure . . . . — | == | 0:22 0:22 | Summa. ,. . We | | 99:08 spec. Gewicht — 3'172. 668 A. v. Groddeck. [6] Daraus ist zu berechnen: Gelber Schiefer Nr. 7. Be: | 50, | 4% 0, |Fe,0,| FeO |Un 0 0a0 \Mg 0, 8,0 Na,0| H,O | 00, |7i 0, P, 0, Sunma | | Spath- | Ve | eisenstein | 21'46/1°2610°79|1°91 16°61 1203 | Serieit . 1933 1580 115 0:21 356.066 1:93 42:64 Quarz . (1634 16'34 Apatit . 0:26 0:22 0:48 Rutil. . ER 0:73 0:73 Reste || 129.39 | 132) 0.440,31 1_3-14 | Summa . B5°67 13°411:15 2146 1:26 105/212 3:560:66| 1:49 16:31/0:73 0:22) 99:08] Procentische Zusammensetzung des: Sericits 2 Spatheisensteins 4533 SCO, 51:06 FeO 37:06 Al, 0; 2:99 MnO 2:69 Fe, O5 1:88 CaO 0:49 MgO 4:55 MgO 835 K,O 39:52 00, 155 Na,O0 i 4:53 H,O 10000 100°00 Die schwarzen Schiefer Nr. 9 und Nr. 10. Die schwarzen Schiefer haben das Ansehen der sogenannten Gangthonschiefer des Oberharzes, der Lahngegend ete. Zwischen den gsewundenen Blättern dieser Schiefer finden sich Spatheisenstein und Kupferkies in Knauern und Adern. Im höchsten Grade überraschend ist das mikroskopische Bild dieser Gesteine. Als Bestandtheile lassen sich einzig und allein auffinden: Quarz, Serieit, ein Carbonat, Thonschiefernädelehen (Rutil) und ein kohliges Pigment, welche sämmtlich in der gewöhnlichen, schon oft beschriebenen Erscheinungsweise auftreten. Das Ueberraschende liegt darin, dass durch die Anordnung des kohligen Pigments eine ausserordentlich feine und zierliche Fältelung des im Wesentlichen aus einem äusserst feinkörnigen Quarzaggregat mit Serieit bestehenden Gesteins hervortritt. Man erkennt dieselbe bereits bei Betrachtung der Schliffe mit der Lupe; unter dem Mikroskop tritt sie natürlich kräftiger hervor. | [7] Ueber die Gesteine der Bindt in Ober-Ungarn. 669 Die chemische Analyse ergab folgende Resultate: Schwarzer Schiefer Nr. 9. % | In Salzsäure | Für sich im | A Stasture, Niniieicher” | oesonderen | Suunma | stimmt Kieselsäure . ... . | 0:46 60:30 — 6076 I'honerden....... . _ 18'26 — 18'26 Brsenoxyd... 0... | 0'96 154 25 2:50 Eisenoxydul. ... . 1:50 _ — 1:50 Manganoxydul. . . . —_ 1:38 _ 1:38 Berale.” ... u... 25 045 —_ | 2:60 Magneia’. . .ıs. 4 131 1:54 — 2:85 ITS NER a RR A er — _ 3:29 3:29 Nato ns = —_ 0:10 0:10 Blasser.. 4 ge = | = 1'95 1'95 Kohlensäure... . . — — 347 347 Bitansaure nee. —_ | _ 0:32 0:32 Schwelele Ma... _- — 0:35 0:35 Kohlenstofe..: . „u; — | _ 025 0:25 | Summa. .. 99:58 spec. Gewicht = 2'822. Schwarzer Schiefer Nr. 10. | 2. | In Salzsäure Bu ana } Zn tzeiee, | Tulinener” | Terenderen | Summa gr REN a r | bestimmt ee Bieeläure 5 0:22 | 7221 S 12:43 Bfhonerde 2.2... r, 041 13:89 _ 14'30 Bisenoxyd- u... | 133 124 _ 2:97 | Eisenoxydul. .... 141 — Eu 721 Manganoxydul. .. . 0:23 O1l — 034 Ban Mn, | 0:23 0:27 _ 050 Masnema sd. :..;; 023 034 —_ 0:57 ESEI ER r | _ _ 374 374 INAITOnE Tr — —_ 078 0:78 Wasser. . EEE — — 1'86 | 1'86 Kohlensäure. . . . . e_ _ 1:59 1:59 INitansäure u. 00% — — 034 0:34 Schwefel ©... .%.... _ — O11 In 0.11 Kohlenstot 0... — — 045 045 Summa. .. j 100:99 spec. Gewicht = 2'794. Nach Abzug des Schwefelkieses (berechnet aus dem Schwefel und dem im löslichen Theil befindlichen Eisen), des Rutils, Kohlen- stoffes und des Carbonats (berechnet aus der Kohlensäure und den im löslichen Theil befindlichen Basen) bleibt — entsprechend dem Ergebnisse der mikroskopischen Analyse — ein Gemenge von Serieit und Quarz übrig. ; Im. 670 A. v. Groddeck. [8] In diesem verhält sich: Ä Rt): Al hei. N2:9. 2 757,0:22 02036 03863 1:05 1 1:94 rund: -... ih 1 2 bei. Nr; 10.32.0288 01342 0 3081 156 1 2:29 tund. . „15 1 2 Diese Verhältnisse entsprechen zwar nicht scharf der idealen Kali- &limmerformel, aber wohl den Resultaten der bekannten Kaliglimmer- analysen. 2) Wird unter der Annahme Al:Si?=1:1 der Kieselsäure- gehalt des Serieits bestimmt und dieser bei den Berechnungen der Analysen der Schiefer Nr. 9 und Nr. 10 zu Grunde gelegt, so erhält man die folgenden Resultate: Schwarzer Schiefer Nr. 9. | sio, | 42 0, [7605| Fe 0 Un 0| Cao 121.01 %,0 Na,019,0| 00, |Ti0,| Ss | © |Yumma Carbonat | ide, mans 381.0 839 Sericit . 23'16.18'26 2'50 ı1'3810°45 154 3:29 0:10|1°95 5263 Quarz . 3760 | | 37:60 Rutil-, 0:32 0:32) Schwefel- kies. . | IR | 0:35 0,65 Kohlen- | so. | | 05 025 Differenz + 0:08 —0'34 | —0'34 Summa . |60'76|1826]250] 150 |1'38 26012-851329 0:1011'95| 347 |0:3210:35|0 25| 99:58) Procentische Zusammensetzung des: Sericits Carbonats (Braunspath) . 44:01 0; 13:35 FeO 34:69 Al,O; 2563 (a0 475 Fe, O; 15:61 MgO 086 (a0 4541 00, 2:92 MgO 100:00 2:62 MnO 625 0 0:19 Na,O 371.920 100:00 ') Zu dem Kalium sind Natrium, Mangan, Caleium und Magnesium ('/,; RU) zu dem Aluminium das Eisen des Eisenoxyds hinzugerechnet, ?) Vergleiche Ramelsberg, Mineralchemie, [9] Ueber die Gesteine der Bindt in Ober-Ungarn. 671 Schwarzer Schiefer Nr. I0. Si 0, | Al,O; 2 Fe oO Jam 0| 0a0|Mg 0| &,0 |Na,0| 8,0| co, |no,)| Ss | © | Summa Carbonat 130 ‚0 23/0'23/0°23 1'36 335 Serieit . 11847 14 302'57 0:11/0 27/034 3'74078 1:86 42:44 Quarz .153'96 53'96 Rutil. . 0:34 0.34 Schwefel- kies. .| D11Ro) | o1l 0:20 Kohlen- stoff... 0:45 045 Differenz + 0:02 +0'23 + 0'25 Summa . 72:43. 14:32:57, 1'41 |0'34.0°50 0:57 374 078 1'86 1:59 0:34 0-11 04510099 Procentische Zusammensetzung des: Sericits Carbonats 43:52 SiO, 687 CaO 3369 41,0; 6'86 MgO 606 Fe, 0; 6'386 MnO 0:64 (a0 38:81 FeO 0:80 MgO 40:60 00, 0:26 MnO 10000. 1404: 881 RO 1'84 Na, O . 433.050 10000 Die grünen Schiefer Nr. 4 und 6. Diese Gesteine sind feinschuppig, haben einen an dichten Chlorit- schiefer erinnernden Glanz und eine hell graugrüne, stellenweise etwas röthliche Farbe; sie werden von Adern eines Carbonats durchzogen. Die nähere Untersuchung mittelst des Mikroskops und der che- mischen Analyse ergab, dass die Gesteine Nr. 4 und Nr. 6 folgende Mineralbestandtheile enthalten: . Ein Carbonat von der Zusammensetzung 4 Ca 00, + (Fe Mg) CO, ; 2. Chloritoid ; 3. Quaız; 4. Plagioklas (Albit); 5 6 m . Titaneisen z. Th. in Titanit (Leukoxen) umgewandelt ; . Eisenoxyd. Chloritoid — (im gewöhnlichen Lichte hellgrün, zwischen gekreuzten Nieols dunkelbräunlich bis schwärzlich und beim Drehen des Präparates nur geringe Unterschiede der Helligkeit zeigend und deswegen oft fast anisotrop erscheinend) — bildet in dem mikroskopischen Bilde den auf- fallendsten Bestandtheil. — Die einzelnen, meist lappigen Blättchen desselben vereinigen sich zu einem vielfach zerrissenen, sehr gross- maschigen Netzwerk, in dessen Zwischenräumen Carbonat, Quarz und Plagioklas liegen. Das Carbonat erscheint theils in einzelnen scharf be- srenzten Rhomboederdurchschnitten, theils in krystallinischen Körnern und körnigen Aggregaten regellos durch das Gestein zerstreut. Quarz 672 A. v. Groddeck. [10] und Plagioklas (Albit) sind äusserst feinkörnig (0'01—0'02 Millimeter gross) ausgebildet. Ziemlich gleichmässig durch das ganze Gestein vertheilt, oder auch stellenweise vorwiegend an Chloritoid gebunden, treten in Körnchen und Blättchen, welche entweder ganz vereinzelt liegen oder sich zu aderförmigen Partien aggregiren, Titaneisen (schwarz) und Eisenoxyd (roth durchscheinende Blättchen) auf. Das Titaneisen ist mehr oder weniger vollständig in Titanit (Leu- koxen) umgewandelt. Thonschiefernädelchen fehlen diesen Gesteinen gänzlich. Die chemische Analyse des grünen Schiefers Nr. 4 ergab: a ET T—— —— —— zn Für sich in Tr Salze In Salzsäure | Jöslicher Phil malbslicher en Summa ERBE RSS REN N er Kieselsäure . . . . - | 1:01 39:87 == 40'883 Tihonerdor. A. %. 149 12:96 _ 1445 Eisenoxyd .,; ©... _ 070 —_ 070 Eisenoxydul. ... . 2:25 2:57 —_ 4'82 Kalk: 0.9.8: ER Re 14:08 089 — | 14'97 Magnesiaı 7. Manaıa% f 1:28 4:15 — 543 Kal ra EIER _ —_ 043 043 Natronsauees Ir Ann — — lei) 121% Wasser: a = — 2:82 2:82 | Kohlensäure. . . . - — _ 141 14:10 Ttansanton er: _ = 0:60 0:60 | Summa. .. | | 100'37 | spec. Gewicht = 2'714. Aus dieser Analyse: lässt sich die mineralogische Zusammensetzung des Gesteins wie folgt bestimmen : Si0, | 47,0, |Fe0, Feo| Ca0 |ug 0| &,0 |Na,0| 3,0 | CO, |750;| Yumma- Plagioklas !) (Albit). . . . || 843] 24l | 043/117 12:44 | Chloritoid*).. . || 8:36] 14:32 2:37 '4:15 2:64 32:04 Quarz. 2... .124:09 24:09 Carbonat\......, 2251408 1'28 13'83 3144 Titaneisen, Tita- | nit, Eisenoxyd 070 0:89 060) 2:19 Differenz . . . —228 +0'18140'27 I Summa . . 40'88| 14°45/0'70 4821497 5:43. 0°43 1°17| 2:82 14:10/0°60|100°37 Procentische Zusammensetzung des: Plagioklases (Albit) Chloritoids Carbonats 6777 SO; 26:09 870, 716 FeO 19:37 41,0, 44:69 Al, 0, 4:07 MgO 9:40 Na, O 803 FeO 44:78 (a0 3:46 K,O 12-95 MgO 43:99 00, 100:00 8:24 H,O 100:00 100°00 1) (Na, 0, K,O), Al, 0,, 6 SiO,. 2) H,O, (FeO, Mg0Ö), Al, 0, Si0,. 2 ae ö 11 1] Ueber die Gesteine der Bindt in Ober-Ungarn. 673 Der Schiefer Nr. 11 steht seinem ganzen Verhalten nach in der Mitte zwischen den gelben Schiefern Nr. 5 und 7 und den grünen Schiefern Nr. 4 und 6. Die Farbe ist theils hellgrün, theils hellgelb. Unter dem Mikroskop unterscheidet man: ein Carbonat, ein chlori- tisches Mineral (Chloritoid ?), Serieit, Quarz und zu Titanit (Leukoxen) umgewandeltes Titaneisen,, welches letztere in ziemlich grossen, rund- lichen oder länglichen, oft wie zerborsten aussehenden isolirt liegenden gelben Flecken von unregelmässigen Umrissen, im Gestein zer- streut liegt. Das Auftreten des Serieits und das Fehlen des Plagioklases nähert das Gestein den gelben Schiefern, seine mehr in’s Grüne spielende Farbe und das Fehlen der Thonschiefernädelchen dagegen den grünen Schiefern. Das grüne Gestein Nr. 12. Die mir vorliegenden Stücke dieses Gesteins zeigen keine Schiefer- struetur, sondern ein mehr massiges Gefüge. Das Gestein, in welchem sich grosse, unregelmässig gestaltete Ausscheidungen von weissem Kalkspath und röthlich gefärbtem Quarz finden, erinnert seinem Aeusseren nach wohl an ein Eruptivgestein (dichter Diabas). Die durch das Mikroskop wahrzunehmenden Structurverhältnisse können allein nicht entscheiden, sprechen aber wenig für die Richtigkeit einer solchen Auffassung. Nur durch eine detaillirte geognostische Aufnahme wird die wahre Natur des Gesteins ermittelt werden können. Als Gesteinsbestandtheile lassen sich mittelst des Mikroskops und der chemischen Analyse erkennen: Plagioklas (Orthoklas)?, ein chlori- tisches Mineral (Delessit), Quarz, Carbonat (Kalkspath), Rutil, Titanit (Leukoxen) und Titaneisen. Die vier zuerst genannten Mineralien bilden ein sehr gleich- mässiges feinkörniges Gemenge, welches nur stellenweise grob- körniger wird. Klare, grössere, deutlich gestreifte Plagioklaskörner,, welche ver- hältnissmässig recht selten zu finden sind, zeigen eine Auslöschungs- schiefe von circa 18°. Meist ist der Feldspath sehr trübe, erfüllt mit lauter kleinen, gewöhnlich parallel gelagerten Fäserchen und dabei nur andeutungs- weise gestreift. Das chloritische Mineral (Delessit), Quarz und Carbonat zeigen die gewöhnlichen Erscheinungsweisen. Jahrbuch der k. k. geol. Reichsanstalt. 1885. 35. Band. 4. Heft. (A. v. Groddeck.) 86 674 A. v. Groddeck. [12] Die chemische Analyse des Gesteins Nr. 12 ergab: | = | In Salzsäure | Für sich in Amelie, | Tuilekeher” | hesmnderen | summa | = | bestimmt | Kieselsäure .. .. . 072 44:99 —_ 4571 | Thonerde: "SU uR 0:09 15'53 _ 15'62 | Bisenoxyd. Sch iin. 1'45 | 281 | — 396 ı Eisenoxydul. ... . — 6.49 — | 6.49 Kalk: SEHR RE 650 1:97 _ 847 Masnesia Drau | 060 645 705 Kal me TS, | - — 029 0:29 Natron, en a — — 1:67 1:67 Wassers a | — — 518 518 Kohlensäure... . .| — — 544 544 Titansaure ee | == — 0:22 0:22 Summa. . .| | | 100.10 spec. Gewicht — 2'797. Berechnet man die Analyse, nach Anleitung des Resultats der mikroskopischen Untersuchung auf den Gehalt an Kalkspath (650 Ca 0 + 0:60 MgO + :,:16 CO,) und Feldspath, letzteren unter Zugrunde- lesung von 0'29 A,0 und 1,67 Na,0 nach der bekannten Formel R" (Al,) Si,O,, so bleibt ein Rest, welcher einem Gemenge von Delessit (H,. (Fe Mg Ca), (Al Fe), Si, O,,) Quarz und Titanmineralien entspricht. Es ergibt sich: Grünes Gestein Nr. 12. Si0, | 4,0,| F,0, | FeO| Ca0 |31g 0| K,0|Na,0| M,O | co, |7:0,| Summa Fellspath . . (| 9:69] 2:76 | ve | | | (Albit u. Ortho- | KR. N 1584 klas?) 1:11| 0:32 | 029 | 541) 463 649 er | 2:02 } 922| 791 | Zilk 345 x "211 2:81 1:97 079 Qnarz , Aer LTR | | 1772 Kalkspath. . . | | 6 50/0°60 576 12:86 Titansäure der | | Titanmineralien | | | | v- 0:22 Differenz . . . | +0°55 —1:241-0:32 0 Summa . . 4571 15:62] 396 6:49 847 7:05/0:29.167| 518] 5:44 |0,22|100:10 Procentische Zusammensetzung des Delessits. 3156 & O0, 23:02 Al,O; 626 Fe ,0; 1191 FeO 362 Ca O 1184 Mg O 11:79 1,0 100°00 [13] Ueber die Gesteine der Bindt in Ober-Ungarn. 675 Die Titansäure des Gesteins ist in dem Titaneisen, Rutil und Titanit (Leukoxen) nachweisbar enthalten. Das Titaneisen erscheint in Form schwarzer, metallisch glänzender, in Salzsäure unlöslicher Körnchen. Rutil findet sich in isolirt liegenden, klaren Nädelchen (0°1 Milli- meter lang, 0'02 Millimeter breit) und Körnchen von lebhaftem Glanz, starkem Brechungsvermögen und gelblicher bis bräunlicher Farbe. Diese Nädelehen und Körnchen sind zum Theil in eine trübe, wachsgelbe Substanz (Leukoxen) umgewandelt. Durch eine Thoulet’sche Lösung von 3'14 specifischem Gewicht kann man die Titanmineralien von den übrigen Gesteinsbestandtheilen trennen. Die chemische Prüfung einer mittelst der Thoulet’schen Lösung erhaltenen 0'054 Gramm schweren Probe ergab neben etwas Kieselsäure nur Titansäure, Kalk und Eisen. Sehr interessant ist es, dass sich ebenso wie in den von Kal- kowsky!) beschriebenen Amphiboliten des Eulengebirges und in den von Sauer?) geschilderten Amphiboliten des sächsischen Erzgebirges auch in dem grünen Gestein (Nr. 12) von der Bindt klare, als Olivin (Kalkowsky) oder Titanit (Sauer) gedeutete Mineralkörnchen finden, die zu rundlichen und länglichen Häufchen gruppirt sind oder die Rutile kranzförmig umgeben. Die Erscheinungsweise dieser Mineralkörnchen in dem Bindter Gestein entspricht genau den von Kalkowsky und Sauer gegebenen Beschreibungen und Abbildungen. Versuche, das fragliche Mineral zu isoliren und durch chemische Analyse zu bestimmen, hatten keinen Erfolg. Olivin ist es keinesfalls, denn bei Behandlung der Schliffe mit warmer Salzsäure bleibt es ganz unverändert. Der Deutung der Mineralkörnchen als Titanit widersprechende Beobachtungen wurden nicht gemacht. Ein Umwandlungsproduct des Rutils sind sie aber schwerlich, da letzterer sich zu wachsgelben, trüben Leukoxen umwandelt und ein Abhängigkeitsverhältniss der klaren Mineralkörnchen vom Rutil nicht vorliegt; sie verbreiten sich ganz unabhängig vom Rutil und zeigen Formen, welche auf die des Rutils nicht zurückführbar sind. Die Struetur der Bindter Spatheisenstein-Lagerstätten ist eine durchaus massige. Der Spatheisenstein hat eine hell gelbliche Farbe und gross- blätterige Beschaffenheit; er ist reichlich mit Quarz verwachsen und führt stellenweise Kupferkies; auch Fahlerz ist vorgekommen. Die mineralogische Beschaffenheit erinnert so an die der Sieger- länder Spatheisenstein-Lagerstätten, dass ich mich vor den Abbaustössen der Bindt in das Siegerland versetzt zu sein glaubte. Eine bemerkenswerthe Abweichung liegt aber in dem sporadischen Auftreten von Turmalin innerhalb des Spatheisensteins der Bindt und der benachbarten Gruben. :) !) Die Gneissformation des Eulengebirges. Leipzig 1878, pag. 37. Taf. I, Fig. 9. ?) Neues Jahrb. f. Mineralogie etc. 1879, pag. 574. ®) Vergl. G. v. Rath, Bericht über eine geologische Reise nach Ungarn. l. e., pag. 9. 86 * 676 A. v. Groddeck. Ueber die Gesteine der Bindt in Ober-Ungarn. [14] Der Turmalin von dunkler Farbe erscheint in Form kleiner nadel- förmiger Krystalle im Spatheisenstein und Quarz eingewachsen. Das Vorkommen erregt grosses Interesse, weil es in erzführenden Lagerstätten recht selten ist. !) Die im Vorstehenden geschilderten, dem Devon zugerechneten Gesteine haben einen von dem normalen Verhalten paläozoischer Schichten sehr abweichenden Habitus, welcher berechtigt, dieselben als metamor- phische zu bezeichnen. Die Untersuchung derselben soll einen Beitrag zur näheren Kennt- niss solcher metamorphischen Schichten liefern, welche Erzlagerstätten einschliessen, die als Lagergänge bezeichnet werden. ') Mir ist Turmalin von folgenden Erzlagerstätten bekannt: Grube Zemberg bei Dobschau (Berg- und Hüttenm. Zeitung, 1861, pag 151); Beresowsk und einige andere Gruben des Ural (G: Rose, Reise nach dem Ural. I, pag. 190, 437. II, pag. 502 und 503); westliches Ufer des Kravik-Fjord in Norwegen, (Zeitschr. d. d. geol. Gesell- schaft, Bd. 23, pag. 269 und 391); Illampu in Bolivia (Neues Jahrb. f. Mineralogie etec., 1866, pag. 83) und einige Zinnerzlagerstätten (Neues Jahrb. f. Mineralogie. 1854, pag. 787. Zeitschr. d. d. geol. Gesellschaft 1884, pag. 642). Kritische Beiträge zur Kenntniss des Torfes. Von Dr. J. Früh, Cantousschullehrer in Trogen (Appenzell). Mit einer lithogr. Tafel (Nr. XII). Die folgenden Mittheilungen stützen sich auf die Untersuchung von über 100 Torfproben aus der Schweiz, Böhmen, Ostpreussen, Sachsen, Mecklenburg, Oldenburg, Hannover, Holland und Frankreich durch ca. 1600 in Wort und Skizze protokollirte Präparate. A. Brackwassertorf? In den „Archives neerlandaises des sciences ete., Taf. XII, pag. 466 ff., Harlem 1878“ hat Herr Dr. Seelheim eine interessante Studie veröffentlicht über die „zourbieres deau saumätre“. Der betreffende Torf oder „Derrie“ findet sich auf den Inseln Walchern, Zuid Beveland, Tholen und Schouwen im Mündungsgebiet der Schelde und des Mervede unter folgenden, nach brieflichen Mittheilungen des Autors ergänzten Lagerungsverhältnissen : 1. 1—4 Meter Sand und Thon mit marinen Mollusken, Foramini- feren und Schwammnadeln (Zeeklei = Meeresthon der holländ. Geologen ; conf. Posthumus und van Bemmelen, Atlas van Nederland, twede Druk Amsterdam 1881, Nr. 2 und 20). 2. 1—1'5 Meter Torf, dessen Oberfläche nirgends den normalen Stand des Seespiegels erreicht, sondern meist 2—3 Meter A.P. (unter dem Amsterdamer Pegel) liegt. 3. Eine dünne Lehmschicht mit „cogwilles marines“. 4. Flugsand des Diluvium, zu oberst mit etwas jüngerem Material vermischt, in welchem marine Spongiennadeln und Diatomeen vor- kommen. A: Es soll dieser ziemlich aschenreiche Torf seines Salzgehaltes wegen daraufhin ausgelaugt worden sein und vorherrschend aus Arundo Phragmites L. bestehen, während Carex- und Juncus-Arten nicht ge- funden wurden; dagegen zeigen sich im Sand des Liegenden Aeste und Zweige von Bäumen (Coniferen u. a.) eingeschwemmt. Jahrbuch der k.k. geol. Reichsanstalt. 1885. 35. Band. 4. Heft. (J. Früh.) 678 | J. Früh. [2] Es handelte sich offenbar zunächst darum, den Nachweis für die brackische Lebensweise des Schilfrohres zu liefern. Der Autor weist hin auf die üppigen, bis 3 Meter hohen Phragmites in Canälen, z. B. dem neuen Nordseecanal bei Velzen, dessen Wasser etwa 30°/, Meerwasser, also ein Drittel des Salzgehaltes der offenen See enthält. Da die chemische Analyse jener Riesenhalme einen überwiegenden (sechsfachen) Gehalt an Natrium und Chlor aufweist gegenüber den Binnenlandpflanzen, die daselbst kaum 1 Meter hoch werden, so erblickt Seelheim in dem Drittel des Salzgehaltes einen günstigeren Einfluss aufdas Wachsthum des Schilfrohres als im süssen Wasser, und wird so veranlasst, jene grossen Formen als Brackwasserformen aufzufassen. Da sich ferner im Canal bei Velzen die Neubildung des Derrie aus Phragmitesresten beob- achten lässt, und zwar in einer Form, welche sich von der seeländischen Torfschieht gar nicht unterscheidet, der bedeutende Salzgehalt dieser letzteren ein Factum ist, grössere Hebungen und Senkungen aber nicht anzunehmen sind, so wird Seelh eim dazu geführt, jenen seeländischen Derrie als „Brackwassertorf* zu bezeichnen. Seelheim denkt sich den Torf auf Alluvium der Flüsse entstanden, welches seewärts nach und nach durch eine Dünenkette so geschützt wurde, dass Phragmites waldartig vegetiren konnte, indem das wenige durch Dünenlücken (zum Theil Flussmündungen ) hereintretende Seewasser das Gedeihen des Röhrichts förderte. Als sich aber die Flussarme (Flussmündungen ?) erweiterten und der Salzgehalt zunahm, wurde die Vegetation erdrückt und mit Meeresalluvium zugedeckt, das erst durch Eindeichung vom benetzenden Element getrennt wurde. Diesen Erörterungen ist nun entgegenzuhalten, dass das Schilf- rohr in Binnenlandgewässern ebenso kräftig vegetiren kann; so erreicht es z.B. am Bodensee 2:7 Meter. Dass der Salzgehalt sich auch durch spätere Infiltration aus dem Hangenden erklären liesse; denn der Boden der Brackwasserbuchten und des Meeres hat wohl durchschnittlich den- selben Salzgehalt wie das betreffende Wasser. Herr Prof. Dr. van Bemmelen theilt mir auf Grund zahlreicher Analysen gütigst folgende Ergebnisse über Chlorgehalt mit: Nordsee 1'9 Procent; Zuidersee 0:6 Procent; Thon des Bodens, des (nun ausgetrockneten) Y = 0'4 bis 0:7 Procent; „Soussol“ (ebenfalls Thon) des Y = 0:37-—-0'65 Procent; Torf im Boden des Y = 0:34 Procent; Torf in einer Tiefe von 1'5 Meter unter dem Y = 0°57 Procent. Dass Phragmites salziges Wasser bis auf einen gewissen Grad ertragen kann, lehrt dessen allgemeine Verbreitung an den deutschen und dänischen Küsten und den betreffenden Canälen. Auch ist bekannt, dass es in den Marschländern zum Theil allein den Darg gebildet hat. Ob es bis auf 20 Kilometer Entfernung von der jetzigen Küste fort- kommen könnte, wie dies nach den Fundorten im Seeland thatsächlich der Fall war, hat man allerdings gegenwärtig keine Gelegenheit zu beobachten. Es dürfte daher eine eingehende mikroskopische Analyse der Pflanzenreste ebenso gewichtig erscheinen, als die chemische Analyse des Torfes und des brackischen Schilfrohres. Leider hat mir Herr Dr. Seelheim bis heute keine Probe des seeländischen Torfes verschaffen können, dagegen zwei Muster von frischem „Brackwassertorf* von Nykerk te er a. Da ee [3] Kritische Beiträge zur Kenntniss des Torfes. 679 (südl. der Zuidersee), „der mit süssem Wasser nur durch Regen in Berührung kommt“. Ich fand folgende Zusammensetzung: 1. Grössere Probe. a) Mit Hilfe der Pincette sortirte Gemengtheile: aa) Vegetabilische: Ein halbes Blatt von Fagus silvatica, mehrere Zweigstücke von Betula, 1—1'25 Centimeter lang; ziemlich viele Rindenstücke von Betula bis 1 Quadratcentimeter gross; Stück eines Blattes von Salix spec.? Zweigstück von Quercus mit Knospen. Ein stark macerirtes, fauliges Stück Tannen- holz. Zweige von Calluna (Erica?) Viele schwarze, glänzende Radizellen von Dicotyledonen (Salix? Vaccinium?) mit viel in Ulmin verwandelten Gerbstoffmassen in Rinde, Mark und Markstrahlen. Ziemlich viele Reste von Phragmites, als: 0:3—2 Centimeter lange Stengelstückchen, meist gespalten oder schief abgeschnitten, selten ein Knotenstück. — Hypneen; Ulva, jung, schön grün. bb) Animalische: Fischwirbel, Cyeloidschuppen von Fischen; Campanularia, lebende Borstenwürmer, Reste von Bryozooen, des Badeschwammes und Foraminiferen. Ziemlich viel Flügel- decken von Donacia und kleine Schnecken, die von Herrn Clessin als die brackische Aydrobia stagnalis var. baltica erkannt wurden. cc) Cokestückchen. b) Feinere Gemeingtheile: Radizellen, Stengel- und Blattreste von Phragmites und anderen Gramineen; dann ziemlich viele Reste (Krümmelchen) von derselben Zusammensetzung wie norddeutsche Hochmoore als: Sphagnum cym- bifolium Ekrh., auch 8. ceymbifolium var. Austini Sulliv., S. cuspidatum Ehrh. in Blatt- und Stengelstücken und Sporen; Radizellen, Rinden- theile und Pollenkörner von Calluna (Erica), Pollenkörner von Betula, Alnus, Corylus, Pinus, Tüpfelzellen von Laubhölzern. Braune Mycel- fäden, wie solche häufig im Haidetorf angetroffen werden. Pilz- und Flechtensporen. Krümelig macerirte Blattstücke von Hypneen. Marine Diatomeen : Coscinodiscus, Actinoptychus ; einige Nematoden, Bruchstücke von Kieselnadeln, die mit denjenigen von Spongilla übereinstimmen. Eingestreut Kieselscheibchen. 2. Kleinere Probe: a) Makroskopisch: Blattreste und 4—5 Centimeter lange Stengel- stücke von Phragmites ; zwei 5 Centimeter messende Stengelstücke von Öyperaceen (Carex), an dem einen Ende verkohlt. Ferner noch folgende kaum angegriffene und eher wie frisch gedörrt aus- sehende Pflanzentheile: 5—6 Centimeter lange Cyperaceenblätter, Stücke von Grashalmen, Rindenstücke von Betula, die Hälfte eines Eichenblattes; ein 4—5 und ein 2'5 Centimeter langes Zweig- stück von @Quercus mit Knospen, ein 3 Centimeter langes Spross- stück von Phragmites ; ein 4 Centimeter langes, mit blauer Oel- farbe bestrichenes, scharf schief abgeschnittenes Stengelstück des Schilfrohrs; ein grösseres Stück einer Rispe, wahrscheinlich von Panicum miliaceum L. 680 J. Früh. [4] b) Unter dem Mikroskop beobachtete ich nebst Blattresten von Phrag- mites, isolirten Netz- und Spiralgefässen und Epidermis von Gräsern und Cyperaceen recht häufig Derivate von Rasen- und Hochmoor- torf, als: ziemlich viele Blattreste und Sporen von Sphagneen, zum Theile schon stark zersetzt, worunter 9. cymbifolium Ehrh. erkannt werden konnte, Pollenkörner von Detula, Corylus, Alnus, Calluna, Pinus; Rindentheile und Radizellen von Calluna, Sporen von Farnkräutern; Gefässreste von Laubholz. Ziemlich viel freie Ulminkügelehen, wohl aus Betula- und Alnusresten herstammend, dann viele braune Mycelfäden. Beide Proben gleichen makroskopisch grobem Häcksel, durchaus nicht einer verfilzten Masse, wie sie ein Arundinetum und der Darg der Marschländer darbieten und sind zum grössten Theile Schwemm- producte aus Mooren,‘ Wald- und Culturgebieten, welche sich, ob- schon an und für sich recht leicht, in dem zwischen Schilfrohrhalmen recht sanft fliessenden Wasser absetzen konnten, woselbst sie sich mit einigen brackischen oder marinen Algen und Thierformen mischten. Es ist deshalb kaum anzunehmen, dass diese beiden Proben füı den seeländischen Derrie typisch sein können. Sollte dies jedoch zu- treffen, so würde er jedenfalls keine autochthone Torfschicht repräsentiren. Daher ist es wohl richtiger, dieselbe vorläufig noch als ein Glied jener echten Landtorf-Formation aufzufassen, welche an der französischen Küste von Biarritz bis zur Somme, an der belgischen, holländischen, deutschen, dänischen, schwedischen, englisch-schottischen und irischen Küste durch Senkung derselben submarin und mit echt marinen Niederschlägen be- deckt worden ist, — bis eine nochmalige mikroskopische Analyse des Torfes verschiedener Fundorte die betreffenden Rasen- und Hochmoor- pflanzen ausschliesst oder denselben als eine allochthone Bildung nachweist. Die scheinbar marinen Torfe sind von Arendts, Ehrenberg, Griesebach, Forehhammer, Schuhmann, Prestel (Der Boden der ostfriesischen Halbinsel, Emden 1870), Geickie (Prehistorie Europe, London 1881), Früh (Torf und Dopplerit, Zürich 1883, ferner im Archiv für Naturgeschiehte von Meeklenburg, Bd. 38, Güstrow 1884) u. A. besprochen und als echte Landtorfe oder Schwemmgebilde nachgewiesen worden. Dessenungeachtet will ich bei dieser Gelegenheit noch einige hierauf bezügliche Untersuchungen mittheilen. a) Holländische Torte, erhalten von Dr. Seelheim: 1. Frischer, noch feuchter Torf von Noordwyk (westl. von Leyden), von der See ausgespült. Rasenmoor: ein Hypneto- Öaricetum; es zeigt viele Radizellen und Hypneenreste; ziemlich viele Reste von Nymphaea, Samen und Blattreste von Menyanthes trifoliata, vereinzelt Pollenkörner von Detula, Nymphaea, Pinus, von Gräsern; einige Nadelstücke von Spongilla. Kieselscheibehen und Schwefeleisen, keine Spur von marinen Einschlüssen. 2. „Unter der Düne bei Oberveen, 1 Meter über dem Wasserspiegel.“ Hellbraun, hart, zeigt mit der Loupe viele u ee [5] Kritische Beiträge zur Kenntniss des Torfes. 681 Quarzkörner und Radizellen von Gramineen, erweist sich bei der mikro- skopischen Prüfung als ein stark zersetzter Torf, wahrscheinlich W ald- torf; grösstentheils zusammengesetzt aus Resten von Laubholz gen. ? von Farnkräutern (Sporangien,, Sporen, Treppengefässe), viele Radi- zellen von Gramineen. In der Asche viel Quarzkörner und Kiesel- scheibehen; er erinnert ganz an Martörw-Sorten. 3. Nieuwe-Diep (de Helder): &) „2, 8 Meter unter der Oberfläche.“ Hochmoor, ein Calluneto- Eriophoreto-Sphagnetum. B) „44 Meter — A. P.“ Ein Rasen- bis Waldmoor, reich an Quarzkörnern und ver- kieselten Zellhäuten von Gramineen (Lithostylidium Ehrb.), zu denen sich Melosirae und Pinnulariae gesellen. Daneben Radizellen, homogen ulmifieirte Holzzellen, Treppengefässe und Sporen von Farnkräutern (wahrscheinlich Pieris aquilina L.), Markstrahlen von Laubhölzern , vereinzelt Pollenkörner von Pinus, Calluna (Erica), Tilia, Sphagnumsporen. y) „U47—8 Meter — A. P.“ Braun, erdig. Viel feinen Quarzsand abgerechnet, besteht dieser Torf aus nicht näher definirbaren Parenchym- und Prosenchym- resten höherer Pflanzen (Gramineen und Cyperaceen),' vielen Radi- zellen, ziemlich viel und mannigfach gestalteten Spongillanadeln, Süsswasserdiatomeen und Desmidiaceen (Pediastrum Boryanım Men.), Holzzellen von Frlices. Es zeigen diese drei Stufen auf eine schöne Weise die Ausfüllung eines wahrscheinlich seichten Strandsees durch Rasenmoor, über welchem sich später ein Hochmoor auflagerte. 4. Darg aus den Wadden zwischen der Insel Ame- land und Friesland. Die noch feuchte Probe ist schwarzbraun, fast papierdünn ge- schiehtet und stellt ein Hypneto-Caricetum dar, welches vor- herrschend gebildet wird aus Hypneen, die oft stark zersetzt sind, dann Radizellen und Pollenkörner von Gramineen; eingestreut sind Pollen- körmner von Pinus, Alnus, Betula, (Quercus? Corylus, Tilia, Sphagnum- sporen. Die zahlreich vertretenen Nadeln von Spongilla und einige Süsswasserdiatomeen wie Pinnularia und Melosira sprechen für eine Bildung in einem stillstehenden oder sanft fliessenden Gewässer. Durch den Contact mit dem Meerwasser erhielt dieser Torf einige Bruckstücke von Üoscinodiscus. Ein Blick auf die geologische Karte von Friesland (van Bemmelen, Blatt 6) lehrt, dass die Insel Ameland früher mit dem Festlande zu- sammenhing und dass der vorliegende Torf durch Bohrung an der Land- seite von Ameland sowohl, als an der Küste von Friesland gefunden wurde. Prestel (l. e. pag. 10 u. 11) sagt: „Darg oder Torf findet sich in Schiehten und Bänken von mehr oder minderer Mächtigkeit unter dem Sand der Dünen und dem Watt eingelagert. Die Dargschichten, welche am Watt liegen, sind eine Fortsetzung der Torflager im Marsch- boden des Festlandes, wie sich dies bei Deichbauten und bei Deich- brüchen überall gezeigt hat“, und pag. 20: „Die Dargschichten, welche Jahrbuch der k, k. geol. Reichsanstalt. 1885. 35. Band. 4. Heft. (J. Früh.) 87 682 J. Früh. 16] sich unter den Dünen der Inseln hindurchziehen und deren Köpfe am Strande nördlich von den Inseln zu Tage ausgehen , sind höchst wahr- scheinlich eine Fortsetzung der Torfschichten im Marschgebiet.*“ Die dünne, dem Dysodil ähnliche Schiehtung (Schieferung) wurde nicht blos durch die zahlreichen Moosblättehen, sondern namentlich durch den Druck des überlagernden Alluviums (Zeeklei) erzeugt, welche an dieser Stelle bis auf die Dargschicht von den Meeresfluthen weg- gespült worden ist. 5. Bohrung aufdem Neumarktin Amsterdam, 47—51 Meter unter der Oberfläche. Ein stark zersetzter, schwarzbrauner , erdiger Torf, welcher na- mentlich Stücke eines Laubholzes enthält und unter dem Mikroskop aus Hypneen, Cyperaceen, Gramineen (Radizellen, Epidermis, grosse Spiralgefässe) und Farnkräutern (Treppengefässe, Holzzellen, Sporen) zu- sammengesetzt erscheint, gemischt mit Pollenkörnern von Pinus, Betula, Almus, Iris Pseudacorus L., einigen Sporen von Sphagnum und einem Blattrest von S. eymbifolium Ehrh., welch’ letzterer indess nicht hindern kann, diese Probe als einem Rasenmoor angehörend zu diagnostieiren. 6. VlakeaufZuid Beveland, 0'4 Meter unter der Oberfläche. Ein schwarzbrauner, stark ulmifieirter Torf, der durch Druck schieferig erscheint. Et besteht fast ausschliesslich aus Radizellen, Zweigstücken, Nadeln und Pollenkömern von Calluna (Erica? Ledum ?), Epidermis- resten von Zriophorum vaginatum , Sporen von Sphagneen mit Pollen- körnern von Corylus, Betula, Alnus, Tilia, braunen für Haidetorf und Moorerde charakteristischen ] Myeelfäden. — Wenig Mineralsplitter, Quarz- scheibehen, mithin ein Hochmoor, und zwar ein ausgezeichnetes Callu- neto-Eriophoretum! Wahrscheinlich ist diese Probe nur die Decke des er Torflagers. . Kampen (Mündung der Yssel in die Zuidersee), 4 Meter — A. P. Stark humifieirt, grösstentheils aus Resten von Farnkräutern (Pieris) zusammengesetzt (Blattreste, Holzzellen, Treppengefässe, sehr viel Sporen), daneben Laubholzreste, Pollenkörner von Pinus, Alnus, Tilia, mehr oder weniger Chitin, Quarzsand und Kieselscheibehen. Rasenmoor bis Waldmoor. 8. Bohrproben aus Leeuwarden. «) Beim Badehaus, 2:25 Meter unter der Oberfläche. In dieser an Mineralsplittern armen und stark vertorften Probe kommen grössere homogene Ulminplatten vor. Sie wird von Resten krautartiger Pflanzen (Blätter, Stengeln, Radizellen) von zarter Structur gebildet, nach den vorhandenen Pollenkörnern zu schliessen, Alisma, Sparganium oder Butomus angehörend; Gra- mineen und Farnkräuter gesellten sich bei; daneben vereinzelt Pollenkörner von Alnus, Betula, Corylus. Rasenmoorcharakter; sehr wahrscheinlich in einem Teich oder Graben entstanden, wofür auch die eingestreuten Spongillanadeln und Colonieen einzelliger Algenformen, sowie das Vorkommen von Melosira varians Ag. und Panzer kleiner Crustaceen sprechen. — Kieselscheibchen. ß) Beim Gerichtshof, 3 Meter unter der Oberfläche. Hochmoor: Callumeto (- Sphagnetum). x) Beim Collegium, 66 Meter unter der Oberfläche. [7] Kritische Beiträge zur Kenntniss des Torfes. 683 In dieser Probe, welche ich einlässlich untersuchte, sind zwei Partien zu unterscheiden: x%) Mehr oder weniger ausgebildeter Pechtorf, welcher aber unter dem Mikroskop keineswegs homogen erscheint oder dem Dopplerit ähnliche Plättehen aufweist; er besteht hauptsächlich aus Gra- mineen, Cyperaceen und Farnkräutern. ß®) Braun, matte Stellen; ein typisches Callunetum repräsen- tirend, mit Pollenkörnern von Pinus, Alnus, Betula, Gramineen und Sporen von Torfmoos. Von besonderem Interesse ist nun aber der Umstand, dass in diesem Torf eingestreut sind: i = 3 anche von Spongillanadeln | a een avicula elliptica Ktz. | ziemlich viel wohlerhaltene Exemplare von Navicula didyma Ehrb., eine Brackwasserform, die ich auch in einem "Torf von Peez bei Rostock und in Torfen von Warnemünde angetroffen; dann Bruch- stücke von entschieden marinen Diatomeen wie Üoscinodiscus Ehrb. und Triceratium Ehrb. 6) Bei der Waage, 73—8 Meter unter der Oberfläche. Vorherrschend Reste von Calluna (Rindenzellen, Gefässe, Epidermis und Haare der Blättchen, sehr viele Pollenkörner), Radizellen und Epi- dermis von Gramineen und Cyperaceen (Eriophorum), Pollenkörner von Alnus; Sporen von Sphagnum und Filices. Eingestreut Bruchstücke von Spongillanadeln, dann Navuicula elliptica Ktz., Navicula didyma Ehrb., Scoliopleura Jenneri Grun. (marin), Bruchstücke von Coscinodiscus Ehrb. Diese Bohrung gehört wohl zu den interessantesten Aufschlüssen ; x) hat Rasenmoorcharakter und überlagert ein typisches Hochmoor P). Allerdings darf aus dieser kleinen Probe noch nicht geschlossen werden, dass eine ganze Rasenmoordecke auf &) ruht. Es könnte «) auch ganz gut local an und in einem Tümpel innerhalb des Hochmoores entstanden sein und man würde dann wahrscheinlich in einer anderen Probe auch Sphagnumblättchen erwarten dürfen, da nach Grisebach’s Beschreibung der Vegetationsverhältnisse in den Emsmooren die Torfmoose bald über- wuchern und die Gräben und Tümpel als Schwamm ausfüllen. Sollte «&) wirklich eine grössere Rasenmoordecke repräsentiren, so wäre dies der zweite mir bekannt gewordene Fall, wo ein Hochmoor im Hangenden eine Rasenmoorbildung besitzt. Prof. Dr. Lorenz hat einen solchen beschrieben in Flora 1858 (vergl. meine Schrift „Ueber Torf und Dopplerit“, pag. 9). Hier liegt die Ursache in einer Ueberschwemmung des Hochmoores mit kalkigen Sedimenten, auf welchen nun zunächst wieder eine Rasenmoorvegetation lebte — also in einem äusseren Ein- griff. In unserem Falle ist dieser Factor wohl in einer. Senkung des Bodens zu suchen, worauf die Imprägnirung der Torfproben y) und $) mit brackischen und marinen Diatomeen hinweist. Als eine Brackwasser- bildung können die Stufen y) und $) wohl nieht betrachtet werden; sie müssten dann entschieden allochthoner Natur sein; allein in diesem Falle müsste die Zusammensetzung eine wesentlich andere. und hetero- gene sein (vergl. Nykerk). Vielmehr leiten die Befunde des Wadden- torfes von Ameland und der Stufenfolge Nieuwe Diep, von Loealitäten, 87* 684 J. Früh. [8] welehe dem Meere noch viel näher liegen, darauf hin, dass wir in den untersuchten Proben von Leeuwarden Anzeichen einer Senkung vor uns haben oder zum mindesten Beweise eines zerstörenden Eingriffes von Seite der See. In Rücksicht auf die Aufschlüsse in Nieuwe Diep dürfte zu erwarten sein, dass noch tiefere Bohrungen Rasenmoor zu Tage fördern könnten. Jedenfalls sind die unter Nr. 1—8 rubrieirten Untersuchungen von holländischen Torfen von Seeland bis Friesland (insbesondere Nr. 6) nicht sehr geeignet, den von Seelheim beschriebenen „Braekwasser- torf“ in seiner ganzen Ausdehnung als solchen gelten zu lassen. b) Ostpreussische Proben. Sie sind denselben Stufen entnommen, von welchen Prof. Gümbel Material zur Untersuchung erhalten hatte (Sitzber. d. k. b. Akad. d. Wiss. 1883, pag 131) und verdanke auch ich dieselben der Freund- lichkeit des Herrn Prof. Dr. Jentsch in Königsberg. 1. Martör-wartiges Gebilde von Schäfereier Hacken bei Schwarzort, „bei 18 Fuss Tiefe unter dem Spiegel des kurischen Haffs gewonnen: darunter fand sich blauer Lehm und ziemlich viel Bernstein; letzterer ist eine alluviale Anschwemmung.“ (Sitzber. der phys.-ök. Ges. in Königsberg, 1883.) Dieser sogenannte Meerestorf ist ein echtes Rasenmoor, ein Caricetum oder Cariceto-Graminetum, gebildet aus Radizellen, Epidermisresten, Prosenchym- und Parenchymzellen dieser Pflanzen; wenig Reste von Hypneen; eingestreut Pollenkörner von Betula und ziemlich viele von Pinus, jedoch nicht mehr als gewöhnlich in Rasenmooren angetroffen werden, während Gümbel deren „eine geradezu erstaunliche Masse“ angibt. Dazu ist zu bemerken, dass locale Anhäufungen von Blüthen- staub ja ganz gut möglich ist, aber meiner Erfahrung nach in Wiesen- und Waldtorf sicher keine allgemeine Erscheinung ist (siehe unten pag. 717 [41]). Unter den Mineralsplittern finden sich auch die schon von Schuhmann (Geolog. Wanderung durch Altpreussen, Königsberg 1869) beobachteten Kieselscheibehen oder „Kiesellinsen“ (Fig. 1), von eoncentrischem oder theilweise radialem Aufbau, welche sich im polarisirten Licht durch das schwarze Kreuz als sphärolithische Gebilde erweisen (conf. auch Gümbel l.c., Taf. I, Fig. 5) und die in Torf- mooren mit kieselhaltigem Untergrund wohl überall anzutreffen sind, von mir auch gelegentlich der mikroskopischen Prüfung der Sedimente in Brunnentrögen meiner kalkreichen Umgebung, von Gümbel im Rückstand von mit Salzsäure zersetzten Kalksteinen beobachtet wurden. ?) — Schwefeleisen zeigt sich eingestreut; Chitinreste. Die Vertorfung ist in manchen Rasenmooren stärker fortgeschritten als in dieser Probe. Einige homogen ulmifieirte Stücke scheinen Laub- holz anzugehören. Der Druck vermochte auch in diesem Falle nur die Gemengtheile inniger zu mischen, aber nicht die Zersetzung zu be- schleunigen. 2. „Martörw-Blättertorf, von der See ausgeworfen, S. von Nidden, kurische Nehrung.“ !) Stärkereaktion als Controle! [9] Kritische Beiträge zur Kenntniss des Torfes. 685 Gümbel (l. e.) gibt hiervon folgende Diagnose: „Gleichfalls sehr dünn geschichtet und von dysodilartigem Gefüge. Die mattschimmernden einzelnen Lagen enthalten neben den Bestandtheilen, welche wir bei der vorausgehenden Varietät (Nr. 1!) kennen gelernt haben, viele Thon- theilchen und unregelmässig vertheilte Sandbutzen.“ Die Probe reichte zu einer eingehenden Untersuchung, wofür ich Präparate aus den verschiedensten Theilen derselben anfertigte. Mit blossem Auge erkannte ich zunächst ein etwa 1 Quadratcentimeter grosses Stick Borke von ?, dann einen Samen von Seirpus, ein vermodertes 12 Millimeter langes und 5 Millimeter breites Stück Laubholz speec.?, da und dort kleinere Nester von Quarzsand. Im Uebrigen ist die Masse ziemlich compact. Nebst eingestreuten Radizellen und Blattresten von Gramineen zeigen sich Treppengefässe und Sporen von Farnkräutern (wahrschein- lich Pteris aguilina L.), Hypneen, ganz besonders aber Holzzellen, Ge- fässreste, Rindenzellen ‚ Blattparenehy m und Blattnerven, Markgew ebe ete. von Laubhölzern, welche Reste zum grössten Theile sehr stark ulmifieirt sind. Einige Partien dürfen ihrer Zusammensetzung nach als Blättertorf bezeichnet werden, indem daselbst fast nichts als Blattreste vorkommen, die nieht mit Corylus, Quercus, Tilia, dagegen mit Detula überein- stimmen ; Populus tremula und Alnus sind indessen nicht ausgeschlossen. Oft ist das Blattparenchyen der Art vertorft, dass nur noch das Ader- netz mit seinen fast homogen ulmifieirten Gefässen übrig geblieben. So- wohl in diesen Blattparenchymzellen als in den Markstrahlen und Rinden- zellen wimmelt es oft buchstäblich von Ulminkügelchen, die sich aus dem gerbstoffreichen Inhalt dieses Zellgewebes ableiten. Sie sind schön gelbbraun, kugelig, scharf begrenzt, homogen und in keinem Fall mit Pilzsporen zu verwechseln. Ihr Diameter variirt von 0:002—0:008 Milli- meter; oft schliessen sie ein Harzkügelchen ein, sind zu Conglomeraten vereinigt oder gar zu homogenen Plättchen verschmolzen (Fig. 2). Sie bleiben unverändert, wenn Stückchen solehen Blättertorfes der Reihe nach mit Alkohol, Benzol, Aether, Schwefelkohlenstoff während 3 bis 4 Stunden bei 30—40° C. behandelt werden; nachdem aber solcher Torf während 12 Stunden einer 2Oprocentigen Kalilauge ausgesetzt worden, erweisen sich diese Kügelehen so empfindlich gegen abwech- selnde Behandlung mit verdünnter Kalilauge und Salzsäure wie die in meiner Schrift „Ueber Torf u. Dopplerit“ beschriebenen Sacculmuskügel- chen (Fig. 5). Von spärlich vertretenen Pollenkörmern sind zu nennen: Pinus, Betula, Alnus, Tilia, Corylus, Quercus? Salix? Ziemlich viel Chitin. Was die "anorganischen Gemengtheile dieses Torfes betrifft, so ist derselbe reich an Quarzkörnern und — namentlich in den Blättertorfpartieen — reich an Schwefeleisen in Form von schwarzen, höckerigen Kugeln (siehe pag. 707 [31]). Die Probe enthielt ein wenig lösliche Sulphate. Dieser „Martörw-Blättertorf“ repräsentirt mithin einen ausgezeich- neten Waldtorf, ist zum Theil reiner Blättertorf und dann auch von blätterigem Gefüge, ohne — wie ich zeigen werde — mit Dysodil verwandt zu sein. Mit meiner Diagnose stimmen die hierauf bezüglichen Mittheilungen von Schuhmann gut überein, welcher (l. e. pag. !1 ff.) sich folgender. 686 J. Früh. [10] massen äussert: „Südwärts (von Nidden) sieht man über ein breites Sandthal fort auf das Querprofil der weiterhin sich fortziehenden Haupt- düne. Das Thal, ein Werk der Winde, die sich hier Bahn gebrochen, zeigt wieder die schwarzen Schlangenlinien des alten Waldes.“ Eine alte Sage der Nehrungen lautet, es sei der Wald aus Eichen- und anderen Laubhölzern gebildet worden. Nachdem dann Schuhmann die einzelnen Fundschichten besprochen, inclusive die untersten Humusschichten (Urwald), drückt er sich nach einer mikro- skopischen Prüfung der Pflanzenreste dahin aus: „Ich spreche somit den Urwald der Nehrung als Laubwald an.“ B. Hochmoore auf Rasenmooren. Herr Dr. Fleischer, Dirigent der preussischen Moorversuchs- station in Bremen, übergab mir freundlichst zahlreiche gut aufbewahrte und grosse Torfstufen, die je ein ausführliches Gesammtprofil des Keh- dinger Moors und Papenburger Moors repräsentiren, mithin zwei ganz ausgezeichnete Beispiele jener grossartigen Moorbildungen im nordwest- lichen Deutschland. I. Das Kehdinger Moor. Es erstreckt sich ungefähr von Stade am westlichen Ufer der Elbe bis zur Mündung der Öste (vgl. Hunäus. geognost. Karte der Provinz Hannover. 1881), umfasst circa 150 Quadratkilometer bei einer Mächtigkeit von 8 Meter in der Mitte. Im Speciellen verweise ich auf die Monographie dieses Moores von Carl Virchow („Das Kehdinger Moor und seine landwirthschaftliche Meliorirung durch Marschboden.“ Inaug. Diss. Berlin 1880). Zur Untersuchung der pflanzlichen Consti- tuenten dienten 16 Proben, welche im Folgenden mit ihren Original- Nummern angeführt werden. I. Nr. 1: Oben mit Haidekraut bewachsene „Bunkerde“ darstellend, zeigt diese Stufe nach unten folgende Zusammensetzung: a) Hypneen, zerstreut Sphagnum acutifolium Ehrh., Laubmoose, Reste von Calluna und zahlreiche, braune, diekwandige, dünne und septirte Mycelfäden, wie solche in Moorerde, insbesondere aber um die Würzelchen von Calluna oder Vaceindum angetroffen werden und für Haidetorf eine morphologische Eigenthümlichkeit ausmachen. Pollenkörner von Calluna : b) Sphag. acutifolium Ehrh., Laubmoose, Reste von Calluna, Seirpus ; c) fast reines Sphag acutifolium Ehrh., mit vielen Sporen dieser Pflanze. 2. Nr. 3, 6, 8, 10 und 13: Reines Sphagnetum, da und dort von Eriophorumstöcken unterbrochen, rostgelb bis gelblichweiss, gebildet aus 8. cymbifolium Ehrh., dieser fürHochmoore so ausgezeichneten Species, gemischt mit etwas S. cuspidatum Ehrh. — beide in allen Theilen sehr gut erhalten. 3. Nr. 17: Grösstentheils 8. eymbifolium Ehrh., worunter zugleich die Varietät 5. Austini Sulliv. In der Mitte dieser Stufe befindet sich ein eirca 1 Centimeter breiter schwarzbrauner Streifen, welcher aus verschiedenen Theilen von Calluna (Radizellen, Stengel, Pollen- körner) besteht, die im Vergleich zu Sphagnum stark ulmifieirt sind, [11] Kritische Beiträge zur Kenntniss des Torfes. 687 dann aus Laubmoosresten, braunen Mycelfäden, Flechten- und Torf- moossporen ; Pollenkörner von Alnus; Kiesellinsen und verkieselte Epi- dermiszellen von Zriophorum. Dieser Streifen repräsentirt eine etwas trockene oder wenigstens zeitweise trockene Stelle im Moor. 4. Nr. 18: Röthlichgelbes Sphagnetum, vorherrschend aus Sphag. Austini Sulliv. zusammengesetzt; auch hier eine schwarzbraune Einlagerung eines Callunetum mit Calluna, Mycelfäden,, verkieselter Epidermis von Eriophorum , Flechtensporen (wahrscheinlich Oladonia), Sporen von Sphagnum, Pollenkörner von Alnus und Betula, Kiesel- scheibehen — mithin übereinstimmend mit Nr. 17. 5. Nr. 19: Gelbrothes, gut erhaltenes Sphagnetum ; vorherrschend S. Austini Sulliv., ein wenig 8. cuspidatum Ehrh. und 8. acutifolium Ehrh., Mycelfäden. 6. Nr. 20: a) Masse von Sphag. Austini Sulliv. b) Calluneto-Eriophoretum, übereinstimmend mit den Streifen in Nr. 17 und 18. 7. Nr. 25: Brauner bis schwarzbrauner, ziemlich compaecter Torf, zum Theil mit speckiger Schnittfläche ; Eriophorumstöcke und Stengelchen von Calluna treten hervor. Im Ganzen ist die Vertorfung stark fortgeschritten. Gleiehwohl lassen sich deutlich drei verschiedene Partien erkennen. a) Vorherrschend Calluna vulg. und Erica Tetralix mit Laubmoosen und Mycelfäden. b) Vorherrschend Sphag. acutifolium Ehrh., nicht S.cym- biofolium Ehrh. oder 8. Austini Sulliv. c) Vorherrschend Eriophorum ; eingestreut Pollenkörner 'von Pinus, Erieineen, Alnus. 8. Nr. 28: Schwarzbraun, compact, ein Calluneto - Sphagnetum (Calluna vulg. und Erica Tetralix) mit Laubmoosen, Flechten, Cyperaceen. Die zahlreichen gut erhaltenen Sphagnumreste gehören nicht dem S. eymbifolium Ehrh. an, sondern Formen der acutifolium-Reihe. 9. Nr. 29: Der vorhin besprochenen Stufe ähnlich, aufspringend, zeigt pechartig compacte und hellbraune Stellen; die ersteren sind vor- herrschend zusammengesetzt aus, namentlich in den sgerbstoffreichen Rindenzellen stark ulmifieirten Calluna-Resten (und Erica Tetralix) mit etwas Sphagnum, Sporangien und Sporen von Filices, Flechtensporen, Pollenkörnern von Pinus, Alnus, Tiha (Myrica?). Die helleren Partien bestehen zumeist oder ausschliesslich aus noch gut erhaltenen und be- ‚blätterten Sphagnumstämmehen, die nicht dem 8. ceymbifolium Ehrh. angehören, sondern der acutifolium-Reihe. 10. Nr. 32: Schwarzbraun, compaet mit vielen Stengelchen von Calluna vulg. und Erica Tetralix. Ein Callunetum mit sehr wenig Sphag. acutifolium Ehrh., dagegen ziemlich viel Laubmoosresten, ganz wenig 8. Austini Sulliv. Zahlreiche braune Mycelfäden. 11. Nr. 33: Fastreines (allunetum (Calluna vulg.), schwarz- braun, mit sehr wenig S acutifollium Ehrh. und Laubmoosen ; ziemlich viel Chitin. Pollenkörner von Erieineen. Pinus, Detula, Alnus, Gramineen, Salix ? 688 J. Früh. [12] 12. Unter diesem schwarzen Haidetorf liegt der Dars, ein brauner, filziger Torf, vorzugsweise aus den Radizellen von Phrag- mites communis Trin. gebildet, seltener von Blatt- und Stengeltheilen dieser Pflanze oder von COyperaceen (Rhizome von Carices), also ein reines Arundinetum-Rasenmoor. Wenig Pollenkörner von Gramineen, Pinus, Betula, Sagittaria? Dagegen ziemlich viel Farn- sporen und Farnsporangien — Bruchstücke von Spongillanadeln, von Coscinodisceus Ehrb., Orthosira arenaria Sm. Hierauf folgt der sogenannte Maiboldt (Marschboden), ein thoniges Sediment, dem Alluvium angehörend, in den unteren Schichten marine Conchylien einschliessend (Dr. Saalfeld im Ausland, 1882, pag. 471), in welchem nebst sehr vielen Mineralsplittern, Radizellen von Phragmites und spärlich Pollenkörner von Pinus, Alnus, Tilia und Tilletiasporen erkannt werden, dann meist zerbrochene Spongillanadeln, ferner Diatomeen wie Üyeclotella, Orthosira arenaria Sm. und die ent- schieden marinen Formen Navieula didyma Ehrb., Coscinodiscus Ehrb., Triceratium Ehrb. und Actinoptychus Ehrb. Ergebnisse: Nachdem der Marschboden gebildet und ein Arundinetum als Rasenmoor entstanden war, das sich über dem mit Moorwasser gemischten Wasserspiegel erhoben, siedelten sich Laubmoose, Gramineen, etwas Sphagneen und namentlich Calluna und die feuchtigkeitliebende Erica Tetralix an; es bildete sich das jetzt schwarzbraun bis braun erscheinende Callunetum als Hochmoor (Nr. 33—28). Es ist nun zu beachten, dass im Schatten der Haidekrautvegetation nicht das für Sphagnetum-Hochmoore so kennzeichnende Sphagnum eymbifolium, sondern Arten der acutifolium-Reihe sich ansiedelten, wie dies ja auch überall im Binnenland und in den Voralpen wahrzunehmen ist. Jenes Sphagnum tritt erst später und nur sporadisch auf und zwar in der im nordwest- lichen Europa, aber sparsam, ansässigen robusten Abart des 8. Austini Sulliv. Nach und nach überwuchern die Sphagneen (Nr. 25—17), so dass das Calluneto-Eriophoretum nur noch inselartig vorkommt mit Laub- moosen und Flechten, welches nun die braunen Schichten innerhalb des ockergelben S. Austin Sulliv. darstellt. Weil indessen sich solche dunkle Streifen in demselben Profil wiederholen, lehren sie uns den gegenseitigen Kampf dieser beiden Vegetationsformen. aus welchem Sphag. Austin‘ als Sieger hervorgeht und nun die Colonisation seinem Stammverwandten, dem fast ebenso kräftigen 8. cymbifolium Ehrh. über- lässt, welches die gewaltige Schwammmasse bildet, die durch Nr. 3 bis 13 vertreten ist und als weisser Torf im Gegensatz zum dunklen Cal- lunetum ausgebeutet wird. Wohl in Folge von Canalisation trat eine Reduction im Feuchtigkeitsgehalt des Untergrundes ein; so dass 5. cymbifolium dem zarten 8. acutifolium Ehrh. unserer Wälder und Sümpfe weichen musste, in dessen Gesellschaft endlich das Haidekraut wieder aufgetreten ist, um die oberste Schicht, die „Bunkerde“ zu bilden und zu befestigen. [1 3] Kritische Beiträge zur Kenntniss des Torfes. 689 II. Profil der Emsmoore bei Papenburg. (an der Ems, Provinz Hannover). 1. Nr. 3: Reines ockergelbes bis rostgelbes Sphagnetum, welches aus dem kräftigen S. eymbifolium Ehrh. zusammengesetzt ist und zwar zum Theil aus 8. Oymbifolium var. vulgare Warnst. (Warnstorf, Die europäischen Toorfmoore. Berlin 1881, pag. 133), zum Theil aus var. Austini Sulliv. Indessen unterscheidet sich die letztere durchweg von der aus dem Kehdinger Moor als typisch zu bezeichnenden Abart, in- dem bei den Papenburger Formen die an der Berührungsstelle der Hyalinzellen mit den Chlorophylizellen dicht aufgesetzten Verdiekungs- leisten einen kammförmigen Aufbau erzeugen, weil ihre Länge 0:008— 0'012 Millimeter beträgt, während der Rand der Chlorophyll- zellen der Kehdinger Formen nur kerbig verdickt erscheint, indem die zahlreichen und eng gereihten Leistehen nur etwa 0'001 bis 0'002 Millimeter lang sind. Sie gehört nicht zu var. papillosum Lindb., weil die Chlorophylizellen auf der Innenseite der Blätter nicht vollständig ‘von den Hyalinzellen umschlossen werden, sondern ist eine Variation innerhalb der Varietät. Ich will sie für unsern Zweck kurzweg die kerbige Form des 8. Austini Sulliv. nennen. Es ist gewiss interessant, an dieser Stelle, innerhalb des Landes, diese Spielart zu finden, während die typischen Gestalten unten an der Küste im Keh- dinger Moor oder in den vom Dollart ausgeworfenen Dargschollen vor- kommen (Torf und Doppl. pag. 5). 2. Nr. 4: Reines Sphagnetum wie Nr. 3, vermischt mit S. cus- pidatum Ehrh. 3. Nr. 13: Ein compaetes, braunes (alluneto-Sphagneto- Eriophoretum, in welchem zahlreiche Reste von Calluna vulgaris Salisb. vorkommen mit Sphag. cymbifolium var. vulgare und 8. Austini in der gekerbten Abart, ferner 8. cuspidatum Ehrh., Cyperaceen und Gramineen. Diese Gemengtheile sind gemischt mit Blüthenstaub von Pinus, Calluna, Alnus, Detula, Gramineen, Sporen von Sphagneen. Braune Mycelfäden, Spongillanadeln, Kieselscheibchen. 4. Nr. 14: Schieferig compact wie Nr. 15, Calluneto-Sphagneto- Eriophoretum, zusammengesetzt aus (alluna vulgaris und Erica Tetralix L., Eriophorum und Sphag. cuspidatum Ehrh., sowie Formen der acuti- Folium-Reihe. Tilletiasporen; im Uebrigen wie Nr. 13. 5. Nr. 15: Compactes, braunes Calluneto-Sphagnetum, Calluna vul- garis Salisb., Erica Tetralic L. und Sphagneen der acutifolium-Gruppe. 6. Nr. 16: Calluneto- Eriophoretum. 7. Nr. 17: Ebenso: Calluna vulgaris, Erica Tetralix, Eriophorum, Flechtensporen, viel Mycelfäden. 8. Nr. 18: Schwarzbraun, gleichmässig compact; fast reines Oallu- netum (Calluna vulgaris und Erica Tetralir), gemischt mit Eriophorum. Braune Mycelfäden, Flechtensporen, Sporen von Sphagneen, ZLyco- podium, Pollenkörner von Erieineen, Alnus, Betula (Myrica ?), Corylus — Kieselscheibchen. 9. Nr.19: Schwarzbraun, compact. Ein Calluneto- Eriophoretum : Calluna vulgaris und Erica Tetralix, deren Blattepidermis da und dort Jahrbuch der k. k. geol. Reichsanstalt. 1885. 35. Band. 4. Heft. (J. Früh.) 88 690 J. Früh. [14] mit unbewaffnetem Auge als weisse Häutehen im Torf erkannt werden können; braune Mycelfäden, Sporen von Flechten (Oladonia rangiferina Hoffm. und 0. coccifera Hoffm. gehören nach Grisebach zur Flora der Emsmoore), von Farnkräutern, Sphagneen, T’lletia gen.? mit einem Durchmesser von 0'008 bis 0'015 Millimeter (Fig. 4); Pollenkörner von Erieineen, Pinus, Detula, Corylus, Alnus, Tilia, Cyperaceen. 10. Nr. 20: Schwarzbraun, zum Theil compact, zum Theil aus Eriophorumstöcken bestehend , ein Callumeto- -Eriophoreto- -Dphagnetum : Calluna vulgaris, Erica Terra und Erioph. vaginatum, gemischt mit theilweise noch vollständig erhaltenen Sphagneen , welche Jedenfalls nicht dem 8. cymbifolium Ehrh., sondern der acutifolium-Reihe ange- hören. Braune Mycelfäden; Sporen und Pollenkörner wie in Nr. 19. 11. Nr. 21: Dicht, schwarzbraun, mit Eriophorumstöcken. Ebenfalls ein Calluneto-Eriophoreto-Sphagnetum, dessen Torfmoosreste wieder der Er. angehören. Tilletiasporen, Kieselscheibehen; ul wie Nr. De ei 23: Schwarzbraun, compact ; ein Calluneto-Sphagnetum, bei welchem 8. ceymbifolium Ehrh. sicher nicht vertreten ist. Eingestreut Pollen- körner von Erieineen, Pinus, Alnus, Betula, Corylus, Tilia, Salix ? — Sporen von Flechten Filices, Sphagneen, braune Mycelfäden. 13. Mit Nr. 24 verändert sich das Aussehen des Profils vollständig. An die Stelle des schwarzbraunen, diehten und schweren Haide-Hoch- moortorfes tritt ein blättrig geschiehteter bis filziger, kaffeebrauner Torf, in welchem sowohl im Querschnitt als in der Schichtfläche als ganz vorherrschender Gemengtheil Stengel- und Blattstüicke von Cyperaceen erkannt werden. Es gelang mir nach und nach, die Anatomie derselben vollständig festzustellen und sie in allen Theilen vollständig überein- stimmend mit Scheuchzeria palustris L. zu finden. Befund: Die Epidermis des Stengels besteht im Querschnitt aus fast isodiametrischen, auf dem Längsschnitt stark verlängerten Zellen, welche nach aussen eine schwach entwickelte Cutieula besitzen, nach innen concay verdickt sind. Darunter folgen verdickte Bastzellen (Seleren- chym), im Querschnitt aus 4—5 Zellreihen bestehend; die einzelnen Zellen erscheinen abgerundet, polyedrisch, mit abgerundeten Lumina. Nach innen folgt nun drittens eine Schicht von grossem, dünnwandigem Parenchym mit 2—3 Zellreihen, welche sich hierauf nach innen durch Bildung grosser Intercellularräume in ein Maschennetz verwandeln, welches als Grundgewebe bis zu den centralen Gefässbündeln 7— 9 Maschen und ebenso viele Durehkreuzungen aufweist. Da und dort ist eine Zelle ölhaltig wie im Rhizom von Acorus. Ganz nahe dem oben beschriebenen hypoder mialen Selerenehymgewebe und innerhalb des netz- förmigen Grundgewebes treten einfache Parenchymbündel und Gefäss- bündeln auf. Das Grundgewebe geht nach innen in eine einzellige, seltener aus zwei Zellreihen gebildete Parenchymschicht über, um die cen- tralen Gefässbündel einzuschliessen. Ihre Zahl beträgt 18—24; sie sind fast genau in einem Kreise angeordnet, etwa 4—5 liegen mehr nach innen und stossen gegen das centrale Grundgewebe (Mark) vor. Durch diese Structur wurde ich anfänglich bei den zuerst untersuchten, mangel- haft erhaltenen Resten irre geleitet und veranlasst, eine ganze Reihe { i - f H 1 1 5] Kritische Beiträge zur Kenntniss des Torfes. 691 von Wasserpflanzen und namentlich von anomalen Monocotyledonen und Dieotyledonen auf ihren Gefässtheil zu prüfen. Indessen variirt das Bild des Querschnittes je nach der Höhe, in welcher ein Internodium ge- troffen wurde, indem die innersten Gefässbündel mit den äusseren durch Bastzellen innig verbunden erscheinen oder durch zwei Zellreihen des Grundgewebes von denselben vollständig getrennt sind. Ganz übereinstimmend mit lebenden Exemplaren von Scheuchzeria palustris L. aus Maria-Einsiedeln und der Umgebung von Berlin fand ich ferner den für diese Pflanze recht charakteristischen Scheidentheil der Blätter. Ihre Epidermis besteht aus schmal-sechseckigen bis oblongen Zellen. Auffallend ist sofort das Bild der Spaltöffnungen, deren sehr breite und glasglänzende Schliesszellen von 2—4 isodiametrischen Nebenzellen oder gewöhnlichen Epidermiszellen häufig sechs- bis acht- seitig umrahmt werden. Endlich fanden sich einige platteiförmige, braune Samen vor von 2—2:5 Millimeter Länge, die nach Grösse, Form und innerer Zellularstruetur genau mit Samen von Scheuchzeria palustris übereinstimmten, welche mir Herr Conservator Jäggi in Zürich aus dem dortigen Universitäts-Herbarium freundlichst zur Ver- gleichung überliess. Nach Grisebach (Ueber die Bildung des Torfes in den Ems- mooren, Göttinger Studien 1845) ist Scheuchzeria palustris L. in den Emsmooren selten. Nach Koch (Synopsis der deutschen und Schweizer- flora, 2. Aufl., pag. 797) ist diese Sumpfpflanze in dem Florengebiet überhaupt nicht stark verbreitet. Ich fand sie, ausser in dem Papen- burger Moor, im „Todten Meer“ bei Einsiedeln (Torf u. Doppl., pag. 15), wo sie übrigens auch lebend vorkommt, dann in einer Stufe von Ponts-de- Martel im Canton Neuenburg (Torf und Doppl., pag. 72), welche fast ausschliesslich aus den Stengel- und Seheidentheilen dieser Pflanze zusammengesetzt war und endlich reichlich in einer Probe aus dem Torfmoor von Rokitnitz bei Senftenberg in Böhmen (Stengel, Blatt- scheiden und Samen). Nebst Scheuchzeria finden sich in der Stufe Nr. 24 viele Reste von Sphag. cuspidatum Ehrh. in beblätterten Stengeln (keine Spur von 8. eym- bifolium !) und spärlich eingestreut Pollenkörner von Pinus, Detula, Alnus, Calluna, Alisma ? 14. Nr. 25: Kaffeebraun, blättrig geschiehtet, also Nr. 24 ähnlich. Enthält ebenfalls Reste von Scheuchzeria (Scheiden, Epidermis, Samen, Netz- und Spiralgefässe), von Carexarten (Epidermis, Pollenkörner), Phragmites ; viele Radizellen von Gramineen und Oyperaceen. Büschel- haare (bis 15 Haare) von ? Eingestreut Pollenkörner von Pinus, Alnus, Oorylus, Betula, seltener Calluna, Tilia, Salix? Torfmoossporen. 15. „Probe unmittelbar über dem Sohlband.“ Schwarz- braun, compact, schwer und hart, speckige Schnittfläche,, enthält ver- kohlte Pflanzenreste. Das Mikroskop zeigt viele Blattreste (Epidermis, Parenchym und Nerven) und Radizellen von Cyperaceen, welche die am homogensten und pechartig erscheinenden Partieen zusammensetzen ; daneben Epidermis und Radizellen von Phragmites, ziemlich viele Reste von Farnkräutern (Sporangien, Sporen, Gefässe). Blatt- oder Stengel- reste von Erica und Sphagnum konnte ich in keinem der zahlreichen Präparate erkennen. Eingestreut: Blüthenstaub von Pinus, Alnus, 88 *+ 692 J. Früh. [16] Corylus, Betula, Calluna, Tilia, Sporen von Sphagnum; ziemlich viel Chitin. Kieselscheibehen. Mithin ist diese Probe ein (ariceto-Arun- dinetum. 16. „Das Sohlband.“ So hat Grisebach die innige Mischung des weissen Diluvialsandes mit den abgestorbenen Pflanzenresten genannt und dasselbe (l.c.pag. 63) folgendermassen beschrieben: „Das Sohlband enthält in seiner schwarz gefärbten Erdkrume Wurzeln von Erica Tetralix und von einer anderen unbestimmten Pflanze (Seirpus caespitosus?). Die amorphen Humustheile sind von harzigen Theilen durchdrungen und nur durch dieses Harz scheint die Gestalt der Wurzeln erhalten zu sein, deren Structur sich mit wenigen Ausnahmen nicht mehr erkennen liess. Alle diese Thatsacben entsprechen der Vorstellung, dass die erste Entstehung des Popenburger Moors von einer überschwemmten oder durch atmosphärische Niederschläge getränkten Haide ausging. (Grisebach fand nämlich in den Popenburger Torfstichen zwischen dem Sohlband und dem schwarzbraunen Haidetorf ein 3—-4 Zoll mächtiges Sphagnetum.) Ich unterwarf diese „Sohlband“-Probe einer eingehenden Unter- suchung. Makroskopisch fanden sich: ein Knotenstück von Phragmites Trin., mehr als 1 Quadratcentimeter grosse Platten oder aufblätternde Stücke, welche aus der Epidermis dieser Pflanze bestanden, braune Stücke Laubholz gen.? ein etwa ein Drittel eines Cubikcentimeter messendes Stück Laubholzkohle, zahlreiche, schwarze, glänzende und sehr zähe Radizellen von Zgwisetum. Unter dem Mikroskop zeigten sich vorherrschend Reste von Phrag- mites (Radizellen, Epidermis, sehr grosse Netz- und Spiralgefässe) und Cyperaceen, Radizellen von. Eyuisetum, ziemlich viele Reste von Laub- holz (Gefässe, Holzzellen, Blattparenehym), von Farn (Treppengefässe, Holzzellen, Sporen), einige Blattstücke von $ cymbifolium var. vulgare, auch von 8. Austini Sulliv. (ob als Staub hineingekommen ?); ziemlich viele Spongiennadeln in den Formen des Spongolithis acicularis Ehrb. und Sp. foraminosa Ehrb. Diese Reste sind vermischt mit Pollenkörnern von Pinus, Alnus, Betula, Corylus, Erieineen, Gramineen, Sporen von Sphagnum, Melosira varians Ag.,; sehr viel Quarzkörner von durch- schnittlich 0°2 Millimeter Durchmesser mit Gas- und Flüssigkeits- einschlüssen, oft viele mit freiwillig beweglichen Libellen, von Apatit- nädelchen. Es gelang mir abernicht, in den 52 hierauf be- züglichen Präparaten unzweifelhafte Gewebsreste von Callunaoder Erica aufzufinden (die eingestreuten Pollenkörner sind selbstverständlich nicht massgebend), obschon ich stets vom Mikro- meter Anwendung machte. Wie Grisebach (l. ce.) selbst sagt, sind die letzten Ueberreste dieser Pflanzen die Rindenzellen, deren gerbstoffreicher (nach ihm harz- reicher) Inhalt homogen ulmifieirt ist, wie es Fig. 5 und 6 darstellen wollen. Solche Zellen fand ich nie. Die sehr dauerhafte und für Calluna vulgaris und Erica Tetraliv sehr charakteristische Epidermis des Blattes zeigte sich nie (diese wäre aber bei Anwesenheit von Rindenstücken von Betula etc. allein entscheidend); dagegen parenchymatische, stark umgewandelte Zellen, welche nach Form und Grösse an das Blatt- parenchym von Betula erinnern; zahlreiche Gefässbündelehen aus 2, ia te u ee EN ZT EEE en nd En zn eat a ee ec nes [17] Kritische Beiträge zur Kenntniss des Torfes. 693 4 bis 6, etwa 0:008—0'014 Millimeter breiten und homogen ulmificirten Gefässchen bestehend. Nun weist Calluna allerdings so grosse Gefässe auf; allein ich fand nie die fein porös verdiekten Prosenchymzellen in Verbindung mit diesen Gefässen (zudem ist seit Grisebach bekannt, dass der Holztheil der Erieineen so leicht zersetzt wird, dass von Würzelehen und Stengel nur noch die Rinde als häutige Röhrehen übrig bleiben), dagegen manchmal viel breitere Gefässe und breitere Holz- zellen. Die zahlreichen Treppen- und porösen Gefässe, welche Filices und Laubhölzern angehören, sowie oft sehr zahlreich vorkommende freie Ulminkügelehen (vergl. Martörw von Nidden) in Verbindung mit dem oben erwähnten Blattparenchym weisen darauf hin, dass jene Gefässchen zumeist von Blattrippen von Laubhölzern oder Frlices abzuleiten sind. Im Ferneren muss die Abwesenheit der braunen Mycelfäden auffällig erscheinen , die geradezu eine morphologische Eigenthümlichkeit von Ericavegetationen resp. Haidetorf zu nennen sind, ähnlich wie mikro- skopische Einsechlüsse für Leueit, Apatit, Nephelin, Nosean ete., indem man wohl kaum irgendwo Callunawürzelehen untersuchen kann, ohne jenen Mycelien zu begegnen. Es wundert mich,. dass Grisebach nirgends davon spricht, obsehon dieselben oft reichlich im Callunetum vorkommen (Fig. 7). Noch will ich bemerken, dass in Präparaten dieses „Sohlbandes“ nicht selten einseitig verdickte tiefbraune Gebilde vorkommen, die man auf den ersten Bliek mit Bruchstücken der Rindenzellen von Erica oder Coniferen verwechseln könnte, die sich aber bei genauer mikro- metrischer Vergleichung an noch vollständig erhaltenen Radizellen als losgetrennte Auswüchse des Epiblems der Phragmiten- und Gramineen- radizellen erweisen, als Anfänge von Wurzelhaaren, die bestimmt zu sein scheinen, die Pflanze in dem Sandboden zu befestigen. Auf diesen knorrigen Auswüchsen beruht wohl die Standfestigkeit von Phragmites communis Trin., Calamagrostis arenaria Rothhelm (Arundo arenaria L.), Elymus arenarius L. und deren Verwendung zur Befestigung von Dünen und Inseln (conf. auch Prestel l. e., pag. 8). Auch Forehhammer erwähnt des Elimus arenarius L. als Befestigungsmittel von dänischen Dünen. Bei der Untersuchung von Torfproben aus dem norddeutschen Küstengebiet bin ich diesen knorrigen Radizellen häufig begegnet. Neulich konnte ich in einer Bohrprobe aus dem Hafengebiet von Warnemünde beobachten, wie an demselben Würzelehen echte Wurzelhaare nebst Anfängen dieser Organe von 0:04 Millimeter Länge und sehr dieker Zellwand vorkommen, welch’ letztere zudem bis zu einer Länge von 0'37 Millimeter ausgedehnt sein konnten, aber wegen der dieken Membran das Lumen nur als zarte helle Mittellinie erkennen liessen. Ueberblickt man die Resultate der mikroskopischen Analyse dieses Papenburger Profils, so liegt eine für diese Localität von Grisebach's Darstellung abweichende Entstehungsweise vor Augen. a) Auf dem Diluvialsand wuchsen anfänglich vielleicht gar keine Haidekräuter. Die Schalen von Melosira und die Spongillanadeln weisen im Gegentheil auf ein jedenfalls zeitweise mit stehendem Wasser bedecktes Terrain hin, auf dem sich Rasenmoor nach dem Typus eines Arundineto-Üaricetums aufbaute im Verein 694 J. Früh. [18] mit Schachtelhalmen und Farnkräutern, zu denen sich — vielleicht herbeigeschwemmt — Laubholzreste gesellten. Der leicht beweg- liche und feine Sand mischte sich mit den absterbenden Pflanzen zu dem „Sohlband“‘ Nach Behrendt (Sitzungsber. d. phys. Ges. Königsberg 1880) genügt schon ein Humusgehalt von 25 Procent, um einen einigermassen feinkörnigen Sand intensiv dunkel zu färben und so bündig, resp. schmierig zu machen, dass er zum Moorboden gerechnet werden muss. Unmittelbar auf dem Sohlband erhob sich nun als Fortsetzung des Rasenmoors ein ÜVariceto-Arundinetum, gemischt mit Farn- kräutern (siehe 15), worauf (Probe Nr. 25) namentlich Scheuchzeria palustris L. und Schilfrohr die Sumpfflora vertraten, bis endlich die erstere Pflanze (Nr. 24) fast allein das Wie 'enmoor zusammen- setzt, indem zwischen deren Stöcken in kleinen Tümpeln haupt- sächlich nur noch das Torfgräben liebende Sphag. cuspid. Ehrh. vegetirte. Von Anfang an bildete sich somit ein Rasenmoor, nicht erst Haidekrauthumus und dann eine „Moosschicht“, wie es Grisebach (l. e. pag. 42) aus anderen Papenburger Torfstichen beschreibt. Auf dieses ausgeprägte Rasenmoor breitete sich nun das Hoch- moor aus, zunächst in Form emes Calluneto-Eriophoreto- Sphagnetum oder eines (alluneto-Eriophoretum oder eines fast reinen Callunetum, indem in Uebereinstimmung mit den Beob- achtungen am Kehdinger Moor die Torfmoose und das Wollgras fast vollständig zurücktraten und an trockenen Stellen sich Zycopodium und Oladonia zu den Haidekräutern gesellen. Hervorzuheben ist ferner die Uebereinstimmung mit dem Kehdinger Moor in Bezug auf die nähere Zusammensetzung. Grisebach erwähnt wiederholt (l. e. pag. 58) der „nesterweisen Einschlüsse“* von Torfmoos im Haidetorf, also makroskopisch wahrzu- nehmenden Nester von Sphagnum, „welches, wie überall in den Ems- mooren, aus S. acutifolium besteht“. Es ist aber interessant zu beobachten, dass durchgehend mehr oder weniger häufig Torfmoose in den feuchten Räumen unter und zwischen den Sträuchlein der Erieineen vegetiren; es sind dies aber stets Formen der acutifol’um-Reihe wie im Kehdinger Moore, zu denen sich in Tümpeln 8. cuspidatum Ehrh. gesellt. Erst nach- dem das Hochmoor eine bedeutende Mächtigkeit erreicht hatte, erscheint die kräftigste Art Torfmoor, das S. eymbifolium, und zwar stimmt das Papenburger Moor auch hierin mit dem Kehdinger Moor überein, indem zuerst diekerbige Form des 8. Austini Sulliv, auf- tritt. Dieses Torfmoor unterdrückt allmählig die Erieineen, so dass sich in Uebereinstimmung mit dem Kehdinger Moor über dem Haide- Hochmoor ein typisches und reines Sphagnetum ausbreitet. b I An diese zwei Beispiele der Bildung von Erikenhochmoor auf Rasenmoor mag anhangsweise ein drittes gereiht werden. Nach Rimpan und Dr. Saalfeld (Protokoll der Central-Moor- commission, Berlin 1873—80) zeigt „Das GifhornerMoorimFürstenthum Lüneburg“ folgen- des Profil: [ 19] Kritische Beiträge zur Kenntniss des Torfes. 695 a) „O‘1 Meter Bauerde (Culturschicht).“ Vergleiche „Bauerde“ des Kehdinger Moors. b) „O'13 Meter weisser, in trockenen Zustande sehr Jeichter Moor- tor f mit wenig Brennwerth.“ Vergleiche den ein reines Sphag- netum darstellenden „weissen Torf“ des Kehdinger Moors. c) „l'34 Meter schwarzer guter Haidetorf mit viel Eriophorum und mächtigen Baumstücken“ = Hochmoor. d) „Darunter stellenweise Schilftorf, ähnlich dem Dargtorfe von Elm im Schwingethal.*“ Also auch hier an gewissen Orten ein Rasenmoor in Form eines Arundinetum. e) „O'15 Meter Sohlband, ein undurchlassendes Gemenge von Moor und Sand.“ „Feiner, grauweisser Dünensand.“ „Das Ganze ist ein Hochmoor, welcher an den Rändern, namentlich nach W., in Wiesenmoor übergeht.“ Das Letztere ist wohl nichts Anderes als das am Rand vor- herrschende, noch nicht mit Hochmoor bedeckte Wiesenmoor, ein soge- nanntes „Bruchmoor“, wie es auch das Kehdinger Moor umsäumt und denseJben Untergrund hat wie das eigentliche Hochmoor (Virchow l. e.; vergl. Königsberger Sitzungsber. 1830). Weiter oben erwähnte ich eines Beispiels von Nordholland: Nieuwe Diep. Das auf pag. 691 angeführte Moor von Rokitnitz bei Senftenberg in Böhmen ist ein Rasenmoor, welches stellenweise in reines Sphagnetum übergeht. Prof. Sietensky in Tabor hat durch mehrjährige Untersuchungen an böhmischen Mooren einige ganz aus- sedehnte Hochmoore beobachtet, welche auf Rasenmoor ruhen und Herr Museumsdireetor Wiepken in Oldenburg will nach einer freundlichen Mittheilung an vielen oldenburgischen Mooren dasselbe wahrgenommen haben. Es wäre interessant zu erfahren, ob das Umgekehrte, die Ueber- lagerung von Hochmoor durch Rasenmoor, constatirt werden kann und unter welchen näheren Verhältnissen. C. Lebertorf, Dysodil etc. Lebertorfe sind von Caspary (Sitzungsber. der phys.-ökon. Ges. in Königsberg 1870), Gümbel ({l.e.) und Früh (Ueber Torf und Doppl., Zürich 1883) erwähnt und beschrieben worden. Caspary, Gümbel und ich untersuchten zum Theil Proben von den gleichen Fundorten. Meine Auffassung differirt aber von derjenigen jener beiden Forscher namentlich darin, dass ich Süsswasseralgen als charakte- ristische Gemengtheile bezeichnete, wovon jene Forscher nichts beob- achtet haben wollen. Die Ursache hiezu mag eine mannigfache sein. Ein Mal untersuchte Gümbel gewöhnlich nur bei 100facher, höchstens 300facher Vergrösserung, während ich für diese Torfe nie unter m angewendet habe; ferner ist der Lebertorf aus Gründen, die weiter unten ‚auseinandergesetzt werden, qualitativ und quantitativ oft von so wechselnder Zusammensetzung, dass man bei Benützung kleiner Proben eben leicht extreme Fälle antreffen kann. Hieraus erklärt sich, warum 696 J. Früh. [20] auch ich mich später bei oberflächlicher Prüfung einer neuen Probe der Ansicht von Güm bel hinneigte (Königsb. Schriften 1883). Um aber ein definitives Urtheil über die Entstehung und Zusammensetzung dieser hochinteressanten Torfart zu bekommen, welche ein Licht auf manche Kohlenbildungen zu werfen im Stande ist, unterzog ich mich der Mühe, über dieselbe ganz intensive mikroskopische Studien zu machen. Dabei wurde stets mit _ und =, sowie mikrometrisch gearbeitet. Ferner untersuchte ich absichtlich dieselbe Probe zu verschiedenen Zeiten, um die Eindrücke von Neuem und gleichsam objectiver aufzunehmen, wobei ich stets — wie immer bei meinen Torfuntersuchungen — die Vorsicht gebrauchte, Präparate aus den verschiedensten Partien derselben Stufe anzufertigen, um ein möglichst treues Bild von der Zusammensetzung und dem Grad der Zersetzung des ganzen Stückes zu bekommen. Die folgenden ergänzenden und kritischen Bemerkungen über Lebertorfe gründen sich auf mehrere Hunderte von Präparaten und mehreren Tausend hierauf bezüglichen Skizzen und Notizen. I. Lebertorf von Doliewen bei Oletzko in Ostpreussen. Durch die Güte des Herrn Prof. Dr. Jentzsch in Königsberg bekam ich drei frische Proben dieser Sorte, und zwar: a) „oberste Schicht, ca. 14 Zoll diek*, 5) „unter dieser Schicht“, c) „tiefere Schicht“, welche ich nach deren vergleichenden Untersuchung als gleichartig und somit zusammenhängend bezeichnen kann. Frisch leberbraun und elastisch; trocken matt, hart mit speckiger Schnittfläche, aschenarm. — Kiesel- scheibehen. Die Probe wurde sofort in etwas Wasser im Dunkeln und je in Wasser oder Alkohol untersucht. Unter den Gemengtheilen erkennt man Nymphaea in Blattresten mit grossen fünf- bis sechseckigen Zellen und kreisförmigen oder ovalen diekwandigen Spaltöffnungsmutterzellen, in den hirschgeweihartig ver- zweigten Blatt- und Grundgewebshaaren mit charakteristischer Ein- lagerung von Krystallen des Caleiumoxalates und endlich in den Pollenkörnern. Ferner Blattreste (Epidermis und Nerven, sowie Spiral- gefässe und Pollenkörner) von Gramineen und Oyperaceen, Theile von Phragmites (Epidermis, Spiral- und Netzgefässe), Radizellen von Gramineen und Öyperaceen, ganz ausnahmsweise mit noch vorhandenen breiten =) Wurzelhaaren ; Blattparenchym von krautartigen Pflanzen unbestimmte Reste von Laubhölzern; Sporen mit und ohne Exosporium sowie Sporangien und Gefässe von Farnkräutern; Blatt und Stengel- stücke von Hypneen, mehr oder weniger hellbraune, breite und verzweigte Mycelien, wohl auch Theile von Moosvorkeimen. Diese Reste sind in einem stehenden Gewässer deponirt worden. Sie unterscheiden sich in ihrem Zersetzungszustande von demjenigen eines gewöhnlichen Moors, indem sie (Laubholz- und Farnkrautreste ausgenommen) nur mehr oder weniger heilgelblichbraun oder schwach gelblich, also wenig ulmifieirt erscheinen im Gegensatz z. B. zu eben- falls unter reichlichem Wasser gebildeten holländischen Baggertorfen, welche durchschnittlich in allen Theilen sehr stark ulmifieirt sind. Die ae ee a ba Eine Fat ee ki nee un en a med 6 ee N ER ae ee nee [21] Kritische Beiträge zur Kenntniss des Torfes. 697 dunkleren Theile, welche zerstreut im Lebertorf vorkommen, waren wahrscheinlich schon stark zersetzt, bevor sie in’s Wasser transportirt wurden. Dieses hat die Pflanzenreste eigenthümlich maeerirt und nament- lich Radizellen nach und nach so verändert (wie an Uebergangsformen leicht zu beobachten ist), dass sie eine „häutig-faserig-filzige“ Masse darstellen, wie es Gümbel (l. ce. pag. 133) oder eine „kleinfaserig- häutie-körnige“ (ib. pag. 132), ganz richtig beschreibt, indem einzelne Theile auch körnig-krümelig zersetzt sind, d. h. auf eine Weise, wie man es in eigentlichen Mooren häufig wahrnehmen kann. Auf diese Grundmasse hat Gümbel wohl deshalb grösseren Werth gelegt als ich, weil er eine ähnliche Struetur in jüngeren Kohlen beobachtete, während dieselbe meinem, an die mannigfaltigsten Zersetzungserschei- nungen der Torfe gewöhnten Auge auch deshalb nicht auffällig erschien, weil sie sich eben bei genauer Betrachtung als von Radizellen und anderen Zellgewebsresten durch Maceration ableiten lässt und nur der innigen Mischung wegen mehr oder weniger zusammenhängend und homogen erscheint. In dieser „Grundmasse“ liegen ziemlich viel Schalenreste von Crustaceen (Daphniden) als weitere Beweise einer Bildung im stagniren- den Wasser, dann Chitinborsten von Inseeten, da und dort Reste von Wassermilben etc. Gümbel erwähnt „in grösster Menge Pollenkörner, zu mehreren Tausenden auf den Kubikmillimeter“. Man wird wohl kaum einen Torf untersuchen können, ohne darin mehr oder weniger Blüthenstaub anzu- treffen. Ich selbst fand manchmal in diesem Torf erheblich solche (vergl. die wohl eilig genug publieirte Notiz in Sitzungsber. der Ges. Königsb. 1883), indessen nie mehr als ich bei meinen ausgedehnten Studien über Torfe der verschiedensten Regionen und Länder manchmal zu beobachten Gelegenheit hatte und in den darauf bezüglichen Proto- kollen mit „viel“ oder „sehr viel“ verzeichnete. Denkt man sich aber in der Nähe oder direet am Ufer eines Sees Gebüsch von Amentaceen und Coniferen, so kann auf den Wasserspiegel ein eigentlicher „Schwefel- regen“ niederfallen und da oder dort muss sich in einer Bucht vermöge der blos durch Insolation hervorgerufenen Bewegung des Wassers Blüthenstaub anhäufen. ") Wird dieser allmälig zum Sinken veranlasst, so kann man im Schlamm oder Torf der betreffenden Localität reichlich Blüthenstaub finden. Allein für Doliewen ist das reichliche Vorkommen nach meinen Untersuchungen nur local, nicht allgemein und kann ich dasselbe nicht als Charakteristieum bezeichnen. Uebrigens berichtet Caspary über 70 in Östpreussen befahrene Seen (Sitzung ber. Königsb. 1876), dass sie „meist wald- und buschlose Ufer“ haben. Ich fand Pollenkörner von: Pinus, Corylus, Quercus? Betula, Salix? Populus tremula? Alnus, Gramineen. Für diesen und andere Lebertorfe ist durchaus eigenthümlich der mehr oder weniger reichliche Gehalt an Algen, welcher von Güm bel gar nicht erwähnt und von Caspary und Jentzsch nicht zugegeben wird. Ich musste mir also zur Aufgabe stellen, durch eine eingehende t) Die Bewohner des schweizerischen Bodenseeufers sagen: „Der See blüht“, wenn der Wasserspiegel zur Blüthezeit der herrlichen Obstwälder mit Blüthenstaub bedeckt wird, welchen der Wind herbeiführt. Jahrbuch der k. k. geol. Reichsanstalt. 1885. 35. Band. 4. Heft. (J. Früh.) 89 698 J. Früh. [22] Untersuchung meine Anschauung zu bestätigen oder zu berichtigen, um künftigen Forschern auf diesem Gebiete ein geklärtes Material zu bieten. Ich hatte also zu prüfen, ob überhaupt kleine einzellige Algen- formen erhaltungsfähig sind und auch in anderen Torfen gefunden werden können und dann die Doppelfrage zu beantworten: 1. Sind die von Caspary (Sitzungsber. 1870) beschriebenen als die Hauptmasse des Lebertorfes bildenden „höchst feinen lichtgrau- braunen Körnchen , die weiter keinen Bau zeigen“, wirklich solche Körnchen oder zum Theil Algenformen ? 2. Sind vielleicht manche als Pollenkörner angesehene Gebilde zu den Algen zu zählen oder habe ich selbst Pollenkörner mit Algen verwechselt ? Um den letzteren Punkt aufzuklären, begann ich ein eingehendes Studium der Pollenkörner überhaupt und von Sumpfpflanzen im Speeiellen. Denn nur diese, sowie Seen umrahmende Sträucher und Bäume können die betreffenden Pollenkörner geliefert haben. Es wurden die Monographien über Pollenkörner zu Rathe gezogen von: „Dr. H. Mohl, Ueber den Bau und die Formen der Pollenkörner. Bern 1834.“ — „Dr. Jul. Fritzsche, Ueber die l’ollen in den M&moires de l’Acadömie de St.-Petersbourg 1837° und „Pollen by M.Pakenham Edgeworth, illustrated with 438 figures, London 1879. Dann prüfte ich (an Herbariumsexemplaren) die Pollenkörner von folgenden Pflanzen, nachdem ich dieselben durch sehr verdünnte Kali- lauge etwas aufgequollen hatte: Alisma Plantago L., Alisma natans L., Butomus umbellatus L., Hottonia palustris L., Hippuris vulgaris L., Utrie.laria L., Hydrocharis morsus ranae L., Sparganium ramosum Huds., Sparganium natans L., Typha latifolia L., Nymphaea alba L., Nuphar luteum Sm., Potamo- geton lucens L., P. natans L., P. cerispus L., P. flwitans Roth., Myrio- phyllum spicatum L., Iris Fseudacorus L, Triglochin vulgare L., Tri- glochin maritimum L., Lythrum salicaria L., Ranunculus Lingua L., Ran. flammula L., Spiraea Ulmaria L., Ledum palustre L., Calluna vulgaris Salisb., Erica carnea L., Oxycoccus palustris Pers., Erica Tetralix L., Scheuchzeria palustris L., Luzula campestris DÜ., Seirpus lacustris .L., (arex ampullacea Good, Umbelliferen, Vaccinieen, Calamagrostis epigeia Roth, Coeloglossum albidum Hartm., Najas intermedia Wolfg. von der Pfahlbaustation Robenhausen (Schweiz), Callitriche polymorpha Lönnr., Amentaceen, Coniferen u. v. a. Niemand kann nun bei starker Vergrösserung und Beachtung der feineren Structur solche Pollenkörner mit einzellisen Algenformen ver- wechseln. Sie zeigen sich innerhalb der „Grundmasse“ besonders schön nach Behandlung des Präparates mit Salpetersäure oder Chlorzinkjod oder Jodkalium, Die hier in Frage kommenden Algen besitzen höchstens eine geschichtete Membran, nie eine Exine wie die Pollenkörner. Ihre Oberfläche zeigt entweder Poren oder Warzen und Leisten, welche meistens für die einzelnen Familien charakteristisch sind, oder sie ist jedenfalls fein gekörnt. Nur die Najaden haben nach Fritzsche eine einfache Haut. Die Körnchenstructur der Aussenhaut ist sehr dauerhaft und kann bei im Torf eingeschlossenen Pollenkörnern auch dann noch constatirt ur WETTE ET. N. a NE in ig en I RE EEN [23] Kritische Beiträge zur Kenntniss des Tortes. 699 werden, wenn sie eine sehr feine Haut haben und diese an und für sieh blass und durchsichtig ist (Fig. 8). Die Grösse der Pollenkörner variirt zwischen 0:0075 Millimeter bei Ficus elastica und O'1 Millimeter bei Malope grandiflora (Schacht, Lehrb. der Anat. u. Phys. 1859, II, pag. 367). Darnach könnten manche von mir als Algen aufgefasste Formen ganz gut zu Blüthenstaub gezählt werden, wenn nicht die übrigen Merkmale und die Art der Vergesellschaftung derselben scharf dagegen sprechen würden. Da nun freie Zellen von der Grösse der Pollenkörner zum Theil zahlreich im Lebertorf von Doliewen vorkommen, ich selbst wirkliche Pollenkörner nur von den wenigen oben eitirten Pflanzenarten und nicht reichlicher als in manchen anderen Torfsorten angetroffen, so muss ich annehmen, dass bei Nichtbeachtung der feineren Membranstruetur zum Theil eine Verwechslung mit den grösseren von mir unten beschriebenen Algenformen möglich gewesen ist. Der erste Lebertorf, den ich zu untersuchen Gelegenheit hatte, war von Jakobau bei Belschwitz (Westpreussen), wovon mir Herr Professor Caspary den 27. Februar 1883 freundlichst ein Stück einer Probe abtrat, welche er seit October 1873 unter Wasser aufbe- wahrt hatte. Die ersten Präparate lenkten sofort meine Aufmerksamkeit auf grünlich-gelbbraune Körner-Ballen oder kugelige Häufchen, welche sich durch Druck abplatteten. Zugleich wurden sie blässer und die ein- zelnen Kügelchen zeigten sich bei starker Vergrösserung deutlich. Sie machten auf mich den Eindruck von Mikroeystiscolonieen (Fig. 9) und ich habe dieselben in allen bis heute mir bekannt gewordenen Leber- torfen gefunden. 450 600 Bei Benützung von wenig Material und 7 oder 7 wird man sich leicht davon überzeugen, dass man es hier nicht mit Körnehen von unbestimmten Umrissen zu thun hat. Es sind im Gegentheil wohlbegrenzte organisirte Gebilde von durchschnittlich 0:001—-0'002 Millimeter Durch- messer und mit einander verklebt wie die einzelnen Individuen einer Zoogloea. An und für sich blassgrau erscheinend, lassen sie in kugeligen Aggregaten, wie bereits erwähnt. das Licht grünlich-gelbbraun durch (vergleiche das Aussehen einzelner Blutscheibehen und Muskelfasern mit viel Blut oder einem ganzen Muskel!) und sind diese zu grossen Ballen oder Colonieen vereinigt (Fig. 9), so machen sie sich in der Grundmasse leicht durch ihre grünliche Färbung bemerkbar, von der sie oft ganze Partieen bilden. Dass ich diese Gebilde von Anfang an als organisirt erkannt, — mag man sie nun so oder so deuten — und nicht mit Detritus der Vertorfung verwechselt habe, geht aus den genau geführten Protokollen meiner Untersuchungen über die Genesis des Dopplerits hervor, indem ich sowohl bei den Zersetzungsformen in holländischen Baggertorfen als namentlich innerhalb des den Dopplerit der schweizerischen Fundorte liefernden Hypnetums scharf zwischen körniger, krümeliger und homo- gener Umbildung der Pflanzenstoffe unterschieden habe. Die Körnchen, welche durch den Verstopfungsprocess entstanden, wird man in lebhafter Moleeularbewegung finden, niemals aber jene organisirten Gebilde, weil sie zu Zoogloea-artigen Gallertklümpchen verklebt sind. Oft zeigen sich ziemlich viel Aggregate von blassen oder gelblieh- bräunlichen, rundlichen bis ovalen, wohl contourirten bis doppelt be- randeten Formen (Fig. 10) von 00040: 003 Millimeter Durchmesser, 89 700 J. Früh. [24] die wieder zu einem Gallertklümpehen verklebt sind!); dann grössere gequollene Gallertmassen (Fig. 11 bis 14), deren Brechungsvermögen von demjenigen des Wassers wenig verschieden ist. Sie schliessen bald zarte und durehscheinende ovale Formen ein (Fig. 11) oder zahlreiche ovale Gebilde von 0'007—0009 Millimeter Länge, welche prall von srünlich-gelbbraunen feinen Körnchen erfüllt sind (Fig. 12) oder die Zahl dieser ovalen Formen ist viel geringer (Fig. 13) — vielleicht in Folge ungleich erlittenen Druckes am Präparat — dafür erscheinen sie schärfer begrenzt, besitzen weniger, aber deutlicher begrenzte und grössere Körnchen. Endlich sind in solche äusserst zarte gallertartige Massen, die im Wasser fast zerfliessen, ovale Gebilde eingeschlossen (Fig. 14), welche etwa 0'009—0'01 Millimeter lang und 0'004—0'005 Millimeter breit sind. Man erkennt im Innern derselben scharf berandete gelb- braune Körnchen:; einige erinnern an Theilungsstadien, andere sind rundlich mit deutlicher Membran und einem grösseren gelbgrünen Fleck, so dass man unwillkürlich an Entwicklungsformen einzelliger Algen erinnert wird. Von der Grösse dieser letzteren kugeligen Gebilde finden sich sehr viele einzeln oder zu Haufen. Besonderes Interesse verdienen tetraedrische Gruppen, wie sie Fig. 15 und 16 wiederzugeben versuchen. Deutliche Membran, glatt, im Innern einen blassgelblichbraunen Fleck ; Durchmesser 0'006 bis 0'008 Millimeter. Manchmal sind solche Zellen rosettenförmig verbunden (Fig. 17)?) oder man sieht dieselben sich stufenweise zusammendrücken, abplatten und zu vielen geldrollenartig aneinanderreihen wie die rothen Blutkörperchen (Fig. 18 und 19). Diese abgeplatteten Formen zeigen Dimensionen von. 0'006 : 001 bis 0'004:0'012 bis 0'004 :0'016 Millimeter je nach dem Grade des Seitendruckes, den sie erlitten. Dabei erscheinen die- selben oft recht innig verbunden mit geraden, parallelen Membranen und erwecken vollends dann, wenn etwa ein Membranrest einer losge- trennten Zelle noch anhängt (Fig. 19 ec), die Vorstellung von Scenedes- musformen (oft mögen es wirklich solche gewesen sein). Durchschnittlich seltener, aber manchmal ebenfalls grosse Colonien bildend, beobachtet man grössere Zellen und Verbände (Fig. 20), die einzeln und in Kugel- form etwa einen Durchmesser von 0:012—0'004 Millimeter aufweisen und in Aggregaten etwa 0°'006—0:007 Millimeter breit und 0'018 bis 0:02 Millimeter lang erscheinen: sehr deutliche homogene und glatte Membran und gelbbraunen Inhalt. Seltener boten sich mir grosse Zell- formen dar, wie Fig. 21 und 22. Ihre Membran schien bedeutend gequollen zu sein und der grünlich-gelbbraune Inhalt war als centraler Fleck vorhanden oder zu 4—6 Häufehen vertheilt. Fig. 23 stellt eine Zelle mit sehr dicker, glatter Membran und reichlich gelbbraunen Inhalt dar; sie dürfte wohl als eine Ruhespore einer Alge gedeutet werden. ‘) Ein Mikroskopiker wird solche Colonieen nie mit Mesophyllizellen von Blättern verwechseln ; das Bild an und für sich und namentlich Gebrauch von Reagentien werden genügenden Aufschluss ertheilen. ?) Ein Vergleich mit den schildförmigen Haaren des Genus Callitriche auf den verschiedenen Entwicklungsstufen und nach Bau und Grösse der einzelnen Zellen wird hinreichen, um sowohl tetraedrische Gruppen (Fig. 15 und 16), als rosettenförmige (Fig. 17) davon zu unterscheiden. a ne ER [25] Kritische Beiträge zur Kenntniss des Tortes. 701 Manchmal wimmelte es in den Präparaten der von mir untersuchten Probe von zarten, vielfach verschlungenen Fäden, die man als solche auf Zusatz von Salpetersäure deutlicher zum Ausdruck bringen konnte, indem die übrigen Gemengtheile intensiver gefärbt werden. Diese Fäden sind oft recht lang, durchweg schön parallel und äusserst zart begrenzt. Die Membran ist oft bei u nur als zarte Grenze gegen die Umgebung siehtbar (Fig. 24 und 25) ‘oder zart, aber deutlich doppelt contourirt (Fig. 26) oder scharf doppelt berandet (Fig. 27), aber stets hell Mithin unterscheiden sich diese Gebilde deutlich von Wurzelhaaren oder ein- gestreuten Mycelien oder den dünnen, langen, sich verjüngenden und brüchigen, sehr scharf eontourirten Chitinhaaren; auch sind sie leicht von Chaetophora- -Haaren zu unterscheiden. Von aufgerollten Spiralfasern der Gefässe können sie trotz ihres geringen Querdurchmessers nicht abgeleitet werden. Diese sind massiv, homogen, stark lichtbreehend, mehr oder weniger steif und sehr widerstandsfähig,, so dass man sie noch im Schlamm der Teiche und Seen und den Exerementen der Pflanzen- fresser und des Menschen antrifft, wenn die übrigen Gewebselemente bereits bis zur Unkenntlichkeit macerirt worden sind. Wegleitend ist nun der Umstand , dass ich einige Mal an diesen Fäden bei guter Beleuchtung und ohne jede Zusatzflüssigkeit feine, aber entschieden deutliche Querlinien beobachten konnte, welche wohl als Scheidewände zu deuten sind. Die einzelnen Stücke waren dann bald so lang oder länger als diek oder entschieden breiter als lang (Fig. 24 und 25). Im letzteren Falle war innerhalb der Zelle ein zartes Pünktchen zu sehen. Der Durchmesser dieser Fäden variirt zwischen 0'002 und 0:004 Millimeter. Sie erinnern an Spaltpilze, stimmen indessen schlecht mit Beggiatoa-Fäden überein, welche ich aus Abflüssen von Zuckerfabriken untersuchte. Vielleicht, dass solche Stücke, deren Querdurchmesser 0:004 Millimeter beträgt und die sich durch helle, scharf contourirte Membranen auszeichnen, Orenothrix-Fäden angehören, indem sie ziemlich gut mit solchen übereinstimmen, welche ich auf Vaucheria-Rasen ge- züchtet. Wahrscheinlicher ist, dass sie den Spaltalgen (Oseillariaceen) angehören, obschon, wie Herr Professor. Zopf mir freundlichst bemerkt, das entscheidende Moment, der blaugrüne Farbstoff, fehlt, so dass es unmöglich ist, mit Sicherheit diese Formen zu bestimmen. Es mag ver- gleichsweise daran erinnert werden, dass O. subtilissima Kg. nur V'001 bis 0'0015 Millimeter, ©. tenerrima Kg. 0'0018—0'0025 Millimeter, O. gracillima Kg. 0:0027—0:0032 Millimeter und 0. chlorina Kg. 0:003 bis 0°0036 Millimeter Querdurchmesser haben. Caspary und Jentzsch wollen im Lebertorf von Doliewen nur Desmidiaceen (Fediastrum) gesehen haben. Wirklich ist P. Bo- ryanum Menegh. in der var. granulatum Rabenh. (Fig. 28) oft ziemlich verbreitet in Rosetten von gegen 30 Zellen, deren losgetrennte Innen- zellen bisweilen mit Pollenkörnern verwechselt werden könnten; aber auch andere Fediastrum-Arten kommen vor, sowie Staurastrum, (osmartum. Caspary wollte eine Täuschung an modernen Algenbildungen nicht ausschliessen, da der Torf von Jakobau so lange im Wasser gelegen hatte. Dass dies aber nicht der Fall war, lehren die übereinstimmenden Resultate an verschiedenen anderen frischen und trockenen Lebertorfen. 1702 J. Früh. [26] Zudem ist die Färbung der im Torf eingeschlossenen Algen durchaus nicht mehr von jenem ausgesprochenen Ton, wie ihn lebende Formen aufweisen und bin ich wohl gegen solche Verstösse durch meine während mehr als 12 Jahren gepflegten mikroskopischen Studien und Uebungen genügend vorbereitet. Im Interesse der Wissenschaft habe ich indessen nicht ermangelt, eine möglichst objeetive Aufklärung in dieser Frage zu erhalten. Ich suchte mir eine Vorstellung von dem Verhalten eines Gemisches von höheren Pflanzen mit Algen im stillstehenden Wasser zu verschaffen, indem ich während 1!/, Jahren in einem Literglase @lyceria fluitans Rbr. mit Sphagnum unterhielt. Diese Pflanzen sind allmälig abgestorben. Dagegen konnte ich im Gewirr der Radizellen und Wurzelhaare mannigfache Entwieklungszustände von Chroocoecaceen und Cyanophyceen beobachten, die nach Form und Grösse recht wohl lebende Vertreter der von mir beschriebenen Algenformen sein können. Jene gallertartigen Ballen von sehr kleinen, zarten und blassen Gebilden (Fig. 9 und 10) stimmen mit Zoogloea-Zuständen, die sich namentlich im Niveau am Glase bildeten, überein. Prof. Dr. Zopf hat in seiner lehrreichen Arbeit „Ueber Spalt- algen“, Leipzig 1882, gezeigt, wie Zoogloea-Formen von Glaucothrix graeillima Repräsentanten von Chroococeaceen darstellen, wie Nostoc-Arten als Zoogloen von Seytonemaceen und @loeocapsa-Formen Entwicklungs- zustände von Strosiphon repräsentiren und dass Zoogloea-Formen von Limnothrix flos aquae „auf das Vollständigste mit Polyeystis“ überein- stimmen. Herr Prof. Zopf hatte die ausserordentliche Güte, eine Probe des von mir untersuchten frischen Lebertorfes von Doliewen zu prüfen und er spricht sich in Uebereinstimmung mit einem anderen Fachgelehrten dahin aus, dass die Algenformen „schön und reichlich“ entwickelt seien, dass es aber wohl unmöglich sei, dieselben mit wissen- schaftlicher Sicherheit zu bestimmen. So viel scheint ihm aber sicher, dass Scheiden von Spaltalgen vorliegen dürften, sowie dass auch „die ballenförmigen Palmellenzustände entfärbte Spaltalgenzustände sind, den Chroococeaceenformen zugehörig“. Die grösseren Formen (Fig. 13 u. 14) möchte er für Palmellenzustände chlorophyligrüner Algen halten, und „war für Tetraspora-artige. Chlorophyligrünen Algen mögen wohl auch die Formen angehören, welehe ich in den Fig. 21 und 22 abzubilden ver- sucht habe. Den Algologen ist bekannt, dass zwischen Moosen und Seggen Algen gedeihen mit dauerhaften Membranen. Wenn ich Lebertorf von Doliewen auf dem Objeetträger in Wasser zertheilte, dann dasselbe durch einen Streifen Filtrirpapier entzog, so bewirkte frisches Chlor- zinkjod eine violette Färbung bei Hypneen, manchen Pollenkörnern von Amentaceen und Coniferen, Resten von Gefässpflanzen und auch in der Membran von grösseren und kleineren Algenformen, Pediastreen, während sich andere gar nicht oder nur allmälig färbten. Es darf also a priori nieht auffällig erscheinen, wenn Algen als Gemengtheil von Torf beobachtet werden. Solche, meist einzellige Algen, sind von mir vor und nach der Kenntniss des Lebertorfes in verschie- denen Stufen als sehr sporadisch erkannt worden. Ich erwähne z. B. „Todtes Meer“ bei Einsiedeln (Rasenmoor); Hypneto - Caricetum von Bürglen (Thurgau); Caricetum von Eschen (Fürstenthum Liechtenstein) ; Zi a e ee a ee ee ee FE 0 er a ie PET Wöp ee re BSESSER SER, VERSEUN VOR TRRER TEL, v [27] Kritische Beiträge zur Kenntniss des Torfes. 103 Papenburg Nr. 24; Rasenmoor von Boves bei Amiens; Nieuwe Diep (7—8 Meter — A. P.!); Derrie von Leeuwarden, Rasenmoor von Ro- kitnitz ; Rasenmoor von Schwart bei Warnemünde (Mecklenburg) ; Rostocker Schleuse (0'5—1 Meter); Bohrung beim Bahnhof Rostock in 6 Meter Tiefe ; Blätter- und Waldtorf über Torfschiefer von Schlackendorf (Mecklen- burg) ete. Im Sphagnetum von Papenburg (Probe Nr. 4) beobachtete ich sehr kleine einzellige Algen innerhalb der Mooszellen, wie man solche gelegentlich an lebenden Exemplaren wahrnimmt. !) Am Lebertorf von Doliewen beohachtete ich zum ersten Mal, dass absoluter Alkohol einen gelben bis grünlichgelben Farbstoff extrahirte, welcher bei einiger Concentration ohne weiteres schwach roth fluoreseirt. Ich erinnerte mich, dass Ch. Guignet aus Torf von Boves Chloro- phyll abgeschieden (Comptes rendus, T. 91, pag. 888). Dieser Torf, von dem mir jener Forscher eine Originalprobe zur Untersuchung über- liess, ist ein (aricetum, gemischt mit Filices und Laubholz und ziemlich viel Colonien einzelliger Algen. Da Guignet in der vorhin erwähnten Mittheilung an die französische Akademie nicht angibt, auf welche Weise er den unveränderten Charakter des Chlorophylis festgestellt, er- suchte ich Herrn Prof. Dr. Hoppe-Seyler in Strassburg um eine spectralanalytische Prüfung der alkoholischen Auszüge, indem ich ihm entsprechende Torfproben überliess. Er fand für: a) Doliewen: „Die alkoholische Lösung erhielt bald die von Ihnen beschriebene Färbung und zeigte im Speetrum im Roth zwischen B und © den Absorptionsstreifen des Chlorophylis. Im Gelbgrün zwischen den Linien D und E war keine Absorption erkennbar, so dass der Farbstoffsich verhielt wie frischauslebenden Pflanzen aufgelöstes Chlorophyll, nicht wie das Chlorophyllan oder aus zersetzten Pflanzen ausgezogener Farbstoff.“ — Deutlich fluoreseirendes Licht, „welches für Chlorophyll charakteristisch ist und dessen Brecehbarkeit dem Ab- sorptionsstreifen zwischen den Spectrallinien B+C im durehfallenden Licht entspricht.“ b) Bov&s bei Amiens (trockene Probe!): Sowohl Absorptions- speetrum als Fluorescenz mit Brechbarkeit entsprechend dem Absorptions- streifen zwischen B und C zeigten das Chlorophyll an. Ich spreche Herrn Prof. Dr. Hoppe-Seyler auch an dieser Stelle den herzlichsten Dank für seine gefällige Unterstützung aus. Darauf hin prüfte ich Torfe verschiedener Zusammensetzung und verschiedener Loecalitäten auf die Fluorescenz der alkoholischen Extracte, welche ich so darstellte, dass ziemlich gleich grosse und pulverisirte Torfmengen mit absolutem Alkohol bei Zimmerwärme während 5 Tagen behandelt wurden ; die bezüglichen Filtrate wurden zu gleichen Raum- theilen in gleich grossen Reagensgläsern bei direetem Sonnenlicht mittelst !) Die porösen hyalinen Zellen der Torfmoose nehmen überhaupt kleinere Körper auf. Hievon kann man sich sehr gut überzeugen, wenn man beblätterte Stämmchen dieser Pflanzen einige Zeit in Berlinerblau taucht; man wird dann auch nach an- haltendem tüchtigen Auswaschen die meisten hyalinen Blattzellen mit den blauen Körnern erfüllt finden. Hierauf gründet sich die Anwendung des Torfmooses als Verbandmaterial für Wunden. 704 einer Sammellinse geprüft. J. Früh. waren alle trocken. [28] Mit Ausnahme der Probe von Doliewen Farbe des Auszuges Farbe des Auszuges Nr. Fundort und Charakter des Torfs im durchfallenden | im auffallenden | Licht Licht | 1. | Lebertorf von Doliewen . gsrünlichgelb deutlich roth | 2. s „ Purpesselen. . . oe 3 5; „ Güstrow (Mecklenburg). , 4 r „ Zarrentin (Mecklenburg) . 5 5. Bentwisch (Mecklenburg) . gelb blassroth 6. | Blätter- und Waldtorf auf Torfschiefer von Schlackendorf (Mecklenburg) mit wenig einzellieen Algen 7. nl blassgelb blassröthlich 7. Oberveen (Holland), Rasen- bis Waldtorf || schwachgelblich röthlich bis : rothbraun 8.| Nidden: Martörw . ‚schwach honiggelb blassröthlich oder rothbraun 9.| Boves, Rasentorf mit ziemlich viel Algen gelb röthlich 10. | Bahnhof Rostock, 6 Meter tief. (mit Algen) grünlichgelb deutlich roth ll. | „Todtes Meer“ (mit Algen) gelb = I2.| Noordwyk , Hypneto-Caricetum mit Nym- phaea, Menyanthes., ; goldgelb % 13. | Rokitnitz, mit eingestreuten einzelligen Algen ... gelb ei 14. | Derrie (Bohrung "Badehaus Leeuwarden), mit ganz wenig Algen ... . R blassgelb grau 15. | Bürglen (Thurgau), mit wenig Algen : honiggelb A 16. | Baggertorf (Rasenmoor) von Reeuwyk in Südholland, stark ulmifieirt bei 1'3 | Meter Tiefe . schwachgelb vielleicht etwas röthlichbraun ! 17.| ib. 33—3°6 Meter Tiefe . . honiggelb grau 18. | Brevine (Neuchätel), obere Schicht (Sphar- neto-Eriophoretum) . gelb a 19. | Kehdinger Moor Nr. 19. harngelb 5 20. Nr.. 32. si tief honiggelb 5 21. | Dunkler Leuchttorf Nr. 3 mit einer Unzahl von Pollenkörnern ... schwach weingelb 5 22.| Vlake, Zuid Beveland, Calluneto- Eriopho- retum (0'4 Meter u. d. Oberfl.) schwachgelb r 23.) Kampen, Rasenmoor 4 Meter — A.P.. * e" 24.| Darry in den Wadden bei Ameland (Hyp- neto-Caricetum) . - P 25. | Nieuwe Diep2'8 Meter, Caliuneto-Briopho- reto-Sphagnetum . . . weingelb = 26. | Nieuwe Diep 4'4 Meter — "AB. (Rasen- MODEL) Kr ; gelbbraun w 27.| Nieuwe Diep 7.478 Meter — A. P. Rasenmoor mit einigen Pediastrum . . weingelb er | 28. | Bohrung Neumarkt Amsterdam 47—5'1 Meter — A. P. Rasenmoor . . farblos 5 | 29. | Darg, von der See am Dollert ausgespült bräunlichgelb " Ich wollte diese Ergebnisse noch dadurch controliren , dass ich untersuchte, ob vielleicht schon Ulminverbindungen für sich irgend eine Fluorescenz zeigen würden oder ob dieselben überhaupt die Eigen- schaften des Blattgrüns bei auffallendem Licht beeinträchtigen könnten. A aa neh ae > 1 ee ee ee ei [29] Kritische Beiträge zur Kenntniss des Torfes. 705 Zu diesem Zweeke wurden folgende filtrirte Lösungen im Focus einer Sammellinse bei direetem Sonnenlicht geprüft: nm u se es re Te Farbe im durch- Farbe im auffallen- ar: Substanz fallenden Licht den Licht 30. | ang nn 4 een an 24stündiger Einwirkung von Se Kali- lauge bei Zimmerwärme .. : gelbbraun grau 3: Ebenso Sacculmus . E 32. Auszug aus demselben Sacculmus mit absolutem Alkohol , „ ” ” 33. | Etwas Sacculmus in 3 Cubikcentimeter 3 absol. Alkohol mit 4 Cubikcent. Blatt- fläche von jungem Colchicum autumnale L. während 24 Std. bei Zimmerwärme: a) direet untersucht . . . . . . ...... || gelb bis rothgelb| deutlich roth \(ZwischenIIIu.IV der Vogel’schen Harnfarbenscala) b) zweifache Verdünnung mit absolutem Alkohole ser ; gelb » c) dreifache Verdünnung mit Alkohol . 2 4 d) vierfache = gelblich blassröthlich 34. | Vergleichsweise wurden gleichzeitig 2 Cubikcentimeter Blattfläche desselben Colch. aut. L. in 11 Cubikcentimeter absol. Alkohol bei übrigens gleichen Bedingungen behandelt: a) direct geprüft . . £ grasgrün rein roth b) zweifache Verdünnung N Alkohol | hellgrün c) vierfache blassröthlich ” ” ” er ” Diese Tabelle lehrt, dass weder ein Mehrgehalt an gelösten Ulmin- verbindungen, noch die Profiltiefe, noch die mehr oder weniger an- haltende Einwirkung von Wasser auf das Moor auf die Farbe der betreffenden Lösungen einen Einfluss ausüben, sondern dass sich diese nach der Zusammensetzung der betreffenden ” Torfart richtet. Hierbei zeigt sich nun ein unverkennbarer Zusammenhang mit dem Vorkommen von Algenformen, welche in manchen Rasenmooren aceessorisch auf- treten und im Lebertorf sogar zu einem wesentlichen Gemengtheil werden können. Jene weisen eine schwach röthliche Fluoreseenz, diese eine ent- schieden deutliche auf, welche nach Analogie zu den Resultaten, welche die speetroskopische- Untersuchung des Lebertorfes von Doliewen und des Rasenmoortorfes von Bov&s zeigte, wohl als Kennzeichen oder Beweis für die Anwesenheit von Chlorophyll zu betrachten ist. Dass die Pollenkörner nicht diese eigenthümliche Erscheinung hervorrufen können, dürfte namentlich im Hinweis auf Nr. 21 dieser Versuchsreihe klar genug sein. Il. Lebertorf von Purpesselen bei Gumbinnen. Caspary (Sitzber. 1870), Gümbel (l. e. pag. 132) und Früh (Doppl. pag. 22). Jahrbuch der k, k. geol. Reichsanstalt. 1885. 35. Band. 4. Heft. (J. Früh.) [070) 706 J. Früh. [30] Nach Caspary typischer Lebertorf, frisch „fast gleichmässig graubraun, dicht, gleichartig, sehr elastisch, ohne Spur von blätterigem Gefüge, mit grobmuscheligem Bruche und thierischer Leber ziemlich ähnlich“. Gümbel und ich untersuchten trockenes Material, welches in papierdünnen Schichten aufgeblättert ist. Mit Bezug auf dessen Zu- sammensetzung unterscheiden jene beiden Forscher wieder die oben beschriebene „Grundmasse“, nach Gümbel zum Theil eine „flockige Substanz“ (Algencolonien ?), in welcher nach Caspary ziemlich zahl- reich Hautstücke von Crustaceen, zahlreiche Pollenkörner von Pinus sylvestris und zahlreiche nicht gut bestimmbare Zellgewebsreste einge- bettet sind, worunter er ein Sphagnumblatt, ein Cosmarium, aber keine Diatomeen erkannte — während Gümbel, „abgesehen von einzelnen Insectenresten, namentlich Tracheen, zahlreiche Blattreste mit deutlich erkennbarer Zelltextur nach'Art der Gras- und Moosblätter, vereinzelte schwarze Holzzellen und Gefässe, viele runde, schwarze Kügelchen . (Sporen) und in Unzahl Pollenkörner“ beobachtete, eirca 1000 per Kubikmillimeter. Eine nochmalige Prüfung dieses in 5procentiger Kalilauge aufge- weichten Torfes ergab mir: Eine „faserig-filzige“ Grundmasse, in welcher wieder die oben be- schriebenen mikroeystisartigen Formen einzelliger Algen mehr oder weniger häufig, zum Theil in grossen grünlich-gelbbraunen Ballen er- kannt werden, namentlich aber einfache und verzweigte, theilweise faserig macerirte Radizellen von Gramineen und Cyperaceen nebst Blattparenehym und Nervenprosenchym dieser Pflanzen; Blattgewebe mit Spaitöffnungsmutterzellen von Nymphaea; Parenchym, welches am besten mit demjenigen der Staubgefässdeckblätter in den Kätzchen von Alnus, oder PRetula übereinstimmt; dann Brennhaaren ähnliche Emergenzen homogen ulmifieirte Gefässe und Sporen von Farnkräutern, Pollenkörner von Pinus (in gar nicht auffälliger Zahl), Alnus, Detula, Corylus, Ulmus campestris L., Tilia; seltener sind Rosetten von Pediastrum Boryanum Men., keine Diatomeen. Dagegen ziemlich viel Chitinborsten, Panzer von Milben und namentlich Schalen von Daphniden (keine Tracheen). Auch in diesem Lebertorf sind mehr oder weniger grosse Stücke von gelb- braunen und homogen ulmifieirten Holzzellen oder Platten eingelagert („schwarze Holzzellen‘, Gümbel), die von Laubhölzern oder Farn- kräutern abstammen dürften und wahrscheinlich theilweise ais solche hereingeschwemmt wurden. Es sind keine verkohlten Pflanzentheile, sondern wie die Ulmus- und Humusverbindungen empfindlich gegen ab- wechselnde Behandlung mit verdünnter Kalilauge und Salzsäure. Unter den mineralischen Stoffen, welche in dieser Probe sparsam vertreten sind, herrschen sehr feine Quarzsplitterchen vor, zwischen denen als Seltenheit ein Kieselscheibehen beobachtet wurde. Der Torf brennt anhaltend mit lebhafter Flamme unter Verbreitung des bekannten Torfgeruches. In der schwach gelblichen und mit Salz- säure übergossenen Asche erzeugt Chlorbarium einen weissen unlöslichen Niederschlag. Gümbel beschreibt in diesem Torfe „viele runde, schwarze ‘'Kügelehen (Sporen)“. Sie sind mir nicht entgangen, da sie in Rasen- mooren keine Seltenheit sind und in Wald- und Blättertorf oder den [31] Kritische Beiträge zur Kenntniss des Torfes. 707 untersten Schiehten von in Teichen und Seen gebildeten Torfen oft ausserordentlich zahlreich vorkommen. Auch Schuhmann erwähnt „dunkle Sporen“ (l. c. pag. 11, pag. 26). Da er in der gleichen Schrift von „rundlichen, dreieckigen und tonnenförmigen Sporen“ spricht (pag. 97 ff.), also Pilz-, Fleehten- und Torfmoossporen erkannt hat, so muss sich jene Bezeichnung entweder auf vereinzelte freie Ulmuskügelchen oder auf ähnliche Objeete beziehen, wie die von Gümbel be- schriebenen. Diese Kügelchen sind weder Sporen noch Ulmus- kügelchen. Sie reagiren nie auf Kalilauge oder Salzäure. Pilz- oder Flechtensporen (Fig. 4 und 29) werden von Alkalien auch dann auf- gehellt, wenn ihre Membran stark humifieirt sein sollte. Mit den in Frage kommenden Kügelchen ist dies nicht der Fall. Es sind vielmehr, wie ich mich häufig an verschiedenen Vorkommnissen überzeugt habe, Aggregate von Schwefelkieskryställchen. Durch Druck zerfallen sie in zahlreiche Körnchen (Fig. 30), Sporen hingegen nicht. Jene Körnehen sind undurchsichtig, scharf begrenzt und höchstens ver- möge des an ihren Flächen refleetirten Lichtes bräunlich umrandet. Ihr Durchmesser variirt von 0'0007—0'001 Millimeter. Trotz dieser 5 : , R cr so) e . h Kleinheit erscheinen sie bei - meistens in scharfen Quadraten oder kurzen Rechtecken, d. h. in der Regel als Würfelehen, welche isolirt die Brown’sche Molekularbewegung zeigen können. Seltener sind freie Körperchen von 0:0053—0'002 Millimeter Durchmesser (Fig. 31) oder Verwachsungen von 2—4 Individuen ähnlich wie optische Dureh- schnitte von Magneteisen in Gesteinsdünnschliffen. Noch vereinzelter trat ich schwarze sechseckige Figuren, welche an dodekaedrische Ge- stalten erinnern (Fig. 3l a). Alle diese Krystallaggregate charakterisiren sich. als solche sehr schön im auffallenden Licht. Ich habe verschiedene Male versucht, diese schwarzen Krystall- bildungen chemisch zu definiren, namentlich in solchen Fällen, wo sie recht zahlreich im Torf eingeschlossen waren. Mit erwärmter Salzsäure entwickeln sie keine nachweisbare Menge Schwefelwasserstoff, bleiben überhaupt darin unverändert. Der kalkreiche Torfschiefer von Schlacken- dorf, welcher sehr reich an solchen schwarzen Würfelehen und deren Aggregation zu Kugeln ist, wurde pulverisirt, dann mit kochender con- centrirter Salpetersäure aufgeschlossen, hierauf vollständig ausgesüsst. Das gelbbraune Filtrat war reich an Eisenoxydsulphat. Der Nieder- schlag auf dem Filtrum zeigte unter dem Mikroskop eine totale Ab- wesenheit der schwarzen Körnchen, dagegen einen ausserordentlichen Reichthum an Gypskryställchen (Säulen nach © P.P.o Po, Zwil- linge, Viellinge), welche zwischen den durch die Salpetersäure roth ge- färbten und krümelig umgewandelten organischen Stoffen etwa den- selben Eindruck machten, wie die glashellen Plaglioklasleisten im Dünnschliff eines Feldspathbasaltes. Wurde dieser Niederschlag gut ge- trocknet und dann längere Zeit mit Schwefelkohlenstoff in Berührung gebracht, so erhielt ich durch Verdunsten des Filtrates ein kleines Quantum einer gelblichgrauen bis gelblich wachsartigen Masse, die unter dem Mikro- skop (Verdunsten von Tropfen auf dem Objectträger) nichts von Schwefel erkennen liess und auf Platinblech erhitzt mit stark russender, das Metall kohlig bedeckender Flamme verbrannte, ohne den Geruch nach 30° 708 J. Früh. [32] schwefliger Säure zu verbreiten. Wurde eine pulverisirte Probe des- selben Torfschiefers ohne vorherige Einwirkung von Salpetersäure mit Schwefelkohlenstoff extrahirt, so bekam ich eine grünlichgraue Substanz von gleichen Eigenschaften wie die vorhin beschriebene. Das Pulver selbst enthielt noch denselben Reichthum an schwarzen Kryställchen wie zuvor. Die Krystalle reden wohl deutlich genug für die tesserale Form des Doppeltschwefeleisens und schliessen den Markasit aus. Nach meiner Erfahrung sind diese Pyritaggregate vorzugsweise in gut abgeschlossenen Rasen- und Waldmooren vertreten und fehlen so- zusagen im Sphagnetum und Callunetum. Nach Pagel und Oswald (Landw.-Jahrb. 1. Suppl. Halle 1877) bilden sich „bei Luftabschluss in der Moorsubstanz durch Reduction von schwefelsauren Salzen Schwefelverbindungen, die zum Theil als Schwefelwasserstoff, zum Theil als Schwefelmetalle auftreten.“ Ich prüfte einige Mal solche Torfe, die viel Schwefelmetalle enthielten, erfolgreich auf einen geringen Gehalt an gelösten Sulphaten. Ich nahm aber umgekehrt an, dieselben wären durch eine spätere Oxydation der Sulfide und deren Einwirkung auf Carbonate entstanden. Nachträglich finde ich in „Landw.-Versuchsstationen 8°, dass auch van Bemmelen diese Krystalle, welehe er namentlich in der gypsreichen Wübhlerde“ reichlich gefunden, als Pyrit erklärt. Sie er- scheinen daselbst „in der Gestalt schwarzer runder Körner; einige zeigen Cubusform, einzelne Flächen von Pentagondodekaedern. Sie sind sehr schwer, unlöslich in Salzsäure , löslich in Salpetersäure und Königswasser. An der Luft oxydiren sie sich nicht.“ IN. Torfschiefer von Güstrow in Mecklenburg, den ich nochmals und in verschiedenen Zeiten auf seinen Gehalt an Algenformen prüfte. Die Probe war trocken, compact und von matter muscheliger Bruchfläche; sie wurde mit verdünnter Kalilauge langsam aufgeweicht. Befund: Auch hier bis zur Unkenntlichkeit faserig zersetzte Radi- zellen und Zellgewebsreste; gut erhaltene Blattreste von Nymphaea, ein- gestreut Pollenkörner von Pinus, Betula, Corylus, Tiıa, Alnus, Sporen von Filices; ziemlich viel Spongillanadeln, da und dort Melosiva ; Daphnidenschalen und andere Chitinreste ; viel Schwefelkies. Ueberall Algenformen: in einzelnen Partien sehr reichlich, ganze Flötzchen darstellend. Nicht nur viele microcystisartige Colonieen, sondern oft zahlreiche Häufchen von Tetraspora-artigen Formen und als besonders auffällig oft ganze Häutchen bestehend aus Gloeocapsa-Arten, die bei Behandlung des Präparates mit Salpetersäure recht schön hervor- treten. Sie sind so vorzüglich erhalten, dass man dieselben mit Aus- nahme des veränderten Zellinhaltes für frische Exemplare halten könnte. Der Umstand, dass die scharf geschichteten Hüllen bald glashell, bald bräunlich bis braun erscheinen, dürfte auf das gleichzeitige Vorkommen verschiedener Spezies schliessen lassen (Fig. 32). Zweizellige Familien von 0'02 Millimeter Länge oder 0'016 und 0'025 Millimeter herrschen vor; indessen zeigen sich auch grössere und 4—8zellige Familien. Auch die Oscillaria-artigen Fäden des Lebertorfes von Doliewen trafich in einigen Exenplaren; ferner homogene und stark ulmifieirte und wahrscheinlich BERN NER EEE BETEN OL NNERN. > v | 33] Kritische Beiträge zur Kenntniss des Torfes. 709 eingesehwemmte Stücke und Platten von Holzzellen der Laubhölzer und Farnkräuter. Die Bildung des Torfes in einem stillstehenden Gewässer wird durch seine Zusammensetzung genügend dargethan. IV. Torfschiefer, Lebertorf Casp. von Testorf bei Zarrentin (Mecklenburg). Er ist sehr dünnblättrig, matt, hart und reich an Quarzsplittern (Kieselscheibehen), Spongillanadeln und einge- streuten Diatomeen (Pinnularva, Melosira). Von höheren Pflanzen sind vorhanden: Radizellen und Blattreste (Parenchym und Nerven) von Gramineen und Cyperaceen (z. B. Phrag- mites), freie Spiralgefässe, Haare von Nymphaea, Blattstücke von Hypneen und Sphagnum. Sparsam Pollenkörner von Prnus, Alnus, Corylus, Gramineen, Erieineen; Sporen von Sphagnum. Chitinreste von Insecten, ‘Milben, Daphniden. Auch hier sind die zarten Algencolonieen als grün- lich-gelbbraune Ballen mehr oder weniger zahlreich vertreten, auch Tetraspora-artige, Cosmarium und manchmal erheblich durch deutliche Querwände eingetheilte, blasse, parallel berandete Oscillaria-artige Fäden. Da und dort ziemlich viel Schwefelkies. Der Torf brennt mit stark leuchtender und anhaltender Flamme, eine schwach gelbliche Asche zurücklassend, die mit Salzsäure begossen, schwach aufbraust u. v. d. L. leicht zu einem grünlich gefärbten Glase zusammenschmilzt. V. Bentwisch bei Rostock. Eine schiefrige, harte, kaffeebraune Probe mit speekiger Sehnitt- fläche. Sie ruht auf sog. „Wiesenkalk“, der sich getrocknet in papierdünnen Schichten darbietet und nach Zersetzung der reichlichen Carbonate unter dem Mikroskop folgende Zusammensetzung zeigt: Viel Diatomeen, als: Melosira arıans 4g.;, Gumphomema acumı- natum Ehrb., G@. geminatum Ag., Oymbella eymbiformis Breb., Meridion, Oyclotella operculata Ag., Himantidium, Epithemia Argus Ehrb. 3 Nam. eulae, Pinnulariae, Synedrae, Cosmarium quadratum Ralfs,, dann unbe- stimmbare Blattreste höherer Pflanzen, Hypneen, Pollenkörner von Pinus, Betula, Gramineen, ulmifieirte Platten (von Gefässpflanzen) ; Daphniden- schalen, Chitinborsten ; Quarzsplitter und erheblich Schwefeleisen. Im Torfschiefer selbst fand ich Radizellen und Epidermisreste von Gramineen und Cyperaceen, welche oft faserige Massen darstellen ; Blattsticke von Hypneen und Sphagnum, bald krümelig zersetzt wie in stark umgewandelten Rasenmooren, bald auseezeichnet frisch und be- stimmbar, (Sphag. cymbifolium Ehrh ‚8. acutifolium Ehrh.), was sich am besten aus dem ungleichen Alter dieser Reste erklärt, welche mehr oder weniger frisch oder erst dann angeschwemmt wurden, nachdem sie an anderer Lagerstätte bereits eine bedeutende Zersetzung erlitten. Eingestreut blasse Algeneolonien, Cosmarlum quadratum Ralfs.; Pollenkörner von Coniferen, Betula, Gramineen, Sparganium?; ziemlich viel Sporen von Sphagneen — viel Melosirae, Gomphonema, Pinnularia, Stanroneis, Navicula, Synedra, Uymbella, Himantıdium ; ziemlich viele Nadeln von Spongilla; Daphnidenschalen; ziemlich . viel Skelette von Milben, Chitinborsten — Quarzkörner und Schwefelkies. 710 J. Früh. [34], In Wasser schwillt er auf und wird wenig, aber deutlich elastisch. Er brennt kaum mit Flamme. Asche gelblichweiss und leicht zu einem Glas zusammenschmelzend. Nach meiner Kenntniss sind die Lebertorfe in stillstehenden Ge- wässern, seichten Seen, gebildet worden. Bald ist der Untergrund kalk- reich und der „Seekreide“ der schweizerischen Seen zu vergleichen, bald mehr aus Diatomeen und Mergel mit Süsswasserconchylien zu- sammengesetzt. Diatomeen und Spongillanadeln dürften in den unteren Schichten nie fehlen nach oben mehr und mehr zurücktreten oder fehlen. Reste von Wassermilben, Inseeten, namentlich von kleineren Crustern weisen wieder übereinstimmend auf Stagnation eines Gewässers hin; ddesgleichen Reste von Nymphaea. Ein Theil der heterogenen Pflanzenreste scheint herbeigeschwemmt worden zu sein, indem die vorhandenen Pollenkörner fast ausschliess- lich ') Coniferen und Amentaceen, d. h. Gewächsen, welche als Gebüsch und Wald die Torfseen umgaben und nicht den stehende Gewässer liebenden Sumpfpflanzen angehören. Eigenthümlich ist die Art der Zersetzung, welche nicht in der gewöhnlichen Ulmifieation der Pflanzenstoffe bei Massenvegetation besteht, wie sie in Torfmooren beobachtet werden kann, sondern in einer faserig-körnigen Maceration derselben. Dies muss das Resultat einer sehr langsamen ungestörten Anhäufung von Pflanzenstoffen sein, welche zu dem nicht reichlich oder jedenfalls gleichzeitig nicht massenhaft zugegen waren, so dass das Wasser dieselben zumeist lange schwimmend erhalten, allmälig zersetzen und dann erst deponiren konnte. Ein einfaches Ergebniss dieser Verhältnisse ist die charakte- ristische Thatsache, dass die bLebertorfe”-mehr oder weniger reichlich Colonien von Entwicklungsformen einzelliger Algen einschliessen. Diese können manchmal ein wesentlicher Gemengtheil desselben werden und denselben als „Algen- torf“ näher präeisiren. Die Anwesenheit der Cyanophyceen und Chlorophyllophyceen wird schon dadurch angezeigt, dass alkoholische Auszüge aus trockenen Lebertorfen mehr oder weniger deutlich grünlichgelb aussehen und eine so intensive rothe Fluorescenz darbieten, wie sie bei gewöhnlichen Torfen nicht beobachtet werden kann. Frisch sind die Lebertorfe elastisch, werden beim Eintrocknen compact und zeigen eine matte, muschelige Bruchfläche oder sie blättern mehr oder weniger dünnschichtig auf, werden zu „Torfschiefern“ oder erinnern äusserlich an Dysodil, je nachdem die Zusammensetzung und der Grad der Maceration sich gleichförmig geblieben oder etwa durch grössere Blattreste oder anders zusammengesetzte und vorher weniger zersetzte Pflanzentheile verändert worden sina. In allen Fällen hat die Schieferung eine innere structurelle Ursache, ist nicht etwa durch äusseren Druck hervorgerufen wie dies offenbar bei den zwei oben beschriebenen Martörw-Proben der Fall sein muss. !) Almus zeigt auch Pollenkörner mit nur 4 in einer Ebene liegenden Poren, welche von denjenigen des Myriophyllum spicatum L. kaum zu unterscheiden sind. Ich erwähne dies darum, weilCaspary „im blauen Mergelschluff unter dem Purpesseler Moor einen schönen Abdruck des Blattes von Myr. spicata gesehen“ (Sitzber. Königs- berg, 1870). BE EET, [35] Kritische Beiträge zur Kenntniss des Torfes. {alt Es zeichnen sich ferner alle von mir geprüften Lebertorfe vor andern Torfsorten noch dadurch aus, dass sie, ein Mal getrocknet, durch Wasser bei gewöhnlicher Temperatur wieder auf- gseweicht werden können, dabei eine Volumvergrösserung zeigen und die Elastieität wieder erlangen (die Erscheinung wird mit Zunahme des.Gehaltes an Mineralstoffen, Diatomeen und Spongilla- nadeln beeinträchtigt). Andere und namentlich ebenso stark macerirte Torfe wie der Lebertorf, bleiben bei jahrelanger Einwirkung von Wasser trocken und fest. Es beruht dies auf der Unlöslichkeit der getrockneten Ulmus- und Humusverbindungen in Wasser und gründet sich auf diese Eigenschaft überhaupt die Gewinnung des Torfes. Die dünnschiefrige Probe von Zarrentin wurde schon nach einer halben Stunde weich und elastisch. Lebertorf von Doliewen, welcher in Würfeln von über 22 Milli- meter Kantenlänge geschnitten und bis zum beginnenden Zerfall mit Wasser durchtränkt, hierauf während 2 Stunden auf dem Wasserbade eingetrocknet worden, wobei sich eine Volumverminderung auf 11 Milli- meter Kantenlänge zeigte, schwoll nachher im Wasser wieder vollständig an und wurde elastisch. Diese Erscheinung verdient gewiss eine gebührende Beachtung. Sie kann nicht durch die Kleinheit der Zersetzungsproducte und deren innige Mischung allein erklärt werden, weil sonst auch die weiter unten zu beschreibenden Leuchttorfe ein ähnliches Verhalten zeigen müssten. Besondere Capillaritätseinrichtungen, wie sie bei @üm be l’s Compressions- versuchen mit Sphagnetum und Rasentorf sofort als in der Structur der Torfmoosblättehen begründet in die Augen springen, sind hier offenbar nicht gegeben. Wollte man eine Ursache der Wiederanschwellung des Torfes in dem von der Ulmification bei Massenvegetation ganz ab- weichenden Bildungsprocess des Lebertorfs suchen, in der langsamen Maceration der Vegetabilien in Wasser bei gleichzeitig kleinen Pflanzen- mengen und einer Art Schlämmung des Detritus und annehmen, dass die feinfaserig macerirten Membrantheile (vorwiegend von Radizellen) auch nach dem Eintrocknen einen gewissen Grad von Quellbarkeit besitzen oder ausserordentliche Capillarität zeigen, so dürfte es ebenso naturgemäss sein, eine Ursache des Wiederanschwellens und der Resti- tution der Elastieität n bekannten Eigenschaften der eingeschlossenen Algenformen zu erblicken. Gerade die kleinsten Formen, die Mikroeystis-artigen Colonieen scheinen allgemein verbreitet zu sein; sie erscheinen als Zoogloeazustände von Algen. Unter dem Mikroskop beobachtet man ihre gallertartige Ver- klebung und bei andern Formen eine deutliche Einbettung in Gallert- hüllen. Zoogloeen von Pilzen und Algen sind sehr widerstandsfähig, gehen beim Eintrocknen — wie die Nostocarten Jedermann überzeugen können — nicht zu Grunde, sondern quellen bei Befeuchtung mit Wasser wieder auf. Ueber die Natur des Hangenden der Lebertorfe habe ich bis jetzt nur wenige Aufschlüsse erhalten; es schemt aber, dass die ausgefüllten Seen mit Wiesenmooren bedeckt wurden. Ueber Purpesselen gibt Caspary (l. c.) folgende Angabe: 712 J. Früh. [36] a) 9 Fuss Wiesenmoor; b) !/; „ lockerer, etwas geschichteter Torf; vielleicht aus Zontinalıs antipyretica und Hypnum finitans gebildet; c) 5 Fuss Lebertorf. Für Bentwisch ergibt sich nach Geinitz: BR 5 b) Lebertorf; ? c) „Wiesenkalk“ = „Seekreide.“ Für Schlackendorf (Mecklenburg): a) Rasenmoor; b) Blätter- und Waldtorf; c) Torfschiefer- „Lebertorf“, eonchylienreich. Für Testorf bei Zarrentin: a) Wiesentorf; Moostorf (Sphagneen der acutifolium-Reihe und Hypneen); c) Lebertorf. = Bevor ich zur Besprechung des Dysodils übergehe, will ich eines interessanten diluvialen Torfes erwähnen von Honerdingen, Prov. Hannover, erhalten von Herrn Director Dr. Fleischer in Bremen. Er liegt unter einer 8 Meter mächtigen Schichte Diluvialsand und zeigt folgendes Profil: 1. Das Liegende besteht aus einem Süsewune kalk“, der mit kalter Salpetersäure entkalkt und aufgehellt viele Diatomeen zeigt, vorzugsweise die Gattungen CÜyclotella, Melosira in schleimige Häutchen eingebettet, dann Pinnularia und Cymbella, Epi- themia, Pleurosigma, Gomphonema, Surirella, Synedra, Navicula, Amphora, Oymatopleura Solea Sm., wozu sich zum Theil ziemlich viel Pollenkörner gesellen von Coniferen, Corylıs, Alnus und zahlreiche Spongillanadeln. singestreut Blattreste von Hypneen, Radizellen, Markgewebe und Blatt- parenchym von Laubhölzern,, Chitin ; reichlich grosse Würfelehen von Schwefelkies. Schwarze Mycelien. 2. Darauf folgt eine der „Braunkohle ähnliche compri- mirte Moorschicht“. Sie besteht zum grössten Theil aus goldgelben Blattstücken von Laubmoosen (zum Theil Hypnum trifium W. et M. und papillöse Formen von Dieraneen oder Leskeen), dann Blattreste, Haare und Pollenkörner von Nymphaea oder Nuphar, ziemlich viel Spongilla- nadeln in mannigfachen Formen, sparsam Pollenkörner von Coniferen, Alnus, Corylus?, Sphagnumsporen und Sphagnum-Blattreste, Epidermis von Gräsern, Chitin; relativ viel Quarzkörner und Kieselscheibchen. 3.'Der eigentliche Torf’ ist sehr dünnhblätirie ee schichtet und gleicht getrockneten Tabaksblättern. Die Probe zeigte eine äussere tiefbraune und eine mittlere hellbraune fast krümmelige Partie. a) Die erste enthält Hypneen (Z. trifolium), Radizellen und Blattreste von Gramineen und Cyperaceen, ferner Sphagnum aus der acutifolium- Reihe , Pollenkörner von Pinus, Typha?, Betula. Sporen von Sphagnum. Kiesellinsen. [37] Kritische Beiträge zur Kenntniss des Torfes. 7113 5) die hellbraune Partie ist vorherrschend ein Sphagnetum der acutifolium-Gruppe, gemischt mit Resten von Cyperaceen; Pollen- körner von Pinus, Betula, Sphagnumsporen. Demnach waren die Gewässer eines seichten Sees zunächst von Diatomeen und Spongillen belebt; später erschienen die Seerosen und Laubmoose, worauf eine Sumpfflora von Laub- und Torfmoosen, Cypera- ceen und Gramineen den See erdrückte. Die Gemengtheile sind ver- hältnissmässig sehr gut erhalten und ein sprechender Beweis dafür, dass der Druck die Ulmifiecation wenig befördern, höchstens eine feine Schiehtung des Torfs hervorrufen kann. Dysodil vom Westerwalde. Zur Untersuchung gelangten: 1. Ein Stück der von Ehrenberg hinterlassenen Originalprobe, aufbewahrt im Museum der Univ. Berlin, und das ich der ausserordentlichen Güte des Herrn Prof. Da mes daselbst verdanke. 2. Grössere Stücke, welche mir Herr Prof. Bauer in Marburg freundlichst verschafft hatte. Da diese Stufen mit dem Ehrenbers- schen Material übereinstimmen, kann ich zusammenfassend referiren. Zur Präparation wählte ich statt der Bleichflüssigkeit (Kaliumchlorat und Salpetersäure) verdünnte Kalilauge, in welcher Dysodilblättchen langsam aufgeweicht wurden. Ich beachtete sodann die Vorsicht, für sämmtliche Präparate neue, ungebrauchte Objectträger und Deckgläser anzuwenden, sowie die Präparirnadeln vor deren Gebrauch zu glühen, um Staubtheilchen wo möglich fern zu halten. Schon die grünlich-graue Farbe des aufgeweichten Dysodils er- innert an Lebertorf; dann der Umstand, dass er sich mit der Präparir- nadel nicht krümelig zertheilte, sondern sich in sehr feinen Häutchen ablöste wie „Torfschiefer“. Bei erkennt man in einer scheinbar homogenen Grundmasse zahlreiche sehr dünne Fäserchen, oft relativ lang, wellenförmig gebogen und zu Bündeln vereinigt (Fig. 33), Bilder, welche ganz gut übereinstimmen mit den fibrillär macerirten durch- wirkten Massen, welche Lebertorfe aufweisen und die — wie Ueber- sangsstadien in den letzteren lehren — vorherrschend von Radizellen abstammen. Ich zweifle nicht, dass auch die faserigen Partien dieses Dysodils so abzuleiten sind. Aus dieser im durchfallenden Licht gelbbraun erscheinenden Grundmasse treten sporadisch grössere homogene, schwarzbraune und meist opake Plättehen hervor, die nach Form und Grösse mit jenen homogen humifieirten Holzzellen und Plättehen über- einstimmen, welche ich in den Lebertorfen beschrieben und für die ich eine analoge Herkunft annehme, d. h. sie als herbeigeschwemmte schon vorher bedeutend umgewandelte Theile betrachte. Ein Mal fand ich zwei langgestreckte, verbundene und krümelig zersetzte Zellen, welche auf Laubmoose hirdeuten. Im Uebrigen konnte ich, soweit sich die Untersuchung erstreckte, keine Zellverbände oder Gewebsreste wahr- nehmen, dagegen sparsam bis ziemlich viele Pollenkörner. Vor allem solche von Coniferen (Pinus), entweder vollständig erhaltene oder los- getrennte Luftsäcke, welehe aber wegen ihrer Structur sofort als solche Jahrbuch der k. k. geol. Iveichsaustalt. 1885. 35. Band. 4. Heft. (J. Früh.) 9] 714 J. Früh, [38] erkannt werden; dann kleinere dreiporige von 0'014 Millimeter Durch- messer, welche Detula oder Myriceen angehören dürften und grössere dreiporige mit 0'025 Millimeter Diameter, welche genau mit Corylus iibereinstimmen; ferner von Alnus und Gramineen mit deutlich gekörnter Haut, einem behöften Porus und 0'028 Millimeter Durchmesser. Einige ovale gekörnte Pollenkörner mit einer Furche (wohl 3!), zwei dieselbe begrenzenden Wülsten und etwa 0'025 Millimeter Länge lassen auf Dieotyledonen schliessen, gestatten aber keine nähere Bestimmung, (vielleicht Salix). Dagegen stimmen vereinzelte Pollenkörner genau mit denjenigen von Ulmus campestris L. durch folgende Merkmale überein: kugelig, fünf Poren, zart gerunzelte oder flachhöckerige Oberfläche, Durch- messer durchschnittlich 0025 Millimeter. (Fig. 34). Das von Ehrenberg (Mikrogeologie Taf. VII, Fig. 17) als „Pollen ?* angegebene Gebilde traf ich ein einziges Mal an; es war total in eine Ebene geschlagen, liess sich nicht aufquellen und daher auch beim Wenden nicht genau untersuchen. Doch bekam ich den Eindruck, dass sich diese Körperchen in aufgequollenem Zustande als tetraedrisch verwachsene körnige Zellen darstellen und als Pollenkörner von Erieineen erweisen müssten. — Meine Befunde an Pollenkörnern stimmen ziemlich überein mit den Angaben über die norddeutsche oligocäne Braunkohlenflora, in welcher nach Ettinghausen u. A. auch Palmen, Abietineen, Myriceen, Betulaceen, Ulmaceen (Ulmus, Planera) Salieineen und Erieineen ver- treten sind. Auch die von Ehrenberg an gleicher Stelle (Fig. 16) als „Pollen? (Seminulum Filveis?)“ abgebildete dreieckige Zelle mit abge- rundeten Ecken und von denselben pyramidal nach der Mitte zulaufenden Leisten, wie bei Sporen von Sphagnum oder Lycopodium beobachtete ich mehrere Mal und zwar in mannigfacher Erhaltung und Form, so dass ich dieselben unbedingt als Farnspore erklären darf. Ich konnte beim Wenden dieser Objecte gar nie eine Andeutung einer kugel- tetraedrischen Zelle oder besondere structurelle Zeichnungen der Membran erkennen. Sie sind glatt und einschichtig; bei dreieckiger Form zeigen sie einen Höhendurchmesser von 0'024—0'025 Millimeter. Wie die Figuren 35 und 36 zeigen, erklären sich die abgerundeten Ecken und die oft täuschend ausgebildeten Leisten aus Faltenbildungen der Membran. Da ich zudem Zellen beobachtete, welche (Fig. 37a) total mit dem Endosporium von Farnsporen übereinstimmen, welche ich schon zu Tausenden und in der verschiedensten Art der Erhaltung in den Torf- mooren zu beobachten Gelegenheit hatte, so kann ich an der Herkunft derselben nicht mehr zweifeln. Ich fand im Dysodil auch einige ovale Zellen von 0:05 Millimeter Breite und 0'059 Millimeter Länge mit grobwarziger, gelbbraun und homogen ulmifieirter Oberfläche (Fig. 37 b), welche gut mit dem Exosporium von Filicessporen stimmen. Ein Mal erkannte ich eine elliptische durch drei Querwände septirte Pilz-, resp. Lichenenspore von 0'016 Millimeter Länge und 0'005 Millimeter Breite. Sporadisch treten eckige bis abgerundete, rothbraune, oft stark liehtbrechende Körperchen von circa 0'006 Millimeter Dieke auf, wie solche in den Lebertorfen auch gefunden werden und die als Harz oder mit Harz durchtränkte Ulmintheilchen aufzufassen sind. Ehrenberg [39] Kritische Beiträge zur Kenntniss des Torfes. 715 (l. e.) eitirt Pinnularia viridis, Navicula fulva, Gallionella. In meinen Präparaten zeigten sich keine Diatomeen. Was die mineralischen Gemengtheile betrifft, so bestehen dieselben fast ausschliesslich aus Quarzsplittern, deren Durchmesser in der über- wiegenden Zahl unter 0:02 Millimeter oder 0'01 Millimeter liegt; solche von 004 Millimeter sind sporadisch und von 0'068 Millimeter Aus- nahmen. Es liegen somit die feinsten Schlämmproducte vor, wie sie nur bei ruhigen Gewässern deponirt werden können. Vereinzelt zeigen sich Kieselscheibehen, ein Mal ein Turmalinkryställchen von 0:028 Millimeter Länge und 0016 Millimeter Breite mit rhomboedri- schem Abschluss der trigonalen Säule. Der vorliegende Dysodil brennt mit stark russender Flamme und verbreitet einen Geruch nach Braunkohle oder Asphalt. Mit Ausnahme dieses abweichenden Geruches und der selbstver- ständlichen Abwesenheit von Algenformen stimmt der Dysodil von Westerwalde so gut mit dem Lebertorf von Purpes- selen, dass ich ohne Bedenken beide als identisch bezeichnen möchte. Jedenfalls ist die Bildungsweise des Dysodils eine ganz über- einstimmende mit derjenigen der Lebertorfe. So begreift man seine ausgezeichnet papierdünne Schiehtung, die nicht durch Druck erzeugt worden ist, sondern ihre innere Ursache hat; ferner ist sofort ein- leuchtend, dass in der Zusammensetzung des Dysodils dieselbe Variation beobachtet werden kann, wie in den Lebertorfen: mehr oder weniger Pollenkörner, Erhaltung bis vollständige Zerstörung von Zellgewebs- resten, grössere oder geringere Mischung mit Mineraltheilchen,, Vor- kommen oder Fehlen von Spongillanadeln und Diatomeen je nach der Loealität oder Profiltiefe, so dass die Papierkohle sogar einem Kiesel- schiefer ähnlich werden kann. (Senft, Synopsis der Geognosie, 1876, pag. 669). Dysodile und Lebertorfe sind in seichten Seen entstanden, zum Theil autochthon, zum Theil allochthon, ein Ergebniss einer lang- samen Maceration von Pflanzenstoffen in Wasser und dürfen nach ihrer Zusammensetzung nicht mit schiefrigen Torfen zusammengebracht werden, mit denen sie nur eine äussere Aehnlichkeit haben. D. Leuchttorfe. Wer diesen Namen zur Bezeichnung recenter Kohlenbildungen zuerst gebraucht, ist mir nicht bekannt. Jedenfalls ist er kaum beachtet worden. Ich finde ihn zum ersten Male im Jahrbuch für Miner. ete. 1841, wo Forehhamer, pag. 28, bemerkt, dass sich in Dänemark kaum ein grösseres Moor befinde, „in dem nicht Föhrenwurzeln,, Föhrenstämme oder der aus Föhrennadeln gebildete Leuchttorf (dänisch Lyseklyn, erdiger Retinasphalt) vorkäme“. Die folgenden Leuchttorfe stimmen mit den dänischen nur darin überein, dass sie. wie diese, mit helleuchtender anhaltender Flamme verbrennen, haben aber eine so abweichende und interessante Zusammensetzung, dass sie einer näheren Beschreibung würdig sind. I. Zwei Proben oldenburgische Leuchttorfe, erhalten von Herrn Prof. Dr. Breitenlohner in Wien. 3% 716 J. Früh. [40] a) „Dunkler Veuechttart”. Die 2—3 Centimeter dieke und 6 Centimeter lange Probe ist schwarzbraun; auf der Unterseite sind zahlreiche abgerollte und zum Theil 2—3 Millimeter messende Quarzstücke eingedrückt. In senkrechter Richtung ist er so schön von feinen etwa !/, bis !/. Millimeter weiten Röhrchen durchzogen, dass er auf dem Quer- und Längsbruch einem Polyporus gleicht. Die Röhrchen reichen bis auf den Sand, sind in- wendig meist glatt und pechartig glänzend und lassen mit der Loupe keine Einschlüsse erkennen, so dass man eher an die Gänge des im Schlamm lebenden Röhrenwurmes (Tubifex rivularum), als an Durehquerung mit Radizellen erinnert wird. Alle den verschiedensten Stellen der Probe entnommenen Präpa- rate zeigen übereinstimmende Bilder: Stark und oft homogen humifieirte Reste von Cyperaceen und Gramineen; vorherrschend einfache und verzweigte Radizellen, Blatt- und Stengelstücke von solchen Pflanzen; sehr viele zum Theil isolirte grosse und kleine Spiral- und Netzgefässe. Viel und mannigfach aus- gebildete Spongillanadeln; oft ziemlich viel Pollenkörner, von denen bald Coniferen, bald Betulaceen vorherrschen, dann Corylus und Alnus, Tihia, Erieineen; Sporen von Spagnum. Einige Blattreste, die auf Spag. acutifolium Ehrh. und 8. cuspidatum Ehrh. hinweisen. Eingestreut Melosirae und Colonieen von kleinen zoogloea-artigen Algenformen. Das Ganze ist ein Üaricetum, welches in einem flachen Ge- wässer mit wechselndem Wasserstande gebildet worden ist, so dass die Pflanzenreste zum Theil reichlich mit der Luft in Berührung kamen und humifieirten. d) „Lichter Leuehttorf“ Dunkelgraubraun bis holzbraun bis kaffeebraun, leicht, fühlt sich wie Kork an, zeigt einen muscheligen bis unebenen matten Bruch und glänzende Schnittfläche. Er umschliesst gelbbraune Partieen von ver- modertem Laubholz und Kohlenstücke dieser Pflanzen; nähere Be- stimmung derselben nicht möglich. Der Torf brennt anhaltend und gleichförmig für sich wie eine Kerze. Die Asche ist frei von Kalk, durch Eisen- oxyd schwach gelblich gefärbt und schmilzt vor dem Löthrohre zu einem grünen Glase zusammen. Kleine Stücke Torf, auf Wasser gebracht, benetzen sich sehr langsam; heisser Alkohol zieht ziemlich viel bräunliches Wachs und Harz aus. Auch diese Probe zeigt unter dem Mikroskop eine gleichartige Zusammensetzung. Die Grundmasse besteht vorherrschend aus Zellver- bänden oder isolirten Zellen, die polyedrisch und gekerbt oder viel häufiger tafelförmig-polyedrisch mit gerader Begrenzung erscheinen. Diese Täfelchen zeigen sich oft säulenförmig aufeinandergelegt oder zu vielen parallelen Tafelsäulen vereinigt. Salpetersäure und Chlorzinkjod charakterisiren dieselben als Korkzellen. Sie stimmen gut mit dem Periderm von Alnus (Fig. 38), einige mit demjenigen von Corylus und Detula überein. Daneben zeigt sich num eine so grosse Zahl Dee. er u [41] Kritische Beiträge zur Kenntniss des Torfes. alt von Pollenkörnern, dass das reichste Vorkommen der- selben in Torfen ungemein übertroffen wird und wie sie viel- leicht nur von Ehrenberg ein Mal beobachtet worden ist in dem „Infusorienlager“ von Ebsdorf (Lüneburger Haide). Ich untersuchte des- halb eine Probe von Ebsdorf, die mir der eifrige Sammler, Herr Cantor Moritz in Lüneburg, als typisch verschaffte. Ich fand aber darin nieht mehr Blüthenstaub als in den meisten Mooren, ein Beweis, dass so srosse Anhäufungen von Pollenkörner gewöhnlich ganz locale Erschei- nungen sind. Ehrenberg sprieht von einer „ganz ungeheuren Menge, wogegen Schwefelregen ganz verschwindet“ (Jahrb. f. Min., 1837 und 1839). Ich wurde zum ersten Mal durch eine Unmasse überrascht, die jedenfalls mit dem Gümbel’schen Angaben für Lebertorfe nicht zu vergleichen ist. Als durchschnittliche Zahl bekam ich eirca 12.000 per Kubikmillimeter, worüber man sich vielleicht besser eine Vor- stellung macht, wenn man beachtet, dass — die Zwischenräume abge- rechnet — circa 20.000 Blüthenstaubkörnchen von Corylus erst einen Kubikmillimeter erfüllen. Vorherrschend vertreten sind Alnus, dann Corylus (und Farnsporen), hierauf Sporen von Sphagnum, Pollenkörner von Betula, Tilia, Fagus, von Erieineen , Gramineen und Coniferen. Einmal fand ich eine Lycopodiumspore; seltener sind kleine Humus- plättehen und Chitinreste. Dagegen ist dieser Torf ziemlich rein an prachtvoll homogen ulmifieirten Holzzellen und Treppengefässen von Filices, die sich sehr schön von den übrigen Gemengtheilen ab- heben. Nach Prof. Breitenlohner stammen diese 2 Sorten „von der Oldenburger Spinnerei aus Trivelbak*, ohne genauere Angaben liefern zu können, als: „Moor muldenförmig, 5—10 Morgen gross, theilweise 40—60 (?!) Fuss mächtig.“ Indessen kann hier nach Museumsdirector Wiepken in Oldenburg wohl nur „die in der Nähe der Stadt Olden- burg gelegene Colonie Tweelbake gemeint sein“, woselbst aber seines Wissens kein Leuchttorf vorkommt. Da Prof. Breitenlohner die Probe von Direetor Fimmen erhalten zu haben scheint, so stammen beide Proben von Augustendorf (siehe unten). Breitenlohner untersuchte den „lichten“ Leuchttorf chemisch und fand: Wassergehalt der lufttrockenen Substanz bei 100° C. . 5°95 Proe. Belherextraet der luftrockenen Substanz . . .. ...,:.1233., nn ne Ale le a. 500 ni. 5.2 0A. a m nn te Se tl rd -- sol... 2 en ra. Del I. Leuchttorfe aus dem Saterland (Oldenburg) nahe dem Dorfe Augustendorf, Amt Friesoythe (an der Soeste, Flusssystem der Ems), erhalten von Herrn Museumsdireetor Wiepken in Oldenburg. Die Proben repräsentiren ein vollständiges Profil in der Reihenfolge von a—e: a) „Wiesentorf,“ oberste Schieht, 40—45 Centimeter mächtig, gleicht in Farbe und Dichtigkeit vollständig dem „dunklen Leuchttorf“ von Breitenlohner und lässt auch die feinen, einem Löcherschwamm 718 J. Früh. [42] zu vergleichenden Röhrchen beobachten. Es zeigen sich unter dem Mikroskop zahlreiche Radizellen von Gramineen und Cyperaceen, sowie stark verkieselte, isolirte Epidermiszellen dieser Gewächse (LZithostyhdium Ehrb.) ; bisquitförmige Kieseltheile mögen wohl als Zwergzellen in der Epidermis von Festuca, zum Theile von Phragmites zu deuten sein. Viele schwarzbraune, humifieirte und unbestimmbare Pflanzentheile, sowie Holzzellen und Gefässe von Farnkräutern, gemischt mit ziemlich viel Pollenkörnern von Erieineen, Alnus, Salix? vereinzelt von Tilia, Corylus, Gramineen; Sporen von Sphagnum. Der Torf brennt gut mit anhaltend leuchtender, wenig russender Flamme. Asche schwach gelblich, frei von Kalk, vorherrschend aus verkieselten Zellen zusammengesetzt. b) „Dunkler Leuchttorf“, äusserlich mit dem „lichten Leucht- torf* von Breitenlohner übereinstimmend. Er besteht fast aus- schliesslich aus Peridermzellen von Alnus (und Corylus) und Pollen- körner. Letztere, wieder in erstaunlicher Zahl vorhanden, gehören namentlich Alnus, Corylus und Betula an; in viel geringerer Zahl finden sich solche von Ericineen, Tilia, Ulmus campestris, Coniferen, Salix? ziemlich viel Sporen von Sphagnum und Filices. Radizellen von Gramineen; zahlreiche verkieselte Zellen, resp. Kieselskelette, die auf Phragmites, Calamagrostis, Glyceria fluitans weisen; Gefässtheile von Farnkräutern; schwarze humificirte Zellen; ein Mal ein Pollenkorn von Nymphaea ; Pinnularia viridis und Himantidium pectinale Ktz. Der Torf brennt wie ein Oellämpehen und hinterlässt eine gelblichweisse Asche, die aus Quarzkörnern und Quarzsplittern, aber hauptsächlich aus Lithostylidien besteht. c) „Dunkler Leuchttorf“, etwas heller als 5), etwa graubraun, von schwarzen Radizellen durchzogen , lässt sich in Uebereinstimmung mit 5) anfühlen wie Kork. Wieder vorherrschend Peridermzellen und Pollenkörner. Diese gehören bald mehr Detula, bald mehr Alnus an, dann Corylus, Pinus ; erheblich Sporen von Sphagneen und Farnkräutern ; wenig Blüthenstaub von Erieineen. Radizellen von Gramineen ; reicher an verkieselten Zellen als 5). Benzol zieht eine gelbbraune, wachs- artige Substanz aus. Der Torf brennt mit kaum russender Flamme anhaltend wie ein Lämpehen. Die erhebliche Asche ist schwach gelblich und aus Kieselleisten und Quarzkörnern zusammengesetzt. d),,Heller/beuchttorr: Von a—e nieht nur durch die hellgraue Farbe verschie- den, sondern auch dadurch, dass er sich erdig anfühlen lässt, abfärbt und angehaucht starken Thongeruch ver- breitet. Der Unterschied tritt unter dem Mikroskop noch deutlicher hervor. Schon beim Zertheilen einer Probe auf dem Objectträger wird man auf einen reichlichen Gehalt an harten Gemengtheilen aufmerksam. Das Bild ist wirklich ganz verändert. JenerReichthum anPollenkörnern fehlt; diese sind sparsam vorhanden und vertreten die Gattungen Pinus, Betula, Tilia ; dazu kommen Sporen von Farnkräutern und Torf- moosen, einige schwarzbraun humifieirte, unbestimmbare Zellen, homogen ulmifieirte Gefässe und Holzzellen von Fülices, sowie Zellverbände, 143] Kritische Beiträge zur Kenntniss des Torfes, 719 welche den Spreuschuppen dieser Gewächse angehören können, ver- einzelte Radizellen; ein Mal ein Haar von Nymphaea. Dagegen ist dieser Torf reich an verkieselten Zellen von Gramineen, zum Theil auchan mannigfachen Formenvon Spongillanadeln, ganz besondersaberanDiatomeen, als: Melosira varians Ag., M. distans Ktz., M. laevis Ehrb., Orthosira are- naria Sm.; prachtvolle Exemplare von Pinnularia nobilis Ehrb., P. viridis Sm., Stauroptera cardinalis Ehrb., Stauroneis Phoenicenteron Ehrb., Stauroneis gracilis Sm., Oymbella Ehrenbergü Ktz., U. lanceolatum Ehrb., Himantidium pectinale Ktz., Navicula limosa Ktz., Synedra ulna Ehrb., S. capitata Ehrb., 8. biceps Sm., Gomphonema acuminatum Ehrb., Am- phora, Suriella craticula Ehrb. ete. Dazu kommen ziemlich viel Skelette von Trachelomonas pyrum Ehrb. syn. Pyrum laevis Ehrb. (Eugleniden nach Stein; vergl. Eyfert, einfachste Lebensformen ete.), welche Herr Prof. Brun in Genf zu bestimmen die Güte hatte und welche dieser Forscher ziemlich reichlich auch in den meisten schlammigen Sümpfen der Schweiz angetroffen hat. Der Torf gibt keine Flamme, glüht einfach ohne bedeutend an Volumen einzubüssen und wird gelblichweiss. e) „Heller Leucehttorf“, von d) wohl kaum verschieden. Die Zahl der Quarzkörner hat vielleicht zu-, diejenige der verkieselten Zellen abgenommen. Die Torfe 5) und ce) lassen sich erst nach langer Einwirkung von Wasser durchfeuchten, ohne indessen auch in kleineren Stücken erheblich weich zu werden; sie zerbröckeln auch bei totaler Durchfeuehtung (während 9 Monaten) und sind weder plastisch noch elastisch; d) und e) saugen das Wasser etwas rascher auf und zerfallen auf Druck ungefähr wie aus- getrockneter und wieder schwach befeuchteter Torf. Nach der freundlichen Mittheilung des Herın Director Wiepken ist dieser Leuchttorf „frisch gestochen weder elastisch noch breiig; er würde jedoch breiig werden, wenn er im nassen Zustande geknetet würde. Er behält die Form, die er beim Stich erhält, wird nicht gebaggert.“ Diese Torfe verdanken ihre Leuchtkraft offenbar dem Gehalt an Pollenkörnern von Amentaceen und Peridermzellen. Geheimrath Professor Mitscherlich soll in einer Mittheilung vom 27. Juni 1858 diesen Torf „bituminöse Holzerde“ genannt und aus demselben „viel Paraffin“ gewonnen haben, wodurch er an die gelbe Braunkohle von Weissen- fels erinnert und wohl zu jener Bezeichnung geführt wurde. Ueber die Lagerungsverhältnisse hatte Herr Wiepken die Freund- lichkeit, mir nach vorausgegangener Besichtigung des Fundortes im September 1883 folgendes mitzutheilen : „Das betreffende Torflager befindet sich in der Markhauser Mark, nahe dem Dorf Augustendorf, Amt Friesoythe und füllt eineMulde im Diluvium, die nach dem Vermessungsregister der Markhauser Mark eine Ausdehnung von +20 Hectaren hat. Die Mächtigkeit der Proben b—e inclusive beträgt an den Stellen, die ich gemessen, 0:6—1'8 Meter und kann gesondert nicht bestimmt 720 \ J. Früh. [44] werden, weil die Farbe des hellen und dunklen Torfes im nassen Zustande kaum zu unterscheiden ist. Der Untergrund ist Diluvialsand. Die Mulde scheint ursprünglich ein See gewesen zu sein, der nach und nach mit Schilf bewachsen und versumpft ist; denn von Schilfwurzeln ist der Torf von oben nach unten durchsetzt. Dieses Moor ist nun seit Jahrhunderten seines vortrefflichen Brennmaterials wegen planlos aus- gebeutet worden und sind von dem ganzen Lager nur noch schmale Streifen (Bänke) übrig, die man des Wasserandranges wegen zum Schutze für die Torfstecher hat stehen lassen müssen. An diesen Streifen kann man nur noch die Mächtigkeit des Moores erkennen. Die ausge- grabenen Stellen haben sich zum Theil wieder mit Wiesenmoor aus- gefüllt und jetzt fängt man an, die stehen gebliebenen Bänke in An- griff zu nehmen, so dass vielleicht nach einem Zeitraum von 20 bis 25 Jahren keine Spur von Leuchttorff existiren wird.“ Meine Untersuchungen zeigen eine vollständige Uebereinstimmung des dunklen und hellen Leuchttorfes von Breitenlohner mit Proben a und 5 von Augustendorf und da nach Wiepken im ganzen Gross- herzogthum Oldenburg kein anderer Fundort bekannt geworden, ist wohl nicht zu zweifeln, dass jene zwei Proben ebenfalls von Augusten- dorf herrühren. Dieses Torflager hat eine ganz eigenthümliche Entwicklungs- geschichte. Ursprünglich war ein sehr flacher See vorhanden; denkt man sich denselben kreisförmig, so stellt er nach seinem Flächeninhalt und einer Mächtigkeit des Torflagers von 2 Meter eine sehr flache Uhr- schale dar, deren Diameter sich zur Tiefe etwa verhält, wie 220 :1. In diesem seichten Gewässer vegetirten ein lichtes Röhrrieht von Phrag- mites und einige andere Wassergräser, deren Ueberreste in den zahl- reichen Kieselleisten und Radizellen zu erblicken sind, die sich mit len Panzern einer reichen Diatomeenflora und Quarzkörnern gemischt haben. Letztere wurden durch den Wellenschlag vom Ufer losgespült oder bei Regen, vielleicht auch durch inconstante Zuflüsse in’s Innere transportirt. Das letztere möchte ich aus dem Umstande schliessen, dass schon die Proben d und e Gefässreste von Farnkräutern und im Trocknen humifieirte Zellgewebsreste enthalten. Später wird die Diatomeenflora unterdr ückt; zu Phragmites mischen sich reichlicher Farnkräuter, sei es, dass sie da und dort an seichten Stellen vegetirten oder — was wahrscheinlicher ist — häufig zuge- schwemmt wurden. Das letztere Moment würde dann einiges Licht werfen auf das plötzliche und reichliche Auftreten der Pollenkörner und der sich leicht von den Zweigen und Stämmen .der Erlen und Hasel- nusssträucher lösenden Peridermhäutehen. Ein reichlicher Schwefelregen von Seite der den See umrahmenden Gebüsche und Wälder würde allein kaum hinreichen, so viele Blüthenstaubkörner anzusammeln. Auch müsste angenommen werden, dass aus irgend einem Grunde die Ge- büsche früher weit vom See entfernt oder während der Bildungsperiode von d und e noch nicht blüthentragend gewesen. Die eingeschlossenen Laubholz- und Kohlenstücke sprechen auch eher für eine hydromecha- nische Zufuhr aus Erlenbrüchen. Sehr auffallend bleibt immerhin, dass ich nie mit Bestimmtheit Zellgewebe beobachten konnte, das Antheren oder Deekschuppen der Blüthenkätzchen hätte erkennen lassen. [45] Kritische Beiträge zur Kenntniss des Torfes. 721 Auf eine Anfrage über den Waldbestand in der Umgebung des Torfmoores hatte Herr Wiepken die Gefälligkeit, mir Folgendes mit- zutheilen: „An der einen Seite der Lagerstätte, wo das Diluvium höher ist als an der anderen, kann wohl früher Wald gewesen sein. Dieses höhere Land ist jetzt eultivirt und ist das Dorf Augustendorf darauf befindlich. Die übrigen Seiten sind niedriger Diluvialboden, der stellenweise mit einer dünnen Moorschicht bedeckt und mehr oder weniger mit Haide, Calluna, bestand; Betula und Pinus sind auch in einiger Entfernung vorhanden, ebenso Alnus, Tilia, Corylus; Vaceinium glaube ich kaum, dass auf dem mageren Boden vorgekommen.“ Nach Griesebach (Vegetation der Erde. 2. Aufl. 1884), war früher der Wald im nordwestlichen Deutschland stärker verbreitet. Der Leuehttorf dürfte vielleicht ein Anzeichen dafür sein, dass namentlich auch die Erlenbrüche weiter nach Nordwesten gereicht haben, während gegenwärtig nur noch ein grösserer Erlenbruch, der Drömmling , im östlichen Hannover von Osten her die Elbe überschreitet, welche gegen- wärtig als Grenze zwischen Hochmooren im Westen und Erlenbrüchen im Osten aufzufassen ist. Der eigentliche Leuchttorf (b + e) zeigt schon durch seine nach oben zu tiefer braun werdende Farbe an, dass in der mehr und mehr seichter gewordenen Wasserschale neben Piragmites auch die Cypera- ceen Platz gegriifen, bis sie endlich zusammen den obersten „Wiesen- torf“ als (ariceto-Arundinetum darstellten. Auch diese Schicht muss sich wie die übrigen, während sehr langen Zeiträumen gebildet haben, da sie eine mehr oder weniger reiche, sehr stark humifieirte und homogene Masse darstellt, welche ihre dunkle Farbe dem Umstande verdankt, dass die Pflanzenreste wenig und nur vorübergehend mit Wasser bedeckt wurden und deshalb grösstentheils humifieirten. Die ausserordentlich reiche Zufuhr von Pollenkörnern fand nicht mehr statt; aus welchen Gründen, vermag ich als der Localität ganz ferne stehend, nicht zu beurtheilen. Ich glaube kaum, dass schon irgendwo eine ähnliche Erdbildung bekannt geworden ist, denn auch die von Ehrenberg untersuchte Probe von Ebsdorf scheint eine viel localere Erscheinung zu sein als diejenige von Augustendorf. Flache Schalen mit reichen Diatomeenein- schlüssen, wie Proben d und e unseres Profils, sind zur Genüge bekannt. So ist das kleine, etwa 0°5 Meter mächtige Hahnenmoor bei Löningen „etwa 1 Meile südlich von Augustendorf“, eher eine Diatomeenerde als Torf (conf. Torf u. Doppl., pag. 21). Auf Wunsch des Herrn Professor Dr. Breitenlohner, nenne ich den Leuchttorf von Augustendorf Fimmenit, zu Ehren des verdienten Torf- kenners und Erbauers des Hunte-Ems-Canals, Herrn Direetor Fimmen. Die reichen Materialien, welche ich in den letzten zwei Jahren untersucht habe , bestätigen vollständig die von mir in meiner Arbeit „Ueber Torf und Dopplerit“ vertretene Ansicht über den Vertorfungsprocess. Er richtet sich nach der Pflanze als Art, der chemischen Zusammen- setzung derselben und äusseren Einflüssen. Druck beschleunigt die Jahrbuch der k. k. geol. Reichsanstalt. 1885. 35. Band. 4. Heft. (J. Früh.) 92 122 J. Früh. [46] Vertorfung als solche kaum, dagegen geht diese bei den höheren Gefäss- pflanzen namentlich in denjenigen Gewebetheilen sehr leicht vor sich, welche reich an Gerbstoff waren: Rindenzellen, Mark und Markstrahlen. Laubhölzer können daher — wie die Waldtorfe oder Einschlüsse in gewöhnlichen Wiesen- und Hochmooren, sowie die Schieferkohlen lehren — im Rinden- und Marktheil doppleritartig umgewandelt sein. Auch für den Haidetorf ist es charakteristisch, dass die Rinden- zellen überall am stärksten vertorft sind und dass der gerbstoffreiche Inhalt derselben meistens homogen ulmifieirt ist, nicht als Harz erhalten ist, wie Grisebach u. A. der guten Erhaltung wegen annehmen zu müssen glauben. Ich habe jene Ulmification häufig constatiren können. Wenn z. B. Stengelstücke von Calluna vulgaris aus dem Oallu- netum Nr. 18 von Papenburg während 4 Tagen mit Kalilauge bei 20 bis 30° ©. behandelt wurden , so konnte in den Rindenzellen folgende schöne Erscheinung wahrgenommen werden: Füllte die homogene Ulminmasse die mit einer deutlichen Membran versehene Zelle prall an (Fig. 39 a), so dass im Innern nur wenige Lücken vorkamen, so schrumpfte dieselbe auf Zusatz von verdünnter Salzsäure so zusammen, dass zwischen derselben und der nun blass erscheinenden Zellhaut ein grosser heller Hof gebildet und jene Lücken etwas verkleinert wurden (Fig. 39 b), d. h. man bekam denselben Eindruck, wie wenn der Primordialschlauch einer jungen Zelle auf Zusatz von Zucker sich von der Membran löst und den Zellinhalt wie einen Klumpen einhüllt. Dieser Vorgang liess sich beliebig wiederholen (d. h. Wiederausfüllen der Zelle und Wiederzusammenziehen des Inhaltes), wobei ich nach und nach eine gesteigerte Empfindlichkeit der Reaction bemerken konnte in Ueber- einstimmung mit dem Verhalten der natürlichen Ulminverbindungen und des Saceulmus. Sehr schöne Bilder erhielt ich schliesslich nach vorher- segangenem Auswaschen des Präparates mit Wasser auf Zusatz von frischem Chlorzinkjod. Die Ulminmasse färbte sich fast messinggelb und wurde oft recht deutlich von einer violetten Haut eingeschlossen, d.h. die Membran bestand noch aus unveränderter Cellulose, der Inhalt da- gegen war total ulmificirt. Dass Holzzellen der höheren Pflanzen homogen ulmifieiren können, habe ich wieder reichlich constatiren können. Keine Gefässpflanzen scheinen aber in ihren Fibrovasalmassen so leicht und so. prachtvoll homogen zu vertorfen wie die Farnkräuter. Oft sind die einzelnen Holz- zellen und Gefässe noch in ihrem gegenseitigen natürlichen Verbande vorhanden, obschon sie tadellos homogen ulmifiei‘t sind wie ganz reifer Dopplerit und eine ausserordentliche Empfindlichkeit gegen abwechselnde Behandlung mit Kalilauge und Salzsäure aufweisen. Ganz reizende Bilder zeigen sich dann, wenn etwa durch Druck auf das Deckglas die Zellen in eine total homogen gelbbraune und durchscheinende Masse gequetscht wurden, in welcher die Tüpfel- und Verdiekungsleisten regellos einge- bettet sind, so dass sie eher für irgend ein fremdes Ding als für Gefäss- reste gehalten werden könnten. In den Torfen der sandreichen Gebiete Norddeutschlands habe ich stets die Reste von Farnkräutern (offenbar vorherrschend Pteris aquilina) noch dann diagnostieiren können, wenn die übrigen Gemengtheile kaum mehr zu erkennen waren. [47] Kritische Beiträge zur Kenntniss des Torfes. 123 Diese beiden auf reiche mikroskopische Studien gestützten Er- fahrungssätze, dass Rindentheile von höheren Gefäss- pflanzen und namentlich die Farnkräuter sehr gut und homogen ulmificiren, dürften gewiss ihre gebührende Beachtung finden bei der Interpretation der Entstehungsweise von Mineralkohlen. Da diese nach der Mehrzahl der Forscher Reste von Farnkräutern, Lepidodendren und Sigillarien aufweisen und ferner constatirt ist, dass von den beiden letzteren Formen insbesondere die dieke Rinde Kohle geliefert hat, so würden die Beobachtungen der Vertorfung der Pflanzen- theile eine schöne Bestätigung jener Anschauung liefern können. Was die Ursachen der Vertorfung betrifft, so können meine Unter- suchungen nichts Neues bieten. Bekanntlich gelang es Hoppe-Seyler, Cellulose durch ein im Cloakenschlamm enthaltenes Ferment zu zer- setzen, wobei Kohlendioxyd und Methan als Spaltungsproduete auftreten (Naturforscher v. Sklarek, 1883, Nr. 13), d. h. die bei der Ver- torfung gewöhnlich auftretenden Gase. Ferner hat Tappeiner (Zeit- schrift für Biologie, Bd. XX, 1884) gezeigt, dass die Cellulose sowohl künstlich als innerhalb des Pansens der Wiederkäuer durch Bacterien einer Gährung unterworfen wird, „wobei der grösste Theil der gelösten Cellulose in flüchtige Fettsäuren (hauptsächlich Essigsäure) verwandelt wird, der kleinere Theil gasförmig entweicht (Kohlendioxyd und Methan)“. Dass bei der Vertorfung Bacterien wahrscheinlich keine bedeutende Rolle spielen, möchte aus der guten Erhaltung der zarten Algenformen hervorgehen. Dann ist nicht zu übersehen, dass wenigstens nach meinen zahlreichen Beobachtungen die Zellmembran von aussen nach innen ulmi- fieirt, indem häufig nach Entfernung des Ulmins mit Kalilauge eine helle Membran zum. Vorschein kommt, welche sehr oft noch die Cellulose- reaction zeigt. Nun scheinen aber die Ulminverbindungen sehr dauerhafte zu sein, zum mindesten gegen Pilze. Hierfür sprechen folgende zwei That- sachen: 1. Sacculmus (aus der ersten Versuchsreihe e) in „Torf und Dop- plerit“, pag. 55) vom 12. März 1883, bestehend aus Kügelchen, Con- glomeraten und homogenen Plättchen, wurde absichtlich noch feucht in einer offenen Schale unter einer stets feucht gehaltenen Glasglocke bis zum 1. November 1883 im Zimmer aufbe- wahrt und dann mikroskopisch untersucht. Ich konnte keine Bacterien erkennen, dagegen zahlreiche Mycelien eines Schimmelpilzes ; die Flüssig- keit reagirte neutral. Die Ulminkügelchen waren total intact und, wie die Plättchen , ausserordentlich empfindlich gegen Behandlung mit den bekannten Reagentien. Bei den am 18. März 1884, 24. März 1885 und 1. November 1885 vorgenommenen Untersuchungen der seit dem 1. November 1883 in einem verstöpselten Fläschchen im Zimmer aufbewahrten Originalprobe fand ich eine Zunahme des Myceliums, das sich makroskopisch als Flocken darbot. Die Ulminkügelchen, Conglomerate und Plättchen hoben sich aber in der neutralen Flüssigkeit noch ganz frisch von den Pilzfäden und kugeligen Pilzsporen ab. Diese letzteren sind doppelt eontourirt, gekörnt und von 0'012 Millimeter Durchmesser. Die Sacculmuskügelchen sehen aber nach mehr als zweijährigem Verweilen im Wasser bei N 724 Ruhr [48] für die Entwicklung von Pilzen durchaus günstigen Ver- hältnissen so frisch aus wie im Anfang: sehr schön gelbbraun, homogen, scharf, aber nicht doppelt berandet, nicht corrodirt, von 0'004—0'007 Millimeter Durchmesser, in unveränderten Conglomeraten erhalten und sehr empfindlich gegen Kalilauge und Salzsäure, indem sie eine circa achtfache Volumenveränderung zeigen. 2. Der um die Kenntniss des Torfes hochverdiente und betagte Prof. Lesquereux in Columbus (Ohio, U. St.) theilte mir am 28. Januar 1884 freundlichst folgende beachtenswerthe Thatsache mit: „Die antiseptische Eigenschaft des Torfwassers ist in den Vereinigten Staaten wohl bekannt. Der Mississippi entspringt aus vielen kleinen Seen und Torfmooren von Minesota; deshalb ist sein Wasser tiefbraun,, es behält seine Farbe bis St. Louis, wo es sich mit demjenigen des Missouri mischt. Dieses Wasser wird auf gemachte Erfahrungen hin für auf lange Reisen bestimmte Schiffe vorgezogen; elle sest conservee quatre ans dans les tonneaux sans se corrompre et cela dans les tropiques et !equateur.“ Dopplerit habe ich in der letzten Zeit selbst nicht gefunden. Steenstrup dagegen hat einige interessante Vorkommnisse desselben in dänischen Mooren entdeckt. Prof. Sitensky glaubt ihn in Südböhmen gefunden zu haben. Sehr wahrscheinlich kommt er auch auf dem Grund der irischen Moore vor. Nach einer gütigen Mittheilung des Herm Dr. Wright, Professor der Botanik am Trinity College in Dublin, befindet sich auf der dortigen Nationalbibliothek ein Werk über die „Bogs of Ireland“, durch eine besondere Commission auf Veranlassung des iri- schen Parlamentes im Jahre 1810 herausgegeben, in welchem auch von solchem Torfe die Rede ist, welcher ganz am Grunde der Moore gefunden werde, „und eine schwarze Masse bildet, die, ausgegraben, eine starke Aehnlichkeit mit Pech oder Pechkohle hat; sie besitzt nach allen Richtungen einen muscheligen Bruch, ist glänzend, schwarz und ist fähig, eine bedeutende Politur anzunehmen“. N ee [49] Kritische Beiträge zur Kenntniss des Torfes. 725 Inhalt. Seite BEBrSckWasserterf:e. .; ... ne a en nt IC Frischer „Brackwassertorf“ von Nykerk, S. der Zuidersee. . . . ...679 [3] Detiohandısche: Torte: ) ce a 3 a ne 080 - Menlarl won. Nootdwyk; Leyden Win Ka nn ler» Dr Unier denr..Düne.;bei Oberveen a Ha Var site rn 080 A] 3. Nieuwe-Diep. . . ste) N 4. Darg aus den Wadden zwischen der Insel Ameland und Friesland . . . 681 [5] 5. Bohrung auf dem Neumarkt in Amsterdam . . . 22.2 .2.2.2..2...68 [6] Pake sat Zuid) Beveland 2 NS ee a Renee er RR "16 7. Kampen ..... RA De a et er Bee DR 1] k 8. Bohrproben aus aaa ee en eng 2088 [6] b) Ostpreussische Proben. . . . rer 1] I. Martörw-artiges Gebilde von Schäfereier Fionken hei Schnunbei ....684 [8] 2. Martörw-Blättertorf, S. von Nidden, kurische Nehrung . . ......684 [8] Behnchmoore auf Rasenmooren:.. ..n. nun. 0 entläenier »7086, [LO] I. Das Kehdinger Moor ... 268 10 1I. Profil der Emsmoore bei Papenburg, Hannover. ... . 689 [13] bern Dysodllseteän.. N ee Ing] I. Lebertorf von Doliewen bei Oletzko in Ostpreussen . .696 [20] 1I. Lebertorf von Purpesselen bei Gumbinnen .......705 [29] IM. Torfschiefer von Güstrow in Mecklenburg. ..... ....708 [32] Beortschiefer, Lebertorf Gasp. von Testorf... .. .ı. ..",709 130] Beer witsch het Rostock... el Me TR 2 2 70930] Diluvialtorf von Honerdingen, Hannover . . . 2.22.22... ..712 [36] Bysadik.yom DWesterwalde ses Zu. 0.2, 00 Wr ie Rn er aliseTat] Behtiorf: Hünmeni BEN nr 718.539] NV EREELENENDOGD) SEE AR NEE ee Be RENNEN 17 RAR RB EN DA E21 Berichtigung. Auf pag. 712, Z. 4 und 14 von unten ist statt „trifolium“ und „erifium“ zu lesen: „erifarium“. Auf pag. 695, Z. 1 von oben statt: Vergleiche „Bauerde“ zu lesen: „Bunkerde“, 726 J. Früh. Kritische Beiträge zur Kenntniss des Torfes, [50] Erklärung der Tafel XIl. (Vergr. =.) Fig. 1. Concentrisch und radial gebaute Kieselscheibchen. 2. Conglomerat und plattenförmige Verschmelzung von homogenen Ulminkügelchen aus dem Martörw von Nidden. 3 a. Ulminkügelchen von Nidden mit Harzeinschluss; 3b. nach Einwirkung von Kalilauge. 4. Tilletia-ähnliche Sporen von Papenburg. 5 u.6. Rindenzellen von Calluna vulgaris mit homogen ulmificirtem Inhalt und hellen Lücken, 7. Brauner Mycelfaden und begleitende braune Sporen aus dem Callunetum. 8. Pollenkorn von Gramineen. 9. Algencolonie, Microcystis-artig, einzeln und in grösseren Ballen. 10. Blasse bis scharf gelblichbräunliche grössere Colonie; die einzelnen Individuen deutlich berandet. 11. Blasse Individuen in einer Gallerthülle 12. Ovale Zellen mit gekörntem Inhalt, in eine Gallerthülle gebettet. 13. Ovale Zellen mit grobkörnigem Inhalt, innerhalb einer Gallerthülle 14. dito; Theilungsstadien? Einzelne deutlich doppelt contourirte rundliche Zellen mit grünlichgelbbraunem Fleck. 15 u. 16. Tetraspora-artige Gebilde. 17. Ebenso grosse zu einer Rosette verklebte Zellen. 18. dito, sich abplattend. 19. Ebenso, Scenedesmus-ähnliche Reihen darstellend. 20. Grössere Zellen, sich abplattend. 21u.22. Noch grössere, glatte, kugelige Zellen, deren Membran im Wasser fast zerfliesst, mit grünlichgelbbraunen Flecken, 23. Ruhespore einer Alge. 24u.25. Deutlich quer gegliederte, Oscillaria-ähnliche blasse Fäden. 26. Ein sehr zart und Fig 27 ein deutlich doppelt berandetes Fadenstück. 28. Theil von Pediastrum Boryanum Men 29. Pilz- resp. Flechtensporen. 30. Schwefelkieskugel, z. Th. durch Druck in einzelne Würfelchen zerfallend. 3l. Zellen mit Schwefelkiesformen,; « im optischen Durchschnitt sechseckig. 32. Gloeocapsa-Formen aus dem „Torfschiefer ° von Güstrow (Mecklenburg) 33. Faseriger Detritus in der „Grundmasse“ des Dysodils von Westerwalde 34. Pollenkorn von Ulmus campestris aus dem Dysodil. 35 u. 36. Farnspore (Endosporium) mit verschiedenen Falten aus dem Dysodil. 37. Endosporium (a) und Exosporium (5b) einer Farnspore aus dem Dysodil. 38. Peridermzellen von Alnus aus dem Leuchttorf von Augustendorf. 39. a) Zwei Rindenzellen von Calluna vulg. aus dem Callunetum Nr. 18 in Papen- burg, homogen ulmificirt, einzelne Lücken, nach Behandlung mit Kalilauge. b) Dieselben Zellen auf Zusatz von Salzsäure. Ueber die Krystallform des Barythydrat und Zwillinge des Strontianhydrat. Von Heinrich Baron v. Foullon. (Mit Taf. XIII.) 1. Die Krystallform des Barythydrat. In den Lehr- und Handbüchern wird das Strontianhydrat als dem Barytbydrat „isomorph“ angeführt, obwohl nur die Krystallform des letzteren durch die Messung bestimmt ist. Das „isomorph“ scheint dem- nach nur aus der nahen chemischen Verwandtschaft der beiden Elemente hergeleitet zu sein, denn selbst die Wachsthumsformen des Barythydrat, wie solche aus stark übersättigten Lösungen anschiessen, lassen bei etwas genauerer Besichtigung eine Verschiedenheit gegen die Krystalle des Strontianhydrat erkennen. Dieser Umstand war die Veran- lassung, den Versuch zu machen, gut ausgebildete Krystalle von Baryt- hydrat zu erhalten, um sie Messungen unterziehen zu können, welcher Versuch denn auch sehr leicht gelingt. Je nach den Umständen, unter denen die Krystallisation erfolgt, tritt ein starker Wechsel im Habitus hervor, und namentlich an einer Ausbildungsweise fällt der monokline Charakter der Formen in’s Auge. Mehr als zwanzig Versuche ergaben bezüglich der Krystallform stets das gleiche Resultat, es waren demnach zwei Möglichkeiten vor- handen: entweder entsprechen die vom Strontianhydrat abweichenden Formen einer anderen Hydrationsstufe oder Baryt- und Strontianhydrat sind nicht isomorph , respective isodimorph, und die stabile Form des Strontianhydrat entspricht der labilen des Barythydrat und umgekehrt. Die Untersuchung in chemischer Riehtung durchzuführen hatte Herr E. Drasche die Freundlichkeit. Die hier angeführten Bestim- mungen wurden in unserem Laboratorium gemacht, das Verfahren war folgendes: Aus übersättigten Lösungen stellten wir bei gewöhnlicher Temperatur gesättigte her und überliessen diese in Exsicatoren über Schwefelsäure und Aetzkali der weiteren Auskrystallisation. Nachdem die angeschossenen Krystalle als gleichartig befunden und Indivi- duen zur Messung ausgewählt waren, wurden selbe zwischen Filter- papier gepresst und mehrere Stunden wieder in einen Exsicator gebracht. Jahrbuch der k. k. geol. Reichsanstalt. 1885. 35. Band. 4. Heft. (H. v. Foullon,) 7128 Heinrich Baron v. Foullon. [2] Einerseits erfolgte die Bestimmung des Gewichtsverlustes bei Rothgluth oder die direete Wasserbestimmung durch das Auffangen des bei Roth- gluth abgehenden Wassers im Chlorcaleiumrohre , andererseits die Er- mittelung der vorhandenen Barytmenge. Es ist wohl überflüssig, hier die Schwierigkeiten darzustellen, welche sich einer genauen Bestimmung des Wassergehaltes dieser Sub- stanz entgegenstellen. Dieselbe muss schon deshalb schwankende und unrichtige Resultate ergeben, weil es niemals gelingt, die Krystalle vollständig von der Mutterlauge zu trennen und das Anziehen von Kohlensäure ganz zu verhindern. Selbstverständlich wurde die grösste Vorsicht angewendet, die Einwägung in geschlossenen Gefässen vor- genommen, der Zutritt von Kohlensäure bei den weiteren Operationen möglichst verhindert u. s. w. Je zwei Bestimmungen erfolgten durch langsames Erhitzen ober einen Bunsen’schen Brenner bis zur Roth- gluth in einem Platintiegel, in einem Silbertiegel und in einem Ver- brennungssystem in Porzellanschiffehen. In den ersten beiden Fällen wurde der Glühverlust (I und ID), im letzteren der Wassergehalt direet bestimmt. Glühverlust II Directe Wasserbestimmung 4737 Procent 48:00 Procent 47:62 Procent 4715 4 4785 47:06 i Im Mittel 4751 Procent. Bei je einer der obigen Bestimmungsarten erfolgte die Fällung des Baryt als schwefelsaurer Baryt aus dem Glührückstande und er- gaben sich folgende Mengen von Baryumoxyd (DaO): 48:12 Procent 48-31 2 48:40 5 Im Mittel 4828 Procent obiger Wassergehalt 4751 2 9579 Procent Aus diesen Resultaten geht die bekannte Thatsache hervor, dass bei Rothgluth nicht der ganze Wassergehalt ausgetrieben wird. Es ist hier nicht der Platz, die Umstände zu untersuchen, warum der ge- fundene Wassergehalt nicht der für 8 Molekel nothwendigen Menge mit 45°72 Procent (Da —= 137) entspricht, sondern immer höher gefunden wurde, während die rückgehaltene Quantität, als Differenz aus obigen Bestimmungen angenommen, statt 571 Procent nur 4:29 Procent be- trägt, es genügt ja der Nachweis von 48:28 Procent Baryt und der Abwesenheit nennenswerther Mengen anderer Körper ausser Wasser, um zu zeigen, dass die vorliegende Verbindung 4, Da0, + 8H, 0, ist, welche bei Substitution des Ba durch Sr tetragonal krystallisirt. Der directe Nachweis der Isodimorphie beider Verbindungen ist nicht gelungen, mochten die Krystallisationsverhältnisse innerhalb der gewöhnlichen Zimmertemperatur auch mannigfach variirt werden, immer erfolgte das gleiche Resultat: das Barythydrat gab monokline, das des Strontian tetragonale Krystalle von unten zu beschreibenden wech- selnden Habitus. Die Operationen bei höherer Temperatur unter dem [3] Ueber die Krystallform des Barythydrat und Zwillinge des Strontianhydrat. 729 Mikroskop wurden nicht weiter verfolgt, weil die Natur der beiden Verbindungen sichere Nachweise über Krystallform und chemische Zu- 'sammensetzung mit den gewöhnlichen Hilfsmitteln nicht gestattet. Bevor auf die einzelnen Ausbildungsweisen übergegangen werden soll, mögen zuerst die ermittelten Constanten, sämmtliche beobachtete Formen und die gemessenen und berechneten Winkel angeführt werden. Von jedem Habitus wurden mehrere Individuen gemessen, die ange- führten Winkel entsprechen den Mitteln aus allen Messungen , insoweit einzelne Formen an den verschiedenen Ausbildungen wieder vorkommen. Krystallform:: Monoklin. Diemente »#:5: c=0'9990 1: 127193; n= 98° 56’. Formen: a (100) 5 (010) e (001) d (012) e (011) f (021) g (102) h (101) % (201) © (401) m (110) p (Ill) g (112) r (113). In Fig. 1, Taf. XIH, sind sämmtliche beobachteten Formen einge- tragen und die wichtigsten Zonen ausgezogen. Winkel: =: Flächen Messung 3 Rechnung | Flächen Messung . Reehnung ae (100) (001) |, 80° 44° 81° 37° |ag (100) (112) = | 55° 51°5' ci (001) (104) — 16° 45‘ yd (112) (012) = | 26° 35:5’ eg (001) (102), 2 29° 531° |g,d (112) (012) =— | 29% 595° eh (001) (101), 46° 6‘ 46° 305° | gg, (112) (112) || 56° 21‘ 56° 35° ck (001) (201) = 61° 35° 15» (O1O)(111)| 54 4 |. 54° 4 ei, (001) (104)| 18° 26° | 18° 234 |» (111)(101)|| 35° 56° | u eg, (001)(102)| — 35° 31° |dg4 (010)(112)| 63° 34° | 63° 323° eh, (001) (101) | 57° 22° | 57° 374 |gs (112) (102) 26° 29 | 260 277 ek, (001) (201)| — 76° 355° |dp, (010) (Al) 49° 47° | 49% 507° cd (001) (012)| 32° 20° | 32° 156° [p,n,(ıı)doı)|| 40° 17 | 40° 93 ce (001) (011) | 51° 37° =; bq, (010) (112)| 59° 59° | 60° 9% cf (001) (021)|| 68° 23° | 68° 236° |[g,9, (112)(102)|| 29° 53° | 29° 507° er wo1)(1i3)| — 29° 107° Imz(0)@0ı)| — | 48 17 eq (001)(112)| 39° 2 | 39 5% Izp @Ol)Aı)| — | 380 28:9 ep (001)(111) | 56° 8 - pf (11) (021) || AI 16° | 41° 20:5 cm (001) (110) | 83° 3% | 83° 3%° |mrdioaon) — | 54 67 cr, (001) (113) | 32° 27 | 32° 313° Ing doDam)| — 300 556‘ eq, (001) (112) 44° 43° | 40 456° |ge (II) — 33% 464 ep, (001) (TIN)|| 60° 52° | 60° 504° Imr(l1o)(oRl)| -— | 45° 238 am (100) (110) | 44° 47° | 44° 374° |yp, (02) 41° 16 41° 234 mm,(110)(110) | 90° 35° | 90° 452° |»,%, (11) @01) | 43% 42:4 ap (100) (111) | 48° 17° | 48° 104° me (MO)! — | 51° 44% pe 111)oım)| — 36° 174° Tea, (011)(I12)| — - | 33° 48° pe Al)(ll)| — 40° 34% |[g,r, d12)001)| 36°48° | 36° 46‘ pp, (111) (111) | 76° 40° 76° 516° aPı (112) (111) 77 3 | 70° 59.2 | | | 088 Bar) Die Flächen in der Zone a (100) ce (001) sind mit Ausnahme der letzteren rauh, daher sehr schlecht spiegelnd. Die angeführten Winkel- werthe resultirten aus Schimmermessungen und geben nur grobe Nähe- rungswerthe. Ein Theil dieser Flächen: g (102) k (201) sind nur nach dem Zonenverbande constatirt, sie und « (100) sind immer sehr klein. Jahrbuch der k.k. geol, Reichsanstalt. 1885. 35. Band. 4. Heft (H. v. Fonllon.) 93 730 Heinrich Baron v. Foullon. [4] Dementsprechend sind die angeführten Werthe von ph (111) (101) u. s. w. nieht direet gemessene, sondern die halben Winkel von pp (111) (111) u. s. w. Alle übrigen Winkel resultirten aus Messungen mit unserem Goniometer (Construction Bfezina) mit zwei Fernrohren. Es ist für die Substanz geradezu charakteristisch, dass selbst beim Herabsinken der Flächendimension bis auf Haaresbreite keine Wölbung eintritt. Spiegeln des Fadenkreuzes ist häufig, freilich aber nicht von langer Dauer, da durch Anziehen von Kohlensäure die Oberfläche bald matt wird, wes- halb es auch nicht oft gelingt, mehr als die Hälfte der vorhandenen Zonen an einem Krystall auszumessen und die Werthe von vielen Individuen zusammengetragen werden müssen. Es fehlt daher häufig die Möglichkeit, das Gewicht der Einzelwerthe richtig zu erkennen. Hierzu kommt noch der starke Wechsel im Habitus, der erfahrungs- semäss bestimmte Abweichungen hervorruft. Die nichtsdestoweniger gute Uebereinstimmung der gemessenen und theoretischen Werthe be- weisen die gute Ausbildung der Kryställchen. Die schönsten Krystalle erhält man, wenn eine in der Wärme wenig übersättigte Lösung in einer wohlverschlossenen Flasche sehr langsam abkühlen gelassen wird. Am Boden der letzteren schiessen tafelförmige Wachsthumsformen an, scheinbar sind es sogenannte Skelette. An den verticalen Wänden finden sich einzelne, bis erbsengrosse, wasserhelle, scharf ausgebildete Krystalle, deren monokline Symmetrie sofort in’s Auge fällt. Sie sind stets mit c (001) aufgewachsen. In Fig. 2 auf Tafel XII ist ein solches Individuum gezeichnet. Es wurden bier nur folgende Formen beobachtet: a (100) sehr klein, rauh und nicht immer vorhanden, c (OV1) gross, » (101) oft noch grösser als in der Zeichnung, rauh, die Gegenflächen fehlen häufig, m (110) mitunter von nur Haaresbreite, p (111) an den meisten Krystallen die dominirende Form, 9 (112) immer in bedeutender Ausdehnung vorhanden. Stellt man mit gesättigter Lösung gefüllte Schalen unter einem Exsicator über Schwefelsäure und Aetzkali auf, so überzieht sich trotz- dem die Oberfläche der Lösung mit einem weissen Häutchen in Folge des unvermeidlichen Anziehens von Kohlensäure. So dünn dieses Häut- chen ist, verhindert es doch die Verdunstung und es dauert mitunter mehrere Tage, ehe dasselbe viele Sprünge bekommt, die Verdunstung beginnt und endlich aus der übersättigten Lösung Krystalle ausfallen, die trotz Schwefelsäure ete. dennoch ziemlich langsam wachsen. Die Mehrzahl der anschiessenden ' Individuen ist säulenförmig nach der a-Axe, wie ein solches in Fig. 3 dargestellt ist. Die an den zuerst beschriebenen Krystallen vollkommen fehlende Zone [100] ist hier dominirend, man beobachtet nebst der scharf und gross ausgebildeten Basis ce (001) nach d (010) meist schmal, e (O11) ebenso und ‚f (021) immer sehr breit und scharf entwickelt, dasselbe gilt von g (112), während h (101) und p (111) oft sehr klein sind. Nebst diesen Säulen kommen auch Tafeln vor, von denen eine in Fig. 4, so weit es der Raum gestattet, dargestellt ist. Es sind dies die flächenreichsten Krystalle. Ihre Dieke ist in der Zeichnung noch etwas übertrieben, um die Flächen nicht gar zu schmal erscheinen zu lassen; es ist nicht ohne Interesse, ihr Wachsthum zu verfolgen — ce (001) wird rasch grösser, während die Dieke (nach der c-Axe) De [5] Ueber die Krystallform des Barythydrat und Zwillinge des Strontianhydrat. 731 kaum zunimmt, eine übrigens auch bei anderen Substanzen bekannte Erscheinung, hier ist sie aber an den bestimmten Habitus gebunden. Die Breite der Zonen [100] und [010] ist wechselnd, doch über- steigt sie niemals jene der Pyramiden, sehr selten sinkt sie zur schmalen Abstumpfung herab. g (112) oder » (111), f (012) und 4 (101) dominiren auch hier neben c (001); die beiden ersteren zeichnen sich durch scharfe Ausbildung aus. Beide Combinationen (Fig. 3 und 4) kann man auch aus den Wachsthumsformen erhalten, die in vorwiegender Menge aus den stark übersättigten Lösungen anschiessen. Es sind einerseits ungemein dünne, nahezu quadratische Blättchen, die sich zu Gruppen vereinigen, indem sie sich längs einer willkürlichen Riehtung federbartartig, oder besser, sägeförmig anordnen, so dass die Diagonalen von links und rechts stehenden Individuen in eine Linie fallen. In dem dichten Gewirre hat man nicht oft Gelegenheit, solehe Gruppen herauslesen zu können. Ab- gebrochene Individuen in gesättigte Mutterlauge eingelegt, ergänzen sich rasch zu den in Fig. 4 dargestellten Combinationen. Nach der a-Axe gestreckte Wachethuneformen sind selten, sehr häufig jedoch solche, welche nach der Axe 5 prismatisch ausgebildet sind, was sich namentlich optisch sehr rasch und leicht nachweisen lässt. Fig. 5 und 6 stellen diese Gebilde in Horizontalprojeetion und im Querschnitte dar. Sehr gerne bilden sie sich auch bei der angsamen Verdunstung, indem am oberen Rande des Lösungsspiegels, wo dieser das Glasgefäss berührt, ein Individuum anschiesst, mit der Spitze nach abwärts, wie dies die Fie. 5 zeigt. An die Spitze setzen sich ein zw eites, dann ein drittes und mehr Individuen, von denen bei einzelnen die Pyramidenflächen seitlich zu wahren Hörnern auswachsen. Hierbei werden nicht alle Individuen von den gleichen Flächen begrenzt, c (001) ist immer in grosser Ausdehnung vor- handen, daran schliessen sich bald das Prisma und Domen der Zone [010] oder die Pyramiden p (111) und g9 (112) mit derselben Domenzone, Zone [100] wurde aber nie beobachtet. Häufig tritt hier, und nur hier, i (104) auf, welches beim weiterem Wachsthume bald verschwindet. Diese Krystalle sind, wie der Querschnitt Fig. 6 zeigt, hohl, au innere Raum kann aber nur bei grösseren (bis 1 Centimeter langen, !/, Centimeter breiten) Individuen als „negativer Krystall“ bezeichnet w Sr bei den kleineren ist er schlauchförmig, alle sind gegen die Glaswand zu offen, Das Auskrystallisiren der Substanz am on Rande des Lösungs- spiegels, wo dieser das Glasgefäss berührt, ist nur gewissen Substanzen eigen, während man es bei anderen nicht oder nur selten beobachtet, es hat diese Er scheinung eine gewisse Aehnliehkeit mit dem Ausblühen, das ja auch nur einzelnen Körpern zukommt. Spaltbarkeit. Die Krystalle des Barythydrat sind parallel e (001) vollkommen spaltbar. Optische Orientirung. Auf c (001) tritt die spitze Mittel- linie aus, beide Axen sind sichtbar , die Axenebene steht senkrecht auf der Symmetrieebene. 2. Zwillinge des Strontianhydrat. Die Versuche, durch veränderte Krystallisationsverhältnisse vom Strontianhydrat die Form des Barythydrat zu erhalten, führten immer 93* 132 Heinrich Baron v. Foullon. [6] zu der durch Brooke!) bereits bekannt gewordenen tetragonalen. Die einfachen Krystalle sind Combinationen von e (001) und p (111), zu denen selten d (010) hinzukommt. Brooke gibt die Elemente a:c = 1:0'6407, ce p (001) (111) = 42° 12. Die eigenen zahlreichen Messungen der scharf ausgebildeten Kryställchen ergaben 42° 15‘. Vergleicht man die Elemente des Baryt- und Strontianhydrat: a:53c= 09990: 727719 n = 98° 56‘. ala ee Wr 0 so sieht man sofort, dass durch Halbirung der c-Axe des Barythydrat die beiderseitigen Elemente nahezu gleich werden: 3:5: —='0:93990.71.:0:6330: Wenn hier nicht dieses, sondern das obige Verhältniss angenommen wurde, so hat dies seinen Grund in dem constanten Auftreten von p, das auch häufig dominirt. Die einfachen Individuen des Strontianhydrat sind aber in der Minderzahl, viel häufiger sind Zwillinge, deren Drehungsebene c (001) ist und wobei die zwei aufeinander liegenden Individuen scheinbar um 45° gedreht sind. Bei dem Auskrystallisiren aus stark übersättigten Lösungen erhält man dünne Täfelehen, selten bandförmige Gebilde, erstere bis zu mehreren Quadratcentimeter Grösse, die aus lauter kaum Quadratmillimeter grossen Zwillingen bestehen, deren Endflächen ce (001) parallel, und in einer Ebene liegen, aber einestheils sonst regellos, anderntheils mit parallelen d-Axen sägeartig verwachsen sind. Bei langsamer Verdunstung, erhält man kleine, sehr scharf ausgebildete Zwillinge, ce (001) steht ausnahmslos senkrecht auf dem Boden oder der Seitenwand des Gefässes, an welche sie fest angewachsen sind. Die Zwillinge sind flächenreicher als die Einzelindividuen, fast nie fehlt m (110), seltener sieht man noch 5 (010), d (011) und 2 (101), welch’ letztere Formen allerdings nur durch den Zonenverband bestimmt wurden. Das Zwillingsgesetz lautet: Zwillingsebene n (120), Drehungs- und Verwachsungsebene c (001), Fig. 7. Die gemessenen und mit Beibehaltung der Brooke’schen Ele- mente berechneten Winkel sind die in der Tabelle folgenden, wozu bemerkt sei, dass sämmtliche Messungen mit zwei Fernrohren ausgeführt wurden und die Flächen häufig das Fadenkreuz reflectiren. Auch hier fehlen gewölbte Flächen und dementsprechend langgezogene Bilder, hingegen treten oft mehrere sehr nahe aneinander auf. ee ee oe ern "Verkesssfkragng Tal 7773 20R2Ya37 Na DRjG: NARBE SRGREREEEEETERSSEBER N BIER AREERTRSTERE TR EETEERT RESET TEE Zahl der gemess. Flächen Berechnet | Gemessen | __ Grenzwerthe } Individ.| Kanten | mI (110) mIT (110) | 126° 522° | 126° 40° pI (111) pII (111) | 24° 316° | 24° 35° pl (111) pII (111), 34% 58° 350 8 »I (111) »IT (111), 73° 513° | 73% 59° pl (111) pI7 (111)|| 79° 10:6‘ — | 126° 20‘ — 126° 58° 24° 30° — 24° 41’ 35° 2’ — 35° 14 73° 40' — 74° 10' |Pvwwo j|aven ‘) Ann. of Phil. XXIII, S. 287. Citat nach Rammelsberg: Handbuch der krystall. Chemie. [7] ‘ Ueber die Krystallform des Barythydrat und Zwillinge des Strontianhydrat. 733 Durch diese Messungen findet das angeführte Zwillingsgesetz seine volle Bestätigung. Bezüglich der Art der Ausbildung soll die Horizontal- projeetion (Fig. 8) ein Beispiel geben, zu der nur zu erwähnen ist, dass die Dieke der Zwillinge nach der c-Axe gewöhnlich nur Bruchtheile der Breitendimensionen beträgt. Ausnahmsweise sind die Prismen m stark entwickelt und die Zwillinge werden kurz säulenförmig, dies gilt aber nur von solchen, die aus stark übersättigten Lösungen rasch an- schiessen. Eine andere Verwachsungsart stellt Fig. 9 dar. Statt der aufsitzen- den vier, gewahrt man häufig auch drei, zwei, ja nur ein kleines Indi- viduum auf dem grösseren, trotzdem sitzen oder sitzt das eine genau in der Ecke, während die übrigen frei bleiben. Diese eigenthümliche Erscheinung und die grosse Geneigtheit der Formen 3 (010), d (V11), 2 (101), nur einmal aufzutreten, das gänzliche Fehlen von a (100) bei Gegenwart von b (010) werfen ein Streiflicht auf die Symmetriever- hältnisse der scheinbar tetragonalen Substanz, das aber durch die Be- obachtung der optischen Verhältnisse keine weitere Aufhellung erfährt, denn ungestört tritt die optische Axe auf c (001) aus. 734 A) No a) Heinrich Baron v. Foullon. Ueber die Krystallform des Barythydrats ete. Erklärung der Tafel XIll. i Sphärische Projeetion des Barythydrat mit sämmtlichen beobachteten Formen und den wichtigsten Zonen. Barythydrat aus mässig übersättigter Lösung angeschossen. durch Verdunstung einer nahezu gesättigten Lösung erhalten. wie 3 erhalten. vom Rande des Lösungsspiegels und dem Glasgefässe nach abwärts gewachsene Krystalle. 5 „ Querschnitt ebensolcher Gruppen ; die einzelnen Individuen sind hobl. Strontianhydrat. Sphärische Projection der Zwillinge. Zwillingsebene (120). Die Flächen der beiden Individuen sind mit I und II bezeichnet. Strontianhydrat. Horizontalprojection desselben Zwilling. Strontianhydrat. Grösseres Individuum mit kleineren, orientirt aufgewachsenen. Die Eruptiv-Gesteine aus der Umgebung von Krzeszowice bei Krakau. Von Dr. Rudolf Zuber, Privat-Docent an der Lemberger Universität. 1. Einleitung und Literatur: Im Laufe des Jahres 1884 hatte ich als Assistent bei der Lehr- kanzel der Mineralogie an der Krakauer Universität die Gelegenheit, das kleine, aber interessante Eruptivgebiet von Krzeszowice bei Krakau eingehend zu studiren. Zwar ist die jenes Gebiet betreffende Literatur keineswegs arm; die Ansichten der einzelnen Autoren sind aber in dieser Beziehung so wenig übereinstimmend, dass ich mich berechtigt fühlte, diesen Gegen- stand noch einmal zu untersuchen, umsomehr, da keiner von meinen scehrten Vorgängern Gelegenheit gehabt hatte, an Ort und Stelle so eingehende Beobachtungen anzustellen oder eigenhändig ein so grosses Material zu sammeln, wie jenes war, das mir zur Verfügung stand. | Zahlreiche kostbare Rathschläge und Erläuterungen wurden mir von ‚Seiten der Herren Prof. Dr. v. Alth, Prof. Dr. Zareczny und Prof. Bieniasz zu Theil; die ‚petrographische und mineralogische Untersuchung habe ich mit Hilfe des Herrn Prof. Dr. Kreutz, die chemische im Laboratorium des Herrn Prof. Dr. v. Radziszewski in Lemberg ausgeführt. Ohne Hilfe von Seiten der obgenannten Herren wäre diese Arbeit nicht zu Stande gekommen; es sei mir daher ge- stattet, denselben an dieser Stelle meinen aufrichtigsten Dank hiefür öffentlich auszudrücken. Die bisherigen diesen Gegenstand betreffenden Literatur-Nachweise sind entweder ungenau oder unvollständig. Deshalb habe ich sie einer erneuten Revision unterzogen. Das Resultat hiervon ist nachfolgendes chronologisch geordnete Verzeichniss aller diesbezüglichen originellen Arbeiten und Erwähnungen, insoferne mir dieselben zugänglich waren. Jahrbuch der k.k. geol. Reichsanstalt. 1885. 35. Band. 4. Heft. (Rudolf Zuber.) 736 Dr. Rudolf Zuber. [2] 1815. Staszie Stan. „O ziemiorodztwie Karpatow i innych gor i rownin Polski.“ (Polnisch : „Ueber die Bodenbeschaffenheit der Karpathen und der übrigen Gebirge und Ebenen Polens“). Warschau. pag. 49 und 52. 1818. Pusch G. G. Ein Brief in „Leonhard’s mineralog. Taschenbuch“. 12. Jahrg. 1. Abth. pag. 291 u. £. 1822. Oeynhausen C. v. „Versuch einer geognost. Beschreibung von Oberschlesien.“ Essen. pag 338—547 und 464. 1852. Zeuschner L. Ein Brief in „Neues Jahrbuch für Mineralogie etc.“ pag. 418. 1833. Zeuschner L „Einige Bemerkungen über die geognostische Beschaffenheit von Sanka.“ N. Jahrb. f. Miner. pag. 542—544. 1835. Pusch G. G. „Geognostische Beschreibung von Polen.“ Stuttgart und Tübingen. I. Band. pag. 178—186. 1839. Pusch G. 6. „Ueber die geogn. Verhältnisse von 'Polen nach genaueren Beo- bachtungen und Aufschlüssen.“ Karsten’s Archiv für Bergbau und Hüttenkunde. Bd. XTI. pag. 169. 1859. Foetterle Fr. Eine Erwähnung in „Jahrbuch der k. k. geolog. Reichs-Anstalt.“ Wien. X. Bd. (Verhandlungen.) pag. 102. 1863. Römer Ferd. ‚Die Altersbestimmung des schwarzen Marmors von Dembnik im Gebiete von Krakau.“ Ztschr. der deut. geol. Ges. Berlin. XV. Bd. Eine Erwähnung auf pag. 713. 1864. Römer F. -„Ueber das Vorkommen des Rothliegenden in der Gegend von Krzeszowice im Gebiete von Krakau.“ Ztschr. d. deut. geol. Ges. Bd. XVI. pag. 633—643. 1865. Tschermak G. „Ueber Porphyre aus der Gegend von Nowagora bei Krakau.“ Sitzungsber. der math -naturw. Cl. der k. Akademie der Wissensch. Wien. LII. Bd. I. Abth. pag. 471—473. 1867. Hohenegger L „Geognostische Karte des ehemaligen Gebietes von Krakau.“ Zusammengestellt durch Corn. Fallaux. Denkschr. der kais. Akad. der Wissensch. Mathem.-naturw. Classe. Wien. XXVI. Bd. II. Abth. pag. 257—260. 1869. Tschermak G. „Die Porphyrgesteine Oesterreichs aus der mittleren geo- logischen Epoche.“ Wien. pag. 236—239. 1869. Kreutz F. „Plutonische Gesteine in der Umgebung von Krzeszowice bei Krakau.“ Verh. der k. k. geolog Reichs-Anstalt. Wien. pag. 157—162. 1870. Römer Ferd. „Geologie von Oberschlesien.“ Breslau. pag. 106 u. £. 1870. Websky M. „Mikroskopische Untersuchung des rothen Porphyrs von Miekinia und des schwarzen Eruptiv-Gesteines (Olivin-Gabbro) aus dem Thiergarten bei Krzeszowice bei Krakau,“ Anhang in Römer’s „Geologie von Oberschlesien“. Breslau. pag. 437—440. 1871. Kreutz F. „Skaly plutoniezne w okolicy Krzeszowic.“ Rocznik c k. Towarzystwa naukowego krakowskiego. (Polnisch: „Die plutonischen Gesteine in der Umgebung von Krzeszowice.“ Jahrbuch der k. k. Gelehrten-Gesellschaft zu Krakau). III. Serie. Bd. XIX. pag. 1—18. (Eine ausführlichere Bearbeitung der deutschen Abhandlung vom J. 1869.) 1872. Alth A. „Poglad na geologie Galieyi zachodniej.“ (Polnisch: „Uebersicht der Geologie von West-Galizien.“) Separat-Abdruck aus dem VI. Bd. der „Berichte der physiographischen Commission“. (Sprawozdanie komisyi fizyografieznej.) Krakau. pag. 16— 18. 1876. Hussak E. „Eruptiv-Gestein von Krzeszowice.“ Verh. der k. k. geol. Reichs- Anstalt pag. 73—76. 1880. Trejdosiewicz J. „O porfirze w Krölestwie Polskiem.“ (Polnisch: „Ueber Porphyr im Königreich Polen.“) Bericht der physiographischen Commission. Krakau. XIV. Bd. Das Resultat einer von B. Pawlewski ausgeführten chemischen Analyse des Porphyrs von Miekinia auf pag. 270. 1884, Bieniasz F, „Oznaczenie wzglednego wieku geologieznego skaly wybuchowej w Zalasie.“ (Polnisch: „Bestimmung des relativen geolog. Alters des Eruptiv- Gesteines von Zalas.“) Separat-Abdruck aus dem XII. Bd. der Sitzungs-Berichte der mathem.-naturwiss. Classe der Akademie der Wissensch. (Rozprawy i Sprawoz- dania wydziafu matem.-przyrodn. Akademii Umiejetnosci.) Krakau. 1884. BieniaszF. und Zuber R. „Notiz über die Natur und das relative Alter des Eruptiv-Gesteines von Zalas im Krakauer Gebiete.* Verh. der k. k. geolog. Reichs-Anstalt. pag. 252 — 256. 1884. Tietze E. ‚Das Eruptiv-Gestein von Zalas im Krakaner Gebiete.“ Verh. der k. k. geolog. Reichs-Anstalt. Wien. pag. 289—292. e [3] Die Eruptiv-Gesteine aus der Umgebung von Krzeszowice bei Krakau 137 II. Topographische und geologische Verhältnisse. Das Gebiet, auf welchem in der Umgebung von Krzeszowice Eruptiv-Gesteine auftreten, ist verhältnissmässig klein; seine grösste Erstreekung von N. nach S. beträgt etwa 15 Kilometer und fast eben- soviel in westöstlicher Richtung. Diese Gesteine sind auf diesem Gebiete in Gruppen yertheilt, die theilweise Denudationsreste grösserer Decken sind, zum Theil aber wahrscheinlich getrennte Eruptions-Centra darstellen, wovon später die Rede sein wird. Die grösste Partie bildet der Porphyr zwischen Zalas, Sanka und 'Frywald (S. von Krzeszowice), wo derselbe durch riesige Steinbrüche aufgeschlossen ist. (Auf beiliegendem Kärtehen mit 2 bezeichnet). — Kleine, schwach aufgedeckte Partien desselben Gesteines sind ausser- dem im Dorfe Zalas, im kleinen Thälehen SW. von Baczyn, und wohl noch in einigen anderen benachbarten Punkten sichtbar. Dyrrasstadb 1:28 8.000. IM Sorpbyr BE Irtelapbyr Von N., W. und SW. wird diese Partie von einer ganzen Kette melaphyrischer, zum Theil mandelsteinartig ausgebildeter &esteine um- geben, die in folgender Weise vertheilt sind: Der kleine Hügel, welcher im Tenezyner Thiergarten genau in der Mitte zwischen Sanka und Krzeszowice liegt, besteht aus einem festen, schwarzen Melaphyr (Nr. 4). Zwar gibt es hier keine grösseren Auf- schlüsse ; aber die bedeutende Anhäufung grosser und frischer Bruchstücke dieses Gesteines zeugt hier genügend von dessen ursprünglicher Lagerstätte. Der Berg, auf dessen östlichem Gipfel (403 Meter ü. M.) sich die schöne Ruine des Tenczyner Schlosses erhebt, knapp am Dorfe Rudno, ist ebenfalls von Melaphyr (Nr. 5) zusammengesetzt. Ausser den natür- lichen Aufschlüssen existiren hier an den S.-Abhängen einige verlassene Steinbrüche. Die kegelförmigen Hügel im S. von Rudno sind zum Theil unzweifelhaft ebenfalls aus demselben Melaphyr zusammengesetzt. Jahrbuch der k.k. geol. Reichsanstalt. 1885. 35. Band. 4. Heft. (Rudolf Zuber.) 94 738 Dr. Rudolf Zuber. [4] Kleine Aufsehlüsse von Melaphyr sieht man auch im W. von Regulice in den Schluchten NO. vom Meierhof „Szymota* (Nr. 5). Eine bedeutend grössere, durch mehrere Steinbrüche aufgedeckte Malaphyr-Decke befindet sich zwischen Regulice, Kwaezala und Alwernia. Der westliche Theil des Klosterberges von Alwernia besteht auch aus demselben Gesteine (6). Am meisten gegen S. vorgerückt ist endlich die durch einen grossen verlassenen Steinbruch zwischen Poreba und Miröw aufgeschlossene Melaphyr-Partie (Nr. 7). Von obigen Gesteinen territoriell geschieden ist schliesslich der Porphyr von Miekinia (NW. von Krzeszowice, Nr. 1), in welchem riesige Steinbrüche auf beiden Seiten einer tiefen Schlucht geführt werden. Römer!) erwähnt ferner einen Melaphyr, welcher demjenigen .des Tenezyner Schlossberges ähnlich sehen und am Wege von Krze- szowice nach Miekinia auftreten soll. — Derselbe Verfasser zählt auch ?) den Porphyr von Golonog zum Krzeszowicer Gebiete. Den Melaphyr bei Miekinia konnte ich trotz sorgfältiger Nach- forschungen nicht auffinden, und den Porphyr von Golonog (im König- reich Polen, über 30 Kilometer gegen WNW. von Krzeszowice entfernt) muss ich aus unserem Eruptiv-Gebiete ausschliessen, da derselbe terri- toriell zu weit davon entfernt ist. Pusch erwähnt’) ausserdem, dass zwischen Poreba und Zalas im Walde ein Mandelstein mit bedeutendem Zinkgehalte auftreten soll. — Dieses Gestein konnte ich hier nicht ausfindig machen — und auch in keinem anderen Mandelsteine dieses Gebietes konnte ich irgend eine Spur von Zink nachweisen. — Wenn obige Behauptung von Pusch und Zeuscehner auf wirklicher Beobachtung beruht — was ich übrigens gar nicht bezweifeln will — so kann ein solches Vorkommen sehr leicht durch eine Infiltration von Zinkerz aus dem : Trias-Dolomite erklärt werden, welcher in diesen Gegenden bekanntlich die Hauptlagerstätte von Zinkerzen ist. In den anfangs eitirten Arbeiten finden wir ausserdem noch einige andere Porphyrvorkommnisse (bei Filipowice, Myslachowiee u. s. w.) erwähnt. Es ist wohl möglich, dass sich solche Gesteine noch an manchem Orte auf ursprünglicher Lagerstätte antreffen lassen ; ‚grössten- theils aber werden dies nicht frische Porphyre, sondern Porphyr-Tuffe und -Conglomerate sein, die in diesen Gegenden eine bedeutende Ver- breitung aufweisen, die ich aber in den Kreis meiner Untersuchungen nicht einbegriffen habe. Die Frage nach dem relativen Alter dieser Eruptivgesteine ist von den früheren Forschern mehrfach erörtert, aber bisher keineswegs entschieden worden. Es mag daher nicht überflüssig scheinen, dieselbe nochmals zu berühren. Zeuschner%) hielt diese Gesteine für jünger, als Jurakalk. 1) Geologie von Oberschlesien. 111. ?) Ibidem. 113. ?) Geogn. Beschr. v. Polen. I, 182. — Vom Zinkgehalt der hiesigen Mandel- steine spricht auch Zeuschner (N. Jahrb. f. Miner. 1832. 418). *) Neues Jahrb. f. Min. 1833. 544. [5] Die Eruptiv-Gesteine aus der Umgebung von Krzeszowice bei Krakau. 739 Pusch trachtete zuerst!) zu beweisen, dass dieselben mit sammt den sie begleitenden Tuffen und Conglomeraten einen wesentlichen Theil des Steinkohlengebirges ausmachen. Später aber behauptete er?), dass einige dieser Eruptivgebilde auch die Trias- und Jura-Ablagerungen durehbrochen haben und daher jünger, als diese, sein müssen. Einer erschöpfenden Erörterung wurde diese Frage mehrfach von Römer?) unterworfen. Derselbe bewies, dass diese Gesteine fast überall Deeken über den Steinkohlenablagerungen bilden und zwar theilweise (wie bei Miekinia) diseordant; ferner, dass über diesen Gesteinen zum Theil eben solche Porphyr-Tuffe und -Conglomerate vor- kommen, wie sie in den benachbarten mitteleuropäischen Gebieten im Rothliegenden vorzukommen pflegen. Ausserdem zeigen auch die hiesigen Eruptivgesteine selbst die grösste Aehnlichkeit mit den Porphyren und Melaphyren von Schlesien und Böhmen. Auf Grund dieser Beobachtungen zählt Römer die Eruptivgebilde von Krzeszowice insgesammt zum Rothliegenden. Diese Ansicht Römer’s wird auch von Alth getheilt. *) Hohenegger und Fallaux?°) stellen die Eruptionszeit des Miekiniaer Porphyrs und die Bildung der Porphyr-Tuffe und -Con- glomerate dieses Gebietes in die Ablagerungszeit des bunten Sandsteines, indem sie darauf hinweisen, dass diese Gebilde discordant auf den Kohlenschiefern und concordant unter dem Muschelkalke gelagert er- ‚scheinen; dass sie somit mit dem letzteren inniger verknüpft sind, als mit älteren Bildungen. Die übrigen Eruptivgesteine dieses Gebietes werden von denselben Verfassern als noch jünger betrachtet, da sie angeblich auch triadische und sogar jurassische Ablagerungen durch- brochen haben sollen. Dass letztere, bereits von Pusch gehegte Ansicht auf irriger Beobachtung beruhte, hat schon Römer genügend dargethan ©), indem er nachwies, dass sich hier die triadischen und jurassischen Ablagerungen um und über den bereits erstarrten Eruptiv- gesteinen gelagert haben und somit jünger als die letzteren sein müssen. Hauer?) adoptirt in beiden Auflagen seiner Geologie die dies- bezüglichen Ansichten von Hohenegger und Fallaux. Bieniasz hat zusammen mit mir bewiesen (l. e.), dass das Gestein von Zalas, welches Hussak und Tietze zu den Tra- chyten stellen wollten, älter sein muss, als die Bildung des braunen Jura. Aus diesen zahlreichen und verschiedenen Ansichten folgt nur das eine mit Sicherheit, dass die Hauptmasse der in Rede stehenden Massengesteine jünger ist als das Steinkohlengebirge, aber älter als der Jura. Ob aber ihre Eruptionszeit in die Dyas oder Trias zu setzen ist, das wurde bisher nieht entgiltig entschieden. Auf Grund meiner eigenen Untersuchungen muss ich vor Allem die diesen Gegenstand betreffenden Beobachtungen Römer’s bestätigen, und zwar: der Porphyr von Miekinia liegt discordant über steil geneigten !) Polens Geognosie. I, 184. 2) Karstens Archiv. XII, 169. ®) In allen anfangs eitirten Arbeiten. ARE 5) 1. e. 259260. 6) Ztschr. d. deut. geol. Ges. 1863. XV, 713. — Geologie von Oberschlesien. 118, 121. ?) I. Auflage 1874. 8. 321. — II. Auflage 1878. S. 357. 94* 740 Dr. Rudolf Zuber. [6] Sehiefern des Steinkohlensystems; über dem Porphyr folgt hier zuerst rother Porphyr-Tuff, dann Trias- und Jura-Kalke; der Melaphyr des Tenezyner Schlossberges hat unzweifelhaft earbonische Schichten durch- brochen; an vielen anderen Stellen sieht man im Liegenden dieser Gesteine sandige oder thonige Gebilde, die ganz wie die carbonischen aussehen. Die Melaphyr-Partien zwischen Regulice, Alwernia und Kwaczala liegen auf Sanden und mürben Sandsteinen, die von Römer!) in's Steinkohlensystem gestellt wurden. Es gelang mir jedoch am Süd- abhange des Klosterberges von Alwernia in einem derartigen Sande unter dem Melaphyr einen verkieselten Holzstamm zu finden, welcher den seit Jahren in Kwaczala bekannten vollkommen ähnlich ist (Arau- carites Schrollianus Goepp.?); dieser Umstand, wie auch der unzweifel- hafte Zusammenhang dieser Sande mit denjenigen von Kwaczala lassen mich dieselben als jünger, wie Carbon, betrachten. Ausserdem habe ich bei Rudno am Südabhange des Schlossberges in einem verlassenen Steinbruche unmittelbar über dem Mandelsteine eine Ablagerung von rothem Porphyr-Tuff entdeckt, was an dieser Stelle früher nieht beobachtet wurde. Dasselbe fand ich auch bei Poreba. Dieser Tuff fehlt nur über der Porphyrpartie zwischen Zalas, Sanka und Frywald. Hier folgt unmittelbar über dem Eruptivgestein ein Sandstein, der sich als dem braunen Jura zugehörig erwies. ?2) Der Umstand jedoch, dass in diesem Sandsteine stark verwitterte Gerölle desselben Porphyrs vorkommen, beweist, dass sich dieses Sediment über einem bedeutend älteren Eruptivgesteine gebildet hatte. Ausserdem kann man noch an zahlreichen Punkten zu oberst über diesen Porphyr- und Melaphyr-Deeken Felsenkalke des weissen Jura bemerken. Es unterliegt daher keinem Zweifel, dass alle Eruptivgesteine unseres Gebietes, ausser demjenigen von Zalas, im engsten Zusammen- hange stehen mit den Sandsteinen von Kwaczala und mit Porphyr- Tuffen und -Conglomeraten; dass ihre Eruptionszeit daher in die Zeit der Ablagerung letzterer Sedimente zu setzen ist. Aber auch das Gestein von Zalas kann ich nicht für jünger betrachten, da es in petrographischer und chemischer Beziehung dem Porphyr von Miekinia sehr nahe steht, was übrigens im folgenden Abschnitte gezeigt werden soll. Aber gerade in Bezug auf das relative Alter der obgenannten Tuffe, Conglomerate und Sandsteine, sind die Ansichten getheilt, wie vorher erwähnt wurde. Meiner Ansicht nach haben aber Hohenegger und Fallaux weniger triftige Argumente für das triadische, wie Römer und Alth für das dyadische Alter dieser Gebilde. Der Umstand allein, dass analoge Bildungen in ganz Mitteleuropa nördlich von der alpinen Provinz fast nur aus dem Rothliegenden bekannt sind, spricht viel stärker für die Ansicht Römer's, als die Concordanz dieser Schichten mit dem Muschel- kalk gegen dieselbe. Ausserdem hat aber noch Alth 3) gezeigt, dass !) Oberschlesien. 120-121. ?) Bieniasz und Zuber.]. c. 3) 1. c. 20. ET [7] Die Eruptiv-Gesteine aus der Umgebung von Kızeszowice bei Krakau. 741 diese Gebilde in der Umgebung von Filipowice, Psary und Karniowiee eben coneordant über carbonischen Schiefern, aber discordant unter dem Muschelkalk gelagert sind. Ich betrachte daher alle in Rede stehenden Eruptivgesteine für gleichalterig mit einander und stelle sie übereinstimmend mit Römer und Alth in die Epoche des Rothliegenden. Betrachten wir nun noch die Lagerungsverhältnisse der einzelnen eruptiven Partien insbesondere. In dieser Beziehung wurde bisher die Porphyr-Partie von Miekinia (auf beiliegender Kartenskizze mit 1 bezeiehnet) am genauesten studirt und beschrieben. Der Porphyr tritt hier zu beiden Thalseiten in einer Decke auf, deren Mächtigkeit etwa 20 Meter betragen mag. Die beiden, heute durch den Thaleinschnitt von einander getrennten Partien, waren ursprünglich unzweifelhaft eine einzige Decke, und die durch den Bach eingeleitete Erosion ist die Ursache der Trennung. Der westliche Theil liegt etwas höher wie der östliche; ihre unteren Grenzen (gegen die grauen und rothen Kohlenschiefer) lassen sich aber genau in gerade gegenseitige Verlängerung bringen. Römer leitet daraus den ganz richtigen Schluss ab, dass die ganze Porphyr-Decke schwach gegen Ost geneigt ist. Der Porphyr ist hier durch einige sehr grosse Steinbrüche ent- blösst, in welchen man die Absonderung der ganzen Masse vorwiegend in senkrechte Tafeln und Säulen beobachten kann. Auf der südlichen Seite wird diese Absonderung weniger senk- recht und die Tafeln neigen sich deutlich gegen Norden (also gegen die Mitte der Eruptivmasse), In einem kleinen Aufschlusse, der am meisten gegen SW. vorge- schoben ist, sieht man ausserdem eine zweifache Structur übereinander: die untere Lage des Porphyrs zerfällt in schmale senkrechte Tafeln, wogegen die obere eine ‚gröbere Bankung und nördliches Einfallen der Absonderungsflächen aufweist. Diese beiden Lagen sind von einander durch eine fast horizontale Fläche ziemlich scharf geschieden. Die ganze Erscheinung macht den Eindruck, als hätte sich die obere Lage über der früher erstarrten unteren als zweite Eruptiv-Decke ausgebreitet. Diese vereinzelte, kleine Beobachtung kann jedoch unmöglich genügen, um eine solche Behauptung aufrecht zu halten, zumal, da auch andere locale Ursachen (z. B. ein Abrutschen einer Partie an der anderen) ähnliche Erscheinungen hervorrufen können. Dass über dem Porphyr bei Miekinia Porphyr-Tuffe und -Conglo- merate, dann Trias- und Jura-Kalke folgen, wurde schon früher erwähnt. Die zweite, grösste Partie bildet der Porphyr zwischen Zalas, Sanka und Frywald (Nr. 2); derselbe ist durch riesige Steinbrüche auf- geschlossen. Die untere Grenze des Porphyrs wurde in den Brüchen noch nicht erreicht. Es scheint jedoch aus den kleinen, in den benach- barten Schluchten siehtbaren Aufschlüssen zu folgen, dass hier, wie bei Miekinia, carbonische Schiefer die Unterlage ausmachen, was bereits von Römer beobachtet wurde. Die Porphyrmasse zeigt ziemlich bedeutende Verschiedenheiten in Bezug auf äusseres Aussehen und die petrographischen Eigenschaften, worüber später die Rede sein wird. Die tieferen, frischeren und festeren 742 Dr. Rudolf Zuber. [8] Partien bersten in riesige, unregelmässig und scharf begrenzte Blöcke. In den höheren Partien ist diese Absonderung weiter fortgeschritten, so, (dass das hier gewonnene Material nur zur Strassen-Beschotterung brauehbar ist. Wie oben erwähnt, wird dieser Porphyr von braunem Jura überlagert. Die kleinen Vorkommen desselben Porphyrs in Frywald, Zalas und Baezyn sind mit dieser Hauptpartie unzweifelhaft im Zusammen- hange, was durch ihre identischen petrographischen Merkmale und nahe Nachbarschaft bewiesen wird. Alle übrigen Eruptivgesteine dieses Gebietes rechne ich zu den Melaphyren. Ihre äusseren Merkmale und territorielle Vertheilung lassen eine Trennung derselben in mehrere besondere Gruppen zu. Ganz selbständig tritt die kleine Melaphyr-Partie im Tenezyner Thiergarten auf (auf der Karte Nr. 4). Der Mangel an Aufschlüssen lässt die Lagerungs- und Absonderungsverhältnisse nieht näher unter- suchen. Einige grössere Bruchstücke des schwarzen und frischen Ge- steines zeigen prismatische Absonderungsformen , die bekanntlich eine häufige Figenthümlichkeit der Basalte ist. Eine grössere Partie bildet ein in Mandelstein übergehender Melaphyr bei Rudno, wo neben mehreren Hügeln auch der Tenezyner Schlossberg davon zusammengesetzt ist (Nr. 3). Die Unterlage dieses Eruptivgesteins bilden unzweifelhaft car- bonische Sande und Schiefer; knapp unter der Schloss-Ruine wurde noch vor kurzer Zeit ein schwaches Kohlenflötz abgebaut. Der Melaphyr wird von mehreren Seiten umgeben von weissen Jura-Kalken, die hier stellenweise auch über dem Eruptivgesteine zu liegen scheinen. Auf der Südseite des Schlossberges sind einige kleine, gegenwärtig verlassene Steinbrüche, in deren einem ich die schon früher erwähnte Ablagerung von Porphyr-Tuff über dem Mandelsteine gefunden habe. In diesen Auf- schlüssen sieht man, dass nur die tiefste Melaphyr-Partie fest ist und nur wenige Blasenbildungen aufweist. Gegen oben zu wird das Gestein immer mehr blasig, so, dass die oberste Mandelsteinlage bereits mehr einer Schlacke wie einem Gestein ähnlich ist. Die Absonderungsform des Gesteines ist vollkommen unregelmässig. Gegen SW. vorschreitend, treffen wir im Westen von Regulice die kleine Melaphyr- -Partie des Szymota- -Thales (Nr. 5). Das Gestein ist . schwach aufgedeckt. stark zerklüftet und in vieler Hinsicht dem Vor- kommen des Thiergartens (Nr. 4) ähnlich. Der östliche Theil des sich zwischen Regulice, Kwaczala und Alwernia hinziehenden Bergrückens, wird von einer mächtigen Melaphyr- Decke gebildet, welche durch zahlreiche Steinbrüche aufgeschlossen ist. Von Süden aus kann man aus einiger Entfernung den Verlauf dieser etwa 10 Meter mächtigen Platte ausgezeichnet beobachten; sie liegt auf Sanden und ist schwach gegen O. geneigt. Der Melaphyr, welcher den westlichen Abhang des Klosterberges von Alwernia zusammensetzt, ist unzweifelhaft eine weitere Verlängerung derselben Decke, una — ebenso wie in Miekinia — nur durch die erosive Thätigkeit des von N. kommen- den Baches von derselben losgetrennt. Es ist dieses bereits von Römer!) ') Oberschlesien. 110. BE Ma ie [9] Die Eruptiv-Gesteine aus der Umgebung von Krzeszowice bei Krakau. 743 ganz richtig bemerkt worden. Die Sande unter dem Melaphyr halte ich für permisch auf Grund des verkieselten Stammes, den ich bei Alwernia gefunden und schon früher erwähnt habe. Die kleineren Vorkommen von Melaphyr in mehreren Schluchten auf der westlichen Thalseite zwischen Alwernia und Regulice glaube ich mit obiger Platte in Zu- sammenhang bringen zu sollen. Die Decke wird an mehreren Stellen von Jura-Kalken überlagert. Die südlichste Melaphyr-Partie zwischen Miröw und Poreba (Nr. 7), ist durch einen recht grossen, jetzt aufgelassenen Steinbruch aufge- schlossen. Die interessante Structur des Massengesteines, die hier be- merkbar ist, habe ich dureh nebenstehende Skizze wiederzugeben ver- sucht. Die Gesteinsmasse ist sehr deutlich in mächtige, sattelförmig gekrümmte Bänke abgesondert, die wieder in verschiedenen Richtungen, aber vorwiegend senkrecht zur Bankung zerklüftet erscheinen. Die innerste (tiefste) Lage (a) ist homogen und fest; gegen oben übergeht der Melaphyr in einen immer lockereren und mürberen Mandelstein (d), ähnlich wie am Tenezyner Schlossberge. Das Eruptivgestein wird von einer schwachen Tuffschichte (c) überlagert, worüber sich schliesslich eine mächtige Lehmdecke (d) mit zahlreichen Melaphyr-Blöcken aus- gebreitet hat. Die hier dargestellte Lagerungsform des Eruptivgesteines von Poreba lässt mit grosser Wahrscheinlichkeit vermuthen, dass in diesem Punkte die Mündung einer Eruptionsspalte vorhanden war, durch welche diese Melaphyrmasse zu Tage getreten war. III. Petrographisch-chemische Untersuchung. A. Syenit-Porphyr. Die Gesteine zwischen Zalas, Sanka und Frywald. Zeuschner!) nennt das Eruptivgestein von Sanka kurzweg „Porphyr“. Römer?) zählt sowohl diese Gesteine, wie auch den Porphyr von Miekinia zu den Quarz-Porphyren. Tschermak nannte die Gesteine %) Neues Jahrb. f. Miner. 1833. 542. ?) Zeitschr. d. deutsch. geol. Ges. XVI. 639. — Oberschlesien. 112—113 744 Dr. Rudolf Zuber. [10] von Rybna, Zalas, Sanka und Frywald zuerst!) „trachytähnliche Ge- steine“, später?) aber rechnete er sie auf Grund ihres höheren geolo- gischen Alters zu den quarzfreien Orthoklasporphyren. Als solche quarz- freie Porphyre wurden sie auch von Kreutz bezeichnet. Hussak suchte zu beweisen, dass das Gestein von Zalas ein Trachyt ist, und Tietze hat auf seiner Karte°) diese Bestimmung zum Ausdrucke ge- bracht. Als Bieniasz und ich bewiesen haben, dass dieses Eruptiv- gestein älter ist, wie der braune Jura, und ausserdem: auch in petro- graphischer Hinsicht dem unzweifelhaften Porphyr von Miekinia sehr ähnlich, versuchte Tietze die Ansicht zu vertheidigen, dass das Ge- stein auch trotz seines hohen geologischen Alters immerhin ein Trachyt sein kann. Ich glaube letzteren Standpunkt, der vom meinigen prineipiell verschieden ist, nicht ferner erörtern zu müssen, nachdem in dieser Beziehung eine genügende Erklärung von Beeket) geäussert wurde. Die Hauptmasse des im südlichsten Steinbruche (bei Sanka) ge- wonnenen Porphyrs zeigt eine grünlich-graue Färbung und geht in graue, bräunliche und röthliche Partien über. Es scheint, dass diese grünliche Abänderung die frischeste ist und durch Oxydation der Eisenoxydul-Verbindungen in die rothe verwandelt wird. Es wird diese Ansicht durch die mikroskopische Untersuchung bestätigt. Die grünlich-graue Hauptmasse des Gesteines zeigt einen ent- schieden porphyrischen Charakter; in einer dichten und festen Grund- masse sind zahlreiche Feldspath-Krystalle ausgeschieden, die gewöhn- lich farblos oder etwas milchig getrübt sind und einen Durchmesser von 10 Millimeter erreichen. Weniger zahlreich sind die Ausscheidungen von Biotit-Blättchen, von gewöhnlich sechseckiger Form und 5 Milli- meter Durchmesser. Ausserdem bemerkt man in dieser Masse recht oft ziemlich grosse, erdige, dunkel-grüne Viridit-Klümpehen, die unzweifelhaft ein Zersetzungs- Produet von Hornblende und Biotit bilden. In Dünnschliffen sieht man unter dem Mikroskope, dass die Grund- masse der grünlichen Gesteins-Varietät sehr vorwiegend feinkörnig kry- stallinisch ist. Nur vereinzelte Partien weisen in der Grundmasse grössere Mengen von durchsichtiger, bräunlicher Glassubstanz auf, in welcher bei starker Vergrösserung kleine sehr verschieden orientirte Feldspath- Säulehen sichtbar werden. Sie enthalten fast immer einen trüben Kern, der meiner Ansieht nach nicht Glasmasse, sondern der Anfang einer Kaolinisirung ist. Man kann sich sehr leicht überzeugen, dass in der Mehrzahl der Fälle die nicht polarisirenden Partien der Grundmasse und der Feldspathe den milchig-getrübten Stellen entsprechen, und somit vorwiegend ein kaolinartiges Zersetzungsproduet der Feldspathe sind, aber nicht Glassubstanz, wie dies Hussak meinte, und ich selbst früher nach oberflächlicher Untersuchung bestätigte. ') Sitzber. d. k. Akad. d. Wiss. Wien. LII. I. 472. ?”) Porphyrgesteine. 238. ») Dr. Tietze hat die Umgebung von Krakau im Jahre 1883 geologisch auf- genommen, aber bisher die Resultate dieser Untersuchung nicht publieirt. Es sind nur Copien seiner Karte (im Massstabe 1:75000) in der k. k. geolog. Reichsanstalt zu haben. Von einer solchen Karte ist hier die Rede. *) Neues Jahrb. f. Miner. 1885. I. pag. (Refer.) 419-420. 1 1] Die Eruptiv-Gesteine aus der Umgebung von Krzeszowice bei Krakau. 745 Die porphyrisch ausgeschiedenen Feldspath-Krystalle sind von verschiedener Grösse. Vorwiegend ist es ein farbloser, ganz Sanidin ähnlicher Orthoklas mit Glasglanz ; er zeigt gewöhnlich eine sehr schöne Zonal-Struetur. Der innerste Kern ist fast immer kaolinisirt, und gegen aussen zu von abwechselnd frischen und zersetzten Zonen umgeben; oft zeigen aber die kaolinisirten Partien der Feldspath-Krystalle auch die Form unregelmässiger Flecke. Diese Krystalle sind sehr reich an Einschlüssen; letztere sind aber äusserst klein und oft auch in Zonen geordnet; man kann darunter Magnetit-Körnchen und Biotit-Schüppehen unterscheiden, Glaseinschlüsse scheinen aber vorzuwiegen. In die feinen Risse und Spalten, durch welche die Feldspathe zahlreich durchzogen sind, ist überall sehr feiner Viriditstaub eingedrungen. Die Orthoklas- Individuen sind gewöhnlich einfach ; seltener kommen auch Karlsbader Zwillinge vor. Weniger zahlreich sind auch Plagioklas - Krystalle (Oligoklas?) ausgeschieden, die eine polysynthetische Zwillingsver- wachsung nach dem Albit-Gesetze aufweisen. Sie sind gewöhnlich weniger frisch und durchsichtig, wie die Orthoklas-Ausscheidungen. Ausser den oberwähnten, mit freiem Auge bemerkbaren Biotit- Ausscheidungen, sieht man auch noch unter dem Mikroskope zahlreiche kleinere Individuen dieses Minerals. Noch öfter kommen säulenförmige Gebilde vor, die von einer dieken Viridit-Zone umgeben, inwendig ge- wöhnlich grüne oder braune Partien enthalten, welche längsgestreift und stark diehroisch sind und gerade auslöschen ; die letzteren Partien sind somit Biotit, weleher wohl mit sammt der ihn umgebenden Viriditkruste ein Zersetzungsproduet von Hornblende ist. Letztere ist aber im frischen, d. h. unzersetzten Zustande in diesem Gesteine nicht vorhanden. Das Vorhandensein jener oberwähnten zahlreichen säulenförmigen Pseudo- morphosen lässt aber vermuthen, dass die Hornblende ursprünglich kein untergeordneter Bestandtheil des Gesteines war. Sehr selten kann man im grünlichen Gesteine kleine Magnetit- Körnchen, und noch seltener sehr feine rothe Eisenoxyd-Schuppen be- merken. Das specifische Gewicht des sehr fein gepulverten Gesteines habe ich zu 2:66 gefunden. Die chemische Analyse der festesten und frischesten Varietät lieferte folgende Resultate: BE NEN RO NE aa al 3, N LS Seas le, RR, WEN LEE Re 443 Nee N Re Spur RR ar 381 BRNO Es 174 HIST PET N Re 6:28 Na, 0 3 2 RER EEE FEN 4:27 Glühverlust . TEEN RE de or 208 100:18 Wenn wir annehmen, dass die ganze Kali- und Natronmenge im Gesteine als Feldspath (X, Al, Si, O,, und Na, Al, Si, O,,) enthalten war, dass der Rest der Thonerde mit einer entsprechenden Menge von Kalk Jahrbuch der k. k. geol. Reichsanstalt. 1885. 35. Band. 4. Heft. (Rudolf Zuber.) 95 746 Dr. Rudolf Zuber. [12] und Kieselsäure den Feldspath Ca Al, Si, O; bildete, und dass die übrigen Metalloxyde (0a0, MyO, FeO) mit entsprechenden Kieselsäuremengen zu Silicaten der allgemeinen Formel 2 SO, verbunden waren, so erhalten wir folgende Zahlenwerthe !): KR,A, u N ER ETEREMLBOHES Na, AU Su Os} 2 For Oa Al, 85 0,1 DEREN Bei 0; N. DR ee lee, CEO RR EN REN Eu MO EDER 98:79 Die gesammte theoretische, für diese Verbindungen erforderliche Kieselsäuremenge beträgt 60'283 Procent, was der gefundenen Zahl (59:82 Procent) sehr wohl entspricht. Die ehemische Analyse bestätigt daher die mikroskopische Beob- achtung, dass das Gestein gar keine freie Kieselsäure (Quarz) enthält und dass sein vorwiegender Bestandtheil Feldspathmasse ist (über 80 Procent). Die röthlieh-graue oder bräunlich-rothe Gesteinsvarietät kommt vorwiegend in den höheren Partien der ganzen Porphyrdecke vor. Aeusser- lich ist sie von der grünlichen nur durch die Farbe und durch ein weniger frisches Aussehen verschieden. In Dünnschliffen sieht man unter dem Mikroskope, dass die Grund- masse überhaupt ebenso beschaffen ist, wie in der ersteren Abänderung ; Glassubstanz ist hier jedoch fast gar nicht bemerkbar, dagegen aber zahlreichere trübe Kaolinpartien. Die kleinen Feldspathsäulchen der Grundmasse zeigen hier durch parallele Anordnung oft eine sehr deut- liche Fluidalstructur, die durch dazwischen auftretende parallele Eisen- slimmerblättehen noch hervorgehoben wird. Ueberhaupt sieht man in dieser röthlichen Varietät bedeutend mehr Magnetit, Hämatit und (zumal in noch weniger frischen Partien) Limonit, als in dem grünlichen Gesteine. Die porphyrisch-ausgeschiedenen Feldspathe weisen in dieser Ab- änderung die nämlichen Eigenschaften auf, wie in der vorher be- schriebenen; nur haben sie nicht mehr dieses frische glasige, Sanidin- artige Anssehen; sie sind auch bedeutend öfter kaolinisirt, was besonders für die Plagioklas-Individuen gilt. Biotit hat sich in diesem Gesteine nur in seltenen grösseren Blätt- chen unverändert erhalten; die kleineren Biotit-Schuppen haben nur Eisen-Oxyd und -Hydroxyd als letztes Zersetzungsproduct hinterlassen. Zahlreiche dunkle Säulchen, deren Kern zuweilen noch Biotit enthält, sind hier, wie im grünlichen Gesteine, ebenfalls vorhanden; die viridi- tische Substanz dieser Säulchen hat sich aber bereits grösstentheils in eine bräunliche erdige Masse umgewandelt. Offenbar haben wir hier ') Diese Berechungsmethode ist keineswegs exact; denn es werden hier nicht berücksichtigt: die Silicate A’, Si O,, R",SiO,, (R,") Si, O,, u. s. w., ferner Glasmasse und Zersetzungsproducte, wie Kaolin, Eisen-Oxyde und -Hydroxyde, Viridit, Chlorit ete. etc. Für verhältnissmässig frische und an accessorischen Mineralen nicht sehr reiche Gesteine kann jedoch diese Methode ein ziemlich genaues Bild ihrer chemischen Con- stitution, wie auch des quantitativen Verhältnisses ihrer hauptsächlichen Minerale geben. [13] Die Eruptiv-Gesteine aus der Umgebung von Krzeszowice bei Krakau. 747 ein noch weiteres Zersetzungsstadium der Hornblende vor uns, wie im ersten Falle. Die mikroskopische Untersuchung bestätigt also meine frühere Behauptung, dass das rothe Gestein wahrscheinlich mehr umgewandelt ist, als das grüne, und zwar hauptsächlich durch die Oxydation der Eisenoxydulverbindungen. Quarzkörnchen kann man in der röthlichen Varietät öfter be- merken, wogegen sie in der grünlichen gänzlich fehlen. Unter dem Mikroskope sieht man in diesen Quarzen zahlreiche, winzige Einschlüsse; es war mir aber trotz starker Vergrösserungen nicht möglich, dieselben näher zu definiren; namentlich kann ich nicht sicher behaupten, ob darunter Flüssigkeitseinschlüsse vorkommen oder nicht. Da der Quarz hier nur sporadisch und nur in der weniger frischen Varietät, ferner nur in Ausscheidungen und nicht in der Grund- masse auftritt, kann ich wohl entschieden behaupten, dass er kein ursprünglicher, sondern nur ein später ausgeschiedener, accessorischer Gesteinsgemengtheil ist. Die chemische Analyse der röthlichen Gesteinsvarietät gab folgende Resultate: DO N EN RR na et 2 OBEN AR RE Er a a III BEER DE EINER SERANDE. USE2O EDEN IE EI DEE euer 1'53 OR NE BSR BE a ur OO ER EEE EEE WE SEN IT, Na, O RER IE TE WO RR: Glihveriust NE EA EDL 98:76 Wenn wir diese Resultate nach der früher angegebenen Methode ses umrechnen, so erhalten wir: AN NR TEE IHEUNG NE RR DAN NER A ERDE RN EEE BET DO NE a MERSEO Sen vs KH E O: 5 Freie &i O; (Quarz) LAU IBZTI Die beiden ersten Verbindungen erfordern 13°89 Procent Thonerde, also etwas mehr, wie durch die Bausch-Analyse gefunden wurde (nur 12°40 Procent); der Feldspath Ca Al, St, 0; konnte daher nicht mehr construirt werden. Die gesammte, an Metalloxyde gebundene Kieselsäuremenge beträgt nach obiger Berechnung 5444 Procent; den Rest der gefundenen Menge (14°01 Procent) kann man daher als einen An- näherungswerth für den im Gesteine enthaltenen Quarz betrachten. Ueberhaupt kann diese Berechnung in diesem Falle ein weniger scharfes Bild der Gesteinszusammensetzung g geben, wie bei der grünlichen 1) 1 Tschermak gibt an (Porphyrgesteine 238), dass das Gestein von Rybna nach einer Bestimmung von Niedz wiedzki 686 Procent 50, enthielt. Diese Zahl stimmt auffallend mit meinem obigen Resultate. Offenbar war auch damals diese weniger frische Varietät in Untersuchung. y5 * 748 Dr. Rudolf Zuber. [ 14] Varietät: die Ursache liegt natürlich in der weiter vorgeschrittenen Zer- setzung und Umwandlung der mineralischen Bestandtheile in diesem Falle. Zwischen beiden bisher beschriebenen Abänderungen des Porphyrs von Zalas existiren alle möglichen Uebergänge, so, dass an eine syste- matische Scheidung derselben gar nicht gedacht werden kann. Das Gestein von Baczyn, welches mit der Porphyrdecke von Zalas unzweifelhaft zusammenhängt, ist röthlich und fest. Seine mikroskopischen Merkmale und Eigenschaften sind mit denjenigen der oben beschriebenen fast vollkommen identisch. Zwischen den zahlreich porphyrisch ausgeschiedenen Feldspathen kommen oft bis 4 Millimeter lange Orthoklas-Individuen von hellröthlicher oder gelblicher Färbung vor; überhaupt sehen die Feldspathe dieses Gesteins weniger Sanidin- artig aus, wie die der Zalaser Felsart. Ausserdem habe ich in einem aus dem Baczyner Gesteine angefertigten Dünnschliffe bei ziemlich starker Vergrösserung einen länglich sechseckigen Durchschnitt bemerkt, _ dessen grünlicher Kern stark dichroisch (Biotit) und von einer grün- liehen und bräunlichen erdigen Masse umgeben war. Der grösste Seitenwinkel liess sich in diesem Querschnitte zu 124° bestimmen. Es unterliegt keinem Zweifel, dass hier eine Pseudomorphose nach Horn- blende vorliegt. Aus anderen benachbarten Aufschlüssen stamınende Handstücke zeigen dieselben Eigenschaften und gewöhnlich ein viel weiter vor- geschrittenes Zersetzungsstadium. Die Feldspathe sind vorwiegend in Kaolin umgewandelt oder gar vollständig aus der Grundmasse entfernt, wodurch das ganze Gestein mehr oder weniger porös wird. Porpbyr von Miekinia. Staszie!) nannte dieses Gestein „Porphyrschiefer*; Oeynhausen: „Hornstein - Porphyr“; Pusch: „Eurit-Porphyr“ Fötterle sagt: „Die rothen vulkanischen Gesteine bei Alwernia, Tenezyn und Miekinia wurden bisher als Porphyr bezeichnet, sie scheinen jedoch vielmehr trachytischer Natur zu sein.“ Kreutz, Tschermak, Römer, Hohenegger und Fallaux haben das Gestein als Felsitporphyr bestimmt. Websky nennt diesen Porphyr nur „rother Porphyr“ und be- merkt?) am Schlusse seiner diesbezügliehen Beschreibung: „.... es ist schwer zu behaupten, dass ausser diesen ausgeschiedenen Quarz- körnern kein Quarz in der Grundmasse vertheilt sei, beobachtet sind indessen Parcellen der Grundmasse, die man für Quarz zu halten habe, nicht.“ Er ist demnach offenbar geneigt, dieses Gestein den quarzfreien Porphyren beizusetzen. Ich selbst habe diesen Porphyr nach der ersten oberflächlichen Unter- suchung als „unzweifelhaften Felsitporphyr“ bezeichnet. 3) Im Gegensatze zum Porphyr von Zalas, welcher zahlreiche Ab- änderungen aufweist, wird das Gestein von Miekinia durch die grösste Ein- förmigkeit in allen Eigenschaften gekennzeichnet ; es ist der rothen Varietät von Zalas am meisten ähnlich. Dale. 49: 2). 1. ce. 439. °) Verh. d. geol. R.-A. 1884. 255. h ee A nn A Fat te ana 2. 1. 05 ns en N [15] Die Eruptiv-Gesteine aus der Umgebung von Krzeszowice bei Krakau. 749 In einer braunrothen, homogenen, festen und feinkörnigen Grund- masse sind zahlreiche Feldspath-Krystalle, seltenere Biotitblätter und einzelne Quarzkörner porphyrisch ausgeschieden. Im Dünnsehliffe sieht man unter dem Mikroskope, dass die Grund- masse vorwiegend aus kleinen durchsichtigen Krystallkörnern besteht. Diese Körnchen sind entweder länglich säulehenförmig, oder sie stellen sich in der Form quadratischer oder anders begränzter Durchsehnitte dar. Die letzteren sind unzweifelhaft Querschnitte der ersteren. Diese Körner polarisiren das Lieht und enthalten fast ausnahmslos einen amorphen, trüben, weissen Kern. Einige dieser Säulchen zeigen eine länglich lamelläre Zusammensetzung, die sie als Plagioklase kennzeichnet; die übrigen durehsiehtigen Individuen mit trübem Kern betrachte ich sämmtlich für Orthoklas, in dessen Innerem ein Zersetzungsprocess bereits begonnen hat. Zwischen diesen Feldspathkörnern sind recht zahlreiche rothe Punkte und Schuppen, wie auch lange dunkle Nädel- chen verstreut. Die ersteren sind vorwiegend Eisenglanz, die letzteren wohl zum Theil Hornblende. Durch parallele Anordnung der Feldspath- säulchen, Eisenglanzblättehen und jener dunklen Mikrolithe entsteht in der Grundmasse oft eine sehr schöne Fluidalstructur, welche in derselben Form auch bei der Zalaser Felsart vorkommt. An Glassubstanz ist die Masse dieses Porphyrs überhaupt sehr arm. Unter den porphyrischen Ausscheidungen gehört dem Orthoklas der erste Platz. Seine Eigenschaften sind mit denjenigen des Zalaser Feldspaths vollkommen identisch. Auch hier sind die Krystalle glasig, zonal gebaut, rissig und überhaupt sehr Sanidin-artig; sie enthalten zahlreiche Einschlüsse und Blasen, und sind im Inneren gewöhnlich mehr oder weniger kaolinisirt. Die Orthoklasindividuen sind meistens einfach; seltener zeigen sie Verwachsungen nach dem Karlsbader Gesetze. Seltener, wie Orthoklas, sind polysynthetisch gebaute Plagioklas- zwillinge. Dieselben sind gewöhnlich stärker verwittert, wie die Orthoklas- Krystalle. An nächster Stelle folgt der Biotit, welcher gewöhnlich in sechs- eckigen, tombakbraunen oder schwarzen Blättchen von 2—3 Millimeter Durchmesser auftritt. Ausserdem kommt er ebenso, wie bei der Zalaser Felsart, im Inneren säulenartiger Pseudomorphosen vor. Ich fand unter dem Mikroskope einen länglich sechseckigen Querschnitt eines solchen Gebildes, der aus einer braunen und grünlichen, erdigen, porösen Substanz bestand und in dessen Mitte einige kleine grüne Partien starken Diehroismus und gerade Auslöschung zeigten; der spitze Winkel des Querschnittes war beinahe 60°. Es war dies also unzweifelhaft ursprünglich ein Hornblendekrystall, der dann zuerst in Biotit, dann in Viridit, Limonit u. dgl. erdige Substanzen umgewandelt wurde. Solche Pseudomorphosen sind in diesem Gesteine ebenso häufig, wie in den vorher beschriebenen Felsarten. Ausserdem sieht man selten ganz kleine Magnetitkörner. Quarz ist makroskopisch in seltenen Körnern ausgeschieden. Auf einer etwa 1 D)JDecimeter betragenden Fläche fand ich nur zwei von 1—1'5 Millimeter Durchmesser, und einige bedeutend kleinere Quarz- körner. Dieselben enthalten zahlreiche winzige Blasen und Mineral- einschlüsse ; solche mit Flüssigkeit habe ich nicht bemerkt. 750 Dr. Rudolf Zuber. [16] Das specifische Gewicht des Porphyrs beträgt 2:68. Das Resultat der chemischen Analyse war folgendes 1): O0, Re AR RATEN IE AO EN RR i BO: NN MTFBER, EL (a0 N A KON. BEN BER AN N8;0 2... 2: VRR RIED Glühverlustr:. 14 I ee Mg0 und MOSE PDPHLER 100°03 Ausserdem habe ich die Kieselsäure noch einmal in einem kleinen Stiiceke bestimmt, in welchem ein Quarzkorn von 1 Millimeter Durch- messer stack; ich habe hier 67'16°/, gefunden. Nach analoger Berechnung, wie bei den vorhergehenden Felsarten finden wir folgende wahrscheinliche Zusammensetzung des Porphyrs von Miekinia: K, ALSO ==790:90 Na, Al, Si; Ors 23:06 Ca Al, St, O5 —=ERFOT Fe SO; SNODE Freie &O, (Quarz) = 13°96 97:85 Wir ersehen daraus, dass dieser Porphyr, wie schon früher her- vorgehoben wurde, der rothen Abänderung des Gesteines von Zalas in jeder Beziehung sehr nahe steht. Nachdem hiermit die Uebersicht der in unserem Eruptivgebiete vorkommenden Porphyre abgeschlossen ist, muss ich noch einige Worte hinzufügen in Bezug auf ihre Stellung in der Systematik der Porphyre überhaupt. Die petrographische und chemische Untersuchung hat gezeigt, dass alle diese Porphyre einer und derselben Kategorie angehören. Als Quarzporphyre kann ich sie nieht betrachten, da die grüne Varietät von Zalas gar keinen Quarz enthält, die übrigen aber nur in verhältniss- mässig geringer Menge und gewiss nur accessorisch damit versehen er- scheinen: bei eehten Felsitporphyren muss aber der Quarz ursprünglich vorhanden sein. Ferner ist auch die Gesammtmenge der Kieselsäure (60—67°/,) bedeutend kleiner, wie bei den bekannten Felsitporphyren, wo sie immer 70—80°/, zu betragen pflegt. Aber auch „quarzfrei“ kann ich diese Porphyre nicht nennen, denn mit Ausnahme des grünen Gesteines von Zalas, enthalten alle übrigen Quarz. Die Bezeichnung „Orthoklasporphyr“ scheint mir nieht genug charakteristisch, denn streng genommen ist auch jeder Felsitporphyr ein Orthoklasporphyr. Als passendste Benennung dieser Gesteine erschien mir „Syenit- porphyr“ ; sie enthalten zwar gegenwärtig keine Hornblende, welche in ') Pawlewski (Ber. d. physiogr. Commission. Krakau. XIV, 270) erhielt folgende Zahlen: 0, —= 6548; AL,0,=1911; F,0, = 114; (a0 — 2:50, Mg0= 056; K,O = 857, Na, O0 = 0:32, H, O bei 120" C.—= 0:68; Glühverlust — 1'44. Summa = 9980. [117] Die Eruptiv-Gesteine aus der: Umgebung von Krzeszowice bei Krakau. 751 einer solehen Felsart neben Orthoklas ein Hauptgemengtheil sein sollte ; die zahlreichen Pseudomorphosen nach Hornblende beweisen aber, dass ursprünglich dieses Mineral in diesen Gesteinen keineswegs untergeordnet auftrat. Ueberdies werden diese Porphyre auch durch die chemische Zu- sammensetzung den Syeniten und Syenitporphyren am nächsten gebracht. B. Melapbhyr. In diese Gesteinsgruppe stelle ich die Vorkommen vom Tenezyner Thiergarten, von Rudno, Regulice, Alwernia und Poreba. Staszie!) nennt das Gestein des Tenezyner Schlossberges (bei Rudno) „eine Trapp-Art, Tephrines amygdaloides (Delametherie)“. Oeynhausen nannte diese Gesteine „Mandelsteine*, Pusch „Porphyre, die in Mandelsteine übergehen“. Fötterle rechnete ausser dem Porphyr von Miekinia, auch die Gesteine von Alwernia und Ten- czynek zu den Trachyten. Kreutz und Tsechermak haben sie als Porphyrite, Römer als Melaphyre anerkannt. Websky nennt das schwarze Gestein des Tenezyner Thiergartens „Olivin-Gabbro“. Das Gestein des Tencezyner Thiergartens ist sehr fest und homogen, schwarz oder in einzelnen Partien dunkelgrau, nur selten mit einem schwachen röthlichen Schimmer; es ist feinkörnig, deutlich krystallinisch, selten kryptokrystallinisch ; sein Bruch ist flach-muschelig oder etwas splitterig. Auf Spalten und Rissen sieht man oft Anflüge von Manganoxyden. Die in diesem Gesteine höchst selten vorkommenden Blasen (Mandeln) sind mit mürber, brauner erdiger Masse, zuweilen mit Milchquarz gefüllt. Mit freiem Auge ist kein Bestandtheil des Gesteines unterscheidbar. Im Dünnschliffe sieht man unter dem Mikroskope, dass die sehr spärliche Grundmasse hauptsächlich glasig ist. Der bei weitem vorwiegende mineralische Gesteinsgemengtheil ist Plagioklas (wohl Oligoklas), welcher in zahlreichen, gleich grossen, sehr verschieden orientirten Säulchen oder Leistchen auftritt. Diese Säulchen zeigen im polarisirtem Lichte eine sehr feine und deutliche polysynthetische Verwachsung nach dem Albit-Gesetze. Sie sind fast farblos, enthalten aber ziemlich oft Glaseinschlüsse und einen trüben Kern, welcher die beginnende Kaolinisation andeutet. Oft sind diese Feldspathlamellen von Querspalten durchzogen, was Kreutz?) ganz treffend dahin erklärt, dass diese Querrisse die Folge sind einer ungleichen Contraction der Feldspathe und der sie umgebenden Grund- masse während des Erkaltens des Eruptivgesteines. In die so entstandenen Risse ist überall ein sehr feiner dunkler Staub eingedrungen, welcher von Kreutz für Biotit gehalten wird. Zwischen den Plagioklaslamellen kann man selten einfache, nicht polysynthetisch zusammengesetzte, Feldspath-Individuen wahrnehmen, also gewiss Orthoklas. Neben den Feldspathen sind in diesem Gesteine zahlreiche schwarze, bei Seitenlicht schwarz metallisch glänzende Körner zerstreut, die oft deutliche reguläre Octaöder-Durchsehnitte zeigen. Sie sind somit Magnetit, NE: e..pag. 52. ?) Verh. d. geol, Reichs-Anst. 1869, pag. 162. 752 Dr. Rudolf Zuber. [18] welcher dem Gesteine die schwarze Farbe und das Basalt-ähnliche An- sehen verleiht. Ausserdem sieht man unter dem Mikroskope zahlreiche, kleine unförmliche,, gelbliche oder grünliche Körner. Einige derselben zeigen im polarisirten Lichte sehr lebhafte Interferenzfarben, unter denen die gelbe und rothe vorherrsch. Websky!) hat in diesen Körnern Olivin erkannt. Da jedoch die meisten derselben sehr schief auslöschen, so halte ich sie grösstentheils für Augit. Einzelne Individuen können allerdings auch Olivin sein. Andere Körner zeigen eine dunklere grüne Farbe und Aggregat- Polarisation. Ich betrachte diese als Viridit, welcher ein Zersetzungs- product des Augites ist. Leider habe ich in diesem Gesteine keinen einzigen polygonalen Durchschnitt gefunden, welcher die Messung eines Krystallwinkels oder der Auslöschungsschiefe zugelassen hätte. Ferner kann man — besonders in den röthlich schimmernden Gesteinspartien — ziemlich häufig eingesprengte, blutrothe, äusserst feine Hämatitschüppchen beobachten. Einige Gesteinspartien zeigen im Dünnschliffe eine gelbliche oder braun-röthliche Färbung; dieselbe rührt von Eisenoxyd und -Hydroxyd her, die ein Umwandlungsproduct des Magneteisens sind. Es folgt daraus, dass die ursprüngliche Farbe dieses Gesteins schwarz ist, und erst durch die Umwandlung des Magnetits in Hämatit und Limonit bräunlich oder röthlich wird. Das speeifische Gewicht des sehr fein gepulverten Gesteines beträgt 2:79. Die chemische Analyse lieferte folgende Zahlen: SEO, NA I Al, O4. NER SEES ELISE #605: 2. PER oa a ee CI ER RE MER MT MON 2 a EL RR STERN NOT KO NE RE ne a RER NaOH ee a AI Glühverlust 3 aa EN EN EI DE Uno... Re ES larlss Se 100'15 Bei Anwendung derselben Berechnungs-Methode, wie bei den oben beschriebenen Porphyren, erhalten wir: K,4l, 5, 0, Et 19 Na, ALSO, SA Ca ALSO, 17a Ca SiO, — 180 Mg Sr O; == 2:00 FrSi0, =. 19.46 =.G, = 5722) 95:24 !) 1. c. pag. 440. ?) Die gefundene Eisenmenge (Fe, O, — 13'55 Procent; in keiner der in dieser Arbeit angeführten Analysen habe ich FeO von Fe, OÖ, getrennt; es wurde jedesmal nach durchgeführter Oxydation die Gesammtmenge als Fe, O0, bestimmt) habe ich 19] Die Eruptiv-Gesteine aus der Umgebung von Krzeszowice bei Krakau. 753 Der sehr kleine Magnesiagehalt des Gesteines beweist, dass der Olivin nur ein sehr untergeordneter Bestandtheil desselben sein kann, dass daher die Bestimmung dieser Felsart von Websky als Olivin- Gabbro entschieden irrig war. Dagegen bestätigen alle petrographischen und chemischen Merkmale des Gesteines, dass dasselbe ein unzweifel- hafter Melaphyr ist, und daher von Römer ganz richtig als solcher bezeichnet worden ist. Das Gestein des Tencezyner Schlossberges (Rudno) ist in seinen compactesten und frischesten Partien sehr feinkörnig, kryptokrystallinisch und rothbraun gefärbt. Die Mikrostructur dieses Gesteines ist derjenigen des vorher beschriebenen vollkommen ähnlich. Die Plagioklaslamellen sind ebenso ausgebildet, nur weniger frisch ; zahlreichere milchig getrübte Partien zeugen von einem weiteren Ver- witterungsstadium. Ausser den Plagioklasen kommen seltene, kleine ‚Orthoklas-Zwillinge nach dem Karlsbader Gesetze vor. Magnetit ist in geringerer Menge vorhanden. dagegen sind rothe Eisenoxydschuppen und Limonitstaub bedeutend zahlreicher. Auch das beweist, dass der Zustand dieser Felsart weniger frisch ist. Ziemlich zahlreich zeigen sich unter dem Mikroskope hellgrünliche kurze Säulchen oder Körner von unregelmässiger Begrenzung, die leb- hafte Interferenzfarben aufweisen und sehr schief auslöschen. Es ist dies unzweifelhaft Augit. Unter den Individuen dieses Minerals habe ich einen Durchkreuzungszwilling gefunden. Ausserdem sieht man sehr seltene, verhältnissmässig schmale und lange Säulehen, die röthlichbraun, zum Theil undurehsichtig und länglich gestreift sind. Es könnte dies Rutil sein. Das specifische Gewicht der Felsart fand ich zu 2'84. Die Bestimmung wurde sowohl hier, wie bei allen meinen anderen hier eitirten Bestimmungen, am fein gepulverten Gesteine vorgenommen. Der vorwiegende Theil des Eruptivgesteins bei Rudno ist als Mandelstein ausgebildet. Die Mandeln desselben sind gewöhnlich länglich, sehr dicht aneinander gelegen und von verschiedener Grösse. Sie sind fast immer mit einer weissen oder hell grünlichen weichen und mürben Masse gefüllt, welehe, qualitativ-chemisch geprüft, sich als fast reines wasserhaltiges Magnesiumsilieat erwies mit sehr geringen ‚Beimengungen von Kalk, Thonerde und Eisenoxyd. Es führte mich dies auf den Gedanken, dass das ursprüngliche Eruptivgestein ziemlich magnesiahältig sein muss. In der That fand ich 3:33 Procent Mg. Von den anderen secundären Mineralen,, die sich in den Blasen- räumen dieses Mandelsteines gebildet haben, ist Stilbit erwähnenswerth : derselbe kommt ziemlich oft in kleinen (bis 2 Millimeter) hell gelblich- grauen Kryställchen vor, die gewöhnlich polysynthetische Zwillings- bildung nach der Pinakoidfläche 010 aufweisen. In einem der verlassenen Steinbrüche auf dem Südabhange des Schlossberges fand ich in diesem Mandelsteine eine unförmliche, mehr folgendermassen vertheilt: Nach Abrechnung der für die ersten fünf Formeln nöthigen Kieselsäuremenge blieben von der gefundenen Gesammtkieselsäuremenge (5493 Procent) noch 5:59 Procent Si O,, welche noch 6'87 Procent FeO brauchen, um damit 12'46 Procent Fe SiO, zu bilden. Den Eisenrest habe ich in Fe, ©, (Magnetit) umgerechnet, wodurch ich der mikroskopischen Analyse gerecht werden wollte. Jahrbuch der k. k. geol. Reichsanstalt. 1885. 35. Band. 4. Heft. (Rudolf Zuber.) 96 754 Dr. Rudolf Zuber., | [20] als kopfgrosse Geode, die theilweise mit der oberwähnten weissen mürben Masse (Saponit, Dermatin ?), zum Theil aber mit krystallinischem weissem Quarz erfüllt war: in der Mitte befand sich eine kleine Krystallgruppe von hell gefärbtem Amethyst. Pusch erwähnt, dass sich in dieser Gegend oft Achat- und Chaleedon-Kugeln finden lassen; ausser der obigen Geode habe ich hier keine ähnlichen Gebilde angetroffen. Das Eruptivgestein selbst besteht in diesen blasigen Partien fast ausschliesslich aus stark zersetzten Plagioklaslamellen. Der Melaphyr von Szymota (Regulice) ist demjenigen des Tenezyner Thiergartens am meisten ähnlich. Er ist dunkelgraubraun, stellenweise fast schwarz, compact und feinkörnig. An Klüften sieht man oft Mangan-Anflüge. Blasenbildungen sind in diesem Gesteine klein und sehr selten. Ihre Ausfüllungsmasse ist gewöhnlich erdig, grünlich- braun ; seltener Chalcedon. Unter dem Mikroskope sieht man eine Structur und Zusammen- setzung, die mit derjenigen des Melaphyrs vom Tenezyner Thiergarten identisch ist. Die Feldspathe sind etwas weniger frisch; die Ausgitkörner sind zahlreich, aber klein und grossentheils bereits in Viridit umge- wandelt. Der ziemlich zahlreiche Magnetit ist ebenfalls bereits zum grössten Theil in Eisenoxyd umgesetzt. Die Eruptivgesteine zwischen Regulice, Kwaezala und Alwernia sind überhaupt bedeutend weniger frisch, wie alle Melaphyre dieses Gebietes. Die Hauptmasse, welche durch die im NW. von Alwernia gelegenen Steinbrüche aufgeschlossen ist, besteht aus einem feinkörnigen grauen oder röthlichen Gesteine. Die Plagioklase sind ebenso ausgebildet, wie in den oben beschriebenen Vorkommnissen; sie sind bereits stark kaol- nisirt. Die vorwiegend hellbraunen Augitkörner zeigen oft eine längs- gestreifte Zwillingsbildung; sie sind auch recht stark in Zersetzung begriffen. Magnetit ist nur noch spärlich bemerkbar ; er ist schon fast vollständig in Hämatit und Limonit umgewandelt. Eine Specialeigen- schaft dieses Gesteines bilden sehr oft vorkommende Ausscheidungen von farblosem Kalkspath. Derselbe tritt nicht nur in mikroskopischen Körnern auf, sondern er füllt oft in recht grossen Krystallen bedeu- tendere Hohlräume und Spalten aus. Eigentliche Blasenbildungen sind bei dieser Felsart bedeutend seltener, als bei derjenigen des Schlossberges. Das speeifische Gewicht beträgt 2'802. | Durch einen kleinen Steinbruch, den man am südlichen Ende des Dorfes Regulice angelegt hat, wurde die am stärksten zersetzte Partie dieser Melaphyrplatte entblösst. Das Gestein ist hier ziemlich mürbe, porös, grau, oder durch erdigen Viridit grün gefärbt. Die Plagioklas- leistehen sind fast vollkommen in Kaolin, die Augitkörner in Viridit verwandelt. Ich fand im Dünnschliffe unter dem Mikroskope einen rhombischen Querschnitt, dessen spitzer Winkel etwa 80° betrug; der Querschnitt war durch eine röthlich-braune erdige Masse erfüllt, inner- halb welcher nur noch zwei kleine grünliche Partien im polarisirten Lichte lebhafte Interferenzfarben zeigten. Wir haben hier unzweifelhaft eine Pseudomorphose nach Augit vor uns. Kalkspathkörner sind hier auch zahlreich eingesprengt. — Die Porosität dieses Gesteins ist keines- wegs die Folge einer ursprünglich blasigen (mandelsteinartigen) Aus- a DE a # fi u? I. TER [21] Die Eruptiv-Gesteine aus der Umgebung von Krzeszowice bei Krakau. 755 bildung der Eruptivmasse, was bei dem Melaphyr von Rudno gewiss der Fall ist, sondern sie rührt viel eher von der Zersetzung und Aus- witterung der mineralischen Bestandtheile her. Die Poren sind nämlich inwendig nicht glatt und rundlich, sondern uneben und unförmlich. Im Gesteine von Regulice fand Niedäwiedzki!) einen Kiesel- säuregehalt von 53 Procent. Der feste Melaphyr von Poreba und der denselben be- gleitende Mandelstein ist in jeder Beziehung den Gesteinen des Teen- ezyner Schlossberges (Rudno) ähnlich. Neben den polysynthetisch zu- sammengesetzten Plagioklas - Individuen zeigen sich selten einzelne Orthoklas-Kryställchen. Gelbliche und grünliche Augitkörnchen (zum Theile vielleicht auch Olivin) sind verhältnissmässig gut und frisch erhalten. Der Magnetit ist fast vollständig in Eisenoxyd und -Hydroxyd verwandelt. Die in den höheren Gesteinspartien sehr zahlreich auf- tretenden Blasen (Mandeln) sind gewöhnlich zuerst mit einer Delessitlage ausgekleidet und dann mit einer weisslichen Masse ausgefüllt, die haupt- sächlich von Kalkearbonat und wasserhältigem Magnesiasilicat besteht. Sehr oft kann man in diesen Blasenräumen Gruppen von schön rothen Heulandittäfelehen finden, die eine Grösse von 4 Millimeter erreichen. Das speeifische Gewicht des Melaphyrs von Poreba ist 2'783. Die ehemische Analyse der eompactesten Varietät gab folgende Zahlenwerthe: Sr O5 ANREDE ER RO FEIERN 73 001575) BENNO RN RT RZ ER AD RO RE ESSEN ER RORTT, MO Re era 270 RO EEE ER ERÄTRE rr TON ENT BET EINE RB TTS ORTE NH RR N BT a9 EN a ARE FI A SEN EEE ER ne 96 99:10 Durch weitere Berechnung finden wir für die Feldspathsubstanzen: PR, Al, SE 0E a AE NNOIHONIPTOCENE Nasa, Di Oi ee NNAORLn.T. BAT SE NO REEL EIERN 15 Eine fernere Rechnung nach der Methode, die in den im Laufe dieser Arbeit vorher angeführten Analysen in Anwendung gebracht wurde, liefert keine befriedigenden Resultate. Die Ursache dessen ist zweifellos eine grössere Mannigfaltigkeit und Veränderlichkeit in der chemischen Zusammensetzung der einzelnen Mineralbestandtheile, wie auch ein gewiss weiter vorgeschobenes Umwandlungsstadium derselben, als bei den übrigen Gesteinen, die ich aus unserem Gebiete analysirt habe. Alle oben beschriebenen Eruptivgesteine, die ich, übereinstimmend mit Römer, als Melaphyre bezeichnet habe, sind von Tschermak und Kreutz — wie früher erwähnt — als Porphyrite bestimmt worden. Diese beiden ausgezeichneten Forscher haben offenbar nur über ein spärliches und wenig frisches Material verfügt, an welchem nicht alle Eigenschaften in genügend deutlicher und charakteristischer Weise !) Tschermak, Porphyrgesteine, pag. 239. 96 * 756 Dr. Rudolf Zuber. Die Eruptiv-Gesteine aus der Umgebung ete. [22] hervortraten. — Dass eine Bestimmung dieser Gesteine als Melaphyre entsprechender ist, wird durch alle petrographischen und chemischen Eigenschaften genügend bewiesen ; besonders die letzteren scheinen mir im vorliegenden Falle entscheidend zu sein. IV. Zusammenstellung der allgemeinen Resultate. Wenn wir die allgemeinen Resultate der ganzen obigen Aus- führungen überblicken, so ergeben sich folgende Haupt-Momente: l. Alle Eruptivgesteine des in Rede stehenden Gebietes sind in Bezug auf relatives Alter mehr oder weniger gleichzeitig, sowohl unter einander, wie auch mit den sie begleitenden sedimentären Porphyr- Tuffen und -Conglomeraten. Da die letzteren nach der begründeten Ansicht von Römer, Alth und mir höchst wahrscheinlich in das „Rothliegende* gehören, so sind auch die ersteren dorthin zu stellen. 2. Diese Eruptivgesteine lassen sich in Orthoklas- und Plagioklas- Gesteine scheiden ; zu ersteren gehören die Syenit-Porphyre von Miekinia, Zalas, Sanka, Frywald und Baczyn, zu den zweiten die Melaphyre vom Tenezyner Thiergarten, von Rudno, Regulice, Alwernia und Poreba. - 3. In Hinsicht auf äusserliche Unterschiede (Farbe, Structur), wie auch auf die territorielle Vertheilung lassen sich diese Vorkommen mit bedeutender Wahrscheinlichkeit in mehrere Eruptiveentra trennen. Wahr- scheinlich ist aber die Eruptionsstelle selbst nur bei der Melaphyrpartie von Poreba sichtbar; wo anders sind solche Eruptionsstellen bisher nicht zugänglich. Als solche besondere (d. h. aus besonderen Eruptionspunkten stammende) Eruptivgruppen betrachte ich: a) Die Porphyrdecke von Miekinia. b) Die Porphyrgruppe zwischen Zalas, Sanka, Baezyn und Frywald. c) Den Melaphyr im Tenezyner Thiergarten. d) Die Melaphyrgruppe bei Rudno (Schlossberg). e) Den Melaphyr im Szymotathale. f) Die Melaphyrplatte zwischen Regulice, Kwaezala und Alwernia (die Gruppen e) und f) könnten vielleicht für eine einzige gelten). g) Den Melaphyr zwischen Poreba nnd Miröw. In weitere theoretische Speculationen will ich mich nicht ein- lassen und überlasse fernere Folgerungen — wenn solehe möglich sind — erfahreneren Forsehern. Druck von Gottlieb Gistel & Comp. in Wien. .J ‚Früh, Zur Kenntniss des Torfes. ee ET ie SE a VE Fi DI .J, Hüh,adnat. Lith Ans? v. Th.Bannwarth Wien Jahrbuch derk.k. Geologischen Reichsanstalt Bd.XXXV 1885. Verlag v. Alfred Hölder, k.k. Hof- u.Universitäts- Buch händler inWien. Gezerchnet: Foullon. Foullon, Barythydrat. Verlag v. Alfred Hölder, k. k.Hof- u. Universitäts- Buchhändler in Wien. Taf.Xlll. a Li. Ans. Ih Bannwartk, Wie Jahrbuch derk.k. Geologischen Reichsanstalt Bd.XXXV 1885. Verlag von Alfred Hölder, K:ak, Hof. und Universitäts. Buchhändler in Wien, : ‚Rothenthurmstrasse 15: , = _METEORITE NSAMMLUNG ß des = ; PN k h ALS Hofkabinetes in Wien am 1. Mai 1885. BE Ki Von ER Dr. ARISTIDES BREZINA. R IS ” Mit 4 Tafeln. Preis fl. 4.80 = 9 Mark. : ER Berg- und Hüttenmännisches 2 JAHRBUCH & der 2 £% E k. k. Bergakademien zu Leoben und Pribram Be und der königlich ungarischen Bergakademie zu Schemnitz. 1 ; Redacteur: ee 0. JULIUS RITTER VON 'HAUER, a kı k. Ober-Bergrath und Professor an der Bergakademie zu Leoben. ge: AXKII. Band. (Als Fortsetzung des Jahrbuches der k. k. Montanlehranstalt zu Leoben.) en BER „2.0! .I.Heft. ee Inhalt: Dehen die Erzlagerstätten des Harzes und die Geschichte des auf demselben ER zeäulirten Bergbaues. Von Conrad Blömeke in Aachen. . II. Heft. KL Inhalt: Ueber die Erzlagerstätten. des Harzes und die Geschichte des auf demselben re ER EEEE geführten: Bergbaues. Von Conrad Blömeke in Aachen. (Schluss.) — Vergleichende 0. ©» Sprengversuche mit gepressten Sprengpulver- -Patronen und Dynamit. ‘Von Johann 0, Habermann. — Aufbereitungsanlage in Raibl. Von Demselben. — Quetsch-Walz- RS EE werk mit Gerüst aus Faconeisen in Raibl. Von Demselben. — Geschmiedete und ee: überschroppte Stahlwalzenringe, Von Demselben. — Direct wirkende eincylindrige Wassersäulmaschine mit Pumpe inRaibl. Von Demselben. — Bericht der meteo- $ rologischen Beobachtungsstation Leoben für das Jahr 1884. Von Prof. Franz Dr: Lorber. — Analysen, ausgeführt im chemischen Laboratorium des k. k. General- e Probiramtes in Wien im Jahre 1834. Zusammengestellt von Dr. E. Priwoznik. III. Heft. Be: Inhalt: Vorstaitkiune Versuche über das Verschlämmen auf dem Salzburger Stoss- .: herde, dem rotirenden Kegelherde und dem Kehrherde. Von Karl v. Reytt, k. k. ER IRA Aufbereitungs-Ingenieur in Pribram, — Ueber die neueren Systeme von Dampf- kesseln für Stabilmaschinen. Nach H. Massart, Ingenieur in-Lüttich. Mit 3 Tafeln. E IV. Heft. Inhalt: Ueber die: neueren Systeme von Dampfkesseln für Stabilmasckinen. Nach H. Massart. (Schluss) — Berichte über die montanistischen Unterrichts-An stalten für das Studienjahr 1884/85. — Berichtigungen. \ Fe ur Preis des completen Bandes (4 Hefte) 5 fl. 60 kr. = Il M. 20 Pf. Verlag von Alfred Hölder, k. k. Hof- und Universitäts-Buchhändler in Wien, Rothenthurmstrasse 15. Inhalt, Heft N a A a Die fossilen Insecten der primären Schichten. Tau Charles Brongniart: e Ueber die Gesteine der Bindt in Ober-Ungarn. Von A.v. Groddeck in Clausthal Kritische Beiträge zur Kenntniss des Torfes. Von Dr. J. Früh Mit einer lithographirten Tafel (Nr. XII) ; PN Ueber die Krystallform des Barythydrat und Zwillinge des” Sirontiunhydraie Von: Heinrich Baron v. Foullon Mit einer ee Ge 5 (Nr.XTI). 2.27% Be a Dr. Rudolf Zuber ..., . ER REN VER, 2 Er Druck von Gottlieb Gistel & Con “a Z—— A CALIF ACAD OF SCIENCES LIBRARY hi el II 1853 10006 0180 ®. Tai eo ven nern, Ye Se anlagen bene re Fate teen Er De rt ee BL Zr Pen wind se Co BEER, a s dehednge gen Bee t0 be